Die einverständliche Scheidung in rechtsvergleichender Sicht [1 ed.] 9783428471638, 9783428071630

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Die einverständliche Scheidung in rechtsvergleichender Sicht [1 ed.]
 9783428471638, 9783428071630

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 142

Die einverständliche Scheidung in rechtsvergleichender Sicht Von

Bea Verschraegen

Duncker & Humblot · Berlin

BEA VERSCHRAEGEN

Die einverständliche Scheidung in rechtsvergleichender Sicht

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 142

Die einverständliche Scheidung in rechtsvergleichender Sicht

Von

Univ.-Doz. Dr. Bea Verschraegen LL.M. (London)

Duncker & Humblot * Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Verschraegen, Bea: Die einverständliche Scheidung in rechtsvergleichender Sicht / von Bea Verschraegen. - Berlin: Duncker und Humblot, 1991 (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 142) Zugl.: Wien, Univ., Habil.-Schr., 1989 ISBN 3-428-07163-8 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1991 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-07163-8

>tot in de kap der valken wordt geschreven dat alle vrijheid diep van binnen kwetst" LAMBERT JAGENEAU

(uit: Carmina Equestra)

voor moeder

Inhaltsverzeichnis Vorwort Abkürzungsverzeichnis Einleitung

1 3 15

Belgien

I. II.

III.

IV.

Einleitung

29

Natur der einverständlichen Scheidung

31

Voraussetzungen

34

A. B. C. D.

34 35 35 36

Verfahrensüberblick

38

A. B. G D.

38 41 43 44

Die erste mündliche Verhandlung Die zweite mündliche Verhandlung Die letzte mündliche Verhandlung Eintragung in das Personenstandsbuch

Die Scheidungsfolgenregelung

47

A. B.

47 51 51 52 53 55 56 60 61 62 62 62 62 63 64 65 67 68 70 71 72 75

G

V.

Mindestalter Mindestdauer der Ehe Weitere Formvorschriften Scheidungsfolgenregelung

Die zu treffenden Maßnahmen (Inventar, Schätzung des Vermögens) Die Regelung der gegenseitigen Ansprüche 1. Form 2. Inhalt 3. Vergleich 4. Änderungen bzw Ergänzungen der Vereinbarungen 5. Vereinbarungsbedingungen 6. Bindungswirkung 7. Fakultative Bestimmungen Die familienrechtliche Vereinbarung 1. Die persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten a. Aufenthaltsort b. Vertraglicher Unterhaltsanspruch c. Bindungswirkung der Unterhaltsvereinbarung d. Vergleichsnatur e. Änderung des Ehegattenunterhalts f. Vereinbarungsbedingungen g. Fazit 2. Zwischenergebnis 3. Die persönlichen Beziehungen zu den Kindern a. Sorge- und Besuchsrechtsregelung b. Kindesunterhalt

Widerruf des Einverständnisses

80

Inhaltsverzeichnis

vm

VI.

VII. VIII.

Zerrüttungsprüfung und Inhaltskontrolle der Vereinbarungen

83

A. B.

83 84

Zerrüttungsprüfung Inhaltskontrolle der Vereinbarungen

Kritik

87

Anfechtung des Scheidungsausspruchs und der Scheidungsfolgenvereinbarung

91

A. B.

C.

Einleitung Die Statusentscheidung 1. Beseitigung der Eintragung 2. Wiederaufnahme des Verfahrens Die Scheidungsfolgenvereinbarung

91 92 92 93 94

Frankreich Einleitung I.

Die Scheidung auf Grund gemeinsamen Antrags

106

A.

106 106 107 108 110 Ill 114 122 125 127 127

Voraussetzungen 1. Mindestdauer der Ehe 2. Beiderseitiges Einverständnis B. Natur der Scheidung nach Artt 230 ff 1. Die „volonté réelle" 2. Der „consentement libre" C. Verfahrensskizze D. Widerruf des Einverständnisses E. Wesen der Scheidungsfolgenvereinbarung 1. TGI Nanterre, 24.10.1978 2. TGI Le Mans, 3.4.1979 a. Mangelnde materielle Rechtskraft der Entscheidung, mit der die Vereinbarung homologiert wurde? b. Zum Problem der ungleichen Aufteilung c. Absolute Unabänderlichkeit der Konvention? d. Bestimmt die Ausnahme die Regel? 3. Cass civ 2 e , 28.3.1979 4. TGI Nanterre, 17.10.1979 5. Lyon, 28.11.1979 6. Zusammenfassung und Kritik F. Anfechtung des „Scheidungsurteils" 1. Allgemeines 2. Anfechtung der Statusentscheidung 3. Anfechtung der Scheidungsfolgenregelung a. Cass civ 2C, 19.2.1986 b. Cass civ 2 e , 6.5.1987 c. Cass Ch m, 6.12.1985 d. Aix-en-Provence, 19.5.1987

II.

103

Die Scheidung auf Antrag des einen und mit Zustimmung des anderen A. B.

Einleitung Natur der Scheidung nach Artt 233 ff Voraussetzungen 1. Zu Art 249-4

129 134 135 137 139 140 141 141 148 148 149 149 150 150 152 153 155 155 155 158 159

Inhaltsverzeichnis

C. D. E. F.

G.

2. Zur 6-monatigen Frist 3. Fazit Verfahrensablauf Offene Fragen Die Zerrüttungsprüfung Widerruf des Einverständnisses vor dem Scheidungsausspruch 1. Variante 2. Variante a. TGI Tarascon, 3.2.1978 b. TGI Nanterre, 21.3.1979 c. Paris, 19. 9.1983 d. TGI Cahors, 27.11.1980 3. Variante e. Dijon, 17.11.1977 f. Pau, 13. 2.1979 4. Variante g. Grenoble, 21.1.1981 h. Cass civ 2e, 26.1.1984 i. Cass civ 2 e , 16. 7.1987 Zusammenfassung Anfechtung des Scheidungsurteils

159 162 162 167 171 175 177 178 181 181 183 184 185 185 186 188 188 189 190 190 191

Schweiz

I. II. III.

Einleitung

197

Natur der „Konventionalscheidung"

203

Voraussetzungen

208

Das Scheidungsverfahren

209

A. B. C.

209 209 212 214 216 216 218 219 221 221 223 224 225 226 227 229 230 231 232 233 234 236

Allgemeines Bundesrechtliche Verfahrensvorschriften Kantonale Sonderregelungen 1. Zürich 2. Bern 3. Luzern 4. Uri 5. Schwyz 6. Obwalden 7. Nidwaiden 8. Glarus 9. Zug 10. Freiburg (Fribourg) 11. Solothurn 12. Basel-Stadt 13. Basel-Land 14. Schaffhausen 15. Appenzell-Ausserrhoden 16. Appenzell-Innerrhoden 17. St. Gallen 18. Graubünden (Grischun) 19. Aargau

Inhaltsverzeichnis

χ

20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. IV.

V.

VI.

*

237 238 239 242 243 243 244

Die Scheidungsfolgenregelung

246

A. B. C.

246 246 247 248 250 251 251 252 253 253

Allgemeines Inhalt Natur der „Scheidungskonvention" 1. Disponibilität der Regelungsbereiche 2. Richterliche Genehmigung 3. Stellungnahmen der Lehre a. Materiellrechtlich geprägte Strömung b. Gemischt-prozessuale Meinungen c. Vermittelnde Lösungsansätze 4. Judikatur 5. Prüfungsintensität und richterliche Abänderungs-bzw Ergänzungsbefugnis a. Kinderbelange b. Restliche Nebenfolgen der Scheidung 6. Ergebnis: Natur der „Scheidungskonvention" a. Kinderbelange b. Vermögens-und güterrechtliche Fragen

255 255 255 257 257 258

Widerruf des Einverständnisses

260

A. B.

260 261 261 261 262 262 263 263

Einverständnis zur Scheidung Einseitiger Widerruf der „Scheidungskonvention" 1. Vor der Homologierung durch den Richter 2. Nach der Genehmigung durch den Richter 3. Schlußfolgerungen a. Kinderbelange b. Vermögens- und güterrechtliche Fragen c. Antrag auf Nichtbewilligung der „Scheidungskonvention"

Anfechtung des Scheidungsurteils

264

A. B. C.

264 267 272 272 272 273 275 275 278 291

D. VII.

Thurgau Tessin (Ticino) Waadt (Vaud) Wallis (Valais) Neuenburg (Neuchâtel) Genf (Genève) Jura

Allgemeines Anfechtung der Statusentscheidung Anfechtung der Scheidungskonvention 1. Die Lehre a. Bis zur Homologierung durch den Richter b. Nach der Genehmigung durch den Richter 2. Das Fallrecht a. Bundesgerichtliche Entscheidungen b. Kantonale Rechtsprechung und Rechtsgrundlagen Kritik

Reform

295

Inhaltsverzeichnis

Bundesrepublik Deutschland

I.

Einleitung

303

Natur der einverständlichen Scheidung

307

A. B.

307 311 311

C. D. II.

314 317 320

Voraussetzungen

324

A. B. C.

324 324 325 325 326 328 331 331 331 335 337 339

D. E.

III.

In materiellrechtlicher Hinsicht Verfahrensrechtliche Aspekte 1. Allgemeines 2. Natur der Voraussetzungen gemäß § 630 ZPO und Streitgegenstand Anwendungsbereich des § 630 ZPO Zusammenfassung Allgemeines Die einjährige Trennung Der Scheidungswille 1. Übereinstimmender Antrag 2. Antrag des einen und Zustimmung(serklärung) des anderen Kinderschutzklausel Scheidungsfolgenvereinbarung 1. Übereinstimmender Vorschlag gemäß § 6301 Nr 2 ZPO a. Die Regelung der elterlichen Sorge b. Die Regelung des persönlichen Umgangs 2. Die Einigung der Ehegatten gemäß § 630 1 3 ZPO a. Regelung der Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind b. Einigung über die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht c. Einigung über die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat

341 343

Die Scheidungsfolgenvereinbarung

345

A.

345 345 347 348 350 353 353 353 355 355 356 356 357 357 358 359 359 360 362

B.

C.

D.

Materielle Gültigkeitsvoraussetzungen 1. Geschäftsfähigkeit 2. Mangelfreiheit 3. Gesetzliches Verbot 4. Sittenwidrigkeit Form der Vereinbarung 1. Schriftliche Vorlage in bzw mit der Antragsschrift 2. § 630 III ZPO als Muß-Vorschrift 3. Vollstreckbare Schuldtitel a. Die notarielle Urkunde b. Die jugendamtliche Urkunde c. Der gerichtliche Vergleich d. Vor einer Gütestelle abgeschlossene Vergleiche e. Unterhaltsurteile 4. Sonstige Formvorschriften Inhalt der Scheidungsfolgenvereinbarung 1. Obligatorisch 2. Fakultativ Wesen der Scheidungsfolgenvereinbarung 1. Dispositionsbefugnis der Ehegatten und Bindungswirkung des Vorschlags

362

Inhaltsverzeichnis

χπ

E.

IV.

VI.

362 366 368 369 369 373 377 377 377 382 382 388 391 394 397 403

Verfahrensskizze

408

A. B. C.

408 409 411 411 411 412 413 413 414 415 416 418

D. E. V.

a. Vorschlag zur elterlichen Sorge b. Vorschlag zum Umgangsrecht 2. Dispositionsbefugnis der Ehegatten und Bindungswirkung der Einigung 3. Rechtsnatur der Scheidungsfolgenvereinbarung a. Lehre und Judikatur b. Familienrechtliche Vereinbarung als aliud c. Die restlichen Scheidungsfolgen Sondervereinbarungen 1. Freistellungsverträge 2. Verzichtsverträge a. Verzicht auf den Betreuungsunterhalt b. Verzicht auf den Ehegattenunterhalt c. Verzicht auf den Zugewinnausgleich d. Verzicht auf den Versorgungsausgleich e. Gesamtverzichtsverträge 3. Vorsorgende Vereinbarungen Voraussetzungen Zerrüttungsprüfung Inhaltskontrolle der Vereinbarungen 1. Der „übereinstimmende Vorschlag" a. Die elterliche Sorge b. Das persönliche Umgangsrecht 2. Die „Einigung der Ehegatten" a. Kindesunterhalt b. Ehegattenunterhalt c. Ehewohnung und Hausrat Entscheidungsverbund Zusammenfassung

Widerruf des Einverständnisses

420

A. B.

420 423

Der Scheidungsantrag Die Zustimmung(serklärung)

Anfechtung des Scheidungsurteils und der vereinbarten Scheidungsfolgen

425

A.

425 425

B.

C.

Einleitung 1. Maßgeblichkeit von Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz 2. Maßgeblichkeit von materiellen Anfechtungsgründen bei der Restitution 3. Der Prozeßvergleich und die notarielle Urkunde a. Anfechtung des Prozeßvergleichs b. Anfechtung der notariellen Urkunde Das Scheidungsurteil 1. Das Statusurteil 2. Die Folgesachen a. Auswirkung der erfolgreichen Anfechtung des Statusurteils auf die Folgesachen b. Anfechtung der Folgesachen Die vereinbarten Scheidungsfolgen 1. Der Kindesunterhalt 2. Der Ehegattenunterhalt 3. Die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat

427 431 431 433 433 433 436 436 436 438 438 440 442

Inhaltsverzeichnis

D.

4. Sonstige Vereinbarungen Zusammenfassung

ΧΙΠ

443 443

Österreich

I. II.

Einleitung

449

Natur der einverständlichen Scheidung

451

Voraussetzungen

453

A. B.

453 456 458 459 459 463 466 469 472

C.

D. E. III.

Das Scheidungsbegehren Die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft Exkurs Das Zerrüttungsgeständnis 1. Natur des Zerrüttungsgeständnisses 2. Überprüfungsbefugnis des Gerichtes 3. Zusammenfassung Das Einvernehmen über die Scheidung Die Scheidungsfolgenvereinbarung

Die Scheidungsfolgenvereinbarung

475

A.

475 475 478 479 481 484 488 488 491 492 492 492 494 494 502 506 508

B.

C.

D.

Inhalt 1. Die „rein persönlichen Rechte und Pflichten" 2. Das Umgangsrecht 3. Der Kindesunterhalt 4. Der Ehegattenunterhalt 5. Vermögensrechtliche Ansprüche Form 1. Die dem Gericht unterbreitete Vereinbarung 2. Die vor Gericht geschlossene Vereinbarung a. Protokollierung der Vereinbarung b. Protokollierung als gerichtlicher Vergleich c. Ersetzt das Gerichtsprotokoll allfällige Formerfordernisse? .. Rechtsnatur 1. Lehre und Judikatur 2. Kritik a. Der neue T^us „familienrechtliche Vereinbarung" b. Unterhaltsvertrag in bezug auf das Kind c. Schuldrechtlicher Vertrag über die vermögensrechtlichen Ansprüche und den Ehegattenunterhalt Probleme praktischer Art 1. Das „Unterbreiten" der Vereinbarung 2. Außergerichtliche Zusatzvereinbarungen 3. Vereinbarungen ohne Konkretisierung des Scheidungstatbestandes a. / Vereinbarungen im Blick auf die Scheidung / im Einvernehmen b. Vereinbarungen im Blick auf die Scheidung schlechthin c. Vereinbarungen für den abstrakten Scheidungsfall 4. Rechtsschutzverzichtsverträge 5. Die Regelung des Kindesunterhalts a. Sogenannte „Entlastungsverträge" b. Kindesvertretung durch einen Dritten

509 509 510 512 514 515 516 517 519 519 519 521

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

IV.

Das Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen

522

A.

522 522 525 527 527 527 528 529 529 530 530 532 535 535 536 537 538 540 541

B.

C.

D.

E. V.

VI.

Probleme allgemeiner Natur 1. Prozeßfähigkeit 2. Vertretung durch einen Prozeßbevollmächtigten Überprüfung des „Zerrüttungsgeständnisses" 1. „Zerrüttung" als quaestio mixta 2. Einvernehmliche Scheidung und streitige Scheidung 3. Amtswegigkeitsgrundsatz Kontrolle der Scheidungsfolgenvereinbarung 1. Materielle Scheidungsvoraussetzung 2. Gültigkeitsvoraussetzungen im allgemeinen a. Geschäftsfähigkeit b. Möglichkeit und Erlaubtheit c. Schein- und Umgehungsgeschäfte d. Mangelfreiheit 3. Zusammenfassung „Rechtskraftbegriff'des § 224 AußStrG 1. Eintritt der formellen Rechtskraft 2. Übertragbarkeit der stRspr auf § 224 AußStrG? Vollstreckung der „Vereinbarung(en)"

Antragsrücknahme - Widerruf des Einvernehmens

544

A. B.

544 549 549 549 549 550

Die Antragsrücknahme Widerruf des Einvernehmens 1. Einverständnis zur Scheidung 2. Einvernehmen über die Scheidungsfolgen a. Die familienrechtliche Vereinbarung b. Der Unterhaltsvertrag in bezug auf das Kind c. Schuldrechtlicher Vertrag über die vermögensrechtlichen Ansprüche und den Ehegattenunterhalt

550

Anfechtung des Scheidungsausspruches und der Scheidungsfolgen

551

A.

552 553 553 556 559 562 563 563 570 574 576

B.

Anfechtung der Statusentscheidung 1. Die Haltung der Rechtsprechung a. Bis 1980 b. Seit 1980 2. Die verschiedenen Lehrmeinungen Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung 1. Das Fallrecht a. Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung b. Ergänzung und Berichtigung des (gerichtlichen) Vergleichs .. c. Gläubigeranfechtung d. Anfechtung des rechtskräftigen Aufteilungsbeschlusses? 2. Maßgeblichkeit materiellrechtlicher Anfechtungsgründe bei außerordentlichen Rechtsmitteln 3. Typologie „familienrechtliche Vereinbarung - Unterhaltsvertrag - schuldrechtlicher Vertrag" a. Allgemeines b. Die Scheidungsfolgenvereinbarung Die familienrechtliche Vereinbarung Der Unterhaltsvertrag in bezug auf das Kind Schuldrechtlicher Vertrag über die vermögensrechtlichen Ansprüche und den Ehegattenunterhalt

577 578 578 579 580 582 583

Inhaltsverzeichnis

Funktionale Rechtsvergleichung I. II.

Gestalt und Funktion des Einvernehmens

588

Grenzen der Bestandskraft und Wirksamkeit der Erklärungen zum Einvernehmen

601

A. B.

601 605

C. III.

Der Status Die Scheidungsfolgen 1. Dispositionsbefugnis der Parteien und Bindungswirkung der Vereinbarungen 2. Richterliche Eingriffsbefugnis und Korrekturmöglichkeiten der Parteien Konfliktbereinigende Wirkung der Scheidungsfolgenvereinbarung

Schlußwort

Literaturverzeichnis Entscheidungsregister Stichwortverzeichnis

612 628 645 649

655 697 723

Vorwort Die Schrift wurde im Januar 1989 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien approbiert. Nach Abschluß des Verfahrens ist manch kritischer Einwand für die Druckfassung berücksichtigt worden. Die Kapitel Frankreich, Belgien und Schweiz waren im Sommer 1989, das Kapitel Österreich im Spätherbst 1989, das Kapitel BRD im Frühjahr 1990 und das Kapitel Funktionale Rechtsvergleichung im Sommer 1990 endgültig abgeschlossen. Die Verzögerung der Drucklegung ist nicht zuletzt durch die große Lehrbelastung, den Wechsel der institutsfremden Schreibkräfte, die sprachliche Revision und die schwierige Finanzierung der Schrift bedingt. Nicht alle belgischen Quellen aus dem vergangenen Jahrhundert waren mir unmittelbar zugänglich. Dank gebührt Frau Dr. B. Demeulenaere (Gent) für die Zusendung mancher Kopien und Herrn A. Verbeke (Gent/ Leuven) für letzte Hinweise auf Veröffentlichungen im Sommer 1989. Danken möchte ich Frau Maria Pichler sowie Frau Sabine Somek für die vielen Monate, während dessen sie das Manuskript auf Diskette schrieben und das Layout betreuten, dem Germanisten Herrn Dr. K. Krottendorfer für die sprachlichen Korrekturen großer Teile der Schrift, sowie dem Verein der Freunde der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien für die Teilfinanzierung der Drucklegung. Herr Doz. Dr. Th. Geiser (Lausanne/Bern), Herr Prof. Dr. W. Pintens (Leuven), Herr Rat Dr. P. Holeschofsky (Wien), Herr HR Dr. H. Pichler (Wien), Herr Prof. Dr. P. Böhm (Wien) und Frau Ass.-Prof. Dr. E.-M. Bajons (Wien) haben Teile der Schrift kritisch durchgelesen und wichtige Ratschläge für die Druckfassung erteilt. Dafür bin ich ihnen sehr verbunden. Den Herren Professoren Selb, Fasching und Posch als Mitglieder der Habilitationskommission bin ich ebenfalls zu Dank verpflichtet. Ihre Aufgeschlossenheit der Schrift gegenüber und die systemimmanenten Anregungen trugen zu weiteren Überlegungen und Ergänzungen bei. Dasselbe gilt indes auch für die kritische Stellungnahme zum österreichischen und deutschen Kapitel von Herrn Prof. Dr. F. Bydlinski. Die vielen, mir später auch mündlich mitgeteilten Einwände gegen das Kapitel Österreich, für die zu danken ich heute eher in der Lage bin, haben mich teils von der Berechtigung der Kritik, teils aber auch von der Richtigkeit eigener Ansichten überzeugt. Jedes Vorwort enthält abschließende Dankworte für Personen, ohne die die Schrift nicht oder nur erschwert entstanden wäre. Sie gelten zunächst dem ehemaligen Direktor des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung, Herrn Prof. Dr. A. E. von Overbeck, der mir großzügige Hilfe ge2 Verschraegen

2

Vorwort

währte: Das van Calker-Stipendium, die technischen Erleichterungen bei der Arbeit und das Interesse, das er für den Arbeitsfortschritt zeigte sowie nicht zuletzt seine Anteilnahme in persönlich und beruflich schwierigen Phasen waren wichtige Unterstützung. Freunde am Nachtigallenweg und in Mödling gaben mir immer wieder die nötige Energie, mich nach einem Leerlauf erneut hinzusetzen und die Feder in die Hand zu nehmen; Abende und Wochenenden in ihrer Gesellschaft möchte ich nicht missen, ebensowenig die Celloabende mit Freunden, deren Amüsement über meine „Variationen" so groß war wie meine eigene Freude an der musikalischen Erholung. Dankbar bin ich nicht zuletzt meinem Dienstvorgesetzten Herrn Prof. Dr. H. Hoyer. Er hat meine Auslandsaufenthalte stets großzügig befürwortet; dies auch zu Zeiten der Sedisvakanz im Institut für Rechtsvergleichung. Dem Verlagshaus Duncker & Humblot danke ich schließlich für die Publikation meiner Schrift. Bea Verschraegen Wien, im Sommer 1990

Die Arbeit wurde mit dem „Förderungspreis der Stadt Wien für das Jahr 1989" (in Anerkennung der besonderen Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaften) prämiiert.

Abkürzungsverzeichnis 1. EheRG

Das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14.6.1976

aA AR AR-VO

anderer Ansicht Appenzell-Ausserrhoden (CH) Verordnung über die Zuständigkeit und die Organisation der kantonalen Gerichte vom 18. 2.1974 Zivilprozeßordnung vom 27.4.1980 am angegebenen Ort Amtsbericht über die Rechtspflege des Kantons Obwalden Amtsbericht des Obergerichtes an den Großen Rat (Schaffhausen) Abgeordnete Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch vom 1.6.1811 (Ö) Absatz Archiv für die civilistische Praxis (D) alte Fassung Aargau (CH) Amtsgericht (D) Entscheidungen des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt (1907 1952) Zivilprozeßordnung vom 18.12.1984 Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide Appenzell-Innerrhoden (CH) Gesetz über die Zivilprozeßordnung vom 24.4.1949 American Journal of Comparative Law alinéa alte Fassung Amtsbericht Anfechtungsordnung vom 10.12.1914 (Kaiserliche Verordnung über die Einführung einer Konkursordnung, einer Ausgleichsordnung und einer Anfechtungsordnung) (Ö) Anmerkung annoté (kommentiert) Annales de Droit (B)

(D)

AR-ZPO aaO AB OW AB SH Abg ABGB Abs AcP aF AG AG AGE AG-ZPO AGVE AI AI-ZPO AJCL al alt Amtsber AnfO

Anm ann Ann Dr Ann Fac Dr Liège Ann Fac Dr Strasbourg Ann Not Antwerpen AnwBl Arbh arg

Annales de la Faculté de Droit de Liège (B) Annales de la Faculté de Droit et des Sciences politiques et de l'Institut de recherches juridiques, politiques et sociales de Strasbourg (F) Annales du Notariat et de l'Enregistrement (-1970) (B) Hof van Beroep te Antwerpen (Β) Anwaltsblatt (Ö) Arbeidshof (B) argumentum

Abkürzungsverzeichnis

4

arg e contr Arr Cass ArrRb Art(t) AS ASVG Aufl AußStrG ΒJ B-VG BayObLG Bd(e) BE BE-OG BE-ZPO BEKO Bergen Beslagr BeurkG BG BGB BGBl BGE BGH BGHZ BGS BJM BL BL-OG BL-ZPO BlgNR BMJ Β Reg Brüssel Bruxelles BS BS BS-OG BS-ZPO BT-Drucksache Bull Inf C cass BV BVerfG BVerfGE BVG

argumentum e contrario Arresten van het Hof van Cassatie (1968 -) (B) Arrondissementsrechtbank (B) Artikel Amtliche Sammlung des Bundesrechts (CH) Allgemeines Sozialversicherungsgesetz vom 9.9.1955 (Ö) Auflage Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen vom 9.8.1854 (Ö) La Belgique Judiciaire (1842 -1940) Bundes-Verfassungsgesetz 1929 (Ö) Bayrisches Oberlandesgericht (D) Band, Bände Bern (CH) Gesetz über die Organisation der Gerichtsbehörden vom 31.1.1909 Gesetz betreffend die Zivilprozeßordnung vom 7.7.1918 Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht Hof van Beroep te Bergen (B) Beslagrechter (B) Beurkundungsgesetz vom 28. 8.1969 (D) Bundesgesetz bzw auch Bezirksgericht Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8.1896 (D) Bundesgesetzblatt (D/Ö) Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts, Amtliche Sammlung Bundesgerichtshof (D) Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (D) Bereinigte Gesetzessammlung (CH) Basler Juristische Mitteilungen (CH) Basel-Land (CH) Gesetz betreffend die Organisation derrichterlichen Behörden vom 30.10. 1941 Gesetz betreffend die Zivilprozeßordnung vom 20. 2.1905 / 21. 9.1961 Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrats (Ö) Bundesministerium für Justiz (Ö) Bundesregierung (D/Ö) Hof van Beroep te Brüssel (B) siehe Brüssel Basel-Stadt (CH) Belgisch Staatsblad Gesetz betreffend die Wahl und Organisation der Gerichte und richterlichen Beamtungen vom 27.6.1895 Zivilprozeßordnung vom 8. 2.1875 Bundestags-Drucksache (D) Bulletin d'Informations de la Cour de Cassation (F) Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29.5.1874 Bundesverfassungsgericht (D) Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

(D)

Bundes-Verfassungsgesetz vom 1.10.1920/1.1.1930 (Ö)

Abkürzungsverzeichnis

BW BZP bzw CA-BV Cah Dr Fam Cass Cass Ch m Cass civ Cass req CC cfr Ch m Chap Chr(on) Clunet Corr D(all) D(all) Anal D(all) C D(all) Hebd D(all) Pér DCM dems dens ders dh di dies Diss DJT DJZ DMJ DNotZ DR dRGBl DRiZ ds DVEheG E ea EB Ed(s) EFSlg EGBGB EGV-SZ EGZGB

Burgerlijk Wetboek vom 21.3.1904 (B) Bundesgesetz über den Zivilprozeß vom 4.12.1947 (CH) beziehungsweise Creditanstalt-Bankverein (Ö) Cahiers de droit familial (Β) Cour de Cassation/Hof van Cassatie (F/B) Cour de Cassation, Chambre mixte (F) Cour de Cassation, chambre civile (F) Cour de Cassation, chambre de requêtes (F) Code civil vom 3.9.1807 (F) confer (siehe) Chambre mixte (des Kassationshofes, F) chapitre (F) Chronique Journal du droit international (F) Correctionele rechtbank (B) Recueil Dalloz (F) Dalloz Analytique (F) Dalloz critique (F) Dalloz Hebdomadaire (F) Dalloz Périodique (F) Divorce par consentement mutuel (F) demselben denselben derselbe das heißt das ist dieselbe(n) Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Juristen-Zeitung Documentatie van het Ministerie van Justitie (B) Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Recht deutsches Reichsgesetzblatt Deutsche Richterzeitung das sind Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des Ehegesetzes ( 0 / D) Entscheidung et alia Erläuternde Bemerkungen édition (bzw éditeur[s]), siehe Hrsg Ehe- und familienrechtliche Entscheidungen (Ö) Einführungsgesetz zum BGB vom 18.8.1896 (D) Entscheide der Gerichts- und Verwaltungsbehörden des Kantons Schwyz Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch vom 22.11.1911 (Kanton Freiburg); Loi d'application du Code civil suisse pour le canton de Fribourg

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EheG

EheGNov EheRÄG

EheRwG Einl EO EOT Ergbd etc EvBl Extraits f(f) FamG FamRÄndG FamRZ FGG FN FR FR-EGZGB FR-GOG FR-ZPO FS FuR GA Gaz Pal GB AI GE GE-LOJ Geo Geo.Formblatt GE-ZPO GedS gem Gent GerW GesRZ GG GL GL-GOG

Abkürzungsverzeichnis

Ehegesetz (Gesetz zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und Ehescheidung im Lande Österreich und im übrigen Reichsgebiet vom 6.7.1938) bzw vom 20.2.1946 (D/Ö) Bundesgesetz über die Änderung des Ehegesetzes vom 30.6.1978 (Ö) Bundesgesetz über Änderungen des Ehegattenerbrechts, des Ehegüterrechts und des Ehescheidungsrechts (Eherechts-Änderungsgesetz) vom 15. 6.1978 (Ö) Bundesgesetz über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe (Eherechtswirkungen-Gesetz) vom 1.7.1975 (Ö) Einleitung Exekutionsordnung vom 27.5.1896 (Ö) Echtscheiding door onderlinge toestemming (B) Ergänzungsband et cetera Evidenzblatt der Rechtsmittelentscheidungen (Ö) Extraits des principaux arrêts du tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg (ATCF) und folgende Familiengericht (D) Familienrechtsänderungsgesetz vom 11.8.1961 (D) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (D) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. 5.1898 (D) Fußnote Fribourg/Freiburg (CH) Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch vom 22.11.1911 (Kanton Freiburg); Loi d'application du Code civil suisse pour le canton de Fribourg Gesetz über die Gerichtsorganisation vom 22.11.1949 Zivilprozeßordnung vom 28.4.1953 Festschrift, Festgabe Familie und Recht (D) Gutachten La Gazette du Palais (F) Geschäftsbericht über die Staatsverwaltung und die Rechtspflege (Appenzell-Innerrhoden) Genève/Genf (CH) Loi sur l'organisation judiciaire vom 22.11.1941 Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz (VO-BMJ, iK mit 1. 1.1953), ergänzt durch weitere VO (Ö) offizielles Formblatt für den Gerichtsgebrauch (Ö) Loi de procédure vom 10.4.1987 Gedenkschrift, Gedächtnisschrift gemäß Hof van Beroep te Gent (B) Gerechtelijk Wetboek vom 10.10.1967 (B) Der Gesellschafter (Ö) Grundgesetz vom 23.5.1949 (D) Glarus (CH) Gesetz über die Gerichtsorganisation vom 2.5.1965

Abkürzungsverzeichnis

GL-ZPO GleichberG G1U G1UNF GP GR GrEStG GR-GVG GR-ZPO GrünhutsZ GS GVP (Zug) GVP/SG HausratsVO HfD HfKD hL Hlbbd hM Hrsg ibid ICLQ id idF idgF ie iK infra ins(bes) IPR IR iSd iSv iVm J C Civ J C Dr Comp J not JO J Pal JA JA JAB JAB1

Zivilprozeßordnung vom 2.5.1965 Gleichberechtigungsgesetz vom 18.6.1957 (D) Sammlung von zivilrechtlichen Entscheidungen des kk Obersten Gerichtshofes von Glaser, Unger und Waither (1853 -1897) (Ö) Fortsetzung der Sammlung G1U von Pfaff, Schey, Krupsky, Schrutka und Stepan, sog Neue Folge (1898 -1915) (Ö) Gesetzgebungsperiode Graubünden (CH) Grunderwerbsteuergesetz vom 2. 7.1987 (Ö) Gerichtsverfassungsgesetz vom 24.9.1978 Zivilprozeßordnung vom 1.12.1985 Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart, begründet von Grünhut (D) Gesetzessammlung (CH) Gerichts- und Verwaltungspraxis des Kantons Zug St. Gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis VO über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats (6. DVO zum EheG) vom 21.10.1944 (D) Hofdekret (Ö) Hofkanzleidekret (Ö) herrschende Lehre Halbband herrschende Meinung Herausgeber, herausgegeben ibidem International and Comparative Law Quarterly idem in der Folge in der geltenden Fassung id est in Kraft siehe unten insbesondere Internationales Privatrecht Informations rapides im Sinne der/des im Sinne von/vom in Verbindung mit Juris-Classeur de droit civil (F) Juris-Classeur de droit comparé (F) Journal des Notaires et des Avocats (F) Journal Officiel (F) Journal du Palais (F) Juristische Arbeitsblätter (D) Justizausschuß (Ö) Justizausschußbericht (Ö) Amtsblatt der österreichischen Justizverwaltung, zunächst hrsg vom Justizministerium, später vom Bundesministerium für Justiz (1921 -1938, 1945 -) (Ö)

8 JAM JB JB1 JCP JdT Jeugdk Jeugdrb JGS JJP JME JMV JN JP JR JT JU JU-LOJ JU-ZPO Jur Liège Jura Falc JuS JUS JWG JZ Kap KB Kh KindG KO Kort ged KSchG lc leg cit LG LG(Z) LGVE Liège LiegTeilG Limb Rechisi lit UZ LM LU LU-ZPO Luik maW Max

Abkürzungsverzeichnis

Juge aux Affaires Matrimoniales (F) Judikatenbuch des Obersten Gerichtshofes (Ö) Juristische Blätter (Ö) Juris-Classeur Périodique (F) Journal des Tribunaux (Waadt, CH) Jeugdkamer (B) Jeugdrechtbank (B) Justizgesetzsammlung („Gesetze und Verfassungen im Justiz-Fache") (1821 - 2.12.1848) (Ö) Siehe Τ Vred Erlaß des Justizministeriums (Ö) Verordnung des Justizministeriums (Ö) Jurisdiktionsnorm vom 1.8.1895 (Ö) siehe Vred (B) Juristische Rundschau (D) Journal des Tribunaux (Β) Jura (CH) Loi sur l'organisation judiciaire vom 26.10.1978 Code de procédure civile vom 9.11.1978 Jurisprudence de la Cour d'appel de Liège Jura Falconis (B) Juristische Schulung (D) JUS-EXTRA, Beilage zur Wiener Zeitung (1985 - ) (Ö) Jugendwohlfahrtsgesetz (vom 15. 3.1989/Ö; vom 11.8.1961/D) Juristenzeitung (D) Kapitel Koninklijk Besluit (B) Rechtbank van Koophandel (B) Gesetz über die Neuordnung des Kindschaftsrechts vom 30. 6.1977 (Ö) Konkursordnung vom 10.12.1914 (siehe AnfO) (Ö) Kort geding (B) Konsumentenschutzgesetz vom 8. 3.1979 (Ö) loco citato legis citatae Landgericht (D) Landesgericht (für Zivilrechtssachen) (Ö) Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide siehe Luik Liegenschaftsteilungsgesetz vom 19.12.1929 (Ö) Limburgs Rechtsleven (B) litera (Buchstabe) Liechtensteinische Juristen-Zeitung Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerke des Bundesgerichtshofes (D) Luzern (CH) Gesetz über die Gerichtsorganisation und die Zivilprozeßordnung vom 28. 1.1913 Hof van Beroep te Luik (B) mit anderen Worten Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide (früher Maximen)

Abkürzungsverzeichnis

MDR mE MGA MietSlg MP MSA MTA MvT mW mwN Ν

Monatsschrift für Deutsches Recht meines Erachtens Manzsche Große Ausgabe der österreichischen Gesetze (Ö) Mietrechtliche Entscheidungen (Ö) Ministère public (F/B) Manzsche Sonderausgabe (Ö) Manzsche Taschenausgabe der österreichischen Gesetze Memorie van Toelichting (B) meines Wissens mit weiteren Nachweisen Register des OGH, das alle Eingaben, die keiner besonderen Materie zuzuordnen sind, dh weder Zivil- noch Strafsachen betreffen, zusammenfaßt

NCPC Nc-Register Nc-Vergleich

Nouveau Code de Procédure Civile vom 5.12.1975/12.5.1981 (F) Allgemeines Register für Zivilsachen (ua für prätorische Vergleiche) (Ö) prätorischer Vergleich; gerichtsüblicher Fachausdruck für den im Nc-Register eingetragenen Vergleich (Ö) Neuchätel/Neuenburg (CH) Loi sur l'organisation judiciaire vom 22.3.1910 Code de procédure civile vom 7.4.1925 neue Fassung neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (D) NJW-Rechtsprechungs-Report (Entscheidungssammlung hrsg von der NJW-Redaktion) (D) nämlich Notariatsordnung vom 25.7.1871 (Ö) siehe ann resp obs Notariatszwangsgesetz vom 25. 7.1871 (Ö) Les Novelles, Corpus Juris Belgici (Β) Amtliche Sammlung der Entscheidungen des k. k. Obersten Gerichtshofs in Zivil- und Justizverwaltungssachen, hrsg von Nowak, fortgesetzt von Coumont und Schreiber (1879 -1898) (Ö) Nationalrat (Ö) Nummer Beilage „Neue Rechtsprechung des OGH" zur ÖJZ (Ö) nicht veröffentlichte Entscheidung) Nidwaiden (CH) Gesetz über die Organisation und das Verfahren der Gerichte vom 28.4. 1968 Verordnung über den Zivilprozeß vom 11.7.1970 Kartei in Außerstreitsachen, in ÖNZ (1984 - ) (Ö) oder ähnliche(s) observations (kommentiert) opere citato Oberster Gerichtshof (Ö) Oberlandesgericht (Ö/D) Openbaar Ministerie (B) Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) vom 30. 3.1911 / 18.12.1936

(Ö)

NE NE-LOJ NE-ZPO neu nF NJW NJW-RR nl NO noot N(ot)ZwG Nov NowakNF

NR Nr NRsp nv NW NW-GG NW-ZPO NZ-K oä obs oc OGH OLG OM OR

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ow OW-GO

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Obwalden (CH) Gesetz über die Gerichtsorganisation des Kantons Obwalden vom 4.3. 1973 OW-ZPO Verordnung über den Zivilprozeß vom 9.3.1973 ÖA Der österrreichische Amtsvormund ÖBA Österreichisches Bankarchiv (1953 - ; auch Abkürzung „BankArch" üblich) (Ö) Österreichischer Juristentag ÖJT Österreichische Juristen-Zeitung ÖJZ ÖNZ Österreichische Notariats-Zeitung Das österreichische Standesamt ÖStA Pandectes beiges (1878 -1946) PandB Pand pér Pandectes périodiques (Β) Pari St Parlementaire Stukken (Β) Pas Pasicrisie (Β) Pasin Pasinomie (Β) PersEheKindÄG Bundesgesetz über Änderungen des Personen-, Ehe- und Kindschaftsrechts vom 11.11.1983(0) PKG Praxis des Kantonsgerichtes von Graubünden Pra Praxis des Bundesgerichtes. Monatliche Berichte über die wichtigsten Entscheide des schweizerischen Bundesgerichtes. Prot Protokoll(e) PStG Personenstandsgesetz (Ö/D) Rabelsz Rabeis Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (D) RAJB Recueil annuel de Jurisprudence belge RAO Rechtsanwaltsordnung vom 6. 7.1868/31. 7.1945 (Ö) Rechenschaftsbericht RB Rb Rechtbank van eerste aanleg (B) RB AR Rechenschaftsbericht des Obergerichtes (Appenzell-Außerrhoden) RB-GR (Grau-)Bündner Rechtsbuch RB-SH Schaffhauser Rechtsbuch RBTG Rechenschaftsbericht des Obergerichtes des Kantons Thurgau RB-TG Rechtsbuch Thurgau RB UR Rechenschaftsbericht über die Rechtspflege im Kanton Uri RB-UR Urner Rechtsbuch, aber auch Rechenschaftsbericht über die Rechtspflege des Kantons Uri Revue critique de jurisprudence belge RCJB RDS Revue de droit suisse, siehe ZSR RDT Revue du droit de la tutelle, siehe ZVW RdW Recht der Wirtschaft (Ö) REC Revue suisse de l'état civil, siehe ZZW Ree Gén Enr Not Recueil Général de l'Enregistrement et du Notariat (B) Ree JurTrib Charleroi Recueil de la jurisprudence du Tribunal de Charleroi (B) Ree Niv Recueil de jurisprudence des tribunaux de l'arrondissement de Nivelles (Β) Zeitschrift für juristische Ausbildung und Praxis (CH) Recht Repertorio di giurisprudenza patria (Tessin) Rep resp respektive

Abkürzungsverzeichnis

Rev Adm Rev crit dr int priv Rev div Rev Dr Fam Rev Dr Int Comp Rev Dr Pén Rev Int Dr Comp Rev Not B Rev Prat Not Rev Rég Dr Rev Trim Dr Civ Rev Trim Dr Fam Rép Defr(énois) Rép Dr civ Rép not RG RGBl RGDC RGJB RGZ RJN RL ROSL-GE RPDB RPfleger RPflSlgA RPflSlgE RS RSB RSF RSJ RS-JU RS-NE Rspr RSV RS-VS-CPC RTDC RV RVJ

Revue de l'Administration et du Droit Administratif de la Belgique (1854 1970) Revue critique de droit international privé (F) Revue du divorce (Β) Revue de droit familial (B) Revue de droit international et de droit comparé (B) Revue de Droit Pénal (B) Revue internationale de droit comparé (F) Revue du notariat belge (1971 -) Revue pratique du notariat belge (-1971) Revue régionale de droit (B) siehe RTDC Revue trimestrielle de droit familial (RTDF) (B) Répertoire du notariat Defrénois (F) Encyclopédie juridique Dalloz, Répertoire de droit civil (F) Répertoire notarial (Baugniet Jean / Genin Alfred, éds) (B) Reichsgericht (D/Ö) Reichsgesetzblatt (D/Ö) Revue générale de droit civil beige ( = TBBR) Répertoire Général de la Jurisprudence belge Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (amtliche Sammlung) Recueil de la jurisprudence neuchâteloise Raccolta delle leggi vigenti del Cantone Ticino Recueil officiel systématique de la législation genevoise en vigueur Répertoire pratique du droit belge Der deutsche Rechtspfleger Sammelmappe für die Rechtspfleger-Besprechungen (hrsg Arbeitsgemeinschaft der Rechtspfleger in Außerstreitsachen beim BG Innere Stadt Wien) (Ö) Sammlung von Rechtsmittelentscheidungen in Exekutionssachen (hrsg Arbeitsgemeinschaft der Rechtspfleger in Exekutionssachen beim Exekutionsgericht Wien) (Ö) Recueil systématique du droit fédéral; Raccolta sistematica del diritto federale (CH) Recueil systématique des lois bernoises Recueil systématique des lois fribourgeoises Revue suisse de jurisprudence, siehe SJZ Recueil systématique du droit jurassien Recueil systématique de la législation neuchâteloise Rechtsprechung Recueil systématique de la législation vaudoise Recueil systématique, Code de procédure civile de la république et canton du Valais Revue trimestrielle de droit civil (F) Regierungsvorlage (Ö) Revue valaisanne de jurisprudence, siehe ZWR

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RW RZ RZ s S Sch SchKG Sch-Register scil sd sect SGS-BL SGS-BS SGS-VS Sem jur Sem Jur Ν Semjud SG SG-EGZGB SG-GOB SG-ZPO SH SH-ZPO SJZ si sind SO SOB SO-GOG SorgeRG SO-ZPO sog SOG

SpR SR SRL SSV SSV-NF StaZ Stb stRspr Suppl supra

Abkürzungsverzeichnis

Rechtskundig Weekblad (B) Randzahl Richterzeitung (Ö) siehe Sirey. Recueil général des lois et arrêts (F) Register für Scheidungssachen in letzter Instanz (Ö) Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11.4.1889 (CH) Register, das gemäß Erlaß vom 5.12.1978 (JAB11979,1) für Scheidungssachen zu verwenden ist (Ö) scilicet sine dato section Systematische Gesetzessammlung Basel-Land Systematische Gesetzessammlung Basel-Stadt Systematische Gesetzessammlung des Kantons Wallis Semaine juridique (siehe JCP, F) Semaine Juridique, édition notariale et immobilière (F) La Semaine Judiciaire (Genf) St. Gallen (CH) Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 3. 7.1911 / 22. 6.1942 Gesetz über die Organisation der Bezirksgerichte vom 23.11.1977 Gesetz über die Zivilrechtspflege vom 20.3.1939 Schaffhausen (CH) Zivilprozeßordnung vom 3.9.1951 Schweizerische Juristen-Zeitung sine loco sine loco nec dato Solothurn (CH) Bericht des Obergerichts des Kantons Solothurn Gesetz über die Gerichtsorganisation vom 13. 3.1977 Gesetz zur Neuregelung der elterlichen Sorge vom 18. 7.1979 (D) Zivilprozeßordnung vom 11. 9.1966 sogenannte(r) Solothurner Gerichtspraxis. Auszüge aus den Entscheiden des Obergerichtes, des Verwaltungsgerichtes und des Versicherungsgerichtes des Kantons Solothurn Spruchrepertorium des Obersten Gerichtshofs (Ö) Systematische Sammlung des Bundesrechts (CH) Systematische Rechtssammlung des Kantons Luzern Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Wien im Leitungsstreitverfahren zweiter Instanz der Sozialversicherung (1948 - ) (Ö) Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes in Sozialrechtssachen (1987- ) ( Ö ) Das Standesamt (D) Der Staatsbürger (Ö) ständige Rechtsprechung Supplement siehe oben

Abkürzungsverzeichnis

SWB SZ SZ SZ-GO SZ-ZPO Τ Τ Brugse R Τ Not Τ Vred TBBR TG TG-GOG TG-ZPO TGI Th Ή TI-CPC ΤΙ-LOG TN TPR Trib Trib Gr Inst Turnh Rechtsl u Mitw ν ua UÄndG UeKindG uitg UR UR-OG UR-ZPO usw VAHRG VAR VAwMG VD VD-LOJ VD-ZPO Verf VfGH vgl VO V(ol) Vred

Strafwetboek vom 10.7.1964 (B) Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen Schwyz (CH) Gerichtsordnung vom 10.5.1974 Zivilprozeßordnung vom 25.10.1974 Tome Tijdschrift voor Brugse Rechtspraak (B) Tijdschrift voor Notarissen (B) Tijdschrift voor Vrederechters (B) Tijdschrift voor belgisch bürgerlijk recht ( = TBBR) Thurgau (CH) Gesetz betreffend die Organisation des Gerichtswesens vom 22.3.1850 Zivilprozeßordnung vom 19.10.1926 Tribunal de Grande Instance (F) thèse, siehe Diss Ticino/Tessin (CH) Codice di procedura civile vom 17.2.1971 Legge organica giudiziaria civile e penale vom 24.11.1910 Teilnovelle zum ABGB (Ö) Tijdschrift voor Privaatrecht (B) Tribunal (tribunaux) (F/B) siehe TGI Turnhouts Rechtsleven (B) unter Mitwirkung von unter anderem Gesetz zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften vom 20.2.1986 (D) Gesetz über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes vom 30.10.1970 (Ö) siehe Hrsg Uri (CH) Organisationsgesetz für die urnerische Gerichtsbehörden vom 26.1.1958 Zivilprozeßordnung vom 29. 3.1928 / 28.6.1963 und so weiter Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21. 2.1983 (D) Vierteljahresschrift für aargauische Rechtsprechung Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs vom 8.12.1986 (D) Vaud/Waadt (CH) Loi d'organisation judiciaire vom 16.12.1947 Code de procédure civile vom 14.12.1966 / 15.9.1987 Verfasserin) Verfassungsgerichtshof (Ö) vergleiche Verordnungen) Volume Vrederechter (B)

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VS VS-GBG VS-ZPO VwGH WB1 WGN Ζ ZAS ZBJV ZB1 ZEG ZfRV ZG ZG-GOG ZG-ZPO ZGB ZGRG ZH ZH-GVG ZH-ZPO ZPO ZR ZRP ZRS ZSR ZusatzProt ZÜKO ZVglRWiss ZVN zvw ZWR ZZP ZZStW zzw

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Valais/Wallis (CH) Gesetz über die Gerichtsbehörden vom 13.5.1960 Zivilprozeßordnung vom 22.11.1919 Verwaltungsgerichtshof (Ö) Wirtschaftsrechtliche Blätter (1987 - ) (Ö) Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1989 (Ö) Ziffer Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht (Ö) Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins (CH) Zentralblatt für die juristische Praxis (1883 -1938) (Ö) Zivilstands- und Ehegesetz vom 24.12.1874 (CH) Zeitschrift für Rechtsvergleichung (Ö) Zug (CH) Gesetz über die Organisation von Gerichtsbehörden vom 3.10.1940 Zivilprozeßordnung vom 3.10.1940 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10.12.1907 Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtsprechung in Graubünden Zürich (CH) Gerichtsverfassungsgesetz vom 13.6.1976 Gesetz über den Zivilprozeß vom 13.6.1976 Zivilprozeßordnung (vom 30.1.1877 bzw 12. 9.1950/D; vom 1. 8.1895/Ö) Blätter für Zürcherische Rechtsprechung (CH) Zeitschrift für Rechtspolitik (D) Zivilrechtssachen (Ö) Zeitschrift für Schweizerisches Recht Zusatzprotokoll (Ö) Zürcher Kommentar zum schweizerischen Zivilrecht Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaften (D) Bundesgesetz, mit dem Vorschriften über das zivilgerichtliche Verfahren geändert werden vom 2. 2.1983 (Zivilverfahrensnovelle 1983) (Ö) Zeitschrift für Vormundschaftswesen (CH) Zeitschrift für Walliser Rechtsprechung (CH) Zeitschrift für Zivilprozeß (D) Zeitschrift für Zivilstandswesen (D) Zeitschrift für Zivilstandswesen (CH)

Einleitung Die einverständliche Scheidung wird im allgemeinen begrüßt: Sie baue Konfliktsituationen ab, Gerichte müssen in die Privatsphäre der Scheidungswilligen nicht mehr eingreifen, und den de facto-Konventionalscheidungen werde ein Riegel vorgeschoben. In den vergangenen Jahrzehnten haben viele Reformgesetzgeber den Tatbestand „Scheidung im Einvernehmen" eingeführt 1. Pintens 2 und Dumusc 3 widmeten sich der Materie schon Anfang der 80er Jahre. Nach der Lektüre von Dumuscs Arbeit 4 stellte sich für mich die Frage, wie Lehre und Praxis auf das Problem einer mangelhaften Willensbildung reagieren. Die zentrale Voraussetzung dieser Scheidungsvariante, dh das Einvernehmen zwischen den Ehegatten über die Scheidimg selbst sowie über deren Folgen, ist nämlich bei fehlender oder reduzierter Zerrüttungsprüfung mehr antizipiertes Axiom als tragender Pfeiler zur Begründetheit des Antrags. Ein paar Jahre nach der Scheidungsreform in Österreich wurden dann die ersten österreichischen Entscheidungen bekannt, die sich mit dem Problem der Willensmängel bei der einverständlichen Scheidung auseinanderzusetzen hatten. So erschloß sich insgesamt ein Forschungsfeld, das zu rechtsvergleichender Erarbeitung direkt einlud5. Der vorläufige Arbeitstitel stand fest, und es waren nunmehr die Länder auszuwählen. Da die Untersuchung ursprünglich auf eine ganz spezifische Problematik ausgerichtet war, dachte ich jene Auslandsrechte, die sich durch ihren pragmatischen Lösungsansatz besonders kennzeichnen, nämlich das „common law", deshalb ausschließen zu müssen, weil schon die Fragestel1 Zur Begriffsbestimmung „einverständliche Scheidung" siehe etwa Pauli, Das Verbot der Konventionalscheidung im pluralistischen Staat, 98 ff. Im übrigen sei angemerkt, daß die Konventionalscheidung in der deutschen und österreichischen Literatur vielfach als „de factoKonventionalscheidung" iSe Gesetzesumgehung begriffen wird. Anders ist die Lage nach schweizerischem Recht: Die „Konventionalscheidung" ist die nicht-streitige, durchaus rechtmäßige Scheidung auf Grund von Art 142 ZGB. Die unterlassene Zerrüttungsprüfung gestaltet sie in eine „de facto-einverständliche Scheidung" um, die nach hL mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen sei. 2 Pintens, Echtscheiding door onderlinge toestemming. Met modelten van akten. 3 Dumusc, Le divorce par consentement mutuel dans les législations européennes. 4 Dazu mein Besprechungsaufsatz, Einverständliche Scheidung in Europa, ZfRV 1984, 224. Pintens' Werk war mir zu jener Zeit noch nicht bekannt. 5 Damit wird bestätigt, was andere schon sagten: „Fréquemment le sentiment critique de l'insuffisance d'une solution dans l'ordre juridique national poussera à rechercher si des ordres juridiques étrangers n'ont peut-être fait mieux." So Zweigen , Méthodologie du droit comparé, Mélanges Maury , 583.

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Einleitung

lung selbst verfehlt erschien: Willensmängel bei der einverständlichen Scheidung sind kein praktisches Problem, es mangelt maW das Fallrecht6. Die Auswahl konzentrierte sich fast notgedrungen auf Rechtsordnungen, die dem „civil law-System" angehören, auch weil hier die allgemeine Rechtsgeschäftslehre und die Auswirkungen des materiell und/oder formell geforderten Einvernehmens auf das Prozeßrecht einen größeren wissenschaftlichen Ertrag erwarten ließen. Die Zahl der Länder mußte allerdings gering7 bleiben, um eine vertiefte, ins einzelne gehende Analyse zu ermöglichen. Dasfranzösische Recht als Teil des romanischen Rechtskreises versprach alleine auf Grund seiner komplizierten Scheidungsregeln interessante Fragestellungen. Wie sehr diese Annahme zutreffen sollte, wurde deutlich bei der Erfassung der eigentümlichen Verflechtung des materiellen Rechts mit dem Verfahrensrecht, die - zunächst befremdlich wirkende - Streitpunkte aufwarf. Die Befassung mit Belgien hatte verschiedene Gründe. Die „einverständliche Scheidung" gehört seit jeher zum belgischen Rechtsbestand. Und über persönliche Erwägungen hinaus, schien die Berücksichtigung des belgischen Rechts erforderlich, weil es trotz seiner Nähe zur „Mutterrechtsordnung"8 oft dann doch eigene Wege beschreitet. Die Hoffnung, auf eine ausgereifte Methodenlehre zu stoßen, die widersprüchliche oder veraltete Normen sinnvoll begreift und angemessene Lösungshilfen vermittelt, blieb jedoch unerfüllt. Anders die Lage in der BRD, die für Österreich - wie Frankreich für Belgien - regelmäßige Inspirationsquelle ist. Wie sich allerdings gerade anhand der einverständlichen Scheidung nachweisen läßt, verbietet schon die unterschiedliche Konzeption eine automatische Übertragung der Lösungen; 6 Zwar kann eine mißbräuchlich erwirkte Entscheidung, die in (materielle) Rechtskraft erwachsen ist, dh sogar ein „decree absolute" in einem solchen Fall grundsätzlich aufgehoben werden (zum englischen Recht vgl Halsbury's Laws of England, Vol. 26, para 560), aber in bezug auf die Scheidung waren - zu Beginn der Arbeit (1984/85) - soweit ersichtlich (bestätigend D. Bradley , London; Br. Hoggett, Manchester/London; A. Samuel, damals Lausanne, und auf dessen Vermittlung R. Deech, Oxford) keine Fälle bekannt, in denen dies auf Grund eines Willensmangels gestattet worden wäre. Vermutlich ist diese Haltung auch auf allgemein menschliche Erfahrungssätze rückführbar, die sehr daran zweifeln lassen, ob eine solcherart wiederhergestellte Ehe denn Aussicht auf Erfolg haben könnte bzw welches Schicksal eine eventuelle Zweitehe bei Wiederaufleben der Erstehe erleiden müßte. Diese Bedenken gelten natürlich letztlich in jedem Land. 7 Denn - so Schwarz-Liebermann von Wahlendorf,\ Droit comparé, 183 - „... une généralisation superficielle est fatale à une comparaison digne de son nom, et dans la plus favorable des hypothèses elle est sans intérêt." 8 Armin jon/Nolde/Wolff, Traité de droit comparé, 47 f unterscheiden die „systèmes souches" von den „systèmes dérivés". Die Abgrenzung ist von relativer Bedeutung, gehen doch die „Tochterrechtsordnungen" (in casu Belgien) de lege lata und in der Interpretation bereits vielfach in eine andere Richtung. Hinzu kommt, daß die einverständliche Scheidung aus dem (französischen) Code civil verbannt und erst viel später in ganz andersartiger Struktur wieder eingeführt wurde (näheres im Kapitel Frankreich), sodaß das Bezugssystem „Mutter-TochterRechtsordnung" hier noch geringer wiegt.

Einleitung

daran vermag auch die Zugehörigkeit beider Rechtsordnungen zum selben germanischen Rechtskreis nichts zu ändern. Bleibt noch die Schweiz. Die Befassung mit diesem Recht ergab sich aus anderen Überlegungen: Zum einen ist die Schweiz unmittelbar mit dem Problem der sogenannten „de facto-Konventionalscheidung" konfrontiert; es gibt keinen Tatbestand zur einverständlichen Scheidung der Ehe. Zum anderen blickt das Land, dessen Recht in der rechtsvergleichenden Forschung zu sehr vernachlässigt wird, auf eine langjährige Erfahrung mit den „Scheidungsfolgenvereinbarungen" zurück. Das Spannungsverhältnis zwischen materiellem Recht (Bundesrecht) und Prozeßrecht (hauptsächlich kantonalem Recht) einerseits sowie zwischen „französischem Einfluß" und „deutschsprachiger Einwirkimg" andererseits, rückt die schweizerische Konventionalscheidung in ein besonderes Licht. Das Erfragen nach dem Stellenwert des Einvernehmens und dessen eventuelle Mangelhaftigkeit in den genannten Rechtsordnungen verschob den ursprünglichen Ausgangspunkt zunehmend zu einer breitgefächerteren Problematik: Welche Natur nämlich dieses Einvernehmen in rechtsvergleichend-funktionalem Sinne hat, durch welche Mechanismen die „verdünnte Willensbildung" verfahrensrechtlich „überspielt" wird und welches Gewicht dem Einvernehmen über die Scheidungsfolgen zukommt. Zu analysieren waren nicht mehr primär die Willensmängel, sondern andere Rechtsinstrumente, die in Folgeverfahren eingesetzt werden, um der Scheidungsfolgenvereinbarung (ganz oder teilweise) zu entkommen. Im französischen Recht etwa boten sich zunächst die Läsion, die sich erst allmählich von der Irrtumslehre emanzipiert hat, und die Anwendungsfälle des ordre public (inteme) an. Im schweizerischen Recht zeigte sich - als Zwischenglied zwischen dem romanischen Rechtskreis einerseits und dem germanischen Rechtskreis andererseits - die Aufweichung zivilprozessualer Anfechtungsgründe durch die vermehrte Berücksichtigung des materiellen Rechts, dies insbesondere in der Zürcher und den ihr angeglichenen Zivilprozeßordnungen. Der Einfluß der deutschen Lehre und Praxis war hier unverkennbar. Auf Grund der französischen und deutschen Beeinflussimg des schweizerischen Rechts wurde von einer Typologie, die jede Rechtsordnung einem Rechtskreis zuweist, abgesehen. Für diese Rechtsordnung erwies sich die zweifelsfreie Einordnung als nicht durchführbar. Die kritische Analyse der fünf Rechtsordnungen geht über eine bloße Deskription hinaus. Angestrebt war nicht eine „fleißige Materialsammlung", sondern das systemimmanente Hinterfragen mancher Lösungen und die Auslotung der Verzahnung des materiellen mit dem Verfahrensrecht, um schließlich die Einbettung des Einvernehmens (über die Scheidung selbst so-

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wie über die Scheidungsfolgen) im jeweiligen Rechtssystem zu hinterfragen 9. Vieles, was sich sonst im rechtsvergleichenden Kapitel findet, enthalten daher schon die Länderteile. Das Scheidungsrecht Frankreichs, Deutschlands und Österreichs ist rezenten Datums, weshalb sich eine historische Darstellung erübrigte. Dasselbe gilt indes auch für Belgien und die Schweiz. Die belgische Rechtsordnung blickt nämlich auf eine nahezu versteinerte Rechtslage zurück und bleibt in der formalen Argumentation völlig verfangen; das schweizerische Recht aber wird mehr in der Diskrepanz zwischen positivem Recht („la règle édictée") und Rechtswirklichkeit („la règle appliquée")10 erfaßt. Das Verständnis des materiellen Rechts setzt voraus, daß seine Wechselwirkungen zum Verfahrensrecht geprüft werden11. Vielfach kommen Unterschiede zwischen Recht und Rechtsschutz erst auf dieser Ebene zum Tragen. Die Schrift befaßt sich deshalb nicht bloß „mit einem Paragraphen" (zB § 55a EheG), sie strebt vielmehr eine ganzheitliche Sicht der „einverständlichen Scheidung" an: Der Stil der Entscheidungsgestaltung, die Auseinandersetzung der Judikatur mit der Doktrin, die Kritik der Lehre an der Rspr und deren gegenseitige Autoritätsgläubigkeit, der vorgeschriebene gegenüber dem tatsächlichen Verfahrensablauf, die Interpretation der materiell- und verfahrensrechtlichen Normen usw. Alle diese Elemente geben dem Tatbestand „einverständliche Scheidung" eine besondere Prägung. Im Zuge der Arbeit wurde klar, daß die eigentlichen Willensmängel im Verfahren und in Folgeverfahren nur eine sekundäre Rolle spielen. Zum einen dreht sich der praktische Streit im Grunde um die Scheidungs/o/ge/i, zum anderen ist der Nachweis eines Willensmangels so schwierig, daß die Scheidungsfolgenvereinbarung eher wegen Übervorteilung, Sittenwidrigkeit oder Rechtsmißbrauchs bekämpft oder ihrer Durchsetzung das Gebot von Treu und Glauben entgegengehalten wird. Und obwohl das Kindeswohl in allen Rechtsordnungen eine große Rolle spielt: Selten wird es von den Parteien in einem Folgeverfahren ins Treffen geführt. Nur zum Teil ist dies mit der Abänderungsmöglichkeit von Sorge-, Umgangs- und Kindesunterhaltsregelungen erklärbar. Bedeutender scheint, daß die Rspr dem Kontinuitätsprinzip - wie sie sagt „zur Wahrung des Kindeswohls" - zu große Zugeständnisse gemacht. Die Trennung der kindesbezogenen Materien von den sonstigen Scheidungsfolgen führt zu folgender - insbesondere anhand des deutschen und 9 Eben dieser kritische Ansatz ist die Basis moderner Rechtsvergleichung, vgl ua Zweigert/Siehr, Jhering's Influence on the Development of Comparative Legal Method, AJCL 19 (1971) 220. 10 Dazu siehe etwa Ancel , Méthode comparative et droit comparé, Liber Amicorum Baron Louis Frédéricq , 73 sowie Neumayer , Law in the Books, Law in Action et les méthodes du droit comparé, in Rotondi , 513 f. 11 Diese Erkenntnis ist freilich nicht neu. Vgl statt vieler Schwarz-Liebermann von Wahlendorf (FN 7) 197.

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österreichischen Rechts noch einzulösenden - Hypothese: Die „familienrechtliche Vereinbarung" (über Sorge- und Umgangsrecht) hebt sich durch ihre Natur von vermögensrechtlichen Verträgen ab. Das schlägt sich auf die Bindung der Ehegatten an diese Vereinbarung, die Bindungswirkung gegenüber dem Richter, die Dispositionsbefugnis über die Materie, die einseitige Widerrufbarkeit, die Anfechtbarkeit und die Rückabwicklung nieder. Für die „familienrechtliche Vereinbarung" 12 sind die allgemeinen, auf vermögensrechtliche Verträge anwendbaren Grundsätze nicht ohne weiteres geeignet. Jedenfalls scheint etwa die von Gesetzes wegen indizierte und von Lehre und Rspr begrüßte (gerichtliche) Vergleichsform verfehlt. In einer Grauzone zwischen der „familienrechtlichen Vereinbarung" und der Einigung über vermögensrechtliche Angelegenheiten sind die Vereinbarungen über den Kindesunterhalt anzusiedeln. Die Untersuchung der Gestalt, der Funktion und der Grenzen der zum „Einvernehmen" abgegebenen Erklärungen verlangte adäquate Vergleichskriterien y um die Bestandskraft und Wirksamkeit der Erklärungen i den Länderteilen eingrenzen zu können: So ist zB die Natur der einverständlichen Scheidung, die Beleuchtung ihrer Voraussetzungen in materieller und formeller Sicht, die Ergründung des Wesens der Scheidungsfolgenvereinbarung, der Verfahrensablauf und die richterliche Kontrolle, die Modalitäten eines allfälligen Widerrufs des Einvernehmens (bzw der Zustimmung) und der Scheidungsfolgenvereinbarung und die Anfechtung (im weitesten Sinne des Wortes) der Statusentscheidung und/oder der Vereinbarungen stets Prüfstein für die Willensbildung und das Gewicht ihrer Mangelhaftigkeit gewesen. Es gehörte zum methodologischen Ziel der Monographie, gewisse Maximen einzuhalten, die für die rechtsvergleichende Arbeit unentbehrlich sind. Constantinesco 13, der wie kein anderer solche Regeln ausgearbeitet und exemplifiziert hat, sprach für die erste Phase der Rechtsvergleichung von der Maßgeblichkeit des sogenannten „methodologischen Grundprinzips", das verlange, „daß der Vergleicher das zu vergleichende Element nach den Quellen, mit den Mitteln, in dem Geist und in der Optik der Rechtsordnung untersucht, zu dem es gehört." MaW ist das Recht eines Landes bzw dessen zu „vergleichendes Element", nämlich die „einvernehmliche Scheidung", nur korrekt und (einigermaßen) vollständig zu erfassen, wenn gewisse methodologische Regeln eingehalten werden. 12 Die Bezeichnung „familienrechtliche Vereinbarung" ist keiner besonderen Rechtsordnung entlehnt. Zwar findet sich der Terminus auch im belgischen Recht (vgl dort IV C), dieses will allerdings alle familienbezogenen Regelungsgegenstände in der Vereinbarung erfassen. Dasselbe gilt für die Verwendung dieses Begriffes im österreichischen Evidenzbüro. Seit Jahren wird die Bezeichnung aus rein arbeitsökonomischen Gründen im Entscheidungsregister beibehalten. 13 Constantinesco, Rechtsvergleichung. Bd. II: Die rechtsvergleichende Methode, 151.

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Danach gilt es, „das zu vergleichende Element" so zu untersuchen, wie es ist (erstes Prinzip) 14, oder anders ausgedrückt: zunächst will geprüft sein, wie das zu vergleichende Element „in Wirklichkeit in der betreffenden Rechtsordnung funktioniert". Sehr bald erweisen sich manche Funktionen als vom Gesetzgeber „gewollte", andere indes als „ungewollte", zumindest im Hinblick auf ihre Auswirkungen. So zeigen zum Beispiel Gesetzesreformen (gleichgültig, ob sie umfassend sind oder nur Teilkorrekturen darstellen), aber vor allem verschiedene Interpretationsmethoden solch „ungewollte" Funktionen auf, die das Gesamtkonzept des betreffenden Regelungsbereiches derart entstellen, daß - im Extremfall - entweder der Gesetzgeber einschreiten oder der Richter die Wiederherstellung eines ausgewogenen Systems bzw der inneren Stimmigkeit des Systems zumeist mittels korrigierender Auslegung erreichen muß). Diese Anpassungsfähigkeit bzw der „Spielraum für die Interpretation" - wie es Grossfeld nannte15 -, ist mit den Auslegungsmethoden der untersuchten Rechtsordnung, nicht mit fremden Prinzipien auszuloten16, wobei natürlich die ihr innewohnenden „Konzeptionen", dh Sachstrukturen, zu würdigen sind und jegliche „Verfälschung", etwa durch das Unterschieben (inländischer) Begriffsinhalte, zu vermeiden ist. Das zweite Prinzip setzt die Prüfung der Original-Rechtsquellen voraus17, also der Materialien, des „positiven Rechtes", der Entscheidungen, der Fachliteratur usw, dies alles freilich aus erster Hand. Die Benützung von Sekundärquellen erlaubt es nämlich nicht, Recht und Rechtswirklichkeit in eine korrekte Relation zu bringen und die verschiedenen Mechanismen einer Rechtsordnung richtig einzuschätzen18. Gemäß der dritten Grundregel ist das zu vergleichende Element so zu untersuchen, wie es im Auslandsrecht eingebettet ist, maW „in der Komplexität und Gesamtheit der jeweiligen Rechtsquellen"19. Gerade diese Aufgabe bedurfte in der vorliegenden Schrift erhöhter Aufmerksamkeit, dies insbesondere wegen des Ineinandergreifens des materiellen und des Verfahrensrechtes einerseits, aber auch auf Grund der (möglichen) Verweisung der einvernehmlichen Scheidung in das wc/tf-streitige Verfahren, was vor allem in bezug auf das französische Recht die Erörterung schwieriger Fragen, zum Beispiel der Rechtsqualität der Entscheidungen, ihrer Bindungswirkung und der Rechtskraft, ausgelöst hat. Freilich wären die bloße „Paragraphenkunde" oder die unkritische Übernahme der sogenannten ,/iL" und ,jstRspr" für die 14 Constantinesco (FN 13) 152 ff. 15 Grossfeld, Macht und Ohnmacht der Rechtsvergleichung, 33. 16 Constantinesco (FN 13) 154. 17 Constantinesco (FN 13) 156 ff. 18 Bei manchen Entscheidungen, Glossen, Aufsätzen, Monographien etc sind denn auch Wiederholungen, Fehlzitate und Aussagen unverbindlicher Art durchaus feststellbar. Vor allem läßt sich nachweisen, daß viele Ansichten tradiert, aber nicht erneut reflektiert worden sind. 19 Constantinesco (FN 13) 179 ff.

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„analytische Untersuchung" jedes Auslandsrechtes und des österreichischen Rechtes völlig unnütz gewesen. Zu beachten ist ferner als viertes Prinzip, daß die „Hierarchie der Rechtsquellen der betreffenden Rechtsordnung" respektiert gehört 20. Als Beispiele für das Aufbrechen solcher Spannungsverhältnisse wären das französische Recht mit den diffizilen, einander ergänzenden und dann zum Teil doch wieder unvereinbaren Regelungen im Code civil einerseits und im Nouveau Code de procédure civile andererseits zu nennen. Jedoch auch das schweizerische Recht bietet ein reiches Reservoir (zumindest) potentieller Auseinandersetzungen zwischen dem Bundesrecht und den 26 Zivilprozeßordnungen der Kantone: Die Belastbarkeit der betreffenden Rechtsordnung scheint - global betrachtet - zu groß, um in absehbarer Zeit Antrieb für eine einheitliche Regelung des Verfahrensrechtes bilden zu können; dasselbe kann indes mit Bezug auf das Scheidungsrecht nicht mehr ohne weiteres behauptet werden. Die ßnfte und letzte - mit Constantinesco - maßgebliche methodologische Regel, ist die Pflicht, das zu „vergleichende Element" nach der Methode seiner Rechtsordnung zu interpretieren 21. Hier schien die Versuchung besonders groß, unangemessene Ergebnisse - etwa im belgischen Recht - mittels analoger Anwendung bestimmter Grundsätze aus anderen Rechtsbereichen oder im Wege einer teleologischen Ausdehnung oder Reduktion mancher Bestimmungen zu einem sinnvollen Ganzen umzugestalten. Das wäre intellektuell sicher reizvoll gewesen und hätte - gerade bei der Scheidungsfolgenproblematik - vielleicht vertretbare Lösungen de lege ferenda bewirkt, zugleich aber belgischer Interpretationstradition in bezug auf die einvernehmliche Scheidung sicherlich nicht entsprochen. Die zweite Phase der rechtsvergleichenden Arbeit, in der das zu vergleichende Element in seiner Ganzheit erkannt bzw verstanden wird 22, setzt die Berücksichtigung der Grenzgebiete, aber auch der Nachbarwissenschaften voraus. Deshalb finden sich in der gesamten Arbeit auch rechtstatsächliche und rechtspolitische Aussagen. Da es sich jedoch andererseits um den Vergleich von Ländern handelt, die demselben Kulturkreis entstammen, und die „einvernehmliche Scheidung" aus einer ganz bestimmten, nämlich an erster Stelle rechtstheoretischen Perspektive zu untersuchen war, konnten zum Beispiel soziologische und völkerkundliche Erwägungen durchaus hintangestellt bleiben. Neben dem Familienrecht gewannen aber andere Teilbereiche des bürgerlichen Rechts an Bedeutung, wie der „allgemeine Teil", die „Rechtsgeschäftslehre" bzw, wo es an einer solchen in dieser Form mangelt, die „Grundlagen des (allgemeinen) Schuldrechtes". 20 Constantinesco (FN 13) 203 ff. 21 Constantinesco (FN 13) 216 ff. 22 Constantinesco (FN 13) 232 ff.

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Eine überraschend wichtige Rolle gewann schließlich auch das Verfahrensrecht: Das Verständnis der „einvernehmlichen Scheidung" als materiellrechtliches Institut erforderte seine Eingrenzung im Verfahrensrecht. Auf diese Art und Weise erschien das Thema in einem neuen Licht: Zum einen hegt die „Scheidung im Einvernehmen" rechtsvergleichend besehen an der Nahtstelle des materiellen und Verfahrensrechtes; zum zweiten ist der Vergleich privatrechtlicher Rechtsinstitute mit prozessualem Einschlag (so insbesondere der „gerichtliche Vergleich") ohne „mehrseitige" Durchleuchtung und Abgrenzung stets lückenhaft und nicht repräsentativ. Der Abschluß dieser gewissermaßen „vorbereitenden" Arbeiten, wie sie den Länderteilen zugrundeliegen, erlaubt nun erst die „echte" Rechtsvergleichung: „Man muß das zu vergleichende Element kennen, um es verstehen zu können, und man muß es verstehen, um es vergleichen zu können."23 Im Hintergrund der gesamten Schrift ist - wie bereits erwähnt - unentwegt die Frage gestanden, welche Tragweite das Einvernehmen und die „verdünnte Willensbildung" in den betreffenden Ländern haben und durch welche Mechanismen ihre Bedeutung überspielt wird. Ohne Klassifikationssystem konnten diese Fragestellungen „funktional rechtsvergleichend" nicht untersucht werden. Je gröber der Vergleich, umso genereller erweisen sich die Klassifikationsmerfcmafe. Für die Bildung von Rechtskreisen etwa genügen die von Zweigert/ Kötz 24 vorgeschlagenen „stilprägenden Faktoren", nämlich die Geschichte, die juristische Denkweise, die Rechtsinstitute, die Art der Rechtsquellen und ihre Auslegung sowie die Ideologie. Liegt jedoch, wie bei dieser Arbeit, das Anliegen vielmehr im Mikrovergleich? 5, muß nach Klassifikationsmerkmalen 23 Constantinesco (FN 13) 278. 24 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts. Bd. I: Grundlagen, 79. 25 Wer Mikrovergleich als Glasperlenspielerei oder als Minus zur Makrorechtsvergleichung begreift, erfaßt den wissenschaftlichen Anspruch funktionaler Rechtsvergleichung nicht. Die Begriffe werden unterschiedlich definiert. Die Schrift will keine Rechtssysteme und Rechtskreise im Ganzen untersuchen (Makrovergleich nach Rheinstein, Einführung in die Rechtsvergleichung, 31 ff), sie beschäftigt sich nicht mit dem Vergleich von Grundstrukturen, von allgemeinen Tendenzen usw (so die Makrorechtsvergleichung nach Zweigert/Kötz [FN 24] 5), sondern strebt den Vergleich eines Rechtsinstituts, das der einverständlichen Scheidung, an (Mikrovergleich iSv Rheinstein, aaO 31 f). Und zwar so, wie das Institut in der Rechtsordnung, in casu im materiellen und Verfahrensrecht, eingebettet ist, maW unter Berücksichtigung der Verzahnung dieser beiden Rechtsbereiche in Theorie und Praxis. Das setzt die Beschäftigung mit dem Rechtssystem (Makrovergleich) daher notwendig voraus, die Aufgabe ist somit anspruchsvoll und keineswegs reduziert auf „einen Paragraphen", wie jene vielleicht glauben möchten, die bestenfalls im Makrovergleich eine sinnvolle Arbeit erblicken. Da es aber hier nicht um ein Duell um Worte geht, sondern um die Sache selbst, ist es letztendlich nicht von zentraler Bedeutung, welchen Inhalt man den jeweiligen Begriffen (Mikro-Makro-Vergleich) beimißt. Dies insbesondere deshalb, weil eine scharfe Trennung gar nicht möglich und die Grenzen fließend sind, „vor allem wenn die Grundsätze des gerichtlichen Verfahrens und die Methoden des Rechtsdenkens behandelt werden" (vgl Rheinstein, aaO 31), wie dies hier der Fall ist.

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gesucht werden, die die Eigenart der Sachstruktur und zugleich die unterschiedliche Funktion des fraglichen Rechtsinstitutes erhellen können. Wie sehr diese Merkmale vom Gegenstand der rechtsvergleichenden Forschung abhängen und durch seine Einbettung in Rechtsordnung und Gesellschaft geradezu vorgegeben sind, zeigen Klassifikationsversuche anderer Autoren 26. Die Schrift schließt mit dem Kapitel „Funktionale Rechtsvergleichung" ab. Dort wird nicht mehr erklärt und begründet, was zu jeder Rechtsordnimg ausgearbeitet wurde, sondern es werden Gestalt und Funktion des Einvernehmens (I) sowie die Grenzen der Bestandskraft und Wirksamkeit aller zum „Einvernehmen" abgegebenen Erklärungen (II) funktional erfaßt. Diesen Ausführungen folgt das Schlußwort (III). Obwohl jede Rechtsordnung Überraschungen bot und zu weiterer Vertiefung animierte, bleibt als Quintessenz, was Rheinstein vor langer Zeit von sich behauptete: „... the greatest fascination and the greatest satisfaction has been found in comparative law."27

26 Siehe zum Beispiel Schmidt , The Need for a Multi-Axial Method in Comparative Law, in FS Zweigert, 532 ff zum Kollektiwertrag: Er unterscheidet drei Klassifikationsgruppen, nämlich eine historische, funktionale (iwS) und eine dogmatische. Diese fassen - wie der Beitrag zum Ausdruck bringt - freilich eine Reihe von Elementen zusammen, wofür insbesondere die 2. Gruppe sehr geeignet erscheint. 27 Rheinstein, Comparative Law - Its Functions, Methods and Uses, in Rotondi , 556.

BELGIEN

Gliederung Einleitung I. II.

Natur der einverständlichen Scheidung Voraussetzungen A. Mindestalter B. Mindestdauer der Ehe C. Weitere Formvorschriften D. Scheidungsfolgenregelung

III.

Verfahrensüberblick A. Die erste mündliche Verhandlung B. Die zweite mündliche Verhandlung C. Die letzte mündliche Verhandlung D. Eintragung in das Personenstandsbuch

IV.

Die Scheidungsfolgenregelung A. Die zu treffenden Maßnahmen (Inventar, Schätzung des Vermögens) B. Die Regelung der gegenseitigen Ansprüche 1. Form 2. Inhalt 3. Vergleich 4. Änderungen bzw Ergänzungen der Vereinbarungen 5. Vereinbarungsbedingungen 6. Bindungswirkung 7. Fakultative Bestimmungen C. Die familienrechtliche Vereinbarung 1. Die persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten a. Aufenthaltsort b. Vertraglicher Unterhaltsanspruch c. Bindungswirkung der Unterhaltsvereinbarung d. Vergleichsnatur e. Änderung des Ehegattenunterhalts f. Vereinbarungsbedingungen g. Fazit 2. Zwischenergebnis 3. Die persönlichen Beziehungen zu den Kindern a. Sorge- und Besuchsrechtsregelung b. Kindesunterhalt

V.

Widerruf des Einverständnisses

VI.

VII.

Zerrüttungsprüfung und Inhaltskontrolle der Vereinbarungen A. Zerrüttungsprüfung B. Inhaltskontrolle der Vereinbarungen Kritik

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Belgien

VIII.

Anfechtung des Scheidungsausspruchs und der Scheidungsfolgenvereinbarung A. Einleitung B. Die Statusentscheidung 1. Beseitigung der Eintragung 2. Wiederaufnahme des Verfahrens C. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

Einleitung12 Die einverständliche Scheidung nach belgischem Recht weckt besonderes Interesse. Bei großzügiger Berechnung blickt diese napoleonische Institution auf eine nahezu zweihundert Jahre alte Geschichte zurück. Der erste Eindruck nach der Lektüre der kaum überblickbaren Entscheidungen und Literatur? Das „Kind" ist inzwischen herangewachsen, allerdings einigermaßen „verzogen". Es hat dank der stufenweisen Reform 3 im wesentlichen seine „schlechten" Charakterzüge verlören. Seine Behandlung ist indes rigide: Die Interpretation unter Berufung auf „den" historischen Gesetzgeber legt hiefür beredtes Zeugnis ab. Ein Versteifen auf die Form, wenn der Inhalt auf dem Spiel steht, die Berufung auf den Inhalt, wenn die Form versagt. Dieses traditionelle Schwanken zwischen liquet und non liquet scheint der rote Faden des Verfahrens zur einverständlichen Scheidimg zu sein. Und welche Rolle spielen die Parteiautonomie und der freie Wille der Parteien? Ein starres Verfahren und strenge Kautelen sollten „die gegenseitige und fortwährende Einwilligung der Ehegatten" garantieren. Allerdings haben wir es oft mit einem Lippenbekenntnis zu tun. Dies vor allem deshalb, weil die Auslegung mit der Wandlung des Geistes der einverständlichen Scheidung nur sehr rudimentär schritthält. Aber wie auch immer, was die einvernehmliche Scheidung anlangt, heißt es: „Toutes les formalités sont substantielles en cette matière" 4, sie gehören dem „ordre public" an5. Relati-

1 Heute grundlegend Pintens, Echtscheiding door onderlinge toestemming. Met modelten van akten, Nr 176 ff. 2 Rechtsvergleichend berücksichtigt von Dumusc, Le divorce par consentement mutuel dans les législations européennes, 56 ff und Pousson-Petit , Le démariage en droit comparé. Etude comparative des causes d'inexistence, de nullité du mariage, de divorce et de séparation de corps dans les systèmes européens, 116,169 f. 3 Statt vieler Masson, La réforme de la législation sur le divorce par consentement mutuel, JT 1972, 461; Van Hove , Verminderde tussenkomst van de notarissen in echtscheidingen door onderlinge toestemming, Τ Not 1972,241. 4 Ua Renard , Examen de jurisprudence (1939 à 1948), RGJB 1950,235, Nr 36; ders., Examen de jurisprudence (1952 à 1955), RGJB 1957,135, Nr 36; Renard/Vieujean , Examen de jurisprudence (1956 à 1960), RCJB 1961, 465; dies., Examen de jurisprudence (1956 à 1960), RCJB 1962, 103, Nr 51; Vieujean , Examen de jurisprudence (1960 à 1964), RGJB 1965, 423; ders., Examen de jurisprudence (1960 à 1964), RCJB 1966,196, Nr 37; ähnlich ders., Examen de jurisprudence (1965 à 1969), RCJB 1970, 651, Nr 65; ders ., Examen de jurisprudence (1970 à 1975), RCJB 1978, 372, Nr 135. 5 Damit ist für die Qualifikation (materielle oder formelle Scheidungsvoraussetzungen) noch nichts ausgesagt. Der „ordre public" umfaßt beide, sowohl die „formalités substantielles", wie die „conditions de fond", die regelmäßig verschmolzen werden. Vgl allgemeine Kritik bei

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viert wird dies nur durch den Grundsatz „pas de nullité sans texte", wie er in Art 860 Gerechtelijk Wetboek (idF GerW) verankert ist.

Rigaux , Annulation, nullité et inexistence des actes juridiques en droit judiciaire privé belge, JT 1962, 398.

I. Natur der einverständlichen Scheidung Es ist wahrscheinlich auf die vorgegebene Gesetzeskonzeption zurückzuführen, daß die Diskussion um die Natur der einverständlichen Scheidung in Belgien bedeutend dürftiger ist als in Frankreich. Ein Blick auf die Schlüsselbestimmung im Burgerlijk Wetboek6 läßt ahnen, warum das so ist. Art 2337 lautet nämlich: „Die gegenseitige und fortwährende Einwilligung der Ehegatten, welche in der vom Gesetz vorgeschriebenen Form erklärt wird und welche unter den von ihm bestimmten Bedingungen und Nachprüfungen erfolgt, beweist hinreichend, daß ihnen das gemeinsame Leben unerträglich ist und daß für sie ein vollgültiger Scheidungsgrund besteht.8" Mit der Erfüllung sämtlicher Formalitäten ist das gemeinsame Einverständnis kundgetan und zugleich der Zerrüttungsbeweis erbracht. Einer Begründung hiefür bedarf es nicht, es genügt, „daß für sie ein vollgültiger Scheidungsgrund besteht.9" Das gegenseitige Einverständnis ist maW nicht die rechtliche Causa dieser Ehescheidungsvariante, sondern vielmehr die Voraussetzung zur Scheidung. Der Zerrüttungsgrund wird nicht erörtert, weshalb vielfach vom divorce pour cause indéterminée " gesprochen wird 10. Das andauernde und wiederholt erklärte Einverständnis ist als Zeichen für das Vorliegen des Schei-

6 Seil Code civil. Die niederländischsprachige Fassung wird ausschließlich zur Abhebung vom französischen Code civil vorgezogen. 7 Im folgenden sind die ohne Quellenangabe zitierten Bestimmungen immer solche des Burgerlijk Wetboek. 8 Deutsche Fassung nach Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht. Derflämische Text bestimmt: „De onderlinge en volgehouden toestemming van de echtgenoten, uitgedrukt op de wijze die de wet voorschrijft, onder de voorwaarden en na de proeftijden die zij bepaalt, bewijst voldoende dat het samenleven voor hen ondraaglijk is en dat er, te hunnen opzichte, een afdoende grond tot echtscheiding bestaat" (nach Burgerlijk Wetboek, bewerkt door Bax, 19895). 9 Hervorhebung von mir. 10 Zugleich ist dieser Scheidungsgrund dadurch von den anderen, „les divorces pour cause déterminée" ausgegrenzt. Vgl Artt 229 bis 232. J Masson, La loi du 20 novembre 1969 concernant les conditions d'admissibilité du divorce par consentement mutuel et de la séparation de corps par consentement mutuel, JT 1970, 294: „C'est un divorce dont la cause n'est pas exprimée,..."

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Belgien

dungsgrundes zu betrachten11. Absolut unbestritten ist die Auffassung, daß die Scheidung nicht ausgesprochen wird, weil, sondern wenn das gegenseitige Einverständnis vorliegt 12. „C'est le divorce c o m m u n i c o n s e n s u des Romains, dans toute la force du terme", schrieb De Page im Jahre 1961 plastisch13. Das scheint angesichts der drakonischen Auflagen, wie er sie ja selbst bezeichnet, eine etwas eigenwillige Typisierung, die sogar heute nach manch eingreifender Reform für das Gesamtbild der einverständlichen Scheidung nur bedingt zutrifft. Aber das ist genau jenes Spannungsverhältnis zwischen „Grund" einerseits und „Bedingung" andererseits, die den einverständlichen Eheauflösungsarten eigen ist. Realpolitisch betrachtet, meint dagegen Casman, daß der gemeinsame Scheidungswille der Ehegatten ausschlaggebend sei. Zurecht werde von einem divorce d'accord " gesprochen14. Manche Autoren gehen von einem divorce sans cause" aus und heben sich hiemit freilich von anderen bloß terminologisch ab: ein Scheidungsgrund braucht weder geltend gemacht noch erwiesen zu werden15. Die Bezeichnung ist in ihrem Aussagewert insofern mißverständlich, als sie das Hauptanliegen nicht erfaßt: ohne Grund sollte nämlich auf gar keinen Fall geschieden werden. Der eigentliche Scheidungsgrund - so Rigaux/Meulders-Klein - ist das Scheitern der Ehe16. Das scheint tatsächlich die Quintessenz des Art 233 zu sein: Wer die vorgeschriebene Form einhält, die Bedingungen erfüllt und die Probezeiten besteht, muß die Ehe wohl als gescheitert betrachten. Im Jahre 1989 sind diese Schlußfolgerungen, die noch an die Rechtslage von 1804 anknüpfen, allerdings einer Relativierung bedürftig 17.

11 Piérard , Divorce et séparation de corps. Traité théorique et pratique suivant la législation, la doctrine et la jurisprudence belges et françaises et le droit international, Τ I, Nr 69, Nr 189. 12 Siehe etwa Laurent , Principes de droit civil Τ III, Nr 274; De Page, Traité élémentaire de droit civil belge. Principes - doctrine - jurisprudence Τ I, Nr 846B; Roughol-Valdeyron , Le divorce par consentement mutuel et le Code Napoléon, RTDC 1975, 486; Casman, Echtscheiding door onderlinge toestemming, Nr 251; Pintens (FN 1) Nr 177. 13 De Page (FN 12) Nr 846B. Unter Berufung auf ihn Ktuyskens, Beginselen van burgerlijk recht, Personen- en Familierecht, Nr 481. 14 Vgl Casman (FN 12) Nr 252. 15 Vgl zum Beispiel Laurent (FN 12) Nr 276; Rigaux/Meulders-Klein, Les personnes, Τ I Les relations familiales, Nr 231, Ergänzungsband zu Rigawc, Les personnes, Τ I Les relations familiales. Ähnlich etwa Jottrand , Des problèmes de pension entre (ex-) époux et de la compétence du juge de paix... juge des familles, JJP1977,37, der von „un contrat" spricht. Der wahre Scheidungsgrund bleibt geheim: vgl ua Dekkers, Handboek Burgerlijk Recht, 1,203. 16 Rigaux/Meulders-Klein (FN 15) ebenda. 17 Dazu infra VII.

I. Natur der einverständlichen Scheidung

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Die Judikatur 19, hat sich stets bloß nebenher zum Wesen der einverständlichen Scheidung geäußert. So heißt es zum Beispiel in einem obiter dictum der Rb Antwerpen 19y daß die einvernehmliche Scheidung ,μη contrat ,sui generis 1 " sei. In einer Entscheidung des Trib Liège 20 steht zu lesen, daß es sich um „une construction juridique arbitraire " handle. Diese Qualifikationen wurden herangezogen, um die Rechtsfolgen zu rechtfertigen, die sich an die Verletzung eines (allzu) starren Formalismus knüpfen. Meistens jedoch begnügte sich die Rechtsprechung mit einem Rekurs auf den „ordre public", von dem die einverständliche Scheidung gleichsam durchdrungen sei. Das wird insbesondere bei der Analyse verschiedener Formverstöße bzw bei Gesetzesverletzungen, die als solche bezeichnet wurden, evident. Das Paradigma stellen die Voraussetzungen für die einverständliche Scheidung dar.

18 Die Entscheidungen werden für die Zwecke dieser Schrift nach folgendem System zitiert: Befinden sich die Gerichte in einemflämischsprachigen Gebiet, so wird das Gericht a quo in dieser Sprache abgekürzt und die entsprechende Ortsbezeichnung verwendet; für die französisch- und deutschsprachigen Gebiete wild parallel vorgegangen. Bezüglich Brüssel wird auf die Sprache, in der die Entscheidung veröffentlicht wurde, zurückgegriffen. Liegen Fundstellen in beiden Sprachen vor, hat dieflämischsprachige Fassung den Vorrang; dasselbe gilt im Falle zweisprachiger Gebiete. Eine alphabetische Liste der belgischen Gemeinden und der Gerichtszuständigkeit ratione loci ist enthalten im Anhang („Bijvoegsel") von Storme f Gerechtelijk Wetboek met bijzondere wetten en besluiten. Tweetalige teksten met commentaar geput uit de belangrijkste arresten van het Hof van Cassatie, 1.1. - 601. 19 Rb Antwerpen, 25.11. 1933, Rev Prat Not 1934,118 = Pas 1934 III 77 = BJ 1934, 341 = Ann Not 1934, 324. 20 Trib Liège , 8. 12. 1951, Jur Liège 1951/52, 82 = Pas 1952 III 44 = JT 1952, 137; vgl auch Renard (FN 4) RCJB 1950, Nr 36. 4 Verschraegen

II. Voraussetzungen21 Α. Mindestalter Das Gesetz vom 20. November 1969 führte das gleiche Scheidungsmindestalter für beide Ehegatten ein: Gemäß Art 2Ί5 22 müssen die Antragsteller mindestens 23 Jahre alt sein, um die Scheidung nach Art 233 wirksam beantragen zu können. Das vorgesehene Scheidungsalter ist bedeutend höher als das Heiratsfähigkeitsalter, das für den Mann mit 18, für die Frau mit 15 Jahren festgelegt ist23. Die dieser Diskrepanz zugrundeliegende Wertung scheint einigermaßen für Kritik anfällig 24: Zum einen ist nicht ersichtlich, inwiefern die Scheidung einer größeren Reife bedarf als die Eheschließung, zum anderen stellt sich die „Wartefrist" von 2 Jahren für sehr junge Ehepaare als entschieden länger dar, verglichen mit jener, die für Scheidungswillige gilt, die die Ehe nach ihrem vollendeten 21. Lebensjahr eingegangen sind. Dies ist mit dem Gleichheitsgrundsatz mE kaum vereinbar. Die ratio legis beruht indes auf der Überlegung, daß Minderjährige sich nicht einvernehmlich scheiden lassen dürfen. Bei volljährig Geschäftsunfähigen kommt es im Prinzip auf die Einsichtsfähigkeit an25. Das Argument überzeugt im Grunde nicht, weil die Eingehung der Ehe auch ein (familienrechtlicher) Vertrag ist.

21 Diese Voraussetzungen werden als wesentliche Scheidungsvoraussetzungen angesehen. Vgl ua De Gavre, Le divorce et la séparation de corps, TPR1975,241. Zur Sanktion bei Fehlen dieser Voraussetzungen siehe U.C. und Rigawc/Meulders-Klein (FN 15) Nr 265 (Fristen und Voraussetzungen). Bis 1962 war zudem die Zustimmung der Eltern oder Großeltern der Antragsteller zur Scheidung erforderlich. Heyvaert, Het wezen van de instituten afstamming en huwelijk, RW 1979/80, 765 erblickt im Verzicht auf diese Scheidungsvoraussetzung (nach Art 278 alt) eine Tendenz, der Ehe den „Familiengehalt" zu entziehen („defamilialisering"), dasselbe nimmt er offenbar für die Abschaffung des Art 305 alt an. Dazu FN 93 f. Vgl zur alten Rechtslage (Scheidungshöchstalter von 45 Jahren für die Frau) Rigaux, Divorce-sanction et divorce-remède, JT1968, 236 f. 22 Art 275 lautet: „Das gegenseitige Einverständnis ist nicht zulässig, wenn einer von ihnen jünger ist als 23 Jahre" bzw dieflämische Fassung: „Onderlinge toestemming van de echtgenoten wordt niet toegestaan, indien één van beiden minder dan drieëntwintig jaar oud is." 23 Vgl Art 144. Bis zum vollendeten 21. Lebensjahr verlangt der Gesetzgeber zudem die Zustimmung der Eltern (Art 148). 24 Dazu ua Glansdorff\ Deux propositions de lois récentes en matière de divorce, JT 1968, 201; Gotzen/Pintens , Echtscheiding in het belgisch burgerlijk recht, Kultuurleven 1979, 34. 25 Die Regel bedarf freilich einer Differenzierung: Wurde die Minderjährigkeit verlängert (Art 487bis), so ist kein Raum für die einvernehmliche Scheidung. Dasselbe gilt für den gerichtlich Entmündigten (Art 509). Bezüglich der Schwachsinnigen und Verschwender sowie der Eingewiesenen in eine Anstalt ist auf die Einsichtsfähigkeit abzustellen (siehe zum Beispiel Rb Kortrijk, 6. 9. 1985, RW 1985/86,1173 [Senaeve]); der in eine geschlossene Anstalt eingewiesene Geisteskranke oder der diesem Gleichgestellte ist in einem Scheidungsverfahren nicht ak-

II. Voraussetzungen

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Β. Mindestdauer der Ehe Das Eheband muß überdies mindestens 2 Jahre bestanden haben (Art 27620). Der Gesetzgeber stellt somit gar nicht darauf ab, ob die eheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen wurde oder ob die Ehegatten bereits von Anfang an getrennt gelebt haben. Die zweijährige Dauer der Ehe, eine formelle Voraussetzung, deren objektives Vorliegen nicht nur leicht überprüfbar, sondern überdies nicht manipulierbar ist, soll voreilige Scheidungsanträge verhindern.

C. Weitere Formvorschriften Die in Art 275 und Art 276 festgelegten Voraussetzungen müssen zum Zeitpunkt des ersten Gerichtstermins vorliegen27. Eine allfällige Heilung ist ausgeschlossen28. Die Verletzung dieser Formvorschriften steht einem Verstoß gegen den „ordre public" gleich und führt zur Nichtigerklärung des Verfahrens bzw zur Zurückweisung des Antrags 29. In bezug auf ein Urteil, das die Ehe zwischen zwei Ausländern scheidet, wird von diesem strikten Grundsatz abgegangen, da zwischen „ordre public interne" und „ordre public international" unterschieden wird. Nach Art 570 GerW steht die Verletzung der Grundsätze des ordre public oder des belgischen öffentlichen Rechts der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung entgegen. Das zulässige Scheidungsalter sowie die Mindestdauer der Ehe zählen indes nicht zu diesen Prinzipien30, die nach der belgischen

tivlegitimiert. Detailliert dazu Pintens (FN 1) Nr 217 ff, insbes auch zur Vertretung beim Abschluß der Scheidungsfolgenkonvention. 26 Art 276 ordnet an: „Das gegenseitige Einverständnis ist nur zulässig, wenn die Ehe zwei Jahre bestanden hat" bzw inflämischer Sprache: „Onderlinge toestemming wordt niet eerder toegestaan dan na twee jaren huwelijk." 27 Vgl Art 1289 GerW iVm Art 1297 GerW. 28 Siehe etwa Liège , 22.12.1949, Rev Prat Not 1951, 338 = Pas 1950 II 42. 29 Die Entscheidung vom 29. 10. 1957 des Trib Bruxelles (Rev Prat Not 1958, 386 = Rev Dr Fam 1959, 377) ist nur mehr in historischer Hinsicht interessant. Bis zur Reform im Jahre 1969 sah das Gesetz in Art 277 noch das Höchstalter von 45 Jahren für die Frau und die Maximaldauer des Ehebandes von 20 Jahren vor, nach deren Ablauf die einverständliche Scheidung absolut unzulässig war. Obige Entscheidung betrifft die Haftung des Notars, der die 20Jahresfrist nicht beachtet hatte. Vgl im übrigen Pintens, De echtscheiding in de notariële praktijk, Τ Not 1978,35. 30 Zum Beispiel Bruxelles , 17.12.1974, JT 1975, 280 = Pas 1975 II 87 = Rev Not Β 1975, 317 (F.L.). Zur Tragweite des Art 570 GerW im Lichte des belgischen IPR vgl ua Erauw, Overzicht van rechtspraak, IPR (1965 - 1984), TPR1984,1389.

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Rechtsordnung der öffentlichen Moral, Politik oder der Wirtschaftsordnung inhärent sind31. Die Erfüllung sämtlicher, nunmehr zu besprechender Voraussetzungen wird als Ausdruck des gemeinsamen Scheidungswillens angesehen. Diese Hypothese nimmt oft macchiavellistischen Charakter an und ist vielfach mit der Realität kaum in Einklang zu bringen. Zugleich freilich bildet sie ein anschauliches Beispiel für den überstrapazierten Gesetzespositivismus und Verfahrensformalismus.

D. Scheidungsfolgenregelung Die Scheidungsfolgenvereinbarung gilt allgemein als „wesentliches Formerfordemis" 32 und unabdingbare Scheidungsvoraussetzung, deren Erfüllung durch Vorlage anläßlich des ersten Gerichtstermins nachgewiesen wird. Die Scheidungsfolgenkonvention umfaßt im Prinzip die erschöpfende Regelung der vermögensrechtlichen Angelegenheiten: dh die Aufstellung eines vollständigen Inventars aller beweglichen und imbeweglichen Güter sowie die Schätzung des Vermögens und die rechtliche Klärung der gegenseitigen Ansprüche (Art 1287 GerW). Sodann verlangt Art 1288 GerW die Einigung (bzw „familienrechtliche Vereinbarung") über folgende Fragen: 1. den Aufenthaltsort der Ehegatten während der Probezeit; 2. das Sorgerecht und die Vermögensverwaltung für das Kind sowie das Besuchsrecht in bezug auf die in Art 1254 GerW aufgezählten

31 Vgl insbes Cass, 4.5.1950, Pas 1950 1 624. 32 Der Terminus „substantielle Formvorschriften" spiegelt eine langjährige Tradition wider: Die Verletzung dieser Vorschriften führte notgedrungen zur Nichtigkeit des Verfahrens. Mit Einführung der belgischen Zivilprozeßordnung sind die Nichtigkeitssanktionen jedoch ausdrücklich im Gesetz angeordnet (Art 860/1 GerW). Vgl im übrigen Soetaen, Het toepassingsgebied van de nietigheidsregeling in de artikelen 860 - 867 Gerechtelijk Wetboek, TPR 1980, 165 mwN. Rechtsprechung und Lehre knüpfen an Verletzungen substantieller (resp wesentlicher) Formvorschriften stets die Sanktion der ,,irrecevabilité"/„niet-toelaatbaarheid". Soweit dies vermeidbar war, sind diese Begriffe im Text nicht mit „Zulässigkeitsvoraussetzung" bzw „Zurückweisung wegen Unzulässigkeit" übertragen worden. In der belgischen Dogmatik scheint die Differenzierung zwischen Zulässigkeits- und Begründetheitsvoraussetzungen (und somit zwischen Zurückweisung wegen Unzulässigkeit und Abweisung wegen Unbegründetheit ) zumindest terminologisch nicht so scharf gemacht zu werden. Für die Übertragung in deutsch/österreichische Rechtsterminologie wollen denn die Formulierungen ,^/ös5i.), mit Quellenhinweis auf Τ Not 1947, 140, deshalb fraglich, ob nicht identisch mit der Entscheidung in FN 76. 76 Rb Gent, 7.12.1946, JT 1947,301 (Rodenbach) = Τ Not 1947,140. 77 Trib Liège , 12.12.1947, Pas 1948 III 79 = Jur Liège 1947/48,195 = Rev adm 1950,16; Trib Bruxelles , 6. 2. 1981, JT 1981, 305 = RTDF 1981, 87 = Rev Not Β 1981, 596 ( Van Laethem); vgl ua Poitevin/Hiernaux, Chronique de jurisprudence. Divorce et séparation de corps (1980 à 1983), JT 1984,116, Nr 215. Mit der Eintragung spricht der Standesbeamte die Scheidung aus, der Scheidungsrichter gestattet bloß die Auflösung der Ehe. 78 Trib Bruxelles , 11. 2. 1970, JT 1971, 76. Vgl ua Poitevin/Hiernaux, Chronique de jurisprudence. Divorce et séparation de corps (1969 - octobre 1971), JT 1971, 733, Nr83; dies., Chronique de jurisprudence. Divorce et séparation de corps (Octobre 1971 - juin 1974), JT 1974, 701, 727, Nr 184. ME ist folgerichtig danach zu unterscheiden, ob die Parteien des Notars bzw Anwalts auf Grund des Gesetzes bedürfen oder nicht; nur in diesem Falle sollten die Fehler ihres Vertreters ihnen zugerechnet werden. 79 Statt vieler Senaeve (FN 36) Nr 471. 80 Cass, 24. 1. 1974, Pas 1974 I 553 (W. G.): Zum Fall eines verspätet eingebrachten Rechtsmittels; vgl weiters Poitevin/Hiernaux (FN 77) Nr 216. 81 Vgl Art 440/2 GerW: Der Anwalt vertritt die Partei vor Gericht ohne die Vollmacht nachweisen zu müssen, es sei denn das Gesetz verlangt eine besondere Vollmacht. Im Prinzip gilt die Vollmacht als rechtmäßig, wenn der Anwalt über einen Akt verfügt. Dazu siehe etwa Van Dievoet, Gerechtelijk privaatrecht. Rechterlijke organisatie, bevoegdheid en rechtspleging in burgerlijke zaken, 45. 82 Die allgemeinen Regelungen in Bezug auf das Vollmachtsverhältnis kommen zur Anwendung (Artt 1984 ff). 83 Siehe zum Beispiel Liège, 30. 4.1975, JT 1975, 551 = Jur Liège 1974/75, 257 unter Berufung auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze (so etwa die Relevanz höherer Gewalt), die eine Fristverlängerung unter Umständen rechtfertigen; Trib Verriers , 3.12.1979, Jur Liège 1980, 25;

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des ein Mißverständnis bezüglich des Umfanges der Vollmacht, so wird mitunter die höhere Gewalt bejaht und eine neuerliche Frist gewährt84. Der Judikatur mangelt es mE an Systematik und Konsequenz. Den Entscheidungen ist nur mit Mühe zu entnehmen, unter welchen Umständen höhere Gewalt vorliegt. Aber auch der Verweis auf Art 440/2 GerW scheint für die Annahme der „culpa in eligendo" eine eher dürftige Begründung zu sein. Dies ist umso fragwürdiger, als die Parteien bei Verfall der Entscheidung das gesamte Verfahren unter Beachtung sämtlicher Voraussetzungen neu beginnen müßten. Es spricht für sich, daß andere Scheidungsgründe unter diesem Blickwinkel an Attraktivität gewinnen85. Der Doktrin ist die Systematisierung denn auch viel besser gelungen. Pintens 86 unterscheidet die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Gerechtelijk Wetboek87 von der geltenden Rechtslage: Nach dieser ist die in Art 1303/3 GerW aufgestellte Frist weder einer Verkürzung noch einer Verlängerung zugänglich (vgl Art 50 GerW). Bloß Art 2 GerW 88 erlaubt diesbezüglich eine gewisse Relativierung durch die Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze: bei absoluter Unmöglichkeit tätig zu werden (ein Anwendungsfall der höheren Gewalt), sind Fristen zu erstrecken.

Rb Brüssel, 22. 2. 1978, Pas 1978 III 37 = RTDF 1980,116 = RW 1978/79,1370. Anderer Ansicht jedoch Gent, 14. 6.1979, RW 1980/81,1208. 84 Vgl Brüssel, 4. 2. 1980, RW 1981/82,1681 = Τ Not 1982, 111 = Rev Not Β 1982, 446 (N.N.). Vgl auch Baeteman / Gerlo / Guldix /de Mulder /de Wit , Overzicht van Rechtspraak, Personen- en Familierecht (1981 - 1987), TPR1988, Nr 230 (idF Baeteman ea, aaO) 85 Keineswegs würde einem Scheidungsantrag, gegründet auf Art 231 (schwere Eheverfehlungen), stattgegeben, wenn die Ehegatten eine „Konventionalscheidung" anstrebten. Die Bestimmungen in bezug auf die einvernehmliche Scheidung sind solche des ordre public: Gent, 7. 7.1926, BJ 1926,534. Vgl auch Rb Tongeren, 23.12.1937, RW 1938/39,458 und Trib Möns, 3. 3.1956, Pas 1957 III 81. 86 Pintens (FN 1) Nr 428 f. 87 Gesetz vom 10.10.1967, KB 15.5.1970, BS 17.5.1970. 88 Danach gilt, daß die Bestimmungen dieses Gesetzbuches auf alle Verfahren anwendbar sind, es sei denn, sie unterstehen Regelungen oder Grundsätzen, die nicht ausdrücklich aufgehoben wurden und deren Anwendung mit der Anwendung dieses Gesetzes unvereinbar wäre.

IV. Die Scheidungsfolgenregelung Artt 1287 und 1288 GerW stellen die Rechtsgrundlage der Scheidungsfolgenregelung dar. Die geltende Fassung stammt aus dem Jahre 1972®. Die Scheidungsfolgenregelung umfaßt sowohl Maßnahmen, die den Ehegatten zwingend auferlegt sind, wie auch die Regelung der gegenseitigen Ansprüche (dh die „vermögensrechtliche Vereinbarung") und die „familienrechtliche Vereinbarung". A. Die zu treffenden Maßnahmen Aus dem Gesetzestext geht zweifelsfrei hervor, daß diese Maßnahmen vor Beginn des Verfahrens zu treffen (Art 1287/1 GerW) und (spätestens) am 1. Verhandlungstermin vorzulegen sind90. Es handelt sich um die Erstellung des Inventars und die Schätzung sämtlicher beweglicher und unbeweglicher Güter durch einen Notar. Rechtsprechung und Lehre sind hiebei sehr streng: Das Inventar und die Schätzung des gesamten Vermögens werden als Zulässigkeitsvoraussetzung (dh wesentliche Scheidungsvoraussetzung, bzw „formalité substantielle") angesehen91. Die Ehegatten sollen sich ein sehr genaues Bild über die Folgen der einvernehmlichen Auflösung ihrer Ehe verschaffen 92. Bis zur Abschaffung 93 des Art 305, wonach die Hälfte des Vermögens den Kindern bzw Deszendenten zukam94, war dieses Erfordernis explicite als „Scheidungsbremse" deklariert 95. 89 Gesetz vom 1. 7.1972, BS 18. 7.1972. Dazu Traest (FN 53) 345; De Busschere, Wet van 1. 7. 1972 betreffende de rechtspleging inzake echtscheiding door onderlinge toestemming en scheiding van tafel en bed en haar gevolgen: tekst en kommentaar, Jura Falc 1972/73, 86 f; Gerlo, De burgerrechtelijke bepalingen van de wet op de jeugdbescherming. Overzicht van rechtsleer, rechtspraak met rechtsvergelijkende aantekeningen, TPR 1973, 149, Nr 54; Van Hove (FN 3) 243; weitere Hinweise bei Rigaux/Meulders-Klein (FN 15) Nr 100. 90 Siehe beispielsweise Rb MecHelen, 18. 6. 1956, Τ Not 1956, 165; und ua Van Hove, Het wettelijk stelsel - Ontbinding, TPR 1978,477, Nr 26. 91 Pars pro toto: Pasquier/Van den Neucker, Chronique de jurisprudence. Divorce et séparation de corps 1951 - 1952, JT 1953, 150, Nr 34; dies., Chronique de jurisprudence. Divorce et séparation de corps 1952 - 1954, JT 1954, 691, Nr 33; dies. (FN 56) 87, Nr 39; Poitevin/ Hiernaux (FN 77) Nr 208. 92 J ua RPDB Τ III (FN 37) Nr 403; RPDB Compi I (FN 37) Nr 403. 93 Mit Gesetz vom 1. 7.1972, j FN 53 und FN 89. 94 Ursprünglich kamen die in der Ehe geborenen Kinder in den Genuß des halben Vermögens. Das Gesetz vom 10.10.1967 (FN 87) dehnte den Kreis der Berechtigten auf sämtliche Deszendenten jedes Ehegatten aus. Details bei Wailliez, Le divorce par consentement mutuel et le Code judiciaire, Rev Prat Not 1969,411 f. 95 Vgl ua Pierard (FN 11) Nr 71, Nr 74, Nr 657, Nr 809; De Page (FN 12) Nr 846, Nr 1026.

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Das Inventar und die Schätzung des Vermögens müssen sich auf alle Güter beziehen, dh sowohl auf das gemeinsame Vermögen wie auf das Eigengut96, dies unabhängig davon, ob die Ehe kinderlos blieb oder nicht97. Das Inventar beweist - so der Kassationshof - den Umfang des Vermögens98. Es handelt sich freilich nicht um eine unwiderlegbare Vermutung. Bloß im Falle, daß überhaupt kein Vermögen vorhanden ist, kann von einem Inventar (und der Schätzung) abgesehen werden; dies ist freilich vom Notar formell festzustellen 99. Haben die Ehegatten bereits eine Güteraufteilung durchgeführt, so sind sie dadurch von ihrer Verpflichtung nach Art 1287/1 GerW nicht befreit 100, und zwar auch dann nicht, wenn das Vermögen geringfügig ist und bloß persönliche Gebrauchsgegenstände umfaßt 101. Eine Schätzung in globo genügt grundsätzlich nicht und wird als schwerer Formverstoß qualifiziert 102. Die Rspr differenziert jedoch gelegentlich danach, ob eine Gesamtsache vorliegt oder nicht: handelt es sich zum Beispiel um einen Weinkeller, dann ist die Aufzählung und Schätzung jeder einzelnen Flasche nicht nötig, es sei denn, das Inventar ist offensichtlich unvollständig oder mißbräuchlich abgefaßt 103. Das gleiche würde wohl für ein Warenlager gelten. Manchmal stellt die Judikatur auch auf den sozialen Status der Antragsteller ab, um den erforderlichen Grad an Genauigkeit des Inventars zu be96 Dem Scheidungsantrag wurde nicht stattgegeben, weil ein Eigentum (hier: eine Liegenschaft) im Inventar nicht aufgenommen und somit gegen die Formvorschriften verstoßen worden war Trib Liège , 13.9.1960, Jur Liège 1960/61,69. 97 Ausdrücklich: Liège, 26. 3. 1942, Pas 1942 II 84; Bruxelles, 30. 1. 1952, JT 1952, 150 = Rev Prat Not 1952,121 und die Entscheidung a quo Trib Bruxelles , 27.12.1951, JT 1952, 525 = Rev Prat Not 1952,123; Trib Liège , 24. 3.1953, JT 1953,413 = Jur Liège 1952/53, 237; Rb Antwerpen, 8. 12. 1954, JT 1955, 61 (Fehlen einer Schätzung des Vermögens auch bei kinderloser Ehe fatal); Trib Liège , 13.9.1960, Jur Liège 1960 /61,68. 98 Cass, 29.10.1973, Rev Not Β 1973,624. Dies ist - wie Pintens betont (Echtscheiding, TPR 1985,14, Nr 24 FN 73) - insbes auch ein tauglicher Beweis in anderen Verfahren. 99 J Liège, 26. 3.1942 (FN 97) aaO; Trib Bruxelles , 27.12.1951 (FN 97) ebenda; Bruxelles , 30.1.1952 (FN 97) ibidem. 100 Siehe Bruxelles , 1.12.1969, Pas 1970 II 54. 101 Vgl etwa Trib Liège , 29. 4.1941, Rev Prat Not 1941,432 (/. B.); Trib Liège , 25.11.1952, Pas 1953 III 60 = Jur Liège 1952/53,101; Trib Liège, 24.3.1953 (FN 97) ebenda. Eine sehr formalistische Anwendung des Gesetzes bietet Rb Brugge, 6.9.1954, RW1954/55, 714: Das Inventar enthielt keine Aufzählung der einzelnen Gebrauchsgegenstände (Kleidungsstücke, Leinen) und der Eheringe, sondern beschränkte sich auf deren Erwähnung und Schätzung (im übrigen 3000,- BFR/Person). Die Entscheidung wurde zu Recht durch Gent, 30.10.1954, RW 1954/55, 712 (Stellungnahme Staatsanwaltschaft) abgeändert. 102 Bruxelles, 30.1.1952 (FN 97) ibidem. 103 Vgl Gent, 3. 10. 1963, Τ Not 1963, 201 (NN) = RW 1963/64, 970. Das Gericht fügt dem noch hinzu, daß, was nicht im Inventar erwähnt ist, offenbar auch nicht vorhanden ist; es handle sich um eine konkludente Erklärung der Parteien, die den Formerfordernissen genüge, soweit sie mit der Realität übereinstimmt; davon ist, mangels widersprechender Anhaltspunkte auch auszugehen.

IV. Scheidungsfolgenregelung

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stimmen: So schien es übertrieben, daß „einfache Angestellte" ihren Monatslohn, den sie für das tägliche Leben verbrauchen, in das Inventar aufnehmen sollen104. Es handle sich dabei nicht um „liquides Geld" im engeren Sinne des Wortes. Die Entscheidung ist mE vernünftig, da das Inventar dem Stand des Vermögens zum Zeitpunkt der ersten Verhandlung entsprechen soll. Sie wurde indes von einigen Autoren kritisiert. Delva beispielsweise forderte 1964 die Berücksichtigung des Wochenoder Monatslohnes, da - zu jener Zeit noch - das den Lebensbedürfnissen dienende Vermögen nicht wie das andere Vermögen zur Hälfte auf die Kinder übertragen wurde 105. Um beurteilen zu können, welches Vermögen damals ex lege den Kindern zugute kommen sollte, war die Vollständigkeit unabdingbar. Art 305 alt hat allerdings nur mehr historische Bedeutimg. Die spätere Kritik ist denn auch auf anderer Ebene angesiedelt: Van Oosterwijck plädiert für eine absolute Vollständigkeit und hält die Unterscheidung nach der Höhe des liquiden Vermögens für „gefährlich" 106: gleichgültig, ob wenig oder viel Geld vorhanden ist, es muß inventarisiert werden. Pintens weist zwar auf die allzu harte Sanktion eines unzulänglichen Inventars hin, meint indes, daß der Willkür Tür und Tor geöffnet wäre, stünde es den Parteien frei, Geldsummen die ihrer Ansicht nach geringfügig seien, der Inventarisierung und Schätzung zu entziehen107. Die angeführten Beispiele bilden freilich bloß einen kleinen Ausschnitt der Problematik. Der kleinste Fehler kann - je nach Gericht, das über die Sache zu befinden hat - zur Zurückweisung des Scheidungsantrags führen. Den Maßstab für das Inventar bilden zunächst die Artt 1175 bis 1184 GerW 108 . Der Notar hat sich vom vorhandenen (Aktiv- und Passiv-) Vermögen persönlich zu überzeugen und sich an Ort und Stelle zu begeben, es sei denn - so Art 1182/2 GerW -, dies ist nicht möglich. „Unmöglichkeit" wird indes nicht schon dann angenommen, wenn die Parteien erklären, kein oder nur ein geringfügiges Vermögen zu besitzen109. Der Notar wird indes auf Grund der bloßen Parteierklärungen das Inventar zu erstellen haben, wenn sich die Güter im Ausland befinden und die Inventarisierung unüberwindbare Schwierigkeiten verursachte 110. Die Rechtsprechung erblickt im Lokalaugenschein eindeutig die notarielle Überprüfung der 104 J Gent, 11.10.1963, RW 1963/64, 972. 105 Detva/Baert, Overzicht van de rechtspraak (1960 - 1963), Personen- en familierecht, TPR 1964,421. 106 Van Oosterwijck, Echtscheiding door onderlinge toestemming: boedelbeschrijving, Notarius 1979,113. 107 Pintens (FN 1) Nr 263. 108 Zum Inventar einer Verlassenschaft du Faux //., L'inventaire dans le Code judiciaire, Rev Not Β 1975, 6. 109 Vgl Pasquier y Précis du divorce et de la séparation de corps, Nr 368. 110 Genaueres bei Pintens (FN 1) Nr 256 FN 47. 5 Verschraegen

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Parteienaussagen m; deshalb erfordert die Inventarisierung auch unbedingt einen Notariatsakt 112. Die Scheidungswilligen sind daher gehalten, die Vollständigkeit und Wahrhaftigkeit des Inventars persönlich zu beeiden 113. Sie können sich diesbezüglich nicht vertreten lassen114. Ebensowenig erfüllte ein Inventar die Formerfordernisse, wenn es nicht in Form eines Notariatsaktes erstellt und vorgelegt würde 115. Die notarielle Inventarisierung 116 des gesamten Vermögens stellt zweifellos eine Scheidungshürde dar. Diesbezügliche Reformbestrebungen 117 sind mW bislang gescheitert. Einige Autoren plädieren, wenn nicht für die gänzliche Abschaffung dieser Formalität, so doch für ihre Vereinfachung 118. Heute beschränkt sich die Rechtfertigung des Inventars auf die zwingend auferlegte Regelung der gegenseitigen Ansprüche 119. Fraglich scheint indes, ob diese Überlegung noch einen praktischen Wert hat: Die Ehegatten regeln nämlich zuerst ihre gegenseitigen Ansprüche, bevor sie durch den Notar das Inventar erstellen lassen. Renchon gesteht dieser Formalität denn auch bloß eine kostspielige Verfahrens- bzw scheidungsverzögernde Wirkung zu120, die mit dem einvernehmlichen Charakter dieses Scheidungsgrundes schwerlich vereinbar sei. Das Inventar und die Schätzung des Vermögens sind ab dem ersten Verhandlungstermin im Prinzip unabänderlich 121. Der Grundsatz wird durch ein vom Willen der Parteien unabhängiges Ereignis allerdings durchbrochen: Der Neubeginn des Verfahrens unter Beachtung aller Formerfordernisse schiene allzu rigoros 122. Im Falle einer Schenkung oder Erbschaft wird die 111 Vgl Bruxelles , 1.12.1969 (FN 100) ibid. Ähnlich Brüssel, 2. 2.1971, Pas 1971 II 157 = Τ Not 1972, 185 = Rev Not Β 1974, 322: Trotz der Behauptung der Parteien, daß die offizielle Wohnadresse der Frau mit ihrem faktischen Aufenthaltsort nicht übereinstimme, weshalb der Notar sich zu jener nicht begeben hatte, erachtete das Gericht das Inventar für nicht ordnungsgemäß erstellt und ließ auf Grund dessen die Scheidung nicht zu; vgl auch Poitevin/Hiernaux (FN 78) Octobre 1971 - juin 1974, Nr 176; Poitevin/Hiernaux (FN 77) Nr 208. 112 Trib Liège , 17. 3.1948 (FN 44) ebenda. 113 HendriXy Caractère exécutoire des actes notariés, Notarius 1985, 73. 114 Die eidesstattlichen Erklärungen können sich freilich jeweils bloß auf jene Gegenstände bzw Wohnorte beziehen, die von der betreffenden Partei tatsächlich besessen bzw bewohnt wurden. Für Details vgl Pintens (FN 1) Nr 268. 115 Ausdrücklich Art 1278/1 GerW. 116 Vgl De Gavre (FN 21) 242. Schon anläßlich der Diskussion um die Reform 1972 stellte die Notariatspflicht ein äußerst umstrittenes Thema dar. Vgl Renchon (FN 53) Nr 8. 117 Der Reformvorschlag Delahaye, Pari. St., Kamer, 1983-84, nr 732-1 (zitiert bei Senaeve [FN 36] Nr 685) enthielt die Abschaffung des Inventars und der Schätzung des Vermögens. 118 J Pintens (FN 1) Nr 251. 119 Vgl Renchon (FN 53) Nr 10; Van Beneden, Allocution prononcée à l'Assemblée du 30 avril 1952, Rev Prat Not 1953,13. 120 Renchon (FN 53) Nr 10. 121 Siehe etwa Bruxelles , 16.10.1957, Pas 1959 II 13.

IV. Scheidungsfolgenregelung

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Ergänzung des Inventars (seil Notariatsaktes) während des laufenden Verfahrens für zulässig erklärt 123; dasselbe gilt für Schulden, die zum 1. Verhandlungstermin noch unbekannt waren 124.

B. Die Regelung der gegenseitigen Ansprüche i. Form Diese „vermögensrechtliche Vereinbarung" bedarf der Schriftform und ist spätestens anläßlich der 1. Verhandlung vorzulegen125. Es handelt sich wie im Falle des Inventars und der Schätzung des Vermögens - um eine wesentliche Scheidungsvoraussetzung, die dem „ordre public" (interne) inhärent und deshalb unabdingbar ist 126 . Betrifft die Vereinbarung unbewegliches Vermögen, dann ist sie in Form eines Notariatsaktes zu treffen, sonst genügt die bloße Schriftform 127. Der Vorteil der notariellen Urkunde liegt auf der Hand: sie ist ein Exekutionstitel und daher ab der Eintragung der Entscheidung in das Personenstandsbuch sofort exequierbar. Eine gerichtliche Klage ist deshalb nicht nur überflüssig, sondern ihr bleibt mangels Beschwer jeglicher Erfolg versagt128. Fehlt ein Notariatsakt, ist zuerst eine Klage anzustrengen, auf Grund deren die Vollstreckung durchgeführt werden kann129: die Regelung der ge122 RPDB Τ III (FN 37) Nr 403 und RPDB Compi I (FN 37) Nr 403. 123 Dazu Rb Mechelen, 18. 6.1956 (FN 90) 166; Bruxelles , 16.10.1957 (FN 121) 14. 124 Trib Bruxelles , 22. 2.1956, Pas 1957 III 14 = RCJB 1962,103 (Renard/Vieujean) = Rev Prat Not 1957,231. Wird erst nach rechtskräftiger Scheidung eine in der Scheidungsfolgenregelung nicht erwähnte Forderung gegen den geschiedenen Gatten geltend gemacht, so muß die Ex-Ehefrau beweisen, daß es sich um eine gemeinsame Schuld handelt, für die beide haften. Siehe dazu Gent, 24. 6.1980, RW 1980/81, 2189 (Gasman). 125 Eine formungültige Schenkung (einer Liegenschaft der Ehegattin an den mindeijährigen ehelichen Sohn), die in der Regelung der gegenseitigen Ansprüche integriert war, zieht die nicht ordnungsgemäße Vorlage der gesamten Regelung und somit die Zurückweisung des Scheidungsantrags nach sich: Antwerpen, 23. 4. 1986, RW 1986/87, 2305 = TPR 1988, Nr 213 ÇBaeteman ea, FN 84). 126 Siehe etwa Pintens (FN 29) 37. 127 Vgl zum Beispiel Brugge , 25.4.1983, Τ Brugse R1983 (nr 2) 24. 128 Zum Beispiel: JP Grivegnée, 19. 7.1961, Jur Liège 1961/62,123 (Ν. R.); Rb Brüssel, 23. 11. 1977, RW 1979/80, 921 = RTDF 1980, 115; Trib Bruxelles , 1. 7. 1957, Rev Dr Fam 1957, 253; Rb Hasselt, 30. 6. 1981, Limb Rechtsl 1981, 185 (mit der Begründung, daß eine Abschrift [mit Vollstreckbarkeitsklausel] von der Notariatsurkunde erhältlich ist.). 129 Der „vrederechter"/„juge de paix" verleiht der Vereinbarung der exekutiven Kraft (Art 591 - 7 GerW). Trib Bruxelles , 16. 2.1980, RTDF 1980, 288 (mit zustimmender Glosse von Panier, La compétence en matière de contestations alimentaires après divorce par consentement mutuel, RTDF 1980, 289); Bruxelles , 16.4.1981, RTDF 1981, 278 f; Trib Liège , 8.12.1982, Jur Liège 1983, 260, mit zustimmender Kritik von de Levai , Titre exécutoire et conventions préalables au divorce par consentement mutuel, Jur Liège 1983, 260. Siehe im übrigen auch Engels, De voorafgemaakte overeenkomsten bij echtscheiding of scheiding van tafel en bed

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genseitigen Ansprüche ist (nämlich) kein Bestandteil der Statusentscheidung, der Richter homologiert die Vereinbarung nicht 130. Dasselbe gilt freilich auch für die anderen Vereinbarungen 131. Die unmittelbare Vollstreckbarkeit der Notariatsakte wird im allgemeinen zunehmend bestritten 132, sie steht indes im Rahmen der einverständlichen Scheidung wohl außer Zweifel 133.

2. Inhalt Die „Regelung der gegenseitigen Ansprüche" hat die Auflösung des Güterrechtssystems der Ehegatten zum Gegenstand: Bei Gütergemeinschaft ist das gemeinschaftliche Vermögen aufzuteilen, bei einem Gütertrennungssystem ist über die Passiva eine einvernehmliche Regelung herbeizuführen. Anläßlich der Aufteilung genießen die Parteien weitgehende Vertragsfreiheit: bestimmte Güter können sie im ungeteilten Eigentum behalten134, allfällige Eheverträge und die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Rechtsfolgen der Güterrechtssysteme binden sie nicht. Die Ehegatten dürfen aber keine ordre public-widrige Vereinbarung treffen 135: Die Interessen der Kinder (Vertrags- oder erbrechtlicher Natur) und von Dritten sind entsprechend zu respektieren. Die Prüfung obliegt jedenfalls dem Richter bzw der Staatsanwaltschaft.

door onderlinge toestemming, RW 1976/77, 319; Pintens, Uitkering van levensonderhoud aan kinderen na echtscheiding door onderlinge toestemming, RW 1976/77, 1270, Glosse zu Vred Brasschaat, 30. 6. 1976, RW 1976/77, 1266; De Gavre (FN 21) 245 f, der darauf hinweist, daß die Praxis, nach der der „vrederechter" der Vereinbarung exekutive Wirkung verleiht, keineswegs etabliert ist. Siehe weiters Bax/Willekens, Personen- en familierecht (1979 - 1980), RW 1981/82,168 mwN; Senaeve (FN 36) Nr 694. 130 Cass, 9. 3.1970, Pas 1970 1593 (A. C.) = RW 1969/70,1476 (Vanhalewijn) = Rev Not Β 1971,427 = Rev Dr Fam 1971,1; Bruxelles , 16.4.1981 (FN 129) ibidem. 131 Siehe beispielsweise ArrRb Antwerpen, 16. 4. 1985, RTDF 1986, 212 = RW 1985/86, 1495 und Vred Borgerhout, 31.1.1985, RW 1985/86,1499; Baeteman/Gerlo (FN 46) TPR 1981, 875; de Levai zu Trib Liège , 8.12.1982 (FN 129) 260; Pintens (FN 1) Nr 412. 132 Dazu RÉmon , L'exécution directe des actes notariés, Notarius 1979, 4; De Gavre (FN 21) ibidem; De Wulf \ De notaris, ambtenaar van de willige rechtsmacht, en de uitvoerbare kracht van de notartele akte, TPR 1967,43. 133 Vgl Remon (FN 132) 6 f; De Gavre (FN 21) 245; de Levai , L'exécution et la sanction des décisions judiciaires en matière familiale, 876; Pasquier (FN 109) Nr 369; nicht zuletzt Pintens (FN 1) Nr 289 mwN. 134 Ua Gent , 11.10.1963 (FN 104) ebenda. Zustimmend Detva/Baert (FN 105) 423. 135 Rigaux/Meulders-Klein (FN 15) Nr 236.

IV. Scheidungsfolgenregelung

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3. Vergleich Die Vertragsparteien können einander Rechte für den Fall des Überlebens des anderen einräumen136 und bezüglich der Regelung der gegenseitigen Ansprüche überhaupt einen Vergleich abschließen137. Pintens und Rigaux/Meulders-Klein sind der Auffassung, daß es sich stets um einen Vergleich iSd Art 2044 handelt, insbesondere wenn die Parteien bei der Regelung ihrer gegenseitigen Ansprüche von den gesetzlichen Aufteilungsbestimmungen abweichen138. 136 Siehe ua Donnay, Répertoire Notarial, Droits de succession et de mutation par décès Taxe compensatoire des droits de succession, Nr 185, Nr 1008; Van Look, De rechten van de langstlevende echtgenoot. Beperkingen en onterving, RW 1981/82,411. Ziemlich unbestritten ist die Tragweite der Artt 299 und 300. Art 299 lautet: „Mit Ausnahme der Scheidung wegen gegenseitigen Einverständnisses verliert der Ehegatte, gegen den die Scheidung ausgesprochen ist, ohne Rücksicht auf den Scheidungsgrund alle Vorteile, die der andere Ehegatte ihm durch den Ehevertrag oder nach der Eheschließung eingeräumt hat." In flämischer Sprache: „Behalve in geval van onderlinge toestemming verliest de echtgenoot tegen wie de echtscheiding, op welke grond ook, is toegestaan, alle voordelen die de andere echtgenoot hem, hetzij bij hun huwelijkscontract, hetzij sinds het aangaan van het huwelijk, verleend heeft." Art 300 ordnet an: „Der Ehegatte, der die Scheidung erwirkt hat, behält die Vorteile aus vertraglichen Einsetzungen, die ihm zu seinen Gunsten von seinem Ehegatten eingeräumt worden sind, auch wenn sie als gegenseitig vereinbart sind und wenn eine Gegenseitigkeit nicht mehr stattfindet. Dieser Rechtsvorteil kann Gegenstand eines Vergleiches nach der Scheidung sein." Inflämischer Sprache: „De echtgenoot die de echtscheiding verkrijgt, behoudt de voordelen van de contractuel erfstellingen te zijnen behoeve gedaan door de andere echtgenoot, al waren die wederkerig bedongen en al heeft geen wederkerigheid meer plaats. Omtrent die voordelen kan na de echtscheiding een vergelijk worden getroffen". Vorteile, die der eine dem anderen durch Ehevertrag oder nach der Eheschließung eingeräumt hat, verliert der Begünstigte bei der einverständlichen Scheidung nicht; ebenso behält er die Vorteile aus vertraglichen Einsetzungen. Vgl etwa Trib Möns, 5. 9.1975, Rev Not Β 1977, 423 = Ree Gen Enr Not 1978, n° 22228, zitiert bei Baeteman/Gerlo (EN 46) TPR 1981, Antwerpen, 22.10.1985, RW 1986/87,1167. Zu den Vorteilen iSd Art 299 zählt jedenfalls nicht die ehevertraglich vereinbarte Zugewinngemeinschaft: Bruxelles , 14.11.1979, JT 1980, 747. Bei eventuellem Widerruf ist allerdings die vorgeschriebene Form zu beachten: Antwerpen, 20. 5. 1986, RW 1986/87, 2378; Trib Bruxelles , 25. 3. 1927, Rev Prat Not 1927, 300 (/. Β.). Zum Gewicht der Scheidung auf die Beurteilung des Vorteilsverlustes siehe zum Beispiel Spilman, Effets du divorce sur les avantages matrimoniaux et les institutions contractuelles stipulées entre futurs époux, pour le seul cas de dissolution du mariage par décès, Besprechungsaufsatz zu Gent, 13.5.1954, RCJB 1956,102. 137 Vgl Art 1287/1 GerW. Renauld , Droit patrimonial de la famille. Introduction. Τ I Régimes matrimoniaux, Nr 1057; Raucent , Traité pratique des régimes matrimoniaux. Τ I Droit civil, Nr 1490. 138 Rigaux/Meulders-Klein (FN 15) Nr 247; Pintens (FN 1) Nr 281 und ders. (FN 29) 39. Vgl auch unter Berufung auf diesen Autor Senaeve (FN 36) Nr 688; De Decker, De vereffening-verdeling van het huwelijksvermogen tijdens de echtscheidingprocedure: a priori uitgesloten? RW 1986/87, 302, FN 43.

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Zu den essentialia eines solchen Vergleiches gehören die res litigiosa (dh ein bestehender oder künftiger Streit), die Absicht, diesen Streit zu beenden, und zwar durch gegenseitiges Nachgeben 139. Die Rechtsprechung qualifiziert die vermögensrechtliche Vereinbarung durchwegs als Vergleich iSd Art 2044140. Insbesondere im Lichte einer späteren Anfechtung und Widerruflichkeit gewinnt dies an Bedeutung: Der Anfechtbarkeit des Vergleiches sind enge rechtliche Grenzen gesetzt (Artt 2053 ff), denn grundsätzlich ist davon auszugehen, daß ihm eine materielle „Rechtskraftwirkung' zwischen den Parteien zukommt (Art 2052: „l'autorité de la chose jugée"/„kracht van gewijsde"). Es wird sich freilich noch zeigen, daß viele Entscheidungen die Unwiderruflichkeit und Unanfechtbarkeit nicht explicite auf die „Vergleichsnatur" 141 der vermögensrechtlichen Regelung stützen, sondern hiefür vielmehr den historischen Gesetzgeber zitieren, der ausschließlich aus pragmatischen Erwägungen auf dem definitiven Charakter der Vereinbarungen bestanden hat: Das war eben der Preis, den es für die mangelnde Offenbarung des wahren Scheidungsgrundes zu zahlen galt. Es scheint daher mE eher fraglich, ob die vermögensrechtlichen Vereinbarungen tatsächlich einem solchen Vergleich gleichzuhalten sind: Art 1287/1 GerW räumt den Parteien die Möglichkeit 142 eines Vergleichsabschlusses ein, zwingt sie allerdings nicht dazu143.

139 Ausführlich Herbots (Hrsg), Bijzondere overeenkomsten. Actuele problemen, 286 mwN. Zum Abschluß dieses besonderen Vertrages bedarf es der Geschäftsfähigkeit der Parteien sowie der mangelfreien Willenserklärungen (aaO 289); weiters zur Unterscheidung Vergleich/Verteilung: Dillemans/Puelinckx-Coene/Verstraete, Overzicht van rechtspraak (1968 1977) - Erfenissen, TPR 1978,104 ff. 140 Siehe ua Cass, 11. 12. 1958, Pas 1959 I 372 = Ree Gen Enr Not 1962, 62 (N.N.) = RCJB 1962, 104 (Renard/Vieujean) = RCJB 1964, 368 (Renauld/Leclercq); Rb Antwerpen, 17. 3.1928, Pas 1929 III 110 = Pand pér 1928,165 = Ann Not 1929, 397: unter Berufung auf französische Judikatur, weniger apodiktisch allerdings Rb Gent, 29. 11. 1961, RW 1962/63, 443, wo bloß von der Zulässigkeit eines Vergleichs gesprochen wird. Siehe auch Cass, 12. 9.1988, Τ Not 1989, 31. 141 Siehe allerdings noch jüngst Rb Antwerpen, 13.1.1984, RW 1984/85, 61: sämtliche, außer den kindesbezogenen Regelungen stellten einen Vergleich dar. Eine Begründung hiefür fehlt. 142 Eine ausdrückliche Ermächtigung des Gesetzgebers wäre aus folgenden Gründen erklärlich: Beim 1. Erfordernis der „dading"/„transaction" (ie Vergleich iSd Art 2044), das ist die „res litigiosa et dubia", wird zwischen objektiver und subjektiver Unsicherheit des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien unterschieden. An letzterer mangelt es im Falle der einverständlichen Scheidung. Dazu: Pintens (FN 1) Nr 281 mwN, der sich allerdings (nur) auf die Materialien beruft, um die Qualifikation der Vereinbarung als Vergleich zu untermauern, wann immer die Parteien von den gesetzlichen Aufteilungsregeln abweichen. 143 J etwa Raucent , Droit patrimonial de la famille. Les régimes matrimoniaux, Nr 230; Baeteman/Detva/Vlieghe-Casman, Overzicht van rechtspraak (1961 - 1971) - Huwelijksvermogensrecht, TPR 1972, 516; Baeteman/Detva/Bax, Overzicht van rechtspraak (1964 - 1974) Personen- en familierecht, TPR 1976,439; Baeteman/Gerlo , (FN 46) TPR 1981, 871.

IV. Scheidungsfolgenregelung

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4. Änderungen bzw Ergänzungen der Vereinbarungen Im allgemeinen wird am Grundsatz der Unabänderlichkeit und Unwiderruflichkeit der vermögensrechtlichen Vereinbarung festgehalten 144. Das Prinzip kennt freilich Ausnahmen. Während des Verfahrens ist eine Änderung der Vereinbarung aus unvorhersehbaren, vom Willen der Parteien unabhängigen Umständen erlaubt: Das Verfahren zur einverständlichen Scheidung gehört dem „ordre public" an, dessen Gegenstück die Unabänderlichkeit 145 und Unwiderruflichkeit 146 der Vereinbarung ist. Die Rechtsprechung ist seit langem mit diesem Problem konfrontiert: Jegliche Vereinbarungsänderung oder -ergänzung, die die Parteien im Laufe des Verfahrens unter der Hand, dh also ohne sie dem Richter zu unterbreiten, vorgenommen haben, ist demnach nichtig 41. Die gilt selbst dann, wenn sie lange Zeit hindurch freiwillig eingehalten wurde 148. Diese Ansicht kann nicht restlos überzeugen. Sie reflektiert den allzu strikten Formalismus, der auch in diesem Zusammenhang Kritik erfahren hat: Die Erfüllung einer nicht vorgelegten und somit nichtigen Vereinbarung führt zur Heilung der Nichtigkeit149. 144 Das gilt natürlich auch nach der Eheauflösung: Wenn der Wortlaut klar und deutlich ist (zum Beispiel „usufruit") ist eine abändernde Auslegung (zum Beispiel „habitation") unzulässig; die Vereinbarung ist unabänderlich und unwiderruflich, vgl Trib Liège , 8. 9. 1982, Jur Liège 1982, 416 zitiert bei Poitevin/Hiernaux (FN 77) Nr 223. Pauwels, Beginselen van personen- en familierecht. Boekdeel 2: Relatierecht 160,162 plädiert für die einvernehmliche Abänderbarkeit bis zur letzten mündlichen Verhandlung. In casu hatte der Ehemann seiner Frau in einer nicht vorgelegten, während des Verfahrens abgeschlossenen Vereinbarung zugesagt, das Haus alleine zu bewohnen, vgl Baeteman ea (FN 84) Nr 214. 145 Vgl noch jüngst Trib Arlon, 14. 9. 1984, Rev Rég Dr 1985, 51; vgl auch Baeteman ea (FN 84) Nr 214. 146 Zum Beispiel Gent, 29. 6. 1950, Τ Not 1950,198; weiters Poitevin , Chronique de jurisprudence. Divorce et séparation de corps (1960 -1965), JT 1966,459, Nr 103. 147 Etwa: JP Liège , 11. 10.1941, JJP 1943, 120; Rb Antwerpen, 11. 4.1919, Pas 1919 III 134 = Rev Prat Not 1919, 537; Trib Bruxelles , 7. 8. 1947, Pas 1947 III 75 f = JT 1947, 516; Rb Hasselt, 30. 6.1981 (FN 128) 185 (allerdings bezüglich des Kindesunterhalts); Bruxelles , 16.10.1957 (FN 121) 14; Liège , 3. 6.1976, Rev Not Β 1978,50 (Van Laethem). Vgl schließlich auch Liège , 14. 2.1952, Pas 1952 II 68 = Jur Liège 1951/52, 205: In diesem Fall hatten die Ehegatten vor dem Ausspruch über die Scheidung aus dem alleinigen Verschulden des Mannes, der eine neue Ehe anstrebte, eine Vereinbarung zugunsten der Frau abgeschlossen. Sie wurde für nichtig erklärt, weil sie offenbar die fraudulöse Eheauflösung stimulierte. Wurde unter der Hand auf einen in der Vereinbarung eingeräumten Anspruch verzichtet, weil der andere Ehegatte sonst seine Zustimmung zur Scheidung zu widerrufen drohe, so ist der Verzicht rechtsunwirksam: Trib Liège , 7.6.1983, Jur Liège 1983,385. 148 Rb Antwerpen, 10. 3. 1961, RW 1960/61,1688; Trib Bruxelles , 5. 6. 1985, Τ Vred 1986, 236 = TPR 1988, Nr 214 (Baeteman ea, FN 84); Bruxelles , 21. 6. 1948, Ree Gen Enr Not 1948, 415 (Genin) = Pas 1948 II 69 = JT 1948, 546 (Alexander) = Rev Prat Not 1948, 377 (vgl auch Pasquier, Chronique de jurisprudence. Divorce et séparation de corps, JT 1949, 311, Nr 48.). 149 Vgl etwa Trib Liège , 13. 4. 1983, Jur Liège 1983, 279: Im wesentlichen stützt das Gericht seine Begründung auf die nachträgliche Heilung des relativen Nichtigkeitsgrundes durch

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In manchen Entscheidungen wird die Nichtigkeit wie folgt begründet: Da die Vereinbarung Ausdruck des Beharrens der Parteien auf der einverständlichen Scheidung ist, stellte eine neue Regelung zugleich den mangelnden (jedenfalls mangelhaften) Scheidungswillen dar 150. Die Argumentation ist zum Teil verständlich: Sämtliche Scheidungsvoraussetzungen (und -hürden) sollten gleichsam Prüfstein für das gegenseitige Einverständnis sein; nur ist sie unschlüssig, denn in allen Fällen haben die Parteien nämlich an ihrer Scheidungsabsicht nachweislich sehr wohl festgehalten. Hier fehlt es nicht an der materiellrechtlichen Willenserklärung, sondern an der gebührenden Form 151. Sehr rezente Judikatur stellt infolgedessen den Scheidungswillen der Ehegatten nicht mehr in Frage, sondern beschränkt sich schlicht auf die Bedingungen, unter denen die vermögensrechtliche Vereinbarung während des Verfahrens abgeändert oder ergänzt werden darf: 1. ein vom Willen der Parteien unvorhersehbares Ereignis, daß die gegenseitigen Ansprüche der Vertragsparteien beeinflußt, und 2. die abändernde bzw ergänzende Vereinbarung ist dem Richter bei der nächsten Verhandlung vorzulegen152.

5. Vereinbarungsbedingungen Die Bindungswirkung der „vermögensrechtlichen Vereinbarung" hängt natürlich nicht nur von ihrem (zulässigen) Inhalt, sondern auch vom Ausgang

tatsächliche Erfüllung (konkludente Willenserklärung). Diese Rechtsmeinung ist keineswegs aus der Luft gegriffen oder gar abwegig: j schon Renard/Vieujean (Nullité, inexistence et annulabilité en Droit civil Beige, Ann Fac Dr Liège 1962, 290 f) haben in ihrer ausgezeichneten Analyse des klassischen und modernen Nichtigkeitsbegriffes betont, daß die Heilung einer mit Nichtigkeit behafteten Vereinbarungsänderung oder -ergänzung nach vollzogener Ehescheidung durch die freiwillige Erfüllung möglich ist. Der „ordre public" wird nach der Verfahrensbeendigung überspielt, da die Ehegatten nun - vorbehaltlich Ansprüche Dritter - einvernehmlich abweichende Regelungen treffen können. Vgl weiters Vieujeart (FN 4) RCJB 1966, Nr 37; sowie Baeteman ea (FN 84) Nr 220. Siehe auch Liège , 2.2.1984, RTDF 1986,350. Zum Begriff der Nichtigkeit im allgemeinen sowie zur Kritik des Grundsatzes „pas de nullité sans texte" - statt vieler - Van Gerven, Beginselen van Belgisch Privaatrecht - Algemeen deel, 405. Zur Nichtigkeitssanktion im Prozeßrecht vgl ua Van Dievoet (FN 81) 140 ff. 150 Vgl Rb Leuven , 19.12.1977, RW 1978/79,1054 (Pintens); Rb Hasselt, 29. 3.1983, RW 1983/84, 2898; sowie ua Gasman (FN 12) Nr267; Baeteman/Gerlo (FN 46) TPR 1981, 872; Baeteman ea (FN 84) Nr 214. 151 Siehe auch die Glosse zur Rb Leuven , 19.12.1977 (FN 150) von Pintens, Tegenbrieven bij de regeling van de rechten van beide echtgenoten in het raam van een echtscheiding door onderlinge toestemming, RW 1978/79, 1056; Kritik der Judikatur bei Gotzen/Pintens (FN 24) 35. 152 Antwerpen, 6. 5.1985, Τ Not 1985,173: Im Gegensatz zu anderen Entscheidungen muß das Ereignis unvorhergesehen" sein. Meistens wird indes auf die „Unvorhersehbar/ceit" abgestellt. Manchmal - wie hier - wird auch gefordert, daß dieses Ereignis die gegenseitigen Ansprüche beeinflußt. Diesbezüglich scheint die Rechtsprechung zu schwanken. Vgl auch Liège , 15. 12.1987, RTDF 1988,552.

IV. Scheidungsfolgenregelung

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des Scheidungsverfahrens selbst ab153: Das Einverständnis zur Scheidung soll frei, unbeeinflußt von jeglichem Zwang während des gesamten Verfahrens andauern. Man möchte daher meinen, daß Regelungen, die die Möglichkeit des Widerrufs der Zustimmung in irgendeiner Weise beeinträchtigen, unzulässig sind und zur Nichtigkeit der Vereinbarung führten. Die Doktrin erblickt in solchen Auflagen eine unzulässige Verletzung der Persönlichkeitsrechte und somit einen Verstoß gegen den ordre public (interne). Über einige Fragen herrscht allerdings Streit. Wird die Zuteilung der Ehewohnung oder die Aufrechterhaltung des gemeinsamen Eigentums an ihr von einem „Zölibat" abhängig gemacht, so erachtet dies Pintens 154 für unzulässig, Senaeve 155 indes für zulässig, soweit die Klausel nicht einem Verbot, eine neue Ehe zu schließen, gleichkommt. Letzterer untermauert seine Auffassung überraschenderweise nicht mit einem allfälligen Wegfall der Bedürftigkeit, sondern mit dem an die Ehewohnung geknüpften Gefühlswert, dem das Einziehen eines neuen Partners entgegenstünde. Dadurch führt Senaeve freilich eine Art nachehelicher Treuepflicht ein, die vielfach auch in der Diskussion um das Ruhen bzw die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs eine Rolle zu spielen pflegt. Es ist überdies interessant, daß der Autor zwar einerseits die darin gelegene „materielle Ehebremse" erkennt, andererseits aber auch zugibt, daß die Zuteilung regelmäßig im Hinblick auf das Kindeswohl erfolgt. Beide Kriterien dürften gelegentlich schwer miteinander vereinbar sein. Gegenstand einiger Kontroversen in Lehre und Judikatur bilden die Verfahrenskosten, die mangels einvernehmlicher Regelung je zur Hälfte von den Parteien zu tragen sind156. In einer „vermögensrechtlichen Vereinbarung" war vorgesehen, daß die eine Partei sämtliche Kosten tragen werde, es sei denn, dem Scheidungsantrag würde aus „Verschulden" der anderen Partei nicht stattgegeben, dann habe diese alle Kosten zu übernehmen. Das Gericht 157 entschied, daß die Regelung weder gegen den Geist des Gesetzes noch gegen den ordre public (interne) verstoße. Die Nichtigkeit müsse eigens geltendgemacht werden, da die für Verträge und Vereinbarungen geltenden Bestimmungen im Prinzip auf jeden „acte juridique" anwendbar sei153 Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß die Ehegatten gemäß Art 1287/2 GerW in Bezug auf die in Artt 745bis und 915bis geregelten Ansprüche (Intestaterbrecht) eine einvernehmliche Regelung treffen müssen, die bei Versterben einer der Parteien vor der Eintragung der stattgebenden Entscheidung in das Personenstandsbuch zur Anwendung kommt. Bezieht sich die vermögensrechtliche Vereinbarung auf Immobilien, dann bedarf sie des Notariatsaktes und der Eintragung in das „Grundbuch" (Art 1287/3 GerW). Details bei Pintens (FN l)Nr346ff. 154 Pintens (FN 1) Nr 294. 155 Senaeve (FN 36) Nr 690; ders., Actuele problemen inzake de voorafgaande overeenkomsten bij echtscheiding door onderlinge toestemming, 176 f. 156 Vgl zum Beispiel Pintens (FN 1) Nr 335; Senaeve (FN 36) Nr 691. 157 Rb Antwerpen, 25.11.1933 (FN 19) aaO.

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en. Die relative Nichtigkeit könne nicht ex offo releviert werden, auch dann nicht, wenn der Staatsanwalt in seiner Stellungnahme auf das Vorliegen eines Willensmangels ausdrücklich hingewiesen habe158. Im übrigen sei das Einverständnis in der vorgeschriebenen Form erklärt worden, sodaß bloß die Einhaltung der Formvorschriften gerichtlich zu prüfen sei. Eine später ergangene Entscheidung der Rb Brüssel 159 folgt der damit eingeschlagenen Richtung: Die Klausel, die der Partei, die ihr Einverständnis widerruft, alle Kosten aufbürdet, sei im Prinzip zulässig, die Nichtigkeit könne bloß von der beschwerten Partei releviert werden. Der Staatsanwalt plädierte in casu für die Nichtigkeit des Verfahrens: ohne Erfolg, denn - so das Gericht - die Regelung der Verfahrenskosten, nach der die unterliegende Partei für die Kosten aufzukommen habe, sei keine Norm des materiellen Rechtes, sondern eine solche des Prozeßrechts 9 die jeglichen substantiellen Rechtsgehalt entbehre. Das scheint mE fraglich: Gerade bei der Kostenaufteilung spiegelt sich mE das materielle Entscheidungsergebnis wider. Das Überwälzen der Kosten auf die widerrufende Partei verfolgt einen eindeutigen Zweck, nämlich den eventuellen Widerruf der Zustimmung möglichst wenig attraktiv zu gestalten. Bei einem Verfahren, das auf die wiederholte formalisierte Zustimmimg einen solch exzessiven Wert legt, scheint insbesondere das „formale Gleichgewicht" gestört. Im Grunde steht sehr wohl die relative Ausgewogenheit solcher Klauseln auf dem Spiel. Dies wird nicht zuletzt an einer rezenten Entscheidung des Vred Merksem deutlich160. Hier dürfte die Tatsache, daß auch die die eigentlichen Verfahrenskosten übersteigenden Unkosten der widerrufenden Partei zur Last fallen sollten, der maßgebliche Grund für die Bejahung einer ordre public-Verletzung gewesen sein. Das Gericht griff auf die Ratio der „Strafklausel" zurück und sah in ihr eine potentielle Bedrohung des zu jeder Zeit zulässigen freien Widerrufs, an die das Gesetz selbst keinerlei Schadenersatzpflicht knüpfe. Die Argumentation der Rechtsprechung im Falle einer expliziten Vertragsstrafe weicht von der obigen Entscheidimg kaum ab. Der Trib Bruxelles 161 setzte die „Strafe" in Relation zu dem (sehr geringfügigen) Vermögen der Parteien und erachtete sie als adäquates Druckmittel, das geeignet sei, die freie Zustimmung zu erschüttern; eine stattgebende Entscheidung wäre nach Ansicht des Gerichtes selbst rechtsmißbräuchlich. 158 Rb Antwerpen, 25.11.1933 (FN 19) Rev Prat Not 1934,117 f: Nicht zuletzt unter Hinweis auf das mangelnde Aktivvermögen der Parteien. 159 Rb Brüssel, 28. 3. 1964, Ann Not 1965, 293 (N.N.); vgl auch Poitevin , Chronique de jurisprudence. Divorce et séparation de corps (1966 - 1968), JT 1969, 349, Nr 53. 160 Vred Merksem, 9.12.1982, RW 1982/83, 2359 (/. P.). Baeteman ea (FN 84) Nr 211 halten solche Vereinbarungsbedingungen nicht unbedingt für nichtig, und würden iSv Pintens (FN 167) differenzieren. 161 Trib Bruxelles , 19. 12. 1952, Rev Prat Not 1953, 64 (/. Β.); vgl auch RPDB Compi I (FN 37) Nr404.

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Die Reaktion der Doktrin ist durchaus geteilt. Pasquier/Van den Neucker sehen die Vertragsstrafe als unzulässig an162, ebenso Casman163 und Rens16*. Von einer echten Sanktion für den Widerruf kann nach den meisten Autoren bloß dann gesprochen werden, wenn die zu tragenden Kosten die wahren Verfahrenskosten übersteigen, wohl auch wenn sie in einem unausgewogenen Verhältnis zum vorhandenen Aktivvermögen der zahlungspflichtigen Partei stehen165. Hingegen läßt Pintens eine Kostenregelung, die der widerrufenden Partei die Kosten auferlegt, gelten166 und will selbst in einer ausdrücklichen Vertragsstrafe, soweit sie der Art und dem Gewicht der Streitsache adäquat Rechnung trägt, nichts Fragwürdiges erblicken 167. Senaeve ist ähnlicher Auffassung 168, spricht allerdings einer Vertragsstrafe, die über den wirklich erlittenen Schaden hinausgeht, die Zulässigkeit ab. An anderer Stelle hat er konsequent die Entscheidimg des Vred Merksem scharf und nicht bar jeglicher Polemik unter die Lupe genommen169: Ein ordre publicVerstoß liege nicht schon dann vor, wenn eine Partei im Falle des - stets zulässigen - Widerrufs hiefür „finanzielle Nachteile" zu tragen habe ..., die „absolute Freiheit" eines jederzeitigen Widerrufs sei indes nur bei einem kostenlosen Verfahren gewährleistet. Er erblickt in der Überbürdimg der Kosten auf die widerrufende Partei wohl auch eine Präventivwirkung: die Erwartungshaltung der anderen Partei soll nicht leichtfertig enttäuscht werden 170.

162 Pasquier/Van den Neucker (FN 91) JT 1954, Nr 34 und betrachten Trib Bruxelles , 19. 12.1952 (FN 161) als krassen Fall. Vgl freilich auch Pasquier (FN 109) Nr 369. 163 Casman (FN 12) Nr 274 unter Berufung auf Trib Bruxelles , 19.12.1952 (FN 161). 164 Rens (FN 54) Nr 184. 165 Ders. (FN 54) Nr 184; vgl auch Casman (FN 12) Nr 274. 166 Ebensowenig wie Rigaux/Meulders-Klein (FN 15) Nr253; Baeteman/Detva/Bax (FN 143) 439. 167 Pintens (FN 1) Nr 336 und Nr 339. 168 Senaeve (FN 36) Nr 291 f. 169 Senaeve (FN 36) Nr 173 ff. 170 Es scheint fraglich, ob die Argumentation bei etwas anders gelagertem Sachverhalt standhält: Ein Ehegatte vereinbart mit seinem Schwiegervater, daß er ein Darlehen zurückzahlen werde, wenn dieser sich der einvernehmlichen Scheidung nicht widersetzt. Der Schwiegervater erklärt sich in einem 2. Schriftstück bereit, die Darlehensschuld zu reduzieren, wenn der Ehemann seiner Tochter der kirchlichen Scheidung nicht im Wege steht: Trib Bruxelles , 11. 4. 1978, Pas 1979 III 6. Atypisch sind freilich zwei Elemente: Diese Vereinbarungen wurden nicht zwischen beiden Ehegatten, sondern bloß mit einem der beiden und einem Dritten abgeschlossen, Vertragsgegenstand waren nicht die Verfahrenskosten, sondern eine Darlehensschuld. Der Sprung von den besprochenen Fällen zu diesem Sachverhalt könnte mE gerade noch als Quantitativer angesehen werden. Das Gericht war anderer Ansicht, das Ergebnis ist indes richtig« Steht freilich ein Mal fest, daß das Einverständnis zur Scheidung erkauft wurde, so ist die Vereinbarung nach Art 301 nichtig: Trib Bruxelles , 17.1.1962, JT 1962, 208 (Fall einer Verschuldensscheidung).

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Eigentlich lehnen sich diese Überlegungen an die Natur eines „streitigen Verfahrens" an. Allerdings versteift sich Senaeve nicht auf die ohnedies illusorische - absolute Freiheit der Parteien und ihrer Willenserklärungen. Die Diskussion unterstreicht mE vielmehr die Eigendynamik des Verfahrens zur einvernehmlichen Scheidung im belgischen Recht: Die Prüfung des wahren und freien, dh substantiellen Einverständnisses anhand formaler Prozeßhürden, die selbst jeweils materiellrechtliche Bausteine in sich bergen, bedingt notgedrungen Auswege. Zu solchen zählt in der Rechtsanwendung der ordre public, der oft jene Fälle auffängt, in denen das „idealtypische" Verfahren mangels entsprechender Kontrollmechanismen sonst versagte. Somit ist der Appell an den ordre public mE gar kein Zufall, er fließt vielmehr aus der Sinnwidrigkeit und der Unmöglichkeit, Sachverhalte des materiellen Rechts rein verfahrensrechtlich zu gestalten.

6. Bindungswirkung Abschließend läßt sich zu den „vermögensrechtlichen Vereinbarungen" folgendes sagen: Nach Art 1287/3 GerW entfalten die Vereinbarungen bei vorzeitiger oder erfolgloser Beendigung des Verfahrens keine Wirkung. Eine Ausnahme gilt wohl für die auf die Probezeit bezogenen Klauseln. Bei stattgebender Entscheidung ist zu unterscheiden: Die vermögensrechtliche Folgen der Ehescheidung wirken zwischen den Ehegatten auf den Zeitpunkt der ersten Verhandlung zurück (Art 1304/2 GerW), soweit die „vermögensrechtliche Vereinbarung" den Wirkungsbeginn nicht auf den Zeitpunkt ihres Abschlusses vorverlegt, was durchaus zulässig und sinnvoll ist 171 . Der Wirkungsbeginn gegenüber Dritten kann freilich nicht vorverlegt werden: Es bleibt beim Tag der Eintragung in das Personenstandsbuch172. Gegenstand einer dogmatischen Kontroverse bildet die Frage, ob die „vermögensrechtliche Vereinbarung" unter der aufschiebenden Bedingung 173

171 Dazu Pintens (FN 1) Nr 355. 172 Die Verrechnung der gemeinsamen Passiva kann erst nach wirksamer Eheauflösung erfolgen: Vred Merksem, 4. 3. 1981, RW 1981/82, 1155 (mit Glosse Pauwels, Aspecten van de feitelijke scheiding, aaO 1159). Wer die Zahlungspflicht einer während der Ehe eingegangenen Verbindlichkeit behauptet, muß beweisen, daß diese nicht im eigenen, sondern zumindest im gemeinsamen Interesse eingegangen wurde: Gent, 4.6.1980, RW 1980/81,2189 (Casman). 173 Vgl Art 1168; dieser Auffassung sind wohl die meisten Autoren: siehe ua Pasquier (FN 109) Nr 369; Baeteman/Gerlo, (FN 46) TPR 1981, 874; Βαχ, Kroniek van het personen- en familierecht (1977 - 1979), RW 1979/80, 1747; De Gavre (FN 21) 244; Delva/Baert (FN 105) 422,425; Rigaux/Meulders-Klein (FN 15) Nr 246; Casman (FN 12) Nr 265, Nr 286 (der die Auf-

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der Eintragung in das Personenstandsbuch getroffen werden kann, oder ob die Ehescheidung ein essentieller Bestandteil 174 für die Gültigkeit der Vereinbarung ist. Die Judikatur hat sich seit jeher für jene Qualifikation entschieden175. Pintens führt diese irrige Meinung auf die Eintragungstechnik und Grundbuchspublizität zurück 176. Vieujean billigt das Ergebnis, nicht aber die theoretische Begründung der Rechtsprechung177: Seiner Ansicht nach ist die Ehescheidung in bezug auf die Regelung das, was die Ehe oder der Tod in bezug auf den Ehevertrag bzw das Testament ist, nämlich ihr essentieller Bestandteil 178 . In der Sache betrifft das Problem mE die Disponibilität über sogenannte Rechtsbedingungen: Das Gesetz selbst läßt die rechtliche Wirksamkeit von der stattgebenden Statusentscheidung abhängen, sodaß es den Parteien verwehrt bleibt, ihrer Vereinbarung diese Nebenbestimmung hinzuzufügen.

7. Fakultative Bestimmungen Die „vermögensrechtliche Vereinbarung" kann sich freilich zusätzlich auf Punkte beziehen, die ein von der Eintragung der Entscheidung in das Personenstandsbuch unabhängiges Schicksal führen: so etwa die Kostenregelung, der Widerruf von Schenkungen usw. Hier ist der Wirksamkeitsbeginn gesondert und dem Inhalt angemessen anzusetzen179.

fassung von Vieujean [FN 177] durchaus bekannt ist, vgl Nr 286 FN, 112); Baeteman/Gerlo (FN 46) Supplementdeel, Nr 100. 174 J Art 1108, wonach die Zustimmung der sich verpflichtenden Partei, ihre Geschäftsfähigkeit, das Objekt, das Gegenstand der Verpflichtung ist und die iusta causa Gültigkeitserfordernisse des Vertrages sind. 175 Ausdrücklich Rb Gent, 29. 11. 1961 (FN 140) 442 unter Berufung auf den historischen Gesetzgeber und einen Teil der Lehre. Im vorliegenden Fall war die aufschiebende Wirkung der vermögensrechtlichen Regelung allerdings ausdrücklich vereinbart. Vgl auch Rb Antwerpen, 27.2.1979, RW 1978/79,2598 (/. P.). 176 Pintens (FN 1) Nr 352. Noch anderer Meinung Pintens (FN 29) 42. 177 Vieujean (FN 4) (1960 à 1964) 197. 178 Pintens (FN 1) Nr 352 mwN lehnt die Konstruktion der aufschiebenden Bedingung vorwiegend aus dem Grunde ab, weil die Vereinbarung von der Bedingung nicht abstrahiert werden kann, die Regelung verliert maW ohne Ehescheidung ihre Bedeutung. Vgl des weiteren auch Senaeve (FN 36) Nr 696 unter Hinweis auf Pintens. 179 Näheres bei Pintens (FN 1) Nr 353.

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C. Die familienrechtliche Vereinbarung Die Reform des Jahres 1972 hat die vermögensrechtlichen Aspekte von den persönlichen Vereinbarungsbereichen deutlicher unterschieden und diese entsprechend ausgedehnt180. Zum 1. Verhandlungstermin ist eine schriftliche Vereinbarung über die in Art 1288/1 bis /4 GerW aufgezählten Punkte vorzulegen. Zwei davon betreffen die persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten selbst (Art 1288/1 und /4 GerW); zwei beziehen sich auf die Kinder (Art 1288/2 und /3 GerW).

1. Die persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten Es handelt sich um: a. den Aufenthaltsort der Ehegatten während der Probezeit, dh während des Verfahrens 181. Der gemeinsame182 oder die getrennten Aufenthaltsort(e) sind schlicht anzuführen, ohne daß eine besondere Form vonnöten wäre 183. Spätere Änderungen während des Verfahrens sind dem Gericht bekannt zu geben;

b. den vertraglichen Unterhaltsanspruch zwischen den Ehegatten. Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig: Eine Unterhaltsregelung wird nicht zwingend auferlegt, die Parteien haben sowohl hinsichtlich der Höhe wie der Dauer, der Abänderbarkeit, der Widerruflichkeit, der Zahlungsmodalitäten bzw -auflagen und der Übertragbarkeit völlig freie Hand.

180 Rigaux/Meulders-Klein (FN 15) Nr 248; Pintens (FN 1) Nr 358. 181 Die Dauer des Verfahrens wird eindeutig als Probezeit angesehen. Haben die Ehegatten einen gesonderten Aufenthaltsort, so sind sie zwar von ihrer Pflicht, gemeinsam zu wohnen, nicht freilich von der ehelichen Treuepflicht befreit: Cass, 4. 1. 1960, Pas 1960 I 494 = Ann Not 1960, 309 = RW 1960/61, 689. Vgl ua Delva/Baert (FN 105) 424. 182 Eine räumliche Trennung wird nach hL nicht gefordert: j ua RPDB Τ III (FN 37) Nr 404; RPDB Compi I (FN 37) Nr 403; Pintens (FN 29) 44; Pintens (FN 1) Nr361 mwN; Senaeve (FN 36) Nr 704; offenbar anderer Ansicht: Rigaux/Meulders-Klein (FN 15) Nr 249; Casman (FN 12) Nr 269 FN 76. 183 Siehe Trib Bruxelles , 26. 3. 1966, Ann Not 1966, 155 (NM). Wie der Aufenthalt tatsächlich nachgewiesen werden soll, scheint regional unterschiedlich zu sein: vgl Senaeve (FN 36) Nr 704 und Pintens (FN 1) Nr 364.

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c. Bindungswirkung der Unterhaltsvereinbarung Die prinzipielle Unabänderlichkeit und Unwiderruflichkeit dieser Vereinbarung während des Verfahrens 184 und vor allem nach rechtskräftiger Ehescheidung erfordert eine genaue Eingrenzung der Bedingungen, unter denen der Unterhalt geschuldet wird. Eine reichhaltige Judikatur bezeugt freilich, daß selbst klar und unzweideutig formulierte Vereinbarungen nachfolgende Streitigkeiten nicht auszuschließen vermögen185. Ein paar Beispiele illustrieren die Probleme, die ein fakultativer, vertraglicher Unterhaltsanspruch aufwerfen kann. Nachdem die einverständliche Scheidung nicht ausgesprochen und die Ehe vielmehr aus einem Verschuldenstatbestand aufgelöst wurde, verlangte der auf Grund einer Vereinbarung nach Art 1288/4 GerW Unterhaltsverpflichtete den für die Probezeit geschuldeten Unterhalt zurück. Zu Unrecht, meinte das Gericht: Wenn es tatsächlich eine Probezeit gegeben hat, sind die sie betreffenden Unterhaltsverpflichtungen einzuhalten186. In diesem Lichte ist Art 1287/3 GerW zu sehen. Die Vereinbarungen können, da sie gemäß Art 1134/1 zwischen den Vertragsparteien „Gesetzeskraft" entfalten, bloß im Einvernehmen 187 oder in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen widerrufen werden (Art 134/2)188, dies - dazu infra - mit Ausnahme der kindesbezogenen Materien. Die wesentliche Änderung des Lebenssachverhaltes vermag nach hL und stRspr an der Bindungswirkung der Unterhaltsvereinbarung zwischen den 184 Eine Ausnahme gilt für unvorhergesehene Umstände. Vgl Antwerpen, 2. 8. 1985, RW 1985/86, 2841: Die Änderungen betrafen ua den Kindes- und Ehegattenunterhalt sowie die vermögensrechtliche Vereinbarung. Eine neue Vereinbarung wurde dem Gericht vorgelegt, die Berufungsinstanz erblickte in ihr jedenfalls weder einen Verstoß gegen den ordre public noch einen Widerruf des gemeinsamen Einverständnisses zur Scheidung. Dazu auch Baeteman ea (FN 84) Nr 214. 185 Bei Rb Antwerpen, 9. 1. 1952, RW 1951/52, 1190, war dies auf die nicht ausdrückliche Erwähnung des Art 279alt zurückzuführen. Das Gericht begnügte sich mit der gemeinsamen Absicht der Parteien, die unter Umständen sogar konkludent erklärt werden könne. Zur Debatte stand der Unterhaltsanspruch nach rechtskräftiger Ehescheidung. Ausdehnbar auf andere Sachverhalte ist die gerichtliche Begründung somit nicht. 186 Rb Antwerpen, 27. 2.1979 (FN 175) 2599. 187 Dies selbst dann, wenn die Faktenlage sich zwischenzeitig geändert hat: Trib Liège , 8. 12.1972, Jur Liège 1972/73,172. Einvernehmliche Änderungen nach der Eheauflösung sind durchwegs erlaubt. Ein vertraglicher Verzicht auf den Unterhalt ist nicht nur zulässig, sondern lebt nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht wieder auf, vgl Vred Brugge, 19. 9.1980, RW 1981/82, 564. 188 Vred Lier , 17.12. 1970, Τ Vred 1971, 103; Vred Deurne , 14. 6.1971, Τ Vred 1974, 38 = RW 1971/72, 1320; Trib Bruxelles , 6. 11. 1964, Rev Prat Not 1965, 81; Bruxelles , 22. 11. 1968, Ann Not 1969, 77; Brüssel , 25. 3. 1980, RW 1980/81, 663 = Rev Not Β 1980, 492 (Sterckx ) = RTDF 1980,168 (Poelman ).

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Ehegatten nichts zu ändern 189. Im Zweifelsfall hat das Gericht die gemeinsame Absicht der Parteien zu erforschen. Auf die Bedürftigkeit oder Leistungsfähigkeit kommt es nicht an, da das Gesetz auf diese Kriterien nicht abstellt. Anders wäre die Lage freilich zu beurteilen, wenn die Parteien in ihrer Vereinbarung selbst das Eintreten dieses objektiv zu beurteilenden Tatbestandes mitberücksichtigt haben möchten190. So ist etwa eine Klausel, die die Herabsetzbarkeit des Unterhaltsanspruchs bei Verringerung der Einkünfte des Verpflichteten ermöglicht, durchaus zulässig191. Mangels einer solchen Vertragsbestimmung ist zu prüfen, ob höhere Gewalt, Unvorhersehbarkeit, ungerechtfertigte Bereicherung, Rechtsmißbrauch oder ähnliches gegeben ist. Bloß beruflich bedingte Einkommensschwankungen bleiben in diesem Zusammenhang unerheblich192.

d. Vergleichsnatur Vorwiegend nach älterer Judikatur, aber nicht nur nach ihr, wird auf der Unabänderlichkeit der Unterhaltsregelung mit der Begründung bestanden, daß die Vereinbarung Vergleichscharakter habe193. Dies ist allerdings heute keineswegs zwingend der Fall. Seit der Reform 1972 stellt die Unterhaltsregelung keinen Bestandteil der „vermögensrechtlichen Vereinbarung" mehr dar, sie ist vielmehr von ihr losgelöst und teilt deshalb die (eventuelle) Vergleichsnatur der Regelung der gegenseitigen Ansprüche nicht unbedingt194. Den Parteien bleibt es freilich unbenommen, über den Unterhalt einen Vergleich abzuschließen195. Es bedarf dieser Konstruktion, um zur Unabänderlichkeit und Unwiderruflichkeit zu gelangen, jedoch mE gar nicht. Nach einer Entscheidimg des Kassationshofes vom 4. 11. 1976196 heißt es: „... l'obligation alimentaire ...

189 Ua Pintens (FN 29) 47. 190 Wie dies zum Beispiel bei einer Wertanpassungsklausel der Fall ist. Vgl Baeteman/Deiva/Bax (FN 143) 440. 191 Vgl etwa Trib Bruxelles , 8. 3.1908, JT 1908,591 = Pand pér 1908,477. 192 Rb Brüssel, 19.5.1982, RW 1982/83,468; vgl Baeteman ea (FN 84) Nr 218. 193 Rb Doornik, 12. 11. 1974, JT 1975, 208 (Ein Anwendungsfall der einverständlichen Trennung von Tisch und Bett, was in der Sache keinen Unterschied ausmacht.); Trib Liège, 29. 3.1974, Jur Liège 1973/74, 245 = Ree Gen Enr Not 1976,22 = Rev Not Β 1975, 99; Rb Antwerpen, 17. 3.1928 (FN 140) ibidem; Trib Bruxelles , 25.7.1916, Pas 1918 III 178. 194 Vgl Traest (FN 53) 364; Pintens (FN 1) Nr 358 mwN. Dezidien anderer Meinung allerdings Meulders-KJein, Les effets du divorce par consentement mutuel et le principe de la convention-loi. Etendue et limites. Besprechungsaufsatz zu Cass, 4. 11. 1976, RCJB 1979, 482 und Musson, Les pensions en matière de divorce par consentement mutuel. Besprechungsaufsatz zu Cass, 21. 3.1975, RCJB 1976,142. 195 Pintens (FN 1) Nr 358 mwN; Senaeve (FN 36) Nr 700; Herbots/Stubbe-Pauwels , Overzicht van rechtspraak (1969 -1974) - Bijzondere contracten, TPR 1975,1163 f, Nr 386.

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n'étant pas une dette alimentaire légale, est exclusivement et entièrement soumise aux règles du titre conventionnel qui la crée et est, dès lors, transmissible à cause de mort ,.." 197 . Eine sehr restriktive Interpretation der Vereinbarung erfüllt den Zweck somit vollkommen: pacta sunt servanda198, die Unterhaltsvereinbarungen in bezug auf die Ehegatten sind von einer „immutabilité radicale"199, einseitige Änderungen oder Streichungen sind unzulässig200 und der wahre Parteiwille bedarf auch bei längerer Zeitdauer bloß bei mangelnder Klarheit des Vereinbarungstextes einer Interpretation (bzw Ermittlung) 201 (Art 1156). Zu diesem Argument hatte Renchon Anlaß gegeben202, der betonte, daß bei Fehlen einer Änderungsklausel nicht automatisch auf den Willen der Parteien geschlossen werden dürfe, die Vereinbarung nie mehr und unter keinen Umständen zu ändern. Denn - im Gegenteil - die Versteinerung trüge ja gleichsam die Modifikation in sich.

e. Änderung des Ehegattenunterhalts Das typische Beispiel für diese Problematik ist die Indexklausel. Wurde eine solche zwar vereinbart, die entsprechende Anpassung einige Jahre jedoch nicht geltend gemacht, so liegt darin noch kein Verzicht auf die Wertanpassung203. Die Klausel muß, selbst wenn sie zu unbilligen Ergebnissen führte, angewendet werden 204. Fraglich ist, ob diese vermutet werden darf, wenn die Unterhaltsvereinbarung einer entsprechenden Klausel entbehrt 205. Der Kassationshof hat in bezug auf den Kindesunterhalt der automatischen (dh gerichtlichen) Einfü-

196 Cass, 4. 11. 1976, JT 1977, 150 = Pas 1977 I 262 = Τ Not 1977, 267 = Ree Gen Enr Not 1977, 343 = RW 1976/77, 2546 (Pintens) = RCJB 1979, 464 (Meulders-Klein). In diesem Sinne ua Rb Leuven , 14.10.1987, TBBR 1989,167. 197 Hervorhebung von mir. 198 Der Unterhalt kann weder der Höhe, noch seiner Modalitäten, noch seiner Dauer nach geändert werden: JP Verviers, 9.10.1981, Jur Liège 1982,151, zitiert bei Poitevin/Hiernaux (FN 77) 1980 à 1983, Nr 223. 199 Die Entscheidung behauptet dies für sämtliche dem Scheidungsverfahren vorangehende Vereinbarungen zwischen den Ehegatten, siehe JP Namur, 22. 2.1983, Rev Rég Dr 1983, 337. 200 Ua Vred Etterbeek, 24.10.1977, RTDF1978,84 (Renchon). 201 Vred Etterbeek, 15.6.1978, Τ Vred 1983,274. 202 Renchon in seiner Glosse zu Vred Etterbeek (FN 200) 87. 203 Bruxelles, 22.11.1968 (FN 188) 78. 204 Vgl etwa Poitevin/Hiernaux (FN 78) 1969 - octobre 1971, Nr 77. 205 Die Frage ist bislang rein theoretischer Natur geblieben. Vgl ua Poitevin/Hiernaux, Chronique de jurisprudence. Divorce et séparation de corps (1976 - 1979), JT 1980, 102, Nr 105. 6 Verschraegen

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gung einer Indexklausel zugestimmt206, die im Vertrag nicht enthalten war. Zwar wurde dieses Ergebnis mit dem Grundsatz der redlichen Erfüllung (Billigkeitsgrundsatz, Art 1135) untermauert, ohne Zweifel hat aber dabei der Kreis der Berechtigten (hier: das Kind) eine wesentliche Rolle gespielt. Die Parteien haben sich über den Kindesunterhalt zu einigen, dies ändert jedoch nichts an der Natur des Unterhaltsanpruches, der ein gesetzlicher ist. Beim Ehegattenunterhalt aber ist der Anspruch vertraglich begründet 207. Hierauf sowie auf der - bereits in Frage gestellten - Vergleichsnatur der Unterhaltsvereinbarung beruht die These von der Unabänderlichkeit und Unwiderruflichkeit 208. Die Argumentation ist - wie üblich - rein formal, trägt weder der Geldentwertung noch der geänderten Kaufkraft Rechnung und führt so notgedrungen zu einer substantiellen Änderung der Unterhaltsvereinbarung. Manche Autoren 209 erblicken in der automatischen, wiewohl vertraglich nicht geregelten Wertanpassung, keine unzulässige Änderung der Unterhaltsvereinbarung. Dies mE zu Recht. Andere empfehlen allerdings ihre ausdrückliche Vereinbarung, insbesondere im Hinblick auf die strenge Rechtsprechung210 oder auf die geltende Gesetzeslage, die die Berücksichtigung

206 Cass, 21. 3. 1975, Ree Gen Enr Not 1976, 108 = RCJB 1976, 136 (Mossoti [FN 194] 139) = JT 1975, 440 = Pas 1975 I 745 = RW 1974/75, 2523 = Rev Not Β 1975, 404: Das Gericht führte aus, daß es hiemit keineswegs die „bindende Kraft" der Vereinbarung tangiere, die Anpassung an die Inflation gewährleiste vielmehr die billige Erfüllung des Vertrages und das Gleichgewicht zwischen Unterhaltskosten und Unterhaltsleistung. Vieujean (FN 4) 1970 à 1975, Nr 141 hält die Begründung für nicht stichhältig, er führt sie auf die Kindesinteressen zurück. 207 J nicht zuletzt Cass, 4. 11. 1976 (FN 196) und Meulders-Klein, aaO 487. Vgl weiters ua Cass, 30. 3.1977, Pas 1977 I 824; Vred Borgerhout (FN 131) 1500; Trib Namur, 24. 6. 1986, Rev Rég Dr 1986, 252 (Jadoul); Rb Leuven , 14. 10. 1987 (FN 196) ebenda. Im übrigen bezweifeln manche die rein vertragsrechtliche Natur des Unterhaltsanspruchs, weil er ja letztlich die Weiterführung der ehelichen Unterstützungspflicht darstelle; so meint Renchon (FN 202) aaO, daß die Ehegatten mit der Unterhaltsvereinbarung ihrer Übereinstimmung Ausdruck verleihen, die Eheauflösung vermöge die Bedürftigkeit und Unterstützungspflicht nicht abzuschaffen. Die Behauptung ist zu jenem Punktrichtig,zu diesem indes kühn. Liegt nämlich jeder Unterhaltsvereinbarung diese „Geschäftsmotivation" zugrunde, müßte der „wahre Parteiwille" auch die jederzeitige Anpassung an Sachverhaltsänderungen erlauben: und diese Konsequenz zieht die Judikatur nicht einmal für den Kindesunterhalt. Den vertraglichen Charakter des Ehegattenunterhalts betont auch Cass, 15. 10. 1987, Rev Rég Dr 1988,17 - Kassation der E des Trib Namur supra -, weshalb die Vertragsparteien den Artt 1134 und 1135 nachkommen müssen. Das Beharren auf dem vereinbarten Unterhalt bei neuerlicher Eheschließung stellt keine Verletzung der genannten Bestimmungen dar. Der Kassationsentscheidung wird beigepflichtet von Baeteman ea (FN 84) Nr 218. 208 Noch jüngst ausdrücklich Trib Charleroi, 12. 12. 1985, Rev Rég Dr 1986, 252 (Jadoul, 255) = Pas 1986 III 16. 209 Vgl Masson (FN 194) 142 f; wohl auch Jottrand (FN 15) 38 f. 210 Siehe Rigaux/Meulders-Klein (FN 15) Nr 251; Meulders-Klein zu Cass, 4. 11. 1976 (FN 196) 486 f; Pintens (FN 1) Nr 365; Senaeve (FN 36) Nr 721.

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höherer Gewalt oder des Zufalls 211 oder der Theorie der Unvorhersehbarkeit 212 generell eindeutig ablehnt213.

f. Vereinbarungsbedingungen Ausdrückliche Bedingungen, unter denen die Unterhaltspflicht erlischt, geben mitunter Anlaß zu echten oder vermeintlichen Interpretationsproblemen. Zu ihrer Lösung ist der „wahre Wille der Parteien" zu erfragen. Bei einer Vertragsklausel des Inhalts: „Der Unterhalt gebührt bis zur neuerlichen Eheschließung bzw bis zum Tod der Berechtigten ..." erhebt sich die Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft 214 der Ehe gleichgesetzt werden darf. In einigen Entscheidungen wurde dies bejaht, weil die „wahre Intention" der Parteien dahin ginge, daß kein Unterhalt mehr geschuldet sei, sobald ein Dritter die Unterhaltspflicht übernehme215. Somit hat sich bei der Assimilierung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft an die Ehe plötzlich doch die (sonst vernachlässigte) Bedarfsfrage eingeschlichen. Dies wird noch deutlicher anhand einer relativ rezenten Entscheidung, in der das Gericht die nichteheliche Lebensgemeinschaft einer (zweiten) Ehe gleichhielt: Zum einen stand der durch die Aufnahme der nichtehelichen Lebensgemeinschaft bedingte wirtschaftliche Vorteil außer Streit, zum anderen könnte ein Unterhaltsanspruch bei Eingehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ja durchaus vermindert oder überhaupt ersatzlos gestrichen werden 216. Recht überraschend ist schließlich eine Entscheidung des Trib Namur, 24. 6. 1986217: In der betreffenden Unterhaltsver-

211 J Art 1148. Ua zustimmend Jottrand (FN 15) 38. 212 Ua Jottrand (FN 15) 38. 213 Etwa Baeteman/Gerlo (FN 46) Supplementdeel, Nr 99; ausdrücklich auch Werckx, echtelijke onderhoudsregeling na echtscheiding door onderlinge toestemming, RW 1983/84, 2562.

De

214 Im Zweifelsfall verneinend Verschraegen, „Samenleven buiten huwelijk", „Cohabitation" oder die „nichteheliche Lebensgemeinschaft" in niederländischer, englischer und österreichischer Theorie und Praxis, ZfRV 1983, 85. Zur Interpretation im belgischen Recht vgl zum Beispiel Vred Brasschaat, 22. 11. 1978, RTDF 1980, 125 = Τ Vred 1979, 148 = RW 1979/80, 1939. Zur Frage ua Van Sinay, Echtscheiding door onderlinge toestemming en ... samenhokken, RW 1983/84, 2850, der sich mE zu Recht gegen die extensive Interpretation ausspricht. Siehe im übrigen auch Cass, 5. 6.1986, RW 1986/87,1478 (W. P.); Rb Brüssel, 24. 10.1984, RW 1985/86, 57 (Pintens, Echtscheiding door onderlinge toestemming - Uitkering tussen echtgenoten - Verval bij concubinaat, aaO 58); Baeteman ea (FN 84) Nr 219. 215 Auf Grund des zweifelsfreien Sachverhalts: Cass, 1. 2. 1980, Pas 1980 I 646 (womit die Entscheidung von Antwerpen, 9.1.1979 [unveröffentlicht] bestätigt wurde). Offen blieb, ob der Unterhalt für die Dauer der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ruhen oder mit ihrem Beginn erlöschen soll, wahrscheinlich Letzteres.

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einbarung war gar keine Änderungs- oder Widerrufsklausel eingebaut. Die Unterhaltsberechtigte ging eine zweite Ehe ein und verlor damit nach Ansicht des Gerichtes ihren Unterhalt. Es widerspräche dem Billigkeitsgrundsatz, nach welchem alle Vereinbarungen zu erfüllen sind (Art 1135)218, sollte die Wiederverehelichte den Unterhalt weiter beziehen. Die E wurde vom Kassationshof am 15. 10. 1987 aufgehoben: Aus Billigkeitserwägungen könne eine Unterhaltsvereinbarung zwischen den Ehegatten vom Gericht nicht geändert werden. „L'équité" und „la bonne foi" sind als „prolongement de la volonté des parties" zu begreifen und nicht als Rechtsgrundsatz autonomer Natur 219 .

g. Fazit Die Rechtsprechung hat sich somit zum Teil auffallend von der zunächst vertretenen starren Unabänderlichkeit und Unwiderruflichkeit der Unterhaltsvereinbarung fortentwickelt 220. Seit jeher bezog sie sich diesbezüglich auf die Maßgeblichkeit des Art 1134. Die Heranziehung weiterer - allgemein für Verträge und Vereinbarungen geltender - Bestimmungen schließt ein Rechtsanwendungs- und Interpretationsfeld auf, das schon jetzt von höchstem Interesse ist 221 . 216 Vred Landen, 23. 11. 1983, RW 1983/84, 2560 mit Entscheidungsbesprechung von Werckx (FN 213) 2560. Kritisch zur E: Baeteman ea (FN 84) Nr 219. 217 Trib Namur, 24. 6.1986 (FN 207) ibidem. 218 In der Entscheidungsbegründung war das Vorliegen eines Rechtsmißbrauchs durch die Unterhaltsberechtigte verneint worden: Weder eine Schädigungsabsicht, noch - von dieser abgesehen - ein schuldhaftes Handeln hatte sich die Wiederverehelichte zuschulden kommen lassen. Zur redlichen Erfüllung siehe auch JP Namur, 22. 2. 1983 (FN 199) ibidem. Noch diametral entgegengesetzt: Bruxelles , 22.1.1962, Pas 1963 II 45. Das Gericht führte des weiteren aus, daß es weniger auf den erklärten als vielmehr auf den wahren Parteiwillen ankomme, weshalb ihm das Pouvoir zustehe, schon bei einem Streit in bezug auf den Vertrag - und nicht erst bei Vorliegen unklarer, zweideutiger oder unvollständiger Bestimmungen - diesen zu interpretieren (FN 207) 254. Art 1135 ordnet an, daß alle - nicht ausdrücklich im Vertrag stipulierten - Nebenpflichten nach Billigkeit, Bräuchen oder dem Gesetz geschuldet werden, dies unter Berücksichtigung der Natur des Vertrages. 219 Vgl Cass, 15. 10. 1987 (FN 207) ebenda, insbes J. EM. in der Anm zur E, Rev Not Β 1988,51 f. 220 Erstaunlich orthodox in der Begründung ist Vred Kontich, 12. 7. 1983, RW 1983/84, 2122: Der klare Wortlaut, Unterhalt gebühre bis zur Eingehung einer neuen Ehe, gestatte keine Interpretation (hier Analogie zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft); auch wenn die Indexierung die Unterhaltspflicht zu einer schweren Last gestalte, so sei doch für die Anwendung der Theorie der Unvorhersehbarkeit keinen Raum, dies mE wohl zu Recht. Vgl im übrigen Baeteman ea (FN 84) Nr 219. 221 Die Tendenz ist zweifelsfrei erkennbar: In Cass, 23. 6. 1983, JT 1983, 521 standen einige Interpretationsvorschriften (Artt 1156,1157, 1161 und insbesondere 1162, wonach zugunsten des Schuldners und gegen den Stipulierenden auszulegen ist) zur Debatte. In casu wurde die Frage der Anpassung des Unterhalts an das Jahreseinkommen unter Anwendung des An 1162 zugunsten der Unterhaltsberechtigten ausgelegt. Dazu Baeteman ea (FN 84) Nr 217.

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Dennoch: In der Regel wird die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Ehe nicht gleichgestellt und die Vereinbarung entsprechend restriktiv interpretiert, wenn der gemeinsame Parteiwille für die Gleichstellung keinen Anhaltspunkt bietet222. Es bedarf auch fast keiner besonderen Betonung, daß keiner der beiden Ehegatten sich nach herrschender Meinung auf die clausula rebus sie stantibus berufen kann223. Nur wenige Autoren, unter ihnen Renchon, räumen der Berücksichtigung der Theorie der Unvorhersehbarkeit eine gewissen Platz ein224: Das Einverständnis zur einvernehmlichen Scheidung als Bedingung für die (Unabänderlichkeit der) Unterhaltsvereinbarung anzusehen, bedeute zugleich, den „entgeltlichen" Charakter der Ehescheidung zu bejahen. Zum Schluß ist darauf hinzuweisen, daß nach hL und stRspr noch zwei weitere Situationen einer ausdrücklichen Regelung bedürfen: 1. Wenn es nicht beabsichtigt ist, einen vertraglichen Unterhaltsanspruch einzuräumen. In diesem Fall soll dies explicite in der „familienrechtlichen Vereinbarung" stipuliert werden 225. Unterbleibt die Regelung, so sind wohl nur für die Dauer des Scheidungsverfahrens, dh bis zur Auflösung der Ehe und damit der Beendigung aller Rechte und Pflichten (ua allfällige Unterhaltspflicht, Art 213), gewisse privatrechtliche Rechtsfolgen 226 denkbar. Sicherlich gilt in diesem Zusammenhang die Vermutung, wonach im Zweifel auf den Unterhaltsanspruch nicht verzichtet werde, nicht. Anders ist die Rechtslage unter Umständen, wenn die Erfüllung der (vereinbarten) Unterhaltspflicht erst nach vielen Jahren geltend gemacht wird 227 . 2. Wenn die passive Vererblichkeit des Unterhaltsanspruchs ausgeschlossen werden soll. Dies muß ausdrücklich vereinbart werden 228, widrigenfalls er eine Verlassenschaftsschuld wird 229 . Diese in der Judikatur vertretene Rechtsmeinung entspricht zugleich der herrschenden Lehre 230.

222 Vgl etwa Pintens (FN 1) Nr 365 und mit ihm Senaeve (FN 36) Nr 720 f. 223 Kritik bei Gotzen/Pintens (FN 24) 36. 224 Renchon (FN 53) 73,121. 225 Im sozialrechtlichen Bereich wäre zu differenzieren, da spielt es sehr wohl eine Rolle, ob ein Unterhalt vereinbart wurde oder nicht. In diesem Fall stehen Sozialleistungen bloß zu, wenn der (hypothetisch) Unterhaltspflichtige tatsächlich zahlungsunfähig gewesen wäre: vgl Arbh Antwerpen, 19.5.1976, RW 1977/78,1133 (Simoens). 226 Siehe noch jüngst Cass, 5. 6. 1986 (FN 214) aaO, womit Rb Brüssel, 24. 10. 1984 (FN 214) ibidem bestätigt wurde. 227 Vgl Trib Bruxelles, 10. 12. 1979, RTDF 1980, 412 mit Besprechungsaufsatz Gallus, La pension après un divorce pour cause de séparation de fait, aaO 416. Die Entscheidung ist keineswegs direkt übertragbar auf parallelgelagerte Fälle der einverständlichen Scheidung, weil der Unterhaltsanspruch bei der Zerrüttungsscheidung gesetzlicher Natur ist. 228 Trib Liège, 29. 3.1974 (FN 193) ibidem. 229 Cass, 4.11.1976 (FN 196) ibidem. Zustimmend ua Βαχ, Kroniek van het personen- en familierecht RW 1977/78, 2483. 230 Vgl Pintens (FN 1) Nr 367 mwN.

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2. Zwischenergebnis Die bisherigen Ausführungen zur Scheidungsfolgenregelung galten 1. dem Inventar und der Schätzung des Vermögens; 2. der Regelung der gegenseitigen Ansprüche, dh der „vermögensrechtlichen Vereinbarung"; 3. jenen Punkten der „familienrechtlichen Vereinbarung", die die Ehegatten selbst betreffen. Einige Beispiele aus der Praxis vermochten den Stellenwert des Unabänderlichkeits- und Unwiderruflichkeitsprinzips aufzuzeigen. Alle Vereinbarungen sind bei Verfahrensbeginn vorzulegen. Geringfügigste Ungenauigkeiten gelten als schwerer Formverstoß, Korrekturen während des Verfahrens sind nicht erlaubt, das Nachtragen fehlender Schriftstücke ist im Prinzip ausgeschlossen usw, sodaß das Scheidungsverfahren in allen diesen Fällen mit der Zurückweisung des Scheidungsantrags beendet wird. Die Beachtung sämtlicher Formalitäten, die zugleich wesentliche Scheidungsvoraussetzungen sind, gehört dem Bereich des ordre public an. Das gemeinsame Einverständnis der Parteien soll über jeglichen Willensmangel erhaben sein: sämtliche von den Parteien zu erfüllenden Formalia sind gleichzeitig Garant mangelfreier Willenserklärungen. Die Fälle einer „Unregelmäßigkeit" (zum Beispiel verspätete Vorbringen, Ungenauigkeit, Unvollständigkeit, Formverstöße überhaupt), aber auch die Behauptung eines Irrtums („erreur", „dwaling"), einer arglistigen Täuschung („dol", „bedrog"), von Gewalt („violence", „geweld") oder der Benachteiligung („lésion", „benadeling") laufen entweder auf den Widerruf des Einverständnisses oder auf das Vorliegen eines· Formverstoßes hinaus. Beide führen zur Zurückweisung des Scheidungsantrags und folglich zur sofortigen Verfahrensbeendigung. Diese Sanktion greift freilich nach der Eintragung der Eheauflösung in das Personenstandsbuch nicht mehr ein. Anders als in Frankreich gibt die Konstruktion der Scheidungsvoraussetzungen und des Scheidungsverfahrens in Belgien keinen Anlaß, über eine allfällige Unteilbarkeit der Entscheidung und der Scheidungsfolgenregelung Erwägungen anzustellen. Daran vermag auch die Diskussion um die Frage, ob die Vereinbarungen unter der aufschiebenden Bedingimg der Ehescheidung gelten oder als wesentlicher Bestandteil der Wirksamkeit der Scheidung zu betrachten sind, mE nichts zu ändern.

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Die Vereinbarungen führen nämlich insoferne ein juridisches Eigenleben, als sie vom Richter weder genehmigt noch in die Statusentscheidung integriert werden 231. Soweit Willensmängel (und die wirtschaftliche Benachteiligung) im Laufe des Verfahrens zu Tage treten, ist die Frage einer eventuellen Anfechtbarkeit der Statusentscheidimg und/oder der Scheidungsfolgenregelung von vornherein obsolet232. Nach rechtskräftiger Ehescheidung steht die stRspr einer allfälligen Anfechtung wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder Gewalt sehr distanziert gegenüber233. Eine abschließende Stellungnahme soll freilich erst infra (Kap. VIII) erfolgen.

3. Die persönlichen Beziehungen zu den Kindern (Art 1288/2 und/3 GerW) In praktischer Hinsicht sind die Bestandteile der „familienrechtlichen Vereinbarung", die die Regelung des Sorgerechtes 234 und des Besuchsrechtes (Pt 2 der Bestimmung) sowie den Unterhaltsanspruch des Kindes (Pt 3 eben231 Siehe supra Text zu (und) FN 130 f, infra Text zu (und) FN 237 f; sowie ua Senaeve (FN 36) Nr 760. 232 Zur Erinnerung: Ein unvollständiges Inventar steht der Scheidung entgegen: Trib Liège , 13. 9.1960 (FN 96) ibidem. Arglistiges Verschweigen von Schulden, um die einverständliche Scheidung zu ermöglichen oder zu erleichtern, führte während des Verfahrens zur Zurückweisung des Antrags, nach der Eheauflösung fallen sie demjenigen zur Last, der den anderen diesbezüglich arglistig getäuscht hat: Trib Bruxelles , 22. 2.1956 (FN 124) ebenda. Eine Vertragsstrafe, die so hoch ist, daß sie dem Partner vom Widerruf seiner Zustimmung wirksam abhalten kann, steht der Scheidung entgegen: Trib Bruxelles , 19. 12. 1952 (FN 161) aaO. Vereinbarungsänderungen oder -ergänzungen, die unter der Hand getroffen und somit dem Gericht nicht vorgelegt werden, können mitunter Indiz für das abgekaufte Einverständnis zur Scheidung sein: Trib Liège , 7. 6. 1983 (FN 147) le; Rb Antwerpen, 11. 4. 1919 (FN 147) ibidem. 233 Vgl Liège , 12. 7. 1956, JT 1957, 128 (NN) = Jur Liège 1956/57, 65 = Rev Prat Not 1957,140; Cass, 11.12.1958, Pas 1959 1 372 = Ree Gen Enr Not 1962,62 (N.N) = RCJB 1962, 104 (Renard/Vieujean) und RCJB 1964, 368 (Renauld/Leclercq)\ Trib Nivelles , 18. 4. 1956, JT 1957, 131 = Rev Prat Not 1957, 142 = Ree Niv 1958, 129 = RCJB 1962, 104 (Renard/Vieujean); Trib Liège , 24. 4.1951, Jur Liège 1950/51, 278; Liège, 27. 6.1952, Jur Liège 1952/53, 65 = JT 1953, 172; Trib Bruxelles, 22. 2. 1956 (FN 124) ibidem; Trib Charleroi, 23. 4. 1910, Pas 1910 III 199 = Pand pér 1911,171; Rb Leuven, 14.10.1987 (FN 196) ibid. 234 Im folgenden wird aus Gründen der Einfachheit stets bloß vom „Sorgerecht" schlechthin gesprochen. Der Gesetzestext geht darüber hinaus und schließt auch die Vermögensverwaltung des Kindes mit ein. Die eigentliche „elterliche Gewalt" setzt sich zusammen aus dem „Sorgerecht", der „Vermögensverwaltung" und dem „Nutzungsrecht am Kindesvermögen". Dieses Element erlischt im Fall der Scheidung (oder Trennung von Tisch und Bett): Art 386. Dazu Gerlo, Het bestuur over de persoon en de goederen van de kinderen na echtscheiding, RW 1974/75, 706 f; Lampe-Franzen, Le statut juridique de l'enfant. Des droits de garde et de visite, Rev Not Β 1979, 280 ff; Pintens (FN 29) 45; Renchon, Het beheer van het vermögen van het kind, 2 ff.

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da) betreffen, ohne Zweifel die wichtigsten. Für die Zwecke dieser Schrift bringen indes die vielen Entscheidungen und wissenschaftlichen Arbeiten im Grunde wenig. Wenn der Grundsatz der Unabänderlichkeit und Unwiderruflichkeit sich hier ins Gegenteil gewendet hat 235 , liegt dies hauptsächlich an der geänderten Stellung des Kindes im Rahmen der Familie und Gesellschaft sowie am Gewicht des Beurteilungskriteriums „Kindeswohl"/,,Kindesinteresse"236. Das ins Zentrum gerückte Wohl des Kindes erklärt die ungemein dynamische Entwicklung, die die „kindesbezogenen Vereinbarungen" charakterisieren. Und doch: Nach dem Buchstaben des Gesetzes unterscheidet sich das Schicksal dieser Regelungen von den anderen an sich nicht: Der Richter kontrolliert und homologiert diese Vereinbarungen ebensowenig wie den Rest der „Scheidungsfolgenregelung" 237, sie sind auch nicht Bestandteil der Statusentscheidung238.

a. Sorge- und Besuchsrechtsregelung Sorgerechtsregelungen werden in der Regel zurückhaltender modifiziert als Vereinbarungen über den Kindesunterhalt. Die ratio ist die dem Kindeswohl inhärente Kontinuität. War eine Abänderung der Vereinbarung diesbezüglich früher überhaupt nicht erlaubt 239, so verlangt die Judikatur später 235 Trib Bruxelles , 1. 7.1957 (FN 128) ibid. 236 Etwa 20 Jahre hindurch ist über die Frage des sachlich zuständigen Gerichtes zur Beurteilung strittiger Vereinbarungen debatiert worden. Die Diskussion dürfte nunmehr nach 2 grundlegenden Erkenntnissen des Kassationshofes vom 11. 5. 1984, RW 1984/85, 125 CLaenens) = JT 1984,614 (Kebers) und 13.9.1985, Τ Not 1985,265 = RTDF 1986,226 (mit zustimmender Glosse von Renchon [228] mwN) = Pas 1986 I 38 zugunsten des Jugendgerichtes entschieden sein. 237 Cass, 9. 3.1970 (FN 130) ibidem. Wer der „familienrechtlichen Vereinbarung" nicht nachkommt, begeht freilich keine strafbare Handlung iSd Art 369bis SWB, der den Verstoß gegen eine gerichtliche Sorgerechtsentscheidung bestraft. Selbst dann nicht, wenn die Vereinbarung einen Exekutionstitel darstellt und sofort vollstreckbar ist. Anders, aber isoliert: Con Antwerpen, 21.6.1968, RW 1968/69,898 = Rev Dr Pén 1968/69, 994. Zur Problematik siehe ua Vanhalewijn zu Cass, 9. 3.1970 in RW 1969/70, 1932; Poelman, Une année de divorces par consentement mutuel à Bruxelles. Eléments statistiques et commentaires, JT 1979,4; Poitevin/Hiernaux (FN 78) 1969 - octobre 1971, Nr 79; dies. (FN 78) Octobre 1971 - juin 1974, Nrl85; Casman (FN 12) Nr290; Baeteman/Delva/Bax (FN 143) 440; Kebers , L'inexécution des obligations alimentaires contractées en cas de divorce par consentement mutuel, Ann Not 1964, 9 ff; Kohl, Divorce et droit pénal, Ann Fac Dr Liège 1977, 401 f, der die Strafbarkeit nach Art 391bis/2 Code pénal (= SWB) (Verletzung gesetzlicher Unterhaltspflicht bei einverständlicher Scheidung) bejaht. 238 Bruxelles , 11. 6. 1980, RTDF 1981, 52 f. Vgl im übrigen Pintens (FN 1) Nr 412; Renchon, L'obligation d'entretien des parents à l'égart de leurs enfants et la détermination des modalités de son exécution dans le contexte d'une procédure de divorce par consentement mutuel, RTDF 1982,181, FN 32. 239 Trib Bruxelles , 7. 3. 1907, Pas 1908 III 187 = Pand pér 1908, 992; Trib Verviers , 18. 2. 1929, Jur Liège 1929, 298 (Das Sorgerecht ist hier noch die Zuweisung eines elterlichen An-

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wichtige und nachträglich eingetretene Gründe 240. Die Änderung muß im größten Interesse 241 des Kindes liegen, die normale Entwicklung des Kindes muß gefährdet sein242, das seelische oder physische Wohl des Kindes 243 muß zur Debatte stehen bzw das bloße Interesse des Kindes ist tauglicher Änderungsgrund 244. Die Parteien sind laut stRspr unter Anwendung von Art 1134 an ihre Vereinbarung gebunden 2* 5: Ein einseitiges Abgehen von der getroffenen Regelung scheint somit rechtswidrig; ein (einseitiger) Antrag an das Gericht zur Abänderung verstößt hingegen nicht gegen Art 1134246. In etwa dasselbe gilt für allfällige (gerichtliche) Änderungen des Besuchsrechtes: Sie müssen im ausschließlichen Interesse des Kindes gelegen sein247, und vermögen die grundsätzliche Unabänderlichkeit der Vereinbarung

rechtes, dh der elterlichen Gewalt und somit die Aufteilung von Rechtsbeziehungen, die definitiven Charakter hat.); Trib Liège , 12.12.1935, Jur Liège 1936, 235 (Änderung des Sorgerechts bloß auf Antrag des Staatsanwaltes möglich.); ähnlich Trib Liège , 8.12.1951 (FN 20) ebenda. 240 Vgl Trib Bruxelles , 18.10.1917, Pas 1918 III 176: Die Zulässigkeit der Vereinbarungsänderung wurde durch Analogie mit den Sorgerechtsentscheidungen nach Art 302 begründet. ME völlig zu Recht. (AA Trib Liège , 8.12.1951 [FN 239] ibidem; Bruxelles , 6. 6.1968, Pas 1968 II 247 = JT 1968, 548 [Carle].) Bruxelles , 29. 10. 1952, JT 1953, 220 (Pasquier); Trib Huy , 2. 7. 1952, Jur Liège 1952/53, 308 (N. R.); Rb Mechelen , 3. 5.1965, Pas 1966 III 15 = RW 1965/66, 249 (bloß der nicht-Pflege- und Erziehungsberechtigte darf den Antrag stellen). 241 Liège, 19.11.1952, Pas 1953 II 53 = Jur Liège 1952/53,105; Bruxelles, 11. 7.1968, Ann Not 1968, 313 (Ruelle); Brüssel, 20.1.1978, DMJ 1978 I 351 (zitiert in Baeteman/Gerlo [FN 46] TPR 1981, 878); Rb Hasselt, 14. 6.1963, Jur Liège 1963/64,13 (zitiert in Vieujean [FN 4] 1960 à 1964,198); vgl auch Gerlo (FN 89) 150, Nr 55. 242 Gent, 10. 12. 1974, RW 1975/76, 164: Die gefährdenden Umstände müssen überdies zur Zeit der Redaktion der Vereinbarung unvorhersehbar gewesen sein. 243 Zum Beispiel Bruxelles, 29. 10. 1952 (FN 240) ibidem; Bruxelles, 21. 5. 1958, JT 1958, 622 = Rev Dr Fam 1958, 341; Trib Bruxelles, 30. 6.1970, JT 1971, 9; Rb Brüssel, 17.5.1978, RW 1978/79, 1245; im übrigen ua Paulus, De letter of de geest van de wet?, RW 1970/71, 1257; Poitevin/Hiernaux, Chronique de jurisprudence. Divorce et séparation de corps (1974 - 1976), JT 1977,525, Nr 126. 244 Liège, 22. 5. 1985, Rev Rég Dr 1985, 257 (die Rechtsprechung, wonach das seelische oder physische Wohl des Kindes zur Rechtfertigung der Vereinbarungsänderung gefährdet sein müsse, ist überflüssig streng und findet im Gesetz keine Grundlage [aaO 258].) = Jur Liège 1985, 466 (Spriesterbach), dazu RAJB 1985, Nr 85; Rb Antwerpen, 13. 1. 1984 (FN 141) ebenda (Sachverhalt: Die sorgeberechtigte Mutter wollte mit den Kindern für die Dauer von drei Jahren nach Uganda; das Gericht sprach dem Kindesvater das Sorgerecht zu, weil nicht nachgewiesen war, daß die wesentliche Einschränkung des Besuchsrechts im ausschließlichen Kindesinteresse lag; dies ist mE eine etwas eigenartige Methode, das Kindesinteresse zu ermitteln.). Auch Baeteman ea (FN 84) Nr 228 kritisieren die Entscheidungsbegründung. 245 Gent, 14. 7.1951, RW 1951/52,1227 = JT 1951, 635 = Τ Not 1952, 6. 246 Brüssel, 28. 2.1981, Τ Not 1984,334 (R. R.) = Rev Not Β 1984,253 (D. S.). Freilich setzt die Abänderung auch hier die sonstige Verletzung des Kindeswohls voraus: Bruxelles, 28. 2.1984, RTDF1986,96. 247 Rb Antwerpen, 9.1. 1967, RW 1967/68,143; Trib Nivelles, 8.10. 1980, RTDF 1981, 464 (Sorgerecht über 3 Kinder im Verhältnis 2/1 auf die Eltern aufgeteilt; gegenseitiges Besuchsrecht: im Interesse der Kinder); Brüssel, 28. 2.1981 (FN 246) ebenda.

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(Art 1134)248 bloß zu durchbrechen, wenn die betreffenden Umstände nicht vorhersehbar waren 249, gelegentlich wird auch hier die Gefährdung des seelischen und physischen Wohles verlangt 250. Die zwangsweise Vollstreckung Besuchsrechts ist (nicht bloß im Kindesinteresse, sondern auch) zur Realisierung der vereinbarten Besuchsmodalitäten bzw des wahren Parteiwillens (Artt 1156, 1164) möglich251; die unmittelbare Vollstreckung ist dann möglich, wenn die Regelung in Form eines Notariatsaktes vorliegt 252. Die Beurteilung der Kriterien bedarf einer inhaltlichen Prüfung. Diese ist in einem Folgeverfahren condicio sine qua non der Entscheidung. Während des Scheidungsverfahrens selbst ist eine gewisse Kontrolle ebenso unerläßlich, sei es bloß, um sich von der Einhaltung der ordre public-Bestimmungen - und das sind ja fast alle Normen, die die einverständliche Scheidung betreffen - zu überzeugen. Sorge- und Besuchsrechtsregelungen müssen an bestimmte Mindestinhaltserfordernisse, die durch das Gefüge der Rechte und Pflichten der Eltern dem Kind gegenüber (und vice versa) vorgegeben sind, gebunden sein253: entsprechende Mängel werden mitunter wegen fehlender Präzision der Vereinbarung, somit wegen ordre public-Widrigkeit gerügt 254. Der Diskussion um den von Art 1288/2 GerW geforderten Genauigkeitsgrad liegt ein materiellrechtlicher Zwist zugrunde: Art 302 (für die Scheidung auf Grund eines bestimmten Scheidungsgrundes) und Art 373 (faktische Trennimg) schließen das gemeinsame Sorgerecht aus und sehen vielmehr bloß seine ausschließliche Ausübung durch einen Elternteil vor. In bezug auf die einverständliche Scheidung hat der Gesetzgeber keine Regelung getroffen. Manche Gerichte verneinen die Zulässigkeit des gemeinsamen Sorgerechts 255y die Mehrzahl bejahen sie: So zum Beispiel Liège, 27. 6.1983256;

248 Gent, 14. 7.1951 (FN 245) ibidem. 249 Trib Bruxelles , 20.1.1982, RTDF 1982, 240. 250 Bruxelles , 21. 5.1958 (FN 243) ibidem. Vgl ua Poitevin/Hiernaux (FN 78) Octobre 1971 -juin 1974, Nr 179. 251 Droht ein faktischer Boykott des Besuchsrechtes durch die Abwanderung der Sorgeberechtigten, so kann sie gerichtlich an die Ausreise gehindert werden, wenn hiezu die Zustimmung des Kindesvaters nicht eingeholt oder erteilt wurde: Bruxelles , 11. 6. 1980 (FN 238) ibidem; vgl Poitevin/Hiernaux (FN 77) Nr 229. 252 Vgl etwa de Levai (FN 133) 903 ua zu den mit der Vollstreckung verbundenen praktischen Schwierigkeiten; De Wulf (FN 132) 52. 253 Zum Beispiel Rb Hasselt, 11. 3.1963, Ann Not 1963,274 (P. M.) = RW 1962/63, 2135. 254 Rb Brugge , 16. 2. 1981, Τ Not 1982, 213 (Art 1288 - 2 GerW verbiete ein gemeinsames Sorgerecht der geschiedenen Elternteile); Trib Liège , 26. 5. 1983, Jur Liège 1983, 348 (Stellungnahme Goosse) = RTDF 1983,303 (Alternierende Pflege und Erziehung verstoße gegen Art 1288/2 GerW und deswegen gegen den ordre public). Die Entscheidung wurde abgeändert durch Liège , 27. 6. 1983 (FN 52 und 256). Zum Überblick über die Judikatur siehe Poitevin/ Hiernaux (FN 77) Nr 222.

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eine Entscheidung, die sehr viel Aufmerksamkeit nach sich gezogen hat, weil sie die grundsätzliche Frage der formellen (so die AL) bzw materiellen gerichtlichen Kontrolle (dafür ein Teil der Rspr) der Vereinbarung aufgeworfen hat. Obzwar das Problem als solches wichtig und interessant wäre, sprengte seine Erörterung doch den Rahmen der Arbeit, es kann hier nur auf die Stellungnahmen anderer verwiesen werden 257. b. Kindesunterhalt Die Mehrzahl der dit „familienrechtlichen Vereinbarungen" betreffenden Entscheidungen beziehen sich auf den - dem ordre public zugehörigen258 Unterhaltsanspruch des Kindes (Art 1288/3 GerW) 259. Der Kassationshof ist immer wieder zur Lösung verschiedener Teilaspekte angerufen worden, vor allem weil die Unabänderlichkeit in diesem Zusammenhang nie absoluter Natur war 260.

Ordre public-widrig ist auch eine in der Scheidungsfolgenvereinbarung enthaltene Schiedsklausel mit Bezug auf die Pflege und Erziehung sowie den Unterhalt des Kindes, vgl Trib Bruxelles , 29. 3.1912, BJ 1912, 725 = Rev Prat Not 1914,161 = Pas 1913 III 281. 255 Vgl FN 254. Jüngst noch Antwerpen, 30. 3. 1988, RW 1988/89, 682 mit kritischer Anm von Α. V., aaO 683. Baeteman ea (FN 84) Nr 227 sind der Auffassung, daß Art 1288 GerW allzu streng ausgelegt wird. 256 Liège, 27. 6.1983, Jur Liège 1983,493 (Panier [FN 52] 496 zustimmend) = RTDF 1983, 306 (mit Besprechungsaufsatz Renchon, Les clauses relatives à l'exercice conjoint de l'autorité parentale dans les conventions préalables au divorce par consentement mutuel, aaO 308 zustimmend) = Τ Not 1984,59 (R R.) = Pas 1983II131. Vgl ua RAJB 1985 (FN 244) Nr 87. Näheres bei Baeteman ea (FN 84) Nr 227; Gerlo/Wyïleman , Naar een juridische erkenning van coouderschap, RW 1988/89,105. 257 Vgl FN 256; Senaeve (FN 155) 177 ff mwN. 258 Cass, 11. 6. 1981, RTDF 1982, 222 = RW 1981/82, 674 (mit Anm Sonck, Alimentatie voor kinderen na een echtscheiding door onderlinge toestemming, aaO 676): Hatten die geschiedenen Elternteile entgegen den Anforderungen des Gesetzes vor ihrer Eheauflösung in der „familienrechtlichen Vereinbarung" gar keinen Kindesunterhalt bestimmt, steht dies einer späteren Geltendmachung überhaupt nicht entgegen; siehe auch Baeteman ea (FN 84) Nr 222 f. 259 Vgl grundlegend Renchon (FN 238) 163. Pars pro toto: Cass, 8.10.1982, Τ Not 1984,186 (R R.) = Pas 1983 1 201 = Rev Not Β 1984, 250 (R D. V.) = RTDF 1983, 387 = RW 1983/84, 1193 (Poppelemon, Onderhoudsplicht en onderhoudsbijdrage ten behoeve van mindeijarige kinderen na echtscheiding door onderlinge toestemming, aaO 1196); vgl ua Baeteman ea (FN 84) Nr 222,224. 260 Für einen kursorischen Überblick siehe Bourseau, Divorce par consentement mutuel, 158 ff; vgl zeitlich früher, aber auch allgemeiner Mahillon, Divorce par consentement mutuel et aliments, Ann Not 1968,46 f. Dembour , Le mariage et le divorce et la Cour de Cassation, 206 ff bietet einen - freilich keineswegs erschöpfenden - Eindruck der höchstgerichtlichen Entscheidungen bezogen auf die Bestimmungen über die einverständliche Scheidung im GerW.

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Zwischen Unterhaltspflicht (obligatio) und Unterhaltsbeitrag (contributio) ist nach hL und stRspr zu unterscheiden261. Jene ist vertraglich unabdingbar, diese kann zwischen den Parteien frei vereinbart werden 262. Die Vereinbarung über die „contributio" (sog „Freistellungsvereinbarung") ist für beide Vertragsparteien grundsätzlich verbindlich, freilich nicht mit Wirkung für das Kind. Eine Erhöhung des Kindesunterhalts zu Lasten einer Partei wird bloß genehmigt, wenn die andere Partei im Hinblick auf ihr Vermögen und ihrem Beitrag außerstande ist, dem Kind den nötigen Lebensunterhalt und die nötige Erziehimg zu gewähren264. Der „nötige" Lebensunterhalt ist derjenige, den die Kinder in Anbetracht ihres Alters und des elterlichen Lebensstandards auf Grund der Artt 203 und 303 verlangen dürfen 265. Die Änderung des Unterhaltsbeitrags kann ausschließlich im Interesse des Kindes erfolgen 266, dh das Prinzip der Unabänderlichkeit und Unwiderruflichkeit darf auf gar keinen Fall das Kindeswohl gefährden, dasselbe gilt für Anpassungen auf Grund einer Abänderungsklausel in der Vereinbarung über den Kindesunterhalt267. 261 Ua Liège , 21. 1. 1920, Pas 1920 II 65 = BJ 1921, 653 = Rev Prat Not 1920, 685. Vgl weiters ua De Gavre (FN 21) 246 f; Poitevin/Hiernaux (FN 77) Nr 109 ff. Die Unterscheidung geht auf Vieujean zurück, wird allgemein akzeptiert, allerdings von Renchon einer scharfen Kritik unterzogen (FN 53) 74 f. Bedenken äußern auch Baeteman ea (FN 84) Nr 225. Der Beitrag von Renchon wiederum wird von Vieujean, Examen de jurisprudence (1976 à 1983), RCJB 1989, Nr 186 einer überaus deutlichen Kritik unterzogen, auf deren Berechtigung hier leider nicht eingegangen werden kann. Siehe jüngst auch den Beitrag von Verbeke, Aanpassing van de overeenkomst over de onderhoudsbijdrage voor de kinderen bij echtscheiding door onderlinge toestemming, RW 1989/90,1313. 262 Soweit sie die Verwirklichung der „obligatio" nicht ausschaltet: j Cass, 10. 10. 1974, Pas 1975 I 174 = RW 1974/75, 1183 = Τ Not 1975, 59; Liège, 30. 3. 1987, Rev Rég Dr 1987, 259. Vgl aber Brüssel, 4. 12. 1981, RTDF 1982, 229 = Τ Not 1983, 29; Bruxelles, 23. 12. 1981, RTDF 1982, 234 = Τ Not 1983, 30 (R. R.); Antwerpen, 3. 3.1982, RW 1982/83,2559. 263 Die Änderung muß stets durch das Gericht erfolgen: Vred Herstal, 5.5.1962, Jur Liège 1962/63,55. 264 Vgl Cass, 7. 9. 1973, Pas 1974 I 14 = Rev Not Β 1975, 511 = JT 1974, 98 = RW 1973/74, 764 = Τ Not 1974,133 = RTDC 1975, 819 (Vieujean). Unter Berufung auf diese Entscheidung bzw im selben Geist: Vred Lier, 17. 12. 1970 (FN 188) ibidem; Vred Deurne, 14. 6. 1971 (FN 188) ebenda; JP Bruxelles, 30. 5. 1972, Cah Dr Fam 1973, 34; Vred Merksem, 21. 2. 1975, RW 1974/75, 2674 = Τ Vred 1976, 255; JP Namur, 24. 6. 1977, Rev Rég Dr 1978, 409; Vred Heist-op-den-Berg, 1. 6. 1978, RW 1979/80, 790 = RTDF 1980, 128; JP Bruxelles, 22. 5. 1980, RTDF 1982, 256 mit sinnvoller Deutung der Kassationsentscheidung: der Sorgeberechtigte darf also sehr wohl noch über finanzielle Mittel verfügen, er muß jedoch unfähig sein, den „angemessenen Unterhalt" zu leisten; JP Bruxelles, 4. 2.1981, RTDF 1982, 259; JP Marchienneau-Pont, 27. 11.1981, JJP 1982, 52; JP Mouscron, 2. 10.1985, Rev Not Β 1985, 609 (D. S.); Trib Liège, 23. 2. 1976, Jur Liège 1975/76, 251; Trib Liège , 29. 4. 1977, Jur Liège 1976/77, 274; Trib Charleroi, 26. 6.1980, RTDF 1982, 242; Trib Bruxelles, 22. 3.1988, JT 1988, 671. Im übrigen ua Poitevin/Hiernaux (FN 77) Nr 232 f und Baeteman ea (FN 84) Nr 223, 226, 228. 265 Vgl JP Bruxelles, 22. 5. 1980 (FN 264) ibidem; zuletzt Cass, 12. 6. 1986, RW 1986, RW 1986/87, 2017 (W. P.) Zurückhaltender aber ua Trib Tournai, 6.10.1981, RTDF 1982, 252. 266 JP Louveigné, 19.10.1982, JJP 1983, 8; JP Verviers, 23.10.1981, RTDF 1982, 263. 267 JP Fléron , 21.11. 1978, Rev Not Β 1979, 207 (P. W.); Rb Leuven, 19. 12. 1977 (FN 150) ebenda; Rb Mechelen, 19. 5. 1981, RW 1981/82, 275; Rb Brüssel, 14. 10. 1981, RW 1981/82,

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Der Richter ist infolgedessen ohne weiteres befugt, den Kindesunterhalt mit einer Wertanpassungsklausel 268 zu versehen, selbst wenn die Elternteile dies vertraglich nicht vereinbart hatten209. Unter Umständen wird auch für die Vergangenheit Kindesunterhalt geschuldet270: Dies ist nach Renchon 271 kein Problem des Grundsatzes „nemo pro praeterito alitur", sondern der Anwendbarkeit des Art 1315272. Die Herabsetzung der „contributio" kann schwerlich allein mit einer zu großen Belastung für den Unterhaltsschuldner gerechtfertigt werden 273, dies auch nicht dann, wenn das reduzierte Einkommen eine verminderte Zahlungsbereitschaft, jedenfalls Zahlungsfähigkeit mit sich bringen könnte274. Die Reduktion wäre allerdings bei Eintritt einschneidender und unvorhersehbarer Umstände denkbar 275: dies könnte mitunter der Fall sein, wenn das Einkommen des Sorgeberechtigten gestiegen, das des anderen Elternteiles 1487. Vgl auch ausdrücklich Trib Bruxelles , 21.4.1987, TBBR 1988, 570, worin dezidiert daran festgehalten wird, daß der Grundsatz der Unabänderlichkeit und Unwiderruflichkeit der Vereinbarung nur durch das Kindeswohl relativiert wird. 268 Cass, 21. 3. 1975 (FN 206) ibidem. Im übrigen könnten sie weder auf den Unterhaltsanspruch als solchen, noch auf die Indexierung verzichten, weil das Kind Unterhaltsberechtigter bzw Gläubiger ist: vgl Liège , 26.11.1986, Rev Rég Dr 1987, 26 unter Berufung auf Cass, 2. 6.1978 (FN 270). Gegebenenfalls hat das Gericht zu prüfen, ob der Sorgeberechtigte den Unterhalt im eigenen Namen einklagt (Test, ob er zum Unterhalt unmöglich beisteuern kann) oder im Namen des Kindes nach Art 303 (in diesem Falle kommt es auf die Leistungsfähigkeit beider Eltern an): JP Nivelles , 24. 9. 1980, Pas 1981 III 12 = JJP 1981, 225; Trib Liège , 6. 5. 1958, JT 1958, 514 (N R.). Der Unterhaltsanspruch erlischt nicht unbedingt mit Eintritt der Volljährigkeit: Cass, 24.11.1983, Rev Not Β 1984,32 = Τ Not 1984, 200. 269 Vgl ua Βαχ, Kroniek van het personen- en familierecht, RW 1976/77,1678 f. Ist die Indexanpassung vereinbart, jedoch schlicht über längere Zeit hinweg nicht geltendgemacht, dann kann dies unter Beachtung der gesetzlichen Veijährungsfristen nachgeholt werden, ein Verzicht wird nicht gleich vermutet: Vred Brasschaat, 30.6.1976 (FN 129) ibidem. 270 Cass, 2. 6.1978, RTDF 1979, 78 (Renchon): Die Regel „nemo pro praeterito alitur" ist kein allgemeiner Rechtsgrundsatz des belgischen Rechtes; Möns, 22. 4. 1981, Pas 1981 II 108; Liège, 26. 11.1986 (FN 268) ibidem: Bei Verzug werden gemäß Art 1153 auch Zinsen geschuldet. 271 Renchon, L'adage „aliments ne s'arréragent pas", Besprechungsaufsatz zu Cass, 2. 6. 1978 (FN 270) RTDF 1979, 86. 272 Art 1315 enthält keine Beweislastregel: Wer die Erfüllung einer Verbindlichkeit fordert, muß ihr Bestehen beweisen. 273 Cass, 14.11.1979, RW 1979/80, 2165 (/. P.) = Pas 1980 1 354 = RTDF 1982, 219 = JT 1980, 726; Trib Namur, 24. 6. 1977, Rev Rég Dr 1978,409. Dies gilt umso mehr, wenn der Unterhaltsverpflichtete sich bewußt in eine finanziell prekäre Lage versetzt und keinerlei Anstrengungen unternimmt, ein regelmäßiges Einkommen zu erhalten: Trib BruxeUes, 28. 4. 1987, JT 1988, 86. 274 Cass, 17. 9. 1981, RTDF 1982, 225 = Pas 1982 I 85 (Ä /. Β.) = Rev Not Β 1982, 31 (Sterckx) = JT 1982,295; JP Namur, 22.2.1983 (FN 199) ibidem. Anderer Ansicht unter Berufung auf das Kindeswohl: Vred Willebroek, 30. 6.1978, RW 1979/80, 2930 = RTDF 1980,462; JPFléron , 8.5.1979, RTDF 1980,458 = Rev Not Β 1980, 47 (de Ville-Schijns); Trib Liège , 2.6.1951, Pas 1952 III 9 = Jur Liège 1950/51,310; Trib Charleroi, 10. 7.1956, Ree Jur Trib Charleroi 1957, 32. Vgl auch Baeteman ea (FN 84) Nr 225, 226. 275 Trib BruxeUes, 13. 6. 1979, Pas 1979 III 36 = Rev Not Β 1979, 371; Vred Harelbeke, 28. 8.1986, RW 1986/87, 2054.

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gesunken ist, da der Richter die Unterhaltsvereinbarung an den geänderten Sachverhalt anpassen darf 276, dies aber wohl nur bei Gefährdung des Kindeswohles. Ein solcher liegt freilich auch vor, wenn entgegen den vereinbarten Bestimmungen das Sorgerecht nach Auflösung der Ehe von dem anderen Elternteil wahrgenommen wird und infolgedessen eine entsprechende Anpassung der Unterhaltszahlungspflicht erforderlich ist 277 . Das Prinzip der Unabänderlichkeit der Vereinbarungen ist unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung stark relativiert: Das Kindesinteresse verlangt keine hohe Unterhaltsleistung als solche, sondern mißt sich an der (wirtschaftlichen) Zahlungsfähigkeit. Dem Gericht obliegt freilich auch die Interpretation strittiger Unterhaltsvereinbarungen. Hiebei ist primär die gemeinsame Absicht der Parteien 278 zu eruieren; läßt sich diese nicht feststellen, kommt Art 1162 zur Anwendung279, und das Kindeswohl tritt in den Hintergrund. Sozio-ökonomische Überlegungen lassen die starre Unabänderlichkeit der Unterhaltsvereinbarungen, die nahezu ausnahmslos zu den (schuldrechtlichen) Verträgen iSd Art 1134 gezählt werden, als überkommenes Attribut erscheinen. Die Verbindlichkeit dieser Vereinbarungen kann zunehmend schwerer mit dem Erwartungshorizont des anderen Vertragspartners erklärt werden, da dieser ja gerade in bezug auf den vertraglichen Unterhalt, der zumeist eine Dauerverbindlichkeit darstellt, genau weiß, daß es letztlich auf die reelle Zahlungsfähigkeit ankommt. Im übrigen scheint auch sehr fraglich, ob dem Unterhaltsschuldner die bedingungslose Übernahme der Unterhaltspflicht automatisch unterstellt werden darf 280. Der gesetzliche Unterhaltsanspruch des Kindes ist an den Artt 203 und 303281 orientiert, er ist als obligatio nicht disponibel. Anderes gilt für die zwi276 Vgl Trib Liège , 26.10.1981, Jur Liège 1981, 422 (zitiert bei Poitevin/Hiernaux [FN 77] Nr 233); JP Namur, 11. 10. 1984, Rev Rég Dr 1984, 277; JP Grivegnée , 19. 12. 1984, Jur Liège 1985,102 (/. H.); JP Seraing , 22.3.1985, Jur Liège 1985, 238 (/. H); Jeugdrb Brüssel, 13.2.1987, RW 1989/90, 93 (Verbeke , De eenzijdige wijziging van de overeenkomst betreffende het hoedeen bezoekrecht van de kinderen na de echtscheiding door onderlinge toestemming, aaO 94). 277 Trib Charleroi , 23. 4. 1982, RTDF 1982, 250; ähnlich Rb Mechelen , 16. 11. 1982, Pas 1983 III 49. 278 Bruxelles , 15. 5.1973, JT 1974, 86 (Lücke bezüglich Unterhaltszahlung während der Ferien: Der Unterhalt ist weiter zu zahlen, weil die Fixkosten gleich bleiben.) 279 Auslegung zugunsten des Verpflichteten: Rb Mechelen, 23. 12. 1982, RTDF 1984, 170. Zustimmend auch Baeteman ea (FN 84) Nr 217. In diesem Lichte ist wohl auch die Entscheidung der Rb Tongeren, 23.1. 1978, LimbRechtsl 1978,192 (zitiert bei Baeteman/Gerlo [FN 46] TPR 1981, 877) zu sehen: Die Parteien stipulierten eine mit dem 18. Lebensjahr des geistig gestörten Kindes limitierten Unterhalt; dabei mußte es trotz Verlängerung der Mindeijährigkeit bleiben. 280 Dazu Renchon (FN 238) 201. 281 J ua Kebers (FN 34) 239; Poitevin/Hiernaux (FN 244) 1974 - 1976, Nr 127; dies. (FN 205) 1976 -1979, Nr 107 ff.

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sehen den Elternteilen vereinbarte contributio zugunsten des Kindes. Die Judikatur lehnt sich zur Beurteilung dieser Vereinbarungen zunehmend an allgemein für Verträge (und Vereinbarungen) geltende Bestimmungen an. Das wird besonders evident, wenn der Bedarf und die Leistungsfähigkeit zum vereinbarten Vertragsinhalt erhoben werden. Damit wird die Berücksichtigung geänderter Umstände wesentlich erleichtert; darüber hinaus handelt es sich hiebei zumeist um vorhersehbare Umstände282, was aber nirgends zugegeben wird. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall: Die Unbeachtlichkeit der Theorie der Unvorhersehbarkeit wird mit der vertraglichen Bindungswirkung der Unterhaltsvereinbarung untermauert. Die Umstandsklausel müsse daher ausdrücklich vereinbart worden sein, sich zumindest aus dem Gesamtzusammenhang der Unterhaltsvereinbarung ergeben. Angesichts der Regelungsmaterie muß diese Auffassimg mE einigermaßen überraschen, wird doch die clausula rebus sie stantibus im belgischen Recht äußerst strikte interpretiert 283. Denn in bezug auf das Heranwachsen eines Kindes, seinen altersbedingten Unterhaltsbedarf, die normalen Unfälle, Sportbetätigungen, auch Schulwechsel usw und den durchaus möglichen Verlust des Arbeitsplatzes des Unterhaltsverpflichteten, seine Einkommensschwankungen und eventuelle Kurswertveränderungen, ja eine neuerliche Eheschließung mit weiteren Unterhaltspflichten ...: in diesem Zusammenhang scheint sehr wenig „unvorhersehbar", weil vielfältigste Entwicklungen des Familienlebens und des Arbeitsmarktes, kurzum des Bedarfs und der Leistimgsfähigkeit möglich sind. „Unvorhersehbarkeit" gremì nach AL 284 und stRspr* 85 mE an y yDenkunmöglichkeit". Obige Beispiele sind alle „denkmöglich", weil sie „normal" sind, maW nichts „Außergewöhnliches" an sich haben, das die Vertragsäquivalenz zur Gänze umstoßen könnte. Wer diese Situationen subjektiv nicht „vorhergesehen" hat, obwohl sie objektiv vorhersehbar waren, dem mangelt es nach hL und stRspr an Phantasie oder Verantwortungsbewußtsein: die clausula rebus sie stantibus greift nicht ein286.

282 Im Falle des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs, der mittels richterlicher Entscheidung fixiert wird, ist die jederzeitige Abändeibarkeit das wesentliche Charakteristikum: vgl ua Trib Bruxelles , 6. 5.1980, RTDF 1980, 323 mit Besprechungsaufsatz Krings, La répétition d'arrérages payés à un créancier d'aliments, aaO 329. 283 Vgl ausführlich De Page, Traité élémentaire de Droit civil belge. Principes - doctrine jurisprudence. Τ I I - Les incapables, les obligations (Première partie), Nr 573 ff. 284 Vgl De Page (FN 283) Nr 575 und 579. 285 Cass, 30.10.1924, Pas 1924 1 565 (zitiert bei De Page [FN 283]) Nr 574 FN 2. 286 Dazu: Vred Harelbeke , 28. 8. 1986 (FN 275) 2055 f ausdrücklich. Indirekt: Rb Brüssel , 14. 10. 1981 (FN 267) ibidem; Cass, 12. 6. 1986 (FN 265) ebenda mit Hinweis auf Vred SintJoost-ten-Noode, 13. 2.1985, Τ Vred 1986,121, bestätigt durch Rb Brüssel, 3.12. 1985, Τ Vred 1986,123 in der Anmerkung zu Cass, 12.6.1986 von W. P., aaO 2021. Die Rspr räumt ein, daß „le formalisme rigide du divorce par consentement mutuel et l'application stricte des règles de l'autonomie contractuelle en la matière,..., est critiqué par la

V· Widerruf des Einverständnisses Die Parteien können ihr Einverständnis in jeder Lage des Verfahrens (bis zum Zeitpunkt der Eintragung der stattgebenden Statusentscheidung in das Personenstandsbuch287) widerrufen m. Der Widerruf kann entweder ausdrücklich oder konkludent erklärt werden. Bei ausdrücklichem Widerruf ist die Partei m£ nicht darauf angewiesen, den angesetzten Gerichtstermin abzuwarten: eine entsprechende Erklärung zu Protokoll bzw schriftliche Mitteilung erfüllt den Zweck. Diese wird sich insbesondere für die Vereinbarungen, die die Probezeit betreffen und exequierbar sind, empfehlen: Unterhaltsregelungen müssen bis zur formellen Beendigung des Verfahrens eingehalten werden, weil diesbezügliche Verstöße sanktionierbar sind. Ein konkludenter Widerruf liegt etwa bei unentschuldigtem Fernbleiben vom angesetzten Gerichtstermin vor. Dasselbe gilt, wenn eine der beiden Parteien (unentschuldigt) die Eintragung der stattgebenden Statusentscheidung in das Personenstandsbuch versäumt. Einem solchen Widerruf ist wohl auch der Fall gleichzuhalten, daß eine der Parteien kein Rechtsmittel gegen die abschlägige Entscheidung erhebt2®. Das Absehen von der Verfahrensfortsetzung' ist Ausdruck des expliziten oder stillschweigenden Widerrufs der Zustimmung: Dieser ist jederzeit ohne Einverständnis der anderen Partei zulässig290. doctrine récente", aber es handle sich „d'un formalisme qui a été voulu par le législateur et dont la modification ne pourrait être envisagée que de lege ferenda ,...". Änderungen seien daher nur im Interesse des Kindes möglich, ein Grundsatz, über den der Kassationshof aufmerksam wache: Trib Bruxelles , 22.3.1988 (FN 264) ibidem. 287 Die Verf hat an keiner Stelle diesbezüglich konkrete Aussagen vorgefunden. Die Lösung scheint ihr indes konsequent und implicite aus einer Bemerkung Pintens (FN 1) Nr 216 hervorzugehen, nach der das gemeinsame Einverständnis bis zur Eintragung der stattgebenden Statusentscheidung in das Personenstandsbuch vorzuliegen habe. 288 Nach Puelinckx-Coene, De echtscheidingswetgeving in evolutie. Rechtsvergelijkende beschouwingen, RW 1971/72,1439 ist der Widerruf „bis zum letzten Augenblick" möglich. 289 Gegen die stattgebende Entscheidung darf ausschließlich die Staatsanwaltschaft Berufung erheben (Art 1299 GerW). (Zur früheren Rechtslage vgl ua Pasquier, Chronique de jurisprudence. Divorce et séparation de corps -1949-50, JT 1951, 364, Nr 61, der der Staatsanwaltschaft dieses Rechtsmittel ohne ausdrücklichen Gesetzestext einräumte.) Gegen eine ablehnende Entscheidung können die Parteien Berufung erheben, sie müssen aber gemeinsam (wenn auch nicht in zeitlicher Hinsicht) agieren: Art 1300 GerW. Der Kassationshof kann ebenfalls bloß durch gemeinsames Handeln der Parteien angerufen werden: Art 1302 GerW. Vgl Näheres bei Pintens (FN 1) Nr 414 ff mwN und Senaeve (FN 36) Nr 762 ff. 290 Siehe Pintens (FN 1) Nr 451 ff: Der Beweis ist vor allem im Hinblick auf die Regelung nach Art 1287/2 GerW relevant; Horsmans/Van Compernolle, L'acquiescement et le désistement en matière de divorce et de séparation de corps, JT 1964, 460 sehen in Art 1303 GerW einen Anwendungsfall des Art 823 GerW („afstand van geding"/„désistement d'action"), der frei von Willensmängeln (Irrtum, Täuschung, Gewalt) und im Einklang mit dem ordre public zu

V. Widerruf des Einverständnisses

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Soweit Lehre und Judikatur in diesem Zusammenhang die Vertragsstrafe billigen, scheint sie mE kritikwürdig: ein sanktionsloser Rücktritt bzw der freie Widerruf der Zustimmung wird durch solche Vertragsklauseln erschwert. Die uneingeschränkte Widerrufsmöglichkeit war indes seit jeher ein deklariertes Anliegen des Gesetzgebers und des Fallrechtes, da von dieser Scheidungsvariante ja bloß sparsamer Gebrauch gemacht werden sollte291. Diese ratio wurde durch die Reformen bewußt ins Gegenteil verkehrt; das ursprüngliche Anliegen wurde unabhängig davon in einen anderen Zusammenhang verschoben. Selbst wenn nämlich das Einverständnis (zumeist über die Scheidungsfolgenregelung) durch einen Willensmangel (Irrtum, arglistige Täuschung, widerrechtliche Drohung) angetastet gewesen sein sollte oder die Vereinbarung einen Ehegatten wirtschaftlich benachteiligte, habe die betreffende Partei (in concreto wird stets die Frau als Beispiel angeführt) während des Verfahrens ja genügend Gelegenheiten, die „erlittene Übervorteilung" oder die „angewendete Gewalt" vorzutragen 292: die Scheidung würde in einem solchen Falle eben nicht bewilligt. Die Lehre zitiert den historischen Gesetzgeber als Beleg für diese Auffassung, sodaß diesbezüglich offenbar lückenlose Übereinstimmung mit der stRspr herrscht 293. sein hat; Puelinckx-Coene (FN 288) 1443. Siehe ferner Van Compernolle, Examen de jurisprudence (1971 à 1985). Droit judiciaire privé - les voies de recours, RCJB 1987,119. Die Form des Rücktritts scheint ungeklärt. Vanhalewijn , Divorce par consentement mutuel ... quelques constatations, Notarius 1983, 250 erhebt sogar die Frage, ob ein eingeschriebener Brief eine gültige Rücktrittsform darstellte. 291 Heute wird nicht mehr versucht, die einverständliche Scheidung als solche einzubremsen. Der Grundsatz des favor matrimonii hat jedoch entsprechendes Gewicht: Während des Verfahrens zur einvernehmlichen Scheidung beantragten die Ehegatten die gesetzlich nicht vorgesehene Umsetzung in ein Verfahren zur einverständlichen Trennung von Tisch und Bett. Dem Antrag wurde stattgegeben, weil die Voraussetzungen die gleichen sind und die bloße Trennung im Vergleich zur (einverständlichen) Scheidung dem favor matrimonii-Prinrip entgegenkommt, vgl Bruxelles , 9. 4. 1975, Pas 1976 II 13. Zustimmend ua Baeteman/Gerlo (FN 46) TPR 1981, 878. Siehe dazu auch Laurent (FN 12) Nr 284 und die dort zitierte Kassationsentscheidung vom 3.10.1810: „... l'intention évidente du législateur a été de hérisser de difficultés le divorce par consentement mutuel, pour le rendre le plus rare possible; il est donc nécessairement dans sons voeu que toutes les formalités qu'il a prescrites, comme toutes les conditions qu'il a imposées, soient exécutées à la rigueur." 292 Vgl zum Beispiel: Trib Charleroi , 23. 4.1910 (FN 233) Pas, aaO 200; Trib Liège , 24. 4. 1951 (FN 233) aaO 279, bestätigt von Liège, 27. 6. 1952 (FN 233) ibidem; Trib Nivelles , 18. 4. 1956 (FN 233) ebenda; Liège , 12. 7.1956 (FN 233) Jur Liège, aaO 65 = Rev Prat Not, aaO 141 = JT, aaO 128 f. 293 Siehe ua Pierard (FN 11) Nr 657, der der den Materialien entnommenen Meinung von Emmery vollinhaltlich zustimmt: Sobald nämlich das Verfahren begonnen habe, sei die Frau gänzlich frei zu agieren, wie sie wolle. Die Ansicht ist mE bestenfalls naiv. Bis nicht endgültig über den Status der Ehegatten abgesprochen und sämtliche Scheidungsfolgen verbindlich geregelt sind, ist für solchen Optimismus kein Raum. Vgl freilich ähnlich, aber gemäßigter als Pierard: Pasquier (FN 109) Nr 369; reali7 Verschraegen

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Und was das freie Einverständnis zur einvernehmlichen Ehescheidung selbst betrifft, hat wohl zu keinem Zeitpunkt jemand daran Zweifel gehegt, einer Partei könne hier ein Irrtum unterlaufen bzw sie könne das Opfer einer Täuschung oder von Gewalt werden: In Anbetracht der Probezeiten, Gerichtstermine, schlicht sämtlicher Formalitäten, die fast sklavisch respektiert werden müssen, sei aber ein Willensmangel nicht mehr zu befürchten 294. Mehr noch: die Erfüllung aller gesetzlichen Voraussetzungen erlaube den zulässigen Rückschluß, daß das gemeinsame, wahre Einverständnis zur Eheauflösung frei und beharrlich sei, und zwar insofern, als die Partei, die das Gegenteil behauptet, sich während des Verfahrens nicht auf die Nichtigkeit der betreffenden Willenserklärung berufen hat. Es gebe nämlich gar keinen Grund - so die Lehre und Judikatur -, von den für alle Rechtshandlungen relevanten Bestimmungen über Willensmängel bei Verträgen und Vereinbarungen abzuweichen, und danach sei eben die Nichtigkeit bloß relativer Na*

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tur . Ex offo wird jegliche inhaltsbezogene Prüfung abgelehnt, zumindest der Theorie nach. Inwieweit der Zerrüttungsprüfung rechtstatsächlich ein Platz im Verfahren zur einverständlichen Scheidung zukommt, ist nunmehr zu prüfen.

stisch indes Poelmart (FN 237) 5, 82, 83; Poelman, Pour une réforme urgente du divorce par consentement mutuel, JT 1982,372. 294 Unter Berufung auf den historischen Gesetzgeber Rb Antwerpen, 11.4.1919 (FN 147) Rev Prat Not, aaO 537; Liège, 12. 7.1956 (FN 233) Jur Liège, aaO 65 = Rev Prat Not, aaO 141 = JT, aaO 128 f. Somit ist ein während des Verfahrens, jedoch unter der Hand erfolgter Verzicht auf die Rückzahlung von Schulden durch den anderen Ehegatten, der sonst sein Einverständnis zur Scheidung widerrufen hätte, nichtig und kann nach rechtskräftiger Auflösung der Ehe nicht mehr geltend gemacht werden: Trib Liège , 7.6.1983 (FN 147) ibidem. 295 Rb Antwerpen, 25.11.1933 (FN 19) Rev Prat Not, aaO 118 = Pas, aaO 77 f = BJ, aaO 341 = Ann Not, aaO 323 f. J auch Trib Bruxelles , 19. 12. 1952 (FN 161) aaO 65: Die Vertragsstrafe konnte den freien Willen bzw die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit beeinflussen, sodaß dem Scheidungsantrag wegen Rechtsmißbrauchs nicht stattgegeben wurde.

VI. Zerrüttungsprüfung und Inhaltskontrolle der Vereinbarungen A. Zerrüttungsprüfung Die Daseinsberechtigung der einverständlichen Scheidung liegt vor allem darin, daß hier eine materielle Zerriittungspriifiing absolut ausgeschlossen werden soll. Der wahre Scheidungsgrund soll und darf nicht releviert werden 296. Die Erfüllung sämtlicher Formalitäten beweist, daß die eheliche Lebensgemeinschaft nach Meinung der Antragsteller untragbar geworden ist (Art 233). Diese Vermutung ist mE indes nicht (absolut) unwiderlegbar. Dies ergibt sich allein schon aus der Zulässigkeit eines eventuellen Versöhnungsversuches™. Weiters daraus, daß der Richter dem Antrag stattgibt, wenn die Parteien seiner Ansicht nach298 allen Formalitäten entsprochen haben (Art 1298 GerW). Eine - allerdings vereinzelt gebliebene - Entscheidimg, in der das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch machte, scheint in Anbetracht des festgestellten Sachverhaltes mE letztlich im Einklang mit dem Gesetz ergangen: Die Antragstellerin hatte während des Scheidungsverfahrens ein Kind ihres Ehemannes zur Welt gebracht. Dem Antrag wurde nicht stattgegeben, weil die Formalitäten nicht erfüllt und die Untragbarkeit der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht nachgewiesen war 299. Pintens meint indes, daß der Gesetzgeber in Art 233 eine unwiderlegbare Vermutung, gegen die der Gegenbeweis nicht angetreten werden könne, aufgestellt habe300. Seiner Ansicht nach werde auch die Zustimmung zur Scheidung bloß auf Grund der Aktenlage vom Gericht kontrolliert 301. Art 233 legt mE diese Interpretation (obwohl der Wortlaut des Gesetzes sehr dafür spricht) jedenfalls nicht zwingend nahe: Die Bestimmung erläutert, unter welchen Voraussetzungen die Parteien die subjektive Zerrüttung belegen können: es handelt sich um ein „Sicherheitsventil", der Richter darf keine weiteren Scheidungshürden einbauen, der Beweis ist zur Genüge erbracht. Der Ge-

296 Vgl ua Laurent (FN 12) Nr 274, Nr 278 sowie Pasquier, Les Novelles, Nr 452. 297 Zur Diskussion siehe supra III. A. 298 Der richterliche Ermessensspielraum soll allzu rigorose Rechtsfolgen des formalistischen Verfahrens abzuschwächen helfen: siehe ua Pintens, Bedenkingen over een hervorming van de echtscheiding door onderlinge toestemming, Τ Not 1982,203. 299 Rb Antwerpen, 9. 5. 1936, RW 1935/36, 1632 (F. W.). Der Einwand, es bestünde zwischen (formell) verheirateten Ehegatten immerhin noch eine Treuepflicht, greift nicht durch, da diese bei laufendem Scheidungsverfahren wohl keine Pflicht zum Beischlaf mehr enthält. 300 Pintens (FN 1) Nr 410. 301 Ders. (FN 1) ibidem.

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setzgeber abstrahiert jedoch nicht vom Gehalt der Unerträglichkeit des ehelichen Zusammenlebens. Die obige Entscheidung illustriert eine Extremsituation: Ein eheliches Kind während des Scheidungsverfahrens zeugen und zur Welt bringen, erschüttert die Vermutung der Unerträglichkeit 302. Selbst wenn der wahre Scheidungsgrund durchaus geheim bleibt, müssen die Parteien im Laufe des Verfahrens so viel „Scheidungsenergie", die Spiegelbild ihrer zerrütteten Ehe ist, aufbringen, daß der Zerrüttungsgrad automatisch an Gewicht gewinnt: Aus diesem Grund gilt mE „protestatio facto contraria non valet".

Β. Inhaltskontrolle der Vereinbarungen Das Ausmaß der Inhaltskontrolle der Vereinbarungen (dh der Scheidungsfolgenregelung) gilt allgemein als äußerst reduziert. Eine materielle Prozeßleitung des Richters, die es ihm erlaubte, Änderungen vorzuschlagen oder gar anzubringen, greift nicht ein: Sämtliche Mängel stellen einen Formverstoß dar, der unweigerlich die Zurückweisung des Antrags zur Folge hat. In praxi kann und darf das Gericht sich mit der Feststellung nicht begnügen, daß alle Akten und Urkunden (Art 1287/1, Art 1288/1 bis /4, Art 1291 GerW) schlicht vorgelegt wurden. Die Kontrolle hat sich jedenfalls auf die Respektierung des ordre public ( inteme ) und die Einhaltung der guten Sitten zu erstrecken; eine weitergehende Prüfungsbefugnis steht dem Richter allerdings nicht zu 303 . Die Punkte der Vereinbarungen müssen vollständig, konkret und präzise geregelt sein, widrigenfalls dem Scheidungsantrag nicht entsprochen wird 304 : Diese formalistische Rechtsfolge ist insbesondere im Zusammenhang mit dem Inventar und der Schätzung aller beweglichen und unbeweglichen Güter, der Sorgerechtsvereinbarung und Besuchsregelung sowie mit dem Kindesunterhalt deutlich zutage getreten. Sie läßt sich nach stRspr und hL mit der Eigenart dieses Scheidungsgrundes (und -Verfahrens) und der Tatsache

302 Daran vermag auch das Argument der Mutter, sie habe die Chance, solange diese sich bot, eben noch nützen wollen, nichts zu ändern. Mit der Einhaltung sämtlicher Formalitäten will der Gesetzgeber sicherstellen, daß das Zusammenleben wirklich unerträglich geworden ist bzw die Ehe tatsächlich zerrüttet ist. Fristversäumnis, Fehlen von Unterschriften usw vermögen nach hM die Vermutung des Art 233 zu erschüttern. Das Zeugen (und zur Welt bringen) eines ehelichen Kindes ist zwar kein Formverstoß, aber das Außerachtlassen einer solch einschneidenden Entwicklung im Verhältnis der Ehegatten zueinander entspricht der Intention des Gesetzgebers mE nicht, und rückt die Problematik doch in den Bereich des ordre public (interne). 303 J etwa Poelman , Les enfants de parents séparés ou divorcés et les magistrats du ministère public, JT 1983,553; Pintens (FN 1) Nr 412; Senaeve (FN 155) 185. 304 Vgl ua Brüssel, 25. 3. 1980 (FN 188) ibidem; Antwerpen , 18. 2. 1987, RW 1987/88, 57, 129 = JT 1987, 746, und dazu Baeteman ea (FN 84) Nr 224.

VI. Zerrüttungsprüfung und Inhaltskontrolle der Vereinbarungen

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rechtfertigen, daß die Verstöße gegen „wesentliche Formvorschriften" den ordre public verletzen. Seit über 15 Jahren hat sich in Brüssel eine prätorische Praxis etabliert, wonach die Staatsanwaltschaft die Parteien gleich zu Beginn des Scheidungsverfahrens 305 gegebenenfalls darauf aufmerksam macht, daß sie wesentliche Formvorschriften verletzen, ihre Scheidungsfolgenregelung unvollständig bzw gesetzwidrig ist oder die Kindesinteressen306 vernachlässigt. Hiemit haben die Antragsteller die Möglichkeit, aber nicht die Pflicht** 7 > ihre Vereinbarungen entsprechend zu ergänzen oder abzuändern. Die Gerichte scheinen diese - dem Buchstaben des Gesetzes eigentlich widersprechende, jedoch sehr sinnvolle - Praxis zu akzeptieren308. Pintens schildert einen Usus der Genter Gerichtshöfe 309: Sämtliche Unterlagen werden vor der 1. Verhandlung auf ihre Vollständigkeit und Gültigkeit geprüft, um dem rechtsfreundlichen Vertreter Gelegenheit zu bieten, bis zu dieser Verhandlung entsprechende Ergänzungen bzw Korrekturen anzubringen 310. Die Lehre plädiert zunehmend für eine (verstärkte) Kontrolle der Vereinbarungen311, die freilich eine positivrechtliche Grundlage haben sollte312. 305 Vgl grundsätzliche Kritik bei Storme /Deconinck, Bevoegdheids- en procedureperikelen in familierechtelijke geschillen, TPR 1985, 91, Nr 6; begrüßend allerdings Baeteman/Gerlo (FN 46) Supplementdeel, Nr 103. J Verfahrensüberblick. Gleich nach der 1. Verhandlung wird der Akt gemäß Art 1292 GerW der Staatsanwaltschaft übermittelt. Siehe ua Poelman zu Brüssel, 25. 3.1980 (FN 188) RTDF, aaO 171 und Renchon, ebenda 173. Hinweis ua bei Poitevin/Hiernaux (FN 77) 1980 à 1983, Nr 211. 306 Dies soll leider nur allzu oft vorkommen. Vgl statt vieler Kebers (FN 34) 244. 307 Eine Sanktion ist nicht vorgesehen. Greifen die Parteien die Anregungen nicht auf, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Regelungen verstoßen offenkundig gegen den ordre public oder die guten Sitten, in diesem Fall wird die Scheidung nicht ausgesprochen, oder aber die Kindesinteressen bzw das Kindeswohl sind so unmittelbar gefährdet, daß die Staatsanwaltschaft sich an das Jugendgericht wendet: siehe ua Poelman (FN 237) 4, Poitevin/ Hiernaux (FN 77) Nr 211. Eine Grauzone bleibt natürlich bestehen. 308 Vgl etwa Poelman (FN 237) 3 f. De lege ferenda plädiert er für die Anwendung des Art 1280 GerW per analogiam (dh für die Möglichkeit gerichtlicher Kontrolle und Änderungsbefugnis der Vereinbarung, aaO 6 f). Ders. (FN 293) 371 f; Renchon (FN 238) 178 FN 29; zustimmend zur Praxis Baeteman/Gerlo (FN 46) TPR 1981, 877; Panier (FN 52) RTDF 1984,131 spricht indes von einer Praxis para legem, die mit der heutigen Rechtslage schwerlich vereinbar sei. 309 Pintens (FN 1) Nr 403. 310 Gotzen/Pintens (FN 24) 34. Auch diese Praxis ist eigentlich contra legem, die angesichts der Normtreue der Rechtsprechung den dringenden Bedarf nach Alternativlösungen aufzeigt. Vgl zum Usus (in anderem Zusammenhang) Herbots, Mag ik hertrouwen asjeblief? Over analogie en wetsuitlegging, RW 1978/79,2691. 311 Dazu Poelman (FN 237) 4. 312 Vgl Renchon (FN 238) 175 f in seiner ausgezeichneten Analyse zur richterlichen Kontrolle der Vereinbarung über den Kindesunterhalt; de Levai zu Trib Liège , 8.12.1982 (FN 129)

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Die Gerichte selbst tendieren seit einigen Jahren dazu, neben der Form auch den Inhalt zu prüfen 313. Dies mE der Sache nach nicht ganz zu Unrecht.

aaO 261; Demblon in seiner Glosse zu Trib Namur, 28. 10. 1981, Rev Rég Dr 1982, 15 zöge wenn überhaupt - eine dem eigentlichen Scheidungsverfahren vorgelagerte Kontrolle durch die Staatsanwaltschaft vor, diese, ebenso wie die heutige Praxis, hält er für rechtswidrig. Anderer Ansicht freilich Pintens (FN 1) Nr 438 FN 4: Änderungen vor Verfahrensbeginn sind - mE tatsächlich - zulässig, selbst wenn das Gericht bereits über alle Unterlagen verfügt; für die Kontrolle in diesem Stadium müßte dasselbe gelten. Der Autor bedauert an anderer Stelle (Echtscheiding, TPR 1985,13, Nr 22) die restriktive Interpretation gesetzlicher Bestimmungen durch die Praxis und plädiert für eine Vereinfachung (und somit Humanisierung) des Verfahrens zur einvernehmlichen Scheidung; vgl des weiteren auch die Kritik zur geltenden Gesetzeslage bei Rigaux/Meulders-Klein (FN 15) Nr 271; Pauwels (FN 144) 162 f möchte eher den Parteien als der Staatsanwaltschaft und dem Gericht einen größeren Aktionsradius einräumen. 313 Siehe beispielsweise Liège , 3. 6.1976 (FN 147) ibidem; Bruxelles , 4. 12. 1981 (FN 262) ebenda; Bruxelles , 23.12. 1981 (FN 262) aaO; Trib Liège , 8. 12.1982 (FN 129) ibidem; eher zurückhaltend allerdings Liège , 27. 6. 1983 (FN 52) mit den diversen dort angeführten Besprechungsaufsätzen (ua Renchon, Panier, aaO). Auch Baeteman ea (FN 84) Nr 230 erblicken in der Einflußnahme (insbes) der Staatsanwaltschaft einen unzulässigen Interventionismus und stimmen der Kritik von Panier (aaO) zu; ähnlich Vieujean, Examen de jurisprudence (1976 à 1983) (FN 261) 248 f, Nr 178.

VII. Kritik Der Rekurs auf den historischen Gesetzgeber, um das ans Absurde grenzende formalistische Verfahren zu rechtfertigen, ist heute gänzlich fehl am Platz. Zum einen ist „die einvernehmliche Scheidung" des vorigen Jahrhunderts auf Grund der vielen piecemale-Reformen 314 längst denaturier? 15, zum anderen vermögen die noch geltenden formalen Hürden durch ihre bloße Erfüllung eine freie Zustimmung und ausgeglichene Regelung nicht (mehr) zu gewährleisten. Die Reformgesetzgeber haben das Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung entschieden vereinfacht. In krassem Gegensatz dazu stehen die Rechtsanwender, die das Gesetz so auslegen, als sei die Scheidung nach Art 233 (noch) ein soziales Übel und gerade noch geduldet, um die Ehre jener Familien zu retten, die die skandalöse Scheidungsursache diskret behandelt wissen wollen316. Das primäre Ziel freilich war (und ist offenbar immer noch), die Scheidung überhaupt zurückzudrängen 317. Die allzu strengen Scheidungskautelen führten naturgemäß zur bekannten de facto-Konventionalscheidung, sodaß die modernen Gesetzesväter die einvernehmliche Scheidung attraktiver, wenngleich noch reichlich umständlich gestalten wollten. Im allgemeinen scheint indes eine flexiblere Interpretation, losgelöst vom strengen Wortlaut des Gesetzes, dafür seinem Sinn und Zweck besser entsprechend, eher die Ausnahme als die Regel zu sein318. Diese begnügt sich zumeist mit der „Klarheit und Deutlichkeit des Gesetzeswortlauts", die jegliche Interpretation obsolet machten. Dazu kann mit Van Hoecke bemerkt werden: „... de ,duidelijkheid' van de wettekst is niet meer

314 Die belgische Scheidungsreform soll hiefür geradezu ein klassisches Beispiel bieten, vgl Van houtte, Rechtssociologische vergelijking van de echtscheidingswetgeving in België en Nederland, RW 1984/85,1285. Die Kritik bezieht sich freilich auf die Ehescheidungsreformen generell: vgl ua Van Look, De wet van 1 juli 1974: doorbraak van de schuldloze echtscheiding, RW 1974/75, 968 f. 315 Gemäßigter Meulders-Klein , La personne, la famille et la loi au sortir du X X e siècle, JT 1982,142, Nr 17. 316 „L'honneur était alors la mesure de toute chose en matière matrimoniale" schreibt Trousse zu Recht, in: Des divers aspects du divorce, Ann Fac Dr Liège 1977, 270; vgl im übrigen Pierard (FN 11) Nr 72 und 189. 317 Pintens (FN 151) 1056: Dafür gäben weder die Entstehungsgeschichte selbst noch das positive Recht begründeten Anlaß. Die Tendenz wird freilich prinzipiell für die Scheidung im allgemeinen bestätigt durch Storme/ Deconinck (FN 305) 94, Nr 15. 318 Die Entscheidung des Trib Namur, 28. 10. 1981 (FN 312) ibidem, scheint mE ein durchaus atypisches Beispiel in der belgischen Rechtsprechung zu sein: Das Gericht hielt die Sorgerechtsregelung der „familienrechtlichen Vereinbarung" für ordre public-widrig und somit für nichtig, die Entscheidung wurde bis zur Durchführung der nötigen Korrektur der Vereinbarung ausgesetzt.

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doorslaggevend als argument om te weigeren deze wettekst nader te interpreteren dan de opmerking dat de zon schijnt.319" Der status quo ist somit durch einen Wertungswiderspruch 320 gekennzeichnet: Der Quantität formaler Bedingungen zur Gewährleistung des wahren Einvernehmens321 steht - auch nicht seit ihrer Reduktion - keine Qualität substantieller Prüfung gegenüber. Daß es daran mangelt, belegt die prätorische Praxis, die die schwersten Verletzungen des Kindeswohls zu verhindern trachtet. Sie vermag jedoch für Willensmängel, denen eine Partei unterliegt, keine Abhilfe zu verschaffen. Ein - Mitte der 80er Jahre vorgelegter - Gesetzesentwurf des belgischen Justizministers Gol zur Reform der einvernehmlichen Scheidung enthält ungenau geregelte, jedoch der Sache nach eingreifende Änderungsvorschläge 322. Danach können die Ehegatten ihre Vereinbarungen (dh sowohl die „vermögensrechtliche" wie die „familienrechtliche Vereinbarung") während des Scheidungsverfahrens bis zur dritten mündlichen Verhandlung ändern (Art 1288bis [neu] GerW) 323 ; anläßlich der ersten mündlichen Verhandlung 319 Van Hoecke, De interpretatievrijheid van de notaris, RW 1981/82,22. 320 Dillemans sagte einst: „In elk geval wordt er volop gelegifereerd, zij het niet rechtstreeks, dan toch onrechtstreeks, over het huwelijk en het gezin ... In België gebeurde dit tot dusver op een chaotische manier, zonder een herkenbare underlying philosophy", in: Het gezin op de grenzen van het recht, TPR 1985,520. Vielleicht verliert diese auf das Finanz- und Sozialrecht bezogene Feststellung an Schärfe im Scheidungsrecht; rezente Gesetzesentwürfe freilich scheinen das Gegenteil zu belegen. 321 Dadurch - so Pintens (FN 298) 203 - erfülle das Verfahrensrecht eine materiellrechtliche Funktion. Das scheint mir fraglich zu sein. Die herrschende Meinung knüpft an die Erfüllung aller Formalitäten die unwiderlegbare Vermutung des ernsten, gemeinsamen Scheidungswillens; an ihre Nichterfüllung die unwiderlegbare Vermutung des Widerrufs der Zustimmung. Die praesumptio iuris et de iure beeinflußt die aktionenrechtliche Natur des Verfahrens nicht, das Verfahren erfüllt mit abnehmender materieller Prozeßleitung (in casu ja gar nicht vorhanden) eine reduzierte materiellrechtliche Funktion in Relation zur Prozeßleitung. Pintens spricht allerdings nicht expressis verbis von einer Rechtsvermutung, vgl seine Ausführungen in: Nietigverklaring van het huwelijk en echtscheiding naar Belgisch en Nederlands recht, 103. 322 „Ontwerp van wet tot wijziging van verscheidene bepalingen betreffende de echtscheiding door onderlinge toestemming"/,,Projet de loi modifiant diverses dispositions légales relatives au divorce par consentement mutuel" - Belgische Senaat/Senat de Belgique, Zitting 198485/Session de 1984-85, 951 (1984 - 1985) - Nr 1. Kritisch dazu Tay mans, Les notaires et le divorce par consentement mutuel, Notarius 1985, 282: dierichterliche Kontrolle setze nicht an, wo es ihrer bedürfte, nämlich bei den Kindesinteressen, sondern dort, wo sie unerwünscht ist, und zwar auf sozialem Niveau. 323 Vgl Entwurf (FN 322) 9. Sehr viele Autoren haben bereits Reformvorschläge und Wunschvorstellungen de lege ferenda geäußert. Vgl beispielsweise De Busschere, De echtscheidingswetgeving in evolutie. Het wetsvoorstel Boel, RW 1981/82, 224; Dobbelsteen, Les lacunes législatives, Cah Dr Fam 1974/75, 11; Gerlo (FN 234) 726 (zum Sorgerecht und zur elterlichen Gewalt); Jarnsens, De rechtsbedeling bij gezinsmoeilijkheden, 613 ff; Panier (FN 52) RTDF 1984, 147 ff (zur Rolle der Staatsanwaltschaft und des Richters im allgemeinen); Pauwels (FN 144) 156, 159, 162 f, 165; nicht zuletzt Pintens (FN 1) insbes Nr 243 f und 459 ff; ders. (FN 298) 199; ders. (FN 98) 13 f, Nr 22 f; Poelman (FN 237) 6; ders. (FN 293) 369; ders. (FN 303) 553; Renchon (FN 53) 72 f.

VII. Kritik

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kann der Richter inhaltlich zu den Vereinbarungen Stellung nehmen (Art 1291/2 [neu] GerW); und schließlich ist die einverständliche Scheidung auch jenen nicht verschlossen, die sich nicht über sämtliche in Art 1287 und Art 1288 GerW aufgezählten Punkte einigen konnten (Art 1292bis [neu] GerW). Vor allem der 1. und 3. Änderungsvorschlag gestalten das geltende Recht maßgeblich um: Etwa 80 % der abschlägigen Entscheidungen würden durch die Zulässigkeit der Modifikationen während des Verfahrens aufgefangen. Die vielen unter der Hand abgeschlossenen, dem Gericht nie vorgelegten und deshalb nichtigen Vereinbarungen (dh Ergänzungen und/oder Änderungen) würden damit obsolet, was zu einer größeren Transparenz des Verfahrens beitrüge. Andererseits werden die Vereinbarungen in geringerem Maße, als dies bisher der Fall war, als Beleg für den freien gemeinsamen Scheidungswillen angesehen werden können: Kommt dem Gericht einmal die Aufgabe zu, lükkenhafte Vereinbarungen entsprechend auszufüllen, weil die Parteien sich nicht einigen konnten, sind die Willenserklärungen (Einverständnis, Zustimmung) einer gehaltvollen (Zerrüttungs-)Prüfung zu unterziehen. Darüber hinaus würde sich dann die belgische Lehre und Praxis vor eine für sie neue Streitfrage gestellt sehen: Ändert die richterliche Regelungsbefugnis der offenen Fragen etwas am eigenständigen „Vertragscharakter" der Vereinbarungen? Wenn ja, inwiefern? Verschmilzt die Statusentscheidung in diesem Fall (ganz oder zum Teil) mit der Scheidungsfolgenregelung? Bedingt das die sogenannte „Unteilbarkeit" beider Bereiche, wie sie uns aus dem französischen Recht bekannt ist? Der Staatsrat hat zu Recht eine Revision des Entwurfs empfohlen 324. Inzwischen hat Pataer einen Gesetzesvorschlag eingereicht325, mit dem die Vereinfachung des Verfahrens und der Scheidungsvoraussetzungen angestrebt wird. Im einzelnen sollen zum Beispiel das sogenannte „Mindestalter" und die „Mindestdauer der Ehe" 326 abgeschafft werden. Die Intervention der Staatsanwaltschaft und das vom Notar zu erstellende Inventar sind nicht mehr vorgesehen, im übrigen wird nur noch ein einmaliges Erscheinen der

324 Dadurch würden ua unter der Hand geschlossene Vereinbarungsänderungen und Ergänzungen obsolet, Vergessenes bzw Unterschlagenes dürfte berücksichtigt werden. Die Vereinbarung - so Pintens (FN 151) 1056 f - könnte im Falle wirtschaftlicher Benachteiligung entsprechend angepaßt werden. 325 „Voorstel van wet tot versoepeling van de voorwaarden en tot vereenvoudiging van de procedure van echtscheiding door onderlinge toestemming(7„Proposition de loi assouplissant les conditions et simplifiant la procédure du divorce par consentement mutuel" - Belgische Senaat/Sénat de Belgique, Zitting 1986 - 1987/Session de 1986 - 1987, 457 (1986 - 1987) - Nr 1. Vgl den von Van den Bossche eingereichten gleichlautenden Gesetzesvorschlag bei der Abgeordnetenkammer („Kamer van Volksvertegenwoordigers"/„Chambre de Représentants", Zitting 1985 - 1986, 7 mei 1986/Session 1985 - 1986,7 mai 1986,453 [1985 -1986] - Nr 1). 326 Dazu oben II A und B.

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Parteien vor Gericht verlangt. Wichtig erscheint weiters, daß die einvernehmliche Scheidung in Hinkunft auch jenen zu gestatten ist, die sich nicht über alle Scheidungsfolgen einigen konnten, vor allem sollen nun Änderungen der Scheidungsfolgenvereinbarung im laufenden Verfahren eingebracht werden können. Recht besehen handelt es sich hier um einen Gesetzesvorschlag, der die „einvernehmliche Scheidung" nach belgischem Recht im Ergebnis zur Gänze umstrukturiert. Die vorgeschlagene Reform dürfte im wesentlichen den Anregungen Pintens zur Humanisierung des Scheidungsrechts entlehnt sein327. Das Anliegen ist gewiß berechtigt, ob der Vorschlag in dieser Form optimal geregelt ist, scheint zweifelhaft: Das Absehen von einer „Seriositätskontrolle" macht jedes gerichtliche Scheidungsverfahren mE obsolet; es sei denn, der richterlichen Entscheidimg über die Scheidungsfolgen wird eine solch zentrale Bedeutung beigemessen, dann freilich bleibt von der „einvemehmlichen Scheidung\ die im Prinzip auch die Einigung über die Scheidungsfolgen umfassen sollte, nicht mehr viel übrig.

327 Pintens (FN 323) aaO.

Vili. Anfechtung des Scheidungsausspruchs und der Scheidungsfolgenvereinbarung A. Einleitung Eine „verdünnte Willensbildung" und Willensmängel bezogen auf die Eheauflösung als solche, führen bei Offenlegung während des Verfahrens zur sofortigen Zurückweisung des Scheidungsantrags. Für die Zeit zwischen der letzten mündlichen Verhandlung und dem Gesuch um Eintragung in das Personenstandsbuch reicht die Untätigkeit der betreffenden Partei völlig aus: Nach Ablauf der in Art 1303/3 GerW bestimmten Frist verliert die formell rechtskräftige Statusentscheidung - im Prinzip - ihre Wirkung. Leidet die Scheidungsfolgenregelung an einem materiellrechtlichen Mangel, so ist nach stRspr und hL bei laufendem Verfahren je nach Regelungsgegenstand zu unterscheiden: Bezüglich des Inventars und der Schätzung des Vermögens werden Korrekturen - von den geschilderten Ausnahmen abgesehen - nicht geduldet. Ist eine Partei über den Bestand oder Wert des Vermögens (arglistig) getäuscht oder im Ergebnis wirtschaftlich übervorteilt worden, scheint nach geltendem Recht nur eine Lösung möglich: dem Scheidungsantrag wird nicht stattgegeben. Die Regelung der gegenseitigen Ansprüche bzw die „vermögensrechtliche Vereinbarung" wird zumeist vorschnell einem Vergleich gleichgesetzt und so als ein definitives, (nahezu) unanfechtbares Rechtsgeschäft behandelt. Auch hier ist eine eventuelle Ergänzung bloß unter bestimmten Umständen erlaubt. In der Praxis scheinen insbesondere die Vereinbarungen über die Verfahrenskosten im Lichte der Willensmängelproblematik von Interesse zu sein: Hier obliegt der betroffenen Partei die Geltendmachung, da der Willensmangel - wie im Regelungsgefüge der Verträge und Vereinbarungen überhaupt - auch hier bloß die relative Nichtigkeit zur Folge hat. In concreto würde die Kostenregelung nach ihrer Nichtigerklärung keine Wirkung mehr entfalten und käme die gesetzliche Kostenverteilung zur Anwendung. Im Falle einer Vertragsstrafe kann das Gericht auf ordre public-Widrigkeit erkennen, wodurch die Wirkung der Klausel wohl entfällt. Bezüglich der „familienrechtlichen Vereinbarung" hat wohl nur die vertragliche Vereinbarung des Ehegattenunterhalts für die Zwecke dieser Arbeit eine größere Bedeutung. Während des Verfahrens werden keine Änderungen gestattet: Die Partei kann entweder nur ihr Einverständnis zur Eheauflösung widerrufen oder aber das Verfahren weiterführen, womit sie den Vertragsinhalt nach hL und stRspr konkludent akzeptiert.

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Β. Die Statusentscheidung Wenngleich mit gerichtlicher Entscheidung über die Auflösung des Ehebandes zu befinden ist, wird sie erst mit der Eintragung in das Personenstandsbuch328 „wirksam" 329: Damit ist die Wirkung nach außen, dh Dritten gegenüber gemeint330. Theoretisch stehen zwei Anfechtungswege offen: Die Beseitigimg der Eintragung und/oder die Wiederaufnahme des Scheidungsverfahrens.

1. Beseitigung der Eintragung Die „Berichtigung" der Eintragung ist im Gesetz ausdrücklich vorgesehen (Artt 1383 -1385 GerW). Dieses Korrektiv verschafft jedoch im Falle einer gerichtlichen Entscheidung, deren materielle Grundlage wegen eines Willensmangels in Frage gestellt wird, mE keine Abhilfe. Die Außenwirkung der Statusentscheidung tritt zwar erst mit der Eintragung ein, aber für diese ist das Vorliegen eines formell rechtskräftigen Urteils Anlaß und Rechtsgrund zugleich. Es hat somit den Anschein, daß vielmehr die gerichtliche Entscheidung selbst mit den dafür vorgesehenen Mitteln des Prozeßrechts angefochten werden muß. Für diese Rechtsmeinung - und es liegt, soweit ersichtlich, zum gegenständlichen Problem weder Fallrecht noch Literatur vor - spricht verschiedenes: Gibt die Eintragung in das Personenstandsbuch wieder, was in der Entscheidung erkannt worden war, so ist sie nicht „fehlerhaft". Fraglich ist, was zu geschehen hat, wenn eine Partei bewußt nicht um die Eintragung angesucht hatte, aber ohne ihr Wissen von einem Dritten „substituiert" wurde, maW die Scheidung insofern erschlichen wurde. Jedoch auch hier scheint der Angriff der rechtskräftigen Entscheidung selbst das richtige Mittel, weil der äußere Anschein für den Standesbeamten auf Grund der richtigen Parteibezeichnimg ja stimmt331. Der Gesetzgeber hat nämlich ganz andere „Berichtigungsfälle" im Auge gehabt, als die Beseitigung einer Eintragung, wie sie hier interessiert. So sollte das Gericht etwa die Möglichkeit haben, einer auf offener See geborenen Person eine Geburtsurkunde auszustellen oder verlo-

328 Dazu oben III D. 329 So heißt es etwas lapidar in einem ministeriellen Rundschreiben vom 7. 8.1962, zitiert bei de Lame (FN 70) 355. 330 Formelle Rechtskraft erlangt die Entscheidung grundsätzlich mit der Unanfechtbarkeit (Art 28 GerW). 331 Nur grundsätzlich (und eher allgemein) zur Berichtigung der Eintragung: Rigawc, Traité de l'état civil. Tome I - Les relations internes, Nr 326 f.

VIII. Anfechtung des Scheidungsausspruchs und der Scheidungsfolgenvereinbarung

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rengegangene bzw vernichtete Urkunden zu ersetzen, oder aber auch Fehler, die dem Standesbeamten unterlaufen waren, zu berichtigen usw332. MaW erst wenn der Ausspruch über die einvernehmliche Auflösung des Ehebandes beseitigt ist, scheint mE für die Korrektur des Personenstandsbuches Raum zu sein. 2. Wiederaufnahme

des Verfahrens

Das Gesetz (Artt 1132 ff GerW) sieht keinerlei Beschränkungen der Wiederaufnahme („Herroeping van het gewijsde"/„Requête civile") eines rechtskräftig abgeschlossenen Scheidungsverfahrens vor. Ob das außerordentliche Rechtsmittel freilich auch in Statussachen zulässig sei, war lange Zeit hindurch Gegenstand heftiger Kontroversen 333. Der Kassationshof hat dem Streit im Jahre 1958 ein Ende gesetzt und die Zulässigkeit bejaht334. Unbestritten ist, daß die Wiederaufnahmsbestimmungen in Anbetracht der Tatsache, daß es sich einerseits um ein außerordentliches Rechtsmittel handelt und andererseits der Status angefochten wird, gewiß streng auszulegen sind. Dies ändert indes nichts an der grundsätzlichen Zulässigkeit der Wiederaufnahme 335. Die Gründe, die zur Wiederaufnahme berechtigen, sind gravierender Natur und taxativ aufgezählt: zum Beispiel (arglistige) Täuschung, Unterschlagen wichtiger Schriftstücke, neue Tatsachen und Beweismittel, aber auch die Vornahme einer Prozeßhandlung durch eine dazu unbefugte Person, dh eine solche, die zur Vertretimg weder a priori noch nachträglich bevollmächtigt wurde 336. Die Berufung auf einen (bloßen) Mangel in der Wil-

332 Dazu De Page (FN 12) Nr 457 ff. 333 Vgl De Page (FN 12) Nr 939 und FN 2 ebenda. 334 Cass, 3. 5. 1958, Pas I 968 = RCJB 1959, 233 (De Harven , Requête civile formée d'office en matière de divorce par le ministère public). 335 Le Paige , Handboek voor gerechtelijk recht, Deel IV - Rechtsmiddelen, 203 ff; zuletzt auch Senaeve (FN 36) Nr 416 f mwN. 336 Art 1133 GerW lautet: „Een verzoek tot herroeping van het gewijsde kan worden ingediend om de volgende redenen: 1°. indien er persoonlijk bedrog ist geweest; 2°. indien er, sedert de beslissing, beslissende stukken zijn aan het licht gekomen die door toedoen van de partij waren achtergehouden; 3°. indien tussen dezelfde partijen, handelend in dezelfde hoedanigheid, onverenigbare beslissingen zijn geweest over hetzelfde onderwerp en op dezelfde grond; 4°. indien recht gedaan is op stukken, getuigenissen, verslagen van deskundigen of eden, die na de beslissing vais zijn bevonden of verklaard; 5°. indien de beslissing berust op een vonnis of arrest in strafzaken dat naderhand vernietigd is;

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lensbildung genügt daher nicht. Recht unwahrscheinlich scheint eine Auslegung der Wiederaufnahmsgründe, die die Berücksichtigung solcher Mängel etwa im Rahmen von Art 1133 2°, 4° oder 6° GerW - ermöglichten. Hiezu bedürfte es einer Abkehr vom vorherrschenden Formalismus. Die Beharrlichkeit, mit der die Unanfechtbarkeit der Scheidungsfolgenvereinbarung immer wieder behauptet wird, schöpft ihre Stringenz aus der Doktrin. Die Richtigkeit dieser These ist nunmehr zu untersuchen.

C. Die Scheidungsfolgenvereinbarung Die „Scheidungsfolgenvereinbarung" nach belgischem Muster ist anders strukturiert, als nach deutschem oder österreichischem Recht. Die belgische Doktrin begreift die „Scheidungsfolgenvereinbarung" als „vermögensrechtliche" und als „Art 236. Les déclarations faites par les époux ne peuvent être utilisées comme moyen de preuve dans aucune autre action en justice." 5 Mit Dekret n° 81-500 vom 12.5.1981 wurden ua die prozessualen Vorschriften bezüglich der Ehescheidung (enthalten im Dekret n° 75-1124 vom 5. 12. 1975) in den NCPC integriert. Die mit Gesetz n° 87-570 vom 22. 7. 1987 eingeführten Änderungen mit Bezug auf die Ausübung der elterlichen Gewalt berühren die hier besprochene Problematik nicht.

I. Die Scheidung auf Grund gemeinsamen Antrags6 7 A. Voraussetzungen 1. Mindestdauer der Ehe Die Ehe muß mindestens sechs Monate gedauert haben8. Abgestellt wird hier auf das formelle Eheband. Es spielt deshalb keine Rolle, ob die Ehegatten die „eheliche Lebensgemeinschaft" aufgehoben, die Ehe vollzogen bzw getrennt gelebt haben oder nicht9. Dadurch werden Diskussionen - wie sie dem österreichischen und deutschen Recht durchaus bekannt sind -, ob dem Gesetzeserfordernis Genüge getan wird, wenn zwar die entsprechende Wartefrist abgelaufen ist, die eheliche Lebensgemeinschaft jedoch nie aufgenommen wurde, prinzipiell vermieden10. Der entscheidende Vorteil dieser formellen Voraussetzung liegt in seiner leichten Überprüfbarkeit: die Antragsteller können diesbezüglich nicht manipulieren.

6 Zu diesem Scheidungstypus siehe rechtsvergleichend Dutnusc , Le divorce par consentement mutuel dans les législations européennes, 33 ff sowie Pintens , Echtscheiding door onderlinge toestemming, 73 ff und Pousson-Petit , Le démariage en droit comparé. Etude comparative des causes d'inexistence, de nullité du mariage, de divorce et de séparation de corps dans les systèmes européens, 116,169 f. 7 Allgemein vgl den Kommentar zu den entsprechenden Bestimmungen des Code civil von Breton, in Dalloz, Encyclopédie Juridique, Τ III zu „Divorce (Conditions)", Chap 3, Sect 2, Nr 137-180 sowie zu den Bestimmungen des NCPC von Groslière , ebenda zu „Divorce (Procédure)", Chap 4, Sect Ire, Nr 363-503 sowie jüngst statt vieler Malaurie/ Aynès , Cours de droit civil - La famille, 139 ff, 176 ff. 8 Vgl Art 230 III. 9 Dazu Massip , Le divorce par consentement mutuel et la pratique des tribunaux, D 1979 Chr 118 f. 10 Wacke , Französische und deutsche Scheidungsrechts-Reform in vergleichender Sicht, FamRZ 1978, 218, spricht zu Recht von einer „bemerkenswerten Abweichung" des französischen vom deutschen Recht.

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2. Beiderseitiges Einverständnis Aus dem gemeinsamen Begehren (bzw Einleitungsantrag) muß der wahre Scheidungsgrund nicht hervorgehen 11, die Ehegatten sollen nur unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß sie sich scheiden lassen wollen12. Der französische Gesetzgeber war sehr darauf bedacht, den sogenannten „divorce d'accord", maW die sogenannte (de facto-) „Konventionalscheidung"13 auszumerzen: Ist die Ehescheidung im Prinzip zugelassen, so soll wenigstens die „causa" bei Gericht nicht mehr vorgetäuscht werden. Um solche simulierten Scheidungen in Hinkunft zu vermeiden, wurde von grundsätzlichen Erschwernissen, soweit ihr Sinn und Zweck nicht darin besteht, den „wahren Scheidungswillen" zu eruieren, Abstand genommen: Im Gegensatz zu anderen Rechtsordnungen (beispielsweise der belgischen) gibt es nämlich kein Mindestalter als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Scheidungsantrag. Ebensowenig bilden (gemeinsame minderjährige) Kinder ein formelles Hindernis für die Ehescheidung14.

11 Siehe Art 2301. 12 Art 1089 NCPC ordnet mit aller Deutlichkeit an, daß beide Partner einen einzigen, gemeinsamen Antrag stellen müssen. Angesichts der Tatsache, daß in diesem Artikel der frühere Art 20 des Dekrets aus dem Jahre 1975 inhaltlich aufgenommen, aber umformuliert worden ist, sowie in Anbetracht der strengen Zulässigkeitsvoraussetzungen des Antrags erübrigt sich die Überlegung, ob jeder einen eigenen Antrag auf Scheidung nach Art 230 einbringen dürfte. Die Frage ist eindeutig zu verneinen: Die Zurückweisung wegen Unzulässigkeit wäre die Folge. Wie auch Blanc/Viatte, Nouveau Code de procédure civile commenté dans l'ordre des articles, zu Art 1090 anmerken, ist die Zurückweisung im Verhältnis zur Tragweite einer eventuellen Informationslücke eine eher strenge Rechtsfolge. Gemäß Art 1090 NCPC hat der Antrag (bei sonstiger Zurückweisung) zu enthalten: 1. Namen, Vornamen, Beruf, Wohnsitz, Staatsbürgerschaft, Geburtsdatum und -ort der beiden Ehegatten; Datum und Ort der Eheschließung sowie dieselben Angaben bezüglich eventuell vorhandener Kinder; 2. die nach Art 1075 NCPC geforderten Informationen (etwa: Krankenversicherungsanstalt, Pensionsversicherungsanstalt etc); 3. das zuständige Gericht (bzw den zuständigen Rechtsweg); 4. den oder die von den Antragstellern gewählte(n) (gemeinsamen) Rechtsanwa(e)lt(e); das Datum der Antragstellung sowie die Unterschrift der Ehegatten und des Rechtsanwalts bzw der Rechtsanwälte. 13 Es wurde bereits mehrfach betont, daß diese Terminologie (seil „Konventionalscheidung") zu Fehlschlüssen führen kann. Schubert bedient sich des öfteren dieser Bezeichnung und verwendet sie im Sinne einer (legalen) einvernehmlichen Scheidung - wie er uns aus dem schweizerischen Recht bekannt ist - (vgl Die neuen Ehescheidungstatbestände in Frankreich seit dem Gesetz vom 11. Juli 1975 und ihre Aufnahme durch die Gerichte, passim). Der Begriff wird allerdings vielfach im Zusammenhang mit einer simulierten Scheidung gebraucht und scheint hier auch angebrachter. Dazu statt vieler Rieg/Ernst, Die Reform des Ehescheidungsrechts in Frankreich, FamRZ 1975,471. 14 Carbonnier, La question du divorce. Mémoire à consulter, D 1975 Chr 118. Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, daß eine solche „Scheidungsbremse" simulierte Scheidungen herausfordern würde.

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Folgerichtig verlangt das Gesetz15 indes die volle Geschäftsfähigkeit der Antragsteller: der Schwerpunkt dieses Scheidungstypus liegt auf der Ernstlichkeit des Willens und der Freiwilligkeit der Zustimmung 16. Diese beiden Tatbestandsmerkmale, von deren Vorliegen der Richter überzeugt sein muß, widrigenfalls dem gemeinsamen Antrag kein Erfolg beschieden sein kann17, werden - infra - noch eingehend besprochen. Ihre Komplexität erhöht sich durch die Tatsache, daß die Antragsteller - wie erwähnt „den" Scheidungsgrund, der den Scheidungsw///^ untermauern bzw erläutern könnte, nicht angeben müssen. Vielmehr wird der Scheidungswille zunächst durch den gemeinsamen Antrag und die Vereinbarungen zum Ausdruck gebracht. Deren Gehalt und Tragweite sind - infra - herauszuschälen.

B. Natur der Scheidung nach Artt 230 ff Die Ehescheidung auf Grund gemeinsamen Antrags wird allgemein als einverständliche angesehen. Der Grund, weshalb die Ehegatten die Scheidung anstreben, bleibt dem Richter verschlossen. Die dieser Scheidungsform zugedachten epitheta wollen ihren Charakter illustrieren: so wird sie etwa als „divorce pour cause secrète" bzw „divorce mystique"18 oder als „contrat judiciaire" bzw „contrat en forme procédurale" und „contrat entre présents"19 bezeichnet. Im Prinzip stößt man auf das längst bekannte Dilemma dieser Eheauflösungsart als solcher: Dem Einvernehmen wird Rechnung getragen, jedoch 15 Vgl Art 249-4: „Unterliegt einer der Ehegatten einer der in Art 490 vorgesehenen Schutzmaßnahmen, so kann kein Antrag auf Scheidung kraft gegenseitigen Einverständnisses gestellt werden." Diese Regelung ist nicht buchstäblich zu interpretieren: auch Geschäftsunfähigen, die keinen besonderen Schutzmaßnahmen im Sinne des Gesetzes unterworfen sind, ist die Scheidung nach Artt 230 ff und 233 ff verwehrt. Vgl Roche, De quelques difficultés soulevées par la loi N° 75 - 617 du 11 juillet 1975 en ce qui concerne „les majeurs protégés", Gaz Pal 1979, 2, 347. 16 Zu den sonstigen Voraussetzungen (wie etwa dem Beharrungsantrag [Art 231 II], der Überlegungsfrist [Art 231 II bzw III], sowie den in Artt 247 ff und Art 1088 NCPC vorgesehenen prozessualen Vorschriften) wird im folgenden ad hoc bei der Besprechung konkreter Problembereiche hingewiesen und nach Bedarf Stellung genommen. Natürlich steht der ernsthafte und freie Wille auch bei der Eheschließung im Vordergrund, vgl dazu Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, Bd 3, Familienrecht - Erbrecht, 4 Β 28. 17 Vgl Art 2321. 18 Siehe Carbonnier, Droit civil, 2 - La Famille, les Incapacités, Nr 58, mit Parallele zum „testament mystique" (Art 976). Cornu , Droit civil II, La Famille, FN 4 zu Nr 323 scheint diese Bezeichnung in Frage zu stellen und sie mit der Feststellung zu relativieren, daß der Scheidungsgrund jedenfalls keinem Beweis unterliegt. 19 Vgl Cornu (FN 18) Nr 332 1° und FN 78 zu Nr 334 C.

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nicht als Rechtsgrund, - eine familienrechtliche Dispositionsbefugnis wird ob des institutionellen Charakters, der der Ehe anhaftet, verneint -, sondern des wahren Scheidungswillens wegen, der gleichsam Ausdruck der Zerrüttung ist. Ein Rest von Unbehagen bleibt dennoch übrig, denn die Eingehung der Ehe wird sehr wohl als „Disposition" angesehen, die Auflösung des Ehebandes jedoch nicht mehr. Diese „Metamorphose" kann auch durch eine „institutionelle Betrachtung" der Ehe nicht erklärt werden, sie scheint vielmehr ein säkulärer Rest des sakramentalen Charakters der katholischen Ehe zu sein. Im Zuge der Auseinandersetzung mit der allfälligen Widerrufsmöglichkeit des Einverständnisses (bzw der Zustimmung) und der Pflicht des Richters, das weitere Beharren der Parteien auf ihrem Scheidungswillen zu überprüfen, wird die These jener Autoren, die vertreten, daß hier ein „accord contractuel" - bezogen auf die Scheidung selbst wie auf ihre Folgen - vorliege, stark relativiert 20. Die Doktrin hat sich lange vor der Reform mit der Justizkomödie „Konventionalscheidung" befaßt 21 und hinlänglich auf die Gefahren einer Scheidung zweier Partner hingewiesen, die das Einverständnis des anderen erzwingen, erkaufen oder teuer bezahlen müssen22. Der Reformgesetzgeber hat sich redlich bemüht, entsprechenden Zwangslagen möglichst adäquat zu begegnen: Vor allem steht dem Scheidungsausspruch die mangelnde Überzeugung des Richters entgegen, daß der „Scheidungswille der Eheleute ernstlich ist und daß jeder der beiden Eheleute seine Zustimmung frei gegeben hat23. Diese Tatbestandselemente sind zunächst zu beleuchten.

20 Eine solche Vereinbarung (dh Scheidungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung) liefert nach Brazier , Le nouveau droit de divorce, Nr 272 den unwiderruflichen Scheidungsgrund, allerdings unter der Suspensivbedingung der richterlichen Bestätigung. Für ihn ist die Scheidung nach Artt 230 ff das logische Gegenstück der Eheschließung. Dieser Auffassung ist freilich nicht beizutreten: Zum einen erwähnt das Gesetz eine gemeinsame „demande" (auf Scheidung) sowie eine (vorläufige und) endgültige Scheidungsfolgenvereinbarung (deren „Vertragsnatur" mE durchaus geprüft werden muß), zum anderen hat eine gerichtliche Instanz - sei dies auch im Rahmen einer „procédure gracieuse" - über den Antrag und die Scheidungsfolgenvereinbarung zu befinden. Brazier steht mit seiner Auffassung allerdings nicht isoliert da. Auch Carbonnier (FN 18) Nr 57 schreibt dieser Scheidung grundsätzlich Vertragsnatur zu. 21 Dem Artikel „Le divorce par consentement mutuel" von Chesné, in D 1963 Chr 95 folgte gleich ein Aufsatz von Mazeaud , Le divorce par consentement forcé, D 1963 Chr 141. Vgl im übrigen Rieg, Les causes de divorce dans le nouveau droit français, 18; Bénabent , La liberté individuelle et le mariage, RTDC 1973,489,492 mwN. 22 Siehe Mazeaud (FN 21) 142. 23 Art 2321.

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1. Die „volonté réelle" Statt der Bezeichnung „volonté réelle" (Ernstlichkeit des Scheidungswillens) wäre - so Carbonnier* - die „volonté sérieuse" angebrachter, weil diese deutlicher das Anliegen des Gesetzgebers, überhasteten Scheidungsansuchen tunlichst entgegenzutreten, zum Ausdruck bringt. Die „réalité de l'accord" wird nach Brazier ^ durch das Einbringen des gemeinsamen Antrags in der vorgeschriebenen Form sowie durch die persönliche Anwesenheit der Parteien und ihre Aussagen belegt. MaW muß das Einverständnis gleich zwei Mal - schriftlich wie mündlich - erklärt werden. Insbesondere Massip 26 präzisiert die Tragweite dieser grundlegenden Scheidungsvoraussetzung: Zwar sind die Antragsteller keineswegs gehalten, den wahren Scheidungsgrund offenzulegen, es ist ihnen jedoch verwehrt, aus purer Launenhaftigkeit oder Gedankenlosigkeit oder zum Zwecke der Gesetzesumgehung (zum Beispiel zum Erwerb der Staatsbürgerschaft bei neuerlicher Eheschließung mit demselben Partner 27, zur Erschleichung steuerrechtlicher Vorteile, die Alleinstehenden vorbehalten sind etc28) die Scheidung zu beantragen. Dem Richter obliegt es, ihre Motivation in dieser Hinsicht zu hinterfragen, wenn die Parteienaussagen ihm für das Vorliegen „unlauterer Absichten" Anhaltspunkte bieten. Solche liegen nicht schon dann vor, wenn die Ehegatten sich weigern, ihren Scheidungsgrund zu nennen: Hiezu sind sie zweifellos - gemäß Art 2301 - berechtigt. Ausschließlich „subjektive" Kriterien dürften maW zur Untermauerung der „Ernstlichkeit" nicht genügen, eine gewisse Objektivierung scheint vonnöten. Die Kriterien für die Ernstlichkeit des Scheidungswillens sind demnach nicht der Scheidungsbegründung zu entnehmen, vielmehr sollen jene diese belegen, denn mangels Scheidungsgrund bleibt ihnen die Auflösung der Ehe

24 Carbonnier (FN 18) Nr 57 I a 1, dessen im Jahre 1979 erschienenes Buch an erster Stelle angeführt wird, weil er für den (im übrigen nie offiziell publizierten) Entwurf zum Scheidungsrecht verantwortlich zeichnet. Dieser Entwurf ist im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens mannigfachen Änderungen unterworfen worden; viele Systembrüche und Antinomien sind dem „politischen Willen" zuzuschreiben. Recht kritisch zur Reform ua Calais-Auloy, Suggestions pour une réforme du divorce (Etude de politique juridique), RTDC 1980, 641; durchaus positiver indes Gr ostière, La réforme du divorce, in Mélanges Marty , 605 ff. 25 Brazier (FN 20) Nr 340. 26 Massip , La réforme du divorce Τ1, Nr 22a. 27 Für einen Fall einer simulierten Scheidung und neuerlichen Eheschließung siehe Cass civ I e , 17. 11. 1981, JCP 1982 II 19842 (Gobert) = Rev crit dr int priv 1982, 669 (Foyer) = D 1982,573 (Guiho). 28 Undon/Bénabent , Le droit du divorce, Nr 673 führen noch ein weiteres Beispiel an, in dem die Scheidung bloß begehrt wird, mit unmittelbar nachfolgender neuerlicher Eheschließung -, um den Güterstand zu ändern, und so das Bestätigungsverfahren gemäß Art 1397 zu umgehen.

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- in diesem Verfahren - versagt. Der Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechts ist somit unerläßlich: die „Willenserklärung" darf sich in ihrer Ernstlichkeit von der „volonté contractuelle"29 nicht unterscheiden; die ausgelösten Rechtsfolgen müssen grosso modo vom Willen umfaßt sein; insbesondere muß die Zustimmung frei gegeben sein („et que chacun d'eux a donné librement son accord", Art 2321). Vor allem sei hier schon angedeutet, daß der Scheidungswille bis zum Abschluß des Verfahrens mit derselben Dezidiertheit fortbestehen, dh insoweit „dauerhafter Natur" sein muß (Einzelheiten infra).

2. Der „consentement libre" Die nähere Ausgestaltung dieses Tatbestandselementes ist - wie auch Nerson/Rubellin-Devichi festhalten 30 - dem >jlroit commun des contrats " zu 31 entlehnen . Das mutet überraschend an, läßt sich freilich aus der Systematik des Gesetzes erklären: „den" allgemeinen Teil bzw „die" allgemeinen Grundsätze der Rechtsgeschäftslehre bzw des Rechtsgeschäfts sucht man im Code civil vergeblich. Anknüpfungspunkt sind vielmehr - zumindest in diesem Kontext - die allgemeinen Bestimmungen über die schuldrechtlichen Verträge* 2. Diese Regelungen haben zunehmend einen recht ausgedehnten Anwendungsbereich bekommen33, wobei die Grenzen von Fall zu Fall neu zu bestimmen sind. Sofern es sich um Rechtsbegriffe wie „Willenserklärung" („déclaration de volonté"), „Willenseinigung" („consentement"), „freie Zustimmung" („consentement libre") usw handelt, kann die „Entlehnung" aus dem Vertrags- bzw Eheschließungsrecht begrüßt werden. Die wahren Probleme stellen sich indes bei der ([teilweise] analogen) Anwendung der Willensmängel und der Anfechtungsmodalitäten 34, „si le consentement n'a été donné que par erreur, ou s'il a été extorqué par vioMeistens wird die Simulation ja bloß ex post konstatiert und insofern sanktioniert, als die angestrebten Vorteile (zum Beispiel die Staatsbürgerschaft) rückwirkend aberkannt bzw die fraudulos erwirkte Entscheidung annulliert wird. 29 Massip (FN 26) ibidem. 30 Nerson/Rubellin-Devichi , Jurisprudence française en matière de droit civil. A. - Personnes et droits de famille, RTDC 1980, 559: „... le juge aux affaires matrimoniales doit s'assurer que la volonté des époux présente certains caractères qui figurent, très normalement, dans le droit commun des contrats..." 31 Dasselbe gilt für die „freie Willenseinigung" der Parteien bei der Eheschließung (Art 1801). 32 Anschaulich Ferid, Das Französische Zivilrecht, Bd 1,1 E 1 und 2. In concreto handelt es sich um die Artt 1101 ff, 1108 ff. 33 Ferid (FN 32) 2 F 45 ff. 34 Freilich auch bei der - zumindest zu prüfenden - Übertragung des „Vertragssystems" auf die Scheidungsfolgenvereinbarung; jedoch dazu infra.

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lence ou surpris par dol", wenn maW - gemäß Art 1109 - keine gültige Zustimmung vorliegt, da sie irrtümlich, auf Grund widerrechtlicher Drohung oder arglistiger Täuschimg erklärt wurde. Einstimmig wird in der französischen Doktrin festgehalten, daß ein „consentement libre", dh eine freie Zustimmung vorliegt, soweit sie nicht mit einem Willensmangel behaftet ist: „C'est le droit commun: il n'y a pas à y insister." 35 Allerdings beschränkt sich die Konformität der wissenschaftlichen Aussagen im großen und ganzen auf die potentielle Maßgeblichkeit der arglistigen Täuschung („dol"), der Drohung („violence") und der Läsion („lésion"). Wenige Autoren beziehen die Berücksichtigung des Irrtums („l'erreur") mit ein. De Juglarf 36, ausgehend vom „caractère gracieux"37 des Verfahrens und vom „vertraglichen Charakter" der Scheidung auf Grund gemeinsamen Antrags, den er einem „contrat judiciaire" gewissermaßen gleichsetzt, erwägt seine Annullierung wegen Vorliegens der für die schuldrechtlichen Verträge maßgeblichen typischen Willensmängel sowie - unter Umständen - einer „lésion". (Zur Problematik infra.) Cornu 38 läßt bezüglich des Irrtums und der arglistigen Täuschung Zweifel anklingen und scheint bloß die widerrechtliche Drohung - als Anwendungsfall der allgemeinen Willensmängellehre (wie sie, obzwar bei den schuldrechtlichen Verträgen geregelt, verallgemeinert worden ist) - gelten zu lassen. Es fällt auf, daß dieses Interpretationsproblem vielfach mit pragmatischen Argumenten und Wahrscheinlichkeitsprognosen aufgelockert wird: die „freie Zustimmimg" eines Scheidungswilligen liegt nach Lindon/Bénabent* 9 jedenfalls nicht vor, wenn der Erklärende einer widerrechtlichen Drohung unterlag, ebenso verursachen der Irrtum und die arglistige Täuschung die Mangelhaftigkeit der Willenserklärung, obwohl diese letzten beiden Mängel in praxi höchst unwahrscheinlich seien40. Die statistische Häufigkeit ist indes bloß eine empirische Feststellung, der bei der rechtlichen Analyse und Ausdehnung des Anwendungsbereiches der ursprünglich im Obligationenrecht entwickelten Willensmängellehre keinerlei Gewicht zukommt. Sollten sich 35 Siehe Breton (FN 7) Nr 148. 36 Mazeaud/de Juglart , Leçons de droit civil, Τ I, V 3: Les Personnes (suite): Mariage Filiation - Incapacités - Divorce et Séparation de corps, Nr 1445-15. 37 Die „procédure gracieuse" ist weder mit dem (österreichischen) Verfahren außer Streitsachen noch mit der (deutschen) Freiwilligen Gerichtsbarkeit gleichzusetzen, sondern als Gegenstück zur „procédure contentieuse" zu verstehen. Zur Unzulässigkeit der Parallele zum deutschen Recht siehe Schubert (FN 13) Nr 9 zu Τ 1 II 3 bb. Leider erst im Zuge der Vorbereitungen für die Drucklegung ist der Verf die Schrift von Martiny, Nichtstreitige Verfahren in Frankreich, bekannt geworden. Darin setzt sich der Autor grundlegend mit der Materie auseinander, vgl etwa 30 f, 65 ff, 88 f, 147 ff, 166 ff, 198 f, 204 f, 221 ff. 38 Cornu (FN 18) FN 5 zu Nr 323. 39 Undon/Bénabent (FN 28) Nr 674. 40 Nahezu gleichlautend Bénabent , Droit civil - La Familie, Nr 283.

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die mit einer Anfechtung des Scheidungsausspruchs und/oder der Scheidungsfolgenvereinbarung geltend gemachten Willensmängel als systematischer Bruch erweisen, so wäre mittels einer teleologischen Reduktion vorzugehen: Zweifellos ist indes der institutionelle Charakter der Ehe(-scheidung) bei diesem Scheidungstypus zurückgedrängt, weshalb denn auch von „divorce-convention" bzw „divorce-accord" gesprochen wird; daran vermag auch die für die Auflösung der Ehe notwendige gerichtliche Entscheidung letztlich nichts zu ändern. Bei der (institutionellen) Prüfung der Ernstlichkeit des Willens und der (Mangel-)Freiheit der Zustimmung liegt nämlich der Akzent weniger auf der (öffentlichen) Wahrung des Instituts „Ehe", als vielmehr auf der Gewährleistung der ernsthaften und freien individuellen Willensbildung der Parteien, die ja Ausfluß ihrer Privatautonomie ist. Eine systemgerechte Auslegung wird daher der Rolle, die die private Willenserklärung (bzw Willenseinigung) im französischen Recht einnimmt, entsprechendes Gewicht beimessen müssen. Der Grund, weshalb die widerrechtliche Drohung im Prinzip die Willensbildung bei der Scheidung auf Grund gemeinsamen Antrags unter Umständen zu erschüttern vermag, liegt in ihrer Natur selbst: die persönliche Freiheit, mit der die Willenserklärung kundgetan wird, ist durch die „violence" (von dritter Seite) zunichte gemacht41. Ebenso Wie die widerrechtliche Drohung ist aber auch die arglistige Täuschung ein vorwerfbares Verhalten, das vom „Opfer", soweit es seine Willensbildung maßgeblich beeinflussen konnte, geltend gemacht werden kann42. Bloß bei Vorliegen eines Irrtums sind allfällige Bedenkeg gegen seine Berücksichtigung unter Umständen aus pragmatischen Erwägungen der Rechtssicherheit akzeptabel; bei der widerrechtlichen Drohung und der arglistigen Täuschung sind sie mE unvertretbar. Nach Rieg 43 beeinträchtigt die widerrechtliche Drohung im allgemeinen die Freiheit der Willenserklärung, die arglistige Täuschung und der Irrtum indes bewirken einen Einbruch des „élément d'intelligence" des Willensentschlusses. In Anbetracht der verfahrensrechtlichen Kautelen bzw des Verfahrensablaufs überhaupt, Regelungen, die gewiß aus Respekt vor der Tradition der „Willenstheorie" konzipiert worden sind, scheint allerdings ein Irrtum - insbesondere wenn er sich (bloß) auf die Scheidung als solche bezieht - tatsächlich

41 Vgl Rieg , in Dalloz, Encyclopédie Juridique, Τ VII zu „Vices du consentement", Nr 1 f mwN: „La violence quant à elle, altère la volonté dans son élément de liberté: l'auteur de l'acte donne son consentement sous l'empire de la crainte d'un mal." 42 Siehe Ghestin , in Dalloz, Encyclopédie Juridique, Τ III zu „Dol", Nr 9 f: Die arglistige Täuschung muß einen Irrtum hervorrufen, ohne den die andere Partei den Vertrag nicht abgeschlossen hätte. 43 Rieg (FN 41) Nr 1. 9 Verschraegen

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nahezu ausgeschlossen. Liegt ein solcher freilich vor, so sind die Kriterien, aus denen seine Maßgeblichkeit hervorgeht, wohl eher streng zu handhaben. Das Einverständnis darf sich nicht nur auf die Scheidung als solche beschränken, sondern soll sich auf sämtliche Scheidungsfolgen erstrecken. Bevor auf diese Vereinbarungen selbst näher eingegangen wird, ist eine kurze Skizze des Verfahrensablaufs unumgänglich. Ohne sie ist es nicht möglich, den Gehalt des beiderseitigen Scheidungswillens der Ehegatten zu erfassen. C. Verfahrensskizze 44 Gleichzeitig mit dem gemeinsamen Antrag (Einleitungsantrag) haben die Parteien (gemeinsam oder einzeln vertreten durch einen Anwalt) 45 dem Familienrichter bzw JAM 46 ihre vorläufige Vereinbarung, die sich auf die zu lösenden Probleme für die Dauer des Verfahrens bezieht, vorzulegen47. Es handelt sich dabei um eine Zulässigkeitsvoraussetzung. Dasselbe gilt für das Erfordernis eines Vereinbarungsentwurfs über die Scheidungsfolgen 48. Der JAM ist ermächtigt, jene Bestimmungen der vorläufigen Vereinbarung, die dem Kindesinteresse zuwiderlaufen oder es gefährden, von Amts wegen abzuändern oder zu streichen49. Das Pouvoir des Familienrichters, wie es durch den Code civil und den NCPC abgesteckt ist, scheint sich eindeutig (nur) auf die Wahrung des Kindeswohles zu konzentrieren. Wie sich aber herauskristallisieren wird, sind die praktischen (und theoretischen) Konsequenzen, die die homologierte Vereinbarung (im allgemeinen) nach sich zieht, entschieden unterschätzt worden: So sind das Vorliegen einer (objektiven) Läsion eines der Ehegatten oder der allfälligen Gläubiger nur ein Teilaspekt; Gesellschaftsanteile, Ver-

44 Dazu grundlegend Lienhard, Le rôle du Juge aux affaires matrimoniales, Nr 13 ff; für einen Überblick siehe etwa Weill /T mé, Droit civil - Les personnes, La famille, Les incapacités, Nr 449 ff; für einen Eindruck vgl Hein, Das Recht der Scheidungsfolgen in Frankreich unter besonderer Berücksichtigung des Gesetzes vom 11. Juli 1975 aus der Sicht des Rechtes der Bundesrepublik Deutschland, 18 f; statt vieler ua Guiho, Cours de droit civil. 3 - La famille, 182 ff; Morel/Croze, Procédure civile, 372 ff, 380 ff; Martiny (FN 37) 111 f. 45 Art 230 II und Art 1090 NCPC. 46 MaW „le Juge aux affaires matrimoniales", der für diesen Scheidungstypus im Rahmen der „procédure gracieuse" ausschließlich zuständige Richter (idF Richter, Familienrichter oder JAM genannt, vgl Art 247 III). Art 1088 NCPC ordnet ausdrücklich an: „Le divorce sur demande conjointe relève de la matière gracieuse". Das bedeutet gemäß Art 25 NCPC, daß kein streitiges Verfahren vorgesehen ist, jedoch sehr wohl einerichterliche Kontrolle verlangt wird. 47 Art 253 I und Art 1091 NCPC. Zu denken ist vor allem an Maßnahmen bzgl der vorläufigen Pflege und Erziehung des Kindes, der Benutzung der gemeinsamen Wohnung, der Unterhaltszahlungen usw. Vgl Lienhard zu TGI Strasbourg, 26. 3.1979, in D 1981, 2,13. 48 Art 1091 2° NCPC (sog „projet de convention définitive"). 49 Art 253 II und Art 1093 II NCPC.

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äußerungsverbote eines Sozialbaus etc bergen diffizile Probleme in sich, und insbesondere letzteren kommt eine eminent praktische Bedeutung zu. Bloß wenige Autoren räumen dem Richter weitergehende Befugnisse als die oben geschilderten ein, die es ihm erlauben, die die Ehegatten betreffenden, allerdings unvollständig gebliebenen oder sinnwidrigen Regelungen zu vervollständigen bzw zu redigieren 50. Die Aufgabe des JAM besteht aber (auch) darin, im Anschluß an einen zulässigen Antrag ein Verfahren durchzuführen, das dem Wesen dieser Scheidung gerecht wird, maW auf mögliche Divergenzen in einem frühen Verfahrensstadium aufmerksam zu machen, weil dem Antrag bei mangelnder Einigimg kein Erfolg beschieden sein kann. Sind sich jedoch die Antragsteller auch bezüglich jener Regelungen, die den einen schlechter stellen als den anderen, einig, so ist doch sehr fraglich, ob der JAM die „Vollzugsbestätigung"51 so ohne weiteres verweigern darf 52: er kann die Antragsteller auf die fehlende Ausgewogenheit der sie betreffenden Punkte hinweisen, sie allerdings nicht durch Ablehnung der Genehmigung sanktionieren. Realiter scheint die Praxis diesen vorläufigen Vereinbarungen keine allzu große Bedeutung beizumessen. Kommt einer der Antragsteller der Vereinbarung nicht (gänzlich) nach, wird daraus nicht ipso iure der Mangel des Scheidungswillens im Sinne des Gesetzes erschlossen53. Primär hat der Familienrichter bei dieser ersten Verhandlung den ernstlichen Scheidungswillen und die Freiheit der Zustimmung zu erforschen; hiezu bietet ihm das Gesetz reichlich Gelegenheit54.

50 Vgl zum Beispiel Lienhard (FN 44) Nr94 f; dens. zu TGI Strasbourg,, 26. 3. 1979 (FN 47) 14. Für eine wörtliche Auslegung der Gesetzesbestimmungen ua Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 688; Weill/Terré (FN 44) Nr 450; Dumusc (FN 6) 38; Massip (FN 26) Nr 89. 51 Art 1093 II NCPC: „... il attribue, par ordonnance, à cette convention, la force exécutoire attachée à une décision de justice." 52 In diesem Sinne ua Massip (FN 26) Nr 92. 53 Dazu Lienhard , zu TGI Strasbourg, 26. 3.1979 (FN 47) 14 ( = RTDC 1983,523 Nerson/ Rubellin-Devichi [in: Jurisprudence française en matière de droit civil, A. - Personnes et droits de famille]) sowie die dort zitierte Entscheidung der Cour d'appel Paris , 7. 4. 1978, D 1979 IR 13 {Breton) = Rép Defr 1979, art 31921. Diese Entscheidung erkannte über die Berufung gegen die Entscheidung des TGI Evty, 7. 12. 1977, die den Scheidungsantrag aus nämlichen Gründen zurückgewiesen hatte. In der Berufungsinstanz wiederholten beide Parteien ihren Scheidungswillen und der Ehemann legte die Gründe für die Nichterfüllung der Vereinbarungsbestimmungen bzgl der Unterhaltszahlungen an die Ehefrau dar. Beide wurden sich auch über die entsprechenden Änderungen der Vereinbarung einig. Breton hat diese Entscheidung zu Recht zustimmend glossiert. Bei anders gelagertem Sachverhalt wäre freilich die Einhaltung der vorläufigen Vereinbarung nicht bloß empfehlenswert, sondern vom Gesetz auch gefordert. Es führte zu einer großen Rechtsunsicherheit, wenn sie einmal nicht, dann aber wieder doch vollzogen werden müßte. Nur schwerwiegende Gründe sowie zusätzlich volles beiderseitiges Einverständnis können die Nichterfüllung der vorläufigen Vereinbarung entschuldigen. Sinngemäß auch Nerson/Rubellin-Devichi (FN 30) 557. 54 Vgl Art 2311 und Art 10931 NCPC.

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Jeder Antragsteller wird zuerst alleine gehört, anschließend werden beide Teile zusammen über „den Antrag" befragt. Aus diesem Anlaß kann der Richter ihnen Ratschläge erteilen, die sich vorzüglich auf den weiteren Verfahrensablauf und die Scheidungsfolgen beziehen. Ob es sich bei dieser Tagsatzung um einen Versöhnungstermin handelt oder nicht, mag dahingestellt bleiben. Die Ehegatten müssen jedenfalls auf ihrer Scheidungsabsicht ausdrücklich beharren 55. Lindon/Bénabent 56 sind der Ansicht, daß der Richter sie beim „Versöhnungsversuch" nach Möglichkeit von ihrer Scheidungsintention abbringen soll. Das scheint selbst im Falle eines abstrakt gehaltenen Versöhnungsversuches durch den Richter wohl etwas übertrieben und wäre bloß dann gerechtfertigt, wenn das Gesetz sonst gar keine Scheidungsvoraussetzungen vorgesehen hätte. Die Antragsteller werden immerhin mit dem Richter (mindestens) zweimal konfrontiert, sie haben Fristen zu beachten und sowohl eine vorläufige Vereinbarung als auch einen Entwurf zur definitiven sowie die endgültige Scheidungsfolgenvereinbarung vorzulegen. Der Familienrichter soll allerdings zu seiner Überzeugung, daß der beiderseitige Wille sowohl die Scheidung wie auch ihre Folgen umfaßt, auf Grund des persönlichen Kontakts mit den Parteien gelangen: der bzw die rechtsfreundlichen Vertreter 57 können - trotz des vorgeschriebenen Anwaltszwanges - die Parteien diesbezüglich nicht vertreten. Ist eine der Parteien verhindert, erweist sich die Vertagung wohl als notwendig58 5 9 .

55 Art 231II. 56 Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 691. 57 de Juglart (FN 36) Nr 1445-6 betont den damit verbundenen Vorteil der Flexibilität der Parteien, sich je nach Wunsch und Bedarf von einem Anwalt gemeinsam oder aber von je einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen. An anderer Stelle weist er freilich mehr auf die Gefahren hin, die die Vertretung durch einen gemeinsamen Anwalt für die schwächere Partei in sich birgt, vgl de Juglart, Cours de droit civil, Τ I, V1, Nr 291. 58 Das ist im übrigen auch die Auffassung von Groslière in seiner Entscheidungsanmerkung zu TGI Gapy 18. 10. 1979, D 1981 IR 382 (= JCP 1980 IV 397). Der zuständige Richter hatte mittels eines Rechtshilfeersuchens die verhinderte Partei vernehmen lassen. Nun weist Groslière (vgl oben sowie [FN 7] Nr 389) zutreffend darauf hin, daß Art 1110 III NCPC für die Scheidung auf Antrag des einen und mit Zustimmung des anderen (Artt 233 ff) im Falle der Verhinderung einer Partei vorsieht, daß der Richter diese entweder persönlich besuchen und vernehmen oder sich aber die notwendigen Informationen mittels eines Rechtshilfeersuchens verschaffen kann. Eine entsprechende Regelung ist für die Scheidung nach Artt 230 ff nicht vorgesehen, dies wohl deshalb, weil die „Scheidungsenergie" voll zur Entfaltung kommen soll, und dagegen ist ja im Prinzip nichts einzuwenden. Die persönliche Einvernahme der Ehegatten - zunächst getrennt, anschließend gemeinsam - sowie die Erörterung mit ihrem Vertreter trägt maßgeblich zur Überzeugung des Richters von ihrem Scheidungsanliegen bei. Das war auch erklärtes Ziel des Gesetzgebers; vgl Carbonnier (FN 14) 115. 59 Freilich ist einzugestehen, daß diese zwar an keiner Stelle verboten, jedoch auch nicht explizit gefordert wird. Eine Vertagung bietet sich indes aus Gründen der Verfahrensraison an,

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Wenn die Parteien an ihrem Scheidungswillen weiterhin festhalten, hat der Richter, bevor er die vorläufige Vereinbarung mit einer „Vollstreckungsbestätigung" versieht, den Entwurf zur definitiven Scheidungsfolgenvereinbarung zusammen mit den Antragstellern und dem Anwalt (den Anwälten) zu prüfen. Sie soll sämtliche Scheidungsfolgen erfassen 60. Die inhaltliche Unvollständigkeit oder formelle Fehlerhaftigkeit (Fehlen des Datums und der Unterschriften der Parteien sowie des oder der Anwälte) führen nach dem Buchstaben des Gesetzes zur Zurückweisung des Antrags 61. Bezüglich des Inhalts62 ist diese rigorose Folge durchaus verständlich: Dem Richter soll schon bei dieser ersten Verhandlung ermöglicht werden, die Antragsteller auf notwendige Änderungen, die sie vornehmen müssen, hinzuweisen. Vor allem stellt der Entwurf auch einen Prüfstein für die tatsächliche Willensbildung dar: Wer sich nicht einverständlich über alle Scheidungsfolgen einigen kann bzw will - und zwar derart, daß die der Vollstreckung unterliegenden Bestimmungen tatsächlich exequiert werden können -, dem fehlt der umfassende Eheauflösungswille, wie er nach Artt 230 ff als Scheidungsvoraussetzung konzipiert wurde.

soweit das Fernbleiben begründet war, sonst führt die Säumnis wohl zur sofortigen Verfahrensbeendigung. 60 Vgl Art 2301 und Art 1091 2° NCPC. 61 Siehe Art 1091 2° NCPC. Das sind schwerwiegende Folgen, denn bei unbeweglichen Sachen ist zum Beispiel die Mitwirkung eines Notars stets erforderlich. Vergessen die Parteien (bzw die Anwälte) etwa schlicht, seinen Namen anzuführen, mußte die Zurückweisung des Scheidungsantrags die logische Konsequenz sein. Soweit ersichtlich liegen hiezu kaum Entscheidungen vor. In praxi ist daher mE zu unterscheiden: Handelt es sich um Daten (etwa: Adresse des Notars; Unterschrift eines Anwalts; Datum, zu dem die vorläufige Vereinbarung oder der Entwurf zur definitiven Scheidungsfolgenvereinbarung abgeschlossen wurde), die weder an der Identität der Parteien noch an der Schlüssigkeit ihres gesamten Begehrens (Antrag auf Scheidung nach Artt 230 ff sowie Genehmigung der vollständigen Vereinbarungen) irgendeinen Zweifel zulassen und gleich in der ersten Verhandlung beigebracht bzw ergänzt werden können, so ist dem Charakter dieses „divorce contractuel" (dazu ua Massip [FN 26] Nr 28 c) entsprechend Rechnung zu tragen und der Antrag nicht wegen Verletzung dieser Formalitäten geringeren Grades zurückzuweisen. Immerhin ist ja zu bedenken, daß die Praxis „informelle" Vertagungen zur Ergänzung oder Präzisierung von Entwürfen zur definitiven Vereinbarung durchaus zuläßt: Siehe Massip (FN 14) 119. In der Tat geht Lienhard (FN 50) 15 in seiner Entscheidungsbesprechung am Rande auf die Frage ein: die Parteien hatten die Angabe des Notars vergessen, was der Rezensent eine „imperfection minime" nennt, der - im Prinzip - sofort abgeholfen werden kann. 62 Art 1094 III NCPC legt fest, daß der JAM den Notar, der an der Ausarbeitung der Vereinbarung mitgewirkt hat, „konsultieren" darf. Die Genesis dieser Bestimmung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ist nicht uninteressant. Ein anschauliches Bild bietet etwa Groslière, La réforme du divorce, Nr 31 ff. Das Resultat erklärt sich aus der Befürchtung, der Familienrichter könnte die Parteien allzu sehr bevormunden. Heute rundet die Praxis die Rolle des JAM schön ab: was nicht ausdrücklich „Gesetz" wurde, erlaubt die Rechtsprechung manchmal aus pragmatischen Gründen (so zum Beispiel die Vertagung zur Korrektur oder Ergänzung der Scheidungsfolgenvereinbarung). Der TGI Paris (E vom 29. 4. 1976, in Gaz Pal 1976, 2, 466 mit Anm Brader) hat eine Vertagung angeordnet, weil er eine Versöhnungschance sah.

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Nach Art 230 I I kann die Genehmigung der Scheidungsfolgenvereinbarung sowie der Ausspruch der Scheidung verweigert werden, wenn die Vereinbarung das Interesse der Kinder oder eines der Ehegatten unzureichend wahrt. Art 1094 I I NCPC präzisiert: die Parteien sind von den Bedingungen, unter denen die Scheidungsfolgenvereinbarung homologiert (und dem Scheidungsantrag stattgegeben) wird, zu unterrichten. Die Befugnisse des Richters sind Art 247 und Art 1074 NCPC bzw den sonstigen generell auf alle Scheidungstypen anwendbaren Bestimmungen zu entnehmen: das Gesamtbild vermittelt einen nicht unmaßgeblichen Aktionsradius63. Unter den zur definitiven Scheidungsfolgenvereinbarung (bzw zum Entwurf) ergangenen Entscheidungen haben einige - mE zu Recht - durchaus Anerkennung gefunden. Erwähnenswert ist vor allem die bereits zitierte Entscheidung des TGI Strasbourg, 26.3.197964, die die prima vista völlig formgerechte Vereinbarung ob ihres mangelnden Bindungswillens verpönte. In keinem einzigen Punkt (sei es zum Wohnsitz, zum Sorgerecht für die Kinder, zum Namen der Ehefrau, zur Auseinandersetzung des Güterstandes, insbesondere bezüglich der beweglichen und unbeweglichen Güter, der Ausgleichsleistungen etc) hatten die Antragsteller eine verbindliche Regelung getroffen, sondern diese vielmehr vom Eintritt vager Bedingungen abhängig gemacht, die sich der Kontrolle des Richters gänzlich entzogen. Ob den Interessen des Kindes sowie der Ehegatten in der Vereinbarung Rechnung getragen wird, kann der Richter nur anhand ausreichender Informationen sachgerecht beurteilen. Die Abwägung dieser Interessen setzt demnach voraus, daß die Parteien ihn über die Existenz von Kindern aus einer früheren Ehe (bzw von nichtehelichem Nachwuchs), über das Vermögen in toto und ähnliches mehr unterrichten, widrigenfalls die Vereinbarung und der Scheidungsantrag zurückzuweisen sind65. 63 Dazu Groslière (FN 7) Nr 401 ff. 64 Vgl FN 47. 65 So zum Beispiel im Falle der E vom TGI Paris, 12. 2. 1976, in JCP 1976 II 18319 (Lindon). Die E wurde von Brazier (Gaz Pal 1976,1,196 im übrigen scharf kritisiert, denn sie verlangte von den Parteien - nach seiner Auffassung - eine allzu detaillierte Regelung, die nicht bloß unpraktikabel, sondern zudem bevormundend sei. Dieser Meinung ist auch Schubert ([FN 13] 99), die bloß eine formale Kontrolle des Richters als zulässig erachtet. Die Grenzen der legitimen Beratung und Befragung sind freilich schwer zu ziehen: Ein Richter, der die Parteien darüber informiert, daß sie die Regelung der Kostenteilung nachholen müssen, hält sich wohl noch im Rahmen seiner Instruktionsbefugnis. Eine solche E des TGI Paris, 16. 7. 1976, wurde von Lindon (in JCP 1976 II 18470) kritisiert, von Groslière (in D 1977 IR 364) indes begrüßt; dies mE zu Recht. Um eine grundsätzlichere Frage geht es in der E des TGI La Rochelle, 19. 10. 1977, Gaz Pal 1978, 1, 154 (Brazier ) = D 1978 IR 435 (Bénabent): In der Scheidungsfolgenvereinbarung war festgehalten, daß der Unterhaltsanspruch mit Eingehung einer neuen Ehe oder einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verloren gehen soll. Das Gericht betonte, daß solche Zölibatsklauseln in Verträgen (insbesondere in Arbeitsverträgen) und letztwilligen Verfügungen durchwegs gestrichen werden. Bénabent kritisierte die Verweigerung der Homologierung dieser Vereinbarung, da eine solche Bedingung bei jenen Verträgen nichts mit ihrem Wesen zu tun habe, (was wohl richtig ist), bei einer Scheidungsfolgenvereinbarung indes sei sie durchaus

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Diese oder jene vermögensrechtliche Vereinbarung, die zunächst einen der Ehegatten zu verkürzen scheint, mag durchaus ihren realen, dh legitimen Grund haben. Hier obliegt es dem Richter, sich vom beiderseitigen Regelungswunsch der Antragsteller zu vergewissern. Diese Nachprüfungspflicht ist nicht ohne praktische Relevanz: der Fälle, in denen die spätere Anfechtung wegen Willensmängel oder Läsion - mit unterschiedlichem Erfolg und divergierender Resonanz in der Wissenschaft versucht worden ist, sind - ohne allzu sehr vorgreifen zu wollen - nicht wenige· Im Zuge dieser ersten Verhandlung wird den Parteien mitgeteilt, daß sie ihren Antrag frühestens binnen drei Monaten, längstens binnen neun Monaten erneuern müssen, widrigenfalls „der Antrag hinfällig wird" 66 . Der ungenutzte Ablauf dieser Überlegungsfrist deutet dann eben darauf hin, daß erlaubt. Der Richter jedoch meinte, daß die Interessen der Frau zu wenig berücksichtigt waren, und riet ihr überdies von einer neuen Eheschließung ab, damit sie den Anspruch nicht verliere. (So ergänzt bei Groslière [FN 7] Nr 424). Das geht natürlich entschieden zu weit! Die Ausgleichsleistung hat Pauschalcharakter (Art 273); sie soll im Prinzip in Form einer Kapitalzuwendung erbracht werden (Art 274) und die Ungleichheit, welche die Auflösung der Ehe in den jeweiligen Lebensbedingungen schafft, ausgleichen (Art 270). Sie wird nach den Bedürfnissen des Empfängers und der Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten festgesetzt, wobei die Lage zur Zeit der Ehescheidung und ihre Entwicklung in absehbarer Zukunft in Rechnung zu stellen ist (Art 271). Eine Änderung ist nach dem Buchstaben des Gesetzes bloß möglich, wenn sonst Folgen von außergewöhnlicher Härte einträten (Art 273). Es handelt sich im französischen Recht um eine neuartige Institution, die sich im Hinblick auf die Loslösung vom Schuldprinzip deutlich von der früheren „ Unterhaltsleistung" abhebt. Außerdem ist nur dann die Rentenzahlung statthaft, wenn kein oder kein genügendes Kapital vorhanden ist. MaW: Eine „Zölibatsklausel" (Beendigung der Rentenzahlung bei neuerlicher Eheschließung bzw nichtehelicher Lebensgemeinschaft) führte wohl eine zusätzliche Leistungsreduktion ein, deren Zulässigkeit mit großer Skepsis zu würdigen wäre, zumal die Ausgleichsleistung - wie auch Ferid/Sonnenberger (FN 16) 4 Β 609 betonen - weder eine Schadenersatz- noch eine Unterhaltsleistung ist und vom Gesetzgeber selbst (Art 280) rein vermögensrechtlich qualifiziert wird. So konsequent wird es in praxi allerdings nicht gehandhabt: Zunehmend scheint der Ausgleichsleistung ein Entschädigungs- und Unterhaltscharakter beigemessen zu werden. Ob zu Recht oder nicht, kann dahin gestellt bleiben. Einzelheiten und Hinweise bei RubellinDevichi, Jurisprudence française en matière de droit civil. A. - Personnes et droits de famille, RTDC 1987, 297 f. Brazier , Gaz Pal 1978, 1, 155 f hebt hervor, daß eine derartige Klausel den Grundsatz der Eheschließungsfreiheit verletze. Diese Ansicht wiederum scheint nur im Lichte einer Ehe als „Handelsware" nachvollziehbar! Zusätzlich ist zu bedenken, daß die Rentenzahlung in toto ja nicht höher bemessen wird als die Kapitalzuwendung selbst, und bei ihrer Fixierung sind ua das Alter und der Gesundheitszustand der Ehegatten (dh „voraussehbare Zukunftsperspektiven") (Art 272) zu berücksichtigen, wohl auch die Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Eheschließung und ähnliches. Jedenfalls schließt das Gesetz dieses Berechnungskriterium nicht aus. Zur Ausgleichsleistung statt vieler ua Durrande , Le contentieux de la prestation compensatoire entre époux, D 1983 Chron 191; Claux/Feydeau/Robineau , La prestation compensatoire subie ou choisie, Gaz Pal 1987, 1, doctr 244; Copper-Royer/Axel-Depondt , La prestation compensatoire, Gaz Pal 1988,1, doctr 357. 66 „... la demande conjointe sera caduque." Siehe Art 231 II und III und Art 1095 NCPC. (Verfahrenstechnisch ist dann das Verfahren „abzuschreiben".)

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sie das Verfahren nicht fortsetzen möchten67. Bei dieser Scheidung muß der Wille eben „aktiv und dynamisch" bleiben, um die Auflösung der Ehe erreichen zu können68. Die Erneuerung des Antrags führt zu einer zweiten Verhandlung69. Im Antrag selbst sind - außer dem Verweis auf den Einleitungsantrag - bloß allfällige Änderungen, die sich im Laufe der Überlegungsfrist ergeben haben, anzugeben70 7 1 . In einem Anhang sind ein Bericht über die Vollziehung72 der vorläufigen Vereinbarung sowie die definitive Scheidungsfolgenvereinbarung anzuschließen. Im Rahmen dieser 2. Verhandlung sind - von den Zulässigkeitsvoraussetzungen abgesehen - der freie Scheidungswille der Ehegatten neuerlich Gegenstand der Prüfungsbefugnis des Richters: er muß sich dessen vergewissern, daß die Antragsteller beharrlich die Scheidung anstreben und sich der vollen Tragweite ihres Vorhabens - insbesondere in bezug auf das Sorgerecht der Kinder - 73 bewußt sind. Die endgültige Vereinbarung muß die Bedingungen und die Korrekturanregungen des Richters vollinhaltlich berücksichtigen.

67 Der Beginn der dreimonatigen Überlegungsfrist wird von Groslière (Anm zu TGI Paris, 13. 5.1976, in D 1977 IR 365 (Groslière) = JCP 1976 II 18400bis [Lindon] = Gaz Pal 1976, 2, 713 [Brazier]) mit dem Tag angesetzt, an welchem der Richter den Entwurf geprüft und den Parteien mitgeteilt hat, daß sie ihren Scheidungsantrag erneuern müssen. 68 Groslière (FN 7) Nr 409. 69 Vgl Art 1098 NCPC. Unterlassen die Ehegatten die Erneuerung, so tritt kein Ruhen des Verfahrens ein, die ,Anträge werden schlicht hinfällig" (vgl dazu FN 66). Dadurch entstehen auch keinerlei Rechtskraftprobleme: ein neuer Antrag kann trotz unverändertem „Streitgegenstand" eingebracht werden. Am Rande sei hier schon auf das Problem der Bindungswirkung der „vorläufigen Vereinbarung", die die vom Richter genehmigten Maßnahmen für die Dauer des Verfahrens enthält, hingewiesen; es wird insbesondere beim einseitigen Widerruf des Einverständnisses virulent. 70 Vgl Art 1096 NCPC. 71 Etwa solche, wie sie im Art 1075 NCPC aufgezählt sind, Änderungen des Aufenthaltes oder des Wohnsitzes. Siehe Groslière (FN 7) Nr 416). 72 Art 1097 NCPC betrachtet den Anhang als Zulässigkeitsvoraussetzung des Erneuerungsantrags. Daß die Praxis der tatsächlichen Erfüllung der vorläufigen Vereinbarung ein (zu) geringes Gewicht beilegt und sich mit der Versicherung der Parteien, sie hielten an ihrem Scheidungsantrag fest, zufriedengibt, wurde schon (supra [FN 53]) erwähnt. Auch diese Dokumente bedürfen gemäß Art 1097 II NCPC der Datierung und der Unterschriften der an ihnen beteiligten Personen (Antragsteller, Rechtsanwälte, Notar) - bei sonstiger Unzulässigkeit. Es versteht sich, daß Art 1097 II NCPC einer Relativierung bedarf (vgl ähnlich schon FN 53). Die Rechtsprechung vertagt diese 2. Verhandlung zum Beispiel dann, wenn der Familienrichter die Gewährleistung der Kindesinteressen in der definitiven Scheidungsfolgenvereinbarung nicht gleich beurteilen kann: TGI Pontoise t 15.10.1980, Gaz Pal 1981, somm 152,237. Bei Formverletzungen geringeren Grades, denen nicht sofort abgeholfen werden kann, wäre mE eine Vertagung statt einer Zurückweisung wegen Unzulässigkeit zu empfehlen. 73 Art 1099 NCPC.

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Fraglich ist, was zu geschehen hat, wenn die Antragsteller aus eigenem Antrieb Änderungen angebracht haben. Bedürfen sie näherer Prüfung des Richters, scheint eine Vertagung angebracht74. Verstößt die definitive Vereinbarung freilich (eindeutig) gegen die Interessen des Kindes oder eines der Ehegatten, dann kann der Richter gemäß Art 1100 NCPC die Homologierung und den Scheidungsausspruch verweigern, das Verfahren mittels einer „ordonnance" aussetzen sowie zugleich die Vorlage einer geänderten Vereinbarung - binnen 6 Monaten, gerechnet ab der Erlassung des „Vertagungsbeschlusses" - auftragen. Entsprechen die Antragsteller dieser Aufforderung nicht, so ist „das Verfahren nach Ablauf dieser Frist hinfällig 75". Dem Richter bleibt es freilich unbenommen, das Verfahren gar nicht zu vertagen und weder zu homologieren noch dem Scheidungsantrag stattzugeben76: Dies ist sicherlich angebracht, wenn eine der Grundvoraussetzungen der Scheidung fehlt, wie etwa der beiderseitige Scheidungswille als solcher; sei es, weil einer der Ehegatten sein Einverständnis widerrufen hat oder weil der Richter an der Ernstlichkeit und/oder Freiheit der Zustimmung Zweifel hegt oder aber, weil einer der beiden zur zweiten Verhandlung (unentschuldigt) nicht erscheint77. Falls freilich alle Voraussetzungen erfüllt sind, ergeht eine Entscheidung, mit der die definitive Scheidungsfolgenvereinbarung homologiert und der Scheidung auf beiderseitigen Antrag stattgegeben wird 78. Bei einer einverständlichen Scheidung wie dieser ist die Verweigerung der Homologierung (und als mögliche Konsequenz: des Scheidungsausspruches) eine folgenschwere Entscheidung. Dies insbesondere dann, wenn am Scheidungswillen keinerlei Zweifel bestehen. Die richterliche Verantwortung wird bei der Abwägung der Kindesinteressen (theoretisch) wohl größer sein als bei der Beurteilung der Interessen der Ehegatten. Letztendlich ist ihre Regelungsbefugnis bezüglich ihrer eigenen Interessen Ausfluß ihrer Privatautonomie, die bloß bei manifester Verletzung der Billigkeit und Ausgeglichenheit der Leistungen ihre Grenze findet. Die Rechtsprechung scheint der Differenzierung zwischen größerer Schutzbedürftigkeit des Kindes und auto74 Vgl Groslière (FN 7) Nr 418. Ob diese Vertagung einer „ordonnance" bedürfte, die der Anfechtung zugänglich wäre, scheint mE fraglich. Vielmehr läge hier wohl eine Art von - unanfechtbarem - „verfahrensleitendem Beschluß" vor. 75 Vgl Art 1101 NCPC: „Toute la procédure est caduque ...". Auch hier wird das Verfahren formell „abgeschrieben". 76 Ua Groslière (FN 7) Nr 425 geht auf dieses Ermessen des Richters ausdrücklich ein: entweder er spricht die Scheidung nicht aus, vertagt aber auch nicht; oder aber er vertagt. Im ersten Fall müßte - so Groslière - ein neues Scheidungsverfahren angestrengt - womit er ein Rechtsmittel auszuschließen scheint -, im zweiten Fall innerhalb der 6-monatigen Frist eine modifizierte Vereinbarung (bzw das Rechtsmittel der Berufung binnen 15 Tagen gemäß Artt 11001 iVm 1102 NCPC) eingebracht werden. 77 Dazu Cass civ 2 e , 29. 9.1982, Rép Defr 1983, art 33133 n° 75 (Massip) = Gaz Pal 1983, 2,558. 78 Art 1099 II NCPC.

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nomer Willensbildung der Ehegatten durchaus entsprechendes Gewicht zu verleihen. Letztlich jedoch wird den Kindeseltern im Zweifelsfall einen Vertrauensvorschuß eingeräumt: Sie wüßten wohl besser als jeder andere, welche Regelung die beste für das Kind sei. Dem ist im Prinzip beizustimmen, eine rein formelle Kontrolle würde indes der Rolle des JAM mE nicht gerecht: es scheint sehr zweifelhaft, ob die globale Feststellung, die Vereinbarung entspreche den Kindesinteressen, eine substantielle Prüfung belegen kann. Der Kassationshof 9 bestätigt diese Bedenken: zumindest habe der Richter seine ausgeübte Kontrolle in der Entscheidimg (zwar nicht zu begründen, aber doch) zu erwähnen. Seine Prüfungppflicht ist unbestritten: Allfälligen Gesetzesumgehungen bzw Überwälzungen der Unterhaltspflicht auf die Allgemeinheit hat er dezidiert entgegenzuwirken. Richtig hat deshalb das Berufungsgericht Douai erkannt80, daß dem Scheidungsantrag kein Erfolg beschieden sein könne, weil der unterhaltspflichtige Vater die Höhe des Anspruchs so angesetzt hatte, daß die Kindesmutter Sozialleistungen in Anspruch nehmen kann. Dies wurde von beiden Parteien als Begründung der niedrigen Zahlungspflicht vor Gericht sogar zugegeben. Groslière 81 merkt zu dieser Entscheidung82 an, daß der Richter die Antragsteller zu einer Modifikation der Scheidungsfolgenvereinbarung hätte auffordern können. Verfahrenstechnisch wäre dagegen nichts einzuwenden. Eine Eheauflösung nach Artt 230 ff verlangt auch das Verantwortungsbewußtsein für die (gemeinsamen) Kinder; mangelt es daran offensichtlich, gibt vielleicht der Änderungsauftrag des Richters den Eltern zu denken. Entsprechen sie dem nicht, so wird die Vereinbarung eben nicht homologiert und nach diesen Bestimmungen nicht geschieden. Der Ablauf des Verfahrens vor dem JAM, wie er - supra - geschildert wurde, rückt das Gewicht des beiderseitigen anhaltenden Scheidungswillens entschieden in den Vordergrund. Es darf deshalb auch nicht wundern, daß Lehre und Judikatur sich mit der Zulässigkeit des einseitigen Widerrufs des Einverständnisses beschäftigt haben. Diesem Fragenkomplex sind nachstehende Ausführungen gewidmet.

D. Widerruf des Einverständnisses An dieser Stelle ist der allfällige Widerruf bis zum Ende der letzten Verhandlung vor dem JAM zu prüfen. 79 Cass civ 2C, 4. 3. 1981, D 1982 IR 37 (mit Anm Bénabent , der sich mit einer formellen Kontrolle des JAM zu begnügen scheint) = Rép Defr 1982, art 32846, n° 7 (Massip) = JCP 1981IV 179. 80 Douai, 27. 3. 1980, D 1981 IR 383 ( Weill/Tené 2* , wohl auch Raynaud und dezidiert Pignarre 229 beschränken den Anwendungsbereich dieser Zulässigkeitsvoraussetzung auf die Scheidung nach Artt 230 ff 230 . Bloß Massip läßt die Frage offen und möchte sie vielmehr von der Rechtsprechimg gelöst sehen231. Bleiben noch Lindon/Bertin, die sowohl Argumente für die restriktive Auslegung wie auch solche gegen sie anführen 232, und schließlich Breton, der sich unter Berufung auf diese Autoren für die Anwendung der Sperrfrist ausspricht233. Soweit ersichtlich gibt es keine Judikatur, die sich mit diesem Problem als strittige Frage auseinandergesetzt hat. Wohl scheint sie im allgemeinen davon auszugehen, daß die 6-monatige Frist für den Scheidungsantrag nach Artt 233 ff nicht gilt 234 .

219 JO, Débats parlementaires, η. 43 A.N. (30 mai 1975), 3375. Siehe dazu auch die Anmerkung von Lindon zu TGI Aix-en-Provence, 21.4.1977, JCP 1977 II 18673. 220 de Juglart (FN 36) Nr 1442-2 und 1445-16. 221 Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 733 (Lindons Auffassung dürfte hier integriert sein; vgl die Parallele zur Entscheidungsglosse FN 219). 222 Bénabent (FN 40) Nr 294 ohne besondere Begründung. 223 Cornu (FN 18) FN 3 ad Nr 322. 224 Brader (FN 18) Nr 445. 225 Rieg (FN 21) FN 20 S 21 erblickt in ihr eine spezifische Voraussetzung der 1. Scheidungsvariante. 226 Groslière (FN 62) Nr 53 (FN 7) Nr 508. 227 Weill/Terré (FN 44) Nr 452 (letzte Zeile). 228 Raynaud (FN 195) Nr 9. 229 Pignarre (FN 202) 705. 230 Ebenso Demars-Sion (FN 204) FN 67 zu S 256, wenn auch nur am Rande. 231 Massip (FN 26) Nr 65. 232 Lindon/Bertin, Le „divorce-flash" et ses mirages, JCP 1979 1 2944, Nr 8. 233 Breton (FN 7) Nr 184. 234 Siehe Umfrageergebnisse von Pignone (FN 202) FN 69. 12 Verschraegen

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3. Fazit Das Risiko „voreiliger" Scheidungen ist mE eher gering, wie der Verfahrensablauf illustrieren wird. Artt 230 ff (im Abschnitt über die Scheidung auf Grund beiderseitigen Antrags) ordnet die Frist für „die" einvernehmliche Scheidung an, zu der bekanntlich nach der Gesetzessystematik die Scheidung auf Antrag des einen und mit Zustimmung des anderen gehört: auf Grund der teleologischen wie historischen Interpretation scheinen die Gegenargumente eher zu überwiegen. Während der parlamentarischen Debatten wurde ein entsprechender Antrag ausdrücklich abgelehnt. Da der Tatsachenvortrag (bzw die Replik) die Unerträglichkeit der ehelichen Gemeinschaft glaubhaft machen muß, kann er sowohl Facetten eines fehlerhaften Verhaltens wie auch Ausführungen über die Unverträglichkeit der Charaktere enthalten: Die Anwendung der Sperrfrist könnte daher den Anlaß zu neuerlichen „Justizkomödien" („vereinbarte" Verschuldensscheidung) bilden. Gegen diese teleologische Erwägung lassen sich unter Umständen Gegenargumente finden 235. Es scheint aber doch so zu sein, daß bloß eine teleologische Analyse eine ausgewogene Beantwortung der Frage ermöglichen dürfte: so hängt jene maßgeblich vom Gesamtbild ab, also etwa davon, ob der Versöhnungsversuch obligatorischer Natur ist (strittig!), in welcher Intensität das Scheitern zu prüfen wäre (strittig!) und wie die Unerträglichkeit der ehelichen Gemeinschaft bei sehr kurzer Dauer der Ehe belegt werden kann, vor allem dann, wenn es sich um Tatsachen handelt, denen ein schuldhaftes Verhalten zu entnehmen ist, die einer Verschuldensscheidung eben nicht entgegenstünden (ungeklärt!). C. Verfahrensablauf 236 Der Antrag auf Scheidimg ist durch einen Anwalt einzureichen und muß - bei sonstiger Unzulässigkeit - von einem persönlichen Bericht („mémoire 235 Etwa der Art: parlamentarische Änderungsvorschläge sind gelegentlich „politisch wenig opportun", einfach „lästig" oder kaum realisierbar, weil „die Zeit drängt"; das Ausweichen auf die Verschuldensscheidung ist keine Angelegenheit, für die schlicht der Gesetzgeber verantwortlich zu machen ist, vielmehr ließe sich von den Gesetzesvollziehern eine angemessene Korrektur erwarten etc. Dagegen läßt sich freilich einwenden, daß der Gesetzgeber primär einer klaren, vollziehbaren Regelung verpflichtet ist. Im übrigen ist der Gesetzgeber vielleicht nicht für die „abgesprochene Verschuldensscheidung" verantwortlich, wenngleich er sie wohl antizipieren können müßte, wohl aber für die „echte Verschuldensscheidung", die bei vernünftiger Auslegung durchaus vermeidbar wäre. 236 Vgl etwa Weill/Terré (FN 44) Nr 453; Guiho (FN 44) 192 ff und Morel/Croze (FN 44) 373 ff, 387 f.

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personnel") des Antragstellers begleitet sein, der datiert und von ihm unterfertigt ist 237 . Der Bericht hat alle jene Tatsachen zu enthalten, die die eheliche Gemeinschaft unerträglich machen, gleichgültig, auf welchen Partner dies zurückzuführen ist 238 . Das primäre Ziel dabei ist, was Carbonnier „le bilan psychologique" genannt hat 239 und im Art 1130 NCPC näher ausgeführt wird: eine möglichst objektive Beschreibung der ehelichen Situation, ohne daß diese Tatsachen bewertet oder einem der beiden vorgeworfen würden. Der Tatsachenbericht stellt demnach keine private Anklageschrift dar, sondern gewissermaßen ein „Geständnis". Dieses ist bekanntlich ein zulässiges Beweismittel240, das in Art 1356 in der Form eines gerichtlichen Geständnisses mit Wirkung für die andere Partei (seil „aveu indivisible", Art 1356 III) ausgestaltet ist 241 . Doch muß es sich im persönlichen Bericht nicht imbedingt um ein solches handeln. Vielmehr ist mE von einer persönlichen Erklärung, warum die eheliche Lebensgemeinschaft unerträglich geworden ist, auszugehen242: dh der Antragsteller gesteht ein, es hegt (im Zweifel) keine „Prozeßhandlung" im Sinne eines Geständnisses vor. Jedenfalls in diesem Stadium ist mit Vorsicht an die Anwendbarkeit des Art 259 in Verbindung mit Art 1356 III heranzugehen: denn selbst wenn ein „gerichtliches Geständnis" abgelegt wurde, hängt seine Wirksamkeit zweifellos von seiner Glaubwürdigkeit einerseits sowie von der Replik des anderen Ehegatten andererseits ab. Das geht nicht zuletzt aus Art 1135 NCPC hervor, der die Entscheidung des JAM eindeutig auf das Vorliegen eines „idouble aveu défaits qui rendent intolérable le maintien de la vie commune" ausrichtet. MaW entzieht das Erfordernis des beiderseitigen Eingestehens dem „gerichtlichen Geständnis" gerade sein typisches Merkmal, nämlich die Bindungswirkung für beide Parteien. Diese entsteht vielmehr erst mit Zustimmung des anderen243. Es kommt überhaupt nicht darauf an, ob die eheliche Lebensgemeinschaft durch ein „vorwerfbares" Verhalten unerträglich geworden ist, schlichte (neutrale) Tatsachen vermögen die Unerträglichkeit genauso zu be-

237 Art 1129 NCPC. 238 Art 233. 239 Carbonnier (FN 18) Nr 59. 240 Art 259, Text siehe FN 199. 241 Bloß Tatsachen können Gegenstand eines gerichtlichen Geständnisses sein: vgl Cass civ 2 e , 28. 3.1966, D 1966,541. 242 So auch Carbonnier (FN 18) Nr 59a: „C'est une expression de sentiments , non pas une manifestation de volonté; une parole sans portée juridique ." (Hervorhebung von mir.) Denkbar, aber hier wohl nicht anzunehmen, wäre freilich auch eine „doppelfunktionelle Prozeßhandlung". 243 Bei Cornu (FN 18) Nr 344 2° steht zu lesen: „Ce n'est pas un aveu judiciaire mais conjugal qui attend son effet d'une réponse, amorce d'un dialogue." (Hervorhebung von mir.)

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gründen 244. Art 236 sichert die Parteien pro futuro ab, denn ihre Erklärungen können in einem anderen gerichtlichen Verfahren nicht als Beweismittel verwendet werden. In praxi begnügen sich die Gerichte mit stereotypen Formeln 245: Der von Carbonnier einstmals gewünschte seelische Reinigungseffekt wird damit freilich nicht erreicht. Die Schematik entkleidet den Tatsachenbericht seines persönlichen Charakters und ist gleichzeitig Ausdruck einer pragmatischen Grundhaltung des Richters: Cui bono - wird gedacht -, die beiden sind sich einig! Dazu bedarf es natürlich noch der erforderlichen Reaktion des anderen Ehegatten. Innerhalb von 15 Tagen, gerechnet ab dem Einlangen des Antrags, leitet die „Geschäftsstelle" 246 den Scheidungsantrag samt Bericht mittels eingeschriebenen Briefes an den anderen Ehegatten weiter 247. Dieser kann innerhalb eines Monats248 den Bericht ausdrücklich oder konkludent verwerfen, wodurch der Scheidungsantrag hinfällig wird und das Verfahren beendet ist, oder aber zustimmend beantworten249. Es steht ihm frei, seine Zustimmung in der Form einer eigenen Tatsachenbeschreibung zu erklären 250. Art 234 ist im Vergleich zu Art 1133 NCPC viel allgemeiner formuliert und verlangt bloß das Eingestehen der Tatsachen. Zweifellos ergeben sich Probleme, wenn zwar die Richtigkeit des vom einen Partner dargestellten Sachverhaltes vom anderen nicht bestritten wird, dieser jedoch die eheliche Lebensgemeinschaft nicht als unerträglich empfindet.

244 Anderer Ansicht de Juglart (FN 36) Nr 1424 und FN 2, der unter Berufung auf die (im übrigen widersprüchlichen) vorbereitenden Arbeiten zum Gesetz ein beiden Ehegatten vorwerfbares Verhalten zur Untermauerung der Unerträglichkeit verlangt. Ebenso offenbar Jestai ^ Législation française et droit communautaire en matière de droit privé, 21 septembre 20 décembre 1975,1. - Personnes, famille, RTDC 1976, 209. Gegen die Schuldformel indes ua Groslière (FN 62) Nr 44; Massip (FN 26) Nr 137; Lienhard (FN 44) Nr 152. 245 Vgl Groslière (FN 7) Nr 513. 246 Art 1131 NCPC („le secrétaire-greffier" ist hiefür zuständig). 247 Gleichzeitig wird der Antragsteller selbst über den Inhalt des eingeschriebenen Briefes informiert: Art 1131 II NCPC. 248 Gerechnet ab der Zustellung des Schriftstückes. Wird vor Beginn dieser Frist der Scheidung schriftlich zugestimmt und die Richtigkeit der Tatsachen eingestanden, liegt ein Formfehler vor, wodurch der Antrag hinfällig wird. Dies selbst dann, wenn anschließend auch innerhalb der Frist der Scheidung (ordnungsgemäß) zugestimmt wurde: Diese E des TGI Le Havre , 21.4.1983, JCP 1984 II 20292 (Lindon), entbehrt allerdings nicht des Formalismus. 249 Art 1132 NCPC. Die Zustimmungserklärung des anderen Ehegatten muß mit dem Datum und seiner Unterschrift versehen sein, allerdings von seinem Anwalt eingereicht werden: Art 1133 I NCPC. 250 Art 1133 II NCPC.

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Vor dem JAM 2 5 1 hat der Antragsteller seinen Scheidungswunsch sowie seinen Bericht, der andere Ehegatte seine Zustimmung bzw gegebenenfalls seinen eigenen Bericht mündlich zu bestätigen252. Ob ein Versöhnungsversuch zwingend angeordnet ist, wird von der Lehre nicht einheitlich beantwortet. Der Wortlaut des Art 1134 I I (resp 1134 III) NCPC scheint dagegen zu sprechen: Gewinnt nämlich der Richter auf Grund des Aktenstudiums oder bei der persönlichen Konfrontation mit den Parteien den Eindruck, daß zwischen ihnen noch eine Gefühlsbindung vorliegt, so hat er sie darauf aufmerksam zu machen und einen Versöhnungsversuch vorzunehmen. Art 1135 NCPC geht indes offenbar generell von einem solchen aus, denn die „ordonnance", mit der das beiderseitige Eingestehen der Tatsachen, die die eheliche Lebensgemeinschaft unerträglich machen, festgestellt wird, soll erst bei fehlgeschlagener Versöhnung ergehen. Dieser Text wäre mE in Verbindung mit dem vorangehenden so zu lesen: Hat der Richter gar keinen Anhaltspunkt für eine eventuelle Aussöhnung der Parteien, erübrigt sich auch ein Versöhnungsversuch253. Art 251 II 2 5 4 bestätigt die Richtigkeit dieser Auslegung: Die Versöhnung kann, muß aber nicht angepeilt werden 255. Die Antinomie zwischen Code civil und NCPC betrifft hier jedenfalls den Zeitpunkt, zu dem der Versöhnungsversuch unternommen werden kann: nach jenem im Laufe des Verfahrens, nach diesem anläßlich der ersten Verhandlung256. Die Praxis betrachtet den Versöhnungsversuch überwiegend als obligatorische Aufgabe 257. Dies vielleicht deshalb, weil sie davon ausgeht, daß die 6monatige Frist hier nicht eingreife? Frei von Schwankungen dürfte die Judi-

251 Dem Familienrichter obliegt die Prüfung aller Unterlagen, erst danach sind die Ehegatten mittels eines eingeschriebenen Briefes mindestens 15 Tage vor dem angesetzten Verhandlungstermin zu laden: Art 1134 I NCPC. 252 Art 1134 II NCPC. 253 In diesem Sinne ua de Juglart (FN 36) Nrl424 und FN 7; Brazier (FN 20) Nr457; Marty t/Raynaud, Droit civil, Les personnes, Nr302; Massip (FN 26) Nrl39; Weill/Terré (FN 44) Nr 453; Cornu (FN 18) Nr 348; Bénabent (FN 40) Nr296 bzw Nr263; Groslière (FN 62) Nr 59; ders. (FN 7) Nr 519; Labrusse-Riou , Droit de la famille, 1. Les personnes, 334. 254 „Ist eine Ehescheidung auf Grund gegenseitigen Einverständnisses beantragt, so kann im Laufe des Verfahrens nach den für diese Art der Ehescheidung geltenden Regeln eine Versöhnung versucht werden." 255 Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 750 iVm Nr 733 scheinen die Aufgabe des Richters primär im Versöhnungsversuch zu erblicken; sogar als zwingend wird dieser von Pignarre (FN 202) FN 81 zu S 710 sowie Text ebenda angesehen. 256 Darin erschöpft sich allerdings die Divergenz nicht: ein echtes „Versöhnungsverfahren" kann bloß vor dem eigentlichen Scheidungsverfahren, ein „Versöhnungsversuch" auch noch während dessen Verlauf stattfinden. Dazu grundlegend Lienhard (FN 44) Nr 353 ff, Nr 358. 257 Pignarre (FN 202) FN 81 adde S 709.

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katur diesbezüglich trotz allem nicht sein, denn Lindon/Bénabent raten zur Sicherheit von einer früheren Antragstellung ab258. In diesem Zusammenhang ist allerdings die Frage nach Art und Umfang der richterlichen Zerrüttungsprüfung wesentlich ergiebiger. Denn vom Ausmaß der Bindung des Richters sowie der Parteien an die gemachten Aussagen hängt der Erlaß der „ordonnance", mit der das beiderseitige Eingestehen der Unerträglichkeit der ehelichen Gemeinschaft festgestellt wird, ab. Mit dieser „ordonnance" ist das - nicht-streitige - erste Verfahrensstadium beendet. Der TGI (maW das große Instanzgericht in Zivilsachen bzw Kollegialgericht) spricht in der Folge auf Antrag eines der Ehegatten die Scheidung nach Artt 233 ff aus und entscheidet über die Scheidungsfolgen (dies vorbehaltlich einer Berufung gegen die „ordonnance" 259), womit das - streitige zweite Verfahrensstadium abgeschlossen ist 260 .

258 Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 734: dies insbesondere, weil der Kassationshof - soweit ersichtlich - zu diesem Problem noch nicht Stellung genommen hat. 259 Artt 1135,1136 NCPC. 260 Die hier dargestellte Aufsplitterung in zwei Verfahren (ein nicht-streitiges und ein streitiges) sowie die Eingrenzung der Zuständigkeit des JAM einerseits und des TGI andererseits war viele Jahre hindurch Gegenstand hitziger Debatten in der Lehre und kontroversieller Entscheidungen der Praxis sowie eine Fundgrube für Prozessualisten. Der Streit verdient erwähnt zu werden, resultiert er doch aus einer (echten oder vermeintlichen - auch darüber herrscht Uneinigkeit -) Divergenz zwischen Code civil(Gesetz) und NCPC (bzw Dekret). Nach Art 234 spricht „der Richter44 die Scheidung aus, gemäß Art 247 III der „JAM" und laut Art 1136 NCPC (dh dem früheren Art 65 des Dekrets vom 5.12.1975) ist es „das große Instanzgericht in Zivilsachen", maW der TGI. Letzterer ist ausschließlich zuständig für die Entscheidung über die Scheidungsfolgen (das ist unbestritten). Einer der ersten, der zum Problem Stellung nahm, war Sicard, Un étrange problème: Les juges doivent-ils appliquer la loi .. ou les décrets?, Gaz Pal 1977,1,123: Aus verfassungsrechtlichen Erwägungen gebühre dem Gesetz der Vorrang vor dem Dekret (als Durchführungsregelung der Verwaltung). Ungefähr zur gleichen Zeit erging eine Entscheidung des TGI Besançon, 18. 1. 1977, JCP 1978 II 18798 (Dufour) = D. 1978 IR 189 (Bénabent) = RTDC 1978, 631 al 2 (Nerson/Rubellin-Devichi, Jurisprudence française en matière de droit civil. A. - Personnes et droits de famille) = RTDC 1978, 406 al 3 (Perrot), mit der der JAM - den Leitsatz der Reform „de dédramatiser le divorce" ernstnehmend - eine Ehe innerhalb von vier Tagen, gerechnet ab dem Einlangen des Antrags, gemäß Artt 233 ff geschieden hatte. Den Widerspruch zwischen Gesetz und Dekret, der übrigens von Nerson/Rubellin-Devichi (aaO 633 f) bestritten wird, löste der Familienrichter im Sinne der Gesetzespriorität. Die Eintragung der Ehescheidung nach Artt 233 ff in das Personenstandsregister erfolgt erst nachdem über allfällige Rechtsmittel abschließend entschieden wurde bzw nach wirksamem Rechtsmittelverzicht, und zwar unter Vorlage der erforderlichen Schriftstücke: vgl JO, 14.12.1987, Déb Ass nat, Questions et réponses, 6793, in: Rép Defr 1988, art 34192, 330 f. Im Grunde geht es hier um wesentlich diffizilere Probleme, als sie hier angerissen werden: so wäre etwa noch zu prüfen, ob die betreffenden Bestimmungen dès Dekrets „autonomes Recht" im Sinne des Art 37 derfranzösischen Verfassung sind oder ob sie als „Durchführungsregelungen" im Sinne des Art 34 der Verfassung zu betrachten wären. In diesem Fall greift die Hierarchie der Normen ein. All das führt hier jedoch zu weit. Zum Problem siehe

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D. Offene Fragen Da vom zweiphasigen Verfahren auszugehen ist, wird die Frage, ob, wie und vor allem in welchem Verfahrensstadium das „Zugeständnis" (resp das Einverständnis) widerruflich ist, damit nicht obsolet. Das Gegenteil ist der Fall. Zunächst ist umstritten, wie zu verfahren ist, wenn der Bericht bestätigt wurde, einer der beiden Ehegatten jedoch zum Gerichtstermin nicht erscheint (1); dann die Frage, welche Tragweite dem Zugeständnis zukommt. Darf sich der Richter maW mit dem bloßen Tatsachenbericht bzw der Bestätigung durch den anderen Ehegatten begnügen oder setzt der Scheidungsausspruch auch voraus, daß die Ehegatten sich über die Unerträglichkeit der ehelichen Lebensgemeinschaft und über die Scheidung als solche einig sind? Was ist rechtens, wenn der andere Ehegatte den Tatsachenbericht des einen bestreitet, aber mit dem Unerträglichkeitsvorbringen konform geht (2)261? Schließlich bleibt zu prüfen, ob das Eingeständnis (bzw die Zustimmung) auch vor dem TGI noch widerrufen werden kann: Muß das Einverständnis vor diesem nochmals wiederholt werden oder ist das Gericht an die „ordonnance" des JAM gebunden, oder obliegt ihm seinerseits die Kontrolle allfälliger Willensmängel, und wenn ja, unter welchen Bedingungen?

Dufour (aaO mwN). Im Ergebnis fällte der JAM (des TGI Besançon) wohl unzulässigerweise (vgl Lindon/Bertin [FN 232] Nr 12) ein Urteil (Jugement"), sodaß dadurch das Rechtsmittel der Berufung (bloß zulässig gegen eine „ordonnance") von vornherein ausgeschlossen war und der Instanzenzug verkürzt wurde, was freilich die Geschiedenen im konkreten Fall überhaupt nicht gestört haben dürfte. (Interessanterweise war ein Teil der „Aufregung" offenbar durch die Meinung ausgelöst worden, das Rechtsmittel der Berufung sei bloß gegen die [nach dem Gesetz an sich richtige Entscheidungsform, dh die] „ordonnance" und nicht gegen das „Urteil" vorgesehen.) Fast einig sind sich die Autoren darüber, daß eigentlich der Conseil d'Etat den Streit über die Antinomie zu lösen hätte, vgl Lienhard (FN 44) Nr 137 ff; aA Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 754 ff. Bis zur Klärung durch den Staatsrat ... sei der TGI, nicht der JAM für die Entscheidung über die Ehescheidung zuständig: Das ist jedenfalls die herrschende Lehre (vgl auch Nerson/Rubellin-Devichi, aaO 632; Lindon/Bertin (FN 232) Nr9ff; Pignarre (FN 202) 711; Weitt/Terré (FN 44) FN 1 zu Nr 453 2°; Carbonnier (FN 18) Nr 59 und 2° zu Nr 60; Cornu (FN 18) Nr 351 und schon früher Groslière , Le juge aux affaires matrimoniales (ou l'hommeorchestre du divorce), D 1976 Chr 76, Nr 12 f sowie ders. (FN 7) Nr 531 ff; Brazier (FN 20) Nr 446; de Juglart (FN 36) Nr 1445-17; Raynaud (FN 196) Nr27; Breton (FN 7) Nrl92ff, Nr 195 und ständige Rechtsprechung, denn außer dem JAM des TGI Besançon hat sich meines Wissens kein Richter bei dieser Scheidungsvariante die ausschließliche Zuständigkeit angemaßt. Dies trotz der Tatsache, daß das Dekret n° 81-500 vom 12. 5. 1981 eine entsprechende Korrektur unterlassen hat, vgl dazu Lindon/Bertin (FN 123) Nr 25 sowie Bénabent (FN 40) Nr 315 und dens. (FN 144) 34 f. 261 Die Fragen wurden zum Teil von Groslière (FN 62) Nr 49, Sicard (FN 260) 123 sowie Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 752 in den Raum gestellt. Der Regierungsentwurf hatte den Fall, daß zwar die Sachverhaltsdarstellung bestätigt, die Unerträglichkeit indes geleugnet wird, ins Auge gefaßt und sah vor, daß dem Scheidungsantrag nicht stattzugeben sei: Siehe Groslière , ebenda.

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1. Hat der andere Ehegatte auf den Tatsachenbericht gar nicht reagiert, dann wird das Verfahren nicht fortgesetzt. Bei Vorliegen einer „ordnungsgemäßen Bestätigung", aber Säumnis einer der beiden Parteien, ist zu unterscheiden: Entschuldigtes Fernbleiben muß mE zu einer Vertagung führen, selbst dann, wenn beide den Termin nicht wahrnehmen. Im Falle unentschuldigten Fernbleibens müßte wohl ein neue Tagsatzung anberaumt werden. Groslière schlägt allgemein bei einer Verhinderung des Antragsgegners vor, Art 1110 NCPC per analogiam anzuwenden262: Eine Bestimmung, die im Rahmen des Versöhnungsversuches bei Verhinderung eines Ehegatten vorsieht, daß entweder vertagt wird oder der Richter sich persönlich zum Abwesenden begibt oder aber einen anderen Richter zwecks Befragung des Betreffenden um Rechtshilfe ersucht263. 2. Welche Tragweite hat das Zugeständnis und wann liegt eine „ordnungsgemäße Bestätigung" vor? Der Antragsteller selbst wird in seinem Tatsachenbericht („mémoire en demande") auf jeden Fall die Unerträglichkeit der ehelichen Lebensgemeinschaft zu behaupten und die „eheliche Situation" möglichst objektiv zu beschreiben haben. Wesentlich schwieriger fällt die Beurteilung des Zugeständnisses durch den anderen Ehegatten: In bezug auf den Sachverhalt bleibt es ihm unbenommen, eine eigene Darstellung anzubieten264, dh er kann vom Tatsachenbericht in seinem „mémoire en réponse" durchaus abweichen, diesen ergänzen, aber wohl nicht insgesamt bestreiten. Es ist anzunehmen, daß das volle Einverständnis sich daher mindestens auf zwei Punkte beziehen muß: auf die Unerträglichkeit der Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft und auf die Scheidung gemäß Artt 233 ff. Das bedeutet: Die Sachverhaltsdarstellungen müssen mE weder völlig konform gehen noch eine identische Grundlage für die Unerträglichkeit bieten; aus jenen soll diese jedoch ableitbar sein. Behauptet demnach einer der beiden, die eheliche Lebensgemeinschaft sei für ihn erträglich, fehlt es mE an einer wesentlichen materiellen Scheidungsvoraussetzung. Dasselbe gilt wohl - zumindest für diese Scheidungsvariante -, wenn er den durch den Antragsteller geschilderten Sachverhalt bestätigt, des weiteren auch zugibt, daß die eheli-

262 Groslière (FN 7) Nr 523; Massip (FN 26) Nr 139 plädiert für eine Vertagung und Cornu (FN 18) FN 34 zu Nr 349 für eine Befragung an Ort und Stelle. 263 Kritisch allerdings Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 753, die die gleichzeitige Anwesenheit beider Parteien verlangen, wie sie der obligate Versöhnungsversuch auch voraussetzt. 264 Art 1133 II NCPC, dessen Wortlaut einigermaßen kryptisch anmutet: „L'époux peut joindre un mémoire où, sans contester la relation des faits , il en propose, dans les mêmes formes sa version personnelle ." Der Bericht des Gegenantragstellers hätte wohl wenig Sinn, wenn von vornherein die Objektivität gewährleistet wäre: Vgl Blanc/Viatte (FN 12) zu Art 1133 NCPC. Die Gegendarstellung muß vom Antragsteller im übrigen nicht angenommen werden, vgl Jestaz (FN 244)209.

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che Lebensgemeinschaft unerträglich geworden ist, er sich jedoch unter keinen Umständen scheiden lassen will. Es liegt kein „venire contra factum proprium" vor, weil er dieser Scheidung ja nicht zustimmen muß. Das scheint mir die logische Konsequenz aus der Regelungsstruktur der Scheidung nach Artt 233 ff zu sein: Wer die Scheidungsvoraussetzungen materiellen Rechts auf die Bestätigung der Sachverhaltsschilderung und der Unerträglichkeit der Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft reduziert, führt eine neue Variante der Ehescheidung wegen Auseinanderbrechens der ehelichen Gemeinschaft, dh einen neuen Scheidungstypus, der die Scheidung auch gegen den Willen des anderen Ehegatten ermöglicht, ein. Bei der Scheidung auf Antrag des einen und mit Zustimmung des anderen ist dafür mE kein Raum. Daran vermag auch die Möglichkeit der „passereile" nach Art 246 (dh der Antrag auf Überleitung in das Verfahren zur Scheidung auf Grund gemeinsamen Antrags) nichts zu ändern: hier sind sich die Ehegatten nicht bloß einig über die Scheidung als solche, ohne daß hiefür ein Grund angegeben werden müßte, sondern außerdem über sämtliche Scheidungsfolgen. Der große Vorteil der Scheidung nach Artt 233 ff besteht eben diesbezüglich darin, daß das Kollegialgericht im 2. Verfahrensstadium über alle Rechtsfolgen befindet. Und da die französische Doktrin die Argumentation zur Untermauerung dieses ,janusköpfigen" Ehescheidungstypus vorwiegend vom Prozeßrecht her führt, sei noch eine zusätzliche Bemerkung zu den supra angebotenen Lösungen statthaft. Die Scheidimg auf Grund gemeinsamen Antrags ist sachgerecht - als einvernehmliche Scheidung der nicht-streitigen Gerichtsbarkeit zugewiesen. Die Scheidung auf Antrag des einen und mit Zustimmung des anderen ist verfahrensrechtlich zweigeteilt. Die erste Phase vor dem JAM ist nicht-streitig, die zweite Phase vor dem Kollegialgericht ist streitig: In jenem wird erledigt, worüber die Ehegatten sich grundsätzlich einig sind (nämlich die Scheidung als solche), in diesem wird über strittige Interessen (und zwar die Scheidungsfolgen) befunden. Zugegebenermaßen hat sich die französische Lehre zu diesen Problemen nur zum Teil geäußert. Die Meinungen divergieren einigermaßen, und deren Berechtigung soll analysiert werden. Der Richter habe jedenfalls nach Auffassung von Lindon/Bénabent festzustellen, daß beide Ehegatten die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft unerträglich finden, und begründen dies mit einer sehr interessanten Parallele zur Verschuldensscheidung, aus deren Anlaß der Richter nicht nur das vorwerfbare Verhalten, sondern zugleich die Unerträglichkeit der Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft feststellen muß, widrigenfalls das Urteil rechtswidrig ist 265 . Der Vergleich hinkt mE insofern, 265 Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 752.

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als in unserem Fall die Unerträglichkeit von beiden Ehegatten zugestanden werden muß. Dieses Zugeben des Scheiterns ist in Verbindung mit der eben deswegen angestrebten Scheidung zu sehen: MaW am beiderseitigen Scheidungswillen darf kein Zweifel bestehen; ein solcher könnte bei der obigen Divergenz aufkommen. Aus diesem Grunde wäre auch einer bedingten Annahme mit Skepsis zu begegnen. Sie müßte sich freilich innerhalb der gesetzlichen Schranken halten; kein „Kuhhandel" also, sondern vernünftiges Abwägen der Interessen. Das sei nach Groslière nicht nur zulässig, sondern ergebe sich aus dem einvernehmlichen Aspekt dieser Scheidung, der sich ja graduell herauskristallisiert 266. Der do-ut-des-Spielraum ist infolgedessen erheblich eingeschränkt, denn der TGI entscheidet über die Scheidungsfolgen, sodaß die privatautonome Vereinbarung sich (wirksam) bloß auf den von Groslière erwähnten Widerruf von Schenkungen und Vorteilen beziehen könnte. Die obigen Thesen finden sich bei Comu mittelbar bestätigt267: Denn die ausdrückliche Verwerfung des Antrags nach Art 1132 NCPC kann sich entweder auf die Sachverhaltsdarstellung oder auf den Antrag als solche beziehen. Es besteht daher kein Zweifel, daß ein beiderseitiger Scheidungswille vorliegen muß268. Explizit ebenso Carbonnier „... ils étaient bien d'accord sur le principe du divorce, mais point sur ses conséquences.269" Indirekt bringt wohl auch Massip diesen Gedanken zum Ausdruck; das Einvernehmen über die Scheidung selbst genügt seiner Ansicht nach nicht, es muß sich schwerpunktmäßig auf die wesentlichen Tatsachen, die die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft unerträglich machen, beziehen270. Ohne weitere Konkretisierung verlangt Raynaud das Einverständnis über den Scheidungsgrund und über die Scheidung selbst271, denn der Mangel an Scheidungswillen führte zu einer Zerrüttungsscheidung. Dem ist zuzustimmen, denn alles andere hätte die Umgehung der Artt 237 ff zur Konsequenz, wenngleich es bei der echten Zerrüttungsscheidung natürlich um eine objek266 Groslière (FN 69) Nr 50: So räumt das Gesetz den Ehegatten durchaus eine „Verhandlungsbasis" ein; dazu vgl Art 268-1: „Ist die Ehescheidung aufgrund eines von dem anderen Ehegatten angenommenen Antrags ausgesprochen, so kann jeder der Eheleute die von ihm dem anderen zugewendeten Geschenke und Vorteile ganz oder teilweise widerrufen." Cornu (FN 18) FN 20 zu Nr 345 § 2 bezeichnet eine bedingte Annahme als unzulässig. Inzwischen Groslière (FN 7) Nr 518 wohl auch. 267 Cornu (FN 18) Nr 345 § 2 A a 2° und Nr 2 A b 3°: Der Scheidungsausspruch auf Grund des Antrags und Tatsachenberichts trotz Verwerfung durch den anderen Ehegatten wäre selbstverständlich unzulässig, denn ihm stünde die Scheidung wegen Zerrüttung gleich. 268 Vgl ausdrücklich Cornu (FN 18) Nr 346 a 1°: „A la vérité, l'acceptation du mémoire implique aussi, de toute évidence, une acceptation du divorce (au moins en son principe) ..." 269 Carbonnier (FN 18) Nr 59 II sowie Nr 60 (Théorie juridique). 270 Massip (FN 26) Nr 62. 271 Marty/Raynaud, (FN 253) Nr 270; differenzierter jedoch Raynaud (FN 196) Nr 26. Eine etwas weichere Formulierung findet sich bei de Juglart (FN 36) Nr 1445-17Ì: die Ehegatten müssen sich wohl über die Tatsachen, die die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft unerträglich machen, einig sein.

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tive Zerrüttung geht, die vom Beklagten subjektiv nicht empfunden sein muß. Eine weitere Nuancierung brachte Brazier an: Das „kumulative Einvernehmen" über die vorgebrachten Tatsachen und ihre Folge (nämlich die Unerträglichkeit) belege den Scheidungswillen272. (Zumindest) Anders formuliert dies Rieg: Der andere Ehegatte hat seinen Scheidungswillen vor dem Richter zu erklären, indem er die Tatschen, die die Unerträglichkeit belegen, anerkennt 273. Die Stichproben zeigen die unterschiedlichen Auffassungen deutlich auf: Wenngleich die Schwerpunkte der Argumentation variieren, scheint doch folgende Schlußfolgerung zulässig: Selbst wenn der Scheidungswille mittelbar aus den Tatsachen, die die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft unerträglich machen, gefolgert wird, wäre eine stattgebende Entscheidung bei Bestreitung der Unerträglichkeit der Scheidungsabsicht nicht gerechtfertigt. Bei diesem status quo ist es geboten, auf die zentrale Frage zurückzugreifen, die bereits bei der Schilderung des Verfahrensablaufs aufgeworfen wurde und deren Auslotung bislang vorbehalten blieb, nämlich das Ausmaß der Zerrüttungsprüfung. E, Die Zerrüttungsprüfung Ob die Tatsachen, mit denen die Unerträglichkeit der Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft begründet wird, vom JAM überprüft werden dürfen, wird nicht einheitlich beantwortet. Fraglich ist erstens, auf welchen Zeitraum sich der Tatsachenbericht beziehen soll. Eine Standardantwort ist müßig, denn nicht bloß die Dauer anhaltender Sticheleien (zum Beispiel) kann signifikant sein; die Tiefe der Unerträglichkeit könnte mit der Darstellung weniger Geschehnisse innerhalb kurzer Zeit glaubhaft gemacht werden. Außer Streit steht, daß die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft unerträglich sein muß, und zwar für beide. Das Gesetz geht maW davon aus, daß die „eheliche Lebensgemeinschaft" aufgenommen wurde 274. Soweit ersichtlich liegt keine Rechtsprechung vor, die sich mit der Frage beschäftigt hätte, ob dem Scheidungsantrag nach Artt 233 ff überhaupt stattgegeben werden darf, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft 275 noch gar nicht 272 Brazier (FN 20) Nr 440 ff. 273 Rieg, La réforme française du divorce au regard du droit comparé, in FS Bosch, 799. 274 Arg Art 233: „... qui rendent intolérable le maintien de la vie commune" 275 Der Begriff „vie commune" ist im übrigen bei der Zerrüttungsscheidung wiederholt Art 237 -, allerdings dort (auch) nicht definiert. Vielmehr handelt es sich um eine beiderseitige eheliche Pflicht, geregelt in Art 215 I. Vgl dazu Manigne, La communauté de vie, JCP 1976 I 2803. Sie umfaßt jedenfalls die physische, emotionale und geistige Gemeinschaft der Ehegat-

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bestanden hat. Die Praxis würde sich wahrscheinlich an den Wortlaut der Bestimmung halten, sie nach ihrem Buchstaben interpretieren und zur Schlußfolgerung gelangen, daß mangels aufgenommener Lebensgemeinschaft eine formelle Scheidungsvoraussetzung fehlt. Es stellt sich freilich die Frage, ob diese Ansicht auch nach Ablauf von 6 Monaten haltbar wäre: Die Scheidung auf Grund gemeinsamen Antrags stellt nämlich gar nicht auf das Vorliegen einer ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern ausschließlich auf die Mindestdauer der Ehe selbst ab. Wenn die Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft nicht aufnehmen, aber sehr wohl einverständlich geschieden werden wollen, weil sie deren Unerträglichkeit antizipieren, erweist sich eine allzu enge Auslegung unter Umständen als unvertretbar. Das Argument mancher Autoren, ein Ausweichen auf andere Scheidungstatbestände sei tunlichst zu vermeiden, ist - wenn überhaupt, dann - hier angebracht. Mein Vorschlag lautet demnach wie folgt: Haben die Ehegatten ihre eheliche Lebensgemeinschaft nie aufgenommen, sind sie sich indes im Prinzip über die Scheidung selbst, nicht jedoch über die Scheidungsfolgen einig, ist der Scheidungsantrag nach Artt 233 ff erst nach 6-monatiger Dauer des Ehebandes zulässig276. Ungeklärt ist zweitens, was als „Unerträglichkeit" gewertet werden kann bzw ob dem Richter eine Würdigungspflicht oder zumindest eine Prüfungsobliegenheit zukommt277. Brazier gibt folgendes Beispiel: Der Antragsteller begehrt die Scheidung nach Artt 233 ff, weil seine Ehegattin dagegen opponiert, daß der Pudel im gemeinsamen Schlafzimmer übernachtet. Die Tatsachen werden von ihr bestätigt, die Unerträglichkeit der Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft eingestanden und der Scheidung zugestimmt. Dem Scheidungsantrag wäre stattzugeben278, denn das Ziel des Reformgesetzgebers war doch „de dédramatiser le divorce". Darüber hinaus ist die „Unerträglichkeit" hier weniger ein „objektiver (dh normativer) Wertbegriff 4, sondern eher Ausdruck „subjektiven Empfindens", weil es sonst der Übereinstimmung beider Gatten nicht bedürfte. Zum selben Ergebnis müßte Dumusc kommen, da er unter Berufung auf den Vorentwurf und nachträgliche Änderungen redaktioten, und - nach Manigne - deren Zusammenarbeit und Pflicht gemeinsamer Entscheidungen. Wohl ist es durchaus denkbar, daß beide bei aufrechter ehelicher Gemeinschaft getrennt wohnen. Getrenntes Wohnen ist allerdings auch in derselben Wohnung möglich, sodaß dies einer aufgehobenen ehelichen Gemeinschaft jedenfalls nicht entgegenstünde, sofern nur der Trennungswille vorliegt. 276 Dies unter analoger Anwendung der in Art 231 III statuierten Sperrfrist. 277 Vgl etwa Breton (FN 7) Nr 189 f, der das Problem erkennt, sich dazu aber nicht näher äußert. 278 Vgl Brazier (FN 20) FN 224 zu Nr 435 2°; zur Bindung des Richters an die Aussagen siehe Nr 420 bzw Nr 433.

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neller Natur von einem subjektiven Zerrüttungsbegriff ausgeht279: Der Richter ist seiner Ansicht nach an die Aussagen gebunden. Genauso denkt darüber Lienhard: Niemand könnte an Stelle der Ehegatten beurteilen, ob das Unerträglichkeitsmaß voll sei oder nicht; der Richter habe sich allerdings vom beiderseitigen Willen zur Erneuerung ihrer Eingeständnisse zu vergewissern 280. Nicht weniger drastisch führen Lindon/Bénabent aus, daß die richterliche Zerrüttungsprüfung sich auf Null reduziere 281. Eine gemäßigtere Meinung scheint Carbonnier zu vertreten: Nicht jedwede subjektive Unverträglichkeit sei maßgeblich, vor allem dann nicht, wenn der Richter zur Überzeugung gelangt, daß die Fortführung der ehelichen Gemeinschaft mit „un minimum de bonne volonté" möglich wäre; freilich sei der Sachverhalt auf seinen Wahrheitsgehalt hin nicht zu überprüfen, bloß die Ernstlichkeit und Freiheit der Erklärungen müsse gewährleistet sein282. Damit ist das Problem mE nicht gelöst, sondern die Frage bloß darauf verschoben, ob „der gute Wille" objektiv oder subjektiv zu verstehen ist. Die Argumentation läuft auf ein Lippenbekenntnis hinaus: Die Forderung einer „qualifizierten Unerträglichkeit", die über rein subjektive Empfindungen hinausgeht und offenbar an einer (ungeschriebenen) Toleranznorm gemessen wird, ohne daß irgendeine Verifizierung vonnöten wäre, ist mE völlig sinnlos. „Signifikante Tatsachen" verlangen des weiteren de Juglart 283 und Cornu 284. Dieser exemplifiziert: Entfernungen, Reisen, schwierige Lebensumstände, Einmischung Dritter, beanspruchende berufliche Aktivitäten etc. Zwar seien die Ernstlichkeit und Freiheit der abgegebenen Erklärungen zu prüfen, im übrigen stellen die Sachverhaltsdarstellungen aber ein Beweismittel in der Form eines „Geständnisses" dar, sodaß bestenfalls eine Simulation bzw ein Rechtsmißbrauch taugliches Hindernis für die Feststellung der Scheidung wären 285. Cornus Technik läuft freilich auf die Konstruktion einer unwiderlegbaren Vermutung hinaus. Anders wiederum Massip, der in der Sachverhaltsdarstellung die Analyse schwerer oder wiederholter Eheverfehlungen verlangt, da das ( E i n g e ständnis den Scheidungsgrund bilde286. Einem Scheidungsbegehren ist nach seiner Meinung nicht bloß wegen einer auf unterschiedlichem Geschmack 279 Dutnusc (FN 6) 49. 280 Lienhard (FN 44) Nr 152. 281 Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 736, ebenfalls unter Berufung auf den Vorentwurf und die „redaktionelle" Änderung. Es handelt sich offenbar um Lindons Ansicht, denn Bénabent selbst (FN 40) Nr 295 weist bloß auf das Problem hin. 282 Carbonnier (FN 18) Nr 59 (letzter Absatz). 283 de Juglart (FN 36) Nr 1445-17Ì, freilich ohne nähere Angaben. 284 Cornu (FN 18) Nr 344 A a 2. 285 Ders. (FN 18) Nr 350 a und b. 286 Massip (FN 26) Nr 62 2°.

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beruhenden Unerträglichkeit stattzugeben. Und was die Zerrüttungsprüfung anlangt ...: Der Richter habe nur das gegenseitige „Geständnis" festzustellen 287 . Die Forderung schwerer oder wiederholter Eheverfehlungen findet im Gesetz keine Stütze, auf ihr ohne jegliche Kontrolle zu beharren, trägt zum institutionellen Gehalt der Ehe mE nichts bei. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Lehre eine materielle Zerrüttungsprüfung ablehnt288. Sie begnügt sich teils mit der verbindlichen Parteienaussage der subjektiven Zerrüttung, ohne weitere Anforderungen zu stellen, teils verlangt sie die Prüfung der Ernstlichkeit und Freiheit der Erklärungen. Die Unerträglichkeit kann nach manchen aus subjektiven Feststellungen resultieren (vgl etwa Dumusc, Lindon/Bénabent , Lienhard, Brazier ), nach anderen soll sie einigermaßen objektiviert werden (siehe Carbonnier, Comü) oder aber (nach Massip) anhand objektiver Verschuldensmaßstäbe belegbar sein. Die relative oder absolute Objektivierung hat ohne richterliche Kontrolle mE keinen substantiellen Gehalt. Wenn subjektive Kriterien tatsächlich den Zerrüttungsbegriff auszufüllen vermögen, ist der JAM aber doch gehalten, sich von der Emstlichkeit und Freiheit der Aussagen zu überzeugen. Bestehen Zweifel am Wahrheitsgehalt der vorgebrachten Tatsachen, die die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft unerträglich machen, hat der Richter weitere Forschungen anzustellen. Dies empfiehlt sich insbesondere dann, wenn der Antrag in den ersten 6 Monaten der Ehe (resp der aufgenommenen Lebensgemeinschaft) gestellt wird, was mE (bei aufgenommener Lebensgemeinschaft) wohl zulässig ist. Ein evident wahrheitswidriges „Geständnis" kann den Richter nicht binden. Mehrmals ist der Versuch unternommen worden, das „Eingeständnis" bzw die „Zustimmung" zur Scheidung im zweiten Verfahrensstadium, dh vor dem Kollegialgericht zu widerrufen. Rechtsprechung und Lehre waren daher gezwungen, sich mit dem Stellenwert der „ordonnance" des JAM, der 2. Verfahrensphase vor dem TGI sowie dem Pouvoir dieses Kollegialgerichtes auseinanderzusetzen. Die Fragen stellen sich unweigerlich bei jedem Versuch eines Widerrufs des Einverständnisses nach seiner Feststellung durch den JAM, aber vor dem Aus-

287 Ders. (FN 26) Nr 140. 288 Vgl Peniti, La réforme du divorce et le droit comparé, enseignements jurisprudentiels belges et allemands concernant le consentement mutuel et la clause de dureté, Gaz Pal 1975, 2, 793: Nach belgischem Recht kommt es auf die subjektive Zerrüttung der Ehe an. Ob diese freilich zur Interpretation derfranzösischen Bestimmungen heranziehbar ist, scheint mir angesichts der unterschiedlichen Regelungen fraglich.

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spruch über die Scheidung (und die Scheidungsfolgen) durch das obere Instanzgericht in Zivilsachen. F. Widerruf des Einverständnisses vor dem Scheidungsausspruch Die Stellungnahmen entbehren in Anbetracht der mangelnden Kontrolle durch den JAM einer gewissen Konsistenz. Von einem pragmatischen Standpunkt her betrachtet, wäre zu hinterfragen, worin der Sinn und Zweck der doppelphasigen Struktur dieses Scheidungsverfahrens besteht. Denn trotz der vielen Divergenzen bezüglich des maßgeblichen Zeitpunkts, zu dem das Einverständnis vorliegen muß, ist eine deutliche Tendenz zu einem bloßen Vollzugspouvoir des TGI - bar jeglicher Kontrolle - nicht zu verkennen. Nach ergangener „ordonnance", mit der der Familienrichter den Scheidungsgrund feststellt, wird die zweite Verfahrensphase mittels Antrags eines der beiden Ehegatten eingeleitet (sogenannter Fortsetzungsantrag) 289. Die Diskussion um die Widersprüche zwischen Code civil und NCPC in bezug auf die Zuständigkeit des JAM einerseits und des Kollegialgerichts andererseits wird hier fortgeführt. Sie wird zudem ergänzt durch den Streit über das Gewicht des Einverständnisses, das viele Autoren auf Grund der „zweifelhaften" Natur dieser Scheidungsvariante relativieren wollen. Mit der zweiphasigen Struktur des Scheidungsverfahrens ist an sich noch nicht viel ausgesagt. Dasselbe gilt für die Feststellung des Scheidungsgrundes im ersten Stadium; denn heute ist unbestritten, daß nicht der Familienrichter, sondern vielmehr das Instanzgericht, dh der TGI die Scheidung ausspricht. Wie hat dieses nun zu verfahren, wenn eine der beiden Parteien ihre Zustimmung widerrufen will bzw behauptet, sein Eingeständnis sei mit einem Willensmangel behaftet gewesen? 289 Art 1136 I NCPC. Neuerlich wird man mit einer Gesetzeslücke konfrontiert, sieht doch der NCPC bloß eine Verfallsfrist von 6 Monaten, die sich auf die vorläufigen Maßnahmen bezieht, vor. Was rechtens ist, wenn die Ehegatten den Antrag beim TGI zur Urteilsfällung (über die Scheidung selbst wie über die Scheidungsfolgen) nicht stellen, ist ungeklärt: Ein Verfall der „ordonnance" ist nicht geregelt. Groslière meint deshalb, daß sie ihre Bindungswirkung nicht verliert und die Ehegatten den Antrag auf Entscheidung theoretisch unbefristet stellen könnten: vgl (FN 6) Nr 529. Diese Ansicht scheint unrichtig. Die Lösung ist mE im allgemeinen Verfahrensrecht zu suchen. Überlegenswert wäre entweder die Anwendung des Art 386 NCPC, nach welchem das Verfahren nach Ablauf von 2 Jahren verfällt, wenn keine der Parteien ihre prozessuale Obliegenheiten erfüllt, oder aber Art 757 NCPC, nach welchem der Antrag vor dem TGI verfällt, wenn er nicht innerhalb von 4 Monaten der „Geschäftsstelle" zugeleitet wird. Diese Lösung wird von Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 772 f in Erwägung gezogen. (Denkbar wäre ihrer Ansicht nach ebenfalls ein Antrag auf Feststellung des Verfalls des Verfahrens bei Untätigkeit des ursprünglichen Scheidungsantragstellers: Artt 468 und 469 NCPC.) Unter Anwendung des Art 1113 NCPC iVm Art 757 NCPC sind die vorläufigen Maßnahmen nach Ablauf von 6 Monaten insgesamt (gerechnet ab der Bekanntmachung der „ordonnance" läuft jeweils eine Frist von 3 Monaten pro Ehegatte) hinfällig, und nach weiterem Verlauf von 4 Monaten ist das gesamte Scheidungsverfahren gegenstandslos.

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Zur Information sollte vorweg darauf hingewiesen werden, daß gegen die „ordonnance" des JAM das Rechtsmittel der Berufung zulässig ist 290 . Das Gesetz stellt überhaupt nicht auf eine allfällige Parteienbeschwer ab. Erläßt der Familienrichter antragsgemäß und auf Grund des Eingeständnisses (bzw der Zustimmung) des anderen Ehegatten die „ordonnance", können dennoch beide Parteien innerhalb der Rechtsmittelfrist Berufung erheben. Es bedarf ebenfalls der Erwähnung, daß der NCPC ausdrücklich vorsieht, daß das Kollegialgericht die Scheidung, deren Rechtsgrund vom JAM „definitiv" festgestellt wurde, mit der selben Begründimg, wie sie dieser seiner „ordonnance" zugrundgelegt hatte, ausspricht291. Ist das Instanzgericht dadurch gebunden? Darf es die Scheidung aussprechen, wenn die Zustimmung nachweislich mangelhaft war oder sie widerrufen wurde? Die Analyse der Judikatur läßt vier denkmögliche Varianten zu: 1. Der JAM entscheidet abschließend über die Scheidung292. 2. Das Kollegialgericht spricht die Scheidung aus, hat aber einen eventuellen Widerruf der Zustimmung zu berücksichtigen, da ein solcher der stattgebenden Entscheidung entgegenstünde293. 3. Das Instanzgericht ist zuständig für den Ausspruch über die Scheidung, ein Widerruf der Zustimmung ist unbeachtlich, aber die Aufrichtigkeit des Einverständnisses ist unter Umständen zu prüfen 294. 4. Ein allfälliger Widerruf des Einverständnisses ist bloß mit dem Rechtsmittel der Berufung gegen die „ordonnance" des JAM zulässig295.

290 Vgl Art 1135 II NCPC: Die Berufungsfrist beträgt 15 Tage ab Notifizierung der „ordonnance". 291 Art 1136 II NCPC. 292 Siehe dazu TGI Besançon, 18.1.1977 (FN 260). TGI Troy es, 27. 3.1980, D 1983 IR 105 (Groslière) = Rép Defr 1982, art 32905, n° 31 (Massip) = JCP 1982 IV 99; TGI Paris, 23. 1. 1980, Rép Defr 1982, art 32905, n° 31 (Massip). 293 Vgl TGI Nanterre, 20.5.1977, JCP 1978 II 18774 (Lindon) = D 1978 IR 169 (Breton) = RTDC 1978, 631 (Nerson/Rubellin-Devichi [FN 260]); TGI Tarascon, 3. 2.1978, D 1979 IR 167 (Groslière)', TGI Nanterre, 21. 3. 1979, D 1981 IR 69 (Breton) = JCP 1980 II 19444 (Lindon); TGI Cahors, 27.11. 1980, D 1981 IR 269 (Bénabent) = Gaz Pal 1981, 2, somm 86; Grenoble , 9. 12.1980, JCP 1982IV 99. 294 Dijon, 17. 11.1977, Gaz Pal 1978,1, 328 (Brazier) = RTDC 1978, 631 (Nerson/Ru bel lin-Devichi , FN 260) = J not 1978,1557 (Vtatte); Pau, 13. 2.1979, JCP 1980 IV 397 = JCP 1981 II19606 (Lindon) = D 1981 IR 69 (Breton) = D 1981 IR 169 (Bénabent). 295 Grenoble, 21. 1. 1981, D 1981 IR 383 (Groslière); Cass civ 2 e , 26. 1. 1984 (der E von Rouen, 24. 6.1982), vgl FN 211. Am gleichen Tag kassierte die Cour de Cassation - wie erwähnt - eine E von Reims, 28.1.1982, mit dem gleichen Urteilstenor, vgl FN 211.

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i. Variante Die Entscheidung des TGI Besançon unterscheidet sich von den anderen insofern, als sie die ausschließliche Kompetenz des JAM zum Ausspruch über die Scheidung etablieren wollte. Sie ist völlig isoliert geblieben, da die „ordonnance" in ein Jugement" umbenannt wurde und als solches eine konstitutive (seil rechtsgestaltende) Wirkung äußerte, indem es eine für eine Registrierung in den Personenstandsbüchern taugliche Entscheidung darstellte* 6 . Sie weist indes zu den Entscheidungen des TGI Paris und des TGI Troyes 297 insofern Parallelen auf, als ihr Tenor eine spätere Revision der Scheidung selbst verbietet (vorbehaltlich des Rechtsmittels der Berufung). Das Kollegialgericht sei demnach an die „ordonnance" völlig gebunden. Massip und Groslière begrüßen dieses Ergebnis: Jener betont das gegenseitige Geständnis und seine Bindungswirkung; erheben die Parteien keine Berufung, dann erwächst die „ordonnance" in Rechtskraft; dem Instanzgericht komme bloß die eigenständige Regelung der Scheidungsfolgen zu, was sich deutlich aus dem Wortlaut des NCPC ergebe. Dieses Argument wird auch von Groslière verwendet. Das Ergebnis scheint nicht ganz selbstverständlich, entbehrt doch der Feststellung des Scheidungsgrundes durch den JAM jegliche konstitutive Wirkung: Bis zum Ausspruch über die Scheidung (und die Scheidungsfolgen) ändert sich am Personenstand der Ehegatten überhaupt nichts. Der Sinn der Kompetenz des Kollegialgerichts zum Ausspruch über die Scheidung bliebe sonst völlig dunkel298.

Dazu ist kritisch anzumerken: Die Scheidung nach Artt 233 ff beruht letztlich auf dem prinrìpiellen Einvernehmen über die Auflösung der Ehe. Aus dem übereinstimmenden Vorbringen wird ein gerichtliches Geständnis konstruiert, das ohne jegliche Überprüfung zur Grundlage der für das TGI verbindlichen Feststellung erhoben wird. Unterzieht man die bisherigen Ergebnisse einer vorläufigen Analyse, ist folgende Schlußfolgerung erlaubt: Die Scheidung nach Artt 233 ff kann theoretisch und unter den skizzierten Bedingungen - ab der Eheschließung beantragt werden; nach hL und stRspr ist von einem subjektiven Zerrüttungsbegriff auszugehen; die Sachverhaltsdarstellungen, die den Scheidungswillen 296 Mit zustimmender Glosse von Bénabent und Dufour (FN 260). 297 FN 292. 298 Lindon/Bénabent (FN 28) Nr 776 erblicken in der Gliederung der Verfahren (2-Phasenstruktur) eine faktische Überlegungsfrist. Dazu infra. 13 Verschraegen

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zumindest implizieren müssen, haben die Wirkung einer unwiderlegbaren Vermutung, die die Grundlage der Feststellung über den Scheidungsgrund bildet, ohne daß irgendeine Warte-, Sperr- oder Überlegungs/ntf vonnöten wäre. Die gesamte erste Phase des Verfahrens kann auf eine einzige Tagsatzung reduziert werden. Das Motto der Reformgesetzgebung lautete: die Entdramatisierung der Ehescheidung; vor allem sollte jenen Scheidungswilligen, die sich mit dem Ehepartner über die Scheidungsfolgen nicht einigen können, die Chance eines fairen Scheidungsverfahrens, in das sich der andere oft bloß aus Resignation einläßt, gegeben werden. Ohne entsprechende Einwilligung dieses Ehegatten bliebe bloß die Möglichkeit einer Verschuldens- oder Zerrüttungsscheidung. Die geringen formalen und substantiellen Anforderungen, die in der Lehre und Rechtsprechung herausgearbeitet worden sind, untermauern die These, daß trotz der vielen Behauptungen, es handle sich gar nicht um eine (echte) einvernehmliche Scheidung, sehr wohl von einer solchen ausgegangen wird. Aus diesem Grunde erhebt sich ernsthaft die Frage, ob ein Widerruf des Einverständnisses bis zum definitiven Ausspruch über die Scheidung unter gewissen Bedingungen statthaft (etwa mit dem Rechtsmittel der Berufung) bzw ob dem Kollegialgericht nicht unter Umständen das Pouvoir zuzuerkennen ist, die Entscheidung über die Scheidimg trotz Vorliegens der unbekämpften „ordonnance" zu verweigern. Die Kriterien hiefür könnten mE allerdings bloß offenbare Mißverständnisse, die fehlerhafte Beweiswürdigung durch den Familienrichter oder beachtliche Willensmängel der Parteien sein; maW der Scheidungswille müßte ernsthaft bezweifelt werden. Darin könnte durchaus zugleich ein Verstoß gegen den „ordre public" (interne) erblickt werden. Solche Überlegungen haben (zum Teil) den Gegenstand einiger Entscheidungen und lebhafter Stellungnahmen zu ihnen gebildet. Auf diese ist nun einzugehen.

2. Variante Zur Entscheidung des TGI Nanterre, 20.5.1977299: Der JAM hatte ordnungsgemäß seine „ordonnance" erlassen und die Ehegatten an das Kollegialgericht verwiesen. Die (ursprüngliche) Antragstellerin blieb untätig, der Antragsgegner stellte den Fortsetzungsantrag. Die Ehefrau macht nunmehr geltend, daß sie ihre Zustimmung widerrufe.

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FN 293.

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Das Gericht weigerte sich, die Scheidung auszusprechen und begründete dies im wesentlichen wie folgt: Das Einverständnis der Ehegatten sei das tragende Merkmal der Scheidung nach Artt 233 ff, das bis zum Ausspruch über die Scheidung vorliegen muß, da es sich um eine einvemehmliche Scheidung handelt; Art 235 ordnet an, daß der Richter die Scheidung nicht ausspricht, wenn der andere Ehegatte die Tatsachen nicht eingesteht; in Statussachen seien die für Verträge geltenden Bestimmungen nicht anwendbar, ein gerichtliches Geständnis somit unzulässig; daran vermöge auch der Wortlaut des Dekrets (seil NCPC „double aveu de faits") nichts zu ändern. Lindon begrüßt das Ergebnis300. Die in Artt 1135 und 1136 NCPC geregelte Kompetenzverteilung ist seiner Ansicht nach eher eine pragmatische Aufteilung als das angeblich dort statuierte Widerrufsverbot nach ergangener „ordonnance". Interessant ist weiter, daß das damalige Dekret nicht, wie man vermuten möchte, von Carbonnier entworfen worden ist, sondern vorwiegend aus der Feder von Massip stammt301. Hartnäckige Meinungsdivergenzen sind so freilich leichter erklärlich. Lindons Auffassung fand jedoch keinen Widerhall. Vielmehr ließen Breton und Nerson/Rubellin-Devichi 302 der Entscheidung heftige Kritik angedeihen. Jener wandte unter anderem ein, daß in den erwähnten zivilprozessualen Bestimmungen eine sachliche Zuständigkeitsverteilung zu erblicken sei und daß der „contrat judiciaire" in Statussachen dann erlaubt sei, wenn das Gesetz eine solche Dispositionsbefugnis einräumt, was er bejahe303. Diese Autoren bestreiten aber hier den substantiellen Gehalt des Einvernehmens, da die erste Scheidungsvariante sonst ihre raison d'être verlöre. Die Bestimmungen de Code civil seien vielmehr durch jene des NCPC zu ergänzen304. Das Gesetz bietet genügend Möglichkeiten, sich der Scheidung nach Artt 233 ff zu widersetzen: einmal bleibe es dem anderen Ehegatten völlig unbenommen, auf den Scheidungsantrag überhaupt nicht zu reagieren; er könne des weiteren die Sachverhaltsdarstellung des Antragstellers ausdrücklich verwerfen bzw dies noch vor den JAM erklären oder aber die „ordon-

300 FN 293. 301 Vgl Anmerkung Lindons zur Entscheidung FN 293. Das Dekret wurde inzwischen von geringfügigen Änderungen abgesehen - in den NCPC integriert. 302 FN 293. 303 Zu Recht beruft sich Breton freilich darauf, daß ein Verweis auf die vorbereitenden Arbeiten ein wenig fragwürdig ist, weil sich in ihnen immer Argumente finden lassen, gleich welche Meinung man vertritt. In diesem Fall sei die historische Interpretation jedoch unzulässig, da das Gesetz ohnedies klar und präzise formuliert sei. Zum einen könnte man aber diesbezüglich durchaus geteilter Meinung sein, zum anderen bürgt ein „klarer und präziser" Wortlaut nicht stets für ein sinnvolles Ergebnis im Gesamtkontext. 304 Nerson/Rubellin-Devichi meinen im übrigen, daß die Regelungen gar nicht inkompatibel seien. Zum Problem siehe FN 260.

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nance" mit der Berufung bekämpfen. Einem späteren Widerruf stehe die Rechtskraft entgegen. Folgendes ist daran auszusetzen: Ausschließlich das letzte Argument ist mE diskussionswürdig, sind wir doch gerade mit einem Fall konfrontiert, in dem das Einverständnis bis zum Ablauf der Berufungsfrist vorlag. Nun ist doch unbestritten, daß das Kollegialgericht abschließend und konstitutiv über die Statusänderung der Ehegatten befindet. Wieviele Elemente der Verschuldens- und/oder Zerrüttungsscheidung der gegenständliche Auflösungstypus der Ehe auch beinhalten mag, der Antrag selbst bleibt ohne Erfolg, wenn der andere Ehegatte nicht seine grundsätzliche Zustimmung zur Ehescheidung erteilt, da er nach Artt 233 ff nicht gegen seinen Willen geschieden werden kann. Es verwundert deshalb mE keineswegs, daß der JAM eine „ordonnance" zu erlassen hat, ist dies doch die typische prozessuale Form, in der vorläufige Maßnahmen angeordnet werden. In der Tat steht ihm die Befugnis nach Art 11351 letzter Satz NCPC zu. Der JAM ist ein organisatorisch dem Kollegialgericht angehöriger Richter, der als Einzelrichter über bestimmte Angelegenheiten entscheidungsbefugt ist 305 . Seine Rekrutierung aus diesem Gericht und die Aufgabenverteilung wird am Beispiel der Scheidung nach Artt 233 ff mE besonders deutlich: er trifft - hier aus Gründen der Prozeßökonomie - Entscheidungen deklaratorischer Natur (das gegenseitige Eingestehen jener Tatsachen, die die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft unerträglich machen), und zugleich verfügt er allfällige vorläufige Maßnahmen. Die Scheidimg selbst wird aber vom Richterkollegium ausgesprochen306, das hier nicht als übergeordnete Instanz, sondern als Senat zur abschließenden Entscheidung über den Personenstand zu verstehen ist. Wenngleich die Abänderbarkeit oder Widerruflichkeit der „ordonnance" dem NCPC gar nicht fremd ist und beispielsweise „ordonnances sur requête" vom Richter modifiziert oder widerrufen werden können307, so ist doch einzuräumen, daß auch deklaratorischen Entscheidungen Rechtskraft zukommt. Zudem halten die Artt 1135 I und 1136 I I NCPC fest, daß es sich um eine „definitive Feststellung" handelt. Das allgemeine Unbehagen gewinnt bei der Lektüre des Art 235 an Gewicht: der Richter spricht die Scheidung nicht aus, wenn der Sachverhalt nicht eingestanden bzw wenn der 305 Bei der Scheidung auf Grund gemeinsamen Antrags entscheidet er als Einzelrichter in erster Instanz. 306 Dem der JAM angehören kann! 307 Vgl Artt 493 ff (497) NCPC.

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Scheidungswille fehlt. MaW: Solange der JAM von diesem beiderseitigen Einverständnis ausgehen darf, ist gar kein Grund denkbar, weshalb seine „ordonnance" nicht definitiver Natur sein soll. Fraglich ist bloß, ob ein Widerruf der Zustimmung ihr die Grundlage zu entziehen vermag, dh insofern das materielle Recht durchbricht. Die Frage ist letztendlich wohl zu verneinen. Hat der JAM das beiderseitige Einverständnis festgestellt und ist diese Entscheidung in Rechtskraft erwachsen, so ist ein nachträglicher Widerruf wohl nicht mehr möglich. Das Einverständnis wird als Zulässigkeitsvoraussetzung angesehen, womit wir mit einer typisch französischen Tradition konfrontiert sind308. Die hL spiegelt dieses verfahrensrechtliche Denken denn auch wider. Zum Teil ist bereits auf gewisse Inkongruenzen hingewiesen worden, zum Teil bieten die Anmerkungen zu nachstehenden Entscheidungen reichlich Anlaß für ein kritisches Hinterfragen. a. TGI Tarascon, 3.2.1978309 Der TGI Tarascon hat das Fernbleiben des Ehemannes wie einen Widerruf des Einverständnisses behandelt. Das Kollegialgericht sprach die Scheidung nicht aus, da nach Artt 233 ff gegen den Willen eines Ehegatten nicht geschieden werden kann. Ausgangspunkt für das Gericht ist wohl die Auffassung, daß das Einvernehmen nochmals wiederholt werden muß. Dieses Erfordernis verlangt aber das Gesetz nicht: Groslière 310 und Cor311 nu kritisierten deshalb die Entscheidung, die gewiß einen Grenzfall darstellt. Eine Vertagung wäre mE angebrachter gewesen, es sei denn, unentschuldigtem Ausbleiben wird ein „objektiver Erklärungswert" im Sinne eines Zustimmungswiderrufs beigemessen. b. TGI Nanterre, 21.3.1979312 Der TGI Nanterre hatte über folgendes Problem abzusprechen: Die Antragstellerin begehrte beim Kollegialgericht den Ausspruch über die Scheidung (sowie über die Scheidungsfolgen), ihr Ehemann widerrief dort sein Einverständnis mit der Begründung, er habe inzwischen von Eheverfehlun-

308 Die Entscheidung des TGI Nanterre vom 20.5.1977 spricht denn auch von einer „condition substantielle de la recevabilité de la demande". 309 FN 293. 310 FN 293. 311 Cornu (FN 18) FN 53 zu Nr 352 b 1°. 312 FN 293.

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gen seiner Frau erfahren und möchte nunmehr die Verschuldensscheidung beantragen. Das Instanzgericht gab dem Antrag auf Ehescheidung nach Artt 233 ff statt, dies mE bloß im Ergebnis zu Recht. Es traf eine Unterscheidung zwischen dem grundsätzlichen Einverständnis über die Scheidung als solche einerseits und den diesem zugrundeliegenden Beweggründen andererseits. Will einer der beiden statt der einvernehmlichen die Verschuldensscheidung anstrengen, so gibt er seinen prinzipiellen Scheidungswunsch kund. Die Begründung ist mE angesichts der obigen Ausführungen nicht tragfähig: Vor dem Kollegialgericht kann nämlich das Einverständnis nicht mehr widerrufen werden. Wohl hat aber das Gericht das Vorbringen bei der Regelung der Scheidungsfolgen zu berücksichtigen. Darüber hinaus beschäftigte sich das Gericht mit einer Reihe anderer Fragen, die für die weitere Auseinandersetzung teilweise von Bedeutung sind: a. Die Natur der Scheidung auf Antrag des einen und mit Zustimmung des anderen zeichne sich durch ihren einverständlichen Charakter aus; b. das Einverständnis der beiden Ehegatten sei das konstitutive und grundlegende Merkmal dieses Scheidungsverfahrens; c. ohne dieses Einverständnis dürfe der Richter die Scheidung nicht aussprechen; d. das beiderseitige Einvernehmen der Ehegatten müsse zum Zeitpunkt der konstitutiven Entscheidung über die Eheauflösung vorliegen; eine vorzeitige Fixierung verletze die individuelle Freiheit der Ehegatten sowie die Schutz- und Entscheidungsfunktion des Richters; e. daß der Gesetzgeber dem freien und ernsthaften Scheidungswillen Rechnimg trage, zeige ua Art 249-4; f. die Aufgabenverteilung zwischen JAM einerseits und dem TGI andererseits ist klar: Jener stellt das Vorliegen eines Scheidungsgrundes fest, dieser hat - auf Antrag, nicht ex offo - bei Vorliegen eines wenigstens konkludent durch den Antrag - erklärten (fortdauernden) Einverständnisses die Scheidung auszusprechen; g. die Zeitspanne zwischen der vom JAM erlassenen „ordonnance" und dem Scheidungsurteil des TGI sei als Überlegungsfrist anzusehen ; h. in jedem Verfahrensstadium (auch in der Berufungsinstanz) kann der Antragsteller seinen Antrag ändern und stattdessen die Trennung von Tisch und Bett begehren (Art 1076 NCPC)313; 313 Vgl indes Art 1077 II NCPC: gemäß Art 246 können beide Ehegatten, bevor eine Sachentscheidung ergangen ist, die Scheidung nach Artt 230 ff beantragen: Vor allem jene Au-

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im Laufe des Verfahrens kann der Scheidungsantrag nicht in ein anderes Begehren umgedeutet werden (Art 10771 NCPC)314. Cornu begrüßt das Ergebnis aus einem anderen Grund: die „ordonnance" ist Ausdruck der ausschließlichen Zuständigkeit des Familienrichters, das Kollegialgericht kann diese Entscheidung nicht in Frage stellen315. Auf die Argumente des Gerichtes geht er allerdings nicht ein. Bretons Kritik 316 konzentriert sich auf die vom TGI Nanterre getroffene Unterscheidung zwischen Scheidungsgra/zd und abstraktem Scheidungsm7/en; dieser will zwar auch Lindon gewissen Scharfsinn nicht absprechen, aber doch die Realität317. Die Differenzierung hat aber doch einiges für sich: Was das Gericht „abstrakter Scheidungswille" nennt, ist der Wunsch, die Ehe als solche aufzulösen, abstrahiert vom geltend gemachten Scheidungsgrund. Zieht ein Ehegatte sein Einverständnis zur einvernehmlichen Scheidung zurück, nur weil er eine Verschuldensscheidung initiieren möchte, so ist sein „abstrakter" Scheidungswille unverändert gegeben318. Es hätte bloß einen - von Lindon nicht zu Unrecht kritisierten - Ausweg gegeben: Vorausgesetzt, daß der Widerruf des Einverständnisses vor dem Kollegialgericht zur Ablehnung des Scheidungsausspruchs führt, stünde es dem Ehegatten frei, nunmehr eine Verschuldensscheidung anzustrengen; dies ist natürlich nur möglich, wenn er seine Klagsabsicht (ie seinen „abstrakten Scheidungswillen") vorenthält 319. Genau das dürfte ein Ehegatte, dem nach der „ordonnance" das Vorliegen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft seiner Ehefrau bekannt wurde, gedacht haben. Und zwar:

c. Paris, 19.9.1983 Vor dem Berufungsgericht Paris bemängelte er nunmehr die Interpretation seiner Sachverhaltsdarstellung, die - angeblich - keine Zustimmung zur Scheidung, sondern vielmehr eine Bestreitung der Unerträglichkeit (seil seines Scheidungswillens) enthielt.

toren, die zwischen beiden Scheidungsvarianten (der einvernehmlichen Scheidungen) einen grundlegenden Unterschied erblicken, müßten auch diesem Argument gegenüber anerkennen, daß die „ ordonnance" mit dem Einverständnis der Paneien steht und fällt l 314 Eindeutig auch Cass civ 2e, 16. 12. 1982, JCP 1983 IV 75 = JCP 1983 II 20038 (Lindon); Paris, 4. 3.1983, Rép Defr 1983 (FN 210). 315 Cornu (FN 18) Nr 352 a 3° und FN 52 ebenda. 316 FN 293. 317 FN 293. 318 Nerson/Rubellin-Devichi , (FN 53) RTDC 1983, 519 beschränken sich auf die Aussage, daß sie die Unterscheidung - ebenso wie Breton - nicht verstehen. 319 Zum gleichen Problem siehe Cass civ 2e, 16.12.1982 (FN 314).

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Das Gericht verwarf den Scheidungsantrag, da der „mémoire" des Ehegatten keine genauen Angaben über die Unerträglichkeit der Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft erkennen ließ und der Ehemann überdies beharrlich die Scheidung verweigerte 320. Auch Bertin findet dieses Ergebnis eher sonderbar, haben beide Ehegatten sich doch nicht nur schriftlich, sondern überdies mündlich zum Scheidungsbegehren zu äußern. Das Berufungsgericht gab also nicht einem „Widerruf der Zustimmung" statt, es kritisierte die Auslegung (resp Würdigung) des Tatsachenberichtes durch den JAM: maW es rügte die (mangelhafte) Zerrüttungsprüfun^ 21 ! Das ist bemerkenswert, meint ja die AL und stRspr, daß eine solche gar nicht stattzufinden habe. Auf einen Nenner gebracht, betreffen die Meinungsdivergenzen mE folgendes Spannungsverhältnis: eine Präklusion allen Vorbringens durch die rechtskraftfähige „ordonnance" einerseits und die grundlegende Scheidungsvoraussetzung des Eheauflösungswillens andererseits. Maßstab für diesen ist das Einverständnis über die - mit einer Sachverhaltsdarstellung belegte - Unerträglichkeit der Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft; für jene die Aufgabenverteilung zwischen JAM und TGI. Unerwünscht ist offenbar ein anhaltender Streit über Tatsachen, die an der beiderseitigen Scheidungsabsicht nichts ändern: insoweit ist an der „ordonnance" nicht zu rütteln; gefördert wird freilich zweierlei: 1. das Absehen von einer Eheauflösung, wenn die Trennung von Tisch und Bett angestrebt wird und 2. die Überleitung in die Scheidung nach Artt 230 ff, wenn beide Ehegatten sich über die Scheidung und ihre Folgen in toto zu einigen wünschen; insoweit verliert die „ordonnance" ihre rechtliche Daseinsberechtigung. A fortiori müßte doch - aber dem steht die Rechtskraft der „ordonnance" entgegen - das Absehen von der Ehescheidung überhaupt die „ordonnance" zu durchbrechen vermögen! Anders läuft allerdings die Argumentation des d. TGI Cahors, 27.11.1980322. Vor dem Kollegialgericht könne die Zustimmung widerrufen werden, weil sie die Grundlage der Scheidung darstelle: das Gericht habe sich maW vom Einverständnis zu vergewissern 323.

320 Paris, 19. 9.1983, Gaz Pal 1984,1,11 (Bertin). 321 Bertin geht allerdings ganz entschieden vom subjektiven Zerrüttungsbegriff aus, von dem aus dem Richter eine entsprechende Beweiswürdigung bzgl des Scheiterns verwehrt sei. 322 FN 293. 323 Übereinstimmend Grenoble , 9.12.1980 (FN 293).

II. Scheidung auf Antrag des einen und mit Zustimmung des anderen

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Nerson/Rubellin-Devichi 324 führen das „verfehlte" Ergebnis auf eine „unzulässige" Parallele zur Scheidung auf Grund gemeinsamen Antrags zurück, weshalb sich die Frage erhebe, wieso dann der Gesetzgeber zwei Scheidungstypen eingeführt habe. Die Autoren müßten angesichts dieses Einwandes wohl zugeben: zwei Varianten der einvernehmlichen Scheidung, denn Art 229 unterscheidet eben drei Fälle: die einvernehmliche Scheidung (nach Artt 230 ff und Artt 233 ff), die Scheidung wegen Zerrüttung und die Verschuldensscheidung. Nach Meinung von Bénabent, der die Entscheidung glossierte, sei davon auszugehen, daß der JAM endgültig die Scheidung ausspricht, wie es eben bei der Entscheidung des TGI Besançon der Fall war 325.

3. Variante In diese Kategorie fallen jene Entscheidungen, die einem Widerruf keine Beachtung schenken, sehr wohl aber die Aufrichtigkeit der Willenserklärungen prüfen. Damit ist eigentlich die Emstlichkeit (kurzum: Mangelfreiheit) der Erklärungen gemeint. Der Entscheidung der Cour d'appel e. Dijon, 17.11.1977326 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Ehegatten waren gemeinsam von einem einzigen Anwalt vertreten - was damals noch zulässig war -; die Ehefrau hatte ihre Zustimmung zur Scheidung erklärt, wobei Zweifel daran bestanden, ob die Sachverhaltsdarstellung aus ihrer Feder stammte. Sie erhob auch keine Berufung gegen die „ordonnance" 327, sondern gegen den Scheidungsausspruch des Kollegialgerichts; dies mit der Begründung, sie habe sich in einem depressiven Zustand befunden, die Tragweite des Scheidungsverfahrens nicht erfaßt und ihre Zustimmung sei daher mit einem Willensmangel behaftet gewesen. Das Berufungsgericht entschied: Die Priorität gebühre den Artt 234 und 235, nicht indes Artt 1135 und 1136 NCPC. Daraus folge, daß dem TGI die 324 Nerson/Rubellin-Devichi (FN 53) RTDC 1983,519. 325 Im übrigen verkündet der TGI Cahors, daß Willensmängel mittels der Berufung geltend zu machen seien. Diese Frage ist inzwischen wohl geklärt, vgl infra II F i. 326 FN 294. 327 Das wurde ihr deshalb nicht verübelt, weil die Rechtsmittelbelehrung sich auf die Bestreitung der Zuständigkeit und die Anfechtbarkeit der vorläufigen Maßnahmen beschränkte, also keinen Hinweis auf die Zulässigkeit der Anfechtung der Feststellung des beiderseitigen Eingestehens enthielt.

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Prüfung der Gültigkeit und Begründetheit des beiderseitigen Eingeständnisses obliege, maW sei bei Vorliegen eines „contrat judiciaire" seine Gültigkeit und Tragweite Gegenstand richterlicher Kontrolle 328. Die Entscheidung, der Brader ob des pragmatischen Ansatzes329 hohes Lob angedeihen läßt, rügt insofern implicite die mangelnde Zerrüttungsprüfung bzw setzt eine gewissermaßen objektivierbare Unerträglichkeit(skontrolle) voraus. Die Kompetenz, die dem Kollegialgericht zugesprochen wird, stößt logischerweise auf die herbe Kritik von Nerson/Rubellin-Devichi 33*, die die Antinomie zwischen Gesetz (Code civil) und Dekret (NCPC) bekanntlich leugnen und am grundlegenden Unterschied beider Scheidungsvarianten festhalten. Die Tendenz ist klar erkennbar: liegen bloße Sachverhaltsdarstellungen vor, die keinerlei Zerrüttungsprüfung unterworfen wurden, müßte ein Widerruf der Zustimmung (seil des Einverständnisses) vor dem Kollegialgericht, das ja schließlich die Scheidung ausspricht, möglich sein. Dies führt in vielen Fällen - angesichts der Unzulässigkeit der Überleitung in eine Verschuldensscheidung - dazu, daß bloß widerrufen wird, um nachträglich die Scheidung nach Artt 242 ff einleiten zu können. So geht man glattweg von einem „gerichtlichen Geständnis" (das ja ein „contrat judiciaire" ist) aus, wird jenen gerecht, die seit jeher für die Befugnis des JAM zur (unabänderlichen) Feststellung eingetreten sind, und bejaht doch zugleich die spätere Geltendmachung von Willensmängeln: die Entscheidung darüber obliegt freilich dem Kollegialgericht. Ein beredtes Zeugnis hiefür liefert das Berufungsgericht f. Pau, 13. 2.1979331 das die Zulässigkeit des Widerrufs des Einverständnisses mittels der Berufung gegen die „ordonnance" deutlich zu erkennen gab. Ein bloßer Widerruf sei danach vor dem Kollegialgericht nicht mehr möglich, wenn das Rechtsmittel der Berufung nicht erhoben wurde 332.

328 Die Berufungsinstanz wies darauf hin, daß es den Grundsätzen der Gerichtsorganisation widerspräche, wenn ein Familienrichter, dessen Aufgaben die Versöhnung, Anleitung und Verfügung vorläufiger Maßnahmen seien, im Wege seiner „ordonnance" das große Instanzgericht in Zivilsachen zu binden vermöge und dessen Rolle auf eine bloße Registrierungsbefugnis reduzierte. Die Argumentation ist überdeutlich: neben verfahrensrechtlichen Überlegungen tritt noch ein justizhierarchisches Prestigedenken. 329 Vgl die Aussage: „Peut-on se résoudre à divorcer par consentement mutuel' quelqu'un qui ne cesse de proclamer son refus au divorce?" in seiner Glosse FN 294. 330 Nerson/Rubellin-Devichi (FN 260) RTDC 1978,634 und (FN 53) RTDC 1983,518. 331 Vgl FN 294. 332 Ähnlich TGI Evry, 13.1.1981, Gaz Pal 1981, 2, somm 202.

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Breton fügt noch hinzu333, daß die Feststellung des „double aveu" schließlich eine nicht-streitige Entscheidung darstelle, die Willensmängel nicht zu überlagern vermöge. Die Argumentation ist nicht neu: Wir sind ihr bereits bei der Diskussion über die Natur der Homologierungsentscheidung begegnet: Wenn ein „acte juridictionnel" vorliegt, stehe außer Zweifel, daß er Rechtskraftwirkung entfaltet 334. Überdies sind im Zuge der Auseinandersetzung auch die Widersprüche zu Tage getreten: Manche bestehen auf der Existenz eines „contrat judiciaire", behaupten jedoch zugleich, daß deren Feststellung eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung sei. Die Judikatur selbst scheint wohl etwas vorsichtiger, überläßt die dogmatische Einordnung den „savants auteurs" und beschränkt sich auf den Wortlaut des NCPC, der eine „definitive ordonnance' " kreiert. Soweit ersichtlich wird das Problem im Zusammenhang der zweiten Scheidungsvariante von der Doktrin umschifft und von der Praxis zwar effizient, aber unbefriedigend zur Seite geschoben. Wird nämlich das „Eingeständnis" (bzw nach manchen das „Geständnis") vom Richter (und zwar im Rahmen des nicht-streitigen Verfahrens) ohne jegliche Kontrolle festgestellt, scheint es nach gängiger Doktrin schwierig, von einer „gerichtlichen" Entscheidung auszugehen, und es böte sich unter Umständen die (umstrittene) Qualifikation als Entscheidung mit „administrativem" Charakter an335: diese ist zwar vollstreckbar, erwächst aber nicht in Rechtskraft, und die Nichtigkeit kann (freilich innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfristen) jederzeit geltend gemacht werden. Das will natürlich vermieden sein: Es ist daher meines Erachtens gar kein Zufall, daß manche Berufungsgerichte die Beweiswürdigung durch den JAM kritisieren, denn diese einmal vorausgesetzt, entzieht man sich dem Einwand, daß hier unter Umständen gar keine „gerichtliche Entscheidung" vorliegt. (Traditionellerweise wird ja für die Unterscheidung auf die [potentielle] Streit-Schlichtung abgestellt). Untypisch für die „ordonnance" ist in der Gesamtschau folgendes: a. mit ihr wird definitiv festgestellt; b. nach erlassener „ordonnance" entzieht sich die causa der Zuständigkeit des Familienrichters und durch den Fortsetzungsantrag eines der beiden Ehegatten wird das Kollegialgericht zuständig. Das sind genau jene Attribute, die traditionsgemäß das streitige Verfahren prägen und zur theoretischen Begründung der Anerkennung der Rechtskraftwirkung der Entscheidungen herangezogen werden. Soll nämlich die

333 334 vgl FN 335

Breton (FN 294) aaO 70. Die Kriterien für die Qualifikation als „acte juridictionnel" wurden supra angeführt; 118 ff und Text dazu. Dazu Vincent/Guinchard, Procédure civile, Nr 98.

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„ordonnance" - nach Ablauf der Berufungsfrist - nicht mehr anfechtbar sein, kommt ihr jener Stabilitätseffekt zu, den gerade die Rechtskraft vermittelt 336. Unter diesen Umständen ist aber für eine materiellrechtliche Anfechtbarkeit überhaupt kein Raum mehr 337: dh mit dem Eintritt der Rechtskraft ist es nicht nur unmöglich, das Einverständnis zur Scheidung zu widerrufen, sondern außerdem sind allfällige Willensmängel mit den maßgeblichen (außerordentlichen) Rechtsmitteln zu relevieren. Le Ninivin 338 weist darauf hin, daß der NCPC Ausdruck dieser Entwicklung ist, wenn er grundsätzlich feststellt, daß eine „Entscheidung" bloß mit den gesetzlich vorgesehenen Rechtsmitteln angefochten werden kann (Art 410 NCPC). Das ist freilich eine klare Absage an die materiellrechtliche Anfechtbarkeit im nicht-streitigen Verfahren, weil der Gesetzgeber an dieser Stelle in bezug auf den Rechtsweg keine Unterscheidung trifft.

4. Variante Somit sind wir bei der 4. Kategorie der Entscheidungen angelangt, die bekanntlich jegliche Anfechtbarkeit der „ordonnance" (sei dies global betrachtet durch den Widerruf des Einverständnisses oder mehr spezifisch durch die Geltendmachung eines Willensmangels) auf die Erhebung der Berufung beschränkt. In diesem Sinne hat ausdrücklich das Berufungsgericht g. Grenoble, 21.1.1981339 entschieden: Ein Willensmangel ist mit dem gegen die „ordonnance" des JAM gerichteten Rechtsmittel der Berufung geltend zu machen, seine Relevierung vor dem TGI, der die Scheidung ausspricht, bleibt unbeachtlich. Am 26.1.1984 hat schließlich der

336 Le Ninivin (FN 109) Nr 287 faßt denn auch zusammen: „La matière gracieuse bénéficie donc, par nature, de l'effet spécifique de tout jugement qu'est l'autorité de chose jugée." 337 Vgl dens. (FN 109) Nr 295. 338 Ibidem Nr 296. 339 Vgl FN 295.

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h. Kassationshof über die strittige Frage befunden 340: Wurde die „ordonnance" mittels der Berufung nicht angefochten, kann die Entscheidung vor dem TGI nicht mehr in Frage gestellt werden, gleichgültig, ob einer der beiden Ehegatten sein Einverständnis (seil Eingeständnis oder Geständnis) widerrufen möchte oder er sich auf einen Willensmangel beruft 341. Massip erblickt im Urteil des Kassationshofes eine Verwerfung der These, die am einverständlichen Charakter dieser Scheidungsvariante festhält: Rechtsgrund sei das Scheitern der Ehe, das durch das gerichtliche Geständnis bewiesen werde 342. Das scheint eine eigenwillige Auslegung der Entscheidimg zu sein. Die Cour de Cassation umgeht nämlich in Wirklichkeit das Problem, welcher Stellenwert der Sachverhaltsdarstellung und ihrer Bestätigung zukommt343. Läuft die Rechtsmittelfrist (für die Berufung gegen die „ordonnance") ungenützt ab, so steht der Scheidungsgrund endgültig fest: Weder die Ernstlichkeit noch die Tragweite des „Geständnisses" sind nachträglich anfechtbar, auch der Widerruf der Zustimmung zur Scheidung ist nicht mehr zuläs-

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Welche Einwände jedoch taugliche Berufungsgrunde darstellen, wird vom Kassationshof nicht ausgesprochen345. Die Lehre ist darüber geteilter Ansicht.

340 Siehe FN 295. 341 Soweit man das Vorliegen eines gerichtlichen Geständnisses bejaht, kommt die Entscheidung bloß scheinbar gelegen und man sucht in ihr die vermeintliche Bestätigung der Entscheidung von Paris, 4. 3. 1983, Rép Defr 1983, art 33133, n°76 (Massip) = D 1983 IR 393 (Groslière) (vgl schon FN 210): Danach sei ein gerichtliches Geständnis abgegeben worden, das konsequenterweise den reduzierten Anfechtungsmodalitäten des Art 1356 IV unterliegt („II ne peut être révoqué, à moins qu'on ne prouve qu'il a été la suite d'une erreur de fait. Il ne pourrait être révoqué sous prétexte d'une erreur de droit."). Massip glossierte die Entscheidung freilich zustimmend, leugnet er doch die Maßgeblichkeit des Einverständnisses: Die Pariser Entscheidung hätte natürlich zur Folge, daß die Berufung in einem solchen Fall nur gegen die angeordneten vorläufigen Maßnahmen und bloß insofern gegen die Feststellung des JAM gerichtet sein kann, als ein Willensmangel (erwiesenermaßen) vorliegt. Das bedeutet, daß ein bloßer Widerruf des Einverständnisses in der Berufung unzulässig wäre! 342 „Et attendu que l'ordonnance rendue par le juge aux affaires matrimoniales en application de ce texte n'ayant pas été frappée d'appel, c'est à bon droit que l'arrêt retient que, la cause du divorce se trouvant définitivement acquise , le mari ne pouvait plus contester la sinc ou la pertinence de son aveu, ni rétracter son acceptation de divorce ; ..." (Hervorhebung v mir.). Kritisch der höchstgerichtlichen E gegenüber indes ua Copper-Royer, Satisfactions et Espérances déçues d'un practicien, 11 (Manuskript, vgl im übrigen Kolloquium FN 180). 343 Siehe etwa Nerson/Rubellin-Devichi (FN 295) 145, die ebenfalls bestreiten, daß es hier um ein „gerichtliches Geständnis" im technischen Sinne geht, dies unter Berufung auf Carbonnier und Cornu (supra). 344 Der Kassationshof wollte sich diesbezüglich nicht festlegen, vielmehr bloß die Unanfechtbarkeit außer Streit stellen. Vgl ebenso Groslière (FN 211) 391. 345 Vgl auch die Kritik von Blaisse (FN 295).

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Der NCPC (Art 1135 II) enthält keinerlei Einschränkungen. Demnach wäre ein schlichter Widerruf des Einverständnisses durchaus ins Auge zu fassen 346; für die Geltendmachung eines Willensmangels steht dies wohl außer Zweifel. In der Tat wurden die obigen Thesen inzwischen vom i. Cass, 16. 7.1987347 vollends bestätigt: Mit dem Rechtsmittel der Berufung kann die Zustimmung auch ohne daß ein Willensmangel vorliegen muß, widerrufen werden.

Zusammenfassung Die Auseinandersetzung mit der Scheidung auf Antrag des einen und mit Zustimmung des anderen (Artt 233 ff), die der Gesetzgeber in die Kategorie der einvernehmlichen Scheidung eingeordnet hat, ergibt ein schillerndes, zugleich einigermaßen überraschendes Bild. Die einzelnen Bestandteile nehmen folgende Gestalt an: a. Hinsichtlich der Voraussetzungen ist von der Anwendbarkeit des Art 249-4 auszugehen, sowohl nach der Lehre wie der Judikatur, die überwiegende Doktrin leugnet indes die Maßgeblichkeit der 6-monatigen Frist, ohne danach zu differenzieren, ob die eheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen wurde oder nicht; die Rechtsprechung scheint sie nicht vorauszusetzen; b. das Schrifttum hält den Versöhnungsversuch nicht für obligatorisch, die Praxis hingegen offenbar doch; c. die Gerichte gehen von einem subjektiven Zerrüttungsbegriff aus, dessen Gehalt in casu nicht geprüft wird, bestenfalls vergewissern sie sich der Ernstlichkeit und Freiheit der Erklärungen. Die Lehre ist diesbezüglich nicht einheitlich: teils genügt ihr die Behauptung rein subjektiver Ursachen für die Untermauerung der Unerträglichkeit, teils wird eine gewisse Objektivierung verlangt, vereinzelt werden gar Eheverfehlungen gefordert; soweit ersichtlich setzt aber niemand eine materielle Zerrüttungsprüfung voraus; d. umstritten ist des weiteren die Tragweite des Sachverhalts, des Eingeständnisses der Zerrüttung und der Zustimmung zur Scheidung; der Scheidungswille wird zumeist aus dem schriftlichen und mündlichen „Vortrag" der Parteien erschlossen, maW schlicht antizipiert; der „Vortrag" selbst wird von einem Teil der Lehre und Judi346 Vgl ebenso Groslière (FN 211) 391; Nerson/Rubellin-Devichi (FN 53) RTDC 1983,521. 347 Cass civ 2 e , 16. 7.1987, D 1987 IR 181 = D 1987,582 = D 1987IV 340.

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katur ohne Begründung als „gerichtliches Geständnis" im technischen Sinne angesehen, sodaß folglich die für dieses maßgebliche Willensmängelrüge und Widerrufsbeschränkung zur Anwendung kommt; die Gegenmeinung bestreitet allerdings diese Qualifikation und sieht den Sachvortrag als persönliches Eingeständnis an; ab welchem Zeitpunkt der Scheidungsgrund definitiv festgestellt ist, bildete viele Jahre hindurch einen Streit, der auf der Ebene der Zuständigkeit (des JAM einerseits und des TGI andererseits) geführt wurde; nahezu einheitlich wird von der Lehre vertreten, daß das Einvernehmen (seil die Zustimmung) nur bis zum Ende der ersten Verfahrensphase widerruflich ist. Die Judikatur konnte in vier Gruppen eingeteilt werden: Je nach dem, ob ausschließlich der JAM zum Ausspruch über die Scheidung ermächtigt ist oder aber der TGI, und in diesem Fall, ob vor ihm bloß Willensmängel oder überhaupt das nunmehrige Fehlen der Zustimmung (dh sein nachträglicher Widerruf) beachtlich sei, oder aber ob das Eingeständnis (als solches oder seine Mangelfreiheit) mit einer Berufung gegen die „ordonnance" des JAM in Frage gestellt werden kann; der Kassationshof reduzierte die Anfechtbarkeit der Feststellung des Scheidungsgrundes auf die Erhebung der Berufung; mit diesem Rechtsmittel kann die Zustimmung widerrufen werden, unabhängig davon, ob überhaupt ein (beachtlicher) Willensmangel vorliegt; dh liegt ein solcher vor, so ist das Rechtsmittel auf jeden Fall zulässig. Zur Klärung der strittigen Natur dieser Scheidungsvariante hat der Kassationshof indes wenig beigetragen.

G. Anfechtung des Scheidungsurteils In Anbetracht der Tatsache, daß das Kollegialgericht über sämtliche Scheidungsfolgen entscheidet, stellt sich das Problem der Anfechtung einer (eventuell vorgelegten, aber für das Gericht in keiner Weise verbindlichen) Scheidungsfolgenvereinbarung wegen Willensmängel (und Läsion) nicht. Aktuell ist somit bloß ein Willensmangel, der sich auf die Statusentscheidung bezieht. Abgesehen davon, da es solche im Hinblick auf die materiellen und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen kaum geben dürfte, gilt im übrigen das zum „Widerruf der Zustimmung" Gesagte: Gegen die „ordonnance" kann die Berufung wegen Vorliegens eines Willensmangels erhoben werden. Nach rechtskräftigem Abschluß des (gesamten) Scheidungsverfahrens ist wohl auch noch das außerordentliche Rechtsmittel der „révision" in Betracht zu ziehen. Angesichts der strengen Voraussetzungen und der nahezu

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drakonischen Auslegung dieser Bestimmungen, sind die Erfolgschancen einer solchen Anfechtung gewiß gering.

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Gliederung Einleitung I. II.

Natur der „Konventionalscheidung" Voraussetzungen

III.

Das Scheidungsverfahren A. Allgemeines B. Bundesrechtliche Verfahrensvorschriften C. Kantonale Sonderregelungen 1. Zürich 2. Bern 3. Luzern 4. Uri 5. Schwyz 6. Obwalden 7. Nidwaiden 8. Glarus 9. Zug 10. Freiburg (Fribourg) 11. Solothurn 12. Basel-Stadt 13. Basel-Land 14. Schaffhausen 15. Appenzell-Ausserrhoden 16. Appenzell-Innerrhoden 17. St. Gallen 18. Graubünden (Grischun) 19. Aargau 20. Thurgau 21. Tessin (Ticino) 22. Waadt (Vaud) 23. Wallis (Valais) 24. Neuenburg (Neuchâtel) 25. Genf (Genève) 26. Jura

IV.

Die Scheidungsfolgenregelung A. Allgemeines B. Inhalt C. Natur der „Scheidungskonvention" 1. Disponibilität der Regelungsbereiche 2. Richterliche Genehmigung 3. Stellungnahme der Lehre a. Materiellrechtlich geprägte Strömung b. Gemischt-prozessuale Meinungen c. Vermittelnde Lösungsansätze 4. Judikatur

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5. Prüfungsintensität und richterliche Abänderungs- bzw Ergänzungsbefugnis a. Kinderbelange b. Restliche Nebenfolgen der Scheidung 6. Ergebnis: Natur der „Scheidungskonvention" a. Kinderbelange b. Vermögens- und güterrechtliche Fragen V.

VI.

VII.

Widerruf des Einverständnisses A. Einverständnis zur Scheidung B. Einseitiger Widerruf der „Scheidungskonvention" 1. Vor der Homologierung durch den Richter 2. Nach der Genehmigung durch den Richter 3. Schlußfolgerungen a. Kinderbelange b. Vermögens- und güterrechtliche Fragen c. Antrag auf Nichtbewilligung der „Scheidungskonvention" Anfechtung des Scheidungsurteils A. Allgemeines B. Anfechtung der Statusentscheidung C. Anfechtung der Scheidungskonvention 1. Die Lehre a. Bis zur Homologierung durch den Richter b. Nach der Genehmigung durch den Richter 2. Das Fallrecht a. Bundesgerichtliche Entscheidungen b. Kantonale Rechtsprechung und Rechtsgrundlagen D. Kritik Reform

Einleitung Die Berücksichtigung des schweizerischen Rechtes im Rahmen dieser Arbeit ist weder selbstverständlich, noch einfach. Neben den besonderen Scheidungsgründen des Ehebruchs (Art 137 ZGB) 1 , der Nachstellung nach dem Leben, Mißhandlung und Ehrenkränkung (Art 138), des Verbrechens und unehrenhaften Lebenswandels (Art 139), der Verlassung (Art 140) und der Geisteskrankheit (Art 141), sieht der schweizerische Gesetzgeber insbesondere den allgemeinen Scheidungsgrund der Zerrüttung vor (Art 142). In diesem Zusammenhang steht vor allem Abs 1 des Art 142 im Mittelpunkt, lautet er doch wie folgt: „Ist eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses eingetreten, daß den Ehegatten die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft nicht zugemutet werden darf, so kann jeder Ehegatte auf Scheidimg klagen.2" Formal betrachtet, wäre jeglicher Kritik der Wind aus den Segeln genommen, wenn die - freilich stets unverbindliche - Marginalrubrik hier die Begriffsbestimmung „einverständliche Scheidung" oä anführte. Dem ist bekanntlich nicht so. Auch die geschichtliche Entwicklung begünstigt die These, nach der die „einvernehmliche Scheidung" zur schweizerischen Tradition gehörte, bloß mittelbar. Denn aus rechtshistorischer Sicht kann nur festgestellt werden, daß die meisten Kantone die einverständliche Scheidung entweder ausdrücklich oder (jedenfalls faktisch) doch zumindest in Gestalt des „gemeinsamen Scheidungsbegehrens" vorgesehen hatten3.

1 Im folgenden sind die ohne Quellenangabe zitierten Artikel immer solche des schweizerischen Zivilgesetzbuches. 2 Deutsche Fassung stets nach SR 2.1. Abs 2 bestimmt: „Ist die tiefe Zerrüttung vorwiegend der Schuld des einen zuzuschreiben, so kann nur der andere Ehegatte auf Scheidung klagen." Der französische Text lautet: 1. „Chacun des époux peut demander le divorce lorsque le lien conjugal est si profondément atteint que la vie commune est devenu insupportable." 2. „ Si la désunion est surtout imputable à Tun des conjoints, Taction ne peut être intentée que par l'autre." (RS 2.1.). Der italienischsprachige Gesetzestext findet sich in RS 2.1. 3 Dazu Briner, Die Ehescheidungsgründe im Zivilstands- und Ehegesetz von 1874 und im Zivilgesetzbuch, 24 ff. In der Waadt etwa war sogar die einverständliche Scheidung nach französischem Vorbild (Art 233 CC) bekannt, vgl dens., aaO 32. Der gleiche Scheidungsgrund galt zum Beispiel im Genfer und Aargauer Kanton, vgl Baranowski de Rawiez, Le divorce par consentement mutuel. Etude de législation comparée et de droit désirable, 194 ff; zum historischen Überblick siehe auch Held, Der generelle Ehescheidungsgrund im deutschen und schweizerischen Recht, 49 ff; Huber, System und Geschichte des Schweizerischen Privatrechtes, Vierter Band, 342 ff.

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Den kantonalen Ehegesetzen ist jedoch bekanntlich mit Gesetz vom 24. 12.1874, dem sog ZEG (Zivilstands- und Ehegesetz) derogiert worden4. Dieses ermöglichte mit Art 45 das „gemeinsame Scheidungsbegehren", verlangte freilich für eine stattgebende Entscheidung noch die Unverträglichkeit des weiteren Zusammenlebens, dh die Zerrüttung als materielle Scheidungsvoraussetzung5. Das Scheidungsrecht wurde mit dem ZEG zwar vereinheitlicht, in der Rechtsanwendung gab es freilich ein Gefälle: Das Bundesgericht und mit ihm diefranzösische Schweiz hielt mit Entschiedenheit am Erfordernis des „gemeinsamen Scheidungsbegehrens" fest 6, anders allerdings die Zürcher Praxis (und die Mehrzahl der ostschweizerischen Gerichte), die getrennte Scheidungsbegehren, gestützt auf unterschiedlichen Tatbestand, unter Art 45 ZEG zu subsumieren wuBté7. Der Anwendung dieser Bestimmung stand auch die Zustimmung zum, bzw der „Anschluß" an das Scheidungsbegehren nicht entgegen8. Ob die Divergenz im Ergebnis so groß ist, wie in der Literatur regelmäßig behauptet wird 9, bleibe dahingestellt. Daß die Zürcher Praxis unter anderem deshalb verpönt wurde, weil sie einerseits die Scheidungen spürbar erleichterte und andererseits Mißbräuchen Tür und Tor geöffnet haben soll10, 4 Das „Bundesgesez die gemischten Ehen betreffend" vom 3. 12. 1850 (AS, alte Folge, Bd 2) sowie das „Nachtragsgesez betreffend die gemischten Ehen" vom 3. hornung 1862 (AS, alte Folge, Bd 7) bezweckten die Reduzierung der Konfliktfälle bedingt durch die Auflösung gemischt-konfessioneller (sog „paritätischer") Ehen und bringt keine materiellrechtliche Vereinheitlichung. Eingehend ua Baranowski de Rawiez (FN 3) 200 f. Zum ZEG siehe auch Feick, Gegenseitige Einwilligung als Scheidungsgrund. Ein Beitrag zur Kritik des Verschuldensprinzips im Bürgerlichen Recht, 23 f. 5 Art 45 ZEG: „Wenn beide Ehegatten die Scheidung verlangen, so wird das Gericht dieselbe aussprechen, sofern sich aus den Verhältnissen ergibt, daß ein ferneres Zusammenleben der Ehegatten mit dem Wesen der Ehe unverträglich ist." (Hervorhebung von wir.) 6 Dieses war gleichsam Spiegelbild der „naturrechtlichen Lehre von der Vertragsnatur der Ehe", vgl Briner (FN 3) 81, Held (FN 3) 59 f; offenbar aA Brunisholz, La séparation de corps par consentement mutuel en droit civil suisse, 24, der dies bestreitet. 7 Vgl Briner (FN 3) 84 ff, (mit deutlicher Kritik:) 92; da es auf den Willen zur Scheidung ankommt, sind die Leitsätze der Zürcher Rechtsprechung, die Antrag und Zustimmung genügen läßt, durchaus nachvollziehbar. Das Bundesgericht stand freilich aus historischen Gründen auf einem anderen Standpunkt: Art 45 ZEG sei eigentlich eine Reminiszenz an einen „modifizierten Antrag auf Zulassung einer an gewisse Einschränkungen geknüpften Scheidung par consentement mutuel im Sinne des Code civil vaudois (Scheidung wegen gegenseitiger unüberwindlicher Abneigung)", siehe Hinderling, Zerrüttung?- und Verschuldensprinzip in ihrer Bedeutung für die Ehescheidung, BJM 1965,55 f. 8 Briner (FN 3) 89 f. 9 Statt vieler Briner (FN 3) 91 f, der noch ausführt, daß das Bundesgericht ein „gemeinsames Scheidungsbegehren" bloß bejahte, wenn beide Parteien die Scheidung wirklich und ernstlich verlangen. Dadurch wird der Scheidungsvoraussetzung über die formelle Antragsform hinaus ein materiellrechtlicher Inhalt, der entsprechend zu prüfen ist, beigemessen. NabholzHaidegger, in: Die Konventionalscheidung, 10, erblickt dagegen im gemeinsamen Begehren die formelle, im Vorliegen der Zerrüttung die materielle Scheidungsvoraussetzung. 10 Briner (FN 3) 92 f.

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indem die Zustimmung noch im laufenden Verfahren schnell erkauft wurde, scheint sich später als „Ironie des Schicksals" herauszustellen. Es bedarf im übrigen keiner weiteren Erörterung, wie die Zerrüttungsprüfung judiziell gehandhabt wurde: der Beweis - das Gesetz enthielt ja keine widerlegbare oder unwiderlegbare Vermutung - war in der OstSchweiz schnell erbracht 11, sodaß rechtstatsächlich die einverständliche Scheidung beantragt und ihr stattgegeben werden konnte12. Eine umfassende (Scheidungs-)Reform sollte die einheitliche und gesetzeskonforme Anwendung der Scheidungstatbestände garantieren, die Scheidungsziffern in einem vertretbaren Rahmen halten13 und auf bundesrechtlicher Ebene - in Gestalt des Art 158 - verfahrensrechtliche Mindestgrundsätze postulieren, an die die Kantone ihre Prozeßordnungen (dh das Scheidungsverfahren) zu orientieren hätten14. Das Resultat dieser Bestrebungen gibt der eingangs zitiertem/t 142 wieder, der die Ehescheidung im Vergleich zu Artt 45 und 47 ZEG, deren Amalgam er schließlich geworden ist15, durchaus erschweren wollte16. Das dem Richter eingeräumte Ermessen bei der Beurteilung der Zumutbarkeit 11 Bloß hingewiesen sei auf Art 47 ZEG (Scheidungsgrund der tiefen Zerrüttung): „Wenn keiner der genannten Scheidungsgründe vorliegt, aber gleichwohl das eheliche Verhältnis als tief zerrüttet erscheint, so kann das Gericht auf gänzliche Scheidung oder auf Scheidung von Tisch und Bett erkennen ..." (Hervorhebung von mir.) Spekulationen über das Verhältnis von Art 45 ZEG zu Art 47 ZEG führen hier zu weit: Widersetzte sich keiner gegen die Auflösung der Ehe, so lag die Anwendung von Art 45 ZEG in praxi eher auf der Hand und unter dieser Bestimmung „wird das Gericht dieselbe aussprechen", sofern ... Die Entwicklung scheint zumindest verständlich. Briner (FN 3) 125 führt die seiner Ansicht nach zu weitgehende Gesetzesinterpretation auf die „in höchstem Maße unklare Fassung" zurück, sie sei auch für die unterschiedliche Gesetzesanwendung, die erhöhte Scheidungsrate und -lust sowie für die weitgehende Verdrängung der Offizialmaxime durch den Verhandlungsgrundsatz verantwortlich. Der Wortlaut alleine bewirkt freilich keine Wunder. Knus, Die Ehescheidungsgründe im schweizerischen Zivilgesetzbuch, 116, kritisiert Briner diesbezüglich zu Recht: Art 142 hebt sich von Artt 45 und 47 ZEG im Wortlaut durchaus ab, die kantonalrechtliche Praxis kannte indes keine Umwälzungen! Eine neutrale Stellungnahme zu Briner bietet Haslimann-Izbicki, Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft und das Zerrüttungsprinzip. Eine rechtspolitische Betrachtung von Art 142 Abs 1 ZGB, 9. Wie sehr Art 45 ZEG perhorresziert worden ist, vermittelt überzeugend Baranowski de Rawiez (FN 3) 208 ff im Detail. 12 Beispielsweise Brunisholz (FN 6) 24 f. 13 Das ZGB - so Briner (FN 3) 135,148 - sollte eine (nicht ganz) unbedeutende Erschwerung der Ehescheidung bewirken. 14 Brunisholz (FN 6) 32 f liest aus Art 158 sogar ein positivrechtliches Verbot der einverständlichen Scheidung: Führte nämlich das Einverständnis der Ehegatten eo ipso zur gerichtlichen Eheauflösung, so folgte aus dieser Automatik die Bindung des Richters an Parteiaussagen, was der genannten Bestimmung widerspreche. Brunisholz scheint dabei von einem Typus der einvernehmlichen Scheidung auszugehen, der die vertragliche Disposition über das Eheband voraussetzt. Dies stünde tatsächlich im Widerspruch zu Art 158, Näheres zu III B. 15 Zum Entwurf Huber siehe Baranowski de Rawiez (FN 3) 220 ff. 16 Ua Briner (FN 3) 148 f.

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Schweiz

der Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft hat allerdings die bundesweit einheitliche Scheidungsjudikatur a limine erschwert, wenn nicht sogar illusorisch gemacht. Angesichts des historischen Hintergrundes der legislativen Absicht, die „einverständliche Scheidimg" (als Scheidungsgrund) auszumerzen17, und des Wortlautes von Art 142, muß die Deutung und Anwendung, die diese Gesetzesbestimmung erfahren hat, einigermaßen überraschen. Gleich zu Anbeginn stand einem ,gemeinsamen Scheidungsbegehren" dies unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien - nichts im Wege18: Ihm komme ein „Beweismoment für die innere Zerrüttung der Ehe" zu. Dies bedeute indes nicht, „daß die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft nun den Ehegatten nicht weiter zugemutet werden dürfe" 19. Dem Gericht obliegt maW die Zerrüttungsprüfung, von der es auch dann nicht dispensiert wird, wenn der andere Ehegatte der Scheidung zustimmt bzw als nicht schuldiger Teil von Art 142/2 keinen Gebrauch macht20. Obgleich das Bundesgericht einer „einverständlichen Scheidung", dh - seiner Definition nach - einer Eheauflösung auf Grund (bloßer) gemeinsamer Scheidungsbegehren ohne Zerrüttungsprüfung stets ablehnend gegenübergestanden ist21, weicht doch die kantonale Judikatur davon ab: Sie schließt von der Gemeinsamkeit des Scheidungsantrags auf die Zerrüttung der Ehe und spricht die Scheidung auf Grund des gegenseitigen Einvernehmens der Parteien aus22; dies ohne daß die „tiefe Zerrüttung" notgedrungen objektiv erwiesen wäre 23.

17 Etwa Briner (FN 3) 150 f. 18 Dazu Held (FN 3) 81; Nabholz-Haidegger (FN 9) 17; Seeger, Die Rechtsprechung in Ehescheidungs- und Trennungssachen nach schweizerischem Zivilgesetzbuch, ZSR 48/1929, 161a f. 19 Zum Beispiel Briner (FN 3) 150 f; Brunisholz (FN 6) 28 f, 31 f; Egger, ZÜKO, Nr 16 zu Art 142; Knus (FN 11) 257 FN 1 mwN. 20 Brunisholz (FN 6) 35 und FN 5 ibid; Nabholz-Haidegger (FN 9) 18. 21 Zum Beispiel BGE 55 II 295 worin der übereinstimmende Scheidungswille als Scheidungsgrund nicht anerkannt und die Eheauflösung aus gegenseitiger Einwilligung abgelehnt wird. Vgl auch BGE 38 II 42 f; 46 II 179; 51 II 116 (und dazu: Ehrlich, Die Scheidungsklage des an der tiefen Zerrüttung der Ehe überwiegend schuldigen Ehegatten bei Zustimmung des andern zur Scheidung [Auslegung des Art. 142 Abs. 2 ZGB], SJZ 46/1950, 287; sowie Hinderling, Aktuelle Fragen des Scheidungsrechts, SJZ 45/1949,268); 52 II 412; 61 II 161. 22 Vgl Brunisholz (FN 6) 35 f; kritisch auch Egger, Zum heutigen Stand des Ehescheidungsrechtes. Erörterungen zu Hans Hinderlings Schweizerischem Ehescheidungsrecht, ZSR 73/1954,100. In Bern zum Beispiel betrugen die Kampfscheidungen (1953) bloß 5 à 10 %, siehe Troesch, Ehenot - Eheschutz, ZBJV 89/1953, in Zürich gehört die „einverständliche Scheidung" längst zum Alltag, vgl ua Vogel, Freibeweis in der Kinderzuteilung, in FS Hegnauer, 613. 23 Seeger (FN 18) 162a gesteht ein, daß ein gemeinsames Scheidungsbegehren für den Beweis der tiefen Zerrüttung ein größeres Gewicht hat als ein einseitiger Antrag. (Vgl auch BGE 33 II 394; 51 II 117; weitere BGE 40 II 10; 41 II 323.) „Doch - so führt Seeger fort - darf dem gegenseitigen Einverständnis keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden, weil das ZGB den Scheidungsgrund der gegenseitigen Einwilligung nun einmal nicht kennt." MaW: dem gemeinsamen Begehren kommt keine scheidungsbegründende Wirkung zu, vgl Sulzer, Das

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201

Mehrfach ist die Frage erhoben worden, ob denn das ZGB die „ des Scheidungswillens sowie um die ,JScheidungsfolgenregelung". Diese Scheidungsvoraussetzungen sind näher zu beleuchten.

B. Die einjährige Trennung Der Begriff des Getrenntlebens ist in § 15671 gesetzlich definiert: „Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.84" Das Gesetz stellt mE nicht darauf ab, ob die Antragsteller die häusliche Gemeinschaft je aufgenommen haben oder nicht. Erforderlich ist aber wohl, daß (wenigstens) ein Ehegatte die „eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt", maW muß das „volitive Element" der Ablehnung (bisheriger bzw künftiger Gemeinsamkeit iSd Bestimmung) außer Zweifel stehen. Die bloß faktische Trennung läßt infolgedessen die unwiderlegbare Vermutung des Scheiterns der Ehe nicht eingreifen. Das Trennungsjahr ist von manchen Autoren kritisiert worden: die Trennimg innerhalb der Ehewohnung, die aus sozialen Erwägungen in das Gesetz Eingang fand, stehe in einem Spannungsverhältnis zur Schutzfunktion des Art 6 I GG 85 . Es obliegt nämlich dem Verfassungsgesetzgeber, die Scheidungsvoraussetzungen so zu gestalten, daß nur gescheiterte Ehen geschieden werden. Fehlt nun die Möglichkeit einer räumlichen Trennung der Ehegatten, dann werde (jedenfalls) ein Ehepartner zu einem Verhalten bewogen, das die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft in ein und derselben Wohnung untermauern kann. Zu Recht meinen Schönfeld/Bernhardt/KrutwaSchott/Moeser-Jantke/Roßberger, daß die Konfliktbewältigung hiedurch offensichtlich erschwert wird. Sie schlagen deshalb als Alternative zur lex lata vor, daß jeder Ehegatte bei Gericht die Erklärung abgeben kann, wonach er die Absicht hegt, die Scheidung anzustreben. Der Scheidungsantrag selbst

84

Ua Palandt/Diederichsen

(FN 20) zu § 1567; D. Schwab/D. Schwab (FN 20) II RZ 78.

II. Voraussetzungen

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kann auch in diesem Fall erst nach Ablauf eines Jahres, gerechnet ab der Erklärung vor Gericht, eingereicht werden86.

C. Der Scheidungswille Im Vergleich zum französischen Recht etwa ist das Erfordernis des Scheidungswillens hier äußerst dürftig geregelt. Der „Scheidungswille" wird in den formal gehaltenen Bestimmungen mehr antizipiert als gesetzlich normiert. Wenn nämlich „beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidimg zustimmt" (§ 15661), ist der Wille zur Auflösung der Ehe unabdingbarer Bestandteil eines solchen Vorgehens, dh notwendig mit der Natur des Antrags bzw der Zustimmung verknüpft. Beide Ehegatten sind gehalten, ihren Scheidungswillen zu bekunden. Er wird durch die Scheidungsfolgenvereinbarung wohl ergänzt, aber nicht ersetzt und kann auf zweierlei Art zum Ausdruck gebracht werden: durch übereinstimmenden Antrag (unten 1) und durch den Antrag des einen mit Zustimmungserklärung) des anderen (unten 2).

1. Übereinstimmender Antrag Ein übereinstimmender Antrag ist als solcher zweifellos zumindest Prozeßhandlung? 7, weil er das Verfahren einleitet. Indem die Antragsschrift primär den Willen zur Scheidimg bekundet und bei Vorliegen sämtlicher Inhaltserfordernisse Grundlage der unwiderlegbaren Vermutung darstellt, ist sie zugleich materiellrechtliche Willenserklärung Der notwendige Inhalt der Antragsschrift ist durch die §§ 622 II 89 iVm 630 ZPO vorgegeben. 85 (Bonner) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949, BGBl 1, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.12.1983, BGBl 11481. 86 Näheres bei dens., Dokumentation - Kritische Anmerkungen zum Trennungsjahr, FamRZ 1987,668. Daß die Autoren die Antragstellung erst nach Ablauf dieses Jahres erlauben wollen, erweist sich als vernünftige Überlegung. So werden nämlich „verfrühte" Scheidungsanträge, wie sie der Lehre und Praxis im Zusammenhang mit § 1565 II bekannt sind, hintangehalten. Zum Problem Ditzen, Acht Thesen zum verfrühten Scheidungsantrag, FamRZ 1988,1010. 87 Siehe Stein/Jonas/Schlosser (FN 26) RZ 2 zu § 630 ZPO; Rolland (FN 10) RZ 4 zu § 630 ZPO. 88 Cfr Gernhuber (FN 22) § 27 III 6; MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 10 zu § 1566. 89 Nämlich die Angabe, ob „1. gemeinschaftliche mindeijährige Kinder vorhanden sind, 2. ein Vorschlag zur Regelung der elterlichen Sorge unterbreitet wird, 3. Familiensachen der in § 621 Abs. 1 bezeichneten Art anderweitig anhängig sind."

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Bundesrepublik Deutschland

Wichtig ist in diesem Zusammenhang insbesondere § 630 I ZPO, wonach die Antragsschrift folgende Angaben zu enthalten hat: Nr l„die Mitteilung, daß der andere Ehegatte der Scheidung zustimmen oder in gleicher Weise die Scheidung beantragen wird"; Nr 2 den übereinstimmenden Vorschlag hinsichtlich §§ 1671 I I und 1634; Nr 3 die bereits erwähnte Einigung der Ehegatten über den Kindesunterhalt, den gegenseitigen Unterhalt und über die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat. Die erforderliche Mitteilung des ersten Antragstellers (§ 63011 ZPO) hat fluden Richter (zumeist) bloß informativen Wert 90 und für die Parteien wohl nur insoferne eine Bedeutung, als die Ankündigung eine formelle Voraussetzung darstellt, deren Fehlen die Antragsschrift „unvollständig" macht91.

2. Antrag des einen und Zustimmungserklärung)

des anderen

Die Zustimmungserklärung ist mE materiellrechtliche Willenserklärung und Prozeßhandlung zugleich92. Ob nämlich zwei übereinstimmende Anträge gestellt werden oder nur einer, dem in der Folge zugestimmt wird, ist der Sache nach das Gleiche und

§ 6211 ZPO zählt die Familiensachen wie folgt auf: 1. die Regelung der elterlichen Sorge für ein eheliches Kind, soweit nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches hiefür das Familiengericht zuständig ist, 2. die Regelung des Umgangs eines Elternteils mit dem ehelichen Kinde, 3. die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil, 4. die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber einem ehelichen Kinde, 5. die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, 6. der Versorgungsausgleich, 7. die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat, 8. Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, auch wenn Dritte am Verfahren beteiligt sind, 9. Verfahren nach den §§ 1382 und 1383 des Bürgerlichen Gesetzbuches. 90 Es sei denn, die Parteien beschränken sich ausdrücklich auf diesen bestimmten Scheidungstatbestand (§ 1566 I) und verzichten auf die Geltendmachung scheidungsfördernder Tatsachen. Dann wäre es dem Richter wohl verwehrt, die Ehe aus demselben (Scheidungs-) Grund, aber nach einem anderen Tatbestand aufzulösen. 91 Ob der Schriftsatz auf Grund der unterlassenen Mitteilung „unschlüssig" oder aber „ergänzungsbedürftig" ist, scheint für die Zwecke dieser Arbeit nicht weiter relevant. Wohl ist letztere Variante angebracht und die „Unvollständigkeit" mit einem ergänzenden Schriftsatz gemäß § 283 ZPO zu beheben. Unterbleibt das Nachreichen indes, so wäre wohl anzunehmen, daß der Antrag „nicht ordnungsgemäß erhoben und unzulässig" ist, vgl Thomas/Putzo (FN 49) Anm 2 zu § 630 ZPO. Die Nachbesserung kann auch durch Erklärung zu Protokoll erfolgen, vgl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hanmann (FN 38) Anm 2 Β zu § 630 ZPO. 92 Vgl Thomas/Putzo (FN 49) Anm 3a zu § 630 ZPO; Rolland (FN 10) RZ 5a zu § 1566 und RZ 4 zu § 630 ZPO; Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch (FN 47) RZ7 zu § 1566; Zöller/ Philippi (FN 49) RZ 8 zu § 630 ZPO; Göppinger, Vereinbarungen anläßlich der Ehescheidung, RZ35.

II. Voraussetzungen

327

im übrigen auch gleichgültig?3; die prozessuale Rollenverteilung darf daran nichts ändern. Die Erfordernisse des § 630 I ZPO, nämlich der Vorschlag nach Nr 2 und die Einigung nach Nr 3, untermauern diese Auffassung. Sie ist allerdings nicht herrschend. Es läßt sich vielmehr feststellen, daß es bezüglich der Natur der Zustimmungserklärung im Grunde keine einhellige Meinung gibt: Von manchen wird sie nur als Prozeßhandlung94, von anderen wiederum bloß als materiellrechtliche Willenserklärung 95 eingestuft. Die Bewertung des Scheidungsantrags und der Zustimmungserklärung als materiellrechtliche Willenserklärung und/oder Prozeßhandlung ist für die Untersuchung der Anfechtungsmodalitäten und -mittel freilich von Bedeutung96. Deutet man sie nämlich nur als Partei- bzw Prozeßhandlung, dann finden die Vorschriften über Rechtsgeschäfte auf sie wohl keine Anwendung. Eine außerhalb des Gerichtes erklärte Zustimmung ist gewiß keine Prozeßhandlung, bloß wird sie als solche auch nicht genügen. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die Zustimmung zu Beginn bzw während des Verfahrens vor Gericht erklärt werden muß, womit sie funktionell denselben Stellenwert wie ein Antrag hat97. Unabhängig davon, wie der übereinstimmende Antrag bzw der Antrag des einen mit Zustimmungserklärung des anderen rechtlich qualifiziert wird, hat das Gericht jedenfalls zu prüfen, ob überhaupt ein ernstlicher und mangelfreier Scheidungswille vorliegt. Diese Kontrollpflicht besteht auch dann, wenn jegliche „Zerrüttungsprüfung" im Zusammenhang mit der einverständlichen Scheidung (§§ 15651 iVm 15661) kategorisch verneint wird. Auf diese Frage ist infra näher einzugehen98.

93 Der Unterschied wirkt sich freilich im Kostenrecht und mit Bezug auf die Prozeßkostenhilfe aus; Probleme, die jedoch die rechtliche Natur übereinstimmender Anträge oder des einseitigen Scheidungsantrages des einen mit Zustimmungserklärung des anderen nicht berühren. Zur Bedeutung der verfahrensmäßigen Unterscheidung ua D. Schwab/D. Schwab (FN 20) II RZ 71. 94 Etwa MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 23 zu § 1566; Luke (FN 6) Die persönlichen Ehewirkungen, 641; ders. (FN 6) AcP 178 (1978) 30; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann (FN 38) zu § 630 III ZPO. 95 Zum Beispiel Stein/Jonas/Schlosser (FN 26) RZ 2 zu § 630 ZPO; D. Schwab (FN 6) FamRZ 1976, 503; Damrau (FN 6) NJW 1977, 1170; Kniebes (FN 6) 327; Brüggemann (FN 6) FamRZ 1977, 9 f; Gernhuber (FN 22) § 27 III 6; Rosenberg/Schwab (FN 35) § 168 II 2 FN 27; Beitzke (FN 7) Familienrecht § 1912a. 96 Dazu infra V I B. 97 Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes, wohl aber aus der Notwendigkeit der „Ernstlichkeitsprüfung" der Anträge bzw Zustimmungserklärung. 98 Siehe unten III A, IV B.

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D. Kinderschutzklausel Es ist durchaus denkbar, daß eine gescheiterte Ehe nicht geschieden werden darf. Im Falle der einverständlichen Scheidung wird dies nur aus dem im 1. Halbsatz des § 1568 angeführten Grund möglich sein: nämlich auf Grund der sogenannten Kinderschutzklausel 9. Der Wortlaut der Bestimmung ist im Hinblick auf den mit ihr anvisierten Ausnahmecharakter eindeutig: nur ganz exzeptionelle Lebenssachverhalte sind vom Gesetzgeber ins Auge gefaßt. In den Genuß dieser Vorschrift kommen nicht alle Kinder, die eine familiäre Bindung zu ihren Eltern entfaltet haben. Das Gesetz stellt - wohl zu Recht - nicht auf die „soziale Elternschaft" ab: die Berücksichtigimg auch bloß sozialer Bindungen der „Eltern" zu Kindern, die in der Familie leben, führte zum Ergebnis, daß die Härte- bzw Kinderschutzklausel ein Scheidungshindernis darstellte, wenn die Aufrechterhaltung der Ehe etwa im Interesse von Pflegekindern läge. Ein solcher Bestandsschutz kommt dem Pflegekindschaftsverhältnis nicht zu. Der Gesetzgeber will nur das Interesse der in der Ehe geborenen minderjährigen Kinder wahren und verleiht damit dem Begriff des Kindeswohls einen ganz spezifischen Inhalt. Minderjährige Kinder, die der gescheiterten Ehe entstammen, dh solche, die in der Ehe geboren sind und solche, die durch nachfolgende Ehe legitimiert wurden, und Kinder, die von beiden Ehegatten adoptiert worden sind, gehören wegen der rechtlichen Gleichstellung mit leiblichen Kindern zur Kategorie minderjähriger Kinder im Sinne des § 1568 Satz 1. Ausgeschlossen von seinem Anwendungsbereich sind indes Stiefkinder, vor- und außereheliche Kinder (unabhängig von einer allfälligen „Einbenennung" nach § 1618 oder von einer „Ehelicherklärung" iSd §§ 1736,1740a ff) 100 . Ein kurzer Blick auf das zu dieser Gesetzesbestimmung entwickelte Fallrecht 101 zeigt deutlich auf, daß es nicht gilt, die mit dem Schicksal als Scheidungswaise verbundenen Nachteile und Härten zu verhindern. Besondere - darüber hinausgehende - Gründe für die Aufrechterhaltung der Ehe sind nur solche, die Nachteile, die durch die Scheidung der gescheiterten Ehe

99 Text in FN 18. 100 Siehe D. Schwab (FN 6) FamRZ 1976,506 f; Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 2a zu § 1568; detaillierter MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 19 zu § 1568. Nur ein begrenzter Kreis von Kindern kann deshalb in den Genuß der Kinderschutzklausel kommen bzw der gescheiterten Ehe steht die Auflösung zu, wenn es sich um - von § 1568 nicht erfaßte - Mindeijährige handelt, die unter denselben sozialen Bedingungen in der Familie aufgewachsen sind. Der menschliche Aspekt tritt hier in den Hintergrund, verdeutlicht die rechtspolitische Entscheidung der Gesetzesväter und illustriert die Grenzen des Schutzes von Ehe und Familie iSd Art 6 GG. 101 Vgl Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 2b zu § 1568; MünchKomm/Wolf (FN 10) etwa RZ 25, 27, 29, 30 (wirtschaftliche Erwägungen) zu § 1568.

II. Voraussetzungen

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selbst entstehen102 in einem Maße vorrangig erscheinen lassen, daß dem beidseitigen Scheidungsantrag (jetzt) keine Folge gegeben werden darf. Eine solche Entscheidung setzt die entsprechende Information des Richters voraus, ohne die er das „Kindeswohl" nicht angemessen würdigen kann. Von Amts wegen (§ 616 I I ZPO) 103 sind deshalb die Kindesinteressen wahrzunehmen104. Unter Umständen wird das Gericht zur Beurteilung des Kindeswohles auch auf die Beweggründe, die zur Ablehnung der ehelichen Lebensgemeinschaft geführt haben, zurückzugreifen haben. Die Kinderschutzklausel soll nämlich ausnahmsweise die Interessen der Eltern - gerichtet auf eine einvernehmliche Scheidung - überlagern können, um dem Wohl des Kindes zumindest eine theoretische Chance einzuräumen: Hiezu ist eine konkrete Ermittlung der familiären Lebensverhältnisse, des Verantwortungsbewußtseins der Eltern und der Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes unumgänglich. Dies hat freilich mit Maß zu geschehen, wie noch aufzuzeigen ist 105 . Der Ausnahmecharakter der Kinderschutzklausel schlägt sich in der Judikatur nieder. Regelmäßig bedienen sich die Gerichte allerdings recht allgemein gehaltener Formulierungen, deren Substrat wenig aufschlußreich ist 106 .

102 MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 22 zu § 1568. Nach Giesen (FN 6) 182 kommt § 1568 nur selten zur Anwendung, weil sein Ertrag bloß die Ehe dem Bande nach ist. 103 Dazu Stein/Jonas/Schlosser (FN 26) Anm 7 f zu § 616 ZPO; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann (FN 38) Anm 3 Α, Β zu § 616 ZPO; Zöller/Phitippi (FN 49) RZ 7 zu § 616 ZPO. 104 Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 1 zu § 1568; MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 18 zu § 1568 mwN; Bergerfurth (FN 64) FN 12 zu RZ 270; Ambrock, Zur Verfassungsmäßigkeit und Auslegung der positiven Härteklausel des 1. Eherechtsgesetzes, FamRZ 1978, 318 FN 72 sowie die dort angeführte Literatur. 105 Infra IV C. 106 Ein Beispiel: „Daß das Interesse der gemeinsamen Kinder der Parteien noch eine vorübergehende - Aufrechterhaltung der Ehe erfordert, ist nicht ersichtlich. Die Kinder befinden sich bei der Kl, werden ... von dieser verantwortungsvoll und einwandfrei betreut und stehen dem Bkl mehr oder weniger kritisch gegenüber; sie haben also eine feste Bindung an die Kl und sich offenbar mit der gegenwärtigen Situation abgefunden", vgl OLG Schleswig, 16. 9. 1977, FamRZ 1977,803. Die Beurteilung des Wohles eines nervenkranken Kindes - im Urteil des OLG Celle, 11. 5. 1978, FamRZ 1978, 508 f - zeigt die großen Schwierigkeiten auf, die die „Kinderschutzklausel" dem Gericht bereiten kann. In casu verlangte es einem schwerkranken Kleinkind (höchstens 2 Jahre alt), das dem leiblichen Vater gegenüber (bei der Ausübung des Besuchsrechts) zunächst fremdelte, einen wohl zu ausgeprägten Bewußtseinsstand und ein zu großes Differenzierungsvermögen ab. Erwiesen sei nicht - so das Gericht -, daß das Kind sich nach dieser konkreten Vaterfigur sehne. Letztlich kam es dann doch darauf an, daß der Kindesvater eine Rückkehr zur Familie dezidiert ablehnte. Fraglich ist nur, in welchen Fällen die Härteklausel zugunsten des Kindes Relevanz gewinnt.

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Das BVerfG hat in seinem Beschluß vom 21. 10. 1980107 erkannt, daß § 1568 II 1 0 8 mit Art 6 I GG unvereinbar ist, soweit den außergewöhnlichen Härten nicht mindestens durch eine Aussetzung des Verfahrens abgeholfen werden könne. Eine solche - an Fristen nicht gebundene - Aussetzung soll es den Gerichten ermöglichen, eine Scheidung zur Unzeit zu vermeiden109. Ganz offensichtlich hegt der Akzent der Härteklausel mehr auf dem Bestandsschutz der Ehe, dh sie gilt eher dem „scheidungsunwilligen" Ehegatten als dem Ausbau des Kindeswohls. Im Zusammenhang mit dem Kinderschutz scheint nämlich die Tatsache, daß ein Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wieder herzustellen wünscht, größeres Gewicht zu haben als bei der Härteklausel zugunsten des Ehegatten. Dies wohl deshalb, weil das Kindeswohl dann ohnedies auf andere Art und Weise zu verwirklichen ist. Widersetzt sich indes ein Ehegatte der Scheidung, so wird dem Interesse am Eheband als solchem Gewicht beigemessen.110 Der Gesetzgeber hat § 1568 I I inzwischen zur Gänze gestrichen111 und eine allfällige „Verzögerung der Scheidung" im Sinne einer „elastischeren Anwendung" des § 1568 I ermöglicht. Es obliegt darum den Gerichten, Kindesinteressen dezidierter wahrzunehmen112. Ob damit das Problem, das die Härteklausel auffangen will, gelöst ist, scheint mehr als fraglich. Eigentlich - so D. Schwab 113 - ist casus belli eher die Scheidung als solche, weniger die „Scheidung zur Unzeit". Nicht jedes Kind erlangt auch in späteren Jahren die erforderliche Reife, die Scheidung seiner Eltern einzusehen. Sehr zu denken geben sollte die „verzögerte Scheidung" noch aus anderen Gründen: Je mehr sich ein Ehepartner um den anderen aus allgemeinmenschlichen Erwägungen bemüht oder sich als Elternteil - trotz des Schei107 BVerfG 21.10.1980 (FN 18) aaO. 108 § 1568 II lautete: „Abs. I ist nicht anzuwenden, wenn die Ehegatten länger als fünf Jahre getrennt leben." Nähere Angaben in FN 18. 109 BVerfG 21. 10. 1980 (FN 18) FamRZ 1981, 17. Siehe auch schon BVerfG 28. 2. 1980 (FN 18) FamRZ 1980, 324, wo das Gericht allerdings der Auffassung war, daß die Härteregelung die „Scheidung zur Unzeit" verhindere. Im erstangeführten Erkenntnis wurde dem Umstand Rechnung getragen, daß sich die schwer lädierte Ehefrau nach dem Gutachten, das dem - zeitlich früheren - Urteil zugrundegelegen war, noch einer Brustoperation hatte unterziehen müssen. Dieser Sachverhalt werfe nämlich die Frage auf, ob die Ehescheidung weiterhin eine außergewöhnliche Härte darstelle und welche Rechtsfolgen daran zu knüpfen seien. 110 Dies belegt der Sachverhalt beider Entscheidungen (vgl FN 109) sehr deutlich. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin waren freilich so kraß, daß das Schicksal der drei sehr streng religiös erzogenen mindeijährigen Kinder dagegen total verblaßte. 111 Siehe schon FN 18. 112 D. Schwab (FN 18) 1173 rügte Entwürfe zur Neuregelung der Bestimmung, die das Kindeswohl nicht gleichermaßen berücksichtigten, denn eine sachliche Begründung dafür gebe es - wie er zu Recht bemängelt - keine. 113 D. Schwab (FN 18) 1174 f.

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terns der Ehe - um die Kinder kümmert, umso eher rückt die Härteklausel näher und ist ihr Tatbestand erfüllt. Mit der Zeit drohen so die ohnedies dünn gesäten Fälle, in denen Familienmitglieder sich bei aufgehobener Lebensgemeinschaft anständig begegnen, völlig abzukommen. E. Scheidungsfolgenvereinbarung Die nachfolgende Analyse gilt § 63012 und 3 ZPO. Die „Scheidungsfolgenvereinbarung" umfaßt nämlich sowohl den „übereinstimmenden Vorschlag" gemäß § 630 1 2 ZPO wie auch die „Einigung" gemäß § 630 1 3 ZPO. i. Der übereinstimmende Vorschlag gemäß § 63012 ZPO Nr 2 der genannten Bestimmung verlangt einen übereinstimmenden Vorschlag der Ehegatten. Den Erfordernissen des Gesetzes ist mit einem Vorschlag Genüge getan, dem im Laufe der mündlichen Verhandlung zugestimmt wird 114 . Dieser Vorschlag hat zum Gegenstand: a. die Regelung der elterlichen Sorge über ein gemeinschaftliches Kind; b. die Regelung des persönlichen Umgangs des nichtsorgeberechtigten Elternteiles mit dem Kind. a. Die Regelung der elterlichen Sorge Ob das Familiengericht und die Ehegatten selbst an den - in der Praxis sehr häufigen - Vorschlag zur Regelung der elterlichen Sorge gebunden sind oder nicht, bleibt eine umstrittene Frage. Die Bindungswirkung des Vorschlags hängt von seiner rechtlichen Natur ab115. Die gesetzliche Regelung ist in diesem Zusammenhang wenig aufschlußreich. Anhaltspunkte bieten bloß die Ausnahmen vom sogenannten Entscheidungsverbund bzw der Entscheidungskonzentration116, namentlich die §§ 627, 628 ZPO sowie insbesondere § 1671.

114 Die Einigung der Antragsteller kann auch zu Protokoll gegeben werden, was in der Antragsschrift (§ 622 ZPO) anzukündigen ist. Vgl Göppinger (FN 92) RZ 38; zum Inhalt siehe Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, RZ 891 ff. 115 Darauf ist infra zu III D näher einzugehen. Siehe Lidie - Haas, Das Kind im Sorgerechtsverfahren bei der Scheidung, passim. Die empirische Arbeit bietet, was der Titel verspricht. 116 Zum Entscheidungsverbund infra IV D.

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Gemäß § 627 I ZPO ist die Entscheidung über die elterliche Sorge für ein gemeinschaftliches Kind vorweg zu treffen, wenn das Gericht beabsichtigt, von dem übereinstimmenden Vorschlag der Ehegatten abzuweichen. Von diesem Vorschlag soll - so § 1671 - das Gericht nur abweichen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Macht das Kind, welches das 14. Lebensjahr bereits vollendet hat, einen von der elterlichen Regelung abweichenden Vorschlag, dann trifft das Gericht die Regelung, die dem Kindeswohl am besten entspricht (§§ 1671 III 2,1671 I I 1). Die ratio der Vorabentscheidungspflicht ist in der Erwägung begründet, daß die Antragsteller sich im (laufenden) Scheidungsprozeß entsprechend auf diese Änderung einstellen können sollen117. § 628 ZPO erlaubt eine weitere Ausnahme vom Entscheidungsverbund: unter bestimmten Voraussetzungen kann das Gericht die Entscheidung über den Scheidungsantrag der Entscheidung über eine Folgesache vorziehen118. Das ist ua dann der Fall, wenn die gleichzeitige Entscheidimg über die Folgesache (insbesondere über die Regelung der elterlichen Sorge 119) den Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, daß der Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde (§ 628 I 3 ZPO). Die Beurteilung der außergewöhnlichen Verzögerung wie der unzumutbaren Härte wird auch im Hinblick auf die Auswirkungen für die Kinder zu prüfen sein. Diese Vorwegentscheidungsvariante gewinnt jedoch in praxi vor allem mit Bezug auf

117 Vgl ua Baumbach/Lauterbach/Albers/Hanmann (FN 38) Anm 1 zu § 627 ZPO; Thomas/Putzo (FN 49) RZ 1 zu § 627 ZPO. Kritisch zur Regelung van Eis, Der Verbund als Wartesaal für Entscheidungen zum Kindeswohl, FamRZ 1983,439,441: Der Autor zeigt die geringe Bedeutung der Vorschrift auf, was auf die Tatsache zurückzuführen ist, daß der Richter nur in seltenen Fällen vom Vorschlag der Eltern abweicht. 118 § 628 ZPO lautet: „I. Das Gericht kann dem Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache stattgeben, soweit 1. in einer Folgesache nach § 621 Abs. 1 Nr. 6 oder 8 vor der Auflösung der Ehe eine Entscheidung nicht möglich ist, 2. in einer Folgesache nach § 621 Abs. 1 Nr. 6 das Verfahren ausgesetzt ist, weil ein Rechtsstreit über den Bestand oder die Höhe einer auszugleichenden Versorgung vor einem anderen Gericht anhängig ist, oder 3. die gleichzeitige Entscheidung über die Folgesache den Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, daß der Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde. Hinsichtlich der übrigen Folgesachen bleibt § 623 anzuwenden. II. Will das Gericht nach Absatz 1 dem Scheidungsantrag vor der Regelung der elterlichen Sorge für ein gemeinschaftliches Kind stattgeben, so trifft es, wenn hierzu eine einstweilige Anordnung noch nicht vorliegt, gleichzeitig mit dem Scheidungsurteil eine solche einstweilige Anordnung." 119 §§ 623 iVm 62111 ZPO.

II. Voraussetzungen

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die Regelung des Versorgungsausgleichs an Bedeutung120. Der Hinweis auf sie erfolgt wegen der im Kindeswohl121 liegenden Parallele zur Vorabentscheidungsbefugnis nach § 627 ZPO. Fraglich ist, ob die Ausnahmen vom Entscheidungsverbund jene Vorteile bringen, die sie versprechen. Die Klärung des Fragenkomplexes „elterliche Sorge" ist nämlich nicht ohne Bedeutung: Auswirkungen auf die Versorgung des Kindes, seine Erziehung, das Umgangsrecht, seinen Unterhaltsanspruch, die vermögensrechtlichen Vereinbarungen und berufliche Dispositionen der Ehegatten (insbesondere des Sorgeberechtigten) sind wahrscheinlich und können gegebenenfalls die (Geschäfts-^Grundlage des Vorschlags (§ 630 I 2 ZPO) bzw der Einigung (§ 630 I 3 ZPO) tangieren122. Zur Vorabentscheidung und somit zur Abweichimg vom übereinstimmenden elterlichen Vorschlag kommt es nur in drei Fällen:123 der Vorschlag enthält gesetzwidrige Bestimmungen124 oder sieht keine erschöpfende Regelung des Sorgerechts über die gemeinschaftlichen Kinder vor; der übereinstimmende Vorschlag widerspricht dem Kindeswohl (§ 1671 III 1) oder das über 14 Jahre alte Kind macht einen abweichenden Vorschlag (§ 1671 III 2). Der von den Ehegatten unterbreitete Vorschlag muß jedenfalls so beschaffen sein, daß das Gericht eine zulässige Entscheidung gleichlautenden Inhalts treffen kann125. Rspr und Lehre hatten sich mit diesem Fragenkomplex auseinanderzusetzen und entwickelten Fallgruppen, die es erlauben (sollten), Regelungen unzulässigen Inhalts von inhaltlich unbedenklichen Vorschlägen auszugrenzen. Eine Klausel etwa, wonach das Sorgerecht des einen Elternteils bei Änderungen seiner Lebensumstände automatisch auf den anderen übergehen soll, wird durchwegs als unzulässig angesehen126. Solche Bedingungen würden die bei jeder Modifikation des Sorgerechts anstehende Prüfung des Kindeswohls überspielen. Der Vorschlag soll maW inhaltlich genügend konkretisiert sein, damit das Gericht die Vereinbarkeit mit dem Kindeswohl überprüfen kann. Schlagen die Ehegatten etwa vor, ihnen das gemeinsame Sorgerecht zu belassen, dann sind die aus dieser Sorgerechtsregelung fließenden Rechtsfolgen konsequent einzuhalten. Dasselbe 120 Dazu insbesondere von May dell, Überblick über die bisherige Rechtsprechung zum Versorgungsausgleich, FamRZ 1981, 623; jüngst ders., Die Ausgestaltung des Versorgungsausgleichs durch die neuere Rechtsprechung zum VAHRG, FuR 1990, 60. 121 Vgl van Els (FN 117) 438. 122 Siehe auch Göppinger (FN 92) RZ 602. 123 Eingehend D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 56,70 ff. 124 Dazu unten. 125 Vgl ua Göppinger (FN 92) RZ 608. Zur Frage, ob Eheverfehlungen bei der Sorgerechtsentscheidung zu berücksichtigen sind, siehe Coester, Eheverfehlungen als Kriterium der Sorgerechtsentscheidung nach neuem Recht, FamRZ 1977, 217. 126 Ua Göppinger (FN 92) RZ 611 mwN.

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gilt für den Fall des alleinigen Sorgerechts eines Elternteils: eine Aufspaltung der Befugnisse würde diese - entgegen der Absicht des Gesetzgebers jedenfalls in Konfliktsituationen - relativieren und der Sorgeberechtigte wäre außerstande, seine Aufgaben, die ihm das Gesetz überträgt, wahrzunehmen. Zu bedenken ist nämlich, daß das Sorgerecht durchaus geteilt werden darf (Personensorge an den einen, Vermögenssorge an den anderen Elternteil, § 1671IV 2). Mit D. Schwab 127 - und entgegen der Rspr 12* - ist außerdem davon auszugehen, daß auch andere - als die in § 1671IV vorgegebene - vom übereinstimmenden Willen der Ehegatten getragene Funktionsteilungen rechtlich zulässig sind, sofern sie klar und konkret, maW für das Gericht nachvollziehbar formuliert und im Lichte des Kindeswohls nicht unzweckmäßig erscheinen. Auch hier wird das Gericht nur eingreifen dürfen, wenn die Kindesinteressen gefährdet erscheinen. Die Übertragung des Sorgerechtes an einen Dritten (Pfleger, Vormund) kann das Gericht nur verfügen, um eine Gefahr für das Wohl des Kindes abzuwenden (§ 1671 V). Dieses Tatbestandsmerkmal bleibt derfreien Beurteilung des Richters vorbehalten. Selbst wenn er daher sonst an den übereinstimmenden Vorschlag der Ehegatten gebunden sein sollte, ist die Bindungswirkung des Vorschlags gegenüber dem Richter diesbezüglich auf jeden Fall zu verneinen. § 1671 V ist selbst schon als Ausnahmevorschrift gedacht, da der Entzug der Personen- und Vermögenssorge ausschließlich bei Gefährdung des Kindeswohls gestattet ist. Kommen die Parteien zum Ergebnis, daß das Wohl ihres gemeinsamen Kindes nur gewährleistet ist, wenn zB ein Verwandter als Vormund das Sorgerecht ausübt, so kann es sein, daß sie sich ihrer elterlichen Pflichten im Wege der Scheidung nicht (gesetzwidrig) entledigen wollen. Eben diese Sachverhaltskonstellationen dürften freilich selten gegeben sein. Grundsätzlich ist deshalb daran festzuhalten, daß sich ein Vorschlag aufdrängt, der die Ausübung des Sorgerechts durch einen bzw beide Elternteil(e) vorsieht, sofern sie ihnen zusteht. Ob die Übertragung an eine dritte Person sachlich geboten ist, bleibt der richterlichen Beurteilung anheimgestellt. Wenn ein Vorschlag übereinstimmend einen Dritten als Sorgeberechtigten bezeichnet, genügt er daher den Anforderungen an die rechtliche Zulässigkeit nicht129. Der Vorschlag setzt aber voraus, daß den Ehegatten das Sorgerecht nicht entzogen ist. Denn im Fall des Sorgerechtsentzuges fehlt ihnen wohl die entsprechende Regelungsbefugnis. Dann kann den Ehegatten auch nicht 127 Vgl schon D. Schwab (FN 22) RZ 186 bis 189 sowie ferner jüngst D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 30 f. 128 Siehe ua BGH 17. 9. 1980, FamRZ 1980, 1108 mwN (keine Aufspaltung des Aufenthaltsbestimmungsrechts); KG 7. 8.1984, FamRZ 1984,1144 (zum gleichen Problem unter Hinweis auf die soeben zitierte BGH-Entscheidung). 129 Vgl D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 71, der die Zulässigkeit eines solchen Vorschlags für unvereinbar mit dem Pflichtenbündel, wie es sich aus dem Elternrecht ergibt, ebenfalls abstreitet; ebenso Göppinger (FN 92) RZ 617 mwN.

II. Voraussetzungen

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die Pflicht obliegen, einen Vorschlag iSd § 630 I 2 ZPO zu erstatten. Diese Scheidungsvoraussetzung wäre in casu eben obsolet130. b. Die Regelung des persönlichen Umgangs Die Regelung der elterlichen Sorge bzw der diesbezüglich übereinstimmende Vorschlag der Ehegatten und die gerichtliche Genehmigung (oder Entscheidung) darüber stehen in engem Zusammenhang mit der Regelung des persönlichen Umgangs des nichtsorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind. § 163411 ordnet nämlich an: „Ein Elternteil, dem die Personensorge nicht zusteht, behält die Befugnis zum persönlichen Umgang mit dem Kinde." Diese Konnexität bezieht sich sowohl auf den Sachzusammenhang, den die Eltern bei der Erstellung ihres Vorschlages berücksichtigen müssen, wie auch auf die gerichtlichen Eingriffsbefugnisse. Anders als der Vorschlag über die Ausübung der elterlichen Sorge bedarf die Regelung des persönlichen Umgangs keiner gerichtlichen Genehmigung oder Entscheidung. Die Ehegatten sollen sich daher über das Umgangsrecht selbst einig werden, und zwar auch dann, wenn bezüglich des Sorgerechts eine abweichende Entscheidung vorweg getroffen wurde. Strittig ist, inwiefern der übereinstimmende Vorschlag über das Umgangsrecht als Anregung an das Gericht, eine Entscheidung zu treffen, anzusehen ist. Eine inhaltlich unbedenkliche oder - wie es Wolf ausdrückt131 - vernünftige Regelung bietet keinen Anlaß zur Entscheidung. Empfehlen dürfte sie sich aber in Fällen, in denen die Herausgabe des Kindes rechtüch gewährleistet werden muß; eine Entscheidung ist jedoch jedenfalls dann erforderlich, wenn das Gericht die vorgeschlagene Lösung nicht akzeptieren kann. Die Ehegatten sind auf Grund von § 630 I 2 ZPO verpflichtet, dem Gericht einen Vorschlag zu unterbreiten. Daran vermag die Textierimg des § 1634 nichts zu ändern. Sie können - unter Vorlage ihrer Umgangsregelung - das Gericht jedoch um eine gerichtliche Regelung ersuchen. Eine Entscheidungspflicht obliegt dem Gericht nicht. Entscheidet es jedoch in der Umgangsfrage, dann ist § 1671 III 1 per analogiam anzuwenden: nur die Gefährdung des Kindeswohls erlaubt einen vom unterbreiteten Vorschlag abwei130 Göppinger (FN 92) RZ 616 meint, daß die Zulässigkeit des Vorschlages sich daraus ergibt, daß es den Ehegatten nicht unmöglich gemacht werden dürfe, die Scheidung gemäß § 1565 iVm § 1566 I durchzusetzen. Fehlt ihnen jedoch die Sorgerechtsbefugnis, dann mangelt es mE gleichzeitig an der rechtlichen Möglichkeit, Vereinbarungen darüber zu treffen. £>. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 71 indes schlägt vor, solchen Vorschlägen die Bindungswirkung abzusprechen. Dadurch wird das Problem wohl nur auf eine andere Ebene verlagert, nämlich ob - bei grundsätzlicher Bejahung der Bindungswirkung - der - nicht bindende - Vorschlag den Inhaltserfordernissen der Scheidungsfolgenvereinbarung genügt. 131 Vgl MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 40 zu § 1566.

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chenden Beschluß. Anlaß für eine Gerichtsentscheidung ist ebenfalls gegeben, wenn das über 14 Jahre alte Kind einen Vorschlag macht, der von der elterlichen Regelung abweicht (§ 1671 III 2). Bezüglich der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit der Umgangsregelung sowie der Ausrichtung am Kindeswohl ist zu beachten, daß der Vorschlag unter Umständen Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung wird, die die Grundlage für die Vollstreckung gemäß § 33 FGG bildet132. Zulässig wird deshalb nur ein solcher Vorschlag sein, der den Gesetzesanforderungen entspricht. Uneinigkeit besteht allerdings darüber, wie detailliert die Umgangsregelung beschaffen sein muß. Manche Autoren 133 lassen generelle Aussagen genügen, andere wiederum 134 verlangen eine genaue Einigung über das Umgangsrecht. Der Richter kann das Interesse des Kindes nur ausloten, wenn ihm konkrete Informationen über die Gestaltung des Umgangs mit dem Kind vorliegen. Er muß sich zudem davon überzeugen, daß die Regelung wirklich vom übereinstimmenden Willen der Ehegatten getragen ist. Im Hinblick auf diese Prüfungspflicht und -befugnis 135 muß der Vorschlag präzise Angaben über die geplante Ausübung des Umgangs enthalten. Wenn das Gericht den Vorschlag zur Umgangsregelung nicht billigt, kann es eine Entscheidung treffen, und zwar entweder gemeinsam mit dem Scheidungsurteil136 oder aber nachdem dieses ergangen ist, wenn ein „Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesachen eine unzumutbare Härte" darstellte 137. Die Regelungen sind vom Gericht in einer Gesamtschau zu betrachten. Häufig stellt sich nämlich etwa heraus, daß das Umgangsrecht (oder die elterliche Sorge) gegen die Befreiung von Unterhaltspflichten getauscht wurde. Solche „Freistellungsvereinbarungen" sind unzulässig138. Aber schon das Kindeswohl bietet genügend Anlaß für eine genaue Würdigung des gemachten Vorschlags. Die analoge Anwendung des § 1671 III führt zu folgendem Ergebnis: eine von dem elterlichen Vorschlag abwei132 Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.5.1898 (idF FGG, RGBl 189). 133 Graßhof, in RGRK, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 31 zu § 1566 nimmt an dem Vorschlag eines „großzügigen" Besuchsrechts keinen Anstoß. 134 So etwa Diederichsen (FN 6) NJW 1977, 654; Rolland (FN 10) RZ 5 zu § 630 ZPO; weniger dezidiert Göppinger (FN 92) RZ 631. Im Vergleich zu Diederichsen, aaO, der meint, daß die Einräumung eines „großzügigen Besuchsrechts" § 1634 nicht genügt, ist Göppinger, aaO, der Auffassung, daß eine solche Regelung wegen der mit ihr verknüpften Schwierigkeiten und möglichen Streitfragen „zwecklos" sei. Auch D. Schwab geht wohl von einer konkreten Umgangsregelung aus,richtensich nach ihr doch die Art und das Maß des Umgangs, vgl (FN 10) RZ 528. Siehe im übrigen MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 39 zu § 1566 mwN. 135 Zur Inhaltskontrolle der Vereinbarungen vgl auch unten IV C. 136 §§6291,6231 ZPO. 137 Vgl § 628 1 3 ZPO sowie Göppinger (FN 92) RZ 628. 138 Eingehend infra III E1.

II. Voraussetzungen

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chende Entscheidung ist nicht gerechtfertigt, wenn sie bloß „besser" oder „ebenso akzeptabel" erscheint; vielmehr müssen gewichtige Gründe des Kindeswohls für die Änderung sprechen, „um eine erhebliche Benachteiligung der Kinder abzuwenden"139. Als ultima ratio ist die Einschränkung oder gar der Ausschluß der Umgangsbefugnis möglich, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist (§ 1634 I I 2) 140 .

2. Die Einigung der Ehegatten gemäß §63013 ZPO § 630 I 3 ZPO setzt die Einigung der Ehegatten über folgende Punkte voraus: a. die Regelung der Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind; b. die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht; c. die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat. Der Scheidung soll erst stattgegeben werden, wenn die Ehegatten über diese Gegenstände einen vollstreckbaren Schuldtitel herbeigeführt haben (§ 630 I I I ZPO). Nach herrschender Meinung ist diese Vorschrift allerdings nicht zwingender Natur 141. Die Einigung der Ehegatten muß tatsächlich erfolgen, eine „bloße Mitteilung" genügt nicht. Dies aus folgenden Erwägungen: Bei der Einigung gemäß § 630 I 3 ZPO ist zwischen dem Nachweis über die Einigung als solche und dem vollstreckbaren Schuldtitel, wie er in der Soll-Vorschrift des § 630 I I I ZPO über diese Gegenstände angeordnet wird, zu unterscheiden. Was die Einigung selbst anlangt, herrscht Streit darüber, ob der Scheidungsvoraussetzung mit einer bloßen Ankündigung, daß die Ehegatten sich geeinigt haben, Genüge getan ist, oder ob es bei Einleitung des Verfahrens schon der inhaltlich nachweisbaren Einigung in (bzw zugleich mit) der Antragsschrift bedarf. Wer in §630 ZPO eine formelle Voraussetzung zur Scheidung erblickt, mag einer schlichten Mitteilung zu Verfahrensbeginn un-

139 Vgl OLG Köln, 29. 7.1982, FamRZ 1982,1238. Grundlegend zum Kindeswohl: Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, passim. 140 Wird das Besuchsrecht dazu mißbraucht, elterliche Auseinandersetzungen vor den Kindern, die darunter leiden, weiterzuführen, ist der Ausschluß dieses Rechtes geboten: OLG Stuttgart, 31. 1.1979, NJW 1979, 1168; siehe auch OLG Stuttgart, 12. 5. 1978, NJW 1979, 1593 (zeitweiser Ausschluß des Besuchsrechts, da seine Ausübung sich nachteilig auf das Kind auswirkt). Ein völliger Ausschluß wird meist nur gebilligt, sofern schonendere Maßnahmen nicht möglich sind; vgl Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 3b zu § 1634 mwN. 141 Statt vieler Thomas/Putzo (FN 49) Anm 5c und 2c zu § 630 ZPO. Weiteres infra III Β

2.

23 Verschraegen

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ter Umständen aufgeschlossener gegenüberstehen142, da die Scheidungsfolgenvereinbarung dann von vornherein nicht als materiellrechtliche Grundlage für die Entscheidungsfindung des Richters anzusehen ist und die Einleitung des Verfahrens nicht (unnötig?) aufgehalten werden soll143. Diese Überlegung findet in der Lehre jedoch keinen Niederschlag. Es zeigte sich vielmehr, daß das Problem der rechtlichen Qualifikation der Inhaltserfordernisse der Antragsschrift durchaus losgelöst von der Frage, ob die Ankündigung ausreicht oder nicht, behandelt wird 144 . Nun unterscheidet § 630 ZPO seinem Wortlaut nach deutlich zwischen der „Mitteilung" (§630 I 1 ZPO), dem „übereinstimmenden Vorschlag" (§ 630 I 2 ZPO) und der „Einigung" (§ 630 I 3 ZPO) als notwendige Bestandteile der Antragsschrift und § 630 III ZPO verlangt (erst) zum Zeitpunkt der Entscheidung einen vollstreckbaren Schuldtitel über die in § 630 I 3 ZPO bezeichneten Gegenstände. Die Differenzierung bringt zum Ausdruck, daß schon bei Einleitung des Verfahrens Einigkeit über die Scheidungsfolgen vorliegen soll. Hinsichtlich der Zustimmung zur Scheidung bzw der künftigen Antragstellung des anderen Ehegatten (§ 630 I 1 ZPO) kann indes sinnvollerweise nur die entsprechende Mitteilung erfolgen, weil die einverständliche Scheidung vom übereinstimmenden Willen beider Ehegatten abhängt und dieser nur von jedem einzelnen persönlich bekundet werden kann. Zweck der Scheidungsfolgenvereinbarung ist ua, den Ehegatten (spätestens) im Antragsstadium sämtliche Scheidungsfolgen vor Augen zu führen 145. Die Einigung über diese Scheidungsfolgen, die ja mit dem materiellen Rechtsschutzziel eng verknüpft ist, betrifft - als materielle Scheidungsvoraussetzung - auch das Einverständnis über die Scheidung. Die Formvorschrift des § 630 I I I ZPO trägt einerseits der notwendigen Flexibilität dieses Verfahrens Rechnung (allfällige Anpassungen der Vereinbarung mögen sich insbesondere bei einer Vorwegentscheidung über das Sorgerecht als notwendig erweisen), zeigt aber andererseits deutlich auf, daß zu Schluß der letzten mündlichen Verhandlung die Durchsetzbarkeit der vereinbarten (und allenfalls modifizierten Einigung über die) Scheidungsfolgen gesichert sein soll; zu Beginn des Verfahrens ist indes die Emsthaßgkeit des prozessualen und materiellrechtlichen Begehrens klar zu belegen. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die Einigung gemäß § 630 I 3 ZPO nicht bloß anzukündigen, sondern dem Gericht mit der Antragsschrift 142 Manche Autoren lassen die Ankündigung in der Antragsschrift genügen: vgl ua Sedemund-Treiber, in Johannsen/Henrich, Eherecht, RZ 8 zu § 630 ZPO mwN; MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 14 zu § 1566; Bergerfurth (FN 64) RZ 78. Andere beharren auf dem Einigungspapier so ua Zöller/Philippi (FN 49) RZ 6 zu § 630 ZPO; Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Albers (FN 38) Anm 2b zu § 630 ZPO; Thomas/Putzo (FN 49) Anm 2b zu § 630 ZPO; Diederichsen (FN 6) NJW 1977, 654; Damrau (FN 6) NJW 1977,1171 und nicht zuletzt D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 341 f. 143 Vgl zur Diskussion darüber supra I Β 2. 144 Siehe FN 142.

II. Voraussetzungen

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schriftlich vorgelegt werden muß. Der Schriftsatz hat deshalb eine inhaltlich konkretisierte Regelung über diese Gegenstände zu enthalten. Von § 630 I nicht erfaßt sind die güterrechtlichen Folgen der Scheidung und der Versorgungsausgleich146. a. Regelung der Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind Die Ehegatten müssen eine genaue Regelung der Unterhaltspflicht gegenüber ihrem Kind vorlegen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere § 1629 I I und III zu beachten147: „II. Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1795 ein Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist. Leben die Eltern getrennt oder ist eine Ehesache zwischen ihnen anhängig, so kann, wenn eine Regelung der Sorge für die Person des Kindes noch nicht getroffen ist, der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1796 die Vertretung entziehen. III. Solange die Eltern getrennt leben oder eine Ehesache zwischen ihnen anhängig ist, kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen. Eine von einem Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und ein zwischen den Eltern geschlossener gerichtlicher Vergleich wirken auch für und gegen das Kind." Der Barunterhaltsanspruch, der in der Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt werden muß (§ 630 I 2 iVm § 630 III ZPO), steht als Anspruch zwar dem Kind zu, er ist aber von dem Elternteil während des Getrenntlebens (und bis zur rechtskräftigen Scheidung) als Prozeßstandschafter im eigenen Namen geltend zu machen, in dessen Obhut sich das Kind befindet 148. Die Bemessung des Unterhalts richtet sich einerseits nach dem Bedarf (§ 1602149), andererseits nach der Leistungsfähigkeit (§ 1603150). Ferner be-

145 Vgl ebenso D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 341 mwN. 146 Siehe D. Schwab (FN 10) RZ 286. 147 Näheres bei D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 640 ff. 148 Dies freilich, soweit dem klagenden Elternteil nicht gemäß § 1666 die Personensorge entzogen wurde, vgl § 1629 II. Die Aktiv- und Passivlegitimation setzt infolgedessen ferner voraus, daß nur ein Elternteil die elterliche Sorge ausübt. Zur Problematik bei der Ausübung gemeinsamer Sorge siehe D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 115,117. 149 § 1602: „I. Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

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stimmt § 1606 III, daß mehrere gleich nahe Verwandte nach ihren Erwerbsund Vermögensverhältnissen anteilig haften. Satz 2 leg cit regelt die Gleichwertigkeit der Kinderbetreuung (Pflege und Erziehung) mit der Leistung des Barunterhalts 151. Als Vorfrage ist somit zu klären, welcher Elternteil sorgeberechtigt sein wird, weil sich nach dieser Kompetenzaufteilung die Art des geschuldeten Unterhalts richtet. Freilich handelt es sich hiebei nur um einen allgemeinen Erfahrungswert, denn auch der betreuende Elternteil, dessen Pflege und Erziehung des Kindes Naturalunterhalt darstellt, der dem Barunterhalt in der Regel gleichsteht, kann unter Umständen zur Leistung einer Geldrente verpflichtet sein152. Das Kind hat Anspruch auf den angemessenen Unterhalt (§ 1610). Als Bedarf des Kindes (bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) gilt mindestens der (für ein nichteheliches Kind der entsprechenden Altersstufe) festgesetzte Regelbedarf (§ 1610 III) 1 5 3 . Der Regelbedarf ist als M/ndetfunterhalt anzusehen. Weitere - als die in § 1610 vorgesehenen - Schranken zieht § 1614 I, wonach für die Zukunft auf den Unterhalt weder zur Gänze noch zum Teil verzichtet werden kann. Ein solcher Verzicht ist nichtig (§ 134). Das Gesetz erlaubt allerdings (arg e contr) den Unterhaltsverzicht für die Vergangenheit. Beurteilungsmaßstab ist jedoch stets auch das Kindeswohl, das dem Verzicht für die Vergangenheit entgegenstehen könnte, denn das Kind hat jedenfalls Anspruch auf den angemessenen Unterhalt (§ 16101)154.

II. Ein mindeijähriges unverheiratetes Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalte nicht ausreichen." 150 § 1603: „I. Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. II. Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren mindeijährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalte gleichmäßig zu verwenden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kinde, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann." 151 Statt vieler Borth, in D. Schwab, Kommentar zum Scheidungsrecht, V RZ 92 ff; Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 3 zu § 1606. 152 So BGH 2. 7. 1980, FamRZ 1980, 995 (wonach den Sorgeberechtigten mit eigenem Einkommen keine Barunterhaltspflicht trifft, wenn der Nichtsorgeberechtigte ebenso leistungsfähig ist und das Einkommen der betreuenden Mutter jenes des barunterhaltspflichtigen Vaters nicht übersteigt); BGH 28.1. 1981, FamRZ 1981, 347 (wonach auch die Sorgeberechtigte zum Barunterhalt herangezogen werden kann, freilich trage der Nichtsorgeberechtigte die Beweislast für die Gründe, die dies zu rechtfertigen vermögen). 153 Details bei D. Schwab/Borth (FN 151) V RZ 58 ff; Göppinger (FN 92) RZ 554 ff. 154 Statt vieler Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 1 zu § 1614.

II. Voraussetzungen

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Die Parteien schließen in der Praxis regelmäßig sogenannte „Freiste!lungsvereinbarungeit" ab, auf Grund derer ein Elternteil von der Leistimg des Kindesunterhalts befreit werden soll. Solche Verträge sind jedenfalls de lege ferenda nicht begrüßenswert. Allzusehr schwindet das konkrete Interesse für das Kind und vielfach verbergen sich hinter diesen Freistellungen Zugeständnisse des einen Ehegatten an den anderen. Diese werden indes nicht offengelegt, weil sich herausstellen könnte, daß das Einvernehmen über die Scheidung selbst recht „verdünnt" ist oder daß das Kind zum „Tauschobjekt" degradiert wird. De lege lata halten Lehre und Rspr derartige Vereinbarungen indes für zulässig155, soweit der Unterhaltsanspruch des Kindes nicht betroffen ist oder mit der Freistellung nicht sonstige Leistungen erwirkt werden sollen. Diese unzulässige Verquickung hätte nämlich die Nichtigkeit der Vereinbarung zur Folge (§ 138)156. Schließen die Parteien über den Kindesunterhalt einen gerichtlichen Vergleich ab (§ 1629 III), so wären von der Nichtigkeit bedrohte Regelungen im Zuge der materiellen Prozeßleitung vom Richter freilich schon im Vorfeld zu unterdrücken. Sachfremde Intentionen der Parteien sind aber erfahrungsgemäß nicht immer erkennbar, weshalb es denn auch oft zu nachträglichen Anfechtungsklagen kommt157.

b. Einigung über die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht Die Einigung über die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht (idF Ehegattenunterhalt) ist eine weitere materiellrechtliche Voraussetzung der einverständlichen Scheidung (§630 I 3 ZPO); die Parteien sind nicht nur - wie nach § 1585c - befugt, eine Vereinbarung über den Ehegattenunterhalt zu treffen, sie sind vielmehr dazu verpflichtet. Die inhaltliche Gestaltung dieses Vertrages bleibt den Ehegatten überlassen. Sie können die in §§ 1570-1585b158 enthaltenen Grundsätze dispositiven Rechts durchaus modifizieren, doch vermag ihre Privatautonomie gesetzliche Verbote (§ 134) oder die Sittenwidrigkeit (§ 138) nicht zu überspielen. Grundsätzlich ist ein Verzicht auf den gesetzlichen Ehegattenunterhaltsanspruch erlaubt 159. Die Zulässigkeit eines Unterhaltsverzichts 160 beurteilt

155 Zur Diskussion infra III E 1. 156 Siehe Göppinger (FN 92) RZ 580. 157 Zur Problematik infra VI C. 158 Mit Gesetz vom 20. 2.1986 (UÄndG, dazu schon FN 18) wurde das Ehegattenunterhaltsrecht grundlegend geändert. Einen informativen Überblick über die neue Rechtslage bietet Göppinger (FN 92) RZ 203 ff bzw zum Geschiedenenunterhalt RZ 206 ff mwN. 159 Vgl ausführlich zum Problem Frey, Der Verzicht auf nachehelichen Unterhalt, 31 ff.

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sich nicht zuletzt nach den Beweggründen, Modalitäten und Auswirkungen solcher Vereinbarungen. Die Regelung muß klar,und bestimmt sein. Im Hinblick auf spätere Abänderungsklagen (§ 323 IV ZPO) und Auslegungsschwierigkeiten plädiert die hL161 für die Klarstellung darüber, ob die gesetzliche Unterhaltspflicht als sogenannter „selbständiger Unterhaltsanspruch" ab der Scheidung auf vertraglicher Basis beruhen soll. In der Praxis wird dies regelmäßig versäumt162. D. Schwab hat indes seit jeher die Meinung vertreten, daß es für die Anwendbarkeit des gesetzlichen Unterhaltsrechts auf den erkennbaren Inhalt des Vertrages bzw den mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien ankommt 163 . Die hL nimmt - trotz der Differenzierung - an, daß der Unterhaltsanspruch im Zweifel ausgestaltet und seine Rechtsnatur nicht geändert wird 164 . Im Ergebnis weicht sie somit von D. Schwab kaum ab. Die Rspr gestattet jedenfalls die völlige Loslösung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs und räumt den Parteien die Vertragsfreiheit ein, den Ehegattenunterhalt „auf eine eigenständige vertragliche Grundlage zu stellen"165. Auch sie nimmt im Zweifel keinen „selbständigen Unterhaltsanspruch", sondern die Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs an166. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben die Grenzen privatrechtlicher Autonomie deutlich aufgezeigt. Selbst wenn - insbesondere bei Unterhaltsverzichts- und Gesamtverzichtsverträgen - die Sittenwidrigkeit geleugnet worden ist, bietet die Judikatur doch den Ausweg über § 242 (Grundsatz von Treu und Glauben) an: Ein Verzicht auf den Ehegattenunterhalt vermag die tatsächliche Betreuung der Kinder auszuschließen, weil der sorgeberechtigte Elternteil (nunmehr) auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen ist. Macht dieser nun in der Folge einen Betreuungsunterhalt (§ 1570) geltend, so kann sich der andere Ehegatte auf den Unterhaltsverzicht im Lichte des § 242 unter Umständen nicht berufen 167. Die Rspr zeigt damit nachwievor die Unterscheidung zwischen beiden Arten von Unterhaltsansprüchen auf, sie verweist (und rekurriert) aber auf den Parteiwillen, um die Vereinbarung als Regelung auszulegen, die den ge-

160 Dazu infra III E 2 b. 161 Vgl etwa Richter, in MünchKomm, RZ 7 zu § 1585c mwN. 162 Kritisch zur Unterscheidung D. Schwab (FN 22) RZ 423. 163 D. Schwab (FN 22) RZ 426. 164 Begründet wird dies mit dem dogmatischen Streit über die Abgrenzung des gesetzlichen vom vertraglichen Unterhaltsanspruch sowie mit der Beseitigung des Schuldausspruchs, siehe MünchKomm/Richter (FN 161) RZ 7 zu § 1585c. 165 BGH 4.10.1978, FamRZ 1978, 874 mwN, wo aber festgehalten wird, daß die „besonderen ZustândigkeitsvoTschûften" für gesetzliche Unterhaltsansprüche nicht mehr zur Anwendung kommen. 166 BGH 23. 4.1986, FamRZ 1986, 790; BGH 20.5.1987, FamRZ 1987,1012. 167 Details infra III E 2 a.

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II. Voraussetzungen

setzlichen Unterhaltsanspruch nur ausgestaltet. Zugleich korrigiert sie auf dem Umweg von § 242 vertragliche Abmachungen, die bereits auf der Ebene der Sittenwidrigkeit die privatautonome Gestaltungsfreiheit überschritten haben. Aber gerade auch die Gesamtbeurteilung der Scheidungsfolgenvereinbarung macht deutlich, daß die Vereinbarungsteile nicht isoliert voneinander betrachtet werden können, sondern in gegenseitiger Wechselwirkung zueinander stehen. Die nachträgliche Einräumung des Betreuungsunterhaltes ist ein sprechendes Beispiel dafür, daß es sich im gegebenen Zusammenhang vielleicht ausschließlich um die Modifizierung des gesetzlichen Unterhaltsrechts handelt und für einen „selbständigen Unterhaltsanspruch" gar kein Raum verbleibt. Der nach § 630 1 3 ZPO vorgeschriebene zwingende Vereinbarungsinhalt mag hiefür zusätzliches Indiz sein. Die Vertragsfreiheit impliziert, daß der Ehegattenunterhalt nicht nur der Höhe nach zu beziffern ist, sondern auch von besonderen Modalitäten abhängig gemacht werden kann: So etwa zweckgebunden für einen bestimmten Bedarf, für einen festgesetzten Zeitraum usw. Leistungsbedingungen dürfen jedenfalls verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte nicht beeinträchtigen, auch wird auf eventuelle Genehmigungsvoraussetzungen Bedacht zu nehmen sein. Der Ausschluß künftiger Abänderbarkeit ist genau einzugrenzen. Damit wird nicht allen Streitigkeiten vorgebeugt: Vor allem haben neue Unterhaltspflichten gegenüber Kindern stets Priorität, ihnen kann nicht abbedungen werden. Wie bereits angedeutet, vermag die Dynamik der Lebensverhältnisse die Geltendmachung vereinbarter Ansprüche wegen (nunmehr) unzulässiger Rechtsausübung (§ 242) auszuschließen168.

c. Einigung über die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat 169 Die letzte in § 630 I 3 ZPO vorgesehene Regelung betrifft die Einigung über die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat. Diese Vereinbarung erübrigt sich (ausschließlich) dann, wenn die Auseinandersetzung bereits vollzogen ist oder von vornherein nichts aufzuteilen war. Zweck der Bestimmung ist die abschließende Regelung über jenen Hausrat, der noch nicht herausgegeben bzw allenfalls entfernt wurde und über die künftigen Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung.

168 Göppinger (FN 92) RZ 253 ff. 169 Einzelheiten ua bei Göppinger (FN 92) RZ 650 ff; D. Schwab/Maurer 51 ff, Grundsätzliches ebenda RZ 1 ff.

(FN 49) VIII RZ

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Welche Gegenstände zum Hausrat gehören, richtet sich nach der Hausratsverordnung 170. Anläßlich der Scheidung im Einvernehmen ist die Einigung der Ehegatten zwingend vorgeschrieben. Sie können daher nicht um die Entscheidung des Richters ansuchen171. Ihre Einigung muß jedoch wirksam zustandegekommen sein, dh allfällige Zustimmungserklärungen des Wohnungseigentümers oder Vermieters müssen bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen 172. Hievon hat sich der Richter zu überzeugen, da er weder unvollständige noch unwirksame Vereinbarungen seinem Scheidungserkenntnis zugrundelegen darf. Göppinger* 70 zum Beispiel verlangt eine Ausnahme für den Fall, daß etwa die Regelung über die elterliche Sorge jene der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und des Hausrats präjudiziert, und über das Sorgerecht aus besonderen Gründen erst nach der Ehescheidung entschieden wird, da deren außergewöhnliche Verzögerung eine unzumutbare Härte darstellte (§ 628 1 3 ZPO). Das Problem ist deswegen nicht von der Hand zu weisen, weil das Kindeswohl die Scheidungsfolgenvereinbarung inhaltlich prägt und bedingt. Der bloße Wunsch der Ehegatten, sich zu einigen, erfüllt die Antragserfordernisse nicht, sodaß eine einverständliche Scheidung dann ausscheiden muß, wenn eine Vereinbarung der Ehegatten in toto nicht möglich ist, spiegelt sie doch das ernsthafte Einvernehmen über die Scheidung, insbesondere über die Scheidungsfolgen wider 174. Die Scheidungsfolgenvereinbarung stellt vor theoretische und praktische Probleme, die in den vorangehenden Ausführungen nicht behandelt werden konnten. Ein selbständiges Kapitel wird deshalb dieser wichtigen Vereinbarung gewidmet.

170 VO über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats (HausratsVO, 6. DVO zum EheG) vom 21.10.1944, RGBl 1256/BGB1 III 404-3. 171 Vgl § 1 HausratsVO, wo ein solches Antragsrecht für alle (sonstigen) Scheidungsvarianten vorgesehen ist. 172 Näheres bei Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 2b zu § 1 HausratsVO, Anh II zum EheG; D. Schwab/Maurer (FN 49) VIII RZ 51 ff mwN. 173 Göppinger (FN 92) RZ 646,604. 174 Göppinger (FN 92) RZ 604 weist zu Recht darauf hin, daß sämtliche Vereinbarungsteile zusammenhängen (können) und die mangelnde Regelung eines Teiles Lücken bezüglich anderer Teile bedingen kann.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung Die Scheidungsfolgenvereinbarung muß materiellen Gültigkeitsvoraussetzungen (infra A) und den vorgeschriebenen Formerfordernissen (unten B) entsprechen. Der Prüfung dieser Fragen und der Unterscheidung zwischen obligatorischem und fakultativem Inhalt der Vereinbarung (unten C) folgt Abschnitt D, in dem das Wesen der Scheidungsfolgenvereinbarung untersucht und rechtlich qualifiziert wird. Das vorliegende Kapitel schließt ab mit einem Überblick über die verschiedenen Sondervereinbarungen, die Scheidungswillige den Gerichten anläßlich der einverständlichen Scheidimg präsentieren (können) und über die Problematik, die solche Vereinbarungen aufwerfen (unten E).

A. Materielle Gültigkeitsvoraussetzungen 1. Geschäftsfähigkeit Die Geschäftsfähigkeit hängt mit der Prozeßfähigkeit eng zusammen. Für den Eheprozeß läßt § 607 I ZPO die beschränkte 175 Geschäftsfähigkeit genügen: in Ehesachen ist der beschränkt geschäftsfähige Ehegatte somit prozeßfähig. Dies deshalb, weil sich die höchstpersönliche Natur solcher Verfahren mit einer gesetzlichen Vertretung der scheidungswilligen, in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkten Partei schlecht verträgt. Nach hM bezieht sich § 607 I ZPO nur auf Ehesachen, nicht aber auf die Ftf/gesachen 176. Im Zusammenhang mit der einverständlichen Scheidung ist insbesondere die Frage umstritten, ob ein (völlig) geschäftsunfähiger 177 und somit nach §607 I I ZPO prozeßunfähiger - Ehegatte selbst die Zustimmung zur Scheidung erklären darf. Wolf verlangt hiefür die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes, da der Scheidungsantrag selbst auch die Genehmigung voraussetzt.178 Bei bloß beschränkter Geschäftsfähigkeit ist dies nicht der Fall, sieht Wolf die Zustimmungserklärung doch (zumindest) als Prozeßhandlung an, weshalb wie für den Scheidungsantrag selbst - § 6071 ZPO zur Anwendung kommt179, maW Prozeßfähigkeit vorliegt. Andere Autoren beharren bei (völliger) 175 Dazu siehe §§ 106,114,1906. 176 Vgl etwa Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann (FN 38) Anm 1 C zu § 607 ZPO; Stein/Jonas/Schlosser (FN 26) RZ 4 zu § 607 ZPO; Zöller/Philippi (FN 49) RZ 2 zu § 607 ZPO; D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 149; MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 37 zu § 1564; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber (FN 142) RZ 1 zu § 607 ZPO. 177 Vgl § 104 II, III. 178 MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 38 zu § 1564 und RZ 27 zu § 1566. 179 MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 27 zu § 1566.

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Geschäftsunfähigkeit nur für den Scheidungsantrag als solchen, nicht indes für die Zustimmungserklärung auf der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigimg180. Die Zustimmungserklärung ist - wie bereits ausgeführt 181 aber auch als Prozeßhandlung zu qualifizieren, verfolgt sie doch dasselbe Rechtsschutzziel wie der Scheidungsantrag selbst, sodaß die Genehmigung unabdingbar ist. Hinsichtlich der Folgesachen verhält es sich mit der Geschäftsfähigkeit wie folgt: Grundsätzlich sind die mit der Scheidungssache verbundenen Folgesachen von § 670 I ZPO nicht erfaßt. Die Prozeßfähigkeit richtet sich gemäß § 52 ZPO nach der bürgerlichrechtlichen Verpflichtungs-, dh Geschäftsfähigkeit 182. § 6301 ZPO unterscheidet den „übereinstimmenden Vorschlag" (zur elterlichen Sorge und zum Umgangsrecht) einerseits von der „Einigung" (über den Kindesunterhalt, den Ehegattenunterhalt und die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat) andererseits. Das Vorschlagsrtchi steht den scheidungswilligen Parteien in Ausübung ihres Elternrechtes als höchstpersönliches Recht zu. Manche meinen deshalb, daß zwar eine Vertretung in der Erklärung möglich, im Willen indes nicht zulässig ist 183 . Als Begründung hiefür wird auf § 607 ZPO zurückgegriffen: Da Geschäftsunfähige auch prozeßunfähig sind (§ 607 I I ZPO) und von ihrem gesetzlichen Vertreter vertreten werden, können sie selbst keine Erklärung abgeben; ein beschränkt Geschäftsfähiger ist - gemäß § 607 I ZPO - (in Ehesachen) als prozeßfähig zu betrachten, sodaß sich auch für den Vorschlag eine Vertretimg erübrigt. Hinz m dagegen prüft die Berechtigung zur Abgabe der Erklärung nach rein materiellrechtlichen Kriterien: sie ist berechtigt, soweit die Ehegatten bezüglich des elterlichen Sorgerechtes verfügungsbefugt sind; nach Maßgabe des § 1673185 steht dem beschränkt geschäftsfähigen Ehegatten ein Vorschlagsrecht, dem geschäftsunfähigen Ehegatten kein solches Recht zu. Die-

180 So ua D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 150 unter Ablehnung der Auffassung von Wolf. 181 Supra II C 2 mwN zur Rechtsnatur der Zustimmung. 182 Für beschränkt Geschäftsfähige nach §§ 106, 114; für Geschäftsunfähige nach § 104, von besonderen gesetzlichen Ausnahmen abgesehen. 183 Vgl Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 4 zu § 1671, wo von der Vertretung durch einen Rechtsanwalt, nicht aber von der gesetzlichen Vertretung die Rede ist. 184 Hinz, in MünchKomm zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 51 zu § 1671. 185 § 1672 lautet: „I. Die elterliche Sorge eines Elternteils ruht, wenn er geschäftsunfähig ist. II. Das gleiche gilt, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist oder wenn er nach § 1910 Abs. 1 einen Pfleger für seine Person und sein Vermögen erhalten hat. Die Personensorge für das Kind steht ihm neben dem gesetzlichen Vertreter des Kindes zu; zur Vertretung des Kindes ist er nicht berechtigt. Bei einer Meinungsverschiedenheit geht die Meinung des gesetzlichen Vertreters vor, es sei denn, daß die elterliche Sorge wegen Minderjährigkeit ruht. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund oder Pfleger, so geht die Meinung des minderjährigen Elternteils vor, andernfalls gelten § 1627 Satz 2 und § 1628."

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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ser kann sich auch durch den gesetzlichen Vertreter hierin nicht vertreten lassen. Der kritischen Anmerkung von Maurer 186 ist insoferne beizustimmen, als § 607 alleine für die Diskussion nichts hergibt. Es kommt vielmehr - wie Hinz richtig meint - auf die materiellrechtliche Berechtigung an. Bleibt etwa beschränkt geschäftsfähigen Ehegatten auf Grund ihres Elternrechtes ein Teilbereich ihrer elterlichen Dispositionsbefugnis, so schlägt sich dies in der Scheidungsfolgenvereinbarung und infolgedessen in der Prozeßfähigkeit nieder. Bezüglich der Einigung (§ 630 I 3 ZPO) kann das Argument der höchstpersönlichen Natur 187 ohnedies nicht weiterhelfen und ist dieser Teil der Scheidungsfolgenvereinbarung schon deshalb nicht analog zu § 607 zu behandeln. Hier muß der gesetzliche Vertreter einschreiten, dessen Amtspflicht es ist, den Ehegatten bei der Einigung über die in § 630 I 3 ZPO aufgezählten Punkte zu vertreten. Eventuell erforderliche Genehmigungen des Vormundschaftsgerichtes sind freilich zusätzlich einzuholen188,189.

2. Mangelfreiheit Mängel in der Willensbildung (§§ 119,120 f, 123) machen das Rechtsgeschäft bloß anfechtbar, nicht schlechthin nichtig. Die Scheidungsfolgenvereinbarung muß daher, will sie in einem Folgeverfahren nicht in Frage gestellt werden, frei von Irrtum, Täuschung und Drohung sein. Ob und welche Teile der Vereinbarung nach § 630 I 2 und 3, III ZPO als Rechtsgeschäft bzw gerichtlicher Vergleich wegen Willensmängel anfechtbar sind, beurteilt sich zunächst danach, welche Materien Gegenstand eines (anfechtbaren) Rechtsgeschäftes und/oder gerichtlichen Vergleichs sein können. Es wird sich nämlich herausstellen190, daß über diese Qualifikationsfrage hinaus, an deren Beantwortung verschiedene Rechtsfolgen geknüpft werden, die Anfechtung zum einen wegen der Widerruflichkeit des Einverständnisses zur Scheidung (§ 630 I I ZPO) obsolet werden kann191, und, zum anderen, die „verdünnte Willensbildung", dh auch Mängel in der Willensbildung, die materiellrechtlich keine Willensmängel darstellen, verfahrensdynamisch unter Umständen überspielt wird. 186 D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 152 f. 187 Diese ist für MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 38 zu § 1566 das ausschlaggebende Argument für das Vorschlagsrecht eines beschränkt geschäftsfähigen Ehegatten. 188 Näheres bei Göppinger (FN 92) RZ 79 mwN. 189 Zum Wegfall und Eintritt der Geschäftsfähigkeit während des Verfahrens, siehe ua Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber (FN 142) RZ 7 zu § 670 ZPO; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann (FN 38) Anm 2 II A zu § 607 ZPO. 190 Dazu infra III D 3. 191 Vgl unten V.

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Die Vorlage der Scheidungsfolgenvereinbarung schließt eine echte Mitarbeit des Gerichtes hinsichtlich der „Einigung" (§ 630 I 3 ZPO) jedenfalls aus; dies vorbehaltlich der richterlichen Einflußnahme bei Abschluß eines gerichtlichen Vergleichs. Von seiner Kontrollaufgàbe 192 ist das Gericht nicht schon deshalb befreit, weil die Ehegatten sich über die Scheidungsfolgenvereinbarung ins Einvernehmen zu setzen haben. Mit Bezug auf den „übereinstimmenden Vorschlag" ist dies evident, hinsichtlich der restlichen Vereinbarungsteile belegt dies die Prüfung der Vereinbarung als materielle Scheidungsvoraussetzung, dh die Vereinbarung darf dem Scheidungserkenntnis nur zugrundegelegt werden, wenn sie auch materiellrechtlich wirksam ist. Diese Prüfung obliegt dem Gericht 193. Die Wahrung des Kindeswohls steht dabei im Vordergrund. Anhaltspunkte werden sich für den Richter im laufenden Verfahren in der Praxis deshalb - wenn, dann am ehesten - für ein mangelndes oder getrübtes Einvernehmen mit Bezug auf die Scheidung selbst sowie für die Anwendungsfälle des § 123 (Täuschung und Drohung) anbieten. War dem bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung nicht so, ist - an anderer Stelle194 - zu prüfen, inwiefern das Scheidungsurteil selbst und/oder die Scheidungsfolgenvereinbarung (nachträglich) anfechtbar sind. Die Praxis kann auch mit Scheingeschäften (§ 117) konfrontiert werden: solcherart simulierte Geschäfte sind nichtig und verfälschen überdies die Ausgewogenheit des Vereinbarungsinhaltes. Offenkundig sind sie freilich selten, sodaß aus diesem Grunde kaum Anlaß besteht, die Vereinbarung - und somit den Scheidungsantrag - abzulehnen.

5. Gesetzliches Verbot Gemäß § 134 ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. In Betracht kommen insbesondere195 Unterhaltsvereinbarungen, für die § 1585c seit dem 1. EheRG 196 vorsieht: „Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen." 197

192 Näheres unten IV C. 193 Das gilt freilich schon für Anträge und für die Zustimmungserklärung, vgl Soergel/ Siebert/Heintzmann (FN 20) RZ 10 zu § 1566. 194 Unten VI. 195 Schon nach alter Rechtslage (§ 72 EheG, dessen 2. und 3. Satz nicht in das BGB integriert wurden) herrschte die Meinung vor, daß die Bestimmung auch auf andere Vereinbarungen entsprechende Anwendung findet, vgl MünchKomm/Richter (FN 161) RZ 3 zu § 1585c. 196 Gemäß Art 12 Ζ 3 1. EheRG bleiben die unter der Geltung des § 72 EheG (1946) abgeschlossenen Vereinbarungen von der Reform unberührt. 197 § 72 EheG lautete:

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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Ein großer praktischer Anwendungsbereich dürfte § 134 trotz allem nicht zukommen. Die Frage wurde im Zusammenhang mit dem Unterhaltsverzicht für den Fall des Verschuldens an der Eheauflösung aufgeworfen 198 und bisher trotz Bedenken mancher Autoren einhellig beantwortet: Gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134) werde dabei nicht verstoßen. Auch der Hinweis auf § 1409199 helfe wenig weiter, da die inhaltliche Gestaltungsfreiheit nicht eingeschränkt werde. Die Ehegatten können also sehr wohl bestimmte Einzelregelungen des bisherigen (oder ausländischen) Rechtes vereinbaren 200. Aber schon die Gleichschaltung von Unterhaltsvereinbarungen mit Vereinbarungen über den Güterstand hinkt201: es sind nicht vergleichbare Größen. Der Güterstand fixiert die vermögensrechtliche Lage der Ehegatten zur Zeit ihrer Ehe, hier steht die Rechtssicherheit bzw das öffentliche Interesse im Vordergrund. Beim Unterhalt indes ist eine lebensnahe Pragmatik vonnöten: Bedarf, Leistungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit sollen - zumindest im Zusammenhang mit Unterhaltsvereinbarungen - möglichst Hand in Hand gehen. Richter* 02 aber meint, daß Vereinbarungen, in denen der Unterhaltsanspruch vom (überwiegenden) Verschulden an der Eheauflösung abhängig gemacht wird, gegen die Grundwertung des Reformgesetzgebers (Zerrüttungsprinzip) verstößt. Die Prüfung des Fehlverhaltens sei im von der Verhandlungsmaxime geprägten Verfahren nicht gewährleistet und im übrigen bestehe für solche Vereinbarungsklauseln kein Bedürfnis, da die Härteklausel im Unterhaltsrecht (§ 1579) bei grober Unbilligkeit Abhilfe verschaffe. Nichtsdestotrotz hält auch er die Vortäuschung eines Scheidungsgrundes jedenfalls so lange für unschädlich - und somit nicht ausreichend zur Bejahung der Nichtigkeit -, als die Ehe bei Schluß der mündlichen Verhandlung gescheitert ist 203 .

„Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung der Ehe Vereinbarungen treffen. Ist eine Vereinbarung dieser Art vor Rechtskraft des Scheidungsurteils getroffen worden, so ist sie nicht schon deshalb nichtig, weil sie die Scheidung erleichtert oder ermöglicht hat. Sie ist jedoch nichtig, wenn die Ehegatten im Zusammenhang mit der Vereinbarung einen nicht oder nicht mehr bestehenden Scheidungsgrund geltend gemacht hatten, oder wenn sich anderweitig aus dem Inhalt der Vereinbarung oder aus sonstigen Umständen des Falles ergibt, daß sie den guten Sitten widerspricht." 198 Dazu Walter, Schuldprinzip kraft Ehevertrags? Zur Gestaltungsfreiheit bei der Unterhaltsvereinbarung, NJW 1981, 1409; ders, Nochmals: Verschuldensprinzip kraft Ehevertrags?, FamRZ 1982, 7. 199 § 1409 lautet: „Der Güterstand kann nicht durch Verweisung auf nicht mehr geltendes oder ausländisches Recht bestimmt werden." 200 Walter (FN 198) NJW 1981,1413. 201 Worauf auch Walter (FN 198) NJW 1981,1413 hinweist. 202 MünchKomm/Richter (FN 161) RZ 15 zu § 1585c (Unterhalt abhängig von der Verschuldensfrage) mwN. 203 MünchKomm/Richter (FN 161) RZ 49 zu § 1585c.

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Die AM 204 erblickt in solchen Vereinbarungen - im Anschluß an Walter 205 - keinen Nichtigkeitsgrund. Die geringe Praxisrelevanz des § 134 bei der Beurteilung von Scheidungsfolgenvereinbarungen ist auf das große Gewicht, das ihnen eingeräumt wird 206 , auf die Dispositionsfreiheit der Ehegatten207 und das ersatzlose208 Streichen der Sätze 2 und 3 des § 72 EheG zurückzuführen.

4. Sittenwidrigkeit Scheidungsfolgenvereinbarungen werden in vielen Fällen erfolgreich wegen Sittenwidrigkeit (§ 138) angefochten. § 138 bestimmt: „I. Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. II. Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren läßt, die in einem auffälligen Mißverhältnis zu der Leistung stehen." Die Anfechtung, mit der ein Verstoß gegen die guten Sitten gerügt wird, erfolgt meistens in einem Folgeverfahren, und zwar nach rechtskräftiger Scheidung. Das hegt zum einen daran, daß die Sittenwidrigkeit für den Richter vielfach nicht evident ist, zum anderen daran, daß das Gericht seine Aufgabe nicht in einer gründlichen Prüfung der Scheidungsfolgenvereinbarung erblickt und/oder die Vereinbarung unter massivem wirtschaftlichen bzw persönlichen Druck eines Ehegatten gegenüber dem anderen zustandekommt, wodurch dieser von der Relevierung solcher Umstände im laufenden Verfahren absieht. Die Zurückhaltung, die sich die Richter im Scheidungsverfahren nach §§ 1565 I iVm 1566 I auferlegen, wird damit begründet, daß nicht unnötig in die Privatsphäre der Scheidungswilligen eingegriffen werden soll; im übrigen gebe das Gesetz für eine Richtigkeits- oder Angemessenheitskontrolle der

204 Siehe ua Palandt/Diederichsen IV RZ 901 sowie MünchKomm/Richter 205 Vgl oben FN 198.

(FN 20) Anm 1 zu § 1569; D. Schwab/Borth (FN 161) RZ 15 FN 32 zu § 1585c mwN.

(FN 151)

206 m-Drucks 7/650,149. 207 Mit Bezug auf den Trennungsunterhalt etwa (§§ 1614 I, 1361 IV, 1360a III) ist ein wirksamer Verzicht wegen § 134 nicht möglich. 208 Ua D. Schwab (FN 22) RZ 413.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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Scheidungsfolgenvereinbarung, jedenfalls was die „Einigung" nach § 630 I 3 ZPO anlangt, keine Handhabe209. Solche Eingriffsbegrenzungen sind indes nur bei isolierter Betrachtung der einzelnen Vereinbarungsteile richtig. Schon der Vorschlag (nach § 630 1 2 ZPO) unterliegt der eingehenden, am Kindeswohl ausgerichteten Prüfung durch das Gericht. Selbst wenn die „Einigung" als solche im Hinblick auf § 138 (zunächst) keine Bedenken erweckt, ist sie gerade bei einer Wirksamkeitspriifungy der die gesamte Vereinbarung zweifellos unterliegt, in ihrem Gesamtzusammenhang zu begreifen. Aus dieser Gesamtschau ergibt sich nämlich meistens erst die Verletzung des Anstandsgefühls aller billig und gerecht denkenden Menschen. In diesem Sinne kann eine sittenwidrige Vereinbarung vorliegen, wenn die Regelung der elterlichen Sorge oder der Ausübung des Umgangsrechts in einer sachfremden Relation zu anderen in der Vereinbarung vorgesehenen Leistungen eingebettet wird. Oft handelt es sich um „Freistellungs-" oder „Verzichtsverträge" 210. Zur Sittenwidrigkeit eines Unterhaltsverzichts hielt der BGH 211 fest, daß es entscheidend auf den „aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter" der Verzichtsabrede ankomme. In einer anderen Rechtssache kam der BGH zum Ergebnis, daß die Koppelung der Freistellung von der Unterhaltspflicht des Nichtsorgeberechtigten mit der Nichtausübung seines Umgangsrechtes nichtig gemäß § 138 sei, wenn - wie in casu212 - der „Umgangsverzicht" aus rein finanziellen Erwägungen erfolgte. Eine unzulässige Koppelung zwischen einer Regelung über das elterliche Sorge- oder Umgangsrecht und einer Unterhaltsfreistellungsverpflichtung hege in der Regel 213 dann vor, „wenn die beiderseitigen Verpflichtungen als gegenseitige, in ihrer Wirksamkeit voneinander abhängige Vereinbarungen getroffen worden sind."

209 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hanmann (FN 38) Anm 4 zu § 630 ZPO; Rolland (FN 10) RZ 8 zu §630 ZPO. 210 Im einzelnen unten III E. 211 BGH 8. 12.1982, NJW 1983, 1852 f, wobei die Absicht, den Sozialversicherungsträger zu schädigen, nicht (mehr) maßgeblich ist. Ebenso BGH 17. 9.1986 - IV b ZR 87/85, FamRZ 1987,154 unter Hinweis auf die vorangehende Entscheidung. Zur Unwirksamkeit eines Unterhaltsverzichts gegenüber dem Sozialversicherungsträger - als Vertrag zu Lasten Dritter -, wenn zum Zeitpunkt des Vereinbarungsabschlusses voraussehbar war, daß der Verzicht die Inanspruchnahme der öffentlichen Hilfe zur Folge haben werde: VerwG München, 6. 9. 1984, FamRZ 1985, 292. Auf die Schädigungsabsicht stellte noch ab: zB OLG Karlsruhe, 17. 8. 1982, FamRZ 1983,174. 212 BGH 23.5.1984, FamRZ 1984, 779 f. 213 Als Ausnahme erwähnt etwa OLG Hamburg, 2.10. 1984, FamRZ 1984, 1224 den Fall, daß der Freistellende in erheblich besseren wirtschaftlichen Verhältnissen lebt als der freigestellte Elternteil.

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Die Abwägung der Freistellung von der Unterhaltspflicht, gekoppelt mit der Übertragung der elterlichen Sorge auf den freistellenden Elternteil mit dem Kindeswohl und der Erlangung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile ist im Zuge der Verträglichkeitsprüfung mit § 138 vielfach ein schwieriges Unterfangen 214. Der Verstoß gegen die guten Sitten ist umstands- und damit kontextbedingt. Das gilt auch für „Gesamtverzichtsverträge". So zum Beispiel bei (wechselseitigem215) Verzicht auf Zugewinn, Versorgungsausgleich und nachehelichem Unterhalt nach 20jähriger Ehe216, v. Hornhardt 217 (Notar) billigte die - die Nichtigkeit bejahende - Entscheidung des OLG Köln nicht. Der Sachverhalt gebe keine Anhaltspunkte für die bewußte oder grob fahrlässige Ausnutzung der schwächeren Position des Übervorteilten durch den Übervorteilenden 218, wie dies § 138 I I voraussetzt. Auch seien beide Vertragsparteien sich über die volle Tragweite der Vereinbarung im klaren gewesen. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß die Abwägung aller Umstände freilich bei sämtlichen (Verzichts- und Freistellungs-)Vereinbarungen, die unter dem Verdacht der Sittenwidrigkeit stehen, erfolgen muß, und zwar stets auch im Lichte des Kindeswohls} 19 Die Analyse der Rspr legt durchaus die Vermutung nahe, daß einige Anfechtungsklagen wegen Sittenwidrigkeit in Folgeverfahren mit einer eingehenderen Kontrolle der Vereinbarung durch den Scheidungsrichter vermeidbar gewesen wären. Bieten sich Anhaltspunkte für eine eventuelle Unwirksamkeit, dann hat er die Vereinbarung dahingehend zu prüfen. Bestätigen sich die Bedenken des Richters, so fehlt es an einer Voraussetzung nach § 630 I 2 und/oder 3 ZPO und somit an einer materiellen Scheidungsvoraussetzung.

214 Vgl nicht zuletzt BGH 15.1.1986, FamRZ 1986,445 f. 215 Im vorliegenden Fall (FN 216) wäre nur die verzichtende Frau anspruchsberechtigt gewesen! 216 Siehe OLG Köln, 5. 2.1981, FamRZ 1981,1087. 217 v. Hornhardt, Anm zu OLG Köln, 5. 2.1981, in DNotZ 1981,447. 218 Die lange Ehedauer allein vermag die Anwendbarkeit des § 138 in der Tat nicht zu untermauern, siehe ebenso v. Hornhardt (FN 217) aaO 450. Daß sie für den nachehelichen Unterhalt - vom Ausschlußgrund des § 1579 I 1 abgesehen - „ohne Einfluß" sei, kann indes wohl nicht behauptet werden (vgl schon § 15821 2). 219 Vgl ua BGH 15. 1. 1986 (FN 214) aaO: im Zweifel kein Verstoß gegen die guten Sitten; BGH 23.5.1984 (FN 212) ibid., in diesen Fällen ist der Verzicht mit besonderer Aufmerksamkeit zu prüfen; ebenso OLG Hamburg, 2.10.1984 (FN 213) aaO.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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B. Form der Vereinbarungen 1. Schriftliche

Vorlage in bzw mit der Antragsschrift

Das Gesetz verlangt als notwendigen Inhalt der Antragsschrift (ua) den „übereinstimmenden Vorschlag" (§ 630 I 2 ZPO) und die „Einigung" über die in § 630 I 3 ZPO genannten Gegenstände. Dies sind spezifische Voraussetzungen der einverständlichen Scheidung220. Unbestritten ist, daß inhaltliche Mängel durch ergänzenden Schriftsatz oder in der mündlichen Verhandlung nachgeholt bzw berichtigt werden können221. Die schlichte Ankündigung der Vorlage in der mündlichen Verhandlung oder die bloße Behauptung der erfolgten Einigung reichen indes nicht aus. Die Vereinbarung muß maW zugleich in bzw mit der Antragsschrift und somit - schriftlich vorgelegt werden222. Das entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, weil das Klagebegehren nicht nur schlüssig sein soll, sondern die Regelung als Entscheidungsgrundlage vollständig zu sein hat, den Ehegatten überdies (spätestens) zu Verfahrensbeginn sämtliche Scheidungsfolgen vor Augen geführt werden sollen und schließlich die Antragserfordernisse nach § 6301 ZPO für die einverständliche Scheidung mindestens ebenso bedeutsam sind als die allgemeinen Scheidungsantragserfordernisse nach §622 ZPO. Manche Autoren wollen von der schriftlichen Vorlage zu Verfahrensbeginn absehen und den Nachtrag der Erfordernisse naòh § 630 I 2 und 3 ZPO in einem ergänzenden Schriftsatz oder die Erklärung zu Protokoll des Familiengerichts genügen lassen223. Dem ist aus den oben geschilderten Gründen nicht zuzustimmen. 2. § 630 III ZPO als Muß-Vorschrift Gemäß § 630 III ZPO soll das Gericht dem Scheidungsantrag erst stattgeben, wenn die Ehegatten über den Kindesunterhalt, den Ehegattenunterhalt sowie über die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat einen vollstreckbaren Schuldtitel herbeigeführt haben. Umstritten ist, ob es sich um eine zwingende224 Vorschrift handelt oder nicht225. Die wohl ΛΜ, wonach ein vollstreckungsfähiger Titel bis zum Schluß 220 Vgl im übrigen die Inhaltserfordernisse gemäß § 622 II ZPO. 221 Siehe ua Thomas/Putzo (FN 49) Anm 2 zu § 630 ZPO. 222 Etwa Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann (FN 38) Anm 2b, c zu § 630 ZPO mwN. 223 So zB Göppinger (FN 92) RZ 38 mwN; MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 11 ff zu § 1566; wohl auch Zöller/Philippi (FN 49) RZ 4 zu § 630 ZPO. 224 Zwingender Charakter wird § 630 III ZPO beigemessen von: Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hanmann (FN 38) Anm 4 zu § 630 ZPO; D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 350; Zöller/ 24 Verschraegen

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der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen muß, stellt das Formerfordernis notgedrungen auf den Inhalt der Regelung ab: bei mangelnder Vollstreckbarkeit der Vereinbarung (Unterhaltsverzicht; Erklärung, daß nichts aufzuteilen ist oder die Auseinandersetzung bereits erfolgte) kann ein exequierbarer Titel nicht herbeigeführt werden. Nicht selten urgieren die Autoren indes die konkrete Zweckmäßigkeit des (geforderten) vollstreckbaren Schuldtitels226. Für diese Auffassung spricht vieles. Insbesondere Wolf hält aber zu Recht daran fest, daß es nicht im freien Ermessen der Ehegatten steht, § 630 III ZPO zu entsprechen, sondern daß sie sich redlich um eine endgültige, dh auch vollstreckbare Regelung zu bemühen haben: von ihnen sind „alle Anstrengungen zu verlangen, durch Titel klare Verhältnisse zu schaffen" 227. Versteht man § 630 III ZPO insoferne als „Übernahme einer Bemühungspflicht", so wird dem Scheidungsrichter die Prüfung obliegen, ob die Ehegatten diesem Erfordernis ernsthaft nachkommen. Das Ziel, im Zeitpunkt der Scheidung klare Verhältnisse vorzufinden, soll nicht aus den Augen verloren und § 630 III ZPO trotz aller Bestrebungen eines „zügigen Scheidungsverfahrens" nicht zweckfremd aufgeweicht werden.228 Zusammenfassend ist deshalb davon auszugehen, daß sich ein vollstreckbarer Schuldtitel selbstverständlich erübrigt, wenn ohnedies kein vollstreckbarer Vereinbarungsinhalt vorliegt. Noch mangelnde Genehmigungen bzw Zustimmungserklärungen Dritter sind jedoch noch im laufenden Verfahren, dh jedenfalls vor dem Scheidungsausspruch einzuholen. Ihr Fehlen bei Schluß der letzten mündlichen Verhandlung ist Hindernis für das gültige Zustandekommen des Exekutionstitels und zugleich Scheidungshindernis.

Philippi (FN 49) RZ 12 zu § 630 ZPO; Wieczorek/Rössler/Schütze, Zivilprozeßordnung, C I V zu § 630 ZPO; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber (FN 142) RZ 18 zu § 630 ZPO; Derleder, in AK-ZPO, RZ 8 zu § 630 ZPO; Bergerfurth (FN 20) RZ 372, 376, 387; Göppinger (FN 92) RZ 42, 643; Langenfeld (FN 114) RZ 25, 28; D. Schwab (FN 22) RZ 134, 136; Diederichsen (FN 6) NJW 1977, 655. 225 Für die So//-Vorschrift plädieren: ua Thomas/Putzo (FN 49) Anm 2c, 5c zu § 630 ZPO; Hagena (FN 1) 391; Κ Η Schwab (FN 6) 662 im Anschluß an Hagena aaO. 226 Vgl ua Göppinger (FN 92) RZ 643; Rolland (FN 10) RZ 12 zu § 630 ZPO; Stein/Jonas/Schlosser (FN 26) RZ 9 zu § 630 ZPO; Hagena (FN 1) 391. 227 MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 51 zu § 1566. 228 Fragwürdig scheint deswegen die von MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 50 zu § 1566 gezogene Parallele zu § 628 I 3 ZPO, weil die genannte Bestimmung als Ausnahme von der Entscheidungskonzentration bei streitigen Scheidungen konzipiert und entsprechend restriktiv auszulegen ist. Dazu ausdrücklich OLG Bamberg, 14. 5.1986, FamRZ 1986,1012 (Anm) mwN. Anders als bei der einverständlichen Scheidung entscheidet der Richter bei der streitigen Scheidung auch über die Folgesachen; bei der Scheidung nach §§ 1565 I iVm 1566 I indes soll die Scheidungsfolgenvereinbarung auch das Einvernehmen der Ehegatten belegen, maW wollen Folgeverfahren schon im Vorfeld tunlichst vermieden sein.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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Einhellig wird dagegen die Frage beantwortet, welche rechtlichen Auswirkungen der Verstoß gegen § 630 III ZPO auf die ausgesprochene Scheidung hat: das Statusurteil ist trotzdem wirksam 229.

3. Vollstreckbare

Schuldtitel

Für die Form der Scheidungsfolgenvereinbarung ist danach zu unterscheiden, ob eine notarielle Beurkundung (iSd § 794 1 5 ZPO) außerhalb des Gerichts errichtet oder ob die Vereinbarung vor Gericht als gerichtlicher Vergleich (iSd § 79411 ZPO) protokolliert wird. Sowohl die notarielle und jugendamtliche Urkunde wie der gerichtliche oder vor einer Gütestelle abgeschlossene Vergleich sind taugliche vollstreckbare Schuldtitel iSd § 630 III ZPO 230 .

a. Die notarielle Urkunde Der Regelungsbereich der notariellen Urkunde ist begrenzt, da der Anspruch sich „auf Geld ..., auf vertretbare Sachen ... oder Wertpapiere beziehen und auf Zahlung, Leistung oder Haftung ... richten" muß231. Mit der notariellen Vereinbarung kann kein Exekutionstitel geschaffen werden, der sämtliche Scheidungsfolgen (iSd § 620 I 3 ZPO) erfaßt. So können mit ihr im wesentlichen Ausgleichszahlungen, Unterhalts- und sonstige Geld-, nicht aber Herausgabe- oder Räumungsansprüche abschließend geregelt werden 232. Dem Notar obliegt eine Belehrungspflicht 233 über die rechtliche Tragweite des Rechtsgeschäfts. Die Erklärungen der Parteien sollen klar und unzweideutig wiedergegeben werden; er hat ferner darauf zu achten, daß ungewandte und unerfahrene Beteiligte nicht benachteiligt werden. „Motivforschung" - wie Langenfeld sagt - muß der Notar nicht vornehmen, wohl aber hat er bei Vorliegen von Anhaltspunkten für eine „verdünnte" Willensbil-

229 Siehe statt vieler Göppinger (FN 92) RZ 645. 230 Zur Diskussion Tiarks, Das Erfordernis des vollstreckbaren Schuldtitels nach § 630 ZPO, NJW 1977, 2303; Κ. H. Schwab (FN 6) 662; Jost, Anwaltszwang und einverständliche Scheidung, NJW 1980, 329; D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 351 ff. 231 Vgl § 794 I 5 ZPO; Thomas/Putzo (FN 49) Anm VI Nr 5 Anm lb zu § 794 ZPO; Tiarks (FN 230) aaO. 232 Langenfeld (FN 114) RZ 25; Einzelheiten bei Göppinger (FN 92) RZ 1 und FN 4 ff; D. Schwab/Maurer (FN 49) VIII RZ 54 mwN. 233 § 171 Beurkundungsgesetz (idF BeurkG) vom 28. 8.1969 (BGBl 11513), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. 2.1980 (BGBl 1157).

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dung einer oder beider Parteien die gewünschte Beurkundung zu unterlassen und die Ehegatten angemessen zu belehren234. Die große Attraktivität der notariellen Urkunde Hegt darin, daß sie außerhalb des Gerichtes vor Verfahrensbeginn vor dem Notar abgefaßt wird, ohne daß die Parteien einen Rechtsanwalt heranziehen müssen235. b. Die jugendamtliche Urkunde Vollstreckbare Schuldtitel sind indes auch die vor dem Jugendamt errichteten, vollstreckbaren Urkunden (§§ 49, 50 JWG 236 ), wenn sie - wie Maurer hervorhebt 237 - die Einigung der Eltern widerspiegeln. Sie sind Exekutionstitel iSd § 79415 ZPO über den Kindesunterhalt.

c. Der gerichtliche Vergleich Als vollstreckbarer Schuldtitel über die in § 630 I 3 ZPO aufgezählten Gegenstände (Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt, Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat) entspricht der gerichtliche Vergleich dem Formerfordernis gemäß § 630 III ZPO.

234 Zu großzügig deshalb Langenfeld (FN 114) RZ 27, der zur besagten „Motivforschung" verlangt, daß sich Verdachtsmomente der Sittenwidrigkeit wegen bewußten Ausnutzens einer Zwangslage „geradezu" aufdrängen müssen. 235 So auch Göppinger (FN 92) RZ 1. 236 Jugendwohlfahrtsgesetz (idF JWG) vom 11. 8. 1961 (BGBl I S 1206) idgF. Siehe dazu Münder ua, Frankfurter Kommentar zum Gesetz für Jugendwohlfahrt; Köhler, Handbuch des Unterhaltsrechts, RZ 789, 793 ff, und ferner VI C1. 237 Vgl D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 351.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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Die Anwaltspflicht 238 impliziert eine adäquate rechtskundige Beratung und Belehrung der Parteien 239, sie führt freilich zu höheren Kosten. Der entscheidende Vorteil eines gerichtlichen Vergleichs ist sein wesentlich weiterer Regelungsbereich im Vergleich zur notariellen Urkunde, mit der die Parteien sich (ohne Mitwirkung des Gerichts) der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen 240. Das ist deswegen wichtig, weil die Vereinbarung nach § 63013 ZPO vollständig und abschließend sein muß241.

d. Vor einer Gütestelle abgeschlossene Vergleiche Dem gerichtlichen Vergleich sind die vor einer Gütestelle abgeschlossenen Vergleiche gemäß § 79411 ZPO gleichgestellt242. e. Unterhaltsurteile Nach stRspr und hL ist streng zwischen dem Getrenntlebens- und dem nachehelichen Unterhalt zu unterscheiden243. Die Ehegatten haben daher den Unterhalt für die Zeit nach der Scheidimg zu regeln; ein Titel über den 238 Ob der gerichtliche Vergleich dem Anwaltszwang unterliegt, ist umstritten: Tiarks (FN 230) 2303 will jedenfalls die zu Protokoll genommene Vereinbarung vom Anwaltszwang ausnehmen; auch Zöller/Philippi (FN 49) RZ 15 zu § 630 ZPO und Thomas/Putzo (FN 49) Anm 5c zu § 630 ZPO sprechen sich gegen den Anwaltszwang aus. Andere unterwerfen den gerichtlichen Vergleich der Anwaltspflicht. So ua Johannsert/Henrich/Sedemund-Treiber (FN 142) RZ 15 zu § 630 ZPO mwN; Bergerfurth (FN 64) RZ 78 mwN; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann (FN 38) Anm 4 zu § 630 ZPO. Auch in der Rspr wurden beide Auffassungen vertreten. Kein wirksamer gerichtlicher Vergleich laut AmtsG Hofgeismar, 19. 7.1984, FamRZ 1984,1027, wobei in casu der Schuldner (zwar) anwaltlich beraten, aber nicht anwaltlich vertreten war (mit zustimmender Anm von F.W.B., aaO 1029); gleich OLG Zweibrücken, 4. 9.1985, FamRZ 1985,1071 (mit „lebhafter Zustimmung" von F.W.B., aaO). Anders aber (noch) AmtsG Hersbruck, 15. 12. 1980, FamRZ 1980, 358 (mit kritischer Anm der Redaktion, die zu Recht bemängelt, daß das Vollstreckungsorgan diesem Titel die Wirksamkeit absprechen kann). 239 Vgl ebenfalls die Ausführungen in der Entscheidung des AmtsG Hofgeismar, 19. 7. 1984 (FN 238) 1028, die in der anwaltlichen Vertretung den zusätzlichen Vorteil der Gerichtsentlastung erblickt. 240 Zöller/Philippi (FN 49) RZ 13 zu § 630 ZPO. 241 D. Schwab/Maurer (FN 49) VIII RZ 53. Vielfach wird denn auch der Abschluß eines Prozeßvergleichs empfohlen, so etwa von D. Schwab (FN 10) RZ 285,347. 242 Siehe dazu § 797a ZPO. Als Beispiel einer solchen Gütestelle sei angeführt die „Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle" (ÖRA) in Hamburg. Näheres zum Thema bei Hennings, 79 ff. 243 Ua BGH 24. 9. 1980, FamRZ 1980, 1100 (Mutschier) = BGHZ 78, 136 = NJW 1980, 2812 (noch nach altem Recht); BGH 14. 1. 1981, FamRZ 1981, 243 ÇMutschier) = NJW 1981, 978 (Ausdehnung auf das neue Recht); BGH 19.5.1982,783 = NJW 1982, 2072. Kritisch zum BGH-Standpunkt Voelskow, Kommentar zum Eherecht, in Johannsen/ Henrich, RZ 27 vor § 1569.

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Unterhalt bei Getrenntleben wirkt nämlich nur bis zur Rechtskraft der Scheidung, weil der nacheheliche Unterhalt anderen Normen unterliegt 244. Freilich könnten die Ehegatten vereinbaren, daß die bisherige Unterhaltsregelung auch nach rechtskräftiger Scheidung maßgeblich sein soll245. Die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung ist indes strittig 246. Bereits ergangene Urteile über den Kindesunterhalt genügen dem Formerfordernis nach § 630 III ZPO und überdauern die Rechtskraft der Scheidung247. Das ist auch sinnvoll, weil der Kindesunterhalt ohnedies unter der clausula rebus sie stantibus steht, und daher einer späteren Änderung der Verhältnisse angepaßt werden kann.

4. Sonstige Formvorschriften

Sofern die Ehegatten über § 630 I (2 und) 3 ZPO hinaus Regelungen treffen, unterliegen diese nicht dem Formzwang nach § 630 III ZPO, sondern spezifischen Formvorschriften. Güterrechtliche Verhältnisse können die Ehegatten durch Ehevertrag 248 regeln, sowohl vor wie nach der Eheschließung. Die Vereinbarung eines Wahlgüterstandes oder die Modifikation des gesetzlichen Güterstandes sind ohne weiteres zulässig, ebenso der Ausschluß des Versorgungsausgleichs. Dieser Ausschluß ist indes dann unwirksam, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluß ein Scheidungsantrag gestellt wird (§ 1408). Der Ehevertrag muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragsparteien zur Niederschrift des Notars geschlossen werden (§ 1410), wobei ein Prozeßvergleich die notarielle Beurkundung ersetzt249. Eine gerichtliche Genehmigimg erfordert das Gesetz nicht. Die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich im Zusammenhang mit der Scheidung bedarf - über die notarielle Beurkundung oder die Aufnahme in ein gerichtliches Vergleichsprotokoll hinaus - der Genehmigung des Familiengerichtes (§ 1587ο)250. 244 MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 52 zu § 1566. 245 Vgl D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 352. 246 Siehe Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber (FN 142) RZ 18 zu § 630 ZPO; Zöller/ Philippi (FN 49) RZ 18 zu § 630 ZPO. 247 Siehe ausdrücklich Zöller/Philippi (FN 49) RZ 13 zu § 623 ZPO und RZ 18 zu § 630 ZPO. 248 Siehe auch infra III E. 249 Allgemein Palandt/Diederichsen (FN 20) zu §§ 1408 und 1410; Hahne, in Johannsen/ Henrich, Eherecht, RZ 18 vor § 1587; dies., in D. Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, V I RZ 288; Kanzleiter, in MünchKomm zum Bürgerlichen Gesetzbuch, zu §§ 1408, 1410; Langenfeld (FN 114) RZ 15 ff. 250 Näheres bei Johannsen/Henrich/Hahne (FN 249) zu § 1587o; D. Schwab/Hahne (FN 249) V I RZ 294; Palandt/Diederichsen (FN 20) zu § 1587o.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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Vereinbarungen über den Zugewinnausgleich, die vor oder während eines Verfahrens, das auf die Auflösung der Ehe gerichtet ist und von den Ehegatten für den Fall der Auflösung der Ehe getroffen werden 251 (§ 1378 III), bedürfen der notariellen Beurkundung; auch hier ersetzt die Aufnahme des gerichtlichen Vergleichs in das Gerichtsprotokoll die Formvorschrift (§ 127a)252. Ferner schreibt auch § 313 die notarielle Beurkundung für Verträge über die Übertragung oder den Erwerb von Grundstücken vor. Die gerichtliche Protokollierung des gerichtlichen Vergleichs ersetzt das vorgeschriebene Formerfordernis (§ 127a)253. Insgesamt bleibt zu beachten, daß zusammengesetzte oder gemischte Verträge, die eine rechtliche Einheit bilden, dem Formzwang ihrer einzelnen Bestandteile unterliegen254. Am Rande sei noch erwähnt, daß die Parteien dem Gericht eine Kostenvereinbarung nach § 93a ZPO unterbreiten können. Eine besondere Formvorschrift ist nicht vorgesehen; wohl aber ist die Abrede meistens in der Scheidungsfolgenvereinbarung integriert und bedarf deshalb der Schriftform bzw der gerichtlichen Protokollierung 255. Da das Gericht über die Kosten zu entscheiden hat, scheidet ein Prozeßvergleich aus. C. Inhalt der Scheidungsfolgenvereinbarung 256 1. Obligatorisch Der obligatorische Inhalt der Scheidungsfolgenregelung ist durch § 630 I 2 und 3 ZPO vorgegeben. Bezüglich der Regelung der elterlichen Sorge und Die Genehmigung soll nach § 1587ο II 4. Satz nur verweigert werden, „wenn unter Einbeziehung der Unterhaltsregelung und der Vermögensauseinandersetzung offensichtlich die vereinbarte Leistung nicht zur Sicherung des Berechtigten für den Fall der Erwerbsunfähigkeit und des Alters geeignet ist oder zu keinem nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten führt." 251 Vgl ausdrücklich BGH 16. 12. 1982 - IX ZR 90/81, FamRZ 1983, 159 mwN = NJW 1983, 754 f (Anm) = JZ 1983, 455 ('Tiedtke); BGH 16. 12. 1982 - IX ZR 52/81, FamRZ 1983, 160 = JZ 1983,554 (Tiedtke); OLG Hamburg, 9.10.1984, FamRZ 1985, 291 sowie infra III E. 252 Siehe etwa Palandt/Diederichsen (FN 20) zu § 1378; D. Schwab/D. Schwab (FN 20) VII RZ 209, 219 ff. 253 Statt vieler Heinrichs, in Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, zu § 313. 254 Vgl Palandt/Heinrichs (FN 253) Anm 8c zu § 313 und Anm 2b zu § 125; Langenfeld (FN 114) RZ 28. 255 Das Gericht ist an diese Abrede nicht gebunden, siehe ua Schneider, in Zöller, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, RZ 6 zu § 93a ZPO. Thomas/Putzo (FN 49) Anm 2d zu § 93a ZPO empfehlen nur eine gerichtliche Entscheidung im Sinne der in einem Vergleich zur Erfüllung von § 630 III ZPO enthaltenen Abrede. Hierin ist freilich keine Formvorschrift zu erblikken. Vgl ferner Hartmann, in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, zu § 93a ZPO, der ebenfalls keine besondere Formvorschrift erwähnt.

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des Umgangsrechts ist zu beachten, daß sich der Vorschlag an dem Kindeswohl 251 auszurichten hat. Eben dieser Grundsatz berechtigt das Gericht, eine vom elterlichen Vorschlag abweichende Entscheidung zu treffen 258.

2. Fakultativ Als fakultativer Inhalt der Vereinbarung können die Ehegatten zusätzliche Abreden treffen. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich sind gerichtlich genehmigungspflichtig, wenn sie - gemäß § 1587o - im Zusammenhang mit der Scheidung abgeschlossen werden. Liegt ein (nicht genehmigungspflichtiger) Ehevertrag nach § 1408 vor, dann setzt seine Wirksamkeit voraus, daß nicht binnen eines Jahres - gerechnet ab Vertragsabschluß - der Scheidungsantrag gestellt wird (§ 1408 II). Ob die Scheidung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits konkret ins Auge gefaßt wurde, ist nach stRspr irrelevant 259. Der Sicherheitsriegel, der Eheverträgen nach § 1408 I I vorgeschoben wird, findet sein Pendant im Genehmigungserfordernis für Verträge gemäß § 1587o: die soziale Sicherheit des wirtschaftlich schwächeren Partners will im Zusammenhang mit der Scheidung gewährleistet sein, und rechtfertigt die eingeschränkte Dispositionsbefugnis, dh private Gestaltungsfreiheit der Ehegatten260. Der Unterscheidung von Verträgen nach § 1408 einerseits und § 1587o andererseits kommt zudem wegen der Jahresfrist (§ 1408 II) große Bedeutung zu 261 . Reiches Fallrecht belegt die Diskussion über den Beginn der Jah-

256 Einzelheiten oben II E. 257 Ausführlich Coester (FN 139) passim. 258 § 1671 II: „Das Gericht trifft die Regelung, die dem Wohle des Kindes am besten entspricht; hierbei sind die Bindungen des Kindes, insbesondere an seine Eltern und Geschwister, zu berücksichtigen." § 1671 III: „Von einem übereinstimmenden Vorschlag der Eltern soll das Gericht nur abweichen, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Macht ein Kind, welches das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, eine abweichenden Vorschlag, so entscheidet das Gericht nach Absatz 2." 259 Ua AmtsG Berlin-Charlottenburg,, 30.11.1978, FamRZ 1979,44; OLG München, 19. 2. 1981, FamRZ 1981, 465 f; BGH 2. 2. 1983, FamRZ 1983, 459; OLG Bamberg, 1. 3. 1984, FamRZ 1984, 484; OLG Frankfurt/M, 10. 7.1986, FamRZ 1986,1005 (unter Berufung auf frühere Entscheidungen); OLG Düsseldorf \ 31.3.1987, FamRZ 1987,953. Zur verfassungskonformen Auslegung von § 1408 II vgl BVerfG 4. 6.1985, NJW 1987, 179 (Anm). 260 Ua OLG Düsseldorf, 28.10.1980, FamRZ 1981, 286. 261 Nicht immer ist klar, ob die Parteien einen Ehevertrag iSd § 1408 oder eine Vereinbarung über den Ausschluß des Versorgungsausgleichs (§ 1587o) abgeschlossen haben. Dazu ua BGH 2. 2. 1983 (FN 259) 459; OLG München, 19. 2.1981 (FN 259) 465 f; OLG Düsseldorf,\ 31. 3.1987 (FN 259) 953.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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resfrist 262, die Wirkungen der Rücknahme eines Scheidungsantrags auf den Versorgungsausgleichsausschluß263 usw. Die zweitwichtigste Vereinbarung betrifft den Zugewinnausgleich. Die Regelung erfolgt entweder durch Ehevertrag 264 oder durch eine Vereinbarung über den Ausgleich des Zugewinns265. Im Ehevertrag kann der Ausschluß oder die Beschränkung des Zugewinnausgleichs „für den Fall der Scheidung" vereinbart werden 266, was nach § 1378 III generell „für den Fall der Eheauflösung" vorausgesetzt ist 267 . Von der bereits erwähnten Abrede über die Kostenverteilung (§93a ZPO) 268 abgesehen, können die Ehegatten noch weitere Vereinbarungen treffen. So ist etwa die Verpflichtung zur Fortführung des Ehenamens möglich und vor allem dann sinnvoll, wenn der Ehegatte, der auf den Namenswechsel verzichtet, die elterliche Sorge über die Kinder erhält 269. Denkbar sind außerdem erbvertragliche Regelungen, etwa zugunsten der Kinder 270 271 (§ 2276) . Den Ehegatten wird somit eine breite Palette von zulässigen Vereinbarungsinhalten eingeräumt. Bestimmte Regelungen müssen in Anbetracht des Scheidungsverfahrens getroffen werden, sie werden jedoch - wie sich gerade anhand des Ehevertrages zeigt - auch geduldet, wenn der gewählte Vertragstyp an sich nicht für eine Scheidungssituation konzipiert ist und die Scheidung bereits konkret in Aussicht genommen wurde 272. Der privaten Gestaltungsfreiheit sind - über die skizzierten Kontrollmechanismen (Fristen, Genehmigungspflicht, Formerfordernisse) hinaus Grenzen gesetzt. Dies gilt insbesondere für scheidungserleichternde und (grundsätzlich für) scheidungserschwerende Vereinbarungen zur Scheidung 262 Der Scheidungsantrag ist gestellt, wenn er dem Antragsgegner in gebührender Form zugestellt worden ist: OLG Bamberg, 1. 3. 1984 (FN 259) 483; BGH 17. 10. 1984, NJW 1985, 315; BGH 17.12.1986, FamRZ 1987,366 (Bosch). 263 Der Ausschluß des Versorgungsausgleichs bleibt wirksam, siehe etwa BGH 14.5.1986, JR 1986,502 f mwN (Böhmer). 264 §§ 1408,1410,1414: Änderung, Ergänzung, Ausschluß des gesetzlichen Güterstandes. 265 §13781112. 266 Vgl Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 4 zu § 1408; zum Problem auch unten III E c. 267 Zum Verhältnis von § 1378 III zu den Eheverträgen siehe etwa D. Schwab (FN 22) RZ 843; Tiedtke, Vereinbarungen über den Ausgleich des Zugewinnes vor Beginn des Scheidungsverfahrens, JZ 1982, 538; Gaul, in Soergel/Siebert, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 18 zu § 1408; Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 12 ff zu § 1378; Gernhuber, in Münch Komm zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 21 zu § 1378 mwN. 268 Oben III Β 4. 269 Dazu Wacke, in MünchKomm zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 38 zu § 1355 (unter Berufung auf Göppinger [FN 92] RZ 669 mwN). Vgl auch Langenfeld (FN 114) RZ 63,65. 270 Siehe Göppinger (FN 92) RZ 3. 271 Zur Form vgl § 127a. Die Wirksamkeit setzt demnach die notarielle Beurkundung bzw die Protokollierung des gerichtlichen Vergleichs voraus. 272 Vgl supra FN 259 und Text.

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selbst. Regelungen, die die Voraussetzungen der Scheidung betreffen, sind als nichtig anzusehen273.

D. Wesen der Scheidungsfolgenvereinbarung

Die Scheidungsfolgenvereinbarung ist in ihrem Wesen keineswegs homogen. Je nach der Materie, über die die Ehegatten eine Regelung treffen, verdichtet oder verdünnt sich die Dispositionsbefugnis, variiert die Bindungswirkung der Vereinbarung zwischen den Ehegatten einerseits sowie mit Bezug auf den Richter andererseits, und ist es möglich, eine getroffene Regelung unter Umständen auch einseitig zu widerrufen. Diese verschiedenen Dimensionen, die die Scheidungsfolgenvereinbarung aufweist, zerteilen gleichsam das Gefüge „Scheidungsfolgenvereinbarung" in eine sogenannte „familienrechtliche Vereinbarung" und eine „ Vereinbarung über die restlichen Sche dungsfolgen". Die Differenzierung zieht unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich.

1. Dispositionsbefugtiis

der Ehegatten und Bindungswirkung des Vorschlags

Der übereinstimmende Vorschlag der Ehegatten soll die Entscheidung des Gerichts in Sorgerechtsverfahren und im Verfahren zur Regelung des Verkehrsrechts vorbereiten 274. a. Vorschlag zur elterlichen Sorge275 Das Gericht soll von diesem Vorschlag nur abweichen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist (§ 1671 III 1). MaW kommt dem Richter die Aufgabe zu, das Kindeswohl zu wahren. Die hM nimmt eine prinzipielle Bindung des Gerichts an den elterlichen Vorschlag an. Davon abweichen darf es nur, wenn das Kindeswohl dies auch erfordert 276. 273 Näheres bei Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 35 ff zu § 1564 mwN. 274 BT-Drucks 7/650, 214. 275 Grundsätzlich Kropholler, Übereinstimmender Elternvorschlag und Sorgerecht, NJW 1984, 271. 276 BT-Drucks 8/2788, 63; D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 56; MünchKomm/Hinz (FN 184) RZ 48 zu § 1671; Göppinger (FN 92) RZ 605; Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 53 zu §1671. Nach Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 1,4 zu § 1671 ist das Gericht nicht formell an diesen Vorschlag gebunden, er bildet für den Richter bloß eine „gewisse Arbeitserleichterung". Allerdings soll auch nach Palandt/Diederichsen, aaO, ein Abweichen vom Vorschlag nur gestattet sein, wenn das Kindeswohl es erfordert.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

363

Die Einigung über die elterliche Sorge qualifiziert D. Schwab als „höchstpersönliches Rechtsgeschäft, dessen Rechtswirkungen mit Hilfe des gerichtlichen Aktes" herbeigeführt werden277. Hinz 278 und Gernhubef 279 zum Beispiel sprechen von einer „Elterndisposition mit mittelbarer verfahrensrechtlicher Wirkimg". Der Vorschlag ist nicht Bestandteil der gerichtlichen Entscheidung, sondern bildet ihre Grundlage. Die rechtliche Qualifikation fällt in der Lehre unterschiedlich aus, das Ergebnis ist jedoch im wesentlichen gleich: den Ehegatten wird die Disposition über die Regelung der elterlichen Sorge zugestanden, soweit dem Kindeswohl nicht in gravierender Weise widersprochen ist. Diese Auffassung schlägt sich auch im Fallrecht nieder 280. Nachwievor umstritten ist indes die Frage, ob und inwiefern der Vorschlag die Eltern selbst bindet. Zunehmend wird vom Vertragscharakter dieser Vereinbarung Abstand genommen281. Die Qualifikation des Vorschlages als grundsätzlich bindenden Vertrag beruht auf der Annahme, daß den Ehegatten eine vertragliche Dispositionsbefugnis zusteht. Hiefür werden Argumente unterschiedlicher Tragweite herangezogen282: der ihnen vom Gesetzgeber eingeräumte Vertrauensvorschuß 283, das durch Art 6 I I GG vorgegebene Elternrecht als „verfassungsrechtlich garantierte Primärzuständigkeit der Eltern" 284 sowie die Versöhnungsfunktion der Regelungsbefugnis 285.

277 D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 57. 278 MünchKomm/Hinz (FN 184) RZ 51 zu § 1671. 279 Gernhuber (FN 22) § 56 III 1. 280 Vgl OLG Hamburg, 13. 7. 1981, FamRZ 1982, 532; OLG Düsseldorf, 27. 12. 1982, FamRZ 1983, 294. 281 Zur Entwicklung siehe D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 64; siehe auch die Darstellung bei MünchKomm/Hinz (FN 184) RZ 55 zu § 1671. 282 Ausführlich bei Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 56 zu § 1671; Göppinger (FN 92) RZ 650 mwN. 283 Die Ehegatten selbst könnten am besten beurteilen, was dem Kindeswohl entspricht. Fraglich ist, ob sie dies vor allem in der Scheidungssituation noch können und wollen. Vgl ebenfalls Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 57 zu § 1671. 284 Vgl etwa Kropholler (FN 275) 272 und die in FN 282 genannte Literatur mwN. Nach Meinung Krophollers (ibid., 272 f) bindet der Vorschlag die Ehegatten auch intern nicht und kann somit ohne weiteres einseitig widerrufen werden. Zur Untermauerung seiner Ansicht erinnert er an die historische Entwicklung der betreffenden Gesetzesregelung und ihre Auslegung: Vor dem Inkrafttreten des 1. EheRG wurde die Sorgerechtsentscheidung erst nach der Ehescheidung getroffen. Den Eltern stand innerhalb einer gewissen Frist ein entsprechendes Vorschlagsrecht zu. Eine ältere BGH-Entscheidung befürwortete einen nachträglichen Widerspruch gegen den Vorschlag bloß, sofern dieser auf einem Willensmangel (Irrtum, Täuschung, Drohung) beruht hatte (BGH 23. 2. 1951, BGHZ 1, 217 = NJW 1951, 441; zitiert bei Kropholler, aaO 272 FN 12). Kropholler schließt aus der geänderten Rechtslage, daß von einer Bindung der Ehegatten (Eltern) heute jedenfalls nicht mehr ausgegangen werden könne. Die Frist ist weggefallen, sodaß es praktisch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben geben könne, im übrigen sei dem Verfahrensrecht eher zu entnehmen, daß der Vorschlag rechtlich eben nicht bindend sein soll.

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Zu Recht hebt Jaeger hervor, daß keiner der drei angeführten Gründe die Fe/tazgffkonstruktion (mit daraus fließender Bindungswirkung) zu tragen vermag 286: Hinsichtlich der Beurteilungsvermutung zugunsten der Eltern und des erhofften Beruhigungseffektes ist schon der einseitige Widerruf schlagendes Entkräftungsargument, worauf zum Beispiel auch Luthin hinweist287. Bleibt als einzig wirklich dogmatische Untermauerung noch das Elternrecht. Das sieht Jaeger mit dem BVerfG 288 als „treuhänderisches Recht" an. Die Entscheidung betrachtet das Elternrecht als „fiduziarisches Recht", was impliziert, daß die Eltern bereit und in der Lage sind, ihr Erziehungsrecht zum Wohle des Kindes wahrzunehmen. Damit ist über die rechtliche Form, in der dies geschehen soll, noch nichts ausgesagt. Der einfache Gesetzgeber auferlegt den Ehegatten im Rahmen des Scheidungsverfahrens (§§ 1565 I iVm 1566 I; § 630 I 2 ZPO) die Unterbreitung eines Vorschlages zur elterlichen Sorge und zum Umgangsrecht. Eben über die Rechtsnatur dieses Vorschlages, über die Dispositionsbefugnis der Ehegatten sowie über die mit der Gestaltungspflicht und -freiheit verknüpften Bindungswirkung wird aber gestritten. Die Eingrenzung des Elternrechts auf verfassungsrechtlicher Ebene schlägt sich auf die Gesetzesinterpretation nieder. Damit ist eben nur klargestellt, daß das Elternrecht bzw die Dispositionsbefugnis der Eltern mit ihrer Bereitschaft und Fähigkeit steht und fällt, eine Regelung zu treffen, die im Einklang mit dem konkreten Kindeswohl ist. Zu Recht vermißt denn auch Jaeger in der auf Art 6 I I GG gestützten Argumentation eine überzeugende Grundlage für die Vertragstheorie, die wohl die private Gestaltungsfreiheit der Ehegatten antizipiert und zur Folge hat, daß die Regelung volle Bindungswirkung zwischen ihnen entfaltet, die die Zulässigkeit eines einseitigen Widerrufs ausschließt. Gerade diese Konsequenz läuft aber dem verfassungsrechtlichen Ausgangspunkt zuwider, wonach die Ausübung des Elternrechts auf der Bereitschaft und Fähigkeit der Eltern beruht, stets kindeswohladäquate Regelungen zu treffen. Diese Prüfung obliegt freilich dem Gericht, das bei zweckverfehlten Vorschlägen korrigierend eingreifen muß289. Zusammenfassend ist zu sagen, daß heute nicht mehr von einer „hM" zugunsten eines Vorschlages als „bindenden Vertrag" ausgegangen werden kann. Schon die Quantität der Gegenstimmen spricht dagegen290. Vor allem Freilich sind auch schon Treitz, Die Verteilung der elterlichen Gewalt bei Auflösung der Elternehe und bei dauerndem Getrenntleben der Eltern, 40 ff, und Damrau (FN 6) NJW 1977,1172 sehr früh für die einseitige Widerrufbarkeit einer solchen Vereinbarung eingetreten. 285 Siehe insbesondere Coester (FN 139) 290 f. 286 Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 58 zu § 1671. 287 Luthin in seiner Anm zu OLG Hamm 29. 3.1985, FamRZ 1985,638 f. 288 Vgl die bei Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 58 zu § 1671 zitierte Entscheidung des BVerfG, 3.11.1982, FamRZ 1982,1182 (Anm). 289 Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 58 zu § 1671 mwN. 290 Vgl auch Luthin (FN 287) 638.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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wird jedoch zunehmend deutlich, daß der „Vertragsbegriff 4 hier gar nicht paßt, weil er seiner Struktur nach auf die Dynamik der Lebensverhältnisse und auf die vom BVerfG 291 herausgearbeiteten Voraussetzungen zur Ausübung des Elternrechtes, die immer fallbezogen zu beurteilen sind, nicht zugeschnitten ist. So räumen auch jene, die den Vorschlag als Vertrag qualifizieren, bloß den beidseitigen Widerruf als zulässig erachten, die Anfechtung nach §§ 119,123 gestatten und dem Wegfall bzw Fehlen der Geschäftsgrundlage Bedeutung beimessen, durchaus ein, daß ein einseitiger Widerruf zwar nicht möglich, aber für das Gericht Anlaß zu einer sorgfältigen Prüfung ist 292 . Die neuere Lehre, D. Schwab 2*, CoesterKropholler 295 und Luthiri 296 allen anderen297 voran, erkennt dieses Dilemma, in dem sich die Vertragsprotagonisten befinden und weisen die Dispositionsbefugnis und Bindungswirkung in jene Schranken, die das Kindeswohl vorgibt: ein einseitiger Widerruf ist infolgedessen bis zur Entscheidimg letzter Instanz stets zulässig. Die Disposi tionsbefugnis reicht maW nur so weit und so lange, als das Wohl des Kindes es erfordert. Die Rspr spiegelt die neuen Entwicklungen wider 298. Rezente Entscheidungen stellen die Bindung der Eltern an den übereinstimmenden Vorschlags zum Sorgerecht in Frage 299. Jüngst hat allerdings das OLG Hamm zum fraglichen Problem Farbe bekannt, die einseitige Widerrufbarkeit des 291 Siehe das in FN 288 zitierte Erkenntnis. 292 Vgl etwa Gernhuber (FN 22) § 56 III 4, 5; Rolland (FN 10) RZ 10 zu § 1671; auch noch Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 4 zu § 1671. Strätz, in Soergel/Siebert, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 17 zu § 1671 ist der Meinung, daß die rechtliche Qualifikation des Vorschlags im Zusammenhang mit § 1671 III belanglos sei. Nehme ein Ehegatte vom übereinstimmenden Vorschlag Abstand, so könne das Gericht von einem solchen auch nicht mehr ausgehen. Er zieht sich auf die Praxis zurück, in der der Vorschlag meistens Bestandteil eines Scheidungsvergleichs ist, in unmittelbarem Zusammenhang mit Unterhaltsregelungen steht und somit dem Familiengericht kaum Anlaß zur Adäquanzprüfung biete. 293 D. Schwab (FN 22) 194; D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 66. 294 Coester (FN 139) 298 ff. 295 Kropholler (FN 275) 271 ff. 296 Luthin (FN 287) aaO. 297 MünchKomm/Hinz (FN 184) RZ 53 f zu § 1671: danach liege äußerstenfalls eine „geschäftsähnliche Handlung" vor, „die sich ausnahmsweise nach allgemeinen Rechtsgeschäftsregelnrichtet,idR aber bes. familienrechtlichen Eigengesetzlichkeiten folgt". Begründet wird die Disponibilität über die elterliche Sorge - unter Berufung auf Coester - mit der fortbestehenden Verantwortung für das Kind, die systematisch wie andere Fallgestaltungen einvernehmlicher Willensbildung in Wahrnehmung der gemeinsamen Elternversorgung zu behandeln ist; Göppinger (FN 92) RZ 606 mwN. 298 Zum rechtsgeschäftlichen Charakter, zur Aufhebung und zum einseitigen Widerruf ua: BGH 23. 2.1951 (FN 284) NJW 1951, 441; BGH 29. 6. 1960, BGHZ 33,57 = NJW 1960, 1719 (Anm) = FamRZ 1960, 397 (Anm); BayObLG, 17.2.1967, FamRZ 1967,403; OLG Köln, 18. 8. 1972, FamRZ 1972, 575; OLG Karlsruhe, 6. 9. 1976, NJW 1977, 1731 (Anm); OLG Stuttgart, 6. 2.1981, FamRZ 1981, 704 (Anm); OLG Düsseldorf \ 27.12.1982 (FN 280) 293 f.

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übereinstimmenden Vorschlags bejaht und die Bindungswirkung angenommen, sofern dem Familiengericht ein „übereinstimmender Vorschlag" vorliegt. Kann schon diese letzte Einschränkung zu gewissen Mißverständnissen Anlaß geben300, so scheint wohl insbesondere die Entscheidungsbegründung noch nicht ausgereift. Das Gericht stützt sich nämlich auf die Befriedungsfunktion des Vorschlags einerseits und die Vermutung zugunsten der Eltern andererseits 301. Das ist eine Argumentation vom Ergebnis her, die eine gewisse Pragmatik und Lebensnähe für sich hat; ob damit auch dogmatisch begründet ist, weshalb der Vorschlag keinen Vertrag darstellt, keine Bindungswirkung entfaltet (wenn „aus nicht völlig unverständlichen Gründen vom Vorschlag abgewichen wird"), einseitig widerruflich ist und für das Gericht unter Berufung auf Palandt/Diederichsen 302 - „lediglich die Funktion einer gewissen Arbeitserleichterung" hat, ist fraglich.

b. Vorschlag zum Umgangsrecht Auch diesbezüglich müssen und können die Ehegatten sich einigen (§ 1634; §630 1 2 ZPO) 303 . Welche Rechtsfolgen die Dispositionsbefugnis über das Umgangsrecht nach sich zieht, ist strittig. Noch wird die Auffassung vertreten, daß es sich um die Befugnis handelt, eine Vereinbarung rechtsgeschäftlicher Natur mit Bindungswirkung der Eltern an ihre Vereinbarung abzuschließen. Deswegen sei auch der einseitige Widerruf unzulässig304. Die Verbindlichkeit der Vereinbarung wird damit untermauert, daß das Familiengericht - im Gegensatz zur Regelung der elterlichen Sorge - nicht entscheiden muß; dies sei nur bei Gefährdung des Kindeswohls der Fall 305. Anders als mit Bezug auf den Vorschlag zur elterlichen Sorge will Hinz die Bindungswirkung des übereinstimmenden Vorschlags zum Umgangs299 Vorsichtig noch OLG Hamm, 29.3.1985 (FN 287) 637 (Luthin); OLG Zweibrücken, 3. 7.1986, FamRZ 1986,1038 (H.L.). 300 Gemeint ist nämlich ein aktueller übereinstimmender Vorschlag im Entscheidungszeitpunkt. Die Bindungswirkung hängt infolgedessen von konkreten Kindeswohlerwägungen ab. 301 OLG Hamm, 28.10.1988, FamRZ 1989,656. 302 Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 4 zu § 1671. 303 Zur gerichtlichen Entscheidung bedarf es einer entsprechenden Anregung der Eltern. Ob der Vorschlag als solcher bereits als Anregung an das Gericht aufzufassen ist, scheint fraglich: bejahend Göppinger (FN 92) RZ 628. Jedenfalls verpflichtet die Anregung noch nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung. Siehe D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 244: Eine solche Entscheidung muß indes bei Vorliegen eines förmlichen Antrags erfolgen. Nur auf Grund der gerichtlichen Umgangsregelung wird die Vollstreckbarkeit bewirkt. Näheres bei D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 208 mwN; Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 14 f zu § 1634. 304 Rolland (FN 10) RZ 21 zu § 1634; Gernhuber (FN 22) § 53 III 7. 305 Göppinger (FN 92) RZ 626, 628 mwN; Palandt/Diederichsen § 1634 mwN.

(FN 20) Anm 2a zu

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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recht bejahen, und zwar so lange, als nicht die Ehegatten selbst oder das Familiengericht eine abweichende Regelung getroffen haben. Den einseitigen Widerruf hält er allerdings für zulässig, wenn erhebliche Gründe des Kindeswohls dies erfordern 306. Auch in der Rspr wird diese Meinung vertreten 307. Jaeger 308 und D. Schwab 309 etwa sind der nicht von der Hand zu weisenden Auffassung, daß die Eltern schon im Interesse des Kindeswohls (für die Zukunft) nicht an ihren Vorschlag gebunden sein können und deshalb ein einseitiger Widerruf möglich ist. Die Lehre lehnt somit sowohl den Vertragscharakter als auch die Bindungswirkung ab. Anders die Judikatur. Sie geht „vor allem im Interesse der von der Einigung betroffenen Kinder" davon aus, daß es zu ihrem Wohl dient, „auch im Umgang mit dem nichtsorgeberechtigten Elternteil eine verläßliche und kontinuierliche Gestaltung zu erfahren" 310. Die Begründung überzeugt nicht, muß doch gerade die Kontinuität der Umgangsregelung im Kindeswohl hegen. Ist das nicht gewährleistet, dann bedarf es einer Änderung zur Wahrung des Kindeswohls unter Umständen auch einseitig. Eben dies erkennt aber das Gericht, weshalb es auch bloß von einer „grundsätzlichen Bindungswirkung" ausgeht311. Das Kindeswohl selbst bildet daher keine taugliche Begründimg für die verbindliche Wirkung des Vorschlags, rechtfertigt es nämlich gleichwohl den Standpunkt einer grundsätzlichen Unverbindlichkeit der Regelung. Die Betonung hegt für die Rspr daher offenbar nicht auf einer „rechtsgeschäftlichen Bindungswirkung". Die Verbindlichkeit der Vereinbarung wird vielmehr insbesondere im Interesse der von der „Einigung" betroffenen Kinder angenommen, deren Wohl eine „verläßliche" und „kontinuierliche" Beziehung erfordere. Das bedeutet deshalb: Ein einseitiges Abweichen oder ein einseitiger Widerruf sind nicht auf Grund des bindenden Charakters des Vorschlags verpönt, sondern die auf der Erfahrung aufbauenden Wissenschaften der Psychologie und Pädagogik verlangen zur Wahrung des Kindeswohls die Kontinuität der Kindererziehung, weshalb grundsätzlich von der Umgangsregelung nicht einseitig abgewichen werden soll. Eine Ausnahme kann freilich gerade durch das Kindeswohl geboten sein.

306 MünchKomm/Hinz (FN 184) RZ 17 zu § 1634. 307 OLG Köln, 29.7.1982 (FN 139) aaO. Anders noch KG 29. 8.1980, FamRZ 1980,1157: Die Eltern sind an die Einigung gebunden, können nicht einseitig widerrufen und ein dem Kindeswohl widersprechender Vergleich ist nur durch eine anderweitige Regelung des Familiengerichtes abänderbar. 308 Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 15 zu § 1634. 309 D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 210: Die Bindung trete nur durch „Verfügung" mittels gerichtlicher Gestaltung ein. Dann fließt die Bindung der Eltern allerdings aus dem Hoheitsakt selbst und ergibt sich nicht aus der elterlichen Einigung. Über die Rechtsnatur des Vorschlags selbst ist damit noch nichts ausgesagt. 310 OLG Köln, 29. 7.1982 (FN 139) 1238. 311 Wie zu FN 310.

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Letztendlich läuft die Diskussion auf die Disponibilität der Eltern über das Umgangsrecht hinaus. Ihre private Gestaltungsfreiheit im Vergleich zu schuldrechtlichen Verträgen ist eingeschränkt. Daraus folgt auch eine reduzierte Bindungswirkung des Vorschlags gegenüber den Ehegatten312. Die Eingriffsbefugnis des Gerichts und seine Bindung an den gemachten Vorschlag wird im allgemeinen bejaht, sofern das Kindeswohl dem nicht entgegensteht313. Fraglich ist nur, ob es einer konkreten Kindeswohlgefährdung bedarf. Jaeger leugnet dies314. Ihm ist zuzustimmen. Denkbar sind nämlich Umgangsregelungen, die zwar das Kindeswohl nicht gefährden, aber - wie das OLG Frankfurt vor kurzem festhielt 315 - die reibungslose Abwicklung des Umgangsrechtes nicht (mehr) gewährleisten316.

2. Dispositionsbefugnis

der Ehegatten und Bindungswirkung der Einigung

Das Gesetz verlangt die Einigung der Ehegatten über den Kindesunterhalt, den Ehegattenunterhalt und die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und dem Hausrat (§ 630 I 3 ZPO) und sieht außerdem vor, daß dem Scheidungsantrag erst stattgegeben werden soll, wenn sie über diese Gegenstände einen vollstreckbaren Schuldtitel herbeigeführt haben (§ 630 III ZPO). Grundsätzlich werden damit die Dispositionsbefugnis der Ehegatten und die Bindungswirkung ihrer Einigung vorausgesetzt. Da es sich um eine Einigung vermögensrechtlichen Charakters handelt, die vertraglicher Natur ist, richten sich Gültigkeit und Bestand dieser Vereinbarung nach den für Rechtsgeschäfte im allgemeinen vorgesehenen Bestimmungen (§§ 104 ff, 134,138 f). Der Vertragsfreiheit sind allerdings besondere Grenzen gesetzt: So hat die Einigung über den Kindesunterhalt vor allem die Angemessenheit des vereinbarten Unterhalts zu gewährleisten und darf keinen Verzicht für die 312 Zu diesen Fragen eingehend infra III D. 313 Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 2a zu § 1634; Göppinger (FN 92) RZ 627; Münch Komm/Hinz (FN 184) RZ 17 zu § 1634; Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 13 zu § 1634. In der Sache geht es um die analoge Anwendbarkeit von § 1671 III, eine Regelung, die in § 1634 nicht vorgesehen ist. Zur Diskussion vgl etwa Johannsen/Henrich/Jaeger, aaO und D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 209. Soergel/Siebert/Strätz (FN 292) RZ 17 zu § 1634 lehnen die analoge Anwendung des § 1671 III ab. Strätz hält die Vereinbarung für verbindlich und nicht einseitig widerruflich. Nur das Gericht kann seiner Ansicht nach eine andere Regelung herbeiführen. 314 Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 12 zu § 1634. 315 OLG Frankfurt, 3. 8.1988, FamRZ 1988,1316 (HL.). 316 Im vorliegenden Fall (FN 315) aaO wurde erwogen, aber nicht festgestellt, daß unter Umständen der gesamte Umgang gefährdet sein könnte. Eine gerichtliche Regelung drängte sich auf, die Ehegatten könnten nicht angehalten werden, eine einvernehmliche Regelung zur (offenbar zu großzügigen) Umgangsvereinbarung im Rahmen des Scheidungsvergleichs zu treffen. Es handelte sich (allerdings) um ein Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen (Besuchs)Anordnung.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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Zukunft enthalten317, widrigenfalls die Vereinbarung gemäß § 134 nichtig ist. Bezüglich des Ehegattenunterhalts und der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat sind Verzichtserklärungen - isoliert besehen - zulässig318. Die Vereinbarung muß eine konkrete und vollständige319 Regelung des Kindesunterhalts enthalten. Mit Wirkung für und gegen das Kind kann sich kein Elternteil von seiner Unterhaltspflicht freistellen lassen, sodaß solche Verträge 320 keine Einigung iSd § 630 1 3 ZPO darstellen. Die Einigung über den Kindesunterhalt, den Ehegattenunterhalt und die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat bindet - als Vertrag - die Ehegatten für den Fall der Scheidung nach § 1565 I iVm § 1566 I 3 2 1 . Die einseitige Widerrufbarkeit ist somit ausgeschlossen.

3. Rechtsnatur der Scheidungsfolgenvereinbarung a. Lehre und Judikatur Bereits die völlig anders geartete Gesetzesregelung über die Scheidungsfolgenvereinbarung nach deutschem Recht gestattet im Vergleich zur österreichischen Rechtslage von vornherein eine differenziertere Diskussion um die Natur dieser Vereinbarung. Die Antragsschrift muß den Vorschlag (nach § 630 I 2 ZPO) und die Einigimg (nach §630 I 3 ZPO) enthalten. Umfassende Verzichts- oder Erledigungserklärungen sind nur mit Bezug auf den Ehegattenunterhalt und die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat zulässig. Der Richter entscheidet von Amts wegen über die Ausübung der elterlichen Sorge, auf Antrag auch über das Umgangsrecht. Er genehmigt die Vereinbarung nicht, sondern legt sie als materielle Scheidungsvoraussetzung seiner Entscheidung zugrunde. Entspricht die Scheidungsfolgenregelung den gesetzlichen Anforderungen (wegen Gesetzwidrigkeit oder Unvollständigkeit) nicht, dann fehlt eine Voraussetzung zur Scheidung auf Grund §§ 1565 I iVm 1566 I. Bis Ende der letzten mündlichen Verhandlung sind die Mängel zu beheben, da sonst 317 Dazu sowie zur Vertretungsbefugnis siehe schon supra III A1. 318 Inwiefern sie im Lichte des § 139 und einer Gesamtbeurteilung der Scheidungsfolgenvereinbarung ins Schleudern geraten können, unten III E 3. 319 Zur Frage, ob auch Unterhaltsregelungen für volljährige Kinder notwendig sind, siehe etwa MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 43 zu § 1566 mwN. 320 Vgl unten III E1. 321 Die Bindungswirkung erstreckt sich auf andere Scheidungstatbestände, wenn dies von den Vertragsparteien gewollt ist, was im Zweifel mE nicht anzunehmen ist, weil nur die einvernehmliche Scheidung eine solche Vereinbarung zwingend voraussetzt (§ 630 ZPO). 25 Verschraegen

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nicht einvernehmlich zu scheiden ist. Das Gericht hat von seiner materiellen Prozeßleitung Gebrauch zu machen und die Parteien entsprechend anzuleiten322. Hinsichtlich der elterlichen Sorge lehnt die hM - wohl auf Grund der richterlichen Entscheidungspflicht zur Wahrung des Kindeswohls, das heißt aus Gründen des öffentlichen Interesses - die abschließende Dispositionsbefugnis der Ehegatten ab und hebt den Vorschlag damit durchwegs von der Einigung über Gegenstände vermögensrechtlicher Natur ab323, die in Vergleichsform geregelt werden können. Das sind gemäß § 630 III ZPO jedenfalls die in § 630 I 3 ZPO aufgezählten Materien: die Vergleichsfähigkeit setzt die materiellrechtliche Disponibilität (Verfügungsbefugnis) über den Vereinbarungsgegenstand voraus. Das gilt auch für gerichtliche Vergleiche, die „nichts anderes (sind) als ein im Prozeß vor Gericht beurkundeter materiell-rechtlicher Vergleichsvertrag" 324 (iSv § 7791325). Was maW Gegenstand eines gerichtlichen Vergleichs sein kann, richtet sich danach, worüber sich Parteien materiellrechtlich vergleichen können. Die archetypische Dispositionsbefugnis erfaßt die 5c/wWverhältnisse326. Der Vergleich ist schuldrechtlicher Vertrag 327, der die Dispositionsbefugnis der Parteien über das Rechtsverhältnis voraussetzt328. Mit dem Vergleich soll der Streit oder die Ungewißheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden. Sein Zweck ist die Bereinigungswirkung, wie auch Bork festhält 329. Bork unterscheidet die „subjektbezogene relative Verfügungsbefugnis" von der „objektiven Verfügbarkeit" eines Rechtsverhältnisses, einen Vergleich abzuschließen330. Da sein gesamtes Werk - zwar nicht vom wissenschaftlichen Ansatz her, aber paradigmatisch fast ausschließlich, und somit im Ergebnis - auf den Vergleich sc/wMrechtlicher Rechtsverhältnisse hin orientiert ist, muß der Sinn der Unterscheidung für (gerichtliche) Vergleiche im Zusammenhang mit Scheidungsfolgenvereinbarungen (insbesondere dem Vorschlag über die elterliche Sorge und das Umgangsrecht) erst herausge322 Siehe auch MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 14 zu § 1566. 323 Dazu schon oben II E und III D. 324 Dazu ausführlich Bork, Der Vergleich, 3 f mwN. 325 § 779 I lautet: „Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalte des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde." 326 Vgl Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, RZ 288; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd I (Allgemeiner Teil), 93. 327 Vgl etwa Thomas in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Anm la zu § 779. 328 Palandt/Thomas (FN 327) Anm 2b und c zu § 779. 329 Dies unter Berufung auf die österreichische Lehre: Bork (FN 324) 157 f und FN 48. 330 Bork (FN 324) ua 282 f.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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schält werden. Am Rande betont der Autor, daß auch Vergleiche über Statusbeziehungen, als „Ausschnitt aus dem Spektrum möglicher Vergleichstypen, da der Begriff des Rechtsverhältnisses weiter ist als der des Schuldverhältnisses", denkbar sind331; freilich „nur unter besonderen, eng begrenzten Voraussetzungen, die sich aus der fehlenden objektiven Verfügbarkeit dieser Rechtsverhältnisse ergeben" 332. „Überflüssig" sei jedoch „das Verlangen, es müsse sich um ein Rechtsverhältnis handeln, das der Verfügungsbefugnis der Parteien unterhegt". Auf die Verfügungsbefugnis komme es nämlich nur an, „wenn durch den Vergleichsvertrag auch wirklich über das streitige Rechtsverhältnis verfügt wird" 333 . Deswegen will er auch Vergleiche in Ehe- und Statussachen erlauben, dh - außer über den Ehestatus - über „nicht-dispositive Rechtsverhältnisse". Freilich muß auch Bork einräumen, daß ein Vergleich über Rechtsfolgen, die der Verfügungsmacht der Parteien entzogen sind, unwirksam sein kann, was „nach allgemeinen, für alle Verträge geltenden Regeln (...), nicht schon im Vorfeld durch einen numerus clausus der vergleichsfähigen Rechtsverhältnisse" gelöst werden muß. Der Autor 04 beruft sich auf die Materialien, wo dieser Standpunkt vertreten wurde 335. Zum einen wollte man aber - wie die Motive belegen336 - von einer Ordnung der Rechtsverhältnisse absehen, zum anderen wurde ausdrücklich auf die besonderen Bestimmungen des Familienrechtes verwiesen. Schließlich stellten die Motive - anders als Bork - sehr wohl auf die Dispositionsbefugnis der Parteien ab. Bork indes geht - wie erwähnt - grundsätzlich davon aus, daß mit einem Vergleich nicht notwendig über das streitige Rechtsverhältnis verfügt wird 337 . Die Unwirksamkeit eines Vergleiches könne nur dann vorhegen, wenn die Parteien über etwas verfügen wollen, das ihrer Verfügungsmacht entzogen ist 338 . Als konkretes Beispiel führt der Autor in der Tat die vergleichsweise Bereinigimg des Sorgerechts in der Scheidungsfolgenvereinbarung an. Verfügen die Eltern nicht über das Sorgerecht - was ihnen ja versagt ist -,

331 Bork (FN 324) 102. 332 Vgl dens. (FN 324) FN 38 auf S 108. 333 Ders. (FN 324) 226 mwN. 334 Bork (FN 324) 226 f. 335 In den Motiven heißt es: „Endlich besteht auch kein Bedürfnis zu besonderen Bestimmungen über die Unzulässigkeit von Vergleichen zum Zwecke der Ordnung von Rechtsverhältnissen, welche der Verfügungsgewalt der Beteiligten entzogen sind, oder die Wirkungen des Vergleichs gegenüber dritten Personen durch besondere Vorschriften zu regeln." Diesbezüglich „sind die allgemeinen Grundsätze genügend. Insbesondere ergibt sich aus den Vorschriften des vierten Buches, inwieweit bestimmte familienrechtliche Verhältnisse der Privatdisposition entzogen sind." Siehe Motive zu dem Entwürfe des Bürgerlichen Gesetzbuches für d Deutsche Reich, Bd II, Recht der Schuldverhältnisse, 653. 336 Vgl FN 335. 337 Bork (FN 324) 227. 338 Bork (FN 324) 227.

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sondern einigen sie sich nur im Innenverhältnis, dem Gericht einen übereinstimmenden Vorschlag (nach § 1671 III) zu unterbreiten, so könne der Vergleich unter Umständen wirksam sein339. Es ist schwer, in dieser Einigung einen Vergleich zu erblicken. Als Vertrag bindet er die Parteien. Vertragsinhalt wäre - nach dem Beispiel Borks das Unterbreiten eines übereinstimmenden Vorschlags. Wie können sich aber Eltern, deren Maßstab stets das Kindeswohl sein muß, verpflichten, sich auf einen übereinstimmenden Vorschlag zu einigen? Selbst wenn Bork den Vergleichsinhalt auf die Tätigkeit der Vorlage vor Gericht beschränken sollte, wird das Problem (der Vertragsfreiheit und der Wahrung des Kindeswohls) nur auf eine andere Ebene verschoben: Soll in diesem Fall ein einklagbarer Anspruch auf die Vorlage des Einigungspapiers, das dann den übereinstimmenden Vorschlag zu enthalten hat, eingeräumt werden? Wohl ist hier nur von einer Absichtserklärung der Parteien auszugehen, für die der Vertragstypus „Vergleich" nicht bemüht werden muß. Dies insbesondere deshalb, weil ein Vergleich iSd § 779 nicht vorliegt, wenn das streitige bzw ungewisse Rechtsverhältnis nicht „Vergleichsgegenstand" ist, denn dann fragt sich, welche materielle Rechtslage geändert werden soll. Die Diskussion zeigt deutlich auf, daß die Differenzierung zwischen Dispositionsbefugnis der Parteien und objektiver Verfügbarkeit des Rechtsverhältnisses jedenfalls für familienbezogene Materien wenig Sinn ergibt. Stets muß die Rückkoppelung auf die materiellrechtliche Dispositionsbefugnis über die betreffende Rechtsmaterie erfolgen. Das gilt auch, wenn zunächst auf der Zulässigkeit des Vergleichs beharrt und daran festgehalten wird, daß die Frage seiner Wirksamkeit nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen ist. Bork selbst führt an, daß mit dem Vergleich die materielle Rechtslage geändert wird, gerade dies beseitige den Streit oder die Ungewißheit340. Sein Anliegen ist, eine Typologie zulässiger Vergleichskategorien im Vorfeld zu vermeiden. Ob ein Vergleich zulässig bzw wirksam ist, will er erst später, und zwar nach allgemeinen Grundsätzen prüfen. Dabei soll die „elastische Tendenz"341 des Vergleichs Berücksichtigung finden, maW der Vertrag soll so ausgelegt werden, daß er seine Geltung nach Möglichkeit beibehält. Gerade dieses Ziel wird jedoch nicht erreicht: Ein Vertrag über die tatsächliche Vorlage eines Einigungspapiers oder darüber, daß dem Gericht ein übereinstimmender Vorschlag unterbreitet wird, kann aus Gründen der Privatautonomie und des öffentlichen Interesses (Kindeswohl) gar nicht geschlossen werden, es handelt sich hier bestenfalls um die Übernahme einer Bemühungspflicht bzw um eine Absichtserklärung.

339 Ders. (FN 324) FN 108 auf S 228; FN 64 zu S 282 und Text dazu; FN 2 zu S 452 und Text dazu sowie FN 15 zu S 456 und dazugehörigen Text. 340 Bork (FN 324) 170. 341 Siehe Bork (FN 324) 118 f, unter Berufung auf Lehmann, Der Prozeßvergleich, 169 f.

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Vorangehende Erwägungen sind auch im Hinblick auf § 630 III ZPO von Bedeutung, da der gerichtliche Vergleich Doppelfunktion hat und folglich vom Vergleich als materiellrechtlichem Rechtsgeschäft nicht losgekoppelt werden kann. Die „Einigung" der Ehegatten, dh die rechtsgeschäftliche Vereinbarung nach § 630 I 3 ZPO, unterhegt den Regelungen, deren Rechtsbereich sie zugehört. Soweit die Vereinbarung in Form eines Prozeßvergleichs abgeschlossen wurde, hegt nach hM sowohl ein materielles Rechtsgeschäft als auch eine Prozeßhandlung vor 342 . Umstritten ist freilich die Qualifikation dieser Doppelfunktion: Manche gehen von der Doppel/zöfar 343, andere vom Doppeltatbestand aus344. Nach hL und stRspr hat dieser Prozeßvertrag eine Ooppehatur. Er setzt die Dispositionsbefugnis der Parteien über die Regelungsmaterie voraus345. Die Rechtswirkungen beziehen sich auf den Prozeß (Vollstreckbarkeit, Beendigung des Verfahrens) und auf das materielle Recht (materielle Einigung der Parteien iSd § 779). Die Doppelnatur ist eine von der hM angenommene Rechtsqualität des Prozeßvertrages. Sie hat zur Folge, daß der Prozeßvergleich aus prozessualen wie aus materiellrechtlichen Gründen unwirksam sein kann346. Ob die „Einigung der Ehegatten" in Form eines Prozeßvergleichs erfolgt oder ob hierüber eine notarielle Urkunde erstellt wird, ist für die Vollstreckbarkeit gleichgültig: beides stellt einen Exekutionstitel iSd § 79411 und 5 ZPO dar. Zu bedenken bleibt indes, daß auch bezüglich der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat ein vollstreckbarer Schuldtitel herbeigeführt werden soll, der bloß in Form eines Prozeßvergleiches möglich ist 347 . b. Familienrechtliche Vereinbarung als aliud Nicht von ungefähr sind kindesbezogene Materien (elterliche Sorge und Umgang) Gegenstand eines (bloßen) „Vorschlags", vermögensrechtliche Ansprüche (Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt, Rechtsverhältnisse an der 342 Siehe Thomas/Putzo (FN 49) Anm II 1 zu § 794 ZPO. 343 Zur Lehre von der Doppel/tator siehe ua: Jauernig (FN 35) § 481 mwN; Münzberg, in Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, RZ 60 zu § 794 II ZPO; Rosenberg/Schwab (FN 35) § 132 III 1 c mwN aus Literatur und Rechtsprechung. 344 Zur Lehre vom Doppeltatbestand ua: Holzhammer, Der Prozeßvergleich, in FS Schima 222 f unter Berufung auf Pohle, Baumgärtel und Bötticher, siehe FN 8 ebenda; Tempel, Der Prozeßvergleich - die Bedeutung seiner Rechtsnatur für den Abschluß und seine Wirkungen, in FS Schiedermair, 522, 543. Je nach dem vorliegenden Fall sei „unter Berücksichtigung des Parteiwillens, des Schutzzweckes der jeweiligen Norm und allgemeiner Verfahrensprinzipien zu prüfen" ..., „inwieweit Mängel im einen Bereich auf den anderen Tatbestand durchschlagen". 345 Statt vieler Arens, Zivilprozeßrecht, RZ 249. 346 Dazu infra V I A 3 a. 347 Vgl Göppinger (FN 92) RZ 642 mwN.

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Ehewohnung und am Hausrat) notwendiger Inhalt der „Einigung", über die ein vollstreckbarer Schuldtitel herbeigeführt werden soll. Das öffentliche Interesse an der Wahrung des Kindeswohls berechtigt und verpflichtet zur Entscheidung über die elterliche Sorge (und allenfalls den Umgang) durch eine gerichtliche Instanz. Diese Materien sind nicht-dispositiver Natur. Über sie kann kein vermögensrechtlicher Vertrag, kein (gerichtlicher) Vergleich, kein Schiedsvertrag geschlossen werden 348. Die eingeschränkte Bindungswirkung des „Vorschlags" ist auch für das deutsche Recht rechtsgeschäftsfremd; der Vorschlag steht und fällt mit dem Kindeswohl als clausula rebus sie stantibus. Zu wahren ist nämlich stets das aktuelle Kindeswohl. Die Privatautonomie der Ehegatten läuft auf eine Konkretisierungsbefugnis hinaus. Abgesehen von den allgemeinen materiellen und formellen Gültigkeitsvoraussetzungen obliegt dem Richter zudem die Prüfung, ob der „Vorschlag" den Kindesinteressen entgegensteht oder nicht. Diese richterliche Eingriffsbefugnis und -pflicht schränkt die Gestaltungs/ra7ie/f, wie sie dem Schuldrecht - typologisch besehen - allgemein innewohnt, erheblich ein. Bei der „Einigung" über vermögensrechtliche Angelegenheiten (nach § 630 I 3 ZPO) indes hat das Gericht, sofern die Vereinbarung gültig erscheint und keine konkreten Anhaltspunkte etwa für die Sittenwidrigkeit vorliegen, sie als materielle Scheidungsvoraussetzung seinem Erkenntnis zugrunde zu legen und auf Antrag der Parteien als gerichtlichen Vergleich zu protokollieren. Bezüglich der vermögensrechtlichen Angelegenheiten bleiben die Scheidungswilligen voll verfügungsberechtigt; die Dispositionsbefugnis konkretisiert sich hier - wie für das Vermögensrecht überhaupt typischerweise - in einem offenen Rahmen. Die Lage ist indes mit Bezug auf die kindesbezogenen Materien anders zu beurteilen, was bei einer Typologie möglicher Vereinbarungen deutlich wird: einerseits die „Einigung" (gemäß § 630 I 3 ZPO), die sämtliche Attribute des vermögensrechtlichen Vertrages aufweist (Privatautonomie, dh volle Vertragsfreiheit; Dispositionsbefugnis über den Vertragsgegenstand, weshalb insbesondere auch ein gerichtlicher Vergleich zulässig ist; Rückabwicklung nach Schuldvertragsrecht); andererseits der „Vorschlag", hier als „farni-

348 Sowohl beim (gerichtlichen) Vergleich wie beim Schiedsvertrag findet für die Beurteilung der Vergleichs- bzw Schiedsfähigkeit die Rückkoppelung zur Verfügungsbefugnis nach materiellem Recht statt. Beide Vertragstypen werden deshalb gleich behandelt. Zur (objektiven) Schiedsfähigkeit vgl Schlosser (FN 326) ibidem, wo es heißt: „Auch in einem Eheverfahren, in dem ein ausländisches Eherecht zur Anwendung kommt, das eine echte einverständliche Scheidung (und nicht nur eine an das Einverständnis anknüpfende Zerrüttungsvermutung) kennt, kann kein Schiedsgericht eingesetzt werden". Dh dort ist die Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand jedenfalls ausgeschlossen. Schlosser meint, es komme für die Dispositionsbefugnis darauf an, ob den Parteien ein Spielraum bleibt; die prozessuale Verfügungsbefugnis sei dabei unerheblich. Der zur Begründung der objektiven Schiedsfähigkeit notwendige Spielraum ist zu leugnen. Siehe im folgenden Text.

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lienrechtliche Vereinbarung" bezeichnet und qualifiziert, der jene Grenzen eigen sind, die vorhin gezogen wurden. In ihrem Wesen hebt sich die „familienrechtliche Vereinbarung" grundlegend von vermögensrechtlichen Verträgen ab: Sie steht unter der clausula „Kindeswohl", ist naturgemäß personenbezogen und muß zur Wahrung des Kindeswohls lebensnah betrachtet und behandelt werden. Eine Riickabwicklung ex tunc ist - anders als im Schuldvertragsrecht üblich - bei der „familienrechtlichen Vereinbarung" weder denk- noch durchführbar. Im Vermögens-, namentlich im Schuldrecht geht es nicht um eine auf Dauer angelegte, immer wieder anpassungs- und konkretisierungsbedürftige Regelung, sondern um die wirtschaftliche Ausgewogenheit von (einer einmal versprochenen) Leistung und (geschuldeten) Gegenleistung, die in Geld ausgedrückt ist oder werden kann349. Wie sehr es einer Systematisierung des Rechts, zu der die begriffliche Abstraktion ja beitragen will, zwar bedarf, weil mit ihr die Analyse von Rechtsfragen und deren Lösung erleichtert werden, umso dringlicher stellt sich die Frage nach dem Stellenwert rechtsgebietübergreifender Institute, wie der des Vertrages. Diese Fragestellung ist nicht neu. Sie wurde - freilich aus ideologischen Erwägungen - vor gut einem halben Jahrhundert diskutiert. So plädierte Lorenz vehement für die Emanzipierung „familienrechtlicher Einungen" von „sonstigen Vertragsverhältnissen" 350. Sind seine Ausführungen einmal aus dem historischen Kontext herausgeschält und auf ihren wahren Kern reduziert, geht es ihm um folgendes: Von einem Vertrag soll nur die Rede sein, wenn durch Vertragsschluß ein Vertragsverhältnis begründet wird. Durch die Abgrenzung „Vertrag" - „familienrechtliche Einung" will Larenz keine

349 Wie im österreichischen Recht - infra zu Österreich III C 2 und VI Β 3 - greift auch im deutschen Recht die scheinbare Parallelität zu Dauerbezugsverträgen nicht: diese wollen insbesondere bei der Rückabwicklung die wirtschaftliche Frustration des Gläubigers und ökonomische Durchführbarkeit seiner geltend gemachten Ansprüche für den Schuldner sicherstellen. Spärlich sind die Entscheidungen, in denen sich ausdrückliche Aussagen über das unterschiedliche Wesen Vermögens- und familienrechtlicher Verträge finden lassen. In BGE 24. 5. 1985 - IV b ZR 22/84, FamRZ 1985, 789 (F.W.B.) wehrt sich der BGH gegen die Übertragung von Rechtsgrundsätzen, die für auf Austausch von Leistungen oder Gütern gerichteten Verträgen entwickelt wurden, auf „familienrechtliche Verträge" (hier: Verzicht auf den Betreuungsunterhalt nach § 1570; dazu unten III E 2 a). In casu handelte es sich um den Rechtsgrundsatz, daß ein objektiv grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung den zwingenden Rückschluß zuläßt auf das bewußte oder grob fahrlässige Ausnutzen der einen Partei durch die dadurch begünstigte Partei. Eine analoge Anwendung auf den Unterhaltsverzichtsvertrag lehnte das Gericht ab. 350 Lorenz, Neubau des Privatrechts, AcP 145 (1939) 91. Erst bei der Vorbereitung auf die Drucklegung dieser Schrift ist die Autorin auf den Beitrag von Larenz gestoßen. Ihr Anliegen, sich auf die Eigendynamik des Familienrechtes zurückzubesinnen und so die Eigenständigkeit der „familienrechtlichen Vereinbarung" in Erwägung zu ziehen, hatte sich aber längst in der Schrift niedergeschlagen, weshalb sie zum Teil heftig kritisiert worden war.

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abstrakte Trennung verwirklichen, sondern eine Typenreihe aufstellen 351. Sie rechtfertigt sich durch den Wesensunterschied der genannten Vereinbarungstypen: Beim (schuldrechtlichen) Vertrag steht eine bestimmte Leistung im Vordergrund, bei der „familienrechtlichen Einung" indes ein „dauerndes Verhalten" in der Gemeinschaft. Diese Typen haben eine unterschiedliche Funktion, der terminologisch Rechnung zu tragen ist. Mit dem abstrakten Vertragsbegriff haben sie nur den „Konsens" gemeinsam, ihre besondere Ausprägung (Geltungsbedingungen, Erklärungsmängel) wird nicht berücksichtigt, sodaß der Vertragsbegriff für die anderen Vereinbarungstypen - so Larenz 352 - ohne praktische Bedeutung ist. Als Prototyp der „familienrechtlichen Einung" sah Larenz den Ehevertrag an, die er dem zentralen Vertragstypus „Schuldvertrag" gegenüberstellte. Richtig ist dabei der Ansatz, daß es sich um völlig unterschiedliche „Vertragstypen" handelt, mit denen der Rechtsunterworfene wie der Rechtsanwender anderes verbinden. Eine allzu große Abstraktion birgt die Gefahr einer verallgemeinernden Behandlung in sich, wobei auf die Eigenheiten des jeweiligen Rechtsgebietes recht leicht vergessen wird. Larenz 9 „familienrechtliche Einung" hat nur diese Erwägungen mit der „familienrechtlichen Vereinbarung" gemeinsam. Mit dieser will nämlich aufgezeigt werden, daß ein Vereinbarungstyp sich mit Bezug auf die Dispositionsbefugnis über den Gegenstand, den zulässigen Inhalt als Schranke der Privatautonomie, die Bindungswirkung für die Parteien einerseits und den Richter andererseits sowie die grundsätzlich eigenständige Rückabwicklung sosehr vom Archetyp „Vertrag", namentlich schuldrechtlichen Vertrag abgewendet hat, daß dieser Wesensunterschied entsprechend zu deklarieren ist. Und zwar nicht nur aus systematischen Überlegungen, sondern auch aus einem Rechtsschutzbedürfnis heraus: Die Parteien einer Scheidungsfolgenvereinbarung sollen sehr wohl wissen, daß sie hinsichtlich der elterlichen Sorge und des Umgangsrechts bloß vorschlagen dürfen, daß dieser Vorschlag sie - vorbehaltlich des Kindeswohls - bindet, daß der Richter an diesen Vorschlag, der immerhin das eigene Kind betrifft, grundsätzlich nicht gebunden ist und er eine abweichende Entscheidung treffen darf, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist; daß freilich das Kindeswohl Änderungen rechtfertigen kann, und zwar ex nunc, und daß die vermögensrechtliche Bereinigung zum Teil oder zur Gänze sittenwidrig sein kann, wenn sie in einem „unlauteren Verhältnis" zum „Vorschlag" steht. Schließlich darf noch die hehre Hoffnung hinzugefügt

351 Larenz (FN 350) 98. 352 Larenz (FN 350) 98 f: Seine Typenreihe reicht „von einer flüchtigen Vertragsbeziehung (etwa beim Kauf einer Schachtel Zigaretten) über den Dauervertrag zu dem nicht mehr dem Vertragsbegriff zu unterstellenden Arbeitsverhältnis und von dort weiter zu den familienrechtlichen ,Einungen'." Hinsichtlich der Einreihung des Arbeitsvertrages kann man heute durchaus streiten. Richtig an der Betonung dieses Rechtsgebietes ist, daß das öffentliche Interesse stark in den Vordergrund getreten ist.

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werden, daß ein Kind dann nicht mehr als „Zufallstreffer", „Spielball" oder „Austauschobjekt" gesehen und behandelt wird.

c. Die restlichen Scheidungsfolgen In demselben Lichte ist die „Einigung über den Kindesunterhalt" zu betrachten. Ein sogenannter „Freistellungsvertrag" ist keine Einigung iSv § 630 I 3 ZPO. Das Kind hat Anspruch auf angemessenen Unterhalt. Sein Anspruch, der unter der clausula rebus sie stantibus steht, kann - unter diesen Kautelen - in vertraglicher Form geregelt werden. Unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Typologie (familienrechtliche Vereinbarung einerseits, Einigung über Ansprüche vermögensrechtlichen Charakters andererseits) nehmen die „Einigung über den Kindesunterhalt" sowie der „Betreuungsunterhalt" (im Rahmen der Einigung über den Ehegattenunterhalt) eine mittlere Stellung ein: Der Kindesunterhalt unterhegt gewissen Beschränkungen (insbesondere kann auf ihn nicht für die Zukunft verzichtet werden), ist aber möglicher Gegenstand eines Vergleichs und eines vollstreckbaren Schuldtitels. Auch der Betreuungsunterhalt ist seinem Sinn und Zweck nach ein Anspruch des Kindes, auf den der sorgeberechtigte Ehegatte daher ebenfalls nicht wirksam verzichten kann353. Jenseits dieser Palette siedeln sich die verbleibenden vermögensrechtlichen Materien an: für sie sind nur die auch sonst für (Schuld-)Verträge zu beachtenden Regeln zu respektieren. E. Sondervereinbarungen Mit der Titulierung „Sondervereinbarungen" werden solche Vereinbarungen erfaßt, die vor oder aus Anlaß der Ehescheidung geschlossen werden und besondere Probleme aufwerfen. Zu ihnen sind die „Freistellungsverträge" (1), „Verzichtsverträge" (2a - e) und die „vorsorgenden Vereinbarungen" (3) zu zählen.

1. Freistellungsverträge Die Rspr hat sich inzwischen mehrfach mit der Wirksamkeit von Freistellungsverträgen beschäftigt. In einer Entscheidung des OLG Karlsruhe ging es um die Freistellung des Kindesvaters von seiner Unterhaltsverpflichtung als Gegenleistung für den Verzicht auf das Umgangsrecht. Die Freistel353 Näheres infra zu III E 2a. 354 OLG Karlsruhe, 16.12.1982, FamRZ 1983,417.

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lungsverpflichtung wurde als nichtig angesehen. Die Nichtigkeit ergebe sich „ohne Rücksicht auf eine möglicherweise unzulässige Koppelung oder eine Umgehung des § 1614 BGB 355 in der Regel bereits aus § 139 BGB iVm der Nichtigkeit des Verzichts". Auch auf die bloße Ausübimg des Umgangsrechts könne nicht auf Dauer verzichtet werden, eine solche Vereinbarung sei gemäß § 134 nichtig. Aus § 139 folge schließlich die Nichtigkeit auch der Freistellungsverpflichtung 356. Das OLG Hamburg mußte sich mit einem Freistellungsvertrag (Freistellung von der Unterhaltspflicht) gegen die Übertragung der elterlichen Sorge auseinandersetzen3^. Unter Berufung auf den BGH 358 erachtete das Gericht diese Koppelung für sittenwidrig, und fügte in einem obiter dictum hinzu, daß - was in casu nicht anzunehmen sei - die Gültigkeit vorliegen könne, wenn der Elternteil, der den anderen von der Unterhaltspflicht freistellt, in erheblich besseren wirtschaftlichen Verhältnissen lebt als der Freigestellte359. Gegen die tragenden Entscheidungsgründe des OLG Karlsruhe 360 wendet sich der BGH 361 . Zwar könne auf das Umgangsrecht als Bestandteil des natürlichen Elternrechts nicht verzichtet werden, da der Umgangsberechtigte jedoch zur Ausübung seines Rechts nicht verpflichtet sei, erscheine es „nicht grundsätzlich - ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalles - unzulässig, sich zur Nichtausübung des Umgangsrechts zwar nicht unbefristet ohne Rücksicht auf die künftige Entwicklung, aber doch für eine gewisse Zeit, jedenfalls dann zu verpflichten, wenn dies dem Kindeswohl entspricht." 362. Wird die Vereinbarung allerdings in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise mit einer Unterhaltsfreistellungsverpflichtung gekoppelt, maW das Kind „zum Gegenstand eines Handels" gemacht oder als „Tauschobjekt" für die Freistellung von Unterhaltspflichten benutzt, führe dies (wegen der „Kommerzialisierung" des elterlichen Umgangsrechts ohne Rücksicht auf das Kindeswohl) regelmäßig zur Sittenwidrigkeit und folglich 355 Auch das KG 4. 6.1985, FamRZ 1985,1074 erblickte in der Freistellungsvereinbarung keinen Verstoß gegen § 1614 (und somit § 134), weil der Unterhaltsanspruch des Kindes durch solche Abmachungen nicht berührt werde. Sei der Freistellende nicht leistungsfähig, dann gehe die Freistellungsvereinbarung eben ins Leere. 356 OLG Karlsruhe, 16. 12. 1982 (FN 354) 418. Die Umdeutung der unbedingten Freistellungsverpflichtung und des unbedingten Umgangsverzichts in eine durch Ausübung des Umgangsrechts auflösend bedingte Freistellungsverpflichtung führe gemäß § 138 I wegen der unzulässigen Koppelung der Freistellung mit dem Umgangsrecht ebenfalls zur Nichtigkeit. Auch § 242 greife hier nicht, denn die Nichtigkeit der Freistellungsverpflichtung komme dem Kind, nicht der Kindesmutter zugute. Gegen diese Entscheidung wurde das Rechtsmittel der Revision erhoben, über das der BGH am 23.5.1984 entschieden hat. Dazu unten. 357 OLG Hamburg, 2.10.1984 (FN 213) aaO. 358 Entscheidung vom 23.5.1984 (FN 212) ibidem. 359 OLG Hamburg, 2.10.1984 (FN 212) 1224. 360 FN 354. 361 BGH 23. 5.1984 (FN 212) 779. 362 Wie zu FN 361.

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zur Nichtigkeit gemäß § 138 I. Das sei meistens dann anzunehmen, „wenn die beiderseitigen Verpflichtungen als gegenseitige, in ihrer Wirksamkeit voneinander abhängige Vereinbarungen getroffen worden sind"363. Erst in späteren Jahren finden sich BGH-Entscheidungen, in denen ausdrücklich zwischen der obligatio (Unterhaltspflicht) und der contributio (Unterhaltsbeitrag) unterschieden wird: im Verhältnis zueinander stehe es den Eltern frei, sich über die von ihnen zu leistenden Unterhaltsbeiträge (contributio) zu verständigen, diesbezüglich könne der eine Ehegatte den anderen und zwar im Wege einer Erfüllungsübernahme (§ 329) - völlig freistellen, da der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen seine Eltern, maW die Unterhaltspflicht dem Kind gegenüber (obligatio) durch eine solche Vereinbarung nicht berührt werde 364. Die Sittenwidrigkeit gemäß § 138 I einer Freistellungsvereinbarung, in der gleichzeitig die Übertragung der elterlichen Sorge zugestimmt wird, liegt erst dann vor, wenn die Zustimmung zum Elternvorschlag (§ 1671) in anstößiger Weise zur Erlangung wirtschaftlicher Vorteile eingesetzt und das Kindeswohl bewußt hintangesetzt wird. Jenes sei nicht bereits dann der Fall, wenn sämtliche Scheidungsfolgen, die inhaltlich voneinander abhängen (wie etwa die Regelung der elterlichen Sorge und die Unterhaltsfolgen), auch aufeinander abgestimmt werden. In casu erwog das Gericht - da die Regelung dem Kindeswohl nicht widersprach -, ob die Zustimmung zum elterlichen Vorschlag anstößig sei, weil sie zur Erlangung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile erklärt worden sei, legte die Sorgerechtsregelung und die wirtschaftlichen Leistungen auf eine Waage und kam zum Befund, daß die materiellen Scheidungsfolgen auch ohne übereinstimmenden Vorschlag hätten getroffen werden können und die Sorgerechtsregelung schon deshalb so getroffen worden wäre, weil sie dem Kindeswohl am besten entsprach365. Auch in der Lehre wird an der Zulässigkeit von Freistellungsverträgen kaum gezweifelt. Köhler etwa sieht solche Verträge als wirksam an, ein Verstoß gegen § 1614 hege selbst dann nicht vor, wenn die finanzielle Lage des freistellenden Elternteils gefährdet erscheint366. Vorsichtiger schon ist Häberle 367: die Vereinbarung über die Freistellung von der contributio ist „inter partes im allgemeinen wirksam", sofern sie „nicht in ihrer Gesamtwirkung der Realisierung von Unterhaltsansprüchen (...) entgegensteht, die § 1614 363 BGH 23.5.1984 (FN 212) 779 f. 364 BGH 15. 1. 1986 (FN 214) 445; siehe auch BGH 25. 2. 1987, FamRZ 1987, 935; BGH 11.12.1985, FamRZ 1986, 255. 365 BGH 15.1.1986 (FN 214) 446. 366 Köhler y in MünchKomm zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 3 zu § 1614 unter Berufung auf KG 4. 6. 1985 (FN 355) 1073. Auch in Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 3 A d cc zu § 1606 spiegelt sich die - bereits besprochene - OLG- und BHG-Rspr wider (mwN); ähnlich bei D. Schwab/Borth (FN 151) IV RZ 912 und V RZ 111. 367 Häberle, in Soergel/Siebert, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 3 zu § 1614 mwN.

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unterliegen" 368. Unwirksam ist die Freistellung ferner, wenn sie als Gegenleistung für den Verzieht auf das Sorge- oder Umgangsrecht vereinbart wurde 369 . Göppinger** sieht etwa in der Überlassung des Kindes gegen die Freistellung von der „Unterhaltspflicht" einen Anwendungsfall des § 138, wenn das Kind durch die Regelung gefährdet wird. Damit geht er offensichtlich weiter als die Rspr, die verlangt, daß die Regelung nicht gegen das Kindeswohl verstoßen darf. Die Koppelung von Sorge- bzw Umgangsrecht mit einem Unterhaltsverzicht ist - nach Göppinger - sittenwidrig, wenn das Kind „zum Gegenstand eines Handels gemacht und im Interesse eines Elternteils ohne Rücksicht auf das Kindeswohl als Tauschobjekt benutzt wird" 371 . Zusammenfassend ist festzuhalten, daß Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit von Freistellungsverträgen durchaus angebracht sind. Nicht bloß de lege ferenda müssen solcherart Verträge fragwürdig erscheinen372, schon de lege lata ist gegen sie folgendes einzuwenden: Wenngleich die Freistellung den Unterhaltsanspruch des Kindes rechtlich nicht tangiert und dieses den Freigestellten auf Unterhalt klagen kann, steht dem nunmehr geklagten Unterhaltsverpflichteten ein Regreßanspruch gegen den freistellenden Elternteil zu. Dadurch ist er erst recht gehalten, das zu leisten, was er wirtschaftlich (unter Umständen) nicht tragen kann, nämlich über den Naturalunterhalt (die Betreuung) hinaus auch den Barunterhalt (Geldleistungen). Aus diesem Grund wird sich in vielen Fällen eine Erwerbstätigkeit aufdrängen, wodurch die Kindesbetreuung beeinträchtigt werden kann. Eben diese Situation wollte mit dem Betreuungsunterhalt (§ 1570) vermieden sein. Dem Vorrang des Kindesinteresses wurde auch durch das UÄndG 373 kein Abbruch getan: Die Neufassung des § 1579374 (Härteklausel im Unterhaltsrecht) ist hiefür beredtes Beispiel. 368 Soergel/Siebert/Häberle (FN 367) aaO. Als Beispiel wird der Fall angeführt, daß der Sorgeberechtigte in der Folge die angemessene Kindesbetreuung einschränken müßte, um das Nötige für den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Damit distanziert sich Häberle von der zu weitgehenden - Entscheidung des KG 4. 6.1985 (FN 355) aaO; er beharrt damit freilich auf einem weiteren Punkt, der ua auch Bosch, Unterhaltsverzichtsvereinbarungen, in FS Habscheid, 23, ein grundsätzliches Anliegen ist: Unterhaltsveizichte sollten dort ihre Grenze finden, wo die angemessene Kindesbetreuung nicht mehr gewährleistet ist. Ein Verzicht auf den Kindesbetreuungsunterhalt ist nach Meinung von Bosch deswegen unwirksam. Zur Problematik infra III E 2. 369 Soergel/Siebert/Häberle (FN 367) ibid mwN. MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 48 zu § 1566 bejahen - unter Hinweis auf Göppinger (FN 92) RZ 580 mwN - die richterliche Prüfungsbefugnis mit Bezug auf die Wirksamkeit solcher Freistellungsverträge. 370 Göppinger (FN 92) RZ 84. 371 Göppinger (FN 92) RZ 315a unter Hinweis auf die Rspr, vgl auch RZ 632: dort unter Zitat von BGH 23. 5.1984 (FN 212) aaO, wo als Gegenleistung für den Verzicht auf das Umgangsrecht die Freistellung vom Unterhaltsanspruch des Kindes zur Debatte stand. 372 Siehe schon oben zu II E 2 a. 373 Dazu FN 18. 374 Danach ist unter besonderen Voraussetzungen ( 1 - 7 ) ein Unterhaltsanspruch nur zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Ver-

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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Die Kritik hat nicht erst bei der unzulässigen Koppelung anzusetzen. Zum einen ist eine Einigung über den Kindesunterhalt zu unterbreiten (§ 630 I 3, I I I ZPO). Eine Freistellungsvereinbarung entspricht diesem Gesetzeserfordernis nicht375. Zum anderen setzt das Kindeswohl auch die reibungslose Leistung des Bar- und Naturalunterhalts voraus. So besehen erscheint die Entscheidung des KG 376 einigermaßen zynisch. Weiters ist fraglich, ob die Problematik nur im Lichte der Gegenseitigkeit der Leistungen angemessen gelöst werden kann, räumt doch der BGH 3 7 7 selbst durchaus ein, daß die Scheidungsfolgenvereinbarung als Ganzes zu sehen ist, und vom Entgegenkommen beider Partner geprägt ist. Und wenn regelmäßig in den Raum gestellt wird, daß eine inhaltliche Prüfung der Vereinbarung nicht stattfinde 378, aber dem Richter sehr wohl die Wirksamkeitsprüfung obliege, so fragt sich, wie diese Positionen vereinbar sind. Schon das Kindeswohl ist keine abstrakte Größe, sondern ein sich von Fall zu Fall wandelnder Wertbegriff. Wenn schließlich die Vereinbarung auf eine allfällige Sittenwidrigkeit überprüft wird und der BGH 379 (hier) die Sorgerechtsregelung gegen die wirtschaftlichen Leistungen abwägt, um zu eruieren, ob die Zustimmung zum elterlichen Vorschlag „in anstößiger Weise" zur Erlangung von Vorteilen wirtschaftlicher Art gegeben worden sei, dann zeigt sich, daß die Prüfung des Kindeswohls wie auch der Angemessenheit der vereinbarten materiellen Scheidungsfolgen unentbehrlich scheint. Ob das Kind zum „Gegenstand eines Handels" oder zum „Tauschobjekt" degradiert wurde, läßt sich im übrigen nicht leicht feststellen. Der Anknüpfung nach § 1614 - wie sie Häberle 380 vornimmt -, ist deshalb beizustimmen. Die Einigung über den Kindesunterhalt muß den Vorgaben des materiellen Rechts (insbesondere § 1614) entsprechen. Vereinbaren die Ehegatten (außerdem) unter einander die Freistellung von der „contributio", dann darf sie - mit Häberle - „nicht in ihrer Gesamtwirkung der Realisierung von Unterhaltsansprüchen" (...) entgegenstehen, „die § 1614 unterliegen' 4381. Das geht über die bloße Vollstreckbar-

pflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehun vertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre (§ 1579; Hervorhebung von mir). Es sollte jede Regelung vermieden werden, die sich auf die Entwicklung der Kinder nachteilig auswirkt, vgl BT-Drucks 10/2888. 375 Das wird - soweit ersichtlich - gar nicht betont. Vielmehr scheint man davon auszugehen, daß mit einer „Freistellungsvereinbarung" im Einigungspapier die Angelegenheit „Kindesunterhalt" geklärt ist. Das Fallrecht, das sich mit der „Koppelungsproblematik" befaßt, legt dies jedenfalls nahe. Richtig ist das nicht: für die Zeit nach der Scheidung muß der Unterhaltsanspruch des Kindes einer abschließenden Regelung zugeführt werden; wer tatsächlich zahlt, ist eine andere Frage. 376 KG 4. 6.1985 (FN 355) 1073. 377 BGH 15.1.1986 (FN 214) 445. 378 Zum Problem unten IV C. 379 BGH 15.1.1986 (FN 214) 445. 380 Vgl FN 367.

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keit des (Geld-)Anspruchs hinaus und umfaßt auch den Naturalunterhalt: Der Sorgeberechtigte darf durch den Freistellungsvertrag im Ergebnis an der angemessenen Betreuung des Kindes nicht - auch nicht teilweise - gehindert werden 382.

2. Verzichtsverträge a. Verzicht auf den Betreuungsunterhalt

Der Verzicht auf den Unterhalt wegen Erziehung gemeinschaftlicher Kinder (§ 1570) wird, obgleich der Anspruch dem betreuenden Elternteil zusteht, gesondert behandelt, weil er primär im Interesse des Kindes gebührt und deswegen strittig ist, ob auf ihn wirksam verzichtet werden kann. Die Rspr macht sich die Aufgabe leicht. Sie geht von der grundsätzlichen Wirksamkeit eines solchen Verzichts aus und fängt allzu fragwürdige Ergebnisse mit §242 auf. So erkannte der BGH in einer Entscheidimg, daß der Berufung auf den Unterhaltsverzicht (§ 1570) § 242 entgegenstehe, weil die betreuende Mutter den Verzicht unter anderen tatsächlichen Verhältnissen erklärt habe. Zum Verzichtszeitpunkt war die Ehe kinderlos gewesen und das gemeinsame Kind erst nach der Ehescheidung geboren. Das Gericht betonte - unter Berufung auf eine tragende Entscheidung des BVerfG 383, daß das Kind den Eltern gegenüber einen grundrechtlich geschützten Anspruch auf Betreuung und Erziehung habe. Diesem Anspruch werde die Mutter unter Hintansetzung ihrer beruflichen Laufbahn, dh ihrer eigenen Erwerbstätigkeit gerecht. Der Kläger könne sich daher, ohne gegen Treu und Glauben zu verstoßen, nicht auf den Unterhaltsverzicht berufen 384.

381 Soergel/Siebert/Häberle (FN 367) aaO. 382 So auch Soergel/Siebert/Häberle (FN 367) ibidem. 383 BVerfG 14. 7.1981, BVerfGE 57, 381 ff = FamRZ 1981, 749 ff (Bosch): ausdrücklich wird die eigene Menschenwürde des Kindes und das eigene Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit betont. Die belastenden Folgen der Trennung der Eltern für das Kind werden - soweit wie möglich - durch die Betreuung aufgefangen, die es ermöglichen soll, sich dem Kind hinreichend zu widmen und - so das Gericht mwN - auf seine Fragen, Wünsche und Nöte einzugehen. Der Betreuungsunterhalt soll die Wahrnehmung der Elternverantwortung, „als Bestandteil des Elternrechts nach Art 6 II S. 1 GG" gewährleisten. Grundsätzlich ist den Belangen des Kindes, dessen Lebensbedingungen gesichert werden müssen, gegenüber den Interessen des Unterhaltspflichtigen der Vorrang einzuräumen. Die Bestimmung der Unterhaltshöhe (§ 15791) hat daher nach Kriterien zu erfolgen, die am Kindeswohl orientiert sind. 384 BGH 24.4.1985 - IV b ZR 17/84, FamRZ 1985, 787 f (F.W.B.): Entscheidung über die gegen das Urteil des OLG Düsseldorf \ 18. 11. 1983, FamRZ 1984, 171 (Anm) erhobene Revision. Das OLG hatte ua den Unterhaltsanspruch nach § 1570 verneint.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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Der Sachverhalt eines am gleichen Tag zur gleichen Rechtsfrage entschiedenen Falles lag anders385: Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Ehe nicht kinderlos, sondern diente (jedenfalls) der Legitimierung des gemeinsamen Sohnes. Dessen Interessen seien durch den Unterhaltsverzicht weder bewußt noch grob fahrlässig mißachtet worden, sodaß hier keine Sittenwidrigkeit vorhege. Die Sittenwidrigkeit hänge nämlich nicht nur von den objektiv ungünstigen Auswirkungen des Verzichts „auf die schutzwürdigen Belange eines Kindes" ab, vielmehr müsse „die Vereinbarung nach ihrem Gesamtcharakter - aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck - den guten Sitten" zuwiderlaufen. Das sei hier nicht der Fall 386 . Auch in seiner späteren Entscheidung hielt der BGH an der Auffassung fest, daß auf den Unterhalt, insbesondere auch auf den Betreuungsunterhalt verzichtet werden könne. Die Berufung auf den Unterhaltsverzicht verstoße allerdings unter Umständen gegen Treu und Glauben, und zwar insbesondere dann, „wenn überwiegende schutzwürdige Interessen gemeinschaftlicher Kinder der Geltendmachung des Rechtes entgegenstehen". Wurde der Unterhaltsverzicht (§ 1570) unter anderen tatsächlichen Verhältnissen erklärt, so greift er nicht, „wenn er etwa dazu führen würde, daß das Wohl und die Interessen gemeinschaftlicher Kinder dadurch beeinträchtigt werden, daß der unterhaltsbedürftige Elternteil durch eigene Erwerbstätigkeit gezwungen wird, die ihm obliegende Pflege und Erziehung der Kinder einzuschränken". In casu hatte die Veräußerung der Vermögenswerte im Ergebnis ein Minus statt einem Überschuß ergeben, sodaß kein Vermögen vorhanden war, aus dem der Unterhalt bestritten werden konnte387. Auf OLG-Ebene wurden diese Fragen wie folgt erörtert: In einem dem OLG Zweibrücken 388 vorhegenden Fall war das Sorgerecht dem Kläger übertragen worden. Anschließend hatten die Parteien einen Unterhaltsverzicht vereinbart. Nach der Wiederverheiratung der Beklagten wurde ihr das Sorgerecht übertragen. Diese zweite Ehe wurde geschie385 BGH 24. 4. 1985 (FN 349) 788: Entscheidung über die Revision gegen das Urteil des OLG Frankfun/M, 21. 2. 1984, FamRZ 1984, 486 (Anm). Sehr wohl hat das OLG hier die Tragweite des Unterhaltsverzichts mit Bezug auf betreuungsbedürftige Kinder erkannt, aber die Wirksamkeit eines solchen Verzichts bejaht, hänge sie doch sonst - so das Gericht - davon ab, daß kein eheliches Kind geboren wird oder dem Verzichtenden genügend Vermögenswerte übertragen werden, daß daraus der Unterhalt sichergestellt werden kann. Ein solch weitgehender Eingriff in die Privatautonomie verlange der Gesetzgeber nicht. Als Rechtfertigung für einen Unterhaltsverzicht werde - unter Berufung auf BGH 8. 12. 1982 (FN 211) FamRZ 1983, 139 - auch die „ritterliche Scheidung" angesehen; „so vermag die »ritterliche Eheschließung* zur Legitimation des gemeinsamen Kindes Max Grundlage des Unterhaltsverzichts auch auf die Dauer der Betreuungsbedürftigkeit des Sohnes Max zu sein" (aaO 487). Eben gegen diese Argumentation wehrte sich freilich der BGH, der zu Recht einwandte, daß die so legitimierten Kinder gleichermaßen betreuungsbedürftig sind wie andere Kinder, BGH 24. 5.1985 (FN 349) 790. 386 BGH 24. 4.1985 (FN 349) 790. 387 BGH 15.10.1986, NJW 1987, 776 f (Anm) = FamRZ 1987,46. 388 OLG Zweibrücken, 21. 7.1986, FamRZ 1986, 907 (Anm).

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den. Die Sorgeberechtigte machte nunmehr einen Unterhaltsanspruch gemäß § 1586a gegen den ersten Ehemann geltend. Das OLG Zweibrücken kam zum Befund, daß der Kläger sich wegen § 242 auf den Verzicht nicht berufen könne, denn die Beklagte sei „entgegen der Annahme der Vertragsschließenden wegen der Notwendigkeit, die Kinder zu betreuen, auf die Unterhaltsgewährung durch den geschiedenen Ehemann und Vater der Kinder .

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angewiesen . Der Geltendmachung des in einem notariellen Ehevertrag vereinbarten gegenseitigen Unterhaltsverzichts standen beim OLG Frankfurt/M ebenfalls „überwiegende schutzwürdige Interessen gemeinschaftlicher Kinder" entgegen390. Das Gericht gründete seine Auffassung auf der Lehre der clausula rebus sie stantibus und stellte zur Diskussion, ob der Anspruch nach den bisherigen ehelichen Lebensverhältnissen oder nach dem Notbedarf zu bemessen sei. Letzteres liege nahe, weil das Kindesinteresse nur verlange, daß der Sorgeberechtigte nicht außer Haus erwerbstätig sein soll391. Das OLG Celle hielt hartnäckig daran fest, daß der Verzicht auf den (Betreuungs-)Unterhalt wirksam erfolgen könne. In diesem Fall war die Klägerin bei Abschluß der notariellen Vereinbarung schwanger und ausdrücklich mit der Tatsache vertraut, daß eine Eheschließung ohne diesen Verzicht nicht stattfinden werde. Im Laufe der sechsjährigen Ehe wurde schließlich ein zweites gemeinsames Kind geboren. Das Gericht vertrat die Meinung, daß auch § 242 nicht greife, habe sich doch die Geschäftsgrundlage der Scheidungsfolgenvereinbarung nicht geändert, sodaß die Berufung auf den Verzicht keine unzulässige Rechtsausübung sei392. Das OLG Hamm setzte den Akzent anders: der grundsätzlich wirksame Verzicht stehe „stets unter dem Vorbehalt des Grundsatzes von Treu und Glauben". Obwohl die Kindesmutter zur Zeit der Trennung bereits schwanger war, sah das Gericht die Ehe zum Verzichtszeitpunkt - trotz der Voraussehbarkeit der betreuungsbedingten Erwerbsuntätigkeit - als kinderlos an. Mit der Geburt hätten sich die Verhältnisse grundlegend geändert, ab diesem Zeitpunkt müsse das Kind betreut werden, denn darauf habe es beiden Eltern gegenüber einen grundrechtlich geschützten Anspruch 393. Ist der betreuende Elternteil dadurch an einer eigenen Erwerbstätigkeit gehindert und sein Unterhalt nicht anderweitig gesichert, dann verstößt die Berufung auf den Unterhaltsverzicht gegen Treu und Glauben.

389 OLG Zweibrücken, 21. 7. 1986 (FN 388) 908 unter Berufung auf BGH 24. 5.1985 (FN 349)788. 390 OLG Frankfun/M, 2.10. 1987, FamRZ 1988, 290 (Anm) unter Berufung auf BGH 15. 10.1986 (FN 387) FamRZ 1987,46 f. 391 OLG Frankfun/M, 2.10.1987 (FN 390) 290. 392 OLG Celle, 17. 8.1988, FamRZ 1989, 64 (F.W.B, mit deutlicher Kritik). 393 OLG Hamm, 16. 9.1988, FamRZ 1989, 398 f, auch hier unter Verweis auf BVerfG 14. 7.1981 (FN 383) aaO.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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Die Lehre, insbesondere Bosch394, hat die Rspr wiederholt kritisiert. Dies zu Recht. Bosch weist auf die besondere Bedeutung des Wohles des Kindes im Zusammenhang mit Unterhaltsfragen hin. Zum einen kann der Mutter eines nichtehelichen Kindes gemäß § 16511 ein Unterhalt für einen Zeitraum von 16 Monaten395 zuerkannt werden, zum anderen wird der Unterhaltsanspruch gemäß § 1579 nur ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange des Kindes grob unbillig wäre; weiters gebührt der Betreuungsunterhalt (§ 1570) gerade vorrangig im Interesse des Kindes, und schließlich verbietet § 16141 den Verzicht auf Unterhalt für die Zukunft. Nun moniert Bosch im Hinblick auf eine Gesamtschau der genannten Regelungen die Verzichtbarkeit des Unterhalts wegen Betreuung des Kindes396 und entwickelt die These der Unverzichtbarkeit dieses Anspruchs 397. In der Tat stellt der Gesetzgeber hier auf die wegen Krankheit unterbleibende Erwerbstätigkeit der Mutter, stets aber darauf ab, daß sie nicht oder nur beschränkt erwerbstätig ist, weil das Kind andernfalls nicht versorgt werden könnte (§ 16151 II). Auch § 1579 verlangt ausdrücklich die Wahrung der Belange des Kindes, das dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertraut ist, und die Rechtfertigung für den Betreuungsunterhalt beruht auf der Notwendigkeit dieser Pflege oder Erziehung, die dazu führt, daß vom Betreuenden eben deswegen keine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Hält man den Verzicht auf den Betreuungsunterhalt für wirksam - wie dies die Rspr tut -, so hat dies notgedrungen eine Beeinträchtigung der Kindesinteressen zur Folge, was auch Bosch beanstandet. Aus diesem Grund erblickt er in der Unverzichtbarkeit des „kindessorge-bedingten Unterhaltsanspruchs" der Mutter die sachgerechte Ergänzung zur Unverzichtbarkeit des Kindesunterhalts nach § 16141398. Angelpunkt in der Diskussion ist § 1585c, wonach Ehegatten über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Ehescheidung Vereinbarungen treffen können. Nur bei isolierter; positivistischer Betrachtung dieser Bestimmung, deren bloßer Wortlaut keine Ausnahmen aufzählt, ist ein Verzicht nach § 1570 bedenkenlos. Ein historischer Rückblick auf die Entwicklung des

394 Bosch (FN 368) aaO; ders., Anm zu OLG Hamm, 28.9.1982, FamRZ 1982, 1216; ders. (FN 6) NJW 1987, 2628 FN 200. 395 Vgl § 16511 II letzter Satz: „Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Entbindung; sie endet spätestens ein Jahr nach der Entbindung." 396 Ein Großteil der Lehre geht taxfrei von der Verzichtbarkeit des Anspruchs aus, siehe ua MünchKomm/Köhler (FN 366) RZ 3 zu § 1614; MünchKomm/Richter (FN 161) RZ 20 zu § 1585c; Johannsen/Henrich/Voelskow (FN 243) RZ 8 zu § 1585c unter Berufung auf die Rspr und mit der Kritik, daß diese den Unterhaltsveracht durch die Anwendung des § 242 vollkommen entwerte. 397 Bosch (FN 394) 1216. 398 Bosch (FN 394) 1216. 26 Verschraegen

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Unterhaltsvertragsrechts 399 ruft die lenkende Rolle, die Judikatur und Gesetzgeber hiebei einnahmen, wieder in Erinnerung. Als wichtigste Legitimationsfunktion der (Unterhalts-) Vereinbarungen wird heute deren streitverhindernder Charakter 400 und ihre Eigenschaft als Scheidungsvoraussetzung (nach § 630 ZPO) genannt. Genauer besehen wird jedoch gerade diese Funktion zu vordergründig gehandhabt: Streitigkeiten werden nicht hintangesetzt, sondern im Ergebnis gefördert und als Voraussetzung der einverständlichen Scheidung ist die Folgenvereinbarung - insbesondere ihr kindeswohlbezogener Inhalt - Schlachtfeld für alle Beteiligten. Über diese rechtspolitischen Bedenken hinaus erhebt sich die zentrale Frage nach den Interessen des Kindes und seinem Wohl, an deren vorrangige Berücksichtigung bei der Auslegung und Anwendung des Gesetzes zwar immer wieder gemahnt, die aber in der Praxis zu wenig Widerhall finden. Dieses Manko betont nicht zuletzt Bosch, der die unausgewogene Interessenbewertung in bezug auf § 1570 iVm § 1614 bemängelt401. Ausgangspunkt müßte - bei sachgerechter Interpretation, die das Gesamtgefüge sinnvoll erfaßt und so willkürliche Ergebnisse vermeidet vielmehr die Unverzichtbarkeit des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt sein; nur so kann nämlich das wohlverstandene Kindesinteresse an persönlicher Betreuung effektiv gewahrt werden. Der Betreuungsunterhalt gebührt ohnedies nur bei Bedürftigkeit des betreuenden Elternteils 402, somit - vorrangig 403 wenn die Belange des (gemeinschaftlichen) Kindes einen solchen Unterhalt erheischen. Gerade die Grundsatzentscheidung des BVerfG vom 14. 7. 1981404 beleuchtet die rechtliche (und menschliche) Bedeutung der Pflege und Erziehung des Kindes, maW des Atou/w/unterhalts. Ist schon ein Verzicht auf den Kindesunterhalt unwirksam, gilt für die Verwirklichung der Pflege und Erziehung - als Sicherung der Lebensbedingungen des Kindes, auf das es einen grundrechtlich geschützten Anspruch hat -, nichts anderes. Denn mit der Betreuung kommen die Eltern ihrer Verantwortung als Bestandteil ihres Elternrechts nach Art 2 I GG nach. Voll disponibel ist nur der eigentliche „Ehegattenunterhalt", dazu zählt der Betreuungsunterhalt seinem Wesen, Sinn und Zweck nach nicht. Die Verfügungsberechtigung ist deshalb eingeschränkt, weil an der Wahrung der Kinderbelange ein öffentliches Interesse besteht, über das der Richter wacht.

399 Anschaulich dargestellt bei Frey (FN 159) 3ff und 56f mwN; vgl auch Bosch (FN 368) 39ff. 400 Frey (FN 159) 7. 401 Bosch (FN 368) 35f und ders. (FN 394) 1216. 402 Ob die Erwerbstätigkeit erwartet werden kann, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu prüfen, vgl WT-Drucks 7/650, 122f, ferner BGH 26. 10. 1984, FamRZ 1985, 51; OLG Stuttgart, 9.5.1980, FamRZ 1980,1004 (Anm). 403 Vgl statt vieler MünchKomm/Richter (FN 161) RZ 22 zu § 1570. 404 Siehe zu FN 383.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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§ 1570 ist somit im Zusammenhang mit § 16141 zu sehen und anzuwenden: Ein Verzicht auf den Unterhalt wegen Erziehung gemeinschaftlicher Kinder verstößt gegen § 16141, und damit - gemäß § 134 - gegen ein gesetzliches Verbot. Vereinbaren die Ehegatten indes (bloß), daß kein Betreuungsunterhalt geleistet wird, so obliegt dem Gericht die Prüfung, ob das Sorgerecht - ohne Betreuungsunterhalt - tatsächlich ausgeübt werden kann. Ist dies nicht der Fall, dann kann die Scheidungsfolgenvereinbarung in dieser Form dem Erkenntnis nicht zugrundegelegt werden, und den Ehegatten ist unter Umständen unter richterlicher Anleitung - Gelegenheit zur entsprechenden, kindeswohlgerechten Anpassung der Vereinbarung zu geben. Manche Autoren 405, unter ihnen D. Schwab 406 und Frey 407, ziehen § 138 heran und gelangen wegen Schädigung der Kindesinteressen zur Nichtigkeit des Verzichts, sofern durch ihn eine Beeinträchtigung der nötigen Betreuung des Kindes unvermeidbar ist. Diese Lösung scheidet dann aber bei Vereinbarungen für den abstrakten Scheidungsfall bzw bei sogenannten vorsorgenden Vereinbarungen aus, denn die Sittenwidrigkeit beurteilt sich - wie auch Frey betont408 - nur nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und die darauf aufbauenden Prognosen. Diesen Fällen soll § 242 abhelfen 409. Wenngleich letztlich das gleiche Ziel erreicht wird, nämlich die Bejahung des Unterhaltsanspruchs nach § 1570, so greift die dogmatische Begründung mit § 138 bzw § 242410 vor allem aus einer Erwägung zu kurz: Sie unterstellt den Elternteilen eine Privatautonomie, die das Gesetz - bei systematischer Sicht - ihnen in diesem Ausmaß gar nicht einräumt. Als erstes obliegt den Ehegatten nämlich die Wahrnehmung ihrer elterlichen Verantwortung (als Recht), spiegelbildlich betrachtet die Durchsetzung der grundrechtlich geschützten Ansprüche des Kindes (als Pflichtenbündel). Der Appell von

405 Vgl ua MünchKomm/Richter (FN 161) RZ 20 zu § 1585c. 406 D. Schwab ( FN 10) RZ 347 mit unmißverständlicher Kritik an der Rspr. 407 Frey (FN 159) 80ff. 408 Frey (FN 159) 81. 409 Ders. (FN 159) 82 mwN. 410 Zur Korrektur mittels §242 siehe ua Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 2d zu § 1585c; D. Schwab/Bonh (FN 151) IV RZ 881, wo ausdrücklich betont wird, daß die §§ 1569 1585b nachgiebiges Recht darstellen, und IV RZ 909, wo Bonh durchaus einräumt, daß die Rspr (Maßgeblichkeit von § 242) zeigt, daß der Unterhaltsverzicht nicht in jedem Fall zum Erlöschen des Anspruchs führt, sondern entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben und Wegfall der Geschäftsgrundlage ein solcher Anspruch „Wiederaufleben" kann. Siehe außerdem Soergel/Siebert/Häberle (FN 367): Bei RZ 1 zu § 1614 wird zunächst bestätigt, daß die Vorschrift auch für den Betreuungsunterhalt gilt, und unter Berufung auf BGH 8. 4. 1981, FamRZ 1981, 543 (Anm) die Gleichbehandlung des Bar- mit dem Naturalunterhalt betont, bei RZ 16 zu § 1570 wird aber die Schutzvorschrift des § 1614 dahingehend eingeschränkt, daß die Privilegierung allerdings nicht so weit reiche, daß der Anspruch nach § 1570 unabdingbar wäre (dies unter Berufung auf die Judikatur), vgl auch RZ 16 zu § 1585c.

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Bosch* 11 y „überschießendes Recht" korrigierend auszulegen und § 1585c ob der Willkür seiner möglichen Ergebnisse teleologisch zu reduzieren, ist notwendig und vor allem berechtigt. Zusammenfassend ist deshalb festzuhalten: Der Kindesunterhalt (Barwie Naturalunterhalt) ist - für die Zukunft - unverzichtbar (§ 1614 I). Der Unterhaltsanspruch wegen Erziehung des Kindes (§ 1570) ist seinem Wesen, Sinn und Zweck nach kein eigentlicher „Ehegattenunterhalt", sondern ein Unterhalt zur Betreuung des Kindes, der in dessen grundrechtlich geschütztem Interesse zuerkannt wird. Der Wortlaut des § 1585c ist zu weit gefaßt, die ursprüngliche ratio legis dieser Bestimmung ist heute weitgehend obsolet 412 und die Bestimmung erfaßt sinn- und systemwidrig Fälle, für die sie angesichts der Aufwertung des Kindeswohls - nicht gedacht ist: § 1585c ist deshalb teleologisch dahingehend zu reduzieren, daß eine Vereinbarung über den Betreuungsunterhalt möglich, ein Verzicht indes unwirksam ist. b. Verzicht auf den Ehegattenunterhalt413 Nicht zu Umecht wird vor einem Verzicht auf den Ehegattenunterhalt gewarnt. Dies insbesondere dann, wenn er „auch für den Fall der Not" vereinbart wird 414 . Der - nach AM - als Erlaßvertrag (§ 397)415 qualifizierte Unterhaltsverzicht zeitigt erhebliche und - regelmäßig - unabsehbare Folgen für den Verzichtenden. Freilich nicht nur für ihn: Kinder, Verwandte und Sozialhilfeträger können durchaus betroffen sein416.

411 Bosch (FN 368) 37ff. 412 Im Rahmen der einverständlichen Scheidung obliegt den Ehegatten die Pflicht, eine Scheidungsfolgenvereinbarung abzuschließen. Diese muß in toto auf das Kindeswohl ausgerichtet sein. Ein Verzicht auf den Betreuungsunterhalt, der den Sorgeberechtigten an der Erfüllung seiner Pflichten auch nur faktisch hindert, verletzt die Kindesinteressen. Zuletzt wies Graba, Kindesbetreuung und Kindesunterhalt, FamRZ 1990, 459, darauf hin, daß die Betreuungspflicht ein unterhaltsrechtlicher Anspruch des Kindes ist, was bei der Au legung des § 1612 I 1 zu berücksichtigen wäre. Dies liegt auf der Linie der von mir vertretenen Auffassung, wonach der Betreuungsunterhalt, der dazu dient, der Betreuungspflicht nachzukommen, als (unverzichtbarer) Unterhaltsanspruch des Kindes angesehen werden muß. 413 Zum Ehegattenunterhalt siehe ua D. Schwab/Borth (FN 151) IV RZ 92ff; Johannsen/ Henrich/Voelskow (FN 243) RZ Iff vor §§ 1569 - 1586b sowie zu diesen Bestimmungen; Münch Komm/Richter (FN 161) Kommentar vor § 1569 und zu den betreffenden Gesetzesregelungen; Palandt/Diederichsen (FN 20) Einführung vor § 1569 und Anm zu den §§ 1569 - 1586b sowie Dieckmann, Die Unterhaltsansprüche geschiedener und getrennt lebender Ehegatten nach dem 1. EheRG vom 14. Juni 1976, FamRZ 1977,161. 414 Vgl etwa Göppinger (FN 92) RZ 308 mwN. 415 Vgl ua Palandt/Heinrichs (FN 253) Anm 2c zu § 397; MünchKomm/Richter (FN 161) RZ 20 zu § 1585c; Göppinger (FN 92) RZ 311. 416 Zum Verzicht auf den Betreuungsunterhalt siehe oben III E 2a. Zu den Auswirkungen auf Verwandte und öffentliche Rechtsträger ua Dieckmann (FN 413) 164f.

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Die Wirksamkeit dieser Vereinbarungen ist von der Lehre untersucht417 und in der Rspr 418 unterschiedlich beantwortet worden. Das nimmt nicht Wunder: Der Unterhalt tangiert das Schicksal des einzelnen unmittelbar, er kann durch den Unterhaltsverzicht existentiell gefährdet sein. Überdies führt die Nichtigkeit des Verzichts regelmäßig zur Unwirksamkeit der gesamten Scheidungsfolgenvereinbarung (§ 139).419 Auch hier scheint die stets betonte „Privatautonomie" der Ehegatten beim Abschluß der Vereinbarungen (§ 1585c) eher Programm als Grundsatz der Rechtsordnung zu sein. Die Wirksamkeitsgrenze der Vereinbarungen bei §§ 134, 138 anzusetzen, berührt die grundsätzliche Gestaltungsfreiheit nicht; einzuräumen, daß die Berufung auf den Verzicht gegen Treu und Glauben (§ 242) verstoßen kann, verzerrt schon das Bild, und bei näherer Betrachtung der Judikatur, die sich insbesondere beim Unterhaltsverzicht zu Lasten Dritter, dh der Sozialhilfeträger, im Laufe der Zeit zu einer differenzierteren Behandlung der Problematik versteht, ist die Euphorie über die Erleichterung der Scheidung längst verschwunden: Die Allgemeinheit soll die Folgen einer Scheidung wenn, dann nur subsidiär tragen. Diese Erkenntnis schlägt bei der Wirksamkeitsprüfung durch: Der Verzicht (auf das Stammrecht) mag zwar wirksam, aber wegen § 242 letztlich nicht durchsetzbar sein. Die Privatautonomie reicht also nicht so weit, als ihr Wesen verspricht. Im wohlverstandenen Interesse der Parteien, denen mit Hilfe der Scheidungsfolgenvereinbarung eine reibungslose Scheidimg in Aussicht gestellt wird, sowie im Interesse potentiell betroffener Dritter ist dies vermehrt zu bedenken. Die Entwicklung im Rechtsleben zeigt Anlaß für diese Überlegungen. Der BGH läßt die Sittenwidrigkeit (§ 138) von dem „aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter der Vereinbarung" abhängen420. Diese allgemeine Formel wurde präzisiert: Im Gegensatz zu früheren Entscheidungen, in denen - freilich in wirtschaftlich besseren Zeiten - die Sittenwidrigkeit von der Benachteiligungsabsicht der Partei abhing, geht der BGH zunehmend zur Prüfung über, ob ein Ehegatte durch den Verzicht zwangsläufig auf Sozialhilfe angewiesen ist. Auf die - im übrigen schwer nachweisbare - Schädigungsabsicht kommt

417 Siehe statt vieler Frey (FN 159) 31ff mwN; Herb, Unzulässige Rechtsausübung durch Berufung auf einen nachehelichen Unterhaltsverzicht, NJW 1987,1525; Hepting, Anm zu BGH 19.12.1989, JZ 1990,547. Vgl jedoch auch Huhn, Über einverständliche Ehescheidung und Unterhaltsverzicht, FamRZ 1967, 269, der sich mit dem (familienrechtlichen) Charakter des nachehelichen Unterhaltsanspruchs, wie er von Reinhardt (Die Zulässigkeit des Verzichts auf den nach Scheidung der Ehe gegebenen Unterhaltsanspruch, unter Berücksichtigung des französischen und belgischen Rechts, aaO 267) vorgeschlagen wurde, kritisch auseinandersetzt. 418 Gleich infra. 419 Ua schon D. Schwab (FN 22) RZ 420. 420 BHG 8. 12. 1982 (FN 211) FamRZ 1983, 137 (F.W.B.); BGH 17. 9. 1986 - IV b ZR 59/85, FamRZ 1987,40.

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es maW nicht mehr an421. Vielmehr ist eine Prognose vorzunehmen, die den objektiven Prüfungsmaßstab konkretisieren soll: Die „Zwangsläufigkeit" ist zu bejahen, wenn - unter Berücksichtigung insbesondere der Einkommensund Vermögensverhältnisse, der Erwerbsfähigkeit des Verzichtenden und deren Entwicklung - „mit einer hohen Wahrscheinlichkeit abzusehen ist, daß der Verzichtende zu einem halbwegs bestimmbaren Zeitpunkt Sozialhilfeleistungen beanspruchen wird, die er ohne den Unterhaltsverzicht (...) nicht verlangen könnte"422. Entscheidend für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Sie liegt freilich nicht vor, wenn die Umstände sich erst später ändern, weshalb § 242 zur Korrektur des mißbilligten Ergebnisses herangezogen wird. Je größer daher der Zeitraum zwischen Vertragsabschluß einerseits und Klage andererseits, umso näher wird die Anwendbarkeit von § 242 liegen. Eine gefestigte Rspr hat sich für diese Fälle noch nicht herauskristallisiert 423. Fest steht, daß der Verzicht sich stets auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezieht und deshalb die „spätere Entwicklung" der Verhält421 Vgl BGH 8. 12. 1982 (FN 211) FamRZ 1983, 139; BGH 17. 9. 1986 (FN 211) FamRZ 1987, 154; BGH 17. 9. 1986 (FN 420) FamRZ 1987, 42; BGH 13. 1. 1988, FamRZ 1988, 377; VerwG München, 6. 9. 1984 (FN 211) aaO. Obwohl das OLG Karlsruhe, 17. 8. 1982 (FN 211) 175 den Verzicht als Vertrag zu Lasten Dritter qualifizierte, prüfte und bejahte es (außerdem) die Anwendbarkeit von § 123. Dazu auch Frey (FN 159) 86. 422 Frey (FN 159) 60. Vgl auch Bosch (FN 368) 28, der den neuen Grundsätzen des BGH voll zustimmt. 423 In einer Entscheidung des OLG Hamm, 25. 2. 1986, FamRZ 1986, 471 (Anm) lag der Unterhaltsverzicht mehr als 10 Jahre zurück, war die Ehe fortgeführt worden und hatte die 56jährige Verzichtende beinahe das Rentenalter erreicht: Die Berufung auf den Verzicht erfolgte nach Ansicht des Gerichtes treuwidrig (aaO 473). In OLG München, 30. 7.1985, FamRZ 1985, 1264 (Anm) war das Surrogat für den Unterhaltsverzicht, nämlich der Betrieb, der zur Sicherung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs vorgesehen war, wider Erwarten untergegangen. Obwohl das Stammrecht durch den Unterhaltsveizicht erloschen war, verstieß die Berufung auf ihn gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (unter Hinweis auf BGH 24. 4.1985 [FN 384] ebenda). BGH 1. 4. 1987, FamRZ 1987, 691 bestätigte die Entscheidung des OLG Hamm (oben). Das Höchstgericht unterschied den Bestand eines Rechtes von seiner Ausübung, die dann gegen Treu und Glauben verstoße, wenn sie „auf Grund einer späteren Entwicklung 1 mit dem genannten Grundatz unvereinbar ist (vgl ibid 692). Dabei stützt sich der BGH auf frühere Erkenntnisse, namentlich BGH 24. 4. 1985 (FN 384) aaO und BGH 15. 10. 1986 - IV b ZR 78/85, FamRZ 1987, 259 (Anm). Das Gericht wies auf die Tatsache hin, daß die Vereinbarung im Zuge einer Ehekrise geschlossen worden war, die später überwunden wurde, wodurch der „ursprüngliche Bezugspunkt" verloren ging (aaO 692). In der Sache ging es um die maßgebliche Änderung der ökonomischen Lage der Ehegatten. Das OLG Düsseldorf\ 19. 10. 1988, FamRZ 1989, 635 hatte über das Schicksal einer Unterhaltsvereinbarung zu befinden, in der die Abänderung nach § 323 ZPO, § 242 oder einer Folgenorm ausdrücklich ausgeschlossen worden war. In casu wurde die anwaltlich nicht vertretene Partei durch den Bevollmächtigten (objektiv) unrichtig beraten, sodaß die Vereinbarung wegen Sittenwidrigkeit (§ 138) nichtig war. Siehe dazu auch die Anm von F.W.B, im Anschluß an OLG Köln, 11. 11.1988, FamRZ 1989, 637, aaO 638. Der Autor tritt lebhaft für die Präventivkontrolle solcher Unterhaltsverträge ein. Dies freilich nicht erstmals: Siehe Bosch (FN 368) 40,42f. Zum Problem infra IV D.

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nisse die Berufung auf den Anspruch treuwidrig machen kann. Zur Beurteilung standen zunächst der Betreuungsunterhalt (§ 1570), in der Folge Unterhaltsansprüche nach § 1573 I, wo die erhebliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse die Anwendung von § 242 rechtfertigte 424. Die Auffassung, daß mit dem Unterhaltsverzicht auch das Stammrecht erlösche, läßt sich deshalb nicht mehr aufrechterhalten. Mit dem BGH ist sogar davon auszugehen, daß ein solcher Verzicht auf Grund des öffentlichen Interesses an der wirtschaftlichen Sicherung der Familie(nangehörigen) nicht wirksam vereinbart werden kann. Zwar hält das Höchstgericht selbst noch an der Wirksamkeit des Verzichtes fest, aber die „spätere Entwicklung" der Verhältnisse kann zufolge § 242 seiner Durchsetzbarkeit im Wege stehen. Die begrenzte Dispositionsbefugnis der Ehegatten über den Unterhaltsanspruch bezieht sich demnach nicht mehr bloß auf Sachverhalte, die das Kindeswohl tangieren, sondern erstreckt sich inzwischen auf Fälle, in denen die Drittbelastung aktualisiert ist. Ein Unterhalt, der von der „Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit" abhängt (§ 1573), überträgt dem primär Verpflichteten die Verantwortung für die Folgen einer ungünstigen Arbeitsmarktsituation. Ob § 242 hier die richtige Korrektur darstellt, mag bezweifelt werden. Der Transparenz und somit dem Rechtsschutz wäre mit der Offenlegung der wahren Tragweite von § 1585c sehr geholfen; überdies käme die „scheidungserleichternde" und „streitverhindernde" Funktion der Vereinbarungen sachgerecht zum Tragen. c. Verzicht auf den Zugewinnausgleich425 Gemäß § 1378 III 2 können Ehegatten während eines Verfahrens, das auf die Auflösung der Ehe gerichtet ist, für den Fall der Auflösung der Ehe Vereinbarungen über den Ausgleich des Zugewinns treffen 426. Die Rspr hat die Bestimmung insofern erweitert, als sie Vereinbarungen bereits vor Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens zuläßt427. Von dieser Möglichkeit wird durch den Abschluß von Eheverträgen 428 regelmäßig Gebrauch gemacht. Das Spannungsverhältnis zwischen „Vereinbarungen im Blick auf eine bevorstehende Scheidung" (§ 1378 III 2) einerseits und „Eheverträgen" (§ 1408 I) andererseits ist heute weitgehend verblaßt. Parteien, 424 Vgl BGH 1. 4.1987 (FN 423) aaO. 425 Zum Zugewinnausgleich insbesondere D. Schwab, Neue Rechtsprechung zum Zugewinnausgleich, FamRZ 1984,429,525; D. Schwab/D. Schwab (FN 20) VII RZ Iff. Zu den Vereinbarungen über den Ausgleichsanspruch siehe etwa Dörr, Die Entwicklung des Güterrechts seit dem 1. EheRG, NJW 1989,1959. 426 Zur Form siehe oben III Β 4. 427 Grundsätzlich BGH 16. 12. 1982 (FN 251) FamRZ 1983, 157 sowie D. Schwab (FN 425) 533. 428 Dazu infra III E 4.

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die den Zugewinnausgleich ausschließen oder modifizieren, werden allerdings bei einem zeitlich größeren Abstand zwischen Vertragsschluß und Ehescheidung unvermeidlich mit der Tatsache konfrontiert, daß die „Verhältnisse" sich unter Umständen anders als erwartet entwickelt haben. Die sich abzeichnende Tendenz429, den Regelungsinhalt von Eheverträgen auf scheidungsbezogene Sachverhalte zu erstrecken, gibt zu denken. Ein Verzicht auf den Zugewinnausgleich ist grundsätzlich zulässig. Seine Wirksamkeit hängt freilich von den allgemeinen Gültigkeitsvoraussetzungen (§§ 134, 138) ab. Wird ohne Gegenleistung einseitig auf den Zugewinnausgleichsanspruch verzichtet, so kann die Vereinbarung (§ 1408 I) sittenwidrig (§ 138) sein. Dies wurde in einem Fall bejaht, in dem der verzichtenden Ehefrau der Gesamtausschluß des Zugewinns kaum bewußt gewesen sein dürfte 430 . Weder die Tragweite des Anspruchsverzichts noch dessen Einseitigkeit kamen für die rechtsunkundige Frau im Wortlaut des Vertrages hinreichend zum Ausdruck 431. Das Gericht stellte bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit auf zwei Kriterien ab: Zum einen hielt es die Einseitigkeit des Verzichts für gravierend, zum anderen maß es der Übervorteilung der Frau, die nicht erkennen konnte, daß der Verzicht ausschließlich zu ihren Lasten ging, Bedeutung zu. In anderen Entscheidungen, die allerdings sogenannte „Globalverzichte" 432 betreffen, sind die zur Begründung der Sittenwidrigkeit zusätzlichen Maßstäbe wieder zu erkennen. Das OLG Hamm 433 verlangte zur Sittenwidrigkeit einer notariellen Vereinbarung (§ 1408 I I 2), mit der ua auf den Zugewinnausgleich verzichtet worden war, das Hinzutreten „weiterer Umstände", sofern sich die Parteien über die Tragweite des umfassenden Verzichts im klaren sind. „Weitere Umstände" sind danach etwa das „grobe Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung" sowie (zusätzlich ein subjektives Moment, nämlich) insbesondere die „vorsätzliche oder grob fahrlässige Ausnutzung der schwächeren Position des Übervorteilten durch den Übervorteilenden". In casu fiel der Verzicht auf den (Versorgungs- und nach § 1414 S 2 somit auf den) Zugewinnausgleich wirtschaftlich nicht ins Gewicht434. Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten, insbesondere die Form (Ehevertrag nach § 1408 I bzw Vereinbarung iSd § 1378 III) und der Zeitpunkt (vor oder im Zuge der Scheidung) der Verein429 Vgl FN 438 und Text dazu. Zum Ehevertrag ausführlich Ramm, Familienrecht, Bd I, Recht der Ehe, 218 ff. 430 OLG Stuttgart, 23.11.1982, FamRZ 1983,498 (Anm) = DNotZ 1983,693 (Kanzleiter). 431 Die Betreffende wurde über die rechtlichen Implikationen wenn, dann nur vom Rechtsanwalt, und zwar unrichtig aufgeklärt, vgl OLG Stuttgart, 23.11.1982 (FN 430) ibid 500. 432 Zu den Gesamtverzichtsverträgen infra III E 2 e. 433 OLG Hamm, 28. 9.1982 (FN 394) 1215 (Bosch). 434 Vgl zu diesen Überlegungen auch Bosch in seiner Anm zu OLG Hamm, 28. 2. 1982 (FN 394) aaO 1216 sowie dens. (FN 368) 30.

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barung wirft schwierige inhaltliche Fragen auf, die hier nicht näher behandelt werden können435. Zu bedenken ist aber, daß ein Verzicht auf den Zugewinnausgleich nicht isoliert, sondern zumeist im Zusammenhang mit der Regelung anderer Ansprüche 436 erfolgt. Die Rspr weist auf die grundsätzliche Vertragsfreiheit hin, die den Ehegatten mit § 1408 I (Ehevertrag) eingeräumt wird und zeigt sich durchwegs „verzichtsfreundlich" 437. Darüber hinaus inkliniert der BGH dazu, die strittige Frage, ob mit Ehevertrag bloß eine allgemeine Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse möglich ist und nur die Verhältnisse bis zur Auflösung des Güterstandes geordnet werden dürfen oder ob auch Einzelregelungen für den Fall der Scheidung zugelassen sind, im Sinne der letzteren Variante zu beurteilen438. Diese weitgehende Gleichschaltung beider Vereinbarungstypen (§ 1408 I und § 1378 III 2) birgt soziale und rechtliche Risiken in sich: Wenn es - mit dem BGH - nicht darauf ankommt, ob die Entwicklung der Vermögensverhältnisse antizipiert werden kann, ist bei Abschluß des Ehevertrages eine mögliche Drittbelastung - zumindest als Reflexwirkung - grob fahrlässig ins Kalkül gezogen439.

435 Siehe dazu etwa D. Schwab/D. Schwab (FN 20) VII RZ 1 ff, 209 ff, 217 ff mwN; überblicksweise auch Göppinger (FN 92) RZ 490 ff. Vgl auch Tiedtke (FN 267) aaO und im übrigen FN 267. 436 Die Ausgleichsforderung (§ 1378 III 1) entsteht entweder mit der Beendigung des Güterstandes (relevant ist hier vor allem der Ehevertrag gemäß § 1408) oder aber mit Rechtskraft der Ehescheidung, siehe ua D. Schwab (FN 425) 525. 437 Vgl etwa OLG Bamberg, 1. 3.1984 (FN 259) aaO. 438 BGH 16.12.1982 (FN 251) FamRZ 1983,159. So heißt es in der Entscheidung: „Es ist andererseits unbestritten, daß Eheleute durch Ehevertrag eine allgemeine Regelung ihrer güterrechtlichen Verhältnisse treffen können, die in ihren Wirkungen der Vereinbarung über den Ausgleich des Zugewinns für den Fall der bevorstehenden Scheidung sehr nahe kommt. Sie können jederzeit den Zugewinnausgleich ganz oder teilweise ausschließen, eine andere Quote als gesetzlich vorgesehen oder eine andere Art der Teilung sowie andere Abweichungen von der gesetzlichen Regelung vereinbaren (...). Eine derartige Vereinbarung kann nach einer verbreiteten Auffassung auch ßr den Fall der Scheidung erfolgen (...). Sie ist unabhängig davon möglich, ob die Vermögensverhältnisse der Eheleute und die vermutliche Entwicklung so überschaubar sind, daß sie mit einiger Sicherheit beurteilt werden können. Sie kann in ihren Auswirkungen für die Eheleute einer Vereinbarung über den Ausgleich des Zugewinns im Hinblick auf eine bevorstehende Scheidung so nahe kommen, daß eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt erscheint". (AaO 159 f; Hervorhebung von mir.) Ausdrücklich lehnt das Gericht (aaO) indes den Vorschlag von Tiedtke (FN 267) 538 ab, der die Verfugung über die Ausgleichsforderung durch Ehevertrag zulassen will. 439 Beim Unterhaltsverzicht (siehe oben III E 2 b), der regelmäßig im Zusammenhang mit dem Verzicht auf andere Ansprüche erfolgt, versteht sich der BGH nunmehr zum „Zwangsläufigkeitstest". Ob jemand „zwangsläufig" auf Sozialhilfe angewiesen sein könnte, setzt immerhin eine Zukunftsprognose voraus. Bei fehlender Bedeutung der Entwicklung der Vermögenslage wird der „Zwangsläufigkeitstest" jedoch bewußt hintangesetzt. Es ist schwer denkbar, daß hier eine Anfechtung wegen sittenwidriger Drittbelastung ausgeschlossen werden sollte.

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d. Verzicht auf den Versorgungsausgleich440 Das Schicksal des Versorgungsausgleichs 441 kann mit zwei Vertragstypen geregelt werden: entweder mit „Ehevertrag" (§ 1408) oder im Zusammenhang mit der Scheidung mit einer „Vereinbarung über den Ausgleich" (§ 1587o). Ob die „Vereinbarung" diesem oder jenem Typus zuzuordnen ist, muß mangels ausdrücklicher Bezeichnung durch Vertragsauslegung ermittelt werden 442. Gemäß § 1408 I I kann der Versorgungsausgleich durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen (oder modifiziert 443) werden. Wird innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluß ein Antrag auf Scheidung gestellt, dann ist der Versorgungsausschluß unwirksam. Lag bei Vertragsschluß bereits die Scheidungsabsicht vor, so ist der Ehevertrag deshalb noch nicht nichtig444. Bei Nichteinhalten der Jahresfrist ist nur noch für die genehmigungspflichtige Vereinbarung nach § 1587o Platz445. Ein Verzicht auf den Versorgungsausgleich impliziert gemäß § 1414 Satz 2 zugleich den Verzicht auf den Zugewinnausgleich. Die Vereinbarung nach § 1587o ist nur im Zusammenhang mit der Scheidung möglich446; sie bedarf der gerichtlichen Genehmigimg (§ 1587o

440 Zum Versorgungsausgleich ua D. Schwab/Hahne (FN 249) VI RZ 1 ff mwN; Strobel, in MünchKomm zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 1 ff zu § 1587o mwN; Maier, in Münch Komm zum Bürgerlichen Gesetzbuch, vor § 1 VAHRG (Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21. 2.1983 [BGBl I, S 105], idF des Gesetzes über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs [VAwMG, BGBl I, S 2317] vom 8. 12. 1986) sowie zum VAHRG selbst mwN; Vorwerk, in Soergel/Siebert, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Einleitung zum VAHRG sowie RZ 1 ff zum VAHRG; ders., ebenda zum § 1587o mwN. 441 Zur Gestaltungsfreiheit und deren Grenzen kritisch Gaul, Die Unwirksamkeit des Ehevertrages über den Versorgungsausgleich infolge der „Rückschlagssperre" des § 1408 II 2 BGB, FamRZ 1981, 1134. Siehe auch den Überblick über die Rspr zu den Versorgungsausgleichsvereinbarungen bei Bergschneider, Die Ehescheidung und ihre Folgen, 251 ff. 442 Siehe etwa BGH 2.2.1983 (FN 259) aaO 459. 443 Durchaus hM; statt vieler etwa Schlüter, Familienrecht, 152 ff. Vgl BGH 28. 5. 1986, FamRZ 1986, 892 mwN. 444 Vgl BGH 2. 2. 1983 (FN 259) aaO; OLG Düsseldorf, 31. 3. 1987 (FN 259) aaO sowie FN 259 mwN; OLG München, 19. 2.1981 (FN 259) aaO. 445 Vgl ua BGH 17. 12. 1986 (FN 262) aaO: Der Scheidungsantrag war von einem beim zuständigen Amtsgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalt binnen Jahresfrist (§ 1408 II 2) gestellt worden; der Formfehler führte zur prozessualen Unwirksamkeit des Antrags, wodurch der Ehevertrag weiterhin gültig blieb. Siehe auch BGH 4. 2. 1987, FamRZ 1987, 467 (Anm): Hier war das Scheidungsverfahren bereits rechtshängig, sodaß § 1408 II 2 zur Anwendung gelangte und der Versorgungsausgleich nur mit einer Vereinbarung nach § 1587o geregelt werden konnte. 446 Zur Form supra III Β 4.

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II 4 4 7 ). Diese impliziert eine richterliche Inhaltskontrolledie einer Übervorteilung der Ehegatten vorbeugen soll. Ob ein „entschädigungsloser Verzicht" zulässig ist, scheint fraglich. Das OLG Düsseldorf 49 wies ausdrücklich darauf hin, daß die volle Vertragsfreiheit nur im Rahmen intakter Ehen gewährleistet sein soll (§ 1408 I I 2); bei anhängigem Scheidungsverfahren innerhalb der Jahresfrist greift die inhaltliche Kontrolle (§ 1587o) ein, die die gleichwertige Sicherung beider Ehegatten garantieren und verhindern soll, daß „diese soziale Sicherung zum inadäquaten Handelsobjekt bei Verhandlungen im Vorfeld einer Scheidimg gemacht wird". Gestattet § 1408 I I den Ausschluß des Versorgungsausgleichs selbst bei Fehlen einer anderweitigen Sicherung des schwächeren Ehegatten 450 -, so ist der Ausschluß eines nach der gesetzlichen Regelung notwendigen Versorgungsausgleichs „nach allgemeiner Meinung grundsätzlich unzulässig"451. In casu wurde zugleich auf den Unterhaltsanspruch verzichtet, sodaß die Sicherung des Berechtigten iSd § 1587ο I I 3 nicht gewährleistet war. Der „entschädigungslose Verzicht" auf den Versorgungsausgleich ist im Gesamtzusammenhang der Vereinbarung zu begreifen. Der BGH 452 bejaht die Zulässigkeit des Verzichts, wenn das amtswegige Verfahren über den Versorgungsausgleich zu einem Ausschluß auf Grund von § 1587c führen würde: In diesem Fall kann es zur Übervorteilung nicht kommen, weil aus dem Ausgleich nichts zu erwarten ist. Ferner vermögen auch Leistungen von dritter Seite die Sicherimg des Berechtigten genügend zu gewährleisten und den Verzicht genehmigungsfähig zu machen. § 1587ο I I 4 enthält keine taxative Aufzählung der Genehmigungsvoraussetzungen: Ob andere als die dort vorgesehenen Sachverhalte zur gleichen Rechtsfolge führen, hängt vom Zweck des Genehmigungserfordernisses, den Berechtigten vor Übervorteilung zu schützen, ab453. Die Lehre 454 stellt für die Genehmigungsfähigkeit des Verzichts im wesentlichen darauf ab, ob Härtegründe (iSd § 1587c) vorliegen (würden) bzw

447 § 1587ο II 3: „Die Genehmigung soll nur verweigert werden, wenn unter Einbeziehung der Unterhaltsregelung und der Vermögensauseinandersetzung offensichtlich die vereinbarte Leistung nicht zur Sicherung des Berechtigten für den Fall der Erwerbsunfähigkeit und des Alters geeignet ist oder zu keinem nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten führt." 448 Näheres infra IV C. 449 OLG Düsseldorf, 17.9.1985, FamRZ 1986,69. 450 OLG Bamberg,, 1.3.1984 (FN 259) aaO 484. 451 OLG Düsseldorf \ 17. 9. 1985 (FN 449) 70. Vgl auch die bestätigende Entscheidung des BGH 4. 2.1987 (FN 445) 467. 452 BGH 24. 2.1982, FamRZ 1982,472 (Anm). 453 BGH 4. 2.1987 (FN 445) 468. 454 Vgl D. Schwab/Hahne (FN 249) VI RZ 298; Johannsen/Henrich/Hahne (FN 249) RZ 29 zu § 1587o; MünchKomm/Strobel (FN 440) RZ 35 zu § 1587o.

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im Ergebnis sonst455 kein oder nur ein geringer Anspruch bestünde, maW keine Übervorteilung(sgefahr) gegeben ist. Dies läßt sich richtigerweise nur nach einer Gesamtbeurteilung der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung feststellen 456. Wird der Versorgungsausgleich im Rahmen eines Ehevertrages geregelt, so ist nach ΛΑ/457 der gegenseitige völlige Ausschluß des Ausgleichs ohne Gegenleistung möglich. Die Regelung unterhegt freilich der Prüfung nach (§§ 134,119,123,142 und) § 138. Wie beim Verzicht auf den Ehegattenunterhalt und den Zugewinnausgleich wird zu beachten sein, daß die Regelung die Sozialhilfebedürftigkeit nicht gerade antizipiert. Das bedeutet in der Sprachregelung des BGH 458 , daß der berechtigte Ehegatte nicht „zwangsläufig" der Sozialhilfe anheimfällt. Sonst wäre diese Vereinbarung (gemäß § 138) sittenwidrig, unter Umständen (gemäß § 139) zur Gänze nichtig459. Dasselbe gilt, wenn die Notlage eines Ehegatten ausgenutzt wird. In praxi 460 wurde auch die Anfechtung der notariellen Vereinbarung (§ 1408) wegen Irrtums und arglistiger Täuschung (§§ 119, 123) versucht. Angesichts der Belehrung durch den Notar über die rechtliche Tragweite des Vertrages obliegt der anfechtenden Partei die Beweislast über ein allfälliges Unterbleiben dieser Amtspflicht. Zumeist enthalten die Verträge freilich eine entsprechende „Belehrungsklausel", womit eine erfolgreiche Irrtumsanfechtung wohl ausscheidet. Allfällige Täuschungshandlungen des einen dem anderen Ehegatten gegenüber bedürfen nicht nur des Nachweises; sie schaden überdies selbst dann nicht, wenn sie sich auf die „Scheidungsabsicht" beziehen, weil diese nach AM bei Abschluß eines Ehevertrages vorhegen darf. Gaul empfiehlt deshalb die Aufnahme der Beweggründe für den vertraglichen Ausschluß in den Vertrag 461. Wie im Zusammenhang mit dem Zugewinnausgleich stellt sich auch beim Versorgungsausgleich - wie schon erwähnt - die Frage nach dem Verhältnis von „Ehevertrag" und „Vereinbarung über den Ausgleich" einerseits und das Problem des „Gesamtzusammenhanges" verschiedener Ansprüche 455 Nach § 1587h (Ausschluß- und Herabsetzungsgründe des Ausgleichsanspruchs), Art 12 Nr 3/3 1. EheRG (vgl Johannsen/Henrich/Hahne [FN 249] RZ 3 f zu § 1587o) oder zB bei Vorliegen einer Doppelverdienerehe. 456 Siehe auch Soergel/Sieben/Vorwerk (FN 440) RZ 18 zu § 1587o. 457 Vgl ua Soergel/Sieben/Gaul (FN 267) RZ 39 zu § 1408; D. Schwab (FN 10) RZ 366; Langenfeld (FN 114) RZ 617; Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 3 b bb zu § 1408; Johannsen/ Henrich/Hahne (FN 249) RZ 5 zu § 1587o. 458 Vgl BGH 17. 9. 1986 (FN 420) FamRZ 1987, 42; BGH 17. 9. 1986 (FN 211) FamRZ 1987,154 sowie Text zu FN 421,422,439. 459 Siehe etwa OLG Koblenz, 17.12.1985, FamRZ 1986,275. 460 Siehe etwa OLG Düsseldorf,, 31. 3. 1987 (FN 259) aaO 953. In OLG München, 19. 2. 1981 (FN 259) 466 führt das Gericht die (notarielle Belehrung und) die Anwendung der §§ 138, 119,123 und 242 als Ausgleich für die fehlende richterliche Kontrolle von Eheverträgen an.

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andererseits. In einem anhängigen Scheidungsverfahren hatten Ehegatten im Rahmen eines „Ehevertrages" den Versorgungsausgleich ausgeschlossen; anschließend nahm der Ehemann den Scheidungsantrag zurück, wodurch der Ausschluß wirksam blieb. Die Berufung auf § 242 vermochte der Frau nicht zu helfen, denn - so das OLG Koblenz 162 - der Ausgleichsausschluß sei anders als ein Unterhaltsverzicht zu behandeln: „Das Wohl und Interesse des Kindes, das einen grundrechtlich geschützten Anspruch auf eine intensive persönliche Betreuung durch die Mutter hat", werde durch den Ausschluß nicht beeinträchtigt, habe sie doch Anspruch auf Betreuungsunterhalt (§ 1570). Da - soweit ersichtlich - auf den „Ehegattenunterhalt" nicht verzichtet worden war, ist den Ausführungen des Gerichtes - isoliert besehen - wenig entgegenzusetzen. Offen bleibt, ob die Gesamtschau der Ansprüche (bzw Anspruchsverzichte) und deren Durchsetzbarkeit im Lichte von § 242 zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wenn es nicht beim Versorgungs- (und somit Zugewinn)ausgleichsausschluß geblieben wäre. Zum Problem der „Gesamtverzichtsverträge" liegen jedoch ohnedies . Fallrecht und Stellungnahmen der Lehre vor, wie nunmehr zu erläutern ist.

e. Gesamtverzichtsverträge In der Regel handelt es sich um Verträge, mit denen auf „Ehegattenunterhalt", „Zugewinn-" und „Versorgungsausgleich" verzichtet wird. In praxi treten regelmäßig „Erledigungserklärungen" 463 und „Freistellungsvereinbarungen" hinzu. Die Beurteilung der rechtlichen Wirksamkeit erfolgt entweder nach Maßgabe des § 139, wonach die Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts (dh der einzelnen Verzichtsabreden) zur Gesamtnichtigkeit (der Vereinbarung) führt, sofern nicht anzunehmen ist, daß das an sich wirksame Restgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vereinbart worden wäre, oder aber die Vereinbarung wird in globo, maW als einheitliches Rechtsgeschäft angesehen und gewürdigt. Das OLG Köln 164 sah den in einer notariellen Vereinbarung vorgesehenen wechselseitigen Gesamtverzicht (auf Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich) als sittenwidrig und daher als nichtig an. Dies nicht in isolierter Sicht des umfassenden und wirtschaftlich bedeutsamen Verzichts, son461 Soergel/Siebert/Gaul (FN 267) RZ 42 zu § 1408. 462 OLG Koblenz, 22. 8.1986, FamRZ 1986,1221. Grundsätzlich zur Wirkung der Rücknahme des Scheidungsantrags auf den Versorgungsausgleichsausschluß in einem Ehevertrag: BGH 14. 5.1986 (FN 263) aaO mit zustimmender Anm von Böhmer, ibid 503. 463 Etwa derart, daß es keine aufzuteilenden Gegenstände (der HausratsVO) gibt, sodaß sich ein vollstreckbarer Titel erübrigt. 464 OLG Köln, 5. 2.1981 (FN 215) DNotZ 1981,444 (v. Hornhardt).

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dem im Zuammenhalt mit der langen Ehedauer: Ein solcher „Verzicht auf alle nennenswerten sich aus dieser Gemeinschaft ergebenden Rechte" könne nicht mehr mit dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen in Einklang gebracht werden. Dies selbst dann - so das Gericht 465 -, wenn der Ehefrau, die in dieser Ehe zwei Kinder großgezogen hatte, tatsächlich alle (behaupteten) Ehefeindlichkeiten zur Last gelegt werden könnten. Zur Zeit dieses Verhaltens war die Ehe nämlich schon entfremdet gewesen. Der - de facto einseitige - „Verzicht auf alle Ansprüche stünde nicht mehr in einem tragbaren Verhältnis zum vorwerfbaren Tun". Je mehr der Verzicht für den Anspruchsberechtigten wirtschaftlich ins Gewicht fällt, was nach 20jähriger Ehe naturgemäß der Fall ist, umso eher sieht die Judikatur Anlaß, dies im Blick auf ein allfälliges Eheverschulden und die Sittenwidrigkeit zu beachten. Die nähere Lektüre der Entscheidung des OLG Hamm 466, der - wie Bosch zu Recht anmerkt 467 - wohl eine sogenannte - überdies erstaunlich kurze - „Legitimationsehe" zugrundelag, verdichtet diese Überlegung. Der Verzicht auf den Vermögens- und Zugewinnausgleich ist in seiner wirtschaftlichen Tragweite unerheblich gewesen. Hier prüfte das Gericht alle Verzichtsabreden getrennt. Völlig unbedenklich sei eine Regelung der Scheidungsfolgen, die beide Ehegatten so stelle, wie wenn sie von vornherein unverheiratet gebheben wären. Zur Untermauerung der Sittenwidrigkeit bedürfe es „weiterer Umstände": objektiv ein grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, subjektiv das bewußt oder grob fahrlässige Ausnutzen der schwächeren Lage des anderen Ehegatten468. Anhaltspunkte hiefür lagen nicht vor. Die Entscheidung scheint maßgeblich von der Kritik, die v. Hornhardt dem erstgenannten Erkenntnis angedeihen ließ 469 , beeinflußt und ist schwerlich mit den Erwägungen eines (späteren) BGH-Urteils 470 in Einklang zu bringen, wonach die Vertragsfreiheit der Ehegatten „nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen (Art 2 I GG) dort (endet), wo die Rechte Dritter entgegenstehen". Ob dem - unabhängig von einer eventuellen „Abwälzungsfahrlässigkeit" der Parteien - so ist, ergibt sich aus dem „aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter" der Verzichtsvereinbarung 471. Das ist eine Absage an die isolierte, aus dem Zusammenhang gerissene rechtliche Würdigung der einzelnen (Verzichts-)Abreden.

465 OLG Köln, 5. 2.1981 (FN 216) DNotZ 1981,447. 466 OLG Hamm, 28. 9.1982 (FN 394) aaO. 467 Bosch (FN 394) 1216; ders. (FN 368) 29. 468 OLG Hamm, 28. 9.1982 (FN 394) 1215. 469 Siehe FN 464. 470 BGH 8. 12. 1982 (FN 211) FamRZ 1983, 139 (F.W.B.). Vgl auch die Kritik von Bosch (FN 368) 30. 471 BGH 8.12.1982 (FN 211) FamRZ 1983,139 unter Bezugnahme auf ältere BGH-Judikatur.

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Auch in einem weiteren Fall, über den das OLG Frankfurt/M zu entscheiden hatte, lag ein wechselseitiger Gesamtverzicht (auf Ehegattenunterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich) vor. Er trägt zur Diskussion über „Gesamtverzichtsverträge" allerdings insofern wenig bei, als die Parteien durch den Notar falsch beraten worden waren, wodurch sie bei Vertragsabschluß in einen rechtserheblichen Irrtum versetzt wurden 472. Die Entscheidung ist aber im Blick auf § 139 von Interesse, denn die Wirksamkeit der güterrechtlichen Vereinbarungen war durch die Unwirksamkeit der anderen Teile in Frage gestellt. Das Gericht kam unter Erforschung des mutmaßlichen Willens der Parteien indes zum Ergebnis, daß sie die Vereinbarung (§ 1408) ohnehin so abgeschlossen hätten. Überdies seien die einzelnen Teile des Verzichtsvertrages nicht derart miteinander verzahnt, daß der Wegfall bestimmter Regelungen den Sinn der verbleibenden Teile veränderte. Auch hier war der Umstand der relativ kurzen Ehedauer eine tragende Überlegung zur Bejahung der Teilwirksamkeit des Ehevertrages 473. Ein wechselseitiger Gesamtverzicht wurde in einem Ehevertrag vereinbart, der kurz vor einer „ritterlichen Eheschließung" abgeschlossen worden war. Für die Sittenwidrigkeit des Vertrages fehlte es indes am subjektiven Moment, nämlich am bewußten oder grob fahrlässigen Ausnutzen der schwächeren Position des Übervorteilten 474. Gerade das hatte die Kindesmutter jedoch behauptet: dem Ehevertrag habe sie im Hinblick auf die (buchstäblich) bevorstehende Eheschließung zugestimmt. Deutlich wird in der Entscheidung des OLG Frankfurt/M ein anderer Gesichtspunkt: Im ersten Fall 475 lag eine Scheidungsfolgenvereinbarung vor, die die „Bewältigung auch der vermögensrechtlichen Aspekte der zurückliegenden Ehezeit" verlangte, in diesem indes handelt es sich „um einen Ehevertrag, der den Eheleuten vorausschauend die beiderseitigen Rechte, Pflichten und Folgen eines etwaigen Scheiterns der Ehe aufgezeigt hat" 476 . Es wird sich herausstellen, ob dieser Unterscheidung bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung Bedeutung zukommt477. Das OLG Bamberg 478 hatte ebenfalls einen Gesamtverzichtsvertrag zu prüfen. Jede einzelne Verzichtsabrede wurde im Blick auf § 138 durchleuchtet: Trotz Ausschluß des Versorgungsausgleichs war die Frau eigenständig 472 OLG Frankfurt/M, 3.12.1982 (FN 181) aaO 177 f. 473 Anlaß für den Ehevertrag war das ehewidrige Verhalten der Frau. Auch dem Mann lag zunächst an der Fortführung der Ehe, er wollte allerdings „in wirtschaftlicher Hinsicht ein möglichst geringes Risiko eingehen", die Ehefrau stimmte „zur Rettung" der Ehe allen Ausschlußmöglichkeiten, die das Gesetz den Ehegatten bietet, zu. 474 OLG Frankfurt/M, 21. 2.1984 (FN 385) 487 (bestätigt durch BGH 24.4.1985 [FN 349] FamRZ 1985, 788). Siehe im übrigen die Ausführungen zu FN 385. 475 Vgl FN 464. 476 OLG Frankfun/M, 21. 2.1984 (FN 385) 487. 477 Infra zur Stellungnahme. 478 OLG Bamberg, 1. 3.1984 (FN 259) aaO 483.

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versorgt; der Verzicht auf den Zugewinnausgleich war wirtschaftlich unerheblich und der Verzicht auf den Ehegattenunterhalt führte nicht dazu, daß die Frau zwangsläufig auf Sozialhilfe angewiesen sein würde 479. Der Ausschluß des Versorgungsausgleichs sei letztendlich der einzig wirtschaftlich bedeutsame Faktor, der eben durch die eigenständige Versorgung soweit kompensiert würde, daß der Inhalt des Vertrages nicht sittenwidrig sei. Gegenstand des Urteils des OLG Stuttgart* 90 war ua die Wirksamkeit einer Scheidungsfolgenvereinbarung. Das Gericht hob hervor, daß gerade bei einer aus Anlaß eines Scheidungsverfahrens abgeschlossenen Regelung in der Regel nicht anzunehmen sei, daß die Parteien das „Restgeschäft" trotzdem vorgenommen hätten. Nicht nur der Parteiwille, auch das Verbundverfahren belege den engen Zusammenhang aller Regelungen481.

Stellungnahme Bei einer Scheidungsfolgtwegehxng ist - mit Bosch482 - im Zweifel von einem einheitlichen Rechtsgeschäft auszugehen. Im Blick auf die Anwendung von § 139 bedeutet dies, daß die Nichtigkeit einer Teilregelung zur Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung führt. Es sei denn, das „Restgeschäft" wäre auch ohne dessen unwirksamen Teil abgeschlossen worden. Seit dem 1. EheRG sind die Ehegatten, die eine einverständliche Scheidung (§§ 1565 I iVm 1566 und § 630 ZPO) anstreben, zu einer umfassenden Scheidungsfolgenregelung verpflichtet. Der innere Zusammenhang der verschiedenen Vereinbarungsteile und ihre Wechselwirkung sowie nicht zuletzt das „Verbundverfahren" sind Ausdruck für die Einheitlichkeit des Rechtsgeschäfts. Bei der Anwendung des § 139 und der Auslegung des „mutmaßlichen Parteiwillens" ist dies in Rechnung zu stellen. Eben diese Überlegungen lagen dem Erkenntnis des OLG Köln 483 zugrunde, das - wie erwähnt - besonders kritisch von v. Hornhardt besprochen worden war. V. Hornhardt 6m zerlegte die Scheidungsfolgenregelung in einzelne Teile und kam zum Ergebnis, daß für die Erstreckung der Nichtigkeit einzelner Teile kein Raum sei. Damit wird er aber dem Anliegen des OLG Köln nicht gerecht, das das Rechtsgeschäft als einheitliches Ganzes, maW den 479 Überdies - so das OLG Bamberg, 1. 3. 1984 (FN 259) 484 - wäre der Unterhaltsanspruch ohne den Verzicht nicht hoch gewesen. 480 OLG Stuttgart, 17.4.1984, FamRZ 1984, 806. 481 Und in der Entscheidung (FN 480) 808 wird betont: „Entscheidend ist allein der in der Vereinbarung begründete innere Zusammenhang der einzelnen Regelungen und die sich daraus auch für die Parteien ergebende Gesamtbeurteilung der Regelung der Scheidungsfolgen." 482 Bosch, Der Verzicht auf Unterhalt und Zugewinnausgleich insbesondere bei noch bestehender Ehe, FamRZ 1965,239. 483 OLG Köln, 5. 2.1981 (FN 215) aaO sowie die Ausführungen zu FN 464 und 465. 484 v. Hornhardt (FN 217) aaO.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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„umfassenden Verzicht" aus Anlaß der Scheidung beurteilte. Selbst wenn die einzelnen Teile für sich genommen wirksam wären, kann die Vereinbarung in toto gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen. Nun erblickt aber Frey 40 in dieser „Gesamtschau" gerade eine Umgehung des § 139 - einer Bestimmung, die das gesamte Rechtsgeschäft nur unter besonderen Voraussetzungen mit Nichtigkeit sanktionieren will. Auf der ersten Ebene seien die Einzelverzichte gemäß § 138 zu prüfen, und anschließend zu sehen, ob § 139 durchgreife. Erst auf der zweiten Ebene stelle sich allenfalls die Frage nach der Wirksamkeit von „Globalverzichten". Diese seien nur sittenwidrig, wenn ihr effektiver Wert eine bestimmte Grenze überschreite oder wenn ihr Zweck in der Ermöglichung einer „Probeehe" liege486. Der erste Fall sei bei Scheidungsfolgenvereinbarungen (empirisch) unwahrscheinlich, der zweite Fall vertrage sich nicht mit den modernen Ehelehren, die vorgegebene Ehestrukturen ablehnen487. Frey meint deshalb, „daß es das Problem eines Globalverzichtes überhaupt nicht gibt". Diese Auffassung ist freilich nicht herrschend. Diederichsen schließt sich der Rspr (ua dem OLG Köln) an488. Richter stimmt dem OLG Köln zwar im Ergebnis zu, kritisiert aber dessen unzulängliche Begründimg sowie die punktuelle Sicht von v. Hornhardt 489. Für die Sittenwidrigkeit eines Globalverzichtes kommt es nach Richter sehr auf die Umstände des Einzelfalles an: In casu hatte das auffällige Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders nahe gelegen. Daß er das „Gesamtgepräge des Rechtsgeschäfts" und nicht bloß die einzelnen Verzichtsabreden in die Sittenwidrigkeitsprüfung miteinbeziehen will, ergibt sich eindeutig aus seinem Kommentar 490. Kanzleiter 491 und Gaut 192 wollen im Zweifel keine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung nach § 1408 annehmen. Eine unbefangene Betrachtung des Instituts „Ehevertrag" (§ 1408) einerseits und der „Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Scheidung" (nämlich über den Ausgleich des Zugewinns gemäß § 1378 III 2; den Versorgungsausgleich nach § 1587o; den Unterhalt nach § 1585c) andererseits legt folgende Schlußfolgerungen nahe: Diese Vereinbarungen werden als Schei 485 Frey (FN 159) 96 ff. 486 Frey (FN 159) 98, unter Hinweis auf Gernhuber (FN 22) § 2611. 487 Ders. (FN 159) 99. 488 Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 3 b bb zu § 1408, und zwar den Erkenntnissen des OLG Köln (FN 215); OLG Frankfurt/M (FN 181) und OLG Bamberg (FN 259). 489 Ausführlich MünchKomm/Richter (FN 161) RZ 46a zu 1585c. 490 MünchKomm/Richter (FN 161) RZ 46a zu § 1585c, wo er die Entscheidungsbegründung rügt, die die Erforschung der Absichten und Motive der Parteien sowie Ausführungen auf die mittelbar betroffenen Kinder vermissen läßt. In Soergel/Siebert/Häberle (FN 367) RZ 14 zu § 1585c wird indes bloß auf die Entscheidung des OLG Köln, 5.12.1981 (FN 215) DNotZ 1981,444 und die Anm von v. Hornhardt verwiesen. 491 MünchKomm/Kanzleiter (FN 249) RZ 33 zu § 1408. 492 Soergel/Siebert/Gaul (FN 267) RZ 11 und 39 zu § 1408. 27 Verschraegen

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dungsfolgenvereinbarung abgeschlossen und sind als einheitliches Rechtsgeschäft zu begreifen. Die Ehegatten sollen und wollen alle Scheidungsfolgen im Zuge ihrer Scheidung regeln. Eine isolierte Beurteilung der Einzelregelungen, deren Nichtigkeit das „Restgeschäft" im Zweifel nicht tangiert, verzerrt in der Regel schon deshalb das Bild, weil die Einzelteile - wie insbesondere die Judikatur bezüglich des Sorge- und Umgangsrechts dokumentiert 493 - zu sehr miteinander verflochten sind. Das ist der positive und zugleich zulässige Aspekt der Verzahnung. Der „Ehevertrag" indes ist konzeptionell nicht für die Regelung der Folgen einer bevorstehenden Scheidung gedacht, sondern dient der allgemeinen Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten, die ihre Ehe noch vor sich haben und vorausschauend die beiderseitigen Rechte, Pflichten und Folgen eines eventuellen Scheiterns regeln wollen. Die Analyse der Rspr hat aber aufgezeigt, daß der ursprünglich verschiedene Sinn und Zweck der beiden Vertragstypen inzwischen längst verschwommen ist. Erinnert sei etwa an die Entscheidung des BGH 494 , wonach der Ehevertrag und die Vereinbarung (über den Zugewinnausgleich) im Hinblick auf eine bevorstehende Scheidung einander so nahe kommen, daß eine unterschiedliche Behandlung nicht mehr gerechtfertigt erscheine. Diese Entwicklung zwingt zur Schlußfolgerung, daß - im Zuge der Wirksamkeitsprüfung - nicht nur die „Scheidungsfolgenvereinbarungen", sondern auch die als „Ehevertrag" deklarierten Regelungen, die materiell eine Scheidungsfolgenvereinbarung darstellen, als einheitliches Rechtsgeschäft zu behandeln sind, es sei denn, die Auslegung des Vertragsinstruments ergibt, daß der Vereinbarungszweck nicht darauf gerichtet war, die konkreten Scheidungsfolgen zu regeln bzw die Scheidung nicht schon in Aussicht genommen worden war. Liegt aber ein „einheitliches Rechtsgeschäft" vor, so muß es - selbst wenn die Einzelteile für sich besehen wirksam sind und folglich § 139 nicht durchgreift - in seiner Ganzheit dis „Scheidungspaket" geprüft werden. Oft wird sich nämlich erst auf Grund der Gesamtbetrachtung aller Scheidungsfolgen beurteilen lassen, ob den Kindesinteressen Rechnung getragen wurde, die Regelung des Versorgungsausgleichs angemessen ist, ein grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorhegt, die wirtschaftlich schwächere Position eines Ehegatten ausgenutzt wurde, Rechte Dritter beeinträchtigt werden etc. Darüber hinaus werden gerade bei „vorsorgenden Vereinbarungen", die möglicherweise materiell eigentlich Scheidungsfolgenvereinbarungen sind, die Verzichtserklärungen unter Berücksichtigung der späteren Entwicklung der Verhältnisse zu prüfen sein, da Rechte nicht mißbräuchlich ausgeübt werden dürfen und die Berufung auf sie unter Umständen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen kann (§ 242).

493 Vgl etwa oben U I C 2 und III E l . 494 BGH 16.12.1982 (FN 251) FamRZ 1983,159 sowie die Anm zu FN 438.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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3. Vorsorgende Vereinbarungen Vorsorgende Vereinbarungen sind Verträge, die - idealtypisch - in einem zeitlichen Abstand zu einer zwar noch nicht beabsichtigten, aber für denkbar gehaltenen Scheidung stehen und deren Folgen „vorsorglich" regeln. Damit grenzt der BGH diese Vereinbarungen von den (echten) Scheidungsfolgenvereinbarungen ab495. Anlaß für diese Unterscheidung bot ihm in den letzten Jahren die Wirksamkeitsprüfung nach § 138. Bei „Scheidungsfolgenvereinbarungen" hängt die Wirksamkeit - so der BGH - „entscheidend von dem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter 496 der Vereinbarung ab" 497 , bei einer „vorsorgenden Vereinbarung" können sich dabei „zusätzliche" Gesichtspunkte ergeben, nämlich objektiv das grobe Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sowie subjektiv das bewußte oder grob fahrlässige Ausnutzen der Lage des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten. Auf Anspruchsverzichte kann sich maW der (auf Grund der vorsorgenden Vereinbarung) Berechtigte im Fall der Scheidung nicht unter allen Umständen berufen: die spätere Entwicklung kann dem wegen § 242 entgegenstehen498. Mit einer wirtschaftlichen Sicherstellung des bedürftigen Ehegatten (und Kindes), der Erhaltung des Familienvermögens udgl haben diese Verträge nichts gemeinsam: Stets geht es um Verzichtsabreden, die de facto einseitige Anspruchsverzichte beinhalten und den Verzichtenden so stellen, als habe es kein „gemeinsames Leben" gegeben499. Daß der Gesetzgeber aber gerade darauf Rücksicht nehmen will, zeigen die Sonderbestimmungen mit Bezug auf Vereinbarungen für den Fall der Scheidung (Kontrolle und Genehmigung nach § 1587o; Formerfordernisse, Verfügungsverbot gemäß § 1378 III; Rückschlagssperre nach § 1408 I I sowie materielle Normen, wie

495 Vgl BGH 24. 4. 1985 (FN 349) FamRZ 1985, 789. Im Anschluß daran jüngst das OLG Celle, 17. 8. 1988 (FN 392) aaO: Auch Vereinbarungen nach § 1585c können als „vorsorgende Vereinbarung" bei bzw schon vor der Eheschließung getroffen werden, ein zeitlicher Zusammenhang mit einem beabsichtigten oder anhängenden Scheidungsverfahren sei nicht erforderlich. Ergebnis: kein Wegfall der Geschäftsgrundlage, obwohl die Frau bei Vertragsschluß bereits schwanger war, die Ehe 6 Jahre Bestand hatte und ein zweites gemeinsames Kind geboren wurde. Zur Frage, ob das Schuldprinzip in einer vorsorgenden Vereinbarung vertraglich geregelt werden kann, siehe Herb, Vereinbarung des Schuldprinzips in Ehe- und Scheidungsverträgen, FamRZ 1988,123. 496 Hervorhebung von mir. 497 BGH 24. 4. 1985 (FN 349) FamRZ 1985, 789 und BGH 8. 12. 1982 (FN 211) FamRZ 1983,137. 498 BGH 24.4.1985 (FN 349) FamRZ 1985,789. 499 Ein Teil der Rspr hält eine Regelung, die die vermögensrechtlichen Beziehungen so gestaltet, wie wenn die Ehegatten von vornherein unverheiratet geblieben wären, im Hinblick auf § 138 für unbedenklich: vgl OLG Hamm, 28. 9.1982 (FN 394) 1215.

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Unterhalt bei Erwerbslosigkeit ete), die durch „atypische Eheverträge" unterlaufen werden. Vereinbarungen „für den Fall der Scheidung" sind auch in anderem Zusammenhang (als oben geschildert) Gegenstand rechtlicher Würdigimg gewesen. So etwa war fraglich, ob eine „privatschriftliche Vereinbarung für den Fall der Scheidung" für den konkreten oder den abstrakten Fall der Scheidung anzusehen sei500. Fraglich war auch, ob eine „Vereinbarung für den abstrakten Scheidungsfall" schon bei Eingehung der Ehe wirksam geschlossen werden könne, was das OLG Hamm bejahte, weil Vereinbarungen nach §§ 1408 und 1585c schon vor der Eheschließung für zulässig gehalten werden501. Ferner sah das OLG Frankfurt/M eine „Vereinbarung für den Fall der Scheidung" als eine solche nach § 1585c und nicht (als Ehevertrag) nach § 1408 an, weil durch sie der Zusammenhang mit der Scheidung hergestellt wurde 502. Ist eine Vereinbarung „in zeitlicher Nähe zum Scheidungsverfahren" getroffen, so kann sich das Verhältnis von § 1408 I I und § 1587o als Problem stellen. Das OLG Düsseldorf prüfte das Wesen der Vereinbarung und sah sie - in ihrem materiellen Gehalt - als Scheidungsfolgenvereinbarung an 503 , womit sie der richterlichen Kontrolle unterlag und ein völliger, entschädigungsloser Verzicht auf den Versorgungsausgleich nicht zulässig ist. Weiters hegt ein „vorsorgender Ehevertrag" auch bei erwiesener Scheidungsabsicht zu Vertragsschluß vor, sofern die entsprechenden Formvorschriften und Zeitschranken beachtet werden 504. Hervorgehoben sei schließlich neuerlich die Entscheidung des OLG Frankfurt/M, die eine vorsorgende 500 Vgl etwa OLG Hamburg, 4. 5.1981, FamRZ 1981, 986: In casu war die Scheidung zum Vertragszeitpunkt in Aussicht genommen, die Frau zog ihren Scheidungsantrag zurück, wenig später reichte der Ehemann den Antrag ein und seine Gattin machte nunmehr - erfolglos - den Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend. 501 OLG Hamm, 28. 9.1982 (FN 394) aaO, unter Hinweis auf die (damals) hL. Ein Blick auf die Literatur zeigt indes, daß inzwischen eine größere Meinungsvielfalt herrscht. So werden von MünchKomm/Richter (FN 161) RZ 6 zu § 1585c durchaus Bedenken geäußert: Selbst wenn die Vereinbarungen grundsätzlich zulässig sind, „so wird man doch wegen der regelmäßigen Unbestimmtheit der Entwicklung in der Ehe die Grenzen der Vertragsfreiheit im Hinblick auf § 138 enger ziehen müssen". Diese Auffassung wird auch von D. Schwab (FN 22) RZ 417, Diederichsen, Die allgemeinen Ehewirkungen nach dem 1. EheRG und Ehevereinbarungen, NJW 1977, 222 f vertreten. Diederichsen weist auf die Grenzen derartiger Vereinbarungen hin und meint, daß der gänzliche Ausschluß zu Lasten des haushaltsführenden Ehegatten an § 138 scheitern könne, während er bei einer Doppelverdienerehe wohl keinen Bedenken begegnen dürfte. Vorsichtig auch Soergel/Siebert/Häberle (FN 367) RZ 6 zu § 1585c: „Vor der Eheschließung für den Fall einer Scheidung getroffene Unterhaltsvereinbarungen sind nicht generell sittenwidrig." Ganz anders Walter (FN 198) 1409 ff, der sich gegen D. Schwab, Diederichsen und Gernhuber (FN 22) § 26 I 1, wendet: die Allgemeinheit (Sozialhilfeträger) sei ohnedies geschützt (Hinweis auf die damalige - noch strengere - Judikatur), die Ehegatten indes seien für sich selbst verantwortlich. In Einklang ua mit Walter (aaO) D. Schwab/Borth (FN 151) IV RZ 881 und Johannsen/Henrich/Voelskow (FN 243) RZ 6 zu § 1585c ohne Auseinandersetzung mit den Bedenken der oben angeführten Autoren. 502 503 504

OLG Frankfurt/M, 24.1.1983, FamRZ 1983, 610. OLG Düsseldorf, 17. 9.1985 (FN 449) aaO. OLG Frankfurt/M, 10. 7.1986 (FN 259) aaO.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

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Vereinbarung, dh einen notariellen Ehevertrag aus Anlaß der Eheschließung, der einen Unterhaltsverzicht enthielt, zum Gegenstand hatte. Darauf könne sich der Berechtigte nicht berufen, weil überwiegende schutzwürdige Interessen des Kindes der Geltendmachung des Rechtes entgegenstanden505. Die Entscheidungen, die hier paradigmatisch angeführt sind, betreffen Einzelfragen, über die die Gerichte ad hoc und oft inzidenter erkannten. Sofern sie sich auf die Zulässigkeit von Vereinbarungen vor oder bei Eheschließung beziehen, stehen sie in Einklang mit einem Teil der Lehre 506. In der Tat schließen die jeweiligen Gesetzesbestimmungen selbst (§§ 1408, 1585c, 1587o, 1378 III) die Regelung der Scheidungsfolgen mittels eines Ehe- bzw Unterhaltsvertrages vor oder bei Eheschließung nicht aus507. Doch zeigen die besonderen Rechtsschutzkautelen (§§ 1378 III IS, 1408 II, 1587ο II) 5 0 8 deutlich auf, daß Vereinbarungen für den Fall der in Aussicht genommenen Scheidung mit besonderer Aufmerksamkeit des Gesetzgebers bedacht worden sind. Zu sehr steht nämlich die spezifische Auseinandersetzung der Ehegatten (vor oder bei Ehescheidung) mit den Folgen der Eheauflösung im Vordergrund, als daß hievon abgesehen werden könnte. Von der Eigendynamik der Scheidungssituation heben sich jene Verträge ab, die Form- bzw Zeitschranken kennen. Prototyp ist der Ehevertrag. Ob die „Rückschlagssperre", wie sie § 1408 I I vorsieht, begrüßenswert ist oder nicht, bleibe dahingestellt509. Sie macht jedoch klar, daß der zeitliche Zusammenhang (hier höchstens ein Jahr) mit der Scheidung zugleich die Anwendbarkeit des § 1587o indiziert und die richterliche Kontrolle, mehr noch, die richterliche Genehmigung der Versorgungsausgleichsregelung in diesem Stadium zur Verhinderung der Übervorteilung eines Ehegatten unabdingbar erscheint. Eine ähnliche Schranke der Privatautonomie will § 1378 III sichern: Vor Beendigung des Güterstandes darf über die Ausgleichsforderung nicht verfügt werden. Recht besehen soll mit § 1585c (weiterer) Streit zwischen den Ehegatten im Scheidungsverfahren hintangesetzt werden. Nicht nur das: Der Zweck der Vorschrift besteht vor allem in der Versorgungsmöglichkeit, die die Ehegatten außerhalb der Scheidungssituation vereinbaren können. Sinn und Zweck dieser Gestaltungsfreiheit ist die einvernehmliche Versorgung zu einem Zeitpunkt, der genügend Beurteilungsmaßstäbe vorgibt. Vorsorgende Vereinbarungen werden sich in späterer Folge für die Anfechtbarkeit nach § 138 selten eignen, weil auf die Umstände, wie sie bei Vertragsschluß vorgelegen haben, abzustellen ist. Das Fallrecht zur Sittenwidrig505 OLG Frankfun/M, 2.10.1987 (FN 390) aaO. 506 Vgl oben zu FN 501. Gernhuber (FN 22) § 26 11 lehnt Verträge ab, die den Zweck verfolgen, eine „gefahrlose Probeehe" zu gestatten. Das Argument hat im Hinblick auf § 1353 I, wonach die Ehe grundsätzlich auf Lebenszeit geschlossen wird, viel für sich. 507 Der Ehevertrag ist gerade als vorausschauende Vereinbarung hierfür angelegt. 508 Davon abgesehen, daß § 1585c C/wter/w/ttvereinbarungen betrifft. 509 Dazu ausführlich schon Gaul (FN 441) aaO.

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keit einer drittbelastenden Vereinbarung zeigt die Grenzen der Privatautonomie auf. Daß auch wirtschaftliche Beweggründe hiebei eine Rolle spielen, ändert daran nichts. Im Gegenteil: Deutlich wird vielmehr die Primärverpflichtung der Verwandten gegeneinander, wie sie das Gesetz vorschreibt. Darüber hinaus korrigiert die Judikatur im Wege von § 242 untragbare Ergebnisse. Dies zu Recht: Auch hiemit wird der „verfügbare Gestaltungsraum" eingegrenzt. Dies zwar nicht dem Anspruch nach, aber sehr wohl mit Bezug auf seine Durchsetzung. Und genau darum geht es den Vertragsparteien: Verzichtsabreden sollen gleichermaßen „Gesetzeskraft" haben, ohne Rücksicht darauf, was der Verzichtende braucht bzw was ihm nach dispositivem Recht zustünde. Das nachgiebige Recht kennt allerdings selbst bereits „Zumutbarkeitsgrenzen", etwa wieviel Unterhalt unter welchen Umständen geschuldet wird, wann ein Versorgungsausgleich „angemessen" ist etc. Immer sind „sämtliche Umstände" zu berücksichtigen, es erfolgt ein „Rückblick" auf das bisherige Eheleben. Wenn in manchen Fällen die Berufung auf die Verzichtsabrede gegen Treu und Glauben verstößt, so vollzieht der Richter nach, was der (dispositive) Gesetzgeber ihm vorgibt: eindeutige Grenzen der Freiheit. Diese werden mit einer vorsorgenden Vereinbarung zwar nicht „umgangen" - ein Verstoß gegen das Gesetz hegt nicht vor -, aber sie werden „unterlaufen". Wo maW § 138 nicht mehr durchgreifen kann, ist noch Raum für §242. Das ist durchaus Anlaß für die Frage, ob die Privatautonomie nicht auf Kosten anderer (des Ehegatten, der Kinder und Dritter) zu sehr zum Anrecht des einzelnen erhoben wird, und zwar unter Vernachlässigung der Tatsache, daß die Ehe immer eine auf Dauer angelegte Gemeinschaft mit dem anderen impliziert, für die in mehrfacher Hinsicht eine Verantwortung übernommen werden muß. Selbst eine Ehelehre, die den Ausschluß sämtlicher Verpflichtungen durch vorsorgende Vereinbarungen gestattet, stößt auf jene Grenzen, die die Allgemeinheit berühren. Das gilt für den Betreuungsunterhalt, den Ehegattenunterhalt und allgemein für „Scheidungspakete", die jene Leistungen mißachten, die während der Ehe erbracht wurden und vom Gesetzgeber noch als „Minimalvergütung" berücksichtigt werden. Insoferne trifft das Gewicht der „langen Ehedauer" auch den Kern der Sache: Die Quantität der Verzichte schlägt in Qualität um. Einer kurzen Ehedauer wird auch vom Gesetzgeber weniger Gewicht beigemessen. Bei den vorsorgenden Vereinbarungen kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Je belastender sie sind, umso „scheidungshindernder" können sie sich auch auswirken. Hepting hat diesem Problemkreis aus Anlaß einer rezenten BGH-Entscheidung eine bemerkenswerte Besprechung gewidmet. Hier eröffnet sich ein neuer Anfechtungsgesichtspunkt: Ist die Vereinbarung ihrem

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung

Zweck nach scheidungserschwerend, dann ist sie sittenwidrig, selbst der Inhalt wirksam wäre 510.

510 Vgl Hepting (FN 417) aaO, Anm zu BGH 19.12.1989 (FN 417) ibid.

IV. Verfahrensskizze 511 Die hier gebotene Verfahrensskizze will den „Verfahrensablauf' nicht detailliert schildern, sondern einige Probleme, wie sie sich insbesondere bei der Scheidung im Einvernehmen anbieten, behandeln. Dabei geht es zunächst um die Voraussetzungen (A), sodann um die Zerrüttungsprüfung (B) und anschließend um die Inhaltskontrolle der Vereinbarungen (C). A. Voraussetzungen Das Verfahren auf Scheidung der Ehe wird durch Einreichung der Antragsschrift anhängig (§ 622 I ZPO). Der bzw die Antragsteller bedürfen zur Prozeßfähigkeit jedenfalls der beschränkten Geschäftsfähigkeit (§607 I ZPO) 512 . Für die einverständliche Scheidung gilt besonderes: Der Inhalt der Antragsschrift richtet sich nach den §§ 622 I I iVm 630 ZPO 513 . Von den bereits besprochenen Voraussetzungen abgesehen, ist gemäß § 630 I 1 ZPO mitzuteilen, daß „der andere Ehegatte der Scheidung zustimmen oder sie in gleicher Weise beantragen wird." Fehlt diese Ankündigung, dann wäre nach hM wegen Unzulässigkeit abzuweisen, sofern der Mangel nicht behoben wurde 514. Die Autoren sind sich nicht darüber einig, ob die bloße Mitteilung hinsichtlich § 630 I 2 und 3 ZPO genügt, oder ob nicht der „Vorschlag" und die „Einigung" dem Gericht zugleich mit der Antragsschrift vorzulegen sind. Fehlt es an der tatsächlichen Vorlage und haben die Ehegatten sich auf die Mitteilung, sie hätten sich über sämtliche Fragen geeinigt, beschränkt, dann wird das Nachreichen bzw die Erkärung zu Protokoll für zulässig515 gehalten, was sich insbesondere aus der Zulässigkeit eines gerichtlichen Vergleichs über die in § 630 I 3 ZPO aufgezählten Gegenstände bzw Rechtsverhältnisse 511 Für Details siehe die einschlägigen zivilprozessualen Werke. Statt vieler Rosenberg/ Schwab (FN 35) § 168 II; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber (FN 142) RZ 14 ff zu § 630 ZPO; Bergerfurth (FN 64) RZ 103 ff; vgl auch Drewes/Hollender, Familienrecht, Ehe - Scheidung - Unterhalt. Rechtsstellung der Kinder, Sorgerecht, Vormundschaft und Adoption, 346 ff sowie zuletzt D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 331 ff. 512 Der Geschäftsunfähige braucht einen gesetzlichen Vertreter, der für den Scheidungsantrag die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einzuholen hat (§ 607 II ZPO). 513 Dazu supra vor allem II. § 622 II ZPO verlangt die Angabe darüber, ob mindeijährige Kinder vorhanden sind, ein Vorschlag zur „Regelung der elterlichen Sorge" unterbreitet wird und ob Familiensachen der in § 6211 ZPO bezeichneten Art anderweitig anhängig sind. 514 Statt vieler Rosenberg/Schwab (FN 35) § 168 II 1. 515 Diese Voraussetzungen sind mE jedenfalls solche des materiellen Rechts, sodaß der (übereinstimmende) Antrag wegen Unbegründetheit abzuweisen wäre. Zur Problematik supra I Β 2.

IV. Verfahrensskizze

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ergebe. Auch der „übereinstimmende Vorschlag" könne dem Gericht noch im Laufe des Verfahrens bekannt gegeben werden 516. Der Richter muß jedoch die Vorstellungen der Eltern über die elterliche Sorge (und wegen der Konnexität an das persönliche Umgangsrecht) gleich zu Verfahrensbeginn kennen, da er hierüber zu entscheiden hat und nach § 1671 III vom übereinstimmenden Vorschlag bloß abweichen soll, wenn dies zum Wohl des Kindes nötig ist. Vom Erfordernis des „vollstreckbaren Schuldtitels" gemäß §630 I I I ZPO kann mE nicht abgesehen werden517. Es wird aber genügen, wenn - wie D. Schwab formuliert 518 - „die erforderlichen Einigungen ... noch im Laufe des Verfahrens erzielt werden,..." Eine vollstreckbarer Schuldtitel erübrigt sich, wenn Verzichtsabreden vorhegen, kein Vermögen vorhanden ist oder die Auseinandersetzung bereits erfolgte 519.

B. Zerrüttungsprüfung Ua Wolf 520 ist der Meinung, daß der Scheidungsö/i/rag die Grundlage der Vermutung bildet. Der Richter dürfe bloß die prozessuale Ordnungsmäßigkeit der Antragsschrift prüfen. Ein Hinterfragen der Motive zur Scheidung stünde ihm nicht zu, da die raison d'être der Bestimmung die Schonung der Privatsphäre sei. Das Argument ist mE nicht überzeugend: zwischen „Form" und „Beweggrund" hegt das Eigenleben der Erklärung, die zudem der Ernsthaßgkeit zur Entfaltung der ihr eigenen Wirkungen bedarf. Bei übereinstimmenden Anträgen wird diese Dimension zunächst vorausgesetzt werden dürfen. Nun sagt jedoch Wolf 521, daß die Parteienvernehmung zur Eruierung der Ernstlichkeit des Antrags unzulässig sei, „weil das Gericht keine Sühnestelle ist." Auch diese Aussage überzeugt nicht. Zum einen erfordert nämlich die an die unwiderlegbare Vermutung geknüpfte Rechtsfolge der Scheidung die Prüfung ihrer Voraussetzungen. Denn die Zielrichtung des § 1566 I ist nicht in einer Scheidungsautomatik bei Vorhegen eines Antrags und Ablauf der einjährigen Trennungsfrist verfangen. Die in § 1567 I enthaltene Legaldefinition des Getrenntlebens 522 verlangt (im Zusammenhang des Verfahrens auf einverständliche Scheidung) bei entsprechenden Anhaltspunkten die 516 517 518 519 520 521 522

Zu diesen Fragen siehe schon oben zu III Β 1. Supra III Β 2. D. Schwab (FN 10) RZ 285. Im übrigen oben III Β 2. MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 15 zu § 1566 mwN. MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 17 zu § 1566 mwN. Vgl supra Text zu FN 84.

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Klarstellung darüber, ob das „volitive Element" der Ablehnung der ehelichen Lebensgemeinschaft tatsächlich realisiert ist. Das Gericht ist mit dieser Prüfung keineswegs bei einem Versöhnungsversuch angelangt, sondern bewegt sich im Rahmen seiner Amtspflicht, die Voraussetzungen für die Scheidung nach § 1566 I zu verifizieren. Die Beweggründe, weshalb die eheliche Lebensgemeinschaft von (mindestens) einem Ehegatten abgelehnt wird, darf der Richter im Prinzip nicht erforschen, er muß sich jedoch vom „Getrenntleben" im Sinne des Gesetzes überzeugt haben523. Sonst fehlt nämlich die „hohe Wahrscheinlichkeit", daß die Ehe gescheitert ist, was unwiderlegbar vermutet wird, sofern die gesetzlichen Prämissen erfüllt sind. Das bedeutet ferner, daß der Richter jedenfalls an der Emstlichkeit der Anträge nicht zweifeln darf: Die Parteien sollen persönlich vor Gericht erscheinen und angehört werden; sie können außerdem als Parteien vernommen werden (§ 613 I ZPO), wenn dies zweckdienlich erscheint. Die Beweisaufnahme wird geboten sein, wenn bei der Anhörung der Eindruck entstanden ist, daß ein wahrer Scheidungswille nicht vorhegt, der übereinstimmende Antrag (bzw die Zustimmungserklärung) folglich auf einem Willensmangel beruht 524 oder etwa eine übereilte Scheidung droht: In keinem dieser Fälle vermögen die Antragsschriften - des echten Einverständnisses beraubt - bloß kraft formaler Existenz taugliche Grundlage für die unwiderlegbare Vermutung darzustellen. Eine andere Ansicht läßt sich mE nur vertreten, wenn aus der „unwiderlegbaren Vermutung" eine Fiktion konstruiert wird, aber dafür fehlen die nötigen Anhaltspunkte. Erklärt somit ein Ehegatte zwar, daß er sich der Scheidung widersetzt, seinen Antrag aber nicht zurücknehmen will, so ist das Begehren - entgegen Wolf 25 - unschlüssig. Dasselbe gilt bei einer Erklärung, der Scheidung nichts entgegenzusetzen. Dem Antrag muß vielmehr ausdrücklich 526 zugestimmt527 werden (§ 630 I I 2 ZPO).

523 So ausdrücklich Bergerfurth (FN 64) RZ 106. 524 Siehe beispielsweise Lüke (FN 6) FS Bosch 641: Der Richter müsse insbesondere prüfen, „ob das Einverständnis der Partei mit der Scheidung ohne Zwang und Täuschung abgegeben worden ist." Gleicherweise Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch (FN 47) RZ 7 zu § 1566: Dem Richter obliegt die Prüfung, ob die Zustimmung nicht durch Täuschung, Drohung oder Irrtum zustandekam; sowie Bergerfurth (FN 64) RZ 106. Vgl auch Henrich, Familienrecht, 97, der die richterliche Prüfung darüber verlangt, ob ein wahrer Scheidungswille vorliegt und beide Ehegatten die Folgen ihres Entschlusses richtig einschätzen. 525 MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 15 zu § 1566. 526 So schon BT-Drucks 7/650,112. Die Zustimmung kann nicht durch schlüssiges Verhalten erklärt werden, auch nicht ausnahmsweise, so aber AmtsG Mosbach, 30. 9. 1977, FamRZ 1977, 812. Die ausdrückliche Zustimmung verlangen ua: Bergerfurth (FN 64) RZ 106; wohl auch D. Schwab/D. Schwab (FN 20) II RZ 72, da die Erklärung, der Scheidung nicht entgegenzutreten, seiner Ansicht nach nicht genügt. Ferner MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 25 zu § 1566; Soergel/Siebert/Heintzmann (FN 20) RZ 9 zu § 1566; Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 12 zu § 1566 (die Erklärung müsse „aber immer positiv die Zustimmung zum Ausdruck bringen").

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Außerdem muß das Verfahren bei Aussicht auf Fortsetzung der Ehe ausgesetzt werden 528, äußerstenfalls sind die Anträge - bei mangelnder Zustimmung - abzuweisen.

C. Inhaltskontrolle der Vereinbarungen Die richterliche Kontrollbefugnis ist unterschiedlich intensiv, je nachdem, ob es sich um den „übereinstimmenden Vorschlag" (1) oder um die „Einigimg der Ehegatten" (2) handelt. 1. Der „übereinstimmende Vorschlag" a. Die elterliche Sorge Wie bereits mehrfach betont, ist es die Aufgabe des Richters, über die „elterliche Sorge" zu entscheiden (§ 16711). In Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe hat der Richter zu überlegen, ob das Kindeswohl ein Abweichen vom elterlichen Vorschlag über das Sorgerecht erfordert (§ 1671). Dies vermag er nur bei einer klar formulierten, genügend konkretisierten Vereinbarung. Erfüllt die Regelung diese Mindestanforderungen nicht, dann ist die Prüfung, ob der Vorschlag im Lichte des Kindeswohls nicht unzweckmäßig ist, dem Richter von vornherein nicht möglich. In diesem Fall hat er die Parteien entsprechend anzuleiten bzw sie müssen dem Gericht einen Vorschlag unterbreiten, der den obigen Kriterien entspricht. Eingreifen iS einer abweichenden Entscheidung ist nur bei Gefährdung der Kindesinteressen gestattet529. In Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 2c zu § 1566 wird zwar grundsätzlich die ausdrückliche Zustimmung verlangt, für die Ausnahmesituationen genüge indes schlüssiges Verhalten (unter Berufung auf AmtsG Mosbach, aaO, nicht aber die Erklärung, der Scheidung nicht entgegenzutreten, unter Berufung auf OLG Stuttgart, 22. 12. 1978, NJW 1979, 622). Vgl ganz im Sinne des OLG Stuttgart (aaO) jüngst auch das OLG Zweibrücken, 27. 6.1989, FamRZ 1990,59. Die Zustimmung muß außerdem vorbehaltlos erklärt werden, dh frei von Bedingung und Befristung sein, vgl dazu Beitzke, Personenrechtliche Rechtsgeschäfte. Versuch einer kritischen Bestandsaufnahme, in FS Flume , 324. 527 Dabei ist es unerheblich, ob der zustimmende Ehegatte von sich aus den Antrag gestellt hätte oder nicht (vgl aber MünchKomm/Wolf [FN 10] FN 89 zu RZ 15 zu § 1566, der danach unterscheiden will), denn - wie es in Soergel/Siebert/Heintzmann (FN 20) RZ 9 zu § 1566 heißt -: „Die Zustimmung ist die zweite Form der einverständlichen Scheidung (BT-Drucks 7/650, 214)". 528 Vgl § 614 II ZPO. Zur freien Überzeugung von dieser Aussicht gelangt der Richter auf Grund konkreter Anhaltspunkte. Siehe MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 62 zu § 1564 mwN. 529 Vgl schon oben zu II Ε 1 a. Zum Problem des „gemeinsamen Sorgerechts" siehe insbesondere D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 95 ff.

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Erscheint der Vorschlag unbedenklich und könnte er „inhaltsgleich" in die Entscheidung übernommen werden, hat noch die Kontrolle der „Scheidungsfolgenvereinbarung in toto" zu erfolgen. Dies aus zwei Gründen: Zum einen erlaubt eine Gesamtbetrachtimg die Feststellung, ob die Kindesinteressen insgesamt gewahrt sind und etwa das Kind nicht zum „Tauschobjekt" herabgesetzt wurde oder zum Beispiel die Ausübung des Sorgerechts nicht durch Verzichtsabreden (insbesondere auch durch einen Verzicht auf den Betreuungsunterhalt) in Frage gestellt ist. Zum anderen sind die Kindesinteressen im Lichte der „Kinderschutzklausel" (§ 1568) amtswegig wahrzunehmen (§ 616 I I ZPO) 530 . Bei Anhaltspunkten für eine Vernachlässigung der Kindesinteressen, die nur 531 mit der Aufrechterhaltung der Ehe gewahrt werden können, gehören Ermittlungen, die diese Annahme zu untermauern vermögen, zur richterlichen Amtspflicht. Der Vorschlag muß den gesetzlichen Anforderungen, insbesondere dem aktuellen Kindeswohl532 genügen.

b. Das persönliche Umgangsrecht Die „Regelung des persönlichen Verkehrs des nichtsorgeberechtigten Elternteils mit dem Kinde" bzw die Regelung des persönlichen Umgangsrechtes ist in der Form eines „übereinstimmenden Vorschlages" (§ 630 I 2 ZPO) (zusammen mit der Regelung der elterlichen Sorge) dem Gericht zu präsentieren. Das Gericht trifft über das „Umgangsrecht" allerdings nicht (unbedingt) eine Entscheidung. § 1634 I I bestimmt nämlich, daß das Familiengericht die Befugnis zur Entscheidung hat, ihm freilich nicht die Pflicht dazu obliegt533. Zur gerichtlichen Entscheidung bedarf es im allgemeinen einer Anregung eines Ehegatten (§ 623 III 2 ZPO). Auch hier gilt, daß vom übereinstimmenden Vorschlag der Eltern nur bei Gefährdung des Kindeswohls abgewichen werden soll (§ 1671 III). Das Kontrollkriterium ist maW die Wahrung der Kindesinteressen. Ob die Eltern diesem Erfordernis genügen, kann bloß einem Vorschlag entnommen werden, der ausreichend detailliert ist 534 . Fehlende Informationen haben die Parteien vorzutragen 535. Da nicht unbedingt eine Entscheidung zum Umgangsrecht ergeht und das Gericht eine vom Vorschlag über die elterliche Sorge abweichende Entscheidung treffen kann, hat der Richter die Parteien zu einer eventuellen An530 Vgl oben H D . 531 Die Klausel ist - wie schon zu II D erwähnt - eng auszulegen. „Besondere Gründe" müssen die Aufrechterhaltung der Ehe „ausnahmsweise notwendig" machen. 532 Vgl ebenfalls oben zu III D 3 b. 533 Eine Genehmigung des Vorschlags zum Umgangsrecht sieht das Gesetz nicht vor. 534 Vgl supra II Ε 1 b. 535 Die Verweigerung einer Antwort unterliegt der freien Beweiswürdigung des Richters.

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passung ihres (Rest-)Vorschlages anzuleiten und insbesondere darauf zu achten, daß der modifizierte Vorschlag den übereinstimmenden Willen der Eltern reflektiert. Im übrigen wird die „Gesamtschau" der Scheidungsfolgenvereinbarung sowie die Beachtung des § 1568 hier im gleichen Ausmaß vonnöten sein. Angesichts der Tatsache, daß das Umgangsrecht im täglichen Leben regelmäßig zum Zankapfel wird, ist über die inhaltliche Vollständigkeit hinaus auch die Zweckmäßigkeit der Regelung zu prüfen: Sie muß im Interesse des Kindes erfolgen 536.

2. Die „Einigung der Ehegatten" Für die Inhaltskontrolle ist danach näher zu unterscheiden, ob es sich um die „Regelung der Unterhaltspflicht gegenüber einem Kinde" (Kindesunterhalt) (a), „die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht" (Ehegattenunterhalt) (b) oder um die „Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat" (Ehewohnung und Hausrat) (c) handelt.

a. Kindesunterhalt Die Grenzen der Privatautonomie hinsichtlich der Regelung des Kindesunterhalts sind eingeschränkt. § 1614 I stellt zwingendes Recht dar: „Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden." Überdies steht dem Kind ein angemessener Unterhalt im Sinne des § 1610 I zu. Unterschreitet der in der Einigung vereinbarte Unterhalt die Angemessenheitsgrenze, dann liegt Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot vor (§ 134)537. Die „Inhaltskontrolle" durch den Richter versteht sich hier als umfassende Prüfungspflicht des Richters: Er hat darauf zu achten, daß die Unterhaltsregelung gesetzeskonform, dh im Einklang mit dem Kindeswohl im allgemeinen (und den materiellrechtlichen Vorgaben bzgl Angemessenheit und Verzichtsschranken) gestaltet ist. Die Vereinbarung muß vollständig sein. Das ist bei einem sogenannten „Freistellungsvertrag" 538 mE nicht der Fall. Vielmehr bedarf es einer Einigung über den Kindesunterhalt, dh über den Anspruch des Kindes, widrigenfalls § 630 1 3 ZPO nicht entsprochen wird.

536 Siehe auch oben III D 1 b. Zur Problematik beim gemeinsamen Sorgerecht vor allem D. Schwab/D. Schwab (FN 20) III RZ 113 f, 205. 537 Siehe etwa Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 2 zu § 1614 und Göppinger (FN 92) RZ 579; im übrigen supra zu II E 2 a. 538 Dazu oben III E 1.

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Der Betreuungsunterhalt (§ 1570) zählt nach der Gesetzessystematik zum „Ehegattenunterhalt". Dies zu Umecht539: Er gebührt im Interesse des Kindes. Die hM erlaubt den Verzicht auf den Anspruch nach § 1570. Zur Prüfungspflicht des Richters gehört dann zweifellos, ob die Kindesinteressen auf Grund der Verzichtsabrede nicht gefährdet werden. Nach richtiger Auffassung ist ein solcher Verzicht indes unwirksam. Wohl kann vereinbart werden, daß (derzeit) kein Betreuungsunterhalt gebührt. Aber auch diese Abrede ist zu verwerfen, wenn sie das Kindeswohl gefährdet. Im übrigen bedarf vor allem die Verknüpfung des Unterhaltsanspruchs (bzw der Unterhaltshöhe) mit anderen Vereinbarungsteilen besonderer Aufmerksamkeit. Die allfällige Nichtigkeit der Regelung über den Kindesunterhalt erstreckt sich unter Umständen auf die Restvereinbarung (§ 139), was wie Folgeverfahren illustrieren 540 - tunlichst im laufenden Scheidungsprozeß abzuklären ist.

b. Ehegattenunterhalt Das Unterhaltsrecht ist dispositives Recht. Die Ehegatten können daher innerhalb der Schranken, die ihnen die Rechtsgeschäftslehre zuweist, ./rei disponieren. Dem Richter obliegt die Prüfung einer allfälligen Sittenwidrigkeit (§ 138), die sich auch aus dem Gesamtzusammenhang ergeben kann. Hält er die „Vereinbarung" für rechtswidrig, dann darf er dem Antrag gemäß (§ 15651 iVm) § 15661 nicht stattgeben. Der Verzicht auf den nachehelichen Unterhalt ist grundsätzlich zulässig. In diesem ist eine „stärkere Wirksamkeitskontrolle" imbedingt geboten541. Dabei ist zu beachten, daß die Finalität des Verzichts das Schicksal der Vereinbarung bestimmen wird. Wurde beispielsweise im Hinblick auf eine - in casu wegen Formverstoßes nichtige - Zugewinnausgleichsregelung auf den Unterhalt verzichtet, so zieht die Unwirksamkeit der Ausgleichsregelung auch die Unwirksamkeit des Unterhaltsverzichts nach sich542. Um Folgestreitigkeiten hintanzuhalten, ist die Unterhaltsverzichtserklärung jedenfalls insoweit auszuführen, als aus ihr hervorgeht, inwieweit und in

539 Siehe schon die Ausführungen zu III E 2 a. 540 Vgl insbesondere III E. 541 Siehe auch D. Schwab/Borth (FN 151) IV RZ 908. 542 OLG Hamburg, 9.10.1984 (FN 251) aaO. Zu den diversen Verzichtsverträgen im einzelnen oben III E 2.

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welchem Ausmaß auf den Unterhalt verzichtet wird 543 . Der Richter hat hierauf - im Sinne einer wohlverstandenen Prozeßökonomie - zu beharren.

c. Ehewohnung und Hausrat Der „Einigung" der Ehegatten über die „Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und im Hausrat" bedarf es freilich nur für den Fall, daß diese noch nicht abgeklärt sind. Manche Autoren sind der Auffassung, daß die schlichte „Erledigungserklärung" genügt544. Dem Richter ist es aber in einem solchen Fall nicht verwehrt, sich nach der konkreten Aufteilung zu erkundigen. Sind Kinder vorhanden, dann muß er aus Gründen des Kindeswohles über das Schicksal der Ehewohnung und des Hausrats Informationen einholen und gegebenenfalls den Ausspruch der Scheidung verweigern. Er wird insbesondere die mit der Aufteilung der Ehewohnung und des Hausrats verbundenen Interessen Dritter auszuloten haben, widrigenfalls er die Wirksamkeit der nach § 630 I Nr 3 ZPO geforderten Einigung gar nicht beurteilen kann: zum Beispiel unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sachen, eine allfällige Zustimmung des Vermieters, Grundstückseigentümers usw. Gerade diese Schwierigkeiten sollen in der Praxis sehr häufig die Unwirksamkeit der Einigung bedingen545. Es ist strittig, ob die (im Innenverhältnis erfolgte) Einigung der Ehegatten über Ehewohnung und Hausrat den Anforderungen von § 630 I 3 ZPO genügt. Allfällige Zustimmungen Dritter sind erforderlich 546, will die Vereinbarung nicht nur zwischen den Ehegatten wirksam sein. Wenngleich die mögliche Verfahrensverzögerung nicht verkannt wird, ist trotzdem zunächst auf der Wirksamkeit der Einigung im Außenverhältnis zu beharren und ein vollstreckbarer Schuldtitel (§630 III ZPO) herbeizuführen 547. Die Scheidungsfolgenvereinbarung stellt das „Scheidungspaket" dar und ist materiellrechtliche Voraussetzung zur Scheidung nach (§ 1565 I iVm) § 1566 I. Deshalb ist es besonders wichtig, daß die Ehegatten sich - unter Bedachtnahme auf eventuelle Widersprüche dritter Personen - so einigen, daß die Scheidungsfolgenvereinbarung nicht bloß teilweise wirksam ist 548 . 543 Vgl etwa Göppinger (FN 92) RZ 303 ff. Bei diesen Verzichtserklärungen erübrigt sich ein vollstreckbarer Schuldtitel. 544 So zum Beispiel Zöller/Philippi (FN 49) RZ 12 zu § 630 ZPO mwN. 545 Müller-Alten (FN 56) 236. Ob die Statistik wirklich repräsentativen Wert hat, muß dahingestellt bleiben. 546 Nach der sogenannten „Hausratsverordnung" (FN 170) ist dieser Personenkreis am Verfahren zu beteiligen. 547 Anderer Ansicht ua MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 45,52,56 zu § 1566. 548 Denn wem die Wohnung zugewiesen wird, kann für die Ausübung des Sorgerechts oder für sonstige Fragen wirtschaftlicher Natur von grundlegender Bedeutung sein. Die Parallele zum Versorgungsausgleich oder zu Ansprüchen aus dem ehelichen Güterrecht, die

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Das Gericht soll die Parteien bei der Anpassung bzw allfälligen Änderung der Vereinbarung im Blick auf mögliche Unwirksamkeitsgründe entsprechend anleiten549. D. Entscheidungsverbund550 Der Verbund impliziert die Konzentration aller Folgesachen, für die das Familiengericht zuständig ist, beim Ehegericht. § 6211 ZPO 551 zählt die Folgesachen auf; im Zusammenhang mit der einverständlichen Scheidung gemäß (§ 1565 I iVm) § 1566 I sind die ,Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, auch wenn Dritte am Verfahren beteiligt sind" (§ 6211 8 ZPO), und „Verfahren nach den §§ 1382 und 1383 des Bürgerlichen Gesetzbuches" (§ 621 I 9 ZPO) vom notwendigen Verbund ausgeschlossen. Zur Entscheidung dieser Fragen im Zuge des Scheidungsverfahrens ist ein entsprechender Antrag nötig. Der notwendige Verbund führt zur ausschließlichen Zuständigkeit des Familiengerichtes (§ 621 I I ZPO), das von Amts wegen tätig wird. Gemäß § 623 I ZPO ist über die Folgesachen gleichzeitig und zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und, sofern dem Scheidungsantrag stattgegeben wird, zu entscheiden. Nach § 623 III ZPO bedarf es für die Regelung der elterlichen Sorge über ein gemeinschaftliches Kind und für die Durchführung des Versorgungsausgleichs in den Fällen des § 1587b (öffentlichrechtlicher Versorgungsausgleich) keines Antrags. Wohl aber ist § 630 ZPO zu beachten, der - in Ergänzung zum (allgemeinen) Verbund den Vorschlag der Ehegatten zum Sorge- und Umgangsrecht verlangt. Das Scheidungsurteil kann allerdings vor der Entscheidung über die Folgesachen ergehen (§628 ZPO). Die Vorabentscheidung ist möglich, wenn über die Folgesachen nach § 6211 6 oder 8 ZPO 552 vor der Eheauflösung keine Entscheidung gefällt werden kann, wenn über den Versorgungsausgleich ein Verfahren bei einem anderen Gericht anhängig ist (§ 628 I 2 ZPO) oder wenn die gleichzeitige Entscheidung über die Folgesachen den Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, daß der Auf-

ais Folgesachen gemäß § 628 ZPO abgetrennt werden können (vgl MünchKomm/Wolf [FN 10] RZ 56 zu § 1566), greift nicht: Hierüber müssen sich die Ehegatten nach § 630 I bzw III ZPO nicht einigen. 549 Siehe ua Rolland (FN 10) RZ 3b zu § 630 ZPO; Baumbach/ Lauterbach/ Albers/ Hartmann (FN 38) Anm 2B zu § 630 ZPO; AK-BGB/Lange-Klein (FN 21) RZ 7 zu § 1566; Johannsen/Henrich/Sedemund- Treiber (FN 142) RZ 12 zu § 630 ZPO und MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 14 zu § 1566. 550 Ausführlich D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 363 ff; im übrigen ua Hagena (FN 1) aaO; Κ Η. Schwab (FN 6) ibid; Schellhammer/Söhnen, Zivilprozeß, 801 ff. 551 Text in FN 89. 552 Versorgungsausgleich bzw Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht.

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schub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde (§ 628 1 3 ZPO). Zum Verbund gehören deshalb (§§ 6211 1-9 iVm 630 I 2 und 3 ZPO) die Regelung der elterlichen Sorge und des Umgangsrechtes, die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil, der Kindes- und Ehegattenunterhalt, der Versorgungsausgleich, die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat sowie auf Antrag (sogenannter freiwilliger oder gewillkürter Verbund) Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht und Verfahren nach §§ 1382f (Ausgleichsforderungen). Die Diskussion um die Anwendbarkeit von § 630 ZPO auf andere Scheidungsvarianten als § 1566 I gewinnt hier neuerlich an Bedeutung553. Wer § 630 ZPO auf alle Scheidungstatbestände ausdehnt, erstreckt zugleich den Verbund. An Relevanz gewinnt ebenfalls die Qualifikation der Voraussetzungen gemäß § 630 I 2 und 3 ZPO 554 . Als materiellrechtliche Voraussetzungen zur einverständlichen Scheidung untermauern sie gleichsam die unwiderlegbare Vermutimg des § 1566 I. Aus diesem Grunde wurde die Anordnung zur Herbeiführung eines vollstreckbaren Schuldtitels (§630 III ZPO) als Muß-Vorschrift bezeichnet555. Das wirkt sich auf die Auslegung des § 628 ZPO, der die Möglichkeit zur Abtrennung der Folgesachen von der Scheidungssache vorsieht, aus. Zusammen mit § 627 ZPO, wonach über die Regelung der elterlichen Sorge vorweg zu entscheiden ist, wenn das Gericht vom übereinstimmenden Vorschlag der Ehegatten abweichen will, stellt § 628 ZPO eine Ausnahme von der Entscheidungskonzentration (bzw vom Verbundverfahren) dar. Über andere Folgesachen und die Scheidungssache wird erst nach Rechtskraft des Beschlusses (über die Regelung der elterlichen Sorge) entschieden (§ 627 I I ZPO). Das ist einleuchtend, denn die gerichtliche Regelung der elterlichen Sorge mag wegen der Verzahnung der Scheidungsfolgen eine Anpassung der Vereinbarung nahelegen556. Die Abtrennung des Versorgungsausgleichs und der ehegüterrechtlichen Fragen begegnet geringeren Bedenken, hat doch das Gericht die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich zu genehmigen bzw mangels einer Vereinbarung hierüber zu entscheiden. Gleiches gilt für den Zugewinnausgleich. Für diese Sachbereiche verlangt das Gesetz nämlich keine Einigung als Scheidungsvoraussetzung nach (§ 15651 iVm) 1566 I. Sehr wohl setzt § 630 I 3 und III ZPO die Einigung und den vollstreckbaren Schuldtitel über den Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt und die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat voraus. Diesbezüglich ist die Abtrennungsmöglichkeit (§ 628 ZPO) zu verneinen557. Abgesehen 553 Vgl die Auseinandersetzung oben I C. 554 Dazu I B 2. 555 Siehe III Β 2.

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von den obigen Überlegungen ist noch zu bedenken: Insbesondere die in § 628 I 3 ZPO vorgesehene Generalklausel, die für alle Folgesachen gilt, kommt zur Begründung der Abtrennung in Betracht. Als Ausnahmevorschrift ist sie indes eng auszulegen. Die Berücksichtigung des in § 63012 und 3 ZPO festgelegten notwendigen Verbundes für die einverständliche Scheidung, die die grundlegendsten Ansprüche, so insbesondere den Unterhalt, das Sorgerecht (somit auch den Umgang) und damit (jedenfalls wirtschaftlich zuammenhängend) die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat einheitlich558 geregelt sehen will, vertieft den Ausnahmecharakter der Generalklausel und schließt deren Anwendbarkeit im Zusammenhang mit der einverständlichen Scheidung aus.

E. Zusammenfassung § 630 I ZPO stellt für die Scheidung nach (§ 1565 I iVm) § 1566 I zusätzliche, § 622 ZPO ergänzende Voraussetzungen auf. Es ist strittig, ob diese die Zulässigkeit oder die Begründetheit des Antrags betreffen. Letzteres ist mE zutreffend 559. Auch über die Frage, ob der „übereinstimmende Vorschlag" und die „Einigung der Ehegatten" in der Antragsschrift anzukündigen oder diese gleich vorzulegen sind, herrscht Uneinigkeit560. Die Scheidungsfolgenvereinbarung muß mE mit dem Antrag eingereicht werden, wobei es sinnvoll ist, von der Möglichkeit der Ergänzung bzw bei Mangelhaftigkeit der Schriftsätze von der Korrektur- und Anpassungsmöglichkeit im laufenden Verfahren auszugehen. Umstritten ist schließlich, ob es bezüglich der Voraussetzungen gemäß § 630 I 3 ZPO eines „vollstreckbaren Schuldtitels" bedarf 561. Steht das wirksame Einverständnis der Ehegatten über die Auflösung der Ehe und die wesentlichen Scheidungsfolgen außer Streit, dann ist das Ziel des Gesetzgebers, eine „globale Erledigung" anzustreben, erreicht. Die Regelung des § 630 III ist eine Muß-Vorschrift. Die Scheidungswilligen müssen sämtliche Scheidungsfolgen deutlich vor Augen haben, nur so ist der Rechtsschutz sämtlicher Beteiligten gewährleistet.

556 Zur Verflochtenheit der Folgesachen jüngst Roth, Vernetzte Prozeßmaximen im familiengerichtlichen Verbundverfahren, ZZP 103 (1990), 13f. 557 Entschieden anderer Meinung MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 56 zu § 1566. Wie hier: Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber (FN 142) RZ 18 zu § 630 ZPO; Soergel/Siebert/Heintzmann (FN 20) RZ 20 f zu § 1566. 558 Vgl beispielsweise OLG Stuttgart, 17.4.1984 (FN 480) 808 zur Erörterung der Gesamtnichtigkeit (§ 139), wofür nicht nur die Erfassung aller Scheidungsfolgen in einer einheitlichen Urkunde, sondern insbesondere die „enge Zusammenfassung" der Scheidungsfolgen durch das mit dem 1. EheRG geschaffene Verbundverfahren, spreche. 559 Zur Diskussion supra I Β 2. 560 Siehe oben zu III B. 561 Supra III Β 2.

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Die Zerrüttungsprüfunif 62 ist bei der „einverständlichen Scheidung" auf ein Minimum reduziert: Die Ernsthaftigkeit der Anträge und das Getrenntleben (iSd § 15671), kurzum die Voraussetzungen des § 1566 I sind vom Richter einer Prüfung, die sozusagen eine ^eriositätskontrolle" darstellt, zu unterziehen. Die Inhaltskontrolle der Vereinbarungen 563 reicht von einer echten Entscheidungspflicht des Richters bis zu einer (bloßen) Gesetzmäßigkeitsprüfung. MaW im Falle der elterlichen Sorge hat das Gericht (unter Berücksichtigung des „übereinstimmenden Vorschlages" im bereits besprochenen Sinne) selbst zu entscheiden (§ 1671 I und III); in bezug auf das persönliche Umgangsrecht räumt das Gesetz dem Gericht eine Entscheidungsbefugnis ein (§ 1634 II). Beide Vorschläge bedürfen somit einer eingehenden Inhaltskontrolle zur Wahrung des Kindeswohles. Dasselbe gilt für den von der „Einigung der Ehegatten" erfaßten Kindes- und Betreuungsunterhalt (vgl §§ 1610 1,1614 I; 1570): hier ist eine umfassende Prüfungspflicht des Richters vorausgesetzt. Die Rechtslage ist indes anders hinsichtlich des Ehegattenunterhalts 564: Innerhalb der Grenzen, die für jedes Rechtsgeschäft gezogen sind, können die Ehegatten die Höhe, Dauer und sonstige Modalitäten vertraglich frei festlegen. Dem Richter obliegt eine Gesetzmäßigkeits- bzw Wirksamkeitsprüfung und bei Verzichtsabreden eine verstärkte Kontrolle der Vereinbarung als einheitliches Rechtsgeschäft. Bei der Einigung über die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat ist zu unterscheiden: Eine sogenannte „Erledigungserklärung" ist zwar zulässig, aber für den Richter nicht verbindlich. Alleine schon im Lichte des Kindeswohles ist es ihm gestattet, die konkrete Aufteilung zu erfragen. Darüber hinaus obliegt dem Gericht bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte im Verfahren die Klarstellung allfälliger Ansprüche dritter Personen, die bei Bedarf als Beteiligte beizuziehen sind. Nur unter diesen Voraussetzungen liegt eine wirksame Vereinbarung, die den gesetzlich geforderten Scheidungsvoraussetzungen genügt, vor. Der Entscheidungsverbund 565 will bei der einverständlichen Scheidung die ganzheitliche Regelung der Scheidungsfolgen gewährleisten. Daran ist im Blick auf die materiellrechtliche Natur der Scheidungsvoraussetzungen (§ 630 I 2 und 3 ZPO), die Grundlage für die unwiderlegbare Vermutung und damit für den Scheidungsausspruch selbst sind, sowie auf § 630 III ZPO und die streitverhindernde Funktion der Vereinbarung als „Scheidungspaket" festzuhalten.

562 Vgl IV B. 563 VgirV'C. 564 Vorbehaltlich der Einigung über den Betreuungsunterhalt. 565 Vgl zu IV D.

V. Widerruf des Einverständnisses Da der Stellenwert des „wahren Einverständnisses" insbesondere bei der „einverständlichen Scheidung" zutage tritt, gewinnen der Widerruf und dessen Modalitäten naturgemäß an Bedeutimg. Zwei Formen des Einverständnisses zur Scheidung sind möglich, nämlich der Scheidungsantrag selbst (A) und die Zustimmungserklärung) (B). A· DerScheidungsantrag 566 Die Rücknahme des Scheidungsantrags ist ohne Einwilligung des Antragsgegners nur bis zu Beginn der mündlichen Verhandlung möglich (§ 629 I ZPO); die spätere Rücknahme bedarf der Zustimmung des anderen Ehegatten. Die Rücknahme des Scheidungsantrags bewirkt, daß nach § 269 III ZPO der Rechtsstreit nicht anhängig geworden ist und die Regelung der Folgesachen wirkungslos wird. Eine solche Rücknahme schließt den Widerruf des Einverständnisses mit ein. Liegen zwei Scheidungsanträge, die ja prozessual als selbständige Begehren zu behandeln sind, vor, so bezieht sich die Rücknahme eines Scheidungsantrags nicht auf den anderen. Dieser Antrag bleibt aufrecht. In einem solchen Falle kommt zwar eine Scheidung gemäß (§ 1565 I iVm) § 1566 I nicht mehr in Betracht, wohl aber die Auflösung der Ehe nach einem anderen, dh „streitigen" Tatbestand. Umstritten ist, ob die im Antrag enthaltene (materiellrechtliche 567) Erklärung eine einverständliche Scheidung anzustreben (in Analogie zur Zustimmungserklärung 568) auch widerrufen werden kann. Da der Antrag prozessual besehen ohne Einwilligung des anderen Ehegatten nicht mehr zurückgenommen werden kann, stünde einem stattgebenden Urteil diesfalls die mangelnde Schlüssigkeit des Vorbringens im Wege569. Schon die Prozeßökonomie legt die Zulässigkeit eines Widerrufs (§630 I I ZPO per analogiam) - somit ohne Einwilligung des Antragsgegners - nahe570.

566 Zur Antragsrücknahme siehe ausführlich D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ438ff mwN; MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 20 zu § 1566 mwN. 567 Vgl oben H C l . 568 Dazu gleich V B. 569 Ganz anders MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 20 zu § 1566. 570 Wem die Kosten schließlich auferlegt werden, ist eine andere Frage.

V. Widerruf des Einverständnisses

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Einige Autoren 571 sprechen sich indes gegen die analoge Anwendung von § 630 I I ZPO aus. Wolf m deshalb, weil der Zustimmung zur Scheidung eine Sonderstellung zukomme: Sie kann ohne Anwaltszwang erklärt werden und ist nicht prozeßauslösend. Für zulässig hält er aber den Verzicht auf den Antrag (§ 306 ZPO). Anders als die Rücknahme entfaltet das - auf Antrag ergehende - abweisende Urteil materielle Rechtskraftwirkungen, die einem neuen Antrag (mit gleichem Anspruch) entgegenstehen573. Gernhuber 574 erblickt im Scheidungskonsens ein bloßes „Faktum ohne rechtliche Relevanz", weil es keinen „actus contrarius" zur Eheschließung gibt. Die Argumentation vermag in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen, vernachlässigt sie dabei doch die auf die Scheidung gerichtete materielle Willenserklärung, die auch im Antrag enthalten ist. Überdies wird dem Substrat der Scheidimg nach (§ 1565 I iVm) § 1566 I insoferne ein wichtiger Teilaspekt genommen, als die „unwiderlegbare Vermutung" - durch die Leugnung des materiellen Scheidungswillens im Antrag und dessen Reduktion auf eine reine Prozeßhandlung - zur Fiktion umgestaltet wird. Ein Ergebnis, das Gernhuber unmöglich begrüßen kann. Für die Zulässigkeit des Widerrufs des Einvernehmens durch den Antragsteller sprechen insbesondere eheerhaltende Überlegungen575: Von der Einwilligung des Antragsgegners darf der Widerruf - entgegen § 269 für die Klagsrücknahme - nicht abhängen576. Wenn nämlich die Zustimmung zur Scheidung widerrufen werden darf, so ist kein zwingender Grund ersichtlich, weshalb nicht auch der (gemeinsame) Antrag rückgängig gemacht sein soll. Denn dieser wird ja vom Einverständnis der Ehegatten getragen, hegt das Einvernehmen nicht (mehr) vor, dann darf nach (§ 1565 I iVm) § 1566 I gar nicht geschieden werden. Die Erklärung der Antragsrücknahme ist Prozeßhandlung und als solche nicht anfechtbar 577. Einem neuen Antrag steht freilich nichts im Wege. Sehr schwierig ist indes die Beurteilung, welche Rechtswirkungen die Antragsrücknahme (bzw der Widerruf des Einvernehmens) auf die Scheidungsfolgenvereinbarung zeitigt. Im Zweifel wird die Vereinbarung für den Fall 571 So ua Rolland (FN 10) RZ 4 zu § 630 ZPO. 572 MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 20 zu § 1566. Der Verzicht auf den Scheidungsausspruch ist auch in der Berufungsinstanz zulässig, vgl OLG Karlsruhe, 24.4.1980 (FN 163) aaO; aber nur zur Erhaltung der Ehe, vgl BGH 26.11.1986, FamRZ 1987, 264 (Bosch). 573 Interessant, aber hier zu weit führend, ist das Problem der Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft (und der Streitgegenstandslehren). Siehe auch oben I B. Nach MünchKomm/Wolf - wie zu FN 572 - fehle nunmehr das Rechtsschutzinteresse, sodaß ein Sachurteil nicht mehr ergehen kann. 574 Gernhuber (FN 22) § 27 III 4. 575 Stein/Jonas/Schlosser (FN 26) RZ 10 zu § 630 ZPO. 576 Zöüer/Philippi (FN 49) RZ 10 zu § 630 ZPO meint, daß die Frage, ob es der Einwilligung des Antragsgegners bedarf, nicht entscheidend ist, sondern vielmehr, daß der Antragsteller seinen Scheidungsantrag nicht aufrecht erhält. 577 Thomas/Putzo (FN 49) Anm 3 zu § 269 ZPO.

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der einverständlichen Scheidung getroffen. Ist das der Fall, dann ist ihre Wirkung bedingt für die rechtskräftige Scheidung nach (§ 15651 iVm) § 15661. Bei anderen Vereinbarungen ist die Rechtslage indes fraglich. Erinnert sei an die „Sondervereinbarungen" 578, die regelmäßig in der Form eines Ehevertrages nach § 1408 geschlossen werden. Die Rücknahme des Antrags, der innerhalb der Sperrfrist (§ 1408 II) eingebracht wurde, läßt die Wirkimg des Ehevertrages Wiederaufleben 579; der im Ehevertrag vereinbarte Ausschluß des Versorgungsausgleichs ist dann bis zum ungenutzten Ablauf der Frist schwebend unwirksam 580. Maurer, der das Fehlen der nötigen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dieser Lösung beklagt, sieht das anders581. Im Gegensatz zu anderen Autoren 582 hält er nämlich die Vereinbarung für unwirksam, sie könne daher nicht bei Wegfall des Unwirksamkeitsgrundes (Antragsrücknahme) auf ungeklärte Weise „ohne weiteres ihre ehemalige Wirksamkeit wieder erlangen" 583. Bei Unwirksamkeit der Vereinbarung (gemäß § 1408 II) wird ihre Umdeutung in eine solche „für den Fall der Scheidung" gegen den Willen eines Ehegatten zu Recht abgelehnt584. Gaul begründet dies damit, daß dem benachteiligten Ehegatten sonst die durch § 1408 I I gebotene Möglichkeit genommen würde, eine neue Willensentscheidung zu treffen. Die Ehegatten können sich der Regelung jedoch freiwillig unterwerfen 585. Die während eines bereits anhängigen Scheidungsverfahrens getroffene Vereinbarung kann unter Umständen nach § 1587o genehmigt werden, wenn sie den gesetzlichen Anforderungen entspricht586. Von vornherein unwirksame Eheverträge 587 erlangen durch die Antragsrücknahme aber keine Gültigkeit 588 . Die bereits ergangenen (allenfalls rechtskräftigen) Entscheidungen in

578 Oben III E. 579 Vgl grundsätzlich BGH 14.5.1986 (FN 263) ibidem; BGH 17.10.1984 (FN 262) aaO und dazu auch die Kritik von F.W.B, an den Gesetzgeber, in seiner Anm zur Entscheidung, FamRZ 1985, 48. Vgl im übrigen auch Gernhuber (FN 22) § 28 II 9; Gaul (FN 441) 1137; Soergel/Siebert/Gaul (FN 267) RZ 51 zu § 1408 mwN und D. Schwab/Hahne (FN 249) V I RZ 288. 580 So auch Böhmer (FN 263) aaO; Soergel/Siebert/Gaul (FN 267) RZ 54 zu § 1408, wonach § 1408 II eine Rechtsbedingung enthält. 581 D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 429 f. 582 Siehe zu FN 580. 583 Wie zu FN 581 mwN. 584 So ua MünchKomm/Strobel (FN 440) RZ 21 zu § 1587o; OLG Koblenz, 6.4.1981, FamRZ 1981, 902 (Anm). 585 Soergel/Siebert/Gaul (FN 267) RZ 28 zu § 1408. 586 So BGH 4. 2.1987 (FN 445) aaO. 587 Solche, die bei Rechtshängigkeit der Scheidungssache geschlossen werden, vgl BGH 4. 2.1987 (FN 445) aaO. 588 Vgl Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 3 b dd zu § 1408.

V. Widerruf des Einverständnisses

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bezug auf Folgesachen sind im Falle der Antragsrücknahme gegenstandslos (§§ 6261 iVm 269 III 1 ZPO) 589 .

B. Die Zustimmungserklärung) Der Widerruf der Zustimmimg ist in § 630 I I ZPO ausdrücklich gestattet: „Die Zustimmung zur Scheidung kann bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, widerrufen werden.

(··.)-

Diese Regelung ist in favorem matrimonii statuiert 590. Der Widerruf der Zustimmungserklärung) ist ebenso wie die Zustimmung selbst sowohl materiellrechtliche Willenserklärung wie Prozeßhandlunf\ Anders als bei der Rücknahme des Antrags wird das Verfahren bei (bloßem) Widerruf der Zustimmung zur einverständlichen Scheidung fortgeführt. Bleibt der Antrag aufrecht und wurde nur die „Zustimmung" zur einverständlichen Scheidung widerrufen, dann sind die Voraussetzungen einer „streitigen" Scheidung zu prüfen. Die Form der Widerrufserklärung ist umstritten: Wie die Zustimmung selbst, wird sie jedenfalls ausdrücklich erfolgen müssen. Passivität darf weder in diesem noch in jenem Fall als Zustimmung (bzw Widerruf) gedeutet werden. Ist der Widerruf formgerecht erfolgt, steht der Erneuerung der Zustimmung im laufenden Verfahren nichts im Wege592. Von der Mitwirkung bei der Scheidungsfolgenvereinbarung darf auf die Zustimmung zur Scheidung nicht geschlossen werden 593. Widerruf der Zustimmung und kooperative Haltung hinsichtlich der Scheidungsfolgen müßten dem Richter ebenso zu denken geben594. Laut § 630 I I ZPO können Zustimmung und Widerruf zu Protokoll der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts erklärt werden 595. Ob dies in einem Schriftsatz, wie es Damrau vor-

589 Näheres bei D. Schwab/Maurer (FN 49) I RZ 432. 590 Die gleichen Überlegungen, wie sie supra zum (gemeinsamen) Scheidungsantrag angestellt wurden, sind im selben Maß relevant. 591 Vgl oben II C 2. 592 Vgl Thomas/Putzo (FN 49) Anm 3 zu § 630 ZPO. 593 So aber AmtsG Mosbach, 30. 9.1977 (FN 526) aaO. 594 Dasselbe gilt bei einer Erklärung, dem Scheidungsbegehren nicht entgegenzutreten. Dazu schon oben IV B. 595 HL und Rspr bejahen zu Recht die Möglichkeit des Widerruß in der Rechtsmittelinstanz: Vgl Bergerfurth (FN 64) RZ 106 mwN FN 18 und Zöller/Philippi (FN 49) RZ 9 zu § 630 ZPO; Göppinger (FN 92) RZ 35. Siehe im übrigen BGH 11.1.1984 (FN 155) aaO.

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schlägt396, auch zulässig ist, scheint nur dann richtig, wenn der Richter sich von der Ernsthaftigkeit des Anliegens (Zustimmung bzw Widerruf) persönlich überzeugen kann597. Die Widerrufsmöglichkeit dient der Erhaltung der Ehe. Nach hM kann dem Widerruf der Zustimmung der Einwand des Rechtsmißbrauchs nicht entgegengehalten werden 598. Ist die „Einigung der Ehegatten" gemäß § 630 I 3 ZPO in der Form eines Prozeßvergleichs und zwar für den Fall der einverständlichen Scheidung abgeschlossen worden, dann hängt sein Bestand vom Eintritt dieser aufschiebenden Bedingung ab. Der Widerruf der Zustimmungserklärung) zur Scheidung wird deshalb die Scheidungsfolgenvereinbarung mitumfassen 599. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch den Widerruf die Geschäftsgrundlage wegfällt 600. Ein einseitiger Widerruf, der sich bloß auf die Vereinbarung iSd § 630 I 3 ZPO bezieht, ist nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre nicht zulässig.

596 Damrau (FN 6) NJW 1977,1169. 597 Wie Damrau auch Thomas/Putzo (FN 49) Anm 3a zu §630 ZPO und Bergerfurth (FN 64) FN 17 zu RZ 106. 598 Siehe MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 29 zu § 1566 mwN. Anders die Lage beim Verzicht auf den Scheidungsantrag in der Berufungsinstanz, dazu FN 572. 599 Dazu AmtsG Berlin-Charlottenburg, 23. 3.1981 (FN 156) aaO. Siehe außerdem Zöller/ Philippi (FN 49) RZ 11 zu § 630 ZPO. 600 Vgl OLG Hamburg,, 4.5.1981 (FN 500) aaO; AmtsG Berlin-Charlottenburg, 23. 3.1981 (FN 156) aaO. Im übrigen Göppinger (FN 92) RZ 52, MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 30 zu § 1566 und FN 131 mwN sowie vor allem infra V I C.

VI. Anfechtung des Scheidungsurteils und der vereinbarten Scheidungsfolgen A. Einleitung In diesem Kapitel sollen nicht alle denkbaren Anfechtungsgründe materieller und formeller Art untersucht werden. Vielmehr wird danach gefragt, welche Mittel den Parteien zur Verfügung stehen, die Scheidimg selbst - sowohl vor wie nach Eintritt der Rechtskraft - zu verhindern, vom „übereinstimmenden Vorschlag" abzusehen, die Änderung einer Entscheidung über die Folgesachen zu bewirken, die „Einigung" zu beseitigen und den vollstreckbaren Schuldtitel anzugreifen, wenn das Einvernehmen über die Eheauflösung, die Zustimmung zur Scheidung oder die Vereinbarung über die Scheidungsfolgen bloß von einer „verdünnten" Willensbildung getragen oder sittenwidrig erschlichen war. Die mangelhafte Willensbildung nimmt nicht stets den Charakter eines echten, im übrigen schwer nachweisbaren Willensmangels an. Oft ist der Nachweis einfacher, daß die Vereinbarung oder Teile von ihr wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138) ( was unter Umständen zur Gesamtnichtigkeit gemäß § 139 führt) nichtig seien oder daß die Berufung auf das Recht rechtsmißbräuchlich (§ 242) sei. In allen diesen Fällen scheint sich die Prüfung eines Anfechtungstatbestandes gegründet auf Willensmängel (§§ 119,123) zu erübrigen. Zunächst ist zu fragen, inwieweit Restitutionsgründe bereits in der Revisionsinstanz maßgeblich sind (unten 1), materielle Anfechtungsgründe bei der Restitution geltend gemacht werden können (zu 2), der Prozeßvergleich und die notarielle Urkunde einer materiellrechtlichen Anfechtung zugänglich sind (unten 3), um anschließend auf die Anfechtbarkeit des Scheidungsurteils (Statusurteils, Β 1 und der Folgesachen, Β 2) und der vereinbarten Scheidungsfolgen (infra C) einzugehen.

1. Maßgeblichkeit von Restitutionsgründen

in der Revisionsinstanz

Insbesondere aus prozeßökonomischen Erwägungen wird durchaus judiziert 601 und dafür plädiert 602, Wiederaufnahmsgründe in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen, weil nicht „sehenden Auges" ein unrichtiges Urteil gefällt werden soll, zu dessen Richtigstellung nach Rechtskraft das außerordentliche Rechtsmittel der Wiederaufnahme bemüht werden muß. 601 Zuletzt BGH 25.4.1988, NJW 1988,3094 mwN (Anm). 602 Thomas/Putzo (FN 49) Anm 4d zu § 561 ZPO sowie Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann (FN 38) Anm 3 D zu § 561 ZPO.

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Diese Entwicklung begegnet Skepsis, vor allem, weil die Urteilsgrundlage grundsätzlich durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen603 und die funktionelle Zuständigkeit des Revisionsgerichtes durchbrochen604 wird. Die Rspr hat indes bereits mehrere Ausnahmen von diesem Grundsatz gebilligt605. Zu diesen zählt die Berücksichtigung von Wiederaufnahmsgründen durch das Revisionsgericht606. Praxisrelevant ist insbesondere § 580 Ζ 7b ZPO. Entgegen § 561 ZPO berücksichtigte der BGH neue Tatsachen (iSd § 580 Ζ 7b ZPO), dies mit der Begründung, daß deren Unbeachtlichkeit nicht nur prozeßunwirtschaftlich wäre, sondern überdies dem Ansehen der Rechtspflege widerspreche 607. Gründe der Prozeßökonomie allein würden indes nicht genügen608. In der Lehre ist nach wie vor umstritten, ob alle Wiederaufnahmsgründe von der Revisionsinstanz zu berücksichtigen sind oder nur die von Amts wegen zu relevierenden Umstände609. Soweit ersichtlich gab die Miteinbeziehung des § 580 Ζ 7b ZPO 610 besonders zu denken611, weil der Tatbestand bloß auf das Auffinden bzw die Benutzungsmöglichkeit einer Urkunde ab603 Vgl Grunsky, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, in Stein/Jonas, RZ 3 zu § 561 ZPO. 604 Dazu ausführlich Arens (FN 73) 68. 605 Vgl BGH 21.6.1976, NJW 1976,1940: Das Revisionsgericht ist an den vom Bundesgericht festgestellten Sachverhalt nicht gebunden, sondern hat ihn bei der amtswegigen Prüfung einer Prozeßvoraussetzung oder einer Prozeßfortsetzungsbedingung neu festzustellen. Kritisch dazu Stein/Jonas/Grunsky (FN 603) RZ 10 zu § 561 II ZPO mwN gegen die HM. Ferner BGH 11. 11. 1982, NJW 1983, 867: Tatsachen, die nach der letzten mündlichen Berufungsverhandlung entstanden sind, werden vom Revisionsgericht berücksichtigt, wenn sie unstreitig sind und schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen. Schließlich BGH 20. 6. 1962, NJW 1962,1715: Gesetzesänderungen nach Abschluß der Berufungsinstanz sind zu beachten. 606 BGH 6. 2.1952, NJW 1952, 818 (Anm); BGH 29. 6.1955, NJW 1955,1359. 607 BGH 6. 3. 1952 (FN 606) 819. In casu lag in der Revisionsinstanz bereits ein rechtskräftiges Urteil eines anderen Gerichtes vor, dessen Nichtberücksichtigung zur Wiederaufnahme des Revisionsurteils über die Klage und Widerklage führen würde, wodurch auch die Einheitlichkeit der Rspr ernstlich gefährdet sei. Die Zulässigkeit der Vorwegnahme der Wiederaufnahmsgründe hänge aber von der jeweiligen verfahrensrechtlichen Lage des anhängigen Rechtsstreites, dh vom konkreten Einzelfall ab. Nur in besonders gelagerten Ausnahme fällen, maW wenn besondere Interessen der Allgemeinheit dafür sprechen, dürfe von § 561 ZPO abgegangen werden. 608 So BGH 29. 6.1955 (FN 606) 1359. 609 Letzteres vertreten ua Stein/Jonas/Grunsky (FN 603) RZ 11 zu § 561 II ZPO. Zum Meinungsstand siehe ebenda RZ 12, und Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann (FN 38) Anm 3 zu § 561 ZPO. 610 „Die Restitutionsklage findet statt (...) 7. wenn die Partei (...) b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde." 611 Bei den anderen Restitutionsgründen liegt stets die mögliche Widersprüchlichkeit zwischen dem Revisionsurteil und einem bereits vorliegenden rechtskräftigen Erkenntnis eines anderen Gerichts vor oder aber jedenfalls das Dilemma, daß das bereits ergangene Urteil im Revisionsurteil unberücksichtigt bleiben müßte. Hier ist auch umstritten, ob es überhaupt einer strafgerichtlichen Verurteilung bedarf. Zum Problem Arens (FN 73) 62 ff, 66 ff, 71 ff, 81 ff.

VI. Anfechtung des Scheidungsurteils und der vereinbarten Scheidungsfolgen

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stellt, die dem Restitutionskläger eine ihm günstigere Entscheidung verschaffen würde. Zwar hat die Allgemeinheit ein Interesse an richtigen, aber auch an raschen und endgültigen Entscheidungen. Wird dem Revisionsgericht eine Urkunde iSd § 580 Ζ 7b ZPO vorgelegt, so widerspricht es kaum dem Ansehen der Rechtspflege, sie im Hinblick auf die spätere Wiederaufnahmsmöglichkeit nicht zu berücksichtigen, wohl aber der Prozeßökonomie. Diese allein rechtfertigt nach hM eine Durchbrechung des § 561 ZPO nicht. Fraglich ist, ob dies für das einverständliche Scheidungsverfahren so vorbehaltlos vertreten werden kann. Das Statusurteil und die Folgesachen sind mit den vorgesehenen Rechtsmitteln anfechtbar. Insbesondere stehen hier die Entscheidung über das Sorgerecht sowie die Genehmigung der Versorgungsausgleichsvereinbarung (§ 1587o) bzw die Entscheidung über den Versorgungsausgleich zur abschließenden Regelung an. Im Interesse der Kinder und der Ehegatten scheint eine großzügigere Berücksichtigung von Wiederaufnahmsgründen im Revisionsverfahren angebracht. Dies insbesondere deshalb, weil die Restitutionsgründe die wesentlichen Anfechtungsgründe der Willensmängel (Täuschung und Drohung 612) enthalten. Gerade bei der einverständlichen Scheidung, wo es so sehr auf das Einvernehmen zur Scheidung und über sämtliche Scheidungsfolgen, die die Verantwortung für das Kind und dessen Wohlergehen widerspiegeln sollten, ankommt, steht das öffentliche Interesse an einer richtigen Entscheidung im Vordergrund.

2. Maßgeblichkeit von materiellen Anfechtungsgründen

bei der Restitution

Selbst bei liberalerer Berücksichtigung der Wiederaufnahmsgründe wird die ungleiche Position zwischen dem Antragsteller einerseits und dem zustimmenden, zum Widerruf berechtigten Antragsgegner nicht ausgeglichen, wenn man der strikten Auffassung folgt, wonach es für eine spätere Antragsrücknahme der Zustimmung des Prozeßgegners bedarf. Denn der Widerruf ist ohne Angabe von Gründen jederzeit bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung zulässig. Die mangelhafte Willensbildung ist damit auf Seiten des zustimmenden Antragsgegners aus dem Wege geräumt. Hingegen bedürfte die (nach hM allein zulässige) Rücknahme des Scheidungsantrags der Zustimmung des Antragsgegners. Schon Arens kam nun zur Schlußfolgerung, daß die Bindung der Berücksichtigung von Willensmängeln an das Vorhegen von Wiederaufnahmsgründen den Interessen der betroffenen Partei dann nicht genüge, wenn das Vorhegen einer strafgerichtlichen Verurteilung 613 verlangt werde 614. Das ist

612 §580 Ζ 4 ZPO. 613 Vgl § 581 I ZPO, es sei denn, die Einleitung oder Durchführung des Strafverfahrens ist aus anderen Gründen als aus Mangel an Beweisen nicht möglich.

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im Rahmen des Verfahrens zur einverständlichen Scheidung noch in erhöhterem Maße zu bedenken: Das Gesetz schließt die Wiederaufnahme im Fall der Wiederverehelichung 615 eines Partners nicht aus. Dem neuerlichen Aufrollen des Scheidungsverfahrens (zu Lebzeiten616 des Geschiedenen) steht somit kein rechtliches Hindernis im Wege617, wohl aber unter Umständen das rechtsmißbräuchliche Begehren selbst sowie Art 6 GG 618 . Der Erhaltung der Ehe kommt somit erhebliche Bedeutung zu. Wenn aber die einverständliche Scheidung schon angestrebt wird, erblickt man in der einverständlichen Regelung der Scheidungsfolgen eine befriedende Funktion : Die Scheidungsfolgen sollen den Ehegatten nicht aufoktroyiert, sondern von ihnen selbst vereinbart werden. Im Blick auf diese Überlegungen bietet sich die Berücksichtigung materieller Anfechtungsgründe bei der Restitution geradezu an. Bei Täuschung und Drohung fängt § 580 Ζ 4 ZPO die Fälle der Erschleichung und des groben Mißbrauchs wohl auf. § 580 Ζ 7b ZPO kann bei Irreführung herangezogen werden, sofern sie durch Urkunden belegt wird. Dies ist ausreichend, eine Irreführung selbst muß nicht nachgewiesen werden. War ein Ehegatte irregeführt, fehlt es ihm aber an einer Urkunde (iSd § 580 Ζ 7b ZPO), dann greift der Wiederaufnahmsgrund freilich zu kurz. Dem praktisch wichtigsten Fall der Sittenwidrigkeit wird wie folgt abgeholfen: Die Rspr erlaubt eine Schadensersatzklage auf Grund von § 826 gegen das rechtskräftige Urteil. Wenngleich die Geltendmachung des Ersatzes jenes Schadens, der durch Erschleichung oder sittenwidrige Ausnutzung eines unrichtigen Urteils herbeigeführt worden ist, nicht im Zuge eines Restitutionsverfahrens erfolgt, wird für die analoge Anwendimg des § 582 ZPO 619 614 Arens (FN 73) 84. 615 Bei erfolgreicher Anfechtung liegt eine Doppelehe vor, gemäß § 20 EheG ist die zweite Ehe vernichtbar. Siehe auch Stein/Jonas/Grunsky (FN 603) RZ 2 zu § 578 ZPO. 616 Keine Wiederaufnahme bei Tod eines (ehemaligen) Ehegatten: BGH 10. 2.1965, MDR 1965,560, dies - nach Baumbach/Lauterbach/Albers/Hanmann (FN 38) Anm 2 zu § 619 ZPO weil eine neue Sachentscheidung nicht ergehen kann. Das ist hM> vgl ebenfalls Thomas/Putzo (FN 49) Anm 2b zu § 619 ZPO und Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber (FN 142) RZ 6 zu § 619 ZPO. 617 Vgl etwa Ambrock (FN 20) Anm 3 zu § 1564. 618 So ua bei OLG Frankfurt/M, 7. 7.1978 (FN 162) aaO. Die geschiedene Ehefrau hatte ihr Nichtigkeitsbegehren auf Geschäftsunfähigkeit gegründet. (Im gegebenen Zusammenhang ist es unerheblich, daß ein Verfahrensmangel und kein Wiederaufnahmsgrund geltend gemacht worden war, ging es doch um die „Restitution" und die Frage des objektiven Rechtsmißbrauchs.) Das Gericht erwog, daß die Wiederaufnahme gegen ein rechtskräftiges Scheidungsurteil dann unzulässig sein könne, wenn der klagende Ehegatte wieder verheiratet ist und in einer intakten Ehe lebt, er also die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft selbst gar nicht anstrebt. 619 Die Bestimmung lautet: „Die Restitutionsklage ist nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen."

VI. Anfechtung des Scheidungsurteils und der vereinbarten Scheidungsfolgen

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plädiert. Dies vor allem deshalb, um die „Aushöhlung der Rechtskraft im Interesse der Rechtssicherheit zu vermeiden" 620. Sowohl die Wiederaufnahme wie die Klage nach § 826 bewirken die Durchbrechung der Rechtskraft. In der Lehre ist das Problem sehr umstritten. Vehement gegen die Anwendimg von § 826 sprechen sich Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann aus, da mit der Restitutionsklage Fälle der Erschleichung und des gröbsten Mißbrauchs der Rechtskraft geltend gemacht werden können (§580 Ζ 4 ZPO) 621 . Andere wiederum sehen in der Anwendbarkeit von § 826 auch dann kein Hindernis, wenn der Sachverhalt zusätzlich einen sachlichen Restitutionsgrund nach § 580 ZPO ausfüllte 622. Mehr noch: Die Berücksichtigung des § 826 trotz rechtskräftigen Urteils sei inzwischen auch deswegen unabdingbar, weil die Rspr des BGH „wenn nicht bereits Gewohnheitsrecht, so doch rechtsfortbildendes Richterrecht (sei), dem für die praktische Rechtshandhabung gesetzesähnliche Bedeutung" zukomme623. Die Klage nach § 826 sei unabhängig von der Restitutionsklage möglich, da beide zwei unterschiedliche, selbständige Rechtsbehelfe darstellen624. Wie sehr etwa das erschlichene Urteil zu einem materiell unbefriedigenden Ergebnis führen mag, so sind doch die Grenzen der Durchbrechung der (Bindungswirkung der materiellen) Rechtskraft nicht aus den Augen zu verlieren. Den außerordentlichen Rechtsmitteln haftet im Interesse der Rechtssicherheit, aber auch der Notwendigkeit eines sachlich richtigen Urteils Aus-

620 Vgl BGH 29.11.1988, NJW 1989,1286 (Anm). In casu wurde von der Anwendung per analogiam des § 582 ZPO abgesehen, weil das Urteil gegen die GesmbH ergangen war, die Klagen wegen § 826 indes gegen den Geschäftsführer angestrengt wurde, sodaß die Rechtskraft des Urteils im Vorprozeß ihn nicht berührte. 621 Dies. (FN 38) Anm 6 Β b und C vor §§ 322 - 327 ZPO. 622 So Thomas/Putzo (FN 49) Anm 9 zu § 322 ZPO mwN; Palandt/Thomas (FN 327) Anm 8o zu § 826 mwN. 623 Dezidiert Schäfer, in /. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 99 zu § 826. Ebenso Mertens, in MünchKomm zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 168 zu § 826; Höhn in Soergel/Siebert, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, RZ 232 zu § 826 und schließlich Schiemann, in Erman, Handkommentar zum BGB, RZ 45 zu § 826. Die Argumentation mit dem Gewohnheitsrecht überzeugt nicht: Die Praxis hat viele „schlechte Gewohnheiten". Die Frage ist vielmehr, ob die Rechtskraftdurchbrechung mittels § 826 zulässig ist oder nicht. Die Bestimmung wird eigentlich wie ein „Wiederaufnahmegrund" behandelt. Dabei würde der Standort im BGB an sich nicht stören, denn ob eine Bestimmung materiellrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Natur ist, muß heute eigens geprüft werden. Schwerwiegender ist, daß die Restitutionsgründe Ausnahmecharakter haben, mag ihre Auswahl noch so willkürlich erscheinen und bloß auf die Offenkundigkeit der gewählten Beweismittel abstellen. (Zum Problem Gaul, zu FN 625 ff.) Die Sittenwidrigkeit ist allerdings kein „offenkundiges Beweismittel", sondern „Wertentscheidung" par excellence. Sieht man die Rspr zu den Verzichtsverträgen näher an, ist sie gerade bei schwerwiegenden Verzichtserklärungen nicht gerade geneigt, der Sittenwidrigkeit „Offenkundigkeitscharakter" zu verleihen. 624 Staudinger/Schäfer (FN 623) RZ 100 zu § 826. Wegen Schadenersatzes könne dann geklagt werden, wenn die Wiederaufnahme möglich, wie auch wenn die Frist nach § 586 III ZPO verstrichen sei oder wenn strafprozessuale Voraussetzungen (§ 581 ZPO) fehlen.

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nahmecharakter 625 an. Das materielle Recht bedarf zu seiner Durchsetzung des Verfahrensrechts, es vermag - bei richtiger Würdigung des Instituts „Rechtskraft" - das Prozeßrecht nicht zu überspielen. Auch dann nicht, wenn die Unrichtigkeit des ergangenen Urteils noch so „offen zutage" tritt. Gerade für diese Fallgestaltungen wird die Restitution eingeräumt626. Mit der Zulässigkeit einer Klage nach § 826 wird jedoch erreicht, daß der Prozeß nicht verschleppt wird, weil das unrichtige Urteil unangefochten bestehen bleibt. Darüber hinaus erweitert man (materiellrechtlich) die Gründe, die im Wege der Wiederaufnahme die Urteilsgrundlagen erschüttern können. Denn bei näherer Betrachtung der Restitutionsgründe (Meineid, verfälschte Urkunde, falsches Zeugnis oder Gutachten, Betrug und Erpressung, neue Urkunde) ist für die analoge Anwendung dieser Bestimmung für den Fall der Sittenwidrigkeit kein Platz. Keiner dieser Tatbestände erfaßt das sittenwidrige Vorgehen einer Partei. Die Frage, ob in diesem Zusammenhang eine ausdehnende Analogie zulässig ist, wurde bereits viel früher von Gaul kritisch aufgeworfen 627 und insoferne grundsätzlich bejaht, als der „Ausnahmecharakter" der Vorschrift, die meist das Ergebnis eines Kompromisses (um nicht zu sagen des Zufalls) darstellt, isoliert besehen nicht dagegen spricht; entscheidend ist vielmehr der telos der Bestimmung. Bei der weiteren Diskussion zeigt er überzeugend auf, daß die Rspr zu § 826 „durch und durch unprozessual" ist 628 , und kommt abschließend zu dem Ergebnis, daß die Ausdehnung des Restitutionsrechts geradezu geboten ist 629 , und zwar in jenen Fällen, in denen die engere rechtspolitische Zielsetzung des § 580 ZPO sich mit der lebendigen Rechtsentwicklung verträgt. Darauf aufbauend, fragt sich, was es nunmehr mit der Ausdehnung der Restitutionsgründe durch Sachverhalte, die unter §826 subsumiert werden können, auf sich hat: Ein Urteil nach § 826 beruht nicht auf offenkundigen Beweismitteln, die die Restitution als Prozeßinstitut zu rechtfertigen vermögen, ihm hegt - selbst bei neuerdings strikterer Tendenz des BGH 6 3 0 - eine offenkundige Wertentscheidung im Einzelfall zugrunde. Innerhalb des materiellen Rechts gibt auch § 242 für solche Überlegungen Anlaß: Die Berufung auf ein Recht631 kann im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen. Schadenersatzklagen nach § 826 bauen auf einem sittenwidrigen Verhalten auf, und im Zusammenhang mit sittenwidrig erwirkten 625 Grundsätzlich Gaul, Die Grundlagen des Wiederaufnahmerechts und die Ausdehnung der Wiederaufnahmegründe, 34 ff. 626 Vgl Gaul (FN 625) 78, 80, 83 f. 627 Gaul (FN 625) 37 ff. 628 Näheres bei Gaul (FN 625) 99 ff, 102. Als rezentes Beispiel für die kritisierte Sicht sei etwa auf Staudinger/Schäfer zu FN 623,624 hingewiesen, im übrigen siehe dort. 629 Gaul (FN 625) 116 f. 630 Dazu ausführlich Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann (FN 38) Anm 6 B a Einführung vor §§ 322 - 327 ZPO. 631 Vgl oben zu den Verzichtsverträgen III E 2.

VI. Anfechtung des Scheidungsurteils und der vereinbarten Scheidungsfolgen

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Urteilen auf dem anstößigen Vorgehen, das zum Hoheitsakt mit Bestandskraft führte. Kann dieser Rspr nicht zugestimmt werden und läßt der innere Zweck der Ausnahmevorschrift auch keine Ausdehnung auf den ungeregelten Fall (Sittenwidrigkeit) zu, bleibt nur noch die Zweckmäßigkeit einer entsprechenden Gesetzeskorrektur. Gaul hat sie abgelehnt632. Im Scheidungsprozeß taucht das Problem der sittenwidrigen Erschleichung eines Urteils auf mit Bezug auf den (notwendigen Verbund von) Scheidungsausspruch, Entscheidung über die elterliche Sorge und (öffentlichrechtlichen) Versorgungsausgleich (§ 1587b). Die gerichtliche Regelung der elterlichen Sorge ist im Kindesinteresse abänderbar. Bezüglich der anderen Fragen gilt - für eheerhaltende Tatsachen633 - die Inquisitionsmaxime. Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich wirkt aber für den Fall und erst ab rechtskräftiger Scheidung. Bei erfolgreicher Anfechtung des Statusurteils ist die Regelung des Versorgungsausgleichs hinfällig. Für die gegenständliche Problematik sind daher nur noch die Auflösung der Ehe und die vereinbarten Scheidungsfolgen relevant. Angesichts des von Gesetzes wegen angeordneten Untersuchungsgrundsatzes, wonach eheerhaltende Tatsachen von Amts wegen zu erforschen wären, um das öffentliche Interesse zu wahren, und der Möglichkeit der Antragsrücknahme, des Anspruchsverzichts, des freien Widerrufsrechts sowie des wertenden Charakters des Sittenwidrigkeitstatbestandes ist für die ausdehnende Analogie der Restitutionsgründe kein Raum. Sehr wohl aber wäre eine entsprechende Gesetzeskorrektur von § 580 ZPO in dem Sinne angebracht, daß Fälle „offenkundiger Sittenwidrigkeit" bei Scheidungsfolgenvereinbarungen auf Grund ihrer Auswirkungen auf das Familienleben und die Allgemeinheit zu berücksichtigen wären. Das in dieser Schrift studierte Fallrecht zeigte freilich deutlich auf, daß eine (noch so begrenzte) Zerrüttungsprüfung für unzulässig gehalten, die unwiderlegbare Vermutung zur Fiktion erhoben und insbesondere an Verzichtsverträgen trotz ihrer Bedenklichkeit festgehalten wird.

3. Der Prozeßvergleich

und die notarielle Urkunde

a. Anfechtung des Prozeßvergleichs Die Anfechtung des Prozeßvergleichs (§ 794 ZPO) richtet sich zunächst nach seiner Natur. Ausgehend von der hM der Doppelnatur 634 ist sowohl ma632 Gaul (FN 625) 217. 633 §§ 616 II, 617 ZPO. 634 Der Streit um die Natur des Prozeßvergleichs ist alt und nicht endgültig beigelegt. Zum Problem der Doppelfunktionalität sind viele, zu seiner grundlegenden Analyse einige Abhandlungen erschienen. Erwähnt seien ua Arens als Vertreter der Doppel/ramr (FN 73) 101 f; ders., Prozeßrecht und materielles Recht, AcP 173 (1973) 264 f; ders. (FN 345) aaO; Gaul (FN 625) 13 ff; ders. (FN 73) 342; Baumgärtel, ebenfalls Vertreter der Doppel/w/wr, Neue Tenden-

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terielles wie Prozeßrecht maßgeblich. Das bedeutet, daß auch materiellrechtliche Mängel (§§ 134, 138, 779) gegen den Prozeßvergleich ins Treffen geführt werden können. Im wesentlichen ist bloß umstritten, ob der alte Prozeß635 fortzusetzen oder ein neues Verfahren 636 anzustrengen ist. Die Rspr und ihr folgend ein Teil der Lehre befürworten mit Bezug auf die Geltendmachung von Unwirksamkeitsgründen (§§ 134,138, 779) die Fortsetzung des alten Verfahrens; hinsichtlich Einwendungen auf Grund der nachträglichen Änderung der Verhältnisse (Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage) indes das neue Verfahren 637. Ob der Prozeßvergleich darüber hinaus wegen Willensmängeln anfechtbar ist, wird überwiegend638 bejaht639. Dem ist jedenfalls für den Scheidungsfolgenvergleich zuzustimmen: Die Parteien streben den vollstreckbaren Schuldtitel nicht aus eigenem Antrieb an, sondern weil ihnen der Gesetzgeber dies auferlegt (§ 630 III ZPO). Ihm ist es ein grundlegendes Bedürfnis, daß die Parteien sich auch über die Scheidungsfolgen einig sind, wobei die Vereinbarung die Begründetheit des Scheidungsausspruchs mitträgt. Das Einvernehmen nimmt maW hier ordre public (interne) - Charakter an, sodaß der Scheidungsfolgenvergleich wegen mangelhafter Willensbildung anfechtbar sein muß640.

zen der Prozeßhandlungslehre, ZZP 87 (1974) 133 mwN sowie die zu FN 341, 344 und 345 zitierte Literatur. Einen guten Überblick bieten ua Orfanides (Vertreter der Doppe\natur\ Die Berücksichtigung von Willensmängeln im Zivilprozeß, 114 ff sowie die ZPO-Kommentare, darunter Rosenberg/Schwab (FN 35) § 132 III; Stein/Jonas/Münzberg (Vertreter der Doppel/zatar) (FN 343) RZ 58 ff zu § 794 ZPO; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann (einzige Vertreter des Vergleichs als reine Prozeßhandlung) (FN 38) Anm 2 zu Anh § 307 ZPO. Vgl im übrigen etwa BGH 3. 12. 1980, NJW 1981, 823 f mwN; BGH 18. 1. 1984, FamRZ 1984, 373 (Anm) mwN. 635 So insbesondere Stein/Jonas/Münzberg (FN 343) RZ 58 ff mwN zu § 794 ZPO. 636 Vgl etwa Tempel (FN 344) 538; Wieczorek/Rössler/Schütze (FN 224) Anm C IV d 2 zu § 794 ZPO. 637 Siehe Seiler, in Erman, BGB-Handkommentar, Bd 1, RZ 31 zu § 779. 638 Ua Arens (FN 73) 101 ff; Orfanides (FN 634) 113 ff, 149 ff. 639 Anderer Ansicht Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann (FN 38) Anm 6 A zu Anh § 307 ZPO; Gaul (FN 73) 355 (trotz Anerkennung für Arens' Schrift); Baumgärtel (FN 634) 127 f. 640 Vor kurzem hatte der BGH 28. 9.1989, FamRZ 1990, 38 f über die Schadensersatzklage gegen einen Rechtsanwalt, der seine Mandantin bei der Errichtung der Scheidungsfolgenvereinbarung (und zwar eines Vergleichs) nachweislich mangelhaft belehrt hatte, zu entscheiden. Die Verletzung der ordnungsgemäßen Belehrungspflicht führe zur Haftung des Anwalts für den der Mandantin entstandenen Schaden wegen positiver Verletzung des Anwaltsvertrages (negatives Erfüllungsinteresse).

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b. Anfechtung der notariellen Urkunde Als vollstreckbarer Schuldtitel kann der notariellen Urkunde zunächst die Vollstreckungsgegenklage entgegengehalten werden 641. In Betracht kommen freilich auch Einwendungen, die den materiellen Anspruch auf Grund einer Anfechung vernichten642 (§§ 119,123,138 f, 779) oder seine Durchsetzbarkeit hindern können (§ 242). B. Das Scheidungsurteil Im Rahmen des Entscheidungsverbundes643 wird über die Eheauflösung und die Folgesachen grundsätzlich einheitlich entschieden. Die Anfechtung kann sich indes entweder auf das gesamte Scheidungsurteil oder aber auf Teile davon beziehen.

i. Das Statusurteil Vor Eintritt der Rechtskraft kann der Antrag (nach hM nur mit Zustimmung des Antragsgegners) zurückgenommen werden (§ 2691 ZPO), der Antragsteller kann auf den Anspruch verzichten (§ 306 ZPO) und der Antragsgegner kann seine Zustimmung zur Scheidung widerrufen 644. Ist das stattgebende Scheidungsurteil bereits ergangen, so ist es mit den ordentlichen Rechtsmitteln der Berufung bzw der Revision anfechtbar 645. Diese Rechtsmittel werden dem Grundsatz „in favor matrimonii" gerecht, denn sie erlauben dem Antragsteller - ohne Beschwer646 - die Rücknahme des Antrags (mit Zustimmung des Antragsgegners) bzw den Anspruchsverzicht, und dem Antragsgegner den Widerruf der Zustimmung zur Aufrechterhaltung der Ehe647. Es ist fraglich, ob für den Antragsteller dadurch sämtliche Fälle mangelhafter Willensbildung, unabhängig davon, ob sie materiellrechtlich zur An641 §7671 ZPO. 642 Siehe etwa Stein/'Jonas/Münzberg (FN 343) RZ 17 zu § 767 ZPO. 643 Dazu oben IV D. 644 Und zwar bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung, deshalb auch noch in der Rechtsmittelinstanz (§ 630 II ZPO). 645 Vgl §§511 ff bzw 546 ZPO. 646 Dh ohne „Rechtsschutzbedürfnis", sofern er die Ehe aufrechterhalten will. Strebt der Antragsteller mit der Antragsrücknahme nur die Vorbereitung eines anderen Scheidungstatbestandes an, so fehlt freilich sein - hier auch in Ehesachen vorausgesetztes - Rechtsschutzbedürfnis, vgl BGH 2.12.1959, MDR1960, 386. 647 BGH 11. 1. 1984 (FN 155) aaO; BGH 26. 11. 1986 (FN 572) aaO. Vgl auch Brüggemann (FN 6) FamRZ 1977,1. 29 Verschraegen

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fechtung berechtigen, verfahrensrechtlich überholt werden und eine Auseinandersetzung mit den materiellrechtlichen Folgen eines „verdünnten" bis „mangelhaften" Einvernehmens überflüssig machen. Will er nämlich auf den Anspruch nicht verzichten648, so ist er für die Rücknahme des Antrags (nach hM) auf die Zustimmung des Antragsgegners angewiesen. Der Antragsteller sieht sich daher im Vergleich zum Antragsgegner, der bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung seine Zustimmung ohne Begründung widerrufen darf, ungleich behandelt. Deshalb ist - wie bereits betont649 - sehr dafür einzutreten, daß das im Antrag enthaltene Einvernehmen wie die Zustimmung frei widerruflich ist. Anders als in anderen Verfahren greifen die zur Untermauerung der beschränkt möglichen Antragsrücknahme (bzw als Alternative des Anspruchsverzichts) angeführten Argumente, insbesondere die Rücksicht auf den Prozeßgegner 650, hier keineswegs. Das freie Widerrufsrecht des Antragsgegners zeigt auf, daß das Einvernehmen so wichtig ist, daß die Partei an ihre Willenserklärung - jedenfalls bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung - nicht gebunden werden kann. Der Sinn besteht darin, dem Widerrufenden die Möglichkeit einzuräumen, es sich in jeder Lage des Verfahrens anders zu überlegen. Die Ehe soll nicht gegen den Willen einer Partei geschieden werden. Wird der Antragsteller aber im Scheidungsverfahren, das eheerhaltende Tendenz hat, nicht gleichwertig wie der Antragsgegner behandelt, läuft dies sogar dem Zweck und der Grundlage des Verfahrens zuwider, eben auf Grund des Einvernehmens zu scheiden. Daran ändert auch die unwiderlegbare Vermutung des § 1566 I nichts: Sie betrifft sofern mit Bezug auf das Getrenntleben keine Zweifel bestehen651 - die Zerrüttung der Ehe und erlaubt nicht den Schluß, man wolle sich auch scheiden lassen. Der Scheidungswille kommt auch durch das Einvernehmen über die Scheidung (zwei Anträge bzw Antrag des einen mit Zustimmung des anderen) und die Scheidungsfolgen zum Ausdruck. Für eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden technischen Möglichkeiten gibt es keine Anhaltspunkte. Vor allem greifen die erwähnten prozessualen Erwägungen nicht durch, stehen doch die Parteien einander gegenseitig als Antragsteller und Antragsgegner gegenüber und müssen sie sich iSd § 1566 I und § 630 I 2, 3 und III ZPO einigen. Der Widerruf der Zustimmung genügt schlechthin, näheres ist nicht auszuführen 652.

648 In praxi wird die Tragweite des Anspruchsverzichts allerdings durch die zeitlichen Grenzen der Rechtskraft reduziert. 649 Oben zu V. 650 Vgl vor allem Arens (FN 73) 41 ff mwN. 651 Dazu oben II B. 652 Freilich mag es sein, daß der Widerruf erklärt wird, gerade weil die Zustimmung nicht mangelfrei erfolgte. Der Willensmangel muß aber nicht eigens geltend gemacht und bewiesen werden. In diesem Sinne wohl auch Johannsen/Henrich/Jaeger (FN 20) RZ 14 zu § 1566.

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Releviert der Berufungskläger ausdrücklich einen Willensmangel, dann steht dem grundsätzlich wegen des fehlenden Neuerungsverbotes in diesem Zusammenhang nichts entgegen, es sei denn, der Willensmangel wurde erst nach der 1. Instanz aufgedeckt. In diesem Fall wäre das Vorbringen wohl präkludiert. Eine Ausnahme bietet sich jedoch für Tatsachen an, die sich auf Wiederaufnahmsgründe beziehen653. Da das Einvernehmen und die Zustimmung nicht nur Prozeßhandlung, sondern auch materiellrechtliche Willenserklärung sind654, darf das Gericht bei entsprechenden Anhaltspunkten für die mangelhafte Willensbildung die Scheidung erst gar nicht aussprechen. Dasselbe gilt, wenn Antragsteller oder Antragsgegner Entsprechendes vorbringen. In beiden Fällen fehlt eine materielle Scheidungsvoraussetzung. Erst wenn am Vorliegen auch dieser Voraussetzung keinerlei Zweifel bestehen, wird die Scheidung ausgesprochen, und das Urteil erwächst bei Rechtsmittelverzicht, ungenutztem Ablauf der Rechtsmittelfristen oder nach erfolgloser Anfechtung in Rechtskraft 655. Ein abweisendes Urteil in der Scheidungssache beschwert den Antragsteller, er ist für das Rechtsmittelverfahren aktivlegitimiert. Der Antragsgegner, der dem Antrag nicht zugestimmt hatte, kann nur im Rahmen einer Anschlußberufung 656 selbst die Scheidung657 beantragen. Hinsichtlich der Revision ist zu beachten, daß sie nicht zulässig ist, wenn das Berufungsgericht über Folgesachen, die § 6211 7 oder 9 ZPO betreffen, erkannt hat 658 ; Es wurde schon darauf hingewiesen, daß sich trotz des Neuerungsverbots in der Revisionsinstanz diesbezüglich eine gewisse Flexibilität bemerkbar macht6*.

653 Vgl § 615 II ZPO, wonach §§ 527, 528 ZPO nicht anzuwenden sind. Zu § 528 III ZPO wird ua von Baumbach/Lauterbach/Albers/Hanmann (FN 38) Anm 4 A zu § 528 III ZPO die Meinung vertreten, daß III leg cit in einem solchen Fall einschränkend auszulegen ist. Das ist mE auch bei § 615 ZPO zu berücksichtigen. 654 Dazu supra II C. 655 Siehe gleich unten. 656 Die Anschlußberufung setzt voraus, daß der Antragsteller gegen das abweisende Urteil Berufung eingelegt hat. 657 Und zwar nach einem anderen Tatbestand, vgl etwa OLG Karlsruhe, 24. 4. 1980 (FN 163) aaO. 658 Vgl § 629a I ZPO. Gemeint sind die Verfahren nach der HausratsVO sowie die Ausgleichsforderungen nach §§ 1382 ff. 659 Vgl oben VI A 1.

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2. Die Folgesachen a. Auswirkung der erfolgreichen Anfechtung des Statusurteils auf die Scheidungsfolgen Bei erfolgreicher Anfechtung der Statusentscheidung, und soweit die Ehe nicht nach einem anderen Tatbestand aufgelöst wird, erwachsen die Entscheidungen über die Folgesachen gar nicht erst in Rechtskraft, sie sind vielmehr hinfällig 660. Hat das Gericht über das Sorgerecht vorweg entschieden, so ist auch diese Entscheidimg durch die erfolgreiche Anfechtung des Statusurteils obsolet661. Da nur die Scheidung nach (§ 1565 I iVm) § 1566 I (und § 630 ZPO) zwingend eine Folgenvereinbarung voraussetzt, ist im Zweifel davon auszugehen, daß sie für den Fall der einverständlichen Scheidung getroffen wurde. Damit entfällt die Geschäftsgrundlage der Vereinbarung, wenn nicht nach diesem Tatbestand geschieden wird. Die Rechtslage ist anders bei „Vereinbarungen für den abstrakten Scheidungsfall" bzw bei „vorsorgenden Vereinbarungen", weil es in diesen Fällen auf die einverständliche Scheidung nicht ankommt. Sie entfalten ihre Bindungswirkimg auch bei anderen Scheidungstatbeständen.

b. Anfechtung der Folgesachen Fraglich ist, ob das Widerrufsrecht nach § 630 I I ZPO zum Widerruf der gesamten Scheidungsfolgenvereinbarung berechtigt bzw ob aus dieser Bestimmung folgt, daß zwar die Zustimmung zur Scheidung aufrecht bleibt 662 , aber die Vereinbarung widerrufen werden kann663. 660 § 629 III ZPO. Das gilt jedenfalls für die (nicht vorweggenommene) Entscheidung über die Regelung des Sorgerechts und die eventuelle Entscheidung über das Umgangsrecht sowie über den Versorgungsausgleich, sofern nicht die Folgesachen als selbständige Familiensache vorbehalten werden oder nicht eine genehmigungspflichtige Vereinbarung über den Versorgungsausgleich (und allenfalls über ehegüterrechtliche Fragen, insbesondere den Zugewinnausgleich) vorlag. Diese Genehmigungen sind ebenfalls für den Scheidungsfall bedingt. Vgl im übrigen Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann (FN 38) Anm 1 zu § 629 d ZPO; Thomas/ Putzo (FN 49) zu § 629 d ZPO. 661 Das Gericht hat im Rahmen eines anhängigen Scheidungsverfahrens von Amts wegen über die elterliche Sorge erneut zu befinden (§ 623 III ZPO). Dazu OLG Frankfurt/M, 6. 1. 1987, FamRZ 1987,394 (Anm). 662 Beim Widerruf der Zustimmung fehlt eine materiellrechtliche Scheidungsvoraussetzung, sodaß der Scheidung nach (§ 1565 I iVm) § 15661 nicht stattzugeben ist. 663 Verneinend Göppinger (FN 92) RZ 606; MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 30 und FN 128 zu § 1566. Anderer Meinung Damrau (FN 6) NJW 1977,1172 (für den übereinstimmenden Vorschlag), 1173 (für die Einigung).

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Schon an anderer Stelle664 wurden die besonderen Eigenschaften der „familienrechtlichen Vereinbarung" herausgearbeitet, und die Meinung vertreten, daß der „übereinstimmende Vorschlag" zur Regelung des Sorge- und Umgangsrechts die Parteien grundsätzlich bindet. Dies jedoch nur so lange, als der Vorschlag mit den Kindesinteressen im Einklang steht und nicht eine Gefährdung des Kindeswohls droht. In diesem Fall ist jeder Ehegatte zum einseitigen Widerruf des Vorschlages berechtigt. Dieses Recht fließt nicht aus einer analogen Anwendung von § 630 I I ZPO, sondern ergibt sich aus der spezifischen Natur der „familienrechtlichen Vereinbarung". Der einseitige Widerruf steht der Aufrechterhaltung der Zustimmung zur Scheidimg nicht im Wege. Es kommt nicht gleich zur Abweisung des Antrags, vielmehr haben sich die Parteien - unter Umständen unter gerichtlicher Anleitung665 neuerlich zu einigen und müssen dem Gericht einen neuen Vorschlag (bzw angesichts § 139 bei Bedarf eine modifizierte Scheidungsfolgenvereinbarung) unterbreiten. Obwohl der Scheidungsausspruch grundsätzlich - vorbehaltlich einer Vorwegentscheidung666 - zusammen mit der Entscheidung über die Folgesachen erfolgt (Entscheidungsverbund), können die Folgesachen getrennt angefochten werden. Für die Anfechtung der Entscheidung über die Folgesachen kommt es auf ihre Zugehörigkeit zur jeweiligen Verfahrensart an: Als ordentliche Rechtsmittel sind die Berufung und Revision statthaft, bei einer Anfechtung der Entscheidung nach § 621 I 1-3, 6, 7, 9 ZPO sind die Beschwerde bzw weitere Beschwerde667 maßgeblich. 664 Vgl supra III D 3 b. 665 MünchKomm/Wolf (FN 10) RZ 14,14a zu § 15661. 666 Erst wenn diese Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist, kann über die Folgesachen und die Scheidungssache entschieden werden. Vgl § 627 II ZPO. Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde und nach Maßgabe des Gesetzes die weitere Beschwerde zulässig. Die Ausnahme vom Verbund erscheint sehr sinnvoll. Durch die abweichende, rechtskräftige Entscheidung wird den Parteien gleich zu Beginn vor Augen geführt, daß ein tragender Teil der Scheidungsfolgenvereinbarung abschließend geändert wurde. Noch im laufenden Verfallen haben sie Gelegenheit zur Modifikation ihrer Vereinbarung (vgl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann [FN 38] Anm 2 zu § 627 ZPO), zumal erst im Zeitpunkt des Scheidungsausspruches die vollstreckbaren Titel vorliegen müssen. Oft werden solche Titel in Form der „notariellen Vereinbarung" freilich längst geschaffen sein. Dazu infra V I C 3 und C. 667 §§ 629a II 1. Satz, 621e I, II ZPO. Auf Antrag des Beschwerdeführers ist eine Abänderung der Zuteilung verschiedener Sorgerechtsaspekte möglich. Dieser Beschwerde kann sich ein Beteiligter (im Zuge einer sogenannten „unselbständigen Anschlußbeschwerde"), nämlich das Kind und Jugendamt (in anderen Angelegenheiten auch die Versorgungsträger), anschließen. Der Antrag des Beschwerdeführers ist als bloße Anregung an das Gericht zu begreifen, vgl OLG Hamm, 25. 11. 1980, FamRZ 1980,202. Mit der „weiteren Beschwerde", der sogenannten Rechtsbeschwerde (§ 621e II 2 ZPO), sind nur noch Gesetzesverletzungen rügbar. Zur Anfechtung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich siehe Art 2, § 10a, Art 4, §§ 1, 2 VAHRG sowie die zum Versorgungsausgleich angeführte Literatur zu III E d. Die Entscheidungen sind der materiellen Rechtskraft fähig (vgl BGH 21. 4.1982, FamRZ 1982, 687) und somit - nach Maßgabe der Neuregelung durch das VAHRG - auch Wiederaufnahmefähig.

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Die getrennte Anfechtbarkeit der Folgesachen und ihre nachträgliche 7W/anfechtung hindert mangels Rechtsmittelverzichts grundsätzlich den Eintritt der Rechtskraft des Statusurteils. Die Folgesachen selbst können vor dessen Rechtskraft nicht wirksam werden 668. Nach ganz hM erstreckt sich die erfolgreiche Wiederaufnahme der Scheidungssache auf die Folgesachen, aber nicht umgekehrt. In diesem Fall bleibt das Statusurteil aufrecht 669. Auch Folgesachen können Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens sein, soweit nicht ohnedies die Abänderung der Entscheidung vorgesehen ist, wie im Falle des Sorge- und Umgangsrechtes670. Die Anfechtung berührt die Rechtskraft des Statusurteils auch bei Wiederaufnahme der Folgesachen nicht671.

C. Die vereinbarten Scheidungsfolgen Zur einverständlichen Scheidung bedarf es der „Einigimg" (iSv § 630 I 3 ZPO) und über diese Gegenstände eines vollstreckbaren Schuldtitels (§ 630 I I I ZPO). Als solche kommen der gerichtliche Vergleich und die notarielle Vereinbarung am häufigsten vor 672 .

1. Der Kindesunterhalt Über den Kindesunterhalt kann der vollstreckbare Schuldtitel sowohl mit Prozeßvergleich sowie mit notarieller Urkunde herbeigeführt werden. 668 § 629d ZPO. Siehe ua Thomas/Putzo (FN 49) Anm 6 zu § 629a. Zu dieser Bestimmung ausführlich Bergerfurth, § 629a III - die Sphinx im neuen Verfahrensrecht, FamRZ 1986, 940; Jaeger , Zur geplanten Änderung des Verfahrensrechts in Familiensachen gemäß dem Reformentwurf der Bundesregierung, FamRZ 1985,865 f; Kemnade (FN 18) aaO. Der Anfechtung und Rechtskraft von Scheidungsverbundurteilen wurde große Aufmerksamkeit gewidmet. Vom Gesetzgeber nicht zuletzt durch das UÄndG, insbesondere dessen § 629a III ZPO, mit dem die Hinauszögerung der Rechtskraft des Statusurteils durch die diversen (Anschluß-)Rechtsmittel hintangestellt werden sollte; aber auch in Lehre und Rspr fand die Problematik notwendig Eingang. Die nähere Beschäftigung mit ihr führt hier zu weit. Verwiesen sei jedoch ua auf Philippi, Anfechtung und Rechtskraft von Scheidungsverbundurteilen, FamRZ 1989, 1257 mwN; Kemnade (FN 18) aaO; Peschel-Gutzeit (FN 18) aaO; dies., Verfahren und Rechtsmittel in Familiensachen, 1 ff; Walter, Die Änderung des familiengerichtlichen Verfahrensrechts durch das UÄndG, JZ 1986, 360. 669 Siehe schon Bergerfurth (FN 6) FamRZ 1976, 583. Ihm folgend ua Thomas/Putzo (FN 49) zu § 629d ZPO. 670 In OLG Frankfurt/M, 6. 1. 1987 (FN 661) aaO wurde die Wiederaufnahme mit Bezug auf Entscheidungen, die nach den Vorschriften des FGG ergangen sind (§§ 62111, 2 iVm 621a I 1. Satz ZPO), zu Recht abgelehnt. Nur „echte Streitsachen" sind der Wiederaufnahme zugänglich. § 1696 sieht die Abänderung der Entscheidung im Interesse des Kindes vor. 671 Vgl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann (FN 38) Anm 6 zu § 629a ZPO. 672 Im übrigen siehe zur Form der Vereinbarungen oben III B.

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Die Abänderung beider Titel ist nach Maßgabe des Gesetzes673 möglich und unabhängig vom Vorliegen einer mangelhaften Willensbildung674. Dasselbe gilt für jugendamtliche Urkunden 675. Erforderlich nach § 323 ZPO ist nur die wesentliche Änderung jener Verhältnisse, die für die Verurteilung zu den Leistungen maßgeblich waren. Mit Bezug auf den Prozeßvergleich wird nach der Rspr 67 6 auf den Wegfall oder die Veränderung der Geschäftsgrundlage abgestellt. Stets sind aber die materiellrechtlichen Grenzen hinsichtlich des Kindesunterhalts zu beachten, sodaß dem Kind nachteilige Unterhaltsregelungen 677 an §§ 134, 138 (und allenfalls 139) scheitern können. Dann steht der Abänderungsklage nichts im Wege678. Auch für die jugendamtliche Urkunde^ die sowohl für eheliche wie für nichteheliche Kinder erstellt werden kann679, ist in diesem Zusammenhang auf das „Vereinfachte Verfahren" 680 hinzuweisen. Im Zuge dieses Verfahrens sind zur Änderung des Unterhaltstitels auf Grund bloßer Anpassung an die wirtschaftlichen Verhältnisse §§ 6411 - 1 ZPO iVm § 323 V ZPO anzuwenden681. Eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO setzt demnach zweierlei voraus: Zum einen, daß die Änderung nachträglich eingetreten ist, zum anderen, daß die Anpassung im Vereinfachten Verfahren 682 zu einem Unterhaltsbetrag führte, der wesentlich von dem Betrag abweicht, der der Entwicklung der besonderen Verhältnisse der Parteien Rechnung trägt 683. Lagen die zur Änderung veranlassenden Tatsachen bereits vor Abschluß des gerichtlichen (privatschriftlichen und ordnungsgemäß protokollierten) oder jugendamtlichen Vergleichs vor, ist für die Anwendung des § 323 ZPO

673 § 323 ZPO. 674 Die Abänderungsklage eines Prozeßvergleichs richtet sich gegen das Kind; die einer notariellen Vereinbarung gegen den Ehegatten, weil diese Vereinbarung keinen Vergleich iSd § 1629 III 2. Satz darstellt. Siehe auch BGH 11. 12. 1985 (FN 364) ibid sowie Bergerfurth (FN 64) RZ 284 mwN; Wohlnick, in Rahm/Kiinkel, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, III RZ 204. 675 Thomas/Putzo (FN 49) Anm 2b zu § 323 ZPO mwN. 676 BGH 23.4.1986 (FN 166) FamRZ 1986, 790 (Anm). 677 Zur Problematik der Vergleichsbefugnis der Eltern bei mangelnder verfahrensrechtlicher Beteiligung des Kindes warnend schon vor der Reform Hanisch, Prozeßvergleiche über den Unterhalt der Kinder im Scheidungsprozeß der Eltern, NJW 1971,1016 ff, 1019. 678 Dasselbe gilt für Freistellungsverträge, oben III E 1 und Unterhaltsverzichtsverträge jedenfalls hinsichtlich des Betreuungsunterhaltes, oben III E 2 1. 679 Vgl Münder ua, Frankfurter Kommentar zum Gesetz für Jugendwohlfahrt, Anm 3.2.2 Nr. 2 zu § 49 JWG sowie Köhler, Handbuch des Unterhaltsrechts, RZ 793 ff. 680 §§ 6411-641t ZPO. 681 Im übrigen sind zu beachten §§ 642 ff ZPO. 682 Und zwar durch den Rechtspfleger, der den Regelbedarf neu festsetzt, siehe zu FN 680. Näheres bei Köhler (FN 679) RZ 793 ff und Münder ua (FN 679) Anm 3 zu § 50 JWG. 683 § 323 V ZPO.

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kein Raum684. Hier bietet sich allenfalls ein Schadenersatzanspruch auf Grund von § 826 an.

2. Der Ehegattenunterhalt Die Ehegatten können sowohl den gesetzlichen Unterhaltsanspruch modifizieren als auch die Abänderungsvoraussetzungen nach § 323 ZPO vertraglich abbedingen685. Der Prozeßvergleich bzw die notarielle Urkunde sind mittels Abänderungsklage anfechtbar. Auf die Nichtigkeitsgründe (§§ 134, 138) wurde bereits hingewiesen686. Der Ehegattenunterhalt ist grundsätzlich687 disponibel. Auf ihn kann auch „für den Fall der Not" verzichtet werden688. Solche Verzichte werden im allgemeinen für wirksam, die Berufung auf das Recht indes mit Rücksicht auf die spätere Entwicklung unter Umständen für rechtsmißbräuchlich (§ 242) gehalten689. Eine gerichtliche Änderung 690 des Prozeßvergleichs bzw 684

So BGH 21.4.1982 (FN 667) aaO. In BGH 27.6.1984, NJW 1985,65 (Anm) unterlag die vollstreckbare Urkunde der Änderung nach § 323 ZPO auf materiellrechtlicher Grundlage, dh nach dem Grundsatz des Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage. 685 BGH 14.11.1984, FamRZ 1985,161; OLG Hamburg, 24.11.1987, FamRZ 1988, 742. 686 Etwa bei Abwälzung auf Versorgungsträger, unzulässige Koppelung der Leistungen, die das Kind zum „Tauschobjekt" herabsetzt usw, siehe oben III E. 687 Eine Ausnahme gilt mE für den Betreuungsunterhalt, vgl III E 2. 688 Damit wird die gerichtliche Abänderung (§ 323 ZPO) ausgeschlossen. 689 Oben III E 2 b. 690 Obwohl § 323 IV ZPO auf Vergleiche (§ 794 I 1 und 5 ZPO) verweist, ist die Frage umstritten, ob dies nur als Hinweis auf die , Abänderungsklage" als Klageart oder als Rechtsgrundlage für die Abänderung auch von Vergleichen zu verstehen ist. Der BGH (Großer Senat für Zivilsachen) 4.10. 1982, FamRZ 1983, 22 vertritt jene Auffassung. Die Abänderung eines gerichtlichen Vergleiches erfolgt daher nach materiellem Recht (§ 242), § 323 II und III ZPO sind folglich nicht anwendbar, es sei denn, die Parteien haben anderes vereinbart (zB die Ausgestaltung oder Ausschaltung der in §323 ZPO vorgesehenen Änderungsvoraussetzungen. (Bei Gesamtnichtigkeit ist für die Änderungsklage kein Raum, der alte Unterhaltsstreit ist fortzusetzen: OLG Zweibrücken, 29. 6.1983, FamRZ 1983,931. Die unterschiedliche Behandlung scheintfragwürdig. Hat nämlich die Abänderungsklage gegen den Vergleich Erfolg, so ist für weitere Entscheidungen zwar weiterhin der „Parteiwille" zu berücksichtigen (vgl BGH 6. 3.1985, FamRZ 1985, 582), die Abänderung des Vergleichs gilt indes als Urteil iSd § 323 ZPO und ist nach dessen prozessualen Vorschriften (daher auch II leg cit anzuwenden, vgl BGH 27.1.1988, FamRZ 1988,493) zu bekämpfen. Ist der (hypothetische) Parteiwille nicht feststellbar, dann sind in der abändernden gerichtlichen Entscheidung die allgemeinen Rechtsgrundsätze zur Beurteilung von Unterhaltsfragen heranzuziehen (BGH 27.1.1988, aaO 493 f; vgl auch BGH 5.10.1988, FamRZ 1989,151). Die Problematik wurde schon eingehend diskutiert. Vgl die Besprechung der obigen Entscheidung (BGH 4.10.1982) durch Grunsky, in ZZP 96 (1983) 260 sowie jüngst Graba, Die Abänderung von Unterhaltsvergleich und Unterhaltsurteil, NJW 1988, 2343 mwN. Dem BGH folgend auch OLG Düsseldorf,\ 3. 2. 1989, FamRZ 1989, 1207 (Vollkommer/Steindl). Um die Abänderung eines Unterhaltsurteifr handelte es sich bei OLG Schleswig, 14. 9. 1987, FamRZ 1988, 418 f, das die Berücksichtigung vorgetragener, aber von der Vorinstanz nicht in Betracht

VI. Anfechtung des Scheidungsurteils und der vereinbarten Scheidungsfolgen

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der notariellen Urkunde kommt dann nicht in Betracht; dies insbesondere im Lichte der BGH-Judikatur 691, wonach für Prozeßvergleiche sowie außergerichtliche Vergleiche 692 nur die aus § 242 abgeleiteten Grundsätze über die Änderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage maßgeblich sind. Eine wichtige Sonderregelung sieht Art 6 Nr 1 UÄndG vor. Anders als bei der Abänderung (von Urteilen bezüglich) gerichtlicher Vergleiche, titulierter und untitulierter Vereinbarungen, ist die tatsächliche Änderung der Verhältnisse nicht notwendig. Es genügt, wenn vergangene Tatsachen erst durch das UÄndG erheblich geworden sind693. Freilich wird für Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Scheidung gefordert, daß die Unterhaltsregelung unabhängig von der Restvereinbarung getroffen worden wäre 694. Die Übergangsregelung ist äußerst interessant: Sie geht vom richtigen Gedanken aus, daß Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Scheidung ein „einheitliches Scheidungspaket" darstellen695. Mit dem Wegfall eines Teiles entfällt im Zweifel die Geschäftsgrundlage für die Restvereinbarung 696. Die gleichen Überlegungen sind im Zusammenhang mit §§ 138, 139 anzustellen.

gezogener Umstände (Zweitehe und Kind des Unterhaltsverpflichteten) aus Billigkeitserwägungen vornahm: Diese Tatsachen nicht zur Urteilsgrundlage zu erheben, führte zu einem „untragbaren Ergebnis", das auf „Unverständnis" stoßen würde. Als zweite Möglichkeit, dem Billigkeitsgedanken Rechnung zu tragen, schlagen Vollkommer/Steindl, Anm zu OLG Düsseldorf \ 3. 2.1989, aaO 1209 die Klage nach § 826 gegen das rechtskräftige Urteil für Fälle grob unrichtiger existenzbedrohender Unterhaltstitel vor. Dies in besondere wegen der „sittlichen Bindung", der Unterhaltsansprüche unterliegen (unter Hinweis auf Rebmann, in MünchKomm, Einl vor § 1297), und der nach der Scheidung fortwirkenden „besonderen personalen Verantwortung" der Ehegatten (unter Verweis auf BVerfG 14. 7. 1981 [FN 383] aaO. 691 Vgl ausführlich BGH 23.4.1986 (FN 166) aaO 790. 692 Stellt sich heraus, daß der Prozeßvergleich wegen formeller Mängel unwirksam ist, so kann er, wenn das dem Parteiwillen entspricht, als außergerichtlicher materiellrechtlicher Vergleich (§ 779) wirksam sein, siehe BGH 24.10. 1984, FamRZ 1985, 166: Seine Anfechtbarkeit richtet sich nach materiellem Recht. 693 Im einzelnen etwa Peschel-Gutzeit (FN 18) aaO 456 f; Walter (FN 668) 360. Die Unterhaltsvereinbarungen müssen sich auf Ansprüche nach der Rechtslage seit 1. 7. 1977 beziehen und können an die neue Rechtslage (seit 1.4.1986) angepaßt werden. 694 Ausdrücklich Art 6 Nr 1 UÄndG. Dazu jüngst BGH 26. 4. 1989, FamRZ 1989, 840 mwN. 695 Der die Änderung begehrende Unterhaltspflichtige hat die Darlegungs- und Beweislast für das Gegenteil. Zu dieser „Einheitssicht" siehe zum Beispiel auch BGH 16. 9. 1987, NJW 1988, 253, wo das Gericht zur Auslegung der Scheidungsfolgenvereinbarung durch das Berufungsgericht die Berücksichtigung immaterieller Werte (der raschen Scheidung, des Sorge- und Besuchsrechts) bei den beiderseitigen Leistungen befürwortete. 696 So auch BGH 26.4.1989 (FN 694) aaO.

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3. Die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat Der gemäß § 630 III ZPO geforderte Schuldtitel kann hier nur in Form eines Prozeßvergleichs vorhegen. Die notarielle Urkunde eignet sich angesichts ihres Regelungsbereiches nicht697. Der Prozeßvergleich über diese Gegenstände setzt zu seiner Wirksamkeit 698 als vollstreckbarer Schuldtitel die Heranziehung aller Beteiligten699 voraus. Aber nicht nur deren Interessen sind zu wahren. Nach § 2 Satz 2 HausratsVO 700 sind bei der „Einigung" das Kindeswohl und die Erfordernisse des Gemeinschaftslebens zu beachten701. Auch hier ist die Abänderung des Prozeßvergleichs möglich, sofern sich die tatsächlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben und die Entscheidimg notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden 702. Das Erschleichen des Vergleichs, das Unterschlagen von Gütern und das Vorhegen von Wiederaufnahmsgründen (§ 580 ZPO per analogiam)703 sind taugliche Anfechtungskriterien.

697 Siehe oben III Β 3 a. Im übrigen Rahm/Künkel/Wohlnick (FN 674) III RZ 214 ff. 698 Stein/Jonas/Schlosser (FN 26) RZ 9 zu § 630 ZPO. 699 Vgl § 7 HausratsVO: Danach sind „Beteiligte": außer den Ehegatten der Vermieter, Grundstückseigentümer, Dienstherr und Personen, mit denen die Ehegatten oder einer von ihnen hinsichtlich der Wohnung in Rechtsgemeinschaft stehen. Allfällige Entscheidungen - die Regelung des Hausrats ist eine sogenannte FGG-Sache - sind bei isolierter Anfechtung mit der „befristeten Beschwerde" (§§ 621e iVm 629a II 1. Satz ZPO) bekämpfbar; mit der Berufung bzw Revision nur bei Anfechtung von ZPO- und FGGFolgesachen (§§ 621e, 5461 ZPO). Werden mehrere Rechtsmittel eingelegt, so ist darüber einheitlich als Berufung zu erkennen (§ 629a II 2. Satz ZPO). Ob im FGG-Verfahren ein Wiederaufnahmeverfahren möglich ist, geht aus dem Gesetz selbst nicht hervor. Dafür Bassenge/Herbst, Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Rechtspflegergesetz. Kommentar, Anm 5 zu § 18 FGG. 700 § 2 HausratsVO lautet: „Soweit der Richter nach dieser Verordnung Rechtsverhältnisse zu gestalten hat, entscheidet er nach billigem Ermessen. Dabei hat er alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere das Wohl der Kinder und die Erfordernisse des Gemeinschaftslebens zu berücksichtigen." 701 Dezidiert Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 2 zu § 2 HausratsVO (Anhang II zum EheG); ferner Soergel/Siebert/Heintzmann (FN 20) RZ 3 zu § 2 HausratsVO. 702 Vgl §§ 17 II iVm 13 III und 171 HausratsVO. Zum Beispiel nach Palandt/Diederichsen (FN 20) Anm 1 zu § 17 HausratsVO die Wiederverheiratung. 703 Vgl Soergel/Siebert/Heintzmann (FN 20) RZ 3 sowie FN 7-10 zu § 17 HausratsVO mit Angabe von Entscheidungen. Ebenso Erman/Dieckmann (FN 49) RZ 4 zu § 17 HausratsVO. Zur Zulässigkeit der Wiederaufnahme siehe oben zu FN 699.

VI. Anfechtung des Scheidungsurteils und der vereinbarten Scheidungsfolgen

4. Sonstige Vereinbarungen

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Regelmäßig enthält die Scheidungsfolgenvereinbarung Regelungen über den Versorgungsausgleich und güterrechtliche Bestimmungen (insbesondere über den Zugewinnausgleich). Beides kann einer notariellen Vereinbarung bzw einer gerichthchen Vergleichsprotokollierung (§ 127a) zugrundegelegt werden 705. Die nach § 1570o genehmigte Vereinbarung kann trotzdem unwirksam sein706. Die Genehmigung als solche ist nicht selbständig anfechtbar, sondern nur zusammen mit der anschließenden Entscheidung über den Versorgungsausgleich707. Die Geltendmachung der Unwirksamkeit richtet sich vor Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils nach materiellem Recht (§§ 119,123,134,138, 242)708. Nach Eintritt der Rechtskraft ist die Wirksamkeit der Vereinbarung, wenn sie einen außergerichtlichen Vergleich darstellt, nach § 779, allenfalls nach §§ 119, 123, 134, 138 zu prüfen 709. Bei deren Unwirksamkeit muß der Versorgungsausgleich - wie ohnedies für die einverständliche Scheidung vorgesehen - von Amts wegen durchgeführt werden 710. Auch güterrechtliche Fragen (vor allem zum Zugewinnausgleich) können, müssen aber nicht geregelt werden711. Die Nichtbeachtung der in § 1378 III vorgeschriebenen Form führt zur Nichtigkeit der Vereinbarung. Zur materiellrechtlichen Anfechtbarkeit gilt das soeben Gesagte. Sind diese Materien im Zusammenhang mit anderen Scheidungsfolgenvereinbarungen geregelt, stellt sich, wie auch sonst bei Teilnichtigkeit, das Problem der Nichtigkeit der Gesamtvereinbarung (§ 139)712.

D. Zusammenfassung Die vielgepriesene rechtsgeschäftliche Freiheit im Scheidungsfolgenrecht hat ihre Schattenseiten, die bei umfassenden Scheidungsfolgenvereinbarungen, insbesondere bei Globalverzichten besonders zum Vorschein treten. Die unbefriedigende Lage ist teils auf die vielen gesetzgeberischen Kom704 Für einen Überblick siehe Bergerfurth (FN 64) RZ 288 ff. 705 Zur Form siehe oben III Β 4. 706 Vgl Bergerfurth (FN 64) RZ 286 unter Hinweis auf die Rspr (FN 23 aaO). 707 Dazu Philippi, Verfahrensrechtliche Konsequenzen des vertraglichen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs, FamRZ 1982,1057; Zöller/Philippi (FN 49) RZ 3 zu § 621e ZPO. Wird der Versorgungsausgleich durch Verträge (§§ 1408 II bzw 1587o) geregelt, steht den Trägern der Rentenversicherungen und Versorgungslasten kein Beschwerderecht zu. Vgl OLG Frankfurt/M, 27. 2.1985, FamRZ 1985, 613 mwN (Anm). 708 Siehe MünchKomm/Strobel (FN 440) RZ 36 zu § 1587o. 709 Siehe BGH 11. 3.1987, NJW 1987,1770. 710 Vgl MünchKomm/Strobel (FN 440) RZ 37 zu § 1587o. 711 Zur Form oben III Β 4. 712 MünchKomm/Gernhuber (FN 267) RZ 21 zu § 1378.

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promißlösungen, teils auf das Abschieben der Verantwortung auf Richter 713 und Rechtsunterworfene zurückzuführen. In allen Bereichen (Sorge- und Umgangsrecht, Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt, Hausrat und Ehewohnung) wird dezidiert die Beachtung des Kindeswohls als wichtigste Maxime714 vorangestellt, aber im Ergebnis kaum beachtet. Der Richter ist bei seiner Entscheidungsfindung verpflichtet, die Interessen des Kindes zu berücksichtigen. Gleichzeitig vertreten viele die Auffassung, gegen Gesamtverzichtsverträge sei nichts einzuwenden, im Gegenteil, diese Regelungsbefugnis der Ehegatten gründe auf der gesetzlich eingeräumten Privatautonomie und dem Selbstverständnis der Scheidungswilligen als Individuen. Die Überprüfung der Vereinbarungen bei der Scheidung sei geradezu untersagt, es bestehe für eine Kontrolle weder Anlaß noch Auftrag. In der Gesamtschau besehen gibt die Entwicklung des Scheidungsfolgenrechts und seine Anwendung in der Praxis sehr zu denken. Nicht von ungefähr plädiert Bosch seit vielen Jahren für eine Präventivkontrolle der Vereinbarungen715. Für die Kontrolle der Unterhaltsvereinbarungen trat auch Bartsch 716 ein. Die Berechtigung dieser Forderung ist nicht von der Hand zu weisen. Durch die Vernetzung der Beziehungen des einzelnen mit seiner Familie und dem Staat wäre im Interesse aller Beteiligten, nicht zuletzt der Kinder, ein globaler Scheidungsfolgenvc/sc/i/ag der Ehegatten mit Genehmigungs- bzw Entscheidungsrecht der Gerichte zu fordern.

713 Siehe etwa Müller-Freienfeis, „Neues" Familienrecht, in FS Hegnauer, 285 f. 714 Dazu Henrich, Eherecht und soziale Wirklichkeit, in FS Müller-Freienfels, 306 f. 715 Bosch (FN 368) 23 ff; ders. (FN 433) 1217; F.W.B. (FN 423) aaO; ders. (FN 211) FamRZ 1983,140. 716 Bartsch, Genehmigungspflicht der Unterhaltsvereinbarung, ZRP 1979, 97. Anders aber Walter (FN 198) NJW 1981,1412.

ÖSTERREICH

Gliederung

I. II.

III.

Einleitung Natur der einverständlichen Scheidung Voraussetzungen A. Das Scheidungsbegehren B. Die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft Exkurs C. Das Zerrüttungsgeständnis 1. Natur des Zerrüttungsgeständnisses 2. Überprüfungsbefugnis des Gerichtes 3. Zusammenfassung D. Das Einvernehmen über die Scheidung E. Die Scheidungsfolgenvereinbarung Die Scheidungsfolgenvereinbarung A. Inhalt 1. Die „rein persönlichen Rechte und Pflichten" 2. Das Umgangsrecht 3. Der Kindesunterhalt 4. Der Ehegattenunterhalt 5. Die vermögensrechtlichen Ansprüche B. Form 1. Die dem Gericht unterbreitete Vereinbarung 2. Die vor Gericht geschlossene Vereinbarung a. Protokollierung der Vereinbarung b. Protokollierung als gerichtlicher Vergleich c. Ersetzt das Gerichtsprotokoll allfällige Formerfordernisse? C. Rechtsnatur 1. Lehre und Judikatur 2. Kritik a. Der neue Typus „familienrechtliche Vereinbarung" b. Unterhaltsvertrag in bezug auf das Kind c. Schuldrechtlicher Vertrag über die vermögensrechtlichen Ansprüche und den Ehegattenunterhalt D. Probleme praktischer Art 1. Das „Unterbreiten" der Vereinbarung 2. Außergerichtliche Zusatzvereinbarungen 3. Vereinbarungen ohne Konkretisierung des Scheidungstatbestandes a. Vereinbarungen im Blick auf die Scheidung im Einvernehmen b. Vereinbarungen im Blick auf die Scheidung schlechthin c. Vereinbarungen für den abstrakten Scheidungsfall 4. Rechtsschutzverzichtsverträge 5. Die Regelung des Kindesunterhalts a. Sogenannte „Entlastungsverträge" b. Kindesvertretung durch einen Dritten

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IV.

V.

VI.

Das Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen A. Probleme allgemeiner Natur 1. Prozeßfähigkeit 2. Vertretung durch einen Prozeßbevollmächtigten B. Überprüfung des „Zerrüttungsgeständnisses" 1. „Zerrüttung" als quaestio mixta 2. Einvernehmliche Scheidung und streitige Scheidung 3. Amtswegigkeitsgrundsatz C. Kontrolle der Scheidungsfolgenvereinbarung 1. Materielle Scheidungsvoraussetzung 2. Gültigkeitsvoraussetzungen im allgemeinen a. Geschäftsfähigkeit b. Möglichkeit und Erlaubtheit c. Schein- und Umgehungsgeschäfte d. Mangelfreiheit 3. Zusammenfassung D. „Rechtskraftbegriff" des § 224 AußStrG 1. Eintritt der formellen Rechtskraft 2. Übertragbarkeit der stRspr auf § 224 AußStrG? E. Vollstreckung der „Vereinbarung(en)" Antragsrücknahme - Widerruf des Einvernehmens A. Die Antragsrücknahme B. Widerruf des Einvernehmens 1. Einverständnis zur Scheidung 2. Einvernehmen über die Scheidungsfolgen a. Die familienrechtliche Vereinbarung b. Der Unterhaltsvertrag in bezug auf das Kind c. Schuldrechtlicher Vertrag über die vermögensrechtlichen Ansprüche und den Ehegattenunterhalt Anfechtung des Scheidungsausspruches und der Scheidungsfolgen A. Anfechtung der Statusentscheidung 1. Die Haltung der Rechtsprechung a. Bis 1980 b. Seit 1980 2. Die verschiedenen Lehrmeinungen B. Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung 1. Das Fallrecht a. Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung b. Ergänzung und Berichtigung des (gerichtlichen) Vergleichs c. Gläubigeranfechtung d. Anfechtung des rechtskräftigen Aufteilungsbeschlusses? 2. Maßgeblichkeit materiellrechtlicher Anfechtungsgründe bei außerordentlichen Rechtsmitteln 3. Typologie „familienrechtliche Vereinbarung Unterhaltsvertrag - schuldrechtlicher Vertrag" a. Allgemeines b. Die Scheidungsfolgenvereinbarung Die familienrechtliche Vereinbarung Der Unterhaltsvertrag in bezug auf das Kind Schuldrechtlicher Vertrag über die vermögensrechtlichen Ansprüche und den Ehegattenunterhalt

Einleitung Die Struktur der einverständlichen Scheidung in ihrer heutigen Fassung (§ 55a EheG) war sozusagen eine Geburt der letzten Minute im österreichischen Gesetzgebungsverfahren. Der Justizausschuß (idF JA) zeichnet für diese Scheidungsvariante verantwortlich und wollte sie „so klar und unkompliziert" gestalten, „daß sie nicht in unsachlicher Weise erschwert wird und die Ehegatten sich des neuen Scheidungstatbestandes ... auch bedienen und nicht etwa wieder auf die - dem Ansehen der Gerichte und der Rechtsordnung abträgliche - ,de facto-Konventionalscheidung' ausweichen". Der JA wollte „auch den Forderungen Rechnung tragen, durch die Neuregelung nicht das Ansehen der Ehe als Wertvorstellung in der Gesellschaft herabzusetzen und vor übereilten Scheidungen oder nicht oder schlecht bedachten Scheidungsfolgen zu schützen.1" Mit der Scheidung im Einvernehmen ist keine wie immer geartete privatautonome Dispositionsbefugnis über den Bestand der Ehe eingeführt worden. Vielmehr wird dem Scheidungsantrag durch gerichtliche Entscheidung bloß stattgegeben werden dürfen, wenn die Ehe tatsächlich zerrüttet ist2, das Einvernehmen über die Scheidung selbst sowie über die Scheidungsfolgen genügt als solches nicht. Die Ausführungen des JA entbehren in vielen Punkten der nötigen Präzision und Überlegung. So wird zum Beispiel dargelegt, daß die schriftliche Vereinbarung der Ehegatten über die Scheidungsfolgen materielle Scheidungsvoraussetzung ist3. Darauf allein beschränkt sich die Begründetheit des Scheidungsbeschlusses freilich nicht. Diese und eine Reihe anderer Fragen sind nun im einzelnen auszuführen. § 55a bestimmt: (1) Ist die eheliche Lebensgemeinschaft der Ehegatten seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben, gestehen beide die unheilbare Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses zu und besteht zwischen ihnen Einvernehmen über die Scheidung, so können sie die Scheidung gemeinsam begehren.

1 Bericht des Justizausschusses 916 BlgNR XIV GP 8 (idF JAB) (Hervorhebung von mir). Rechtsvergleichend Pintens, De echtscheiding door onderlinge toestemming, 56 f, 89 f. Die ohne Quellenangabe zitierten Bestimmungen sind dem EheG entnommen. 2 JAB (FN 1) 8 (Hervorhebung von mir). 3 JAB (FN 1)31. 30 Verschraegen

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(2) Die Ehe darf nur geschieden werden, wenn die Ehegatten eine schriftliche Vereinbarung über die Zuteilung der aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten, die Ausübung des Rechtes auf den persönlichen Verkehr und die Unterhaltspflicht hinsichtlich ihrer gemeinsamen Kinder sowie ihrer unterhaltsrechtlichen Beziehungen und die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander für den Fall der Scheidimg dem Gericht unterbreiten oder vor Gericht schließen. Hinsichtlich des Rechtes auf persönlichen Verkehr mit gemeinsamen Kindern können die Ehegatten vereinbaren, daß sie sich die Regelung vorbehalten. (3) Einer Vereinbarung nach Abs 2 bedarf es nicht, soweit über diese Gegenstände bereits eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorliegt. Daß die für eine solche Vereinbarung allenfalls erforderliche gerichtliche Genehmigung noch nicht vorliegt, ist für den Ausspruch der Scheidung nicht zu beachten4. Zunächst ist abzuklären, welche Natur der „einvernehmlichen Scheidung" gemäß § 55a zukommt.

4 Bundesgesetz (idF BG) vom 15.6.1978 über Änderungen des Ehegattenerbrechts, des Ehegüterrechts und des Scheidungsrechts, BGBl 1978/280. Einen informativen Überblick über die Familienrechtsreform(en) bieten ua Ent, Die Familienrechtsreform und das Notariat, ÖNZ1987, 253 sowie Kohlegger, Lehren aus der österreichischen Familienrechtsreform, UZ 1987,1.

I. Natur der einverständlichen Scheidung Die Klärung der Natur dieses Scheidungsgrundes erlaubt Rückschlüsse auf die verschiedenen materiell- wie verfahrensrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Parteien im Laufe des Verfahrens sowie auf die Kontrollbefugnis und -pflicht des Richters mit Bezug auf sämtliche Voraussetzungen der Scheidung im Einvernehmen. Der Wille des historischen Gesetzgebers ist relativ leicht zu ermitteln. Aus den Materiahen geht zweifelsfrei hervor, daß es sich bei der „einverständlichen Scheidung" um eine Art der Eheauflösung handelt, die ihre Berechtigung letztlich aus dem Scheitern bzw der Zerrüttimg der ehelichen Lebensgemeinschaft schöpft. Der Mangel dieser Grundbedingung der Scheidung kann durch das Einverständnis der Parteien - de iure - nicht ersetzt werden. Ein solches Einvernehmen hat zwar Indizwirkung, liefert aber keinen vollen Beweis. In der Regierungsvorlage (idF RV) steht zu lesen: „Diesem ... Mißstand (dh den ,de-facto-Konventionalscheidungen') soll durch eine klare, jedoch auf dem Zerrüttungsgedanken aufbauende gesetzliche Regelung der einverständlichen Scheidung abgeholfen werden5." Keineswegs ist also daran gedacht worden, eine „vertragliche Ehescheidung" als Spiegelbild der „vertraglichen Eheschließung" einzuführen: Das Einverständnis als solches vermag maW das Eheband noch nicht aufzulösen; es gibt keine wie immer geartete Dispositionsbefugnis über das „Institut Ehe", sondern nur über bestimmte Einzelfragen. „Jeder Anschein einer ,Kündigung' des zweiseitigen Rechtsverhältnisses Ehe, sei es auch im Einverständnis der Ehepartner, sollte verhindert werden", betonte Hoyer als Referent der Kommission für die Gesamtreform des Scheidungsrechts zur RV 6 . Diese erläutert: „Der Gesetzesentwurf versteht die einverständliche Scheidung als eine Scheidung wegen unheilbarer Z e r r ü t t u n g des ehelichen Verhältnisses ..."7. Die Ehe soll deshalb - „auch im Fall des Einverständnisses der Ehegatten - nur dann geschieden werden ...", wenn „keine Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft besteht.8" Wenn auch die „Scheidung im Einvernehmen" durch den JA eine von der RV durchaus abweichende Regelung erfahren hat, ergibt sich aus dessen Bericht doch deutlich das Bestreben, den Zerrüttungsgrundsatz zu verwirklichen und Gesetzesumgehungen hintanzuhalten9. 5 RV 289 BlgNR XIV GP 7 (Hervorhebung von mir). 6 Hoyer, Gutachten der Familienrechtskommission zur Familienrechtsreform, 114. 7 Vgl RV (FN 5) 8. 8 Siehe RV (FN 5) 9. Zum Fall, daß die eheliche Gemeinschaft nie aufgenommen wurde, siehe Exkurs im Anschluß an II B. 9 JAB (FN 1) 2, 8 f.

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Die Zerrüttung bzw das Scheitern der Ehe ist die der „einverständlichen Scheidung" gemäß § 55a innewohnende Natur, maW ist die mangelnde Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft dem Wesen dieses Scheidungstatbestandes inhärent. Das Einvernehmen der Scheidungswilligen hat sich deshalb (nicht nur) auf das (tatsächliche) Vorliegen der unheilbaren Zerrüttung (sondern zugleich auch auf die Eheauflösung als solche sowie auf die Regelung der Scheidungsfolgen) 10 zu beziehen. Diese Ansicht war von Anbeginn an auch in der Lehre unbestritten: Aicher 11, Ent 12, Ent/Hopf 3, Feil 14, KöhlerMänhardt 16 und Schwind 17 kommentieren alle den Scheidungstatbestand gemäß § 55a in diesem Sinne. Judikatur zum Wesen dieser Scheidungsvariante scheint kaum vorhanden. Bloß obiter dicta geben unter Abgrenzung von anderen Scheidungstatbeständen spärliche Hinweise. Das beiderseitige Einverständnis über die Eheauflösung steht dabei notgedrungen im Vordergrund 18. Das Zerrüttungsprinzip kommt freilich insbesondere im Zusammenhang der Voraussetzungen der einvernehmlichen Scheidung zum Ausdruck. Auf diese ist nun im einzelnen einzugehen.

10 Dazu infra. Vgl ua LGZ Wien, 31.1.1980,43 R 2012/80, RPflSlgA 1980,107/6134 = EFSlg 36.373; LGZ Wien, 19. 5. 1983, 43 R 451/83, EFSlg 43.664; OGH 15. 1. 1985, 2 Ob 502/85, EFSlg 48.801. 11 Aicher, Ehescheidung und Scheidungsfolgen, in Fioretta , Das neue Ehe- und Kindschaftsrecht, 115; Aicher, Die Reform des Rechts der Ehescheidung und der unterhaltsrechtlichen Scheidungsfolgen, FamRZ 1980,428. 12 Ent, Die Eherechtsreform 1978, ÖNZ1979,123. 13 Ent/Hopf , Das neue Eherecht, 78. 14 Feil, Eherecht, Ehegattenerbrecht, Ehegüterrecht, 125. 15 Köhler, Ehescheidungsrecht, 20. 16 Mänhardt, Die Scheidung im Einvernehmen, in Ostheim, Schwerpunkte der Familienrechtsreform 1977/1978,126 f. 17 Schwind, Kommentar zum österreichischen Eherecht, 72. 18 Siehe dazu OGH 15.1.1985 (FN 10) ebenda.

IL Voraussetzungen Voraussetzung dafür, daß die Ehegatten gemeinsam die Scheidung begehren können, ist gemäß § 55a: die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr; das Zugeständnis der unheilbaren Zerrüttung durch beide Ehegatten; das Einvernehmen über die Scheidung; gegebenenfalls eine Scheidungsfolgenvereinbarung. Das (gemeinsame) Scheidungsbegehren setzt das Scheidungsverfahren, das sich insbesondere nach den §§ 220 ff AußStrG richtet, in Gang19. Es zählt somit zu den Voraussetzungen einer Scheidung im Einvernehmen.

A· Das Scheidungsbegehren In der Lehre ist umstritten, in welche Form das Scheidungsbegehren zu kleiden ist. Pichlet und Ent 21 sind der Ansicht, daß es nicht unbedingt eines gemeinsamen Antrages (in einem einzigen Schriftsatz) bedarf, sondern es genüge, daß ein Ehegatte dem Antrag des anderen bloß zustimmt. Andere wie Aicher 22, Schlich 23 und Simotta 24 sind ungleich strenger und verlangen einen von den Parteien gemeinsam gestellten Antrag. Mänhardt 25 sowie Koziol/ Weiset* 6 indes erwähnen das Erfordernis kommentarlos. In der Rechtsprechung hat sich das Problem bisher offenbar nicht gestellt. Mit „Erlaß des BMJ JAB1 1978/20 zur Vollziehung des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über Änderungen des Ehegattenerbrechts sowie des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1978 über Änderungen des Ehegesetzes" 19 Zum Verfahren siehe infra IV. Novak , Die einverständliche Auflösung der Ehe, JB1 1946, 299, 301 f, hatte damals vehement für die (Wieder-)Einführung der Scheidung im Einvernehmen plädiert, allerdings unter Voraussetzungen, die überraschend deutlich an die nach belgischem Muster erinnern. 20 Pichler, in Rummel, ABGB, Bd II, RZ 3 zu § 55a. 21 Ent (FN 12) 168. 22 Aicher (FN 11) Fioretta 115; ders. (FN 11) FamRZ 1980,429 f. 23 Schüch, Das geltende österreichische Scheidungsrecht, ÖA1983,15. 24 Simotta, Die einvernehmliche Scheidung während eines anhängigen Eheprozesses (§460 Ζ10 ZPO), ÖJZ 1987, 130; dies., Die Unterbrechung des Verfahrens über die einvernehmliche Scheidung wegen Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 223 AußStrG), 290 FN 37, weiterhin ohne Begründung. 25 Mänhardt (FN 16) 127. 26 ΚοήοΙ /Welser , Grundriß des bürgerlichen Rechts, Bd II, 216, führen bloß den „Antrag der Ehegatten" an.

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wurde angeordnet, daß die Anträge nach § 55a bei den Bezirksgerichten in ein nach einem neu aufzulegenden Geo.-Formblatt zu führendes SchRegister einzutragen sind27. Diese Formblätter sehen bloß einen Erst- und Zweitantragsteller vor. Die Justizverwaltung erblickt im „gemeinsamen Begehren" maW ein solches, das zeitlich und formal in einem gestellt wird. Eine rechtliche Bindungswirkung entfaltet diese Auffassung freilich nicht. Die Frage selbst wird hier deshalb nur der Vollständigkeit halber aufgeworfen. Da das Gesetz bezüglich der Form des Scheidungsbegehrens kaum Anhaltspunkte bietet, kann es - wie auch Ent meint28 - nur auf das mangelfreie Einverständnis der Ehegatten ankommen. Stellt daher bloß ein Ehegatte den ,Antrag auf Scheidung im Einvernehmen" und stimmt der andere diesem (spätestens) in der 1. mündlichen Verhandlung zu, ist der „gemeinsame Scheidungswille" damit zunächst wohl kundgetan. Eine Zustimmungserklärung, die am Einverständnis keinerlei Zweifel offenläßt, ist somit mE zulässig29. Der Sache nach ändert sich so besehen nichts. Erachtet man einen einseitigen Antrag auf einverständliche Scheidung und die korrespondierende Zustimmungserklärung des anderen Ehegatten für zulässig, dann drängt sich freilich die Qualifikation dieser „Erklärung" für die weitere Auseinandersetzung geradezu auf. § 55a verlangt, daß zwischen den Ehegatten Einvernehmen über die Scheidung besteht, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen können sie gemeinsam die Scheidung begehren. Umfaßt der Antrag nicht bloß das prozessuale Begehren auf Ehescheidung, sondern zugleich die Erklärung des Scheidungswillens y dann ist in der Zustimmung zum Antrag sowohl eine materiellrechtliche Willenserklärung wie auch eine Prozeßhandlung zu erblicken. Dies insbesondere deshalb, weil die „Zustimmungserklärung" als schlüssige Antragstellung 6 bewertet werden darf, deren Rückziehung ebenso zulässig ist wie die des ursprünglichen Antrags. Dasselbe gilt, wenn jeder Scheidungswillige einen gesonderten Scheidungsantrag einbringt, maW zwei Anträge auf einvernehmliche Scheidung gestellt werden. Des weiteren ist eine „Zustimmung zum Scheidungsantrag" logisch nur dann sinnvoll, wenn sie sich nicht bloß auf die Prozeßhandlung des anderen bezieht (denn die Ehegatten sollen gemeinsam die Scheidung begehren), sondern auch auf die materiellrechtlichen Wirkungen, die eine stattgebende

27 Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen, 515. 28 Ent (FN 12) 168. Olscher, Scheidung auch beim Bezirksgericht, Stb 1978, 18/4, meint zwar, daß die Ehegatten gemeinsam als Antragsteller auftreten müssen, sie aber den Antrag auch bei Gericht mündlich zu Protokoll geben können. 29 Vgl schon meine Rezension von Schubert, Die neuen Ehescheidungstatbestände in Frankreich seit dem Gesetz vom 11. Juli 1975 und ihre Aufnahme durch die Gerichte, ZfRV 1989, 68.

II. Voraussetzungen

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Entscheidung erzeugt, nämlich die Scheidung selbst. Die Zustimmungserklärung ist somit materiellrechtliche Willenserklärung und Prozeßhandlung zugleich, ihre Gestaltungsfunktion erzeugt Wirkungen im materiellen wie im Verfahrensrecht. Sie ist eine der in § 55a normierten materiellen Scheidungsvoraussetzungen (seil „Einvernehmen über die Scheidung") und kann nach hM bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft widerrufen werden30. Für den materiellen Gehalt der Anträge spricht außerdem die (meritorische) Abweisung des Scheidungsbegehrens, wenn der andere Teil seinen Antrag bzw seine Zustimmimg zurückzieht. Wäre nämlich das Vorhegen übereinstimmender Anträge ein rein prozessuales Erfordernis, müßte wohl bei Fehlen oder Wegfall auch nur eines Antrages die Zurückweisung erfolgen. Das LGZ Wien sieht den - wohl gemeinsamen - Antrag offenbar als bloße Prozeßhandlung an, die „als solche nach der Rechtsprechung und überwiegenden Lehre einer Anfechtung unter Berufung auf die Grundsätze des materiellen Rechtes nicht zugänglich" sei31. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Wie - supra - bereits dargelegt wurde, reduziert sich der „gemeinsame Antrag" nicht ausschließlich auf das Scheidungsbegehren als solches, dh auf die angestrebte Rechtsfolge der einverständlichen Scheidimg als hoheitlichen Gestaltungsakt. Mit ihm ist aus der Sicht der Parteien vielmehr das Einvernehmen über die Scheidung antizipiert: maW entfaltet dieses materielle Einverständnis seine Wirkung im prozessualen Rahmen. Dem gemeinsamen Antrag wohnt - in seiner Eigenschaft als gestaltendes Element - eine materiellrechtliche und eine prozessuale Komponente inne: er ist somit doppelfunktionell zu sehen und zu werten. Die Frage ist vor allem im Lichte einer späteren Anfechtung oder eines Widerrufs interessant. Wie supra erwähnt, geht die - zumindest ein Teil der - Judikatur der Problematik insoferne aus dem Weg, als sie ja schlicht auf den „Antrag" als „Prozeßhandlung" absteht. Da ist es freilich selbstverständlich, daß (reine) Prozeßhandlungen mit den Mitteln des materiellen Rechtes nicht angefochten werden können, sondern nur die vom Verfahrensrecht gewährten Rechtsmittel in Betracht kommen. Die zitierte Entscheidung beruft sich denn auch ausdrücklich auf Fasching 2. Im Falle einer Doppelfunktionalität wäre indes zunächst danach zu unterscheiden, ob der fraglichen „Parteihandlung" Doppelnatur zukommt, sie als y yDoppeltatbestand" zu begreifen ist oder ob sie ein Drittes darstellt 33. 30 Nach herrschender Meinung stellt § 224 AußStrG nämlich auf den Eintritt der formellen Rechtskraft ab. Siehe auch LGZ Wien, 23. 10. 1981, 43 R 2116/81, EFSlg 39.903 = ÖA 1983, 22. Zur kritischen Auseinandersetzung mit dieser Auffassung vgl im übrigen infra IV D. 31 Dazu LGZ Wien, 19.5.1983 (FN 10) aaO. 32 Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, Bd III, 11. 33 Bei der Doppelnatur ist die doppelfunktionelle Prozeßhandlung Rechtsgeschäft und Prozeßhandlung in einem. Welche Voraussetzungen für die Gültigkeit vorliegen müssen, ist

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Seit jeher geht die herrschende Lehre in Österreich, die stets eine vorwiegend prozeßrechtliche Auffassung gepflogen hat, von der Lehre vom Doppeltatbestand aus34. Daraus folgt, daß die materiellrechtlichen und die prozessualen Komponenten getrennt behandelt werden müssen. Ob diese Sicht bei der Beurteilung der (materiellrechtlichen und/oder prozessualen) Gültigkeit bzw Wirksamkeit zu befriedigenden Ergebnissen führt, ist noch zu prüfen 35.

B. Die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft Das Eheband muß formell mindestens ein halbes Jahr bestanden haben. Der Gesetzestext: „Die eheliche Lebensgemeinschaft muß seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben sein" legen diesen Schluß nahe, da die Aufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft ex definitione erst ab der Eheschließung möglich ist und ununterbrochen bestanden haben muß36. Das Zerrüttungsöft/e/cf ist die „eheliche Lebensgemeinschaft", die sich von der Auflösung der „häuslichen Gemeinschaft" nach § 55/1 deutlich abhebt. Sie ist § 90 ABGB entnommen und umfassender, indem sie über häusliches Zusammenleben hinaus auch geistig-seelisch-körperliche, kulturelle und wirtschaftliche Gemeinsamkeiten miteinschließt37. Die Rechtsprechung hat in einigen Entscheidungen versucht, diesen Begriff zu konkretisieren: für die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft kommt es nicht darauf an, ob die Ehegatten räumlich getrennt wohnen, sonumstritten (nämlich materiell- und/oder prozeßrechtliche Voraussetzungen); im Falle des OoppeUatbestandes klafft die Parteihandlung auseinander in das Rechtsgeschäft einerseits und die Prozeßhandlung andererseits. Diese kann trotz materiellrechtlicher Gültigkeit aus prozessualen Gründen unwirksam sein, jenes trotz prozessualem Bestand materiellrechtlich ungültig. Vgl dazu grundlegend Baumgärtel, Wesen und Begriff der Prozeßhandlung einer Partei im Zivilprozeß, 42 ff mwN. Zu beiden Positionen werden modifizierende Ansichten vertreten. Ein schlagendes Beispiel bietet die von Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts, RZ 1337 ff zum gerichtlichen Vergleich entwickelte Differenzierung der Lehre von der Doppelnatur, deren Quintessenz hier kurz wiedergegeben werden darf. Abweichend von der Lehre des Doppeltatbestandes schlagen materielle Ungültigkeitsgründe auf den gerichtlichen Vergleich durch, dasselbe gilt bei prozessualen Unwirksamkeitsgründen. In diesem Fall ist für die materiellrechtliche Gültigkeit allerdings maßgeblich, ob der Vergleich nach dem übereinstimmenden Parteiwillen nicht trotz prozessualer Ungültigkeit als solcher gewollt war, dann entfaltet das Rechtsgeschäft seine materiellrechtlichen Wirkungen. 34 Dazu statt vieler Fasching (FN 33) RZ 766,769 f. 35 Näheres infra VI. 36 LGZ Wien, 21. 2.1979,44 R 38/79, ÖA 1983,19 = EFSlg 34.016. 37 Näheres bei Ehrenzweig/Schwind, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts, Familienrecht, 71; Schwind (FN 17) 238; Mänhardt (FN 16) 127; Aicher (FN 11) FamRZ 1980,428; Pichler (FN 20) RZ 1 zu § 55a. Zum BG vom 1. 7. 1975 (BGBl 1975/412) über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe vgl statt vieler Ent/Hopf \ Die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, 1976; Schwimann, Die nichtvermögensrechtlichen Ehewirkungen im neuen Recht und dessen Problematik, ÖJZ1976,365.

II. Voraussetzungen

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dem ob sie ihrer Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft noch nachkommen38. Führt die Ehefrau im überwiegenden Interesse der im Haushalt lebenden Kinder noch den gemeinsamen Haushalt, so ist dies bloß eine „wirtschaftliche Symbiose" und keine Erfüllung der Beistandspflicht, die Hindernis für die einverständliche Scheidung wäre39. Besteht zwischen den Ehegatten keine Geschlechtsgemeinschaft mehr, dann erfüllen sie ihre Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft nicht, da jene Teil der umfassenden Lebensgemeinschaft darstellt. Eine räumliche und wirtschaftliche Trennung ist indes nicht unbedingt entscheidend40. Differenzierter, allerdings durchaus strenger ist eine Entscheidung, nach der die eheliche Lebensgemeinschaft erst als aufgehoben gilt, wenn alle Bindungen, die ihr Wesen ausmachen, gelöst wurden: Wenn ein Ehegatte den Haushalt führt und mit dem anderen Ehegatten - offenbar aus gefühlsmäßigen Gründen - in der Wohnung bleibt, ist die eheliche Lebensgemeinschaft im Sinne des § 90 ABGB nicht als aufgehoben anzusehen41. Die eheliche Lebensgemeinschaft kann jedoch aufgehoben sein, wenn die Ehegatten den Haushalt zwangsläufig gemeinsam führen 42. Wurde im Antrag indes (irrtümlich ?) ein falscher Zeitpunkt, zu dem die eheliche Lebensgemeinschaft beendet wurde, angeführt, dann bleibt diese Angabe maßgeblich (in casu: keine Aufhebung iSd § 55a), die Bestimmung eines solchen Zeitpunktes ist ausschließlich dem Willensbereich der Antragsteller zuzuord43

nen . Das rechtlich relevante Substrat aus den Entscheidungen herauszufiltern, ist eine mühevolle Aufgabe, da an keiner Stelle Erwägungen grundsätzlicher Natur angestellt worden sind. Besieht man sie recht, handelt es sich eher um ad hoc-Dicta, auf die wegen ihrer Allgemeinheit regelmäßig zurückgegriffen wird, die darum für sich allein nicht unbedingt einen sicheren Maßstab für künftige Fälle bieten. Der Begriff „eheliche Lebensgemeinschaft" gewinnt dadurch nicht mehr an Kontur, daß die Ehegatten die unheilbare Zerrüttung zuzugestehen haben. Solches Vorgehen setzt wohl eine gewisse Präzisierung voraus, fehlt es ja sonst an der Möglichkeit, das Scheitern der Ehe zu prüfen. Leider müssen der Judikatur gerade dabei Unklarheiten vorgeworfen werden, betont sie doch einmal ein bestimmtes, dann wiederum ein anderes Element der ehelichen Lebensgemeinschaft.

38 LGZ Wien, 21. 2.1979 (FN 36) EFSlg aaO. 39 LGZ Wien, 25. 4. 1979, 44 R 90/79, EFSlg 34.019 = ÖA 1983, 19; LGZ Wien, 4. 7. 1979,44 R158/79, EFSlg 34.019. 40 LGZ Wien, 16.10.1984,44 R 245/84, EFSlg 46.213. 41 LGZ Wien, 9.5.1984,44 R103/84, EFSlg 46.214. 42 LGZ Wien, 25.4.1979 (FN 39) ÖA aaO. 43 LGZ Wien, 19. 5. 1983 (FN 10) EFSlg aaO. Im umgekehrten Fall, nämlich zugunsten der Scheidung, müßte dies dann wohl auch gelten.

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Der wirkliche Test hat freilich woanders anzusetzen: Gestehen die Parteien die unheilbare Zerrüttung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft vor Gericht zu, ist zunächst zu klären, was dieses Zerrüttungsgeständnis ist und ob den Gerichten eine Überprüfungsbefugriis zusteht.

Exkurs Der Gesetzgeber läßt den Fall ungeregelt, daß die Ehegatten nie eine eheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen haben. Der Zeitraum von 6 Monaten ist eine Mindestfrist mit Bezug auf die aufgehobene eheliche Lebensgemeinschaft sowie zugleich Zerrüttungs- und Seriositätsindiz. Nach Ablauf dieser Zeit, die den Ehegatten nach allgemeiner Lebenserfahrung genügend Gelegenheit zur Versöhnung, jedenfalls Gewißheit über die Zerrüttung ihrer Ehe bieten sollte, können sie die Scheidung gemäß § 55a beantragen. Für jene Ehen, deren formeller Bestand, dh deren Eingehimg mindestens 6 Monate zurückliegt und die nicht zur Aufnahme einer ehelichen Lebensgemeinschaft führten, wird aus obigen Gründen die Zulässigkeit einer Antragstellung ebenfalls nicht zu bestreiten sein. Besteht das Eheband indes noch kein halbes Jahr, sieht die Rechtslage mE anders aus: Hier wird der Ablauf der sechsmonatigen Frist, die in diesem Zusammenhang „Überlegungs- bzw Bewährungsfunktion" gewinnt, abzuwarten sein. Dies aus folgenden Gründen: Die eheliche Lebensgemeinschaft wurde nie aufgenommen, die Ehe maW nicht „gelebt". Anläßlich der Eheschließung erklären aber die künftigen Ehegatten immerhin, „in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitigen Beistand zu leisten" (§ 44 ABGB). Nimmt man das Gesetz (vgl neben § 44 ABGB ua auch §§ 90, 92, 94 ff ABGB) ernst, ist den Ehegatten gewiß zumutbar, daß sie einen Versuch unternehmen, das Eheversprechen einzulösen. Denkbar ist, daß einschneidende Gründe, insbesondere solche, die im Lichte der Verschuldensscheidung (§§ 47 ff) oder einer Scheidung aus anderen Gründen (§§50 ff) an Relevanz gewinnen, die Erfolgsaussichten auf ein harmonisches Eheleben sofort zunichte machen. Für diese Fälle greifen die genannten Scheidungstatbestände ein. In diese Überlegungen ist überdies die Relation der einvernehmlichen Scheidung zur Eheauflösung wegen Zerrüttung (§ 55) miteinzubeziehen: auch bei dieser beginnt die Drei- (bzw Sechs-)Jahresfrist (der häuslichen Trennung!) erst ab dem Zeitpunkt der Eheschließung zu laufen 44.

44 Vgl ua Schwind (FN 17) 232; Pichler (FN 20) RZ 2 zu § 55 mwN; OGH 21. 6. 1950, 1 Ob 335/50, SZ 23/205 = EFSlg 2340 sowie OGH 13.12.1967,5 Ob 256/67, EFSlg 8574.

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In rechtspolitischer Hinsicht ist schließlich zu bedenken, daß die Ehe nach wie vor und ungeachtet der Möglichkeit, sie aufzulösen (im Wege einer Scheidung), nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft ist. Das „Institut Ehe" gerät in ein allzu großes Spannungsverhältnis mit einer solchen Auflösbarkeit, die das geforderte Eheversprechen zu einer bloßen Sollenitätsformel reduziert. Dem Gesetzgeber muß jedenfalls die Absicht, konsequent zu bleiben, unterstellt werden. Das gebietet schon die Rechtssicherheit.

€· Das Zerrüttungsgestandnis 1. Natur des Zerrüttungsgeständnisses Jüngst hat Simotta 45 die Anwendbarkeit der §§ 14 f ZPO 46 (einheitliche Streitpartei) auf die Antragsteller im Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung diskutiert und grundsätzlich bejaht. Für welche prozessuale Situation in diesem Verfahren eine einheitliche Streitpartei tatsächlich denkbar ist, bleibt ungeklärt. Denn Simotta verneint - und dies zu Recht - die Anwendung der §§ 14 f ZPO auf das „gemeinsame Scheidungsbegehren" und das „Zerrüttungsgeständnis". „Der Ausschluß des Repräsentationsprinzips folgt" - so sagt sie „einerseits aus dem Wesen der einvemehmlichen Scheidung, andererseits aus dem in §§ 221 Abs 2, 223, 224 Abs 1 AußStrG zutage tretenden favor matrimonii" 47 .

45 Simotta, Das „Zerrüttungsgeständnis" im Verfahren über die einvernehmliche Scheidung, FS Kralik, 337. 46 Die Bestimmungen lauten: § 14 ZPO: „Wenn die Wirkung des zu fällenden Urteiles sich kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auf sämtliche Streitgenossen erstreckt, so bilden dieselben eine einheitliche Streitpartei. Sind einzelne Streitgenossen säumig, so erstreckt sich die Wirkung der Prozeßhandlungen der tätigen Streitgenossen auch auf sie." § 15 ZPO: „(1) Das Recht zur Betreibung des Prozesses kann von jedem einzelnen der Streitgenossen ausgeübt werden. (2) Unter den in § 14 angegebenen Voraussetzungen sind zu jeder auf Antrag eines der Streitgenossen oder des Gegners anberaumten Tagsatzung außer den sonst beteiligten Personen stets auch sämtliche Streitgenossen, und zwar selbst dann zu laden, wenn eine frühere, in derselben Rechtssache abgehaltene Tagsatzung von ihnen versäumt wurde." 47 Simotta (FN 45) 339. Die Bestimmungen lauten: § 221/2 AußStrG: „Erscheint ein Antragsteller zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist der Antrag von Amts wegen als ohne Verzicht auf den Anspruch zurückgenommen zu erklären." § 223 AußStrG: „(1) Das Gericht hat das Verfahren von Amts wegen mit Beschluß auf längstens ein halbes Jahr zu unterbrechen, wenn es zur Überzeugung gelangt, daß eine Aus-

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Im Ergebnis ist ihr gewiß zuzustimmen. Die Begründung jedoch scheint zu allgemein, wie die Problemstellung selbst eher müßig sein mag. Insbesondere ist dem Gedanken der Repräsentation beim Scheidungsbegehren bzw dem Zerrüttungsgeständnis von vornherein mit großer Skepsis zu begegnen, weil es sich um höchstpersönliche Akte handelt, die keine Vertretung dulden: Beide Ehegatten haben die unheilbare Zerrüttung vor Gericht einzugestehen; das von ihnen geforderte Einvernehmen soll gewährleisten, daß die Scheidung nicht gegen den Willen eines Antragstellers ausgesprochen wird. Die Ablehnung des Repräsentationsprinzips ist deshalb nicht mit (dem Wesen) der „ Pichler 51 und Schwind 62. verständige zu vernehmen, oder auf andere schickliche Art Erkundigungen einzuziehen, und alle zur näheren Aufklärung dienlichen Urkunden abzufordern." 54 Vgl dem Sinne nach ua Mänhardt (FN 16) 130; Berger, Verfahrensrechtliches zu den neuen eherechtlichen Gesetzen, RZ 1978, 257; Aicher (FN 11) Fioretta 108; Schwind (FN 17) 238 f; Ehrenzweig/Schwind (FN 37) 71; Konecny, Wiederaufnahme im Außerstreitverfahren, insbesondere im Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung, JB1 1983, 30; Pichler (FN 20) RZ 2 zu § 55a mwN; Simotta (FN 45) 329 ff. 55 Siehe ua Ent (FN 12) ÖNZ1979,123; Ent/Hopf (FN 13) 206; Gschnitzer/Faistenberger, Österreichisches Familienrecht, 63; Koziol/Welser (FN 26) 216. 56 Vgl FN 52. 57 Aicher (FN 11) Fioretta 107 ff; ders., Buchbesprechung von Koziol/Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, Bd II 4 , Ergänzung, JB11979,445. 58 Berger (FN 54) 257. 59 Konecny (FN 54) 30. 60 Mänhardt (FN 16) 128 ff. 61 Pichler (FN 20) RZ 2 zu § 55a. 62 Ehrenzweig/Schwind (FN 37) 71; Schwind (FN 17) 238.

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Gegen die Überprüfung wehren sich indes Gschnitzer/Faistenberger sowie Koziol/Welser**. a.

b.

c.

Die „Überprüfungspflicht" wird wie folgt begründet: Der Richter muß prüfen, ob die eheliche Lebensgemeinschaft als solche seit (mindestens) einem halben Jahr aufgehoben ist. Eine schlichte Bestätigung der Trennung genügt den Anforderungen des Gesetzes nicht. Deshalb sei die richterliche Analyse, ob alle Wesenselemente der ehelichen Lebensgemeinschaft aufgehoben wurden, unumgänglich. Kritik: Die halbjährige Trennung ist eine vom Richter ohnedies zu treffende objektive Feststellung; sie wird vom Untersuchungsgrundsatz gemäß § 2/2 Ζ 5 AußStrG 65 erfaßt. Das Zugeständnis der unheilbaren Zerrüttung durch beide Parteien ist im Gesetz nicht als unwiderlegbare Vermutung konzipiert 66. Kritik: Das Argument ist nur überzeugend, wenn die „Bindungswirkung des Geständnisses" einerseits und die „umfassende Prüfungspflicht" des Gerichtes andererseits als ausschließliche Alternativen begriffen werden. Dies ist - wie oben bereits dargelegt wurde - nicht unbedingt der Fall: Das „Geständnis" (der Einzeltatsachen) kann zunächst und so lange binden, als sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß eine „unheilbare Zerrüttung" gar nicht eingetreten ist. Die Vermutung bleibt jedoch widerlegbar, maW ist die Bindungswirkung des Geständnisses keineswegs eine absolute. Die Prognose des Richters in bezug auf die mögliche Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft muß ein negatives Resultat ergeben. Liegt eine solche im Bereich des Möglichen, so hat er das Verfahren auszusetzen bzw gegebenenfalls sogar die Scheidungsanträge abzuweisen. Kritik: Eine Zukunftsprognose ist nicht stets erforderlich. Die Aussetzung des Verfahrens soll nur erfolgen, wenn der Richter eine konkrete Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu erkennen glaubt. Haben sich die Ehegatten während der Unterbrechung nicht versöhnt, dann ist dem

63 Gschnitzer/Faistenberger (FN 55) 63. 64 Koiiol/Welser (FN 26) 216. 65 Text siehe FN 53. 66 Vgl Hoyer zur Fragwürdigkeit der „unwiderlegbaren Vermutung", wie sie die RV für ein Bundesgesetz über die Änderung des Ehegesetzes, 289 BlgNR XIV GP in § 55 Abs 1 noch vorgesehen hatte, in Gutachten (FN 6) 111 f. Siehe auch Pichler (FN 20) RZ 2 zu § 55a. Beachtlich auch die Bedenken von Fragistas t Einverständliche Scheidung und Erleichterung der Scheidung durch das Prozeßverhalten der Parteien, FS Schima, 171 f, gegen das gerichtliche Geständnis in Ehescheidungsprozessen.

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d.

e.

f.

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Antrag wohl stattzugeben, es sei denn, der Richter ist auf Grund von zusätzlichen Anhaltspunkten zur Überzeugung gelangt, daß die Ehe trotz allem nicht zerrüttet ist. Zur Untermauerung der Ernsthaftigkeit bzw des Scheidungswillens haben die Parteien eine Vereinbarung über die wesentlichen Scheidungsfolgen vorzulegen bzw vor Gericht zu schließen67. Kritik: Die Freiheit und die Ernsthaftigkeit der Erklärungen sind grundsätzlich andere Fragen, die das Einvernehmen als solches tangieren. Diesbezüglich steht die Überprüfungsbefugnis (bzw -pflicht) völlig außer Zweifel 68. Der Untersuchungsgrundsatz beherrscht das Außerstreitverfahren. Umso mehr gebietet hier die materielle Prozeßleitung die Überprüfung der Ernsthaftigkeit und Mangelfreiheit aller Erklärungen. Kritik: Dennoch ist der Untersuchungsgrundsatz durch § 222/1 AußStrG als lex specialis relativiert. Die Regelung verweist explizit auf die „Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über ... die Beweise", dh auf die §§ 266 ff ZPO. Selbst wenn § 266/1 ZPO bestimmt, daß die von einer Partei ausdrücklich zugestandenen Tatsachen keines Beweises bedürfen, bleibt allerdings doch dem Richter deren rechtliche Wertung vorbehalten. Die Rspr ist denn auch wenig differenziert, wenn sie schlicht behauptet, daß „übereinstimmendes Parteivorbringen nicht weiter beweisbedürftig" sei69. Das primäre Beweismittel des Außerstreitrichters ist die Parteienvernehmung70. Kritik: Seitdem die Zivilverfahrens-Novelle 1983 die Subsidiarität der Parteienvernehmung im ordentlichen Zivilprozeß abgeschafft hat, ist den Befürwortern der (generellen) Überprüfungspflicht eine wesentliche Argumentationsgrundlage entzogen worden. Die in § 222/1 AußStrG bezogene Ausnahmeregelung, nämlich § 371/2 ZPO, ist dadurch inzwischen gänzlich obsolet. Schränkt man indes die Bindung an das Geständnis auf das notwendige Mindestmaß ein, wie dies supra in der vermittelnden Lösung im Wege einer teleologischen Reduktion vorgeschlagen wurde,

67 Näheres dazu infra II E, vor allem III. 68 Vgl auch Schüch (FN 23) 15. 69 LGZ Wien, 25. 4. 1979 (FN 39) EFSlg 34.020; etwas differenzierter LGZ Wien, 15. 7. 1982, 43 R 595/82, EFSlg 41.259, 41.260 und 41.261, wonach der Wahrheitsgehalt des Zugeständnisses der Zerrüttung durch Beweisaufnahme zu überprüfen ist. 70 Mänhardt (FN 16) 129 ff hat die verfahrensrechtlichen Implikationen der Gesetzesreform seinerzeit sehr gründlich recherchiert. Mit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 (idF ZVN 1983, Näheres in FN 286 und Text dazu) entfällt aber auch für ihn eine Basis seiner Auseinandersetzung. 31 Verschraegen

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dann stellt sich heraus, daß die „Parteienvernehmung" als Beweismittel sehr sinnvoll eingesetzt werden kann, nämlich bei Vorliegen von Anhaltspunkten für die mangelnde unheilbare Zerrüttung. Bei dieser Sachlage ist die Bindung an die von den Parteien vorgebrachten „zerrüttenden Ereignisse" stets zu verneinen! Insofern ist aber auch den Gegnern der „Überprüfungsbefugnis" (bzw -pflicht), nämlich Koziol/Welser („Eine inhaltliche Überprüfung findet aber nicht statt")71 und Gschnitzer/ Faistenberger („Die Bestimmungen der ZPO über Beweise, nicht die des Eheverfahrens, gelten ,daher beweisbefreiende Wirkung des Geständnisses'; aber keine Subsidiarität der Parteienvernehmung, ...".)72 ob der Allgemeinheit ihrer Aussage nicht zuzustimmen.

3. Zusammenfassung § 222/1 AußStrG verweist ausdrücklich auf die Bestimmungen über ... Beweise der ZPO, dh ua auf die §§ 266 ff ZPO, somit auch auf das Geständnis im technischen Sinne. Die „unheilbare Zerrüttimg" ist eine quaestio mixta . Das „Zugestehen" ist infolgedessen teleologisch zu reduzieren: Es können nur jene Fakten, die den rechtlichen Schluß auf die Zerrüttung erlauben, dh die „zerrüttenden Umstände" (zu)gestanden werden. Dem Richter obliegt die rechtliche Wertung dieses Zugeständnisses. Die Bindungswirkung des Geständnisses (bzw die Frage der unwiderlegbaren Vermutung) einerseits und die Überprüfungsbefugnis (resp -pflicht) des Gerichts andererseits sind keine ausschließlichen Alternativen. Sie sind als in-einander-greifende Elemente eines Systems zu verstehen, das im Zusammenspiel verschiedener Interessen einer ausgewogenen Wertung bedarf. Demnach geht es nicht an, die Überprüfungsbefugnis entweder völlig zu verneinen oder sie zu einer generellen Überprüfungspflicht zu erheben. Vielmehr ist davon auszugehen, daß das „Geständnis der ehezerrüttenden Ereignisse" den Richter zunächst bindet. Bieten sich Anhaltspunkte dafür an, daß die Voraussetzungen des Gesetzes (insbesondere eine unheilbare Zerrüttung der ehelichen Lebensgemeinschaft) nicht vorliegen, trifft den Richter die Pflicht zur Überprüfung der Aussagen; maW ist die Vermutung der unheilbaren Zerrüttung keine unwiderlegbare. Die Aussetzung des Verfahrens ist denn auch nur bei Vorliegen einer konkreten Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft 71 Koziol/Welser (FN 26) 216. 72 Gschnitzer/Faistenberger (FN 55) 63.

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zulässig. Hegt der Richter bloß vage Vermutungen oder hält er die Wiederherstellung für denkmöglich, so gerät er in ein Spannungsverhältnis zur ratio legis des § 55, wenn er das Verfahren gemäß § 55a iVm § 223/1 AußStrG unterbricht. Hinter dieser Diskussion verbirgt sich freilich ein weiteres Problem, das - soweit ersichtlich - nirgends ausdrücklich angeschnitten worden ist: Die Frage nämlich, welcher Zerrüttungsbegriff dem Tatbestand des § 55a zugrundehegt. Dies ist von der Lehre und Judikatur auf indirektem Wege, nämlich im Zusammenhang mit dem Begriff der („Aufhebung" der) „ehelichen Lebensgemeinschaft" erläutert worden. Die Interpretation wiederum wird (mehr oder weniger) nach objektiven Maßstäben vorgenommen: Es wird an den Begriff der „umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft", wie er in § 90 ABGB verankert ist, angeknüpft, maW orientiert sich die Rspr an einem Begriff der ehelichen Lebensgemeinschaft, der „institutionellen" Charakter annimmt. Damit ist aber noch nicht unbedingt entschieden, ob dem Zugeständnis der „unheilbaren Zerrüttung" nicht bereits mit einem subjektiven Zerrüttungsbegriff Genüge getan ist. Die Frage ist mE durchaus zu bejahen. Die Rspr verlangt denn meistens auch nicht den Entfall sämtlicher Bindungen, die gewöhnlich zum Wesen der ehelichen Lebensgemeinschaft gezählt werden73. Damit räumt sie ein - und dies wohl zu Recht -, daß eine „unheilbare Zerrüttung" in der Ablehnung eines wesentlichen Merkmales der ehelichen Lebensgemeinschaft hegen kann; maW kommt es im Unterschied zum funktionalen Zerrüttungsbegriff, der auf gesellschaftliche Wertvorstellungen der Rechtsordnung abstellt, primär auf die subjektiven Empfindungen der Parteien an. Stellt man freilich darauf ab, wird man sich kaum jemals über das frei und ernstlich geäußerte Einvernehmen der Parteien hinwegsetzen können; dieses und die übereinstimmende Zerrüttungsbehauptung lassen sich so besehen kaum sauber trennen. Die übereinstimmende Aussage bzw das „Zerrüttungsgeständnis" ist andererseits insofern objektiviert, als es sich an der (Aufhebung der) ehelichen Lebensgemeinschaft, dh an einem Rechtsbegriff komplexen Inhalts, zu orientieren hat. Wenn die Parteien im Zuge des Verfahrens zur einvernehmlichen Scheidung im Geständnis vorbringen, daß die Ehe zerrüttet ist, weil sie nicht mehr zusammenwohnen oder ein (bzw beide) Partner die Geschlechtsgemeinschaft mit dem anderen ablehnt, kann darin durchaus eine „unheilbare Zerrüttung" erblickt werden.

73 Vgl supra IIB.

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Festzuhalten bleibt: Das Einverständnis der Parteien für sich allein verschafft ihnen keinen Rechtstitel zur Scheidung. Auch das Geständnis 74 über die unheilbare Zerrüttung unterhegt der rechtlichen Wertung durch den Richter. Die „ehezerrüttenden Umstände" (bzw Tatsachenbehauptungen) können Gegenstand eines Geständnisses (im technischen Sinne) sein75. Der Richter hat bei klaren Anhaltspunkten für die fehlende Zerrüttung die Möglichkeit der Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu prüfen, gegebenenfalls das Verfahren auszusetzen bzw im äußersten Fall die Anträge abzuweisen. Bajons 76 meint durchaus zu Recht, die Wirkung des Zugeständnisses erschöpfe sich in der Entbindung des Richters von weiteren Beweisaufnahmen, sofern er sich nicht vom Gegenteil überzeugt habe. An seiner Beurteilungsbefugnis sei nicht zu zweifeln, da er das Verfahren unterbrechen könne. Die Judikatur läßt sich mit folgenden Leitsätzen zusammenfassen77: Voraussetzung für die einvernehmliche Scheidung ist die unheilbare Zerrüttung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Eine solche Zerrüttung hegt vor, wenn keine Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft besteht78. Mit dem Zugeständnis allein darf sich das Gericht aber nicht zufrieden geben, es muß vielmehr dessen Wahrheitsgehalt durch Beweisaufnahmen eruieren und den Antrag abweisen, wenn die Ehe nicht zerrüttet ist79. Andere Entscheidungen scheinen zwar weniger allgemein gehalten, sie verkennen jedoch mE die Zielsetzung des Verfahrens zur einverständlichen Scheidung. In einer E des LGZ Wien 80 heißt es, daß der Erstrichter die Parteien über ihre ehelichen Verhältnisse im letzten halben Jahr zwar hätte vernehmen und gegebenenfalls das Verfahren unterbrechen 74 Hoyer, Das neue Scheidungsrecht, JB1 1981, 14 hat bereits früh auf die Anfechtungsproblematik der Prozeßerklärungen hingewiesen. Daß die Natur des Zugeständnisses bislang ungeklärt blieb, ist voll zu unterschreiben. 75 Vgl § 266 ZPO: „Das gerichtliche Geständnis ist die einseitig vor Gericht (oder in einem vorbereitenden Schriftsatz) abgegebene Erklärung einer Partei, daß eine tatsächliche Behauptung des Gegners zutrifft." Nach Fasching (FN 33) RZ 830 sind Tatsachen „die konkreten, zeitlich und örtlich ... bestimmten gegenwärtigen oder vergangenen Geschehnisse und Zustände der Außenwelt oder des Innenlebens von Personen ..." Er unterscheidet äußere und innere Tatsachen: Diese betreffen das Innenleben von Personen bzw ihr Gefühlsleben, und können in der Regel „nicht direkt bewiesen werden, sondern es wird aus äußeren Umständen auf sie geschlossen; jene sind in der Außenwelt sinnlich wahrnehmbar." Die Parteien könnten aus diesem Grunde zum Beispiel gestehen, daß sie nun jeweils in einem anderen Stadtteil wohnen, jeder seine eigenen Einkäufe tätigt und mit eigenen Einkünften bezahlt, sie nicht mehr miteinander ausgehen und überhaupt keinen Kontakt mehr haben. Der Richter hat demgegenüber (als Frage der rechtlichen Beurteilung) zu prüfen, ob die Ehe dadurch unheilbar zerrüttet ist. 76 Bajons, Ehescheidung im österreichisch-italienischen Rechtsverkehr, ZfRV 1979, 260 und FN 46; zur Unterbrechung des Verfahrens vgl Simotta (FN 24) Die Unterbrechung, 279. 77 Siehe supra FN 38 ff. 78 LGZ Wien, 15. 7.1982 (FN 69) EFSlg 41.259 und 41.260. 79 Vgl FN 78 und EFSlg 41.261.

II. Voraussetzungen

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dürfen, die Feststellung, daß die eheliche Lebensgemeinschaft - entgegen dem übereinstimmenden Tatsachenvorbringen - noch kein halbes Jahr aufgehoben ist, sei ihm jedoch versagt. Das trifft mE in dieser Form nicht zu: Der Außerstreitrichter ist an die Aussagen der Parteien nicht gebunden. Er kann (und darf) im Zuge der Parteienvernehmung und auf Grund seiner freien Beweiswürdigung sowie materiellen Prozeßleitung sehr wohl zum Ergebnis gelangen, daß das Vorbringen ihn nicht überzeugt. Dies etwa wegen Unschlüssigkeit des gesamten Parteivortrags, aus dem hervorgeht, daß die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft realiter noch kein halbes Jahr zurückliegt. Eine solche Feststellung wäre zur Untermauerung der abweisenden Entscheidimg geradezu notwendig.

D. Das Einvernehmen über die Scheidung Das Einvernehmen über die Scheidung selbst ist in anderen Rechtsordnungen präzise geregelt, weshalb sein Vorliegen durch formale Hürden (etwa in Belgien) oder eine entsprechend intensive Kontrolle durch den Richter (zum Beispiel in Frankreich) einigermaßen gewährleistet erscheint. Anders liegt der Fall in Österreich. Dies überrascht: Handelt es sich doch auch hier um einen Scheidungstatbestand, der immerhin das Einvernehmen der Ehegatten voraussetzt (seil „Scheidung im Einvernehmen"!). Dieses Einvernehmen wird in § 55a/l ausdrücklich (als eine der Voraussetzungen zur Scheidung) gefordert: „... und besteht zwischen ihnen Einvernehmen über die Scheidung, so können sie die Scheidung gemeinsam begehren." Über eine allfällige, auf die Eigendynamik des Familienrechts, insbesondere der einvernehmlichen Scheidung bezogene Prüfung der Ernsthaftigkeit und Freiheit dieser Erklärungen schweigt das Gesetz, namentlich § 55a vollends. Die einzige Handhabe - im Rahmen des Scheidungs(verfahrens)rechts - bieten § 221/1 und § 2/2 Ζ 5 AußStrG 81. Nach jener Bestimmung hat der Richter über den Antrag mündlich zu verhandeln, diese Regelung ordnet die Maßgeblichkeit des Untersuchungsgrundsatzes an. Über den Antrag hat das Gericht somit auf jeden Fall eine mündliche Verhandlung durchzuführen, die dem Richter die Möglichkeit bieten soll, sich vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 55a zu überzeugen82. Ob da-

80 So etwa LGZ Wien, 16.10.1984 (FN 40) EFSlg 47.384 und 47.385. 81 Text §2/2 Ζ 5 AußStrG in FN 53. § 221/1 AußStrG lautet: „Das Gericht hat über den Antrag mündlich zu verhandeln. Zu den Tagsatzungen sind die Ehegatten und ihre Vertreter zu laden". Der Verweis auf die ZPO (§ 222/1 AußStrG) vermag diesen Untersuchungsgrundsatz nicht auszuschließen, sondern höchstens zu relativieren. 82 JAB (FN 1) 31.

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her zwischen den Ehegatten Einvernehmen über die Scheidung besteht, wird der Richter jedenfalls durch Befragen der Antragsteller klarzustellen haben. In sehr allgemeiner Weise gibt dies auch Schwind 83 zu erkennen. Nach ihm müsse „das Einvernehmen über die Scheidung dem Gericht gegenüber zum Ausdruck gebracht werden, was natürlich seinen aktenmäßigen Niederschlag zu finden" habe. Nach Meinung Aichers hegt darin eine „Willensübereinstimmung" vor, „die im Scheidungsantrag zum Ausdruck" kommt84. Weitergehende Aussagen lassen sich in der österreichischen Lehre - soweit ersichtlich - nicht finden. Mit dem Vorhegen der Anträge, die bekanntlich in der Praxis ein bloßes Formular, auf dem die nötigen Informationen einzutragen sind, darstellen, wird sich das Gericht mE nicht zufriedengeben dürfen. Zu bedenken ist ja, daß im Prinzip jedermann ein solches Formblatt ausfüllen kann, es findet auch keinerlei Kontrolle der Unterschriften statt. Vor allem ist es in der Praxis bereits vorgekommen, daß eine Ehefrau später erstaunt von ihrer rechtskräftigen Scheidung (im Einvernehmen!) in Kenntnis gesetzt werden mußte85. Es gibt auch Fälle, in denen ein Ehegatte wortlos die ganze Prozedur über sich ergehen läßt. Sollte der (recht unübliche) Fall vorkommen, daß zwar ein Antrag auf einvernehmliche Scheidung eingebracht wird, gleichzeitig jedoch der Antragsteller auf das noch fehlende Einverständnis seines Ehegatten hinweist, ist wie folgt vorzugehen. Der Antrag selbst ist formelle Voraussetzung für die Einleitung des Verfahrens auf einvernehmliche Scheidung. Schon supra86 wurde davon ausgegangen, daß den Gesetzesanforderungen mit einer mangelfreien Zustimmungserklärung des anderen Ehegatten zur Scheidung Genüge getan ist. Dieses Einvernehmen müßte, wie erwähnt, spätestens in der 1. mündlichen Verhandlung erklärt werden, weil es das prozessuale Scheidungsbegehren einerseits und das materiellrechtliche Ziel der Eheauflösung bekundet. Kurzum sowohl rechtliche Erwägungen (Prüfungspflicht des Richters, ob sämtliche Voraussetzungen vorhegen) wie rechtspolitische Gründe sprechen dafür, daß der Richter durch persönliches Befragen der Parteien die Freiheit und Ernsthaftigkeit der von ihnen abgegebenen Erklärungen prüft. Mit Bezug auf die Prüfung des Einvernehmens über die Scheidimg selbst ist die Rspr kaum ergiebig. Dezidiert (und im Ergebnis zu Recht) hält sie daran fest, daß ein Schuldausspruch durch eine (dem Einverständnis des anderen Ehegatten nicht entsprechende) ergänzende Entscheidung nicht in Betracht kommt, da dies „der durch § 55a EheG geschaffenen Möglichkeit der einvernehmlichen Ehescheidung und einvernehmlichen Regelung der 83 Schwind (FN 17) 239. 84 Aicher (FN 11) Fioretta 110. 85 OGH 26.11.1985, 5 Ob 604/84, JB11986, 778 (Hoyer) 86 Siehe oben II A.

= SZ 58/192 = EFSlg 48.883.

II. Voraussetzungen

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Scheidungsfolgen widersprechen" würde87. Aber auch hier steht das Einvernehmen als Scheidungsvoraussetzung und nicht als Gegenstand richterlicher Überprüfung im Vordergrund. Daß das Einvernehmen über die Eheauflösung als solche im Scheidungsantrag zum Ausdruck kommt, weshalb sich Aicher (offenbar) mit dem Antrag allein begnügen will, stimmt gewiß. Ein solches Einvernehmen kann aber auch in einer Scheidungsfolgenvereinbarung ihren Niederschlag finden. Doch genügt auch diese nicht zum Beleg für ein mangelfreies Einvernehmen. Das ABGB, namentlich der 2. Teil „Von dem Sachenrechte" und dessen 2. Abteilung „Von den persönlichen Sachenrechten", nimmt ausdrücklich auf die Freiheit und Emstlichkeit der Willenserklärungen Bezug. Satz 1 des § 869 ABGB lautet: „Die Einwilligung in einen Vertrag muß frei, ernstlich, bestimmt und verständlich erklärt werden." Nach herrschender Meinung gelten die §§ 869 ff ABGB nur für Verkehrsgeschäfte 8*. Entwicklungsgeschichtlich und nach der Gesetzessystematik ist gezielt an die Interpretation schuldrechtlicher Verträge gedacht. Die später unter pandektistischem Einfluß entwickelte allgemeine Rechtsgeschäftslehre 89 will den Anwendungsbereich solcher Auslegungsregeln auf sämtliche Rechtsgebiete ausgedehnt wissen, sofern diese keinen Sonderbestimmungen unterliegen. Die Freiheit und Emstlichkeit einer Willenserklärung im Rahmen der „persönlichen Sachenrechte" ist konzeptionell zweifellos an diesen Verbindlichkeiten orientiert. Die Auslegung erfolgt anhand der Vertrauenstheorie. Anders ist die Lage im Ehe- und Erbrecht: dem Willen des Erklärenden wird auf Grund des höchstpersönlichen Charakters des Rechtsgeschäftes betont Rechnung getragen und dadurch das Vertrauen des Erklärungsempfängers auf den Bestand der Erklärung zurückgedrängt. MaW tritt hier das Interesse an der Verkehrssicherheit gegenüber dem Schutzbedürfnis des einzelnen zurück, daß das von ihm angestrebte Rechtsgeschäft so verstanden wird, wie es seinem Willen (und weniger seiner Erklärung) entspricht90. Anhand von § 870 ABGB ist die Freiheit, gemäß § 863 ABGB die Ernstlichkeit der abgegebenen Willenserklärung zu prüfen. Das bedeutet, daß nur List und Zwang rechtlich taugliche Anfechtungsgründe für die fehlende oder eingeschränkte Freiheit der Willenserklärung darstellen; hinsichtlich der Emstlichkeit wird an den Rechtsfolgewillen angeknüpft, der sich nach dem 87 Vgl OGH 15.1.1985 (FN 10) ebenda. 88 Vgl Rummel, in Rummel, ABGB, Bd I, RZ 1 zu § 869 ABGB, unter Berufung auf Gschnitzer, in Klang, IV/1,73. 89 Zur Genesis des allgemeinen Teils vgl Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 347 ff, 475 (zum BGB), 486 ff (zum BGB). 90 Zur Problematik der Willens-, Erklärungs- und Vertrauenstheorie im Vertragsrecht, siehe Fr. Bydlinsßä, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, 1 ff.

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objektiven Erklärungswert der Aussage richtet 91. Die Anforderungen sind völlig sachgerecht - auf die ökonomische Interessenlage des Geschäftsverkehrs abgestimmt. Im Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung sind nun die Parteien selbst (und nicht bloß ihre Vertreter) ausdrücklich zu befragen, ob Einvernehmen bezüglich der Eheauflösung besteht. Mit einer schlüssigen Willenserklärung ist dem Gesetz nicht Genüge getan, wie schon aus § 55a iVm §§ 221/1 und 2/2 Ζ 5 AußStrG 92 hervorgeht: der (bzw die) Antra(e)g(e), die bloße Anwesenheit der Parteien und die Vorlage der Scheidungsfolgenvereinbarung sind zwar deutliches, aber eben nicht hinreichendes Indiz dafür, daß die Scheidung einvernehmlich gewünscht wird, weil das Gesetz die zusätzliche Prüfung dieses Einvernehmens explizit anordnet. MaW kann dieses nur mittels einer ausdrücklichen Willenserklärung beider Ehegatten untermauert werden. Die Freiheit und Emstlichkeit solcher Äußerungen ist zunächst an ihrem Aussagewert zu messen, wobei die Rahmenbedingungen bzw Begleitumstände, die die Gruppendynamik in diesem Verfahren prägen (zB Befragung durch einen Richter, der spezifische Streitgegenstand, die Zerrûttung^gn/Twte usw), besonders ins Kalkül zu ziehen sind. Insofern ist an der Maßgeblichkeit der Rechtsgeschäftslehre mit Bezug auf die (Prüfung der) Freiheit und Ernstlichkeit (im allgemeinen) gar nicht zu zweifeln. (Für Willensmängel) Im Ehe- und Erbrecht - die unentgeltlichen Geschäfte beiseite gelassen - gelten Sonderregeln. Im Zusammenhang der Scheidung (im Einvernehmen) sind keine spezifischen Anfechtungsbestimmungen vorgesehen. Ob hinsichtlich der Anfechtung deshalb automatisch und uneingeschränkt auf die §§ 869 ff ABGB zu rekurrieren ist, bleibe vorläufig noch dahingestellt93. Die Beantwortung dieser Frage hängt zum Teil davon ab, ob die einverständliche Scheidimg als contrarius actus zur Eheschließung qualifiziert werden darf, was bereits bei der Erörterung der „Natur der einverständlichen Scheidung" verneint wurde 94, ferner kommt auch der Analyse der Scheidungsfolgenvereinbarung große Bedeutung zu95.

E. Die Scheidungsfolgenvereinbarung Gemäß § 55a/2 darf die Ehe nur geschieden werden, wenn die Ehegatten eine schriftliche Vereinbarung über bestimmte, dort angeführte Scheidungsfolgen vorlegen. 91 92 93 94 95

Vgl statt vieler Rummel (FN 88) RZ 3 und 4 zu § 869 ABGB mwN. Text in FN 81 und 53. Zur Problematik infra VI. Siehe supra I. Dazu infra III C.

II. Voraussetzungen

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MaW haben die Antragsteller dem Gericht eine schriftliche Vereinbarung 6 über die wesentlichen Scheidungsfolgen zu unterbreiten bzw eine solche vor Gericht zu schließen, widrigenfalls die Ehe nicht geschieden werden darf. Manche Autoren betrachten das Erfordernis der Scheidungsfolgenvereinbarung als Zulässigkeitsvoraussetzung. So zum Beispiel Mänhardt 91 und Aichef*. Schwinc? 9 sieht in ihr eine „formale Voraussetzung" bzw er meint, aus rein formalen Gründen bedürfe es einer schriftlichen Vereinbarung. Diesen Rechtsmeinungen kann unter keinen Umständen zugestimmt werden. Aus folgenden Erwägungen ist die Scheidungsfolgenvereinbarung vielmehr als materielle Scheidungsvoraussetzung anzusehen100. Mit der Scheidungsfolgenvereinbarung wird nämlich ein materieller Schutzzweck verfolgt. Das bedeutet: sie ist mit dem materiellrechtlichen Anspruch auf Scheidung insoferne verknüpft, als sich das Einvernehmen auch in ihr dartut. Diese Scheidungsvariante umfaßt das Einverständnis über die Auflösung des Ehebandes als solchen sowie über die in der Vereinbarung zu regelnden Scheidungsfolgen. MaW kann die Vereinbarung materiellrechtlich insoweit nicht vom Scheidungsbegehren isoliert betrachtet werden, weil die Auflösung des Ehebandes (als materiellrechtliche Wirkung der stattgebenden Statusentscheidung) die inhaltliche Aufbereitung seiner Folgen mitbestimmt. Die Scheidung und die Vereinbarung sind somit und soweit naturgemäß mit einander verwoben. Wurde keine Scheidungsfolgenvereinbarung vorgelegt und eine solche vor Gericht auch nicht geschlossen, dann darf den Anträgen nicht stattgegeben werden. Das ist die Bedeutung des Gesetzeswortlautes („... darf nur geschieden werden, wenn..."). Fehlt es daher an einer Scheidungsfolgenvereinbarung, dann sind die Anträge abzuweisen, weil eine materielle Scheidungsvoraussetzung nicht erfüllt ist. Eine andere Sicht der Rechtslage führte etwa auch zum Ergebnis, daß umso mehr nach Rücknahme eines Antrages der Antrag des anderen Ehegatten zurückgewiesen werden müßte. Die Bedeutung der Zurückweisung (wegen Unzulässigkeit) bzw der Abweisung (wegen Unbegründetheit) manifestiert sich auf vielfache Weise. Fragen prozessualer Zulässigkeit sind stets vor der Beurteilung in der Sache abzuklären, weil sie die rechtsstaatliche Legitimation des Verfahrens betreffen, die für die Sacherledigung unabdingbare Voraussetzung ist. Eine allfällige Zurückweisung des Antrags schließt infolgedessen die inhaltliche richterliche Beurteilung des Scheidungsbegehrens, dh die Sachentscheidung selbst in diesem 96 97 98 99 100

Zu den besonderen Formerfordernissen Mänhardt (FN 16) 131. Aicher (FN 11) FamRZ 1980,430. Schwind (FN 17) 239; ders. (FN 37) 72. Vgl ua JAB (FN 1) 31.

infra III B.

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Verfahren aus. Darüber hinaus gebieten prozeßökonomische Erwägungen die Voraberledigung prozessualer Zulässigkeitsfragen 101. Die spätere Korrektur einer wegen Fehlens einer Zulässigkeitsvoraussetzung angefochtenen Entscheidimg führt zur Beseitigung der Entscheidung sowie des ihr zugrundehegenden Verfahrens; ein Begründetheitsmangel bewirkt indes bloß den Wegfall bzw die Abänderung der Entscheidung selbst102. Wie oben bereits ausgeführt wurde 103, wäre eine Zustimmungserklärung des einen Ehegatten zum Antrag des anderen durchaus rechtmäßig und ihre Deutung als „schlüssige Antragstellung" erlaubt. Die Zurück- statt Abweisung dieser Anträge würde diese Scheidungsvoraussetzungen eines wesentlichen Aspektes berauben, nämlich des materiellrechtlichen Charakters und sie vielmehr auf ihre (dienende) Funktion als bloße Prozeßhandlung reduzieren. Die Rechtsprechung will sich offenbar nicht festlegen. In den Entscheidungen stellt die Scheidungsfolgenvereinbarung (nur) „eine Voraussetzung" zur einvernehmlichen Scheidung dar, ohne Qualifikation nach ihrer materiellrechtlichen oder prozessualen Natur 104. Die diffuse Regelung des § 55a/2 und /3 wirft so viele Probleme auf, daß es angebracht ist, die „Scheidungsfolgenvereinbarung" in einem selbständigen Kapitel zu behandeln.

101 Vgl Fasching (FN 33) RZ 711, 720 ff. 102 Siehe Fasching (FN 33) RZ 721 ff. 103 Siehe supra II A. 104 OGH 2. 2. 1984, 6 Ob 518/84, EvBl 1985/22; OGH 20. 3. 1985, 1 Ob 532/85, RZ 1986/19 = EFSlg 48.800 = JB1 1986, 777 (Hoyer) = SZ 58/43; OGH 8. 9. 1987, 2 Ob 618/87, EFSlg 54.013; OGH 20.12.1988, 2 Ob 608/88 (nv). Interessant ist deswegen die von Philp, Neuester Stand der Rechtsprechung des LG für ZRS Wien in Kindschaftssachen und zur Praxis des § 55a EheG, AnwBl 1981, 22 referierte Rechtsauffassung von Schiich, dessen Meinung der des Rechtsmittelsenates 43 entspricht: Danach gebe es bloß 3 „Sachverhaltsvoraussetzungen" für die § 55a-Scheidung, nämlich die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft, die unheilbare Zerrüttung und die mangelnde Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 223 ABGB [muß wohl heißen: AußStrG]) sowie als formelle Voraussetzung die Scheidungsfolgenvereinbarung. Die Aufzählung ist nicht nur unvollständig, sondern in dieser Form auch unrichtig.

III. Die Scheidungsfolgenvereinbarung Zunächst empfiehlt sich die inhaltliche Aufbereitimg der Scheidungsfolgenvereinbarung (A), die es erlaubt, eine Klassifikation der Regelungsbereiche vorzunehmen, um deren Forni, in der sie zu unterbreiten sind (B), und die Natur dieser Regelungsbereiche (C) zu bestimmen. Nach dieser richten sich schließlich die Rechtsfolgen einer allfälligen Mangelhaftigkeit der Vereinbarung.

A Inhalt

1.

2. 3. 4. 5.

Die in der Vereinbarung zu regelnden Materien erstrecken sich auf: Die Zuteilung der aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten (Obsorge). Die Ausübung des Rechtes auf persönlichen Verkehr (Umgangsrecht). Die Unterhaltspflicht hinsichtlich der gemeinsamen Kinder (Kindesunterhalt). Die unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Ehegatten (Ehegattenunterhalt). Die vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehegatten im Verhältnis zueinander. 1. Die „rein persönlichen Rechte und Pflichten "

Es handelt sich um die rein persönlichen Rechte und Pflichten, die aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern erfließen. Solche „rein persönlichen Rechte und Pflichten" werden in rechtlicher Hinsicht mit Pflege und Erziehung des Kindes, Verwaltung seines Vermögens und seiner gesetzlichen Vertretung konkretisiert (§ 144 ABGB). Mit Inkrafttreten des Kindschaftsrecht-Änderungsgesetzes (idF KindRÄG) am 1. 7. 1989 sind diese Rechte und Pflichten unter dem Begriff „Obsorge" zusammengefaßt 105. Eine inhaltliche Änderung erfuhr § 144 ABGB durch diese Reform jedoch nicht. 105 BG vom 15. 3. 1989, BGBl 1989/162; Materialien: RV 172 BlgNR XVII. GP, AB 887 BlgNR XVII. GP. Zur Erläuterung ua Klein/Strauss/Brosch, Das Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz, ÖA 1989, 72; insbesondere zuletzt aber Pichler, Neues im Kindschaftsrecht, JB1 1989, 686 mwN.

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Zu verweisen ist im gegebenen Zusammenhang auf die in § 177/1 ABGB vorgesehene Vereinbarung, die zu regeln hat, wem künftig die Obsorge für das Kind allein zukommen soll. Diese kann nur einem Elternteil, und zwar grundsätzlich ausschließlich ihm allein übertragen werden 106. Der Wortlaut des § 177/1 ABGB ist eindeutig: „Ist die Ehe ... geschieden, ... so können sie dem Gericht eine Vereinbarung darüber unterbreiten, wem von ihnen künftig die Obsorge für das Kind allein zukommen soll." Schüch ua 107 plädieren für eine eventuelle Aufteilung dieser Rechte und Pflichten, wenn beide Ehegatten für jeweils andere Aufgaben geeignet sind. Nun mag es in der Tat durchaus Sachverhaltskonstellationen geben, in welchen eine solche Aufteilung dem Kindeswohl am ehesten entspricht. Insoferne ist dieser Auf fassimg zuzustimmen. Diese Lösung ist am Kindeswohl orientiert (§§ 177/1 iVm 178 ABGB), sodaß sie naturgemäß mit der Wiedergabe rein gesetzestechnischer Formeln nicht untermauert werden kann. Deshalb ist auch ein Rückgriff auf § 144 letzter Satz ABGB in diesem Rahmen wenig nützlich. Dort wird nämlich die Frage geregelt, wem bei mangelnder Einigung die Pflege zusteht; „vor allem" demjenigen - so das Gesetz -, „der den Haushalt führt, in dem das Kind betreut wird". Die Zuweisung der Pflege erfolgt in diesem Fall nur nach praktischen Gesichtspunkten, sie betrifft nur einen Teilaspekt der „Obsorge" und ist infolgedessen nicht verallgemeinerungsfähig. Selbst wenn daher eine Ausnahme von der ausschließlichen Zuteilung, wie sie in § 177/1 ABGB angeordnet ist, zulässig sein sollte, wäre sie nur entsprechend zu berücksichtigen, nämlich bloß subsidiär. Allgemeine Maßstäbe lassen sich hiefür nicht finden, entscheidend ist das Kindeswohl, und dieses wird stets von Fall zu Fall beurteilt. Selbstverständlich hat die Vereinbarung eine detaillierte Regelung der „rein persönlichen Rechte und Pflichten" (§§ 144, 177/1 ABGB) zu enthal-

Siehe in diesem Zusammenhang auch das BG vom 15. 3. 1989 (BGBl 1989/161), mit dem Grundsätze über die Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge aufgestellt und unmittelbar anzuwendende Vorschriften in diesem Bereich erlassen werden, sog Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 (idF JWG 1989); Materialien: RV 171 BlgNR XVII. GP; AB 872 BlgNR XVII. GP. Zur Erläuterung ua Stockart-Bernkopf Das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989, ÖA 1989, 55; vor allem aber jüngst Pichler, aaO mwN. 106 Weitere Einzelheiten und Hinweise auf dem neuesten Stand bei Pichler, in Rummel, ABGB, Bd I, zu den betreffenden Bestimmungen. § 177/3 ABGB in der Fassung des KindRÄG (FN 105) ist eine interessante Neuregelung. Sie verweist auf § 167 ABGB. Der Sache nach bedeutet dies, daß die Obsorge dann durch beide Eltern gemeinsam ausgeübt werden kann, wenn diese nach der Scheidung und Einzelzuteilung der Obsorge (gemäß § 177/1 bzw /2 ABGB) wieder in dauernder häuslicher Gemeinschaft leben und diese Verfügung für das Wohl des Kindes nicht nachteilig ist. Vgl Klein/ Strauss/Brosch (FN 105) 82 ff; Pichler (FN 105) 678. 107 Schüch, Das österreichische Kindschaftsrecht, ÖA 1980, 57. Siehe ferner auch Pichler (FN 106) RZ 2 zu § 177 ABGB; Bauer, Kindschaftsrecht. Die Rechtsstellung des Kindes aus geschiedenen Ehen, AnwBl 1986,19.

III. Scheidungsfolgenvereinbarung

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ten, allein schon deshalb, weil dem Pflegschaftsrichter die Prüfung nach dem Kriterium des Kindeswohles sonst verwehrt bleibt. In Grenzfällen (zB wenn die persönlichen, Unterhalts- und vermögensrechtlichen Fragen in der Vereinbarung völlig unausgewogen geregelt sind) wird aber auch der Scheidungsrichter das Kind (und unter Umständen den Jugendwohlfahrtsträger) anzuhören haben (§§ 178b und 215/2 letzter Satz ABGB) 108 , um sich vom Vorhegen der materiellen Scheidungsvoraussetzung(en) 9 nämlich der Übereinstimmung der das Kind betreffenden Vereinbarung mit dem Kindeswohl (auch im Zusammenhang mit den restlichen Vereinbarungsbestimmungen) zu überzeugen109.

108 Pichler (FN 106) RZ 1 b zu § 177 ABGB sowie RZ 2 zu § 178 b ABGB, der die Anhörung in einem solchen Fall im Regelfall für „erforderlich", dh jedenfalls für zulässig hält. Mit dem KindRÄG (FN 105) wurde eine neue Bestimmung (§ 178b ABGB) eingeführt, wonach die Meinung des Kindes vor Verfügungen, die seine Pflege oder Erziehung betreffen, zu berücksichtigen ist. Auch die Genehmigung der Vereinbarung gemäß § 55a/2 zählt zu solchen „Verfügungen". Das Kind ist „tunlichst" persönlich zu hören. Ein noch nicht zehnjähriges Kind kann statt durch den Richter auch durch den Jugendwohlfahrtsträger oder in anderer geeigneter Weise befragt werden (so zum Beispiel durch einen Psychologen). Eine Anhörung des Kindes entfällt, wenn die Befragung oder der Aufschub der Verfügung das Kindeswohl gefährden könnte oder im Hinblick auf das Alter oder die Entwicklung des Kindes eine Meinungsäußerung nicht zu erwarten ist. Die Neuregelung beschränkt die Anhörungspflicht ausdrücklich auf Verfügungen bezüglich der Pflege und Erziehung. Das Umgangsrecht ist davon freilich schwer abzukoppeln, sodaß auch in diesem Zusammenhang das Kind anzuhören sein wird. Fallrecht zur Auslegung der , Anhörung nach Tunlichkeit" liegt bis dato noch nicht vor. Vergleicht man die Anhörungspflicht durch den Richter gemäß § 178b ABGB mit seiner in § 186a/4 ABGB statuierten Pflicht, nicht nur die Eltern, den gesetzlichen Vertreter, weitere Erziehungsberechtigte, den Jugendwohlfahrtsträger, sondern auch jedenfalls das bereits zehnjährige Kind zu hören, bevor er darüber entscheidet, ob den Pflegeeltern die Obsorge (ganz oder teilweise) zu übertragen ist, so kommt hier neuerlich der Gedanke zum Durchbruch, daß am Vorabend einer Scheidung im Einvernehmen die Ehegatten im Vordergrund stehen, in viel geringerem Ausmaß aber ihr Kind. Das ist angesichts der steigenden Zahl an Scheidungswaisen ein bedauernswerter Zustand, dem im Augenblick bloß durch eine aktivere Rolle des Pflegschaftsrichters (oder anderer dafür geeigneter Personen) gemäß § 178 ABGB abgeholfen werden kann. 109 Obwohl der Scheidungsrichter die Vereinbarung nicht zu genehmigen hat, legt er sie als materielle Scheidungsvoraussetzung seinem Scheidungsbeschluß zugrunde. Er wird daher die auf das Kind bezogenen Regelungen insofern zu prüfen haben, als jedenfalls nicht gegen zwingendes Recht (das Kindeswohl) verstoßen werden darf. Eine solche Gesetzesverletzung wäre als materielle Scheidungsgrundlage unzulässig. MaW hat der Scheidungsrichter erkennbare Verstöße gegen das Kindeswohl als Verstoß gegen zwingendes Recht zu werten. In diesem Fall fehlt es an einer Vereinbarung gemäß § 55a und somit an einer materiellen Scheidungsvoraussetzung. Für diese Ansicht spricht noch ein praktisches Argument: Insbesondere am Land kann derselbe Scheidungsrichter in derselben Sache als Pflegschaftsrichter zur Genehmigung der Scheidungsfolgenvereinbarung berufen sein. Es ist wohl unvertretbar, ihm im Scheidungsverfahren die Zugrundelegung einer Vereinbarung zuzubilligen, die er nachträglich als Pflegschaftsrichter nicht genehmigen wird. Zum gleichen Ergebnis muß man gelangen, wenn der Scheidungsrichter davon überzeugt ist, daß der zuständige Pflegschaftsrichter die Vereinbarung sicher nicht genehmigen wird. Dasselbe gilt aber für die Beurteilung der Scheidungsfolgenvereinbarung als ganzer. Zwar obliegt dem Pflegschaftsrichter letztlich die Genehmigung der das Kind betreffenden Vereinbarungen; die Vereinbarung in toto soll aber die Wahrung des Kindeswohls und des öf-

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Wird dem Scheidungsrichter eine bereits genehmigte Vereinbarung unterbreitet, liegt die materielle Scheidungsvoraussetzung insoweit wohl vor. 2. Das Umgangsrecht Wer das Kind weder pflegt noch erzieht, hat - so § 148 ABGB - das Recht, unter Vorbehalt des Kindeswohles, mit dem Kind persönlich zu verkehren. Dieses Besuchsrecht kann auf bestimmte Zeit oder unter Umständen auf Dauer eingeschränkt (allenfalls auch ausgedehnt) werden. Das Kriterium für solche Maßnahmen ist die Beziehung des Kindes zu dem pflegenden Elternteil als die intensivere, die direkter das Kindeswohl tangiert 110. Die Ehegatten können sich die alle Einzelheiten regelnde Vereinbarung über das Umgangsrecht jedoch ersparen. Die Regelung gilt nämlich als bloß fakultative Scheidungsvoraussetzung (§ 55a/2 letzter Satz). Die Begründung für diese - rechtsvergleichend betrachtet ungewöhnliche - Regelung kann dem JAB entnommen werden 111: „Dem hegt die Erfahrung zugrunde, daß nicht näher geregelte, ungezwungene Kontakte zwischen einem Elternteil und dem Kind für alle Beteiligte, besonders auch für das Eltern-Kind-Verhältnis, vielfach vorteilhafter sind als ein persönlicher Verkehr mit dem Kind auf Grund einer ins einzelne gehenden, immer wieder Anlaß zu Auseinandersetzungen gebenden starren Regelung." Diese Argumentation überzeugt nicht. Der Kritik Aichers und Mänhardts m kann nur beigepflichtet werden. Die Pflicht der Ehegatten (bzw Eltern), das Umgangsrecht im einzelnen zu regeln, steht „ungezwungenen Kontakten" zwischen den Beteiligten ja gar nicht im Wege. Gerade dann, wenn sich die Eltern gut verstehen, wird sie nichts daran hindern können, das vereinbarte Besuchsrecht flexibel zu handhaben. Auf eine solche Regelung, die im übrigen ja nicht notgedrungen „starr" beschaffen sein muß, freilich von vornherein zu verzichten, vermag - im Gegensatz zur Auffassung des JA - endlose Folgestreitigkeiten heraufzubeschwören, die nicht nur unerquicklich sind, sondern auch durchaus das Kindeswohl gefährden können. Im übrigen liegt es im Interesse einer gedeihlichen Entwicklung des Kindes selbst, wenn es sich auf „seine" Scheidungsfolgen einstellen kann, denn auch vor dem 10. fentlichen Interesses zumindest wahrscheinlich machen. Eine Scheidungsfolgenvereinbarung, wonach der Erziehungsberechtigte nicht nur auf den Unterhalt (unter Ausschluß der Umstandsklausel) verzichtet, sondern zudem erklärt, den anderen Ehegatten bezüglich des Kindesunterhalts zu „entlasten" (dazu infra III D 5 a) und überdies keine vermögensrechtlichen Ansprüche gegen ihn geltend zu machen, müßte dem Scheidungsrichter sehr zu denken geben. Eine inhaltsleere Vereinbarung genügt dem Gesetz genau so wenig wie eine Scheidungsfolgenvereinbarung, die letztlich alle Versorgungslasten der öffentlichen Hand zumutet. Die perhorreszierte Inhaltskontrolle wird in diesem Rahmen zweifellos zu bejahen sein. 110 Näheres bei Pichler (FN 106) RZ 4 zu § 148 ABGB mwN. 111 JAB (FN 1)9. 112 Sehr deutlich Aicher (FN 11) Fioretta 112; Mänhardt (FN 16) 133.

III. Scheidungsfolgenvereinbarung

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Lebensjahr wird ihm wohl zumindest ein Informationsrecht zuzubilligen •113

sem . Auf Grund dieser unbefriedigenden Rechtslage ist außerdem noch eine weitere Chance versäumt worden: Jede Scheidungsfolgenvereinbarung, die am Vorabend einer Scheidung im Einvernehmen oder auch vor Gericht abgeschlossen wird, ruft unweigerlich die Folgen einer Scheidung ins Bewußtsein. Die Möglichkeit, daß manche dann doch von einer Scheidung absehen, kann nicht ausgeschlossen werden. Schon aus diesem Grund wäre eine - vom Gesetz vorzusehende - umfassende Scheidungsfolgenvereinbarung wünschenswert. Schließlich ist gegen die Begründung des JA noch einzuwenden, daß jegliche Sachverhaltsänderung eine neue Antragstellung ermöglicht, und zwar auch durch einen Elternteil. Das Pflegschaftsgericht hat dann eben wie auch Schiich betont114 - (neu) zu entscheiden115. 3. Der Kindesunterhalt Der Unterhaltsanspruch hinsichtlich der gemeinsamen Kinder richtet sich nach der sogenannten „Anspannungstheorie" (bzw der „Kräfte-Formel"), wie sie in § 140 ABGB niedergelegt ist. Es kommt nicht notgedrungen auf das erzielte Einkommen, sondern unter Umständen auf die erzielbare Leistung (finanziell wie in der tatsächlichen Betreuung) an. Grundsätzlich sind beide Elternteile zur Unterhaltsleistung verpflichtet; die Haushaltsführung und die gleichzeitige Kinderbetreuung können als Erfüllung der Unterhaltspflicht gelten116. Beim Kindesunterhalt handelt es sich um einen Rechtsanspruch des Kindes selbst, dh er kann von dritter Seite nicht eingeschränkt werden. Daraus folgt, daß die Dispositionsbefugnis der Eltern nach Maßgabe der gesetzlichen Schranken durchaus bestimmt ist. Sie können maW den Kindesunterhalt nicht zum Nachteil des Kindes modifizieren: ein sogenannter „Entlastungsvertrag" 117 ist daher keine Vereinbarung iSd § 55a118. 113 Zu § 186b ABGB in der Fassung des KindRÄG siehe supra FN 108. Die Neuregelung ordnet nur die Anhörung des Kindes mit Bezug auf die Pflege und Erziehung an, sie wird jedoch ob des Sachzusammenhanges mit dem Umgangsrecht auch auf diesbezügliche Vereinbarungen auszudehnen sein. 114 Schuck, Das neue Kindschaftsrecht, ÖA 1978,59. 115 OGH 5. 12. 1973, 7 Ob 176/73, JB1 1974, 268 in Edlbacher (FN 27) E 8 zu §18 AußStrG. 116 Dazu Pichler (FN 106) RZ 6,8,9,10 zu § 140 ABGB. 117 Siehe infra III D 5 a. 118 Vgl der Sache nach gleich Pichler, Probleme des Unterhalts, ÖA 1987, 91. Mit großer Skepsis wären indes Unterhaltsverzichte durch das Kind selbst zu betrachten, weil hier das Interesse des Unterhaltsverpflichteten das Kindeswohl allzu leicht verdrängen

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Im internen Rechtsverhältnis zwischen den Ehegatten wird es jedoch zulässig sein, eine solche Vereinbarung über den Kindesunterhalt abzuschließen, in der die Unterscheidung zwischen „contributio" (Unterhaltsleistung) einerseits und „obligatio" (Unterhaltspflicht) andererseits zum Ausdruck kommt. Solange nämlich der Kindesunterhalt insgesamt dadurch nicht geschmälert wird, steht dieser „internen Lastenverteilung" rechtlich wohl nichts im Wege. Nimmt das Kind den von der „contributio" befreiten Elternteil in Anspruch, muß dieser zwar den Unterhalt zahlen, kann sich aber im Regreßwege an seinem Vertragspartner schadlos halten. De lege ferenda sind derartige „Entlastungsverträge", mit denen die contributio auf einen Null-Betrag herabgesetzt werden kann, nicht wünschenswert. Die Gefahr „mißbräuchlicher Scheidungsfolgenvereinbarungen" und „bedenklicher Austauschgeschäfte" im Rahmen einer einverständlichen Scheidung sind - rechtsvergleichend betrachtet - längst bekannt. Rechtstatsächlich steht hinter solchen „Unterhaltsbefreiungen" die Überlassung der Pflege und Erziehung des Kindes an den anderen Gatten bzw womöglich der „Verzicht" auf die Ausübung des Umgangsrechtes. Hinzu kommt mE ein weiteres Problem: Die Vereinbarung über die rein persönlichen Rechte und Pflichten, das Umgangsrecht und den Kindesunterhalt bedürfen grundsätzlich einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung. Wurde sie vor dem Scheidungsbeschluß verweigert, so steht das diesem aber nicht entgegen; wurde sie danach beantragt und verweigert, dann beeinflußt dies die bindende Wirkung der Entscheidimg nicht119. Eine solche Gesetzesregelung scheint doch sehr bedenklich. Der JAB 120 führt dazu aus, daß das Bestehen auf einer gerichtlichen Genehmigung zu einer „beträchtlichen Erschwerung und Verzögerung des Scheidungsverfahrens" Anlaß gäbe; im übrigen würden die Vereinbarungen vom Pflegschaftsgericht in der Regel ohnedies genehmigt, weil davon ausgegangen werden könne, daß einvernehmliche Regelungen der Eltern „im allgemeinen auch dem Wohl des Kindes" entsprechen.

kann. Stellt der Pflegschaftsrichter fest, daß das Kind keinen Unterhalt braucht, so ist die Lage gleichsam von einem unabhängigen Dritten überwacht und beurteilt. Der Verzicht stellt aber die (wenn auch nicht endgültige) Aufgabe eines Anspruchs dar: Steht dem unterhaltsberechtigten Kind ein Unterhaltsanspruch zu, dann verletzt ein Unterhaltsverzicht unter Umständen sein eigenes Wohl und wäre dementsprechend zu verhindern. Da der Scheidungsrichter über das Kindeswohl nicht unmittelbar zu befinden hat, wären solche Verzichtserklärungen des Kindes im Scheidungsverfahren seiner Eltern ob des Mißbrauchsrisikos fehl am Platz. Notfalls wäre ein Kollisionskurator zu bestellen, weil der Unterhaltsvcrzic/tf wegen der grundsätzlichen Pflicht beider Elternteile eben sie beide auch betrifft. Vgl auch infra III D 5 a. 119 Vgl § 55a/3 sowie zum Inhalt der Scheidungsfolgenvereinbarung Mänhardt (FN 16) 132 ff; Aicher (FN 11) Fioretta 111; ders. (FN 11) FamRZ 1980, 430; Ehrenzweig/Schwind (FN 37) 72f; Pichler (FN 20) RZ 5 und 6 zu § 55a; Fenyves, Unterhalts- und vermögensrechtliche Vereinbarungen bei der Auflösung der Ehe aus zivilrechtlicher Sicht, in Ruppe, 855 f. 120 JAB (FN 1) 9; Aicher (FN 11) Fioretta 112 f.

III. Scheidungsfolgenvereinbarung

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Es sei betont, daß die Scheidung im Einveraehmen nach österreichischem Recht im internationalen Vergleich denkbar leicht durchsetzbar ist; eine Genehmigung der Vereinbarungsteile 1 - 3 könnte daher - selbst wenn ihr Fehlen den Bestand des Scheidungsbeschlusses in Frage stellen sollte, was nach geltendem Recht nicht der Fall ist - das Verfahren weder erschweren noch verzögern. Freilich hängt die Bewertung davon ab, welcher Stellenwert dem Schicksal des Kindes bzw dem Kindeswohl eingeräumt wird. Denn die schlichte Behauptung, daß die von den Eltern getroffenen kindesbezogenen Regelungen „im allgemeinen" dem Kindeswohl entsprechen, ist entweder sehr naiv oder aber eine im Zuge der Scheidungsreform gemachte Verlegenheitsaussage.

4. Der Ehegattenunterhalt Den Ehegatten steht es völlig frei, eine bestimmte Unterhaltsleistung oder aber auch einen Unterhaltsverzicht zu vereinbaren. „Die Privatautonomie der Ehegatten endet an der Grenze zur Sittenwidrigkeit", lautet eine vielzitierte Feststellung Aichers 121. Ein Unterhaltsverzicht muß nicht zwingend sittenwidrig sein. Er ist es jedoch, wenn die öffentliche Fürsorge bzw der Sozialstaat schlechthin belastet werden soll, der Verzicht von „Gegenleistungen" abhängig gemacht wird, die die persönliche Integrität zur Handelsware erheben, bzw der Verzicht in eine schuldrechtliche Relation zu Leistungen gebracht wird, die sich der Dispositionsbefugnis der Parteien entziehen, um dadurch die Scheidung selbst, die Zuteilung der aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Plichten oder das Umgangsrecht zu erwirken. Jeder Unterhaltsve/z/c/jf ist allerdings mit Bedacht auszulegen, sofern fraglich ist, ob er umfassend sein soll oder nicht, die Änderung voraussehbarer und nicht voraussehbarer Umstände zu berücksichtigen ist oder es bei der absoluten Unabänderlichkeit der Vereinbarung zu bleiben hat 122 . Auf jeden Fall ist hier zum Schutz beider Ehegatten sowie zur Vermeidung von Folgeverfahren eine klare Regelung vonnöten. Dafür legt das Fallrecht beredtes Zeugnis ab. Die Rspr hatte sich bereits mehrfach mit Unterhaltsverzichtsklauseln zu befassen. Soweit erkennbar scheint sie bei der Vereinbarung (zumeist: dem gerichtlichen Vergleich) mit Bezug auf den Unterhaltsverzicht rascher geneigt, eine Bereinigungswirkung zu bejahen als etwa hinsichtlich der Regelung „aller" vermögensrechthcher Ansprüche. Da wird durchaus danach unter121 Aicher (FN 11) Fioretta 111. 122 Vgl statt vieler Schwind (FN 17) 299 ff; Eni, Inflation, Privatrecht und Wertsicherung, 69; Reinl, Unterhaltsvereinbarung und Umstandsklausel, JB11977,176. 32 Verschraegen

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schieden, ob die Parteien an die vom Vergleich nicht erfaßten Ansprüche denken konnten oder nicht. Anders ist die Lage indes beim Unterhaltsverzicht, wohl nicht zuletzt deshalb, weil hier stets ein vertraglich vereinbarter Verzicht vorliegt, der nach rechtskräftiger Ehescheidung nicht in Frage gestellt werden soll. Das kommt denn auch in vielen Vereinbarungen zum Ausdruck, indem der Unterhaltsverzicht auch für den Fall geänderter Verhältnisse, unverschuldeter Not oder Krankheit und geänderter Rechtslage erklärt wird 123 . Es kann sich freilich auch herausstellen, daß die Unterhaltspflicht von Bedingungen abhängig gemacht wird, die die persönliche Freiheit des Anspruchsberechtigten einschränken und aus diesem Grunde sittenwidrig sind. So könnte mE die Klausel, wonach der Unterhaltsanspruch bei Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft - unabhängig davon, ob diese zu einer tatsächlichen Alimentierung des geschiedenen Ehegatten führt - erlischt, durchaus Interpretationsprobleme aufwerfen. Enthält die Vereinbarung zum Beispiel die (zu allgemein gehaltene) Regelung, daß der Unterhaltsanspruch bei Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, dh einer Lebensgemeinschaft mit einem Partner des anderen Geschlechts, erlöschen soll, dann ist mE im Zweifel danach zu unterscheiden, ob und in welchem Ausmaß der Unterhaltsberechtigte Unterhaltsleistungen seines neuen Partners bezieht. Sind die freiwillig geleisteten Beiträge des Lebensgefährten niedriger als diejenigen des Unterhaltsverpflichteten, wäre ein Differenzanspruch gegeben. Übersteigen sie den auf Grund der Vereinbarung geschuldeten Unterhalt, dann ist von einem Ruhen des Unterhaltsanspruchs auszugehen. Trägt der neue Partner indes zur Lebensgemeinschaft nachweislich gar nichts bei, so darf - mangels ausdrücklicher Vereinbarung in dieser Richtung - die bloße Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht zur Bejahung des Unterhaltsverzichts führen. Eine solche Sanktion verträgt sich mit der persönlichen Freiheit des einzelnen, sein Privatleben nach eigenem Gutdünken zu gestalten, nicht. Sieht die Vereinbarung allerdings explizit den Unterhalts123 Vgl etwa zuletzt OGH 2. 2.1989, 7 Ob 510/89 (nv). Die unterschiedliche ratio (beim Unterhaltsverzicht einerseits und den vermögensrechtlichen Ansprüchen andererseits) ist klar in diesem Fall geht es um die Aufteilung eines noch vorhandenen Vermögens bzw seines Surrogats, in jenem würde die erfolgreiche Anfechtung eines Unterhaltsverzichts einen Anspruch kreieren. Dazu aber infra V I Β 3 b. Bei den Vereinbarungen ist stets die ausreichende Bestimmtheit mit ins Kalkül zu ziehen. Das Höchstgericht hat folgender Unterhaltsvorbehaltsklausel ausreichende Bestimmtheit bescheinigt: „Der Erstantragsteller anerkennt die grundsätzliche Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Zweitantragstellerin und behält sich diese ausdrücklich die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen bei geänderten Verhältnissen vor, wobei derzeit von einem monatlichen Durchschnittseinkommen des Erstantragstellers von S 9.500,- und der Zweitantragstellerin von rund S 6.800,- ausgegangen wird." Wann die „Verhältnisse" sich „geändert" hätten, sei im Wege der Auslegung zu ermitteln. Die Regelung - so der OGH zu Recht - sei dem Fall gleichzuhalten, daß die Ehe aus dem alleinigen oder überwiegenden Verschulden des Beklagten gemäß § 66 geschieden worden sei. Keineswegs liege hier eine inhaltsleere Formel vor. Vgl OGH 10. 5.1988,4 Ob 522/88 (nv).

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verzieht für den Fall einer (auf Dauer angelegten) nichtehelichen Lebensgemeinschaft vor, gleichgültig, ob der Lebensgefährte zu den Kosten beisteuert oder nicht, dann ist daran auch unter dem Aspekt der Sittenwidrigkeit nicht zu rütteln. In einem Vergleich wurde vereinbart, daß der Antragsteller „so Unterhalt zu leisten (habe), als ob die Ehe aus seinem alleinigen oder überwiegenden Verschulden geschieden wäre". Bei der Tatsachenfeststellung ging das (Berufungs-)Gericht vom Vorhegen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aus und erkannte auf Ruhen des Unterhaltsanspruchs. Die Entscheidimg wurde vom OGH unter (zustimmendem) Hinweis auf seine „umfangreiche" und (für sich reklamiert) „einheitliche Rechtsprechung" zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft bestätigt124. Erlaubt wäre wohl der Ausschluß einer Wertsicherungsklausel. Dieser hätte ausdrücklich zu erfolgen, da ihr bloßes Fehlen den Schluß, auf einen ,/eal vereinbarten Unterhalt" sei verzichtet worden und der Unterhaltsberechtigte habe sich vielmehr einen Nominalbetrag ausbedungen, mE nicht zuließe. Fraglich ist, wie eine zugesicherte Unterhaltsleistung, die die Scheidung im Einvernehmen durchaus erleichtert, aber (noch) nicht erwirkt, zu beurteilen ist. Die Abgrenzung zwischen zulässigem „Versorgungsbeitrag" und unzulässiger „Scheidungserpressimg" dürfte mitunter schwierig sein. Eine bloße Erleichterung der Scheidung ist indes - wie schon aus dem Gesetz (§ 80) hervorgeht - nicht bedenklich. Insbesondere dann nicht, wenn keine exorbitante Dauerbelastung vereinbart, Zusagen unter Druck gemacht oder in Verbindung mit Gegenleistungen gebracht wurden, deren Zusammenhang eine sachlich gebotene Grundlage fehlt 125. § 69a stellt den in einer (Scheidungsfolgen-) Vereinbarung geschuldeten Unterhalt dem gesetzlichen Unterhalt gleich, soweit jener den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessen ist. Diese Gleichstellung ist vor allem im Hinblick auf die Vollstreckungsprivilegien interessant126. Sie beschränkt sich allerdings nicht darauf, sondern gilt vielmehr als nahezu umfassend: Die

124 Vgl OGH 30.1.1985, 3 Ob 115/84, EFSlg 49.328. Zur kritischen Auseinandersetzung mit dieser Judikatur siehe Verschraegen, „Samenleven buiten Huwelijk", „Cohabitation" oder die „Nichteheliche Lebensgemeinschaft" in niederländischer, englischer und österreichischer Theorie und Praxis, ZfRV 1983,131 ff. Beim gesetzlichen Unterhalt stünde die Gleichschaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit einer neuerlichen Eheschließung, die ja Unterhaltspflichten auslöst, mE einer im Gesetz nicht verankerten nachehelichen Treuepflicht gleich. Zum Problem Verschraegen, aaO. 125 So hielt das Höchstgericht eine - allerdings nicht im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung geschlossene - Unterhaltsvereinbarung für wirksam, die die Scheidung in casu erleichtert hatte: OGH 13.12.1988,5 Ob 526/88 (nv). 126 Siehe dazu etwa Mänhardt (FN 16) 134; Pichler (FN 20) RZ 2 zu § 69a und Koziol/ Welser (FN 26) 233.

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Österreich

Rechtssache wird dadurch zu einer Streitigkeit über den aus Gesetz gebührenden Unterhalt und damit zu einer Ferialsache127.

5. Die vermögensrechtlichen

Ansprüche

Zu ihnen sind die Ansprüche auf Aufteilung des ehelichen GebrauchsVermögens und der ehelichen Ersparnisse nach §§ 81 ff zu rechnen128. Mänhardt fügt auch die Abgeltung der Mitwirkimg eines Ehegatten im Erwerb des anderen nach § 98 ABGB hinzu129. Pichler lehnt die Notwendig-

127 Dh die Gerichtsferien haben auf die Rechtsmittelfristen keinen Einfluß. Vgl insbesondere Fasching (FN 33) RZ 616; OGH 30.1.1985 (FN 124) aaO, unter Berufung auf die Lehre (zur einvernehmlichen Scheidung), vor allem Pichler (FN 20) RZ 2 zu § 69a mwN; OGH 8. 5. 1985,1 Ob 560, 561/85, JB1 1985, 630; OGH 12. 3.1987, 8 Ob 699/86, JB11989,186 (Simotta); OGH 28. 1. 1988, 8 Ob 506/88, NRspr 1988, 146 (unter Berufung auf 1 Ob 699/85 [nv] und OGH 30.1.1985, aaO). Siehe jedoch auch infra III D 3. In steuerrechtlicher Hinsicht ist der in der Scheidungsfolgenvereinbarung festgelegte Unterhalt, soweit er der Höhe nach einem gesetzlichen Unterhalt entspricht, wie dieser zu behandeln. Maßgeblich ist hier § 69/2, wonach sich der Unterhaltsanspruch des schuldlos und gegen seinen Willen geschiedenen Ehegatten (gemäß § 55) nach § 94 ABGBrichtet.Ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch (angemessener Unterhalt) gebührt bei Scheidung wegen Verschuldens (gemäß § 66) nur, soweit die Einkünfte aus Vermögen und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit des schuldlosen Ehegatten, die von ihm den Umständen nach erwartet werden kann, nicht ausreichen. Übersteigt der gemäß § 55a/2 vereinbarte Unterhalt den gesetzlichen Unterhalt nicht, dann steht er diesem steuerrechtlich gleich, maW gilt er als „außergewöhnliche Belastung" und ist entsprechend absetzbar. Näheres bei Kohler, Scheidung und Steuern, 92 ff. Siehe auch Kohler, Gesetzlicher Unterhalt bei eigenen Einkünften des geschiedenen Ehegatten, RdW 1984, 290. 128 Siehe statt vieler Fr. Bydlinski, Zur Neuordnung des Ehegüterrechts, 27; Feil/ Holeschofsky, Unterhalt und Vermögensrechte nach der Scheidung, 58 ff; Goriany, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des neuen Ehegüterrechtes (Bundesgesetz vom 15. 6. 1978, BGBl 1978/280), AnwBl 1978, 498; Honseil, Die Aufteilung des Vermögens bei der Scheidung 169; Fenyves, Zur Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen nach § 98 ABGB, 141; Palten, Die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und an anderen Wohnungen nach dem neuen Scheidungsfolgenrecht, ÖJZ 1979, 375; Wilhelm, Die Aufteilung des ehelichen Vermögens nach den §§ 81 ff EheG in der Rechtsprechung, ÖNZ1986,145; Edlbacher, Das Unternehmen in der scheidungsrechtlichen Vermögensaufteilung, in FS Wagner, 97; Nowotny, Ehescheidung und Unternehmensvermögen, ÖJZ 1988, 609, 650. Zur Aufteilung nach dem Billigkeitsgrundsatz Verschraegen, Le régime juridique des biens durant le mariage en Autriche, Rev Int Dr Comp 1981, 161 ff; Gimpel-Hinteregger, Billigkeitserwägungen bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, JB11986,553. Zur steuerrechtlichen Behandlung vgl etwa Arnold, Die Scheidungsfolgenvereinbarung (Scheidungsfolgenentscheidung) in grunderwerbssteuerrechtlicher Sicht, RdW 1984, 351; dens., Aufgabe des begünstigten Zwecks (§ 4/2 GrEStG) durch Scheidungsfolgenvereinbarung (-Entscheidung)? RdW 1985, 90. 129 Mänhardt (FN 16) 133. Die Rspr erblickt im Verzicht auf allfällige Ansprüche nach § 98 ABGB auch die Preisgabe aller vertraglichen Ansprüche gemäß § 100 ABGB: vgl LG Feldkirch, 6. 11. 1984, Cg a 33/84, ZAS 1985, 201.

III. Scheidungsfolgenvereinbarung

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keit der Regelung dieser Ansprüche ab130, weil sie nicht auf den Fall der Scheidung beschränkt sind. Im Hinblick auf den Wortlaut des § 55a/2 („... und die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander für den Fall der Scheidung ...") wäre man geneigt, diesem Autor zuzustimmen. Nach § 98 ABGB richtet sich aber die Höhe des Anspruches nach der Art und Dauer der Leistungen, den gesamten Lebensverhältnissen der Ehegatten sowie besonders auch nach den gewährten Unterhaltsleistungen. Diese sachliche Konnexität und die Tatsache, daß ein Ehegatte auch nach der Scheidung im Erwerb - aber eben nicht mehr als Ehegatte! - mitwirken könnte, weshalb § 98 ABGB ab der rechtskräftigen Ehescheidung gar nicht mehr zur Anwendung käme, empfehlen die einvernehmliche Regelung dieser Ansprüche in der von § 55a/2 vorgesehenen Vereinbarung. Für diese Lösung spricht nicht zuletzt die ratio des Gesetzes, den Gatten die gesamten Scheidungsfolgen vor Augen zu führen und weitere Verfahren zur Abwicklung der ehemaligen ehelichen Beziehungen zu vermeiden. Folgerichtig geht den §§ 229 ff AußStrG denn auch die Überschrift „Abgeltung der Mitwirkimg eines Ehegatten im Erwerb des anderen sowie Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse" voran. Bezüglich jener Vermögenswerte, die aus Anlaß der Scheidung nicht übertragen werden, ist in der Vereinbarung zumindest festzuhalten, daß keine vermögensrechtliche Änderung stattfinden soll. Mänhardt 131 meint indes, daß nur jene Vermögensgegenstände, die anläßlich der Scheidung übertragen werden sollen, in der Vereinbarung anzuführen sind. Für das restliche Vermögen wie im Falle, daß eine Aufteilung nach §§ 81 ff bereits stattfand, sei eine schriftliche Erklärung, keine gegenseitigen Ansprüche mehr zu haben, ausreichend. Das Schicksal der vermögensrechtlichen Ansprüche ist deshalb unter Umständen vielschichtig: Entweder kann die vermögensrechtliche Lage (ganz oder zum Teil) unverändert bleiben, oder Ansprüche können bereits übertragen worden sein (nicht notwendig gemäß §§ 81 ff) oder aber dies soll erst geschehen (möglicherweise, aber nicht zwingend nach §§ 81 ff). „Die Vereinbarung" - so Pichler** 2 - „kann auch in der - als Anerkenntnis konstitutiven - Erklärung bestehen, daß keine gegenseitigen Ansprüche aus den vermögensrechtlichen Verhältnissen der EG selbst bestehen und daß auf Unterhalt der EG selbst verzichtet wird ..." In der Praxis erklären die Ehegatten meistens, daß mit Ausnahme jener Güter, die der Aufteilung unterhegen sollen, an der bisherigen Vermögenszuordnung nichts geändert wird. Ein nachträglicher Aufteilungsantrag, der sich auf solche nicht übertragenen Vermögenswerte bezieht, stellt vor Pro130 Pichler (FN 20) RZ 5b zu § 55a. 131 Mänhardt (FN 16) 133. 132 Pichler (FN 20) RZ 8 zu § 55a.

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bleme. Zum einen ist fraglich, um was für eine Art von Erklärung es sich handelt, zum anderen ist ungeklärt, ob der Antrag auf nachträgliche Aufteilung als Zulässigkeitsvoraussetzung (mit Bezug auf die Zuständigkeit des Außerstreitrichters) oder als materielle Entscheidungsvoraussetzung zu behandeln ist. Ein Teil der Judikatur betrachtet die Erklärung, in vermögensrechtlicher Hinsicht alles geregelt zu haben, als Wissenserklärung 133. Stellt sich die Unrichtigkeit der Erklärung heraus, etwa weil die Berücksichtigimg bestimmter Güter schlicht versehenthch unterblieb, dann ist eine nachträgliche Aufteilung im Außerstreitverfahren zulässig134. Die Praxis räumt daher die Möglichkeit des Widerrufs dieser Wissenserklärung ein. Fraglich ist, welche rechtliche Bedeutung einem in der Scheidungsfolgenvereinbarung erklärten Verzicht auf die Antragstellung gemäß §§ 81 ff zukommt. Die Rspr 135 erblickt in einer solchen Verzichtserklärung - mE vorschnell - einen Rechtsschutzverzicht. Ein Verzicht auf den Antrag an das Gericht (gemäß § 85) zur Aufteilung nach §§ 81 ff ist jedoch nicht zulässig, es sei denn, dieser umfaßt auch einen materiellrechtlichen Verzicht, was im Zweifel wohl nicht anzunehmen ist. Haben die Ehegatten jedoch zugleich einen materiellrechtlichen Verzicht erklärt, dann ist der Antrag auf nachträgliche Aufteilung im Prinzip zulässig, aber in casu unbegründet; der Antrag ist abzuweisen. Im übrigen stellen die Aufteilungsregeln (§§ 81 ff) dispositives Recht dar, dh in der Vereinbarung können die Ehegatten nach völlig anderen Kriterien aufteilen 136. Die Vereinbarung ist schließlich nach § 55a/3 dann nicht erforderlich, wenn über die in Abs 2 aufgezählten Gegenstände bereits eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorhegt. Der Wortlaut des § 55a/3 scheint allerdings umfassender als er in Wirklichkeit ist: Der Gesetzgeber hat nämlich nur an die Regelung der „rein persönlichen Rechte und Pflichten" sowie des „Umgangsrechtes" gedacht, weil vor der Scheidung nur diesbezüglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorliegen kann. Denkbar sind aber auch pflegschaftsbehördlich genehmigte Vereinbarungen über die kindesbezogenen Materien und exekutionsfähige Vergleiche über die die Ehegatten betreffenden Vermögens- und unterhaltsrechtlichen Ansprüche 137, sofern sie aus Anlaß der Scheidung getroffen wurden. Das Gesetz gestattet den Ehegatten die vertragliche bzw vergleichsweise Regelung des Unterhalts gemäß 133 Insbesondere dann, wenn die Aufteilung schon real vollzogen wurde: OGH 26.5.1987, 1 Ob 596/87, SZ 60/95. Anders jedoch in OGH 3. 3.1988,6 Ob 531/88, RdW 1988, 351 (Anm), wo ein Rechtsschutzverzichtsvertrag fingiert wird. (Dazu unten III D 4.) 134 Vgl ua OGH 23.10.1986, 7 Ob 676/86, EFSlg 51.785. Weiteres infra VI Β 1 b. 135 Siehe zu den Rechtsschutzverzichtsverträgen infra III D 4. 136 Siehe Ehrenzweig/Schwind (FN 37) 73. Vgl auch Pichler (FN 20) RZ 1 zu § 85 mit divergierenden Literatur- und Entscheidungsnachweisen, sowie zum pactum de non petendo Fasching (FN 33) RZ 5. 137 Vgl Pichler (FN 20) RZ 7 zu § 55a.

III. Scheidungsfolgenvereinbarung

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§ 80 (sogenannter „Unterhaltsvertrag"). Die Ansprüche aus der Mitwirkimg im Erwerb (gemäß § 98 ABGB) schließlich können ebenfalls vertraglich bzw im Vergleichswege bereinigt werden (§ 99 ABGB). Diese Fälle sind im Ergebnis einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung gleichzuhalten: Der Sinn der Vorschrift ist nämlich eine abschließende Regelung. Liegt eine solche vor, dann erübrigt sich eine Vereinbarung. Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (gemäß §§ 81 ff) setzt indes die rechtskräftige Auflösung der Ehe bereits voraus, sodaß hier kein Anwendungsfall des § 55a/3 vorliegt. Fraglich ist aber, ob die Ehegatten in ihrer Vereinbarung gemäß § 55a/2 Schuldenregelungen iSv § 98 treffen können, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen bzw dem ehelichen Lebensaufwand in keinem sachlichen Zusammenhang stehen138. Gamerith verneint dies - mit Recht - aus folgenden Erwägungen139: Der Ausspruch über die Schuldenzuweisung kann auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung (§92) oder einer Vereinbarung (§97/2, gegebenenfalls § 55a/2) erfolgen, die eine Regelung über die Verpflichtung zur Schuldenzahlung im Innenverhältnis enthält. § 92 räumt dem Richter im Aufteilungsverfahren die Befugnis ein, zu bestimmen, welcher Ehegatte im Innenverhältnis zur Zahlung der in § 81/1 und § 83/1 genannten Schulden verpflichtet ist. Der sachliche Anwendungsbereich von § 97/2 erstreckt sich auf das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse, sodaß nur jene Schulden (iSv § 98) erfaßt sind, die mit diesem Vermögen im Zusammenhang stehen. Die Vereinbarung (gemäß § 97/2 oder § 55a/2) könnte auch von § 92 nicht erfaßte Schulden regeln und interne Schuldenzuweisungen vorsehen. In diesem Fall ist es dem Richter indes verwehrt, gemäß § 98 eine solche Schuldenregelung mit Drittwirkung auszusprechen, weil die Parteien mit einer

138 §98 erlaubt die Zuweisung von Schulden im Innenverhältnis mit (jedenfalls beschränkter) Drittwirkung. Die Bestimmung ist mit 1. 1. 1986 in Kraft getreten (BGBl 1985/481). § 98/1 lautet: „Entscheidet das Gericht (§ 92) oder vereinbaren die Ehegatten (§ 97 Abs. 2, gegebenenfalls § 55a Abs. 2), wer von beiden im Innenverhältnis zur Zahlung von Kreditverbindlichkeiten, für die beide haften, verpflichtet ist, so hat das Gericht auf Antrag mit Wirkung für den Gläubiger auszusprechen, daß deijenige Ehegatte, der im Innenverhältnis zur Zahlung verpflichtet ist, Hauptschuldner, der andere Ausfallsbürge wird. Dieser Antrag muß in der Frist nach § 95 gestellt werden." Zur neuen Regelung vgl etwa Koziol, Die Ausfallsbürgschaft des geschiedenen Ehegatten kraft Richterspruchs - Zum neuen § 98 EheG, RdW 1986, 5; Fink, Zur Ehegattenbürgschaft, AnwBl 1986, 629; Gamerith, Die Kreditmithaftung geschiedener Ehegatten nach § 98 EheG, RdW 1987,183; M Bydlinsfä, Verfahrens- und materiellrechtliche Fragen bei der Ehegattenbürgschaft, ÖBA 1988,468. Und vgl ua OGH 10.11.1988,8 Ob 22/88, RZ 1989/14 - unter Berufung auf Koziol, aaO 6 -, wonach auch Wechselverbindlichkeiten von § 98 erfaßt sind. 139 Gamerith (FN 138) 185 f.

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Vereinbarung diesbezüglich nicht weiterreichendes Pouvoir haben sollen als dem Richter gemäß § 92 selbst zusteht140. Weitere Probleme werden etwa durch die Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft, Ehepakte, Schenkungen usw aufgeworfen. Bleiben diese Bereiche in der Vereinbarung unberücksichtigt, dann erlöschen die Ehepakte, sofern keine Aufteilung gemäß §§ 81 ff stattfindet 141. Schenkungen können nicht zurückgefordert werden, wenn die Ehegatten in ihrer Scheidungsfolgenvereinbarung keinen Rückforderungsanspruch vorgesehen haben, da angenommen werden darf, daß die Schenkung in diesem Fall nicht widerrufen werden soll142. Legen die Ehegatten dem Gericht jedoch keine Vereinbarung gemäß § 55a/2 EheG vor, dann sind sie gemäß § 225 AußStrG zur Schließung einer solchen anzuleiten.

B. Form 1. Die dem Gericht unterbreitete

Vereinbarung

Durchaus umstritten ist die Form, in die die Scheidungsfolgenvereinbarung zu kleiden ist. § 55a/2 verlangt - etwas lapidar - eine schriftliche Vereinbarung. Nach dem Grundsatz lex specialis derogat legi generali gehen die strengeren Formvorschriften den milderen grundsätzlich vor. Vor allem kann nicht von Regelungen abgegangen werden, die durch das Auferlegen einer bestimmten Form einen besonderen Schutzzweck verfolgen, ohne daß finden betreffenden Fall eine ausdrückliche Ausnahme angeordnet ist. Sofern für die Regelung der Pflege und Erziehimg sowie des Umgangsrechts, des Kindesunterhalts, des Ehegattenunterhalts und der gegenseitigen vermögensrechtlichen Ansprüche zwischen den Ehegatten keine strengere als die im § 55a verlangte Schriftform vorgesehen ist, wird diese für die Parteien maßgeblich sein. Das ist nunmehr zu prüfen.

140 Der OGH hat sich der Rechtsmeinung von Gamerith inzwischen - zu Recht - angeschlossen: OGH 31.8.1989,6 Ob 651/89 (nv). 141 § 1266 Satz 1 ABGB. Vgl im übrigen Rummel, Zur Auswirkung der Ehescheidung auf die Gütergemeinschaft unter Lebenden, JB11968,406; GriUberger, Eheliche Gütergemeinschaft, 168 ff; Feil/Holeschofsky (FN 128) 188; Koziol/Welser (FN 26) 204; zuletzt Kostka, Die Auswirkungen des Eherechtsänderungsgesetzes 1978 auf ehegüterrechtliche Vereinbarungen, ÖNZ1988, 320 f. 142 Vgl Feil/Holeschofsky (FN 128) 197.

III. Scheidungsfolgenvereinbarung

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Die Rspr ist ungenau. Abgesehen davon, daß sie für außergerichtliche Vereinbarungen zu Unrecht nicht einmal die Schriftform verlangt 143, läßt sie auch Unterhaltsvereinbarungen eine (zu) weite Auslegung angedeihen und leugnet die Schaffung neuer Ansprüche, die (dann) freilich als Ehepakt des Notariatsaktes bedürften 144. Die Lehre ist geteilter Meinung. Schwind 145 vertritt die Auffassung, daß sogar Brief und Gegenbrief ausreichen und leugnet infolgedessen die Notwendigkeit eines Notariatsaktes oder gerichtlichen Protokolls in diesem Zusammenhang, dies ohne nach dem Inhalt der Vereinbarung oder nach besonderen Fornivorschriften zu differenzieren. Koziol/Welser 146, Mänhardt 147 und auch Aicher 148 lassen offenbar die Schriftform für die gesamte Scheidungsfolgenvereinbarung genügen. Daß der JAB 149 in diesem Kontext nur die schriftliche Vereinbarung erwähnt, läßt sich leicht aus der Entstehungsgeschichte der Gesetzesbestimmung erklären: Die RV 1 5 0 hatte nämlich seinerzeit den streitigen Rechtsweg für die einvernehmliche Scheidung angeordnet und sah eine eingehende Belehrungspflicht des Richters über sämtliche Scheidungsfolgen, aber gar keine von den Parteien vorzulegende Scheidungsfolgenvereinbarung vor. Die Ehegatten sollten nämlich nicht wieder auf die „de facto-Konventionalscheidung" ausweichen. In Anbetracht dieser Sachlage überrascht es nicht, daß die vom JA geforderte Scheidungsfolgenvereinbarung in seinem Bericht im Grunde nur am Rande vorkommt. Aus dem JAB läßt sich deswegen schwerlich ableiten, daß den besonderen Formvorschriften derogiert werden soll. Mit Recht stellt Pichler 151 bezüglich der Formerfordernisse der Vereinbarung auf ihren Inhalt ab. Von folgender Rechtslage ist somit auszugehen: Für die einvernehmliche Regelung der Zuteilung der rein persönlichen Rechte und Pflichten (§144 ABGB) sowie des Umgangsrechts (§148 ABGB) genügt die Schriftform. Dasselbe gilt für die Erklärung, sich die Regelung bezüglich des Umgangsrechts noch vorbehalten zu wollen. Bezüglich

143 Vgl ua OGH 22. 3.1988, 5 Ob 514/88 (nv), OGH 30. 6.1987, 2 Ob 634/86, ÖNZ 1988, 101 sowie OGH 2. 2.1984 (FN 104) aaO; vgl auch LGZ Wien, 31. 1.1980 (FN 10) ebenda, die durch die soeben zitierte OGH-Entscheidung aus dem Jahre 1984 relativiert wurde. 144 Siehe ua OGH 13.12.1988 (FN 125). 145 Schwind (FN 17) 239; Ehrenzweig/Schwind (FN 37) 72. In La réforme du droit autrichien de la famille, Rev Dr Int Comp 1980, 379 beharrt Schwind auf dem Unterbreiten einer „ mit dem § 460 ZPO neu - freilich substantiell modifiziert - eingeführt wurde, geben doch zu Bedenken Anlaß. Gemäß § 460/4 ZPO gilt nämlich folgendes: „Im Verfahren über die Nichtigerklärung oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe hat das Gericht von Amts wegen dafür zu sorgen, daß alle für die Entscheidimg maßgeblichen tatsächlichen Umstände aufgeklärt werden; der § 183 Abs 2 gilt nicht." Das bedeutet arg a contrario, daß der Amtswegigkeitsgrundsatz für das streitige Ehescheidungsverfahren nicht mehr gilt. Damit allerdings nicht genug. Mit demselben Bundesgesetz wurde § 483a ZPO eingefügt: Danach herrscht im streitigen Ehescheidungsverfahren seither das Neuerungsverbot 286. In der Praxis häufen sich Vereinbarungen, nach welchen auf Ansprüche verzichtet wird oder Belastungen von einem Gatten allein zu tragen sind. Für die Zuteilung der rein persönlichen Rechte und Pflichten gegenüber den Kindern versteht sich dies von selbst; das Umgangsrecht bedarf ohnedies keiner (zwingenden) Regelung; aber auch in bezug auf den Kindesunterhalt 285 LGZ Wien, 15. 7.1982 (FN 69) EFSlg 42.469. 286 BG vom 2. 2.1983, mit dem Vorschriften über das zivilgerichtliche Verfahren geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 1983; idF ZVN 1983, BGBl 1983/135); dazu ua Schalich, Überblick über die Zivilverfahrens-Novelle 1983, ÖJZ 1983, 253, 287 und Simotta, Wann treten in Ehe- und Familiensachen die Bestimmungen der Zivilverfahrens-Novelle 1983 in Kraft? AnwBl 1983,312; Schoibl, Neues Verfahrensrecht in Ehesachen, ÖJZ 1984,541. 287 BG vom 11.11.1983; idF PersEheKindÄG (BGBl 1983/566). 288 Die Novellierung brachte eine gewisse Übersichtlichkeit: Das HfD vom 23. 8. 1819 JGS 1595 und die JMV vom 9. 12. 1897, RGBl 1897/283 wurden völlig aufgehoben, von der VO vom 27. 7. 1938, dRGBl I 923 (sogenannte 1. DVEheG) sind nur mehr Rudimente erhalten geblieben. Zur Entwicklung des Eheverfahrensrechtes siehe grundlegend Novak , Die Amtswegigkeit im österreichischen Eheverfahren und ihre Grenzen, 5 ff.

IV. Das Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen

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nehmen die sogenannten „Entlastungsverträge" überhand; unter Umständen wird auf den Ehegattenunterhalt verzichtet und werden keine „vermögensrechtlichen Ansprüche" geltend gemacht. Der Richter habe sodann ohnedies vom Vorbringen der Parteien auszugehen, da sich das Einvernehmen aus dem „gemeinsamen Antrag" und die Zerrüttung aus dem „Geständnis" ergebe, das ja das Gericht binde. Hinzu kommen die bereits erwähnten Gesetzesnovellen289, die - so die Überlegungen - einen Größenschluß auf das außerstreitige Verfahren zuließen. Anhand der folgenden Diskussionspunkte ist zu prüfen, ob nicht doch eine Lösimg gefunden werden kann, die ein Spannungsverhältnis der einvernehmlichen Scheidung zu den „streitigen Scheidungsgründen" vermeidet und zugleich den Rahmen, in den jene eingebettet ist, sachgerecht eingrenzt.

B. Überprüfung des „Zerrüttungsgeständnisses" 1. „Zerrüttung" als quaestio mixta Nach der zur Natur des Zerrüttungsgeständnisses mE maßgeblichen „mittleren Auffassung" 290, die in der Zerrüttung eine quaestio mixta erblickt, was sich auch auf die Deutung des „Geständnisses" einer „Zerrüttung" auswirkt, können die Umstände, die nach Ansicht der Ehegatten zum Scheitern der Ehe geführt haben, Gegenstand eines Geständnisses im technischen Sinne sein. Dem Richter obliegt freilich die rechtliche Wertung; und dabei hat er zunächst von der Zerrüttung auszugehen, dh sofern sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür anbieten, daß die Ehe doch nicht zerrüttet ist. MaW steht ihm in diesem Rahmen eine gewisse Überprüfungsbefugnis zu, die allerdings noch in zweierlei Richtung verifiziert werden muß. Dazu sind nachfolgende Überlegungen angebracht.

2. Einvemehmliche Scheidung und streitige Scheidung Bei grundsätzlicher Bejahung der richterlichen Prüfungsbefugnis ist doch die ratio anderer Scheidungstatbestände miteinzubeziehen. MaW soll die Scheidung nach § 55a nicht auf größere Hindernisse als bei „streitigen" Scheidungen stoßen, denen (unter Umständen sogar) trotz Widerspruchs des Beklagten stattzugeben ist. Ansonsten würde sich bei der „Scheidung im Einvernehmen", die ja die „Justizkomödien" ablösen sollte, ein strengerer Maßstab herausbilden, als ihn der Gesetzgeber an die „streitigen" Scheidungen anlegt. 289 Vgl FN 286, 287, 288 und Text dazu. 290 Vgl supra II C 1.

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Das bedeutet, daß bei jeder Interpretation und Gesetzesanwendung nach Tunlichkeit ein „systemfreundliches" Ergebnis anzustreben ist. Die Prüfung sämtlicher (materieller) Voraussetzungen, nämlich der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft, des Zerrüttungsgeständnisses, des Einvernehmens über die Scheidung sowie der Scheidungsfolgenvereinbarung ist so geartet, daß einerseits der Richter sich allfälligen Anhaltspunkten für die Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht von vornherein verschließt und andererseits die Scheidungswilligen selbst nicht a priori auf die „streitige Scheidung" ausweichen. Das Vorbringen bzw die Erklärungen der Parteien sind jedenfalls auf ihrer Ernsthaftigkeit und Freiheit hin zu prüfen.

3. Amtsweglgkeitsgrundsatz Im Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung wird der Untersuchungsgrundsatz insbesondere seit dem PersEheKindÄG 291 regelmäßig in Frage gestellt, dies mE in einem größeren Ausmaß, als es der Sache nach gerechtfertigt wäre. Die Abschaffung des Amtswegigkeitsgrundsatzes gemäß § 460 Ζ 4 ZPO bezieht sich auf streitige Eheverfahren. Nun ist § 222 AußStrG zweifellos eine lex specialis und lockert den traditionellen Untersuchungsgrundsatz des außerstreitigen Verfahrens auf: Dies allerdings nur in einem solchen Rahmen, den die zitierte Bestimmung und ihre sachgerechte Auslegung vorgeben. Ist maW der Verweis auf die ZPO zu global und im Hinblick auf den (nachweisbaren) Willen des historischen Gesetzgebers, von der Einführung einer unwiderlegbaren Vermutung abzusehen, unbedacht, so ist mittels einer teleologischen Reduktion vorzugehen. Der Schluß von §460 Ζ 4 ZPO auf das „außerstreitige Scheidungsverfahren" ist somit vorschnell. Der Grundsatz war seit jeher auf schcid\mg$feindliche Tatsachen beschränkt und hat für scheidungsfreundliche Fakten ohnedies nicht gegolten. Die Novelle scheint daher in diesem Punkt umfassender, als sie in Wirklichkeit ist. Sie hat grundsätzlich auch bloß die streitigen Scheidungen im Auge. Die analoge Anwendung von § 460 Ζ 4 ZPO auf das Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung ist daher mE nicht zulässig; sie führte zar Abschaffung des dem Außerstreitverfahren wesentlichen Grundsatzes der Amtswegigkeit, was eine gesetzwidrige Umstrukturierung der einvernehmlichen Scheidung mit sich brächte, nämlich die (schleichende) Änderung der widerlegbaren in eine unwiderlegbare Vermutung.

291 Oben FN 287.

IV. Das Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen

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C. Kontrolle der Scheidungsfolgenvereinbarung Eine richterhche Kontrolle der Scheidungsfolgenvereinbarung im Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung ist nur realisierbar, wenn die „Vereinbarung" in der gebührenden, dh jedenfalls in schriftlicher Form vorgelegt wird. Dies ist mE denn auch in § 55a/2 angeordnet292. Die Prüfungsbefugnis erstreckt sich auf verschiedene Bereiche, und zwar auf die „Scheidungsfolgenvereinbarung" als materielle Scheidungsvoraussetzung (unten 1) und auf ihre Gültigkeitsvoraussetzungen im allgemeinen (unten 2).

7. Materielle Scheidungsvoraussetzung Wie es auch bei den anderen (materiellen) Scheidungsvoraussetzungen der Fall ist, bringt die Scheidungsfolgenvereinbarung das Einvernehmen über die Scheidung bzw vorzüglich über die Scheidungsfolgen zum Ausdruck. Will sich das Gericht von der materiellrechtlichen Qualität dieser beiderseitigen Einverständnisse tatsächlich überzeugen, ist die Kenntnisnahme des Inhalts unabdingbar. Die Vereinbarung muß deshalb eine konkrete Regelung der Scheidungsfolgen enthalten und sich jedenfalls auf ihren obligatorischen Inhalt erstrecken. Anhand der Aufschlüsselung dieser Scheidungsfolgen soll dem Richter die Prüfung des freien und ernsthaften Einvernehmens der Ehegatten über die Statusänderung, ihren Grund (dh die Zerrüttung) und ihre Folgen sowie nicht zuletzt der Gültigkeit der Vereinbarung als solcher ermöglicht werden. Haben die Ehegatten Kinder, deren Schicksal auf Grund des Gesetzes geregelt werden muß, und bestehen vermögensrechtliche Ansprüche, dann ist auch über diese Sachbereiche eine für den Richter inhaltlich nachvollziehbare Regelung vonnöten. Die autonome Gestaltung muß daher sämtliche gemäß § 55a/2 vorgesehenen Scheidungsfolgen in der Übereinkunft berücksichtigen, hat doch ein bewußtes Unterlassen einer (grundsätzlich umfassend angelegten) „Vereinbarung" durchaus Gewicht für spätere „Ergänzungs- oder Anfechtungsverfahren". Wird eine Scheidungsfolgenvereinbarung dem Gericht unterbreitet, dann hegt eine der materiellen Scheidungsvoraussetzungen vor, dies unter dem Vorbehalt, daß die Vereinbarung alle Gültigkeitsvoraussetzungen erfüllt.

292 Näheres zum Problem oben III B. 35 Verschraegen

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2. Gültigkeitsvoraussetzungen

im allgemeinen

Unter Berufung auf Aicher 293 stellt Mänhardt die Möglichkeit und das Maß richterlicher Einflußnahme zur Diskussion:294 Sie wahrt im Verhältnis zur Privatautonomie der Parteien die Grenzen, die dieser insbesondere durch die Sittenwidrigkeit abgesteckt sind. Die Frage sei jedoch eher eine akademische. So stimmt er denn mit Aicher überein, der seinerzeit die Prognose wagte, einseitig unbillige Klauseln würden ohnedies statistisch kaum ins Gewicht fallen. In der Zwischenzeit sind der Rspr aber bereits durchaus derartige „planwidrige" Aufgaben gestellt worden 295. Solche Vorkommnisse wären an sich vermeidbar, wenn die einverständliche Scheidung zwar nicht erschwert wurde - das ist offenbar eine international um sich greifende Befürchtung -, wohl aber ihre Anforderungen schlicht ernst genommen würden. Normiert das Gesetz, daß der Scheidung nur dann stattzugeben ist, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, so hegt die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen nicht im freien Ermessen oder ist gar reiner Dezision des Gerichtes anheimgestellt. Von der Prüfung, ob die Voraussetzungen vorhegen, ist der Richter eben keinesfalls befreit. Zuerst hat er die Geschäftsfähigkeit der Antragsteller zu prüfen (infra a), in der Folge die Möglichkeit und Erlaubtheit der Vereinbarung (siehe b), sodann, ob die Vereinbarung nicht ein Schein- oder Umgehungsgeschäft darstellt (unten c) und schließlich, ob sie mangelfrei ist (vgl d). Obwohl die Vereinbarung grundsätzlich den materiellrechtlichen Gültigkeitserfordernissen entsprechen muß, ist die Kontrollbefugnis des Scheidungsrichters im Lichte des Verfahrens zur einvernehmlichen Scheidung zweckorientiert. Das läßt sich anhand der aufgezählten Voraussetzungen aufzeigen. a. Geschäftsfähigkeit 296 Bei Volljährigkeit der Antragsteller, und soweit ihnen kein Sachwalter beigestellt ist, hat der Richter nur bei Vorhegen entsprechender Anhaltspunkte dafür die fragliche Geschäftsfähigkeit zu prüfen. 293 Aicher (FN 11) Fioretta 111. 294 Mänhardt (FN 16) 134. 295 Vgl ua OGH 26. 11. 1985 (FN 85) mit Besprechungsaufsatz von Hoyer, Gesetzlicher Unterhalt nach einverständlicher Scheidung? Besprechung von OGH 20. 3.1985,1 Ob 532/85, und OGH 26.11.1985,5 Ob 604/84, JB11986, 772. 296 Zur Prozeßfähigkeit auch supra IV A 1 sowie Simotta (FN 279) ebenda. Zur verfahrensrechtlichen Vertretung von Minderjährigen siehe den grundlegenden Beitrag von Bajons, Mindeijähriger und gesetzlicher Vertreter im Konflikt, 1 ff; vgl auch Dullinger, Zur Prozeßfähigkeit mindeijähriger und geistig behinderter Personen, RZ 1989,6 ff.

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Die beschränkte Geschäftsfähigkeit (Minderjährige unter 18 Jahren; Minderjährige, die das 18. Lebensjahr vollendet haben; Minderjährige, deren Minderjährigkeit verlängert wurde [§ 173 ABGB]; Ehegatten, denen ein Sachwalter beigestellt wurde) führt zu folgenden Konsequenzen: Zum Abschluß einer Scheidungsfolgenvereinbarung bedürfen Minderjährige unter 18 Jahren eines gesetzlichen Vertreters, und zwar für den gesamten Vereinbarungsinhalt. Die Vermögensverwaltung des Kindes und seine gesetzliche Vertretung stehen nur voll Geschäftsfähigen zu (§ 145a ABGB). Der übrige Teil der Obsorge (§ 144 ABGB), nämlich die Pflege und Erziehung, kann von nicht voll Geschäftsfähigen besorgt werden. Nun hat aber die Regelung der rein persönlichen Rechte und Pflichten, dh die Zuteilung (dieses Teiles) der Obsorge unmittelbare Auswirkungen auf die Unterhaltspflicht, sodaß sich die Scheidungsfolgen so besehen nicht trennen lassen. MaW auf Grund des inneren Zusammenhanges dieser verschiedenen Regelungen ist zum Abschluß der Vereinbarung in toto ein gesetzlicher Vertreter vonnöten. Mit Vollendung des 18. Lebensjahres tritt die Mündigkeit infolge der Eheschließung ein (§ 175/1 ABGB). Diese Ehegatten haben die nötige Geschäftsfähigkeit, und zwar sowohl in bezug auf die vermögensrechtlichen Ansprüche (Kindesunterhalt, Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, Ansprüche aus der Mitwirkung im Erwerb, Anträge nach § 98 etc miteinbezogen) als auch auf die rein persönlichen Rechte und Pflichten gegenüber den Kindern. Soweit einem Ehegatten ein Sachwalter beigestellt wurde (§ 273 ABGB), so müßte dieser der Vereinbarung zustimmen, wenn alle oder ein Teil der Scheidungsfolgen zu seinem Aufgabenkreis gehören. Das Gericht kann allerdings, sofern das Wohl der behinderten Person dadurch nicht gefährdet wird, bestimmen, daß der Besachwaltete bezüglich der fraglichen Regelungsbereiche trotzdem Vereinbarungen treffen darf (§ 273a/l ABGB). Diejenigen Ehegatten, deren Minderjährigkeit (gemäß § 173 ABGB) verlängert wurde, sind den noch nicht 18-Jährigen gleichzuhalten und bedürfen eines gesetzlichen Vertreters bzw, wenn sie mit Bezug auf alle oder einen Teil der Scheidungsfolgen besachwaltet sind, der Zustimmung ihres Sachwalters. In diesem Falle greift § 175/1 ABGB (Mündigkeit infolge Ehe) nicht ein.

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Da die Geschäftsunfähigkeit die Prozeßunfähigkeit nach sich zieht - eine Ausnahme ist die Prozeßfähigkeit in Eheverfahren 297 bei beschränkter Geschäftsfähigkeit -, obliegt die Prüfung dieser Prozeßvoraussetzung bzw materiellen Gültigkeitsvoraussetzung dem Richter nicht erst bei der Kontrolle der Scheidungsfolgenvereinbarung, sondern schon zu Verfahrensbeginn. Dem Antrag auf Scheidung der Ehe im Einvernehmen ist das Alter der Antragsteller zu entnehmen. Bei Minderjährigen sind daher schon a limine die nötigen prozessualen Schritte (Ladung des gesetzlichen Vertreters) vorzunehmen. Hinsichtlich einer allfälligen Sachwalterschaft sind die Parteien zu befragen. Das wahre Problem liegt aber bei voller, jedenfalls bei beschränkter Geschäftsunfähigkeit ohne Besachwaltung vor, da der Richter hiefür nicht immer Anhaltspunkte gewinnt. Solange das Verfahren nicht abgeschlossen wurde, ist es bei Zweifel am Vorhegen der Geschäftsfähigkeit zu unterbrechen, um ein diesbezügliches Gutachten einzuholen. Nach Abschluß des Verfahrens - sowohl vor wie nach Eintritt der Rechtskraft - kommt nur mehr die Anfechtung mit ordenthchen bzw außerordentlichen Rechtsmitteln in Betracht 298.

b. Möglichkeit und Erlaubtheit Was die Möglichkeit der vereinbarten Leistungen anlangt, kann wohl nur die ursprüngliche Unmöglichkeit von der Kontrolle durch den Richter erfaßt sein299. Denn „was geradezu unmöglich ist, kann nicht Gegenstand eines gültigen Vertrages werden" (§ 878 ABGB): maW muß die anfängliche Unmöglichkeit (auch) vom Richter erkannt werden300. Das Zugesagte muß nach hL an Absurdität grenzen oder rechtlich unmöglich sein301, dann erst soll die absolute Nichtigkeit eintreten. Bei teilweiser anfänglicher Unmöglichkeit vertritt die hL die Ansicht, daß zunächst der hypothetische Parteiwille zu ermitteln ist 302 , wonach der Restvertrag im Zweifel aufrecht bleibt303. 297 Vgl oben FN 279 und Text dazu. 298 Vgl infra VI. 299 Nachträgliche Unmöglichkeit führt nicht zur Ungültigkeit der Vereinbarung und ist eine Frage der Leistungsstörung, die das Scheidungsverfahren nicht tangiert. 300 Vgl Rabel, Zur Lehre von der Unmöglichkeit der Leistung nach österreichischem Recht, FS zur Jahrhundertfeier des ABGB, 2. Teil, 831: „... nichtig sind Rechtsgeschäfte, wenn die versprochene Leistung von jedem verständig die Sachlage würdigenden (vgl. BGB. § 119), aber die konkrete Sachlage nicht besser als beide Parteien kennenden Dritten als unmöglich erkannt worden wäre, und nochmals von dem mit voller Kenntnis des Sachverhaltes ausgerüsteten Richter für unmöglich gehalten wird." 301 Vgl etwa Rummel (FN 88) RZ 2 zu § 878 ABGB; Koziol/Welser (FN 164) 128 mwN. 302 Mayer-Maly, Die Bedeutung des tatsächlichen Parteiwillens für den hypothetischen, FS Flume, 621. 303 Siehe Koziol/Welser (FN 164) 135; Rummel (FN 88) RZ 4 zu § 878 ABGB.

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Im laufenden Verfahren erhebt sich diese Frage freilich nur, wenn die Ehegatten dem Gericht eine Vereinbarung unterbreiten. Wesentlich praxisrelevanter ist die Prüfung der Erlaubtheit (§879 ABGB). Die Scheidungsfolgenvereinbarung darf weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen die guten Sitten verstoßen. Im Bereich der rein persönlichen Rechte und Pflichten sowie des Umgangsrechts und des Kindesunterhalts kann eine Vereinbarung der Statusentscheidung des Richters nicht zugrundegelegt werden, wenn die Obsorge künftig beiden Eltern gemeinsam zukommen soll (den Anwendungsfall des § 167 ABGB ausgenommen), das Besuchsrecht unter kindeswohlfremden oder -schädlichen Bedingungen ausgeübt werden soll, die Zahlung des Kindesunterhalts etwa von den Schulergebnissen des Kindes statt von seinen Bedürfnissen abhängig gemacht, überhaupt nur ein Entlastungsvertrag geschlossen und keine Regelung des Kindesunterhalts iSd § 55a/2 getroffen wurde etc. In Betracht kommen für die Beurteilung dieser Regelungen als materielle Scheidungsvoraussetzung nur Verstöße gegen Gesetzesvorschriften, die die Gültigkeit der Vereinbarung in Frage stellen. Damit steht auch die Beurteilung des Kindeswohls im Zusammenhang. Die Aufgaben des Pflegschaftsrichters im Rahmen seines Genehmigungspouvoirs hat der Scheidungsrichter allerdings nicht wahrzunehmen. Schwieriger scheint die Beurteilung der vermögensrechtlichen Ansprüche und des Ehegattenunterhalts. Der Grund für einen gänzlichen Unterhaltsverzicht wäre zu relevieren. Stellt sich die Überwälzung der Unterhaltspflicht auf die Allgemeinheit304 heraus, so verletzt die Vereinbarung die öffentlichen Interessen; dh der Richter muß die Parteien entweder zum Abschluß einer neuen Vereinbarung anleiten oder die Tagsatzung erstrecken, um ihnen Gelegenheit zu bieten, bei der nächsten Verhandlung eine neue Vereinbarung zu unterbreiten. Bei krasser Unausgewogenheit der Leistungen und Bedenken in Richtung des Wuchertatbestandes (§ 879/4 ABGB) ist zumindest die umfassende Ausübung der Aufklärungspflicht angebracht. Diese entzieht den (meisten) Voraussetzungen des Wuchers ihre Grundlage: Leichtsinn, Verstandesschwäche, vor allem die Unerfahrenheit der Partei, deren Leistungen in einem für sie nachteiligen und auffallenden Mißverhältnis zu den Gegenleistungen des anderen stehen, könnten nach richterlicher Aufklärung den Tatbestand des § 879/4 ABGB nicht mehr erfüllen. Bei der Zwangslage und Gemütsaufregung ist dies unter Umständen anders, schließt doch das Einvernehmen über die Scheidung und ihre Folgen tatsächliche Pattstellungen oder Druckmechanismen nicht aus. Mehr noch: sie sind hier besonders präsent, weil die Ehegatten selbst als Betroffene ideal-typisch besehen - eine ausgewogene Regelung mit Bestandskraft für die Zukunft zu unterbreiten oder vor Gericht zu schließen haben. In Anbetracht 304

Zur Allgemeinbelastung vgl etwa Ehrenzweig/Schwind

(FN 37) 126.

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der zunehmenden Zahl an Fo/gestreitigkeiten mag es sein, daß der Gesetzgeber in den Antragstellern zu sehr die Partei im Verfahren und zu wenig den Menschen gesehen hat, der nach Schiffbruch der Ehe - mit oder ohne Kind, wirtschaftlich abhängig oder unabhängig - seinen neuen Start auf Grund einer Vereinbarung wagen soll, die er mit jenem Ehegatten abschließen mußte, mit dem er sich gerade nicht mehr versteht. Bemerkenswert ist, daß der Gesetzgeber sich der psychologischen Überforderung im Rahmen des Verbrauchergeschäfts (Haustürgeschäfte) sehr wohl bewußt ist, und diesem Phänomen insofern Bedeutung beimißt, als der Konsument unter den gesetzlichen Voraussetzungen vom Vertrag zurücktreten kann (§ 3/1 KSchG)305. Dem Scheidungsrichter obliegt deshalb eine größere Aufklärungs- und Informationspflicht als sonst, will man den Anwendungsbereich des § 879/4 ABGB bei nachträglicher Anfechtimg der Scheidungsfolgenvereinbarung im Griff behalten. Fälle der Gesetzwidrigkeit räumen dem Gericht im Zweifel das Recht ein, die Vereinbarung als materielle Scheidungsvoraussetzimg abzulehnen. Fraglich ist, wie etwa Verstöße gegen Gesetze zu behandeln sind, die die Regelung der Scheidungsfolgen nur peripher berühren: notwendige behördliche Genehmigungen (Konzessionen zum Beispiel), grundverkehrsbehördlich genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte etc. Hier ist anzunehmen, daß der Richter die Scheidungsfolgenvereinbarung nach entsprechender Aufklärung über das Genehmigungserfordernis und seine allfälligen Bedenken im Hinblick auf die mögliche Verweigerung der Genehmigung seinem Scheidungsbeschluß zugrundezulegen hat. Er hat die Parteien darauf hinzuweisen, daß die mangelnde Genehmigungsfähigkeit ihre Erwartungen und das innere Gleichgewicht der Vereinbarung zerstören könnte. Nach erfolgter Aufklärung durch den Richter ist ihnen die Möglichkeit genommen, sich auf die mögliche Teilnichtigkeit der Vereinbarung zu berufen; dh der Restvertrag bliebe in dubio aufrecht. Ein großer Teil der Konsumgüter, die eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse darstellen, wird heute durch Kredite drittfinanziert. Hier ist der Zusammenhang mit dem Streitgegenstand (Auflösung der Ehe) so sehr vorgegeben, daß die Klarstellung und Berücksichtigung der Mobiliar- und Immobiliarsicherheiten in der Vereinbarung zur Erfüllung der materiellen Scheidungsvoraussetzung - Regelung der in § 55a/2 genannten Scheidungsfolgen - notwendig ist. Nur dann ist gewährleistet, daß die Ehegatten sich tatsächlich inhaltlich geeinigt, sich der Folgen der Scheidung bewußt sind und dem Gesetz entsprochen wird. Davon hebt sich die Praxis zu Umecht sehr deutlich ab: Ehegatten, ihre Vertreter (meistens sogar nur ein einziger Rechtsanwalt für beide Parteien! 306 ) und der Scheidungsrichter streben ein „summarisches Verfahren" an, 305 BG vom 8. 3. 1979 (BGBl 1979/140), mit dem Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (Konsumentenschutzgesetz).

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das für die erwähnten Aufklärungs- und Belehrungspflichten wenig Raum läßt, dafür das öffentliche Interesse an der sachlich richtigen Entscheidung und den Schutz der Parteien vor Übereilung in unerträglichem Ausmaß vernachlässigt. c. Schein- und Umgehungsgeschäfte 307 Die Kontrolle erfolgt nach Maßgabe der dem Richter vorliegenden Anhaltspunkte. Diese können gegeben sein, wenn etwa vermögensrechtliche Übertragungen als Schenkimg erfolgen, weil der Verdacht sich aufdrängt, daß die Konkursfestigkeit begründet werden soll. Denkbar sind außerdem etwa Geschäfte zur Umgehung steuerrechtlicher Lasten usw. Bei Offenlegung ist die Vereinbarung mit diesem Inhalt nicht akzeptabel: die Parteien haben dem Gericht eine neue Regelung vorzulegen oder eine solche unter richterlicher Anleitung zu schließen. Fehlen solche Anhaltspunkte, dann ist für eine weitergehende Kontrollpflicht kein Anlaß, da diese an den Zwecken des konkreten Verfahrens orientiert bleibt.

d. Mangelfreiheit Die Scheidungsfolgenvereinbarung muß frei von Irrtum, Arglist oder Drohung, dh mangelfrei zustandegekommen sein. Die richterliche Kontrollbefugnis ist in diesem Zusammenhang mit der Aufgabe des Notars 308 und des Rechtsanwalts 309 vergleichbar, dies freilich unter Berücksichtigung der spezi306 Grundsätzlich herrscht relativer Anwaltszwang. Ein Rechtsanwalt darf beide Parteien zugleich nur mit Bezug auf Vertragsverhandlungen bzw die Errichtung eines Vertrages vertreten. In praxi indes wird ihm von beiden Ehegatten die Vollmacht zur Vertretung im gesamten Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung erteilt. Diese Doppelvertretung ist unzulässig. Vgl zum Problem auch Fasching (FN 33) RZ 451. 307 Vgl Näheres bei ΚοήοΙ /Welser (FN 164) 114 f, 138 mwN; Rummel (FN 88) zu § 916 ABGB; Krejci, in Rummel, ABGB, RZ 37 ff zu § 879 ABGB mwN. 308 Vgl §§ 52 f NO. Dazu schon oben FN 166. § 53 NO lautet: „Wollen die Parteien in den Notariatsakt dunkle oder zweideutige Bestimmungen aufnehmen, welche leicht Anlaß zu einem Rechtsstreite geben könnten, oder welche von keiner rechtlichen Wirkung wären, oder ist mit Grund zu besorgen, daß eine Bestimmung die Übervorteilung eines der Kontrahenten bezwecke, so hat der Notar den Parteien diese Bedenken vorzutragen und sie angemessen zu belehren. Bestehen die Parteien dessen ungeachtet auf solchen Bestimmungen, so hat er zwar den Akt aufzunehmen, in demselben aber die von ihm gemachte Vorstellung ausdrücklich anzuführen." 309 Die allgemeinen Berufspflichten des Rechtsanwalts sind in § 9 Rechtsanwaltsordnung (idF RAO, RGBl 1868/96 idF BGBl 1987/524) umschrieben. Gemäß § 9/1 leg cit ist der Anwalt ua verpflichtet, die übernommene Vertretung dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten. Weitere Hinweise bei Heller/Jahoda/Schuppich, Rechtsanwaltsordnung, 10 f.

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fischen Wesenselemente des Verfahrens gemäß §§ 220 ff AußStrG. Er hat maW seine Bedenken zu äußern und die Parteien zu belehren. Halten diese trotzdem an der Vereinbarung fest, so ist sie taugliche Grundlage für die Scheidung gemäß § 55a. Wenn die Ehegatten die Vereinbarung jedoch unter Anleitung des Richters abschließen, geht seine Amtspflicht über die Belehrungstätigkeit hinaus und umfaßt auch die rechthche Beratung der Parteien.

3. Zusammenfassung Das Fallrecht belebt die Diskussion und zeigt auf, daß eine verstärkte Kontrolle bzw Prüfung der Vereinbarung dort angebracht erscheint, wo es sich nicht um einen vom Pflegschaftsrichter genehmigten oder zu genehmigenden Vereinbarungsinhalt handelt, sondern insbesondere um Leistungen bzw Anspruchsverzichte, die offenbar losgelöst von Gegenleistungen erbracht resp erklärt werden. Ein Fall betraf eine völlig geschäfts- und prozeßunfähige Frau, die im Rahmen eines Vergleichs zur Gänze auf den Unterhalt verzichtet hatte. Die Ehe wurde rechtskräftig (gemäß § 55a) geschieden und anschließend brachte die Frau eine Unterhaltsklage ein. Im Zuge dieses Verfahrens war über die Wirksamkeit des Vergleichs als Vorfrage zu befinden 310, da die Frau - wie sich herausgestellt hatte - schon zur Zeit des Scheidungsverfahrens, der Vollmachtserteilung und des Vergleichsabschlusses an einer psychischen Krankheit litt 311 . In einem weiteren Fall hatte das Höchstgericht sich mit der Anfechtung eines gerichtlichen Vergleichs wegen Sittenwidrigkeit und Irreführung zu befassen 312. Der OGH trug dem Erstgericht auf, die dem Vergleich zugrundeliegenden Vermögenswerte und seine sonstigen Voraussetzungen genau festzustellen, da ermittelt werden müsse, inwieweit die Erfüllung des Vergleichs für die Beklagte (im Verfahren auf Einhaltung des Vereinbarten) existenzbedrohend sei. Solche Folgestreitigkeiten wären bei gebührender Kontrolle vermeidbar. Außerdem gehen die Scheidungswilligen beim Abschluß der Vereinbarung und nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses davon aus, daß die Angelegenheit endgültig erledigt ist 313 . Das entspricht durchaus dem Anliegen des 310 Vgl OGH 26.11.1985 (FN 85) ebenda. 311 Und zwar an einer endogenen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit schweren Persönlichkeitsveränderungen, Denkstörungen, Antriebsstörungen und Körperhalluzinationen, die offenbar dem Rechtsanwalt, als ihm die Vollmacht erteilt wurde, nicht aufgefallen ist. Vorschnell halten sich denn auch die Richter bei anwaltlicher Vertretung nur an den Anwalt und nicht an die vertretene Partei, soweit diese überhaupt vor Gericht geladen wird! 312 Siehe OGH 20.3.1985 (FN 104) ibidem. 313 Selbst bei vollständiger Regelung der Scheidungsfolgen (iSd § 55a/2) und angemessener Kontrolle verfügen die Parteien nach wie vor nur über eine punktuelle Sicht der Lage, weil die Vereinbarung bloß einen Teilbereich sämtlicher Scheidungsfolgen erfaßt. Deswegen ist sehr dafür zu plädieren, den Ehegatten die Scheidungsfolgen möglichst umfassend vor Augen

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Gesetzgebers, bloß ist dies in der Art und Weise, wie die Praxis die einvernehmliche Scheidimg durchführt, nicht realisierbar. Eine inhaltliche Mindestkontrolle ist somit unentbehrlich. Zu diesem Zweck muß die Vereinbarung für den Richter inhaltlich nachvollziehbar sein. Obwohl er sie nicht zu genehmigen hat (arg § 226 AußStrG), legt er sie doch seinem Scheidungsbeschluß als materielle Voraussetzung zugrunde. Abgesehen von der Prüfung ihrer materiellrechtlichen Gültigkeit und Formgerechtheit bleibt es ihm bei Unvollständigkeit der Scheidungsfolgenvereinbarung unbenommen, sie nicht als materielles Erfordernis der Scheidung gelten zu lassen, sondern - als ultima ratio - den Antrag abzuweisen. Die rein persönlichen Rechte und Pflichten und das Umgangsrecht werden vom Pflegschaftsrichter inhaltlich überprüft. Das Kindeswohl unterliegt allerdings insoferne auch schon der Kontrolle durch den Scheidungsrichter nicht, als er grundsätzlich die Beachtung des positiven Rechts zu prüfen hat. Mit Bezug auf die Regelung des Kindesunterhalts, deren Genehmigung ebenfalls dem Pflegschaftsgericht obliegt, muß die Unterhaltspflicht („obligatio") und nicht bloß der Unterhaltsbeitrag („contributio" iSe Entlastungsvertrages) festgelegt sein. Die restlichen Scheidungsfolgen, namentlich der Ehegattenunterhalt und die Regelung der vermögensrechtlichen Ansprüche sind angesichts der üblichen „Verzichtserklärungen" und „Generalvergleiche" nicht nur auf die Freiheit und Ernsthaftigkeit der Willenserklärungen als solchen zu durchleuchten; sondern erhöhte Aufmerksamkeit gebührt auch den materiellrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen. Die Vereinbarung hat überdies den Zweck, das Einvernehmen über die Scheidungsfolgenvereinbarung im Globalzusammenhang zu untermauern. Verweigern daher die Antragsteller Auskünfte 314, die für die Gesamtbeurteilung wesentlich erscheinen, wird es dem Richter ohne weiteres erlaubt sein, von Amts wegen hierüber Informationen einzuholen.

D. „Rechtskraftbegriff" des § 224 AußStrG In diesem (prozessualen) Exkurs geht es darum, zu hinterfragen, ob der § 224 AußStrG (kritiklos) unterstellte formelle Rechtskraftbegriff, der einer langjährigen Judikatur zu §§ 79 und 81 der 1. DVEheG entlehnt ist, nicht vielleicht neu überdacht werden sollte. Dies legt sich aus mehreren Gründen, die sozusagen stufenweise auszuführen sind, nahe. zu führen, dh auch sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Fragen miteinzubeziehen. Über die Scheidungsfolgen in toto hätte - unter Umständen auf Vorschlag der Scheidungswilligen - eine Expertenkommission zu befinden, die à la longue billiger käme als die vielen Folge- und Ergänzungsverfahren: vgl dazu VII (Reform) zur Schweiz, in dieser Schrift. 314 ZB ob die drittfinanzierte Eigentumswohnung bereits ausbezahlt ist.

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Österreich

§ 224 AußStrG bestimmt: „(1) Jeder Ehegatte kann den Antrag auf Scheidung bis zum Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses zurücknehmen. (2) Die Zurücknahme des Antrags hat die Folge, daß ein schon ergangener Scheidungsbeschluß wirkungslos wird, ohne daß dieser einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Gleiches gilt, wenn ein Ehegatte vor Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses stirbt." Nach § 411 ZPO gilt: „Durch ein Rechtsmittel nicht mehr anfechtbare Urteile...".

In diesem Passus wird die formelle Rechtskraft, dh die Unanfechtbarkeit der Entscheidung durch Rechtsmittel, angesprochen. Bekanntlich ist davon die materielle Rechtskraft, dh die definitive Feststellung der Rechtslage, zu unterscheiden315.

1. Eintritt der formellen Rechtskraft Nach unbestrittener Meinung tritt die formelle Rechtskraft - unabhängig von der Zustellung des Scheidungsbeschlusses ein -, wenn die Antragsteller auf Rechtsmittel verzichtet haben316. Ganz anders soll dies nun bei der materiellen Rechtskraft sein: sie setzt vielmehr die Außenwirkung der Entscheidung voraus, die allerdings erst durch die Zustellung bewirkt wird 317 . Jene Auffassung ist nur so lange haltbar, als formelle und materielle Rechtskraft in zeitlicher Hinsicht auseinandergerissen werden. Sofern nicht das Gericht den Scheidungsbeschluß mündlich verkündet, tritt außerdem sogar die Selbstbindung des Gerichts zu einem späteren Zeitpunkt ein. Nun steht die Rspr weiters auf dem Standpunkt, daß der Rechtskraftbegriff des § 411 ZPO auch § 224/1 AußStrG zugrundehegt und die Antragsteller ihren Antrag eben nur bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft zurücknehmen können318. Es werden maW verschiedene Fragen miteinander verquickt, und zwar der - bereits nach mündlicher Verkündung der Ehescheidung (bzw bei vor315 Zu den Begriffen statt vieler Fasching (FN 33) RZ 1493 ff, 1497 ff. 316 Siehe LGZ Wien, 21.12.1980, 43 R 2182, 2183/80, EFSlg 37.474; LGZ Wien, 3. 6.1982, 43 R 543/82, ÖA 1983, 22; OLG Wien, 7. 6.1983,12 R 81/83, EFSlg 44.785; LGZ Wien, 24.11. 1983, 43 R 1060/83, EFSlg 44.785; OLG Linz, 8. 11. 1983, 5 R 214/83, EFSlg 44.786; OGH 19. 4. 1979 (FN 271) ebenda; OGH 4. 10. 1979, 7 Ob 743, 744, EFSlg 35.137; OLG Wien, 30. 5. 1980, 13 R 92/80, EFSlg 37.473; OGH 8. 5. 1984, 2 Ob 548/84, EFSlg 47.386. Vgl auch Edlbacher (FN 27) Anm 1 zu § 224 AußStrG. 317 Vorbehaltlich §416/2 ZPO. 318 Dazu LGZ Wien, 23. 10. 1981 (FN 30) ebenda; LGZ Wien, 5. 3. 1981, 43 R 2025/81, EFSlg 39.902; LGZ Wien, 21.12.1980 (FN 316) ibidem.

IV. Das Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen

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aussichtlich stattgebendem Beschluß) zulässige - Rechtsmittelverzicht, die Zustellung sowie der Eintritt der formellen Rechtskraft. Zur alten Rechtslage, dh vor der Aufhebung 319 bzw Überleitung (in die ZPO) 320 der §§ 79/2 und 81 der 1. DVEheG, hat die Rspr verschiedene Begriffe formeller Rechtskraft geprägt: Zu § 79 der 1. DVEheG wurde judiziert, daß die Zurücknahme der Klage nicht mehr möglich sei, sobald die Parteien nach Verkündung des Scheidungsurteiles auf Rechtsmittel verzichtet haben, selbst wenn die Zustellung der Entscheidung noch nicht erfolgt war 321 . Hingegen wurde im Falle des Ablebens eines Ehegatten (§ 81 der 1. DVEheG) trotz Rechtsmittelverzichts bis zur Zustellung des Urteils dessen Unwirksamkeit angenommen322. Es ist dies mE denn auch der einzige Tatbestand, bei dem zwischen Rechtsmittelverzicht einerseits und Zustellung des Urteils andererseits unterschieden und richtig erkannt wurde, daß der Eintritt der formellen Rechtskraft mit der Zustellung und nicht schon mit einem Rechtsmittelverzicht verknüpft ist. Eine solche Auslegung bietet den Vorteil, (Prozeßrechts-) Institutionen (die Rechtskraft!) vor Abnützung zu bewahren, die im konkreten Zusammenhang durch die Angst heraufbeschworen wird, der bloße Rechtsmittelverzicht könnte noch prozessuale ,Änderungen", wie etwa die Antragsrücknahme oder die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (gemäß § 17 AußStrG) offenlassen. Nach stRspr (zu § 79 alt 1. DVEheG) muß so die (künstlich) vorverlagerte formelle Rechtskraft herhalten, um die (offenbar befürchtete) Verfahrensverzögerung auf diesem Wege hintanzuhalten und das Gericht vor eventueller Mehrarbeit zu bewahren. Fraglich erscheint, ob diese stRspr auf § 224 AußStrG tatsächlich ohne weiteres transponierbar ist. Von der Beantwortung dieser Frage wird es nämlich abhängen, wie lange der Antrag zurückgenommen werden kann und bis wann ein allfälliger Widerruf des „Einverständnisses" zulässigerweise erklärt werden kann.

319 § 79/2 der 1. DVEheG ist zwar durch das PersEheKindÄG (FN 287) ersatzlos aufgehoben worden; der Sache nach ist die Regelung jedoch insofern erhalten geblieben, als die ZVN 1983 (FN 286) ganz allgemein die Möglichkeit eröffnet hat, die Klage auch in höherer Instanz zurückzunehmen (siehe § 483/3 nF und § 513 ZPO). 320 § 81 der 1. DVEheG ist durch das PersEheKindÄG (FN 287) wortgleich in § 460 Ζ 8 ZPO übernommen worden. 321 Pais pro toto OGH 28. 10. 1959, 3 Ob 335/59, SZ 32/136; OGH 8. 1. 1980, 5 Ob 753/79, EFSlg 36.502. 322 OGH 30. 6. 1954, 1 Ob 408/54, EvBl 1954/300 = SZ 27/186; OGH 1. 9. 1954, 2 Ob 362/54, SZ 27/210; LGZ Wien, 21. 4. 1967, 44 R 273/67, EFSlg 8925; OLG Wien, 25. 4. 1980, H R 65/80, EFSlg 36303.

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2. Übertragbarkeit

der stRspr auf § 224AußStrG?

Ist § 224/1 AußStrG ein rein formeller Rechtskraftbegriff zugrundezulegen, wie dies die hM will, oder soll die Antragsrücknahme bis zu jenem Zeitpunkt möglich sein, zu welchem die Zustellung erfolgt bzw - nach der Judikatur zu § 81 alt 1. DVEheG - bis zum Eintritt der (nach außen wirksamen) „Rechtskraft"? Zum einen ist nämlich nicht recht verständlich, warum formelle und materielle Rechtskraft zeithch auseinanderklaffen sollen: beide stellen zwar verschiedene, aber doch auf einander bezogene Dimensionen einer (nach hM) prozessualen „Bestandskraft" dar; zum anderen bleibt ungelöst, warum ein Antrag nicht so lange zurückgenommen werden kann, als die Entscheidung keine Wirkungen zwischen den Parteien (und nach außen) entfaltet. Denn einerseits gilt die Ehe erst mit Zustellung des Scheidungsbeschlusses als geschieden, andererseits soll die „prozessuale Lage" vorher schon so einzementiert sein, daß nach hM eine Antragsrücknahme nach Rechtsmittelverzicht (und somit wegen formeller Rechtskraft) unzulässig ist?! Da schiene es vergleichsweise noch sinnvoller, in § 224/1 AußStrG auf die materielle Rechtskraft abzustellen, sodaß der Text wie folgt zu lesen wäre: „Jeder Ehegatte kann den Antrag auf Scheidung bis zum Eintritt der materiellen Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses zurücknehmen", weil die Rechtsfolgen der Antragsrücknahme eigenthch die Außenwirkung der Entscheidung voraussetzen. Konsequenter wäre es freilich, die formelle und materielle Rechtskraft in zeithcher Hinsicht miteinander zu verschmelzen: dann ist die Antragsrücknahme bis zur Zustellung der Entscheidung zulässig, selbst wenn auf Rechtsmittel verzichtet worden war; die Entscheidung wird durch die Rücknahme (gemäß § 224 AußStrG) - wie nach § 81 alt 1. DVEheG - wirkungslos. Für diese Auffassung spricht auch ein unvoreingenommenes Verständnis von § 224/2 AußStrG. Die Einführung zweier Arten der formellen Rechtskraft ist nämlich mE durch nichts gerechtfertigt. Hinter der Differenzierung zwischen Leben und Tod (resp §§ 79 und 81 alt 1. DVEheG, inzwischen übertragen auf § 224 AußStrG) standen wohl familienpolitische Erwägungen323. Die Unterscheidung ist indes (heute) weder rechtspolitisch noch dogmatisch gerechtfertigt: Zum einen ist nicht einzusehen, warum das (einvernehmliche) Scheidungsverfahren post mortem einen anderen Stellenwert haben soll als zu Lebzeiten der Ehegatten. Insbesondere bei der Scheidung nach § 55a ist die Auflösung der Ehe gerade des Erblassers letzter Wunsch (!); zum anderen zeigt gerade die Rspr zu § 81 alt 1. DVEheG, die auf § 224

323 Nämlich insbesondere sozialversicherungsrechtliche Erwägungen mit Bezug auf die Witwen(Witwer)begünstigung.

IV. Das Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen

automatisch transponiert wurde, sehr deutlich auf, daß die Wirkungen Entscheidimg ja in Wahrheit erst mit der Zustellung eintreten 324.

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der

E. Vollstreckung der „Vereinbarung (en) " In der Praxis 325 ist wiederholt das Problem entstanden, ob eine privatrechtliche „UnterhaltsVereinbarung!" zwischen den Ehegatten einen Exekutionstitel iSd § 1 Ζ 15 EO 326 darstellt. Sollte dem nämlich nicht so sein, erweist sich die Vollstreckung als unmöglich. 324 Anschaulich LGZ Wien, 6. 9. 1979, 43 R 844/79, EFSlg 35.138 (11) = ÖA 1983, 20; LGZ Wien 1. 8. 1979, 44 R 201/79, EFSlg 35.138, wonach der noch nicht zugestellte Scheidungsbeschluß trotz Rechtsmittelverzichts bei Versterben eines Gatten nicht rechtswirksam und nicht rechtskräftig wird! Das erkennt auch OGH 19. 4. 1979 (FN 271) EFSlg 35.137 genau, wird doch eingeräumt, daß der „Rechtskraftbegriff" nach § 81 der 1. DVEheG von anderen Voraussetzungen ausgeht! Deswegen beginnen auch Fristen erst mit der Zustellung des Scheidungsbeschlusses zu laufen (so etwa die Frist nach § 95), dies vorbehaltlich der mündlichen Verkündung. Dh der Anspruch erlischt, wenn er nicht innerhalb eines Jahres nach Eintritt der (materiellen) Rechtskraft geltend gemacht wird. Die regelmäßig aufgeworfene Frage nach den Rechtsfolgen eines „ehewidrigen Verhaltens" (zum Beispiel Ehebruch), das nach der letzten mündlichen Verhandlung und vor der Zustellung des Scheidungsbeschlusses gesetzt wird, ist wie folgt zu beantworten: Die Pflichtverletzungen werden als Verletzung der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft angesehen; ist nun aber das Scheidungsverfahren insoferne abgeschlossen, als nur mehr die Rechtskraft des Beschlusses aussteht, wäre die ehezerrüttende Wirkung wohl zu verneinen. Im übrigen wäre die „Pflichterfüllung" im Sinne des § 90 ABGB - soweit sie nicht einen Versöhnungsversuch darstellt - wohl als venire contra factum proprium auszulegen. Gemäß § 226/2 Ζ 3 AußStrG ist im Scheidungsbeschluß auszusprechen, daß die Ehe mit der Wirkung geschieden wird, daß sie mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses aufgelöst ist. Auch hier wäre auf die Außenwirkung und die Wirkung der Entscheidung für die Parteien abzustellen, sodaß es auf die Zustellung ankommt und ein rückwirkender Beschluß mE nicht in Frage kommt. Judikatur hiezu liegt mW nicht vor. Sehr erfreulich ist die Feststellung, daß diese Ausführungen, die den Mitgliedern meiner Habilitationskommission im Februar 1988, (darunter auch Simotta) vorgelegen sind und Neuland beschreiten, die Lehre offenbar angeregt haben. Im Gegensatz zu früheren Beiträgen, wo Simotta (FN 24) Die einvernehmliche Scheidung, an mehreren Stellen und ohne Kritik an der stRspr (vgl etwa aaO 130, 131, 132, 134, 170, 171, 174 etc) schlicht von der „Rechtskraft" des Scheidungsbeschlusses spricht, läßt sie neuerdings mit Bezug auf den § 224 AußStrG von der Judikatur zugrundegelegten formellen Rechtskraftbegriff gewisse Zweifel anklingen - ohne sich aber explizit mit meinen Argumenten auseinanderzusetzen oder sich im Ergebnis von der Rspr zu distanzieren - und referiert: „Die Rechtsprechung vertritt die Ansicht, daß zur Auslegung des in §224 AußStrG gebrauchten Begriffes der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses die Judikatur zu § 79/2 der 1. DVEheG ... heranzuziehen sei,... Unter Rechtskraft sei daher die formelle Rechtskraft zu verstehen, so daß nach einem beiderseitigen Rechtsmittelverzicht der Scheidungsantrag nicht mehr zurückgenommen werden könne." Vgl Simotta (FN 284) 259 f. Freilich wäre schon im erstangeführten Beitrag reichlich Anlaß zur Differenzierung des gebrauchten Rechtskraftsbegriffs gewesen. 325 OGH 15. 2. 1983 (FN 163) aaO; dazu Pichler (FN 118) 92. Vgl auch OGH 25. 1. 1989 (FN 186) aaO. 326 Exekutionstitel im Sinne dieser Bestimmung sind: „Vergleiche, welche vor einem Gemeindevermittlungsamte, (vor Polizeibehörden) oder vor anderen zur Aufnahme von Vergleichen berufenen öffentlichen Organen abgeschlossen wurden, falls denselben durch die beste-

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Pichler hat zu Recht auf § 18 Ζ 3 JWG (aF) hingewiesen, wonach „Vereinbarungen über die Leistung des Unterhalts die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs" iSd Exekutionsordnung haben327. Die zitierte höchstgerichtliche Rspr scheint hier dem Wortlaut des Gesetzes (§ 228 AußStrG hebt den „gerichtlichen Vergleich" als Exekutionstitel hervor) eine allzu große Bedeutung beizumessen: „eine bloß mit privatrechtlichen Wirkungen ausgestattete Vereinbarung", die - so der OGH - nach § 55a/2 zulässig sei (dh einem „Unterbreiten" iSd Gesetzes genügt), könne nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung nicht vollstreckt werden. Die Gesetzeslage ist mE aber eindeutig und widerlegt die höchstgerichtliche Auffassung: § 222/1 AußStrG nimmt zweifelsfrei eine Gleichschaltung der „Vereinbarung' im Sinne des § 55a/2 mit dem gerichtlichen Vergleich vor, der bekanntlich Exekutionstitel nach § 1 Ζ 15 EO ist; im übrigen verweist ja § 228 AußStrG auf die Zwangsvollstreckung nach diesem Gesetz. Somit nimmt der Gesetzgeber nicht - wie der OGH fälschlicherweise meint - eine Lücke in der Exequierbarkeit in Kauf, sondern weist vielmehr darauf hin, daß das österreichische Regelungssystem „Vereinbarungen" kennt, die im Hinblick auf die Vollstreckung wie ein gerichtlicher Vergleich zu behan deln sind. Dies, sofern die „Vereinbarung" protokolliert wurde, was zur (Anleitungs-)Pflicht des Richters gehört 328. Eine solche Parallele lag eben auch im § 18 Ζ 3 JWG (aF), wie Pichler richtig erkannt hat, vor. Aber sogar nach dem Inkrafttreten des JWG 1989329 hat sich nichts geändert: Erneut ordnet der Gesetzgeber nämlich die Vollstreckbarkeit bloßer „Vereinbarungen" an, indem er ihnen die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs verleiht 330. Die Gleichstellung der „Vereinbarungen" im Gefüge der einvernehmlichen Scheidung mit dem „gerichtlichen Vergleich" hat allerdings - wie supra

henden Vorschriften die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs beigelegt ist". (Hervorhebung von mir.) 327 Pichler (FN 118) 92. § 18 Ζ 3 Satz 2 JWG (aF) lautete: „Insbesondere haben Vereinbarungen über die Leistung des Unterhalts die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches (§ 1 Ζ15 EO)." Die Gleichbehandlung erfolgt also im Hinblick auf die Exequierbarkeit: siehe ua LGZ Wien, 14. 4. 1982, 43 R 287/82, EFSlg 41.829. 328 Insofern steht die Amtlichkeit des Scheidungsrichters bei der Anleitung und Protokollierung dieser „Vereinbarung" jener der Bezirksverwaltungsbehörde (nach JWG 1954) bzw des Jugendwohlfahrtsträgers (nach JWG 1989) bei seiner Beurkundung der „Vereinbarung" in nichts nach. 329 Siehe FN 105. 330 Cf § 39 JWG 1989: „Vereinbarungen über das Tragen oder den Ersatz von Kosten der vollen Erziehung (§ 33), die mit dem Jugendwohlfahrtsträger geschlossen und von ihm beurkundet werden, haben die Wirkung tints gerichtlichen Vergleiches." (Hervorhebung von mir.) § 33 JWG 1989 bestimmt: „Die Kosten der vollen Erziehung haben der Mindeijährige und seine Unterhaltspflichtigen nach bürgerlichem Recht zu tragen, gegebenenfalls rückwir-

IV. Das Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen

eingehend erläutert 331 - nach Maßgabe der Dispositionsbefiignis über die betreffende Regelungsmaterie zu erfolgen.

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der Parteien

kend für drei Jahre zu ersetzen, soweit sie nach ihren Lebensverhältnissen dazu imstande sind. «

331 Vgl U I C 2.

V. Antragsrücknahme - Widerruf des Einvernehmens Die Antragsrücknahme hat der Gesetzgeber ausdrücklich bedacht, dieser Fall ist deshalb vorab zu würdigen (A); anderes gilt für den Widerruf des Einvernehmens, dessen Zulässigkeit und gegebenenfalls dessen Modalitäten anschließend untersucht werden (B).

A Die Antragsrücknahme Jeder Ehegatte ist berechtigt, den Antrag auf Scheidung im Einvernehmen bis zum Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses zurückzunehmen (§ 224/1 AußStrG); ein bereits ergangener Scheidungsbeschluß wird diesfalls wirkungslos (§ 224/2 leg cit) 332 . Es hat sich vor allem die Judikatur mit der Antragsrücknahme auseinandergesetzt, wobei das Fallrecht mit Fragen prozessualer Natur konfrontiert worden ist, sodaß die Beschäftigung mit ihm kurz gehalten werden darf. Der Beschluß über die Wirkungslosigkeit des vor Antragsrücknahme ergangenen Scheidungsbeschlusses erwächst nach stRspr nicht in materielle Rechtskraft 333. Es liegt auch gar kein Scheidungsbeschluß mehr vor, der angefochten werden könnte334. Sehr wohl hat aber der OGH dit Anfechtbarkeit eines Beschlusses, mit dem die Antragsrücknahme zur Kenntnis genommen und die Wirkungslosigkeit des Scheidungsbeschlusses ausgesprochen wurde, bejaht. Ein solcher Beschluß habe „verfahrensgestaltende Wirkung" und erwachse selbst im Falle seiner Fehlerhaftigkeit in Rechtskraft. Unterbleibe indes die Anfechtung des Beschlusses, so sei das Verfahren durch die Antragsrücknahme beendet335. Da ja die Antragsrücknahme die Verfahrensbeendigung bewirkt, kann dem Beschluß mE nur bei Fehlerhaftigkeit (prozessual) „gestaltende Wirkung" zugesprochen werden; denn als „richtige Entscheidung" wäre der Beschluß doch wohl deklarativer Natur! In einem anderen Fall bestritt eine Partei, den offenbar protokollierten Rechtsmittelverzicht je abgegeben zu haben, und erklärte im selben Rekurs die Zurücknahme ihres Antrags. Der OGH trug dem Erstgericht auf, „die Vorgänge bei der Protokollierung des Rechtsmittelverzichtes" zuerst festzu-

332 Zur Frage der Auswirkungen eines (stattgebenden) Scheidungsbeschlusses auf den unterbrochenen Scheidungsprozeß Simotta (FN 24) Die einvernehmliche Scheidung 167. 333 OLG Wien, 30.5.1980 (FN 316) EFSlg 37.475. 334 LGZ Wien, 1.10. 1980, 44 R 133/80, EFSlg 37.476; OLG Wien, 9. 2. 1983, 11 R 20/83, EFSlg 44.787. 335 OGH 28.4.1981,5 Ob 586,587/81, EFSlg 39.901 = SZ 54/62.

V. Antragsrücknahme

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stellen, da ein solcher zu seiner Wirksamkeit ausdrücklich erklärt werden muß, was hier wohl fraglich war 336. In einer der ersten Entscheidungen seit der Reform hielt das Gericht das Rechtsmittel gegen den Scheidungsbeschluß (mit dem Antrag auf Abweisimg des Scheidungsantrags) der ausdrücklichen Rücknahme des Antrags gleich. Der Rekurs wurde zurückgewiesen, da der Scheidungsbeschluß mit seinem Einlangen wirkungslos geworden war 337. Diese Entscheidung ist mE unrichtig: Denn mit der Zurückweisung wurde der Beschluß erster Instanz rechtskräftig, weil ein die Antragsrücknahme enthaltender Schriftsatz nicht vorlag. Deshalb ist recte der Rekurs in eine Antragsrücknahme umzudeuten und an das Erstgericht rückzuleiten. Gelegenthch ist es offenbar schwer, zu beurteilen, ob ein Antragsteller mit der von ihm abgegebenen Erklärung (bzw dem Rekurs) seinen Scheidungsantrag zurückziehen wollte oder nicht. Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels (§ 84/2 ZPO) schadet nicht, sofern das Begehren klar erkennbar ist. Da der Antrag ohne Rechtsmittel zurückgezogen werden kann, ist ein erhobener Rekurs nicht unbedingt in diesem Sinne umzudeuten. In concreto begehrte eine Partei sowohl Abweisung des Scheidungsantrags wie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung an die erste Instanz, da die vor Gericht vereinbarte Regelung der vermögensrechtlichen Ansprüche unvollständig sei338. Eine Umdeutung wäre hier selbstverständlich völlig fehl am Platz gewesen, weil in dem Begehren ganz offenkundig keine Antragsrücknahme zu erblicken war. Die zulässige Antragsrücknahme bei der Scheidung im Einvernehmen führt auch nicht die Rechtsfolgen des § 897 ABGB 339 nach sich, da diese Bestimmimg in casu nicht anwendbar ist: Ex lege steht es einem Ehegatten frei, den Antrag bis zum Eintritt der Rechtskraft zurückzunehmen. Dadurch wer-

336 Deshalb ist die höchstgerichtliche Entscheidung vom 8. 5.1984 (FN 316) EFSlg 47.388 richtig. 337 Vgl LGZ Wien, 22.10.1979,44 R153/79, EFSlg 35.136. Jüngst beschäftigt sich auch Simotta (FN 284) 266 (und zwar in Punkt 5: „Darf ein gegen den Scheidungsbeschluß erhobener Rekurs in eine Zurücknahme des Scheidungsantrags umgedeutet werden?") mit diesen Fragen. 338 OGH 2. 6. 1980, 1 Ob 623/80, EvBl 1980/207 = ÖStA 1981, 21 = RZ 1981/9; in derselben Rechtssache wie oben FN 337. 339 Der Text lautet: „In Ansehung der Bedingungen bei Verträgen gelten überhaupt die nämlichen Vorschriften, welche über die den Erklärungen des letzten Willens beigesetzten Bedingungen aufgestellt worden sind." Nach stRspr gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn der Eintritt der Bedingung von der Partei, der er zum Nachteil gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wurde; vgl dazu OGH 3. 3. 1914, SpR 234 = NowakNF 1548 = JB1 1914, 233 = ZB1 1914/320 und Dittrich/Tades, ABGB (FN 167) E 8 zu § 897 ABGB mwN sowie Rummel (FN 88) RZ 7 zu § 897 ABGB. Im Falle der Antragsrücknahme bei der einvernehmlichen Scheidung ist deshalb für die erwähnte Fiktion kein Raum. 36 Verschraegen

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den auch die in diesem Zusammenhang geschlossenen Vereinbarungen (bzw Vergleiche) unwirksam 340. Vor kurzem hat sich auch Simotta zum Problem der Antragsrücknahme geäußert und sich mit Argumenten auseinandergesetzt, wie sie in dieser Schrift zur Debatte gestellt wurden, wobei sie allerdings - und dies mE zu Unrecht - zu einem anderen Ergebnis gelangt341. Gestützt auf die stRspr, die bei § 224 AußStrG - fälschlicherweise 342 vom formellen Rechtskraftbegriff ausgeht, schließt Simotta vom mündlich erklärten Rechtsmittelverzicht auf die sofortige Wirksamkeit des Scheidungsbeschlusses. Die Zustellung selbst diene nur dem Nachweis der Ehescheidung. Sie erblickt im beiderseitigen Rechtsmittelverzicht im Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung - unter Berufung auf N o v a l i - eine „ziemliche Ähnlichkeit mit den in § 416/3 ZPO geregelten Fällen"344. Liest man bei Novak nach, so geht es ihm um folgende vier Fälle: das Bagatell-, Verzichts- und Anerkenntnisurteil sowie das dem Klagebegehren stattgebende Versäumungsurteil (dem Kläger gegenüber). Heute relevant sind (gemäß § 416/3 ZPO) nur die letzten drei Fälle, die die sofortige Wirksamkeit des verkündeten Urteils nach sich ziehen. Die Regelung ist indes zweifellos als Ausnahmevorschrift zu verstehen. Denn § 416/1 ZPO bindet die Wirksamkeit des Urteils an die Zustellung seiner schriftlichen Ausfertigung. Selbst wenn man eine analoge Anwendung des § 416/3 ZPO in Betracht zöge, ist doch zu bedenken, daß Novak im Jahre 1946 das streitige Scheidungsverfahren mit seinen „Formalurteilen" vor Augen hatte; sein Ausgangspunkt ist deshalb auf die einvernehmliche Scheidung nicht übertragbar. Dies nicht nur wegen der geänderten familienpolitischen Situation, sondern nicht zuletzt auf Grund der eindimensionalen Sicht, die eine solche Parallelität vermittelt: Der Antragsrücknahme wohnt eine vom Rechtsmittelverzicht unterschiedliche Zweckorientierung inne, und bei der streitigen Scheidung entscheidet das Gericht nach Maßgabe des Scheidungsgrundes über die Scheidungsfolgen 345.

340 OGH 22. 3.1988 (FN 143). 341 Vgl Simotta (FN 284) 251, ohne freilich auf meine fachliche Priorität hinzuweisen. Dazu sind meine unverändert gebliebenen Ausführungen zu IV D iVm V A und Β zu lesen. 342 Zur Kritik oben IV D. 343 Novak , Zwei Fragen des Prozeßrechtes, JB11946,135. 344 Simotta (FN 284) 259. 345 Auch Simottas These, wonach die einvernehmliche Scheidung ein „Zivilprozeß im außerstreitigen Gewände" (vgl dies. [FN 284] 257) darstelle, mangelt es an Schlagkraft. Sie beruft sich diesbezüglich auf Konecny, der die Zulässigkeit eines „Wiederaufnahmsantrags" im außerstreitigen Verfahren untersucht hat (siehe dazu unten VI A 2). Die Scheidung nach § 55a ist jedoch gerade auf Grund des rechtsßrsorgerischen Charakters, der diesem Scheidungsverfahren anhaftet, außerstreitig, nicht streitig zu erledigen. Das war eine bewußte Entscheidung des Gesetzgebers. Die Entlehnung von Verfahrensprinzipien, verfahrensrechtlichen Instrumenten usw

V. Antragsrücknahme

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Die von Simotta behauptete Rechtsähnlichkeit dieser (Sonder-)Fälle mit der einvernehmlichen Scheidimg, deretwegen der Wirksamkeitszeitpunkt ihrer Ansicht nach vorverlegt werden soll, basiert auf drei Gedanken: Zum einen bestehe die ratio des § 416/3 ZPO darin, daß bei Anerkenntnis- und Verzichtsurteilen mit einem Rechtsmittel nicht mehr zu rechnen sei. Dieses Argument schlägt aber schon beim Versäumungsurteil nicht mehr durch 346. Zum zweiten dokumentiere der Rechtsmittelverzicht den gemeinsamen Willen, sich einvernehmlich scheiden zu lassen. Auch dieser Gedanke ist nicht schlüssig, denn zur Antragsrücknahme bedarf es keines Rechtsmittels, sodaß ein Rechtsmittelverzicht zwar den Willen der Parteien zum Ausdruck bringen kann, das Verfahren nicht weiterzuführen, aber nicht unbedingt belegen muß, daß auch auf das Recht, den Antrag zurückzunehmen, verzichtet werde. Entgegen Simotta 347 enthält der beiderseitige Rechtsmittelverzicht keine „Fiktion" einer Endgültigkeit des Scheidungswillens bzw eines konkludenten Verzichts auf die Möglichkeit der Antragsrücknahme. Im Gegenteil: für die Parteien ist dieses Recht ein „aliud", mittels dessen sie - bei richtiger Auslegung - bis zur Zustellung des Scheidungsbeschlusses die Ehe doch noch instandhalten können, mehr noch, sie können vorweg auf diese Befugnis wegen ihrer eheerhaltenden Funktion gar nicht verzichten; der Rechtsmittelverzicht indes ist ein Verzicht auf die Fortführung des Verfahrens (etwa um die Scheidungsfolgen zu ergänzen). Darin hegt keine „Inkonsequenz", und keine „durch nichts (nicht einmal durch den favor matrimonii) zu rechtfertigende Differenzierung", es würde auch nicht dazu führen, „daß der Rechtsmittelverzicht mit Hilfe der Zurücknahme des Rechtsschutzantrages widerrufen werden könnte"348. Dieser Meinung kann man nur sein, wenn man die Rechtskraft künstlich vorverlagert 349, die Analogie zu § 416/3 ZPO (als Ausnahme im streitigen Verfahren konzipiert) auf die einvernehmliche Scheidung im außerstreitigen Verfahren überträgt, das neben der Rechtsmittellegitimation explicite das Antragsrücknahmerecht kennt. Vielmehr gibt es keinen wie immer gearteten Anlaß, beide Verfahrensinstrumente gleichzuschalten bzw miteinander zu vermischen: ihre Voraussetzungen, ihre Rechtsfolgen und nicht zuletzt ihre Erledigungsart ist ganz verschieden350. Zum dritten weist

aus dem streitigen Verfahren sollte daher stets nur unter Berücksichtigung der für das außerstreitige Verfahren wesenseigenen Grundlagen erfolgen. 346 Bei diesen drei Verfahrenserledigungen handelt es sich immerhin um ein Urteil, dessen sofortige Wirksamkeit explicite verankert ist. Nicht vergleichbar ist die Lage beim Rechtsmittelverzicht anläßlich der einvernehmlichen Scheidung. Es könnte nämlich gleichwohl eingewendet werden, daß die Analogie deswegen verfehlt ist, weil der Gesetzgeber die vorverlagerte Wirksamkeit beim Verzicht auf ein Rechtsmittel hätte regeln müssen. Aber gegen die Gleichschaltung, wie sie Simotta vornimmt, sprechen schon systemimmanente Gründe, die im folgenden ausgeführt werden. 347 Simotta (FN 284) 261. 348 Wie Simotta (FN 284) 261 meint. 349 Vgl oben IV D, wie dies die stRspr und neuerdings auch Simotta (FN 284) 259 f tut.

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Simotta darauf hin, daß auch der Grundsatz des favor matrimonii die Unterscheidung zwischen Rechtsmittelverzicht und Antragsrücknahme nicht rechtfertigen kann; der Gesetzgeber hätte dann nämlich den Rechtsmittelverzicht ausschließen sollen. Das überzeugt nicht, denn der vorgezogene Wirksamkeitsbeginn ist eine Schöpfung der Rspr, die sich zur Begründimg ihrer Ansicht auf einen einzigen Halbsatz stützt351. Außerdem entzieht die Befugnis, auf ein Rechtsmittel zu verzichten, dem favor matrimonii-Prinzip nicht seine Berechtigung. Mehr noch: die Antragsrücknahme selbst entfaltet eine solch intensive favor matrimonii-Wirkung, daß der Beschluß schlechthin wirkungslos wird. Schließlich hat eine Antragsrücknahme nach Rechtsmittelverzicht nicht unbedingt etwas mit dem Grundsatz von Treu und Glauben352 zu tun: Ergibt sich nämlich nach Rechtsmittelverzicht, aber vor der Zustellung der Beschlußausfertigung, daß Güter unterschlagen, ein Ehepartner längst einen Scheidungstatbestand wegen Verschuldens erfüllt, der den anderen unterhaltsrechtlich günstiger stellen würde, so ist die Antragsrücknahme auch zu dieser „Korrektur" legitimes Mittel, eben weil die Entscheidung noch nicht wirksam ist und eine solche Bereinigung der Lage nicht nur rügt, daß das „wahre Einverständnis" doch nicht vorlag, sondern zudem außerordentliche Anträge bzw Folgestreitigkeiten sowie Ergänzungsklagen vermeidet.

350 Vgl § 224 AvißStrG, nach dem jeder Ehegatte bis zum Eintritt der Rechtskraft den Antrag zurücknehmen kann, dies mit der Wirkung, daß ein schon ergangener Scheidungsbeschluß wirkungslos wird, ohne daß dieser einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Anderer Ansich motta (FN 284) 263, mit der Begründung, daß Gleiches gleich zu behandeln ist. Der Gesetzgeber wollte nämlich - so Simotta - das einvernehmliche Scheidungsverfahren und das streitige Eheverfahren „soweit als möglich ... gleich ... regeln", überdies stimmte §224/2 Satz 1 AußStrG wörtlich mit dem ehemaligen § 79/2 Satz 11. DVEheG (Klagezurücknahme im streitigen Eheverfahren) überein; der Gesetzgeber habe bloß vergessen, § 224 AußStrG den mit der ZVN 1983 und dem PersEheKindRÄG eingeführten Änderungen anzupassen. Diese letzte Behauptung bleibt allerdings unbegründet. Ein Rekurs (§ 227 AußStrG) muß als Rechtsmittel gegen die Entscheidung formell erledigt werden, dh durch ihn wird der Beschluß nicht wirkungslos iSd § 224 AußStrG. Vgl auch OGH 12. 7.1988, 2 Ob 561/88 (nv), unter Hinweis auf OGH 2. 6.1980 (FN 338) ibidem. Über den zulässigen Rekurs ist in der Sache zu befinden. Das Gericht hat zu prüfen, ob die Anfechtungsgründe die Abänderung oder Aufhebung rechtfertigen, maW ob sie sachlich berechtigt sind. Vgl dazu OGH 12. 7. 1988 und in derselben Rechtssache OGH 20. 12. 1988 (FN 104). Ganz anders ist dies bei der Antragsrücknahme: hier findet keinerlei Prüfung statt. Auch das Problem allfälliger Neuerungen stellt sich hier nicht; beim Rekurs ist diesbezüglich aber § 10 AußStrG zu beachten. 351 Vgl oben IV D. 352 So aber Simotta (FN 284) 262, die eine Verletzung dieses Prinzips bejaht, wenn der eine den anderen zum Rechtsmittelverzicht überredet und in der Folge dann selbst den Antrag zurückzieht. Sie verkennt dabei, daß jedem Ehegatten das Antragsrücknahmerecht eingeräumt ist, und dieses Recht Ausdruck des freien Willens schlechthin ist. Niemand soll zur Scheidung „überredet" werden, ebenso wie niemand daran gehindert werden kann, sein Recht bis zuletzt auszuüben. Insofern ist Simotta selbst inkonsequent in ihrer Argumentation: sie schließt sich nämlich letztlich der Rspr mit Bezug auf die Auslegung des § 224 AußStrG an, was bei Rechtsmittelverzicht nach hM ohnedies zur Folge hat, daß die Antragsrücknahme nicht mehr zulässig

V. Antragsrücknahme

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Β. Widerruf des Einvernehmens 1. Einverständnis zur Scheidung Wesentlich spannender ist die Problematik von einem materiellrechtlichen Gesichtspunkt aus betrachtet. Der Wortlaut des Gesetzes (§ 224/1 AußStrG) gestattet die Antragsrücknahme, der eventuelle Widerruf des Einvernehmens (bzw der Zustimmung) ist indes als solcher nicht explicite geregelt. Hier zeigt sich denn die Rspr weniger formalistisch als in anderen Bereichen: Der in einem Rechtsmittel erklärte Widerruf des Vergleichs und der Zustimmung zur Scheidung sei als Rücknahme des Antrags auf Scheidung zu werten und genüge den Voraussetzungen des § 224 AußStrG 353. Diese Rechtsmeinung ist zweifellos richtig. Umgekehrt steht ja auch bloß ein einziger Antrag auf einvernehmliche Scheidung, dem dann im Laufe des Verfahrens zugestimmt wird, mit dem Gesetz im Einklang354; denn diese Zustimmung ist wohl als „schlüssige Antragstellung" zu werten. Daher gilt folgerichtig für den Widerruf dieser Zustimmimg, daß damit § 224 AußStrG entsprochen wird. Der Widerruf des Einvernehmens über die Scheidung zieht die Unwirksamkeit der im Zuge des Verfahrens protokollierten oder geschlossenen „Vereinbarung" im Sinne von § 55a/2 EheG nach sich355. 2. Einvernehmen über die Scheidungsfolgen a. Die familienrechtliche Vereinbarung Gegenstand der familienrechtlichen Vereinbarung sind die rein persönlichen Rechte und Pflichten sowie das Umgangsrecht356. Die Ehegatten sind einander im Sinne einer bloßen Vertrauensposition verpflichtet. Ein einseitiger Widerruf ist deshalb grundsätzlich unzulässig, es sei denn, das Kindeswohl wäre gefährdet; in diesem Falle ist die Anpassung an geänderte Umstände zulässig. In anderen Fällen stünde die im laufenden Scheidungsverfahren - eben grundlos - gemachte „Widerrufserklärung" eines oder beider Ehegatten - als Untergrabung des nach § 55a/2 EheG geforder-

wäre. Zusatzbegründungen auf der Ebene des favor matrimonii oder des Treu und GlaubenPrinzips bedürfte es keiner mehr. 353 Siehe etwa LGZ Wien, 9.5.1985,47 R 20/85, EFSlg 50.111. 354 Vgl supra I I A . 355 OGH 31.10.1980 (FN 245) ÖA 1983, 21. 356 Supra III C 2 a.

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ten Einverständnisses über die Scheidungsfolgen - einer stattgebenden Entscheidung entgegen. b. Der Unterhaltsvertrag in bezug auf das Kind Die Vereinbarung zwischen den Ehegatten über den Äwdesunterhalt 357 erfolgt im Wege eines Vertrages. Bis zur Genehmigung durch den Pflegschaftsrichter sind die Parteien an ihren Vertrag gebunden. Erst vor diesem Pflegschaftsgericht sind geänderte Verhältnisse, die Gefährdung des Kindeswohls usw insofern maßgeblich, als jenes bei sachlicher Berechtigimg der Einwände die Genehmigung verweigern und selbst entscheiden muß. Der einseitige Widerruf dieses Unterhaltsvertrages ist deshalb nicht möglich.

c. Schuldrechtlicher Vertrag über die vermögensrechtlichen Ansprüche und den Ehegattenunterhalt Über den Ehegattenunterhalt sowie die vermögensrechtlichen Ansprüche als der vertraglichen Disposition unterliegende Materien 358 ist eine „Vereinbarung" abzuschließen. Der Gesetzgeber qualifiziert sie als gerichtlichen Vergleich. Ob nun dem Gericht eine außergerichtüche Vereinbarung „unterbreitet" wird oder die Einigung erst vor Gericht zustandekommt, ist im Hinblick auf die einseitige Widerruflichkeit irrelevant, denn sie ist in beiden Fällen unzulässig. Eine vom gemeinsamen Willen der Ehegatten getragene Änderung der „Vereinbarung", sei es der familienrechtlichen Vereinbarung, des Unterhaltsvertrags in bezug auf das Kind oder des gerichtlichen Vergleichs, ist bei jener bis zur pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bzw in Ermangelung einer solchen bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung, bei dieser bis zum letztgenannten Zeitpunkt als zulässig anzusehen359. Dies sind freilich nicht die Problemfälle. Insbesondere bei der Anfechtung im weitesten Sinne des Wortes sind stets nur einseitige Angriffe auf den Scheidungsbeschluß bzw vor allem die „Vereinbarung(en)" Gegenstand verschiedener Kontroversen in der Lehre und Judikatur.

357 Vgl oben III C 2 a. 358 Siehe oben III C 2 b. 359 Auch der gerichtliche Vergleich als materielle Scheidungsvoraussetzung drückt das Einvernehmen über die Scheidung und die Scheidungsfolgen aus. Sollten die Ehegatten noch nach seiner Protokollierung gemeinsam Modifikationen wünschen bzw diesen Vergleich durch einen anderen ersetzen wollen und an ihrem Scheidungswillen festhalten, sprechen prozeßökonomische Erwägungen zugunsten dieser Möglichkeit. (Vgl auch FN 440.)

VI. Anfechtung des Scheidungsausspruches und der Scheidungsfolgen Der Scheidungsausspruch als Hoheitsakt, dh Entscheidung über den Status der Ehegatten einerseits und die Einigung über die Scheidungsfolgen als „Vereinbarung" iSd § 55a andererseits erleiden auf Grund ihrer unterschiedlichen Natur auch ein anderes rechtliches Schicksal. Die Anfechtung ist hier im weitesten Sinne des Wortes zu verstehen, nämlich sowohl als prozessualer Angriff mit ordentlichen und außerordentlichen Rechtsmitteln wie als materiellrechtliche Bekämpfung der „Vereinbarung", deren Mangelhaftigkeit ex post behauptet wird: sei es, daß Mängel die Willensbildung beeinträchtigt haben sollen, sei es, daß sich ein geschiedener Ehegatte mit einer „societas leonina" konfrontiert sieht, die Sittenwidrigkeit (etwa Wucher) des gerichthchen Vergleichs einer Korrektur bedarf oder ganz einfach Aktiva oder - öfters freilich - Passiva vergessen worden sind und sozusagen „nachträglich ergänzt" oder „aufgeteilt" werden sollen. Eines steht indes außer Streit: Die „Vereinbarung" gemäß § 55a wird als materielle Scheidungsvoraussetzung (zwar) dem Scheidungsbeschluß zugrundegelegt, wird sie jedoch nachträglich erfolgreich angefochten, tangiert dies den (geänderten) Status nicht. Der OGH hat sich inzwischen mehrfach zu diesem Problemkreis geäußert. Er hat betont, daß zwischen der Statusentscheidung (Beschluß) und der Scheidungsfolgenvereinbarung (Vergleich) keine rechtliche Einheit besteht. Der Beschluß als gerichtliche Entscheidung ist rechtskraftfähig, an dieser Bestandskraft ändert auch eine eventuell versagte Genehmigung des Pflegschaftsrichters nichts. Der Vergleich jedoch erleidet ein anderes rechtliches Schicksal, weil er - inhaltlich - materiellrechtliche Vereinbarung zwischen den Parteien ist 360 . Der Scheidungsbeschluß bleibt wirksam, selbst wenn die Vereinbarung inhaltlich unvollständig ist oder etwa nur zum Schein abgeschlossen wurde, um die Scheidung selbst zu erwirken. Der „Scheidungsvergleich" (bzw gerichtliche Vergleich) kann selbständig angefochten werden, ohne die Wirksamkeit bzw die Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses zu berühren 361. Diese Rechtsauffassung ist denn mE auch zu begrüßen: Das österreichische Recht hat im Gegensatz zu anderen Rechtsordnungen auch keine gerichtliche Genehmigung (durch den Scheidungsrichter) oder sonstige „Integration" der „Scheidungsfolgenvereinbarung" (in den Scheidungsausspruch) vorgesehen, sodaß nicht einmal eine Diskussionsgrundlage für eine mögliche

360 OGH 20. 3.1985 (FN 104) aaO. 361 OGH 21. 10.1987 (FN 160) unter Berufung auf OGH 20. 3.1985 (FN 104) und OGH 20.12.1988 (FN 104) ebenfalls unter Berufung auf die vorgenannte Entscheidung.

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(aber nicht zwingende) sogenannte unteilbare Einheit" von Entscheidung und Scheidungsfolgen gegeben ist. Sie führte überdies bloß zu einer grundsätzlichen Unabänderlichkeit der zwischen den Parteien vereinbarten Scheidungsfolgen und ginge daher weit hinter den Entwicklungsstand einer ausgereiften Rechtsgeschäftslehre und Prozessualist zurück. De lege ferenda wäre deshalb eine solche Verschmelzung keine empfehlenswerte Lösung: So wie die „streitige Scheidung" beruht die „Scheidung im Einvernehmen" letztlich ebenfalls auf der Zerrüttung der ehelichen Lebensgemeinschaft; das Einvernehmen über die Scheidimg selbst, das Zugeständnis zerrüttender Umstände und die Scheidungsfolgen sind dem Richter dafür deutliches Indiz. Der Gesetzgeber hat der „Vereinbarung" für die Ehescheidung als solche die Bedeutung eines materiellen Erfordernisses beigemessen, aber die fehlende Regelung des Umgangsrechtes schadet nicht, von der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung vor der einvernehmlichen Scheidung ist abgesehen, ebenso von einer umfassenden Kontrolle und Abänderungsbefugnis durch den Scheidungsrichter selbst. In Anbetracht dieser Rechtslage ist die Möglichkeit einer „nachträglichen Ergänzung und allfälligen Korrektur" der „Scheidungsfolgenvereinbarung" - losgelöst von der Statusentscheidung - geboten und zugleich vom Gesetzgeber stillschweigend in Kauf genommen. Es bleibt freilich zu prüfen, welche Anfechtungswege und -modalitäten dem Rechtsschutzsuchenden zur Verfügung stehen.

A Anfechtung der Statusentscheidung Die Anfechtung des Scheidungsausspruchs erfolgt zunächst mit dem ordentlichen Rechtsmittel des Rekurses gemäß § 227/2 AußStrG. Auch gegen bestätigende Entscheidungen zweiter Instanz konnte ein Rekurs, und zwar als Revisionsrekurs ohne die Beschränkung des § 16/1 AußStrG (offenbare Gesetz- und Aktenwidrigkeit sowie Nullität) erhoben werden (§ 227/3 leg cit). Mit Art I I Ζ 6 der Wertgrenzen-Novelle 1989 wurde indes §227/3 AußStrG ersatzlos aufgehoben 362. 362 Zu den Rekursgründen siehe §§ 9 und 14 AußStrG. Das als (bloße) „Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1989"(idF WGN 1989, BGBl 1989/343) bezeichnete neue Gesetz (vom 29. 6.1989, mit dem Beträge und Wertgrenzen sowie damit zusammenhängende Regelungen des Zivilrechts und des Verfahrensrechts geändert werden) führt allerdings Änderungen des Rechtsmittelverfahrens ein, die weit über Modifikationen der Wertgrenzen hinausragen. Der OGH soll danach nur mehr wegen einer Rechtsfrage, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, angerufen werden können. Wurde die Entscheidung zweiter Instanz nach dem 31.12.1989 gefällt, so ist Art II Ζ 6 WGN 1989 (Übergangsrecht) anzuwenden. § 14 (neu) AußStrG bestimmt:

VI. Anfechtung des Scheidungsausspruchs und der Scheidungsfolgen

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Ein wirklich umstrittenes Problem stellt allerdings die Frage dar, ob der rechtskräftige Scheidungsbeschluß mit dem außerordentlichen Rechtsmittel des Wiederaufnahmsantrags (bzw des Nichtigkeitsantrags) anfechtbar ist. Dies wird von der Rechtsprechung - von wenigen Ausnahmen abgesehen - kategorisch abgelehnt (unten 1); in der Lehre häufen sich indes die Meinungen, wonach die Wiederaufnahme des außerstreitigen Verfahrens generell oder doch zumindest teilweise, und zwar jedenfalls in bezug auf das Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen zu bejahen wäre (unten 2). L Die Haltung der Rechtsprechung a. Bis 1980 Seit jeher sind die Voraussetzungen für die Wiederaufnahmsklage streng ausgelegt worden und wird der Anspruch auf Wiederaufnahme des (durch Urteil geschlossenen) Verfahrens als ein der Parteidisposition entrückter betrachtet, dem öffentlich-rechtliche Natur zukomme363. Grundsätzlich könne ein rechtskräftiges Scheidungsw/te// durch die Wiederaufnahme beseitigt werden 364. Denn trotz der (damals geltenden) amts„(1) Gegen den Beschluß des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. (2) Der Revisionsrekurs ist jedoch jedenfalls unzulässig, 1.wenn der Verfahrensgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, (Entscheidungsgegenstand) an Geld oder Geldeswert S 50.000,-- nicht übersteigt, wobei die §§ 54 Abs 2,55 Abs 1 bis 3,56 Abs 3,57,58 und 60 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden sind, 2.über den Kostenpunkt, 3.über die Verfahrenshilfe sowie 4.über die Gebühren der Sachverständigen. (3) Der Abs 2 Ζ 1 gilt nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht vermögensrechtlicher Natur oder ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch ist. (4) Ein Beschluß, mit dem das Rekursgericht einen Beschluß des Gerichtes erster Instanz aufgehoben und diesem eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen hat, ist überdies nur dann anfechtbar, wenn das Rekursgericht ausgesprochen hat, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Das Rekursgericht darf dies nur aussprechen, wenn es die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nach Abs 1 und 2 für gegeben erachtet; dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Im Fall eines solchen Ausspruchs ist das Verfahren in erster Instanz erst nach Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen." 363 OGH 27.1.1937, 2 Ob 1121/36, SZ 19/28. 364 RG 8. 7. 1942, IV 79, EvBl 1942/251; OLG Wien, 15. 12. 1945, 1 R 33, EvBl 1945/9; OGH 25.1.1947,1 Ob 192/46, EvBl 1947/331; OGH 18.1.1950,1 Ob 458/49, JB11950, 385 = SZ 23/6 (dort aber 1 Ob 548/49) = EFSlg 3326 (Wiederaufnahme zur Erreichung eines Mitverschuldensausspruchs nach § 60/3); OGH 26. 7.1951, 2 Ob 502/50 = EFSlg 3334 = JB11952, 382; OGH 26. 11. 1952, 2 Ob 341/52, SZ 25/312 = EFSlg 3333; OGH 14. 11. 1951, 3 Ob

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wegigen Wahrheitsforschung in Ehescheidungssachen sei nicht ausgeschlossen, daß die Entscheidung unter Umständen durch eine strafbare Handlung erwirkt wurde. Freilich seien die Voraussetzungen für die Zulässigkeit dieses Rechtsmittels rigoros zu prüfen, schließlich greife die Wiederaufnahme eines durch Scheidung der Ehe abgeschlossenen Verfahrens tief in die Lebensverhältnisse ein. Aber die Wiederaufnahme sei nicht in allen Sachverhaltskonstellationen zulässig: so bilde der Tod eines Ehegatten ein Hindernis 365. Eine neue Ehe indes stünde der Zulässigkeit der Wiederaufnahme nicht entgegen, da jene keinen Verzicht auf das Klagerecht bedeuten könne366. Die Wiederaufnahme könne auch bloß den Schuldausspruch als Angriffsziel haben367. Grundsätzlich gelten jedoch die bereits abgegebenen Prozeßerklärungen im wiederaufgenommenen Verfahren weiterhin 368, sodaß der Verzicht auf den Mitverschuldensantrag als endgültiger Verzicht anzusehen sei369. Diese Ansicht wurde manchmal allerdings relativiert 370. Mit Bezug auf die Nichtigkeit wird für das Außerstreitverfahren auf die Grundsätze des streitigen Verfahrens zurückgegriffen: Insbesondere Verstöße gegen die Streitanhängigkeit oder Rechtskraft seien als Nichtigkeiten im selben, nicht in einem neuen Verfahren geltend zu machen371.

Die Opposition gegen die Zulässigkeit einer analogen Anwendung der Wiederaufnahms- und Nichtigkeitsklage im Außerstreitverfahren kristallisiert sich zwar in dezidierter Form, aber ohne überzeugende Begründung her-

450/51, SZ 24/311 = EFSlg 3344; OGH 10. 2. 1964, 1 Ob 9/64, SZ 37/25; OGH 25. 10. 1967, 6 Ob 248/67, EFSlg 8984. 365 OLG Wien, 28.12.1948,1 R 399, EvBl 1948/121 (hier war die Klage gegen die Verlassenschaft gerichtet und wurde unter Berufung auf § 81 alt 1. DVEheG zurückgewiesen); OGH 7.12.1955,1 Ob 625/55, JB11956, 342 = EFSlg 3330. 366 OGH 9. 4.1952, 2 Ob 243/52, SZ 25/91 = EFSlg 3328; OGH 26.11.1952 (FN 364) SZ 25/312; OGH 24. 4.1968, 5 Ob 107/68, EvBl 1968/361 = EFSlg 10.589. 367 OGH 1. 7. 1953, 2 Ob 801/52, JB1 1954, 177 = EFSlg 3329; OGH 25. 11. 1964, 6 Ob 227/64, RZ 1965, 48 = EFSlg 3332; OGH 14. 8. 1951, 3 Ob 377/51, EvBl 1951/438; OGH 26. 11.1952 (FN 364) SZ 25/312; OLG Linz, 9.10.1967,2 R 148/67, EFSlg 8985; OGH 8.10.1968, 4 Ob 552/68, EFSlg 10.590. 368 OGH 3. 10.1956, 2 Ob 542/56, JB1 1957, 77 = EFSlg 3331; OGH 26. 7.1951 (FN 364) JB1 1952, 382; OGH 14. 11. 1951 (FN 364) SZ 24/311; OGH 24. 10. 1967, 7 R 210/67, EFSlg 8987. 369 OGH 26. 7. 1951 (FN 364) aaO; OGH 3. 10. 1956 (FN 368) aaO; OLG Wien, 25. 11. 1969, 7 R 251/69, EFSlg 12.329. 370 OGH 7. 12. 1967, 1 Ob 236/67, EvBl 1968/265 = EFSlg 8986; OGH 8. 10. 1968 (FN 367) EFSlg 10.588; OGH 24.4.1968 (FN 366) EFSlg 10.589. 371 OGH 2. 12. 1953, 1 Ob 929/53, EvBl 1954/71; OGH 19. 11. 1969, 5 Ob 295/69, EFSlg 12.624. 372 LG (Wien), 29.11.1937, 44 R 1379, EvBl 1937/1038; OGH 5. 10.1949, 2 Ob 342, EvBl 1950/99 (Rückstellungssache); OGH 5. 7.1961, 5 Ob 200/61, ÖNZ 1962, 62 (Grundbuchssache nach dem LiegTeilG); OGH 12. 7. 1966, 8 Ob 199/66, EvBl 1967/5 = MietSlg 18.603 = SZ

VI. Anfechtung des Scheidungsausspruchs und der Scheidungsfolge

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Zum Teil verwies die Rechtsprechung auf die Eigenart des Außerstreitverfahrens selbst, das sich durch eine gewisse Formlosigkeit und eine breitere Palette von Rechtsmitteln auszeichne; zum Teil zog die Judikatur jene Rechtsquellen heran, die die subsidiäre Anwendung der Zivilprozeßordnung ausdrücklich vorsahen, aber keinen Hinweis auf die §§ 529 ff ZPO enthielten 373 ; manchmal - insbesondere in späteren Jahren! - wurde die Analogie im Hinblick auf den (damaligen) Wortlaut des § 530 ZPO („Urteil") abgelehnt374: eine berichtigende Gesetzesauslegung sei bloß bei versehentlichem Unterbleiben einer gesetzlichen Regelung erlaubt. Die Entwicklung der Rechtsprechung bis 1980 ist sehr anschaulich. Zunächst stand die Zulässigkeit der Wiederaufnahme eines Scheidungsurteils, dh einer Scheidung im streitigen Scheidungsverfahren zur Debatte, denn - so wurde argumentiert - trotz des Amtswegigkeitsgrundsatzes könne die Entscheidung durchaus erschlichen worden sein. Eine traditionelle Ausnahme war stets das Versterben eines ehemaligen Ehegatten; dies schon deshalb, weil der Scheidungsanspruch höchstpersönlicher Natur ist und es daher dem Rechtsnachfolger an der Passivlegitimation fehlt. Darüber hinaus ist aber auch die Ehe selbst nicht wiederherstellbar. Bezüglich der (Teil-)Anfechtung des Schuldausspruchs gab es divergierende Entscheidungen: Gelegentlich begriff man die unterlassene Geltendmachung der (Mit-)Schuldfrage als „Verzicht auf den Anspruch", dann wiederum wurde die nachträgliche Korrektur im Verschuldenspunkt eröffnet und die Beschwer* 15 als Möglichkeit einer durch die Wiederaufnahme günstigeren Entscheidung bejaht. Im Rahmen des Außerstreitverfahrens ist die Wiederaufnahme stets abgelehnt worden: „Das" außerstreitige Verfahren vermöge vor Eintritt der Rechtskraft jene Mängel aufzufangen, zu deren Beseitigung es im streitigen Verfahren der Wiederaufnahme bedürfe. Zum Schluß wurde denn auch auf dieses Argument verzichtet und die Wiederaufnahme allein unter Verweis auf den Gesetzeswortlaut abgelehnt.

39/130 (Keine Nichtigkeitsklage in Pachtschutzsachen); OGH 27. 10.1964, 4 Ob 567/64, EvBl 1965/77 (Keine Nichtigkeitsklage in einem rechtskräftig abgeschlossenen Entmündigungsverfahren); LG Wien, 26. 3.1964, 41 R 147/64, MietSlg 16.536; LG Wien, 26. 5.1964, 41 R 252/64, MietSlg 16.537; LG Wien, 10. 11. 1965, 41 R 527/65, RZ 1966, 107 (Nach §§ 24 ff MietG ist Wiederaufnahme nicht vorgesehen); OGH 16. 2.1972, 7 Ob 45/72, Stb 1973, 3; LGZ Wien, 28. 8.1972, 41 R 465/72 , MietSlg 24.419; LGZ Wien, 28. 8.1975,41 R 434/75, MietSlg 27.474 (Keine Wiederaufnahme im Verfahren nach §§ 24 ff MietG); OGH 29. 1. 1975, 5 Ob 6/75, EvBl 1975/221 = MietSlg 27.475. 373 Siehe ua Art 2 Nr 8 lit A b VO 14. 10. 1940, dRGBl I, 1369 in OGH 12. 7. 1966 (FN 372) SZ 39/130. 374 OGH 16. 2.1972 (FN 372) JB11972,579. 375 Zum Begriff Bajons, Von der formellen zur wirkungsbezogenen Beschwer. Eine Kritik des herrschenden Beschwerverständnisses, JB11978,113,183.

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Die langjährige - dem Formalismus sehr verhaftete - Tradition machte damit deutlich, daß ems Änderung vonnöten sei. b. Seit 1980 Die durch das Konsumentenschutzgesetz bedingte Novellierung des § 530 ZPO 376 , die die Bezeichnung „Urteil" durch das Wort „Entscheidung" ersetzt hat, gab den ersten äußeren Anstoß für eine Entscheidung, die eine radikale Abkehr von der stRspr ankündigte. Gegen einen rechtskräftigen Scheidungsbeschluß wurde fristgerecht eine Wiederaufnahms„klage" (richtig: -antrag) gemäß § 530/1 Ζ 3 und 7 ZPO erhoben. Die (Wiederaufnahms-)„Klägerin" machte im wesentlichen „listige Irreführimg" geltend, ohne die sie ihr Einverständnis zur Scheidung nie erklärt hätte und die sie mittels neuer Beweismittel belegen könne. Sie begehrte die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Abweisung des Scheidungsantrags wegen Widerrufs ihres Einverständnisses. Das Bezirksgericht erachtete die „Klage" für zulässig und führte dazu aus, daß der Gesetzgeber mit der Novellierung (sehr wohl!) die Möglichkeit der Wiederaufnahme eines außerstreitigen Verfahrens, dh eines durch „Entscheidung" abgeschlossenen Verfahrens eröffnet habe377. Gegen den abweisenden Beschluß erhob die Klägerin einen Rekurs an das LG für ZRS Wien, das allerdings die Wiederaufnahmsklage wegen Unzulässigkeit zurückwies 37*. Das Rekursgericht führte aus, daß es weder zur einvernehmlichen Scheidung im speziellen noch im AußStrG im allgemeinen eine Verweisungsnorm auf die ZPO gebe; die Novellierung beziehe sich ausschließlich auf die Zivilprozeßordnung, deswegen käme nur eine analoge Anwendung der betreffenden Bestimmungen in Frage. Die hiezu erforderliche Lücke, maW die „planwidrige Unvollständigkeit des positiven Rechts" hege aber nicht vor. (Eine Begründung dafür bleibt das Gericht jedoch schuldig!) Im übrigen sei auch zu bedenken, „daß die uneingeschränkte Zulässigkeit der Wiederaufnahme im Außerstreitverfahren, somit auch für die Grundbuchsverfahren, zu unabsehbaren Folgen, die zu 376 § 36 Ζ10 KSchG (vgl FN 305). 377 BG Innere Stadt Wien, 1. 8. 1980 (nv), 5 Sch 20/80: Die „Klage" wurde wegen Unbegründetheit abgewiesen. 378 Die Entscheidung vom 30. 10. 1980, 43 R 2152/80, EFSlg 37.159 läßt zu wünschen übrig, verwechselt sie doch bereits bei der Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufs Zulässigkeits- und Begründetheitsvoraussetzungen („wies das Erstgericht die Wiederaufnahmsklage ab, da die im Gesetz geforderten Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht gegeben seien ..."). Hat das Rekursgericht statt Zulässigkeitsvoraussetzungen die objektiven Voraussetzungen gemeint, dann hat es verkannt, daß diese materiellrechtlicher Natur sind. Zum Schluß ist ihm auch noch eine falsche Berechnung der Frist unterlaufen.

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steuern nur der Gesetzgeber berufen wäre, führen müßte"379. Eine solche wird indes hier nicht angestrebt, denn die sinngemäße Anwendung einer Norm verlangt stets die Herausarbeitung der ähnlichen Momente und müßte daher für jede Art des Außerstreitverfahrens gesondert geprüft werden. In einer anderen Rechtssache, die erneut nicht die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens zur Scheidung im Einvernehmen betrifft, nimmt der OGH unmißverständlich zum Problem Stellung und setzt sich - wenngleich nur formal - mit einem Teil der Lehre auseinander380. Das Ergebnis ist eindeutig: Die „Wiederaufnahmsklage" sei im außerstreitigen Verfahren nicht zulässig. Die Begründung der Entscheidung ist wenig überzeugend, scheint sich doch der Schwerpunkt der Argumentation auf einen historischen Exkurs zur Regelung der „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" nach der Allgemeinen Gerichtsordnung vom 1. 5. 1781 zu beschränken und schließt der OGH aus der davon abweichenden Regelung des Außerstreitverfahrens (§ 17 leg cit) auf den bewußten Verzicht des Gesetzgebers auf eine Wiederaufnahmsmöglichkeit im Außerstreitverfahren. Ein Blick auf die diversen, in diesem Gesetz geregelten Angelegenheiten, die „ihrer Natur nach eigentlich streitige Angelegenheiten betreffen", untermauere diese Auffassung; auch das Wesen der Klagen nach §§ 529 ff ZPO sei mit dem Amtswegigkeitsgrundsatz kaum vereinbar 381. Kurzum: die unbefriedigende Rechtslage sei nur durch den Gesetzgeber zu ändern. Der OGH vertritt - wie erwähnt - dieselbe Meinung mit Bezug auf die „Nichtigkeitsklage": „Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen.382" In casu wurde sowohl der Scheidungsbeschluß wie die Scheidungsfolgenvereinbarung angefochten.

379 In der Rechtspflegerbesprechung vom 2. März 1981 (Bundessektion Justiz, Arbeitsgemeinschaft der Rechtspfleger in Außerstreitsachen beim BG Innere Stadt Wien, Rundlauf Nr6205: „Wiederaufnahmsklage ist im Außerstreitverfahren nicht zulässig/ 1) haben sich Rechtspfleger der zurückweisenden Entscheidung des Landesgerichts - dies ohne Begründung - angeschlossen. 380 OGH 6.10.1980,6 Ν1/80, SZ 53/127. 381 Als Argument muß zum Beispiel auch die Frist des § 534 ZPO herhalten; das überzeugt nicht, sieht doch der Gesetzgeber für die „Abwicklung" vermögensrechtlicher Ansprüche auch Fristen vor, die im Außerstreitverfahren zu beachten sind: vgl §§ 95,98 AußStrG. 382 Vgl OGH 12. 3. 1987 (FN 127) ebenda, mit Besprechungsaufsatz von Simotta, Zum Nichtigkeitsantrag im Außerstreitverfahren, insb im Verfahren über die einvernehmliche Scheidung. Zugleich eine Besprechung der Entscheidung des OGH 12. 3.1987, JB11989,154. Der Kläger machte tiefgreifende Schizophrenie und Medikamenteneinfluß zur Zeit der mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen geltend.

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Mit diesen Entscheidungen ist in etwa die Ansicht der den Erstgerichten übergeordneten Instanzen umrissen383. Die stets wiederkehrende Berufung auf den historischen Gesetzgeber ist in einem so dynamischen Rechtsbereich, wie ihn das Außerstreitgesetz umfaßt, schon aus diesem Grunde nicht schlagkräftig. Setzt man die Judikatur zur Zulässigkeit der Wiederaufnahme bei den „streitigen Scheidungen" in Relation zu den Entscheidungen, die dieses Institut für das Außerstreitverfahren negiert haben, dann läßt sich folgendes festhalten: Nach alter Rechtslage war auch für das streitige Scheidungsverfahren die Inquisitionsmaxime (für ehefreundliche Tatsachen) vorgesehen; hier räumte die Rspr bald ein, daß ein Urteil trotzdem erschlichen werden könne. Sodann versteifte sich die Judikatur auf den Wortlaut der ZPO, der einer Analogie im Wege stünde. Demgegenüber erkannte ein Erstgericht zutreffend auf die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmsantrags im Außerstreitverfahren in bezug auf eine Scheidung nach §§ 220 ff AußStrG. Zur Korrektur dieser (fast) bahnbrechenden Entscheidung griff die höchstgerichtliche Rechtsprechung schließlich auf den historischen Gesetzgeber des AußStrG selbst, zugleich auch auf den Reformgesetzgeber zurück. Die Argumentation scheint allzu gesetzespositivistisch, es will fast danach aussehen, als warte die Judikatur nunmehr das „neue Außerstreitgesetz" ab 384 ; denn es ist schlechthin unverständlich, warum sie sich einer nahezu einhelligen Lehre, die mit unterschiedlichen Argumenten und in verschiedenem Ausmaß die Zulässigkeit der Wiederaufnahme bejaht hat, mit solch formalen Begründungen verschließt.

383 Vgl ähnlich die weiteren in EFSlg 37.159 zitierten Entscheidungen: OGH 27. 8.1980,1 Ob 683/80; OGH 6. 10. 1980 (FN 380) aaO ua. Siehe auch OGH 3. 11. 1982, 1 Ob 681/82, EFSlg 42.468 unter Berufung auf den Willen des Gesetzgebers (§§ 220 ff AußStrG), ÖA 1983, 22. Im übrigen OGH 13. 1. 1982, 6 Ob 19/81, RZ 1982/41; OGH 11. 1. 1983, 4 Ob 584/82, EFSlg 44.426, alle ohne Begründung; OGH 8. 3.1984, 7 Ob 527/84 und OGH 27. 3.1984, 2 Ob 539/84 in EFSlg 46.978; OGH 15. 1. 1985 (FN 10) aaO (Wiederaufnahmsantrag mit der Begründung, daß der einvernehmlichen Scheidung bei Kenntnis des ehebrecherischen Verhaltens des anderen nicht zugestimmt worden wäre. Der Antrag wurde abgelehnt). 384 Ein Entwurf eines „Aiißerstreitgesetzes 1984, ASG" sieht in § 44 (Wiederaufnahmsantrag) vor „Ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, ist auf Antrag einer Partei wieder aufzunehmen, wenn sinngemäß die in §§ 530 oder 531 ZPO umschriebenen Voraussetzungen vorliegen". Also geht es nur um den Mangel einer ausdrücklichen Regelung, nicht um Überlegungen grundsätzlicher Natur gegen die Wiederaufnahme im Außerstreitverfahren?! Der Ruf nach einer Reform des Außerstreitverfahrens wird stets lauter: vgl zuletzt ua Kralik/Rechberger /Jelinek, Zur Reform des Außerstreitverfahrens, Dokumentation einer Enquête - samt Diskussion; darin insbesondere Jelinek , Zur Reform des Außerstreitverfahrens Die Regelungs- und Streitentscheidungsverfahren, aaO 57 ff. Es verwundert nicht, daß auch der jüngste Entwurf eines Außerstreitgesetzes, mit Anmerkungen von Kralik, einen der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage entsprechenden Abänderungsantrag vorsieht (vgl dort §§ 73 ff).

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2. Die verschiedenen Lehrmeinungen Schon im streitigen Verfahren wurden allerdings vereinzelt Bedenken gegen die generelle Zulässigkeit der Wiederaufnahmsklage erhoben: nach Meinung (eines Teiles) der Lehre mußte sie ob ihrer Auswirkungen auf Dritte bzw bestehende Rechtsverhältnisse sogleich eingegrenzt werden 385. Umso mehr wurde die Wiederaufnahme für das Außerstreitverfahren abgelehnt, weil sie hier generell geleugnet wurde und Momente, die für ihre Zulässigkeit gerade im Bereich der Ehesachen gesprochen hätten, wie etwa der Grundsatz des favor matrimonii 386 oder das Amtswegigkeitsprinzip nicht beachtet wurden 387. Deshalb wird zuerst die Diskussion zur Wiederaufnahme im allgemeinen, sodann zum Eheverfahren im speziellen behandelt. Bereits in einem frühen Stadium wiesen manche Autoren darauf hin, daß das Fehlen einer {ausdrücklichen) gesetzlichen Regelung der Wiederaufnahme jedenfalls ihre Zulässigkeit im außerstreitigen Verfahren nicht hinde388

re . Nach Kralik 389 ist die analoge Anwendung der §§ 529 ff ZPO vor allem dann in Erwägung zu ziehen, wenn das Verfahren auf Parteienantrag eingeleitet wird. Diese Ansicht ist im gegebenen Zusammenhang bedeutsam, denn es wird schwerlich behauptet werden können, daß der (moderne) Gesetzgeber den „Parteienstreit" (in casu das Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen) wegen des Untersuchungsgrundsatzes in das außerstreitige Verfahren verwiesen hat; ist doch die Inquisition gerade im Verfahren nach §§ 220 ff AußStrG fühlbar eingeschränkt! 385 Ältere Autoren weisen denn insbesondere auf am Verfahren nicht beteiligte Dritte hin, deren Status durch eine erfolgreiche Wiederaufnahme in Frage gestellt werden könnte, und ließen die Revision des Schuldspruchs zu: vgl ua Herz, Wiederaufnahmsklage auch bei rechtskräftig ausgesprochener Ehescheidung, ÖJZ 1946, 216; Herz, Materiellrechtliche Probleme der Wiederaufnahmsklage, ÖJZ 1947, 469; Fellner, Wiederaufnahmsklage in Ehesachen, ÖJZ 1946, 255. 386 Vgl etwa Fellner (FN 385) 255 f, der deshalb auch gegen die von Herz (FN 385) ibidem vorgeschlagene Beschränkung auftrat. Mit Herz 9 Argument des Rechtskraftbestandes und der Rechtssicherheit setzte er sich nicht auseinander. Vgl Jelinek, Die Wiederaufnahmsklage im Eheprozeß, JB11968,561. 387 Fasching, Zur Zulässigkeit von Neuerungen in Rechtsmitteln des außerstreitigen Verfahrens, ÖJZ 1956, 321 f; er plädiert für die umfassende Neuerungserlaubnis als Korrektiv für die mangelnde Wiederaufnahmsklage. 388 Hagen, Die Rechtsmittel des Verfahrens außer Streitsachen, JB1 1968, 194; zur analogen Anwendung bestimmter Nichtigkeitsgründe vgl Barchetti, Die Nichtigkeit im Außerstreitverfahren, ÖJZ 1962, 482 (Gestützt auf ihn, ist der Nichtigkeitsgrund der mangelnden gesetzlichen Vertretung [§ 477/1 Ζ 5 ZPO] im Verfahren außer Streitsachen analog angewendet worden, in LGZ Wien, 20. 10. 1980, 43 R 912/80, EFSlg 37.154.); aA Berger (FN 54) 260, der die Regelung dem Gesetzgeber überlassen möchte. 389 Kralik, Die Wirksamkeit der Verfügungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Österreich, 315.

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In den vergangenen Jahrzehnten hat Fasching wiederholt betont, daß die „Lücke im Rechtsschutzsystem", die durch die mangelnde Regelung der Klagen nach §§ 529 ff ZPO im AußStrG bedingt ist, im Wege der Auslegung geschlossen werden könne390. Vor allem bei den „echten Streitsachen des außerstreitigen Verfahrens" stelle die Ablehnung jeglicher Analogie durch die Rspr eine Rechtsschutzverweigerung dar 391. Die erste umfassende Auseinandersetzung mit der stRspr zur Frage der Wiederaufnahme im Außerstreitverfahren stammt aus der Feder von Böhm392. Der Autor hat es verstanden, die von der Judikatur gegen die Wiederaufnahme vorgebrachten Einwände systematisch zu widerlegen und kam zum Ergebnis, daß die Lücke im Wege der Gesetzes- und Rechtsanalogie zu schließen sei, dies unter Berücksichtigung der Unterschiede, die die Funktion, die Wesensart und die Grundsätze des betreffenden Verfahrens hervorrufen. MaW apostrophierte Böhm die Notwendigkeit und Zulässigkeit der Wiederaufnahme im außerstreitigen Verfahren; ihre analoge Anwendimg sei jedoch keineswegs in genereller Weise, sondern nur dann zu gestatten, wenn sie sich von der Sachstruktur her geradezu aufdränge bzw sofern das AußStrG „andere spezifische Rechtsbehelfe" nicht kenne393. Schließlich vermochte auch die zur deutschen Rechtslage aufgezeigte Parallele, die die Analogie ja für die „eigentlichen (echten) Streitfälle" erlaubt und worauf ua Fasching zurückgreift, die Rspr nicht zu einer Abkehr von ihrem Standpunkt zu bewegen. Aus Anlaß der Entscheidungen aus dem Jahre 1980 nahm Konecny zur Wiederaufnahme im Außerstreitverfahren Stellung und untersuchte das Problem insbesondere im Lichte der einvernehmlichen Scheidung394. Er kommt zum Schluß, daß die Wiederaufnahme in den „echten Streitsachen" generell zu bejahen sei395. Diese Ansicht geht mE zu weit. Die Wiederaufnahme soll als außerotdenthches Rechtsmittel die Rechtskraft bloß durchbrechen können, wenn hiefür im Rechtsschutzsystem ein Bedarf gegeben ist, was - im Sinne Böhms - von der Sachstruktur abhängt. Das läßt sich aber nicht „generell" (auch nicht für „echte" Streitsachen) bestimmen. Hingegen ist Konecny in bezug auf die - grundsätzliche - Zulässigkeit der Wiederaufnahme im Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung durch390 Fasching (FN 211) Bd IV, 481f. 391 Fasching (FN 33) RZ 2042. 392 Böhm, Wiederaufnahme und Analogie im Außerstreitverfahren, JB11973, 360, und im Anschluß daran Rechberger, Einige Fragen beim Ausscheidungsbeschluß nach § 119 Abs 5 KO, JB1 1973, 457, der die Wiederaufnahmsmöglichkeit im Konkursverfahren aus ähnlichen Erwägungen bejaht. 393 Böhm (FN 392) 363. 394 Konecny (FN 54) 21 und FN 11. 395 Konecny (FN 54) 26.

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aus zuzustimmen396. Die analoge Anwendung der §§ 529 ff ZPO (also auch der Nichtigkeitsklage)397 beseitige den (sonst drohenden) Wertungswiderspruch zwischen öffentlichem Interesse (di die - traditionelle - favor matrimonii-Maxime\) und „privaten Parteiinteressen an materiell richtiger Rechtsdurchsetzimg": die Wiederaufnahme wegen mangelnden Scheidungswillens sei daher zu ermöglichen398. Konecny fügt hinzu, daß die „einvernehmliche Scheidung" eigentlich eine „echte" Streitsache sei, weil keine Übereinstimmung der rechtlichen Interessen, sondern nur in der Scheidungsmotiviertheit der Parteien vorliege 399. Das Argument scheint indes ambivalent; es läßt sich nämlich schwer belegen, wie das materielle Einvernehmen über die Scheidung von der beantragten Rechtsschutzform y dh der Auflösung des Ehebandes, abstrahiert werden kann und inwiefern hier das rechtliche Interesse kontradiktorischer Natur wäre. Der Akzent liegt denn mE anderswo, und zwar im Spannungsverhältnis zwischen dem Wesen der Ehe, dem Einvernehmen über die Scheidung und dem Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung: es ist eher der „Bestandsschutz" und die (gesetzliche) „Garantie" einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft sowie das Dilemma zwischen (auflösbarer) „Institution" und der Tatsache, daß ihre Bejahung (und deshalb auch ihr Bestand) in hohem Maße von den Parteien selbst abhängt, die den „abstrakten" favor matrimonii-Grundsatz zu relativieren vermögen. Man tut sich freilich auch im streitigen Verfahren diesbezüglich schwer: Welcher Stellenwert kommt denn diesem Prinzip (etwa) angesichts des Neuerungsverbotes im Berufungsverfahren noch zu? Es fehlt maW das Gesamtkonzept. Deshalb scheint mir auch der Vergleich der einvernehmlichen Scheidung als „echte Streitsache" mit den „streitigen Scheidungen" aus dieser Perspektive ein durchaus fragwürdiges Unterfangen zu sein. Die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens zur einvernehmlichen Scheidung ist nach alledem grundsätzlich zulässig400. Mit ihr soll die Ehe aufrechterhalten bleiben. Eine Wiederaufnahme, mit der letztlich nur die Unwirksamkeit der „Vereinbarung" angestrebt wird, wäre daher abzulehnen; dasselbe gilt für den Fall, daß eine nachträgliche Verschuldensscheidung ins Auge gefaßt ist. Konecny erschließt ihre Unzulässigkeit aus der durch die Rücknahme des Antrags zum Ausdruck gebrachten 396 Konecny (FN 54) 27 f. 397 Konecny (FN 54) 28 FN 58. 398 Konecny (FN 54) 28. 399 Konecny (FN 54) 29. 400 Weitere Quellen zum Problem im allgemeinen bei Simotta (FN 24) Die einvernehmliche Scheidung 167 und FN 51, die sich der hM anschließt, sowie ders., Gedanken zu einer Reform der Wiederaufnahmsklage, JB11980,12. 37 Verschraegen

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„Verzeihung" im Sinne des § 56 EheG401. Gerade diese Begründung scheint wenig überzeugend. Vielmehr fehlt in diesen Fällen ganz allgemein das Rechtsschutzinteresse an der Wiederaufnahme des gesamten Scheidungsverfahrens. Zu bedenken bleibt freilich, daß dem Wiederaufnahmskläger kaum am isolierten Scheidungstatbestand selbst, sondern vielmehr an den daraus fließenden Rechtsfolgen gelegen sein wird: nachträglich bekanntgewordene Verschuldensgründe, deren Kenntnis die „Zustimmung zur Scheidung" ausgeschlossen hätte, sollen nach Konecny 402 ob der günstigeren Rechtsfolgen eine Wiederaufnahme rechtfertigen. Das ist mE sehr fraglich: Die Ehegatten haben sich in der Tat über die Scheidungsfolgen in der Form einer „Vereinbarung" zu einigen, darin kommt gewiß auch das Einvernehmen über die Scheidung selbst zum Ausdruck. Dies berechtigt jedoch nicht zur Wiederaufnahme, die nur den Scheidungsbeschluß beseitigen soll, um die Möglichkeit einer Verschuldensscheidung zu eröffnen. Denn auch die Scheidung nach § 55a beruht auf dem Zerrüttungsprinzip. Das Scheitern der Ehe wird bei einer angestrebten Korrektur der Scheidungs/b/ge/t ja nicht in Frage gestellt, es bleibt im Ergebnis bei der Auflösung des Ehebandes. Läßt man indes die Wiederaufnahme trotzdem zu, dann wird einer materialistischen Sicht der Ehe das Wort geredet. Aus diesen Gründen erhebt sich die Frage, ob und unter welchen Modalitäten eine „Scheidungsfolgenvereinbarung" entsprechend angefochten bzw korrigiert werden kann, ohne daß der Scheidungsbeschluß aufgehoben werden müßte.

B. Die Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung Keine Art der Anfechtung der „Scheidungsfolgenvereinbarung" könnte den Ausspruch über die Scheidung selbst in Frage stellen, und zwar ganz gleichgültig, wie und aus welchen Gründen die „Vereinbarung" angegriffen wird. Erweist sich ex post, daß die „Vereinbarung" sittenwidrig ist, gegen das Gesetz verstößt, sie auf Grund eines Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung mangelhaft ist, oder stellt sich - was in praxi oft vorkommen soll - ihre Unvollständigkeit heraus oder liegt überhaupt ein Scheingeschäft vor, kann deswegen nicht gegen die Entscheidung, sondern nur gegen die „Vereinbarung" vorgegangen werden 403.

401 Konecny (FN 54) 30. 402 Konecny (FN 54) 31. Die Ergänzung eines allfälligen Verschuldens läßt er zu Recht nicht zu; vgl auch ua OGH 15.1.1985 (FN 10) ebenda. Siehe aber etwa OLG Wien, 28. 7.1981, 12 R 76/81, wonach die Wiederaufnahme wegen nachträglich bekanntgewordener schwerer Eheverfehlungen nicht zugelassen wird. 403 Vgl jüngst OGH 20. 3.1985 (FN 104); OGH 20.12.1988 (FN 104) ebenda.

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In diesem Abschnitt wird zuerst das vorhandene Fallrecht analysiert (unten 1), und zwar nach Maßgabe der Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung (a), der Ergänzung und Berichtigung des (gerichtlichen) Vergleichs (b) und der Anfechtung des Aufteilungsbeschlusses (c). Diese bietet Anlaß, zu erfragen, ob und inwiefern materiellrechtliche Anfechtungsgründe im Rahmen der Wiederaufnahme oder Nichtigerklärung maßgeblich sind (unten 2).

1. Das Fallrecht Gleich vorweg ist festzuhalten, daß die Regelungen über die Obsorge, das Umgangsrecht und den Kindesunterhalt den Scheidungsrichter nach rechtskräftiger Ehescheidung nicht mehr beschäftigen. Die Genehmigung solcher Vereinbarungen ist - wie bereits erwähnt - beim Pflegschaftsrichter einzuholen, der auch für allfällige Abänderungsanträge (zumindest) eines Elternteiles zuständig ist. Praktisch bedeutsam sind somit die nachträgliche Anfechtung und Ergänzung der Vereinbarung über die vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehegatten und den Ehegattenunterhalt.

a. Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung Der Rspr sind inzwischen verschiedene Problemgruppen zur Entscheidung vorgelegen. Dabei ist die rechtliche Qualifikation der „Vereinbarung nach § 55a" regelmäßig vernachlässigt worden. Einmal ist die Rede von einer „Vereinbarung" schlechthin404, dann von einer „Unterhaltsvereinbarung", die in casu tatsächlich in der Form eines gerichtlichen Vergleichs abgeschlossen worden war 405 , an anderer Stelle wird über die Wirksamkeit eines „Unterhaltsvergleichs" befunden 406 usw. Im Ergebnis ging es jedoch stets um die Anfechtung eines (außergerichtlichen) Vergleichs oder eines gerichtlichen Vergleichs. Die Frage des zulässigen Rechtswegs stand häufig zur Diskussion, wurde die Unverbindlichkeit des (gerichtlichen) Vergleichs doch im Rahmen eines nachträglich angestrengten Aufteilungsverfahrens behauptet. Der Außerstreitrichter hat dabei als negative Entscheidungsvoraussetzung zu prüfen, ob nicht schon eine den Entscheidungsgegenstand berührende privatautonome Regelung vorliegt. Dh diese Tatsache selbst, den Inhalt und die Form der Vereinbarung, aber auch ihre Erlaubtheit und Möglichkeit muß er unter Bedachtnahme auf § 2/2 Ζ 7 404 Vgl ua OGH 7. 3.1985, 6 Ob 560/84, EvBl 1986/13 = EFSlg 48.990. 405 Siehe etwa OGH 26.11.1985 (FN 85) ebenda. 406 Zum Beispiel OGH 20. 3.1985 (FN 104) ibidem.

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AußStrG prüfen. Die Anfechtung gemäß §§ 870 ff ABGB, der Einwand einer den Parteien erkennbaren mangelnden Ernstlichkeit der Erklärung oder des Fehlens der Geschäftsgrundlage entziehen sich jedoch seiner Zuständigkeit 407 , sie sind im streitigen Verfahren geltend zu machen. Zu diesem Zweck ist das awjSerstreitige Verfahren zu unterbrechen und die Entscheidung des Streitrichters abzuwarten, da das Fehlen materiellrechtlicher Gültigkeitsvoraussetzungen (in casu: bestehende Willensmängel) die Vereinbarung nur anfechtbar und nicht schlechthin ungültig macht408. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um eine sogenannte „außergerichtliche Vereinbarung" (Vergleich) oder um einen gerichtlichen Vergleich handelt: wird nämlich deren Unverbindlichkeit nachträglich (im Rahmen eines Aufteilungsverfahrens) gerügt, obliegt die Entscheidung darüber dem streitigen Richter 409. Das Gleiche gilt mit Bezug auf die Anfechtung wegen Sittenwidrigkeit, Wuchers usw410. Das Höchstgericht hat in mehreren Entscheidungen erkannt, daß die Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung wegen materiellrechtlicher Ungültigkeit zulässig ist 411 . Allerdings lagen zur Beurteilung stets Vereinbarungen vor, die ausdrücklich als Vergleich oder gerichtlicher Vergleich bezeichnet oder als Vergleich angesehen wurden, sodaß die §§ 1380 ff ABGB maßgeblich waren, da die Rspr die Scheidungsfolgenvereinbarung mit dem (gerichtlichen) Vergleich schlechthin gleichsetzt. Dieser ist bloß einer beschränkten Anfechtbarkeit zugänglich412. Der Irrtum muß die „Wesenheit der Person oder des Gegenstandes" betreffen (§ 1385 ABGB); die Anfechtung wegen laesio enormis 413 ist indes bei redlich eingegangenen Vergleichen unzulässig414. Eine Entscheidung, die im Zusammenhang mit der von § 55a/2 geforderten Vereinbarung erging, behauptet undifferenziert, daß die Anfechtung wegen Verkürzung über die Hälfte schlechthin ausgeschlossen sei415. Das trifft nicht zu416. Die Argumentation 407 OGH 12. 2.1987, 6 Ob 2,3/87, JUS 1987, 28, 13; OGH 12.11. 1980,1 Ob 751, 754/80, JB11981,483 = EFSlg 37.482, 37.487 = MietSlg 32.755 = SZ 53/150. 408 OGH 20.12.1988 (FN 104). 409 OGH 12. 11. 1980 (FN 407) aaO; OGH 13. 11. 1980, 7 Ob 687/80, EFSlg 37.482 = EvBl 1981/75 = SZ 53/153; OGH 16.6.1982,1 Ob 625/82, EFSlg 41.351. 410 OGH 20. 3.1985 (FN 104) aaO. 411 Siehe ua OGH 20.12.1988 (FN 104). 412 Näheres bei Eni (FN 194) zu §§ 1385 ff ABGB. 413 Dazu P. Bydlinsßä, Die Stellung der laesio enormis im Vertragsrecht, JB11983, 410. Ist in der laesio enormis - mit P. Bydlins/ä - tatsächlich eine Sonderform des Irrtums zu erblicken, dann wäre sie nach § 1385 ABGB nur insofern ein Anfechtungsgrund, als sie die Wesenheit des Gegenstandes betrifft. 414 Hingewiesen sei auch auf § 1387 ABGB, der eine materiellrechtliche Entsprechung der Wiederaufnahme ausschließen will, und selbst „neu gefundene Urkunden, wenn sie auch den gänzlichen Mangel eines Rechts auf Seite einer Partei entdeckten", nicht als Anfechtungsgrund zuläßt. Eine bloße Berichtigung des Vergleichs (§ 1388 ABGB) ist indes möglich. 415 OGH 26. 6.1984, 2 Ob 579/84, RZ 1985/40 = EFSlg 46.020. 416 Soweitrichtig aber ua OGH 21.10.1987 (FN 160).

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des Höchstgerichtes stützt sich vorzüglich darauf, daß der Unterhaltsverzicht nicht bewertbar ist. Sie klammert sich auch an die Zustimmung zur Übertragung der Liegenschaftshälfte, die ebenfalls nicht beziffert werden kann. Tatsächlich lehnt das Gericht eine „Güterabwägung", wie sie der Außerstreitrichter nach §§ 81 ff vorzunehmen hat, deshalb ab, weil für die „Verkürzung", die von der AM nicht als „Irrtum" begriffen wird, nur objektive Kriterien maßgeblich sind. Ist nun aber der Vergleich unredlich eingegangen worden, dann greift die Anfechtungsbeschränkung nach § 1386 ABGB nicht ein 417 . Die Kalkulation wird dadurch nicht einfacher und das Gericht steht vor demselben Problem. MaW stellen sich Bewertungsfragen im selben Maße bei der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung, insbesondere deshalb, weil der Irrtum sich hier ohne weiteres auf das „caput controversum" beziehen darf 418. Zuzugeben ist, daß bei Unwirksamkeit des „Vergleichs" entweder eine neuer Vergleich zu schließen oder aber nach §§ 81 ff um Aufteilung anzusuchen ist. Der Unterhalt wäre freilich nach § 69/3, dh auf jeden Fall nach Bil//g/tetoerwägungen zuzusprechen, und insofern ist auch ein Unterhaltsverzicht „quantifizierbar" 419. Die zitierte Entscheidung geht aber noch weiter und stellt zu Unrecht fest, daß Vereinbarungen nach § 55a/2 der Anfechtung nach § 934 ABGB grundsätzlich nicht unterliegen420. Es ist nach Meinung des OGH sogar gleichgültig, ob die „Vereinbarung" (gemäß § 55a/2) ein Vergleich im Sinne des § 1380 ABGB ist. Das überzeugt nicht, denn eine solche Qualifikation ist in der höchstgerichtlichen Entscheidung sogar durchaus antizipiert: die dort angeführten Argumente ähneln nämlich den Kriterien für die Abgrenzung von Vergleichsgrundlagen (caput non controversum) und strittigen bzw zweifelhaften Rechten (caput controversum). Eben genau auf Grund der Schwierigkeit einer präzisen oder zuverlässigen Preisangabe ist die Ausnahme des § 1386 ABGB ursprünglich eingeführt worden 421. Die Gleichschaltung der „Vereinbarung" mit dem „Vergleich" erfolgt denn auch gar nicht zufällig: Die Rspr erkennt nämlich im gerichtlichen Vergleich auch das isoliert anfechtbare materielle Rechtsgeschäft, was ihr hier besonders gelegen kommt, führt eine solche Sicht doch zu einer reduzierten Anfechtbarkeit der Scheidungsfolgenvereinbarung, was gewollt ist, ohne daß dem spezifischen Charakter und Zweck dieser Vereinbarung Rechnung getragen würde.

417 Siehe Eni (FN 194) RZ 1 zu § 1386 ABGB. 418 Vgl Eni (FN 194) RZ 2 zu § 1385 ABGB; im übrigen auch Konecny (FN 54) 31. 419 Verfehlt die Ansicht in OGH 20. 3.1985 (FN 104) aaO, wo die Analogie zu § 69/3 abgelehnt, dafür aber die Möglichkeit zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen in den Raum gestellt wird. 420 Vgl ua den Hinweis bei Koziol/Welser (FN 164) 259. 421 Vgl Erti (FN 194) RZ 1 zu § 1386 ABGB.

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Die Anfechtbarkeit der Scheidungsfolgenvereinbarung wegen Irrtums, arglistiger Täuschung, widerrechtlicher Drohung und Wucher bzw Sittenwidrigkeit hebt sich von der Anfechtbarkeit des Vergleichs nicht ab. Die Rspr beschreitet hier keine neuen Wege, sondern greift - insoferne konsequent auf bisheriges Fallrecht und die herrschende Lehre zurück 422. Oit Judikatur schreibt - auf Grund der Gleichschaltung folgerichtig - der Scheidungsfolgenvereinbarung dieselbe Bereinigungswirkung zu, wie sie dem Vergleich eigen ist, dies selbst dann, wenn keine Generalklausel vereinbart worden war 423. Die Frage gewinnt ua im Zusammenhang mit außergerichtlichen Verpflichtungserklärungen, die dem Gericht freilich nicht zur Kenntnis gebracht werden, an Bedeutung. Der OGH hatte die Gültigkeit der nach §§ 869, 870 und 879/4 ABGB angefochtenen Erklärung zu prüfen 424. Die Ehegattin behauptete, daß sie sich unter Ausnützung ihrer Gemütsaufregung durch den Ehemann am Tag der Scheidung zur Leistung von etwa einer halben Million Schilling (als Beitrag für das von ihm laut Vergleich für sie noch zu errichtende Einfamilienhaus) verpflichtet habe. Die dem Gericht nicht unterbreitete, im übrigen auch sehr fragwürdige Verpflichtungserklärung wurde also nicht als schlechthin ungültig betrachtet, obwohl § 55a/2 die vollständige Vorlage zweifellos anordnet, sondern trotz einer ausdrücklichen Bereinigungsklausel im Vergleich bloß als anfechtbar angesehen. Fraglich ist, was zu geschehen hat, wenn die Unverbindlichkeit nicht im Zuge eines nachfolgenden Aufteilungsverfahrens bekämpft, sondern isoliert davon geltend gemacht wird. Hinter dem Problem, ob eine solche Anfechtung mit selbständiger Klage oder im fortgesetzten Verfahren zu erfolgen hat, bricht nämlich die Diskussion um die Doppelfunktionalität (im Sinne der Doppchtatur oder des Ooppéitatbestandes) voll auf. Zwei rezente höchstgerichtliche Entscheidungen haben nunmehr die Zulässigkeit der Anfechtung im fortgesetzten Verfahren bejaht425: die verfahrensbeendigende Wirkung sei ausschließlich nach Prozeßrecht zu beurteilen, weil hier die Wirksamkeit der Prozeßhandlung zu prüfen sei. Die prozeß-

422 Besonders anschaulich OGH 20. 3.1985 (FN 104) aaO: Anfechtung des Vergleichs wegen Sittenwidrigkeit, Wuchers und Irreführung. Ganz im Sinne der HL und Rspr, die die Entscheidung referiert, prüft das Gericht das Vorliegen der Sittenwidrigkeit, wenn zwar der Wuchertatbestand nicht erfüllt ist, dafür aber ein gleichwertiges zusätzliches Element der Sittenwidrigkeit hinzutritt (in casu: die Übernahme von Verpflichtungen, durch die die wirtschaftliche Existenz des Schuldners bedroht wird). Interessant auch hier die Praxis der Doppelvertretung·. Die Ehegattin behauptete, über die unterhaltsrechtlichen Folgen einer Verschuldensscheidung durch den Anwalt nicht richtig aufgeklärt worden zu sein, nicht aber, daß der begünstigte Vertragspartner in sittenwidrigerweise mitgewirkt habe, was zur Unverbindlichkeit des Vergleichs geführt hätte. 423 Ua OGH 20. 3.1985 (FN 104) aaO. 424 OGH 14. 7. 1988 (FN 243) sowie Text zu FN 243. Die Entscheidung der 2. Instanz wurde aufgehoben und dem Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. 425 Siehe OGH 3.10.1985 (FN 171) ibidem; OGH 15.10.1986 (FN 174) ebenda.

VI. Anfechtung des Scheidungsausspruchs und der Scheidungsfolgen

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rechtliche Unwirksamkeit des Vergleichs könne mittels eines Fortsetzungsantrags releviert werden. Allerdings bezogen sich die bekämpften Vergleiche nicht auf die Erledigung der Scheidungsfolgen gemäß § 55a/2, die - wie ausgeführt 426 - materiellrechtliche Voraussetzung der einvernehmlichen Scheidung darstellt und insofern nicht verfahrensbeendigend wirkt. Ficht eine Partei die Scheidungsfolgenvereinbarung an, so ist fraglich, ob das außerstreitige Verfahren wiederaufgenommen oder die Vereinbarung (bzw der Vergleich) mit selbständiger Klage angefochten werden soll. Die Wende der Rspr mit Bezug auf den janusköpfigen Charakter des gerichtlichen Vergleichs wurde bereits mehrmals angedeutet427. Ihre Präferenz für die Deutung des gerichtlichen Vergleichs im Sinne des Doppeltatbestandes wird zunehmend deutlicher. Das belegen auch die soeben zitierten Entscheidungen428: Mit der Lehre von der Ooppéìnatur hatte die Rspr im gerichtlichen Vergleich nämlich auch das getrennt anfechtbare materielle Rechtsgeschäft erkannt und die selbständige Anfechtbarkeit aus Gründen des materiellen Rechtes ermöglicht, mit der Folge, daß die prozessuale Unwirksamkeit nicht vorab festgestellt werden mußte. Das neuere Schrifttum, dem ja die Rspr letztlich gefolgt ist, vertritt indes vorwiegend die Meinung, daß bei doppelfunktionellen Prozeßhandlungen die Lehre vom DoppTatbestand den Vorzug verdient. Dies hat allerdings entweder eine Anfechtung mit prozessualen Mitteln zur Folge, da der gerichtliche Vergleich das Verfahren beendet 429 oder aber bedingt die materiellrechtliche Anfechtung mit selbständiger Klage. Strukturelle Erwägungen sprechen für die Erledigung eines bekämpften gerichtlichen Vergleichs im fortgesetzten Verfahren. Zum einen ist es prozessual besehen konsequenter, zuerst die verfahrensrechtlichen Wirkungen einer doppelfunktionellen Parteihandlung zu beseitigen, um so zur materiellrechtlichen Unverbindlichkeit vorzudringen. Eine selbständige Klage indes überspielt diese prozessuale Bestandskraft, wie sie der Doppelfunktionalität innewohnt, und reduziert sie auf eine reine Formalität, die zu ihren Formund Wirksamkeitsvoraussetzungen in krassem Wertungswiderspruch steht. MaW gebietet das Zusammenspiel der materiellrechtlichen Einigung mit den verfahrensrechtlichen Komponenten (richterlicher Anleitung, Protokollierung als gerichtlicher Vergleich, Ersetzen der Formerfordernisse usw) die Rückabwicklung nach demselben Schema: Aufhebung der verfahrensrechtlichen Wirkungen zur Prüfung der materiellrechtlichen Gültigkeit. Zum zweiten bietet aber die Erledigung im gleichen Veriahienszusammenhang weitere 426 Vgl supra II E. 427 Vgl FN 33, 236, 241, 270 etc. 428 Vgl FN 425. 429 Näheres bei Fasching (FN 33) RZ 1333 ff. Zu seiner differenzierten Auffassung über die Natur des gerichtlichen Vergleichs siehe FN 33.

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strukturelle Vorteile: dem Außerstreitrichter obliegt dann als sachnächstem Entscheidungsorgan die Fortführung des wiederaufgenommenen Verfahrens mit dem Rechtsschutzziel „Wegfall" oder „Abänderung" und entsprechende „Ergänzung" der Scheidungsfolgenvereinbarung. Im Zuge dieses außerstreitigen Verfahrens sind infolgedessen allfällige Anfechtungsgründe oder Ergänzungsbegehren abzuklären, dh die Parteien wären zum Abschluß einer neuen Vereinbarung anzuleiten oder der Richter selbst hätte durch die Anfechtung entstandene Lücken der Vereinbarung zu füllen. Solche Probleme standen inzwischen durchaus zur Entscheidung (durch den Streitrichter) an. Zu erwähnen ist etwa der Streit um die adäquate Lösung bei erfolgreich angefochtenen Unterhaltsvereinbarungen. Manche Entscheidungen haben die Analogie zu § 69/3 vollzogen430, manche haben sie rigoros abgelehnt431. Insbesondere die Entscheidung, in der sich der 1. Senat des OGH gegen die Anwendbarkeit von § 69/3 gewehrt hat, ist erwähnenswert, weil sie ebenso formal wie unrichtig in der Argumentation ist. Dieser Senat meint nämlich, daß § 69/3 deshalb nicht anwendbar sei, weil er ein Scheidungsw/taV voraussetze, nur denjenigen Ehegatten zu Unterhaltsleistungen verpflichtet, der die Scheidung selbst verlangt hat, die Scheidimg nach §§ 50 - 52 oder 55 voraussetze, § 55a hingegen auf das gemeinsame Begehren abstelle und schließlich § 69/3 als verfahrensrechtlicher Schritt zu verstehen sei, weshalb eine Unterhaltspflicht auf Grund dieser Bestimmung für die einvernehmliche Scheidung ausgeschlossen werden müsse. Weder die Begründung noch das Ergebnis vermögen zu überzeugen. Zu prüfen war, ob ein „Vergleich" über den Ehegattenunterhalt und die vermögensrechtlichen Ansprüche wegen Wuchers bzw Sittenwidrigkeit, dh nach den Bestimmungen des materiellen Rechtes bekämpfbar seien, was das Gericht bejahte. Es lehnte indes die analoge Anwendung des § 69/3 (Unterhalt nach Billigkeit) bei Wegfall des Vergleichs rundweg ab. Gegen die Erwägungen des Höchstgerichtes ist folgendes anzuführen: Das Scheidungswrte// ist als Entscheidung über die Auflösung der Ehe zu verstehen, deren Gestaltungswirkung sich von der des Scheidungsbeschlusses nicht abhebt. Ein Abstellen auf die Beklagtemolle zur Einräumung des Unterhaltsanspruchs ist - wie Kerschner überzeugend dargelegt hat 432 - mehr als fragwürdig. Und schließlich ist die Berufung auf die vom Gesetz intendierte Beschränkung auf den geregelten Fall, die eine solche Analogie verbiete, schon deswegen verfehlt, weil § 69/3 heute ohne Diskussion für Urteile über die Klage und Widerklage gilt 433 .

430 Zugunsten der Analogie: LGZ Wien, 11. 7.1984,44 R 1049/84, EFSlg 46.323, bestätigt durch OGH 26.11.1985 (FN 85) aaO (Hoyer). 431 Gegen die Analogie: OGH 20. 3. 1985 (FN 104) ibidem. Die Frage wurde offengelassen in OGH 10.5.1988 (FN 123). 432 Siehe Kerschner (FN 247) aaO. 433 Schwind (FN 17) 283.

VI. Anfechtung des Scheidungsausspruchs und der Scheidungsfolgen

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Der 3. Senat des OGH indes hatte (zeitlich knapp davor) zugunsten der Analogie plädiert. Hiebei stand es außer Streit, daß die geschiedene Frau zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Scheidung und des Abschlusses des gerichtlichen Vergleichs vollkommen geschäftsunfähig war. In diesem Vergleich hatte sie (ua) gänzlich auf den Unterhalt verzichtet. Nun wurde nicht der rechtskräftige Scheidungsausspruch angefochten, sondern eine Unterhaltsklage eingereicht. Das Gericht mußte sich infolgedessen mit der Wirksamkeit des gerichtlichen Vergleichs auseinandersetzen. Es gelangte zu dem Schluß, daß der Vergleich auf Grund der Geschäftsunfähigkeit unwirksam sei und der Betreffenden ein Unterhalt gemäß § 69/3 zukomme. Hoyer 434 hat dieser Entscheidung nachdrücklich zugestimmt und zu Recht bemerkt, daß Ent/Hopf (gleich im Anschluß an die Reform) in § 69/3 ein für die Lückenßllung taugliches Substrat erkannt hatten435: Diese Bestimmimg wird extensiv interpretiert und bei Scheidungen ohne Schuldausspruch auf Grund von Klage und Widerklage angewandt436, sodaß die Parallele zur Scheidung nach § 55a (beide Ehegatten streben die Auflösung der Ehe an und es erfolgt keine Zuweisung der Schuld) zu bejahen ist und gegen die Gesetzesanalogie keine Einwände sachstruktureller Art bestehen437. Selbst mangels einer solchen Norm, mit deren Anwendung per analogiam die Rechtsschutzlücke geschlossen werden kann, wäre mE kein anderes Ergebnis denkbar: Hier stößt der Rechtsanwender auf eine echte Lücke im Sinne einer ungewollten planwidrigen Unvollständigkeit des positiven Rechts438. In anderem Zusammenhang nämlich kehrt der Grundsatz der Billigkeit wieder: Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach §§ 81 ff richtet sich nach diesem Prinzip 439. Dh die Abwicklung der Scheidungsfolgen soll - vorbehaltlich der Einigung zwischen den Ehegatten selbst - in ausgewogener Weise erfolgen. Dort wo gravierende Mängel die Willensbildung beeinträchtigt haben oder die Willenserklärungen von vornherein nicht zurechenbar waren, sodaß die „Vereinbarung" gänzlich oder teilweise dahinfällt, ist Not an einer billigen, also gerechten Lösung. Lehnt maW ein Teil der Rspr die Gesetzesanalogie zu § 69/3 ab, dann müßte sie mE die Rechtsanalogie zu dem der Abwicklung der Scheidungsfolgen wesenseigenen Billigkeitsgrundsatz bejahen. 434 Hoyer (FN 295) 772 f. 435 Ent/Hopf (FN 13) 90 Anm 11 zu § 69. 436 Vgl FN 433. 437 Feil/Holeschofsky (FN 128) 37 lehnen dies unter Berufung auf 1 Ob 532/85 (FN 104 und 431) mE zu Unrecht ab. 438 Fr. Bydlinsfä, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 472 ff; Fr. Bydlinski, in Bummel, ABGB, Bd I, RZ 2 zu § 7 ABGB. Das wird auch in den Publikationen deutlich. Welser, Die Reform des Ehegüterrechts, Ehescheidungsrechts und Ehegattenerbrechts, in Wirtschaftsberichte der CA-BV, Nr 3/78, 17 wies darauf hin, daß der Unterhalt bei einvernehmlicher Scheidung keiner besonderen Regelung bedürfe, weil eine Einigung darüber ohnedies Scheidungsvoraussetzung sei. 439 Feil/Holeschofsky (FN 128) 58 ff.

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Im Grunde ist die Sachnähe in bezug auf „unvollständige" Vereinbarungen über vermögensrechtliche Ansprüche von der Rspr längst anerkannt. Und dies stets dann, wenn anläßlich der einvernehmlichen Scheidung zwar ein gerichtlicher Vergleich abgeschlossen worden war, aber die Einigung aus „irgendeinem Grunde" unvollständig gebheben ist. Sehr oft handelt es sich dabei um Schulden.

b. Ergänzung und Berichtigung des (gerichtlichen) Vergleichs Die Ergänzung des gerichtlichen Vergleichs und auch seine Berichtigung vor rechtskräftiger Auflösung der Ehe im Scheidungsverfahren selbst lehnt die Rspr - zu Umecht - ab440. Jene vermögensrechtlichen Ansprüche iSd § 81, die im gerichtlichen Vergleich nicht berücksichtigt wurden, können nachträglich innerhalb der Jahresfrist (§ 95) im Verfahren gemäß §§ 81 ff entsprechend geltend gemacht und vom Außerstreitrichter aufgeteilt werden; dasselbe gilt, wenn gar kein (gerichtlicher) Vergleich abgeschlossen wurde 441. Sofern der Anspruch auf Aufteilung „durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird", ist der Antrag auf Aufteilung auch über diese Frist hinaus möglich. Die Zulässigkeit einer nachträglichen Ergänzung der Scheidungsfolgenvereinbarung (bzw des Vergleichs) im Rahmen des Verfahrens gemäß §§ 81 ff (dh des Aufteilungsverfahrens) ist allerdings bestimmten Einschränkungen unterworfen. So ist die spätere Antragstellung nur zulässig, wenn die Aufteilung durch Irrtum oder Unkenntnis einer oder beider Ehegatten mit Bezug auf einzelne Vermögensstücke unvollständig gebheben ist 442 . Blieb also ein Vermögensbestandteil einem Ehegatten unbekannt, so kann der Antrag gemäß §§ 81 ff gestellt werden, weil davon auszugehen ist, daß er von der Vereinbarung nicht umfaßt war 443. Kannten die Ehegatten jedoch den Vermögensbestandteil, nicht aber dessen genauen Umfang und Wert, und wollten sie ihn in die Aufteilung miteinbeziehen, dann ist die Aufteilung nach 440 Siehe dazu auch supra FN 359 und Text. LGZ Wien, 3.12. 1981 (FN 158) ebenda; in derselben Rechtssache ebenso OGH 4. 5. 1982, 5 Ob 608/82, ÖA 1983, 21; vgl auch LGZ Wien, 17. 12. 1986, 44 R 215/86, EFSlg 51.630, wo die Berichtigung ebenfalls abgelehnt wird. 441 OGH 25. 3. 1980, 5 Ob 507/80, EvBl 1980/156 = JB1 1980, 594 = SZ 53/52; OGH 18. 9. 1984, 5 Ob 581/84, JB1 1985, 287 = EvBl 1985/57 = RZ 1985/21 = SZ 57/139; OGH 7. 3. 1985 (FN 403) aaO; OGH 30.10.1985, 6 Ob 664/85, EFSlg 48.991. 442 Vgl OGH 18. 9. 1984 (FN 441) aaO; OGH 7. 3. 1985 (FN 403) ibidem; OGH 16. 9. 1986, 2 Ob 654/86, EFSlg 51. 785; OGH 26. 5. 1987 (FN 133) aaO; jüngst OGH 2. 2. 1989 (FN 123). 443 OGH 23.10.1986 (FN 134) EFSlg 51.785. Die Frage, ob ein Ehegatte bei Vergleichsabschluß an einen bestimmten Anspruch denken konnte oder nicht, ist eine Rechtsfrage: OGH 14. 7.1986 (FN 217) EFSlg 51.526.

VI. Anfechtung des Scheidungsausspruchs und der Scheidungsfolgen

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§§ 81ff wiederum nur zulässig bei Irrtum eines Ehegatten bezüglich des Vermögensbestandteils444. Der Aufteilungsantrag kann sich darauf beschränken, vom anderen Ehegatten die Zahlung einer Ausgleichsleistung gemäß § 94 zu begehren445, insbesondere dann, wenn eine reale Teilung vorgenommen, aber damit die Aufteilung nach den Grundsätzen der §§ 83 ff nicht erzielt werden konnte446. Das Gleiche gilt, wenn die Vermögensbestandteile zwar bestimmt sind, aber offen gebheben ist, ob und welche Ausgleichsleistungen zu erbringen sind447. Das Begehren auf Leistung einer Ausgleichszahlung muß jedoch erfolglos bleiben, wenn die Regelung von einem Ehegatten nachträglich bloß als unbillig empfunden wird 440 . Recht üblich sind inzwischen Erklärungen, mit denen auf die Antragstellung nach §§ 81 ff verzichtet wird. Im Zweifel umfassen diese Verzichtserklärungen keinen materiellrechtlichen Verzicht auf den Aufteilungsanspruch. Vielmehr handelt es sich um unzulässige Rechtsschutzverzichtsverträge. Liegt aber zugleich ein materiellrechtlicher Verzicht auf den Anspruch selbst vor, was durch Auslegung der Vereinbarung zu ermitteln ist, so ist dieser als Willenserklärung einer Anfechtung zugänglich. Dh im Rahmen eines nachträglichen Aufteilungsverfahrens hat der Außerstreitrichter den materiellrechtlichen Gehalt der Verzichtserklärung als Vorfrage abzuklären, wenn deren Ungültigkeit einredeweise geltend gemacht wird. Die Anfechtung der Vereinbarung aus diesen Gründen hat nach hM indes auf dem Streitweg zu erfolgen, zu deren Zweck das außerstreitige Verfahren zu unterbrechen ist 449 . Für die Zulässigkeit der Ergänzung des gerichtlichen Vergleichs im Rahmen des Aufteilungsverfahrens spricht nicht zuletzt der Wortlaut des § 85: „... soweit sich die Ehegatten über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermö-

444 OGH 23.10.1986 (FN 134) aaO. 445 OGH 26. 5. 1987 (FN 133) aaO (unter Berufung auf 1 Ob 718/86 [nv]); OGH 10. 4. 1984, 2 Ob 581/83, EFSlg 46.385; OGH 11. 9. 1984, 8 Ob 601/84, EFSlg 46.385; OGH 25. 9. 1984, 2 Ob 509/84, EFSlg 46.385; OGH 1.10.1980 (FN 260) aaO. 446 OGH 26. 5. 1987 (FN 133) aaO; OGH 10. 4. 1984 (FN 445) aaO; OGH 11. 9. 1984 (FN 445) ibidem; OGH 25. 9.1984 (FN 445) ebenda. 447 OGH 26.5.1987 (FN 133) aaO; OGH 1.10.1980 (FN 260) ebenda. 448 OGH 26. 5.1987 (FN 133) aaO (unter Berufung auf 7 Ob 685/85 [nv]). Gleiches gilt, wenn die Aufteilung jenes Vermögens begehrt wird, über das bereits eine Vereinbarung abgeschlossen wurde: Vgl LGZ Wien, 10. 12.1981, 43 R 2156/81, ÖA 1983, 21; OGH 15. 11. 1984 (FN 260) ebenda. 449 Zu den Rechtsschutzverzichtsverträgen oben III C 4. Die Erklärung, in vermögensrechtlicher Hinsicht alles geregelt zu haben, wird zum Teil als Wissenserklärung (dazu Text zu FN 133), zum Teil als Rechtsschutzverzichtsvertrag Text zu FN 135) aufgefaßt. Eine solche Erklärung, deren Zulässigkeit von der Lehre schon früh bejaht wurde (siehe Text zu FN 131), hat praktische Vorteile, wenn die Aufteilung tatsächlich und umfassend durchgeführt wurde. War das nicht der Fall, ist Lösungen, die dem Rechtsschutzgedanken Rechnung tragen, der Vorzug zu geben. MaW ist eine Ergänzung der unvollständigen Vermögensabwicklung zu ermöglichen.

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gens und ehelicher Ersparnisse nicht einigen, hat hierüber auf Antrag das Gericht zu entscheiden." Das bedeutet, daß sämtliche vermögensrechtlichen Ansprüche bzw unter Umständen auch nur ein Teil davon verteilt werden können. Ebenso wäre es zulässig, den Außerstreitrichter um eine Entscheidung bezüglich der Durchführung (iSd § 93) der bereits zwischen den Ehegatten vereinbarten Aufteilung zu ersuchen450. Im übrigen ist bei dieser Aufteilung, weil sie eben ein gerechtes Ergebnis bewirken soll, unter anderem der Beitrag jedes Ehegatten, dh auch die Unterhaltsleistung mit in Erwägung zu ziehen. Die Wechselwirkungen zwischen Unterhalt und vermögensrechtlichen Ansprüchen sind schon im Geist des Gesetzes vorgegeben; fehlt es daher an einer „Unterhaltsvereinbarung", dann ist der Unterhalt nach Billigkeitserwägungen zu bestimmen. In diesem Zusammenhang wird der Richter unter Umständen dem jetzt relevierten Verschulden an der Ehescheidung Beachtung schenken müssen, obwohl die Ehe rechtskräftig nach § 55a geschieden wurde 451. Die Wirksamkeit einer „außergerichtlichen Vereinbarung" bedarf vorab einer Beurteilung, denn auch die Gegenstände, die im Einvernehmen aufgeteilt wurden, sind vom Außerstreitrichter im Aufteilungsverfahren zu berücksichtigen (§ 83)452. Ein vielfach unbeachtetes Problem in diesem Zusammenhang ist die einjährige Frist, innerhalb deren der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse geltend gemacht werden muß (§ 95): Das Gesetz selbst setzt den Beginn dieser Frist mit Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe an. Judikatur 453 und Lehre 454 wollen auch hier - und dies mE zu Unrecht - auf die formelle Rechtskraft 455 der Entscheidung456 abstellen. Die Frist soll - so der 450 OGH 17.12.1980, 6 Ob 791/80, SZ 53/178 = MietSlg 32.756. 451 Vgl OGH 7. 3. 1985 (FN 403) aaO; OGH 23. 10. 1986 (FN 134) ebenda, die diese Möglichkeit nicht als Regelfall einräumen wollen. Dies wohl zu Recht, sodaß nur krasse Fälle in Betracht kommen werden, die für die Billigkeitsentscheidung maßgebliches Gewicht haben. 452 OGH 28. 7.1982, 7 Ob 573/82, EFSlg 41.406. 453 Zuletzt OGH 12. 3.1987,8 Ob 702/86, EFSlg 54.678; OGH 23. 6.1987 (FN 278) ebenda. 454 Vgl ua Feil/Holeschofsky (FN 128) 131 mwN; Pichler (FN 20) RZ 2 zu § 95 mwN. 455 Zur kritischen Auseinandersetzung siehe schon oben IV D zu § 224 AußStrG. Die Problematik ist dieselbe, wird doch gleichermaßen auf § 411 ZPO zurückgegriffen. 456 Bei streitigen Scheidungen ist dies schon das Teilurteil (über die Auflösung der Ehe) und nicht erst das Endurteil (mit dem über die Zuweisung des Verschuldens abgesprochen wird). Vgl zuletzt OGH 12. 3. 1987 (FN 453) EFSlg 54.679; OGH 25. 6. 1987, 7 Ob 628/87, EFSlg 54.679; OGH 30.1.1986,7 Ob 691/85, EFSlg 51.842. Siehe auch den wohl nicht häufigen Fall, in dem der Scheidungsbeschluß (nach § 55a) in (formelle) Rechtskraft erwachsen war, das Teilurteil (auf Grund § 49, also im streitigen parallel laufenden Verfahren) gefallt und vor dem Scheidungsbeschluß in Rechtskraft erwachsen war, aber die Endentscheidung über das Verschulden noch ausstand. Über das Verschulden wurde abschließend entschieden, gleichzeitig

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JAB 457 - eine Fa//frist sein, und zwar, um möglichst bald eine endgültige Regelung der vermögensrechtlichen Ansprüche zu bewirken, was beiden Ehegatten die Gewöhnung an ihre geänderten Verhältnisse erleichtern und die Klarstellung der Interessen Dritter beschleunigen soll. Mangels vertraglicher oder vergleichsweiser Anerkennung oder gerichtlicher Geltendmachung binnen dieses Zeitraumes soll der Anspruch erlöschen, ohne daß eine Naturalobligation bestehen bhebe. Es könne dann auch keine Änderung der getroffenen Regelung mehr bewirkt werden. Die Aussagen des JA wurden von der Lehre zum Teil kritisiert 458, in überwiegendem Maße jedoch zustimmend zur Kenntnis genommen459. Aber auch die Rspr hat sich mit dem Diktum des JA - auf den im allgemeinen bereitwillig rekurriert wird - schnell abgefunden 460. Sie bemüht sich indes im Bedarfsfall um sinnvolle Lösungen. In einem Fall hat das Höchstgericht nämlich die Ansicht vertreten, der Gesetzgeber habe gar nicht daran gedacht, daß ein Ehegatte auf Grund seiner beschränkten Geschäftsfähigkeit nicht in der Lage ist, seine Aufteilungsansprüche (nach §§ 81 ff) fristgerecht geltend zu machen. Die planwidrige Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung Schloß der OGH im Wege der Analogie durch Heranziehung der einschlägigen Verjährungsvorschriften, nämlich des § 1494 Satz 1 ABGB. MaW beginnt die Frist nach § 95 nicht zu laufen, solange der beschränkt Geschäftsfähige eines gesetzlichen Vertreters entbehrt 461. Feil/Holeschofsky 462 haben die Frage aufgeworfen, wie vorzugehen sei, wenn der Vertrag, mit dem der Anspruch auf Aufteilung des ehehchen Gebrauchsvermögens und der ehehchen Ersparnisse anerkannt wird, nach erfolgreicher Anfechtung wegfällt. Die Anfechtung findet nämlich auf dem streitigen Rechtsweg statt und ihre Erledigung könnte ohne weiteres erst nach Ablauf der Jahresfrist bewerkstelligt sein, bzw es könne die Frist bereits vor der Geltendmachung des Anfechtungsgrundes abgelaufen sein. In diesem Fall schlagen die Autoren ein Aufteilungsverfahren „inter partes", unter Umständen auch unter Einbeziehung betroffener Dritter vor. Die Lösungen verstehen sich im Lichte einer Präklusionswirkung der besagten Frist, wobei

meinte jedoch das Höchstgericht, daß die Wirksamkeit des abgeschlossenen Vergleiches durch das Fehlen der Gestaltungswirkung des Scheidungsbeschlusses nicht berührt werde! Vgl OGH 11.12.1986 (FN 245) aaO. Das ist unrichtig, weil die Vereinbarung im Blick auf die Scheidung im Einvernehmen abgeschlossen worden war (Dazu III D 3 a.). 457 JAB (FN 1)20. 458 Schwind (FN 17) 340, der bemerkt, daß sie „mit dem alles beherrschenden Grundsatz der Billigkeit in unlösbarem Widerspruch" stehen und sich aus dem Gesetz „keineswegs notwendig" ableiten lassen; Ehrenzweig/Schwind (FN 37) 116 mit ähnlicher Kritik; Feil/ Holeschofsky (FN 128) 130 referieren die verschiedenen Meinungen. 459 Siehe statt vieler Pichler (FN 20) RZ 1 zu § 95 mwN. 460 Vgl etwa OGH 23. 6.1987 (FN 278) aaO. 461 OGH 23. 6.1987 (FN 278) aaO. 462 Feil/Holeschofsky (FN 128) 131.

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wohl die zweite Variante den Vorzug verdient, allein schon deswegen, um allfällige Klagen dritter Personen tunlichst zu vermeiden. Von großer praktischer Bedeutung und zugleich diffizil in der Beurteilung ist die Zulässigkeit einer im Zuge des Aufteilungsverfahrens begehrten Antragserweiterung. Die Rspr läßt sie im Prinzip zu463, wenngleich nicht verkannt werden darf, daß Aufteilungsanträge in praxi zunächst dem Zweck dienen, die Ausschlußfrist zu wahren, um das Erlöschen reklamierter Ansprüche zu vermeiden. Erneut ist ersichtlich, wie wenig sinnvoll eine solche Präklusion ist, da sie voreilig finalisieren möchte, aber nicht erreicht, was allgemeine Verjährungsfristen hier beitragen könnten: eine homogene Abwicklung sämtlicher Ansprüche. Denn dem Aufteilungsverfahren unterliegen nur das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse. Das restliche Vermögen muß indes mühsam mittels Kondiktionen, Teilungsklagen (bei Miteigentum) oder gegebenenfalls durch Klagen auf Auflösung der Gesellschaft (wohl zumeist bürgerlichen Rechts) liquidiert werden.

c. Gläubigeranfechtung Da das österreichische Recht Verträge zu Lasten Dritter nicht kennt, können die Ehegatten keine Scheidungsfolgenvereinbarung abschließen, die die Ansprüche dritter Personen wirksam verkürzt. Dieser Personenkreis muß seine Ansprüche im streitigen Rechtsweg verfolgen 464. Die Gläubigeranfechtung 465 von Vermögensübertragungen, zu denen sich ein Ehegatte dem anderen gegenüber in der Scheidungsfolgenvereinbarung verpflichtet hat, ist der Praxis nicht unbekannt. So wurde inzwischen ua die Anfechtung nach § 2 Ζ 3 AnfO iVm § 4 AnfO und nach § 3 Ζ 1 AnfO versucht466.

463 OGH 30. 9.1986, 2 Ob 636/86, EFSlg 51.845. 464 Vgl § 98, der davon keine Ausnahme macht; näheres oben III A 5. Hat der Scheidungsrichter eine Entscheidung gemäß § 98 getroffen, so kann der Gläubiger dagegen das Rechtsmittel des Rekurses erheben, da diese E ihm zugestellt werden muß. Das rechtliche Gehör wird somit nicht verletzt: vgl OGH 1. 9.1987,5 Ob 571/87, WB11987, 347. So ausdrücklich auch Pichler (FN 20) RZ 16 zu § 55a sowie RZ 5 zu § 97. 465 Zur Anfechtung nach IPR vgl Verschraegen, Die internationale Gläubigeranfechtung außerhalb des Konkurses, ZfRV 1986, 272. 466 Anfechtungsordnung, dh Kaiserliche Verordnung vom 10. 12. 1914 über die Einführung einer Konkursordnung, einer Ausgleichsordnung und einer Anfechtungsordnung (RGBl 1914/337). Siehe OGH 24. 2.1987, 2 Ob 662/86, ÖBA 1987, 657 = WB1 1987,158: Der Gläubiger focht die (am Tag des Scheidungsvergleichs erfolgte) Begründung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes sowie die Übertragung des halben Liegenschaftsanteils an die (damalige) Ehefrau (durch Scheidungsvergleich) nach § 2 Ζ 3 AnfO iVm § 4 AnfO an, in eventu klagte er auf Zahlung (gestützt auf § 1409 ABGB), mit der Begründung, daß die (jetzige) Beklagte das gesamte Vermögen übernommen habe und die Verbindlichkeiten ihres Mannes gekannt habe

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Zulässig ist aber auch die Anfechtung nach der KO. Uneingeschränkt ist mE die Absichtsanfechtung möglich, und zwar sowohl nach der AnfO wie auch nach der KO 467 . Zu bedenken ist, daß diese Klagen nicht die Unwirksamkeit der Vereinbarung bewirken, sondern nur ihre Verfügungsmrkung Dritten gegenüber abwenden sollen468, womit deren Rechtsschutzziel auch erreicht ist. MaW zeitigt die erfolgreiche Gläubigeranfechtung keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Gültigkeit der zwischen den Ehegatten abgeschlossenen Scheidungsfolgenvereinbarung. Im Ergebnis führt sie indes zu Vermögensverschiebungen, die die Ausgewogenheit der vereinbarten Leistungen in Frage stellen und zu einer Wiederaufnahme (zur Beseitigung des gerichtlichen Vergleichs oder zumindest habe kennen müssen. Die Rechtssache wurde zur Verfahrensergänzung an die 1. Instanz zurückverwiesen. Interessant ist des weiteren die E des OGH 12.12. 1985, 7 Ob 671/85, EvBl 1986/106 = SZ 58/209, wonach eine als Schenkung titulierte Vermögensübertragung im Gesamtzusammenhang der Scheidungsfolgenvereinbarung als solcher nicht als „unentgeltliche Verfügung" angesehen wurde. Deshalb war sie gemäß § 3 Ζ 1 AnfO unanfechtbar. Solche Vereinbarungen, ebenso wie Unterhaltsregelungen seien in der Regel nicht unentgeltlich. Dem ist zuzustimmen. (§ 3 Ζ 1 AnfO gestattet die Anfechtung unentgeltlicher Verfügungen des Schuldners, die in den letzten 2 Jahren vor der Anfechtung vorgenommen wurden. Eine Parallele findet sich in § 29 Ζ 1 Konkursordnung, idF KO [vom 10.12.1914, RGBl 1914/337, verkündet als Anlage zur Kaiserlichen Verordnung, aaO]). 467 Die Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht erfolgt gemäß § 28 KO bzw § 2 AnfO iVm § 4 AnfO. Hingewiesen sei auf OGH 13. 10. 1987 (FN 188) aaO, der folgender Sachverhalt zugrunde lag: Die Ehegatten vereinbarten im Vergleichswege die Übertragung bestimmter Liegenschaften und Liegenschaftsanteile, wobei die Einverleibung des Eigentums (der Ehefrau) unterblieb. Über das Vermögen des (geschiedenen) Ehemannes wurde das Konkursverfahren eröffnet, in dem die Frau die Zustimmung des Masseverwalters zur grundbücherlichen Durchführung des Vergleichs begehrte. Das wurde abgelehnt, ihr obligatorischer Anspruch auf Übertragung des Eigentums wurde gemäß § 14/1 KO in eine Geldforderung umgewandelt. Die Entscheidung ist richtig. Zu Erwägen ist bloß, ob nicht eine Ehewohnung, an der (im Aufteilungsverfahren) primär ein Benützungsrecht eingeräumt wird, von der Anwendbarkeit des § 14/1 KO auszunehmen wäre, weil sonst der mit dieser Verfügung angestrebte Zweck vereitelt würde. Die Frage war in der soeben zitierten E allerdings nicht zu entscheiden. Hinzuweisen ist hier auf die Möglichkeit einer einstweiligen Sicherung der Benützung des ehelichen Gebrauchsvermögens, dh vor allem der Ehewohnung, mit der sogenannten „Regelungs-EV" (eine einstweilige Verfügung, die keine Gefahrenbescheinigung voraussetzt [anders als bei der EV zur Sicherung künftiger Leistungsansprüche gemäß § 382 Ζ 8 lit c EO, für die es einer Anspruchs- und Gefahrenbescheinigung bedarf]). Diese verstößt nicht gegen § 84, wonach die Aufteilung so vorgenommen werden soll, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berühren: vgl OGH 29. 11. 1988, 4 Ob 605/88, RZ 1989/42. 468 Vgl § 1/1 Satz 1 KO: „Durch Eröffnung des Konkurses wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verßgung entzogen." Damit ist das Verfügungsgeschäft, dh der Modus, nicht das Verpflichtungsgeschäft, maW der Titel gemeint. Aber auch ein solches ist den Gläubigern gegenüber unwirksam. Vgl auch § 1 AnfO, der die relative Unwirksamkeit anordnet: „Rechtshandlungen^^ das Vermögen eines Schuldners betreffen, können außerhalb des Konkurses nach den folgenden Bestimmungen zum Zwecke

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im fortgesetzten Verfahren oder des im Aufteilungsverfahren ergangenen rechtskräftigen Beschlusses) berechtigen könnten.

d. Anfechtung des rechtskräftigen Aufteilungsbeschlusses? Hat der Außerstreitrichter über den Antrag zur Aufteilung gemäß §§ 81 ff erkannt, dann hegt - wie beim Scheidungsbeschluß - ein hoheitlicher Akt vor, der nur mit den Mitteln des Prozeßrechts (§§ 231 ff AußStrG) angefochten werden kann469. Von Bedeutung ist auch hier vor allem die Frage der Wiederaufnahme nach rechtskräftiger Aufteilung. Sie ist - weil die Aufteilung (zum Teil) die Scheidungsfolgen regelt - ebenso nötig wie für die Anfechtung der Statusentscheidung470. Es muß wohl nicht mehr eigens belegt werden, daß die Rspr sich diesem Rechtsbehelf aus wenig überzeugenden Gründen versperrt. Die Judikatur räumt statt dessen eine andere Korrekturmöglichkeit ein 471 . In einem Leitsatz wird ausgeführt: „Stellt sich freilich nachträglich dennoch heraus, daß die Aufteilung des ehehchen Gebrauchsvermögens bzw der ehelichen Ersparnisse aus dem Irrtum oder der Unkenntnis eines Teiles oder beider Teile in bezug auf einzelne Vermögensbestandteile unvollständig blieb und darüber keine einvernehmliche Regelung zu erzielen ist, dann widerspräche es dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Aufteilungsordnung (§§ 81 ff, §§ 229 ff AußStrG), den betroffenen geschiedenen Ehegatten die Durchsetzung des restlichen und noch nicht durch Zeitablauf erloschenen Aufteilungsanpruches vor dem Außerstreitrichter nach eben dieser gesetzlichen Aufteilungsordnung zu verweigern." 472 MaW ist die spätere Ergänzung nach Rechtskraft des Aufteilungsbeschlusses, aber vor Ablauf der Jahresfrist nach Ansicht der Rspr gestattet, wenn Gebrauchsvermögen oder Ersparnisse aus Unkenntnis oder auf Grund eines Irrtums der vorangehenden Aufteilung nicht unterlagen. Dem Rechtsschutzsuchenden ist zwar geholfen, der Dogmatik indes nicht gedient: Denn da gemäß §§ 81 ff eine Gesamtregelung intendiert ist, rechtfertigt auch Irrtum keinen neuen Antrag. Hier hegt nämlich ein „globaler" Verfahrensgegenstand vor. Das sachgerechte Korrektiv der rechtskräftigen Entscheidung über die Aufteilung wäre auch hier ein Wiederaufnahmsantrag analog § 530 ZPO. der Befriedigung eines Gläubigers angefochten und diesem gegenüber als unwirksam erklärt werden." (Hervorhebungen von mir.) 469 Dazu etwa Holeschofsky, Aufteilung von ehelichem Gebrauchsvermögen, RZ 1982, 4, sowie Feil/Holeschofsky (FN 128) 157 ff. 470 Vgl supra V I A 2. Siehe auch neulich Kostka, Die Änderung der Entscheidungsgrundlage des Aufteilungsverfahrens nach den §§ 81 ff EheG, RZ 1989,29. 471 Siehe ausführlich supra V I Β 1 b. 472 OGH 18. 9.1984 (FN 441) aaO.

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2. Maßgeblichkeit materiellrechtlicher Anfechtungsgründe bei außerordentlichen Rechtsmitteln Ein schwieriges und bislang ungelöstes Problem ist die Berücksichtung und Konkretisierung materiellrechtlicher Anfechtungsgründe im Wege der Wiederaufnahme (oder Nichtigerklärung). MaW erhebt sich die Frage, wie und wieweit materiellrechtliche Mängel bei der Geltendmachung der Wiederaufnahme· (bzw Nichtigkeits)gründe durchschlagen können. Mit Bezug auf die Irreßhrung ist die Wiederaufnahme zweifellos möglich. Die Wiederaufnahmegründe des § 530/1 Ζ 1-3 ZPO, die die Irreführung im eigentlichen Sinne, den Betrug und die Täuschung regeln, kommen hier in Betracht. Die Wiederaufnahme ist auch für den Fall des Irrtums zulässig: § 530/1 Ζ 7 ZPO (neue Tatsachen und Beweise) bietet befriedigende Abhilfe. Die Geltendmachung von Wiederaufnahmsgründen kann freilich niemals zu einer Ausdehnung der nach materiellem Recht vorgegebenen Anfechtungsmöglichkeit führen. In bezug auf die widerrechtliche Drohung besteht jedoch eine Gesetzeslücke. Überkommene Rechtstheorie beharrte auf dem Standpunkt, daß Ausnahmebestimmungen (hier: Wiederaufnahmegründe) stets restriktiv zu interpretieren sind. Widerrechtliche Drohung wäre danach kein tauglicher Wiederaufnahmegrund. Moderne Methodenlehre, namentlich Bydlinski rechtfertigt die Lückenschließung, und zwar mit folgender Begründung: Fällt der ungeregelte Fall (hier: die widerrechtliche Drohung) nämlich genauso unter die Ausnahmeregelung wie der geregelte Fall (hier: arglistige Täuschung, falsche Urkunde, schlichter Irrtum uä), dann ist im Rahmen der engeren ratio legis der Ausnahmevorschrift eine Erweiterung möglich, dh es ist sowohl Platz für eine ausdehnende Auslegung wie auch für die Analogie473. Das Ergebnis liegt infolgedessen auf der Hand. Berechtigen schon der bloße Irrtum, eine falsche Urkunde etc sowie arglistige Täuschung zur Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens, so ist nicht einsichtig, daß Fälle der widerrechtlichen Drohung, Erpressung, Nötigung usw außer Betracht bleiben sollten. Wertungswidersprüche können deshalb nur vermieden werden, wenn dieser Fall analog zur Irreführung behandelt wird. Ein schier unlösbares Problem stellt die sittenwidrige Entscheidung dar. Das Gesetz regelt diesen Fall überhaupt nicht. Bei sittenwidrigem Inhalt des Urteils oder seiner sittenwidrigen Ausnützung räumen deutsche Rspr und Lehre 474 trotz Rechtskraft der Entscheidung einen Schadenersatzanspruch ein. Zumindest für das österreichische Recht ist ein solcher Ausweg abzulehnen, da damit gegen die Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft verstoßen würde. In casu ist daher die ausdrückliche Regelung dieses Falles durch den

473 Siehe eingehend Fr. Bydlinski (FN 438) 440 mwN. 474 Vgl statt vieler Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung, Anm 9 zu § 322 dZPO mwN. 38 Verschraegen

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Gesetzgeber selbst vonnöten, und zwar im Rahmen der Wiederaufnahmebestimmungen. Die mangelnde Geschäftsfähigkeit schließlich führt zur Prozeßunfähigkeit 475 und somit zur Nichtigkeit, die mit einem Nichtigkeitsantrag analog § 529/1Ζ 2 ZPO 476 releviert werden kann.

3. Typologie „tfamilienrechtliche Vereinbarung - Unterhaltsvertrag schuldrechtlicher Vertrag" a. Allgemeines Im Zentrum dieser Scheidungsvariante steht das beiderseitige Einvernehmen. Die Parteien geben nun im Laufe des Verfahrens zur einvernehmlichen Scheidung verschiedene Erklärungen ab. Die rechtliche Qualifikation dieser Erklärungen als reine Prozeßhandlung und/oder materiellrechtliche Willenserklärung ist ein wesentlicher Maßstab für die „Materialisierung" dieses Einvernehmens, dessen Substanz zeitweilig recht verdünnt oder formalisiert zu Tage tritt. Dem freien und ernsten Einvernehmen über die Scheidung und die Scheidungsfolgen kommt eine tragende Bedeutung zu, was - um ein Beispiel hervorzuheben - die Antragsrücknahme 477 deuthch belegt. Das Verfahrensrecht bietet also durch die freie Widerruflichkeit des Einvernehmens mehrmals Gelegenheit, die Bindungswirkung diverser Erklärungen im Lichte einer Vorbehaltsklausel „solange das Einvernehmen anhält" zu erfassen. Der gemeinsame Antrag oder der Antrag mit korrelierender Zustimmungserklärung, die auch materiellrechtliche Willenserklärung 478 sind, weil der Wille nicht nur das prozessuale petitum (nämlich den Scheidungsbeschluß), sondern auch dessen materiellrechtliche Wirkungen (dh die Ehescheidung) umfaßt, vermögen keine Bindung zwischen den Ehegatten zu entfalten. Nach Eintritt der Rechtskraft ist für einen freien Widerruf des Einvernehmens kein Raum mehr, da es prozessual durch die Entscheidung überspielt ist. Die mangelhafte Zustimmung zur Scheidung ist deshalb mit einem außerordentlichen Rechtsmittel gegen den Scheidungsbeschluß zu relevieren. In beiden Fällen ist dies losgelöst vom anderen Antragsteller möglich, der sich nicht darauf berufen kann, daß ihm aus den übereinstimmenden Willenserklärungen (Antra[e]g[e] auf einvernehmliche

475 Siehe oben IV A 1 und IV C 2 a. 476 Zur Zulässigkeit des Nichtigkeitsantrags Simotta (FN 391) aaO, in Anlehnung an Konecny (FN 54) aaO eingehendst zur Zulässigkeit des Wiederaufnahmsantrags. Dazu im übrigen die zu V I A 2 angeführte Literatur. 477 Dazu oben V A. 478 Siehe supra II A.

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Scheidung) ein Scheidungsanspruch erwachse. Die verfahrensrechtliche Komponente steht maW zweifellos im Vordergrund. Das materielle Recht schlägt bloß durch, wenn es auch prozessuale Folgen nach sich zieht (etwa die Prozeßunfähigkeit auf Grund der Geschäftsunfähigkeit). Hier führt die Lehre vom DoppTatbestand zu befriedigenden Ergebnissen, weil der Akzent mehr auf dem Antrag (als Parteihandlung) als auf der Willenserklärung (als Rechtsgeschäft) hegt. Die Parteien sind persönlich zu befragen, ob zwischen ihnen freies und ernstes Einvernehmen besteht479. Im laufenden Verfahren werden eventuelle Beeinträchtigungen der Willensfreiheit durch die Möglichkeit der Antragsrücknahme verfahrensrechtlich überholt. Nach rechtskräftiger Ehescheidung greifen die §§ 869 ff ABGB insoferne durch, als dies die ratio legis des § 530 ZPO im Sinne neuer Methodenlehre nahelegt480.

b. Die Scheidungsfolgenvereinbarung Die Vereinbarung gemäß § 55a/2 ist typologisch abgestuft als „familienrechtliche Vereinbarung - Unterhaltsvertrag - schuldrechtlicher Vertrag" zu verstehen481. Ein weiteres tragendes Moment zugunsten dieser Qualifikation wurde noch vorbehalten und ist nunmehr auszuführen, nämlich die ganz andersartige Struktur der Rückabwicklung bei der familienrechtlichen Vereinbarung auf der einen und dem vermögensrechtlichen Vertrag auf der anderen Seite. Bei der Anfechtung eines schuldrechtlichen Vertrags muß der Willensmangel eigens geltend gemacht und der Vertrag aufgehoben werden. Er ist maW bloß anfechtbar. Demnach ist die Aufhebung selbst rechtsgestaltend, freilich mit rückwirkender Kraft. Lediglich bei (absoluter) Nichtigkeit ist der Vertrag ex ante nicht existent. Dies ist bei der familienrechtlichen Vereinbarung völlig anders: hier ist nur eine Beseitigung und Aufhebung ex nunc, dh keine Rückabwicklung ex tunc denkbar, weil - wie erwähnt - ausschließlich eine lebensmäßige Betrachtung möglich und sinnvoll ist. Verschiedene Beispiele können diese These belegen. Bei der Nichtigerklärung der Ehe wird nur der Status selbst ex tunc aufgehoben. Die an die Ehelichkeit bzw den Status geknüpften Rechtsfolgen indes haben ein anderes Schicksal: So bleiben etwa die Kinder selbstverständlich ehelich; die Änderung des Namens erfolgt ex nunc, nicht ex tune. Mit Bezug auf Ehebruch, Vergewaltigung, Familiendiebstahl usw ist der Rückabwicklungsgedanke fehl am Platz, stets wird auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über 479 Vgl supra II D. 480 Siehe V I Β 2. 481 Eingehend schon oben III C 2.

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die Auflösung der Ehe abgestellt. Ein zweites Beispiel kommt beim Unterhaltsanspruch zum Ausdruck: Unbestrittenermaßen steht dieser Anspruch jederzeit unter der Umstandsklausel, die sich auch auf Änderungen bezieht, die in der persönlichen Sphäre liegen. Die clausula rebus sie stantibus unterscheidet sich somit grundsätzlich vom bloßen Wegfall der Geschäftsgrundlage, der beim schuldrechtlichen Vertrag Bedeutung erlangen kann, aber die eben genannten Änderungen nicht berücksichtigt. Und schließlich ist noch die am ehesten vergleichbare Rückabwicklung bei Dauerschuldverhältnissen zu erwähnen: Wohl erfolgt auch sie bei Irrtum und ebenso nach ihrer Aufhebung ex nunc; bei gravierenden Mängeln, wie der arglistigen Täuschung und der widerrechtlichen Drohung wirkt sie hinge.

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gen ex tunc . Die familienrechtliche Vereinbarung Als (der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung unterliegende) Vereinbarung 483 über die Obsorge und das Umgangsrecht484 unterliegt sie einer systemimmanenten Eigendynamik, die - wie erwähnt 485 - einen einseitigen Widerruf bis zur Genehmigung gestattet und erfordert, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Diese Vereinbarung steht somit unter der Umstandsklausel der Kindesinteressen. Daraus folgt, daß materiellrechtliche Mängel, die sonst zur Anfechtimg berechtigen, hier insoferne durch die einseitige Widerruflichkeit überlagert werden: es bedarf nämlich in diesem Fall keiner Anfechtung. Fraglich ist, inwiefern die Vereinbarung in Frage gestellt werden kann, wenn zwar das Kindeswohl nicht gefährdet, aber die Willensfreiheit solchermaßen verdünnt ist, daß sie die Bindungswirkung der Vereinbarung nicht mehr zu tragen vermag. Zu denken ist hier etwa an Mängel in der Willensbildung, die dem Motivbereich zugeordnet werden müssen: Zum Beispiel die Angst vor Repressalien der eigenen Person oder dem Kind gegenüber, nicht direkt greifbare Druckmechanismen auf Grund der Gruppendynamik des Verfahrens selbst (so etwa das Ambiente, der spezifische Streitgegenstand, die Erörterung persönlicher Umstände im Zuge der Anleitung zum Abschluß der Vereinbarung, die Sorge um das Kind als künftigen Scheidungswaisen usw), Verunsicherung durch die bevorstehende Umstellung des gesamten Lebensbereiches, falsche Einschätzung der zumutbaren Belastung der eigenen Person etc. Die Verbindlichkeit der familienrechtlichen Vereinbarung wird in ganz besonderem Maße durch persönlich-konkrete (und nicht bloß im Regelfall 482 Dazu ausführlich Fr. Bydlinski (FN 90) 147 f. 483 Dazu oben III C 2 a. 484 Vgl oben III A l und 2. 485 Siehe schon V Β 2 a.

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übliche) Informationsrechte und Aufklärungspflichten genährt. In erhöhtem Maße wäre solchen Umständen Rechnung zu tragen, die sonst zu einer anderen oder vielleicht gar keinen Vereinbarung geführt hätten. Der Pflegschaftsrichter wird deshalb über die Gefährdung des Kindeswohls hinaus diese Einwendungen zu berücksichtigen haben, bevor er die kindesbezogenen Regelungen genehmigt, und bei Vorhegen der Kausalität selbst darüber entscheiden müssen486. MaW ist die Genehmigung nicht nur aus Gründen der Gefährdung des Kindeswohls zu verweigern 487, sondern - in Erweiterung der für das Schuldrecht maßgebhchen Anfechtungsgründe - aus den oben geschilderten „Motivirrtümern", sofern sie kausal für den Abschluß dieser kindesbezogenen Vereinbarung gewesen sind und somit indirekt auch die Kindesinteressen tangieren. A fortiori muß dies für Willensmängel gelten, die schon im Rahmen des Schuldvertragsrechts Beachtung verdienen, sind doch die Ehegatten über das Kindeswohl hinaus auch durch die gemeinsame Elternschaft zu einer persönlichen, rechtlichen und moralischen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Daraus fließt eine umfassende, nicht im Sinne einer rechtsgeschäftlichen culpa in contrahendo zu begreifende Informations- und Aufklärungspflicht 488. In der (bloßen) „Verhinderung der Kenntnisnahme vom wahren Sachverhalt" 489 kann eine listige Täuschung hegen, die die Vereinbarung anfechtbar macht. Zum Beispiel verschweigt der betreuende Elternteil dem anderen, daß das Kind am liebsten von ihm gepflegt und erzogen würde, und dieser zieht auf Grund der Unkenntnis des wahren Sachverhalts die kontinuierliche Entwicklung des Kindes einer Modifikation der Zuteilung vor 490 . Eine widerrechtliche Drohung läge etwa zeifellos in der Ankündigung, das Kind nachteilig zu beeinflussen, es „für sich allein zu beanspruchen", den Umgang mit dem Kind trotz dessen emotionaler Abhängigkeit vom Berechtigten zu vernachlässigen oder überhaupt zu unterlassen, es gar zu entführen, das Besuchsrecht zu vereiteln usw491. Dabei wird dem Gesetz mE Genüge getan, wenn der bedrohte Elternteil 492 Nachteile für das Kind (und nicht zwingend für sich selbst) in der Weise befürchten muß, daß die Freiheit 486 Vgl § 178a ABGB zur Bedachtnahme auf das Kindeswohl und § 178b ABGB zur Berücksichtigung der Meinung des Kindes. 487 OGH 8. 9.1987 (FN 104) aaO. 488 Ebenso wird dem Richter die Beurteilung der Gültigkeitsvoraussetzungen im allgemeinen obliegen. Dazu supra IV C 2. 489 Siehe Koziol/Welser (FN 164) 129. 490 Ist dem betreuenden Elternteil bewußt, daß sein Schweigen in einem kausalen Verhältnis zur Regelung der Obsorge und des Umgangsrechts steht, liegt schon eine arglistige Täuschung vor. 491 Zum Stellenwert des Kindeswohls bei der Zuteilung der Obsorge und zum ausgewogenen Umfang des Besuchsrechts ua OGH 6. 3. 1984, 5 Ob 524/84, ZfRV 1985, 69 (Hoyer, 70); OGH 14. 1. 1981, 1 Ob 779/80, EFSlg 38.224 (und andere dort angeführte Entscheidungen); LGZ Wien, 31. 3.1981,44 R 3106/81, EFSlg 38.227. 492 Vgl Gschnitzer (FN 88) 109.

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seiner Willensbildung dadurch beeinträchtigt ist; maW genügt nach subjektiver Einschätzung des Bedrohten die Wahrscheinlichkeit der Ausführung des Angedrohten. Auch hier ist eine restriktive Auslegung fehl am Platz: Der Bedrohte hat in seiner Eigenschaft als Elternteil des Kindes immer ein Interesse an dessen Wohlbefinden 493. Die Rspr erblickt - wie erwähnt - in der Vereinbarung gemäß § 55a (zu Unrecht) generell einen gerichtlichen Vergleich, an den die Eltern gebunden seien, und zwar unabhängig vom Kindeswohl. Die Antragsbefugnis zur Erwirkung einer pflegschaftsgerichtlichen Entscheidung ist zwar uneingeschränkt; eine (abändernde) Entscheidung ist nach hM indes nur auf Grund gravierender Sachverhaltsänderungern möglich: sie müßten eine Entziehung der Elternrechte iSd § 176 ABGB rechtfertigen 494. Die Rückabwicklung der Vereinbarung erfolgt - wie erwähnt - ex nunc, dh es zeitigt auch die pflegschaftsgerichtliche Entscheidung keine rückwirkende Kraft.

Der Unterhaltsvertrag in bezug auf das Kind Dieser Vertrag kann nur vorbehaltlich pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung abgeschlossen werden. Die Ehegatten sind an die Abmachung gebunden, ein einseitiger Widerruf ist somit unzulässig495. Vor der Genehmigung sind sämtliche Gültigkeitsvoraussetzungen sowie die Wahrung des Kindeswohls zu prüfen. Einwendungen psychischen Drucks uä, wie sie hinsichtlich der familienrechtlichen Vereinbarung zu berücksichtigen sind, werden hier durch das Kriterium des angemessenen Unterhalts überspielt, und der Pflegschaftsrichter hat sie in diesem Zusammenhang nicht zu beachten. Bei Versagung der Genehmigung entscheidet er autonom über den angemessenen Kindesunterhalt. Die restlichen Vereinbarungsteile bleiben unberührt, es sei denn, daß aus der Vereinbarung für diesen Fall ihre gesamte Ungültigkeit hervorginge 496. 493 Zur Rechtswidrigkeit der Drohung ua OGH 12. 4. 1978, 1 Ob 581/78, JB1 1981, 32 f mwN. 494 Vgl ua OGH 8. 9.1987 (FN 104) aaO (unter Berufung auf OGH 18.11.1981 [FN 202] aaO). Dies ist - entgegen Pichler (FN 106) RZ 2 zu § 176 ABGB und mit AB (FN 1) 13 - schon bei Vorliegen einer wichtigen Angelegenheit gestattet, die das Kindeswohl nicht unbedingt gefährden muß: Gerade weil die Familie nicht mehr intakt ist, sollte man es nicht auf die Gefährdung des Kindeswohls ankommen lassen, sondern stets prüfen, ob die Angelegenheit wichtig genug ist, eine im Lichte des Kindeswohls bessere Lösung anzuordnen. 495 Siehe oben III C 2 b und V Β 2 b. 496 Bei teilweiser anfänglicher Unmöglichkeit etwa vertritt die Rspr die Ansicht, daß der von der Unmöglichkeit nicht berührte Vertragsteil nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten ist und das spätere Unterbleiben der Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht daran nichts zu ändern vermag. Vielmehr könne die Vereinbarung ohnedies bloß unter dem Vorbehalt dieser Genehmigung geschlossen werden, sodaß die Ungültigkeit der gesamten Vereinbarung bei teil-

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Der Einwand etwa, daß der Unterhaltsvertrag bloß ein Scheingeschäft darstelle, weil zugleich ein Entlastungsvertrag vereinbart worden sei, ist rechtlich unerheblich. Diese Verträge beeinträchtigen den Unterhaltsanspruch des Kindes nicht497. De lege ferenda sind die Entlastungsverträge freilich nicht zu begrüßen, da sich der durch das Kind in Anspruch Genommene im internen Verhältnis gegen den anderen Elternteil regressieren kann. Hiedurch sind Reflexwirkungen auf das Kind nicht auszuschließen, wird doch dieser Elternteil vermögensrechtlich „zur Kassa gebeten" und so sein tatsächliches Budget um den Kindesunterhalt reduziert.

Schuldrechtlicher Vertrag über die vermögensrechtlichen Ansprüche und den Ehegattenunterhalt Obwohl die Ehegatten von Gesetzes wegen nicht verpflichtet sind, einen (gerichtlichen) Vergleich abzuschließen, kommen beide Vereinbarungsformen häufig vor. Sie werden angesichts der stark reduzierten Anfechtbarkeit den Interessen der Ehegatten mE letztlich nicht gerecht498. Da ein schuldrechtlicher Vertrag vorhegt, kommt ein einseitiger Widerruf nicht in Betracht 499, die Vereinbarung muß vielmehr eigens angefochten werden. Dabei ist es letztlich gleichgültig, ob dies mit selbständiger Klage oder im fortgesetzten Verfahren erfolgt, da sämtliche Ungültigkeitsgründe releviert werden können. Bei Vorhegen eines (gerichtlichen) Vergleichs sind nach hM indes die §§ 1380 ff ABGB zu respektieren. Auch hier erhebt sich de lege ferenda die Frage, ob nicht die Erweiterung der gesetzlich vorgesehenen Anfechtungsgründe wegen Willensmängel zu befürworten wäre, wie dies hinsichtlich der familienrechtlichen Vereinbarung vorgeschlagen wird. Das vorhandene Fallrecht legt nämlich deutliches Zeugnis für die - im Ergebnis - unbefriedigende Regelung der Scheidungsfolgen ab, führt sie doch zu vielen Folgestreitigkeiten, die Lehre und Rspr gerade durch die Gleichschaltung der Vereinbarung mit dem (gerichtlichen) Vergleich ausschließen wollen.

weiser Unmöglichkeit aus dieser hervorgehen müsse. Das steht mit der hL und dem Gesetz im Einklang. Vgl OGH 29. 2.1972,8 Ob 15/72, EFSlg 17.888. Vgl jedoch auch FN 502 und Text dazu. 497 Vgl III D 5 a. Beruhte der „Unterhaltsvergleich" mit Bezug auf das Kind auf einer hinsichtlich der Einkommensverhältnisse unrichtigen (listig abgegebenen) Erklärung des Vaters, so kommt diesem Umstand für die nachträgliche Änderung des Kindesunterhalts auch dann Bedeutung zu, wenn das Kindeswohl nicht gefährdet ist: zuletzt OGH 16. 3. 1988, 1 Ob 532/88, ÖA 1989,167. 498 Zur Kritik III C 2. 499 Vgl V I Β 1 a, c sowie 2.

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Gesetzgeber und Rechtsstaat, die dem freien und ernsten Einvernehmen substantielle Bedeutimg beimessen, können nicht umhin, die Scheidungsfolgenvereinbarung in ihrem Gesamtzusammenhang zu verstehen. Verfehlt daher die Gleichschaltung ihren „Bereinigungszweck", so wäre zumindest von den auf diese Regelung der Scheidungsfolgen nicht abgestellten Anfechtungsschranken des (gerichtlichen) Vergleichs abzusehen und die erweiterte Anfechtung (im Rahmen des Aufteilungsverfahrens, in dem der Richter nach Billigkeit entscheiden muß) zu ermöglichen. Jedenfalls ist den Parteien de lege lata der Abschluß eines (bloß) außergerichtlichen Vertrages 500 zu raten, da sie nur in diesem Fall das breite Anfechtungspotential, das vom bürgerlichen Recht angeboten wird, für sich nutzen können. Der Nachteil gegenüber einem gerichtlichen Vergleich, keinen Exekutionstitel in Händen zu haben, ist dabei geringfügig. Auch hinsichtlich dieser Teile der Scheidungsfolgenvereinbarung hatte das Höchstgericht über die Gültigkeit der Vereinbarung bei Ungültigkeit eines Punktes zu entscheiden. Es kam zum Ergebnis, daß die enge Verflechtung der unterhaltsrechtlichen und der vermögensrechtlichen Regelung zur Ungültigkeit der ganzen Vereinbarung führt, wenn ein einzelner Bestandteil ungültig ist 501 . Mit Bezug auf einen Vergleich über den Ehegattenunterhalt, dessen Anpassung bzw Neubestimmung begehrt wurde, stellte der OGH jüngst fest, daß die Umstandsklausel nur dahinfalle, wenn die Parteien (schlüssig) auf sie verzichtet, nicht aber schon dann, wenn sie die später eingetretenen Änderungen erwartet hatten, maW wenn es sich um Änderungen handelt, die bei Vergleichsabschluß bereits strittig gewesen sind502. Die Entscheidung ist richtig.

500 Freilich in der gebührenden Form, vgl III B. 501 Siehe OGH 13.12.1988 (FN 125). 502 OGH 26. 4. 1989, 3 Ob 540/89, JB1 1989, 724 (Vergleich im Rahmen einer Scheidung nach § 55/3; dasselbe müßte hinsichtlich der Scheidungsfolgenvereinbarung gemäß § 55a gelten): Mit dieser Entscheidung ist das Höchstgericht von seiner bisherigen Rspr abgerückt. Früher Schloß es nämlich die Umstandsklausel schon dann aus, wenn die Parteien zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses davon ausgegangen waren, daß bestimmte Erwartungen bzw Änderungen eintreten werden.

FUNKTIONALE RECHTSVERGLEICHUNG

Gliederung I. II.

III.

Gestalt und Funktion des Einvernehmens Grenzen der Bestandskraft und Wirksamkeit der Erklärungen zum Einvernehmen A. Der Status B. Die Scheidungsfolgen 1. Dispositionsbefugnis der Parteien und Bindungswirkung der Vereinbarungen 2. Richterliche Eingriffsbefugnis und Korrekturmöglichkeiten der Parteien C. Konfliktbereinigende Wirkung der Scheidungsfolgenvereinbarung Schlußwort

I. Gestalt und Funktion des Einvernehmens Als Klassifikationsmerkmal schienen die Gestalt, die das Einvernehmen im materiellen und Verfahrensrecht annimmt, sowie die Funktion, die es erfüllt, aus mehreren Gründen wichtig: Zum einen sollte es Aussagen über den vertraglichen oder institutionellen Gehalt der Scheidung ermöglichen und einen Strukturvergleich der Scheidungsgründe (seil -tatbestände) erlauben; zum anderen sollte es Rückschlüsse auf seinen wahren Stellenwert und seine Eingrenzung durch die Verflechtung von materiellem Recht und Prozeßrecht ermöglichen. Die Gestalt und Funktion des Einvernehmens hängen notgedrungen von ihrem Bezugsobjekt ab. So bezieht es sich - je nach Rechtsordnung - auf die Auflösung der Ehe als solche oder auf die Zerrüttung, die Unerträglichkeit des Zusammenlebens, auf die wesentlichen Scheidungsfolgen, und zwar entweder als obhgatorische oder als fakultative Scheidungsvoraussetzungen usw. Das Einverständnis zwischen den Ehegatten ist entweder stark auf formale Kriterien bezogen oder vielmehr inhaltlich hinsichtlich seiner Freiheit und Ernstlichkeit einer richterlichen Kontrolle unterworfen; es kann die Zerrüttungsprüfung ganz oder zum Teil ersetzen, dies wiederum allenfalls mit widerlegbaren oder unwiderlegbaren Vermutungen, die das Gesetz an objektivierbare Umstände knüpft, wie etwa eine bestimmte Trennungsfrist, die Erfüllung sämtlicher Formalitäten etc. In der BRD nimmt das Einvernehmen mehrseitige Gestalt an: Es ist zum einen Prozeßhandlung (Antrag bzw Zustimmungserklärung) und zum anderen materielle Willenserklärung (gerichtet auf das beantragte Rechtsschutzziel, nämlich die Auflösung der Ehe). Stellen nicht beide Ehegatten den Antrag auf Scheidung ihrer Ehe nach §§ 1565 I iVm 1566 I BGB, so hat der eine Ehegatte dem Antrag des anderen zuzustimmen. Ein funktioneller Unterschied hegt hier nicht vor, in beiden Fällen ist das Scheidungsbegehren entsprechend zu bekunden. Der ScheidungsvW/fe kommt auch durch die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 630 I 2, 3 und III dZPO zum Ausdruck. Die Verbindung mit dem materiellrechtlichen Scheidungsanspruch ist so eng, daß es sich um Scheidungsvoraussetzungen materiellrechtlicher Natur handelt: ein bloß durch die Vorlage der Schriftstücke formalisiertes Einvernehmen genügt daher nicht. Das Einvernehmen muß materiell einwandfrei zustandegekommen sein. Dies gilt sowohl für den übereinstimmenden Vorschlag (zur elterlichen Sorge und zum Umgangsrecht) wie für die Einigung (über den Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt und die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat). Es erfüllt - unter Einhaltung der Gesetzesvorschriften (ua bei Vorhegen des Trennungsjahres) - die Funktion einer materiellen Zerrüttungsprüfung; an das Vorhegen sämtlicher Voraussetzungen knüpft das Gesetz die unwiderlegbare Vermutung des Scheiterns der Ehe. Als einzige der hier untersuchten Rechtsordnungen verlangt die deut-

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sehe Rechtsordnung über die in § 630 I 3 dZPO genannten Materien einen vollstreckbaren Schuldtitel. Der Stellenwert der einvernehmlichen Regelung dieser Scheidungsfolgen ist maW so groß, daß nicht nur die vertragliche Verbindlichkeit, sondern überdies die Exequierbarkeit gefordert wird 1. Hinsichtlich der elterlichen Sorge und des Umgangsrechtes ist das öffentliche Interesse an der Wahrung des Kindeswohls - wie in den anderen Ländern - der entscheidende Grund dafür, daß den Richter zwar interessieren soll, wie sich die Ehegatten die diesbezügliche Regelung des Kindesschicksales vorstellen, er aber bei möglicher Gefährdung der Kindesinteressen an die Wünsche der Parteien nicht gebunden ist. Das Einvernehmen wird ihnen jedoch abverlangt, weil sie sich über alle Scheidungsfolgen im klaren sein sollen, und zwar über die, die sie selbst betreffen, wie über jene, die ihre Kinder tangieren; darüber hinaus soll der Vorschlag dem Gericht eine Richtschnur sein: Die Eltern wissen - so steht überall zu lesen - am besten, was dem Wohl ihres Kindes entspricht. Hier stellt das Einvernehmen auch die Funktion eines den Scheidungswilligen eingeräumten Vertrauensvorschusses und einer Arbeitserleichterung für den judizierenden Richter dar. In Gestalt eines übereinstimmenden Vorschlages wird sogleich die fehlende Homogenität der verschiedenen Regelungsbereiche, über die grundsätzlich Einvernehmen erzielt worden sein muß, erhellt. Zwar untermauert es die Begründetheit des petits und sein Fehlen führt letztlich zur Erfolglosigkeit des Antrags, aber sind - so die ratio legis - die idealen Lebensverhältnisse, wie sie eine intakte Familie bieten kann, durch die Scheidung, mit der dem gemeinsamen Familienleben ein Ende gesetzt wird, nicht mehr gewährleistet, behält sich der Staat im Interesse des Kindes ein Entscheidungspouvoir vor. In der BRD hat der Richter über die elterliche Sorge zu entscheiden, über das Umgangsrecht darf er eine Entscheidung fällen. Der Kindesunterhalt kann von den Ehegatten selbst einer abschließenden Regelung zugeführt werden, dieser sind jedoch enge positivrechtliche Grenzen gesetzt, deren Verletzung zur richterlichen Entscheidung führt, weil der Kindesunterhalt insoweit auch nur beschränkt disponibel und stets unter der clausula rebus sie stantibus steht. Dadurch hebt sich das Schicksal des Kindesunterhalts bereits grundsätzlich von jenen Materien ab, die zusätzlich mittels eines gerichtlichen Vergleichs erledigt werden können2. Das Einvernehmen in der Form eines Prozeßvergleichs übernimmt eindeutig die Funktion einer bereinigenden Wirkung zwischen den Ehegatten, ist doch diese doppelfunktionelle Prozeßhandlung nur in reduziertem Maße anfechtbar. Auch in diesem Zusammenhang wäre das Kindeswohl zu beachten und vom Richter entsprechend zu prüfen, da die verschiedenen Scheidungsfolgen, und insbesondere das Einvernehmen darüber durchwegs zusammenhängen. Wie in Frankreich, der Schweiz und Österreich sollen Scheidungsfol1 Vgl BRD I; II. 2 BRD II E; III B, C, D; IV C.

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genvereinbarungen Spannungen abbauen, den Kompromiß durch eine Regelung in toto erleichtern und jenen Widerständen gegen die Scheidung, die den Versorgungscharakter einer aufrechten Ehe zunichte macht, den Wind aus den Segeln nehmen. Eine einvernehmliche Regelung der Scheidungsfolgen, die die Scheidung als solche erleichtert, ist in der BRD - wie in Österreich - nicht a limine verpönt; bloß wenn sie die Gestalt eines Druckmechanismus annimmt, die verschiedenen Scheidungsfolgen in unzulässiger, dh sittenwidriger Weise miteinander koppelt, und zwar so, daß sie das Kind als Persönlichkeit mißachten oder das Einvernehmen in seinen Auswirkungen eine Drittbelastung, namentlich der Versorgungsträger darzustellen droht, wird ihr zunehmend die Funktion einer abschließenden Regelung zwischen den Ehegatten abgesprochen, dies in der BRD mit dem sogenannten „Zwangsläufigkeitstest" 3. Recht besehen verdrängt das einvernehmliche Vorgehen innerhalb der hier geschilderten gesetzlichen Grenzen richterliches Eingreifen, das wohl auf eine reduzierte Seriositäts- und Gesetzmäßigkeitskontrolle zusammengeschrumpft ist. Außerdem greift die Tragweite des wahren Einvernehmens insofern auf die Gestaltung des Verfahrens über, als es ohne Zustimmimg des Zweitantragstellers gemäß § 269 I dZPO in jeder Instanz zurückgenommen (bzw die Zustimmungserklärung widerrufen) werden darf. Das Gewicht, daß dem Einverständnis im laufenden Scheidungsprozeß beigelegt wird, ist erheblich. Das gerichtliche Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen manifestiert von der Sachstruktur und den Wertvorstellungen her besehen - die institutionelle Kontrolle über das Scheitern der Ehe. Tendenziell nähert sich der Scheidungsgrund der Zerrüttung in seiner Ausgestaltung als Tatbestand der einvernehmlichen Eheauflösung in hohem Maße der Dispositionsbefugnis der Parteien an, wie sie insbesondere bei der Eingehung der Ehe bekannt und gebilligt ist. Die Eheschließung selbst ist, wenngleich besonderen Formvorschriften unterworfen, nämlich stets „Vertrag". Ein sogenannter dispositiver Charakter der Ehescheidung bedeutet daher nicht die „eigenmächtige Aufkündigung" der Ehe: der „Vertragsi/iAöft" der Eheschließung (auf Dauer angelegte eheliche Lebensgemeinschaft) ist per definitionem für ihre Bindungswirkung ausschlaggebend, die hier intensiver als bei „Verträgen" anderer Rechtsgebiete ist. MaW ist je nach der Sachstruktur eine abgestufte Bindungswirkung angebracht. Dennoch kann im Falle des Scheidungstatbestandes nach § 1566 I BGB keineswegs von einem „contrarius actus" zur Eheschließung gesprochen werden4. Ahnliches gilt für die „einvernehmliche Scheidung" nach französischem Recht: Die Beschreibung des 1. Scheidungstypus, dh nach Artt 230 ff CC, als „accord contractuel" will zwar die Scheidung als „logisches Gegenstück" zur 3 BRD III E. 4 BRD I A; IV B.

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Eheschließung einfangen, kann aber den „institutionellen Rest", der auch hier noch vorhanden ist, weder leugnen noch erklären. Dafür haben die Befürworter der „Vertragslehre" einen Trumpf in der Hand, der rechtsvergleichend betrachtet einmalig ist: Selbst in der Zusammenschau sämtlicher Scheidungsvoraussetzungen (gemäß Artt 230 ff CC) bleibt die Tatsache bedeutsam, daß der wahre Scheidungsgrund (iSv Ursache) nicht enthüllt werden muß5. Im Zusammenhang damit gewinnt die Tatsache, daß es für die Scheidung nicht darauf ankommt, ob die Ehegatten je zusammengelebt haben, an Bedeutung: bloß eine 6-monatige Mindestdauer der Ehe ist verlangt. Das Einvernehmen der Ehegatten erfüllt hier eine privatautonomere Funktion als in anderen Ländern. Die gerichtliche Kontrolle wird dadurch zwangsläufig auf eine viel allgemeinere Ebene verschoben, und zwar, was die Ernstlichkeit des Scheidungsbegehrens anlangt, auf die der Auslegung von Willenserklärungen im allgemeinen, maW der allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechtes. Diese „richterliche Prüfungspflicht" hebt sich allein schon deswegen von der Zerrüttungsprüfung, gleichgültig, wie sie - in anderen Rechtsordnungen - ausgestaltet ist, deutlich ab. Daß die „volonté réelle" sich notwendig auf die Scheidung beziehen muß, ist strukturell bedingt. Das mangelfreie Einverständnis („le consentement libre") in bezug auf diese Scheidung ist ebenso unabdingbar, wenngleich im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen sozusagen abstrakten Wesentlich ist die Freiheit der Willenserklärung, wobei das Objekt der Erklärung in den Hintergrund tritt. Notgedrungen schlägt sich eine solche „Privatisierung" auf die Relation zwischen Eheschließung und Ehescheidung nieder: Diese ist des institutionellen Gehalts weitgehend entkleidet. Contrarius actus ist die Auflösung des Ehebandes (im Einvernehmen) jedoch trotzdem nicht, dafür bedürfte es statt des gerichtlichen Verfahrens etwa der (bloßen) amtlichen Registrierung beim Standesbeamten. Aber so autonom hat sich - die für das französische Recht so typische - Willenstheorie mit Bezug auf die Ehescheidung eben nicht entwickelt. Das Erfordernis der Homologierung der Scheidungsfolgenvereinbarung durch den Richter ist ein Beleg hiefür: Die Vereinbarung wird durch die Genehmigung vollstreckbar, ohne sie ist die Scheidung nicht denkbar. An diesem Punkt setzt eine fühlbare Kontrolle ein, die die Aktivität und Dynamik des Einvernehmens ständig erforscht 6: Es ist bereits fraglich, ob anläßlich der ersten Verhandlung ein Versöhnungsversuch zu unternehmen ist. Bedeutsamer ist jedoch, daß die (definitive) Scheidungsfolgenvereinbarung zu diesem Termin in der Form eines Entwurfes vorgelegt werden soll. Dieser fungiert als Prüfstein für den wahren Scheidungswillen. Änderungen können im Interesse der Ehegatten selbst, insbesondere aber im Interesse der Kin5 6

Vgl Frankreich Vgl Frankreich

IA. I C.

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der auferlegt werden. Die richterliche Einflußnahme hat mit zum Ziel, auszuloten, inwieweit die Scheidungswilligen sich vor allem hinsichtlich der kindesbezogenen Materien tatsächlich festlegen wollen. Hier bleibt kein Freiraum für bedingte (oder vage) Abmachungen: Die einvernehmliche Regelung bedarf eines hohen Präzisionsgrades, der spätestens durch das Unterbreiten der geänderten Vereinbarung bei der zweiten Verhandlung zu belegen ist. Die Zeitspanne zwischen den Verhandlungen bietet Anlaß zum Überdenken des Scheidungsantrags und des Vereinbarungsentwurfes. Selbst anläßlich des zweiten Gerichtstermins kann eine Vertagung angeordnet werden, um die Beharrlichkeit des Scheidungswillens sicherzustellen oder die Vereinbarung neuerlich zu modifizieren. Eine manifest unbillige oder unausgeglichene Regelung der vermögensrechtlichen Fragen, kindeswohlgefährdende Bestimmungen oder eine die Interessen der Allgemeinheit verletzende Vereinbarung (hier vor allem mit Bezug auf den Ehegattenunterhalt, der auf die Versorgungsträger abgewälzt werden soll) werden nicht homologiert, weil sie dem Gesetz widersprächen. Vom Ansatz her scheint die nicht-streitige (erste) Verfahrensphase vor dem JAM, der die Parteien persönlich zu befragen hat, zur Gewährleistung der Beharrlichkeit des Scheidungswillens, der die Scheidungsfolgen mitumfaßt, geradezu prädestiniert. In praxi führen - anders als in Belgien - Formverstöße geringeren Grades auch nicht zur Nichtigkeit, sondern vielmehr zur Vertagung. Bei der Scheidung nach Artt 230 ff CC ist eine Vernachlässigung des „Einvernehmens" kaum zu befürchten, legt doch das Gesetz größten Wert auf diese Scheidungsvoraussetzung. Ja, jedes Verhalten, das einem „ordnungsgemäßen Verfahrensablauf' zuwiderläuft, zum Beispiel das Nichtbeachten eines richterlichen Modifikationsauftrages, das Versäumen einer Frist usw, gelten grundsätzlich als Widerruf des Einvernehmens7. Hier hegt eine gewisse Parallelität zum belgischen Recht vor. Was nun den „Vertragscharakter" der genehmigten Scheidungsfolgenvereinbarung selbst anlangt, hat die Frage der Äquivokation von „Vertragsgenehmigimg" und „genehmigter Vertrag" heftige Diskussionen ausgelöst8: Die (mE künstliche) Verschmelzung des Scheidungsausspruchs mit der homologierten Vereinbarung gründet auf der Befürchtung, daß die Zulässigkeit einer isolierten Anfechtbarkeit der vereinbarten Scheidungsfolgen zu Folgeverfahren führen könnte, die es freilich bereits im Vorfeld zu vermeiden gilt. (Nur bei mutwilliger Anfechtung trifft der Einwand, daß diese der einvernehmlichen Scheidung ihre Grundlage entziehe, zu, aber einer solchen sollte auch in der Sache kein Erfolg beschieden sein.) Das Einvernehmen (über die Scheidungsfolgen) verliert durch die „Unteilbarkeitsthese" offenbar seine Funktion, indem es durch den „Akt der Ge7 Ibid I D . 8 Frankreich

I E, F.

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nehmigung" in einen „hoheitlichen Akt" umgewandelt wird, bei dem Mängel in der Willensbildung - anders als im schweizerischen Recht trotz der kantonalen Unterschiede - keine Rolle mehr spielen sollen. Die „absolute Unteilbarkeit" ist dogmatisch auch nirgends belegt, was die obige Kritik nur untermauert. Vielmehr scheint es sehr schwer, einen Wesensunterschied etwa zum Genehmigungsbeschluß in Pflegschaftssachen oder Adoptionsangelegenheiten des österreichischen Rechts zu erkennen. Die französische Lehre und stRspr befindet sich denn diesbezüglich in einem Argumentationsnotstand, weil sie die Zulässigkeit der (materiellen) Reszissionsklage gegen einen rechtskraftfähigen Hoheitsakt damit begründen muß, daß das Anfechtungsobjekt mangels richterlicher Entscheidung auch nicht in Rechtskraft erwachsen konnte. Die Konstruktion verdeckt freilich schwierige Fragen, die den Streitgegenstands- und Rechtskraftbegriff betreffen und nur am Rande behandelt wurden9. Zusammenfassend ist zu betonen, daß die „Willenstheorie" und der „typische Parteiwille" im Grunde eine y yErklärungßtheorie" zu kaschieren suchen. Die Korrektur eines eventuellen Willensmangels soll der Sache nach mit einer Schadenersatzklage ermöglicht werden, die ihrerseits freilich einen weiteren Systembruch darstellt, verstößt sie doch gegen die Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft (und stimmt darüber hinaus mit dem Parteiwillen des nunmehr beklagten Gatten im Zeitpunkt der Ehescheidung gewiß nicht überein). Das unbefriedigende Ergebnis einer artifiziellen „prozessualen Symbiose" von Urteil und genehmigter Vereinbarung ließe sich - wie bereits ausführlich dargestellt - auch für dasfranzösische Recht problemlos mittels einer funktionsbezogenen Sicht des Zusammenspiels von genehmigter Vereinbarung und Statusurteil vermeiden, indem beide eben als bloß funktionelle Einheit begriffen werden10. Der zweite Scheidungstypus11, nämlich die Scheidung auf Antrag des einen und mit Zustimmung des anderen (Artt 233 ff CC), verlangt das Einvernehmen über die Zerrüttung der Ehe und über die Scheidung selbst. Die Ehegatten sollen mittels eines Tatsachenvortrages die Unerträglichkeit der (Fortsetzung der) ehelichen Gemeinschaft glaubhaft machen. Spätestens hier wird evident, daß Begriffe, wie „Ernstlichkeit (des Scheidungswillens)", „signifikante Tatsachen" (zur Untermauerung des Scheiterns), „guter Wille" (eines Ehegatten) als Anhaltspunkte für den Richter zur Beurteilung der Sachverhaltsdarstellung im Grunde kaum objektiv faßbare Inhalte vermitteln, sondern daß eigentlich der subjektiv-psychologische Gehalt maßgeblich ist. 9 Rechtsvergleichend zum Rechtskraftbegriff siehe Zeuner, Rechtsvergleichende Bemerkungen zur objektiven Begrenzung der Rechtskraft im Zivilprozeß. Aspekte der anglo-amerikanischen, der französischen und der deutschen Lösungskonzeption, in FS Zweigert, 610. 10 Vgl die von mir vorgeschlagene Lösung des Dilemmas, in Frankreich I E 6 und F 1. 11 Frankreich II. 39 Verschraegen

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Wir sind deshalb offenbar mit „schwer widerlegbaren Vermutungen" konfrontiert, weil es sonst auf die rein subjektive Beurteilung durch den jeweiligen Richter ankäme. Auch das Problem des Zugeständnisses der Unerträglichkeit der Fortführung der ehehchen Gemeinschaft erscheint bei gleichzeitiger Ablehnung der Scheidung selbst als ein „venire contra factum proprium", es sei denn, die Ablehnung allein dieser Scheidungsvariante ist möglich. Dagegen wäre der Wunsch, die Ehe zwar formell aufrechtzuerhalten, sie indes materiell zu verneinen, wohl ein berechtigter Anlaß, die „Ernsthaftigkeit" der Willenserklärung in Zweifel zu ziehen. Überdies ist der Platz, den das Geständnis (als Beweismittel und somit Prozeßhandlung) einnimmt, recht bemerkenswert. Es sei daran erinnert, daß Art 259 CC bestimmt: ,JLes faits invoqués en tant que causes de divorce ou comme défenses à une demande peuvent être établis par tout mode de preuve, >> compris l'aveu" 12. So will das „Geständnis" im französischen Recht eher als Willenserklärung erscheinen, während es nach österreichischem Recht vielmehr Ww.se/i,yerklärung darstellt. Dies gestattet nun insofern Rückschlüsse auf Gestalt und Funktion des Einvernehmens, als den Parteien in jenem Fall eine größere Disposition über die Wahrheit von Tatsachen zusteht. Das wiederum verlegt den Akzent deutlicher auf das Einvernehmen zwischen den Parteien, selbst dann, wenn es sozusagen stufenweise etabliert wird: Denn auch hier bleibt der Antrag auf Scheidung erfolglos, wenn der andere Gatte der Eheauflösung nicht zustimmen will. Bezüglich der Scheidungsfolgen kommt es indes auf das beiderseitige Einverständnis gar nicht an, weil die Abwicklung nach der Fiktion eines gleichteiligen Verschuldens von Amts wegen vollzogen wird. Das „Einvernehmen" erhält bei der Scheidung nach Artt 233 ff CC durchaus eine andere Färbung: Es ist einerseits konkreter als beim 1. Scheidungstypus, weil es sich neben dem Einverständnis über Zerrüttung auch auf diese Scheidungsvariante beziehen muß, andererseits erscheint es aber zugleich globaler, da die beiderseitig vorgebrachten zerrüttungsindizierenden Tatsachen nicht unbedingt deckungsgleich sein müssen. Die Funktion des Einvernehmens über Zerrüttung und Auflösung der Ehe besteht - nach Absicht der Gesetzesväter - in ihrer konfliktabbauenden Wirkung. Die Tatsachenvorträge der Parteien sollen ihnen überdies die Schwere ihres Anliegens präsent machen und die Freiheit und Ernstlichkeit des Scheidungsbegehrens gewährleisten13. Von den genannten Ländern hebt sich Belgien durch seinen rigorosen Formalismus ab: Die „inhaltliche Qualität" des „Einvernehmens" wird mittels logischer Schlußfolgerungen aus der Einhaltung sämtlicher Formalitäten gewonnen. H L und Judikatur knüpfen an deren Erfüllung die unwiderlegba12 Vgl Frankreich FN 199. 13 Frankreich II C.

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re Vermutung der Zerrüttung der ehelichen Lebensgemeinschaft und des Einvernehmens über die Scheidungsfolgen. Nach Meinung der Ehegatten muß ein vollgültiger Scheidungsgrund vorliegen - so Art 233 BW -, sodaß der Zerrüttungsgrund zwar nicht zu erörtern, die Zerrüttung selbst freilich zu beweisen ist, und zwar durch Einhaltung der rigiden Formvorschriften. Nicht nur das Mindestalter der Ehegatten und die Mindestdauer der Ehe, sondern insbesondere die Scheidungsfolgenvereinbarung als „wesentliche Scheidungsvoraussetzung", nämlich das Inventar, die Schätzung des Vermögens, die familien- und vermögensrechtlichen Regelungen müssen zu Verfahrensbeginn abschließend geklärt sein. Allfällige Änderungen werden nur ausnahmsweise, nämlich bei höherer Gewalt oder unvorhergesehenen Umständen geduldet14. Jede sonstige Modifikation gilt als Widerruf der Zustimmung, sodaß das ursprüngliche Einvernehmen ganz anders als in Frankreich, der BRD, Schweiz und Österreich - „eingefroren" wird. Beharren die Ehegatten unter diesen Voraussetzungen und anläßlich mehrerer Gerichtsverhandlungen auf ihrem Scheidungswunsch, erfüllt dies die Funktion einer materiellen Zerrüttungsprüfung 15. Nach hM darf die Scheidungsfolgenvereinbarung auch nur einer formalen Kontrolle unterzogen werden, was angesichts des ordre public-Charakters der Scheidungsvoraussetzungen selbst sowie der Bedeutung der kindesbezogenen Materien überrascht. Das Einvernehmen über die Scheidung als solche und über die Scheidungsfolgen in seiner formalisierten Gestalt führt entweder zur stattgebenden („die Scheidung ist zulässig") oder zur zurückweisenden Entscheidung („die Scheidung ist nicht zulässig"). Letzteres erfolgt nach negativer Begutachtung durch die Staatsanwaltschaft, die - wie die prätorische Praxis deutlich belegt - selbst das Manko eines solchen Verfahrens beanstandet16. Der weitgehend fehlenden Zerrüttungsprüfung und Inhaltskontrolle der Vereinbarungen ist es auch zuzuschreiben, daß nach belgischem Recht sämtliche Scheidungsvoraussetzungen „wesentlich" sind, ihr Fehlen gegen den „ordre public (interne)" 17 verstößt und diesfalls der Antrag zurückzuweisen ist. Es ist auch evident, daß ein solcher Gcsctzcspositivismus und Verfahrensformalismus, wie er vorzüglich mit Bezug auf das Scheidungsrecht in Erscheinung tritt, nicht gerade einen fruchtbaren Boden für eine reichhaltige Dogmatik bereiten kann. Ein sehr typischer Beleg für diese These findet sich mE in der undifferenzierten Interpretation der „Scheidungsfolgenvereinbarung" im Lichte der Vertragslehre: Die Korrektur einer unausgewogenen Vereinbarung ist nicht im Wege einer materiellrechtlichen Anfechtung zu erwirken, sondern kann 14 15 16 17

Belgien I; II; III. Vgl ebenda V. Belgien VI. Zum Begriff siehe die Kassationsentscheidung in FN 31 (Belgien).

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bloß mittelbar erfolgen: Zum einen hilft im gegebenen Zusammenhang - wie bereits detailliert besprochen worden ist 18 - eine „zivilrechtliche Haftpflicht" aus, wie sie bei der Zuweisung aller Passiva an denjenigen, der sie bewußt verschwiegen hatte, oder auch beim Verlust aller „Vorteile" mit Bezug auf den Gatten, der sie dem anderen vorenthalten hatte, zum Ausdruck kommt; zum anderen scheint die nachträgliche Aufteilung jener Güter, die „vergessen" oder „übersehen" wurden, auch deshalb kein rechtliches Problem zu sein, weil - ähnlich wie in Frankreich - auf den „Entscheidungsgegenstand" (hier: „Vertrags-" oder „Vergleichsgegenstand") abgestellt wird. Bei einem Rechtssystem, das auf der Willenstheorie beruht, ist das Korrektiv „responsabilité civile" („burgerlijke aansprakelijkheid"), wobei der Vertrag trotz eines Willensmangels im Zweifel intakt bleibt19. Geht eine Rechtsordnung indes von der Erklärungs- oder Vertrauensthooùe aus, so wird der Schutz des wahren Willens eben durch die Anfechtung wegen mangelhafter Willensbildung realisiert 20. Im Zuge dieser Überlegung ist es denn auch sehr interessant, festzustellen, daß die Länder, die auf der Tradition des französischen CC aufbauen, wie Belgien, und der Willenstheorie anhängen, sich anderen - angeblich am Formalismus ausgerichteten - Rechtssystemen durchaus überlegen fühlen 21. De Page und Limpens wollen dies historisch erhärten: Die Erklärungsthcorie (als eine Variante von ihr wird die Vertrauenstheorie angesehen) fuße auf römischrechtlicher Tradition, die sich für weniger weit entwickelte Rechtskulturen besser eigne, und belege die Anpassung an den Formalismus (und Objektivismus); ein derartiges Vertragsverständnis bedeute für das französische und belgische Recht jedoch einen Systembruch und Rückschritt zugleich! Diese Auffassung kann mE schwerlich überzeugen: Selbst wenn das Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen etwas zurückgestellt und nur die „Regelung der Scheidungsfolgen" unter die (theoretische) Lupe genommen wird, erscheint das Einvernehmen darüber in hohem Maße formalisiert, allzu sehr auf die formgerechte Willenserklärung ausgerichtet und gar nicht auf

18 Vgl Belgien VIII C. 19 Limpens, Rechtsvergelijkende aantekeningen over wil en wilsverklaring, Liber Amicorum Baron Louis Frédéricq, 681 f, 687 begründet dies - aufbauend auf de Page - wie folgt: Bei Vorliegen eines Willensmangels oder bei gänzlichem Fehlen des Vertragsabschlußwillens ist der Partei, die eine fehlerhafte Erklärung abgegeben hat, und dadurch bei der anderen Partei eine falsche Vorstellung erweckt, ein Fehler anzulasten, für den sie sich verantworten muß. Die Ersatzpflicht erfolgt in natura, und zwar durch Aufrechterhaltung des Vertrages (Technik der „responsabilité civile"). Aus Gründen der Rechtssicherheit bleibt der Vertrag, obwohl es am wahren Willen einer Partei mangelt, aufrecht, und zwar entweder wegen des erweckten Rechtsscheines oder wegen der Unbeachtlichkeit des Willensmangels. 20 Obwohl die Willenserklärung äußerlich einwandfrei abgegeben wurde, ist eine Anfechtung dann möglich, wenn entweder kein legitimes Vertrauen in die Erklärung geweckt worden war oder aber, weil ein beachtlicher Willensmangel vorliegt. Dazu Limpens (FN 19) 686 f mwN. 21 Siehe ua De Page, Traité élémentaire de droit civil belge. Principes - doctrine - jurisprudence Τ I, Nr 22 f, 38 f, 46 sowie in Anlehnung an ihn Limpens (FN 19) 688.

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den wahren Parteiwillen gegründet. Die Tatsache, daß die Parteien zu drei mündlichen Verhandlungen erscheinen müssen, aus der Einhaltung sämtlicher Formvorschriften die Beharrlichkeit des Scheidungswillens geschlossen wird und sie beide innerhalb der vorgeschriebenen Frist um die Eintragung der Scheidung in das Personenstandsbuch ansuchen müssen, untermauert zwar die geforderte Aktivität der Scheidungswilligen, da jegliches Absehen von der Verfahrensfortsetzung als Widerruf des Einverständnisses qualifiziert wird. Fraglich erscheint jedoch, ob die Formalisierung, die ursprünglich den Zweck erfüllen sollte, die Notorietät des wahren Scheidungsgrundes zu verhindern, tatsächlich den wahren und freien Scheidungswillen belegen kann. Die Bedenken gaben in anderen Rechtsordnungen bereits Anlaß zu mehreren Auseinandersetzungen: In der BRD etwa genügt es nicht, daß eine Partei einen Antrag stellt oder dem Antrag des anderen schlicht zustimmt, sich im übrigen aber zur vorgelegten Scheidungsfolgenvereinbarung nicht äußert und das Verfahren sozusagen über sich ergehen läßt. Die Zustimmung muß - und dies zu Recht - ausdrücklich erfolgen. Dies, obwohl schon das Verbundverfahren den Parteien die Scheidungsfolgen zur Gänze vor Augen führt und sie sich spätestens an diesem Punkt über die Tragweite der Auflösung ihrer Ehe im klaren sein müssen: Ex offo wird über die elterliche Sorge und - mangels Vereinbarung - über den Versorgungsausgleich entschieden; das sind - im Zusammenhang mit der Scheidungsfolgenvereinbarung - Proben aufs Exempel für das wahre Einverständnis, dies zweifellos im Falle einer vom elterlichen Sorgerechtsvorschlag abweichenden Vorwegentscheidung22. Rechtstatsächlich kennt auch die Schweiz eine Form der einvernehmlichen Scheidimg, die - wie in anderen Rechtsordnungen - auf der Zerrüttung beruht 23. Aber sie wird insofern (innerstaatlich) mit Argusaugen verfolgt, als sie nicht zuletzt aus Gründen des positiven Bundes- und kantonalen Rechts nur schwer in den Griff zu bekommen ist: Die Ehegatten können nämlich die Scheidung nach Art 142 ZGB ohne weiteres gemeinsam begehren. Dies wird als Indiz für die Zerrüttung gewertet. Sie können auch eine „Scheidungskonvention", dh „Scheidungsfolgenvereinbarung" vorlegen, die zusätzlich das Einvernehmen über die Scheidung und die Nebenfolgen untermauert. Die Parallele zum deutschen Recht, das zum Scheidungsgra/id der Zerrüttung ua den Tatbestand der einvernehmlichen Scheidung kennt, illustriert - gerade unter dem Blickwinkel des schweizerischen Rechtes - die Möglichkeit und Zulässigkeit eines solchen Brückenschlages. Dem schweizerischen (Reform-) Gesetzgeber gibt freilich vor allem die Tatsache zu denken, daß das Parteivorbringen einvernehmlich vorgebracht und deshalb unbestritten bleibt, weshalb die Offizialmaxime tendenziell - und entgegen Art 158 ZGB - in einen 22 BRD TV. 23 Schweiz I; III.

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Verhandlungsgrundsatz umgeschlagen ist: Das Einvernehmen der Parteien äußert sich folglich insbesondere im (grundsätzlich kontradiktorischen) Scheidung^rozejS24, materiellrechtlich wird ihm natürlich keine dezisive Bedeutung zuteil, weil dem gemeinsamen Scheidungsbegehren keine selbständige Wirkung beigemessen wird. Die kantonalen Zivilprozeßordnungen (bzw Einführungsgesetze zum ZGB) ordnen (fast alle ausdrücklich) die Offizialmaxime für Rechtsverhältnisse an, über welche die Parteien (materiell) nicht frei verfügen können: Nun steht beim gemeinsamen Scheidungsbegehren - wenn überhaupt, dann die (beweisbedürftige) Zerrüttung zur Debatte, und diesbezüglich ist bloß ausschlaggebend, ob der Richter vom Scheitern der Ehe überzeugt ist. Hat er keine Anhaltspunkte, das Vorbringen zu bezweifeln, wird er auch keinen Anlaß sehen, seine Inquisition auszuschöpfen25. Dies wird vor allem zutreffen, wenn die Parteien schon vor dem „Vermittler" einen Vergleich über die Nebenfolgen der Scheidung abgeschlossen haben26. Manche Zivilprozeßordnungen sehen für „einfache Fälle", das sind in praxi „nicht bestrittene Begehren" (insbesondere „gemeinsame Scheidungsbegehren") sogar ein „vereinfachtes Verfahren" vor 27. Hier wird vom Versöhnungsversuch Abstand genommen, es findet nur eine Hauptverhandlung statt und das Einvernehmen über die Scheidung (gemeinsames Scheidungsbegehren) und die Scheidungsfolgen (Scheidungskonvention) verdrängt de facto die materielle Zerrüttungsprüfung, anhand derer die „tiefe Zerrüttung" auszuloten wäre. Die vereinbarten Scheidungsfolgen bedürfen der Homologierung, die nicht einvernehmlich geregelten Scheidungsfolgen sowie die Kindesbelange der richterlichen Entscheidung. Auch im schweizerischen Recht erfüllt die Vereinbarung eine konfliktabbauende Funktion, die die Auflösung der zerrütteten Ehe jedenfalls psychologisch erleichtern soll. Rechtsvergleichend interessant ist dabei die Möglichkeit eines Antrags auf NichtbewUligung der Scheidungskonvention, woraus manche das Verbot des einseitigen Widerrufs der Vereinbarung ableiten. Wird diesem Antrag nicht stattgegeben, was durchaus möglich ist, dann verliert das Einvernehmen unter Umständen seinen befriedenden Effekt, bewirkt jedoch zunächst eine Stabilisierung der Rechtslage.

24 Schweiz, im einzelnen („Kantonale Sonderregelungen") III C. 25 Eine polizeiliche Vorführung etwa, ein Versöhnungsversuch („Sühneverfahren"), die Zeugeneinvernahme etc. Vgl indes das inzwischen in Kraft getretene Vereinfachte Verfahren im Kanton Waadt: Loi du 15 septembre 1987 modifiant le Code de procédure civile du 14 décembre 1966; Chapitre III: Des actions en divorce, en séparation de corps et en nullité de mariage (Arts 375 a-f), in Feuilles des avis officiels du canton de Vaud (FAO Vaud), vendredi 2 octobre 1987. 26 Schweiz, zum Beispiel III C 8 (Glarus); III C 17 (St. Gallen). 27 Schweiz, etwa III C12 (Basel-Stadt); III C 22 (Waadt).

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Recht besehen erweist sich die „Konventionalscheidung" als Scheidung im Einvernehmen der Ehegatten, die durch den Verfahrens- und materiellrechtlichen Gleichschritt, zugleich untermauert mit dem (zwingend angeordneten) persönlichen Erscheinen und der persönlichen Befragung über die Unerträglichkeit des weiteren Zusammenlebens, einen Versöhnungsversuch obsolet sowie - jedenfalls im vereinfachten Verfahren - eine einzige mündliche Verhandlung - ohne besondere Prozeßhürden oder Formalanforderungen als Kontrollmechanismen - ausreichend erscheinen lassen. Der Stellenwert der Scheidungskonvention ist in einem kontradiktorischen Verfahren als Indiz für den Zerrüttungsgrad sehr hoch zu veranschlagen; dort freilich, wo im Grunde die Verhandlungsmaxime herrscht, müßte die materielle Zerrüttungsprüfung intensiver durchgreifen. Das Gegenteil ist indes der Fall: Die Scheidungskonvention erhält einen objektiven Erklärungswert und fungiert als materielle Voraussetzung zu einer Scheidung im Einvernehmen. Wie die BRD kennt auch die Schweiz Ausnahmen vom Verbund: Kantonale Prozeßordnungen sehen vielfach die getrennte Behandlung güterrechtlicher Fragen vor. In Frankreich und Österreich werden dazu divergierende Meinungen vertreten. Für alle Beteiligten empfiehlt sich eine abschließende Gesamtregelung aller Fragen vor dem Scheidungsausspruch. Ausdrücklich als Voraussetzung zur einverständlichen Scheidimg deklariert ist das gemeinsame Scheidungsbegehren im österreichischen Recht. Das Einvernehmen - als Prozeßhandlung und materiellrechtliche Willenserklärung - muß sich auf die Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses sowie auf die Auflösung der Ehe beziehen und sich in der Vorlage der Scheidungsfolgenvereinbarung (Obsorge, Umgangsrecht, Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt und die vermögensrechtlichen Ansprüche) materialisieren. Selbst wenn die Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft nie aufgenommen haben, ist davon auszugehen, daß die Mindestdauer der Ehe (in casu 6 Monate) eingehalten werden muß28. Die Rechtslage hebt sich insoferne von den anderen Rechtsordnungen ab, als die Regelung des Umgangsrechts vorbehalten werden kann (und zwar durch eine sogenannte „Vorbehaltserkärung") und der Scheidungsrichter über die Kindesbelange nicht selbst entscheidet. Vielmehr obliegt es dem Pflegschaftsrichter, diese Vereinbarung(steile) zu genehmigen. Im Scheidungsverfahren 29 selbst muß die Bedeutung des Einvernehmens zumindest mit Bezug auf die Scheidungsfolgen dadurch notgedrungen verblassen. Streng genommen gehört die Prüfung des wahren und ernsthaften Einvernehmens, das überdies in eine kindeswohlgerechte Regelung münden sollte, zur richterlichen Amtspflicht; de facto werden indes vorschnell die Kompetenzverteilung ins Treffen geführt, der Unterhaltsverzicht respektiert 28 Österreich II A, B, C, D, E. 29 Österreich, im einzelnen IV.

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und eine Erledigungserklärung (hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche) - zu Umecht - ohne weiteres zur Kenntnis genommen. Dadurch bekommt das Einverständnis zwischen den Ehegatten, die die Zerrüttung sofort eingestehen, einen eigenständigen Stellenwert, der schwerhch in das Außerstreitverfahren mit seinem Offizialgrundsatz hineinpassen will. Angesichts der Auslegung des § 55a/3 EheG, wonach eine vor dem Scheidungsbeschluß erfolgte pflegschaftsgerichtliche Verweigerung der Genehmigung der Eheauflösung nicht entgegensteht, verbleiben nicht viele Anforderungen, an denen der wahre Scheidungswille gemessen werden kann. Das öAußStrG verweist ausdrücklich - wenn auch unreflektiert - auf die Vergleichsbestimmungen der öZPO, sodaß die den Parteien anheimgestellte Bereinigung aller (!) Scheidungsfolgen im Wege eines (gerichtlichen) Vergleichs die Tendenz noch verschärft, die einvernehmliche Scheidung als ihre persönliche Angelegenheit zu betrachten. Anders als im belgischen Recht etwa, scheint der Schwerpunkt hier eher beim Einvernehmen über die Auflösung des Ehebandes zu hegen, denn mangels notwendiger Kontrolle der Scheidungsfolgenvereinbarung als materielle Voraussetzung verliert diese weitgehend ihre Funktion, Prüfstein für das umfassende Einvernehmen zu sein. Die belgische Rechtsordnung dagegen will dieses Ziel durch die Einigung über alle Scheidungsfolgen gleich zu Beginn des Verfahrens erreichen und erblickt in der Erfüllung sämtlicher Formvorschriften den unwiderlegbaren Beweis des wahren Einverständnisses zwischen den Ehegatten.

IL Grenzen der Bestandskraft und Wirksamkeit der Erklärungen zum Einvernehmen Die Grenzen der Bestandskraft und Wirksamkeit aller zum Einvernehmen abgegebenen Erklärungen können anhand diverser Prüfungskriterien nachgezeichnet werden, darunter fallen der Widerruf mit Bezug auf das Einvernehmen zur Scheidung selbst sowie zu den Scheidungsfolgen, der Antrag auf Nichtbewilligung, die Untätigkeit einer Partei, die Überlagerung von materiellrechtlichen Mängeln durch die richterliche Prüfungspflicht vor der Genehmigung der Scheidungsfolgenvereinbarung und die Unteilbarkeit (Einheit von Statusentscheidimg und Scheidungsfolgenvereinbarung) nach erfolgter Homologierung. Ferner wurde die Scheidungsfolgenvereinbarung typologisch in die „familienrechtliche Vereinbarung", den „Kindesunterhaltsvertrag" und die „vermögensrechtliche Vereinbarung" (bzw „schuldrechtlicher Vertrag über die vermögensrechtlichen Ansprüche und den Ehegattenunterhalt") aufgegliedert. Mit Hilfe der Dispositionsbejugnis der Ehegatten über die zu regelnde Materie und der Bindungswirkung der Vereinbarung gegenüber dem Richter wird aufgezeigt, welche Materien privatautonom geregelt werden können oder nicht, und wie die Bestandskraft der Vereinbarungen und deren Wirksamkeit einzugrenzen ist. Schließlich zeigt auch die Anfechtung der Statusentscheidung und der Scheidungsfolgen(vereinbarung) auf, inwiefern das Einvernehmen, wenn es von einer Partei nachträglich in Frage gestellt wird, maßgeblich bleibt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit empfiehlt es sich, zunächst auf den Status, sodann auf die Scheidungsfolgen einzugehen. A Der Status Die analysierten Rechtsordnungen räumen den Parteien verschiedene Möglichkeiten ein, das Einverständnis zur Scheidung vor und/oder nach Rechtskraft der Statusentscheidung in Frage zu stellen. Zugleich knüpfen sie - zur Gewährleistung des wahren Scheidungswillens oder zur Hintanhaltung der Eheauflösung als solche - an die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen formellen und materiellen Voraussetzungen unterschiedliche Rechtsfolgen, die die Bestandskraft und Wirksamkeit der Erklärungen zum Einvernehmen zunichte machen oder doch zumindest in Zweifel ziehen. In Frankreich wird die Einheit von Statusurteil und genehmigter Scheidungsfolgenvereinbarung und somit deren nachträgliche Unanfechtbarkeit ja damit begründet, daß die Vereinbarung ex post nicht mehr angefochten wer-

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den dürfe, weil sie zugleich die Statusentscheidung mit zu Fall brächte30. Damit wird, wie eräwhnt, eine - nicht überzeugende - „prozessuale Symbiose" hergestellt. Für das belgische Recht ist dieses Problem deshalb nicht virulent, weil die Vereinbarung keiner Homologierung unterhegt und als privatrechtliche Einigung über die Scheidungsfolgen bestehen bleibt31. In der BRD22, der Schweif und Österreich 34 muß - soweit die getrennte Anfechtung nicht ohnedies vorgesehen ist - davon ausgegangen werden, daß sowohl formale wie materiellrechtliche Überlegungen dafür sprechen, das Einvernehmen über die Auflösung der Ehe bei erfolgreicher Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung unberührt zu lassen: Zum einen führt der Wegfall einer Vereinbarung nicht zum Wegfall eines Hoheitsaktes (Statusentscheidung); zum anderen erfolgt die Scheidung nur bei Vorhegen einer Vereinbarung. Bleibt diese unvollständig oder hegt materiell keine Regelung der Scheidungsfolgen vor, so beeinträchtigt dies die Entscheidung nicht. Die Vereinbarung ist in diesen Ländern nicht ZVozejSvoraussetzung, sondern - mit Ausnahme der Schweiz - (nur) inhaltliche Voraussetzung zur Scheidung. Zum Wegfall der Statusentscheidung bedürfte es der Korrektur mit außerordentlichen Rechtsmitteln, ein automatischer Wegfall ist deshalb nicht denkbar. Es gibt Fallgestaltungen, die die Grenzen der Bestandskraft und Wirksamkeit der zur Eheauflösung abgegebenen Erklärungen besonders deuthch hervorheben, und zwar Gesetzesumgehungen (zum Zwecke einer Steuerscheidung, einer de facto-Konventionalscheidung usw) oder aber materielle Mängel, die den Erklärungen anhaften. Nach allen Rechtsordnungen wird zur einverständlichen Scheidung (und nicht weniger beim „gemeinsamen Scheidungsbegehren" nach Art 142 ZGB) die Zerrüttung des ehehchen Lebensverhältnisses verlangt. Jeder Versuch einer Gesetzesmanipulation zieht die Nichtigkeit bzw Vernichtbarkeit nach sich. Bei mangelhafter Willensbildung, deren Gefahr jedem Gesetzgeber im Zusammenhang mit der einverständlichen Scheidung besonders präsent war und ist, wird der Bestandskraft und Wirksamkeit der entsprechenden Erklärungen in unterschiedlichem Maße Rechnung getragen. Dort, wo bis zur rechtskräftigen Statusentscheidung ein freier Widerruf des Einvernehmens (bzw der Zustimmungserklärung) möglich und zulässig ist, sind sämtliche Willensmängel wohl überspielt.

30 31 32 33 34

Frankreich I F. Belgien VIII. BRD V I B. Schweiz VI A, B. Österreich V I A.

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Das gilt einmal für Belgien, wo über die freie Widerrufsmöglichkeit hinaus das (unentschuldigte) Unterbleiben der geringsten Formalität als Abstandnahme vom Antrag verstanden wird. Selbst wenn die säumige Partei in einer solchen Situation auf ihrem Scheidungsbegehren beharrte, ist der Antrag hinfällig. Sieht ein Ehegatte von der Verfahrensfortsetzung ab, dann gilt dies ebenfalls als (konkludenter) Widerruf der Zustimmung35. All diese Sanktionen haben mit der Gewährleistung des „wahren Scheidungswillens" jedoch wenig zu tun, vielmehr sollen Scheidungswillige zu dieser Scheidungsvariante erst gar nicht greifen. Eine Parallele zu den geschilderten Rechtsfolgen findet sich, wenngleich in abgeschwächter Form, in Frankreich. Dort ist die Gleichschaltung der Untätigkeit einer Partei mit ihrem fehlenden Scheidungswunsch allerdings überzeugender. Denn Nichtentsprechungen mit vorgeschriebenem Verhalten wird auf Grund teleologischer Überlegungen ein objektiver Erklärungswert beigemessen, und zwar in einem Verfahren, das tatsächlich darauf abzielt, ein freies, ernsthaftes und beharrliches Einvernehmen zu gewährleisten. Bei der 2. Scheidungsvariante kennt die Berücksichtigung der Freiheit und Emstlichkeit der Erklärungen bzw des Einverständnisses indes deutliche Grenzen: Nach hL und stRspr ist der Widerruf dieses Einvernehmens (bzw der Zustimmung zur Scheidung) vor dem TGI nicht mehr zulässig36. Ab diesem Zeitpunkt wird das Einvernehmen - trotz allfälliger gegenteiliger Behauptungen einer oder beider Parteien - nunmehr vorausgesetzt, und dem TGI obliegt dann die Aufgabe, über die Scheidungsfolgen zu entscheiden, selbst dann, wenn der fehlende oder mangelhafte Scheidungswille vorgetragen wurde. Überzeugend ist dies, wie bereits ausgeführt, gerade im Lichte des ordre public (interne) allerdings nicht. Die zweiphasige Struktur, die sich vor allem auch auf die Feststellung der Scheidung dem Grunde nach - durch den JAM -, und den Ausspruch über die Auflösung der Ehe - erst durch den TGI - auswirkt, erinnert funktionell an das - dem österreichischen Recht bestens bekannte - „Auseinanderklaffen" won formeller und materieller Rechtskraft 37. Von dem geschilderten Dilemma bleiben die anderen Rechtsordnungen verschont: Bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung ist das wahre Einvernehmen als Scheidungsvoraussetzung zu beachten. Selbst dort, wo das Einvernehmen über die Unerträglichkeit (der Fortsetzung) der ehelichen Lebensgemeinschaft, dh die zerrüttungsbegründenden Tatsachen, durch das gerichtliche Geständnis untermauert wird (so in Frankreich nach der 2. Variante, und zwar als zulässiges Beweismittel38; in

35 36 37 38

Belgien V. Zum Problem siehe Frankreich II F. Zur Kritik siehe Österreich IV D. Frankreich II C, D, E.

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Österreich 39 nach Meinung mancher) ist doch anzunehmen, daß dieses den Richter nicht zwingend binden kann. Eine Dispositionsbefugnis über den Status und eine Bindungswirkung gegenüber dem Richter hegen auch hier jedenfalls aus Gründen des ordre pubhc (interne) bzw des öffentlichen Interesses - nicht vor. Nach österreichischem Recht scheint eine systemkonforme Lösung jedoch nur im Wege einer Differenzierung des Zerrüttungsgeständnisses als „quaestio mixta" möglich. Danach steht dem Richter zwar die rechthche Beurteilung zu, aber es ist wohl nicht zu leugnen, daß auch hier die Zerrüttungsvermutimg letztlich schwer widerlegbar sein wird, weil ein subjektiver Zerrüttungsbegriff maßgeblich ist, von dem das Gericht - mangels anderweitiger Anhaltspunkte - zunächst auszugehen hat. Rechtsvergleichend betrachtet wäre der deutsche Richter auch nur dann autonomer in der Beurteilung, wenn § 15661 BGB keine unwiderlegbare Vermutung vorsähe. Einzuräumen ist freilich, daß insbesondere scheidungserleichternde Vereinbarungen, wie sie vor allem für das deutsche und österreichische Recht kennzeichnend sind, den Parteien größere Mittel an die Hand geben, ihrem Einvernehmen eine Bestandskraft zu verleihen, die vom Richter kaum entkräftet werden kann. Einerseits ist dies mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht seine Aufgabe, und andererseits trifft ihn nur die Pflicht, über die Einhaltung des Gesetzes zu wachen. Aber sogar das Vorhegen kindeswohlgefährdender, sittenwidriger oder sonstwie gesetzwidriger Vereinbarungen ist noch kein Anlaß, das Einvernehmen über die Eheauflösung in Frage zu stellen. Die Lage ist indes anders bei Vereinbarungen, mit denen die Scheidung abzukaufen versucht wird: Daß dieses Risiko insbesondere durch die Zulässigkeit von Scheidungsfolgenvereinbarungen begünstigt wird, ist jedem Gesetzgeber stets bewußt gewesen: Solche „Vereinbarungen" sind natürlich verpönt. Allerdings hält diese Haltung nicht immer mit einer entsprechenden Überprüfungsbefugttis und Inhaltskontrolle Schritt, die sich im Regelfall nicht auf die Freiwilligkeit des „Verewbaxungsabschlusses" (und des Scheidungswillens) bezieht, sondern die jeweiligen Materien oft getrennt vor Augen hat. Die Vereinbarungen werden in der Regel für den Fall der Scheidung abgeschlossen, und da es keine Verpflichtung zur einvernehmlichen Scheidung geben kann, fallen die „Vereinbarungen" im Zweifel dahin, wenn die Ehe nicht aufgelöst wird. Sehr anschaulich kommt dies im französischen 40, aber auch deutlich im belgischen Recht41 zum Ausdruck: Der Scheidungswille muß immer wieder betont werden, die Parteien müssen auf ihrem materiellen Entschluß beharren. So besehen kann die „Handlungspflicht" der Parteien (widrigenfalls ja die Scheidung nicht ausgesprochen wird) auch als Dispositionsbefugnis über den Status verstanden werden: Bei der „einvernehmlichen Scheidung" ist ei39 Österreich II C; IV B. 40 Frankreich I Β und D. 41 Belgien II und V.

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ne solche den Ehegatten in größerem Maße eingeräumt, wenn das Rechtssystem auf einen subjektiven und daher schwer widerlegbaren Zerrüttungsbegriff gründet. Je mehr Bedeutung und Gewicht dem „Einvernehmen" beigemessen wird, umso größer ist die Dispositionsbefugnis. Dies ist dann anzunehmen, wenn formelle Schranken zunehmend abgebaut werden. Die Praxis der schweizerischen Gerichte 42, selbst unter Berücksichtigung kantonaler Unterschiede, ist dafür ein illustratives Beispiel. Bei der Frage der „Dispositionsbefugnis" droht insbesondere die gedankliche Konzentration auf das „vertragliche" Verfügungspouvoir - so in Frankreich 43 - das Bild zu verzerren: Ein solches ist freilich in bezug auf den Status zu leugnen. Hier wie da wird zwar eine gewisse Dispositionsbefugnis über den Status bejaht, aber nur in dem Ausmaß, als das materielle Einvernehmen (sowie der formelle Gleichlauf) unentbehrlich ist. Auch das deutsche und das österreichische Recht sehen Möglichkeiten vor, das Einvernehmen zu widerrufen. Wenngleich in Österreich nicht ausdrücklich geregelt, ist ein Widerruf der Zustimmung schon in favorem matrimonii für zulässig zu erachten44. In der BRD findet sich eine entsprechende Regelung im Gesetz45. Die Begründetheit des Scheidungsbegehrens steht und fällt - bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung (in der BRD) bzw bis zum Eintritt der Rechtskraft (in Österreich) mit diesem Einverständnis. Deshalb ist es sehr fraglich, ob - wie in Deutschland - ein Rückgriff auf die allgemeinen ZPO-Bestimmungen (§ 269 I dZPO) an sich eine begrüßenswerte Lösung darstellt. Der Ausschluß der freien Antragsrücknahme analog dem Widerrufsrecht - deutet auf eine kontradiktorische Sicht der einverständlichen Scheidung, die die verfahrensrechtliche Einbettung zwar nahelegt, dabei das wahre Einvernehmen zwischen den Ehegatten und die erforderliche Waffengleichheit allerdings vernachlässigt.

B. Die Scheidungsfolgen In bezug auf die „Scheidungsfolgen", die von den Ehegatten im Einvernehmen geregelt werden (dürfen, sollen bzw sogar zum Teil müssen), wird die Dispositionsbefugnis der Ehegatten über die verschiedenen Regelungsmaterien differenziert beurteilt. Die rechtliche Ausgestaltung variiert durchwegs. Eine grobe Gruppierung der Materien ergibt zunächst, daß die Scheidungswilligen sich zwar über bestimmte Scheidungsfolgen „einigen" können (so grundsätzlich in der 42 43 44 45

Schweiz III. Frankreich IB. Österreich V Β 1. BRDV B.

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Schweiz 46 über die „Nebenfolgen" der Scheidung; mit Bezug auf das Umgangsrecht in Österreich xl\ hinsichtlich des Versorgungs- und Zugewinnausgleichs in der BRD4*, von sonstigen fakultativen Klauseln abgesehen, die die unmittelbaren Scheidungsfolgen nicht direkt betreffen) oder müssen (in Gestalt der „Regelung der gegenseitigen Ansprüche", in concreto das Inventar aller Güter, die Schätzung des Vermögens und die rechthche Klärung der vermögensrechtlichen Ansprüche und der „familienrechtlichen Vereinbarung" nach belgischem Recht, nämlich die „Einigung" der Ehegatten über den Aufenthaltsort, das Sorgerecht, die Vermögensverwaltung des Kindes, das Besuchsrecht, die sogenannte „contributio" an die Kinder und den Ehegattenunterhalt49; über die Namensführung, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung, Ausgleichsleistungen nach Artt 270 CC, Ansprüche aus Sozialversicherungs- und Ruhegeldrenten, das rechthche Schicksal von Schenkungen und sonstigen wirtschaftlichen Vorteilen, die Abwicklung güterrechtlicher Fragen, die Verfahrenskosten, das Sorge- und Umgangsrecht, den Kindes- und Ehegattenunterhalt in Frankreich^ über die elterliche Sorge, das Umgangsrecht, den Kindesunterhalt, den Ehegattenunterhalt, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat in der BRD51; über die Obsorge, den Kindesunterhalt, den Ehegattenunterhalt und die vermögensrechtlichen Ansprüche in Österreich 52). Diese Regelungsbefugnis sagt aber über die eigentliche Dispositionsbefugnis der Ehegatten und die Bindungswirkung dieser Vereinbarungen gegenüber dem Richter und zwischen den Ehegatten noch nichts aus. Im allgemeinen geht die Tendenz dahin, Kindesbelange von einer abschließenden Regelungsbefugnis der Ehegatten auszuklammern, dies wird mit deren ordre public (interne)-Natur (Belgien, Frankreich) bzw der Bezogenheit auf das öffentliche Interesse (Schweiz, BRD) begründet. In Belgien etwa ist es den Scheidungswilligen deshalb versagt, über die das Kind betreffenden Fragen einen (gerichthchen) Vergleich abzuschließen53. Der Schweizer Richter wird über diese Fragen selbst entscheiden, das deutsche Gericht jedenfalls über die elterhche Sorge. Nur in Österreich hegt die hM - sehr zu Umecht - keine Bedenken in Bezug auf die Vergleichsbefugnis der Ehegatten über die kindesbezogenen Fragen. In allen Ländern wird das Kindeswohl hervorgehoben, es wird zumindest nach dem Buchstaben des Gesetzes auch überprüft (in Frankreich tat46 47 48 49 50 51 52 53

Schweiz II; IV A. Österreich II E; III A 2. BRD II E; III C. Belgien II D; III A; IV A, B, C. Näheres bei Ferid/Sonnenberger f Das französische Zivilrecht, Bd 3,4 Β 460 ff. BRD III C. Österreich III A. Vgl auch Pintens, De echtscheiding door onderlinge toestemming, Nr 278,357.

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sächlich, und zwar durch den JAM; in Belgien durch die Staatsanwaltschaft; in der BRD und der Schweiz durch den Scheidungsrichter; in Österreich durch den Pflegschaftsrichter), damit die Kindesinteressen gewahrt werden, die bei laufendem Scheidungsverfahren durch die Auseinandersetzung der Ehegatten zurückgedrängt oder mit Leistungen, die das Kind zum Tauschobjekt machen, verbunden werden können. Insbesondere das deutsche, aber auch das schweizerische und österreichische Fallrecht illustriert die Problematik. Versuche einer dogmatischen Untermauerung der Differenzierung nach disponiblen und nicht-disponiblen Materien sind in der Schweiz und der BRD durchaus unternommen worden. Diese Schrift will die eingeschlagenen Wege vertiefen. Eine für alle Rechtsordnungen maßgebliche Klassifikation konnte indes auf Grund der unterschiedlichen nationalen Gesetzesregelungen nicht durchgeführt werden. Wohl aber gelang eine Typologisierung, die insbesondere anhand des deutschen und österreichischen Rechts näher begründet ist54, und sich im Prinzip auch auf das schweizerische Recht projizieren läßt, weil diese Rechtsordnung die oben angeführte Differenzierung durchaus in sich trägt, sind doch die Kindesbelange ausnahmslos der richterlichen Entscheidung vorbehalten. Das belgische Recht gibt ob des Vergleichsverbotes bezüglich der Kindesbelange, das französische Recht wegen des von der Lehre selbst geprägten Satzes „pacta non sunt servanda", durchaus Anlaß für ähnliche Überlegungen. Bevor auf die Typologie näher eingegangen wird, sind ein paar Einzelheiten in Erinnerung zu rufen. Nicht-disponibel sind in Deutschland und Österreich die elterliche Sorge (bzw die Obsorge) und das Umgangsrecht. Die Lage in der Schweiz weicht davon insofern ab, als den Ehegatten mit Bezug auf kindesbezogene Fragen, einschließlich des Kindesunterhalts, keine abschließende privatautonome Gestaltung eingeräumt wird, sondern über diese Fragen eine richterliche Entscheidung erforderlich ist. Der Kindesunterhalt scheint in einer „Grauzone" zu hegen: Zwar hat in der Schweiz der Richter hierüber zu befinden, (wenngleich mE ebensogut eine genehmigungspflichtige Einigung der Eltern vertretbar wäre), nach deutschem und österreichischem Recht indes ist eine vertragliche Vereinbarung erlaubt (und durchaus systemverträglich), aber der Privatautonomie sind als Pendant dafür enge positivrechtliche Grenzen gesetzt. Welches Bewenden es nun mit diesen Problemen im französischen 55 und belgischen Recht56 hat, ist nach dem Stand der betreffenden Lehre und Rspr eher nuancierungsbedürftig. Dort sollen „personenrechtliche Regelungen" ihrer Natur nach als „Verträge" behandelt werden, an die sich zu halten man

54 Vgl zu Österreich III C 2 und VI Β 3; zur BRD III D 3. 55 Frankreich I E 6. 56 Belgien IV.

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nicht verpflichtet sei. Der Gedanke ist nicht neu, er wird in der deutschen Doktrin ua von Kropholler vertreten 57. Es scheint auch so zu sein, daß sogar „vermögensrechtlichen Vereinbarungen" im französischen Recht (vor der Scheidung) keine Bindungswirkung zukommen soll, da sie einseitig widerruflich sind. Nun wäre dies bei funktioneller Betrachtung (der Scheidung und der Vereinbarung) kein Hindernis für die Bejahung der „Vertragsnatur" der Scheidungsfolgenregelung, weil diese dann sozusagen „für den Fall der Scheidung" abgeschlossen wäre 58; aber gerade diese funktionelle Sicht fehlt dem französischen Rechtsleben. Die belgische Doktrin 59 sieht die Regelungen über die „persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten" und über die „persönlichen Beziehungen zu den Kindern" als „familienrechtliche Vereinbarung" an, dies wohl zur Abgrenzung von der „Regelung der gegenseitigen Ansprüche", über die ein Vergleich abgeschlossen werden kann. Danach kann die „familienrechtliche Vereinbarung" (offenbar) sowohl Vermögens- wie nicht vermögensrechtliche Regelungen umfassen. Die Begriîfsbezeichnung erklärt sich dabei auf Grund des „familienbezogenen" Inhalts. Nun unterhegt eine solche Vereinbarung einem „Vertragsbegriff" (Art 1134 BW), auf den die strikten Grundsätze des „allgemeinen Schuldrechtes" anwendbar sind60, eine Lösung, die im Hinblick auf die Kindesbelange recht problematisch erscheint. Erst allmählich lockert sich diese - fast einem „Typenzwang" verhaftete und obligationenrechtlich geprägte - Sicht der „Vereinbarung" etwas auf: Solche „Verträge" können aus besonderen Gründen nach rechtskräftiger Scheidung durch richterliches Erkenntnis modifiziert werden, und zwar auf einseitigen Antrag. Die Beurteilung, ob die Dispositionsbefugnis der Parteien über die „Scheidungsfolgen" weiter reicht, wenn die „Vereinbarung(en)" darüber in die Statusentscheidung nicht integriert werden, wie etwa in Österreich 61, Belgien 62 und der BRD63, oder im Gegensatz dazu durch die Homologierung „integrierender Bestandteil" des „Scheidungsurteils" werden, wie etwa - nach hL und stRspr zum 1. Scheidungstypus - in Frankreichund nach stRspr und einem Teil der Lehre in der Schweiz 65, hängt auch davon ab, inwieweit sie nachträglich abgeändert oder in Frage gestellt werden können.

57 58 59 60 61 62 63 64 65

VglflÄDIIEla. Vgl schon Frankreich I E 6 und FN 165. Statt vieler Pintens (FN 53) Nr 357 f. Belgien IV C; VIII C. Österreich III. Belgien IV C 2. BRD II E; IV C; V I C. Frankreich I E und F. Schweiz IV C 2.

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In rechtsvergleichender Sicht ist doch interessant, daß die „Regelung der vermögensrechtlichen Ansprüche" als (gerichtlicher) Vergleich qualifiziert oder (um)gedeutet wird: Ein solches Vorgehen schränkt die Anfechta/igsmöglichkeiten freilich drastisch ein; und an der Unanfechtbarkeit im Namen des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit ist jedem Gesetzgeber gelegen, im Grenzfall selbst auf Kosten der materiellen Richtigkeit und Gerechtigkeit. Die vorgeschlagene Typologie der Vereinbarungen reicht vom „schuldrechtlichen Vertrag über vermögensrechtliche Ansprüche und den Ehegattenunterhalt" über den „Kindesunterhaltsvertrag" bis zur „familienrechtlichen Vereinbarung". Im Verlauf der Untersuchung gab vor allem die Zulässigkeit eines (gerichtlichen) Vergleichs über sämtliche Scheidungsfolgen nach österreichischem Recht sehr zu denken, denn es erhob sich die Frage nach der Verfügungsbefugnis der Parteien über die verschiedenen Regelungsbereiche, dh nach der Vergleichs- und Schiedsfähigkeit der Scheidungsfolgenvereinbarung 66. Bei Materien, die zwingendes Recht, Grundsätze des öffentlichen Rechts oder den Genehmigungs- bzw Entscheidungsspielraum eines Richters betreffen, ist die abschließende privatautonome Dispositionsbefugnis der Ehegatten zu verneinen: Gerade das Kindeswohl ist von Amts wegen zu beachten, sodaß der Richter keineswegs - auch nicht im Rahmen einer Verhandlungsmaxime - an Vereinbarungen gebunden werden kann, die die Kindesinteressen unmittelbar tangieren, da er durch die Genehmigung bzw Entscheidung über die Kindesbelange einen hoheitlichen Akt mit erga omnes-Wirkung erläßt. Die Verfügungsbefugnis der Parteien ist in diesem Zusammenhang als Konkretisierungsrecht anzusehen, sie ist also im Vergleich zu „vermögensrechtlichen Verträgen" durchaus reduziert. Solche „familienrechtlichen Vereinbarungen" über kindesbezogene Fragen (dh insbesondere die elterliche Sorge [Obsorge] und das Umgangsrecht) stehen stets unter der Umstandsklausel, die Anpassungen an das aktuelle Kindeswohl gestattet. Bei mangelnder Einigung der Ehegatten oder im Falle kindeswohlgefährdender Regelungen wird die Möglichkeit, sich intern auf Grund des Vertrauensverhältnisses zwischen den Ehegatten als Elternteile zu einigen, im öffentlichen Interesse durch eine Entscheidung überlagert. Den Ehegatten fehlt maW in Bezug auf die Kindesbelange die dem Schuldrecht innewohnende volle Gestaltungsfreiheit67. Es ist vielmehr so, daß der Richter an das Parteivorbringen - anders als beim schuldrechtlichen Vertrag, dessen Gültigkeit vorausgesetzt - nicht gebunden ist, denn ob das Kindeswohl gewahrt wurde, muß er schon auf Grund seiner Amtpflicht selbst prüfen.

66 Österreich III C 2. 67 Einen Beleg hiefür bietet überdies etwa die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen. 40 Verschraegen

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Diese Überlegungen führten zu einer prinzipiellen Unterscheidung der „familienrechtlichen Vereinbarung" von „vermögensrechtlichen Verträgen". Den Vereinbarungstypen wohnt danach eine andere Rechtsnatur inne. Die notwendige Personenbezogenheit und die daraus resultierende lebensnahe Betrachtung der „familienrechtlichen Vereinbarung" schließt eine Rückabwicklung im Sinne eines Ausgleichs in Geld aus. Das wird auch evident bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Scheidungsfolgenvereinbarung: Eine Koppelung von vermögensrechtlichen Fragen mit kindesbezogenen Angelegenheiten, die das Kind zum Tauschobjekt degradieren, ist nichtig. Deshalb ist auch ein Brückenschlag der „familienrechtlichen Vereinbarung" zu den „Dauerschuldverhältnissen" verfehlt: Bei diesen geht es ausschließlich um den ökonomischen Ausgleich der Interessen der Vertragsparteien, die Rückabwicklung erfolgt bei arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung ex tunc; bei jenen ist die Eigendynamik des Familienlebens und das Kindeswohl als zentrales Beurteilungskriterium für die Rückabwicklung, die nur ex nunc erfolgt, maßgebhch. Natürlich berührt auch der „Kindesunterhaltsvertrag" unmittelbar die Kindesinteressen. Hier hat indes der Gesetzgeber allfälligen Mißbräuchen vorgebaut, was im gegebenen Zusammenhang einfacher ist, weil der Unterhaltsbedarf in Geld ausgedrückt werden kann, was die Evaluierung ermöglicht: Dem Kind gebührt ein angemessener Unterhalt, dessen Verzichtbarkeit eindeutige Grenzen gesetzt sind. Eine Vereinbarung darüber unterhegt in allen Rechtsordnungen - der clausula rebus sie stantibus, sodaß sie bei Bedarf abänderbar ist. Der Unterhalt hat indes vermögensrechtlichen Charakter, weshalb der Vertragsform nichts im Wege steht. Alle anderen Scheidungsfolgen heben sich strukturell von der „familienrechtlichen Vereinbarung" und dem „Kindesunterhaltsvertrag" (als Grauzone) ab: Die uneingeschränkte Dispositionsbefugnis wird durch die allgemeinen Grundsätze des Schuldrechts flankiert. Deshalb ist diesbezüglich die Vergleichs- und Schiedsfähigkeit zu bejahen. Die Geschäftsgrundlage dieser Verträge kann zwar wegfallen, dies erlaubt jedoch keine Parallele zur Umstandsklausel bei kindesbezogenen Belangen: Diese vermag nämlich auch Änderungen zu berücksichtigen, die in der persönlichen Sphäre der Betroffenen hegen, was beim Wegfall der Geschäftsgrundlage ausgeschlossen ist. Die vorgeschlagene Typologie eignet sich grundsätzlich für das belgische, französische und insbesondere für das schweizerische Recht ebenfalls. Denkbar wäre nämlich in der Schweiz genauso gut ein „Kindesunterhaltsvertrag" statt einer (höchst unterschiedlich qualifizierten) „Vereinbarung" über den Kindesunterhalt, über die der Richter letztlich selbst befindet. Die Ansätze für eine Differenzierung der Kindesbelange einerseits und den Vermögensfragen andererseits nach den beiden anderen Rechtsordnungen wurden bereits aufgezeigt. Die Tatsache, daß sogar die Änderung des Kindesunterhalts auf große Hindernisse stößt, läßt aber für eine Loslösung der kindesbezoge-

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nen Belange vom klassischen (Schuld-)Vertragstypus de lege lata wenig Raum. Mit der Scheidungsfolgenvereinbarung wird eine globale Bereinigung aller Probleme angestrebt, und insofern schlägt auch hier die Bedeutung des Kindeswohls durch. Besonders deutlich wurde dies bei der Beurteilung der Verzichtsverträge nach deutschem Vorbild 68. Der Betreuungsunterhalt ist zwar nach der Gesetzessystematik dem Ehegattenunterhalt zugeordnet; seinem Wesen nach handelt es sich indes um einen Kindesunterhalt mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Sowohl das österreichische wie das deutsche Recht sehen überdies die Beachtung der Kindesbelange bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse bzw der Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat vor. Eine Vereinbarung über diese Ansprüche hätte die Kindesinteressen im gleichen Maße zu berücksichtigen, geprüft wird dies - soweit ersichtlich und wegen der bloß mittelbaren Auswirkungen - allerdings nicht. Nur in Frankreich scheint der Richter auf Grund seiner „Weisungsbefugnis" nach der 1. Scheidungsvariante bzw Entscheidungspflicht bei der 2. Variante über die Interessen der Ehegatten und insbesondere des Kindes intensiver zu wachen. Das gilt, wenngleich in bescheidenerer Form, wohl auch in der Schweiz, wo die vereinbarten Scheidungsfolgen, soweit sie nicht die Kindesbelange betreffen, immerhin der Genehmigung bedürfen. Von rechtsvergleichendem Interesse ist die Tatsache, daß der Schweizer Richter bei der Befragung der Parteien und wohl auch bei der Beurteilung der Scheidungskonvention die „besondere psychologische Situation", in der sich die Parteien während des Scheidungsverfahrens befinden, ins Kalkül ziehen muß69. Damit wird eine Problematik angesprochen, die insbesondere bei der nachträglichen Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung (etwa nach österreichischem Recht)70 als berücksichtigungswürdiges Element vorgebracht worden ist, nämlich, daß es Willensmängel geben kann, die im Motivbereich hegen und bei Kausalität in Bezug auf die Wahrung des Kindeswohls beim Abschluß der Scheidungsfolgenvereinbarung beachtlich sein sollten, insbesondere deshalb, weil die amtswegige Wahrnehmung des Kindeswohls, das Widerrufsrecht oder die Möglichkeit der Rücknahme des Scheidungsantrags diese Fälle nicht aufzufangen vermag. 68 BRD III E 2. 69 Vgl dazu Dong, Nachverfahren im zürcherischen Ehescheidungsprozeß. Erläuterung, Abänderung, Ergänzung und Revision des Scheidungsurteils unter Miteinbezug der Scheidungskonvention, 43, 45. Zu Recht hebt der Autor hervor, daß weniger die Offizialmaxime als vielmehr persönliche Gründe (Rücksicht auf die Kinder, Angst vor finanzieller Schlechterstellung nach der Scheidung, die Angst, alleine zu sein, religiöse Erwägungen usw) scheidungshemmend wirken. Die freie Willensbildung vermögen sie freilich auch bei der Scheidung nach Art 142 ZGB und der Vorlage einer Scheidungskonvention zu beeinträchtigen. 70 Siehe Österreich VI Β 3 b.

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Darüber hinaus weisen sowohl die Schweiz als auch die BRD deutliche Systemabweichungen prozeßrechtlicher Institute, wie das der Rechtskraft auf, indem materiellrechtliche Mängel mittels Revision bzw Wiederaufnahme geltend gemacht werden können71. De lege ferenda wurden ähnliche Erwägungen auch mit Bezug auf Österreich vorgebracht 72. In keiner der untersuchten Rechtsordnungen findet man im Zuge der Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung nach Rechtskraft des Scheidungsurteils das Auslangen mit den klassischen verfahrensrechtlichen Instrumenten. Die Schadenersatzklage gegen ein sittenwidrig erschlichenes Urteil (in der BRD, aber auch in Frankreich und Belgien) belegt dies klar. Um die Einbettung der Scheidungsfolgenvereinbarungen in die jeweiligen Rechtsordnungen zu verdeuthchen und zugleich die Bestandskraft und Wirksamkeit aller abgegebenen Erklärungen eingrenzen zu können, werden die Vereinbarungen in ein Bezugssystem gebracht, das sie aus zwei Perspektiven beleuchtet: Einmal werden die Verflechtung der Dispositionsbefugnis der Parteien mit der Bindungswirkung der Vereinbarungen untersucht (ad 1) und anschließend die Wechselwirkungen richterlicher Eingriffsbefugnis und der Korrekturmöglichkeiten der Parteien analysiert (ad 2). L Dispositionsbefugnis

der Parteien und Bindungswirkung der Vereinbarunge

Es wird danach getrachtet, eine Korrelation zwischen der Bindungswirkung der Vereinbarungen und der entsprechenden Dispositionsbefugnis der Parteien nachzuzeichnen. Die Bindungswirkung hängt vorzüglich von der Art, dem Gegenstand und der Natur der Vereinbarungen ab. Diese Kriterien sind zunächst zu beleuchten. Das Recht der BRD unterscheidet zwischen dem sogenannten „übereinstimmenden Vorschlag", der die Regelung der elterhchen Sorge und des persönlichen Umgangs zum Gegenstand hat, und der „Einigung" über den Kindesunterhalt, den Ehegattenunterhalt und die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat 73. (Die Erklärung, daß der andere Ehegatte der einvernehmlichen Scheidung zustimmen oder sie auch beantragen wird, stellt indes keine Einigung über die Auflösung des Status dar 74.) Was nun die Natur dieser Vereinbarungen anlangt, ist zu unterscheiden: Der „übereinstimmende Vorschlag" wird durchwegs als intern bindende Vereinbarung zwischen den beiden Ehegatten angesehen, die im Prinzip einseitig nicht widerruflich ist und über deren Regelungsgegenstand (dh jedenfalls über die „elterliche Sorge") abschließend eine gerichtliche Entschei-

71 72 73 74

Zur Schweiz siehe VI C; zur BRD vgl VI A. Österreich V I Β 2. BRD II Ε 1 a und b. BRD IV A.

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dung ergeht75. Die „Einigung " dagegen erfolgt in Form eines Prozeßvergleichs oder - bestenfalls zum Teil - mittels einer notariellen Urkunde; beide Einigungsformen bilden einen Exekutionstitel76. Im Rahmen der Aufbereitimg der gesetzlichen Regelung sowie der Lehre und Judikatur ist es - wie erwähnt - sinnvoll erschienen, vertraglich voll dispositionsfähige Materien einerseits und im Blick auf ihren Gegenstand nur eingeschränkt bzw nicht-dispositionsfähige Regelungsbereiche andererseits systematisch voneinander zu trennen, und diesen insofern eine Eigengesetzlichkeit zuzuerkennen, als Willensübereinstimmungen der Parteien bezüglich Kindesbelange als „familienrechtliche Vereinbarung" qualifiziert und beurteilt werden. Die rechtsvergleichend zu beobachtenden Entwicklungstendenzen lassen in zunehmendem Maße die herkömmliche „Vertragsrechtsstruktur" für das Familienrecht ungeeignet erscheinen und drohen die „innere Stimmigkeit" des bürgerlichen Rechtes aufzuweichen. Im Sinne eines komparativen Satzes läßt sich somit sagen, daß der größere Spielraum der Parteien, den Inhalt ihrer familiären Beziehungen individuell zu gestalten und deren Dynamik Rechnung zu tragen, vielfältigere Änderungsmöglichkeiten erheischt; dies reduziert die Konsistenz zwischen dem Familienrecht und dem allgemeinen Vertragsrecht, das sich zur Fixierung der Vertragsbeziehungen mit dem „Augenblickskonsens" begnügt, sodaß das System brüchig wird und mittels „familienrechtlicher Vereinbarungen" (in dem von mir dargelegten Sinn) harmonisiert werden sollte. Mit Bezug auf das deutsche Recht kann denn der „übereinstimmende Vorschlag" in der Tat als „familienrechtliche Vereinbarung" verstanden werden, die in der Folge durch die gerichtliche Entscheidung über die gegenständlichen Fragen (gänzlich oder zum Teil) abgelöst wird 77. Bis dahin ist die Bindungswirkung dieser Vereinbarung insoweit zu bejahen, als sie einseitig nur aus Gründen des Kindeswohles widerruflich ist78. Mit Bezug auf das französische Recht ist hier bloß die einvernehmliche Scheidung gemäß Artt 230 ff CC relevant79. Der Art nach kennt das Gesetz drei verschiedene Vereinbarungstypen, nämlich die „vorläufige Vereinbarung", den „Entwurf einer Vereinbarung über sämtliche Scheidungsfolgen" sowie die „endgültige Vereinbarung über sämtliche Scheidungsfolgen" 80. Im gegebenen Zusammenhang sind die Vereinbarungen für die Dauer des Ver75 BRD II E l bund 2. 76 BRD III. 77 BRD II E l a und 2. 78 BRD II E l b . 79 Denn die zweite Form, die Scheidung auf Antrag des einen und mit Zustimmung des anderen gemäß Art 233 CC, setzt keine Scheidungsfolgenvereinbarung voraus; bei ihr entscheidet der Richter über sämtliche Scheidungsfolgen. 80 Frankreich I C.

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fahrens von geringerem Gewicht, weshalb die Aufmerksamkeit dem Entwurf und der endgültigen Vereinbarung gilt. Sämtliche Scheidungsfolgen sind zu regeln: Dies geschieht in einer „Vereinbarung" („convention"), die - wie in anderen Ländern (im Zweifel) - für den Fall der Ehescheidung abgeschlossen wird. Ihre wirkliche Natur scheint weitgehend ungeklärt. Die Gleichschaltung mit den „Verträgen und Vereinbarungen" Artt 1101 ff CC schlechthin scheint mE nicht richtig. Abzustellen wäre auch hier auf die jeweilige Regelungsmaterie, um den Bindungsgrad der Vereinbarung zu bestimmen. Manchmal wird dies sogar zugestanden und eingeräumt, daß „personenrechtliche Regelungen" sogenannte „accords de fait" seien81. Festzuhalten ist allerdings, daß von einer systematischen Durchstrukturierung der verschiedenen Vereinbarungstypen keine Rede sein kann. Die gesamte Diskussion um die Bindungswirkimg ist auf eine andere Ebene verschoben, nämlich die der Homologierung und das dadurch bedingte Schicksal der genehmigten Vereinbarung. In diesem Punkt verliert die Unterscheidung nach dem Regelungsinhalt offenbar an Relevanz. In Wahrheit wird sie durch die Argumentation vom Ergebnis her (was nämlich als anfechtbar oder unanfechtbar gelten soll) unterbunden. Die gesamte Unteilbarkeitsproblematik - auf die noch näher einzugehen ist - resultiert aus dem Bestreben, die Scheidungsfolgenvereinbarung vom Scheidungsurteil jedenfalls im Endeffekt nicht zu trennen82. Die einzige Möglichkeit dazu ist die Qualifikation der Vereinbarung als Bestandteil des Urteils, die - wie bereits andernorts begründet wurde - dogmatisch kaum überzeugen kann, schneidet sie doch jede Diskussion über die Tragweite der („vertraglichen") Bindungswirkung im Augenblick der Urteilsfällung ab: Nach der herrschenden französischen Meinung stehen dann eben nur prozessuale Korrekturmittel zur Verfügung; und ob die geschiedenen Ehegatten nun zusätzlich eine „Vereinbarung unter der Hand", also eine dem Gericht nicht vorgelegte Vereinbarung abgeschlossen haben oder ob eine als „familienrechtliche Vereinbarung" qualifizierbare Einigung, ein schlichter Vertrag oder ein (gerichtlicher) Vergleich vorliegt, soll keine Relevanz haben. Bis zum Zeitpunkt der Statusentscheidung steht die Bindungswirkung der Scheidungsfolgenvereinbarung zum einen stets unter der aufschiebenden Bedingung der Ehescheidung, zum anderen ist sie erst dann „definitiv", wenn der Richter sie als solche gelten läßt. Dh, die Parteien sind gehalten, sämtliche Korrekturanregungen des Richters zu berücksichtigen, was sie ja im Prinzip bis zur zweiten Verhandlung tun sollen83. Darüber hinaus ist dem Gesetzeserfordernis mit einer (bloß) /omt gerechten Vereinbarung nicht Genüge getan, der Bindungswille der Parteien muß so konkretisiert sein, daß eine vage 81 Frankreich ist fraglich. 82 Frankreich 83 Frankreich

I E 6. Ob sie tatsächlich als „pacta non sunt servanda" zu beurteilen sind, I E 2 d. I C.

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gehaltene Textierung oder eingefügte Bedingungen die richterliche Einflußnähme hervorrufen. Wichtig ist, daß die Scheidungsfolgenvereinbarung eben während des Verfahrens noch modifiziert und widerrufen werden kann, von einer absoluten Unabänderlichkeit wird hier nicht ausgegangen84. Nach dem Ausspruch über die Ehescheidung und der Homologierung der definitiven Scheidungsfolgenvereinbarung dehnt die AL und Rspr die Rechtskraft der Statusentscheidung unnötig auf die Vereinbarung aus. Das belgische Recht unterscheidet sich hievon kraß, wenngleich es im Ergebnis darum nicht vorteilhafter ist. Bereits die Art und Weise, wie die Folgen der Scheidung antizipiert werden, weist auf die Absicht des Gesetzgebers hin, gleich von Anbeginn eine umfassende Bindung der Parteien an die Vereinbarung über die Scheidungsfolgen zu bewirken. Deren obligatorischer Inhalt ist die erschöpfende „Regelung der vermögensrechtlichen Angelegenheiten", sowie der familienbezogenen Fragen. Diese „Einigung" wird von der Lehre als „familienrechtliche Vereinbarung" bezeichnet und ist zweifellos umfassender als der zum deutschen und österreichischen Recht85 vorgeschlagene neue Typus der „familienrechtlichen Vereinbarung", da sie die persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten einerseits und zu den Kindern andererseits umfaßt. Dagegen hat die „Regelung der vermögensrechtlichen Ansprüche" vornehmlich die ehegüterrechtliche Abwicklung zum Gegenstand, die Grenzen der Privatautonomie werden dabei vom „ordre public (interne)" abgesteckt. Je nach Regelungsmaterie gelten unterschiedliche Form erfordernisse, die die prinzipielle Unwiderruflichkeit und Unabänderlichkeit der Vereinbarung sogleich ab der Vorlage der Vereinbarung(en) zu Verfahrensbeginn (bzw mit Bezug auf das Inventar und die Schätzung des Vermögens sogar entsprechend früher) zusätzlich garantieren sollen86. So gilt denn auch die Scheidungsfolgenvereinbarung als wesentliches, unabdingbares und dem ordre public (interne) inhärentes Formalerfordernis für das Scheidungsverfahren 87. Die kleinste Ungenauigkeit führt grundsätzlich zum Verstoß gegen den „ordre public (interne)", weil die Vereinbarung als „wesentliche Scheidungsvoraussetzung" weder Korrekturen noch Ergänzungen (zum Beispiel Nachtragen fehlender Schriftstücke) verträgt: sämtliche Formalia sollen den mangelfreien Willen gewährleisten88. Da die Vereinbarung nicht Bestandteil der Statusentscheidung wird und der Richter die Vereinbarung auch nicht homologiert, ist die Diskussion um

84 85 86 87 88

Frankreich ibidem. Vgl BRD III D 3; Österreich III C 2; VI Β 3. Belgien IV A. Belgien II D; III; IV A, B, C. Belgien IV C g.

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ihre „vertrag(sähn)liche" Natur lebhafter als in FrankreichAuch in Belgien wird die „Regelung der vermögensrechtlichen Ansprüche" gerne als „Vergleich" angesehen und dasselbe gilt wohl für die Vereinbarung über den Ehegattenunterhalt, weil die Unabänderlichkeit so besser begründbar ist90. Freilich wurde andernorts schon betont, daß die „Unterhaltsvereinbarung" von der „Regelung vermögensrechtlicher Ansprüche" gesetzlich losgelöst wurde, sodaß jene den Vergleichscharakter mit dieser nicht unbedingt teilt. Mit Bezug auf die „familienrechtliche Vereinbarung" (nach belgischem Verständnis) will die maßgebliche Lehre (Pintens) schuldrechtliche Grundsätze angewendet wissen, dies in Anlehnung an die Rspr zur Sorge- und Besuchsrechtsregelung, wobei eingeräumt wird, daß die Vereinbarung über den Kindesunterhalt, der gesetzlicher Natur ist, die Vertragsfreiheit entsprechend eingrenzt91. Die Bindungswirkung der Scheidungsfolgenvereinbarung nimmt im belgischen Recht folgende Gestalt an: Sie gründet im Prinzip der Unabänderlichkeit und Unwiderruflichkeit, das die Parteien an der Vereinbarung vor wie im weiteren auch nach der Statusentscheidung festhält, gleichwohl die Vereinbarung keinen Urteilsbestandteil bildet. Lehre und Judikatur erblicken in der Qualifikation der „Regelung der vermögensrechtlichen Ansprüche" als Vergleich den großen Vorteil, daß ihr damit ex lege „materielle Rechtskraftwirkung" zukommt. Die Bindungswirkung erfährt während des Verfahrens insofern eine Relativierung,, als die Änderung der Vereinbarung wegen unvorhersehbarer, vom Willen der Parteien unabhängiger Umstände möglich ist. Solche Modifikationen dürfen freilich nicht unter Umgehung des Gerichts vorgenommen werden, sie sind vielmehr unbedingt vorlagepflichtig, da sie sich sonst der richterlichen Kontrolle entzögen92. Die Vereinbarungen entfalten rückwirkend auf den Zeitpunkt der ersten Verhandlung eine Bindungswirkung inter partes, eine erga om/ies-Wirkung jedoch erst ab dem Tag der Eintragung in das Personenstandsbuch. Bezüglich der „familienrechtlichen Vereinbarung" läßt sich an der Bindungswirkung ebensowenig rütteln, und zwar weder vor, noch nach der rechtskräftigen Statusentscheidung. Eine Gleichschaltung mit den (schuldrechtlich konzipierten) „Verträgen und Vereinbarungen" (Artt 1101 ff BW) verleiht ihnen nach dem Wortlaut des Gesetzes überdies die „Gesetzeskraft" zwischen den Vertragsparteien. Mit Vehemenz wird dies auch für die „(Ehegatten-)Unterhaltsvereinbarungen" vertreten; sogar eine wesenthche Änderung des Lebenssachverhalts taste diese Bindungswirkung nicht an93.

89 90 91 92 knüpft. 93

Belgien IVB. Belgien IV Β 3; IV C 1 d. Belgien IV C; VIII C. Deswegen wird an nicht offengelegte Vereinbarungen die Nichtigkeitssanktion geBelgien III; IV B. Belgien IV C, c, e.

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Beim Kindesunterhalt ging man hingegen zu keiner Zeit von der absoluten Unabänderlichkeit aus. Heute führt die Unterscheidung der „obligatio" von der „contributio" nicht nur in Belgien zu einem mE rechtspolitisch unbefriedigenden Ergebnis: die Unterhalts/osftwg ist nämlich frei vereinbar und zwischen den Parteien verbindlich, womit sie offenbar den gesetzlichen Anforderungen genügt; die Unterhalty/ftcAf indes bleibt freilich unabdingbar94. Die unterschiedliche Intensität der Bindungswirkung für die Parteien wird durch die richterliche Kontrolle ergänzt, allerdings nur auf sehr formaler Ebene. Die Rspr steht auf dem Standpunkt, daß ihre Aufgabe sich in der bloßen Überprüfung der Formalia erschöpft und eine eventuelle inhaltliche Kontrolle ihre Befugnisse überschreiten würde. Die Entscheidung des Gerichts lautet - wie erwähnt - auf Zulässigkeit bzw Unzulässigkeit der Scheidung, da alle Voraussetzungen formeller Natur sind. Es erhebt sich aber ernsthaft die Frage, ob nicht mit der Zeit von einem graduellen Wandel dieser Voraussetzungen ausgegangen werden kann, und zwar vom schlichten Formalerfordernis zur Scheidungsvoraussetzung substantieller Natur. Diese Annahme scheint auf Grund der zunehmenden Kontrolle der Scheidungsfolgenvereinbarungen durch die Staatsanwaltschaft sowie der stillschweigenden Akzeptanz von Seiten der Judikatur, die nachträgliche ,Anpassungen" auf prätorisches Anraten der Behörde zuläßt, gerechtfertigt. Ob da nicht die inhaltliche Prüfung durch den Scheidungsrichter selbst die adäquatere Lösung wäre, ist hier bloß eine Überlegung am Rande95. Ferner wird die Kontrolle des formpflichtigen Inventars ausschließlich dem Notar überlassen; inwieweit sie sich nicht auf eine schlichte Registrierung reduziert hat, mag ebenso dahingestellt bleiben. In toto besehen, ist die inhaltliche Kontrolle nahezu nicht gegeben, dem Richter fehlt nach dem Gesetz - anders als im französischen Recht - jegliche Befugnis, Änderungen der Vereinbarungen nahezulegen oder sie gar selbst anzubringen, wenn er dies für wünschenswert hielte. Sein Pouvoir beschränkt sich offenbar auf die Kontrolle des ordre public (interne) und der Einhaltung der guten Sitten 96. Die schweizerische Rechtslage nimmt eine Sonderstellung ein: Zum einen existiert die Scheidung im Einvernehmen lediglich auf rechtstatsächlicher Ebene, zum anderen ist die Scheidungfolgenvereinbarung eine den Parteien gebotene rechtliche Möglichkeit, sich entweder über alle Nebenfolgen der Scheidung, deren Regelung sich der Gesetzgeber nicht selbst vorbehalten hat, oder aber nur über einen Teil davon zu einigen; Lücken der Parteienregelung sind durch richterliche Entscheidung auszufüllen. Unverkennbar hat die Scheidungsfolgenvereinbarung hier eine völlig andere funktionelle Bedeutung. Sie soll keineswegs „scheidungsbremsend" wirken, sondern der Privat94 Belgien I V C 3 b . 95 Belgien II D; III; V I B. 96 Belgien I V A , C 2 ; V I B .

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autonomie der Ehegatten, die gemeinsam die Scheidung ob der Zerrüttung ihrer Ehe anstreben, auch bei gegebener Sachlage Entfaltungsmöglichkeiten geben. Sie ist also eine fakultative Angelegenheit, ihre Natur ist allerdings in höchstem Maße umstritten. Zwar ließen die verschiedenen Regelungsmaterien durchaus eine Differenzierung zwischen vermögensrechtlichem Vertrag einerseits und „familienrechtlicher Vereinbarung" andererseits zu, indem wie in der BRD und in Österreich beispielsweise auf ihren Gegenstand, ihre begrenzte Bindungswirkung und die Intensität privatautonomer Gestaltung abgestellt wird; der Meinungsstreit der schweizerischen Doktrin bewegt sich indes auf einer allgemeineren Ebene. Die dabei angebotenen Lösungsmodelle der Lehre reichen von rein materiellrechtlichem Instrumentarium bis zu prozessualen Institutionen (zB übereinstimmende Parteienanträge, privatrechtlicher Vertrag, prozessualer Vertrag, materiellrechtlicher Vertrag mit prozessualen Merkmalen, Vergleich, gerichtlicher Vergleich, bedingter gerichtlicher Vergleich, nicht zuletzt auch Bestandteil des Scheidungsurteils). Diese breite Palette der vertretenen Auffassungen ist in der vorhegenden Schrift in drei verschiedene Kategorien eingeteilt worden, nämlich in die der „materiell geprägten Strömung", in die der „gemischt-prozessualen Meinungen" und in die Vorschläge, die eine „vermittelnde Stellung" einnehmen. Insbesondere diese Version scheint der speziellen Verknüpfung des materiellen und des Verfahrensrechtes in höherem Maße Rechnung zu tragen, auch stellt sie sinnvoll auf die Disponibilität der Materien ab und kommt zum Ergebnis, daß die Genehmigung der Vereinbarung an ihrer rechtsgeschäftlichen Natur nichts ändere97. Die Judikatur vertritt eine völlig andere Meinung, da sie der Vereinbarung bis zur Genehmigung - insoweit disponible Gegenstände betroffen sind - VertragsohdJdktzr einräumt, der jedoch mit der Homologierung verloren ginge; diese mache die Vereinbarung nun zum integrierenden Bestandteil des Urteils oder verschmelze sie mit der Statusentscheidimg zu einem Ganzen und erhebe sie so zum Urteilsbestandteil (was freilich im Ergebnis das Gleiche ist)98. Mit Bezug auf die Kindesbelange ist dies ja nicht weiter überraschend: nach schweizerischem Recht entziehen sich diese der freien Disponibilität und in dieser Hinsicht wird den Parteien die Vertragsfreiheit abgesprochen. Vor der Genehmigung wird die Vereinbarung (prozessual als „übereinstimmender Antrag") und materiellrechtlich als „übereinstimmende Willenserklärung" qualifiziert; die Homologierung selbst versteht sich dann nach Form und Funktion (mE nicht zwingend) als gerichtliche Entscheidung über den Streitgegenstand, was zugleich begründet, weshalb die Vereinbarung als integrierender Bestandteil des Urteils angesehen wird. Dies ist indes in bezug auf die „vermögens(güter-)rechtlichen Belange" nicht überzeugend, 97 Zur Auseinandersetzung siehe Schweiz IV C 3. 98 Schweiz IV A, C.

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jedenfalls nicht zwingend: Hier haben die Parteien nämlich freie Verfügungsgewalt, woran auch die Notwendigkeit der Homologierung nichts zu ändern vermag. Ein interessanter Gleichlauf der Problematik ist zum französischen Recht festzustellen: Hier wie zum schweizerischen Recht kann strukturell kritisiert werden, daß nicht (deutlich genug) zwischen dem Akt der Genehmigung und dem genehmigten Akt unterschieden und die homologierte Scheidungskonvention nicht bloß - wie es mE richtig wäre - als mit der Entscheidung funktionell verknüpft begriffen, sondern - kraft überkommener Tradition - als echter Urteüsbestandteil angesehen wird. Demgegenüber ist es der schweizerischen Doktrin besser gelungen, das Gewicht der (unterschiedlichen) Disponibilität der Regelungsmaterien herauszuschälen: je geringer das Ausmaß vertraglicher Privatautonomie, umso reduzierter auch die Bindungswirkung des Vereinbarten und die Gestaltungsintensität der Parteien. Das Paradebeispiel hierfür sind die kindesbezogenen Fragen, die stets Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung sind. Wie in den anderen Rechtsordnungen stellt sich auch hier ernsthaft die Frage, ob das Obligationenrecht den „familienrechtlichen Vereinbarungen" gerecht wird, weil die Dispositionsbefugnis der Ehegatten über die Regelungsbereiche qualitativ abgestuft ist. Funktionell hat es den Anschein, als ob die „beschränkte Disponibilität" über Kindesbelange dem „ordre pubhc (interne)" nach belgischem und französischem Muster entspricht. Ein deutliches Beispiel sind auch hier wiederum die kindesbezogenen Fragen: Die beschränkte Bindungswirkung der einvernehmlichen Regelung korrespondiert mit der öffentlichen Eingriffsbefugnis und der entsprechend herabgesetzten autonomen Gestaltungsfreiheit der Parteien. Ganz allgemein geht aber das schweizerische Recht von einer (internen) Bindungswirkung der Scheidungsfolgenvereinbarung vor der gerichtlichen Genehmigung, dh ab dem Abschluß der Vereinbarung aus, obwohl die einvernehmlichen Regelungen zu einem solchen Zeitpunkt noch keine Wirkungen entfalten können. Das dadurch bedingte „Einfrieren" der Scheidungsfolgen wird mit der Möglichkeit eines sogenannten Ablehnungsantrages relativiert. Taugliche Gründe hierfür sind die objektive Mehrdeutigkeit der Abreden, die wesentliche Änderung der Verhältnisse seit dem Abschluß der Vereinbarung und spürbares Abweichen ihres Inhalts vom dispositiven Recht in einer ungerechtfertigten Weise. Ein echtes Gegengewicht zur mangelnden Widerrufsmöglichkeit bildet der Antrag auf Nichtbewilhgung der Scheidungsfolgenvereinbarung wohl nicht". Gar keine Bindungswirkung vermögen Vereinbarungen zu entfalten, die die Erleichterung der Scheidimg bewirken oder die Zustimmung zu ihr herauslocken sollen: diese Abmachungen sind nach hL und stRspr absolut unzulässig und daher nicht verbindlich. 99 Schweiz V Β 3.

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Im Einvernehmen der Parteien ist zweifellos jedwede Regelung widerruflich, zumindest bis zur Homologierung durch den Richter; ein einseitiger Widerruf indes schöpft seine Zulässigkeit - wie in anderen Ländern - aus der Natur der Regelung. Liegt ein prozeßrechtlicher Vertrag oder ein gerichtlicher Vergleich vor, dann schließt dies den einseitigen Widerruf zwangsläufig aus100. Was die „familienrechtliche Vereinbarung" anlangt, so wäre die Zulässigkeit des einseitigen Widerrufs primär durch das Kindeswohl gerechtfertigt. Nach erfolgter Homologierung der Scheidungsfolgenvereinbarung bestimmt - wie erwähnt - die Natur der „Regelung" die Art und Intensität der Bindungswirkung sowie die möglichen Korrekturmechanismen: Ist sie mit richterlicher Entscheidung getroffen oder doch zum Urteilsbestandteil erhoben, so ist das Schicksal der Scheidungsfolgen von verfahrensrechtlichen Normen beherrscht; bilden diese indes den Gegenstand privatrechtlicher Vereinbarungen, dann sind die für das jeweilige Rechtsinstitut maßgeblichen Normen heranzuziehen. Mit Bezug auf die Kontrolle verweist das schweizerische Bundesgericht auf sein im ZGB verankertes „Genehmigungspouvoir": Einerseits entziehe sich die Kinderzuteilung nicht schlechthin dem Parteiwillen, andererseits seien auch die Scheidungsfolgen vermögensrechtlicher Art der Parteiautonomie nicht gänzlich anheimgestellt. Daß dabei angeblich bloß die Genehmigungsvoraussetzungen variierten, ist eine mE wenig ergiebige Rechtsauffassung. Das Bundesgericht will aber damit zum Ausdruck bringen, daß Umfang und Form der richterlichen Homologierung den privatautonomen Gestaltungsrahmen ergänzen, und konkretisiert dies anhand der Prüfungskriterien: Die Vereinbarungen sind näherhin auf ihre rechtliche Zulässigkeit, ihre Klarheit und ihre sachliche Angemessenheit zu prüfen; Kindesbelange tangieren ob des Kindeswohles stets das öffentliche Interesse und sind intensiver zu prüfen, andere Regelungsbereiche werden einer weniger strengen Kontrolle unterzogen. Es sollen nur die Ausnützung eines eventuellen Abhängigkeitsverhältnisses, die Unausgewogenheit und Unangemessenheit der Regelung bzw die allfällige Unfreiheit des Parteiwillens vermieden werden 101. Der Gegenstand der Scheidungsfolgenvereinbarung nach österreichischem Recht umfaßt die Regelung der Obsorge, (allenfalls) des Umgangsrechts, des Kindesunterhalts, des Ehegattenunterhalts und der vermögensrechtlichen Beziehungen (Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sowie mE auch die Ansprüche aus der Mitwirkung im Erwerb) zwischen den Ehegatten. Die ersten drei Einigungsbereiche bedürfen der Genehmigung des Pflegschaftsrichters. Die rein persönlichen Rechte und Pflichten müssen genau geregelt sein, weil dem Richter die Prüfung des Kindeswohls obliegt. Im Kontrast dazu ist die Ausgestaltung des Umgangsrechtes überraschenderweise bloß eine fakultative Angelegenheit. 100 Schweiz V Β 1. 101 Schweiz IV C 2,5.

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Die ratio dafür kann - wie dargelegt wurde - nicht überzeugen. Keine Regelung schließt nämlich ein einvernehmliches, von der Vereinbarung abweichendes Vorgehen der Ehegatten aus. Als Ergänzung zur Obsorge ist das Umgangsrecht dem Kindeswohl inhärent und seine grundsätzliche Eingrenzung der kontinuierlichen Entwicklung des Kindes förderlich 102. Recht bedenklich scheint wohl auch die Tatsache, daß die Genehmigung der Regelung über die Obsorge, das Umgangsrecht und den Kindesunterhalt vor der Statusentscheidimg zwar vorhegen sollte, aber ihr Fehlen für diese keineswegs ein Hindernis ist. Das relativiert die Tragweite des Kindeswohls im Verfahren zur einvernehmlichen Scheidung in Österreich doch ganz erheblich. Plastisch kommt dies etwa bei den „Entlastungsverträgen" zum Ausdruck 103. Der Vertrauensvorschuß, der in dieser Hinsicht den Ehegatten eingeräumt wird, ist erstaunlich groß. Dafür bedürfen der Ehegattenunterhalt und die vermögensrechtlichen Ansprüche einer zwingenden Regelung vor der Scheidung, und es wundert bei gegebener Sachlage überhaupt nicht, daß die Praxis sich allzu rasch mit einem „Unterhaltsverzicht" bzw einer „Erledigungserklärung" zufriedengibt. Sie greift denn auch gerne die - grundsätzlich richtige - Aichefsche, These auf, nach der die Privatautonomie der Parteien dort ende, wo die Sittenwidrigkeit beginne und unterläßt zu Umecht dabei vielfach die fallbezogene Beurteilung 104. Die Scheidungsfolgenregelung ist in Österreich als materielle Scheidungsvoraussetzung anzusehen, weil sie mit dem materiellen Anspruch verbunden ist und mit ihr ein materieller Schutzzweck angestrebt wird. Ihr anfängliches Fehlen begründet die Anleitungspflicht des Richters zur Schließung einer Vereinbarung vor Gericht 105. Die hM stellt zur näheren Bestimmung der Natur der Scheidungsfolgenregelung nicht auf die (abgestufte) Dispositionsbefugnis der Parteien ab, sondern geht rundweg vom Vorhegen eines gerichtlichen Vergleichs aus. Diese Auffassung ist - wie andernorts ausführlich dargelegt - unrichtig 106. Es ist vielmehr von der vorgeschlagenen Typologie auszugehen, die die Vereinbarung über die Obsorge und das Umgangsrecht hinsichtlich der Dispositionsbefugnis und der Bindungswirkung in enge Schranken weist und so der Eigendynamik des Familienrechtes besonders gerecht wird. Zwar ordnet das Gesetz eine schriftliche Vereinbarung bzw einen gerichtlichen Vergleich an, aber hiermit wird keineswegs eine (abschließende) vertragliche Rege102 Österreich III A; IV C 1, 2. 103 Zur Kritik siehe Österreich III D 5 a. Vgl aber auch die entsprechende Parallele im deutschen Recht, BRD III E 1 („Freistellungsverträge"). 104 Österreich III A 4,5. 105 Angeblich wird die Bezeichnung „Vereinbarung" auf dem Formular „von Amts wegen" durchgestrichen und durch „Vergleich" ersetzt. 106 Österreich II E; III B.

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lungsbefugnis eingeführt. Die Scheidungsfolgen sind in den Scheidungsbeschluß (bzw die Statusentscheidung) nicht integriert. Zum Teil ist deshalb tatsächlich vom Vorliegen eines gerichtlichen Vergleichs auszugehen (so etwa in bezug auf den Ehegattenunterhalt und die vermögensrechtlichen Ansprüche; doch ist dies schon fraglich beim Kindesunterhalt, weil sämtliche diesbezügliche Abmachungen genehmigungsbedürftig sind); zum Teil hegt eine genehmigungspflichtige („familienrechtliche") Vereinbarung vor. Vor allem im Lichte einer eventuellen Anfechtung gewinnt die Natur des gerichtlichen Vergleichs selbst an Bedeutung: Nach österreichischem Recht ist wohl die Lehre vom Doppeltatbestand maßgeblich, der dem Rechtsgeschäft einerseits und der Prozeßhandlung andererseits entsprechende Selbständigkeit einräumt 107. Rechtlich wirksam, wenngleich letztlich nicht begrüßenswert, sind die bereits erwähnten „Entlastungsverträge" mit Bezug auf den Kindesunterhalt, die nur im Innenverhältnis gelten, ohne die rechtliche Bestandskraft der „obligatio" tangieren zu können. Der Zweck solcher Regelungen (etwa der sogenannten „Schad- und Klagloshaltung") ist evident: sie wollen vielfach die aliquote Belastung der Unterhaltspflichtigen umgehen108, die ja gerade das Kindeswohl sichern soll. Die diesbezügliche Kontrolle obliegt (primär) dem Pflegschaftsrichter. Freilich kann dem Scheidungsrichter deswegen nicht jegliche Prüfungskompetenz abgesprochen werden, weil er sich auf jeden Fall des Vorliegens sämtlicher (formellen und) materiellen Scheidungsvoraussetzungen vergewissern muß. Die Lage wird grundsätzlich dadurch etwas entschärft, daß das Pflegschaftsgericht auf Antrag bei jeder Sachverhaltsänderung über die Obsorge sowie über das Umgangsrecht entscheiden kann. Es scheint allerdings schwierig, in der Scheidungsfolgenvereinbarung nach österreichischem Muster eine Bestätigung des gegenseitigen Scheidungswillens zu erblicken. Hinzu kommt, daß grundsätzlich angenommen wird, die einvernehmliche Regelung der beiden Elternteile entspreche meist auch dem Kindeswohl109. Die Priifüngsbejugnis des (Scheidungs-)Richters, der ja die Scheidungsfolgenvereinbarung nicht zu genehmigen hat, erstreckt sich auf das Vorliegen dieser materiellen Scheidungsvoraussetzung, der Gültigkeitsvoraussetzungen im allgemeinen und der Einhaltung sämtlicher Formvorschriften 110. Legen die Ehegatten keine Vereinbarung vor oder entspricht sie dem oben angeführten Mindeststandard nicht, so sind die Scheidungswilligen zur Schließung einer (neuen) Regelung anzuleiten. Auf keinen Fall entscheidet der Richter selbst. Die vorgelegte Vereinbarung ist jedenfalls so konkretisiert aufzu-

107 108 109 110

Vgl Österreich V I Β 1 a, b. Österreich III D 5 a. Österreich III A 1 - 3. Österreich III Β; IV C.

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schlüsseln, daß sie nicht nur eine effiziente Kontrolle durch den Richter ermöglicht, sondern auch ein Minimum an Bindungswirkung erzeugt. Bedingungen wären etwa mit der Vereinbarung des Ehegattenunterhaltes - wie zB auch in Belgien 111 - durchaus kompatibel, bloß dürfen sie die persönliche Freiheit nicht einschränken oder etwa erzwungen worden sein; in einem solchen Fall greift gewiß die materielle Prozeßleitung (bzw richterliche Anleitungspflicht) ein oder es wäre notfalls (mangels Korrektur der Vereinbarung) der Scheidungsantrag abzuweisen. Dasselbe gilt, wenn die Regelung inhaltlich gar nicht nachvollziehbar wäre; unter Umständen würde sie dann nicht einmal die materielle Scheidungsvoraussetzung erfüllen, an deren Vorhegen die Statusentscheidung geknüpft ist 112 . Die Dispositionsbefugnis der Parteien ist somit in Relation zur Regelungsmaterie zu sehen: Bei der Obsorge und dem Umgangsrecht wird sie vom Kindeswohl eingegrenzt; Gleiches gilt für den Kindesunterhalt. Die Bindungswirkung der „familienrechtlichen Vereinbarung" ist sachgerecht reduziert; ein einseitiger Widerruf ist nämlich nur aus Gründen des Kindeswohles zulässig, das Abweichungen vom Vereinbarten nahelegen kann. Schließlich bleibt noch eine letzte Frage klärungsbedürftig, und zwar die Form, in die die Erklärungen mit Bezug auf die Scheidungsfolgen zu kleiden sind. Die Form kann Beweis- oder Seriositätsfunktion haben, und erfüllt deswegen gerade bei der einverständlichen Scheidung eine wichtige Aufgabe. Anhand der Einhaltung sämtlicher Formvorschriften wird das Einvernehmen widerlegbar oder unwiderlegbar vermutet, seine Mangelfreiheit vorausgesetzt bzw das „wahre" Einvernehmen über Scheidung und Scheidungsfolgen belegt. Vielfach soll die Form, in der Vereinbarungen dem Gericht zu unterbreiten sind, eine Gültigkeits- und/oder Inhaltskontrolle durch den Scheidungsrichter ersetzen. Das trifft jedenfalls für den Notariatsakt zu: In Belgien obliegt die Erstellung des Inventars und die Schätzung des Vermögens dem Notar, die restlichen Scheidungsfolgen bedürfen der Schriftform 113. Zum einen soll das gesamte vorhandene Vermögen erfaßt werden, zum anderen soll die schriftliche, grundsätzlich unabänderliche Vereinbarung den wahren Scheidungswillen bekunden. Führt das Verfahren nicht zum angestrebten Erfolg, dann fällt auch die Bestandskraft und Wirksamkeit der Scheidungsfolgenvereinbarung dahin. Die Lage ist in Frankreich 114 anders zu beurteilen, weil dem Gericht zunächst bloß ein Entwurf der definitiven Scheidungsfolgenvereinbarung vorzulegen ist, der durchaus Indiz für das Einvernehmen zwischen den Parteien darstellt. Der Vereinbarung kommt vor allem in Anbetracht der Pflicht zur 111 112 113 114

Vgl don IV C 1 f. Österreich III A 4; IV C. Belgien XV A, B, C. Frankreich I C, E.

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Abänderung auf richterliches Verlangen - widrigenfalls dem Begehren nicht stattzugeben ist - zweifellos die Funktion zu, die Ernsthaftigkeit und Freiheit des Scheidungswillens sowie den Bindungswillen der Parteien zu untermauern. Allerdings wird die Schriftform in ihrer Bedeutung als Seriositätsindiz durch das Einvernehmen über den Inhalt der Vereinbarung vollends zurückgedrängt. Nach hM ist die Bestandskraft der Scheidungsfolgenvereinbarung vom Willen der Parteien getragen, weshalb die Regelung bis zur Homologierung teilweise oder zur Gänze widerruflich und abänderbar ist. In der Schweiz kann eine schriftliche Scheidungskonvention vorgelegt werden, es steht den Parteien jedoch im allgemeinen frei, sich gleichwohl vor dem „Vermittler" über die Nebenfolgen zu einigen115. Bedeutsamer sind die Formerfordernisse dagegen in der BRD und in Österreich. Nach deutschem Recht116 ist mE davon auszugehen, daß die Vereinbarung gleich zu Verfahrensbeginn schriftlich vorzulegen ist, da auch sie die Ernsthaftigkeit des Begehrens belegt. Überdies wurde § 630 III dZPO in dieser Schrift als Muß-Vorschrift qualifiziert, weil es nicht nur darauf ankommt, alle Scheidungsfolgen einvernehmlich zu regeln, sondern sie vor allem abschließend zu klären, und den Ehegatten die Tragweite der Scheidung spätestens bis zum Scheidungsausspruch bewußt geworden sein muß. Die Bestandskraft und Wirksamkeit der Vereinbarung hängt - über die materiellen Gültigkeitsvoraussetzungen hinaus - von der Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form ab, wobei die notarielle Beurkundung gemäß § 127a BGB durch die gerichtliche Protokollierung ersetzt wird. Unterbleibt sie, hat dies die Nichtigkeit der Vereinbarung zur Folge. Die praktische Relevanz etwa der „ Verzichtsverträge" und der „vorsorgenden Vereinbarungen" 111, rückt die Bedeutung der Formvorschriften ins Blickfeld, dies insbesondere dann, wenn die Vereinbarungen „im Zusammenhang mit" oder „für den Fall" der Scheidung abgeschlossen wurden. Die Relativierung des jeweiligen Zwecks, möglichen Inhalts und zulässigen Abschlußzeitraums von Verträgen (Ehevertrag einerseits und sonstigen Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Scheidimg andererseits) beschwört viele Probleme herauf, die die durch die Form gewährleistete Seriositätskontrolle zum Schutz vor Übereilung weitgehend in Frage stellen: Der Ehevertrag bedarf nämlich grundsätzlich keiner Genehmigung, aber er enthält scheidungsbezogene Inhalte, wobei entweder die Tragweite der abgegebenen Erklärungen (noch) nicht richtig eingeschätzt werden kann oder aber die Nähe zur Scheidung bereits so greifbar ist, daß es - trotz der gesetzlichen Vorschriften, die vor Mißbrauch schützen wollen - eigentlich einer Genehmigung bedürfte, weil diese ja die richterliche Prüfung der Vereinbarung impliziert. 115 Schweiz II; III C; IV A. 116 BRD III B. 117 BRD III E 2 und 3.

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Aber auch in Österreich ist die Form der Vereinbarung als Seriositätsindiz und Gültigkeitserfordernis von Bedeutung118. So ist etwa umstritten, welche Bedeutung der in § 55a/2 EheG verwendeten Formulierung „dem Gericht unterbreiten" zukommt, weiters ist zum Beispiel ungeklärt, ob das Gerichtsprotokoll allfällige Formerfordernisse (insbesondere den Notariatsakt) ersetzt. Dies ist hauptsächlich auf die Ungenauigkeit und den fehlenden Gesamtüberblick des Gesetzgebers zurückzuführen. Im Vergleich dazu ist die Rechtslage in Belgien und Frankreich durchaus transparenter: Bestandskraft und Wirksamkeit der Vereinbarungen sind, was ihre vorgeschriebene Form anlangt, leichter auszuloten. Überall dort, wo die Beurkundung durch eine Amtsperson (insbesondere den Notar) den Parteien ausreichende Aufklärung und Belehrung gewährleisten sollte, stellt sich im allgemeinen heraus, daß diese oft die mit der einverständlichen Scheidung verbundenen Gefahren der Übervorteilung, Angst, des psychischen Drucks, der unzulässigen Koppelung von kindesbezogenen mit anderen Fragen usw nicht zur Gänze auszuschließen vermag. Hier bedürfte es einer zusätzlichen richterlichen Kontrolle. Zusammenfassend ist daher festzuhalten: Die rechtsvergleichende Betrachtung der Bindungswirkung der Scheidungsfolgenvereinbarung(en) in der BRD, in Frankreich, Belgien, der Schweiz und in Österreich vermittelt eine Palette von Regelungen mit unterschiedlicher normativer Intensität, deren Anforderungen auch durchaus voneinander abweichen. Greift man das Erfordernis der Genehmigung durch den Scheidungs(bzw eventuell Pflegschafts-)richter auf, erschiene Frankreich, das die Homologierung der Vereinbarung über sämtliche Scheidungsfolgen vorsieht, am rigorosesten und gegenüber der Privatautonomie der Parteien (in diesem Zusammenhang) am wenigsten aufgeschlossen, weil die richterliche Einflußnahme groß ist und die hM von der Unteilbarkeit der Statusentscheidung und der endgültigen Scheidungsfolgenvereinbarung ausgeht. Dem wären wohl Belgien einerseits sowie Österreich andererseits gegenüberzustellen: In jenem Land werden die Vereinbarungen weder homologiert noch überhaupt Bestandteil des Scheidungsausspruchs, die Kontrolle ist (weitgehend) auf die Prüfung der Formalia beschränkt. In Österreich entscheidet der Scheidungsrichter ebensowenig über die Scheidungsfolgen, die Vèreinbarungen werden hier auch nicht in den Scheidungsbeschluß integriert oder genehmigt. Bloß vor oder nach der Ehescheidung hat der Pflegschaftsrichter die Regelung der Obsorge, des Umgangsrechts und des Kindesunterhalts zu genehmigen, aber dies ist von der formellen Zulässigkeit oder materiellen Wirksamkeit der Ehescheidung durchaus unabhängig. Zwischen diesen Gegenpolen wären die BRD und die Schweiz anzusiedeln. Das deutsche Recht deshalb, weil bezüglich der „elterlichen Sorge" eine gerichtliche Entscheidung vonnöten und 118 Österreich III B, D 1. 41 Verschraegen

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Funktionale Rechtsvergleichung

hinsichtlich des „persönlichen Umgangs" eine solche möglich ist, sei sie auch auf den „übereinstimmenden Vorschlag" der Ehegatten gegründet; im schweizerischen Recht indes, weil die Rspr meint, daß die Homologierung die vereinbarten Scheidungsfolgen zum integrierenden Bestandteil erheben könne, aber die absolute Unteilbarkeit nach französischem Muster fehlt. Die Parallele zwischen dem französischen und dem schweizerischen Recht hegt darin, daß sie einer funktionellen Sicht des Genehmigungsvorganges (Akt der Genehmigung - genehmigter Akt) entbehren. Die Bindungswirkung selbst äußert sich auf zweierlei Art: Zum einen bezieht sie sich auf die Fixierung des Vereinbarten mit Bezug auf die Parteien, die nicht oder nur schwer von den Regelungen abweichen können und sollen; zum anderen äußert sie sich dem Richter gegenüber, dem entweder nur ein „Vorschlag" präsentiert wird, auf Grund dessen er anschließend selbst zu entscheiden hat, oder dem zwar die Parteien eine Vereinbarung unterbreiten, die er aber selbst abändern bzw zu der er nur Änderungsvorschläge machen kann; gegebenenfalls hat er das Vereinbarte zu verwerfen und das Verfahren entsprechend zu beenden oder die Parteien zum Abschluß einer Regelung anzuleiten. Die Rechtslage in der Schweiz - die aus den erwähnten Gründen nicht stereotyp ist - wirft in diesem Zusammenhang keine überraschenden Probleme auf: Die von vornherein nicht zwingend auferlegte Scheidungskonvention kann, muß aber nicht eine erschöpfende Regelung umfassen; was nicht geregelt wurde oder dem Richter (aus den angeführten Gründen) bedenklich erscheint, wird eben von ihm selbst entschieden. Bis zu dieser Entscheidimg oder Homologierung sind die Parteien nach hM an das Vereinbarte gebunden, der Richter kann einem allfälligen Ablehnungsantrag allerdings Rechnung tragen. Das Paradebeispiel für eine weitgehende Bindungswirkung in beiden Richtungen ist wohl die Rechtslage in Belgien. Was und wie alles zu Verfahrensbeginn geregelt sein muß, die Konzeption der diversen Regelungen als unabdingbares, dem „ordre public (interne)" eigenes Formalerfordernis und die an jede Ungenauigkeit geknüpfte Nichtigkeitssanktion, die (prinzipielle) starre Unabänderlichkeit und Unwiderruflichkeit des Vereinbarten, ja überhaupt schon die Gleichschaltung der vertraglichen Bindungswirkung mit einer „Gesetzeskraft", wie dies das Gesetz bestimmt, all das findet seine Ergänzung in der auf die Kontrolle der Formalia beschränkten richterlichen Befugnis, die es nicht gestattet, Änderungen vorzuschlagen oder gar von Amts wegen vorzunehmen. Die Statusentscheidung hat auf diese Sach- und Rechtslage keinerlei Einfluß, da die Scheidungsfolgen weder genehmigt noch von der Entscheidung (integrierend) erfaßt werden. Eine deutliche Abschwächung eines solchen Formalismus kennt das französische Recht: Die richterliche Einflußnahme hat der Gesetzgeber zweifellos angestrebt, der Richter ist keineswegs gehalten, den „Entwurf zur Vereinbarung sämtlicher Scheidungsfolgen" automatisch zu homologieren; und

II. Grenzen der Bestandskraft und Wirksamkeit der Erklärungen

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erst in einem späteren Verfahrensstadium legen die Parteien die „endgültige Vereinbarung" vor. Dh, während des Verfahrens sind durchaus Änderungen oder Ergänzungen möglich und zulässig, vor der Homologierung kann von einer „absoluten Unabänderlichkeit" keine Rede sein. Die mittlere Position hält die BRD inne: Zwar soll der Richter vom „übereinstimmenden Vorschlag" der Elternteile nur aus Gründen des Kindeswohls in seiner Entscheidung abweichen, aber ihm wäre das Pouvoir dazu durchaus eingeräumt. Von allen genannten Rechtsordnungen hebt sich Österreich ab: Die grundsätzliche Kontrollpflicht in bezug auf das Kindeswohl obliegt hier nicht dem Scheidungs-, sondern dem Pflegschaftsrichter, und davon abgesehen kann die Regelung des Umgangsrechts sogar vorbehalten bleiben. Die Parteien müssen sich diesbezüglich nicht festlegen. Es ist davon auszugehen, daß der Scheidungsrichter intensiver an die Vereinbarung der Scheidungsfolgen als in anderen Ländern gebunden ist, weil seine Prüfungsbefugnis von vornherein eingegrenzter ist. Außerdem ist an einem Verzicht auf den (Ehegatten-)Unterhalt wohl nur in Grenzfällen zu rütteln und der Richter hat auch eine „Erledigungserklärung" zu akzeptieren, es sei denn, er gewinnt deutliche Anhaltspunkte für die Fragwürdigkeit dieses Vorgehens. Seine Kontrolle wird sich maW in der Regel auf das Vorhegen der Scheidungsfolgenvereinbarung als „materielle Scheidungsvoraussetzung" und der formellen und materiellen Gültigkeitsvoraussetzungen beschränken. In jedem Land - wenngleich unterschiedlich stark - wird ergänzend zur Bindungswirkung nach der Dispositionsbefugnis der Parteien über die betreffenden Regelungsmaterien differenziert. Ganz besonders evident wird dies im Rahmen der Kindesbelange, namentlich mit Bezug auf das Kindeswohl (Kindesinteresse). In keinem der besprochenen Länder steht den Parteien die abschließende Regelungsbefugnis zu, Modalitäten nachträglicher Änderungen sind freilich in jedem Land gesetzlich verankert. Dies gilt jedenfalls bezüglich der „elterlichen Sorge" (der „elterlichen Gewalt", des „Sorgerechts", „Elternrechts", der „Obsorge") sowie des „Umgangsrechts" („Besuchsrechts"). Grundsätzlich trifft dies auch für den Kindesunterhalt zu, wobei darüber in der BRD ein Exekutionstitel herbeizuführen ist. Das österreichische Recht stellt - wie erwähnt - auf einen „gerichtlichen Vergleich" (der freilich auch ein Vollstreckungstitel ist) schlechthin ab, was im Hinblick auf die eingegrenzte Dispositionsbefugnis bei Kinderfragen unrichtig ist. Die Schweiz rechnet zu den Kindesbelangen auch die Kinderrente. Was in den genannten drei Ländern anhand rechtsgeschäftlicher Kriterien ausgegrenzt wird, scheint in Frankreich und Belgien mittels des „ordre public (interne)" aufgefangen. Denn auch hier sind zunehmend Bestrebungen bemerkbar, auf prätorischem Wege über das Kindeswohl zu wachen, was sich de lege lata in der Tat nur mit besagtem Rechtsgrundsatz begründen läßt.

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Funktionale Rechtsvergleichung

Wohl am eingehendsten wurden seit jeher in der schweizerischen Doktrin und Judikatur die jeweiligen Regelungsmaterien nach der Möglichkeit und Zulässigkeit privatautonomer Gestaltung beleuchtet, was unter Umständen auf die langjährige Diskussion um die wahre Rechtsnatur der Scheidungsfolgenvereinbarung zurückzuführen ist. Im Blick auf die vorgeschlagene Typologie („familienrechtliche Vereinbarung" - „Kindesunterhaltsvertrag" - „schuldrechtlicher Vertrag über die vermögensrechtlichen Ansprüche und den Ehegattenunterhalt") fiele die schweizerische „Kinderrente" (der „Kindesunterhalt") eher in den Grenzbereich der - wenngleich am Kindeswohl orientierten - disponiblen Regelungsgegenstände. Der „übereinstimmende Vorschlag" nach deutschem Recht könnte von der Kategorie „familienrechtliche Vereinbarung" erfaßt werden, ebenso die schweizerischen „Kinderbelange" (mit der erwähnten Einschränkung) und die „Obsorge" sowie das „Umgangsrecht" nach österreichischem Recht. Erschwert wird die hier erstellte Typologie durch die Besonderheiten des französischen und belgischen Rechts, wenn man die in dieser Arbeit den „familienrechtlichen Vereinbarungen" zugeordneten Rechtsfolgen akzeptiert: Beide Rechtsordnungen kennen die grundsätzliche Verbindlichkeit der „Verträge und Vereinbarungen", denen sogar „Gesetzeskraft" beigemessen wird. Die zugrunde hegende ratio hiefür war freilich ursprünglich die Parteiautonomie. Nur hat sich ja im Laufe der Untersuchung gezeigt, wie starr und durchaus verzerrend ein solches Verständnis des „wahren Parteiwillens" sein kann, sodaß der Gedanke an „dynamisch-flexible", wenngleich keineswegs „willkürlich modifizierbare" Abmachungen im französischen Recht vielleicht kühn, im belgischen Recht sogar befremdlich wirken mag.

2. Richterliche Eingrijfsbefugnis

und Korrekturmöglichkeiten

der Parteien

Am Beispiel derrichterlichen Eingrijfsbefugnis in die Scheidungsfolgenvereinbarungen sowie der den Parteien konkret zur Verfügung stehenden Verfahrens- und materiellrechtlichen Korrekturmöglichkeiten soll das Zusa menspiel dieser Elemente mit Bezug auf die Scheidungsfolgenregelungen nachgezeichnet werden. Der richterliche Einfluß bewegt sich von einer echten Entscheidungsbefugnis über ein Abänderungspouvoir bis zur bloßen Alternative, die präsentierte Scheidungsfolgenvereinbarung entweder zu akzeptieren oder aber sie zu verwerfen. Die „Korrekturmöglichkeiten" der Parteien beziehen sich infolge der Einbettung der vereinbarten Scheidungsfolgen in ein förmliches (außer-)gerichtliches Verfahren auf prozessuale und/oder materiellrechtliche Abhilfen. Rechtsvergleichend besehen hegt der Schwerpunkt nachträglicher Änderungsmodalitäten zweifellos auf dem Verfahrensweg. Dies entweder, weil die Vereinbarungen in die Statusentscheidung von vornherein so integriert wer-

II. Grenzen der Bestandskraft und Wirksamkeit der Erklärungen

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den, daß sie ihr rechtliches Schicksal teilen (sollen), oder aber, weil die Erledigungs/bmt schon dem Verfahrensrecht angehört bzw als Instrument des materiellen Rechts (zB der Vergleich) korrekturfeindlich konzipiert erscheint. Es ist evident, daß das Eingriffspotential des Richters bei „kindesbezogenen Fragen", dh bei Regelungen, die immittelbar das Kindeswohl betreffen, weiter reicht. Mit Bezug auf die BRD ist dabei eine deutliche Abstufung erkennbar: Die Entscheidung über die „elterliche Sorge" steht dem Richter zu, mit der schon erwähnten Einschränkung, daß er den Willen der Eltern (nach Maßgabe des Kindeswohls) berücksichtigen muß; hält er den „übereinstimmenden Vorschlag" für kindeswohlgefährdend oder kindeswohlwidrig, dann ist die abweichende Entscheidung vorweg zu treffen. Das „Umgangsrecht" kann auf Antrag Gegenstand der richterlichen Entscheidung werden, was wohl zumeist der Fall ist, wenn eine wirkliche Einigung zwischen den Ehegatten nicht erreichbar erscheint oder weil die Antragsteller der gerichtlichen Entscheidung, die Grundlage der Vollstreckung ist, den Vorzug geben. Bei der Vereinbarung über den „Kindesunterhalt" bedarf es - vom Verbot des Verzichts für die Zukunft abgesehen - der ,Angemessenheit" seiner Modalitäten, sodaß die inhaltliche Kontrolle hier wohl voll eingreift, widrigenfalls die „Einigung" der Nichtigkeitssanktion unterhegen könnte. Richtigerweise wäre im übrigen davon auszugehen, daß auch auf den „Betreuungsunterhalt" nicht verzichtet werden kann, weil er die Funktion eines Kindesunterhalts erfüllt. Ein solcher Verzicht ist unwirksam. Der Richter kann seinem Scheidungsausspruch nur eine Vereinbarung zugrundelegen, wonach derzeit kein Betreuungsunterhalt geleistet wird, und dies auch bloß, wenn die Kindesinteressen dadurch nicht gefährdet werden. Der richterhche Einfluß macht sich dagegen beim „Ehegattenunterhalt" sowie bei der Regelung der „Ehewohnung und des Hausrats" nur noch schwach bemerkbar und beschränkt sich auf eine schlichte Gesetzmäßigkeitskontrolle. Vor allem „Leistungsverzichte" sollten dem Richter eine erhöhte Aufmerksamkeit abverlangen: Solche erfolgen nicht selten aus Resignation, Fehleinschätzung der eigenen Möglichkeiten oder im Tausch gegen nicht-disponible Regelungsbereiche. Dierichterliche Kontrolle darf keiner punktuellen Sicht verhaftet sein, vielmehr hat sie sich auf die Scheidungsfolgenvereinbarung als „Scheidungspaket" zu erstrecken 119. Durchaus ähnlich ist die Rechtslage in der Schweiz, wo nicht nur die Voraussetzungen der Genehmigung, je nach Regelungsmaterie unterschiedlich sind, sondern nach hM auch die Qualität diese Aktes entsprechend abzustufen ist: Sie reicht von der „gerichtlichen Entscheidung" über kindesbezogene Fragen und über das von den Ehegatten nicht Geregelte bis zu einer Art von „Vollzugsbestätigung" des restlichen Vereinbarungsinhalts. Vorschläge über Kindesbelange sind von der richterlichen Prüfungsbefugnis voll 119 BRD IV C.

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Funktionale Rechtsvergleichung

erfaßt und bedürfen ihrer Abklärung im Wege der förmlichen Entscheidung. Hingegen zeichnet sich die Homologierung der übrigen Scheidungsfolgen durch eine deutliche Reduktion richterlicher Einflußnahme auf die Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit, Klarheit und sachlichen Angemessenheit aus, die bekanntlich Mißbräuchen uä vorbeugen soll. Dem Gericht nicht vorgelegte, sogenannte „unter der Hand abgeschlossene Vereinbarungen" sind zwar im Prinzip unwirksam, sie können nach hM jedoch nachträglich anerkannt werden. Die ratio dafür ist wohl, daß der (Scheidungs-)Streit vorüber ist und einvernehmlichen Regelungen nach Auflösung der Ehe nichts im Wege stehen soll. Damit scheint indes strukturell schwer vereinbar, daß die Homologierung den gerichtlichen Vergleich nach hM automatisch in einen Urteilsbestandteil verwandelt, ohne daß eine Prüfung in der Sache selbst erfolgt 120. Gegenpole zur BRD und Schweiz sind in diesem Zusammenhang Frankreich einerseits und Belgien sowie Österreich andererseits, dies aus unterschiedlichen Erwägungen. Die richterliche Einflußnahme ist nach französischem Recht weitergehender als in anderen Ländern: Schon bei der „vorläufigen Vereinbarung" steht es dem Richter zu, dem Kindeswohl widerstrebende Regelungen zu ändern oder überhaupt zu streichen und zu ersetzen. Das läßt sich vielleicht noch mit der Dringlichkeit und dem vorübergehenden Charakter der Vereinbarung für die Dauer des Verfahrens rechtfertigen. Beim Entwurf zur endgültigen Scheidungsfolgenvereinbarung und bei der definitiven Vereinbarung selbst trifft dies indes nicht mehr zu: Hier können den Parteien aber trotzdem ohne weiteres Änderungen auferlegt werden, die entsprechend auszuführen sind, weil das Gesetz dem Richter ausdrücklich die Befugnis einräumt, die Genehmigung der Vereinbarung sowie den Ausspruch über die Scheidung zu verweigern, wenn dies aus Gründen des Kindes- und/oder des Ehegatteninteresses geboten erscheint. Das Ermessen des Richters und im übrigen auch seine sozialen Kontrollmöglichkeiten (die sogenannte „Sozialenquête" etwa) sind daher wichtige Instrumente, den richterlichen Einfluß so zu dosieren, daß die Scheidungsfolgenvereinbarung letztlich noch vom beidseitigen Scheidungswillen der Parteien getragen ist. Die von der hM postulierte - mE konstruierte - „ Unteilbarkeit" der Statusentscheidung und der homologierten Scheidungsfolgenvereinbarung, die ja die Rechtskraft über Gebühr ausdehnt, vermag nicht zu überzeugen. Letztlich wird durchaus eingeräumt, daß dem Richter, obwohl er den Entwurf zur definitiven Scheidungsfolgenvereinbarung zur Gänze einer strengen inhaltlichen und formellen Kontrolle zu unterziehen hat, weil er den Antrag bei allfälligen Unregelmäßigkeiten wegen Fehlens einer wesentlichen Scheidungsvoraussetzung zurückweisen muß, im Ergebnis nur bezüglich der Kindesinteressen eine echte Prüfungspflicht obliegt; dagegen tritt sein Einfluß bei 120 Schweiz IV C 2.

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der Beurteilung der Interessen der Ehegatten, denen ja eine autonome Willensbildung zuzubilligen ist, gewöhnlich in den Hintergrund. Das ist gerade eine der Erwägungen, weshalb die „Untrennbarkeit" so gekünstelt erscheinen muß und es dem „unbeteiligten Dritten" vielmehr scheinen will, daß die „Unteilbarkeit" bloß auf den Zeitpunkt der Entscheidung bezogen ist. Dies, weil der Ausspruch über den Status einerseits und die Genehmigung der Scheidungsfolgenvereinbarung andererseits einander gegenseitig, dh systemimmanent bedingen und die „Unteilbarkeit" daher richtigerweise als „Momentaufnahme" zu werten wäre. Umso fraglicher muß die regelmäßig vorgebrachte Behauptung, daß die richterhche Kontrolle und Einflußnahme jeglichen Willensmangel auszuschließen vermöge121, erscheinen. Die Rechtslage in Belgien hat sich, wie dargetan, seit jeher davon unterschieden: Die Kontrolle des Richters ist nahezu auf null reduziert, seine Eingriffsbefugnis bewegt sich auf rein prozessualem Niveau, wo sie sehr großzügig ausgestaltet ist. Bei der geringsten Ungenauigkeit mit Bezug auf die Formalia kann er den Antrag zurückweisen, die Parteien sind somit (jedenfalls mittelbar) gezwungen, formell tadellose Schriftstücke zu präsentieren. In praxi scheint sich doch die recht technische Rolle des Richters in eine etwas gehaltvollere zu wandeln: Die Beurteilung der Zulässigkeit des Vereinbarungsinhalts stellt den Richter nämlich unweigerlich vor Überlegungen substantieller Art, weil die Scheidungsfolgenvereinbarung notgedrungen inhaltlich aufbereitet ist und es infolgedessen nicht nur um Probleme rein formaler Natur gehen kann. Praktische Fälle zeigen dieses Dilemma auf. So zum Beispiel die Frage, ob die Regelung der vermögensrechtlichen Ansprüche von Bedingungen abhängig gemacht werden darf, etwa von der Verknüpfung des Zölibats mit der Zuweisung der Ehewohnung, vom Aufbürden der Prozeßkosten oder einer Vertragsstrafe im Falle eines Widerrufs der Zustimmung etc. Nicht zuletzt das grundsätzlich durch die „Fiktion", wonach das Einhalten sämtlicher Formalitäten die mangelfreie Willensbildung gewährleiste, hervorgerufene Spannungsverhältnis zwischen Form einerseits und Inhalt andererseits wird im belgischen Recht, insbesondere im Zuge der grundsätzlich begrüßenswerten Entformahsierung des Scheidungsverfahrens zunehmend fragwürdig. Dasselbe gilt für die sogenannte Unabänderlichkeitsthese mit Bezug auf die Scheidungsfolgenvereinbarungen, weil die hM ihnen dadurch eine stärkere Bindungswirkung zuschreibt, als sie der Ehe selbst zukommt! Eine solche Rechtsmeinung ist auch nicht (mehr) mit dem „wahren Parteiwillen" zu rechtfertigen, außerdem wird die Vereinbarung ja vom Richter weder homologiert noch zum integrierenden Bestandteil des Urteils erhoben und schließlich trägt die „absolute Unabänderlichkeit" die ,Änderung" bereits in sich122.

121 Frankreich I C; I E. 122 Belgien IV B.

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Funktionale Rechtsvergleichung

Aber auch Österreich ist mit Belgien der französischen Rechtslage gegenüberzustellen, wenngleich aus ganz anderen Gründen. Eine reelle inhaltliche Eingrijfsbejugnis in Kindesbelangen steht nicht dem Scheidungs-, sondern allein dem Pflegschaftsrichter zu. Hinsichtlich der restlichen Scheidungsfolgen ist die Parteiautonomie jedoch so sehr in den Vordergrund gerückt, daß der Richter die Vereinbarung inhaltlich zwar prüfen darf und auch soll. Aber sein Pouvoir bewegt sich zwischen der Unzulässigkeit, selbst zu entscheiden, und der Pflicht, das Vorliegen der Vereinbarung als materielle Scheidungsvoraussetzung zu verifizieren bzw bei Bedarf die Parteien zum Abschluß einer solchen anzuleiten. Dies geht über eine bloße Formkontrolle hinaus - jedenfalls sind die materiellen Gültigkeitsvoraussetzungen und je nach Regelungsmaterie der entsprechende Formzwang zu beachten -, doch darf den Scheidungswilligen bestimmt kein spezifisches Ergebnis aufgedrängt werden, zumal eine abschließende Regelung ja „nur" hinsichtlich jener Materien nötig ist, bezüglich derer die Parteien die größte Autonomie genießen, nämlich mit Bezug auf den Ehegattenunterhalt und die vermögensrechtlichen Ansprüche. Eine intensivere Einflußnahme im Sinne einer substantiellen Kontrolle ist insbesondere dann angebracht, wenn - wie erwähnt - die Leistungen bzw Anspruchsverzichte unabhängig von Gegenleistungen versprochen bzw abgegeben werden. Aber sogar die Erbringung einer Gegenleistung soll nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Möglichkeit einer „unzulässigen Koppelung" stets präsent ist. Das Gesetz selbst sagt zu alledem recht wenig. Die Gegenüberstellung der österreichischen Rechtsordnung zur BRD und Schweiz einerseits sowie zu Frankreich andererseits rechtfertigt sich aus den geringen Anforderungen an die Scheidungsfolgenvereinbarung selbst sowie aus der Zurückhaltung der Judikatur, die - oft vorschnell - nicht ihre Aufgabe darin erblickt, zu sehr in das Einvernehmen der Ehegatten über die Scheidungsfolgen einzugreifen 123. Rechtsvergleichend besehen stehen die richterliche Eingriffsbefugnis einerseits und die konkreten Verfahrens- und materiellrechtlichen Korrekturmöglichkeiten der Parteien andererseits kaum in einer ausgewogenen Relation. Dies gilt sowohl für Änderungen, die während des Scheidungsverfahrens angestrebt werden, wie für solche, die nach rechtskräftiger Auflösimg der Ehe geltend gemacht werden. Auffällig ist dabei, daß diesbezügliche Kontroversen insbesondere im Verfahrensrecht akut werden und nicht - wie man bei Fällen mangelhafter Willensbildung erwarten möchte - im Rahmen des materiellen Rechtes. Das ist - wie erwähnt - zum Teil der angesprochenen Erledigungs/omi zuzuschreiben, zum Teil fangen freilich allgemeine Abänderungsalternativen oftmals das mit einer Anfechtung wegen Willensmangels anvisierte Ergebnis auf. So steht eher das Resultat und weniger das Mittel, womit die Modifikation erzielbar wäre, im Vordergrund.

123 Österreich IV C

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Auch bezüglich der Korrekturmöglichkeiten läßt sich eine Länderskala entwerfen, die von Belgien über Frankreich, anschließend Österreich und die BRD zur Schweiz hinüberreicht. Im Zusammenhang mit der belgischen Rechtslage ist bereits vielfach auf die Gemeinsamkeit mit Frankreich, das die Fälle mangelhafter Willensbildung regelmäßig durch das Eingreifen des „ordre public (interne)" erfaßt, hingewiesen worden. Die gesamte Prozedur ist im belgischen Recht ungemein formalistisch ausgestaltet. Das „Inventar" und die „Schätzung des Vermögens" sind grundsätzlich ab dem 1. Verhandlungstermin unabänderlich. Allerdings erlaubt ein vom Willen der Parteien unabhängiges Ereignis, wie beispielsweise eine Erbschaft oder eine Schenkung, die nachträgliche Ergänzung. Das Gleiche müßte eigentlich für versehentlich nicht Erfaßtes (oder für vergleichbare Tatbestände) gelten, da das Unterbleiben der Richtigstellung die Realität der Vermögensverhältnisse zu Beginn des Scheidungsverfahrens verfälscht, was wiederum das Vorhegen einer „wesentlichen Scheidungsvoraussetzung" in Frage stellen kann. In der Rspr konnten jedoch solche Überlegungen nicht entdeckt werden. Aber es gab sehr wohl Anhaltspunkte für das wachsende Unbehagen in solchen Fällen: So wurde etwa in Stellungnahmen des Staatsanwalts festgestellt und von einigen Gerichten in obiter dicta angemerkt, daß es der betreffenden Partei obhege, den Willensmangel während des Verfahrens aufzuwerfen, weil es sich bloß um ein Problem der „relativen Nichtigkeit" handle. Wohl ist anzunehmen, daß deren erfolgreiche Relevierung zwar die Verbindlichkeit der getroffenen Maßnahmen entfallen heße, aber dann wäre vermutlich das gesamte Verfahren von neuem aufzurollen. Diese Befürchtung scheint auf Grund mancher dicta gerechtfertigt, wonach zum Beispiel verspätetes Vorbringen, Ungenauigkeiten, Unvollständigkeiten, Formverstöße, die Geltendmachung eines Willensmangels usw mit Bezug auf alle Vereinbarungen als Widerruf des Einverständnisses zur Scheidung (bzw allenfalls als Formvcrstoß) zu werten sind, was die sofortige Beendigung des Verfahrens zur Folge hat, sofern noch keine Eintragung in das Personenstandbuch erfolgt ist. Überhaupt ist ja daran zu erinnern, daß die bloße Untätigkeit der Parteien) nach ergangener Entscheidung, aber vor der Eintragung in das Register zur Verfahrensbeendigimg genügt und dann gar keine gesonderte Anfechtung vonnöten ist: Verstreicht nämlich die vorgeschriebene Frist ungenützt, dann fällt die Entscheidung einfach dahin. Macht indes eine Partei vor der Statusentscheidung einen Willensmangel geltend, dann führt das Aufwerfen dieser „relativen Nichtigkeit" zum selben Ergebnis, weil - so wird argumentiert - das Einverständnis der Partei(en) frei und beharrlich sein müsse. Sämtliche Probezeiten, Gerichtstermine etc, kurzum alle Formalitäten seien auf die Gewährleistung der mangelfreien Willensbildung ausgerichtet; hege eine solche nicht vor, dann habe das Verfahren seinen Zweck verfehlt und müsse sofort beendet werden. Der Prozeß biete genügend Gelegenheiten

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Willensmängel vorzutragen, weshalb die nachträgliche Anfechtung grundsätzlich unzulässig sei. Im Laufe der Zeit wurde die These notgedrungen differenziert und konkretisiert. Zwar können sich die Ehegatten auch über den „Kindesunterhalt" einigen, aber der Unterhaltsbeitrag („contributio") richtet sich stets nach dem Kindeswohly sodaß Änderungen, wenngleich keineswegs leicht und unter recht unterschiedlichen Bedingungen doch möglich sind. Der „Ehegattenunterhalt" zeichne sich hingegen durch eine „immutabilité radicale" aus und der Richter könne - wie etwa auch in der Schweiz - die Vereinbarung ex post wohl interpretieren und den wahren Parteiwillen dabei in Rechnung stellen, doch hege - so wird behauptet - meistens gar keine Auslegungsfrage vor. In diesem Zusammenhang geht es regelmäßig um die „Umstandsklausel", die entweder nicht beigefügt, mißverständlich formuliert scheint oder überhaupt einer ungewollten Lücke abhelfen soll. Zu Umecht wird bei Fehlen einer solchen Klausel auf die „absolute Unabänderlichkeit" geschlossen. Ändert sich der Lebenssachverhalt (zum Beispiel durch die Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft) und ist dieser Fall in der Vereinbarung nicht ausdrücklich bedacht worden, dann besteht aber trotz der „Unabänderlichkeitsthese" die Tendenz, die Bedarfsfrage zumindest indirekt zu berücksichtigen, und zwar (in casu) durch die Gleichsetzung mit einer zweiten Eheschließung. Interessant ist auch die Behandlung der „Indexklausel": Beim Kindesunterhalt begrüßt der Kassationshof die amtswegige Einfügung, weil dies der „Grundsatz der redlichen Erfüllung" gebiete; mit Bezug auf den Ehegattenunterhalt jedoch wäre die gleiche Argumentation schlicht undenkbar. Im allgemeinen ist davon auszugehen, daß „kindesbezogene Angelegenheiten" einer nachträglichen Änderung zugänglich sind; das Kriterium hierfür ist die geänderte Situation des Kindes bzw das Kindeswohl. Bezüglich der restlichen Nebenfolgen lehnt die hM die Berücksichtigung „höherer Gewalt", von „Zufall" und „unvorhersehbaren Umständen" generell ab. Diese Position erfährt im belgischen Schrifttum zunehmend Kritik, dies sicherlich nicht ganz zu Unrecht. Aber jene, die um jeden Preis an der „absoluten Unabänderlichkeit" (insbesondere) der „vermögensrechtlichen Regelungen" festhalten wollen, greifen neuerdings - und das wirklich verfehlt - auf die französische Lehre und Rechtsprechung zurück oder sie weisen schlicht darauf hin, daß die Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung zugleich der Scheidung die Grundlage des Einvernehmens entzöge. Diese Argumentation überzeugt deshalb nicht, weil es dann eben am wahren Einvernehmen schon von Anbeginn mangelte. Überdies kann das Ergebnis auch rechtspolitisch nicht befriedigen, da solcherart gerade der schutzunwürdigen Partei Vertrauensschutz zukommt. Schließlich wird bei den vermögensrechtliche Ansprüchen im Zweifel die Form des Vergleichs angenommen, dies wohl ob seiner erschwerten Anfechtbarkeit: Die Bekämpfung wegen eines Willensmangels wird nämlich von der hM kategorisch abgelehnt.

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Im Endeffekt kommt es auch im belgischen Recht zu Wertungswidersprüchen, wie sie in Frankreich auf ähnliche Art und Weise aufbrechen: Das positive Recht bestimmt nämlich, daß deijenige, der schlechtgläubig Güter vorenthält, alle Vorteile verliert und die Sache dem Verkürzten zugute kommt. Selbst wenn sich daher eine Partei wegen eines Willensmangels erfolglos gegen den „Vergleich" wendet, muß die erlittene Verkürzung nach dem Gesetz trotzdem ausgeglichen werden. Zu einer gleichgearteten Konsequenz kommt es auf Grund der Gesetzesbestimmungen über die Abwicklung der Gütergemeinschaft, wonach von der Vereinbarung nicht erfaßte Werte ex post noch aufgeteilt werden können. Dem Ergebnis ist zuzustimmen, eine gewisse Relativierung der „absoluten Unabänderlichkeit und Unanfechtbarkeit" - und zwar unter Berufung auf den „wahren Parteiwillen" - würde solchen strukturellen Widersprüchen allerdings schon im Vorfeld vorbeugen124. Um Nuancen weniger rigide ist das französische Recht, wenngleich auch hier die Argumentation der hM in recht formalen Bahnen verläuft, um die Unanfechtbarkeit zu untermauern. Dabei versteift man sich grundsätzlich auf die notorische „indivisibilité" (sogenannte „Unteilbarkeit") von Statusentscheidung und Scheidungsfolgenvereinbarung, da - so steht wiederholt zu lesen - das „wahre Einvernehmen" durch die vielen Überprüfungsmechanismen ohnedies praktisch gewährleistet und die isolierte Anfechtung der Vereinbarung selbst infolgedessen überflüssig sei. Es nimmt aber nicht Wunder, daß auch die Verfechter dieser Auffassung Wege finden mußten, um den gröbsten Ungerechtigkeiten abzuhelfen. Manche schlagen daher vor, dem im Ergebnis Verkürzten Schadenersatzansprüche einzuräumen; dies als Ausgleich dafür, daß die Vereinbarung nach der Genehmigung zum „acte juridictionnel" geworden sei und dadurch nur noch den beschränkten prozessualen Angriffsmöglichkeiten unterhege. Die Rechtslage ist indes anders zu beurteilen, wenn die Scheidungsfolgenvereinbarung selbst eine Revisionsklausel enthält, in diesem Fall steht der allfälligen Abänderung nichts im Wege. Zur Wahrung des Kindeswohls wird die Zulässigkeit von Modifikationen kindesbezogener Regelungen jedoch generell bejaht. Die Rechtsprechimg hat darüber hinaus im einzelnen sehr geschwankt. Manche Entscheidungen räumten - unter Umgehung der Unteilbarkeitstheorie - fallweise die materielle Anfechtung wegen Läsion ein. Dies mit der fragwürdigen Begründung, daß die richterliche Überprüfung die wirtschaftliche Ausgeglichenheit der Vereinbarung nicht erfaßt habe, bzw sich die Rechtskraft darauf nicht erstrecke. Andere Entscheidungen wiederum eröffneten nur die prozessuale Anfechtung. Zuletzt ist die Wiederaufnahmsklage gegen die „genehmigte Vereinbarung" mit dem Argument zugelassen worden, daß die Statusentscheidung und die homologierte Scheidungsfolgenvereinbarung zwar eine Einheit bilde, jedoch ohne weiteres eine Teilanfechtung möglich 124 Belgien IV; VIII.

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sei, die sich freilich auf die Gründe, die sich gegen den Scheidungsausspruch richten könnten, beschränken soll. Die Entwicklung scheint mir - entgegen anderslautenden Meinungen, die auf die Autorität des Kassationshofes pochen - trotz allem noch nicht abgeschlossen. Dies allein schon im Blick auf die im positiven Recht gegen die absolute Unanfechtbarkeit (und Unteilbarkeit) vorgegebenen Bestimmungen wie wir sie auch im belgischen Recht vorfinden -, nicht zuletzt aber im Hinblick auf die Nichtigkeit der Scheidungsfolgenvereinbarung wegen bestimmter, Gläubiger benachteiligenden Transaktionen im Rahmen des Konkursverfahrens 125. Das Gesetz ordnet nämlich nicht die Anfechtbarkeit durch Dritte an, mit der sie - wie im Falle der actio Pauliana - die Wirkung der Vereinbarung sich selbst gegenüber abwenden können, sondern spricht von der Nichtigkeit schlechthin. Das österreichische Recht wirft in diesem Zusammenhang weit weniger Probleme auf, weil die Vereinbarung vom Scheidungsrichter weder genehmigt noch sonstwie in den Scheidungsausspruch integriert wird, sodaß sich jegliche Diskussion über eine allfällige „Unteilbarkeit" von Statusentscheidung einerseits und Scheidungsfolgenvereinbarung andererseits a priori erübrigt. Da die Vereinbarung auch keiner allumfassenden Kontrolle oder gar Abänderungsbefugnis durch den Richter unterliegt, gewinnt ihre nachträgliche Ergänzung und Korrektur als „(gerichtlicher) Vergleich" durchaus an Gewicht. Sämtliche Anfechtungsmodalitäten richten sich daher mit der hM nach den für diese Rechtsformen jeweils geltenden Bestimmungen, wobei eine erfolgreiche Bekämpfung des Vergleichs die Statusentscheidung selbst nicht in Frage stellen kann. Im Zuge der Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung handelt es sich in der Praxis meistens um einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich, dessen Unverbindlichkeit oder Unvollständigkeit im Rahmen eines angestrengten Aufteilungsverfahrens reklamiert wird. Sofern die Verbindlichkeit abzuklären ist, stellt sich als erstes die Frage nach der Zulässigkeit des Rechtsweges. Dem Außerstreitrichter obliegt insbesondere die Prüfung des Inhalts, der gebührenden Form, der Möglichkeit und Erlaubtheit der Vereinbarung; der streitige Richter hat indes über die Anfechtung gemäß §§ 870 ABGB, den Einwand einer den Parteien erkennbaren mangelnden Ernstlichkeit der Erklärung, den Wegfall der Geschäftsgrundlage, die Anfechtung wegen Sittenwidrigkeit, Wuchers etc zu entscheiden. Die Zulässigkeit einer solchen Anfechtung wurde vom Höchstgericht inzwischen bejaht, wobei die Scheidungsfolgenvereinbarung als (gerichtlicher) Vergleich behandelt wird, der den vom Gesetz angeordneten Anfechtungsbeschränkungen (insbesondere der reduzierten Anfechtung wegen Willensmängel und dem Ausschluß der Geltendmachung der laesio enormis) unterliegt.

125 Frankreich

I E 2 d; I E 6; I F.

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Die Anfechtung erfolgt indes - schon wegen der Einjahressperre gemäß § 95 EheG - nicht immer im Aufteilungsverfahren. Wie in der BRD126 und der Schweiz 127 stellt sich dann das Problem der Natur des gerichtlichen Vergleichs als doppeljunktioneller Prozeßhandlung. Zunehmend kristallisiert sich in der österreichischen Lehre und Rspr heraus, daß der gerichtliche Vergleich im Sinne des DoppTatbestandes zu verstehen und - insbesondere auf Grund jüngst ergangener Entscheidungen - im fortgesetzten Verfahren zu bekämpfen ist. Für die Erledigung im gleichen Verfahrenszusammenhang spricht wie andernorts ausführlich begründet wurde - sehr viel. Im Ergebnis ist es somit Sache des Außerstreitrichters, im wiederaufgenommenen Verfahren über den Bestand oder die Abänderung des gerichthchen Vergleichs zu erkennen und diesen gegebenenfalls zu ergänzen. Im Falle einer erfolgreich angefochtenen l&iterAötevereinbarung wurde die so entstandene Lücke folgerichtig mittels Analogie zu § 69/3 EheG geschlossen. Problematisch ist die Rechtslage bei der Ergänzung und Berichtigung eines gerichthchen Vergleichs im laufenden Scheidungsverfahren. Die Rspr wehrt sich dagegen sehr zu Umecht. Die nachträgliche, eben nach rechtskräftiger Scheidung erfolgte Ergänzung und Berichtigung ist, weil sie im Aufteilungsverfahren begehrt wird, auf die in § 81 EheG genannten vermögensrechtlichen Ansprüche, dh auf das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehehchen Ersparnisse beschränkt. Über die Problematik der Zulässigkeit einer solchen Antragstellung als solche bzw die Bedingungen an die diese geknüpft wird hinaus, bleibt zu bedenken, daß das restliche, vom Aufteilungsverfahren nicht erfaßte Vermögen entweder mittels Kondiktionen, Teilungsklagen (bei Miteigentum) bzw allenfalls durch Klagen auf Auflösung der Gesellschaft zu liquidieren ist. Folgeverfahren bergen somit unzähliche Schwierigkeiten in sich. Die Aufteilung wird nach Billigkeit durchgeführt. Das hat zur Folge, daß der Richter ein in der Unterhaltsvereinbarung berücksichtigtes Verschulden unter Umständen ebenfalls mit in Erwägung zu ziehen hat, weil in diesem Verfahren eine Gesamtregelung bezweckt wird. Dieses vom Gesetz vorgegebene Bestreben wirft im Zusammenhang mit der Zulässigkeit einer Aufteilung nach rechtskräftigem Aufteilungsbeschluß nicht weniger Fragen auf. Statt - wie es mE richtig wäre - eines Wiederaufnahmeantrags, erlaubt die Rspr vielmehr die nachträgliche Ergänzung dann, wenn die - zu Umecht als Präklusionsfrist qualifizierte - Jahresfrist eingehalten und die der Aufteilung unterhegenden Gegenstände aus Unkenntnis oder auf Grund eines Irrtums nicht Gegenstand des früheren Aufteilungsverfahrens gewesen sind128.

126 BRD III D; VI A 3. Nach hL der Doppel/tamr wäre ein Willensmangel im alten Prozeß zu relevieren; gegen die Vollstreckung einer notariellen Urkunde kann die Vollstreckungsgegenklage angestrengt werden. 127 Schweiz IV C; VI C. 128 In einzelnen Österreich VI Β 1 b und d.

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Funktionale Rechtsvergleichung

Wie zum deutschen Recht129 wurde auch mit Bezug auf das österreichische Recht die Frage aufgeworfen, inwiefern materiellrechtliche Anfechtungsgründe im Zuge der Wiederaufnahme (bzw Restitution) maßgeblich sein sollen oder können, wie dies von manchen Prozeßordnungen der Schweiz bereits ausdrücklich vorgesehen ist 130 . Im Vergleich weisen die außerordentlichen Rechtsmittel in beiden Rechtsordnungen dieselbe Funktion auf: Eine Durchbrechung der Rechtskraft gestattet der Gesetzgeber nur bei Offenkundigkeit des Beweismittels. Überlegungen zur Ausdehnimg der Wiederaufnahms- bzw Restitutionsgründe zeigen auf, daß gerade die Sittenwidrigkeit in diesem Zusammenhang weitere strukturelle Probleme heraufbeschwört: Sie kann im Rahmen der Wiederaufnahme bzw Restitution nicht geltend gemacht werden. Nach hM in der BRD kann der solcherart Beschwerte deshalb Schadenersatz einklagen; dies wurde jedenfalls für Österreich im Hinblick auf den damit verbundenen Verstoß gegen die Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft abgelehnt131. Charakteristisch für das deutsche Prozeßrecht sind die Bestrebungen, Rechtsmittelgründe gewissermaßen zu erweitern, und zwar durch die (vorweggenommene) Berücksichtigung von Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz. Im Gegensatz zur Ausdehnung der Restitutionsgründe selbst sind die von der deutschen Lehre vorgebrachten Bedenken gegen die erwähnte Vorwegnahme, insbesondere die Durchbrechung der funktionellen Zuständigkeit des Revisionsgerichtes, mE nicht so gravierend. Vor allem die Tatsache, daß gerade im Scheidungsverfahren über die elterliche Sorge, allenfalls über das Umgangsrecht und über spezifische Belange der Ehegatten, namentlich über den Versorgungsausgleich - vorbehaltlich einer Vereinbarung - von Amts wegen entschieden wird, und ferner die Restitutionsgründe die wichtigsten Willensmängel enthalten, ließ es angebracht erscheinen, für die Maßgeblichkeit dieser Rechtsmittelgründe in der Revisionsinstanz einzutreten 132. Mit Bezug auf das belgische undfranzösische Recht sind solche Erwägungen nicht angebracht, weil weder das Verfahrensrecht selbst noch seine Auslegung für die entsprechende Berücksichtigung des materiellrechtlichen Rechts einen Ansatz bieten. Mindestens was Belgien anlangt, ist die Lage vielmehr so, daß das materielle Recht eher durch „formales" Denken erfaßt wird. Eine nachträgliche materiellrechtliche Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung ist nach hM kaum möglich. Das deutsche Fallrecht vermittelt im Kontrast dazu den Eindruck, daß die „vereinbarten Scheidungsfolgen", insbesondere die diversen „Verzichtsverträge" und „vorsorgenden Vereinbarungen" eher wegen Sittenwidrigkeit 129 130 131 132

Vgl die Ausführungen zur BRD VI A 2. Österreich V I Β 2. Dazu gleich infra. BRD V I A 1.

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(§ 138 BGB) angefochten werden (können) oder ihrer Durchsetzung in Anbetracht der späteren Entwicklung der Verhältnisse erfolgreich das Verbot des Rechtsmißbrauchs (§ 242 BGB) entgegengehalten werden kann. So tritt die Anfechtung wegen eines Willensmangels, dessen Nachweis vor allem bei einer entsprechenden „Belehrungsklausel" in der Vereinbarung nahezu unmöglich ist, in den Hintergrund 133. Das mag auch auf das prozessuale Instrumentarium, das unter bestimmten Voraussetzungen nachträgliche »Änderungen" der vereinbarten - über die kindesbezogenen Materien hinausreichenden - Regelungen sowie der Folgesachen ermöglicht, zurückzuführen sein134. Am anderen Ende der Länderskala, die mit Belgien anfängt und sich über Frankreich, Österreich und der BRD fortsetzte, steht nun abschließend die Schweiz, die über das ausgereifteste System verschiedenster Korrekturmöglichkeiten und Anfechtungsmodalitäten verfügt. Zu denken ist hier an die Erläuterung, die Abänderung, die Ergänzung und insbesondere die Revision, die in den meisten Prozeßordnungen vorgesehen ist. Mit Belgien hat dieses Land gemeinsam, daß die Scheidungsfolgenvereinbarung schon lange zum festen Rechtsbestand zählt. Doch ist nur hier die Chance ergriffen worden, zu materiellen und prozessualen Ergebnissen zu gelangen, die einen nachträglichen Systembruch zu vermeiden suchen. Gleichwohl verstehen sich die Resultate, die teils vom positiven Recht vorgegeben sind, teils eine echte Entwicklung der Judikatur und/oder Lehre darstellen, keineswegs von selbst. Zwar sind die unterschiedlichen Rechtsauffassungen eingegrenzt und die Diskussionen etwas verstummt, aber eine abschließende Klärung ist auch hier noch nicht erfolgt. Weder diese, noch ein für das schweizerische Rechtsgebiet einheitliches Ergebnis sind zu erwarten, da das jeweilige kantonale Prozeßrecht die Form, in der die „Scheidungskonvention" genehmigt wird, festlegt. Das Verhältnis zwischen Lehre und Rechtsprechung ist überdies nirgends so vielschichtig wie hier, was freilich auch für die Rezeption „kantonaler Nachbarlösungen" gilt. Es ist zunächst danach zu unterscheiden, ob die Vereinbarung bereits homologiert wurde oder nicht. War dies noch nicht der Fall, dann ist stets ein Antrag auf Nichtbewilhgung möglich, zusätzlich wird gelegentlich die einseitige Willensmängelanfechtung erwogen oder mit Bezug auf die Widerrufsmöglichkeit nach der Disponibilität der Regelungsmaterie differenziert. Nach der Genehmigung kommt es darauf an, ob der Vergleich das Verfahren umittelbar beendet oder ob dieses erst durch Abschreibungsbeschlußbzw Erledigungsentscheid abgeschlossen wird. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß nach hL die Revision (bzw Wiederaufnahme) nur gegen rechtskräftige Entscheidungen möglich ist, dh also gegen die „Scheidungsfol-

133 BRD III E 2 und 3. 134 Näheres in BRD VI Β 2 b und C.

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gen" nur insofern, als der „gerichtliche Vergleich" mit der Homologierung zum Urteilsbestandteil wurde. Das Bundesgericht nimmt dagegen eine sehr pragmatische Position ein. Zum einen hält es (vorwiegend aus rechtspolitischen Gründen) die materiellrechtliche Anfechtung des gerichtlichen Vergleichs für zulässig, zum anderen räumt es den Kantonen sogar die Möglichkeit ein, die Einjahresfrist des Obligationenrechts zu verkürzen (BGE 110 I I 44), selbst wenn dadurch im Ergebnis ein bundesrechtlicher Anspruch schutzlos bleiben müßte. Im kantonalen Recht sind nun zwei Erledigungs/bmie/i denkbar: die ipso ime-Verfahrensbeendigung durch den Vergleich, der im Weg einer Feststellungsoder Leistungsklage (bzw richtig: mit einer Rechtsgestaltungsklage) zu bekämpfen ist, oder aber der gerichtliche Erledigungsentscheid, gegen den ein Rechtsmittel erhoben werden muß. So konsequent werden diese Rechtsauffassungen allerdings nicht immer durchgehalten. Des öfteren erfahren „Scheidungskonventionen", die dem Gericht in Form eines „gerichtlichen Vergleichs" präsentiert wurden, mit Bezug auf die materiellrechtliche Anfechtbarkeit eine abweichende Behandlung, indem apodiktisch festgehalten wird, daß die Scheidungskonvention mit der Homologierung in einen Urteilsbestandteil umgewandelt wurde, sodaß der Rechtsmittelweg einzuschlagen ist. Hier steht es dem kantonalen Gesetzgeber durchaus frei, das Vorliegen eines Willensmangels als Rechtsmittelgrund zu behandeln, was in vier Kantonen mit Bezug auf die Revision denn auch geschehen ist: Zürich, Schwyz, Obwalden und Aargau eröffnen die Revision (wegen Willensmangels) gegen Endentscheidungen, die etwa auf einem Vergleich beruhen. Andere Kantone dagegen sehen die Abklärung eines behaupteten Willensmangels (dh „der für die Abschreibung strittigen Voraussetzungen") vor der Entscheidung (Fällung des Abschreibungsbeschlusses) ausdrücklich vor. Letztlich ist die materiellrechtliche Bekämpfung der Scheidungsfolgenvereinbarung daher stets denkbar, wenn sie wie jeder andere gerichtliche Vergleich behandelt wird, denn dieser ist nach der hL von der Doppelnatur wegen Willensmängel nach bürgerlichem Recht anfechtbar. Zudem billigt der kantonale Gesetzgeber der Abschreibungsverfügung (bzw der ihr entsprechenden Erledigungs/omt) keine materielle Rechtskraft zu; dann wäre nämlich der Rechtsmittelweg unvermeidlich135. Die Unterscheidung der „familienrechtlichen Vereinbarung" vom „Unterhaltsvertrag in bezug auf das Kind" und dem „schuldrechtlichen Vertrag über vermögensrechtliche Ansprüche und den Ehegattenunterhalt" führt zu unterschiedlichen Korrekturmöglichkeiten. Bevor auf diese eingegangen wird,

135 Schweiz VI B, C und D. Daß der kantonale Gesetzgeber sich freilich in den wenigsten Fällen zum rechtlichen Schicksal der „Scheidungskonvention" äußert, ist aaO angeführt, wo zugleich der Versuch unternommen wird, eine gewisse Systematisierung und Durchstrukturierung im Zusammenhang der Anfechtungsproblematik einzuführen.

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empfiehlt sich eine Rückbesinnung auf die der Scheidungsfolgenvereinbarung innewohnende Grundidee. Die Gesetzgeber gehen davon aus, daß die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen, im Zweifel für sie selbst sowie für ihre Kinder günstig sind, vorausgesetzt, das Vereinbarte ist wirklich gewollt. Liegt jedoch ein Irrtum vor, so wird eben das in Frage gestellt, was dem Konsensmodell gerade zugrundehegt. Die Untersuchung der Gestalt und Funktion des Einvernehmens, insbesondere der funktionellen Bedeutung der Scheidungsfolgenvereinbarungen läßt die Annahme zu, daß dieses Konsensmodell die Spannungsfreiheit zwischen den Ehegatten gewährleisten soll136. Der Abbau von Streitigkeiten ist generell das deklarierte Ziel der Gesetzgeber, die die einverständliche Scheidung eingeführt haben, denn eben mit diesem Scheidungsgrund (bzw -tatbestand) wird das Einvernehmen über die Scheidung selbst sowie über die Scheidungsfolgen zum tragenden Indiz für die Zerrüttung. Trotze dieses Scheiterns wollen (und sollen) die Antragsteller sich einigen. Je mehr nun die subjektiven Erwartungen zur Scheidungstypik selbst gehören, umso eher gerät die Scheidungsfolgenvereinbarung ins Ungleichgewicht, wenn diese Erwartungen nicht eintreten. Auf Grund dieser Erwägungen wurde am Beispiel des österreichischen Rechts, und zwar bei der Anfechtung der „familienrechtlichen Vereinbarung", für die Berücksichtigung des Motivirrtums 137 plädiert, sofern dieser Willensmangel kausal für den Abschluß der Vereinbarung (über die Obsorge und das Umgangsrecht) gewesen ist. Daraus resultiert für das österreichische Recht, daß der Pflegschaftsrichter nicht nur über die Wahrung des Kindeswohls zu wachen hat, sondern jeden vorgebrachten Einwand, der dem Motivbereich zuzuordnen und im besprochenen Sinne kausal ist, prüfen muß und gegebenenfalls in der Sache selbst zu entscheiden hat. Dies gilt in verstärktem Maße für jene Willensmängel, die bereits im Schuldvertragsrecht Berücksichtigung finden. In diese Überlegungen kann (jedenfalls auch) das deutsche und das schweizerische Recht miteinbezogen werden. Vor allem nach dieser Rechtsordnung wird auf die Notwendigkeit einer intensiveren Berücksichtigung solcher subjektiven Momente im Rahmen eines Scheidungsverfahrens hingewiesen .

136 Das gilt insbesondere auch für die schweizerische Scheidungskonvention, weil diese ja im Rahmen eines kontradiktorischen Verfahrens abgeschlossen wird. 137 Die Frage, ob der Irrtum wesentlich ist oder nicht, stellt sich mE nicht, weil der Motivirrtum subjektiviert, der Geschäftsirrtum indes objektiviert ist. Dh, wenn ein Motivirrtum beachtlich ist, ist er zugleich wesentlich. 138 Vgl die Hinweise bei Dörig (FN 69) aaO, wo er sich auf die Auslegung der Zürcher ZPO (im Kommentar von Sträuli/Messmer) bezieht. 42 Verschraegen

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Im übrigen folgt aus der besonderen persönlichen, rechtlichen und moralischen Verbundenheit der Ehegatten als Elternteile - wie erwähnt - zweifellos eine umfassende, nicht im Sinne einer rechtsgeschäftlichen culpa in contrahendo zu begreifende Informations- und Aufklärungspflicht der Ehegatten einander gegenüber. Ein Verstoß dagegen muß deshalb bei der Genehmigung der bzw Entscheidung über die „familienrechtliche Vereinbarung" Beachtung finden 139. Wiewohl diese aus Gründen des Kindeswohls mE auch einseitig widerrufen werden darf, geht die Berücksichtigung des Motivirrtums darüber hinaus, weil dieser dann wesentlich ist, wenn er kausal für den Abschluß der „familienrechtlichen Vereinbarung" war. Die hM steht in scharfem Kontrast zur Lösung im von mir vorgeschlagenen Sinne: Alle Scheidungsfolgen sind vergleichsfähig, ein gerichtlicher Vergleich bindet die Ehegatten, und zwar unabhängig vom Kindeswohl, eine abändernde pflegschaftsgerichtliche Entscheidung ist nur bei Vorliegen wesentlicher Sachverhaltsänderungen, die die Entziehung der Elternrechte rechtfertigen würden, möglich. Hinsichtlich des „Unterhaltsvertrages in bezug auf das Kind" treten die bisherigen Ausführungen in den Hintergrund, werden sie doch durch das Erfordernis der Angemessenheit des Kindesunterhalts verdrängt. Beim Unterhaltsvertrag als Vertrag mit vermögensrechtlichem Charakter ist die einseitige Widerrufbarkeit freilich ausgeschlossen. Dasselbe gilt für den „schuldrechtlichen Vertrag über vermögensrechtliche Ansprüche und den Ehegattenunterhalt". Folgerichtig wurde auch mit Bezug auf diesen Vertrag für die Erweiterung der Anfechtungsmöglichkeiten plädiert, indem die Anfechtungsschranken, die für den (gerichtlichen) Vergleich im allgemeinen gelten, hier keine Anwendung finden solten140. In allen Rechtsordnungen - mit Ausnahme der Schweiz, die die Scheidungskonvention an sich nicht vorschreibt und überdies auch Teilregelungen zuläßt - kommt das Bestreben zum Ausdruck, die Scheidungsfolgen durch die Ehegatten umfassend und abschließend geregelt zu sehen. Die Vereinbarung soll sogar weitgehend „Vergleichscharakter" haben, dem der - für (gerichtliche) Vergleiche typische - „Bereinigungszweck" innewohnt. Dieser Zweck wird jedoch unter Umständen verfehlt, da - unter Bedachtnahme der Scheidungsfolgenvereinbarung als „Scheidungspaket" - der „wahre Parteiwille" auf Grund der reduzierten Anfechtungsmodalitäten des (gerichtlichen) Vergleichs in der Folge nicht durchsetzbar ist. De lege ferenda wurde - zum österreichischen Recht - deshalb vorgeschlagen, von den für Vergleiche geltenden Anfechtungsschranken abzusehen141. Die Tendenz geht im Ausland allerdings in die andere Richtung. Erinnert sei an die schweizerische kantonale Rspr und Lehre, die die Scheidungskonvention zur Untermauerung ihrer Unabänderlichkeit und Unanfechtbar139 Eingehend zu Österreich VI Β 3. 140 Details in Österreich VI Β 3.

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keit sogar noch vom Schicksal des gerichtlichen Vergleichs ausgrenzt, dies ohne nähere Begründimg142. Die Zusammenfassung gibt abschließend Anlaß zu folgenden rechtsvergleichenden Betrachtungen: Bezüglich derrichterlichen Einflußnahme auf die Gestaltung der Scheidungsfolgen ist das hoheitliche Pouvoir in Frankreich wohl am größten. Was die anderen Länder anlangt, und zwar zunächst die BRD und die Schweiz, wird je nach Regelungsmaterie eine deuthche Abstufung der Eingriffsbefugnis sichtbar: Kindesbelange tangieren das öffentliche Interesse; die restlichen Scheidungsfolgen betreffen mehr den persönlichen Lebensbereich der Ehegatten, sodaß ihnen diesbezüglich die privatautonome Gestaltung im wesenthchen überlassen bleibt. Das findet Ausdruck in der Zurückhaltung des deutschen und des schweizerischen Gesetzgebers und Rechtsanwenders. Sehr reduziert sind die hoheithchen Eingriffe dagegen in Belgien und Österreich. Im belgischen Recht beschränkt sich das Scheidungsverfahren auf das Überwinden der formalen Hürden, in Österreich sind die „nicht-disponiblen" Materien hauptsächlich dem Pflegschafts- und nicht dem Scheidungsrichter zur Entscheidung bzw Genehmigung zugewiesen, während im „disponiblen" Regelungsbereich der Scheidungsrichter gegenüber der Privatautonomie der Parteien zurückgedrängt wird. Dieser Spannweite von echter Entscheidungsgewalt bis zu bloßer Gesetzmäßigkeitskontrolle und von fehlender Befugnis der Parteien zur (auch nach außen verbindlichen) Regelung bis zu ihrer vollen Gestaltungsmacht sollten - so stünde zu erwarten - jeweils adäquate Korrekturmöglichkeiten entsprechen. Das konnte im Rahmen der Analyse der verschiedenen Rechtsordnungen jedoch nicht festgestellt werden. Vielmehr erklären sich die (zumeist nur) prozessualen Angriffsmittel überwiegend aus eher taktischen bzw pragmatischen Erwägungen der Streitschlichtung. Dabei werden regelmäßig echte Durchbrechungen der materiellen Rechtskraft in Kauf genommen: Dies gilt jedenfalls für Frankreich, wo ex post Schadenersatzansprüche zur Korrektur der geschehenen Verkürzung eingeräumt werden. Während des Verfahrens selbst ist das „Einfrieren" des Vereinbarten eine Frage des „ordre public (interne)", so insbesondere in Belgien. „Korrekturen" vor Abschluß des Scheidungsverfahrens sind hier zwar möglich, bloß bedingen sie dann dessen Neuaufrollen. Dasfranzösische Recht ist insofern milder, als es erst nach der Entscheidung „Unabänderlichkeit" eintreten läßt; und auch dies aus anderen, bereits ausgeführten Gründen. Hier durchbricht schon das positive Recht, zum Beispiel die erwähnte konkursrechtliche Reform, die Unabänderlichkeit; in Beigen dagegen eher die - die faktische Unhaltbarkeit der „absoluten Unabänderlichkeit" erkennende - (prätorische) Praxis. 141 Einzelheiten dort zu VI Β 3 b. 142 Näheres dazu in Schweiz VI C 2 b und D.

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In rechtsvergleichender Perspektive geht aber die allgemeine Tendenz dahin, für Regelungen, die das Kind betreffen, Möglichkeiten einer Korrektur bzw Anfechtung (oder Anpassung) vorzusehen. Österreich vermeidet demgegenüber manches Problem schon deswegen, weil die Kompetenzen hinsichtlich der einzelnen Scheidungsfolgen letztlich verschiedenen Richtern zur Entscheidung, Genehmigung bzw Kontrolle zugewiesen sind und für die Auflösung der Ehe selbst die „vermögensrechtlichen Angelegenheiten" im Vordergrund stehen. Hier findet auch weder eine Homologierung noch gar eine gerichtliche Entscheidung statt, weshalb sich die Angriffsmittel der Parteien in diesem Fall gegen den gerichtlichen Vergleich zu richten haben, es sei denn, daß in Hinkunft der „Scheidungsfolgenvereinbarung" ein Sonderschicksal zugedacht wird, um ihre Anfechtung - wie in der Schweiz - möglichst einzudämmen. Wie in Frankreich unterliegt die „Scheidungskonvention" in der Schweiz der Genehmigungspflicht. Auch hier ist die Diskussion um die Tragweite und Transformationskraft der Homologierung längst entbrannt. Je nachdem, wie das Verfahren beendet wird, bestimmt sich das richtige Anfechtungsmittel. Dabei fällt auf, daß selbst prozessuale Rechtsschutzformen das Relevieren materiellrechtlicher Anfechtungsgründe unmittelbar oder doch zumindest Inzident ermöglichen. Davon grenzt sich die neueste Judikatur in Frankreich ab, die jetzt die Wiederaufnahme des Scheidungsverfahrens zur Bekämpfung der in ihm ergangenen Entscheidung (über den Status und die „Scheidungsfolgen") zuläßt; dies aber nur aus prozessualen Gründen, um die Zulässigkeit einer materiellen Anfechtimg im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens auszuschließen. De lege ferenda wird demgegenüber auch vorgeschlagen, die Wiederaufnahmsgründe so auszulegen, daß sie immer dann, wenn der „genehmigte Akt" auf privatautonomer Willensbildung beruht, über strafrechtliches Handeln hinaus auch „zivilrechtliches Umecht" erfassen sollten, womit jedenfalls „arglistige Täuschung" und „widerrechtliche Drohung" in die Anfechtbarkeit einbezogen wären. Oie„Unvollständigkeit" einer vermögensrechtlichen Regelung - etwa auf Grund eines Irrtums - müßte stets ihre Ergänzung rechtfertigen, weil im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung ja grundsätzlich eine umfassende Regelung anzustreben ist. Das rechtliche Schicksal der Kindesbelange ist dagegen weit weniger problematisch, da hier die Rechtsordnungen selbst die am Kindeswohl orientierten Abänderungsmöglichkeiten vorsehen. In Ergänzung dazu ist sehr dafür einzutreten, auch die dem Motivbereich zugeordneten Mängel in der Willensbildung, sofern sie kausal für den Abschluß der „familienrechtlichen Vereinbarung" waren, zu berücksichtigen, weil sie sich mindestens mittelbar auf das Kindeswohl auswirken.

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C. Konfliktbereinigende Wirkung der Scheidungsfolgenvereinbarung Abschließend bleibt noch zu klären, inwiefern das (materielle) Scheidungsrecht und das Scheidungsverfahren der analysierten Rechtsordnungen aus rechtsvergleichender Perspektive der Funktion der Scheidungsfolgenvereinbarungen, das Einvernehmen der Ehegatten zum Ausdruck zu bringen und konfliktabbauend oder -bereinigend zu wirken, gerecht werden. Die Schweiz ist in diesem Zusammenhang sehr untypisch, weil die „Scheidungskonvention" hier nicht als Prüfstein für den wahren und ernsthaften Scheidungswillen beider Ehegatten konzipiert ist; vielmehr bietet sich diese den Scheidungswilligen als Möglichkeit an, trotz zerrütteter Ehe alle oder einen Teil ihrer Scheidungsfolgen im Konsenswege zu regeln. Die Scheidungsfolgenvereinbarung ist denn auch nicht zwingend vorgesehen, sie erfüllt jedenfalls nicht primär die Funktion der Streiterledigung, ferner hat ihre Genehmigung durch das Gericht bloßen Schutzzweck. Die Homologierung darf deshalb nur aus besonderen Gründen (Sonderfall der Widerrechtlichkeit nach Art 20/1 OR) versagt werden. Vielleicht wirkt die Scheidungskonvention aber gerade deshalb zumindest konBiktabbauendy weil sie eben nicht zwingend vorgeschrieben ist und auch Regelungen über einen Teil der Nebenfolgen begrüßt werden. Dies ist in der belgischen Rechtsordnung völlig anders zu beurteilen, haben doch das gesamte Scheidungsverfahren sowie die verschiedenen Teile der Scheidungsfolgenvereinbarung nach hM überhaupt den Sinn und Zweck, den freien, gemeinsamen Scheidungsw/V/i/t der Ehegatten zu garantieren. Verfahrenstechnisch ist dies stets in der tradierten Rechtsprechung, die bei Fehlen auch nur des kleinsten Formelementes auf Nichtigkeit des gesamten Verfahrens erkannte, zum Ausdruck gekommen. Zwar ist dieser Formalismus inzwischen in der Praxis relativiert, das Gesetz selbst hält freilich daran fest, daß alle „formalités substantielles" erfüllt sein müssen. Eine Vielzahl von Entscheidungen belegt die Strenge, mit der die Bestimmungen oft ausgelegt werden. Erinnert sei zum Beispiel an die „Maßnahmen" (Inventar und Schätzung des Vermögens): eine Schätzung in globo gilt als schwerer Formverstoß; sie lasse nicht genügend erkennen, daß den Ehegatten die Tragweite der Scheidung bewußt wäre. Gewiß sind damit Scheidungshürden bzw scheidungsverzögernde Momente eingebaut. Die Betonung hegt infolgedessen nicht auf dem Abbau der Konfliktsituation, sondern - wegen des Zwanges, alle Scheidungsfolgen umfassend zu Verfahrensbeginn geregelt zu haben - auf der Konftikibereinigung. Aber auch diese Wirkung wird durch die an allfällige Änderungen geknüpfte Nichtigkeitssanktion zunichte gemacht, zeitigt eine abschließende Regelung doch nur dann bereinigenden Effekt, wenn sie nicht bloß formal behandelt, sondern vielmehr inhaltlich erfaßt wird.

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Systembrüchig muß deshalb die Tatsache erscheinen, daß die Vereinbarungen zwar das Beharren der Parteien auf der Scheidung im Einvernehmen zum Ausdruck bringen sollen, dieses im weiteren Verlauf des Verfahrens jedoch insofern fingiert wird, als neue bzw ergänzende Regelungen grundsätzlich als mangelnder oder zumindest mangelhafter ScheidungswiV/e/i gewertet werden. Das überrascht, weil das belgische Recht das Problem an sich als eines der gebotenen Form und nicht des Mangels der materiellrechtlichen Willenserklärung begreift. Dagegen ist in Frankreich, das den Vereinbarungen (der vorläufigen Vereinbarung, dem Entwurf zur definitiven Vereinbarung und der endgültigen Scheidungsfolgenvereinbarung) den gleichen Zweck wie in Belgien zuschreibt, der Gesetzgeber wesentlich systemkonformer vorgegangen: Eben weil die Regelungen Prüfstein für die tatsächliche Willensbildung sind, sollen sie die Realität zum Entscheidungs- und Genehmigungszeitpunkt widerspiegeln, um Folgeverfahren tunlichst zu vermeiden. Demgemäß können und sollen die Ehegatten Änderungen anbringen, die freilich dem Richter vorzulegen sind. Da Belgien Änderungen der Scheidungsfolgenvereinbarung äußerst ablehnend gegenübersteht, greifen Scheidungswillige gerne zu „unter der Hand abgeschlossenen Vereinbarungen", dh dem Richter (wohlweislich?) nicht präsentierten Vereinbarungen, deren Geltendmachung nach rechtskräftiger Scheidung zu vielen Folgeverfahren führt. Problematisch ist allerdings, daß nach hM in Frankreich der „genehmigte Akt" seinen privatrechtlichen Charakter verliert; denn das bewirkt ein Dilemma, das keine Rechtsordnung, die auf diesem Standpunkt steht und zugleich auf dem mangelfreien Zustandekommen der Scheidungsfolgenvereinbarung beharrt, lösen kann. Das Manko ist in dieser Form weder der BRD noch Österreich bekannt: In beiden Ländern sollen die Scheidungsfolgenvereinbarungen eine Warn- und Schutzfunktion erfüllen und den gemeinsamen Scheidungswillen belegen, wenngleich in Österreich in abgeschwächter Form; hier war es dem Gesetzgeber kein Anliegen, die Scheidung durch Formalitäten zu erschweren. Die Beurteilung müßte in bezug auf die BRD wohl dann anders lauten, wenn die Voraussetzungen nach § 630 dZPO sowie das (gewiß komplizierte) Verbundverfahren isoliert geprüft werden. Im Zusammenhalt mit der in § 1566 I BGB aufgestellten unwiderlegbaren Vermutung, von deren Einführung Österreich bewußt abgesehen hat, sind die für die einverständliche Scheidung aufgestellten Hürden jedoch als Garant einer ernsthaften und freien Willenseinigung anzusehen, die ihrer Funktion nach die fehlende Zerrüttungsprüfung kompensieren sollen. Daß in der Praxis auch nach den anderen Tatbeständen „einvernehmlich" geschieden wird, wurde andernorts bereits beanstandet. Sehr nachdenklich stimmen außerdem die besprochenen „Sondervereinbarungen", weil sie zu Ergebnissen führen können, die mit einem gerechten Ausgleich der Interessen aller Beteiligten nichts mehr zu tun haben. Sie stellen die vom Gesetzgeber bei der einver-

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ständlichen Scheidung intendierte konfliktbereinigende Wirkung der Scheidungsfolgenvereinbarung letztlich in Frage, weil ihr (oft) fragwürdiger Inhalt und ihre (regelmäßig) bedenklichen Auswirkungen zum Zeitpunkt der Scheidung selbst zu wenig ins Kalkül gezogen werden. In Österreich relativiert schon die Frage des zulässigen Rechtswegs im Zusammenhang mit der nachträglichen Aufteilung oder der späteren Anfechtung der Vereinbarung die konfliktbereinigende Wirkung, die der Scheidungsfolgenvereinbarung zugeschrieben wird. Einerseits ist die vom Gesetz eingeräumte generelle Vergleichsbefugnis hinsichtlich aller Scheidungsfolgen insofern konfliktbereinigend, als die dem (gerichthchen) Vergleich wichtigste Eigenschaft, nämhch seine „Bereinigungswirkung" zugleich die Korrekturmöglichkeiten reduziert; andererseits führen die mit einer nachträglichen Berichtigung und Ergänzung verbundenen Probleme, wie sie für Ansprüche, die vom Aufteilungsverfahren nicht erfaßt sind, deutlich vor Augen, daß dem Gesetz kein einheitliches Konzept im Sinne echter Konfliktbereinigung oder eines Konfliktabbaus zugrundehegt. Im Ergebnis bleibt jede Rechtsordnung ihren traditionellen Strukturen verhaftet, was auf ganz verschiedenen Ebenen zum Ausdruck kommt. Im belgischen Recht wie in der Entwicklung (und rechtstatsächlichen Ausprägung) der Zerrüttungsscheidung in der Schweiz ist evident, daß die „einvernehmliche Scheidung" kaum als Errungenschaft moderner Familienrechtsformen zu deuten ist. Die jüngeren Gestaltungen des französischen, des deutschen und des österreichischen Rechts zeigen dagegen den gewandelten Charakter und die starke privatautonome Funktion der Scheidung im Einvernehmen an: Ein kennzeichnendes Kriterium hierfür ist die Scheidungsfolgenvereinbarung selbst, weil in ihr am reinsten zutage tritt, welchen (Stellen-)Wert die Ehe hatte, bzw wie teuer die Scheidung zu stehen kommt. Ob diese „Bilanz" kindeswohlgefährdende Auswirkungen zeitigt, sittenwidrig ist, ihrer Durchsetzung das Verbot des Rechtsmißbrauchs entgegengesetzt werden kann usw, läßt sich mE nur mittels einer ganzheitlichen Betrachtung der Scheidungsfolgenvereinbarung selbst unter Miteinbeziehung der von Amts wegen zu regelnden Scheidungsfolgen beurteilen. Unter dem Aspekt einer gesamtstrukturellen Anpassung der Rechtsordnungen an die zunehmende Dynamisierung des Familienlebens läßt sich eine „innere Stimmigkeit" des positiven Rechts und seiner Anwendung rechtsvergleichend besehen kaum konstatieren. Bei der Scheidung im Einvernehmen kommt die resignative Haltung des Gesetzgebers klar zum Ausdruck: Die Zerrüttung und folglich die Auflösung von Ehen lassen sich schwerlich vermeiden; in bezug auf die Scheidungsfolgen sind kindesbezogene Belange von öffentlichem Interesse, und gleiches gilt für jene Materien, die eine potentielle Belastung der Allgemeinheit in sich tragen.

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Die abschließende Regelungsbefugnis der Ehegatten hinsichtlich vermögensrechtlicher Fragen, der undifferenzierte Vertrauensvorschuß, der ihnen in Kindesbelangen eingeräumt wird und die im allgemeinen sehr punktuell durchgeführte Kontrolle der Scheidungsfolgenvereinbarung, die sich meistens auf die Prüfung der Gesetzmäßigkeit beschränkt, sind für die Befürworter dieser Entwicklung Ausdruck der „Privatautonomie". Die Schattenseite ist indes, daß es gar nicht mehr so sehr um die (Auflösung der) Ehe selbst geht, sondern daß die scheidungswilligen Ehegatten primär von vitalen wirtschaftlichen Interessen geleitet sind, wollen doch beide - auf Kosten des anderen, des Kindes oder der Allgemeinheit - möglichst günstig davonkommen. Hoheitliche Eingriffsbefugnisse, die den „Parteiwillen" in bezug auf die Scheidungsfolgen beeinflussen, korrigieren oder überhaupt ersetzen können, sind fester Bestandteil eines jeden Landes. Teils wird dabei die „Privatautonomie" durch exzessiven Formalismus der Sache nach ausgehöhlt (so zum Beispiel in Belgien), teils wird der Eingriffsbefugnis des Richters und der Gestaltungsmachi der Parteien großes Gewicht beigelegt; letzterer vielfach nur bis zum Scheidungsausspruch, mit dem zugleich die vereinbarten Scheidungsfolgen genehmigt und ihnen damit unvermittelt „publizistische" Natur zuerkannt werden, wodurch sie jeder privatrechtlichen Anfechtung durch die Parteien entrückt sind (so etwa in Frankreich und partiell auch in der Schweiz). Die Umgehung des § 630 dZPO, aber auch das komplizierte Verbundverfahren sowie das Fallrecht zu den „Sondervereinbarungen" in der BRD sind nicht gerade Ausdruck für die Bewältigung der widerstreitenden Interessen im Rahmen der einverständlichen Scheidung, die der Gesetzgeber abzugleichen versucht. Doch scheinen die Interessen des Kindes als eigene Persönlichkeit sowie die Grenzen der Belastbarkeit der öffentlichen Hand hier eher zum Durchbruch zu kommen als im Zuge der einvernehmlichen Scheidung in Österreich.

III. Schlußwort Rechtsvergleichende Arbeit, die über beschreibenden Charakter hinausgeht, steht selten in einer ausgewogenen Relation zu den unmittelbaren Ergebnissen. Sie bringt neue Kenntnisse über die Einbettung der verglichenen Probleme in deren nationaler Rechtsordnung, sie versucht funktionale Parallelen und Unterschiede aufzuzeigen und Lösungen de lege lata und de lege ferenda anzubieten143. Oft bleibt der Leser enttäuscht, weil vielfach auf Grund eingehender Analyse bestätigt wird, was ohnedies vermutet wurde. Wie sehr wäre man nicht geneigt, über eine Rechtsordnung, die sich durch ausgeprägten Formalismus kennzeichnet, die Nase zu rümpfen 144. Und doch, bei näherer Betrachtung des belgischen Rechts etwa, wird deutlich, daß sie einen großen Vorteil bietet: über sämtliche Folgen der Ehescheidung müssen sich die Scheidungswilligen vollends im klaren sein. Das schweizerische Recht führt vor Augen, daß die Zerrüttungsscheidung nach Art 142 ZGB die gleiche Funktion wie ein einvernehmlicher Scheidungstatbestand erfüllen kann und gerade dadurch die Befugnis, eine Scheidungskonvention vorzulegen, der Intensität des Einvernehmens über die Scheidung als solche und des Konsenses in bezug auf die Scheidungsfolgen in hohem Maße Rechnung trägt. Die Anpassungen der kantonalen Prozeßordnungen an dieses Bedürfnis erhellen, welche Tragweite die Zerrüttung als Scheidungsgrund tatsächlich hat. Gerade weil der Nachweis des Scheiterns vor Probleme stellt, dieses im allgemeinen anhand formaler oder inhaltlicher Kriterien geprüft bzw belegt wird und trotz der Auseinandersetzung mit dem Privatleben der Beteiligten nicht zweifelsfrei erwiesen ist, scheint die einverständliche Scheidung im allgemeinen ein Ausweg aus diesem Dilemma zu sein. Funktionale Betrachtung lehrt indes, daß die Schwierigkeiten nur auf eine andere Ebene verschoben werden: im Vordergrund steht nicht mehr die Unerträglichkeit des weiteren Zusammenlebens, sondern das Einvernehmen darüber, daß die Ehe gescheitert sei. Welche Gestalt dieses Einvernehmen annimmt, welche Funktion es erfüllt, welche Bestandskraft und Wirksamkeit ihm beigemessen werden, ist in den untersuchten Rechtsordnungen unterschiedlich ausgeprägt145. So ohne weiteres läßt sich diese oder jene Lösung gar nicht als „Idealtypus" darstellen, denn die Bewertung aller Vorzüge und

143 Kokkini-Iatridou D., Enkele methodologische aspecten van rechtsvergelijking. Het derde deel van een (pre)paradigma, 63. 144 Gerade das gilt es zu vermeiden. Vgl etwa Del Vecchio , Die Idee einer vergleichenden universalen Rechtswissenschaft, 9. 145 Insoferne trifft durchaus zu, was Sauveplartne, De methoden van privaatrechtelijke rechtsvergelijking, 36 f, vor Jahren schrieb, nämlich daß jeder Funktion eines Konzepts etwas „Schwebendes" innewohnt, wenn es vom Begriffsapparat losgetrennt wird.

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Funktionale Rechtsvergleichung

Nachteile ist ohne Rücksicht auf die konkrete Rechtsordnung, vor allem deren materiell- und prozeßrechtliches Zusammenspiel aller Vorschriften unzulässig, und die Übertragung einer von einer bestimmten Rechtsordnung vorgesehenen Lösung auf ein anderes nationales Recht dadurch nicht oder nicht ohne weiteres möglich. Die nachträgliche Anfechtung der Scheidungsfolgenvereinbarung illustriert dies deutlich: Schon die Ausrichtung des Verfahrensrechts, ob eher materiell- oder prozeßrechtlich, führt zu unterschiedlichen Korrekturmitteln, die sich zur Rezeption kaum eignen. Es kann deshalb, bei verschiedenartiger Struktur des Rechts und vor allem der Rechtsfortbildung durch Rspr und Lehre, nur um grundsätzliche Überlegungen gehen. Das wiederum stößt bei Reformbestrebungen, die zwar Kompromißlösungen gegenüber aufgeschlossen, einer prinzipiellen Neuorientierung eines Rechtsgebietes indes ablehnend gegenüberstehen, auf rechtspolitische Hindernisse. Vorschläge etwa, wonach das schweizerische Prozeßrecht vereinheitlicht werden sollte; in Belgien und Frankreich grundsätzliche Überlegungen zum Gehalt der „wesentlichen Formvorschriften" und zu den Rechtsfolgen, die an ihre Verletzung (im Scheidungsverfahren) geknüpft werden, angebracht wären; eine Vereinfachung des deutschen Rechtsmittelgefüges in bezug auf die einverständliche Scheidung und die Regelung der Scheidungsfolgen, eine ausgewogenere Relation der verschiedenen Vereinbarungstypen (Ehevertrag - Vereinbarung im Zusammenhang mit der Scheidung) usw wünschenswert erscheinen, werden kaum auf fruchtbaren Boden fallen. Die Ausführungen beschränken sich im weiteren deshalb auf jene Probleme, die für eine allfällige Reform in Österreich Anregung sein könnten. Die geeigneten Rechtsschutzm/fte/, mit denen eine Anfechtimg zu erwirken ist, hängen stets maßgeblich von der jeweiligen Rechtsschutz/bmz ab. Wird zum Beispiel die Möglichkeit der materiellrechtlichen Reszissionsklage eingeräumt, dann ist damit grundsätzlich zugleich der Entscheidungscharakter der Regelung negiert, weil sonst gewiß Systemwidrigkeit vorläge. Wird dagegen die Rechtskraft bejaht, dann äußert sich diese nicht bloß in dem „ne bis in idem-Grundsatz", sondern auch mit ihrer (prozessualen) Bindungswiikung, die mit der These der materiellrechtlichen Anfechtbarkeit unvereinbar ist, sodaß die Berichtigung der Entscheidung nur im Wege prozessualer Rechtsschutzmittel erfolgen kann. Nach Rechtskraft der „Entscheidung" geschieht dies vorzüglich mit einer „Wiederaufnahmsklage" (bzw einem „Wiederaufnahmsantrag") wie in der BRD (hier mittels der „Restitutionsklage") 146 und Österreich 147 bzw dem außerordentlichen Rechtsmittel der „Revision" bzw „révision", das strukturell der Wiederaufnahme entspricht, wie in der Schweiz 148y in Frankreich 149 und in Belgien 150. 146 BRD VI. 147 Österreich VI. 148 Schweiz VI.

III. Schlußwort

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Aus materiellrechtlicher Perspektive hat sich gezeigt, daß nur die „Vereinbarungen" in Frage gestellt werden können, denn ein Gegenstück zur Aufhebung der Ehe wegen Willensmängel, wie sie etwa im österreichischen 151 und im deutschen 152 Recht vorgesehen ist, oder zur Nichtigerklärung, wie sie beispielsweise im schweizerischen 153, im französischen 154 und im belgischen 155 Recht bekannt ist, fehlt bei der mit einem Mangel in der Willensbildung „zustandegekommenen" Scheidung im Einvernehmen. Die Statusentscheidung (Urteil oder Beschluß) kann infolgedessen nur mit den gegen diese Rechtsschutzform vorgesehenen verfahrensrechtlichen Mitteln angegriffen werden. Probleme bereiten die dem Gericht nicht unterbreiteten Vereinbarungen (sogenannte „unter der Hand abgeschlossene Vereinbarungen". Sie sind nach belgischem 156 und schweizerischem 157 Recht nichtig, nach österreichischem Recht werden sie dagegen - zu Umecht - grundsätzlich als gültig angesehen. Die mit den ohne Kenntnis des Gerichtes abgeschlossenen Vereinbarungen verknüpfte Nichtigkeitssanktion beruht vorwiegend auf dem Gedanken des Parteienyc/wteer. Das leuchtet im Schweizer Recht wegen der Bedeutung der Genehmigung als Gültigkeitserfordemis (Art 158-5 ZGB) ein; nach belgischem Recht ist die Sanktion im Hinblick darauf konsequent, daß auch offizielle Änderungen während des Verfahrens im Prinzip verpönt sind, fraglich erscheint sie allerdings bei langjähriger Erfüllung der Vereinbarung nach der Scheidung. Die materiellrechtliche Einigung soll die Bindung des Vereinbarten bewirken. Rechtsvergleichend besehen sind deshalb die Korrekturmittel bloß in beschränktem Maße vorgesehen. Kindesbezogene Regelungen bilden dabei im allgemeinen einen Sonderfall, da über sie ohnedies der Richter abschließend zu befinden oder sie zumindest zu genehmigen hat. Darüber hinaus steht eine nachträgliche (richterliche) Änderung oder Ergänzung nach dem Kriterium „Kindeswohl" stets offen. Österreich verfügt diesbezüglich zweifellos über die „großzügigste" Lösung, kann doch von einer „Einigung" über das Umgangsrecht und sogar von einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung der „kindesbezogenen Fragen" vor der Scheidung im Einvernehmen abgesehen werden.

149 150 151 152 153 154 155 156 157

Frankreich I F; II G. Belgien Vili. Österreich §§ 36 ff EheG. BRD §§ 31 ff EheG. Schweiz Artt 124 ff ZGB. Frankreich Art 180 CC. Belgien Art 180 BW. Belgien IV Β 4. Schweiz IV C 5 b.

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Funktionale Rechtsvergleichung

Willensmängel sind auch hierbei durchaus denkbar, sie werden jedoch regelmäßig von der jederzeitigen Abänderbarkeit absorbiert, weil - und dies gilt im wesentlichen für alle untersuchten Länder - kindeswohlgefährdende Regelungen stets einer gerichtlichen Änderung zugänglich sind. Sofern die betreffende Vereinbarung mit einem Willensmangel behaftet ist, wäre er dann zu berücksichtigen, wenn er kausal für den Abschluß dieser Vereinbarung war, werden doch in diesem Fall die Kindesinteressen jedenfalls mittelbar tangiert. Bezüglich der „vermögensrechtlichen Angelegenheiten" waren Unterschiede feststellbar, wobei die Rechtsordnungen hier durchaus eigene Wege beschreiten, und zwar selbst dann, wenn sie vom Vorliegen eines „gerichtlichen Vergleichs" ausgehen. Das wird schon deutlich bei der näheren Bestimmung der Natur des gerichtlichen Vergleichs als doppelfunktionelle Prozeßhandlung. Auf TGchistheoretischer Ebene bewegen sich vor allem die BRD, Österreich und die Schweiz in ausgereifteren Bahnen. Freilich hat gerade die Analyse des schweizerischen Rechts aufgezeigt, wie sehr materiellrechtlicher Rechtsschutz von der Ausgestaltung des Verfahrensrechts abhängt. In scharfem Kontrast dazu stehen Belgien und Frankreich, die jede nachträgliche Anfechtung vehement unterbinden (wollen). Daß die Regelung der Scheidungsfolgen nicht einfach eine private Angelegenheit der Scheidungswilligen ist, zeigt sich ferner bei der Anfechtung der Vereinbarung durch Dritte. Soweit die Rechtsordnungen nicht im unmittelbaren Sachzusammenhang der Scheidung eine „actio Pauliana" vorgesehen haben, wird sie doch allgemein und daher auch mit Bezug auf die Scheidungsfolgenvereinbarungen eingeräumt. Diese Klage wehrt zwar bloß die Auswirkungen auf den betreffenden Gläubiger ab, sie bringt jedoch die Scheidungsfolgenvereinbarung im Ergebnis ins Ungleichgewicht. Wird beispielsweise der zwischen den Ehegatten vereinbarten Übertragung der Wohnung die Zustimmung des Eigentümers verweigert, so kann es dem (ob-)sorgeberechtigten Elternteil plötzlich an einer geeigneten Wohngelegenheit fehlen, die es ihm dann de facto nicht erlaubt, sein (Ob-)Sorgerecht auszuüben; die Änderung dieser „persönlichen Rechte und Pflichten" kann sich dann wiederum auf die Unterhaltspflicht auswirken. Daß die Loslösung der Vereinbarungen vom eigentlichen Scheidungsausspruch (so in Belgien, der BRD und Österreich) größere Korrekturmöglichkeiten biete als die in Frankreich und der Schweiz verfochtene Unteilbarkeit, konnte nicht festgestellt werden. Denn im belgischen Recht wird die Vollständigkeit und Mangelfreiheit der Vereinbarung vermutet, in der Schweiz ist dagegen ein ausgereiftes System verschiedener Korrekturmöglichkeiten, und zwar auch solche materiellrechtlicher Natur gegen prozessuale Rechtsschutzformen bekannt. Im übrigen kommt es sehr darauf an, welche Anforderungen etwa an die ,Änderung der Verhältnisse" gestellt werden, um die Anpassung einer

III. Schlußwort

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„kindesbezogenen Regelung" zu bewirken. Ferner ist mit der „vergleichsweisen" Regelung der Scheidungsfolgen, die ja bloß eine reduzierte Änderung der so geschaffenen Rechtslage erlaubt, in jenen Fällen wenig ausgesagt, in denen - wie in der Schweiz - die „Scheidungskonvention" (in der Form eines gerichthchen Vergleichs abgeschlossen) ein anderes Schicksal als der „gerichtliche Vergleich" im allgemeinen erleiden soll. Abschließend ergibt sich folgender Ausblick für das österreichische Recht: Grundsätzlich sollen die Scheidungsgründe in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Das scheint dem Gesetzgeber mit Bezug auf die Scheidung der Ehe selbst gelungen zu sein. Für die Scheidungs/o/ge/i kann das nicht behauptet werden. Es wurde bereits mehrmals auf die Kompetenzaufteilung zwischen Pflegschaftsrichter und Scheidungsrichter einerseits sowie auf die Loslösung dieser Fragen von der Zulässigkeit und Wirksamkeit der Ehescheidung andererseits hingewiesen. Diese Gesetzesregelung stellt keine günstige Option dar, weil die Tragweite der Scheidung dadurch zu sehr in den Hintergrund gerät und vor allem das Kindeswohl zu einer Angelegenheit degradiert wird, die - auch im Bewußtsein der Eltern und der Kinder selbst - noch im nachhinein geregelt werden kann. Was die Kontrolle der Scheidungsfolgenvereinbarung anlangt, ist sehr darauf zu drängen, daß sie intensiver erfolgt als dies in der heutigen Praxis der Fall ist. Die geregelten Materien sind dabei nicht „unabhängig" voneinander zu sehen, sondern die Vereinbarung ist als „Scheidungspaket" auch daraufhin zu prüfen, ob sie - über die formalen und materiellrechtlichen Voraussetzungen hinaus - auch insgesamt dem Kindeswohl gerecht wird. Die Behandlung der Scheidungsfolgenvereinbarung als „gerichtlicher Vergleich" schlechthin, ist - wie andernorts beanstandet - verfehlt. Über die Obsorge und das Umgangsrecht kann kein gerichthcher Vergleich abgeschlossen werden, sondern nur eine „familienrechtliche Vereinbarungdie aus Gründen des Kindeswohls auch einseitig widerruflich ist. Der Pflegschaftsrichter hat nicht nur unmittelbar kindeswohlgefährdende, sondern auch die Kindesinteressen bloß mittelbar berührende Regelungen, die mit einem für den Abschluß dieser Vereinbarung kausalen Willensmangel behaftet sind, zu berücksichtigen. Der gerichtliche Vergleich mit Bezug auf die restlichen Scheidungsfolgen sollte insofern anders behandelt werden, als die für diesen Vertragstyp gesetzlich vorgesehenen, durchaus reduzierten Korrekturmittel bei der Scheidungsfolgenvereinbarung keine Anwendung finden sollten. Im Außerstreitverfahren selbst ist die analoge Anwendung der „Wiederaufnahmsklage" (iSe „Wiederaufnahmeantrags") längst angebracht. Im Zuge der Wiederaufnahme können Irrtum, Täuschung und Drohung geltend gemacht werden. Die Berücksichtigung der Sittenwidrigkeit einer

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Funktionale Rechtsvergleichung

Vereinbarung wäre nur durch die Einführung einer entsprechenden Gesetzeskorrektur möglich. Um zu verhindern, daß die von der Aufteilung nicht erfaßten Gegenstände losgelöst von der Scheidungsfolgenvereinbarung selbst und außerhalb des Zusammenhangs mit dem eigentlichen Verfahren geltend gemacht werden, wäre eine Gesetzesänderung dahingehend angebracht, daß alle Scheidungsfolgen, unabhängig davon, ob sie nachträglich zu berichtigen oder zu ergänzen sind, einheitlich vom Außerstreitrichter als sachnächstem Entscheidungsorgan beurteilt werden. Grundsätzlich ist schließlich die richterliche Entscheidung über sämtliche Scheidungsfolgen, und zwar auf Grund eines Vorschlages der Ehegatten, in Erwägimg zu ziehen. Dieser Vorschlag wäre gleich zu Verfahrensbeginn dem Scheidungsrichter vorzulegen und „im Gespräch" mit ihm nach Bedarf und unter Berücksichtigung der Parteiwünsche im Hinblick auf die zu fällende Entscheidung auszuarbeiten. Diese „Vorarbeiten" wären in einem formlosen Verfahren durchzuführen. Das setzt freilich voraus, daß von der geltenden Kompetenzaufteilung (zwischen Pflegschaftsrichter einerseits und Scheidungsrichter andererseits) Abstand genommen wird. Diese Lösung würde eine gewisse Objektivierung erlauben und käme mE der besonderen Situation, in der sich Scheidungswillige befinden, entgegen. Auch bekäme der Richter selbst einen realistischeren Einblick in die familiären Verhältnisse der Ehegatten, in deren Privatsphäre er keineswegs eingreifen soll, die er aber soweit kennen muß, daß er eine kindeswohlgerechte Gesamtetitscheidung fällen kann. Vielleicht werden so die schon vor vielen Jahren von Müller-Freienfels zu Recht geäußerten Bedenken158, daß die Zustimmung oft erzwungén und erkauft ist, und solches dem Zerrüttungsprinzip gerade zuwiderläuft, relativiert. Eben diese Gefahren sind in allen Rechtsordnungen präsent und überall kämpft man mit den Problemen, die die nachträgliche Korrektur einer Vereinbarung in sich birgt.

158 Müller-Freienfels,

Ehe und Recht, 132.

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Entscheidungsregister Belgien Hof van Cassatie / Cour de Cassation Cass l r e Ch, 1. 3.1917, Pas 19171385 = BJ 1919, 365 = Rev Prat Not 1918,110 Cass l r e Ch, 30.10.1924, Pas 1924 1 565 Cass l r c Ch, 4.5.1950, Pas 19501624 Cass l r e Ch, 16.1.1954, Pas 19541411 = JT 1954,570 = Rev Prat Not 1954,49 = Ann Not 1954,250 (P. M ) Cass l r e Ch, 2.5.1957, Pas 195711039 Cass l r e Ch, 3.5.1958, Pas 19581968 = RCJB 1959,233 (de Heaven) Cass l r e Ch, 11.12.1958, Pas 19591372 = Ree Gén Enr Not 1962, n° 20451, 62 (NN) = RCJB 1962, 104 (Renard/Vieujean) = RCJB 1964, 368 (Renauld/Leclercq) Cass 2 e Ch, 4. 1.1960, Pas 1960 I 494 = Ann Not 1960, 309 = RW 1960/61,689 Cass l r e Ch, 6. 6. 1969, RW 1969/70,415 (Caenepeef) = JT 1969,634 = Pas 19691900 Cass 2e K, 9. 3. 1970, RW 1969/70, 1476 ( Vanhalewijn ) = Rev Not Β 1971,427 = Pas 1970 1593 (A. C.) = RevDrFam 1971,1 Cass l r c Ch, 7. 9.1973, RW 1973/74,764 = Pas 1974114 (obs) = JT 1974, 98 = Τ Not 1974, 133 = RTDC 1975, 819 (Vieujean ) = Rev Not Β 1975,511 Cass l r e Ch, 29.10.1973, Rev Not Β1973,624 Cass l r e Ch, 24.1.1974, Pas 1974 1 553 (W. G.) Cass l r e Ch, 14. 3. 1974, JT 1974, 428 = RW 1973/74, 2498 = Rev Not Β 1974,471 = Pas 19741734 Cass l r e Ch, 10.10.1974, Pas 1975 1174 = RW 1974/75, 1183 = Τ Not 1975, 59 = TPR 1988, Nr 224 ( Baeteman ea) Cass l r e Ch, 21. 3.1975, RCJB 1976,136 (Masson) = Pas 1975 I 745 = Ree Gén Enr Not 1976, n° 22017,106 = JT 1975, 440 = Rev Not Β 1975, 404 = RW 1974/75, 2523 = TPR 1988, Nr 223 (Baeteman ea) Cass l r e Ch, 4. 11. 1976, JT 1977, 150 = RW 1976/77, 2546 (Pintens ) = RCJB 1989, Nr 183 (Vieujean ) = Ree Gén Enr Not 1977, n° 22169, 343 = Pas 19771 262 = Τ Not 1977, 267 = RCJB 1979, 464 (Meulders-Klein) Cass 3 e Ch, 30. 3.1977, Pas 1977 1 823 (obs) Cass l r e Ch, 2.6.1978, RTDF 1979,78 (Renchon)

FN 72 FN 285 FN 31 FN 44 FN 344 FN 334

FN 140,233, 343, 346 FN 181 FN 344 FN 130, 237 FN 264 FN 98 FN 80 FN 55,60 FN 262

FN 206, 268

FN 196,207, 229 FN 207 FN 268,270,271

698

Entscheidungsregister

Cass l r e Ch, 14. 11. 1979, RW 1979/80, 2165 (/. P.) = Pas 1980 I 354 = RTDF 1982, 219 = JT 1980, 726 = TPR 1988, Nr 223, 225 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) Cass l r c Ch, 1. 2. 1980, Pas 1980 I 645 = TPR 1988, Nr 219 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 184 (Vieujean) Cass l r e Ch, 11. 6. 1981, RW 1981/82, 674 (Sonck) = RTDF 1982, 222 = Τ Not 1981, 360 = TPR 1988, Nr 222 f (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) Cass l r e Ch, 17. 9. 1981, RTDF 1982, 225 = Pas 1982 I 85 (B. J. B.) = Rev Not Β 1982, 31 (Sterckx) = JT 1982, 295 = TPR 1988, Nr 225 f (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) Cass l r e Ch, 8. 10. 1982, RTDF 1983, 387 (Renchon) = Pas 1983 I 201 = RW 1983/84, 1193 (Poppelemon) = TPR 1988, Nr 222, 224 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 178 (Vieujean) = Τ Not 1984,186 (R R) = Rev Not Β 1984, 250 (R. D. V.) Cass l r c Ch, 23. 6.1983, JT 1983, 521 = Rev Not Β 1983, 483 = Pas 1983 1 1196 = TPR 1988 Nr 217 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 184 (Vieujean) Cass l r e Ch, 20.10.1983, Pas 19841185 Cass l r e Ch, 24. 11. 1983, Rev Not Β 1984, 32 = Τ Not 1984, 200 = Pas 1984 I 330 = TPR 1988, Nr 223 (Baeteman ea) Cass l r e Ch, 11. 5. 1984, RW 1984/85, 125 (Laenens) = JT 1984, 614 (Kebers) Cass l r e Ch, 13. 9.1985, Τ Not 1985, 265 = RTDF 1986, 226 (Renchon) = TPR 1988, Nr 229 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 103 Cass le K, 5. 6. 1986, RW 1986/87, 1478 (W. P.) = JT 1987, 293 = TPR 1988, Nr 219 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 102 Cass le K, 12. 6. 1986, RW 1986/87, 2017 (W. P.) = JT 1987, 465 = TPR 1988, Nr 223 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 101 Cass l r e Ch, 15. 10. 1987, Rev Rég 1988, 17 = JT 1988, 143 = Rev Not Β 1988, 48 (J. EM.) = TPR 1988, Nr 218 (Baeteman ea) Cass 3e K, 12. 9. 1988, Τ Not 1989, 31 = RW 1988/89, 774

FN 273

FN 215

FN 258

FN 274

FN 259 FN 221 FN 72 FN 268 FN 236 FN 236 FN 214,226 FN 265, 286 FN 207, 219 FN 140

Hof van Beroep Bruxelles , 2. 8. 1858, Pas 1860 II 405 = BJ 1858, 1210 (obs) Liège , 3. 9. 1900, Pas 1901 II 35 = JJP 1901, 421 = Jur Liège 1900, 265 = Pand pér 1901,406 Liège , 21. 1. 1920, Pas 1920 II 65 = Rev Prat Not 1920, 685 = BJ 1921,653 Gent , 10.4.1924, BJ 1924,437 = Ann Not 1924,187 Bruxelles , 31. 3.1926, BJ 1926, 431 = Rev Prat Not 1926, 728 Gent, 7. 7.1926, BJ 1926,534

FN 44 FN 44 FN 261 FN 55 FN 55 FN 85

Entscheidungsregister

Brüssel, 16.6.1937, RW 1937/38,117 Brüssel, 20.8.1937, RW 1937/38,119 (R. v. L.) Liège , 26.3.1942, Pas 1942 II 84 Bruxelles , 21. 6. 1948, Pas 1948 II 69 = JT 1948, 545 (Alexander) = Ree Gén Enr Not 1948,413 (Genin) = Rev Prat Not 1948,377 Liège, 22. 12.1949, Pas 1950 II 41 = Rev Prat Not 1951, 337 Gent, 29.6.1950, Τ Not 1950,198 Gent, 14. 7.1951, JT 1951, 635 = RW 1951/52,1227 = Τ Not 1952,6 Bruxelles, 30.1.1952, JT 1952,150 = Rev Prat Not 1952, 121 Liège , 14. 2. 1952, Pas 1952 II 68 = Jur Liège 1951/52, 205 = Rev Trim Dr Civ 1953, 188 n° 1 (Graulich/Renard) = RCJB 1953,156 n° 27 Liège, 27. 6.1952, JT 1953,172 = Jur Liège 1952/53,65 Bruxelles, 29.10.1952, JT 1953,220 (Pasquier ) Liège, 19. 11. 1952, Pas 1953 II 53 = Jur Liège 1952/53, 105 Bruxelles , 5.12.1952, Rev Prat Not 1953,63 Gent, 13.5.1954, RCJB 1956,102 (Spilman) Gent, 30.10.1954, RW 1954/55,712 Bruxelles, 17. 12.1955, Ann Not 1956, 84 (Marchand) = JT 1956,215 = Pas 1957II79 Uège, 12. 7. 1956, JT 1957, 128 (NN) = Jur Liège 1956/57,65 = Rev Prat Not 1957,140 Bruxelles, 16.10.1957, Pas 1959II13 Bruxelles, 21. 5. 1958, JT 1958, 622 = Rev Dr Farn 1958, 311 BruxeUes, 22.1.1962, Pas 1963 II 44 Gent, 3. 10. 1963, RW 1963/64, 970 = Τ Not 1963, 201 (NN) Gent, 11.10.1963, RW 1963/64,972 BruxeUes, 6. 6. 1968, Pas 1968 II 247 = JT 1968, 548 (Carle) Corr Antwerpen, 21. 6. 1968, RW 1968/69, 898 (NN) = Rev Dr Pén 1968/69,994 BruxeUes , 11.7.1968, Ann Not 1968,313 (Ruelle ) BruxeUes, 22.11.1968, Ann Not 1969,74 (obs) Bruxelles, 1. 12. 1969, Τ Not 1970, 95 = RW 1969/70, 1095 = Ann Not 1970, 141 = JT 1971, 733 (Poitevin/Hiernaux) = Pas 1970 II 54 = Rev Not Β 1971, 452 Brüssel , 2. 2.1971, Τ Not 1972, 185 = Pas 1971 II 157 = Rev Not Β 1974, 322 Brüssel, 21.11.1972, Pas 1973 II 53 = RW 1972/73, 966 Bruxelles, 15.5.1973, JT 1974,86 Gent, 10. 12. 1974, RW 1975/76, 164 = DMJ 1975 I 308 = TPR 1988, Nr 228 (Baeteman ea) BruxeUes, 17. 12. 1974, Rev Not Β 1975, 317 (F. L.) = Pas 1975 II 85 = JT 1975, 279 (obs) BruxeUes, 9. 4. 1975, Pas 1976 II 13 = JT 1975, 362 = Rev Not Β 1975,399 (obs) Liège , 30.4.1975, JT 1975,551 = Jur Liège 1974/75, 257 Antwerpen, 6.1.1976, Turnh Rechtsl 1977/78,143

FN 55 FN 55 FN 97,99,343 FN 148 FN 28 FN 146 FN 245,248 FN 97, 99,102 FN 147 FN 233, 292, 343 FN 240, 243 FN 241 FN 44 FN 136 FN 101 FN 44 FN 233, 292, 294, 343 FN 121,123,147 FN 243,250 FN 218 FN 103 FN 104,134 FN 240 FN 237 FN 241 FN 188, 203

FN 100, 111 FN 111 FN 57 FN 278 FN 242 FN 30 FN 291 FN 83 FN 46

700

Entscheidungsregister

Arbh Antwerpen, 19. 5. 1976, RW 1977/78, 1133 (Simoens) FN 225 Liège , 3. 6. 1976, Rev Not Β 1978, 50 (Van Laethem) = RCJB 1989, Nr 178 f (Vieujean ) FN 147, 313 Brüssel, 20.1.1978, DMJ 1978 1 351 FN 241 Gem, 14.6.1979, RW 1980/81,1208 FN 83 Bruxelles , 14.11.1979, JT 1980,747 FN 136 Äwsse/, 4. 2.1980, RW 1981/82,1681 = Τ Not 1982, 111 = Rev Not Β1982,446 (NN) FN 84 Brüssel, 25. 3.1980, RW 1980/81, 663 = Rev Not Β 1980, 492 (Sterckx) = TPR 1988, Nr 224 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 178 f (Vieujean) = RTDF 1980, 168 (Poelman) FN 188,304,305 Gent , 4. 6. 1980, RW 1980/81, 2189 (Casman) = Τ Not 1982, 111 = RCJB 1989, Nr 180 (Vieujean) FN 172 Bruxelles , 11. 6.1980, RTDF 1981, 50 = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) FN 238,251 FN 124 Gent , 24. 6.1980, RW 1980/81,2189 (Casman) Brüssel, 28. 2.1981, Rev Not Β 1984, 253 (D. S.) = Τ Not FN 246, 247 1984, 334 (R. R.) Bruxelles, 16. 4. 1981, RTDC 1981, IT! = TPR 1988, Nr 215 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 178 (Vieujean) FN 129,130 Möns, 22.4.1981, Pas 1981II107 (obs) FN 270 Brüssel, 4.12.1981, RTDF 1982, 229 = Τ Not 1983,29 = TPR 1988, Nr 224, 230 (Baeteman ea) = RCJB FN 262,313 1989, Nr 178 (Vieujean) Bruxelles, 23. 12. 1981, RTDF 1982, 234 = Τ Not 1983, 30 = TPR 1988, Nr 224, 230 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 178 (Vieujean) FN 262,313 Antwerpen, 3. 3. 1982, RW 1982/83, 2559 = TPR 1988, Nr 224 (Baeteman ea) FN 262 Brugge, 25.4.1983, Τ Brugse R1983 (nr 2) 24 FN 127 Liège, 27. 6.1983, Jur Liège 1983, 493 (Panier) = RTDF 1983, 300 (Renchon) = Τ Not 1984, 59 = Pas 1983 II 131 = TPR 1988, Nr 227, 230 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 178 (Vieujean) FN 52, 254, 256, 313 Liège , 2. 2.1984, RTDF 1986,350 = RAJB 1987, Nr 110 FN 149 Bruxelles, 28. 2.1984, RTDF 1986, 96 = Rev Not Β 1984, 253 = TPR 1988, Nr 228 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 109 FN 246 Antwerpen, 6. 5. 1985, Τ Not 1985,172 = TPR 1988, Nr 214 (Baeteman ea) FN 152 Liège, 22. 5. 1985, Jur Liège 1985, 466 (Spriesterbach) = Rev Rég Dr 1985, 257 = TPR 1988, Nr 228 (Baeteman ea) FN 244 Antwerpen, 2. 8. 1985, RW 1985/86, 2841 = TPR 1988, Nr 214 (Baeteman ea) FN 184 Antwerpen, 22.10.1985, RW 1986/87,1167 FN 136 Antwerpen, 23. 4. 1986, RW 1986/87, 2305 = JT 1987, 561 = TPR 1988, Nr 213 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 107 FN 125 Antwerpen, 20. 5.1986, RW 1986/87, 2378 = RAJB 1987, Nr 106 FN 136 Liège, 26.11.1986, Rev Rég Dr 1987,25 FN 268,270

Entscheidungsregister

Antwerpen, 18. 2.1987, RW 1987/88, 57,129 = JT 1987, 746 = TPR 1988, Nr 224, 227 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 105 Liège , 30. 3. 1987, Rev Rég Dr 1987, 259 = TPR 1988, Nr 224 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 104 Liège, 15.12.1987, RTDF 1988,552 Antwerpen , 30. 3.1988, RW 1988/89,682 (Α. V.)

FN 304 FN 262 FN 152 FN 255

Rechtbank (Rb) / Tribunal (Trib) Rb Antwerpen, 28.7.1849, BJ 1849,1022 Trib BruxeUes, 7. 3. 1907, Pas 1908 III 187 = Pand pér 1908,992 Trib Bruxelles , 9. 3.1908, JT 1908,590 = Pand pér 1908, 477 Rb Antwerpen, 19.3.1910, BJ 1910,880 Trib Charleroi , 23. 4. 1910 III, Pas 1910 III 199 = Pand pér 1911,171 Trib Bruxelles , 29. 3. 1912, BJ 1912, 275 = Rev Prat Not 1914,161 = Pas 1913 III 281 Trib BruxeUes , 31. 3. 1915, Pas 1915 III 16 = Pand pér 1915-20, 29 Trib BruxeUes , 25.7.1916, Pas 1918 III 178 Rb Brugge, 18. 4. 1917, Pas 1918 III 14 = Rev Prat Not 1918,110 Trib BruxeUes , 18.10.1917, Pas 1918 III 176 Kb Antwerpen, 11. 4. 1919, Pas 1919 III 134 = Rev Prat Not 1919,535 Trib Nivelles, 6.4.1921, Pas 1923 III 15 Trib BruxeUes, 9. 4. 1921, Rev Prat Not 1921, 505 (obs) = Ann Not 1921,91 Trib BruxeUes , 25. 3.1927, Rev Prat Not 1927,300 (J. B.) Rb Antwerpen, 22.6.1927, Pas III 1927,198 Rb Antwerpen, 17. 3. 1928, Pas 1929 III 110 = Pand pér 1928,165 = Ann Not 1929, 397 Trib Verviers, 18. 2. 1929, Jur Liège 1929, 298 = Rev div 1930, 290 Rb Antwerpen, 25. 11. 1933, Pas 1934 III 76 = BJ 1934, 340 = Ann Not 1934,322 = Rev Prat Not 1934,113 Trib Liège, 12.12.1935, Jur Liège 1936,235 Rb Antwerpen, 9.5.1936, RW 1935/36,1632 (F. W.) Rb Antwerpen, 1.5.1937, RW 1937/38,118 Rb Tongeren , 23.12.1937, RW 1938/39,458 Trib Liège, 29.4.1941, Rev Prat Not 1941,432 (J. B.) Trib BruxeUes, 14. 9. 1945, Rev Prat Not 1947, 38 (Bertrand) Rb Gent, 7. 7.1946, Rev Prat Not 1948, 229 (/. D.) = Τ Not 1947,140 Rb Gent, 7.12.1946, JT 1947,301 (Rodenbach) = Τ Not 1947,140 (ann) Trib Liège, 4. 2.1947, JT 1947,434 Trib BruxeUes , 18.3.1947, JT 1947,420 Trib BruxeUes , 1.4.1947, JT 1947,420 Trib BruxeUes , 7.8.1947, Pas 1947 III 74 = JT 1947,515 Trib Liège , 12. 12. 1947, Pas 1948 III 79 = Jur Liège 1947/48,195 = Rev Adm 1950,16

FN 55 FN 239 FN 191 FN 55 FN 233,292, 343 FN 254 FN 72 FN 193 FN 73 FN 240 FN 147,232, 294 FN 44 FN 44 FN 136 FN 74 FN 140,193,343 FN 239 FN 19,157,158, 295 FN 239 FN 299 FN 55 FN 85 FN 101 FN 55 FN 75 FN 76 FN 55 FN 44 FN 44 FN 147 FN 77

702

Entscheidungsregister

Trib Liège , 17.3.1948, Jur Liège 1948,260 Trib Liège, 24.4.1951, Jur Liège 1950/51,278 Trib Liège, 2. 6. 1951, Pas 1952 III 9 (ann) = Jur Liège 1950/51, 310 Trib Liège , 8.12.1951, Pas 1952 III 43 = JT 1952,137 = Jur Liège 1951/52,82 Trib Liège, 18. 12. 1951, JT 1952, 610 = Jur Liège 1952/53,87 (N. R) Trib Bruxelles, 27.12.1951, JT 1952,525 = Rev Prat Not 1952,123 Rb Antwerpen, 9.1.1952, RW 1951/52,1190 Trib Huy, 2. 7.1952, Jur Liège 1952/53,308 (N. R.) Trib Bruxelles , 24.10.1952, Rev Prat Not 1953,63 Trib Liège, 25. 11. 1952, Pas 1953 III 60 = Jur Liège 1952/53,101 Trib Bruxelles, 19.12.1952, Rev Prat Not 1953,64 (J. Β.) Rb Antwerpen, 4. 3.1953, RW 1953/54, 75 = RCJB 1957, 135 (Renard) Trib Liège, 24. 3. 1953, JT 1953, 413 = Jur Liège 1952/53, 237 Rb Brugge, 6.9.1954, RW 1954/55,714 Rb Dînant, 13. 10. 1954, Pas 1955 III 64 = Jur Liège 1954/55,76 Rb Antwerpen, 8.12.1954, JT 1955,61 Trib Bruxelles, 18. 2.1955, Ann Not 1956,120 = Rev Dr Fam 1957,153 Trib Bruxelles, 4. 3.1955, Ann Not 1956,54 (ann) Trib Bruxelles, 22. 2. 1956, Pas 1957 III 14 = Rev Prat Not 1957, 231 = RCJB 1962, 103 (Renard/ Vieujean) Trib Möns, 3. 3.1956, Pas 1957 III 81 Trib Nivelles, 18. 4. 1956, Rev Prat Not 1957, 142 = JT 1957, 131 = Ree Niv 1958, 129 = RCJB 1962, 104 (Renard/Vieujean) Rb MecHelen, 18. 6.1956, Τ Not 1956,165 Trib Charleroi, 10. 7. 1956, Ree Jur Trib Charleroi 1957, 32 Trib Bruxelles, 1. 7.1957, Rev Dr Fam 1957, 253 Trib Bruxelles, 29. 10. 1957, Rev Prat Not 1958, 385 = Rev Dr Fam 1959,376 Trib Liège, 6.5.1958, JT 1958,514 (N. R) Trib Liège, 24. 2. 1959, Pas 1960 III 71 = Rev Prat Not 1962,360 Trib Liège, 2. 6. 1959, JT 1959, 550 = Ann Not 1960, 27 (N. R) = Rev Prat Not 1960,42 Trib Liège, 13. 9.1960, Jur Liège 1960/61,68 Rb Antwerpen, 10. 3.1961, RW 1960/61,1688 Rb Gent, 29.11.1961, RW 1962/63,440 Trib Bruxelles , 17.1.1962, JT 1962, 208 Rb Hasselt, 11. 3. 1963, Ann Not 1963, 274 (P. M.) = RW 1962/63, 2135 Rb Hasselt , 14.6.1963, Jur Liège 1963/64,13 Rb Brüssel, 28. 3.1964, Ann Not 1965, 293 (NN) Trib Bruxelles, 6.11.1964, Rev Prat Not 1965,81 Rb Mechelen, 3. 5. 1965, Pas 1966 III 15 = RW 1965/66, 249

FN 44,112 FN 233,292,343 FN 274 FN 20, 239, 240 FN 44 FN 97,99 FN 185 FN 240 FN 44 FN 101 FN 161,162,163, 232, 295 FN 44 FN 97,101 FN 101 FN 74 FN 97 FN 56 FN 44 FN 124,232,233, 345,347 FN 85 FN 233, 292,343, 344, 347 FN 90,123 FN 274 FN 128, 235 FN 29 FN 268 FN 45 FN 44,112 FN 96, 97, 232 FN 148 FN 140,175 FN 170 FN 253 FN 241 FN 159 FN 188 FN 240

Entscheidungsregister

Trib Bruxelles, 26.3.1966, Ann Not 1966,155 (NN) Rb Antwerpen, 9.1.1967, RW 1967/68,143 Trib Bruxelles , 11.2.1970, JT 1971,76 Trib BruxeUes, 30.6.1970, JT 1971,9 Rb Brüssel, 20.9.1972, Pas 1972 III 91 Rb Antwerpen, 17.10.1972, RW 1972/73,967 Trib Liège , 8.12.1972, Jur Liège 1972/73,172 Trib Liège , 29. 3.1974, Ree Gen Enr Not 1976, 22 = Jur Liège 1973/74,245 = Rev Not Β 1975,99 Rb Doornik, 12.11.1974, JT 1975, 208 Trib Möns, 5. 9. 1975, Rev Not Β 1977, 423 = RCJB 1989, Nr 177 (Vieujean) = Ree Gen Enr Not 1978, n° 22228 Trib Liège, 23. 2. 1976, Jur Liège 1975/76, 251 = RCJB 1989, Nr 185 f (Vieujean) Trib Liège, 26.3.1976, Jur Liège 1976/77,211 Trib Liège, 29. 4. 1977, Jur Liège 1976/77, 274 = RCJB 1989, Nr 185 f (Vieujean) Trib Namur, 24. 6.1977, Rev Rég Dr 1978,409 Rb Brüssel, 23. 11. 1977, RW 1979/80, 920 = RTDF 1980,115 Rb Leuven, 19. 12. 1977, RW 1978/79, 1054 (Pintens) = RCJB 1989, Nr 179,187 (Vieujean) Rb Tongeren , 23. 1. 1978, Limb Rechtsl 1978, 192 = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) Rb Brüssel, 22. 2. 1978, Pas 1978 III 37 = RTDF 1980, 116 = RW 1978/79, 1370 = RCJB 1989, Nr 180 (Vieujean) Trib Bruxelles, 11. 4. 1978, Pas 1979 III 6 = RCJB 1989, Nr 176 ( Vieujean ) Rb Brüssel, 17.5.1978, RW 1978/79,1244 = RCJB 1989, Nr 185,187 (Vieujean ) Rb Antwerpen, 27. 2. 1979, RW 1978/79, 2598 (/. P.) = RCJB 1989, Nr 181 (Vieujean ) Trib BruxeUes, 13. 6. 1979, Pas 1979 III 36 = Rev Not Β 1979, 371 = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean ) Trib Verriers, 3.12.1979, Jur Liège 1980, 25 Trib BruxeUes , 10.12.1979, RTDF 1980,412 (Gallus) Trib BruxeUes, 6.5.1980, RTDF 1980, 323 (Klings) Trib Charleroi , 26. 6. 1980, RTDF 1982, 242 = TPR 1988, Nr 223, 228 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) Trib Nivelles, 8.10.1980, RTDF 1981,462 Trib BruxeUes, 16. 12. 1980, RTDF 1981, 288 (Panier) = TPR 1988, Nr 215 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 187 (Vieujean) Trib BruxeUes, 6. 2.1981, JT 1981, 305 = RTDF 1981, 87 = Rev Not Β 1981, 594 (Van Laethem) = RCJB 1989, Nr 180 (Vieujean) Rb Brugge, 16. 2. 1981, Τ Not 1982, 213 = Rev Not Β 1983, 54 (R. D. V.) = TPR 1988, Nr 227 (Baeteman ea) Rb Mechelen, 19.5.1981, RW 1981/82, 275 Rb Hasselt, 30. 6.1981, Limb Rechtsl 1981,184

FN 183 FN 247 FN 78 FN 243 FN 71 FN 57 FN 187 FN 193, 228 FN 193 FN 136 FN 264 FN 71 FN 264 FN 273 FN 128 FN 150,151,267 FN 279 FN 83 FN 170 FN 243 FN 175,186 FN 275 FN 83 FN 227 FN 282 FN 264 FN 247 FN 129 FN 77 FN 254 FN 267 FN 128,147

704

Entscheidungsregister

Trib Tournai, 6.10.1981, RTDF 1982, 252 = TPR 1988, Nr 226 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) Rb Brüssel, 14.10.1981, RW 1981/82,1487 = TPR 1988, Nr 225 f (Baeteman ea) Trib Liège, 26. 10. 1981, Jur Liège 1981, 422 = TPR 1988, Nr 225 (Baeteman ea) Trib Namur, 28. 10. 1981, Rev Rég Dr 1982, 12 (Demblori) = TPR 1988, Nr 227 (Baeteman ea) = La Basoche 1982 (nr 2) 18 (Demblon) Trib Bruxelles, 20.1.1982, RTDF 1982,239 = TPR 1988, Nr 228 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) Trib Charleroi, 23. 4. 1982, RTDF 1982, 248 = TPR 1988, Nr 226 (Baeteman ea) Rb Brüssel, 19. 5. 1982, RW 1982/83, 467 = TPR 1988, Nr 218 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 183 (Vieujean) Trib Liège, 8. 9. 1982, Jur Liège 1982, 416 = TPR 1988, Nr 214 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 179 (Vieujean) Rb Mechelen, 16.11. 1982, Pas 1983 III 49 = Rev Not Β 1987, 677 = TPR 1988, Nr 226 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 116 Trib Liège (juge des saisies), 8.12.1982, Jur Liège 1983, 258 (de Levai) = TPR 1988, Nr 215 (Baeteman ea) Rb Mechelen, 23. 12. 1982, RTDF 1984, 170 = TPR 1988, Nr 217 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 186 (Vieujean) Rb Hasselt, 29. 3. 1983, RW 1983/84, 2897 (NN) = TPR 1988, Nr 214 (Beateman ea) = RCJB 1989, Nr 179 (Vieujean) Trib Liège (juge des saisies), 13. 4.1983, Jur Liège 1983, 279 = TPR 1988, Nr 220 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 110 Trib Liège, 26. 5. 1983, Jur Liège 1983, 348 (Goosse) = RTDF 1983, 303 = TPR 1988, Nr 227 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 178 (Vieujean) Trib Liège, 7. 6. 1983, Jur Liège 1983, 384 = TPR 1988, Nr 214 (Baeteman ea) Rb Antwerpen, 13.1.1984, RW 1984/85, 60 = TPR 1988, Nr 228 (Baeteman ea) Trib Arlon, 14. 9. 1984, Rev Rég Dr 1985, 50 = TPR 1988, Nr 214 (Baeteman ea) Rb Brüssel, 24. 10. 1984, RW 1985/86, 57 (Pintens) = TPR 1988, Nr 219 (Baeteman ea) ArrRb Antwerpen, 16. 4. 1985, RW 1985/86, 1494 = RTDF 1986, 208 = TPR 1988, Nr 216 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 114 Trib Bruxelles, 5. 6.1985, Τ Vred 1986, 236 = TPR 1988, Nr 214,220 (Baeteman ea) Rb Kortrijk, 6. 9.1985, RW 1985/86,1172 (Senaeve) Rb Brüssel, 3. 12. 1985, Τ Vred 1986, 123 = TPR 1988, Nr 218 (Baeteman ea)

FN 265 FN 267,286 FN 276 FN 312,318 FN 249 FN 277 FN 192 FN 144 FN 277 FN 129,131, 312,313 FN 279 FN 150 FN 149 FN 254 FN 147, 232,294 FN 141,244 FN 145 FN 214,226 FN 131 FN 148 FN 25 FN 286

Entscheidungsregister

Trib Charleroi, 12. 12. 1985, Rev Rég Dr 1986, 251 (Jadoul) = TPR 1988, Nr 218 (Baeteman ea) = Pas 1986 III 16 = RAJB 1987, Nr 113 Trib Namur, 24. 6.1986, Rev Rég Dr 1986, 252 (Jadoul) = TPR 1988, Nr 218 (Baeteman ea) Jeugdrb Brüssel, 13. 2.1987, RW 1989/90,93 (Verbeke) Trib Bruxelles, 21.4.1987, TBBR1988,570 Trib BruxeUes, 28.4.1987, JT 1988, 86 Rb Leuven , 14.10.1987, TBBR 1989,167 Trib Bruxelles, 22. 3.1988, JT 1988,671

FN 208 FN 207,217,218 FN 276 FN 267 FN 273 FN 196, 207, 233, 343 FN 264, 286

Vrederechter (Vred) / Juge de paix (JP) JP Liège, 11.10.1941, JJP 1943,119 JP Grivegnée, 19. 7.1961, Jur Liège 1961/62,123 (Ν. R) Vred Herstal, 5.5.1962, Jur Liège 1962/63,55 Vred Lier, 17.12.1970, Τ Vred 1971,103 Vred Deurne, 14. 6. 1971, Τ Vred 1974, 38 = RW 1971/72,1320 JP BruxeUes, 30.5.1972, Cah Dr Fam 1973,34 Vred Merksem, 21. 2.1975, RW 1974/75, 2674 = Τ Vred 1976, 255 Vred Brasschaat, 30. 6. 1976, RW 1976/77, 1266 (Pintens) = Τ Vred 1977, 12 = Τ Not 1976, 256 = RCJB 1989, Nr 186 f (Vieujean) JP Namur, 24. 6.1977, Rev Rég Dr 1978,409 Vred Etterbeek, 24. 10. 1977, RTDF 1978, 84 (Renchon) = RCJB 1989, Nr 183 ff (Vieujean) Vred Heist-op-den-Berg, 1. 6. 1978, RW 1979/80, 790 = RTDF 1980,128 = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) Vred Etterbeek, 15. 6. 1978, Τ Vred 1978, 274 = RCJB 1989, Nr 183 (Vieujean) Vred Willebroek, 30. 6. 1978, RW 1979/80, 2930 = RTDF 1980,462 = RCJB 1989, Nr 186 (Vieujean) JP Fièro η, 21.11.1978, Rev Not Β 1979,207 (P. W.) Vred Brasschaat , 22. 11. 1978, Τ Vred 1979, 148 = RW 1979/80, 1939 = RTDF 1980, 125 = RCJB 1989, Nr 184 (Vieujean) JP Fléron, 8. 5. 1979, Rev Not Β 1980, 47 (De ViUeSchyns) = RTDF 1980, 458 = RCJB 1989, Nr 187 (Vieujean) JP BruxeUes , 22. 5. 1980, RTDF 1982, 256 = TPR 1988, Nr 223 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) Vred Brugge , 19. 9.1980, RW 1981/82, 562 = TPR 1988, Nr 215 f (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 179, 183 f (Vieujean ) JP Nivelles, 24. 9. 1980, Pas 1981 III 12 = JJP 1981, 225 = TPR 1988, Nr 223 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 186 (Vieujean) Vred Brüssel, 4. 2. 1981, RTDF 1982, 259 = TPR 1988, Nr 226 (Baeteman ea) Vred Merksem, 4. 3.1981, RW 1981/82,1155 (Pauwels) JP Verviers, 9.10.1981, Jur Liège 1982,151 = TPR 1988, Nr 226 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 183 (iVieujean ) 46 Verschraegen

FN 147 FN 128 FN 263 FN 188, 264 FN 188, 264 FN 264 FN 264 FN 129, 269 FN 264 FN 200 FN 264 FN 201 FN 274 FN 267 FN 214 FN 274 FN 264, 265 FN 187

FN 268 FN 264 FN 172 FN 198

706

Entscheidungsregister

JP Verviers, 23.10. 1981, RTDF 1982, 263 = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) FN 266 JP Marchienne-au-Pont, 27. 11. 1981, JJP 1982, 52 = TPR 1988, Nr 223 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) FN 264 JP Louveigné, 19. 10. 1982, JJP 1983, 7 = TPR 1988, Nr 225 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 185 (Vieujean) FN 266 Vred Merksem, 9. 12. 1982, RW 1982/83, 2359 (/. P.) = TPR 1988, Nr 160 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 176 (Vieujean) FN 160 JP Namur, 22. 2. 1983, Rev Rég Dr 1983, 334 = TPR 1988, Nr 225 (Baeteman ea) FN 199,218,274 Vred Kontich, 12. 7. 1983, RW 1983/84, 2120 = TPR 1988, Nr 219 (Baeteman ea) = RCJB 1989, Nr 184 (Vieujean) FN 220 Vred Landen, 23. 11. 1983, RW 1983/84, 2559 (Werckx) = TPR 1988, Nr 219 (Baeteman ea) FN 216 JP Namur, 11. 10. 1984, Rev Rég Dr 1984, 277 = TPR 1988, Nr 226 (Baeteman ea) FN 276 JP Grivegnée, 19. 12. 1984, Jur Liège 1985,102 (/. H.) = TPR 1988, Nr 225 (Baeteman ea) FN 276 Vred Borgerhout, 31.1. 1985, RW 1985/86, 1499 = TPR 1988, Nr 216 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 114 FN 131,207 Vred Sint-Joost-ten-Noode, 13. 2. 1985, Τ Vred 1986, 121 = TPR 1988, Nr 218 (Baeteman ea) FN 286 JP Seraing, 22. 3. 1985, Jur Liège 1985, 238 (/. H.) = TPR 1988, Nr 225 (Baeteman ea) FN 276 JP Mouscron, 2.10. 1985, Rev Not Β 1985, 609 (D. S.) = TPR 1988, Nr 223 (Baeteman ea) FN 264 Vred Harelbeke, 28. 8. 1986, RW 1986/87, 2054 = TPR 1988, Nr 225 (Baeteman ea) = RAJB 1987, Nr 117 FN 275, 286

Frankreich Cour de Cassation Cass civ 2 e , 28. 3.1966, D 1966,541 Cass civ 2 e , 28. 3.1979, JCP 1979 II 19231 (Undon) = D 1980, 2, 297 (Massip) = Rép Defr 1980, art 32324 (Massip) = RTDC 1980, 557 (Nerson/ RubellinDevichi) Cass civ 2C, 4. 3. 1981, D 1982 IR 37 (Bénabent) = JCP 1981 IV 179 = Rép Defr 1982, art 32846, n°7 (Massip) Cass civ 2 e , 15. 7.1981, Gaz Pai 1982, 1, 4 (Viatte) = D 1982 IR 39 (Bénabent) Cass civ I e , 17. 11. 1981, JCP 1982 II 19842 (Gobert) = Rev crit dr int priv 1982, 669 (Foyer) = D 1982,573 (Guiho) Cass civ 2 e , 29. 9. 1982, Rép Defr 1983, art 33133, n° 75 (Massip) = Gaz Pai 1983, 2,558 Cass civ 2 e , 16. 12. 1982, JCP 1983 IV 75 = JCP 1983 II 20038 (Undon)

FN 241

FN 125,144,169,173,181 FN 79 FN 164 FN 27,124 FN 77, 83 FN 314, 319

Entscheidungsregister Cass civ 2 e , 25.1.1984, JCP 1986 II 20540 (Batteur) = D 1984, 2,442 (Phiüppe) Cass civ 2 e , 26. 1. 1984, JCP 1984 IV 104 = D 1984, 234 = JCP 1984 II 20310 (Blaisse) = Rép Defr 184, art 33326, n° 43 (Massip) = RTDC 1985, 142 (Rubellin-Devichi) Cass civ 2 e , 26. 1. 1984, D 1984, 2, 390 ( 191 f(F); 264 ff (CH); 425 ff (D) 551 ff (Ö) Korrektur - s Nachverfahren Maßgeblichkeit materiellrechtlicher Anfechtungsgründe bei Restitution 427 ff φ) Maßgeblichkeit von Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz 425 ff (D) s auch Wiederaufnahme Scheidungsfolgenvereinbarung 71, 91ff 94ff (fi); 149ff (F); 438 ff (Ό); 529,562 ff t 579 ff (Ö); 640 Jf (Rvgl) familienrechtliche Vereinbarung - s dort Unterhaltsvereinbarungen - s dort Gesamtzusammenhang - s —j Verfahren gesetzliches Verbot - s dort Gläubigeranfechtung - s dort Kindeswohl - s dort Nichtigkeit - s dort

-

Rechtsmißbrauch - s dort schuldrechtlicher Vertrag - s dort Sittenwidrigkeit - s dort Übervorteilung - s dort Unteilbarkeit(sthese) - s dort Unterhaltsvertrag mBa das Kind - s Kindesunterhalt(sregelung) - vermögensrechtliche Ansprüche s Vereinbarung über vermögensrechtliche Ansprüche Wiederaufnahme - s dort Willensmängel - s dort Scheidungskonvention 272 ff (CH); 639 ff (Rvgl) genehmigte - 211,246,288,292 f (CH) Scheidungsurteil - s —/Scheidungsausspruch Statusentscheidung 71,92 ff (B); 149 (F); 267 ff (CH); 433ff (O); 552 ff

(Ö)

Wiederaufnahme - s dort vereinbarte Scheidungsfolgen 438 ff

(D) -

Kindesunterhalt 438 ff (D); 582f

(Ö) -

Ehegattenunterhalt 440 ff (D); 583f(Ö) Rechtsverhältnisse Ehewohnung und Hausrat 442 ff (D); 583f(Ö) sonstige Vereinbarungen 443 (D)

Aufteilungsverfahren 570 ff (Ö); 636 (Rvgl)

505, 511, 563, 565 f,

Ausgleichsleistung 127,134,140,150 (F) - Ausgeglichenheit 134 f 145 (F) Billigkeit 135,144 f(F) Läsion 135,137,144 (F) Natur (F) Pauschalcharakter 155,138 (F) Reszissionsklage 135,144 (F) außergerichtliche Zusatzvereinbarungen 512 ff, 566 (Ö) Form 510,513(0) - im Zusammenhang mit der Scheidung 513(0)

724

-

Stichwortregister

Wirksamkeit 513(0) s auch unter der Hand abgeschlossene Vereinbarungen

aveu indivisible nis

- s Zerrüttungszugeständ-

-

Betreuungsunterhalt 342 f, 377,382f, 391, 397,406,414(D) Unverzichtbarkeit(sthese) 385 (D) Verzicht 382 ff (D) Billigkeitsgrundsatz

66,68 (B); 569 (Ö)

-

Grundsatz von Treu und Glauben s dort Indexklausel 65 (B); 483 (Ö) Kindeswohl - s dort Kontrolle 414 ff (D) siehe auch Scheidungsfolgenvereinbarung Lückenfüllung - s dort öffentliches Interesse - s dort Privatautonomie - s dort Sittenwidrigkeit - s dort Theorie der Unvorhersehbarkeit 67, 69(B) Unabänderlichkeit 63 f, 66,68,97

(B) clausula rebus sie stantibus 69 (B); 136 (F); 358, 374 f, 377, 384 (D); 507 f, 580, 584 (Ö); 589, 610 (Rvgl)

-

de facto-Konventionalscheidung 87 (B); 107, 109, 162 (F); 305 f, 311, 318 (D); 451,489,527 (Ö); 602 (Rvgl) divorce (à Γ)α miable - s Konventionalscheidung double aveu - s Zerrüttungszugeständnis droit commun des contracts - s allgemeine Grundsätze des Vertragsrechts

Ehegattenunterhalt(svereinbarungen) (B); 341ff, 348, 401, 406 (D); 475 481 ff, 509(0); 601,609 (Rvgl) - Änderung 65 ff (B); 342,440f (D) Anfechtung - s dort Bedarfsfrage 67 (B) Bedingungen 67 f (B); 482 (Ö) Benachteiligungsabsicht 388 f (D) Bestimmtheit 341 (D) Betreuungsunterhalt - s dort Billigkeitsgrundsatz - s dort Billigkeitsunterhalt 568 (Ö) Bindungswirkung 63 f (B) Dispositionsbefugnis 341,350, 386 (D); 506 (Ö) Erlaßvertrag 388(D) gerichtlicher Vergleich - s dort gesetzlicher Unterhaltsanspruch 516

(Ö)

-

Unwiderruflichkeit 63, 66, 68 (B) Vergleichsnatur - s gerichtlicher Vergleich vertraglicher Anspruch 66,69 (B) Verzicht 69 (B); 341 f, 349,388f 397,400,405,414,440 (D); 481 f, 487,516,533,537 (Ö); 599, 621 (Rvgl) Wirksamkeitsprüfung 348,389 (D) Zwangsläufigkeitstest 389 f, 400 (D) siehe auch gerichtlicher Vergleich siehe auch Scheidungsfolgenvereinbarung und Scheidungskonvention

eheliche Lebensgemeinschaft 467,526 (Ö) aufgehoben 453,456 ff, 528 (Ö) Fortsetzung 197,200,204 (CH) Unerträglichkeit 160 (F)

62 ff Ehevertrag 358, 360 f, 384, 391 ff, 394, 396 f, 399 ff, 402,405,422 (D) Einheitlichkeit (CH)

des Scheidungsurteils

Einigung - s Vereinbarung chen Scheidungsfolgen Einverständliche

264

über die restli-

Scheidung

27ff

106 ff, 155 ff (F); 197, 200 ff (CH); 303 ff (O);449ff(Ö) Antrag des einen mit Zustimmung des anderen 104,155 ff (F) Einverständnis - s dort gemeinsamer Antrag 103,106 ff (F) Natur 31ff(B); 108 ff, 155 ff ( F); 307 ff, 320 (D); 451 ff, 552 (Ö)

(B);

Stichwortregister

Verfahren - s dort Voraussetzungen - s dort Zerrüttung - s dort Zerrüttungszugeständnis - s dort Zustimmung - s dort s auch Konventionalscheidung Einverständnis 310 (D); 451, 469 ff, 528 (Ö); 649 (Rvgl) Bestandskraft 601 ff (Rvgl) ernstliches - 344 (D); 469,471 f, 514,526,528 f, 578 f(Ö) Form - s dort fortwährendes - 31 (B); 110,160

familienrechtliche Vereinbarung 36, 39 f, 47, 62ff, 70, 71 ff, 87, 97 (B); 248, 257, 262, 273 (CH); 362, 373ff, 377 (D); 506ff (Ö); 601,609,613 ff (Rvgl) - Abändeibarkeit 65,72 (B) - Allgemeininteresse - s öffentliches Interesse - Anfechtung 91 f, 94 (B); 365,437 (D); 578 f, 580ff (Ö); 640 ff (Rvgl) - Aufenthaltsort 36,62 (B) Besuchsrecht - s —/Umgangsrecht Bindungswirkung 63 f (B); 249,257, 262 (CH); 374,376 (D); 507,580

(Ö)

(F) -

-

freies - 60,82 (B); 111 ff (F); 454, 569,471 f, 514,526,528 f, 578 f (Ö) Funktion 588f (Rvgl) gegenseitiges - 31,38 f, 70 (B); 106, 160 f, 177,179,181 f (F); 200 (CH); 310(D); 452,578 (Ö) Gestalt 589/(Rvgl) Kontrolle 87 (B); 126 (F); 472 (Ö); 588 (Rvgl) Mangelhaftigkeit 310 (D) verdünnte Willensbildung - s Willensmangel wahres - 60,87 (B); 110 f 147 (F); 298 (CH); 552 (Ö) - zur Scheidung 452 f, 473 (Ö) Widerruf - s dort Wirksamkeit 601 ff (Rvgl)

Elternrecht

-

(Ö) -

364 (D)

Entlastungsvertrag halt(sregelung)

-

s

Entscheidungskonzentration

Kindesunter-

- s Verfahren

/Entscheidungsverbund Entscheidungsverbund

- s Verfahren

Erledigungperklärung 511 (Ö); 600,621 (Rvgl)

369, 397, 415 (D);

familienrechtliche

-

-

Einung 375 f (D)

familienrechtliche Übereinkunft lienrechtliche Vereinbarung

- s fami-

-

47 Verschraegen

clausula rebus sie stantibus - s dort contributio - s Kindesunterhalt(sregelung) Dauerschuldverhältnisse 508,580 Dispositionsbefugnis 248 f, 252,262 (CH); 374,376 (D); 507 (Ö) Ehegattenunterhalt 37,69 (B) Form - s dort Genehmigung 72 (B) Genehmigungserfordernis 507,533, 563 (Ö) Genehmigungsvoraussetzungen - s Scheidungskonvention gerichtliche Entscheidung 250,255, 258 (CH) Homologierung - s dort Kindesunterhalt - s Kindesunterhalt(sregelung) Kindeswohl - s dort Konkretisierungsbefugnis 374 (D) Kontrolle 72,84ff (B) lebensmäßige Betrachtung 507 (Ö) Natur 506 ff(Ö) öffentliches Interesse - s dort Personenbezogenheit 507 (Ö) Prüfungspflicht 507 (Ö) Rückabwicklung 374 ff (D); 507,579

(Ö)

Sorgerecht - s Sorgerechtsvereinbarung Umgangsrecht - s Umgangsrecht(sregelung) Urteilsbestandteil - s Unteilbarkeit(sthese) Vergleich 64 f(B) vertraglicher Unterhaltsanspruch 62f( B) Vertrauensgrundsatz 257,262 (CH)

Stichwortregister

726

-

-

Wegfall der Geschäftsgrundlage - s dort Widerruf - s dort s auch Vorschlag

favor matrimonii 124 (F); 219 (CH); 421, 423 f, 428, 433 (D); 459, 547 f, 559, 561 (Ö); 605 (Rvgl) Formverstoß 39,48, 70, 84 f (B); 139 (F); 414,443(D); 512 (Ö) Formvorschriften 32, 55/, 39 f, 50 f, 56, 58, 60, 83 (B); 80 f, 110, 140 (F); 345, 353 ff, 358f (D); 473, 488 ff, 491 ff, 509 f, 517,529 (Ö); 595,615,625/(Rvgl) Funktion 50 (B); 488,490,514 (Ö) Nichtigkeitssanktion 39 f (B) Wesentliche - 29,36,41 (B) Freistellungsvertrag halt(sregelung)

-

s

Kindesunter-

Fristen 44 (B); 116, 160 ff, 164, 172, 174, 178, 190 (F); 215, 217, 220 (CH); 324f, 409,422 (D); 456, 458,464,572,576 (Ö); 588 (Rvgl) Fristverlängerung 46 (B) Fristversäumnis 41 (B) Funktion 124,160,182 (F); 458 (Ö)

-

-

-

Doppelnatur 273,292 (CH); 373,431 (D); 497,566 f (Ö) Doppeltatbestand 373 (D); 497, 566 f(Ö) Ergänzung/Berichtigung 501,511, 570 ff (Ö); 637 (Rvgl) siehe auch Aufteilungsverfahren Erledigungsentscheid - s — /Abschreibungsbeschluß Exekutionstitel 259 (CH) Genehmigung 258,291 (CH) integrierender Bestandteil der Statusentscheidung - s Urteilsnatur -ipso iure Verfahrensbeendigung 267,273, 275,278 ff, 283 f, 289, 292 f (CH) Protokollierung 355,374,443 (D); 491 f, 494,496 (Ö) Rechtskraftwirkung 284 (CH) Schiedsfähigkeit 502,505 (Ö) Sonderform 252; 259 (CH) Urteilsnatur 251 ff, 257,261,273 ff, 276, 278,281 f, 286 ff, 289,293 f (CH) Vergleichsfähigkeit 370 f, 377 (D); 496,502 f, 505 f (Ö) Vergleichsnatur 64,66 (B) Vollstreckbarkeit 259,284,286 ff, 289 (CH); 432 (D) Vollstreckung 500,509 (Ö) Widerruf - s dort Wirksamkeit 372 f (D); 536 (Ö)

gegenseitige Ansprüche - s vermögensrechtliche Vereinbarung

Gesamtverzicht(sverträge) 397 ff, 443 f (D)

gerichtlicher Vergleich 251 f, 258, 261 f, 275, 278, 282 f, 285 f (CH); 341, 356f 408,424 (D); 493,495,500,502,504,506, 509, 550, 582 ff (Ö); 589, 609, 636 f, 653 (Rvgl) Anfechtung - s dort - Abschreibungsbeschluß 273,278 ff, 283, 285,289 f, 292 ff (CH) bedingter - 252,259 (CH); 503,508

Gesetzesanalogie 560,569 (Ö)

(Ö)

Bereinigungswirkung 481,498,566

(Ö) -

Dispositionsbefugnis 370 (D); 499 f, 502,506(0) Doppelfunktionalität 373 (D); 497, 566(0)

342, 352, 392,

Gesetzesumgehung 122 (F); 306, 322 (D); 451 (Ö); 602 (Rvgl) s auch unter der Hand abgeschlossene Vereinbarungen Gesetzeswidrigkeit (Ö); 604 (Rvgl) gesetzliches Verbot 533 (Ö)

85 (B); 201 (CH); 562

341, 348 ff, 413 (D);

Gläubigeranfechtung 125,130,132 f, 138, 151 f, 154 (F); 291 (CH); 574 ff (Ö); 652 (Rvgl)

Stichwortregister

Gleichheitsgrundsatz

34 (Β) Inventar 38 ff, 47 ff, 70,91 (B)

Globalverzicht

- s Gesamtverzichtfsverträ-

ge)

jugendamtliche

Grundsatz von Treu und Glauben 342 f, 382 ff, 389,391,402 f, 406,441 (D)

Urkunde

355, 356, 439

(D) Justizkomödie scheidung

- s de facto-Konventional-

Härteklausel - s Kinderschutzklausel häusliche Gemeinschaft 456 (Ö)

Kinderschutzklausel

höhere Gewalt 38,42 f, 44,46,67 (B)

Kindesinteressen

Homologierung 115,117 f, 121,123 f, 127, 131 f, 139 (F); 210 f, 250 f 255, 258, 273, 291 f (CH); 591, 598, 608, 619, 630 (Rvgl) - Abschreibungsverfügung 263 (CH) - Akt der Genehmigung 129,132 f, 148,150,152 (F) Form 246,258 (CH) Funktion 258 (CH) Gegenstand 133 (F) Genehmigung 210 f, 214,233,246 f, 249,277 f (CH) genehmigter Akt 125,128,132,143, 145,148,150,152 (F); 281,288 (CH) Gültigkeitserfordernis 276 f, 292 (CH) materielle Rechtskraft 125 f, 128 f, 132,141 (F); 278 (CH) - Teilgenehmigung 257 (CH) - Teilnichtigkeit 257 (CH) Urteilsnatur - s Unteilbarkeit(sthese) Verweigerung 115,121 (F) Vollstreckbarkeitsbestätigung 125, 129 f, 131 (F); 261,292 (CH) - Wesen 126,131,146,152,187 (F); 246 (CH) s auch familienrechtliche Vereinbarung s auch Scheidungsfolgenvereinbarung/Genehmigung s auch Scheidungskonvention

Kindesunterhalt(sregelung) 31, 66, 71, 75 ff, 97 (B); 257, 262 (CH); 475, 479ff, 508/(Ö); 589,601,609 (Rvgl) - Abänderbarkeit 66,75 ff (B); 438 f

integrierender keit(sthese)

Bestandteil

Interessen der Ehegatten 146(F)

- s Unteilbar-

- s Kindeswohl

(D) -

-

-

-

-

Angemessenheit 339 f, 368, 377,413 (D); 582(0) Anspannungstheorie 479,520 (Ö) Barunterhalt 339 f, 380,388 (D) Bindungswirkung 368 (D) clausula rebus sie stantibus - s dort contributio 37,76 ff (B); 379 (D); 480,519 f, 537(0) Dispositionsbefugnis 479,521 (Ö) Entlastungsvertrag 479,519 ff, 527, 537,583(0); 621 (Rvgl) Freistellungsvertrag 76 (B); 336, 341, 351 f, 369,377f, 397,413 (D) s auch —/Entlastungsvertrag Genehmigung durch Pflegschaftsrichter 480,503,508 f, 582 (Ö) gerichtlicher Vergleich - s dort gesetzlicher Anspruch 66,78 (B) Indexklausel 66,77 (B) Kindesvertretung durch einen Dritten 521 (Ö) Kindeswohl - s dort Konkretisierung 369 (D) Kontrolle 381 (D); 508 (Ö) Koppelung mit anderen Leistungen 341, 351 f, 378, 380 f, 412 (D) Naturalunterhalt 340,380,386,388

(D) -

118, 121, 142,

308,382ff, 412 (D)

obligatio 76,78 (B); 379 (D); 480, 520,537(0) Parteiwille - s dort

Stichwortregister

728

-

Theorie der Unvorhersehbarkeit 77, 79(B) Unterhaltsleistung- s contributio Unterhaltspflicht - s obligatio Verzicht 340,368,413 (D); 508 (Ö) s auch Scheidungsfolgenvereinbarung

-

Abänderung 264 f(CH) Ergänzung 264 f (CH) Erläuterung 264 f (CH) Revision - s Wiederaufnahme siehe auch Verfahren/Korrekturmöglichkeiten der Parteien

Kindeswohl 52, 72 ff, 78, 97 (B); 114, 121 f, 146 (F); 249 f, 252, 255, 258, 261 f (CH); 328 ff, 333 ff, 336 f, 340, 344 f, 351 f, 360, 362, 364 ff, 367 f, 370, 372, 374 ff, 378, 380 f, 383, 385 f, 391, 405, 409, 411, 413 ff, 419, 431, 437, 442, 444 (D); 476 ff, 480, 500, 503 f, 506 ff, 533, 537, 549 f, 580 ff (Ö); 589, 590 ff, 604, 606 f, 609,629 f, 651 ff (Rvgl)

Notar Belehrungsklausel 396 (D) Belehrungspflicht 493,535 (Ö) Nachlässigkeit 45 (B); 399 (D)

Konkurs inopposabilité 151 (F) Nichtigkeit 151 (F)

notarielle Beurkundung 355 (D) Regelungsbereich 357 (D)

Konventionalscheidung 177 ff, 201, 204 (CH); 597 (Rvgl) gegenseitige Einwilligung 201,203 (CH) Natur 203ff (CH) Scheidungsbegehren (gemeinsames) -s dort Scheidungsgrund 200 f, 203 f (CH) Scheidungskonvention - s dort Urteilsfähigkeit 208 (CH) Verfahren - s dort Vergleich über Nebenfolgen 223, 232 f (CH) Voraussetzungen 198,203,208ff (CH) Zerrüttung - s dort

Obsorge 475ff (Ö) Bestimmtheit der Regelung 476 (Ö) familienrechtliche Vereinbarung - s dort Genehmigung Pflegschaftsrichter 503,537(0) siehe auch Sorgerecht

Läsion (lésion) - s Übervorteilung Legalitätsprinzip Lückenfüllung 525,568 f (Ö)

Notariatsakt 50 f, 74 (B); 139 (F); 355f 443 (D); 489 f, 492,497,514,517 (Ö) Anfechtung - s dort notarielle Anleitung 355 (D)

öffentliches Interesse 250, 266 (CH); 349, 370, 374, 386, 391,427,431 (D); 460,496, 502 f, 533,535 (Ö); 589,620 (Rvgl) ordre public (interne) 33, 35, 37, 51 f, 55, 57, 59 f, 70, 74 f, 84 f, 91, 97 (B); 139, 157, 178 (F); 248 f, 265 (CH); 432 (D); 525 (Ö); 595,615,619, 633 (Rvgl)

Pactum de non petendo - s Rechtsschutzverzichtsverträge

206 (CH); 305 (D) 97 (B); 262, 276 (CH);

Parteiwille - wahrer - 64,67,74,78 (B); 143 f (F); 342 (D); 516,532(0) Persönlichkeitsrechte

Maßnahmen 47 ff (B) sinventar s Schätzung der Güter

Nachverfahren

264f (CH)

57 (B); 266 (CH)

Privatautonomie 52, 97 (B); 113,121,137 (F); 247, 250, 253, 257, 276 (CH); 341 ff, 343, 361, 364, 368,372, 374, 376,387,389, 393,405 f, 413,443 f, (D); 449,481,502 f,

Stichwortregister

506, 530 (Ö); 607, 615, 619, 621, 632 (Rvgl) Probezeit 32, 41 (B); 106, 119 (F); 214 (CH)

Schadenersatz(anspruch) 138 (F); 428 ff, 440 (D); 577 (Ö); 593,638 (Rvgl) Bindungswirkung materielle Rechtskraft 138 (F); 577 (Ö) Schätzung der Güter 47 ff, 50,70,91 (B)

Rechtsanalogie 560,569 ( ö ) Rechtsanwalt Belehrungspflicht 357 (D); 535 (Ö) Rechtsbedingungen 61 (B) Rechtsmißbrauch 58 (B); 154 (F); 204, 260 (CH); 322, 424 f, 428, 440 (D); 639 (Rvgl) Rechtsschutzverzichtsverträge 519 (Ö) Verzicht auf Einleitung des Verfahrens nach §§ 81 ff EheG 486,511, 571 (Ö) Verzicht auf materiellrechtlichen Anspruch 486,571(0) - Wirksamkeit 486(0) Rechtssicherheit (D); 459(0)

281, 292 (CH); 305, 349

Rechtsstaatlichkeitsprinzip prinzip Rechtsvereinheitlichung 650 (Rvgl)

- s Legalitäts-

198, 292 (CH);

Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat/Einigung - s Vereinbarung über vermögensrechtliche Ansprüche Reform 32, 50, 87 (B); 109 (F); 199, 207, 295 ff (CH); 304 ff, 349 (D) Regelung gegenseitiger Ansprüche - s Vereinbarung über vermögensrechtliche Ansprüche Rücknahme des Antrag? 361, 420 ff, 431, 433 (D); 515, 540, 544 ff, 549, 578 f (Ö); 605 (Rvgl) Sachverständigengutachten

297 (CH)

Scheidungsbegehren 591,602 (Rvgl) Ernsthaftigkeit 338 (D) gemeinsames - 1 9 7 f, 200,203,205, 211 f, 215,217,219 f, 225,228,230, 237, 240 f, 244 (CH); 311,321 (D); 453ff(Ö) Scheidungsfolgenvereinbarung 36 ff, 47 ff (B); 306, 317, 331ff 345 ff (D); 465, 472 ff, 475 ff, 498 (Ö); 588,650/(Rvgl) - Abänderbarkeit 121 (F) Abänderungsbefugnis 552 (Ö) Anfechtung - s dort Ausgewogenheit 115,142 (F) Ausgleichsleistungen - s dort Bedingungen 56 ff, 67 ff (fi) Berücksichtigung richterlicher Anregungen 123 (F) Bindungswille 118 (F) Bindungswirkung 123 f, 143 (F), 368 ff (D); 605 ff, 612 ff 616 ff 625 ff (Rvgl) clausula rebus sie stantibus - s dort definitive - 124,140 (F) Dispositionsbefugnis 143 (F); 362 ff, 565/(D); 502 ff, 506 (Ö); 605 ff, 612 ff 627 ff (Rvgl) einheitliches Scheidungspaket - s Gesamtzusammenhang Einigung 331 (D) (wahres) Einvernehmen 310 (D); 452 (Ö) familienrechtliche Vereinbarung - s dort Fehlerhaftigkeit 117 (F) Form - s dort Funktion 317,386,391,428 (D); 645 j f (Rvgl) Genehmigung 71,95 (B); 551 (Ö) gerichtlicher Vergleich - s dort Gesamtzusammenhang 336,343, 351, 395 ff, 398,400 ff, 403,413,415, 419,441 (D); 584 (Ö); 611,653 (Rvgl) Geschäftsfähigkeit 345 ff (D); 530 ff

(Ö)

Stichwortregister

Gesetzeswidrigkeit - s dort gesetzliches Verbot - s dort Inhalt 36 f(B); 117 (F); 359 ff ( D); 475ff(Ö) Inhaltliche Bestimmtheit 84 (B); 510,529(0) Integration in Statusentscheidung - s Unteilbarkeü(sthese) Kindesinteressen - s Kindeswohl Kindesunterhalt - s Kindesunterhalt(sregelung) Kontrolle 37,83ff, 90 (B); 121,125, 146 (F); 348,411 ff, 419,444 (D); 466,522,529 ff, 536,552 (Ö); 595, 604,616,622 ff, 629 f, 653 (Rvgl) formelle -37(B); 122(F) inhaltliche Prüfung 83ff(B); 121 f (F); 350 ff, 411ff (D) materielle Scheidungsvoraussetzung 529 (Ö) Koppelung mit anderen Leistungen 412 (D); 589,604,610,632 (Rvgl) siehe auch Kindesunterhalt(sregelung) Mangelfreiheit 347 f (D); 5 5 5 / ( 0 ) Maßnahmen - s dort materielle Scheidungsvoraussetzung 449,473,528 (Ö) Möglichkeit und Erlaubtheit 532 ff

(Ö) Natur 89 (B); 125 ff, 142 f (F); 362 ff, 369 ff (D); 494 ff (Ö); 592 (Rvgl) Protokollierung der Vereinbarung 491 ff (Ö) scheidungserleichternde Vereinbarung 318,361 (D); 483,487,506 (Ö); 589, 604,619 (Rvgl) Schein- und Umgehungsgeschäft 555

(ö)

Sittenwidrigkeit - s dort übereinstimmender Vorschlag 331 ff

(D) Übervorteilung - s dort Unabänderlichkeit 41,70,96 (B); 135,138,142 (F) Unterbreiten der - 488 ff (Ö) Unwiderruflichkeit 41,70 (B) Urteilsnatur · s Unteilbarkeit(sthese) Vereinbarung über Verfahrenskosten 359 (D)

-

Vereinbarung über vermögensrechtliche Ansprüche - s dort Vollständigkeit 85 (B); 353,357,413 (D); 562,570 ff, 576(0) Vollstreckung 541 ff (Ö) Vollzugsbestätigung 125 (F) vorläufige - 1 2 3 f(F) Widerruf - s dort Wirksamkeit 345 ff, 389,391,397 ff, 413 f (D); 516,530 ff, 537 (Ö) s auch Scheidungskonvention

Scheidungsgrund 32, 54 (B); 107, 110, 189 (F); 200 f, 204 (CH); 305, 307, 312 f, 316 f, 320 (D) Scheidungskonvention 203, 205, 208, 246 ff (CH); 597 (Rvgl) Abänderungsbefugnis 253,255f (CH) Anfechtung - s dort Antrag auf Nichtbewilligung 256, 263,272 f (CH) Bindungswirkung 248 f, 253,260 (CH) bundesrechtliche Minimalanforderungen 199,209,228 f, 239,244 f (CH) disponible Materien 248 ff, 262,273, 276, 285,298 (CH) Dispositionsbefugnis 248 ff, 257 (CH) Genehmigung - s Homologierung gerichtliche Entscheidung 250,255 (CH) gerichtlicher Vergleich - s dort Gültigkeitsvoraussetzung 211,266 (CH) Inhalt 246 ff, 257 ff (CH) Lücken - s Lückenfüllung Natur 211,246,247 ff, 257 f, 272 (CH); 617 ff (Rvgl) nicht-disponible Materien 248,262, 273,298 (CH) Nichtigkeit 266 (CH) Privatautonomie - s dort Revision - s Wiederaufnahme - Teileinigung 247,257 (CH) Überprüfung 211,247,250,253, 255 ff, 265 f, 292,298 (CH); 620 (Rvgi) Unwirksamkeit 256 (CH)

Stichwortregister

Urteilsnatur - s Unteilbarkeit(sthese) Widerruf - s dort Zerrüttungszugeständnis - s dort Scheidungstatbestand 316,320 (D)

(Ö) Freiheit (B) 120,142,182 (F); 327 (D); 465,470 (Ö) Mangelhaftigkeit 70 (B) wahrer -107,109,190 (F); 410 (D); 526 (Ö) s auch Einverständnis

Scheidung 311 (D); 527/, 552

(Ö) Scheidung aus anderen Gründen 458 (Ö) Verschuldensscheidung 158,161, 178,180,182 f, 185 f (F); 458,562

305, 311 ff, 313,

Scheidungswille 325 ff (D); 588, 592 (Rvgl) Beharren auf - 39,41 f, 44 (B); 109, 111,120 (F) gemeinsamer - 36,41,43,70 (B); 170 (F); 454 (Ö) Ernsthaftigkeit/Ernstlichkeit 108 f, 110 f, 115,123,142,182 (F); 327 (D); 465,470(0) Fehlen 56 (B); 117,123,178 (F); 561 -

streitige

(Ö)

-

Zerrüttungsscheidung 158,170,178, 180,185 (F); 203 (CH)

Sühneverfahren

- s Versöhnungsversuch

Tatsachenbericht (mémoire personnel, mémoire en réponse) 158, 162 ff, 167 f, 184 (F) tierce opposition - s Gläubigeranfechtung

übereinstimmender Vorschlag 362Jf(D) Anfechtung - s dort Bedingungen 333 (D) Bindungswirkung 331,334,362 ff, 366 ff, 437(D) schuldrechtlicher Vertrag über die vermögensrechtlichen Ansprüche und den EheDispositionsbefugnis 347,362 ff, gattenunterhalt - s Vereinbarung über ver366 ff, 370, 374 (D) mögensrechtliche Ansprüche und EhegatEntscheidung 335,412 (D) tenunterhaltfsvereinbarungen ) Genehmigung 335 (D) inhaltliche Bestimmtheit 333,336 (D) Sittenwidrigkeit 266 (CH), 341 f, 350 ff, 374, 376, 378, 381, 383, 389, 392, 396 ff, Inhaltskontrolle 336,411ff (D) 399, 405 ff, 414, 425, 428, 430 f (D); 481, Kindeswohl - s dort 483,530, 533,536,551,562, 564,577 (Ö); Vergleichsfähigkeit 370 (D) 604,621 (Rvgl) Vorabentscheidung - s Verfahren Wegfall der Geschäftsgrundlage - s Sondervereinbarungen 377 ff, 422 (D) dort Freistellungsverträge - s Widerruf - s dort Kindesunterhalt(sregelung) Wirksamkeit 336 (D) Verzichtsverträge - s dort Gesamtverzichtsverträge - s dort Überlegungsfrist - s Probezeit -

Sorgerechtsvereinbarung 36, 71, 72 ff (B); 257 f, 262 (CH); 331 ff, 359 (D); 589 (Rvgl) siehe auch familienrechtUche Vereinbarung Sperrfrist

- s Probezeit

Staatsanwaltschaft)

(B)

41, 43, 58, 85, 89

331 ff,\

Überleitung in Verfahren zur Scheidung aus anderem Grund - s Verfahren /passerelle Übervorteilung 70 f, 81 (B); 112, 119, 127 f, 135,140 ff, 144 f, 147,150,154,191 (F); 266 (CH); 392, 396, 405 (D); 564

(Ö)

732

Stichwortregister

Umgangsrecht(sregelung) 36, 71, 72 ff (B); 257, 262 (CH); 335 ff, 359 (D); 475, 478/(Ö); 589 (Rvgl) Kindeswohl - s dort Vorbehaltserklärung 599 (Rvgl) s auch familienrechtliche Vereinbarung s auch Scheidungsfolgenvereinbarung Umstandsklausel stantibus

- s clausula rebus sie

Unteilbare Einheit Unteilbarkeit(sthese)

-

s

Unteilbarkeit(sthese) 70 ff, 89, 95 f (B); 125, 133, 137 f, 140, 142, 145 ff, 148 ff, 151 f, 153 f (F); 251 ff, 257, 261, 273 f, 276, 278, 281 288 f, 291, 294 (CH); 498, 512, 551 f (Ö); 592 f, 601 ff, 614, 618 f, 630 ff, 635 f (Rvgl) s auch Einheitlichkeit des Scheidungsurteils unter der Hand abgeschlossene Vereinbarungen 55,87,89 (B); 255, 276 (CH); 512 (Ö); 614,630 (Rvgl)

- im Blick auf die Scheidung im Einvernehmen 514,515/(0) - im Blick auf die Scheidung schlechthin 514,516/(Ö) —für den abstrakten Scheidungsfall 387,404,436 (D); 515,517/(0) - im Zusammenhang mit der Scheidung 517 f(Ö) Vereinbarung über die restlichen dungsfolgen 362,377 (D) Bindungswirkung 368 ff (D) Dispositionsbefugnis 368f, 374 (D) gerichtlicher Vergleich - s dort Inhalt 337,343 f ( D ) Inhaltskontrolle 344,351,413 ff (D) Kindeswohl - s dort Natur 368(D) Privatautonomie - s dort Rückabwicklung 374 (D) vollstreckbarer Schuldtitel - s Voraussetzungen der einverständlichen Scheidung Widerruf - s dort Wirksamkeit 344 (D)

Schei-

Vereinbarung über vermögensrechtliche Ansprüche 36, 39 f, 47, 50, 51 ff, 70, 87, Unterhaltsurteil 357 (D) 91, 94 (B); 119 (F); 475, 484 ff, 506; 509 (Ö); 601,609 (Rvgl) Unterhaltsvereinbarung Änderung/Ergänzung 55/(B) außergerichtliche Ehegattenunterhalt - s EhegattenunZusatzvereinbarungen - s dort terhaä(svereinbarungen) Kindesunterhalt - s Bedingungen 56 ff(B) Kindesunterhalt(sregelung) Bestandteil der Statusentscheidung 52(B) Unterhaltsvertrag in bezug auf das Kind Bindungswirkung 56,60 f (B) Dispositionsbefugnis 506 (Ö) s Kindesunterhalt(sregelung) eheliche Ersparnisse 484,511 f (Ö) Unzulässige Rechtsausübung - s Grundeheliches Gebrauchsvermögen 484, satz von Treu und Glauben 511f(Ö) Ergänzung 529(0) Erledigungserklärung 537 (Ö) Vereinbarung fakultative Bestimmungen 61 (B) Entwurf zur definitiven ScheidungsForm - s dort Genehmigung 52 (B) folgenvereinbarung 114,116,118 (F) gerichtlicher Vergleich - s dort definitive -116,118 (F) - für den Fall der Scheidung 403 f Inhalt 52(B) (D); 515(0) Kontrolle 84ff(B); 118 f (F) Mitwirkung im Erwerb des anderen 484,487 (Ö) Vereinbarungen ohne Konkretisierung des Scheidungstatbestandes 514 ff (Ö) Nichtigkeit 57 f, 91(B) Parteiwille - s dort

Stichwortregister

-

-

-

-

Privatautonomie - s dort Rechtsschutzveizichtsvertrag - s dort Schiedsfähigkeit 502 (Ö) Unabänderlichkeit 55 (B) unwiderlegbare Vermutung - s Vermutung Unwiderruflichkeit 55 (B) Vereinbarung im Zusammenhang mit der Scheidung - s dort Vergleich 53,91(B) Veizicht 511,514(0) Verzicht auf Antragstellung nach §81 ff EheG 486,511 (Ö) Widerruf - s dort Willensmangel - s dort s auch Scheidungsfolgenvereinbarung und Rechtsschutzverzichtsvertrag

Vereinbarung über den Versorgungsausgleich 333, 339,358,394ff, 401,443 (D) - Ausschluß 394 f, 397,399 (D) Ehevertrag - s dort Form - s dort Frist 395 (D) Genehmigung 358,360,394 f, 405

-

(D)

-

-

(D)

-

-

Grundsatz von Treu und Glauben s dort Kindeswohl - s dort Kontrolle 395,405(D) Verzicht 394ff, 397,404 (D) Willensmängel - s dort Wirksamkeit 394 (D) — im Zusammenhang mit der Scheidung 394(D) Zwangsläufigkeitstest 400 (D)

Vereinbarung über den Zugewinnausgleich 359, 361, 391ff, 396, 401,414,443(D) Ehevertrag - s dort Form 359 (D) Privatautonomie - s dort - Veizicht 391ff, 397,400 (D) Zwangsläufigkeitstest 396 (D) Verfahren 209ff

38ff (B); 114ff, 162 ff (F);

(CH); 311 ff 408ff

(D); 522ff

(Ö);591 (Rvgl) - Abtrennung güterrechtlicher Fragen 215,236 f, 238,264 (CH) - Abtrennung Versorgungsausgleich 417 (D)

Amtswegigkeit 526,528f, 559 (Ö) Antrag 38 (B); 313 (D); 454 f (Ö); 588 (Rvgl) Beharren auf - 56 (B); 123 (F) gemeinsamer —108,110,114, 160,169 (F); 204,206 (CH); 325 (D); 453,527 (Ö) übereinstimmender — 248, 250 ff, 257, 285 (CH); 325,410

-

Antrag auf Nichtbewilligung 256, 263f (CH); 601, 619 (Rvgl) Antrag mit Zustimmung 307,326f, 410 (D); 453 (Ö) Antragserneuerung 119 f (F) Antragsschrift 304,314,325,338, 346, 353, 369,408 f, 418 (D) Anfechtung - s dort Aufklärungs- und Informationspflicht des Richters 533f(Ö) Außerstreitverfahren 528 (Ö) Ausschluß der Öffentlichkeit 221, 223 f, 233 f, 235 ff, 238 (CH) außergerichtliche Zusatzvereinbarungen - s dort Aussetzung - siehe —/Unterbrechung bundesrechtliche Mindestanforderungen 199,209, 228 f, 239,244 f (CH) bundesrechtliche Verfahrensvorschriften 203,209 ff (CH) Dispositionsmaxime 215,218 (CH) Doppelfunktionalität 455 f (Ö) Eid/Handgelübde 210,225,234 (CH) Einigung der Ehegatten 304,326, 408 (D) s auch Vereinbarung über die restlichen Scheidungsfolgen Eintragung ins Personenstandsbuch 44ff, 61, 70,80, 91 (B); 177 (F) Beseitigung/Berichtigung 92 f

(B)

-

-

-

Entscheidungsbefugnis 628 ff (Rvgl) Entscheidungsverbund 331,333,400, 416 ff 437 (D) Ermessen 43,83 (B); 199,205,220 f, 223 (CH) Erstreckung der Tagsatzung 42 (B); 116,168 (F); 330,411 (D) Fortsetzungsantrag 175,187 (F)

Stichwortregister

734

-

-

-

freie Beweiswürdigung 210 f, 213, 216, 219 f, 221,223 f, 227 f, 238 f, 242,244 f (CH); 469 (Ö) Fristen - s dort Gemeindeammann 236 (CH) Genehmigung - s Homologierung siehe auch Scheidungsfolgenvereinbarung Gerichtsprotokoll 492 (Ö) Geständnis - s Zerrüttungszugeständnis Inhaltskontrolle Scheidungsfolgenvereinbarung 411 ff (D) Inquisitionsmaxime 431 (D); 462

228,230 f, 232 ff, 235 f, 239 f, 242, 244 (CH); 410 (D); 525 (Ö) -

(Ö) -

-

-

-

-

-

-

Instruktionsmaxime 216,222,226, 242 (CH) kantonale Sonderregelungen 204, 212 ff (C H); 598 f, 639 ff (Rvgl) kontradiktorisches Verfahren 212, 241 (CH) Kontrolle Scheidungsvoraussetzungen 601 ff, 630 ff (Rvgl) Korrekturmöglichkeiten der Parteien 628ff, 633ff, 640ff, 643ff, 651 (Rvgl) materielle Prozeßleitung 84 (B); 142 (F); 216, 219, 222,226,229 (CH); 341,348,370,411,413 (D); 465,469, 488,510,533 f, 536 (Ö) Mitteilung 304,326,408 (D) mündliche Verhandlung 35,38ff, 41, 43 (B); 115,117,119,121 (F); 215, 227 (CH); 454,469 f, 525 (Ö) Nichtigkeit 41 f(B) nicht-streitiges Verfahren 37 (B); 129 f, 166,169,187 (F); siehe auch Außerstreitverfahren Offizialmaxime 203,210,213,215 ff, 217.220 ff, 223 f, 226,228 ff, 232 ff, 235 ff, 239 f, 242,244 f (CH) ordentliche Gerichtsbarkeit 212, 218.221 f, 223,225,227,229 ff, 233, 238,243 ff (CH) ordonnance 121,165 f, 175 ff, 179 f, 181 ff, 184 ff, 188 f, 191 (F) passerelle 169,184 (F) persönliche Anhörung/Befragung 116,165 (F); 215,219 f, 224,233, 238 ff, 243 (CH); 465 f, 470,525,579

(Ö)

-

persönliches Erscheinen 38 (B); 110 (F); 217 f, 219 f, 221 f, 223 f, 225 f,

Gegenstand 317,320 (D) materielle - 54 (B); 314,317 (D); 538,540,544(0) zeitliche Grenzen 321 (D) Rechtskraftbegriff § 224 AußStrG 522,537f, 546

(Ö) -

Rechtsmittelverzicht 538 ff (Ö) richterliche Eingriffsbefugnis 628 ff, 643 ff (Rvgl) Scheidungswille - s dort schlüssige Antragstellung 454,474

(Ö)

-

sofortige Beendigung des Verfahrens 70 (B) Staatsanwalt(schaft) - s dort Streitgegenstand 312,314,316 f, 320

(D) -

-

-

(Ö)

-

Prozeßhandlung 325 f (D); 474 (Ö) Prozeßökonomie 281,286 (CH); 315,415,425 (D); 474,513 (Ö) rechtliches Gehör 460 (Ö) Rechtskraft 142,147 f, 151 (F) formelle - 44 (B); 455,538 ff -

(Ö)

-

Prozeßfähigkeit 408 (D); 422 ff, 578

-

streitiges - 166,169,187 (F) Tatsachenbericht - s dort übereinstimmender Vorschlag 304, 326,408 f(D) siehe auch dort Unterbrechung 40 (B) 463 f, 467 f, 533 (Ö) Unterbreiten der Vereinbarung 510ff(Ö) Untersuchungsgrundsatz (-verfahren) 142 (F); 216,224,226 f, 231, 233,235,238,243 f (CH); 431 (D); 465,469,528,559 (Ö) Vereinfachtes Verfahren 205,213, 240,245 (CH); 439 (D); 598 (Rvgl) Verfall des Antrags 119,123 (F) Verfall der Entscheidung 44,91 (B) Verhandlungsgrundsatz 215 f, 221, 245 (CH); 349 (D) Vermittlungsverfahren (Sühneverfahren) 218,222 f, 224, 230 f, 233, 236 f, 239,242, 245 (CH) Versöhnungsversuch 38 f, 83 (B); 116,161 f, 165,190 (F); 214 ff, 217 f,

Stichwortregister

-

220 ff, 224 ff, 228 f, 230,238,241, 243 f (CH); 410 (D); 464 (Ö) Vertagung - s -/Erstreckung Vertretung durch Prozeßbevollmächtigten 525 ff (Ö) Vollstreckbarkeitsbestätigung - s Homologierung vollstreckbarer Schuldtitel 338,409

-

Vollzugsbestätigung - s Scheidungsfolgenvereinbarung/ Genehmigung Voraussetzungen der einverständlichen Scheidung 33, 34ff, 56 (B); 106 ff, 158 ff (F); 304,324 ff 408/(D); 453 ff (Ö); 588 (Rvgl) Anwendungsbereich — nach § 630 dZPO 317 ff (p) Antrag - s Verfahren Antragsschrift - s Verfahren Aufhebung ehelicher Lebensgemeinschaft 307 (D); 456 ff (Ö) siehe auch eheliche Lebensgemeinschaft Einigung 337 ff (D) siehe auch Vereinbarung über die restlichen Scheidungsfolgen Einverständnis 31, 38 f, 70 (B); 107 ff (F); 469 ff, 471 (Ö) siehe auch dort fakultative Scheidungsvoraussetzungen 339 (D); 478 (Ö) familienrechtliche Vereinbarung - s dort formelle - 35 ff, 43 (B); 172 (F); 337

(D) -

-

Vorabentscheidung 332 f, 335,338, 412,417(D) Voraussetzungen - s dort Warte- bzw Überlegungsfrist - s Probezeit Weisungsschein 214,217,220,226, 229, 236 (CH) Zerrüttungsprüfung - s dort Zurückweisung Scheidungsantrag 35,49,70,84 (B); 118(F)

Vergleich 502 (Ö) - vor Gütestelle 355,357 (D) Unanfechtbarkeit 54 (B) Unwiderruflichkeit 54 (B) s auch gerichtlicher Vergleich Vermittlung

- s Versöhnungsversuch

Vermutung 588 (Rvgl) unwiderlegbare - 48,83,95 (B); 178 (F); 199,208 (CH); 304,306 f, 318, 325,409 f, 421,434 (D); 461,463 (Ö) - widerlegbare -199,208 (CH); 528

(D)

-

58 f (B)

Vertrauensschutz Vertrauenstheorie

-

95 (B)

-

471 (Ö); 596 (Rvgl)

Verzichtsverträge 351, 369,382 ff (D); 638 (Rvgl) s auch Betreuungsunterhalt, Ehegattenunterhaltfsvereinbarungen ), Vereinbarung über den Versorgungsausgleich Vollstreckung

der Vereinbarungen

(ö) -

Dispositionsbefugnis 543 (Ö) Exekutionstitel 541 (Ö)

Fristen - s dort Geschäftsfähigkeit 108,159 (F); 345

(D)

(Ö) Vertragsstrafe

gerichtlicher Vergleich 542 (Ö) privatrechtliche Unterhaltsvereinbarung541 (Ö)

541 ff

-

Getrenntleben 304,307,309 f, 323 f, 339,409 f, 419,434 (D) Inventar 47(B) Maßnahmen 47 ff (B) siehe auch dort materielle - 168 (F); 315,337 f, 341, 345, 352, 369, 374,417 (D); 455,477, 510,512,528 f, 534,551 (Ö) Mindestalter 34,89 (B); 107 (F); 208 (CH) Mindestdauer der Ehe 35,89 (B); 106 f, 159 (F); 208 (CH) Mitteilung 338 (D) Natur 34ff(B) (Ö) Prozeßfähigkeit 345,347 (D); 531

(Ö)

Qualifikation - nach § 630 dZPO 353 ff (D)

736

-

Stichwortregister

Regelung gegenseitiger Ansprüche s Vereinbarung über vermögensrechtliche Ansprüche (gemeinsames) Scheidungsbegehren 106(F) 453 ff (Ö) Scheidungsfolgenvereinbarung - s dort Scheidungswille - s dort übereinstimmender Vorschlag 331ff, 338(D) s auch dort vollstreckbarer Schuldtitel 353, 355 ff, 415,417 f, 438,442 (D) wesentliche - 51,70 (B) Zerrüttung - s dort Zerrüttungsgeständnis - s Zerrüttungszugeständnis Zulässigkeitsvoraussetzungen 47 (B); 107,114,161,181 (F) Zustimmung - s dort

Kindesunterhaltsvertrag 368 f (D); 550 (Ö) schuldrechtlicher Vertrag - Ehegattenunterhalt 550,583

(ö)

-

gerichtlicher Vergleich - s dort vermögensrechtliche Ansprüche 583 (Ö) Scheidungskonvention 256 ff, 261 ff (CH) Vertragsstrafe 81 (B) Zustimmung zur Scheidung 57 ff (B); 109,158 (F); 347,423 ff, 427, 433 f(D); 515,549 (Ö); 601 ff (Rvgl)

Wiederaufnahme 93 f (B); 153 (F); 524, 553, 575 (Ö); 612, 628 ff, 635 ff, 644 f, 650, 653 (Rvgl) Maßgeblichkeit materiellrechtlicher Vorsorgende Vereinbarungen 387, 403 ff, Anfechtungsgründe 5 7 7 / ( 0 ) Revision 128,191 (F); 265 ff, 275 436 (D); 638 (Rvgl) 286 ff, 289, 293 (CH); 425,427,429, Grundsatz von Treu und Glauben 433,435(D); 639 f (Rvgl) s dort actio Pauliana 272 (CH) Privatautonomie - s dort Sittenwidrigkeit - s dort kantonales Recht 267,269 ff Wirksamkeitsprüfung 403 (D) (CH) Maßgeblichkeit materiellrechtlicher Anfechtungsgründe 268, 271, 275,280,282,284,289f, Wartezeit - s Probezeit 292 ff (CH); 612,638 (Rvgl) Statusurteil 267 ff (CH) Wegfall der Geschäftsgrundlage 262 Scheidungskonvention 271 ff (CH); 436, 439, 441 (D); 515, 580 (Ö); (CH) 610 (Rvgl) Zulässigkeit Wiederaufnahme im AußStrVerf 554 ff, 560 576/(Ö) Widerruf des Einverständnisses 42, 70, 80 ff, 91 (B); 122 ff, 109, 121, 123, 142, Wiedereröffnung - s Wiederaufnahme 167,175 ff, 181,183 f, 188,190 (F); 260 ff (CH); 420 ff (D); 539, 544 ff, 549 ff, 578 Willenserklärung (Ö); 589,592,601 ff, 620 ff, 633 (Rvgl) - Aufrichtigkeit 185 (F) Absehen von der VerfahrensfortsetErnstlichkeit 124,173 f, 185 (F); 537 zung 80(B) (Ö) Ernsthaftigkeit 80 f (B); 424 (D) Freiheit 70 (B); 124,173 f (F); 537 Form - s dort (Ö) Rechtsmißbrauch - s dort materiellrechtliche - 56 (B); 325 f Scheidungsantrag 420 ff (D) (D) Scheidungsfolgenvereinbarung 362 Nichtigkeit 82 (B) (D); 453,549 (Ö); 601 ff (Rvgl) übereinstimmende - 248,257 (CH) familienrechtliche Vereinbarung Willensmangel/verdünnte Willensbildung 72,91(B); 256 ff (CH); 364, 58, 70 f, 81 f, 87, 91, 92 ff, 96 (B); 111 ff, 366 f, 437 (D); 549,580 (Ö)

Stichwortregister

119,127, 138,140 ff, 145,147,149 f, 154, 167,175, 178,185 ff, 188,190 f (F); 258, 262, 265 f, 271 f, 277, 280, 283 f, 285 f, 292 (CH); 347, 355, 396, 410, 425, 427, 433 f (D); 536, 551, 562, 564, 569, 578 f, 581 (Ö); 602,632 f, 651 (Rvgl) Erweiterung der Anfechtungsgründe 580 ff, 583 (Ö); 611, 641 /(Rvgl) Willensprinzip (Rvgl) Wirtschaftliche Übervorteilung

Zerrüttungsscheidung dung

Schei-

Zerrüttungszugeständnis 155 f, 158, 163, 167 f, 170,173 ff, 177,179,186 f, 189,191 (F); 453, 457 f, 459 ff, 522, 528, 552 (Ö); 594,603 (Rvgl) einheitliche Streitpartei 459 ff (Ö) Geständnis 461 ff, 464 ff, 468,527/

113, 127 (F); 593, 596

(Ö) -

Übervorteilung

- s streitige

-

Zerrüttung 32, 83 (B); 189 f (F); 197 f, 201, 203 f, 205 f, 208, 216 (CH); 303 f, 306 ff, 310, 313, 315, 317, 320, 349, 410, 434 (D); 449, 451 f, 461 f, 466, 527, 552, 562 (Ö); 588 f, 602,649 (Rvgl) Begriff 83 f (B); 173,177 (F); 308 f (D); 467(0) - Zerrüttungsbeweis 260 (CH) Zerrüttungsgeständnis - s Zerrüttungszugeständnis Zerrüttungsgrund 31 (B) s auch einverständliche Scheidung Zerrüttungsprüfung 83 ff, 89 (B); 142, 160, 162, 166, 171 ff, 184, 186, 190 (F); 199 ff, 202, 207, 215 (CH); 311, 318 f, 321, 323, 327, 409 ff, 419, 431 (D); 527 (Ö); 588 (Rvgl)

s

Natur 459 ff 527 ff (Ö) Überprüfungsbefugnis 458,461, 463 ff, 527 ff (Ö)

Zivilprozeßordnung kantonale -199,206,210, 212,292 (CH) Zusammenleben 588 (Rvgl) Unerträglichkeit 31,83 f (B); 162 ff, 166,168,171 ff, 184 (F); 197 f, 200, 203 (CH)

Zustimmung 304, 325 (D); 454 f (Ö) Ernstlichkeit 121 (F) Freiwilligkeit 108 f, 112,115,121 (F) Mangelfreiheit 180 (F); 260 (CH) Natur 345 f ( D ) Widerruf - s dort

Zwingendes Recht 413 (D); 502 f (Ö)