Die verfahrensrechtliche Absicherung von Informationsfreiheitsrechten in rechtsvergleichender Sicht: Eine Betrachtung der Rechtslage in Schweden, den USA, Deutschland und der Europäischen Union [1 ed.] 9783428521982, 9783428121984

Beim Erlass neuer wie auch bei der Reform bestehender Informationsfreiheitsgesetze (IFGs) hat der Gesetzgeber zu entsche

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Die verfahrensrechtliche Absicherung von Informationsfreiheitsrechten in rechtsvergleichender Sicht: Eine Betrachtung der Rechtslage in Schweden, den USA, Deutschland und der Europäischen Union [1 ed.]
 9783428521982, 9783428121984

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Beiträge zum Informationsrecht Band 20

Die verfahrensrechtliche Absicherung von Informationsfreiheitsrechten in rechtsvergleichender Sicht Eine Betrachtung der Rechtslage in Schweden, den USA, Deutschland und der Europäischen Union

Von Thomas Griebel

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

THOMAS GRIEBEL

Die verfahrensrechtliche Absicherung von Informationsfreiheitsrechten in rechtsvergleichender Sicht

Beiträge zum Informationsrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Hansjürgen Garstka, Prof. Dr. Michael Kloepfer, Prof. Dr. Friedrich Schoch

Band 20

Die verfahrensrechtliche Absicherung von Informationsfreiheitsrechten in rechtsvergleichender Sicht Eine Betrachtung der Rechtslage in Schweden, den USA, Deutschland und der Europäischen Union

Von Thomas Griebel

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Augsburg hat diese Arbeit im Wintersemester 2005 / 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1619-3547 ISBN 978-3-428-12198-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2005/06 von der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg als Dissertation angenommen. Das Manuskript hierzu wurde im Juli 2005 abgeschlossen. Für die Veröffentlichung wurde die bis Juni 2006 erschienene Literatur zum neuen Bundesinformationsfreiheitsgesetz eingearbeitet. Mein herzlicher Dank gilt meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Johannes Masing, der die Arbeit mit großem Interesse und Engagement begleitete. Wichtiger aber noch als dies war und ist, dass ich unter seiner Anleitung meine methodischen Fähigkeiten weiterentwickeln konnte, die mir die Erstellung der Arbeit wesentlich erleichtert haben und auf die ich auch in der Zukunft bei der Bearbeitung kniffliger Rechtsfragen dankbar zurückgreifen werde. Herrn Prof. Dr. Ivo Appel gebührt mein besonderer Dank dafür, daß er in sehr kurzer Zeit das Zweitgutachten zu der Arbeit erstattet hat. Ferner darf ich mich bei meinem lieben ehemaligen Lehrstuhlkollegen Dr. Hinnerk Wißmann bedanken, der mir jederzeit für Fragen zur Verfügung und mit Hilfestellungen zur Seite stand. Seine wertvollen Anregungen und sein aufmunternder Zuspruch haben zum Gelingen dieser Arbeit erheblich beigetragen. Des weiteren danke ich Frau Diane Angerhausen für ihre Unterstützung bei der Übersetzung schwedischer Gesetzestexte sowie Frau Assessorin Lucia Beck und Herrn Rechtsanwalt Bernhard Mühlbauer für das Korrekturlesen des Manuskriptes. Frau Julia Dunst danke ich für ihre Hilfe bei der Endformatierung. Mein besonders herzlicher Dank gilt schließlich meinen lieben Eltern, die mich während meiner gesamten Ausbildung stets großzügig unterstützt und gefördert haben. Ihnen widme ich diese Arbeit in liebevoller Verbundenheit. München, im Juli 2006

Thomas Griebel

Inhaltsübersicht A. Einleitung ................................................................................................................. 23 B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage........................................... 29 C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde ....................... 67 D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens ..................................... 87 I.

Stellung des Antrags ......................................................................................... 87

II.

Bearbeitung des Antrags ................................................................................. 104

III. Entscheidung über den Antrag........................................................................ 129 IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs....................................... 172 V.

Kosten............................................................................................................. 206

VI. Behördliche Rechtsbehelfe ............................................................................. 238 VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe ............................................................................. 254 VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten ....... 282 IX. Rechtsbehelfe betroffener Dritter.................................................................... 327 E. Schlußbetrachtung................................................................................................. 336 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 341

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung ................................................................................................................. 23 B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage........................................... 29 I. Schwedische Tryckfrihetsförordning ................................................................ 29 II. U.S. Freedom of Information Act ..................................................................... 42 III. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) ....................... 51 IV. Umweltinformationsgesetz ............................................................................... 54 V. Brandenburgisches AIG.................................................................................... 61 VI. Berliner IFG...................................................................................................... 62 VII. Schleswig-holsteinisches IFG ........................................................................... 63 VIII. Nordrhein-westfälisches IFG ............................................................................ 64 IX. Bundes-IFG ...................................................................................................... 65 C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde ....................... 67 I. Schwedische Tryckfrihetsförordning ................................................................ 67 II. U.S. Freedom of Information Act ..................................................................... 70 III. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) ....................... 74 IV. Umweltinformationsgesetz ............................................................................... 75 V. Brandenburgisches AIG.................................................................................... 77 VI. Berliner IFG...................................................................................................... 77 VII. Schleswig-holsteinisches IFG ........................................................................... 78 VIII. Nordrhein-westfälisches IFG ............................................................................ 78 IX. Bundes-IFG ...................................................................................................... 80 X. Vergleichende Betrachtung............................................................................... 80 1. Organisations- und aktive Informationspflichten........................................ 82 2. Berichtspflichten......................................................................................... 85 D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens ..................................... 87 I. Stellung des Antrags ......................................................................................... 87 1. Schwedische Tryckfrihetsförordning.......................................................... 88 2. U.S. Freedom of Information Act............................................................... 88 3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) ................. 89 4. Umweltinformationsgesetz ......................................................................... 90 5. Brandenburgisches AIG ............................................................................. 92 6. Berliner IFG ............................................................................................... 93 7. Schleswig-holsteinisches IFG..................................................................... 93

12

Inhaltsverzeichnis 8. Nordrhein-westfälisches IFG...................................................................... 94 9. Bundes-IFG ................................................................................................ 95 10. Vergleichende Betrachtung ........................................................................ 95 a) Formerfordernisse der Antragstellung ................................................... 95 b) Inhaltliche Erfordernisse der Antragstellung ......................................... 98 c) Hilfeleistungspflicht der Behörde ........................................................ 101 II. Bearbeitung des Antrags ................................................................................. 104 1. Schwedische Tryckfrihetsförordning........................................................ 105 2. U.S. Freedom of Information Act............................................................. 105 3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) ............... 109 4. Umweltinformationsgesetz ....................................................................... 110 5. Brandenburgisches AIG ........................................................................... 111 6. Berliner IFG ............................................................................................. 112 7. Schleswig-holsteinisches IFG................................................................... 113 8. Nordrhein-westfälisches IFG.................................................................... 114 9. Bundes-IFG .............................................................................................. 115 10. Vergleichende Betrachtung ...................................................................... 116 a) Informations- und Weiterleitungsverpflichtung bei behördlicher Unzuständigkeit................................................................................... 116 b) Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller............................................. 119 c) Beteiligung betroffener Dritter ............................................................ 120 d) Beschleunigte Antragsbearbeitung ...................................................... 127 e) Die Besonderheit des FOIA: das multitrack processing ...................... 128 III. Entscheidung über den Antrag........................................................................ 129 1. Schwedische Tryckfrihetsförordning........................................................ 130 2. U.S. Freedom of Information Act............................................................. 131 3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) ............... 134 4. Umweltinformationsgesetz ....................................................................... 136 5. Brandenburgisches AIG ........................................................................... 143 6. Berliner IFG ............................................................................................. 144 7. Schleswig-holsteinisches IFG................................................................... 145 8. Nordrhein-westfälisches IFG.................................................................... 147 9. Bundes-IFG .............................................................................................. 148 10. Vergleichende Betrachtung ...................................................................... 150 a) Behördliche Fristen.............................................................................. 150 b) Folgen behördlicher Untätigkeit .......................................................... 156 c) Form- und Inhaltserfordernisse der Bescheidung ................................ 162 d) Zusammenfassung von Informationsbegehren .................................... 167 e) Befristung der ablehnenden Entscheidung........................................... 172 IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs....................................... 172

Inhaltsverzeichnis 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

13

Schwedische Tryckfrihetsförordning........................................................ 173 U.S. Freedom of Information Act............................................................. 175 Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) ............... 177 Umweltinformationsgesetz ....................................................................... 178 Brandenburgisches AIG ........................................................................... 179 Berliner IFG ............................................................................................. 181 Schleswig-holsteinisches IFG................................................................... 182 Nordrhein-westfälisches IFG.................................................................... 184 Bundes-IFG .............................................................................................. 185 Vergleichende Betrachtung ...................................................................... 187 a) Art des Informationszugangs ............................................................... 187 b) Verweisung auf behördliche (Online-)Publikationen .......................... 197 c) Zeitpunkt der tatsächlichen Zugänglichmachung ................................ 201 d) Sonstige Modalitäten des Informationszugangs................................... 203 V. Kosten............................................................................................................. 206 1. Schwedische Tryckfrihetsförordning........................................................ 207 2. U.S. Freedom of Information Act............................................................. 208 3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) ............... 211 4. Umweltinformationsgesetz ....................................................................... 212 5. Brandenburgisches AIG ........................................................................... 217 6. Berliner IFG ............................................................................................. 218 7. Schleswig-holsteinisches IFG................................................................... 220 8. Nordrhein-westfälisches IFG.................................................................... 223 9. Bundes-IFG .............................................................................................. 225 10. Vergleichende Betrachtung ...................................................................... 227 VI. Behördliche Rechtsbehelfe ............................................................................. 238 1. Schwedische Tryckfrihetsförordning........................................................ 238 2. U.S. Freedom of Information Act............................................................. 240 3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) ............... 243 4. Umweltinformationsgesetz ....................................................................... 244 5. Brandenburgisches AIG ........................................................................... 247 6. Berliner IFG ............................................................................................. 247 7. Schleswig-holsteinisches IFG................................................................... 248 8. Nordrhein-westfälisches IFG.................................................................... 248 9. Bundes-IFG .............................................................................................. 249 10. Vergleichende Betrachtung ...................................................................... 249 VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe ............................................................................. 254 1. Schwedische Tryckfrihetsförordning........................................................ 255 2. U.S. Freedom of Information Act............................................................. 257 3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) ............... 261

Inhaltsverzeichnis

14 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Umweltinformationsgesetz ....................................................................... 264 Brandenburgisches AIG ........................................................................... 268 Berliner IFG ............................................................................................. 269 Schleswig-holsteinisches IFG................................................................... 269 Nordrhein-westfälisches IFG.................................................................... 270 Bundes-IFG .............................................................................................. 270 Vergleichende Betrachtung ...................................................................... 270 a) Allgemeine Verfahrenserwägungen..................................................... 270 b) Gerichtliche Befugnis zur Einsichtnahme in camera ........................... 275 c) Pflicht zur bevorzugten bzw. beschleunigten Bearbeitung .................. 279 VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten ....... 282 1. Schwedische Tryckfrihetsförordning........................................................ 283 2. U.S. Freedom of Information Act............................................................. 290 3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) ............... 291 4. Umweltinformationsgesetz ....................................................................... 299 5. Brandenburgisches AIG ........................................................................... 299 6. Berliner IFG ............................................................................................. 302 7. Schleswig-holsteinisches IFG................................................................... 305 8. Nordrhein-westfälisches IFG.................................................................... 308 9. Bundes-IFG .............................................................................................. 311 10. Vergleichende Betrachtung ...................................................................... 313 a) Nutzen eines Informationsfreiheitsbeauftragten .................................. 316 b) Institutionelle Ausgestaltung des Informationsfreiheitsbeauftragten ... 318 c) Befugnisse des Informationsfreiheitsbeauftragten ............................... 320 d) Ausgestaltung des individuellen Beschwerdeverfahrens ..................... 323 e) Berichtspflichten.................................................................................. 326 IX. Rechtsbehelfe betroffener Dritter.................................................................... 327 1. Schwedische Tryckfrihetsförordning........................................................ 327 2. U.S. Freedom of Information Act............................................................. 328 3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) ............... 329 4. Umweltinformationsgesetz ....................................................................... 330 5. Brandenburgisches AIG ........................................................................... 332 6. Berliner IFG ............................................................................................. 333 7. Schleswig-holsteinisches IFG................................................................... 333 8. Nordrhein-westfälisches IFG.................................................................... 333 9. Bundes-IFG .............................................................................................. 334 10. Vergleichende Betrachtung ...................................................................... 334 E. Schlußbetrachtung................................................................................................. 336 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 341

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. a.E. Aarhus-Konvention

andere Ansicht am angegebenen Ort am Ende (13. UNECE-) Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 25.6.1998; in Kraft getreten am 31.10.2001 ABl. EG Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Abs. Absatz AIG-Bbg Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) vom 10.03.1998 (GVBl. Bbg I S. 46), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.05.2004 (GVBl. Bbg I S. 195) AIGGebO-Bbg Verwaltungsgebührenordnung für Amtshandlungen beim Vollzug des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes (Akteneinsichts- und Informationszugangsgebührenordnung – AIGGebO) vom 2.4.2001 (GVBl. Bbg II S. 85), zuletzt geändert durch Verordnung vom 11.12.2003 (GVBl. Bbg II S. 706) AöR Archiv des öffentlichen Rechts APA Administrative Procedure Act, Pub. L. 79-404, 60 Stat. 237 (1946) Art. Artikel Aufl. Auflage Az. Aktenzeichen BauR Baurecht, Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht BayVBl. Bayerische Verwaltungsblätter BB-Statut Beschluß des Europäischen Parlaments vom 9.3.1994 über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten (94/262/EGKS, EG, Euratom; ABl. EG Nr. L 113, S. 15), zuletzt geändert durch Beschluß vom 14.3.2002 (ABl. EG Nr. L 92, S. 13) Bd. Band BDSG Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) vom 14.1.2003 (BGBl. I S. 66) Beschl.-EP-Zugang Beschluß des Präsidiums über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments vom 28.11.2001 (ABl. EG Nr. C 374, S. 1)

16 BFH-N BGBl. I BGH BIFG

BRRG

BT-Drs. BVerfG BVerwG bzw. CDU CFR

COD CR D.C.Cir. D.D.C. dies. DRiG DSB DSG-B

DSG-Bbg

DSG-NRW

DSG-SH

DuD

Abkürzungsverzeichnis Sammlung amtlich nicht veröffentlichter BFH-Entscheidungen Bundesgesetzblatt, Teil I Bundesgerichtshof Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) vom 5.9.2005 (BGBl. I S. 2722) Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz – BRRG) vom 31.3.1999 (BGBl. I S. 654), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.12.2004 (BGBl. I S. 3835) Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht beziehungsweise Christlich Demokratische Union Deutschlands United States Code of Federal Regulations; ab 1997 sind diese unter http://www.gpoaccess.gov/cfr/index.html (Stand: 22.4.2004) elektronisch zugänglich offizielles Kürzel für das Mitentscheidungsverfahren der Europäischen Gemeinschaften Computer und Recht United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit United States District Court for the District of Columbia dieselben Deutsches Richtergesetz vom 8.9.1961 (BGBl. I S. 1665), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.7.2002 (BGBl. I S. 2592) Datenschutzberater Berliner Datenschutzgesetz – BlnDSG – vom 17.12.1990 (GVBl. B 1991, S. 16), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2.10.2003 (GVBl. B, S. 486) Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten im Land Brandenburg (Brandenburgisches Datenschutzgesetz – BbgDSG) vom 9.3.1999 (GVBl. Bbg I S. 66), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2001 (GVBl. Bbg I S. 298) Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen – DSG NRW) vom 9.6.2000 (GVBl. NRW, S. 542), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.4.2003 (GVBl. NRW, S. 252) Schleswig-Holsteinisches Gesetz zum Schutz personenbezogener Informationen (Landesdatenschutzgesetz – LDSG) vom 9.2.2000 (GVBl. SH, S. 169), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.2.2005 (GVBl. SH, S. 168) Datenschutz und Datensicherheit

Abkürzungsverzeichnis DVBl. E E.L.Rev. EAG EDV EG EGKS EGV

EMRK

EP EU EuG EuGH EuGHE EuR EuZW FL Fn. FOIA

FPL GebBeitrG-B

GebG-Bbg

GebG-NRW

GG

17

Deutsches Verwaltungsblatt amtliche Entscheidungssammlung European Law Review Europäische Atomgemeinschaft Elektronische Datenverarbeitung Europäische Gemeinschaft(en) Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, vgl. die konsolidierte, den Vertrag von Nizza vom 26.2.2001 berücksichtigende Fassung in ABl. EG 2002 Nr. C 325, S. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950, in Kraft getreten am 3.9.1953 (Vertragsnummer des Europarats: 005) Europäisches Parlament Europäische Union Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften [Amtliche] Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz Europarecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaft Förvaltningslag (Verwaltungsverfahrensgesetz), SFS 1986:223, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2003:1213 Fußnote Freedom of Information Act, Pub. L. 89-554, 80 Stat. 383 (1966), zuletzt geändert durch Pub. L. 107-306, title III, Sec. 312, 116 Stat. 2390 (2002), enthalten in Kap. 5 U.S.C. § 552 Förvaltningsprocesslag (Verwaltungsprozeßgesetz), SFS 1971:291, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2001:27 Gesetz über Gebühren und Beiträge vom 22.5.1957 (GVBl. B, S. 516), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.4.1996 (GVBl. B, S. 126) Gebührengesetz für das Land Brandenburg (GebG Bbg) vom 18.10.1991 (GVBl. Bbg, S. 452), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.2003 (GVBl. Bbg I S. 298) Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23.8.1999 (GVBl. NRW, S. 524), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2002 (GVBl. NRW 2003, S. 24) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.7.2002 (BGBl. I S. 2863)

18 GO-EP GO-Kom.-Anh.

GO-Rat-Anh.

GVBl. B GVBl. Bbg GVBl. NRW GVBl. SH i.d.R. i.E. i.V.m. IFG-B

IFG-NGOE

IFG-NRW

IFG-ProfE

IFG-SH

Abkürzungsverzeichnis Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, 16. Aufl. (Juli 2004) Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission; durch Beschluß der Kommission vom 5.12.2001 (2001/937/EG, EGKS, Euratom) zur Änderung ihrer Geschäftsordnung (ABl. EG Nr. L 345, S. 94) der Geschäftsordnung der Kommission als Anhang angefügt [Sartorius II, Nr. 235, Anhang III] Sonderbestimmungen für den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Rates; durch Beschluß des Rates vom 29.11.2001 zur Änderung der Geschäftsordnung des Rates (ABl. EG 2001 Nr. L 313, S. 40) der Geschäftsordnung des Rates als Anhang angefügt [Sartorius II, Nr. 237, Anhang II] Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Berlin Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Schleswig-Holstein in der Regel im Ergebnis in Verbindung mit Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin (Berliner Informationsfreiheitsgesetz – IFG) vom 15.10.1999 (GVBl. B, S. 561), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.7.2001 (GVBl. B, S. 305, 311) Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes von nichtstaatlichen Organisationen (netzwerk recherche e.V, Deutscher JournalistenVerband, Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union, Humanistische Union e.V., Transparency International – Deutsches Chapter e.V.), in: W. Mecklenburg, Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG), Berlin 2004 Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz NordrheinWestfalen – IFG NRW) vom 27.11.2001 (GVBl. NRW, S. 806) Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes von F. Schoch und M. Kloepfer, in: dies., Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE), Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, Berlin 2002 Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein (Informationsfreiheitsgesetz für das Land Schleswig-Holstein – IFG-SH) vom 9.2.2000 (GVBl. SH, S. 166), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.3.2003 (GVBl. SH, S. 168)

Abkürzungsverzeichnis IFGGebV

JOI

JöR k.A. Kap. KOM LKV LKV

LT-Drs. LVwG-SH

m.w.N. NJW Nr. NVwZ NVwZ-RR NWVBl. PBefG Pub. L. RDV RF Rn. RO S. Sec. SFS SL

19

Verordnung über die Gebühren und Auslagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (Informationsgebührenverordnung – IFGGebV) vom 2.1.2006 Lag med instruktion för Riksdagens ombudsmän – JOinstruktionen (Gesetz über die parlamentarischen Ombudsmänner), SFS 1986:765, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2003:183 Jahrbuch des öffentlichen Rechts keine Angabe Kapitel offzielles Kürzel für Dokumte der EG-Kommission (gleichbedeutend mit „COM“) Landes- und Kommunalverwaltung Landes- und Kommunalverwaltung, Verwaltungsrechts-Zeitschrift für die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Landtagsdrucksache Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz – LVwG) vom 2.6.1992 (GVBl. SH, S. 243), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.2.2005 (GVBl. SH, S. 168) mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ-Rechtsprechungsreport Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Personenbeförderungsgesetz vom 8.8.1990 (BGBl. I S. 1690), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.12.2003 (BGBl. I S. 3076) Public Law Recht der Datenverarbeitung Regeringsformen (Verfassung), SFS 1974:152, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2003:593 Randnummer Riksdagsordningen (Gesetz über den Reichstag), SFS 1974:153, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2003:1057 Satz Section Svensk författningssamling (Schwedische Gesetzessammlung) Sekretesslagen (Geheimhaltungsgesetz), SFS 1980:100, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2005:183

20 SO sog. SSW Stat.

TF TKG u. U.S. U.S.C.

U.S.C.A. UIG (1994)

UIG (2005) UIGebO-B

UIGebO-Bbg

UIGKostV

UIRL I

UIRL II

Abkürzungsverzeichnis Successionsordningen (Sukzessionsordnung), SFS 1810:0926, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 1979:935 sogenannte Südschleswigscher Wählerverband United States Statutes at Large (vom US Government Printing Office seit 1874 fortlaufend herausgegebene amtliche Publikation, die alle vom Kongreß beschlossenen Gesetze enthält) Tryckfrihetsförordningen (Pressefreiheitsgrundgesetz), SFS 1949:105, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2002:1049 Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 22.6.2004 (BGBl. I S. 1190) und United States United States Code (vom Office of the Law Revision Counsel des US House of Representatives seit 1926 alle sechs Jahre – zuletzt in 2000 – veröffentlichte amtliche Sammlung der US Bundesgesetze) United States Code Annotated (nichtamtliche, laufend aktualisierte Sammlung der US Bundesgesetze) Umweltinformationsgesetz vom 8.7.1994 (BGBl. I S. 1490), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.7.2001 (BGBl. I S. 1950), neugefaßt durch Bekanntmachung vom 23.8.2001 (BGBl. I S. 2218); aufgehoben durch Gesetz vom 22.12.2004 (BGBl. I S. 3704) Umweltinformationsgesetz (UIG) vom 22.12.2004 (BGBl. I S. 3704) Umweltschutzgebührenordnung (UGebO) vom 1.7.1988 (GVBl. B, S. 1132), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25.3.2003 (GVBl. B, S. 152) Gemeinsame Verwaltungsgebührenordnung für Amtshandlungen beim Vollzug der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7.6.1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (Umweltinformationsgebührenordnung – UIGebO) vom 30.4.1993 (GVBl. Bbg II S. 618) Verordnung über die Kosten für Amtshandlungen der Behörden des Bundes beim Vollzug des Umweltinformationsgesetzes (Umweltinformationskostenverordnung – UIGKostV) vom 27.7.2001 (BGBl. I S. 1950, 2019), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2004 (BGBl. I S. 3704, 3708) Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7.6.1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (ABl. EG Nr. L 158, S. 56-58) Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltin-

Abkürzungsverzeichnis

21

formationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. EG 2003 Nr. L 41, S. 26-32) ULD-SH Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein UNECE United Nations Economic Commission for Europe Unt.Abs. Unterabsatz UPR Umwelt- und Planungsrecht USA United States of America usw. und so weiter VerfO-EuG Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 2.5.1991 (ABl. EG Nr. L 136, S. 1), zuletzt geändert am 21.5.2003 (ABl. EG Nr. L 147, S. 22) VerwArchiv Verwaltungsarchiv VG Verwaltungsgericht vgl. vergleiche VO 1049/2001/EG Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. EG 2001 Nr. L 145, S. 43) VO 1103/97/EG Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates vom 17.6.1997 über bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des Euro (ABl. EG Nr. L 162, S. 1) VO 2866/98/EG Verordnung (EG) Nr. 2866/98 des Rates vom 31.12.1998 über die Umrechnungskurse zwischen dem Euro und den Währungen der Mitgliedstaaten, die den Euro einführen (ABl. EG Nr. L 359, S. 1) VO 974/98/EG Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates vom 3.5.1998 über die Einführung des Euro (ABl. EG Nr. L 139, S. 1) VO Verordnung VVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer VwGebO-B Verwaltungsgebührenordnung (VGebO) vom 13.11.1978 (GVBl. B, S. 2410), Berlin, zuletzt geändert durch Verordnung vom 7.12.2001 (GVBl. B, S. 632) VwGebO-NRW Allgemeine Verwaltungsgebührenordnung (AVerwGebO NRW) vom 3.7.2001 (GVBl. NRW, S. 262), Nordrhein-Westfalen, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2003 (GVBl. NRW, S. 428) VwGebO-SH Landesverordnung über Verwaltungsgebühren vom 14.1.1980 (GVBl. SH, S. 9), Schleswig-Holstein, zuletzt geändert durch Verordnung vom 4.3.2005 (GVBl. SH, S. 200) VwGO Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 19.3.1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.8.2004 (BGBl. I S. 2198)

22 VwKostG

VwKostG-SH

VwVfG VwVfG-NRW

YGL z.B. ZRP ZUR

Abkürzungsverzeichnis Verwaltungskostengesetz (VwKostG) vom 23.6.1970 (BGBl. I S. 821), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5.5.2004 (BGBl. I S. 718) Verwaltungskostengesetz des Landes Schleswig-Holstein vom 17.1.1974 (GVBl. SH, S. 37), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.11.2004 (GVBl. SH, S. 412) Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vom 23.1.2003 (BGBl. I S. 102) Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG. NRW.) vom 12.11.1999 (GVBl. NRW, S. 666), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6.7.2004 (GVBl. NRW, S. 370) Yttrandefrihetsgrundlagen (Meinungsfreiheitsgrundgesetz), SFS 1991:1469, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2002:909 zum Beispiel Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Umweltrecht

A. Einleitung In seiner Entscheidung über die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung betonte das Bundesverfassungsgericht, „eine verantwortliche Teilhabe der Bürger an der politischen Willensbildung des Volkes setz[e] voraus, daß der Einzelne von den zu entscheidenden Sachfragen, von den durch die verfaßten Staatsorgane getroffenen Entscheidungen, Maßnahmen und Lösungsvorschlägen genügend weiß, um sie beurteilen, billigen oder verwerfen zu können“.1 Informationen über staatliches Handeln kommt also ein hoher demokratischer Wert zu. Für die Bedeutung der Informationen ist es dabei prinzipiell unbeachtlich, ob sie auf Initiative einer staatlichen Stelle hin oder auf Initiative des Bürgers hin zur Verfügung gestellt werden. Das Recht jeden Bürgers ohne Darlegung besonderer Voraussetzungen grundsätzlich Einsicht in alle Akten öffentlicher Stellen nehmen zu dürfen (Informationsfreiheitsrecht)2, mutet vielen deutschen Juristen nach wie vor befremdlich an.3 Obwohl sich Verwaltungstransparenz mittlerweile weltweit als rechtlicher Standard durchsetzt – über Informationsfreiheitsgesetze verfügen bislang neben fast allen Mitgliedstaaten der EU beispielsweise auch Kanada, die USA, Nigeria, Südafrika, Indien, Pakistan, Australien und Neuseeland –4,

ņņņņņņņņ 1

BVerfGE 44, 125 (147). Zur besseren Abgrenzung gegenüber dem Grundrecht auf Informationsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG bietet sich die Bezeichnung „Informationszugangsfreiheit“ an. 3 Dabei besteht eigentlich kein Grund, warum dem Bürger kein Recht zugestanden werden sollte, sich beispielsweise über neueste Planungsvorhaben in seinem Wohnort oder die Ergebnisse der jüngsten Verkehrszählung zu informieren oder auch bei den Ordnungsbehörden nachzufragen, welche Restaurants im letzten Jahr hygienemäßig überprüft und wo Mängel festgestellt wurden; vgl. zu den Beispielen LT-Plenarprotokoll NRW 13/41 v. 15.11.2001, S. 4063, 4070 f. Der sich in Deutschland derzeit abzeichnende Schwerpunkt von Einsichtsbegehren liegt im Bauplanungs- bzw. Bauordnungsrecht und zunehmend im Ausschreibungs- und Vergaberecht; vgl. U. Jürgens, DSB 2002, 9 (9). 4 Einen anschaulichen Überblick über den derzeitigen weltweiten Stand geltender und geplanter Informationsfreiheitsgesetze gibt eine von Privacy International veröffentlichte Weltkarte; vgl. deren Homepage unter http://www.privacyinternational.org/issues /foia/foia-laws.jpg (Stand: 15.7.2006). Eine Liste der über Informationsfreiheitsgesetze verfügenden EU-Mitgliedstaaten mit Verweisen auf die jeweiligen Gesetze findet sich 2

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A. Einleitung

tut sich Deutschland mit dieser Offenheit noch schwer. Erste (eher unfreiwillige)5 Schritte unternahm Deutschland auf Bundesebene mit der Einführung des UIG im Jahre 1994. Mittlerweile bestehen gesetzliche Regelungen zur Informationsfreiheit auch in den Ländern Brandenburg (1998), Berlin (1999), Schleswig-Holstein (2000) und Nordrhein-Westfalen (2001). Angestachelt durch die Sorge des baldigen Machtverlusts hat die rot-grüne Koalition mit passiver Unterstützung der FDP nunmehr ein IFG auf Bundesebene geschaffen.6 Getrieben durch die praktischen Entwicklungen findet die Frage nach der Einführung von Verwaltungstransparenz auch in der deutschen Rechtswissenschaft zunehmend Beachtung. Als bisheriger Höhepunkt des wissenschaftlichen Diskurses ist sicherlich die Befassung der Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer im Jahr 2003 mit dieser Thematik zu betrachten.7 Eine Sichtung der bislang zu dieser Materie erschienen Abhandlungen läßt erkennen, daß sich diese vollständig oder doch zumindest schwerpunktmäßig mit den materiell-rechtlichen Fragestellungen von Informationsfreiheitsrechten auseinandersetzen. Die bislang ausführlichste Erörterung von Verfahrensfragen findet sich als Begründung der Verfahrensvorschriften im Professorenentwurf für ein IFG des Bundes von Schoch/Kloepfer.8 Die Intensität der wissenschaftlichen Befassung spiegelt indes nicht die Bedeutung wider, die der Ausgestaltung des Zugangsverfahrens zukommt.9 Denn die Werthaltigkeit von Informationsfreiheitsrechten besteht nur zum Teil in deren Gewährung, vielmehr aber in deren Nutzung. Nicht die prinzipielle Berechtigung zum Informationszugang sondern die tatsächliche Erlangung der Information versetzt den Bürger in die Lage, demokratische Kontrolle10 ausüben zu können. Natürlich müssen einige Informationen zum Schutz öffentlicher und privater Belange geheimgehalten werden, die übrigen Informationen müssen dem Bürger aber tatsächlich und nicht nur theoretisch zugänglich sein. Ziel dieser Arbeit ist es aufzuzeigen, welche verfahrensrechtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die praktische Wirksamkeit von Informationsfreiheitsrechten sicherzu-

ņņņņņņņņ auf der Homepage des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit unter http://www.informationsfreiheit.de/info_eu/index.htm (Stand: 15.7.2006). 5 Siehe dazu B.IV. 6 Siehe dazu B.IX. 7 Vgl. die Berichte zum Thema „Transparente Verwaltung – Konturen eines Informationsverwaltungsrechts“ von R. Gröschner und J. Masing, in: VVDStRL 63 (2003), 344 ff., 377 ff., sowie die zugehörige Aussprache, S. 442 ff. 8 Vgl. IFG-ProfE. 9 Vgl. zur großen Bedeutung der verfahrensrechtlichen Absicherung von Informationsfreiheitsrechten D. Kugelmann, Rechtsstellung, S. 329 ff.; IFG-ProfE S. 133 f. 10 Vgl. insbesondere zum Aspekt der Rechtmäßigkeitskontrolle von Verwaltungshandeln durch den Bürger J. Masing, Mobilisierung.

A. Einleitung

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stellen. Dabei wird von der Prämisse ausgegangen, dass der Umfang der vom Gesetzgeber angeordneten Verwaltungstransparenz allein mittels der materiellrechtlichen Geheimhaltungstatbestände zu bestimmen ist. Die Funktion der Verfahrensregelungen besteht darin, den gesetzlich vorgegebenen Grad an Transparenz auch praktisch zu gewährleisten. Die formellen Regelungen stehen dabei in einem Spannungsverhältnis zwischen Funktionsfähigkeit der Verwaltung und praktischer Wirksamkeit der Informationsfreiheit: natürlich ist dem Schutz der Funktionsfähigkeit der Verwaltung angemessen Rechnung zu tragen; andererseits müssen die Verfahrensregelungen aber auch geeignet sein, mißbräuchliche Obstruktionsversuche der Verwaltung weitestmöglich zu unterbinden. Zur Ermittlung einer möglichst optimalen Verfahrensausgestaltung sollen insbesondere auch Regelungsvarianten außerhalb des deutschen Rechtskreises näher betrachtet werden. Auf materiell-rechtliche Fragestellungen, die bereits Gegenstand zahlreicher Untersuchungen waren, wird bewußt nicht eingegangen werden bzw. nur insoweit es für die Begutachtung der Verfahrensregelungen unbedingt erforderlich ist.11 Klar ist, daß materiell-rechtliche Mängel von Informationsfreiheitsgesetzen – etwa die übermäßige Einschränkung des Geltungsbereichs oder die zu offene Formulierung von Geheimhaltungstatbeständen – nicht durch Verfahrensvorschriften aufgefangen werden können.12 Als internationaler Vergleichsmaßstab werden die Informationsfreiheitsgesetze Schwedens, der USA und der EU bzw. EG in die Untersuchung einbezogen. Die Auswahl der untersuchten Rechtsordnungen beruht sowohl auf deren internationaler Bedeutung wie auch auf deren Relevanz für die deutsche Rechtsordnung. Eine rechtsvergleichende Untersuchung von Informationsfreiheitsrechten ist nur schwerlich unter Außerachtlassung der schwedischen Tryckfrihetsförordning durchführbar, welche seit 1766 Einsicht in die Akten öffentlicher Stellen garantiert. Das schwedische Recht stellt den Verfasser allerdings vor das Dilemma, entweder die Rechtsvorschriften eines Landes darzustellen, ohne selbst der Sprache mächtig zu sein, oder die Rechtsvorschriften eines Landes auszulassen, das im Bereich der normierten und gelebten Aktenöffentlichkeit eine weltweite Vorreiterrolle einnimmt. Mit Blick auf den den konkreten Untersuchungsgegenstand und vor dem Hintergrund der verwertbaren Quellen erscheint das Sprachdefizit wesentlich akzeptabler. Für einen länderübergreifenden Vergleich unterschiedlicher Ausgestaltungsvarianten des Verwaltungsverfahrens bedarf es keiner Darstellung in der Tiefe eines

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Vgl. zu den materiell-rechtlichen Fragestellungen mit zahlreichen Nachweisen J. Masing, VVDStRL 63 (2003), 377 ff. Vgl. insbesondere auch S.W.H. Lodde, Informationsrechte; J. Angelov, Grundlagen; A. Scherzberg, Öffentlichkeit; D. Kugelmann, Rechtsstellung; B.W. Wegener, Staat. 12 So auch I. Österdahl, E.L.Rev. 23 (1998), 336 (347). Vgl. zum Mangel an rechtlicher Reichweite etwa I. Höffler, Akteneinsichtsrechte, S. 255 f.

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A. Einleitung

Gesetzeskommentars – welche ohne eine Lektüre der inländischen Rechtsprechung und Literatur wohl kaum möglich ist –, es ist also nicht erforderlich, die tatsächliche Wirkung jeder einzelnen Verfahrensregelung in allen denkbaren Fallgestaltungen erschöpfend darzustellen. Für den Vergleich ausreichend ist, die Ausgestaltung und Wirkung der einzelnen Verfahrensregelungen grundsätzlich aufzuzeigen. Das wird ermöglicht durch die umfangreich vorhandenen Übersetzungen schwedischer Gesetzestexte ins Englische und die verfügbare deutsch- und englischsprachige Literatur zu Schweden.13 Ebenfalls von herausragender Bedeutung ist der Freedom of Information Act der USA von 1966, der allgemein als Vorreiter der Informationsfreiheitsrechte in der Welt nach dem 2. Weltkrieg wahrgenommen wird und dessen praktische Wirksamkeit in den letzten Jahrzehnten durch mehrere Reformen beständig erhöht wurde.14 Schließlich erscheint eine Betrachtung der Verwaltungstransparenz in der EU bzw. EG sinnvoll, da das Gemeinschaftsrecht zum einen unmittelbar auf die deutsche Rechtsordnung einwirkt (z.B. Erlaß des UIG) und zum anderen eine indirekte ausstrahlende Wirkung auf die staatliche Aufgabenbewältigung in Deutschland entfaltet. So wächst mit fortschreitender Transparenz auf Gemeinschaftsebene der Rechtfertigungsdruck auf die deutschen öffentlichen Stellen,

ņņņņņņņņ 13 Alle für die vorliegende Untersuchung maßgeblichen Gesetzestexte stehen in englischer Übersetzung zur Verfügung. Diese wurden dem Verfasser auf Anfrage (kostenlos!) von der schwedischen Regierung in Kopie übersandt bzw. es wurden vorhandene Fundstellen im Internet mitgeteilt. Die Liste der bei der Regierung vorhandenen Übersetzungen (Swedish statutes in translation; Svenska författningar i översättning till främmande språk; Departementsserien [Ds.] 2001:7) findet sich auf der Homepage der schwedischen Regierung unter http://www.sweden.gov.se/sb/d/3288 (Stand: 15.7.2006). Während die englische Übersetzung der Tryckfrihetsförordning regelmäßig aktualisiert und im Internet bereitgestellt wird (vgl. die Homepage des schwedischen Reichstags unter http://www.riksdagen.se/templates/R_Page_i_i_i_6357.aspx [Stand: 15.7.2006]) stammt die Übersetzung des Sekretesslag aus dem Jahr 1986 und ist in Teilen veraltet. Die für die vorliegende Untersuchung maßgeblichen, also die das Verfahren betreffenden Gesetzesstellen haben jedoch nur unwesentliche Änderungen erfahren – fünf der acht Änderungen betrafen die Rechtsmittelzuständigkeiten des Kap. 15 § 7 SL –, welche durch die Mithilfe einer Schwedisch sprechenden Fachkollegin übersetzt werden konnten. Alle Übersetzungen aus dem Englischen sind solche des Verfassers. Ergänzend sei hingewiesen auf die deutsche Übersetzung von Kap. 2 TF im Anhang bei T. Askelöf/R. Fernemann-Heurgren, Akteneinsicht, S. 473 ff. (S. 500 ff.). 14 Mittlerweile verfügen alle U.S. Bundesstaaten über dem FOIA vergleichbare Regelungen. Eine exzellente Auflistung elektronischer Ressourcen des einzelstaatlichen Rechts findet sich auf der Homepage des Freedom of Information Center der University of Missouri School of Journalism, Columbia, unter http://foi.missouri.edu/citelist.html (Stand: 15.7.2006). Die nachfolgenden Übersetzungen des FOIA sind solche des Verfassers.

A. Einleitung

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warum zwar in Akten der Gemeinschaftsorgane Einsicht genommen werden darf, deutsche Behörden hingegen eine solche Einsicht verweigern. Die nachfolgende Abhandlung gliedert sich in drei Teile. In einem ersten Teil wird auf die Entstehungsgeschichte der untersuchten IFGs und den rechtlichen Rahmen, in den sie eingebettet sind, näher eingegangen. Dies ist erforderlich, um die vorhandenen Regelungen verstehen und um nachvollziehen zu können, warum in manchen Rechtsordnungen verschiedene Aspekte der Verfahrensausgestaltung nicht regelungsbedürftig sind. In einem zweiten Teil wird dargestellt, welche allgemeine Transparenzverpflichtungen den öffentlichen Stellen durch die IFGs auferlegt werden. Die Auferlegung aktiver Veröffentlichungsverpflichtungen – hierbei können insbesondere die noch recht neuen Möglichkeiten der modernen Informationstechnologie eine erhebliche Rolle spielen – dient nicht nur der Vermeidung individueller Zugangsverfahren, sondern vielmehr auch deren Förderung. Der dritte Teil bildet mit der Betrachtung des individuellen Zugangsverfahrens den Kern der Untersuchung. Zum Zwecke einer möglichst übersichtlichen Darstellung der landesspezifischen Verfahrensvorschriften werden die einzelnen Paragrafen bzw. Absätze der jeweiligen Informationsfreiheitsgesetze den verschiedenen Verfahrensstadien der Informationserlangung zugeordnet und dergestalt systematisiert dargestellt. Dieser deskriptive Teil des Rechtsvergleichs ist auf eine möglichst gesetzesnahe Darstellung der maßgeblichen Regelungen bedacht, d.h. tatsächlich praktizierte und diskutierte Interpretationen sowie weiterführende Hinweise finden sich vorwiegend in den Fußnoten. Der Vorteil dieser Darstellungsweise besteht in der klaren Abgrenzung zwischen der legislativen Normierung und der Interpretation bzw. der Handhabung durch die Rechtsanwendung, wodurch ein Lesen ohne stetige parallele Gesetzeslektüre ermöglicht wird. An den deskriptiven Teil der Rechtsvergleichung schließt sich für jedes Verfahrensstadium ein normativer an. In diesem werden die vorgefundenen Regelungen auf ihre Tauglichkeit hin untersucht, die praktische Wirksamkeit von Informationsfreiheitsrechten zu gewährleisten. Da der Fokus der vorliegenden Arbeit der deutsche Rechtskreis ist, wird neben der Bewertung möglicher Regelungsvarianten zudem analysiert werden, auf welche Weise zu empfehlende Regelungsvarianten unter Rückgriff auf vorhandene Strukturen in das deutsche Verwaltungsrecht integriert werden können.15 Im Rahmen der Analyse werden im übrigen auch die vorliegenden

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Soweit allgemeines Verwaltungsverfahrensrecht für die Untersuchung relevant ist, wird generell auf die Regelungen des VwVfG des Bundes zurückgegriffen werden, die den Vorschriften der VwVfGs der Länder weitgehend entsprechen; vgl. P. Stelkens/M. Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Einl. Rn. 60 ff., 79 ff. (ein guter Überblick über abweichende Landesregelungen findet sich jeweils am Ende der Kommentierung der einzelnen Paragraphen). Bedeutsame Abweichungen der VwVfGs der untersuchten Bundesländer werden dargestellt.

A. Einleitung

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Gesetzentwürfe für ein IFG des Bundes berücksichtigt (IFG-ProfE16, IFGNGOE17), welche im Hinblick auf zukünftige Gesetzesänderungen auch nach Erlaß des BIFG von Bedeutung sind. Augsgehend von den gefundenen Ergebnissen wird im Rahmen der abschließenden Betrachtung aufgezeigt werden, inwieweit die Verfahrensregelungen des BIFG verbessert werden können bzw. sollten.

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Beim IFG-ProfE handelt es sich um einen wissenschaftlich aufgearbeiteten Professorenentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz. 17 Der IFG-NGOE entstand im Auftrag nachfolgender nichtstaatlicher Organisationen (non-governmental organisations): netzwerk recherche e.V, Deutscher JournalistenVerband, Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union, Humanistische Union e.V. und Transparency International – Deutsches Chapter e.V.

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage Bevor die Verfahrensregelungen zur Informationszugangsfreiheit in den untersuchten Ländern im einzelnen dargestellt werden, soll zunächst ein Überblick über die geschichtliche Entwicklung und insbesondere den rechtlichen Rahmen gegeben werden, in den die Informationsfreiheitsgesetze eingebettet sind. Dies dient nicht nur dem besseren Verständnis bestehender Gesetzesvorschriften sondern vielmehr auch dem Verständnis für spezialgesetzliche Nichtregelungen einzelner Verfahrensaspekte.

I. Schwedische Tryckfrihetsförordning Schweden pflegt eine für den deutschen Betrachter auf den ersten Blick ungewöhnlich offene Verwaltungskultur. Darüber hinaus zeichnet sich Schweden durch die Institution des Ombudsmannes und ein administrativ geprägtes Verwaltungsrechtsschutzsystem aus. Im folgenden soll ein Überblick über die wichtigsten aktuellen und historischen Grundstrukturen gegeben werden, die zum Verständnis der (auch tatsächlich praktizierten) schwedischen Aktenöffentlichkeit erforderlich sind. Eine solche rechtswissenschaftliche Darstellung der geschichtlichen Entwicklung und der bestehenden Rechtslage in Schweden steht allerdings – bei Unkenntnis der schwedischen Sprache – vor der Herausforderung, mit einer insgesamt sehr überschaubaren Anzahl von deutsch- und englischsprachiger Literatur zum schwedischen Öffentlichen Recht auskommen zu müssen; insbesondere gibt es kaum aktuelle Literatur, die sich ausführlich und detailliert mit dem schwedischen Öffentlichkeitsgrundsatz beschäftigt.1 Der Anspruch auf Einsicht in offizielle Dokumente wird gewährleistet durch Kap. 2 Art. 1 Grundgesetz über die Pressefreiheit von 1949 (Tryckfrihetsfö-

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Vgl. die umfassende Darstellung bei E.V. Heyen, DÖV 2002, 689 ff. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf die umfangreichen und detaillierten Untersuchungen des schwedischen Öffentlichkeitsprinzips von H. Bergner, Grundrecht, und J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, hingewiesen, die jeweils auch Nachweise in die schwedische Literatur enthalten. Eine mit Beispielen versehene, allerdings schon etwas ältere Darstellung der tatsächlich gelebten Aktenöffentlichkeit findet sich bei G. Petrén, VerwArchiv 49 (1958), 323 ff.

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B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

rordningen2, TF). Dieser steht allen schwedischen Staatsbürgern zu3 und erstreckt sich mangels anderslautender einfachgesetzlicher Regelung zudem auf Staatsbürger anderer Nationalitäten4. Das Recht auf Akteneinsicht wird zum einen abgesichert durch den ebenfalls in der TF gewährleisteten Schutz von Personen, die Informationen an die Medien weitergeben (Kap. 1 Art. 1 Abs. 3 TF)5 und zum zweiten durch die grundsätzliche Verpflichtung – nicht etwa dem Recht – des Empfängers von Informationen, über die Identität eines Informationsgebers zu schweigen (Kap. 3 Art. 3 Abs. 1 TF).6 Der grundgesetzliche Schutz von Personen, die Informationen an die Medien weitergeben, ist eine schwedische Besonderheit, die den hohen demokratischen Wert behördlicher Informationen betont. Um dieser „Informantenfreiheit“ eine über die Aktenöffentlichkeit hinausgehende Bedeutung zu geben, wird sie dahingehend interpretiert, daß Angehörige der öffentlichen Verwaltung Informationen – allerdings nicht die geheimhaltungsbedürftigen Akten selbst – insbesondere auch aus „geheimen“ Amtsakten grundsätzlich der Presse übermitteln dürfen, wenn die Informationen zur Veröffentlichung bestimmt sind!7 Der hohe Stellenwert, den die Aktenöffentlichkeit in der schwedischen Rechts- und Gesellschaftsordnung einnimmt, ist auf deren mit der Meinungsfreiheit verbundene verfassungsrechtliche Absicherung zurückzuführen.8 Die schwedische Verfassung von 1974 (Regeringsformen9, RF) garantiert vor allen anderen Grundrechten das die Demokratie prägende Grundrecht auf Meinungsfreiheit10 sowie das Grundrecht auf Informationsfreiheit11. Die auf die Mei-

ņņņņņņņņ 2 SFS 1949:105, zuletzt geändert durch SFS 2002:1049. Tryckfrihetsförordning bedeutet in wörtlicher Übersetzung „Druckfreiheitsverordnung“. Die nachfolgend verwendete Zitierung schwedischer Gesetze entspricht der in Schweden üblichen Zitierweise. Der schwedischen Zitierweise liegt zugrunde, daß alle schwedischen Gesetze in der seit 1825 erscheinenden Svensk författningssamling (SFS) chronologisch numeriert veröffentlicht werden. Die Gesetzeszitierung „SFS :“ ermöglicht daher eine eindeutige Identifikation des Gesetzes und des Zeitpunkt seines Erlasses. Ein jährlich erscheinender Index (Register över gällande SFS-författningar) gibt zudem Aufschluß über alle derzeit geltenden Gesetze samt deren Änderungen. Vgl. H.-H. Vogel, Sources, S. 48 ff. (S. 49 f.). 3 Kap. 2 Art. 1 TF. 4 Kap. 14 Art. 5 Abs. 2 TF. Vgl. auch H. Bergner, Grundrecht, S. 24. 5 Der Schutz erstreckt sich sogar auf die Angehörigen der öffentlichen Verwaltung; vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 34. 6 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 34. Vgl. auch E. Holmberg/N. Stjernquist, Introduction, S. 60. 7 Vgl. I. Österdahl, E.L.Rev. 23 (1998), 336 (345); C. Haellmigk, Schweden, S. 38 f. 8 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 35. 9 SFS 1974:152, zuletzt geändert durch SFS 2003:593. 10 Kap. 2 Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 RF.

I. Schwedische Tryckfrihetsförordning

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nungsfreiheit Bezug nehmende Formulierung von Kap. 2 Art. 1 TF, der den Grundsatz der Aktenöffentlichkeit enthält, verdeutlicht, daß das Recht auf Zugang zu offiziellen Dokumenten als Teil der Informationsfreiheit im engen und unmittelbaren Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit steht.12 Dies ist unter anderem ein Grund dafür, warum im schwedischen Recht nicht nur die Aktenöffentlichkeit die Regel und die Geheimhaltung die Ausnahme ist, sondern weshalb das öffentliche Interesse an der Offenbarung grundsätzlich das private Interesse an individuellem Schutz der Privatsphäre überwiegt.13 Diese grundsätzliche verfassungsrechtliche Wertentscheidung bereitete dem schwedischen Gesetzgeber etwa bei der Umsetzung der EG-Datenschutzrichtlinie erhebliche Schwierigkeiten.14 Natürlich gilt der Grundsatz der Aktenöffentlichkeit auch in Schweden nicht unbeschränkt. Die TF enthält in Kap. 2 Art. 2 Abs. 1 eine Auflistung von sieben Interessen, deren Schutz eine Zugangsbeschränkung rechtfertigen „kann“. Nach Abs. 2 S. 1 TF obliegt die Ausgestaltung der Geheimhaltungstatbestände im einzelnen dem Gesetzgeber. Die Geheimhaltungsvorschriften finden sich überwiegend im schwedischen Geheimhaltungsgesetz (Sekretesslagen15, SL), das in mittlerweile etwa 160 komplexen Normen umfangreiche Regelungen zur Geheimhaltung vorsieht.16 Kennzeichnend für die schwedischen Geheimhaltungsvorschriften ist, daß diese nur in wenigen Fällen zwingend formuliert sind, diese vielmehr in der Regel eine widerlegliche Vermutung für Öffentlichkeit oder eine widerlegliche Vermutung für Geheimhaltung normieren.17 Ob ein Dokument für die Öffentlichkeit zugänglich ist, muß im schwedischen Recht bei jedem Antrag auf Zugang erneut entschieden werden (sog. „test of harm“)18, eine vormalige Zugangsverweigerung ist nicht bindend.19 Die offene Verwaltungskultur Schwedens hat ihre Wurzeln im 18. Jahrhundert. Ursprung und Entwicklung sollen im folgenden in Grundzügen und unter

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Kap. 2 Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 RF. Die Befugnis zur Akteneinsicht dient gemäß Kap. 2 Art. 1 TF „der Förderung eines freien Meinungsaustausches“. 13 Vgl. I. Österdahl, E.L.Rev. 23 (1998), 336 (337 f.); C. Haellmigk, Schweden, S. 35. 14 Dazu C. Haellmigk, Schweden, S. 159 ff., 163 ff. 15 SFS 1980:100, zuletzt geändert durch SFS 2005:183. 16 Darüber hinaus enthält Kap. 15 SL einen Großteil der einfachgesetzlichen Verfahrensbestimmungen zur Akteneinsicht. 17 Vgl. E. Schwan, Amtsgeheimnis, S. 124; G. Petrén, Access, S. 35 ff. (S. 43); C. Haellmigk, Schweden, S. 37 f. 18 Vgl. dazu I. Österdahl, E.L.Rev. 23 (1998), 336 (343). 19 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 38. 12

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

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Beschränkung auf den verfassungsrechtlichen Aspekt dargestellt werden.20 Zu beachten ist dabei, daß das schwedische Verfassungsrecht21 aus insgesamt vier Grundgesetzen gebildet wird. Neben der Verfassung im engeren Sinn (Regeringsformen22, RF) gehören auch die Sukzessionsordnung (Successionsordningen23, SO), das Grundgesetz über die Pressefreiheit (Tryckfrihetsförordningen24, TF) und das Grundgesetz über die Freiheit der Meinungsäußerung (Yttrandefrihetsgrundlagen25, YGL) zu den schwedischen Verfassungsdokumenten.26 SO, TF und YGL besitzen dieselbe konstitutionelle Wertigkeit wie die RF. Dennoch ist die RF den anderen Grundgesetzen insoweit übergeordnet, als sie diesen ihren Status verleiht27 und das qualifizierte Verfahren ihrer Änderung regelt28. Seit dem 16. Jahrhundert zeichnete sich Schweden durch ein zumeist unblutiges Ringen von Vertretern des Absolutismus und Anhängern der Idee einer Gewaltenteilung aus.29 Mit dem Tode von König Karl XII. in 1718 löste eine Periode des Parlamentarismus (die sogenannte „Ära der Freiheit“) den bis dahin vorherrschenden Absolutismus ab.30 Es bildeten sich in Folge zwei Partei-

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Vgl. zur allgemeinen Geschichte des Königreichs Schweden, welche durch mehrere unblutige Umwälzungen in der Staatsorganisation gekennzeichnet ist, I. Andersson, Introduction, S. 65 ff.; S. Strömholm, Introduction, S. 21 ff. (S. 21 ff.); ders., Features, S. 31 ff. (S. 31 ff.). 21 Vgl. zum schwedischen Verfassungsrecht E. Holmberg/N. Stjernquist, Introduction, S. 9 ff.; U. Bernitz, Report, S. 389 ff. Vgl. auch F. Lagerroth, Verfassungsgeschichte, S. 7 ff.; O. Nyman, Features, S. 21 ff. (S. 47 ff.). Einen ersten Überblick über Geschichte, Rechtsquellen und Staatsorganisation gibt G. Ring/L. Olsen-Ring, Einführung. 22 SFS 1974:152, zuletzt geändert durch SFS 2003:593. Diese enthält einen Grundrechtskatalog sowie staatsorganisationsrechtliche Regelungen. 23 SFS 1810:0926, zuletzt geändert durch SFS 1979:935. 24 SFS 1949:105, zuletzt geändert durch SFS 2002:1049. Die Gesetzesbezeichnung „Tryckfrihetsförordning“ wurde im Rahmen der Reform von 1949 aus traditionellen Gründen beibehalten, obwohl als „förordning“ heute Rechtssätze von zumeist geringerer Bedeutung bezeichnet werden, die vom König, d.h. der Regierung erlassen werden, die allerdings nicht als Rechtsgrundlage eines Reichstagsgesetzes bedürfen; vgl. J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 63 f. 25 SFS 1991:1469, zuletzt geändert durch SFS 2002:909. 26 Vgl. J. Nergelius, Constitutional Law, S. 65 ff. (S. 65); C. Haellmigk, Schweden, S. 2. 27 Kap. 1 Art. 3 RF. 28 Kap. 8 Art. 15 u. 17 RF. 29 Vgl. E. Holmberg/N. Stjernquist, Introduction, S. 11 f. 30 Vgl. H. Bergner, Grundrecht, S. 12 f.; E. Holmberg/N. Stjernquist, Introduction, S. 12; G. Ring/L. Olsen-Ring, Einführung, Rn. 69.

I. Schwedische Tryckfrihetsförordning

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en, genannt „die Hüte“ und „die Mützen“.31 Der Einführung der Tryckfrihetsförordning ging ein Machtwechsel von den Hüten zu den Mützen in 1765 voraus, welche sich nach der Machtübernahme einer unwilligen, mit Anhängern der Gegenpartei durchsetzten Beamtenschaft gegenübersahen und zudem befürchteten, daß sie die erforderliche Mehrheit im Reichstag nicht lange würden halten können.32 Mit der Einführung der Pressefreiheit erstrebten sie eine Verbesserung ihrer zukünftigen Oppositionsrolle.33 Durch die Gewinnung der Zustimmung aller vier Stände des Reichstags (Adel, Klerus, Bürger und Bauern) und das Überzeugen des Königs, die Tryckfrihetsförordning als „unverrückbares Grundgesetz“ zu verkünden, erreichten die Mützen zudem eine verfassungsrechtliche Absicherung der Pressefreiheit.34 So kam es dazu, daß schon im Jahre 1766 die erste schwedische Tryckfrihetsförordning erlassen wurde, die den allgemeinen Zugang zu Dokumenten der Verwaltung verfassungsrechtlich garantierte.35 Die Phase des Parlamentarismus – und damit auch die Geltung des Grundsatzes der Aktenöffentlichkeit36 – fand schon kurze Zeit später ihr Ende unter der durch zwei Staatsstreiche (1772 und 1789) begründeten erneuten absolutistischen Herrschaft von König Gustaf III., die ihrerseits durch einen weiteren Staatsstreich in 1809 abrupt beendet wurde.37 Die daraufhin eingeführte Verfassung von 1809 (Regeringsformen), welche auf eine bewußt ausgeglichene Machtverteilung zwischen Reichstag und König bedacht war, wurde im Kern erst im Rahmen der Verfassungsreform von 1974 abgelöst.38 In 1810 und 1812 wurden die Rechte der Bürger zudem durch die Wiedereinführung des den Grundsatz der Aktenöffentlichkeit beinhaltenden Grundgesetzes über die Pressefreiheit (Tryckfrihetsförordningen) ergänzt, das bis zur Reform von 1949 nahezu unverändert galt.39 Angestoßen durch die Erfahrungen im zweiten Weltkrieg wurde die Tryckfrihetsförordning mit der Neufassung von 1949 in eine neue, übersichtliche und den Zeiterfordernissen entsprechende Form gebracht, wobei die Grundkonzeption jedoch unverändert blieb.40 Die Gesetzesbezeichnung „Tryckfrihetsförordning“ wurde aus traditionellen Gründen beibehalten, obwohl als „förordning“ heute Rechtssätze von zumeist geringerer Be-

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Vgl. E. Holmberg/N. Stjernquist, Introduction, S. 12. Vgl. J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 57. 33 Vgl. J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 57. 34 Vgl. H. Bergner, Grundrecht, S. 13; J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 57. 35 Vgl. E. Holmberg/N. Stjernquist, Introduction, S. 12, 22, 56. 36 Vgl. H. Bergner, Grundrecht, S. 13 f. 37 Vgl. E. Holmberg/N. Stjernquist, Introduction, S. 13. 38 Vgl. E. Holmberg/N. Stjernquist, Introduction, S. 13 f. 39 Vgl. J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 59; E. Holmberg/N. Stjernquist, Introduction, S. 13 f., 22, 56. 40 Vgl. H. Bergner, Grundrecht, S. 15 ff.; J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 61 ff. 32

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

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deutung bezeichnet werden, die vom König, d.h. der Regierung, erlassen werden, die allerdings nicht eines Reichstagsgesetzes als Rechtsgrundlage bedürfen.41 Die letzte große Verfassungsreform fand in 197442 statt. Die seit dem 1. Januar 1975 geltende schwedische Verfassung löste die Verfassung von 1809 ab, die bis zu diesem Zeitpunkt die älteste noch geltende Verfassung Europas war und weltweit dem Alter nach nur von der Verfassung der Vereinigten Staaten übertroffen wurde.43 Da Schweden schon seit den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts faktisch bewußt gegen den Wortlaut vieler Bestimmungen der Verfassung regiert worden war, erschöpfte sich die Verfassungsreform weitgehend in der nachträglichen Kodifizierung der gelebten Verfassungspraxis.44 Die Verfassungsreform ließ die TF von 1949 im wesentlichen unverändert.45 Das schwedische Geheimhaltungsgesetz (Sekretesslagen46, SL) ist auch in seiner Erstfassung eine Schöpfung des 20. Jahrhunderts. Die sich insbesondere Anfang des 20. Jahrhunderts auf immer mehr Lebensbereiche ausdehnende öffentliche Verwaltung erforderte zunehmend weitere Geheimhaltungsgründe, für deren Normierung bis dahin jeweils Grundgesetzänderungen erforderlich waren.47 Aufgrund der Beschwerlichkeit dieses Verfahrens half sich die Verwaltung vielfach mit einer gesetzeswidrigen Geheimhaltungspraxis, die von den Aufsichtsbehörden toleriert wurde.48 In 1937 erfolgte eine Trennung der grundsätzlichen Regeln über das Einsichtsrecht, die nach wie vor Bestandteil der Tryckfrihetsförordning blieben, von den zahlreich gewordenen Ausnahmebestimmungen, die in einem einfachen Gesetz, dem Sekretesslag, zusammengefaßt wurden; gleichzeitig wurde in der TF ein entsprechender Gesetzesvorbehalt eingefügt.49 Das Sekretesslag wurde 1980 neugefaßt50 und unterlag in den letzten Jahrzehnten umfangreichen Änderungen und Ergänzungen51. Die Verfassungsreform von 1809 zeichnete sich neben einer ausgewogenen Verteilung der Staatsgewalt durch eine weitere Errungenschaft aus, sie sah die

ņņņņņņņņ 41

Vgl. J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 63 f. SFS 1974:152. 43 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 16. 44 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 16. Vgl. zu Einzelheiten der Verfassungsreform E. Holmberg/N. Stjernquist, Introduction, S. 15 f. 45 Vgl. E. Holmberg/N. Stjernquist, Introduction, S. 27. 46 SFS 1980:100, zuletzt geändert durch SFS 2005:183. 47 Vgl. J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 81. 48 Vgl. J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 81. 49 Vgl. J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 81. 50 SFS 1980:100. 51 Die Änderung durch Gesetz SFS 2005:183 war die 311te seit seinem Inkrafttreten. 42

I. Schwedische Tryckfrihetsförordning

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Einsetzung eines parlamentarischen Ombudsmannes (Justitieombudsman52) vor.53 Genauer gesagt, war die Schaffung eines vom Parlament eingesetzten Ombudsmannes Bestandteil der ausgewogenen Machtverteilung zwischen Reichstag und König. Die Ausgestaltung des Amtes orientierte sich am königlichen Justizkanzler als institutionellem Vorbild.54 Aufgabe des parlamentarischen Ombudsmannes war die Überwachung der gesetzesanwendenden Stellen zur Sicherung der Rechte der Bürger.55 Damit oblag ihm im Kern dieselbe Aufgabe wie dem Justizkanzler, der diese jedoch als ein von der Exekutive ernannter Beamter im Namen des Königs ausübte.56 Bis 1915 gab es nur einen parlamentarischen Ombudsmann. In 1915 wurde speziell zur Überwachung des Militärs ein zweiter eingesetzt.57 Im Jahre 1968 wurden die beiden bisherigen Ombudsmänner institutionell zusammengeführt und um einen dritten ergänzt.58 Schließlich wurde 1976 im Rahmen einer weiteren Reorganisation die Anzahl der Ombudsmänner auf vier erhöht.59 Die Aufgaben der heutigen parlamentarischen Ombudsmänner sind grundsätzlich die gleichen wie in 1809, weshalb es im Rahmen der Verfassungsreform von 1974 keiner wesentlichen Änderung der Regelungen über den Ombudsman bedurfte.60 Insbesondere dem deutschen Juristen, für den eine völlige Unabhängigkeit der richterlichen Gewalt fast selbstverständlich ist, mag es befremdlich erscheinen, daß in Schweden auch die Gerichte als gesetzesanwendende Stellen der Überwachung des parlamentarischen Ombudsmanns unterliegen.61 Dies erklärt sich historisch damit, daß der König nicht nur die höchste Verwaltungsautorität war, sondern auch die höchste richterliche Gewalt ausübte; bis zur Verfas-

ņņņņņņņņ 52 Dies ist der historische, indes auch noch heute gebräuchliche Begriff für einen parlamentarischen Ombudsmann. Die Verfassung selbst verwendet allerdings etwa in Kap. 12 Art. 8 RF die Terminologie riksdagens ombudsman. 53 Vgl. zur Geschichte ausführlich W. Haller, Justitieombudsman, S. 81 ff. Vgl. allgemein zur Institution des Ombudsmannes im skandinavischen Rechtskreis E. Wild, Ombudsman; J. Hansen, Institution; P. Kastari, JöR 21 (1972), 219 ff. 54 Vgl. J. Hansen, Institution, S. 2 f. 55 Vgl. die Homepage der Riksdagens Ombudsmän, http://www.jo.se (Stand: 15.7.2006), unter General Information, History. 56 Vgl. W. Haller, Justitieombudsman, S. 85. 57 Vgl. W. Haller, Justitieombudsman, S. 94 ff.; B. Wieslander, Ombudsman, S. 16. 58 Vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 17. 59 Vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 17. 60 Vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 23. 61 Die Erstreckung der Aufsichtskompetenz über die Verwaltung hinaus auf die Gerichtsbarkeit ergibt sich schon aus Kap. 12 Art. 6 Abs. 2 RF (einfachgesetzlich des weiteren aus Art. 3 JOI). Vgl. auch J. Hansen, Institution, S. 12.

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

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sungsreform von 1974 sprachen die Gerichte Recht „im Namen des Königs“.62 Mit der zunehmenden funktionalen Verselbständigung der Gerichte – dazu sogleich – ging jedoch eine (Selbst-)Beschränkung der Kontrolle durch die parlamentarischen Ombudsmänner einher. Heute beschränkt sich die Kontrolle in der Regel auf die Einhaltung von verfahrensrechtlichen Vorschriften und einer angemessenen Verfahrensdauer.63 Wenn auch die Aufgabe des parlamentarischen Ombudsmannes seit Anfang des 19. Jahrhunderts weitgehend gleich geblieben ist, so hat sich doch der Schwerpunkt der von ihm in Anspruch genommenen Befugnisse insbesondere im Laufe des 20. Jahrhunderts gewandelt. Dem parlamentarischen Ombudsmann kam anfangs insbesondere die Funktion einer Strafverfolgungsbehörde zu.64 Noch heute hat dieser sowohl die Aufgabe als auch eine eigene Befugnis, Rechtsverstöße der gesetzesanwendenden Stellen zur Anklage zur bringen.65 Die Möglichkeit der strafrechtlichen Anklage von Richtern des Obersten Gerichtshofs oder des Obersten Verwaltungsgerichts steht neben dem Justizkanzler sogar ausschließlich dem parlamentarischen Ombudsmann zu.66 Zum Verständnis dieser Funktion sei darauf hingewiesen, daß sich die schwedische Verwaltung schon seit Anfang des 17. Jahrhunderts durch ein hohes Maß an Unabhängigkeit auszeichnet.67 Die Unabhängigkeit von Verwaltungsbeamten kommt der von Richtern gleich.68 Zudem ist die schwedische Verwaltung grundsätzlich nicht hierarchisch organisiert; ein Weisungsrecht höherer Verwaltungsbehörden besteht nur in sehr beschränktem Maße.69 Um dem Mißbrauch ihrer unabhängigen Stellung vorzubeugen, sah und sieht das schwedische Strafgesetzbuch den Straftatbestand des Amtsmißbrauchs vor, unter den auch nicht-vorsätzliche, geringfügige Amtsverfehlungen (wie etwa eine unberechtigt verweigerte Akteneinsicht70) subsumiert werden können, wobei bei

ņņņņņņņņ 62

Vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 34. Vgl. auch C. Haellmigk, Schweden, S. 29. Vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 35; C. Eklundh, Ombudsman System, S. 423 ff. (S. 425). 64 Vgl. J. Hansen, Institution, S. 108. 65 Kap. 12 Art. 6 Abs. 1 S. 2 RF i.V.m. Art. 6 ff. JOI. 66 Kap. 12 Art. 8 RF. 67 Vgl. W. Haller, Justitieombudsman, S. 46 f. 68 Vgl. W. Haller, Justitieombudsman, S. 46 f. 69 Vgl. W. Haller, Justitieombudsman, S. 47. So handeln etwa die Ministerien nicht als Einheiten der Zentralverwaltung; vgl. G. Ring/L. Olsen-Ring, Einführung, Rn. 113. Vgl. auch H. Ragnemalm, Administrative Justice, S. 53 ff. 70 Dies führte nach der Tryckfrihetsförordning von 1766 sogar zum Verlust des Amtes; vgl. H. Bergner, Grundrecht, S. 13. 63

I. Schwedische Tryckfrihetsförordning

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geringfügigen Verstößen von Strafe abgesehen werden kann.71 Heute machen die parlamentarischen Ombudsmänner von ihrem Strafverfolgungsrecht kaum mehr Gebrauch; die keine Rechtswirkung entfaltende Beanstandung ist mittlerweile zur am meisten gebrauchten Sanktion geworden.72 Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, daß die Beanstandungen der parlamentarischen Ombudsmänner, die allgemein hohes Ansehen genießen, mittels der modernen Massenmedien erheblichen politischen Druck erzeugen können.73 Schließlich erfordert das Verständnis der mit der schwedischen Aktenöffentlichkeit verbundenen Verfahrensregelungen einen groben Überblick über das Verwaltungsverfahren und die (Verwaltungs-)Gerichtsbarkeit. Tendenziell ist die Rolle der schwedischen Gerichtsbarkeit eher schwach. In Schweden wurde eine über die reine Rechtsanwendung hinausgehende, rechtsfortbildende Tätigkeit der Gerichte lange Zeit als eine Gefährdung der Grundlagen des Staates angesehen und daher als suspekt empfunden.74 Zudem befürchtete man, eine zu große Unabhängigkeit der Gerichte könnte ein starkes Regieren des Wohlfahrtsstaates verhindern.75 Diese Skepsis kann auf das vom Primat der Politik beherrschte, speziell schwedische Demokratieverständnis zurückgeführt werden.76 Verwaltungshandeln wird als Resultat des politischen Willens des Volkssouveräns gewertet, weshalb die Entscheidung von Streitfällen auch der Politik selbst obliegen soll.77 Die schwache Rolle der schwedischen Gerichtsbarkeit wird gestützt durch das Selbstverständnis der Richterschaft, das von einer auf die Regierung fixierten Tradition geprägt ist. So ist etwa die Begründung von Gesetzesvorlagen der Regierung, welche in Schweden in der Regel ohne wesentliche Änderungen Gesetz werden78, anerkanntermaßen das maßgebliche Kriterium bei der Auslegung der Gesetze.79 Eine Verknüpfung tatsächlicher Art zwischen Gerichten und Regierung besteht auch dadurch, daß jünge-

ņņņņņņņņ 71 Kap. 20 Art. 1 Strafflagen, SFS 1962:700, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2005:242. Vgl. W. Haller, Justitieombudsman, S. 47 ff. Ein Überblick zum schwedischen Strafrecht findet sich bei S. Wennberg, Criminal Law, S. 155 ff. 72 Vgl. die Homepage der Riksdagens Ombudsmän, http://www.jo.se (Stand: 15.7.2006), unter General Information, Powers and Sanctions. Vgl. auch H. Bergner, Grundrecht, S. 108 f. 73 Siehe dazu D.VIII.1. 74 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 5 m.w.N. 75 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 5 m.w.N. 76 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 6. 77 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 6. 78 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 17. 79 Vgl. zu den historischen Gründen dieses richterlichen Selbstverständnisses C. Haellmigk, Schweden, S. 23 f. Vgl. auch E.V. Heyen, Kultur, S. 26 ff.; H.-H. Vogel, Sources, S. 48 ff. (S. 57).

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

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re Richter gewöhnlich für mehrere Jahre in den mit den Entwürfen von Gesetzesvorlagen befaßten Abteilungen der Ministerien arbeiten.80 Die ordentliche schwedische Gerichtsbarkeit besteht aus 94 Amtsgerichten (tingsrätt), sechs Hofgerichten (hovrätt) und dem Obersten Gerichtshof (Högsta Domstolen).81 Die Verwaltungsgerichtsbarkeit besteht aus 24 Verwaltungsgerichten (länsrätt), vier Kammergerichten (kammarrätt) und dem Obersten Verwaltungsgericht (Regeringsrätten).82 Schweden ist geprägt von einem System des administrativen Rechtsschutzes.83 Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, daß lange Zeit sowohl die höchste verwaltende als auch die höchste rechtsprechende Macht beim König angesiedelt war.84 Die Gründung des Obersten Verwaltungsgerichts im Jahre 1909 verfolgte weniger das Ziel einer Verselbständigung der Verwaltungsrechtsprechung, sondern beabsichtigte eine Entlastung der Regierung, indem bestimmte Verfahren zur Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen, über die bislang die Regierung zu entscheiden hatte, dem neu geschaffenen Verwaltungsgericht enumerativ übertragen wurden.85 Das Oberste Verwaltungsgericht verfügte daher auch nicht über eine eigene Geschäftsstelle, sondern nutzte statt dessen die Ministerialverwaltung.86 In den nachfolgenden Jahrzehnten wurden dem Obersten Verwaltungsgericht seitens der Regierung zunehmend Beschwerden mit hauptsächlich rechtlichem Charakter übertragen.87 Erst durch die Reform von Verwaltungsverfahren und Verwaltungsgerichtsverfahren im Jahre 197188 bekam das Oberste Verwaltungsgericht einen von der Regierung losgelösten, eigenständigen Status, wurden die unterinstanzliche Verwaltungs-

ņņņņņņņņ 80

Vgl. S. Strömholm, Introduction, S. 21 ff. (S. 37). Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 18. 82 Vgl. H. Ragnemalm, Administrative Justice, S. 50 ff.; C. Haellmigk, Schweden, S. 19. 83 Vgl. G. Hahn, VerwArchiv 64 (1973), 335 (337 ff.); C. Haellmigk, Schweden, S. 29. Vgl. auch R. Hofmann, Landesbericht, S. 105 ff. 84 Vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 34; C. Haellmigk, Schweden, S. 29. 85 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 29. Vgl. weiter S. Jägerskiöld, Administrative Law, S. 79 ff. (S. 86 ff.). 86 Vgl. G. Hahn, VerwArchiv 64 (1973), 335 (338). 87 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 29. 88 Durch verschiedene Reformgesetze wurden in 1971 sowohl Verwaltungsverfahren als auch Verwaltungsgerichtsverfahren umfassend neu ausgestaltet, insbesondere durch Einführung eines Verwaltungsverfahrensgesetzes (Förvaltningslag, SFS 1971:290) und eines Verwaltungsprozeßgesetzes (Förvaltningsprocesslag, SFS 1971:291). Vgl. zu diesen Reformen die umfassenden Darstellungen von M.D. Forstmann, VerwArchiv 62 (1971), 313 ff. und VerwArchiv 63 (1972), 10 ff.; G. Hahn, VerwArchiv 64 (1973), 260 ff.; ders., VerwArchiv 64 (1973), 335 ff. Vgl. auch H. Ragnemalm, Adminstrative Justice, S. 153 ff. 81

I. Schwedische Tryckfrihetsförordning

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gerichte geschaffen und die Kammergerichte als Mittelinstanz ausgebaut.89 Das Kammergericht, das in seinen Ursprüngen bis ins 17. Jahrhundert zurückgeht, war bis zur Reform von 1971 als erste verwaltungsgerichtliche Instanz überwiegend für Finanzsachen zuständig.90 Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte war jedoch nach wie vor nicht sehr umfassend.91 Bezeichnenderweise sah der ursprüngliche Gesetzesentwurf zur Reform des Verwaltungsrechts entsprechend der schwedische Rechtstradition die Behandlung von Verwaltungsverfahren und Verwaltungsgerichtsverfahren als Einheit vor.92 Schließlich entschied man sich jedoch für eine Regelung der Materie in verschiedenen Gesetzen.93 Das Verwaltungsverfahrensgesetz (Förvaltningslag94, FL) kodifizierte einige bewährte, vom Blickpunkt der Rechtssicherheit wesentliche Regelungen für das behördliche Verwaltungsverfahren, welche bis zu diesem Zeitpunkt weitgehend auf ungeschriebenem Recht und Verwaltungsübung beruht hatten, und entwickelte diese in behutsamer Weise weiter.95 Das Verwaltungsprozeßgesetz (Förvaltningsprocesslag96, FPL) zeichnete sich dadurch aus, daß es die Verwaltungsgerichte als gerichtliche Instanzen stärker profilierte, ihre grundsätzlich exekutive Natur jedoch unberührt ließ.97 Den Verwaltungsgerichten wies es eine doppelte Aufgabenstellung zu: neben ihrer kontrollierenden, rechtsprechenden Funktion hatten (und haben) sie die Aufgabe, als umfassend kompetente Verwaltungsbehörde eine angefochtene behördliche Entscheidung gegebenenfalls zu ändern oder zu ersetzen.98 Die überkommene grundsätzlichen Verfahrensausgestaltung änderte das FPL nicht.99 Verwaltungsverfahren und Verwaltungsgerichtsverfahren blieben also im wesentlichen gleich und weisen noch heute auffallende Parallelitäten auf. Zu bedeutenden Änderungen der verwaltungsgerichtlichen Verfahrensgestaltung kam es erst Mitte der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Durch Einfügung des Art. 7a FPL im Jahre 1995 wurde das Verfahren vor den Verwal-

ņņņņņņņņ 89 Vgl. S. Jägerskiöld, Administrative Law, S. 79 ff. (S. 92 ff.); C. Haellmigk, Schweden, S. 29. 90 Vgl. G. Hahn, VerwArchiv 64 (1973), 335 (339). 91 Vgl. R. Lavin, Administrative Law, S. 89 ff. (S. 97 f.). 92 Vgl. G. Hahn, VerwArchiv 64 (1973), 260 (261). 93 Vgl. G. Hahn, VerwArchiv 64 (1973), 260 (262). 94 SFS 1971:290. Mittlerweile wurde das FL neugefaßt, SFS 1986:223, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2003:1213. 95 Vgl. G. Hahn, VerwArchiv 64 (1973), 260 (260, 277). 96 SFS 1971:291, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2001:27. 97 Vgl. G. Hahn, VerwArchiv 64 (1973), 335 (375 f.). 98 Vgl. G. Hahn, VerwArchiv 64 (1973), 335 (358, 376). 99 Vgl. G. Hahn, VerwArchiv 64 (1973), 335 (358 ff., 376).

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B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

tungsgerichten kontradiktorisch ausgestaltet; bis zu diesem Zeitpunkt war die handelnde Verwaltungsbehörde nicht am Prozeß beteiligt, die Verwaltungsgerichte repräsentierten in ihrer Entscheidung sowohl die judikative als auch die exekutive Gewalt.100 Weitere Impulse gingen von der EMRK aus. Die seit 1995 in Schweden als einfaches Gesetz geltende EMRK bewirkt sukzessive eine Lösung der Verwaltungsgerichtsbarkeit von der Administrative.101 So wurde unter dem Druck von Art. 6 EMRK das schwedische Verwaltungsverfahrensgesetz in 1998 um eine gerichtswegeröffnende Generalklausel (Art. 22a FL) ergänzt, die einen enormen Bedeutungszuwachs der Verwaltungsgerichtsbarkeit bewirkt hat.102 Allerdings besteht für manche Verwaltungsentscheidungen nach wie vor nur die Möglichkeit eines verwaltungsinternen Rechtsbehelfs, über den in letzter Instanz die Regierung entscheidet.103 Des weiteren ordnet das schwedische Verwaltungsgerichtsgesetz grundsätzlich die Schriftlichkeit des Verfahrens an und eröffnet die Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung nur in Ausnahmefällen.104 Unter dem Einfluß von Art. 6 EMRK machen die schwedischen Verwaltungsgerichte jedoch zunehmend von der prinzipiell eingeräumten Möglichkeit der mündlichen Verhandlung Gebrauch.105 Abschließend ist noch kurz auf die Auswirkungen des EU-Beitritts auf das schwedische System der Aktenöffentlichkeit einzugehen. Mit Wirkung zum 1.1.1995 wurde Schweden Mitglied der EU und damit auch zu einem Mitgliedstaat der drei Gemeinschaften EG, EAG und EGKS.106 In den Beitrittsverhandlungen bereitete die schwedische Vorstellung von Verwaltungsöffentlichkeit besondere Schwierigkeiten und wurde letztlich Gegenstand einer einseitigen, der Beitrittsakte beigefügten Erklärung Schwedens, nach der der Zugang zu

ņņņņņņņņ 100 Gemäß Art. 7a FPL, wird die erstinstanzlich entscheidende Behörde nunmehr nach Übersendung des gesamten Vorgangs an das Gericht zur gegnerischen Prozeßpartei. Vgl. R. Lavin, Administrative Law, S. 89 ff. (S. 99 f.). 101 Schweden ist der EMRK mit Wirkung zum 3.9.1953 (Unterzeichnung am 28.11.1950; Ratifizierung am 4.2.1952) beigetreten. Durch das Lag om den europeiska konventionen angående skydd för de mänskliga rättigheterna och de grundläggande friheterna, SFS 1994:1219, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2003:474, gilt die EMRK seit 1995 als einfaches Recht. Des weiteren wurde durch Gesetz SFS 1994:1468 in die RF eine neue Bestimmung eingefügt (Kap. 2 Art. 23 RF), nach der keine Gesetze erlassen werden dürfen, die im Widerspruch mit der EMRK stehen. Dazu ausführlich U. Bernitz, Report, S. 389 ff. (S. 423 ff.). 102 Art. 22a FL. Vgl. R. Lavin, Administrative Law, S. 89 ff. (S. 96 f.). Art. 22a FL wurde eingefügt durch Gesetz SFS 1998:386. 103 Vgl. R. Lavin, Administrative Law, S. 89 ff. (S. 95 ff.). 104 Art. 9 FPL. 105 Vgl. R. Lavin, Administrative Law, S. 89 ff. (S. 106). 106 Vgl. zur Annäherung an und zum Beitritt Schwedens zur EG bzw. EU die detaillierten Ausführungen bei C. Haellmigk, Schweden, S. 43 ff.

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offiziellen Dokumenten und der Schutz von Personen, die Informationen an die Medien weitergeben, fundamentale Grundsätze Schwedens seien und auch blieben.107 Auch Finnland und Norwegen gaben entsprechende Transparenzerklärungen ab, erklärten jedoch im Gegensatz zu Schweden ausdrücklich, den Grundsatz der Aktenöffentlichkeit nur „in Einklang mit ihren Rechten und Pflichten als Mitglied der Europäischen Union“ anzuwenden.108 Konsequenterweise erfuhren die Vorschriften der TF über die öffentliche Natur offizieller Dokumente und die Regelungen zur Informantenfreiheit im Zuge des Beitritts zur EU keine Änderungen.109 Insbesondere wurde die Möglichkeit, daß Angehörige des schwedischen Öffentlichen Dienstes unter Berufung auf die Informantenfreiheit straflos Informationen an die Medien geben könnten, als eher theoretisch bestehendes denn praktisch relevantes Problem abgetan.110 Tatsächlich sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen ein Angehöriger des schwedischen Öffentlichen Dienstes Informationen aus geheimen EU-Akten zur Veröffentlichung an die Presse gegeben hätte.111 Entsprechend der schwedischen Transparenzerklärung beim Beitritt zur EU kam es bislang sowohl in der Verwaltungs- als auch in der Gerichtspraxis zu Fällen, in denen die entscheidenden öffentlichen Stellen der schwedischen Aktenöffentlichkeit Vorrang vor dem Gemeinschaftsrecht einräumten.112 Ferner geriet auch der schwedische Gesetzgeber im Rahmen der Umsetzung der EG-Datenschutzrichtlinie113 mit dem Gemeinschaftsrecht in Konflikt. Das Ziel der Datenschutzrichtlinie, das Recht des einzelnen auf Geheimhaltung persönlicher Daten bei der Verarbeitung zu schützen, lief dem Grundgedanken des schwedischen Öffentlichkeitsprinzips zuwider, das dem Anspruch auf Zugang zu Dokumenten grundsätzlich einen höheren Stellenwert als dem Schutz der Privatsphäre einräumt.114 Diesen

ņņņņņņņņ 107

Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge, Schlußakte, III. Sonstige Erklärungen, J. Erklärungen des Königreichs Schweden, 47. Erklärung des Königreichs Schwedens zur Öffentlichkeit der Verwaltung und Antworterklärung der Union, ABl. EG 1994 Nr. C 241, S. 397. 108 Finnland: ABl. EG 1994 Nr. C 241, S. 397; Norwegen: ABl. EG 1994 Nr. C 241, S. 395. 109 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 160. 110 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 160. 111 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 174. Das „Nicht-Bekanntwerden“ könnte allerdings auch darauf zurückzuführen sein, daß die EU eine offene Konfrontation mit Schweden in diesem Punkt vermeiden will. 112 Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 161 ff. 113 Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. EG Nr. L 281, S. 31.

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Konflikt löste der schwedische Gesetzgeber einseitig zugunsten des Transparenzgebots. Die Umsetzung der Richtlinie war insgesamt mehr von der Wahrung des Grundsatzes der Aktenöffentlichkeit als von der Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Zielsetzung geprägt, was insbesondere an der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung deutlich wird, daß das Gesetz nicht in einer Weise angewendet werden dürfe, die die Verpflichtungen öffentlicher Stellen, Personendaten gemäß der TF herauszugeben, einschränken könnte.115 In der Praxis wird das Öffentlichkeitsprinzip insbesondere von der Presse genutzt. Pressevertreter pflegen den Schriftverkehr bedeutender Behörden täglich systematisch durchzugehen. Viele Behörden legen die eingehende Tagespost aus diesem Grund vor der Bearbeitung für einige Stunden in einem eigens der Presse zugänglichen Raum zur Einsichtnahme aus.116 Über die eigentliche Verpflichtung aus der TF hinaus geben die schwedischen Behörden in der Regel auch Auskünfte und verweisen nicht auf eine Einsichtnahme der betreffenden Akten.117 Bei der weiteren Untersuchung der schwedischen Aktenöffentlichkeit ist stets zu berücksichtigen, daß die verfassungsrechtliche Vorgabe des „sofortigen“ Informationszugangs die schwedische Zugangspraxis tatsächlich prägt und sämtliche Verfahrensvorschriften in diesem Lichte Anwendung erfahren.

II. U.S. Freedom of Information Act Obwohl die schwedische Aktenöffentlichkeit viel älter als die amerikanische ist, werden die Vereinigten Staaten heute oftmals als Vorreiter in Sachen Informationsfreiheit wahrgenommen. Dies liegt wohl nicht zuletzt an der mittlerweile konsequenten Nutzung des Internets zur Gewährleistung einer umfassenden Information der Bürger. Zum Verständnis der U.S.-amerikanischen Regelungen zur Aktenöffentlichkeit bedarf es insbesondere wegen der Detailliertheit der Verfahrensvorschriften weit weniger an Hintergrundwissen über

ņņņņņņņņ 114

Vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 164. Art. 8 Abs. 1 Personuppgiftslag, SFS 1998:204, zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2003:466. Diese Vorschrift zielt offensichtlich darauf ab, einer gemeinschaftsrechtskonformen Gesetzesanwendung durch die Verwaltung vorzubeugen. Vgl. genauer C. Haellmigk, Schweden, S. 164 f. 116 Vgl. H. Bergner, Grundrecht, S. 83; J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 16 f.; I. Österdahl, E.L.Rev. 23 (1998), 336 (340). Diese Praxis pflegen insbesondere auch die parlamentarischen Ombudsmänner; vgl. die Homepage der Riksdagens Ombudsmän, http://www.jo.se (Stand: 15.7.2006), unter General Information, Activities, Dealing with complaints. Empirische Befunde finden sich auch bei T. Askelöf/R. FernemannHeurgren, Akteneinsicht, S. 473 ff. (S. 484 f., 486 ff., 495 f.). 117 Vgl. T. Askelöf/R. Fernemann-Heurgren, Akteneinsicht, S. 473 ff. (S. 485 u. 486). 115

II. U.S. Freedom of Information Act

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das nationale Rechtssystem der USA als zum Verständnis der schwedischen Publizitätsregelungen. Es werden daher nachfolgend nur einige das U.S. (Verwaltungs-)Rechtssystems kennzeichnende Besonderheiten dargestellt sowie die rechtshistorische Entwicklung des FOIA und seiner Auslegung durch die U.S. Bundesbehörden skizziert. Das Öffentliche Recht der USA ist geprägt vom common law-System des anglo-amerikanischen Rechtskreises.118 „Der Begriff des common law bezeichnet in den USA heute im Grunde dasjenige Recht, das auf keine autoritative Rechtsetzung zurückgeht“119, also das durch gerichtliche Entscheidungen geschaffene und fortentwickelte Recht. Zur Tradition des common law gehört es, der Gesetzgebung kritisch gegenüber zu stehen.120 Dennoch hat die amerikanische Gesetzgebung seit Ende des 19. Jahrhunderts stark zugenommen und zu umfangreichen gesetzlichen Verwaltungsvorschriften geführt.121 Kennzeichnend für amerikanische Gesetze ist dabei eine oftmals erhebliche inhaltliche Zurückhaltung und eine sehr detailliert ausgestaltete Prozeduralisierung der Entscheidungsfindung.122 Dies zeigt sich auch am FOIA, der neben seinen materiell-rechtlichen Publizitätsregelungen umfangreiche, bis ins kleinste Detail gehende Verfahrensregelungen vorsieht. Ferner zeichnet sich das amerikanische Rechtssystem durch die Nichtexistenz einer besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeit aus. Die in Verwaltungsstreitsachen entscheidenden Richter befassen sich auch mit Zivil- und Strafsachen.123 Genau 200 Jahre nach Einführung der Aktenöffentlichkeit in Schweden wurde der Freedom of Information Act (FOIA) im Jahre 1966 durch den Kongreß verabschiedet und trat am 4.7.1967 in Kraft.124 Die Bestimmungen des

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Vgl. zum Öffentlichen Recht unter dem Common Law O. Lepsius, Verwaltungsrecht; W. Brugger, Einführung. Vgl. auch H.D. Jarass, DÖV 1985, 377 ff.; E. Gellhorn/R.M. Levin, Administrative Law; R.J. Pierce/S.A. Shapiro/P.R. Verkuil, Administrative Law. Vgl. zum amerikanischen Rechtssystem allgemein L.M. Friedman, Law; M. Reimann, Fremdheit, S. 23 ff. 119 Vgl. O. Lepsius, Verwaltungsrecht, S. 31. 120 Vgl. O. Lepsius, Verwaltungsrecht, S. 37. 121 Vgl. O. Lepsius, Verwaltungsrecht, S. 37 ff. 122 Vgl. O. Lepsius, Verwaltungsrecht, S. 129, 139 f. Zur Gesetzgebung unter dem common law auch J. Masing, AöR 128 (2003), 558 (566 ff.). 123 Vgl. H.D. Jarass, DÖV 1985, 377 (377); O. Lepsius, Verwaltungsrecht, S. 29. Sondergerichte gibt es nur für einige wenige Spezialbereiche wie etwa Steuerstreitigkeiten und Amtshaftungsansprüche; vgl. H.D. Jarass, a.a.O. 124 Pub. L. 89-554, 80 Stat. 383 (1966), zuletzt geändert durch Pub. L. 107-306, title III, Sec. 312, 116 Stat. 2390 (2002). Einen guten ersten Überblick über den FOIA (in der Fassung von 1986) mit zahlreichen praktischen Beispielen gibt E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff.

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

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FOIA ergänzten als neues Kapitel das amerikanische Verwaltungsverfahrensgesetz (Administrative Procedure Act, APA).125 Der FOIA ordnet nicht nur die allgemeine Zugänglichkeit öffentlicher Akten an, er auferlegt den Bundesbehörden auch umfangreiche aktive Publizitätspflichten.126 Natürlich besteht der Informationsanspruch gemäß dem FOIA nicht grenzenlos, sondern unterliegt näher bestimmten Schranken zum Schutz öffentlicher und privater Belange.127 Seit seiner Einführung wurde der FOIA mehrmals, teils umfangreich geändert bzw. ergänzt.128 Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war die Informationspolitik der amerikanischen Verwaltung von Geheimhaltung geprägt. Grundlage dafür war das Housekeeping Gesetz von 1789, das dem jeweiligen Behördenleiter das Recht zur Regulierung der Behördentätigkeit einräumte.129 Dieses Gesetz nutzten die U.S. Behörden in oftmals willkürlicher und mißbräuchlicher Anwendung, Informationen zurückzuhalten.130 Mit der Zunahme der Verwaltungstätigkeit insbesondere durch die wirtschaftslenkenden Eingriffe des Staates während des New

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Der APA ist insbesondere an zwei Stellen des U.S.C. kodifiziert: in Kapitel 5 „Administrative Procedure“, §§ 551 ff., und in Kapitel 7 „Judicial Review“, §§ 701 ff.; vgl. auch W. Brugger, Einführung, S. 204 f. Die Regelungen des FOIA finden sich in Kapitel 5 U.S.C. § 552. 126 Siehe dazu im einzelnen C.II. 127 Dabei ist zwischen „exemptions“ gemäß (b) FOIA und „exclusions“ gemäß (c) FOIA zu unterscheiden. Wird Zugang zu Informationen begehrt, die in den Schutzbereich einer exemption fallen, erhält der Antragsteller eine versagende Entscheidung unter Berufung auf den einschlägigen Ausnahmetatbestand. Ist der Anwendungsbereich einer exclusion eröffnet, berechtigt dies die Behörde, schlicht die Existenz des angeforderten Dokuments zu dementieren. Vgl. E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 525 ff.). Ein guter Überblick über die Ausnahmetatbestände findet sich bei J. Michael, Freedom, S. 55 ff. (S. 58 ff.). Die materiell-rechtlichen Regelungen des FOIA sind zum Teil Gegenstand der Untersuchung zur Transparenz der Verwaltung von J. Masing, VVDStRL 63 (2003), 377 ff. 128 Pub. L. 90-23, Sec. 1, 81 Stat. 54 (1967); Pub. L. 93-502, Sec. 1 ff., 88 Stat. 15611564 (1974); Pub. L. 94-409, Sec. 5(b), 90 Stat. 1247 (1976); Pub. L. 95-454, title IX, Sec. 906(a)(10), 92 Stat. 1225 (1978); Pub. L. 98-620, title IV, Sec. 402(2), 98 Stat. 3357 (1984); Pub. L. 99-570, title I, Sec. 1802 f., 100 Stat. 3207-48, 3207-49 (1986); Pub. L. 104-231, Sec. 3 ff., 110 Stat. 3049-3054 (1996); Pub. L. 107-306, title III, Sec. 312, 116 Stat. 2390 (2002). Wesentliche Änderungen des FOIA bewirkten die Reformen von 1974, 1986 und 1996. Eine Beschreibung aller erfolgten Änderungen des FOIA findet sich in den Anmerkungen zu 5 U.S.C. § 552 auf der Homepage des Legal Information Institute der Cornell University unter http://www4.law.cornell.edu/uscode/ (Stand: 15.7.2006; Suche nach „Title=5“, „Section=552“ und Auswahl „Notes“). 129 Vgl. M. Rehbinder, Informationspflicht, S. 11; G. Rosler, Informationsfreiheit, S. 57. 130 Vgl. G. Rosler, Informationsfreiheit, S. 57 m.w.N.

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Deal wuchs jedoch das Bedürfnis der Bürger nach Unterrichtung.131 Der Bundesgesetzgeber reagierte auf dieses Bedürfnis mit einer neuen Transparenzregelung im Verwaltungsverfahrensgesetz (Administrative Procedure Act, APA132), wonach tatsächlich und direkt betroffenen Personen Informationen zugänglich gemacht werden sollten, es sei denn, dieselben würden aus guten Gründen für vertraulich gehalten.133 Insbesondere wegen der Einschränkung des Kreises der Anspruchsberechtigten, der völligen Unbestimmtheit der Zurückhaltungstatbestände und dem Fehlen von Rechtsschutzmöglichkeiten führte die Regelung in der Praxis nicht zu mehr Aktenöffentlichkeit.134 Vielmehr wurde sie von den Behörden als gesetzliche Rechtfertigung genutzt, praktisch jedwede Information zurückzuhalten, die die Verwaltung nicht zu offenbaren wünschte.135 Die gesetzliche Klarstellung von 1958, daß Zweck der APA-Vorschriften nicht die Vorenthaltung von Informationen sei, brachte in der Praxis keine Verbesserung der Verwaltungstransparenz.136 Schließlich verabschiedete der Kongreß nach Beratungsanläufen in 1963 und 1965 den FOIA137, welcher durch U.S. Präsident Lyndon B. Johnson am 4.7.1966 ausgefertigt wurde138. Kurze Zeit später wurde eine formal veränderte Fassung des FOIA verkündet139, die Aufnahme in den U.S.C. fand und am 4.7.1967 in Kraft trat.140 Die amerikanische Verwaltung wehrte sich anfangs erheblich gegen die Öffentlichkeit „ihrer“ Akten.141 Während des Gesetzgebungsverfahrens prognostizierte sie ihren Zusammenbruch wegen mangelhafter personeller und sachlicher Ausstattung.142 Als sich diese Prognosen nach Inkrafttreten des FOIA nicht bewahrheiteten, versuchten viele Behörden unter anderem durch eine schlep-

ņņņņņņņņ 131

Vgl. M. Rehbinder, Informationspflicht, S. 11 f. Pub. L. 79-404, 60 Stat. 237 (1946). 133 Vgl. G. Rosler, Informationsfreiheit, S. 58. 134 Vgl. M. Rehbinder, Informationspflicht, S. 11; G. Rosler, Informationsfreiheit, S. 58 ff. 135 Vgl. mit einzelnen Beispielen M. Rehbinder, Informationspflicht, S. 113 f. 136 Vgl. M. Rehbinder, Informationspflicht, S. 14; G. Rosler, Informationsfreiheit, S. 60 f. 137 Pub. L. 89-554, 80 Stat. 383 (1966). 138 Dessen anläßlich der Unterzeichnung abgegebene Erklärung findet sich im Original und in deutscher Übersetzung bei M. Rehbinder, Informationspflicht, S. 58 f. 139 Pub. L. 90-23, Sec. 1, 81 Stat. 54 (1967). Vgl. zum FOIA in dieser Fassung M. Rehbinder, Informationspflicht, S. 18 ff. 140 Ein Abdruck des FOIA in dieser Fassung findet sich in englisch und in deutscher Übersetzung bei M. Rehbinder, Informationspflicht, S. 60 ff. 141 Vgl. zur grundsätzlich ablehnenden Haltung der Behörden zur Aktenöffentlichkeit sehr anschaulich G. Rosler, Informationsfreiheit, S. 106 ff. 142 Vgl. C. Rotta, Nachrichtensperre, S. 142. 132

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

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pende Bearbeitung der Informationsgesuche den Aktenzugang für die Bürger unattraktiv zu machen.143 Diese Praxis und der durch die Watergate-Affäre wieder ins öffentliche Bewußtsein gebrachte Konsens, daß demokratische Kontrolle auch durch (Presse-)Öffentlichkeit geleistet werden kann und soll, führte zu einer umfangreichen Reform des FOIA in 1974144, die mit den Stimmen von Demokraten und Republikanern gegen den Widerspruch der Bundesverwaltung und gegen das Veto von U.S. Präsident Gerald R. Ford beschlossen wurde145. Durch die Reform wurden die Geheimhaltungstatbestände präzisiert und verbesserte Verfahrensregelungen eingeführt, um administrativen Obstruktionstechniken vorzubeugen.146 Im einzelnen wurden folgende Bestimmungen zum Verfahren des Informationszugangs normiert: Den Bezirksgerichten wird die Möglichkeit eingeräumt, in camera – also unter Ausschluß der Parteien – die zurückgehaltenen Akten auf ihre Geheimhaltungsbedürftigkeit zu prüfen; damit reagierte der Gesetzgeber auf die die vom U.S. Supreme Court entwickelte Mink-Doktrin, nach der die Gerichte bei behördlicher Behauptung, der Inhalt einer Akte sei als Staatsgeheimnis geheimhaltungsbedürftig, auf die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit des Klassifizierungsverfahrens beschränkt waren.147 Das Reformgesetz stellt klar, daß jeder vernünftigerweise abtrennbare Teil einer im übrigen geheimen Akte zugänglich gemacht werden muß.148 Zusätzlich zum Gerichtsstand des Wohn- oder Geschäftssitzes des Beschwerdeführers kann nunmehr auch Klage vor dem Bezirksgericht in Washington D.C. erhoben werden; damit bezweckte der Kongreß eine Spezialisierung der Gerichte im Regierungsbezirk und damit eine bessere Vorhersehbarkeit der Auslegung des FOIA.149 Die Akten müssen nicht mehr aufgrund des Antrags identifizierbar („identifiable“) sein, sondern nur noch vernünftig beschrieben („reasonably described“).150 Die Reform auferlegt den Behörden (erstmals) Bearbei-

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Vgl. C. Rotta, Nachrichtensperre, S. 142; J. Angelov, Grundlagen, S. 104 f. Pub. L. 93-502, Sec. 1 ff., 88 Stat. 1561-1564 (1974). Vgl. J. Scherer, Verwaltung, S. 44 f.; ein auszugsweiser Abdruck der konsolidierten Fassung des 5 U.S.C. § 552 in original englischer Fassung und in deutscher Übersetzung findet sich auf S. 91 ff. 145 Vgl. J. Angelov, Grundlagen, S. 105. 146 Vgl. J. Scherer, Verwaltung, S. 45, 52 f. 147 Vgl. J. Scherer, Verwaltung, S. 76 ff. Dem der Einführung des in cameraVerfahrens folgende Behinderungsversuch der Verwaltung, die Gerichte mit Bergen von (angeblich) geheimhaltungsbedürftigen Akten zu überschütten, begegnete das Berufungsgericht des District of Columbia mit der Entwicklung des sog. Vaughn-Index, Vaughn v. Rosen I, 484 F.2d 820 (D.C. Cir. 1973). Danach hat die Verwaltung bezüglich jeder einzelnen Akte das Vorliegen von Geheimhaltungstatbeständen substantiiert zu begründen. 148 Vgl. J. Scherer, Verwaltung, S. 78. 149 Vgl. J. Scherer, Verwaltung, S. 78 ff. 150 Vgl. J. Scherer, Verwaltung, S. 84 f. 144

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tungsfristen von in der Regel zehn Tagen bzw. zwanzig Tagen für das behördliche Rechtsbehelfsverfahren; vor Gericht wird FOIA-Fällen Priorität eingeräumt und die behördliche Einlassungsfrist auf dreißig Tage beschränkt.151 Um der Abschreckung von Informationsbegehrenden durch mißbräuchliche Gebührenforderungen entgegenzuwirken, ordnet das Reformgesetz an, daß nur die „direkten“ Kosten für Suche und Vervielfältigung in Rechnung gestellt werden dürften; für die Herausgabe von Informationen, die dem öffentlichen Interesse dienen, ist ein Ermäßigungs- bzw. Befreiungstatbestand vorgesehen.152 Schließlich institutionalisiert die Reform eine bessere Überwachung der Anwendung des FOIA; insbesondere dürfen die das Informationsbegehren ablehnenden Sachbearbeiter nicht länger anonym bleiben bzw. ist gegen diese ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn sie gesetzeswidrig die Offenbarung von Akten verhindern.153 Weitere bemerkenswerte Änderungen brachte der Freedom of Information Reform Act von 1986.154 In materiell-rechtlicher Hinsicht verschärfte dieser den Anwendungsbereich der Geheimhaltungstatbestände zum Schutz von Belangen der Strafverfolgung.155 In verfahrensrechtlicher Hinsicht modifizierte er die Kostenvorschriften. Damit reagierte der Gesetzgeber auf die zunehmenden Zahl unternehmerischer Informationsbegehren zu wirtschaftlichen Zwecken, deren kostenmäßige Privilegierung nicht einzusehen sei.156 Im Rahmen der Kostenfestsetzung wurde der Zweck des Informationsbegehrens zum wesentlichen Faktor für die Höhe der Gebühren.157 Die Möglichkeit der Behörde, den Informationszugang von einer Vorauszahlung abhängig zu machen, wurde eingeschränkt.158 Schließlich präzisierte das Reformgesetz den Tatbestand der Ge-

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Vgl. J. Scherer, Verwaltung, S. 86. Vgl. J. Scherer, Verwaltung, S. 87 f. Die abschreckende Wirkung von unangemessen hohen behördlichen Gebührenforderungen hatte sich als ernsthaftes Zugangshindernis erwiesen; vgl. J. Angelov, Grundlagen, S. 104 f. 153 Vgl. J. Scherer, Verwaltung, S. 88 f. Siehe zum obligatorischen Disziplinarverfahren D.VII.2. 154 Pub. L. 99-570, title I, Sec. 1802 f., 100 Stat. 3207-48, 3207-49 (1986). Vgl. zu diesem im einzelnen M.H. Benecki, Duke Law Journal 1988, 566 ff.; R.L. Huff, Army Lawyer 1989, 7 ff. 155 Wobei der Kongreß mit den Änderungen in erster Linie die legislative Festschreibung gerichtlicher Interpretationen bezweckte. Folge war die Änderung von (b)(7) FOIA und die Einfügung der exclusions gemäß (c) FOIA. Vgl. M.H. Benecki, Duke Law Journal 1988, 566 (597 ff.); R.L. Huff, Army Lawyer 1989, 7 (13 ff.). 156 Vgl. R.L. Huff, Army Lawyer 1989, 7 (7). 157 Es gab nunmehr drei Kostenkategorien; vgl. M.H. Benecki, Duke Law Journal 1988, 566 (568 ff.); R.L. Huff, Army Lawyer 1989, 7 (8 ff.). Siehe dazu D.V.2. 158 Vgl. R.L. Huff, Army Lawyer 1989, 7 (11). 152

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B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

bührenermäßigung bzw. -befreiung für Informationsbegehren zum Nutzen der Öffentlichkeit.159 Zuletzt wurde der FOIA umfangreich durch den Electronic Freedom of Information Act (EFOIA) von 1996 geändert.160 Mit diesem verfolgte der Gesetzgeber zwei Zielsetzungen: Zum einen stellte er entgegen einer Entwicklung in der Rechtsprechung klar, daß in elektronischer Form vorgehaltene Informationen in vollem Umfang dem Zugangsanspruch unterliegen. Zum zweiten bezweckte er durch Einführung neuer (Verfahrens-)Regelungen den mittlerweile ernsthaften Verzögerungen und Rückständen bei der Bearbeitung von Informationsbegehren entgegenzuwirken.161 Der EFOIA brachte insbesondere nachfolgende Änderungen: Die unabhängig von einem Antrag bestehenden Transparenzpflichten der Behörden werden auf Dokumente erstreckt, die Gegenstand eines Informationszugangsbegehrens waren und die nach Einschätzung der Behörde aufgrund ihres Inhalts wahrscheinlich Gegenstand weiterer Zugangsbegehren sein werden.162 Der antragsunabhängigen Publizitätspflicht unterliegende Dokumente müssen zusätzlich zu der tatsächlichen Einsichtnahmemöglichkeit auch mittels moderner Telekommunikation (Internet) zugänglich sein (sog. electronic reading rooms).163 Jede Behörde muß für den Bürger einen Leitfaden über den Zugang zu behördlichen Informationen verfassen und auf Nachfrage zur Verfügung stellen.164 Dem Wunsch des Informationsbegehrenden, Informationen in einer bestimmten Form oder einem bestimmten Format zu erhalten, ist grundsätzlich zu entsprechen.165 Bei Gewährung teilweisen Aktenzugangs, sind den Dokumenten Angaben über den Umfang der zurückgehaltenen Informationen beizufügen, die möglichst an der jeweiligen Stelle

ņņņņņņņņ 159 Vgl. M.H. Benecki, Duke Law Journal 1988, 566 (575 ff.); R.L. Huff, Army Lawyer 1989, 7 (11 ff.). 160 Pub. L. 104-231, Sec. 3 ff., 110 Stat. 3049-3054 (1996). Vgl. zu den Änderungen und den Problemen in der praktischen Anwendung M.E. Tankersley, Administrative Law Review 50 (1998), 421 ff.; C.J. Wichmann III, Duke Law Journal 47 (1998), 1213 ff. Vgl. auch D. MacDonald, Rutgers Computer and Technology Law Journal 23 (1997), 357 ff.; R. Gellmann, DuD 1998, 446 ff.; M.E. Halstuk, Santa Clara Computer and High Technology Law Journal 15 (1999), 73 ff. 161 Vgl. M.E. Halstuk, Santa Clara Computer and High Technology Law Journal 15 (1999), 73 (73 f.). 162 Vgl. M.E. Tankersley, Administrative Law Review 50 (1998), 421 (426 f.). 163 Vgl. M.E. Tankersley, Administrative Law Review 50 (1998), 421 (427 ff.); C.J. Wichmann III, Duke Law Journal 47 (1998), 1213 (1234 ff.). 164 Vgl. M.E. Tankersley, Administrative Law Review 50 (1998), 421 (429 f.). 165 Hinsichtlich der technischen Realisierbarkeit räumt der EFOIA den Behörden gegenüber den Gerichten allerdings eine Einschätzungsprärogative ein. Vgl. M.E. Tankersley, Administrative Law Review 50 (1998), 421 (434 ff., 439); C.J. Wichmann III, Duke Law Journal 47 (1998), 1213 (1237 ff.).

II. U.S. Freedom of Information Act

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der Auslassung zu vermerken sind.166 Die ohnehin in der Praxis weitgehend unrealistische Bearbeitungsfrist von zehn Arbeitstagen wird auf zwanzig erhöht.167 Es besteht nunmehr die Möglichkeit einer beschleunigten Antragsbearbeitung bei Nachweis drohender Gefahren für Leben oder Gesundheit von Personen oder bei dringenden Publizitätsbedürfnissen von Medienvertretern.168 Den Behörden wird die Möglichkeit eingeräumt, die rein chronologische Antragsbearbeitung durch ein mehrgleisiges, den Bearbeitungsaufwand berücksichtigendes Bearbeitungsverfahren zu ersetzen (sog. multi-track processing).169 Die richterliche Befugnis, aufgrund außergewöhnlicher Umstände das Gerichtsverfahren auszusetzen und der Behörde weitere Zeit für die Antragsbearbeitung einzuräumen, wird präzisiert.170 Zusätzlich zu den legislativen Änderungen und Ergänzungen des FOIA durch den Kongreß und seiner Konkretisierung durch das case law gestaltet noch ein dritter Faktor die tatsächlich von der Verwaltung praktizierte Aktenöffentlichkeit: die präsidialen und ministerialen Anweisungen an die Bundesbehörden.171 Auf der Linie der materiell-rechtlichen Verschärfungen der Geheimhaltungstatbestände durch die Reform von 1986 lag das Memorandum des Justizministers der Reagan-Administration Edwin Meese III vom Dezember 1987.172 Schon im Vorwort stellte der Justizminister ausdrücklich klar, daß er den durch die Reform von 1974 eingeführten Grad an Verwaltungstransparenz für zu weitgehend erachte.173 Dementsprechend kommentierte das sehr umfang-

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Insbesondere bei elektronischen Dokumenten besteht ohne diese Regelung die Gefahr, daß der Einsichtnehmende sich keine Vorstellung über den Umfang der zurückgehaltenen Informationen bilden kann. Vgl. M.E. Tankersley, Administrative Law Review 50 (1998), 421 (437 f.). 167 Vgl. M.E. Tankersley, Administrative Law Review 50 (1998), 421 (449 f.); C.J. Wichmann III, Duke Law Journal 47 (1998), 1213 (1242 ff.). 168 Vgl. M.E. Tankersley, Administrative Law Review 50 (1998), 421 (450 ff.); C.J. Wichmann III, Duke Law Journal 47 (1998), 1213 (1240 ff.). 169 Vgl. M.E. Tankersley, Administrative Law Review 50 (1998), 421 (453); C.J. Wichmann III, Duke Law Journal 47 (1998), 1213 (1239 f.). 170 Siehe dazu ausführlich Teil D., Fn. 222. Vgl. auch M.E. Tankersley, Administrative Law Review 50 (1998), 421 (453 ff.). 171 Vgl. dazu die Darstellung bei J. Masing, VVDStRL 63 (2003), 377 (408, Fn. 92), m.w.N. 172 Attorney General´s Memorandum on the 1986 Amendments to the Freedom of Information Act; abrufbar auf der Homepage des U.S. Justizministeriums unter http://www.usdoj.gov/04foia/86agmemo.htm (Stand: 15.7.2006). Vgl. dazu G.J. Waldron/J.A. Israel, Duke Law Journal 1989, 686 (722 ff.); K. Anderson, Ohio State Law Journal 64 (2003), 1605 (1616 ff.). 173 „Several years later, in the wake of the ’Watergate affair’, Congress decided to alter the course of government disclosure policy through a series of ’liberalizing’ FOIA amendments, the most significant of which restructured and considerably narrowed

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B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

reiche Memorandum die Gesetzesänderungen von 1986 im Sinne weitestgehender Geheimhaltung und prägte damit das sog. „substantial legal basis“Prinzip.174 Zu einer Änderung dieser restriktiven Anwendung des FOIA kam es unter U.S. Präsident Bill Clinton. Dieser rief die U.S. Bundesbehörden in einem Memorandum vom 4.10.1993 dazu auf, ihre Verpflichtung gegenüber der Aktenöffentlichkeit zu erneuern.175 Am gleichen Tag erging ergänzend ein Memorandum der U.S. Justizministerin Janet Reno, in dem das substantial legal basis-Prinzip ausdrücklich aufgehoben und der sog. „forseeable harm“-Standard geprägt wurde.176 Die Bundesbehörden sollten nunmehr(!) von der grundsätzlichen Vermutung zugunsten einer Veröffentlichbarkeit ausgehen und den Informationszugang nur versagen, wenn bei vernünftiger Betrachtungsweise eine Verletzung eines durch einen Geheimhaltungstatbestand geschützten Interesses zu erwarten sei; rein gesetzestechnisch mögliche Argumente für eine Geheimhaltung seien außer acht zu lassen.177 Des weiteren schränkte U.S. Präsident Bill Clinton die behördliche Anwendung der Ausnahmebestimmung (b)(1) FOIA (Schutz der nationalen Sicherheit) durch eine Exekutivorder ein.178 Beeinflußt durch die Anschläge auf das World Trade Center vom 9.11.2001 kam es allerdings unter der Bush-Administration zu einem erneuten Kurswechsel in

ņņņņņņņņ Exemption 7, the Act’s vital law enforcement exemption. But in its reaction to the perceived need for greater disclosure, Congress overcorrected through those FOIA amendments and seriously impaired the ability of federal law enforcement agencies to perform their crucial mission of protecting our citizenry.“; Meese Memorandum (Teil B., Fn. 172). 174 Vgl. K. Anderson, Ohio State Law Journal 64 (2003), 1605 (1616 ff., 1622). 175 „I therefore call upon all Federal departments and agencies to renew their commitment to the Freedom of-Information Act, to its underlying principles of government openness, and to its sound administration.“; Memorandum for Heads of Departments and Agencies, abrufbar auf der Homepage des U.S. Justizministeriums unter http://www.usdoj.gov/oip/foia_updates/Vol_XIV_3/page2.htm (Stand: 15.7.2006). 176 Memorandum for Heads of Departments and Agencies, abrufbar auf der Homepage des U.S. Justizministeriums unter http://www.usdoj.gov/oip/foia_updates/Vol_XIV_3 /page3.htm (Stand: 15.7.2006). Vgl. dazu M.M. Lowe, Duke Law Journal 43 (1994), 1282 (1313 ff.); K. Anderson, Ohio State Law Journal 64 (2003), 1605 (1618 ff.). 177 „… we will apply a presumption of disclosure. … In short, it shall be the policy of the Department of Justice to defend the assertion of a FOIA exemption only in those cases where the agency reasonably foresees that disclosure would be harmful to an interest protected by that exemption. Where an item of information might technically or arguably fall within an exemption, it ought not to be withheld from a FOIA requester unless it need be.“; Reno Memorandum (Teil B., Fn. 176). 178 Executive order Nr. 12958 (20.4.1995), 60 Federal Register 19825. Vgl. zu dieser K. Anderson, Ohio State Law Journal 64 (2003), 1605 (1618 f.). Vgl. allgemein zum Institut der executive order J.A. Sterling, University of West Los Angeles Law Review 31 (2000), 99 ff.; ders., University of West Los Angeles Law Review 31 (2000), 123 ff.; T.L. Branum, Journal of Legislation 28 (2002), 1 ff.

III. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG)

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der behördlichen Anwendung des FOIA durch das Memorandum des U.S. Justizministers John Ashcroft vom 12.10.2001.179 Dieses bewirkte eine Loslösung vom forseeable harm-Standard und näherte sich mit dem sog. „sound legal basis“-Standard wieder dem substantial legal basis-Prinzip der ReaganAdminsitration an, motivierte also die U.S. Bundesbehörden zu einer möglichst restriktiven Anwendung des FOIA.180 Die Auswirkungen dieser Kehrtwende waren schon bald zu beobachten. Informationen, die früher ohne Komplikationen zu erhalten waren, mußten nunmehr gerichtlich erstritten werden.181 Eine Vielzahl von Gruppierungen kritisierte demzufolge den sound legal basisStandard des Ashcroft-Memorandums.182 In der Praxis werden in den USA die Rechte des FOIA einerseits durch die Massenmedien genutzt, die mit dessen Hilfe in der Vergangenheit schon zahlreiche Mißstände aufgedeckt haben.183 Andererseits bedienen auch Unternehmen des Informationsanspruchs, um sich mit seiner Hilfe Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, was mittlerweile zu einem ganz neuen Unternehmenszweig von informationsverarbeitenden Dienstleistungsunternehmen geführt hat.184

III. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) Der Transparenzgedanke, der sich in den 1980er Jahren bezogen auf Umweltangelegenheiten bereichsspezifisch herausbildete, wurde von den Europäi-

ņņņņņņņņ 179

Memorandum for Heads of all Federal Departments and Agencies, abrufbar auf der Homepage des U.S. Justizministeriums unter http://www.usdoj.gov/oip/foiapost/2001foiapost19.htm (Stand: 15.7.2006). Vgl. dazu K. Anderson, Ohio State Law Journal 64 (2003), 1605 (1620 ff.). Vgl. auch T.R. Henderson, Maryland Bar Journal 35 (2002), 3 ff.; K.E. Uhl, American University Law Review 53 (2003), 261 ff. 180 Vgl. K. Anderson, Ohio State Law Journal 64 (2003), 1605 (1621 f.). Für den Bereich der Verteidigung ist zudem auf das Memorandum des stellvertretenden Verteidigungsministers Paul Wolfowitz vom 18.10.2001 hinzuweisen; vgl. zu diesem P.M. Schoenhard, Harvard Journal of Law and Technology 2002, 497 (505 f.). 181 Vgl. V. Blum, Legal Times vom 18.12.2002. 182 Bemerkenswert ist insbesondere die ausdrückliche Kritik des U.S. House of Representatives, A Citizen´s Guide on using the Freedom of Information Act an the Privacy Act of 1974 to request Government Records vom 23.6.2003, Union Calendar No. 87, Report 108-172, Introduction (abrufbar unter http://www.fas.org/sgp/foia/citizen.html [Stand: 15.7.2006]). Zur weiteren Kritik siehe K. Anderson, Ohio State Law Journal 64 (2003), 1605 (1622, Fn. 83), m.w.N. 183 Vgl. C. Rotta, Nachrichtensperre, S. 143 f. Auf die Nutzung innerbehördlicher Quellen können die Medienvertreter dennoch nicht verzichten; vgl. E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 536). 184 Vgl. J. Angelov, Grundlagen, S. 118 f.

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

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schen Gemeinschaften in den 1990er Jahren konsequent weiterentwickelt. Den entscheidenden Anstoß zu dieser Entwicklung gab die „Erklärung zum Recht auf Zugang zu Informationen“, die der Schlußakte des Vertrags von Maastricht beigefügt wurde.185 Die Vertragsparteien vertraten darin die Auffassung, „daß die Transparenz des Beschlußverfahrens den demokratischen Charakter der Organe und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verwaltung stärkt“, und empfahlen daher, „daß die Kommission dem Rat spätestens 1993 einen Bericht über Maßnahmen vorlegt, mit denen die den Organen vorliegenden Informationen der Öffentlichkeit besser zugänglich gemacht werden sollen“.186 Entsprechende weitere Erklärungen der Staats- und Regierungschefs folgten bei den Tagungen des Europäischen Rates 1992 und 1993.187 Gestützt auf die Erklärung im Vertrag von Maastricht verabschiedeten der Rat und die Kommission am 6.12.1993 einen gemeinsamen Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Rats- und Kommissionsdokumenten.188 Zu dessen Umsetzung erließ der Rat am 20.12.1993 den Beschluß über den Zugang der Öffentlichkeit zu Ratsdokumenten189 und die Kommission am 8.2.1994 den Beschluß über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten190. Die Zulässigkeit dieser Organisationsregelungen wurden in der Folgezeit wiederholt von EuGH und EuG bestätigt.191 Der EuGH führte im Urteil vom 30.4.1996 dazu aus, die behördlichen Transparenzentscheidungen selbst hätten das Zugangsrecht nicht begründet, vielmehr habe dieses wegen seiner Anerkennung in den meisten Mitgliedstaaten und seiner wiederholten Bekräftigung auf Gemeinschaftsebene bereits zuvor gegolten.192 Solange der Gemeinschafts-

ņņņņņņņņ 185

Erklärung Nr. 17 der Schlußakte des Vertrags über die Europäische Union, ABl. EG Nr. C 191. 186 Erklärung Nr. 17 der Schlußakte des Vertrags über die Europäische Union, ABl. EG Nr. C 191. 187 Vgl. M. Lorenz, NVwZ 2004, 436 (436) m.w.N. 188 93/730/EG, ABl. EG 1993 Nr. L 340, S. 41. Dieser formuliert den allgemeinen Grundsatz der Dokumentenöffentlichkeit, enthält umfangreiche Maßgaben für die Behandlung von Erst- und Zweitanträgen und regelt einen Katalog von Geheimhaltungsinteressen. Der Verhaltenskodex verpflichtet Kommission und Rat, vor dem 1.1.1994 jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen zu ergreifen. Vgl. zum Verhaltenskodex C.J. Partsch, NJW 2001, 3154 (3155); D. Kröger, DuD 2003, 473 (474 f.). 189 Beschluß 93/731/EG, ABl. EG 1993 Nr. L 340, S. 43. Vgl. G. Nolte, DÖV 1999, 363 (366). 190 Beschluß 94/90/EGKS, EG, Euratom, ABl. EG 1994 Nr. L 46, S. 58. Vgl. G. Nolte, DÖV 1999, 363 (366). 191 Vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei D. Kröger, DuD 2003, 473 (475). 192 EuGHE 1996, I-2169 (C-58/94), Rn. 34 ff. Vgl. auch G. Nolte, DÖV 1999, 363 (366). Entgegen dem ersten Anschein bezweckte das Königreich der Niederlande mit

III. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG)

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gesetzgeber diesbezüglich keine allgemeine Regelung erlasse, könnten die Gemeinschaftsorgane daher aufgrund ihrer internen Organisationsgewalt geeignete Maßnahmen treffen.193 Die nachhaltige Verfestigung des Grundsatzes der Aktenöffentlichkeit erfolgte schließlich durch die Einführung von Art. 255 EGV durch den Vertrag von Amsterdam vom 2.10.1997.194 Nach Art. 255 Abs. 1 EGV hat nunmehr jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat das Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. Gemäß Art. 255 Abs. 2 EGV hat der Rat im Verfahren des Artikels 251 (Mitentscheidungsverfahren) die allgemeinen Grundsätze und die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen des Zugangsrechts festzulegen. Diesem Auftrag ist der Rat in Zusammenwirken mit dem Europäischen Parlament durch Erlaß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (sog. Transparenzverordnung) nachgekommen.195 Zusätzlich obliegt es den verpflichteten Gemeinschaftsorganen gemäß Art. 255 Abs. 3 EGV i.V.m. Art. 18 Abs. 1 VO 1049/2001/EG, ihre Geschäftsordnungen entsprechend anzupassen.196

ņņņņņņņņ der erhobenen Nichtigkeitsklage eine Stärkung der gemeinschaftsrechtlichen Informationszugangsfreiheit, vgl. M.P. Broberg, E.L.Rev. 27 (2002), 194 (199 ff.). 193 EuGHE 1996, I-2169 (C-58/94), Rn. 34 ff. Vgl. auch G. Nolte, DÖV 1999, 363 (366). 194 Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte vom 2.10.1997, ABl. EG Nr. C 340. Vgl. kritisch zum beschränkten Anwendungsbereich M.P. Broberg, E.L.Rev. 27 (2002), 194 (197). Die gemeinschaftsrechtliche Verfestigung der Informationszugangsfreiheit wurde zudem gestärkt durch deren Aufnahme in Art. 42 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. EG 2000 Nr. C 364, S. 1. Die Charta wurde zum Auftakt des Europäischen Rats von Nizza am 7.12.2000 von den Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rats und der Kommission proklamiert. Mittlerweile wurde die Informationszugangsfreiheit auch in Art. II-42 Vertrag über eine Verfassung für Europa, ABl. EG 2004 Nr. C 310, aufgenommen, der allerdings nach der Unterzeichnung durch alle 25 EUMitgliedstaaten am 29.10.2004 in Rom noch der Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten bedarf. Diese soll bis 2007 abgeschlossen sein. 195 ABl. EG 2001 Nr. L 145, S. 43. Vgl. zu dieser C.J. Partsch, NJW 2001, 3154 ff.; M.E. De Leeuw, E.L.Rev. 28 (2003), 324 ff.; D. Kröger, DuD 2003, 473. Rechtsprechung zu den Verfahrensvorschriften der VO 1049/2001/EG ist bislang nicht ersichtlich. 196 Vgl. GO-EP bzw. Beschl.-EP-Zugang, GO-Rat-Anh. und GO-Kom.-Anh.

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

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Weder Art. 255 EGV noch Transparenzverordnung wurden bislang geändert. Auch die bevorstehende Umsetzung der Aarhus-Konvention läßt keine Änderung erwarten. Nach den bisherigen Überlegungen plant der Gemeinschaftsgesetzgeber vielmehr die Umsetzung der Aarhus-Konvention durch eine eigene Verordnung, die auf das geltende Transparenzrecht als Instrument zurückgreift.197

IV. Umweltinformationsgesetz Das UIG hat seine Wurzeln in Europa. Ende der 1970er Jahre begann eine europaweite Diskussion um die Einführung des Grundsatzes der Aktenöffentlichkeit.198 Diese mündete in zwei Empfehlungen des Europarates in 1979 und 1981, deren Gegenstand die Schaffung eines allgemeinen Zugangsanspruchs zu Behördenakten ohne Nachweis eines besonderen Interesses war.199 Natürlich beeinflußte dieses „neue“ europäische Gedankengut auch die EG, wo sich der Transparenzgedanke aus Gründen der gemeinschaftsrechtlichen Kompetenzen insbesondere im Umweltbereich verbreitete. Das 3. Aktionsprogramm der EG aus dem Jahre 1983200 begründete (zunächst nur) die Pflicht der Kommission zu gemeinschaftsweiter Aufklärung über den Stand des Umweltschutzes auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten.201 Am 19.3.1985 brachte das Europäische Parlament unter Hinweis auf die Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates einen Resolutionsentwurf ein, in dem Kommission und Mitgliedstaaten zur Schaffung eines gesetzlichen Rechts auf Zugang zu Informationen, die bei Regierungsstellen vorhanden sind, aufgefordert wurden.202 Von erheblicher Bedeutung für den späteren Erlaß der UIRL war im Jahre 1986 die Erweiterung der Umweltkompetenzen der EG durch die Einheitliche Europäische Akte.203 Der freie Zugang zu Umweltinformationen als Mittel eines

ņņņņņņņņ 197

Vgl. Art. 3 des von der Kommission vorgelegten Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anwendung der Bestimmungen des Aarhus-Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Europäischen Gemeinschaft, KOM(2003) 622, COD/2003/242. Vgl. auch S. Schlacke, ZUR 2004, 129 (130). 198 Vgl. A. Turiaux, Zugangsrechte, S. 98. 199 Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung vom 1.2.1979, Nr. 854 (1979), und Empfehlung des Ministerkomitees vom 25.11.1981, Nr. R (81) 19. Diese sind abrufbar auf der Homepage des Europarates unter http://www.coe.int (Stand: 15.7.2006). 200 ABl. EG 1983 Nr. C 46, S. 1. 201 Vgl. A. Turiaux, Zugangsrechte, S. 98. 202 Dazu A. Turiaux, Zugangsrechte, S. 99. 203 Vgl. dazu genauer A. Turiaux, Zugangsrechte, S. 99 f.

IV. Umweltinformationsgesetz

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vorbeugenden Umweltschutzes war in Folge Gegenstand des 4. Aktionsprogramms der EG.204 Vorläufiger legislativer Schlußpunkt dieser Entwicklung war der Erlaß der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7.6.1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (UIRL I).205 In Deutschland gab es schon vor Erlaß der UIRL I Bestrebungen, einen gesetzlichen Anspruch auf Zugang zu Umweltakten bzw. -informationen zu schaffen. Den Gesetzesvorlagen der Gruppe DIE GRÜNEN sowie einer Bundesratsinitiative der Freien und Hansestadt Hamburg in den 1980er Jahren war jedoch kein Erfolg beschieden.206 Trotz der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung aus Art. 9 Abs. 1 S. 1 UIRL I, die Richtlinie bis zum 31.12.1992 umzusetzen, trat das UIG (1994) in Deutschland erst am 16.7.1994 in Kraft.207 Erst nachdem zuvor von der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Gesetzesvorlage zur Umsetzung der UIRL I in den Bundestag eingebracht wurde208, konnte sich die Bundesregierung Anfang 1994 zur Vorlage eines eigenen Gesetzesentwurfs durchringen.209 In diesem verzichtete die Bundesregierung nach Aussage des Bundesumweltministers im Interesse der Deregulierung und um unnötige Belastungen der Verwaltung zu vermeiden weitgehend auf die Regelung des Verwaltungsverfahrens.210

ņņņņņņņņ 204 ABl. EG 1987 Nr. C 328, S. 1. Vgl. R. Engel, Akteneinsicht, S. 185; E. MeyerRutz, Umweltinformationsgesetz, S. 9; A. Turiaux, Zugangsrechte, S. 101. 205 ABl. EG 1990 Nr. L 158, S. 56. Vgl. dazu R. Engel, Akteneinsicht, S. 185 f.; A. Turiaux, Zugangsrechte, S. 102 f.; G. Trantas, Akteneinsicht, S. 568 ff. Vgl. auch S. Roll, Zugang. 206 BT-Drs. 10/5884 (24.7.1986); BT-Drs. 11/1152 (11.11.1987); BR-Drs. 172/87 (24.4.1987). 207 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7.6.1990 über den freien Zugang zur Informationen über die Umwelt vom 8.7.1994, BGBl. I (15.7.1994), S. 1490. Vgl. zur Umsetzung der UIRL I das vom Umweltbundesamt eingeholte Gutachten von H.-U. Erichsen/A. Scherzberg, Umsetzung; J. Fluck/R. Lemp/E. Meyer-Rutz, Zugang. Zum UIG (1994) im einzelnen T. Schomerus/C. Schrader/B.W. Wegener, Umweltinformationsgesetz; J. Fluck/A. Theuer, IF-R/UIG, Bd. I. Vgl. auch J. Strohmeyer, Umweltinformationszugangsrecht. Zur naheliegenden Diskussion zu unmittelbaren Rechtswirkungen verspätet umgesetzter EG-Richtlinien R. Haller, UPR 1994, 88 ff. 208 BT-Drs. 12/5696 vom 20.9.1993. 209 BT-Drs. 12/7138 vom 23.3.1994. Entsprechend der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 18.5.1994, BT-Drs. 12/7582, wurde die Gesetzesvorlage von Bündnis 90/Die Grünen vom Bundestag abgelehnt und der Gesetzentwurf der Bundesregierung in geänderter Form beschlossen, BTPlenarprotokoll 12/228 vom 19.5.1994, S. 19759 f. Der Bundesrat erteilte ohne Anrufung des Vermittlungsausschusses am 10.6.1994 seine Zustimmung zu dem Gesetz, BRPlenarprotokoll 670, S. 318. 210 Vgl. BT-Plenarprotokoll 12/220 vom 15.4.1994, S. 19081.

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B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

Veranlaßt durch die Rechtsprechung des EuGH – dieser hatte unter anderem über ein von der EG-Kommission gegen Deutschland eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelhafter Umsetzung der UIRL I zu entscheiden211 – und des BVerwG änderte und ergänzte der Gesetzgeber das UIG (1994) und die UIGGebV durch Art. 21 und 22 Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer Richtlinien zum Umweltschutz vom 27.7.2001 (UIG-Novelle 2001).212 Auffallend ist, daß es sich bei den Änderungen bzw. Ergänzungen vorwiegend um Verfahrensregelungen handelte. In materiell-rechtlicher Hinsicht reagierte der Gesetzgeber mit der Neufassung von § 7 Abs. 1 Nr. 2 UIG (1994) auf Urteile von EuGH und BVerwG.213 In verfahrensrechtlicher Hinsicht wurde § 4 Abs. 1 S. 3 UIG (1994) neu eingefügt: Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf die Behörde diesen nur dann durch ein anderes geeignetes Informationsmittel gewähren, wenn hierfür gewichtige von ihr darzulegende Gründe bestehen.214 Durch diese Neuregelung nahm der Gesetzgeber die durch das BVerwG vorgenommene Begrenzung des behördlichen Auswahlermessens beinahe wortgleich in den Gesetzestext auf.215 Mit der Neuregelung des § 4 Abs. 2 UIG (1994) betreffend die teilweise Übermittlung von Informationen reagierte der Gesetzgeber auf die im Vertragsverletzungsverfahren getroffene Entscheidung des EuGH, der eine ausdrückliche Regelung dieser behördlichen Verpflichtung im Gesetzestext aus Gründen der Rechtsklarheit für

ņņņņņņņņ 211 Urteil des EuGH vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C-217/97). Vgl. dazu B.W. Wegener, EuR 2000, 227 ff. 212 BGBl. I 2001, S. 1950 (S. 2018 ff.). In den Gesetzesmaterialien nimmt der Gesetzgeber ausdrücklich Bezug auf die Urteile des EuGH vom 17.6.1998 (C-321/96) und vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C-217/97) sowie die Urteile des BVerwG vom 6.12.1996 (7 C 64/95; E 102, 282), vom 25.3.1999 (7 C 21/98; E 108, 369), vom 28.10.1999 (7 C 32/98; E 110, 17) und vom 27.3.2000 (7 C 25/98; NVwZ 2000, 913); vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 162 ff. Vgl. auch M. Rossi, UPR 2000, 175 ff.; B.W. Wegener, ZUR 2001, 93 ff.; J. Fluck/M. Wintterle, VerwArchiv 2003, 437 ff. 213 Art. 21 Nr. 3 Gesetz vom 27.7.2001, BGBl. I, S. 1950 (S. 2018). Vgl. dazu BTDrs. 14/4599, S. 163. Der EuGH stellte in seinen Urteilen vom 17.6.1998 (C-321/96), Rn. 23 ff., und vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C-217/97), Rn. 25 ff., fest, daß entgegen der deutschen Regelung nicht jedes laufende verwaltungsbehördliche Vorverfahren den Informationszugang ausschließe. Das BVerwG entschied in seinem Urteil vom 28.10.1999 (7 C 32/98; E 110, 17), daß alle verfahrensgegenständlichen Daten unabhängig vom Zeitpunkt ihres Zugangs vom Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 2 UIG (1994) erfaßt werden. 214 Art. 21 Nr. 1 lit. a Gesetz vom 27.7.2001, BGBl. I, S. 1950 (S. 2018). 215 Vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 162; Urteile des BVerwG vom 6.12.1996 (7 C 64/95; E 102, 282) und vom 25.3.1999 (7 C 21/98; E 108, 369).

IV. Umweltinformationsgesetz

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erforderlich erachtete.216 Durch die Änderung von § 5 Abs. 2 S. 1 UIG (1994)217 bezweckte der Gesetzgeber die Sicherstellung, daß innerhalb der zweimonatigen Frist nicht lediglich ein förmlicher Zwischenbescheid erlassen wird, sondern die Informationsübermittlung auch tatsächlich stattfindet.218 Schließlich änderte der Gesetzgeber entsprechend der Rechtsprechung von EuGH und BVerwG grundlegend die Kostenvorschriften des UIG (1994) und der zugehörigen UIGGebV.219 Insbesondere widersprach die im UIG a.F. vorgesehene Möglichkeit einer Kostenerhebung im Fall einer Antragsablehnung der UIRL I.220 Durch die Aufnahme des Gebührenbemessungsgebots gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 UIG (1994) und durch das Absenken der Gebührenrahmen der UIGGebV bezweckte der Gesetzgeber, unangemessenen behördlichen Kostenforderungen entgegenzuwirken.221 Mittlerweile war das UIG Gegenstand einer weiteren umfassenden Novellierung. Ausgangspunkt dafür ist das Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (sog. „Aarhus-Konvention“).222 Die Aarhus-Konvention wurde am 25.6.1998 im dänischen Aarhus

ņņņņņņņņ 216

Art. 21 Nr. 1 lit. b Gesetz vom 27.7.2001, BGBl. I, S. 1950 (S. 2018). Vgl. dazu BT-Drs. 14/4599, S. 162; Urteil des EuGH vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C217/97), Rn. 29 ff. 217 Art. 21 Nr. 2 Gesetz vom 27.7.2001, BGBl. I, S. 1950 (S. 2018). In der alten Fassung lautete dieser: „Der Antrag ist innerhalb von zwei Monaten zu bescheiden“. 218 Vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 162. 219 Art. 21 Nr. 4 und Art. 22 Gesetz vom 27.7.2001, BGBl. I, S. 1950 (S. 2018). Vgl. dazu BT-Drs. 14/4599, S. 163 ff.; Urteil des EuGH vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I5087; C-217/97), Rn. 39 ff.; Urteil des BVerwG vom 27.3.2000 (7 C 25/98; NVwZ 2000, 913). 220 Vgl. Urteil des EuGH vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C-217/97), Rn. 55 ff. In der alten Fassung lautete § 10 Abs. 1 S. 1 UIG: „Für Amsthandlungen aufgrund dieses Gesetzes werden Gebühren und Auslagen erhoben“. 221 Vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 164 ff. Das BVerwG führte in seinem Urteil vom 27.3.2000 (7 C 25/98; NVwZ 2000, 913 [914]) aus, daß die volle Ausschöpfung des Gebührenrahmens (bis 10.000 DM) ohnehin nur in Fällen angemessen sei, in denen der Antragsteller die begehrten Informationen wirtschaftlich verwerten könne; in allen anderen Fällen sei mehr oder weniger zwangsläufig eine abschreckende Wirkung zu befürchten. 222 Die Konvention ist benannt nach der dänischen Stadt Aarhus, in der das Übereinkommen unterzeichnet wurde; vgl. M. Zschiesche, ZUR 2001, 177 (177, Fn. 1). Das Übereinkommen ist abgedruckt in NVwZ 2001, Beilage III/2001 zu Heft 3/2001, oder abrufbar auf der Homepage der United Nations Economic Commission for Europe unter http://www.unece.org/env/pp/treatytext.htm (Stand: 15.7.2006). Vgl. zur Aarhus-Konvention M. Scheyli, Archiv des Völkerrechts 38 (2000), 217 ff.; M.E. Butt, Ausweitung;

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B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

anläßlich der 4. Paneuropäischen Umweltministerkonferenz von 35 Staaten und der Europäischen Union unterzeichnet223 und ist am 31.10.2001 in Kraft getreten224. Von den derzeit über 40 Vertragspartnern müssen indes noch einige das Übereinkommen ratifizieren – so auch Deutschland.225 Gründe dafür sind insbesondere Probleme der Zuständigkeitsverteilung zwischen Deutschland und der EU sowie zwischen dem Bund und den Ländern.226 Der rechtliche Aussagegehalt der Aarhus-Konvention läßt sich in drei Säulen unterteilen: die erste Säule beinhaltet Mindestvorschriften über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen (Art. 4 und 5), die zweite Säule regelt die Beteiligung der Öffentlichkeit bei umweltbezogenen Entscheidungen (Art. 6 bis 8) und die dritte Säule umfaßt Bestimmungen über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Art. 9).227 Das UIG fällt somit in den Regelungsbereich der ersten Säule. Zur ersten Säule ist anzumerken, daß in die Aushandlung der Aarhus-Konvention die gesammelten Erfahrungen der EU mit der UIRL I geflossen sind.228 Da die Regelungszuständigkeit der EU jedenfalls im Bereich des Zugangs zu Umweltinformationen unstreitig ist229, wurde die erste Säule der Konvention mittlerweile trotz noch nicht erfolgter Ratifizierung durch die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (UIRL II)230 umgesetzt. Im Interesse größerer Transparenz erschien es den EG-Organen dabei zweckmäßig, die UIRL I nicht zu ändern, sondern einen neuen einheitlichen, klaren und zusammenhän-

ņņņņņņņņ A. Epiney, UN/ECE-Konvention, F II.1; T. v. Danwitz, NVwZ 2004, 272 ff.; S. Schlacke, ZUR 2004, 129 ff. 223 Vgl. M. Zschiesche, ZUR 2001, 177 (177). 224 Vgl. M.E. Butt, Ausweitung, S. 3; T. v. Danwitz, NVwZ 2004, 272 (273). 225 Vgl. zum jeweils aktuellen Stand der Ratifizierungen die stetig aktualisierte Übersicht auf der Homepage der United Nations Economic Commission for Europe unter http://www.unece.org/env/pp/ctreaty.htm (Stand: 15.7.2006). 226 Vgl. T. v. Danwitz, NVwZ 2004, 272 (276 ff.). Daneben dürften allerdings auch die Vorbehalte der deutschen Legislative gegenüber zu umfangreichen Informationsund Beteiligungsansprüchen der Bürger eine Rolle spielen. 227 Vgl. T. v. Danwitz, NVwZ 2004, 272 (274 ff.). Dazu auch M. Scheyli, Archiv des Völkerrechts 38 (2000), 217 (227 f.). 228 Zum Ende 1996 mußten die Mitgliedstaaten der Kommission über ihre Erfahrungen berichten, zusammengefaßt im Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Erfahrungen aus der Anwendung der Richtlinie 90/313/EWG vom 29.6.2000, KOM(2000) 400; vgl. C. Schrader, ZUR 2004, 130 (131). 229 Vgl. T. v. Danwitz, NVwZ 2004, 272 (277). 230 ABl. EG 2003 Nr. L 41, S. 26. Vgl. zur UIRL II M. Butt, NVwZ 2003, 1071 ff.; C. Nowak, DVBl. 2004, 272 (273 ff.); C. Schrader, ZUR 2004, 130 ff.

IV. Umweltinformationsgesetz

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genden Rechtstext zu schaffen.231 Die UIRL II enthält dabei sowohl in materiell-rechtlicher wie auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht bedeutende Änderungen. In materiell-rechtlicher Hinsicht vergrößert sie den Anwendungsbereich des Umweltinformationsanspruchs einerseits durch stark ausgeweitete Legaldefinitionen der Begriffe „Behörde“ und „Umweltinformationen“232 und andererseits durch eine Verengung der Ausnahmetatbestände233. Art. 4 Abs. 2 Unt.Abs. 2 S. 1 UIRL II schreibt nunmehr ausdrücklich vor, daß die vorgesehenen Ablehnungsgründe unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Bekanntgabe eng auszulegen sind. Art. 4 Abs. 2 Unt.Abs. 2 S. 2 UIRL II verpflichtet zudem zu einer Abwägung von Offenbarungs- und Geheimhaltungsinteresse in jedem Einzelfall, weshalb zwingend formulierte Versagungstatbestände nicht mehr zulässig sind. Schließlich schränkt Art. 4 Abs. 2 Unt.Abs. 2 S. 3 UIRL II die Geltung der Versagungsgründe nochmals erheblich ein, soweit ein Zugangsbegehren Informationen über Emissionen in die Umwelt zum Gegenstand hat. In verfahrensrechtlicher Hinsicht enthält die UIRL II Präzisierungen und Ergänzungen, die dem Bürger die Inanspruchnahme seines Informationsanspruchs erleichtern sollen.234 So normiert etwa Art. 3 Abs. 2 UIRL II eine Entscheidungsfrist von in der Regel einem und in Ausnahmefällen zwei Monaten. Art. 3 Abs. 3 und 5 UIRL II verpflichtet die Mitgliedstaaten, ihren Behörden umfangreiche Pflichten aufzuerlegen, den Informationszugang zu unterstützen und Hilfe zu leisten. Nach Art. 5 Abs. 1 UIRL II ist die Einsichtnahme in die beantragten Informationen an Ort und Stelle nunmehr zwingend gebührenfrei. Schließlich regelt die UIRL II umfangreiche aktive Informationspflichten der Mitgliedstaaten und befürwortet die Verwendung von Computer-Telekommunikation und/oder elektronischen Technologien.235 Art. 10 Abs. 1 S. 1 UIRL II hatte die Transformation in das deutsche Recht bis zum 14.2.2005 zu erfolgen. Im Gegensatz zur Umsetzung der UIRL I hat Deutschland diesmal die Umsetzungsfrist zumindest zum Teil gewahrt. Mit Wirkung zum 14.2.2005 ist das entsprechend der UIRL II neugefaßte UIG (2005) in Kraft getreten.236 Grundlegender Unterschied zum UIG (1994) ist die

ņņņņņņņņ 231

Vgl. Erwägungsgrund Nr. 6 UIRL II. Vgl. M. Butt, NVwZ 2003, 1071 (1072 f.); C. Schrader, ZUR 2004, 130 (131 f.). 233 Vgl. M. Butt, NVwZ 2003, 1071 (1073 f.); C. Schrader, ZUR 2004, 130 (132 f.). 234 Vgl. M. Butt, NVwZ 2003, 1071 (1073 f.); C. Schrader, ZUR 2004, 130 (133). 235 Vgl. M. Butt, NVwZ 2003, 1071 (1074 f.); C. Schrader, ZUR 2004, 130 (133 f.). 236 Art. 1 Gesetz zur Neugestaltung des Umweltinformationsgesetzes und zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emmissionshandel vom 22.12.2004, BGBl. I (28.12.2004), S. 3704. Durch Art. 4 dieses Gesetzes wurde gleichsam die Umweltinformationskostenverordnung den Erfordernissen der UIRL II angepaßt. Vgl. dazu BR-Drs. 439/04 (Gesetzentwurf der Bundesregierung); BT-Drs. 15/3406 (Gesetzentwurf der Bundesregierung); BT-Drs. 15/4243 (Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses 232

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B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

Einschränkung des Anwendungsbereichs auf informationspflichtige Stellen des Bundes237 aus Gründen fehlender Gesetzgebungskompetenz.238 Denn der Bund hatte die Gesetzgebungskompetenz für das UIG (1994) unter anderem aus den der Rahmengesetzgebungskompetenz unterliegenden Materien des Naturschutzes (Art. 75 Abs. 1 Nr. 3 GG) und des Wasserhaushalts (Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG) abgeleitet.239 Im Anschluß an das Altenpflege-Urteil des BVerfG240 gelangten die Bundesministerien für Justiz und Inneres jedoch zu der Auffassung, daß kein übergreifendes Umweltgesetz des Bundes mehr ergehen und auch keine substantiellen Änderungen eines bestehenden Gesetzes mehr erfolgen dürfe.241 Daher stehen die Länder nunmehr in der Pflicht, den Zugang zu Umweltinformationen durch eigene Landesgesetze gemeinschaftsrechtskonform zu gewährleisten. Bis alle 16 Bundesländer dieser Verpflichtung nachgekommen sind, verletzt Deutschland die UIRL II. In der Literatur wird im Ansatz zurecht beklagt, daß durch die kompetenzbedingte Aufspaltung des UIG die Rechtseinheit und Rechtsklarheit des Umweltinformationsanspruchs enden und sich das Informationszugangsrecht mangels einer Revisionsmöglichkeit an das Bundesverwaltungsgericht in Länderrechte parzellieren wird.242 Allerdings wird sich eine unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtslage aus zweierlei Gründen in Grenzen halten. Zum einen müssen sowohl das UIG (2005) wie auch die UIG der Länder den Mindestanforderungen der UIRL II Rechnung tragen, was letztlich durch den EuGH mit Wirkung auch für die einzelnen Bundesländer sichergestellt werden wird. Darüber hinaus beabsichtigen die meisten Bundesländer nicht den Erlaß eines eigenen Landes-UIG sondern vielmehr den Erlaß einer gesetzlichen Verweisung auf das UIG (2005), die freilich in den Ländern Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sinnvollerweise

ņņņņņņņņ für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit); BT-Plenarprotokoll 15/126 vom 23.9.2004, S. 11564 ff.; BT-Plenarprotokoll 15/142 vom 25.11.2004, S. 13253 ff. Vgl. auch B. Werres, DVBl. 2005, 611 (617 ff.); A. Guckelberger, UPR 2006, 89. 237 Vgl. § 1 Abs. 2 UIG (1995). 238 Vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 12. Darüber hinaus dürfte allerdings auch die gegenwärtige politische Blockadehaltung des Bundesrates eine Rolle gespielt haben. Vgl. im übrigen zu den maßgeblichen Unterschieden zum UIG (1994) die obigen Ausführungen zu den Neuerungen durch die UIRL II und BT-Drs. 15/3406, S. 1, 11 sowie BTPlenarprotokoll 15/126 vom 23.9.2004, S. 11564. 239 Vgl. BT-Drs. 12/7138, S. 9 ff. Vgl. dazu auch H.-U. Erichsen, NVwZ 1992, 409 (415 f.); T. Schomerus/C. Schrader/B.W. Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 2 Rn. 47 ff. 240 BVerfG, NJW 2003, 41. 241 Vgl. C. Schrader, ZUR 2004, 130 (134). Diese Auffassung wird geteilt von C. Gramm, DÖV 1999, 540 ff.; C. Haslach, DÖV 2004, 12 (18 f.); T. v. Danwitz, NVwZ 2004, 272 (278); a.A. H.-W. Rengeling, DVBl. 1998, 997 ff. 242 Vgl. C. Schrader, ZUR 2004, 130 (134).

V. Brandenburgisches AIG

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in die bestehenden IFGs aufzunehmen wäre.243 Die weitere Rechtsentwicklung bleibt abzuwarten.244

V. Brandenburgisches AIG Als erstes deutsches Bundesland wagte Brandenburg die Abkehr von der beschränkten Aktenöffentlichkeit hin zum Prinzip der Aktenöffentlichkeit. Nach Art. 21 Abs. 4 Verfassung des Landes Brandenburg vom 20.8.1992245 hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Kommunen, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen. Brandenburg ist damit nach wie vor das einzige Bundesland, in dem der Grundsatz der Aktenöffentlichkeit verfassungsrechtlich verankert ist. Zur Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Vorgabe verabschiedete der brandenburgische Landtag das Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) vom 10.3.1998.246 Bemerkenswert erscheint, daß die Opposition den Erlaß eines Informationsfreiheitsgesetzes für gänzlich überflüssig hielt: „In Zeiten dringend notwendiger Deregulierung sollte man nicht dem Ehrgeiz einer Überregulierung verfallen und damit eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für notleidende Juristen initiieren“.247 Das AIG-Bbg wurde seit seiner Einführung nur geringfügig geändert.248 Die erste Änderung erfolgte durch Art. 3 Zweites Gesetz zur Entlastung der Kom-

ņņņņņņņņ 243 So die telefonische Auskunft der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 23.5.2005. 244 Vgl. zur Rechtsentwicklung in Schleswig-Holstein A. Näckel/A. Wasielewski, DVBl. 2005, 1351 (1354 ff.). 245 GVBl. Bbg 1992/I, S. 298. Vgl. dazu J. Angelov, Grundlagen, S. 196 ff. 246 GVBl. Bbg 1998/I, S. 46. Vgl. dazu aus den Gesetzesmaterialien den begründeten Gesetzentwurf, LT-Drs. 2/4417, Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres, LT-Drs. 2/4999, sowie die LT-Plenarprotokolle 2/69 vom 18.9.1997, S. 5713, und 2/80 vom 26.2.1998, S. 6583. Rechtsprechung zu den Verfahrensvorschriften des AIG-Bbg gibt es bislang nicht. Vgl. aus der Literatur R. Breidenbach/B. Palenda, LKV 1998, 252 ff.; R. Kneifel-Haverkamp, DuD 1998, 438 ff.; C.J. Partsch, NJW 1998, 2559 ff.; R. Breidenbach/B. Palenda, NJW 1999, 1307 ff.; A. Dix, DuD 1999, 316; J. Angelov, Grundlagen, S. 196 ff.; A. Dix, DuD 2002, 291 ff.; I. Höffler, Akteneinsichtsrechte, S. 245 ff. 247 So der Abgeordnete Homeyer für die CDU-Fraktion; vgl. LT-Plenarprotokoll 2/80 vom 26.2.1998, S. 6583 f. 248 Einer Gesetzesvorlage der PDS-Fraktion, die insbesondere einige verfahrensrechtliche Ergänzungen des AIG-Bbg enthielt, war kein Erfolg beschieden; vgl. LT-Drs. 3/3376; LT-Plenarprotokoll 3/44 vom 25.10.2001, S. 2883.

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

62

munen von pflichtigen Aufgaben vom 17.12.2003.249 Wesentliche Änderungen waren die Einführung einer Bescheidungsfrist von einem Monat, die Aufhebung der behördlichen Verpflichtung, auf Verlangen des Antragstellers die Zustimmung Dritter zur Offenbarung einzuholen, sowie die Ergänzung der Kostenvorschriften dahingehend, daß bei der Gebührenfestsetzung nunmehr auch Bedeutung und sonstiger Nutzen des Informationszugangs für den Antragsteller berücksichtigungsfähig sind.250 Durch Art. 6 Gesetz zur Anpassung verwaltungsrechtlicher Vorschriften an den elektronischen Rechtsverkehr vom 17.12.2003 ergänzte der Gesetzgeber § 6 Abs. 1 S. 3 AIG-Bbg um die Möglichkeit der elektronischen Antragstellung.251 Das Gesetz zur Neuregelung des Landesorganisationsrechts und zur Umsetzung des Haushaltssicherungsgesetzes 2003 vom 25.5.2004252 enthielt lediglich formale Gesetzeskorrekturen.

VI. Berliner IFG Dem Beispiel Brandenburgs folgend, beschloß das Berliner Abgeordnetenhaus eineinhalb Jahre später das Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin (Berliner Informationsfreiheitsgesetz – IFG) vom 15.10.1999.253 Größere Änderungen hat es bislang nicht erfahren.254 Auch in Berlin stieß die Einführung der grundsätzlichen Aktenöffentlichkeit auf den Widerstand der Opposition, die in dem IFG-B schlicht ein „höchst förmliches

ņņņņņņņņ 249

GVBl. Bbg 2003/I, S. 294, 295. Vgl. dazu den begründeten Gesetzentwurf sowie Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres, LT-Drs. 3/6324 und 3/6691. 250 Art. 3 Nr. 1 a), Nr. 2 und Nr. 3 a) Gesetz vom 17.12.2003, GVBl. Bbg I, S. 294, 295. 251 GVBl. Bbg 2003/I, S. 298, 303. 252 GVBl. Bbg 2004/I, S. 195. 253 GVBl. B 1999, S. 561. Vgl. dazu aus den Gesetzesmaterialien den sehr knapp begründeten – dieser enthält keine Begründung der einzelnen Gesetzesbestimmungen – Gesetzentwurf, LT-Drs. 13/1623, die Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, LTDrs. 13/4109, sowie die LT-Plenarprotokolle 13/28 vom 15.5.1997, S. 2151, und 13/68 vom 23.9.1999, S. 4984. Rechtsprechung zu den Verfahrensvorschriften des IFG-B gibt es kaum; das VG Berlin befaßte sich im Urteil vom 26.2.2002, NVwZ-RR 2002, 810, mit Fragen des in camera-Verfahrens und des teilweisen Aktenzugangs. Vgl. aus der Literatur C.J. Partsch, LKV 2001, 98 ff. 254 Die bisherigen Änderungen waren lediglich formaler Natur; vgl. Art. XXII Gesetz zur Anpassung landeseigener Gesetze an den Euro (Berliner Euro-Anpassungsgesetz) vom 16.7.2001, GVBl. B, S. 260, 262; Art. II Gesetz zur Änderung des Berliner Datenschutzgesetzes und anderer datenschutzrechtlicher Regelungen vom 30.7.2001, GVBl. B, S. 305, 311.

VII. Schleswig-holsteinisches IFG

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und kostenaufwendiges Beschäftigungsprogramm für Beamte und gegebenenfalls Richter und Rechtsanwälte“255 sah.

VII. Schleswig-holsteinisches IFG Als drittes deutsches Bundesland führte Schleswig-Holstein Anfang 2000 den Grundsatz der Öffentlichkeit von Verwaltungsakten ein. Das Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein (Informationsfreiheitsgesetz für das Land Schleswig-Holstein - IFG-SH) vom 9.2.2000256 gilt seitdem (nahezu) unverändert.257 Bemerkenswerterweise wurde die Gesetzesinitiative weder von der Landesregierung noch von den verbundenen Koalitionsfraktionen (SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sondern vom oppositionellen Südschleswigschen Wählerverband (SSW) eingebracht, nachdem die Landesregierung einer parlamentarischen Aufforderung zur Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Informationsfreiheit über längere Zeit nicht nachkam.258 Die Regierungsfraktionen unterstützten jedoch im weiteren Verlauf die Gesetzesinitiative des SSW sogar gegen den Willen der Landesregierung.259

ņņņņņņņņ 255 So der Abgeordnete Werner für die CDU-Fraktion; vgl. LT-Plenarprotokoll 13/28 vom 15.5.1997, S. 2152. 256 GVBl. SH, S. 166. Vgl. dazu aus den Gesetzesmaterialien den Gesetzentwurf, LTDrs. 14/2374, Bericht und Beschlußempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses, LTDrs. 14/2667, sowie die LT-Plenarprotokolle 14/94 vom 16.9.1999, S. 7093, und 14/104 vom 26.1.2000, S. 7935. Rechtsprechung zu den Verfahrensvorschriften des IFG-SH gibt es bislang nicht. Vgl. aus der Literatur G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz. Vgl. auch H. Bäumler, NJW 2000, 1982 (1985 f.); T. Weichert, DuD 2000, 5 ff.; C. Nordmann, RDV 2001, 71 ff. Umfangreiche statistische Angaben finden sich bei B. Köster, DuD 2003, 36 ff. 257 Das IFG-SH wurde lediglich redaktionell angepaßt durch Art. 9 Gesetz zur Neuregelung des Disziplinarrechts vom 18.3.2003 (GVBl. SH, S. 154, 168); vgl. LT-Drs. 15/1767, S. 91. 258 Vgl. LT-Drs. 14/2374; LT-Plenarprotokoll 14/94 vom 16.9.1999, S. 7093, 7094 f., 7096. Vgl. ausführlich zur Entstehungsgeschichte G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 9 f.; T. Weichert, DuD 2000, 5 (5 f.). 259 Vgl. LT-Plenarprotokoll 14/104 vom 26.1.2000, S. 7935, 7937, 7940 f. Der SPDAbgeordnete Klaus-Peter Puls brachte die Unterstützung für den von der Abgeordneten Anke Spoorendonk (SSW) ausgearbeiteten Gesetzentwurf sehr plastisch – und daher trotz geringer wissenschaftlicher Relevanz erwähnenswert – mit den folgenden Worten zum Ausdruck: „Wir rufen erfreut aus: Auch wenn der Amtsschimmel hier und da noch etwas unwillig wiehert, wir folgen der Amazone Anke auf ihrem parlamentarischen Ritt in die gläserne Verwaltung!“; a.a.O. S. 7937.

64

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

VIII. Nordrhein-westfälisches IFG Als viertes und bislang letztes deutsches Bundesland entschied sich Nordrhein-Westfalen für die Einführung des Grundsatzes der Aktenöffentlichkeit. Das Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen – IFG NRW) vom 27.11.2001260 hat bislang noch keine Änderung erfahren. Anders als in den übrigen Bundesländern ging in Nordrhein-Westfalen die Gesetzesinitiative von der oppositionellen CDU-Fraktion aus. Unter dem 31.10.2000 legte diese den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Informationsfreiheit des Landes Nordrhein-Westfalen (Nordrhein-westfälisches Informationsfreiheitsgesetz – IFG) vor.261 Im weiteren Verfahren holte der Ausschuß für Innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform von verschiedenen Sachverständigen Stellungnahmen zu diesem Gesetzentwurf ein und debattierte die Ergebnisse im Rahmen einer Anhörung am 15.3.2001.262 Die Sachverständigen übten dabei zum Teil erhebliche Kritik an dem CDU-Gesetzentwurf, insbesondere an der der Natur von Informationsfreiheitsrechten grundsätzlich widersprechenden Anspruchsvoraussetzung der Geltendmachung eines berechtigten Interesses.263 Unter Berücksichtigung der Kritik an dem schon vorliegenden Gesetzentwurf

ņņņņņņņņ 260 GVBl. NRW 2001, S. 806. Vgl. dazu aus den Gesetzesmaterialien den Gesetzentwurf, LT-Drs. 13/1311, Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform, LT-Drs. 13/1748, den Änderungsantrag der FDP-Fraktion LT-Drs. 13/1786, sowie die LT-Plenarprotokolle 13/33 vom 21.6.2001, S. 3215, und 13/41 vom 15.11.2001, S. 4063. Rechtsprechung zu den Verfahrensvorschriften des IFG-NRW gibt es in beschränktem Umfang; das VG Minden befaßte sich im Urteil vom 26.1.2004, Az. 3 K 1162/02, unter anderem mit § 5 Abs. 1 S. 3 und Abs. 4 IFG-NRW, und im Urteil vom 24.3.2004, Az. 3 K 1965/02, unter anderem mit § 5 Abs. 1 S. 3 und § 10 IFG-NRW; das Verwaltungsgericht Arnsberg befaßte sich in seinem Urteil vom 25.6.2004, Az. 11 K 1254/03, mit einigen Fragen der Kostenfestsetzung. Auch nicht veröffentlichte Urteile aller nordrhein-westfälischen Gerichte können über die Online-Rechtsprechungsdatenbank des NRW-Justizportals eingesehen werden unter: http://www.justiz.nrw.de/RB/nrwe2/index.php (Stand: 15.7.2006). Vgl. aus der Literatur B. Axler, CR 2002, 847 ff.; T.R. Wolf-Hegerbekermeier/B. Pelizäus, DVBl. 2002, 955 ff.; F. Stollmann, NWVBl. 2002, 216 ff.; M. Zilkens, RDV 2002, 300 ff.; O. Bischopink, NWVBl. 2003, 245 ff.; C.J. Partsch/W. Schurig, DÖV 2003, 482 ff. 261 LT-Drs. 13/321. 262 Die Stellungnahmen der Sachverständigen sind Bestandteil von Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform, LT-Drs. 13/1748, S. 14 ff. 263 Vgl. LT-Drs. 13/1748, S. 22 f., 24 f. Richtigerweise wies der brandenburgische Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht, Alexander Dix, darauf hin, daß es dem Grundsatz der Informationsfreiheit widerspreche, den Zugang an Voraussetzungen zu knüpfen; vgl. a.a.O. S. 25.

IX. Bundes-IFG

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legten die Regierungsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter dem 12.6.2001 einen eigenen Gesetzentwurf vor264, der insbesondere hinsichtlich der Verfahrensregelungen im Rahmen der Ausschußarbeit nur noch geringe Änderungen erfuhr265. Letztlich stimmte der nordrhein-westfälische Landtag einstimmig für den von den Regierungsfraktionen vorgelegten Gesetzentwurf.266

IX. Bundes-IFG Mit Erlaß des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) vom 5.9.2005267 besteht nunmehr ab dem 1.1.2006 auch gegenüber Behörden des Bundes ein Informationszugangsanspruch. Die Impulse zur Schaffung des BIFG gehen hauptsächlich auf die sektorale Verwaltungstransparenz im Umweltbereich zurück. Auf die Gesetzeshistorie des UIG kann deswegen auch in Bezug auf das BIFG Bezug genommen werden.268 Obwohl die Schaffung eines IFG auf Bundesebene schon in der 14. Legislaturperiode Gegenstand der Koalitionsvereinbarung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war, legten die Regierungsfraktionen erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung in der 15. Legislaturperiode – unter dem 14.12.2004 – einen entsprechenden Gesetzentwurf vor.269 Der Erfolg dieser Initiative erschien jedoch angesichts der überraschend vorgezogenen Bundestagswahl im

ņņņņņņņņ 264

LT-Drs. 13/1311. Vgl. LT-Drs. 13/1748, S. 2 ff. Das IFG-NRW wurde ergänzt um die Möglichkeit einer mündlichen oder elektronischen Antragstellung (§ 5 Abs. 1 S. 2) sowie um die Hinweispflicht, im Falle einer Antragsablehnung die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz als Beauftragte oder Beauftragten für das Recht auf Information anzurufen zu können (§ 5 Abs. 2 S. 4). 266 Vgl. das LT-Plenarprotokoll 13/41 vom 15.11.2001, S. 4073 f. Zu bemerken ist, daß der einstimmige Landtagsbeschluß trotz der Eindrücke des Anschlags auf das World Trade Center vom 9.11.2001 gefaßt wurde. 267 BGBl. I, S. 2722. Vgl. dazu aus den Gesetzesmaterialien den Gesetzentwurf, BTDrs. 15/4493, Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses, BT-Drs. 15/5606 sowie die BT-Plenarprotokolle 15/149 vom 17.12.2004, S. 13945, und 15/179 vom 3.6.2005, S. 16949. Vgl. aus der Kommentarliteratur S. Berger/J. Roth/C. Scheel, Informationsfreiheitsgesetz; M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz; S.-D. Jastrow/A. Schlatmann, Informationsfreiheitsgesetz. Aus der Aufsatzliteratur M. Kloepfer/K. v. Lewinski, DVBl. 2005, 1277; D. Kugelmann, NJW 2005, 3609; H. Schmitz/S.-D. Jastrow, NVwZ 2005, 984; B. Sokol, CR 2005, 835. 268 Siehe B.IV. 269 BT-Drs. 15/4493. 265

B. Geschichtliche Entwicklung und aktuelle Rechtslage

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Herbst 2005 wegen des Grundsatzes der Diskontinuität ungewiß. Jede zeitliche Verzögerung, insbesondere die Anrufung des Vermittlungsausschusses, hätte zum Verfall des Gesetzentwurfes geführt. Da die oppositionelle FDP befürchtete, in einer sich abzeichnenden Koalition mit der CDU/CSU ein vergleichbares Informationsfreiheitsgesetz nicht durchsetzen zu können, leistete sie zur rechtzeitigen Verabschiedung des Koalitionsentwurfs passive Unterstützung. Bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf im Bundestag enthielten sich die Abgeordneten der FDP-Fraktion ihrer Stimme.270 Des weiteren veranlaßte die FDP die Landesregierungen, an denen sie beteiligt war, sich bei der Abstimmung im Bundesrat über die Anrufung des Vermittlungsausschusses der Stimme zu enthalten und so eine Mehrheit für dessen Anrufung zu verhindern.271

ņņņņņņņņ 270

Vgl. BT-Drs. 15/5606, S. 5; BT-Plenarprotokoll 15/179 vom 3.6.2005, S. 16959. Vgl. BR-Plenarprotokoll 813 vom 8.7.2005, S. 278; M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, Einl. Rn. 13. Vgl. zur Vorgeschichte des BIFG in den vorangegangenen Legislaturperioden auch J. Kollbeck/J. v. Dobeneck, Informationsfreiheitsgesetz, S. 23 ff. 271

C.transparenzfördernde Allgemeine transparenzfördernde C. Allgemeine Verpflichtungen der Behörde Verpflichtungen der Behörde Transparenzfördernde Verpflichtungen öffentlicher Stellen außerhalb eines konkreten Zugangsverfahrens können in drei grundsätzliche, sich teilweise überschneidende Kategorien unterteilt werden: Organisations-, aktive Informations- und Berichtspflichten. Während letztere Kategorie der Verwaltungskontrolle dient, bereiten Organisations- und Informationsverpflichtungen die Grundlage für die Ermöglichung bzw. die effektive Nutzung des individuellen Zugangsanspruchs. Je einfacher (bzw. sofern) der Bürger in Erfahrung bringen kann, welche Informationen bei öffentlichen Stellen vorhanden sind, desto eher (bzw. nur dann) wird er sein Informationszugangsrecht tatsächlich in Anspruch nehmen.1 Darüber hinaus können gesetzliche Organisationspflichten Einfluß auf die Auslegung von Tatbestandsmerkmalen haben, die den Schutz der behördlichen Arbeitsfähigkeit bezwecken.2

I. Schwedische Tryckfrihetsförordning Registrierungs- und Aktenführungsregelungen sind sowohl in der Tryckfrihetsförordning als auch ergänzend im Sekretesslag vorhanden.3 Geht ein Dokument bei einer Behörde ein oder wird ein Dokument von einer Behörde erstellt, ist es unverzüglich zu registrieren, sofern es nicht offensichtlich von

ņņņņņņņņ 1

So hat etwa die Inbetriebnahme des elektronischen Dokumentenregisters des Rates zu einer deutlich vermehrten Nachfrage nach Informationen geführt. Als das Register 1999 in Betrieb genommen wurde, stieg die Anzahl der Informationszugangsanträge verglichen zum Vorjahr um 70%; vgl. EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 41. 2 So stellte z.B. das VG Minden in seinem Urteil vom 24.3.2004, Az. 3 K 1965/02, fest, daß die Frage nach der Unverhältnismäßigkeit des Aufwands i.S.v. § 10 Abs. 1 IFG-NRW im Lichte von § 10 Abs. 2 IFG-NRW zu interpretieren sei. Dementsprechend könne sich die Behörde auf diesen Einwand nur in Ausnahmefällen berufen. 3 Vgl. zur Registrierung von Dokumenten G. Petrén, Access, S. 35 ff. (S. 41).

68

C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde

untergeordneter Bedeutung für die Tätigkeit der Behörde ist.4 Jedoch kann von der Registrierung abgesehen werden, wenn die Dokumente in einer Weise verwahrt werden, die eine problemlose Ermittlung der und Zugriff auf die Dokumente erlauben.5 Die Regierung kann bei Vorliegen berechtigter Gründe für bestimmte Arten von Dokumenten, die bei der Behörde in großer Zahl verwahrt werden, Ausnahmen von der Registrierungspflicht bestimmen.6 Wird ein Dokument in einem EDV-Register verwahrt, auf das mehrere Behörden zugreifen und Ausdrucke daraus fertigen können, trifft die Registrierungspflicht nur die Behörde, die die Information in das EDV-Register eingestellt hat.7 Bei der Registrierung sind folgende Angaben aufzunehmen: das Eingangs- oder Erstellungsdatum; jedes auf dem Dokument vorhandene Aktenzeichen oder jede sonstige Bezeichnung; sofern relevant, den Informationsgeber oder Absender des Dokuments; sowie eine kurze Inhaltsangabe.8 Die Angaben zu Informationsgeber oder Absender und zum Inhalt des Dokuments können jedoch bei der Registrierung weggelassen oder getrennt registriert werden, wenn dies erforderlich ist, um die übrigen Registerteile öffentlich zugänglich zu halten9; die vorstehende Befreiung gilt allerdings auf Anordnung der Regierung nicht für Register, wenn die darin registrierten Dokumente mehrheitlich unter diese Ausnahmeregelung fallen10. Ein Geheimhaltungsvermerk darf nur auf Dokumenten angebracht werden, die unter einen Ausnahmetatbestand des Sekretesslag fallen.11 Auf diesen muß ausdrücklich Bezug genommen werden.12 Außerdem hat der Vermerk das Wort „geheim“ zu enthalten und muß das Datum des Vermerks und den Urheber bezeichnen.13 Sofern nur eine bestimmte Behörde über die Zugänglichkeit eines Dokuments, das für die nationale Sicherheit von höchster Bedeutung ist, entscheiden darf, ist auf dem Dokument so bald wie möglich ein Geheimhaltungs-

ņņņņņņņņ 4 Kap. 15 Art. 1 Abs. 1 S. 1 SL. Dokumente, die von offensichtlich untergeordneter Bedeutung für die Tätigkeit der Behörden sind etwa Zeitungsausschnitte und Werbematerialien; vgl. Ministry of Justice, The right of access to official documents in Sweden, Stockholm 1996, S. 7. 5 Kap. 15 Art. 1 Abs. 1 S. 2 SL. 6 Kap. 15 Art. 1 Abs. 2 SL. 7 Kap. 15 Art. 13 und Art. 1 Abs. 3 SL. 8 Kap. 15 Art. 2 Abs. 1 SL. 9 Kap. 15 Art. 2 Abs. 2 SL. 10 Kap. 15 Art. 2 Abs. 3 SL. 11 Kap. 2 Art. 16 S. 1 TF, Kap. 15 Art. 3 Abs. 1 S. 1 SL. 12 Kap. 2 Art. 16 S. 2 TF. 13 Kap. 15 Art. 3 Abs. 1 S. 2 SL.

I. Schwedische Tryckfrihetsförordning

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vermerk anzubringen.14 Der Vermerk ist um die Bezeichnung der entscheidungsbefugten Behörde zu ergänzen.15 Die elektronische Datenverarbeitung der Behörden ist allgemein unter Berücksichtigung des Informationszugangsrechts nach der Tryckfrihetsförordning zu errichten.16 Insbesondere sind dabei vier Grundsätze zu beachten: offenbarungspflichtige Dokumente sind von geheimhaltungspflichtigen zu trennen17; der Schutz geheimhaltungspflichtiger Dokumente ist so auszugestalten, daß der Informationszugang nach der Tryckfrihetsförordning nicht erschwert wird18; die gespeicherten Dokumente dürfen keine Abkürzungen, Codes oder ähnliche Kürzel enthalten, die dem einzelnen das Verstehen der Dokumente erschwert19; und es muß aus den gespeicherten Dokumenten hervorgehen, zu welchem Zeitpunkt deren Inhalte ergänzt, geändert oder gelöscht worden sind20. Ferner ist das Interesse der Bürger, selbst mittels EDV-Einrichtungen Zugriff auf offenbarungspflichtige Dokumente zu nehmen, bei der Einrichtung der Datenverarbeitung angemessen zu berücksichtigen.21 Das Sekretesslag auferlegt den Behörden die Verpflichtung, eine Beschreibung vorhandener EDV-Register, EDV-Listen und anderer EDV-Bezeichnungen zu veröffentlichen, sofern eine solche nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung für das Informationszugangsrecht des Bürgers ist22; die Verpflichtung gilt nicht für EDV-Register, die auch nicht nur teilweise der Transparenzverpflichtung unterliegen23. Die Beschreibung muß insbesondere nachfolgende Angaben beinhalten: Bezeichnung, Zweck und Inhalt des EDV-Registers; druckberechtigte Zugriffsmöglichkeit anderer Behörden; vom Bürger benutzbare behördliche EDV-Einrichtungen; gewöhnlich auf den Inhalt des EDV-Registers anwendbare Geheimhaltungsvorschriften; sowie einen behördlichen Ansprechpartner, der weitere Informatio-

ņņņņņņņņ 14

Kap. 15 Art. 3 Abs. 2 S. 1 SL. Kap. 15 Art. 3 Abs. 2 S. 2 SL. 16 Kap. 15 Art. 9 S. 1 SL. In der Praxis führen diese Bestimmungen dazu, daß die Behörden schon bei der elektronischen Erfassung Informationen auf ihre mögliche Geheimhaltungsbedürftigkeit hin untersuchen und die Daten entsprechend kennzeichnen. Bei der Abfrage der Daten erscheint dann am Bildschirm die Anmerkung, daß Zugang erst nach einer Geheimhaltungsprüfung durch einen Behördenmitarbeiter erfolgen kann. Vgl. T. Askelöf/R. Fernemann-Heurgren, Akteneinsicht, S. 473 ff. (S. 489). 17 Kap. 15 Art. 9 S. 2 Nr. 1 SL. 18 Kap. 15 Art. 9 S. 2 Nr. 2 SL. 19 Kap. 15 Art. 9 S. 2 Nr. 3 SL. 20 Kap. 15 Art. 9 S. 2 Nr. 4 SL. 21 Kap. 15 Art. 9 S. 3 SL. 22 Kap. 15 Art. 11 Abs. 1 S. 1 und 3 SL. 23 Kap. 15 Art. 11 Abs. 1 S. 2 SL. 15

C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde

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nen über das EDV-Register und seinen behördlichen Gebrauch geben kann.24 Schließlich verpflichtet das Sekretesslag die Behörden, alle elektronisch bearbeiteten Vorgänge den Akten in lesbarer Form zuzuführen.25 Besondere Vorschriften über die Nutzung des Internets zur Förderung behördlicher Transparenz enthält das Sekretesslag nicht.

II. U.S. Freedom of Information Act Nach dem FOIA obliegen den Behörden umfassende Publizitätspflichten. Nachfolgende Informationen müssen der Öffentlichkeit gesondert bekanntgegeben und laufend im U.S. Bundesanzeiger („Federal Register“)26 veröffentlicht werden27: eine Beschreibung der Haupt- und Fachbereichsorganisation der Behörden sowie die Angabe, an welchen Orten, von bzw. bei welchen Mitarbeitern und unter welchen Voraussetzungen die Öffentlichkeit Informationen erlangen, Anträge einreichen oder Entscheidungen erhalten kann28; Angaben über Formen und Methoden behördlicher Aufgabenbewältigung, inklusive Beschaffenheit und Voraussetzungen aller angewandten formellen und informellen Verfahren29; Verfahrensregelungen, eine Beschreibung welche Formulare wo erhältlich sind sowie Vorschriften betreffend Umfang und Inhalt behördlicher Schreiben, Berichte oder Untersuchungen30; generelle materielle Regeln und allgemein anwendbare Auslegungsgrundsätze, die von der Behörde erlassen und befolgt werden31; sowie jede Ergänzung, Bearbeitung oder Aufhe-

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Kap. 15 Art. 11 Abs. 2 SL. Nach Abs. 3 können (geheimzuhaltende) Angaben ausgelassen werden, um die Zugänglichkeit der Beschreibung im übrigen zu gewährleisten. 25 Kap. 15 Art. 14 SL. 26 Das Federal Register ist die täglich erscheinende Publikation, in der Normen, Normvorschläge und Bekanntmachungen der U.S. Bundesbehörden sowie executive orders (vgl. zur executive order Nr. 12600 [23.6.1987] die Nachweise in Teil D., Fn. 89 und zum Institut allgemein die Nachweise in Teil B., Fn. 178) und andere präsidentielle Dokumente veröffentlicht werden. Herausgeber ist das Office of the Federal Register (OFR) der National Archives and Records Administration (NARA); vgl. deren Homepage unter http://www.archives.gov/federal_register/index.html (Stand: 15.7.2006). Das Federal Register wird vom U.S. Government Printing Office (GPO) als elektronische Ressource unter http://www.gpoaccess.gov/fr/ (Stand: 15.7.2006) zur Verfügung gestellt. 27 (a)(1) FOIA. Vgl. dazu E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 519). 28 (a)(1)(A) FOIA. 29 (a)(1)(B) FOIA. 30 (a)(1)(C) FOIA. 31 (a)(1)(D) FOIA. Vgl. E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 519).

II. U.S. Freedom of Information Act

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bung vorstehender Angaben32. Auf Regelungen, die nicht vorschriftsmäßig im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden, darf eine Person nicht verwiesen noch darf sie durch eine solche nachteilig betroffen werden; anderes gilt, soweit die Regelungen der Person tatsächlich und rechtzeitig zur Kenntnis gelangt sind.33 Der Veröffentlichungsverpflichtung kann mit Zustimmung des Direktors des Federal Register auch durch Aufnahme einer Bezugnahme entsprochen werden.34 Ferner haben die Behörden nachfolgende Informationen zur Einsichtnahme und Vervielfältigung durch die Öffentlichkeit bereitzuhalten35: verfahrensabschließende Entscheidungen, inklusive konkurrierender und abweichender Meinungen, sowie im Laufe des Verfahrens ergangene Anordnungen36; Angaben zu den von der Behörde praktizierten Verfahrensweisen und Gesetzesauslegungen, welche nicht im Federal Register veröffentlicht sind37; außenwirksame Dienstvorschriften und Anweisungen an die Behördenmitarbeiter38; Kopien aller Dokumente, ohne Rücksicht auf Form oder Format, die Gegenstand eines Informationszugangsbegehrens waren und die nach Einschätzung der Behörde aufgrund ihres Inhalts wahrscheinlich Gegenstand weiterer Zugangsbegehren sein werden39; sowie ein Verzeichnis dieser Dokumente40. Dieser Bereithaltungsverpflichtung kann die Behörde entgehen, wenn die Informationen unverzüglich veröffentlicht und Kopien zum Verkauf angeboten werden.41 Die Bereitstellung erfolgt in der Praxis in sogenannten Leseräumen („reading rooms“), die von den Behörden unterhalten werden.42 Nach den Änderungen bzw. Ergänzungen des FOIA durch den Electronic Freedom of Information Act43 haben die Behörden zusätzlich sogenannte elektronische Leseräume („electronic reading rooms“)44 einzurichten. Sie müssen nunmehr alle Informatio-

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(a)(1)(E) FOIA. (a)(1) FOIA. 34 (a)(1) FOIA. 35 (a)(2) FOIA. Vgl. auch E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 520). 36 (a)(2)(A) FOIA. 37 (a)(2)(B) FOIA. 38 (a)(2)(C) FOIA. 39 (a)(2)(D) FOIA. 40 (a)(2)(E) FOIA. 41 (a)(2) FOIA. 42 Vgl. U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide, Stand: Mai 2004, FOIA Reading Rooms. Der FOIA-Guide steht lediglich als elektronische Ressource zur Verfügung. Diese ist zugänglich auf der Homepage des Justizministeriums unter http://www.usdoj.gov/04foia/foi-act.htm (Stand: 15.7.2006). 43 Siehe dazu B.II. 44 Siehe dazu B.II. 33

C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde

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nen auch mittels computerisierter Telekommunikation oder anderer elektronischer Einrichtungen zur Verfügung stellen.45 Dieser Verpflichtung sind mittlerweile sämtliche U.S. Bundesbehörden durch die Integrierung der electronic reading room-Funktion in ihre Internetauftritte im World Wide Web nachgekommen.46 Zum Schutz personenbezogener Daten können die Behörden selbige von der Veröffentlichung ausnehmen; sie müssen, sofern dies ohne Beeinträchtigung der durch die Ausnahmetatbestände des FOIA geschützten Interessen möglich ist, den Grund der Auslassung umfassend begründen und den Umfang der ausgelassenen Daten möglichst an der Stelle der Auslassung selbst beschreiben.47 Verfahrensabschließende Anordnungen, Entscheidungen, behördliche Verfahrensweisen, Auslegungen, außenwirksame Dienstvorschriften oder Dienstanweisungen können gegen eine Partei nur verwendet werden, wenn sie vorschriftsmäßig veröffentlicht wurden oder wenn sie der Partei tatsächlich und rechtzeitig zur Kenntnis gelangt sind.48 Des weiteren muß jede Behördenleitung einen Leitfaden über den Zugang zu behördlichen Informationen oder sonstiges Referenzmaterial verfassen und auf Nachfrage zur Verfügung stellen, worin insbesondere enthalten sein muß: eine Auflistung aller wichtigen Informationssysteme der Behörde; eine Beschreibung aller wichtigen von der Behörde zur Auffindung von Akten eingesetzten Systeme; und Informationen hinsichtlich der Zugänglichkeit verschiedener Arten und Kategorien offenbarungspflichtiger Daten, wobei gesetzliche Bestimmungen über die Verfahrensweise des Bundes bei der Informationsbearbeitung zu beachten sind.49 Neben diesen Veröffentlichungspflichten hat jede Behörde gemäß dem FOIA angemessene Anstrengungen zu unternehmen, Akten in zur Vervielfältigung geeigneten Formen und Formaten vorzuhalten.50 Diese Aktenführungsverpflichtung des FOIA effektiviert das Recht eines Antragstellers, im Rahmen eines individuellen Zugangsverfahrens Informationen in der gewünschten Form oder dem gewünschten Format zu erhalten.51 Dieses Recht steht unter dem Vorbehalt eines angemessenen Aufwands der Behörde52, der natürlich um so

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(a)(2) FOIA. Siehe dazu B.II. 47 (a)(2) FOIA. Nach dem Wortlaut gilt die Regelungen nur hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten. Sinn und Zweck des FOIA gebietet freilich eine umfassende Anwendung dieser Vorschrift auch auf die anderen durch (b) FOIA geschützten Interessen. 48 (a)(2) FOIA. 49 (g) FOIA. 50 (a)(3)(B) FOIA. 51 (a)(3)(B) FOIA. Siehe auch D.IV.2. 52 (a)(3)(B) FOIA. Siehe auch D.IV.2. 46

II. U.S. Freedom of Information Act

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geringer ist, desto mehr an vorbereitenden Maßnahmen die Behörde im Vorfeld, außerhalb des individuellen Verfahrens ergreift. Schließlich auferlegt der FOIA den Behörden umfassende Berichtspflichten. Jede Bundesbehörde hat beim U.S. Justizminister jeweils bis zum 1. Februar einen Bericht betreffend das vorangegangene Fiskaljahr einzureichen, der nachfolgende Angaben enthalten muß53: die Anzahl der von der Behörde abgelehnten Informationszugangsbegehren und die jeweiligen Ablehnungsgründe54; die Anzahl der eingelegten behördlichen Rechtsbehelfe, deren Ausgang und bei Aufrechterhaltung der Zugangsverweigerung die jeweiligen Verweigerungsgründe55; eine vollständige Liste aller Gesetze im Sinne von (b)(3) FOIA, auf die sich die Behörde zur Zugangsverweigerung berufen hat, die Angabe, ob die Auffassung der Behörde in einem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren vom Gericht bestätigt wurde, sowie eine präzise Beschreibung des Umfangs der zurückgehaltenen Informationen56; die Anzahl der ab dem 30. September des Vorjahres anhängigen Verfahren und die mittlere Bearbeitungsdauer selbiger57; die Anzahl der eingegangenen Anträge auf Informationszugang und die Zahl der abgearbeiteten58; die jeweilige mittlere Bearbeitungsdauer innerhalb der unterschiedlichen Bearbeitungsverfahren59; die Summe der für den Informationszugang erhobenen Gebühren60; sowie die Anzahl der mit der Bearbeitung von Informationsbegehren beschäftigten Vollzeitmitarbeiter und die Gesamtkosten der Bearbeitung der Begehren61. Die Behörden müssen ihre Berichte neben der Weiterleitung an den U.S. Justizminister62 zudem der Öffentlichkeit zugänglich machen, was die elektronische Bekanntmachung – mittels Internet – einschließt.63 Der U.S. Justizminister hat dafür zu sorgen, daß alle elektronisch

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(e)(1) FOIA. Gemäß (e)(4) FOIA hat der U.S. Justizminister nach Rücksprache mit dem Direktor des Office of Management and Budget die Berichtspflicht konkretisierende Richtlinien auszuarbeiten, wobei er nach eigenem Ermessen weitere Vorgaben machen kann. 54 (e)(1)(A) FOIA. 55 (e)(1)(B)(i) FOIA. Angaben hinsichtlich Einleitung und Ausgang von sich anschließenden Gerichtsverfahren müssen die Berichte nicht enthalten. Diese Informationen finden sich im jährlichen Bericht des U.S. Justizministers; siehe dazu D.VIII.2. 56 (e)(1)(B)(ii) FOIA. 57 (e)(1)(C) FOIA. 58 (e)(1)(D) FOIA. 59 (e)(1)(E) FOIA. Dies bezieht sich auf die Möglichkeit des multitrack processing; siehe dazu D.II.2. 60 (e)(1)(F) FOIA. 61 (e)(1)(G) FOIA. 62 Siehe zur Berichtspflicht an den U.S. Justizminister D.VIII.2. 63 (e)(2) FOIA.

C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde

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veröffentlichten Berichte über einen zentralen elektronischen Zugangspunkt zugänglich sind.64

III. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) Die Transparenzverordnung regelt umfassende Veröffentlichungspflichten. Über die nach dem EG-Vertrag bestehenden Publizitätspflichten betreffend Rechtsakte der EG65 hinaus bestimmt die Transparenzverordnung die Veröffentlichung politischer Dokumente, wie beispielsweise Vorschläge der Kommission, Gemeinsame Standpunkte des Rates sowie solche des Europäischen Parlaments im Rechtsetzungsverfahren oder vom Rat oder den Mitgliedstaaten erstellte Übereinkommen, im Amtsblatt der EG.66 Das Amtsblatt ist ab dem Jahrgang 1998 im Volltext im World Wide Web verfügbar.67 Jedes Organ ist zur Einrichtung eines öffentlich zugänglichen Dokumentenregisters verpflichtet.68 Dieses muß nachfolgende Hinweise enthalten, die unverzüglich in das Register aufzunehmen sind69: eine Bezugsnummer für jedes Dokument (gegebenenfalls einschließlich der interinstitutionellen Bezugsnummer); den Gegenstand und/oder eine kurze Beschreibung des Inhalts des Dokuments; sowie das Datum des Eingangs oder der Erstellung und der Aufnahme in das Register.70 Die Registrierungspflicht steht dabei unter dem Vorbehalt des Schutzes öffentlicher und privater Interessen.71 Der Zugang zum Dokumentenregister soll in elektronischer Form gewährt werden.72 Dieser Verpflichtung sind die Organe durch Einstellung der Dokumentenregister in das World Wide

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(e)(3) FOIA. Art. 254 EGV. 66 Art. 13 VO 1049/2001/EG. 67 Vgl. http://www.europa.eu.int/eur-lex/ (Stand: 15.7.2006). 68 Art. 11 Abs. 1 S. 1 VO 1049/2001/EG. Vgl. dazu M.E. De Leeuw, E.L.Rev. 28 (2003), 324 (341 ff.). 69 Art. 11 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG. 70 Art. 11 Abs. 2 S. 1 VO 1049/2001/EG. 71 Art. 11 Abs. 2 S. 2 VO 1049/2001/EG. Zudem gelten gemäß Art. 9 VO 1049/2001/EG besondere Vorschriften für die Behandlung sensibler Dokumente. 72 Art. 11 Abs. 1 S. 2 VO 1049/2001/EG. Nach Bericht der Kommission bestehen intensive Anstrengungen aller Organe, dieser Maßgabe nachzukommen; vgl. EGKommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 38. 65

IV. Umweltinformationsgesetz

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Web nachgekommen. Die EU erleichtert den Zugriff auf die Register durch Gewährleistung der Zugänglichkeit über eine zentrale Internetseite.73 Die Publizitätsverpflichtung der Transparenzverordnung erfordert von den Organen jedoch nicht nur die Aufnahme von Hinweisen zu den Dokumenten in die Register. Soweit möglich, haben die Organe die vollständigen Dokumente in elektronischer Form zugänglich zu machen.74 Dies gilt insbesondere für legislative Dokumente, also Dokumente, die im Laufe von Rechtssetzungsverfahren erstellt wurden oder eingegangen sind,75 sowie für Dokumente in Verbindung mit der Entwicklung von Politiken oder Strategien76. Wird der direkte Zugang nicht über das Register gewährt, ist in den Hinweisen möglichst genau anzugeben, wo das Dokument aufzufinden ist.77 Aktenführungsregeln regelt die Transparenzverordnung nicht ausdrücklich. Allerdings verpflichtet diese die Organe generalklauselartig zur Entwicklung einer guten Verwaltungspraxis, um die Ausübung des Rechts auf Zugang zu Dokumenten zu erleichtern.78 Darüber hinaus errichten die Behörden einen interinstitutionellen Ausschuß, der bewährte Praktiken prüft, mögliche Konflikte behandelt und künftige Entwicklungen im Bereich des Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten erörtert.79 Jedes Organ hat jährlich einen Bericht über das Vorjahr vorzulegen, in dem die Zahl der Fälle aufgeführt ist, in denen das Organ den Zugang zu Dokumenten verweigert hat, sowie die Gründe für diese Verweigerungen und die Zahl der sensiblen Dokumente, die nicht in das Register aufgenommen wurden.80

IV. Umweltinformationsgesetz Während das UIG (1994) weder Aktenführungs- noch allgemeine Publizitäts- oder Berichtspflichten regelte, trifft das UIG (2005) solche Regelungen. Nach dem UIG (2005) ergreifen informationspflichtige Stellen Maßnahmen, um den Zugang zu den bei ihnen verfügbaren Umweltinformationen zu erleich-

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Vgl. http://europa.eu/documents/registers/index_de.htm (Stand: 15.7.2006). Art. 12 Abs. 1 VO 1049/2001/EG. Vgl. dazu M.E. De Leeuw, E.L.Rev. 28 (2003), 324 (343 f.). 75 Art. 12 Abs. 2 VO 1049/2001/EG. 76 Art. 12 Abs. 3 VO 1049/2001/EG. 77 Art. 12 Abs. 4 VO 1049/2001/EG. 78 Art. 15 Abs. 1 VO 1049/2001/EG. 79 Art. 15 Abs. 2 VO 1049/2001/EG. 80 Art. 17 Abs. 1 VO 1049/2001/EG. 74

C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde

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tern.81 Zu diesem Zweck wirken sie darauf hin, daß Umweltinformationen, über die sie verfügen, zunehmend in elektronischen Datenbanken oder in sonstigen Formaten gespeichert werden, die über Mittel der elektronischen Kommunikation abrufbar sind.82 Die informationspflichtigen Stellen treffen praktische Vorkehrungen zur Erleichterung des Informationszugangs, „beispielsweise“ – dies ist gemeinschaftsrechtskonform eher als „insbesondere“ zu lesen – durch (Nr. 1) die Benennung von Auskunftspersonen oder Informationsstellen, (Nr. 2) die Veröffentlichung von Verzeichnissen über verfügbare Umweltinformationen, (Nr. 3) die Einrichtung öffentlich zugänglicher Informationsnetze und Datenbanken oder (Nr. 4) die Veröffentlichung von Informationen über behördliche Zuständigkeiten.83 Soweit möglich, gewährleisten die informationspflichtigen Stellen, daß alle Umweltinformationen, die von ihnen oder für sie zusammengestellt werden, auf dem gegenwärtigen Stand, exakt und vergleichbar sind.84

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§ 7 Abs. 1 S. 1 UIG (2005). Ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 17) dient die Regelung der Umsetzung von Art. 3 Abs. 4 Unt.Abs. 2 UIRL II. 82 § 7 Abs. 1 S. 2 UIG (2005). Nach der Gesetzesbegründung haben die informationspflichtigen Stellen „in angemessener Weise“ auf die Digitalisierung von Informationen hinzuwirken; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 17. Diese Art der Speicherung diene allgemein der Erleichterung des Informationsflusses; vgl. a.a.O. Sie erleichtere nicht nur den antragstellenden Personen sondern insbesondere auch den informationspflichtigen Stellen den Zugang, da die Informationen leichter auffind- und abrufbar seien und daher schneller zur Verfügung gestellt werden könnten; vgl. a.a.O. 83 § 7 Abs. 2 UIG (2005). Die Regelung setzt Art. 3 Abs. 5 lit. c UIRL II um; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 18. Der Gesetzgeber vertritt die Auffassung, es stehe im Ermessen der informationspflichtigen Stellen, welche praktischen Vorkehrungen sie zur Erleichterung des Informationszugangs trifft; die normierte Aufzählung enthalte lediglich Regelbeispiele; vgl. a.a.O. Ob den Behörden jedoch ein solch weites Ermessen zukommt, erscheint vor dem Hintergrund des Wortlauts von Art. 3 Abs. 5 lit. c UIRL zweifelhaft. Danach tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, daß „die“ praktischen Vorkehrungen zur Gewährleistung der Wirksamkeit des Informationszugangs „festgelegt werden …, wie: …“. Die in der UIRL II aufgezählten Maßnahmen, an die sich die Aufzählung des UIG (2005) orientiert, sind daher ein Mindestmaß, welches von den Mitgliedstaaten zwingend gewährleistet werden muß. 84 § 7 Abs. 3 UIG (2005). Die Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers weder eine generelle Prüfpflicht der informationspflichtigen auf inhaltliche Richtigkeit der Informationen noch einen Anspruch des Bürgers hierauf normieren; vgl. BT-Drs. 3406, S. 18.

V. Brandenburgisches VI. Berliner IFG AIG

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V. Brandenburgisches AIG Das AIG-Bbg auferlegt den öffentlichen Stellen ebenfalls weder Aktenführungs- noch allgemeine Publizitäts- oder Berichtspflichten.

VI. Berliner IFG Nach dem IFG-B hat jede öffentliche Stelle Verzeichnisse zu führen, die geeignet sind, die Aktenordnung und den Aktenbestand der Behörde sowie den Zweck der geführten Akten erkennen zu lassen.85 Diese Verzeichnisse sowie Register, Aktenpläne, Aktenordnungen, Aktenverzeichnisse, Einsenderverzeichnisse und Tagebücher muß sie allgemein zugänglich zu machen.86 Die Behörden trifft also eine umfassende Veröffentlichungspflicht hinsichtlich aller vorhandenen Informationszusammenstellungen. Neben diesen sachgebietsunabhängigen allgemeinen Publizitätspflichten regelt das IFG-B auch sachgebietsbezogene. Emissionskataster (§ 46 des BundesImmissionsschutzgesetzes), Luftreinhaltepläne (§ 47 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes), Abfallwirtschaftspläne (§ 29 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes), Abwasserbeseitigungspläne (§ 18a Abs. 3 des Wasserhaushaltsgesetzes), wasserwirtschaftliche Rahmenpläne (§ 36 des Wasserhaushaltsgesetzes), Wasserbewirtschaftungspläne (§ 36b des Wasserhaushaltsgesetzes), forstliche Rahmenpläne (§ 9 Abs. 1 des Landeswaldgesetzes) und vergleichbare Pläne sind zu veröffentlichen; Wasserbücher (§ 37 des Wasserhaushaltsgesetzes) sind allgemein zugänglich zu machen.87 Darüber hinaus sind die Ergebnisse von Messungen, Beobachtungen und sonstigen Erhebungen über schädliche Umwelteinwirkungen, Umweltgefährdungen sowie über den Zustand der Umwelt, die von einer Behörde außerhalb ihrer Überwachungstätigkeit im Einzelfall durchgeführt werden, allgemein zugänglich zu machen.88 Behördliche Berichtspflichten regelt das IFG-B nicht.

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§ 17 Abs. 4 S. 1 IFG-B. § 17 Abs. 4 S. 2 IFG-B. 87 § 17 Abs. 1 IFG-B. 88 § 17 Abs. 2 IFG-B. Durch die Veröffentlichungspflichten bezüglich Umweltinformationen ergänzt das IFG-B in vorbildlicher Weise den Geltungsbereich des UIG (1994) und kommt den Anforderungen der Aarhus-Konvention bzw. der UIRL II entgegen; siehe dazu B.IV. Vgl. auch C. Nordmann, RDV 2001, 71 (80 f.). 86

C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde

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VII. Schleswig-holsteinisches IFG Das IFG-SH verpflichtet Behörden, geeignete organisatorische Vorkehrungen zu treffen, damit geheimhaltungsbedürftige Informationen möglichst ohne unverhältnismäßigen Aufwand abgetrennt werden können.89 Publizitäts- und Berichtspflichten regelt das IFG-SH nicht.

VIII. Nordrhein-westfälisches IFG Nach dem IFG-NRW haben alle öffentlichen Stellen geeignete Maßnahmen zu treffen, damit geheimhaltungsbedürftige Informationen möglichst ohne unverhältnismäßigen Aufwand abgetrennt werden können.90 Durch gleichzeitigen Verweis auf die Regelungen des DSG-NRW zur Organisation der behördlichen Datenverarbeitung stellt das IFG-NRW klar, daß die Aktenführung der Behörden beiden Belangen Genüge tun muß.91 Geschäftsverteilungspläne, Organigramme und Aktenpläne sind allgemein zugänglich zu machen, jedoch nur nach Maßgabe des IFG-NRW.92 Die allgemeine Veröffentlichungspflicht steht somit unter der Beschränkung der Geheimhaltungsvorschriften des IFG-NRW, wobei sich dies in der Praxis wegen der abstrakten Natur dieser Pläne kaum auswirken dürfte. Soweit möglich, hat die Veröffentlichung in elektronischer Form zu erfolgen.93 Verfügt eine Behörde bereits über eine Präsenz im World Wide Web, sind Gründe einer Nichteinstellung der behördlichen Organisationspläne nicht ersichtlich. Sehr zweifelhaft erscheint hingegen, ob die elektronische Veröffentlichungsverpflichtung eine

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§ 15 IFG-SH. Die Regelung steht in Übereinstimmung mit der entsprechenden Regelung in § 11 Abs. 4 DSG-SH; vgl. H. Bäumler, NJW 2000, 1982 (1986); C. Nordmann, RDV 2001, 71 (79). Vgl. auch G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 69 f.; ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 69 f. 90 § 10 Abs. 2 IFG-NRW. Zwar steht die Vorschrift unter der amtlichen Überschrift „Einwilligung der betroffenen Person“, welches auf den ersten Blick nur einen Bezug auf geschützte personenbezogene Daten vermuten läßt, allerdings stellt die Regelung durch den ausdrücklichen Verweis auf die §§ 6 bis 9 IFG-NRW klar, daß es sich um eine alle geheimhaltungsbedürftige Informationen betreffende Aktenführungsregel handelt. 91 Nach § 10 Abs. 2 IFG-NRW treffen die öffentlichen Stellen geeignete organisatorische Maßnahmen „gemäß § 4 Abs. 6 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen“. 92 § 12 S. 1 IFG-NRW. 93 § 12 S. 3 IFG-NRW.

VIII. Nordrhein-westfälisches IFG

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doch mit gestalterischen und technischen Aufwand verbundene Neuerrichtung einer Internetpräsenz erfordert. Schließlich sind die öffentlichen Stellen zum Führen von Verzeichnissen verpflichtet, aus denen sich die vorhandenen Informationssammlungen und zwecke erkennen lassen.94 In Abgrenzung zu Geschäftsverteilungsplänen, Organigrammen und Aktenplänen müssen diese Informationsverzeichnisse von der Behörde nur geführt, jedoch nicht (aktiv) veröffentlicht werden. Selbstverständlich sind diese gemäß dem Grundsatz der Aktenöffentlichkeit auf Nachfrage zugänglich zu machen. Das IFG-NRW verpflichtet alle öffentlichen Stellen, bei denen Anträge auf Zugang zu Informationen gestellt werden, eine Statistik zu führen.95 Diese muß folgende Angaben enthalten: den Gegenstand des Antrags; die Dauer der Bearbeitung; die Entscheidung über den Antrag; sowie die Anzahl der Widersprüche und Klagen.96 Aufzuführen ist außerdem, in wie vielen Fällen mit welchem Gegenstand betroffene Personen eine Einwilligung in die Offenbarung ihrer personenbezogenen Daten erteilt haben und in wie vielen und welchen Fällen eine Einwilligung ausdrücklich nicht erteilt oder die Verweigerung der Einwilligung durch Nichtäußerung der betroffenen Person fingiert wurde.97 Ebenso ist anzugeben, in wie vielen Fällen mit welchem Gegenstand betroffene Personen im Rahmen ihrer Gelegenheit zur Stellungnahme der Offenbarung zugestimmt oder widersprochen oder auch keine Stellungnahme abgegeben haben.98 Natürlich unterliegen diese Statistiken dem Grundsatz der Aktenöffentlichkeit. Die gesammelten statistischen Angaben haben zudem Eingang in den gesetzlich vorgeschriebenen Evaluierungsbericht gefunden, der nach einem Erfahrungszeitraum von zwei Jahren anzufertigen war.99 Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, daß sich das Gesetz insgesamt bewährt habe und keine Änderungsnotwendigkeit erkennen lasse.100

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§ 12 S. 2 IFG-NRW. Mit diesen soll den Bürgern ein Überblick ermöglicht werden, welche Informationen es bei welchen öffentlichen Stellen gibt; vgl. LT-Drs. NRW 13/1311, S. 15. 95 § 14 Abs. 2 S. 1 IFG-NRW. Näheres zur Führung der vorgeschriebenen Statistik regelt ein Runderlaß des Innenministeriums vom 22.4.2002, 12 – 4.0.3, MBl. NRW Nr. 31 vom 14.6.2002, S. 547 ff. 96 § 14 Abs. 2 S. 2 IFG-NRW. 97 § 14 Abs. 2 S. 3 IFG-NRW. 98 Vgl. § 14 Abs. 2 S. 4, § 9 Abs. 2 IFG-NRW. 99 Gemäß § 14 Abs. 1 IFG-NRW mußte der Evaluierungsbericht durch die Landesregierung unter Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände und die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit angefertigt werden. Vgl. LT-Drs. NRW 13/3041. 100 Vgl. LT-Drs. NRW 13/3041, S. 2.

C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde

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IX. Bundes-IFG Nach dem BIFG sollen die Behörden Verzeichnisse führen, aus denen sich die vorhandenen Informationssammlungen und -zwecke erkennen lassen.101 Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten sind nach Maßgabe dieses Gesetzes allgemein zugänglich zu machen.102 Die Behörden sollen die vorstehend genannten Pläne und Verzeichnisse sowie weitere geeignete Informationen in elektronischer Form allgemein zugänglich machen.103

X. Vergleichende Betrachtung Die Rechtsvergleichung zeigt einen erheblichen Unterschied in der Regelungsdichte zwischen internationalen und nationalen Vorschriften auf. Ebenso unterschiedlich sind auch die IFG-Entwürfe. Nach dem IFG-ProfE hat jede öffentliche Stelle Verzeichnisse zu führen, die geeignet sind, die bei ihr geführten Informationssammlungen und deren Zweck

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§ 11 Abs. 1 BIFG. Den Begriff der Informationssammlung definiert das BIFG nicht. Dementsprechend streitet die Literatur über den Umfang und die Rechtsnatur der Veröffentlichungspflicht. Während S.-D. Jastrow/A. Schlatmann, Informationsfreiheitsgesetz, § 11 Rn. 1, 8, die Auffassung vertreten, die rein objektiv-rechtliche Vorschrift belasse der Behörde einen Spielraum, welche Informationen in welcher Tiefe aktiv verbreitet werden, definiert M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 11 Rn. 17 ff., jede behördliche Akte als Informationssammlung und gesteht dem Bürger einen darauf bezogenen einklagbaren Informationsgenerierungsanspruch zu. Die Gesetzesbegründung hilft bei der Auslegung der Regelung nur beschränkt weiter. Aus ihr ergibt sich lediglich negativ, daß der Gesetzgeber bewußt von der international gängigen Verpflichtung zur Bereithaltung umfangreicher Informationsverzeichnisse wie etwa in Schweden, Frankreich oder der USA abgesehen hat; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16. 102 § 11 Abs. 2 BIFG. Nach der Gesetzesbegründung werden durch Organisationspläne Aufbau, Zusammenarbeit und Aufgabenwahrnehmung innerhalb der Behörde erkennbar; Aktenpläne geben eine konkretisierte Übersicht über den Aufgabenbereich; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16. Geschäftsverteilungspläne, die Namen, dienstliche Rufnummer und Aufgabenbereiche einzelner Mitarbeiter enthalten, seien hingegen aus Gründen der persönlichen Sicherheit nur auf Antrag hin mitzuteilen; vgl. a.a.O. Dazu auch S. Berger/J. Roth/C. Scheel, Informationsfreiheitsgesetz, § 11 Rn. 7 ff.; S.-D. Jastrow/A. Schlatmann, Informationsfreiheitsgesetz, § 11 Rn. 13 ff. 103 § 11 Abs. 3 BIFG. Die Nutzung des Internets diene der Verwaltungsvereinfachung, die individuelle Bearbeitung von Informationsanträgen werde reduziert; vgl. BTDrs. 15/4493, S. 16. Vgl. zur „Internetklausel“ auch M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 11 Rn. 33 ff.

X. Vergleichende Betrachtung

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erkennen zu lassen.104 Solche Verzeichnisse sowie vergleichbare Informationsübersichten wie Organisationspläne, Register, Aktenpläne, Aktenordnungen und Aktenverzeichnisse sind zur Einsicht allgemein zugänglich zu halten.105 Sie sind nach Möglichkeit in elektronischer Form abrufbar zu halten.106 Dies gilt auch für Informationen, die wiederkehrend nachgefragt werden.107 Gemäß dem IFG-NGOE treffen die Behörden geeignete organisatorische Vorkehrungen, damit geheimhaltungsbedürftige Informationen möglichst ohne unverhältnismäßigen Aufwand abgetrennt werden können.108 Die öffentlichen Stellen erstellen Organisationspläne und Aktenordnungen sowie ein Register der bei ihnen vorhandenen Informationen sowie allgemein verständliche Erläuterungen dieser Pläne, Ordnungen und Register und machen diese öffentlich zugänglich.109 Hinweise auf Informationen werden unverzüglich in das Register aufgenommen.110 Der Zugang zum Register in elektronischer Form, insbesondere durch das Internet, ist sicherzustellen.111 Die Gliederung des (Informations-)Registers erfolgt nach Dokumenten.112 Das Register enthält für jedes Dokument: (Nr. 1) eine eindeutige Bezugsnummer; (Nr. 2) gegebenenfalls das Aktenzeichen des Vorgangs, zu dem das Dokument gehört; (Nr. 3) eine kurze Beschreibung der in dem Dokument festgehaltenen Informationen; (Nr. 4) das

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§ 15 Abs. 1 IFG-ProfE. Der Verweis von Schoch/Kloepfer auf das EG-Recht läßt vermuten, daß die zu führenden Verzeichnisse den Dokumentenregistern nach internationalem Vorbild nachgestaltet werden sollen; vgl. IFG-ProfE, S. 185 f. Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind jedoch gerade nicht alle Informationen der Behörde zu registrieren, vielmehr müssen lediglich die Informationssammlungen erkennbar sein, dem Bürger soll also ein Überblick über die vorhandenen Informationen gegeben werden. Dies bestätigt die Entwurfsbegründung zu der beinahe wortgleichen Vorschrift des BIFG, die sich mit der Formulierung bewußt von den gängigen internationalen Vorbildern (Schweden, USA, Frankreich) abwendet; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16. Vgl. auch LTDrs. NRW 13/1311, S. 15. 105 § 15 Abs. 2 IFG-ProfE. Letztlich unterliegen also alle (internen) Organisationsregelungen dem Informationszugang; vgl. IFG-ProfE, S. 186 f. 106 § 15 Abs. 3 S. 1 IFG-ProfE. Diese Zielvorgabe bezwecke insbesondere eine Entlastung der Verwaltung; vgl. IFG-ProfE, S. 187. 107 § 15 Abs. 3 S. 2 IFG-ProfE. 108 § 14 Abs. 3 IFG-NGOE. Die Anordnung dieses Trennungsgrundsatzes soll im Einzelfall einen schnelleren Informationszugang ermöglichen; vgl. IFG-NGOE, S. 33. 109 § 15 Abs. 1 S. 1 IFG-NGOE. Diese aktiven Transparenzverpflichtungen sollen es der Öffentlichkeit nicht nur leichter ermöglichen, an Informationen heranzukommen, sondern auch vermitteln, welche Informationen überhaupt vorhanden sind; vgl. IFGNGOE, S. 33. 110 § 15 Abs. 1 S. 2 IFG-NGOE. 111 § 15 Abs. 1 S. 3 IFG-NGOE. 112 § 15 Abs. 2 S. 1 IFG-NGOE.

C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde

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Datum der Herstellung des Dokuments, des Eingangs bei der öffentlichen Stelle und das Datum der Aufnahme in das Register113; der Schutz geheimhaltungsbedürftiger Informationen ist sicherzustellen114. In dem Register ist auch festzuhalten, ob und wann eine Information nachgefragt wurde.115 Eine Information, die mehrfach nachgefragt wurde, ist unverzüglich elektronisch zu veröffentlichen.116 Informationen, die in einem elektronischen Format vorliegen, sollen elektronisch veröffentlicht werden.117 Schließlich haben die Behörden Statistiken zu führen, aus denen sich ergeben: (Nr. 1) die Anzahl der eingereichten Anträge; (Nr. 2) der jeweilige Gegenstand der abgelehnten Anträge; (Nr. 3) die Anzahl der abgelehnten Anträge; (Nr. 4) die Gründe für die Ablehnung von Anträgen nach Maßgabe der jeweils angewandten gesetzlichen Vorschrift.118

1. Organisations- und aktive Informationspflichten Da organisatorische und informatorische Pflichten der öffentlichen Stellen Überschneidungen aufweisen, empfiehlt sich deren zusammengefaßte Erörterung. Die meisten IFGs ordnen in unterschiedlicher Ausgestaltung an, daß sich die Verwaltung bei ihrer Aktenführung auf den bürgerlichen Informationszugang einzurichten hat (TF, FOIA, Transparenzverordnung, UIG [2005], IFG-SH, IFG-NRW). Solche Vorgaben sind äußerst sinnvoll. Werden Akteninhalte von Anfang an so gestaltet, daß geheimhaltungsbedürftige Informationen ohne weiteres ausgesondert oder daß Akten ohne weiteres vervielfältigt werden können, reduziert dies im konkreten Zugangsverfahren den Verwaltungsaufwand und führt damit zu einer Beschleunigung des Informationszugangs und zu einer Entlastung der Verwaltung.119 Zugleich kann eine solche organisatorische Verpflichtung auch ohne ausdrückliche Anordnung – welche natürlich zu bevorzugen ist – behördlichen Verweigerungsstrategien entgegenwirken. Angenom-

ņņņņņņņņ 113

§ 15 Abs. 2 S. 2 IFG-NGOE. Die Regelung orientiere sich an den entsprechenden Vorschriften der VO 1049/2001/EG; vgl. IFG-NGOE, S. 34. 114 § 15 Abs. 5 IFG-NGOE. 115 § 15 Abs. 3 S. 1 IFG-NGOE. 116 § 15 Abs. 3 S. 2 IFG-NGOE. Die Regelung folgt nach der Entwurfsbegründung internationalen Leitbildern; vgl. IFG-NGOE, S. 34. In der Regel dürfte nach dreimaliger Nachfrage das Merkmal „mehrfach“ erfüllt sein; vgl. a.a.O. 117 § 15 Abs. 4 IFG-NGOE. 118 § 16 IFG-NGOE. Die Vorschrift diene insbesondere zur Schaffung einer besseren Datengrundlage, um die politische Diskussion um die Informationsfreiheit in sachliche Bahnen zu lenken bzw. dort zu halten; vgl. IFG-NGOE, S. 34. 119 So auch C. Nordmann, RDV 2001, 71 (79).

X. Vergleichende Betrachtung

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men, eine Behörde richtet sich (bewußt) nicht auf die Aktenöffentlichkeit ein, kann dies zweierlei zur Folge haben. Zum einen kann sich der Informationszugang verteuern, da im konkreten Fall tatsächlich ein höherer Verwaltungsaufwand anfällt. Zum anderen fällt es der Verwaltung leichter, den Antragsteller mit dem Argument des unverhältnismäßigen Aussonderungsaufwandes auf einen Auskunftsanspruchs zu verweisen bzw. das Informationsbegehren abzulehnen. Dies berücksichtigend hat etwa das VG Minden zum IFG-NRW zutreffenderweise festgestellt, daß die Frage der Unverhältnismäßigkeit des Aussonderungsaufwandes im Lichte der gesetzlichen Aktenführungsregelungen zu interpretieren sei und sich die Behörde daher nur in Ausnahmefällen auf diese Ausnahme berufen dürfe.120 Wegen dieser Außenwirkungen kann die Auffassung von Schoch/Kloepfer, es bestehe hinsichtlich verwaltungsorganisatorischer Vorgaben kein Regelungsbedarf, da es sich um Bestimmungen mit interner Wirkung ohne unmittelbaren Bezug zur Öffentlichkeit handele, nur schwer nachvollzogen werden.121 Gegen gesetzliche Organisationsvorgaben könnte man gegebenenfalls einwenden, sie griffen zu stark in die Organisationskompetenzen der einzelnen Behörden ein. Dies würde jedoch verkennen, daß die organisatorischen Veränderungen bzw. Verpflichtungen bereits durch eine (ernst gemeinte) Einführung des Grundsatzes der Aktenöffentlichkeit an sich eintreten, da die Verwaltung freilich gehalten ist, eine möglichst effektive Aufgabenerfüllung anzustreben. Daraus ergibt sich im Umkehrschluß, daß eine gesetzlich ausdrücklich angeordnete Ausrichtung der Verwaltungsorganisation an den Erfordernissen des bürgerlichen Informationszugangs (lediglich) die Ernsthaftigkeit des Paradigmenwechsels betont. Im Verhältnis Bürger-Staat spielen insbesondere aktive Informationspflichten eine erhebliche Rolle. Das Recht auf Zugang zu „bestimmten“ Informationen – letztlich fordern alle IFGs hinreichende Bestimmtheit bei der Antragstellung122 – setzt gerade voraus, daß die Bürger davon Kenntnis erlangen können, ob bestimmte bzw. eine bestimmte Art von Informationen bei einer Behörde vorhanden sind.123 Allein die behördliche Hilfeleistungsverpflichtung im Rahmen einer Antragskonkretisierung vermag eine grundsätzlich fehlende Einsicht in Struktur und Informationsbestand der Behörde nicht auszugleichen. Grundsätzlich gilt, je einfacher sich der Bürger Kenntnis von den bei der Behörde vorhandenen Informationen beschaffen kann, desto eher wird er von seinem Recht Gebrauch machen, also desto effektiver wirkt die Informationszugangs-

ņņņņņņņņ 120 Vgl. zu § 10 Abs. 1 und 2 IFG-NRW VG Minden, Urteil vom 24.3.2004, Az. 3 K 1965/02. 121 Vgl. IFG-ProfE, S. 185. 122 Siehe dazu D.I. 123 So auch IFG-ProfE, S. 185.

C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde

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freiheit.124 Dies gilt im Besonderen für Einsichtsbegehren, die weniger aus eigennützigen als vielmehr aus Gemeinwohlinteressen gestellt werden, bei denen die Frustrationsschwelle also wesentlich niedriger liegt. Der aufgezeigte Zusammenhang wird ferner durch praktische Erfahrungen bestätigt. So hat die Inbetriebnahme des (elektronischen) Dokumentenregisters des Rates zu einer Erhöhung der Informationszugangsgesuche um 70% gegenüber dem Vorjahr geführt.125 Die Anordnung effektiver aktiver Informationspflichten hat dabei einen doppelten Effekt. Während diese einerseits zu einer (wünschenswerten) vermehrten Inanspruchnahme des Informationszugangsanspruchs führen, bewirken sie andererseits eine Entlastung der Verwaltung, da dem Bürger eine zielgerichtete Nachfrage nach Informationen ermöglicht wird.126 Die Argumentation, würde man gänzlich auf aktive Informationspflichten verzichten, bedürfte es wegen der geringeren Inanspruchnahme keiner Entlastung der Verwaltung, ist unzulässig – wenigstens wenn man von einer ernsthaft angestrebten Verwaltungsöffentlichkeit ausgeht. Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen ist das Fehlen aktiver Informationsverpflichtungen in AIG-Bbg und IFG-SH als schwerwiegender gesetzlicher Mangel anzusehen.127 Die Rechtsvergleichung zeigt, daß die gesetzlich angeordneten aktiven Informationspflichten verschiedenen Umfang haben können, wobei ein Mehr generell bürgerfreundlicher als ein Weniger ist. Auf unterer Stufe können manche der nationalen IFGs dabei noch mit den internationalen Standards mithalten. So verpflichten das IFG-B und das IFG-NRW die Behörden, dem Bürger Einsicht in Struktur und Aufgabenverteilung der Verwaltung zu geben. Nach dem BIFG sind neben Organisations- und Aktenplänen auch Verzeichnisse über die vorhandenen Informationssammlungen zugänglich zu machen, wobei der Umfang der behördlichen Verpflichtung wegen der unklaren Gesetzesfor-

ņņņņņņņņ 124

Vgl. auch J. Angelov, Grundlagen, S. 213; M.E. De Leeuw, E.L.Rev. 28 (2003), 324 (341). 125 Vgl. EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 41. Vgl. auch M.E. De Leeuw, E.L.Rev. 28 (2003), 324 (341 f.). 126 Vgl. brandenburgischer Landesbeauftragter für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht, 8. Tätigkeitsbericht 1999, LT-Drs. Bbg 3/731, Teil B, 2.1; A. Dix, DuD 2002, 291 (294); EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 38, 42 f. 127 Dementsprechend hat der IFB-Bbg schon frühzeitig auf die Erforderlichkeit einer Veröffentlichung von Aktenplänen und der Führung von Informationsverzeichnissen hingewiesen; vgl. brandenburgischer Landesbeauftragter für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht, 8. Tätigkeitsbericht 1999, LT-Drs. Bbg 3/731, Teil B, 4.

X. Vergleichende Betrachtung

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mulierung streitig ist.128 Die internationalen Regelungen und nunmehr im Ansatz auch das UIG (2005) sehen darüber hinaus umfangreiche Registrierungspflichten der Behörden vor, die einen umfassenden Überblick über alle bei der Behörde vorhandenen Informationen gewährleisten. Ideal ist natürlich die Registrierung eines Dokuments einschließlich einer kurzen Inhaltsangabe. Dies ermöglicht dem Bürger – aber natürlich auch der Verwaltung selbst – eine bestmögliche Übersicht über die vorhandenen Informationen. Dem Einwand, ein solches System würde zu übermäßiger Belastung der Behörden führen, ist entgegenzuhalten, daß die umfangreichen Registrierungspflichten weder die öffentlichen Stellen in Schweden noch die in der EU vor unlösbare Probleme stellen.129 Besonders effektiv ist ein solches Dokumentenregister, wenn es mit der Verpflichtung zur elektronischen Veröffentlichung einhergeht bzw. wenn sogar die kompletten Dokumente elektronisch allgemein zugänglich gemacht werden. Technisch ist dies mittlerweile ohne weiteres und mit überschaubarem Kostenaufwand realisierbar. Insbesondere wenn ein solches Register mit einer adäquaten Suchfunktion erschließbar ist, kann der Bürger selbst konkrete Informationen aus großen Datenmengen herausfiltern, ohne die Behörde im Einzelfall bemühen zu müssen. Als Beispiel für die fortschreitende Digitalisierung dient auf internationaler Ebene insbesondere die EU. Bislang sind schon mehr als die Hälfte der Dokumente in den Registern von Parlament und Rat direkt elektronisch zugänglich.130 Vor diesem Hintergrund zeigen die aktiven Informationspflichten des BIFG in die richtige Richtung, bleiben jedoch hinter dem realisierbaren internationalen Standard zurück.

2. Berichtspflichten Die Regelung von behördlichen Berichtspflichten erscheint insbesondere in der Einführungsphase der Aktenöffentlichkeit von großer Bedeutung. Durch die Erhebung und Weiterleitung statistischer Daten von der „vordersten Front“ wird der Gesetzgeber in die Lage versetzt, materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Fehlentwicklungen entgegenzusteuern. Sofern die jeweilige Rechtsordnung eine funktionierende Informationsfreiheitsbeauftragteninstituti-

ņņņņņņņņ 128

Siehe Teil C., Fn. 101. Die Kommission berichtet ausschließlich positiv von Erfahrungen mit den verpflichtend zu führenden detaillierten Registern; vgl. EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 39 ff. 130 Vgl. EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 42. 129

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C. Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde

on vorsieht, ist anzunehmen, daß sich die Kontrolle mit der Zeit auch ausreichend über diese gewährleisten läßt. Bis die Bevölkerung aber ein Gefühl dafür entwickelt hat, welche Informationen öffentlich zugänglich sind bzw. sein müßten und sich bei behördlichen Zugangsverweigerungen automatisch auch an den Informationsfreiheitsbeauftragten wenden, sollten behördliche Berichtspflichten beibehalten werden.

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens I. Stellung des Antrags Um Informationen von einer Behörde zu erlangen, muß der Bürger an diese mit seinem Begehren herantreten. Die Anforderungen an die dabei zu wahrende Form sind unterschiedlich ausgestaltbar. Denkbar ist sowohl eine mündliche Antragstellung als auch eine verpflichtend schriftliche Antragstellung, wobei die elektronische Antragstellung grundsätzlich der schriftlichen entspricht, da auch hier eine Verkörperung der Gedankenerklärung und eine Offenlegung der Identität erforderlich ist.1 Die Formfrage hat mehrere Dimensionen. Einerseits wirkt sich die Möglichkeit einer mündlichen – also auch telefonischen – Antragstellung auf die rein praktische Handhabung des Einsichtsrechts aus.2 Darüber hinaus ist dem mündlichen Informationsbegehren die Möglichkeit einer anonymen bzw. pseudonymen Antragstellung immanent, während eine zwingend schriftliche Antragstellung eine Offenlegung der Identität des Antragstellers bewirkt, da die Preisgabe der Identität des Antragstellers aufgrund des Unterschriftserfordernisses in der Regel als Bestandteil des Schriftform angesehen wird.3 Mit der Stellung des Antrags ist ferner die Frage nach inhaltlichen Voraussetzungen der Antragstellung verbunden. Daß die Geltendmachung des Informationsfreiheitsrechts keiner Begründung bedarf, wird dabei als Selbstverständlichkeit angesehen. Allerdings stellt sich die Frage, ob und inwieweit die begehrten Informationen im Antrag konkretisiert werden müssen. Schließlich spielt es für eine bürgerfreundliche Ausgestaltung der Informationszugangsfreiheit eine erhebliche Rolle, ob und inwieweit die Behörde dem An-

ņņņņņņņņ 1

Vgl. etwa § 3a VwVfG. Dafür ist zudem die Ausgestaltung des Informationszugangs von Bedeutung. Eine telefonische Anfrage bei der Behörde kann insbesondere dann äußerst zeitsparend sein, wenn das IFG wahlweise auch einen Auskunftsanspruch einräumt. Allerdings zeigen die Erfahrungen mit Schweden, daß in einer etablierten Kultur der Transparenz solche Auskünfte selbst dann regelmäßig gegeben werden, wenn kein solcher Rechtsanspruch besteht. 3 Für die elektronische Form, die der Schriftform gleichsteht, ergibt sich dies im deutschen Verwaltungsrecht sogar ausdrücklich aus § 3a Abs. 2 S. 3 VwVfG. Im übrigen wird auf die grundsätzliche Regelung zur gesetzlichen Schriftform in § 126 BGB zurückgegriffen; vgl. etwa H.J. Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 57 Rn. 12 ff. 2

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

88

tragsteller insbesondere zur hinreichenden Konkretisierung seines Antrags Hilfe leisten muß.

1. Schwedische Tryckfrihetsförordning In Schweden sehen weder die Tryckfrihetsförordning noch das Sekretesslag besondere Formvorschriften vor; der Antragsteller kann sich also auch mündlich an die Behörde wenden, die über die begehrten Dokumente verfügt.4 Der Behörde ist es ihrerseits verboten, die Identität des Antragstellers oder den Zweck des von ihm begehrten Informationszugangs auszuforschen; eine Ausnahme besteht lediglich insoweit, als die Angaben zur Beurteilung erforderlich sind, ob ein Geheimhaltungstatbestand vorliegt.5 Spezielle inhaltliche Erfordernisse des Antragstellung sind nicht ausdrücklich geregelt – jedoch von der Rechtsprechung entwickelt worden.6 Besondere individuelle Beratungspflichten sind nicht normiert.7

2. U.S. Freedom of Information Act Der FOIA bestimmt lediglich inhaltliche Anforderungen an die Antragstellung. Im Antrag müssen die begehrten Informationen hinreichend genau beschrieben sein.8 Darüber hinaus enthält der FOIA selbst keine weiteren Form-

ņņņņņņņņ 4

Vgl. Kap. 2 Art. 12 Abs. 1 S. 1 TF und Kap. 2 Art. 14 Abs. 1 TF. Üblicherweise werden in Schweden Einsichtsbegehren mündlich gestellt; vgl. G. Petrén, Access, S. 35 ff. (S. 46). 5 Kap. 2 Art. 14 Abs. 3 TF. 6 Nach der Rechtsprechung müssen die Angaben des Antragstellers es der Behörde objektiv ermöglichen, bestimmte Urkunden als herausverlangt zu identifizieren; vgl. mit Fallbeispielen J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 45 f. Die Nachfrage nach einer bestimmten Information wird als Antrag auf Einsicht in das die Information enthaltende Dokument ausgelegt; vgl. G. Petrén, Access, S. 35 ff. (S. 50). 7 Allerdings verpflichtet Art. 4 Abs. 1 FL alle Behörden generell und umfassend dazu, für den am Verwaltungsverfahren beteiligten Bürger Informationen, Anleitungen, Beratungen sowie ähnliche Hilfeleistungen bereitzustellen, wobei die Hilfeleistung in einem angemessenem Verhältnis zur Bedeutung der Angelegenheit stehen muß. Zu berücksichtigen ist dabei die außergewöhnlich hohe Bedeutung der Aktenöffentlichkeit in Schweden. 8 (a)(3)(A) FOIA. Nach der Entscheidung in Yeager v. Drug Enforcement Administration, 678 F.2d 315, 326 (D.C. Cir. 1982) muß die Behörde durch den Antrag in die Lage versetzt werden, genau zu bestimmen, welche Akten nachgesucht werden. Darüber hinaus nutzen die U.S. Gerichte das Bestimmtheitserfordernis als Bestimmung zum Schutz der Behörde vor unangemessen umfangreichen Rechercheverfahren; vgl. etwa

I. Stellung des Antrags

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vorschriften, er eröffnet jedoch den Behörden die Möglichkeit, weitere verfahrensrechtliche Vorschriften zu erlassen (wie etwa die Namens- und Adressangabe oder das Schriftformerfordernis); solche zusätzlichen Verfahrenserfordernisse unterliegen nach der U.S. Rechtsprechung lediglich der Voraussetzung, „klar und vernünftig“ zu sein.9 Über die allgemeinen Informationspflichten hinaus10 sieht der FOIA keine individuelle Verpflichtung zur Hilfeleistung bei der Antragstellung vor.11

3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) Anträge auf Zugang zu Gemeinschaftsdokumenten sind in schriftlicher, einschließlich elektronischer Form in einer der in Art. 314 EGV aufgeführten Sprachen12 zu stellen und müssen so präzise formuliert sein, daß das Organ das betreffende Dokument ermitteln kann.13 Der Antragsteller ist nicht verpflichtet,

ņņņņņņņņ die Entscheidung Nation Magazine v. United States Customs Service, 71 F.3d 885, 892 (D.C. Cir. 1995), in der das Berufungsgericht ein Sichten von nicht indizierten Akten von 23 Jahren als unangemessen („unreasonable burden“) ansah. Vgl. zum Bestimmtheitserfordernis auch E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 522 f.). 9 (a)(3)(A)(ii) FOIA. Vgl. etwa die Verfahrensvorschriften des Department of Housing and Urban Development, HUD´s FOIA Regulations, 24 CFR 15.103 (a), gemäß denen der Antrag schriftlich zu stellen ist, selbst wenn der Antragsteller die Behörde persönlich aufsucht. Die Verfahrensvorschriften des Internal Revenue Service, Department of the Treasury, 26 CFR 601.702 (c)(4)(i)(A) und (F), sehen ausdrücklich vor, daß der Antragsteller seine Adresse anzugeben und den Antrag zu unterschreiben hat. Das Berufungsgericht des District of Columbia stellte in der Sache Church of Scientology v. Internal Revenue Service, 792 F.2d 146, 150 (D.C. Cir. 1986) ausdrücklich klar, daß behördliche Verfahrensvorschriften zwingend zu beachten sind, sollten diese klar und vernünftig sein. Das Berufungsgericht des dritten Bezirks unterstrich dies in McDonnell v. United States of America, 4 F.3d 1227, 1236 f. (3d Cir. 1993) bezogen auf die Notwendigkeit der Namensangabe des Antragstellers. 10 Siehe dazu C.II. 11 Aus dem Grundsatz des due process läßt sich allenfalls eine Pflicht der Behörde ableiten, daß der Antragsteller über den faktischen und rechtlichen Hintergrund des Verfahrens aufzuklären ist; vgl. dazu genauer die Ausführungen in der vergleichenden Bewertung. 12 Art. 314 EGV nennt die deutsche, französische, italienische, niederländische, dänische, englische, finnische, griechische, irische, portugiesische, schwedische und spanische Sprache (sog. authentische Sprachen); vgl. zur Sprachenregelung der EU R. Streinz, Europarecht, Rn. 234 ff.; M. Schweitzer, Art. 314 EGV, Art. 290 EGV Rn. 8. 13 Art. 6 Abs. 1 S. 1 VO 1049/2001/EG. Die praktischen Erfahrungen zeigen, daß die Antragstellung zunehmend mittels elektronischer Post erfolgt; vgl. EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über

90

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Gründe für seinen Antrag anzugeben.14 Ist ein Antrag auf Informationszugang nicht hinreichend präzise, fordert das Organ den Antragsteller auf, den Antrag zu präzisieren, und leistet ihm dabei Hilfe, beispielsweise durch Informationen über die Nutzung der öffentlichen Dokumentenregister15. Nach Eingang des Antrags ist dem Antragsteller eine Empfangsbescheinigung zuzusenden.16 Gemäß dem EuG begründet eine wegen des Umfangs des Antrags drohende behördliche Arbeitsüberlastung in Ausnahmefällen dessen Unzulässigkeit.17

4. Umweltinformationsgesetz Die Regelungen des UIG (2005) erweitern die des UIG (1994).18 Nach dem UIG (2005) werden Umweltinformationen von einer informationspflichtigen

ņņņņņņņņ den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 33. 14 Art. 6 Abs. 1 S. 2 VO 1049/2001/EG. Nach Feststellung der Kommission gestatte die elektronische Absenderadresse in zahlreichen Fällen keine Identifizierung des Antragstellers; vgl. EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 33. Trotz der Begründungsfreiheit spreche aber nichts dagegen, daß die Organe für die Behandlung des Antrages ein Minimum an zweckdienlichen Informationen anfordern, wie etwa Name und Adresse für die Zusendung von Dokumenten auf Papier und gegebenenfalls für die Abrechnung, sowie das berufliche Profil für statistische Zwecke, um die praktischen Auswirkungen der Verordnung zu bewerten; vgl. a.a.O. 15 Art. 6 Abs. 2 VO 1049/2001/EG. Häufig erfolgt diese Hilfe nach Erfahrungen der Kommission durch einen Briefwechsel per E-Mail; vgl. EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 43. Vgl. auch C.J. Partsch, NJW 2001, 3154 (3157). 16 Art. 7 Abs. 1 S. 2 VO 1049/2001/EG. 17 Im Falle völlig unverhältnismäßig umfangreicher Anfragen versucht die Kommission mangels gesetzlicher Normierung eine Abwehrmöglichkeit über den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu etablieren; vgl. EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 34. Das EuG hat diese Konstruktion unter besonderer Betonung ihres Ausnahmecharakters bestätigt. Nach Auffassung des Gerichts kann also im Falle drohender Arbeitsüberlastung eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse und dem Schutz der behördlichen Arbeitsfähigkeit ausnahmsweise zur Unzulässigkeit des Antrags führen; vgl. Urteil des EuG vom 13.4.2005, Verein für Konsumenteninformation/Kommission, Rs. T-2/03, Rn. 93 ff. (insbesondere 102 f.); dazu M. Lorenz, NVwZ 2005, 1274. 18 Gemäß § 5 Abs. 1 UIG (1994) mußte der Antrag hinreichend bestimmt sein und insbesondere erkennen lassen, auf welche Umweltinformationen er gerichtet ist.

I. Stellung des Antrags

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Stelle auf Antrag zugänglich gemacht.19 Der Antrag muß erkennen lassen, zu welchen Umweltinformationen der Zugang gewünscht wird.20 Ist der Antrag zu unbestimmt, so ist der antragstellenden Person dies – nach gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung: so bald wie möglich, spätestens jedoch – innerhalb eines Monats mitzuteilen und Gelegenheit zur Präzisierung des Antrags zu geben.21 Kommt die antragstellende Person der Aufforderung zur Präzisierung nach, beginnt der Lauf der Frist zur Beantwortung von Anträgen erneut.22 Die Informationssuchenden sind bei der Stellung und Präzisierung von Anträgen zu unterstützen.23 Das UIG (2005) stellt ausdrücklich klar, daß soweit ein Antrag zu unbestimmt ist und auf Aufforderung der informationspflichtigen Stelle nach § 4

ņņņņņņņņ 19

§ 4 Abs. 1 UIG (2005). § 4 Abs. 2 S. 1 UIG (2005). Die Vorschrift, die ihrer Vorgängerregelung weitgehend ähnelt, macht ausweislich der Gesetzesbegründung von der durch Art. 4 Abs. 1 lit. c UIRL II eröffneten Möglichkeit Gebrauch, zu allgemein formulierte Anträge abzulehnen, wenn der Auftragsteller zuvor zur Präzisierung seines Antrags aufgefordert und ihm dabei Unterstützung angeboten wurde; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 16. 21 § 4 Abs. 2 S. 2 UIG (2005). Die Regelung setzt Art. 3 Abs. 3 S. 1 UIRL II um; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 16. Danach besteht indes die ausdrückliche Verpflichtung, daß der Antragsteller „so bald wie möglich, spätestens jedoch“ innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags zur Präzisierung aufzufordern ist. Die Übernahme dieses wesentlich strengeren Wortlauts sah der Gesetzgeber wohl vor dem Hintergrund des § 10 VwVfG („Das Verwaltungsverfahren ist … zügig durchzuführen.“) als nicht erforderlich an. In der Begründung zum UIG (2005) stellt er sich ohne weitere Begründung auf den Standpunkt, daß die Aufforderung zur Präzisierung „zügig, das heißt, so bald wie möglich“, zu erfolgen hat; a.a.O. Obwohl eine ausdrückliche, die Eilbedürftigkeit betonende Umsetzung der UIRL II vorzugswürdig gewesen wäre, ist eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung von § 4 Abs. 2 S. 2 UIG (2005) i.V.m. § 10 S. 2 VwVfG ohne weiteres möglich. 22 § 4 Abs. 2 S. 3 UIG (2005). Der neuerliche Fristbeginn nach Präzisierung des Antrags ist in der UIRL II nicht vorgesehen. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist dies aber als die logische Folge der Präzisierungsregelungen anzusehen, da der informationspflichtigen Stelle ausreichend Zeit zur Antragsbearbeitung ab dem Zeitpunkt einzuräumen ist, in dem der Antrag erstmals hinreichend bestimmt ist; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 16. Dieser Auslegung ist zuzustimmen, da die informationspflichtigen Stellen keinen Einfluß darauf haben, wie schnell der Antragsteller seinen Antrag präzisiert. 23 § 4 Abs. 2 S. 4 UIG (2005). Mit dieser Regelung wird Art. 3 Abs. 3 S. 1 UIRL II umgesetzt, wodurch die „Betreuungspflicht“ des § 25 VwVfG bezüglich der hinreichenden Antragspräzisierung konkretisiert wird; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 16. Die Unterstützung kann z.B. durch Verweis auf die nach § 7 Abs. 2 UIG (2005) zu veröffentlichenden Verzeichnisse über verfügbare Umweltinformationen erfolgen; vgl. a.a.O. 20

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

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Abs. 2 nicht innerhalb einer angemessenen Frist präzisiert wird, er abzulehnen ist, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.24

5. Brandenburgisches AIG Das AIG-Bbg fordert, einen Antrag schriftlich oder elektronisch an die aktenführende Behörde zu richten.25 Der Antrag muß hinreichend bestimmt sein.26 Soweit besondere Umstände des Einzelfalls vorliegen, die geeignet sind, bestimmten Ausnahmetatbeständen27 ein überwiegendes Offenbarungsinteresse entgegenzusetzen, hat der Antragsteller diese darzulegen.28 Die Behörde hat den Antragsteller, soweit diesem Angaben zur hinreichenden Bestimmung seines Antrags fehlen, zu beraten und zu unterstützen.29

ņņņņņņņņ 24

§ 8 Abs. 2 Nr. 5 UIG (2005). Die Erforderlichkeit einer zwingenden Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe findet seine Grundlage in Art. 4 Abs. 2 Unt.Abs. 2 S. 1 u. 2 UIRL II. Ein starkes öffentliches Offenbarungsinteresse kann also auch einen außerordentlich umfangreichen und/oder hohen Arbeitsaufwand verursachenden Informationszugang rechtfertigen, der ansonsten über den Hebel der Bestimmtheit der Antragstellung ablehnbar wäre. Die Gesetzesbegründung geht auf diesen Aspekt nicht ein; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 19. Die nunmehr ausdrücklich geregelte behördliche Unterstützungsverpflichtung entschärft das Risiko, daß öffentliche Stellen Anträge mißbräuchlich als nicht hinreichend bestimmt ablehnen. Wegen der inhaltlichen Übereinstimmung von § 4 Abs. 2 S. 1 UIG (2005) mit § 5 Abs. 1 UIG (1994) sind aber weiterhin die vom BVerwG entwickelten Grundsätze zu beachten, daß die behördlichen Anforderungen an die Bestimmtheit und Konkretisierung des Antrags nicht überspannt werden dürfen, da der Antragsteller die begehrten Informationen im einzelnen nicht kennt, sondern sich darüber erst unterrichten möchte, vgl. BVerwGE 108, 369 (371). 25 § 6 Abs. 1 S. 3 AIG-Bbg. Die Möglichkeit einer elektronischen Antragstellung wurde eingefügt durch Gesetz vom 17.12.2003, GVBl. Bbg I, S. 298, 303. 26 § 6 Abs. 1 S. 1 AIG-Bbg. Nach dem Willen des Gesetzgebers entspricht der Antrag dem Bestimmtheitserfordernis, wenn er erkennen läßt, um welche Akten es sich handelt – zumindest thematisch oder eingeschränkt nach Zeiträumen, Vorfällen oder Sachverhalten; die Pflicht einer schriftlichen, hinreichend bestimmten Antragstellung (§ 6 Abs. 1 S. 1 und 3 AIG-Bbg) entfaltet ausweislich der Gesetzesbegründung Schutzwirkung in zwei Richtungen: einerseits soll sich der Betroffene völlig klar werden, welchen Akten bzw. Aspekte ihn im Hinblick auf die Akteneinsicht interessieren, andererseits soll sie die Arbeit der Behörde erleichtern; vgl. LT-Drs. 2/4417, S. 10. 27 § 6 Abs. 1 S. 2 AIG-Bbg nennt § 4 Abs. 2 (Schutz überwiegender öffentlicher Interessen) und § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 (Schutz überwiegender privater Interessen) AIG-Bbg. 28 § 6 Abs. 1 S. 2 AIG-Bbg. 29 § 6 Abs. 1 S. 5 AIG-Bbg.

I. Stellung des Antrags

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6. Berliner IFG Nach dem IFG-B ist der Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft mündlich oder schriftlich bei der öffentlichen Stelle zu stellen, die die Akten führt.30 Im Antrag soll die betreffende Akte bezeichnet werden.31 Sofern dem Antragsteller oder der Antragstellerin Angaben zur hinreichenden Bestimmung einer Akte fehlen, ist er oder sie durch die öffentliche Stelle zu beraten und zu unterstützen.32

7. Schleswig-holsteinisches IFG Das IFG-SH gewährt den Zugang zu Informationen auf Antrag.33 Die begehrten Informationen sind im Antrag zu umschreiben.34 Der Antrag soll schriftlich35 und soll bei der zuständigen Behörde36 gestellt werden. Zuständig ist die Behörde, bei der die begehrten Informationen vorhanden sind37; eine Besonderheit besteht hinsichtlich vorübergehend beigezogener Akten anderer öffentlicher Stellen, die nicht Bestandteil der eigenen Verwaltungsunterlagen werden sollen. Wird Einsicht in solche begehrt, weist die Behörde auf diese Tatsache hin und nennt die für die Entscheidung über die Akteneinsicht zustän-

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§ 13 Abs. 1 S. 1 IFG-B. § 13 Abs. 1 S. 2 IFG-B. 32 § 13 Abs. 1 S. 3 IFG-B. 33 § 6 Abs. 1 S. 1 IFG-SH. Vgl. dazu G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 34 f. 34 § 6 Abs. 2 S. 1 IFG-SH. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, bedeutet die Umschreibungsverpflichtung, daß der Antrag hinreichend bestimmt sein muß; vgl. LTDrs. 14/2374, S. 14. Nach G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 35, gehören dazu Namen und Anschrift des Antragstellers ebenso wie Angaben zum Thema, zum Zeitraum, zu bestimmten Sachverhalten oder Vorfällen oder zu den Informationsträgern, in die er Einsicht nehmen möchte; durch diese Verpflichtungen des Antragstellers sollen sog. Ausforschungsanträge, mit denen sich ein Antragsteller erst einen Überblick über das bei einer Behörde vorhandene Wissen verschaffen will, vermieden werden. Anzumerken ist allerdings, daß sich die Verpflichtung der Angabe von Name und Anschrift des Antragstellers wohl eher aus dem Schriftlichkeits- als dem Umschreibungserfordernis ergibt; schließlich ist die eigenhändige, die Identität des Antragstellers preisgebende Unterschrift grundsätzlich Bestandteil des Schriftformerfordernisses. 35 § 6 Abs. 1 S. 2 IFG-SH. Vgl. dazu G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 35 f.; C. Nordmann, RDV 2001, 71 (79). 36 § 6 Abs. 3 S. 1 IFG-SH. 37 § 6 Abs. 3 S. 2 IFG-SH. 31

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

dige Stelle.38 Sofern der Antragstellerin oder dem Antragsteller Angaben zur Umschreibung der begehrten Informationen fehlen, sind diese von der angegangenen Behörde zu beraten.39

8. Nordrhein-westfälisches IFG Nach dem IFG-NRW kann der Antrag schriftlich, mündlich oder in elektronischer Form gestellt werden.40 Er muß hinreichend bestimmt sein und insbesondere erkennen lassen, auf welche Information er gerichtet ist.41 Eine ausdrückliche Regelung über die zuständige Stelle trifft das IFG-NRW nur für Anträge auf Zugang zu amtlichen Informationen der Verwaltungstätigkeit von Schulen.42 Besondere Regelungen zur Hilfeleistung bei der Antragstellung finden sich im IFG-NRW nicht.43

ņņņņņņņņ 38 § 5 Abs. 2 IFG-SH, der nach § 6 Abs. 3 S. 3 IFG-SH unberührt bleibt. Vgl. dazu G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 32. 39 § 6 Abs. 2 S. 2 IFG-SH. Nach G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 36, greift das Gesetz mit dieser Regelung eine dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip folgende behördliche Fürsorge- und Betreuungsverpflichtung auf, wonach jedermann Anspruch auf ein rechtsstaatliches und faires Verfahren hat und niemand aus Unkenntnis, Unerfahrenheit oder Unbeholfenheit Rechte gegenüber dem Staat verlieren soll; dementsprechend hat die Hilfeleistung automatisch einzusetzen, wenn die Behörde erkennt, daß dem Antragsteller offensichtlich Angaben zur Umschreibung der begehrten Informationen fehlen. 40 § 5 Abs. 1 S. 2 IFG-NRW. 41 § 5 Abs. 1 S. 3 IFG-NRW. Vgl. dazu die Urteile des VG Minden vom 26.1.2004, Az. 3 K 1162/02, und vom 24.3.2004, Az. 3 K 1965/02. Nach B. Axler, CR 2002, 847 (851), dürfen allerdings keine überzogenen Anforderungen an die Konkretisierungspflicht gestellt werden, denn der vom Gesetzgeber bewußt gewählte Verzicht auf den Nachweis eines Antragsinteresses dürfe nicht über die Pflicht zur Antragskonkretisierung umgangen werden. Nach M. Zilkens, RDV 2002, 300 (303), kann ein Antrag, mit dem sich der Petent erst einen Überblick über die bei der Behörde befindlichen Informationen verschaffen will (Ausforschungsantrag), als unzulässig zurückgewiesen werden. 42 § 5 Abs. 1 S. 4 IFG-NRW. Im übrigen ergibt sich aus § 5 Abs. 1 S. 1 IFG-NRW i.V.m. § 4 Abs. 1 IFG, daß der Antrag an die öffentliche Stelle zu richten ist, bei der die begehrte Information vorhanden ist; ebenso O. Bischopink, NWVBl. 2003, 245 (250). 43 Vgl. dazu auch M. Zilkens, RDV 2002, 300 (303).

I. Stellung des Antrags

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9. Bundes-IFG Das BIFG verzichtet (bewußt) auf eine Regelung der Form der Antragstellung44, auf die Anordnung inhaltlicher Antragserfordernisse45 und auf die Normierung einer behördlichen Hilfeleistungsverpflichtung46. Betrifft der Antrag Daten Dritter im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 (personenbezogene Daten) oder § 6 (geistiges Eigentum, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse), muß er begründet werden.47

10. Vergleichende Betrachtung a) Formerfordernisse der Antragstellung Die erforderliche Form der Antragstellung unterscheidet sich in Schweden und den USA auf den ersten Blick kaum, bei genauerem Hinsehen allerdings erheblich. Vom Ansatz her enthalten weder das schwedische noch das amerikanische Informationszugangsgesetz im einzelnen Bestimmungen, in welcher Form der Antrag auf Informationszugang gestellt werden muß. Jedoch ermäch-

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Die Gesetzesbegründung begründet diesmit der ohnehin geltenden Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens (§ 10 VwVfG, § 9 SGB X); vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14. 45 Angesichts § 25 VwVfG seien Regelungen zur Präzisierung des Antrags entbehrlich; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14. 46 Ausweislich der Gesetzesbegründung seien Regelungen zur Beratung und Unterstützung durch die Behörde angesichts § 25 VwVfG entbehrlich; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14. 47 § 7 Abs. 1 S. 3 BIFG. Dieser ausnahmsweise Begründungszwang durchbricht den Grundgedanken des Informationsfreiheitsgesetzes, einen voraussetzungslosen Zugangsanspruch zu gewähren, der gerade nicht von dem Nachweis eines bestimmten Interesses abhängig ist; vgl. M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 7 Rn. 14 ff. Die Regelung dient dem Zweck, der Behörde die Abwägung zwischen Geheimhaltungs- und Offenbarungsinteresse zu erleichtern; ebenso M. Kloepfer/K. v. Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1285). Ob bei der Abwägung neben dem abstrakten Offenbarungsinteresse (Partizipationsmöglichkeiten der Bürger und Kontrolle der Verwaltung) auch das konkretindividuelle Zugangsinteresse des antragstellenden Bürgers zu berücksichtigen ist, ergibt sich nicht eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut; zustimmend M. Rossi, a.a.O; hingegen halten M. Kloepfer/K. v. Lewinski, a.a.O., bezüglich Informationen i.S.v. § 6 BIFG weder das abstrakte noch das individuell-konkrete Offenbarungsinteresse für abwägungsrelevant. Die Erwägung, daß die Verbreitung einer einmal offenbarten Information nicht verhindert werden kann, spricht allerdings eher für eine Berücksichtigung nur des abstrakten Offenbarungsinteresses der Allgemeinheit.

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

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tigt der FOIA die Behörden zum Erlaß zusätzlicher Verfahrenserfordernisse. Dadurch wird diesen die Möglichkeit eingeräumt, eine schriftliche Antragstellung als Erfordernis des Informationszugangs anzuordnen, wodurch der Antragsteller zur Preisgabe seiner Identität gezwungen wird. Im Gegensatz dazu verbietet die TF den Behörden ausdrücklich, die Identität des Antragstellers oder den Zweck des Informationszugangs auszuforschen.48 Nach der Transparenzverordnung sind Zugangsanträge stets schriftlich oder elektronisch zu stellen. In Deutschland ermöglichen Berlin und Nordrhein-Westfalen dem Bürger ausdrücklich eine mündliche Antragstellung. Das BIFG wie auch das UIG (2005) sehen keine besonderen Formerfordernisse vor; es gelten insoweit die Regelungen des allgemeinen Verwaltungsrechts, nach denen ein Antrag grundsätzlich formlos gestellt werden kann.49 Nach dem IFG-SH hingegen „soll“ der Antrag schriftlich gestellt werden, nach dem AIG-Bbg „ist“ der Antrag schriftlich oder elektronisch zu stellen. Eine einheitliche Handhabung des Formerfordernisses zeigt sich bei den untersuchten IFGs somit nicht. Auch die IFG-Entwürfe wählen unterschiedliche Herangehensweisen. Der IFG-NGOE sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, daß der Antrag mündlich, schriftlich, zur Niederschrift und in elektronischer Form gestellt werden kann.50 Hingegen muß der Antrag nach dem IFG-ProfE zwingend schriftlich oder zur Niederschrift an die öffentliche Stelle gerichtet werden.51 Die Vorteile der Nichtförmlichkeit sind die Einfachheit und die Anonymität des Informationszugangs. Je einfacher der Informationszugang ausgestaltet ist, desto eher ist zu erwarten, daß insbesondere auch der „einfache“ Bürger von seinem Recht Gebrauch macht. Die Möglichkeit einer anonymen bzw. pseudonymen Anfrage unterstützt dabei das Wesensmerkmal der Informationszugangsfreiheit, sich nicht über den Zweck seines Begehrens erklären zu müs-

ņņņņņņņņ 48

Die Identität darf nur ausnahmsweise dann ausgeforscht werden, insoweit sie zur Beurteilung erforderlich ist, ob ein Geheimhaltungstatbestand vorliegt. 49 Vgl. §§ 10, 22 VwVfG. 50 § 6 Abs. 2 S. 1 IFG-NGOE. Dies soll nach der Entwurfsbegründung möglichst breiten Bevölkerungskreisen den Zugang zu Informationen möglichst einfach gestalten; vgl. IFG-NGOE, S. 27. 51 § 10 Abs. 1 S. 2 IFG-ProfE. Nach Auffassung von Schoch/Kloepfer verböten Gründe der Rechtssichterheit und Rechtsklarheit, die gleichermaßen im Interesse von Antragstellern und öffentlichen Stellen bestünden, die Zulassung auch (fern-)mündlich gestellter Anträge; die schriftliche Fixierung des Antrags sei bedeutsam, da zum einen dem Antrag eine fristauslösende Wirkung zukomme und zum anderen die Identität des Antragstellers eindeutig feststehen müsse, um das Vorliegen von drittschützenden Geheimhaltungstatbeständen beurteilen zu können; vgl. IFG-ProfE, S. 138.

I. Stellung des Antrags

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sen.52 Allein die Preisgabe der Identität kann in bestimmten Fällen (z.B. bei behördenbekannten Journalisten) die Behörde zu einer extrem restriktiven Anwendung des Informationsfreiheitsrechts veranlassen. Dem steht auch nicht entgegen, daß in bestimmten Fällen Identität und Zweck des Informationsbegehrens offenzulegen sind, wenn anders das Vorliegen von Geheimhaltungstatbeständen nicht beurteilt werden kann.53 Solche Fälle können insbesondere dann gegeben sein, wenn Zugang zu Daten Dritter begehrt wird. Verzichtet der Antragsteller bewußt auf solche Informationen und beantragt lediglich die Herausgabe nichtpersönlicher Daten, entfällt die Notwendigkeit der Identitätspreisgabe, was eine diesbezügliche generelle Pflicht als nicht erforderlich erscheinen läßt.54 Darüber hinaus überzeugt auch nicht das Argument, die schrift-

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Allerdings kann es zur Sicherung der Aktenintegrität erforderlich sein, die Berechtigung zur Anonymität auf bestimmte Informationszugangsarten zu beschränken, also den anonymen Antragsteller auf die Möglichkeit der Übermittlung von Vervielfältigungen oder der Auskunftserteilung zu verweisen, da eine Protokollierung über die einsichtnehmende Person nicht möglich ist. Vgl. zur Sicherung der Aktenintegrität S.W.H. Lodde, Informationsrechte des Bürgers gegen den Staat, S. 195, 201. 53 An dieser Stelle kann die materiell-rechtliche Ausgestaltung von Geheimhaltungstatbeständen einem grundsätzlichen Verbot der Identitätsausforschung entgegenlaufen bzw. dieses für bestimmte Fallgestaltungen einschränken. Wie sich etwa am schwedischen Recht zeigt, gilt dort das Ausforschungsverbot dann nicht, sofern die Identität des Antragstellers für die Beurteilung des Vorliegens von Geheimhaltungstatbeständen erforderlich ist, also für die Beurteilung, ob ein überwiegendes Offenbarungsinteresse vorliegt. Ein solches muß aber nicht notwendig individuell zu bestimmen sein. Geht der Gesetzgeber davon aus, daß eine Information, sollte sie auch nur einmal herausgegeben worden sein, letztlich früher oder später allgemein bekannt wird bzw. werden kann, wird er nicht auf das individuelle sondern auf das Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit abstellen; in diesem Fall kommt es auf die Identität des Antragstellers dann gerade nicht an. Stellt der Gesetzgeber also auf das individuelle Offenbarungsinteresse ab, steigt mit der zunehmenden Zahl von abwägungsbedürftigen Geheimhaltungstatbeständen die Zahl der Ausnahmefälle, in denen der Antragsteller seine Identität offenzulegen hat. Vgl. in diesem Zusammenhang die Grundsatzentscheidung des U.S. Supreme Court vom 22.3.1989, U.S. Department of Justice v. Reporters Committee for Freedom of Press, 109 S.Ct. 1468 (1481 f.).: „Thus whether disclosure … is warranted must turn on the nature of the requested document and its relationship to the basic purpose of the Freedom of Information Act to open agency action to the light of public scrutiny, … rather than on the particular purpose for which the document is being requested“. Vgl. auch § 12 Abs. 1 S. 1 IFG-NGOE, nach dem im Rahmen der Abwägung ausdrücklich auf das „Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit“ abzustellen ist; Urteil des VG Schleswig vom 31.8.2004 (Az. 6 A 245/02) zu § 11 IFG-SH. 54 Ausgehend von den bisherigen praktischen Erfahrungen in Deutschland sind Informationssuchende in der Regel nicht an Informationen mit Personenbezug interessiert; vgl. U. Jürgens, DSB 2002, 9 (9). Die Frage nach der Erforderlichkeit einer Identitätsprüfung stellt auch C. Nordmann, RDV 2001, 71 (79); denkbar wäre nach dessen Ansicht sogar eine (anonyme/pseudonyme) elektronische Antragstellung und Einsichtnahme via Internet; eine etwaige Gebührenpflicht stünde dem bei Vorhandensein (anony-

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

liche Fixierung des Antrags sei aus Gründen der Rechtsklarheit hinsichtlich der fristauslösenden Wirkung der Antragstellung erforderlich.55 Die Möglichkeit einer (fern-)mündlichen Antragstellung zielt insbesondere auf die Fälle einfacher, ohne weiteres zu beantwortender Informationsbegehren ab. Sollte dem Antrag jedoch kurzfristig nicht entsprochen werden können, kann der Notwendigkeit der nachträglichen Feststellung des Antragseingangs dadurch genügt werden, daß eine Aktennotiz gefertigt wird. Um auch den Interessen des Antragstellers gerecht zu werden, kann diese oder eine gesonderte Antragsbestätigung – ggf. auch nur auf Wunsch hin – dem Antragsteller übersandt werden.56 Im Ergebnis erscheint es daher angemessen, das Informationsbegehren nicht zu formalisieren. Dabei ist eine entsprechende ausdrückliche Anordnung durch das IFG trotz der grundsätzlich geltenden Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens57 zu begrüßen, um keinerlei Raum für abweichende Gesetzesinterpretationen zu lassen. Des weiteren würde ein ausdrückliches Verbot der Identitätsausforschung die Informationsfreiheit zusätzlich aufwerten.58 Wenn es einem Behördenmitarbeiter grundsätzlich zu fragen verboten ist, wer eine Information begehrt, wird er auch nicht so leicht der Versuchung erliegen zu fragen, wozu die Information begehrt wird. Insbesondere nachdem sich in deutschen Behörden eine bestimmte Praxis herausgebildet hat, welche Informationen unproblematisch zugänglich sind, könnte der gesetzlich normierte Normalfall der Anonymität die Bereitschaft zu einer (fern-)mündlichen Auskunftserteilung oder Einsichtsgewährung deutlich fördern.

b) Inhaltliche Erfordernisse der Antragstellung Hinsichtlich der inhaltlichen Antragsvoraussetzungen zeigt sich ein wesentlich homogeneres Bild. Mit Ausnahme des BIFG fordern alle IFGs ausdrücklich einen hinreichend bestimmten Antrag, der es der Behörde objektiv ermöglicht, bestimmte Urkunden als herausverlangt zu identifizieren.

ņņņņņņņņ mer) elektronischer Bezahlverfahren nicht entgegen. Diese Auffassung wird vom ULDSH geteilt; vgl. ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 26. Hingegen setzt die Begründung zum IFG-KoalitionsE, S. 35, die Identitätsfeststellung stets als notwendig voraus, ohne dies jedoch detaillierter zu erläutern. 55 Vgl. IFG-ProfE, S. 138. 56 Ähnlich auch F. Stollmann, NWVBl. 2002, 216 (218). 57 § 10 VwVfG. 58 So zeigen die praktischen Erfahrungen in der EU, daß ohne ausdrückliches Verbot die Preisgabe von Beruf und/oder Identität des Antragstellers schon aus Gründen der Zweckdienlichkeit und nicht etwa aus Gründen der Notwendigkeit als legitim angesehen wird; siehe Teil D., Fn. 14.

I. Stellung des Antrags

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Der IFG-ProfE formuliert wie die Mehrheit der IFGs, daß der Antrag hinreichend bestimmt sein und insbesondere erkennen lassen muß, auf welche Informationen er gerichtet ist.59 Der IFG-NGOE fordert, daß die begehrten Informationen im Antrag zu umschreiben sind.60 Obwohl fast alle untersuchten IFGs eine Regelung zur hinreichenden Bestimmtheit des Antrags vorsehen, stellt sich die Frage, ob es einer solchen Regelung tatsächlich bedarf. Denn in gewisser Hinsicht regelt das Bestimmtheitserfordernis eine Selbstverständlichkeit. Natürlich muß der Antrag in einer Weise gestellt werden, die es der Behörde festzustellen ermöglicht, welche Informationen der Antragsteller begehrt. Ohne dessen Begehren zu kennen, ist es der Behörde schlicht nicht möglich, dem Begehren zu entsprechen. Die diese Einsicht widerspiegelnde Rechtsprechung der schwedischen Gerichte überrascht somit nicht. Allerdings wird dem Bestimmtheitserfordernis eine darüber hinausgehende Bedeutung beigemessen. Nach der Literatur sollen dadurch sog. Ausforschungsanträge ausgeschlossen werden, also Anträge, die darauf abzielen, sich erst einmal einen Überblick über die vorhandenen Behördeninformationen zu verschaffen.61 Zur Begründung wird einerseits angeführt, daß diese Zielrichtung nicht Intention der individuellen Zugangsfreiheit sei.62 Andererseits wird der Schutz der Arbeitsfähigkeit der Behörde angeführt; diese solle nicht zu unverhältnismäßig arbeitsintensiven Prüfungen gezwungen sein.63 Das erste Argument vermag nicht zu überzeugen. Insbesondere wenn Behörden nicht oder nur unvollkommen zur Führung aussagekräftiger Aktenverzeichnisse verpflichtet sind bzw. solche Verzeichnisse nur mangelhaft führen, doch selbst wenn die Aktenverzeichnisse vorbildlich geführt werden, hängt es oft vom Zufall ab, ob ein Antragsteller Kenntnis vom Vorhandensein einer bestimmten

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§ 10 Abs. 2 S. 1 IFG-ProfE. Damit soll nach der Entwurfsbegründung, vgl. IFGProfE, S. 139, ein Ausschluß von sog. Ausforschungsanträgen bewirkt werden, also von Anträgen, die darauf abzielen, erst einmal einen Überblick zu dem bei einer öffentlichen Stelle vorhandenen Informationsbestand zu verschaffen; eine derartige Zielrichtung sei nicht Intention der individuellen Zugangsfreiheit. Hinreichend bestimmt sei ein Antrag dann, wenn erkennbar werde, auf welche Informationen sich das Zugangsbegehren bezieht. Die Verwaltung müsse sich jedoch immer vergegenwärtigen, daß der Antragssteller die Verwaltungsvorgänge nicht kennt, sondern sich erst darüber unterrichten möchte. 60 § 6 Abs. 3 S. 1 IFG-NGOE. Dabei wird bewußt auf die Begrifflichkeit der hinreichenden Bestimmung verzichtet, da dies unerwünschte Möglichkeiten eröffne, einen Antrag wegen mangelnder Bestimmtheit abzulehnen; vgl. IFG-NGOE, S. 27. 61 Vgl. R. Bieber, DÖV 1991, 857 (863); G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 35; IFG-ProfE, S. 139; M. Zilkens, RDV 2002, 300 (303). 62 Vgl. IFG-ProfE, S. 139. 63 Vgl. G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 35.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Information hat.64 Den Zugangsanspruch von einer vorhandenen Kenntnis des Antragstellers abhängig zu machen, würde diesen jedoch unangemessen verkürzen und zudem einen Anreiz für Behörden darstellen, möglichst wenig über ihre Tätigkeiten nach außen dringen zu lassen. Dies liefe dem grundsätzlichen Ziel von Informationsfreiheitsrechten, nämlich das Verwaltungshandeln transparenter zu machen, völlig entgegen. Überzeugender ist hingegen das Argument der zu gewährleistenden Arbeitsfähigkeit der Behörde. Hier erscheint allerdings eine differenzierende Betrachtung angebracht. Natürlich darf ein Informationsbegehren nicht dazu führen, daß die Arbeitsfähigkeit der Behörde in Frage gestellt wird. Allerdings muß es auch möglich sein, mit umfangreichen und erheblichen Arbeitsaufwand verursachenden Informationsbegehren an Behörden herantreten zu können. Daß grundsätzlich auch auf die Bearbeitung von aufwendigen Zugangsbegehren ein Rechtsanspruch besteht, zeigt sich insbesondere daran, daß viele IFGs explizit Kostentatbestände für außergewöhnlich aufwendige Zugangsbegehren vorsehen. Im Ergebnis erscheint die Normierung inhaltlicher Antragserfordernisse sinnvoll, um der Behörde im Falle völlig unverhältnismäßiger, zur Arbeitsunfähigkeit führender Zugangsbegehren ausdrücklich einen Ablehnungsgrund zuzugestehen. Ob dabei die Formulierung „der Antrag muß hinreichend bestimmt sein“, die Formulierung „im Antrag sind die begehrten Informationen zu umschreiben“ oder die Formulierung „der Antrag muß erkennen lassen, zu welchen Informationen der Zugang gewünscht wird“ verwendet wird, ist nur von untergeordneter Relevanz. Allein die Normierung einer inhaltlichen Antragsvoraussetzung an sich beinhaltet die Möglichkeit, daß dieser Voraussetzung nicht entsprochen wird, der Antrag somit abgelehnt werden kann bzw. muß. Um eine mißbräuchliche Interpretation dieser Klausel zu verhindern, sollte vielmehr der Fall nicht hinreichender Bestimmtheit möglichst klar beschrieben sein. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß das Vorhandensein einer umfassenden behördlichen Hilfeleistungsverpflichtung zur hinreichenden Antragskonkretisierung – dazu sogleich –, eine unangemessen restriktive Anwendung der Bestimmtheitsklausel zu vermeiden hilft. Nicht unbedingt erforderlich erscheint es hingegen, ausdrücklich klarzustellen, daß der Zugangsantrag nicht begründet werden braucht65, da die Verlagerung der Rechtfertigungspflicht auf die Verwaltung gerade die prägende Charaktereigenschaft von Informationsfreiheitsrechten darstellt. Sind jedoch Anhaltspunkte erkennbar, daß dieser Charakter (noch) nicht völlig unstreitig ist,

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So führen Schoch/Kloepfer richtigerweise aus, daß der Antragsteller die Verwaltungsvorgänge und infolgedessen die damit verbundenen Informationen nicht kennt, sondern sich darüber erst unterrichten möchte; IFG-ProfE, S. 139. 65 So etwa Art. 6 Abs. 1 S. 2 VO 1049/2001/EG; § 6 Abs. 1 S. 2 IFG-NGOE.

I. Stellung des Antrags

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kann eine ausdrückliche Normierung durchaus sinnvoll sein.66 Des weiteren kann eine solche Klarstellung mißbräuchlichen Interpretationen vorbeugen, sofern ein IFG einem Antragsteller vereinzelte Darlegungsverpflichtungen im Zusammenhang mit genau spezifizierten Ausnahmetatbeständen auferlegt.67 Solche vereinzelten Darlegungsverpflichtungen sind eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß Informationsbegehren nicht begründet werden brauchen. Sie sind mit dem Grundgedanken der Informationsfreiheit – einen voraussetzungslosen Zugangsanspruch zu gewähren, der gerade nicht vom Nachweis eines bestimmten Interesses abhängig ist68 – zu vereinbaren, wenn sie nur in Fällen vorgesehen sind, in denen besonders schützenswerte private oder öffentliche Interessen berührt werden, die im Regelfall eine Offenbarung ausschließen. Aus der Formulierung einer solchen partiellen Darlegungsverpflichtung sollte allerdings unzweideutig hervorgehen, daß deren Nichterfüllung nicht zur Unzulässigkeit des Antrags sondern allenfalls zur Versagung des Zugangs bzw. zu einem teilweisen Aktenzugang führt.69

c) Hilfeleistungspflicht der Behörde Die ausdrückliche Regelung von speziellen Hilfeleistungspflichten wird international und national unterschiedlich gehandhabt. In Übereinstimmung mit dem UIG (2005), dem AIG-Bbg und dem IFG-B auferlegt der IFG-NGOE den Behörden die Verpflichtung, sofern dem Antragsteller Angaben zur Umschreibung der begehrten Informationen fehlen, diesen zu beraten zu unterstützen.70 Fehlen gemäß dem IFG-ProfE Angaben zur

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So war etwa in der ursprünglichen Gesetzesvorlage zum AIG-Bbg noch die Geltendmachung eines berechtigten Interesses vorgesehen; vgl. LT-Drs. Bbg 2/4417, S. 1. Selbst nachdem in Deutschland schon vier Informationsfreiheitsgesetze in Kraft waren, somit nicht mehr von einer völlig neuen Rechtsmaterie gesprochen werden konnte, sah der oppositionelle Gegenentwurf der nordrhein-westfälischen CDU-Fraktion für ein Informationsfreiheitsgesetz erneut die Geltendmachung eines berechtigten Interesses als Anspruchsvoraussetzung vor, da der Antragsteller ja „zumindest mittelbar betroffen sein“ müsse; vgl. LT-Drs. NRW 13/321, S. 4, 8. 67 Vgl. etwa § 6 Abs. 1 S. 2 AIG-Bbg; § 7 Abs. 1 S. 3 BIFG. 68 Vgl. etwa M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 7 Rn. 14. 69 Vgl. dazu auch die Interpretation von § 7 Abs. 1 S. 3 BIFG durch M. Kloepfer/K. v. Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1285); M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 7 Rn. 16. 70 § 6 Abs. 3 S. 2. Durch den Hinweis auf die „Unterstützung“ über die „Beratung“ hinaus bezweckt der IFG-NGOE, daß die Behörde nicht nur auf Anfrage neutral beraten, sondern aktiv im Sinne eines möglichst effizienten Informationszuganges tätig werden soll; im übrigen soll eine vorschnelle Antragsablehnung aufgrund mangelnder Bestimmtheit vermieden werden; vgl. IFG-NGOE, S. 27 f.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

hinreichenden Bestimmung der begehrten Informationen, nimmt die öffentliche Stelle eine fachgerechte Beratung vor.71 Die internationale Rechtsvergleichung zeigt, daß die IFGs von Schweden und den USA auf die Normierung einer speziellen Hilfeleistungsverpflichtung verzichten. In Schweden wird dies jedoch aufgefangen durch das Vorhandensein eines umfangreichen, aussagekräftigen Dokumentenregisters und die Normierung einer allgemeinen verwaltungsrechtlichen Unterstützungsverpflichtung der Behörden. Da der Umfang dieser Verpflichtung ausdrücklich in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Verwaltungsangelegenheit stehen muß und Informationsfreiheitsbegehren aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Absicherung sowie der schwedischen Tradition der Offenheit eine erhebliche Bedeutung zukommt, ist im Ergebnis sichergestellt, daß der materiell-rechtliche Informationszugangsanspruch nicht durch mangelndes Beratungsengagement der öffentlichen Stellen unterlaufen wird. In den USA hingegen fehlt es an einer ausdrücklich normierten allgemeinen Unterstützungsverpflichtung. Allgemeine Verfahrensgrundsätze ergeben sich lediglich aus dem richterrechtlich entwickelten Grundsatz des due process.72 Dessen Elemente orientieren sich an den Verfahrenserfordernissen, die § 554 APA für den Erlaß formeller Einzelfallentscheidungen („adjudications“) vorsieht.73 § 554 (b)(3) APA beschränkt sich jedoch auf die Anordnung, daß der beteiligte Bürger über den faktischen und rechtlichen Hintergrund des Verfahrens aufzuklären ist74, ordnet also keine besondere aktive Unterstützungsverpflichtung der Behörde an75. Dementsprechend kann eine solche erst recht nicht für die Entscheidung über Informationsbegehren bestehen, welche im Verfahren der informellen Einzelfallentscheidung abgewickelt werden.76 Zumindest zum Teil wird dieser Mangel allerdings durch die außergewöhnlich umfangreichen, aktiven und zudem elektronischen Veröffentlichungspflichten der U.S. Behörden ausgeglichen, die den Bürger in

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§ 10 Abs. 2 S. 2 IFG-ProfE. Diese Bestimmung trage der Überlegung Rechnung, daß ein Informationszugangsbegehren nicht an Unkenntnis, Unerfahrenheit oder Unbeholfenheit scheitern solle; die Beratung habe dabei automatisch einzusetzen, sobald die öffentliche Stelle erkenne, daß dem Antragsteller eine hinreichende Antragskonkretisierung nicht gelingt; vgl. IFG-ProfE, S. 140. 72 Vgl. zur prozeduralen Dimension der verfassungsrechtlichen due process-Klausel W. Brugger, Einführung, S. 223 ff. 73 Das behördliche konkret-individuelle Handeln unterteilt sich in formelle und informelle Einzelfallentscheidungen, wobei das in § 554 APA ausdrücklich geregelte formelle Verfahren nur dann zur Anwendung kommt, wenn dies gesetzlich ausdrücklich bestimmt wird; vgl. W. Brugger, Einführung, S. 241 f. 74 „Persons … shall be timely informed of … the matters of fact and law asserted.“ 75 Vgl. auch W. Brugger, Einführung, S. 241. 76 Der FOIA ordnet die Antragsbearbeitung im Wege der (formellen) adjudication gerade nicht an.

I. Stellung des Antrags

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die Lage versetzen, sich einen ersten Einblick in das Innere der Behörden zu verschaffen. Soweit die deutschen IFGs keine besondere behördliche Unterstützungsverpflichtung normieren, findet die allgemeine Beratungs- und Auskunftsverpflichtung des § 25 VwVfG Anwendung. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob diese geeignet ist, einen Informationszugangsanspruch hinreichend verfahrensrechtlich abzusichern, da er für die Zwecke einer solchen Absicherung zu offen formuliert ist und dadurch der Verwaltung eine zu große interpretatorische Mißbrauchsmöglichkeit eröffnet.77 Während § 25 S. 1 VwVfG im Rahmen der Anregungsverpflichtung ein Offensichtlichkeitskriterium enthält, schränkt S. 2 die Auskunftsverpflichtung durch ein Erforderlichkeitskriterium ein.78 Eine umfassende aktive Hilfeleistungsverpflichtung, die automatisch und ohne Ausnahme immer besteht, wenn ein Antrag nicht dem Bestimmtheitserfordernis genügt, kann zwar aus § 25 VwVfG abgeleitet werden, zwingend ist eine solche Auslegung allerdings nicht. Doch selbst wenn eine solche Auslegung allgemein anerkannt wäre, wäre eine entsprechende deklaratorische Anordnung nicht ohne Wert. Da bei der Einführung eines Informationszugangsrechts, wie insbesondere die Erfahrungen aus den USA zeigen, mit (erheblichem) Widerstand der Verwaltung zu rechnen ist, ist auch eine deklaratorische Verpflichtungsanordnung zusätzlich geeignet, den einzelnen Behördenmitarbeiter zu einem – teilweise noch ungewohnt – bürgerfreundlichen, gesetzeskonformen Verhalten zu motivieren. Zudem ist zu berücksichtigen, daß die ausdrückliche Normierung einer behördlichen Hilfeleistungspflicht für den Fall eines nicht hinreichend bestimmten Antrags besser geeignet ist, das Mißbrauchsrisiko des Bestimmtheitserfordernisses zu reduzieren. Durch eine solche Regelung stellt ein IFG ausdrücklich klar, daß eine Behörde bei Vorliegen eines nicht hinreichend bestimmten Antrags nicht berechtigt ist, diesen aus Mangel an Bestimmtheit abzulehnen, sondern vielmehr den Antragsteller bei der Beseitigung der Unbestimmtheit unterstützen muß. Erst nach erfolgter bzw. offerierter umfassender Hilfeleistung darf dann eine Ablehnung des Antrags als zu unbestimmt erfolgen. Die ausdrückliche Normierung einer behördlichen Hilfeleistungsverpflichtung erscheint damit im Ergebnis als sehr empfehlenswert. Vorzugswürdig sind dabei Formulierungen, die möglichst deutlich zum Ausdruck bringen, daß Be-

ņņņņņņņņ 77 So führt etwa M. Zilkens, RDV 2002, 300 (303), aus, daß § 25 VwVfG-NRW die Behörden nicht verpflichte, auf eine sach- und zweckgerichtete Antragstellung hinzuwirken. 78 Die teilweise sehr umfangreichen Erläuterungen zu § 25 VwVfG verdeutlichen, wie groß die Interpretationsspielräume bei dieser allgemeinen Behördenverpflichtung sind; vgl. G. Engelhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 25; P. Stelkens/D. Kallerhoff, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 25; H. Maurer, Verwaltungsrecht, § 19 Rn. 23.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

hörden automatisch, aktiv und umfassend zur Hilfeleistung verpflichtet sind. In diesem Sinne gut ist die Formulierung von § 10 Abs. 2 S. 2 IFG-ProfE, die öffentliche Stelle „nimmt“ eine fachgerechte Beratung vor, die gelungen die automatische Beratungsverpflichtung zum Ausdruck bringt. Hingegen wird durch die doppelte Formulierung „zu beraten und zu unterstützen“ die behördliche Pflicht zu einer umfassenden aktiven Beratung hervorgehoben; für die Pflicht zu einer einfachen Beratung auf Nachfrage reichte das Merkmal „zu beraten“ aus. Hält hingegen ein IFG die Beratungs- und Auskunftsverpflichtung des § 25 VwVfG zur verfahrensrechtlichen Absicherung für hinreichend geeignet, sollte es zumindest ausreichende aktive Veröffentlichungspflichten vorsehen. Idealerweise sollten die Behörden zum Führen eines öffentlichen, ohne weiteres zugänglichen Verzeichnisses verpflichtet sein, in dem alle vorhandenen Dokumente samt einer kurzen Inhaltsbeschreibung gelistet sind. Vorbildlich sind vor diesem Hintergrund die Regelungen des UIG (2005), die nicht nur eine fristgebundene Unterstützungsverpflichtung bei der Antragspräzisierung vorsehen, sondern darüber hinaus ausdrücklich klarstellen, daß ein Antrag erst nach erfolgloser Aufforderung zur Antragspräzisierung als zu unbestimmt abgelehnt werden darf.

II. Bearbeitung des Antrags Nachdem der Antragsteller an die Behörde mit seinem Einsichtsbegehren herangetreten ist, tritt die Behörde in die Phase der Antragsbearbeitung ein. Hierbei wird die Behörde zunächst ihre Zuständigkeit für das Informationsgesuch prüfen. Sieht ein IFG keine besondere Regelungen vor, ist der Zugangsantrag bei sachlicher oder örtlicher Unzuständigkeit der angegangenen Behörde nach allgemeinen Grundsätzen als unzuständig abzulehnen. Dies kann dadurch abgemildert werden, daß die Behörde dem Antragsteller im Rahmen der Ablehnung die zuständige Stelle zu benennen oder sie den Antrag an die zuständige Stelle automatisch oder nach Rücksprache weiterzuleiten hat. Während der Antragsbearbeitung sehen manche der IFGs aus verschiedenen Gründen die Möglichkeit bzw. die Verpflichtung vor, mit dem Antragsteller in Kontakt zu treten.79 Darüber hinaus enthält die überwiegende Zahl der IFGs Regelungen zu der Frage, wie betroffene Dritte in das Verwaltungsverfahren einzubinden sind. In Betracht kommen dazu in erster Linie behördliche Anhörungspflichten. Ferner verpflichten einige IFGs die Behörden, betroffene Dritte um eine für die Offenbarung notwendige Zustimmung anzugehen. Schließlich müssen betroffene Dritte aus Gründen effektiven Rechtsschutzes rechtzeitig über eine beab-

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Hinsichtlich der Verpflichtung zur Kontaktaufnahme aus Gründen einer erforderlichen Antragspräzisierung siehe schon D.I.

II. Bearbeitung des Antrags

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sichtigte Offenbarung in Kenntnis gesetzt werden bzw. darf die Offenbarung überhaupt erst erfolgen, wenn die betroffenen Dritten ausreichend Gelegenheit hatten, um Rechtsschutz nachzusuchen. Da somit die Unterrichtung des Dritten über die beabsichtigte Offenbarung ausschlaggebend für den Zeitpunkt der Zugangsgewährung ist, besteht ein sachlicher Zusammenhang mit der Bescheidung des Antrags bzw. mit dem Zeitpunkt der Vollziehung der zugangsgewährenden Entscheidung. Es erscheint daher aus Gründen der Übersichtlichkeit sinnvoll, die Unterrichtung des Dritten schon vorgezogen im Rahmen der Drittbeteiligung bei der Antragsbearbeitung mit zu betrachten. Abschließend wird der Frage nachgegangen werden, ob die IFGs die Behörden in bestimmten Fällen zu einer beschleunigten Antragsbearbeitung verpflichten.

1. Schwedische Tryckfrihetsförordning Die Tryckfrihetsförordning enthält für diesen Verfahrensabschnitt nahezu keine Regelungen. Diese erschöpfen sich darin, daß die Behörde, in deren Obhut sich das nachgesuchte Dokument befindet, zur Entscheidung berufen ist.80 Soweit ausnahmsweise Verwahrung des Dokuments und Entscheidungszuständigkeit bei verschiedenen Behörden liegen81, muß der Antrag unverzüglich an die für die Entscheidung zuständige Behörde weitergeleitet werden.82 Im übrigen obliegt jeder schwedischen Behörde die allgemeine verfahrensrechtliche Verpflichtung, einen sich an die unzuständige Behörde wendenden Bürger an die zuständige Behörde zu verweisen.83

2. U.S. Freedom of Information Act Der FOIA trifft keine Regelung hinsichtlich der Behandlung von Anträgen, die bei einer unzuständigen Behörde eingereicht werden.84 Der FOIA sieht im Rahmen der Antragsbearbeitung die Möglichkeit einer Absprache mit dem Antragsteller hinsichtlich der zu wahrenden Fristen vor. Im Vorgriff auf das nächste Kapitel werden diese zum besseren Verständnis der Absprachemöglichkeit nachfolgend überblicksartig dargestellt: Die Behörde hat

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Kap. 2 Art. 14 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Kap. 2 Art. 14 Abs. 1 TF. Kap. 2 Art. 14 Abs. 2 S. 2 und 3 TF. Möglich ist dies etwa bei Dokumenten, die von zentraler Bedeutung für die Sicherheit Schwedens sind. 82 Kap. 2 Art. 14 Abs. 2 S. 4 TF. 83 Art. 4 Abs. 3 FL. 84 Ebensowenig findet sich eine solche Regelung im APA. 81

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

den Antragsteller innerhalb von 20 Arbeitstagen zu bescheiden85, wobei diese Frist bei Vorliegen ungewöhnlicher Umstände um bis zu 10 Arbeitstage verlängert werden kann.86 Sollte eine Bearbeitung auch im Rahmen der verlängerten Frist nicht möglich sein, hat die Behörde dem Antragsteller dies anzukündigen und ihm dabei Gelegenheit zu geben, den Umfang seines Einsichtsbegehrens so zu begrenzen, daß es innerhalb der (verlängerten) gesetzlichen Frist bearbeitet werden kann, oder mit ihm einen alternativen Zeitplan für das – gegebenenfalls veränderte – Einsichtsbegehren zu vereinbaren.87 Diese Absprache kann auch (fern-)mündlich erfolgen.88 Der FOIA legt den Behörden nicht die Verpflichtung auf, von einer Offenbarung betroffene Dritte zu informieren, diese anzuhören oder gar deren Zustimmung einzuholen. Allerdings besteht eine solche Informationsverpflichtung gemäß den Organisationsvorschriften der Bundesbehörden, die aufgrund einer Exekutivorder von U.S. Präsident Ronald Reagan normiert wurden, hinsichtlich der Herausgabe von Finanz- und Wirtschaftsdaten („confidential commercial information“).89 Danach haben die Bundesbehörden in ihren Organisationsvorschriften Verfahrensregeln betreffend die Offenbarung von vertraulichen Wirtschaftsinformationen zu normieren.90 Diese haben insbesondere vorzusehen, daß vor Zugänglichmachung solcher Informationen derjenige, der die Informationen übermittelt hat („submitter“)91, von der beabsichtigten Offenbarung in Kenntnis gesetzt wird92 und eine angemessen Frist zur Abgabe einer Stellungnahme erhält93. Eine solche Stellungnahme ist bei der endgültigen behördlichen Entscheidung sorgfältig zu berücksichtigen.94 Hält die Behörde an ihrer zugangsgewährenden Entscheidung fest, teilt sie dies dem Informationsgeber

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(a)(6)(A)(i) FOIA. (a)(6)(B)(i) FOIA. Siehe dazu im einzelnen D.III.2. 87 (a)(6)(B)(ii) FOIA. 88 Während etwa in (a)(6)(B)(i) FOIA die Schriftform („written notice“) ausdrücklich angeordnet wird, läßt (a)(6)(B)(ii) FOIA eine einfache Benachrichtigung („notify the person“) ausreichen. 89 Executive order Nr. 12600 (23.6.1987), 52 Federal Register 23781. Vgl. zu dieser M.H. Benecki, Duke Law Journal 1988, 566 (580 ff.); E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 538 f.). Vgl. zum Institut der executive order allgemein die Nachweise in Teil B., Fn. 178. 90 Executive order Nr. 12600 (siehe Fn. 89), Sec. 1. Vertrauliche Wirtschaftsinformationen meint nach der Legaldefinition in Sec. 2 (a) alle Informationen, die unter den Schutz von (b)(4) FOIA fallen. 91 Legaldefiniert in executive order Nr. 12600 (siehe Fn. 89), Sec. 2 (b). 92 Executive order Nr. 12600 (siehe Fn. 89), Sec. 3. 93 Executive order Nr. 12600 (siehe Fn. 89), Sec. 4. 94 Executive order Nr. 12600 (siehe Fn. 89), Sec. 5. 86

II. Bearbeitung des Antrags

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unter Beifügung einer kurzen Begründung so rechtzeitig mit, daß ein angemessener Zeitraum bis zur beabsichtigten Zugangsgewährung verbleibt.95 Der Antragsteller ist jeweils über die Kontaktierung des Informationsgebers zu informieren.96 Umgekehrt ist der Informationsgeber umgehend über eine Klageeinreichung seitens des Antragstellers zu informieren.97 Die Bundesbehörden haben diese Vorgaben in ihren Organisationsvorschriften zumeist unter dem Titel „business information“ weitgehend inhaltsgleich umgesetzt.98 Der FOIA legt jeder Behörde die Verpflichtung auf, organisatorische Vorschriften über die beschleunigte Bearbeitung von Anträgen zu erlassen und hinreichend bekannt zu machen.99 Die behördlichen Organisationsvorschriften müssen die Fälle berücksichtigen, in denen vom Antragsteller zwingende Erfordernisse geltend gemacht werden100; darüber hinaus darf die Behörde eigenständig noch weitere Fallgruppen bestimmen.101 Der FOIA legaldefiniert „zwingendes Erfordernis“102: Zum einen liegt ein zwingendes Erfordernis vor, wenn eine nicht beschleunigte Antragsbearbeitung eine unmittelbar bevorstehende Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit einer Person mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten läßt103, oder zum anderen, wenn eine Dringlichkeit besteht, die Öffentlichkeit über tatsächliches oder vermeintliches behördliches Handeln zu informieren, und der Antrag von einer Person gestellt wird, die hauptsächlich mit der Verbreitung von Informationen beschäftigt ist104. Das Vorliegen eines zwingenden Erfordernisses ist vom Antragsteller mittels einer Erklärung nachzuweisen, deren Inhalt er nach besten Wissen und Gewissen als richtig zu bestätigen hat.105 Die behördlichen Organisationsvor-

ņņņņņņņņ 95 Executive order Nr. 12600 (siehe Fn. 89), Sec. 5. Dies soll den Dritten die Möglichkeit eröffnen, um gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen. 96 Executive order Nr. 12600 (siehe Fn. 89), Sec. 9. 97 Executive order Nr. 12600 (siehe Fn. 89), Sec. 6. 98 Vgl. etwa Department of Justice, 28 CFR 16.8; Department of Commerce, 15 CFR 4.9; Department of Housing and Urban Development, 24 CFR 15.108. 99 (a)(6)(E)(i) FOIA. 100 (a)(6)(E)(i)(I) FOIA. 101 (a)(6)(E)(i)(II) FOIA. 102 (a)(6)(E)(v) FOIA. 103 (a)(6)(E)(v)(I) FOIA. Die Fälle, in denen die Offenbarung einer Information zur Abwendung einer Gefahr für Leben oder körperliche Unversehrtheit erforderlich ist, sind eher selten; vgl. U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), Procedural Requirements, Expedited Processing. 104 (a)(6)(E)(v)(II) FOIA. Unter diese Fallgruppe fallen in erster Linie Anträge von Pressevertretern zu aktuellen Geschehnissen. Vgl. dazu U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), Procedural Requirements, Expedited Processing. 105 (a)(6)(E)(vi) FOIA.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

schriften müssen sicherstellen, daß die Entscheidung über den Antrag auf beschleunigte Bearbeitung dem Antragsteller innerhalb von 10 Tagen nach Eingang des Antrags zugeht.106 Zudem müssen die Vorschriften ein beschleunigtes behördliches Rechtsbehelfsverfahren für den Fall der Ablehnung der beschleunigten Bearbeitung des Akteneinsichtsantrags vorsehen.107 Die behördliche Versagung beschleunigter Bearbeitung sowie die Nichtbescheidung innerhalb der gesetzten 10-Tagesfrist sind taugliche Gegenstände gerichtlicher Überprüfung108, solange die Behörde den zugrunde liegenden Antrag auf Akteneinsicht noch nicht vollständig beschieden hat.109 Bescheidet die Behörde den Antragsteller antragsgemäß, hat sie das Einsichtsbegehren so bald wie möglich zu bearbeiten.110 Eine Besonderheit des FOIA ist das sog. multitrack processing.111 Jede Behörde kann organisatorische Vorschriften erlassen, die verschieden schnelle Bearbeitungsschienen für Akteneinsichtsbegehren abhängig von Arbeitsumfang und/oder Arbeitszeit vorsehen.112 Die behördlichen Organisationsregeln können dem Antragsteller auch die Möglichkeit einräumen, durch eine quantitative Begrenzung seines Einsichtsbegehrens die Zuordnung zu einer schnelleren Bearbeitungsschiene zu erreichen.113 Die Vorschriften vermögen die Behörde nicht von ihrer Verpflichtung zu befreien, Einsichtsanträge so zügig wie möglich zu bearbeiten.114 Zur Verdeutlichung sollen die Organisationsvorschriften des Department of Housing and Urban Development (HUD) dargestellt werden115: Das HUD sieht zwei Bearbeitungsschienen vor. Die Anträge werden unterteilt in einfache und schwierige Anfragen. Entscheidend für die Abgrenzung ist, ob die Bearbeitung das Sichten umfangreicher Unterlagen und/oder von Unterlagen aus drei oder mehr Abteilungen erfordert. Auf jeder Bearbeitungsschiene werden die Anträge in der Reihenfolge ihres Eingangs abgearbeitet.

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(a)(6)(E)(ii)(I) FOIA. (a)(6)(E)(ii)(II) FOIA. 108 (a)(6)(E)(iii) FOIA. 109 (a)(6)(E)(iv) FOIA. 110 (a)(6)(E)(iii) FOIA. 111 (a)(6)(D) FOIA. 112 (a)(6)(D)(i) FOIA. 113 (a)(6)(D)(ii) FOIA. 114 (a)(6)(D)(iii) FOIA. 115 Department of Housing and Urban Development, HUD´s FOIA Regulations, 24 CFR 15.105 (a)(1). 107

II. Bearbeitung des Antrags

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3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) Eine Weiterleitungsverpflichtung bei Angehen der unzuständigen Behörde ist der Transparenzverordnung nicht zu entnehmen. Allerdings sind die Organe verpflichtet, die Bürger darüber zu informieren, wie und wo Anträge auf Zugang zu Dokumenten gestellt werden können und ihnen dabei Hilfe zu leisten.116 Diese Verpflichtung greift natürlich insbesondere dann, wenn sich der Bürger an die unzuständige Stelle wendet und damit offenkundig behördlicher Hilfe bedarf. Betrifft ein Antrag ein sehr umfangreiches Dokument oder eine sehr große Zahl von Dokumenten, so kann sich das Organ nach der Transparenzverordnung mit dem Antragsteller informell beraten, um eine angemessene Lösung zu finden.117 Enthalten die nachgesuchten Dokumente personenbezogene Daten oder Geschäftsdaten und bestehen Zweifel, ob diese Daten unter den Schutz der Ausnahmeregelungen fallen, hat das Organ die betroffenen Dritten vor der Offenbarung zu konsultieren.118 Ausdrückliche Regelungen zu Stellungnahmefristen enthält die Transparenzverordnung selbst nicht, wohl aber die Organisationsvorschriften der Organe.119 Diese sehen Stellungnahmefristen Dritter von mindestens 5 (Werk-)Tagen vor, wobei sie ausdrücklich anordnen, daß das Organ die seinerseits einzuhaltende Bearbeitungsfrist120 zu wahren hat.121 Für den Fall der Offenbarung gegen den erkennbaren Willen des betroffenen Dritten, sehen die Organisationsvorschriften teilweise Unterrichtungspflichten vor, im Rah-

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Art. 6 Abs. 4 VO 1049/2001/EG. Art. 6 Abs. 3 VO 1049/2001/EG. Siehe zur Kontaktaufnahme zum Zweck einer hinreichenden Antragspräzisierung schon D.I.3. 118 Art. 4 Abs. 4 VO 1049/2001/EG. 119 Zwar regelt die Transparenzverordnung diese Fristen nicht selbst, fördert jedoch solche Regelungen. Nach Art. 18 Abs. 1 S. 1 VO 1049/2001/EG hat jedes Organ seine Geschäftsordnung an die Bestimmungen der Transparenzverordnung anzupassen. Diese ordnet in Art. 15 Abs. 1 VO 1049/2001/EG generalklauselartig an, daß die Organe eine gute Verwaltungspraxis zu entwickeln haben, um die Ausübung des Informationszugangsrechts zu erleichtern. Da eine möglichst kurze Verfahrensdauer allgemein als Teil einer guten Verwaltungspraxis angesehen wird und eine solche auch kurze Stellungnahmefristen Dritter erfordert, sind die Regelungen der Geschäftsordnungen schon in der Transparenzverordnung mitangelegt. Vgl. zur guten Verwaltungspraxis (Good Governance) in der EU H. Hill, DVBl. 2002, 1316 ff. 120 Siehe dazu D.III.3. 121 Vgl. Art. 5 Abs. 5 GO-Kom.-Anh. („mindestens fünf Werktage“); Art. 2 Abs. 3 GO-Rat-Anh. („angemessene Antwortfrist“); Art. 9 Abs. 3 Beschl.-EP-Zugang („fünftägige Frist“). 117

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

men derer der Dritte über die ihm möglichen Rechtsmittel zu belehren ist.122 Gleichsam bestimmen die Vorschriften der Kommission und des Rates, daß zwischen Unterrichtung des Dritten und tatsächlicher Zugänglichmachung eine Frist von (mindestens) 10 Werk- bzw. Arbeitstagen liegen muß, um dem Dritten Gelegenheit zur Einlegung eines Rechtsmittels und damit zur Verhinderung der Offenbarung zu geben.123 Regelungen über eine beschleunigte Antragsbearbeitung enthält die Transparenzverordnung nicht.

4. Umweltinformationsgesetz Im Gegensatz zum UIG (1994) regelt das UIG (2005) den Fall des Angehens einer unzuständigen Behörde: Wird der Antrag bei einer informationspflichtigen Stelle gestellt, die nicht über die Umweltinformationen verfügt, leitet sie den Antrag an die über die begehrten Informationen verfügende Stelle weiter, wenn ihr diese bekannt ist, und unterrichtet die antragstellende Person hierüber.124 Anstelle der Weiterleitung des Antrags kann sie die antragstellende Person auch auf andere ihr bekannte informationspflichtige Stellen hinweisen, die über die Informationen verfügen.125 Vor einer Entscheidung über die Offenbarung von Informationen, die unter den Schutz personenbezogener Daten, geistigen Eigentums sowie von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen fallen, sind die Betroffenen anzuhören.126 Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von der Betroffenheit eines Dritten auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind.127 Die informationspflichtige Stelle kann

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Vgl. Art. 5 Abs. 6 GO-Kom.-Anh.; Art. 2 Abs. 4 Unt.Abs. 2 GO-Rat-Anh. Vgl. Art. 5 Abs. 6 GO-Kom.-Anh.; Art. 2 Abs. 4 Unt.Abs. 2 GO-Rat-Anh. 124 § 4 Abs. 3 S. 1 UIG (2005). 125 § 4 Abs. 3 S. 2 UIG (2005). Die Regelung von § 4 Abs. 3 UIG (2005) dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 lit. a UIRL II; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 16. Nach der Gesetzesbegründung sollte ein Hinweis nach S. 2 erfolgen, wenn dies sachlich geboten ist oder im Interesse der antragstellenden Person liegt; vgl. a.a.O. Insofern habe die informationspflichtige Stelle eine Einschätzungsprärogative, wobei im Zweifel eine Weiterleitung erfolgen sollte; vgl. a.a.O. Vor dem Hintergrund datenschutzrechtlicher Erwägungen erscheint es allerdings fraglich, ob sich die Behörde im Zweifel nicht gegen eine (automatische) Weiterleitung und für die Benennung der zuständigen Stelle zu entscheiden hat; siehe D.II.10.a). 126 § 9 Abs. 1 S. 3 UIG (2005). Die Regelung entspricht inhaltlich § 8 Abs. 2 S. 1 UIG (1994). So auch die Gesetzesbegründung; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 20. 127 § 9 Abs. 1 S. 4 UIG (2005). Die Regelung entspricht inhaltlich § 8 Abs. 2 S. 2 UIG (1994). So auch die Gesetzesbegründung; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 20. 123

II. Bearbeitung des Antrags

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verlangen, daß mögliche Betroffene im einzelnen darlegen, daß ein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis vorliegt.128 Verpflichtungen, während der Bearbeitung eines (hinreichend bestimmten)129 Antrags mit dem Antragsteller Kontakt aufzunehmen, enthält das UIG ebensowenig wie die Möglichkeit einer beschleunigten Antragsbearbeitung.

5. Brandenburgisches AIG Das AIG-Bbg verpflichtet die Behörde, einen bei einer unzuständigen Stelle gestellten Antrag an die zuständige Stelle weiterzuleiten und den Antragsteller hierüber zu unterrichten.130 Soweit der Antragsteller Umstände des Einzelfalls darzulegen hat, die ein überwiegendes Offenbarungsinteresse begründen131, dieser seiner Verpflichtung jedoch noch nicht nachgekommen ist, muß die Behörde ihm Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen geben.132 Ein Dritter ist vor Gewährung der Akteneinsicht anzuhören, wenn das Einsichtsbegehren personenbezogene Daten betrifft, die aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können und schutzwürdige Belange des Betroffenen der Offenbarung nicht entgegenstehen133, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls im Hinblick auf den Zweck der politischen Mitgestaltung das Offenbarungsinteresse des Antragstellers das Interesse der betroffenen Person an der vertraulichen Behandlung der Information überwiegt134 oder wenn Unternehmensdaten betroffen sind, die nicht unter § 5 Abs. 1 Nr. 3

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§ 9 Abs. 1 S. 5 UIG (2005). Die Regelung entspricht inhaltlich § 8 Abs. 2 S. 3 UIG (1994). So auch die Gesetzesbegründung; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 20. 129 Siehe zur Kontaktaufnahmeverpflichtung zum Zwecke einer hinreichenden Antragspräzisierung schon D.I.4. 130 § 6 Abs. 1 S. 6 AIG-Bbg. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll durch diese Regelung die behördliche Hilfeleistungspflicht betont werden, vgl. LT-Drs. 2/4999, S. 16. 131 Siehe dazu D.I.5. 132 § 6 Abs. 1 S. 4 AIG-Bbg. Diese Stellungnahmemöglichkeit sei dem Antragsteller einzuräumen, da er (bei Antragstellung) nicht wissen könne, ob im Einzelfall die Darlegung seines überwiegenden Offenbarungsinteresses notwendig ist; vgl. LT-Drs. 2/4999, S. 16. 133 § 6 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AIG-Bbg. 134 § 6 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AIG-Bbg.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

AIG-Bbg fallen135 – dies beurteilt sich jeweils nach zumindest vorläufiger Auffassung der Behörde.136 Die Möglichkeit einer beschleunigten Antragsbearbeitung sieht das AIGBbg nicht vor.

6. Berliner IFG Wird ein Antrag schriftlich bei einer unzuständigen öffentlichen Stelle gestellt, so ist diese verpflichtet, den Antrag unverzüglich an die zuständige Stelle weiterzuleiten und den Antragsteller oder die Antragstellerin entsprechend zu unterrichten.137 Kommt die öffentliche Stelle bei der Prüfung eines Antrags auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft zu der Auffassung, daß der Offenbarung von personenbezogenen Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen keine schutzwürdigen Belange Betroffener entgegenstehen oder daß der Gewährung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft zwar schutzwürdige Belange Betroffener entgegenstehen, das Informationsinteresse aber das Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt, so hat sie den Betroffenen unter Hinweis auf Gegenstand und Rechtsgrundlage der Erteilung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft Gelegenheit zu geben, sich innerhalb von zwei Wochen zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.138 Das IFG-B räumt dem Antragsteller das Recht ein, Ablichtungen der Akten oder von Teilen derselben angefertigt und zur Verfügung gestellt zu bekommen.139 Soweit der Überlassung von Ablichtungen Urheberrechte entgegenstehen, ist von der öffentlichen Stelle die Einwilligung des Berechtigten einzuholen.140 Verweigern die Berechtigten die Einwilligung, so besteht der Anspruch

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§ 6 Abs. 3 S. 2 AIG-Bbg. Durch die Anhörungsverpflichtung wird dem betroffenen Dritten die Möglichkeit eröffnet, die Behörde von der überwiegenden Schutzbedürftigkeit der nachgefragten Informationen zu überzeugen bzw. ihr die erforderlichen Informationen zu liefern, welche für die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen und für die Abwägung der Akteneinsicht erforderlich sind; so ausdrücklich die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 2/4417, S. 10 f. 137 § 13 Abs. 1 S. 4 IFG-B. 138 § 14 Abs. 2 S. 1 IFG-B. 139 § 13 Abs. 5 S. 1 IFG-B. 140 § 13 Abs. 5 S. 2 IFG-B. 136

II. Bearbeitung des Antrags

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auf Vervielfältigung nicht, wobei das Recht auf Akteneinsicht und Aktenauskunft davon unberührt bleibt.141 Werden durch die Offenbarung Interessen Dritter berührt, darf die Akteneinsicht oder Aktenauskunft erst nach Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung gegenüber den Betroffenen – also nach Ablauf eines Monats142 – oder zwei Wochen nach Anordnung der sofortigen Vollziehung, die auch den Betroffenen bekannt zu geben ist, erteilt werden.143 Regelungen hinsichtlich einer besonderen Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller und die Normierung einer beschleunigten Antragsbearbeitung finden sich im IFG-B nicht.

7. Schleswig-holsteinisches IFG Das IFG-SH verpflichtet die angegangene unzuständige Behörde, die zuständige Behörde zu ermitteln und der Antragstellerin oder dem Antragsteller zu benennen.144 Beabsichtigt die Behörde, Zugang zu personenbezogenen Informationen zu gewähren, so ist die oder der Betroffene über die Freigabe von Informationen zu unterrichten, falls dies nicht mit einem unvertretbaren Aufwand verbunden ist.145 Können darüber hinaus durch die Offenbarung schutzwürdige Belange

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§ 13 Abs. 5 S. 3 u. 4 IFG-B. Der Informationszugang erfolgt in diesem Fall erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist gemäß § 70 VwGO bzw. – soweit ein Widerspruchsverfahren entbehrlich ist – nach Ablauf der Klagefrist gemäß § 74 VwGO, mithin einen Monat nach formgerechter Bekanntgabe der Entscheidung. 143 § 14 Abs. 2 S. 4 IFG-B. 144 § 6 Abs. 3 S. 4 IFG-SH. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll durch diese besondere Beratungspflicht sichergestellt werden, daß der Informationszugang nicht daran scheitert, daß nicht bekannt ist und nicht bekannt gegeben wird, wo eine begehrte Information vorhanden ist; vgl. LT-Drs. 14/2374, S. 14. Vgl. dazu auch G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 36. 145 § 12 Abs. 2 S. 1 IFG-SH. Diese Regelung betrifft letztlich nur Fälle, in denen eine tatsächliche oder mutmaßliche Einwilligung des Betroffenen zur Offenbarung seiner personenbezogenen Daten vorliegt; in allen anderen Fällen ist vom Grundsatz des § 12 Abs. 1 IFG-SH auszugehen, demgemäß die Offenbarung personenbezogener Daten in der Regel schutzwürdige Belange des Betroffenen betrifft und somit eine Anhörungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 IFG-SH besteht; vgl. G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 67. Für diese Auslegung spricht, daß § 11 Abs. 2 IFG-SH ausschließlich eine Anhörungspflicht normiert. Wenn das IFG-SH die Unterrichtungspflicht aus Gründen des Rechtsschutzes des Dritten zusätzlich zu einer etwaigen Anhö142

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

von Betroffenen beeinträchtigt werden, so hat die zuständige Behörde diesen vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.146 Sie muß den Betroffenen ferner Gelegenheit zur Stellungnahme geben, wenn sie Zugang zu Betriebsund Geschäftsgeheimnissen zu gewähren beabsichtigt.147 Kommt die Behörde zu dem Schluß, Aktenzugang aus Gründen des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder personenbezogener Daten148 verweigern zu müssen, hat sie auf Verlangen der Antragstellerin oder des Antragstellers die Betroffenen um Zustimmung zur Freigabe der begehrten Informationen zu ersuchen.149 Besondere Verpflichtungen, mit dem Antragsteller in Kontakt zu treten, regelt das IFG-SH nicht. Die Möglichkeit einer beschleunigten Antragsbearbeitung ist im IFG-SH nicht vorgesehen.

8. Nordrhein-westfälisches IFG Eine besondere Hilfeleistungsverpflichtung bei Angehen der unzuständigen Behörde sieht das IFG-NRW nicht vor. Nach dem IFG-NRW ist dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn die Behörde Zweifel hegt, ob eine Information ein geschütztes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis ist.150 Soll Zugang zu personenbezogenen Informationen gewährt werden, ohne daß eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt, ist die betroffene Person von der Freigabe der Information zu benachrichtigen, wenn dies nicht mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist.151 Können durch den Zugang zu einer Information schutzwürdige Belange

ņņņņņņņņ rungspflicht hätte normieren wollen, hätte sie eine entsprechende Unterrichtungspflicht ebenfalls im Rahmen des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen getroffen. 146 § 12 Abs. 2 S. 2 IFG-SH. 147 § 11 Abs. 2 IFG-SH. Vgl. dazu G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 61. 148 §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1 IFG-SH. 149 § 13 IFG-SH. Mit dieser Regelung bezweckt der Gesetzgeber, eine möglichst rasche Klärung ohne unnötige Auseinandersetzung herbeizuführen; vgl. LT-Drs. 14/2374, S. 19. Vgl. auch ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 67. 150 § 8 S. 4 IFG-NRW. 151 § 9 Abs. 2 S. 1 IFG-NRW. Die Benachrichtigungsverpflichtung steht dabei in einem Exklusivitätsverhältnis zur Anhörungsverpflichtung gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 IFGNRW; vgl. insoweit entsprechend die Argumentation zur inhaltlich vergleichbaren Regelung des IFG-SH in Teil D., Fn. 145.

II. Bearbeitung des Antrags

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der betroffenen Person beeinträchtigt werden, so hat die öffentliche Stelle dieser vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.152 Wenn die Offenbarung von Informationen von der Einwilligung einer betroffenen Person abhängig ist, hat die Behörde zunächst zu prüfen, ob dem Antrag auf Informationszugang nach Abtrennung oder Schwärzung der personenbezogenen Daten stattgegeben werden kann.153 Ist dies nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, hat die öffentliche Stelle unverzüglich die Einwilligung der betroffenen Person einzuholen.154 Diese gilt als verweigert, wenn sie nicht innerhalb eines Monats nach Anfrage durch die öffentliche Stelle vorliegt.155 Besondere Verpflichtungen, mit dem Antragsteller in Kontakt zu treten, regelt das IFG-NRW nicht. Die Möglichkeit einer beschleunigten Antragsbearbeitung sieht das IFG-NRW nicht vor.

9. Bundes-IFG Das BIFG regelt den Fall des Angehens der unzuständigen Behörde nicht.156 Nach dem BIFG gibt die Behörde einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluß des Informationszugangs haben kann.157 Die behördliche Entscheidung hat in diesen Fällen schriftlich zu erge-

ņņņņņņņņ 152

§ 9 Abs. 2 S. 2 IFG-NRW. § 10 Abs. 1 S. 1 IFG-NRW. 154 § 10 Abs. 1 S. 2 IFG-NRW. Vgl. zu diesem gestuftem Verfahren auch F. Stollmann, NWVBl. 2002, 216 (218 f.). Das VG Minden stellte in seinem Urteil vom 24.3.2004, Az. 3 K 1965/02, fest, daß die Frage nach der Unverhältnismäßigkeit des Aufwands i.S.v. § 10 Abs. 1 IFG-NRW im Lichte von § 10 Abs. 2 IFG-NRW zu interpretieren sei. Dementsprechend könne sich die Behörde auf diesen Einwand nur in Ausnahmefällen berufen. 155 § 5 Abs. 3 IFG-NRW. 156 Nach der Gesetzesbegründung muß die fälschlich angegangende Behörde den Antragsteller gemäß § 25 VwVfG auf die Unzuständigkeit hinweisen, vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14. 157 § 8 Abs. 1 BIFG. Die neutral formulierte Vorschrift gilt damit für personenbezogene Daten, geistiges Eigentum und Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse gleichermaßen; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 15. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll sich aus der Gesetzesformulierung ergeben, daß eine Beteiligung des Dritten unnötig ist, wenn sich der Dritte erkennbar nicht rechtzeitig äußern kann oder eine mutmaßliche Einwilligung erkennbar ist; vgl. a.a.O. Dazu auch M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 8 Rn. 5 ff. 153

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

hen und ist auch dem Dritten bekannt zu geben.158 Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die Entscheidung dem Dritten gegenüber bestandskräftig ist oder die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist und seit der Bekanntgabe der Anordnung an den Dritten zwei Wochen verstrichen sind.159 Das BIFG enthält keine Regelungen zur Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller. Die Möglichkeit einer beschleunigten Antragsbearbeitung ist nicht vorgesehen.

10. Vergleichende Betrachtung a) Informations- und Weiterleitungsverpflichtung bei behördlicher Unzuständigkeit Die untersuchten IFGs weisen durchgehend unterschiedliche Regelungen auf. Der FOIA enthält keine Regelungen für den Fall behördlicher Unzuständigkeit. In Schweden besteht in Ausnahmefällen eine Weiterleitungspflicht, im übrigen eine Benennungspflicht. Das Gemeinschaftsrecht sieht eine Benennungspflicht vor. BIFG und IFG-NRW regeln den Fall des Antrags an eine unzuständige Behörde nicht, hingegen müssen die Behörden in Brandenburg und Berlin den Antrag an die zuständige Behörde weiterleiten und den Antragsteller entsprechend unterrichten. Nach dem IFG-SH muß die angegangene unzuständige Behörde die zuständige ermitteln und dem Antragsteller benennen. Das UIG (2005) überläßt der informationspflichtigen Stelle die Wahl zwischen Weiterleitung und Benennung. Nach dem IFG-ProfE hat die angegangene Stelle, die nicht über die nachgefragten Informationen verfügt, dem Antragsteller unverzüglich die zuständige Stelle zu benennen, soweit ihr diese bekannt ist.160 Die ausführlichste Regelung enthält der IFG-NGOE: Ist die angegangene Stelle nicht die zuständige, so hat sie die zuständige Stelle zu ermitteln und dem Antragsteller zu benennen; der

ņņņņņņņņ 158 § 8 Abs. 2 S. 1 BIFG. Vgl. dazu M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 8 Rn. 25 ff. 159 § 8 Abs. 2 S. 2 BIFG. Vgl. dazu M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 8 Rn. 25 ff. 160 § 10 Abs. 3 IFG-ProfE. Nach Schoch/Kloepfer ist die behördliche Benennungspflicht einzuschränken, da eine Pflicht zur Ermittlung der zuständigen öffentlichen Stelle den Geschäftsgang der unzuständigen Stelle unzumutbar belasten könnte; vgl. IFG-ProfE, S. 141.

II. Bearbeitung des Antrags

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Antragsteller kann verlangen, daß die angegangene Stelle seinen Antrag an die zuständige Stelle weiterleitet und ihn hiervon unterrichtet.161 Für die grundsätzliche Frage, ob der angegangenen unzuständigen Behörde überhaupt Verpflichtungen irgendwelcher Art auferlegt werden sollten, kann auf die Erwägungen Rückgriff genommen werden, die schon bei den Überlegungen zur Hilfeleistungspflicht hinsichtlich der Antragskonkretisierung eine Rolle gespielt haben. Das Wissensdefizit des Bürgers hinsichtlich interner Verwaltungsvorgänge darf nicht dazu führen, daß dieser in der Ausübung seines Informationszugangsrechts behindert wird. Daraus folgt die prinzipielle Erforderlichkeit einer Hilfeleistungspflicht auch hinsichtlich des Auffindens der zuständigen Behörde. Einer solchen bedarf es um so mehr, je spärlicher die allgemeinen Informationspflichten (Aktenverzeichnisse etc.) ausgestaltet sind. Gegen eine unbeschränkte Benennungs-/Weiterleitungsverpflichtung spricht allerdings aus Behördensicht die Gefahr, daß die dazu stets erforderliche Ermittlung der zuständigen Stelle den Geschäftsgang der angegangenen Behörde unverhältnismäßig belasten könnte.162 Aus Sicht des Bürgers werden gegen eine Weiterleitungsverpflichtung ohne zuvor erklärte Zustimmung des Antragstellers zudem datenschutzrechtliche Bedenken erhoben, da hier ohne Einwilligung personenbezogene Daten übermittelt würden.163 Die somit bürgerfreundlichste Regelung enthält damit der IFG-NGOE, da dieser sowohl eine uneingeschränkte Benennungsverpflichtung und auf Verlangen des Antragstellers darüber hinaus eine Weiterleitungsverpflichtung vorsieht. Es erscheint allerdings sehr fraglich, ob hier der verursachte behördliche Arbeitsaufwand nicht außer Verhältnis zum Nutzen des Bürgers steht. Denn sobald der Bürger die zuständige Behörde genannt bekommen hat, kann er seinen ursprünglichen Antrag ohne weiteres bei dieser stellen. Dies ist dem Bürger auch zuzumuten, da sich der Aufwand, die benannte Stelle anzugehen kaum von dem Aufwand unterscheidet, von der ursprünglichen Stelle die Weiterleitung des Antrags zu verlangen. Eine gestufte Weiterleitungsverpflichtung ist daher abzulehnen. Gegen eine automatische Weiterleitungsverpflichtung werden aber zu Recht datenschutzrechtliche Bedenken vorgebracht, die auch nicht durch eine nachträgliche Unterrichtungsverpflichtung entkräftet werden können. Es muß grundsätzlich Sache des Antragstellers bleiben, welcher Behörde er seine Identität und sein Informationsinteresse offenbart. Eine Weiterleitungsverpflichtung ist somit unabhängig von ihrer Ausgestaltung abzulehnen. Klarstellend sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß eine Weiterleitung durch die Behörde nach informeller (etwa telefonischer) Einholung einer Einwilligung des An-

ņņņņņņņņ 161

§ 6 Abs. 4 S. 4, 5 IFG-NGOE. Vgl. auch IFG-ProfE, S. 141. 163 Vgl. C. Nordmann, RDV 2001, 71 (79); IFG-ProfE, S. 141; ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 27. 162

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

tragstellers keinen datenschutzrechtlichen Bedenken begegnet und für beide Seiten eine Reduzierung des Arbeitsaufwandes bedeuten „kann“.164 Dies ist allerdings stark vom Einzelfall abhängig (z.B. telefonische Erreichbarkeit des Antragstellers), weshalb sich diesbezüglich eine ausdrückliche Normierung nicht anbietet, die Entscheidung also im freien Ermessen der Behörde bleiben sollte. Da auch die Benennungsverpflichtung von der Behörde die Ermittlung der zuständigen öffentlichen Stelle verlangt, wird gegen diese ebenfalls das Argument der Gefahr unverhältnismäßiger behördlicher Belastung vorgebracht.165 Dem trägt der IFG-ProfE dadurch Rechnung, daß er die Benennungspflicht an eine bereits vorhandene behördliche Kenntnis knüpft, das Ermittlungserfordernis also ausschließt. Der Ausschluß jeglicher behördlicher Ermittlungsverpflichtung reduziert die aufgrund des bürgerlichen Wissensdefizits grundsätzlich erforderliche behördliche Hilfeleistungsverpflichtung jedoch in einem zu starken Maß. Einem relativ geringen behördlichen Ermittlungsaufwand (etwa die Nachfrage eines Sachbearbeiters bei einem Kollegen) kann ein weitaus erheblicherer Aufwand des Bürgers gegenüberstehen. Daher sollte ein IFG eine Benennungsverpflichtung enthalten, die eine Ermittlungsverpflichtung einschließt. Die Verpflichtung sollte jedoch unter dem Vorbehalt stehen, daß kein unverhältnismäßiger behördlicher Arbeitsaufwand anfallen darf. Außerdem erscheint es sinnvoll, die Verpflichtung der Behörde ausdrücklich als eine „unverzügliche“ aufzuerlegen, um unangemessene Verzögerungen zu vermeiden.166 Die Nichtregelung einer solchen nur leicht eingeschränkten Benennungsverpflichtung mit Blick auf die allgemeine Beratungs- und Auskunftsverpflichtung des § 25 VwVfG erscheint sehr bedenklich. Die grundsätzliche behördliche Ermittlungspflicht ergibt sich auf keinen Fall zwingend aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht. Vielmehr sollte ähnlich dem IFG-SH formuliert werden, daß die zuständige Behörde (unverzüglich) zu ermitteln und dem Antragsteller zu benennen ist. Dadurch wird ausdrücklich verdeutlicht, daß das Gesetz der Verwaltung nicht nur eine einfache Nachfragepflicht auferlegt, sondern eine echte „Ermittlungspflicht“.

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Ähnlich auch ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 27. Vgl. Teil D., Fn. 162. 166 Zwar wird sich die Verpflichtung zur „unverzüglichen“ Benennung oftmals schon aus der Verpflichtung zu einer unverzüglichen Bescheidung ergeben – auch die Antragsablehnung aufgrund Unzuständigkeit ist eine Bescheidung –, allerdings erscheint die Betonung der grundsätzlichen Eilbedürftigkeit in Informationsfreiheitsangelegenheiten prinzipiell sinnvoll. 165

II. Bearbeitung des Antrags

119

b) Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller Die untersuchten IFGs sehen überwiegend nach Einreichung eines hinreichend bestimmten Antrags und vor der Entscheidung keine Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller vor. Im übrigen ist nach dem Zweck der Kontaktaufnahme zu unterscheiden. Sowohl der FOIA als auch die Transparenzverordnung regeln eine informelle Kontaktmöglichkeit bzw. -verpflichtung zu dem Zweck, dem Antragsteller zu ermöglichen, ein sehr umfangreiches Informationsbegehren so einzugrenzen, daß es innerhalb der gesetzlichen Fristen abschließend bearbeitet werden kann. Das AIG-Bbg hingegen sieht die Kontaktverpflichtung zu dem Zweck vor, daß der Antragsteller einer ihm im Einzelfall obliegenden Begründungsverpflichtung nachkommen kann. Der IFG-ProfE enthält keine Regelungen zur Kontaktaufnahme. Hingegen sieht der IFG-NGOE indirekt eine Kontaktverpflichtung vor, als er eine Überschreitung der gesetzlichen Entscheidungsfristen von der Einwilligung des Antragstellers abhängig macht.167 Eine solche Einwilligung wird ein Antragsteller nur dann erteilen, wenn die Behörde mit diesem Kontakt aufnimmt und ihm dabei nachvollziehbar darlegt, warum die Bearbeitung seines Antrags längere Zeit als maximal gesetzlich vorgesehen benötigt, und ihm einen konkreten Entscheidungszeitpunkt in Aussicht stellt. Das Vorsehen einer Kontaktverpflichtung, damit der Antragsteller seiner Pflicht zur Darlegung eines individuellen Offenbarungsinteresses genügen und einer ablehnenden Entscheidung entgegenwirken kann, ist aus verfahrensrechtlicher Perspektive prinzipiell uneingeschränkt bürgerfreundlich. Davon zu unterscheiden ist allerdings die materiell-rechtliche Frage, ob bei der Abwägung von Geheimhaltungs- und Offenbarungsinteressen auf das individuelle Offenbarungsinteresse des Antragstellers oder auf das Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit abgestellt werden sollte.168 Ob das Vorsehen einer Absprachemöglichkeit/-verpflichtung hinsichtlich des Antragsumfangs der verfahrensrechtlichen Absicherung des Informationszugangsanspruchs dient, ist fraglich. Gegenstand einer solchen Absprache ist entweder die Reduzierung des Umfangs der nachgefragten Informationen oder eine Verlängerung der gesetzlichen Entscheidungsfristen. Betrachtet man diese Frage rein theoretisch, so ist die Antwort völlig klar: Diese Verfahrensmöglichkeit führt letztlich zu einer Verkürzung des dem Antragsteller zustehenden Informationsrechts. Denn dieser hat einen gesetzlichen Anspruch auf abschließende Bearbeitung auch umfangreicher Informationsbegehren innerhalb der

ņņņņņņņņ 167 168

§ 7 Abs. 4 IFG-NGOE. Vgl. dazu die Ausführungen in Teil D., Fn. 53.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

gesetzlich vorgesehenen Fristen. Daß sich in der Praxis die behördliche Aufgabenerfüllung aus mannigfaltigen Gründen verzögern kann, ist allerdings bekannt und insbesondere in Zeiten knapper Haushaltsmittel nur bedingt zu ändern. Das deutsche Verwaltungsrecht trägt dem etwa im Rahmen der Regelung über die Untätigkeitsklage des § 75 VwGO Rechnung, indem es dem Gericht die Möglichkeit einer Verfahrensaussetzung eröffnet, sofern ein zureichender Grund für die behördliche Verzögerung vorliegt. In Fällen, in denen die Behörde ihrer gesetzlichen Verpflichtung faktisch nicht nachkommen kann, ist es daher für den Bürger vorteilhaft, wenn ihm die Behörde über die Verzögerungen informiert und ihm die Gelegenheit gibt, durch eine für ihn noch akzeptable Reduzierung seines Antrags das Verfahren zu beschleunigen. Ist eine Reduzierung seiner Anfrage nicht sinnvoll möglich, erhält der Antragsteller zumindest Kenntnis von der tatsächlich zu erwartenden Bearbeitungsdauer. Die Verhandlungen können ihm gegebenenfalls auch Aufschluß darüber geben, ob die Behörde den Informationszugang willkürlich verzögert, dem Antragsteller somit die Entscheidung über die Einlegung von Rechtsmitteln erleichtern.169 Das dieser Verfahrensgestaltung immanente Mißbrauchsrisiko läßt sich gesetzlich kaum verringern. Man könnte daran denken, die Absprachemöglichkeit/-verpflichtung durch die Normierung detaillierter Voraussetzungen sachlich einzuschränken, dies führte außerhalb des Anwendungsbereichs allerdings wohl kaum zu einem vollständig gesetzeskonformen Verhalten, vielmehr stellten sich erneut die bereits aufgezeigten praktischen Probleme. Letztlich läßt sich das Mißbrauchsrisiko an dieser Stelle nur dadurch effektiv mindern, daß der Gesetzgeber der Verwaltung nachhaltig und glaubhaft verdeutlicht, daß er dem Informationszugangsrecht höchste Bedeutung zumißt. Denn fehlt es an Verwaltungsressourcen, muß im Einzelfall entschieden werden, welcher Vorgang mit Priorität gesetzeskonform zu bearbeiten ist, wobei die Wertigkeit der Vorgänge natürlich eine erhebliche Rolle spielt. Zur Verdeutlichung der Bedeutung, die der Gesetzgeber dem Grundsatz der Aktenöffentlichkeit beimißt, bietet sich insbesondere eine verfassungsrechtliche Verankerung an, wie sie insbesondere in Schweden, aber auch in Brandenburg erfolgt ist.170

c) Beteiligung betroffener Dritter Die Untersuchung zeigt, daß die überwiegende Zahl der IFGs zwar eine Anhörungsverpflichtung hingegen keine zusätzliche Unterrichtungsverpflichtung

ņņņņņņņņ 169

Dennoch erscheint die mit der Absprachemöglichkeit einhergehende Ausdehnung der Fristen bzw. der Beschränkung des Umfangs des Zugangsbegehrens sehr kritisch; siehe dazu auch D.III.10.a). 170 Man beachte auch Art. 255 EGV mit seinem verfassungsähnlichen Charakter.

II. Bearbeitung des Antrags

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regeln. Die Ausgestaltung im einzelnen weist dabei deutliche Unterschiede auf – insbesondere im Hinblick auf Fristen und Untätigkeitsfiktionen. Der IFG-NGOE sieht eine Anhörungsverpflichtung vor, wenn Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gewährt werden soll171 oder wenn Zugang zu personenbezogenen Daten gewährt werden soll und durch die Zugangsgewährung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden können172. Ist eine solche Beeinträchtigung ausgeschlossen, besteht die grundsätzliche Verpflichtung, den Betroffenen über die Freigabe von Informationen zu unterrichten.173 Auf Verlangen des Antragstellers hat die öffentliche Stelle den Betroffenen um Zustimmung zur Freigabe der begehrten Information zu ersuchen.174 Dabei bleiben die (Fristen-)Regelungen des § 7 IFG-NGOE unberührt.175 Nach dem IFG-ProfE ist ein betroffener Dritter vor einer Entscheidung über die Offenbarung seiner personenbezogenen Daten grundsätzlich anzuhören176, es sei denn, er kann nicht oder nur mit unvertretbaren Aufwand erreicht werden177. Äußert sich der Betroffene nicht innerhalb von zwei Wochen, ist von seiner Einwilligung auszugehen.178 Findet eine Anhörung nicht statt, sind Be-

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§ 12 Abs. 6 IFG-NGOE. § 11 Abs. 3 S. 2 IFG-NGOE. 173 § 11 Abs. 3 S. 1 IFG-NGOE. 174 § 13 Abs. 1 IFG-NGOE. 175 § 11 Abs. 3 S. 3 IFG-NGOE. Vgl. dazu IFG-NGOE, S. 32. 176 § 7 Abs. 4 S. 1 IFG-ProfE. Ursache dieser grundsätzlich bestehenden Anhörungsverpflichtung ist die materiell-rechtliche Ausgestaltung des Geheimhaltungstatbestandes zum Schutz personenbezogener Daten. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 IFG-ProfE ist der Informationszugangsanspruch hinsichtlich personenbezogener Daten nur ausgeschlossen, wenn dadurch schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden und das Informationsinteresse nicht überwiegt. Die Behörde muß also in jedem Fall die Beeinträchtigung von schutzwürdigen Drittinteressen untersuchen und in jedem Falle eine Abwägung mit dem Offenbarungsinteresse vornehmen. Eine Ausnahme gilt gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 IFG-ProfE. nur insoweit, als besonders schutzwürdige personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG betroffen sind (Angaben über rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit und Sexualleben). 177 § 7 Abs. 4 S. 3 IFG-ProfE. 178 § 7 Abs. 4 S. 2 IFG-ProfE. Die Unberührtheitsklausel bezieht sich dabei auf die in Abs. 1 S. 2 erwähnten besonders schutzwürdigen personenbezogenen Daten gemäß § 3 Abs. 9 BDSG. Das Regelungsmodell zur Anhörung soll nach Schoch/Kloepfer einerseits dem rechtlichen Gehör des Dritten Rechnung tragen, andererseits aber auch Verzögerungen beim Informationszugang entgegenwirken; die Einwilligungsfiktion sichere eine zügige Verfahrensbearbeitung. Um keine datenschutzrechtlichen Interessen zu verletzen, erstrecke sich die Einwilligungsfiktion nicht auf besonders sensible Daten. Vgl. IFGProfE, S. 111. 172

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

troffene über die Freigabe von Informationen mit personenbezogenen Daten unverzüglich zu unterrichten.179 Sofern die Offenbarung personenbezogener Daten von Amtsträgern in Frage steht, findet eine Anhörung oder Unterrichtung nicht statt.180 Hinsichtlich des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie Urheberrechten gelten die obigen Verfahrensmodalitäten entsprechend.181 Der Informationszugang darf erst nach Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung gegenüber dem Betroffenen oder zwei Wochen nach Anordnung der sofortigen Vollziehung, die auch dem Betroffenen bekannt zu geben ist, erteilt werden.182 Ein erstes Ergebnis der Untersuchung zeigt sich schon an dieser Stelle. Die Drittbeteiligungsmöglichkeiten der Einholung einer Zustimmung und der Einräumung einer Gelegenheit zur Stellungnahme stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der materiell-rechtlichen Ausgestaltung der Geheimhaltungstatbestände. Soweit ein IFG die Offenbarung nicht von einer Zustimmung des Dritten abhängig macht, stellt sich insoweit auch nicht Frage, ob die Behörde den Dritten um Erteilung der Einwilligung anzugehen hat bzw. was die Folgen sind, wenn dieser sich nicht äußert. Gleiches gilt für die Anhörungsverpflichtung, welche natürlich nur dann Sinn macht, soweit die Behörde die Beeinträchtigung schutzwürdiger Drittinteressen zu beurteilen und gegebenenfalls auch eine Abwägung mit dem Offenbarungsinteresse vorzunehmen hat. Da Gegenstand der vorliegenden Untersuchung die verfahrensrechtliche Absicherung von Informationszugangsansprüchen unabhängig von ihrem materiellrechtlichen Umfang ist, wird auf die materiell-rechtliche Ausgestaltung der Geheimhaltungstatbestände im weiteren allenfalls am Rande eingegangen. Die Untersuchung verdeutlicht, daß fast alle IFGs – mit unterschiedlicher Ausgestaltung im Detail – eine Anhörungsverpflichtung vorsehen, sofern die Beeinträchtigung schutzwürdiger Drittinteressen zu befürchten ist. Auffallend ist dabei das Fehlen von Drittbeteiligungsregelungen in Schweden. Diese – im deutschen Rechtssystem undenkbare – Regelungslage ist die Konsequenz der ungewöhnlich starken verfassungsrechtlichen Stellung des schwedischen Grundsatzes der Aktenöffentlichkeit, die dazu führt, daß der Transparenz im Zweifel Vorrang gegenüber Privatinteressen einzuräumen ist.183 Das Fehlen von Regelungen zur Drittbeteiligung kommt natürlich den Interessen des Informationssuchenden entgegen, da dies zu einer zügigeren Bearbeitung seines

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§ 7 Abs. 4 S. 4 IFG-ProfE. § 7 Abs. 4 S. 5 IFG-ProfE. 181 § 8 Abs. 4 IFG-ProfE verweist auf § 7 Abs. 4IFG-ProfE. 182 § 11 Abs. 6 S. 1 IFG-ProfE. Diese Regelung gewährleiste dem betroffenen Dritten effektiven Rechtsschutz; vgl. IFG-ProfE, S. 153. 183 Siehe dazu genauer B.I. 180

II. Bearbeitung des Antrags

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Begehrens führt.184 Im deutschen Recht ist dieses zeitliche Interesse allerdings in einen angemessenen Ausgleich mit dem Gebot rechtlichen Gehörs im Verwaltungsverfahren185 zu bringen. Dem Dritten muß danach grundsätzlich immer dann Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, wenn eine Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen zu befürchten ist.186 Dabei kann dem Beschleunigungsinteresse dadurch ausreichend Rechnung getragen werden, daß das IFG eine angemessene Stellungnahmefrist normiert. Diese Frist sollte mit den Entscheidungsfristen abgestimmt sein. So erscheint etwa die einmonatige Stellungnahmefrist des Dritten des BIFG187 im Vergleich zur ebenfalls einmonatigen allgemeinen Bearbeitungsfrist188 unangemessen lang. Gleichzeitig sollte aus dem Gesetz klar hervorgehen, daß die Drittbeteiligung nicht zu einer Überschreitung der allgemeinen Bearbeitungsfristen führen darf. Ausgehend von diesen Erwägungen erscheinen sowohl die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen angemessen, die eine Anhörungsfrist von mindestens 5 Werktagen vorsehen und gleichzeitig ausdrücklich die Wahrung der allgemeinen Bearbeitungsfristen betonen, als auch die Regelung des IFG-ProfE, der generell eine zweiwöchige Anhörungsfrist vorsieht. Wenn die Einhaltung der allgemeinen Bearbeitungsfristen sichergestellt ist, ist aus verfahrensrechtlicher Sicht auch nichts dagegen einzuwenden, daß eine Anhörung immer, also selbst dann erfolgt, wenn die Behörde eine Offenbarung der Informationen nicht beabsichtigt.189 Bei der Formulierung der Anhörungsverpflichtung ist schließlich zu beachten, daß die Regelung entweder als Sollvorschrift ausgestaltet wird oder sie in einem Nebensatz klarstellt, daß die Anhörungsverpflichtung nicht besteht, wenn ihr nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand nachgekommen werden kann.

ņņņņņņņņ 184

So führt die formelle Drittbeteiligung in den USA zu enormen Verzögerungen. Es wird deshalb auch vermutet, daß viele Unternehmen nur deshalb von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, um den Informationssuchenden zu entmutigen. Vgl. dazu E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 538 f.). 185 Vgl. zum Gebot rechtlichen Gehörs H.J. Bonk/D. Kallerhoff, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 28 Rn. 2 ff. Zu beachten ist dabei insbesondere auch der verfassungsrechtlich verankerten Schutz personenbezogener Daten, geistigen Eigentums sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen; siehe dazu ausführlich D.IX.4. 186 Ähnlich auch S.W.H. Lodde, Informationsrechte, S. 201. Sollte der Dritte nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand erreichbar sein, kann hingegen von einer Anhörung abgesehen werden; so auch IFG-ProfE, S. 111. 187 § 8 Abs. 1 BIFG. 188 § 7 Abs. 5 S. 2 BIFG. 189 Dies wird deswegen für sinnvoll gehalten, da ja die Möglichkeit bestünde, daß der Betroffene mit der Offenbarung einverstanden ist; vgl. IFG-ProfE, S. 111; IFGKoalitionsE, S. 38 f.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Kommt die Behörde vor bzw. nach der Anhörung zu dem Ergebnis, daß die nachgefragten Informationen nur mit Zustimmung des betroffenen Dritten offenbart werden dürfen, kann das IFG eine Verpflichtung zur Einholung der Zustimmung durch die Behörde vorsehen. Gegen eine solche Verfahrensausgestaltung spricht insbesondere der Arbeitsaufwand, der dadurch bei der Behörde anfällt.190 Andererseits muß berücksichtigt werden, daß dem Antragsteller die Einholung der Zustimmung des betroffenen Dritten oftmals schlicht nicht möglich sein wird, da ihm die dazu benötigten Informationen gerade nicht mitgeteilt werden. Hängt also der Informationszugangsanspruch aufgrund der materiell-rechtlichen Ausgestaltung der Geheimhaltungstatbestände letztlich allein von der Zustimmung des Dritten ab, erscheint es trotz des anfallenden behördlichen Arbeitsaufwands angemessen, der Behörde die Verpflichtung aufzuerlegen, die Zustimmung einzuholen. Fraglich ist allerdings die genaue Ausgestaltung dieser Verpflichtung. In Betracht kommt einerseits, daß die Behörde automatisch beim Dritten wegen der Erteilung der Zustimmung nachfragt. Andererseits kommt in Betracht, daß die Behörde dem Antragsteller zunächst einen teilweisen Aktenzugang anbietet und den Dritten nur auf Verlangen des Antragstellers kontaktiert. Für den letzteren Regelungsmodus spricht, daß die vorherige Nachfrage beim Antragsteller, die ja auch informell erfolgen kann, nur zu einem geringen Mehraufwand im Vergleich zum ersten Regelungsmodus führt. Da ausgehend von bisherigen Erfahrungen viele Informationsbegehrende ohnehin nicht an personenbezogenen Daten – als praktisch relevantester Fall – interessiert sind191, ist die Drittbeteiligung nur auf Verlangen des Antragstellers sogar als geeignet anzusehen, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Gleichzeitig bewirkt dies eine Beschleunigung des Informationszugangs.192 Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen ist insbesondere die schleswig-holsteinische Regelung als gelungen zu betrachten. Die Regelung

ņņņņņņņņ 190 Der mit der Einholung der Zustimmung verbundene Arbeitsaufwand führte in Brandenburg im Rahmen der Gesetzesänderungen von 2003 zu einer nachträglichen Streichung dieser Verfahrensmodalität (§ 6 Abs. 5 AIG-Bbg a.F.); vgl. LT-Drs. 3/6324, S. 16 f. Dies habe aber den positiven Effekt einer Beschleunigung der Bescheidung; vgl. a.a.O. Anzumerken ist, daß § 6 Abs. 5 AIG-Bbg a.F. für den Dritten eine Erklärungsfrist von zwei Monaten vorsah und das AIG-Bbg gleichzeitig noch keine allgemeinen Bearbeitungsfristen normierte. 191 Vgl. U. Jürgens, DSB 2002, 9 (9). 192 In der Literatur wird im Zusammenhang mit der Einholung der Drittzustimmung noch problematisiert, daß die Behörde dem Dritten dabei die Identität des Antragstellers nicht ohne dessen Einwilligung preisgeben darf; vgl. T.R. Wolf-Hegerbekermeier/B. Pelizäus, DVBl. 2002, 955 (958). Dies hängt allerdings wiederum mit der materiellrechtlichen Frage zusammen, ob das IFG auf das individuelle oder das allgemeine Offenbarungsinteresse abstellt. Im m.E. vorzugswürdigen letzteren Fall, bedarf es mangels Relevanz der Mitteilung der Identität des Antragstellers nicht.

II. Bearbeitung des Antrags

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des IFG-NRW führt hingegen dazu, daß die Einwilligung nur in Ausnahmefällen eingeholt und im übrigen nur teilweiser Aktenzugang gewährt wird. Zu einer Reduzierung des behördlichen Arbeitsaufwands bei der Einholung von Stellungnahmen oder Zustimmungen kann im übrigen auch eine Regelung beitragen, die es den betroffenen Dritten schon im Rahmen der Informationsgebung ermöglicht, sich über die Schutzbedürftigkeit der Informationen zu erklären oder ihre Zustimmung zur Offenbarung zu geben bzw. zu verweigern.193 Ein weiterer Aspekt der formalisierten Drittbeteiligung ist die eher materiellrechtliche Frage, welche Folgen eine Untätigkeit des Dritten nach sich zieht.194 Ohne Regelung einer besonderen Rechtsfolge gilt: Nimmt der Dritte seine Gelegenheit zur Stellungnahme nicht wahr, verzichtet er lediglich auf die Möglichkeit, auf die behördliche Beurteilung bzw. Abwägung Einfluß zu nehmen; schweigt er auf die Anfrage, ob er einer Offenbarung seine Zustimmung erteilt, ist diese nicht erteilt. In beiden Fällen kann das IFG als Folge der Untätigkeit des Dritten eine Zustimmungsfiktion normieren, wodurch die Offenbarungspflicht hinsichtlich Informationen Dritter faktisch stark erweitert würde. Dies begegnet in beiden Fällen aus verfassungsrechtlichen Gründen erheblichen Bedenken. Die Schutzwürdigkeit von Informationen Dritter wird weitgehend bedingt bzw. verstärkt durch deren verfassungsrechtliche Verankerung.195 Jede (gesetzliche) Einschränkung dieses Schutzes bedarf daher einer ausreichenden Rechtfertigung. Dafür kommt der vom Demokratieprinzip getragene Grundsatz der Aktenöffentlichkeit grundsätzlich in Betracht, wobei die ausdrückliche verfassungsrechtliche Verankerung dieses Grundsatzes maßgeblich dessen Wert beeinflußt.196 Daraus folgt, daß eine gesetzliche Fiktion bezüglich der Zustimmung zur Offenbarung personenbezogener Daten oder von Betriebsbzw. Geschäftsgeheimnissen desto problematischer wird, je schutzwürdiger diese im Lichte der Verfassung sind. Dementsprechend liegt die Vermutung nahe, daß wenn der Gesetzgeber die Offenbarung von Informationen Dritter ausdrücklich von deren Zustimmung abhängig macht, diese von so hoher Schutzwürdigkeit sind, daß eine Einschränkung dieses Schutzes durch eine Zustimmungsfiktion in der Regel unangemessen sein wird. Denkbar erscheint

ņņņņņņņņ 193

Vgl. auch S.W.H. Lodde, Informationsrechte, S. 201. Die Frage ist deswegen eher materiell-rechtlicher Natur, da es für die Regelung von Untätigkeitsfiktionen in erster Linie auf die Frage ankommt, in welcher Weise die konkurrierenden Interessenlagen von Antragsteller und Dritten in Ausgleich gebracht werden. 195 Siehe dazu ausführlich D.IX.4. 196 Ausdrücklich kommt dem Grundsatz der Aktenöffentlichkeit Verfassungsrang nur in Schweden und Brandenburg zu. Eine Herleitung aus Grundgesetzes wird hingegen überwiegend abgelehnt; vgl. mit zahlreichen Literaturnachweisen J. Masing, VVDStRL 63 (2003), 377 (379, Fn. 1). 194

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

eine Zustimmungsfiktion hingegen in den Fällen, in denen die Behörde Zweifel hinsichtlich der Schutzbedürftigkeit der Informationen hegt und dem Dritten vor diesem Hintergrund Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird. Hierbei wird es sich in der Regel nicht um besonders schützenswerte Drittinformationen handeln, so daß eine Auflösung des Rechtsgüterkonflikts zugunsten der Aktenöffentlichkeit materiell-rechtlich zumindest möglich erscheint.197 Zudem kann der Dritte die verfahrensrechtliche Zustimmungsfiktion ohne weiteres im Rechtsbehelfsverfahren wieder beseitigen. Die Zustimmungsfiktion muß jedoch auf die Fälle beschränkt sein, in denen die Behörde bei der Abwägung Zweifel hegt. Hält die Behörde die Offenbarung für unzweifelhaft unzulässig, sehen manche IFGs (etwa der IFG-ProfE) dennoch Anhörungspflichten vor, da ja die Möglichkeit bestünde, daß der betroffene Dritte seine Zustimmung zur Offenbarung erteile. In diesen Fällen muß die Geltung der Fiktion ausgeschlossen sein. Schließlich bedarf die Verfahrensmodalität einer Unterrichtung des betroffenen Dritten über die Offenbarung der drittbezogenen Informationen näherer Betrachtung. Entsprechende Regelungen bestehen in unterschiedlichem Umfang in der EU und den USA. Die deutschen IFGs gehen diesbezüglich unterschiedliche Wege. Überwiegend sehen diese keine (UIG [2005], AIG-Bbg) oder einfache Unterrichtungsverpflichtungen vor (IFG-SH, IFG-NRW). Lediglich das IFG-B befaßt sich ausdrücklich mit der Frage, wie sich die effektive Rechtsschutzgarantie betroffener Dritter auf den Informationszugang des Antragstellers auswirkt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß bezüglich der Unterrichtung nur ein verwaltungs- und verfassungsrechtlich beschränkter Regelungsbereich besteht. Denn gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens bekannt zu geben, der von ihm betroffen wird.198 Eine solche Betroffenheit ist immer dann anzunehmen, wenn aufgrund der möglichen Beeinträchtigung schutzwürdiger Drittinteressen eine Anhörung des Dritten erfolgt ist.199 Im weiteren geht das Verfahren der Drittbeteiligung indes nicht mehr klar aus dem VwVfG hervor. Denn grundsätzlich regelt § 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG, daß ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist, zu dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem er ihm bekannt gegeben wird, wobei die Wirksamkeit die Vollziehbarkeit mit

ņņņņņņņņ 197 Letztlich bedarf es an dieser Stelle einer genauen materiell-rechtlichen Prüfung, von welcher Art die im Einzelfall betroffenen Informationen sind. Dies ist jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. 198 Vgl. zum Merkmal der Betroffenheit P. Stelkens/U. Stelkens, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 41 Rn. 37 ff. 199 Die Verpflichtung des § 41 VwVfG greift allerdings nur dann, wenn man der zugangsgewährenden Entscheidung – zutreffenderweise – Verwaltungsaktqualität zuerkennt; siehe dazu ausführlich D.III.4.

II. Bearbeitung des Antrags

127

einschließt.200 Allerdings muß die Verwaltung in dieser Situation, um das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG zu beachten, trotz Wirksamkeit der Offenbarungsentscheidung die Vollziehung bis zum Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung gegenüber dem Dritten aussetzen.201 Da es wegen §§ 70, 74 VwGO einer Aussetzung von einem Monat bedarf, würden dadurch wohl regelmäßig Konflikte mit den vorgesehenen Bearbeitungsfristen entstehen. Da eine Verlängerung der Gesamtverfahrensdauer nicht wünschenswert ist, ist das auf eine weitestmögliche Verfahrensbeschleunigung gerichtete Regelungsmodell des BIFG wie auch des IFG-B (ebenso IFG-ProfE) zu begrüßen, wonach sich die die Vollziehung der Offenbarungsentscheidung nicht generell um einen Monat verzögert (Bestandskraft), sondern im Falle der besonderen Anordnung der sofortigen Vollziehung schon nach zwei Wochen erfolgen kann. Damit die Behörden von dieser verfahrensbeschleunigenden Möglichkeit in der Praxis jedoch auch tatsächlich Gebrauch machen, empfiehlt sich eine Vorgabe von Regelbeispielen, bei deren Vorliegen der Erlaß einer Vollziehungsanordnung angezeigt ist. In Betracht kommt diesbezüglich, daß der betroffene Dritte von seinem Recht zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht hat bzw. eine Einwilligungsfiktion greift oder daß seine Stellungnahme keinen Geheimhaltungswillen erkennen läßt.

d) Beschleunigte Antragsbearbeitung Regelungen für eine beschleunigte Antragsbearbeitung finden sich lediglich im FOIA. Dieser überläßt die Details der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung zwar den einzelnen Behörden, allerdings bestimmt er zwei Fallgruppen, die in jedem Falle zu einer Verfahrensbeschleunigung führen müssen: eine unmittelbar bevorstehende, hinreichend wahrscheinliche Gefahr für Leib oder Leben sowie die Dringlichkeit, die Öffentlichkeit über tatsächliches oder vermeintliches behördliches Handeln zu informieren, wenn der Antrag von einer Person gestellt wird, die hauptsächlich mit der Verbreitung von Informationen beschäftigt ist. Gegen eine Verfahrensbeschleunigung im Fall einer Leib- oder Lebensgefahr lassen sich wohl kaum Gegenargumente vorbringen. Ob es diesbezüglich einer ausdrücklichen Regelung bedarf, erscheint aber fraglich, da das Bestehen einer solchen Gefahrenlage insbesondere wegen den sich aus der objektiven Dimension des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ergebenden staatlichen Schutzpflichten ohnehin zu einer maximalen Verkürzung aller gesetzlich vorgesehe-

ņņņņņņņņ 200

Vgl. etwa M. Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 43 Rn. 162. So auch ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 30; C. Nordmann, RDV 2001, 71 (81). 201

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

nen Bearbeitungsfristen führen würde. Es ist auch tatsächlich kaum vorstellbar, daß eine Behörde die Gefahr sehend nicht unverzüglich handeln würde. Weitaus interessanter ist hingegen aus verfahrensrechtlicher Perspektive, ob Anträge von Presse- und Rundfunkvertretern zumindest bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen beschleunigt bearbeitet werden müssen. Man könnte hier argumentieren, daß es einer solchen Regelung nicht bedürfe, da sich die Pflicht zur Verfahrensbeschleunigung in besonderen Fällen schon aufgrund der Presseund Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ergebe. Zudem könnte man auch ein mangelndes Bedürfnis für eine solche Regelung aufgrund der bestehenden Ansprüche aus den deutschen Pressegesetzen ins Felde führen. Diese Argumente vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Daß Pressevertretern gegebenenfalls weitere materiell-rechtliche Ansprüche neben dem (nachträglich eingeführten) Anspruch auf Akteneinsicht zustehen, kann nicht überzeugend für die Beurteilung herangezogen werden, wie effektiv ein neuer Kontrollanspruch verfahrensrechtlich abzusichern ist. Die Ableitung einer Beschleunigungspflicht unmittelbar aus den Grundrechten ist ferner mit erheblichen Unwägbarkeiten verbunden. Es ist von der Verwaltung realistischerweise kaum zu erwarten, daß sie die (massenmediale) Kontrolle freiwillig möglichst weitgehend fördert, insbesondere wenn die Kontrolle auf die Aufdeckung fehlerhaften behördlichen Handelns abzielt. Realistisch ist sicherlich eher die Annahme, daß eine Behörde in solchen Fällen alle (Interpretations-)Möglichkeiten ausschöpfen wird, einen Aktenzugang zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Letztlich lassen sich wohl kaum überzeugende Argumente gegen eine ausdrückliche Normierung dieser Verfahrensmodalität vorbringen. Der Multiplikatoreffekt von Presse und Rundfunk ist mit der effektivste Weg, den Grundsatz der Aktenöffentlichkeit – natürlich nur im materiell-rechtlich gewährten Umfang – praktisch wirksam werden zu lassen. Dies ist eine ausreichende Rechtfertigung für die beschleunigte, also auch bevorzugte Behandlung gegenüber Informationsfreiheitsbegehren von „normalen“ Bürgern.

e) Die Besonderheit des FOIA: das multitrack processing Eine bemerkenswerte amerikanische Besonderheit ist das multitrack processing, dessen Einführung und Ausgestaltung weitgehend in das Ermessen der Behörden gestellt ist. Der große Vorteil dieser Verfahrensregelung liegt darin, daß die Bearbeitung einfacher Anfragen nicht durch sehr umfangreiche Anfragen verzögert bzw. blockiert wird. Nachteilig ist, daß sich die Behörde zusätzlich eine Meinung über den Umfang einer Anfrage bilden muß. Auch erscheint es fraglich, ob eine dermaßen formalisierte behördliche Arbeitsorganisation wirklich notwendig ist, eine zügige bzw. bevorzugte Bearbeitung von einfachen Informationsbegehren sicherzustellen, oder ob der durchschnittliche Sachbearbeiter nicht von sich aus eine einfache Anfrage kurzerhand vorziehen würde.

III. Entscheidung über den Antrag

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Die Einführung eines Systems verschiedener Bearbeitungsschienen, das die gesetzlichen Bearbeitungsfristen unberührt läßt, bedarf jedenfalls keiner gesetzlichen Normierung. Vielmehr können die Behörden ein solches System ohne weiteres aufgrund ihrer Organisationshoheit einführen.

III. Entscheidung über den Antrag Die Phase der Antragsbearbeitung endet mit der Entscheidungsfindung und mitteilung. Für den Antragsteller ist dabei von großer Bedeutung, ob das IFG der Behörde einen zeitlichen Rahmen setzt, innerhalb dessen sie eine zugangsgewährende oder eine zugangsversagende Entscheidung zu treffen hat. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch bedeutsam, wieviel Zeit zwischen einer zugangsgewährenden Entscheidung und der Vollziehung der Entscheidung durch tatsächliche Informationsgewährung liegen darf – diese Frage wird im Anschluß im Kapitel „Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs“ näher untersucht werden.202 Allerdings ergeben sich diesbezüglich insofern gewisse Überschneidungen, als einige IFGs keine gesonderte Entscheidungsfrist anordnen, sondern „lediglich“ eine Frist zur Zugänglichmachung vorsehen. Eine solche schließt natürlich die Entscheidungsfrist mit ein, da die Offenbarungsentscheidung der tatsächlichen Zugänglichmachung notwendig vorausgeht. Auferlegt das IFG der Behörde bestimmte Entscheidungsfristen, stellt sich des weiteren die Frage nach der Folge, sollte die Behörde innerhalb der Fristen untätig bleiben. Die Untersuchung wird aufzeigen, daß die IFGs bei behördlicher Untätigkeit in der Regel die Einlegung von gerichtlichen Rechtsmitteln zulassen. Dabei ist den Gerichten oftmals die Möglichkeit einer Verfahrensaussetzung zu dem Zweck eingeräumt, der Behörde eine abschließende Vorgangsbearbeitung zu ermöglichen. Macht das Gericht von dieser Möglichkeit Gebrauch, verlängert es dadurch faktisch die behördlichen Entscheidungsfristen. Dieser sachliche Zusammenhang läßt es sinnvoll und übersichtlicher erscheinen, diesen Aspekt des gerichtlichen Rechtsschutzes schon vorgezogen zu erörtern. Nachdem die Behörde eine Entscheidung getroffen hat, muß sie diese dem Antragsteller mitteilen. Dies kann formlos oder schriftlich erfolgen. Insbesondere bei (gänzlicher oder teilweiser) Zugangsversagung wird zu untersuchen sein, ob und inwieweit man die Rechtsposition des Antragstellers durch spezielle Begründungserfordernisse oder Pflichten zur Rechtsbehelfsbelehrung sichern kann. Dies gilt natürlich bei Drittbeteiligung entsprechend für die Offenbarungsentscheidung. Der Frage, welche Informationen die Behörde bei einer zugangsgewährenden Entscheidung hinsichtlich Zeit und Ort des Aktenzugangs mitzuteilen hat, wird im nachfolgenden Kapitel über das Verfahren der Ein-

ņņņņņņņņ 202

Siehe D.IV.

130

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

sichtsgewährung näher betrachtet werden. Schließlich werden noch die Regelungen betrachtet, die den Behörden eine Zusammenfassung von verschiedenen Zugangsanträgen gestatten. Zweck dieser Befugnis ist es in der Regel, den Behörden die Bewältigung von Massenverfahren zu erleichtern und/oder den Behörden ein Instrument an die Hand zu geben, um Gebührenumgehungsstrategien begegnen zu können.

1. Schwedische Tryckfrihetsförordning Eine ausdrückliche Regelung, welche Zeitspanne der Behörde für ihre Entscheidung zur Verfügung steht, findet sich weder in der Tryckfrihetsförordning noch im Sekretesslag. Allerdings bestimmt die Tryckfrihetsförordning, daß ein nachgesuchtes Dokument sofort („genast“) oder aber jedenfalls so früh wie möglich zugänglich zu machen ist.203 Soweit ein Informationsfreiheitsgesetz nicht ausdrücklich zwischen Entscheidungsfrist und Frist der Zugänglichmachung unterscheidet204 ist letztere als äußere Grenze anzusehen, da die Entscheidung über den Antrag der tatsächlichen Zugangsgewährung notwendig vorausgeht. Bleibt die Behörde untätig, sieht weder die Tryckfrihetsförordning noch das Sekretesslag eine gewährende oder versagende Entscheidungsfiktion vor. Mangels Regelung einer Untätigkeitsklage im schwedischen Verwaltungsprozeßrecht205 bleibt dem Antragsteller in diesem Fall „nur“ die Möglichkeit einer Beschwerde zum Parlamentsombudsmann206. Als Besonderheit des schwedischen Informationszugangsrechts sei an dieser Stelle hervorgehoben, daß das Sekretesslag anders als die übrigen Informationsfreiheitsgesetze die Entscheidungskompetenz nicht der Behörde als Ganzes sondern konkret dem Behördenmitarbeiter zuweist, in dessen Gewahrsam sich das nachgesuchte Dokument befindet.207 Diese Regelung dürfte die in Schweden übliche Einrichtung von (öffentlich zugänglichen) behördlichen Zentralarchiven208, deren Mitarbeiter sich hauptamtlich mit der Bearbeitung von Ein-

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Kap. 2 Art. 12 Abs. 1 S. 1 TF. Wie etwa der FOIA, vgl. (a)(6)(A) u. (B) FOIA sowie (a)(6)(C)(i) FOIA. 205 Vgl. das FPL. 206 Siehe zu den rechtlichen und faktischen Befugnissen des Parlamentsombudsmanns D.VIII.1. 207 Kap. 15 Art. 6 Abs. 2 S. 1 SL. Dies gilt unabhängig vom grundsätzlichen Verwahrungsort des Dokuments, also auch für übersandte Dokumente anderer Behörden; vgl. J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 47. 208 Vgl. J. Nergelius, Constitutional Law, S. 65 ff. (S. 84). Dem entsprechen die Beispiele in Ministry of Justice, The right of access to official documents in Sweden, 204

III. Entscheidung über den Antrag

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sichtsbegehren beschäftigen, zumindest gefördert haben. Die Registratoren können den Vorgang jedoch bei Zweifeln hinsichtlich des Vorliegens eines Ausnahmetatbestands an „die Behörde“ („myndigheten“), in der Regel die Behördenspitze, zur Entscheidung weiterleiten, wenn dies nicht zu einer Verzögerung der Antragsbearbeitung führt.209 Hinsichtlich der formalen Anforderungen an die Bescheidung des Antragstellers treffen Tryckfrihetsförordning und Sekretesslag keine spezielle Regelung. Das schwedische Verwaltungsverfahrensgesetz überläßt der Behörde die Beurteilung, ob sie ihre Entscheidung dem Verfahrensbeteiligten mündlich, mit einfachem Schreiben, per offizieller Zustellung oder in anderer Weise übermittelt; eine schriftliche Bescheidung hat allerdings zu erfolgen, wenn dies von der Partei gewünscht wird.210 Inhaltlich ordnet das Sekretesslag an, daß der Antragsteller über sein Recht zu belehren ist, einen innerbehördlichen Rechtsbehelf einzulegen.211 Im übrigen verpflichtet das Verwaltungsverfahrensgesetz zur Mitteilung der Gründe der Entscheidung.212 Regelungen zur Zusammenfassung verschiedener Einsichtsbegehren finden sich weder in Tryckfrihetsförordning und Sekretesslag noch im allgemeinen schwedischen Verwaltungsverfahrensrecht.

2. U.S. Freedom of Information Act Nach dem FOIA hat die Behörde über ein Informationsfreiheitsgesuch innerhalb von 20 Tagen nach dessen Eingang – ausgenommen Samstage, Sonnta-

ņņņņņņņņ Stockholm 1996, S. 3 f. Die Zuständigkeitsregelung des SL weist die Entscheidungszuständigkeit dem das Dokument verwahrenden Behördenmitarbeiter zwingend zu, d.h. eine dezentrale Dokumentenverwahrung würde eine jeweilige Entscheidungszuständigkeit vieler Behördenmitarbeiter bewirken; die Anordnung einer zentralen Entscheidungszuständigkeit etwa des Behördenleiters durch behördliche Organisationsvorschriften ist unzulässig; vgl. E. Schwan, Amtsgeheimnis, S. 126 m.w.N. 209 Kap. 15 Art. 6 Abs. 2 S. 2 SL. Vgl. J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 47 f.; T. Askelöf/R. Fernemann-Heurgren, Akteneinsicht, S. 473 ff. (S. 497 f.). 210 Art. 21 Abs. 3 S. 1 u. 2 FL. Wenn die Partei im Zeitpunkt der Entscheidung noch im Archiv anwesend ist, teilt der – i.d.R. der zuständige – Archivar der Partei die (Rechtsbehelfs-)Entscheidung der Behörde mündlich mit und bietet eine schriftliche Bescheidung an; kann die (Rechtsbehelfs-)Entscheidung nicht sofort ergehen, wird sie mit einfachem Schreiben übermittelt; vgl. Ministry of Justice, The right of access to official documents in Sweden, Stockholm 1996, S. 3 f. 211 Kap. 15 Art. 6 Abs. 2 S. 4 SL. Damit betont das SL die allgemeine verfahrensrechtliche Verpflichtung zur Rechtsbehelfsbelehrung aus Art. 21 Abs. 2 S. 1 FL. 212 Art. 20 FL. Natürlich normiert die Vorschrift auch Ausnahmen, in denen von einer Begründung abgesehen werden kann (etwa aus Gründen der nationalen Sicherheit).

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

ge und gesetzliche Feiertage – zu entscheiden und dem Antragsteller unverzüglich Mitteilung zu machen.213 Bei Vorliegen ungewöhnlicher Umstände kann diese Frist verlängert werden, wenn dem Antragsteller in einer schriftlichen Mitteilung diese Umstände dargelegt werden und ihm mitgeteilt wird, bis wann er mit einer Entscheidung rechnen kann.214 Unter „ungewöhnlichen Umständen“ versteht der FOIA, soweit dies zu einer vernünftigen Antragsbearbeitung erforderlich ist, das Suchen und Beiziehen nachgefragter Akten von örtlich getrennten Behörden und Behördenteilen, die Notwendigkeit, eine umfangreiche Anzahl verschiedener in einem einzigen Einsichtsbegehren nachgesuchter Akten zu suchen, beizuziehen und angemessen zu sichten, sowie die Notwendigkeit, sich mit anderen Behörden oder Behördenteilen, die ein erhebliches Interesse an der Entscheidung haben, zu besprechen, wobei die Besprechung schnellstmöglich zu erfolgen hat.215 Eine Fristverlängerung von mehr als 10 Arbeitstagen ist grundsätzlich unzulässig.216 Sollte die Fristverlängerung 10 Arbeitstage überschreiten, hat die Behörde dem Antragsteller die Möglichkeit zu geben, den Umfang seines Einsichtsbegehrens so zu begrenzen, daß eine Bearbeitung innerhalb der um 10 Arbeitstage verlängerten Frist möglich ist, oder ihm die Möglichkeit einzuräumen, mit ihr eine individuelle Fristabsprache zu treffen, in der der ursprüngliche oder ein veränderter Antrag bearbeitet wird.217 Verweigert sich der Antragsteller einer zumutbaren Antragsänderung oder individuellen Fristvereinbarung, ist dies im Rahmen eines sich anschließenden Gerichtsverfahrens insofern zu berücksichtigen, als das Gericht der Behörde im Falle des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände eine weitere Fristverlängerung zugestehen und das Verfahren solange ruhen lassen kann.218 Hält die Behörde die eben beschriebenen Fristerfordernisse nicht ein, gelten die behördlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten als erschöpft219 und der Antragsteller kann Klage erheben.220 Wenn die Behörde das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände und die Beachtung ihrer Sorgfaltspflichten bei der Bear-

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(a)(6)(A)(i) FOIA. (a)(6)(B)(i) FOIA. 215 (a)(6)(B)(iii) FOIA. 216 (a)(6)(B)(i) FOIA. 217 (a)(6)(B)(ii) FOIA. 218 (a)(6)(B)(ii) FOIA. 219 (a)(6)(C)(i) FOIA. 220 Zwar enthält der FOIA keine ausdrückliche Bestimmung, nach der eine Klageerhebung erst nach Erschöpfung behördlicher Rechtsbehelfsmöglichkeiten möglich ist, allerdings entspricht dies der ständigen Rechtsprechung der U.S. Gerichte; vgl. die Rechtsprechungsnachweise in U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), Litigation Considerations, Exhaustion of Administrative Remedies. 214

III. Entscheidung über den Antrag

133

beitung des Antrags darlegen kann, kann das Gericht das Verfahren ruhen lassen und der Behörde zusätzliche Zeit zur Vervollständigung der Aktensichtung gewähren.221 Als außergewöhnliche Umstände gelten nicht zeitliche Verzögerungen, die von einer vorhersehbaren behördlichen Arbeitsüberlastung herrühren, es sei denn die Behörde weist eine nicht nur unerhebliche fortschreitende Verringerung des Rückstands an zu bearbeitenden Informationsfreiheitsgesuche nach.222 Mit zu berücksichtigen ist hingegen – wie bereits beschrieben –, wenn sich der Antragsteller einer zumutbaren Antragsänderung oder individuellen Fristvereinbarung verweigert.223 Der FOIA regelt zwar nicht ausdrücklich formale Anforderungen an die Bescheidung des Antragstellers, allerdings bestimmt er inhaltliche Erfordernisse, die letztlich eine Schriftform bedingen. So hat jegliche Mitteilung der Zugangsverweigerung („any notification of denial of any request for records“) Name und Amtsbezeichnung bzw. -position von allen Personen zu enthalten, die für die Zugangsverweigerung verantwortlich sind.224 Versagt die Behörde den Zugang ganz oder zum Teil, hat sie mit angemessenem Aufwand den Umfang der zurückgehaltenen Informationen einzuschätzen und dies der Begründung beizufügen, soweit nicht auch schon dadurch ein durch die einschlägigen Ausnahmetatbestände geschütztes Interesse verletzt wird.225 Schließlich hat die

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(a)(6)(C)(i) FOIA. (a)(6)(C)(ii) FOIA. Von der Möglichkeit, ein Ruhen des Verfahrens zu erwirken, wird in der U.S. Behördenpraxis rege Gebrauch gemacht; das Ruhen des Verfahrens reicht dabei von mehreren Monaten bis hin zu mehreren Jahren; vgl. mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), Litigation Considerations, „Open America“ Stays of Proceedings, Fn. 142 f. Zur Begründung berufen sich die U.S. Behörden dabei in der Regel auf eine bestehende Arbeitsüberlastung bei der Abarbeitung von FOIA-Anträgen. In der Leitentscheidung Open America v. Watergate Special Prosecution Force, 547 F.2d 605, 616 (D.C.Cir. 1976), erkannte das Gericht eine behördliche Arbeitsüberlastung ausdrücklich als außergewöhnlichen Umstand im Sinne des FOIA an. Diese Einbruchstelle für erhebliche Bearbeitungsverzögerungen verengte der U.S. Gesetzgeber im Rahmen der Reform von 1996 durch die gesetzliche Klarstellung in (a)(6)(C)(ii) FOIA, daß eine behördliche Arbeitsbelastung nur dann als außergewöhnlicher Umstand anzuerkennen sei, wenn die Behörde eine nicht nur unerheblich fortschreitende Verringerung des Rückstands an zu bearbeitenden Informationsgesuchen nachweist. Diese gesetzliche Restriktion macht sich mittlerweile in der Rechtsprechung bemerkbar, wobei Verfahrensaussetzungen von mehreren Jahren nach wie vor vorkommen; vgl. FOIA Guide, a.a.O. 223 (a)(6)(C)(iii) FOIA, der die Regelung des (a)(6)(B)(ii) FOIA zur Klarstellung wiederholt. 224 (a)(6)(C)(i) FOIA. 225 (a)(6)(F) FOIA. 222

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Behörde die Gründe ihrer Entscheidung zu erläutern und auf die Möglichkeit des innerbehördlichen Rechtsbehelfs an den Behördenleiter hinzuweisen.226 Der FOIA eröffnet jeder Behörde die Möglichkeit, organisatorische Vorschriften über die zusammengefaßte Bearbeitung von Anträgen zu erlassen und hinreichend bekannt zu machen.227 Zusammengefaßt werden können verschiedene Zugangsbegehren desselben Antragstellers oder von verschiedenen zusammenarbeitenden Antragstellern, wenn die Begehren dermaßen inhaltlich in Beziehung stehen, daß die Behörde vernünftigerweise annehmen darf, daß es sich um einen einzigen zusammengehörenden Antrag handelt, der insgesamt das Merkmal des Vorliegens ungewöhnlicher Umstände erfüllt.228 Verschiedene Anträge ohne Bezug zueinander dürfen nicht verbunden werden.229 Für den Fall, daß sich eine große Anzahl von Antragstellern mit demselben Einsichtsbegehren an eine Behörde wenden, gibt der FOIA indirekt eine Reaktionsmöglichkeit an die Hand. Denn jede Behörde muß Kopien aller Dokumente, die Gegenstand eines Informationszugangsbegehrens waren und die nach Einschätzung der Behörde aufgrund ihres Inhalts wahrscheinlich Gegenstand weiterer Zugangsbegehren sein werden, in Leseräumen und elektronisch frei zugänglich machen.230 Die Behörde kann daher im Falle des Vorliegens identischer Informationsbegehren verschiedener Antragsteller die Informationen nach individueller Bescheidung des ersten Antragstellers frei zugänglich machen und die übrigen Antragsteller entsprechend verweisen.231

3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) Ein Antrag auf Zugang zu einem Dokument der Gemeinschaft ist unverzüglich zu bearbeiten.232 Binnen fünfzehn Arbeitstagen nach Registrierung des

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(a)(6)(A)(i) FOIA. (a)(6)(B)(iv) FOIA. 228 (a)(6)(B)(iv) FOIA. So bestimmt beispielsweise das Department of Housing and Urban Development in Sec. 15.110 (e) HUD´s FOIA Regulations, 24 CFR 15, daß es verschiedene Informationsgesuche desselben Antragstellers oder von verschiedenen Antragstellern zusammenfaßt, wenn sich die Aufteilung als Versuch darstellt, das Anfallen von Kosten für den Informationszugang zu vermeiden. 229 (a)(6)(B)(iv) FOIA. 230 (a)(2)(D) FOIA. 231 Diese Verfahrensmöglichkeit ist Konsequenz der materiell-rechtlichen Konstruktion des Informationszugangsanspruchs des FOIA. Durch die Aufnahme von Informationen in einen (elektronischen) Leseraum gemäß (a)(2) FOIA erlischt der individuelle Zugangsanspruch nach (a)(3) FOIA, da dieser ausdrücklich nicht für Informationen gilt, die gemäß (a)(1) und (a)(2) FOIA öffentlich frei zugänglich sind. 227

III. Entscheidung über den Antrag

135

Antrags muß das Organ entweder Zugang zu dem angeforderten Dokument gewähren oder den Antragsteller über die Gründe für die vollständige oder teilweise Ablehnung informieren.233 In Ausnahmefällen, beispielsweise bei einem Antrag auf Zugang zu einem sehr umfangreichen Dokument oder zu einer sehr großen Zahl von Dokumenten, kann die Regelfrist um weitere fünfzehn Arbeitstage verlängert werden, sofern der Antragsteller vorab informiert wird und eine ausführliche Begründung erhält.234 Antwortet das Organ nicht innerhalb der Regelfrist oder der in zulässiger Weise verlängerten Frist, hat der Antragsteller das Recht, eine Zweitantrag einzureichen.235 Der Antragsteller muß bei vollständiger oder teilweiser Ablehnung seines Einsichtsbegehrens schriftlich über die Gründe der Versagung und über sein Recht, einen Zweitantrag zu stellen, informiert werden.236 Besondere Vorschriften zur Bewältigung von Massenverfahren sehen Art. 255 EG und Transparenzverordnung nicht vor. Allerdings können die Organe auf eine Vielzahl gleichlautender Anträge reagieren, indem sie das Dokument freigeben und gemäß Art. 12 Abs. 1 Transparenzverordnung direkt in elektronischer Form zugänglich machen. Denn ist ein Dokument bereits von dem betreffenden Organ freigegeben worden und für den Antragsteller problemlos zugänglich, kann das Organ seiner Verpflichtung zur Gewährung des Zugangs zu

ņņņņņņņņ 232

Art. 7 Abs. 1 S. 1 VO 1049/2001/EG. C.J. Partsch, NJW 2001, 3154 (3157), vertritt die Auffassung, das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ werde durch die 15-Tagefrist von Art. 7 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG näher ausgestaltet, ohne allerdings auf den Unterschied zwischen Antragsbearbeitung und Antragsbescheidung bzw. -erfüllung einzugehen. 233 Art. 7 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG. Im Urteil vom 22.1.2004 (EuGHE 2004, I1073; C-353/01; „Olli Mattila“), Rn. 29 ff, entschied der EuGH, daß die Gründe für eine Ablehnung des teilweisen Dokumentenzugangs im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens gegen die versagende Verfügung nicht mehr geltend gemacht werden können. Dabei beziehen sich die Erwägungen des EuGH sogar noch auf die Rechtslage vor Inkrafttreten der VO/1049/2001/EG. Vgl. zum Urteil M. Lorenz, NVwZ 2004, 436. 234 Art. 7 Abs. 3 VO 1049/2001/EG. Vgl. zu den praktischen Problemen, die in der Regel zu einer Fristverlängerung führen (dazu gehört auch insbesondere eine erforderliche Konsultation Dritter) EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 33, 35 f. Vgl. auch M.E. De Leeuw, E.L.Rev. 28 (2003), 324 (345). 235 Art. 7 Abs. 4 VO 1049/2001/EG. 236 Art. 7 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Dokumenten nachkommen, indem es den Antragsteller darüber informiert, wie er das angeforderte Dokument erhalten kann.237

4. Umweltinformationsgesetz Das UIG (2005) verkürzt gegenüber dem UIG (1994) die Entscheidungsfristen.238 Soweit ein Anspruch auf Informationszugang besteht, sind die Umweltinformationen der antragstellenden Person unter Berücksichtigung etwaiger von ihr angegebener Zeitpunkte, spätestens jedoch mit Ablauf der Frist nach Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 zugänglich zu machen.239 Die Frist beginnt mit Eingang des (hinreichend präzisierten)240 Antrags bei der informationspflichtigen Stelle, die über die Informationen verfügt, und endet (Nr. 1) mit Ablauf eines Monats oder (Nr. 2) soweit Umweltinformationen derart umfangreich und komplex sind, daß die in Nummer 1 genannte Frist nicht eingehalten werden kann, mit Ablauf von zwei Monaten.241 Wird der Antrag ganz oder teilweise nach den §§ 8 und 9 abgelehnt, ist die antragstellende Person innerhalb der Fristen nach § 3 Abs. 3 Satz 2 – also innerhalb der einmonatigen Regel- bzw. der zweimonatigen Ausnahmefrist – hierüber zu unterrichten.242 Wird der Antrag abgelehnt, indem eine andere als die beantragte Art des Informationszugangs im Sinne von § 3 Abs. 2 eröffnet wird, ist dies innerhalb der Frist nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 – also

ņņņņņņņņ 237 Art. 10 Abs. 2 VO 1049/2001/EG. Diese Verweisung zielt auf diejenigen Informationen ab, die gemäß Art. 12 VO 1049/2001/EG in elektronischer Form oder über ein Register direkt zugänglich gemacht werden. Danach sind insbesondere legislative Dokumente, also Dokumente, die im Laufe der Verfahren zur Annahme von Rechtsakten, die in den oder für die Mitgliedstaaten rechtlich bindend sind, erstellt wurden oder eingegangen sind (Art. 12 Abs. 2 u. Art. 2 Abs. 4 S. 2 VO 1049/2001/EG), direkt zugänglich zu machen. 238 § 5 Abs. 2 S. 1 UIG (1994) enthielt eine Entscheidungsfrist von zwei Monaten. 239 § 3 Abs. 3 S. 1 UIG (2005). Damit wird Art. 3 Abs. 2 UIRL II umgesetzt; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 16. Auf die Umsetzung der ausdrücklichen Maßgabe von Art. 3 Abs. 2 lit. a UIRL II, daß die Informationen „so bald wie möglich“ zugänglich zu machen sind, konnte nach Auffassung des Gesetzgebers vor dem Hintergrund von § 10 S. 2 VwVfG („Das Verwaltungsverfahren ist … zügig durchzuführen.“) verzichtet werden; a.a.O. 240 § 4 Abs. 2 S. 3 UIG (2005). 241 § 3 Abs. 3 S. 2 UIG (2005). Nach der Gesetzesbegründung ist eine Fristverlängerung nur dann gerechtfertigt, wenn die Informationen selbst zu umfangreich und komplex sind; komplexe oder umfangreiche Begleitumstände oder Verfahrenserfordernisse, wie etwa die Anhörung eventuell betroffener Dritter, erfüllen die Voraussetzungen nicht; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 16. 242 § 5 Abs. 1 S. 1 UIG (2005). Die Vorschrift setzt Art. 4 Abs. 5 S. 1 UIRL II um; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 17.

III. Entscheidung über den Antrag

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innerhalb eines Monats – unter Angabe der Gründe mitzuteilen.243 Über die Geltung der längeren – zweimonatigen – Frist nach § 3 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ist die antragstellende Person spätestens mit Ablauf der – einmonatigen – Frist nach § 3 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 unter Angabe der Gründe zu unterrichten.244 Für den Fall der Untätigkeit der Behörde trifft das UIG (2005) entsprechend der Rechtslage nach dem UIG (1994) keine Regelung und sieht insbesondere nicht die Fiktion einer zugangsversagenden Entscheidung vor. Allerdings könnte das allgemeine Verwaltungsrecht Verfahrensbestimmungen für diesen Fall vorsehen. In Betracht kommt insbesondere die verwaltungsgerichtliche Regelung des § 75 VwGO. Danach kann ein den Erlaß eines Verwaltungsakts begehrender Kläger nach Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben.245 Wegen besonderer Umstände des Falles kann auch eine kürzere Frist geboten sein.246 Umgekehrt kann das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aussetzen, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist.247 Voraussetzung der Anwendung der Vorschriften über die Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage ist jedoch die Qualifizierung der zugangsgewährenden Entscheidung als Verwaltungsakt. Da sich das UIG (2005) ausdrücklich weder zur Rechtsnatur der Entscheidung der informationspflichtigen Stelle noch zur Anwendung des § 75 VwGO äußert, ist das anwendbare Verfahren an dieser Stelle letztlich von der rechtlichen Einordnung der Behördenentscheidung durch Literatur und Rechtsprechung abhängig, die nachfolgend näher dargestellt wird. Zu beachten ist dabei, daß sich die zitierten Ausführungen zwar auf die Rechtslage nach dem UIG (1994) beziehen, diese aufgrund der unveränderten Rechtslage aber nach wie vor Gültigkeit besitzen. Hinsichtlich der Qualifizierung einer vollumfänglich zugangsgewährenden Entscheidung bestehen insbesondere nach der Änderung des UIG in 2001 eini-

ņņņņņņņņ 243 § 4 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 2 UIG (2005). Wird nur eine bestimmte Art des Informationszugangs abgelehnt (vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 17), hält die Gesetzesbegründung die Verlängerungsmöglichkeit der Regelfrist offensichtlich für unnötig. 244 § 4 Abs. 5 UIG (2005). Die Regelung setzt Art. 3 Abs. 2 lit. b UIRL II um. 245 § 75 S. 1, S. 2 Hs. 1 VwGO. Vgl. zur Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage K.-P. Dolde, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75; F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75. 246 § 75 S. 2 Hs. 2 VwGO. Vgl. dazu K.-P. Dolde, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 6; F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 12. 247 § 75 S. 3 VwGO. Vgl. K.-P. Dolde, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 7 ff.; F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 13 ff.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

ge Zweifel.248 Mit Blick auf die ursprüngliche Rechtslage ziehen sowohl Turiaux249 als auch Moormann250 zur Beurteilung der Rechtsnatur der Zugangsgewährung die Rechtsprechung des BVerwG251 heran: In einem Urteil aus dem Jahr 1969 wertete das BVerwG den Antrag an ein Amt für Verfassungsschutz, den Namen eines Informanten preiszugeben und seine für den Dienstgebrauch bestimmte Nachricht bekanntzugeben, als Antrag auf Erlaß eines Verwaltungsaktes; begehre jemand von einer dieser Behörden Auskunft darüber, von wem sie und worüber sie in einer ihn betreffenden Angelegenheit informiert worden ist, habe sie zu prüfen, ob und in welchem Umfang dem Begehren zu entsprechen ist; die Erteilung der Auskunft sei ebenso wie ihre vollständige Versagung das nach außen sichtbare Ergebnis dieses behördeninternen Vorgangs; das durch das Auskunftsbegehren entstandene Rechtsverhältnis zwischen dem Bürger und der Verwaltungsbehörde werde durch eine ausdrückliche oder schlüssige Entscheidung über den Antrag hoheitlich mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen geregelt, sei somit als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Ausgehend davon wertet Turiaux die behördliche Zugangsgewährung nur in Ausnahmefällen als Realakt, sofern etwa Einsicht in öffentlich ausliegende Unterlagen genommen wird, ohne daß ein Behördenmitarbeiter gesondert über

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Die zugangsversagende Entscheidung ist hingegen nach ganz überwiegender Meinung in der Literatur sowohl nach der ursprünglichen als auch nach der geänderten Fassung des § 5 Abs. 2 S. 1 UIG (1994) ein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG. Ursprünglich lautete § 5 Abs. 2 S. 1 UIG: „Der Antrag ist innerhalb von zwei Monaten zu bescheiden.“; vgl. BGBl. I 1994, S. 1490. Durch die Neufassung durch das Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EGRichtlinien zum Umweltschutz vom 27.7.2001, BGBl. I, S. 1950, bekam § 5 Abs. 2 S. 1 UIG nachfolgenden Wortlaut: „Bei Bestehen eines Anspruchs ist die Information innerhalb einer Frist von zwei Monaten zugänglich zu machen; bei fehlendem Anspruch ist innerhalb dieser Frist ein Ablehnungsbescheid zu erteilen“. Vgl. jeweils mit dem Wortlaut von § 5 Abs. 2 S. 1 UIG (1994) in alter bzw. neuer Fassung argumentierend R. Engel, NVwZ 1992, 111 (112); R. Kramer, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 5, 10 f.; A. Scherzberg, DVBl. 1994, 733 (744); R. Röger, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 4, 8; A. Turiaux, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 15, 26 f.; H.J. Kummer/J. Schumacher, Umweltinformationsgesetz, S. 91 f.; J. Fluck/A. Theurer, IF-R/UIG, A UIG § 5 Rn. 37; T. Schomerus/C. Schrader/B.W. Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 26. Einzig F.-J. Moormann, Umweltrecht, UIG § 5 Rn. 13 f., zweifelt, ob mit dem Wort „bescheiden“ in der Rechtssprache zwangsläufig einhergehe, daß der Inhalt des Bescheides die Rechtsqualität eines Verwaltungsaktes habe, läßt dies jedoch im Ergebnis offen. 249 Vgl. A. Turiaux, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 26. 250 Vgl. F.-J. Moormann, Umweltrecht, UIG § 5 Rn. 17. 251 BVerwGE 31, 301, 306 f. Vgl. weiter BFH, BFH-N 1988, 319.

III. Entscheidung über den Antrag

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die Zugangsberechtigung des einzelnen Besuchers entscheidet.252 Moormann hingegen sieht den Schwerpunkt der behördlichen Handlungsweise bei der Zugangsgewährung nach dem UIG nicht in der Prüfung des Anspruchs – § 4 Abs. 1 S. 1 UIG (1994) sehe ausdrücklich einen Anspruch vor, der von behördlichen Ermessenserwägungen unabhängig sei –, sondern im realen Vollzug der Gewährung einer Information, weshalb er generell das Vorliegen eines Realaktes annimmt.253 Dem kann nicht gefolgt werden. Richtig ist, daß der Zugang zu Umweltinformationen weitgehend unabhängig von behördlichem Ermessen ist. Allerdings hat die Behörde sorgfältig zu prüfen, ob Ausnahmetatbestände gemäß §§ 7, 8 UIG der Offenbarung von Informationen entgegenstehen. Die tatsächliche Zugangsgewährung ist das (negative) Ergebnis dieses behördeninternen Vorgangs. Mit Blick auf die Änderung des Wortlauts des § 5 Abs. 2 S. 1 UIG (1994) zweifelt auch Schomerus254 an der Rechtsnatur der behördlichen Zugangsgewährung, stellt dabei jedoch wie Turiaux insbesondere auf die Einsicht in öffentlich ausliegende Pläne ab. Dagegen sehen Fluck/Theuer 255 in der Zugangsgewährung immer dann einen Realakt, wenn dem Antragsteller die erbetene Auskunft mündlich oder schriftlich erteilt oder ihm lediglich die erbetene Kopie übersandt und damit seinem Begehren vollständig genügt werde; die Annahme eines dann tatsächlich vorliegenden Verwaltungsaktes aufgrund der vorangegangenen behördlichen Entscheidung würde gekünstelt erscheinen, weil diese ja dem Antragsteller nicht mitgeteilt werde. Die Änderung der Vorschrift habe eine Klarstellung gebracht, nämlich daß eine Bescheidung durch Verwaltungsakt nur im Falle der Ablehnung des Informationszugangs erforderlich sei.256 Gegen diese Auffassung spricht jedoch, daß dem Verwaltungsrecht die Konstellation, daß schlichthoheitlichem Handeln ein Verwaltungsakt als Entscheidungsakt vorausgeht, nicht fremd ist.257 Zudem wollte der Gesetzgeber mit der Änderung des § 5 Abs. 2 S. 1 UIG (1994) nicht die Einordnung der

ņņņņņņņņ 252 Vgl. A. Turiaux, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 29. Zu Recht weist er zugleich darauf hin, daß in diesen Fällen bereits der Charakter einer Einzelfallentscheidung zu verneinen ist. 253 Vgl. F.-J. Moormann, Umweltrecht, UIG § 5 Rn. 18. 254 Vgl. T. Schomerus/C. Schrader/B.W. Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 26. 255 Vgl. J. Fluck/A. Theurer, IF-R/UIG, A UIG § 5 Rn. 37a. 256 Vgl. J. Fluck/A. Theurer, IF-R/UIG, A UIG § 5 Rn. 37. 257 So geht einer behördlichen Geldleistung stets die Entscheidung voraus, ob die Zahlung geleistet werden soll, dem Schlagstockeinsatz stets die Entscheidung darüber, daß diese Form des unmittelbaren Zwangs zur Anwendung kommen soll, und der Erteilung einer Auskunft stets die Entscheidung, ob dem Betroffenen die gewünschte Auskunft erteilt werden soll; vgl. F.O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 35 Rn. 14.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Zugangsgewährung als Verwaltungsakt in Frage stellen, vielmehr wollte er sicherstellen, „daß innerhalb der zweimonatigen Frist nicht lediglich ein förmlicher Zwischenbescheid erlassen und die tatsächliche Informationsübermittlung auf unbestimmte Zeit nach Ablauf der Frist verzögert wird“258 und somit eine Verfahrensbeschleunigung bewirken. Schließlich erscheint die Qualifizierung als Verwaltungsakt auch vor dem Hintergrund der Gewährung möglichst effektiven Rechtsschutzes geboten.259 Begehrt also ein Antragsteller Zugang zu Umweltinformationen, begehrt er damit den Erlaß eines zugangsgewährenden Verwaltungsakts. Dies gilt unverändert auch unter der Geltung des UIG (2005). Bleibt die Behörde untätig, kann er (jedenfalls) nach Ablauf von drei Monaten eine Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht erheben.260 Umstritten ist, ob das Fristerfordernis des UIG als besonderer Umstand anzusehen ist, der eine Verkürzung der verwaltungsgerichtlichen Frist gebietet. Der überwiegende Teil der Literatur verneint dies insbesondere mit dem Argument, die Zwei-MonatsFrist des § 5 Abs. 2 S. 1 UIG (1994) – nunmehr die einmonatige Regelfrist bzw. die zweimonatige Ausnahmefrist des UIG (2005) – sei an die Behörde gerichtet, entfalte also lediglich Binnenwirkung; ferner sollen die EGMitgliedstaaten gemäß der UIRL I bei der Gewährung des Rechtsschutzes ausdrücklich ihre nationalen Regeln anwenden dürfen.261 Diese Auffassung steht insoweit im Einklang mit der allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Literatur, als besondere Umstände, die eine kürzere Frist als drei Monate gebieten, vor allem solche sind, die im Bereich oder in der Person des Klägers im Einzelfall begründet liegen.262 Es ist allerdings grundsätzlich anerkannt, daß auch spezialgesetzliche Fristen das Merkmal der besonderen Umstände erfüllen können.263 Angesichts der in aller Regel drei Monate übersteigenden Dauer verwaltungsgerichtlicher Verfahren hat diese Sachurteilsvoraussetzung, deren

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BT-Drs. 14/4599, S. 162. Vgl. auch T. Schomerus/C. Schrader/B.W. Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 20. 259 Vgl. T. Schomerus/C. Schrader/B.W. Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 26. 260 Siehe zur verwaltungsgerichtlichen Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage Teil D., Fn. 245. 261 Vgl. R. Engel, Akteneinsicht, S. 249, 254; R. Kramer, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 11; A. Turiaux, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 34; J. Fluck/A. Theurer, IFR/UIG, A UIG § 5 Rn. 39 f.; a.A. R. Röger, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 4, 8; A. Pohl, Handbuch, A.3 Rn. 162; T. Schomerus/C. Schrader/B.W. Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 25. 262 Vgl. P. Kothe, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 6; F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 12. 263 Vgl. etwa F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 12 a.E.

III. Entscheidung über den Antrag

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Vorliegen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ausreichend ist, in der Praxis ohnehin kaum Bedeutung.264 Von wesentlich größerer praktischer Relevanz ist die Frage, ob das Gericht berechtigt ist, das Verfahren bei Vorliegen eines zureichenden Grundes bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten, verlängerbaren Frist auszusetzen.265 Wie sich am Beispiel der USA zeigt, deren FOIA eine der VwGO vergleichbare Regelung enthält, kann die Möglichkeit des Ruhens des Verfahrens eine erhebliche Verlängerung des Gerichtsverfahrens von mehreren Monaten bis hin zu mehreren Jahren bewirken.266 Die Literatur vertrat diesbezüglich überwiegend die Auffassung, die Verpflichtung der Behörde aus § 5 Abs. 2 S. 1 UIG (1994) schließe die Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens nach § 75 S. 3 VwGO aus.267 Begründet wurde dies mit einer UIRL I-konformen Auslegung des § 75 S. 3 VwGO. Nach Art. 4 UIRL I konnte eine Person, die der Ansicht war, daß ihr Informationsersuchen zu Unrecht nicht beachtet worden ist, den Bescheid gemäß der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsordnung anfechten. Zwar ergebe sich aus dieser Bestimmung, daß die Mitgliedstaaten bei der Gewährung des Rechtsschutzes ausdrücklich ihre nationalen Regeln anwenden dürfen, dieser müsse jedoch effektiv sein, was eine Anwendung von § 75 S. 3 VwGO ausschließe.268 Dem war nicht zuzustimmen. Die Ausprägung, die § 75 S. 3 VwGO durch Rechtsprechung und Literatur bekommen hat269, wird begrenzt durch das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG270. Das Schutzniveau des grundgesetzlichen Gebots effektiven Rechtsschutzes ist dem des in Art. 4 UIRL I geforderten jedoch mindestens vergleichbar. Es erscheint daher nicht plausibel, warum eine UIRL I-konforme Auslegung im Gegensatz zur gängigen innerdeutschen Auslegung zu einer wesentlich restriktiveren Anwendung des § 75 S. 3 VwGO hätte führen sollen. Entsprechend überzeugt die

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So K.-P. Dolde, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 6, der aus diesem Grund auf eine Erläuterung des Merkmals „besondere Umstände“ gänzlich verzichtet. 265 Vgl. § 75 S. 3 VwGO. 266 Siehe D.III.2., Fn. 222. 267 Vgl. R. Engel, Akteneinsicht, S. 254; R. Kramer, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 11; A. Turiaux, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 34; J. Fluck/A. Theurer, IFR/UIG, A UIG § 5 Rn. 41/43; T. Schomerus/C. Schrader/B.W. Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 25. A.A. – allerdings ohne Begründung – R. Röger, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 4, 8. 268 Vgl. J. Fluck/A. Theurer, IF-R/UIG, A UIG § 5 Rn. 39 ff. Im Ansatz ebenso R. Engel, Akteneinsicht, S. 249, 254. 269 Vgl. etwa K.-P. Dolde, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 7 ff.; F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 13 ff. 270 Zum Gebot des effektiven Rechtsschutzes insbesondere in der Ausprägung einer angemessenen Verfahrensdauer P.M. Huber, Grundgesetz, Art. 19 Rn. 462 ff., 489 f.; E. Schmidt-Aßmann, Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4 Rn. 229 ff., 262 ff.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Argumentation auch nicht unter Geltung des Art. 6 Abs. 2 UIRL II, wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, daß der Antragsteller Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem nationalen Gericht hat. Das UIG (2005) enthält im Unterschied zum UIG (1994) wesentlich ausführlichere formale und inhaltliche Anforderungen an die Bescheidung des Antragstellers.271 Das UIG (2005) sieht ausdrücklich vor, daß, wenn der Antrag schriftlich gestellt wurde oder die antragstellende Person dies begehrt, die Ablehnung in schriftlicher Form erfolgt; sie ist auf Verlangen der antragstellenden Person in elektronischer Form mitzuteilen, wenn der Zugang hierfür eröffnet ist – wenn also die informationspflichtige Stelle über die technischen Voraussetzungen zum E-Mail-Versand verfügt.272 Darüber hinaus regelt das UIG (2005) inhaltliche Anforderungen. So sind der antragstellenden Person die Gründe für die Ablehnung mitzuteilen.273 Eine Ablehnung liegt (insbesondere) auch dann vor, wenn nach § 3 Abs. 2 der Informationszugang auf andere Art gewährt oder die antragstellende Person auf eine andere Art des Informationszugangs verwiesen wird.274 In den Fällen des § 8 Abs. 2 Nr. 4 – temporäre Versagung des Informationszugangs – ist darüber hinaus die Stelle, die das Material vorbereitet, sowie der voraussichtliche Zeitpunkt der Fertigstellung mitzuteilen.275 § 39 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes – Ausnahmen vom Begründungserfordernis – findet keine Anwendung.276 Die antragstellende Person ist im Falle

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Das UIG (1994) beschränkte sich auf die Regelung des § 4 Abs. 1 S. 3. Begehrte danach der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so durfte die Behörde diesen nur dann durch ein anderes geeignetes Informationsmittel gewähren, wenn hierfür gewichtige Gründe bestanden, die von der Behörde darzulegen waren. 272 § 5 Abs. 2 S. 1 u. 2 UIG (2005). Nach der Gesetzesbegründung weichen die Formvorschriften bewußt von denen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts (§ 37 VwVfG) ab und gehen diesem als Sonderregelung vor; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 17. Denn nach § 37 Abs. 2 VwVfG steht die Wahl der Form grundsätzlich im Ermessen der Behörde (Grundsatz der Formfreiheit), wenn nicht durch Rechtsvorschrift unmittelbar oder mittelbar – etwa durch das Erfordernis einer Zustellung des Verwaltungsakts – etwas anderes angeordnet wird sowie wenn sich aus der Natur des Verwaltungsaktes, den Umständen seines Erlasses oder dem Bestimmtheitsgebot etwas anderes ergibt; so D. Janßen, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 37 Rn. 15; F.O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 37 Rn. 18. 273 § 5 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 UIG (2005). In Umsetzung von Art. 4 Abs. 5 S. 2 UIRL II wird hier klargestellt, daß die Ablehnung des Informationszugangs immer zu begründen ist; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 17. 274 § 5 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 S. 2 u. 4 UIG (2005). 275 § 5 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 UIG (2005). Die Regelung setzt Art. 4 Abs. 1 Unt.Abs. 2 UIRL II um; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 17. 276 § 5 Abs. 1 S. 4 UIG (2005). Die Regelung ergänzt die Klarstellung des § 5 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 UIG (2005), daß die Ablehnung des Informationszugangs immer zu begründen ist; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 17.

III. Entscheidung über den Antrag

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der vollständigen oder teilweisen Ablehnung eines Antrags auch über die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Entscheidung sowie darüber zu belehren, bei welcher Stelle und innerhalb welcher Frist um Rechtsschutz nachgesucht werden kann.277 Hinsichtlich des Begründungserfordernisses gilt in Ergänzung zu den Regelungen des UIG (2005), daß gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 VwVfG in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Im Gegensatz zum UIG (1994) enthält das UIG (2005) nicht mehr die Verweisung auf §§ 17 und 19 VwVfG zur Bewältigung von Massenverfahren.278

5. Brandenburgisches AIG Gemäß dem AIG-Bbg ist der Antrag innerhalb eines Monats zu bescheiden; ist dies nicht möglich, so ist ein Zwischenbescheid zu erteilen.279 Hinsichtlich behördlicher Untätigkeit trifft das AIG-Bbg keine Regelung. Es gelten daher die allgemeinen Regelungen der VwGO.280 Das AIG-Bbg ordnet an, daß die Ablehnung des Antrags von der aktenführenden Behörde schriftlich zu begründen ist.281 Zudem ist der Antragsteller im Ablehnungsbescheid auf sein Recht hinzuweisen, den Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht anzurufen.282 Für den Fall des Eingangs von Anträgen, die von mehr als 50 Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleichlautender

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§ 5 Abs. 4 UIG (2005). Die Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 5 S. 2 UIRL II. Ausweislich der Gesetzesbegründung traf der Gesetzgeber hier aber nur deswegen eine ausdrückliche Regelung, weil das UIG (2005) auch für Personen des Privatrechts gelte, die nicht den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes unterlägen; vgl. BT-Drs. 15/4243, S. 18. 278 Die praktische Bedeutung dieser Verweisung tendierte gegen Null; vgl. F.-J. Moormann, Umweltrecht, UIG § 6 UIG Rn. 3. 279 § 6 Abs. 1 S. 7 AIG-Bbg. Die Bescheidungsfrist wurde auf Betreiben des Landtags neu eingefügt durch Gesetz vom 17.12.2003, GVBl. Bbg I, S. 294, 295. Eine solche war im ursprünglichen Entwurf des Änderungsgesetzes der Landesregierung ausdrücklich nicht vorgesehen; die Landesregierung sah für eine Bearbeitungsfrist keine praktische Notwendigkeit; vgl. LT-Drs. 3/6324, S. 16. 280 Siehe zur Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage die Ausführungen zu D.III.4. 281 § 6 Abs. 1 S. 8 AIG-Bbg. Vgl. zum Begründungserfordernis nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht D.III.4. 282 § 6 Abs. 1 S. 9 AIG-Bbg. Die Hinweispflicht wurde neu eingefügt durch Gesetz vom 17.12.2003, GVBl. Bbg I, S. 294, 295.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Texte eingereicht worden sind (gleichförmige Anträge), verweist das AIG-Bbg auf die §§ 17 und 19 des brandenburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes.283

6. Berliner IFG Nach dem IFG-B hat die Behörde über einen Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft unverzüglich zu entscheiden.284 Will sie den Antrag zurückweisen, so ist der Antragsteller oder die Antragstellerin innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung zu bescheiden.285 Die Möglichkeit einer Fristverlängerung ist nicht vorgesehen. Wird einem betroffenen Dritten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben286, ist über den Zugangsantrag nach Ablauf der Äußerungsfrist (maximal zwei Wochen) unverzüglich zu entscheiden.287 Bleibt die Behörde untätig, gelten die allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Regelungen.288 Die Verweigerung oder Beschränkung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist schriftlich zu begründen.289 Ist der Antrag mündlich gestellt worden, so gilt dies nur auf ausdrückliches Verlangen des Antragstellers oder der Antragstellerin.290 Inhaltlich muß die Begründung, soweit dies ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Angaben möglich ist, den Antragsteller oder die Antragstellerin über den Inhalt der vorenthaltenen Akten informieren.291 Im

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§ 8 Abs. 2 AIG-Bbg. Da §§ 17, 19 VwVfG direkt nur den Fall von Anträgen und Eingaben in „einem“ bereits anhängigen Verwaltungsverfahren regeln (vgl. etwa H.J. Bonk/H. Schmitz, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 17 Rn. 14), bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung der entsprechenden Anwendbarkeit auf den Fall mehrerer eigenständiger Verwaltungsverfahren mit gleichförmigen Anträgen und Zielen; vgl. zur entsprechenden Regelung im UIG (1994) BT-Drs. 12/7582, S. 12. Die Verweisung räumt der Behörde die Möglichkeit ein, gleichförmige Anträge unberücksichtigt zu lassen, wenn nicht ein gemeinsamer Vertreter bestellt wird; vgl. etwa zu §§ 17, 19 VwVfG F.O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, §§ 17, 19. Siehe zum parallel geltenden § 8 Abs. 1 AIG-Bbg D.IV.5. 284 § 14 Abs. 1 S. 1 IFG-B. Die maximale Entscheidungsfrist liegt allerdings bei zwei Wochen; vgl. Teil D., Fn. 285. 285 § 15 Abs. 5 IFG-B. Durch diese Bestimmung gibt das IFG-B zugleich den äußeren zeitlichen Rahmen für eine zugangsgewährende Entscheidung vor. 286 Siehe dazu D.II.6. 287 § 14 Abs. 2 S. 3 IFG-B. 288 Vgl. zur Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage die Ausführungen zu D.III.4. 289 § 15 Abs. 1 S. 1 IFG-B. 290 § 15 Abs. 1 S. 2 IFG-B. 291 § 15 Abs. 2 IFG-B.

III. Entscheidung über den Antrag

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Falle der vollständigen Verweigerung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft hat die Behörde auch zu begründen, weshalb keine beschränkte Akteneinsicht oder Aktenauskunft erteilt werden kann.292 Lehnt die Behörde die Akteneinsicht unter Berufung auf den Schutz der Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung293 oder den Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses294 ab, so hat sie dem Antragsteller oder der Antragstellerin mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt eine Einsichtnahme voraussichtlich erfolgen kann.295 Besondere Verfahrensregelungen für die Zusammenfassung von Informationsgesuchen finden sich im IFG-B nicht. Von den untersuchten Informationsfreiheitsgesetzen enthält einzig das IFGB die behördliche Verpflichtung zur Befristung ihrer Entscheidung. Die Behörde kann die Akteneinsicht und Aktenauskunft unter Berufung auf den Schutz der Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung296 nur für die Dauer von drei Monaten verweigern.297 Die Entscheidung ist entsprechend zu befristen.298 Nach Ablauf der Frist hat die Behörde erneut zu entscheiden, sofern dies beantragt wird.299 Eine weitere Vorenthaltung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Schutzes der Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung weiterhin vorliegen.300

7. Schleswig-holsteinisches IFG Nach dem IFG-SH sind die begehrten Informationen unverzüglich, spätestens aber innerhalb eines Monats zugänglich zu machen.301 Soweit „Umfang

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§ 15 Abs. 3 IFG-B. § 9 IFG-B. 294 § 10 IFG-B. 295 § 15 Abs. 4 IFG-B. 296 § 9 Abs. 1 IFG-B. 297 § 9 Abs. 2 S. 1 IFG-B. 298 § 9 Abs. 2 S. 2 IFG-B. 299 § 9 Abs. 2 S. 3 IFG-B. 300 § 9 Abs. 2 S. 4 IFG-B. 301 § 7 Abs. 1 IFG-SH. Durch § 7 Abs. 1 bis 3 IFG-SH setzt der schleswigholsteinische Gesetzgeber – im Bewußtsein der Bedeutung für die Effektivität des Informationszugangsrechts – die entsprechenden Anforderungen von Art. 4 Abs. 2 und 7 Aarhus-Konvention zur Sicherung einer zukünftigen Regelungskonsistenz um; vgl. LTDrs. 14/2374, S. 14 f. Diesem Beschleunigungsvorsatz wurde die schleswigholsteinische Verwaltung bislang auch gerecht. Auf eine Große Anfrage der SPDFraktion (LT-Drs. 15/1995) hin antwortete die Landesregierung, in den ersten beiden Jahren nach Inkrafttreten des IFG-SH habe es mehr als 2000 Informationsfreiheitsgesu293

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

und Komplexität“ der begehrten Informationen dies rechtfertigen, kann diese Frist auf zwei Monate verlängert werden.302 Die Ablehnung eines Antrags oder die Beschränkung des begehrten Zugangs zu Informationen ist innerhalb von einem Monat zu erteilen.303 Soweit die „Komplexität“ der begehrten Informationen dies rechtfertigt, kann auch diese Frist auf zwei Monate verlängert werden.304 In beiden Fällen ist die Antragstellerin oder der Antragsteller über die Fristverlängerung und deren Gründe schriftlich zu informieren305, wobei eine schriftliche Begründung bei mündlicher Antragstellung nur auf ausdrückliches Verlangen hin erforderlich ist306. Wird der Antrag nicht fristgemäß beschieden, gilt dies als Ablehnung.307 Diese Entscheidungsfiktion ermöglicht es dem Antragsteller, nach Ablauf von

ņņņņņņņņ che gegeben, die in 90% der Fälle binnen einer Woche beschieden wurden; vgl. LT-Drs. 15/2287, S. 20. Vgl. zu statistischen Angaben auch B. Köster, Erfahrungen mit dem schleswig-holsteinischen Informationsfreiheitsgesetz, DuD 2003, 36 (38). Vgl. zu § 7 Abs. 1 IFG-SH insgesamt G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 37 f. 302 § 7 Abs. 3 S. 1 IFG-SH. Eine Fristverlängerung ist also nur möglich, soweit „Umfang und Komplexität“, wenn also sowohl quantitative als auch qualitative Gesichtspunkte dies rechtfertigen. Vgl. dazu G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 40. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Regelung so auszulegen, daß ein Fall von „Komplexität der Informationen“ auch bei Drittbetroffenheiten vorliegen kann, dies allerdings nicht automatisch dazu führt, daß die Behörde erst innerhalb von zwei Monaten in der Sache zu reagieren braucht; eine Fristverlängerung über den Zeitraum von zwei Monaten hinaus ist in jedem Falle unzulässig; vgl. LT-Drs. 14/2374, S. 15. 303 § 7 Abs. 2 S. 1 IFG-SH. Vgl. dazu G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 38 ff. 304 § 7 Abs. 3 S. 2 IFG-SH. Im Gegensatz zu einer möglichen Fristverlängerung für die Zugänglichmachung von Informationen ist eine Verlängerung der Ablehnungsfrist schon dann möglich, wenn „die Komplexität“ der begehrten Information dies rechtfertigt. Vgl. dazu G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 40. 305 § 7 Abs. 3 S. 3 IFG-SH. 306 § 7 Abs. 3 S. 4 IFG-SH. 307 Der Wortlaut des § 7 Abs. 4 IFG-SH ist insoweit mißverständlich, als er die Ablehnungsfiktion explizit mit dem Ablauf der in § 7 Abs. 1 IFG-SH niedergelegten einmonatigen Frist verknüpft. Einer solchen Auslegung widerspricht jedoch eine systematische Betrachtung. Träte die Ablehnungsfiktion generell nach einem Monat ein, liefen die Regelungen zur Fristverlängerung nach § 7 Abs. 3 IFG-SH leer. Sinnvoll erscheint daher allein die Auslegung, nach der die Ablehnungsfiktion dann greift, wenn die Regelfrist oder die in zulässigerweise verlängerte Ausnahmefrist von der Behörde nicht eingehalten wird. Im Ergebnis ebenso C. Nordmann, RDV 2001, 71 (80); ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 30.

III. Entscheidung über den Antrag

147

längstens zwei Monaten um behördlichen oder gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen.308 Das IFG-SH beschränkt sich auf die Anordnung, daß die Ablehnung eines Antrags oder die Beschränkung des Zugangs zu Informationen schriftlich zu erteilen und zu begründen ist.309 Das Erfordernis der schriftlichen Begründung gilt bei mündlicher Antragstellung nur, sofern dies die Antragstellerin oder der Antragsteller ausdrücklich verlangt.310 Hinsichtlich der Behandlung gleichförmiger Anträge oder des Verfahrens bei gleichem Interesse verschiedener Antragsteller verweist das IFG-SH auf die §§ 80a, 80b und 80c des Landesverwaltungsgesetzes.311

8. Nordrhein-westfälisches IFG Die nachgesuchte Information „soll“ nach dem IFG-NRW unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Antragstellung zugänglich gemacht werden.312 Damit besteht dem Wortlaut nach die Möglichkeit einer ausnahms-

ņņņņņņņņ 308

Mangels besonderer gesetzlicher Bestimmung in Schleswig-Holstein ist gemäß § 68 Abs. 2 VwGO vor Erhebung einer Verpflichtungsklage in Gestalt der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) ein Widerspruchsverfahren durchzuführen, wenn es sich bei der zur Entscheidung berufenen Behörde – auf diese ist die Entscheidungsfiktion zu beziehen – nicht um eine oberste Landesbehörde handelt. 309 § 7 Abs. 2 S. 1 IFG-SH. Vgl. dazu G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 38 ff. 310 § 7 Abs. 2 S. 2 IFG-SH verweist dabei nicht nur auf das Schriftformerfordernis des § 7 Abs. 2 S. 1, sondern auf S. 1 im ganzen. Dadurch läßt sich dem Wortlaut der Norm nicht eindeutig entnehmen, ob im Falle einer mündlichen Antragstellung, wenn eine schriftliche Bescheidung nicht ausdrücklich verlangt wird, nur das Schriftformerfordernis entfällt oder auch das Begründungserfordernis. Teilweise wird sogar vertreten, daß bei mündlicher Antragstellung auch das Fristerfordernis des § 7 Abs. 2 S. 1 IFG-SH entfällt, vgl. G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 40. 311 § 5 Abs. 3 S. 4 IFG-SH. Die §§ 80a bis 80c LVwG-SH sind inhaltsgleich mit den §§ 17 bis 19 VwVfG. Die durch den Verweis auf § 80b LVwG-SH geschaffene Möglichkeit des Vertretungszwangs bei gleichem Interesse sieht von den untersuchten Informationsfreiheitsgesetzen nur das IFG-SH vor. Vgl. dazu G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 33; F.O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 18. Siehe auch D.III.5. und LT-Drs. 14/2374, S. 13. 312 § 5 Abs. 2 S. 1 IFG-NRW. Die Ausgestaltung als „soll“-Regelung führt dazu, daß die Wahrung der einmonatigen Frist der Regelfall und eine Überschreitung nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände gerechtfertigt ist. Solche werden oftmals dann gegeben sein, wenn der Informationszugang von der Einwilligung eines Dritten abhängt, dieser jedoch auf eine entsprechende behördliche Aufforderung nicht reagiert. Vgl. dazu

148

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

weisen Überschreitung der Regelfrist, deren maximale Dauer jedoch unbestimmt ist. Für die Untätigkeit der Behörde verbleibt es bei den allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Regelungen.313 Die vollständige oder teilweise Ablehnung des beantragten Informationszugangs ist schriftlich zu erteilen und zu begründen, wobei das Schriftformerfordernis bei mündlicher Antragstellung nur auf ausdrückliches Verlangen der Antragstellerin oder des Antragstellers gilt.314 Die informationssuchende Person ist im Falle der Ablehnung auch auf ihr Recht hinzuweisen, die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz als Beauftragte oder Beauftragten für das Recht auf Information anzurufen.315 Bei Anträgen, die von mehr als 20 Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleichlautender Texte eingereicht werden (gleichförmige Anträge), verweist das IFG-NRW auf die §§ 17 und 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes.316 Sind mehr als 20 Personen aufzufordern, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, besteht für die Behörde die Möglichkeit einer ortsüblichen Bekanntmachung.317

9. Bundes-IFG Nach dem BIFG ist die Information dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Belange unverzüglich zugänglich zu machen318; der Informations-

ņņņņņņņņ T.R. Wolf-Hegerbekermeier/B. Pelizäus, DVBl. 2002, 955 (958). Vgl. ferner F. Stollmann, NWVBl. 2002, 216 (218); M. Zilkens, RDV 2002, 300 (303). 313 Siehe zur Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage die Ausführungen zu D.III.4. 314 § 5 Abs. 2 S. 3 IFG-NRW. Im Gegensatz zu § 7 Abs. 2 S. 2 IFG-SH läßt § 5 Abs. 2 S. 3 IFG-NRW bei mündlicher Antragstellung ausdrücklich nur das Schriftformerfordernis entfallen. Folglich sind dem Antragsteller auch bei mündlicher Bescheidung die Gründe der Ablehnung seines Einsichtsbegehrens darzulegen. Siehe dazu D.III.7. Kritisch zu dieser Regelung T.R. Wolf-Hegerbekermeier/B. Pelizäus, DVBl. 2002, 955 (959). 315 § 5 Abs. 2 S. 4 i.V.m. § 13 IFG-NRW. Siehe dazu D.VIII.8. 316 § 5 Abs. 5 S. 1 IFG-NRW. Die Absenkung der Massenschwelle auf 20 Personen diene dem Zweck, den „Zugang … nicht unnötig zu erschweren“; vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 12. Siehe auch D.III.5. 317 § 5 Abs. 5 S. 2 IFG-NRW. 318 In der Literatur ist umstritten, ob sich die Fristenregelung auf die tatsächliche Zugänglichmachung inklusive der dafür erforderlichen rechtlichen Bescheidung bezieht oder allein auf die tatsächliche Bereitstellung der begehrten Informationen im Anschluß an die rechtliche Entscheidung; vgl. M. Kloepfer/K. v. Lewinski, DVBl. 2005, 1277

III. Entscheidung über den Antrag

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zugang soll innerhalb eines Monats erfolgen.319 § 8 (Verfahren bei Beteiligung Dritter) bleibt unberührt.320 Die Bekanntgabe einer Entscheidung, mit der der Antrag ganz oder teilweise abgelehnt wird, hat innerhalb der Frist nach § 7 Abs. 5 S. 2 zu erfolgen.321 Für die Untätigkeit der Behörde verbleibt es bei den allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Regelungen.322 Gemäß dem BIFG hat die Behörde, soweit sie den Antrag ganz oder teilweise ablehnt, mitzuteilen, ob und wann der Informationszugang ganz oder teilweise zu einem späteren Zeitpunkt voraussichtlich möglich ist.323 Ferner sieht es ein Schriftformerfordernis für den Fall einer Drittbeteiligung vor.324 Das BIFG regelt, daß bei gleichförmigen Anträgen von mehr als 50 Personen die §§ 17 bis 19 VwVfG entsprechend gelten.325

ņņņņņņņņ (1285); H. Schmitz/S.-D. Jastrow, NVwZ 2005, 984 (990); M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 7 Rn. 41 f. 319 § 7 Abs. 5 S. 1 u. 2 BIFG. § 7 Abs. 5 wurde neugefaßt auf Empfehlung des Innenausschusses; die Änderung verschlanke die Norm und sichere eine möglichst unbürokratische Anwendung der Regelung; vgl. BT-Drs. 15/5606, S. 6. In der ursprünglichen Fassung, vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 4, lautete Abs. 5: „Die Information ist dem Antragsteller unter Berücksichtigung etwaiger von ihm angegebener Zeitpunkte unverzüglich, spätestens jedoch mit Ablauf der Frist nach Satz 2 Nr. 1 oder 2 zugänglich zu machen. Die Frist beginnt mit Eingang des Antrags bei der Behörde, die über die Information verfügt und endet (Nr. 1) mit Ablauf eines Monats oder (Nr. 2) soweit die Informationen derart umfangreich und komplex sind, daß die in Nr. 1 genannte Frist nicht eingehalten werden kann, mit Ablauf von zwei Monaten.“ Die Begründung für die weniger bestimmte Fassung der Vorschrift vermag nicht zu überzeugen. Das Argument der Bürokratisierungsvermeidung erscheint vorgeschoben. Vielmehr wollte der Gesetzgeber die Verwaltung von einem als zu eng erachteten zeitlichen Korsett befreien. 320 § 7 Abs. 5 S. 3 BIFG. Durch den Vorrang von § 8 BIFG werde den Interessen des Dritten ein prozeduraler Vorrang eingeräumt; vgl. M. Kloepfer/K. v. Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1285); M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 7 Rn. 40. 321 § 9 Abs. 1 BIFG. 322 Siehe zur Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage die Ausführungen zu D.III.4. 323 § 9 Abs. 2 BIFG. Die Mitteilungspflicht sei einer Befristung der Verweigerung vorzuziehen; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16. 324 § 8 Abs. 2 S. 1 BIFG. 325 § 7 Abs. 1 S. 4 BIFG. Der Verweis ist laut der Gesetzesbegründung erforderlich, weil die §§ 17 bis 19 VwVfG unmittelbar nur für ein Verwaltungsverfahren gelten, während vorliegend eine Vielzahl von Verfahren betroffen ist; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14.

150

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

10. Vergleichende Betrachtung a) Behördliche Fristen Mit Ausnahme des schwedischen sehen grundsätzlich alle untersuchten IFGs einen zeitlichen Rahmen für die Entscheidung über den Zugangsantrag vor, der von zwei Wochen bis zu zwei Monaten reicht. Nach dem IFG-ProfE ist der Antrag unverzüglich, spätestens jedoch nach Ablauf einer Frist von einem Monat nach Stellung eines ordnungsgemäßen Antrags zu bescheiden.326 Soweit schutzwürdige Interessen Betroffener berührt sind und diesen Gelegenheit gegeben wird, sich zu den für die Entscheidung über den Informationszugang erheblichen Tatsachen zu äußern, verlängert sich diese Frist auf drei Monate; der Antragsteller ist hierüber zu informieren.327 Gemäß dem IFG-NGOE328 macht die zuständige Stelle die begehrten Informationen unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei Wochen zugänglich bzw. erteilt eine Antragsablehnung.329 Soweit Umfang und Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigen, kann die Frist zur Zugänglichmachung auf sechs Wochen verlängert werden330; soweit die Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigt, kann die Frist zur Erteilung der Antragsablehnung auf sechs Wochen verlängert werden331. Der Antragsteller ist über die Fristverlängerung und deren Gründe schriftlich zu informieren.332 Eine weitere Fristverlängerung bedarf der Einwilligung des Antragstellers.333 Die Rechtsvergleichung zeigt, daß nach allen untersuchten IFGs der Informationszugang unverzüglich bzw. innerhalb bestimmter Fristen zu erfolgen hat. Dies verdeutlicht, daß der Zeitfaktor für die Gewährleistung der praktischen

ņņņņņņņņ 326

§ 11 Abs. 1 S. 1 IFG-ProfE. Die Monatsfrist soll nach der Entwurfsbegründung sowohl dem Anliegen einer beschleunigten Verfahrensdurchführung als auch dem Anliegen einer sorgfältigen Antragsprüfung gerecht werden; vgl. IFG-ProfE, S. 147. 327 § 11 Abs. 1 S. 2 IFG-ProfE. Eine Befugnisnorm zur Fristverlängerung in (sonstigen) besonderen Fällen hält der IFG-ProfE für entbehrlich; vgl. IFG-ProfE, S. 148. 328 Gemäß der Entwurfsbegründung orientiert sich der Entwurf einerseits an der Transparenzverordnung, andererseits an den Vorgaben der Aarhus-Konvention; vgl. IFG-NGOE, S. 28. 329 § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 IFG-NGOE. 330 § 7 Abs. 3 S. 1 IFG-NGOE. 331 § 7 Abs. 3 S. 2 IFG-NGOE. 332 § 7 Abs. 3 S. 3 IFG-NGOE. 333 § 7 Abs. 4 IFG-NGOE.

III. Entscheidung über den Antrag

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Wirksamkeit der Informationszugangsfreiheit eine erhebliche Rolle spielt.334 An Deutlichkeit kaum zu überbieten ist die Gesetzesbegründung zur Fristenregelung des IFG-SH: „Die Vorschrift ist von zentraler Bedeutung für die Effektivität des Rechtes. Ein Informationszugangsrecht, das nicht mit einer stringenten Frist bewehrt ist, ist weitgehend wirkungslos. Wegen ihrer Bedeutung für die Effektivität des Informationszugangsrechtes ist das Recht auf Einhaltung der Fristen als subjektives (Hilfs-)Recht der Antragstellerinnen oder der Antragsteller anzusehen“.335 Dem ist vollumfänglich zuzustimmen. Nur wenn sichergestellt ist, daß die Bürger Informationen zügig erlangen, ist eine effektive Kontrolle von (aktuellem) Verwaltungshandeln gewährleistet und wird die Möglichkeit der Verwaltung, bestimmte Vorgänge schlicht „auszusitzen“, deutlich erschwert. Zur Erreichung der angestrebten Bearbeitungsgeschwindigkeit erscheint es dabei unerläßlich, Entscheidungsfristen ausdrücklich zu normieren. Die allgemeine verwaltungsrechtliche Pflicht zur zügigen Verfahrensbearbeitung (§ 10 S. 2 VwVfG) eröffnet der Behörde einen zu großen Spielraum, folglich eine zu große Mißbrauchsmöglichkeit.336 Ferner führt die Anordnung gesetzlicher Bearbeitungsfristen für Informationszugangsbegehren zu einer Aufwertung gegenüber anderen Verwaltungsvorgängen. Da die Behörde die Bearbeitung fristgebundener Vorgänge innerhalb der gesetzlichen Fristen sicherzustellen hat, muß sie gegebenenfalls bei mangelnder Arbeitskapazität andere Verwaltungsvorgänge zurückstellen, diese müssen nur zügig, also „so schnell wie möglich“337 bearbeitet werden. Gegen eine Kodifizierung spricht auch nicht die Feststellung, daß das schwedische Recht keine Fristen vorsieht, sondern lediglich anordnet, ein nachgesuchtes Dokument müsse sofort oder aber jedenfalls so früh wie möglich zugänglich gemacht werden. Die grundsätzliche Verpflich-

ņņņņņņņņ 334

Die Literatur teilt diese Auffassung; vgl. etwa G. Häfner/F. Gerlach, ZRP 1998, 123 (126); C.J. Partsch, LKV 2001, 98 (100); IFG-ProfE, S. 146; ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 30. Selbst Friedersen, der die Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsrechts für ausreichend erachtet, bestreitet letztlich die Erforderlichkeit einer zügigen Antragsbearbeitung nicht; vgl. G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 37. 335 LT-Drs. 14/2374, S. 14 f. Ähnlich auch der IFG-KoalitionsE, S. 37: „Wegen der besonderen Bedeutung eines zeitnahen Informationszugangs für das Anliegen dieses Gesetzes entspricht es … der ratio legis, daß sie Bescheidung des Antrags unverzüglich … zu erfolgen hat“. Vgl. auch LT-Drs. NRW 13/1311, S. 11. 336 So auch IFG-ProfE, S. 146. Im Ergebnis ähnlich C.J. Partsch, LKV 2001, 98 (100 f.), der bei (ausschließlicher) Anordnung einer „unverzüglichen“ Antragsbearbeitung einen zu weitgehenden Spielraum für die Verwaltung kritisiert. Anders hingegen Friedersen, der die Regelungen des allgemeinen Verwaltungsrechts als ausreichend erachtet; vgl. G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 37. 337 Vgl. etwa G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 37.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

tung, Informationszugang nicht „unverzüglich“ sondern „sofort“ zu gewähren, engt den zeitlichen Spielraum der Behörden wesentlich stärker ein; im übrigen wird die schwächere verfahrensrechtliche Absicherung in diesem Punkt durch die traditionell und verfassungsrechtlich fest verankerte Stellung der Aktenöffentlichkeit ausgeglichen. Für die Normierung der Entscheidungsfristen bieten sich grundsätzlich zwei verschiedene Modelle an: eine (relativ kurze) Frist mit Verlängerungsmöglichkeit (vgl. etwa FOIA, Transparenzverordnung, UIG [2005], IFG-SH) oder eine (relativ lange) Frist ohne Verlängerungsmöglichkeit (vgl. etwa BIFG, AIGBbg, IFG-B, IFG-NRW) – dabei wird zunächst von der Annahme ausgegangen, daß die verlängerbare Frist nach Ausschöpfung der Verlängerung der nicht verlängerbaren Frist entspricht. Für eine Frist ohne Verlängerungsmöglichkeit spricht, daß sich Antragsteller und Behörde von Anfang an auf den zeitlichen Rahmen der Bearbeitung des Informationsbegehrens einstellen können. Auch muß die Behörde sich während der Antragsbearbeitung nicht noch zusätzlich Gedanken über die Inanspruchnahme einer Verlängerungsmöglichkeit machen und dies gegebenenfalls dem Antragsteller gegenüber begründen. Diese Argumente vermögen allerdings nicht zu überzeugen. Ein Antragsteller kann sich gleichermaßen darauf einstellen, daß die Behörde nicht nur die Regelfrist sondern auch die Fristverlängerung voll ausschöpft. Ferner entbindet die Fristanordnung die Behörde ohnehin nicht von ihrer – zum Teil nochmals ausdrücklich geregelten – Verpflichtung, Informationsbegehren so schnell wie möglich zu bearbeiten. Behörde und Antragsteller sollen sich im Regelfall gerade nicht darauf einstellen (müssen), daß die gesetzlichen Fristen voll ausgeschöpft werden. Ferner dient es der Verfahrensbeschleunigung, wenn das IFG die Behörde dazu anhält, sich Gedanken darüber zu machen, ob sich die Bearbeitung nicht zu sehr verzögert, zumal der dazu erforderliche zusätzliche Arbeitsaufwand eher gering ist. Der große Vorteil einer Frist mit Verlängerungsmöglichkeit ist die flexible Handhabung unterschiedlicher Informationsfreiheitsbegehren. Natürlich muß die Länge der Entscheidungsfristen so gewählt werden, daß auch besonders arbeitsaufwendige Zugangsbegehren tatsächlich innerhalb der vorgesehenen Fristen bearbeitet werden können. Da die Inanspruchnahme der verlängerten Frist jedoch an näher definierte Voraussetzungen gebunden ist und ansonsten die kürzere Regelfrist gilt, wird der Gefahr vorgebeugt, daß die Behörde auch bei allen anderen Zugangsbegehren den maximalen Zeitrahmen ausschöpft. Diese Differenzierung fördert somit eine effektive Verfahrensbeschleunigung. Der Fristbeginn darf im übrigen nicht (wie etwa beim IFG-ProfE) von einer ordnungsgemäßen Antragstellung abhängig gemacht werden, da dies von der Verwaltung zu einer mißbräuchlichen Verlängerung der gesetzlichen Fristen genutzt werden könnte und die Feststellung des Fristbeginns bzw. des Fristendes sehr erheblich erschwert würde.

III. Entscheidung über den Antrag

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Wesentlicher Bestandteil des Instruments einer Regelfrist mit Verlängerungsmöglichkeit ist eine möglichst klare Bestimmung von Gründen, die die Fristverlängerung rechtfertigen.338 Werden diese Voraussetzungen zu weit gefaßt, besteht die erhebliche Gefahr, daß die Inanspruchnahme der Fristverlängerung (mißbräuchlich) ständig in Anspruch genommen wird, die verlängerte Frist quasi zur Regelfrist wird. Eine zu enge Fassung dieser Ausnahmegründe birgt dagegen eine wesentlich geringere Gefahr. Sollte die Behörde trotz eines besonders arbeitsaufwendigen Zugangsbegehrens an die Regelfrist gebunden sein, wird dies faktisch zu einer Fristüberschreitung führen und die für diesen Fall vorgesehenen Folgen auslösen, also zumeist behördliche oder gerichtliche Rechtsbehelfsmöglichkeiten. Diese können jedoch ohne weiteres Instrumente (z.B. die Möglichkeit einer Verfahrensaussetzung) vorsehen, mit der auf solche Einzelfälle angemessen reagiert werden kann. Die untersuchten IFGs, die auf die Regelung einer Frist mit Verlängerungsmöglichkeit zurückgreifen, formulieren die Voraussetzung der Fristverlängerung unterschiedlich, greifen dabei aber weitgehend auf dieselben Gesichtspunkte zurück: einerseits den Umfang des Zugangsbegehrens, sei es aufgrund der Vielzahl der nachgefragten Akten oder der „Dicke“ der Akten, und andererseits die Natur der Informationen, die – gegebenenfalls unter Drittbeteiligung – eine ausführliche Prüfung von Geheimhaltungstatbeständen erfordert. Beide Gesichtspunkte können sowohl alternativ als auch kumulativ einen besonderen Arbeitsaufwand auslösen und sollten daher beide im Rahmen einer gesetzlichen Regelung Berücksichtigung finden. Ausgehend von diesen Erwägungen ist die Regelung der Transparenzverordnung zu kritisieren, da sie einerseits sehr offen ist, als sie eine Fristverlängerung in Ausnahmefällen gestattet, und sie andererseits bei den nachfolgenden Beispielen für Ausnahmefälle nicht auf den Gesichtspunkt der Natur der Informationen eingeht. Sehr detailliert ist hingegen die Regelung des FOIA, die speziell auf die Besonderheiten der U.S. Bundesbehörden, wie etwa die örtliche Trennung von Behördenteilen, zugeschnitten ist. Bezüglich der verwendeten Merkmale gelungen erscheint die auf Art. 4 Abs. 2 und 7 Aarhus-Konvention zurückgehende Formulierung des IFG-SH, die die Fristverlängerung an die Merkmale „Umfang und Komplexität“ knüpft. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Fristverlängerung im Falle einer Antragsablehnung nur an das Merkmal der „Komplexität“ der begehrten Informationen geknüpft wird. Die sich auf die Aarhus-Konvention berufende Gesetzesbegründung zum IFGSH gibt insoweit keinen Aufschluß.339 Dies gilt entsprechend für die Entwurfs-

ņņņņņņņņ 338

Das IFG-NRW hingegen überläßt durch die Normierung einer Sollvorschrift die Bestimmung der Ausnahmegründe der Gesetzesanwendung. 339 Ebenso nicht weiterführend G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 40; ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 30.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

begründung zum die gleichen Merkmale verwendenden IFG-NGOE. Die Verwendung unterschiedlicher Merkmale als Voraussetzung für eine Fristverlängerung setzt voraus, daß die Behörde letztlich schon bei der Entscheidung über die Fristverlängerung – wenn es auf das Vorliegen des Merkmals „Umfang“ ankommt – wissen muß, ob sie Zugang gewähren oder versagen wird. Wenn das jedoch schon feststünde, bedürfte es keiner Fristverlängerung für eine weitere Prüfung des Zugangsantrags. Vielmehr ist es sinnvoll, der Behörde auch dann mehr Bearbeitungszeit zuzugestehen, wenn sie umfangreich Akten zu sichten hat, damit jedoch keine besonders komplexen inhaltlichen Beurteilungen verbunden sind und im Ergebnis Zugang verweigert wird, soweit sich bei der Sichtung geheimzuhaltende Informationen zeigen. Folgerichtig verwendet das UIG (2005) die Merkmale „umfangreich und komplex“ einheitlich. In diesem Zusammenhang stellt sich die Folgefrage, inwieweit und in welcher Form die Behörde dem Antragsteller zur (rechtswirksamen) Inanspruchnahme der Verlängerungsmöglichkeit Rechenschaft schuldet. Die Regelungen von FOIA, Transparenzverordnung, UIG (2005) und IFG-SH ordnen diesbezüglich mit kleinen Unterschieden in der Formulierung an, daß dem Antragsteller die Fristverlängerung (vorab) schriftlich angekündigt werden muß und ihm die Gründe für die Verlängerung darzulegen sind. Dies erscheint sehr sinnvoll, da der Antragsteller ohne eine solche Mitteilung über den zeitlichen Bearbeitungsrahmen seines Zugangsbegehrens im Unklaren gelassen wird und insbesondere nicht beurteilen kann, ob er nach Ablauf der Regelfrist zur Geltendmachung von Rechtsbehelfen aufgrund von behördlicher Untätigkeit berechtigt ist. Die Begründungspflicht dient dabei einem ordnungsgemäßen und bürgerfreundlichem Gesetzesvollzug. Sie wird in der Regel beim Antragsteller ein größeres Verständnis für die verzögerte Bearbeitung bewirken und ihn in manchen Fällen sogar in die Lage versetzen, eine vorgeschobene Begründung und damit eine eventuelle sofortige Rechtsmittelberechtigung zu erkennen. Die Behörde wiederum wird durch die Ausformulierung der Begründung zur sorgfältigen Überlegung angehalten, ob die gesetzlich normierten Gründe für eine Fristverlängerung tatsächlich vorliegen. Da die Behörde das Vorliegen von Verlängerungsgründen ohnehin gewissenhaft prüfen muß, spricht auch der durch die schriftliche Abfassung entstehende zusätzliche Arbeitsaufwand nicht gegen eine begründete schriftliche Mitteilung an den Antragsteller. Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, daß das IFG-SH die schriftliche Begründungspflicht bei mündlicher Antragstellung an das Verlangen des Antragstellers knüpft, da dies sogar zu einem größeren Arbeitsaufwand führen kann – zumindest wenn man den Antragsteller auf sein Recht, eine schriftliche Begründung zu verlangen, hinweist. Ob ein Informationszugang zeitnah erfolgt, hängt natürlich im weiteren von der Länge der Regel- und der Verlängerungsfrist ab. Zur deren Bestimmung bedarf es der Abwägung von zwei konkurrierenden Anliegen: dem Interesse XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

III. Entscheidung über den Antrag

155

des Antragstellers an einer möglichst zeitnahen Entscheidung und dem Behördeninteresse an einem möglichst großen zeitlichen Spielraum. Die Rechtsvergleichung ergibt dabei eine Maximalfrist von ein bis zwei Monaten. Dabei entspricht die Länge der Regelfrist zumeist der der Verlängerungsfrist; nur der FOIA sieht eine doppelt so lange Regelfrist vor. Auffallend ist die nicht verlängerbare Frist von zwei Wochen des IFG-B, welche jedoch als zu kurz beanstandet wird.340 Allerdings machte Schleswig-Holstein die Erfahrung, daß 90% der mehr als 2000 nach Inkrafttreten des IFG-SH gestellten Zugangsanträge binnen einer Woche bearbeitet werden konnten.341 Insbesondere die praktischen Erfahrungen aus Schleswig-Holstein lassen eine relativ kurz bemessene Regelfrist von drei Wochen und eine Verlängerungsmöglichkeit von bis zu fünf Wochen sinnvoll erscheinen. Mit zunehmender behördlicher Erfahrung im Umgang mit dem Grundsatz der Aktenöffentlichkeit ist auch bei steigender Anfragenzahl in der Regel eine kurzfristige Bearbeitung von Zugangsanträgen zu erwarten. Hingegen wird der Behörde bei besonders umfangreichen und komplexen Anfragen – nach entsprechender Begründung – ausreichend Bearbeitungszeit zugestanden. Sehr kritisch erscheint die gesetzliche Anordnung des FOIA, daß die Behörde mit dem Antragsteller alternative Fristvereinbarungen treffen darf und ihn mit diesem Mittel zu einer Verringerung seines Zugangsbegehrens bewegen kann, da dadurch der materiell-rechtliche Zugangsanspruch beschnitten wird.342 Zwar kann eine Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller im Einzelfall für diesen faktisch vorteilhaft343 sein, allerdings bedarf diese Möglichkeit keiner gesetzlichen Regelung. Vielmehr wird die Verhandlungsposition des Antragstellers gestärkt, wenn dieser sofort nach Überschreitung der maximalen Bearbeitungsfrist zur Einlegung von Rechtsmitteln berechtigt ist. Sollte die Behörde dem Antragsteller vernünftige Gründe für die Verzögerungen und einen nachvollziehbaren Zeitrahmen für die abschließende Bearbeitung darlegen können, wird dieser mit Sicherheit gerne von der Inanspruchnahme von Rechtsmitteln absehen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, im Rahmen der Rechtsmittel-

ņņņņņņņņ 340

Vgl. IFG-ProfE, S. 144 m.w.N. Vgl. die Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage der SPD-Fraktion (LT-Drs. 15/1995) in LT-Drs. 15/2287, S. 20. Nach einer früheren Erhebung (nach Eingang von ca. 1.150 Anträgen) erging die Entscheidung ebenfalls in 90% der Fälle binnen einer Woche; in weiteren 7% der Fälle dauerte die Bearbeitung zwei bis vier Wochen und lediglich in einer ganz untergeordneten Anzahl von Fällen mußte die Verlängerung der Entscheidungsfrist aufgrund der Komplexität der Sache in Anspruch genommen werden; vgl. B. Köster, DuD 2003, 36 (38). 342 Siehe dazu auch D.II.10.b). 343 Siehe D.II.10.b). 341

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

verfahren die Möglichkeit einer Verfahrensaussetzung in Einzelfällen vorzusehen. Schließlich sollte einer Fristenanordnung das grundsätzliche Gebot vorangestellt werden, daß über Informationsfreiheitsbegehren unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern344 zu entscheiden ist. Die dadurch bewirkte Betonung des Gebots der zügigen Verfahrensbearbeitung (§ 10 S. 2 VwVfG) ist geeignet, einer regelmäßigen behördlichen Fristausschöpfung entgegenzuwirken. Diese Kritik muß sich insbesondere das UIG (2005) gefallen lassen, das auf eine entsprechende Umsetzung von Art. 3 Abs. 2 lit. a UIRL II („Umweltinformationen sind … wie folgt zugänglich zu machen: so bald wie möglich, spätestens jedoch …“) verzichtet hat. Vor diesem Hintergrund sind die Regelungen des BIFG und des IFG-NRW zu kritisieren, die weder Voraussetzungen für die Abweichung von der Regelfrist definieren, noch die Dauer der Verlängerungsfrist bestimmen. Ähnliche Kritik muß sich auch das AIG-Bbg gefallen lassen. Dieses sieht indes zumindest eine förmliche Zwischenbescheidung nach Ablauf der Regelfrist vor. Hinsichtlich des BIFG ist die mangelhafte Fristbestimmung insofern bedauerlich, als der ursprüngliche Gesetzentwurf eine weitgehend gelungene, dem UIG (2005) ähnliche Regelung enthielt, diese jedoch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens neugefaßt wurde.345 Zur Begründung wurde – wenig überzeugend – angeführt, die Änderung verschlanke die Norm und sichere eine möglichst unbürokratische Anwendung der Regelung.346 Die in der Literatur aufgeworfenen Zweifel, ob es sich bei der in § 7 Abs. 5 BIFG normierten Zeitvorgabe um eine Entscheidungsfrist oder lediglich um eine Bereitstellungsfrist handelt347, zeigen wiederum die Notwendigkeit auf, Verfahrensregelungen möglichst eindeutig zu formulieren, um die praktische Wirksamkeit von Informationfreiheitsrechten zu gewährleisten.

b) Folgen behördlicher Untätigkeit Die Untersuchung zeigt, daß nur manche IFGs die Folgen behördlicher Untätigkeit regeln. Insbesondere die deutschen IFGs scheinen sich auf die Regelungen des allgemeinen Verwaltungsrechts zu verlassen; allerdings finden sich in den Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte für einen bewußten Rege-

ņņņņņņņņ 344 Die allgemein anerkannte juristische Interpretation von „unverzüglich“ geht auf die Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB zurück. 345 Siehe dazu D.III.9. 346 Vgl. BT-Drs. 15/5606, S. 6. 347 Siehe Teil D., Fn. 318.

III. Entscheidung über den Antrag

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lungsverzicht. Bemerkenswert erscheint, daß das schwedische Recht den Fall behördlicher Untätigkeit insgesamt nicht regelt. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, daß sich in Schweden eine unabhängige Verwaltungsgerichtsbarkeit, die über gesetzmäßiges Handeln der Verwaltung wacht, erst in der jüngeren Vergangenheit mehr und mehr herausbildet und nach wie vor wichtige Kontrollfunktionen durch die parlamentarischen Ombudsmänner wahrgenommen werden.348 Zudem besteht die grundsätzliche Möglichkeit, mißbräuchliche Verzögerungen auch strafrechtlich zur verfolgen.349 Wird gemäß dem IFG-ProfE der Antrag nicht innerhalb der Regel- oder Verlängerungsfrist beschieden, gilt dies als Stattgabe.350 Der IFG-NGOE ordnet hingegen für diesen Fall eine Ablehnungsfiktion an.351 Außerdem sieht er vor, daß der Anspruch auf Fristwahrung selbständig auf dem Rechtswege geltend gemacht werden kann.352 Zunächst stellt sich vor dem Hintergrund der Nichtregelung in einigen IFGs die Frage, ob eine Regelung für den Fall der Nichtbescheidung innerhalb der Entscheidungsfristen überhaupt erforderlich ist bzw. ob die Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsrechts nicht ausreichend sind. Bürgerfreundlicher ist es, wenn ein Informationssuchender seine rechtlichen Möglichkeiten direkt aus dem IFG herauslesen kann. Allerdings ist der Gesetzgeber zu Recht bestrebt, prinzipiell nicht erforderliche Mehrfachregelungen zu vermeiden. Zudem kann

ņņņņņņņņ 348

Siehe dazu die Ausführungen unter B.I. und D.VIII.1. Siehe zum Straftatbestand des Amtsmißbrauchs, unter den auch nichtvorsätzliche, geringfügige Amtsverfehlungen subsumierbar sind, die Ausführungen unter D.VIII.1. 350 § 11 Abs. 1 S. 3 IFG-ProfE. Für die Anordnung einer Stattgabefiktion ist nach Schoch/Kloepfer die Erwägung ausschlaggebend, daß die öffentliche Stelle von ihrer Untätigkeit nicht profitieren soll, indem erneut der Antragsteller in „Zugzwang“ gesetzt werde; vielmehr sei das Informationszugangsrecht auch dann gesetzlich gewährleistet, wenn die öffentliche Stelle nichts tue; vgl. IFG-ProfE, S. 148. 351 § 7 Abs. 5 S. 1 und 2 IFG-NGOE. Die Regelung ist gemäß der Entwurfsbegründung erforderlich, um ein alsbaldiges Beschreiten des Rechtswegs zu ermöglichen; vgl. IFG-NGOE, S. 28 f. § 7 Abs. 5 S. 3 IFG-NGOE regelt zudem, daß der Anspruch auf Fristwahrung selbständig auf dem Rechtswege geltend gemacht werden kann. Der Sinn einer solchen prozessualen Möglichkeit erscheint allerdings fraglich. Für den Antragsteller ist es wesentlich effizienter, nach Fristablauf Rechtsbehelfe in der Sache zu ergreifen. Macht er lediglich sein Hilfsrecht auf Einhaltung der Fristen geltend und versagt daraufhin die Behörde den Informationszugangs, muß er erneut den Gerichtsweg beschreiten. 352 § 7 Abs. 5 S. 3 IFG-NGOE. Diese Regelung steht im Zusammenhang mit § 19 Abs. 3 IFG-NGOE, der eine abschließende gerichtliche Entscheidung über Informationszugangsansprüche im Wege der „einstweiligen“ Anordnung normiert; vgl. IFGNGOE, S. 29, 35. Siehe dazu D.VII.10.c). 349

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

der Bürger über seine Rechte in Informationsfreiheitsangelegenheiten auch, manchmal sogar besser, durch entsprechende Informationsmaterialien aufgeklärt werden. Vor dem Hintergrund einer effektiven verfahrensrechtlichen Absicherung des Informationszugangsanspruchs muß jedoch unabhängig vom Regelungsort auf jeden Fall Klarheit über den Ablauf des (Rechtsbehelfs)Verfahren bestehen. Die Bestimmung des Verfahrensablaufs hat dabei der Gesetzgeber vorzunehmen und darf nicht der (behördlichen) Rechtsanwendung überlassen werden.353 Die Nichtregelung der behördlichen Untätigkeit in BIFG, UIG (2005), AIGBbg, IFG-B und IFG-NRW führt allerdings nicht zur Klarheit über das sich anschließende Verfahren. Wie die Ausführungen zum UIG (2005), die entsprechend für die übrigen IFGs gelten, zeigen, findet in der Literatur eine Diskussion über die Qualifizierung der zugangsgewährenden Entscheidung als Verwaltungsakt statt. Dies führt zu einer Unsicherheit hinsichtlich der Anwendbarkeit von § 75 VwGO. Darüber hinaus bestehen Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendung des § 75 VwGO im einzelnen. Es wird diskutiert, ob die im IFG normierten Entscheidungsfristen das Merkmal der besonderen Umstände im Sinne von § 75 S. 2 VwGO erfüllen und damit dessen Dreimonatsfrist verkürzen, wie auch über die Anwendung von § 75 S. 3 VwGO. Konsequenz der Anwendung von § 75 VwGO ist zudem, daß ein behördliches Rechtsbehelfsverfahren grundsätzlich entfällt. Der internationale Vergleich ergibt zwar diesbezüglich eine unterschiedliche Handhabung – die Transparenzverordnung räumt bei Untätigkeit der Behörde zunächst das Recht auf einen Zweitantrag ein, während der FOIA eine sofortige Klage ermöglicht – wobei die jeweiligen Verfahrensausgestaltungen von den Gesetzgebern bewußt vorgenommen wurden, was bezüglich der Konzeption der deutschen IFGs bezweifelt werden muß. Es erscheint im Ergebnis notwendig, daß ein IFG Bestimmungen normiert, die Klarheit über das anzuwendende (Rechtsbehelfs-)Verfahren bewirken. Zunächst stellt sich die Frage, ob der Antragsteller im Falle behördlicher Untätigkeit sofort zur Klage berechtigt sein soll oder ob er zunächst die Pflicht bzw. das Recht zur Einlegung von behördlichen Rechtsbehelfen hat. Sinn und Zweck des Vorverfahrens werden allgemein damit begründet, daß es der Wahrung der Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung, einem verbesserten Rechtsschutz des Bürgers durch Eröffnung einer nochmaligen Überprüfung von Behördenentscheidungen durch die Verwaltung selbst und der Entlastung der Gerichte diene.354 Zudem ist zu berücksichtigen,

ņņņņņņņņ 353

Im Ergebnis unter Berufung auf praktische Erfahrungen ebenso IFG-ProfE, S. 148. 354 Vgl. F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Vorb § 68 Rn. 1 m.w.N.

III. Entscheidung über den Antrag

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daß ein behördliches Rechtsbehelfsverfahren im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren weniger aufwendig ist, wesentlich zügiger abläuft und ein geringeres Kostenrisiko birgt. 355 Diese für ein behördliches Vorverfahren sprechenden Erwägungen greifen nicht nur, wenn es um die Überprüfung einer für den Antragsteller nachteiligen Entscheidung geht, sondern ebenso bei behördlicher Untätigkeit. Insbesondere wenn die untätige Behörde nicht selbst, sondern eine übergeordnete Behörde mit der Entscheidung über den Rechtsbehelf befaßt ist, besteht die reelle Chance, daß die Widerspruchsbehörde gesetzmäßig tätig wird und dadurch eine gerichtliche Auseinandersetzung allein aufgrund behördlicher Untätigkeit vermieden werden kann. Um unangemessenen Verzögerungen durch das Widerspruchsverfahren vorzubeugen, sollte dieses jedoch ebenfalls bestimmten Fristen unterworfen werden, die keinesfalls länger als die Erstentscheidungsfristen sein dürfen. Ferner sind Überlegungen anzustellen, inwieweit das mit der Informationsfreiheitssache befaßte Gericht die Möglichkeit einer Verfahrensaussetzung besitzen sollte, um der (untätigen) Behörde weitere Zeit für die Bearbeitung zu ermöglichen. Gegen eine solche Möglichkeit spricht derselbe Grund, der auch gegen zu lange Entscheidungsfristen bzw. gegen Abspracheverpflichtungen bezüglich der Fristen spricht – die Verzögerung des Informationszugangs. Andererseits darf nicht völlig außer Acht gelassen werden, daß in Einzelfällen die Einhaltung von starren Fristvorgaben tatsächlich unmöglich sein kann. Daher erscheint es angemessen, die Überschreitung der gesetzlichen Fristen richterlicher Kontrolle zu unterwerfen. Im Vergleich zu einer Verfahrensausgestaltung, die den Antragsteller zu Fristverhandlungen mit der Behörde zu verpflichtet, eröffnet dieses Verfahrensinstrument auch wesentlich geringere Mißbrauchsmöglichkeiten. Die Erfahrungen aus den USA zeigen jedoch, daß auch bei richterlicher Kontrolle mißbräuchliche bzw. nicht der Intention des IFG entsprechende Verfahrensverzögerungen eintreten können. Dem amerikanischen Beispiel folgend sollten daher die richterliche Entscheidung durch einen Kriterienkatalog einschränkt werden. Diese Kriterien sollten so gestaltet sein, daß eine Behörde insbesondere nicht einfach durch Berufung auf einen bestehenden Rückstand bei der Bearbeitung von Informationsfreiheitsbegehren eine Verfahrensaussetzung erwirken kann, da dies die behördliche Motivation den Rückstand aufzuholen, immens schmälert. Bei der Umsetzung der empfehlenswerten Verfahrensgestaltung ist der durch die Regelungen der VwGO eingeschränkten Gestaltungskompetenz der Länder Rechnung zu tragen. Während der Bundesgesetzgeber die VwGO letztlich ohne

ņņņņņņņņ 355 Durchaus üblich und nicht unangemessen ist eine Verfahrensdauer (erstinstanzlicher) Verwaltungsverfahren von über zwei Jahren; vgl. BVerfG, Beschluß vom 15.12.2003 (Az. 1 BvR 1345/03), Rn. 4.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

weiteres durch die Anordnung spezieller Vorschriften zum behördlichen Vorverfahren und zum Gerichtsverfahren abändern kann, haben sich die Landesgesetzgeber in dem durch die VwGO vorgezeichneten Rahmen zu bewegen.356 Zur Umsetzung empfiehlt sich zunächst die Normierung einer Ablehnungsfiktion nach Ablauf der Regelfrist bzw. ihrer wirksamen Verlängerung. Da die Ablehnung des Informationszugangs unstreitig als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, greifen dadurch die Regelungen über das Widerspruchsverfahren gemäß §§ 68 ff. VwGO.357 Weil ein fiktiver Bescheid naturgemäß keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, kann gegen diesen gemäß § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO innerhalb eines Jahres Widerspruch eingelegt werden.358 Ein deklaratorischer Hinweis, daß in diesem Falle ein Widerspruchsverfahren durchzuführen ist, bedarf es an dieser Stelle nicht – schadet aber auch nicht. Eine Abänderung der vorgesehenen Fallgruppen, in denen ein Vorverfahren entbehrlich ist, ist nicht angezeigt.359 Für den Fall, daß auch die Widerspruchsbehörde untätig bleibt oder die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nach verwaltungsgerichtlichen Vorschriften entbehrlich ist360, sollte dann auf die bewährte und in das Regelungssystem der VwGO integrierte Vorschrift des § 75 VwGO Rückgriff genommen werden.361 Das IFG sollte in diesem Zusammenhang die Geltung des § 75 VwGO ausdrücklich anordnen, sofern das Gesetz nicht an anderer Stelle die Einordnung der zugangsgewährenden Entscheidung als Verwaltungsakt ausdrücklich klarstellt. Die Anwendung des § 75 VwGO ist indes mit Modifikationen zu versehen. Zunächst sind auch für das Widerspruchsverfahren Entscheidungsfristen anzuordnen, die keinesfalls länger als die Erstentscheidungsfristen sein sollten. Sodann ist der Hinweis notwendig, daß sämtliche Entscheidungsfristen als angemessen im Sinne von § 75 VwGO gelten bzw. als besondere Umstände eine Abweichung von der dreimonatigen Regelfrist gebieten. Durch eine solche Bestimmung wird der Diskussion der Boden entzogen, ob die behördlichen Entscheidungsfristen lediglich Binnenwirkung entfalten. Die Möglichkeit einer gesetzlichen Normierung besonderer

ņņņņņņņņ 356

Indes sollte der Bundesgesetzgeber, wenn er in Informationsfreiheitsangelegenheiten eine spezielle verwaltungsgerichtliche Verfahrensweise für geboten erachtet, die Änderungen so gestalten, daß auch die Länder auf diese Verfahrensänderungen zurückgreifen können. 357 So auch C. Nordmann, RDV 2001, 71 (80); IFG-ProfE, S. 148. 358 Vgl. auch C. Nordmann, RDV 2001, 71 (80). 359 Vgl. § 68 VwGO. Dazu ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 32 f. Vgl. auch F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 68 Rn. 16 ff. 360 Es empfiehlt sich jedoch die ausnahmslose Vorschaltung eines behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens; siehe D.VI.10. 361 Für die Länder ist dieser Rückgriff natürlich zum Teil zwingend.

III. Entscheidung über den Antrag

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Umstände (auch durch die Landesgesetzgeber) ist überwiegend anerkannt.362 Möglich ist diesbezüglich zwar auch, die (Außen-)Wirkung der Fristen im Rahmen der Gesetzesmaterialien klarzustellen, eindeutiger und damit vorzugswürdig ist aber die Aufnahme in den Gesetzestext. Schließlich sollte das IFG noch Kriterien normieren, die ausdrücklich zureichende Gründe im Sinne von § 75 S. 3 VwGO begründen oder ausschließen. Vor dem Hintergrund der (landes-)gesetzgeberischen Möglichkeit, besondere Umstände zu positivieren, bestehen keine kompetenzrechtlichen Bedenken, eine entsprechende Positivierung auch für das Merkmal des zureichenden Grundes vorzunehmen.363 Zu denken ist dabei nach amerikanischen Vorbild insbesondere an die Beschränkung eines möglichen zureichenden Grundes der Arbeitsüberlastung. Zudem sollte geregelt werden, daß bei der richterlichen Beurteilung grundsätzlich die besondere Dringlichkeit von Informationsfreiheitsbegehren zu berücksichtigen ist.364 Abschließend sei noch auf die von Schoch/Kloepfer vorgeschlagene Regelungsmöglichkeit einer Stattgabefiktion eingegangen. Zur Begründung führen diese die Erwägung an, daß die öffentliche Stelle nicht profitieren solle, indem erneut der Antragsteller in „Zugzwang“ gesetzt werde, vielmehr das Informationszugangsrecht auch dann gesetzlich gewährleistet sei, wenn die öffentliche Stelle nichts tue.365 Diese Fiktion ist jedoch verglichen mit einer Ablehnungsfiktion nicht geeigneter, die Rechte des Antragstellers zu sichern. Einer Stattgabefiktion kann nur eine formale, nicht jedoch eine materielle Wirkung beigemessen werden. Mäße man ihr materielle Wirkung zu, führte dies zu dem rechtlich wohl nicht vertretbaren – und sicherlich auch nicht gewollten – Ergebnis, daß das Gesetz das Nichtvorliegen von Geheimhaltungstatbeständen fingieren würde, daß also Informationen zugänglich gemacht werden müßten, obwohl dies eventuell schutzwürdige öffentliche und/oder private Interessen verletzte. Ohne materielle Wirkung kann (und muß) die Behörde jedoch bei Vorliegen von Geheimhaltungsgründen die fiktive zugangsgewährende Entscheidung gemäß § 48 VwVfG zurücknehmen, wobei sie für diese Rücknahme

ņņņņņņņņ 362

Vgl. etwa F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 12, der in diesem Zusammenhang § 54 Abs. 4 der Landesbauordnung von BadenWürttemberg als Beispiel anführt; a.A. ohne Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Kommentarliteratur M. Zilkens, RDV 2002, 300 (304). 363 Die Kommentarliteratur schweigt zu dieser Frage; vgl. etwa F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 13 ff.; K.-P. Dolde, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 7 ff.; P. Kothe, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 4. 364 Vgl. zur Berücksichtigungsfähigkeit einer etwaigen besonderen Dringlichkeit F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rn. 14. 365 Vgl. IFG-ProfE, S. 148.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

an keine Frist gebunden ist und somit erhebliche Verfahrensverzögerungen möglich sind.

c) Form- und Inhaltserfordernisse der Bescheidung Die untersuchten IFGs sehen – teilweise ergänzt durch das allgemeine Verwaltungsrecht – mit Abweichungen im Detail ein Schriftlichkeits- und ein Begründungserfordernis vor. Gemäß dem IFG-ProfE ist die Ablehnung oder Beschränkung des Informationszugangs schriftlich zu begründen.366 Dabei hat die öffentliche Stelle auch über Art und Inhalt der vorenthaltenen Informationen Kenntnis zu geben, soweit dies ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Angaben möglich ist.367 Im Falle der vollständigen Verweigerung des Informationszugangs hat die öffentliche Stelle zu begründen, weshalb kein beschränkter Informationszugang gewährt werden kann.368 Im Falle der Ablehnung des Informationszugangs teilt die öffentliche Stelle mit, ob und gegebenenfalls zu welchem späteren Zeitpunkt der Informationszugang voraussichtlich erfolgen kann.369 Der IFG-NGOE regelt, daß die Ablehnung eines Antrags oder die Beschränkung des begehrten Zugangs zu Informationen schriftlich einschließlich einer Begründung zu erteilen ist.370 Der Antragsteller kann auf die Einhaltung der Schriftform, insbesondere im Fall eines mündlich gestellten Antrages, verzichten.371 Die Ablehnung ist konkret zu begründen; eine Ablehnung ausschließlich unter Bezugnahme auf den Gesetzestext ist nicht zulässig.372 Eine angemessene Begründung der zugangsversagenden Entscheidung gegenüber dem Antragsteller wie auch eine angemessene Begründung der zugangsgewährenden Entscheidung gegenüber einem betroffenen Dritten dient nicht nur dazu, den Bürgern das behördliche Handeln verständlich zu machen, sondern vielmehr auch dazu, den nachteilig Betroffenen eine Überprüfung der Behördenentscheidung zum Zweck einer reellen Einschätzung von Rechts-

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§ 11 Abs. 3 S. 1 IFG-ProfE. Vgl. dazu IFG-ProfE, S. 150 f. § 11 Abs. 3 S. 2 IFG-ProfE. Vgl. dazu IFG-ProfE, S. 150 f. 368 § 11 Abs. 3 S. 3 IFG-ProfE. Vgl. dazu IFG-ProfE, S. 150 f. 369 § 11 Abs. 4 IFG-ProfE. Nach der Entwurfsbegründung macht eine solche Mitteilung nicht nur eine Befristung der Ablehnungsentscheidung überflüssig, die gegebenenfalls gebotene Zugangsperspektive vermag auch die Einlegung von Rechtsmitteln zu verhindern und damit unnötigen Arbeitsaufwand zu verhindern; vgl. IFG-ProfE, S. 152. 370 § 7 Abs. 2 S. 1 IFG-NGOE. Vgl. dazu IFG-NGOE, S. 28. 371 § 7 Abs. 2 S. 2 IFG-NGOE. Vgl. dazu IFG-NGOE, S. 28. 372 § 7 Abs. 2 S. 3 IFG-NGOE. Vgl. dazu IFG-NGOE, S. 28. 367

III. Entscheidung über den Antrag

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schutzmöglichkeiten zu ermöglichen bzw. die Kontrolle der Entscheidung durch eine übergeordnete Behörde, ein Gericht oder einen Informationsfreiheitsbeauftragten zu erleichtern.373 Nur durch die Ermöglichung einer effektiven Kontrolle behördlichen Handelns kann einer mißbräuchlichen Handhabung der Geheimhaltungstatbestände sicher entgegengewirkt werden. Darüber hinaus kann nur mittels eines detaillierten Begründungserfordernisses sichergestellt und für Verwaltungsexterne nachvollziehbar dargestellt werden, daß eine Behörde alle materiell-rechtlich erforderlichen Überlegungen bei ihrer Entscheidungsfindung anstellt bzw. angestellt hat. Eine zugangsversagende Begründung sollte daher nachfolgende Gesichtspunkte berücksichtigen: Die Entscheidung muß auf alle die Zugangsverweigerung rechtfertigenden Geheimhaltungstatbestände eingehen.374 Sie sollte Aufschluß über Art und Umfang der zurückgehaltenen Informationen geben, soweit dies ohne Preisgabe von geheimhaltungsbedürftigen Informationen möglich ist.375 Keinesfalls ist es als ausreichend anzusehen, wenn zur Begründung der Ablehnung lediglich der Wortlaut der Geheimhaltungstatbestände wiedergegeben bzw. auf diesen Bezug genommen wird.376 Für den Fall der vollständigen Antragsablehnung ist darzulegen, warum die Gewährung teilweisen Aktenzugangs nicht möglich ist.377 Ist die Versagung nur vorübergehender Natur378, bietet sich zur Vermeidung von Rechtsbehelfsverfahren (Befriedungseffekt379) die Mitteilung an, zu welchem Zeitpunkt Zugang voraussichtlich gewährt werden kann.380 Wird dem Begehren einer bestimmten Form des Informationszugangs nicht entsprochen, sollten die Gründe hierfür dargelegt werden.381 Hinsichtlich einer (teilweise) zugangsgewährenden Entscheidung, die Drittinteressen Privater berührt, gilt, daß aus der Begründung ersichtlich sein muß, weswegen ein in Betracht kommender drittschützender Geheimhaltungstatbestand nicht erfüllt ist bzw. – sofern das IFG

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So auch IFG-ProfE, S. 150. Siehe zur Frage der Präklusion von Begründungsgesichtspunkten D.VII.10.a). 375 Ebenso IFG-ProfE, S. 150 f. 376 Im Rahmen einer „guten“ Begründung ist dies freilich eine Selbstverständlichkeit. 377 Ebenso IFG-ProfE, S. 151. 378 Dafür kommt es auf die Frage der materiell-rechtlichen Ausgestaltung der Geheimhaltungstatbestände an. 379 Vgl. IFG-ProfE, S. 152. 380 Das materiell-rechtliche Pendant zu einer solchen verfahrensrechtlichen Mitteilung ist die Befristung einer Ablehnungsentscheidung bezüglich der Geltung bestimmter Geheimhaltungstatbestände (vgl. etwa § 9 Abs. 2 IFG-B). 381 Die Frage, ob sich der Informationszugangsanspruch auf eine bestimmte Form des Informationszugangs (Einsichtsgewährung, Auskunftserteilung, Übersendung von Informationsträgern) erstreckt, ist eher materiell-rechtlicher Natur. Im Falle einer solchen Erstreckung sollte die Begründung nicht nur, vielmehr muß sie dann die Gründe der Abweichung vom Begehren darlegen. 374

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

eine Abwägung von Offenbarungs- und Geheimhaltungsinteresse vorsieht – weshalb das Offenbarungsinteresse das Geheimhaltungsinteresse überwiegt. Neben einer angemessenen Begründung sollte der (teilweise) zugangsversagenden Entscheidung auch eine Belehrung über ordentliche und außerordentliche Rechtsbehelfsmöglichkeiten beigefügt werden. Dies erscheint erforderlich, um dem rechtlich nicht versierten Bürger eine effektive Überprüfung der Zugangsverweigerung zu erleichtern und diese damit faktisch zu gewährleisten. Insbesondere auf die regelmäßig vorgesehene (zusätzliche) Möglichkeit der Anrufung eines Informationsfreiheitsbeauftragten, die dem Bürger zumeist noch völlig unbekannt sein dürfte, wird ansonsten wohl nur selten zurückgegriffen werden. Hierbei ist denkbar, auf das Recht zur Anrufung des Informationsfreiheitsbeauftragten erst nach vollständigem Abschluß des behördlichen Entscheidungsverfahrens, also im Widerspruchsbescheid hinzuweisen. Dagegen spricht jedoch, daß gerade in der Einführungsphase einer Aktenöffentlichkeit eine die behördliche Aufgabenerfüllung begleitende Tätigkeit des Informationsfreiheitsbeauftragten viele Konflikte, insbesondere wenn diese auf behördliche Unsicherheit im Umgang mit der neuen Rechtsmaterie zurückzuführen sind, schon im Keim ersticken kann. Gegen die Beifügung einer solchen Rechtsbehelfsbelehrung kann letztlich nur der Arbeitsaufwand der Behörde angeführt werden, der jedoch angesichts der möglichen Verwendung von Textbausteinen minimal ist. Dementsprechend zeigt auch der internationale Vergleich eine Üblichkeit von Rechtsbehelfsbelehrungen. Hinsichtlich der Belehrungsverpflichtung über ordentliche Rechtsbehelfsmöglichkeiten gilt dies ohne Einschränkung; hinsichtlich der Belehrungspflicht über die mögliche Anrufung eines Informationsfreiheitsbeauftragten sind die landesspezifischen Besonderheiten zu berücksichtigen: In den USA besteht keine Möglichkeit, einen Informationsfreiheitsbeauftragten anzurufen. In Schweden hingegen ist die traditionelle Institution der parlamentarischen Ombudsmänner und das individuelle Recht zu deren Anrufung dermaßen Teil des öffentlichen Bewußtseins, daß es einer Belehrung über die Anrufungsmöglichkeit im Einzelfall schlicht nicht bedarf.382 Die Transparenzverordnung hingegen enthält die Verpflichtung, daß der Bürger sowohl auf seine Klagemöglichkeit wie auch auf sein Recht zur Anrufung des Bürgerbeauftragten hinzuweisen ist.383

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Siehe dazu B.I. und D.VIII.1. Dabei differenziert die Transparenzverordnung allerdings zwischen der Bescheidung von Erst- und Zweitantrag. Bei Bescheidung des Erstantrags ist der Antragsteller gemäß Art. 7 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG zunächst nur auf sein Recht zur Stellung eines Zweitantrags hinzuweisen, erst bei Bescheidung des Zweitantrags ist er gemäß Art. 8 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG über sein Klagerecht und seine Beschwerdemöglichkeit an den Bürgerbeauftragten zu informieren. 383

III. Entscheidung über den Antrag

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Um sicherzustellen, daß die Behörde ihrer Begründungspflicht und ihrer Pflicht zur Rechtsbehelfsbelehrung gesetzmäßig nachkommt, sowie aus Gründen der Praktikabilität erscheint es sinnvoll, eine bestehende Begründungspflicht grundsätzlich mit dem Schriftformerfordernis zu verknüpfen.384 Ausgehend von den Regelungen des UIG (2005), des IFG-B, des IFG-SH, des IFG-NRW sowie des IFG-NGOE stellt sich sodann die Frage, ob das IFG im Falle einer mündlichen Antragstellung eine Abweichung von der Pflicht zur schriftlichen Begründung der zugangsversagenden Entscheidung aus Gründen der behördlichen Arbeitserleichterung dergestalt vorsehen sollte, daß die schriftliche Begründung nur auf Verlangen des Antragstellers zu erfolgen hat. Dabei ist nicht nur der mögliche weitere Geschehensablauf einer mündlichen Antragstellung zu berücksichtigen, sondern auch eine gesonderte Betrachtung von Begründungs- und Schriftformerfordernis angezeigt. Der Zweck des Begründungserfordernisses – Kontrolle der Verwaltung bzw. Beurteilung der Rechtsbehelfsaussichten durch den Bürger – ist unabhängig von der Art der Antragstellung. Dementsprechend halten auch Schoch/Kloepfer die Begründung der Ablehnung des Informationszugangs generell für zu wichtig, um darauf verzichten zu können.385 Es ist zudem auch eher unwahrscheinlich, daß ein Informationssuchender eine zugangsversagende Entscheidung ohne jede Nachfrage nach den Gründen akzeptieren würde – insbesondere wenn er über sein Recht auf Erhalt einer Begründung informiert wird –, weswegen die Begründungspflicht aufgrund des Verlangens des Antragstellers ohnehin regelmäßig wieder aufleben würde. Das IFG sollte daher keine Ausnahme von der Begründungspflicht vorsehen. Dagegen sind durchaus Situationen vorstellbar, in denen die „Schriftlichkeit“ der Begründung verzichtbar ist. Dies gilt insbesondere für den Fall, daß der Antragsteller die Behörde persönlich aufsucht bzw. sich telefonisch an diese wendet und über den Informationszugang sofort entschieden werden kann, weil Art und Umfang der nachgefragten Informationen eine schnelle Bearbeitung der Angelegenheit ermöglichen. In einer solchen Situation ist es denkbar, daß sich der Antragsteller mit einer mündlichen Begründung der Antragsablehnung zufrieden gibt bzw. kein Interesse an einer schriftlichen Begründung hat – etwa wenn ihm der Informationszugang nicht besonders wichtig ist und der Behördenmitarbeiter überzeugende Argumente vorbringt. Anders ist hingegen der Fall zu beurteilen, daß aufgrund von Art und/oder Umfang der Informationen eine sofortige Bescheidung des Antrags nicht möglich ist. Erfordert die Entscheidung über den Antrag eine aufwendigere Prüfung, spricht dies für die Sinnhaftigkeit einer „Protokollierung“ der Entscheidungsfindung nach Maßgabe des Begründungserfordernisses. Im Ergebnis

ņņņņņņņņ 384

Dies entspricht dem Gedanken des § 39 VwVfG, der die Begründungspflicht ebenfalls mit der Schriftlichkeit eines Verwaltungsakts verknüpft. 385 Vgl. IFG-ProfE, S. 151.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

erscheint daher eine Ausnahme vom Schriftlichkeitserfordernis nur sinnvoll, wenn über einen mündlichen Antrag sofort entschieden wird; allerdings muß der Antragsteller auch hier eine schriftliche Begründung ohne weiteres verlangen können und über dieses Recht auch informiert werden. Letzteres kann dadurch sichergestellt werden, daß die Ausnahme von der Schriftlichkeit als Verzichtsmöglichkeit des Antragstellers konstruiert wird (vgl. etwa IFGNGOE).386 Zur Umsetzung der beschriebenen Form- und Inhaltserfordernisse der Bescheidung bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Die Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsrechts sind nicht ausreichend. Dies zeigt sich schon daran, daß sich eine uneingeschränkte Begründungspflicht nicht ohne weiteres aus §§ 37, 39 VwVfG herleiten läßt. Denn § 39 Abs. 1 S. 1 VwVfG ordnet ein Begründungserfordernis nur an, wenn der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch ergeht bzw. schriftlich oder elektronisch bestätigt wird. Die Wahl der Form steht gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 VwVfG jedoch im freien Ermessen der Behörde. Hält die Behörde eine mündliche Bescheidung für ausreichend, kann der Antragsteller gemäß § 37 Abs. 2 S. 2 VwVfG eine schriftliche Bestätigung der Behördenentscheidung und damit eine Begründung nur erzwingen, wenn hieran ein „berechtigtes Interesse“ besteht387 und der Betroffene dies „unverzüglich“ verlangt388. Natürlich besteht die Interpretationsmöglichkeit, daß in Informationsfreiheitsangelegenheiten immer ein berechtigtes Interesse an einer schriftlichen Begründung besteht, und natürlich kann man dem Merkmal der Unverzüglichkeit entnehmen, daß ein schuldhaftes Verzögern in der Regel nicht vorliegt, wenn die Behörde den Antragsteller auf sein Recht zum Erhalt einer Begründung nicht hinweist und dieser daher erst deutlich später eine Bestätigung fordert. Allerdings besteht hier eine erhebliche Gefahr, daß die behördliche Rechtsanwendung sich diesen Interpretationsmöglichkeiten nicht anschließt. Doch selbst wenn sie dies täte, bestünde nach wie vor die unglückliche Verknüpfung zwischen Begründungs- und Schriftformerfordernis. Darüber hinaus läßt das Begründungserfordernis des § 39 Abs. 1 S. 2 VwVfG, wonach die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben, zu großen Interpretationsspielraum. Daß nur die „wesentlichen“ für die Behördenent-

ņņņņņņņņ 386 Eine solche Regelung führte auch nur selten zu der von T.R. WolfHegerbekermeier/B. Pelizäus, DVBl. 2002, 955 (959), geschilderten Unwägbarkeit, daß ein Widerspruch gegen eine mündliche Antragsablehnung keine Aussicht auf Erfolg hätte, weil sich der zuständige Sachbearbeiter nicht an die angegriffene Entscheidung erinnern kann. Denn wenn der Antragsteller die Einlegung eines Rechtsbehelfs erwägt, wird er wohl kaum auf eine schriftliche Entscheidungsbegründung verzichten. 387 Vgl. dazu P. Stelkens/U. Stelkens, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 37 Rn. 42. 388 Vgl. dazu P. Stelkens/U. Stelkens, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 37 Rn. 43.

III. Entscheidung über den Antrag

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scheidung maßgeblichen Gründe mitzuteilen sind, steht schon dem Wortlaut nach im Widerspruch zu der Begründungsanforderung, nach der auf „alle“ die Zugangsverweigerung rechtfertigenden Geheimhaltungstatbestände einzugehen ist. Schließlich genügen die Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsrechts dem als erforderlich erachteten Standard zur Belehrung des Antragstellers über seine Rechtsbehelfsmöglichkeiten nicht. Eine generelle Verpflichtung, den Empfänger eines Verwaltungsaktes über seine ordentlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten zu belehren, besteht in Deutschland nur teilweise389; eine Verpflichtung zur Belehrung über ein Anrufungsrecht des Informationsfreiheitsbeauftragten sieht das allgemeine Verwaltungsrecht nicht vor. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen erscheinen alle deutschen IFGs verbesserungsbedürftig. Hervorzuheben ist die recht detaillierte Regelung des IFG-B. Die Beschränkung der Regelung des BIFG auf den besonderen Fall einer Drittbeteiligung begegnet dementsprechend erheblichen Bedenken. An dieser Stelle sei abschließend auf die außerordentliche Wichtigkeit einer möglichst eindeutigen Gesetzesformulierung hingewiesen. So läßt § 5 Abs. 2 S. 3 IFG-NRW ausdrücklich nur das Schriftformerfordernis entfallen, während § 15 Abs. 1 S. 2 IFG-B und § 7 Abs. 2 S. 2 IFG-SH sich einer Verweisungstechnik bedienen, die ein Entfallen von Begründungs- und Schriftlichkeitspflicht nahelegt. Dabei kann durchaus bezweifelt werden, daß diese Interpretationsmöglichkeit von den Gesetzgebern so gewollt war bzw. gesehen wurde; die Gesetzesmaterialien sind diesbezüglich allerdings unergiebig. Den größten – eindeutig zu kritisierenden – Interpretationsspielraum eröffnet indessen die Regelung des IFG-SH. Durch den pauschalen Verweis auf § 7 Abs. 2 S. 1 IFGSH, der neben dem Schriftform- und Begründungserfordernis auch die Entscheidungsfrist regelt, wird die höchstwahrscheinlich nicht beabsichtigte Auslegung ermöglicht, daß im Fall einer mündlichen Antragstellung auch die gesetzliche Entscheidungsfrist nur auf Verlangen des Antragstellers gilt.390

d) Zusammenfassung von Informationsbegehren Eine Verfahrensvereinfachung zur Bewältigung (unechter391) Massenverfahren scheint eine deutsche Besonderheit zu sein; die internationale Rechtsver-

ņņņņņņņņ 389 Für die Bundesbehörden ergibt sich eine solche aus § 59 VwGO. In ihren Verwaltungsverfahrensgesetzen haben Berlin (§ 3) und Schleswig-Holstein (§ 108 Abs. 4) eine (in Schleswig-Holstein Soll-)Pflicht zur Rechtsbehelfsbelehrung übernommen; vgl. P. Stelkens/U. Stelkens, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 37 Rn. 6. 390 Dies vertritt G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 40. 391 Von echten Massenverfahren wird bei einer Beteiligung einer Vielzahl von Personen an einem Verwaltungsverfahren und von unechten Massenverfahren im Falle einer

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

gleichung läßt keine entsprechenden Regelungen erkennen. Anzumerken ist, daß das UIG (2005) im Gegensatz zum UIG (1994) keine entsprechende Verweisung mehr enthält. Auch der IFG-ProfE verweist für gleichförmige Anträge sowie für Anträge, die das gleiche Informationsinteresse verfolgen, von jeweils mehr als 50 Personen auf die §§ 17 bis 19 VwVfG.392 Sind mehr als 50 Personen aufzufordern, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, kann die Aufforderung ortsüblich bekannt gemacht werden.393 Der IFG-NGOE enthält ebenfalls einen (schlichten) Verweis auf die §§ 17 bis 19 VwVfG.394 Die Befürchtung, die deutsche Verwaltung könne durch den Grundsatz der Aktenöffentlichkeit lahmgelegt werden, sitzt offensichtlich tief – allem Anschein nach zu tief. Da aber durchaus Situationen denkbar sind, in denen eine Vielzahl von Personen an den gleichen behördlichen Informationen interessiert sein können (etwa große Bauvorhaben)395, muß der Schutz der Arbeitsfähigkeit der Verwaltung in solchen Massenverfahren sichergestellt werden. Allerdings erscheint es fraglich, ob dieser Schutz durch eine schlichte entsprechende Verweisung auf die verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften zu Massenverfahren tatsächlich sichergestellt ist. Ausgangspunkt für die Verweisung ist die zutreffende Überlegung, daß die §§ 17 bis 19 VwVfG unmittelbar nur für die Beteiligung einer Vielzahl von Personen an einem Verwaltungsverfahren gelten (Regelung echter Massenverfahren)396, sie also für unechte Massenverfahren entsprechend anwendbar erklärt werden müssen397. Während nun einige IFGs nur auf die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften über den Vertreter bei gleichförmigen Eingaben verweisen (§§ 17 und 19 VwVfG), verweisen das IFG-SH wie auch sämtliche Entwürfe zusätzlich auf die Vorschrift über den Vertreter für Beteiligte bei gleichem Interesse (§ 18 VwVfG). Dies bewirkt,

ņņņņņņņņ Vielzahl gleicher oder gleichgelagerter Verwaltungsverfahren gesprochen; vgl. H.J. Bonk/H. Schmitz, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 17 Rn. 6. 392 § 13 Abs. 1 IFG-ProfE. Vgl. dazu IFG-ProfE, S. 163 ff. Nach Schoch/Kloepfer vereinfache diese Regelung das Verfahren durch eine Bündelung des Verfahrensablaufs; sachliche Abstriche am Informationszugangsrecht seien damit nicht verbunden; a.a.O., S. 165. 393 § 13 Abs. 2 IFG-ProfE. Vgl. dazu IFG-ProfE, S. 165 f. 394 § 6 Abs. 2 S. 2 IFG-NGOE. Die Entwurfsbegründung ist diesbezüglich unergiebig; vgl. IFG-NGOE, S. 27. 395 Vgl. etwa H.J. Bonk/H. Schmitz, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 17 Rn. 2. 396 Vgl. H.J. Bonk/H. Schmitz, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 17 Rn. 6, 9, 14 und § 18 Rn. 1. 397 Vgl. etwa BT-Drs. 12/7582, S. 12; IFG-ProfE, S. 165.

III. Entscheidung über den Antrag

169

daß eine vereinfachte Verfahrensbearbeitung nicht nur in Fällen möglich ist, in denen gleichlautend Informationszugang beantragt wird, sondern auch wenn mit unterschiedlich formulierten Anträgen dieselben Informationen begehrt werden.398 Tritt nun der Fall eines Massenverfahrens ein, kann die Behörde entsprechend §§ 17, 18 VwVfG die Verfahren vereinfacht nur unter Beteiligung des gemeinsamen Vertreters durchführen. Hier ergibt sich je nach Ausgestaltung der Geheimhaltungstatbestände das erste Problem, wenn diese den Informationszugang von einer Abwägung zwischen Offenbarungsinteresse und Geheimhaltungsinteresse abhängig machen. Ist im Rahmen dieser Abwägung auf das Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit abzustellen, kann der gemeinsame Vertreter ohne weiteres zum Offenbarungsinteresse Stellung nehmen; stellt das Gesetz hingegen auf das individuelle Offenbarungsinteresse des Antragstellers ab, so ist eine generelle Stellungnahme des gemeinsamen Vertreters ausgeschlossen. In diesem Fall wäre von diesem zu fordern, daß er (anstelle der Behörde) Rücksprache mit den Vertretenen nehmen und die einzelnen Stellungnahmen gebündelt an die Behörde weiterreichen muß. Dies bedeutete eine Verlagerung des Arbeitsaufwandes der Behörde auf den gemeinsamen Vertreter. Dieser beträchtliche Arbeitsaufwand – sollte der Arbeitsaufwand nicht beträchtlich sein, wird die Behörde auf die fakultativen Vorschriften zum Massenverfahren nicht zurückgreifen – muß aber dem Vertreter entsprechend § 19 Abs. 3 S. 1 VwVfG zusätzlich zur Auslagenerstattung angemessen, also beträchtlich vergütet werden. Der Vermeidung von Arbeitsaufwand stünde damit ein wohl sehr unliebsamer finanzieller Aufwand gegenüber. Darüber hinaus erscheint problematisch, ob der Vertreter in einem solchen Falle nicht geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgte, somit entsprechend § 19 Abs. 2, § 14 Abs. 5 VwVfG alle Vertreter zurückgewiesen werden müssten, die nicht zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten befugt sind.399 Neben diesem von der konkreten Formulierung der Geheimhaltungstatbestände abhängigen Problem stellt sich jedoch ein weiteres und grundsätzliches. Der Hauptgrund für die Anwendung der Massenverfahrensvorschriften ist das Ziel der behördlichen Arbeitserleichterung durch die Ermöglichung, das Informationsbegehren gegenüber dem gemeinsamen Vertreter zu erfüllen.400 Die §§ 17 bis 19 VwVfG ermöglichen jedoch weder die Bekanntgabe und erst recht nicht die Erfüllung der Entscheidung an den gemeinsamen Vertreter mit Wir-

ņņņņņņņņ 398

Dementsprechend verwenden Schoch/Kloepfer die Begriffe „gleichförmige Anträge“ und „Anträge mit gleichem Informationsinteresse“; vgl. IFG-ProfE, S. 164. 399 Vgl. zur geschäftsmäßigen Besorgung H.J. Bonk/H. Schmitz, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 14 Rn. 36. 400 So ausdrücklich LT-Drs. SH 14/2374, S. 13; IFG-ProfE, S. 165.

170

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

kung für den Betroffenen.401 Gegen eine entsprechende Berechtigung spricht, daß die Bekanntgabe des Verwaltungsakts gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 VwVfG ersatzweise nur an einen bestellten Bevollmächtigten (§ 14 VwVfG) erfolgen darf, die Vertreter im Sinne von §§ 17 bis 19 VwVfG jedoch gerade nicht erwähnt sind.402 Während des Gesetzgebungsverfahrens zum VwVfG wurde der Antrag, diese Vertreter den Bevollmächtigten gleichzustellen, abgelehnt.403 Die Massenverfahrensvorschriften bezwecken dementsprechend nicht bzw. sehen deswegen auch gerade nicht vor, den durch die Vielzahl von Bekanntmachungen entstehenden behördlichen Arbeitsaufwand auf den gemeinsamen Vertreter abzuwälzen404 – im übrigen würde ansonsten auch hier die Einsparung von Arbeitsaufwand einen finanziellen Aufwand zur Folge haben. Diese Norminterpretation harmoniert letztlich auch mit dem Vorstellungsbild des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der Vorschriften. Dieser hat sich von der Vorstellung leiten lassen, daß bei Massenverfahren der Beitrag der einzelnen Beteiligten in der Regel lediglich in der Hinzufügung ihrer Namen und Anschrift besteht, dies im Zweifel für ein relativ geringes Sachengagement spricht und somit eine gemeinsame Vertretung ohne weiteres möglich und angemessen ist.405 Da also die §§ 17 bis 19 VwVfG weder die Möglichkeit der Bekanntgabe noch der Erfüllung der Behördenentscheidung an den gemeinsamen Vertreter mit Wirkung für alle Vertretenen vorsieht, kann diese Möglichkeit auch nicht durch eine schlichte Verweisung geschaffen werden. Im übrigen stellt sich die Frage, ob die mit der Verweisung bezweckte Regelung überhaupt in der Sache angemessen wäre. Die gebündelte Erfüllung bzw. Übermittlung der (teilweisen) Ablehnung des Zugangsbegehrens an einen gemeinsamen Vertreter ließe letztlich den Arbeitsaufwand der Informationsverteilung bzw. der Verbreitung der Versagungsgründe nicht entfallen, sondern verlagerte diesen vollständig auf den Vertreter, dem dafür natürlich eine dem Arbeitsaufwand entsprechende Vergütung und der Ersatz seiner Auslagen gewährt

ņņņņņņņņ 401

Vgl. W.C. Schmel, Massenverfahren, S. 122; M. Riedl, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 19 Rn. 20; H.J. Bonk/H. Schmitz, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 19 Rn. 7; a.A. ohne Argumentation und sich lediglich auf die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes beziehend F.O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 19 Rn. 4.; W. Clausen, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 19 Rn. 4. 402 Vgl. auch H.J. Bonk/H. Schmitz, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 19 Rn. 7; P. Stelkens/U. Stelkens, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 41 Rn. 51. 403 Vgl. P. Stelkens/U. Stelkens, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 41 Rn. 51. Dies hatte zur Folge, daß in § 19 Abs. 2 VwVfG weder auf § 14 Abs. 3 noch auf § 41 Abs. 1 S. 2 VwVfG verwiesen worden ist; vgl. a.a.O. 404 So auch H.J. Bonk/H. Schmitz, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 19 Rn. 7. 405 So werden in der Praxis gleichförmige Eingaben (sog. Sammeleinwendungen) häufig von Personen unterzeichnet, die lediglich andere in ihrem Bemühen unterstützen wollen; vgl. H.J. Bonk/H. Schmitz, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 17 Rn. 9 f.

III. Entscheidung über den Antrag

171

werden müßte. Insbesondere die Erstattung der Auslagen könnte dabei erheblichen Finanzaufwand erfordern, da der Vertreter etwa Vervielfältigungskosten – im Gegensatz zur Behörde – nicht ohne weiteres auf die Vertretenen abwälzen kann. Wesentlich besser geeignet und sachlich angemessener erscheint es, dem Beispiel der USA und der EU folgend den Behörden die Erfüllung ihrer Zugangsverpflichtung durch einen Verweis auf allgemein ohne weiteres zugängliche – möglichst behördliche – Quellen zu ermöglichen. Dadurch eröffnet sich der Behörde die nachfolgende Vorgehensweise, einer Vielzahl gleicher bzw. gleichartiger Anfragen zu begegnen: Zunächst stellt die Behörde eine elektronische Kopie der nachgefragten Dokumente im Internet zur Verfügung. Dazu muß sie noch nicht einmal über eine eigene Homepage verfügen; die Einrichtung eines „elektronischen Leseraums“, in den die Informationen eingestellt werden, kann ohne weiteres auch bei einer anderen/übergeordneten Behörde erfolgen. Die Bescheidung bzw. die Erfüllung des Zugangsanspruchs gegenüber allen Antragstellern ist dann durch einen automatisierten Serienbriefversand mit Hinweis auf die genaue Fundstelle im Internet ohne weiteres möglich – eine Serienbrieffunktion ist mittlerweile als Standardfunktion in allen gängigen Textverarbeitungsprogrammen enthalten. Entsprechendes gilt natürlich für die Übermittlung einer zugangsversagenden Entscheidung. Diese Verfahrensweise genügt nicht nur den Interessen der Antragsteller, sondern reduziert zudem den Verwaltungsaufwand auf ein Minimum. Für den Fall einer unverhältnismäßigen Arbeitsbelastung durch den Versand von Serienbriefen kann dem IFG schließlich die ausdrückliche Regelung beigefügt werden, daß ab einer bestimmten Anzahl von Anträgen, die auf die gleichen Informationen gerichtet sind, sowohl die Antragserfüllung durch Verweis auf allgemein ohne weiteres zugängliche Quellen als auch die Antragsablehnung durch ortsübliche Bekanntmachung (als Allgemeinverfügung i.S.v. § 35 S. 2 VwVfG) bewirkt werden können. Die Frage, ab wann eine unverhältnismäßige Arbeitsbelastung durch den Versand von Serienbriefen anzunehmen ist, kann dabei durchaus der Behörde überlassen bleiben, wobei das Gesetz eine Untergrenze normieren sollte – diese sollte keinesfalls niedriger als 50 liegen. Hinsichtlich der Regelung von Massenverfahren besteht also hinsichtlich der getroffenen und beabsichtigten Vorschriften ein erheblicher Verbesserungsbedarf. Dagegen erscheint es fraglich, ob es wie in den USA einer speziellen Regelung bedarf, ein zusammengehöriges, jedoch künstlich unterteiltes Informationsbegehren wieder zusammenzufassen zu dürfen. Die Regelung des FOIA gründet auf den Mißbrauchsmöglichkeiten, die angesichts der Vorschriften über das multitrack processing und den generellen Kostenerlaß (für die ersten zwei Stunden Suchzeit und die ersten 100 Kopien) entstehen.406 Die formalisierte

ņņņņņņņņ 406

Der Kostenerlaß gilt gemäß (a)(4)(A)(iv)(II) FOIA für alle Einsichtsbegehren, sofern sie nicht eine wirtschaftliche Verwertung der Informationen bezwecken.

172

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

mehrgleisige Antragsbearbeitung ist allerdings ein Spezifikum des FOIA, dessen Einführung es nach der hier vertretenen Auffassung nicht bedarf.407 Im übrigen sehen die bislang in Deutschland bestehenden Kostenvorschriften eine dem FOIA vergleichbare Kostenbefreiung nicht vor. Je großzügiger der Gesetzgeber jedoch diese Kostenfreigrenzen bemißt, desto größer wird die Gefahr eines Mißbrauchs und steigt demzufolge das Bedürfnis nach einer entsprechenden Mißbrauchsregelung. Die Regelung des FOIA bietet dafür eine gute Vorlage.

e) Befristung der ablehnenden Entscheidung Einzig das IFG-B verpflichtet die Behörden zur Befristung ihrer Entscheidung, wenn der Zugangsantrag unter Berufung auf den Schutz der Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung abgelehnt wird. Die Verfahrensregelung verdeutlicht, daß die materiell-rechtlichen Geheimhaltungsgründe zum Teil von nur vorübergehender Natur sind. Sobald die schutzbedürftigen Belange nicht mehr durch die Offenbarung von Informationen gefährdet sind, müssen sie offenbart werden. Für den Bürger interessant ist in diesem Zusammenhang, zu welchem Zeitpunkt voraussichtlich Zugang gewährt werden wird. Dazu erscheint allerdings eine entsprechende Angabe in der Begründung der Zugangsversagung ausreichend, eine formelle Befristung des ablehnenden Bescheides erfordert es nicht. Gegen eine gesetzlich festgelegte Befristung von drei Monaten spricht zudem die Möglichkeit, daß der Zugang gegebenenfalls schon vor Ablauf von drei Monaten zu gewähren ist.

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs Entscheidet sich die Behörde für eine Offenbarung der nachgefragten Informationen, stellt sich zunächst die Frage nach der Art des Informationszugangs. In Betracht kommen die Einsichtnahme in die Originaldokumente, die Übermittlung von Vervielfältigungen und die Auskunftserteilung. Die Art des Informationszugangs kann dabei als Wahlrecht des Antragstellers oder als Wahlmöglichkeit der Behörde ausgestaltet sein. Erstreckt sich die Informationszugangsfreiheit auch auf die Art des Informationszugangs stellt sich die Folgefrage, ob der Antragsteller auf die Wahl einer Zugangsart beschränkt ist oder vielmehr mit einem Informationsbegehren kumulativ verschiedene Informationsformen verlangen kann. Umgekehrt wird zu betrachten sein, auf welche

ņņņņņņņņ 407

Siehe D.II.10.e).

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

173

Weise die IFGs Beschränkungen der Zugangsart zur praktischen Gewährleistung insbesondere des teilweisen Aktenzugangs verwenden. Eine praktisch sehr bedeutsame Form der Übermittlung von Vervielfältigungen ist der die anderen Zugangsarten ausschließende Verweis auf behördliche (Online-)Publikationen. Dabei spielen natürlich die sich durch das Internet bietenden Möglichkeiten, welche insbesondere von den USA und der EU umfangreich genutzt werden, die Hauptrolle. Die Ausgestaltung variiert hierbei. Während einige IFGs für den Fall der Verfügbarkeit der Informationen in allgemein zugänglichen Quellen die fakultative oder zwingende Ablehnung des Zugangsantrags vorsehen, gestalten andere IFGs die Verweisung als Möglichkeit der Anspruchserfüllung aus. Sofern der Informationszugang nicht zusammen mit der Entscheidung bewirkt wird bzw. der tatsächlich gewährte Informationszugang die Behördenentscheidung konkludent enthält (sofortige Einsichtnahme vor Ort; Übergabe oder Übersendung von Vervielfältigungen), stellt sich die Frage, wieviel Zeit zwischen Bescheidung und Vollziehung liegen darf. Die Gewährleistung einer zügigen Zugänglichmachung ist dabei wie schon zuvor die Gewährleistung einer zeitnahen Entscheidung am Maßstab der praktischen Wirksamkeit des Informationszugangs zu messen. Vielfach normieren IFGs ohnehin einheitliche Fristen für Entscheidung und Vollziehung. Danach wird sich die Untersuchung mit den sonstigen Verfahrensmodalitäten befassen, die teilweise von weitaus größerer Bedeutung sind, als auf den ersten Blick vielleicht vermutet. So kann etwa ein materiell-rechtlich noch so bürgerfreundliches Akteneinsichtsrecht verfahrensrechtlich dadurch „abgewürgt“ werden, daß es weder die Anfertigung von Notizen noch eine Vervielfältigung der Dokumente gestattet. Auch macht es für die praktische Wirksamkeit erhebliche Unterschiede, ob der Bürger nur an einem genau bestimmten Termin die Akte einsehen kann oder ob dies grundsätzlich innerhalb der behördlichen Sprechzeiten möglich ist.

1. Schwedische Tryckfrihetsförordning Die Tryckfrihetsförordning sieht für die Erfüllung des Informationszugangsanspruchs lediglich die tatsächliche Einsichtnahme und die Übermittlung von Vervielfältigungen vor.408 Über die eigentliche Verpflichtung aus der TF hinaus geben die schwedischen Behörden jedoch in der Regel auch Auskünfte und verweisen nicht auf eine Einsichtnahme der betreffenden Akten.409 Die Tryck-

ņņņņņņņņ 408 409

Vgl. Kap. 2 Art. 12 Abs. 1 S. 1, Kap. 2 Art. 13 Abs. 1 S. 1 TF. Vgl. T. Askelöf/R. Fernemann-Heurgren, Akteneinsicht, S. 473 ff. (S. 485 u. 486).

174

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

frihetsförordning räumt dem Antragsteller das Recht ein, sich von der Behörde Abschriften oder Kopien fertigen zu lassen.410 Kann das Dokument nicht zugänglich gemacht werden, ohne daß dadurch zugleich Zugang zu geheimhaltungsbedürftigen Informationen gewährt werden würde, ist die Behörde verpflichtet, dem Antragsteller den zugänglichen Teil in Form einer Abschrift oder Kopie (kostenlos)411 zur Verfügung zu stellen.412 Die Behörde ist nicht verpflichtet, elektronisch verarbeitete Daten anders als in Form eines Ausdrucks herauszugeben.413 Ebenso ist sie nicht verpflichtet, Kopien von Karten, Zeichnungen, Bildern oder sonstigen nur mittels besonderer technischer Geräte lesbarer, hörbarer oder sonstwie verständlicher Aufzeichnungen, anders als durch schriftliche Vervielfältigung herauszugeben, wenn dies mit Schwierigkeiten verbunden wäre und das Dokument am Ort der Aufbewahrung zugänglich gemacht werden kann.414 Weder Tryckfrihetsförordning noch Sekretesslag bestimmen bzw. unterscheiden Fristen für die Antragsbearbeitung und für den tatsächliche Zugang zu den Dokumenten. Nach der Tryckfrihetsförordning ist ein nachgesuchtes Dokument sofort oder jedenfalls so früh wie möglich zugänglich zu machen.415 Wenn der Antragsteller bei der Behörde um Abschriften oder Ablichtungen nachfragt, muß diese Anfrage unverzüglich bearbeitet werden.416 Ein behördliches Dokument ist am Ort der Aufbewahrung in lesbarer, hörbarer oder sonstwie verständlicher Form zugänglich zu machen.417 Die Behörde kann das Dokument auch an einem anderen Ort zugänglich machen, wenn die Einsichtnahme am Ort der Aufbewahrung mit ernstlichen Problemen verbunden ist.418 Ebenso kann der Zugang zu nur mittels besonderer technischer Geräte lesbarer, hörbarer oder sonstwie verständlicher Aufzeichnungen bei einer in der Nähe gelegenen Behörde gewährt werden, wenn dies für den Antragsteller nicht mit erheblichen Unbequemlichkeiten verbunden ist.419 Die Behörde hat dem Antragsteller auf seinen Antrag hin die Möglichkeit einzuräumen, selbst mittels der bei der Behörde vorhandenen EDV-Einrichtungen auf elektronisch

ņņņņņņņņ 410

Kap. 2 Art. 13 Abs. 1 S. 1 TF. In den Fällen des Kap. 2 Art. 12 Abs. 1 S. 3 TF entstehen dem Antragsteller keine Kosten für die Ablichtungen; vgl. G. Petrén, Access, S. 35 ff. (S. 46). 412 Kap. 2 Art. 12 Abs. 1 S. 3 TF. 413 Kap. 2 Art. 13 Abs. 1 S. 2 TF. 414 Kap. 2 Art. 13 Abs. 1 S. 3 TF. 415 Kap. 2 Art. 12 Abs. 1 S. 1 TF. 416 Kap. 2 Art. 13 Abs. 2 TF. 417 Kap. 2 Art. 12 Abs. 1 S. 1 TF. 418 Kap. 2 Art. 12 Abs. 2 S. 1 TF. 419 Kap. 2 Art. 12 Abs. 2 S. 2 TF. 411

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

175

gespeicherte Daten zuzugreifen.420 Diese Verpflichtung besteht allerdings nicht, wenn der Antragsteller dabei Zugang zu geheimzuhaltenden Dokumenten erlangen würde oder wenn dem eine Geheimhaltungsvorschrift, die Gefahr einer Datenveränderung oder eines Datenverlusts oder eine Störung des behördlichen Arbeitsablaufs entgegensteht.421 Sie hat ihm dabei Hilfestellung zu leisten, soweit dadurch der behördliche Arbeitsablauf nicht gestört wird.422 Die Tryckfrihetsförordning gestattet es ausdrücklich, das Dokument zu kopieren oder in sonstiger Weise, in schriftlicher oder akustischer Form zu vervielfältigen.423 Obwohl Entleihmöglichkeiten weder von der Tryckfrihetsförordning noch vom Sekretesslag vorgesehen sind, ist die Ausleihe von Dokumenten an Wirtschaftsunternehmen und Rechtsanwälte weitgehend üblich.424 Die Möglichkeit, dem Informationszugangsbegehren durch Verweis auf im Internet veröffentlichte Informationen nachzukommen, sehen Tryckfrihetsförordning und Sekretesslag ebensowenig wie die Verpflichtung vor, bei teilweisem Aktenzugang Art und Umfang der unzugänglichen Informationen in der Akte zu vermerken.

2. U.S. Freedom of Information Act Der FOIA sieht die Möglichkeit einer Auskunftserteilung nicht vor. Der Informationszugangsanspruch formuliert, daß die Behördenakten verfügbar zu machen sind („shall make the records … available“).425 Dabei lassen insbesondere die Kostenvorschriften erkennen, daß die Vervielfältigung von Akten der Regelfall der Verfügbarmachung sein soll.426 Die Behörde hat die begehrten

ņņņņņņņņ 420

Kap. 15 Art. 10 Abs. 1 S. 1 SL. Kap. 15 Art. 10 Abs. 1 S. 2 SL. Gemäß Abs. 2 steht dem Antragsteller gegen die Ablehnung der elektronischen Einsichtnahme der Rechtsweg offen. 422 Kap. 15 Art. 12 S. 1 und 2 SL. 423 Kap. 2 Art. 12 Abs. 1 S. 2 TF. 424 Vgl. J. Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, S. 42. 425 (a)(3)(A) FOIA. 426 Vgl. (a)(4)(A) FOIA. Die Vervielfältigungskosten sind danach ein fester Bestandteil der Kostenfestsetzung. Dementgegen hat das Berufungsgericht in Sachen Oglesby v. United States Department of the Army, 920 F.2d 57, 70 (D.C.Cir. 1990), festgestellt, daß eine Behörde, sollte sie die Verfügbarmachung des Originaldokuments vorziehen, nicht verpflichtet sei, dem Informationsbegehren durch die Übersendung von Kopien zu entsprechen. Im Anschluß an diese Entscheidung hat das U.S. Justizministerium in einer Mitteilung an alle U.S. Bundesbehörden nachdrücklich und ausführlich gegen die Ausführungen des Gerichts argumentierend von einer solchen Praxis abgeraten, wenn nicht der Antragsteller die Einsichtnahme von Originaldokumenten verlange; vgl. FOIA Update, Vol. XII, No. 2 („OIP Guidance: Procedural Rules Under the D.C. Circuit’s 421

176

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Informationen dem Antragsteller in der gewünschten Form oder dem gewünschten Format zu verschaffen, wenn ihr dies ohne großen Aufwand möglich ist.427 Sie hat sich mit angemessenem Aufwand zu bemühen, die Informationen in elektronisch gespeicherter Form aufzufinden; dies gilt nicht, wenn solche Bemühungen das automatische Datenverarbeitungssystem der Behörde erheblich stören würden.428 Die Pflicht zur Nachforschung beinhaltet die manuelle oder automatisierte Durchsicht von Behördenakten zum Zweck der Auffindung der nachgefragten Informationen.429 Der FOIA sieht die Möglichkeit einer Anspruchserfüllung durch Verweisung des Antragstellers auf sonstige Informationsquellen, wie insbesondere des Internets, nicht vor. Allerdings verpflichtet der FOIA die Behörden, Kopien aller Dokumente, die Gegenstand eines Informationszugangsbegehrens waren und die nach Einschätzung der Behörde aufgrund ihres Inhalts wahrscheinlich Gegenstand weiterer Zugangsbegehren sein werden, in Leseräumen und elektronisch – nach gegenwärtigem Stand der Technik meint dies das Internet – frei zugänglich machen.430 Ist eine nachgefragte Information in dieser Weise frei zugänglich gemacht worden, besteht insoweit der individuelle Zugangsanspruch nicht mehr.431 Eine aussagekräftige Begründung der Ablehnung eines dennoch gestellten Zugangsantrags hat natürlich auf den genauen Ort der Verfügbarkeit hinzuweisen. Nach dem FOIA hat die Behörde im Falle einer dem Einsichtsbegehren entsprechenden Entscheidung den Zugang unverzüglich zu gewähren.432 Wird nur teilweiser Aktenzugang gewährt, sind der Akte Angaben über den Umfang der zurückgehaltenen Informationen beizufügen, sofern nicht schon dadurch ein durch die Geheimhaltungstatbestände geschütztes Interesse verletzt

ņņņņņņņņ Oglesby Decision“). Dementsprechend hat das Bezirksgericht in Sachen Chamberlain v. United States Department of Justice, 957 F. Supp. 292, 296 (D.D.C.), bestätigt durch 124 F.3d 1309 (D.C.Cir. 1997), festgestellt, daß die Beschränkung des Informationszugangs auf Einsichtnahme der Originaldokumente in diesem Fall ausnahmsweise zulässig sei, weil die (lichtempfindlichen) Dokumente durch das Fotokopieren beschädigt werden könnten. Vgl. auch E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 523). 427 (a)(3)(B) FOIA. 428 (a)(3)(C) FOIA. 429 (a)(3)(D) FOIA. 430 (a)(2)(D) FOIA. 431 Der individuelle Zugangsanspruch gemäß (a)(3) FOIA berechtigt nur zum Zugang zu Informationen, die nicht gemäß (a)(1) und (a)(2) FOIA frei zugänglich gemacht worden sind; vgl. dazu auch U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), FOIA Reading Rooms. 432 (a)(6)(C)(i) FOIA.

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

177

wird; soweit technisch möglich sind diese Angaben an der jeweiligen Stelle der Auslassung zu vermerken.433 Entleihmöglichkeiten regelt der FOIA nicht.

3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) Der Zugang zu den Dokumenten erfolgt gemäß der Transparenzverordnung je nach Wunsch des Antragstellers entweder durch Einsichtnahme vor Ort oder durch Bereitstellung einer Kopie, gegebenenfalls in elektronischer Form434 – in der Praxis wird der größte Teil der Dokumente in elektronischer Form versandt435. Die Dokumente werden in einer vorliegenden Fassung und Form (einschließlich einer elektronischen oder anderen Form, beispielsweise BrailleSchrift, Großdruck oder Bandaufnahme) zur Verfügung gestellt, wobei die Wünsche des Antragstellers vollständig berücksichtigt werden müssen.436 Die Transparenzverordnung bestimmt ausdrücklich, daß, wenn nur Teile des angeforderten Dokuments einer der Ausnahmen unterliegen, die übrigen Teile des Dokuments freizugeben sind.437 Ist ein Dokument bereits von dem betreffenden Organ freigegeben worden und für den Antragsteller problemlos zugänglich, kann das Organ seiner Verpflichtung zur Gewährung des Zugangs zu Dokumenten nachkommen, indem es den Antragsteller darüber informiert, wie er das angeforderte Dokument erhalten kann.438

ņņņņņņņņ 433

(b) FOIA. Art. 10 Abs. 1 S. 1 VO 1049/2001/EG. Zu beachten sind gemäß Art. 16 VO 1049/2001/EG jedoch Urheberrechtsvorschriften, die das Recht Dritter auf Vervielfältigung oder Nutzung der freigegebenen Dokumente einschränken. 435 Nach Bericht der Kommission wird der größte Teil der Dokumente in elektronischer Form versandt. Hingegen werden ältere Dokumente oftmals als Papierausdruck übermittelt. In manchen Fällen, in denen die Zahl der Dokumente sehr groß war, wurde der Antragsteller gebeten, sie vor Ort einzusehen. Vgl. dazu EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 35. 436 Art. 10 Abs. 3 VO 1049/2001/EG. Eine Pflicht zur Vorhaltung von Informationen in verschiedenen Formaten ergibt sich aus dieser Regelung allerdings nicht. Nach C.J. Partsch, NJW 2001, 3154 (3158), ist diese Regelung insbesondere aufgrund ihrer Behindertenfreundlichkeit vorbildlich. 437 Art. 4 Abs. 6 VO 1049/2001/EG. 438 Art. 10 Abs. 2 VO 1049/2001/EG. Diese Verweisung zielt auf diejenigen Informationen ab, die gemäß Art. 12 VO 1049/2001/EG in elektronischer Form oder über ein Register direkt zugänglich gemacht werden. Danach sind insbesondere legislative Do434

178

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Nach der Transparenzverordnung ist das Dokument innerhalb von 15 bzw. 30 Arbeitstagen439 zugänglich zu machen.440 Bei teilweisem Aktenzugang müssen Art und Umfang der zurückgehaltenen Informationen nicht vermerkt werden. Eine Möglichkeit, Dokumente zu entleihen, sehen weder Art. 255 EG noch die Transparenzverordnung vor.

4. Umweltinformationsgesetz Die weitgehend inhaltsgleichen Regelungen des UIG (2005) präzisieren die des UIG (1994). Nach dem UIG (2005) besteht grundsätzlich ein „Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen“.441 Der Zugang kann durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise eröffnet werden.442 Wird eine bestimmte Art des Informationszugangs beantragt, so darf dieser nur aus gewichtigen Gründen auf andere – im wesentlichen gleich geeignete – Art eröffnet werden.443 Als gewichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand.444 Soweit Umweltinformationen der antragstellenden Person bereits auf andere, leicht zugängliche Art, insbesondere durch – aktive – Verbreitung nach § 10, zur Verfügung stehen, kann die informationspflichtige Stelle die Person auf diese Art des Informationszugangs

ņņņņņņņņ kumente, also Dokumente, die im Laufe der Verfahren zur Annahme von Rechtsakten, die in den oder für die Mitgliedstaaten rechtlich bindend sind, erstellt wurden oder eingegangen sind (Art. 12 Abs. 2 u. Art. 2 Abs. 4 S. 2 VO 1049/2001/EG), direkt zugänglich zu machen. 439 Siehe dazu D.III.3. 440 Art. 7 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG. 441 § 3 Abs. 1 S. 1 UIG (2005). 442 § 3 Abs. 2 S. 1 UIG (2005). Die lediglich sprachlich veränderte Vorschrift knüpft inhaltlich an § 4 Abs. 1 S. 2 UIG (1994) an; vgl. auch BT-Drs. 15/3406, S. 16. 443 § 3 Abs. 2 S. 2 UIG (2005). Die Regelung knüpft lediglich sprachlich verändert an § 4 Abs. 1 S. 3 UIG (1994) an und setzt Art. 3 Abs. 4 UIRL II um; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 16. Nach der daher noch aktuellen Rechtsprechung des BVerwG zur Vorgängerregelung (vgl. BVerwGE 102, 282; bestätigt durch BVerwGE 108, 369 [378 f.]) ist die Ablehnung einer bestimmten ausdrücklich begehrten Zugangsart zugunsten eines anderen Informationsmittels nur dann möglich, wenn dieses „im wesentlichen gleich geeignet“ ist (vgl. BVerwGE 102, 282 [288]). Vgl. dazu J. Fluck/M. Wintterle, VerwArchiv 2003, 437 (454). 444 § 3 Abs. 2 S. 3 UIG (2005). Die Vorschrift positiviert wortgleich die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (BVerwGE 102, 282 [288]). So auch die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 16), die allerdings ein offensichtlich falsches Aktenzeichen enthält.

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

179

verweisen.445 Liegt ein Ablehnungsgrund nach § 8 oder § 9 vor, sind die hiervon nicht betroffenen Informationen zugänglich zu machen, soweit es möglich ist, die betroffenen Informationen auszusondern.446 Das UIG (2005) unterscheidet nicht zwischen gewährender Bescheidung und tatsächlicher Zugangsgewährung.447 Es besteht keine Verpflichtung, Art und Umfang der Aussonderung im zugänglichen Teil der Akte zu vermerken. Vorschriften über Vervielfältigungen oder Entleihmöglichkeiten finden sich im UIG (2005) nicht.

5. Brandenburgisches AIG Gemäß dem AIG-Bbg wird der Informationszugangsanspruch grundsätzlich durch Gewährung von Einsicht in die Originaldokumente erfüllt.448 Allerdings sieht das AIG-Bbg verschiedene Ausnahmen vor449: Sofern dem Antragsteller wegen des Vorliegens eines Ausnahmetatbestands der Zugangsanspruch nur teilweise zusteht, ist ihm nach Aussonderung von Aktenteilen oder Einzeldaten der übrige Teil der Akte (mittels einer Vervielfältigung) zugänglich zu machen.450 Ist die Aussonderung mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand

ņņņņņņņņ 445

§ 3 Abs. 2 S. 4 UIG (2005). Diese Regelung stellt eine Neuerung gegenüber dem UIG (1994) dar. Sie zielt insbesondere auf die Verweisung auf über das Internet abrufbare Datenbanken ab; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 16. Die Verweisung muß gemäß § 4 Abs. 4 UIG (2005) zwingend innerhalb eines Monats erfolgen; vgl. a.a.O. § 5 Abs. 1 S. 2 UIG (2005) stellt klar, daß die Verweisung eine (teilweise) Ablehnung des Informationszugangs ist. 446 § 5 Abs. 3 UIG (2005). Die Regelung entspricht § 4 Abs. 2 UIG (1994), der durch Art. 21 Nr. 1 lit. b Gesetz vom 27.7.2001, BGBl. I, S. 1950, 2018, eingefügt wurde. Damit reagierte der Gesetzgeber auf das Urteil des EuGH vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C-217/97) und bewirkte aus Gründen der Rechtssicherheit eine ausdrückliche Klarstellung der bestehenden Rechtslage; so ausdrücklich BT-Drs. 14/4599, S. 162, und BT-Drs. 15/3406, S. 17. 447 Vgl. § 3 Abs. 3 UIG (2005). 448 § 7 S. 2 AIG-Bbg. Die Einsicht in die Originalvorgänge wird vom brandenburgischen Gesetzgeber bewußt betont. Dadurch werde dem Bürger ein authentischer Eindruck des Aktenbestandes vermittelt und darüber hinaus aus Gründen der Kosteneinsparung und Vereinfachung kein unverhältnismäßig hoher Aufwand betrieben; vgl. LT-Drs. 2/4417, S. 12. 449 § 7 S. 2 u. 3 AIG-Bbg. 450 § 6 Abs. 2 S. 1 AIG-Bbg. Die ausdrückliche Benennung des teilweisen Aktenzugangs in § 7 Abs. 1 S. 2 AIG-Bbg als Ausnahme vom Grundsatz der Gewährung von

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

verbunden, besteht nur ein Recht auf Auskunftserteilung.451 Weiterhin ist das Akteneinsichtsrecht auf Auskunftserteilung beschränkt, wenn mehr als 50 Anträge vorliegen, die auf die gleichen Informationen gerichtet sind, und die Auskunft auch ohne den Informationsträger verständlich ist.452 Diese Beschränkung kann auch bei weniger als 50 Anträgen vorgenommen werden, wenn die Gewährung der Einsicht in die Originaldokumente mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre.453 Ferner kann dem Auskunftsbegehren mit Zustimmung des Antragstellers auch durch Übermittlung von Vervielfältigungen, Dokumentationen, elektronische Post, Broschüren oder Zurverfügungstellung von Informationsträgern in sonstiger Weise entsprochen werden, soweit sie die begehrten Informationen enthalten.454 Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn sich der Antragsteller die begehrten Informationen in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen (wie etwa auch dem Internet) beschaffen kann.455 Ferner kann die Behörde den

ņņņņņņņņ Einsicht in die Originaldokumente ergibt zwingend, daß der Aktenteil in Form einer Vervielfältigung zugänglich zu machen ist. 451 § 6 Abs. 2 S. 2 AIG-Bbg. Hier dürfen nach der Gesetzesbegründung keine zu niedrigen Anforderungen an die Frage nach dem unverhältnismäßig hohen Aufwand gestellt werden; ein solcher ist z.B. dann anzunehmen, wenn zur Beantwortung einer einzelnen konkreten Frage eine Vielzahl von Aktenordnern Seite für Seite durchzublättern wäre; vgl. LT-Drs. 2/4417, S. 10. 452 § 8 Abs. 1 S. 1 AIG-Bbg. Gemäß der Gesetzesbegründung ist die Vorschrift so zu verstehen, daß „die Anträge in kurzer zeitlicher Abfolge eingehen“ müssen; vgl. LTDrs. 2/4417, S. 12. Ein Widerspruch zwischen Wortlaut der Norm und der Gesetzesbegründung besteht insoweit, als diese davon ausgeht, daß bei mehr als 50 Anträgen die Akteneinsicht auf Auskunft beschränkt „werden kann“, während der Wortlaut der Norm klar anordnet, daß in diesem Fall die Akteneinsicht auf Auskunft beschränkt „ist“; vgl. a.a.O. 453 § 8 Abs. 1 S. 2 AIG-Bbg. Bei Vorliegen der in § 8 Abs. 1 AIG-Bbg beschriebenen Verfahrenssituationen sah der Gesetzgeber das Problem, daß eine zeitnahe Bearbeitung der Anträge dem Grunde nach nicht mehr möglich sei. Um das Verfahren zu beschleunigen und um eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit der Behörde zu vermeiden, nahm er eine Beschränkung des Akteneinsichtrechts auf ein Recht auf Auskunftserteilung vor; vgl. LT-Drs. 2/4417, S. 12. Kritisch dazu J. Angelov, Grundlagen, S. 211. 454 § 7 S. 3 AIG-Bbg. Das AIG-Bbg gesteht dem Antragsteller also keinen ausdrücklichen Anspruch auf eine bestimmte Form des Informationszugangs zu, allerdings ist vor dem Hintergrund der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum UIG (siehe Teil D., Fn. 443) in den meisten Fällen wohl eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen. 455 § 6 Abs. 4 AIG-Bbg. Ausweislich der Gesetzesbegründung bezieht sich diese Regelung im wesentlichen auf behördliche Amtsblätter, Dokumentationen und Unterlagen sowie auf Parlamentsdrucksachen, amtliche Verlautbarungen und ähnliches, die öffentlich für jedermann käuflich erwerbbar zur Verfügung stehen; vgl. LT-Drs. 2/4417, S. 11. Obwohl der Gesetzgeber mit dieser Regelung also nicht primär auf die Möglichkeiten

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

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Antragsteller auch auf behördliche Veröffentlichungen verweisen456 oder mit dessen Zustimmung Daten im Internet zur Verfügung stellen457. Hinsichtlich der Zeitspanne zwischen positiver Bescheidung und tatsächlicher Zugangsgewährung trifft das AIG-Bbg keine Regelung. Gemäß der ausdrücklichen Regelung des AIG-Bbg bestimmt die zuständige Stelle das Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen.458 Es besteht keine Verpflichtung, Art und Umfang der Aussonderung im zugänglichen Teil der Akte zu vermerken. Entleihmöglichkeiten sieht das AIG-Bbg nicht vor.

6. Berliner IFG Ob der Informationsanspruch des IFG-B durch Zugang zu den Originalakten oder durch Auskunftserteilung erfüllt wird, obliegt der Wahl des Antragstellers.459 Die Aktenauskunft kann mündlich oder schriftlich erteilt werden.460 Auf Verlangen hat die Behörde Ablichtungen der Akten oder von Teilen derselben anzufertigen und dem Antragsteller oder der Antragstellerin zur Verfügung zu stellen.461 Wird der Aktenzugang nur teilweise gewährt, sind die geheimhaltungsbedürftigen Aktenteile unkenntlich zu machen oder abzutrennen; die Abtrennung kann auch durch Ablichtung der nicht geheimhaltungsbedürftigen

ņņņņņņņņ moderner Massentelekommunikation abzielte, fallen diese dennoch als sogar typische allgemein zugängliche Quelle unter den Wortlaut der Vorschrift. 456 § 7 S. 4 AIG-Bbg. Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiele den Bericht der Verfassungsschutzbehörde oder den Bericht der Landesregierung zum Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten; vgl. LT-Drs. 2/4417, S. 12. Die Abgrenzung zu allgemein zugänglichen Quellen im Sinne von § 6 Abs. 4 AIG-Bbg dürfte vielfach schwierig sein. 457 Gemäß § 7 S. 3 Nr. 5 AIG-Bbg kann das Akteneinsichtsrecht mit Zustimmung des Antragstellers auch durch Zurverfügungstellung von Informationsträgern in sonstiger Weise gewährt werden, soweit sie die begehrten Informationen enthalten. Ausweislich der Gesetzesbegründung meint dies u.a. eine Zur-Verfügung-Stellung im Internet; vgl. LT-Drs. 2/4417, S. 12. 458 § 7 S. 1 AIG-Bbg. 459 § 3 Abs. 1 S. 1 IFG-B. 460 § 13 Abs. 3 IFG-B. Fraglich ist allerdings, ob sich die Form der Auskunftserteilung nach dem Willen des Antragstellers richtet. Denn grundsätzlich bezieht sich die Wahlfreiheit aus § 3 Abs. 1 S. 1 IFG-B nur auf die Einsichtnahme oder Auskunftserteilung. Bürgerfreundlich wäre natürlich die Auslegung, daß sich das Wahlrecht des Antragstellers auch auf § 13 Abs. 3 IFG-B erstreckt, Wortlaut und Regelungsort der Norm legen jedoch eher die gegenteilige Auslegung nahe. 461 § 13 Abs. 5 S. 1 IFG-B.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Aktenteile erfolgen.462 Sofern die Einsicht von Daten begehrt wird, die auf Magnetbändern oder anderen Datenträgern der automatischen Datenverarbeitung gespeichert sind, ist dem Antragsteller oder der Antragstellerin ein lesbarer Ausdruck und auf Antrag eine elektronische Kopie zu überlassen.463 Entscheidet die Behörde zugunsten des Informationszugangs, so soll bei mündlicher Antragstellung Akteneinsicht oder Aktenauskunft sofort gewährt werden.464 Wird durch die sofortige Gewährung von Akteneinsicht oder Aktenauskunft im Einzelfall die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgabe der öffentlichen Stelle beeinträchtigt, sieht das IFG-B die Bestimmung eines späteren Termins vor.465 Bei schriftlicher Antragstellung ist dem Antragsteller oder der Antragstellerin die Entscheidung mitzuteilen und darauf hinzuweisen, daß die Akteneinsicht oder Aktenauskunft innerhalb der allgemeinen Sprechzeiten oder der allgemeinen Dienstzeiten gewährt wird.466 Die Akteneinsicht erfolgt bei der öffentlichen Stelle, die die Akten führt.467 Dort muß die Behörde ausreichende räumliche und sachliche Möglichkeiten zur Durchführung der Akteneinsicht zur Verfügung stellen.468 Dem Antragsteller ist in beiden Fällen die Anfertigung von Notizen gestattet.469 In der Akte muß (bei teilweisem Aktenzugang) vermerkt werden, welcher Art die zurückgehaltenen Informationen sind und in welchem Umfang eine Abtrennung oder Unkenntlichmachung erfolgt ist.470 Entleihmöglichkeiten sieht das IFG-B nicht vor. Ebensowenig regelt das IFG-B eine Verweisungsmöglichkeit auf öffentlich zugängliche Quellen, aus denen die begehrte Information bezogen werden kann.

7. Schleswig-holsteinisches IFG Die Behörde hat gemäß dem IFG-SH nach Wahl der Antragstellerin oder des Antragstellers Auskunft zu erteilen oder die Informationsträger zugänglich zu

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§ 12 S. 2 IFG-B. § 13 Abs. 6 IFG-B. 464 § 14 Abs. 1 S. 3 IFG-B. Die Regelung dürfte dem Sinn und Zweck nach nur für die Fälle mündlicher Antragstellung gelten, in denen eine Entscheidung sofort und vor allem in Anwesenheit des Antragstellers ergeht. 465 § 14 Abs. 1 S. 5 IFG-B. 466 § 14 Abs. 1 S. 4 IFG-B. 467 § 13 Abs. 2 S. 1 IFG-B. 468 § 13 Abs. 2 S. 2 IFG-B. 469 § 13 Abs. 4 IFG-B. 470 § 12 S. 3 IFG-B. 463

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

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machen, die die begehrten Informationen enthalten.471 Die Behörde ist verpflichtet, auf Antrag Kopien der Informationsträger, die die begehrten Informationen enthalten, auch durch Versendung, zur Verfügung zu stellen.472 Sie ist berechtigt, Kopien zur Verfügung zu stellen, wenn sie ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für die Einsichtnahme in die Originaldokumente nicht zur Verfügung stellen kann.473 Unter den Begriff „Informationsträger“ fallen gemäß § 2 Nr. 2 IFG-SH alle Medien, die Informationen in Schrift-, Bild-, Ton- oder Datenverarbeitungsform oder in sonstiger Form speichern können. Besteht das Aktenzugangsrecht nur teilweise und ist eine Aussonderung nicht möglich, genügt die Behörde ihrer Verpflichtung durch Auskunftserteilung.474 Die Behörde kann die Antragstellerin oder den Antragsteller auf eine Veröffentlichung insbesondere im Internet verweisen, wenn sie die Fundstelle angibt.475

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§ 5 Abs. 1 IFG-SH. Das IFG-SH räumt der Behörde also – anders als etwa § 4 Abs. 1 S. 3 UIG (1994) – keinerlei Ermessensspielraum ein; vgl. C. Nordmann, RDV 2001, 71 (80). Vgl. auch G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 31. 472 § 5 Abs. 4 IFG-SH. Natürlich steht diese Verpflichtung unter dem Vorbehalt technischer Machbarkeit; vgl. G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 33. 473 § 5 Abs. 3 S. 3 IFG-SH. Mangels einer besonderen Kostenbefreiung für diesen Fall können dem Antragsteller die Vervielfältigungskosten prinzipiell als Auslagen in Rechnung gestellt werden. 474 § 14 S. 2 IFG-SH. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist die Notwendigkeit einer Beschränkung auf Auskunftserteilung nur in seltenen Fällen zu erwarten; vgl. LTDrs. 14/2374, S. 19. Die Ausnahmevorschrift ist daher eng auszulegen, ein sehr erheblicher Aussonderungsaufwand allein ist daher nicht ausreichend; vgl. auch G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 69. Zudem ist zu berücksichtigen, daß der höhere Bearbeitungsaufwand zum Teil schon durch höhere Gebührenforderungen ausgeglichen wird bzw. werden kann. 475 § 5 Abs. 6 IFG-SH. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen durch diese Regelung Behörden, die ihre Informationen im Internet zur Verfügung stellen, mit der Möglichkeit einer gewissen Arbeitserleichterung belohnt werden; Voraussetzung sei allerdings, daß der Antragsteller über einen Internetzugang verfügen muß, zumindest solange im Rahmen einer informationellen Grundversorgung öffentliche Zugangspunkte noch nicht errichtet sind; vgl. LT-Drs. 14/2374, S. 14. Nach C. Nordmann, RDV 2001, 71 (80), muß die Behörde aufgrund des ihr eingeräumten Ermessens prüfen, ob die jeweiligen Informationen für den Antragsteller im Einzelfall mit zumutbarem Aufwand erreichbar sind. Nach G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 33 f., hat die Behörde das Vorhandensein eines Internetanschlusses beim Antragsteller nicht zu prüfen, da das Gesetz unterstelle, daß die Antragsteller über eine ausreichende Anzahl von Möglichkeiten verfügen, sich des Internets auch ohne eigenen Anschluß zu bedienen; sie sollte von der Verweisungsbefugnis Gebrauch machen, wenn im

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Das IFG-SH unterscheidet nicht zwischen Bescheidung und tatsächlicher Zugangsgewährung.476 Zugang ist daher unverzüglich, spätestens aber innerhalb von einem bzw. von zwei Monaten zu gewähren.477 Die Behörde muß ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung stellen.478 Im Rahmen des Informationszugangs ist die Anfertigung von Notizen gestattet.479 Soweit Informationsträger nur mit Hilfe von Maschinen lesbar sind, stellt die Behörde auf Verlangen maschinenlesbare Informationsträger einschließlich der erforderlichen Leseanweisungen oder lesbare Ausdrucke zur Verfügung.480 Es besteht keine Verpflichtung, Art und Umfang der Aussonderung im zugänglichen Teil der Akte zu vermerken. Eine Entleihmöglichkeit von Dokumenten sieht das IFG-SH nicht vor.

8. Nordrhein-westfälisches IFG Das IFG-NRW gewährt einen Anspruch auf Zugang zu Informationen, wobei es unter Zugang die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht versteht.481 Begehrt die Antragstellerin oder der Antragsteller eine be-

ņņņņņņņņ Einzelfall klar ist, daß der Antragsteller über einen Internetanschluß verfügt. Wegen der fortschreitenden Verbreitung des Internets – man denke nur an die stetig zunehmende Zahl von Internetcafes und die Ausrüstung öffentlicher Bibliotheken mit Computerarbeitsplätzen – werden etwaig an die Behörde gestellte Prüfungsanforderungen zunehmend geringer werden. 476 § 7 IFG-SH trägt die amtliche Überschrift „Bescheidung des Antrags“ und bestimmt in Abs. 1 ausdrücklich, daß die Behörde die begehrten Informationen „zugänglich“ macht. Vgl. auch G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 37. 477 Siehe dazu die Ausführungen unter D.III.7. 478 § 5 Abs. 3 S. 1 IFG-SH. Der Antragsteller hat einen Anspruch darauf, sich in Ruhe, ohne von der Behörde gedrängt zu werden, im Rahmen der üblichen Dienstzeiten mit der Einsichtnahme zu befassen; vgl. G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 32. Dabei müssen ihm die für den Informationszugang erforderlichen Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, wie etwa, Videorecorder, Filmvorführgeräte oder sonstige technische Gerätschaften zur Datenwiedergabe; vgl. a.a.O. S. 32 f. Der gewählte Raum muß dem Antragsteller eine im wesentlichen ungestörte Einsichtnahme ermöglichen, wobei dieser keine besseren Bedingungen verlangen kann, als insgesamt in der Behörde vorhanden sind; vgl. a.a.O. S. 33. 479 § 5 Abs. 3 S. 2 IFG-SH. Vgl. dazu G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 33. 480 § 5 Abs. 5 IFG-SH. 481 § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 IFG-NRW.

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

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stimmte Art des Informationszugangs, ist die Behörde grundsätzlich daran gebunden; sie darf nur dann eine andere Art bestimmen, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt – als wichtiger Grund kommt hierbei auch die Unmöglichkeit einer Abtrennung geheimhaltungsbedürftiger Informationen in Betracht.482 Das IFG-NRW regelt nicht, ob der Antragsteller einen Anspruch auf Übermittlung einer Kopie der Akte hat, lediglich die Auslagenregelung in der VwGebONRW läßt die Möglichkeit der Herausgabe von Kopien erkennen.483 Die Behörde kann den Antrag auf Akteneinsicht ablehnen, wenn sich die Antragstellerin oder der Antragsteller die Information in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann.484 Die nachgesuchte Information soll nach dem IFG-NRW unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Antragstellung, zugänglich gemacht werden.485 Das IFG-NRW sieht zwar die Möglichkeit eines teilweisen Aktenzugangs vor486, verpflichtet die Behörde jedoch nicht, Art und Umfang der zurückgehaltenen Informationen in der Akte zu vermerken. Entleihmöglichkeiten regelt das IFG-NRW nicht.

9. Bundes-IFG Nach dem BIFG kann die Behörde Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen.487 Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden.488 Als wichtiger

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§ 5 Abs. 1 S. 5 IFG-NRW. Siehe dazu auch die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum UIG (nachgewiesen in Teil D., Fn. 443). 483 § 3 VwGebO-NRW. 484 § 5 Abs. 4 IFG-NRW. Vgl. dazu das Urteil des VG Minden vom 26.1.2004, Az. 3 K 1162/02. Bei den „allgemein zugänglichen Quellen“ kann es sich um Tageszeitungen, amtliche Mitteilungen oder Verordnungsblätter, Internetveröffentlichungen etc. handeln; die Beschaffung muß dem Antragsteller „zumutbar“ sein, wobei finanzielle Aufwendungen nicht zwingend zur Unzumutbarkeit führen; vgl. F. Stollmann, NWVBl. 2002, 216 (218). 485 § 5 Abs. 2 S. 1 IFG-NRW. 486 Der Anspruch auf teilweisen Aktenzugang verdeutlicht sich an den Formulierungen der Ausnahmebestimmungen: „Der Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit …“ (§ 6 S. 1 u. § 8 S. 1 IFG-NRW). 487 § 1 Abs. 2 S. 1 BIFG. Vgl. dazu. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 1 Rn. 80 ff. 488 § 1 Abs. 2 S. 2 BIFG. Nach der Gesetzesbegründung lehnen sich S. 1 und S. 2 im Interesse einer einheitlichen Regelung an die entsprechenden Regelungen des

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand.489 Auskünfte können mündlich, schriftlich oder elektronisch erteilt werden.490 Im Fall der Einsichtnahme in amtliche Informationen kann sich der Antragsteller Ablichtungen und Ausdrucke fertigen lassen.491 Besteht ein Anspruch auf Informationszugang zum Teil, ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder – bzw. „und“492 – ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist.493 Entsprechendes gilt, wenn sich der Antragsteller in den Fällen, in denen Belange Dritter berührt sind, mit einer Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen einverstanden erklärt.494 Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn sich der Antragsteller die begehrten Informationen in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann.495 Die Information ist dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Belange unverzüglich zugänglich zu machen; der Informationszugang soll innerhalb eines Monats erfolgen.496

ņņņņņņņņ UIG (2005) an; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 8. Weiterhin nennt die Begründung einige Beispiele, in denen der Behörde eine Abweichung von der gewünschten Zugangsart möglich ist; insbesondere könnten Belange dagegen sprechen, daß der Antragsteller selbständig im behördeneigenen Computersystem recherchiert; vgl. a.a.O. 489 § 1 Abs. 2 S. 3 BIFG. Die Gesetzesbegründung nennt hier beispielhaft Massenverfahren, in denen zahlreiche Personen gleichförmige Anträge stellen, und materielle Gesichtspunkte wie der Schutz personenbezogener Daten; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 8. 490 § 7 Abs. 3 S. 1 BIFG. Einfache Auskünfte könnten demnach unmittelbar telefonisch oder per E-Mail erteilt werden; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 15. Bei bürgerfreundlicher Auslegung erstreckt sich das Wahlrecht des Bürgers auch auf die Form der Auskunftserteilung; vgl. dazu entsprechend Teil D., Fn. 460. 491 § 7 Abs. 4 S. 1 BIFG. Daraus folge – gemäß § 7 Abs. 4 S. 2 BIFG vorbehaltlich urheberrechtlicher Vorschriften – ein Anspruch auf Ausdruck gespeicherter oder verfilmter Texte; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 15. 492 Das in der Formulierung verwendete „oder“ muß als „und“ gelesen werden, um den bezweckten Sinngehalt zu gewährleisten. 493 § 7 Abs. 2 S. 1 BIFG. Diese Regelung bezweckt die Gewährleistung eines teilweisen Informationszugangs, wenn die zugänglichen Informationen ohne übermäßigen Verwaltungsaufwand abgetrennt, durch eine gesschwärzte Kopie oder auf andere Weise zugänglich gemacht werden können; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 15. 494 § 7 Abs. 2 S. 2 BIFG. 495 § 9 Abs. 3 BIFG. Nach der Gesetzesbegründung zielt die Vorschrift auf eine Entlastung der Behörde ab. Zu den allgemein zugänglichen Quellen gehöre auch das Internet. Individuelle Umstände des Antragstellers (Behinderung, technische Ausstattung und Wohnsitz) würden mit der Zumutbarkeitsklausel berücksichtigt. Ebenfalls zulässig sei ein Verweis auf behördliche Publikationen, unabhängig davon, ob diese kostenlos oder zu Marktpreisen erhältlich seien. Vgl. zum Vorstehenden BT-Drs. 15/4493.

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

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Im Fall der Einsichtnahme in amtliche Informationen kann sich der Antragsteller Notizen machen.497 Die behördliche Verpflichtung zur Bereitstellung ausreichender räumlicher und sachlicher Mittel für den Informationszugang soll sich hingegen nach der Gesetzesbegründung hinreichend aus der Natur des Informationszugangsanspruch ergeben.498

10. Vergleichende Betrachtung a) Art des Informationszugangs Die Rechtsvergleichung führt zu einem interessanten Ergebnis. Während die internationalen IFGs keine Regelungen über die Bewirkung des Informationszugangs durch Auskunftserteilung enthalten, sehen alle deutschen IFGs diese Möglichkeit ausdrücklich vor. Teilweise nutzen sie die Auskunftserteilung dabei auch als behördliche Verfahrensmöglichkeit bei der Gewährung von nur teilweisem Informationszugang. Auch nach dem IFG-ProfE erfolgt der Informationszugang durch Akteneinsicht, Gewährung des Zugangs zu einem Informationsträger in sonstiger Weise oder durch Auskunft.499 Der Informationszugang soll in der beantragten Art und in dem (zulässigen) Umfang gewährt werden.500 Betrifft der Informationszugang Daten, die auf Magnetbändern oder anderen Datenträgern der elektronischen Datenverarbeitung gespeichert sind, ist ein lesbarer Ausdruck und auf Antrag eine elektronische Kopie zu überlassen.501 Zur Gewährleistung des beschränkten Informationszugangsrechts sind die geheimhaltungsbedürftigen Angaben durch Schwärzung oder auf andere Weise unkenntlich zu machen.502

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§ 7 Abs. 5 S. 1 u. 2 BIFG. Siehe dazu auch D.III.9. § 7 Abs. 4 S. 1 BIFG. 498 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14. Demgegenüber könne die Einrichtung von Computer-Arbeitsplätzen zurzeit noch nicht als selbstverständliche Voraussetzung für den Informationszugangsanspruch erwartet werden, da die technischen Voraussetzungen noch nicht in allen Behörden vorhanden seien; vgl. a.a.O. 499 § 12 Abs. 1 S. 1 IFG-ProfE. 500 § 12 Abs. 1 S. 2 IFG-ProfE. Ausführlich bestimmt die Regelung, daß der Informationszugang in dem beantragten Umfang nach Maßgabe des 2. und 3. Abschnitts – also in zulässigem Umfang – gewährt werden soll. Dies solle sicherstellen, daß gegenläufige Schutzpositionen auch bei der praktischen Durchführung des Informationszugangs gewahrt bleiben; vgl. IFG-ProfE, S. 159. 501 § 12 Abs. 3 S. 3 IFG-ProfE. 502 § 9 Abs. 1 S. 2 IFG-ProfE. Dazu IFG-ProfE, S. 130. 497

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Ist die Geheimhaltung dadurch nicht gewährleistet, hat die öffentliche Stelle die geheimhaltungsbedürftigen Teile auszusondern; die Aussonderung kann auch durch Vervielfältigung der nicht geheimhaltungsbedürftigen Informationen erfolgen.503 Ist die Geheimhaltung durch Unkenntlichmachung oder Aussonderung nicht gewährleistet, erfolgt der Informationszugang durch Auskunftserteilung; dasselbe gilt, wenn die die Unkenntlichmachung oder Aussonderung mit einem unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden wäre.504 Gemäß dem IFG-NGOE hat die Behörde nach Wahl der Antragstellerin oder des Antragstellers Auskunft zu erteilen oder die Informationsträger zugänglich zu machen, die die begehrten Informationen enthalten.505 Die Behörde händigt auf Antrag Kopien der Informationsträger, die die begehrten Informationen enthalten, auch durch Versendung aus.506 Soweit Informationsträger nur mit Hilfe von Maschinen lesbar sind, stellt die Behörde auf Verlangen des Antragstellers maschinenlesbare Informationsträger einschließlich der erforderlichen Leseanweisungen oder lesbare Ausdrucke zur Verfügung.507 Bei der Erfüllung teilweisen Informationszugangs besteht Anspruch auf Auskunftserteilung, soweit und solange eine Aussonderung nicht möglich ist.508 Soweit die

ņņņņņņņņ 503

§ 9 Abs. 2 S. 1 und 2 IFG-ProfE. Dazu IFG-ProfE, S. 131. § 9 Abs. 3 S. 1 und 2 IFG-ProfE. Während im Falle technischer Unmöglichkeit von Unkenntlichmachung oder Aussonderung die Beschränkung auf Auskunftserteilung für den Bürger vorteilhafter sei als die Versagung des Informationszugangs, müsse die Beschränkung wegen unverhältnismäßig hohen Aufwands sehr restriktiv angewendet werden; vgl. IFG-ProfE, S. 131 f. 505 § 5 Abs. 1 S. 1 IFG-NGOE. Die Entwurfsbegründung geht davon aus, daß der Anspruch auf Auskunftserteilung nicht immer das mindere Recht ist, da er das Recht des Antragstellers auf Erläuterungen durch die zuständige Stelle einschließe; vgl. IFGNGOE, S. 26. Klarstellend weist § 5 Abs. 1 S. 2 IFG-NGOE darauf hin, daß sich das Akteneinsichtsrecht auch auf abgelegte Akten erstreckt. Ob diese Klarstellung tatsächlich erforderlich ist, mag bezweifelt werden. Die im ursprünglichen Gesetzentwurf des IFG-SH vorgesehene gleichlautende Regelung wurd im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen; vgl. LT-Drs. SH 14/2667, S. 5. 506 § 5 Abs. 3 IFG-NGOE. Diese Regelung soll klarstellen, daß das Recht auf Kopienüberlassung unabhängig davon ist, ob die Behörde ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung stellen kann (§ 5 Abs. 2 IFG-NGOE); vgl. IFG-NGOE, S. 26. Im übrigen konstituiere die Vorschrift einen Anspruch auf Versendung von Kopien; vgl. a.a.O. 507 § 5 Abs. 4 S. 1 IFG-NGOE. Ausweislich der Entwurfsbegründung ist dies eine Kernbereichsregelung für den Informationszugang in elektronischer Form; neben der elektronischen Vervielfältigung an sich sind dem Antragsteller auch Informationen zu geben, die ihm eine Verwendung der elektronischen Informationen ermöglichen; vgl. IFG-NGOE, S. 26 f. 508 § 14 Abs. 1 S. 2 IFG-NGOE. Die Entwurfsbegründung geht davon aus, daß die Schwärzung von Namen – die natürlich nur auf Vervielfältigungen erfolgen darf – eine Möglichkeit der Aussonderung ist; vgl. IFG-NGOE, S. 33. 504

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

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Erschließbarkeit von Informationsträgern mit allgemein zugänglichen Mitteln möglich ist, besteht Anspruch auf eine entsprechende Umwandlung der Informationen.509 Die Rechtsvergleichung zeigt zunächst die gesetzgeberische Einigkeit auf, daß die öffentliche Zugänglichkeit von Verwaltungsakten nicht nur sinngemäß zu verstehen ist, sondern dem Antragsteller ein grundsätzliches Recht auf tatsächliche Einsichtnahme der Behördenakten einräumt.510 Ob die tatsächliche Einsichtnahme dann letztlich auch in der Praxis dominiert (wie etwa in Schweden) oder verstärkt auf Erfüllungssurrogate wie die Übermittlung von Vervielfältigungen Rückgriff genommen wird (wie etwa in den USA), wird beeinflußt durch gesetzliche und tatsächliche Faktoren, wie etwa Kostenregelungen oder geographische Besonderheiten. Der wohl augenfälligste Unterschied im nationalen und internationalen Vergleich ist das Fehlen einer Regelung zur Auskunftserteilung. Es stellt sich daher die Frage, ob die Erfüllung des Informationsbegehrens durch die Erteilung einer behördlichen Auskunft für die verfahrensrechtliche Absicherung der Informationsfreiheit zweckdienlich oder ob sie eher ein Mittel zur Verkürzung des materiell-rechtlichen Zugangsanspruches ist. Dabei sind insbesondere behördliche Verfahrensmöglichkeiten kritisch zu betrachten, nach denen unter bestimmten Voraussetzungen der Informationszugang auf Auskunftserteilung beschränkt werden kann. Dafür, daß die Auskunftserteilung ein Weniger gegenüber der Einsichtnahme in die Originalakten ist, sprechen nachfolgende Erwägungen: Die für einen Bürger bestimmte Zusammenfassung der in der Akte enthaltenen Informationen durch einen Behördenmitarbeiter ist natürlich subjektiv hinsichtlich der Auswahl, der Gewichtung und der Darstellung der Informationen. Dabei wird ein Behördenmitarbeiter – bestenfalls nur unterbewußt – bestrebt sein, die bzw. insbesondere seine eigene behördliche Tätigkeit möglichst positiv darzustellen, um sich keiner Kritik auszusetzen, die durch eine „geschönte Darstellung“ vermeidbar ist. Kritik droht einerseits durch den die Verwaltung kontrollierenden Bürger als auch andererseits durch die Behörde selbst (Vorgesetzte und Kollegen). Nur durch eine tatsächliche Einsichtnahme kann letztlich gewährleistet werden, daß der Bürger einen authentischen Eindruck des Aktenbestan-

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§ 5 Abs. 4 S. 2 IFG-NGOE. Diese Regelung will dem Antragsteller einen Anspruch auf Umwandlung (elektronischer) Formate der Informationsspeicherung in mit marktgängigen Programmen verwendbare Formate einräumen; vgl. IFG-NGOE, S. 27. 510 Für die Einsichtnahme in Originalakten wird dabei mit Recht auf das Erfordernis von Sicherungsmaßnahmen verwiesen, etwa wer in welche Unterlagen wann Einsicht genommen hat; vgl. S.W.H. Lodde, Informationsrechte, S. 195, 201.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

des und -inhalts erhält.511 Zudem lassen insbesondere die Formulierungen des AIG-Bbg und des IFG-SH erkennen, daß der Gesetzgeber dem Auskunftsanspruch einen geringeren Informationswert beimißt. So sieht das AIG-Bbg eine „Beschränkung“ des Akteineinsichtsrechts auf Auskunftserteilung als Möglichkeit der Behörde vor, Arbeitsüberlastungen entgegenzuwirken. Das IFG-SH gesteht der Behörde im Falle eines teilweisen Aktenzugangs bei Unmöglichkeit einer Aussonderung zu, daß diese ihrer Verpflichtung durch Auskunftserteilung „genügt“. Allerdings kann die behördliche Auskunftserteilung ungeachtet all dieser Erwägungen im Einzelfall für den Antragsteller auch ein Mehr gegenüber der tatsächlichen Einsichtnahme bedeuten. In Situationen, in denen aufgrund der Natur der Informationen das Risiko einer geschönten Darstellung nicht besteht bzw. der Antragsteller dieses willentlich in Kauf nimmt, kann die behördliche Zusammenfassung von Informationen einen attraktiven Zusatznutzen im Vergleich zu einem aufwendigen eigenen Aktenstudium darstellen.512 Im Ergebnis läßt sich also feststellen, daß es prinzipiell bürgerfreundlich ist, wenn eine Behörde dem Antragsteller „auf dessen Wunsch hin“ Auskunft über den Inhalt von Akten erteilt. Allerdings stellt sich die Frage, ob dies ausdrücklich als Recht normiert werden sollte. Wie sich an der praktischen Handhabung der Aktenöffentlichkeit in Schweden zeigt, kann die Auskunftserteilung auch ohne eine Ausgestaltung als individuelles Recht Eingang in die Behördenpraxis finden. Grund dafür ist nicht allein eine bürgerfreundliche Einstellung der Verwaltung sondern vielmehr die (erhebliche) Zeit- und Arbeitsersparnis, die eine (mündliche) Auskunft sowohl für den Bürger als auch für die Behörde mit sich bringen kann. Im Umkehrschluß bedeutet dies jedoch, daß eine Behörde eine rechtlich nicht geschuldete Auskunft zumeist nur dann erteilen wird, wenn diese nicht arbeitsaufwendiger als eine Einsichtnahme ist. Ferner wird insbesondere in den ersten Jahren bzw. Jahrzehnten nach dem Paradigmenwechsel die Einräumung eines gesetzlichen Anspruchs die Bereitschaft zu einer (fern-)mündlichen Auskunftserteilung fördern. Gerade am Anfang dürfte die individuelle Verunsicherung der Behördenmitarbeiter, welche Informationen öffentlich zugänglich sind, noch sehr groß sein und diese folglich tendenziell streng nach den Buchstaben des Gesetzes handeln – von einer gesetzlich nicht vorgesehenen Erfüllungsart des Informationszugangs würde sicherheitshalber erst einmal kein Gebrauch gemacht werden. In jedem Fall führte die Abschaffung bereits bestehender Auskunftsrechte zu einer bedenklichen, weil in die falsche Richtung weisenden Signalwirkung. Dementsprechend ist es im Ergebnis zu begrüßen, wenn alle deutschen IFGs und IFG-Entwürfe mit Ausnahme des AIG-Bbg dem

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So auch LT-Drs. Bbg 2/4417, S. 12. Ebenso unter Bezugnahme auf die behördliche Pflicht zu Erläuterungen bei der Auskunftserteilung IFG-NGOE, S. 26. 512

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

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Antragsteller auf seinen Wunsch hin ein zusätzliches Recht auf Auskunftserteilung einräumen. Es sollte jedoch eine gesetzgeberische Klarstellung erfolgen, ob sich dieses auch auf die Form der Auskunftserteilung erstreckt. Nicht ausreichend klar ist eine gesetzliche Ausgestaltung wie im BIFG oder im IFG-B. Die getrennte Regelung von Auskunftserteilung als wählbare Informationszugangsart und Durchführung der Auskunftserteilung läßt die Interpretation zu, daß der Antragsteller zwar Auskunft verlangen kann, die Entscheidung über die Form der Auskunft jedoch nicht mehr vom Wahlrecht umfaßt ist. Aus welchem Grund sollte der Gesetzgeber sonst unterschiedliche Regelungsorte wählen, wenn es doch ohne weiteres möglich wäre, bei der Auflistung der Informationszugangsarten die Begrifflichkeit „mündliche oder schriftliche Auskunftserteilung“ zu verwenden. Neben der Einsichtnahme in die Originalakten und der Erteilung einer Auskunft sehen alle untersuchten IFGs – mit einzelfallspezifischen Besonderheiten – die Möglichkeit einer Herausgabe von Vervielfältigungen behördlicher Informationsträger vor; lediglich das IFG-NRW gesteht dies nicht ausdrücklich, sondern nur indirekt über die Kostenvorschriften zu. In der praktischen Handhabung des FOIA liegt sogar den Schwerpunkt der Zugangsgewährung auf der Übermittlung von Vervielfältigungen. Solche Vervielfältigungen bieten dem Bürger den Vorteil, sich mit authentischen Informationen zeitlich und örtlich flexibel auseinandersetzen zu können. Oftmals wird die Anfertigung und Übersendung von Vervielfältigungen sogar weniger arbeitsaufwendig sein als die Versendung einer Mitteilung, wann genau in die Akte Einsicht genommen werden kann, die Bereitstellung der Akte und die Überwachung des Aktenstudiums durch den Bürger. Allerdings kann die Übermittlung von Vervielfältigungen auch arbeitsaufwendiger sein. So lag der Entscheidung des BVerwG, die zur Neufassung von § 4 Abs. 3 S. 1 UIG (1994) führte, die Konstellation zugrunde, daß der Antragsteller Kopien einer Vielzahl von Umweltanalysen begehrte, während die Behörde lediglich Akteneinsicht gewähren wollte.513 Der Senat stellte in den Entscheidungsgründen fest, daß der für einen bestimmten Informationszugang zu erwartende Verwaltungsaufwand nicht ins Feld geführt werden dürfe, wenn die weniger aufwendige Informationsgewährung den freien und umfassenden Zugang zu den vom Antragsteller in seinem Antrag bezeichneten Umweltinformationen nicht erreichen könne.514 Allerdings dürfe die Behörde eine ausdrücklich begehrte Zugangsart zugunsten eines anderen „im wesentlichen gleich geeigneten“ Informationsmittels ablehnen, wenn hierfür gewichtige, von ihr darzulegende Gründe, etwa ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand, bestünden515 – zwar läßt der Wortlaut des UIG (2005) schlicht

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Vgl. BVerwGE 102, 282. Vgl. BVerwGE 102, 282 (287). 515 Vgl. BVerwGE 102, 282 (288). 514

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

eine „andere Art“ des Informationszugangs ausreichen, dies ist allerdings im Lichte der Rechtsprechung auszulegen. Obwohl sich beide Entscheidungen des BVerwG mit dem gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Richtlinienvorgaben umzusetzenden UIG (1994) befaßten, ist diese Rechtsprechung von allgemeiner Bedeutung. Kern der richterlichen Erwägungen ist, daß den Vorstellungen und Wünschen des Bürgers hinsichtlich der Modalitäten der Informationsaufnahme im Rahmen erforderlicher Ermessensausübungen eine besondere Bedeutung zukommt.516 Die besondere Bedeutung sei bedingt durch die Zielsetzung der UIRL I, dem Bürger einen möglichst effektiven Informationszugang zu sichern.517 Eine solche Zielsetzung wird jedoch nicht nur der UIRL II sondern auch ohne Richtlinienvorgaben den deutschen IFGs entnommen werden können. Bei der Ausgestaltung des Vervielfältigungsanspruchs sollte auf eine technologieneutrale Formulierung geachtet werden, um den Zugriff auf alle Verwaltungsinformationen unabhängig von der Art ihrer Verkörperung zu gewährleisten. Dazu bietet sich die in IFG-SH und IFG-NGOE verwandte Formulierung an, daß Kopien der „Informationsträger“ zur Verfügung zu stellen sind.518 Daß die Vervielfältigung technisch möglich sein muß und nicht zu einer nachhaltigen Beschädigung des Informationsträgers führen darf, kann als selbstverständlich vorausgesetzt werden, weswegen es einer diesbezüglichen ausdrücklichen Einschränkung nicht bedarf. Das IFG sollte aber insbesondere hinsichtlich der Vervielfältigung elektronischer gespeicherter Informationen sicherstellen, daß dem Bürger eine Verwendung der Kopie faktisch möglich ist. So verpflichtet etwa der FOIA die Behörden, Formatwünsche des Bürgers zu berücksichtigen, wenn dies ohne großen Aufwand möglich ist. Im Ergebnis wirkt sich diese Regelung nicht nur bürgerfreundlich, sondern auch aufwandsmindernd aus. Die Übersendung von elektronisch gespeicherten Informationen, etwa durch EMail, vermindert den behördlichen Aufwand zeitlich wie sachlich. Allerdings wird sich der Bürger nur dann für diese Form des Informationszugangs entscheiden, wenn er die elektronisch gespeicherten Informationen faktisch verwenden kann, er also über die erforderlichen Leseeinrichtungen verfügt (Hardund Software) bzw. er sich diese ohne weiteres beschaffen kann. Zum Beispiel wird ein Bürger an der Übermittlung einer nur mittels eines teuren Textverarbeitungsprogramms, über das er nicht verfügt, zu öffnenden Datei nicht interessiert sein; nach einer (regelmäßig völlig unaufwendigen) Konvertierung in ein

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Vgl. BVerwGE 108, 369 (378). Vgl. BVerwGE 108, 369 (378). 518 Ebenso kann natürlich statt „Kopie“ auch der Begriff „Vervielfältigung“ verwendet werden. 517

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

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gängiges Format – wie etwa das „pdf“-Format519 – wird er hingegen an einer zeitsparenden elektronischen Informationsübermittlung nichts auszusetzen haben. Als ungewöhnlich eng ist in diesem Zusammenhang die weitgehende Beschränkung auf schriftliche Vervielfältigungen in Schweden zu werten.520 Schließlich sollte die verwendete Formulierung erkennen lassen, daß die Behörde auch zur Versendung der Vervielfältigungen verpflichtet ist. Ohnehin könnte eine Gesetzesauslegung, die zur Anfertigung aber nicht zur Versendung von Vervielfältigungen verpflichtete, als mißbräuchlich bezeichnet werden – zumal (zumindest besondere) Versandkosten dem Antragsteller als Auslagen in Rechnung gestellt werden können. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob der Bürger auf eine Art des Informationszugangs beschränkt ist bzw. sein sollte. Darf also der Bürger nach tatsächlicher Einsichtnahme der Akten noch Kopien derselben verlangen oder darf der Bürger sogar die Übermittlung bestimmter Akten samt einer Auskunftserteilung über deren Inhalt fordern? Das praktische Behördenhandeln zeigt auch an dieser Stelle, daß Möglichkeiten einer restriktiven Gesetzesinterpretation zu Lasten des Bürgers gerne ausgeschöpft werden.521 Allerdings sprechen sowohl praktische wie auch rechtliche Erwägungen für das Recht des Antragstellers, alle gesetzlich zugestandenen Informationszugangsarten kumulativ in Anspruch nehmen zu dürfen.522 Denn in praktischer Hinsicht läßt es sich, sofern in Einzelfällen nicht ein besonderes individuelles Offenbarungsinteresse anspruchsrelevant ist, gar nicht verhindern, daß die Behörde zu sämtlichen Informationszugangsarten verpflichtet wird. Gestände man dieses Recht einem Einzelnen nicht zu, könnte dieser ohne weiteres Verwandte oder Bekannte veranlassen, auf die gleichen Informationen gerichtete Zugangsanträge mit jeweils unterschiedlichen Verlangen hinsichtlich der Zugangsart zu stellen. Dem könnte keinesfalls der Einwand einer mißbräuchlichen Rechtsausübung entgegengehalten werden, da das Recht auf Informationszugang jedem zusteht und es auf den Zweck der Einsichtsnahme gerade nicht ankommt. Von noch größerer Bedeutung ist aber die Erwägung, daß eine rechtlich sinnvolle Begrenzung des Informationszugangsrechts schlicht nicht möglich ist. Die Berechtigung zum Informationszugang erlischt nicht durch eine einmalige Erfül-

ņņņņņņņņ 519 Das „pdf“-Format kann mit dem für mehrere Betriebssysteme kostenlos erhältlichen Adobe Acrobat Reader verwendet werden. 520 Aufgrund der nachweislich in Schweden gelebten Verwaltungstransparenz kann allerdings vermutet werden, daß die Behörden von dieser gesetzlichen Anspruchsbegrenzung eher restriktiv Gebrauch machen. 521 Vgl. etwa brandenburgischer Landesbeauftragter für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht, 9. Tätigkeitsbericht 2000, LT-Drs. Bbg 3/2481, Teil B, 2.3. und 4. 522 Ebenso zum BIFG M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 1 Rn. 82.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

lung, sondern kann jederzeit erneut geltend gemacht werden. Eine gegenteilige Auffassung führte nämlich zwangsläufig zu der wohl nicht sinnvoll beantwortbaren Frage, wie oft der Antragsteller dieselbe Information einsehen darf – einmal im Leben, einmal im Jahrzehnt, jährlich oder sogar monatlich?! Darf er nach der Ablage eines neuen Schriftstücks wieder die gesamte Akte einsehen oder ist er auf den Zugang zu dem neuen Schriftstück beschränkt?! Wenn aber die Natur der Aktenöffentlichkeit bedingt, daß der Antragsteller auf behördliche Informationen beliebig oft Rückgriff nehmen darf, kann dieser letztendlich mit mehreren Zugangsanträgen die Informationen in allen gesetzlich vorgesehenen Arten erlangen – eine lebenslange oder auch nur temporäre Beschränkung auf eine einmal gewählte Informationszugangsart dürfte wohl nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen sein. Da nicht ersichtlich ist, warum diese Zugangsanträge nicht gleichzeitig gestellt werden können, macht es im Ergebnis wenig Sinn, einem Zugangsantrag nur eine Erfüllungsart gegenüberzustellen. Dies führt natürlich zu dem wenig erfreulichen Ergebnis, daß im – ausgehend von den bisherigen Erfahrungen eher unwahrscheinlichen – Fall einer massiven behördlichen Arbeitsüberlastung die Anziehung der Kostenschraube und die Streichung einer Informationszugangsart – insbesondere der schriftlichen Auskunftserteilung – ernsthaft erwogen werden müßte. Bis dahin sollte das Gesetz jedoch zur Vermeidung von Mißverständnissen den Anspruch auf kumulative Erfüllung ausdrücklich normieren. Unzureichend ist eine Regelung wie im BIFG, die nur auf die Berechtigung zur Anfertigung von Vervielfältigungen neben der Einsichtnahme in die Originalakten eingeht, da dadurch im Umkehrschluß alle anderen Kumulationsmöglichkeiten ausgeschlossen werden.523 Abschließend ist noch anzumerken, daß manche IFGs einzelne Informationszugangsarten ausschließen, wenn dafür gewichtige von der Behörde darzulegende Gründe bestehen. Diese Regelungen sind insofern kritisch zu betrachten, als danach ein „deutlich höherer“ Verwaltungsaufwand als (ge)wichtiger Grund ausreichen soll524. Bei der Festlegung der Aufwandsschwelle ist aber zu berücksichtigen, daß ein höherer Verwaltungsaufwand zum Teil schon durch eine höhere Kostenlast ausgeglichen wird. Es empfiehlt sich daher, gewichtige Gründe nur bei einem „unverhältnismäßig höheren“ Verwaltungsaufwand anzunehmen und das IFG dergestalt zu formulieren. Obwohl der Antragsteller im Ergebnis die Art(en) des Informationszugangs frei wählen darf, kann im Einzelfall eine Beschränkung der Zugangsarten zur Gewährleistung eines teilweisen Aktenzugangs erforderlich sein. Sind offenbarungspflichtige und geheimzuhaltende Informationen dergestalt miteinander verbunden, daß eine Abtrennung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Auf-

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Ein Eingehen auf den kumulativen Erfüllungsanspruch bzw. die Konsequenzen, sollte man diesen ausschließen wollen, findet sich in der Gesetzesbegründung nicht. 524 Vgl. insbesondere BVerwGE 102, 282 (282 f.); 108, 369 (378 f.).

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

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wand möglich ist, regeln die meisten IFGs in unterschiedlicher Ausführlichkeit die Möglichkeit der Anfertigung von Vervielfältigungen, von denen die geheimzuhaltenden Informationen entfernt bzw. auf denen diese unkenntlich gemacht (also geschwärzt) werden. Sollte wiederum diese Verfahrensweise nicht möglich oder unverhältnismäßig aufwendig sein, kann eine weitere Beschränkung auf eine bloße Auskunftserteilung erfolgen. Gegen die Beschränkung der Zugangsarten im Falle technischer Unmöglichkeit der Absonderung von Informationen lassen sich letztlich keine überzeugenden Gegenargumente vorbringen. Enthält etwa ein Schriftstück geheimzuhaltende Informationen wie Namen und Adressen von Beteiligten, kann dieses dem Antragsteller nicht im Original zur Verfügung gestellt werden, da eine Abtrennung oder eine das Dokument nicht beschädigende und ausreichend sichere Unkenntlichmachung dieser Informationen technisch kaum durchführbar ist. Von wesentlich größerer Brisanz ist indes die Beschränkung auf Auskunftserteilung im Falle unverhältnismäßigen Behördenaufwandes. Zwar ist die Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit der Verwaltung ein berechtigtes und notwendiges Anliegen des Gesetzgebers, doch muß dem durch diese Einschränkungsmöglichkeit geschaffenen Mißbrauchsrisiko weitestmöglich entgegengewirkt werden. Dazu müßte der Gesetzgeber, will er auf diese Beschränkungsmöglichkeit nicht verzichten, zumindest Kriterien normieren, die sowohl der Behörde wie auch den kontrollierenden Rechtsbehelfsinstanzen die Beurteilung erleichtern, ob im Einzelfall der aufzubringende Behördenaufwand tatsächlich unverhältnismäßig ist. Deutlich hervorzuheben wäre dabei die Bedeutung der Informationsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft. Zudem müßte der durch den höheren Arbeitsaufwand verursachten höheren Kostenlast des Antragstellers Rechnung getragen werden. Wichtig wäre ferner die Berücksichtigung der Aktenorganisation der betroffenen Behörde. Viele IFGs auferlegen der Behörde spezielle Verpflichtungen hinsichtlich der Aktenführung, die eine zügige Aussonderung geheimzuhaltender Informationen gewährleisten sollen.525 Kommt die Behörde diesen Verpflichtungen nicht nach, darf dies dem Antragsteller auf keinen Fall zum Nachteil gereichen – gleichsam motiviert eine entsprechende Berücksichtigungsfähigkeit die Behörde zu einem gesetzmäßigem Verhalten. Schließlich wäre bei der Abwägung die Eignung der ersatzweisen Zugangsart zur Erfüllung des individuellen Informationsbegehrens angemessen zu berücksichtigen, dürfte die Auskunftserteilung also aufgrund ihrer bereits aufgezeigten Schwächen nur als ultima ratio in Betracht kommen. Im Ergebnis erscheint es wegen der sich an dieser Stelle eröffnenden Mißbrauchsgefahr besser, eine Beschränkung auf Auskunftserteilung nicht zu ermöglichen. Sollte die Herstellung geschwärzter Vervielfältigungen im Einzelfall tatsächlich außerordentlich aufwendig, die Erteilung einer weitgehend gleich geeigneten Auskunft jedoch ohne weiteres

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Siehe dazu C.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

möglich sein, werden die meisten Bürger wohl schon aufgrund der unterschiedlichen Kostenlast nicht auf ihr Recht bestehen, Kopien zu erhalten. Daher dürften Situationen, in denen der Behörde außerordentlicher Arbeitsaufwand droht, faktisch sehr selten sein. Extremfällen wirkt außerdem das Gebot hinreichender Antragsbestimmtheit entgegen. Während die Beschränkung des Informationszugangs auf eine bestimmte Zugangsart zum Zwecke der Gewährleistung eines Teilzugangs notwendig und sinnvoll ist, begegnen behördliche Einschränkungsmöglichkeiten aus anderen Gründen erheblichen Bedenken. So sieht etwa das AIG-Bbg eine dem Wortlaut nach verpflichtende Beschränkung des Akteneinsichtsrechts auf Auskunftserteilung vor, wenn mehr als 50 Anträge vorliegen, die auf die gleichen Informationen gerichtet sind, und die Auskunft auch ohne den Informationsträger verständlich ist.526 Gegen diese Regelung spricht, daß der Schutz vor behördlicher Arbeitsüberlastung in Massenverfahren auch auf andere Weise, ohne massive Verkürzung des individuellen Zugangsanspruchs sichergestellt werden kann – etwa durch Nutzung des Internets527 oder Versendung von Vervielfältigungen.528 Dabei ist zu berücksichtigen, daß Massenverfahren ohnehin die behördliche Aufgabenerfüllung erleichtern, als sich die Behörde bei einer Vielzahl gleichgerichteter Zugangsanträge nur einmal mit der Prüfung von Geheimhaltungstatbeständen befassen muß.529 Die Anfertigung und Versendung von Vervielfältigungen erfordert zudem gegenüber der Auskunftserteilung nur unwesentlich mehr Arbeit. Der Unterschied besteht darin, daß dem Bescheidungsschreiben des Antragstellers nicht die (vervielfältigte) Auskunft beigelegt wird, sondern eine Vervielfältigung der Informationsträger selbst. Die Herstellung dieser Vervielfältigungen ist mit modernen Büromaterialien (etwa Fotokopier-

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Diese Beschränkung kann ferner auch bei weniger als 50 Anträgen vorgenommen werden, wenn die Gewährung der Einsicht in die Originaldokumente mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. 527 Siehe dazu ausführlich D.III.10.d). 528 In der Literatur wird sogar vertreten, daß das Vorliegen einer größeren Zahl von Informationsanträgen generell kein geeignetes Argument bilde, um eine Einschränkung des Zugangsanspruchs zu rechtfertigen, da dem Antragsteller aus der übrigen Zahl der Antragsteller kein Nachteil erwachsen dürfe; die sich im Rahmen der Einsicht in die Originalakten ergebenden Probleme seien verwaltungsorganisatorisch lösbar; vgl. J. Angelov, Grundlagen, S. 211. Dieser grundsätzlich begrüßenswerten Auffassung ist jedoch entgegenzuhalten, daß im Einzelfall tatsächlich eine unverhältnismäßige behördliche Arbeitsüberlastung drohen kann, die sehr wohl zu einer Einschränkung des Informationsanspruchs berechtigt – wobei allerdings die Einschränkung der Originaleinsicht auf die Übermittlung von Kopien in der Regel verhältnismäßig gering sein dürfte. 529 Sofern es nicht in Ausnahmefällen auf ein individuelles Offenbarungsinteresse ankommt. Ebenso J. Angelov, Grundlagen, S. 211.

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

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geräte mit automatischem Blatteinzug und ggf. sogar Sortierfunktion) automatisiert möglich.

b) Verweisung auf behördliche (Online-)Publikationen Die Rechtsvergleichung zeigt, daß einige IFGs den Behörden die Befugnis einräumen, den Antragsteller im Einzelfall unter Ausschluß aller anderen Zugangsarten auf allgemein zugängliche Quellen bzw. behördliche Veröffentlichungen zu verweisen. Während einige IFGs die Verweisung eher als Erfüllungsvariante des Informationsanspruchs (AIG-Bbg, IFG-SH, Transparenzverordnung) formulieren, normieren andere diesen ausdrücklich als Versagungsgrund (FOIA, UIG [2005], AIG-Bbg, IFG-NRW). Der IFG-ProfE sieht im Lichte der Ablehnungsbefugnis bei mißbräuchlich gestellten Anträgen von einer speziellen Regelung einer Verweisungsmöglichkeit bewußt ab.530 Nach dem IFG-NGOE kann die Behörde auf eine Veröffentlichung insbesondere im Internet verweisen, wenn sie dem Antragsteller die Fundstelle angibt und die nach § 8 dieses Gesetzes vom Antragsteller zu erstattenden Kosten hierdurch nicht überschritten werden.531 Die Verweisung des Antragstellers auf (bestimmte) allgemein zugängliche Quellen ist eine spezielle Ausprägung der Vervielfältigung von Informationsträgern. Anders als bei der Vervielfältigung aufgrund eines individuellen Antrags steht in diesem Fall die begehrte Information schon vorher in einer standardisierten Form bereit und kann in dieser Form ohne weiteren behördlichen Arbeitsaufwand bezogen werden. Als allgemein zugängliche Quellen kommen dabei in Betracht: Amtsblätter, Gesetz- und Verordnungsblätter, Parlaments-

ņņņņņņņņ 530 Vgl. IFG-ProfE, S. 95 f.: Stünden die begehrten Informationen im Internet zur Verfügung, bestünde die Möglichkeit, den Antrag gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 IFG-ProfE als mißbräuchlich abzulehnen. Ferner könne daran gedacht werden, daß bei Bereitstellung von Informationen im Internet der Zugangsanspruch im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 IFGProfE („Gewährung des Zugangs zu einem Informationsträger in sonstiger Weise“) als erfüllt erachtet werden könne. 531 § 5 Abs. 5 IFG-NGOE. Der Entwurf versucht an dieser Stelle einen angemessenen Interessenausgleich hinsichtlich des Aufwands des Informationszugangs. Dabei sei zu berücksichtigen, daß öffentliche Zugangsmöglichkeiten für das Internet z.B. in Bibliotheken und Internetcafés mittlerweile flächendeckend verfügbar seien. Zudem ermuntere diese Vorschrift die öffentlichen Stellen, möglichst viele Informationen flächendeckend bereitzuhalten. Der Verweis auf die Kostenregelung solle sicherstellen, daß der Verweis nicht zu unangemessenen Kosten für den Antragsteller führen dürfe. Zum Vorstehenden IFG-NGOE, S. 27.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

drucksachen und sonstige behördliche Veröffentlichungen – jeweils natürlich in schriftlicher und/oder elektronischer Form.532 Für eine Verweisung in Betracht kommen indes nur Quellen, die für eine Authentizität der bereitgestellten Informationen garantieren. Denn der Informationszugangsanspruch gesteht dem Bürger ja gerade einen Anspruch darauf zu, genaue Kenntnis über die „bei der Behörde“ vorhandenen Informationen zu erlangen. Jedoch ist es ausreichend, wenn eine öffentliche Stelle die Authentizität von privat bereitgestellten Behördeninformationen erkennbar garantiert. Die Verweisungsbefugnis auf offizielle amtliche Veröffentlichungen ist gewissermaßen ein Sonder- und nicht typischer Anwendungsfall eines Informationszugangsanspruchs, da es sich dabei letztlich nicht um Vervielfältigungen von behördlichen Akten handelt, sondern die jeweiligen Informationen erst durch die (auf Verbreitung in der Bevölkerung zielende) Art der Veröffentlichung ihre bestimmungsgemäße Form erhalten. Eine Verweisung auf diese Publikationen ist daher natürlich sinnvoll. Dem steht allerdings nicht entgegen, daß von einer bürgerfreundlichen, transparenten Verwaltung zusätzlich elektronische Vervielfältigungen der Publikationen (im Internet) bereitgestellt werden sollten. Diese sollten im Idealfall kostenlos, zumindest jedoch entsprechend den tatsächlichen Herstellungskosten wesentlich günstiger als die Printversionen zugänglich sein. Während die Zahl amtlicher Druckwerke überschaubar ist, besteht die prinzipielle Möglichkeit, jedes Dokument der öffentlichen Stelle elektronisch, also – nach derzeitigem Stand der Technik – im Internet bereitzustellen. Darin ist der Hauptanwendungsbereich einer Verweisungsbefugnis zu sehen. Ein Rückgreifen auf die immensen Vorteile des für Informationsanbieter und -nachfrager individuell zugänglichen Massenmediums Internet drängt sich angesichts dessen fortschreitender Verbreitung und den stetig wachsenden informationstechnologischen Kenntnissen der Bevölkerung geradezu auf. Nach Schätzungen des deutschen Statistischen Bundesamtes verfügen mittlerweile ca. 90% aller deutschen Haushalte über einen Personalcomputer und damit also über informationstechnologische Grundkenntnisse.533 In ca. 50% der Haushalte ist außerdem ein eigener Internetanschluß installiert; die durchschnittliche Zuwachsrate pro Jahr beträgt knapp 15%.534 Darüber hinaus läßt sich eine zunehmende Verbrei-

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Vgl. zum Merkmal der allgemein zugänglichen Informationen etwa vgl. F. Stollmann, NWVBl. 2002, 216 (218). 533 Vgl. die Angaben auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes, unter http://www.destatis.de/basis/d/evs/budtab2.php (Stand: 15.7.2006). 534 Vgl. die Angaben auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes, unter http://www.destatis.de/basis/d/evs/budtab2.php (Stand: 15.7.2006). Die Zuwachsrate errechnet sich aus den Zuwächsen von 2002 bis 2004.

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

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tung von Internetcafés und internetfähigen Computerarbeitsplätzen in Bibliotheken beobachten.535 Fraglich ist, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen der andere Zugangsarten ausschließende Verweis auf elektronische behördliche Veröffentlichungen ein angemessenes Mittel zur effektiven Gewährleistung von Aktenöffentlichkeit ist. Argument für eine Verweisungsbefugnis sind zunächst die erheblichen Einsparungspotentiale hinsichtlich Arbeits- und Materialaufwand. Dies gilt, wie bereits ausgeführt, im Besonderen bei der Bewältigung von Massenverfahren.536 Denn die Kosten der erforderlichen informationstechnologischen sachlichen und personellen Infrastruktur sind überschaubar; die Nutzung des Internets erfordert nicht, daß jede einzelne Behörde eine eigene IT-Infrastruktur vorhält, vielmehr können und sollten Behörden zur Kostenreduzierung gemeinsame Strukturen nutzen. Die Bereitstellung von Informationen im Internet ist dabei außerordentlich bürgerfreundlich, da der Bürger auf die Informationen mit geringen Kosten und jederzeit, also unabhängig von behördlichen Öffnungszeiten, Zugriff nehmen kann. Gesteht ein IFG der öffentlichen Stelle die Möglichkeit zu, durch das antizipierte Bereitstellen von Informationen zukünftig durch individuelle Zugangsverfahren veranlaßten Sach- und Personalaufwand zu vermeiden, motiviert dies die Behörde ferner zur stetigen Erweiterung ihres Internetangebots.537 Auch die Tatsache, daß der überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung mittlerweile über ausreichende technische Möglichkeiten und persönliche Kenntnisse verfügt, auf Internetdaten zuzugreifen, und daß das Internet mit steigender Tendenz mehr und mehr zu einem allgemein gebräuchlichem Massenmedium wird, spricht für eine bedeutende Nutzung des Internets. Schließlich versetzt die Bereitstellung einer elektronischen Vervielfältigung den Bürger ohne weiteres in die Lage, auch eine Printversion der Informationen zu erlangen. In der Regel dürften die dabei entstehenden Kosten geringer sein als die Erstattung der behördlichen Auslagen. Argument gegen eine Verweisungsbefugnis ist zunächst, daß der Ausschluß der anderen Zugangsarten (Einsicht in die Originalakten, Aktenauskunft) in einzelnen Fällen das Informationsinteresse des Antragstellers nicht vollständig befriedigt. Jedoch wird der Antragsteller mit einer (vollständigen) Vervielfältigung der Akte in den meisten Fällen zufrieden sein. Außerdem besteht die Möglichkeit, daß das IFG die Verweisungsmöglichkeit der Behörde für besondere Einzelfälle einschränkt. Gegen eine Verweisungsbefugnis spricht auch, daß die für die elektronische Informationsspeicherung bestehenden unterschied-

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So auch IFG-NGOE, S. 27. Siehe dazu D.III.10.d). 537 So auch IFG-NGOE, S. 27. 536

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

lichen Standards und Formate die Verwendbarkeit der elektronischen Publikationen erschweren können. Jedoch gibt es Standardformate, die eine sehr breite Verwendbarkeit garantieren. Derzeit ermöglicht etwa das vielfach verwendete sog. „pdf-Format“ eine kostenlose Verwendung von Dokumenten.538 Dies ist natürlich der Idealfall. Ausreichend dürfte sein, daß das Format mit einer Software verwendbar ist, die zu erschwinglichen Preisen erwerbbar ist. Sofern mehrere Standartformate bestehen, kann sich im Zweifel auch eine Bereitstellung der Informationen in mehreren Standardformaten anbieten. Schließlich spricht gegen die Verweisungsbefugnis, daß es trotz der fortschreitenden Verbreitung des Internets als allgemein zugängliche Quelle nach wie vor Bürger gibt, denen der Zugriff auf das Internet nicht möglich ist; für diese wirkte eine Verweisung faktisch als Vorenthaltung der Information. Hier muß das IFG zwingend eine Ausnahmeregelung vorhalten. Im Ergebnis sprechen gewichtige Argumente für die Schaffung einer behördlichen Verweisungsbefugnis. Bei der Formulierung derselben ist allerdings den vorgebrachten Bedenken Rechnung zu tragen. So muß sichergestellt sein, daß durch die Verweisung auf von der Behörde bereitgestellte elektronische Vervielfältigungen das Informationsinteresse des Antragstellers vollständig befriedigt bzw. nur in Ausnahmefällen aus überwiegendem öffentlichem Interesse (etwa Schutz der Behörde vor Arbeitsüberlastung in Massenverfahren) beschränkt wird. Zudem sollte aus der Formulierung hervorgehen, daß die Beschränkung der Zugangsarten nur dann angemessen ist, wenn die sachliche Form der Informationsbereitstellung und die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers dies erlauben. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich eine Ausformung der Verweisungsbefugnis als Ablehnungsgrund. Sollte der Antragsteller ausdrücklich eine Angabe der (elektronischen) Bezugsadresse der begehrten Informationen wünschen oder sich nach (informellen) Hinweis mit dieser zufrieden geben, wird dessen Begehren voll erfüllt und gerade nicht beschränkt. Wenn aber in den übrigen Fällen eine nur beschränkte Erfüllung des Antrags erfolgt, sollte sich dies in der gesetzlichen Formulierung wiederfinden. Dadurch wird zugleich klargestellt, daß die Bescheidung eine Begründung – in der natürlich die genaue (elektronische) Bezugsadresse der Informationen anzugeben ist – enthalten muß und eine Rechtsbehelfsbelehrung zu erteilen ist. Zur Gewährleistung der notwendigen Informationsauthentizität empfiehlt sich eine ausdrückliche Verweisung auf „behördliche Veröffentlichungen“ anstelle einer Verweisung auf „allgemein zugängliche Quellen“. Unter diesen Begriff lassen sich ohne

ņņņņņņņņ 538 Die Software zur Verwendung dieses Formats, der (Acrobat) Reader der Firma Adobe Systems Inc., ist für knapp 30 unterschiedliche Betriebssysteme kostenlos erhältlich; vgl. die Unternehmenshomepage unter http://www.adobe.de (Stand: 15.7.2006).

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

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weiteres auch Veröffentlichungen fassen, die die Behörde mittels Privater bewerkstelligt. Um sicherzustellen, daß eine Verweisung nur erfolgt, wenn die sachliche Form der Informationsbereitstellung und die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers dies erlauben, bietet sich die ausdrückliche Beschränkung der behördlichen Befugnis durch ein Zumutbarkeitserfordernis an; der Antragsteller muß sich die Informationen also „in zumutbarer Weise“ (BIFG, AIG-Bbg, IFG-NRW), „leicht zugänglich“ (UIG [2005]) oder auch „problemlos“ (Transparenzverordnung) beschaffen können. Möglich ist an dieser Stelle eine negative Formulierung dergestalt, daß die Verweisungsbefugnis besteht, „es sein denn“ dies ist nicht zumutbar. Dadurch wird klargestellt, daß die Behörde nicht in jedem Einzelfall ohne konkreten Anlaß eine Zumutbarkeitsprüfung tätigen muß, sondern der Antragsteller in der Pflicht ist darzulegen, warum ihm ein Bezug der Informationen von der angegebenen Quelle nicht möglich ist. Schließlich sollte die Verweisungsbefugnis als Kannvorschrift formuliert werden und nicht wie beim FOIA als zwingende Anspruchsbeschränkung. Zum einen kann beim Vorhandensein behördlicher Veröffentlichungen davon ausgegangen werden, daß die Behörde ein starkes Eigeninteresse an der Inanspruchnahme ihrer Befugnis hat. Darüber hinaus wird durch die Ausformung als Ermessensvorschrift zusätzlich zum Zumutbarkeitsmerkmal die behördliche Verantwortung betont, in einzelnen Fällen Verweisungen zu unterlassen, die zu unangemessenen Ergebnissen führen.

c) Zeitpunkt der tatsächlichen Zugänglichmachung Das völlige Fehlen einer zeitlichen Bestimmung für die Bewirkung des tatsächlichen Informationszugangs im AIG-Bbg ist außergewöhnlich. Alle anderen untersuchten IFGs sehen eine diesbezügliche Regelung vor. Gemäß dem IFG-ProfE sind bei Stattgabe des Antrags Ort, Zeit und Modalitäten des Informationszugangs mitzuteilen.539 Der Informationszugang muß (dann) unverzüglich erfolgen.540 Gemäß dem IFG-NGOE sind die Informationen unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei bzw. sechs Wochen zugänglich zu machen.541 Der Verzicht auf eine Regelung, bis wann die zugangsgewährende Entscheidung zu vollziehen ist, erscheint vor dem Hintergrund der zu gewährleistenden praktischen Wirksamkeit der Informationszugangsfreiheit unangebracht. Es

ņņņņņņņņ 539

§ 11 Abs. 2 IFG-ProfE. Dazu IFG-ProfE, S. 149. § 12 Abs. 2 S. 1 IFG-ProfE. Dazu IFG-ProfE, S. 160 f. 541 § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 IFG-NGOE. Dazu IFG-NGOE, S. 28. 540

202

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

kann insoweit auf die Erwägungen im Zusammenhang mit der Normierung von Entscheidungsfristen entsprechend verwiesen werden.542 Die untersuchten IFGs wie auch die IFG-Entwürfe nehmen zur Gewährleistung eines zeitnahen Informationszugangs auf zwei unterschiedliche Regelungsmodelle Rückgriff. Einerseits kann eine einheitliche Regelung von Zugangs- und Entscheidungsfrist erfolgen (das Einheitsmodell verwenden TF, BIFG, UIG [2005], IFG-SH, IFG-NRW, Transparenzverordnung sowie IFGNGOE) andererseits kann neben die Bescheidungsfrist die Anordnung einer sofortigen oder unverzüglichen Vollziehung treten (das Stufenmodell verwenden FOIA, IFG-B sowie IFG-ProfE). Beide Modelle sind letztlich gleichermaßen geeignet, einen zeitnahen Informationszugang sicherzustellen. Dennoch ist nach der hier vertretenen Auffassung das gestufte Fristenmodell zu bevorzugen. Zum einen paßt sich dies den behördlichen Handlungen, Erlaß eines Verwaltungsaktes und Vollziehung desselben, besser an. Ferner werden durch die Normierung einheitlicher, für zugangsversagende und zugangsgewährende Entscheidungen gleichermaßen geltende Regel- und Verlängerungsfristen die Regelungen nicht nur übersichtlicher, sondern lassen sich auch Ungereimtheiten wie etwa die unterschiedlichen Voraussetzungen für Fristverlängerungen543 vermeiden. Hinsichtlich der Ausgestaltung des Stufenmodells muß jedoch auf die Regelung einiger Details Wert gelegt werden. Zunächst ist für den Fall einer zugangsgewährenden Entscheidung in Anwesenheit des Antragstellers der „sofortige“ Informationszugang anzuordnen. Von der sofortigen Zugangsgewährung darf allenfalls bei erheblicher Beeinträchtigung des behördlichen Arbeitsablaufs abgewichen werden (etwa weil die Akte derzeit in Bearbeitung oder eine Ab/Aussonderung von geheimhaltungsbedürftigen Aktenteilen nicht sofort realisierbar ist). Bei der Formulierung ist darauf zu achten, daß sich die Regelung auf alle in Betracht kommenden Zugangsarten erstreckt. Entsprechende Vorschriften finden sich etwa im IFG-B, das allerdings auf die mündliche Antragstellung in Abgrenzung zur schriftlichen Antragstellung abstellt. Vorstellbar sind aber sowohl Fälle, in denen über einen mündlich gestellten Antrag erst später in Abwesenheit des Antragstellers entschieden wird, als auch Fälle, in denen über einen schriftlich (mitgebrachten) Antrag sofort in Anwesenheit des Antragstellers entschieden werden kann. Da maßgebliches Kriterium also die Anwesenheit des Antragstellers ist, sollte dieses auch sinnvollerweise verwendet werden. Ist eine sofortige Entscheidung nicht möglich, ist dem Antragsteller bei der Bescheidung zugleich mitzuteilen, wann – und natürlich wo und wie; dazu im nächsten Abschnitt – er Einsicht in die Originalakten nehmen kann; die

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Siehe D.III.10.a). Siehe dazu D.III.10.a).

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

203

Übermittlung von Vervielfältigungen oder einer schriftlichen Auskunft dürfte nur in Ausnahmefällen nicht zusammen mit der schriftlichen Bescheidung erfolgen. Strittig ist, ob das IFG eine Regelung über die konkrete Zeit der Einsichtnahme treffen sollte, etwa daß eine Einsichtnahme innerhalb der allgemeinen Sprech- oder Dienstzeiten gewährt wird. Schoch/Kloepfer halten eine solche Bestimmung für verzichtbar, da sie keinen Mehrwert für die Informationszugangsfreiheit bringe und den Handlungsspielraum der öffentlichen Stellen unnötig einenge.544 Dem kann nicht gefolgt werden. Es macht für die praktische Wirksamkeit der Informationsfreiheit einen erheblichen Unterschied, ob der Antragsteller für die Einsichtnahme auf einen bestimmten Termin verwiesen wird bzw. ihm umständliche Terminverhandlungen mit der Behörde aufgezwungen werden oder ob er nach freier Entscheidung innerhalb der allgemeinen Dienst- oder Sprechzeiten die Originalakten einsehen kann. Abschließend sei noch angemerkt, daß die Vollziehung einer zugangsgewährenden Entscheidung, die schutzwürdige Interessen Dritter berührt, entsprechend den bisherigen Erörterungen erst erfolgen darf, wenn dem Dritten eine angemessene Frist zur Geltendmachung von Rechtsbehelfen eingeräumt wurde. Sofern ein IFG diese Fallgestaltung nicht ausdrücklich in seine Fristenregelungen integriert haben sollte, stellt dieser Fall ein nicht schuldhaftes Zögern im Rahmen der unverzüglichen Entscheidungsvollziehung dar.

d) Sonstige Modalitäten des Informationszugangs Die internationale Rechtsvergleichung zeigt anhand der Regelungen über die Einsichtnahme in die Originalakten sehr deutlich auf, daß im schwedischen Recht die tatsächliche Akteneinsicht als Regelfall angesehen wird, während sich FOIA und Transparenzverordnung auf die Übermittlung von Vervielfältigungen und die Möglichkeiten elektronischen Informationszugangs konzentrieren. Während der FOIA diesbezüglich keine Regelungen enthält und sich die Transparenzverordnung auf die Anordnung beschränkt, daß die Einsichtnahme „vor Ort“ zu erfolgen hat, sind die Verfahrensbestimmungen in Tryckfrihetsförordning und Sekretesslag an dieser Stelle von ungewöhnlicher Ausführlichkeit. Nach dem IFG-ProfE sind bei der öffentlichen Stelle ausreichende räumliche und sachliche Möglichkeiten zur Wahrnehmung des Informationszugangs zur Verfügung zu stellen.545 Antragstellern ist die Anfertigung von Notizen gestat-

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Vgl. IFG-ProfE, S. 149. § 12 Abs. 2 S. 2 IFG-ProfE. Es ist sicherzustellen, daß der Bürger vor Ort im wesentlichen ungestört agieren kann und daß ihm im Einzelfall erforderliche technische Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden; vgl. IFG-ProfE, S. 161. 545

204

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

tet; auch Ablichtungen sind gestattet.546 Bekannte Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit des Akteninhalts sind mitzuteilen.547 Art und Umfang von Maßnahmen zur Gewährleistung des teilweisen Informationszugangs sind von der öffentlichen Stelle zu vermerken.548 Im übrigen bestimmt die zuständige Stelle den Informationszugang nach pflichtgemäßem Ermessen.549 Nach dem IFG-NGOE stellt die Behörde ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung.550 Die Anfertigung von Notizen ist gestattet.551 Bei nur teilweiser Zugänglichmachung begehrter Informationen ist anzugeben, wo und in welchem Umfang Informationen nicht zugänglich gemacht wurden und um welche Art von Informationen es sich handelt.552 Die gesetzlichen Vorgaben, daß ausreichende räumliche, sachliche und zeitliche Möglichkeiten für die Einsichtnahme bereitzustellen sind sowie daß dem Antragsteller die Anfertigung von Notizen oder auch eigenen Ablichtungen gestattet ist, kann sicherlich aus dem Informationszugangsanspruch hergeleitet werden.553 Dennoch dient es der Absicherung desselben, wenn das Augenmerk von Behörde und Antragsteller gezielt auf diese Aspekte der Einsichtnahme gelenkt werden. Ein Antragsteller, dem der Gesetzgeber ausdrücklich bescheinigt, daß ihm adäquate Räumlichkeiten zum Aktenstudium einzuräumen sind, wird sich – mit Recht – eher beschweren, wenn er einen Raum mit hohem Geräuschpegel zugewiesen bekommt, in dem ein effektives Aktenstudium nur schlecht möglich ist.554 Wenn gesetzlich darauf hingewiesen wird, daß eigene Ablichtungen von Akten gefertigt werden dürfen, werden mehr Antragsteller entsprechende technische Gerätschaften zur Einsichtnahme mitnehmen und sich z.B. auch nicht beim Abfotografieren der Akte durch kritische Blicke des überwachenden Behördenmitarbeiters abschrecken lassen. Von großer Bedeu-

ņņņņņņņņ 546 § 12 Abs. 3 S. 1 und 2 IFG-ProfE. Die Regelungen des Absatzes 3 sollen insgesamt gewährleisten, daß unverfälschte und aussagekräftige Informationen beim Antragsteller verbleiben können; vgl. IFG-ProfE, S. 161. 547 § 2 Abs. 2 S. 2 IFG-ProfE. 548 § 9 Abs. 4 IFG-ProfE. Dies könne bedeutsam werden bis hin zur Erfüllung von Beweiszwecken in einem Rechtsstreit; vgl. IFG-ProfE, S. 132. 549 § 12 Abs. 1 S. 3 IFG-ProfE. 550 § 5 Abs. 2 S. 1 IFG-NGOE. 551 § 5 Abs. 2 S. 2 IFG-NGOE. 552 § 14 Abs. 2 IFG-NGOE. Für den Antragsteller müsse ersichtlich sein, wo Lücken bestehen; vgl. IFG-NGOE, S. 33. 553 So etwa BT-Drs. 15/4493, S. 14. 554 Schoch/Kloepfer ist zuzustimmen, daß ausreichende räumliche Möglichkeiten erfordern, daß der Antragsteller im wesentlichen ungestört agieren kann; vgl. IFG-ProfE, S. 161.

IV. Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs

205

tung sind darüber hinaus gesetzliche Klarstellungen hinsichtlich zeitlicher und sachlicher Möglichkeiten. Ordnet der Gesetzgeber in Bezug auf einen individuellen Antragsteller an, diesem ausreichende Zeit für das Aktenstudium einzuräumen, wirkt dies der Gefahr einer unzulässigen Verkürzung des Einsichtszeitraums aufgrund einer Mehrzahl von gleichgerichteten Anträgen entgegen.555 Die kumulative Ausübung von Bürgerrechten darf allenfalls in Ausnahmefällen zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu einer Verkürzung der individuellen Bürgerrechte führen. Schließlich bestehen ausreichende sachliche Möglichkeiten, wenn die für den Informationszugang erforderlichen Hilfsmittel bereitgestellt werden.556 Dabei versteht es sich nicht von selbst, daß ein Behördenmitarbeiter zur Hilfeleistung bei der Bedienung der Geräte verpflichtet ist, wie dies etwa das Sekretesslag anordnet, weshalb eine solche gesetzliche Anordnung begrüßenswert ist. Das IFG-SH ordnet an dieser Stelle zumindest an, daß erforderliche Leseanweisungen bereitzustellen sind. Die Verpflichtung, bei teilweisem Aktenzugang Art und Umfang der zurückgehaltenen Informationen in der Akte zu vermerken, findet sich nur in wenigen IFGs (FOIA, IFG-B). Die effektivste Regelung hält dabei der FOIA vor, nach dem die Angaben soweit technisch möglich an der jeweiligen Stelle der Auslassung zu vermerken sind. Solche Angaben erleichtern es einem Bürger deutlich, sich einen Überblick über eine Akte zu verschaffen, da die durch die Ab- bzw. Aussonderung bewirkte Fragmentierung des Akteninhalts abgemildert wird. Durch einen entsprechenden Vermerk am Ort der Auslassung werden die übrigbleibenden Informationsfragmente miteinander verbunden und dadurch leichter erfaßbar. Insbesondere bei elektronischen Dokumenten kann die schlichte Auslassung von Daten zu einer erheblich erschwerten Lesbarkeit des Textes führen, da mangels Erkennbarkeit der Unkenntlichmachung bei jedem Satz einzeln untersucht werden muß, ob an diesem eine Auslassung vorgenommen wurde. Dieser Verpflichtung kann die Behörde auch ohne größeren Aufwand nachkommen. So macht es etwa bei elektronischer Auslassung personenbezogener Daten keinen Unterschied, ob mittels der Ersetzungsfunktion die Namen von Beteiligten schlicht gelöscht oder ob diese mit aussagekräftigen Platzhaltern („Kläger“, „Antragsteller“, „Bauherr“, „Nachbar“, „Anlagenbetreiber“, „Gastwirt“, „Polizeipflichtiger“ etc.) ersetzt werden. Bei der von Hand vorzunehmenden Schwärzung auf Kopien von Schriftstücken kann etwa am Rand neben der Schwärzung handschriftlich ein Vermerk wie „Betriebsge-

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Z.B. wurden 15 Antragstellern von einem brandenburgischen Wasserzweckverband aufgrund des absoluten zeitlichen Aufwandes jeweils nur 20 Minuten für die Einsichtnahme in umfangreiche Unterlagen gewährt; vgl. brandenburgischer Landesbeauftragter für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht, 9. Tätigkeitsbericht 2000, LT-Drs. Bbg 3/2481, Teil B, 3.5. 556 So auch IFG-ProfE, S. 161.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

heimnis – Kostenkalkulation“ angebracht werden. Eines Vermerks über den Umfang der Schwärzung bedarf es hingegen nur bei Auslassung ganzer Seiten. Im Rahmen der Gewährung des Informationszugangs kann schließlich noch erwogen werden, Akten (an bestimmte Personen) zu entleihen. Dagegen spricht nicht nur die Nichtregelung in allen untersuchten Ländern sondern insbesondere auch, daß sogar in Schweden, wo eine solche Handhabung tatsächlich praktiziert wird, kein Anspruch auf Aktenüberlassung besteht. Allerdings ist in Deutschland die Überlassung etwa von Gerichtsakten oder staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten an Rechtsanwälte üblich. Da Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege besondere Gewähr für den Erhalt der Aktenintegrität bieten, kommt eine Aktenentleihe an diese grundsätzlich in Betracht. Ob eine solche Regelung Vorteile böte, erscheint indes fraglich. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts, (nur) bestimmte Informationen aus einer Akten zu kopieren, dürfte regelmäßig wesentlich teurer sein, als sich von der Behörde eine Vervielfältigung der kompletten Akten anfertigen zu lassen. Mit der Vollziehung des Informationszugangs werden besondere Bevollmächtigte daher nur selten befaßt sein. Sollte sich allerdings eine solche Situation ergeben und in dieser ein guter Grund für das Erfordernis einer Aktenleihe bestehen, ist der deutschen Verwaltung zuzutrauen, daß sie entsprechend der schwedischen eine pragmatische Aufgabenerledigung anstrebt. Die Einräumung eines gesetzlichen Anspruchs erscheint im Ergebnis dazu nicht erforderlich.

V. Kosten Für die Wahrnehmung von Informationsfreiheitsrechten spielen die Kosten des Zugangs eine erhebliche Rolle. Ist der Informationszugang mit einem hohen Kostenrisiko bzw. einer hohen Kostenlast verbunden, muß mit einer Abschreckung des Bürgers gerechnet werden. Der Abschreckungseffekt ist dabei um so größer, je altruistischer die Motive des Bürgers für den Informationszugang sind. Andererseits bedarf aber auch die Handlungsfähigkeit der Verwaltung ausreichenden Schutzes. Die Kostenregelungen eines IFGs haben also das Spannungsverhältnis zwischen Schutz der behördlichen Arbeitsfähigkeit und der grundsätzlichen Zielsetzung der Informationszugangsfreiheit, durch Verwaltungstransparenz eine (zusätzliche) demokratische Kontrolle öffentlicher Stellen durch die Bürger zu gewährleisten, aufzulösen. Dabei steht dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum offen: Er kann generell auf eine Gebührenerhebung verzichten557 und ggf. nur eine Erstattung von Sachauslagen in tatsächlicher Höhe vorsehen oder er kann eine strenge Gebühren- und Auslagenerstat-

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So auch IFG-ProfE, S. 168.

V. Kosten

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tung nach dem Kostendeckungsprinzip anordnen558. Letztlich muß der Gesetzgeber an dieser Stelle Farbe bekennen und klarstellen, wieviel ihm die Informationszugangsfreiheit wert ist.

1. Schwedische Tryckfrihetsförordning Die Tryckfrihetsförordning bestimmt ausdrücklich und ausnahmslos, daß die Einsichtnahme in Dokumente kostenlos ist.559 Nur für die Herausgabe von Vervielfältigungen erhebt die Behörde eine festgelegte Gebühr; dies gilt nicht für den Fall der Herausgabe geschwärzter Kopien im Rahmen teilweisen Aktenzugangs.560 Darüber hinaus treffen Tryckfrihetsförordning und Sekretesslag keine weiteren Regelungen zur Kostenfestsetzung. Die Gebühren für die Herausgabe von Vervielfältigungen bestimmen sich nach der allgemeinen Gebührenverordnung („Avgiftsförordning“561, AV). Konkret sind dort folgende Kosten vorgesehen:562 Für Kopien und mittels EDV-Einrichtungen erstellte Ausdrucke berechnet die Behörde bis zu 10 Seiten 50 SEK (5,47 €) und für jede weitere Seite 2 SEK (0,22 €).563 Für Abschriften von Akten oder Tonbandaufnahmen werden für jede angefangene Viertelstunde Arbeitszeit 90 SEK (9,85 €) in Rechnung gestellt.564 Die Kopie eines Tonbands kostet 120 SEK (13,13 €), die eines Videobands 600 SEK (65,65 €).565 Portokosten sind in tatsächlicher Höhe zu erstatten; der Versand von Briefen bis zu 20 Gramm erfolgt allerdings kostenfrei.566 Befreiungsmöglichkeiten von der Gebührenerhebung sieht die Avgiftsförordning nicht vor. Die Behörde kann jedoch von der Eintreibung von Kosten-

ņņņņņņņņ 558

Ebenso IFG-ProfE, S. 168. Kap. 2 Art. 12 Abs. 1 S. 1 TF. 560 Kap. 2 Art. 13 Abs. 1 S. 1 TF. Sofern der nur teilweise Aktenzugang mittels Herausgabe von teils geschwärzten Kopien bewirkt wird, entstehen dem Antragsteller allerdings keine Kosten; vgl. G. Petrén, Access, S. 35 ff. (S. 46). 561 SFS 1992:191, zuletzt geändert durch SFS 2005:237. 562 Die in Klammern angegebenen Eurobeträge errechnen sich ausgehend von einem ungefähren Eurokurs von 9,14 schwedischen Kronen (SEK). 563 Art. 16 Abs. 1 u. 2 AV. Nach Abs. 4 sind diese Kosten auch dann zu erstatten, wenn die Kopien oder Ausdrucke per Fax versandt werden. 564 Art. 17 Abs. 1 AV. 565 Art. 17 Abs. 3 u. 2 AV. 566 Art. 15 Abs. 2 AV. 559

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

forderungen unter 100 SEK (10,94 €) absehen, es sei denn die Forderungseintreibung ist unter allgemeinen Gesichtspunkten geboten.567

2. U.S. Freedom of Information Act Der FOIA verpflichtet jede Behörde, organisatorische Vorschriften zu erlassen und hinreichend bekannt zu machen, in denen die Kosten der Bearbeitung von Informationszugangsanträgen genau bestimmt werden, sowie solche, in denen Verfahrensweise und Richtlinien hinsichtlich eines Kostenerlasses oder einer Kostenermäßigung genau geregelt werden.568 Die Kostenvorschriften müssen mit den vom Direktor des Office of Management and Budget569 zu erlassenden und hinreichend bekannt zu machenden Richtlinien in Einklang stehen, welche für gleichartige Kostenvorschriften der Behörden sorgen sollen.570 Der FOIA regelt im einzelnen, welche Kosten in Ansatz gebracht werden dürfen. Die Kostenvorschriften dürfen zur behördlichen Kostendeckung nur die unmittelbaren Kosten von Suche, Sichtung und Vervielfältigung der nachgesuchten Dokumente berücksichtigen.571 Bei den Kosten der Dokumentensichtung dürfen nur diejenigen Berücksichtigung finden, die unmittelbar mit der erstmaligen Beurteilung in Zusammenhang stehen, ob und inwieweit Informationen den die Offenbarung versagenden Ausnahmevorschriften des FOIA unterfallen.572 Umgekehrt dürfen hinsichtlich der Dokumentensichtung keine Kosten berücksichtigt werden, die im Zuge der Antragsbearbeitung durch

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Art. 30a Abs. 1 AV. (a)(4)(A)(i) FOIA. 569 Das Office of Management and Budget ist Teil des Executive Office of the President, also Teil der Präsidialverwaltung. Seine Hauptaufgabe ist es, den Präsidenten bei der Aufstellung des Bundeshaushalts zu unterstützen und die Handhabung des Haushalts in den Bundesbehörden zu überwachen; siehe dazu im einzelnen die Informationen auf der Homepage des Office of Management and Budget unter http://www.whitehouse.gov /omb/index.html (Stand: 15.7.2006). 570 (a)(4)(A)(i) FOIA. Vgl. dazu OMB Fee Guidelines, 52 Fed.Reg. 10011 (vom 27.3.1987; 52. Band, 59. Heft). 571 (a)(4)(A)(iv) FOIA. Unmittelbare Kosten sind Arbeitszeitkosten der Behördenmitarbeiter oder Betriebskosten der zur Vervielfältigung genutzten Gerätschaften, nicht aber Gemeinkosten wie etwa Miet-, Heiz- und Beleuchtungskosten; vgl. etwa die Kostenvorschriften des Department of Justice, 28 CFR 16.11 (b)(2), oder die des Department of Commerce, 15 CFR 4.11 (b)(2). Vgl. auch OMB Fee Guidelines (Teil D., Fn. 570), S. 10017. 572 (a)(4)(A)(iv) FOIA. 568

V. Kosten

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die Klärung von rechtlichen oder politischen Fragestellungen veranlaßt werden.573 Die behördlichen Kostenvorschriften müssen drei Kostenkategorien vorsehen574: Erfolgt das Einsichtsbegehren zum Zwecke der wirtschaftlichen Verwertung der erlangten Informationen, beschränken sich die Kosten auf die Erhebung angemessener Regelgebühren für Dokumentensuche, Dokumentendurchsicht und Vervielfältigung.575 Werden Informationen von Bildungs- oder von nichtwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen nicht für wirtschaftliche sondern für Lehr- oder Forschungszwecke oder von Vertretern der Nachrichtenmedien nachgefragt, beschränken sich die Kosten auf die Erhebung angemessener Regelgebühren für die Vervielfältigung der Dokumente.576 In allen anderen Fällen beschränken sich die Kosten auf die Erhebung angemessener Regelgebühren für Dokumentensuche und Vervielfältigung.577 Besteht ein öffentliches Interesse an der Offenbarung der Information, weil diese voraussichtlich einen erheblichen Beitrag zu einem allgemein besseren Verständnis behördlicher Aktivitäten leisten kann und nicht in erster Linie wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers dient, sind keine oder ermäßigte Kosten zu erheben.578 Die Behörde hat von einer Kostenerhebung abzusehen, wenn die Unkosten von Erhebung und Beitreibung an die zu erhebenden Kosten heranreichen oder diese sogar übersteigen.579 Das gleiche gilt für alle Einsichtsbegehren, ausgenommen die eine wirtschaftliche Verwertung bezweckenden, hinsichtlich der ersten zwei Stunden Suchzeit sowie für die ersten 100 Kopien.580 Eine Kostenermäßigung aus sozialen Gründen sieht der FOIA nicht vor. Die Behörde ist grundsätzlich nicht berechtigt, den Informationszugang von einer Vorauszahlung abhängig zu machen; sie darf allerdings eine Vorauszahlung verlangen, wenn der Antragsteller schon früher durch eine verzögerte

ņņņņņņņņ 573

(a)(4)(A)(iv) FOIA. (a)(4)(A)(ii) FOIA. Vgl. zu den durch die Reform von 1986 neu eingeführten Kostenkategorien M.H. Benecki, Developments under the Freedom of Information Act, Duke Law Journal 1988, 566 (568 ff.); R.L. Huff, Army Lawyer 1989, 7 (8 ff.). 575 (a)(4)(A)(ii)(I) FOIA. 576 (a)(4)(A)(ii)(II) FOIA. 577 (a)(4)(A)(ii)(III) FOIA. 578 (a)(4)(A)(iii) FOIA. Vgl. dazu M.H. Benecki, Duke Law Journal 1988, 566 (575 ff.); R.L. Huff, Army Lawyer 1989, 7 (11 ff.). 579 (a)(4)(A)(iv)(I) FOIA. 580 (a)(4)(A)(iv)(II) FOIA. 574

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Kostenzahlung aufgefallen ist oder wenn die Kosten eine Höhe von 250 US-$ übersteigen.581 Der FOIA befreit für den Fall einer Antragsablehnung nicht von der Kostentragungspflicht.582 Soweit in anderen Gesetzen für spezielle Arten von Dokumenten Kostenvorschriften vorgesehen sind, bestimmt der FOIA ausdrücklich deren Vorrang.583 Die Kostenvorschriften der U.S. Bundesbehörden sind aufgrund der umfassenden Rahmenvorgaben durch den FOIA und die Richtlinien vom Direktor des Office of Management and Budget584 strukturell und inhaltlich weitgehend gleich.585 Die tatsächlich anfallenden Kosten einer Antragstellung nach dem FOIA werden nachfolgend anhand der Kostenvorschriften des Department of Justice dargestellt.586 Bei den Kosten für Dokumentensuche und -sichtung richtet sich die Höhe der Gebühr nach der Qualifikation des benötigten Behördenmitarbeiters. Die Arbeitszeit normaler Büroangestellter kostet 4 US-$ pro 15 min, die qualifizierter Fachangestellter 7 US-$ pro 15 min und die leitender Angestellter 10,25 US-$ pro 15 min.587 Für Fotokopien berechnet die Behörde 0,10 US-$ pro Seite.588 Für mittels Computern hergestellte Vervielfältigungen (Ausdrucke, Datenträger) werden die unmittelbaren Kosten unter Berücksichtigung des Zeitaufwands des Bedieners veranschlagt; für alle anderen Vervielfältigungskosten jeweils die unmittelbar anfallenden Kosten.589 Fallen nur Gebüh-

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(a)(4)(A)(v) FOIA. Vgl. R.L. Huff, Army Lawyer 1989, 7 (11). Dementsprechend sehen die behördlichen Kostenvorschriften i.d.R. die Berechnung auch einer erfolglosen Dokumentensuche vor; vgl. etwa die Kostenvorschriften des Department of Justice, 28 CFR 16.11 (c)(1)(i), die des Department of Commerce, 15 CFR 4.11 (c)(3)(i), oder die des Department of Housing and Urban Development, 24 CFR 15.110 (f). Vgl. weiter OMB Fee Guidelines (Teil D., Fn. 570), S. 10019. 583 (a)(4)(A)(vi) FOIA. 584 OMB Fee Guidelines (Teil D., Fn. 570). 585 Vgl. etwa die Kostenvorschriften nachfolgender Behörden: Department of Justice, 28 CFR 16.11; Department of Commerce, 15 CFR 4.11; Department of Housing and Urban Development, 24 CFR 15.110; Department of Labor, 29 CFR 70.40 ff.; Department of Transportation, 49 CFR 7.41 ff. 586 Das Department of Justice bearbeitete im Jahr 2003 neben dem Department of Homeland Security, dem Department of Defense und dem Department of the Treasury die meisten Informationszugangsanträge nach dem FOIA und dem Privacy Act, 5 USC § 552a; vgl. die vom Justizministerium gemäß (e)(3) FOIA über das Internet zentral zugänglich zu machenden Jahresberichte der verschiedenen Ministerien unter http://www.usdoj.gov/04foia/04_6.html (Stand: 15.7.2006). 587 Department of Justice, 28 CFR 16.11 (c)(1)(ii) u. (c)(3). 588 Department of Justice, 28 CFR 16.11 (c)(2). 589 Department of Justice, 28 CFR 16.11 (c)(2). 582

V. Kosten

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ren in Höhe von 14 US-$ oder weniger an, wird von einer Kostenerhebung abgesehen.590 Sofern die ersten zwei Stunden Suchzeit und die ersten 100 Kopien gebührenfrei sind, finden diese Kosten hinsichtlich der 14 US-$-Grenze keine Berücksichtigung.591 Ist absehbar, daß die anfallenden Kosten einen Betrag von 25 US-$ übersteigen werden, hat die Behörde den Antragsteller zu benachrichtigen und eine schriftliche Kostendeckungszusage einzuholen.592

3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) Nach der Transparenzverordnung „können“ dem Antragsteller die Kosten für die Anfertigung und Übersendung von Kopien in Rechnung gestellt werden – diese Befugnis wird in der Praxis indes nur selten genutzt.593 Diese Kosten dürfen die tatsächlichen Kosten für die Anfertigung und Übersendung der Kopien nicht überschreiten.594 Die Einsichtnahme vor Ort, Kopien von weniger als 20 DIN A4-Seiten und der direkte Zugang in elektronischer Form oder über das Register sind kostenlos.595 Da eine Kostenberechnung also nur für die Vervielfältigung und Übersendung von Dokumenten vorgesehen ist, können dem Antragsteller bei Ablehnung seines Zugangsbegehrens keine Kosten entstehen. Die weiteren Details regeln teilweise die einzelnen Geschäftsordnungen der Organe. Nach der GO-Kom.-Anh. „kann“ dem Antragsteller eine Gebühr von 0,10 € je Seite zuzüglich Versandkosten in Rechnung gestellt werden, wenn der Umfang des beantragten Dokuments 20 Seiten überschreitet.596 Über die Kosten im Zusammenhang mit anderen Hilfsmitteln wird von Fall zu Fall entschieden; diese dürfen jedoch über einen angemessenen Betrag nicht hinausgehen.597

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Department of Justice, 28 CFR 16.11 (c)(4). Department of Justice, 28 CFR 16.11 (c)(5). Für zwei Stunden Dokumentensuche können immerhin Kosten bis zu 82 US-$ und für 100 Kopien bis zu 10 US-$ entstehen. 592 Department of Justice, 28 CFR 16.11 (e). 593 Art. 10 Abs. 1 S. 2 VO 1049/2001/EG. Nach Feststellung der Kommission wird die Befugnis Rechnungen auszustellen nur selten genutzt, weil das Verfahren umständlich sei oder weil die Kosten für die Rechnungsstellung und die Einziehung der Beträge höher wären als die erhaltenen Beträge selbst; vgl. EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 35. 594 Art. 10 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG. 595 Art. 10 Abs. 1 S. 4 VO 1049/2001/EG. 596 Art. 7 Abs. 3 S. 1 GO-Kom.-Anh. 597 Art. 7 Abs. 3 S. 2 GO-Kom.-Anh. 591

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Die GO-Rat-Anh. enthält keine konkreten Kostenvorschriften, sondern ermächtigt den Generalsekretär, die Kosten für die Anfertigung und Übersendung von Kopien von Ratsdokumenten festzusetzen.598 Nach der Beschl.-EP-Zugang „wird“ für die Bereitstellung von Dokumenten, die mehr als 20 DIN A4-Seiten umfassen, eine Gebühr von 10 € zuzüglich 0,03 € pro Seite erhoben.599 Die Kosten für die Übermittlung auf anderem Weg werden vom Generalsekretär von Fall zu Fall festgelegt, dürfen jedoch die tatsächlichen Kosten nicht übersteigen.600 Regelungen zu Zahlungsmodalitäten oder besondere Befreiungsmöglichkeiten von der Kostenpflicht sehen die Kostenvorschriften der EG nicht vor.

4. Umweltinformationsgesetz Für die Übermittlung von Informationen werden nach dem UIG Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben.601 Da der Wortlaut der Vorschrift die Kostenerhebung ausdrücklich an den Tatbestand der „Übermittlung von Informationen“ knüpft, fallen bei Ablehnung des Informationsfreiheitsbegehrens keine Kosten an.602 Die Gebühren sind auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes so zu bemessen, daß der Informationszugang wirksam in Anspruch genommen werden kann.603 Neu ist die gesetzlich bestimmte Kostenbe-

ņņņņņņņņ 598

Art. 9 GO-Rat-Anh. Art. 23 Abs. 1 Beschl.-EP-Zugang. 600 Art. 23 Abs. 3 Beschl.-EP-Zugang, der die Anordnung des Art. 10 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG wiederholt. 601 § 12 Abs. 1 S. 1 UIG (2005). Die Vorschrift entspricht wortgleich § 10 Abs. 1 S. 1 UIG (1994). 602 Der Wortlaut von § 10 Abs. 1 UIG (1994) wurde neugefaßt (§ 10 Abs. 1 S. 1 UIG a.F. sah eine Kostenerhebung für „Amtshandlungen“ vor) durch Art. 21 Nr. 4 lit. a Gesetz vom 27.7.2001 (BGBl. I, S. 1950, 2019). Damit reagierte der deutsche Gesetzgeber auf das Urteil des EuGH vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C-217/97); vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/4599, S. 163 f. In seinem Urteil führt der EuGH aus, die UIRL I verpflichte die Mitgliedstaaten zu einer gemeinschaftsrechtskonformen Umsetzung dergestalt, daß eine Gebührenerhebung dann nicht stattfinden darf, wenn tatsächliche keine Übermittlung von Informationen stattgefunden hat (Rn. 55 ff.). Vgl. auch J. Fluck/M. Wintterle, VerwArchiv 2003, 437 (454 ff.). Die beschränkte Gebührenermächtigung von Art. 5 UIRL I findet ihre inhaltliche Entsprechung in Art. 5 Abs. 2 UIRL II, die sprachlich nicht mehr an die „Übermittlung“ sondern an die „Bereitstellung“ von Informationen anknüpft. 603 § 12 Abs. 2 UIG (2005). Nach der Gesetzesbegründung hat die informationspflichtige Stelle im Einzelfall zu entscheiden, ob die Geltendmachung des gesamten Verwaltungsaufwandes geeignet wäre, die antragstellende Person von der Inanspruchnahme des Umweltinformationsrechts abzuhalten; in diesem Fall sei die Gebührenhöhe 599

V. Kosten

213

freiung für bestimmte Arten des Zugangs. So werden keine Kosten erhoben für die Erteilung mündlicher und einfacher schriftlicher Auskünfte, die Einsichtnahme in Umweltinformationen vor Ort, Maßnahmen und Vorkehrungen nach § 7 Abs. 1 und 2 (aktive behördliche Transparenzpflichten) sowie die Unterrichtung der Öffentlichkeit nach den §§ 10 und 11 (Umweltberichte).604 Daß § 15 Abs. 2 VwKostG keine Anwendung findet, dient wegen des Kostenanfalls nur bei Übermittlung von Informationen lediglich der Klarstellung.605 Neu ist

ņņņņņņņņ so zu reduzieren, daß eine wirksame Inanspruchnahme des Zugangs auf Umweltinformationen gewährleistet ist; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 22. Die Vorschrift entspricht wortgleich § 10 Abs. 1 S. 2 UIG (1994). Diese durch Art. 21 Nr. 4 lit. a Gesetz vom 27.7.2001 (BGBl. I, S. 1950, 2019) neugefaßte Bestimmung geht zurück auf Art. 5 UIRL I, nach der die Mitgliedstaaten für die Übermittlung von Informationen eine Gebühr erheben können, die jedoch eine angemessene Höhe nicht überschreiten darf – die Formulierung findet sich wortgleich in Art. 5 Abs. 2 UIRL II. In seinem Urteil zur Umsetzung der UIRL I vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C217/97) führt der EuGH zum Begriff der angemessenen Höhe aus, daß Gebühren nicht in einer Weise festgelegt werden dürften, die einzelne davon abhalten könnte, ihr Recht auf Zugang zu Umweltinformationen in Anspruch zu nehmen (Rn. 47). Ferner könnten auch nicht alle tatsächlich anfallenden behördlichen Kosten im Rahmen der Gebührenbemessung Berücksichtigung finden; lediglich die unmittelbaren Kosten der Informationsübermittlung seien berücksichtigungsfähig (Rn. 48). Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Neufassung und der Rechtsprechung des EuGH zur UIRL I hat daher das Kostendeckungsprinzip gemäß § 3 S. 2 VwKostG, das in § 10 Abs. 1 S. 2 UIG a.F. („Die Gebühren sollen die voraussichtlichen Kosten decken.“) noch ausdrücklich hervorgehoben wurde, nunmehr im Zweifel hinter den Grundsatz der Umweltinformationsfreiheit zurückzutreten. Zu beachten ist, daß der Wortlaut der Vorschrift nur auf Gebühren und ausdrücklich nicht auf Auslagen abstellt, Auslagen mithin in voller Höhe erstattungsfähig sind. Dem stehen die Ausführungen des EuGH zur UIRL I nicht entgegen; diese beziehen sich ausdrücklich nur auf die Gebührenbemessung. Die Wortlautauslegung steht auch nicht in Widerspruch zum Zweck der UIRL I, den freien Zugang zu den Informationen über die Umwelt zu gewährleisten und jede Beschränkung dieses freien Zugangs zu verhindern (EuGH, a.a.O. Rn. 58), da der Informationssuchende nach § 4 Abs. 1 UIG (1994) eine tatsächliche Einsichtnahme zu fordern berechtigt ist, bei welcher Auslagen nicht anfallen. 604 § 12 Abs. 1 S. 2 UIG (2005). Ausweislich der Gesetzesbegründung umfaßt die Einsichtnahme vor Ort nur die tatsächliche Einsichtnahme an Ort und Stelle einschließlich der notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen; werde im Zusammenhang mit der Einsichtnahme auch die Herausgabe von mehr als nur wenigen Duplikaten beantragt, werde hierdurch ein neuer Gebührentatbestand eröffnet, der nicht mehr durch die gebührenfreie Einsichtnahme vor Ort abgedeckt sei; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 22. 605 § 12 Abs. 3 S. 2 UIG (2005). § 15 Abs. 2 VwKostG regelt die teilweise oder vollständige Absenkung der Verwaltungsgebühr aus Billigkeitsgründen, wenn ein Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung zurückgenommen wird, nachdem mit der sachlichen Bearbeitung begonnen, die Amtshandlung aber noch nicht beendet ist, wenn ein Antrag aus anderen Gründen als wegen Unzuständigkeit abgelehnt wird, oder wenn eine Amts-

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

die Anordnung der Nichtgeltung der §§ 9 (Gebührenbemessung) und 10 (Auslagen) VwKostG, die entgegen der Ansicht des Gesetzsgebers dazu führt, daß der wirtschaftliche Wert der Informationen für den Antragsteller bei der Kostenfestsetzung nicht berücksichtigungsfähig ist.606 Das subsidiär geltende VwKostG bestimmt einerseits allgemeine Grundsätze für die vom Bund zu erlassenden Kostenverordnungen und andererseits allgemeine kostenrechtliche Vorschriften insbesondere zur Gebührenbemessung und -beitreibung.607 Nach dem UIG (2005) ist die Bundesregierung ermächtigt, für Amtshandlungen von informationspflichtigen Stellen die Höhe der Kosten durch Rechtsverordnung zu bestimmen.608 Die aktuellen Änderungen der UIG-

ņņņņņņņņ handlung zurückgenommen oder widerrufen wird. In allen drei Fällen findet eine Übermittlung von Informationen nicht statt. Vgl. zur deklaratorischen Geltung die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/4599, S. 164. 606 § 12 Abs. 3 S. 2 UIG (2005). Nach der Gesetzesbegründung können die informationspflichtigen Stellen in dem durch § 12 UIG (2005) gesteckten Rahmen bei der Gebührenbemessung auch den wirtschaftlichen Wert der Umweltinformationen für die antragstellende Person berücksichtigen; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 22. Die Berücksichtigungsfähigkeit des wirtschaftlichen Wertes der Amtshandlung ist allerdings ein Merkmal des § 9 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG, der nach dem UIG (2005) ausdrücklich keine Anwendung findet. Dies erscheint sachgerecht, da der informationspflichtigen Stelle jede Ausforschung der individuellen Verwendungsabsicht verboten ist. 607 Für Amtshandlungen der Länder und Gemeinden gelten hingegen die Verwaltungskostenvorschriften der Länder, die teilweise für Amtshandlungen nach dem UIG (1994) spezielle Kostenordnungen erlassen haben; vgl. T. Schomerus/C. Schrader/B.W. Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 10 Rn. 10. Inwieweit die Länder unter der Geltung des UIG (2005) die Praxis einer unterschiedlichen Kostenbemessung aufrechterhalten, bleibt abzuwarten. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich auf die für die vorliegende Systematisierung bedeutsamen Regelungen des VwKostG des Bundes. 608 § 12 Abs. 3 S. 1 UIG (2005). Die Ermächtigung entspricht der des § 10 Abs. 2 UIG (1994). Dieser Ermächtigung ist die Bundesregierung durch Erlaß der UIGKostV nachgekommen, welche die Umweltinformationsgebührenverordnung vom 7.12.1994 ersetzt hat. Neben den auf der Neufassung des § 10 UIG (1994) beruhenden Änderungen zeichnete sich die UIGKostV durch eine Absenkung des Gebührenhöchstsatzes von 10.000 DM auf 500 € aus. Dies ging ausweislich der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/4599, S. 164, auf das Urteil des BVerwG vom 27.3.2000 (7 C 25/98), NVwZ 2000, 913 ff., zurück, in dem das Gericht nach Maßgabe des Urteil des EuGH vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C-217/97) eine Ausschöpfung des Gebührenrahmens nur dann für zulässig erachtet, wenn der Antragsteller aus den übermittelten Informationen einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen vermag. Da aber der Informationsbegehrende nach § 4 Abs. 1 UIG (1994) sein Interesse an den Informationen gerade nicht darlegen muß, hielt der Gesetzgeber eine Differenzierung nach wirtschaftlicher Verwertbarkeit im Verwaltungsvollzug für nicht praktikabel. Deswegen wurden ausweislich der Gesetzesbegründung (a.a.O.) in der UIGKostV weiterhin einheitliche Gebührensätze verwendet, die aber zur Vermeidung prohibitiver Effekte abgesenkt wurden.

V. Kosten

215

KostV aufgrund der Neufassung des UIG setzen insbesondere den neu eingefügten Befreiungstatbestand des § 12 Abs. 1 S. 2 UIG (2005) um. Während die Gebührenhöchstgrenzen unverändert fortbestehen, sind sämtliche Mindestgebührensätze entfallen. Nach dem VwKostG kann die Behörde die Amtshandlung, also die Zugangsgewährung, von der Zahlung eines angemessenen Vorschusses bis zur Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten abhängig machen.609 Nach der UIGKostV kann sie von der Erhebung von Kosten ganz oder teilweise absehen, wenn dies im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Interesses oder der Billigkeit geboten ist.610 Die konkreten Gebührensätze ergeben sich aus dem der UIGKostV anliegenden Kostenverzeichnis. Dieses unterteilt die Gebührentatbestände in Auskünfte, Herausgabe und Einsichtnahme vor Ort. Gebührenfrei sind mündliche und einfache schriftliche Auskünfte auch bei Herausgabe von wenigen Duplikaten.611 Gebührenfrei ist ferner die Einsichtnahme vor Ort einschließlich der erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen auch bei Herausgabe von wenigen Duplikaten.612 Für die Erteilung einer umfassenden schriftlichen Auskunft auch bei Herausgabe von Duplikaten beträgt der Gebührensatz bis 250 €.613 Für die Erteilung einer schriftlichen Auskunft bei Herausgabe von Duplikaten, wenn im Einzelfall außergewöhnlich aufwendige Maßnahmen zur Zusammenstellung von Unterlagen erforderlich sind, insbesondere wenn in zahlreichen Fällen zum Schutz öffentlicher und privater Belange Daten ausgesondert werden müssen, beträgt der Gebührensatz bis 500 €.614 Für die Herausgabe von Duplikaten beträgt der Gebührensatz bis 125 €.615 Für die Herausgabe von Duplikaten, wenn im Einzelfall außergewöhnlich aufwendige Maßnahmen zur Zusammenstellung von Unterlagen erforderlich sind, insbesondere wenn in zahlreichen Fällen zum Schutz öffentlicher und privater Belange Daten ausgesondert wer-

ņņņņņņņņ 609

§ 16 VwKostG. § 2 UIGKostV. Dies kann ausweislich der Gesetzesbegründung insbesondere der Fall sein, wenn anerkannte Naturschutzverbände bei gesetzlich vorgeschriebener Beteiligung an umweltrelevanten Verfahren zur Beurteilung zusätzliche Umweltinformationen benötigen; vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 22. 611 A. Nr. 1.1. Kostenverzeichnis zur UIGKostV. 612 A. Nr. 3. Kostenverzeichnis zur UIGKostV. 613 A. Nr. 1.2. Kostenverzeichnis zur UIGKostV. Auslagen werden zusätzlich erhoben; vgl. A. Nr. 1. 614 A. Nr. 1.3. Kostenverzeichnis zur UIGKostV. Auslagen werden zusätzlich erhoben; vgl. A. Nr. 1. 615 A. Nr. 2.1. Kostenverzeichnis zur UIGKostV. Auslagen werden zusätzlich erhoben; vgl. A. Nr. 2. 610

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

den müssen, beträgt der Gebührensatz bis 500 €.616 Die UIGKostV sieht bei der Gebührenbemessung für den Fall, daß eine Amtshandlung mehrere kostenpflichtige Tatbestände erfüllt, eine Obergrenze von insgesamt 500 € vor.617 Auslagen werden zusätzlich und auch dann erhoben, wenn die Amtshandlung gebührenfrei erfolgt.618 Erreichen die Auslagen nicht die Höhe von 5 €, werden sie nicht erhoben.619 Hinsichtlich der Auslagen bestimmt die UIGKostV Gebührenbeträge von 0,10 € für DIN A4 Kopien von Papiervorlagen620, 0,15 € für DIN A3-Kopien von Papiervorlagen621 und 0,25 € für Reproduktionen von verfilmten Akten je Seite622. Die Kosten der Herstellung von Kopien auf sonstigen Datenträgern oder von Filmkopien623 und der Aufwand für besondere Verpackung und besondere Beförderung624 sind in voller Höhe zu erstatten. Die Verwaltungskostenvorschriften der Länder625 wiesen bislang zum Teil erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Gebührensätze auf. So erstreckte sich etwa der Gebührenrahmen für Umweltinformationen in Schleswig-Holstein bis auf 2.045 €.626 Ob im Rahmen der Umsetzung der UIRL II eine wünschenswerte bundesweite Angleichung an die UIGKostV erfolgen wird, bleibt abzuwarten.

ņņņņņņņņ 616

A. Nr. 2.2. Kostenverzeichnis zur UIGKostV. Auslagen werden zusätzlich erhoben; vgl. A. Nr. 2. 617 § 1 Abs. 2 UIGKostV. 618 § 1 Abs. 3 S. 1 UIGKostV. Dies gilt gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 UIGKostV nicht in Fällen eines Tatbestandes nach 1.1. oder 3 des Kostenverzeichnisses. 619 § 1 Abs. 3 S. 3 UIGKostV. Vor der Änderung der UIGKostV in 2005 betrug der Freibetrag 2,56 €. 620 B. Nr. 1.1. Kostenverzeichnis zur UIGKostV. 621 B. Nr. 1.2. Kostenverzeichnis zur UIGKostV. 622 B. Nr. 1.3. Kostenverzeichnis zur UIGKostV. 623 B. Nr. 2. Kostenverzeichnis zur UIGKostV. 624 B. Nr. 3. Kostenverzeichnis zur UIGKostV. 625 Soweit diese noch in DM angegebene Gebührensätze enthalten, gilt folgendes: Nach Art. 14 S. 1 VO 974/98/EG gelten alle Gebührentatbestände, die nach dem 1.1.2002 noch auf eine nationale Währungseinheit lauten, als Bezugnahmen auf den Euro zu dem jeweiligen amtlichen Umrechnungskurs. Gemäß Art. 1 VO 2866/98/EG beträgt der amtliche Umrechnungskurs vom Euro zur Deutschen Mark 1:1,95583. Bei der Umrechnung sind gemäß Art. 14 S. 2 VO 974/98/EG die in VO 1103/97/EG niedergelegten Rundungsregeln zu beachten. 626 Tarifstelle 25.5.3 c) VwGebO-SH a.F. Dieser Gebührenhöchstsatz orientierte sich an dem für Zugangsanträge nach dem IFG-SH; siehe unter D.V.7. Die Tarifstelle 25.5. wurde unter Hinweis auf die Änderung der Rechtslage zum 14.2.2005 gestrichen.

V. Kosten

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5. Brandenburgisches AIG Für Amtshandlungen, die aufgrund des AIG-Bbg vorgenommen werden, werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben.627 Die Gebühren sind so zu bemessen, daß zwischen dem Verwaltungsaufwand einerseits und dem Recht auf Akteneinsicht andererseits unter Berücksichtigung der Bedeutung oder des sonstigen Nutzens für den Antragsteller ein angemessenes Verhältnis besteht.628 Soweit andere Rechtsvorschriften Kostenregelungen treffen, gehen diese dem AIG-Bbg vor.629 Von der Ermächtigung630, im Benehmen mit dem Ausschuß für Inneres des Landtags die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren zu regeln, hat die brandenburgische Landesregierung durch Erlaß der AIGGebO-Bbg Gebrauch gemacht. Das AIG-Bbg verbietet nicht ausdrücklich, im Falle einer Antragsablehnung Kosten zu erheben – derzeit ist eine Kostenerhebung allerdings nicht vorgesehen.631 Individuelle Befreiungsmöglichkeiten von der Kostenpflicht sieht es nicht vor. Allerdings hat die Behörde nach der AIGGebO-Bbg bei der Gebührenfestsetzung auf Antrag die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen.632 Die Behörde kann den Informationszugang von der Zahlung eines angemessenen Vorschusses bis zur voraussichtlichen Höhe der Kosten abhängig machen.633

ņņņņņņņņ 627 § 10 Abs. 1 S. 1 AIG-Bbg. Gemeinden und Gemeindeverbände können für Amtshandlungen nach dem AIG-Bbg Gebühren und Auslagen erheben und dies durch Satzung regeln; die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg finden Anwendung; vgl. § 10 Abs. 3 S. 1 und 2 AIG-Bbg. § 10 Abs. 3 AIG-Bbg wurde neu gefaßt durch Gesetz vom 17.12.2003, GVBl. Bbg I, S. 294, 295 f. 628 § 10 Abs. 1 S. 2 AIG-Bbg. Die Formulierung „unter Berücksichtigung der Bedeutung oder des sonstigen Nutzens für den Antragsteller“ wurde neu eingefügt durch Gesetz vom 17.12.2003, GVBl. Bbg I, S. 294, 295. Die Landesregierung hielt die Einfügung dieser Gesichtspunkte auch unter Berücksichtigung der brandenburgischen Verfassung für „vertretbar“; vgl. LT-Drs. 3/6324, S. 17. 629 § 10 Abs. 1 S. 3 AIG-Bbg. 630 § 10 Abs. 2 AIG-Bbg. 631 Nach § 10 Abs. 1 S. 1 AIG-Bbg werden Kosten für „Amtshandlungen“ erhoben. Möglich ist dadurch also auch eine Gebührenpflichtigkeit ablehnender Bescheidungen; so auch A. Dix, DuD 2002, 291 (294). Vgl. insoweit entsprechend die Ausführungen zur Änderung des UIG (1994) in Teil D., Fn. 602. Allerdings ergibt sich aus dem Gebührentarif der AIGGebO-Bbg, das Gebühren lediglich für die Übermittlung von Informationen erhoben werden. 632 § 2 Nr. 2 AIGGebO-Bbg. 633 § 16 GebG-Bbg.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Die konkreten Gebührensätze ergeben sich aus dem der AIGGebO-Bbg anliegenden Gebührentarif. Danach berechnet die Behörde für die Ermöglichung der Einsichtnahme in Akten und sonstige Informationsträger in einfachen Fällen und für die Erteilung einer Auskunft jeweils 0-102 €634. Im übrigen berechnet sie für die Ermöglichung der Einsichtnahme in Akten und sonstige Informationsträger bei umfangreichem Verwaltungsaufwand 102-511 €635 und bei außergewöhnlichem Verwaltungsaufwand, insbesondere, wenn in zahlreichen Fällen Daten zum Schutz überwiegender öffentlicher oder privater Interessen ausgesondert werden müssen, 511-1.022 €636. Zusätzlich hat der Antragsteller die behördlichen Auslagen zu tragen, wenn er nicht ausschließlich Einsicht in die Originaldokumente nimmt.637 Für die Anfertigung von Zweitschriften, Kopien oder Computerausdrucken sind für die ersten 50 Seiten je Seite 0,50 € und für jede weitere Seite 0,15 € zu zahlen. 638 Auslagen für die Übermittlung von Informationen durch Dokumentationen, elektronische Post, Broschüren oder Zurverfügungstellung von Informationsträgern in sonstiger Weise sind in tatsächlich entstandener Höhe zu erstatten.639

6. Berliner IFG Die Kostenregelung des IFG-B erschöpft sich in der Anordnung, daß Akteneinsicht und Aktenauskunft gebührenpflichtig sind640, und verweist auf das GebBeitrG-B641. Die einzelnen Gebührensätze hat der Berliner Senat in der VwGebO-B geregelt.

ņņņņņņņņ 634

Tarifstelle 1.2.1 u. 1.1 AIGGebO-Bbg. Tarifstelle 1.2.2 AIGGebO-Bbg. 636 Tarifstelle 1.2.3 AIGGebO-Bbg. 637 Nach § 3 Abs. 1 AIGGebO-Bbg gelten Auslagen, die im Zusammenhang mit der gebührenpflichtigen Amtshandlung notwendig werden, als bereits in die Gebühr einbezogen. Dies gilt nach Abs. 2 jedoch nicht, sofern das Akteneinsichtsrecht auf andere Weise als durch Einsicht in die Originaldokumente erfüllt wird; in diesem Fall hat der Antragsteller Auslagen selbst dann zu erstatten, wenn für eine Amtshandlung Gebührenfreiheit besteht oder von der Gebührenerhebung ganz oder teilweise abgesehen wird. 638 Tarifstelle 3.1 AIGGebO-Bbg. 639 Tarifstelle 3.2 AIGGebO-Bbg 640 § 16 S. 1 IFG-B. Zum darin angelegten Mißbrauchsrisiko C.J. Partsch, LKV 2001, 98 (101). 641 § 16 S. 2 IFG-B. Nach § 6 Abs. 1 GebBeitrG-B erläßt der Senat durch Rechtsverordnung Gebühren- und Beitragsordnungen. 635

V. Kosten

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Ein ausdrückliches Verbot der Gebührenerhebung für den Fall der Antragsablehnung sieht das IFG-B nicht vor642; allerdings bestimmt die VwGebO-B die Gebührenfreiheit der Ablehnung von Akteneinsicht oder -auskunft643. Besondere Regelungen zur Gebührenbefreiung bestehen nicht644; die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gebührenschuldners sind nach der VwGebO-B lediglich unter anderem bei der Gebührenfestsetzung zu berücksichtigen.645 Die Möglichkeit, die Akteneinsicht- oder -auskunft von der vollständigen oder teilweisen Vorauszahlung der vermutlich entstehenden Gebühr abhängig zu machen, sieht das GebBeitrG-B vor.646 Gebührenfrei sind nach der VwGebO-B lediglich mündliche Auskünfte, die nicht mit einem besonderen Arbeitsaufwand verbunden sind.647 Im übrigen erhebt die Behörde für die Gewährung von Akteneinsicht oder Aktenauskunft eine Gebühr zwischen 10,23-511,29 €.648 Zusätzlich zu den Gebühren sind der Behörde Auslagen zu erstatten. Die VwGebO-B unterscheidet zwischen Abschriften, Durchschriften, Fotokopien, Vervielfältigungen und mit Hilfe automatischer Datenverarbeitungsanlagen erstellte Ausdrucke sowie dem Kopieren von mit Hilfe automatischer Datenverarbeitungsanlagen gespeicherter Daten auf maschinenlesbare Datenträger.649 In der Praxis am gebräuchlichsten dürften

ņņņņņņņņ 642 Man könnte mit dem Wortlaut von § 16 S. 1 IFG-B dahingehend argumentieren, daß dieser bewußt den Terminus „Amtshandlung“ meidet und mit der Verwendung von „Akteneinsicht“ und „Aktenauskunft“ die tatsächlich stattfindenden Vorgänge meint; allerdings regelt die Vorschrift auch das „Widerspruchsverfahren“, was für ein Verständnis von „Akteneinsicht“ und „Aktenauskunft“ im Sinne eines „Einsicht- und Auskunftsverfahrens“ spricht und somit die Möglichkeit der Gebührenerhebung auch für nicht erfolgreiche Verfahren eröffnet. Letztlich spricht der Wortlaut zumindest nicht eindeutig gegen die Möglichkeit einer Gebührenerhebung im Falle einer Antragsablehnung. 643 Anmerkung zu Tarifstelle 1004 a) VwGebO-B. 644 Nach § 2 Abs. 2 S. 1 GebBeitrG-B sind zwar solche Amtshandlungen gebührenfrei, die überwiegend im öffentlichen Interesse vorgenommen werden, da es jedoch an einer Konkretisierung insbesondere im Rahmen der VwGebO-B fehlt, ist eine Anwendung – wenn überhaupt – nur in ganz außergewöhnlichen Fällen wahrscheinlich. 645 § 5 Nr. 3 VwGebO-B. 646 § 17 GebBeitrG-B. 647 Anmerkung zu Tarifstelle 1004 a) VwGebO-B. 648 Tarifstelle 1004 a) VwGebO-B. 649 Die Abgrenzung zwischen den einzelnen in Tarifstelle 1001 VwGebO-B aufgelisteten Vervielfältigungsarten ist wohl nicht nur für den Durchschnittsbürger eher unverständlich – geklärt erscheinen insoweit allenfalls die Begrifflichkeiten der Fotokopie (Tarifstelle 1001 c)), des mittels automatischer Datenverarbeitungsanlagen erstellten Ausdrucks (Computerausdruck; Tarifstelle 1001 e)) und des Kopierens von mit Hilfe automatischer Datenverarbeitungsanlagen gespeicherter Daten auf maschinenlesbare Datenträger (Kopieren von Dateien auf Diskette, CD-R/RW, DVD oder vergleichbare

220

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Fotokopien bis zum Format DIN A3 und mit Hilfe automatischer Datenverarbeitungsanlagen erstellte Ausdrucke (Computerausdrucke) sein, für die je Seite 0,51 € in Rechnung gestellt werden.650 Fotokopien ab Format DIN A2 kosten 2,56 € pro Seite.651 Für das Kopieren von mit Hilfe automatischer Datenverarbeitungsanlagen gespeicherter Daten auf maschinenlesbare Datenträger, also das Kopieren von Dateien auf portable Speichermedien wie etwa Disketten, CDs oder DVDs, sind je Datei 1,02-2,56 € zu berechnen.652 Müssen die Dateien für das Kopieren verändert werden, so erhöht sich die Gebühr je Datei auf 3,0712,78 €.653

7. Schleswig-holsteinisches IFG Für Amtshandlungen nach dem IFG-SH „können“ Verwaltungsgebühren erhoben werden654; davon ausgenommen sind Amtshandlungen gegenüber Beteiligten.655 Auslagen hingegen „sind“ zu erstatten, dürfen aber die tatsächlichen Kosten nicht übersteigen.656 Während sich also die Behörde Auslagen zwin-

ņņņņņņņņ Speichermedien; Tarifstelle 1001 f)). Insbesondere die Abgrenzung von in ihrer Kostenfolge erheblich variierenden Abschrift (Tarifstelle 1001 a)), Durchschrift (Tarifstelle 1001 b)) und Vervielfältigung (Tarifstelle 1001 d)) ist nur schwerlich zu durchschauen. Ausgehend vom verwaltungsverfahrensrechtlichen Verständnis sind Abschriften alle mit einer Hauptschrift inhaltlich übereinstimmenden Reproduktionen, die (anders als Durchschriften) in einem gesonderten Arbeitsgang handschriftlich, maschinenschriftlich oder mittels eines Druckverfahrens nachträglich hergestellt worden sind; vgl. R. Seegmüller, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 33 Rn. 11. Demzufolge sind Durchschriften nur solche Vervielfältigungen, die schon während der ursprünglichen Erstellung der Hauptschrift, des Originaldokuments, gefertigt werden (etwa mittels Kohlepapier). Computerausdrucke sind als nachträglich mittels eines Druckverfahrens hergestellte Reproduktionen der Hauptschrift ebenfalls Abschriften, die jedoch in Tarifstelle 1001 e) gesondert geregelt sind. Der erhebliche Kostenunterschied zwischen Vervielfältigungen (1,02 € je 10 Seiten, also 0,10 € pro Seite) und Abschriften (4,60 € pro Seite) läßt darauf schließen, das die Abgrenzung nach dem mit der Vervielfältigung verbundenen Arbeitsaufwand zu erfolgen hat; Abschriften sind also nur solche Vervielfältigungen, bei denen der Vervielfältigungsvorgang nicht automatisiert, sondern manuell unter Aufwendung nicht nur unerheblicher Arbeitszeit eines Behördenmitarbeiters stattfindet. 650 Tarifstelle 1001 c) Nr. 1 u. e) VwGebO-B. 651 Tarifstelle 1001 c) Nr. 2 VwGebO-B. 652 Tarifstelle 1001 f) VwGebO-B. 653 Anmerkung zu Tarifstelle 1001 VwGebO-B. 654 § 8 S. 1 Hs. 1 IFG-SH. Vgl. zu den Kostenregelungen G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 41 ff. 655 § 8 S. 1 Hs. 2 IFG-SH. 656 § 8 S. 3 IFG-SH.

V. Kosten

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gend vom Antragsteller erstatten lassen muß, steht die Erhebung von Verwaltungsgebühren in den Grenzen des VwKostG-SH im freien Ermessen der Verwaltung.657 Das Land hat von seiner Ermächtigung durch Erlaß der VwGebOSH Gebrauch gemacht. Auf den ersten Blick erscheint fraglich, was der Gesetzgeber mit der Regelung bezweckt, Amtshandlungen gegenüber Beteiligten seien verwaltungsgebührenfrei.658 Friedersen659 vertritt die Auffassung, daß die Vorschrift schlicht nicht verständlich sei und leerlaufe. Das IFG-SH kenne nur den Antragsteller als Beteiligten. Auf diesen könne sich die Freistellung von Verwaltungsgebühren jedoch wegen der ausdrücklichen Regelung des § 8 S. 1 Hs. 1 IFG-SH gerade nicht beziehen. Mit Beteiligter müsse folglich der an einem Verwaltungsverfahren außerhalb des IFG-SH Beteiligte gemeint sein. Hier ergebe sich das Problem, daß, sofern der Antragsteller in einem solchen Verfahren Beteiligter ist, das IFG-SH wegen § 17 IFG-SH nicht anwendbar sei, daß aber nach Beendigung des Verwaltungsverfahrens das IFG-SH zwar wieder anwendbar, der Antragsteller jedoch nicht mehr Beteiligter in diesem Sinne sei. Der Argumentation Friedersens ist insoweit zuzustimmen, als daß eine Bezugnahme auf den Antragsteller wenig Sinn macht. Allerdings gibt es einen weiteren möglichen Beteiligten im Rahmen eines Informationszugangsverfahrens, auf den bezogen die gesetzliche Freistellung von Kosten durchaus Sinn macht – den Betroffenen gemäß §§ 11, 12, 13 IFG-SH. Diesem gegenüber auferlegt das IFG-SH der Behörde Unterrichtungs-660 und Anhörungspflichten661 und normiert darüber hinaus unter bestimmten Umständen sogar die Verpflichtung, dessen Zustimmung zur Offenbarung einzuholen662. Soweit dieser betroffene Dritte in das Verfahren miteinbezogen wird, ohne dazu unmittelbar Veranlassung gegeben zu haben, erscheint es interessengerecht, ihn von jeder Kostenlast auszunehmen bzw. dies ausdrücklich im Gesetz zu normieren. Ein ausdrückliches Verbot, im Falle der Antragsablehnung Verwaltungsgebühren zu erheben, sehen weder das IFG-SH noch VwKostG-SH oder VwGe-

ņņņņņņņņ 657

Nach Meinung von C. Nordmann, RDV 2001, 71 (81), muß die Behörde bei der Gebührenfestsetzung die Intention des Gesetzgebers insofern berücksichtigen, als daß die Kostenerhebung im Ergebnis nicht zu einer Abschreckung des Informationssuchenden führen darf; unzulässig sei insbesondere eine Abwälzung von allgemeinen Personalund Sachkosten. 658 § 8 S. 1 Hs. 2 IFG-SH. 659 Vgl. G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 43, 72 ff. 660 § 12 Abs. 2 S. 1 IFG-SH. 661 § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 2 S. 2 IFG-SH. 662 § 13 IFG-SH.

222

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

bO-SH vor.663 Besondere Befreiungsmöglichkeiten von der Kostenpflicht finden sich im IFG-SH nicht; es betont lediglich die persönliche Gebührenfreiheit von Körperschaften, Vereinigungen und Stiftungen, die gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken im Sinne des Steuerrechts dienen, soweit die Angelegenheit nicht einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betrifft.664 Ferner eröffnet die VwGebO-SH der Behörde die Möglichkeit, von der Erhebung der Gebühr ganz oder teilweise absehen zu können, wenn dies im Einzelfall aus Gründen der Billigkeit oder des öffentlichen Interesses geboten ist.665 Nach dem VwKostG-SH kann die Behörde ihr Tätigwerden von der Zahlung eines angemessenen Vorschusses bis zur Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten abhängig machen.666 Die anfallenden Gebühren bestimmen sich nach der VwGebO-SH.667 Für die Erteilung schriftlicher Auskünfte berechnet die Behörde in einfachen Fällen 551 €668 und in schwierigen oder komplexen Fällen 51-2.045 €669. Für die Zurverfügungstellung von Informationen oder von Informationsträgern, von maschinenlesbaren Informationsträgern einschließlich erforderlicher Leseanweisungen und von lesbaren Ausdrucken berechnet die Behörde in einfachen Fällen 5-51 €670, bei umfangreichen Maßnahmen zur Zusammenstellung der begehrten Informationen 51-1.023 €671 und bei außergewöhnlich aufwendigen Maßnahmen zur Zusammenstellung der begehrten Informationen 1.023-

ņņņņņņņņ 663

Es verbleibt insoweit bei der allgemeinen Regelung gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 2 VwKostG-SH, nach der sich die vorgesehene Verwaltungsgebühr um ein Viertel ermäßigt, wenn ein Antrag aus anderen Gründen als wegen Unzuständigkeit abgelehnt wird. Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah in § 8 IFG-SH noch vor, Kosten nur für die Überlassung und Übersendung von Kopienen von Informationsträgern in Rechnung zu stellen; vgl. LT-Drs. 2374, S. 7. Aufgrund der starken Kritik von den kommunalen Landesverbänden fand letztlich eine Kompromißlösung Eingang in den Gesetzestext; vgl. LTPlenarprotokoll 14/104 vom 26.1.2000, S. 7935, 7937. 664 § 8 S. 2 IFG-SH i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 6 VwKostG-SH. 665 Anmerkung zu Tarifstelle 25.2 VwGebO-SH. 666 § 16 VwKostG-SH. 667 Das ULD-SH vertritt hinsichtlich der Gebührenbemessung die Auffassung, daß ein erhöhter Such- und Bewertungsaufwand, der durch Mängel der nach § 15 IFG-SH obligatorischen Aktenführung verursacht wird, bei der Bemessung der Gebühren außer Betracht zu bleiben hat; ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 69. Der Nachweis der unzulänglichen Aktenführung dürfte sich jedoch im Rahmen der Anfechtung von Kostenbescheiden regelmäßig schwierig gestalten. Vgl. auch ULD-SH, a.a.O., S. 35 ff. 668 Tarifstelle 25.2.1 a) VwGebO-SH. 669 Tarifstelle 25.2.1 b) VwGebO-SH. 670 Tarifstelle 25.2.2 a) VwGebO-SH. 671 Tarifstelle 25.2.2 b) VwGebO-SH.

V. Kosten

223

2.045 €672. Darüber hinaus stellt die Behörde nach dem VwKostG-SH Auslagen, insbesondere für Vervielfältigungen in Rechnung, wobei die Berechnung der Auslagenhöhe im einzelnen der Behörde obliegt – üblicherweise berechnen die schleswig-holsteinischen Behörden 0,50 € pro DIN-A4 Kopie.673

8. Nordrhein-westfälisches IFG Für Amtshandlungen nach dem IFG-NRW werden Gebühren erhoben.674 Für die Ablehnung eines Antrags auf Informationszugang ordnet das IFG-NRW ausdrücklich Gebührenfreiheit an.675 Die Regelungen des GebG-NRW gelten subsidiär.676 Die Landesregierung hat im Einvernehmen mit dem Landtagsausschuß für Innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform von ihrer Ermächtigung, Gebührentatbestände und Gebühren durch Rechtsverordnung zu bestimmen677, durch Erlaß der VwGebO-NRW Gebrauch gemacht. Besondere Möglichkeiten der Gebührenbefreiung sieht das IFG-NRW nicht vor. Nach dem GebG-NRW sind bei der Gebührenbemessung unter anderem

ņņņņņņņņ 672

Tarifstelle 25.2.2 c) VwGebO-SH. § 10 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwKostG-SH. Nach schriftlicher Auskunft des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, das sich neben Datenschutzbelangen auch Belangen des Informationszugangs widmet, vom 23.3.2004 beträgt der behördenübliche Satz für eine DIN A4-Kopie 0,50 € pro Seite. Dieser Satz entspricht dem in Tarifstelle 25.1.7 a) VwGebO-SH für die Erteilung von Auszügen und Abschriften bei der Gewährung von Akteneinsicht nach § 88 Abs. 5 LVwG-SH vorgesehen Satz. Im Gegensatz zur Akteneinsicht nach § 88 Abs. 5 LVwG-SH sieht jedoch § 8 S. 3 IFGSH vor, daß die Auslagen die tatsächlichen Kosten nicht übersteigen dürfen. Aus der Gesetzesbegründung zu § 8 IFG-SH ergibt sich, daß damit die tatsächlich anfallenden Sachkosten und gerade nicht die behördlichen Personalkosten gemeint sind; vgl. LTDrs. 14/2374, S. 16. Ob der Ansatz von 0,50 € den tatsächlichen Unkosten einer herkömmlichen DIN A4-Fotokopie entspricht, erscheint eher zweifelhaft. Das ULD-SH geht von tatsächlichen Kosten von ca. 5 Cent pro Seite aus; vgl. ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 36. 674 § 11 Abs. 1 S. 1 IFG-NRW. Vgl. dazu F. Stollmann, NWVBl. 2002, 216 (220 f.); M. Zilkens, RDV 2002, 300 (305); C.J. Partsch/W. Schurig, DÖV 2003, 482 (487). 675 § 11 Abs. 1 S. 2 IFG-NRW. 676 § 11 Abs. 2 S. 2 IFG-NRW kommt lediglich deklaratorische Bedeutung zu. 677 § 11 Abs. 2 S. 1 IFG-NRW. Vgl. auch den Runderlaß des nordrhein-westfälischen Innenministeriums vom 30.6.2003, MBl. NRW 2003, S. 688, zu den Richtwerten für die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes bei der Festlegung der nach dem Gebührengesetz NRW zu erhebenden Verwaltungsgebühren (69 € für den höheren Dienst, 54 € für den gehobenen Dienst, 43 € für den mittleren Dienst und 32 € für den einfachen Dienst). Vgl. auch M. Zilkens, RDV 2002, 300 (305). 673

224

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

auf Antrag die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen.678 Die VwGebO-NRW konkretisiert dies dahingehend, daß von der Erhebung von Gebühren „und Auslagen“ auf Antrag insoweit abgesehen werden kann, als dies aus Gründen der Billigkeit, insbesondere zur Vermeidung sozialer Härten geboten erscheint.679 Bemerkenswert ist, daß – allerdings nur bei sehr bürgerfreundlicher Auslegung – nach der VwGebO-NRW nicht nur die Befreiung von der Gebührenpflicht ermöglicht wird, sondern dem Antragsteller auch die Erstattung von Auslagen erlassen werden kann.680 Nach dem GebGNRW kann der Informationszugang von der Zahlung eines angemessenen Vorschusses bis zur voraussichtlichen Höhe der Kosten abhängig gemacht werden.681 Nach der VwGebO-NRW ist die Erteilung einer mündlichen oder einer einfachen schriftlichen Auskunft sowie die Einsichtnahme in Akten und sonstige Informationsträger in einfachen Fällen gebührenfrei.682 Für die Erteilung einer umfassenden schriftlichen Auskunft mit erheblichem Vorbereitungsaufwand

ņņņņņņņņ 678

§ 9 Abs. 1 Nr. 2 GebG-NRW. § 2 VwGebO-NRW. Vgl. dazu C.J. Partsch/W. Schurig, DÖV 2003, 482 (487). 680 Der eindeutige Wortlaut von § 2 VwGebO-NRW steht insoweit in einem Spannungsverhältnis zu § 3 Abs. 2 S. 2 VwGebO-NRW. Letzterer ordnet eine Auslagenerstattung auch in Fällen an, in denen Gebührenfreiheit besteht oder von der Gebührenerhebung abgesehen wird. Für die vorrangige Geltung des § 2 VwGebO-NRW spricht die Gesetzessystematik. Bevor sich die Frage stellt, ob und inwieweit von einer Kostenerhebung aus Gründen der Billigkeit abzusehen geboten erscheint, muß das grundsätzliche Anfallen von Gebühren und Auslagen untersucht werden. Die spezielle Ermäßigungsund Befreiungsregelung des § 2 VwGebO-NRW wäre insofern gegenüber der grundsätzlichen Auslagenregelung des § 3 VwGebO-NRW als vorrangig anzusehen. Gegen die vorrangige Geltung des § 2 VwGebO-NRW spricht allerdings das aus der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung folgende Kosteninteresse des Staates, das in Ausgleich mit dem Informationsinteresse des Bürgers gebracht werden muß. Es stellt sich also die Frage, ob der Informationszugang auch finanziell benachteiligter Bürger gewährleistet ist, wenn dieser Auslagen notwendig und in voller Höhe zu erstatten hat. Nach § 3 Abs. 1 VwGebO-NRW gelten bei Erfüllung des Informationszugangsanspruchs durch Einsicht in die Originaldokumente die damit zusammenhängenden Auslagen als bereits in die Gebühr einbezogen, fallen somit nicht gesondert an. Diese tatsächliche Einsichtnahme ist in aller Regel als ausreichende Gewährleistung des Informationszugangsrechts anzusehen, eine mit einer notwendigen Auslagenerstattung verbundene Vervielfältigung von Dokumenten ist zur Anspruchserfüllung nicht zwingend erforderlich. Da dem Informationsinteresse finanziell benachteiligter Bürger auch bei Annahme einer notwendigen Auslagenerstattung Rechnung getragen werden kann, spricht das Kosteninteresse des Staates für einen Vorrang von § 3 Abs. 2 S. 2 VwGebO-NRW. 681 § 16 GebG-NRW. 682 Tarifstelle 1.1 u. 1.3.1 VwGebO-NRW. Vgl. zur Frage, wann eine schriftliche Auskunft einfach ist, das Urteil des VG Arnsberg vom 25.6.2004, Az. 11 K 1254/03. 679

V. Kosten

225

berechnet die Behörde 10-500 €.683 Im übrigen stellt die Behörde für die Ermöglichung der Einsichtnahme in Akten und sonstige Informationsträger bei umfangreichen Verwaltungsaufwand 10-500 €684 und bei außergewöhnlichem Verwaltungsaufwand, insbesondere, wenn Daten zum Schutz privater Interessen abgetrennt oder geschwärzt werden müssen, 10-1.000 €685 in Rechnung. Erfolgt der Informationszugang durch Einsicht in die Originaldokumente, gelten nach der VwGebO-NRW die damit zusammenhängenden Auslagen als bereits in die Gebühr einbezogen.686 Ansonsten sind sie selbst dann zu erstatten, wenn die Amtshandlung gebührenfrei erfolgt oder von einer Gebührenerhebung abgesehen wird.687 Zusätzlich berechnet die Behörde Auslagen: für die Anfertigung einer DIN A4-Kopie von einer Papiervorlage 0,10 €, für die Anfertigung einer DIN A3-Kopie von einer Papiervorlage 0,15 € und für einen Computerausdruck 0,25 €.688 Auslagen für besondere Verpackung und oder besondere Beförderung sind in tatsächlich entstandener Höhe zu erstatten.689

9. Bundes-IFG Gemäß dem BIFG werden für Amtshandlungen Gebühren und Auslagen erhoben.690 Dies gilt nicht für die Erteilung einfacher Auskünfte.691 Die Gebühren

ņņņņņņņņ 683 Tarifstelle 1.2 VwGebO-NRW. Das VG Arnsberg übt in seinem Urteil vom 25.6.2004, Az. 11 K 1254/03, Kritik an der gesetzgeberischen Verwendung des Tatbestandsmerkmals „umfassend“, welches im Sinne der eigentlichen Wortbedeutung keinen quantitativen, sondern einen qualitativ-inhaltlichen Bezug habe; maßgeblich für die Abgrenzung der Tarifstellen 1.1 und 1.2 sei aber allein der Umfang des Verwaltungsaufwandes. Bis zu einer zeitlichen Grenze von 15 Minuten sei ein Verwaltungsaufwand als unerheblich zu qualifizieren. Zudem bestätigt das Verwaltungsgericht die behördliche Vorgehensweise, im Rahmen der Gebührenbemessung auf ministeriell vorgegebene Stundensätze abzustellen. 684 Tarifstelle 1.3.2 VwGebO-NRW. 685 Tarifstelle 1.3.3 VwGebO-NRW. 686 § 3 Abs. 1 VwGebO-NRW. 687 § 3 Abs. 2 VwGebO-NRW. Vgl. dazu die Ausführungen in Teil D., Fn. 680. 688 Tarifstelle 3.1 VwGebO-NRW. Dem Wortlaut nach ist „je Computerausdruck“ dahingehend auslegbar, daß pro ausgedruckter Datei 0,25 € zu zahlen sind. Dies stünde allerdings im Widerspruch zu den anderen beiden Positionen, die sich eindeutig auf einzelne Seiten beziehen. Auch vor dem Hintergrund der gleichartig anfallenden Materialkosten, insbesondere dem Papierverbrauch und den vergleichbaren „Druck“-Kosten, könnte diese Auslegung ein erhebliches Ungleichgewicht der Gebührentatbestände bewirken (etwa beim Ausdruck umfangreicher Dateien). 689 Tarifstelle 3.2 VwGebO-NRW. 690 § 10 Abs. 1 S. 1 BIFG. Die Gesetzesbegründung betont ausdrücklich, daß Kosten nach Verwaltungsaufwand, jedoch „nicht notwendig“ kostendeckend erhoben werden;

226

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

sind auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes so zu bemessen, daß der Informationszugang wirksam in Anspruch genommen werden kann692; § 15 Abs. 2 des Verwaltungskostengesetzes (Kostenermäßigung u.a. bei Antragsrücknahme nach Beginn der Antragsbearbeitung) findet keine Anwendung693. Aus dieser Regelung soll sich ausweislich der Gesetzesbegründung nicht nur ergeben, daß eine Gebührenerhebung im Falle einer Antragsablehnung unzulässig ist, sondern zudem ein fixer Gebührenhöchstsatz von 500 €.694 Im übrigen erteilt das BIFG eine Verordnungsermächtigung695, aufgrund derer die IFGGebV erlassen wurde. Nach der IFGGebV kann aus Gründen der Billigkeit oder des öffentlichen Interesses die Gebühr um bis zu 50 Prozent ermäßigt werden.696 Aus den genannten Gründen kann in besonderen Fällen von der Erhebung der Gebühr abgesehen werden.697 Nach der IFGGebV ist die Erteilung einer mündlichen oder einer einfachen schriftlichen Auskunft auch bei Herausgabe von wenigen Abschriften gebührenfrei.698 Für die Erteilung einer schriftlichen Auskunft auch bei Herausgabe von Abschriften berechnet die Behörde 30-250 €.699 Für die Erteilung einer schriftlichen Auskunft bei Herausgabe von Abschriften, wenn im Einzelfall ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand zur Zusammenstellung von Unterlagen entsteht, insbesondere wenn zum Schutz öffentlicher oder privater Belange Daten ausgesondert werden müssen, sind zwischen 60-500 € zu berechnen.700 Für die Herausgabe von Abschriften entstehen Gebühren von 15-125 €.701 Für

ņņņņņņņņ vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16. Dies läßt den Schluß zu, daß grundsätzlich die Erhebung kostendeckender Gebühren angestrebt wird. 691 § 10 Abs. 1 S. 2 BIFG. Einfache Auskünfte seien insbesondere „mündliche“ Auskünfte „ohne“ Rechercheaufwand; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16. 692 § 10 Abs. 2 BIFG. In Anlehnung an das UIG (2005) soll die Formulierung sicherstellen, daß Gebühren nicht abschreckend wirken dürfen; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16. 693 § 10 Abs. 3 S. 2 BIFG. 694 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16. Vgl. dazu S.-D. Jastrow/A. Schlatmann, Informationsfreiheitsgesetz, § 10 Rn. 29 f.; M. Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 10 Rn. 34 ff., 46 ff. Die gesetzliche Anordnung der Nichtanwendung eines Kostenermäßigungstatbestandes eröffnet allerdings die Interpretationsmöglichkeit, daß eine Kostenermäßigung ausgeschlossen ist, somit Kosten in voller Höhe gefordert werden dürfen. 695 § 10 Abs. 3 S. 1 BIFG. 696 § 2 S. 1 IFGGebV. 697 § 2 S. 2 IFGGebV. 698 Teil A Tarifstelle 1.1 IFGGebV. 699 Teil A Tarifstelle 1.2 IFGGebV. 700 Teil A Tarifstelle 1.3 IFGGebV. 701 Teil A Tarifstelle 2.1 IFGGebV.

V. Kosten

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die Herausgabe von Abschriften, wenn im Einzelfall ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand zur Zusammenstellung von Unterlagen entsteht, insbesondere wenn zum Schutz öffentlicher oder privater Belange Daten ausgesondert werden müssen, sind zwischen 30-500 € zu berechnen.702 Für die Einsichtnahme bei der Behörde einschließlich der erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen auch bei Herausgabe von wenigen Abschriften berechnet die Behörde 15500 €.703 Auslagen werden zusätzlich zu den Gebühren und auch dann erhoben, wenn die Amtshandlung gebührenfrei erfolgt.704 Dies gilt nicht für Auslagen, die in Zusammenhang mit mündlichen oder einfachen schriftlichen Auskünften anfallen.705 Die IFGGebV enthält die nachfolgenden Auslagentatbestände: Herstellung von Abschriften und Ausdrucken, je DIN A4-Kopie 0,10 €706, je DIN A3-Kopie 0,15 €707, je DIN A4-Farbkopie 5,00 €708, je DIN A3-Farbkopie 7,50 €709; für die Wiedergabe von verfilmten Akten je Seite 0,25 €710; die Auslagen für die Herstellung von Kopien auf sonstigen Datenträgern oder Filmkopien sowie der Aufwand für besondere Verpackung und besondere Beförderung ist in voller Höhe zu erstatten711.

10. Vergleichende Betrachtung Die Rechtsvergleichung zeigt, daß die untersuchten IFGs die Kostenerhebung nicht nur unterschiedlich regeln, sondern sich auch faktische Kostenunterschiede ergeben.712 Der IFG-ProfE sieht vor, daß für Amtshandlungen der öffentlichen Stellen Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben werden.713 Die Gebühren sind so zu bemessen, daß sie eine angemessene Höhe nicht überschreiten; das öffentliche

ņņņņņņņņ 702

Teil A Tarifstelle 2.2 IFGGebV. Teil A Tarifstelle 3 IFGGebV. 704 § 1 Abs. 2 S. 1 IFGGebV. 705 § 1 Abs. 2 S. 2 IFGGebV. 706 Teil B Tarifstelle 1.1 IFGGebV. 707 Teil B Tarifstelle 1.2 IFGGebV. 708 Teil B Tarifstelle 1.3 IFGGebV. 709 Teil B Tarifstelle 1.4 IFGGebV. 710 Teil B Tarifstelle 2 IFGGebV. 711 Teil B Tarifstellen 3 u. 4 IFGGebV. 712 Auch Schoch/Kloepfer erkennen bei den gemeinschaftsrechtlichen und den deutschen Kostenregelungen keinen gemeinsamen Nenner; vgl. IFG-ProfE, S. 169. 713 § 14 Abs. 1 S. 1 IFG-ProfE. Damit spricht sich der Entwurf für eine fakultative Kostenerhebung, also sowohl gegen eine obligatorische Kostentragungspflicht als auch gegen eine grundsätzliche Gebührenfreiheit aus; vgl. IFG-ProfE, S. 176. 703

228

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Interesse auf Informationszugang ist zu berücksichtigen.714 Auslagen sind zu erstatten; dabei dürfen die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschritten werden.715 Im übrigen erteilt der IFG-ProfE eine Verordnungsermächtigung.716 Nach dem IFG-NGOE können Kosten nur für die Überlassung und Übersendung von Kopien von Informationsträgern in Rechnung gestellt werden.717 Hierbei dürfen die tatsächlichen Sachkosten für die Herstellung von Kopien und die tatsächlichen Kosten der Versendung nicht überschritten werden.718 Insbesondere werden die ersten 100 Fotokopien, die erste Diskette sowie die erste CD-Rom kostenfrei überlassen.719 Kosten des Personals der öffentlichen Stelle einschließlich der Gemeinkosten werden nicht berücksichtigt.720 Gemeinnützige Vereinigungen und bedürftige Personen können von Kosten freigestellt werden.721 Das Gleiche gilt, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller ein besonderes öffentliches Interesse am Informationszugang glaubhaft macht.722

ņņņņņņņņ 714

§ 14 Abs. 1 S. 2 IFG-ProfE. Die Regelung bezweckt die Festlegung einer Obergrenze der Gebührenbemessung im Lichte der gesellschaftlichen Bedeutung der Informationszugangsfreiheit und dient damit dem Ausschluß von Gebührenforderungen mit prohibitiver Wirkung; vgl. IFG-ProfE, S. 177. 715 § 14 Abs. 1 S. 3 IFG-ProfE. Dazu IFG-ProfE, S. 178. 716 § 14 Abs. 2 IFG-ProfE. In dieser sollen gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 IFG-ProfE Befreiungstatbestände sowie Ermäßigungen und der Erlaß der Gebühren aus Billigkeitsgründen im Einzelfall vorgesehen werden. Vgl. dazu IFG-ProfE, S. 178 ff. 717 § 8 Abs. 1 S. 1 IFG-NGOE. 718 § 8 Abs. 1 S. 2 IFG-NGOE. 719 § 8 Abs. 1 S. 3 IFG-NGOE. Ausweislich der Entwurfsbegründung bedarf es der Ermöglichung eines völlig kostenfreien Informationszugangs nicht, vielmehr sei eine generelle Beschränkung auf den tatsächlichen Sachaufwand und eine Kostenfreistellung bei nur geringfügigen Aufwand verursachenden Informationszugängen angemessen; vgl. IFG-NGOE, S. 29. 720 § 8 Abs. 1 S. 4 IFG-NGOE. Mit dem Verbot der Einbeziehung von Gemeinkosten tritt der IFG-NGOE der Gefahr entgegen, daß die Behörde mit tatsächlich angefallenen Gemeinkosten argumentierend überhöhten Sachaufwand geltend machen kann; der weithin üblichen Forderung von 50 Cent für eine Fotokopie müsse entgegengetreten werden; vgl. IFG-NGOE, S. 29. 721 § 8 Abs. 2 S. 1 IFG-NGOE. Der Begriff der Gemeinnützigkeit ist nach der Entwurfsbegründung im steuerrechtlichen Sinn zu verstehen; typischer Fall der Bedürftigkeit sei die Berechtigung zur Sozialhilfe; vgl. IFG-NGOE, S. 29. 722 § 8 Abs. 2 S. 2 IFG-NGOE. Laut der Entwurfsbegründung wird bewußt die Glaubhaftmachung eines „besonderen“ Interesses gefordert, um zu verdeutlichen, daß der Nachweis eines Interesses für die Geltendmachung des Informationszugangsanspruches gerade nicht erforderlich und nur für das Nachsuchen um Kostenbefreiung geboten ist; vgl. IFG-NGOE, S. 29. Für die Glaubhaftmachung bedarf es keines Beweises sondern nur einer schlüssigen Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses; vgl. a.a.O.

V. Kosten

229

Die Kosten des Informationszugangs sind ein neuralgischer Punkt für die Wirksamkeit von Informationsfreiheitsrechten. Ein besseres Instrument zur Abschreckung des Bürgers wie hohe und unvorhersehbare Kostenfestsetzungen kann den öffentlichen Stellen schwerlich an die Hand gegeben werden.723 Der 17. nordrhein-westfälische Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht formuliert dies trefflich wie folgt: „Der Anspruch auf Informationszugang stößt nicht in jeder Behörde auf Gegenliebe. Kann das Informationsbegehren nicht durch die im Gesetz vorgesehenen Ausschlußgründe abgelehnt werden, versucht es die informationspflichtige Stelle auch schon mal mit der Gebührenfalle“.724 Zu beanstanden sei auch die „in Einzelfällen festgestellte Methode, die informationssuchende Person durch die schlichte Ankündigung des vorgesehenen Gebührenrahmens (10 € bis 1.000 €) von der Wahrnehmung ihres Informationszugangsrechtes abzuschrecken“.725 Die Informationsfreiheitsbeauftragten der Länder beanstanden regelmäßig die Kostenfestsetzungen von Behörden726 und kritisieren insbesondere Gebührenrahmen mit zu hoher Obergrenze und überhöhte Sätze bei der Auslagenerstattung (etwa 50 Cent für eine DIN A4Kopie).727 Daß öffentliche Stellen von der Abschreckungswirkung – teilweise vielleicht auch nur unbewußt – Gebrauch machen, hängt maßgeblich mit dem vergleichsweise starken und durchaus nachvollziehbaren Eigeninteresse der Verwaltung im Informationsfreiheitsbereich zusammen, nämlich die demokratische Kontrolle des Bürgers weitestmöglich zu beschränken. Einem Informationsfreiheitsgesetz kommt hier die Aufgabe zu, die sich bei der Kostenfestsetzung eröffnenden Mißbrauchsmöglichkeiten weitgehend zu beschränken. Der

ņņņņņņņņ 723 Die prohibitive Wirkung übermäßiger und ungewisser Kostenforderungen bestätigen die Untersuchungen von A. Scherzberg, DVBl. 1994, 733 (745); A. Faber, DVBl. 1995, 722 (729); A. Turiaux, Umweltinformationsgesetz, § 10 Rn. 22; D. Kugelmann, Rechtsstellung, S. 219 ff.; C.J. Partsch/W. Schurig, DÖV 2003, 482 (487). 724 Vgl. nordrhein-westfälische Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, 17. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht, Berichtszeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2004, Teil 23.6 (S. 173). 725 Vgl. nordrhein-westfälische Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, 17. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht, Berichtszeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2004, Teil 23.6 (S. 174). 726 In der Praxis werden immer wieder überzogene Kostenforderungen gestellt; vgl. etwa die Beispiele bei A. Theuer, NVwZ 1996, 326 (332 f.). 727 Vgl. brandenburgischer Landesbeauftragter für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht, 9. Tätigkeitsbericht 2000, LT-Drs. Bbg 3/2481, Teil B, 2.5.; Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, Jahresbericht 2000, Teil 3.5.; Jahresbericht 2001, Teil 4.9.; Jahresbericht 2002, Teil 4.9.2.; Jahresbericht 2004, Teil 4.9.4.; ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 35 ff.; nordrhein-westfälische Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, 17. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht, Berichtszeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2004, Teil 23.6 (S. 173 ff.).

230

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Effekt unzureichender Regelungen ist, daß Anträge nur noch bei Vorliegen eines erheblichen Eigeninteresses (vor allem wirtschaftlicher Art) gestellt werden.728 Bei der Ausgestaltung der Kostenregelungen zum Informationszugang muß sich der Gesetzgeber zunächst entscheiden, ob er eher eine umfassende Kostendeckung des Verwaltungsaufwands oder eher eine möglichst bürgerfreundliche, also günstige Zugänglichkeit der Informationen gewährleisten will. Die Rechtsvergleichung bestätigt diesen gesetzgeberischen Regelungsspielraum. Während nach der Tryckfrihetsförordning die Einsichtnahme von Dokumenten generell kostenlos ist und nur Kostenersatz für (zusätzliche)729 Vervielfältigungen verlangt wird, berechtigt die VwGebO-NRW die Behörden bei der Nachfrage nach Umweltinformationen zusätzlich zur Auslagenerstattung zu einer Gebührenerhebung bis zu 5.000 €. An dieser Stelle muß der Gesetzgeber Farbe bekennen. Die angeordnete Intensität der Kostenbelastung zeigt deutlicher als alle anderen Verfahrensregelungen auf, ob der Gesetzgeber das Ziel einer direktdemokratischen Verwaltungskontrolle ernsthaft und nachhaltig verfolgt. Im Folgenden wird davon ausgegangen, daß der Gesetzgeber die praktische Wirksamkeit der Informationszugangsfreiheit ernsthaft anstrebt und er dementsprechend die Behörden lediglich zur Erhebung von im Lichte der Informationszugangsfreiheit „angemessenen Kosten“ ermächtigt. Vorgesehene Kostenerhebungen müssen dann zumindest insofern beschränkt sein, als daß die möglichen Kostenfestsetzungen nicht überzogen und/oder ungewiß sind.730 Ziel einer Kostenregelung muß also eine ausgewogene Preisgestaltung sein, die einerseits prohibitive Wirkungen weitestmöglich vermeidet und andererseits die öffentlichen Stellen kostenmäßig entlastet.731 Dazu bedarf es zunächst der Überlegung, welche Kosten insgesamt auf die Antragsteller im Informationsfreiheitsbereich umzulegen sind. Sodann ist eine möglichst angemessene Berechungsmethodik für die individuell-konkrete Kostenfestsetzung zu finden. Strebte der Gesetzgeber eine vollumfängliche Kostendeckung des Informationszugangs an, bedürfte es bei der Kostenfestsetzung einer Umlegung der unmittelbar und der mittelbar mit dem Informationszugang verbundenen (tatsäch-

ņņņņņņņņ 728

So zutreffend S. Heselhaus, EuZW 2000, 298 (303). Sofern der nur teilweise Aktenzugang mittels Herausgabe von teils geschwärzten Kopien bewirkt wird, berechnen die Behörden keine Kosten; vgl. G. Petrén, Access, S. 35 ff. (S. 46). 730 Ähnlich auch IFG-ProfE, S. 173. 731 Vgl. IFG-ProfE, S. 173 f. Dabei ist zu berücksichtigen, daß nicht nur die weltweiten Erfahrungen mit dem Grundsatz der Aktenöffentlichkeit sondern auch die bisherigen Erfahrungen mit den deutschen IFGs eine Lahmlegung der Verwaltung nicht ernsthaft befürchten lassen; vgl. dazu die Sachverständigenanhörung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum IFG-NRW, LT-Drs. NRW 13/1748, S. 30 ff. 729

V. Kosten

231

lichen) Kosten. Unmittelbare Kosten sind alle Kosten, die bei Bearbeitung eines konkreten Informationsbegehrens zusätzlich entstehen (unmittelbare bzw. Zusatzkosten), also Arbeitszeitkosten der Behördenmitarbeiter, Betriebskosten der zur Vervielfältigung genutzten Gerätschaften und Materialkosten.732 Davon zu unterscheiden sind die unabhängig von einem einzelnen Bearbeitungsvorgang anfallenden Infrastrukturkosten der öffentlichen Stelle (mittelbare bzw. Gemeinkosten), wie etwa Miet-, Heiz- und Beleuchtungskosten oder (antizipierte) Versorgungskosten der Behördenmitarbeiter.733 Während die Zusatzkosten einem einzelnen Vorgang zuzuordnen sind, kann die Zuordnung von Gemeinkosten nur anteilig erfolgen. Da eine abstrakte, für alle öffentlichen Stellen geltende gesetzgeberische Bestimmung eines fixen Verteilungsschlüssels jedoch kaum möglich ist, eröffnete sich der Behörde an dieser Stelle ein nicht nur unwesentlicher Mißbrauchsspielraum. Ohnehin ist das Vorhalten von Verwaltungsinfrastrukturen ein grundsätzliches, von der Allgemeinheit zu tragendes staatliches Erfordernis. Es erscheint daher angemessen, einen grundsätzlichen Ausgleich der Kosteninteressen von Bürgern und Behörden dadurch herbeizuführen, daß die Zusatzkosten dem Bürger, die Gemeinkosten hingegen der öffentlichen Stelle auferlegt werden. Gestützt wird dies durch die vom EuGH vorgenommene Definition der angemessenen Gebührenhöhe gemäß Art. 5 UIRL I.734 In seiner Entscheidung stellte der EuGH fest, daß eine Gebührenbemessung im Lichte der Informationszugangsfreiheit nur dann angemessen sei, wenn die Gebührenhöhe einzelne Bürger, die Informationen erhalten möchten, hiervon nicht abhalte und ihr Recht auf Zugang zu diesen Informationen nicht beschränke.735 Daher dürfe der Staat nicht die gesamten den öffentlichen Haushalten durch eine Zusammenstellung von Unterlagen tatsächlich entstandenen, namentlich mittelbaren, Kosten auf einzelne abwälzen, die einen Antrag auf Information gestellt haben.736 Die Behörde darf also grundsätzlich nur berechtigt sein, die unmittelbaren bzw. Zusatzkosten der Antragsbearbeitung dem Bürger in Rechnung zu stellen.737 Dies sollte indes mit Blick auf die Regelungen des FOIA insoweit beschränkt sein, als der getätigte Arbeitszeitaufwand nicht durch die Klärung von

ņņņņņņņņ 732

Vgl. zu diesen Beispielen die Kostenvorschriften des U.S. Department of Justice, 28 CFR 16.11 (b)(2), oder die des U.S. Department of Commerce, 15 CFR 4.11 (b)(2). 733 Vgl. zu diesen Beispielen die Kostenvorschriften des U.S. Department of Justice, 28 CFR 16.11 (b)(2), oder die des U.S. Department of Commerce, 15 CFR 4.11 (b)(2). 734 Vgl. Urteil des EuGH vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C-217/97). 735 Vgl. Urteil des EuGH vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C-217/97), Rn. 47. 736 Vgl. Urteil des EuGH vom 9.9.1999 (EuGHE 1999, I-5087; C-217/97), Rn. 48. 737 Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Absicherung des Informationszugangsrechts in Brandenburg spricht sich C.J. Partsch, NJW 1998, 2559 (2563), für eine sozial abgefederte Orientierung an den Mindestkosten aus.

232

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

rechtlichen oder politischen Fragestellungen veranlaßt ist. Darüber hinaus ist der Behörde lediglich die Abrechnung einer einzigen Dokumentensuche und durchsicht zu gestatten. Denn der Bürger darf zum einen von der Behörde erwarten, daß diese das geltende Recht kennt und sie in Kenntnis der Rechtslage eine Sachverhaltsprüfung vornimmt. Die Erarbeitung und das Vorhalten aktueller Rechtskenntnisse durch behördeninterne oder sogar behördenübergreifende Maßnahmen ist eine allgemeine Kernaufgabe der Verwaltung und damit eine infrastrukturelle Behördenpflicht. Zum zweiten bestünde eine erhebliche Mißbrauchsgefahr, eröffnete man der Behörde die Möglichkeit von Kostensteigerungen durch das organisatorische Vorsehen mehrfacher Vorgangsprüfungen. So ließen sich gewiß gute Gründe für eine generelle „Vier-Augen-Kontrolle“ vor der Herausgabe von Informationen anführen. Auch eine zusätzliche Vorlageverpflichtung an die Behördenspitze oder das behördliche/ministerielle Rechtsreferat könnte man in bestimmten Fällen sicherlich rechtfertigen. Es muß jedoch grundsätzlich im Verantwortungsbereich der Verwaltung bleiben, ihre Aufgabenerfüllung möglichst effizient zu organisieren. Eine ineffektiv arbeitende Behörde darf nicht noch für ihre Ineffektivität belohnt werden.738 Für die individuell-konkrete Kostenbemessung ist zwischen Auslagenerstattung und Gebührenbemessung zu unterscheiden. Die Auslagenerstattung hat grundsätzlich in Höhe des tatsächlichen Materialaufwandes zu erfolgen.739 Dies ist im Grundsatz740 gerechtfertigt, da der Antragsteller den Materialaufwand durch Wahl einer Einsichtnahme in die Originalakten oder einer Auskunftserteilung vermeiden kann. Zudem erspart die Übersendung von Vervielfältigungen dem Antragsteller den persönlichen und sachlichen Aufwand eines Behördenbesuchs. Um aufwendige behördliche Kostenbegründungen zu vermeiden und eine behördenübergreifende Übersichtlichkeit zu gewährleisten, bietet sich dabei auf Verordnungsebene die Bestimmung angemessener Pauschalen an. An dieser Stelle zeichnen sich insbesondere die deutschen IFGs durch völlig überzogene Auslagenpauschalen aus. Diese sehen etwa überwiegend für die Anfertigung von DIN A4-Kopien eine Berechnung von 50 Cent pro Seite vor.741 Angemessen erscheint hingegen eher eine Pauschale von 5 Cent pro Seite.742

ņņņņņņņņ 738

So auch J. Angelov, Grundlagen, S. 212. Dies gilt bei der Anfertigung von teilweise geschwärzten Vervielfältigungen natürlich nur für den Fall der Überlassung an den Antragsteller. 740 Zu berücksichtigen sind allerdings Gesichtspunkte der Gleichbehandlung. Hat z.B. eine Bundesbehörde ihren ausschließlichen Sitz in Berlin und ist eine Einsichtnahme in die Originalakten nur dort möglich, ist eine solche für Berliner ohne weiteres machbar, hingegen für Bundesbürger mit Wohnsitz in Füssen, Konstanz oder Tauberbischofsheim in der Regel faktisch nur schwer wahrnehmbar. 741 Vgl. dazu die Kritik der Informationsfreiheitsbeauftragten in Teil D., Fn. 727. 742 Vgl. etwa ULD-SH, Hinweise zum IFG-SH, 1. Aufl., S. 36. 739

V. Kosten

233

Völlig unangemessen erscheint ferner die in Berlin vorgesehene Auslagenerstattung von (jeweils) 1,02 € bis 2,56 € für das Kopieren einer Datei. Für die Gebührenbemessung empfiehlt sich entgegen der in Deutschland gebräuchlichen Bemessungsmethode nach Fallgruppen eine lineare, direkt am Arbeitsaufwand orientierte. Gegen die Verwendung von Fallgruppen spricht deren Unübersichtlichkeit und schwierige Handhabung, insbesondere da in Informationsfreiheitsangelegenheiten die Situation besteht, daß der Bürger kumulativ mehrere Erfüllungsvarianten in Anspruch nehmen kann.743 Darüber hinaus ist problematisch, daß die meisten Kostenvorschriften zwar eine Abgrenzung von einfachen, normalen und außergewöhnlich aufwendigen bzw. umfangreichen Vorgangsbearbeitungen vorsehen, jedoch keine Kriterien regeln, wie die einzelnen Gebührenrahmen im Einzelfall zu konkretisieren sind. So besteht etwa nach den Berliner Kostenvorschriften für die Übersendung von mehrseitigen Aktenvervielfältigungen ein nicht weiter konkretisierter Gebührenrahmen von 10,23 € bis 511,29 €. Um den Behörden konkretisierende Kriterien an die Hand zu geben, wurden in manchen Ländern ministerielle Runderlasse verordnet, die die Orientierung am Verwaltungsaufwand bei Vorgabe von konkreten Stundensätzen für unterschiedlich qualifizierte Behördenmitarbeiter vorschreiben.744 Die Anordnung einer Orientierung an Stundensätzen auf dritter Regelungsebene kann jedoch nicht mehr als eine für den Bürger transparente Ausgestaltung der Kostenvorschriften angesehen werden. Die Gebührenbemessung für die Antragsbearbeitung ist daher schon auf Verordnungsebene streng arbeitszeitorientiert auszugestalten. Dabei kann der unterschiedlichen Komplexität von Vorgängen, welche eine Befassung von unterschiedlich qualifizierten Behördenangestellten erfordert, durch die Anordnung unterschiedlicher Stundensätze Rechnung getragen werden. Da eine minutengenaue Abrechnung nicht handhabbar, eine stundengenaue jedoch unangemessen wäre, empfiehlt sich die Verwendung von viertel- oder halbstündigen Zeiteinheiten. Das arbeitszeitorientierte Gebührenmodell ermöglicht nicht nur eine bessere Kontrolle der Kostenfestsetzung durch Bürger und Rechtsmittelinstanzen, durch dieses erübrigt sich zudem eine wertmäßige Abgrenzung der unterschiedlichen Informationszugangsarten.

ņņņņņņņņ 743 Diese Kritik wird im Ergebnis auch von Schoch/Kloepfer geteilt, nach deren Auffassung es wenig Sinn macht, nach einzelnen (Behörden-)Tätigkeiten oder Kostenarten differenzieren zu wollen, da letztlich allein die Gebührenhöhe maßgeblich sei; vgl. IFGProfE, S. 174, 176 f. 744 Vgl. etwa den Runderlaß des nordrhein-westfälischen Innenministeriums vom 30.6.2003, MBl. NRW 2003, S. 688, zu den Richtwerten für die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes bei der Festlegung der nach dem Gebührengesetz NRW zu erhebenden Verwaltungsgebühren (69 € für den höheren Dienst, 54 € für den gehobenen Dienst, 43 € für den mittleren Dienst und 32 € für den einfachen Dienst).

234

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Nach Klärung der Frage, auf welche Berechnungsmethodik der Gebührenbemessung zurückzugreifen ist, bedarf es noch einer Untersuchung, welche Ermäßigungs- bzw. Befreiungstatbestände Kostenvorschriften enthalten sollten. In Frage kommt etwa eine Gebührenermäßigung, sollte das Informationsbegehren in besonderem Maße dem öffentlichen Interesse dienen (vgl. etwa FOIA, UIGKostV, VwGebO-SH, IFGGebV). Hinter einer solchen unterschiedlichen kostenmäßigen Behandlung verschiedener Informationsbegehren steckt der prinzipiell anerkennenswerte Gedanke, daß ein altruistisch motivierter Antragsteller im Ergebnis keine höhere Kostenlast tragen soll als ein wirtschaftlich motivierter Antragsteller, der sich über die wirtschaftliche Verwendung der Informationen refinanzieren kann. Dieses Gedankens bediente sich auch das BVerwG in seinem Urteil über die Ausschöpfung des Gebührenrahmens in Umweltinformationsangelegenheiten.745 Von einem solchen Ermäßigungstatbestand sollte jedoch aufgrund von Abgrenzungsschwierigkeiten und wegen der Konsequenzen dieser Regelung Abstand genommen werden. Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen etwa bei Informationsbegehren von Vertretern der Nachrichtenmedien. Diese bedienen zwar ein erhebliches öffentliches Interesse, verfolgen dabei aber wirtschaftliche Zwecke. Während ein öffentliches Interesse bei Veröffentlichung von Informationen in überregionalen Tageszeitungen vielleicht noch ohne weiteres als die wirtschaftliche Verwendung überlagernd angenommen werden kann, erscheint es schon wesentlich problematischer, ob ein Einzelner, der Informationen auf seiner werbefinanzierten Homepage sogar der „Weltöffentlichkeit“ zugänglich macht, das öffentliche Interesse ebenfalls noch in ausreichender Weise bedient. Insbesondere sprechen aber die Konsequenzen dieser Ermäßigungsmöglichkeit gegen ihre Verwendung. Für die Beurteilung ihres Vorliegens bedarf es nämlich der Darlegung des Verwendungszweckes durch den Antragsteller bzw. die Ausforschung desselben durch die Behörde.746 Dies steht in einem prinzipiellen Widerspruch zur Grundstruktur von Informationszugangsrechten, wonach eine Darlegung von Zugangsinteressen gerade nicht erforderlich bzw. die Ausforschung der Zugangsinteressen sogar verboten ist. Der Antragsteller darf nicht über die „Hintertür“ der Gebührenberechnung veranlaßt oder gar gezwungen werden, sein spezielles Interesse an der begehrten Information offenzulegen.747

ņņņņņņņņ 745

Vgl. das Urteil des BVerwG vom 27.3.2000 (7 C 25/98), NVwZ 2000, 913 ff., in dem das Gericht eine Ausschöpfung des Gebührenrahmens nur dann für zulässig erachtete, wenn der Antragsteller aus den übermittelten Informationen einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen könne. 746 Vgl. diesbezüglich zum Kostensystem des FOIA E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 524). 747 Vgl. IFG-ProfE, S. 181. Vgl. auch A. Theuer, NVwZ 1996, 326 (333). Für die Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes bei Offenkundigkeit S. Heselhaus, EuZW 2000, 298 (303).

V. Kosten

235

Fraglich erscheint ferner, ob der Antragsteller zur Kostenerstattung verpflichtet werden sollte, wenn ihm der Informationszugang verweigert wird. Ausdrücklich sieht dies nur der FOIA vor, während die meisten anderen Gesetze der Verwaltung eine Kostenerhebung im Falle der Zugangsversagung ausdrücklich nicht ermöglichen (TF, UIG [2005], IFG-NRW, Transparenzverordnung) bzw. eine solche auf Gesetzesanwendungsebene nicht erfolgt. Für eine Kostenfestsetzung auch bei Antragsablehnung spricht, daß bei der Behörde tatsächlich Prüfungsaufwand anfällt. Allerdings läßt sich dieser durch entsprechende Aktenvermerke insgesamt reduzieren, da die Behörde auf das Ergebnis ihrer Prüfung bei zukünftigen Zugangsanträgen Rückgriff nehmen kann. Für die Kostenbefreiung von Antragsablehnungen im deutschen Rechtskreis lassen sich hingegen nicht die Erwägungen des EuGH zur Ausgestaltung des UIG (1994) anführen748, da es sich bei der Bestimmung, daß nur für die „Übermittlung“ bzw. die „Bereitstellung“ von Informationen eine Gebühr erhoben werden darf (Art. 5 UIRL I bzw. Art. 5 Abs. 2 UIRL II), um spezielle Vorgabe des Gemeinschaftsrechts handelt, die außerhalb des Zugangs zu Umweltinformationen nicht gelten.749 Indes sprechen Gründe einer bereichsübergreifenden Regelungskonformität für eine einheitliche Handhabung von Informationsfreiheitsangelegenheiten und damit für generelle Kostenbefreiungen (oder zumindest erhebliche Kostenermäßigungen) bei Versagung des Informationszugangs. Uneingeschränkt empfehlenswert sind hingegen Kostenermäßigungen bzw. Kostenbefreiungen nach Maßgabe der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers. Insbesondere der Sozialstaatsgedanke gebietet eine Ausgestaltung der Rechtsordnung, die auch sozial schwache Bürger in die Lage versetzt, von ihren Rechten Gebrauch zu machen. Ebenso bietet sich die Regelung von Aufwands- bzw. Kostenfreigrenzen an, um zu gewährleisten, daß die Inkassokosten nicht außer Verhältnis zu den erhobenen Kosten stehen. Dabei ist etwaigen Mißbrauchsmöglichkeiten (mißbräuchliche Aufteilung von Zugangsanträgen, „Strohmann-Modell“) ausreichend Rechnung zu tragen. Schließlich ist noch der Ausgangserwägung Rechnung zu tragen, daß die Kosten des Informationszugangs nicht nur nicht übermäßig sein dürfen sondern daß diese auch vorhersehbar sein müssen. Selbst wenn Antragsteller prinzipiell bereit sind, höhere Kosten für umfangreiche Informationsbegehren in Kauf zu nehmen, wird diese Bereitschaft gewissen Grenzen unterliegen. Da die Antragsteller die nachgesuchten Dokumente als Verwaltungsexterne gerade nicht kennen, können sie vorab nur höchst unvollkommen einschätzen, ob ihre individuelle „Schmerzgrenze“ eingehalten wird. Dies hemmt freilich die Inanspruchnahme des Zugangsrechts. Daher ist von der Verwaltung zu fordern, daß

ņņņņņņņņ 748 749

Siehe dazu die Ausführungen in Teil D., Fn. 602. Vgl. auch IFG-ProfE, S. 179 f.

236

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

sie dem Bürger mit Schätzungen der zu erwartenden Kosten zur Seite steht. Es ist davon auszugehen, daß mit zunehmender Praxis bei der Informationsgewährung sich der dadurch anfallende Mehraufwand stark reduzieren wird. Es empfiehlt sich im Ergebnis eine Kostenregelung nach folgendem Muster:750 Ɣ Befugnis zur Kostenerhebung (Gebühren und Auslagen) bei Gewährung von Informationszugang unter Berücksichtigung der Bedeutung der Informationsfreiheit Ɣ Beschränkung des berücksichtigungsfähigen Verwaltungsaufwands auf die tatsächlichen, unmittelbaren Kosten des Informationszugangs Ɣ Verbot der Berücksichtigung des Verwaltungsaufwands zur Klärung rechtlicher oder politischer Fragestellungen; Beschränkung des berücksichtigungsfähigen Verwaltungsaufwandes auf einen einzigen Such- und Sichtungsvorgang Ɣ Verpflichtung der öffentlichen Stellen, eine für den Bürger nachvollziehbare Schätzung der zu erwartenden Kosten abzugeben Ɣ Verordnungsermächtigung im übrigen; dabei Ɣ Verpflichtung zur Gebührenbemessung nach Maßgabe des getätigten Arbeitsaufwands Ɣ Einführung einer Gebührenfreigrenze von mindestens zwei Stunden und einer Auslagenfreigrenze von nicht weniger als 50 DIN A4-Kopien; ggf. Einführung einer in das Ermessen der Behörde gestellten (zusätzlichen) Möglichkeit, von der Eintreibung geringfügiger Kostenforderungen absehen zu können Ɣ Einführung einer automatischen Rückfrageverpflichtung, falls eine Kostenlast von mehr als 25 € zu erwarten ist Ɣ Verpflichtung zur Normierung von Kostenermäßigungen aufgrund wirtschaftlicher Verhältnisse des Antragstellers Ɣ Einräumung einer Befugnis zur Zusammenfassung offensichtlich aufgeteilter Zugangsanträge zum Zwecke mißbräuchlicher Kostenvermeidung Die Einräumung einer Befugnis zur Kostenerhebung unter Berücksichtigung der Bedeutung der Informationsfreiheit modifiziert das im Gebührenrecht geltende Äquivalenzprinzip.751 In Informationsfreiheitsangelegenheiten bedarf es einer partielle Entkoppelung von den Grundsätzen des allgemeinen Gebührenrechts, um „den Eigenrationalitäten des Informationszugangsrechts“ Rechnung

ņņņņņņņņ 750 Vgl. in diesem Zusammenhang die teilweise parallel laufenden Leitlinien einer Kostenregelung von Schoch/Kloepfer, IFG-ProfE, S. 175. 751 Vgl. zum Äquivalenzprinzip BVerwGE 12, 162 (166); 26, 305 (308 f.); BVerwG, NVwZ-RR 2000, 533 (535); NVwZ 2003, 1385 (1386). Vgl. auch R. Hörstel, BauR 1997, 14 ff.

V. Kosten

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tragen zu können.752 Da der Bürger gerade nicht darlegen muß bzw. die Verwaltung nicht ausforschen darf, welchem Zweck das Informationsbegehren dient, kann die Beurteilung der Äquivalenz nicht wie gesetzlich vorgesehen individuell sondern nur abstrakt erfolgen.753 Gegen die Geltung des Äquivalenzprinzips ohne informationsfreiheitsrechtliche Modifikationen spricht zudem die gefestigte, rechtsschutzbeschränkende Rechtsprechung, daß eine Verletzung des Äquivalenzprinzips nur zu praktischen Folgen – zur Aufhebung angefochtener Gebührenbescheide – führen kann, wenn es „gröblich verletzt“ ist.754 Des weiteren stellt die Beschränkung der Kostenfestsetzung auf den Fall der Zugangsgewährung die Unzulässigkeit der Kostenerhebung bei Antragsablehnung klar. Die nachfolgenden abstrakten Eingrenzungen des Umfangs des berücksichtigungsfähigen Verwaltungsaufwands dienen der Begrenzung der konkret möglichen Gebühren- und Auslagensätze. Dabei ist wesentlich, daß sich die Beschränkung nicht nur auf die tatsächlichen sondern auf die tatsächlichen und unmittelbaren Kosten erstreckt. Die weitere Ausgestaltung kann dem Verordnungsgeber überlassen werden; vorzugeben sind allerdings die Methodik der Gebührenbemessung, Freigrenzen und Kostenermäßigungsmöglichkeiten. Dies bietet den Vorteil größerer Flexibilität der gesetzlichen Regelungen, etwa bei sich ändernden technischen Standards. So ist etwa § 8 Abs. 1 S. 3 IFG-NGOE schon jetzt (beinahe) überholt, bevor eine entsprechende Regelung überhaupt in Kraft treten konnte, da die Diskette als Speichermedium kurz vor dem Aussterben ist – in der Regel verfügen aktuell angebotene Computer über kein Diskettenlaufwerk mehr. Die Ausgestaltung der Freigrenzen für die Gebührenbemessung und Auslagenerstattung orientiert sich an den amerikanischen und gemeinschaftsrechtlichen Regelungen. Hierbei wird davon ausgegangen, daß die Beaufsichtigung der Einsichtnahme in Originalakten in der Regel keine stetige Überwachung bedarf bzw. die Überwachung durch Behördenmitarbeiter parallel zu ihrer sonstigen Tätigkeit zu gewährleisten ist. Die Einsichtnahme von Originalakten darf nicht dadurch beeinträchtigt werden, daß der Bürger durch stetig wachsende Kosten unter Druck gesetzt wird. Etwas anderes gilt natürlich, wenn der Bürger eine erläuternde Begleitung des Aktenstudiums durch einen Behördenmitarbeiter wünscht. Im übrigen ist auch nicht einzusehen, warum – wie von einigen IFGs vorgesehen – nur einfache oder mündliche Auskünfte kostenlos sein sollen. Die Normierung von für alle Zugangsarten geltenden Freigrenzen bewirkt eine Gleichbehandlung aller in Betracht kommenden Zugangsarten. Die Verpflichtung mit dem Antragsteller Rücksprache zu nehmen, sobald ersichtlich ist, daß

ņņņņņņņņ 752

Vgl. IFG-ProfE, S. 174. Vgl. A. Faber, DVBl. 1995, 722 (729); A. Theuer, NVwZ 1996, 326 (333); IFGProfE, S. 174. 754 Vgl. BVerwGE 12, 162 (166); 26, 305 (308 f.). 753

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

die zu erwartenden Kosten einen Betrag von 25 € übersteigen werden, dient in Verbindung mit der Verpflichtung zur Kostenschätzung dem Schutz des Bürgers vor unvorhergesehenen Kostenbelastungen. Die Kostengrenze von 25 € orientiert sich an der vergleichbaren Regelung des amerikanischen Rechts. Schließlich ist der Behörde die Befugnis zuzugestehen, mißbräuchlichen Kostenvermeidungsstrategien durch das Zusammenfassen von Zugangsanträgen entgegenzuwirken. Um jedoch umgekehrt keine Mißbrauchsmöglichkeit der Verwaltung zu eröffnen, ist dies Befugnis auf offensichtliche Fälle zu beschränken. Abschließend sei nochmals betont, daß „der Preis“ des Informationszugangs für dessen Inanspruchnahme von überaus wesentlicher Bedeutung ist. Gerade an dieser Stelle bedarf es daher einer sorgfältigen Bestimmung des Handlungsspielraums der öffentlichen Stellen, selbst wenn die dadurch bedingte Kostenregelung von überdurchschnittlicher Ausführlichkeit sein sollte.

VI. Behördliche Rechtsbehelfe Behördliche Rechtsbehelfsverfahren dienen nicht nur der Entlastung der Gerichtsbarkeit, sie tragen auch dem Status der Behörde als Herrin des Verwaltungsverfahrens Rechnung. Je nach Art der Ausgestaltung kommt diesen jedoch eine unterschiedliche Wirksamkeit zu. Dies gilt insbesondere für die Anordnung von Entscheidungsfristen. Das ausgefeilteste System von Erstentscheidungsfristen wird ohne weiteres unterlaufen, wenn nicht auch die Rechtsbehelfsbehörde an Entscheidungsfristen gebunden ist bzw. keine Folgen von behördlicher Untätigkeit geregelt sind. Darüber hinaus werden die Voraussetzungen der Einlegung des Rechtsbehelfs, die Anforderungen an die Bescheidung und eine eventuelle Kostenpflichtigkeit des Rechtsbehelfsverfahrens betrachtet werden.

1. Schwedische Tryckfrihetsförordning Die Tryckfrihetsförordning selbst trifft keine Regelungen hinsichtlich Möglichkeit und Ausgestaltung eines behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens; allerdings finden sich diesbezügliche Vorschriften im Sekretesslag. Diese räumen dem Antragsteller nicht in jedem Falle die Möglichkeit eines behördlichen Rechtsbehelfs ein. In der Regel liegt die Entscheidungskompetenz über den Informationszugangsantrag – wie bereits erörtert – beim Registrator der Behörde, der den Vorgang bei Zweifeln hinsichtlich des Vorliegens eines Ausnahmetatbestands an „die Behörde“ („myndigheten“), also an den nach den internen

VI. Behördliche Rechtsbehelfe

239

Organisationsvorschriften zuständigen Sachbearbeiter zur Entscheidung weiterleiten kann, wenn dies nicht zu einer Verzögerung der Antragsbearbeitung führt.755 Da der Antragsteller im Falle der Weiterleitung des Antrags schon eine Entscheidung „der Behörde“ erhält, sind seine behördlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten damit erschöpft. Anders verhält es sich, wenn der das Dokument Verwahrende die Entscheidung über den Zugang trifft. Verweigert er den Zugang oder gewährt er den Zugang mit einer Einschränkung, die das Recht des Antragstellers begrenzt, den Dokumenteninhalt anderen mitzuteilen oder ihn sonstwie zu nutzen, ist der Vorgang „der Behörde“ zur Entscheidung vorzulegen.756 Eine genauere Bestimmung, welche behördliche Stelle mit der Rechtsbehelfsentscheidung zu befassen ist, trifft das Sekretesslag nicht; dies verbleibt in der Organisationshoheit der Behörden. Der die Rechtsbehelfsentscheidung treffende Behördenmitarbeiter besitzt eine umfassende Entscheidungsbefugnis über das Zugangsersuchen. Dies ist zwar nicht ausdrücklich im Sekretesslag geregelt, ergibt sich jedoch aus der Formulierung, daß die „Frage“ („frågan“)757 der Offenbarung, also der Vorgang an sich, an die Behörde zur Entscheidung weiterzuleiten ist und nicht etwa die ablehnende Entscheidung selbst. Bestätigt wird diese Auslegung bei Betrachtung der richterlichen Entscheidungsbefugnis im Verwaltungsbereich. Die Verwaltungsgerichte verfügen nicht nur über eine Überprüfungskompetenz, sondern können die Behördenentscheidung komplett ersetzen.758 Dies muß natürlich erst recht im Rahmen des innerbehördlichen Rechtsbehelfsverfahrens gelten. Eine ablehnende Entscheidung muß eine Begründung und eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten.759 Besondere Form- oder Fristerfordernisse hat der Antragsteller nicht zu beachten. Allerdings gilt auch im Rechtsbehelfsverfahren die verfassungsrechtliche Bestimmung, daß ein nachgesuchtes Dokument sofort („genast“) oder aber jedenfalls so früh wie möglich zugänglich zu machen ist.760 Bleibt die Behörde nach Einlegung des Rechtsbehelfs untätig, sehen weder Tryckfrihetsförordning noch Sekretesslag eine gewährende oder versagende Entscheidungsfiktion vor. Mangels Regelung einer Untätigkeitsklage im schwedischen Verwaltungsprozeßrecht761 bleibt dem Antragsteller, ebenso wie

ņņņņņņņņ 755

Siehe D.III.1. Kap. 15 Art. 6 Abs. 2 S. 3 SL. 757 Kap. 15 Art. 6 Abs. 2 S. 3 SL. 758 Vgl. Art. 28 FPL. Vgl. auch R. Lavin, Administrative Law, S. 89 ff. (S. 103); C. Haellmigk, Schweden, S. 28 f. 759 Vgl. Art. 20, Art. 21 Abs. 2 S. 1 FL. 760 Kap. 2 Art. 12 Abs. 1 S. 1 TF. 761 Vgl. das FPL. 756

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

bei einer behördlichen Untätigkeit von Anfang an, auch in diesem Fall „nur“ die Möglichkeit einer Beschwerde zum Parlamentsombudsmann762. Kosten für das Rechtsbehelfsverfahren darf die Behörde dem Antragsteller nicht in Rechnung stellen. Nach der Tryckfrihetsförordning ist ausdrücklich nur für die Herausgabe von Vervielfältigungen eine Gebühr zu erheben; die Einsichtnahme und damit auch die notwendigerweise vorausgehende Entscheidung über diese sind kostenlos.763 Zwar kann das Sekretesslag ein zweistufiges Entscheidungsverfahren innerhalb der Behörde vorsehen, dies ändert jedoch nichts an der verfassungsrechtlichen Anordnung der Kostenfreiheit der Entscheidung. Eine Kostenerhebung im Rechtsbehelfsverfahren ist somit ausgeschlossen.

2. U.S. Freedom of Information Act Der FOIA eröffnet dem Antragsteller im Falle einer nachteiligen Entscheidung die Möglichkeit eines innerbehördlichen Rechtsbehelfs an den Behördenleiter.764 Über den Rechtsbehelf ist innerhalb von 20 Tagen nach dessen Eingang – ausgenommen Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage – zu entscheiden.765 Bei Vorliegen ungewöhnlicher Umstände kann diese Frist verlängert werden, wenn dem Antragsteller in einer schriftlichen Mitteilung selbige dargelegt werden und ihm mitgeteilt wird, bis wann er mit einer Entscheidung rechnen kann.766 Eine Fristverlängerung von mehr als 10 Arbeitstagen ist unzulässig.767 Im Gegensatz zur Fristverlängerung im Rahmen der Erstbescheidung verlangt der FOIA bei einer Fristverlängerung im Rechtsbehelfsverfahren von der Behörde weder erneute Verhandlungen über eine Begrenzung des Antragsumfangs noch den Versuch einer erneuten individuellen Fristabsprache.768 Unter „ungewöhnlichen Umständen“ versteht der FOIA, soweit dies zu einer vernünftigen Antragsbearbeitung erforderlich ist, das Suchen und Beiziehen nachgefragter Akten von örtlich getrennten Behörden und Behördenteilen, die Notwendigkeit, eine umfangreiche Anzahl verschiedener in einem einzigen Einsichtsbegehren nachgesuchter Akten zu suchen, beizuziehen und angemessen zu sichten, sowie die Notwendigkeit, sich mit anderen Behörden oder Be-

ņņņņņņņņ 762 Siehe zu den rechtlichen und faktischen Befugnissen des Parlamentsombudsmanns D.VIII.1. 763 Kap. 2 Art. 12 Abs. 1 S. 1 u. Art. 13 Abs. 1 S. 1 TF. 764 (a)(6)(A)(i) u. (ii) FOIA. 765 (a)(6)(A)(ii) FOIA. 766 (a)(6)(B)(i) FOIA. 767 (a)(6)(B)(i) FOIA. 768 (a)(6)(B)(ii) FOIA bezieht sich ausdrücklich nur auf die Fristverlängerung der Erstbescheidung. Siehe dazu auch die Ausführungen zu D.III.2.

VI. Behördliche Rechtsbehelfe

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hördenteilen, die ein erhebliches Interesse an der Entscheidung haben, zu besprechen, wobei die Besprechung schnellstmöglich zu erfolgen hat.769 Diese Legaldefinition gilt gleichermaßen für Erstbescheidung und Rechtsbehelfsverfahren. Besondere Form- oder Fristerfordernisse für die Einlegung des Rechtsbehelfs regelt der FOIA nicht. Allerdings finden sich solche mit nicht nur unerheblichen Unterschieden in den Organisationsvorschriften der einzelnen U.S. Bundesbehörden. So variieren etwa die Rechtsbehelfsfristen von 30770 über 60771 bis hin zu 90772 (Kalender-)Tagen. Stark unterschiedlich sind auch die Anforderungen an die Begründung des behördlichen Rechtsbehelfs. Teilweise reicht es aus, wenn der Rechtsbehelfsantrag die angegriffene Behördenentscheidung hinreichend genau beschreibt; Kopien des ursprünglichen Zugangsantrags und der Bescheidung müssen nicht mit übersandt werden.773 Nach den Vorschriften anderer Behörden hingegen müssen oder sollen solche Kopien mit übersandt werden774; darüber hinaus ist das Rechtsbehelfsersuchen zwingend zu begründen775. Teilweise sollen Umschlag und Schreiben deutlich mit der Aufschrift „Freedom of Information Act Appeal“ versehen werden776, teilweise wird dies sogar verpflichtend angeordnet777. Gebräuchlich ist hingegen die Verpflichtung zur schriftlichen Rechtsbehelfseinlegung.778 Wird die ursprüngliche Zugangsverweigerung ganz oder teilweise aufrechterhalten, hat die Behörde den Antragsteller über die im FOIA näher geregelten gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten zu belehren.779

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(a)(6)(B)(iii) FOIA. Vgl. etwa Department of Commerce, 15 CFR 4.10 (a); Department of Housing and Urban Development, 24 CFR 15.111 (b). 771 Vgl. etwa Department of Justice, 28 CFR 16.9 (a). 772 Vgl. etwa Department of Labor, 29 CFR 70.22. 773 Vgl. etwa Department of Justice, 28 CFR 16.9 (a). 774 Vgl. etwa Department of Commerce, 15 CFR 4.10 (b) („must“); Department of Housing and Urban Development, 24 CFR 15.111 (c) („must“); Department of Labor, 29 CFR 70.22 („should“). 775 Vgl. etwa Department of Commerce, 15 CFR 4.10 (b); Department of Housing and Urban Development, 24 CFR 15.111 (c); Department of Labor, 29 CFR 70.22. 776 Vgl. etwa Department of Justice, 28 CFR 16.9 (a); Department of Commerce, 15 CFR 4.10 (b). 777 Vgl. etwa Department of Labor, 29 CFR 70.22. 778 Vgl. etwa Department of Justice, 28 CFR 16.9 (a); Department of Commerce, 15 CFR 4.10 (a); Department of Housing and Urban Development, 24 CFR 15.111 (a); Department of Labor, 29 CFR 70.22. 779 (a)(6)(A)(ii) FOIA. 770

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Hält die Behörde die dargestellten Fristerfordernisse nicht ein, gelten die behördlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten als erschöpft780 und der Antragsteller kann Klage erheben.781 Wenn die Behörde das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände und die Beachtung ihrer Sorgfaltspflichten bei der Bearbeitung des Rechtsbehelfs darlegen kann, kann das Gericht – wie auch bei Verzögerungen im Rahmen der Erstbescheidung – das Verfahren ruhen lassen und der Behörde zusätzliche Zeit zur Vervollständigung der Aktensichtung gewähren.782 Als außergewöhnliche Umstände gelten nicht zeitliche Verzögerungen, die von einer vorhersehbaren behördlichen Arbeitsüberlastung herrühren, es sei denn die Behörde weist eine nicht nur unerhebliche fortschreitende Verringerung des Rückstands an zu bearbeitenden Informationsfreiheitsgesuchen nach.783 Zwingend zu berücksichtigen ist hingegen, wenn sich der Antragsteller einer zumutbaren Antragsänderung oder individuellen Fristvereinbarung im Rahmen der Erstbescheidung verweigert hat.784 Hinsichtlich der Kosten des behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens trifft der FOIA keine Regelung. Die Kostenvorschriften der U.S. Bundesbehörden sehen jedoch übereinstimmend vor, daß das Sichten der begehrten Dokumente im Rechtsbehelfsverfahren gebührenfrei ist, sofern Gegenstand der Überprüfung ein Ausnahmetatbestand ist, der schon im Rahmen der Erstbescheidung geprüft wurde. Jedoch kann ein erneutes Sichten der Dokumente in Rechnung gestellt werden, wenn entgegen der Erstbescheidung das tatbestandliche Vorliegen einer Ausnahmeregelung verneint wird und dies die Durchsicht der Akten vor dem Hintergrund einer anderen, noch nicht geprüften Ausnahmeregelung erforderlich macht.785

ņņņņņņņņ 780

(a)(6)(C)(i) FOIA. Vgl. zum Erfordernis der Erschöpfung behördlicher Rechtsbehelfsmöglichkeiten Teil D., Fn. 220. 782 (a)(6)(C)(i) FOIA. (a)(6)(C) FOIA knüpft seine Rechtsfolgen tatbestandlich an die Nichteinhaltung der in (a)(6) FOIA geregelten Fristen insgesamt, also sowohl die Fristen der Erstbescheidung als auch die des Rechtsbehelfsverfahrens. 783 (a)(6)(C)(ii) FOIA. Von der Möglichkeit, ein Ruhen des Verfahrens zu erwirken, wird in der U.S. Behördenpraxis Gebrauch gemacht. Das Ruhen des Verfahrens reicht dabei von mehreren Monaten bis hin zu mehreren Jahren; vgl. mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), Litigation Considerations, „Open America“ Stays of Proceedings (dort Fn. 142 f.). 784 (a)(6)(C)(iii) FOIA. 785 Vgl. etwa die Kostenvorschriften nachfolgender Behörden: Department of Justice, 28 CFR 16.11 (c)(3); Department of Commerce, 15 CFR 4.11 (c)(5); Department of Housing and Urban Development, 24 CFR 15.110 (d); Department of Labor, 29 CFR 70.40 (d)(3); Department of Transportation, 49 CFR 7.44 (d). 781

VI. Behördliche Rechtsbehelfe

243

3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) Nach der Transparenzverordnung kann der Antragsteller im Fall einer vollständigen oder teilweisen Ablehnung seines Zugangsantrags binnen fünfzehn Arbeitstagen nach Eingang des Antwortschreibens des Organs einen Zweitantrag an das Organ richten und es um Überprüfung seines Standpunkts ersuchen.786 Welche Stelle innerhalb des Organs für die Entscheidung über den Zweitantrag zuständig ist, regeln die Geschäftsordnungen.787 Bei der Kommission entscheidet in der überwiegenden Zahl der Fälle der Generalsekretär nach Zustimmung des Juristischen Dienstes.788 Der Rat trifft die Entscheidung über Zweitanträge grundsätzlich selbst.789 Beim Europäischen Parlament liegt die Entscheidungszuständigkeit beim Präsidium des Parlaments790, welches vom Juristischen Dienst und/oder den Datenschutzbeauftragten eine Stellungnahme und vom zuständigen Vizepräsidenten einen Beschlußvorschlag erhält791. Wie Erstanträge müssen nach der Transparenzverordnung auch Zweitanträge in schriftlicher, einschließlich elektronischer, Form in einer der in Art. 314 EGV aufgeführten Sprachen792 gestellt werden.793 Besondere inhaltliche Erfordernisse sind nicht normiert. Eine Empfangsbescheinigung, wie nach Einreichung des Erstantrags, ist dem Rechtsbehelfsführer nicht zuzusenden.794 Ein Zweitantrag ist unverzüglich zu bearbeiten.795 Binnen fünfzehn Arbeitstagen nach Registrierung eines solchen Antrags hat das Organ entweder

ņņņņņņņņ 786

Art. 7 Abs. 2 VO 1049/2001/EG. Auf den Sonderfall der Behandlung sensibler Dokumente nach Art. 9 VO 1049/2001/EG wird im folgenden nicht weiter eingegangen. Vgl. dazu M.E. De Leeuw, E.L.Rev. 28 (2003), 324 (338 ff.). 788 Art. 4 Abs. 3 GO-Kom.-Anh. Teilweise liegt die Entscheidungszuständigkeit gemäß Art. 4 Abs. 3 GO-Kom.-Anh. beim Direktor des OLAF (Office Européen de Lutte Anti-Fraude – Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung), wenn nach Art. 4 Abs. 1 S. 2 GO-Kom.-Anh. der Zweitantrag Dokumente betrifft, die mit vom OLAF durchgeführten Maßnahmen in Zusammenhang stehen. 789 Art. 8 GO-Rat-Anh. Die Erstanträge bearbeitet hingegen nach Art. 7 GO-RatAnh. das Generalsekretariat. 790 Art. 15 Abs. 1 Beschl.-EP-Zugang. 791 Art. 15 Abs. 2 u. Abs. 3 Beschl.-EP-Zugang. 792 Siehe dazu Teil D., Fn. 12. 793 Art. 6 Abs. 1 S. 1 VO 1049/2001/EG. 794 In Art. 8 VO 1049/2001/EG findet sich keine Art. 7 Abs. 1 S. 2 VO 1049/2001/EG entsprechende Regelung. 795 Art. 8 Abs. 1 S. 1 VO 1049/2001/EG. 787

244

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Zugang zu dem angeforderten Dokument zu gewähren und es innerhalb dieses Zeitraums auch tatsächlich zugänglich zu machen oder dem Antragsteller die Gründe für die vollständige oder teilweise Ablehnung mitzuteilen.796 In Ausnahmefällen, beispielsweise bei einem Antrag auf Zugang zu einem sehr umfangreichen Dokument oder zu einer sehr großen Zahl von Dokumenten, kann die Regelfrist um weitere fünfzehn Arbeitstage verlängert werden, sofern der Antragsteller vorab informiert wird und eine ausführliche Begründung erhält.797 Hinsichtlich der formalen Anforderungen an die Entscheidung ordnet die Transparenzverordnung für den Fall der vollständigen oder teilweisen Zugangsverweigerung Schriftlichkeit an.798 Ferner hat das Organ in diesen Fällen den Antragsteller über mögliche Rechtsbehelfe, nämlich die Erhebung einer Klage gegen das Organ gemäß Art. 230 EGV und/oder das Einlegen einer Beschwerde beim Bürgerbeauftragten gemäß Art. 195 EGV, zu belehren.799 Den Umfang der Entscheidungsbefugnis bei Zweitanträgen regelt die Transparenzverordnung nicht ausdrücklich. Allerdings legt deren Zuständigkeitszuweisung eine Befugnis gleichen Umfangs nahe. Sowohl bei Erst- wie auch bei Zweitanträgen entscheidet „das Organ“ über den Zugang.800 Eine unterschiedliche Entscheidungsbefugnis derselben Rechtspersönlichkeit bedürfte näherer Ausgestaltung. Antwortet das Organ nicht innerhalb der – gegebenenfalls zulässig verlängerten – Frist, gilt dies als abschlägiger Bescheid und berechtigt den Antragsteller zur Klage vor dem EuGH und/oder zur Beschwerde beim Bürgerbeauftragten der EG.801 Eine Kostenerhebung für die Entscheidung über den Zweitantrag ist nur im Rahmen einer tatsächlichen Zugangsgewährung möglich. Wird der Zugang verweigert, können keine Kosten erhoben werden.802

4. Umweltinformationsgesetz Das UIG (2005) enthält wenige Regelungen hinsichtlich behördlicher Rechtsbehelfsmöglichkeiten. Diese beschränken sich letztlich darin, daß gegen

ņņņņņņņņ 796

Art. 8 Abs. 1 S. 2 VO 1049/2001/EG. Art. 8 Abs. 2 VO 1049/2001/EG. 798 Art. 8 Abs. 1 S. 2 VO 1049/2001/EG. 799 Art. 8 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG. 800 Art. 7 Abs. 1 S. 3, Art. 8 Abs. 1 S. 2 VO 1049/2001/EG. 801 Art. 8 Abs. 3 VO 1049/2001/EG. 802 Siehe zur Kostenerhebung D.V.3. 797

VI. Behördliche Rechtsbehelfe

245

die Entscheidung durch eine Stelle der öffentlichen Verwaltung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ein Widerspruchverfahren nach den §§ 68 bis 73 der Verwaltungsgerichtsordnung auch dann durchzuführen ist, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundesbehörde getroffen worden ist.803 Da es sich bei der Bescheidung des Antragstellers um einen zugangsgewährenden oder -versagenden Verwaltungsakt handelt804, gelten im übrigen die allgemeinen Regelungen zum Widerspruchsverfahren805. Nach der VwGO ist Voraussetzung für die Erhebung einer Verpflichtungsklage, zuvor Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen.806 Eine solche Nachprüfung ist nur dann entbehrlich, wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Bundes- oder Landesbehörde erlassen wurde, außer wenn ein Gesetz – wie vorliegend gegeben – die Nachprüfung vorschreibt807 oder wenn ein Abhilfe- oder ein Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält808. Zuständig für die Entscheidung über den Rechtsbehelf des Antragstellers, seinen Widerspruch, ist zunächst die Ausgangsbehörde, die einen Abhilfebescheid erläßt, soweit sie ihn für begründet hält.809 Hilft sie ihm nicht ab, ergeht ein von der Widerspruchsbehörde

ņņņņņņņņ 803 § 6 Abs. 2 UIG (2005). Mit den erst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahren eingefügten Regelungen des § 6 Abs. 1, 3 und 4 UIG (2005) reagierte der Gesetzgeber auf die materiell-rechtlich bedingte Sondersituation, daß das UIG (2005) auch gegenüber natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts Anwendung finden kann. In diesen Fällen ist der antragstellenden Person ein Anspruch auf nochmalige Überprüfung der Erstentscheidung innerhalb eines Monats eingeräumt (§ 6 Abs. 4), dessen Geltendmachung allerdings nicht Voraussetzung einer verwaltungsgerichtlichen Klage ist (§ 6 Abs. 3 S. 2 i.V.m. Abs. 1). Vgl. dazu BT-Drs. 15/4243, S. 18. 804 Siehe zur Rechtsnatur der behördlichen Entscheidung D.III.4. 805 Das Widerspruchsverfahren gehört als Vorschaltrechtsbehelf zu den Sachurteilsvoraussetzungen einer verwaltungsgerichtlichen Klage und fällt somit in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Dieser hat das Widerspruchsverfahren in den §§ 68 ff. VwGO ausgestaltet. 806 § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 VwGO. 807 § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO. 808 § 68 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwGO. Diese Fallkonstellation ist im Rahmen von Informationsfreiheitsverfahren insbesondere bei Beteiligung Dritter vorstellbar. Verweigert etwa die Behörde zunächst den Zugang zu Informationen unter Berufung auf den Schutz privater Interessen, gewährt indes der Abhilfebescheid auf den Widerspruch des Antragstellers hin den Zugang, ist der Dritte erstmals durch den Abhilfebescheid beschwert. Denkbar ist des weiteren, daß zunächst ein zugangsgewährender Bescheid an den Antragsteller ergeht und auf den Widerspruch des betroffenen Dritten hin ein versagender, den Antragsteller erstmals beschwerender Widerspruchsbescheid erlassen wird. Siehe zu den Rechtsbehelfsmöglichkeiten betroffener Dritter D.IX.4. 809 § 72 VwGO.

246

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

erlassener Widerspruchsbescheid.810 Widerspruchsbehörde ist grundsätzlich die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird oder die Entscheidungsbefugnis durch Gesetz der Ausgangsbehörde zugewiesen wird.811 Wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder Landesbehörde ist, verbleibt die Entscheidungsbefugnis generell bei der Ausgangsbehörde.812 In kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten liegt die Zuständigkeit sowohl für die Erst- wie auch für die Rechtsbehelfsbescheidung bei der Selbstverwaltungsbehörde; Abweichungen können jedoch gesetzlich geregelt werden.813 Der Widerspruch ist nach der VwGO innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Ausgangs- oder der Widerspruchsbehörde zu erheben.814 Hat es die Behörde versäumt, den Antragsteller über die Möglichkeit eines Widerspruchsverfahrens schriftlich, ausreichend und richtig zu informieren, ist die Widerspruchseinlegung binnen Jahresfrist möglich.815 Die Widerspruchsbehörde ist bei ihrer Entscheidung weder an die Begründung des Widerspruchs noch an die des Ausgangsbescheids gebunden.816 Sie tritt in vollem Umfang an die Stelle der Ausgangsbehörde und hat auch deren volle Entscheidungskompetenz.817 Für den Fall der Untätigkeit der Widerspruchsbehörde sieht die VwGO die Möglichkeit der Klageerhebung auch ohne Abschluß des Widerspruchsverfahrens vor. Nach Ablauf von drei Monaten seit Einlegung des Widerspruchs kann Klage erhoben werden.818 Wegen besonderer Umstände des Falles kann auch eine kürzere Frist geboten sein.819 Umgekehrt kann das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aussetzen, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist.820

ņņņņņņņņ 810

§ 73 Abs. 1 S. 1 VwGO. § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 u. S. 3 VwGO. Maßgeblich für den Behördenaufbau sind die entsprechenden organisationsrechtlichen Vorschriften des Bundes- bzw. Landesrechts; vgl. F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 73 Rn. 3. 812 § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwGO. 813 § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwGO. 814 § 70 Abs. 1 VwGO. 815 § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 u. Abs. 2 VwGO. 816 Vgl. F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 73 Rn. 7. 817 Vgl. F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 68 Rn. 9. 818 § 75 S. 2 Hs. 1 VwGO. 819 § 75 S. 2 Hs. 2 VwGO. Siehe D.III.4. 820 § 75 S. 3 VwGO. Siehe D.III.4. 811

VI. Behördliche Rechtsbehelfe

247

Das UIG (2005) ordnet ausdrücklich an, daß nur für die „Übermittlung“ von Informationen Kosten erhoben werden dürfen.821 Führt der Widerspruch demnach zu einer Zugangsgewährung, können die für die Übermittlung von Umweltinformationen festgesetzten Kosten erhoben werden; ist dies nicht der Fall, darf die Behörde mangels Übermittlung von Informationen keine Kosten erheben. Dementsprechend sieht die UIGKostV keine Tarifstellen für die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens vor.

5. Brandenburgisches AIG Das AIG-Bbg enthält keine Vorschriften hinsichtlich behördlicher Rechtsbehelfsmöglichkeiten. Es gelten demnach die allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Regelungen über das Widerspruchsverfahren.822 Nach der AIGGebO-Bbg sind für die Erteilung von Bescheiden über Widersprüche, wenn und soweit sie zurückgewiesen werden, Gebühren zwischen 10,23-51,13 € zu erheben.823

6. Berliner IFG Nach dem IFG-B ist ein verwaltungsgerichtliches Widerspruchsverfahren „auch dann zulässig“, wenn die versagende Entscheidung von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist.824 Im übrigen gelten die allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Regelungen über das Widerspruchsverfahren.825

ņņņņņņņņ 821

Siehe zur Kostenerhebung nach dem UIG (2005) D.V.4. Siehe entsprechend die Ausführungen zum UIG (2005) unter D.VI.4. 823 Tarifstelle 2.1 AIGGebO-Bbg. Vgl. zur Umrechnung in Euro Teil D., Fn. 625. 824 § 14 Abs. 3 IFG-B. Der Landesgesetzgeber macht durch diese Regelung von seiner Ermächtigung nach § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO Gebrauch. Nicht völlig eindeutig ist dabei, ob das Berliner Abgeordnetenhaus ein (Wahl-)Recht auf oder eine Verpflichtung zur Durchführung eines Widerspruchsverfahrens normieren wollte. Der Wortlaut des IFG-B, nachdem ein Widerspruchsverfahren „zulässig“ ist, spricht eher für die Einräumung eines (Wahl-)Rechts. Gestärkt wird diese Auslegung bei einer Betrachtung von anderen, ebenfalls die Ermächtigung des § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO ausfüllenden Regelungen, wie etwa § 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG („Eines Vorverfahrens bedarf es auch dann“) oder § 55 S. 1 PBefG („Eines Vorverfahrens bedarf es auch“), die anders als das IFG-B ausdrücklich eine Pflicht zur Durchführung eines Widerspruchsverfahrens formulieren. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß die Einräumung eines Rechts auf Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht notwendigerweise die Einräumung eines Wahlrechts des Bürgers meint. Vielmehr wird auch in den Fällen, in denen ein Vorverfahren unstreitig zwingende Voraussetzung einer verwaltungsgerichtlichen Klage 822

248

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Die VwGebO-B sieht für ein Widerspruchsverfahren gegen die Ablehnung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft eine Gebühr zwischen 10,23-511,29 € vor.826

7. Schleswig-holsteinisches IFG Das IFG-SH trifft keine Regelungen zu behördlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten und bewirkt somit die uneingeschränkte Geltung der allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Regelungen über das Widerspruchsverfahren.827 Mangels Tarifstelle in der VwGebO-SH ist das Widerspruchsverfahren kostenfrei.

8. Nordrhein-westfälisches IFG Das IFG-NRW enthält keine Vorschriften zu behördlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten. Auch hier gelten die allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Regelungen über das Widerspruchsverfahren uneingeschränkt.828

ņņņņņņņņ ist, von einem Recht bzw. einem Anspruch des Bürgers auf Durchführung eines solchen gesprochen (vgl. etwa F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Vorb § 68 Rn. 13; K.-P. Dolde, Verwaltungsgerichtsordnung, Vorb § 68 Rn. 15). Zwar sind Fallkonstellationen anerkannt, in denen die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens für entbehrlich, nicht aber für unzulässig erachtet wird und somit in gewisser Weise im Belieben des Rechtsschutzsuchenden steht, all diese Fälle haben jedoch sachliche Hintergründe und begründen gerade kein freies Wahlrecht des Bürgers (vgl. zu den verschiedenen Fallkonstellationen F.O. Kopp/W.-R. Schenke, a.a.O., § 68 Rn. 22 ff.). Die Einräumung eines freien Wahlrechts des Bürgers zwischen Widerspruch und verwaltungsgerichtlicher Klage ist derart außergewöhnlich, daß dies einen ausdrücklichen Eingang in die Gesetzesmaterialien hätte finden müssen; diese enthalten diesbezüglich jedoch keinerlei Anhaltspunkte (vgl. LT-Drs. 13/1623, S. 4 f.; 13/4109, S. 1 f.). Im Ergebnis ist unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Rechts(weg)klarheit § 14 Abs. 3 IFG-B dahingehend auszulegen, daß dieser als Ausnahme zu § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO dem Bürger nicht nur die Möglichkeit eines Widerspruchs gegen Entscheidungen der obersten Berliner Landesbehörden eröffnet, sondern dem Bürger gleichsam eine Verpflichtung zur Durchführung eines Vorverfahrens auferlegt. 825 Siehe entsprechend die Ausführungen zum UIG (2005) unter D.VI.4. 826 Tarifstelle 1004 b) VwGebO-B. 827 Siehe entsprechend die Ausführungen zum UIG (2005) unter D.VI.4. 828 Siehe entsprechend die Ausführungen zum UIG (2005) unter D.VI.4. Vgl. auch M. Zilkens, RDV 2002, 300 (304).

VI. Behördliche Rechtsbehelfe

249

Nach der VwGebO-NRW ist für die Zurückweisung eines Widerspruchs gegen die versagende Zugangsentscheidung eine Gebühr zwischen 10-50 € zu erheben.829

9. Bundes-IFG Gemäß dem BIFG ist gegen die ablehnende Entscheidung Widerspruch zulässig.830 Ein Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung ist auch dann durchzuführen, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundesbehörde getroffen wurde.831 Im übrigen gelten die allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Regelungen über das Widerspruchsverfahren.832

10. Vergleichende Betrachtung Die Rechtsvergleichung zeigt auf, daß die internationalen IFGs eigene Regelungen zum behördlichen Rechtsbehelfsverfahren enthalten, während die deutschen IFGs abgesehen von Kostentatbeständen keine Vorschriften enthalten und somit auf die allgemeinen Vorschriften über das Widerspruchsverfahren vertrauen. Nach dem IFG-ProfE findet gegen eine Entscheidung über den Informationszugang der Widerspruch nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung auch dann statt, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundes- oder Landesbehörde getroffen worden ist.833 Diese Behörde erläßt den Widerspruchsbescheid gemäß § 73 der Verwaltungsgerichtsordnung.834

ņņņņņņņņ 829

Tarifstelle 2.1 VwGebO-NRW. § 9 Abs. 4 S. 1 BIFG. 831 § 9 Abs. 4 S. 2 BIFG. Dadurch soll die Selbstkontrolle der Verwaltung gestärkt und sollen die Verwaltungsgerichte entlastet werden; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16. 832 Siehe entsprechend die Ausführungen zum UIG (2005) unter D.VI.4. 833 § 11 Abs. 5 S. 1 IFG-ProfE. Die Regelung stelle sicher, daß eine Ablehnungsentscheidung in jedem Fall in einem Vorverfahren kontrollierbar ist; dies ermögliche der Verwaltung eine nochmalige Überprüfung ihrer Entscheidung und beuge einer unnötigen Belastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit vor; vgl. IFG-ProfE, S. 152. 834 § 11 Abs. 5 S. 2 IFG-ProfE. Gemäß der Entwurfsbegründung ist die Regelung § 126 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BRRG nachgebildet; vgl. IFG-ProfE, S. 153. 830

250

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Gemäß dem IFG-NGOE findet ein Vorverfahren auch statt, wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde erlassen wurde.835 Darüber hinaus sieht der IFG-NGOE die Änderung der verwaltungsgerichtlichen Vorschriften durch Einfügung eines neuen § 76 VwGO vor. Nach diesem ist über den Widerspruch entsprechend den Fristbestimmungen im Ausgangsverfahren innerhalb von drei bzw. sechs Wochen zu entscheiden, andernfalls kann der Widerspruchsführer um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen.836 Die Durchführung eines behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens als Vorschaltrechtsbehelf ist nationaler und internationaler Standard. Auch wenn die deutschen IFGs insoweit keine Regelungen enthalten, gehen sie doch stillschweigend von der Durchführung eines Vorverfahrens aus. Dies verdeutlicht sich insbesondere am Vorsehen entsprechender Gebührentatbestände. Sinn und Zweck eines behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens wird überzeugend allgemein damit begründet, daß es der Wahrung der Grundsätze der Gesetz- und Zweckmäßigkeit der Verwaltung, einem verbesserten Rechtsschutz des Bürgers durch Eröffnung einer nochmaligen Überprüfung von Behördenentscheidungen durch die Verwaltung selbst und der Entlastung der Gerichte diene.837 Zudem ist zu berücksichtigen, daß ein behördliches Rechtsbehelfsverfahren im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren weniger aufwendig ist, wesentlich zügiger abläuft und ein geringeres Kostenrisiko birgt.838 Diese Argumente legen eine ausnahmslose Anordnung eines Vorverfahrens nahe. Eine praktische Bestätigung erfahren sie z.B. durch die Feststellung der Kommission, daß nach den bisherigen Erfahrungen mit der Transparenzverordnung etwa ein Drittel aller Zweitanträge zur Abänderung der Ausgangsentscheidung führten.839 Dabei wird Sinn und Zweck der erneuten behördlichen Prüfung am besten Rechnung getragen, wenn die Rechtsbehelfsbescheidung durch eine andere Behörde er-

ņņņņņņņņ 835

§ 19 Abs. 2 IFG-NGOE. Die Verpflichtung, jedem Gerichtsverfahren ein Vorverfahren vorzuschalten, entspreche der Vorgabe unter anderem der Aarhus-Konvention; vgl. IFG-NGOE, S. 35. Gemäß der Entwurfsbegründung bleiben die Zuständigkeiten für den Erlaß des Widerspruchsbescheides nach der VwGO – ohne daß dies ausdrücklich geregelt werden müßte – unberührt; vgl. a.a.O. 836 Vgl. IFG-NGOE, S. 20 f., 36. 837 Vgl. F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Vorb § 68 Rn. 1 m.w.N. Die IFG-Entwürfe betonen insbesondere die Funktionen Selbstkontrolle der Verwaltung und Entlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit; vgl. IFG-ProfE, S. 152; IFG-KoalitionsE, S. 40. 838 Durchaus üblich und nicht unangemessen ist eine Verfahrensdauer (erstinstanzlicher) Verwaltungsverfahren von über zwei Jahren; vgl. BVerfG, Beschluß vom 15.12.2003 (Az. 1 BvR 1345/03), Rn. 4. 839 Vgl. EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 37.

VI. Behördliche Rechtsbehelfe

251

folgt.840 Die vorgebrachten Argumente überzeugen indes auch dann, wenn Erstund Rechtsbehelfsentscheidung von derselben Behörde zumindest aber durch unterschiedliche Stellen in der Behörde getroffen werden. Schließlich steht die ausnahmslose Anordnung eines behördlichen Vorverfahrens auch in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Aarhus-Konvention, wonach zusätzlich zum gerichtlichen Rechtsschutz „Zugang zu einem schnellen, gesetzlich festgelegten sowie gebührenfreien oder nicht kostenaufwendigen Überprüfungsverfahren durch eine Behörde“ zu gewährleisten ist.841 Daraus ergibt sich zugleich, daß es Restriktionen hinsichtlich Bearbeitungsdauer und Kosten bedarf, um die Vorschaltung eines behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens uneingeschränkt vorteilhaft zu halten. Die erhebliche Bedeutung des Zeitfaktors für die praktische Wirksamkeit der Informationszugangsfreiheit wurde bereits aufgezeigt.842 Dementsprechend treffen FOIA und Transparenzverordnung hinsichtlich der Rechtsbehelfsbescheidung ebenso ausführliche Fristvorgaben wie für die Erstbescheidung bzw. gelten die strengen verfassungsrechtlichen Zeitvorgaben der Tryckfrihetsförordning gleichermaßen. Hingegen offenbaren die deutschen IFGs wie auch der IFG-ProfE an dieser Stelle einen erheblichen Mangel an Problembewußtsein. Durch die Nichtregelung von Bearbeitungsfristen im Widerspruchsverfahren verbleibt es bei der dreimonatigen (Mindest-)Fristbestimmung durch § 75 VwGO. Dies entzieht allen erstinstanzlichen Bemühungen den Boden, durch entsprechende Fristgestaltungen eine Verfahrensbeschleunigung zu bewirken. Unter Berücksichtigung der internationalen Regelungen und der Vorgabe der Aarhus-Konvention empfiehlt sich die ausdrückliche Normierung von Entscheidungsfristen, deren Länge die Erstentscheidungsfristen nicht übersteigen darf. Entsprechend den Erwägungen zu den Fristvorgaben bei der Erstbescheidung empfiehlt sich auch im behördlichen Rechtsschutzverfahren zunächst eine Verpflichtung zur unverzüglichen Entscheidung und sodann die Normierung einer dreiwöchigen Regelfrist mit begründungsbedürftiger, maximal fünfwöchiger Verlängerungsmöglichkeit.843 Wie bereits dargestellt, ist dem Antragsteller nach fruchtlosem Verstreichen der Frist eine sofortige Klagemög-

ņņņņņņņņ 840

Die Überprüfung durch eine andere Instanz wird etwa auch von der Kommission als wesentlicher Bestandteil des behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens angesehen; vgl. EG-Kommission, Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, KOM(2004) 45, S. 37. 841 Art. 9 Abs. 1 Unt.Abs. 2 Aarhus-Konvention. 842 Siehe D.III.10.a). 843 Siehe D.III.10.a).

252

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

lichkeit einzuräumen, wobei bei Vorliegen besonderer Gründe die Möglichkeit einer Verfahrensaussetzung durch das Gericht besteht.844 Entsprechend den Erwägungen zur Erstbescheidung ist auch eine ablehnende Rechtsbehelfsentscheidung zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.845 Neben der Klagemöglichkeit ist also insbesondere auch auf eine etwaige Beschwerdemöglichkeit zu einem Informationsfreiheitsbeauftragten hinzuweisen. Sofern das Rechtsbehelfsverfahren für den Bürger erfolglos bleibt, sollte dies entsprechend den allgemeinen Erwägungen zur Kostenbemessung keine Gebührenpflicht auslösen.846 Für den Fall, daß ein IFG dem Antragsteller auch im Falle einer Zugangsversagung eine Gebührenpflicht auferlegt, ist zumindest die besondere Situation des Rechtsbehelfsverfahrens zu berücksichtigen. Anders als bei der erstinstanzlichen Antragsbearbeitung bekommt der zuständige Behördenmitarbeiter im Rechtsbehelfsverfahren einen rechtlich und tatsächlich aufgearbeiteten Vorgang vorgelegt, auf den er seine Prüfung stützen kann, weshalb ihm eine wesentlich unaufwendigere, zügigere Prüfung möglich ist. Dieser verminderte Arbeitsaufwand ist bei der Bemessung der Rechtsbehelfsgebühren zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt bei mangelhafter erstinstanzlicher Prüfung bzw. Begründung des Antrags, die zu einem Mehraufwand im Rechtsbehelfsverfahren führt, da dies im alleinigen Verantwortungsbereich der Behörde liegt. Entsprechend sehen die deutschen IFGs für eine Bescheidung im Widerspruchsverfahren keine (UIG [2005], IFG-SH) Gebühren oder einen deutlich ermäßigten Gebührenrahmen von ca. 10 bis 50 € (IFG-Bbg, IFGNRW) vor. Abzulehnen ist hingegen die Kostenregelung des IFG-B, die in Widerspruchsverfahren und Ausgangsverfahren einen identischen maximalen Gebührensatz von 511,29 € anordnet. Die formalen und inhaltlichen Anforderung an die Einlegung des Rechtsbehelfs dürfen nicht unangemessen hoch sein. Denkbar sind hierbei Schriftlichkeits-, Begründungs- und Fristerfordernisse. Insbesondere ein Begründungserfordernis begegnet Bedenken. Aus Gründen inhaltlicher Bestimmtheit kann zwar vom Bürger gefordert werden, die angegriffene Behördenentscheidung genau zu bezeichnen bzw. (in Kopie) beizulegen, die Forderung einer detaillierten Auseinandersetzung mit den tatsächlichen und rechtlichen Aspekten der Entscheidung führte hingegen in den meisten Fällen mangels entsprechender Fähigkeiten des Bürgers zu einer faktischen Verkürzung der Rechtsbehelfsmöglichkeiten. Auch ein etwaiges Fristerfordernis sollte nicht zu eng gefaßt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß eine verfristete Einlegung des

ņņņņņņņņ 844

Siehe D.III.10.b). Siehe D.III.10.c). 846 Siehe D.V.10. 845

VI. Behördliche Rechtsbehelfe

253

Rechtsbehelfs ohnehin keine Ausschlußwirkung entfaltet, sondern vielmehr als eine erneute Antragstellung anzusehen ist.847 In jedem Falle sollte das IFG – anders als der FOIA – eine einheitliche Handhabung der Rechtsbehelfseinlegung gewährleisten. Bei der Umsetzung der skizzierten Verfahrensausgestaltung ist wiederum der durch die Regelungen der VwGO eingeschränkten Gestaltungskompetenz der Länder Rechnung zu tragen bzw. aus Gründen der Deregulierung soweit als möglich auf die Regelungen des allgemeinen Verwaltungs(prozeß)rechts zurückzugreifen. Dabei wird an die Ausgestaltung der Regelungen zur behördlichen Untätigkeit im Ausgangsverfahren – insbesondere die ausdrücklich sichergestellte, modifizierte Geltung der §§ 68 ff. VwGO – angeknüpft und diese fortgeführt.848 Zunächst ist von der Ermächtigung des § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO Gebrauch zu machen und ausdrücklich anzuordnen, daß ein Vorverfahren ebenfalls erforderlich ist, wenn eine oberste Bundes- oder Landesbehörde den Ausgangsbescheid erlassen hat. Eine behördliche Selbstkontrolle durch eine andere Stelle in der Behörde ist auch auf höchster Ebene sinnvoll. Dies um so mehr, als es in Informationsfreiheitsangelegenheiten regelmäßig nicht nur einer rein technischen Gesetzessubsumtion bedarf, sondern vielmehr komplexe Abwägungen vorzunehmen sind, deren unterschiedlicher Ausgang nicht notwendig durch mangelhafte Rechtskenntnisse bedingt ist. Fraglich erscheint, auf welche Weise die erforderlichen Fristvorgaben im Widerspruchsverfahren am besten geregelt werden können. Der IFG-NGOE schlägt an dieser Stelle eine Änderung der VwGO durch Einfügung eines neuen § 76 vor, der für das Widerspruchsverfahren eine dreiwöchige Bearbeitungsfrist mit rechtfertigungsbedürftiger dreiwöchiger Verlängerungsmöglichkeit vorgibt. Gegen diese Umsetzungsvariante spricht zum einen, daß sie lediglich dem Bundesgesetzgeber offensteht. Zudem ist die Einfügung einer nur ein einzelnes Sachgebiet betreffenden Regelung in die ansonsten allgemeinen, also nicht sachgebietsspezifischen, verwaltungsprozessualen Vorschriften nicht systemkonform. Schließlich bedarf es auch keiner Änderung der VwGO. Obwohl das Vorverfahren als Vorschaltrechtsbehelf in der VwGO geregelt ist, bleibt es auch Verwaltungsverfahren; die Normen der VwGO sind zwar weitgehend abschließend, ergänzende landesrechtliche Regelungen bleiben aber möglich.849 Das Vorsehen behördlicher Bearbeitungsfristen für das Widerspruchsverfahren berührt die (Entlastungs-)Funktion des Vorverfahrens nicht. Vielmehr lassen sich diese entsprechend den Bearbeitungsfristen im Ausgangsverfahren ohne

ņņņņņņņņ 847

Siehe dazu D.IV.10.a). Siehe D.III.10.b). 849 Vgl. etwa F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Vorb § 68 Rn. 5, 14 ff., 17 ff.; K.-P. Dolde, Verwaltungsgerichtsordnung, Vorb § 68 Rn. 2 ff. 848

254

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

weiteres in das Regelungssystem der VwGO einpassen.850 Notwendig ist der Hinweis, daß sämtliche Entscheidungsfristen als besondere Umstände eine Abweichung von der dreimonatigen Regelfrist des § 75 VwGO gebieten.851 Ferner sollte das IFG Kriterien normieren, die ausdrücklich zureichende Gründe im Sinne von § 75 S. 3 VwGO begründen oder ausschließen.852 Schließlich sollte geregelt werden, daß bei der richterlichen Beurteilung grundsätzlich die besondere Dringlichkeit von Informationsfreiheitsbegehren zu berücksichtigen ist. Eine angemessene Regelung der Anforderungen der Widerspruchseinlegung (schriftlich oder zur Niederschrift; innerhalb eines Monats; kein Begründungserfordernis) hält § 70 VwGO bereit. Einer Abweichung von den Bestimmungen über die zuständige Widerspruchsbehörde gemäß § 73 Abs. 1 VwGO ist nicht angezeigt. Sofern allerdings allgemeine gesetzliche Bestimmungen den prinzipiell vorgesehenen Devolutiveffekt reduzieren, ist eine (Wieder-)Anordnung empfehlenswert. Das Begründungs- und Rechtsbehelfsbelehrungserfordernis des § 73 Abs. 3 S. 1 VwGO ist um die Belehrungsverpflichtung über die etwaige Möglichkeit einer Anrufung des Informationsfreiheitsbeauftragten zu ergänzen. Schließlich bedarf es bei Beachtung der vorgeschlagenen Kostenregelungen keiner speziellen Kostenbestimmung für das Widerspruchsverfahren – entsprechend den vorgeschlagenen Kostenregelungen fallen Gebühren nur bei der Zugangsgewährung an (siehe D.V.10.).

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe Die Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes ist für die Wahrung der Rechte des Bürgers von wesentlicher Bedeutung. Die richterliche Unabhängigkeit bewirkt eine nicht interessens- sondern rein rechtsorientierte Entscheidungsfindung. Die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers ist in diesem Bereich allerdings aus Gründen der Gesetzgebungskompetenz oder aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechts- bzw. Gerichtsordnung beschränkt; die Schaffung einer eigenen Gerichtsbarkeit in Informationsfreiheitsangelegenheiten steht nicht zur Debatte. Zu untersuchen ist vielmehr, wie eine angemessene Behandlung selbiger im Rahmen der allgemeinen nationalen Gerichtsordnung sichergestellt werden kann. Aufgrund ihrer Bedeutung wird besonderes Augenmerk auf die Möglichkeit der richterlichen Einsichtnahme in camera und auf die Möglichkeit einer bevorzugten bzw. beschleunigten Bearbeitung gelegt werden.

ņņņņņņņņ 850

Siehe dazu ausführlich D.III.10.b). Siehe D.III.10.b). 852 Siehe D.III.10.b). 851

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

255

1. Schwedische Tryckfrihetsförordning Die Tryckfrihetsförordning eröffnet die umfassende853 Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes, wenn eine öffentliche Stelle den Zugang zu einem Dokument versagt oder aber das Dokument nur unter dem Vorbehalt zur Verfügung stellt, dessen Inhalt nicht zu veröffentlichen oder sonstwie zu nutzen.854 Hinsichtlich bestimmter öffentlicher Stellen bestehen allerdings Sonderregelungen. Die gerichtliche Rechtsschutzgarantie erstreckt sich nicht auf Entscheidungen des Reichstags oder der Regierung.855 Entscheidungen einzelner Minister sind überprüfbar, jedoch liegt die diesbezügliche Zuständigkeit nicht bei den Gerichten, sondern bei der Regierung.856 Die Möglichkeit einer Rechtsbehelfseinlegung gegen Entscheidungen der dem Reichstag unterstehenden Behörden regeln besondere Vorschriften.857 Die Ausgestaltung des Verfahrens im einzelnen ist gemäß der Tryckfrihetsförordning Aufgabe des Gesetzgebers.858 Während das verwaltungsgerichtliche Verfahren durch das Förvaltningsprocesslag geregelt wird, normiert das Sekretesslag die Rechtsmittelzuständigkeiten. Danach ist Rechtsmittelgericht grundsätzlich das Kammergericht (kammarrätt).859 Entscheidet das Kammergericht als Ausgangsbehörde über ein Einsichtsbegehren, ist Rechtsmittelgericht das Oberste Verwaltungsgericht (Regeringsrätten).860 Trifft ein der ordentlichen Gerichtsbarkeit zugehörendes Amtsgericht (tingsrätt) eine Entscheidung über den Zugang zu einem die Justizverwaltung betreffenden Dokument, entscheidet das zuständige Hofgericht

ņņņņņņņņ 853

Dies war insbesondere vor Einführung der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel in 1998 von entscheidender Bedeutung für die verwaltungsgerichtliche Rechtsschutzmöglichkeit. Siehe dazu B.I. 854 Kap. 2 Art. 15 Abs. 1 S. 1 u. 2 TF. Ebenso Kap. 15 Art. 7 Abs. 1 S. 1 SL. Darüber hinaus sieht Kap. 15 Art. 10 Abs. 2 SL ausdrücklich gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten vor, wenn dem Antragsteller entgegen seinem Antrag eine elektronische Einsichtnahme verwehrt wird. 855 Kap. 2 Art. 15 Abs. 1 S. 1 TF. Vgl. zu dieser Ausnahmebestimmung G. Petrén, Access, S. 35 ff. (S. 48). 856 Kap. 2 Art. 15 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 TF. Ebenso Kap. 15 Art. 7 Abs. 4 SL. 857 Kap. 2 Art. 15 Abs. 3 TF. Ebenso Kap. 15 Art. 7 Abs. 5 SL. 858 Kap. 2 Art. 15 Abs. 2 S. 1 TF. 859 Kap. 15 Art. 7 Abs. 1 S. 2 SL. Auch an dieser Stelle zeigt sich wiederum die herausragende Bedeutung, die der Informationsfreiheit in Schweden beigemessen wird. Die gerichtliche Zuständigkeit liegt nicht bei den erstinstanzlichen Verwaltungsgerichten (länsrätt), sondern ist unmittelbar den zweitinstanzlichen Kammergerichten (kammarrätt) zugewiesen. 860 Kap. 15 Art. 7 Abs. 1 S. 2 SL.

256

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

(hovrätt) über das Rechtsmittel.861 Trifft ein Hofgericht eine entsprechende Entscheidung, ist Rechtsmittelgericht der Oberste Gerichtshof (Högsta Domstolen).862 Für Rechtsmittel gegen Zugangsverweigerungen von Bezirks- oder Hofgerichten gelten die Verfahrensvorschriften der ordentlichen Gerichtsbarkeit.863 Für Rechtsmittel gegen Entscheidungen von kommunalen Wirtschaftsunternehmungen und anderen genau bestimmten öffentlichen Stellen gelten die Vorschriften des Förvaltningslag.864 Entscheidungen des Reichstags, der Regierung, des Obersten Gerichtshofs und des Obersten Verwaltungsgerichts sind nicht rechtsmittelfähig.865 Nach dem Förvaltningsprocesslag ist das Rechtsmittel schriftlich und eigenhändig unterschrieben einzureichen.866 Es muß sowohl näher bestimmte persönliche Angaben wie etwa Beruf und Adresse des Klägers enthalten867 als auch dessen Begehren und die angegriffene behördliche Entscheidung bezeichnen868. Das Rechtsmittel ist innerhalb von drei Wochen bei der Behörde einzureichen, die die Entscheidung getroffen hat.869 Ist die Frist gewahrt870, leitet die Behörde den Vorgang samt Akten dem Gericht zu.871 Eine ausdrückliche Verpflichtung

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Kap. 15 Art. 7 Abs. 2 S. 1 SL. Kap. 15 Art. 7 Abs. 2 S. 2 SL. 863 Kap. 15 Art. 7 Abs. 2 S. 3 SL. 864 Kap. 15 Art. 7 Abs. 1 S. 3 SL. Der Verweis auf Kap. 1 Art. 8 Abs. 2 u. Art. 9 SL bezieht sich auf die im Anhang zum Sekretesslag aufgeführten Institutionen, wie etwa die staatliche Post, und auf die verschiedenen Formen kommunaler wirtschaftlicher Betätigung. Die Vorschriften des FL stimmen inhaltlich weitgehend mit denen des FPL überein. 865 Kap. 15 Art. 7 Abs. 3 SL. 866 Art. 3 Abs. 1 u. Abs. 2 S. 1 FPL. 867 Art. 3 Abs. 2 S. 2 FPL. 868 Art. 4 Abs. 1 FPL. 869 Art. 6 a Abs. 1 FPL. 870 Über die Fristwahrung entscheidet gemäß Art. 6a Abs. 2 FPL die Behörde; bei Verfristung weist sie das Rechtsmittel zurück. Nach Art. 6a Abs. 3 FPL ist eine Zurückweisung jedoch nicht zulässig, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung der Behörde fehlerhaft war oder das Rechtsmittel innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht eingegangen ist. 871 Art. 6 a Abs. 4 FPL. Die Notwendigkeit der Einreichung der gerichtlichen Klage bei der Behörde führt in der Praxis teilweise zu Schwierigkeiten. Nicht selten verzögert sich die behördliche Weiterleitung des Vorgangs an das Gericht erheblich. Zudem neigen die Behörden dazu, ihre auf die Fristwahrung beschränkte Prüfungsbefugnis unzulässigerweise auszudehnen und die Weiterleitung des Rechtsmittels ungerechtfertigterweise abzulehnen. Vgl. R. Lavin, Administrative Law, S. 89 ff. (S. 101 f.). 862

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

257

zur Ausschöpfung behördlicher Rechtsbehelfe vor Anrufung des Gerichts enthält das Förvaltningsprocesslag nicht.872 Das Gericht hat das Recht, die streitgegenständlichen Dokumente in camera zu sichten.873 Ein besonderes Verfahren sieht das schwedische Förvaltningsprocesslag dafür nicht vor. Vielmehr trifft die Behörde die grundsätzliche Verpflichtung, den gesamten Verwaltungsvorgang samt der im Streit befindlichen Dokumente an das Gericht weiterzuleiten.874 Dies ist angesichts der Entstehung der schwedischen Verwaltungsgerichtsbarkeit nur konsequent, da das Verwaltungsgericht nicht auf eine (gegebenenfalls eingeschränkte) Überprüfung der behördlichen Entscheidung beschränkt ist, sondern diese vollumfänglich durch eine eigene Entscheidung ersetzen kann, wofür es natürlich alle dazu erforderlichen Informationen benötigt.875 Zur Sicherung der Geheimhaltung bis zu einer gegenteiligen Entscheidung kann das Gericht anordnen, daß etwaige mündliche Verhandlungen in camera geführt werden.876 Gemäß der Tryckfrihetsförordning sind Rechtsmittelbegehren in Informationsfreiheitsangelegenheiten stets eilig zu prüfen („…skall alltid prövas skyndsamt.“).877

2. U.S. Freedom of Information Act Soweit der Zugang zu einem Dokument verwehrt wird, eröffnet der FOIA eine Klagemöglichkeit vor einem U.S. Bezirksgericht („district court of the

ņņņņņņņņ 872 Allerdings wird der Rechtsmittelführer systembedingt in aller Regel die behördlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten erschöpft haben, da der Archivar bei schwierigen Rechtsfragen auf der Stelle die Sache dem zuständigen Sachbearbeiter vorlegt oder den Zugang verweigert und auf die Befassung des zuständigen Sachbearbeiters mit der Sache hinweist; siehe die Ausführungen zu D.III.1. und D.VI.1. 873 Vgl. Swedish Ministry of Justice, Public Access to Information and Secrecy with Swedish Authorities, S. 28. 874 Art. 6a Abs. 4 FPL. 875 Art. 28 FPL. Vgl. auch R. Lavin, Administrative Law, S. 89 ff. (S. 103); C. Haellmigk, Schweden, S. 28 f. 876 Art. 16 S. 2 FPL. Grundsätzlich werden verwaltungsgerichtliche Verfahren gemäß Art. 9 FPL schriftlich geführt. Unter dem Eindruck von Art. 6 EMRK wird von der Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung allerdings zunehmend Gebrauch gemacht; vgl. R. Lavin, Administrative Law, S. 89 ff. (S. 106). 877 Kap. 2 Art. 15 Abs. 2 S. 2 TF. Diese verfassungsrechtliche Beschleunigungsmaxime verdeutlicht wiederum die hervorgehobene Bedeutung der schwedischen Informationsfreiheit.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

United States“)878. Dabei räumt der FOIA dem Kläger die Auswahl zwischen bis zu vier verschiedenen Gerichtsständen ein. Die gerichtliche Zuständigkeit begründet sich durch den Wohnsitz des Klägers, durch dessen geschäftliche Hauptniederlassung und durch den Aufbewahrungsort der streitgegenständlichen Akten; darüber hinaus besteht eine generelle Zuständigkeit des Bezirksgerichts des District of Columbia.879 Besondere Frist- oder Formerfordernisse für die Klageeinreichung regelt der FOIA nicht; es gelten insoweit die allgemeinen Voraussetzungen (insbesondere Schriftform, Bezeichnung der Parteien, Bezeichnung des klägerischen Begehrens und Begründung).880 Die Regelung eines behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens im FOIA bedingt jedoch in Verbindung mit dem allgemeinen Grundsatz der Ausschöpfung behördlicher Rechtsbehelfsmöglichkeiten die klägerische Verpflichtung zur Durchführung eines solchen vor Klageerhebung.881 Zur Bewirkung einer Verfahrensbeschleunigung verkürzt der FOIA die sonst übliche Klageerwiderungsfrist von 60 Tagen und ordnet an, daß die Behörde auf die Klage innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung der Klageschrift zu erwidern hat, sofern nicht das Gericht bei nachgewiesenem Vorliegen wichtiger Gründe eine Fristverlängerung gewährt.882

ņņņņņņņņ 878

Die ca. 91 „district courts“ sind die erstinstanzlichen Gerichte im Rahmen der Bundesgerichtsbarkeit; vgl. dazu und zur Bundesgerichtsbarkeit der USA allgemein W. Brugger, Einführung, S. 14 ff. Siehe im übrigen B.II. 879 (a)(4)(B) FOIA. Die herausragende Bedeutung des Bezirksgerichts des District of Columbia spiegelt sich wider in der Vielzahl von Leitentscheidungen, die von ihm getroffen wurden; vgl. U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), Litigation Considerations, Jurisdiction, Venue, and Other Preliminary Matters (dort Fn. 35). 880 Vgl. insbesondere Rules 3, 5(e), 7(a), 8(a) U.S. Federal Rules of Civil Procedure vom 31.12.2004. Diese werden weiter konkretisiert durch die Organisationsregeln der einzelnen Gerichte, welche Vorgaben bis hin zum zu verwendenden Papierformat und zur zulässigen Schriftfarbe machen; vgl. z.B. LCvR 5.1 Rules of the United States District Court for the District of Columbia vom 1.9.2003. 881 Die Verpflichtung zur Ausschöpfung verwaltungsinterner Rechtsbehelfe geht zurück auf die Leitentscheidung Meyers v. Bethlehem Shipbuilding Corp., 303 U.S. 41, 50 f. (1938); vgl. W. Brugger, Einführung, S. 252. Die Erforderlichkeit der Ausschöpfung behördlicher Rechtsbehelfsmöglichkeiten verdeutlicht zudem die Formulierung von (a)(6)(C)(i) FOIA, wonach die behördlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten als erschöpft gelten, wenn die Behörde die Fristerfordernisse nicht einhält. 882 (a)(4)(C) FOIA. Vgl. auch U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), Litigation Considerations, Pleadings.

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

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Der FOIA beschränkt sich darauf, den Gerichten die Befugnis einzuräumen, in alle streitgegenständlichen Akten in camera Einsicht zu nehmen.883 Dabei ist der Prozeßvertreter des Antragstellers natürlich von der Einsichtnahme ausgeschlossen.884 Ob von dieser Befugnis Gebrauch gemacht wird, liegt im weiten Beurteilungsspielraum des erkennenden Richters („broad discretion of the trial court judge“).885 Sogar in Fällen, in denen Belange der nationalen Sicherheit berührt sind, ist das Recht zur in camera Einsicht unbestritten, wobei sich die Gerichte selbst mäßigen und eine Einsichtnahme auf das erforderliche Mindestmaß beschränken.886 Die Einsichtnahme wird im übrigen als unnötig und unangemessen angesehen, wenn eine Behörde ihrer Darlegungslast ausreichend detailliert durch Vorlage beglaubigter Erklärungen über den Akteninhalt, insbesondere durch Vorlage eines sog. „Vaughn Index“ nachkommt.887 Als „Vaughn-Index“ wird die Auflistung der begehrten Dokumente bzw. Dokumententeile mit jeweiliger Zuordnung der einschlägigen Geheimhaltungstatbestände bezeichnet.888 Bei umfangreichen Akten verzichten die Gerichte häufig auf eine vollständige Überprüfung des Akteninhalts und beschränken sich auf die Prüfung von Stichproben.889 Der Umfang der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis ist umfassend, das Gericht urteilt über den Vorgang „de novo“.890 Allerdings hat es bestimmten ei-

ņņņņņņņņ 883

(a)(4)(B) FOIA. Dazu ausführlich U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), Litigation Considerations, In Camera Inspection. Vgl. auch E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 539 ff.). 884 Vgl. statt vieler Solar Sources, Inc. v. United States, 142 F.3d 1033, 1040 (7th Cir. 1998; „[T]he general rule is that counsel are not entitled to participate in in camera FOIA proceedings.“). 885 Vgl. Carter v. United States Department of Commerce, 830 F.2d 388, 392 (D.C.Cir. 1987); Lam Lek Chong v. DEA, 929 F.2d 729, 735 (D.C.Cir. 1991); Spirko v. USPS, 147 F.3d 992, 996 (D.C.Cir. 1998). 886 Vgl. U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), Litigation Considerations, In Camera Inspection. Ebenso E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 540 m.w.N.). 887 Vgl. etwa Silets v. United States Department of Justice, 945 F.2d 227, 229 ff. (7th Cir. 1991); Vaughn v. United States, 936 F.2d 862, 869 (6th Cir. 1991); Young v. CIA, 972 F.2d 536, 538 (4th Cir. 1992). Die Entwicklung des Vaughn-Index geht zurück auf die Entscheidung Vaughn v. Rosen, 484 F.2d 820 (D.C.Cir. 1973). 888 Vgl. dazu ausführlich U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), Litigation Considerations, „Vaughn Index“. Vgl. auch E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 540). 889 Vgl. E. Gurlit, Akteneinsicht, S. 511 ff. (S. 540 f.). 890 (a)(4)(B) FOIA. In Fällen eines sog. „de novo review“ besitzt das Gericht eine umfassende materielle Entscheidungsbefugnis und ist an keine der von der Verwaltung vorgenommenen Handlungen und Untersuchungen gebunden. Die Fälle, in denen dem Gericht eine solch weite Befugnis eingeräumt wird, sind sehr selten. Normalerweise

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

desstattlichen Versicherungen der Behörde erhebliches Gewicht beizumessen: der Versicherung, das Zugänglichmachen von behördlichen Verwaltungsvorschriften oder die Abtrennbarkeit von geheimhaltungsbedürftigen Aktenteilen nach den Vorschriften des FOIA sei technisch nicht realisierbar oder der Versicherung, die Reproduktion der Akte in einer vom Kläger begehrten Form sei nicht ohne weiteres vorzunehmen.891 Kommt das Gericht zu dem Schluß, daß der Offenbarung keine Ausnahmetatbestände entgegenstehen, kann es der Behörde das Zurückhalten der Dokumente untersagen und die Herausgabe selbiger anordnen.892 Eine bevorzugte Bearbeitung von Informationsfreiheitsangelegenheiten ist im FOIA nicht vorgesehen. Allerdings werden beinahe alle FOIARechtsstreitigkeiten im beschleunigten Verfahren des sog. „summary judgment“ erledigt.893 Gemäß den allgemeinen zivilprozessualen Regelungen muß über eine Rechtssache umgehend entschieden werden, wenn der Streitgegenstand in tatsächlicher Hinsicht unstreitig ist und „nur“ ein rechtlicher Klärungsbedarf besteht.894 Eine solche Situation liegt in Informationsfreiheitsangelegenheiten strukturbedingt regelmäßig vor, da die öffentliche Stelle die Natur der Informationen ja gerade zur Rechtfertigung der Zugangsversagung heranziehen muß. Sofern das Gericht die Herausgabe der zurückgehaltenen Akten anordnet, die Staatskasse zur Erstattung der klägerischen Anwaltskosten verurteilt und darüber hinaus in einer schriftlichen Stellungnahme feststellt, daß die näheren Umstände der Zugangsverweigerung auf willkürliches Verhalten des zuständigen Behördenpersonals hindeuten („whether agency personnel acted arbitrarily or capriciously“), hat das U.S. Office of Special Counsel895 unverzüglich gegen den für die Zugangsversagung in erster Linie verantwortlichen Behördenmitar-

ņņņņņņņņ dürfen U.S. Gerichte Verwaltungsentscheidungen nur einer Art Willkür- oder Plausibilitätskontrolle unterziehen. Vgl. dazu näher H.D. Jarass, DÖV 1985, 377 (385 ff.); G. Nolte, Landesbericht, S. 172 ff. (S. 188 ff.); W. Brugger, Einführung, S. 253 f. 891 (a)(4)(B) FOIA. 892 (a)(4)(B) FOIA. 893 Vgl. U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), Litigation Considerations, Summary Judgment. 894 Vgl. Rule 56(c) U.S. Federal Rules of Civil Procedure vom 31.12.2004 („The judgment sought shall be rendered forthwith if … there is no genuine issue as to any material fact and that the moving party is entitled to a judgment as a matter of law.“). 895 Nähere Informationen über die Aufgaben und Tätigkeiten des U.S. Office of Special Counsel finden sich auf dessen Homepage unter http://www.osc.gov (Stand: 15.7.2006).

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

261

beiter ein Disziplinarverfahren einzuleiten.896 Nach Abschluß des Disziplinarverfahrens teilt das U.S. Office of Special Counsel sowohl dem betroffenen Behördenmitarbeiter als auch dem Behördenleiter die Ergebnisse der Untersuchung mit und gibt eine Empfehlung zu ergreifender Disziplinarmaßnahmen, welcher die Behörde zwingend nachkommen muß.897

3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) Gegen eine vollständige oder teilweise Zugangsversagung eines EG-Organs kann der Antragsteller beim Gerichtshof der EG eine Nichtigkeitsklage gemäß Art. 230 EGV erheben.898 Die Entscheidungszuständigkeit liegt beim Gericht erster Instanz.899 Die Klage ist binnen zwei Monaten seit Mitteilung der behördlichen Entscheidung über den Zweitantrag an den Kläger einzureichen.900 Die Durchführung bzw. die Beantragung des behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens ist als Element des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage.901 Im übrigen sind die Verfahrensvorschriften

ņņņņņņņņ 896

(a)(4)(F) FOIA. Wie auch in Schweden ist die relativ niedrige Schwelle für Disziplinierungsmaßnahmen gegen öffentliche Angestellte eine Reaktion auf die wesentlich unabhängigere Stellung der U.S. Bundesbehörden; vgl. H.D. Jarass, DÖV 1985, 377 (379 f.). 897 (a)(4)(F) FOIA. 898 Art. 230 Abs. 4 EGV. Dies ergibt sich deklaratorisch auch aus Art. 8 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG. Vgl. zur Nichtigkeitsklage D. Booß, Art. 230 EGV; J. Schwarze, DVBl. 2002, 1297 (1299 ff.). 899 Art. 225 Abs. 1, Art. 224 EGV. Gegen eine Entscheidung des Gerichts erster Instanz kann nach Art. 225 Abs. 2 EGV Revision zum Gerichtshof eingelegt werden. 900 Art. 230 Abs. 5 EGV. 901 Dies ergibt sich insbesondere aus Art. 7 Abs. 2 u. Art. 8 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG; danach steht dem Antragsteller im Falle der Ablehnung des Erstantrags ausdrücklich (nur) das Recht auf Einreichung eines Zweitantrags zu und im weiteren das Klagerecht erst nach Ablehnung des Zweitantrags. Im übrigen ist das Erfordernis der Ausnutzung möglicher behördlicher Rechtsbehelfe als einfacheres Mittel zur klägerischen Zielerreichung Element des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses, welches auch bei Klagen vor dem EuGH im Rahmen der Zulässigkeit zu berücksichtigen ist; so U. Gesser, Nichtigkeitsklage, S. 163 ff., 236 f. Vgl. auch D. Booß, Art. 230 EGV Rn. 76 ff.; M. Burgi, Handbuch, § 7 Rn. 86 ff.; H. Niedermühlbichler, Verfahren, Rn. 192.

262

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

des Gerichts erster Instanz zu beachten (insbesondere Schriftform, Bezeichnung der Parteien, Bezeichnung des klägerischen Begehrens und Begründung).902 Die gerichtliche Befugnis, eingeholte Auskünfte und vorgelegte Urkunden in camera, also unter Ausschluß der übrigen Parteien zu begutachten, sehen Art. 255 EGV und Transparenzverordnung nicht vor. Im Gesetzgebungsverfahren zur Transparenzverordnung wurde ein gerichtliches in camera-Prüfungsrecht zwar als wichtiger Schritt hin zu einem effektiven Überprüfungsverfahren angesehen; zugleich wurde aber eingeräumt, daß die zur Einführung eines solchen Verfahrens notwendigen Reformen nicht in den Geltungsbereich der Transparenzverordnung fielen.903 Das in camera-Verfahren wurde schließlich durch eine Änderung der VerfO-EuG eingeführt.904 Nach der VerfO-EuG kann das Gericht nunmehr die Einholung von Auskünften und Vorlegung von Urkunden nach Anhörung des Generalanwalts und ohne Anhörung der Parteien im Rahmen der Beweisaufnahme beschließen.905 Eine Übermittlung von Schriftstücken, in die ein Gemeinschaftsorgan die Einsicht verweigert hat und die in einem Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Verweigerung dem Gericht vorgelegt werden, an die übrigen Parteien ist nicht zulässig.906 Das Gericht erster Instanz hat von dieser neuen Verfahrensmöglichkeit schon mehrere Male Gebrauch gemacht.907 Hält das Gericht die Klage für begründet, erklärt es die angefochtene Handlung für nichtig908; eine konkrete die Behördenentscheidung ersetzende Ver-

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Art. 43 ff. VerfO-EuG. Rechtsgrundlage der Verfahrensordnung ist Art. 224 Abs. 5 EGV, wonach das Gericht erster Instanz seine Verfahrensordnung im Einvernehmen mit dem Gerichtshof erläßt und die Verfahrensordnung vom Rat mit qualifizierter Mehrheit genehmigt werden muß. 903 Vgl. Stellungnahme des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt vom 11.10.2000 für den Ausschuß für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (KOM[2000] 30 – C5-0057/2000 – 2000/0032[COD]), in: Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission vom 27.10.2000, EP-Dokument A5-0318/2000, S. 85. Zugleich brachte der Ausschuß seine Unterstützung für eine Einführung eines in camera-Verfahrens durch Änderung der VerfO-EuG zum Ausdruck; vgl. a.a.O., S. 85. 904 Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 6.12.2000, ABl. EG Nr. L 322, S. 4. 905 Art. 65 b) i.V.m. Art. 66 § 1 Abs. 1 VerfO-EuG. 906 Art. 67 § 3 Abs. 3 VerfO-EuG. 907 Vgl. EuGHE 2001, II-607 (T-36/00; Elder/Kommission); EuGHE 2001, II-2997 (T-111/00; BAT/Kommission). 908 Art. 231 Abs. 1, Art. 224 Abs. 6 EGV.

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

263

pflichtung kann es nicht ausurteilen. Das beklagte Organ ist jedoch verpflichtet, die sich aus dem Urteil des Gerichts ergebenden Maßnahmen zu ergreifen.909 Eine bevorzugte Behandlung von Informationsfreiheitssachen sehen weder Art. 255 EGV noch die Transparenzverordnung vor.910 Allerdings könnte die im Jahr 2001 durch Änderung der gerichtlichen Verfahrensordnung eingeführte Möglichkeit beschleunigter Verfahren911 eine bevorzugte Behandlung von Informationsfreiheitssachen bewirken.912 Die Verfahrensbeschleunigung wird dabei zum einen durch Beschneidung der Schriftsatzmöglichkeiten und Betonung der mündlichen Verhandlung913 sowie zum anderen durch vorrangige Behandlung in Abweichung von Art. 55 VerfO-EuG bewirkt914. Dabei ist eine Reduzierung der durchschnittlichen Verfahrensdauer um mehr als die Hälfte möglich.915 Im Gegensatz zu den hohen Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes916 kann das Gericht (schon) in Anbetracht der besonderen Dringlichkeit und der Umstände der Rechtssache ein beschleunigtes Verfahren anordnen.917 Die hohe Wertigkeit, die – wie auch Art. 255 EGV zeigt – der Transparenz behördlichen Handelns in der EG beigemessen wird, läßt eine

ņņņņņņņņ 909

Art. 233 Abs. 1, Art. 224 Abs. 6 EGV. Der Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß Art. 243, Art. 224 Abs. 6 EGV steht nach Art. 7 § 4 VerfO-EuG, unter dem Erfordernis, nur eine einstweilige Regelung zu treffen und der Entscheidung des Gerichts zur Hauptsache nicht vorzugreifen. Da die Offenbarung von Informationen generell der Hauptsacheentscheidung vorgreift, kann einstweiliger Rechtsschutz allenfalls in absoluten Ausnahmefällen Erfolg haben, also in Fällen, in denen der Antragsteller in seiner Existenz gefährdet und Erfolg in der Hauptsache wahrscheinlich ist; vgl. E. Grabitz, in: ders./Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Kommentar, Archivband II, Art. 186 EGV Rn. 22. Vgl. auch B.W. Wegener, Handbuch, § 20. 911 Die Möglichkeit beschleunigter Verfahren ergibt sich aus Art.76a VerfO-EuG, eingeführt durch Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 6.12.2000, ABl. EG Nr. L 322, S. 4. 912 So zumindest, allerdings ohne weitere Begründung, S. Hackspiel, Handbuch, § 26 Rn. 7. 913 Art. 76a §§ 2, 3 VerfO-EuG. 914 Art. 76a § 1 Abs. 3 VerfO-EuG. 915 So betrug etwa im Jahr 2001 die durchschnittliche Verfahrensdauer beim Gericht erster Instanz 19,5 Monate (vgl. EuGH, Jahresbericht, S. 80). Die im beschleunigten Verfahren entschiedene Rechtssache EuGHE 2002, II-2309 (T-195/01 u. T-207/01; Gibraltar/Kommission), wurde hingegen innerhalb von etwas mehr als acht Monaten entschieden (Klageeinreichung am 20.8.2001; Urteil vom 30.4.2002). 916 Siehe Teil D., Fn. 910. 917 Art. 76a § 1 VerfO-EuG. 910

264

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Berücksichtigung im Rahmen des Merkmals „Umstände der Rechtssache“ zumindest als möglich erscheinen.918

4. Umweltinformationsgesetz Das UIG (2005) enthält keine besondere Regelungen hinsichtlich der gerichtlichen Kontrolle einer behördlichen Zugangsversagung; es gelten daher die allgemeinen Regelungen der VwGO. Bei der Zugangsverweigerung des Antragstellers handelt es sich um einen versagenden, den Antragsteller belastenden Verwaltungsakt.919 Statthafter Rechtsbehelf ist die verwaltungsgerichtliche Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage bzw. bei Untätigkeit der Behörde in Form der Untätigkeitsklage.920 Die erstinstanzliche Zuständigkeit liegt grundsätzlich bei dem Verwaltungsgericht921, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde oder zu erlassen wäre922. Vor Erhebung der Verpflichtungsklage ist vom Kläger ein Vorverfahren durchzuführen.923 Gegen den Widerspruchsbescheid kann innerhalb eines Monats nach dessen Zustellung Klage erhoben werden.924 Die Klage muß schrift-

ņņņņņņņņ 918

Bislang wurden beschleunigte Verfahren in den Bereichen der Fusionskontrolle und des Beihilferechts geführt; vgl. S. Hackspiel, Handbuch, § 26 Rn. 7 ff. m.w.N. 919 Siehe zur Rechtsnatur der behördlichen Entscheidung D.III.4. 920 Vgl. § 42 Abs. 1 VwGO. Siehe dazu D.III.4. Daneben soll nach Auffassung der Literatur aus Gründen besserer Vollstreckbarkeit noch eine allgemeine Leistungsklage auf die tatsächliche Zugangsgewährung erhoben werden, da ein Verpflichtungsurteil nur insoweit vollstreckbar ist, als es um den Erlaß eines zugangsgewährenden Verwaltungsaktes geht; vgl. A. Turiaux, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 30; H.J. Kummer/J. Schumacher, Umweltinformationsgesetz, S. 91; J. Fluck/A. Theurer, A UIG § 5 Rn. 80a. Ob insoweit jedoch ein Rechtsschutzinteresse besteht erscheint zweifelhaft, da die deutsche Rechtsordnung grundsätzlich darauf angelegt ist, daß eine Behörde einer eindeutigen (gerichtlich bestätigten) gesetzlichen Verpflichtung nachkommt. 921 § 45 VwGO. 922 § 52 Nr. 3 S. 1, 5 VwGO; vgl. F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 52 Rn. 12. 923 § 68 Abs. 2 i.V.m Abs. 1 S. 1 VwGO. Siehe dazu D.VI.4. 924 § 74 Abs. 2 i.V.m Abs. 1 VwGO.

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

265

lich eingereicht werden925 sowie Kläger, Beklagten und Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen926. Die VwGO sieht nunmehr927 die Möglichkeit vor, daß die streitgegenständlichen Akten vom Gericht in camera eingesehen werden dürfen.928 Behörden müssen grundsätzlich Urkunden oder Akten dem Gericht vorlegen und Auskünfte erteilen.929 Die zuständige oberste Auskunftsbehörde930 kann (bzw. muß) dies jedoch verweigern, wenn die Vorgänge nach einem Gesetz – in diesem Fall nach dem UIG – geheimgehalten werden müssen.931 In diesem Fall kann der Kläger ein gerichtliches in camera-Verfahren beim Gericht der Hauptsache

ņņņņņņņņ 925 § 81 Abs. 1 S. 1 VwGO, wobei die Klage gemäß § 81 Abs. 1 S. 2 VwGO auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann. 926 § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO. Darüber hinaus soll sie einen bestimmten Antrag enthalten (§ 82 Abs. 1 S. 2 VwGO), ihr sollen Abschriften für alle Verfahrensbeteiligten (§ 81 Abs. 2 VwGO) sowie die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid in Urschrift oder in Abschrift (§ 82 Abs. 1 S. 3 VwGO) beigefügt und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. 927 § 99 Abs. 2 VwGO in der aktuellen Fassung wurde neugefaßt durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) vom 20.12.2001 (BGBl. I, S. 3987). Mit diesem erfüllte der Gesetzgeber einen Regelungsauftrag des BVerfG (E 101, 106), nach dem die bislang geltende Beschränkung der Nachprüfbarkeit der behördlichen Weigerung, Akten vorzulegen, Art. 19 Abs. 4 GG verletze, weil eine so weitgehende gerichtliche Prüfungsbeschränkung für den Geheimnisschutz nicht erforderlich sei. Vgl. dazu den Gesetzentwurf der Bundesregierung in BR-Drs. 405/01, S. 3 f., 15 ff., und Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses in BT-Drs. 14/7474, S. 6 f., 15 f. Vgl. zur Entstehungsgeschichte außerdem R. Rudisile, Verwaltungsgerichtsordnung, § 99 Rn. 1 ff. 928 § 99 VwGO. Soweit Akten in camera vom Gericht eingesehen werden, ist das Akteneinsichtsrecht der Beteiligten gemäß § 100 VwGO ausgeschlossen (§ 99 Abs. 2 S. 9 VwGO.). Vgl. zum in camera-Verfahren B. Kienemund, Das Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß, NJW 2002, 1231 (1235 f.); M.-J. Seibert, NVwZ 2002, 265 (269 f.); C. Bickenbach, BayVBl. 2003, 295 ff. 929 § 99 Abs. 1 S. 1 VwGO. 930 Oberste Aufsichtsbehörde ist das entsprechende Bundes- oder Landesministerium, auch in Selbstverwaltungsangelegenheiten; vgl. R. Rudisile, Verwaltungsgerichtsordnung, § 99 Rn. 29; F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 99 Rn. 15. 931 § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO. Danach steht der Aufsichtsbehörde außerdem dann ein Verweigerungsrecht zu, wenn die Offenbarung der Informationen dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge ihrem Wesen nach geheimgehalten werden müssen. Für die Zugänglichkeit von Umweltinformationen hat der Bundesgesetzgeber jedoch in Umsetzung seiner Verpflichtung aus der UIRL I eine abschließende Regelung getroffen und genau normiert, in welchen Fällen der Zugang zum Schutz öffentlicher oder privater Belange zu versagen ist. Die Versagungsgründe des UIG gehen daher als lex specialis den Verweigerungsgründen der VwGO vor.

266

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

beantragen.932 Dieses gibt dann Antrag und Hauptsacheakten an den im Einzelfall zuständigen Fachsenat des zuständigen Oberverwaltungsgerichts oder den zuständigen Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts ab, welche über die Rechtmäßigkeit der behördlichen Vorlageverweigerung entscheiden933; die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß934. Erst auf Aufforderung dieser Senate hat die oberste Aufsichtsbehörde diesen die verweigerten Urkunden oder Akten vorzulegen und verweigerte Auskünfte zu erteilen.935 Diese Akten sind von dem Einsichtsrecht des § 100 VwGO ausdrücklich ausgenommen.936 Wenn Vorschriften des materiellen Geheimnisschutzes nicht eingehalten werden können oder wenn die Aufsichtsbehörde besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes geltend macht, kann sie ihrer Vorlageverpflichtung durch Bereitstellung der Dokumente in von ihr bestimmten Räumlichkeiten nachkommen.937 Am Zwischenverfahren nimmt die oberste Aufsichtsbehörde als Beteiligte teil.938 Gegen einen Beschluß des Oberverwaltungsgerichts ist die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht statthaft.939 Den weiteren Fortgang des Hauptsacheverfahrens regelt die VwGO nicht. Die Literatur befürwortet eine Verfahrensweise, nach der die Dokumente zunächst an die oberste Aufsichtsbehörde zurückgehen und von dieser dann, mit den gegebenenfalls erforderlichen Schwärzungen und Aussonderungen, dem Hauptsachegericht oder auch dem Kläger direkt zur Verfügung gestellt werden.940 Die von der VwGO vorgesehene Verfahrensausgestaltung bewirkt für Informationsfreiheitsangelegenheiten, daß im Falle einer richterlichen Einsicht-

ņņņņņņņņ 932

§ 99 Abs. 2 S. 1 u. 3 VwGO. § 99 Abs. 2 S. 4, 1 u. 2 i.V.m. § 189 VwGO. Der usprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung sah hingegen die Durchführung des in camera-Verfahrens durch das Gericht der Hauptsache vor; vgl. BR-Drs. 405/01, S. 3. Vgl. zu den speziell wegen § 99 Abs. 2 VwGO einzurichtenden Fachsenaten B. Clausing, Verwaltungsgerichtsordnung, § 189 Rn. 1 ff. Vgl. zur Abgrenzung der Entscheidungszuständigkeit von Hauptgericht und Fachsenat BVerwG (Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO), Beschluß vom 24.11.2003, DVBl. 2004, 254 ff. Vgl. zur freien Zugänglichkeit zu Beklagtenschriftsätzen im Zwischenverfahren BVerwG (Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO), Beschluß vom 17.11.2003 (Az. 20 F 16/03). 934 § 99 Abs. 2 S. 1 VwGO. 935 § 99 Abs. 2 S. 5 VwGO. 936 § 99 Abs. 2 S. 9 VwGO. 937 § 99 Abs. 2 S. 7 u. 8 VwGO. 938 Nach § 99 Abs. 2 S. 6 VwGO ist die oberste Aufsichtsbehörde zu dem Zwischenverfahren beizuladen. Vgl. zur Beiladung im Rahmen des Zwischenverfahrens R. Rudisile, Verwaltungsgerichtsordnung, § 99 Rn. 32 m.w.N. 939 § 99 Abs. 2 S. 12 u. 13 VwGO. 940 Vgl. R. Rudisile, Verwaltungsgerichtsordnung, § 99 Rn. 50. 933

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

267

nahme in camera die obergerichtlichen Fachsenate faktisch die Hauptsacheentscheidung vorwegnehmen.941 Da Informationszugangsansprüche voraussetzungslos gewährt sind, bedarf es lediglich der Prüfung von anspruchsvernichtenden Geheimhaltungsgründen. Genau diese Prüfung nehmen die obergerichtlichen Fachsenate vor. Halten diese die Vorlageverweigerung für rechtswidrig, muß die Behörde ihrer Vorlageverpflichtung an das Gericht der Hauptsache gemäß § 99 Abs. 1 S. 1 VwGO nachkommen. Sodann kann der Kläger in diese gemäß § 100 Abs. 1 VwGO Einsicht nehmen, wodurch sich die Streitsache erledigt. Zur Vermeidung von Verwaltungsaufwand bietet es sich daher an, daß die Behörde die Akten direkt dem Kläger zur Verfügung stellt. Dem Gericht der Hauptsache verbleiben lediglich die Nebenentscheidungen. Das Gericht ist bei seiner Entscheidung auf eine rechtliche Beurteilung der Behördenentscheidung beschränkt; Zweckmäßigkeitserwägungen der Behörde kann es nur im Rahmen einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensfehlgebrauchs beanstanden.942 Die Ausnahmetatbestände des UIG (2005) räumen der Behörde jedoch kein Ermessen bei der Anspruchsbescheidung ein943, so daß sich Umfang der Entscheidungsbefugnis von Behörde und Gericht weitgehend decken. Eine bevorzugte Bearbeitung von Informationsfreiheitssachen sehen weder UIG (2005) noch VwGO vor. Möglichkeiten einer Verfahrensbeschleunigung aufgrund allgemeiner prozessualer Vorschriften bestehen faktisch nicht. Die Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 84 Abs. 1 VwGO wird regelmäßig daran scheitern, daß Informationsfreiheitsangelegenheiten zwar keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher Art jedoch rechtliche Schwierigkeiten aufweisen. Zudem dient das Instrument des Gerichtsbescheids vor allem der Entlastung der Verwaltungsgerichte und bezweckt nicht eine bevorzugte bzw.

ņņņņņņņņ 941

So auch B. Kienemund, NJW 2002, 1231 (1235 f.); M.-J. Seibert, NVwZ 2002, 265 (269 f.). Hingegen meint C. Bickenbach, BayVBl. 2003, 295 (296), in diesem Fall entscheide der zuständige Fachsenat abschließend über die Rechtssache; dies sei prozeßökonomisch und vom Wortlaut des § 99 Abs. 2 S. 1 VwGO gedeckt. So sympathisch das Argument der Prozeßökonomie auch sein mag, erscheint doch zweifelhaft, ob ein übergeordnetes Gericht im Rahmen eines Zwischenverfahrens endgültig über das Schicksal des Prozeßrechtsverhältnisses beim Gericht der Hauptsache entscheiden kann – jedenfalls wenn dies gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Sowohl die Berufungs- wie auch die Revisionsvorschriften enthalten diesbezüglich ausdrückliche Regelungen (§§ 130, 144 VwGO). 942 § 114 VwGO. Vgl. zur verwaltungsgerichtlichen Überprüfung von Ermessensentscheidungen F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 114; M. Gerhardt, Verwaltungsgerichtsordnung, § 114; M. Redeker, Verwaltungsgerichtsordnung, § 114. 943 Vgl. §§ 8, 9 UIG (2005). Die stets vorzunehmende Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe ist gerichtlich voll überprüfbar.

268

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

beschleunigte Behandlung der klägerischen Streitsache.944 Eine gewisse Beschleunigung kann ferner durch das Auslassen der mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) bewirkt werden, wozu es allerdings eines Einvernehmens aller Beteiligten bedarf. Zudem wird dadurch nur eine Verfahrensverkürzung jedoch keine gegenüber anderen Streitsachen bevorzugte Bearbeitung bewirkt. Nur wenn der Antragsteller eine Gefährdung existentieller Belange geltend machen kann, besteht die Möglichkeit einer der Hauptsache vorgreifenden einstweiligen Anordnung auf Herausgabe der Informationen, welche gegenüber den anhängigen Hauptsacheverfahren bevorzugt zu bearbeiten ist.945

5. Brandenburgisches AIG Das AIG-Bbg enthält keine Sonderregelungen zum gerichtlichen Rechtsmittelverfahren. Sonderregelungen sind wegen der eingeschränkten Gesetzgebungskompetenz der Länder ohnehin nur im Rahmen der von der VwGO vorgegebenen Grenzen möglich.946 Es kann daher entsprechend auf die Ausführungen zum UIG (2005) verwiesen werden.947 Das Vorsehen der speziellen, sehr unbestimmt formulierten Verweigerungsgründe beim in camera-Verfahren948, die im Einzelfall einen weiteren Anwen-

ņņņņņņņņ 944 Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 11/7030, S. 26. Vgl. zum Gerichtsbescheid auch F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 84. 945 Darüber hinaus besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 123 VwGO. Da eine nur vorläufige Offenbarung von Informationen jedoch nicht möglich ist, wird in Informationsfreiheitssachen die Hauptsache generell und notwendig vorweggenommen. Die ausnahmsweise Vorwegnahme der Hauptsache bedarf aber nach allgemeiner Meinung des Vorliegens sehr hoher Voraussetzungen. Das Abwarten muß dem Antragsteller schlechthin unzumutbar sein bzw. es muß um existentielle Belange gehen. Diese Voraussetzungen dürften allenfalls in ganz seltenen Ausnahmefällen erfüllt sein. Vgl. zur vorläufigen Vorwegnahme der Hauptsache F. Schoch, Verwaltungsgerichtsordnung, § 123 Rn. 141 ff. 946 Dem Landesgesetzgeber fehlt hierfür weitgehend die Gesetzgebungskompetenz. Gerichtsverfassung und gerichtliches Verfahren unterfallen gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes, von der dieser durch Erlaß der VwGO abschließend und erschöpfend Gebrauch gemacht hat. Die Länder können abweichende oder ergänzende Vorschriften nur erlassen, soweit die VwGO entsprechende Regelungsvorbehalte vorsieht. Vgl. E. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsgerichtsordnung, Einl. Rn. 62 ff. 947 Siehe D.VII.4. 948 Eine Zugangsverweigerung ist gemäß § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO möglich, wenn die Offenbarung von Informationen dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Informationen ihrem Wesen nach geheimgehalten werden müssen.

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

269

dungsbereich als die Verweigerungsgründe der AIG-Bbg haben könnten, wirkt sich nicht aus. Eine Prüfung dieser rein prozessualen Verweigerungsbefugnisse erfolgt nur dann, wenn bereits ein Gerichtsverfahren in Informationsfreiheitsangelegenheiten anhängig ist. Dies ist wiederum nur dann der Fall, wenn eine Behörde zu der Auffassung gelangt ist, daß ein Geheimhaltungstatbestand des AIG-Bbg greift. Sollte der zuständige Fachsenat im Einzelfall feststellen, daß das AIG-Bbg eine Verweigerung der Aktenvorlage nicht rechtfertigt, jedoch ein anderer Verweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO vorliegt, „kann“ die zuständige Aufsichtsbehörde die Vorlage zwar verweigern, allerdings reduziert sich dieses prozessual eingeräumte Ermessen aus materiellrechtlichen Gründen auf Null, da gemäß dem AIG-Bbg Zugang zu den Informationen gewährt werden muß. Die oberste Aufsichtsbehörde darf also trotz bundesrechtlicher Möglichkeit aufgrund ihrer landesrechtlichen Verpflichtung die Vorlage von Urkunden oder Akten und die Erteilung von Auskünften nicht verweigern; tut sie es dennoch, handelt sie ermessensfehlerhaft.949 Der Umfang von behördlicher und gerichtlicher Entscheidungsbefugnis ist weitgehend deckungsgleich. Allerdings eröffnet das AIG-Bbg der Verwaltung einen etwas größeren Ermessensspielraum als das UIG.950

6. Berliner IFG Das IFG-B enthält ebenfalls keine Regelungen zum gerichtlichen Rechtsmittelverfahren; die Ausführungen zum AIG-Bbg und zum UIG (2005) gelten entsprechend.951 Ermessensspielräume hinsichtlich der Zugangsversagung räumt das IFG-B den Berliner Behörden (fast) nicht ein.952

7. Schleswig-holsteinisches IFG Ebenso enthält das IFG-SH keine Regelungen zum gerichtlichen Rechtsmittelverfahren; die Ausführungen zum AIG-Bbg und zum UIG (2005) gelten

ņņņņņņņņ 949

Dies folgt aus dem Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes. Vgl. zur Beschränkung des behördlichen Ermessensspielraums durch sonstige Rechtssätze F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 114 Rn. 9, 39; M. Gerhardt, Verwaltungsgerichtsordnung, § 114 Rn. 17. 950 Nach § 4 Abs. 2 AIG-Bbg „soll“ der Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt werden. Nach § 5 Abs. 2 AIG-Bbg „kann“ Akteneinsicht gewährt werden. 951 Siehe D.VII.4. und D.VII.5. 952 Lediglich gemäß § 10 Abs. 4 IFG-B „soll“ der Informationszugang versagt werden, wenn sich der Inhalt der Akten auf den Prozess der Willensbildung innerhalb von und zwischen Behörden bezieht.

270

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

entsprechend.953 Den schleswig-holsteinischen Behörden eröffnet das IFG-SH in geringem Umfang einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Zugangsverweigerung.954

8. Nordrhein-westfälisches IFG Schließlich enthält auch das IFG-NRW keine Regelungen zum gerichtlichen Rechtsmittelverfahren; die Ausführungen zum AIG-Bbg und zum UIG (2005) gelten entsprechend.955 Ermessenspielräume hinsichtlich der Zugangsversagung sieht das IFG-NRW (fast) nicht vor.956

9. Bundes-IFG Das BIFG beschränkt sich auf die Klarstellung, daß gegen die ablehnende Entscheidung die Verpflichtungsklage zulässig ist957; im übrigen gelten die Ausführungen zum UIG (2005) entsprechend958. Ermessenspielräume hinsichtlich der Zugangsversagung sieht das BIFG (fast) nicht vor.959

10. Vergleichende Betrachtung a) Allgemeine Verfahrenserwägungen Die Rechtsvergleichung verdeutlicht, daß alle IFGs eine richterliche Kontrolle von behördlichen Zugangsverweigerungen im Rahmen des jeweiligen nationalen Gerichtssystems ermöglichen. Demgemäß enthalten die IFGs hierzu wenig Sonderregelungen.

ņņņņņņņņ 953

Siehe D.VII.4. und D.VII.5. § 10 Abs. 3 u. Abs. 5 IFG-SH („kann“). 955 Siehe D.VII.4. und D.VII.5. Vgl. zur Rechtsnatur des behördlichen Handelns mit unterschiedlichen Auffassungen B. Axler, CR 2002, 847 (853); T.R. WolfHegerbekermeier/B. Pelizäus, DVBl. 2002, 955 (959); F. Stollmann, NWVBl. 2002, 216 (221); M. Zilkens, RDV 2002, 300 (304). 956 Lediglich in § 7 Abs. 2 und in § 9 Abs. 3 enthält das IFG-NRW Sollvorschriften. 957 Vgl. § 9 Abs. 4 S. 1 BIFG. 958 Siehe D.VII.4. 959 Lediglich in § 4 Abs. 1 enthält das BIFG eine Sollvorschrift. 954

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

271

Auch der IFG-ProfE setzt die Geltung der VwGO voraus und verzichtet auf Sonderregelungen. Ausführliche Regelungen enthält hingegen der IFG-NGOE. Dieser sieht zunächst für die Durchsetzung des Anspruchs auf Informationen die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs vor.960 Ferner ordnet der IFG-NGOE eine endgültige Erledigung von Informationsfreiheitsangelegenheiten im Wege der einstweiligen Anordnung unter Verzicht auf das Hauptsacheverfahren an961 – diese Verfahrensausgestaltung wird später gesondert betrachtet werden. Über diese Regelungen hinaus sieht der IFG-NGOE auch Änderungen der VwGO vor. Insbesondere ordnet er die Einrichtung spezieller „Spruchkörper für das Informationszugangsrecht“ bei Verwaltungsgerichten, Oberverwaltungsgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht an.962 Der Gerichtsweg für Informationsfreiheitsangelegenheiten bestimmt sich erkennbar aufgrund nationaler Besonderheiten. So sind mangels Bestehens einer besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeit in den USA die allgemein zuständigen U.S. District Courts zur Entscheidung berufen. Ähnliches gilt für die EU, in der die Gerichtsbarkeit durch den Europäischen Gerichtshof und das Gericht erster Instanz ausgeübt wird. In Schweden hingegen wird angesichts des Vorhandenseins einer Verwaltungsgerichtsbarkeit auch auf diese zurückgegriffen. Dasselbe empfiehlt sich auch in Deutschland, da die Beurteilung von Rechtsverhältnissen zwischen dem Bürger und der Verwaltung eine typische Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist. Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit erscheint eine Abweichung von den bestehenden Regelungen der VwGO nicht geboten. Interessant ist allerdings der vom FOIA geschaffene stets bestehende allgemeine Gerichtsstand im Regierungsbezirk („Washington District of Columbia“)963. Gegen einen solchen zusätzlichen Gerichtsstand ist jedenfalls aus Sicht des Bürgers nichts einzuwenden. Wie die in den USA gemachten Erfahrungen zeigen, führt ein solcher Gerichtsstand zur Herausbildung einer Art Spezialgerichtsbarkeit, die eine vorhersehbarere Rechtsprechung in Informationsfreiheitsangelegenheiten be-

ņņņņņņņņ 960

§ 19 Abs. 1 IFG-NGOE. Die Anordnung bezweckt eine Klarstellung, obwohl die bisherige Rechtsprechung zum UIG und den IFGs der Länder die Rechtswegzuständigkeit bislang nicht in Frage gestellt hat; vgl. IFG-NGOE, S. 35. Darüber hinaus sieht der IFG-NGOE eine Ergänzung von § 23 Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz dergestalt vor, daß der Verwaltungsrechtsweg auch für die Durchsetzung des Anspruchs auf Zugang zu Informationen bei den Justiz- und Vollzugsbehörden eröffnet ist; vgl. IFG-NGOE, S. 20, 36. 961 § 19 Abs. 3 IFG-NGOE. 962 Durch Einfügung eines § 12a VwGO; vgl. IFG-NGOE, S. 20, 36. 963 Ausführliche Informationen zum District of Columbia finden sich unter http://www.dc.gov (Stand: 15.7.2006).

272

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

wirkt. Dem Gesichtspunkt der Gewährleistung einer möglichst homogenen, vorhersehbaren Rechtsprechung muß indes wegen der weitgehenden Rechtspositivierung im kontinentaleuropäischen Rechtskreis anders als im System des common law weniger dringend Rechnung getragen werden. Dementsprechend ist von einer sachgebietsbezogenen Abweichung von den allgemeinen verwaltungsprozessualen Vorschriften abzuraten. Die Modalitäten der Klageerhebung, wie etwa Schriftlichkeit, Benennung der Parteien und Bezeichnung des Streitgegenstandes, sind in allen betrachteten Rechtsordnungen im wesentlichen identisch. Dies liegt darin begründet, daß in diesen Modalitäten die systemimmanenten Erfordernisse einer Gerichtsbarkeit zum Ausdruck kommen. Der unparteiische Richter muß in Kenntnis gesetzt werden, wer was von wem warum will, um eine Entscheidung treffen zu können. Die Absicherung eines ordnungsgemäßen Verfahrens erfordert dabei bestimmte Formalien. Auch das Erfordernis der Erschöpfung behördlicher Rechtsbehelfsmöglichkeiten besteht in allen Rechtsordnungen bzw. ist faktisch sichergestellt. Dies ist sinnvoll, da das behördliche Rechtsbehelfsverfahren nicht nur dem Interesse des Bürgers dient, sondern es vielmehr auch eine Selbstkontrolle der Verwaltung ermöglichen und dadurch der Entlastung der Gerichtsbarkeit dienen soll. Ein wichtiger Aspekt des gerichtlichen Rechtsschutzes ist die Möglichkeit der Verwaltung, Gründe für die Verweigerung des Informationszugangs im Gerichtsverfahren nachzuschieben, bzw. die Möglichkeit des Gerichts, die Verweigerung des Informationszugangs auf andere als die von der Behörde vertretenen Gründe zu stützen. Eine ausdrückliche Regelung diesbezüglich, findet sich in den untersuchten Rechtsordnungen nicht.964 Der EuGH vertritt im Bereich des Informationszugangs die Auffassung, daß Gründe für eine Ablehnung des teilweisen Dokumentenzugangs im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens gegen die versagende Verfügung nicht mehr geltend gemacht werden können, da dem Begründungserfordernis ansonsten die praktische Wirksamkeit genommen würde.965 Der Antragsteller habe ein Recht darauf, erkennen zu können, ob die behördliche Entscheidung richtig ist oder unter einem Mangel leidet, um die Aussichten gerichtlichen Vorgehens beurteilen zu können.966 Die

ņņņņņņņņ 964 § 114 S. 2 VwGO sieht lediglich die Möglichkeit zur Ergänzung behördlicher Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vor. 965 Vgl. EuGH-Urteil vom 22.1.2004 (EuGHE 2004, I-1073; C-353/01; „Olli Mattila“), Rn. 29 ff. Das Urteil erging zwar noch aufgrund der Organisationsvorschriften der Organe vor Inkrafttreten der Transparenzverordnung, die inhaltlichen Erwägungen sind angesichts des Gleichklangs der Regelungen jedoch übertragbar. 966 Vgl. EuGH-Urteil vom 22.1.2004 (EuGHE 2004, I-1073; C-353/01; „Olli Mattila“), Rn. 29 ff.

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

273

Folge dieser Entscheidung ist allerdings nicht die vollständige Zugangsgewährung sondern die Nichtigkeit der behördlichen Entscheidung. Die dann erforderliche Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des EuGH wird regelmäßig nur zu einer teilweisen Zugangsgewährung führen. Im Verfahren nach der VwGO hält die herrschende Meinung ein Nachschieben von Gründen nach Klageerhebung prinzipiell für zulässig, wenn sich hierdurch der Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen verändert.967 Dem ist zuzustimmen. Für eine Präklusion von erstmalig im Klageverfahren vorgebrachten Versagungsgründen läßt sich entsprechend der Argumentation des EuGH anführen, daß dadurch die praktische Wirksamkeit des Begründungserfordernisses verringert wird. Wenn die Behörde auch noch im Gerichtsverfahren Gründe für die Offenbarungsverweigerung geltend machen kann, vermag dies ihre Motivation zu einer umfassenden, aussagekräftigen Begründung zu schmälern. Dagegen läßt sich indes vorbringen, daß die Ablehnung einer Präklusionswirkung nichts an der gesetzlichen Begründungsverpflichtung ändert. Insbesondere wenn – wie empfohlen – der Behörde ein detailliertes, speziell auf die Charakteristiken des Informationszugangs zugeschnittenes Begründungserfordernis auferlegt ist, kann im Regelfall ein gesetzeskonformes Verhalten spätestens im behördlichen Rechtsbehelfsverfahren erwartet werden. Sollte der Verwaltung jedoch tatsächlich ein Fehler bei der Begründung unterlaufen, ist eine „Bestrafung“ unangemessen. Eine solche würde nämlich nicht lediglich zu Lasten der Behörde sondern vielmehr zu Lasten von Privaten und/oder der Öffentlichkeit gehen. Es darf nicht sein, daß eine Information, deren Geheimhaltung aus schutzwürdigen privaten und/oder öffentlichen Interessen objektiv erforderlich ist, herausgegeben werden muß, weil die Verwaltung die Versagung auf den falschen Geheimhaltungstatbestand gestützt bzw. einen einschlägigen Geheimhaltungstatbestand übersehen hat. Darüber hinaus widerspräche es dem System der deutschen (Verwaltungs-)Gerichtsbarkeit, einen Richter bei der rechtlichen Beurteilung eines Sachverhalts auf die Rechtsaspekte zu beschränken, die von der Behörde angeführt worden sind. Ein weiterer Gesichtspunkt ist, in welchem Umfang das Gericht die behördliche Entscheidung kontrollieren bzw. ob es eine eigene zugangsgewährende Entscheidung sogar selbst treffen darf. Die am weitesten gehende Befugnis steht den schwedischen Verwaltungsgerichten zu, die die zugangsgewährende Entscheidung selbst treffen können. Dabei handelt es sich allerdings um einen Sonderfall, der auf die historische Entwicklung der schwedischen Verwal-

ņņņņņņņņ 967

Vgl. mit umfangreichen Nachweisen zum Streitstand F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 113 Rn. 64.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

tungsgerichtsbarkeit aus der Verwaltung heraus zurückzuführen ist.968 Diese Befugnis kann ohne eine grundsätzliche, Aspekte der Gewaltenteilung berührende Umstrukturierung eines davon verschiedenen nationalen Gerichtssystems nicht übernommen werden. Im übrigen besitzen die Gerichte in allen betrachteten Rechtsordnungen umfassende Kontrollbefugnisse – wobei dies in den USA („de novo“-Kontrolle) auf eine bereichsspezifische Sonderregelung zurückgeht, die die Bedeutung der Informationszugangsfreiheit zusätzlich unterstreicht. Den deutschen Verwaltungsgerichten steht hingegen eine umfassende Kontrollkompetenz als Regelfall zu; diese ist indes insoweit eingeschränkt, als das Gericht die Zweckmäßigkeit der Entscheidung nur in den Grenzen des § 114 VwGO kontrollieren darf.969 Die Untersuchung hat allerdings aufgezeigt, daß die deutschen IFGs der Behörde nur geringe Ermessensspielräume einräumen, wodurch faktisch eine umfassende Kontrollkompetenz der Verwaltungsgerichte gewährleistet ist. Schließlich ist angesichts der Regelung des FOIA die Möglichkeit zu erwägen, daß in bestimmten Fällen der Zugangsversagung gegen die verantwortlichen Behördenmitarbeiter auf eine gerichtliche Empfehlung hin Disziplinarmaßnahmen ergriffen werden. Dem vergleichbar ist der schwedische Straftatbestand des Amtsmißbrauchs, unter den auch nicht vorsätzliche, geringfügige Amtsverfehlungen (wie etwa eine unberechtigt verweigerte Akteneinsicht970) subsumiert werden können, wenn dessen Bedeutung auch derzeit schwindet.971 Gegen eine Übertragung dieser Disziplinierungsinstrumente spricht jedoch die unterschiedliche Behördenstruktur Schwedens und der USA. In beiden Ländern zeichnen sich die Behörden durch eine gegenüber dem deutschen Behördenaufbau wesentlich unabhängigere Stellung aus.972 Die Unabhängigkeit von schwedischen Verwaltungsbeamten kommt der von Richtern gleich.973 Diese unabhängige Stellung bedarf eines wesentlich stärkeren Gegengewichts als die Stel-

ņņņņņņņņ 968 Die schwedischen Verwaltungsgerichte waren noch bis ins letzte Jahrhundert hinein Teil der schwedischen Verwaltung und haben sich erst in den letzten Jahrzehnten zunehmend verselbständigt; siehe dazu B.I. 969 Vgl. dazu etwa F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 114. 970 Dies führte nach der Tryckfrihetsförordning von 1766 sogar zum Verlust des Amtes; vgl. H. Bergner, Grundrecht, S. 13. 971 Siehe dazu ausführlicher B.I. 972 Die schwedische Verwaltung ist grundsätzlich nicht hierarchisch organisiert; ein Weisungsrecht höherer Verwaltungsbehörden besteht nur in sehr beschränktem Maße; vgl. W. Haller, Justitieombudsman, S. 47. So handeln etwa die Ministerien nicht als Einheiten der Zentralverwaltung; vgl. G. Ring/L. Olsen-Ring, Einführung, Rn. 113. Vgl. zu der sehr unabhängigen Stellung der U.S. Bundesbehörden H.D. Jarass, DÖV 1985, 377 (377). 973 Vgl. W. Haller, Justitieombudsman, S. 46 f.

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

275

lung der deutschen Verwaltung.974 Sollten deutschen Behördenmitarbeitern gravierende Verstöße bei der Gesetzesanwendung anzulasten sein, bestehen zudem Reaktionsmöglichkeiten gemäß dem allgemeinen Disziplinar- bzw. Dienstrecht.

b) Gerichtliche Befugnis zur Einsichtnahme in camera Nach dem Ergebnis der Rechtsvergleichung ist die Einräumung der richterlichen Befugnis zur Einsichtnahme nicht öffentlicher Verwaltungsakten in camera internationaler und seit einigen Jahren auch nationaler Standard. Die IFG-Entwürfe greifen für das in camera-Verfahren auf die Regelungen der VwGO zurück. Während der IFG-ProfE von einer direkten Anwendbarkeit des § 99 VwGO in Informationszugangsangelegenheiten ausgeht975, schlägt der IFG-NGOE eine Ergänzung von § 99 VwGO vor, in der die entsprechende Anwendbarkeit des verwaltungsgerichtlichen in camera-Verfahrens in Informationszugangsangelegenheiten ausdrücklich angeordnet wird976. Dieser bedarf es allerdings nicht. Die Gesetzesmaterialien verdeutlichen ergänzend zum Wortlaut von § 99 VwGO, daß dieser sogar insbesondere die Fälle regelt, in denen die Einsichtnahme das Klageziel ist.977 Die richterliche Befugnis, in sämtliche Behördenakten in camera Einsicht nehmen zu dürfen, wird also von allen untersuchten Rechtsordnungen für erforderlich gehalten. Denn eine effektive Kontrolle behördlichen Handelns ist nur möglich, wenn der Richter über die gleiche Sachverhaltsgrundlage wie die öffentliche Stelle verfügt. Das dabei bestehende Spannungsverhältnis zum Geheimnisschutz kann durch unterschiedlich intensive Maßnahmen zur Gewährleistung der Geheimhaltung aufgelöst werden. So kann etwa bei sehr sensiblen Daten vorgeschrieben werden, daß die in camera-Einsicht in den Räumlichkeiten der Behörde und nur durch den Richter selbst zu erfolgen hat, da dadurch das personelle Risiko des Geheimnisverrats auf den Richter selbst beschränkt wird. Das bestehende Restrisiko dürfte angesichts der hervorgehobenen Stellung der deutschen Richterschaft äußerst gering und nicht größer als das personelle Restrisiko in der Verwaltung selbst sein. Darüber hinaus ist die Möglichkeit einer in camera-Einsicht in Deutschland notwendiger Bestandteil

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Vgl. H.D. Jarass, DÖV 1985, 377 (377). Nach Auffassung von Schoch/Kloepfer solle die praktische Handhabung von § 99 VwGO abgewartet werden, bevor aus dem Blickwinkel des IFG weitere rechtspolitische Vorstellungen zur Ergänzung der Rechtslage entwickelt werden; vgl. IFG-ProfE, S. 196 f. 976 Vgl. IFG-NGOE, S. 21, 36. 977 Vgl. BT-Drs. 14/7474, S. 15. 975

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

des Gebotes effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG.978 So geht die aktuelle Fassung des § 99 VwGO auf einen Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts zur Neufassung von § 99 Abs. 2 VwGO bis zum 31.12.2001 zurück.979 Gemäß § 99 Abs. 2 S. 1 VwGO a.F. war das Gericht bei der Überprüfung, ob die Geheimhaltungstatbestände des § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO vorliegen, auf die behördliche Glaubhaftmachung beschränkt.980 Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts kompensiert eine solche Glaubhaftmachung aber nicht die durch § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO bewirkte Behinderung einer effektiven gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle.981 Eine der gerichtlichen Kontrolle unterworfene Glaubhaftmachung der geltend gemachten Weigerungsgründe könne die durch § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO bewirkte Rechtsschutzlücke nicht schließen, weil bei Kenntnisrechten die Glaubhaftmachung der Behörde für die Verweigerung der Aktenvorlage regelmäßig nicht über die Begründung für die Auskunftsablehnung gegenüber dem Betroffenen hinausgehen werde.982 Die Gründe, die die Behörde dafür vortrage, daß sie dem Grundrechtsträger keine Auskunft erteilt, fielen vielmehr mit denjenigen zusammen, mit denen sie im anschließenden gerichtlichen Verfahren inhaltlich glaubhaft mache, daß sie die Aktenvorlage verweigern darf.983 Hinsichtlich der Ausgestaltung der untersuchten in camera-Verfahren zeigen sich allerdings Unterschiede. In Schweden, den USA und der EU erkennt die Rechtsordnung die Befugnis zur Einsichtnahme in camera schlicht dem erkennenden Gericht der Hauptsache zu. Dementgegen regelt die VwGO ein aufwendiges gerichtliches Zwischenverfahren vor einem Fachsenat des übergeordneten Oberverwaltungsgerichts bzw. sogar vor einem Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts mit einer zwingenden Beteiligung der zuständigen Aufsichtsbehörde, da nur diese die Aktenvorlage an das Gericht verweigern darf. In Informationsfreiheitsangelegenheiten bewirkt diese Verfahrensausgestaltung regelmäßig eine faktische Verlagerung der Hauptsacheentscheidung, dem Gericht der Hauptsache verbleiben angesichts der eintretenden Erledigung lediglich die Nebenentscheidungen. Vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG begegnet diese Verfahrensgestaltung jedoch keinen rechtlichen Bedenken.

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Vgl. BVerfGE 101, 106. Vgl. auch die Argumentation für die Einführung eines in camera-Verfahrens von S.W.H. Lodde, Informationsrechte, S. 203 ff. 979 Vgl. BVerfGE 101, 106 (106). 980 Der Wortlaut von § 99 Abs. 2 S. 1 VwGO lautete: „Auf Antrag eines Beteiligten entscheidet das Gericht der Hauptsache durch Beschluß, ob glaubhaft gemacht ist, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verweigerung der Vorlage von Urkunden oder Akten und die Erteilung von Auskünften vorliegen“. 981 Vgl. BVerfGE 101, 106 (125 ff.). 982 Vgl. BVerfGE 101, 106 (126). 983 Vgl. BVerfGE 101, 106 (126).

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

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Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts genießt der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines in camera-Verfahrens weitgehende Freiheit.984 Insbesondere sei es ihm unbenommen, Vorkehrungen zu treffen, die den Kreis der Geheimnisträger im Spruchkörper klein hielten und den Geheimnisschutz sicherten.985 In ihrer praktischen Handhabung erscheint diese Verfahrensgestaltung fragwürdig. Dabei gilt es aber mit Blick auf die internationalen Erfahrungen zu berücksichtigen, daß in Informationsfreiheitsangelegenheiten nicht generell die Notwendigkeit eines in camera-Verfahrens besteht, sondern nur bei Unklarheiten über die Art der begehrten Informationen. Sofern die Beteiligten nur über die Rechtsfrage streiten, ob die in tatsächlicher Hinsicht unbestrittene Art der Informationen eine Geheimhaltung rechtfertigt, bedarf es einer richterlichen Einsichtnahme nicht. Auch auf diese Fallgestaltung vermag die VwGO zu reagieren. Die Anordnung des § 99 Abs. 1 S. 1 VwGO, daß Behörden zur Vorlage von Urkunden oder Akten verpflichtet sind, erfordert weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck nach die Auslegung, daß eine Vorlage sämtlicher für das Gerichtsverfahren relevanter Dokumente automatisch zur erfolgen hat. Vielmehr wird die Vorschrift allgemein dahingehend ausgelegt, daß sich die Vorlagepflicht grundsätzlich nur auf Dokumente bezieht, deren Inhalt der umfassenden Sachaufklärung durch das Gericht und der Gewinnung von Grundlagen für die Führung des anhängigen Prozesses der Beteiligten dienlich sein kann.986 Diese Auslegung harmoniert gesetzessystematisch mit § 86 Abs. 1 VwGO, wonach das Verwaltungsgericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht und an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden ist. Die Sachverhaltsermittlung von Amts wegen ermöglicht es dem Verwaltungsgericht prinzipiell, ein behördliches Vorbringen als für die Sachverhaltsaufklärung ausreichend zu erachten. Infolgedessen gestattet das deutsche Verwaltungsprozeßrecht eine Adaption des amerikanischen Instruments des sog. „Vaughn-Index“. Hält das Verwaltungsgericht im Ergebnis die Vorlage der streitgegenständlichen Informationen für nicht erforderlich, verbleibt ihm die Entscheidung über deren Offenbarung.987 Folglich liegt die Entscheidung über den Informationszugang nicht generell bei den obergerichtlichen Fachsenaten, sondern „nur“, wenn das Gericht der Hauptsache die Durchführung eines in camera-Verfahrens für sachdienlich erachtet. Im übrigen spricht

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Vgl. BVerfGE 101, 106 (130). Vgl. BVerfGE 101, 106 (130). 986 Vgl. F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 99 Rn. 1a mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen. 987 Das Antragsrecht des § 99 Abs. 2 S. 3 VwGO greift erst dann, wenn die Aufsichtsbehörden auf die richterliche Verpflichtung nach § 99 Abs. 1 S. 1 VwGO hin die Vorlage verweigern. 985

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

aber Einiges gegen diese Regelung. So schafft sie Anreize für das Gericht der Hauptsache, die Vorlage der begehrten Informationen als sachdienlich anzuordnen, um dadurch seine Arbeitsbelastung zu Lasten der Obergerichte zu verringern. Ferner führt die Regelung zu dem seltsam anmutenden Effekt, daß Verfahren, in denen lediglich Rechtsfragen zu klären sind, vom erstinstanzlichen Gericht entschieden werden, hingegen Verfahren, in denen eine Sachverhaltsklärung erforderlich ist, weitgehend von den Obergerichten bearbeiten werden. Schließlich bedarf es einer zwingenden Beteiligung der obersten Aufsichtsbehörden. Die Umständlichkeit der Handhabung der neuen deutschen in cameraVerfahrenbefugnis verdeutlicht sich etwa auch am Prozeßverhalten des Verwaltungsgerichts Berlin. Ohne nähere Begründung hat das Gericht nicht § 99 VwGO als maßgebliche Regelung der richterlichen in cameraEinsichtsbefugnis angesehen, sondern eine zusätzliche in cameraEinsichtsbefugnis des erstinstanzlichen Gerichts aus § 100 Abs. 1 VwGO herausgelesen.988 Angesichts der Klarheit und dem abschließenden Charakter von § 99 VwGO kann dem nicht gefolgt werden. Im Ergebnis ist es sehr zu bedauern, daß der Gesetzgeber von der ursprünglich geplanten Regelung, dem erstinstanzlichen Gericht die Befugnis zur in camera-Einsicht zu gewähren, im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens Abstand genommen hat.989 Obwohl der Gesetzgeber bei Schaffung des in cameraVerfahrens sogar insbesondere die Fälle im Auge hatte, in denen der Informationszugang Klageziel ist, fokussierte er sich dabei einseitig auf die Wahrung der Interessen des Geheimnisschutzes und der Geheimhaltung bei besonders sensiblen Angelegenheiten des Staatsschutzes.990 In diesen Fällen kann die Beschränkung der richterlichen Einsichtnahme auf besondere obergerichtliche Spruchkörper ohne weiteres nachvollzogen werden. Sofern allerdings schlicht zu beurteilen ist, ob Informationen als schutzbedürftige Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse geheimhaltungsbedürftig sind, erscheint das Verfahren unangemessen aufwendig und umständlich.991 Zu empfehlen ist eine Ergänzung des § 99 Abs. 2 VwGO dahingehend, daß die Befugnis zur in camera-Einsicht grundsätzlich dem Gericht der Hauptsache obliegt und die obergerichtlichen

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Vgl. VG Berlin, NVwZ-RR 2002, 810 (811). Vgl. BR-Drs. 405/01, S. 3. 990 Vgl. BT-Drs. 14/7474, S. 15. 991 Daß dem Gesetzgeber die Unpraktikabilität seiner Regelung mittlerweile bewußt wird, zeigt sich etwa im Bereich des Telekommunikationsrechts. In § 138 TKG modifiziert der Gesetzgeber das verwaltungsgerichtliche in camera-Verfahren insoweit, als an die Stelle der obersten Aufsichtsbehörde die Regulierungsbehörde tritt (Abs. 1 S. 2) und das Gericht der Hauptsache zur Entscheidung berufen ist (Abs. 2 S. 1). 989

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

279

Spruchkörper „nur“ im Falle einer möglichen Gefährdung von Staatsinteressen des Bundes und der Länder mit der Einsicht betraut werden.

c) Pflicht zur bevorzugten bzw. beschleunigten Bearbeitung Während die internationalen Regelungen in unterschiedlicher Weise eine bevorzugte bzw. beschleunigte Verfahrensbearbeitung ermöglichen, sehen die deutschen IFGs dies nicht vor. Von den IFG-Entwürfen sieht nur der IFG-NGOE den Versuch einer Verfahrensbeschleunigung vor. Danach finden auf das gerichtliche Verfahren die Vorschriften des 11. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung über die einstweilige Anordnung entsprechende Anwendung.992 Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 123 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung brauchen nicht glaubhaft gemacht werden.993 Ein Verfahren in der Hauptsache findet nicht statt.994 Die Durchführung der mündlichen Verhandlung ist zulässig.995 Der Antrag kann auch schon vor Abschluß des Vorverfahrens gestellt werden.996 Auch an dieser Stelle ist wiederholt auf die erhebliche Bedeutung des Zeitfaktors für die praktische Wirksamkeit der Informationszugangsfreiheit hinzuweisen.997 Das Beschleunigungserfordernis steht dabei in einem enormen Spannungsverhältnis zur derzeit in Deutschland durchaus üblichen Dauer verwaltungsgerichtlicher Verfahren von über zwei Jahren, welche unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG – zumindest nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts – nicht zu beanstanden ist.998 Eine bevorzugte Behandlung von Informationszugangsangelegenheiten geht

ņņņņņņņņ 992 § 19 Abs. 3 S. 1 IFG-NGOE. Ausweislich der Entwurfsbegründung greift der Entwurf damit die Regelungsstruktur aus den Pressegesetzen zum Gegendarstellungsanspruch und Ergebnisse der Rechtsprechung zum presserechtlichen Auskunftsanspruch auf; vgl. IFG-NGOE, S. 35. Vgl. zum Beispiel § 12 Abs. 4 Brandenburgisches Landespressegesetz. 993 § 19 Abs. 3 S. 2 IFG-NGOE. Ausweislich der Entwurfsbegründung braucht also eine Eilbedürftigkeit nicht begründet zu werden; vgl. IFG-NGOE, S. 35. Die Formulierung ist indes unschön, da sie die – natürlich unsinnige – Interpretation zuläßt, daß auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht werden muß. 994 § 19 Abs. 3 S. 3 IFG-NGOE. Damit ist das Verfahren der einstweiligen Anordnung abschließend; vgl. IFG-NGOE, S. 35. 995 § 19 Abs. 3 S. 4 IFG-NGOE. 996 § 19 Abs. 3 S. 5 IFG-NGOE. 997 Siehe D.III.10.a). 998 Vgl. BVerfG, Beschluß vom 15.12.2003 (Az. 1 BvR 1345/03), Rn. 4.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

freilich zu Lasten anderer verwaltungsgerichtlicher Verfahren. Die Anordnung einer solchen Bevorzugung obliegt der freien Entscheidung des Gesetzgebers. Wie schon hinsichtlich der Informationszugangskosten ist dessen Entscheidung letztlich dadurch bedingt bzw. verdeutlicht dessen Entscheidung, welchen Wert er der Informationszugangsfreiheit beimißt. Entscheidet sich der Gesetzgeber für die Anordnung einer bevorzugten bzw. beschleunigten Bearbeitung von Informationszugangssachen, bieten sich verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung an. Am einfachsten und effektivsten läßt sich eine Verfahrensbeschleunigung der Tryckfrihetsförordning folgend durch die Anordnung bewirken, daß Informationszugangsangelegenheiten stets eilig bzw. mit Priorität zu bearbeiten sind. Den gleichen Effekt erzielt der IFG-NGOE mit der wesentlich umständlicheren entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die einstweilige Anordnung. Der dem einstweiligen Rechtsschutz innewohnende Beschleunigungseffekt fußt auf zwei Säulen. Zum einen werden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund ihrer Eilbedürftigkeit von den Gerichten mit Priorität vor den Hauptsacheverfahren behandelt – dies entspricht der schlichten gesetzgeberischen Vorgabe einer eilbedürftigen Bearbeitung. Zum zweiten beschleunigt das im einstweiligen Rechtsschutz primär verwendete Institut der Glaubhaftmachung und die weitgehende Beschränkung auf eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage die Entscheidungsfindung zusätzlich. In Informationszugangsangelegenheiten geht die Beschleunigungswirkung der zweiten Säule indes gegen Null. Ausschlaggebend dafür ist Folgendes: Es ist anerkannt, daß der Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 VwGO auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung gilt.999 Soweit also mit der verfahrensimmanenten Eilbedürftigkeit vereinbar, kann der Richter sogar in einem „echten vorläufigen“ Rechtsschutzverfahren zusätzlich zu den Glaubhaftmachungen der Beteiligten Beweis erheben.1000 Zudem gilt für den einstweiligen Rechtsschutz, daß je nach Schwere und Reparabilität der Folgen der einstweiligen Anordnung für Antragsteller, Dritte und/oder Allgemeinheit eine eingehendere Prüfung der Sach- und Rechtslage erforderlich ist und damit die Unschärfen beinhaltende summarische Prüfung mehr und mehr in den Hintergrund tritt.1001 Die Klärung schwieriger Rechtsfragen kann dementsprechend schon in einem „echten vorläufigen“ Rechtsschutzverfahren erforderlich sein, wenn dieses auf eine Vor-

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Vgl. etwa F. Schoch, Verwaltungsgerichtsordnung, § 123 Rn. 95; F.O. Kopp/W.R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 123 Rn. 32. Vgl. zum Untersuchungsgrundsatz im Eilverfahren auch B. Burkholz, Untersuchungsgrundsatz, 1988. 1000 Vgl. etwa F. Schoch, Verwaltungsgerichtsordnung, § 123 Rn. 96; F.O. Kopp/W.R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 123 Rn. 32. 1001 Vgl. F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 123 Rn. 24. Vgl. auch F. Schoch, Verwaltungsgerichtsordnung, § 123 Rn. 122.

VII. Gerichtliche Rechtsbehelfe

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wegnahme der Hauptsache hinausläuft.1002 Für das „unechte vorläufige“ Rechtsschutzverfahren in Informationszugangsangelegenheiten entfallen diese Erleichterungen der einstweiligen Anordnung generell. Da die Freigabe von Informationen faktisch nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, wird die Hauptsache typischerweise vorweggenommen; infolgedessen bedarf es dann aufgrund der Erledigung auch keines Hauptsacheverfahrens mehr. Die damit einhergehende Gefahr rechtswidriger, intensiver Belastungen für Dritte und/oder die Allgemeinheit ist aber wesentlich größer als die vergleichbare Gefahr in Presseangelegenheiten, auf die der IFG-NGOE Bezug nimmt. Gelangt das Gericht in Presseangelegenheiten aufgrund der summarischen Prüfung zu der unrichtigen Rechtsauffassung, daß eine Gegendarstellung abzudrucken ist, sind die Folgen dieser rechtsfehlerhaften Entscheidung gering. Zudem werden diese durch die tatsächliche bestehende Eilbedürftigkeit kompensiert. Eine Gegendarstellung wird faktisch wertlos, sobald die zugrundeliegende Meldung aus dem öffentlichen Bewußtsein verschwunden ist; die Halbwertszeit von Informationen beträgt in unserer heutigen Informationsgesellschaft teilweise nur wenige Tage, maximal Wochen. Dementgegen beinhaltet eine unrichtige Entscheidung in Informationszugangsangelegenheiten eine erhebliche Gefahr für Rechtsinteressen Privater und der Allgemeinheit. So kann etwa die rechtsfehlerhafte Herausgabe von Geschäftsgeheimnissen oder von Informationen über die Landesverteidigung eine intensive Rechtsverletzung und tatsächliche erhebliche Nachteile mit sich bringen. Zudem besteht anders als in Presseangelegenheiten in der Regel nicht die Notwendigkeit einer Entscheidung innerhalb weniger Tage. Wie schon an den behördlichen Bearbeitungsfristen deutlich wird, ist eine Bearbeitungszeit von mehreren Wochen bei umfangreichen und/oder komplexen Zugangsbegehren ohne weiteres zu rechtfertigen. Im Ergebnis erfordern die Charakteristika von Informationszugangsangelegenheiten, daß der Richter die Sach- und Rechtslage wie in einem Hauptsacheverfahren erforscht, wodurch sich die Beschleunigungswirkung eines Rückgriffs auf die Regelungen zur einstweiligen Anordnung auf die Bevorzugung gegenüber anderen Hauptsacheverfahren reduziert. Sollte dem Gesetzgeber eine generelle Bevorzugung von Informationszugangsangelegenheiten zu weit gehen, besteht in Anlehnung an die amerikanische Gerichtsordnung die Möglichkeit einer teilweisen Bevorzugung. Die Struktur des Informationszugangsanspruchs bedingt, daß die öffentliche Stelle die Natur der Informationen zur Rechtfertigung der Zugangsversagung heranzieht. Dies führt in vielen Fällen zur Entbehrlichkeit einer Sachverhaltserforschung. Gerade die Erforschung des Sachverhalts verursacht aber den Haupt-

ņņņņņņņņ 1002 Vgl. F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 123 Rn. 32; F. Schoch, Verwaltungsgerichtsordnung, § 123 Rn. 122 („summarisches Hauptsacheverfahren“).

282

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

aufwand der richterlichen Tätigkeit. Eine bevorzugte Behandlung verwaltungsgerichtlicher Verfahren, in denen lediglich über eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die also keine wesentlichen Verzögerungen bei den anderen Verfahren bewirken, läßt sich bedeutend einfacher rechtfertigen als eine generelle Bevorzugung ohne Rücksicht auf den Verfahrensaufwand. Eine solche Regelung erscheint empfehlenswert, da sie einerseits der Bedeutung der Informationszugangsfreiheit Rechnung trägt und andererseits andere Streitsachen nicht unverhältnismäßig benachteiligt. Erwägenswert wäre entsprechend dem amerikanischen Vorbild auch eine generelle Einführung eines solchen Instituts. Sollte der Gesetzgeber ein dem U.S. amerikanischen „summary judgment“ vergleichbares Institut einführen, wäre eine Ergänzung der VwGO der gesetzessystematisch richtige Weg. Sofern der Gesetzgeber hingegen eine sachgebietsbezogene Regelung bevorzugt, bietet sich dafür die gesetzliche Anordnung einer bedingt prioritären Behandlung im Geschäftsgang der Gerichtsbarkeit an.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse InformationsfreiheitsbeVIII. Vorhandensein undeines Befugnisse eines auftragten Informationsfreiheitsbeauftragten Die Einsetzung eines besonderen staatlichen Beauftragten für den Bereich der Informationszugangsfreiheit ist international und national ein weit verbreitetes Instrument zur Förderung von Verwaltungstransparenz. Dabei zeichnen sich die untersuchten Rechtsordnungen durch einen grundsätzlichen konzeptionellen Unterschied aus. Im Gegensatz zu Schweden und der EU beschränken die nationalen Rechtsordnungen die Tätigkeit eines solchen Beauftragten – neben dem Datenschutz – auf den Bereich der Informationszugangsfreiheit, während die schwedischen Ombudsmänner und der europäische Bürgerbeauftragte grundsätzlich sachbereichsunabhängig tätig werden.1003 Da Gegenstand der Untersuchung die verfahrensrechtliche Absicherung speziell von Informationsfreiheitsrechten ist, bedarf es vorliegend nicht der Erörterung, ob eine sachgebietsunabhängige Einführung eines Ombudsmannsystems in Ergänzung oder sogar anstelle des Petitionsrechts (Art. 17 GG) sinnvoll wäre.1004 Vielmehr wird nachfolgend gezielt erörtert werden, ob die Einsetzung von einem „Anwalt der Informationszugangsfreiheit“1005 der praktischen Wirksamkeit von Informati-

ņņņņņņņņ 1003 Zu erwähnen ist ferner der Wehrbeauftragte des Bundestages gemäß Art. 45b GG, der zwar ebenfalls nur sachbereichsbezogen tätig wird, der aber ähnlich den internationalen Vorbildern eine starke, verfassungsrechtlich abgesicherte Stellung besitzt; vgl. J. Köhler, Ombudsmann, S. 66 f. 1004 Vgl. dazu insbesondere E. Wild, Ombudsman. 1005 Vgl. IFG-ProfE, S. 189.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 283

onsfreiheitsgesetzen förderlich ist bzw. in welcher Weise eine solche Institution zu diesem Zweck ausgestaltet sein sollte.

1. Schwedische Tryckfrihetsförordning Die schwedische Rechtsordnung sieht nicht die Bestellung eines Beauftragten vor, der speziell für die Überwachung des Grundsatzes der Aktenöffentlichkeit zuständig ist. Diese Aufgabe fällt jedoch in den Aufgabenbereich der vier parlamentarischen „Ombudsmänner“1006. Die Institution des parlamentarischen Ombudsmanns wurde schon im Jahr 1809 errichtet1007 und ist im staatsorganisationsrechtlichen Teil der schwedischen Verfassungsdokumente (Regeringsformen1008; RF) abgesichert. Weitere Regelungen enthalten das Gesetz über den Reichstag (Riksdagsordningen1009; RO), das Gesetz über die parlamentarischen Ombudsmänner (Lag med instruktion för Riksdagens ombudsmän – „JOinstruktionen“1010; JOI) und die Organisationsvorschriften für den Verwaltungsapparat der Ombudsmänner. Nach der schwedischen Verfassung hat der Reichstag einen oder mehrere Ombudsmänner zu wählen, die die Anwendung der Gesetze und anderer Rechtsvorschriften in der öffentlichen Verwaltung überwachen.1011 Darüber hinaus werden einige Befugnisse der Ombudsmänner verfassungsrechtlich garantiert: Ein Ombudsmann kann nach Maßgabe des JOI Strafverfahren anstrengen.1012 Er hat das Recht, bei Beratungen von Gerichten oder Behörden anwesend zu sein, und hat Zugang zu allen gerichtlichen oder behördlichen

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Diese Amtsbezeichnung wird für Männer wie auch für Frauen verwendet. Die Homepage der schwedischen parlamentarischen Ombudsmänner findet sich unter http://www.jo.se (Stand: 15.7.2006). 1007 Siehe zur Geschichte des parlamentarischen Ombudsmanns B.I. 1008 Siehe dazu B.I. 1009 Das Gesetz über den schwedischen Reichstag ist zwar nicht Teil der schwedischen Verfassungsdokumente, steht aber aufgrund seiner erschwerten Abänderbarkeit (Kap. 8 Art. 16 u. 17 RF) im Rang über dem einfachen Gesetz; vgl. O. Nyman, Features, S. 21 ff. (S. 47); J. Nergelius, Constitutional Law, S. 65 ff. (S. 65). 1010 SFS 1986:765. Ein Abdruck des Gesetzes in der Fassung vom 1.4.1999 findet sich bei C. Eklundh, Ombudsman System, S. 423 ff. (S. 431 ff.). 1011 Kap. 12 Art. 6 Abs. 1 S. 1 RF. Die Vorschrift ermächtigt den Reichstag außerdem zur näheren Ausgestaltung dieser Institution. Dieser Ermächtigung ist der Reichstag durch Erlaß des JOI nachgekommen. Im übrigen verweist Kap. 12 Art. 6 Abs. 3 RF auf die weiteren Vorschriften der RO. 1012 Kap. 12 Art. 6 Abs. 1 S. 2 RF.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Protokollen und anderen Dokumenten.1013 Gerichte, Behörden sowie alle staatlichen und kommunalen Stellen haben einem Ombudsmann jedwede Information und jedweden Bericht zukommen zu lassen, die dieser anfordert.1014 Dieselbe Verpflichtung obliegt jeder Stelle, die der Überwachung durch einen Ombudsmann unterliegt.1015 Auf Nachfrage hat die Staatsanwaltschaft einem Ombudsmann Amtshilfe zu leisten.1016 Das Gesetz über den schwedischen Reichstag bestimmt die Einsetzung von vier parlamentarischen Ombudsmännern, einem leitenden parlamentarischen Ombudsmann und drei parlamentarischen Ombudsmännern.1017 Der leitende parlamentarische Ombudsmann muß in einer gesonderten Sitzung des Parlaments und die übrigen Ombudsmänner in gesonderten Abstimmungen gewählt werden.1018 Die Amtszeit der parlamentarischen Ombudsmänner beträgt vier Jahre1019, die der Stellvertreter zwei Jahre.1020 Auf Antrag des Verfassungsausschusses kann der Reichstag einen Ombudsmann, der das Vertrauen des Parlaments verloren hat, seines Amtes entheben.1021 Traditionell werden als Ombudsmänner nur solche Personen vom Parlament gewählt, die für alle politischen Parteien akzeptabel sind.1022 Gewöhnlich waren diese Richter an Obersten Gerichtshöfen oder wären hierfür zumindest geeignet.1023 Die Aufgabenverteilung zwischen den Ombudsmännern erfolgt durch die jeweilige Zuweisung verschiedener Sachgebiete in den Organisationsvorschrif-

ņņņņņņņņ 1013 Kap. 12 Art. 6 Abs. 2 S. 1 RF. Allerdings steht dem Ombudsmann gemäß Art. 21 Abs. 4 JOI nicht das Recht zu, in den Beratungen seine Meinung zu äußern. 1014 Kap. 12 Art. 6 Abs. 2 S. 2 RF. 1015 Kap. 12 Art. 6 Abs. 2 S. 3 RF. Vgl. insbesondere Art. 2 Nr. 3 u. 4 JOI. 1016 Kap. 12 Art. 6 Abs. 2 S. 4 RF. 1017 Kap. 8 Art. 10 Abs. 1 S. 1 RO. Daneben kann das Parlament mehrere stellvertretende Ombudsmänner wählen (Kap. 8 Art. 10 Abs. 1 S. 3 RO). Wählbar sind nur ehemalige parlamentarische Ombudsmänner (Kap. 8 Art. 10 Abs. 1 S. 4 RO). Bis zur Verfassungsänderung von 1974 galt die Voraussetzung, daß ein Parlamentarischer Ombudsmann für seine Rechtskenntnisse bekannt sein müsse. Trotz des formalen Wegfalls dieses Erfordernisses werden nach wie vor üblicherweise Richter in das Amt berufen, die über die Qualifikation für die höchsten Gerichte verfügen. Vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 36 f. 1018 Kap. 8 Art. 10 Abs. 2 S. 1 RO. 1019 Kap. 8 Art. 10 Abs. 3 S. 1 RO. 1020 Kap. 8 Art. 10 Abs. 3 S. 2 RO. 1021 Kap. 8 Art. 10 Abs. 3 S. 3 RO. 1022 Vgl. C. Eklundh, Ombudsman System, S. 423 ff. (S. 427). 1023 Vgl. C. Eklundh, Ombudsman System, S. 423 ff. (S. 427).

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 285

ten.1024 Vorgänge, die den Zugang zu Informationen öffentlicher Stellen betreffen, werden je nach zugrundeliegendem Sachgebiet von allen Ombudsmännern bearbeitet.1025 Das Gesetz über die parlamentarischen Ombudsmänner konkretisiert deren Aufgabe. Die Ombudsmänner haben zu gewährleisten, daß die Gerichte und öffentliche Stellen1026 nach Maßgabe des staatsorganisationsrechtlichen Verfassungsteils objektiv und unparteiisch handeln und daß die verfassungsmäßigen Rechte und Freiheiten der Bürger durch die öffentliche Verwaltung nicht verletzt werden.1027 Des weiteren haben sie zur Behebung legislativer oder exekutiver Mißstände beizutragen1028; sofern sie solche im Rahmen ihrer Überwachungstätigkeit aufdecken, können sie sich mit Verbesserungsvorschlägen an den Reichstag und die Regierung wenden1029. Die parlamentarischen Ombudsmänner üben ihre Aufsicht im Rahmen von Bürgerbeschwerden aus.1030 Allerdings steht es ihnen frei, auch ohne konkrete Beschwerde, also von Amts wegen, alle Kontrollen und Nachforschungen durchzuführen, die sie für erforderlich halten.1031 Eine Beschwerde an den Ombudsmann sollte schriftlich erfolgen1032 und folgenden Inhalt haben: die Bezeichnung der öffentlichen Stelle und deren Hand-

ņņņņņņņņ 1024

Vgl. Art. 1 i.V.m. dem Anhang der Organisationsvorschriften für den Verwaltungsapparat der Ombudsmänner vom 19.3.1993 („Arbetsordning för Riksdagens ombudsmannaexpedition“). 1025 Vgl. Anhang (a.E.) der Organisationsvorschriften für den Verwaltungsapparat der Ombudsmänner vom 19.3.1993 („Arbetsordning för Riksdagens ombudsmannaexpedition“). 1026 Welche öffentliche Stellen in den Zuständigkeitsbereich der Ombudsmänner fallen, bestimmt Art. 2 JOI. Nicht der Überwachung unterliegen etwa die Abgeordneten des Reichstags, die Regierung oder deren Minister. 1027 Art. 3 Abs. 1 JOI. Vgl. dazu B. Wieslander, Ombudsman, S. 29 ff. 1028 Art. 4 Abs. 1 S. 1 JOI. 1029 Art. 4 Abs. 1 S. 2 JOI. Die parlamentarischen Ombudsmänner dürfen sich allerdings nur in Absprache mit dem leitenden parlamentarischen Ombudsmann an Reichstag und Regierung wenden (Art. 4 Abs. 2 JOI). 1030 Art. 5 S. 1 JOI. Im Gegensatz zu den Anfängen ist die Bearbeitung von Bürgerbeschwerden mittlerweile zum zentralen und wichtigsten Bestandteil der Arbeit der Ombudsmänner geworden, vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 49 ff. Einen guten Überblick über das Beschwerdeverfahren gibt auch C. Eklundh, Ombudsman System, S. 423 ff. (S. 427). 1031 Art. 5 S. 1 JOI. Die parlamentarischen Ombudsmänner dürfen jedoch von Amts wegen nur in Absprache mit dem leitenden parlamentarischen Ombudsmann tätig werden (Art. 5 S. 2 JOI). 1032 Art. 17 Abs. 1 S. 1 JOI. Anonyme Beschwerden werden in aller Regel nicht berücksichtigt; vgl. W. Haller, Justitieombudsman, S. 169.

286

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

lungsweise, gegen die sich die Beschwerde richtet, den Zeitpunkt der behördlichen Handlung sowie Name und Adresse des Beschwerdeführers1033. Für die Beurteilung der Beschwerde relevante Schriftstücke sollen mit übersandt werden.1034 Auf Nachfrage ist dem Beschwerdeführer eine Eingangsbestätigung zuzusenden.1035 Im übrigen hat die Beschwerde zeitnah zu erfolgen. Die Ombudsmänner leiten außer bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände keine Untersuchungen zu Vorgängen ein, die mehr als zwei Jahre zurückliegen.1036 Nach Eingang der Beschwerde stehen den Ombudsmännern drei Handlungsvarianten zur Verfügung, über deren Ergreifung der Beschwerdeführer unverzüglich zu informieren ist1037: Die Beschwerde kann ohne Einleitung einer Untersuchung zurückgewiesen werden.1038 Wenn eine Beschwerde in angemessener Weise von einer anderen Behörde untersucht und beurteilt werden kann und diese Behörde mit der Beschwerde nicht bereits befaßt war, kann der Ombudsmann die Beschwerde an diese Behörde verweisen.1039 Im übrigen leitet der Ombudsmann eine Untersuchung ein, im Rahmen derer er auf alle ihm verfassungsrechtlich eingeräumten Rechte zurückgreifen kann. Indes erfordert die Sachverhaltserforschung etwa in der Hälfte dieser Fälle lediglich ein Telefonat mit dem betroffenen Behördenmitarbeiter.1040

ņņņņņņņņ 1033

Art. 17 Abs. 1 S. 2 JOI. Art. 17 Abs. 1 S. 3 JOI. Zu denken ist dabei insbesondere an den schriftlichen Bescheid der Behörde. In diesem Zusammenhang ist noch Art. 17 Abs. 2 JOI erwähnenswert, nach dem eine in staatlichem Gewahrsam befindliche Person das Recht hat, sich ohne die ansonsten geltenden Beschränkungen schriftlich an den Ombudsmann zu wenden und ihm Schriftstücke jeder Art zu übersenden. 1035 Art. 17 Abs. 3 JOI. 1036 Art. 20 JOI. Diese erst 1975 eingeführte Beschränkung diente der Arbeitsentlastung der Ombudsmänner, vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 52. 1037 Art. 19 JOI. 1038 Gründe hierfür sind oftmals, daß sich die Beschwerde gegen eine Person oder Institution richtet, die nicht der Aufsicht der Ombudsmänner unterfällt (z.B. Banken, Versicherungen, Rechtsanwälte), die Beschwerde auf die Abänderung eines Urteils abzielt oder daß der Beschwerdegegenstand mehr als zwei Jahre zurückliegt; vgl. die Homepage der Riksdagens Ombudsmän, http://www.jo.se (Stand: 15.7.2006), unter General Information, Activities, Dealing with complaints. Zudem beschäftigen sich die Ombudsmänner mit Billigung des Reichstags aus Gründen ihrer Arbeitsbelastung nicht mit Fällen, die eine lediglich triviale Beeinträchtigung von Bürgern zum Gegenstand haben, vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 56. 1039 Art. 18 JOI. 1040 Art. 21 JOI. Die Untersuchungen teilen sich in der Praxis ungefähr zur Hälfte in geringfügigere und umfangreichere Untersuchungen auf. Bei geringfügigeren Untersuchungen bespricht ein Mitarbeiter des Ombudsmanns in der Regel die Angelegenheit telefonisch mit dem betroffenen Behördenmitarbeiter und fertigt über das Gespräch einen Bericht an, der zu den Akten gelegt wird. Sofern eine weitere Sachverhaltserfor1034

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 287

Die Untersuchung endet mit einer Entscheidung des Ombudsmanns über die Beschwerde, in der er seine Meinung darüber abgibt, ob die Handlungsweise der öffentlichen Stelle rechtswidrig oder sonstwie fehlerhaft oder unzweckmäßig war.1041 In seiner Entscheidung kann der Ombudsmann auch Hinweise geben, um auf die Förderung einer einheitlichen und zweckmäßigen Gesetzesanwendung hinzuwirken.1042 Im übrigen ist er berechtigt, Strafverfahren gegen Behördenmitarbeiter selbst einzuleiten und die Einleitung von Disziplinarverfahren anzuregen – ausweislich der nachfolgenden Statistiken machen die Ombudsmänner von dieser Möglichkeit allerdings nur selten Gebrauch.1043 Kopien der schriftlichen Entscheidung werden sowohl dem Beschwerdeführer und der betroffenen öffentlichen Stelle als auch nicht selten allen Behörden zugesandt, für die die Entscheidung – etwa wegen der darin enthaltenen Gesetzesanwendungshinweise – von Interesse sein könnte.1044 Die Wirkung der Maßnahmen der Ombudsmänner hängen im wesentlichen von der Überzeugungskraft der Entscheidungsbegründungen sowie von Autorität, Ansehen und Vertrauen ab, die sie als vom Parlament Gewählte genießen.1045 Da in Schweden eine öffentliche Kritisierung durch die Ombudsmänner als sehr peinlich für den kritisierten Beamten empfunden wird, hat sich dieses Instrument als äußerst effektiv erwiesen, gesetzmäßiges Handeln von Verwaltung und Gerichten zu fördern.1046 Ein Suspensiveffekt kommt dem Beschwerdeverfahren beim parlamentarischen Ombudsmann nicht zu. Behördliche und gerichtliche Rechtsbehelfe müs-

ņņņņņņņņ schung nicht erforderlich ist, fertigt er in Absprache mit dem Referatsleiter einen Entscheidungsvorschlag, der dem zuständigen Ombudsmann zur Entscheidung vorgelegt wird. Wenn hingegen umfangreichere Untersuchungen erforderlich sind, erhält die betroffene öffentliche Stelle eine Kopie der Beschwerde und aller beigefügten Unterlagen und wird zu einer umfassenden schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Die behördliche Stellungnahme wiederum wird dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme zugesandt. Soweit es der Fortgang der Untersuchung erfordert, suchen Mitarbeiter des Ombudsmanns die Mitarbeiter und Räumlichkeiten der Behörde auch persönlich auf. Nach Beendigung der Sachverhaltserforschung fertigt der zuständige Mitarbeiter in Absprache mit dem Referatsleiter wiederum einen Entscheidungsvorschlag, der dem zuständigen Ombudsmann zur Entscheidung vorgelegt wird. Vgl. zum Gang der Untersuchungen in der Praxis die Homepage der Riksdagens Ombudsmän, http://www.jo.se (Stand: 15.7.2006), unter General Information, Activities, Dealing with complaints. 1041 Art. 6 Abs. 1 S. 1 JOI. 1042 Art. 6 Abs. 1 S. 2 JOI. 1043 Art. 6 Abs. 2, 3 u. 4 JOI. 1044 Vgl. die Homepage der Riksdagens Ombudsmän, http://www.jo.se (Stand: 15.7.2006), unter General Information, Activities, Dealing with complaints. 1045 Vgl. P. Kastari, JöR 21 (1972), 219 (228). 1046 Vgl. C. Eklundh, Ombudsman System, S. 423 ff. (S. 426 f.).

288

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

sen also parallel ergriffen werden. Dies erklärt sich schon in Anbetracht der Tatsache, daß die Entscheidung des Ombudsmann „lediglich“ dessen Meinung wiedergibt und sie die Wirksamkeit behördlicher oder gerichtlicher Entscheidungen unberührt läßt. Zu berücksichtigen ist jedoch, daß die Ombudsmänner in Schweden wegen der unparteiischen Ausgestaltung dieser Institution, ihrer parlamentarischen Legitimierung und ihrer historischer Bedeutung hohes Ansehen genießen. Gerade wegen dieses Ansehens sind ihre Untersuchungen und Entscheidungen – natürlich unterfallen alle damit in Zusammenhang stehende Unterlagen ebenfalls dem Grundsatz der Aktenöffentlichkeit1047 – häufig Gegenstand einer umfangreichen Medienberichterstattung, durch die politischer Druck auf Reichstag und Regierung ausgeübt wird.1048 Eine Kostenerhebung für das Beschwerdeverfahren ist in den die parlamentarischen Ombudsmänner betreffenden Rechtsvorschriften nicht vorgesehen. Das Gesetz über die parlamentarischen Ombudsmänner bestimmt vielmehr, daß in Abweichung von den allgemeinen Vorschriften1049 grundsätzlich auch die Übersendung von Dokumenten im Rahmen einer Akteneinsicht kostenfrei zu erfolgen hat.1050 Die Ombudsmänner haben jährlich ihre Tätigkeiten in einem Bericht zusammenfassend darzustellen. Dieser erstreckt sich jeweils vom 1. Juli des Vorjahres bis zum 30. Juni und ist bis spätestens zum 15. November dem Parlament vorzulegen.1051 In der Praxis wird der Bericht in großen Stückzahlen gedruckt und an Gerichte und Verwaltungsbehörden verteilt, die den rechtlich hochwertigen und teilweise sehr detaillierten Erörterungen in der Regel Beachtung schenken.1052 Die Tätigkeit der parlamentarischen Ombudsmänner soll anhand der folgenden Statistiken veranschaulicht werden:1053

ņņņņņņņņ 1047 Die Entscheidungen der Ombudsmänner unterfallen jedoch niemals der Geheimhaltung, selbst wenn sie an sich geheimhaltungsbedürftige Informationen enthalten, vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 61. 1048 Vgl. die umfangreichen historischen und aktuellen Informationen auf der Homepage der Riksdagens Ombudsmän, http://www.jo.se (Stand: 15.7.2006), unter General Information, Activities, Dealing with complaints. 1049 Siehe D.V.1. 1050 Art. 27 JOI. 1051 Art. 11 JOI. 1052 Vgl. zur Bedeutung des Tätigkeitsberichts als Rechtserkenntnisquelle B. Wieslander, Ombudsman, S. 68. 1053 Die statistischen Angaben sind den Jahresberichten der Riksdagens Ombudsmän von 1996/1997 bis 2001/2002 entnommen.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 289 Tabelle 1 Beschwerden (alle Sachgebiete)

keine Untersuchung Verweisung an andere Behörde keine Beanstandung Beanstandung Einleitung von Straf-/Disziplinarverfahren Vorschlag an Parlament oder Regierung Gesamtzahl

04/05

03/04

02/03

01/02

00/01

99/00

2.377

2.751

2.288

2.173

2.142

2.205

60

56

64

58

93

48

1.877

1.615

1.575

1.831

1.953

1.935

440

385

452

488

606

577

1

2

2

1

2

1

6

2

1

0

2

7

4.761

4.811

4.382

4.551

4.798

4.773

Tabelle 2 Beschwerden (Aktenzugang, Pressefreiheit) 04/05

03/04

02/03

01/02

00/01

99/00

keine Untersuchung

98

98

97

86

91

75

Verweisung an andere Behörde

1

0

2

2

1

1

keine Beanstandung

92

73

74

123

119

101

Beanstandung Einleitung von Straf-/Disziplinarverfahren Vorschlag an Parlament oder Regierung Gesamtzahl

90

71

89

98

96

94

0

1

0

0

1

0

0

0

0

0

0

1

281

243

262

309

308

272

Tabelle 3 Untersuchungen auf Initiative der Ombudsmänner (Aktenzugang, Pressefreiheit) 04/05

03/04

02/03

01/02

00/01

99/00

keine Beanstandung

0

1

1

0

2

2

Beanstandung

0

2

3

3

7

6

Gesamtzahl

0

3

4

3

9

8

290

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Bei den Ombudsmännern gehen jährlich zwischen 4.000 bis 5.000 Beschwerden ein.1054 Von diesen führen zwischen 45% bis 57% nicht zu einer Untersuchung und zwischen 1% bis 2% werden an andere Behörden verwiesen. Während in 34% bis 41% der Beschwerden keine Beanstandung erfolgt, beanstanden die Ombudsmänner in 8% bis 13% der Fälle behördliche Handlungsweisen. Ungefähr 5 bis 7% der Beschwerden betreffen den Bereich Aktenzugang und Pressefreiheit.1055 Im Vergleich zu den Gesamtzahlen fällt auf, daß nur zwischen 28% und 40% der Beschwerden zu keiner Untersuchung und nur zwischen 28% und 40% zu keiner Beanstandung führen. Hingegen beanstanden die Ombudsmänner in 29% bis 35% der Fälle behördliche Handlungsweisen.

2. U.S. Freedom of Information Act Der FOIA sieht keine unabhängige Institution vor, die die Einhaltung des Grundsatzes der Aktenöffentlichkeit überwacht und an die sich ein Einsichtsbegehrender bei Problemen mit Behörden wenden kann. Eine gewisse Überwachungsfunktion übt allerdings der U.S. Justizminister („Attorney General of the United States“) aus. Dieser wird durch den FOIA verpflichtet, jährlich bis zum 1. April einen Tätigkeitsbericht betreffend das vorangegangene Jahr für den U.S. Kongreß anzufertigen, der folgende Daten enthalten muß: eine Auflistung aller anhängigen Gerichtsverfahren, deren Gegenstand ein Einsichtsbegehren war; die Angabe, um welche Ausnahmebestimmungen gestritten wurde; den Verfahrensausgang und alle damit verbundenen Kosten für die Staatskasse.1056 In dem Tätigkeitsbericht hat der Justizminister darzulegen, welche Anstrengungen er unternommen hat, die Einhaltung der Vorschriften des FOIA zu fördern.1057 Darüber hinaus veröffentlicht das dem U.S. Justizministerium zugehörige U.S. Office of Information and Privacy in regelmäßigen Abständen einen insbesondere an öffentliche Stellen gerichteten über aktuelle Geschehnisse im Zusammenhang mit dem FOIA informierenden Rundbrief (von 1979-2000 „FOIA

ņņņņņņņņ 1054

Die nachfolgenden Prozentangaben beziehen sich alle auf die jeweilige Gesamtzahl der Beschwerden. 1055 Die nachfolgenden Prozentangaben beziehen sich alle auf die jeweilige Gesamtzahl der Beschwerden in den Bereichen Aktenzugang und Pressefreiheit. 1056 (e)(5) FOIA. 1057 (e)(5) FOIA.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 291

Update“, ab 2001 „FOIA Post“).1058 Dieser informiert über aktuelle Gerichtsentscheidungen sowie politische und gesellschaftliche Entwicklungen, gibt Anwendungshinweise und enthält sogar Stellenausschreibungen.

3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) In der Europäischen Gemeinschaft fällt die Kontrolle der Einhaltung der Informationsfreiheit in den Zuständigkeitsbereich des Bürgerbeauftragten.1059 Die Transparenzverordnung verweist den Antragsteller im Falle einer Zugangsverweigerung nach Einreichung eines Zweitantrags ausdrücklich auf den Rechtsbehelf der Beschwerde an den Bürgerbeauftragten.1060 Rechtsstellung, Aufgaben und Befugnisse des Bürgerbeauftragten regeln Art. 195 EGV und das BBStatut.1061 Darüber hinaus erläßt der Bürgerbeauftragte Durchführungsbestimmungen.1062 Der Bürgerbeauftragte wird nach jeder Wahl des Europäischen Parlaments von diesem für die Dauer der Wahlperiode – fünf Jahre – ernannt.1063 Eine Wiederernennung ist zulässig.1064 Der Bürgerbeauftragte wird unter Persönlich-

ņņņņņņņņ 1058

Nähere Informationen zum U.S. Office of Information and Privacy finden sich auf dessen Homepage unter http://www.usdoj.gov/oip/oip.html (Stand: 15.7.2006). Die Homepage bietet Zugang zu sämtlichen Ausgaben des Rundbriefs FOIA Update und FOIA Post von 1979 bis heute. 1059 Die Homepage des Europäischen Bürgerbeauftragten findet sich unter http://www.euro-ombudsman.eu.int (Stand: 15.7.2006). 1060 Art. 8 Abs. 1 S. 3 VO 1049/2001/EG. 1061 Das BB-Statut beruht auf der Ermächtigung des Art. 195 Abs. 4 EGV, wonach das Europäische Parlament nach Stellungnahme der Kommission und nach mit qualifizierter Mehrheit erteilter Zustimmung des Rates die Regelungen und allgemeinen Bestimmungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten festlegt. Weitere Bestimmungen über das nähere Verfahren der Ernennung, der Amtsenthebung und der Tätigkeit des Bürgerbeauftragten enthalten Art. 194 bis 196 GO-EP. 1062 Die Durchführungsbestimmungen beruhen auf der Organisationsgewalt des Bürgerbeauftragten. Der Ermächtigung des Art. 14 BB-Statut kommt dementsprechend nur deklaratorischer Charakter zu. Vgl. zum internen Regelungscharakter J.M. Meese, Petitionsrecht, S. 157. Die Durchführungsbestimmungen sind auf der Homepage des Bürgerbeauftragten unter http://www.euro-ombudsman.eu.int/lbasis/de/provis.htm (Stand: 15.7.2006) veröffentlicht. Auf sie wird im weiteren wegen ihrer reinen Innenwirkung nur am Rande eingegangen. 1063 Art. 195 Abs. 1 Unt.Abs. 1 und Abs. 2 Unt.Abs. 1 S. 1 EGV; Art. 6 Abs. 1 S. 1 BB-Statut. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden nach Art. 190 Abs. 3 EGV auf fünf Jahre gewählt. 1064 Art. 195 Abs. 2 Unt.Abs. 1 S. 2 EGV; Art. 6 Abs. 1 S. 2 BB-Statut.

292

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

keiten ausgewählt, die Unionsbürger sind, die bürgerliche Ehrenrechte besitzen, jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder anerkanntermaßen über die Erfahrung und Befähigung zur Wahrnehmung der Aufgaben eines Bürgerbeauftragten verfügen.1065 Außer im Falle einer Amtsenthebung bleibt der Bürgerbeauftragte bis zur Neubesetzung des Amtes im Amt1066, also auch bei einem freiwilligen Rücktritt1067. Er kann auf Antrag des Europäischen Parlaments (nur) vom Gerichtshof seines Amtes enthoben werden, wenn er die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat.1068 Der Bürgerbeauftragte übt sein Amt in völliger Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Gemeinschaften und der Bürger der Union aus.1069 Abgesichert wird seine Unabhängigkeit durch die Verbote, bei der Erfüllung seiner Pflichten von keiner Stelle Anweisungen anfordern oder entgegennehmen1070 sowie während der Amtszeit keine anderen politischen oder administrativen Ämter und keine entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben zu dürfen1071. Das Europäische Parlament hat dem Bürgerbeauftragten die zu seiner Aufgabenerfüllung erforderlichen Personalund Sachmittel zur Verfügung zu stellen.1072 Er ernennt den Hauptverantwortlichen seines Sekretariats.1073 Die übrigen Mitarbeiter werden im dienstlichen Interesse gemäß dem Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften an den Bürgerbeauftragten abgeordnet.1074

ņņņņņņņņ 1065

Art. 6 Abs. 2 BB-Statut. Art. 7 Abs. 2 BB-Statut. 1067 Im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens wird binnen drei Monaten nach dem Freiwerden des Amtes ein Nachfolger für die verbleibende Amtszeit ernannt (Art. 7 Abs. 3 BB-Statut). 1068 Art. 195 Abs. 2 Unt.Abs. 2 EGV; Art. 8 BB-Statut. 1069 Art. 195 Abs. 3 S. 1 EGV; Art. 9 Abs. 1 S. 1 BB-Statut. 1070 Art. 195 Abs. 3 S. 2 EGV; Art. 9 Abs. 1 S. 2 BB-Statut. 1071 Art. 195 Abs. 3 S. 3 EGV; Art. 10 Abs. 1 BB-Statut. 1072 Für den ersten Bürgerbeauftragten bestimmte dies der mittlerweile gestrichene Art. 16 BB-Statut ausdrücklich. Nunmehr leitet sich dieses Erfordernis aus dem EGV her, der die Institution des Bürgerbeauftragten ausdrücklich vorsieht und ihn mit näher bestimmten Aufgaben und Befugnissen ausstattet. Gestützt wird diese Herleitung durch Abs. 3 S. 1 der Erwägungsgründe des BB-Statuts, wonach der Bürgerbeauftragte über alle für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Mittel verfügen muß. 1073 Art. 11 Abs. 1 BB-Statut. 1074 Art. 11 Abs. 3 BB-Statut. Vgl. auch Art. 37 ff. Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29.2.1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind (Statut der Beamten), 1066

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 293

Der Bürgerbeauftragte führt von sich aus oder aufgrund von Beschwerden Untersuchungen durch, die er zur Feststellung von Mißständen1075 bei der Tätigkeit der Organe und Institutionen der Gemeinschaft – mit Ausnahme des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz in Ausübung ihrer Rechtsprechungsbefugnisse – für gerechtfertigt hält.1076 Beschwerdeberechtigt ist jeder Bürger der Union sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat.1077 Eine Beschwerde muß den Gegenstand der Beschwerde sowie die Person des Beschwerdeführers erkennen lassen.1078 Dieser kann beantragen, daß die Beschwerde vertraulich behandelt wird.1079 Die Beschwerde muß innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt, zu dem der Beschwerdeführer Kenntnis von den seiner Beschwerde zugrundeliegenden Sachverhalten erhalten hat, eingelegt werden1080; der Beschwerde müssen die geeigneten administrativen Schritte bei dem betroffenen Organ oder der betroffenen Institution – im Falle einer Zugangsverweigerung wäre dies die Einreichung eines Zweitantrags – vorausgegangen sein1081. Sind

ņņņņņņņņ Erster Teil: Statut der Beamten (ABl. EG Nr. L 56, S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2182/2003 des Rates vom 8.12.2003 zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind (ABl. EG Nr. L 327, S. 3). 1075 Nach der Definition des Bürgerbeauftragten, welche vom Europäischen Parlament begrüßt wurde und welcher die Kommission zustimmte, ergibt sich ein Mißstand, wenn eine öffentliche Einrichtung nicht im Einklang mit für sie verbindlichen Regeln handelt; vgl. Europäischer Bürgerbeauftragter, Jahresbericht 1997, ABl. EG 1998 Nr. C 380, S. 1 (12 f.); Jahresbericht 2002 (ABl. EG 2003 Nr. C 270, S. 5), S. 19. 1076 Art. 195 Abs. 1 Unt.Abs. 2 S. 1 EGV; Art. 2 Abs. 1 S. 1 BB-Statut. Gemäß Art. 195 Abs. 1 Unt.Abs. 1 und Unt.Abs. 2 S. 1 Hs. 2 EGV, Art. 1 Abs. 3 BB-Statut erstreckt sich der Untersuchungsauftrag des Bürgerbeauftragten nicht auf Sachverhalte, die Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sind oder waren. Ein Großteil der Beschwerden wird als unzulässig zurückgewiesen, weil sie sich nicht gegen ein Organ oder eine Institution der Gemeinschaft richten. Von den im Jahr 2002 bearbeiteten 2316 Beschwerden wurden aus diesem Grund 63,9% zurückgewiesen; vgl. Europäischer Bürgerbeauftragter, Jahresbericht 2002 (ABl. EG Nr. C 270, S. 5), S. 285 f. 1077 Art. 195 Abs. 1 Unt.Abs. 1 EGV. 1078 Art. 2 Abs. 3 Hs. 1 BB-Statut. 1079 Art. 2 Abs. 3 Hs. 2 BB-Statut. 1080 Art. 2 Abs. 4 S. 1 BB-Statut. 1081 Art. 2 Abs. 4 S. 2 BB-Statut. An diese Voraussetzung werden in der Praxis keine hohen Anforderungen gestellt. Das Erfordernis, vor Einreichung einer Beschwerde die geeigneten administrativen Schritte unternommen zu haben, sieht der Bürgerbeauftragte in der Regel schon als erfüllt an, wenn der Beschwerdeführer zuvor mit der Behörde in Kontakt getreten ist und diese somit die Möglichkeit hatte, sich mit dem der Beschwerde zugrundeliegenden Sachverhalt selbst zu befassen; vgl. Europäischer Bürgerbeauftragter, Annual Report 1995, C4-0257/96, I.3.3. Verweigert aber eine Behörde den Zugang

294

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist der Bürgerbeauftragte zur Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig berechtigt, jedoch nicht verpflichtet.1082 Der Bürgerbeauftragte muß den Beschwerdeführer so rasch wie möglich über die Weiterbehandlung seiner Beschwerde informieren.1083 Befaßt er sich mit einer Beschwerde, hat er darüber hinaus die betroffenen Organe oder Institutionen zu unterrichten.1084 Auf eine zulässige Beschwerde hin oder auf eigene Initiative darf der Bürgerbeauftragte alle Untersuchungen durchführen, die er zur Klärung eines vermuteten Mißstands bei der Tätigkeit der Organe und Institutionen der Gemeinschaft für erforderlich hält.1085 Die Beamten und sonstigen Bediensteten der Organe und Institutionen unterliegen gegenüber dem Bürgerbeauftragten einer Zeugnispflicht; sie äußern sich allerdings nur im Namen und auf Anweisung ihrer Verwaltungsstelle und bleiben an die Pflicht zur Wahrung des Dienstgeheimnisses gebunden.1086 Die Organe wiederum sind verpflichtet, dem Bürgerbeauftragten erbetene Auskünfte zu erteilen und Zugang zu den betreffenden Unterlagen zu gewähren1087; sie können dies jedoch aus berechtigten Gründen der Geheimhaltung verweigern1088. Eine Bestimmung, wann Geheimhaltungsgründe berechtigt sind, enthält das BB-Statut nicht. Funktion und Status des Bürgerbeauftragten sprechen indes dafür, daß gegenüber diesem persönlich allenfalls greifbare, erhebliche Gefahren für überragend wichtige Güter und Interessen der Gemeinschaften als berechtigte Geheimhaltungsgründe geltend

ņņņņņņņņ zu einem Dokument, ist dem notwendig ein Antrag auf Einsicht vorausgegangen – diese Beschwerdevoraussetzung wäre somit immer erfüllt. Sinnvollerweise ist in diesen Fällen also die Einlegung eines Zweitantrags erforderlich. 1082 Der Bürgerbeauftragte begründet sein „Recht“ zur Zurückweisung hinsichtlich des Fristerfordernisses zum einen mit dem Verweis auf die Rechtslage in den Mitgliedstaaten, die über ein Ombudsmann-System verfügen und in denen zumeist Ausnahmen von den Fristerfordernissen aus Gründen der Gerechtigkeit möglich sind, und zum zweiten mit dem Verweis auf seine uneingeschränkte Möglichkeit, eine Untersuchung von Amts wegen einzuleiten; vgl. Europäischer Bürgerbeauftragter, Annual Report 1995, C4-0257/96, I.3.3. Vgl. im übrigen J.M. Meese, Petitionsrecht, S. 215 ff., 217 f. 1083 Art. 2 Abs. 9 BB-Statut. Dabei kann er dem Beschwerdeführer gemäß Art. 2 Abs. 5 BB-Statut auch empfehlen, sich an eine andere Stelle zu wenden. 1084 Art. 2 Abs. 2 S. 2 BB-Statut. 1085 Art. 195 Abs. 1 Unt.Abs. 2 S. 1 EGV; Art. 3 Abs. 1 S. 1 BB-Statut. Gemäß Art. 3 Abs. 1 S. 2 BB-Statut hat der Bürgerbeauftragte die betroffenen Organe oder Institutionen über seine Untersuchungen zu unterrichten; diese können ihm zweckdienliche Bemerkungen übermitteln. 1086 Art. 3 Abs. 2 Unt.Abs. 5 BB-Statut. 1087 Art. 3 Abs. 2 Unt.Abs. 1 S. 1 BB-Statut. 1088 Art. 3 Abs. 2 Unt.Abs. 1 S. 2 BB-Statut.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 295

gemacht werden können.1089 Der Bürgerbeauftragte selbst hält diese Einschränkung seiner Untersuchungsbefugnis insgesamt für unnötig und unangebracht. Er begründet dies insbesondere mit der seines Erachtens berechtigten Erwartungshaltung der Bürger, daß der Bürgerbeauftragte zu sämtlichen relevanten Tatsachen und Dokumenten Zugang hat, selbst wenn die betreffenden Informationen nicht in vollem Maße publik gemacht werden dürfen.1090 Zu Dokumenten eines Mitgliedstaats ist dem Bürgerbeauftragten nur nach Zustimmung oder wenigstens nach Benachrichtigung Zugang zu gewähren.1091 Ein Zutrittsrecht zu behördlichen Räumlichkeiten wird dem Bürgerbeauftragten nicht eingeräumt. Wird die gewünschte Unterstützung nicht geleistet, setzt der Bürgerbe-

ņņņņņņņņ 1089 Denkbar wäre zunächst, daß die berechtigten Geheimhaltungsgründe des BBStatuts den Ausnahmeregelungen der Transparenzverordnung entsprechen. Dagegen spricht jedoch dessen in der Transparenzverordnung durch den ausdrücklichen Hinweis auf die Beschwerdemöglichkeit beim Bürgerbeauftragten besonders hervorgehobener Untersuchungsauftrag. Die Beschwerde beim Bürgerbeauftragten wäre faktisch bedeutungslos, wenn der Behörde diesem gegenüber keine weitergehenden Auskunftspflichten wie gegenüber dem Bürger obliegen würden, sie somit lediglich die Begründung der Bescheidung gegenüber dem Einsichtsbegehrenden wiederholen müßte. Eine solche Gleichsetzung würde zudem die Regelungen des BB-Statuts zur Verschwiegenheitsverpflichtung des Bürgerbeauftragten und seiner Mitarbeiter (Art. 4 BB-Statut) leerlaufen lassen. Das Merkmal der berechtigten Gründe der Geheimhaltung ist folglich enger auszulegen. Bei dieser Auslegung ist insbesondere die herausragende Stellung des Bürgerbeauftragten nach EGV und BB-Statut zu berücksichtigen. Danach wird die Institution des Bürgerbeauftragten in gerichtsähnlicher Unabhängigkeit tätig. Das Amt wird nur von Personen ausgeübt, die über höchstes Ansehen und höchste richterliche oder vergleichbare Qualifikationen verfügen und die mehrheitlich vom unmittelbar legitimierten Europäischen Parlament gewählt sind. Der Bürgerbeauftragte darf im Rahmen seines Auftrags ohne Einschränkung alle Untersuchungen durchführen, die er für gerechtfertigt hält. Ihn trifft eine umfassende Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit und bietet seiner Person nach Gewähr für die strikte Beachtung dieser Verpflichtung. Aufgrund von Funktion und Status des Bürgerbeauftragten können daher jedenfalls gegenüber diesem persönlich – insoweit bestehen gegenüber seinen Mitarbeitern sicherlich Unterschiede – allenfalls greifbare, erhebliche Gefahren für überragend wichtige Güter und Interessen der Gemeinschaften als berechtigte Geheimhaltungsgründe geltend gemacht werden. 1090 Vgl. Europäischer Bürgerbeauftragter, Jahresbericht 1998, ABl. EG 1999 Nr. C 300, S. 1 (8). So i.E. auch J.M. Meese, Petitionsrecht, S. 235 ff. Änderungsinitiativen waren bislang allerdings insbesondere wegen der restriktiven Haltung der Kommission nicht von Erfolg gekrönt; vgl. Europäischer Bürgerbeauftragter, Jahresbericht 2002 (ABl. EG 2003 Nr. C 270, S. 5), S. 26 f. 1091 Art. 3 Abs. 2 Unt.Abs. 2 bis 4 BB-Statut. Ein Zustimmungserfordernis besteht immer dann, wenn die Dokumente aufgrund von Rechts- oder auch nur aufgrund von Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats der Geheimhaltung unterliegen. Art. 3 Abs. 3 BB-Statut trifft eine vergleichbare Regelung, sofern der Bürgerbeauftragte Informationen direkt von den Mitgliedstaaten erfordert.

296

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

auftragte das Europäische Parlament davon in Kenntnis, welches dann geeignete Schritte unternimmt.1092 Deckt der Bürgerbeauftragte einen Mißstand auf, eröffnet ihm das BB-Statut die Möglichkeit, sich informell mit dem betreffenden Organ oder der betreffenden Institution um eine Beseitigung des Mißstands zu bemühen.1093 Ansonsten hat er das Organ oder die Institution offiziell zu befassen, also eine formelle Beanstandung zu übersenden, in der er auch Empfehlungen zur Beseitigung des Mißstands geben kann.1094 Das Organ oder die Institution muß sich mit der Beanstandung befassen und dem Bürgerbeauftragten innerhalb von drei Monaten seine Stellungnahme übermitteln.1095 Der Bürgerbeauftragte legt anschließend dem Europäischen Parlament und dem betreffenden Organ oder der betreffenden Institution einen Bericht vor, in dem er wiederum Empfehlungen zur Beseitigung des Mißstands geben kann.1096 Eine Beschränkung der Empfehlungen auf Hinweise zur Gesetzesanwendung ist dabei weder dem EGV noch dem BB-Statut zu entnehmen. Insbesondere wegen der Art der Berichtspflicht gegenüber dem Parlament als am Gesetzgebungsverfahren beteiligte Institution ist anzunehmen, daß der Bürgerbeauftragte auch Empfehlungen zu Änderung von Rechtsvorschriften geben kann. Nach Beendigung der Untersuchung muß der Bürgerbeauftragte den Beschwerdeführer über deren Ergebnis, die behördliche Stellungnahme sowie über etwaige Empfehlungen unterrichten.1097

ņņņņņņņņ 1092

Art. 3 Abs. 4 BB-Statut. Art. 3 Abs. 5 BB-Statut. 1094 Art. 195 Abs. 1 Unt.Abs. 2 S. 2 EGV; Art. 3 Abs. 6 S. 1 BB-Statut. 1095 Art. 195 Abs. 1 Unt.Abs. 2 S. 2 EGV; Art. 3 Abs. 6 S. 2 BB-Statut. Diese kann sowohl in einer den Standpunkt des Bürgerbeauftragten ablehnenden Begründung als auch darin bestehen, daß dessen Standpunkt akzeptiert wird und im weiteren die von der Behörde ergriffenen Maßnahmen beschrieben werden. 1096 Art. 195 Abs. 1 Unt.Abs. 2 S. 3 EGV; Art. 3 Abs. 7 S. 1 und 2 BB-Statut. In der Praxis übermittelt der Bürgerbeauftragte, sollte der Mißstand noch bestehen, die behördliche Stellungnahme zuvor dem Beschwerdeführer, der seinerseits innerhalb maximal eines Monats Stellung nehmen kann. Hält der Bürgerbeauftragte danach weitere Untersuchungsmaßnahmen für erforderlich, führt er auch diese aus, bevor er dem Europäischen Parlament berichtet; vgl. Art. 4 Durchführungsbestimmungen (Teil D., Fn. 1062). Entgegen der gesetzlichen Anordnung, daß eine Berichtspflicht gegenüber dem Europäischen Parlament bezüglich aller durchgeführten Untersuchungen besteht, hat der Bürgerbeauftragte eine Praxis etabliert, nach der er „Sonderberichte“ dem Parlament nur vorlegt, sofern er dies für erforderlich hält; vgl. Art. 8 Durchführungsbestimmungen (Teil D., Fn. 1062) und J.M. Meese, Petitionsrecht, S. 255 ff. 1097 Art. 195 Abs. 1 Unt.Abs. 2 S. 4 EGV; Art. 3 Abs. 7 S. 3 BB-Statut. 1093

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 297

Eine Beschwerde beim Bürgerbeauftragten unterbricht nach ausdrücklicher Regelung im BB-Statut die Fristen für gerichtliche oder verwaltungsrechtliche Verfahren nicht.1098 Kosten fallen dem Beschwerdeführer nicht an. Am Ende jeder jährlichen Sitzungsperiode hat der Bürgerbeauftragte dem Europäischen Parlament einen Bericht über die Ergebnisse seiner Untersuchungen vorzulegen.1099 Inhaltliche Erfordernisse bestimmen EGV und BB-Statut nicht. Die Jahresberichte enthalten jedoch in der Praxis umfangreiche Informationen über Einzelfälle und statistische Angaben. Die Tätigkeit des Bürgerbeauftragten soll anhand der folgenden Statistiken veranschaulicht werden:1100 Tabelle 4 Abschließend bearbeitete Beschwerden

außerhalb des Mandats keine Untersuchung eingeleitet1101 mit begründeter Entscheidung abgeschlossene Untersuchungen Gesamtzahl

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1.774

1.663

1.306

1.241

1.140

911

411

405

271

245

211

226

180

248

253

237

203

185

2.365

2.316

1.830

1.723

1.554

1.322

ņņņņņņņņ 1098

Art. 2 Abs. 6 BB-Statut. Art. 195 Abs. 1 Unt.Abs. 3 EGV; Art. 3 Abs. 8 BB-Statut. Einschließlich des Jahresberichts von 1999 wurden die Jahresberichte noch komplett im ABl. EG veröffentlicht; vgl. Jahresbericht 1996: ABl. EG 1997 Nr. C 272, S. 1; Jahresbericht 1997: ABl. EG 1998 Nr. C 380, S. 1; Jahresbericht 1998: ABl. EG 1999 Nr. C 300, S. 1; Jahresbericht 1999: ABl. EG 2000 Nr. C 260, S. 1. Seit dem Jahresbericht 2000 wird im ABl. EG lediglich auf die Möglichkeit der kostenlosen Bestellung des Jahresberichts beim Bürgerbeauftragten und die Möglichkeit der Einsichtnahme über das Internet hingewiesen; vgl. Jahresbericht 2000: ABl. EG 2001 Nr. C 218, S. 3; Jahresbericht 2001: ABl. EG 2002 Nr. C 252, S. 24; Jahresbericht 2002: ABl. EG 2003 Nr. C 270, S. 5. 1100 Die statistischen Angaben sind den Jahresberichten (jeweils im Anhang) des Europäischen Bürgerbeauftragten von 1998 bis 2003 entnommen; siehe zu den Fundstellen Teil D., Fn. 1099. 1101 Gründe für das Nichteinleiten einer Untersuchung: Unzulässigkeit der Beschwerde sowie keine (ausreichende) Grundlage für Untersuchungen. 1099

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

298

Tabelle 5 Mit begründeter Entscheidung abgeschlossene Untersuchungen1102 2003

2002

2001

2000

1999

1998

kein Mißstand festgestellt kritische Bemerkung an die Institution gütliche Einigung

87

128

114

112

107

96

20

29

46

31

27

29

4

6

2

1

1

4

Beschwerde zurückgezogen

5

6

1

6

5

0

Sonstiges

64

79

90

87

63

56

Gesamtzahl

180

248

253

237

203

185

Tabelle 6 Beschwerdegrund Mangel an/Verweigerung von Informationen, Transparenz

prozentualer Anteil

2003

2002

2001

2000

1999

1998

28%

27%

29%

28%

23%

30%

Von den jährlich zwischen 1.300 bis 2.400 abschließend bearbeiteten Beschwerden liegen zwischen 69% bis 75% außerhalb des Mandats des Bürgerbeauftragten1103. In weiteren 14% bis 17% der Fälle wird aufgrund der Unzulässigkeit der Beschwerde oder mangels ausreichender Grundlage keine Untersuchung eingeleitet. In 8% bis 14% der Beschwerden ergeht nach Abschluß der Untersuchung eine begründete Entscheidung. Von den mit begründeter Entscheidung abgeschlossenen Untersuchungen wird in 45% bis 53% kein Mißstand festgestellt. Eine Beanstandung erfolgt in 11% bis 18% der Fälle. Eine Aufschlüsselung nach Sachgebieten ist den statistischen Angaben der Jahresberichte nicht zu entnehmen.

ņņņņņņņņ 1102

Eine Untersuchung kann aus einem oder mehreren der folgenden Gründe abgeschlossen werden. 1103 Gründe hierfür sind in der ungefähren Reihenfolge ihrer Häufigkeit: nicht gegen Gemeinschaftsorgan oder -institution gerichtet; keinen Mißstand betreffend; nicht autorisierter Beschwerdeführer; Gerichtshof und Gericht erster Instanz in ihrer richterlichen Funktion.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 299

4. Umweltinformationsgesetz Das UIG (2005) enthält weder Vorschriften über die institutionelle Errichtung einer die Gesetzesanwendung überwachenden Stelle noch weist es diese Aufgabe funktional einer bestehenden Institution zu.

5. Brandenburgisches AIG Nach dem AIG-Bbg wird zur Wahrung des Grundrechts auf Akteneinsicht und Informationszugang ein Landesbeauftragter für das Recht auf Akteneinsicht bestellt.1104 Diese Aufgabe wird von dem Landesbeauftragten für den Datenschutz wahrgenommen1105, der die Amts- und Funktionsbezeichnung „Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht“ in männlicher oder weiblicher Form führt1106. Für die Wahl und die Rechtstellung des Landesbeauftragten verweist das AIG-Bbg auf §§ 22 und 23 DSGBbg. Danach erfolgt dessen Wahl durch den brandenburgischen Landtag mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl.1107 Wählbar ist nur, wer die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Dienst oder eine nach dem Einigungsvertrag gleichgestellte Befähigung hat und die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde besitzt.1108 Die Amtszeit des Landesbeauftragten beträgt sechs Jahre1109, eine Wiederwahl ist zulässig1110. Da er sein Amt bis zur Bestellung eines Nachfolgers nicht nur weiterführen darf, sondern sogar dazu verpflichtet ist1111, ist eine lückenlose Amtsführung sichergestellt. Entlassen werden darf der Landesbeauftragte nur auf eigenen Antrag, wenn er nach Ablauf seiner Amtszeit seiner Amtsfortführungsverpflichtung nicht nachkommt oder wenn Gründe vorliegen, die bei einem Richterverhältnis auf Lebenszeit

ņņņņņņņņ 1104 § 11 Abs. 1 S. 1 AIG-Bbg. Die Stellung des Beauftragten wird grundsätzlich abgesichert durch Art. 74 Abs. 2 Verfassung des Landes Brandenburg vom 20.8.1992. Da Art. 74 Abs. 2 S. 2 der Verfassung jedoch nur auf Abs. 1 S. 3 und gerade nicht auf Abs. 1 S. 4 bis 6 verweist, erfahren die Befugnisse des Landesbeauftragten für Akteneinsicht gerade keine verfassungsrechtliche Absicherung. 1105 § 11 Abs. 1 S. 2 AIG-Bbg. Die Homepage des brandenburgischen Landesbeauftragten für den Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht findet sich unter http://www.lda.brandenburg.de (Stand: 15.7.2006). 1106 § 11 Abs. 1 S. 4 AIG-Bbg. 1107 § 22 Abs. 1 S. 1 DSG-Bbg. 1108 § 22 Abs. 1 S. 2 DSG-Bbg. 1109 § 22 Abs. 3 S. 1 DSG-Bbg. 1110 § 22 Abs. 3 S. 2 DSG-Bbg. 1111 § 22 Abs. 3 S. 3 DSG-Bbg.

300

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

die Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen.1112 Der Landesbeauftragte ist in der Ausübung seines Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.1113 Er untersteht lediglich der Dienstaufsicht des Landtagspräsidenten.1114 Zur Absicherung seiner Unabhängigkeit darf er kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens noch einer Regierung oder einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören.1115 Ihm ist ferner die zu seiner Aufgabenerfüllung notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen.1116 Die auf seinen Vorschlag hin ernannten Mitarbeiter1117 sind ausschließlich an seine Weisungen gebunden1118 und können nur im Einvernehmen mit ihm versetzt oder abgeordnet werden1119. Das AIG-Bbg berechtigt jedermann, den Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht anzurufen1120; besondere Verfahrensvorschriften für die Anrufung des Landesbeauftragten sieht weder das AIGBbg noch das DSG-Bbg vor. Nach dem DSG-Bbg kontrolliert der Landesbeauftragte nur im Falle einer Beschwerde die Einhaltung der Vorschriften des AIG-Bbg, kann also nicht auf eigene Initiative hin tätig werden.1121 Seine Be-

ņņņņņņņņ 1112

§ 22 Abs. 3 S. 4 DSG-Bbg. Vgl. auch § 21 DRiG. § 22 Abs. 4 S. 2 DSG-Bbg. 1114 § 22 Abs. 4 S. 3 DSG-Bbg. 1115 § 22 Abs. 6 DSG-Bbg. 1116 § 22 Abs. 4 S. 4 DSG-Bbg. 1117 § 22 Abs. 4 S. 5 DSG-Bbg. 1118 § 22 Abs. 4 S. 7 DSG-Bbg. 1119 § 22 Abs. 4 S. 6 DSG-Bbg. 1120 § 11 Abs. 2 S. 1 AIG-Bbg. 1121 § 23 Abs. 1 DSG-Bbg. Danach kontrolliert der Landesbeauftragte die Einhaltung der Vorschriften des DSG-Bbg, anderer Vorschriften über den Datenschutz sowie die Einhaltung des AIG-Bbg „gemäß § 11 Abs. 2“ AIG-Bbg, in dem die Anrufungsmöglichkeit des Landesbeauftragten geregelt ist. Die Bezugnahme auf das Anrufungsrecht des Bürgers legt nahe, dem Landesbeauftragten Kontrollkompetenzen nur im Falle seiner Anrufung zuzugestehen. Hätte der Gesetzgeber ihm eine umfassende Kompetenz zum Tätigwerden auch auf eigene Initiative hin einräumen wollen, hätte er den Verweis auf § 11 Abs. 2 AIG-Bbg lediglich weglassen müssen. Die Ausformulierung der in §§ 25 und 26 DSG-Bbg geregelten Befugnisse ist diesbezüglich offen und läßt eine Anwendung sowohl im Falle einer als auch ohne eine Beschwerde zu. Gerade wegen dieser offenen Gestaltung der Befugnisnormen macht auch die Formulierung des § 11 Abs. 2 S. 2 AIG-Bbg Sinn, nach der dem Landesbeauftragten die Befugnisse des DSGBbg nur „in diesem Fall“, also im Falle einer Anrufung zustehen. Umgekehrt ist § 23 Abs. 1 DSG-Bbg dahingehend auszulegen, daß der Landesbeauftragte hinsichtlich der Kontrolle der Einhaltung von Datenschutzvorschriften von Amts wegen tätig werden kann. 1113

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 301

fugnisse regelt das DSG-Bbg.1122 Danach sind die öffentlichen Stellen verpflichtet, den Landesbeauftragten und seine Beauftragten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen.1123 Diesen ist insbesondere Auskunft auf ihre Fragen zu erteilen sowie Einsicht in alle Vorgänge und Aufzeichnungen zu gewähren.1124 Die Behörde kann allerdings bei bestimmten Unterlagen und Akten, wenn eine Gefährdung der Sicherheit des Bundes oder eines Landes zu besorgen ist, die Einsicht verweigern; auf Antrag des Landesbeauftragten ist diese Entscheidung jedoch vom zuständigen Landtagsausschuß zu begründen.1125 Der Landesbeauftragte und seine Beauftragten haben freien Zutritt zu allen Diensträumen.1126 Stellt der Landesbeauftragte einen Verstoß gegen das AIG-Bbg fest, hat er dies zu beanstanden und die jeweils zuständige oberste Landesbehörde, also das jeweilige Ministerium, dem die handelnde Behörde organisatorisch zugeordnet ist, zu einer Stellungnahme innerhalb einer von ihm zu bestimmenden Frist aufzufordern.1127 Der Landesbeauftragte kann jedoch von einer Beanstandung absehen oder auf eine Stellungnahme verzichten, wenn es sich um unerhebliche oder inzwischen beseitigte Mängel handelt oder wenn ihre Behebung sichergestellt ist.1128 Mit der Beanstandung können Vorschläge zur Beseitigung der Mängel und zur sonstigen Verbesserung des Informationszugangs verbunden werden.1129 Die Stellungnahme soll auch eine Darstellung der Maßnahmen enthalten, die aufgrund der Beanstandung getroffen worden sind.1130

ņņņņņņņņ 1122

Nach § 11 Abs. 2 S. 2 AIG-Bbg hat der Landesbeauftragte im Fall der Anrufung die Befugnisse der §§ 23, 25 und 26 DSG-Bbg. 1123 § 26 Abs. 1 S. 1 DSG-Bbg. 1124 § 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 DSG-Bbg. Zwar beschränkt die Vorschrift das Einsichtsrecht auf Vorgänge und Aufzeichnungen, die im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten stehen; eine entsprechende Beschränkung gilt hingegen nicht für den Bereich des Informationszugangs, da grundsätzlich alle behördlichen Informationen dem Grundsatz der Aktenöffentlichkeit unterfallen und folglich mit dem Informationszugang im Zusammenhang stehen. 1125 § 26 Abs. 2 DSG-Bbg. 1126 § 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 DSG-Bbg. 1127 § 25 Abs. 1 S. 1 DSG-Bbg. Die in § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bis Nr. 4 DSG-Bbg genannten öffentlichen Stellen sind selbst zur Stellungnahme berechtigt. Dafür ist der Landesbeauftragte nach § 25 Abs. 1 S. 2 DSG-Bbg zur Unterrichtung der zuständigen Aufsichtsbehörde verpflichtet. 1128 § 25 Abs. 2 DSG-Bbg. 1129 § 25 Abs. 3 DSG-Bbg. Nach dem Wortlaut der Norm kann der Landesbeauftragte nur Vorschläge zur sonstigen Verbesserung „des Datenschutzes“ äußern. Wegen der Verweisung des § 11 Abs. 2 S. 2 AIG-Bbg ist die Vorschrift jedoch entsprechend auf den Informationszugang anzuwenden. 1130 § 25 Abs. 4 DSG-Bbg.

302

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Dem Landesbeauftragten obliegt keine Verpflichtung, einen Beschwerdeführer über seine Tätigkeiten zu informieren. Nach dem DSG-Bbg ist er lediglich „nach pflichtgemäßem Ermessen befugt“, Betroffene über Beanstandungen und die hierauf erfolgten Maßnahmen zu unterrichten.1131 Die Anrufung des Landesbeauftragten hat keine Suspensivwirkung hinsichtlich behördlicher oder gerichtlicher Rechtsbehelfe.1132 Kosten fallen nicht an. Nach dem AIG-Bbg hat der Landesbeauftragte dem Landtag jährlich einen Bericht über seine Tätigkeit vorzulegen.1133 Inhaltliche Vorgaben für diesen bestehen nicht. Den Tätigkeitsberichten ist nicht zu entnehmen, wie viele Eingaben im Berichtszeitraum beim Landesbeauftragten eingegangen sind; die Berichte beschränken sich auf Aussagen wie die Eingaben seien „im Berichtszeitraum nur geringfügig angestiegen“1134 oder es „war quantitativ eine leichte Rückläufigkeit der bei uns eingelegten Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern zu verzeichnen“1135. Daneben enthalten sie ausgesuchte Beispiele von Zugangsverweigerungen, bei denen der Landesbeauftragte tätig wurde. Im übrigen geht der Landesbeauftragte auf Ersuchen des Landtags, des Petitionsausschusses oder des Ausschusses für Inneres oder der Landesregierung Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgängen nach, die seinen Aufgabenbereich unmittelbar betreffen.1136 Soweit er im Rahmen einer Beschwerde auf Mißstände bei der Umsetzung der Informationsfreiheit aufmerksam wird, kann er Empfehlungen zur Verbesserung des Informationszugangs geben und öffentliche Stellen beraten; er hat auf einzelgesetzliche Regelungen hinzuwirken.1137

6. Berliner IFG Nach dem IFG-B wird zur Wahrung des Rechts auf Akteneinsicht und Informationszugang ein Beauftragter für das Recht auf Akteneinsicht bestellt.1138

ņņņņņņņņ 1131

§ 25 Abs. 5 DSG-Bbg. Für eine hierfür erforderliche Änderung der VwGO fehlt es dem Landesgesetzgeber an der Gesetzgebungskompetenz. 1133 § 11 Abs. 3 AIG-Bbg. 1134 Vgl. brandenburgischer Landesbeauftragter für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht, 12. Tätigkeitsbericht 2003, LT-Drs. Bbg 3/7172, Teil B, 2.1. 1135 Vgl. brandenburgischer Landesbeauftragter für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht, 11. Tätigkeitsbericht 2002, LT-Drs. Bbg 3/5635, Teil B, 2.1. 1136 § 23 Abs. 3 S. 1 DSG-Bbg. 1137 § 23 Abs. 2 DSG-Bbg. Dieser bezieht sich dem Wortlaut nach auf den Datenschutz. Die Verweisung des § 11 Abs. 2 S. 2 AIG-Bbg bedingt jedoch eine entsprechende Anwendung auf den Informationszugang. 1138 § 18 Abs. 1 S. 1 IFG-B. 1132

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 303

Diese Aufgabe wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten wahrgenommen1139, der die Amts- und Funktionsbezeichnung „Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit“ in männlicher oder weiblicher Form führt1140. Für die Wahl und die Rechtsstellung des Beauftragten verweist das IFG-B auf die §§ 21 und 22 DSG-B.1141 Danach wird der Beauftragte durch das Berliner Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der Mehrzahl seiner Mitglieder gewählt.1142 Seine Amtszeit beträgt fünf Jahre1143, eine Wiederwahl ist zulässig1144. Nach dem Ende seiner Amtszeit bleibt er bis zur Ernennung eines Nachfolgers im Amt, sofern ihn das Präsidium des Abgeordnetenhauses dazu auffordert.1145 Vor Ablauf seiner Amtszeit kann der Beauftragte gegen seinen Willen nur entlassen werden, wenn Gründe vorliegen, die bei einem Richter auf Lebenszeit die Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen.1146 Er ist in Ausübung seines Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen; er untersteht lediglich der Dienstaufsicht des Präsidenten des Abgeordnetenhauses.1147 Seine Unabhängigkeit wird ferner dadurch abgesichert, daß er kein weiteres Amt und kein Gewerbe ausüben und weder der Leitung oder dem Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens noch einer Regierung oder einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören darf.1148 Im übrigen darf er nicht gegen Entgelt außergerichtliche Gutachten abgeben.1149 Eine Verpflichtung, dem Beauftragten die für seine Aufgabenerfüllung notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen, sehen IFG-B und DSG-B nicht ausdrücklich vor. Nach dem IFG-B steht jedem Menschen das Recht zu, den Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit anzurufen.1150 „In diesem Fall“ hat der Beauftragte die Befugnisse des § 24 DSG-B.1151 Deckt der Beauftragte im Rahmen einer Beschwerde Mißstände auf, kann er Empfehlungen zur Verbes-

ņņņņņņņņ 1139

§ 18 Abs. 1 S. 2 IFG-B. Die Homepage des Berliner Datenschutzbeauftragten findet sich unter http://www.datenschutz-berlin.de (Stand: 15.7.2006). 1140 § 18 Abs. 1 S. 4 IFG-B. 1141 § 18 Abs. 1 S. 3 IFG-B. 1142 § 21 Abs. 1 S. 1 DSG-B. 1143 § 21 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 DSG-B. 1144 § 21 Abs. 3 S. 2 DSG-B. 1145 § 21 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 DSG-B. 1146 § 21 Abs. 3 S. 3 DSG-B. 1147 § 22 Abs. 2 DSG-B. 1148 § 22 Abs. 3 S. 1 DSG-B. 1149 § 22 Abs. 3 S. 2 DSG-B. 1150 § 18 Abs. 2 S. 1 IFG-B. 1151 § 18 Abs. 2 S. 2 IFG-B.

304

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

serung des Informationszugangs geben und öffentliche Stellen in Fragen des Informationszugangs beraten.1152 Ferner ist er zur Verarbeitung und Übermittlung personenbezogener Daten zur Erfüllung seiner Aufgabe berechtigt.1153 Weitere Befugnisse stehen dem Beauftragten nicht zu. Er besitzt weder ein Beanstandungsrecht, noch kann er von Behörden Stellungnahmen oder Auskunftserteilungen einfordern; er hat keine Einsichtsrechte in Unterlagen und Akten, noch muß ihm Zutritt zu Diensträumen gewährt werden. Diese Rechte stehen dem Beauftragten zwar in seiner Eigenschaft als Datenschutzbeauftragter gemäß §§ 26 und 28 DSG-B zu, § 18 Abs. 2 S. 2 IFG-B verweist jedoch ausdrücklich nur auf die Befugnisse des § 24 DSG-B.1154 Bei dieser lediglich teilweisen Verweisung kann nicht bzw. mittlerweile nicht mehr von einem schlichten Redaktionsversehen des Gesetzgebers ausgegangen werden, das im Wege der Gesetzesauslegung behoben werden könnte. Das 1999 in Kraft getretene IFG-B wurde zuletzt durch Gesetz vom 30.7.20011155 geändert. Spätestens im Rahmen dieser Gesetzesänderung hätte der Gesetzgeber die Verweisung auf die Befugnisse des DSG-B um die §§ 26 und 28 erweitern können. Kenntnis von den in den Bereichen Datenschutz und Informationsfreiheit unterschiedlichen Befugnissen des Beauftragten hatte der Gesetzgeber zu diesem Zeitpunkt. Die Berliner Senatsverwaltung für Inneres hat schon 1999, noch vor der endgültigen Ausfertigung des IFG-B, die Verwaltung des Berliner Abgeordnetenhauses auf die ihrer Meinung nach als Redaktionsversehen anzusehende, versäumte Verweisung auf §§ 26, 28 DSG-B hingewiesen. Die Verwaltung des Abgeordnetenhauses lehnte jedoch eine Korrektur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit ab.1156 Den Landesbeauftragten obliegt keinerlei Verpflichtung, einen Beschwerdeführer über seine Tätigkeiten zu informieren. Die Beschwerde an den Beauftragten hat keine (Suspensiv-)Wirkung hinsichtlich behördlicher oder gerichtlicher Rechtsbehelfe.1157 Kosten fallen dem Beschwerdeführer nicht an.

ņņņņņņņņ 1152

§ 18 Abs. 2 S. 2 IFG-B i.V.m. § 24 Abs. 1 S. 2 DSG-B. § 18 Abs. 2 S. 2 IFG-B i.V.m § 24 Abs. 4 und 5 DSG-B. 1154 Auch Schoch/Kloepfer bemerken diese nicht recht nachvollziehbare Beschränkung der Befugnisse des Informationsfreiheitsbeauftragten; vgl. IFG-ProfE, S. 191. 1155 GVBl. B, S. 305, 311. 1156 Vgl. dazu Berliner Senatsverwaltung für Inneres, Erste Hinweise zur Anwendung des Gesetzes zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin (Berliner Informationsfreiheitsgesetz - IFG) vom 15.10.1999 (GVBI. B, S. 561), abrufbar unter http:// www.informationsfreiheit.de/info_berlin/index.htm (Stand: 15.7.2006). 1157 Vgl. Teil D., Fn. 1132. 1153

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 305

Der Beauftragte hat dem Abgeordnetenhaus und dem Regierenden Bürgermeister jährlich einen Bericht über das Ergebnis seiner Tätigkeit vorzulegen.1158 Inhaltliche Vorgaben für den Bericht bestehen nicht. Die Jahresberichte enthalten regelmäßig keine statistischen Daten über Anzahl, Art und Ausgang der beim Beauftragten eingegangenen Eingaben. Es werden lediglich ausgewählte Beispiele von Zugangsverweigerungen dargestellt. Im übrigen hat der Beauftragte auf Anforderung des Abgeordnetenhauses oder des Senats Gutachten zu erstellen und Berichte zu erstatten.1159 Ferner hat er auf Ersuchen des Abgeordnetenhauses, des Petitionsausschusses des Abgeordnetenhauses oder des Senats Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge nachzugehen, die seinen Aufgabenkreis unmittelbar betreffen.1160

7. Schleswig-holsteinisches IFG Das IFG-SH berechtigt eine Person, die der Ansicht ist, daß ihr Informationsersuchen zu Unrecht abgelehnt oder nicht beachtet worden ist oder daß sie von einer Behörde eine unzulängliche Antwort erhalten hat, die oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz anzurufen.1161 Nach dem IFG-SH finden die Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes über die Aufgaben und die Befugnisse der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz entsprechend Anwendung.1162 Schließlich stellt es (deklaratorisch) klar, daß die Vorschriften über den gerichtlichen Rechtsschutz unberührt bleiben.1163 Gemäß dem DSG-SH errichtet das Land Schleswig-Holstein unter dem Namen „Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz“ eine rechtsfähige Anstalt

ņņņņņņņņ 1158

§ 18 Abs. 3 IFG-B i.V.m. § 29 Abs. 2 S. 1 DSG-B. Nach S. 2 führt der Regierende Bürgermeister eine Stellungnahme des Senats zu dem Bericht herbei und legt diese regelmäßig innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des Berichts dem Abgeordnetenhaus vor. Die Jahresberichte sind abrufbar unter http://www.datenschutz-berlin.de/ueber/informat.htm (Stand: 15.7.2006). 1159 § 18 Abs. 3 IFG-B i.V.m. § 29 Abs. 1 DSG-B. 1160 § 18 Abs. 3 IFG-B i.V.m. § 29 Abs. 3 S. 1 DSG-B. 1161 § 16 S. 1 IFG-SH. Vgl. dazu G.-H. Friedersen/N. Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz, S. 70 f. 1162 § 16 S. 2 IFG-SH. Im nachfolgenden werden die Vorschriften des DSG-SH über die Aufgaben und Befugnisse des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz ohne die an sich stets erforderliche Verweisungsnorm des § 16 S. 2 IFG-SH zitiert. 1163 § 16 S. 3 IFG-SH. Eine Abänderung (verwaltungs-)gerichtlicher Rechtsvorschriften ist dem Landesgesetzgeber mangels Gesetzgebungskompetenz natürlich nicht möglich.

306

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

des öffentlichen Rechts.1164 Der Vorstand besteht aus der Leiterin oder dem Leiter der Anstalt, die oder der die Bezeichnung „Landesbeauftragte für den Datenschutz“ oder „Landesbeauftragter für den Datenschutz“ führt.1165 Die oder der Landesbeauftragte wird vom Landtag ohne Aussprache mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder für die Dauer von fünf Jahren gewählt.1166 Die Wiederwahl ist nur einmal zulässig.1167 Kommt vor Ablauf der Amtszeit eine Neuwahl nicht zustande, hat die oder der Landesbeauftragte das Amt bis zur Neuwahl weiterzuführen.1168 Die oder der Landesbeauftragte kann jederzeit die Entlassung verlangen1169; Gründe für eine Entlassung gegen ihren oder seinen Willen normiert das DSG-SH nicht. Das Unabhängige Landeszentrum nimmt die ihm zugewiesenen Aufgaben in Unabhängigkeit wahr.1170 Es unterliegt im Bereich der Informationsfreiheit weder der Rechts- noch der Fachaufsicht einer anderen Behörde.1171 Dienstvorgesetzte oder Dienstvorgesetzter der oder des Landesbeauftragten ist die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident.1172 Dem Unabhängigen Landeszentrum ist die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen.1173 Dem Unabhängigen Landeszentrum obliegt allgemein die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des IFG-SH1174, eine Bürgerbeschwerde ist keine notwendige Voraussetzung für sein Tätigwerden. Alle öffentlichen Stellen sind verpflichtet, das Unabhängige Landeszentrum bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen.1175 Ihm ist dabei insbesondere Auskunft zu erteilen sowie Einsicht in Unterlagen und Dateien zu gewähren; auf besondere Amts- und

ņņņņņņņņ 1164 § 32 Abs. 1 S. 1 DSG-SH. Die Homepage des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz findet sich unter http://www.datenschutzzentrum.de (Stand: 15.7.2006). 1165 § 34 Abs. 2 DSG-SH. 1166 § 35 Abs. 1 S. 1 DSG-SH. 1167 § 35 Abs. 1 S. 2 DSG-SH. 1168 § 35 Abs. 2 S. 2 DSG-SH. 1169 § 35 Abs. 4 DSG-SH. 1170 § 38 S. 1 DSG-SH. 1171 Nach § 38 S. 2 DSG-SH unterliegt das Unabhängige Landeszentrum der Rechtsaufsicht des Innenministeriums nur, soweit es die Datenschutzkontrolle im nichtöffentlichen Bereich durchführt. Eine Fachaufsicht sieht das DSG-SH nicht vor. Im Unterschied zum Datenschutzrecht gilt das IFG-SH ausschließlich für den öffentlichen Bereich. Folglich untersteht das Unabhängige Landeszentrum, soweit es auf dem Gebiet des Informationszugang tätig wird, insgesamt weder einer Rechts- noch einer Fachaufsicht. 1172 § 35 Abs. 5 S. 1 DSG-SH. 1173 § 39 Abs. 5 DSG-SH. 1174 § 39 Abs. 1 S. 1 DSG-SH i.V.m. § 16 S. 2 IFG-SH. 1175 § 41 Abs. 1 S. 1 DSG-SH.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 307

Berufsgeheimnisse kann sich die Behörde nicht berufen.1176 Stellt jedoch die jeweils zuständige oberste Landesbehörde im Einzelfall fest, daß durch die Einsicht die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet wird, darf die Einsicht nur von der oder dem Landesbeauftragten persönlich oder den von ihr oder ihm schriftlich besonders damit Beauftragten ausgeübt werden.1177 Die Behörde muß den Mitarbeitern des Unabhängigen Landeszentrums Zutritt zu ihren Diensträumen gewähren.1178 Stellt das Unabhängige Landeszentrum nicht erhebliche Verstöße gegen das IFG-SH oder nicht erhebliche sonstige Mängel fest, fordert es die betroffene öffentliche Stelle zur Mängelbeseitigung auf1179; mit der Feststellung der Mängel soll es Vorschläge zu deren Beseitigung und zur sonstigen Verbesserung des Informationszugangs verbinden1180. Bei der Feststellung erheblicher Verstöße oder erheblicher sonstiger Mängel soll das Unabhängige Landeszentrum die öffentliche Stelle zunächst zu einer Stellungnahme innerhalb einer von ihm zu bestimmenden Frist auffordern1181 und spricht sodann diese berücksichtigend eine Beanstandung aus1182, die mit Vorschlägen zur Beseitigung der Mängel und zur sonstigen Verbesserung des Informationszugangs verbunden werden soll1183. Das Unabhängige Landeszentrum soll die für die öffentliche Stelle zuständige Aufsichtsbehörde über die Beanstandung unterrichten.1184 Dem Unabhängigen Landeszentrum obliegt keine Verpflichtung, einen Beschwerdeführer über seine Tätigkeiten zu informieren. Das DSG-SH sieht lediglich vor, daß Betroffene „nach pflichtgemäßem Ermessen“ über Verstöße gegen das IFG-SH unterrichtet werden „können“.1185

ņņņņņņņņ 1176

§ 41 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 DSG-SH. Zwar beschränkt die Vorschrift das Einsichtsrecht auf Unterlagen und Dateien, die im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten stehen; eine entsprechende Beschränkung gilt hingegen nicht für den Bereich des Informationszugangs, da grundsätzlich alle behördlichen Informationen dem Grundsatz der Aktenöffentlichkeit unterfallen und folglich mit dem Informationszugang im Zusammenhang stehen. 1177 § 41 Abs. 2 DSG-SH. 1178 § 41 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 DSG-SH. 1179 § 42 Abs. 1 DSG-SH. 1180 § 42 Abs. 3 DSG-SH. 1181 § 42 Abs. 2 S. 2 DSG-SH. 1182 § 42 Abs. 2 S. 1 DSG-SH. 1183 § 42 Abs. 3 DSG-SH. 1184 § 42 Abs. 2 S. 2 DSG-SH. 1185 § 42 Abs. 4 DSG-SH.

308

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

Die Anrufung des Landesbeauftragten hat keine (Suspensiv-)Wirkung hinsichtlich behördlicher oder gerichtlicher Rechtsbehelfe.1186 Kosten fallen dem Beschwerdeführer nicht an.1187 Das Unabhängige Landeszentrum hat dem Landtag jährlich einen Tätigkeitsbericht vorzulegen1188; inhaltliche Vorgaben normiert das DSG-SH nicht. Die Tätigkeitsberichte enthalten kaum statistische Daten; insbesondere enthalten sie keine Informationen über Anzahl, Art und Ausgang der beim Beauftragten eingegangenen Eingaben. Es werden lediglich ausgewählte Einzelfälle dargestellt. Im übrigen berät das Unabhängige Landeszentrum öffentliche Stellen in Fragen des Informationszugangs1189 und kann zu diesem Zweck Empfehlungen zu dessen Verbesserung geben1190. Auf Anforderung des Landtages, des Petitionsausschusses des Landtages oder einer obersten Landesbehörde soll es Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge nachgehen, die seinen Aufgabenbereich unmittelbar betreffen.1191 Auf Anforderung des Landtages, einzelner Fraktionen des Landtages oder der Landesregierung hat es Gutachten zu erstellen und Berichte zu erstatten.1192 Das Unabhängige Landeszentrum berät und informiert darüber hinaus alle Bürgerinnen und Bürger über alle Fragen des Informationszugangs, insbesondere über die ihnen dabei zustehenden Rechte.1193

8. Nordrhein-westfälisches IFG Das IFG-NRW weist die Sicherstellung des Rechts auf Information der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zu.1194 Jeder hat das Recht, die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz als Beauf-

ņņņņņņņņ 1186

Vgl. Teil D., Fn. 1132. Dies ergibt sich mittelbar aus § 43 Abs. 4 DSG-SH, wonach das Unabhängige Landeszentrum (nur) für die Wahrnehmung der Serviceaufgaben der Abs. 1 bis 3 Entgelte erheben darf. 1188 § 39 Abs. 4 S. 2 DSG-SH. Eine Auflistung der bisherigen Tätigkeitsberichte findet sich unter Angabe der jeweiligen Fundstelle in den Landtagsdrucksachen unter http://www.datenschutzzentrum.de/material/tb/index.htm (Stand: 15.7.2006). 1189 § 39 Abs. 3 S. 1 DSG-SH. 1190 § 39 Abs. 3 S. 2 DSG-SH. 1191 § 39 Abs. 3 S. 3 DSG-SH. 1192 § 39 Abs. 4 S. 1 DSG-SH. 1193 § 43 Abs. 1 DSG-SH. Nach Abs. 4 kann es dafür Entgelte erheben. 1194 § 13 Abs. 1 IFG-NRW. Die Homepage des nordrhein-westfälischen Landesbeauftragten für den Datenschutz findet sich unter http://www.lfd.nrw.de (Stand: 15.7.2006). 1187

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 309

tragte oder Beauftragten für das Recht auf Information anzurufen.1195 Das DSG-NRW gilt entsprechend.1196 Nach dem DSG-NRW wählt der Landtag mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder einen Beauftragten1197, der die Amts- und Funktionsbezeichnung „Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit“ in männlicher oder weiblicher Form führt.1198 Dieser muß die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Dienst haben und die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde besitzen.1199 Seine Amtszeit beträgt acht Jahre1200; eine Wiederwahl ist zulässig1201. Der Beauftragte bleibt bis zur Ernennung eines Nachfolgers im Amt.1202 Er ist in Ausübung seines Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.1203 Organisatorisch ist er dem Innenministerium angegliedert1204 und er untersteht dessen Dienstaufsicht1205. Ihm ist die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen.1206 Hinsichtlich der ihm untergeordneten Mitarbeiter hat er ein Vorschlagsrecht1207; die Stellen sind im Einvernehmen mit ihm zu besetzen1208. Die Bediensteten unterstehen seinen Weisungen und können nur im Einvernehmen mit ihm versetzt oder abgeordnet werden.1209 Der Beauftragte überwacht allgemein die Einhaltung der Vorschriften des IFG-NRW1210, eine Bürgerbeschwerde ist keine notwendige Voraussetzung für sein Tätigwerden. Alle öffentlichen Stellen sind verpflichtet, ihn bei der Erfül-

ņņņņņņņņ 1195 § 13 Abs. 2 S. 1 IFG-NRW. Schon in 2003 wurden 105 schriftliche Bürgeranfragen zum neuen Informationszugangsanspruch von der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit bearbeitet; vgl. LT-Drs. NRW 13/3041, S. 13. 1196 § 13 Abs. 2 S. 2 IFG-NRW. Im nachfolgenden werden die Vorschriften des DSG-NRW ohne diese an sich oftmals erforderliche Verweisungsnorm zitiert. 1197 § 21 Abs. 1 S. 1 DSG-NRW. 1198 § 21 Abs. 1 S. 3 DSG-NRW. 1199 § 21 Abs. 1 S. 2 DSG-NRW. 1200 § 21 Abs. 2 S. 1 DSG-NRW. 1201 § 21 Abs. 2 S. 3 DSG-NRW. 1202 § 21 Abs. 2 S. 2 DSG-NRW. 1203 § 21 Abs. 2 S. 4 DSG-NRW. 1204 § 21 Abs. 3 S. 1 DSG-NRW. 1205 § 21 Abs. 3 S. 3 DSG-NRW. 1206 § 21 Abs. 4 DSG-NRW. 1207 § 21 Abs. 5 S. 1 DSG-NRW. 1208 § 21 Abs. 5 S. 2 DSG-NRW. 1209 § 21 Abs. 5 S. 3 DSG-NRW. 1210 § 22 Abs. 1 S. 1 DSG-NRW i.V.m. § 13 Abs. 2 S. 2 IFG-NRW.

310

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

lung seiner Aufgaben zu unterstützen und Amtshilfe zu leisten.1211 Gesetzliche Geheimhaltungsvorschriften können einem Auskunfts- oder Einsichtsverlangen nicht entgegengehalten werden.1212 Dem Beauftragten ist Auskunft zu erteilen sowie Einsicht in alle behördlichen Aufzeichnungen, jederzeit Zutritt zu allen Diensträumen und Zugriff auf elektronische Dienste zu gewähren.1213 Die Behörde muß ihm auf Wunsch Kopien von Unterlagen zur Verfügung stellen, soweit dies nicht deren Aufgabenerfüllung wesentlich gefährdet1214, was von der Behörde schriftlich zu begründen ist1215. Diese Befugnisse dürfen nur vom Beauftragten persönlich ausgeübt werden, wenn die (zuständige) oberste Landesbehörde im Einzelfall feststellt, daß die Sicherheit des Bundes oder eines Landes dies gebietet.1216 Stellt der Beauftragte Verstöße gegen das IFG-NRW oder sonstige Mängel hinsichtlich des Informationszugangs fest, hat er diese bei der jeweils zuständigen obersten Landesbehörde, also dem jeweiligen Ministerium, dem die handelnde Behörde organisatorisch zugeordnet ist, zu beanstanden und diese zu einer Stellungnahme innerhalb einer von ihm zu bestimmenden Frist aufzufordern.1217 Der Beauftragte kann jedoch von einer Beanstandung absehen oder auf eine Stellungnahme verzichten, wenn es sich um unerhebliche oder inzwischen beseitigte Mängel handelt oder wenn ihre Behebung sichergestellt ist.1218 Mit der Beanstandung können Vorschläge zur Beseitigung der Mängel und zur sonstigen Verbesserung des Informationszugangs verbunden werden.1219 Die Stellungnahme soll auch eine Darstellung der Maßnahmen enthalten, die aufgrund der Beanstandung getroffen worden sind.1220 Der Beauftragte ist im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung befugt, personenbezogene Daten zu verarbeiten, die ihm durch Beschwerden, Anfragen, Hinweise und Beratungswünsche bekannt werden.1221

ņņņņņņņņ 1211

§ 22 Abs. 2 S. 1 DSG-NRW. § 22 Abs. 2 S. 2 DSG-NRW. 1213 § 22 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 und 2 DSG-NRW. Vgl. zur entsprechenden Anwendung von Nr. 1 die Ausführungen in Teil D., Fn. 1124. 1214 § 22 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 DSG-NRW. 1215 § 22 Abs. 2 S. 4 DSG-NRW. 1216 § 22 Abs. 2 S. 5 DSG-NRW. 1217 § 24 Abs. 1 S. 1 DSG-NRW. Die in § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bis Nr. 4 DSG-NRW genannten öffentlichen Stellen sind selbst zur Stellungnahme berechtigt. Dafür ist der Beauftragte nach § 24 Abs. 1 S. 2 DSG-NRW zur Unterrichtung der zuständigen Aufsichtsbehörde verpflichtet. 1218 § 24 Abs. 2 DSG-NRW. 1219 § 24 Abs. 3 DSG-NRW. 1220 § 24 Abs. 4 S. 1 DSG-NRW. 1221 § 22 Abs. 5 S. 1 DSG-NRW. 1212

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 311

Dem Beschwerdeführer wird kein Recht eingeräumt, über die durch die Beschwerde veranlaßten Tätigkeiten des Beauftragten informiert zu werden. Die Anrufung des Landesbeauftragten hat keine (Suspensiv-)Wirkung hinsichtlich behördlicher oder gerichtlicher Rechtsbehelfe.1222 Kosten fallen dem Beschwerdeführer nicht an. Gemäß dem IFG-NRW ist dem Landtag und der Landesregierung jeweils für zwei Kalenderjahre ein Bericht über die Tätigkeit des Beauftragten vorzulegen1223; § 27 DSG-NRW gilt entsprechend1224. Der Beauftragte berät und informiert mit dem Bericht und auf andere Weise die Bürger sowie die Öffentlichkeit zu Fragen des Informationszugangs.1225 Die Tätigkeitsberichte enthalten kaum statistische Daten; insbesondere enthalten sie keine Informationen über Anzahl, Art und Ausgang der beim Beauftragten eingegangenen Beschwerden; es werden lediglich ausgewählte Einzelfälle dargestellt. Im übrigen kann der Beauftragte Empfehlungen zur Verbesserung des Informationszugangs geben; er kann insbesondere öffentliche Stellen diesbezüglich beraten.1226 Er kann sich jederzeit an den Landtag wenden.1227 Landtag und Landesregierung können den Landesbeauftragten mit der Erstattung von Gutachten und Stellungnahmen oder der Durchführung von Untersuchungen in Informationsfreiheitsfragen betrauen.1228

9. Bundes-IFG Gemäß dem BIFG kann jeder den Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit anrufen, wenn er sein Recht auf Informationszugang als verletzt ansieht.1229 Die Aufgabe des Bundesbeauftragten für Informationsfreiheit wird

ņņņņņņņņ 1222

Vgl. Teil D., Fn. 1132. Vgl. auch F. Stollmann, NWVBl. 2002, 216 (221). § 13 Abs. 3 S. 1 IFG-NRW. 1224 § 13 Abs. 3 S. 2 IFG-NRW. Nach § 27 S. 2 DSG-NRW muß die Landesregierung zu dem Bericht gegenüber dem Landtag schriftlich Stellung nehmen. 1225 § 27 S. 3 DSG-NRW. 1226 § 22 Abs. 1 S. 2 DSG-NRW. 1227 § 21 Abs. 6 DSG-NRW. 1228 § 22 Abs. 4 S. 1 DSG-NRW. 1229 § 12 Abs. 1 BIFG. Das Anrufungsrecht entspreche dem des § 21 BDSG und diene dem Zweck einer außergerichtlichen Streitschlichtung anstelle oder zusätzlich zu einer gerichtlichen Klage; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 17. 1223

312

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

von dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz wahrgenommen.1230 Die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes über die Kontrollaufgaben des Bundesbeauftragten für den Datenschutz (§ 24 Abs. 1 und 3 bis 5), über Beanstandungen (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4, Satz 2 und Abs. 2 und 3) sowie über weitere Aufgaben gemäß § 26 Abs. 1 bis 3 gelten entsprechend.1231 Stellung, Aufgaben und Befugnisse des Bundesdatenschutzbeauftragten lassen sich überblicksartig wie folgt darstellen: Der Bundesdatenschutzbeauftragte wird gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 BDSG mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundestag gewählt. Seine Amtszeit beträgt gemäß § 22 Abs. 3 BDSG fünf Jahre; eine Wiederwahl ist nur einmalig zulässig. Der Bundesdatenschutzbeauftragte ist gemäß § 22 Abs. 4 BDSG in Ausübung seines Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen; er untersteht der Rechtsaufsicht der Bundesregierung. Der Bundesdatenschutzbeauftragte wird gemäß § 22 Abs. 5 S. 1 BDSG beim Bundesinnenministerium eingerichtet und untersteht dessen Dienstaufsicht. Ihm ist gemäß § 22 Abs. 5 S. 2 BDSG die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. Gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 BDSG entläßt der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung den Bundesdatenschutzbeauftragten, wenn Gründe vorliegen, die bei einem Richter auf Lebenszeit die Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte unterliegt Inkompatibilitäten gemäß § 23 Abs. 2 BDSG. Der Bundesdatenschutzbeauftragte kontrolliert gemäß § 24 Abs. 1 BDSG die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. Die öffentlichen Stellen des Bundes sind gemäß § 24 Abs. 4 S. 1 BDSG verpflichtet, den Bundesdatenschutzbeauftragten und seine Beauftragten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Gemäß § 24 Abs. 4 S. 2 BDSG ist ihnen dabei insbesondere Auskunft zu ihren Fragen sowie Einsicht in alle Unterlagen zu gewähren, die im Zusammenhang mit der Kontrolle stehen, und jederzeit Zutritt in alle Diensträume zu gewähren. Dies gilt gemäß § 24 Abs. 4 S. 4 BDSG nicht, soweit die oberste Bundesbehörde im Einzelfall feststellt, daß die Auskunft oder Einsicht die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährden würde. Stellt der Bundesdatenschutzbeauftragte Gesetzesverstöße oder Mängel fest, so hat er dies gemäß § 25 Abs. 1 BDSG zu beanstanden und unter Fristsetzung eine Stellungnahme zu fordern; bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts hat er gleichzeitig die zuständige Aufsichtsbehörde zu unterrich-

ņņņņņņņņ 1230

§ 12 Abs. 2 BIFG. Erfahrungen im Ausland und in den Ländern, die bereits über IFGs verfügen, zeigten, daß ein Beauftragter bürgernah Informationsfreiheit und Datenschutz in Ausgleich bringen kann; vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 17. 1231 § 12 Abs. 3 IFG-KoalitionsE. Beachte hierzu auch die Einführung der Bezeichnung „Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit“ durch § 13 IFG-KoalitionsE.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 313

ten. Gemäß § 25 Abs. 2 BDSG kann der Bundesdatenschutzbeauftragte von einer Beanstandung absehen oder auf eine Stellungnahme der betroffenen Stelle verzichten, insbesondere wenn es sich um unerhebliche oder inzwischen beseitigte Mängel handelt. Die Stellungnahme soll gemäß § 25 Abs. 3 S. 1 BDSG auch eine Darstellung der Maßnahmen enthalten, die aufgrund der Beanstandung des Bundesbeauftragten getroffen worden sind. Schließlich hat der Bundesdatenschutzbeauftragte dem Bundestag gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG alle zwei Jahre einen Tätigkeitsbericht vorzulegen.

10. Vergleichende Betrachtung Abgesehen von FOIA und UIG enthalten alle betrachteten IFGs Vorschriften über einen Informationsfreiheitsbeauftragten. Dasselbe gilt auch für die IFGEntwürfe. Gemäß dem IFG-ProfE wird zur Wahrung der Informationszugangsfreiheit ein Beauftragter bestellt.1232 Ist jemand der Ansicht, daß der Antrag auf Informationszugang zu Unrecht ganz oder teilweise abgelehnt oder nicht beachtet worden ist oder daß die öffentliche Stelle eine unzulängliche Bescheidung des Antrags vorgenommen hat, kann diese Person den Beauftragten anrufen; dasselbe gilt, wenn jemand die Durchführung des Informationszugangs zu beanstanden hat.1233 Aufgaben und Befugnisse des Beauftragten bestimmen sich nach dem Bundesdatenschutzgesetz.1234 Der Beauftragte unterrichtet das Parlament über seine Tätigkeit durch einen Informationsbericht (zusammen mit dem Datenschutzbericht).1235 Die Vorschriften über das Widerspruchsverfahren

ņņņņņņņņ 1232 § 16 Abs. 1 S. 1 IFG-ProfE. Gemäß S. 2 wird diese Aufgabe vom Informationsbeauftragten [Datenschutzbeauftragten] wahrgenommen. Dazu IFG-ProfE, S. 192. 1233 § 16 Abs. 2 S. 1 und 2 IFG-ProfE. Die Normierung einer Anrufungsmöglichkeit soll zunächst sicherstellen, daß der Beauftragte nicht von Amts wegen einschreiten darf; vgl. IFG-ProfE, S. 192. Die Anrufungsgründe müßten allerdings nicht objektiv vorliegen, es genüge vielmehr eine entsprechende subjektive Einschätzung des Antragstellers; vgl. IFG-ProfE, S. 193 f. 1234 § 16 Abs. 2 S. 3 IFG-ProfE. Die Vielgestaltigkeit denkbarer Fallgestaltungen lasse es als sinnvoll erscheinen, nicht bereits von vornherein mögliche Reaktionsmöglichkeiten einzugrenzen, sondern den Beauftragten für Informationszugangsfreiheit mit denjenigen Befugnissen auszustatten, die dem Datenschutzbeauftragten eröffnet sind; vgl. IFG-ProfE, S. 194. 1235 § 16 Abs. 3 IFG-ProfE. Die Erfassung empirischer Erkenntnisse steht im Ermessen des Beauftragten; vgl. IFG-ProfE, S. 194.

314

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

nach §§ 68 ff. der Verwaltungsgerichtsordnung und über den gerichtlichen Rechtsschutz bleiben unberührt.1236 Gemäß dem IFG-NGOE kann eine Person, die der Ansicht ist, daß ihr Informationsersuchen zu Unrecht abgelehnt oder nicht beachtet worden ist oder daß sie von einer Behörde eine unzulängliche Antwort erhalten hat, den Bundesbeauftragten für den Datenschutz anrufen.1237 Die Vorschriften über den gerichtlichen Rechtsschutz bleiben unberührt.1238 Die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes über die Aufgaben und Befugnisse des Bundesbeauftragten für den Datenschutz finden für die Durchführung dieses Gesetzes entsprechende Anwendung.1239 Die nationale Rechtsvergleichung unter Einbeziehung der Entwürfe zeigt – unterstrichen wird dies durch die zumeist nur knapp ausfallenden Gesetzesbzw. Entwurfsbegründungen –, daß der Nutzen eines Informationsfreiheitsbeauftragten ganz überwiegend anerkannt ist.1240 Damit bringen die IFGs gleichzeitig zum Ausdruck, daß sie diesem einen Mehrwert gegenüber einer Petition unmittelbar an das Parlament beimessen.1241 Der strukturelle Vorteil einer Ombudsmanninstitution gegenüber einem parlamentarischen Petitionsausschuß ist darin zu sehen, daß der Ombudsmann zwar die demokratische Autorität des Parlaments repräsentiert, er jedoch von dem typischen Parteienkonflikt in par-

ņņņņņņņņ 1236 § 16 Abs. 4 IFG-ProfE. Diese Regelung habe nur deklaratorische Bedeutung; vgl. IFG-ProfE, S. 195. 1237 § 18 Abs. 1 S. 1 IFG-NGOE. Das Institut des Informationsbeauftragten folge internationalen Vorbildern aber auch entsprechenden Regelungen der IFGs der Länder, welche sich nach derzeitigem Kenntnisstand bewährt hätten; vgl. IFG-NGOE, S. 34. 1238 § 18 Abs. 1 S. 2 IFG-NGOE. Dies dient nur der Klarstellung; vgl. IFG-NGOE, S. 34. 1239 § 18 Abs. 2 IFG-NGOE. Diese Verweisung beziehe sich nicht nur auf die Anrufung des Datenschutzbeauftragten nach Abs. 1, sondern auch auf dessen jährliche Berichtspflicht; vgl. IFG-NGOE, S. 34 f. 1240 Gegen die Institution des Ombudsmannes (knapp) argumentierend G. Rosler, Informationsfreiheit, S. 148. Dieser wendet ein, daß eine solche Institution das in einer Demokratie notwendige Gespräch zwischen den einzelnen Behörden und betroffenen Bürgern unterbreche und der Austausch von Gedanken und Meinungen über eine dritte Institution geführt werden müsse, der vielfach das Fachwissen im Einzelfall fehlen würde; vgl. a.a.O. Diese Auffassung erscheint inkonsequent. Wenn schon einer staatlichen, mit fachlich hochqualifizierten Personen besetzten Institution das Fachwissen im Einzelfall abgesprochen wird, gilt das natürlich umso mehr für den durchschnittlichen Bürger. Ein intensiver Austausch von Gedanken und Meinungen seitens der Behörde mit einem „unqualifizierten“ Bürger dürfte in der Regel aber gerade nicht zu erwarten sein. 1241 Vgl. auch J. Köhler, Ombudsmann, S. 77, 78 ff.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 315

lamentarischen Ausschüssen losgelöst ist und daher in der Praxis weitaus unabhängiger als ein Petitionsausschuß agiert. Die Untersuchung der deutschen IFGs zeigt ferner, daß die Institution des Informationsfreiheitsbeauftragten in allen Fällen mit den bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Strukturen des Datenschutzbeauftragten verknüpft wird. Begründet wird dies damit, daß Informationszugangsfreiheit und Datenschutz enge Berührungspunkte aufweisen bzw. daß es sich bei diesen um „zwei Seiten einer Medaille“1242 handele.1243 Die Begründung vermag indes nur teilweise zu überzeugen. Denn die Reichweite der Informationszugangsfreiheit ist weiter als die komplementäre Beschränkung durch den Datenschutz. Der Informationszugang kann ausnahmsweise nicht nur zum Schutz privater Daten versagt werden, vielmehr spielt auch die Versagung zum Schutz öffentlicher Interessen eine bedeutende Rolle. Dennoch erscheint die Zuweisung der Überwachung der Gesetzesanwendung in Datenschutz- und Informationszugangsangelegenheiten an dieselbe Institution sachgerecht und sinnvoll. Die internationalen Regelungsmodelle zeigen, daß die mit der Überwachung der Gesetzesanwendung betrauten Institutionen sachbereichsunabhängig tätig werden.1244 Gerade diese umfassende Überwachungszuständigkeit bewirkt deren staatsorganisatorische und gesellschaftliche Bedeutung. Eine ähnliche hohe Bedeutung könnte einer Vielzahl von nur in einzelnen Sachbereichen tätigen besonderen Beauftragten jeweils nicht zukommen. Zudem zeichnet sich das Ombudsmannsystem typischerweise durch die individuelle Persönlichkeit des Amtsinhabers aus; dafür taugliche Kandidaten stehen aber nicht unbegrenzt zur Verfügung. Die Befassung der bestehenden Datenschutzbeauftragten mit Informationsfreiheitsangelegenheiten ist daher weniger sachbezogen sondern vielmehr institutionell zu sehen. Die Zuständigkeitserweiterung des Datenschutzbeauftragten kann durchaus als ein erster Entwicklungsschritt hin zu einem Ombudsmannsystem nach schwedischem oder europäischem Vorbild gewertet werden.1245 Eine Folge dieser konzeptionellen Sichtweise ist, daß die Ausgestaltung von Stellung und Befugnissen des Beauftragten in allen ihm zur Überwachung zugeteilten Bereichen identisch ist bzw. sein sollte. Dementsprechend ist eine Normierung von einzelnen sachgebietsbezogenen Einschränkungen grundsätzlich inkonsistent. Derartige Inkonsistenzen können freilich im Einzelfall erfor-

ņņņņņņņņ 1242

Vgl. IFG-ProfE, S. 192. Vgl. LT-Drs. Bbg 2/4999, S. 16; IFG-ProfE, S. 37 f., 192; M. Kloepfer, DÖV 2003, 221 ff. Zur Gefahr getrennter Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit A. Dix, DuD 2002, 291 (294). 1244 Die Arbeitsteilung zwischen den schwedischen Ombudsmännern wirkt nur organisatorisch nach innen. 1245 Mit zunehmender Ausweitung des Wirkungskreises wird sich auch früher oder später die Frage der Eingliederung der Überwachung des Wehrbereichs stellen. 1243

316

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

derlich sein, solche Einzelfälle sollten jedoch nur bei Vorliegen gewichtiger Gründe angenommen werden.

a) Nutzen eines Informationsfreiheitsbeauftragten Wie die Erfahrungen aus den USA zeigen, ist die Konstitutionalisierung eines Informationsfreiheitsbeauftragten für die praktische Wirksamkeit von Informationsfreiheitsrechten sicherlich nicht zwingend erforderlich. Indes läßt das Vorhandensein eines solchen in beinahe allen anderen internationalen und nationalen Rechtsordnungen erkennen, daß die Vorteile dieser Institution weithin sehr geschätzt werden. Da Schweden bereits seit der Verfassungsreform von 1809 über ein (vorzüglich funktionierendes und bewährtes) Ombudsmannsystem verfügt, ist dessen Ausgestaltung international als Maßstab für die Errichtung und Ausgestaltung von (parlamentarischen) Beauftragten anerkannt.1246 Die Einrichtung einer die Gesetzesanwendung öffentlicher Stellen überwachenden Institution, die keinen formalen Einfluß auf die Durchführung konkreter Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren hat, bringt nur wenige Nachteile mit sich, welche durch die großen Vorteile mehr als kompensiert werden. Gegen die Einführung eines Ombudsmannes werden Verzögerungen bei der behördlichen Verfahrensbearbeitung vorgebracht.1247 Diese Verzögerungen stellen sich allerdings nicht als formale Suspensiveffekte dar, sondern sind vielmehr rein tatsächliche Verzögerungen, die sich ausgehend von den schwedischen Erfahrungen oftmals auf ein Telefonat des Beauftragten mit dem zuständigen Behördenmitarbeiter beschränken. Demgegenüber bringt diese verfahrensverzögernde Einmischung die erhebliche Chance einer frühzeitigen Konfliktbeilegung mit sich.1248 Darüber hinaus spricht gegen die Einführung einer Ombudsmanninstitution der damit verbundene kostenverursachende Arbeits- und Sachaufwand.1249 Dem stehen jedoch die immensen Kosteneinsparungen gegenüber, die frühzeitige Konfliktbeilegungen mit sich bringen. Wird ein Konflikt schon im behördlichen Ausgangs- oder Rechtsbehelfsverfahren beigelegt, erübrigt sich ein langes, ressourcenaufwendiges Gerichtsverfah-

ņņņņņņņņ 1246

Siehe zur Entwicklung der schwedischen Ombudsmann-Institution ausführlich

B.I. 1247

Vgl. IFG-ProfE, S. 190. Bestätigt wird dies auch in Deutschland etwa durch die brandenburgischen Erfahrungen im Bereich des Datenschutzes; vgl. LT-Drs. Bbg 2/4999, S. 16. 1249 So zum Teilaspekt des Arbeitsaufwandes IFG-ProfE, S. 190. 1248

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 317

ren.1250 Schließlich überzeugt auch der in Bezug auf den europäischen Bürgerbeauftragten vertretene tatsächliche Einwand, dieser sei kein wichtiges Kontrollorgan, was sich an der geringen Zahl zulässiger Beschwerden verdeutliche1251, nicht. Gerade die hohe Anzahl von Beschwerden verdeutlicht das bürgerliche Bedürfnis nach einer staatlichen Stelle, die nicht davor zurückscheut, im Einzelfall Partei für den Bürger zu ergreifen. Demgegenüber überzeugen die Vorteile eines Informationsfreiheitsbeauftragten. Dieser bietet typischerweise nicht nur dem Bürger die Möglichkeit günstiger, unkomplizierter und zügiger Hilfe gegen gesetzwidriges Handeln öffentlicher Stellen, er bietet zugleich den Behörden die Möglichkeit einer effizienten Gewährleistung gesetzmäßigen und behördenübergreifend homogenen Handelns durch Inanspruchnahme von Beratung und dem damit verbundenen Know-how-Transfer.1252 Nach Meinung des ehemaligen leitenden parlamentarischen Ombudsmannes Claes Eklundh sind die Erfolgsfaktoren der schwedischen parlamentarischen Ombudsmänner einerseits die Möglichkeit jedes Bürgers, auf günstige und unkomplizierte Weise eine unparteiische Überprüfung staatlichen Handelns erreichen zu können, und andererseits die große Bedeutung von Ratschlägen und Gesetzesinterpretationshinweisen für Verwaltung und Gerichte.1253 Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, daß ein Informationsfreiheitsbeauftragter in Ermangelung formaler Einflußmöglichkeiten auf das Verwaltungsgerichtsverfahren nicht in einem Konkurrenzverhältnis zur Gerichtsbarkeit steht; ein Informationsfreiheitsbeauftragter kann gerichtlichen Rechtsschutz nicht ersetzen, diesen aber vorzüglich ergänzen.1254 Grund und Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Wirken des Informationsfreiheitsbeauftragten ist dessen Anerkennung durch Bürger und Behörden. Nur die Anerkennung der institutionellen und persönlichen Unabhängigkeit und Sachkompetenz des Beauftragten kann dessen Argumentationen das notwendige Gewicht verleihen, ohne formale Wirkungen aus sich heraus Bürger und (vor allem) Behörden zu überzeugen und zu beeinflussen.1255 Nur ein gesellschaftlich und behördlich hohes Ansehen des Informationsfreiheitsbeauftragten

ņņņņņņņņ 1250

So wird die relativ geringe Anzahl verwaltungsgerichtlicher Verfahren in Schweden insbesondere auf die Existenz der Ombudsmänner zurückgeführt; vgl. C. Haellmigk, Schweden, S. 20 f. 1251 Vgl. S. Hölscheidt, Art. 230 EGV Rn. 20. 1252 Ähnlich auch IFG-ProfE, S. 190. 1253 Vgl. C. Eklundh, Ombudsman System, S. 423 ff. (S. 430 f.). Vgl. auch B. Wieslander, Ombudsman, S. 83. 1254 Vgl. P. Kastari, JöR 21 (1972), 219 (227); C. Eklundh, Ombudsman System, S. 423 ff. (S. 431). Eine Abwägung der Vor- und Nachteile von Ombudsmann und Gericht nimmt vor E. Wild, Ombudsman, S. 131 ff. 1255 Ebenso E. Wild, Ombudsman, S. 56 ff.

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

318

kann die peinliche Wirkung einer öffentlichen Rüge herbeiführen. Die institutionelle Ausgestaltung weist somit einen direkten Bezug zur faktischen Einflußmöglichkeit auf bzw. umgekehrt ist die effektive faktische Einflußnahmemöglichkeit maßgeblicher Gesichtspunkt für die Ausgestaltung im Detail. Als wichtigste Gesichtspunkte einer gut funktionierenden Ombudsmanninstitution werden von schwedischer Seite angeführt: die zielgerichtete Befassung mit Aufgaben zum Schutz der grundlegenden Rechte des Bürgers, ein hoher Grad an Unabhängigkeit verbunden mit umfassenden Untersuchungsbefugnissen, ein weiter Zuständigkeitsbereich, das Recht auf Meinungsäußerungen nicht nur hinsichtlich der Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns sondern auch hinsichtlich der Fairneß sowie die Befugnis, auf eigene Initiative hin tätig zu werden und auch selbst zu entscheiden, ob auf eine Bürgerbeschwerde hin Untersuchungen eingeleitet werden.1256

b) Institutionelle Ausgestaltung des Informationsfreiheitsbeauftragten Die rechtliche Ausgestaltung der Institution eines Informationsfreiheitsbeauftragten muß sowohl Unabhängigkeit und Sachkompetenz gewährleisten als auch dessen hervorragende Stellung erkennen lassen, um den Empfehlungen des Beauftragten eine maßgebliche faktische Wirkung auf Bürger und Behörden zukommen zu lassen. Dabei lassen sich Ansehen und Autorität des Beauftragten natürlich nicht gesetzlich vorschreiben, möglich ist aber eine gezielte Förderung durch eine entsprechende Ausgestaltung der Institution und durch eine entsprechende Besetzung des Amtes. Dabei bedarf es verglichen mit Schweden detaillierteren gesetzlichen Regelungen, um das Fehlen traditioneller Übereinkünfte auszugleichen. Eine hervorgehobene Bedeutung vermag natürlich insbesondere die verfassungsrechtliche Absicherung der Institution zu bewirken. Eine solche findet sich international in Schweden und in der EU1257, national hingegen nur ansatzweise in Brandenburg.1258 Im übrigen enthalten die meisten IFGs einfachgesetzliche Bestimmungen, die sich allerdings im Detail teilweise bedeutend unterscheiden. Die Vorschriften müssen zunächst die Unabhängigkeit und Sachkompetenz des Informationsfreiheitsbeauftragten in persönlicher Hinsicht sicherstellen bzw. gewährleisten, daß das Parlament an diese Erfordernisse erinnert wird, bis sich eine entsprechende Praxis der Kandidatenauswahl herausgebildet hat.

ņņņņņņņņ 1256

Vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 85. Dem EGV ist zumindest quasiverfassungsrechtlicher Charakter beizumessen. 1258 Siehe dazu Teil D., Fn. 1104. 1257

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 319

Wählbar sollte daher nur sein, wer (zumindest) die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Dienst hat und darüber hinaus über die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde besitzt. Diese Regelung stellt sicher, daß sich der Informationsfreiheitsbeauftragte auf gleicher fachlicher Ebene bewegt wie leitende Behördenmitarbeiter oder Richter. Bewegt sich der Beauftragte auf einem niedrigeren Qualifikationsniveau besteht die Gefahr, daß dessen Beurteilung der Rechtslage ab einer bestimmten Hierarchieebene nur wenig Beachtung geschenkt wird. Diese Gefahr verdeutlicht zudem, daß die Voraussetzung als Mindestvoraussetzung verstanden werden muß. Neben diesem Mindestmaß an Qualifikationen müssen auch Persönlichkeit und beruflicher Werdegang des Anwärters Gewähr für eine breite Anerkennung bieten. Denkbar ist daher auch die Festlegung einer Mindestaltersgrenze, die indes wegen ihrer Starrheit abzulehnen ist. In institutioneller Sicht sollte eine Einsetzung des Informationsfreiheitsbeauftragten durch das Parlament als unmittelbar legitimiertes Staatsorgan vorgesehen werden, um ihm eine möglichst hohe demokratische Legitimation zukommen zu lassen. Dabei erscheint es wesentlich, daß der Beauftragte als Vertreter des gesamten Parlaments, also überparteilich wahrgenommen wird, was nur durch das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit erreicht werden kann. Um ein parteiübergreifendes Zusammenwirken zu erzwingen, bedarf es dazu eines Mehrheitserfordernisses von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages. Praktisch wäre eine Ernennung im parlamentarischen Konsens natürlich der Idealfall. Die Amtszeit des Beauftragten sollte zur Sicherstellung einer aktuellen parlamentarischen Legitimierung an die Dauer der Wahlperiode angeglichen werden. Ferner ist die Unabhängigkeit des Informationsfreiheitsbeauftragten über die ausdrückliche gesetzliche Anordnung hinaus zusätzlich abzusichern. Zu diesem Zweck bietet sich insbesondere die Regelung von Inkompatibilitäten an. Kritisch ist hingegen die Regelung zu sehen, daß ein Informationsfreiheitsbeauftragter nur entlassen werden kann, wenn Gründe vorliegen, die bei einem Richter auf Lebenszeit die Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen. Im Gegensatz zu einem Richter ist der Informationsfreiheitsbeauftragte nicht Teil der judikativen sondern als Bevollmächtigter des Parlaments Teil der legislativen Gewalt. Der Beauftragte wirkt im parlamentarischen Auftrag auf die korrekte Anwendung gesetzlicher Vorschriften hin. Diese Stellung legt es aber geradezu nahe, daß ein Beauftragter, der das Vertrauen des Parlaments und damit gleichsam seine demokratische Autorität verloren hat, durch Wahl eines neuen Amtsinhabers abgelöst werden kann. Die institutionelle Einrichtung des Beauftragten muß dessen Auftrag und Unabhängigkeit ausreichend Rechnung tragen. Daher ist die organisatorische Zuordnung zum exekutiven Bereich als verfehlt anzusehen. Gleiches gilt für die Unterstellung des Beauftragten unter die Dienstaufsicht exekutiver Stellen. Eine solche organisatorische Ausgestaltung birgt ein Mißbrauchsrisiko und XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

320

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

beeinträchtigt die Außenwahrnehmung des Informationsfreiheitsbeauftragten. Es besteht zum einen die Gefahr, daß der Bürger den Beauftragten als Teil seines Kontrahenten, der Verwaltung, wahrnimmt und folglich dessen Meinung mit Mißtrauen begegnet. Ferner spiegelt diese organisatorische Ausgestaltung fälschlicherweise ein Hierarchiegefälle zwischen dem Informationsfreiheitsbeauftragten und der ihm übergeordneten exekutiven Stelle wieder. Darüber hinaus muß befürchtet werden, daß die rechtliche und faktische Nähe zur Exekutive dieser mißbräuchliche Einflußmöglichkeiten eröffnet. Die institutionelle Einrichtung erfordert des weiteren die Gewährleistung, daß dem Informationsfreiheitsbeauftragten die zu seiner Aufgabenerfüllung erforderliche Personalund Sachausstattung zur Verfügung zu stellen ist. Wichtig dabei ist eine maßgebliche Einflußmöglichkeit des Beauftragten. Insbesondere dürfen ihm gegen seinen Willen weder Mitarbeiter aufgedrängt noch Mitarbeiter entzogen werden. Vor diesem Hintergrund überzeugt insbesondere die schleswigholsteinische Organisationsvariante. Die Tätigkeit des Informationsfreiheitsund Datenschutzbeauftragten wird dort nicht nur durch Errichtung einer eigenen rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, der die zur Aufgabenerfüllung notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen ist, sondern auch durch die Unterstellung des Informationsfreiheitsbeauftragten direkt unter den Ministerpräsidenten abgesichert. Da in Deutschland derzeit die Tätigkeit des parlamentarischen Beauftragten auf die Überwachung der Anwendung von Datenschutz- und Informationsfreiheitsvorschriften beschränkt ist, stellt sich die Frage nach der parallelen Berufung von mehreren Beauftragten auf absehbare Zeit nicht. In Schweden wird indes die derzeitige parallele Berufung von vier Ombudsmännern als obere Grenze angesehen, wenn man den speziellen Charakter als persönliche Institution, deren Inhaber bekannte Persönlichkeiten sind, beibehalten wolle.1259

c) Befugnisse des Informationsfreiheitsbeauftragten Ein bedeutender – daher gesondert dargestellter – Teilbereich der institutionellen Ausgestaltung sind die dem Informationsfreiheitsbeauftragten zustehenden Befugnisse und seine Verfahrensweise. Von Bedeutung ist dabei zunächst, ob der Informationsfreiheitsbeauftragte auf eigene Initiative hin oder nur auf Anrufung durch den Bürger hin tätig werden darf. Schoch/Kloepfer sind diesbezüglich der Auffassung, daß der Informationsfreiheitsbeauftragte nur anlaßbezogen tätig werden sollte, da objektive Kontrollkompetenzen zu weitgehend seien und leicht zu einer Überforderung des Beauftragten führen könnten.1260

ņņņņņņņņ 1259 1260

Vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 83 f. Vgl. IFG-ProfE, S. 191.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 321

Dem kann insbesondere vor dem Hintergrund der internationalen Erfahrungen nicht gefolgt werden.1261 Diese belegen, daß die Ausgestaltung als objektive Kontrollinstanz keineswegs zu einer Überforderung des Beauftragten führt. Insbesondere die Erfahrungen der schwedischen Ombudsmänner zeigen auf, daß die Anzahl der Untersuchungen von Amts wegen gegenüber der Anzahl von durch Bürgerbeschwerden veranlaßten Untersuchungen gering ist. Einer Überforderung kann zudem leicht durch eine entsprechende Aufstockung der personellen und sachlichen Mittel begegnet werden. Andererseits verdeutlichen die empirischen Daten, daß die Ombudsmänner ihre objektive Kontrollkompetenz beinahe in jedem Erhebungszeitraum genutzt haben. Für die Einräumung einer Untersuchungsbefugnis von Amts wegen spricht außerdem das sich sonst eröffnende Mißbrauchsrisiko. Wäre der Informationsfreiheitsbeauftragte von einer individuellen Bürgerbeschwerde abhängig, könnte die öffentliche Stelle durch eine Einigung mit dem Bürger den Beauftragten die Handlungsmöglichkeiten beschneiden, um dadurch einer peinlichen Rüge der behördlichen Handlungsweise zu entgehen. Hinsichtlich der einzelnen Untersuchungsbefugnisse zeigt die Rechtsvergleichung eine weitgehende Übereinstimmung auf. Alle öffentliche Stellen sind dem Informationsfreiheitsbeauftragten zur Unterstützung verpflichtet. Sie müssen ihm Auskünfte erteilen, Einsicht in Unterlagen gewähren bzw. Vervielfältigungen zur Verfügung stellen und Zutritt zu allen Räumlichkeiten ermöglichen. Einzig das IFG-B zeichnet sich dadurch aus, daß es dem Berliner Datenschutzbeauftragten diese Rechte in seiner Funktion als Informationsfreiheitsbeauftragter verwehrt, ihn dadurch zu einem zahnlosen Tiger entwertet. Kritisch ist auch die Einschränkung der Zugangsrechte des europäischen Bürgerbeauftragten und des brandenburgischen Landesbeauftragten für das Recht auf Akteneinsicht zu sehen, wonach eine öffentliche Stelle den Zugang unter Berufung auf Gefahren für die Staatssicherheit versagen kann. Gleiches gilt für das BIFG wie auch die IFG-Entwürfe, die auf die Regelung des § 24 Abs. 4 S. 4 BDSG Bezug nehmen. Hingegen können die Informationsfreiheitsbeauftragten von SchleswigHolstein und Nordrhein-Westfalen in diesen Fällen allenfalls auf eine höchstpersönliche Einsichtnahme verwiesen werden.1262 Die umfassende Untersuchungsbefugnis ist einer der Eckpunkte einer Ombudsmanninstitution.1263 Dem europäischen Bürgerbeauftragten ist zuzustimmen, daß eine solche Einschrän-

ņņņņņņņņ 1261

Die Befugnis zum Tätigwerden auf eigene Initiative hin gilt in Schweden als einer der wesentlichen Gesichtspunkte des Ombudsmannsystems; vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 85. Gegen eine Beschränkung auf eine Anlaßkontrolle auch S.W.H. Lodde, Informationsrechte, S. 207. 1262 Die schleswig-holsteinische Regelung erweitert dies um vom Landesbeauftragten schriftlich besonders bevollmächtigte Personen. 1263 Vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 85.

322

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

kung unnötig und unangebracht ist.1264 Dafür spricht nicht nur die von diesem geltend gemachte Erwartungshaltung der Bürger, daß der Bürgerbeauftragte zu sämtlichen relevanten Informationen Zugang hat, selbst wenn diese nicht publik gemacht werden dürfen1265, vielmehr untergräbt eine nur beschränkte Zugangsberechtigung die effektive faktische Einflußnahmemöglichkeit des Informationsfreiheitsbeauftragten. Wie bereits erörtert, stützt sich die faktische Wirkung von Empfehlungen und Rügen des Beauftragten ausschließlich auf seine Persönlichkeit, seine Fachkunde und seine Stellung. Gesteht man aber der öffentlichen Stelle zu, dem Beauftragten Informationen vorzuenthalten, schwächt man dessen Stellung, dessen Ansehen und damit dessen Einflußnahmemöglichkeit signifikant ab. Dies gilt um so mehr, als es dieser Abschwächung nicht bedarf. Sicherheitsrisiken kann ausreichend dadurch begegnet werden, daß in bestimmten Fällen Zugang nur dem Informationsfreiheitsbeauftragten persönlich gewährt wird, der wiederum das Vertrauen einer (qualifizierten) Parlamentsmehrheit besitzt und somit höchste Gewähr für die Geheimhaltung bietet. Das Prozedere der Beanstandung von behördlichem Handeln ist in den verschiedenen Rechtsordnungen weitgehend gleich gestaltet, es bestehen lediglich Unterschiede im Detail. Eine Übereinstimmung besteht insoweit, als daß den Beauftragten allgemein das Recht zugestanden wird, von einer formellen Beanstandung der behördlichen Handlungsweise abzusehen, insbesondere soweit unerhebliche oder inzwischen beseitigte Mängel betroffen sind. Dies stützt nicht nur die dem Beauftragten zukommende Unabhängigkeit, vielmehr eröffnen sich diesem dadurch informelle Handlungsmöglichkeiten, welche eine erhebliche faktische Wirksamkeit entfalten können. Leichte Unterschiede existieren hinsichtlich der behördlichen Stellungnahmeverpflichtungen. Diese bestehen in Schweden wie auch in Schleswig-Holstein (nur) vor der offiziellen Beanstandung, hingegen sind solche in der EU, in Brandenburg und in Nordrhein-Westfalen im Nachgang zu den offiziellen Beanstandungen angeordnet. Da die Behörde eine Stellungnahme vor der formalen Beanstandung ohnehin regelmäßig im Rahmen der Untersuchung des Beauftragten abgeben muß bzw. eine solche auch unaufgefordert bei der Sachverhaltsmitteilung abgeben wird und davon ausgegangen werden kann, daß der Beauftragte die behördliche Auffassung auch berücksichtigt, erscheint eine ausdrückliche Verpflichtung wie in Schleswig-Holstein unnötig. Hingegen ist es sehr sinnvoll, die öffentlichen Stellen zu verpflichten, eine Stellungnahme im Nachgang zu einer offiziellen Beanstandung abzugeben. Der Sinn einer solchen Anordnung besteht darin, daß die Verwaltung die Entscheidung des Beauftragten auch tatsächlich zur Kenntnis nimmt und veranlaßt wird, eine Änderung ihrer bisherigen Handlungsweise (ernsthaft) in Betracht zu ziehen. In Schweden bedarf es diesbezüg-

ņņņņņņņņ 1264 1265

Siehe dazu D.VIII.1. Siehe dazu D.VIII.1.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 323

lich aufgrund der potenten Stellung der Ombudsmänner keiner ausdrücklichen Anordnung. Solange eine solche indes noch nicht erreicht ist, bietet sich eine gesetzliche Verpflichtung an. Natürlich darf dies nicht so weit gehen, daß die Verwaltung verpflichtet wird, der Entscheidung des Ombudsmannes zwingend zu folgen, es ist lediglich eine innere Auseinandersetzung mit der Auffassung des Beauftragten sicherzustellen. Diese Befassung kann entweder ausdrücklich vorgeschrieben werden (EU) oder durch Anordnung inhaltlicher Bestandteile der Stellungnahme erreicht werden, also durch Verpflichtung zur Darstellung der aufgrund der Beanstandung ergriffenen Maßnahmen, natürlich mit einer auf die Erwägungen der Beanstandung eingehenden Begründung. Dabei macht es natürlich einen Unterschied, ob diese Erwägungen von der handelnden Behörde selbst oder von einer übergeordneten öffentlichen Stelle getätigt werden. Während in Schweden und der EU Adressat der Beanstandung grundsätzlich nur die handelnde Behörde selbst ist, sehen die deutschen IFGs und IFG-Entwürfe grundsätzlich eine Beanstandung an bzw. eine Stellungnahme der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde vor. Der dadurch bewirkte Devolutiveffekt ist besonders geeignet, die faktische Einflußnahmemöglichkeit des Beauftragten zu fördern. Im Gegensatz zu Schweden, wo es einer solchen gesetzlichen Förderung der faktischen Wirkung der Entscheidungen der Ombudsmänner nicht bedarf, ist diese in der Anfangsphase eines Beauftragtensystems zu begrüßen. Hinsichtlich der EU besteht die Sondersituation, daß sich die Verwaltung bzw. die Organe nicht in verschiedene verselbständigte Hierarchieebenen aufgliedern.

d) Ausgestaltung des individuellen Beschwerdeverfahrens Wie die empirischen Erhebungen aufzeigen, ist ein Informationsfreiheitsbeauftragter schwerpunktmäßig mit der Bearbeitung von Bürgerbeschwerden beschäftigt. Dies ist nur konsequent, da dessen Tätigwerden in erster Linie dem Schutz bürgerlicher Interessen dient. Darüber hinaus kommt dem Beauftragten allerdings auch die objektive Funktion zu, auf eine korrekte Gesetzesanwendung hinzuwirken. Diesen Funktionen muß bei der Ausgestaltung des Zugangsverfahrens in gebotenem Maße Rechnung getragen werden. Der große Vorteil des Beschwerdeverfahrens aus Sicht des Bürgers liegt in dessen Einfachheit begründet, weshalb die Normierung von Anrufungsvoraussetzungen nur sehr vorsichtig erfolgen sollte. Andererseits muß jedoch auch eine effiziente Aufgabenbewältigung und damit die Arbeitsfähigkeit des Informationsfreiheitsbeauftragten gewährleistet werden. Aus der objektiven Rechtsschutzfunktion des Beauftragten folgt ferner, daß diesem die vorgesehenen Zugangsvoraussetzungen lediglich die Möglichkeit einer Zurückweisung der Beschwerde eröffnen dürfen, er sich über deren Nichtvorliegen jedoch jederzeit XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

324

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

hinwegsetzen können dürfen muß; dies bestätigt die Handhabung in Schweden und der EU, die im Unterschied zu den deutschen IFGs Anrufungsvoraussetzungen normieren.1266 Sinnvollerweise sollte eine Beschwerde schriftlich erfolgen und diese den Gegenstand der Beschwerde und die Person des Beschwerdeführers erkennen lassen. Diese Erfordernisse sind teilweise eine Selbstverständlichkeit, an die der Bürger sinnvollerweise zu erinnern ist. Der Informationsfreiheitsbeauftragte kann einen gerügten Sachverhalt natürlich nur dann überprüfen, wenn ihm dieser ausreichend mitgeteilt wird. Dabei wird das Erfordernis der Schriftlichkeit regelmäßig eine schnellere Erfassung des Sachverhalts ermöglichen und damit eine Arbeitserleichterung für den Beauftragten mit sich bringen, da der Bürger durch die schriftliche Abfassung zu einer ersten Strukturierung seiner Angaben veranlaßt wird. Ferner gestaltet sich die organisatorische Behandlung einer schriftlichen Beschwerde, insbesondere die Zuleitung an den konkret zuständigen Mitarbeiter, wesentlich einfacher. Das zusätzliche Erfordernis zur Beilegung relevanter Schriftstücke – insbesondere natürlich der behördlichen Entscheidungen – ergänzt die Sachverhaltsschilderung des Beschwerdeführers. Diese Informationsbasis wird den Informationsfreiheitsbeauftragten vielfach in die Lage versetzen, schon bei der ersten Kontaktaufnahme mit der Behörde eine Sachdiskussion führen zu können und nicht zunächst eine reine Sachverhaltserforschung betreiben zu müssen. Sinnvoll erscheint auch, dem Informationsfreiheitsbeauftragten das Recht einzuräumen, eine Untersuchung abzulehnen, wenn die gerügten Vorgänge zu weit in der Vergangenheit liegen. Sowohl Schweden als auch die EU legen insoweit eine Grenze von zwei Jahren fest. Indes spielt diese Beschränkung in Informationsfreiheitsangelegenheiten nur eine untergeordnete Rolle, da der Bürger jederzeit einen erneuten Informationszugangsantrag stellen und damit Aktualität herbeiführen kann. Kritisch ist die Voraussetzung des Gemeinschaftsrechts zu beurteilen, daß einer Beschwerde die geeigneten administrativen Schritte vorausgegangen sein müssen – zumindest sofern damit die Durchführung eines behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens gemeint sein sollte. Denn gerade im Rahmen der behördlichen Überprüfung der Erstentscheidung ist die Wirkung einer Beteiligung des Informationsfreiheitsbeauftragten am größten. Schließlich ist das Erfordernis der Darlegung bestimmter, nach Ansicht des Beschwerdeführers vorliegender Anrufungsgründe (vgl. IFG-ProfE) abzulehnen. Dieses Erfordernis verkompliziert insbesondere auf den ersten (Bürger-)Blick hin den Zugang zum Informationsfreiheitsbeauftragten erheblich, ohne erkennbare Vorteile zu bringen. Es erscheint nicht nachvollziehbar, warum ein Bürger, dem der Zugang zu einem Dokument versagt wurde, zur Überlegung gezwungen werden sollte, ob er sich gegenüber dem Informationsfreiheitsbeauftragten zum Beispiel auf die Ablehnung des

ņņņņņņņņ 1266

Vgl. zu dieser Befugnis B. Wieslander, Ombudsman, S. 85.

VIII. Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten 325

Zugangs oder eine unzulängliche Bescheidung des Antrags berufen muß – insbesondere wenn es auf die objektive Einschätzung des Bürgers nicht im geringsten ankommt.1267 Ausgehend von der aktuellen Rechtslage in Deutschland ist anzumerken, daß der Schutz der deutschen Datenschutz- und Informationsfreiheitsbeauftragten vor Arbeitsüberlastung aufgrund ihres sachlich eingeschränkten Wirkungskreises aktuell keine gesetzlichen Maßnahmen erfordert, also eine Normierung von Anrufungsvoraussetzungen derzeit noch nicht unbedingt erforderlich ist. Vielmehr besteht gerade in der Einführungsphase eines Ombudsmannsystems die Notwendigkeit, mit der Regelung von Antragsvoraussetzungen besonders zurückhaltend zu sein, um den Rückgriff der Bürger auf dieses Instrument zu fördern. So ist etwa das Erfordernis der zeitnahen Beschwerde in Schweden erst 1975 zur Entlastung der Ombudsmänner eingeführt worden.1268 Außerordentlich wichtig ist, daß dem Beschwerdeführer ein Recht zuerkannt wird, nach Abschluß der Ermittlungen von der Entscheidung des Informationsfreiheitsbeauftragten in Kenntnis gesetzt zu werden. Diesem Erfordernis genügen die gesetzlichen Regelungen der deutschen Länder nicht, insoweit sie eine solche Verpflichtung nicht enthalten (Berlin, Nordrhein-Westfalen) oder diese dem Beauftragten lediglich „nach pflichtgemäßem Ermessen“ das „Recht“ einräumen, den Beschwerdeführer zu informieren (Brandenburg, SchleswigHolstein). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist ferner die Kostenfreiheit der Anrufung des Informationsfreiheitsbeauftragten, um die Hemmschwelle des Bürgers zur Inanspruchnahme dieses Kontrollverfahrens niedrig zu halten und damit dessen Wirksamkeit zu fördern. Die Kostenfreiheit ist internationaler und nationaler Standard. Zu rechtfertigen ist die Kostenbefreiung zudem aus der objektiven Rechtsschutzfunktion des Informationsfreiheitsbeauftragten. Es sei an dieser Stelle nochmals auf die besondere Bürgerfreundlichkeit des schwedischen Ombudsmannsystems hingewiesen. Dieses sieht über das Verfahren der Bürgerbeschwerde hinaus eine generelle Kostenbefreiung von Informationszugängen bei den Ombudsmännern vor. Schließlich halten IFG-ProfE und IFG-NGOE einen deklaratorischen Hinweis für erforderlich, daß eine Beschwerde beim Informationsfreiheitsbeauftragten keine Wirkungen gegenüber behördlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten entfaltet. Gleichwohl vertreten Schoch/Kloepfer die Auffassung, es sei selbstverständlich, daß die Einschaltung eines Beauftragten in ei-

ņņņņņņņņ 1267

Nach IFG-ProfE, S. 194, genügt allein die subjektive Einschätzung des Antragstellers über das gesetzwidrige Verhalten der öffentlichen Stelle. 1268 Vgl. B. Wieslander, Ombudsman, S. 52.

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D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

nem nichtförmlichen außergerichtlichen Verfahren die Vorschriften über das Widerspruchsverfahren und den gerichtlichen Rechtsschutz unangetastet läßt.1269 Dem kann nur zugestimmt werden. Infolge dieser Selbstverständlichkeit bedarf es einer deklaratorischen Regelung aber gerade nicht. Bezüglich der Länder ist außerdem deren ohnehin fehlende Gesetzgebungskompetenz zu berücksichtigen.

e) Berichtspflichten Die Erforderlichkeit von Tätigkeitsberichten des Informationsfreiheitsbeauftragten an das Parlament ist international und national unstreitig anerkannt. Sogar die USA, die über keinen Informationsfreiheitsbeauftragten verfügen, sehen eine solche Berichtspflicht vor, die allerdings dem U.S. Justizminister auferlegt ist. Gängig ist dabei ein Berichtzeitraum von einem Jahr, lediglich das nordrhein-westfälische Parlament gibt sich mit einer zweijährigen Berichterstattung zufrieden. Ein zweijähriger Berichtszeitraum ist indes als zu lange anzusehen, um Fehlentwicklungen effektiv und zeitnah entgegensteuern zu können. Um unangemessene Verzögerungen der Berichterstattung zu vermeiden, sollte das Gesetz außerdem fixe Zeitpunkte regeln, bis zu denen die Berichte spätestens vorzulegen sind. Die Anordnung von Vorlagefristen verdeutlicht die Wichtigkeit, die dieser Berichterstattung vom Parlament zuerkannt wird und fördert dadurch die Wahrnehmung dieser Berichte und der darin vertretenen Auffassungen der Beauftragten. Die bisherigen Tätigkeitsberichte der deutschen Informationsfreiheitsbeauftragten zeichnen sich im Unterschied zu denen der schwedischen Ombudsmänner und des europäischen Bürgerbeauftragten durch ein Fehlen aussagekräftiger empirischer Daten aus. Gerade solche Daten erlauben es jedoch, die Inanspruchnahme und das Funktionieren dieser Institution objektiv einzuschätzen. Von einer gesetzlichen Anordnung, welche empirischen Daten im Rahmen der Tätigkeitsberichte zu berücksichtigen sind, ist allerdings abzuraten, da eine solche zu statisch erscheint. Zudem ist zu vermuten, daß die deutschen Informationsfreiheitsbeauftragten einem entsprechenden parlamentarischen Wunsch auch ohne gesetzliche Normierung nachkommen würden. Neben den jährlichen Berichten, die typischerweise Gesetzesanwendungshinweise für Bürger und Behörden enthalten, erscheint in Ergänzung der parlamentarischen Berichtspflichten die schwedische und vor allem die amerikanische Praxis einer laufenden Übermittlung von Gesetzesanwendungshinweisen an Behörden zur präventiven Vermeidung von Konflikten sehr begrüßenswert.

ņņņņņņņņ 1269

Vgl. IFG-ProfE, S. 195.

IX. Rechtsbehelfe betroffener Dritter

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Voraussetzung für deren praktische Wirksamkeit ist aber, daß die Behörden die fachliche Autorität des Informationsfreiheitsbeauftragten ausreichend anerkennen. Dies ist sowohl in Schweden wie auch in den USA gegeben, wobei sich dort die Autorität natürlich nicht auf die Stellung des Informationsfreiheitsbeauftragten sondern auf die des U.S. Justizministeriums zurückführt. Solange eine ähnliche Anerkennung noch nicht gegeben ist, kann eine gesetzliche Aufgabenzuweisung die fachliche Autorität des Beauftragten gegenüber den öffentlichen Stellen bedeutend stärken.

IX. Rechtsbehelfe betroffener Dritter Nachdem die verschiedenen Formen der Drittbeteiligung schon im Rahmen der Ausführungen zur Antragsbearbeitung dargestellt und erörtert wurden, sind nunmehr noch die einem von der zugangsgewährenden Entscheidung betroffenen Dritten zustehenden behördlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten zu untersuchen. Da diese im wesentlichen den Rechtsbehelfsmöglichkeiten des Antragstellers entsprechen, kann weitgehend auf die diesbezüglichen Erörterungen verwiesen und die Darstellung auf die bestehenden Unterschiede beschränkt werden. Grundvoraussetzung für einen effektiven Rechtsschutz des Dritten ist die in allen untersuchten Rechtsordnungen überwiegend gewährleistete rechtzeitige Unterrichtung des Dritten vor der Offenbarung seiner Daten.1270 Während dem Dritten die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung fast überall zusteht, bestehen beim behördlichen Rechtsschutz Unterschiede. Einer näheren Betrachtung bedarf ferner der gerichtliche Prüfungsumfang bei einer von dem Dritten angestrengten Klage.

1. Schwedische Tryckfrihetsförordning Nach dem schwedischen Recht bestehen keine Rechtsbehelfsmöglichkeiten des Dritten, gegen eine zugangsgewährende Entscheidung einer Behörde vorzugehen.1271

ņņņņņņņņ 1270

Siehe dazu D.II.2., D.II.3. und D.II.10.c). Vgl. Swedish Ministry of Justice, Public Access to Information and Secrecy with Swedish Authorities, S. 14. Siehe zur Höherrangigkeit der Informationszugangsfreiheit gegenüber Datenschutzbelangen B.I. 1271

328

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

2. U.S. Freedom of Information Act Wie bereits dargestellt sieht der FOIA eine Beteiligung Dritter nicht vor; eine Verpflichtung zu rechtzeitiger Unterrichtung betroffener Dritter vor Zugangsgewährung besteht gemäß der Exekutivorder von U.S. Präsident Ronald Reagan nur bezüglich vertraulicher Wirtschaftsinformationen.1272 Die U.S. Gerichte haben indes schon frühzeitig die Möglichkeit anerkannt, daß natürliche oder juristische Personen, die einer Behörde persönliche oder wirtschaftliche Daten übermittelt haben, gerichtlich gegen die Offenbarung dieser Daten vorgehen können (sog. reverse FOIA action).1273 In einer Grundsatzentscheidung hat der U.S. Supreme Court in dem Verfahren Chrysler Corp. v. Brown1274 ausgeführt, der FOIA selbst biete zwar keine Rechtsgrundlage, gegen eine Offenbarung von eingereichten Informationen vorzugehen1275, allerdings könne die zugangsgewährende Entscheidung der Behörde auf der allgemeinen Grundlage des APA einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich gemacht werden1276. Gemäß dem APA kann der drittbetroffene Kläger geltend machen, die zugangsgewährende Entscheidung sei gesetzeswidrig („not in accordance with law“) oder willkürlich („arbitrary, capricious“).1277 Typischerweise betreffen die reverse FOIA actions Informationen, die als Handelsgeheimnisse oder sonstige Finanz- und Wirtschaftsdaten vom FOIA geschützt sind1278; Fälle, in denen gegen die Offenbarung privater, personenbezogener Daten geklagt wird, sind eher selten1279. Daß die Mehrzahl der reverse FOIA actions Handelsgeheimnisse oder sonstige Finanz- und Wirtschaftsdaten zum Gegenstand haben, liegt insbesondere an den besonderen Benachrichtigungspflichten gemäß der präsidentiellen Exekutivorder.

ņņņņņņņņ 1272

Siehe dazu ausführlich D.II.2. Vgl. dazu umfassend mit zahlreichen Verweisen auf die Rechtsprechung U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), „Reverse“ FOIA. 1274 441 U.S. 281 (1979). 1275 441 U.S. 281, 293 f. (1979). 1276 441 U.S. 281, 318 (1979). 1277 5 U.S.C. § 706 (2)(A). Vgl. zum gerichtlichen Prüfungsumfang aufgrund des APA W. Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der USA, S. 253 ff. 1278 (b)(4) FOIA. Vgl. auch R.B. Kelso, Army Lawyer 1990, 10 ff. 1279 Vgl. die Auflistung diesbezüglicher Entscheidungen der U.S. Berufungsgerichte in U.S. Department of Justice, Freedom of Information Act Guide (Teil C., Fn. 42), „Reverse“ FOIA (dort Fn. 5). 1273

IX. Rechtsbehelfe betroffener Dritter

329

Reverse FOIA actions unterliegen natürlich wie alle Klagen den allgemeinen Voraussetzungen gerichtlichen Rechtsschutzes.1280 Da sich die Regelungen des FOIA zum behördlichen Rechtsbehelfsverfahren allein auf den Antragsteller beziehen, kann bzw. muß der Dritte vor Klageerhebung ein solches nicht anstrengen. Hinsichtlich des gerichtlichen Entscheidungsumfangs hat der U.S. Supreme Court in Chrysler Corp. v. Brown ausgeführt, das Gericht sei bei reverse FOIA actions in der Regel auf eine Willkürkontrolle der Behördenentscheidung beschränkt.1281 Gemäß den Ausführungen des Bezirksgerichts des District of Columbia hat ein Gericht diesbezüglich zu prüfen, ob die behördliche Entscheidung alle relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob sie offensichtliche Beurteilungsmängel enthält.1282 Gemäß dem Berufungsgericht des District of Columbia ist eine vollumfängliche, die Bescheidung der Behörde ersetzende Entscheidung („de novo review“) im übrigen nur dann möglich, wenn die Behördenentscheidung mit schwerwiegenden Mängeln („severly defective“) behaftet ist.1283

3. Art. 255 EG und Transparenzverordnung (VO 1049/2001/EG) Gemäß der Transparenzverordnung und den Organisationsvorschriften obliegen den Organen Anhörungs- und Unterrichtungsverpflichtungen.1284 Zur Ermöglichung effektiven Rechtsschutzes darf die Offenbarung erst 10 Tage nach entsprechender Unterrichtung des Dritten erfolgen.1285 Die Regelungen zum behördlichen Rechtsbehelfsverfahren in der Transparenzverordnung beziehen sich allein auf den Antragsteller. Dem Dritten steht im Falle einer zugangsgewährenden Entscheidung die Möglichkeit einer Nichtigkeitsklage vor dem EuGH offen.1286 Die Offenbarungsentscheidung betrifft

ņņņņņņņņ 1280 Vgl. dazu U.S. Federal Rules of Civil Procedure vom 31.12.2004; W. Brugger, Einführung, S. 246 ff. 1281 441 U.S. 281, 318 (1979). 1282 McDonnell Douglas Corp. v. NASA, 981 F.Supp. 12, 14 (D.D.C. 1997). 1283 National Organisation for Women v. Social Security Administration, 736 F.2d 727, 745 (D.C. Cir. 1984). 1284 Siehe im einzelnen D.II.3. 1285 Siehe im einzelnen D.II.3. 1286 Siehe D.VII.3. Droht trotz Klageerhebung der Vollzug der zugangsgewährenden Entscheidung, kann der klagende Dritte beim EuGH gemäß Art. 243 EGV eine den Zugang verhindernde einstweilige Anordnung erwirken.

330

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

den Dritten unmittelbar und individuell im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EGV.1287 Bei Vorliegen der Klagebefugnis prüft der EuGH unabhängig von deren Art die Klagegründe.1288

4. Umweltinformationsgesetz Das UIG (2005) regelt lediglich eine Anhörungsverpflichtung.1289 Im übrigen ergeben sich die Folgen einer zugangsgewährenden Entscheidung, die Interessen Dritter berührt, aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht. Die behördliche Zugangsgewährung ist ein Verwaltungsakt, der den Antragsteller begünstigt und den Dritten zugleich belastet, mithin um einen Verwaltungsakt mit Doppel- oder Drittwirkung.1290 Wie bereits erörtert muß dieser aus Gründen effektiven Rechtsschutzes dem Dritten rechtzeitig vor der Vollziehung bekanntgegeben werden.1291 Dem Dritten stehen gegen die Entscheidung der Verwaltung dieselben Rechtsschutzmöglichkeiten offen wie dem Antragsteller; die Ausführungen zu den behördlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten des Antragstellers gelten entsprechend.1292 Es bestehen allerdings nachfolgende Unterschiede. Der Dritte kann bzw. muß nur dann ein behördliches Widerspruchsverfahren anstrengen, wenn ein solches nicht schon vom Antragsteller veranlaßt wurde. Denn gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwGO bedarf es eines Widerspruchsverfahrens nicht, wenn der Abhilfe- oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer (für den Dritten)1293 enthält. Dies betrifft also Fälle, in denen dem Antragsteller im Ausgangsverfahren der Informationszugang verweigert und ihm erst im Widerspruchsverfahren sein Zugangsrecht bestätigt wurde. Sollte das Widerspruchsverfahren für den Dritten erfolglos bleiben, kann er eine verwaltungsgerichtliche Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO

ņņņņņņņņ 1287 Vgl. zur Klagebefugnis bei der Nichtigkeitsklage D. Booß, Art. 230 EGV Rn. 47 ff. Vgl. auch R. Streinz, Europarecht, Rn. 526 ff. 1288 Vgl. zu den Klagegründen der Nichtigkeitsklage D. Booß, Art. 230 EGV Rn. 94 ff. 1289 Siehe D.II.4. 1290 Vgl. zu Verwaltungsakten mit Drittwirkung M. Redeker, Verwaltungsgerichtsordnung, § 80a Rn. 1 f.; F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 80a Rn. 2 ff.; F. Schoch, Verwaltungsgerichtsordnung, § 80a Rn. 12. 1291 Siehe dazu D.II.10.c). 1292 Siehe D.VI. und D.VII. 1293 Vgl. F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 68 Rn. 20.

IX. Rechtsbehelfe betroffener Dritter

331

erheben. Im Gegensatz zum Kläger genügt dem Dritten die Kassation der (zugangsgewährenden) Entscheidung. Gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO hat die Anfechtungsklage des Dritten – dies gilt für den Anfechtungswiderspruch des Dritten entsprechend – nur dann Erfolg, wenn der angegriffene Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Während der Antragsteller bei jeder Art rechtswidriger Zugangsverweigerung in einem eigenen Recht, nämlich in seinem Recht auf Informationszugang verletzt ist, trifft das für den Dritten nur eingeschränkt zu. Die verletzte Rechtsvorschrift muß dem Dritten ein Recht vermitteln, sie muß drittschützend sein. Dazu müßte nach der sog. Schutznormtheorie die Auslegung der Vorschriften des UIG (2005), die dem Schutz personenbezogener Daten, geistigen Eigentums sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen dienen,1294 ergeben, daß diese Vorschriften ausschließlich oder doch jedenfalls neben dem mit ihnen verfolgten allgemeinen Interesse zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt und somit drittschützend sind.1295 Die Schutznormtheorie ist nach heutigem Verständnis eine Sammelbezeichnung für einen Kanon von Methoden und Regeln, nach denen der subjektiv-rechtliche Gehalt eines Rechtssatzes erschlossen werden soll.1296 Wesentliches Kriterium für den drittschützenden Charakter einer Norm ist, inwieweit in der betreffenden Norm das geschützte Interesse, die Art der Verletzung und der Kreis der geschützten Personen hinreichend klargestellt und abgegrenzt wird.1297 Bei dieser Beurteilung ist die norminterne Wirkung der Grundrechte hinreichend zu berücksichtigen, die Auslegung hat also unter besonderer Berücksichtigung der ausstrahlenden Einwirkung der Grundrechte zu erfolgen.1298 § 9 UIG (2005) beschränkt den Informationsfreiheitsanspruch zum Schutz privater Belange. Die geschützten privaten Belange werden dabei einzeln klargestellt und abgegrenzt: geschützt werden personenbezogene Daten, Rechte am geistigen Eigentum (insb. Urheberrechte) sowie ergänzend Betriebs- oder Ge-

ņņņņņņņņ 1294

Vgl. § 9 UIG (2005). Vgl. zur Schutznormtheorie BVerwGE 92, 313 (317); BVerfGE 27, 297 (307); R. Wahl, Verwaltungsgerichtsordnung, Vorb § 42 Abs. 2 Rn. 94 ff.; E. Schmidt-Aßmann, Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4 Rn. 127 ff. 1296 Vgl. E. Schmidt-Aßmann, Kommentar, Art. 19 Abs. 4 Rn. 128; vgl. auch R. Wahl, Verwaltungsgerichtsordnung, Vorb § 42 Abs. 2 Rn. 95; F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 42 Rn. 83. 1297 Vgl. F.O. Kopp/W.-R. Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 42 Rn. 84. 1298 Vgl. R. Wahl, Verwaltungsgerichtsordnung, Vorb § 42 Abs. 2 Rn. 92, 97; vgl. auch E. Schmidt-Aßmann, Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4 Rn. 123 f. 1295

332

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

schäftsgeheimnisse.1299 Diese geschützten Interessen sind jeweils einem engen individualisierten Personenkreis, in der Regel sogar einzelnen natürlichen oder juristischen Personen zuzuordnen. Zudem findet der Schutz dieser Interessen seine Grundlage im Grundgesetz. Der Schutz personenbezogener Daten ist Ausfluß des sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebenden Rechts auf informationelle Selbstbestimmung; dem einzelnen steht die Befugnis zu, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.1300 Der Schutz geistigen Eigentums wurzelt im Eigentumsschutz nach Art. 14 GG.1301 Ferner findet auch der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen als Aspekt des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb seine Grundlage in Art. 14 GG.1302 § 9 UIG (2005) dient im Ergebnis primär dem Schutz von Individualinteressen, ist also drittschützend.1303 Hingegen kann sich der Dritte nicht auf eine Verletzung der Geheimhaltungsvorschriften zum Schutz öffentlicher Belange berufen, da diese gerade keinem individualisierbaren Personenkreis zuzuordnen sind, dem der Dritte angehört.

5. Brandenburgisches AIG Das AIG-Bbg regelt lediglich eine Anhörungsverpflichtung. Drittschutz vermittelt der dem Schutz überwiegender privater Interessen dienende § 5 AIGBbg. Die Ausführungen zum UIG (2005) gelten entsprechend.1304

ņņņņņņņņ 1299 Vgl. zu den geschützten Belangen, die grundsätzlich denen des § 8 UIG (1994) entsprechen, T. Schomerus/C. Schrader/B.W. Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 8 Rn. 6, 13 ff., 24 ff.; J. Fluck/A. Theurer, A UIG § 8. 1300 Vgl. BVerfGE 65, 1 (43); 78, 77 (84); 80, 367 (373); H. Dreier, Grundgesetz, Art. 2 Abs. 1 Rn. 78 ff.; U. Di Fabio, Grundgesetz, Art. 2 Abs. 1 Rn. 173 ff. 1301 Vgl. J. Wieland, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 59 f.; H.-J. Papier, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 197 ff. 1302 Das BVerfG hat diesen Aspekt des Eigentumsschutzes bislang eher offen gelassen. Grundlage der den Eigentumsschutz bejahenden herrschenden Literaturmeinung ist die Rechtsprechung vor allem des BGH, aber auch des BVerwG. Vgl. J. Wieland, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 50 ff.; H.-J. Papier, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 95; O. Depenheuer, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 135 ff. Vgl. auch T. v. Danwitz, DVBl. 2005, 597 (600 ff.). 1303 Vgl. auch zum weitgehend inhaltsgleichen § 8 UIG (1994) A. Turiaux, Umweltinformationsgesetz, § 5 Rn. 32; R. Röger, Umweltinformationsgesetz, § 8 Rn. 50 f.; J. Fluck/A. Theurer, A UIG § 5 Rn. 96/97; T. Schomerus/C. Schrader/B.W. Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 4 Rn. 53; H.J. Kummer/J. Schumacher, Umweltinformationsgesetz, S. 92 f. 1304 Siehe D.II.5. und D.IX.4.

IX. Rechtsbehelfe betroffener Dritter

333

6. Berliner IFG Das IFG-B sieht sowohl eine Anhörungsverpflichtung wie auch in bestimmten Fällen eine Verpflichtung zur Einholung der Zustimmung des Dritten zur Offenbarung vor.1305 Daneben regelt es ausdrücklich, daß dem Dritten ausreichend Gelegenheit zur Ergreifung von Rechtsbehelfen vor Gewährung des Informationszugangs gegeben werden muß.1306 Die den Schutz von personenbezogenen Daten und von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gewährleistenden §§ 6 und 7 IFG-B sind entsprechend den Ausführungen zum UIG drittschützend.1307 Darüber hinaus stellt das IFG-B ausdrücklich klar, daß auch die (Dritt-)Betroffenen Widerspruch einlegen können.1308 Im übrigen gelten die Ausführungen zum UIG (2005) entsprechend.1309

7. Schleswig-holsteinisches IFG Auch das IFG-SH sieht sowohl eine Anhörungsverpflichtung wie auch in bestimmten Fällen eine Verpflichtung zur Einholung der Zustimmung des Dritten zur Freigabe vor.1310 Drittschutz vermitteln die den Schutz von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen und von personenbezogenen Daten gewährleistenden §§ 11 und 12 IFG-SH. Im übrigen gelten die Ausführungen zum UIG (2005) entsprechend.1311

8. Nordrhein-westfälisches IFG Das IFG-NRW regelt sowohl eine Anhörungsverpflichtung wie auch in bestimmten Fällen eine Verpflichtung zur Einholung der Einwilligung des Dritten.1312 Drittschutz vermitteln die den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und von personenbezogenen Daten gewährleistenden §§ 8 und 9

ņņņņņņņņ 1305

Siehe D.II.6. Siehe D.II.6. 1307 Siehe D.IX.4. 1308 § 14 Abs. 2 S. 5 IFG-B. 1309 Siehe D.IX.4. 1310 Siehe D.II.7. 1311 Siehe D.IX.4. 1312 Siehe D.II.8. 1306

334

D. Die Ausgestaltung des individuellen Zugangsverfahrens

IFG-NRW. Die Ausführungen zum UIG (2005) gelten im übrigen entsprechend.1313

9. Bundes-IFG Das BIFG regelt eine Anhörungsverpflichtung1314 und verweist auf die (knappen) Regelungen zum behördlichen und gerichtlichen Rechtsschutz des Antragstellers1315. Drittschutz vermitteln die den Schutz von personenbezogenen Daten und von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gewährleistenden §§ 5 und 6 BIFG. Die Ausführungen zum UIG (2005) gelten im übrigen entsprechend.1316

10. Vergleichende Betrachtung Auch die Regelungen der IFG-Entwürfe fußen auf den allgemeinen Vorschriften zum behördlichen und gerichtlichen Rechtsschutz nach der VwGO. Durch den Verweis von § 11 Abs. 6 S. 2 auf die Regelungen zum Widerspruchsverfahren in Abs. 5 IFG-ProfE, stellt dieser die Anwendung der Regelungen über das Widerspruchsverfahren klar.1317 Der IFG-NGOE enthält keine entsprechende Klarstellung. Zunächst sei an dieser Stelle die Empfehlung wiederholt, daß ein IFG eine Unterrichtungsverpflichtung (wie im BIFG, im IFG-B sowie im IFG-ProfE) vorsehen und zusätzlich Regelbeispiele normieren sollte, in welchen Fällen der Erlaß einer Anordnung zur sofortigen Vollziehung angezeigt ist. Dies genügt dem Rechtsschutzbedürfnis des Dritten und trägt zur Beschleunigung des Informationszugangs bei.1318 Die Durchführung eines behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens vor Befassung der Gerichte ist auch dann sinnvoll, wenn nicht der Antragsteller sondern der betroffene Dritte die Rechtswidrigkeit der Entscheidung geltend macht. Die schon bezüglich des Antragstellers vorgebrachten Argumente für die Sinnhaftigkeit eines solchen gelten gleichermaßen. Das Vorverfahren dient der Selbstkontrolle der Verwaltung und entlastet die Gerichtsbarkeit; ebenso bietet es

ņņņņņņņņ 1313

Siehe D.IX.4. Siehe D.II.9. 1315 Gemäß § 8 Abs. 2 S. 3 BIFG gilt § 9 Abs. 4 BIFG entsprechend. 1316 Siehe D.IX.4. 1317 Vgl. dazu IFG-ProfE, S. 152 und 153. 1318 Siehe dazu D.II.10.c). 1314

IX. Rechtsbehelfe betroffener Dritter

335

auch dem Dritten ein zügige, unkomplizierte und kostengünstige Überprüfungsmöglichkeit der behördlichen Entscheidung.1319 Umgekehrt bedeutet die Durchführung eines behördlichen Vorverfahrens eine relativ geringe zeitliche Verzögerung für den Antragsteller und die Chance einer Vermeidung eines langwierigen Gerichtsverfahrens, sofern der Dritte nach Zurückweisung seines Widerspruchs seinen Widerstand gegen die Offenbarung aufgibt. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß eine doppelte Selbstkontrolle der Verwaltung keinen wesentlichen Zusatznutzen bereithält. Vor diesem Hintergrund erscheint die durch § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwGO getroffene Regelung interessengerecht. Angemessen erscheint schließlich, daß auch in Informationszugangsangelegenheiten der Grundsatz aufrechterhalten bleibt, daß dem Bürger kein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch zusteht. Dementsprechend ist die Überprüfungsverpflichtung von Behörden und Gerichten bei Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage auf die seinem Schutz dienenden Regelungen beschränkt. Die Rechtslage in den USA erzielt ein ähnliches Ergebnis dadurch, daß eine vollumfängliche richterliche Kontrolle („de novo review“) nur in Ausnahmefällen möglich ist.

ņņņņņņņņ 1319

Siehe dazu D.VI.10.

E. Schlußbetrachtung Als Gesamtergebnis der rechtsvergleichenden Untersuchung läßt sich feststellen, daß die Verfahrensregelungen der nationalen IFGs zumeist hinter denen der USA und denen der EG zurückbleiben. Der Einwand, auch Schweden gewährleiste mit relativ wenigen Verfahrensregelungen effektiv die Aktenöffentlichkeit, vermag nicht zu überzeugen. Abgesehen von der erheblichen historischen und zugleich verfassungsrechtlich verfestigten Aktenöffentlichkeit in Schweden, weist das schwedische Recht an neuralgischen Stellen ausreichend effektive Verfahrensregelungen auf. So normiert die TF zwar keine Entscheidungsfristen, dafür ordnet sie aber grundsätzlich nicht einen unverzüglichen sondern ausdrücklich einen „sofortigen“ Informationszugang an. Ferner ist die Einsichtnahme in Dokumente wie auch eine behördliche Auskunftserteilung generell kostenfrei. Schließlich wird die Gesetzmäßigkeit beim Informationszugang von der außerordentlich stark ausgestalteten Institution der parlamentarischen Ombudsmänner scharf überwacht. Insbesondere die Überwachung des Verfassungsvollzugs durch die Ombudsmänner vermag das Fehlen anderer verfahrensrechtlicher Absicherungen auszugleichen. Die verfahrensrechtliche Absicherung in den deutschen IFGs ist teilweise gut, teilweise jedoch noch verbesserungsbedürftig. Nach Umsetzung der auf die Aarhus-Konvention zurückgehenden UIRL II verfügt nunmehr das UIG (2005) über die ausführlichsten und bürgerfreundlichsten Verfahrensregelungen. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der Gesetzgeber die Verfahrensregelungen des BIFG zumindest an diesen orientiert hätte. Ohnehin erscheint es wenig sinnvoll, daß für vergleichbares Verwaltungshandeln – Zugang zu Umweltinformationen und Zugang zu sonstigen Verwaltungsinformationen – unterschiedliche Regelungen gelten. Ausgehend von den Ergebnissen der vergleichenden Betrachtungen in den unterschiedlichen Verfahrensabschnitten sollen nachfolgend Anregungen gegeben werden, wie sich die Verfahrensregelungen des BIFG verbessern ließen bzw. verbessert werden sollten: Ɣ Allgemeine transparenzfördernde Verpflichtungen der Behörde Das BIFG sollte um die Vorgabe ergänzt werden, daß sich die öffentlichen Stellen organisatorisch auf die effektive Gewährleistung des Informationszugangs einzustellen haben. Die schon geregelten aktiven Informations-

E. Schlußbetrachtung

337

pflichten sollten ergänzt werden um die Verpflichtung zur Schaffung von Informationsverzeichnissen, in denen alle vorhandenen Dokumente mit einer kurzen Inhaltsangabe verzeichnet sind. Diese Verzeichnisse sollten idealerweise elektronisch zugänglich sein. Ɣ Stellung des Antrags Die Nichtregelung eines schriftlichen Antragserfordernisses ist zu begrüßen. Zur weiteren Absicherung erscheint ein ausdrückliches Verbot empfehlenswert, die Identität des Informationssuchenden auszuforschen. Darüber hinaus sollte trotz Fehlens eines ausdrücklich positivierten Bestimmtheitserfordernisses den öffentlichen Stellen eine aktive und umfangreiche Hilfeleistungsverpflichtung auferlegt werden. Ɣ Bearbeitung des Antrags Das BIFG sollte eine angegangene unzuständige öffentliche Stelle ausdrücklich verpflichten, die zuständige Stelle zu ermittlen und diese dem Antragsteller zu benennen. Die Verfahrensregelungen zur Drittbeteiligung sind im Ansatz gelungen. Allerdings sollte die Stellungnahmefrist des Dritten verringert und für den Erlaß einer Vollziehungsanordnung ein Katalog von Regelbeispielen aufgenommen werden. Aufgrund des Multiplikatoreffekts von Presse und Rundfunk sollte für diese die Möglichkeit einer beschleunigten Antragsbearbeitung normiert werden. Ɣ Entscheidung über den Antrag Die Anordnung der behördlichen Entscheidungsfrist als unbestimmte Sollvorschrift ist nicht gelungen. Empfehlenswert wäre entsprechend der Fassung im ursprünglichen Gesetzentwurf eine Angleichung an die Fristbestimmungen des UIG (2005). Wichtig erscheint die behördliche Verpflichtung, den Antragsteller vor Ablauf der Regelfrist über eine beabsichtigte Fristverlängerung und über die Gründe hierfür zu informieren. Für den Fall behördlicher Untätigkeit sollte eine Ablehnungsfiktion normiert werden, die dem Informationssuchenden nach Fristablauf die sofortige Einlegung eines Widerspruchs ermöglicht. Ein Begründungserfordernis ist als stets obligatorisch zu normieren. Diesem ist bei Abwesenheit des Antragstellers schriflich nachzukommen. Inhaltlich sollte die Begründung in Ergänzung zur bisherigen Regelung des BIFG noch nachfolgende Gesichtspunkte berücksichtigen: – Die Entscheidung muß auf alle die Zugangsverweigerung rechtfertigenden Geheimhaltungstatbestände eingehen.

338

E. Schlußbetrachtung

– Sie muß Aufschluß über Art und Umfang der zurückgehaltenen Informationen geben, soweit dies ohne Preisgabe von geheimhaltungsbedürftigen Informationen möglich ist. – Keinesfalls ist es als ausreichend anzusehen, wenn zur Begründung der Ablehnung lediglich der Wortlaut der Geheimhaltungstatbestände wiedergegeben bzw. auf diesen Bezug genommen wird. – Für den Fall der vollständigen Antragsablehnung ist darzulegen, warum die Gewährung teilweisen Aktenzugangs nicht möglich ist. – Wird dem Begehren einer bestimmten Form des Informationszugangs nicht entsprochen, müssen die Gründe hierfür dargelegt werden. – Hinsichtlich einer (teilweise) zugangsgewährenden Entscheidung, die Drittinteressen Privater berührt, gilt, daß aus der Begründung ersichtlich sein muß, weswegen ein in Betracht kommender drittschützender Geheimhaltungstatbestand nicht erfüllt ist bzw. weshalb das Offenbarungsinteresse das Geheimhaltungsinteresse überwiegt. Neben der Begründung sollte die ablehnende Entscheidung auch eine Belehrung über die ordentlichen und außerordentlichen Rechtsbehelfsmöglichkeiten verpflichtend enthalten. Für die Bewältigung von Massenverfahren ist der untaugliche Verweis auf die §§ 17 bis 19 VwVfG zu streichen. Möglich ist hingegen das Vorsehen einer Verweisungsmöglichkeit auf elektronische Veröffentlichungen für diese Fälle, soweit die Verweisung im Einzelfall nicht unzumutbar ist. Ɣ Modalitäten des tatsächlichen Informationszugangs Die Regelungen zur Art des Informationszugangs sind weitgehend gelungen. Um den Anspruch des Informationssuchenden auf eine bestimmte Art des Informationszugangs zu stärken, sollte jedoch die vorgesehene Ausnahme enger gefaßt werden. Ein Verweis auf eine andere Art des Informationszugangs sollte nur dann zulässig sein, wenn ein „völlig unverhältnismäßiger“ Verwaltungsaufwand zu besorgen ist. Entgegen den Ausführungen in der Gesetzesbegründung sollten die öffentlichen Stellen ausdrücklich verpflichtet werden, ausreichende räumliche, sachliche und zeitliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung zu stellen. Empfehlenswert ist dabei die Klarstellung, daß die Einsichtnahme generell innerhalb der allgemeinen Dienstzeiten erfolgen kann. Für den Fall, daß der Informationszugang nur teilweise gewährt wird, ist die Behörde zu verpflichten, Art und Umfang der zurückgehaltenen Informationen möglichst am Ort der Auslassung kenntlich zu machen.

E. Schlußbetrachtung

339

Ɣ Kosten Hier empfiehlt sich eine Angleichung an die begrüßenswerten Kostenvorschriften des UIG (2005), wonach Kosten nur für die Übermittlung von Informationen zu erheben sind und eine Kostenbefreiung für die Erteilung mündlicher und einfacher schriftlicher Auskünfte sowie für die Einsichtnahme vor Ort vorgesehen ist. Zusätzlich sollte noch die Verpflichtung der Behörde normiert werden, dem Bürger auf Nachfrage eine Schätzung der zu erwartenden Kosten mitzuteilen. Ɣ Behördliche Rechtsbehelfe Außerordentlich wichtig erscheint es, das BIFG um Entscheidungsfristen für das Widerspruchsverfahren zu ergänzen. Der Fall behördlicher Untätigkeit sollte mit einem Verweis auf § 75 VwGO ausdrücklich geregelt werden. Dabei ist klarzustellen, daß die vorgesehenen Entscheidungsfristen die Dreimonatsfrist der Untätigkeitsklage verkürzen. Dem Richter ist für die Entscheidung über eine Verfahrensaussetzung ein Kriterienkatalog an die Hand zu geben. In Ergänzung zum Rechtsbehelfsbelehrungserfordernis des § 73 Abs. 3 S. 1 VwGO sollte der Antragsteller auch über sein Recht zur Anrufung des Datenschutz- und Informationsfreiheitsbeauftragten belehrt werden müssen. Ɣ Gerichtliche Rechtsbehelfe Die weitgehende (Nicht-)Regelung dieses Verfahrensabschnitts im BIFG überzeugt vor dem Hintergrund der allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Regelungen. An dieser Stelle sei nochmals auf die vorgeschlagene Ergänzung der VwGO um ein Institut vergleichbar dem des amerikanischen „summary judgment“ hingewiesen (siehe dazu D.VII.10.c). Die Regelungen des verwaltungsgerichtlichen in camera-Verfahrens sollten jedoch dahingehend ergänzt werden, daß dieses beim Gericht der Hauptsache ohne Beteiligung der obersten Aufsichtsbehörden durchzuführen ist. Diese Vereinfachungen hat der Bundesgesetzgeber beispielsweise für in camera-Verfahren in Angelegenheiten der Telekommunikation berücksichtigt (vgl. § 138 TKG). Ɣ Vorhandensein und Befugnisse eines Informationsfreiheitsbeauftragten Die Nutzung der Strukturen des Bundesdatenschutzbeauftragten für den Bereich der Informationszugangsfreiheit überzeugt. Mittel- und langfristig sollte dessen Stellung jedoch insgesamt gestärkt werden. Ɣ Rechtsbehelfe betroffener Dritter Die getroffenen Regelungen des BIFG sind vor dem Hintergrund der allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Regelungen als ausreichend anzusehen.

340

E. Schlußbetrachtung

Für alle Verfahrensregelungen gilt, daß sie möglichst klar und eindeutig formuliert sein müssen, um volle Wirksamkeit entfalten zu können. Von der mittels des Informationszungangsanspruchs kontrollierten Verwaltung kann nicht erwartet werden, daß sie ungenau formulierte Verfahrensvorschriften im Sinne einer größtmöglichen Transparenz auslegen wird.

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