Die digitale Führungskraft: Erfolgreiche Mitarbeiterführung in der digitalen Transformation mit dem MAESTRO-Führungsansatz [1 ed.] 9783896447685, 9783896737687

Die Untersuchung greift das zentrale Problem von Führungskräften auf: Die Erfolgsrezepte bisheriger Mitarbeiterführung w

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Die digitale Führungskraft: Erfolgreiche Mitarbeiterführung in der digitalen Transformation mit dem MAESTRO-Führungsansatz [1 ed.]
 9783896447685, 9783896737687

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Thomas Gawron

Die digitale Führungskraft Erfolgreiche Mitarbeiterführung in der digitalen Transformation mit dem MAESTRO-Führungsansatz

Edition Wissenschaft & Praxis

THOMAS GAWRON

Die digitale Führungskraft

Thomas Gawron

Die digitale Führungskraft Erfolgreiche Mitarbeiterführung in der digitalen Transformation mit dem MAESTRO-Führungsansatz

Edition Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten © 2022 Edition Wissenschaft & Praxis bei Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 2702-2234 ISBN 978-3-89673-768-7 (Print) ISBN 978-3-89644-768-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

„Man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen und dafür sorgen, dass sie kommen, wie man sie nehmen will.“ Curt Goetz (1888–1960, deutscher Schriftsteller, Schauspieler und Regisseur)

Inhaltsverzeichnis 1. Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.1 Der Grund Ihres Führungsproblems: Die digitale Transformation verändert alles 25 2.2 Die Lösung Ihres Führungsproblems: Der MAESTRO-Führungsansatz . . . . . 33 2.2.1 Das Führungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.2.2 Der Führungskreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.2.3 Das Führungslogbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz . . 43 3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.1.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.1.2 Feld 1: Die Eigenschaften der Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3.1.2.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3.1.2.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 59 3.1.2.3 So können Sie Ihre Führungssituation ab heute transformieren 66 3.1.2.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . 69 3.1.3 Feld 2: Die Anforderungen an die Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3.1.3.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3.1.3.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 78 3.1.3.3 So können Sie Ihre Führungssituation ab heute transformieren 80 3.1.3.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . 82 3.1.4 Feld 3: Die Motivation der Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3.1.4.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3.1.4.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 87 3.1.4.3 So können Sie Ihre Führungssituation ab heute transformieren 92 3.1.4.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . 93 3.1.5 Feld 4: Die Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3.1.5.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3.1.5.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 105 3.1.5.3 So können Sie Ihre Führungssituation ab heute transformieren 113 3.1.5.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . . 117

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Inhaltsverzeichnis 3.1.6 Feld 5: Der Output der Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3.1.6.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3.1.6.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 125 3.1.6.3 So können Sie Ihre Führungssituation ab heute transformieren 137 3.1.6.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . . 140 3.1.7 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3.2.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3.2.2 Hebel 1: Entscheidungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3.2.2.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3.2.2.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 154 3.2.2.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren 159 3.2.2.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . . 162 3.2.3 Hebel 2: Erwartungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 3.2.3.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 3.2.3.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 172 3.2.3.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren 175 3.2.3.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . . 176 3.2.4 Hebel 3: Kommunikationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 3.2.4.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 3.2.4.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 188 3.2.4.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren 194 3.2.4.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . . 196 3.2.5 Hebel 4: Kompetenzmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 3.2.5.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 3.2.5.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 209 3.2.5.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren 213 3.2.5.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . . 214 3.2.6 Hebel 5: Konfliktmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 3.2.6.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 3.2.6.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 225 3.2.6.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren 227 3.2.6.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . . 229 3.2.7 Hebel 6: Kreativitätsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 3.2.7.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 3.2.7.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 241 3.2.7.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren 248 3.2.7.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . . 249

Inhaltsverzeichnis

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3.2.8 Hebel 7: Veränderungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 3.2.8.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 3.2.8.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 258 3.2.8.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren 261 3.2.8.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . . 263 3.2.9 Hebel 8: Zeitmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 3.2.9.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 3.2.9.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 272 3.2.9.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren 276 3.2.9.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . . 277 3.2.10 Hebel 9: Zielemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 3.2.10.1 Das sollten Sie wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 3.2.10.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation 282 3.2.10.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren 287 3.2.10.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten . . . . . . 289 3.2.11 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 3.3 Führungssituation & Führungshandeln: Abhängigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 3.3.1 Abhängigkeiten zwischen Feldern der Führungssituation . . . . . . . . . . 292 3.3.1.1 Beispiel 1: Eigenschaften & Anforderungen . . . . . . . . . . . . . 292 3.3.1.2 Beispiel 2: Eigenschaften, Anforderungen & Output . . . . . . . 294 3.3.1.3 Beispiel 3: Motivation & Output . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 3.3.1.4 Beispiel 4: Rahmenbedingungen & Motivation . . . . . . . . . . . 297 3.3.2 Abhängigkeiten zwischen Steuerungshebeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 3.3.2.1 Beispiel 5: Kommunikationsmanagement & andere Steuerungs­ hebel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 3.3.2.2 Beispiel 6: Zeitmanagement & Kreativitätsmanagement . . . . 299 3.3.2.3 Beispiel 7: Entscheidungsmanagement & Zeitmanagement . 299 3.3.2.4 Beispiel 8: Konfliktmanagement & Kreativitätsmanagement 300 3.3.3 Abhängigkeiten zwischen Führungssituationen und Steuerungshebeln 301 3.3.3.1 Beispiel 9: Rahmenbedingungen & Zielemanagement . . . . . 301 3.3.3.2 Beispiel 10: Anforderungen & Entscheidungsmanagement . . 302 3.3.3.3 Beispiel 11: Eigenschaften & Kompetenzmanagement . . . . . 303 3.3.3.4 Beispiel 12: Motivation & Kommunikationsmanagement . . . 303 3.3.3.5 Beispiel 13: Rahmenbedingungen & Kompetenzmanagement 304 3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 3.4.1 In 8 Schritten zum Praxiseinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 3.4.1.1 Schritt 1: Sie starten den Führungskreislauf . . . . . . . . . . . . . 307 3.4.1.2 Schritt 2: Sie ermitteln den Ist-Zustand Ihrer Führungssituation 309

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Inhaltsverzeichnis 3.4.1.3 Schritt 3: Sie ermitteln den Ist-Zustand Ihrer Mitarbeiter­ führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 3.4.1.4 Schritt 4: Sie definieren den Soll-Zustand Ihrer Führungs­ situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 3.4.1.5 Schritt 5: Sie definieren den Soll-Zustand Ihrer Mitarbeiterführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 3.4.1.6 Schritt 6: Sie erstellen das Management-Cockpit . . . . . . . . . 319 3.4.1.7 Schritt 7: Sie steuern mit Ihrem Management-Cockpit . . . . . 321 3.4.1.8 Schritt 8: Sie aktualisieren Ihr Führungs-Logbuch . . . . . . . . 321 3.4.2 Praxisbeispiel MAESTRO-Logbuch: Innovationsschub für mein Team 323

4. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 4.1 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 4.2 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Zum Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Digitale Transformation – Erfolgsfaktoren & Ansatzpunkte . . . . . . . . . 18

Abbildung 2:

Wertkette Realwirtschaft & Digitalwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Abbildung 3:

Führungskräfte in der bisherigen und neuen Arbeitswelt . . . . . . . . . . . . 29

Abbildung 4:

Die zwei Ebenen des MAESTRO-Führungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . 34

Abbildung 5:

MAESTRO-Führungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Abbildung 6:

MAESTRO-Führungskreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Abbildung 7:

MAESTRO-Führungslogbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Abbildung 8:

5 Felder der Führungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

Abbildung 9:

MAESTRO-Eigenschaftenmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Abbildung 10: MAESTRO-Eigenschaftenheatmap (Detailsicht) . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Abbildung 11: MAESTRO-Eigenschaftenheatmap (Detailsicht mit Beispieleinträgen) 52 Abbildung 12: MAESTRO-Eigenschaftenheatmap (Überblick mit Beispieleinträgen) 53 Abbildung 13: Teamrollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Abbildung 14: Emotionale Intelligenz und Hirnforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Abbildung 15: Verhaltensweisen der dunklen Seite der Persönlichkeit . . . . . . . . . . . . . 65 Abbildung 16: Pairing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Abbildung 17: Agile Teamkompetenzen – Schnell-Check . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Abbildung 18: Emotionale Intelligenz – Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Abbildung 19: Emotionale Intelligenz – Auswertung Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Abbildung 20: Emotionale Intelligenz – Ansatzpunkte zur Verbesserung . . . . . . . . . . . 73 Abbildung 21: MAESTRO-Anforderungenheatmap (Detailsicht mit Beispieleinträgen) 75 Abbildung 22: MAESTRO-Anforderungenheatmap (Überblick mit Beispieleinträgen) 76 Abbildung 23: MAESTRO-Eigenschaften-/Anforderungenheatmap – Gegenüberstellung 77 Abbildung 24: Zunehmende Bedeutung von Kompetenzen in der digitalen Trans­ formation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Abbildung 25: Eigenschaften und Anforderungen – Fragen zur Passung . . . . . . . . . . . 82 Abbildung 26: Anzeichen innerer Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Abbildung 27: Freiheit – Reifegrad – Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 28: Achsen des Wohlbefindens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Abbildung 29: Team-Vertrauensmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Abbildung 30: Motivatoren – Gewichtung (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Abbildung 31: Retro-Timeline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Abbildung 32: Freiheiten-Matrix (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Abbildung 33: Agiles Mindset – Self-Assessment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Abbildung 34: Rahmenbedingungen der Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Abbildung 35: Interaktionsfördernde Raumgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Abbildung 36: Anonymisierte Gehaltscluster (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . . . . 104 Abbildung 37: Smart Working . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Abbildung 38: Digitale Führungskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Abbildung 39: Agiles Mindset . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Abbildung 40: Elektronische Kooperationswerkzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Abbildung 41: Führung zwischen Hierarchie & Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Abbildung 42: Strukturansätze zur Koordination digitaler Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . 111 Abbildung 43: Kreisförmiges Organigramm (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . . . . . 117 Abbildung 44: Gehaltsampeln (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Abbildung 45: Leistungskriterien der Aufgabenerledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Abbildung 46: Viable Indicator Model – Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Abbildung 47: Viable Indicator Model – Kennzahlenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Abbildung 48: Performanceermitllung über die Lernschleife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Abbildung 49: OKR-Framework . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Abbildung 50: Differenzierte Leistungs- und Erfolgsbeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Abbildung 51: Team-Performanceindex (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Abbildung 52: Performance-Potenzialmatrix (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . . . . . 143 Abbildung 53: Teampotenzialanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Abbildung 54: Teamfaktorenreflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Abbildung 55: Teamrollen-Check . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Abbildung 56: Steuerungshebel der Mitarbeiterführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Abbildung 57: Komplizierte vs. komplexe Führungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . 150 Abbildung 58: Schlussfolgerungs- und Entscheidungsleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Abbildung 59: Reifegradleiter der Entscheidungsübertragung ans Team . . . . . . . . . . . 152

Abbildungsverzeichnis

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Abbildung 60: Gesetz der erforderlichen Varietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Abbildung 61: Entscheidungsfindung mit dem FOR-DEC-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Abbildung 62: Vorteile der Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Abbildung 63: Die 4 Positionen in Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Abbildung 64: Aufgaben- und Aktivitäten-Checklisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Abbildung 65: 3 Punkte-Liste zu delegierender Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Abbildung 66: Übersicht neuer Entscheidungsbereich / Handlungsspielraum . . . . . . . . 164 Abbildung 67: Delegationsmatrix & Delegationsstufen (mit Beispieleinträgen) . . . . . 165 Abbildung 68: 10-10-10-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Abbildung 69: Entscheidungsmatrix (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Abbildung 70: Die 4 Dimensionen der Erwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Abbildung 71: Erwartungen der Mitarbeiter an Führungskräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Abbildung 72: Kano-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Abbildung 73: Die Erwartungen der Generationen ändern sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Abbildung 74: Erwartungen der Generationen Y und Z . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Abbildung 75: Mein Leitbild als digitale Führungskraft (Beispiel) . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Abbildung 76: 4 Felder-Erwartungsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Abbildung 77: Erwartungssteckbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Abbildung 78: Erwartungs-Enttäuschungsmatrix (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . 178 Abbildung 79: Sender-/Empfänger-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Abbildung 80: Kommunikative Bedürfnisse von Gesprächspartnern . . . . . . . . . . . . . . 182 Abbildung 81: Johari-Fenster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Abbildung 82: Innerer Bezugsrahmen der Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Abbildung 83: Feedbackregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Abbildung 84: Elevator Pitch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Abbildung 85: Circle of Influence & Circle of Concern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Abbildung 86: Stereotypen in Gruppendiskussionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Abbildung 87: Regeln für Teambesprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Abbildung 88: Dialog-/Wissens-/Aktionsformate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Abbildung 89: Themenfelder eines strukturierten Mitarbeitergespräches . . . . . . . . . . . 198 Abbildung 90: Beurteilungs-/Fördergespräche – Checkliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Abbildung 91: Kritikgespräche – Leitfaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 92: Führungsverhalten – Fragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Abbildung 93: Mitarbeiterzufriedenheitsbefragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Abbildung 94: Return on time invested . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Abbildung 95: Plus-/Delta-Abfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Abbildung 96: Kompetenzmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Abbildung 97: Rahmenbedingungen dezentrales Kompetenzmanagement – Fragebogen 211 Abbildung 98: Kompetenzentwicklungsformate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Abbildung 99: Kompetenzentwicklungswerkzeuge im Netz (Beispiele) . . . . . . . . . . . . 216 Abbildung 100: Wie gut bewältigen Sie Kompetenzprobleme? – Fragebogen . . . . . . . . 217 Abbildung 101: Meinungsverschiedenheit vs. Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Abbildung 102: Konfliktarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Abbildung 103: Kalter und heißer Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Abbildung 104: Die Führungskraft im Spannungsfeld der Erwartungen . . . . . . . . . . . . . 223 Abbildung 105: Konfliktäre Situationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Abbildung 106: Konflikt-Partitur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Abbildung 107: Win-Win-fokussierter Kompromiss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Abbildung 108: Them-o-meter (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Abbildung 109: Quadratische Konfliktanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Abbildung 110: Gruppenkonflikt – Checkliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Abbildung 111: Das Erklärungshaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Abbildung 112: Innovationen und Kreativitätsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Abbildung 113: Morphologisches Tableau (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Abbildung 114: World Café . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Abbildung 115: Veränderungsmanagement: 3-Phasen nach Lewin . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Abbildung 116: Typische Ausgangssituationen bei Change-Prozessen . . . . . . . . . . . . . . 254 Abbildung 117: Verhaltensphasen der Mitarbeiter im Veränderungsprozess . . . . . . . . . . 255 Abbildung 118: Die Gewohnheitsschleife – Habit loop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Abbildung 119: Die digitale Transformation als herausfordernde Change-Situation . . . 259 Abbildung 120: Dysfunktionen der Teamarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Abbildung 121: Stakeholder-Rollen im Veränderungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 Abbildung 122: In welcher Reifephase befinden wir uns als Team? . . . . . . . . . . . . . . . . 264 Abbildung 123: Customer Empathy Map . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

Abbildungsverzeichnis

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Abbildung 124: Dysfunktionen-Check . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Abbildung 125: Wochenplaner (mit Beispieleinträgen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Abbildung 126: High Value Activities . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Abbildung 127: Not to do-Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Abbildung 128: Pareto-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Abbildung 129: Eisenhower-Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Abbildung 130: ABC-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Abbildung 131: Anforderungen an das Zielemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Abbildung 132: Ziele auf der Prozess- und Beziehungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Abbildung 133: Key Performance Indicators (KPIs) und Key Value Indicators (KVIs) . 284 Abbildung 134: Balanced Scorecard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Abbildung 135: Absolute und relative Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Abbildung  136: Zielefestlegung / Zielereview – Template . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Abbildung 137: Zielevernetzungsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Abbildung 138: Personalentwicklungsbedarf – Template . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Abbildung 139: Ambitionsniveau Ziele & Vision / Mission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Abbildung 140: MAESTRO-Führungskreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Abbildung 141: Führungssituation (Ist) – Template . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Abbildung 142: Führungshandeln (Ist) – Template . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Abbildung 143: Führungssituation (Ziel) – Template . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Abbildung 144: Klassische Führung vs. Führung in der digitalen Transformation . . . . . 318 Abbildung 145: Führungshandeln (Ziel) – Template . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Abbildung 146: MAESTRO Management-Cockpit – Template . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 Abbildung 147: MAESTRO Management-Cockpit – Ergebnis des Führungskreislaufs . 322 Abbildung 148: MAESTRO Management-Cockpit – Innovationsschub für mein Team . 325

Abkürzungsverzeichnis BSC Balanced Scorecard bspw. beispielsweise bzw. beziehungsweise d. h. das heißt etc. et cetera et al. et alii f. folgende ff. fortfolgende FK Führungskraft(-kräfte) FTE Full Time Equivalent(s) ggf. gegebenenfalls grds. grundsätzlich HR Human Ressources (Personalabteilung) Hrsg. Herausgeber i. d. R. in der Regel IT Informations-Technologie Key Performance Indicators KPI KR Kundenreklamation KVI Key Value Indicators lfd. laufend(e)(n) MA Mitarbeiter MAESTRO Motivation-Anforderungen-Eigenschaften-Steuerung-RahmenbedingungenOutput Nr. Nummer(n) o. A. ohne Angabe(n) o. g. oben genannt(e)(n) o. V. ohne Verfasser OKR Objective(s) & Key Result(s) S. Seite(n) sog. sogenannt(e)(n) u. a. und andere, unter anderem und / oder u. / o. vgl. vergleiche vs. versus VUCA Volatility-Uncertainty-Complexity-Ambiguity zum Beispiel z. B.

1. Vorwort Wenn man einen Menschen richtig beurteilen will, so frage man sich immer: „Möchtest Du den zum Vorgesetzten haben“ Kurt Tucholsky (Deutscher Journalist und Schrift­ steller)

Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Musiker, ein Bandleader. Sie spielen seit Jahren mit Ihrer Band – Pop-Musik Titel. Sie halten sich für begabt, haben ein musika­ lisches Gehör, Noten lesen können Sie aber nicht. Das ist bisher nicht weiter schlimm, denn Sie machen seit Kindesbeinen Musik – mehr oder weniger erfolgreich. Ihr Publikum und Ihre Band verlangen inzwischen aber immer häufiger, mehr Blues und auch den einen oder anderen Jazz-Titel ins Programm aufzunehmen. Und Ihre Band möchte bei Auftritten auch spontane Musikwünsche des Publikums erfüllen, Arrangements ‚vom Blatt‘ nachspielen, auch mal improvisieren, einfach virtuoser sein als bisher, mit mehr musikalischen Freiräumen jedes einzelnen. Denn das Publikum wird immer anspruchsvoller, der Musikgeschmack verändert sich. Und die Erwartungen an Sie als Bandleader steigen – insbesondere auch die Erwartungen Ihrer Bandmitglieder. Zukünftig müssen Sie auch Noten lesen können, um den neuen Anforderungen zu genügen und von Ihrer Band weiterhin akzeptiert zu werden. Es liegt nun an Ihnen, sich als Musiker weiterzuentwickeln. Andernfalls werden sich im Laufe der Zeit sowohl Ihre Bandmitglieder als auch Ihr Publikum von Ihnen abwenden, weil Ihr Repertoire zu einseitig geworden ist. Was hat der Bandleader mit Ihnen als Führungskraft zu tun? Nun, 95 % der Führungskräfte sind aktuell in der gleichen Situation wie unser fiktiver Musiker. Sie vermutlich auch! Denn die digitale Transformation stellt völlig neue Anforderungen an Sie als ‚Bandleader‘ Ihrer Mitarbeiter. Aber widmen wir uns zunächst einigen grundsätzlichen Fragen der Mitarbeiterführung und der digitalen Transformation, bevor wir uns dann ausführlich Ihnen zuwenden. Was hat Mitarbeiterführung mit der digitalen Transformation zu tun? Führung1 und digitale Transformation gehören untrennbar zusammen. „Die digitale Transformation ist ein Veränderungsprozess, der im gesamten Unternehmen stattfindet. Er hat bereits begonnen. Und er wird weiter andauern. Typisch für die digitale Transformation ist dabei, dass es sich nicht nur um die Digitalisierung einzelner Prozesse, sondern um die nachhaltige Veränderung von Geschäftsmodellen 1

Zum allgemeinen Führungsbegriff vgl. Bartscher / Maier / Nissen, o. A.

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1. Vorwort

im unternehmerischen Kontext handelt.“2 Sie führt deshalb dazu, dass sich Unternehmen disruptiv und nicht nur punktuell verändern müssen. Dabei bestimmen drei Erfolgsfaktoren die Veränderung: Die Digitalisierung der Geschäftsprozesse, das Herstellen von Agilität in der Leistungserstellung sowie das ständige Suchen und Finden von Innovationen (vgl. Abbildung 1). Führung ist in diesem Kontext ein wichtiger, wenn nicht sogar der zentrale Ansatzpunkt zur erfolgreichen Bewältigung der digitalen Transformation. So ist Führung nicht nur ein eigenständiges Handlungsfeld im Rahmen der strategischen Unternehmensssteuerung (vgl. Abbildung 1, Strategie & Management), sondern strahlt auch auf diverse weitere Ansatzpunkte aus. Sie wirkt z. B. unmittelbar auf den Know-how Aufbau der Mitarbeiter (vgl. Abbildung 1, Know-how & Kultur), kann die Organisation verändern (vgl. Abbildung 1, Organisation) und neue Formen der Zusammenarbeit vorantreiben (vgl. Abbildung 1, Zusammenarbeit). Wir können daher schon hier festhalten: Die erfolgreiche digitale Transformation Ihres Unternehmens ist ohne Ihre Führung unvorstellbar.

Abbildung 1: Digitale Transformation – Erfolgsfaktoren & Ansatzpunkte3

Wenn sich Unternehmen als Ganzes verändern müssen, müssen auch Sie sich als Führungskraft verändern. Es kommt darauf an, die Mitarbeiterführung den Anforderungen anzupassen, die die disruptiven Veränderungen der digitalen Transformation mit sich bringen. Aber können Sie das ohne weiteres? Zweifel dürfen erlaubt sein, denn „ein gemeinsames Problem, mit dem sich viele Unternehmen konfrontiert sehen, ist die Notwendigkeit, neuartige Fähigkeiten zu entwickeln, bevor Sie tatsächlich eine Initiative zur digitalen Transformation initiieren können.“4 2

Beckers, o. A. Vgl. Wochagg, 2015 und Diehl, o. A. a. 4 Hoberg et al., 2018, S. 66. 3

1. Vorwort

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Und „Unternehmen beschäftigen sich insbesondere aus drei Gründen bislang noch nicht mit dem Thema Digitalisierung: Mangel an Budget für Digitalisierungsinitiativen, Fehlen der dafür notwendigen Fähigkeiten sowie mangelnde Unterstützung seitens des Managements.“5 Sie sind also gut beraten, sich rechtzeitig damit auseinanderzusetzen, was die digitale Transformation ganz konkret für Ihre Kernkompetenz der (Mitarbeiter-) Führung bedeutet. Dabei stehen Sie als Führungskraft vor immensen Herausforderungen. Nicht nur, dass Sie Ihr Führungsverhalten fundamental umstellen müssen. Die sog. Ambidextrie stellt in der digitalen Transformation zusätzlich hohe Anforderungen an Sie, die Sie bisher in dieser Form noch nicht kennen. Ambidextrie kann man mit „Beidhändigkeit“ übersetzen. In der digitalen Transformation muss Führungskräften beides gelingen: bereits etablierte Prozesse möglichst effizient zu betreiben – man spricht hier auch von Exploitation – bei gleichzeitigem, ständigen Forschen nach kreativen neuen Lösungen – hier spricht man von Exploration.6 Beides sind gegenläufige, konkurrierende Ziele, denen Sie sich als Führungskraft zunehmend ausgesetzt sehen und die vor allem große Herausforderungen an Ihre Mitarbeiterführung stellen. Umso wichtiger ist es, dass Ihr beidhändiges Führungsverhalten auf einem einheitlichen Führungsverständnis aufbaut. Dazu liefert Ihnen der MAESTRO-Führungsansatz einen einheitlichen Rahmen, mit dem Sie diese Beidhändigkeit leben können, mit dem Sie sowohl in Hierarchien als auch in Netzwerken, in Linien- und Projektorganisationen, bei der Lösungsfindung und -umsetzung, führen können. Der Führungsansatz wird Sie in die Lage versetzen, Ihren eigenen, individuellen und vor allem erfolgreichen Weg hin zur digitalen Führungskraft zu gehen. An wen wendet sich das Buch? Dieses Buch ist für Sie geschrieben. Unabhängig davon, wie alt Sie sind. Egal, wie viele Jahre Sie bereits Führungsverantwortung innehaben. Selbst dann, wenn Sie sich gerade auf dem Weg zur Führungskraft befinden, werden Sie von diesem Buch profitieren, denn es zeigt sukzessive die Bestandteile von Führungssituationen auf und behandelt darauf aufbauend Führungshebel zu ihrer Steuerung und Veränderung. Sogar Mitarbeiter ohne konkrete Führungsambitionen können von diesem Buch profitieren, denn es geht ja letztendlich auch um Sie. Denn erfolgreiche Mitarbeiterführung hängt davon ab, die Mitarbeiter für eine Sache zu gewinnen, ihnen Raum für erfolgreiches Arbeiten zu geben etc. Insofern sind Führungskraft und Mitarbeiter immer zwei Seiten der gleichen Führungs-Medaille.

5

Böhm et al., 2018a, S. 49. Zur Ambidextrie vgl. Berninger-Schäfer, 2019, S. 23 f. und Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 135 ff.

6

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1. Vorwort

Welchen Anspruch hat das Buch? Das Buch hat den Anspruch, Ihnen einen strukturierten Führungsansatz an die Hand zu geben, mit dem Sie Ihre Mitarbeiter zukünftig besser führen werden. Und zwar unabhängig davon, welchen Reifegrad sowohl Ihr Unternehmen als auch Sie in der digitalen Transformation haben. Der Ansatz basiert auf einer praxiserprobten Struktur, die Ihnen hilft, • Ihre aktuelle Führungssituation besser zu verstehen, • Ihr Führungshandeln stets im Kontext Ihrer konkreten Führungssituation zu s­ ehen und • sich der Ursachen und Wirkungen Ihres Führungshandelns konkret bewusst zu werden. Für Ihren Führungsalltag erhalten Sie strukturiert und kompakt Informationen, welche spezifischen Anforderungen die digitale Transformation an Sie stellt und mit welchen Werkzeugen und Verhaltensweisen Sie ihnen erfolgreich begegnen können. Dies soll Sie befähigen, Ihre Mitarbeiter situationsbezogener, zielgerichteter und letztendlich erfolgreicher zu führen. Es verleiht Ihnen Sicherheit, in stürmischen Zeiten auf der Grundlage eines von Ihnen verinnerlichten Rahmens Ihr Führungsverhalten angemessen auszurichten. In diesem Rahmen können Sie Ihre heutigen Führungserfahrungen sofort nutzen – Sie sehen die Welt jedoch durch die ‚neue Brille‘ besser, facettenreicher und differenzierter. Dies eröffnet Ihnen neue Perspektiven und vor allem Wege einer besseren Mitarbeiterführung, die Sie zukünftig beschreiten können. Es ist ferner der Anspruch des Buches, den aktuellen Stand der Diskussion in Literatur und Praxis zur Mitarbeiterführung in der digitalen Transformation zu berücksichtigen. Denn es gibt viele hervorragende Beiträge zu Einzelthemen, deren Gedankengut ich Ihnen an den entsprechenden Stellen selbstverständlich nicht vorenthalten werde. Und alles, was bereits an anderer Stelle diskutiert wurde, muss von mir nicht nochmal mit anderen Worten aufgewärmt werden. Daher dürfen Sie zwei Dinge erwarten: • einen neuen, – in der digitalen Transformation – praxiserprobten Führungsansatz eines Praktikers, der nach 25 Jahren Führungserfahrung sein Führungsverhalten in der digitalen Transformation konsequent den neuen Anforderungen angepasst hat und die digitale Transformation eines Unternehmens in verantwortlicher Position erfolgreich vorangetrieben hat, • einen Führungsansatz, der vorhandenes, etabliertes Wissen und Werkzeuge der digitalen Transformation aufgreift und in den jeweiligen Kapiteln des MAESTROFührungsansatzes bereitstellt. Zusätzlich erhalten Sie auch ein dichtes Netz der relevanten Literatur entlang des neuen MAESTRO-Führungsansatzes. Dies gibt Ihnen die Möglichkeit, bei Interesse mit der weiterführenden Literatur in Detailthemen noch tiefer einzusteigen.

1. Vorwort

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Insgesamt will das Buch für Sie einen intuitiv einleuchtenden Führungs­rahmen bereitstellen, dessen Struktur Sie schnell für Ihr Denken und Handeln im Tagesgeschäft nutzten können. Erfahrungen von Führungskräften mit dem Ansatz bestärken mich in der Hoffnung, dass Sie der von mir entwickelten Struktur schnell folgen können und gedanklich beim Lesen bereits viele Ihrer bisherigen Führungsinformationen und -erfahrungen in diese Struktur einbringen können. So ist sichergestellt, dass Sie den MAESTRO-Ansatz der Mitarbeiterführung ab der ersten Minute des Praxiseinsatzes individuell als Ihren ganz persönlichen Ansatz nutzen können. Sie sollen damit nicht nur in der Lage sein, die ‚neue Welt‘ mit ihren Herausforderungen für Ihren Führungsalltag besser zu begreifen, sondern auch im Rückgriff auf Ihre bisherigen Führungserfahrungen Ihr Führungshandeln situationsgerecht weiterentwickeln zu können. Dieses Buch wendet sich gleichermaßen an alle Menschen, die sich für das Thema interessieren. Zur besseren Lesbarkeit wurde die männliche Schreibweise gewählt. Ich hebe ausdrücklich hervor, dass dies der einzige Grund war – und auch nur der einzige Grund sein darf. Welchen Anspruch hat das Buch nicht! Das vorliegende Buch reiht sich nicht in die Reihe von Büchern ein, die ausschließlich die Spielregeln agilen Arbeitens ins Zentrum der Betrachtung stellen. Der MAESTRO-Führungsansatz ist keine Methode wie Scrum, Kanban, Design Thinking, Holokratie, Lean Startup etc.7 Dieses Buch will daher aus Ihnen auch keinen SCRUM-Master etc. machen. Ein SCRUM-Master muss ein guter Facilitator, ein kompetenter Methodenexperte, ein Prozessexperte sein. Er ist jedoch erfahrungsgemäß nicht selten ein erfolgloser Transformator. Erfolgreiche Transformationen setzen im Hier und Jetzt an. Sie werden mit dem MAESTRO-Ansatz in die Lage versetzt, Ihr heutiges Führungsverhalten strukturiert zu hinterfragen und Veränderungen vorzunehmen. Sie werden in die Lage versetzt, Ihre Mitarbeiter umfassend auf die digitale Transformationsreise mitzunehmen, weil Sie Ihr Führungsverhalten sukzessive den neuen Anforderungen anpassen werden. So schnell wie möglich, so langsam wie nötig. Ausgehend von Ihrer aktuellen Führungssituation. Von dort aus verändern Sie Ihr Führungshandeln erfolgreich. Hand in Hand mit Ihrem Team. Es ist auch nicht der Anspruch des Buches, Sie mit Detailinformationen zu agilen Werkzeugen zu überhäufen. Sie werden im Verlauf des Buches daher auch nur vereinzelt etwas über Backlogs, Sprints, Retrospektiven etc. lesen. Diese Bücher gibt es bereits zuhauf – und das ist gut so. Nachfolgend wird Ihnen jedoch ein Führungsverständnis vermittelt, mit dessen Hilfe Sie alle Führungsherausforderungen der digitalen Transformation erfolgreich meistern können. Basierend auf Ihrer heu 7

Zu den genannten agilen Führungs- und Kooperationsansätzen vgl. Sauter / Sauter / Wolfig, 2018, S. 35–52.

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1. Vorwort

tigen Führungssituation, unter Einbeziehung Ihres aktuellen Führungsverhaltens. Mit einem ganzheitlichen Blick auf Ihre Führung. Hinweise auf geeignete Werkzeuge, die Sie dabei unterstützen, erhalten Sie natürlich auch. Sie sind aber Mittel zum Zweck – nicht mehr und nicht weniger! Ein Führungsbuch kann nie konkrete Patent-Rezepte erfolgreichen Führens auf den Tisch legen. Dafür sind die Abhängigkeiten aus z. B. Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter, Rahmenbedingungen innerhalb und außerhalb Ihres Unternehmens oder auch Ihrer bisherigen Führungsaktivitäten und -ergebnisse zu komplex. In Analogie zu einem Kochrezept legt Ihnen dieses Buch die Zutaten erfolgreicher Führung auf den Tisch. Das Buch zeigt Ihnen, welche Zutaten Sie benutzen sollten, macht Vorschläge, wie Sie diese Zutaten sinnvoll kombinieren können und schärft Ihren Blick, welche Zutaten Sie in der digitalen Transformation kombinieren sollten. Kochen müssen Sie jedoch selbst! Denn Sie kennen Ihre Mitarbeiter, kennen Ihre Führungssituation, wissen, welche Steuerungsmaßnahmen Sie bisher erfolgreich eingesetzt haben, kennen etwaige Wissensdefizite im Team etc. Sie werden jedoch sehen, wie gut Sie mit Hilfe dieses Buches Schritt für Schritt Ihr Führungsverhalten in der digitalen Transformation ändern und anpassen werden. Wie ist das Buch aufgebaut? Dieses Buch ist bewusst wie eine ‚Explosionszeichnung‘ aufgebaut. Alle Bestandteile Ihrer Mitarbeiterführung werden einzeln und ausführlich beleuchtet. Denn nur wer die einzelnen Bestandteile von Führung versteht und verinnerlicht hat, kann in der Praxis gute, ausgewogene und schnelle Entscheidungen treffen. Lassen Sie sich daher bitte von den vielen ‚Pseudo-Pragmatikern‘ nicht verunsichern, die es in allen Führungsetagen gibt und bei denen sich Führung nicht von Intuition unterscheidet. Nur wer sein Führungshandwerk versteht, kann auch erfolgreich führen. Nur mit Intuition werden Sie (spätestens) in der digitalen Transformation krachend scheitern. Daher: Lesen müssen Sie dieses Buch. Daran geht kein Weg vorbei! Nach dem Vorwort starten wir mit einer Einführung in das Thema. Dazu beleuchten wir zunächst die Ausgangssituation und die Gründe, die in der digitalen Transformation zu Ihrem Führungsproblem werden können, wenn Sie Ihr Führungsverhalten den neuen Herausforderungen nicht anpassen. Denn die digitale Transformation ändert fast alles. Alte Rezepte der Mitarbeiterführung funktionieren zunehmend nicht mehr, die Bedürfnisse der Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzten ändern sich, das Unternehmensumfeld wandelt sich in Windeseile. Wenn Sie sich nicht anpassen, werden Sie ein Führungsproblem bekommen. Oder haben Sie es schon? Die Lösung dieses Problems ist der MAESTRO-Führungsansatz. Gerade in disruptiven Veränderungssituationen brauchen Sie als Führungskraft eine stabile Struktur, an der Sie Ihr Handeln ausrichten können, die Ihnen Halt gibt, in Zeiten, in denen um Sie herum alles im Fluss zu sein scheint. Sie erhalten daher schon

1. Vorwort

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in der Einführung einen Blick auf die drei wesentlichen Erfolgsfaktoren Ihrer zukünftigen Mitarbeiterführung: • Das MAESTRO-Führungsmodell mit seinen 5 Feldern der Führungssituation und insgesamt 9 Steuerungshebeln der Mitarbeiterführung ist der inhaltliche Rahmen Ihrer Mitarbeiterführung. • Der MAESTRO-Kreislauf skizziert den Prozess Ihrer zukünftigen Mitarbeiterführung. • Das MAESTRO-Logbuch hält Ihre Führungserkenntnisse fest und fokussiert Ihre Führungshandlungen in einem Management-Cockpit – Ihrem ganz persönlichen Führungs-Navigator in der digitalen Transformation. In Kapitel 3 erarbeiten wir uns schrittweise den MAESTRO-Ansatz der Mitarbeiterführung. Wir starten dabei im Kapitel 3.1 mit den fünf Feldern Ihrer Führungssituation. Wenn Sie Mitarbeiter steuern wollen, müssen Sie sich über Ihre aktuelle Führungssituation im Klaren sein. Und zwar konkret. Und immer wieder entlang der gleichen Felder der Führungssituation. Sie sind andernfalls nicht in der Lage, Ergebnisse Ihrer Führung im Sinne einer Vorher-Nachher-Betrachtung sinnvoll nachzuverfolgen. Im Kapitel 3.2. lernen Sie die insgesamt neun Steuerungshebel der Mitarbeiterführung kennen, die Ihnen nacheinander und einzeln vorgestellt werden. Alle Unterkapitel zu den Kapiteln 3.1 und 3.2 sind einheitlich aufgebaut: • „Das sollten Sie wissen“: Hier erhalten Sie zunächst alles Wissenswerte zum Thema. • „Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation“: Hier erfahren Sie, was sich in der digitalen Transformation in diesem Themenfeld ändert und worauf Sie besonders achten sollten. • „So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren“: In diesem Abschnitt erhalten Sie konkrete Hinweise, wie Sie Ihr Führungsverhalten sofort verändern und anpassen können. • „Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten“: Hier wird die Vorstellung geeigneter Führungswerkzeuge, die Sie bedarfsgerecht einsetzen können, komplettiert. In Kapitel 3.3 erfahren Sie anhand von Beispielen, wie die vorher einzeln vorgestellten Felder der Führungssituation und Führungshebel zusammenhängen. So entwickeln Sie z. B. ein erstes Gefühl dafür, welche Felder der Führungssituation zusammen betrachtet werden sollten und wie spezifische Führungssituationen und Führungsaktivitäten zusammenhängen. In Kapitel 3.4 konzentrieren wir uns dann ausschließlich auf den bevorstehenden Praxiseinsatz. In 8 Schritten wenden Sie den MAESTRO-Ansatz in der Praxis

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1. Vorwort

an und machen ihn mehr und mehr zu Ihrem persönlichen Führungsansatz. Mit einem konkreten Beispiel des Management-Cockpits einer Führungskraft, die sich die Verbesserung der Innovationsfähigkeit der Mitarbeiter als Führungsaufgabe gesetzt hat, beenden wir im Kapitel 3.4.2 die Ausführungen. Im Kapitel 4 ziehen wir ein Fazit und wagen einen kurzen Ausblick. Da es sich um ein Buch vom Praktiker für Praktiker handelt, können Sie am Buchende mit dem Autor in Kontakt treten und ihm Ihre Feedbacks und Erfahrungen zusenden. So helfen Sie mit, dass das relevante Wissen bedarfsgerecht weiterentwickelt werden kann.

2. Einführung „Wenn sich die Welt um Dich herum ändert und Dein einstiger Rücken- plötzlich zum Gegenwind wird, musst Du Dich reinlehnen und herausfinden, was zu tun ist. Beschweren ist keine Strategie“ Jeff Bezos (Gründer des Onlineversandhändlers Amazon)

2.1 Der Grund Ihres Führungsproblems: Die digitale Transformation verändert alles Die Wertketten der Realwirtschaft und Digitalwirtschaft wachsen zusammen „Vier Eigenschaften sind charakteristisch für digitale Transformationsprozesse: Unausweichlichkeit, Unumkehrbarkeit, ungeheure Schnelligkeit und Unsicherheit in der Ausführung. Für Unternehmen sollte daher nicht die Frage im Vordergrund stehen, wie Sie sich von den auf Sie zukommenden Veränderungen entkoppeln können, sondern, wie Sie den Transformationsprozess aktiv mitgestalten können“1. Der Transformationsprozess wird unter anderem durch das Zusammenwachsen der realen und den digitalen Wertketten gespeist (vgl. Abbildung 2). Märkte ändern sich, Marktteilnehmer wechseln schnell, Geschäftsmodelle ändern sich disruptiv.2 Kurzum: Die Anforderungen an Sie und Ihr Unternehmen haben sich noch nie so schnell verändert wie in der Gegenwart. Und die Zukunft lässt nicht erwarten, dass die Dynamik nachlässt. Im Gegenteil! Für Sie bedeutet das Zusammenwachsen der Wertketten auch, dass die Bedeutung der Verfügbarkeit, Erhebung und Nutzung von Informationen zunimmt.3 Wenn nun andererseits Ihr langjährig vertrautes Umfeld – die Realwirtschaft – zunehmend von der Digitalwirtschaft geprägt wird und sich dadurch Geschäftsmodelle immer schneller verändern, so entstehen in hoher Dynamik auch ständig neue Herausforderungen an Sie als Führungskraft. Nicht wenigen Führungskräften liegt daher die digitale Transformation des Unternehmens irgendwie schwer im Magen. Man kann die Herausforderungen zwar oft noch nicht genau greifen. Dennoch erkennt man bereits, dass sich das 1

Krcmar, 2018, S. 5. Zum disruptiven Wandel traditioneller Geschäftsmodelle in verschiedenen Branchen vgl. Wallmüller, 2017, S. 56–74. Zu digitalen Geschäftsmodellen der Zukunft vgl. Kollmann  / ​ Schmidt, 2016, S. 89 ff. 3 Vgl. Wertkette der Digitalwirtschaft in Abbildung 2. 2

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2. Einführung

Führungsumfeld im Umbruch befindet, vieles irgendwie anders wird. Unabhängig davon, ob man jung oder alt ist. In der digitalen Transformation verlieren Sie immer häufiger die Selbstsicherheit, die Sie bisher als Führungskraft ausgezeichnet hat. Als junge Führungskraft fühlt sich die digitale Transformation aus rein technischer Sicht gar nicht fremd an. Sie sind mit den digitalen Medien vertraut – die agilen Formen der Zusammenarbeit motivieren Sie. Dennoch sind Sie angespannt, denn Sie merken, dass Ihnen wichtige Führungserfahrungen aus anderen, großen Unternehmenstransformationen fehlen. Über diese Führungserfahrungen verfügen häufig die bereits etwas älteren Führungskräfte. Sie merken im Führungsalltag jedoch täglich aufs Neue, dass ihre bisherigen Erfolgsrezepte der Führung in der digitalen Transformation zunehmend wirkungslos werden. Von etwaigen technischen Defiziten im Umgang mit digitalen Werkzeugen ganz zu schweigen. Zudem haben sowohl junge wie erfahrene Führungskräfte häufig keinen roten Faden in ihrem Führungshandeln. Einen roten Faden, dessen Fehlen in früheren Zeiten stabiler Rahmenbedingungen vielleicht nicht sonderlich ins Gewicht gefallen ist. Einen roten Faden, an dem man jedoch heute die zunehmende Flut an Führungsinformationen sowie das eigene Führungshandeln ausrichten muß, will man erfolgreich bleiben. Einen roten Faden, der Ihnen als Führungskraft die Orientierung und das Handwerkszeug gibt, Ihr Team durch unruhige Zeiten zu manövrieren.

Abbildung 2: Wertkette Realwirtschaft & Digitalwirtschaft4

4

Vgl. Kollmann, 2020, S. 95.

2.1 Der Grund Ihres Führungsproblems

27

Die Bedingungen, unter denen Sie führen, verändern sich Sie merken täglich, wie sich Ihre Arbeitswelt und damit Ihre Führungssituation verändert: Die Zusammenarbeit findet zunehmend in Netzwerken und losen Verbünden anstatt in festen, hierarchischen Strukturen statt, die es jedoch parallel auch weiterhin noch gibt. Experten innerhalb der Organisation kennen und schätzen sich. Dabei kommunizieren und kooperieren Sie zunehmend ‚quer‘ zur Organisationsstruktur und -hierarchie. Die Unternehmensgrenzen öffnen sich immer mehr in der Zusammenarbeit mit Kunden, Lieferanten und anderen Unternehmen. Informationen sind grds. im Überfluss für jedermann vorhanden – die sinnvolle Nutzbarmachung ist die Herausforderung, nicht mehr primär ihre Identifizierung und ihr Besitz. Die physische Präsenz der Mitarbeiter nimmt in Zeiten von Homeoffice und dezentralem Arbeiten ab und stellt ebenfalls neue Anforderungen an Sie als Führungskraft. Das in Unternehmen zunehmend parallel stattfindende Suchen nach neuen, innovativen, mitunter disruptiven Lösungen bei gleichzeitig effizientem Abarbeiten der aktuellen Regelaufgaben führt zu einem völlig neuen Führungskontext, der zunehmend keinen mehr kalt lässt – und viele überfordert.5 Diese Ambidextrie verunsichert Sie zusätzlich in Ihrem Führungshandeln, denn Sie realisieren immer mehr, dass Sie teils widersprüchliche Ziele und Prinzipien ausbalancieren müssen. Das von Führungskräften aufzulösende Dilemma liegt darin, einen stets „situationsadäquaten Mix aus Stabilität und Agilität“6 im Tagesgeschäft zu finden. Diese Verhaltensweisen müssen stets gegeneinander abgewogen werden und erzeugen aufgrund Ihrer unterschiedlichen Fokussierung einen nicht zu unterschätzenden Druck auf die Führungskraft, der häufig zu Orientierungslosigkeit führt und sich dann schnell auf das Team überträgt.7 Die nachfolgend genannten Eckpunkte der Digitalisierung illustrieren schlagwortartig Ihr neues Führungsumfeld, das Ihren Führungsalltag in der digitalen Transformation vor neue Herausforderungen stellt:8 • Zunehmende Volatilität: Die Entwicklungen und Entscheidungen sind unbeständiger als früher und stärker Schwankungen unterworfen. • Zunehmende Unsicherheit: Die Unkenntnis über Entwicklungen und ständige Veränderungen der Rahmenbedingungen nehmen zu. • Zunehmende Komplexität: Die Abhängigkeiten, Wechselwirkungen und Verknüpfungen von Themen und Menschen nehmen zu. • Steigende Ambiguität: Die Widersprüche, Rollenkonflikte und Mehrdeutigkeiten nehmen zu. 5

Vgl. dazu auch Petry, 2019b, S. 45. Petry, 2019b, S. 57. 7 Vgl. zur Ambidextrie Berninger-Schäfer, 2019, S. 23 und Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 135 ff. 8 Zur sog. VUCA-Welt und ihren Anforderungen an Unternehmen vgl. insbesondere Ber­ ninger-Schäfer, 2019, S. 23; Pastohr, o. A. und Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 13 f. 6

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2. Einführung

• Veränderte Mitarbeitererwartungen: Die Mitarbeiter haben heute andere spezifi­ sche Erwartungen als früher, z. B. hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort, Unterneh­ menskultur, Sinnstiftung der Arbeit und Autonomie des eigenen Handelns. • Gestärkte Bewerberposition: Die Bewerber auf vakante Stellen haben durch einen entstehenden Arbeitnehmermarkt für qualifizierte Fach- und Führungskräfte bestimmter Berufsgattungen eine zunehmend starke Position gegenüber dem Unternehmen. • Heterogenes Altersportfolio: Die Führungskräfte steuern in ihren Teams gleichzeitig bis zu 4 Generationen an Mitarbeitern9 (Babyboomer, Generation X, Generation Y, Generation Z) mit ihren unterschiedlichen, teils sogar gegenläufigen Präferenzen für Kommunikationsformen, Lebensentwürfe, Erwartungen, Arbeitsformen etc. Während also die letzten Jahrzehnte in den Unternehmen eher von stabilen Rahmenbedingungen, festen organisatorischen Strukturen und langfristig zusammengestellten Teams geprägt waren, steigen in der digitalen Transformation die Bedeutung von virtuellen Teams, das Arbeiten in Netzwerkstrukturen und das stetige Hinterfragen etablierter Lösungen mit dem Ziel der kreativen Erarbeitung von Verbesserungen zum Nutzen des Kunden. Für Sie als Führungskraft resultiert daraus eine konkrete Veränderung im Selbstverständnis Ihrer Rolle: Wurden Sie bisher insbesondere für die gemanagte Ruhe und das Herbeiführen von Stabilität bezahlt, so erwartet man in Zeiten der digitalen Transformation, dass Sie eine professionelle, produktive Unruhe zum Wohle des Kunden erzeugen und managen. Denn die Digitalisierung der Märkte und Unternehmen führt von der sogenannten Me-Economy zur We-Economy, was zur Erreichung eines maximalen Kundennutzens auch die Öffnung der eigenen Prozesse über standardisierte Schnittstellen für externen Stakeholder des Unternehmens erfordert.10 All das wirkt sich fundamental auf Ihren Führungsalltag aus. Sie sehen: Ihr Führungsverhalten muss sich verändern, weil sich Ihr Umfeld massiv verändert. Denn „wenn die Komplexität des Umfelds die Fähigkeit einer Organisation übersteigt, auf diese Herausforderung angemessen zu reagieren, scheitert das Unternehmen“11 sehr schnell. Daher ist es „für Unternehmen … überlebensnotwendig, in der zunehmenden Komplexität handlungsfähig zu bleiben“12. All dies erfordert die Transformation Ihres Führungsverhaltens hin zur digitalen Führungskraft. Während man bisher von Ihnen als Führungskraft typischerweise erwartet hat, dass Sie den Weg zum angestrebten Ziel kennen und die Erreichung des Ziels mit 9

Zu den verschiedenen Generationen vgl. auch Abbildung 73. Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 3 ff. 11 Dieser Zusammenhang basiert auf dem Gesetz von der erforderlichen Varietät nach Ross Ashby. Vgl. dazu Ashby, 1970 und Hofert, 2018, S. 22. 12 Hofert, 2018, S. 22. 10

2.1 Der Grund Ihres Führungsproblems

29

Ihrer hierarchischen Macht, Ihrem (Herrschafts-)Wissen und der Kontrolle des Teams möglichst schnell erreichen, so kennt in digitalen Zeiten nicht notwendigerweise jemand sofort den Weg zum Ziel – auch Sie als Führungskraft nicht. Daraus resultiert für Ihr Führungsverhalten, dass Sie sich im vertrauensvollen Dialog gemeinsam mit Ihren Kunden und Mitarbeitern iterativ auf das Ziel hinbewegen und das Ziel unterwegs ggf. noch bedarfsgerecht anpassen werden. Sprenger13 spricht hier von der Transformation einer raumfüllenden Führungskraft hin zu einer raumöffnenden Führungskraft. In der digitalen Transformation Ihres Unternehmens sollen Sie sich immer mehr zu einer raumöffnenden Führungskraft weiterentwickeln.

Abbildung 3: Führungskräfte in der bisherigen und neuen Arbeitswelt14

Ihr Verständnis von Führung verändert sich „Führung ist nicht mehr eine allein entscheidende, den konkreten Weg vorgebende Führung, sondern eine coachende, entwickelnde, moderierende und unterstützende Führung, die das Ziel am Ende des Weges oder die Vision hinter dem Horizont ausruft“15. Das traditionelle Führungsverständnis ist in den Führungsetagen dabei, den Rückzug anzutreten. „Das Bild des Industriekapitäns, jener altmodischen Autoritätsfigur, die von oben und größtenteils durch die Macht Ihrer Position führte, hat ausgedient. Die Besten führen heute nicht nur durch Ihre Macht. Vielmehr beherrschen Sie die Kunst, Beziehungen aufzubauen und zu führen, eine Eigenschaft, die angesichts des sich verändernden Geschäftsklimas unverzichtbar geworden ist“16. Ein neues Selbstverständnis von Führung entwickelt sich sukzessive in den Unternehmen: „Führung muss sich somit neu definieren. Ihre Basis ist nicht mehr 13

Vgl. Sprenger, 2021. Vgl. Sprenger, 2021 und Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 108 f. 15 Hofert, 2018, S. 27. 16 Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 302. 14

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2. Einführung

überlegene Sachkompetenz, schon gar nicht anachronistisches Vorbildgehabe. Sondern die Anerkennung der Geführten“17. Die Führungskräfte selbst erkennen zunehmend die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels in der Führungskultur und sehen ihren alten Führungsstil z. B. als Nachteil bei der Gewinnung und Bindung von Talenten.18 Moderne Führungskräfte leben heute ihr Grundverständnis von Führung in der Form, dass sie den Mitarbeiter nicht mehr als Diener und Erfüllungsgehilfen ihrer Führungsrolle interpretieren. Vielmehr verstehen sie ihre Führungsaufgabe als eine den Mitarbeitern dienende Aufgabe, und die Führungsrolle als eine die Mitarbeiter zur besseren Arbeitserledigung befähigende Rolle. Dies ist nicht nur eine radikale Veränderung des Selbstverständnisses von Führung, sondern reduziert gleichzeitig auch die negativen Folgen einer stark hierarchisch geprägten Führungskultur. Eine bessere emotionale Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen, höhere Eigenmotivation, besseres Ausschöpfen der Mitarbeiterpotenziale etc. sind die im Reflex des neuen Führungsverständnisses zu erwartenden Reaktionen der Belegschaft.19 Moderne Führungskräfte leben also immer mehr den sogenannten Serving Leadership Gedanken. Sie gestalten die Bedingungen des Zusammenarbeitens für ihr Team in der Form, das sich alle bestmöglich wohl fühlen, den Sinn ihres Tuns erkennen und mit ausreichend Freiräumen ausgestattet sind. Sie unterstützen ihre Mitarbeiter bestmöglich, sich intrinsisch motiviert und mit der Bereitschaft zu Höchstleistungen ihren Herausforderungen anzunehmen. Das alles findet in einer guten, vertrauensvollen Atmosphäre mit der Führungskraft statt, deren primäres Ziel es nicht mehr ist, selbst im Mittelpunkt zu stehen, sondern die Mitarbeiter stark zu machen und sich an ihrem Wachstum, ihren Leistungen und Ergebnissen zu erfreuen. Das Serving Leadership Prinzip moderner Mitarbeiterführung impliziert ein Führungsverständnis, welches sich in der Sicht auf den Mitarbeiter von einem statischen zu einem dynamischen Selbstverständnis verändert.20 Das heißt z. B., dass die Fähigkeiten der Mitarbeiter als weitgehend trainierbar – und nicht als statisch und gegeben – angesehen werden. So sagen Fehler, die gemacht werden, für digitale Führungskräfte zunächst nichts über die kognitiven Fähigkeiten Ihres Mitarbeiters aus, sondern vielmehr etwas über die Möglichkeiten des Mitarbeiters, daraus zu lernen und sich weiterzuentwickeln. In diesem Selbstverständnis sind Mitarbeiter in ihren Fähigkeiten und ihrem Verhalten nicht statisch, sondern in der Lage, sich dynamisch weiterzuentwickeln. Genau hier entsteht eine der neuen Herausforderungen für Sie. Sie sind dafür verantwortlich, die Weiterentwicklung der Mitarbeiter zu ermöglichen, zu unterstützen, zu beschleunigen, qualitativ aufzuladen. 17

Sprenger, 2020, S. 275. Vgl. Schomburg / Sobieraj / Kruse, 2019, S. 133. 19 Vgl. Triest / Ahrend, 2019, S. 114 ff. mit Verweis auf das Serving-Leadership-Prinzip nach Robert Greenleaf. 20 Vgl. Preußig / Sichard, 2018, S. 13 ff. 18

2.1 Der Grund Ihres Führungsproblems

31

Sie erkennen, dass Sie Ihr Führungsverhalten ändern müssen Das Thema der Mitarbeiterführung wird mehr und mehr zum kritischen Thema, auch wenn es viele Unternehmen scheinbar noch nicht vollständig realisiert haben. „Jeder dritte Mitarbeiter fühlt sich von seinem Arbeitgeber im Stich gelassen – egal wie alt er ist“21. Demgegenüber halten sich 97 Prozent aller Führungskräfte in Deutschland nach dem Gallup Engagement Index in einer Selbsteinschätzung für gute Chefs.22 Aber: „77 % aller Führungskräfte sind sich immerhin darin einig, dass wir einen Paradigmenwechsel brauchen und auf die Suche nach neuen Führungsmodellen gehen müssen“23. Und der Handlungsdruck für eine zeitnahe Veränderung Ihres Führungsverhaltens nimmt weiter zusätzlich zu, denn, „wie verschiedene Studien feststellen, ist der digitale Reifegrad bei der Mehrheit der Unternehmen noch relativ gering“24. Es fehlt also insbesondere auch an Know-how, wie man in und durch die digitale Transformation führt. Denn „… gute Führung ist Mangelware in Unternehmen. Führung ist außerordentlich schwierig. Führung ist nichts, was man aus der Hüfte macht und auch nichts, was man einfach so kann“25. Sie brauchen also einen Plan, eine Struktur, entlang der Sie in der digitalen Transformation steuern können. Und bedenken Sie: „Der am häufigsten angeführte Grund für eine Kündigung ist Unzufriedenheit mit dem Vorgesetzten“26. Nicht zuletzt deshalb muss der Fokus Ihrer Führung in der digitalen Transformation auf Ihren Mitarbeitern bleiben. „Ein wichtiger, wenn nicht gar der wichtigste Faktor für den Erfolg im digitalen Zeitalter ist – nach wie vor – der Mensch im Unternehmen. Mitarbeiter und Führungskräfte müssen können und wollen. D. h. es bedarf passender Fach- und Führungskompetenzen sowie einer adäquaten Arbeits- und Führungskultur“27. Die digitale Führungskraft steuert daher entlang des oben beschriebenen Selbstverständnisses und fokussiert sich insbesondere auf die nachfolgenden Schwerpunkte:28 • Fokus auf Kundenzufriedenheit, indem man schnell passende Lösungen liefert und diese jederzeit anpasst, wenn es sinnvoll und gewünscht ist. • Fokus auf Ergebnisse, indem – (Teil-)Ergebnisse regelmäßig dem Kunden präsentiert und auf Basis seines regelmäßigen Feedbacks qualitativ hochwertig und kontinuierlich weiterentwickelt werden, 21

Tödtmann, 2019. Vgl. Braunleder, o. A. 23 Schomburg / Sobieraj / Kruse, 2019, S. 133 f. 24 Petry, 2019b, S. 24. 25 Slaghuis / Rose, 2020, S. 210. 26 Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 113. 27 Petry, 2019b, S. 94. Für einen kompakten Überblick der häufigsten Fehler, die Unternehmen in der Digitalisierung unterlaufen, vgl. Basel, 2018 und Digital, 2017. 28 Pucket / Neubauer, 2018, S. 69. 22

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2. Einführung

– auf Notwendiges und Gewinnbringendes fokussiert wird und alles andere bestmöglich außer Acht gelassen wird. • Fokus auf Mitarbeiter, indem man – sie bestmöglich in selbstgesteuerten Teams arbeiten lässt und sie als Führungskraft unterstützt, – sie interdisziplinär arbeiten lässt und diese Interdisziplinarität ermöglicht und sogar ausdrücklich einfordert, – sie zu lernenden Teams entwickelt, in denen sie ihre Leistungsfähigkeit reflektieren und regelmäßig verbessern, – ihnen die Möglichkeiten eröffnet, sich im direkten Kontakt auszutauschen und neben dem Informationsaustausch ein Netzwerk aufzubauen. Auf der Grundlage dieses neuen Selbstverständnisses von Führung leitet die digitale Führungskraft die nachfolgenden, grundsätzlichen Verhaltensweisen als Handlungsmaximen für das zukünftige Führungsverhalten ab: • „Anstatt Anweisungen zu geben werden Fragen gestellt, • anstatt Autorität wird die Inspiration genutzt, • anstatt zu fordern wird gefördert, • anstatt zu mahnen wird angefeuert, • anstatt vorzugeben wird vorgelebt, • anstatt zu kontrollieren wird vertraut“29. Wir resümieren: „Die Führungskraft der Zukunft unterstützt Mitarbeiter dabei, schnell und kreativ auf wechselnde Bedürfnisse von Kunden und Märkten zu reagieren. Sie ist geprägt von einem bestimmten Mindset, einer Denk- und Handlungslogik, die den Kunden ins Zentrum aller Handlungen stellt. Sie ist richtungsweisend, unterstützend und stellt hinsichtlich der Zusammenarbeit das Team in den Mittelpunkt, nicht mehr die Einzelperson“30.

29 30

Pucket / Neubauer, 2018, S. 73. Hofert, 2018, S. VII.

2.2 Die Lösung Ihres Führungsproblems

33

2.2 Die Lösung Ihres Führungsproblems: Der MAESTRO-Führungsansatz 2.2.1 Das Führungsmodell 5 Felder der Führungssituation und 9 Hebel der Mitarbeiterführung bestimmen Ihren Führungsalltag Die bisherigen Ausführungen haben offengelegt, dass Führungskräfte ihr Führungsverhalten konsequent verändern müssen, wollen sie weiterhin erfolgreich sein. Aber wie macht man das? Woran orientiert man sich als Führungskraft? Was sind die unverrückbaren Eckpunkte Ihres persönlichen Umgangs mit Führung – gestern wie heute? Wie erkennen Sie, in welcher konkreten Führungssituation Sie sind? Und mit welchen Aktionen führen Sie dann zukünftig? Sie wissen bereits: Die digitale Transformation verändert einerseits die Bedingungen Ihrer Führung, Ihre Führungssituation ändert sich. Andererseits erfordert sie von Ihnen ein den neuen Bedingungen angemessenes Führungsverhalten – Sie müssen Ihr Führungshandeln umstellen. Genau an diesen beiden Aspekten setzen die 2 Ebenen des MAESTRO-Führungsmodells an. Es stellt Ihnen • 5 Felder Ihrer Führungssituation und • 9 Hebel Ihres Führungshandelns zur Verfügung, die Sie zukünftig angemessen einzeln bedienen und vernetzt anwenden werden (vgl. Abbildung 4). Ihre Mitarbeiterführung werden Sie dabei – unter Einbeziehung Ihres bisherigen Führungswissens – konsequent auf die Anforderungen der digitalen Transformation anpassen und so sukzessive zur digitalen Führungskraft. Dazu nutzen Sie zukünftig die beiden Ebenen des MAESTRO-Führungsmodells: • Die 5 Felder Ihrer Führungssituation Die digitale Transformation verändert Ihre Führungssituation – sehr dynamisch, sehr schnell, andauernd, täglich. Daher ist es für Sie unverzichtbar, ein klares und strukturiertes Bild über die 5 Felder Ihrer Führungssituation zu erhalten (vgl. Abbildungen 4 und 5): – Eigenschaften: Über welche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt der Mit­ arbeiter? – Anforderungen: Welche Anforderungen an den Mitarbeiter resultieren aus den ihm übertragenen Aufgaben? – Motivation: Wie ist der Mitarbeiter motiviert, warum ist das wichtig und wie können Sie das beeinflussen?

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2. Einführung

Abbildung 4: Die zwei Ebenen des MAESTRO-Führungsmodells

– Rahmenbedingungen: Unter welchen Rahmenbedingungen arbeitet der Mitarbeiter, welche sind das und wie sind sie bestmöglich zu gestalten? – Output: Welche Ziele verfolgt der Mitarbeiter, wie performant ist er und wie wird die Zielerreichung gemessen? • Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns Führen heißt: Sie kommunizieren, treffen Entscheidungen, schlichten Konflikte oder verhindern sie, initiieren Veränderungen etc. Das MAESTRO-Führungs­ modell stellt 9 Steuerungs-Hebel bereit, die Sie einzeln oder in Kombination, jedoch immer auf der Basis der erfassten Führungssituation, einsetzen. Die neun Hebel Ihrer Mitarbeiterführung sind im Einzelnen (vgl. Abbildungen 4 und 5): – Entscheidungsmanagement, – Erwartungsmanagement,

2.2 Die Lösung Ihres Führungsproblems

35

– Kommunikationsmanagement, – Kompetenzmanagement, – Konfliktmanagement, – Kreativitätsmanagement, – Veränderungsmanagement, – Zeitmanagement, – Zielemanagement. Das MAESTRO-Führungsmodell bietet Ihnen viele Vorteile im Führungsalltag Die Fülle an unstrukturierten Führungsinformationen, die täglich auf Sie einprasseln, wird zukünftig von Ihnen entlang des MAESTRO-Führungsmodells strukturiert erfasst. „In der Vergangenheit erfolgreiche Führungsansätze scheitern vermehrt bzw. sind zu inflexibel und langsam“31. Wollen Sie in der digitalen Transformation erfolgreich sein, so müssen Sie alle Felder und Hebel des MAES­ TRO-Führungsmodells einerseits stets gut aufeinander abgestimmt einsetzen und andererseits bereit sein, Ihr bisher erfolgreiches Führungshandeln zum Teil radikal zu verändern. Sind Sie dazu bereit, wird Ihnen der MAESTRO-Ansatz den erfolgskritischen Rahmen dafür bereitstellen, den Sie benötigen. Sie werden Führungssituationen schneller erfassen und einschätzen, Abhängigkeiten in den Feldern Ihrer Führungssituation effektiver als bisher erkennen, strukturierter und schneller führen, Ihre Führungsaktivitäten besser und sinnvoller vernetzen. Und es wird richtig spannend für Sie: Mit dem MAESTRO-Führungsmodell werden Sie einen praxiserprobten Ansatz kennenlernen, der vermutlich erstmalig Ihre Führungssituation ganzheitlich beleuchtet und Ihr neuer Strukturrahmen erfolgreicher Führung in der Zukunft wird (vgl. Abbildung 5). Sie werden Führungsentscheidungen oder auch Nicht-Entscheidungen bewusster als früher treffen und steigern auf diesem Wege auch Ihre Sicherheit im Umgang mit Mitarbeitern und Vorgesetzten. Dabei lässt Ihnen der MAESTRO-Führungsansatz weiterhin alle Freiheiten, innerhalb des Strukturrahmens die eigenen Erfahrungen, Kenntnisse, Stärken etc. individuell einzusetzen und zu nutzen. Später dazu mehr!

31

Petry, 2019a, S. 11.

Abbildung 5: MAESTRO-Führungsmodell

36 2. Einführung

2.2 Die Lösung Ihres Führungsproblems

37

2.2.2 Der Führungskreislauf Der Führungskreislauf ist Ihr strukturierter Mitarbeiterführungs-Prozess Wie sieht Ihre Führungssituation aktuell aus und mit welchen Führungsaktivi­ täten steuern Sie heute Ihre Mitarbeiter? An welchen Stellen wollen Sie Ihre Führungssituation verändern und wie wollen Sie das konkret machen? Genau mit diesen Fragen beschäftigen Sie sich entlang der 4 Schritte des MAESTRO-Führungskreislaufes (vgl. Abbildung 6): • Ermittlung des Ist-Zustands Ihrer Führungssituation (vgl. Abbildung 6, Ziffer 1), • Ermittlung des Ist-Zustands Ihres Führungshandelns (vgl. Abbildung 6, Ziffer 2), • Ableitung des Soll-Zustands Ihrer Führungssituation (vgl. Abbildung 6, Ziffer 3), • Ableitung des Soll-Zustands Ihres Führungshandelns (vgl. Abbildung 6, Ziffer 4). Das klingt einerseits trivial, aber seien Sie ehrlich: So sehr Ihnen diese 4 Schritte (hoffentlich) einleuchten  – in der Dynamik des Führungsalltags unterscheiden Sie sie kaum. Wozu auch, werden Sie ggf. fragen? Ist nicht Improvisation im dynamischen Tagesgeschäft viel wichtiger als strukturiertes Vorgehen, das man sowieso nicht lange durchhalten kann? Nun, das gelegentliche Improvisieren auf der Grundlage einer sonst strukturierten Mitarbeiterführung ist sogar erfolgskritisch. Das jedoch häufig zu beobachtende, planlose Improvisieren von Führungskräften ist aber nicht zielführend und den Mitarbeitern gegenüber unverantwortlich. Und Mitarbeiter schätzen es erfahrungsgemäß nicht, von jemandem geführt zu werden, der sich wie ein Fähnchen im Wind verhält. Sie erwarten vielmehr eine Führungskraft, die im wahrsten Sinne des Wortes einen Plan hat. Denn einen Plan zu haben heißt ausdrücklich nicht, Mitarbeitern in starren Prozessen zu begegnen und sich in bürokratischen Führungsaufgaben zu verlaufen. Es bedeutet vielmehr, strukturiert und dennoch pragmatisch handeln zu können, planvoll und dennoch mit Freiräumen versehen agieren zu können. Dies wird sogar umso wichtiger, je volatiler Ihr Umfeld ist, je schneller sich die Anforderungen verändern. Der MAESTRO-Führungskreislauf stellt sicher, dass Sie jede Führungsentscheidung auf der Einschätzung der aktuellen Situation treffen. Auch das ist scheinbar trivial – aber auch diese als Selbstverständlichkeit anmutende Forderung wird im immer mehr von Zeitdruck geprägten Führungsalltag nur selten erfüllt. Darüber hinaus stellt der Kreislauf sicher, dass Sie sowohl bei der Einschätzung der IstSituation als auch bei der Ableitung von Maßnahmen immer auf die gleichen Felder und Hebel zurückgreifen. Dies versetzt Sie in die Lage, konsequent in UrsacheWirkungs-Beziehungen zu denken und zu handeln. Dies wird umso erfolgskritischer, je volatiler die Führungssituationen sind.

Abbildung 6: MAESTRO-Führungskreislauf

38 2. Einführung

2.2 Die Lösung Ihres Führungsproblems

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Die 4 Schritte des MAESTRO-Führungskreislaufes strukturieren Ihr Vorgehen Gehen wir den Kreislauf einmal schrittweise durch. Wenn Sie im ersten Schritt den Ist-Zustand Ihrer Führungssituation ermittelt und entlang der 5 Felder skizziert haben, so beschreiben Sie im dritten Schritt entlang der gleichen 5 Felder den Soll-Zustand Ihrer Führungssituation (vgl. Abbildung 6, Ziffern 1 und 3). Dies fokussiert Sie auf das, was Sie konkret erreichen, was Sie verändern, was Sie verbessern wollen. Analog gehen Sie im Kreislauf bei Ihren Führungsaktivitäten vor: Wenn Sie im zweiten Schritt Klarheit über den Ist-Zustand Ihrer Führungsaktivitäten gewonnen haben, so nutzten Sie die gleiche Systematik, um in Schritt 4 den Soll-Zustand entlang Ihrer 9 Führungshebel zu beschreiben (vgl. Abbildung 6, Ziffern 2 und 4). Auch das hilft Ihnen, den konkreten Veränderungsbedarf Ihrer Führung zu erkennen und Schritt für Schritt den Blick für erfolgversprechende Führungsmaßnahmen und Ihre Verknüpfung zu schärfen. Dazu später ausführlich mehr. Damit an dieser Stelle kein Missverständnis entsteht: Der Kreislauf verdeutlicht die prozessuale Logik, mit der Sie zukünftig in Ihrem Führungsalltag steuern. Es kommt im Praxiseinsatz bald nicht mehr darauf an, die Phasen stets komplett zu durchlaufen. Vielmehr werden Sie mit zunehmender Routine im Umgang mit der MAESTRO-Methode intuitiv direkt in jeden der 4 Prozessschritte einsteigen und einen klaren Blick dafür bekommen, ich welcher Phase des Kreislaufes Sie sich gerade bewegen. Primäres Ziel ist es, ein Gespür für die Zusammenhänge aus Führungssituation und Führungshandeln zu bekommen. Ein Verständnis zu entwickeln, welche Führungssituation Sie mit welchem Führungshandeln gestalten wollen. Eine bewusste Auswahl von Führungsaktivitäten auf der Grundlage Ihrer Einschätzung der Situation vorzunehmen. Also keine Sorge: Was die vier Schritte prozessual darstellen, werden Sie alsbald intuitiv im Tagesgeschäft umsetzen. Machen Sie sich dennoch bereits hier drei wichtige Regeln Ihrer künftigen Mitarbeiterführung als digitale Führungskraft klar, deren Einhaltung der MAESTROFührungskreislauf unterstützt: • Keine Führungsaktivitäten ohne explizites Verständnis Ihrer ­Führungssituation. • Keine Führungsaktivitäten ohne konkrete Vorstellung, auf welchen der 5 Felder Sie Ihre aktuelle Führungssituation verändern wollen. • Keine Führungsaktivitäten ohne konkretes Verständnis der Wirkungen Ihrer bisherigen Führungsaktivitäten.

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2. Einführung

2.2.3 Das Führungslogbuch Das MAESTRO-Logbuch strukturiert und fokussiert Ihr Führungshandeln Die dritte und letzte Komponente des MAESTRO-Führungsansatzes ist Ihr persönliches Führungslogbuch. Das MAESTRO-Logbuch ist Ihr Führungswerkzeug, mit dem Sie Ihr Team steuern. Es besteht aus • 2 Analyse- (vgl. Abbildung 7, Ziffern 2 und 3) und 2 Planungstemplates (vgl. Abbildung 7, Ziffern 4 und 5), in denen Sie Ihre Erkenntnisse und Ziele aus dem MAESTRO-Führungsprozess festhalten. Zu jedem Prozess-Schritt (vgl. Abbildung 6) existiert also ein korrespondierendes Logbuch-Dokument (vgl. Abbildung 7, Ziffern 2 bis 5), • dem Management-Cockpit als Ihrem zentralen Werkzeug zur Mitarbeitersteuerung (vgl. Abbildung 7, Ziffer 1). Hier fließen alle Erkenntnisse aus den o. g. Logbuch-Dokumenten (vgl. Abbildung 7, Ziffern 2–5) ein und werden zu Ihrem individuellen Führungswerkzeug verdichtet. In Ihrem MAESTRO-Logbuch behalten Sie zukünftig Ihre wichtigsten Führungsaktivitäten sowie deren Ziele im Auge. Haben Sie beispielsweise erkannt, dass Sie die Motivation in Ihrem Team steigern müssen, werden Sie im ManagementCockpit vermerken, mit welchen Ihrer Steuerungshebel Sie das machen wollen, welche Abhängigkeiten Sie sehen und berücksichtigen werden usw. Das Logbuch wird so zum soliden Fundament Ihres Führungshandelns. Und sollte der Wind der digitalen Transformation auch mal stürmisch wehen und die Herausforderungen der Mitarbeiterführung noch so groß sein: Ihre Führung wird dank Ihres Log­ buches auf diesem stabilen Fundament stehen. Das MAESTRO-Logbuch ist kein Dokumentations-, sondern Ihr Führungswerkzeug Im MAESTRO-Logbuch geht es nicht primär um die Dokumentation dessen, was Sie tun wollen. Wenn Sie sowohl die Methode als auch den Prozess einmal verinnerlicht haben, können Sie das Logbuch sehr minimalistisch nutzen. Es geht im Kern vielmehr darum, dass Sie aus Ihren Beobachtungen der Ist-Situation sowie Ihrer abgeleiteten Führungsziele bewusste Entscheidungen treffen, welche Führungshebel Sie nutzen wollen und welche auch ganz bewusst nicht. Und zwar nach einer einheitlichen Logik, nach einem einheitlichen Verständnis von Führung, einer einheitlichen Struktur, in die Sie sowohl Ihre Beobachtungen als auch Handlungen einordnen können, die Sie als Argumentationspfad für Entscheidungen, in Gesprächen mit Mitarbeitern und Vorgesetzten nutzen können. Das Logbuch wird Ihnen schnell den Ruf einbringen, beim Thema Führung genau zu wissen, von was Sie sprechen. Und vor allem daraus klar abzuleiten, was Sie wollen. Man wird schnell merken, welches Führungsverständnis Sie haben und warum Sie bestimmte Entscheidungen treffen. Es wird Sie für Ihre Mitarbeiter

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Abbildung 7: MAESTRO-Führungslogbuch

2.2 Die Lösung Ihres Führungsproblems

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2. Einführung

berechenbarer machen und Vertrauen erzeugen. Nein, Führung kann nicht bis ins letzte Detail durchgeplant werden. Und ja, Führung unterliegt auch kurzfristigen Einflüssen. Man muss als Führungskraft auch improvisieren können, an den richtigen Stellen auch auf seinen Instinkt hören und auf sein Bauchgefühl vertrauen. Aber gerade deswegen brauchen Sie als Grundlage einen sicheren Kompass, einen klaren, umsetzbaren Plan, eine persönliche Führungsstrategie, die Ihnen ausgehend vom heutigen Status die Richtung weist, wie Sie Ihre Mitarbeiter führen wollen. Nur so bleibt auch das Improvisieren in der Mitarbeiterführung zielführend. Nur so verlieren Sie beim Hören auf Ihr Bauchgefühl nicht die grundsätzliche Richtung, die Orientierung. Andernfalls werden Sie spätestens in der digitalen Transformation zum Fähnchen im häufig stürmischen Transformationswind. Das MAESTRO-Management-Cockpit wird Ihr zentrales Steuerungsinstrument Das Management-Cockpit spannt Ihr neues Wahrnehmungs- und Aktionsfeld der Führung auf und macht es für Sie transparent. Es besteht in der Horizontalen aus den 5 Feldern Ihrer Führungssituation, in der Vertikalen aus den Ihnen bereits vorgestellten 9 Steuerungshebeln. Innerhalb dieser 45-Felder großen Matrix können Sie fortan die Schwerpunkte Ihres Führungshandelns und die korrespondierenden Ziele aufnehmen (vgl. Abbildung 7, Ziffer 1). In Ihrem ManagementCockpit vermerken Sie insbesondere auch die Führungsaktivitäten, auf die Sie sich in der digitalen Transformation fokussieren wollen. Das gesamte Logbuch ist Ihr zentraler Führungskompass, Ihr roter Faden, das Fundament Ihrer Führungssituation und -aktivitäten. Ihr Logbuch wird Ausgangspunkte und Ansatzpunkte Ihrer Führung beinhalten. Auf der Grundlage Ihrer dort vermerkten Aktivitäten und Zielrichtungen Ihrer Führungstätigkeit werden Sie sich auch regelmäßig fragen, ob die Schwerpunkte noch aktuell sind und ggf. angepasst werden müssen. Insofern stellt das Logbuch sowohl das Ergebnis als auch den Ausgangspunkt für den wiederholten Eintritt in den Führungskreislauf dar. Wir kommen auf diesen zentralen Gedanken und insbesondere auch auf das Management-Cockpit sehr ausführlich im Kapitel 3.4 zurück. An dieser Stelle soll es zunächst nur um eine erste Vorstellung der Zusammenhänge gehen. Wenn Sie wollen, machen wir uns nach dieser allgemeinen Einführung ins Thema nun an die eigentliche Arbeit. Wir schauen uns den MAESTRO-Führungsansatz im nachfolgenden Kapitel 3 ausführlich an. Schritt für Schritt! In Ihrem Tempo! Wenn Sie bereit sind, geht’s los!

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz „Meine Aufgabe ist es nicht, es den Leuten leicht, sondern sie besser zu machen“ Steve Jobs (Gründer und früherer Chief Executive Officer von Apple) 

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation 3.1.1 Überblick Warum ist es so sinnvoll, Ihre Führungssituation entlang der 5 Felder der Führungssituation zu strukturieren? Machen wir es uns anhand eines Beispiels klar. Sie suchen einen Mitarbeiter für ein bereichsübergreifendes Projekt. Ihr Vorgesetzter bietet Ihnen einen Mitarbeiter mit den Worten an: „Ich stelle Ihnen Herrn Müller aus der Nachbarabteilung zur Verfügung. Der ist dort der beste Mitarbeiter.“ Auch wenn mir in der Praxis noch nie freiwillig der beste Mitarbeiter angeboten wurde, so unterstellen wir für einen kurzen Moment, dass es in diesem Falle so ist. Dennoch ist diese Aussage Ihres Chefs, den besten Mitarbeiter abzustellen, zunächst weitgehend wertlos. Warum?

Abbildung 8: 5 Felder der Führungssituation

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Schauen wir uns im Einzelnen die 5 Felder der Führungssituation an (vgl. Abbildung 8): • Anforderungen an den Mitarbeiter: Sie müssen sich im Klaren darüber sein, welche spezifischen Anforderungen die übernommenen Aufgaben an den Mitarbeiter stellen. Darüber wurde in unserem Beispiel noch nicht gesprochen. • Eigenschaften des Mitarbeiters: Ob der Mitarbeiter im Grundsatz geeignet ist, die an ihn gestellten Anforderungen zu erfüllen, hängt von seinen relevanten Eigen­schaften, seinen Fähigkeiten ab. Auch dazu machte Ihr Chef keine konkreten Angaben, als er Herrn Müller empfohlen hat. • Motivation des Mitarbeiters: Selbst wenn ein Mitarbeiter über die Fähigkeiten verfügt, die an ihn gestellten Anforderungen zu erfüllen, so muss er auch ausreichend motiviert sein, dies tatsächlich zu machen, es zu wollen. Es reicht nicht aus, etwas grundsätzlich zu können, sondern man muss es auch wollen. Wird das bei Herrn Müller im dargestellten Fall auch so sein? Kann sein – wir wissen es aber nicht! • Rahmenbedingungen, unter denen Sie den Mitarbeiter führen: Selbst wenn ein Mitarbeiter mit seinen Eigenschaften den Anforderungen der Aufgabe genügt und auch motiviert ist, seine Talente zur bestmöglichen Aufgabenerledigung einzubringen, so können ihn kontraproduktive Rahmenbedingungen von der bestmöglichen Aufgabenerledigung abhalten. Hat sich Herr Müller unter den Rahmenbedingungen des Projektes schon einmal bewährt? Wir haben auch dazu keine Informationen! • Output des Mitarbeiters: Sie müssen sich letztendlich immer im Klaren darüber sein, wie die Leistung des Mitarbeiters in seinem konkreten Arbeitsumfeld ist, welche Ziele Sie ihm bzw. er sich gesetzt hat und ob er sie erreicht hat. Anhand welcher Kriterien wird im Beispiel festgemacht, dass Herr Müller der beste Mitarbeiter ist? Oder tritt Herr Müller nur sehr sympatisch und selbstbewusst auf und wirkt deshalb kompetent und leistungsfähig? Sie sehen: Die Aussage Ihres Chefs, dass Sie den besten Mann bekommen, ist auf der Grundlage der 5 Felder der Führungssituation nicht zielführend. Denn führungsrelevante Informationen liegen Ihnen über den neuen Mitarbeiter nicht vor. Viele weitere Fragen könnten hier entlang der 5 Felder gestellt werden. Wir wollen an dieser Stelle die Mitarbeiterrekrutierung aber nicht komplizierter machen als sie ist. Und häufig ist man schon zufrieden, unter Zeit- und Budgetdruck ein Projekt irgendwie zu besetzten. Dennoch: Viele gescheiterte Projekte hätten erfolgreich abgeschlossen werden können, wenn man sich als verantwortliche Führungskraft im Vorfeld mit den 5 Feldern der Führungssituation beschäftigt hätte. Schauen wir sie uns daher genauer einzeln an.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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3.1.2 Feld 1: Die Eigenschaften der Mitarbeiter 3.1.2.1 Das sollten Sie wissen Es ist ein weitverbreitetes, zentrales Führungsproblem, dass häufig nicht transparent ist, über welche relevanten Eigenschaften die Mitarbeiter verfügen. Standardisierte Profile über die Eigenschaften der Mitarbeiter liegen grundsätzlich im Führungsalltag nicht vor.1 Dieses Vakuum greift die MAESTRO-Methodik auf und stellt Ihnen eine praxisorientierte Eigenschaftenmatrix bereit. Diese Matrix hilft Ihnen, den Blick auf Ihre Mitarbeiter zu objektivieren und die Eigenschaften entlang einer einheitlichen Struktur zu erfassen. Die MAESTRO-Eigenschaftenmatrix strukturiert Ihre Fragen zu den Mitarbeitereigenschaften Die MAESTRO-Eigenschaftenmatrix orientiert Ihre drei Ebenen an drei Leitfragen, die für Sie im Führungsalltag bei der Einschätzung der Eigenschaften Ihrer Mitarbeiter von großer Bedeutung sind: • Was zeigt er – welche äußeren Merkmale zeigt der Mitarbeiter? • Was kann er – welche Kompetenzen hat der Mitarbeiter? • Was will er – welcher grundsätzliche Typ ist der Mitarbeiter? Schauen wir uns die drei Ebenen der MAESTRO-Eigenschaftenmatrix näher an. Was zeigt er – welche äußeren Merkmale hat der Mitarbeiter? Der äußere Ring der MAESTRO-Eigenschaftenmatrix enthält äußere Erscheinungsmerkmale wie z. B. Körperhaltung, Stimme, Blick, Mimik (vgl. Abbildung 9). Sie könnten spontan einwenden, dass diese Eigenschaften mit Ausnahme weniger Berufe vernachlässigbar sind. Das ist richtig! Zwar sind für den Opernsänger die Stimme, für das Fotomodell die Körperform erfolgskritische Eigenschaften – in den meisten Fällen sind die äußeren Erscheinungsmerkmale jedoch keine relevanten Eigenschaften eines Mitarbeiters. Aber dennoch: Im äußeren Ring der MAESTRO-Eigenschaftenmatrix geht es darum, sich der Bedeutung, der Signale der Äußerlichkeiten bewusst zu werden. Und zwar immer! Denn viele Führungskräfte ziehen aus diesen Kriterien eines Mitarbeiters unbewusst Rückschlüsse auf seine Fähigkeiten. So erscheint der große, schlanke, drahtige Mitarbeiter vielen Führungskräften intuitiv als leistungsfähiger als der korpulente Mitarbeiter, die Mitarbeiterin mit scheuem Blick und leiser Stimme als umsetzungsschwach im Vergleich zur Kollegin mit fester, lauterer Stimme etc. Der sogenannte Halo-­ 1

Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 150.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 9: MAESTRO-Eigenschaftenmatrix

Effekt2 beschreibt zudem anschaulich, dass man sich typischerweise bereits wenige Sekunden nach dem ersten Kennenlernen – also bevor man sich ein Bild von den Fähigkeiten des Mitarbeiters machen konnte – ein erstes (Gesamt-)Urteil vom Gegenüber gebildet hat, welches Ihre weiteren Beobachtungen des Mitarbeiters überlagert und einfärbt. Mit anderen Worten: Ihr erster Eindruck vom Mitarbeiter ist nur schwer revidierbar. Und dies ist ausdrücklich keine Führungsschwäche von Ihnen, sondern ein normaler Effekt, dem alle Menschen evolutionsbiologisch unterliegen. Daher soll Sie der äußere Ring der MAESTRO-Eigenschaftenmatrix dafür sensibilisieren, Äußerlichkeiten bewusst wahrzunehmen. Er soll Sie aber ausdrücklich nicht von den fachlichen Eigenschaften des Mitarbeiters ablenken, sondern Ihnen vielmehr bereits beim Erstkontakt helfen, nicht in die beschriebene Wahrnehmungs- und Urteilsfalle zu tappen. Und bedenken Sie: Wir vernachlässigen an dieser Stelle bewusst die Tatsache, dass es auch Berufe gibt, bei denen die körperlichen Eigenschaften sogar an Ausschlusskriterien geknüpft sind. So müssen Sie beispielsweise als Pilot oder Polizist  eine gewisse Körpergröße aufweisen, ohne die Sie nicht eingestellt werden können.3

2 3

Zum Halo-Effekt vgl. Spektrum.de, o. A., Mai, 2021c und o. V. o. A. b. Vgl. Bekar, 2020, o. V. o. A. a und o. V. o. A. c.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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Was kann er – welche Kompetenzen hat der Mitarbeiter? Der mittlere Ring der MAESTRO-Eigenschaftenmatrix widmet sich der Frage: Was kann der Mitarbeiter? Welche wesentlichen Kompetenzen hat er? Wir unterscheiden 4 Kompetenzfelder (vgl. Abbildung 9): • Themenkompetenz: Fach-, Branchen-, Methoden- und Technikkenntnisse, • Handlungskompetenz: z. B. Gestaltungswillen, Ergebnisorientierung, Tatkraft, Belastbarkeit, • Soziale Kompetenz: z. B. Sprachgewandtheit, Konfliktfähigkeit und • Personale Kompetenz: z. B. Zuverlässigkeit, Loyalität. Hier gilt es, die Kompetenzen des Mitarbeiters zu unterscheiden und eigene Wahrnehmungsfehler zu vermeiden. So führt beispielsweise eine gute Sprachgewandt­ heit und Ausdrucksweise eines Mitarbeiters häufig dazu, auch seine Fachkompetenz positiver zu sehen, obwohl beides sachlogisch nicht miteinander korreliert ist. In diesem Beispiel hilft Ihnen die Matrix durch die strikte Trennung beider Kompetenzfelder herauszufinden, ob Sie es ggf. mit einem ‚sprachgewandten Dampfplauderer‘ zu tun haben, der im Quervergleich beim ersten Eindruck häufig den wortkargen Experten aussticht. Es kommt dabei nicht darauf an, dass Sie jedes Kompetenzfeld bis ins letzte Detail definieren. Vielmehr ist es wichtig, dass Sie die wesentlichen Kompetenzfelder separat betrachten und alle Mitarbeiter nach einem einheitlichen Verständnis der Kriterien vergleichen und einschätzen. Was will er – welcher grundsätzliche Typ ist der Mitarbeiter? Der innere Ring der Eigenschaftenmatrix hilft Ihnen die Frage strukturiert zu beantworten: Was für ein Mitarbeiter-Typ ist der Mitarbeiter? Diese Frage ist deshalb wichtig, weil Sie aufgabenspezifisch idealerweise unterschiedliche Mitarbeiter-Typen benötigen. Darüber hinaus sollten Sie sich im Klaren sein, was den jeweiligen Mitarbeiter in der Hauptsache antreibt. Für ein reines Umsetzungs­projekt bringen Ihnen z. B. analytische Mitarbeitertypen häufig keinen Mehrwert, weil Sie einen wesentlichen Teil Ihrer Arbeitsfreude und des Antriebs aus dem tiefen Durchdringen von Sachverhalten und nicht primär aus dem effizienten und effektiven Umsetzen von (vorhandenen) Lösungen beziehen. Der Analytiker spielt seine Stärken dort aus, wo man zuallererst komplexe Sachverhalte verstehen und Dingen soweit auf den Grund gehen muss, dass man sie nachvollziehen kann. Insgesamt können Sie idealtypisch 4 Mitarbeitertypen unterscheiden (vgl. Abbil­dung 9): • Analytiker, • Umsetzer, • Kreativer, • Empathischer.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Der empathische Mitarbeiter-Typ zeichnet sich dadurch aus, dass er gerne mit Kollegen zusammen ist. Er schätzt Aufgaben, bei deren Erledigung er mit Kollegen an einem Thema arbeiten kann, Teil einer Gruppe ist, Ideen und Wünsche der Kollegen erkennt und einbezieht und auch gerne eigene Vorstellungen einbringt. Der kreative Mitarbeiter-Typ bezieht seinen Antrieb hauptsächlich aus dem Entwickeln von neuen, unkonventionellen Ideen, die das Unternehmen weiterbringen sollen. Er steht Neuem gegenüber aufgeschlossen gegenüber und lebt nach dem Motto: Das Bessere ist der Feind des Guten. Der Umsetzer will anpacken, realisieren, einführen – er will praktische Erfolge sehen. Schnell. Er wird in Unternehmen nicht selten auch als ‚Macher‘ bezeichnet. Seine Motivation bezieht er hauptsächlich aus dem Fortschritt der Aufgabenerledigung. Sein Motto lautet: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! Kein Mitarbeiter ist nur einem Mitarbeiter-Typus zuzuordnen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass man bei den meisten Mitarbeitern sicherlich sehr schnell die Präferenzen und Schwerpunkte in der Aufgabenerledigung ermitteln kann. Und genau darum geht es. Diese Überlegungen und eine grobe Typus-Klassifizierung leisten einen wichtigen Beitrag für Sie, Ihre Mitarbeiter strukturiert und objektiver zu vergleichen und auch bei der Zusammensetzung von Teams einen konkreten Blick für die interdisziplinären Talente und Eigenschaften des Teams zu erhalten. Denn als Führungskraft tragen Sie auch die Verantwortung für die Teamzusammensetzung sowie einen ausgewogenen Talente-Mix in der Mannschaft. Last but not least wird Ihnen die Eigenschaftenmatrix helfen, mit viel mehr Selbstverständnis und Selbstsicherheit Personalentscheidungen zu treffen. Probieren Sie es aus: Wenn Sie z. B. bei einer Neueinstellung oder Beförderung erklären müssen, warum Sie sich für Mitarbeiter A und nicht für Mitarbeiter B entschieden haben und das entlang der Ihnen wichtigen Kriterien der Eigenschaftenmatrix begründen, so werden Sie schnell überzeugen. Denn Ihre Argumentationskette, basierend auf den Matrix-Kriterien, wird nachvollziehbar sein. Natürlich können Sie Ihre Personalentscheidungen auch anhand anderer Kriterien treffen. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass Sie ohne eine Eigenschaftenmatrix vermutlich nicht stringent immer gleiche Kriterien zugrunde legen werden und die Kriterien erst recht nicht mit den von Ihnen im Führungsalltag benötigten Kriterien übereinstimmen. Und genau darum geht es bei der MAESTRO-Eigenschaftenmatrix: Sie betrachten alle Mitarbeiter durch die gleiche Brille und können auf dieser Grundlage alle Mitarbeiter objektiver miteinander vergleichen. So beruhen auch Ihre Personal- und Managemententscheidungen auf einem festen und strukturierten Kriterien-Fundament. Das wird dafür sorgen, dass Sie Personal(einsatz)entscheidungen strukturierter, sachgerechter und schlichtweg besser nachvollziehbar treffen werden. Probieren Sie es aus! Berücksichtigen Sie bei der Anwendung der MAESTRO-Eigenschaftenmatrix, dass es nicht darum geht, die Welt einfacher zu machen, als sie ist. Und kritische

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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Stimmen könnten einwenden, dass man die Mitarbeiter nicht so einfach in (Eigenschaften-)Schubladen ablegen sollte. Das ist auch ausdrücklich nicht das Ziel. Denn jeder Mitarbeiter verfügt über sein ganz individuelles, sehr differenziertes Eigenschaftenprofil. Auch geht es nicht darum, ein detailliertes, psychologisch validiertes Detailprofil zu erstellen, wie es externe Dienstleister – meistens für viel Geld mit geringem zusätzlichem Erkenntnisgewinn  – anbieten. Vielmehr hilft Ihnen die Eigenschaftenmatrix, Ihren Job als Führungskraft besser zu machen. Sie hilft Ihnen, ein aussagefähiges, angemessenes und ausreichend umfangreiches Bild von den Eigenschaften Ihres Mitarbeiters zu bekommen. Denn das brauchen Sie, um professionelle Personalentscheidungen treffen zu können. Und das ist Ihre Aufgabe, das ist Ihre Verpflichtung, dafür sind Sie die Führungskraft Ihrer Mitarbeiter. Mit der Eigenschaftenheatmap erfassen Sie die relevanten Mitarbeitereigenschaften Ein Führungswerkzeug, mit dem Sie die beschriebenen Eigenschaften jedes Mitarbeiters strukturiert und schnell erfassen können, ist die Eigenschaftenheatmap (Abbildung 10). Sie stellt sicher, dass Sie sich die Eigenschaften des Mitarbeiters aus vielen Perspektiven verdeutlichen und sachfremde Gegebenheiten Ihr Bild vom Mitarbeiter nicht beeinflussen. So sind beispielsweise – wie bereits erwähnt – in den meisten Fällen die äußeren Eigenschaften des Mitarbeiters irrelevant, führen aber häufig zu einer ersten Einschätzung des Mitarbeiters, die auf die Beurteilung der anderen, relevanten Eigenschaften ausstrahlen kann. Probieren Sie es doch gleich einmal aus, indem Sie für zwei Mitarbeiter von Ihnen, die Sie für sehr unterschiedlich halten, die Eigenschaftenheatmap ausfüllen.4 Das können Sie innerhalb von wenigen Minuten tun. Nutzen Sie dazu die Strukturen aus Abbildung 10. Bei der Einschätzung der Eigenschaften kommt es dabei nur auf Ihre Sicht der Dinge an: Sie bewerten auf der linken Seite der Heatmap die Kriterien einzeln, auf der rechten Seite bewerten Sie das Kriterien-Cluster mit einem Gesamteindruck. Sie haben drei Bewertungsmöglichkeiten: •  = gut ausgeprägt, •  = erkennbar, •  = nicht erkennbar. Es gibt keine weiteren, zusätzlichen Regeln. Das heißt auch: Welche Cluster-Bewertung Sie aus den Einzelbewertungen ableiten, obliegt allein Ihrer Einschätzung, Ihrem persönlichen Wertesystem, Ihrer Sicht auf den Mitarbeiter, Ihrer Verant 4

Alternativ können Sie sich auch das Eigenschaftsprofil jedes beliebigen anderen Jobs zugrunde legen. Zu den Eigenschaften eines Managementsystembeauftragen vgl. z. B. Gawron, 2016, S. 176 f. Zu Eigenschaftsprofilen von Mitarbeitern unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten vgl. Gawron, 2013, S. 186 ff.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 10: MAESTRO-Eigenschaftenheatmap (Detailsicht)

wortung als Führungskraft. Wichtig ist lediglich, dass Sie bei jeder Bewertung das gleiche Wertesystem, nämlich Ihr Wertesystem, zugrunde legen. Im nachfolgenden Beispiel füllen wir exemplarisch die Eigenschaftenheatmap für die Sekretärin eines Geschäftsführers aus. Das Berufsbild der Sekretärin eignet sich deshalb besonders gut für ein Beispiel, weil nahezu alle Führungskräfte

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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von diesem Berufsbild eine gute Vorstellung haben und daher das Beispiel gut nachvollziehbar ist. Also: Stellen wir uns folgende Sekretärin vor – wir nennen sie Frau Dinkel – und übertragen danach unsere Einschätzung in die Heatmap: Frau Dinkel arbeitet seit 5 Jahren im Unternehmen und ist beim gesamten Team sehr beliebt. Insbesondere bei Terminverschiebungen oder Unterstützungsbedarf des Teams zeigt sie sich stets sehr kooperativ. Sie steht hinter Ihrem Chef und identifiziert sich sichtbar mit dem Unternehmen. Darüber hinaus ist sie sehr fleißig und zeigt stets einen hohen Einsatz. Geschäftskunden loben sie hin und wieder als sehr zuvorkommende Sekretärin und haben ihr vereinzelt auch schon ein freundliches Feedback wegen Ihrer sehr angenehmen Telefonstimme gegeben. Sie wird im gesamten Hause als sehr leistungsfähige und sehr beliebte Kollegin geschätzt. Beim Führen des Kalenders passieren ihr jedoch immer wieder handwerkliche Fehler, die aus unzureichenden Kenntnissen im Umgang mit dem Online-Kalender resultieren. Und bei Telefonkonferenzen erleben Sie auch die eine oder andere Überraschung – Frau Dinkel hat immer wieder Schwierigkeiten, mit der neuen Telefonanlage angemessen umzugehen. Sie haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, jedoch erkennen Sie aktuell keine Aktivitäten von ihr, sich des Themas intensiver anzunehmen. Sie steht Neuem gegenüber eher auf Kriegsfuß – vielleicht ist das der Grund. Die korrespondierende Eigenschaftenheatmap (Detailsicht) könnte wie folgt aussehen: In der Einzelbetrachtung der Eigenschaften auf der linken Seite der Heatmap erkennen Sie insbesondere die Handlungsfelder Technikkompetenz, Lernbereitschaft und Offenheit für Veränderungen sowie Interesse an der Durchdringung des Themas und neuen Lösungen. Diese Kriterien wurden mit ‚nicht erkennbar‘ () bewertet (vgl. Abbildung 11). Auf der rechten Seite der Eigenschaften­heatmap wurden die Einzelbewertungen in die Ihnen bereits bekannten Ebenen der Eigenschaftenmatrix überführt: äußere Eigenschaften, Kompetenzen und Typ (vgl. Abbildung 11). Wenn Sie einige Male mit der Detailsicht der Eigenschaftenheatmap gearbeitet und die Einzelkriterien verinnerlicht haben, können Sie in der Praxis auch sofort die Eigenschaftenheatmap in der Überblicks-Sicht nutzen (vgl. Abbildung 12). Sie konsolidiert die Informationen der detaillierten Heatmap (vgl. Abbildung 11) und stellt sie verdichtet dar. Die nachfolgende Überblicks-Sicht (vgl. Abbildung 12) illustriert die getroffenen Einschätzungen zu Frau Dinkel in unserem Beispiel. Die Farbcodierung folgt dabei sachlogisch den bereits eingeführten Mustern: •  = grün = gut ausgeprägt, •  = gelb = erkennbar, •  = rot = nicht erkennbar.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 11: MAESTRO-Eigenschaftenheatmap (Detailsicht mit Beispieleinträgen)

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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Abbildung 12: MAESTRO-Eigenschaftenheatmap (Überblick mit Beispieleinträgen)

Die Mitarbeitereigenschaften ermitteln Sie aus mehreren Quellen Die MAESTRO-Eigenschaftenheatmaps können Sie bereits ab dem ersten Kontakt mit dem Mitarbeiter einsetzen – so entfalten sie ihren vollen Nutzen. Nachfolgend erfahren Sie in 4 Schritten, wo und wie Sie die Eigenschaften ermitteln, um die Eigenschaftenheatmaps bestmöglich ausfüllen zu können: • Ermitteln der Eigenschaften im Lebenslauf Ein Lebenslauf ist auch heutzutage noch häufig der Erstkontakt mit den Eigen­ schaften eines Mitarbeiters. Mit Blick auf die Eigenschaftenheatmaps sollten Sie sich jedoch im Klaren darüber sein, dass Ihnen der Lebenslauf in der Hauptsache fachliche  – z. B. mit Zeugnissen belegte  – Eigenschaften nachweisen kann. Zu vielen anderen Eigenschaften werden zwar häufig im Lebenslauf Aussagen gemacht. Diese sind jedoch ohne persönliches Gespräch kaum verifizierbar. Sind Sie sich also des Wertes eines schriftlich vorliegenden Lebenslaufes bewusst, erkennen Sie aber auch, dass er Ihnen nur vergleichsweise wenige Fragen zu den Mitarbeitereigenschaften verlässlich beantwortet. Auch wenn Ihnen Ihr Bauchgefühl hier ggf. etwas anderes suggeriert. Oder anders formuliert: „Lebensläufe sollten im Zweifel nie ‚stand alone‘ als Absagegrundlage herangezogen werden, denn 30 % der Bewerber, denen Sie anhand der Unterlagen absagen, könnten den Job“5. 5

Zaborowski, o. A.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Ermitteln der Eigenschaften im Vorstellungsgespräch Starten Sie das Vorstellungsgespräch mit offenen Fragen. So überlassen Sie es dem Bewerber, zu entscheiden, bei welchen Themen er seine Schwerpunkte setzt. Diese Entscheidung des Bewerbers lässt Rückschlüsse über sein Eigenschaftsprofil zu. Ein willkürliches Bespiel für eine offene Frage: „Was war Ihr bisher größter persönlicher Erfolg?“ Sie werden schnell erkennen, ob der Bewerber eher auf Themen wie Fachlichkeit, Zusammenarbeit, auf sich selbst als Person oder eine Gruppe referenziert. Dies hilft, Ihre auf der Grundlage des Lebenslaufes getroffene Ersteinschätzung in der Eigenschaftenheatmap sukzessive weiter zu konkretisieren und Ihr Bild vom Bewerber schrittweise zu vervollständigen. Sind Sie bei bestimmten Feldern nicht sicher, wie Sie den Mitarbeiter einschätzen sollen, so können Sie zielgerichtet mit geschlossenen Fragen nachfragen. Beispiel: „Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie die fachliche Herausforderung einer Aufgabe mehr motiviert als die Zusammenarbeit mit den Kollegen?“ Des Weiteren sollten Sie mit sogenannten Steuerungs- und Prozessfragen6 das Gespräch auf die Eigenschaften lenken, die Sie besonders beleuchten wollen. Beispiel: „Sprechen wir kurz über Ihre Erfahrungen und Kenntnisse in der Umsetzung von Themen“. Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie die Antworten des Mitarbeiters für sich noch nicht ausreichend werten und gewichten können oder der Mitarbeiter zu bestimmten Eigenschaften nicht ausreichend konkret wird, können Sie mit sog. Skalierungsfragen7 arbeiten. Beispiel: „Wie schätzen Sie Ihre Entscheidungsfreudigkeit auf einer Skala von 1 (sehr gring) bis 10 (sehr hoch) ein?“ Auch über die Fragetechnik selbst – weitgehend unabhängig vom konkreten Inhalt der Frage – können Sie Hinweise zu spezifischen Eigenschaften des Mitarbeiters erhalten. Mit Hilfe sogenannter Perspektivwechselfragen8 gewinnen Sie einen Eindruck, wie es um die Selbstreflexion und die empathischen Fähigkeiten des Mitarbeiters bestellt ist. Beispiel: „Was würden Ihre Kollegen zu Ihren fachlichen Kenntnissen sagen?“ Mit einer solchen Frage können Sie schnell Mitarbeiter erkennen, die in der Lage sind, aus einer Meta-Perspektive auf sich zu schauen. Diesen Menschen fällt es grds. leichter, sich im Kontext Ihres Umfeldes einzuordnen, mit den Augen der Kollegen auf Dinge zu blicken, die eigenen Leistungen im Kontext anderer einzuordnen und sich als Bestandteil eines Teams zu verstehen. Diese Mitarbeiter sind in der Regel selbstreflektierter und empathischer als diejenigen, die auch nach zweimaligem Nachfragen den Kern der Frage immer noch nicht beantwortet haben, jedoch bisher bereits mehrfach im Gespräch behauptet hatten, sehr selbstkritisch und reflektiert zu sein.

6

Vgl. dazu auch Preußig / Sichard, 2018, S. 85 ff. Vgl. dazu auch Preußig / Sichard, 2018, S. 85 ff. 8 Vgl. dazu auch Preußig / Sichard, 2018, S. 85 ff. 7

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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Eine hilfreiche Methode, im persönlichen Gespräch weitere Informationen zu den Eigenschaften des Mitarbeiters zu erhalten, die im konventionellen Gesprächsverlauf häufig nicht preisgegeben werden, ist die Frage nach dem sogenannten ‚Leben B‘. Dabei ist das ‚Leben A‘ das Leben, das der Mitarbeiter bisher gelebt hat und auch – nach allem was man offiziell weiß – in Zukunft weiterleben will. Das ‚Leben B‘ ist demgegenüber das bisher ungelebte Leben, das jedoch als mindestens so attraktiv wie Leben A empfunden wird. Dieses Leben wurde bisher nicht gelebt, weil z. B. der Mut fehlte, der Numerus Clausus nicht erreicht wurde oder die Eltern dagegen waren. 70 % der Menschen haben ein ‚Leben B‘. Sowohl der Bewerber und als auch die ggf. zukünftige Führungskraft sollten gemeinsam herausfinden, ob das ‚Leben B‘ Kraft spendet oder aufgrund des ständigen Denkens an den unerfüllten Traum eher Kraft kostet. Denken Sie z. B. an den unerfüllten Traum, als Maler und Bildhauer zu arbeiten, also eigene Bilder zu malen und Skulpturen herzustellen. Es besteht nun die Möglichkeit, dass das regelmäßige Besuchen von Kunstausstellungen als positive motivatorische Kraft – des nicht gelebten ‚Lebens B‘ – wirkt. Demgegenüber besteht aber die Möglichkeit, dass das ungelebte Leben zu einem stabilen inneren Motivationsdefizit im ‚Leben A‘ führt. In diesem Falle sollten sowohl Mitarbeiter als auch Führungskraft nach Wegen suchen, diesen Zustand zu ändern.9 Letztlich können Sie im persönlichen Gespräch Hinweise zur Ambiguitätstoleranz beim Mitarbeiter erhalten. Unter Ambiguitätstoleranz versteht man das Aushalten von Widersprüchen, ohne schnell in negativen Stress zu verfallen, versteht man die Fähigkeit, einander widersprechende Standpunkte oder Gedanken zu ertragen und als Chance, nicht als Bedrohung, zu sehen.10 Sie erhalten Hinweise auf die Ambiguitätstoleranz, wenn Sie dem Gesprächspartner zwei konfliktäre Optionen als Entscheidungsvorschlag beschreiben. Je schneller er sich für eine Option entscheidet, umso niedriger könnte seine Ambiguitätstoleranz sein. Je länger er in der Lage ist, entlang einer konfliktären, unangenehmen Situation eine Antwort für sich abzuleiten, umso toleranter könnte er sein. Sie sehen anhand der bisherigen Beispiele, dass Ihnen ein ausführliches Gespräch mit Bewerbern und Mitarbeitern die Möglichkeiten gibt, sehr individuell und nach Ihrer persönlichen Einschätzung die Gesprächsinhalte entlang der Kriterien der MAESTRO-Eigenschaftenheatmap zu formulieren. Aber machen Sie bei der Einschätzung der Eigenschaften des Bewerbers nicht den Fehler, in die Selbstähnlichkeitsfalle zu tappen. Denn je ähnlicher Ihnen die interviewte Person ist, umso tendenziell positiver wird die interviewte Person von Ihnen gesehen.11 Es versteht sich von selbst, dass dies jedoch in den meisten Fällen keinen Aussagewert hinsichtlich der Eignung der betreffenden Person hat, die spezifischen Aufgaben des künftigen Aufgabengebietes wahrzunehmen. 9

Zu den Leben A und B vgl. Slaghuis / Rose, 2020, S. 222 f. Vgl. Sprenger, 2020, S. 85 und S. 102. 11 Vgl. Sprenger, 2020, S. 76. 10

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Bitte berücksichtigen Sie auch: „Generalisten haben es allgemein schwerer als Spezialisten – bei Bewerbungen und Beförderungen – Ihren Wert für die Organisation herauszustellen“12. Auch in diesem Kontext hilft Ihnen die MAESTROEigenschaftenmatrix, den Mehrwert strukturiert zu ermitteln und im Kontext der Eigenschaften bereits vorhandener Mitarbeiter zu bewerten. Insgesamt helfen Ihnen die richtigen Fragen in Bewerbergesprächen, Ihr Bild von den Eigenschaften sukzessive zu entwickeln. Dennoch sollten Sie das Kind auch nicht mit dem Bade ausschütten: Eine ggf. spontane, einzelne Antwort des Bewerbers ist nie geeignet, um allein daraus eine pauschale Einschätzung abzuleiten. Sie kann aber sehr wohl dazu dienen, eine bereits entwickelte Hypothese mit einem weiteren Prüfpunkt zu vervollständigen und eine Einschätzung sukzessive weiterzuentwickeln oder abzurunden. Es bleibt auf jeden Fall genügend Raum, Ihre Erfahrungen als Führungskraft einzubringen. • Ermitteln der Eigenschaften im Assessment-Center Ein häufiger Fehler bei der Mitarbeiterrekrutierung und Mitarbeiterführung ist der unbedachte Einsatz von Assessment-Centern.13 Häufig skizziert man einem externen Dienstleister in bester Absicht das relevante Eigenschaftenprofil und beschreibt ihm die Stelle, die es zu besetzen gilt. Daraufhin sucht der Dienstleister nach einem Kandidaten und schleust ihn durch ein Assessment-Center, das vermeintlich die relevanten Eigenschaften abprüft. Sind diese im AssessmentCenter erkennbar, spricht der Dienstleister eine Empfehlung aus, der Sie folgen. Dieses Vorgehen kann Ihnen bei Ihrer Führungsentscheidung helfen – Sie könnten aber vermutlich auch eine Münze werfen. Warum? Ein externes Assessment Center sagt grundsätzlich nichts darüber aus, ob die so viel zitierte Chemie zwischen Mitarbeiter und Chef passen wird. Auch erfolgt die Klassifizierung der Eigenschaften typischerweise in einer anderen Struktur sowie einer anderen Metrik als der, die Sie – z. B. mit dem MAESTRO-Ansatz – nutzen. So ist es nicht sinnvoll möglich, die Ausprägung und Qualität der Eigenschaften mit denen Ihrer vorhandenen Mitarbeiter zu vergleichen. Und zwar aus einer Hand. Ihrer Hand. Genau darauf kommt es aber an, wenn Sie Ihr Team verstärken wollen. Als Führungskraft sollten Sie daher nie die Einschätzung von Eigenschaften der Mitarbeiter aus der Hand geben. Das ist Ihr Kerngeschäft, Ihre Kernkompetenz. Und es bedeutet ausdrücklich nicht, dass Sie zwingend selbst über alle Eigenschaften und Kompetenzen verfügen müssen. Ein Assessment-Center kann durchaus Sinn machen, wenn Sie bei bestimmten Eigenschaftskriterien eine externe Einschätzung zum Mitarbeiter benötigen. Sie sollten jedoch nie die Einschätzung des Eigenschaften-Portfolios eines Mitarbeiters in externe Hände geben.

12 13

Slaghuis / Rose, 2020, S. 220. Zum Einsatz von Assessment-Centern vgl. auch Hesse / Schrader, 2012.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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• Ermitteln der Eigenschaften im Gespräch / Interview on the job (nach der Einstellung eines Mitarbeiters) In diesem vierten und letzten Schritt der Komplettierung der Eigenschaftenmatrix des Mitarbeiters validieren und verifizieren Sie on the job das Eigenschaftenprofil Ihres Mitarbeiters. So können Sie es z. B. vor Ablauf der Probezeit, bei Beförderungen, Gehaltsanpassungsgesprächen durchgehen und so Ihre Eindrücke vom Mitarbeiter strukturieren und objektivieren. Bei der Einschätzung der Mitarbeitereigenschaften warten einige Fallgruben auf Sie Sie haben bisher erfahren, wie Sie die Eigenschaften Ihrer Mitarbeiter ermitteln, Sie immer weiter konkretisieren und letztendlich ein umfassendes Bild der Eigenschaften entwickeln können. Allerdings lauern auf dem Weg dahin eine Reihe von Fallgruben, die Sie kennen sollten. Reduzieren Sie daher bei der Ermittlung der Eigenschaften Ihrer Mitarbeiter die Effekte, die regelmäßig in der Praxis zu falschen oder verzerrten Einschätzungen führen. Machen Sie sich die nachfolgenden Fehlerquellen14 bewusst, damit Ihr Bild von den Eigenschaften des Mitarbeiters möglichst objektiv ist: • Erster Eindruck-Effekt: Ihr erster Eindruck vom Gegenüber entscheidet häufig über Sympathie und Antipathie zur anderen Person. Dies färbt die Einschätzung der Eigenschaften entweder positiv (bei Sympathie) oder negativ (bei Anti­pathie). • Milde Effekt: Sie wollen Ihren Mitarbeitern nicht schaden und befürchten Motivationseinbußen, wenn Sie eine realistische Beurteilung der Eigenschaften vornehmen. Daher bewerten Sie die Eigenschaften durch eine rosarote ‚MildeBrille‘. • Kontrast-Effekt: Ihre Beurteilung der Eigenschaften wird von der Umgebung der Wahrnehmung beeinflusst. Der Einäugige ist der König unter den Blinden, aber unter den Sehenden nichts Besonderes mehr. Dieser geflügelte Satz spiegelt den Kontrast-Effekt wider. Auch Eigenschaften, die im Unternehmen vermeintlich etwas Besonderes darstellen, werden häufig überbetont. D. h. sie werden von Ihnen stärker positiv oder negativ gesehen, als ohne diesen Kontrast. • Zeit-Effekt: Die letzten Eindrücke vom Mitarbeiter und seinen gezeigten Eigenschaften sind bei Ihnen präsenter als weiter zurückliegende und prägen Ihre Einschätzung mehr als die zurückliegenden Eindrücke. • Nähe-Effekt: Je näher Ihr Kontakt zur einzuschätzenden Person ist, umso besser fällt Ihre Beurteilung seiner Eigenschaften aus. Getreu dem Motto: Einem Freund tut man nichts Böses an – auch nicht durch eine vermeintlich kritische Bewertung. 14

Vgl. North / Sieber-Suter, 2018, S. 88–90.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Unternehmenszugehörigkeits-Effekt: Sie beurteilen Mitarbeiter, die schon länger dem Unternehmen angehören, tendenziell positiver als Mitarbeiter, die noch nicht so lange im Unternehmen sind. Dabei unterstellen Sie unterschwellig, dass die Zugehörigkeit zum aktuellen Unternehmen ein Faktor für die Güte der Erfahrungen und Eigenschaften ist. Das intensive Beschäftigen mit den Eigenschaften des Mitarbeiters ist auch ein Zeichen von Wertschätzung. „Wertschätzung ist das individuelle Erleben des Mitarbeiters von echtem Interesse der Führungskraft an seinen persönlichen Stärken und Werten“15! Echtes Interesse setzt voraus, dass Sie Ihren Mitarbeiter, seine Eigenschaften, seine Stärken und Schwächen, kennen. Und das Sie sich nicht von Eigenschaften leiten lassen, die für die konkreten Aufgaben irrelevant sind. Genau hier stellt die MAESTRO-Eigenschaftenheatmap die Struktur bereit, die Sie beim Kennenlernen Ihrer Mitarbeiter und Ihrer relevanten Eigenschaften unterstützt. Damit auch an dieser Stelle kein Missverständnis entsteht: Es geht immer um die persönliche Individualität Ihrer Mitarbeiter, um Ihre Einzigartigkeit. Diese erkennen Sie aber nur dann, wenn Sie alle Mitarbeiter durch die gleiche Brille betrachten. „Sich in die Eigenschaften und Gefühlswelt des Mitarbeiters hineinversetzten zu können, ist ein enorm wichtiges Führungsinstrument. Denn wenn die Mitarbeiter positiv gestimmt sind, weil Sie sich wohl und wertgeschätzt fühlen, sind Sie auch bereit, sich zu engagieren“16. Eine Voraussetzung für Motivation in Ihrer Mannschaft ist daher die Kenntnis der Eigenschaften, Stärken und Schwächen Ihrer Mitarbeiter und der vertrauensvolle, konstruktive Umgang mit diesen Informationen. Die Bedeutung von Empathie als Eigenschaft nimmt zu Die für eine Führungskraft so wichtige Empathie – das Sich-in-den-Mitarbeiter-hineinversetzen-Können, Mit-den-Augen-des-Mitarbeiter-sehen- und seinenOhren-hören-Können – ist eine positive Voraussetzung dafür, sich ein Bild über die Mitarbeiter-Eigenschaften machen zu können. Im Reflex ist aber auch die Erfassung der Mitarbeitereigenschaften gleichzeitig die Voraussetzung für empathisches Führungsverhalten. Es kommt daher bei guter Mitarbeiterführung nicht nur auf eine generelle Menschenkenntnis oder das vielzitierte gute Bauchgefühl, sondern stets auch auf das strukturierte Erkennen der Facetten des Mitarbeiters an. Die Empathie der Führungskraft ist also bedeutsam, die Empathie der Mitarbeiter ist aber nicht weniger wichtig. Sie ist z. B. eine wesentliche Voraussetzung für Teamfähigkeit. Empathie wird als Teil der emotionalen Intelligenz eines Mitarbeiters verstanden. Nachfolgende Einzelkompetenzen sind mit der emotionalen Intelligenz positiv korreliert:17

15

Slaghuis / Rose, 2020, S. 104. Liebermeister, o. A. 17 Mai, 2020a. 16

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

59

• Personale Kompetenzen18 – Selbstwahrnehmung:19 Verstehen eigener Gefühle und Stimmungen sowie Ihrer Wirkung auf andere. – Selbstregulierung:20 kontrolliertes, nicht impulsives Reagieren auf negative Stimmungen, Wünsche, Impulse; als Form des Selbstmanagements auch Selbstdisziplin. • Soziale Kompetenzen21 – Empathie:22 Gabe, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, um auf dieser Basis angemessen zu (re)agieren. – Kontaktfähigkeit:23 Fähigkeit, soziale Kontakte aufzubauen und halten zu können. Wie wichtig es ist, sich entlang der einzelnen Kriterien der emotionalen Intelligenz ein individuelles Bild von ihr zu machen, verdeutlicht auch eine HarvardStudie, die mit dem weitverbreiteten Vorurteil aufräumt, dass intuitiv handelnde Menschen empathischer sind als primär analytisch geprägte Menschen. Die Studie weist nach, dass es genau anders herum ist und widerspricht damit einem weit verbreiteten Bauchgefühl in den Personalabteilungen und Managementetagen der Unternehmen: Analytisch geprägte Menschen sind in Summe empathischer als die mehr intuitiv handelnden Personen.24 Das bedeutet für Sie: Schauen Sie als Führungskraft genau hin und machen Sie sich ein Bild von dieser Eigenschaft der Mitarbeiter. 3.1.2.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Sind Sie schon ein Menschenkenner? „Führungskräfte in der digitalen Transformation tun sich größtenteils schwer, Ihre eigenen Fähigkeiten und die Ihrer Mitarbeiter als Team einzuschätzen“25. Und „… wie verschiedene Studien zeigen, ist der Mangel an entsprechenden Kompetenzen eines der Hauptprobleme vieler Unternehmen bei der Digitalisierung“26. Denn „… in heutigen Arbeitswelten, in denen Agilität, Flexibilität, Kooperation, Kreativität und Mindset immer mehr gefragt sein werden, wird es immer weniger auf 18

Vgl. Abbildung 10: Eigenschaftenheatmap. Zur Selbstwahrnehmung vgl. Mai, 2020a. 20 Zur Selbstregulierung vgl. Mai, 2020a. 21 Vgl. Abbildung 10: Eigenschaftenheatmap. 22 Zur Empathie vgl. Mai, 2020a. 23 Zur Kontaktfähigkeit vgl. Mai, 2020a. 24 Vgl. dazu Mai, 2020b. 25 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 178 f. 26 Petry, 2019b, S. 96. 19

60

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Spezialistentum und tiefe Fachkenntnisse ankommen, sondern mehr auf die Persönlichkeit eines Menschen mit seinen individuellen Talenten, Erfahrungen, Kompetenzen und Stärken“27. Und „… vielleicht kommen wir in Zukunft an den Punkt, dass sich Arbeitgeber bei potenziell Wechselwilligen bewerben werden. Für manche Branchen und Positionen ist dies bereits heute der Fall“28. Außer Frage steht, dass „der Mangel an digitalen Talenten der größte Engpass der Digita­lisierung zu werden droht. Ein Defizit an digitalen Fähigkeiten gehört zu den Top-Barrieren für die digitale Transformation“29. Sie sehen, die Führungskraft muss sich in Zeiten der digitalen Transformation zum Menschenkenner weiterentwickeln. „Denn Führungskräfte haben immer häufiger keinen Wissensvorsprung vor ihren Mitarbeitern und müssen daher immer häufiger auf deren Expertise und Loyalität vertrauen können. Es wird zunehmend zu einer Kernaufgabe von Führung, Mitarbeiter mit Spezialwissen in Teams einzubinden und deren individuellen Stärken zu fördern“30. Mit Blick auf die Eigenschaften der Mitarbeiter sollte es ein übergreifendes Ziel von Ihnen als Führungskraft sein, dass „alle Mitglieder einer Organisation oder eines Unternehmens daran arbeiten, die vielen vorhandenen Kompetenzen, wertvollen Erfahrungen und individuellen Persönlichkeiten zu erkennen, sinnvoll (neu) miteinander zu verbinden und so den digitalen Wandel als gemeinsame Aufgaben und Chance zur Veränderung zu begreifen“31. Auch deshalb ist die strukturierte Sicht auf die Eigenschaften Ihrer Mitarbeiter die erfolgskritische Voraussetzung, dass Sie Ihren Führungsherausforderungen nachkommen können. Beziehungsintelligenz der Mitarbeiter wird wichtiger In der digitalen Transformation gewinnt das Arbeiten in Teams, in Netzwerken, das hierarchie- und organisationsübergreifende Arbeiten immer mehr an Bedeutung. Aus diesem Grunde wird die Beziehungsintelligenz bei Mitarbeitern wie Führungskräften immer bedeutsamer. Creussen / Gall / Hackl32 beschreiben 4 Bausteine der Beziehungsintelligenz, die Sie als Führungskraft fördern sollten: • Vermitteln: z. B. Menschen zusammenführen, • Koordinieren: z. B. von Projekten, Tätigkeiten, • Moderieren: z. B. von Konflikten, • Unterstützen: z. B. Netzwerke stärken, Systeme aufbauen, Kommunikationsprozesse definieren, Ressourcen beschaffen. 27

Slaghuis / Rose, 2020, S. 125. Slaghuis / Rose, 2020, S. 126. 29 Hoberg et al., 2018, S. 65. 30 Liebermeister, o. A. 31 Slaghuis / Rose, 2020, S. 73. 32 Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 143. Eine allgemeine Heranführung an das Thema Beziehungsintelligenz liefert Gross, 1997, S. 45 ff. 28

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

61

Während in klassischen, traditionellen Organisationen der Blick auf die Mitarbeitereigenschaften häufig noch zu sehr auf die Fach- und Methodenkompetenzen gerichtet ist, so werden in netzwerkbasierten Strukturen die drei weiteren Kompetenzfelder der Eigenschaftenheatmap (vgl. Abbildung 10) immer wichtiger:33 • Handlungskompetenz: Mangels hierarchischer Machtverhältnisse in Netzwerken gewinnen die Eigenschaften Gestaltungswillen, Ergebnisorientierung etc. zunehmend an Bedeutung. • Soziale Kompetenz: Aufgrund der intensiven, interdisziplinären Zusammenarbeit in Netzwerken gewinnen die Eigenschaften Sprachgewandtheit, Kooperations­ fähigkeit etc. zunehmend an Bedeutung. • Personale Kompetenz: Aufgrund der typischerweise interessengetriebenen Zusammenarbeit in Netzwerken gewinnen die Eigenschaften Lernbereitschaft, Hilfsbereitschaft etc. immer mehr an Bedeutung. Teamarbeit braucht die richtige Team-Zusammensetzung Netzwerkbasierte Arbeit bedeutet insbesondere: Arbeiten in Teams, Interaktion mit Kollegen, hierarchiefreies Wetteifern um die beste Idee und die beste Lösung. „Empirische Studien … haben ergeben, dass eine möglichst heterogene Zusammensetzung … innerhalb einer Personengruppe eine vielfach höhere Varianz an Lösungswegen entstehen lässt. Die Teilnehmer ergänzen sich durch ihre jeweiligen Fachgebiete und sind dadurch in der Lage, Lösungswege zu entwickeln, die jedem einzelnen verschlossen bleiben“ 34.

Abbildung 13: Teamrollen35

Ob ein Team angemessen heterogen besetzt ist, können Sie ergänzend zur Nutzung der Eigenschaftenheatmap durch eine rollenbasierte Betrachtung überprüfen 33

Vgl. dazu auch Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 144 f. Slogar, 2018, S. 205. 35 Vgl. dazu auch Preußig / Sichard, 2018, S. 60 f. 34

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

(vgl. Abildung 13). Je mehr der 9 Teamrollen nach Belbin36 in Ihrem Team besetzt sind, umso effektiver wird das Team zusammenarbeiten. Dabei können grundsätzlich auch mehrere Rollen von einer Person ausgefüllt werden. Im Team übernimmt je nach Phase der Zusammenarbeit immer wieder eine andere Rolle die Führung.37 Kenntnisse zur emotionalen Intelligenz werden zum unverzichtbaren Führungswissen Die für die Kooperation in Teams und das Arbeiten in Netzwerken bereits als erfolgskritisch erkannte emotionale Intelligenz gewinnt in der digitalen Trans­ formation immer mehr an Bedeutung. Sie wird zu einer Kernkompetenz der digitalen Transformation. Daher sollten Sie die wesentlichen Eckpunkte der emotionalen Intelligenz kennen. Sie helfen Ihnen, Verhaltensweisen in Veränderungssituationen besser einzuschätzen und darauf aufbauend bessere Führungsentscheidungen abzuleiten. Abbildung 14 verdeutlicht stark vereinfacht, dass das rationale Denken und die Emotionalität im menschlichen Gehirn von unterschiedlichen Gehirnregionen gelenkt werden: „Intellekt und Emotion werden von 2 verschiedenen neuralen Systemen gesteuert“38. Und „… obwohl in der Unternehmenswelt dem reinen Intellekt großer Wert beigemessen wird, sind unsere Emotionen stärker als unser Intellekt. In Notfällen übernimmt unser emotionales Zentrum – das limbische System – das Kommando über den Rest des Gehirns“39. Während unser sogenanntes Thinking Brain, der Neokortex, eine „effiziente Lernmaschine ist, die schnell Informationen verstehen und verarbeiten kann, nachdem man sie einmal erlebt hat, so laufen in unserem Emotional Brain, dem limbischen System, Lernprozesse deutlich langsamer als im Neokortex ab und lassen sich am besten durch Motivation, Übung und Feedback verbessern“40. Das heißt im übertragenen Sinne für Ihre Mitarbeiterführung, dass Sie durch die strukturierte Erfassung der Mitarbeitereigenschaften in der Eigenschaftenheatmap automatisch auch einen Beitrag zum eigenen Verständnis Ihres Führungshandelns leisten. Die Eigenschaftenheatmap versorgt Ihren Neokortex mit Wissen. Veränderungen in Ihrem Führungshandeln werden damit aktiviert und angestoßen. Da Ihre Führungsfähigkeiten jedoch zum unbewussten Repertoire Ihrer bisherigen Gewohnheiten gehören, muss Ihr neues Führungshandeln daher aktiv eingeübt werden. Die Hirnforschung zeigt, dass zur Verinnerlichung, Akzeptanz und erfolgreichen Umsetzung Ihres Führungshandelns mit neuen Verhaltensweisen experimentiert werden muss. Nur so schafft man neue Nervenverbindungen, trainiert sie, und kommt zu einem neuen – der digitalen Transformation angemessenen – Führungsverhalten. Dabei hilft sogar 36

Vgl. Belbin, 2013 und Windolph, 2021. Vgl. Preußig / Sichard, 2018, S. 60 f. 38 Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 48 f. 39 Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 48 f. 40 Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 50, 136 f., 180 und 203 ff.

37

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

63

Abbildung 14: Emotionale Intelligenz und Hirnforschung

schon das mentale Üben, das gedankliche Durchspielen neuer Verhaltensweisen.41 Bitte beachten Sie aber, dass man „… unter Stress und der damit einhergehenden Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol nicht gut lernt. Es entsteht ein Gefühl der Unsicherheit, was die Fähigkeit, neue Wege auszuprobieren, beeinträchtigt. Neue Führungsqualität lernt man daher am besten in einem Umfeld, in dem man sich sicher fühlt“42. Goleman / Boyatzis / Mckee43 haben in einer Untersuchung zur emotionalen Intelligenz bei leistungsstarken, hoch performanten Führungskräften, folgendes festgestellt: „Je höher der Rang einer herausragenden Führungskraft war, desto entscheidender waren die Fähigkeiten der emotionalen Intelligenz für ihre Effektivität. Der Vergleich von herausragenden und durchschnittlichen Führungskräften in Spitzenpositionen ergab, dass der Unterschied zwischen ihren Profilen zu etwa 85 % auf Faktoren der emotionalen Intelligenz zurückzuführen war, während rein kognitive Fähigkeiten wie Fachwissen eine eher untergeordnete Rolle spielten“44. „Deshalb hat die emotionale Intelligenz für die herausragenden Leistungen einer Führungskraft wesentlich mehr Bedeutung als z. B. der Intelligenz-Quotient“45. In Kapitel 3.1.2.4 (Abbildungen 18 und 19) finden Sie einen (Selbst-)Test, mit dem Sie die Ausprägung Ihrer emotionalen Intelligenz testen können. Auch für Ihre Mitarbeiter und die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Ihrem Team haben Goleman / Boyatzis / Mckee wichtige Erkenntnisse veröffentlicht: „Gruppen sind dann klüger als Einzelpersonen, wenn sie die Qualitäten emotionaler Intelligenz aufweisen. Jedes Gruppenmitglied trägt zur emotionalen Intelligenz der Gruppe bei, doch der Anführer spielt eine besonders wichtige Rolle. Emotionen sind ansteckend, und es ist ganz natürlich, dass die Gruppe auf die Gefühle und das Verhalten des Anführers besonders achtet. Daher kann eine Führungskraft, der es an emotionaler Intelligenz mangelt, in einem Team verheerenden Schaden

41

Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 50, 136 f., 180 und 203 ff. Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 50, 136 f., 180 und 203 ff. 43 Vgl. Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 312 ff. 44 Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 312. 45 Vgl. Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 312. 42

64

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

anrichten“46. „Kollektive emotionale Intelligenz hebt Hochleistungsteams von durchschnittlichen Teams ab“47. Lachen, Humor, das Vorleben einer ‚professionellen Nestwärme‘, all das steigert die Performance des Teams. Sorgen Sie daher dafür, dass Ihr Team eine Gemeinschaft wird, in der man wertschätzend und offen miteinander umgeht sowie aufmerksam und achtsam mit den Kollegen kooperiert. Dieser wertschätzende Umgang miteinander wird übrigens immer noch von den sog. knallharten Machern unter den Führungskräften belächelt. Völlig grundlos, wie längst objektiv nachgewiesen wurde. Und noch ein letzter Gedanke zur emotionalen Intelligenz: Die dargestellten Erkenntnisse verdeutlichen auch, dass bei Schlechtperformance eines Teams reflexartig anberaumte Teamevents mit dem Ziel der schnellen Verbesserung der Zusammenarbeit häufig sinnlos sind. „Wenn die Führungskraft aufgrund Ihrer Mitarbeiterführung der Grund für Dysfunktionalitäten in der Teamzusammenarbeit ist – weil Sie z. B. aufgrund eines zu hohen Leistungsdrucks sowie einer geringen Fehlertoleranz aus Kollegen Konkurrenten macht – so bringt ein Teambuilding-Event nichts. Denn in dem beschriebenen Fall läge der Grund für die mangelnde Kooperation des Teams in den virtuellen, erlebbaren, destruktiven Normen des Chefs und nicht in einer gegenseitigen Abneigung der Mitarbeiter. Daher sollte man als Führungskraft immer auch prüfen, in welchen Normen ein Team ggf. gefangen ist“48. Erkennen Sie die dunklen Seiten der Persönlichkeit Ihrer Mitarbeiter Die digitale Transformation erzeugt bei den Mitarbeitern nicht selten eine besondere Drucksituation. Zunehmender Zeitdruck bei der Aufgabenerledigung, strukturelle und prozessuale Veränderungen im Unternehmen gepaart mit hohen Erwartungen an die Leistungen der Belegschaft sind nur einige Treiber dieser Entwicklung. In diesen Drucksituationen offenbaren Mitarbeiter häufig jenseits der Eigenschaften, die sie regelmäßig im Tagesgeschäft zeigen, auch solche Facetten Ihrer Persönlichkeit, die als die sog. dunklen Seiten der Persönlichkeit bezeichnet werden.49 Diese Seiten der Persönlichkeit treten dann hervor, wenn man sein Verhalten nicht mehr gut kontrollieren kann. In diesem Fall verlieren die sog. selbstregulierenden Strategien an Wirkung, die Mitarbeiter im Alltag einsetzen, um das eigene Verhalten bestimmten etablierten und akzeptierten Standards anzupassen.50 Sie sollten sich über dieses Phänomen im Klaren sein – wenn Ihre Mitarbeiter in Stresssituationen auf den ersten Blick völlig anders reagieren, als Sie es erwarten. Es könnte daran liegen, dass Sie gerade die sog. dunkle Seite der Persönlichkeit

46

Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 218. Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 221. 48 Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 234. 49 Zu den dunklen Seiten der Persönlichkeit vgl. Hogan / Hogan, 1997. 50 Vgl. Pucket / Neubauer, 2018, S. 208 f. 47

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

65

Ihres Mitarbeiters kennengelernt haben (vgl. auch Abbildung 10: Eigenschaftenheatmap: Personale Kompetenz – Selbstregulierung). Stellen Sie also in der digitalen Transformation bei Ihren Mitarbeitern vermehrt Verhaltensweisen fest, die Sie aus der Vergangenheit nicht kennen (vgl. Abbildung 15), so sollten Sie sich über folgende Aspekte der Eigenschaften im Klaren sein: • Die von Ihnen bisher im Tagesgeschäft regelmäßig beobachteten Eigenschaften werden durch die ggf. punktuell in Stresssituationen beobachtbaren Verhaltensweisen nicht außer Kraft gesetzt. • Prüfen Sie, inwiefern im Tagesgeschäft Quellen für unproduktiven Stress bei den Mitarbeitern vorliegen und eliminieren Sie diese. Fragen Sie Ihre Mitarbeiter, welche Situationen Sie als unangemessene Stresssituationen empfinden. • Sollten Sie als Führungskraft Zweifel haben, ob die Selbstregulierung einzelner Mitarbeiter ausreicht, um dauerhaft erfolgreich im Team zu arbeiten, so können Sie in Einzelfällen über ein Assessment-Center eine zweite Meinung zu dieser Eigenschaft einholen. In diesem Falle wird der Mitarbeiter in einem Testumfeld beobachtet, das über eine Kombination aus Zeitdruck und hoher Erwartung eine Stresssituation erzeugt, die Verhaltensweisen der dunklen Seite der Persönlichkeit offenlegen soll. Gleiches wird häufig in Stressinterviews gemacht, bei denen in Kombination von Provokation und Zeitdruck ähnliche Situationen erzeugt werden.51 Aufgrund des besonderen Aufbaus solcher Tests sollten Sie einer­seits nur in begründeten Ausnahmefällen eingesetzt und ausschließlich von professionellen Dienstleistern durchgeführt werden. Aber auch hier gilt: Die finale Einschätzung treffen Sie!

Abbildung 15: Verhaltensweisen der dunklen Seite der Persönlichkeit52

51 52

Vgl. Pucket / Neubauer, 2018, S. 208 ff. Vgl. Pucket / Neubauer, 2018, S. 208 ff.

66

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Die detaillierte Kenntnis der Mitarbeitereigenschaften ist alternativlos Anhand des vorgenannten Beispiels zur Stressresistenz und den Selbstregulierungsfähigkeiten des Mitarbeiters wird zusätzlich deutlich, wie wichtig ein regelmäßiges und dauerhaftes Coaching des Mitarbeiters durch die Führungskraft ist. Dabei wird das Coaching durch den Vorgesetzten auch von Mitarbeitern zunehmend als unverzichtbar angesehen.53 Coaching des Mitarbeiters setzt denknotwendig voraus, dass man seine Mitarbeiter mit all ihren für den Job relevanten Eigenschaften, Talenten und Potenzialen kennt. Es lohnt sich also auch aus diesem Grund, die Eigenschaften der Mitarbeiter konkret zu identifizieren und auf dieser Basis die kontinuierliche Weiterentwicklung des Mitarbeiters zu ermöglichen. Denn „… fachliche und persönliche Weiterentwicklung ist der Motor für Motivation und Erfolg im Beruf – und wird dies in Zukunft noch viel stärker sein“54. Um es mit Google zu sagen: „Only hire people, who are better than you“55. Dieses Führungsprinzip setzt mit Blick auf den MAESTRO-Führungsansatz voraus, dass Sie sowohl die relevanten Eigenschaften Ihrer Mitarbeiter als auch Ihre eigenen Eigenschaften kennen und vergleichen können. Mit den Eigenschaftenheatmaps ist das ab sofort ein Kinderspiel für Sie! 3.1.2.3 So können Sie Ihre Führungssituation ab heute transformieren • Erstellen Sie für Ihre Mitarbeiter eine Eigenschaftenheatmap und verschaffen Sie sich einen Überblick, inwiefern Sie über erfolgskritische Eigenschaften für die digitale Transformation verfügen. • „Ermitteln Sie proaktiv zukünftig benötigte Eigenschaften und sorgen Sie dafür, dass Sie rechtzeitig die entsprechenden Mitarbeiter im Team haben“56. • Etablieren Sie einen Prozess, der Ihren Mitarbeitern das permanente Lernen und Weiterentwickeln ermöglicht.57 Führen Sie dazu auch regelmäßig mit den Mitarbeitern Gespräche, was Sie tun können, um beim Erwerb von relevantem Wissen zu unterstützen. • Führen Sie neue Formate ein, die die gegenseitige Vermittlung von Wissen unter den Mitarbeitern fördern, wie z. B.: – Einführung von Reverse Mentoring:58 In einer Umkehrung des klassischen Mentoring-Prinzips vermittelt der jüngere, vermeintlich unerfahrenere Mit­ arbeiter, dem älteren Mitarbeiter Wissen, über das der ältere Kollege nicht ver 53

Vgl. Schomburg / Sobieraj / Kruse, 2019, S. 133. Slaghuis / Rose, 2020, S. 209. 55 Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 154. 56 Petry, 2019d, S. 453. 57 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 246. 58 Vgl. Petry, 2019b, S. 62 f. 54

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

67

fügt. So kann z. B. ein Digital Native in der Regel sein Wissen im Umgang mit digitalen Werkzeugen an einen älteren, weniger digital affinen Mitarbeiter, weitergeben. – Einführung von Working out loud:59 Ein Spezialist in einem bestimmten Thema arbeitet mit Kollegen für einen definierten Zeitraum an deren individuellen Aufgaben. Ziel ist es, mit Hilfe des Spezialisten in einem Thema Wissen zu erlangen, für das man sich als Mitarbeiter (an)gemeldet und Entwicklungsbedarf signalisiert hat. – Einführung von Leading out loud:60 Die Führungskraft macht ihre Führung und ihre dahinterliegenden Gründe, Motivationen etc. transparent, indem man Mitarbeitern z. B. die Möglichkeit gibt, als Gäste Geschäftsleitungssitzungen zu verfolgen, Gründe für Beförderungsentscheidungen offenlegt oder die Motivation für strategische Weichenstellungen bekannt gibt. – Vergabe von Failure Awards:61 Im Gegensatz zur klassischen Null-Fehler-Kultur und Ihrer korrespondierenden Incentivierungslogik erfolgt hier in Umkehr dieses Prinzips eine Auszeichnung für den besten Fehler, z. B. durch die monatliche Vergabe eines Preises. Die Vergabe von Failure Awards folgt der Überzeugung, dass man insbesondere aus Fehlern lernt. Der Mut, den man zum Machen von Fehlern benötigt, wird durch die vom Award aufgehobene negative Konnotation von Fehlern gestärkt. – Einführung von learning journeys:62 Hier können Ihre Mitarbeiter von den Besten eines Themas lernen – auch von deren Fehlern. Von Unternehmen mit einem hohen digitalen Reifegrad lernen Ihre Mitarbeiter auf einer learning journey vor Ort neue Geschäftsmodelle, Vorgehensweisen, Trends und Entwicklungen kennen und erhalten damit wichtige Impulse für die Weiterentwicklung Ihrer Fähigkeiten im digitalen Kontext.63 – Einführung von Barcamps oder Hackathons: Es handelt sich um eine Zusammenkunft von Mitarbeitern, die an einer Frage lösungsorientiert arbeiten wollen. In diesen Formaten erfahren Ihre Mitarbeiter innerhalb oder außerhalb des Unternehmens, wie sich das in der digitalen Transformation immer wichtiger werdende, stark kundenzentrierte, hierarchiefreie, netzwerkbasierte und umsetzungsorientierte Arbeiten anfühlt.64 – Intensivierung von Job-Rotation: Hier führt das zeitweise Übernehmen von anderen, neuen Aufgaben, zu einer sukzessiven Verbreiterung des Eigenschaften-Profils Ihrer Mitarbeiter. 59

Vgl. Petry, 2019b, S. 62 f. Vgl. Petry, 2019b, S. 62 f. 61 Vgl. Petry, 2019b, S. 62 f. 62 Vgl. Petry, 2019b, S. 62 f. 63 Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 93 ff. 64 Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 33 ff. 60

68

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Setzen Sie zur Fortbildung Ihrer Mitarbeiter auch digitale Medien wie z. B. Webi­nare, Online-Kurse, Lernmanagementsysteme ein. So schulen Sie zusätzlich zu den Trainingsinhalten auch die digitalen Kompetenzen – durch den Umgang mit diesen digitalen Medien.65 • Ermitteln Sie vor der Einstellung neuer Mitarbeiter sowie der Weiterentwicklung vorhandener Mitarbeiter spezifische Eigenschaften, die Ihnen mit Blick in die Zukunft für Ihren Bereich besonders wichtig erscheinen. Es könnte sich in Ihrem Team z. B. um folgende Eigenschaften handeln: – Technik- & digitale Methodenkompetenz, – Fähigkeit zur Schnelligkeit, d. h. Gestaltungswillen, Entscheidungsfreudigkeit und Ergebnisorientierung, – Fähigkeit zur Teamarbeit, d. h. Empathie, emotionale Intelligenz und Kooperationsfähigkeit, – Lernbereitschaft. • Intensivieren Sie Ihr Führungshandeln dort, wo Sie bei den Mitarbeitern eine positive Identifikation mit dem Unternehmen forcieren, die auf die Leistungs­ bereitschaft und den selbstgesteuerten Erwerb erfolgskritischer Fähigkeiten einzahlt:66 – Stärken Sie die Unternehmenskultur durch Fokussierung auf eine gemeinsame, verständliche und unter Beteiligung der Mitarbeiter entstandene Vision des Unternehmens sowie des eigenen Bereiches. – Intensivieren Sie das Mitarbeitercoaching und bringen Sie auf diesem Wege auch die Unternehmensziele und die Ziele Ihrer Mitarbeiter in einen besseren Einklang. – Ermutigen Sie Ihr Team, Gefühle und Impulse nicht zu verstecken, sondern leben Sie vor, dass man diese aktiv äußern darf und das Team dies respektiert. Sie als Führungskraft können das als Mitglied des Teams aktiv vorleben. – Leben Sie die Wertschätzung Ihrer Mitarbeiter aktiv vor, indem Sie sie z. B. aktiv in Entscheidungen mit einbeziehen, Beiträge von Mitarbeitern positiv hervorheben etc. – Beziehen Sie in Extremsituationen – bei Konflikten, Misserfolgen etc. – eine klare und nachvollziehbare Position und gehen Sie in solchen Situation voran, zeigen Sie Flagge, führen Sie. – Leben Sie Vertrauen vor. Machen Sie sich ganz bewusst verletzbar, indem Sie Verantwortung in die Hände Ihrer Mitarbeiter legen und einen Vertrauens­ 65 66

Vgl. Pastohr, o. A. Vgl. Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 81.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

69

vorschuss geben. Wird Mitarbeitern Vertrauen geschenkt, geben Sie Vertrauen, Motivation und Kooperation zurück. • Fragen Sie sich in regelmäßigen Abständen, ob Sie in Ihrem Verantwortungs­ bereich über ausreichende Diversität und Kreativität bei den Eigenschaften Ihrer Mitarbeiter verfügen.67 • Handeln Sie bei der Besetzung von freien Stellen ab sofort nach der Regel: Eige­ne Mitarbeiter haben Priorität vor externen Mitarbeitern. Falls Ihren Mitarbeitern Qualifikationen und Eigenschaften fehlen, freie Stellen zu besetzen, so war Ihre bisherige Mitarbeiterführung mit Blick auf ein angemessenes Management der Mitarbeiterkenntnisse nicht ausreichend.68 3.1.2.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Pairing Beim Pairing lassen Sie zwei Mitarbeiter zusammen arbeiten und voneinander lernen – beide Mitarbeiter profitieren von der Zusammenarbeit. Sie können das Werkzeug zum einen mit dem primären Ziel der Verbesserung der Ergebnisse einsetzen (Pairing 1. Art). Dabei verfügen beide Mitarbeiter über gleich viel Erfahrung. Falls Sie Engpassqualifikationen im Team identifiziert haben und primär auf eine Wissensvermittlung abzielen, so können Sie das Pairing 2. Art nutzen. In diesem Fall verfügen die Mitarbeiter typischerweise über unterschiedliche Erfahrungen.

Abbildung 16: Pairing69

Pairing bezieht seine Stärke daraus, dass Sie es im Tagesgeschäft einsetzen und daher immer an realen Aufgaben Ihres Bereiches ausrichten können. 67

Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 244. Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 246. 69 Vgl. Hofert, 2018, S. 191 ff. und Oestereich / Schröder, 2020, S. 237. 68

70

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Agile Teamkompetenzen – Schnell-Check Sie wissen bereits, dass Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft immer mehr zur erfolgskritischen Eigenschaft der Mitarbeiter wird. So wird es immer wichtiger, sich bei Teams einen qualifizierten Eindruck zu verschaffen, wie es um die Teamkompetenzen bestellt ist. Dazu können Sie beispielsweise den nachfolgenden Schnell-Check nutzen (vgl. Abbildung 17). Nach Beantwortung der sechs Fragen erhalten sie eine erste Einschätzung über die vorliegenden Teamkompetenzen und ihre Ausprägung. Je besser Ihre Ersteinschätzung ausfällt, umso höher ist der Reifegrad des Teams, teamorientiert zu arbeiten – und umso schneller können Sie das Team selbständig oder autonom arbeiten lassen.

Abbildung 17: Agile Teamkompetenzen – Schnell-Check70

Emotionale Intelligenz – Test Um sich einen Eindruck zu verschaffen, wie stark die emotionale Intelligenz bei Ihren Teammitgliedern und Ihnen bereits ausgeprägt ist, können Sie den nachfolgenden Test nutzen (vgl. Abbildung 18). Lassen Sie daher den Test von Ihren Mitarbeitern ausfüllen und füllen auch Sie den Test aus. Wie bei allen Selbsttests ist es auch hier wichtig, dass man den Test mit der nötigen Objektivität, aber durchaus auch selbstkritisch, ausfüllt. Dazu beantworten Sie nacheinander die 25 Fragen und vergeben für jede der Fragen entweder einen Punkt (Trifft nie zu), zwei Punkte (Trifft zu) oder drei Punkte (Trifft immer zu). Die beigefügte Auswertung verrät Ihnen auf der Basis Ihrer Gesamtpunktzahl in drei Abstufungen die grundsätzliche Ausprägung Ihrer emotionalen Intelligenz (vgl. Abbildung 19).

70

Vgl. Hofert, 2018, S. 167 f.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

Abbildung 18: Emotionale Intelligenz – Test71

71

Mai, 2020a.

71

72

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 19: Emotionale Intelligenz – Auswertung Test72

72

Mai, 2020b, Mai, 2020c und Mai, 2020d.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

73

Gefühlsrad Bevor Sie sich der Verbesserung der so erfolgskritischen emotionalen Intelligenz Ihrer Mitarbeiter annehmen, sollten Sie zunächst Ihre eigene emotionale Intelligenz trainieren. Dies können Sie mit dem sog. Gefühlsrad tun.

Abbildung 20: Emotionale Intelligenz – Ansatzpunkte zur Verbesserung73

Sie gehen dabei in zwei Schritten vor: • Achtsamkeit üben (vgl. Abbildung 20, Ziffer 1): Werden Sie im Tagesgeschäft bewusst achtsamer, d. h. richten Sie Ihre Aufmerksamkeit häufiger als bisher ganz bewusst auf die Gegenwart, auf das hier und jetzt, auf das bewusste Erkennen von Stimmungen, auf das Erkennen von Verhaltensweisen. Sie trainieren damit Ihr bewusstes Sehen, Ihr aktives Wahrnehmen von Entwicklungen in Gruppen entlang von Emotionen. Dazu beziehen Sie bei der Einschätzung von Situationen ausdrücklich die fachfremden, gefühlsbasierten Eindrücke mit ein. • Gefühle erkennen und akzeptieren (vgl. Abbildung 20, Ziffer 2): Sie können entlang des Gefühlsrades Ihre eigenen Gefühle erkennen und bekommen über die gesteigerte Transparenz der eigenen Emotionen auch einen geschärften Blick für die Emotionen Ihrer Mitarbeiter. Anhand der sich jeweils von außen nach innen verstärkenden Gefühle (vgl. Gefühlsrad in Abbildung 20) sollten Sie sich stets 73

Vgl. Mai, 2020b.

74

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

klarmachen, welche Gefühle Sie erkennen, welche Sie zulassen, aber auch welche ggf. Ihre Handlungen dominieren. Führen unreflektierte Gefühle dazu, dass Sie Handlungen dominieren, so können Sie sich schädlich auf Ihre Führungs­ situation auswirken. Legen Sie daher das Gefühlsrad Ihren Wahrnehmungen zugrunde: Sie werden sehen, dass Ihnen in Ihrem Führungsalltag Dinge auffallen werden, die Sie bisher noch nicht gesehen haben.

3.1.3 Feld 2: Die Anforderungen an die Mitarbeiter 3.1.3.1 Das sollten Sie wissen Unterschiedliche Jobs stellen unterschiedliche Anforderungen an die Mitarbeiter. Diese Erkenntnis ist trivial, nicht wahr? Aber sind Sie in der Lage, wesentliche Anforderungen eines Jobs zu erfassen und mit den Fähigkeiten Ihres Mitarbeiters oder Teams zu vergleichen? Sehen Sie, das ist schon nicht mehr ganz so trivial. Denn das so erfolgskritische Erkennen von Anforderungen eines Jobs an den Mitarbeiter muss stets im Kontext der Fähigkeiten des Mitarbeiters erfolgen. Nur wenn Sie die Anforderungen unmittelbar an den Eigenschaften des Mitarbeiters spiegeln können, sind Sie in der Lage einzuschätzen, ob er den Anforderungen gewachsen ist. Mit der Anforderungenheatmap erfassen Sie die relevanten Anforderungen an Ihre Mitarbeiter Dies ist der Grund, warum wir bei der Erfassung der Anforderungen die gleiche Struktur einsetzen, die gleichen Kriterien zugrunde legen, wie bei der Erfassung der Mitarbeitereigenschaften. Daher nutzen wir die bereits im vorhergehenden Kapitel 3.1.2 für die Erfassung der Eigenschaften des Mitarbeiters eingeführte Heatmap-Logik und überführen ihre Kriterien auf die Anforderungen, die der Job an den Mitarbeiter stellt. Nachfolgend sehen Sie die Anforderungenheatmaps – in der gleichen Struktur wie die bereits eingeführten Eigenschaftenheatmaps. Und wir greifen unser im vorherigen Kapitel bereits beschriebenes Beispiel auf und vermerken exemplarisch die Anforderungen an den Job der Sekretärin – Frau Dinkel –, deren Eigenschaften wir bereits im vorherigen Kapitel 3.1.2 beschrieben haben. Sie erkennen in der Anforderungenheatmap (Abbildung 21), dass in unserem Beispiel für den Sekretärinnen-Job unter anderem eine hohe Fach- und Methodenkompetenz sowie eine hohe Sozialkompetenz gefordert wird. Sämtliche Einzelanforderungen aus der Detailsicht (vgl. Abbildung 21) können Sie analog zum Vorgehen bei der Erfassung der Eigenschaften auch in eine Übersichtsdarstellung transferieren (vgl. Abbildung 22). Und auch bei der Darstellung

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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der Anforderungen gilt hinsichtlich der Farbkodierung die einfache Regel, die Sie bereits von der Darstellung der Eigenschaften im Kapitel 3.1.2 kennen: • Grün = Anforderungen sind stark ausgeprägt, • Gelb = Anforderungen sind erkennbar, • Rot = Anforderungen sind nicht erkennbar.

Abbildung 21: MAESTRO-Anforderungenheatmap (Detailsicht mit Beispieleinträgen)

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 22: MAESTRO-Anforderungenheatmap (Überblick mit Beispieleinträgen)

Bei der Gegenüberstellung der Anforderungen- und Eigenschaften-Heatmap erkennen Sie schnell Handlungsfelder Nachdem wir nun exemplarisch sowohl die Heatmaps der Eigenschaften der Sekretärin als auch der Anforderungen an Ihren Job erstellt haben, sind wir jetzt in der Lage, die Anforderungen den Eigenschaften gegenüberzustellen (vgl. Abbildung 23). Entlang der Farbcodierungen fallen sofort die potenziellen Felder auf, in denen sich die Eigenschaften der Mitarbeiterin nicht mit den Anforderungen decken, die die Aufgaben an sie stellen. Aus der Gegenüberstellung in unserem Beispiel (Abbildung 23) können Sie drei wesentliche Erkenntnisse für die Mitarbeiterführung von Frau Dinkel ableiten: • Es liegt eine Passung bei den äußeren Merkmalen vor. In unserem Beispiel erfüllt die Kollegin die Anforderung, eine angenehme, sympathische Telefonstimme zu haben. Alle anderen äußeren Eigenschaften sind in unserem Beispiel nicht relevant. • Bei drei der vier Kompetenzfelder liegt ebenfalls eine Übereinstimmung zwischen den Anforderungen und den Eigenschaften vor. Bei der Sozialkompetenz, der Aktivitäts- und Handlungskompetenz sowie der personalen Kompetenz wird unsere Testperson den Anforderungen gerecht (es liegt die gleiche Farbcodierung vor). Im Bereich der Themenkompetenz bestehen Differenzen zwischen den Anforderungen der Aufgaben und Kompetenzen (man erkennt es an der unterschiedlichen Farbcodierung).

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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Abbildung 23: MAESTRO-Eigenschaften-/Anforderungenheatmap – Gegenüberstellung

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Beim Vergleich, welchen Mitarbeitertyp die Aufgaben primär erfordern und welchen Typ unsere Testperson repräsentiert, dokumentiert die Heatmap, dass bei ihr ein zur geringes Interesse an der Durchdringung von Themen (vgl. Farbcodie­ rungen im Feld ‚Analytiker‘) sowie ein zu geringes Interesse an neuen Lösungen (vgl. Farbcodierungen im Feld ‚Kreativer‘) besteht. Auf der Basis solcher Erkenntnisse können Sie sehr qualifiziert mit Ihren Mitarbeitern über deren Kompetenzschwerpunkte, Handlungsbedarfe, Stärken und Schwächen sprechen. Dies wird Ihre Mitarbeiterentwicklungsgespräche, Feedbackgespräche etc. professionalisieren. Auch wird es auf diese Weise möglich, Engpasskompetenzen in Ihrem Team qualifiziert zu erkennen und aus ihnen Fortbildungsschwerpunkte abzuleiten. Nicht zuletzt sind Sie durch die strukturierte Gegenüberstellung der Aufgabenanforderungen und Mitarbeitereigenschaften in der Lage, im Bedarfsfalle etwaige Personalentscheidungen qualitativ fundiert zu begründen. Dies hilft Ihnen, in den häufig oberflächlichen Diskussionen zur Eignung von Mitarbeitern für bestimmte Herausforderungen diese entweder zu untermauern oder sie qualifiziert zu widerlegen. Bitte bedenken Sie: Sie sind als Führungskraft dafür verantwortlich, dass Ihr Team erfolgreich sein kann. Die Heatmaps sind Ihre Führungsinstrumente, die Sie dabei unterstützen. 3.1.3.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Die Anforderungen an die Mitarbeiter gehen weit über die reine Themenkompetenz hinaus Die digitale Transformation ist geprägt von sich intensivierenden Kooperationsbeziehungen zwischen Kollegen und einem zunehmenden Bedarf an kreativen Lösungen. Insofern spielt die Themenkompetenz einzelner Mitarbeiter eine immer noch wichtige, jedoch nicht mehr die hervorgehobene, dominante Rolle früherer Tage. Denn es geht zunehmend auch um das Verständnis von Zusammenhängen, um die angemessene Nutzung der häufig im Überfluss vorliegenden Daten und Informationen, um das sachgerechte Einbinden von Spezialisten, um das Liefern schneller erster Ergebnisse als Kontrollpunkt des weiteren Vorgehens, um das Teilen von Know-how und Erfahrungen, um ein gegenseitiges Unterstützen. Gut interagierende Mitarbeiter ergänzen sich mit Ihren Talenten und Kenntnissen und steigern gemeinsam die operative und kreative Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Mit Blick auf das Anforderungsprofil der MAESTRO-Anforderungsmatrix sehen wir, dass in der digitalen Transformation die Relevanz der Kompetenzen jenseits der Themenkompetenz an Bedeutung zunehmen (vgl. Abbildung 24). Und zwar weitgehend unabhängig vom konkreten Job-Profil. Wollen Teams zukünftig erfolgreich miteinander arbeiten, so gewinnen die soziale, personale und Handlungskompetenz immer mehr an Bedeutung – und zwar

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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Abbildung 24: Zunehmende Bedeutung von Kompetenzen in der digitalen Transformation

unabhängig von der erforderlichen Themenkompetenz, die weiterhin den Nukleus des Anforderungsprofils an Ihre Mitarbeiter bildet (vgl. Abbildung 24). Ihre Herausforderung als Führungskraft ist es nun, die wachsende Bedeutung der drei anderen Kompetenzfelder für Ihren Verantwortungsbereich zu erkennen und den daraus resultierenden Kompetenzbedarf für Ihr Team zu konkretisieren. Dies ist die notwendige Voraussetzung, um Ihre Mitarbeiter adäquat und mit bestmög­licher Passung zu Ihren Eigenschaften einzusetzen. So beugen Sie auch einer stabilen Überforderung der Mitarbeiter vor. Sie sind als Führungskraft dafür verantwortlich, zu fördern und zu fordern, jedoch sollten Sie niemanden überfordern. Fachlich gut ausgebildete Mitarbeiter, häufig mit umfangreichen Branchenkenntnissen, sind bei den methodischen und technischen Anforderungen des Digitalzeitalters nicht immer auf der Höhe der Zeit. Sofern sie auch bei den drei genannten Anforderungsfeldern Kompetenzdefizite offenbaren, werden sie sich zunehmend in der digitalen Arbeitswelt überfordert fühlen. Und das, obwohl sie in der Vergangenheit allen Anforderungen genügt haben. Auch deshalb hat sich der Anteil der am sogenannten Burnout-Syndrom erkrankten Mitarbeiter in den letzten 10 Jahren fast verdoppelt.74 Betrachten Sie daher das Anforderungsportfolio an Ihre Mitarbeiter entlang aller Kompetenzfelder und fokussieren Sie Ihren Blick nicht ausschließlich auf die Fachkompetenz.

74 Zum Burnout-Syndrom vgl. Radtke, 2019 und Radtke, 2021. Einen Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Burnout beschreibt Markowetz, 2015.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Es lässt sich in der digitalen Transformation interessanterweise auch ein gegenläufiges Phänomen zu den erwähnten Burnout-Risiken und den ihnen häufig zugrundeliegenden Überforderungssituationen erkennen. Aufgrund der fortschreitenden Technologisierung verändern sich Anforderungsprofile an die Mitarbeiter schneller als früher – und typischerweise fallen manuelle Aufgaben ersatzlos weg, weil sie maschinell und automatisiert effizienter erledigt werden können. Werden in solchen Fällen die Job-Profile von Mitarbeitern nicht aktualisiert und angepasst, können Situationen einer chronischen Unterforderung entstehen. Während das Burnout-Syndrom aufgrund einer vom Mitarbeiter dauerhaft empfundenen Überforderung seit Beginn dieses Jahrtausends bei den Führungskräften immer mehr ins Bewusstsein rückt, so erscheint das Boreout-Syndrom in der Regel noch nicht auf dem Radar. Im Randstadt Employer Research75 geben jedoch bereits 31 % der Mitarbeiter an, ihren Job aufgrund von Unterforderung gerne wechseln zu wollen. „Dauerhafte Unterforderung kann zu dauerhafter Langeweile führen, die letztendlich im Boreout endet. Gut bezahltes Nichtstun in Sicherheit gegen spannendes Neues in Unsicherheit einzutauschen, ist häufig die gefährlich hohe Hürde, die Betroffene über Jahre aushalten lässt und krank machen kann“76. Dabei zeigen an Boreout erkrankte Mitarbeiter häufig die gleichen Symptome wie die an Burnout erkrankten Kollegen.77 Sie sehen anhand der Beispiele, wie wichtig es ist, eine angemessene Balance zwischen den Anforderungen und den Eigenschaften der Mitarbeiter zu gewährleisten. Der MAESTRO-Ansatz unterstützt Sie, alles dafür zu tun, diese angemessene Balance herzustellen und aufrechtzuerhalten. 3.1.3.3 So können Sie Ihre Führungssituation ab heute transformieren • Nutzen Sie die MAESTRO-Anforderungenmatrix und erweitern dadurch Ihren Blickwinkel über die fachlichen und branchenspezifischen Anforderungen an Ihre Mitarbeiter hinaus, d. h. – Identifizieren Sie die methodischen und technischen Anforderungen an Ihre Mitarbeiter, die die digitale Transformation zunehmend mit sich bringt. – Erkennen Sie die spezifischen Anforderungen der zu erledigenden Aufgaben an die soziale-, die personale- sowie die Handlungskompetenz Ihrer Mitarbeiter. • Überprüfen Sie regelmäßig entlang der Anforderungsprofile der Aufgaben, ob Sie die richtigen Mitarbeiter am richtigen Platz einsetzen und ob die Mitarbeiter Ihre Kompetenzen auch bestmöglich nutzen können.78 75

Vgl. Randstadt, 2018. Slaghuis / Rose, 2020, S. 189 ff. 77 Zum Boreout-Syndrom vgl. Rothlin / Werder, 2007 und Tennhoff, 2015. 78 Vgl. Petry, 2019d, S. 453. 76

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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• Statten Sie die Aufgaben Ihrer Mitarbeiter – wo möglich – mit mehr Eigenverantwortung, Selbststeuerung und Handlungsspielräumen aus.79 • Führen Sie Job-Rotation, Job-Enrichment und Job-Enlargement als eine Art Regelprozess ein, durch den Sie Mitarbeiter regelmäßig mit wechselnden Anforderungen konfrontieren.80 Damit tragen Sie zur individuellen Horizonterweiterung des einzelnen Mitarbeiters bei, die sich auch positiv auf das Verständnis des größeren Ganzen im Unternehmen auswirkt. • Pochen Sie bei Teambesetzungen in Projekten, agilen Teams etc. auf die bestmögliche Ressourcenbesetzung.81 Argumentieren Sie entlang der Schnittmenge von Anforderungen und Eigenschaften der Mitarbeiter und seien Sie mutig, in begründeten Fällen auch die Bearbeitung von Themen abzulehnen, wenn das Delta aus Anforderungen der Aufgabe und Fähigkeiten der Mitarbeiter von Ihnen als nicht tragfähig angesehen wird. Mit Hilfe der MAESTRO-Matrizen können Sie kompakt darstellen, wo das Delta aus Eigenschaften und Anforderungen liegt. • Erhöhen Sie – z. B. bei der Besetzung von Projekten – die Passung aus Fähigkeiten des Mitarbeiters und Anforderungen von Aufgaben, indem Sie diese Entscheidung den Mitarbeiter selbst treffen lassen und den Prozess entlang Ihrer Einschätzung auf der Grundlage des MAESTRO-Ansatzes lediglich begleiten. Ein Format, bei dem der Mitarbeiter aktiv entscheidet, ob seine Fähigkeiten mit den Anforderungen im Einklang sind, ist der sog. Projektmarktplatz. Ein Projektmarktplatz82 zeichnet sich dadurch aus, dass – Mitarbeiter nicht in die Themen hineindelegiert werden, sondern sich für Projekt-Aufgaben melden, die aus eigener Sicht ihren Fähigkeiten besonders entsprechen, – Projektleiter auf dem Projektmarktplatz ihre Projekte vorstellen und für ihre spezifischen Aufgabenstellungen werben – in diesem Zusammenhang werden auch stets die besonderen Anforderungen an die Mitarbeiter thematisiert, – die Freiwilligkeit der Mitarbeit aufgrund von Interesse am Thema bei der Suche von Mitarbeitern im Vordergrund steht – in der Regel auf der Basis einer vom Mitarbeiter als positiv empfundenen Passung aus Anforderungen und eigenen Kompetenzen, – sich Mitarbeiter im Abgleich mit den vorgestellten Anforderungen regelmäßig mit dem eigenen Kompetenzprofil beschäftigen und so einen geschärften Blick auf Anforderungen und Erwartungen an die vorhandenen und ggf. neu aufzubauenden Kompetenzen erhalten. 79

Vgl. Petry, 2019b, S. 54. Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 245. Zur ausführlichen Beschreibung von job-enrichment, -enlargement und -rotation vgl. o. V. o. A. d. 81 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 30 ff. 82 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 268. 80

82

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

3.1.3.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Passung von Eigenschaften und Anforderungen – Fragenkatalog Sie können in einem Interview mit dem Mitarbeiter Ihre mit dem MAESTROAnsatz gewonnene Einschätzung zur Passung aus Anforderungen der Aufgabe und Eigenschaften der Mitarbeiter absichern und validieren. Dazu können Sie den nachfolgenden Fragenkatalog von Rose83 nutzen.

Abbildung 25: Eigenschaften und Anforderungen – Fragen zur Passung

Je mehr Beispiele Ihnen der Mitarbeiter zu den fünf Fragen entlang seines aktuellen Aufgabenportfolios schildern kann, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ihn angemessen einsetzen. Kommen gar keine Hinweise vom Mitarbeiter, haben Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Handlungsfeld, das Sie aktiv angehen sollten.

3.1.4 Feld 3: Die Motivation der Mitarbeiter 3.1.4.1 Das sollten Sie wissen Wenn ein Mitarbeiter aufgrund seiner Eigenschaften alle Voraussetzungen mitbringt, um die ihm übertragenen Aufgaben erfolgreich zu erledigen, so bedeutet dies nicht, dass er die Aufgaben auch bestmöglich erledigen wird. Denn ist der Mitarbeiter nicht ausreichend motiviert, so wird er sich nicht so einbringen, wie er es könnte. Aber was genau ist Motivation? Und wer ist dafür verantwortlich, dass Mitarbeiter motiviert sind? Sie sind als Führungskraft verantwortlich, Mitarbeiter zu motivieren Motivation wird nach einer Umfrage von Kohlmann-Scherer84 zu 90 % aus der Befriedigung psychosozialer (z. B. Feedback, Offenheit, Vertrauen) und intellektueller Bedürfnisse (z. B. Selbstverwirklichung, Herausforderungen, Abwechs­lung) 83 84

Vgl. Rose, 2020, S. 188 f. Vgl. Kohlmann-Scheerer, 2015, S. 101 f.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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gespeist. Die Befriedigung materieller Bedürfnisse (z. B. Fix-Gehalt, Varia­ble, Altersvorsorge) motiviert in diesem Kontext auffallend gering. Dies liegt insbesondere daran, dass die Nichtbefriedigung materieller Ansprüche bei einer vom Mitarbeiter wahrgenommenen Disbalance zwischen eigener Leistung und Bezahlung zwar demotivieren kann, aber demgegenüber eine als gerecht empfundene Bezahlung keine zusätzliche Motivationskraft entwickelt. Dies ist wichtig zu wissen. Denn die Gleichung: „Wenn ich angemessen bezahle, so sind meine Mitarbeiter auch gut motiviert“, geht so nicht auf. Vielmehr lautet die Formel: „Wenn ich angemessen bezahle, sind die Mitarbeiter dadurch nicht demotiviert“. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Damit Mitarbeiter in Organisationen gerne arbeiten, gerne ihr Wissen und Können abrufen, bedarf es also weitaus mehr als einer angemessenen Bezahlung. Zuallererst sollten Sie sicherstellen, dass die Anforderungen an Ihre Mitarbeiter zwar herausfordernd, aber nicht dauerhaft überfordernd sind. Dies stellen Sie sicher, indem Sie entlang der MAESTRO-Eigenschaften- und Anforderungenmatrix einen angemessenen Fit herstellen. Wir sprachen bereits im vorhergehenden Kapitel darüber. Handlungsspielräume motivieren Mitarbeiter Ferner sollten Sie Ihren Mitarbeitern auch unter motivatorischen Gesichtspunkten Handlungsspielräume für kreatives und eigenverantwortliches Arbeiten einräumen. Aufgrund der Basis einer angemessenen Deckung der Mitarbeitereigenschaften und korrespondierenden Anforderungen können Sie den Mitarbeitern den erforderlichen Vertrauensvorschuss geben, den sie für die eigenverantwortliche Aufgabenerledigung benötigen. Blindes Vertrauen ohne ausreichende Kenntnis der Eigenschaften des Mitarbeiters ist unverantwortlich und kontraproduktiv. Das Geben von Vertrauen auf der Grundlage der begründeten Kenntnis, dass der Mitarbeiter aufgrund seiner Eigenschaften den Herausforderungen seiner Aufgaben grundsätzlich gewachsen sein wird, stellt jedoch die unverzichtbare Voraussetzung erfolgreicher Mitarbeiterführung dar. Denn in einer zunehmend arbeitsteiligen und virtuellen Arbeitswelt müssen Sie sich heute in weit größerem Maße auf den guten Willen, die Verantwortungsbereitschaft und den Eigenantrieb Ihrer Mitarbeiter verlassen können, wenn Sie nicht scheitern wollen.85 Das Vertrauen der Führungskraft in die Mitarbeiter ist einer der stärksten Motivationstreiber und soll daher hier ausführlich beleuchtet werden. Vertrauen motiviert Mitarbeiter – und fällt doch so vielen Führungskräften schwer Schon Mahatma Ghandi formulierte, dass Misstrauen ein Zeichen von Schwäche sei. Warum tun sich aber viele Führungskräfte so schwer, Ihren Mitarbeitern 85

Vgl. Laufer, 2015, S. 64 ff.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

echtes Vertrauen entgegenzubringen. Nun, die nachfolgenden Punkte skizzieren Ihnen ein Bild, das die Komplexität des Gebens und Empfangens von Vertrauen verdeutlicht:86 • Das Geben von Vertrauen ist grundsätzlich gegen die Natur des Menschen, der evolutionsbiologisch das Misstrauen als überlebensnotwendige Eigenschaft verinnerlicht hat. Daher fällt auch Führungskräften das Geben eines Vertrauensvorschusses an die Mitarbeiter oftmals so schwer – und zwar gerade aufgrund der evolutionsbiologischen Prägung des Menschen und zunächst losgelöst von etwaigen schlechten Erfahrungen, die man ggf. zusätzlich gesammelt hat und das natürliche Misstrauen weiter verstärken. • Das Geben von Vertrauen birgt immer auch Risiken, man macht sich ggf. abhängig vom Gegenüber, ist angreifbar, verwundbar. Aber genau hier setzt das Vertrauen an. Vertrauen basiert auf der Annahme, dass der Gegenüber den Vertrauensvorschuss nicht zum Nachteil des Vertrauensgebers ausnutzen wird. Studien belegen, dass das auch in den meisten Fällen zutrifft. • Vertrauen wächst mit zunehmender Vertrautheit der handelnden Personen. Es wächst, wenn man in der Zusammenarbeit positive Bestätigungen erhält, dass das Vertrauen erwidert und nicht ausgenutzt wird. Daher ist der Erhalt und Ausbau von Vertrauen ein Prozess des Erlebens und kann nicht angeordnet werden – von niemandem, auch nicht von Führungskräften. • Vertrauen ist sowohl Voraussetzung als auch Ergebnis von guter Mitarbeiterführung. Und es gilt die einfache Formel: Vertrauen schafft Vertrauen. • Vertrauen ist viel schneller enttäuscht, als es aufgebaut ist. Während der Aufbau von tiefem und belastbarem Vertrauen nur mittel- oder langfristig erreicht werden kann – Vertrauen muss wachsen –, so kann Vertrauen mit einem Ereignis schnell zerstört werden. • Unterscheiden Sie klar zwischen enttäuschtem Vertrauen und enttäuschten Erwartungen Ihrer Mitarbeiter. Während Sie als Führungskraft nicht vermeiden können, bei konsequenter Führung auch Erwartungen Ihrer Mitarbeiter zu enttäuschen, z. B. bei nicht erfüllten Wünschen einer Gehaltserhöhung, bei NichtBerücksichtigung eines Mitarbeiters in einem Projekt, für das er sich interessiert hat, so sollten Sie jedoch nie das Vertrauen des Mitarbeiters enttäuschen. Vertrauen setzt voraus, dass Sie Ihre Entscheidungen an sachlichen Gründen ausrichten, dass Ihre Entscheidungen nachvollziehbar, häufig sogar erwartbar sind, dass Sie alle Mitarbeiter nach gleichen Führungsmaßstäben führen, selbst wenn Sie in der Sache unterschiedliche, individuelle Entscheidungen treffen müssen. Gute Führungskräfte haben immer auch enttäuschte Mitarbeiter in Ihren Reihen. Gute Führungskräfte enttäuschen jedoch nicht das Vertrauen Ihrer Mitar-

86

Vgl. Laufer, 2015, S. 64 ff.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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beiter. Bitte machen Sie sich diesen Unterschied unbedingt klar – er wird Ihren Führungsalltag zukünftig positiv verändern. Die Hirnforschung liefert hilfreiche Erkenntnisse zur Mitarbeitermotivation Aus der Hirnforschung weiß man inzwischen zweifelsfrei, dass Ihre Führungsaktivitäten bei Ihren Mitarbeitern zu Hormonausschüttungen führen, die motivatorische Wirkungen erzeugen können.87 Je aktiver Sie beispielsweise Ihrem Mitarbeiter zuhören, ihn authentisch wertschätzen, und je sicherer sich der Mitarbeiter in einer Gemeinschaft fühlt, umso mehr wird beim Mitarbeiter das Hormon Oxytocin ausgeschüttet. Dieses Bindungshormon reduziert Ängste und Stress und lässt den Mitarbeiter nachweislich einfacher Vertrauen fassen.88 Wenn es Ihnen als Führungskraft zudem gelingt, Ihren Mitarbeitern glaubhaft den Wert für das Team und die ganze Organisation zu vermitteln, so steigern Sie beim Mitarbeiter den Ausstoß des Glückshormons Serotonin. Der Ausstoß dieses Hormons ist z. B. positiv mit der Mitarbeiterkreativität korreliert.89 Last but not least wird beim Mitarbeiter vermehrt Dopamin ausgestoßen, wenn er überzeugt ist, etwas Sinnvolles zu tun und Ziele als erreichenswert und erreichbar einschätzt. Dies führt insbesondere zu einem verstärkten Gefühl der Vorfreude mit allen positiven Effekten auf die Zusammenarbeit in Teams.90 Führen Sie hingegen in den Augen des Mitarbeiters nach nicht nachvollziehbaren Kriterien und sieht der Mitarbeiter darin auch ein Risiko für sich und seine Entwicklung im Unternehmen, so kommt es beim Mitarbeiter in der Zusammenarbeit mit Ihnen letztlich zu einem vermehrten Ausstoß des Stresshormons Cortisol. Dieses Hormon versetzt den Körper in Alarmbereitschaft und aktiviert im Gehirn eine Art Notfallmodus, der zu einer Reduktion des Denkvermögens führt und den Körper in einen Angriffs- oder Fluchtmodus versetzt.91 Alles in allem nicht förderlich für eine gute, vertrauensvolle und positiv motivierte Zusammenarbeit. Das sogenannte SCARF-Modell92 greift die vorgenannten Erkenntnisse der Hirnforschung auf und postuliert fünf Handlungsmaximen für Führungskräfte:93 • Status: Wird der Mitarbeiter im Status wertgeschätzt oder sogar gehoben, so ist dies mit positiver Leistungsmotivation korreliert. Positives Führungsverhalten ist diesbezüglich z. B. das Einbeziehen in Entscheidungen, das Würdigen von Leistung sowie die Übertragung von Verantwortung.

87

Vgl. Preußig / Sichard, 2018, S. 42 ff. Vgl. Preußig / Sichard, 2018, S. 42 f. 89 Vgl. Preußig / Sichard, 2018, S. 42 f. 90 Vgl. Preußig / Sichard, 2018, S. 42 f. 91 Vgl. Preußig / Sichard, 2018, S. 43 f. 92 Der Begriff SCARF ist ein Akronym und setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der fünf genannten Handlungsmaximen zusammen. 93 Vgl. Preußig / Sichard, 2018, S. 43 ff. 88

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• Certainty: Das menschliche Gehirn strebt nach Sicherheit. Wird vom Mitarbeiter Sicherheit empfunden, so steigt der Serotoninspiegel, Unsicherheit führt zum Ausstoß von Cortisol, dem Stresshormon. Positives Führungsverhalten zeigt sich z. B. im Herstellen von Transparenz bei unvorhergesehenen oder komplexen Veränderungen, im Bereitstellen von Hintergrundinformationen, in gemeinsamen Diskussionen mit offenem Gedankenaustausch zu relevanten Themen. • Autonomy: Handlungs- und Gestaltungsfreiräume erzeugen beim Mitarbeiter positive Motivationseffekte. Diese fördern Sie durch das Schaffen von Voraussetzungen, innerhalb derer Ihre Mitarbeiter möglichst autonom und selbständig entscheiden können. Dazu müssen Sie einerseits Ihren Mitarbeitern klar aufzeigen, wo ihre Freiräume liegen und andererseits sicherstellen, dass sie diese Frei­ räume mit ihren aktuellen Kenntnissen und Fähigkeiten auch ausfüllen können. • Relatedness: Geben Sie Ihren Mitarbeitern das Gefühl, zur Gruppe zu gehören, gesehen, gebraucht und geschätzt zu werden, so werden Sie einen der größten motivatorischen Effekte erzielen. Das schaffen Sie als Führungskraft insbesondere dann, wenn Sie die bestmögliche Integration von Mitarbeitern ins Team fordern und fördern. So werden aus vermeintlich kleinen, häufig unterschätzten Gesten des Führungsalltags – z. B. ein kurzer, persönlicher Begrüßungstermin mit neuen Mitarbeitern, die Gratulation zum Geburtstag oder Firmenjubiläum, der gemeinsame Pizza-Abend nach erfolgreichem Abschluss eines Projektes – positive Impulse für die Gruppenzugehörigkeit. Und wer hält Sie eigentlich davon ab, Ihrem Team einmal zu sagen, wie gern Sie mit ihm zusammenarbeiten? • Fairness: Die Akzeptanz von Führungskräften ist stark korreliert mit dem Empfinden von Fairness des Führungsverhaltens und der Führungsentscheidungen. Ihr Führungsverhalten sollte daher stets als begründet, sachlich, nachvollziehbar und den Mitarbeiter einbeziehend empfunden werden. Und bedenken Sie: Sie wirken als Führungskraft immer auf Ihr Team! Denn bei allem was Sie tun und auch nicht tun: Die Übereinstimmung von Wort und Tat wird von Ihrem Team immer verfolgt und beurteilt. Immer! Es gibt typische Verhaltensweisen, die auf demotivierte Mitarbeiter hinweisen Während sich motiviertes Mitarbeiterverhalten in der Regel leicht im Führungsalltag erkennen lässt, sind Verhaltensweisen bei Mitarbeitern, die auf Demotivation schließen lassen, häufig nicht auf den ersten Blick sichtbar. Denn Mitarbeiter, die ihre Demotivation unmissverständlich zur Schau stellen, sind erfahrungsgemäß selten. Man spricht in solchen Fällen auch von einer inneren Kündigung von Mitarbeitern. Es ist Ihre Aufgabe als Führungskraft, Anzeichen einer inneren Kündigung des Mitarbeiters frühestmöglich zu erkennen.94

94

Zum Phänomen der inneren Kündigung vgl. Begemann, 2004, S. 14 f.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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Abbildung 26: Anzeichen innerer Kündigung95

Falls Sie einige der aufgeführten Anzeichen bei einem Mitarbeiter erkennen, sollten Sie Ihre Beobachtungen offen ansprechen und Ihren Mitarbeiter fragen, ob Ihre Hypothese von ersten Anzeichen einer inneren Kündigung beim Mitarbeiter richtig ist.96 Fragen Sie, was Sie tun können, damit sich die Situation bessert. Gehen Sie offen und vertrauensvoll mit Ihren Beobachtungen um und wertschätzen Sie den Mitarbeiter mit einem offenen Feedback. Gelingt Ihnen diesbezüglich ein offenes Gespräch auf Augenhöhe, so kann dies der erste Schritt in eine zukünftig vertrauensvollere Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiter sein. Denn nur, „… wenn Sie authentisch sind und erkennbar zu Ihren Werten und Überzeugungen stehen, gewinnen Sie das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter“97. Und ohne das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter werden Sie als Führungskraft nicht erfolgreich sein.

3.1.4.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Mitarbeitermotivation wird in der digitalen Transformation zu einer immer wichtigeren Determinante erfolgreicher Führungsarbeit Unglaubliche „69 % der Mitarbeiter geben in einer Gallup-Studie aus 2019 an, nur noch Dienst nach Vorschrift zu machen“98. Ein Ansatzpunkt zur Verbesserung dieser Situation durch Führungskräfte ist der Einsatz von „alternativen Formen der Führung u. / o. verschiedenen Formen der Selbstorganisation von Mitarbeitern, um so spürbar stärker dem menschlichen Grundbedürfnis nach Autonomie und Kompetenzerleben entgegenzukommen“99. Und waren materielle Anreize noch nie dauerhafte ‚Zufriedenmacher‘, so verlieren Sie für die in der digitalen Trans 95

Laufer, 2015, S. 157. Nach einer Gallup-Studie aus 2019 haben 16 % der Mitarbeiter innerlich gekündigt. Vgl. dazu Tödtmann, 2019. 97 Liebermeister, o. A. 98 Vgl. Tödtmann, 2019 und Slogar, 2018, S. 95. 99 Slaghuis / Rose, 2020, S. 91. 96

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formation zunehmend in die Unternehmen strömende Generation Z (Mitarbeiter ab Jahrgang 1995) weiter an motivatorischer Wirkung.100 Es kommt also mehr denn je auf Sie an, denn der überwiegende Teil der Mitarbeitermotivation hängt vom interaktiven Verhalten der Führungskraft ab.101 Aus Sicht der Mitarbeiter wird die eigene Motivation insbesondere an selbstbestimmtes Arbeiten und den Erhalt von echter, glaubwürdiger Wertschätzung gekoppelt.102 Und der Handlungsdruck für Sie als Führungskraft steigt, denn „die Identifikation mit dem eigenen Arbeitgeber sinkt laut Studien jedes Jahr weiter“103. Deshalb sollten Sie das Zeigen von Wertschätzung zu einer Ihrer wesentlichen Handlungsmaximen in der digitalen Transformation machen. „Mitarbeiter wünschen sich, als Mensch mit ihrer Arbeitsleistung im Alltag wahr- und ernstgenommen zu werden. Sie möchten gesehen, gehört, gefragt sowie über Entwicklungen informiert werden. Sie möchten unmittelbar und individuell spüren, gebraucht zu werden und einen Beitrag zu leisten“104. Von intrinsischer Motivation zu Ownership In der digitalen Transformation ist es des Weiteren erfolgskritisch, dass Mitarbeiter sogenanntes Ownership übernehmen. Ist die intrinsische Motivation als der Antrieb von innen heraus zu verstehen, sich einer Sache anzunehmen, sie zu erledigen, so geht Ownership noch einen Schritt weiter. Als Ownership wird dabei die Überzeugung von Mitarbeitern verstanden, dass die übernommenen Aufgaben die eigenen sind, untrennbar mit der eigenen Person verbunden sind. Dabei stehen die intrinsische Motivation und Ownership in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis, aber erst Ownership führt dazu, dass Teams die in der digitalen Transformation so wichtige Verhaltensweisen – das Denken auch außerhalb etablierter Lösungen, das Entwickeln innovativer Ideen, das Nicht-mehr-Trennen zwischen eigenem Wohl und bestmöglicher Aufgabenerfüllung – dauerhaft zeigen. Ownership ist die Voraussetzung, um als Team dauerhaft erfolgreich zu sein. Teams können Ownership nur selbst übernehmen – Sie als Führungskraft müssen die inspirierende Umgebung dafür schaffen.105 Aber was müssen Sie nun konkret tun, damit Ihr Team Ownership übernehmen wird? Stellen Sie insbesondere sicher, • dass Ihre Mitarbeiter die Unternehmensvision und -ziele kennen und akzeptieren: Ihr Team muss die Überzeugung haben, dass die Ziele es wert sind, sich aktiv einzubringen, 100 Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 93 ff. Zu den Generationen vgl. auch Schmitz, o. A. und die Abbildungen 73 und 74. 101 Vgl. Tödtmann, 2019. 102 Vgl. Schomburg / Sobieraj / Kruse, 2019, S. 133. 103 Slaghuis / Rose, 2020, S. 213. 104 Slaghuis / Rose, 2020, S. 166 f. 105 Vgl. Koning, 2019, S. 50 ff.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

89

• dass Ihre Mitarbeiter die Überzeugung haben, durch Ihr eigenes Handeln einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele zu leisten, • dass Ihr Team in Relation zu seinem Reifegrad über ausreichend viele Freiheiten im eigenen Handeln verfügt (vgl. Abbildung 27). Stimmt die Relation – genau hier ist Ihre Einschätzung als Führungskraft gefragt – schaffen Sie die notwendige Voraussetzung, um Ownership bei Ihrem Team zu erzeugen und damit die Leistungsfähigkeit des Teams sprunghaft zu verbessern.

Abbildung 27: Freiheit – Reifegrad – Ownership106

Das psychologische Wohlbefinden Ihrer Mitarbeiter sollten Sie kennen Einen anderen wichtigen Impuls für Ihre Mitarbeiterführung und insbesondere deren motivatorischen Effekte skizzieren Slaghuis / Rose107, die das sogenannte psychologische Wohlbefinden der Mitarbeiter beschreiben. Entlang der beiden Achsen des Wohlbefindens von Mitarbeitern (vgl. Abbildung 28) leiten Sie Erkenntnisse ab, die Sie im Führungsalltag nutzen können. „Die hedonistische Achse steht für das ‚Ich‘, das Nehmen, die Sorge um das Selbst. Sie ist … auf die Erfüllung von unmittelbaren Bedürfnissen und Gelüsten, auf Spaß und Vergnügen fokussiert. Es geht … um all jenes, was sich gut anfühlt. Die eudamionistische Achse hingegen steht für das ‚Nicht-Ich‘, für das Geben und Kultivieren, die Sorge um andere … und das Erreichen von Zielen höherer Ordnung … um alles, was sich richtig anfühlt“108. 106

Vgl. Koning, 2019, S. 50 ff. Vgl. Slaghuis / Rose, 2020, S. 179 ff. 108 Slaghuis / Rose, 2020, S. 180. 107

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 28: Achsen des Wohlbefindens109

Für Ihre Mitarbeiterführung in der digitalen Transformation können Sie aus den Achsen des Wohlbefindens wichtige Erkenntnisse für Ihren Führungsalltag ableiten: • Ein bestmöglich erfülltes (Arbeits-)Leben, in dem man als Mitarbeiter aufblüht, zufrieden und motiviert, mit sich und der Welt im Reinen ist, basiert auf einer ausgewogenen Berücksichtigung beider Dimensionen des Wohlbefindens. Sie sollten daher im Rahmen Ihrer Mitarbeiterführung regelmäßig beide Achsen in der Mitarbeiterführung bedienen, um das psychologische Wohlbefinden Ihres Teams – einer wesentlichen Voraussetzung für dauerhaften Erfolg – zu steigern.110 • Durch Ihre Nutzung der MAESTRO-Matrizen und der daraus resultierenden, besseren Passung aus Mitarbeitereigenschaften und Anforderungen der Aufgaben schaffen Sie die Voraussetzung für das tägliche Erleben der Mitarbeiter, den ambitionierten Anforderungen des Arbeitsalltags gewachsen zu sein. Die Mit­arbeiter erfahren aufgrund der persönlichen Erfolgserlebnisse, dass sich Ihr individuelles Bemühen lohnt und Sie einen wertvollen Beitrag zum Gesamt­ erfolg des Unternehmens erbringen. So verstärken Sie die hedonistische Achse und verbessern die Voraussetzungen für ein Aufblühen der Mitarbeiter, für ein erfüllen­des Arbeitsleben. • Eine attraktive Bezahlung und ein guter Teamspirit mit Spaß im täglichen Umgang miteinander sind notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingungen eines aufblühenden und hoch motivierten Teams. Vielmehr bedarf es zusätzlich z. B. auch der persönlichen Akzeptanz der Unternehmensvision sowie der darauf basierenden Unternehmensziele. Mit korrespondierenden Führungsaktivitäten stärken Sie die eudamionistische Achse und verbessern die Aussichten, dass Ihre Mitarbeiter auf mittlere und lange Sicht die Erfüllung haben, dass das, was Sie tun, auch wichtig, richtig und sinnvoll ist. 109 110

Slaghuis / Rose, 2020, S. 181. Vgl. Slaghuis / Rose, 2020, S. 181.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

91

• Anforderungen an die Performance und den Output des Mitarbeiters müssen zwar ambitioniert, aber auf Dauer auch realistisch sein. Je unrealistischer die Erfüllung von Zielen und Anforderungen sind, umso weniger wird die hedonistische Achse bei den Mitarbeitern angesprochen. In allen der vorgenannten Beispiele liegt die Herausforderung an Ihre Mitarbeiterführung darin, dass Sie es schaffen, in Ihrem Team ein ausgewogenes Verhältnis von individuellem Geben und Nehmen zu etablieren und über diese Gruppenerfahrung ein Aufblühen der ganzen Gruppe zu ermöglichen. Differenziertes Vertrauen im Team wirkt stark motivatorisch Eine alternative Herangehensweise, ein performantes Team zu erkennen bzw. zu formen, illustriert die Team-Vertrauensmatrix (vgl. Abbildung 29). Sie beschreibt 4 Felder, die ein motiviertes, performantes und vertrauensvoll zusammenarbeitendes Team abdecken und besetzen muss. Für Sie als Führungskraft ergeben sich daraus Fragen, entlang denen Sie die 4 Felder hinsichtlich ihrer Erfüllungsgrade einschätzen können: • Fragen Sie sich auf der Sachebene: – Vertraut jedes Teammitglied auf die Kompetenz der anderen Teammitglieder? – Vertrauen die Teammitglieder auf den Leistungswillen der Gruppe? • Fragen Sie sich auf der Beziehungsebene: – Vertraut jedes Teammitglied der Zuverlässigkeit der anderen Teammitglieder? – Vertrauen die Teammitglieder auf die gegenseitige Akzeptanz und Toleranz im Team?

Abbildung 29: Team-Vertrauensmatrix111 111

Vgl. Hofert, 2018, S. 132.

92

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Die Team-Vertrauensmatrix hilft Ihnen, einen in der Praxis häufig zu beobachtenden Trugschluss zu vermeiden: Einem äußerlich gut harmonierenden Team, ohne sichtbare Differenzen, mit guter Atmosphäre und – im positiven Wortsinn – unauffälligem Umgang miteinander, wird häufig implizit eine Leistungsfähigkeit unterstellt, die so aus den dargestellten Beobachtungen noch nicht valide abgeleitet werden sollte. Gehen Sie daher bei einem ggf. vorschnell als performant klassifizierten Team auch stets die 4 Cluster der Matrix durch. Sollten Sie danach bei allen 4 Fragen ein gutes Gefühl haben, so ist die Wahrscheinlichkeit signifikant höher, tatsächlich ein performantes Team vor sich zu haben. Ein Werkzeug, mit dem Sie explizit die Teamstimmung im Zeitverlauf ermitteln können, lernen Sie mit der Retro-Timeline später noch kennen. 3.1.4.3 So können Sie Ihre Führungssituation ab heute transformieren • Bringen Sie in Erfahrung, was Ihre Mitarbeiter motiviert und was Sie demotiviert. Fragen Sie persönlich nach oder nutzen Sie z. B. anonymisierte Mitarbeiter­ feedbacks. • Geben Sie Ihren Mitarbeitern einen Vertrauensvorschuss. „Solange Ihr Vertrauen bisher nicht missbraucht wurde und das Geben eines Vertrauensvorschusses aufgrund einer angemessenen Passung aus Eigenschaften und Anforderungen auch sinnvoll ist: Gehen Sie in Vorleistung und vertrauen Sie in das Können und Wollen Ihrer Mitarbeiter!“112. • Schaffen und fördern Sie ein Klima des Vertrauens im Team, das eine möglichst große Diversität von Meinungen zulässt und erzeugt.113 • Leben Sie vertrauensvolles Handeln aktiv vor, indem Sie z. B. die Selbstkontrolle der Mitarbeiter erhöhen, Handlungsspielräume vergrößern, Sanktionen bei Fehlern reduzieren etc.114 • Steigern Sie Ihre Glaubwürdigkeit und erhöhen Sie so über einen Anstieg des Vertrauens in Ihre Person die Motivation Ihres Teams,115 z. B. – Handeln Sie im Einklang mit den von Ihnen kommunizierten Regeln, Einstellungen, Werten und Aussagen und sorgen Sie so dafür, dass sich bei Ihnen die Worte und Taten im Einklang befinden. – Leben Sie täglich vor, dass Ehrlichkeit und Vertraulichkeit zu den unverrückbaren Werten im Team gehören.

112

Vgl. Petry, 2019d, S. 452. Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019. 114 Vgl. Petry, 2019b, S. 54. 115 Vgl. Sauter / Sauter / Wolfig, 2018, S. 59. 113

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

93

– Geben Sie eigene Fehler offen zu und ermutigen Sie so Ihre Mitarbeiter, ebenfalls offen mit eigenen Fehlern umzugehen und daraus zu lernen. – Leben Sie vor, dass kritisches Hinterfragen in der Sache nichts mit fehlender Loyalität zu den Mitarbeitern und Kollegen zu tun hat. – Legen Sie an alle Mitarbeiter grundsätzlich die gleichen Maßstäbe an – Ungleichbehandlung reduziert Ihre Glaubwürdigkeit. Begründen Sie Entscheidungen insbesondere dann besonders ausführlich, wenn Sie von Mitarbeitern als Ungleichbehandlungen missverstanden werden könnten. • Verbessern Sie die emotionale Intelligenz von sich und Ihren Mitarbeitern. Denn je mehr Technik unseren Alltag bestimmt, umso erfolgskritischer sind empathische Führungskräfte, die Ihren Mitarbeitern als Vorbild dienen.116 • Teilen Sie Empathie und leben diese vor.117 • Feiern Sie ruhig auch mal kleine Erfolge.118 Es gibt viele Anlässe, gute Leistungen aktiv wahrzunehmen und zu würdigen. 3.1.4.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Motivatoren-Gewichtung Sie sollten mit dem Team von Zeit zu Zeit routinemäßig darüber sprechen, was die Teammitglieder motiviert und welche Motivatoren besonders wichtig sind (vgl. Abbildung 30). So erhalten Sie eine Prioritätenliste der Motivatoren aus Sicht Ihrer Mitarbeiter und können diese mit den aus Ihrer Sicht als Führungskraft existierenden Motivatoren vergleichen. Sollten Sie Unterschiede feststellen, müssen Sie als Führungskraft handeln, indem Sie die betreffenden Motivatoren in Ihrem Führungsalltag verstärken oder die Erwartungen der Mitarbeiter aktiv managen. Die Herausforderung bei der Gewichtung der Motivatoren durch die Mitarbeiter ist, dass diese eine eindeutige Reihenfolge festlegen müssen. Die Einhaltung dieser Regel ist erfolgskritisch, denn nur Sie stellt sicher, dass eine echte Priorisierung stattfindet. Das hier häufig zu hörende Feedback von Mitarbeitern, dass es mehrere Motivatoren gibt, die gleich wichtig sind, weicht das Mitarbeiterfeedback unnötig auf. Definieren Sie daher die Motivatoren und bringen Sie diese in eine Rangfolge – gerne auch gemeinsam mit Ihrem Team. Es ist nicht selten der Fall, dass die Einschätzung der Führungskraft zur Bedeutung einzelner Motivatoren weit entfernt von der Einschätzung der Mitarbeiter liegt. Daher erhalten Sie mit der Motivatoren-Gewichtung wichtige Informationen, um Ihr Team bestmöglich führen zu können. 116

Vgl. Liebermeister, o. A. Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 240. 118 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 30 ff. 117

94

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 30: Motivatoren – Gewichtung (mit Beispieleinträgen)119

Im dargestellten Beispiel (Abbildung 30) wurden insgesamt 12 Motivatoren von 1 (ist mir am wichtigsten) bis 12 (ist mir am unwichtigsten) gewichtet. Sie erkennen, dass im Beispiel das Zugehörigkeitsgefühl zum Team als wichtigster, die Loyalität des Vorgesetzten als zweitwichtigster Motivator gesehen werden, während das Thema Gehaltserhöhung sowie Arbeitsbedingungen die niedrigste Priorität aufweisen. Es ist offensichtlich, dass solche Informationen für Ihr Führungshandeln einen wichtigen Input darstellen. Retro-Timeline Mit Hilfe der Retro-Timeline können Sie zu einem bestimmten Meilenstein der Aufgabenerledigung als Team innehalten und zurückschauen, welche Ereignisse in der Zusammenarbeit besonders positiv und negativ auf die Teamstimmung gewirkt haben. Alternativ können Sie die Retro-Timeline auch in Mitarbeitergesprächen einsetzen, um so zu erfahren, ob es ggf. destruktive Ereignisse mit Blick auf die Stimmungslage des Mitarbeiters gibt, die man in der Vergangenheit im Tagesgeschäft nicht erkannt hat. Die zugrundeliegende Annahme beim Einsatz dieses Werkezeuges ist, dass eine positive Grundstimmung positiv mit der Mitarbeitermotivation korreliert ist und insofern eine notwendige Bedingung für leistungsorientiertes, erfolgreiches Arbeiten darstellt. Weitere Bedingungen haben wir bereits im vorhergehenden Kapitel ausführlich behandelt.

119

Goldfuss, 2000, S. 104. Zu weiteren möglichen Motivatoren, die Sie mit Ihren Mitarbeitern diskutieren und priorisieren können, vgl. Laufer, 2015, S. 154 ff. und Goldfuss, 2000, S. 93 ff.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

95

Abbildung 31: Retro-Timeline120

Mit den Erkenntnissen der Retro-Timeline können Sie zukünftig besonders positive Ereignisse wiederholen und verstärken sowie negative Ereignisse antizipieren und bestmöglich eliminieren. Wichtig für Sie als Führungskraft ist es zu wissen: Bei den von den Mitarbeitern genannten Ereignissen in der Retro-Timeline geht es nicht darum, ob Sie die Einschätzung der Ereignisse für richtig oder falsch halten. Es geht auch zunächst nicht darum, wie Sie ggf. andere Stimmungen wahrgenommen haben. Es geht ausschließlich um zurückliegende Ereignisse und Ihre Wirkung auf den Mitarbeiter – aus Sicht des Mitarbeiters! Jede ehrliche und offene Information, jedes Feedback, das Sie mit der Retro-Timeline erhalten, ist ein Geschenk des Mitarbeiters an Sie. Vermeiden Sie daher Diskussionen, Klarstellungen, Rechtfertigungen, wenn Sie das Werkzeug nicht beschädigen wollen. Berücksichtigen Sie die Erkenntnisse in Ihrem zukünftigen Führungshandeln und freuen Sie sich, dass Sie wichtige Informationen für Ihre Mitarbeiterführung erhalten haben. Freiheiten-Matrix Um die erläuterten motivatorischen Effekte des ‚Vertrauen-Schenkens‘ und die damit zusammenhängende Übernahme von Verantwortung durch Ihre Mitarbeiter systematisch mit Ihren Mitarbeitern diskutieren und entwickeln zu können, sollten Sie die sog. Freiheiten-Matrix einsetzen (vgl. Abbildung 32). Hier erarbeiten Sie entlang einer Einschätzung des vorliegenden Reifegrades der Mitarbeiter eine Liste von Themen, die ausgewählte Handlungsfelder mit entsprechenden Freiheitsgraden versieht. Kommt es hier zu einer zufriedenstellenden Deckung aus Anspruch des Teams und Einschätzung der Eignung durch Sie, so entsteht nach der Übertragung von Freiheiten ans Team eine motivatorische Wirkung. 120

Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 223 f.

96

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 32: Freiheiten-Matrix (mit Beispieleinträgen)121

Im dargestellten Beispiel (vgl. Abbildung 32) hat die Führungskraft mit Ihrem Team eine stärkere Beteiligung bei der Einstellung neuer Mitarbeiter vereinbart. Für die drei festgelegten Reifephasen des Teams wurden drei Freiheitsgrade festgelegt: • Reifephase : Da das Team bisher noch keine Praxiserfahrungen in der Einstellung neuer Mitarbeiter hat, wurde gemeinsam für diese erste Phase verabredet, dass das Team geplante Einstellungen kommentieren darf, nachdem die Gründe für die Einstellung oder Ablehnung eines Kandidaten durch den Vorgesetzten erläutert wurden. Das Letztentscheidungsrecht verbleibt hier jedoch weiterhin beim Vorgesetzten. Team und Führungskraft sind sich einig, dass diese Phase des Sammelns von Erfahrungen im Recruiting eigener Mitarbeiter 6 Monate dauern soll. Es kann zusätzlich an das Vorliegen bestimmter Kriterien geknüpft werden: z. B. dass der verabredete Beteiligungs-Prozess 2-mal durchlaufen wurde. • Reifephase : Für die Phase 2 wurde verabredet, dass man bei Einstellungen gemeinsam – Team und Führungskraft – entscheidet. In dieser Phase verbleibt bei der Führungskraft in Pattsituationen eine zweite Stimme. Auch hier kann man z. B. vereinbaren, dass man nach weiteren 6 Monaten oder 2 gemeinsamen Einstellungen in die dritte Reifephase eintritt. • Reifephase : In der Phase 3 soll dann das Team eigenverantwortlich über die Einstellung eines Teammitglieds entscheiden, nachdem man sich die Einschätzung des Vorgesetzten angehört hat.

121

Vgl. Koning, 2019, S. 75 ff.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

97

Sie erkennen, wie dem Team im vorliegenden Beispiel sukzessive mehr Entscheidungsfreiheiten gegeben werden. Es steht dabei außer Frage, dass der Prozess in jeder Phase intensiv vom Vorgesetzen begleitet wird. Denn es geht ausdrücklich um die Übertragung von Verantwortung an das Team – und nicht um die Verabschiedung von der Führungsrolle durch den Vorgesetzten. Agiles Mindset – Self-Assessment In der digitalen Transformation stellt sich häufig zu Beginn eines Veränderungsprozesses die Frage, wie leicht sich eine Führungskraft selbst den notwendigen Veränderungen anpassen kann. Denn nur dann kann die Führungskraft auch tatkräftig vorangehen, das Team auch in Zeiten großer Veränderungen glaubwürdig führen. Sie müssen sich daher z. B. die Frage stellen, wie Sie es empfinden, wenn alles im Fluss und scheinbar nichts mehr so wie früher ist? Empfinden Sie unvorhersehbare Entwicklungen eher als Bereicherung oder Bedrohung? Und wie agieren Sie in Situationen, die zunächst alles andere als eindeutig sind? Das Self-Assessment gibt Ihnen die Möglichkeit, sich entlang der fünf Bewertungscluster einmal selbst einzuschätzen, wo Sie stehen und inwiefern Sie heute bereits ein agiles, veränderungsbereites Mind-set haben (vgl. Abbildung 33). Diese Einschätzung ist wichtig für Sie als Führungskraft, denn Ihr Mind-set beeinflusst nicht unwesentlich Ihre Akzeptanz von kommenden Veränderungen und damit auch Ihre intrinsische Motivation, die Veränderungen zu unterstützen.

Abbildung 33: Agiles Mindset – Self-Assessment122 122

Triest / Ahrend, 2019, S. 104.

98

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Also: Geben Sie jeweils Ihre persönliche Bewertung zwischen 0 und 10 zu den fünf Themenfeldern ab. Und seien Sie ehrlich zu sich selbst. Nur dann hat das SelfAssessment einen Mehrwert für Sie. Je höher Ihre Bewertung ist, umso besser sind Sie bereits heute auf die Anforderungen der digitalen Transformation Ihres Führungshandelns vorbereitet.123 Klären Sie auf jeden Fall für diejenigen Bewertungen, bei denen Sie unterhalb des Mittelwertes liegen, warum das so ist und wie Sie hier Ihre Bewertung erhöhen können. Liegen Sie im Durchschnitt aller Bewertungen unter 5, so haben Sie sicherlich noch einen weiten Weg zu Ihrer eigenen digitalen Transformation vor sich. Kleine Rituale Zur Verbesserung der Motivation müssen es nicht immer gleich die großen Aktionen sein. Bereits mit kleinen Ritualen können Sie Ihre Wertschätzung gegenüber dem Mitarbeiter zeigen und damit die Motivation der Mitarbeiter positiv beeinflussen. Dies kann der Blumenstrauß zum Geburtstag sein oder das kleine Gettogether im Team, wenn ein Meilenstein im Projekt erreicht wurde. Schauen Sie doch einmal in Ihren Terminkalender und reservieren Sie z. B. 2 Stunden pro Monat, in denen Sie informell mit Ihrem Team zusammenkommen und jenseits aller Ziele und Meilensteine, jenseits des Zeitdrucks des Tagesgeschäftes, etwas über die Menschen erfahren, was Sie bewegt, was Sie tun und lassen. Insbesondere in Zeiten der Transformation mit ihrer typischerweise hohen Dynamik, den realen und gefühlten Veränderungen und Unsicherheiten, sind die positiven Impulse dieser kleinen Rituale des Zusammenkommens und Zeigens von Interesse am Gegenüber nicht zu unterschätzen.

3.1.5 Feld 4: Die Rahmenbedingungen 3.1.5.1 Das sollten Sie wissen Das vierte Feld, das die Führungssituation prägt, beschäftigt sich mit den Rahmenbedingungen im Unternehmen, unter denen Ihre Mitarbeiter arbeiten. Ein Grund mehr, sich diese Rahmenbedingungen genauer anzusehen. 5 Rahmenbedingungen flankieren Ihre Mitarbeiterführung Die fünf wichtigsten Rahmenbedingungen sind im Einzelnen: • kulturelle Rahmenbedingungen, • strukturelle Rahmenbedingungen,

123

Vgl. Triest / Ahrend, 2019, S. 104 f.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

99

• personelle Rahmenbedingungen, • zeitliche Rahmenbedingungen, • monetäre Rahmenbedingungen.

Abbildung 34: Rahmenbedingungen der Führung

Zwei Erkenntnisse sind für Ihre Mitarbeiterführung wichtig: • Die Rahmenbedingungen sind aus einer rein operativen Sicht in Ihrem täglichen Führungshandeln grds. nicht veränderbar. Sie stellen im wahrsten Sinne des Wortes den Rahmen dar, in dem Sie mit Ihren Mitarbeitern interagieren, in dessen Grenzen Sie Ihre Mitarbeiter führen. Auch deshalb müssen Sie ein klares Bild von diesem Rahmen und seinen etwaigen Wirkungen auf die Mitarbeiter haben. Die häufig auch bei Führungskräften vorherrschende Meinung, dass sie die Rahmenbedingungen ohnehin nicht ändern können, trifft nur aus einer sehr kurzfristigen Perspektive zu. Aber selbst, wenn Sie auch mittel- und langfristig keinen Einfluss darauf nehmen könnten, müssen Sie sich mit diesen Rahmenbedingungen intensiv auseinandersetzen, denn sie beeinflussen die tägliche Arbeit Ihrer Mitarbeiter und sind damit wichtiger Bestandteil Ihrer Führung. • Die Rahmenbedingungen sind aus einer strategischen Sicht alle veränderbar. Und wer, wenn nicht Sie als Führungskraft, ist dafür verantwortlich, die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass sie das Unternehmen bestmöglich in die Lage versetzen, erfolgreich zu sein? Daher müssen Sie sich auch aus gestalterischen Gründen ausführlich mit den Rahmenbedingungen Ihres Unternehmens beschäftigen.

100

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Kulturelle Rahmenbedingungen Die kulturellen Rahmenbedingungen eines Unternehmens sind insbesondere deshalb so wichtig für Ihren Führungsalltag, weil die „Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter eine der zentralen Determinanten für die Veränderungsfähigkeit eines Unternehmens ist. Und diese Veränderungsbereitschaft ist tief in der Kultur eines Unternehmens verwurzelt“124. Erfolgreiche Unternehmen kommunizieren Ihre Unternehmenswerte anders als weniger erfolgreiche Unternehmen. Sie formulieren Ihre Werte basierend auf dem ‚Warum machen wir etwas‘ und nicht auf dem ‚Was machen wir‘. So ist es beispielsweise hinsichtlich der Unternehmenswerte ein Unterschied, ob Sie sich als Automobilhersteller den Unternehmenszweck „Autos bauen“ oder „individuelle Mobilität zu bezahlbaren Preisen für Familien“ auf die Fahnen schreiben. Im ersten Fall fokussieren Sie auf das ‚Was machen wir‘, während Sie im zweiten Fall auf das ‚Warum machen wir das‘ abheben. Allein dieser auf den ersten Blick vielleicht als unbedeutend erscheinende Unterschied hilft den Mitarbeitern schon, ein besseres Verständnis der Daseinsberechtigung des Unternehmens sowie des Unternehmenszwecks zu gewinnen. Daraus lässt sich von den Mitarbeitern leichter eine Sinnhaftigkeit des eigenen Handelns ableiten, die regelmäßig mit einer höheren Identifikation des eigenen Tuns einhergeht und damit in Ihren Führungsalltag hineinwirkt. Und auch die sich letztendlich aus der Unternehmenskultur immer wieder speisende digitale Unternehmensvision ist für die erfolgreiche Bewältigung der digitalen Transformation eines Unternehmens erfolgskritisch, denn „ohne die Entwicklung einer Vision für die digitale Zukunft des Unternehmens, einer auf die Vision ausgerichteten Digitalisierungsstrategie sowie einer Verankerung der Strategie in allen betroffenen Unternehmensbereichen droht eine digitale Transformation schnell zu scheitern“125. Strukturelle Rahmenbedingungen „Transformationsprojekte … stehen häufig vor der Herausforderung, starre Unternehmensstrukturen überwinden zu müssen. Folglich ist es eine enorme Herausforderung für etablierte Unternehmen, eine digitale Transformation zu initiieren, durchzuführen und zu steuern“126. Zu den neueren Erkenntnissen der strukturellen Rahmenbedingungen in Unternehmen gehört, dass die Gestaltung von Räumen einen wichtigen Einfluss auf die Art und Weise ausübt, wie Menschen zusammenarbeiten. Sie können die Kooperation und Kreativität fördern oder auch entscheidend verhindern. Das Fraunhofer-

124

Böhm et al., 2018b, S. 78. Böhm et al., 2018b, S. 77. 126 Hoberg et al., 2018, S. 69. 125

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

101

Institut bestätigt, dass flexible Räume mit geringer Dichte positiv auf die Zufriedenheit und die Leistung der Mitarbeiter wirken.127 Auch wurde bereits ein hoher Zusammenhang zwischen unternehmerischer Innovationskraft, räumlicher Nähe und Kooperation nachgewiesen.128 Ferner ist eine Anpassung der Räume im Unternehmen unter dem Aspekt einer sich verändernden, digitalen Unternehmenskultur ein für jedermann sichtbares und unmittelbar erlebbares Zeichen von Veränderung, dessen positive Ausstrahlungseffekte man nicht unterschätzen sollte. Räumliche Nähe durch offene Flächenkonzepte, anstatt vieler Einzelbüros, unterstützt die teambasierte Arbeit, fördert den Austausch, reduziert Kommunikationsbarrieren und sorgt letztendlich dafür, dass man besser interdisziplinär zusammenarbeiten kann. Zudem setzt eine Büroumgestaltung auch ein sichtbares Zeichen für die Mitarbeiter. Nicht selten hört man von Seiten der Mitarbeiter, dass die bauliche Veränderung von Räumen eine hohe Korrelation mit der Glaubwürdigkeit und wahrgenommenen Ernsthaftigkeit der damit in Verbindung stehenden Transformation signalisieren. Allerdings sollten Sie jetzt nicht vorschnell die Möbel verschieben und Bürowände einreißen: Ein offenes Raumkonzept sollte sowohl Interaktionen fördern wie auch Rückzugsmöglichkeiten bereitstellen – dies erfordert i. d. R. die Einbeziehung eines in diesen Raumkonzepten erfahrenen Innenarchitekten oder Büroraumplaners.129 Und vergessen Sie auch vor einer neuen Raumgestaltung nicht, Ihre Mitarbeiter rechtzeitig mit einzubeziehen. Dennoch: Das große Potenzial einer Umgestaltung der Büroräume hin zu kommunikativen und innovativen Orten der Zusammenarbeit steht außer Frage. Abbildung 35 illustriert exemplarisch eine Büroetage nach Umbau zu einem interaktiven Großraumkonzept. „Vernetzte Organisationen leben von Offenheit und Transversalität zwischen den Mitarbeitern, Abteilungen, Projekten und Bereichen – ausgerichtet auf den Markt und die veränderten Kundenbedürfnisse“130. Strukturell wird dieses Ziel von der abgebildeten Büroetage unterstützt (vgl. Abbildung 35). Sie stellt insgesamt 100 Arbeitsplätze bereit, die nach der sogenannten Open Space Logik designt wurden und im dargestellten Beispiel von drei Abteilungen genutzt werden.

127

Vgl. Hofert, 2018, S. 206 f. und Fraunhofer-Institut o. A. Vgl. Hofert, 2018, S. 206 f. 129 Vgl. Hofert, 2018, S. 206 f. 130 North / Sieber-Suter, 2018, S. 135. 128

102

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 35: Interaktionsfördernde Raumgestaltung

In jeder Abteilung (vgl. A – C in Abbildung 35) gibt es Arbeitsflächen mit 6 und 4 Sitzplätzen (vgl. Ziffern 1 in Abbildung 35), die von schallreduzierenden Raumteilern umgeben sind (vgl. Ziffern 2 in Abbildung 35). Zusätzlich zu den Arbeitsplätzen existieren kleine Break-out-Bereiche, die 4 Mitarbeitern Platz bieten (vgl. Ziffern 3 in Abbildung 35). Auf kleinen ‚sozialen Inseln‘ – Sofas mit bis zu 3 Sitzplätzen – kann man sich zu informellen Gesprächen mit Kollegen zurückziehen (vgl. Ziffern 4 in Abbildung 35). Im Zentrum der Großraum-Büroetage liegen die Besprechungsräume unterschiedlicher Größen, die von allen Mitarbeitern gebucht werden können (vgl. Ziffern 5 in Abbildung 35). So stellt man sicher, dass man trotz der kommunikations- und interaktionsfördernden Sitzanordnung auch die Möglichkeit hat, sich in kleineren Gruppen zurückzuziehen und störungsfrei z. B. Workshops durchführen kann. Nicht selten sitzen die Vorgesetzen auf den OpenSpace-Flächen inmitten der Mitarbeiter. Dies heißt jedoch ausdrücklich nicht, dass damit die Rolle des Vorgesetzten obsolet würde. Denn auch in konsequent interdisziplinär ausgerichteten Organisationsstrukturen gibt es auch weiterhin Hierarchien und Themen, die nicht in der Gruppe bearbeitet werden.131 Dennoch fällt aus struktureller, aufbauorganisatorischer Sicht immer mehr auf, dass Unternehmen zur Beschleunigung Ihrer Entscheidungen, Verstärkung des Netzwerkgedankens sowie einer Verschlankung der Strukturen bereits „… damit beginnen, Ihr mittleres Management abzuschaffen“132. Gerade bei Veränderungen der strukturellen Rahmenbedingungen sind Sie darauf angewiesen, Allianzen mit anderen Entscheidern im Unternehmen zu schmie-

131 132

Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 137. Gloger, 2019, S. 211.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

103

den. „Die Forschung zu organisationalen Veränderungsprojekten zeigt, dass die Unterstützung von Seiten der Unternehmensführung notwendig ist, um die für den Veränderungsprozess benötigte Allokation von finanziellen und personellen Ressourcen zu gewährleisten. Darüber hinaus können während des Veränderungsprozesses unvorhergesehen eintretende Hindernisse leichter bewältigt und interne Widerstände abgebaut werden, indem eine positive Grundeinstellung gegenüber dem Veränderungsprozess erzeugt wird“133. Monetäre Rahmenbedingungen Hinsichtlich der monetären Rahmenbedingungen, unter denen Ihre Mitarbeiter für Sie arbeiten, sollten Sie wissen, dass die Höhe der Bezahlung Ihrer Mitarbeiter bei einer als ungerecht empfundenen Entlohnung für Unzufriedenheit sorgen kann. Demgegenüber wirkt die Gehaltserhöhung auf der Basis einer vom Mitarbeiter bereits als leistungsgerecht empfundenen Incentivierung nicht im gleichen Maße motivierend (wir sprachen bereits im Kapitel 3.1.4 Motivation darüber). Es gilt diejenigen Mitarbeiter zu identifizieren, die Ihre Bezahlung als demotivierend empfinden, um auf dieser Basis eine aktive Entscheidung zu treffen, ob die monetären Rahmenbedingungen angepasst werden sollten. Sie können in solchen Diskussionen dem Mitarbeiter darlegen, dass Sie das Thema ‚leistungsgerechte Bezahlung‘ ernst nehmen und die Höhe der Entlohnung in Ihrem Verantwortungsbereich kein Zufallsprodukt ist. Damit das kein reines Lippenbekenntnis bleibt, können Sie eine sog. anonymisierte Gehaltsdarstellung einsetzen. Wenn Ihr Team hinreichend groß ist, so können Sie unter Wahrung des Datenschutzes entlang einer Darstellung anonymisierter Gehaltscluster Ihres Bereiches (vgl. Abbildung 36) etwaige Gehaltsgespräche mit Ihren Mitarbeitern führen. Dabei gruppieren Sie die Gehälter Ihrer Mitarbeiter anonym in Gehaltscluster ein und erläutern Ihrem Mitarbeiter in einem 4-Augengespräch, warum er in welchem Cluster angesiedelt ist. Dies gibt dem Mitarbeiter ein Höchstmaß an Transparenz, wo er monetär steht und ermöglicht einen objektiven Einstieg in das Gespräch. Es geht explizit nicht darum, eine inflationäre Gehaltsentwicklung zu befeuern oder unterschiedlich zu incentivierende Qualifikationen und Leistungen gleich zu machen. Vielmehr kann auf diese Weise dem Mitarbeiter vermittelt werden, dass seine Incentivierung keine Willkür ist und sowohl hinsichtlich der eigenen Qualifikation und Leistung sowie auch im internen Benchmarking angemessen ist. Und sollten Sie eine schlüssige Argumentation mit Blick auf die genannten Fakten nicht führen können, so haben Sie einen Anpassungsbedarf bei der Gehaltszahlung eines Mitarbeiters identifiziert.

133 Böhm et al., 2018b, S. 78. Ein Praxisbeispiel für die Gestaltung agiler Strukturen in einer Bank beschreiben Gleibs / Alpert, 2019, S. 297 ff.

104

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 36: Anonymisierte Gehaltscluster (mit Beispieleinträgen)

Personelle Rahmenbedingungen Bei den personellen Rahmenbedingungen, unter denen Ihre Mitarbeiter arbeiten, sollten Sie insbesondere Ihre eigene Wirkung auf das Team nicht unterschätzen. Leben Sie Arbeitsfreude, Zuverlässigkeit, Wertschätzung, Vertrauen etc. täglich authentisch vor, so werden sich auch Ihre Mitarbeiter im Zeitverlauf in Richtung dieser Verhaltensweisen bewegen. Nicht alle, aber die meisten. Leben Sie Hilfsbereitschaft vor? Können Sie über eigene Fehler auch mal lachen? Schauen Sie doch einmal in den Spiegel und fragen Sie sich, ob Sie als Person die geeigneten personellen Rahmenbedingungen schaffen, unter denen Ihre Mitarbeiter gerne arbeiten. Und ob Sie für eine Führungskraft, wie Sie sie darstellen, gerne arbeiten würden. Ähnliche Fragen sollten Sie sich hinsichtlich Ihrer Mitarbeiter stellen. Wer gibt dem Team Impulse zur Veränderung? Wer versprüht Zuversicht in Zeiten, in denen vieles unsicher zu sein scheint? Wer führt Menschen zusammen und integriert sie? Kurzum: Wer ist aus einer rein personellen Sicht wichtig für ein Team? Sie sollten Merkmale und Verhaltensweisen von Mitarbeitern, die auf den ersten Blick keine unmittelbaren fachlichen Fortschritte erzeugen, jedoch für den Teamspirit wichtig sind, nicht unterschätzen. Verknüpfung von personellen, strukturellen und zeitlichen Rahmenbedingungen Hinsichtlich der personellen, strukturellen und zeitlichen Rahmenbedingungen sollten Sie mit Ihren Mitarbeitern ein gemeinsames Verständnis zu den Eckpunkten Ihrer täglichen Arbeit entwickeln. Entlang der Smart-Working-Betrachtung (vgl. Abbildung 37) können Sie gemeinsam mit Ihrem Team festlegen, wie Sie die drei genannten Dimensionen der Zusammenarbeit grundsätzlich ausgestalten und im Tagesgeschäft leben wollen. Sie klären mit Ihrem Team:

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

105

• Mit wem wird gearbeitet (z. B. Einbeziehung von bestimmten Personen bei ausgewählten Themen)? • Wo wird gearbeitet (z. B. Büro oder Homeoffice)? • Wann wird gearbeitet (z. B. Kernarbeitszeiten)?

Abbildung 37: Smart Working134

Im dargestellten dreidimensionalen Raum der Zusammenarbeit aus Person, Zeit und Struktur können Sie die wichtigsten Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit in Ihrem Team festlegen. Auf diese Weise werden Sie Ihren Ansprüchen zur transparenten Gestaltung der Zusammenarbeit gerecht. 3.1.5.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Angemessene Rahmenbedingungen sind die Voraussetzung einer erfolgreichen digitalen Transformation Netflix als ein Pionierunternehmen der digitalen Transformation hat in seinen Führungsgrundsätzen diverse der bisher genannten Rahmenbedingungen kon­ kretisiert. So wird z. B. die Bezahlung am oberen Ende des Marktes ausgerichtet (monetäre Rahmenbedingungen), Teams und Funktionen werden zusammen­ gebracht, aber nicht fest gekoppelt (strukturelle Rahmenbedingungen) und es wird ausschließlich auf tatsächlich gelebte Werte fokussiert (kulturelle Rahmenbedingungen).135

134 135

Jäger / Eicke, 2019, S. 147. Vgl. Hawlitzeck, 2019.

106

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Eine digitale Führungskultur ist das stabile Fundament der digitalen Transformation Ohne digitale Führungskultur wird es im Unternehmen keine erfolgreiche, digitale Transformation geben. Denn ihr fehlen die verstärkenden Kräfte, die in einer Veränderungssituation täglich notwendig sind und von der Führungskultur gespeist werden. Von Führungskräften hört man häufig, dass man mit dem Begriff Unternehmenskultur nicht viel anfangen könne, da man an konkreten Ergebnissen im Tagesgeschäft gemessen werde. Zudem würde sich Kultur von alleine durch die Summe allen Managementhandelns entwickeln – schon allein deshalb könne man als einzelne Führungskraft die Unternehmenskultur nur unwesentlich beeinflussen und solle seine Kräfte lieber auf wichtigere Themen fokussieren. Dass dies ein Irrglaube ist, zeigen die nachfolgenden Ansatzpunkte, mit denen Sie im Tagesgeschäft die Unternehmenskultur sinnvoll im Sinne der digitalen Transformation anstoßen und weiterentwickeln können:136 • Fördern Sie kleine, autonome Organisationseinheiten in Ihrem Einflussbereich: Starten Sie mit einem kleinen Team, das entlang klarer prozessualer Vorgaben von Ihnen ein hohes Maß an Autonomie und Selbständigkeit erhält. • Eliminieren Sie sinnlose Tätigkeiten Ihrer Mitarbeiter: Steigern Sie den Sinn in der täglichen Arbeit Ihrer Mitarbeiter, indem Sie unproduktive und überflüssige Tätigkeiten ersatzlos streichen. Fordern Sie Ihre Mitarbeiter auf, unaufgefordert Hinweise auf solche Tätigkeiten zu geben. • Stellen Sie Ihre Mitarbeiter mehr in den Vordergrund und treten Sie als Führungskraft einen Schritt zurück: Lassen Sie die Mitarbeiter die eigenen Ergebnisse – z. B. auch in Managementmeetings – selbst vortragen und widmen Sie Ihre Rolle aktiv vom ‚Frontmann‘ zum Mentor Ihrer Mitarbeiter um. • Wirken Sie einem Selbstverständnis im Unternehmen entgegen, dem eine starre Kopplung des Wertes des Mitarbeiters mit seiner hierarchischen Position im Organigramm zugrunde liegt: Die Bedeutung der Mitarbeiter sowie ihre formale Stellung in der Hierarchie sollte zunehmend voneinander entkoppelt werden. Auch sollte die Bezahlung von Führungskräften nicht primär an die Zahl der von ihnen geführten Mitarbeiter sowie der Hierarchie-Ebene im Organigramm gekoppelt sein. Hier können Sie argumentativ Einfluss auf Ihren HR-Bereich nehmen, da diese Neuausrichtung insgesamt auch einer sukzessiven Anpassung der Karrierepläne, Gehaltsbänder etc. im gesamten Unternehmen bedarf und zentral vom Personalbereich umgesetzt werden muss. • Definieren Sie den Leistungsbegriff in Ihrem Einflussbereich neu: Leistung ist nicht das reine Bereitstellen von (möglichst viel) Arbeitszeit, sondern das Ergebnis pro zur Verfügung gestellter Zeit. Sie müssen ferner die Leistung des Ein 136 Zu den Ansatzpunkten einer Veränderung der Unternehmenskultur vgl. Mangelmann, 2019, S. 167.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

107

zelnen nicht mehr nur allein an rein ökonomischen Kriterien messen, sondern können positive Beiträge, die ein Mitarbeiter zur Verbesserung der Unternehmenskultur einbringt, aktiv miteinbeziehen. Der Aufbau einer digitalen Führungskultur ist eine Führungsaufgabe Ihnen als Führungskraft kommt in der digitalen Transformation hinsichtlich der Etablierung einer angemessenen digitalen Unternehmenskultur eine besondere Rolle zu. Sie sollten zu jeder Zeit in der Lage sein, gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern konkrete Visionen zu formulieren bzw. Ihren Mitarbeitern diese plausibel vermitteln können. Es geht in diesem Zusammenhang um das ‚Warum‘ der Arbeit, um den Sinn der Zusammenarbeit. Führen „… bedeutet daher auch, dass der … Leader eine Geschichte erzählen kann, wofür der Bereich / die Abteilung / das Projekt bei Kunden / Kollegen / Vorgesetzten stehen soll.

Abbildung 38: Digitale Führungskultur137

In einem einfachen Leitbild sollte festgehalten werden, was das Team zum Gelingen und zur Mission des Unternehmens beiträgt und welche positiven Effekte dies insbesondere für die Endkunden hat. Diese Sinnstiftung wirkt sich in den zunehmend komplexen Arbeitswelten nachhaltig auf die Motivation der Teammitglieder aus“138. Die Pyramide der digitalen Führungskultur (vgl. Abbildung 38) verdeutlicht, dass Digitalisierung nur dann gelingen kann, wenn sie zur Chefsache gemacht wird. Es kommt darauf an, die digitale Führungskultur im Unternehmen nachhaltig und 137 138

Adamczyk et al., o. A. Diehl, o. A. b.

108

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

dauerhaft zu verbessern. In Ihrem Verantwortungsbereich können Sie dazu eine digitale Agenda aufstellen und auf diese Weise auch im operativen Tagesgeschäft auf den digitalen Kulturwandel hinwirken. Ohne digitale Führungskultur entsteht kein agiles Mindset in der Belegschaft Je mehr sich ein Mitarbeiter mit der digitalen Kultur im Unternehmen identifizieren kann, umso eher wird er die digitale Transformation unterstützen. Daher sollten Sie Ihren Mitarbeitern die Eckpunkte einer entsprechenden Einstellung zum digitalen Wandel vor Augen führen. Dazu können Sie die nachfolgende Darstellung des agilen Mindsets nutzen (vgl. Abbildung 39).

Abbildung 39: Agiles Mindset139

Ihre Aufgabe als Führungskraft ist es, für Ihre Mitarbeiter Bedingungen zu schaffen, unter denen Sie bestmöglich Ihr agiles Mindset ausprobieren und einbringen können. Denn Sie sind in der digitalen Führungslogik noch mehr als früher gefordert, Ihren Mitarbeitern die erfolgskritischen Rahmenbedingungen bereitzustellen. Im Selbstverständnis einer neuen, agilen Unternehmenskultur, steuern Sie als Führungskraft zukünftig weniger den einzelnen Mitarbeiter, sondern schaffen die Voraussetzungen, unter denen die Mitarbeiter bestmöglich arbeiten können. Sie fokussieren sich also vermehrt auf das Steuern des Gesamtsystems und die Bedingungen der Aufgabenerfüllung, wie z. B. die Verbesserung der räumlichen und digitalen Infrastruktur, die Etablierung teambasierter Anreizsysteme etc.140 Die individuelle, inhaltliche Steuerung der Aktivitäten Ihrer Mitarbeiter tritt demgegenüber zunehmend in den Hintergrund.

139 140

Vgl. Petry, 2019b, S. 48 f. Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 178 ff.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

109

Interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert geeignete elektronische Kooperationswerkzeuge In diesem Zusammenhang müssen Sie also neben den kulturellen Eckpunkten auch die technischen Voraussetzungen schaffen, um bestmöglich interdisziplinär im Team kooperieren zu können. Die effektive und effiziente Zusammenarbeit Ihrer Mitarbeiter basiert im Wesentlichen auch auf der Nutzung elektronischer Werkzeuge, die zur Bearbeitung der Aufgaben genutzt werden können. Auch wenn die Nutzung elektronischer Werkzeuge für die jüngeren Mitarbeiter – die sog. Digital Natives141 – eine Selbstverständlichkeit ist, sollten Sie dennoch für alle Mitarbeiter Mindeststandards zur Nutzung für ihren Bereich festlegen. Wie eng oder auch weit Sie den Rahmen hier ziehen: Seien Sie sich explizit darüber im Klaren, dass eine Nutzung dieser elektronischen Werkzeuge sowohl die Arbeitsgeschwindigkeit als auch die Arbeitsqualität positiv beeinflusst und Sie zur Setzung von Standards hier eine aktive Entscheidung treffen sollten.

Abbildung 40: Elektronische Kooperationswerkzeuge142

Damit wir uns nicht missverstehen: A fool with a tool is just a fool. Elektronische Werkzeuge ersetzen keine fachlichen Defizite, sind aber in den heutigen Zeiten dennoch ein unverzichtbarer Beschleuniger von Arbeitsprozessen. Treffen Sie also eine Entscheidung, welche elektronischen Kooperationswerkzeuge Sie als Standards in Ihrem Bereich nutzen wollen.

141

Vgl. dazu auch die Abbildungen 73 und 74. Vgl. Kopp, 2020, S. 59 ff. Für einen Überblick über (Social) Collaboration Tools vgl. ­Petry, 2019c, S. 226 ff. 142

110

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Interdisziplinäre Zusammenarbeit findet zunehmend in Kommunikations- und Interaktionsnetzwerken statt Die dargestellten elektronischen Kooperationswerkzeuge unterstützen Ihre Mitarbeiter insbesondere bei der so erfolgskritischen Arbeit in Netzwerken.143 Jenseits der etablierten aufbauorganisatorischen Strukturen muss es Ihnen als Führungskraft gelingen, die inhaltliche und persönliche Vernetzung der Mitarbeiter voranzutreiben. So erhöhen Sie die punktuelle Verfügbarkeit von Expertenwissen im Bedarfsfall, verbessern die Lernqualität und beschleunigen die Lerngeschwindigkeit Ihrer Mitarbeiter. Und es ist in Zeiten dynamischer Veränderungen ein nicht hoch genug einzuschätzender Effekt, Mitarbeiter auf dem bestmöglichen Wissens- und Kompetenzstand zu halten.

Abbildung 41: Führung zwischen Hierarchie & Netzwerk144

Folgende Kommunikations- und Interaktionsnetzwerke können Sie sowohl in Ihrem eigenen Verantwortungsbereich etablieren oder Ihre unternehmensweite Einrichtung im Unternehmen vorantreiben:145 • Potenzialträger-Netzwerke: Die Zugehörigkeit definiert sich entlang des hohen, indivduellen Potenzials des Mitarbeiters  – unabhängig von seiner hierarchischen Stellung im Unternehmen. • Alumni-Netzwerke: Hier vernetzen sich ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens und profitieren von diesen beruflichen Kontakten im Bedarfsfall. • Internationale Netzwerke: Die Zugehörigkeit definiert sich durch die länder­ übergreifende Vernetzung gleicher Funktionen, z. B. Führungskräfte-Netzwerke, Spezialisten-Netzwerke. 143

Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 143. Zum Aufbau von Netzwerken innerhalb und außerhalb Ihres Unternehmens vgl. Slaghuis, 2015. Zu Rollen, die Sie in Netzwerken einnehmen können, vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 86 ff. 144 Vgl. Petry, 2019b, S. 58. 145 Vgl. dazu auch Slaghuis, 2015.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

111

• Soziale Netzwerke: Hier vernetzen sich im Unternehmen – häufig auf eigenen Vorschlag – soziale Gruppen, z. B. Sportnetzwerke, Eltern-Netzwerke, Berufsgruppen-Netzwerke. Sie erkennen, dass der Netzwerkgedanke das Zusammenbringen von Menschen, Informationen, Wissen, Interessen etc. über Organisations- und Unternehmensgrenzen hinweg zum Ziel hat. Wann richten Sie Ihr erstes Netzwerk ein?146 Die nachhaltige Koordination der digitalen Transformation erfordert eine strukturelle Verankerung des Themas im Unternehmen Während Sie als Führungskraft in der Lage sind, Netzwerke selbständig ins Leben zu rufen, um damit den Anforderungen der digitalen Transformation aktiv zu begegnen, so kann die aufbauorganisatorische Verankerung der Transformation ein weiterer struktureller Schritt sein, die notwendigen Veränderungen im Unternehmen voranzutreiben.

Abbildung 42: Strukturansätze zur Koordination digitaler Aktivitäten147

Abbildung 42 visualisiert sechs organisatorische Ansatzpunkte, die Digitalisierung Ihres Unternehmens und damit die Unterstützung Ihrer digitalen Führungstransformation strukturell fest zu verankern. Konventionelle Unternehmen sind häufig innerhalb ihres festen, hierarchischen Machtapparates typischerweise durch Ängste und Blockaden geprägt, die aus dem Unverständnis für die neuen Anforderungen der Unternehmensumwelt, der Technologien und Prinzipien gespeist werden.148 „Exzellenz in der modernen Führung bedeutet jedoch, ein neues Leadership-Verständnis in der DNA der Organisation zu verankern, welches nicht 146

Für einen ersten Blick auf die Mitarbeiterführung in Netzwerken vgl. auch Müller, 2013. Vgl. Petry, 2019b, S. 88. 148 Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 317. 147

112

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Stabilität, sondern Wandel fördert“149. Genau dafür macht es Sinn, mindestens eine der sechs dargestellten aufbauorganisatorischen Strukturansätze zur Koordination der digitalen Aktivitäten im Unternehmen zu etablieren. Viele Unternehmen entscheiden sich für die Einrichtung eines Chief Digital Officers (vgl. Abbildung 42), der in der Geschäftsleitung verankert wird. So bekommt die digitale Transformation und die daraus resultierende Konzeption und Umsetzung der erforderlichen spezifischen Veränderungen im Unternehmen eine angemessene Stimme im höchsten Entscheider-Gremium des Unternehmens. Machen Sie sich für die Etablierung einer Funktion im Unternehmen stark, die auf Augenhöhe mit der Geschäftsleitung die erforderlichen Veränderungen im Unternehmen vorantreibt. Gerade in den ersten Jahren der digitalen Transformation eines Unternehmens ist ein Macht-Promotor, der die notwendigen Spielregeln und Prozesse immer wieder einfordert und verteidigt, sollte die digitale Ausrichtung des Unternehmens an Fahrt verlieren, unverzichtbarer Erfolgsbestandteil einer Neuausrichtung.150 Die Orientierungspunkte der monetären Rahmenbedingungen verändern sich Jenseits der strukturellen Herausforderungen ist das Schaffen zeitgemäßer monetärer Rahmenbedingungen ein zunehmend herausforderndes Handlungsfeld. Die Präferenzen der jüngeren Generationen an Mitarbeitern in Unternehmen verändern sich von der Fokussierung auf eine möglichst frühe, finanzielle Absicherung und finanzielle Statussymbole älterer Generationen hin zu mehr Flexibilität in der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsinhalte. Dennoch müssen die finanziellen Rahmenbedingungen so sein, dass man gut qualifizierte Mitarbeiter rekrutieren und halten kann. Dabei bedeutet der zunehmend teambasierte Ansatz in der Zusammenarbeit ausdrücklich nicht, dass alle Mitarbeiter in gleichen Rollen das gleiche verdienen müssen. Gemäß dem sog. „Pay Unfairly Führungsansatz“ erhalten bspw. bei Google151 die Mitarbeiter, auch wenn sie gleiche Rollen im Unternehmen ausüben, mit Blick auf die Exzellenz ihrer Performance höchst unterschiedliche Aktienpakete. Neben den Anforderungen der Rolle tritt hier die Leistung und der Wert des Einzelnen bei der Bezahlung in der Vordergrund. Ohne starre Kopplung an die Hierarchie. Hier liegt vielleicht eine der größten Herausforderungen der digitalen Transformation aus einer Incentivierungssicht: Sie müssen ein Team formen, das auf Augenhöhe miteinander arbeitet und kooperativ die besten Ergebnisse  – als Team  – produziert, ohne den Blick für die besonderen Leistungsträger und deren besonderen Wert für das Unternehmen zu verlieren. Während im Team jeder Mitarbeiter qua Definition gleich viel wert sein muss, um auf Augenhöhe mit den Kollegen interagieren zu können, so muss und wird es bei der Incentivierung auch weiterhin eine Mehrklassengesellschaft geben. Nur so sind Leistungsträger zu halten. Diese Situation findet dann – und nur dann – Ak 149

North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 317. Vgl. dazu auch Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 3–18. 151 Vgl. dazu Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 155. 150

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

113

zeptanz, wenn jeder im Team den Eindruck hat, angemessen und fair incentiviert zu werden. Wenn das kein Plädoyer für die bereits vorgestellten Gehaltscluster in diesem Kapitel ist. Vielleicht denken Sie gerade, dass all Ihre Aktivitäten zur positiven Veränderung der Rahmenbedingungen hin zu einer transformationsfreundlichen Struktur im Unternehmen doch ein Kampf gegen Windmühlen ist, wenn das Unternehmen prozessual und organisatorisch in seiner Gesamtheit nicht auf die Transformation vorbereitet ist. Dieser Einwand wäre jedoch nur zum Teil nachvollziehbar, denn viele der vorgestellten Aktivitäten werden Ihr Team auch ohne eine gesamtheitliche Ausrichtung Ihres Unternehmens auf die digitale Transformation voranbringen. In einem Punkt hätten Sie dennoch Recht: Nur wenn es das Unternehmen ernst meint, schafft es auch die strukturellen Voraussetzungen, um die digitale Transformation voranzutreiben. Hier können und sollten Sie eine aktive Rolle als Change-Promotor einnehmen, damit die passenden Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Transformation Ihres Unternehmens entstehen können. 3.1.5.3 So können Sie Ihre Führungssituation ab heute transformieren • „Entwickeln Sie für sich und Ihr Team ein verständliches Bild zum Themenkomplex Digitalisierung“152. Steigern Sie damit bei Ihren Mitarbeitern die Kenntnis über wichtige Entwicklungen sowie die Sensibilität für notwendige Veränderungen.153 • „Analysieren Sie kontinuierlich die strategischen, organisatorischen und soziokulturellen Konsequenzen der Digitalisierung für Ihre Branche und Ihr Unternehmen“154. • Verschaffen Sie sich regelmäßig aus einer ‚Helikopterperspektive‘ einen Überblick über sämtliche Rahmenbedingungen Ihrer Führungssituation und handeln Sie, wenn Sie Handlungsbedarf erkennen.155 • „Bauen Sie keine Schutzmauern um den Status Quo, sondern streben Sie danach, den Wind der Veränderung für Ihre Rahmenbedingungen der Führung zu erkennen und zu nutzen“156. • Leiten Sie aus der Unternehmensvision und -strategie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern eine Bereichs-Strategie ab. So verbessern Sie das Verständnis Ihrer Mitarbeiter für die Ausrichtung des Unternehmens und leiten aus der grundsätzlichen Ausrichtung und den Werten des Unternehmens Orientierungspunkte für das eigene Handeln ab. Dies steigert die Identifikation mit der täglichen Arbeit. 152

Petry, 2019d, S. 451. Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 111 ff. 154 Petry, 2019d, S. 451. 155 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 33 f. 156 Vgl. Petry, 2019d, S. 451. 153

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Wirken Sie bei der Geschäftsleitung auf eine kulturelle Ausrichtung des Unternehmens hin, die die digitale Führung fördert: z. B. Etablierung von hierarchieübergreifender Offenheit & Transparenz, dialogfördernde Kommunikationskultur, Vertrauens- statt Kontrollkultur, Kultur des Lernens aus Fehlern statt einer Kultur der Sanktionen bei Fehlern.157 • Verändern Sie die Unternehmenswerte, die in klassischen, nicht-digitalen Unternehmen auf die Themen Prognose und Planung sowie die Umsetzung von Plänen fokussiert sind hin zu einer Kultur, die die Adaption des Unternehmens an Kundenentwicklungen sowie die schnelle und flexible Reaktion der Belegschaft auf Neues in den Fokus der Betrachtung stellt. Dies kann auf Town-Hall Meetings etc. mit guten Beispielen, die man persönlich vorstellt, illustriert und ggf. für alle sichtbar auch honoriert werden.158 • Wirken Sie im Unternehmen auf eine Veränderung der Unternehmenskultur hin, indem Sie Ihr Denken und Handeln von einer Inside-out- hin zu einer Outsidein-Unternehmensperspektive verändern.159 Die Outside-in-Perspektive stellt den Kunden in den Mittelpunkt der Betrachtung, an dem sich alles Interne in Ihrem Unternehmen konsequent ausrichten sollte. • „Ermöglichen Sie insbesondere auch Ihren Mitarbeitern eine stark selbstgesteuerte und -organisierte Arbeit im und am System – also an den Rahmenbedingungen“160. • Klären Sie regelmäßig für sich als Führungskraft, wie die Rahmenbedingungen Ihrer Führung, wie z. B. Entscheidungsfreiheiten und Entscheidungsmacht, im Zeitalter zunehmender Netzwerke neu definiert werden müssen und machen Sie das auch zum Thema im Austausch mit Ihren Kollegen und Vorgesetzten.161 • „Wenn Sie eine Gefahr für die Substitution Ihrer eigenen Strukturen oder Prozesse sehen, hoffen Sie nicht darauf, dass es vielleicht ja doch nicht so kommen wird, sondern kannibalisieren Sie sich selbst – bevor es andere tun“162. • Leben Sie Ihren Mitarbeitern und Kollegen eine konsequente Werteorientierung vor,163 z. B.: – Zeigen Sie in Ihrem täglichen Handeln konsequent den Sinn und die Sinn­ erfüllung Ihres Handelns. – Formulieren und verfolgen Sie verständliche Leitbilder. – Setzen Sie sich selbstkritisch mit den aktivitätsfördernden und aktivitätshemmenden Rahmenbedingungen auseinander. 157

Vgl. Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 14 f. Vgl. dazu auch Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 3 ff. 159 Vgl. Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 14 f. 160 Petry, 2019d, S. 453. 161 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 245. 162 Vgl. Petry, 2019d, S. 451. 163 Vgl. Sauter / Sauter / Wolfig, 2018, S. 59. 158

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

115

• Denken Sie in Ihrem Führungshandeln auch regelmäßig ganzheitlich in Rahmen­ bedingungen,164 z. B.: – Ordnen Sie Ihr Führungshandeln immer auch in einen größeren Rahmen, insbesondere die Unternehmensstrategie und den Werterahmen, ein. – Spiegeln Sie Ihr Führungshandeln auch stets an den strategischen Zielen des Unternehmens. – Beziehen Sie bei Ihrer Führung auch immer angemessen real verlaufende bzw. zukünftig vermutete Veränderungsprozesse mit ein und zeigen Sie sich offen gegenüber Trends und ihren möglichen Auswirkungen auf Ihre Führungssituation. • Stellen Sie sicher, dass punktuell neue Rahmenbedingungen und Interaktionsmuster – z. B. neue (Netzwerk)Strukturen – nicht durch die alten Organisationsformen und Managementaktivitäten ausgebremst werden.165 Eine in der digitalen Transformation erfolgreiche Organisation muss als Ganzes gedacht werden: Wenn z. B. Teams auf übergeordneten Ebenen auf alte, hierarchische, personenzentrierte u. / o. bürokratische Strukturen und Prozesse treffen, werden Abstimmungsprozesse derart verlangsamt, dass die Energie aus den neuen Ansätzen absorbiert wird.166 • Etablieren Sie für Ihr Team, einzelne Teammitglieder und sich selbst geeignete Netzwerke und prüfen Sie, ob und wo es Möglichkeiten zur Nutzung bereits etablierter Netzwerke gibt.167 • Fördern Sie die Vernetzung von Menschen im Unternehmen hinsichtlich einer abteilungs-, regionen-, unternehmens- und länderübergreifenden Zusammenarbeit, indem Sie physische und social-media-basierte Kooperationsformate unterstützen.168 • Geben Sie Ihren Mitarbeitern die notwendigen Freiräume, um sich im Unternehmen zu vernetzen. • „Sorgen Sie dafür, dass die grundlegenden IT-technischen-Voraussetzung für ein erfolgreiches, vernetztes Arbeiten vorhanden sind“169. • Unterstützen Sie strukturelle Veränderungen derjenigen Hierarchie- und Machtstrukturen in Ihrem Unternehmen, die Entscheidungen verlangsamen, keinen Mehrwert für den Kunden liefern und für die Zementierung von fachlichen Silos sorgen.170 164

Vgl. Sauter / Sauter / Wolfig, 2018, S. 60. Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 198 ff. 166 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 198 ff. 167 Vgl. Petry, 2019d, S. 453. 168 Petry, 2019b, S. 54. 169 Petry, 2019d, S. 453. 170 Vgl. Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 14 f. 165

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• „Denken Sie nicht in etablierten One-Size-Fits-All-Organisationsmodellen, sondern gestalten Sie die Prozesse und Strukturen passend zu den konkreten Aufgaben und Menschen“171. • Wirken Sie in Ihrem Unternehmen auf einen sinnvollen Hierarchieabbau hin und stellen darüber hinaus sicher, dass dies nicht zu einer Vergrößerung der Führungspannen in den alten hierarchischen Beziehungen führt, sondern mit einer breiteren Verteilung der Entscheidungskompetenzen einhergeht.172 • Verabschieden Sie sich von ausgeprägtem Hierarchie- und Statusdenken und leben Sie dies Ihrem Team auch vor. Das heißt ausdrücklich nicht, dass Sie ab sofort Hierarchien pauschal ablehnen sollen. Formale Hierarchien sind als Ordnungselement in Organisationen weiterhin nötig und sinnvoll,173 Ihre Bedeutung zur Leistungserstellung nimmt jedoch kontinuierlich ab. • Leben Sie täglich aktiv vor, dass in der Zusammenarbeit die Hierarchie für Sie keine herausgehobene Rolle mehr spielt, indem Sie sich z. B. auch als aktives Mitglied von Arbeitsgruppen einbringen. • Fordern Sie in Ihrem Unternehmen, dass mit dem Abbau von Hierarchie auch neue Karrieremodelle entstehen, die die Fachkarrieren und Projektlaufbahnen in Ihrer Wertigkeit den Führungspositionen angleichen.174 • Lassen Sie auch in hierarchischen Strukturen dauerhaft Bottom-up-Initiativen zu und geben Sie als Führungskraft aktiv Beispiel, dass Sie diese Bottom-upIni­tiativen ausdrücklich begrüßen.175 • Forcieren Sie den Aufbau von Digital Units in Ihrem Unternehmen, um den Fokus auf die Digitalisierung von Themen, Aufgaben, Produkten und Mitarbeitern auch strukturell zu verankern.176 • Wirken Sie in Ihrer Personalabteilung auf die sinnvolle Anpassung derjenigen HR-Instrumente hin, die für die digitale Transformation Ihrer Führungsrolle erfolgskritisch sind: z. B. Reduzierung von starren Jahreszielen, Reduzierung von Individualzielen und daran gekoppelten Boni zugunsten von Teamzielen, Aufwertung von Fachkarrieren im Verhältnis zu Führungskarrieren.177 • Zeigen Sie durch die räumliche Wahl Ihres Arbeitsplatzes inmitten des Teams, dass Sie Bestandteil Ihres Teams sind und die resultierenden Kooperationsbeziehungen mit ihren interaktiven Vorteilen aktiv ausbauen wollen.

171

Petry, 2019d, S. 453. Vgl. Pastohr, o. A. 173 Vgl. Petry, 2019d, S. 452. 174 Vgl. Pastohr, o. A. 175 Vgl. Petry, 2019b, S. 54. 176 Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 33 ff. 177 Vgl. Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 14 f. 172

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

117

3.1.5.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Kreisförmiges Organigramm Neue Perspektiven auf etablierte Formen der Zusammenarbeit im Team ermöglichen Ihnen die spielerische Umwandlung der hierarchischen Organigrammstrukturen in ein kreisförmiges Organigramm. Dies hat das Ziel, einen kreativen Blick auf Verbesserungspotenziale der eigenen Prozesse und Zusammenarbeit zu finden. Zur Erstellung des kreisförmigen Organigramms stellen Sie sich mit Ihrem Team Fragen zu ausgewählten Themen, die Sie im Team beschäftigen, wie z. B.: • Wie sind unsere aktuellen Kommunikationswege konkret ausgestaltet? • Wie wird Führung aktuell am Beispiel ‚Ziele festlegen‘ genau praktiziert? • Wo entsteht Wertschöpfung in unserer Zusammenarbeit und wo werden unsere Kunden durch die Wertschöpfung begeistert? • Ist unsere Organisation kundenzentriert aufgestellt und wo liegen Verbesserungs­ potenziale?

Abbildung 43: Kreisförmiges Organigramm178 (mit Beispieleinträgen)

Entlang dieser Diskussion mit dem Team können Sie z. B. am Flipchart ein kreisförmiges Organigramm entstehen lassen, das die aktuelle Form der Zusammenarbeit illustriert. Sie und Ihr Team haben dabei sämtliche Freiheiten, was die Notation der Diskussion angeht. Wichtig ist nur, dass Sie sich auf ein klar abgrenzbares Thema konzentrieren. Die in das Thema involvierten Mitarbeiter / Teams erfassen Sie im Einzelnen und zeichnen ihre Interaktionsbeziehungen in das Kreisdiagramm ein. Am Ende der Diskussion halten Sie die erkannten Verbesserungspotenziale fest und integrieren Sie danach in die tägliche Arbeit. Durch diesen Perspektiven-Wechsel – gemeinsam mit den Mitarbeitern – entstehen nicht selten konkrete prozessuale Veränderungen im Tagesgeschäft, die von einer breiten Akzeptanz im Team getragen werden. Abbildung 43 illustriert ein kreisförmiges Organigramm, in dem 4 Mitarbeiter unterschiedlicher Abteilungen 2 Verbesserungspotenziale für die Annahme von Kundenreklamationen ermittelt haben.

178

Vgl. Oestereich / Schröder, 2020, S. 225.

118

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Gehaltsampeln Mit Hilfe von sog. Gehaltsampeln können Sie Einfluss auf die monetären Rahmenbedingungen nehmen und z. B. bei geplanten, genehmigungspflichtigen Gehaltsanpassungen gegenüber dem HR-Bereich oder der Geschäftsleitung diese argumentativ untermauern und damit die Chancen Ihrer Umsetzung verbessern. Die Abbildung 44 illustriert exemplarisch die Gehaltsampeln für einen Bereich mit einer Führungskraft und insgesamt 9 Mitarbeitern. Wir unterstellen im Beispiel aus Vereinfachungsgründen, dass alle 9 Mitarbeiter die gleichen Rollen wahrnehmen und eine vergleichbare Berufserfahrung aufweisen. Die Zahl in den grau hinterlegten Quadraten visualisiert das Jahreszielgehalt (in Tausend Euro), das sich im dargestellten Beispiel jeweils aus einem fixen und einem variablen Anteil zusammensetzt. Die Ampeln symbolisieren das von ihnen wahrgenommene Wechselrisiko des jeweiligen Mitarbeiters aufgrund seines Jahreszielgehalts.

Abbildung 44: Gehaltsampeln (mit Beispieleinträgen)

Mit Hilfe der Abbildung 44 können Sie jetzt sehr übersichtlich folgende Aussagen ableiten: • Das Gehaltsgefüge im dargestellten Beispiel ist grundsätzlich ausgewogen. Die meisten Mitarbeiter liegen in einem vergleichbaren Korridor. Bei den Mitarbeitern, die eine „grüne“ Gehaltsampel haben (vgl. Symbol „G“), erkennen Sie als Führungskraft weder ein erhöhtes Wechselrisiko aufgrund der Incentivierung noch Anpassungs- oder Handlungsbedarf. • Bei drei Mitarbeitern (incl. Führungskraft) bestehen Dysbalancen in der Incentivierungsstruktur (vgl. eingekreiste Gehaltszahlen), die bei zwei Mitarbeitern (vgl. M. Zorn und H. Reich) zu einem ggf. erhöhten Wechselrisiko führen können und in der Abbildung jeweils mit einer roten Ampel (vgl. Symbol „R“) angezeigt sind:

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

119

– Ein Mitarbeiter (vgl. Abbildung Mitte, H. Reich) verdient mit 85 € das gleiche Jahreszielgehalt wie die Führungskraft des Gesamtbereiches (vgl. Abbildung oben, M. Zorn). Dies sollte Gründe haben – z. B. weil der Mitarbeiter ein Leistungsträger ist und über seltenes Know-how verfügt, das für das Unternehmen wichtig ist. – Ein weiterer Mitarbeiter (vgl. Abbildung rechts unten, V. Taler) kann im Incentivierungsgefüge dieser Abteilung sogar als Ausreißer bezeichnet werden, da er ca. 20 % mehr verdient als die Führungskraft und ca. 40 % mehr als die Kollegen. Auch hier sollten Sie ausdrücklich gute Gründe haben, warum diese Dysbalance gerechtfertigt ist. Sollten die Leistungen und / oder das Know-how des Mitarbeiters dies nicht rechtfertigen, haben Sie zumindest bei der Führungskraft in unserem Beispiel ein latentes Wechselrisiko. Salary Framework Um das im vorgenannten Beispiel illustrierte Thema der Incentivierungsgerechtigkeit zu versachlichen, können Sie ein sog. Salary Framework179 einführen. Ein Salary Framework stellt sicher, dass das Gehalt der Mitarbeiter nach einer für alle transparenten Formel berechnet wird, die für jeden Mitarbeiter zugänglich und nachvollziehbar ist. Ziel ist es, jedermann zu verdeutlichen, dass er marktpreiskonform bezahlt wird und ein angemessenes, leistungsgerechtes Gehalt bezieht. Es ist ausdrücklich nicht das Ziel, alle Gehälter einander anzugleichen, sondern vielmehr Unterschiede zu plausibilisieren. Sie können mit dem Salary Framework das jeweilige Gehalt entlang der nachfolgenden Kriterien aufstellen, wobei Sie frei sind, die Kriterien zu ergänzen oder andere Schwerpunkte zu setzen. Das Gehalt des Mitarbeiters kann z. B. bestimmt werden auf Basis • der Anforderungen seiner spezifischen Aufgaben, • seiner individuellen Erfahrung und Fähigkeiten, • der Dauer seiner Firmenzugehörigkeit, • seiner individuellen und teamspezifischen Leistung. Durch die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Gehaltsdeterminanten steigen das Vertrauen und die Zufriedenheit mit den monetären Rahmenbedingungen in Ihrem Unternehmen. Soziales Netzwerktraining im eigenen Bereich Forcieren und entwickeln Sie in Ihrem Bereich den Netzwerkgedanken, indem Sie regelmäßig – z. B. alle 4 Wochen – eine 15-minütige Übung am Rande eines Teammeetings durchführen, in dem sich Ihre Mitarbeiter untereinander besser 179

Vgl. Häusling, 2018, S. 261 ff.

120

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

kennenlernen. Dabei ist es wichtig, dass Sie es schnell und effizient durchführen, da typischerweise die Bereitschaft zur Teilnahme an gruppendynamischen Spielen bei erwachsenen Kollegen anfangs nicht sonderlich ausgeprägt ist. Wenn Sie jedoch den Hintergrund erläutern und die Uhr im Auge behalten, kann wenig schiefgehen. Ein solches soziales Netzwerktraining benötigt nur eine einfache Frage und wenige Regeln. Sie könnten das erste Netzwerktraining unter das Motto stellen: „was meine Kollegen von mir nicht wissen“. Beispiel: Sie fordern alle Mitarbeiter auf, sich in der Reihenfolge Ihres Eintritts in das Unternehmen aufzustellen und von dem (Firmen-)Ereignis zu berichten, das Ihnen aus diesem Jahr noch in Erinnerung ist. Damit erleben Ihre Mitarbeiter unmittelbar, wie Informationen im Netzwerk entstehen und nutzbar werden. Denn es wird einige Ansatzpunkte zwischen den Teammitgliedern geben, sich auszutauschen und voneinander zu lernen. So erfährt man, dass ein Kollege ein großes Restrukturierungsprojekt geleitet hat und ist vielleicht überrascht, dass es noch jemanden im Unternehmen gibt, der die erste Markteröffnung in Osteuropa persönlich miterlebt hat usw. So schaffen Sie sukzessive die Basis für neue, gegenseitige Anknüpfungspunkte unter Ihren Mitarbeitern – die Basis für gutes Netzwerken. Darüber hinaus steigern Sie durch die Kontinuität dieser Übung im Zeitverlauf sukzessive den Vernetzungsgrad im eigenen Bereich.180 Brown-bag-Sessions und Lunch-Roulette Den Gedanken der besseren Vernetzung von Mitarbeitern können Sie auch auf bereichsübergreifender Ebene forcieren, indem Sie Brown-bag-Sessions oder ein Lunch-Roulette initiieren. In Brown-bag-Sessions kommen Mitarbeiter bereichsübergreifend zusammen, um sich einen Impulsvortrag eines Kollegen zu einem relevanten Thema der Organisation anzuhören. An diesen ca. 15-minütigen Impulsvortrag schließt eine kurze Diskussion von ebenfalls maximal 15 Minuten an. Die Veranstaltung wird stehend durchgeführt und jeder kann dabei etwas essen oder trinken – jeder kann sich zur Veranstaltung sein ‚Brown-bag‘ mitbringen.181 Beim Lunch-Roulette werden aus einer Liste von Interessierten nach dem Zufallsprinzip jeweils 2 Kandidaten für ein gemeinsames Mittagessen ausgelost. Ein Lunch stellt den geeigneten Rahmen dar, um in einem lockeren Ambiente neue Kollegen kennenzulernen und das gegenseitige Verständnis für Herausforderungen und deren Lösungen in der Organisation zu verbessern.182 Anhand der beiden dargestellten Werkzeuge erkennen Sie, dass man in der digitalen Transformation auch mit einfachen Formaten, die sich problemlos ins Ta 180

Vgl. zu diesem Werkzeug auch Oestereich / Schröder, 2020, S. 231. Zu Brown-bag-Sessions vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 268 f. 182 Zum Lunch-Roulette vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 268 f. 181

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

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gesgeschäft einbauen lassen, die Vernetzung und Wissensvermittlung im Unternehmen pragmatisch vorantreiben kann. Ihre persönliche Prioritätenliste Auf dem großen Spielfeld der Rahmenbedingungen183 müssen Sie aufpassen, dass Sie sich in Ihren Aktivitäten nicht verzetteln und Ihre Kräfte sinnvoll bündeln. Aus den beiden nachfolgenden Fragen können Sie Ihre ganz persönliche Prioritätenliste zur Veränderung der Rahmenbedingungen ableiten: • Welche 3 Rahmenbedingungen, die sich negativ auf die Leistung meines Teams auswirken, werde ich kurzfristig in meinem Einflussbereich verändern und welche positiven Wirkungen daraus erwarte ich? • Welche Rahmenbedingung, die sich negativ auf die Leistung meines Teams auswirkt, werde ich mittel- und langfristig verändern bzw. auf ihre Veränderung im Unternehmen hinwirken und welche positiven Wirkungen werden vermutlich daraus resultieren? Hier werden typischerweise von Führungskräften immer wieder Themen genannt, die ohne die rahmensetzenden Aktivitäten des zuständigen Personalbereiches Ihres Unternehmens schwer realisierbar sind. Dazu gehören z. B. die Förderung des Teamgedankens und der kreativen Zusammenarbeit durch flächendeckende Incentivierung von Team- statt Individualzielen sowie die Gleichstellung von Fach- und Führungskarrieren.184

3.1.6 Feld 5: Der Output der Mitarbeiter 3.1.6.1 Das sollten Sie wissen Zum Output der Mitarbeiter kann man den folgenden Leitsatz aufstellen: Je besser die Ergebnisse eines Mitarbeiters sind, die er erarbeitet hat, umso besser ist seine Performance, d. h. seine Leistung. Ist doch ganz einfach, oder? Nun ja, ganz so einfach ist es dann doch nicht. Wir müssen in diesem Kontext zunächst zwei grundsätzliche Fragen beantworten: • Was meinen wir genau mit Performance und welche Formen der Performance sollte man kennen und unterscheiden? • Welche Einflussfaktoren auf die Performance des Mitarbeiters sollten wir jenseits der Passung aus Eigenschaften und Anforderungen zusätzlich noch kennen und berücksichtigen? 183 184

Vgl. Abbildung 34. Vgl. Häusling / Kahl, 2018, S. 83 ff.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Betrachten wir zunächst verschiedene Formen der Performance, die Sie kennen und unterscheiden sollten. Diese Unterscheidung hilft Ihnen z. B. bei der Vereinbarung von Zielen, der Beurteilung von Zielerreichungen oder der Beurteilung von autonomen Ziel-Vereinbarungen durch Ihr Team. Unterscheiden Sie daher die folgenden Formen von Performance in Ihrem Führungsalltag: Die Performance der Mitarbeiter können Sie aus verschiedenen Perspektiven betrachten • Einzel- vs. Gruppenperformance Wenn ich Sie fragen würde, wer von den nachfolgenden Fußballern der beste ist: Christiano Ronaldo, Lionel Messi oder Christoph Kramer, dann werden Sie vermutlich Ronaldo oder Messi nennen. Aber was halten Sie von einer anderen Perspektive: Christoph Kramer ist bisher der einzige der drei genannten Fußball-Nationalspieler, der mit seiner Mannschaft Fußballweltmeister geworden ist.185 Ohne Herrn Kramer zu nahe zu treten werden Sie mir aus einer Einzelperformance-Perspektive zustimmen, dass die beiden anderen Fußballer besser, performanter, erfolgreicher sind. Aus einer Gruppenperformance-Sicht könnte man jedoch begründet die These vertreten, dass Herr Kramer aufgrund seines Weltmeistertitels – des wichtigsten Titels, den man als Mannschaftssportler im Fußball gewinnen kann – der erfolgreichste der drei Spieler ist. Was lernen wir daraus? Wenn Ihnen jemand einen hoch performanten Mitarbeiter mit tollen Leistungen in Aussicht stellt, klären Sie, ob es sich im übertragenen Sinne um Ronaldo, Messi oder Kramer handelt. Ist es keiner der drei, sollten Sie zumindest misstrauisch werden. • Objektive vs. subjektive Performance Machen Sie sich immer klar, ob Sie die Performance nach objektiven oder subjektiven Kriterien messen wollen. Auch hier ein Beispiel aus der Welt des Sports: Im 100 Meter Endlauf bei den Olympischen Sommerspielen gewinnt derjenige den Titel, der objektiv die schnellste Zeit gelaufen ist. Der Sieger ist objektiv der Beste. Bei den Olympischen Winterspielen im Eiskunstlauf bewerten die Punktrichter neben der technischen Schwierigkeit des Vortrags auch die sog. künstlerische Darbietung – diese Bewertung folgt primär subjektiven Eindrücken und führt nicht selten zu Überraschungen bei der Punktvergabe. Es soll hier nicht das Verfahren zur Erreichung der Goldmedaille im Eiskunstlaufen diskutiert werden. Vielmehr soll Ihr Blick für subjektive und objektive Leistungen geschärft werden. Als Führungskraft sollten Sie sich immer bewusst sein, ob Sie nach objektiven oder subjektiven Kriterien die Leistung bewerten. Beides kann Sinn machen, jedoch kommt es stets auf den richtigen Mix an. Objektive Performancekriterien sollten dabei jedoch stets einen hohen Stellenwert haben. 185

Vgl. dazu auch Wallrodt et al., 2014.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

123

• Absolute vs. relative Performance Der IQ ist ein Konstrukt, welches die Intelligenz in einem Punktwert ausdrückt. Sie ist quasi ein Maß der geistigen Kapazität, der geistigen Leistungsfähigkeit. Albert Einstein wird ein IQ von ca. 170 zugeschrieben.186 Er gilt damit als hochintelligenter Mensch, was nicht zuletzt auch seine heute noch gültige Relativitätstheorie belegt. Im Vergleich zu den intelligentesten Menschen der Welt  – z. B. Terence Tao mit einem IQ von 230187 und Chris Hiratas mit einem IQ von 225188 –, hat Albert Einstein jedoch einen eher bescheidenen Intellekt. Wir sehen daran: Während die absolute Performance – hier exemplarisch gemessen am IQWert – von Albert Einstein unglaublich hoch und außerordentlich gut ist, so ist sie im Vergleich zu den erwähnten Herren Tao und Hiratas – relativ gesehen – niedrig. Unterscheiden Sie daher in Ihrem Tagesgeschäft immer zwischen absoluter und relativer Performance. Unser – zugegebenermaßen konstruiertes – Beispiel zeigt, dass man mit einer niedrigen relativen Performance, wie sie Herr Einstein im Quervergleich zeigt, trotzdem eine sehr hohe objektive Performance erzielen kann. Schauen Sie sich die Relativitätstheorie an, die bis heute ein Meilenstein der Physik ist! • Ist- vs. Potenzial-Performance Kennen Sie Sebastian Deissler? Ein höchst talentierter, ehemaliger deutscher Fußball-Profi, der Anfang der 2000er Jahre als „Talent des Jahrzehnts“ in Deutschland galt.189 Aufgrund vieler Verletzungen und einer späteren psychischen Erkrankung wurde er immer wieder in seiner Entwicklung als Leistungssportler zurückgeworfen und konnte in den Augen der Fachwelt nie sein volles Potenzial ausschöpfen. Er war sicherlich ein guter Fußballspieler, aber sein schier unerschöpfliches Talent hat er in den Augen vieler Experten nie ausgeschöpft. Seine Ist-Performance war häufig fraglos gut, blieb aber hinter seinen enormen Möglichkeiten – seinem Potenzial, das ihm die Fachwelt immer wieder attestierte – zurück.190 Für Ihre Führungspraxis heißt das: Versuchen Sie neben der Ist-Performance auch das Performance-Potenzial Ihrer Mitarbeiter zu erkennen. Nur dann können Sie Ihre Mitarbeiter optimal coachen, fördern und fordern – aber eben auch nicht überfordern. Wir resümieren kurz: Wenn Ihnen für Ihr nächstes bereichsübergreifendes Projekt von einem Kollegen ein Mitarbeiter als Leistungsträger angeboten wird, so können Sie dies schon im Erstgespräch entlang der dargestellten 4 PerformanceKategorien konkretisieren und schärfen.

186

Vgl. Wissen.de, o. A. Vgl. Welt.de, o. A. 188 Vgl. Welt.de, o. A. 189 Vgl. dazu o. V. 2021b. 190 Vgl. Rosentritt, 2021. 187

124

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Die Performance Ihrer Mitarbeiter hängt von 3 Faktoren ab Die Performance Ihrer Mitarbeiter ist immer das Produkt aus Können, Wollen und Dürfen.191 Wenn Sie beispielsweise mit der Leistung eines Mitarbeiters oder Teams nicht zufrieden sind, so sollten Sie Ihren Fokus nicht nur auf den Mitarbeiter selbst richten, sondern sämtliche relevanten Felder, die nennenswerte Auswirkungen auf die Leistung haben, beleuchten192: • Leistungsfähigkeit: Diese wird durch die Eigenschaften des Mitarbeiters fest­ gelegt und sollte bei realistischer Einschätzung dazu geeignet sein, die an ihn gestellten Anforderungen zur erfüllen. Sie erinnern sich: Hier können Sie die in Kapitel 3.1.2 und 3.1.3 vorgestellten Eigenschaften- und Anforderungenheatmaps sinnvoll einsetzen. • Leistungsbereitschaft: Diese wird im Wesentlichen von der Motivation beeinflusst. Der Mitarbeiter muss die Leistung auch erbringen wollen. Zur Motivation vgl. Kapitel 3.1.4! • Leistungsmöglichkeit: Ist der Mitarbeiter fähig und willens, Leistung zu erbringen, so muss es ihm letztendlich auch möglich sein. Die Rahmenbedingungen der Leistungserbringung müssen stimmen. So kann der Friseur nur vor Ort und nicht virtuell aus dem Homeoffice dem Kunden die Haare schneiden. Der Chirurg kann nur vor Ort im Hospital den Blinddarm operieren. Man kann Personalkosten im Unternehmen grds. nur nennenswert reduzieren, wenn man die Zahl der Mitarbeiter reduziert. Der Aufbau von Mitarbeitern bei gleichzeitiger Reduzierung der Personalkosten sind gegenläufige Ziele, die diese Leistung grds. unmöglich machen. Kurzum: Sie tragen als Führungskraft die Verantwortung dafür, dass die Erbringung einer bestimmten Leistung auch tatsächlich möglich ist. Die Leistung und resultierenden Ergebnisse Ihrer Mitarbeiter sollten Sie differenziert betrachten Unterscheiden Sie bei der Definition und Beurteilung von Performance stets die Leistungserbringung von der Zielerreichung. Während bei der Beurteilung der Leistungserbringung der Fokus auf konkretem Verhalten, Kompetenz, Einstellung, Einsatz etc. des Mitarbeiters basiert, so misst die Zielerreichung unabhängig davon, ob die gesetzten Ziele erreicht wurden. Erinnern Sie sich an Interviews von Trainern im Profi-Fußball, die Ihrer Mannschaft eine tolle Leistung attestiert haben, obwohl das Spiel verloren wurde. In diesem Fall war die Leistung sehr gut, das Ziel wurde jedoch objektiv nicht erreicht. Dies kann daran liegen, dass man seine Einschätzung zur Leistung des Teams hinterfragen oder aber ggf. das Ambitionsniveau der gesetzten Ziele anpassen muss. Und insbesondere auch bei der Incentivierung von Leistung spielt dies eine Rolle: Je nachdem, aus welcher Perspektive 191 192

Vgl. Hofert, 2018, Listander, 2020, S. 62 und Sprenger, 2004. Vgl. Hofert, S. 73, Listander, 2020, S. 62 und Sprenger, 2004.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

125

Sie eine variable Incentivierung betrachten, erscheint sie Ihnen ggf. ungerecht zu sein. Eine stark ergebnisorientierte Incentivierung in unserem Beispiel ist die Siegprämie – bei einer Niederlage erhalten Profisportler keine Prämie, keine variable Incentivierung, selbst wenn sie eine hervorragende Leistung erbracht haben. Sie erkennen bereits: Hier muss der Trainer insbesondere diejenigen Spieler bei Laune halten, denen von allen Seiten eine hervorragende Leistung attestiert wird, auch wenn das Teamergebnis nicht zufriedenstellend ist. Erinnern Sie sich hier bitte auch an die bereits gemachten Ausführungen zur Team- und Individualperformance. Ein häufiger Performance-Killer sind Sie – die Führungskraft Wenn Sie sich mit der Performance Ihrer Mitarbeiter und Ihres Teams beschäftigen, sollten Sie auch immer mal wieder in den Spiegel schauen. Denn das Erbringen von Leistung durch Ihre Mitarbeiter setzt voraus, dass Sie als Führungskraft Ihren Beitrag leisten und vor allem keine fundamentalen Führungsfehler machen. Drei weit verbreitete Performance-Killer, für die i. d. R. die Führungskraft verantwortlich ist, sind:193 • Der Mitarbeiter weiß nicht, was von Ihm erwartet wird – dies kann z. B. an einer ungenügenden Kommunikation oder mangelndem Zielemanagement der Führungskraft liegen. • Der Mitarbeiter weiß nicht, wie die Qualität seiner Arbeit gesehen wird – z. B. aufgrund der Tatsache, dass er kein differenziertes Feedback erhält. • Der Mitarbeiter weiß nicht, wie er die Aufgaben erledigen soll, weil er wichtige Rahmenbedingungen nicht kennt – z. B. aufgrund der nicht vorhandenen Kenntnis von Spezialisten, die er einbeziehen könnte oder unzureichender Kenntnis der eigenen Gestaltungsspielräume. 3.1.6.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Das klassische Verständnis vom Mitarbeiter-Output führt in eine Sackgasse Das althergebrachte, klassische Verständnis zur Performance von Mitarbeitern und Teams – nämlich: Härter Arbeiten führt zur besseren Performance und bessere Performance führt zu besseren Ergebnissen – verliert in der digitalen Transformation nicht seine grundsätzliche Gültigkeit. Es muss jedoch neu gedacht werden. Denn härter arbeiten skaliert nicht. „Wenn Teams härter für ihre Zielsetzungen arbeiten müssen, bleibt keine Zeit, um als Team zu lernen und zu wachsen. Teams mit einem hohen Reifegrad nutzen deshalb auf intelligente Weise Software, um ihre Lieferprozesse bestmöglich zu automatisieren. Erfolgreiche Führungskräfte bewerten Teams danach, was sie erreichen, statt nach dem, was sie tun. Beispiels 193

Vgl. Goldfuss, 2000, S. 107 ff.

126

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

weise also danach, was sie in Puncto Kundenzufriedenheit, höherem Kundennutzen oder gesteigerten Margen erreicht haben, statt nach Anzahl der Kundengespräche, Menge von Lieferungen oder Anzahl neuer Funktionalitäten zu schauen“194. Quantitative, aufwandsbezogene Kennzahlen verlieren daher bei der Mitarbeitersteuerung ihre herausgehobene Bedeutung, die sie noch in vielen konventionellen, hierarchisch geprägten, Führungsverhältnissen haben. Mit Blick auf den Output Ihres Teams und Ihrer Mitarbeiter müssen Sie daher als Führungskraft einen wesentlichen Transformationsschritt zunächst selbst gehen: Sie sollten Ihre aktuellen Führungsaktivitäten einer • transaktionalen Führung, d. h. Führen über Ziele – der Mitarbeiter erhält eine Belohnung, wenn Ziele erreicht werden – mit Führungsaktivitäten der • transformationalen Führung, d. h. Führen über intrinsische Motivation der Mitarbeiter durch Förderung und Kommunikation visionär sinngebender Ideen ergänzen.195 Leistungskriterien müssen neu miteinander verknüpft werden In der digitalen Transformation werden daher die bisherigen – in klassischen Führungshierarchien etablierten – Leistungskriterien neu miteinander verknüpft. Im klassischen Linienmanagement mit seinen hierarchischen Führungsbeziehungen wird dem Team ein festes Ziel vorgegeben, dessen Erreichung hinsichtlich des Fertigstellungstermins sowie des bereitgestellten Budgets im Vorfeld geschätzt wird. Demgegenüber werden in agilen Führungsbeziehungen, wie sie die digitale

Abbildung 45: Leistungskriterien der Aufgabenerledigung 194

Koning, 2019, S. 80. Vgl. dazu auch Hofert, 2018, S. 44 f. Zum Zusammenhang zwischen der Kontrollfunktion von Führung und der Autonomie der Mitarbeiter in der digitalen Transformation vgl. auch o. V. 2020. 195

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

127

Transformation zunehmend erfordern, diese Beziehungen aufgelöst und neu miteinander verbunden. Der Liefertermin des nächsten Ergebnisses sowie die Kosten des an der Leistung beteiligten Teams werden fixiert, während das Ziel bewusst variabel gehalten wird (vgl. Abbildung 45). Dies ist ein Paradigmenwechsel, der es dem Team ermöglicht, Anpassungen anhand von z. B. kurzschleifigen Kundenfeedbacks, innovativen Ideen der Teammitglieder, sich verändernden Rahmenbedingungen in extrem volatilen digitalen Zeiten und Märkten, vorzunehmen.196 Immer im Sinne bestmöglicher Befriedigung der Kundenbedürfnisse. Denn dieser Paradigmenwechsel bedeutet ausdrücklich nicht, dass das Team tun und lassen könnte, was es will, weil das Ziel nicht mehr dauerhaft fixiert ist. Hier kommt das Regulativ der Gruppe selbst, aber insbesondere auch des Kunden und nicht zuletzt von Ihnen als Führungskraft ins Spiel. Differenziertere Perspektiven von Performance müssen eingenommen werden Sowohl Sie als Führungskraft als auch Ihre Mitarbeiter steuern die Leistungserstellung anhand von Kennzahlen. Mit zunehmendem Reifegrad der Organisation in der digitalen Transformation werden Kennzahlen nicht mehr nur von Führungskräften genutzt. Vor allem dienen die Kennzahlen nicht mehr primär dazu, die Leistung der Mitarbeiter zu verfolgen, um sie engschleifig zu kontrollieren. Vielmehr arbeiten die Mitarbeiter selbstverantwortlich mit Leistungskennzahlen, um den Anforderungen des Kunden bestmöglich gerecht zu werden, regelmäßig besser zu werden, zu lernen, etc.197 Schauen wir uns gemeinsam einmal ein modernes Modell der Performance­ messung, das sogenannte Viable Indicator Model, in seinen Grundzügen an (vgl. Abbildung 46). Eine unternehmensweite Einführung muss sicherlich über die strukturellen und prozessualen Rahmenbedingungen des Unternehmens flankiert und abgesichert werden. Und ja, es ist ein komplexes Modell und kann daher hier nur blitzlichtartig vorgestellt werden. Dennoch hält das Modell durch seine facettenreichen Perspektiven auf die Leistung von Ihnen, Ihres Teams und letztlich Ihres Unternehmens sinnvolle neue Perspektiven für Ihr tägliches Führungshandeln bereit, die Sie sofort nutzen können. Die Grundstruktur des Viable Indicator Models unterscheidet die aktuelle und zukünftige Leistung und besteht aus insgesamt drei Ebenen: • Vitalitätsstand des Unternehmens, • Effizienz, Entwicklungspotenzial und Innovationskraft, sowie • Wirksamkeit des eigenen Managements.

196 197

Vgl. dazu auch Hofert, 2018, S. 7. Vgl. Slogar, 2018, S. 163.

128

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

So könnten Sie bspw. zum Vitalitätsstand des Unternehmens mit Ihrem Team regelmäßig folgende Fragen diskutieren: „Auch wenn wir unsere Ziele grundsätzlich erreichen (Actuality) – unter welchen Umständen könnten wir leistungsfähiger sein (Capability) und was müssten wir dafür tun (Potentiality)?“

Abbildung 46: Viable Indicator Model – Grundstruktur198

Insgesamt werden über alle drei Ebenen des Modells Leistungskennzahlen in insgesamt 6 Kategorien beleuchtet: • Actuality: Wie leistungsfähig ist das Unternehmen aktuell? • Capability: In welchem Umfang wird die Leistungsfähigkeit genutzt? • Potentiality: Welches noch ungenutzte Potenzial kann durch Verbesserungen erschlossen werden? ­ nternehmen? • Operational Performance: Wie erfolgreich und effizient arbeitet das U • Latent Performance: Welche Entwicklungspotenziale der Zukunft bestehen im Vergleich zum Markt? • Organisational Performance: Wie wirksam ist das Management der Organisation? So wird sichergestellt, dass man die Performance differenziert und aus möglichst vielen Perspektiven betrachtet. Innerhalb der sechs Kennzahlenklassen ermitteln Sie die Leistung jeweils entlang einer zentralen Frage (vgl. Abbildung 47). Die im ersten Cluster  – Actuality  – vorgenommene Performance-Messung und Einschätzung sollte Ihnen bekannt vorkommen. Sie wird in den meisten Unternehmen regelmäßig durchgeführt – höchstwahrscheinlich also auch von Ihnen. Es handelt sich um die klassische Leistungsmessung: Man hat sich ein Ziel vorgenommen und beurteilt, ob die Performance ausreichend war, dieses Ziel zu erreichen. Der Mehrwert des Viable System Models für Ihren Führungsalltag entsteht nun dadurch, dass Sie die Qua 198

Vgl. Slogar, 2018, S. 167 ff.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

129

lität der Leistungserbringung Ihrer Mitarbeiter steigern können, indem Sie die weiteren 5 Perspektiven des Modells in die Mitarbeitersteuerung miteinbeziehen (vgl. Abbildung 47).

Abbildung 47: Viable Indicator Model – Kennzahlenstruktur199

Viele weitere Fragestellungen lassen sich aus dem Model ableiten und schaffen damit die Voraussetzung für eine deutlich differenziertere Auseinandersetzung mit der eigenen Leistung sowie der Leistung des Teams. Dabei sollten die korrespondierenden Kennzahlen und Indices so einfach wie möglich gemessen werden können. Sie sollten, wenn nötig, täglich auswertbar sein.200 Freiräume ermöglichen Performance Geben Sie Ihren Teams Freiräume bei der Bearbeitung ihrer Aufgaben. Bei zunehmender Selbständigkeit des Teams entstehen in der Regel auch aus Performance-Gesichtspunkten Vorteile. Mit wachsenden Freiräumen bei der Arbeitserledigung steigt grundsätzlich das individuelle Committment der Mitarbeiter zu den übernommenen Aufgaben und im Reflex die individuelle Leistung. Dies 199 200

Vgl. Slogar, 2018, S. 167 ff. Vgl. Slogar, 2018, S. 169.

130

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

ist insbesondere dann zu beobachten, wenn ein qualifiziertes Team (Sie erinnern sich: bestmögliche Passung aus Eigenschaften & Anforderungen, Kapitel 3.1.3) bei sinnvoller Nutzung seiner zusätzlichen Freiräume mit einhergehender Flexibilität bei der Arbeitserledigung (Sie erinnern sich: Bereitstellung sinnvoller Rahmenbedingungen, Kapitel 3.1.5) sein perfektes Team-Tempo durch eine optimale Beund Auslastung der Personalressourcen findet.201 Mit zunehmender Verlagerung von Verantwortung der Performance-Steuerung und -Einschätzung in das Team selbst, müssen Sie als Führungskraft darauf achten, dass auf diesem Wege nicht leistungsschwächere Teammitglieder unter die Räder kommen, insbesondere wenn im Team wenig Kenntnisse über die individuellen Eigenschaften und Motivation der Kollegen vorhanden sind. Es ist ein Irrglaube, dass jedes Teammitglied zum gleichen fähig ist. Bei den (noch) nicht so performanten Mitarbeitern kann insofern eine als äußerst unangenehm empfundene Drucksituation durch die Transparenz der individuellen Performance jedes Teammitglieds entstehen.202 Dennoch sollten Sie den Teams sukzessive mehr Autonomie geben, um so die Entscheidungsgeschwindigkeit und -qualität insgesamt zu erhöhen. Begleiten Sie diesen Prozess und halten so das genannte Risiko im Blick, um ggf. unterstützend eingreifen zu können. Die Performance-Ermittlung verändert sich Sie werden sich vielleicht fragen, wie man als Führungskraft überhaupt noch die Leistung des Teams einschätzen kann, wenn man gleichzeitig die Autonomie des Teams erhöht, indem man die Verantwortung für die Verbesserung der Teamleistung mehr und mehr in die Hände des Teams selbst verlagert. Auch hier gilt es in Zeiten der digitalen Transformation als Führungskraft umzudenken. Je autonomer Ihr Team agiert, umso weniger greifen Sie als Führungskraft aktiv in den Leistungserstellungsprozess ein. Tritt Ihr Team direkt mit dem (internen oder externen) Kunden in Kontakt, so haben Sie in dieser Konstellation die erfolgskritische Aufgabe eines Facilitators, der das Team unter Einbeziehung des Kunden in der Lernschleife hält (vgl. Abbildung 48). Sie lösen sich in diesem Falle von Ihrem traditionellen Mikromanagement – z. B. der Steuerung des Teams über Reports zum Arbeitsfortschritt. Ebenso lösen Sie sich von den traditionellen Steuerungsroutinen, die Sie bisher mit dem Kunden durchgeführt haben, z. B. über Management-Jour-Fixes. In Ihrer Rolle als Facilitator der Lernschleife fokussieren Sie sich auf den Prozess der Leistungserstellung Ihres Teams sowie der Zusammenarbeit mit dem Kunden und unterstützen Ihr Team bei drei erfolgskritischen Aktivitäten: • Prozesse verbessern: Sie helfen dem Team beim Erkennen und Skizzieren von erfolgskritischen Prozessverbesserungen, z. B. um die Kundenzufriedenheit zu steigern. 201 202

Vgl. dazu auch Hofert, 2018, S. 99 ff. Vgl. Hofert, 2018, S. 99 ff.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

131

• Feedbacks aktiv einholen: Sie unterstützen beim Einholen und Wahrnehmen von Team- und Kundenfeedbacks. • Lernen: Sie helfen dem Team, aus den Prozessverbesserungen und den Feedbacks zu lernen und so kontinuierlich besser werden. Sie erkennen bei allen drei der genannten Führungsaktivitäten die Nähe zur Performance der Mitarbeiter und erhalten auf diesem Wege notwendige PerformanceInformationen, die Sie benötigen, um Ihr Team effektiv zu führen.

Abbildung 48: Performanceermitllung über die Lernschleife203

Mit Hilfe der Lernschleife können Sie nun konkrete Performance-Kennzahlen ableiten. So stellt beispielsweise die Performance-Kennzahl Time to learn die Summe des Zeitbedarfs dar, um einmal innerhalb eines Prozesses eine Lösung zu skizzieren, sie zu realisieren und anzuwenden / einzuführen, um letztlich auf der Basis der gemachten Erfahrungen daraus Erkenntnisse zu ziehen und wieder in den Ausgangsprozess einzuspeisen. Die Formel sieht wie folgt aus und gibt z. B. den Zeitbedarf in Tagen an: • Time to learn204 = ∑ Skizzieren + Bauen + Liefern + Benutzen + Lernen. Diese Kennzahl können Sie mit Ihrem Team konkretisieren und dann regelmäßig als Leistungskennzahl messen. Je kürzer die Time to learn ist, umso höher ist die Lerngeschwindigkeit Ihres Teams als einem wesentlichen Leistungsindikator in Zeiten der digitalen Transformation. 203 204

Vgl. Koning, 2019, S. 91 ff. Vgl. Koning, 2019, S. 99 ff.

132

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Wenn Sie einen Schritt weitergehen wollen, so können Sie die strategische Agilität Ihres Zuständigkeitsbereiches ermitteln. Unter der strategischen Agilität versteht man die Summe des Zeitbedarfs für eine Kursänderung sowie die Feststellung seiner positiven Wirksamkeit. Eine Kursänderung kann eine Veränderung im Prozess, in der operativen Zusammenarbeit, in der Kommunikation etc. sein. Deren Wirksamkeit kann anhand eines positiveren Kundenfeedbacks, anhand kürzerer Durchlaufzeiten, anhand geringerer Qualitätsmängel etc. ermittelt werden. Diese Kennzahl ist im Umgang mit dem Kunden deshalb wichtig, weil man dessen Präferenzen, etwaige Präferenzänderungen im Zeitverlauf sowie die Anpassung des eigenen Verhaltens daran nicht aus den Augen verliert. Die Formel für diese Kennzahl könnte für Ihren Bereich typischerweise wie folgt aussehen – sie müsste jedoch hinsichtlich der Kursänderung sowie der Beurteilung ihrer Wirksamkeit noch weiter konkretisiert werden: • Strategische Agilität205 = ∑ Zeit, um Kursänderung vorzunehmen + ∑ Zeit, die nötig ist, um herauszufinden, ob es eine Veränderung zum Guten war. Es geht ausdrücklich nicht darum, dass jede Kursänderung erfolgreich sein muss. Denn wenn nahezu jede Änderung erfolgreich ist, herrscht vermutlich ein Mangel an ausreichend vielen innovativen Ideen, von denen sich bekanntlich auch welche als letztendlich nicht zielführend erweisen, selbst wenn sie zunächst ein großes Potenzial versprochen hatten. Daher können Sie im Rahmen der Lernschleife einen zusätzlichen Schritt zur Qualitätssicherung einbauen, um die Auswirkungen etwaiger Fehler oder Schlechtleistungen bestmöglich zu begrenzen. Dies machen Sie, indem Sie neue Lösungen für Kunden z. B. zunächst nur ausgewählten Kunden zur Verfügung stellen oder den Rollout von Produkten oder Services regional oder länderweise vornehmen. Bei technischen Lösungen besteht auch die Möglichkeit, über sog. feature toggles einzelne Komponenten der Lösung ein- und auszuschalten, ohne im Falle eines Qualitätsproblems eine ausgerollte Komplettversion zurücknehmen zu müssen.206 Ihre wichtigsten Kennzahlen, mit denen Sie Ihren Bereich steuern wollen, sollten Sie regelmäßig in einem ZDF-(Zahlen-Daten-Fakten)-Jour Fixe mit Ihren Mitarbeitern behandeln. Im Zeitverlauf können Sie so auch Entwicklungen und Trends erkennen. Ferner wird es helfen, das Treffen datenbasierter Entscheidungen zu schärfen und sukzessive zur Normalität werden zu lassen.207 Sollten Sie bereit sein, die Messung der erbrachten Leistungen vollumfänglich in die Hände Ihrer Mitarbeiter zu legen, so können Sie das sog. OKR-(Objectives & Key Results)System einführen und nutzen. Daher soll diesem Kennzahlen­system, das in agilen, digital transformierten Unternehmen das klassische Zielemanagement­ system ersetzt, hier noch besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Selbst 205

Vgl. Koning, 2019, S. 99 ff. Vgl. Koning, 2019, S. 125 ff. 207 Vgl. Oestereich / Schröder, 2020, S. 225. 206

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

133

wenn Sie heute in Ihrem Unternehmen noch zu weit von einem solchen Ziele- und Performance-Managementsystem entfernt sind, so soll es Ihnen zeigen, wo der Weg zukünftig hinführen wird. Aber bitte berücksichtigen Sie: Das Führen nach OKR muss von der gesamten Organisation, vom gesamten Unternehmen, akzeptiert und flächendeckend eingeführt sein. Mit dem OKR-System sollte man keine halbherzigen Experimente machen. Einmal eingeführt, hebt es jedoch das Performance-Management des Unternehmens auf ein neues Level. Wir schauen es uns daher einmal näher an. Sie werden erkennen, wie fundamental ein radikal neues, konsequent umgesetztes Performance-Management Ihren Führungsalltag verändern könnte. Im OKR-Modell beschreiben die Objectives ein qualitatives Ziel, das die Organisation in eine gewünschte Richtung voranzutreiben versucht. Die korrespondierenden Key Results je Objective beantworten entlang von maximal 5 – aus Kundensicht – formulierten Zielen die Frage, ob ein Objective erreicht wurde. Das OKR-Framework basiert auf einem klaren und strukturierten Prozess mit acht Vorgehensprinzipien (vgl. Abbildung 49). Der Prozess startet mit der Formulierung des Unternehmensleitbilds, das jederzeit aktualisiert werden kann. Aus dem Leitbild werden Meilensteine und strategische Initiativen – sogenannte Moals – abgeleitet. Mit diesen Moals will das Unternehmen innerhalb eines Jahres dem Leitbild bestmöglich gerecht und den dort gemachten Annahmen näherkommen. Die OKR aller Einheiten der Organisation werden zu Beginn eines OKRZyklus’ im OKR-Planning ermittelt und in einer gemeinsamen OKR-Liste abgebildet. Dabei sind die OKR für jeden Mitarbeiter der Organisation sichtbar.208

Abbildung 49: OKR-Framework209

Wenn Sie in Ihrem Unternehmen nach OKR steuern, etablieren Sie insgesamt 6 neue Meeting-Formate: • Unternehmens-OKR-Planning: Hier legen Sie fest, was Sie in den nächsten 3–4 Monaten konkret erreichen wollen. • Team-OKR-Planning: Hier legen die einzelnen Teams der Organisation ihre OKR fest, d. h. wie man als Team das Unternehmen unterstützen kann, die OKR zu erreichen. 208 209

Vgl. Lobacher, 2019, S. 244 f. Vgl. Lobacher, 2019, S. 244.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• OKR-Weekly: In wöchentlichen, auf allen Ebenen des Unternehmens stattfindenden Synchronisationsmeetings zum aktuellen Stand der OKR werden auch alle wichtigen Themen und Hindernisse außerhalb der OKR behandelt, die das Team beschäftigen und bei der Zielerreichung stören. • Unternehmens-OKR-Review: Hier erfolgt die Feststellung der Zielerreichung und Identifizierung etwaiger Gründe für Abweichungen auf der Unternehmensebene. • Team-OKR-Review: Hier erfolgt ebenfalls die Feststellung der Zielerreichung und Identifizierung etwaiger Gründe für Abweichungen, jedoch auf Teamebene. • OKR-Retrospektive: Sobald ein OKR-Zyklus abgeschlossen ist wird geklärt, wie gut das OKR-Framework bereits adaptiert ist, wie gut die Zusammenarbeit insgesamt läuft und welche Hindernisse noch überwunden werden müssen, um das OKR-Framework zukünftig besser umzusetzen. Damit der gesamte Prozess im Unternehmen funktioniert, bedarf es einer neuen Rolle im Unternehmen: Der OKR-Master, der weder eine Führungskraft noch OKR-Master des eigenen Teams sein sollte, übernimmt fünf erfolgskritische Aufgaben im OKR-Prozess: • OKR-Coach: „er hilft den Teams, die neue Denkweise zu verinnerlichen und den OKR-Prozess zu leben. Insbesondere in der Anfangsphase moderiert er Meetings, führt Gespräche mit Teammitgliedern und sorgt dafür, dass der neue Prozess in Schwung kommt“210. • OKR-Prozess-Owner: „er überwacht, dass das OKR-Framework eingehalten wird“211. • OKR-Experte: „er ist stets auf dem aktuellen Stand der OKR-Entwicklung und tauscht sich mit anderen OKR-Mastern aus“212. • OKR-Change-Agent: „er arbeitet aktiv gegen Widerstände, die die Einführung eines neuen (OKR)Systems mit sich bringen, indem er z. B. Hindernisse beseitigt, die es dem Team erschweren, das OKR-Framework umzusetzen und mit Leben zu füllen“213. • OKR-Facilitator: „er moderiert alle OKR-Meetings, die stets im Workshop-Modus durchgeführt werden und stellt so die Qualität und eine Einheitlichkeit der Workshops sicher“214.

210

Lobacher, 2019, S. 247. Lobacher, 2019, S. 247. 212 Lobacher, 2019, S. 247. 213 Lobacher, 2019, S. 247. 214 Lobacher, 2019, S. 247. 211

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

135

Die OKR-Nutzung setzt zudem voraus, dass Sie Ihr Führungsverhalten konsequent umstellen und ein neues Führungsverständnis mit Blick auf die Performance und den Erfolg der Teams entwickeln. Folgende Eckpunkte beschreiben den Rahmen, in dem das Führungsverhalten neu justiert werden muss, um den OKR-Prozess bestmöglich zu unterstützen: • Selbstorganisierte Teams: „Teams sollen selbstbestimmt ihre Objectives & Key Results definieren und daran arbeiten“215. • Kurze Iterationen: „Strategie und Ziele werden aufgrund der hohen Dynamik des Umfelds schnell angepasst“216. • Stetige Verbesserung: „Der OKR-Prozess selbst strebt nach Verbesserung. Mit Hilfe von Retrospektiven am Zyklusende ist es möglich, Problemstellen zu identifizieren und diese zu adressieren“217. • Adaption: „Indem Ziele für einen kurzen Zeitraum definiert und der Fokus in diesem Zeitraum nur auf einige wenige Dinge gesetzt wird, sind alle in einer Organisation in der Lage, sehr schnell und adaptiv zu agieren und zu reagieren“218. • Fokus: „Fokus ist von zentraler Bedeutung, um eine Strategie wirkungsvoll zu verfolgen. Es werden daher möglichst wenige Themen pro Zyklus verfolgt. Das zwingt darüber nachzudenken, was wirklich wichtig ist“219. • Intrinsische Motivation: „Der Ansatz lebt davon und möchte fördern, dass Mitarbeiter aus eigenem Willen und eigener Motivation an ihren Zielen arbeiten“220. • Committment: „Ein Team, das mit OKR arbeitet, verpflichtet sich dazu, seine selbstgesetzten Ziele zu erreichen. Ziele haben die Form eines Versprechens an eine Vision. Das soll neben hoher Produktivität auch einen hohen Teamgeist fördern“221. • Transparenz: „Unternehmensweit sind alle Ziele transparent. Dies führt dazu, dass jeder den größeren Zusammenhang kennt und weiß, wohin die Reise gehen soll“222. – Klarheit: „Für jeden Mitarbeiter ist sehr klar und deutlich ersichtlich, wie die Unternehmensziele aussehen und was dies genau für das eigene Team in den nächsten Wochen bedeutet“223.

215

Lobacher, 2019, S. 243. Lobacher, 2019, S. 243. 217 Lobacher, 2019, S. 243. 218 Lobacher, 2019, S. 243. 219 Lobacher, 2019, S. 243. 220 Lobacher, 2019, S. 243. 221 Lobacher, 2019, S. 244. 222 Lobacher, 2019, S. 244. 223 Lobacher, 2019, S. 244. 216

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– Alignment: „Die gemeinsame Ausrichtung auf eine gemeinsam getragene und begeisternde Vision ist der Faktor, der dem Unternehmen am Ende weiterhilft, seine Ziele zu erreichen. Alle OKR folgen daher dem Leitbild des gesamten Unternehmens“224. Mit der Einführung von OKR sollte man nicht experimentieren, wir sprachen bereits darüber, denn die erfolgreiche Einführung ist an Voraussetzungen gebunden, bei deren Nicht-Vorliegen Sie die Einführung unter keinen Umständen starten sollten:225 • Management-Attention: Das (Top-)Management muss zu 100 % hinter der Methode und den damit einhergehenden Veränderungen stehen. • Klarheit des Warum: Vor der Einführung muss allen Beteiligten (Management, Mitarbeitern, Betriebsrat) unmissverständlich klar sein, warum OKR eingeführt werden soll. • Komplexe Aufgabenstellungen: Es kann durchaus Sinn machen, dass Mitarbeiter / Teams / Bereiche mit streng repetitiven oder vorhersagbaren Aufgaben nach einem anderen Zielvereinbarungssystem arbeiten. • Vorhandensein von OKR-Mastern: Der OKR-Master ist der zentrale Treiber bei der Einführung und Nutzung der Methode. Ohne ihn verkommt die Anwendung i. d. R. zu einem Strohfeuer. • Verinnerlichung und Akzeptanz des Servant Leadership Ansatzes: Die von der Veränderung besonders betroffenen Führungskräfte führen nicht mehr direkt über selbst definierte Ziele, sondern indirekt, indem Sie z. B. bei der Formulierung und Akzeptanz der Visionen unterstützen oder Prozess- und Ressourcenprobleme beseitigen, damit das Team bestmöglich arbeiten kann. • Konsequente und bedingungslose Fokussierung auf den Kunden und seine Bedürfnisse. Jenseits der Incentivierung erbrachter Leistungen sollte ein Unternehmen in der digitalen Transformation auch stets an die Performance von morgen denken. Dafür benötigt man die erfolgskritischen Kompetenzen von morgen. Der Pay-forTalent-Vergütungsansatz trägt diesem Gedanken insofern Rechnung, als er in der Organisation zusätzlich zur gezeigten Leistung auch „diejenigen bei der Vergütung belohnt, die über die kritischen Kompetenzen und Erfahrungen verfügen, die notwendig sind, um in Zukunft die strategischen Geschäftsziele zu erreichen“226.

224

Lobacher, 2019, S. 244. Vgl. Lobacher, 2019, S. 250 f. 226 North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 197. 225

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

137

Höchstleistungen erfordern eine professionelle Nestwärme In der digitalen Transformation kommt es besonders darauf an, dass Sie die Team-Performance konstant hoch halten. Es ist daher auch Ihre Aufgabe, zusätzlich zur objektiven Performance-Messung dem Team auch eine ‚professionelle Nestwärme‘ zu bieten – verstanden als eine emotional empfundene Sicherheit, in der jedes Teammitglied angstfrei seine Meinung äußern, Ideen vorbringen, Fehler machen darf, sich weiterentwickeln kann. Slaghuis / Rose nennen es Psychological Safety und erkennen in dieser Sicherheit, die das Team empfindet, den wesentlichen Leistungstreiber von Teams! „Der mit Abstand wichtigste Treiber von Teamleistung ist eine bestimmte Art und Weise, wie die Menschen innerhalb der Gruppe miteinander umgehen. Es stellt sich die Frage, ob es einem Team gelingt, eine Atmosphäre zu kreieren, in der … alle Mitglieder, unabhängig von Hierarchie, Expertise, Geschlecht etc. das Gefühl haben, Ihre Ideen frei äußern zu können“227. Denn „Menschen haben das grundlegende Bedürfnis, kompetent zu wirken – zumal im beruflichen Kontext, wo es auch um Beförderungen und Gehalt geht. Wir Menschen schätzen es nicht, wenn man unsere Fehler und Schwächen entdeckt. Genau hier zeigt sich oft das Geheimnis erfolgreicher Teams. Wenn wir mit Kollegen arbeiten, die uns dazu ermutigen, ins Risiko zu gehen, die unsere Verwundbarkeit sehen und besonnen damit umgehen, dann entsteht Höchstleistung“228. 3.1.6.3 So können Sie Ihre Führungssituation ab heute transformieren • Stärken Sie die Bedeutung der Effektivität in der Aufgabenerledigung (die richtigen Dinge tun!) und geben ihr – mindestens – die gleiche Wichtigkeit wie der Effizienz der Aufgabenerledigung (die Dinge richtig tun!).229 So setzen Sie zusätzliche, dauerhafte Anreize zum Finden einer vom Kunden bestmöglich wertgeschätzten Lösung, anstatt ausschließlich auf das effiziente Abarbeiten einer – irgendwann einmal akzeptierten – Lösung zu fokussieren. • „Steuern Sie trotz der VUCA-Umwelt stets mit geeigneten Performance-Kennzahlen, ob die Aktivitäten Ihres Teams in die richtige Richtung laufen“230. • „Verzichten Sie zwar auf (Detail-)Kontrolle und Mikromanagement, aber nehmen Sie trotzdem Ihre Führungsaufgabe wahr“231. • Führen und steuern Sie konsequent nach Fakten. Seien Sie aber auch bereit, weiche Faktoren bei der Erfolgsmessung zuzulassen.232

227

Slaghuis / Rose, 2020, S. 129. Slaghuis / Rose, 2020, S. 129. 229 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 30 ff. und S. 245. 230 Petry, 2019d, S. 453. 231 Petry, 2019d, S. 452. 232 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 246. 228

138

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Steigern Sie das Verständnis und die Empfänglichkeit Ihrer Mitarbeiter für ambitionierte, kundenbezogene Ziele.233 • Geben Sie Ihren Mitarbeitern die Freiheiten, die Sie für ein verantwortliches Handeln benötigen und vereinbaren Sie gleichzeitig mit Ihren Mitarbeitern Ambitionsniveaus für Arbeitsergebnisse, die von Exzellenz und Höchstleistungen geprägt sind.234 • Fokussieren Sie Ihre Mitarbeiter auf die Verfolgung weniger Ziele mit hohem Ambitionsniveau und kanalisieren Sie den Enthusiasmus Ihrer Mitarbeiter in Zielorientierung und Produktivität.235 • Machen Sie alle Ziele, Ambitionsniveaus und Zielerreichungen in Ihrem Team für jedermann transparent und sichtbar. • Leben Sie Ihren Mitarbeitern stets aktiv vor, dass der Kunde im Zentrum allen Handelns steht. • Probieren Sie auch noch nicht perfekte, aber minimal funktionsfähige Lösungen, aus.236 • Nehmen Sie die Performance der Mitarbeiter und des Teams aktiv wahr – gute Leistungen zu ignorieren ist einer der größten Motivationskiller der neuzeit­ lichen Führung.237 • Führen Sie sog. Performance-Rituale ein, die sicherstellen, dass Sie sowohl gute als auch schlechte Performance immer aus verschiedenen Perspektiven und entlang einheitlicher Fragen beleuchten. Erhalten Sie z. B. einen Status-Bericht mit der häufig verwendeten Ampelfarbenlogik, so können Sie standardisiert folgende Schwerpunkte in der Besprechung mit dem Team setzen: – Zeigen Sie Wertschätzung und Dankbarkeit für das entgegengebrachte Vertrauen und keine ‚Verurteilung‘ für eine vermeintliche Schlechtleistung bei Anzeigen von roten oder gelben Ampeln. – Fragen Sie nach den Performancetreibern / -bremsen und klären Sie, ob der Grund für das Nicht-Erreichen von Zielen an Performance-Defiziten oder unrealistischen Ambitionsniveaus liegt. – Fragen Sie konkret nach förderlichen / hemmenden Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung des Teams – kulturelle, strukturelle, personelle, zeitliche oder monetäre.

233

Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 111 ff. Vgl. Hawlitzeck, 2019. 235 Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 178. 236 Vgl. Petry, 2019d, S. 453. 237 Vgl. Kohlmann-Scheerer, 2015, S. 103 ff. 234

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

139

– Fragen Sie Ihre Mitarbeiter konkret nach der Motivation im Team, nach Motivations-Killern und Motivations-Beschleunigern, nach der Überzeugung des Teams, sinnvolle Ziele zu verfolgen und dem Glauben an die Erreichbarkeit dieser Ziele. – Fragen Sie Ihre Mitarbeieter nach der Qualifikation im Team, nach Engpassqualifikationen, nach dem Glauben des Teams, über ausreichende Fähigkeiten zu verfügen, nach Verbesserungs-Potenzialen beim Know-how, nach erfolgskritischen Eigenschaften der Mitarbeiter. • Positionieren Sie Ihre Einschätzung von Fehlern neu: nämlich als Quelle des Lernens und nicht als Ausdruck von Schlechtleistung. Incentivieren Sie unter diesem Blickwinkel ggf. sogar besonders wertvolle Fehler, indem Sie z. B. einen failure award verleihen.238 • Lösen Sie Ihr klassisches Zielemanagement mit i. d. R. langen Zeithorizonten von 1 Jahr ab. Und verabschieden Sie sich nach Möglichkeit von festen (Jahres)-­ Zielen und eingeschränkter Beteiligung der Mitarbeiter bei der Ziele- und insbesondere Ambitionsfestlegung. Führen Sie ein Zielemanagement mit kürzeren Zeithorizonten, variabler Zielanpassung und intensiver Beteiligung Ihrer Mitarbeiter ein und legen Sie auf die Performance sowie das Lernen des Teams einen besonderen Fokus. • Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das Formulieren realistischer Ambitionsniveaus und Ziele – unrealistische Vorgaben und Ziele sind starke Demotivationstreiber im Team.239 • Werfen Sie nach Performancebewertungen Ihrer Mitarbeiter einen besonderen Blick auf Ihre besten und schlechtesten Mitarbeiter und spiegeln Sie Ihre Erkenntnisse auch auf Ihre MAESTRO-Eigenschaftenheatmap zurück.240 ­Google hat das Prinzip „Pay attention to your best and worst performers“ sogar in seine Führungsgrundsätze aufgenommen.241 Es erlaubt Ihnen ein zielgerichtetes Weiterentwickeln Ihrer ‚Schlechtleister‘ durch Lernen von den Besten und lenkt Ihren Fokus auch auf Ihre Leistungsträger, die z. B. auch bei der Incentivierung oder den Karriere- und Retention-Planungen des Unternehmens eine besondere Berücksichtigung verdienen. • Klären Sie regelmäßig einvernehmlich mit Ihrem Team, dass die Erfolgsmessung Ansporn und kein Hemmnis für das Team ist.242

238

Vgl. Petry, 2019b, S. 54. Vgl. Kohlmann-Scheerer, 2015, S. 103 ff. 240 Zur MAESTRO-Eigenschaftenheatmap vgl. Abbildung 10. 241 Vgl. dazu auch Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 154. 242 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 246. 239

140

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

3.1.6.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Kriterienkatalog einer differenzierten Leistungs- und Erfolgsbeurteilung Ein Team zu Höchstleistungen zu führen setzt voraus, dass man sich als Führungskraft über die relevanten Kriterien der Leistungs- und Erfolgsbeurteilung Klarheit verschafft. Sowohl die Führungskraft als auch das Team sollten explizit wissen, nach welchen Kriterien die Leistung und der Erfolg gemessen werden (vgl. Abbildung 50). Der abgebildete Kriterienkatalog einer differenzierten Leistungs- und Erfolgsbeurteilung berücksichtigt sowohl die Leistung, entlang der Kriterien • Arbeitsqualität, • Arbeitsbeziehungen, • Kundenbeziehungen, • Eigeninitiative / Selbständigkeit, • Zuverlässigkeit, • Flexibilität, • Mitarbeiterführung, • Wirtschaftliches Handeln. als auch die Ergebnisse anhand des Kriteriums • Zielerreichung. Alle diesen Kriterien zugewiesenen Unterkriterien können Sie auf einer Skala von 0 (ungenügend) bis 5 (sehr gut) bewerten. Ferner leiten sich aus dem Kriterienkatalog zwei weitere, für Ihre Mitarbeiterführung wichtige, Fragen hinsichtlich der Gewichtung der Leistungs- und Erfolgskriterien ab: • Wie gewichten Sie die Leistungskriterien untereinander? So könnten Sie z. B. in der Startphase der digitalen Transformation Ihres Teams die Kriterien Arbeitsbeziehungen, Kundenbeziehungen und Flexibilität höher als das Kriterium Arbeitsqualität gewichten, weil Sie ganz bewusst nicht den Fokus auf Fehlerfreiheit der Aufgabenerledigung legen wollen. Denn Sie wissen, dass das Machen von Fehlern zukünftig die Quelle schnellen Lernens in Ihrem Team sein wird und nicht primär der Ausweis einer Schlecht- oder Minderleistung des Mitarbeiters ist. • Wie gewichten Sie die Erfolgskriterien und die Leistungskriterien gegeneinander? Je mehr Bedeutung Sie den in Abbildung 50 dargestellten Leistungskriterien beimessen, umso stärker können Sie die dort genannten Kriterien wie z. B. teambasiertes, flexibles, selbständiges und von Eigeninitiative geprägtes Arbeiten im Sinne der bestmöglichen Kundenlösung betonen. Und umso weniger Gewicht würden Sie in diesem Falle der ausschließlichen Zielerreichung beimessen.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

Abbildung 50: Differenzierte Leistungs- und Erfolgsbeurteilung243 243

Vgl. Haller, 2009, S. 114.

141

142

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Der besondere Mehrwert des Kriterienkatalogs liegt darin, dass Sie sich über die Leistungs- und Erfolgskriterien Ihres Bereiches Klarheit verschaffen, gemeinsam mit Ihrem Team ein transparentes Verständnis von Leistung und Erfolg entwickeln und darauf aufbauend die Leistung und den Erfolg des Teams differenziert ermitteln und bewerten können. Team-Performanceindex Ergänzend zur vorgenannten Kriterienliste können Sie für eine tägliche oder wöchentliche Performance-Selbsteinschätzung des Teams den Performance-Index einsetzen. Anders als bei der sehr differenzierten Kriterienliste erfolgt hier die Einschätzung der Performance bewusst pragmatisch und auf der Grundlage von lediglich zwei Kriterien, denen eine hohe Korrelation mit der Gesamtperformance unterstellt wird: Das Team bewertet selbst die wahrgenommene • Team-Motivation und • Team-Zufriedenheit. Jedes Teammitglied bewertet auf der Skala von 1–10 die Team-Motivation (1 = das Team ist unmotiviert, 10 = das Team ist im flow) und die Team-Zufriedenheit (1 = das Team ist vollkommen unzufrieden mit den Ergebnissen; 10 = das Team ist sehr zufrieden mit den Ergebnissen). Aus beiden Werten wird der TeamPerformance-Index abgeleitet. Im nachfolgenden Beispiel wurde der Index im wöchentlichen Rhythmus ermittelt (vgl. Abbildung 51).

Abbildung 51: Team-Performanceindex (mit Beispieleinträgen)244

Der Team-Performance-Index ist ein gutes Instrument, um die vom Team wahrgenommene Performance mit Ihren Eindrücken als Führungskraft zu vergleichen und ggf. auf der Grundlage der vom Team gemachten Einschätzung zu einer qualifizierten Diskussion von Verbesserungsansätzen zu kommen. 244

Vgl. Listander, 2020, S. 14 ff.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

143

Performance-Potenzialmatrix Sie können nicht von allen Mitarbeitern die gleiche Performance erwarten. Was Sie jedoch erwarten können, ist, dass Ihre Mitarbeiter Ihr Potenzial ausschöpfen. Genau hier setzt die Performance-Potenzialmatrix an. Jeden Mitarbeiter Ihres Teams können Sie – anonymisiert – in der Matrix als Punkt darstellen. Dazu weisen Sie jedem Ihrer Mitarbeiter zu den beiden Kriterien Performance und Potenzial jeweils eine der Ausprägungen niedrig, mittel oder hoch zu. Dies können Sie unter Zuhilfenahme der nachfolgenden Fragen tun: • Wie schätzen Sie das Potenzial des Mitarbeiters für die zugrundeliegenden ­Aufgaben ein? • Wie schätzen Sie die Performance des Mitarbeiters ein? • Wie gut schöpft der Mitarbeiter seine Möglichkeiten aus? Je weiter der Punkt oberhalb der gestrichelten Linie (vgl. Abbildung 52) liegt, umso besser nutzt der Mitarbeiter sein Potenzial zur Leistungserbringung? • Wo liegt der Mitarbeiter im internen Quervergleich zu seinen (anonymisiert dargestellten) Kollegen?

Abbildung 52: Performance-Potenzialmatrix (mit Beispieleinträgen)245

Die in Abbildung 52 exemplarisch dargestellte Matrix zeigt einen Bereich mit insgesamt 20 Mitarbeitern (20 Punkte), von denen insgesamt 10 Mitarbeiter, das sind 50 % des Teams, ihr Potenzial nicht vollständig ausnutzen (sie liegen unterhalb der gestrichelten Linie). Aus dieser Darstellung würde also unmittelbarer Handlungsbedarf für die Führungskraft resultieren. In diesem Fall sind die Gründe für 245

Vgl. dazu auch Triest / Ahrend, 2019, S. 88 f.

144

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

die Nicht-Ausschöpfung der Potenziale zu ermitteln und entsprechende Maßnahmen zur Performance-Verbesserung einzuleiten. Teampotenzialanalyse Während Sie zur Nutzung der Performance-Potenzialmatrix bereits eine gewisse Kenntnis Ihrer Mitarbeiter benötigen, um dieses Werkzeug sinnvoll nutzen zu können, so ist die Teampotenzialanalyse auch einsetzbar, wenn Sie z. B. ein Team neu übernehmen und sich die Frage stellen, wie autonom Sie dieses Team bzgl. des Team-Reifegrades arbeiten und entscheiden lassen können. Bei der Teampotenzialanalyse bewertet jedes Teammitglied 7 Kriterien zum Teampotenzial anhand von insgesamt 14 Fragen und gibt zu jedem Kriterium jeweils eine Bewertung zwischen 0 (liegt nicht vor) und 3 (liegt vor) ab (vgl. Abbildung 53). Jedes Teammitglied stellt dann die individuelle Bewertung vor und begründet die vergebene Punktzahl möglichst anhand eines konkreten Beispiels.

Abbildung 53: Teampotenzialanalyse246

Sie erhalten auf diese Weise zwei wichtige Informationen für Ihr Führungshandeln: • Den Mittelwert des Reifegrades Ihres Teams, autonom und selbständig zu arbeiten – als Selbsteinschätzung des Teams. 246

Vgl. Hofert, 2018, S. 229 ff.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

145

• Die Streuung der Einschätzungen im Team, d. h. wie einheitlich oder unterschied­ lich sehen Ihre Mitarbeiter den Reifegrad. Je größer die Streuung ist, umso tiefer sollten Sie in die Ermittlung der Gründe dafür einsteigen. Teamfaktorenreflexion Ein weiteres Werkzeug, mit dem Sie strukturiert die Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit im Team sowie eine ausgewogene Betrachtung von Chancen und Risiken der Teamarbeit sicherstellen können, ist die Teamfaktorenreflexion (vgl. Abbildung 54). Sie basiert auf wenigen Regeln und gibt Fragen und Diskussionsfelder vor. Die Teamfaktorenreflexion kann folgendermaßen ablaufen: Sie hängen die u. g. Abbildung 54 als Wandposter auf und starten die Diskussion im Team mit einer beliebigen Frage. Zum Beispiel: Wie erleben wir die Zusammenarbeit in unserem Team? Nehmen nun Teammitglieder zu dieser Frage Stellung, so soll mit der Stellungnahme auch ausdrücklich eine Bewertung einhergehen, die begründet wird. So könnte eine Stellungnahme z. B. wie folgt lauten: „Ich finde die Zusammenarbeit optimierbar, weil wir uns auch meiner Sicht nicht ausreichend unterstützen.“

Abbildung 54: Teamfaktorenreflexion247

Jetzt kann mit Blick auf die Grafik der Teamfaktorenreflexion (vgl. Abbildung 54) schnell die Ursachensuche starten, denn die Gründe könnten im Bereich der • Ziele / Aufgaben, • Rollen, • Beziehungen, 247

Vgl. Hofert, 2018, S. 212 f.

146

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Regeln, • Fähigkeiten und / oder • Vorgehensweisen liegen. Darüber hinaus gibt es ggf. Störungen, die von außen an das Team herangetragen werden. Sie erkennen, dass die Teamfaktorenreflexion entlang der aufgezeigten Schwerpunkte einerseits Diskussionsimpulse gibt, und andererseits auch hilft, die Beiträge entlang der Themenfelder zu strukturieren. So kristallisieren sich häufig bereits sehr schnell nach dem Start der Diskussion Schwerpunkte in den einzelnen Beiträgen des Teams heraus. Die Struktur der Teamfaktorenreflexion stellt zudem sicher, dass in einer Diskussion viele Perspektiven einer erfolgreichen Teamarbeit eingenommen werden. Sie hilft in Diskussionen, die Beiträge aus verschiedenen Blickwinkeln zu hinterfragen. Auch ggf. emotionale, unstrukturierte Diskussionsbeiträge können immer wieder auf die Kriterien der Teamfaktoren zurückgeführt werden, was die Diskussion versachlicht. Last but not least hilft Ihnen die Struktur auch, die Ergebnisse entlang der Themenfelder geordnet festzuhalten und darauf aufbauend eine konkrete Vereinbarung zu treffen, was man aus der Diskussion gelernt hat und zukünftig verbessern wird. Alles mit dem Ziel, zukünftig (noch) besser zusammenzuarbeiten. Teamrollen-Check In der Praxis stellt sich häufig die Frage, welche Mitarbeiter Sie benötigen, um ein leistungsfähiges Team aufzustellen. Und werden die Mitarbeiter erfolgreich zusammenarbeiten? Zur Zusammenstellung eines qualifizierten und motivierten Teams haben Sie bereits in den bisherigen Kapiteln (hoffentlich) viele hilfreiche Anregungen zur erforderlichen Passung der Eigenschaften und Anforderungen, der notwendigen Motivation etc. erhalten. Sie können entlang des TeamrollenChecks zusätzlich auch noch einmal einen rollenbasierten Blick auf Ihre Teamzusammensetzung werfen. Die dargestellte Teamrollen-Matrix stellt 9 Rollen vor, die Mitarbeiter in Teams einnehmen können (vgl. Abbildung 55). Probieren Sie es aus: Notieren Sie die Namen Ihrer Teammitglieder in der Horizontalen und entscheiden Sie, in welchen Rollen Sie jeden Mitarbeiter im Team sehen. Gehen Sie dabei bewusst restriktiv bei der Rollenzuweisung vor, d. h. stellen Sie hohe Anforderungen an die Besetzung einer Rolle. Und bedenken Sie: In vielen Teams sind bei weitem nicht alle Rollen besetzt – was häufig einer der Gründe für unterdurchschnittliche Performance ist. Beachten Sie bei der Anwendung und Auswertung des Teamrollen-Checks die nachfolgenden Eckpunkte – dann kann es losgehen: • Jeder Mitarbeiter kann in einem Team mehrere Rollen ausfüllen. • Je gleichmäßiger die Rollen auf die Mitarbeiter verteilt sind und je mehr Teamrollen besetzt sind, umso performanter wird das Team sein.

3.1 Die 5 Felder Ihrer Führungssituation

147

Abbildung 55: Teamrollen-Check248

3.1.7 Zwischenfazit Auf der Grundlage der in Kapitel 3.1 vorgestellten Felder Ihrer Führungssituation sind Sie ab sofort in der Lage, • die relevanten Eigenschaften Ihrer Mitarbeiter strukturiert und differenziert zu erfassen. • aufgrund der differenzierten Kenntnis der Fähigkeiten der Mitarbeiter deren ständiges Lernen und die kontinuierliche Weiterentwicklung bedarfsgerecht zu unterstützen. • die Anforderungen der Aufgaben an Ihre Mitarbeiter strukturiert zu erfassen und stets im Kontext der Eigenschaften Ihrer Mitarbeiter zu sehen. • die spezifische Motivation Ihrer Mitarbeiter und des Teams zu erkennen und als erfolgskritische Determinante Ihrer Führungssituation zu verstehen. • die wichtigsten Rahmenbedingungen Ihrer Mitarbeiterführung zu identifizieren und zu erkennen, welche Sie in Ihrem direkten Führungsumfeld sowie auch unternehmensweit verändern können. • eine neue Sicht auf die Mitarbeiter-Performance zu entwickeln und deren Beurteilung mehr und mehr auf die Erfordernisse zunehmend selbständig arbeitender Teams und der konsequenten Kundenfokussierung auszurichten. • die Einschätzung Ihrer Führungssituation mit den dargestellten Führungswerkzeugen zu professionalisieren und zu objektivieren. • durch das schnellere Erkennen der Handlungsfelder Ihrer Führungssituation bessere und realitätsnähere Lösungen in der Mitarbeiterführung zu finden. 248

Vgl. Belbin, 2010 und Hofert, 2018, S. 124 ff.

148

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Ihre Teams so zusammenzustellen, dass Sie die unterschiedlichen Stärken der Mitarbeiter gezielt nutzen und damit die Mitarbeiterzufriedenheit steigern. • durch das Akzeptieren und Wertschätzen von Unterschiedlichkeit bei den Mitarbeitern ein wichtiges Vorbild für gelebte Diversity zu sein und auf diese Weise wichtige Impulse zur Verbesserung von Toleranz und Kooperation im Unternehmen zu setzen.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns 3.2.1 Überblick Nachdem Sie im vorhergehenden Kapitel 3.1 die fünf Felder Ihrer Führungssituation kennengelernt haben, stellt sich nun die Frage, wie Sie in Ihrer Führungsrolle die Mitarbeiter bestmöglich bei der Aufgabenerledigung unterstützen können. Dazu beschäftigen wir uns zunächst ausführlich einzeln mit den Steuerungshebeln, die zum Einsatz kommen.

Abbildung 56: Steuerungshebel der Mitarbeiterführung

Wir starten mit dem Entscheidungsmanagement (vgl. Abbildung 56) und arbeiten uns dann im Uhrzeigersinn weiter vor. Sowohl die Abhängigkeiten, die zwischen den Steuerungshebeln bestehen, als auch ihre Kombinationsmöglichkeiten, blenden wir zunächst weitgehend aus. Dennoch sind sie relevant – insbesondere mit Blick auf den Praxiseinsatz. Wir werden uns damit ausführlich in den späteren Kapiteln 3.3 (Führungssituation & Führungshandeln: Abhängigkeiten) und 3.4 (So führen Sie ab sofort in der Praxis) beschäftigen. Zunächst werden wir uns jedoch Ihre Steuerungshebel ausführlich einzeln ansehen. Sind Sie bereit? Dann geht’s los!

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

149

3.2.2 Hebel 1: Entscheidungsmanagement 3.2.2.1 Das sollten Sie wissen Entscheidungen erzeugen immer auch Widerstand Als Führungskraft müssen Sie sich über eines im Klaren sein: „Was immer Sie entscheiden, es ist falsch – zumindest aus Sicht derjenigen, die andere Werte vorgezogen hätten. Weshalb Sie als Führungskraft … immer Widerstand erzeugen. Oder Sie entscheiden nicht“249. Und die Herausforderungen nehmen zu, denn bereits heute ist „die Führungskraft der Zukunft oftmals kein Häuptling mehr, sondern ein Indianer“250. Konnte die Führungskraft früher noch häufig Kraft ihrer formalen Autorität entscheiden, so muss sie heute mit guten Argumenten überzeugen, will sie dauerhaft akzeptiert werden und mit ihrem Team Erfolg haben. Das Umfeld, in dem Sie entscheiden, verändert sich bereits seit Jahren rasant Auch müssen Sie heute viel schneller und häufiger als früher entscheiden, die Entscheidungen stets den sich ändernden Rahmenbedingungen anpassen, teils volatile und fast immer im Überfluss vorhandene Fakten bei der Entscheidung berücksichtigen und dabei auch die exponentiell wachsenden Abhängigkeiten der einer Entscheidung zugrundeliegenden Informationen berücksichtigen. Kann das eine Person noch alleine leisten? Hier sind Zweifel angebracht. Sie sind immer mehr darauf angewiesen, dass die Entscheidungen schnell, qualifiziert, unter Berücksichtigung der Unternehmenswerte und -strategie sowie stets unter Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse getroffen werden. Das heißt für Sie als Führungskraft, • dass Sie schneller als früher entscheiden müssen, • dass Sie zunehmend unter einem höheren Risiko entscheiden müssen und • dass Sie Ihrem Team so viel Entscheidungsmöglichkeiten wie möglich einräumen sollten, um Entscheidungen schnell und qualifiziert dort treffen zu lassen, wo sie zur bestmöglichen Aufgabenerledigung unter den Aspekten der Entscheidungsqualität und -geschwindigkeit getroffen werden können: nämlich im Team selbst. Die Komplexität Ihrer Entscheidungssituationen nimmt kontinuierlich zu, weil die Zahl der Ihren Entscheidungen zugrundeliegenden Einflussgrößen zunimmt. So werden aus tendenziell eher einfachen Führungsentscheidungen komplizierte Führungsentscheidungen. Da jedoch gleichzeitig auch die Veränderlichkeit und Dynamik der Ihren Entscheidungen zugrundeliegenden Information zunehmen, 249 250

Sprenger, 2020, S. 117. Hofert, 2018, S. VII.

150

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 57: Komplizierte vs. komplexe Führungsentscheidungen

werden aus komplizierten Führungsentscheidungen komplexe Führungsentscheidungen (vgl. Abbildung 57). Und je komplexer Sachverhalte sind, umso weniger können sie von einzelnen Personen bearbeitet und letztendlich entschieden werden. Daher können wir hier bereits eine wesentliche Erkenntnis festhalten: Mit dem von Ihnen als Führungskraft nicht beeinflussbaren, zunehmenden Komplexitätsgrad Ihrer Führungsentscheidungen, sind Sie typischerweise nicht mehr in der Lage, Entscheidungen alleine zu treffen. Dies verändert – ob Sie es wollen oder nicht – die Anforderungen an Ihr Entscheidungsmanagement fundamental, wollen Sie erfolgreich bleiben und nicht als prozessualer Engpass den Entscheidungsprozess ad absurdum führen. Aber keine Sorge: Die Anforderungen an Sie werden nur anders, Sie werden als Entscheider alles andere als überflüssig. Entscheidungen sollten typischerweise in 6 Schritten getroffen werden Sie sollten Ihre Entscheidungen professionalisieren und beschleunigen. Dazu müssen Sie jedoch wissen, wie Sie Entscheidungen typischerweise treffen wollen. Die dargestellte Schlussfolgerungs- und Entscheidungsleiter (vgl. Abbildung 58) zeigt idealtypisch, dass Sie Entscheidungen immer in 6 aufeinanderfolgenden Schritten treffen sollten – und zwar grundsätzlich unabhängig von Ihrer Entscheidungsgeschwindigkeit.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

151

Entschieden wird am besten dort, wo die größte Kompetenz vorhanden ist Gut kooperierende Teams sind nicht zuletzt aufgrund ihrer Schwarmintelligenz251 bei den ersten vier Schritten der Schlussfolgerungs- und Entscheidungsleiter (vgl. Abbildung 58) Einzelpersonen grundsätzlich überlegen.

Abbildung 58: Schlussfolgerungs- und Entscheidungsleiter252

Denn jede Entscheidung beginnt mit der Datenauswahl, auf der dann letztendlich die Entscheidung beruht. Bei der daraus abgeleiteten Interpretation der Daten, dem korrespondierenden Treffen geeigneter Annahmen und dem Treffen richtiger Schlussfolgerungen sind gut kooperierende Teams in Zeiten hoher Daten- und Interpretationskomplexität auch noch so qualifizierten Einzelpersonen überlegen. Sie erkennen hier eine neue Aufgabe für Sie im Entscheidungsprozess. Anstatt die Entscheidungen stets selbst zentral zu treffen, sollten Sie Ihre Führungsschwerpunkte verändern. Stellen Sie sicher, dass die im Team vorliegenden Überzeugungen mit denen des Unternehmens kompatibel sind. Hat ein Unternehmen die Vision, schnellstmöglich Qualitätsführer in seiner Branche zu werden, so müssen die Überzeugungen im Team bestmöglich dazu passen und darauf ausgerichtet sein. Ist dies der Fall – d. h. haben die Mitarbeiter auf der Grundlage einer ausreichenden Qualifikation auch die gleichen Überzeugungen, die gleichen Ziele, die gleiche Vision wie das Unternehmen – so gibt es keinen sachlichen Grund, die Entscheidungen weiterhin zentral durch die Führungskraft treffen zu lassen. 251 252

Zur Schwarmintelligenz vgl. Mai, 2020e. Vgl. Andresen, 2019, S. 292 f.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Es fühlt sich vielleicht zunächst für Sie paradox an: Bei zunehmender Komplexität der Führungssituation und dem damit häufig bereits einhergehenden Gefühl, die Zügel als Führungskraft ohnehin schon nicht mehr so fest wie früher in der Hand zu haben, soll man nun zusätzlich einen weiteren Kontrollverlust aktiv herbeiführen, indem man Entscheidungen nicht mehr selbst trifft, sondern an das Team delegiert? Ja, so ist es! Sie verabschieden sich damit jedoch nicht aus dem Entscheidungsprozess, sondern Sie ändern lediglich Ihre Rolle: Ihre neuen Schwerpunkte als Führungskraft sind entlang der Schlussfolgerungs- und Entscheidungsleiter z. B: • Sie unterstützen das Team bei der geeigneten Datenauswahl. • Sie arbeiten an einer stetigen Verbesserung der gemeinsamen Überzeugungen, die im Einklang mit den Unternehmensvisionen und -zielen stehen. • Sie begleiten und coachen das Team beim Treffen von Entscheidungen. Sie revidieren nicht ohne triftigen Grund Entscheidungen, sondern konzentrieren sich darauf, dass vom Team kontinuierlich, entscheidungsfreudig und qualifiziert entschieden wird, dass falsche Entscheidungen als Lernimpuls verstanden werden, dass Entscheidungen unter Berücksichtigung der erforderlichen Teammitglieder getroffen werden etc. Sie können auch festlegen, nach welchen Regeln das Team entscheiden soll – dazu gleich mehr. Die Übertragung von Entscheidungskompetenzen ans Team sollte entlang von 6 Schritten erfolgen Doch wann und wie übertragen Sie die Entscheidungen an Ihr Team? Die sogenannte Reifegradleiter der Entscheidungsübertragung beschreibt sechs Schritte der Übertragung von Entscheidungen an Ihre Mitarbeiter (vgl. Abbildung 59).

Abbildung 59: Reifegradleiter der Entscheidungsübertragung ans Team253 253 Vgl. Oestereich / Schröder, 2020, S. 58. Zum konsultativen Fallentscheid vgl. auch Oeste­ reich / Schröder, 2020, S. 98 f. und S. 148 ff.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

153

Zuallererst sollten Sie festlegen, welche Themen Sie zur Entscheidung ans Team übertragen wollen (vgl. Abbildung 59, Ziffer 1). Wenn die Mitarbeiter entscheiden dürfen, müssen Sie es in einem zweiten Schritt auch wollen (vgl. Abbildung 59, Ziffer 2). Diese Wille ist voraussichtlich nicht bei allen Mitarbeitern gleich stark ausgeprägt – denken Sie z. B. an Ihre risikoscheuen Mitarbeiter. Wollen die Mitarbeiter grundsätzlich mehr Entscheidungsgewalt wahrnehmen, so müssen Sie in einem dritten sachlogischen Schritt auch die konkreten Rechte und Arbeitsmittel, die zur Entscheidung notwendig sind, kennen und akzeptieren (vgl. Abbildung 59, Ziffer 3). Bis zu diesem Punkt bleibt die Entscheidungsverantwortung noch bei Ihnen. Ab der vierten Stufe fängt das Team an, Entscheidungen, die Sie bisher als Führungskraft getroffen haben, selbst zu treffen (vgl. Abbildung 59, Ziffer 4). Dies kann zunächst auf einfache Anwendungsfälle beschränkt werden – das Team tastet sich an die Entscheidungssituationen durch erste eigene Entscheidungen heran. Wenn die Entscheidungssituationen zunehmend souverän vom Team gemeistert werden, kann ein komplettes Handlungsfeld ans Team übergeben werden. Das Team hat nun die volle Handlungsmacht und kann im definierten Themenfeld eigene Wege gehen, Entscheidungen autonom treffen und Entscheidungsprozesse auch eigenverantwortlich weiterentwickeln (vgl. Abbildung 59, Ziffern 5 und 6). Transparente Entscheidungsregeln erleichtern das Delegieren von Entscheidungen Dennoch können Sie als verantwortliche Führungskraft dem Entscheidungsprozess des Teams auch nach der Delegation der Entscheidungshoheit Regeln vorgeben, wie Entscheidungen im Team getroffen werden sollen. Je nach Thema und Reifegrad des Teams können Sie unterschiedliche Entscheidungsformen einführen, die den Rahmen der Teamentscheidungen vorgeben:254 • Teaminterner Einzelentscheid: Eine Person im Team erhält das Mandat und entscheidet alleine. • Konsultative Entscheidung: Eine Person oder ein Team entscheidet, nachdem sie durch eine Person oder ein Team beraten wurden. • Mehrheitsentscheidung: Das Team entscheidet per Abstimmung über die Optionen. Die Option mit den meisten Stimmen wird umgesetzt. • Konsensentscheidung: Die Teammitglieder beraten über die Entscheidungsoptionen so lange, bis sich alle hinter einer Option versammeln können. • Konsententscheidung: Die Teammitglieder setzen eine Option um, wenn keines der Teammitglieder einen begründeten Einwand gegen die Option vorbringt.

254

Vgl. Andresen, 2019, S. 349 f. Zur hier nicht thematisierten, radikalsten Form der Delegation, dem sog. Demokratischen Unternehmen, vgl. auch Pastohr, o. A.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Geringster-Widerstand-Entscheidung: Die Teammitglieder zeigen ihren Widerstand gegen eine Option an. Die Option mit dem geringsten Widerstand wird umgesetzt. Jetzt werden Sie ggf. einwenden, dass es auch bei der Delegation von Entscheidungen Konstellationen geben kann, in denen eine teambasierte Entscheidung wie z. B. der Konsensentscheid einer Sache nicht angemessen ist und schlimmstenfalls sogar gefährlich werden kann. Sollte z. B. Spezial-Know-how bei Entscheidungen notwendig sein oder aus sonstigen Gründen eine Gruppenentscheidung im Einzelfall zu riskant sein, können Sie das Instrument des konsultativen Einzelentscheids mit Vetorecht einführen. Dabei legen Sie eine Person fest, die zwingend vor der Teamentscheidung konsultiert werden muss und ohne deren Zustimmung eine Entscheidung im Einzelfall auch nicht getroffen werden kann. Denken Sie z. B. an die Konsultation eines Fachanwaltes vor Abschluss eines komplexen Vertrages. Im Falle des konsultativen Einzelentscheides mit Vetorecht ist es jedoch besonders wichtig, die finale Gesamtentscheidung allen involvierten Personen vorzustellen und zu begründen, um bei Abweichungen vom ursprünglichen Konsensentscheid im Kollegenkreis nicht das Committment für die Umsetzungsphase zu verlieren.255 Sie sehen, das Abgeben von Entscheidungsgewalt ans Team fordert Sie als Führungskraft, da Sie in diesen Fällen von der Rolle des aktiven Entscheiders in die Rolle des Ermöglichers erfolgreicher Entscheidungen wechseln. Eine nicht weniger anspruchsvolle Führungsaufgabe. 3.2.2.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Führungskräfte müssen Ihre Entscheidungsmacht regelmäßig neu legitimieren Erfolgreiche Führungskräfte in herkömmlichen Machtstrukturen beziehen Ihre Führungsmacht aus einer fachlichen Überlegenheit und den aus Ihrer hierarchischen Stellung abgeleiteten, autoritären Rechten. Demgegenüber entsteht Macht bei Führungskräften im Digitalzeitalter überwiegend aus der individuellen Führungsqualität256. Das bedeutet, dass Mitarbeiter typischerweise nicht mehr durch autoritäre Vorgaben und einsame Entscheidungen des Chefs geführt werden können. Es gilt also, Ihr Entscheidungsmanagement den neuen Anforderungen anzupassen. Sie sollten daher prüfen, inwiefern Sie Ihr Entscheidungsmanagement in den folgenden Kategorien verbessern können:257 • Zielorientierung: Ihren Entscheidungen liegen konkrete Ziele zugrunde. Sie wis­sen genau, was Sie mit Ihrem Team erreichen wollen und warum.

255

Zum konsultativen Einzelentscheid vgl. Hofert, 2018, S. 195 ff. Zu den Entstehungsgründen von Macht bei Führungskräften vgl. Goldfuss, 2000, S. 26 f. 257 Vgl. Diehl, o. A. b. 256

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

155

• Werteorientierung: Sie schaffen in Ihrem Bereich gemeinsam mit Ihrem Team Werte für die Kunden und das Unternehmen und können diese Werte auch konkret benennen. • Kundenzentrierung: Sie stellen bei allen Entscheidungen den Nutzen für den Kunden ins Zentrum der Betrachtung. • Transparenz: Alle Entscheidungen werden nachvollziehbar und transparent getroffen und das zugrundeliegende Wissen wird im Team geteilt. • Dezentralität: Alle Entscheidungen werden möglichst dort getroffen, wo sie anfallen. Dazu sind die Teams mit einer angemessenen Autonomie und Selbstorganisation ausgestattet. • Klarheit: Alle Entscheidungen finden in einem Rahmen statt, der die Rollen und Prozesse der Entscheidungen offenlegt und allen Beteiligten bekannt ist. Die Entscheidungsfelder einer Führungskraft verändern sich In der digitalen Transformation treffen Sie als Führungskraft nach wie vor zentrale, erfolgskritische Entscheidungen, aber andere als in der alten, ausschließlich auf autoritären Machtstrukturen basierenden Welt. Sie erkennen Muster in Entscheidungssituationen und sorgen dafür, dass das Team diese auch sieht. Sie tragen dafür Sorge, dass mit Entscheidungssituationen im Team so einfach und pragmatisch wie möglich umgegangen wird, diese aber auch nicht unzulässig stark vereinfacht werden. Sie begleiten den Prozess der Entscheidungsfindung dort, wo Sie können und es für sinnvoll halten. Zusätzlich können Sie die Managemententscheidung treffen, aus starren Kopplungen von Mitarbeitern und Strukturen auszubrechen und in loser gekoppelten Verbünden von Mitarbeitern zu arbeiten. Durch die sukzessive entstehenden Netzwerkbeziehungen schaffen Sie die Voraussetzungen dafür, dass Ihre Mitarbeiter vor den Entscheidungen möglichst unbürokratisch das Wissen der Vielen nutzen können, um so die Qualität der den Entscheidungen zugrundliegenden Daten, daraus abgeleiteter Hypothesen etc. zu verbessern.

Abbildung 60: Gesetz der erforderlichen Varietät

156

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Das Gesetz der erforderlichen Varietät (vgl. Abbildung 60) verdeutlicht zwei der zentralen Aktivitäten Ihres neuen Entscheidungsmanagements in der digitalen Transformation: Sie sind dafür verantwortlich, • die Varietät der Entscheidungssituationen zu reduzieren. Hier helfen Sie dem Team z. B. durch das Erkennen von Mustern, Entscheidungssituationen – trotz aller Komplexität – so einfach und klar wie möglich zu sehen. Auf der anderen Seite tragen Sie aber auch dafür Sorge, dass komplexe Entscheidungssituationen nicht unzulässiger Weise vereinfacht werden, indem z. B. Risiken ignoriert oder Alternativen übersehen werden. Ihre Kernaufgaben bei der Varietätsreduktion der Entscheidungssituationen sind also das Herstellen von bestmöglicher Stabilität, von bestmöglicher Transparenz, von bestmöglicher Ordnung der Situation. • die Varietät des Managements der Entscheidungssituationen zu erhöhen. Durch das Installieren lose gekoppelter Arbeitsbeziehungen – z. B. das Installieren virtueller Teams quer zur formalen Aufbauorganisation des Unternehmens – erhöhen Sie die Varietät des Managements, erhöhen Sie die Komplexität bei der Entscheidungsfindung. Auch durch das Fordern und Fördern des Experimentierens quer durch alle Hierarchien schaffen Sie in der aktuellen Organisation mit ihren etablierten, starren Unternehmensstrukturen zunächst eine Form der Unordnung. Sie erhöhen die Varietät. Die Kunst erfolgreicher Führungskräfte der Zukunft – der digitalen Führungskräfte – wird es sein, das Team beim Finden des Gleichgewichtes aus der Varietätsreduktion von Entscheidungssituationen sowie der Varietätsgenerierung bei der Entscheidungsfindung optimal zu unterstützen. Die Zeitfenster für Entscheidungen werden immer kürzer Bei der Entscheidungsfindung stellen Sie als Führungskraft immer häufiger fest, dass die Zeitfenster, um etwas zu entscheiden, immer kürzer werden. Entweder, weil interne oder externe Stakeholder auf Ihre Entscheidung warten und ohne Ihre Entscheidung nicht (weiter)arbeiten können. Oder, weil Sie sich einer Fülle von Themen ausgesetzt sehen, die Ihnen durch die schiere Anzahl häufig scheinbar keine andere Wahl lassen, als schnell und pragmatisch zu entscheiden. Jedoch sollten Sie auch unter Zeitdruck bei Ihren Entscheidungen nicht den Überblick verlieren, eine gewisse Grundstruktur in Ihrem persönlichen Entscheidungsprozess nicht über Bord werfen. Sie kennen bereits die Schlussfolgerungs- und Entscheidungsleiter (vgl. Abbildung 58), die man bei Entscheidungen durchlaufen sollte. Dabei kommt es ausdrücklich nicht darauf an, wie lange Sie für die Entscheidung brauchen bzw. wieviel Zeit Sie sich nehmen wollen oder können. Bei Entscheidungen unter Zeitdruck hat sich der vom deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt für Piloten entwickelte FOR-DEC-Ansatz (vgl. Abbildung 61)

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

157

bewährt.258 Die Kernbotschaften des Ansatzes sind, dass man auch bei Entscheidungen unter Zeitdruck • die 6 Schritte bis zu Entscheidung strukturiert durchlaufen sollte. • die Phase der Vorbereitung einer Entscheidung von der Phase des Treffens einer Entscheidung sauber trennen sollte. • zwischen den beiden Phasen durch eine symbolische Pause, ein kurzes Innehalten, verhindern soll, dass man Entscheidungen reflexartig und vorschnell trifft.

Abbildung 61: Entscheidungsfindung mit dem FOR-DEC-Ansatz259

Sie haben grundsätzlich zwei Stoßrichtungen, in der digitalen Transformation Ihr Entscheidungsmanagement zu verbessern: zum einen, indem Sie Ihre Entscheidungen strukturierter, effizienter und damit letztendlich besser und schneller treffen, und zum anderen, indem Sie weniger Entscheidungen treffen, weil Sie sie sinnvoll delegieren. Die sinnvolle Delegation von Entscheidungen wird zunehmend erfolgskritisch Das Delegieren von Aufgaben an Ihr Team bedeutet konkret, dass Ihr Team Entscheidungen trifft, die heute Sie als Vorgesetzter treffen. Delegation von Aufgaben und Entscheidungen bedeutet jedoch ausdrücklich nicht, dass Sie durch das Übertragen der Tätigkeiten an das Team die Ergebnis(gesamt)verantwortung für Ihren Verantwortungsbereich verlieren. Sie erkennen auch an dieser Stelle, dass Delegation auf einem Vertrauensvorschuss ans Team basiert. Und nicht selten auch etwas Mut des Vorsetzten benötigt. Denn durch die Delegation gehen Sie erst einmal ins Risiko. Führungskräfte berichten nicht selten nach der Delegation von einem gefühlten Kontrollverlust. Seien Sie dennoch mutig, denn Sie wissen auf der Grundlage der Eigenschaftenund Anforderungenheatmaps (vgl. Kapitel 3.1.2 und 3.1.3), dass Sie Ihrem Team

258 259

Vgl. von Kopp, 2014, S. 118. Vgl. von Kopp, 2014, S. 118.

158

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

vertrauen können, dass das Team über die relevanten Qualifikationen verfügt, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden. Und die aus einer Delegation resultierenden Vorteile – sowohl für die Mitarbeiter als auch für Sie – sind vielfältig. Abbildung 62 visualisiert exemplarisch 12 Vorteile der Delegation von Entscheidungen an die Mitarbeiter.

Abbildung 62: Vorteile der Delegation260

Auch hierarchiefreie Teams bilden Machtstrukturen aus In dem Maße, in dem Sie Ihrem Team mehr Freiräume und mehr Entscheidungsmacht geben, entsteht eine Gruppe zunächst hierarchiefrei zueinander agierender Teammitglieder. Es ist jedoch nicht so, dass diese  – formal hierarchiefreien  – Gruppen keine Machtstrukturen herausbilden. Die entstehenden Machtstrukturen sollten Sie kennen und mit Blick auf das Team immer wieder beleuchten. Mit Hilfe der vier Positionen in Gruppen (vgl. Abbildung 63) können Sie sehr schnell ggf. kritische Entwicklungen in formal hierarchiefreien Teams erkennen. Der Ansatz geht davon aus, dass es verschiedene Positionen gibt, die von den Teammitgliedern eingenommen werden. Es müssen nicht immer alle Positionen in Gruppen besetzt sein. Es gilt jedoch: Je größer die Gruppen sind, umso wahrscheinlicher ist die Besetzung aller Positionen.261 Für Sie als Führungskraft gilt es, die Besetzung der Positionen durch die Teammitglieder zu erkennen, um im Bedarfsfall frühzeitig auf Entwicklungen in der Zusammenarbeit Einfluss nehmen zu können.

260 261

Vgl. Kohlmann-Scheerer, 2015, S. 121 f. Vgl. Hofert, 2018, S. 126 ff.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

159

Abbildung 63: Die 4 Positionen in Gruppen262

3.2.2.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren • Seien Sie sich der Ambivalenzen und Dilemmata konsequenter Entscheidungen stets bewusst und machen Sie sich insbesondere klar, dass man es als Entscheider nicht allen Recht machen kann. Akzeptieren Sie daher Spannungsfelder und Widerspruch nicht nur, sondern erzeugen Sie diese sogar bewusst mit Ihren Entscheidungen.263 • „Glauben Sie nicht, als Führungskraft alles am besten können zu müssen, sondern lassen Sie Mitarbeiter, Kollegen, Kunden, etc. partizipieren und nutzen Sie sowohl deren individuelle als auch kollektive Intelligenz und Kreativität“264. Entscheiden und führen Sie ab sofort – unter Berücksichtigung des Team-Reifegrades – nach dem Prinzip der verteilten Kompetenz. D. h. Entscheidungen werden dort vorbereitet und getroffen, wo die größte Kompetenz vorliegt.265 Verzichten Sie daher ab sofort auf Mikromanagement und geben Ihren Mitarbeitern mehr Handlungsspielräume, die Sie in Eigeninitiative mit Ihrer Kompetenz ausfüllen dürfen. • Widerstehen Sie ab sofort der – emotional nachvollziehbaren, aber kontraproduktiven – Versuchung, komplexe Probleme als Altbekanntes einzustufen, um damit die Anwendung alter Verhaltensweisen Ihrer Führung rechtfertigen zu können.266 262

Vgl. Schindler, 1999 und Hofert, 2018, S. 126 ff. Vgl. Petry, 2019d, S. 452. 264 Petry, 2019d, S. 452. 265 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 245. 266 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 244. 263

160

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• „Überwinden Sie den völlig menschlichen, aber das Denken behindernden Status-Quo-Bias und lösen Sie sich bewusst von tradierten Denk- und Entscheidungsmustern“267. • Lösen Sie sich daher vom Paradigma des ‚Entscheider-Chefs‘ und fokussieren sich mehr auf die Rolle des ‚Ermöglicher-Chefs‘, indem Sie sich mehr konzentrieren auf das – Ermöglichen von Lösungen anstatt das (alleinige) Geben von Antworten. – Managen des Prozesses zur Lösungsfindung anstatt auf die Lösung selbst. – Fragen stellen und auf Dinge hinweisen als auf das Antworten geben. – echte Interesse an den Themen und Mitarbeitern, statt an kurzfristigen Lösungen.268 • Beziehen Sie dort, wo Sie weiterhin entscheiden werden – wo immer möglich und sinnvoll – Ihre Mitarbeiter aktiv in die Entscheidungen mit ein und beteiligen Sie Ihre Mitarbeiter an Ihren Entscheidungen.269 So können Sie z. B. ab sofort Ihren Mitarbeitern nach Teilnahme am Vorstellungsprozess ein Veto-Recht bei Einstellungen von neuen Kollegen zubilligen.270 • Verabschieden Sie sich vom tradierten Führungsprinzip ‚Befehl und Gehorsam‘ und begegnen Sie Ihren Mitarbeitern auch beim Treffen von Führungsentscheidungen auf Augenhöhe.271 • Gehen Sie gegenüber Ihren Mitarbeitern offen mit Ihren getroffenen Entscheidungen und den zugrundeliegenden Gründen um (z. B. leading out loud).272 • Nutzen Sie bei all Ihren Entscheidungen – unabhängig von der jeweiligen Entscheidungsgeschwindigkeit im Einzelfall – einen strukturierten Entscheidungsansatz wie beispielsweise den FOR-DEC-Ansatz. • Entscheiden Sie in von Ihnen bewusst ausgewählten Entscheidungsfeldern mutiger und schneller als heute.273 Ihr Entscheidungstempo ist erfolgskritisch und hat bei ausgewählten Aufgaben für Sie ab sofort Vorrang vor einer angestrebten Perfektion der Entscheidung. • Wählen Sie Themenfelder aus, in denen Sie bewusst auch die Entscheidungen in Ihrem Team beschleunigen. Geben Sie dabei Ihren Mitarbeitern einen sicheren, von Ihnen geschützten Rahmen, in dem Sie sich frei bewegen und entscheiden 267

Petry, 2019d, S. 451. Vgl. Hawlitzeck, 2019. 269 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 30 ff. 270 Vgl. Petry, 2019b, S. 54. 271 Vgl. Liebermeister, o. A. 272 Vgl. Petry, 2019b, S. 54. 273 Vgl. dazu auch Pucket / Neubauer, 2018, S. 85–111. 268

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

161

dürfen.274 Kombinieren Sie zur Beschleunigung von Teamentscheidungen beispielsweise die Entscheidungsprinzipien Konsent statt Konsens sowie Disagree & Commit: Ideen gelten dann in Ihrem Team als getroffen, wenn niemand Einwände hervorbringen kann, dass die Entscheidung Schaden für Kunden, Unternehmen oder Mitarbeiter erzeugen (Konsent statt Konsens). Diejenigen Mitarbeiter, die nicht hinter dem Beschluss stehen, setzten ihn trotz eigener Bedenken oder Einwände um (Disagree & Committ).275 • Ändern Sie Ihre Entscheidungen, wenn Sie es für angebracht halten und Sie es mit objektiven Daten und Informationen belegen können. Dinge faktenbasiert im Zeitverlauf anders zu bewerten und auf dieser Basis Entscheidungen zu verändern, ist für Sie ein Zeichen von Führungsstärke und nicht von Führungsschwäche. • Richten Sie Ihre Entscheidungen zunehmend auf Agilität aus, d. h. seien Sie auf kontinuierliche Anpassungen und Optimierungen vorbereitet und bereiten Sie auch Ihre Mitarbeiter darauf vor.276 • Machen Sie sich stets klar, dass Sie unter Unsicherheit entscheidungsfreudig und handlungsfähig bleiben müssen und wollen.277 Dies setzt den Mut und den Willen zur Entscheidung unter Unsicherheit voraus. • Leben Sie Ihren Mitarbeitern vor, dass man sich dort, wo man sich einer S ­ ache verantwortlich annimmt, zunächst selbst ein konkretes, faktenbasiertes Bild vom Sachverhalt macht. Sie leben damit das erfolgskritische Prinzip vor, dass derjenige, der entscheidet, auch persönlich im Bilde über den zugrundliegenden Sachverhalt sein muss und sich nicht ausschließlich auf Einschätzungen Dritter verlässt. • Machen Sie stets deutlich, dass Sie das Prinzip der persönlichen Informiertheit bei einer Entscheidung als erfolgskritische und unverrückbare Haltung und Einstellung Ihrer Mitarbeiter erwarten, die die Qualität der Entscheidungen erhöht und die Diskussionen bei der Entscheidungsfindung bereichert. Es ist ausdrücklich kein Zeichen von Misstrauen oder sogar eine Aufforderung, alle von Kollegen bereitgestellten Information und Handlungsempfehlungen pauschal in Frage zu stellen.278 Vielmehr ist es das Selbstverständnis, bei Entscheidung eines Themas diese bewusst, faktenbasiert und mit uneingeschränktem Verständnis der Faktenlage und deren Zusammenhänge, zu treffen. Oder um es einfacher zu sagen: Der Entscheider ist immer informiert und weiß genau, was er entscheidet.

274

Vgl. Petry, 2019d, S. 453. Vgl. Diehl, o. A. b. 276 Vgl. Petry, 2019d, S. 452. 277 Vgl. Hackl, 2015, S. 30 ff. und Hofert, 2018, S. 161 f. 278 Vgl. Diehl, o. A. b. 275

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Leben Sie Ihren Mitarbeitern eine aktive Fehlerkultur vor, d. h. gehen Sie mit Feh­lern offen, konstruktiv und vertrauensvoll um. „Sprechen Sie offen über Fehler und Fordern Sie von Ihrem Team eine regelmäßige Diskussion über Fehler und das daraus gelernte ein“279. • Fordern Sie Ihre Mitarbeiter auf, auch mal Lösungsansätze unkonventionell auszuprobieren. „Erfolgreiches Führen in der digitalen Transformation bedeutet, dass man die Mitarbeiter ermutigt, Vorhaben basierend auf ersten Hypothesen und einem ‚educated guess‘ anzugehen. Darauf aufbauend wird das Vorhaben auf Basis von Feedbacks und Zwischenergebnissen weiterentwickelt. Dieses Vorgehen funktioniert dann besonders gut, wenn man Probleme sauber definiert und dadurch einen eindeutigen Startpunkt hat“280. • Verschanzen Sie sich nicht länger hinter etwaigen Rahmenbedingungen, die Ihnen die Hände binden, sondern nutzen Sie als Führungskraft die Ihnen zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielräume, um Ihr Team intensiver in die Entscheidungsprozesse miteinzubeziehen bzw. im definierten Rahmen die Entscheidungen zu übertragen.281 3.2.2.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Checklisten Aufgaben / Aktivitäten Entscheidungen müssen bewusst und themenspezifisch getroffen werden. Daher empfiehlt es sich, von Zeit zu Zeit mit dem Team eine Aufgaben- und AktivitätenInventur zu machen (vgl. Abbildung 64). Sie ist die erfolgskritische Voraussetzung, um darauf aufbauend Aufgaben ans Team sinnvoll delegieren zu können. Denn nur, wenn Sie die Transparenz über Ihre heutigen Aufgaben und Formate, Aufwände und Beteiligte beim Austausch von Informationen haben, können Sie eine qualifizierte Entscheidung zur Veränderung von Verantwortlichkeiten im eigenen Bereich treffen. Es ist nicht das Ziel, die Checkliste formalistisch und aus Dokumentationsgründen bis ins letzte Detail auszufüllen. Vielmehr geht es darum, sich zum beabsichtigten Themenbereich, den Sie delegieren wollen, die heute gültigen Rahmenbedingungen transparent vor Augen zu führen. Nur wenn Sie und Ihr Team ein klares, gemeinsames Verständnis von der aktuellen Situation haben, können Sie durch Delegation Entscheidungen effektiv und sinnvoll verlagern. Dabei spielt es eine wichtige Rolle, ob sich z. B. Kommuni­ kationsbeziehungen verändern müssen, Kooperationsbeziehungen intensiviert werden sollen oder gemeinsame Regeltermine zur Erarbeitung von Themen und Aus 279

Diehl, o. A. b. Diehl, o. A. b. 281 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 245. 280

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

163

tausch von Wissen etabliert oder eliminiert werden müssen. Die Checkliste der aktuellen Aufgaben und Aktivitäten hilft Ihnen, die aus der geplanten Delegation resultierenden Veränderungen für alle nachvollziehbar aufzuzeigen.

Abbildung 64: Aufgaben- und Aktivitäten-Checklisten282

3 Punkte-Liste zu delegierender Aufgaben Aus der gemeinsam mit dem Team diskutierten Checkliste der Aufgaben und Aktivitäten können Sie nun eine Prioritätenliste zu delegierender Aufgaben ableiten (vgl. Abbildung 65). Hier sollten Sie zu Beginn der Aufgabendelegation den Fokus auf maximal drei Aufgaben legen, um Ihr Team sukzessive in die Themen 282

Vgl. Hofbauer / Kauer, 2014, S. 140–148.

164

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

einzubeziehen. Dabei ist es hilfreich, an dieser Stelle noch einmal explizit festzuhalten, welche Aufgaben ganz konkret delegiert werden sollen (und ggf. welche auch explizit nicht), ab wann die Aufgaben delegiert werden und zwischen welchen Personen oder Teams die Aufgabenverlagerung stattfinden wird.

Abbildung 65: 3 Punkte-Liste zu delegierender Aufgaben283

Checkliste Handlungsspielraum in einzelnen Entscheidungsbereichen Haben Sie sich auf die Delegation von Aufgaben festgelegt, so können Sie die neuen Zuständigkeiten und deren Handlungsspielräume in einzelnen Entscheidungsbereichen strukturiert festhalten (vgl. Abbildung 66).

Abbildung 66: Übersicht neuer Entscheidungsbereich / Handlungsspielraum284

Sie fixieren den Entscheidungsbereich, um den es gehen soll und beschreiben den Handlungsspielraum, der im Entscheidungsbereich genutzt werden kann. Beanspruchen Sie eine Informations- oder Rücksprachepflicht vor der finalen Entscheidung, so können Sie dies ebenfalls festhalten. So entstehen Schritt für Schritt transparente Entscheidungsbereiche, bei denen sich die Autonomie des Teams erhöht. Delegationsmatrix & Delegationsstufen Es kann aus Transparenzgründen oder zur Darstellung der Fortschritte bei der Delegation in Ihrem Bereich Sinn machen, eine Gesamtübersicht für Ihren Bereich zu erstellen, welche Aufgaben mit welcher Intensität an die Mitarbeiter oder das Team delegiert werden. Mit einer solchen Delegationsmatrix und Ihren Delegationsstufen dokumentieren Sie diejenigen Themen, die Ihnen als Führungskraft vorbehalten bleiben und solche Themen, die Sie den Mitarbeitern übertragen (vgl. Abbildung 67). 283 284

Vgl. Goldfuss, 2000, S. 132. Vgl. Hofbauer / Kauer, 2014, S. 140–148.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

165

Abbildung 67: Delegationsmatrix & Delegationsstufen (mit Beispieleinträgen)285

Mit den Delegationsstufen verdeutlichen Sie die Intensität der jeweiligen Einbindung der Kollegen. Der Vorteil einer solchen Matrix liegt weniger darin, im Vorfeld der Aufgabenerledigung stets eine detailgetreue Aufteilung von Geschäftsvorfällen zu dokumentieren, sondern im neuen Selbstverständnis Ihrer Mitarbeiterführung durch die Übertragung von mehr Verantwortung an die Mitarbeiter, die Sie mit der Darstellung visualisieren und kommunizieren können. Ein weiterer Vorteil der Delegationsmatrix mit den darin enthaltenen Delegationsstufen ist, dass Sie für Ihren Bereich einerseits einen Gesamtüberblick erhalten, bei welchen Aufgaben Sie die Mitarbeiter stärker einbeziehen werden. Darüber hinaus können Sie aber auch anhand der Gesamtübersicht noch einmal überprüfen, ob alle notwendigen Voraussetzungen für eine Aufgabenverlagerung vorliegen. Die Matrix triggert die folgenden Fragen:286 • Werden die Fähigkeiten des Mitarbeiters / des Teams den Anforderungen der Aufgabe(n) gerecht? • Erlauben die Befugnisse der Mitarbeiter / des Teams eine erfolgreiche Bearbeitung der Aufgaben, z. B. verfügen die Mitarbeiter über eine ausreichende Entscheidungs- und Handlungsvollmacht und über angemessene Hilfsmittel? • Ermöglichen die dem Mitarbeiter / Team bereitgestellten Ressourcen – Budget, Personal, ggf. Investitionsmittel – eine erfolgreiche Bearbeitung der delegierten Aufgaben?

285 286

Oestereich / Schröder, 2020, S. 57 und S. 216. Vgl. dazu auch Haller, 2009, S. 130–132.

166

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Bestehen ein Mindestmaß an etablierten Kommunikationswegen und -kanälen, die sicherstellen, dass die relevanten Informationen angemessen geteilt werden können? Ist allen klar: Wer informiert wen? Bei welchen Anlässen? Wann? Über was? • Besteht ein Mindestmaß an Aufgabentransparenz auf der Grundlage entlang einer für jedermann nachvollziehbaren Dokumentation, was, von wem, an wen delegiert wurde und warum das passiert ist? 10-10-10-Methode Entscheidungen werden in der Hektik des Tagesgeschäftes häufig mit Blick auf einen kurzfristigen Zeithorizont getroffen. Nicht zuletzt unter Risikogesichtspunkten sollten Entscheidungen aber auch vor dem Hintergrund mittel- und langfristiger Konsequenzen getroffen werden. Die einfache, aber wirksame 10–10–10-Methode unterstützt den Entscheider, sich ausdrücklich auch die mittel- und langfristigen Konsequenzen seiner Entscheidungen bewusst zu machen. Denken Sie hier beispielsweise an die nicht eingehaltene Zusage einer Gehaltsanpassung für den Mitarbeiter, die kurzfristig mit einer neuen Budgetrestriktion bei den Personalkosten zu begründen ist, jedoch ganz sicher Vertrauen in Sie kosten wird, das Sie mühsam über Jahre aufgebaut haben. Die 10-10-10-Methode kann sicherlich keine angespannten Budgetsituationen verhindern. Sie kann Sie jedoch bei Entscheidungen im Tagesgeschäft durch das Aufmerksam machen von mittel- und langfristigen Konsequenzen Ihrer Entscheidungen anregen, nach alternativen Lösungswegen zu suchen. Gelingt dies nur in einem von 10 Fällen, so ist diese Methode auch aus Ihrem Führungsalltag bald nicht mehr wegzudenken. So könnte ein Lösungansatz im aufgezeigten Beispiel sein, aufgrund des zu erwartenden, hohen Vertrauensverlustes die zugesagte Gehaltserhöhung dennoch zu gewähren, während man die neuen Budgetvorgaben bei den Personalkosten durch die Verschiebung einer geplanten Neueinstellung erfüllt.

Abbildung 68: 10-10-10-Methode287

287

Vgl. Blatter, o. A.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

167

Entscheidungsmatrix In komplexen oder ggf. auch emotional aufgeladenen Situationen kann es sinnvoll sein, eine Entscheidungsmatrix zu nutzen, um die Entscheidungen nachvollziehbar und transparent zu treffen.

Abbildung 69: Entscheidungsmatrix (mit Beispieleinträgen)288

In einer Entscheidungsmatrix legen Sie die Entscheidungskriterien, Ihre Gewichtung und die letztendliche Entscheidung und Einschätzung zu den Kriterien offen. Dabei werden Punktwerte vergeben – je besser die Kriterien erfüllt sind, umso mehr Punkte werden vergeben. Am Ende werden die Punkte über alle Kriterien addiert – es gewinnt die Alternative, die die meisten Punkte erhalten hat. In der dargestellten Entscheidungsmatrix (vgl. Abbildung 69) werden exemplarisch zwei geeignete Bewerber auf eine zu besetzende Stelle miteinander verglichen. Dazu wurden die Eigenschaften und Kenntnisse, über die der neue Mitarbeiter verfügen sollte, erfasst und in ihrer Bedeutung für die neue Aufgabe zwischen 1 und 5 gewichtet. Für jedes Kriterium erhalten beide Kandidaten einen Punktwert zwischen 0 und 10, der den jeweiligen Erfüllungsgrad des Kriteriums darstellt. Kandidat A hat im Beispiel mehr Punkte als Kandidat B erhalten (268 vs. 220 Punkte) und würde bei Anwendung dieser Bewertungsmatrix den Vorzug erhalten. Die Entscheidungsmatrix eignet sich für alle Entscheidungssituationen, in denen eindeutige Entscheidungsalternativen und eine überschaubare Anzahl von Entscheidungskriterien vorliegen. Nicht selten entwickelt die Matrix Ihren Nutzen nicht nur aus einer transparenten Visualisierung der Entscheidung, sondern bereits auch aus der gemeinsamen Erarbeitung der relevanten Kriterien durch die Entscheider, welche die Akzeptanz der nachgelagerten Entscheidung typischerweise positiv beeinflusst. 288

Vgl. Haller, 2009, S. 228 f.

168

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

3.2.3 Hebel 2: Erwartungsmanagement 3.2.3.1 Das sollten Sie wissen Erwartungen bestimmen unser Verhalten „Wer nichts erwartet, wird nicht enttäuscht“289. Wer aber Erwartungen hat, die nicht erfüllt werden, wird sein Verhalten irgendwann ändern. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie ermutigen Ihre Mitarbeiter, über eigene Fehler offen zu sprechen, damit alle Beteiligten davon lernen können. Nach eigener Aussage erwarten Sie das von allen Mitarbeitern und stellen es als Zeichen von Lernbereitschaft, nicht als Beleg einer Fehlleistung dar. Bei der jährlichen Zielerreichung argumentieren Sie jedoch plötzlich gegenüber Ihren Mitarbeitern, dass Sie bei der Zielerreichung Abzüge akzeptieren müssen, weil Sie ja unterjährig einige Fehler gemacht hätten und diese aufgrund der Selbsterkenntnis und offenen Kommunikation auch unstrittig sind. Was glauben Sie, was passieren wird? Richtig: Die Erwartung des Mitarbeiters, auch beim nächsten Mal Abzüge bei der Zielerreichung zu erhalten, wird dazu führen, dass er zukünftig über alles, nur nicht mehr über die eigenen Fehler sprechen wird. Die Erwartung wird das Verhalten – in diesem Falle das ‚Nicht-Sprechen‘ über Fehler – Ihrer Mitarbeiter beeinflussen. Für Sie als Führungskraft ist es daher wichtig, die Erwartungen Ihrer Mitarbeiter zu kennen und aktiv zu managen. Dabei spielen insbesondere auch die Erwartungen an Sie eine wichtige Rolle. „Erwartungen sind Annahmen, die in die Zukunft gerichtet sind, aber von vergangenen Erfahrungen geprägt wurden“290. Dabei hängt die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter von den erfüllten Erwartungen ab, gar nicht so sehr von den objektiven Umständen.291 Erwartungen begegnen Ihnen im Führungsalltag in 4 Dimensionen Grundsätzlich sollten Sie vier Dimensionen von Erwartungen unterscheiden, mit denen Sie in Ihrem Führungsalltag zu tun haben. Denn nur wenn Sie alle vier Dimensionen der Erwartungen im Blick haben, können Sie auch alle Erwartungen ausgewogen managen. Und nicht selten haben Führungskräfte auch Erwartungen an andere (z. B. Pünktlichkeit oder Budgettreue), die Sie jedoch gegenüber sich selbst nicht haben. Daher helfen die vier Dimensionen auch, den Blick für ein Mindestmaß an Übereinstimmung bei den Erwartungen zu schärfen. Halten Sie doch einmal kurz inne und schreiben die wichtigsten Erwartungen für jede der 4 Dimensionen auf (vgl. Abbildung 70). Sie werden mindestens einen der beiden Effekte erleben: 289

Sprenger, 2020, S. 159. Sprenger, 2020, S. 119. 291 Vgl. Sprenger, 2020, S. 119. 290

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

169

Abbildung 70: Die 4 Dimensionen der Erwartungen292

• Man kennt Erwartungen nicht oder tut sich schwer, sie klar zu benennen, weil man sich bisher nicht ausreichend mit ihnen auseinandergesetzt hat. • Man erkennt, wie heterogen und häufig sogar widersprüchlich Erwartungen sein können. Ohne ein aktives Erwartungsmanagement können daraus schnell unübersichtliche Führungssituationen entstehen. Erwartungen sind häufig schwer zu erkennen Sollten Sie sich fragen, was denn nun typischerweise Mitarbeiter konkret von Ihren Führungskräften erwarten, so illustriert Abbildung 71 die häufigsten Erwartungen an Führungskräfte.

Abbildung 71: Erwartungen der Mitarbeiter an Führungskräfte293 292

Vgl. Lange, 2016, S. 13. Vgl. Goldfuss, 2000, S. 34 ff. und Loeb / Kindel, 2011, S. 135 f. Zu Mitarbeitererwartungen in Groß-Projekten und Ihrem Management im Zeitverlauf vgl. auch Gawron / Stein, 2001a, S. 42–48. 293

170

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Das Erwartungsmanagement ist aber auch deshalb so anspruchsvoll, weil Erwartungen nicht immer ausgesprochen werden. Sie sollten daher drei Formen von Erwartungen kennen, die häufig nicht auf den ersten Blick erkennbar sind, manchmal selbst nicht für denjenigen, der sie selbst hat. Diesen Erwartungen begegnen Sie jedoch in Ihrem Tagesgeschäft. Richten Sie daher Ihre Aufmerksamkeit – z. B. durch aktives Nachfragen bei den Mitarbeitern – auch auf die folgenden Erwartungen: • Unausgesprochene Erwartungen: Hier handelt es sich um Erwartungen, die nicht mitgeteilt werden, weil man sie als selbstverständlich ansieht, z. B. pünktliches Erscheinen zu Besprechungen oder Einhalten von Zusagen.294 • Uneingestandene Erwartungen: Dies sind Erwartungen, die nicht mitgeteilt werden, deren Erfüllung man sich aber wünscht, z. B. die nächste Beförderung, die nächste Gehaltserhöhung, den nächsten Projekteinsatz, das Lob für gute Leistungen.295 • Unbewusste Erwartungen: Dies sind Erwartungen, die man selbst nicht bewusst wahrnimmt, da sie im Unterbewusstsein liegen und man sich darüber nicht selbst Rechenschaft ablegt.296 Mitarbeitererwartungen und Mitarbeiterzufriedenheit sind eng miteinander verwoben Die Kenntnis des Zusammenhangs zwischen den Mitarbeitererwartungen und der Mitarbeiterzufriedenheit ist für Ihren Führungsalltag hilfreich. Denn sie zeigt Ihnen, dass Sie die Erwartungen Ihres Umfeldes kennen müssen und welchem Risiko Sie sich aussetzen, sollten Sie darauf keine Aufmerksamkeit richten. Das sogenannte Kano-Modell (vgl. Abbildung 72) visualisiert den Zusammenhang zwischen der Erfüllung von Erwartungen und der Zufriedenheit. Dabei unterscheidet das Modell drei Fälle, die für Ihren Führungsalltag relevant sind. Die untere Kurve visualisiert die sog. Basisfaktoren (vgl. Abbildung 72). Dies sind diejenigen Erwartungen, die der Mitarbeiter als für jeden klar und ersichtlich ansieht, deren Erfüllung er implizit, d. h. ohne darüber zu reden, schlichtweg voraussetzt. Sollten Sie diese Erwartungen der Mitarbeiter nicht kennen, ist Gefahr im Verzuge. Bei Erfüllung der Basisfaktoren erzeugen Sie zwar kein hohes Maß an Zufriedenheit, bei Nichterfüllung allerdings ein hohes Maß an Unzufriedenheit. Hier sollten Sie Ihre Mitarbeiter aktiv fragen, welche Erwartungen Sie unausgesprochen als selbstverständlich ansehen und ob es hier aus Sicht der Mitarbeiter Defizite gibt. Sie kennen die Fälle: Nicht selten äußern Führungskräfte, dass Sie viel für Ihre Mitarbeiter tun, diese dennoch nicht zufriedener werden und das Bemühen der Führungskraft vermeintlich nicht ausreichend wertschätzen. Von Un 294

Vgl. Sprenger, 2020, S. 149 f. Vgl. Sprenger, 2020, S. 149 f. 296 Vgl. Sprenger, 2020, S. 149 f. 295

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

171

dankbarkeit der Mitarbeiter ist dann schnell die Rede. Die Lösung des Problems liegt häufig in den Basisfaktoren: Das, was die Führungskraft für die Mitarbeiter tut, wird von diesen als selbstverständlich angesehen, erzeugt daher kein hohes Maß an Zufriedenheit, sondern verhindert lediglich Unzufriedenheit. So wird beispielsweise ein gut ausgestatteter Arbeitsplatz von Mitarbeitern erwartet, ohne dies in der Regel ausdrücklich zu thematisieren. Sie verhindern mit vielen Ihrer täglichen Führungsaktivitäten lediglich Unzufriedenheit – auch wenn Sie das ggf. anders sehen.

Abbildung 72: Kano-Modell297

Die zweite Gruppe von Erwartungen, die sog. Leistungsfaktoren (vgl. Abbildung 72), symbolisiert diejenigen Erwartungen, die der Mitarbeiter typischerweise bereits kommuniziert hat. Diese Gruppe von Erwartungen sollten Sie – auch wenn Sie sie nicht teilen – sehr ernst nehmen. Denn die Zufriedenheit des Mitarbeiters ist mit dem Erfüllungsgrad dieser Erwartungen verknüpft, und das Maß der Unzufriedenheit nimmt beim Mitarbeiter linear zu, sollten Sie die geäußerten Erwartungen ignorieren. Es kann sich hier beispielsweise um die Erwartung beim Mitarbeiter handeln, dass Projektergebnisse regelmäßig im Team vorgestellt und diskutiert werden, eine angemessene variable, erfolgsabhängige Incentivierung ausgeschüttet wird oder eigenverantwortlich Fortbildungsaktivitäten geplant und umgesetzt werden dürfen. Die dritte und letzte Gruppe von Erwartungen Ihres Umfeldes, die sogenannten Begeisterungsfaktoren (vgl. Abbildung 72), sind im Verborgenen liegende Erwartungen, denen sich der Mitarbeiter zunächst selbst nicht bewusst ist, die ihn aber in dem Moment begeistern, in denen sie erfüllt werden. Die Nicht-Erfüllung dieser Erwartungen führt nicht zu Unzufriedenheit. Dem steht das Potenzial der Begeisterungsfaktoren gegenüber, bei Erfüllung zu sehr großer Zufriedenheit zu 297

Lange, 2016, S. 13.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

führen. So hört man immer wieder von begeisterten Mitarbeitern, die nach eigener Aussage nicht erwartet hätten, dass die Arbeit im Großraumbüro durch das deutlich verbesserte Teamgefühl, die kurzen direkten Kommunikationswege etc. zu einem deutlichen Anstieg der Arbeitszufriedenheit führen würde. Damit an dieser Stelle kein Missverständnis entsteht: Die Erwartungen zu ermitteln heißt ausdrücklich nicht, dass Sie alle Erwartungen auch erfüllen müssen oder sollen. Es kommt vielmehr darauf an, auf der Grundlage der Kenntnis der Erwartungen bewusste Entscheidungen zu treffen. Hat beispielsweise ein Mitarbeiter unrealistisch hohe Erwartungen hinsichtlich seiner nächsten Gehaltserhöhung, so sollten Sie gemeinsam mit ihm an einer realistischen Ausrichtung seiner Erwartungen arbeiten. Der Umgang mit Erwartungen und insbesondere ihrer Nichterfüllung sollte für Führungskräfte zur Normalität im Tagesgeschäft werden. Die Nichtkenntnis von Erwartungen wird für Führungskräfte im Zeitverlauf zu einem Führungsrisiko. Arbeiten Sie daher konsequent daran, hier keine blinden Flecken zu haben. 3.2.3.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation In der digitalen Transformation, in der sich vieles für Ihre Mitarbeiter verändert, sich Prozesse beschleunigen, die Komplexität der Aufgabenerfüllung wächst, Zukunftsängste in der Belegschaft zunehmen, ist es umso wichtiger für Sie, die Erwartungen Ihrer Mitarbeiter an Sie als Führungskraft zu kennen. Und wie Sie ja bereits wissen: Nur das, was Sie kennen, können Sie auch aktiv managen. Neue Generationen von Mitarbeitern treten in das Unternehmen ein

Abbildung 73: Die Erwartungen der Generationen ändern sich298

298

Schmitz, o. A.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

173

In dieser Phase einer wachsenden Unsicherheit in den Belegschaften der Unternehmen treten in den letzten Jahren auch zunehmend neue Generationen von jungen Menschen in das Unternehmen ein, die das Portfolio der Erwartungen an Sie weiter vergrößern. Die mit unterschiedlichen Lebensweisen der Generationen korrelierten Erwartungen der sogenannten Generationen Y und Z an Sie als Führungskraft unterscheiden sich merklich von denen älterer Generationen und sollten von Ihnen daher bewusst reflektiert werden. So erwarten jüngere Mitarbeiter, mehr und regelmäßiger Feedback zu erhalten als ältere Generationen. Und die Erwartungen an das Kommunikations- und Arbeitsverhalten der Kollegen und Vorgesetzten ist durch die ständige Präsenz in elektronischen Medien bei den ‚Digital Natives‘299 ein konsequent anderes als bei älteren Generationen. Es geht hier ausdrücklich nicht darum, die unterschiedlichen Erwartungen zu bewerten, sondern um die Erkenntnis, dass die Erwartungen Ihrer Mitarbeiter immer differenzierter werden, je mehr Generationen an Mitarbeitern Sie im Team vereinen. Die Bereicherung durch ein Mehr an Heterogenität und Diversität im Team wird so hinsichtlich des Erwartungsmanagements zum Komplexitätstreiber, den Sie im Auge behalten sollten. Die Erwartungen der jüngeren Generationen unterscheiden sich deutlich von denen der älteren Generationen Alte Führungsmuster der Über- und Unterordnung, starrer Strukturen oder einer Zusammenarbeit nach dem Prinzip ‚Befehl und Gehorsam‘, werden von den jüngeren Generationen Y und Z weder erwartet noch dauerhaft toleriert (vgl. Abbildung 73). Vielmehr erwartet man das Erklären von Sachverhalten, das Nachvollziehen von Entscheidungen, das sich mit dem Mitarbeiter beschäftigen, den regelmäßigen Informationsaustausch. Dies sollten Sie berücksichtigen, wenn Sie sich über die Erwartungen insbesondere Ihrer jüngeren Mitarbeiter Gedanken machen. Jenseits einer Kommunikation auf Augenhöhe erwarten insbesondere die Generationen Y und Z zunehmend von Ihnen:300 • Hohes Maß an Freiheit / Unabhängigkeit bei der Erledigung von Aufgaben. • Regelmäßiges Feedback zur Aufgabenerledigung. • Kollegiale Arbeitsatmosphäre. • Von Raum und Zeit entkoppelten Arbeitsplatz. • Denken und Austausch in starken Netzwerken. • Durchgehende Nutzung digitaler Medien und Netzwerke. • Schnellen und unkomplizierten Umgang mit und Zugang zu Wissen. 299

Ein Digital Native ist eine Person, die von Kindheit an mit Informationstechnologien und dem Internet aufgewachsen ist und eine Welt ohne digitale Medien nicht kennt. Vgl. dazu auch Abbildung 73, Generation Z. Der Gegensatz dazu ist Digital Immigrant, vgl. Siepermann, o. A. 300 Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 122 f.

174

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Freiräume zur Selbstverwirklichung. • Balance zwischen beruflicher Anstrengung und privaten Interessen (Familie, Freunde, Freizeit, Gesundheit, Selbstverwirklichung).

Abbildung 74: Erwartungen der Generationen Y und Z301

Die auch von jüngeren Mitarbeitern zunehmend geforderte work-life-balance bedeutet jedoch ausdrücklich nicht, dass die jüngeren Generationen nicht bereit wären, berufliche Herausforderungen anzunehmen und sich ihnen voll hinzugeben. Sie erwarten jedoch die Einordnung der Aufgaben in das große Ganze und hinterfragen die Aktivitäten, inwiefern sie auch der eigenen Entwicklung dienen. Das ist legitim, erfordert aber umso mehr von Ihnen, dass Sie die Erwartungen Ihrer Mitarbeiter im Blick haben und sich aktiv mit ihnen beschäftigen. Insbesondere in Veränderungssituation erwarten die Mitarbeiter ein klares Leitbild des Vorgesetzten Ihr Team erwartet – häufig unausgesprochen – dass Sie in der digitalen Transformation einen klaren Kompass haben, wie Sie führen wollen. Es gibt sowohl dem Team als auch Ihnen Sicherheit, wenn Sie Ihre operativen Handlungen und Entscheidungen auf einem stabilen Fundament von Werten und Glaubenssätzen treffen. Kurzum: Sie sollten Ihrem Team immer einen transparenten Blick auf Ihr Führungsleitbild ermöglichen und dieses ggf. auch mit dem Team interaktiv weiterentwickeln. Abbildung 75 visualisiert ein Beispiel für ein Führungsleitbild, wie Sie es Ihrem Team vorstellen könnten. Mit Ihrem Leitbild als digitale Führungskraft untermauern Sie die Grundelemente Ihres digitalen Führungshandelns für Ihr Team: Sie leben einen hohen Grad an Verbindlichkeit von inhaltlichen und handlungsleitenden Basisregeln vor und ermöglichen damit das erwünschte eigen 301

Zur Generation Z vgl. insbesondere Scholz, 2014.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

175

verantwortliche Handeln Ihrer Mitarbeiter – idealerweise auch durch die Zusammenarbeit in Netzwerken.302

Abbildung 75: Mein Leitbild als digitale Führungskraft (Beispiel)303

Durch die Diskussion Ihres Leitbildes mit dem Team schärfen Sie Ihren Blick für die im Kano-Modell vorgestellten Basis-, Leistungs- und Begeisterungsfaktoren des Teams und schaffen so die Grundlage für ein effektives Erwartungsmanagement Ihres Umfeldes. 3.2.3.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren • Identifizieren Sie die Erwartungen in Ihrem Umfeld. Achten Sie dabei auf alle 4 Dimensionen der Erwartungen. • Gehen Sie mit den Erwartungen Ihres Umfeldes offen um und ermutigen Sie alle in Ihrem Umfeld, die Erwartungen zu kommunizieren. Nur die Erwartungen, die Sie kennen, können Sie auch managen. • Managen Sie die Erwartungen Ihrer Mitarbeiter entlang der Logik des KanoModells: – Fragen Sie aktiv nach den Erwartungen Ihrer Mitarbeiter, die nicht kommuniziert werden, aber dem Mitarbeiter wichtig sind (Basisfaktoren). – Geben Sie dem Mitarbeiter regelmäßig ein Feedback, welche Leistungsfaktoren er aus Ihrer Sicht aktiv kommuniziert und mitgeteilt hat. Fragen Sie aktiv nach, ob es weitere Leistungsfaktoren gibt. – Finden Sie heraus, ob es Begeisterungsfaktoren bei Ihrem Team gibt, die Sie ggf. zukünftig aktiv einsetzen können, um als Führungskraft das Team zu begeistern. 302 303

Vgl. Jäger / Eicke, 2019, S. 153. Vgl. Dückert, 2019, S. 189 f.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Kommunizieren Sie Ihren Mitarbeitern Ihr persönliches Leitbild als digitale Führungskraft und weisen Sie Ihre Mitarbeiter ausdrücklich darauf hin, dass Sie diese Eckpunkte in Ihrem Handeln und Tun stets erwarten dürfen. Formulieren Sie Ihre Erwartung ans Team, dass man Ihnen unaufgefordert ein Feedback gibt, sollte man beobachten, dass Sie Ihre Handlungsleitlinien nicht erfüllten. • Machen Sie sich klar, bei wem Sie Erwartungen enttäuscht haben und warum das passiert ist. • Nehmen Sie alle Erwartungen ernst, auch wenn Sie sie inhaltlich nicht teilen. • Erklären Sie Ihren Mitarbeitern, warum Sie bestimmte Erwartungen nicht erfüllen (können). Kommunizieren Sie offen, welche Gründe Ihrer Entscheidung zugrundeliegen. Durch Ihr aktives und sichtbares Auseinandersetzen mit den Erwartungen Ihrer Mitarbeiter zeigen Sie, dass Sie diese ernst nehmen. Ihre Mitarbeiter werden verstehen, dass Sie als Führungskraft nicht alle Erwartungen erfüllen können. • Arbeiten Sie aktiv an der vermutlich immer noch am tiefsten im Bewusstsein der Mitarbeiter verankerten Erwartung: nämlich, dass das Machen von Fehlern vom Vorgesetzten als Kompetenz- oder Handlungsschwäche gesehen wird. Stärken Sie vielmehr die Erwartungen, dass Fehler toleriert werden und als Ausgangspunkt für Lernen verstanden werden. Fördern Sie daher eine Fehlerkultur in Ihrem Einflussbereich.304 Leben Sie aktiv vor, dass bei der täglichen Suche nach den besten Lösungen Fehler gemacht werden dürfen und Sie sogar Fehler erwarten. 3.2.3.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten 4 Felder-Erwartungsmatrix

Abbildung 76: 4 Felder-Erwartungsmatrix305

304 305

Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 30 ff. Vgl. Lange, 2016, S. 13.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

177

Zur Erfassung und Dokumentation Ihrer Erwartungen sowie der Erwartungen Ihres Umfeldes können Sie regelmäßig die 4 Felder-Erwartungsmatrix nutzen (vgl. Abbildung 76). Starten Sie mit den Ewartungen, die Sie an sich selbst stellen. Alle anderen Felder können Sie auch interaktiv mit Ihrem Team ausfüllen und erhalten auf diese Weise ein aussagefähiges Erwartungsportfolio, das Sie aktiv in Ihre Mitarbeiterführung einbeziehen sollten. Erwartungssteckbrief Insbesondere bei den Erwartungen, die an Sie oder Ihr Team gestellt werden, können Sie noch einen Schritt weitergehen und z. B. für besonders kritische Stakeholder einen Erwartungsteckbrief anlegen (vgl. Abbildung 77). Diese Aktivität lässt sich ebenfalls gut mit dem Team in einem interaktiven Workshop durchführen. Dabei fällt immer wieder auf, dass entlang der strukturierten Diskussion des Erwartungssteckbriefes in kurzer Zeit ein deutlich besseres Verständnis für die jeweiligen Erwartungen, Hypothesen für deren Umgang etc. entstehen. Die resultierende, deutlich verbesserte Transparenz der Erwartungen spezifischer Stakeholder ist die erfolgskritische Voraussetzung für einen angemessen und erfolgreichen Umgang damit.

Abbildung 77: Erwartungssteckbrief

Bereiten Sie z. B. die Punkte 1–5 des Erwartungssteckbriefes für ausgewählte und aus Ihrer Sicht wichtige Stakeholder vor und präsentieren Sie diese Informationen Ihrem Team. Diskutieren Sie anschließend mit Ihrem Team die Punkte 6–9 ausführlich: • Welche Ziele verfolgt der Stakeholder? Und wie passen diese zu unseren Zielen?

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Welche Frustrationen und Schmerzpunkte kennen wir beim Stakeholder? Und woher kommen sie? • Welche Zitate und prägenden Aussagen kennen wir vom Stakeholder? Welche Rückschlüsse auf seine Einstellungen und Überzeugungen können wir daraus ableiten? • Welche konkreten Erwartungen hat der Stakeholder?306 Sie werden erstaunt sein, wie klar Sie auf einmal aktuelle Beobachtungen und in der Vergangenheit liegende Verhaltensweisen der diskutierten Stakeholder sehen. Das versetzt Sie und Ihr Team in die Lage, zukünftige Erwartungen effektiver als bisher erkennen und verstehen zu können. Erwartungs-Enttäuschungsmatrix Auf der Grundlage Ihrer Erkenntnisse können Sie mit der Erwartungs-Enttäuschungsmatrix diejenigen Personen Ihres Umfeldes klassifizieren, deren Erwartungen Sie nach eigener Einschätzung in der zurückliegenden Zeit enttäuscht haben.

Abbildung 78: Erwartungs-Enttäuschungsmatrix (mit Beispieleinträgen)307

Aus der Klassifizierung leiten Sie dann konkrete Aktionen für Ihr Führungshandeln ab. Gehen Sie wie folgt in 4 Schritten vor: • Wählen Sie einen relevanten Stakeholder Ihres Umfeldes aus (Mitarbeiter, Kollegen, Vorgesetzte, Kunde, Lieferant etc.) und fragen sich, inwiefern Sie in den letzten 3 Monaten seine Erwartungen enttäuscht haben. Dementsprechend weisen Sie ihm die korrespondierende Codierung zu (vgl. Abbildung 78, Ziffer 1). • Klassifizieren Sie das Interesse des Stakeholders am Thema, in dem Sie die Enttäuschung seiner Erwartung erzeugt haben, als hoch, mittel oder niedrig ein (vgl. Abbildung 78, Ziffer 2.). 306

Zu generellen Erwartungen von Stakeholdern an Führungskräfte vgl. auch Böck, 2019, S. 58–60. 307 Vgl. t2informatik, o. A.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

179

• Klassifizieren Sie abschließend, wie hoch der Einfluss des Stakeholders auf Ihre (zukünftigen) Entscheidungen ist (vgl. Abbildung 78, Ziffer 3). • Positionieren Sie den Stakeholder im resultierenden Feld in der ErwartungsEnttäuschungsmatrix (vgl. 9-Felder-Matrix in Abbildung 78). Im dargestellten Beispiel wurden drei Stakeholder (A – C) in der Matrix positioniert, mit dem folgenden Ergebnis: • Stakeholder A: Bei diesem Stakeholder ist nicht klar, ob seine Erwartungen in den letzten drei Monaten enttäuscht wurden. Es könnte aber sein. Diesem Stakeholder wurde ein hohes Interesse am Thema und ein mittlerer Einfluss auf unsere künftigen Entscheidungen zugeschrieben. • Stakeholder B: Dieser Stakeholder wurde in der Vergangenheit nicht enttäuscht. Daher müssen Sie ihn unter dem Aspekt enttäuschter Erwartungen auch nicht aktiv managen. Er hat jedoch ein hohes Interesse am Thema sowie einen großen Einfluss auf unsere künftigen Entscheidungen. Er spielt daher als Unterstützer unserer Interessen eine wichtige Rolle. • Stakeholder C: Erwartungen dieses Stakeholders wurden in den letzten 3 Monaten enttäuscht. Er hat jedoch nur ein geringes Interesse an unserem Thema sowie nur geringen Einfluss auf unsere zukünftigen Entscheidungen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen zu den Stakeholdern können Sie jetzt im allgemeinen wie folgt weiter vorgehen: • Der einem der drei schattierten Felder (vgl. Abbildung 78) zugewiesene Stake­ holder muss bei Enttäuschung seiner Erwartungen bestmöglich von Ihnen betreut werden. Hier sollten Sie konstruktiv einen engen Austausch suchen. Regelmäßige Treffen, Feedback einholen, gemeinsam konstruktive Lösungen diskutieren, eigene Beweggründe für Entscheidungen darstellen, Win-Win-Aspekte des eigenen Vorgehens herausstellen: Die möglichen Aktivitäten Ihres Erwartungsmanagements sind vielfältig. Denn hier müssen Sie aktiv und wachsam sein. Ansonsten könnte Ihnen diese Gruppe der Stakeholder bei zukünftigen Entscheidungen die Suppe versalzen. Stakeholder A (vgl. Abbildung 78) gehört dieser Gruppe an. • Einen enttäuschten Stakeholder mit mittlerem Interesse und Einfluss sollten Sie im Auge behalten. Denken Sie auch darüber nach, ob Sie ihn regelmäßig über den Fortschritt Ihrer Themen informieren und sich dabei persönlich mit Ihnen austauschen. Das sollten Sie im Einzelfall und auf der Basis Ihrer zeitlichen Verfügbarkeit entscheiden. • Bei enttäuschten Stakeholdern mit geringem Interesse und Einfluss sollten Sie im Sinne einer effizienten Fokussierung Ihrer Kapazitäten nur in begründeten Ausnahmefällen aktiv werden. Denn Sie müssen als Führungskraft auch hier priorisieren. Bei Stakeholder C (vgl. Abbildung 78) würden Sie unter diesem ­Aspekt typischerweise nicht aktiv werden.

180

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

3.2.4 Hebel 3: Kommunikationsmanagement 3.2.4.1 Das sollten Sie wissen Kommunikation hat Ihre spezifischen Muster Können Sie sich eigentlich erklären, warum der Bademeister im Wellnessbad nach erfolgreicher Durchführung des Aufgusses von den Saunierenden häufig mit Beifall bedacht wird, einer Form der non-verbalen-Kommunikation? Aber der Busfahrer, der Sie unbeschadet durch den Stadtverkehr chauffiert, keinen Applaus erhält, wenn er Sie sicher an der nächsten Haltestelle absetzt. Und warum erhält der Pilot einer Urlaubs-Charter-Maschine häufig Applaus von den Passagieren, wenn er sicher gelandet ist? Runter kommt man doch immer. Nun, Scherz beiseite – wir wollen das hier nicht weiter vertiefen. Es zeigt jedoch, dass Anlässe und Formen der Kommunikation mitunter auf den ersten Blick schwer erklärbar sind und man als Führungskraft gut beraten ist, sich einige Phänomene der Kommunikation explizit bewusst zu machen.308 Denn Kommunikation findet immer statt. Sie können nicht nicht-kommunizieren, denn selbst wenn Sie nichts sagen, kommunizieren Sie non-verbal. Nicht zuletzt deshalb ist Kommunikation auch immer komplex, facettenreich und daher anspruchsvoll, auch wenn Sie meistens spontan und intuitiv abläuft. Kommunikation wird häufig lediglich erlebt, nur benutzt, jedoch selten aktiv gestaltet. Sie ist daher trotz der Tatsache, dass sie immer stattfindet und um uns herum ist, meist nebulös hinsichtlich ihrer Muster, Motivationen und Regeln. Für viele Führungskräfte ist Kommunikation daher ein eher undurchsichtiges Feld, auf dem Sie aber täglich aktiv sind. Nicht ganz ungefährlich, finden Sie nicht auch? Fangen wir also an, etwas Licht und Struktur ins Dunkel zu bringen. Mitarbeiterführung ist ohne eine geeignete Kommunikation undenkbar Kommunikationsmanagement ist ein zentrales, wenn nicht sogar das zentrale Instrument Ihrer Mitarbeiterführung. Ohne Kommunikation ist Mitarbeiterführung undenkbar. Sie senden und empfangen Nachrichten, Sie informieren, loben und kritisieren, Sie kommunizieren immer. Die nonverbale Kommunikation z. B. über Gestik, Mimik und Körperhaltung309 prägt ebenfalls das Bild, wie Sie von Ihren Mitarbeitern wahrgenommen werden. Kurzum, Sie sollten sich auf dem Gebiet der Kommunikation keine großen Fehler erlauben, denn dafür ist dieses Thema ein zu zentraler Erfolgsfaktor Ihrer Mitarbeiterführung.

308

Vgl. dazu auch Slaghuis / Rose, 2020, S. 167 ff. Hier sehen Sie den Nutzen, die äußeren Eigenschaften nicht pauschal außer Acht zu lassen (vgl. Kapitel 3.1.2, insbesondere Abbildung 9: Maestro-Eigenschaftenmatrix). Die non-verbale Kommunikation wird sehr wesentlich von den äußeren Eigenschaften mitgeprägt und beeinflusst die Wahrnehmung der Mitarbeiter bei der Beobachtung von Führungseigenschaften wie z. B. Glaubwürdigkeit, Authentizität, Sympathie. 309

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

181

Zur Kommunikation gehören zwei – und eine Nachricht Zur jeder Kommunikation gehören immer zwei Seiten. Stellen wir uns vor, Sie sprechen mit einem Ihrer Mitarbeiter. Das Gespräch besteht also aus Ihnen, der eine Nachricht übermitteln möchte und aus Ihrem Mitarbeiter, an den diese Nachricht gerichtet ist. Um die Informationen zu übermitteln, nutzen Sie einen Code, die gemeinsame Sprache. Um Ihre Botschaft zu verstehen, muss dieser Code von Ihrem Mitarbeiter entschlüsselt werden. Hat er das getan, kann er eine Antwort, ein Feedback, eine Rückmeldung zurück an Sie geben (vgl. Abbildung 79). Ihr Ziel muss es immer sein, dass der Inhalt Ihrer Nachricht, die Sie dem Mitarbeiter mitteilen, von diesem richtig verstanden und interpretiert wird. Das klingt einfach, klappt aber allzu oft nicht so, wie man sich das wünscht. Denn es gibt viele Phänomene und Störungen, die dafür sorgen können, dass man sich nicht richtig versteht.310 Es geht also darum, kommunikative Hemmnisse zu minimieren bzw. diese zu kennen, um sie aktiv managen zu können.

Abbildung 79: Sender-/Empfänger-Modell311

Ein erster Ansatz, um Missverständnisse in der Kommunikation zu reduzieren, ist das Formulieren des Verständnisses der Sender-Information mit eigenen Worten. In solchen Fällen geben Sie als Empfänger einer Nachricht dem Sender das Feedback: „… in meinen Worten bedeutet das, was Sie gesagt haben, dass … – habe ich das richtig verstanden?“ Alle Mitarbeiter haben verschiedene kommunikative Bedürfnisse Auch sollten Sie die kommunikativen Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter kennen, denn Kommunikation ist auch im Führungsalltag weit mehr als der Austausch von fachlichen Informationen – auch wenn das viele Führungskräfte immer noch glauben. 310 311

Vgl. Mai, 2021a. Vgl. Mai, 2021a.

182

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 80: Kommunikative Bedürfnisse von Gesprächspartnern312

Sie erkennen anhand der vier kommunikativen Bedürfnisse von Gesprächspartnern (vgl. Abbildung 80), dass die häufig auf reinen Informationsaustausch ausgelegten Kontakte wesentliche Kommunikationsbedürfnisse Ihrer Mitarbeiter außer Acht lassen. Die Befriedigung dieser Kommunikationsbedürfnisse wird jedoch von Ihren Mitarbeitern im Alltag angestrebt. Denn alle vier kommunikativen Bedürfnisse stellen alltägliche Phänomene der zwischenmenschlichen Interaktion dar. So versucht jeder Mitarbeiter aufgrund seiner kontaktiven Intention bei der Kommunikation auch die Beziehung zu Ihnen zu gestalten. Gestehen Sie auch jedem Ihrer Mitarbeiter einen angemessenen Freiraum zur Selbstdarstellung zu, die er Ihnen gegenüber kommunikativ auslebt. Und seien Sie sich darüber im Klaren, dass jeder Ihrer Mitarbeiter auch verdeckte Appelle an Sie sendet – bewusste und unbewusste. Aus der Übersicht der kommunikativen Bedürfnisse von Gesprächspartnern können Sie auch ableiten, dass Störungen auf der Beziehungsebene schnell zu Fehlinterpretationen auf der Sachebene führen. Oder einfacher ausgedrückt: Wenn Sie die Beziehungsebene zu Ihren Mitarbeitern außer Acht lassen, steigt die Gefahr der fachlichen Fehlinterpretationen auf der Sachebene. Erkennen Führungskräfte diese fachlichen Fehlinterpretationen, hilft es ausdrücklich nicht, wie häufig zu beobachten, sich in solchen Fällen umso mehr ausschließlich auf die Sachebene der Kommunikation zu konzentrieren. Wer das als Führungskraft nicht erkennt, wird auf Dauer mit seinem Team keinen Erfolg haben. Kommunikation läuft in verschiedenen Dimensionen der Wahrnehmung ab Jenseits der kommunikativen Bedürfnisse wird die verbale und non-verbale Kommunikation mit Ihren Mitarbeitern auch von der Wahrnehmung der Informationen, die Sie austauschen, geprägt. Jede Nachricht trifft bei Ihrem Mitarbeiter auf mehrere Dimensionen der Wahrnehmung, Ihre Nachricht wird nicht eindimensional beim Empfänger aufgenommen. Das Phänomen der vier Dimensionen der Wahrnehmung illustriert das sog. Johari-Fenster (vgl. Abbildung 81).

312

Vgl. Kohlmann-Scheerer, 2015, S. 64 (nach Rupert Lay).

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

183

Abbildung 81: Johari-Fenster313

Jenseits der gemeinsamen Realität – dies ist die Dimension, die uns sofort intuitiv einleuchtet und von vielen Führungskräften für die einzige Dimension der Wahrnehmung gehalten wird – gibt es jedoch drei weitere Dimensionen: • Blinder Fleck: Der blinde Fleck bezeichnet den Bereich des gemeinsamen Erlebens, der nur von einem Beteiligten wahrgenommen wird. • Bereich des Verbergens: Dies kennzeichnet den Bereich des gemeinsamen Erlebens, bei dem mindestens von einem Beteiligten bewusst Informationen zurückgehalten werden. • Unterbewusstsein: In dieser Dimension spielen unterbewusste Steuerungsmechanismen der Kommunikation eine Rolle. Alle Dimensionen der Wahrnehmung sorgen dafür  – ob Sie es wollen oder nicht –, dass Ihre Nachricht ggf. anders verstanden wird, als Sie sie verstehen. In diesen (häufigen) Fällen verstehen sich beide Kommunikationspartner nicht richtig, obwohl sie die gleiche Sprache sprechen. Für unseren Führungsalltag und aktiven Umgang mit Kommunikation wollen wir uns daher nachfolgend auf die Dimensionen ‚Blinder Fleck‘ und den ‚Bereich des Verbergens‘ konzentrieren (vgl. Abbildung 81). Hier können Sie im Alltag konkret ansetzen, um Ihre Kommunikation zu verbessern. 313

Zum Johari-Fenster vgl. Warkentin, 2020.

184

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Unter dem blinden Fleck versteht man den Bereich des Erlebens, den z. B. Sie in einem Mitarbeitergespräch erleben, Ihr Mitarbeiter aber nicht. Oder Ihr Mitarbeiter nimmt bei Ihnen etwas wahr, was Sie jedoch als Führungskraft nicht wahrnehmen. Während Sie beim blinden Fleck unbewusst etwas nicht sehen, was andere sehen, so werden bei der Wahrnehmungsdimension des Verbergens bewusst Informationen bei der Kommunikation vorenthalten, die eigentlich zur Botschaft dazugehören. Sie macht daher die gesendete Botschaft bewusst unschärfer, ungenauer und mehrdeutiger, als eigentlich nötig. In Interviews mit Spitzenpolitikern ist dieses Phänomen immer wieder erkennbar. Aber warum sind diese Erkenntnisse wichtig für Ihr Führungshandeln? Da Sie als Führungskraft auf eine gute Kommunikation mit Ihrem Team angewiesen sind, müssen Sie die blinden Flecken sowie der verborgenen Informationen minimieren. Die blinden Flecken können Sie durch aktives Fragen, Feedback geben, offene Diskussionen etc. reduzieren. Und je häufiger Sie aktiv Feedback einholen und bei der Übermittlung Ihrer Botschaften berücksichtigen, umso weniger blinde Flecken werden letztendlich Ihre Kommunikation aufweisen. Anders verhält es sich mit der Dimension des Verbergens. Hier werden Sie ohne ein Mindestmaß an gegenseitigem Vertrauen kommunikativ nicht weiterkommen. Denn es gilt: Je größer das gegenseitige Vertrauen zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern ist, umso weniger verborgene Informationen wird die Kommunikation enthalten. Die einfache Regel lautet hier: Ohne Vertrauen keine Offenheit – ohne Offenheit viele verborgene Informationen. Wir können daher festhalten: Die Kommunikation mit Ihren Mitarbeitern wird jenseits des fachlichen Austausches von Nachrichten durch das Geben und Nehmen von Feedback sowie den Aufbau von Vertrauen deutlich verbessert. Oder um es mit den Worten des Johari-Fensters zu sagen (vgl. Abbildung 81): Ihre gemeinsame Realität wird größer, indem Sie die blinden Flecken und die verborgenen Informationen reduzieren.314 Vor dem Hintergrund der Vergrößerung der gemeinsamen Realität erscheint die Durchführung eines klassischen Mitarbeitergespräches in ganz anderem Lichte. Ein gut vorbereitetes, in angenehmer Atmosphäre stattfindendes, ohne Zeitdruck und Störungen durchgeführtes Mitarbeitergespräch ist weit mehr als ein allgemeiner Gedankenaustausch, dem häufig von Führungskräften wenig Bedeutung beigemessen wird, weil man ja sowieso im Tagesgeschäft viel miteinander zu tun hat.315 Prägen Sie eine andere Kommunikationskultur und geben Sie Ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, zu erleben, dass sie in einem Umfeld arbeiten, in dem Feedback und Vertrauen keine leeren Floskeln sind, sondern gelebte Werte, die Ihnen wichtig sind. Eine solche Kultur wird sich im Zeitverlauf sehr positiv auf Ihre Führungsbeziehungen und das gegenseitige Kommunikationsverhalten auswirken. 314

Vgl. von Kopp, 2014, S. 43 ff. Zu den sinnvollen Rahmenbedingungen eines Mitarbeitergespräches vgl. Haller, 2009, S. 107. 315

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

185

Ihre Informationen, die Sie mit dem Mitarbeiter austauschen, treffen auf seinen inneren Bezugsrahmen Die Erkenntnisse der Transaktionsanalyse316 vermitteln uns, dass alle kommunikativen Inhalte, die wir mit dem Empfänger austauschen, auf seinen inneren Bezugsrahmen treffen. Dieser wirkt bei der Wahrnehmung der Informationen wie eine Brille, durch die er schaut und die Welt wahrnimmt (vgl. Abbildung 82).

Abbildung 82: Innerer Bezugsrahmen der Mitarbeiter317

Ein Glas der Brille symbolisiert dabei die Sichtweisen, die auf unseren bisherigen Erfahrungen beruhen. Das andere Glas steht für die Werte des Empfängers und alles, was ihm wichtig ist. Der innere Bezugsrahmen stellt daher eine Art inneren Kontext dar, auf den Ihre Informationen beim Mitarbeiter treffen. Der Bezugsrahmen von Kommunikationspartnern kann bestenfalls ähnlich sein, ist aber nie gleich. Sie als Führungskraft, die regelmäßig mit dem Mitarbeiter kommuniziert, können daraus schlussfolgern, dass wichtige Dinge immer mehrfach, möglichst leicht verständlich, in der Sprache des Gegenüber und idealerweise mit Beispielen versehen, kommuniziert werden sollten. Sie können die Kommunikation mit Hilfe sogenannter quittierender Fragen an den Gesprächspartner verbessern, d. h. Fragen, bei denen Sie als Antwort z. B. ein ‚Ja‘ erwarten und sich dieses ‚Ja‘ noch einmal durch Ihre Nachfrage bestätigen lassen – wie z. B. „Konnten Sie nachvollziehen, was ich meine?“ Ferner erkennen Sie, dass Ihr Führungshandeln im Zeitverlauf auf beide Gläser der Brille wirkt (vgl. Abbildung 82). Der Mitarbeiter sammelt täglich individuelle Erfahrungen mit Ihnen als Führungskraft, was sowohl seine Sichtweisen als auch seine Werte und Präferenzen prägt. Dies wiederum beeinflusst die Wahrnehmung Ihrer Mitarbeiter und erleichtert oder erschwert die Kommunikation.318 Lassen Sie sich daher auch immer wieder von Ihren Mitarbeitern Feedback geben, ob Dinge verstanden wurden oder noch Unklarheiten bestehen.

316

Zur allgemeinen Einführung in die Transaktionsanalyse vgl. Stewart / Vann, 2015. Vgl. Dehner / Dehner, 2004, S. 70. 318 Zu den wesentlichen Erkenntnissen der Transaktionsanalyse vgl. Dehner / Dehner, 2004, S. 51–63 und Andresen, 2019, S. 319 ff. 317

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Beim Feedback-Geben und -Nehmen sollten Sie Regeln einhalten Beim so wichtigen Geben und Nehmen von Feedback sollten Sie Regeln einhalten, um die beschriebenen Vorteile eines Feedbacks nicht zu konterkarieren. Die goldene Regel beim Feedbackgeben ist: Sie können (fast) alles sagen, es kommt jedoch darauf an, wie Sie es machen. Feedbacks sollten möglichst konkret, wertfrei, subjektiv, zeitnah und zielführend sein (vgl. Abbildung 83). Wenn Sie diese fünf Feedbackregeln einhalten, kann fast nichts schiefgehen. Probieren Sie es im nächsten Feedbackgespräch aus!

Abbildung 83: Feedbackregeln319

Kommunikation braucht Antizipation Wir haben bereits mehrfach gesehen, dass auch Schweigen eine Form der Kommunikation ist. Sätze wie „darüber haben wir nie gesprochen“ hört man nicht selten von Führungskräften und Mitarbeitern. Führung bedeutet daher auch, ungefragt und aktiv zu kommunizieren, den Bedarf an Kommunikation zu antizipieren. Zum Beispiel aufgrund des Verständnisses einer Gesamtsituation und seiner vermutlichen Wirkung, wie z. B. einem Gefühl der Unsicherheit, das sich in Zeiten volatiler Anforderungen beim Team zunehmend einstellen kann. Gute Führungskräfte erkennen, was Sie Ihrem Team wann mitteilen müssen. Gute Führungskräfte wissen auch, wie Sie es dem Team mitteilen. Nicht jede Information ist geeignet, um sie im Plenum zu übermitteln. Denken Sie an das individuelle, vertrauensvolle Feedbackgespräch, das gerade von der persönlichen Begegnung unter 4 Augen lebt. Dennoch eignen sich die meisten Inhalte, um sie in der Gemeinschaft mit dem Team zu kommunizieren und zu teilen. Hier ist es Ihre Aufgabe als Führungskraft, auf der Grundlage Ihrer spezifischen Führungssituation (vgl. Kapitel 3.1) Ihr Kommunikationsverhalten konkret und bewusst auszurichten.

319

Vgl. von Kopp, 2014, S. 46 f.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

187

Kommunikation braucht Klarheit und ein Ziel Hinterfragen und schärfen Sie Ihre Kommunikation immer auch hinsichtlich des Ziels, das Sie mit ihr erreichen wollen. Das können Sie sich am Beispiel des sogenannten Elevator Pitches klarmachen (vgl. Abbildung 84).

Abbildung 84: Elevator Pitch320

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie steigen in einen Aufzug und treffen dort ein Mitglied der Geschäftsleitung, das Sie schon seit längerem sprechen wollten. Ein Treffen ist bisher nicht zustande gekommen, da die Assistentin den von Ihnen gewünschten 30-Minuten-Termin bisher nicht terminiert hat (wozu Sie ggf. aus Ihrer Sicht gute Gründe hatte). Jetzt haben Sie die Gelegenheit, während der gemeinsamen Fahrt im Aufzug spontan für Ihr Anliegen zu werben. Sie haben für die Dauer der gemeinsamen Aufzugfahrt – maximal 1 Minute – Zeit, Ihre Botschaften zu vermitteln. Unmissverständlich, überzeugend, klar strukturiert. Denn länger wird Ihnen Ihr Gesprächspartner nicht zuhören, er verlässt den Aufzug dann wieder. Das heißt für Sie nun konkret: Sie müssen Ihre Kommunikation sehr kurz, aber dennoch aussagefähig halten. Sie müssen prägnant, klar, verständlich kommunizieren und Ihrem Gegenüber vor allem mitteilen, warum Ihr Anliegen wichtig ist. Sie müssen sein Interesse gewinnen, sich nach der gemeinsamen Fahrt im Aufzug weiter mit Ihnen unterhalten zu wollen. Aber wie machen Sie das? Wie bauen Sie Ihre Kommunikation in diesem Fall idealerweise auf? Entlang der 4 Phasen des sogenannten AIDA-Vorgehens strukturieren Sie Ihre Botschaften (vgl. Abbildung 84): • Attention: Sie gewinnen die Aufmerksamkeit Ihres Gesprächspartners. • Interest: Sie erzeugen Interesse bei Ihrem Gesprächspartner. • Desire: Sie erzeugen beim Gesprächspartner einen konkreten Bedarf, einen Wunsch, ein Verlangen nach etwas. • Action: Sie vereinbaren mit Ihrem Gesprächspartner eine konkrete (nächste) Handlung. 320

Vgl. Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 289 f.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

So können Sie jede Kommunikation aufbauen und auf diesem Wege auch für sich selbst testen, ob Sie wirklich bei Ihrem Gegenüber ein Thema treffen. Andernfalls wird die Aufmerksamkeit Ihrer Gesprächspartner schnell abnehmen. Nicht nur im Aufzug. Und berücksichtigen Sie: In unserem Aufzug haben Sie insgesamt maximal 60 Sekunden Zeit – das sind für jeden der vier genannten AIDA-Schritte lediglich 15 Sekunden! Wie könnte eine solche Kommunikation jetzt konkret aussehen? Ihr Elevator Pitch mit dem Geschäftsführer verläuft in unserem Beispiel wie folgt: • Attention: „Ich würde Sie gerne dringend einmal ausführlicher sprechen, denn ich habe einen Vorschlag erarbeitet, wie wir zukünftig unsere externen Beratungskosten bei gleichen Leistungen unternehmensweit um 30 % senken können“. • Interest: „Das würde uns budgetäre Spielräume für die bisher nicht realisierten Festeinstellungen von Spezialisten für unsere digitale Transformation eröffnen“. • Desire: „Das Konzept sollten Sie gesehen haben, bevor wir in der nächsten Woche die neuen Jahres-Rahmenverträge mit unseren Beratungsfirmen unterschreiben. Ich würde Ihnen das gerne persönlich vorstellen“. • Action: „Haben Sie in dieser Woche 30 Minuten Zeit für das Thema“? Probieren Sie es doch einmal selbst aus: Ein Kommunikationsprofi ist in der Lage, zu jedem noch so komplexen Thema in 60 Sekunden seine Botschaft nach der Logik des AIDA-Modells zu formulieren. Aber verzweifeln Sie nicht zu schnell: Es ist schwerer als Sie glauben, sich verständlich kurz zu fassen. Dennoch sollten Sie die Logik der Kommunikation des Elevator Pitches verinnerlichen, um sich über die Ausrichtung Ihrer Kommunikation im Klaren zu sein. Auch für Situationen, in denen Sie nicht mit dem Aufzug fahren.

3.2.4.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Das Kommunikationsverhalten aller Beteiligten wird zunehmend erfolgskritisch Wenn Sie im Rahmen der digitalen Transformation Ihren Mitarbeitern mehr Freiheiten in der Arbeit und den korrespondierenden Entscheidungen einräumen, sind Sie darauf angewiesen, dass Sie im Team Mitarbeiter haben, die auch unter Unsicherheit entscheiden wollen, die nicht vorschnell entscheiden, aber Entscheidungen auch nicht unnötig verschleppen oder sogar vermeiden. Während Sie sich bei der Ermittlung der Mitarbeitereigenschaften (Kapitel 3.1.2) einen ersten Eindruck über die Umsetzungskompetenz des jeweiligen Mitarbeiters verschaffen und entlang der Output- und Performancebetrachtung (Kapitel 3.1.6) auch eine Leistungsbeurteilung anstellen können, erhalten Sie anhand des Kommunikationsverhaltens Ihrer Mitarbeiter weitere wichtige Informationen zur Umsetzungskompetenz. Ent-

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

189

lang der sog. ‚Circle of Influence / Circle of Concern‘-Logik321 (vgl. Abbildung 85) können Sie schnell die Mitarbeiter erkennen, die durch Ihr Kommunikationsverhalten als aktive Gestalter oder eher als Opfer der Gegebenheiten auffallen.

Abbildung 85: Circle of Influence & Circle of Concern322

Im Kern sagt der Ansatz aus, dass jeder Mitarbeiter eine Mischung aus Bedenken und Gestaltungswillen in sich trägt und diese Mischung in seinem Kommunikationsverhalten zeigt. Mitarbeiter, die sich stets auf ihre Bedenken fokussieren und sich mehr als Opfer denn als Gestalter aktueller Bedingungen sehen, haben einen großen Circle of Concern. Das heißt im Umkehrschluss, Sie haben einen kleinen Circle of Influence, der sich in Form einer ausgeprägten Opfer-Sprache ausdrückt. Bei immer wiederkehrenden Aussagen von Mitarbeitern wie: • „da kann man halt nichts machen!“ • „so bin ich halt!“, • „eigentlich müsste man“ oder • „wenn doch die anderen nur machen würden“ deuten darauf hin, dass man eine Situation eher als Bedrohung und nicht als aktiv gestaltbar erlebt. Diejenigen Mitarbeiter, die jedoch Ihren Blick auch in Zeiten großer Veränderungen auf die Gestaltung der Bedingungen richten und Ihre eigenen Aktivitäten als Beitrag zur Bewältigung anstehender Herausforderungen verstehen, fallen in der Kommunikation durch eine sog. Gestalter-Sprache auf. Sie zeichnen sich durch einen großen Circle of Influence und einen kleinen Circle of Concerns aus. Dies erkennen Sie anhand von Aussagen auf wie • „Ich kann mich auch anders verhalten“, • „Was ist zu tun?“, • „Wie können wir das lösen?“ und • „Was kann ich zur Lösung beitragen?“ 321 322

Vgl. Covey, 1999. Vgl. Haberleitner / Deistler / Ungvari, 2015, S. 52 ff.

190

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Achten Sie einmal darauf – es ist interessant, wie schnell man diese Sprachmuster bei Mitarbeitern und Führungskräften erkennt. Dennoch: Bedenken gehören zu einer ausgewogenen Betrachtung von Herausforderungen immer dazu. Es geht ausdrücklich nicht darum, ein begründetes Äußern von Bedenken zu brandmarken. Vielmehr sollten Sie auf stereotype Kommunikationsmuster achten. Denn in Zeiten der digitalen Transformation des Arbeitslebens sind Sie mehr denn je darauf angewiesen, dass Ihre Teams ein gesundes Maß an aktivem Gestaltungswillen aufweisen. Oder anders formuliert: Das Vorhandensein eines qualifizierten Bedenkenträgers bereichert jedes Team – mehrere dieser Bedenkenträger bremsen erfahrungsgemäß die Umsetzungsgeschwindigkeit des Teams unverhältnismäßig stark ab. Wie so oft, die Mischung macht’s. Die richtige Mischung zu finden ist Ihr Job als Führungskraft. Mit der Circle of Concern-/Circle of Influence Betrachtung wird Ihre Sensibilität wachsen, aus dem Kommunikationsverhalten Ihrer Mitarbeiter Anhaltspunkte auf deren Umsetzungs- und Gestaltungswillen zu erhalten. Effektive Kommunikation in Gruppen setzt zunehmend die Identifizierung und Kanalisierung von Kommunikationsverhalten durch den Vorgesetzten voraus Um einer zunehmenden Bedeutung interdisziplinärer Teamarbeit angemessen Rechnung zu tragen, sollten Sie Ihre Aufmerksamkeit auch auf die professionelle Durchführung von Teammeetings und Gruppendiskussionen richten. Denn in diesen Zusammenkünften erleben Sie immer wieder stereotype Verhaltens- und Kommunikationsmuster der Teilnehmer. Wenn Sie diese erkennen, können Sie damit effektiv umgehen, sich sogar aktiv darauf vorbereiten. Je größer die Anzahl der Teilnehmer in Gruppendiskussionen ist, umso mehr der neun dargestellten Stereo­ typen in Gruppendiskussionen werden bedient (vgl. Abbildung 86). Diese Verhaltens- und Kommunikationsmuster können je nach Häufigkeit und Intensität des Vorkommens in Ihrem Team für eine lebhaft-konstruktive oder eine lähmend-destruktive Atmosphäre sorgen. Auf jeden Fall sollten Sie sich über die möglichen Stereotypen in Meetings klar werden, um vorher festzulegen, ob und wie Sie durch das Aufstellen von Spielregeln und die aktive Steuerung des Diskussionsprozesses möglichen Entwicklungen im Meeting begegnen wollen. An den in Meetings zu erwartenden, stereotypen Verhaltensweisen erkennen Sie auch das aktive Ausleben der nicht sachbezogenen kommunikativen Bedürfnisse der Gesprächspartner, die Sie bereits in Kapitel 3.2.4.1 kennengelernt haben. Wer hat sie noch nicht erlebt? Meetings, in denen leidenschaftlich diskutiert und kommuniziert wird, man jedoch den eigentlichen Grund und das Ziel des Zusammenkommens sukzessive aus dem Blick verliert. Stellen Sie in diesen Fällen bestimmte Fragen, die die Kommunikation des Teams wieder auf den eigentlichen Zweck des Zusammenkommens ausrichten:323

323

Vgl. dazu auch Oestereich / Schröder, 2020, S. 226.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

191

Abbildung 86: Stereotypen in Gruppendiskussionen324

• Bringt uns die aktuelle Diskussion in unserem Thema konkret weiter? • Fassen wir einmal kurz zusammen, wo wir aktuell in unserer Diskussion mit Blick auf unser Ziel stehen! • Was ist hier der konkrete Nutzen für die Organisation? • Wofür wollen wir unsere knappen Ressourcen im Rest dieses Meetings jetzt konkret einsetzen? Versuchen Sie es doch mal: Mit Hilfe solcher Fragen werden Sie in unproduktiven kommunikativen Situationen Ihr Team immer wieder auf das eigentliche Ziel des Meetings zurückführen. Im Zeitverlauf wird sich ein solches Intervenieren auch beim Team als Verhaltensmuster einstellen, so dass bei Gefahr, in den Diskussionen den Zielbezug zu verlieren, auch das Team zunehmend selbst die Diskussion diszipliniert. Sie triggern und stärken daher mit Ihrem Verhalten in Gruppendiskussionen sukzessive auch das Regulativ der Gruppe. Man erkennt, dass die effiziente Durchführung von Teambesprechungen in Zeiten der digitalen Transformation immer wichtiger wird. Interdisziplinäre Abstimmungen nehmen zu, da auch die Komplexität der Themen zunimmt und sich die Einflussfaktoren auf die Arbeit immer schneller ändern. Immer mehr Anfragen werden an Teams, anstatt an Einzelpersonen, gestellt. Der Abstimmungsbedarf mit all seinen Anforderungen an eine effektive und effiziente Kommunikation der

324

Vgl. Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 142 f.

192

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Mitarbeiter nimmt immer mehr zu. Einhergehend mit den bereits dargestellten, kontraproduktiven stereotypen Verhaltensweisen von Mitarbeitern in Meetings empfiehlt es sich, gemeinsam mit dem Team Spielregeln für die gemeinsamen Teammeetings zu vereinbaren. Dazu können Sie die Regeln für Teambesprechungen zur Diskussion vorstellen (vgl. Abbildung 87).

Abbildung 87: Regeln für Teambesprechungen325

Die Zahl der Kommunikationskanäle und Kommunikationsanlässe erfordert eine hohe Kommunikationsdisziplin Ein weiteres Charakteristikum der digitalen Transformation ist die stetig steigende Zahl der für Mitarbeiter und Führungskräfte grundsätzlich verfügbaren Kommunikationskanäle. Mehr denn je müssen Führungskräfte einen ausgewogenen Mix aus Kommunikationskanälen nutzen und in diesen Kanälen auch konsistent kommunizieren. Persönliche Kommunikation in Präsenzmeetings mit dem Team, Kommunikation via E-Mail oder im Intranet, Vorträge auf Town-Hall-Meetings. Die Liste ist beliebig fortsetzbar. Nicht selten wundern sich Mitarbeiter, wie schnell Führungskräfte Ihre Kommunikationsinhalte und Ihr Kommunikationsverhalten je nach (vermutetem) Adressatenkreis ändern. Erkennen die Mitarbeiter diesbezüglich Inkonsistenzen zwischen den Botschaften der Führungskraft, so geht häufig Vertrauen verloren. Authentizität ist hier das Schlagwort: Sind Sie nicht 325

Vgl. Haller, 2009, S. 224 f.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

193

authentisch in Ihrem Kommunikationsverhalten, d. h. authentisch in dem, was Sie sagen, wie Sie es sagen, wem und wo Sie es sagen, so werden Ihre Mitarbeiter bei der Decodierung Ihrer Botschaften zunehmend Phantasie entwickeln, wie Sie etwas gemeint haben könnten. Das ist der Beginn von Kommunikationsproblemen, die immer mehr zunehmen, je häufiger die Führungskraft kommuniziert. Ihr Kommunikationsverhalten wird im Tagesgeschäft auch aufgrund eines kontinuierlichen Zeitdrucks, der das Handeln in vielen Unternehmen inzwischen täglich kennzeichnet, auf die Probe gestellt. Und wer hat das Bild nicht vor Augen: In einer Besprechung referiert ein Kollege, während die Hälfte der anwesenden Zuhörer am Laptop E-Mails bearbeitet oder in die Smartphones schaut. Dieser scheinbare Ausweg der Beteiligten, Zeit zu gewinnen, ist jedoch kommunikativ höchst kritisch. Denn Sie kommunizieren damit dem Mitarbeiter non-verbal, aber gut sichtbar: „Ich habe gerade wichtigeres zu tun, als mich mit Ihnen und Ihrem Anliegen, Ihrem Projekt-Status, Ihren Arbeits-Ergebnissen etc. zu beschäftigen“. Ich habe mich in den letzten 20 Jahren regelmäßig als Teilnehmer an Geschäftsleitungssitzungen gefragt, warum der Aufmerksamkeitsgrad – trotz brisanter Themen – häufig derart niedrig ist. Der Grund ist vermutlich der zunehmende Zeitdruck, der das (in diesem Fall nicht vorhandene) Zeitmanagement und das damit einhergehende Kommunikationsverhalten aller stark prägt. Aber bedenken Sie: Sie wirken immer, und Sie kommunizieren immer, im dargestellten Beispiel non-verbal. Und was meinen Sie: Wie ist es um Ihre Glaubwürdigkeit bestellt, wenn Sie dem Mitarbeiter, dem Sie gestern noch in einem Meeting non-verbal signalisiert haben, dass Sie sich nicht für ihn und sein Thema interessieren, heute etwas von kollegialer Wertschätzung, Teamspirit und Wir-Gefühl erzählen, weil diese Einstellungen in der digitalen Transformation so wichtig sind? Das skizzierte, non-verbale Kommunikationsverhalten im Beispiel ist daher insbesondere aus Sicht einer glaubwürdigen Mitarbeiterführung ein höchst fragwürdiges Verhalten, finden Sie nicht auch? Bitte denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal in einem Meeting Ihren Laptop aufklappen oder den Raum verlassen, um vor der Tür zu telefonieren. Das Geben und Nehmen von Feedback wird zur zentralen Kommunikationsherausforderung Last but not least ist das regelmäßige Feedbackgeben und -nehmen eine der zentralen Kommunikationsherausforderungen in der digitalen Transformation. Wir sprachen bereits in Kapitel 3.2.4.1 darüber, Feedback richtig zu geben. Neben der Anwendung der richtigen Technik des Feedbackgebens muss aber auch die Häufigkeit des Gebens und Nehmens von Feedback immer mehr zunehmen und zur Selbstverständlichkeit in der täglichen Zusammenarbeit werden. Wurden aussagefähige Feedbacks früher bestenfalls in jährlichen Zielerreichungsgesprächen ausgetauscht, so sollten sie heute zur täglichen Selbstverständlichkeit werden. Als Quelle des Lernens, des besseren Verstehens, des Zeigens von echtem Interesse am anderen, zur Vermeidung von Kommunikationsmissverständnissen. Daher sollten

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Sie als Führungskraft vorangehen und sich regelmäßig Feedback vom Team holen. Im Kapitel 3.2.4.4 erhalten Sie einige Anregungen für das standardisierte Einholen von Feedbacks bei Ihrem Team. 3.2.4.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren • Kommunizieren Sie auf Augenhöhe mit Ihren Mitarbeitern und Kollegen und reduzieren Sie damit etwaige Ängste, Feedback zu geben, kreative Vorschläge zu machen, etc. • Leben Sie Ihren Mitarbeitern Offenheit in der Kommunikation vor und unterstützen Sie damit im Reflex ein höheres Maß an Veränderungsbereitschaft.326 • Legen Sie regelmäßig Ihren Standpunkt offen und verwenden Sie dabei eine möglichst einfache Sprache, die von jedermann nachzuvollziehen ist.327 • Zeigen Sie in Ihrer verbalen und non-verbalen Kommunikation, dass Sie Freude am Umgang mit Menschen haben und die Kontakte zu Ihrem Team schätzen. • Leben Sie vor, dass der gegenseitige kommunikative Austausch miteinander Spaß macht, ausdrücklich gewünscht und nicht zuletzt ein wichtiger Erfolgspara­ meter gemeinsamer Zusammenarbeit ist. • Vermeiden Sie grundsätzlich pauschalisierende Aussagen und verwenden Sie bei Ihrer offenen Kommunikation stets Ich-Botschaften. • Stärken Sie das Zuhören: Ihre neue, starke Kommunikationsfacette ist das aktive Zuhören und nicht mehr ausschließlich das Mitteilen von Informationen, Anweisungen etc. • Etablieren Sie sukzessive eine Kommunikationskultur des Fragens nach dem „Wozu“ anstatt nach dem „Warum“. Eine Kultur des Fragens nach dem „Wozu“ richtet den Blick in die Zukunft und fokussiert auf zukünftigen Nutzen. Die weit verbreitete Kommunikationskultur des Fragens nach dem „Warum“ konzentriert sich dagegen zu stark auf die Vergangenheit und auf die Begründung des Gewesenen.328 • Führen und kommunizieren Sie nach dem Prinzip ‚leading out loud‘. D. h. machen Sie Ihre Arbeit durch kontinuierliche online- und offline-Kommunikation sichtbar und geben Sie dadurch Ihren Mitarbeiter ein positives Vorbild, ein sog. ‚role-model‘ des digitalen Führungs- und Kommunikationsverhaltens.329

326

Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 111 ff. Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 240. 328 Vgl. dazu auch Oestereich / Schröder, 2020, S. 230. 329 Vgl. dazu auch Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 178 ff. 327

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

195

• Fordern Sie regelmäßig von Ihren Mitarbeitern Feedback ein.330 • Geben Sie Ihren Mitarbeitern konsequent zeitnahes Feedback.331 • Sollten Sie Mitarbeitern z. B. leistungsbedingt ein kritisches Feedback geben müssen, so tun Sie dies wertschätzend entlang der nachfolgenden Regeln:332 – Seien Sie fair: Behandeln Sie alle Mitarbeiter gleich. – Agieren Sie schnell: Minimieren Sie stets die Zeit zwischen dem Erkennen des Feedbackgrundes und dem Geben des Feedbacks. – Bleiben Sie gelassen: Urteilen Sie mit einer professionellen emotionalen Distanz – auch wenn es manchmal schwer fällt – und nehmen Sie sich trotz der Vorteilhaftigkeit einer möglichst zeitnahen Durchführung des Feedbacks auch die erforderliche Zeit für eine angemessene Beurteilung des Sachverhalts. – Seien Sie authentisch: Verhalten Sie sich in Feedbackgesprächen nicht anders als sonst und zeigen Sie, dass Sie von der Richtigkeit Ihres Vorgehens überzeugt sind. – Seien Sie berechenbar: Verlassen Sie nicht Ihre klare Linie, gehen Sie keine faulen Kompromisse ein und bleiben Sie konsequent bei Ihrem Führungsleitbild (vgl. Abbildung 75). – Seien Sie transparent: Präsentieren und ggf. dokumentieren Sie die Fakten objektiv und nachvollziehbar. • Kommunizieren Sie mit Ihren Mitarbeitern regelmäßig entlang der nachfolgenden Fragen und diskutieren Sie die Voraussetzungen und kritischen Erfolgsfaktoren, die erfüllt sein müssen, damit Sie und das Team in der digitalen Transformation bestmöglich zusammenarbeiten können, z. B.: – „Wie haben sich die Unternehmensumwelt und die Rahmenbedingungen verändert und was bedeutet das konkret für uns? – Wie können wir die Zusammenarbeit mit dem Kunden aktiver gestalten? – Wie können wir noch besser in konkreten kleinen Schritten vorgehen und so Schritt für Schritt unsere Fortschritte und Erfolge erkennen und feiern? – Welche Entscheidungskompetenzen hat das Team und welche fehlen? – Wie gut und mutig experimentieren wir heute schon mit Lösungsansätzen? – Was hindert uns an der konzentrierten Arbeit?

330

Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 240. Vgl. Hackl, 2015, S. 30–32; Hofert, 2018, S. 161 f. und Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 240. 332 Goldfuss, 2000, S. 108 f. 331

196

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

– Wie wirtschaftlich denken wir und was braucht es, um wirtschaftliche Themen besser zu verstehen? – Sind wir als Team in der Lage, eine etwaige Verschwendung von Zeit, Material und sonstigen Ressourcen zu erkennen? – Werden die Güte der Zusammenarbeit sowie der Arbeitsfortschritt regelmäßig vom Team reflektiert? – Sind wir als Team in der Lage, uns weitgehend selbst zu organisieren? – Arbeiten wir innerhalb und außerhalb des Unternehmens erfolgreich in Netzwerken zusammen oder müssen wir uns hier verbessern? – Ist Meinungsvielfalt im Team ausdrücklich erwünscht und gehen wir mit unterschiedlichen Meinungen wertschätzend um? – Erleben wir in der täglichen Arbeit Sinn? – Können wir die uns übertragene Verantwortung und Freiräume gut wahrnehmen und ausfüllen oder sollten wir hier Anpassungen vornehmen? – Verstehen wir die Vielfalt unseres Teams hinsichtlich Eigenschaften, Geschlecht, kultureller Herkunft, individueller Stärken und Schwächen als Bereicherung und Stärkung der Gemeinschaft oder erkennen wir Themen, die geklärt werden müssen“333? • „Aktivieren Sie die kollektive Intelligenz und Kreativität Ihrer Mitarbeiter, indem Sie als Netzwerker und Kommunikationsdesigner agieren und immer wieder Möglichkeiten der Vernetzung schaffen – im Unternehmen und darüber hinaus“334. 3.2.4.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Wir unterscheiden nachfolgend zwei Gruppen von Werkzeugen, die Sie zur Verbesserung Ihres Kommunikationsmanagements unterstützend einsetzen können: Einerseits erhalten Sie eine Übersicht über Kommunikationsformate, mit denen die Mitarbeiter untereinander Ihre Kommunikationsbeziehungen intensivieren können. Darüber hinaus werde ich Ihnen einige Werkzeuge vorstellen, die Sie als Führungskraft in der kommunikativen Interaktion mit Ihren Mitarbeitern bedarfsgerecht einsetzen können.

333 334

Hofert, 2018, S. 13 ff. Petry, 2019d, S. 452.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

197

Dialog-/Wissens- und Aktionsformate Etablieren Sie Dialog-, Wissens- und Aktionsformate, die Ihre Mitarbeiter bei der kommunikativen Vernetzung im Tagesgeschäft unterstützen. Sie sind zu verstehen als Regeltermine, die den vorhandenen kommunikativen Austausch der Mitarbeiter anregen und verstärken. Die Auswahl an Formaten (vgl. Abbildung 88) gibt Ihnen einen ersten Überblick über Ihre Möglichkeiten, den kommunikativen Austausch Ihrer Mitarbeiter zu intensivieren.

Abbildung 88: Dialog-/Wissens-/Aktionsformate335

335

Burr, 2019, S. 289–292 und Oestereich / Schröder, 2020, S. 226.

198

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Werkzeuge für die Professionalisierung von Mitarbeitergesprächen 90 % des Gesprächserfolges von Mitarbeitergesprächen basieren auf einer angemessenen Vorbereitung. Bereiten Sie sich daher stets auf die Gespräche mit Ihren Mitarbeitern vor. Nachfolgend erhalten Sie Beispiele für den logischen Aufbau und die Strukturierung solcher Mitarbeitergespräche. Mit der Themenliste eines strukturierten Mitarbeitergespräches können Sie vor Ihrem Gespräch noch einmal prüfen, auf welche Themenfelder Sie sich fokussieren wollen und welche Themenfelder Sie auch ausdrücklich nicht im Mitarbeitergespräch behandeln wollen (vgl. Abbildung 89). Auch wenn Mitarbeitergespräche nicht am Reißbrett geplant werden können und sollen, so profitieren Sie von der Konkretisierung, worum es in diesem Termin aus Ihrer Sicht gehen soll – und worum nicht. Dies schafft auch die Voraussetzung, sich auf Punkte gezielt vorbereiten zu können. Davon profitiert die Qualität Ihres Gespräches und es signalisiert dem Mitarbeiter, dass Sie das Gespräch ernst nehmen und diesen Termin sowie die Person wertschätzen.

Abbildung 89: Themenfelder eines strukturierten Mitarbeitergespräches336

Oft gehen die Bewertung der Performance sowie die Feststellung des Entwicklungsbedarfes aus Sicht des Mitarbeiters und der Führungskraft miteinander einher (Ziffern 6, 8 und 9 in Abbildung 89). Daher ist die Vorbereitung auf diese Beurteilungs- und Fördergespräche vor allem deshalb wichtig, weil es die Weiterentwicklung des Mitarbeiters und häufig auch die Incentivierung seiner Leistung beeinflusst. Es geht in diesen Gesprächen um die Zukunft Ihres Mitarbeiters, um Ihre Einschätzung seiner Person, implizit mitunter auch um den Vergleich mit Kollegen. Hier gebieten es der Respekt vor dem Mitarbeiter sowie der Anspruch an eine bestmögliche prozessuale Gleichbehandlung der Mitarbeiter, sich als Führungskraft ausreichend auf einen solchen Termin vorzubereiten. Dazu gehört insbesondere, dass das Gespräch einer logischen Struktur folgt. Die nachfolgende

336

Vgl. Haller, 2009, S. 104 f.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

199

Checkliste (vgl. Abbildung 90) spannt einen roten Faden für ein Beurteilungs- oder Fördergespräch auf und bietet Ihnen eine ausführliche Auswahl an Gesprächspunkten, die für Ihren Austausch mit dem Mitarbeiter von Bedeutung sein könnten. Es kommt ausdrücklich nicht darauf an, möglichst viele Gesprächspunkte auszuwählen, sondern die in der konkreten Situation richtigen. In den Kommentarspalten können Sie Ihre persönlichen Notizen vor oder nach dem Gespräch festhalten und wesentliche Ergebnisse des Gespräches notieren.

Abbildung 90: Beurteilungs-/Fördergespräche – Checkliste337

Bitte berücksichtigen Sie, dass in Beurteilungs- und Fördergesprächen der Einstieg in das Gespräch den weiteren Verlauf sehr wesentlich prägt. Umso wichtiger ist es, dass Sie sowohl die Eröffnung des Gespräches (vgl. Abbildung 90, Nr. 1) als auch die Bekanntgabe Ihrer Einschätzungen (vgl. Abbildung 90, Nr. 2) in Ihrer

337

Vgl. Laufer, 2015, S. 167 f.

200

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Gesprächsvorbereitung angemessen berücksichtigen und damit das stabile Fundament für ein faktenbasiertes, wertschätzendes und letztendlich erfolgreiches Gespräch legen. Besonders anspruchsvoll sind in der Regel Kritikgespräche. Auch hier spielt die Gesprächsvorbereitung eine zentralere Rolle, denn das Kritikgespräch ist eine spezielle Form des Beurteilungs- und Fördergespräches (vgl. Abbildung 91).

Abbildung 91: Kritikgespräche – Leitfaden338

338

Vgl. Laufer, 2015, S. 168 f. Zur Vorbereitung eines Gespräches vgl. auch von Kanitz, 2015, S. 80–83.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

201

Es kommt in besonderem Maße darauf an, dass Sie strukturiert und gut vorbereitet vorgehen. Der Gesprächsleitfaden startet daher nicht zufällig mit einer Vorbereitungsphase, in der Sie sich aktiv mit der Faktenlage und der eigenen sowie der Gefühlssituation des Mitarbeiters auseinandersetzen (vgl. Abbildung 91, Ziffer 1). Zudem unterschätzen Führungskräfte typischerweise die Eröffnung eines kritischen Gespräches. Der Gesprächsstart ist das emotionale Fundament eines Kritikgespräches – er entscheidet nicht selten, in welche Richtung sich das Gespräch entwickelt. So offen, klar, unmissverständlich und im Bedarfsfall sogar hart man in der Sache ein Feedback an den Mitarbeiter richten kann (und manchmal auch richten muss), so wichtig ist es, ein freundliches, unbefangenes, wertschätzendes und möglichst unverkrampftes Klima zu erzeugen. Denn ein Mitarbeitergespräch mit kritischen Inhalten ist und bleibt weiterhin ein Feedbackgespräch mit einem Kollegen. Auf Augenhöhe. Mit der Absicht, weiterhin vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Nehmen Sie daher bei den sieben Phasen des Kritikgespräches (vgl. Abbildung 91) insbesondere auch die beiden ersten Phasen ernst, denn Sie stellen ganz wesentlich die Weichen für den weiteren Fortgang des Gespräches. Und die Faustregel kann heißen: Je härter die Kritik in der Sache, umso wichtiger ist der gut vorbereitete, wertschätzende Einstieg in das Gespräch. Werkzeuge für die Professionalisierung von Feedbacks Für einen regelmäßigen Abgleich, wie Sie selbst, aber auch Ihre Mitarbeiter Ihr Führungshandeln beurteilen, können Sie den nachfolgenden Mitarbeiterfragebogen nutzen (vgl. Abbildung 92). Füllen Sie diesen zunächst selbst aus. Danach lassen Sie Ihr Führungshandeln von den Mitarbeitern bewerten. Bei der erstmaligen Durchführung empfiehlt es sich, die Mitarbeiterbefragung anonym durchzuführen und die Mitarbeiter explizit aufzufordern, ein offenes Feedback zu geben. Der Abgleich aus Selbst- und Fremdeinschätzung eröffnet Ihnen die Möglichkeiten, eigene blinde Flecken339 in der Selbstwahrnehmung Ihres Führungsverhaltens zu erkennen und gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern an einer Verbesserung der Führungssituation zu arbeiten. So haben Sie einerseits die Möglichkeit, an den fachlichen Führungsthemen zu arbeiten, bei denen Handlungsbedarf identifiziert wurde. Andererseits stärken und verbessern Sie damit aber auch die Kommunikations- und Feedbackkultur, indem Sie dem ausführlichen Geben und Nehmen von Feedback mehr Raum geben und es erlebbar machen. Auf diese Weise arbeiten Sie als Führungskraft aktiv daran, dass das Erhalten von Feedback als normal empfunden und darüber hinaus auch als Ausgangspunkt von Lernen, als Quelle von Verbesserungen verstanden wird. Unterschätzen Sie nicht die positiven Effekte beim Team, die sich sukzessive einstellen werden, wenn Sie als Führungskraft die Vorteile des Feedbackgebens und -nehmens aktiv vorleben.

339

Zu den blinden Flecken vgl. auch Abbildung 81.

202

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 92: Führungsverhalten – Fragebogen340 340

Haller, 2009, S. 204 ff.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

203

Mit den gewonnenen Ergebnissen aus dem Fragebogen zu Ihrem Führungsverhalten (vgl. Abbildung 92) können Sie wie folgt weiter verfahren: • Beschäftigen Sie sich zunächst mit den Einzelbewertungen, bei denen Sie im Schnitt weniger als 3 Punkte vom Team erhalten haben und leiten Sie konkrete Verbesserungsmaßnahmen ab. • Beschäftigen Sie sich mit den drei Bewertungen, bei denen Ihre Selbsteinschätzungen und die Bewertungen des Teams am weitesten auseinanderliegen. Klären Sie die Gründe für die unterschiedlichen Sichtweisen und leiten Sie daraus konkrete Verbesserungsmaßnahmen ab. • Sammeln Sie die bereits im Fragebogen von Ihren Mitarbeitern gemachten Verbesserungsvorschläge, diskutieren diese ausführlich im Team und leiten daraus konkrete Verbesserungsmaßnahmen ab. • Terminieren Sie in Abhängigkeit der Ergebnisse sowie nach Abstimmung mit dem Team die nächste Befragung, um auf diese Weise den nächsten Messpunkt festzulegen. Häufig führen Unternehmen Mitarbeiterzufriedenheitsbefragungen durch. Sollte dies in Ihrem Unternehmen nicht der Fall sein, können Sie diese individuell für Ihren Bereich durchführen. Sie erhalten damit zusätzlich zur ausführlichen Befragung der Mitarbeiter zu Ihrem Führungsverhalten (vgl. Abbildung 92) ein weiteres, strukturiertes Feedback (vgl. Abbildung 93), das Sie in Ihrem Führungsalltag nutzen können. So sind Sie in der Lage, z. B. Informationen zu Verbesserungspotenzialen in den Rahmenbedingungen des Unternehmens abzufragen. Im nachfolgenden Beispiel sehen Sie eine Mitarbeiterbefragung, die beides miteinander kombiniert: Es werden sowohl Fragen zur Zufriedenheit mit dem direkten Vorgesetzten als auch mit dem Unternehmen im Allgemeinen gestellt (vgl. Abbildung 93). Diese Differenzierung empfiehlt sich bei Mitarbeiterbefragungen vor allem dann, wenn man stark unterschiedliche Zufriedenheitswerte zum Vorgesetzten und Unternehmen erwartet und durch die Trennung der Kategorien negative Ausstrahlungseffekte der Unternehmensbewertung auf die Bewertung der Führungskraft minimieren will. In der Mitarbeiterzufriedenheitsbefragung sehen Sie auch, dass die zweite und letzte Frage als offene Fragen gestaltet wurden, um so den befragten Mitarbeitern trotz der Standardisierung des Fragebogens die Gelegenheit zu geben, spezifische, individuelle Feedbacks zu ausgewählten Themen zu geben (vgl. Abbildung 93, Ziffern 2 und 4). Während Sie sowohl im täglichen Austausch mit Ihren Mitarbeitern als auch bei einer bereichsinternen Zufriedenheitsbefragung bereits eine aussagefähige Einschätzung zum Zufriedenheitslevel Ihrer Mitarbeiter erhalten, bietet die unternehmensweite Mitarbeiterzufriedenheitsbefragung zusätzlich die Möglichkeit eines internen Benchmarkings. So können Sie die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit anderen Organisationsbereichen vergleichen. Im Falle einer grundsätzlich positiven Bewertung Ihres Führungsverhaltens, die jedoch im internen Benchmarking

204

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

z. B. im letzten Viertel aller Führungskräfte liegt, sollten Sie den Anspruch haben, die Gründe für Ihr Abschneiden zu identifizieren. Es gibt Unternehmen, die die Zufriedenheitswerte der Organisationsbereiche intern veröffentlichen. Warum eigentlich nicht?

Abbildung 93: Mitarbeiterzufriedenheitsbefragung341

341

Haller, 2009, S. 204 ff.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

205

Für die Akzeptanz der Feedback-Werkzeuge ist es wichtig, mit den gewonnenen Feedbacks und Ergebnissen weiterzuarbeiten, etwas aus ihnen abzuleiten, Konsequenzen zu ziehen, die Informationen sichtbar wertzuschätzen. Sollten Ihre Mitarbeiter den Eindruck gewinnen, dass es sich um Alibi-Befragungen handelt, werden sowohl die Bereitschaft zur freiwilligen Teilnahme als auch die Aussagefähigkeit der Aussagen sprunghaft abnehmen. Aus diesem Grund sollten Sie bereits vor der ersten Durchführung einer Mitarbeiterbefragung ein Bild davon haben, wie Sie (prozessual) mit den Ergebnissen umgehen wollen. Vermeiden Sie auf jeden Fall einen Reflex, der in manchen Unternehmen zu beobachten ist: Je kritischer die Feedbacks der Mitarbeiter ausfallen, umso eher wird die Mitarbeiterbefragung wieder abgesetzt. Das ist ein fatales Signal an die Belegschaft und kannibalisiert das enorme Potenzial des Mitarbeiterfeedbacks. Die vorgenannten Feedbackwerkzeuge sind aufgrund ihres Umfanges sowie des resultierenden Aufwandes bei der Auswertung sicherlich nur wenige Male im Jahr effizient einsetzbar. Dennoch können Sie auch im Tagesgeschäft Feedbackwerkzeuge etablieren. Zwei solcher Werkzeuge lernen Sie nachfolgend kennen. Sie etablieren ohne nennenswerten Aufwand das regelmäßige Geben von Feedback, indem Sie nach Teammeetings Ihre Mitarbeiter beim Verlassen des Raumes jeweils einen Punkt auf die folgende Flipchartseite kleben lassen (vgl. Abbildung 94):

Abbildung 94: Return on time invested342

Mit Hilfe dieser Return on time invested-Abfrage erhalten Sie regelmäßig ein Blitzlicht Ihres Teams, ohne sich in längere Fragerunden zu begeben. Erhalten Sie eine Häufung guter oder schlechter Bewertungen, thematisieren Sie das im nächsten Meeting, um die Gründe zu erfahren und daraus für die kommenden Veranstaltungen zu lernen. Für den Fall, dass Sie ausführlichere Feedbacks erhalten wollen, können Sie die sog. Plus-/Delta-Abfrage nutzen (vgl. Abbildung 95). Diese gibt Ihrem Team die Gelegenheit, kurze schriftliche Kommentare und Feedbacks zum stattgefundenen Treffen zu geben. Auch hier gilt das zum vorgenannten Werkzeug gesagte: Falls Sie auffällig gute oder schlechte Feedbacks erhalten, greifen Sie diese Punkte im nächsten Meeting auf. Geben Sie dem Team von Zeit zu Zeit ein Feedback, was 342

Vgl. Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 183 f.

206

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Sie mit den Kommentaren gemacht haben und warum Sie sie weiterhin wertschätzen. Denn auch hier gilt die Regel: Führen Sie keine Abfrage bei den Mitarbeitern durch, ohne eine klare Vorstellung davon zu haben, was Sie (prozessual) damit machen werden!

Abbildung 95: Plus-/Delta-Abfrage343

3.2.5 Hebel 4: Kompetenzmanagement 3.2.5.1 Das sollten Sie wissen Das Management von Kompetenzen wird mehr und mehr zur Führungsaufgabe Das traditionelle Kompetenzmanagement in Unternehmen findet heute noch weitgehend entkoppelt vom Tagesgeschäft der Führungskräfte statt. Treiber sind dabei die Personalabteilungen der Unternehmen. Sie legen den Führungskräften Kompetenzkataloge zu Themenbereichen vor und empfehlen korrespondierende Präsenzschulungen, die typischerweise durch externe Trainer oder interne Experten durchgeführt werden. In diesem Kontext führen Sie als Führungskraft mit Ihren Mitarbeitern Personalentwicklungsgespräche und entscheiden (bestenfalls) gemeinsam, welche Fortbildungsmöglichkeiten genutzt werden. Nicht selten gibt es in Unternehmen Regeln, wie viele Tage im Jahr dafür von der Führungskraft bereitgestellt werden sollen. Und häufig gibt es Pflichtschulungen in Unternehmen, die besucht werden müssen – unabhängig vom spezifischen Kompetenzprofil des Mitarbeiters. Sie können als Führungskraft jedoch bereits heute schon Mitarbeiter ‚on the job‘ fortbilden. Diese Form des Kompetenzaufbaus fristet jedoch bis heute in vielen Organisationen ein Schattendasein und wird allzu häufig in der Dynamik des Tagesgeschäftes vordergründig wichtigeren Dingen geopfert. In den letzten Jahren ist dennoch bereits ein Trend zu erkennen: Die Führungskräfte schauen bei der Kompetenzentwicklung zunehmend weniger in Richtung der Personalabteilungen, wenn es um die Ermittlung des Kompetenzbedarfes geht, sondern gehen eigene Wege. Demgegenüber nutzen Sie jedoch in der Regel weiterhin das klassische Schulungsangebot, für welches die Personalentwicklungsbereiche größtenteils auch immer noch hauptverantwortlich zuständig sind. 343

Vgl. Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 177 f.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

207

Führungskräfte, die bereits heute einen strukturierten Blick auf die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter werfen, beschäftigen sich in der Regel auch mit dem Beschreiben und Transparentmachen der Kompetenzen (vgl. Kapitel 3.1.2) sowie dem Transfer, der Nutzung und Entwicklung der ermittelten Kompetenzen. Dabei orientieren sie ihr Management der Mitarbeiterkompetenzen an den Anforderungen der Aufgaben (Kapitel 3.1.3), die ihrerseits idealerweise mit den Zielen des Unternehmens, des Organisationsbereiches sowie des Mitarbeiters harmonieren.344 Falls Sie also immer noch denken, Kompetenzmanagement liegt vor allem in der Zuständigkeit des Personalbereiches, so sollten Sie erkennen, dass hier der ‚wind of change‘ bereits deutlich zu spüren ist. Führungskräfte müssen die Kompetenzen Ihrer Mitarbeiter genau kennen Es ist heute völlig unstrittig: Sie als Führungskraft müssen die Kompetenzen Ihrer Mitarbeiter genau kennen, und Sie brauchen als Führungskraft eine klare Sicht auf den Kompetenzstand sowie den Entwicklungsbedarf Ihres Teams (vgl. Abbildung 96). Erst wenn Sie „in Ihrer Funktion und Rolle als Führungskraft das Kompetenzmanagement selbst anwenden, … werden Sie wirklich glaubwürdig, wissen, wovon Sie sprechen und können durch entsprechende Kommunikation und Überzeugungskraft auch den Nutzen und die Vorteile im Unternehmen verbreiten und unterstützen“345.

Abbildung 96: Kompetenzmanagement

Kompetenzmanagement unterliegt der Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen Berücksichtigen Sie jedoch, dass in Deutschland die Arbeitnehmervertretungen nach §§ 92 (1), 94 (2) und 98 (6) des Betriebsverfassungsgesetzes umfangreiche Unterrichtungs- und Mitbestimmungsrechte beim Management der Kompetenzen geltend machen können. Zudem sind die Vorschriften des Datenschutzes zu berücksichtigen. Aus betriebsverfassungsrechtlicher Sicht bedeutet dies beispielsweise, dass der „Prozess für die Anwendung des Kompetenzmanagements als Verfahrensregelung dem vollen Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterworfen 344 345

Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 14. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 238.

208

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

ist und ohne eine Verständigung über Form und Ausgestaltung einer Einführung nicht zulässig ist“346. Wenn sich Ihr Unternehmen ganzheitlich für die Einführung eines flächendeckenden Kompetenzmanagementsystems entscheiden sollte, muss hier Ihr zuständiger Personalbereich mit den Arbeitnehmervertretern die notwendigen Rahmenvereinbarungen treffen. Dennoch: Wenn Sie die Kompetenzen und Eigenschaften Ihrer Mitarbeiter nach der im Kapitel 3.1.2 dargestellten Struktur transparent erfassen, um damit Ihre Mitarbeiter bestmöglich einsetzen, weiterentwickeln und letztendlich damit Ihrer Führungsverantwortung gerecht werden zu können, so werden erfahrungsgemäß die Betriebsräte nach einer allgemeinen Information über die kompetenzbasierten Aspekte Ihrer Mitarbeiterführung keine Einwände haben. Im Gegenteil: Die Erfahrung zeigt, dass eine mit Substanz hinterlegte, mitarbeiterbezogene Führung bei einem Mindestmaß an gegenseitigem Vertrauen sogar aktiv von Arbeitnehmervertretern unterstützt wird. Denn nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Betriebsräte erkennen erfahrungsgemäß schnell, dass die strukturierte, kompetenzbasierte Weiterentwicklung der Mitarbeiter für alle Beteiligten vorteilhaft ist. Die Einführung eines unternehmensweiten Kompetenzmanagements erfordert die Anpassung von weiteren Unternehmensprozessen Sollten Sie jedoch in Ihrem Unternehmen an eine flächendeckende Einführung des Kompetenzmanagements denken, so ist diese zusätzlich zu den umfangreichen Rechten der Arbeitnehmervertretung auch von diversen prozessualen Anknüpfungspunkten im Unternehmen charakterisiert. Um nur einige Beispiele zu nennen: Bei flächendeckender Einführung müssen auch die • Personalmanagementprozesse (z. B. Anreiz- und Entlohnungssysteme, Personalplanung und -beurteilung), • kompetenzfördernden Lernprozesse (z. B. Coaching-Ansätze, Action Learning) und • elektronischen Vernetzungsprozesse (z. B. Wissens-Marktplätze, Intranet) konsequent neu ausgerichtet werden. Dies alles bedeutet für Sie, dass Sie guten Gewissens in der digitalen Transformation zunächst in Ihrem Einflussbereich mit den vorgestellten Werkzeugen die Kompetenzen Ihrer Mitarbeiter managen können.347 Bitte warten Sie nicht auf die vermeintlich große, unternehmensweite Lösung, die vielleicht sehr spät oder ggf. nie kommen wird.

346 347

North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 254. Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 294.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

209

3.2.5.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Das Management digitaler Kompetenzen wird zunehmend erfolgskritisch Das Kompetenzmanagement gewinnt in der digitalen Transformation zunehmend an Bedeutung. Denn „nur ca. 40 % aller Unternehmen befinden sich in einer fortgeschrittenen Phase der Digitalisierung, sprich, sie verfügen über adäquate Kompetenzstrukturen in unterschiedlichen operativen Bereichen, um die digitalen Einflüsse der Umwelt zu bewältigen“348. „Beim Aufbau von digitalen Kompetenzund Organisationsstrukturen ist es für Unternehmen erfolgskritisch, die … Kollaboration höher als hierarchische Funktionen, Machtstatus und Jobbeschreibungen zu priorisieren“349. Darüber hinaus bekommt das Kompetenzmanagement durch die zunehmend größer werdende Kohorte der sog. digital natives350 eine größere Bedeutung. Diese Mitarbeiter verfügen – anders als die älteren Mitarbeiter – allein aus Ihrer Sozialisation heraus über einen natürlichen, selbstverständlichen Umgang mit elektronischen Medien und den korrespondierenden digitalen Tools, Verhaltensweisen und Erwartungen. Kompetenzmanagement hat daher zunehmend in Unternehmen auch die Aufgabe, diese Zweiklassengesellschaft der Akzeptanz und Nutzung elektronischer Medien – die Kluft zwischen den digital natives und dem (älteren) Rest der Belegschaft – sukzessive aufzulösen.351 Die Etablierung eines dezentralen Kompetenzmanagements wird erforderlich Gegenüber dem traditionellen Top-down-Ansatz eines durch den Personalbereich getriebenen Kompetenzmanagements zeigt sich in der digitalen Transformation, dass das alleinige Fokussieren auf „top-down orientierte Ansätze der Kompetenzentwicklung … den Anforderungen rascher Reaktionsgeschwindigkeiten bei zunehmender Zahl von Handlungsmöglichkeiten nicht mehr gerecht wird. Gefragt ist eine Vielfalt von Kompetenzen, die sich im Zusammenspiel von Person und immer differenzierteren Tätigkeiten zentraler Kontrolle immer mehr entziehen“352. Das heißt, mit zunehmenden Anforderungen der digitalen Transformation an Ihr Unternehmen gilt es, den Schwenk vom top-down orientierten Kompetenzmanagement zum mehr durch den Mitarbeiter selbstgesteuerten Lernen und Weiterbilden zu schaffen. Dabei legen Sie als Führungskraft den Fokus mehr und mehr auf das Schaffen von Rahmenbedingungen, die „partizipative, tätigkeitsnahe und offene Lern- und Kompetenzentwicklungsformen unterstützen und fördern. Diesbezüglich gewinnen digitale Medien und soziale Netzwerke zunehmend an Bedeutung, welche die traditionellen Kommunikationswege ergänzen oder sogar

348

North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 133. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 135. 350 Alle Personen unserer Gesellschaft, die bereits in der digitalen Welt aufgewachsen sind. 351 Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 137. 352 North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 2. 349

210

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

überflüssig machen“353. Doch bis dahin ist der Weg in der Regel recht weit. „90 % aller Unternehmen ist bewusst, dass ihre Organisationen Nachholbedarf beim Aufbau kompetenzfördernder Strukturen und Prozesse haben“354. Abbildung 97 skizziert förderliche Rahmenbedingungen für ein durch die Mitarbeiter weitgehend selbstgesteuertes Kompetenzmanagement. Finden Sie heraus, wie förderlich die Rahmenbedingungen in Ihrem Unternehmen sind, das Kompetenzmanagement vom top-down basierten Ansatz immer mehr in die Hände der Mitarbeiter selbst zu legen. Je mehr Voraussetzungen aus der nachfolgenden Checkliste für Ihr Unternehmen vorliegen, umso mehr können Sie das Kompetenzmanagement in die Hände Ihrer Mitarbeiter verlagern. Die digitale Transformation führt zu einer zunehmenden Bedeutung spezifischer Kompetenzfelder bei den Mitarbeitern Bis zum Zielzustand einer völligen Selbstorganisation des Kompetenzmanagements, bei dem die Mitarbeiter und Teams die Verantwortung für Ihr Kompetenzen-Portfolio komplett autark managen, konzentrieren Sie sich als Führungskraft auf die erfolgskritischen Kompetenzen (vgl. Kapitel 3.1.2), die Sie aus den Anforderungen der Aufgaben an Ihre Mitarbeiter ableiten (vgl. Kapitel 3.1.3), mit den vorhandenen Eigenschaften abgleichen und daraus konkrete Felder des Kompetenzaufbaus entwickeln.355 Dabei sollten Sie wissen, dass in der digitalen Transformation typischerweise bestimmte Kompetenzfelder an Bedeutung gewinnen, die auch unabhängig von der konkreten Aufgabe in Ihren Fokus geraten sollten. Die nachfolgenden Kompetenzfelder sind erfolgskritische Eigenschaften und Kenntnisse, die Ihre Mitarbeiter in der digitalen Transformation auf- bzw. ausbauen sollten: • Diversity-Kompetenz, d. h. die Kompetenz, mit Diversität umzugehen. Es geht im Kern darum, mit unterschiedlichen, kulturell bedingten Wertvorstellungen und Verhaltensweisen so umzugehen, dass nicht primär das latente Konfliktpoten­zial, sondern die vielfältigen Chancen aus der Zusammenarbeit gesehen werden.356 • Motivationsfähigkeit, d. h. die persönliche Disposition, die es dem Mitarbeiter möglich macht, sich schnell und anhaltend für Dinge zu begeistern und auch andere Mitarbeiter mit dieser Begeisterung anzustecken, wenn die notwendige Überzeugung vorliegt. • Selbststeuerungskompetenz, d. h. die Fähigkeit, mit unvorhergesehenen Hindernissen, die bei der Zielerreichung auftreten, selbständig und konstruktiv umzugehen.357 353

North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 3. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 135. 355 Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 4. 356 Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 7. 357 Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 80. 354

211

Abbildung 97: Rahmenbedingungen dezentrales Kompetenzmanagement – Fragebogen389

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

358

358

North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 53.

212

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Reflexionsfähigkeit, d. h. die Fähigkeit, das eigene Handeln bzw. das Handeln anderer im Kontext von auftretenden Situationen zu sehen und Schlüsse für sich und die Gruppe daraus abzuleiten.359 • Geschäftsmodellkompetenz, d. h. die Fähigkeit, das eigene Geschäftsmodell ausreichend tief zu durchdringen, um auf dieser Basis Impulse für dessen Anpassung aufgrund von Marktentwicklungen, Kundenentwicklungen etc. abzuleiten und anzustoßen. • Kognitives Belastungsmanagement, d. h. die Fähigkeit, Informationen zu filtern, die regelmäßig vorliegende Datenfülle auszuhalten sowie mit den daraus resultierenden, kognitiven Belastungen bewusst und sorgsam umzugehen.360 • Datenorientiertes Denken, d. h. die Fähigkeit, große Mengen an Daten in abstrakte Konzepte zu übersetzen und daraus Entscheidungen abzuleiten.361 • Soziale Interaktionsfähigkeit und emotionale Intelligenz, d. h. die Fähigkeit, sich mit anderen zu vernetzen, die Reaktionen anderer wahrzunehmen und zu stimulieren.362 • Kundenorientierung und Dienstleistungskompetenz, d. h. die Fähigkeit, den Kunden stets im Fokus zu haben, ihm zu dienen und die Konsequenzen der Kundenorientierung für das eigene Handeln zu vergegenwärtigen.363 Zusätzlich zu den vorgenannten Kompetenzen wird die sog. Reputationskompetenz als neues, digitales Kompetenzfeld thematisiert. Reputationskompetenz beschreibt die „… Handlungsfähigkeit von Beschäftigten, soziale Medien in Übereinstimmung mit Reputationszielen des Unternehmens zu nutzen“364. Die Reputationskompetenz umfasst im Einzelnen die Fähigkeit der Mitarbeiter, • „technische Einstellungen, z. B. Sichtbarkeit von Inhalten, auf Interaktionsplattformen vornehmen und sprachlich korrekt formulieren zu können, • sich stets bewusst zu machen, dass z. B. Beiträge in Netzwerken und Plattformen für andere sichtbar sind und auch ungewollte Effekte erzeugen können, • sich nur dann in Diskussionen in digitalen Medien einzubringen, wenn Sie über Wissen verfügen, dass für die Diskussion wertvoll ist“365. In der digitalen Transformation geht es also insgesamt darum, digitale Kompetenzen bei den Mitarbeitern zu verstärken bzw. neue zu entwickeln, also „die Gesamtheit von Wissen, Bewusstsein, Fähigkeiten und Einstellungen zu verbessern, 359

Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 80. Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 138. 361 Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 138. 362 Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 138. 363 Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 148. 364 Kauffeld / Paulsen, 2018, S. 232, in Anlehnung an Hoffend / Schaarschmidt / Kortfleisch, 2018 und Walsh / Schaarschmidt / von Kortzfleisch, 2016. 365 Kauffeld / Paulsen, 2018, S. 232, in Anlehnung an Walsh / Schaarschmidt / von Kortzfleisch, 2016. 360

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

213

die erforderlich sind, um digitale Informations- und Kommunikationstechnologien sowie digitale Medien einzusetzen, Aufgaben zu bearbeiten, Probleme zu lösen, zu kommunizieren, Information zu verwalten, zusammenzuarbeiten, Inhalte zu erstellen und zu teilen“366. Das Ermöglichen gemeinsamen Lernens wird immer wichtiger Steht in hierarchiegeleiteten, traditionellen Organisationen das Wissen von wenigen als Machtfaktor im Vordergrund, so setzt Ihr neues Führungsverständnis in digitalen Organisationen die Kompetenz der Mitarbeiter – das Wissen von vielen – ins Zentrum der Betrachtung. Sie fördern demokratische Kompetenzstrukturen bei Ihren Mitarbeitern und helfen so Ihren Mitarbeitern, den Weg in die agile Organisation durch immer intensiveres Zusammenarbeiten im Kollektiv zu beschreiten. Im Fokus stehen für Sie die Gemeinschaft, das Team und dessen Schwarmintelligenz. Denn dieses Kollektiv muss zukünftig immer schneller in der Lage sein, sich neuen, dynamischen Veränderungen der Kunden, Lieferanten etc. anzupassen. Man könnte auch sagen: Ihre größte Herausforderung im Kompetenzmanagement ist es, Ihre Mitarbeiter beim Lernen zu begleiten, ihnen Wege dafür aufzuzeigen, sie fit für eine Zukunft zu machen, in der sie sich schnell veränderten Rahmenbedingungen immer schneller anpassen müssen. Denn es sind zukünftig die vielen kleinen, aber intelligenten und schnellen Anpassungen im Tagesgeschäft – die sog. smart moves – die Sie und Ihre Mitarbeiter erfolgreich sein lassen.367 Sie sehen: Mit den sich verändernden Anforderungen an die Mitarbeiterkompetenz verändert sich in der digitalen Transformation auch das Grundverständnis von Kompetenzaufbau. Die klassischen Methoden einer Wissensvermittlung über herkömmliche Kanäle wie z. B. externe Präsenzschulungen, Seminare oder Konferenzen haben zur Wissensvermittlung daher einen rückläufigen Stellenwert. Vielmehr kommt es immer mehr darauf an, es den Mitarbeitern gezielt zu ermöglichen, „die erforderlichen Werte und Kompetenzen, auch für heute noch nicht bekannte Herausforderungen, selbstorganisiert und kreativ im Arbeitsprozess und im Netz effektiv und effizient aufzubauen“368. 3.2.5.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren • Verschaffen Sie sich Klarheit über die Kompetenzprofile Ihrer Mitarbeiter und die korrespondierenden Anforderungen an Ihre Mitarbeiter. Berücksichtigen Sie dabei insbesondere auch die vorgestellten, in der digitalen Transformation sukzessive immer wichtiger werdenden Kompetenzfelder. So verschaffen Sie sich eine klare Sicht auf die erforderlichen Lernfelder Ihrer Mitarbeiter. 366

North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 305. Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 319. 368 Sauter / Sauter / Wolfig, 2018, S. 239. 367

214

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Etablieren Sie in Ihrem Umfeld eine Kultur, die nicht auf dem Prinzip „Wissen ist Macht“, sondern „Wissen teilen ist Macht“ basiert.369 • Fördern Sie aktiv und regelmäßig Ihre Mitarbeiter, z. B.: – „Fördern Sie selbstorganisierte Entwicklungsprozesse der Mitarbeiter im Rahmen der täglichen Arbeit. – Übertragen Sie die Verantwortung für die eigene Entwicklung sukzessive und wo bereits heute möglich auf die Mitarbeiter. – Vereinbaren Sie mit Ihren Mitarbeitern die spezifische Bearbeitung von Praxisaufgaben, die den zielgerichteten Kompetenzaufbau sinnvoll unterstützen. – Beseitigen Sie im Tagesgeschäft alle Rahmenbedingungen, die sich negativ auf den täglichen Entwicklungsprozess der Mitarbeiter auswirken können. – Begleiten Sie Ihre Mitarbeiter wie ein Mentor über einen längeren Zeitraum mit dem Ziel, sie in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung innerhalb oder außerhalb der Unternehmung weiterzuentwickeln. – Agieren Sie bei Bedarf als Coach, der seine Mitarbeiter bei der Bewältigung konkreter Herausforderungen berät, um sie zu befähigen, optimale Ergebnisse selbstorganisiert zu erzielen. – Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter, sich in interdisziplinären Netzwerken aufzuhalten und praxisrelevante Themen und Methoden zu vertiefen, Kontakte zu knüpfen, Know-how zu erhalten und bereitzustellen. – Stärken Sie bei Ihren Mitarbeitern das Bewusstsein, in selbstorganisierten und kollaborativen Lernumgebungen aktiv zu werden“370. • Klären Sie gemeinsam und in Abstimmung mit Ihrem Team, mit welchen konkreten Kompetenzentwicklungsformaten Sie ihre persönliche Weiterentwicklung vorantreiben wollen. • Zeigen Sie Ihrem Team exemplarisch die vielen Chancen der Nutzung von Kompetenzentwicklungswerkzeugen im Netz auf. Nutzen Sie dafür gerne auch einen ausgewiesenen Experten aus Ihrem Unternehmen und / oder externe Experten. 3.2.5.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Übersicht Kompetenzentwicklungsformate im Arbeitsalltag Sie erhalten nachfolgend eine Übersicht über Kompetenzentwicklungsformate, die Sie ab sofort – unabhängig vom Reifegrad der digitalen Transformation Ihres Unternehmens – im Tagesgeschäft einsetzen können. Sie sehen, dass Sie sich vor 369 370

Vgl. Sauter / Sauter / Wolfig, 2018, S. 222. Sauter / Sauter / Wolfig, 2018, S. 59.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

Abbildung 98: Kompetenzentwicklungsformate

215

216

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

der Auswahl des Formates zunächst darüber klar werden müssen, welche Kompetenzen Sie verbessern wollen. Die Beantwortung dieser Frage fällt Ihnen jedoch nach der Gegenüberstellung der Anforderungen- und Eigenschaften-Profile Ihrer Mitarbeiter (vgl. Kapitel 3.1.2 und 3.1.3) nicht schwer. Die Kompetenzentwicklungsformate (vgl. Abbildung 98) basieren auf der persönlichen Begegnung der Mitarbeiter, auf dem direkten, persönlichen Austausch. Sie stellen jenseits der fachlichen Kompetenzerweiterung auch sicher, dass Ihre Mitarbeiter ihre interpersonellen, sozialen Skills ausbauen sowie den Nutzen des Teilens von Wissen aktiv erleben. Kompetenzentwicklungswerkzeuge im Netz Zusätzlich zu den dargestellten, grds. physischen Entwicklungsformaten im Arbeitsalltag sollten Ihre Mitarbeiter aus den Kompetenzentwicklungswerkzeugen im Netz eine für Sie geeignete Auswahl treffen. Die netzbasierten Entwicklungswerkzeuge können dabei sowohl unternehmensinterne als auch -externe Tools sein. Gemeinsam mit den bereits vorgestellten physischen, auf persönlicher Präsenz basierenden, Kompetenzentwicklungsformaten sind Sie in der Lage, ein völlig neues Netz an Begegnungen für Ihre Mitarbeiter zu spannen, in denen sie schnell, pragmatisch und praxisrelevant ihr Wissen sowie die sozialen Kontakte ausbauen können. Die Tatsache, dass Sie hier bei den Werkzeugen des Kompetenzaufbaus keine klassischen Kompetenzentwicklungsformate wie zum Beispiel Präsenz-Schulungen und Trainings mehr finden, bedeutet nicht, dass Sie darauf nun gänzlich verzichten

Abbildung 99: Kompetenzentwicklungswerkzeuge im Netz (Beispiele)371 371

Dückert, 2017, S. 89.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

217

sollten. Sie behalten themenabhängig ihre Daseinsberechtigung. Dennoch wird die Bedeutung der traditionellen Kompetenzentwicklungsformate sukzessive weiter zurückgehen und im Verlauf der digitalen Transformation ihre ehemals zentrale Rolle immer weiter verlieren. Checkliste Management von Kompetenzproblemen Sollten Sie sich in diesem Zusammenhang fragen, welchen Reifegrad Ihr Unternehmen in der Bewältigung von Kompetenzproblemen wohl haben mag, so können Sie sich anhand der nachfolgenden Checkliste einen ersten Eindruck verschaffen (vgl. Abbildung 100).

Abbildung 100: Wie gut bewältigen Sie Kompetenzprobleme? – Fragebogen372

Beantworten Sie die Fragen der Checkliste und vergeben Sie für jede Aussage zwischen 0 (trifft nicht zu) und 3 (trifft voll zu) Punkten. Addieren Sie daraufhin 372

North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 113 f.

218

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

alle Einzelpunkte. Anhand der Punkt-Auswertung erhalten Sie einen ersten Eindruck, wo Ihr Unternehmen steht. Es kommt häufig vor, dass bei selbstkritischem Ausfüllen der Tabelle die Punktzahl hinter dem im Unternehmen ‚gefühlten‘ Reifegrad zurückbleibt. Denn häufig wird in Unternehmen allgemein zwar viel über das Thema Kompetenzen gesprochen – jedoch in der Regel mit wenig korrespondierenden Handlungen, die Kompetenzen aktiv zu entwickeln. Deshalb achten Sie bitte bei der Punktevergabe darauf, sich nicht nach einem allgemeinen Bauchgefühl, sondern an klaren Fakten zu orientieren. Sie dürfen gespannt sein, ob sich bei einer strikt faktenbasierten Beantwortung der Fragen hier Ihr aktueller, allgemeiner Eindruck vom Reifegrad Ihres Unternehmens widerspiegelt. Und bitte beachten Sie: Je geringer der ausgewiesene Reifegrad Ihres Unternehmens im Management von Kompetenzproblemen ist, umso intensiver sollten Sie darüber nachdenken, Kompetenzentwicklungsformate eigeninitiativ dort zu starten, wo Sie es bereits heute in Ihrem Einflussbereich tun können. Die erforderlichen Kompetenzentwicklungsformate kennen Sie jetzt. Warten Sie nicht und beginnen Sie mit der Kompetenzentwicklung Ihrer Mitarbeiter – heute.

3.2.6 Hebel 5: Konfliktmanagement 3.2.6.1 Das sollten Sie wissen Konflikte kommen und gehen nicht von allein Das Managen von Konflikten gehört zu den großen Herausforderungen einer Führungskraft, spätestens hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Viele Führungskräfte schauen bei Konflikten lieber weg als hin. Aber Konflikte verschwinden in den seltensten Fällen von alleine – oft verstärken sie sich aus sich selbst heraus. Und Konflikte halten viele Fallgruben für Sie bereit. Deshalb schauen wir hier zunächst einmal ganz grundsätzlich auf den Konflikt. Denn nur, wenn wir uns im Klaren sind, was ein Konflikt genau ist, können wir ihn annehmen, ihn aktiv bearbeiten. Nicht jede Meinungsverschiedenheit ist ein Konflikt Aber was genau ist nun ein Konflikt? Was halten Sie von der folgenden ersten Annäherung an das Thema: „Beim Konflikt prallen Wünsche, Motive, Ziele, Hoffnungen, Erwartungen, Sichtweisen etc. einer oder mehrerer Personen aufeinander. Dabei tragen Konflikte häufig die Gefahr in sich, am Ende einen Sieger und Besiegten zu haben“373? Konflikte unterscheiden sich von Meinungsverschiedenheiten dadurch, dass der Konflikt erst durch die nicht akzeptierte Meinungsverschieden 373

Kohlmann-Scheerer, 2015, S. 146 f.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

219

heit entsteht (vgl. Abbildung 101). Wir können daher festhalten: Meinungsverschiedenheiten können, müssen jedoch nicht zu Konflikten führen. Denn man ist jederzeit in der Lage, einen sich anbahnenden Konflikt zu beenden.

Abbildung 101: Meinungsverschiedenheit vs. Konflikt374

„Jede Person führt unbewusst ein Beziehungskonto, bei dem jede Handlung des anderen zu einer Buchung auf diesem Konto führt. Ist dieses nicht ausgeglichen, steigt die konfliktäre Spannung zwischen zwei Personen“375. Um Konflikte erkennen und dann erfolgreich managen zu können, sollten Sie die beiden grundsätzlichen Konfliktarten – die interpersonellen und intrapersonellen Konflikte – unterscheiden können (vgl. Abbildung 102). Beide Konfliktarten begegnen Ihnen täglich in Ihrem Führungsalltag – sie sind jedoch nicht immer auf den ersten Blick erkennbar.

Abbildung 102: Konfliktarten376

374

Vgl. Sprenger, 2020, S. 107. Sprenger, 2020, S. 96. 376 Vgl. Kohlmann-Scheerer, 2015, S. 146 ff. 375

220

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

In Ihrem Führungsalltag begegnen Ihnen intrapersonelle und interpersonelle Konflikte Der intrapersonelle Konflikt spielt sich innerhalb einer Person ab. Er kann zum Beispiel entstehen, indem man sich unter zwei – für das eigene berufliche Weiterkommen wichtigen – Schulungen entscheiden muss. Bei diesem sog. ErwünschtErwünscht-Konflikt müssen Sie aus zwei als gleich wichtig eingeschätzten Ereignissen eine Auswahl treffen. Ebenso kann der intrapersonale Konflikt aber auch durch zwei als gleich unattraktiv bewertete Optionen entstehen (Vermeiden-Vermeiden-Konflikt). Denken Sie beispielsweise an die Alternativen, zur eigenen Fortbildung entweder eine qualitativ hochwertige, aber sehr kostenintensive Auslandsschulung oder eine kostengünstigere, aber qualitativ schlechtere Online-Standard-Schulung zu absolvieren. Als Führungskraft sollten Sie wissen, dass der intrapersonelle Konflikt • den interpersonellen Konflikt anheizen bzw. entfachen kann. Das Wissen um diesen Zusammenhang kann Ihnen neue Ansatzpunkte liefern, wenn man über Ursachen von scheinbar festgefahrenen interpersonellen Konflikten und deren Lösung nachdenkt. • durch den eigenen Verzicht auf ein konfliktäres Ereignis gelöst werden kann. D. h. Sie könnten entscheiden, bis auf weiteres keine Schulung zu besuchen und so den intrapersonellen Konflikt bzgl. der beschriebenen Schulungsformate beenden. Demgegenüber besteht der interpersonelle Konflikt immer zwischen mindestens zwei Personen und kann nur durch eine Verhandlung zwischen den Konflikt-Parteien gelöst werden (vgl. Abbildung 102). Konflikte unterscheiden sich in ihrer Sichtbarkeit Wie schnell Sie erkennen, welche intra- und interpersonellen Konflikte in Ihrem Team vorliegen, hängt insbesondere auch von der Sichtbarkeit der Konflikte ab. Man spricht diesbezüglich von kalten und heißen Konflikten (vgl. Abbildung 103). Dabei ist der kalte Konflikt mitunter sehr schwer zu erkennen, denn er verläuft typischerweise sehr still, quasi im Verborgenen, während der heiße Konflikt ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr zu übersehen – und ggf. zu überhören – ist. Verschiedene Konfliktarten haben typischerweise verschiedene Konfliktursachen Bleiben Sie also aufmerksam und fokussieren Ihren Blick auf die Erkennung von Konflikten. Viele Konflikte sind jedoch erst auf den zweiten Blick erkennbar. Sie entwickeln sich im Verlauf der Zeit von einem kalten zu einem heißen Konflikt. Je sensibler Sie auf konfliktrelevante Anzeichen in Ihrem Team achten, umso früher werden Sie eingreifen können. Dabei sind die Konfliktursachen vielfältig –

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

221

Abbildung 103: Kalter und heißer Konflikt377

folgende Konflikte und ihre Ursachen können Sie typischerweise täglich in Unternehmen beobachten:378 • Beziehungskonflikt: basiert auf persönlichen Antipathien – oft ohne rationalen Grund – die häufig auch auf Sachthemen ausstrahlen. • Machtkonflikt: basiert auf unterschiedlichen Sichtweisen auf den eigenen Einfluss bzw. den Einfluss von Kollegen / Bereichen / Abteilungen. • Wertkonflikt: basiert auf unterschiedlichen Arbeitsauffassungen, unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen bei der Arbeit, z. B. strukturiert vs. unstrukturiert, pünktlich vs. unpünktlich. • Sachkonflikt: basiert auf unterschiedlichen Sichtweisen bei Sachthemen, wie z. B. bei der inhaltlichen Ausgestaltung einer Aufgabe, der Definition von geeigneten Zielen oder der Bewertung von Lösungsszenarien. • Rollenkonflikt: basiert auf unterschiedlichen Erwartungen an eine Rolle oder einheitlichen Erwartungen an unterschiedliche Rollen. • Verteilungskonflikt: basiert auf unterschiedlichen Auffassungen über die Aufteilung vorhandener Ressourcen, z. B. ein Mitarbeiter wird gleichzeitig von mehreren Projekten als Vollzeit-Projektmitglied angefordert. • Kommunikationskonflikt: basiert auf Missverständnissen z. B. aufgrund unterschiedlicher Kommunikationsebenen.379

377

Vgl. Schwertfeger / Bähner, 2019, S. 30 f. Vgl. Mai, 2021d. 379 Vgl. dazu auch Kapitel 3.2.4 Kommunikationsmanagement. 378

222

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Keine Konfliktbewältigung ohne Ursachenermittlung Speziell bei interpersonellen Konflikten, die für Sie aus dem Nichts entstanden sind, sollten Sie immer die eindeutige Konfliktursache ermitteln. Nur so sind Sie in der Lage, den Konflikt zu verstehen, seine wahre Ursache zu erkennen und später konstruktiv aufzulösen. Das ist deshalb so wichtig, weil „die Gründe, die einen Konflikt auslösen, selten die Gründe sind, die einen Konflikt aufrechterhalten. Der Konflikt wird autopoetisch, nährt sich im Laufe der Zeit aus sich selbst und schöpft dabei aus immer neuen Quellen“380. Das heißt für Sie: Je früher Sie Konflikte erkennen, umso eher kommen Sie an den Kern der Konfliktes heran und umso eher werden Sie den wahren Konfliktgrund der Parteien aktiv managen können. Bedenken Sie: Es gibt Konflikte, bei denen Ihnen die Konfliktparteien nicht mehr im Einzelnen beschreiben können, warum Sie sich konfliktär gegenüberstehen – und was die ursprüngliche Ursache des Konfliktes war. Dann ist es oftmals zu spät für eine weitere Zusammenarbeit. Das gilt es auch im Sinne Ihrer Verantwortung für die Mitarbeiter zu verhindern. Enttäuschte Erwartungen sind ein Nährboden für Konflikte Eine weitere, typische Quelle für Konflikte sind enttäuschte Erwartungen. Auch Sie als Führungskraft sehen sich – häufig unausgesprochenen – Erwartungen Ihres Umfeldes ausgesetzt. So haben Ihre Mitarbeiter, Vorgesetzten, Kollegen, Kunden, Lieferanten etc. unterschiedlichste Erwartungen an Sie. Und zwar zusätzlich zu den Erwartungen, die Sie an sich selbst stellen. Es ist daher riskant, die Erwartungen Ihres Umfelds an Sie als Führungskraft zu ignorieren.381 Sie sollten sich daher regelmäßig etwas Zeit nehmen, um sich die Erwartungen klar zu machen. Sie werden schnell Erkenntnisse gewinnen, die Sie vor Konflikten bewahren. Klären Sie regelmäßig die Erwartungen Ihres Umfeldes und entscheiden Sie auf dieser Grundlage, ob es hier Quellen für Konflikte gibt, die Sie aktiv angehen wollen. Skizzieren Sie Ihr ganz persönliches Spannungsfeld der Erwartungen (vgl. Abbildung 104). Gehen Sie dabei die Interessengruppen und Ihre Erwartungen an Sie sukzessive durch. Sie werden überrascht sein, wie viele Erwartungen Ihnen schon bekannt sind. Inkompatible Erwartungen an Sie sollten Sie kurzfristig aktiv bearbeiten und nach Möglichkeit auflösen. Die Konfliktlösung setzt Gemeinsamkeiten und den Willen zur Lösung voraus Nachdem Sie einen Konflikt identifiziert und seine Entstehung, Gründe und Beteiligten erfasst haben, schreiten Sie zur Tat: Sie managen den Konflikt. Auch dabei gilt es einiges zu berücksichtigen.

380 381

Sprenger, 2020, S. 244. Vgl. Hofbauer / Kauer, 2014, S. 36 f.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

223

Abbildung 104: Die Führungskraft im Spannungsfeld der Erwartungen382

Erstens macht eine Konfliktlösung nur dann Sinn, wenn die Konfliktparteien einen gemeinsamen Handlungsrahmen  – z. B. ein gemeinsames Wertesystem  – teilen. Finden Sie heraus, welche Gemeinsamkeiten es zwischen den Konfliktparteien gibt. Finden Sie nichts Verbindendes, wird sich der Konflikt vermutlich nicht auflösen lassen.383 Suchen Sie daher nach Gemeinsamkeiten – um sie bestmöglich zu festigen und als Grundlage der weiteren Zusammenarbeit den Konfliktparteien immer wieder vor Augen zu führen. Zweitens müssen die Konfliktparteien den Konflikt lösen wollen, indem Sie Voraussetzungen akzeptieren, die zur Konfliktlösung erforderlich sind. Dies setzt insbesondere voraus, dass man den Konfliktpartner als gleichberechtigt anerkennt, ihm auf Augenhöhe begegnet, bereit ist, die Perspektive des anderen zu erkennen. Jede Konfliktpartei muss sich darüber im Klaren sein, dass es bei einem Konflikt immer auch auf ein gegenseitiges Entgegenkommen ankommt. Sollten die Konfliktparteien hierzu nicht bereit sein, ist es Ihre Aufgabe, diese notwendigen Voraussetzungen zur Konfliktlösung, z. B. durch individuelle Gespräche mit den Beteiligten, zu schaffen.384 Drittens können Sie selbst aktiv entscheiden, welche Form der Konfliktlösung jeweils im Einzelfall für Sie in Frage kommt. Bei der klassischen, traditionellen Form der Konfliktlösung übernehmen Sie als Führungskraft die Konfliktmoderation oder bitten einen Mediator, den Konflikt abzukühlen, um auf diesem Wege die Voraussetzung für eine weitere konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Konfliktparteien zu schaffen. Je nach Konfliktintensität und Bereitschaft der Parteien, den Konflikt zu lösen, besteht eine Lösungsoption darin, allein durch die 382

Vgl. Hofbauer / Kauer, 2014, S. 38. Vgl. Sprenger, 2020, S. 36 f. 384 Vgl. Sprenger, 2020, S. 200 f. 383

224

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

physische Trennung der Konfliktparteien schon einen konfliktmindernden Effekt zu erzielen.385 Dies kann im Extremfall soweit gehen, dass man sogar eine Beendigung der Zusammenarbeit der Konfliktparteien veranlasst. Bei diesem häufig anzutreffenden Handlungs-Reflex von Führungskräften, der zudem fälschlicherweise häufig vorschnell als ‚konsequente Führung‘ missinterpretiert wird, sind wir uns hoffentlich einig, dass dies nur die letzte Option einer Konfliktlösung sein sollte. Zumal mit dieser Reaktion auf den Konflikt häufig nicht der Grund, nicht die Ursache des Konflikts verschwindet. Es droht die Verlagerung des Konfliktes. Daher wollen wir uns im Fortgang weiter mit der aktiven Bearbeitung des Konfliktes beschäftigen. Konflikte zwischen Mitarbeitern haben auch immer mit der Führungskraft zu tun Bevor Sie sich über das anzustrebende Ergebnis einer Konfliktlösung im Vorfeld der Gespräche mit den Konfliktparteien im Klaren werden, sollten Sie einmal kurz in den Spiegel schauen und sich für die Konfliktlösung zwei erfolgskritische Sachverhalte klar machen: • Sie als Führungskraft haben immer einen Anteil am Konflikt Ihrer Mitarbeiter. Vielleicht nur einen ganz kleinen, vielleicht aber auch einen größeren Anteil. Seien Sie daher ehrlich zu sich selbst und fragen sich: „Was trage ich dazu bei, dass die anderen sich so verhalten, wie Sie sich verhalten? Geben Sie sich nicht selbst die Schuld am Konflikt, aber prüfen Sie, was Sie selbst dazu beigetragen haben“386. • Jede Konfliktpartei agiert aus Ihrer individuellen Sicht immer sinnvoll, auch wenn Sie es als Führungskraft (noch) nicht nachvollziehen können oder als nicht richtig einschätzen. „Aus systemischer Sicht ist menschliches Verhalten immer und in jeder Sicht sinnvoll. Oft nicht richtig, nicht ordnungsgemäß, nicht gesetzeskonform, nicht gerecht, nicht gut. Aber individuell sinnvoll  – voller Sinn“387. Das heißt konkret: Sie müssen sich auf die Suche nach dem Verständnis der Sichtweisen der Konfliktparteien machen, um überhaupt eine tragfähige Lösung, ein für beide Konfliktparteien gutes Ergebnis, entwickeln zu können. Nur wenn Sie die Sichtweisen der Konfliktparteien verstehen – Sie müssen Sie nicht teilen – ist die Tür zur Konfliktlösung durch Sie geöffnet worden. Durch die geschlossene Tür werden Sie den Konflikt nicht lösen! Tragfähige Konfliktlösungen erfordern immer den gemeinsamen Kompromiss – auf der Basis einer Win-Win-Situation Lassen Sie uns daher das anzustrebende Ergebnis einer Konfliktlösung genauer unter die Lupe nehmen. Die Konfliktlösung setzt voraus, dass man gemeinsam einen Kompromiss erzielt, der den Konflikt beendet. Kompromisse setzen vor 385

Zu den möglichen Formen der Konfliktbeendigung vgl. Sprenger, 2020, S. 205 ff. Sprenger, 2020, S. 240. 387 Sprenger, 2020, S. 241. 386

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

225

aus, dass beide Parteien bereit sind, von der maximalen Erfüllung Ihres spezifischen Bedürfnisses abzurücken. Dieses Abrücken hat im Kompromissfalle für beide Konfliktparteien Vor- und Nachteile. Ihre Aufgabe als Führungskraft und Konfliktschlichter ist es nun, einen solchen Kompromiss mit den Konfliktparteien zu entwickeln und darauf aufbauend die Win-Win-Aspekte für beide Parteien herauszustellen. Sie fokussieren also die Konfliktparteien auf die Vorteile der Lösung, hinter denen Sie sich versammeln können. Konfliktlösungen werden umso besser akzeptiert, je besser Sie als Führungskraft die Vorteilhaftigkeit der Lösung für beide Parteien herausarbeiten können. Nicht zuletzt auch dafür müssen Sie die jeweiligen Sichtweisen der Parteien vorher konkret nachvollzogen und verstanden haben. 3.2.6.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Die Zahl der Konflikte wird kontinuierlich zunehmen „Bisherige Studien zeigen, dass Manager bis zu 18 % Ihrer Arbeitszeit für das Moderieren von Konflikten aufwenden“388. Aufgrund der wertvollen, zunehmend interdisziplinären Zusammenarbeit der Mitarbeiter in der digitalen Transformation, wird dieser Wert keinesfalls kleiner werden. Vielmehr werden die Anforderungen an Führungskräfte wie Mitarbeiter, konstruktiv mit Konflikten umzugehen, weiter zunehmen.

Abbildung 105: Konfliktäre Situationen

Aus Kapitel 3.2.4 – Kommunikationsmanagement – wissen wir bereits, dass jeder Mitarbeiter die Welt mit seinen Augen, seinem persönlichen Wertesystem, sieht und gemäß seiner individuellen Prägung die Realität wahrnimmt.389 Aus diesem Grund sind die aus den individuellen Wahrnehmungsunterschieden resultierenden 388 389

Sprenger, 2020, S. 20. Vgl. Abbildung 82: Innerer Bezugsrahmen der Mitarbeiter.

226

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Konflikte zunächst einmal nichts Besonderes, nichts, was pauschal ein schlechtes Management offenlegt, nichts, was die Kraft und den Vortrieb des Teams behindern muss. Es zeigt eher, dass spätestens in der digitalen Transformation konfliktäre Situationen in einer immer komplexer werdenden Welt die Regel und nicht die Ausnahme sind.390 Konflikte werden zum Motor der Zusammenarbeit Die digitale Transformation lebt davon, dass Entscheidungen schneller, teambasierter, mit mehr Risiko als früher, getroffen werden. Die Zahl der möglichen Wege zum Ziel wird somit größer. Aufgrund der regelmäßig vorhandenen Datenmengen im Digitalzeitalter wird auch die Problemanalyse facettenreicher, mehr Sichtweisen fließen ein, jede Meinung zählt, Kreativität ist Trumpf. Diese neuen Ausprägungen der Zusammenarbeit führen dazu, dass die Anlässe für konfliktäre Situationen zunehmen. Dies sollten Sie aber nicht als Bedrohung, sondern als Motor der gemeinsamen Zusammenarbeit begreifen. „Wenn Sie wirklich Energie im Unternehmen freisetzen wollen, dann dürfen Sie Konflikte nicht zudecken, sondern müssen Sie aufdecken. Mehr noch: Anfachen“391. Denn „Konsensstreben ist der Tod jeder Bemühung, eine agile und an wechselnde, dynamische Umweltanforderungen ausgerichtete Organisation zu erreichen“392. Daher ist es eine Ihrer zentralen Herausforderungen, den Konflikt aus der Ecke des Unangenehmen, des sich Streitens, des sich nicht einig seins, zu holen und die große kreative Kraft des professionell gemanagten Konfliktes zu erkennen. D. h. Sie sollten Konflikte offenlegen, um sie für Unternehmen und Mitarbeiter nutzbringend bearbeiten zu können. Dies setzt voraus, dass Sie Konflikte an die Oberfläche holen, sie fördern. Konflikte sind kein Zeichen von Schwäche Also machen Sie sich und Ihren Mitarbeitern klar, dass der Konflikt an sich nichts Falsches, kein Zeichen von Schwäche ist. Es kommt vielmehr darauf an, dass man auch in konfliktären Situationen immer auch das Gemeinsame, das Verbindende im Auge behält. Machen Sie sich und Ihrem Team daher immer wieder klar: • „Man muss etwas Gemeinsames haben, um etwas als trennend zu empfinden“393. • „In Konflikte geht man nur in Erwartung einer gemeinsamen Zukunft“394. • „Man sollte erkennen und akzeptieren, dass alle von bestimmten Standpunkten her kommen und dass es irgendwo jenseits der individuellen Standpunkte einen Ort gibt, den man gemeinsam erreichen kann, solange man dialogfähig bleibt“395. 390

Vgl. Sprenger, 2020, S. 36 f. Sprenger, 2020, S. 25. 392 Slogar, 2018, S. 112. 393 Sprenger, 2020, S. 46. 394 Sprenger, 2020, S. 49. 395 Sprenger, 2020, S. 49. 391

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

227

3.2.6.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren • Ermöglichen und fördern Sie Diversität von Meinungen und schaffen Sie ein Klima des mutigen Äußerns der eigenen Meinung, indem unterschiedliche Überzeugungen als Bereicherung der Zusammenarbeit und nicht als Angriff auf die Person verstanden werden. Dies können Sie täglich vorleben, indem Sie ausdrücklich andere Meinungen zulassen, ja sogar aktiv einfordern und deren Mehrwert für die Zusammenarbeit herausstellen. • „Trennen Sie Person und Funktion! Entwickeln Sie Spaß an rollendefinierten Spannungen“396. • Gehen Sie offen, unaufgeregt und transparent mit Konflikten und Problemen um und entwickeln Sie dadurch Schritt für Schritt eine Vertrauensbasis mit dem Team, die für Ihr neues Konfliktmanagement erfolgskritisch ist. Nehmen Sie dabei Schwierigkeiten auch mal mit Humor – denn dies bedeutet ausdrücklich nicht, dass Sie Konflikte nicht ernst nehmen.397 • Sobald Sie einen Konflikt identifizieren: Handeln Sie schnell und führen Sie pro­ fessionelle Konfliktgespräche auf der Grundlage nachvollziehbarer Regeln:398 – Fokussieren Sie sich auf ein beobachtbares Problem, nicht primär auf die Person. D. h. Sie artikulieren ein Problem mit einem beobachtbaren Verhalten, nicht mit einer Person. – Sprechen Sie mit Ich- anstatt mit Sie-Botschaften. D. h. Sie formulieren „… ich nehme wahr, dass … anstatt … Sie sind …“. – Seien Sie konkret und spezifisch und verallgemeinern Sie nicht. D. h. Sie sprechen über konkrete, einzelne Beobachtungen und vermeiden dabei pauschale Formulierungen wie „… immer, … typisch, … nie“. – Fokussieren Sie sich auf die Problembehebung. D. h. Sie klagen nicht an und weisen keine Schuld zu, sondern schauen nach vorne. – Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Vorteile der Konfliktlösung für alle Beteiligten und überzeugen Sie die Parteien davon, dass die Lösung eine WinWin-Situation erzeugt, die beide Parteien akzeptieren können. – Verlangen Sie von den Konfliktparteien ein Bekenntnis zur gemeinsamen Zukunft. Die Lösung des Konfliktes ist nur nachhaltig, wenn Sie nicht durch die mangelnde Bereitschaft zur weiteren Zusammenarbeit zwischen den Konfliktparteien kannibalisiert wird. – Berücksichtigen Sie schon beim Einstieg in das Konfliktgespräch die vorgenannten Hilfestellungen und teilen Sie damit Ihre Erwartungen und Ihr Selbst 396

Sprenger, 2020, S. 266. Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 240. 398 Vgl. Sprenger, 2020, S. 218 ff. 397

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

verständnis zur Konfliktbearbeitung mit. Ihr Merksatz für den Einstieg in zukünftige Konfliktgespräche könnte wie folgt lauten: „Ich / habe ein spezifisches / Problem / das will ich lösen / wo ist der Punkt / an dem wir zukünftig / gemeinsam / ja sagen“399? • Konfliktmanagement ist für Sie ab sofort nicht mehr nur das Identifizieren und Lösen von Konflikten, sondern auch das Ermöglichen von Konflikten. Stellen Sie das große Potenzial einer wertschätzenden Austragung von Sach-Konflikten für das Team heraus. Die konstruktive Kraft eines Konfliktes stimulieren Sie durch folgende Führungsaktivitäten:400 – Etablieren Sie ein neues Harmonieverständnis im Team: Konsens ist kein Wert mehr, den Sie pauschal wertschätzen. Wenn sich das Team unterstützt, sich akzeptiert, kooperiert und gegenseitig wertschätzt, so ist der Konsens in der Sache auf Dauer kontraproduktiv für eine effektive, effiziente und kreative Aufgabenerledigung. – Verändern Sie die Sprachgewohnheiten im Team hin zu einer klaren, deutlichen Sprache: Ein Problem sollte auch als solches bezeichnet werden dürfen. Es wimmelt in den Managementetagen von vermeintlich politisch korrekten Formulierungen, die jedoch den Blick auf real existierende Probleme häufig vernebeln. Probleme und Konflikte sollten erst gar nicht sprachlich weichgespült werden. Wer kennt ihn nicht, den vielzitierten Satz: „Wir haben keine Probleme, wir haben nur Herausforderungen.“ Nein, bitte lassen Sie uns auch Probleme haben und diese lösen! – Ermutigen Sie daher auch einzelne Teammitglieder, offen auf Probleme hinzuweisen und brandmarken Sie oft in diesem Zusammenhang zu hörende Kommentierungen dieser Hinweise wie: „Wer nicht Teil der Lösung ist, ist Teil des Problems“. Mit solchen Kommentaren von Führungskräften oder Kollegen wird die Identifikation von Problemquellen fahrlässig erstickt. – Ermutigen Sie stets Ihr Team, auch für andere unangenehme Wahrheiten und Erkenntnisse dennoch offen anzusprechen, selbst wenn dies zunächst ggf. zu einem Konflikt in der Sache führen könnte. Es ist eine falsch verstandene Rücksichtnahme, den Kollegen die abweichende, eigene Meinung nicht mitzuteilen. – Etablieren Sie einen neuen Solidaritätsbegriff in Ihrem Einflussbereich: Solidarität bedeutet für Sie, dass sich alle aufeinander verlassen können, das man füreinander da ist, sich hilft, wann immer es erforderlich ist. Solidarität bedeutet ausdrücklich nicht, dass man schweigt, wenn man unterschiedlicher Meinung ist. Meinungspluralismus inklusive des leidenschaftlichen Eintretens für die eigene Meinung ist durch den umfassenden Austausch von Ideen, Argumenten, Zweifeln etc. der Treibstoff eines erfolgreichen Teams. Auch wenn 399 400

Sprenger, 2020, S. 233. Vgl. dazu Sprenger, 2020, S. 110 ff.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

229

dies eine konfliktäre Kraft erzeugen kann, so ist es Ihre Aufgabe als Führungskraft, diese sich ggf. anbahnenden Konflikte zu managen und in positive Energie für das Teams umzuwandeln. 3.2.6.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Konflikt-Partitur Mit Hilfe der Konflikt-Partitur können Sie einen Konflikt hinsichtlich seiner Entwicklung, Inhalte und Beteiligten im Zeitverlauf illustrieren und so für sich und alle Beteiligten anschaulich darstellen. Das macht komplizierte Konflikte anfassbar, transparent, diskutierbar und schafft die Voraussetzung für deren Lösung.

Abbildung 106: Konflikt-Partitur401

Win-Win-fokussierte Konfliktlösung Die Lösung eines Konfliktes können Sie strukturiert und professionell wie folgt in vier Schritten managen. Nehmen Sie in einem ersten Schritt ganz bewusst die jeweiligen Perspektiven der Konfliktpartner ein. Versetzen Sie sich bestmöglich in die Positionen der Konfliktpartner. Damit verfolgen Sie das Ziel, die Bedürfnisse der Konfliktparteien sowie den Kern und den Inhalt des Konfliktes genau zu verstehen. Im zweiten Schritt skizzieren Sie den Konflikt und erzielen mit den Konfliktparteien Einigkeit über den sachlichen Teil des Konfliktes, was er enthält, was er aber auch nicht enthält. Die Nutzung der Konflikt-Partitur (vgl. Abbildung 106) kann Bestandteil dieses Schrittes sein. Trennen Sie stets das sachliche Problem von den Personen. Konflikte finden häufig auf der persönlichen Ebene statt. Ho 401

Glasl, 2019, S. 24.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

len Sie den Konflikt zur Lösung auf die Sachebene zurück, indem Sie die Fakten, die Sachthemen beleuchten. Fokussieren Sie sich auf die gemeinsamen Interessen der Konfliktparteien und nicht auf die Personen selbst.

Abbildung 107: Win-Win-fokussierter Kompromiss402

Im dritten Schritt erarbeiten Sie – idealerweise gemeinsam mit den Konflikt­ parteien – Lösungsoptionen, die die Bedürfnisse beider Parteien berücksichtigen und vor allem der Sache dienen. Man kann sich immer hinter dem Unternehmenszweck und den gemeinsamen Bereichszielen versammeln und von dort aus gemeinsame Lösungen weiterentwickeln. Ein gemeinsamer Kompromiss wird sachlogisch immer so aussehen, wie der in Abbildung 107 dargestellte (vgl. weißes Quadrat in Abbildung 107). Das heißt: Jeder Kompromiss hat zwar Felder, in denen die eine oder andere Konfliktpartei ihre Bedürfnisse nicht berücksichtigt sieht. Das ist das Wesen des Kompromisses. Beide Seiten müssen bei einem Kompromiss Abstriche bei ihren Bedürfnissen machen, die sie als Verlust interpretieren. Mögliche Argumente sollten Sie mit Blick auf den Kompromiss antizipieren, sich auf Einwände vorbereiten, diese ggf. auch aktiv aufgreifen, thematisieren und einordnen. Um dann jedoch schnellstmöglich die Aufmerksamkeit aller Konfliktbeteiligten auf die gemeinsamen Win-Win-Aspekte des Kompromisses zu konzentrieren (vgl. schraffiertes Feld ‚Fokus‘ in Abbildung 107). Sie heben die gemeinsamen Vorteile des Kompromisses hervor. Sie versäumen es dabei nicht, auf die gegen­seitige Bereitschaft hinzuweisen, dass jeder Kompromiss Bewegung in den ggf. ehemals verhärteten Positionen auf beiden Seiten voraussetzt. Dies sollte umso leichter möglich sein, je stärker Sie die bestehenden Gemeinsamkeiten  – gemeinsame Kultur, gemeinsame Ziele, gemeinsame Erfolge – ins Bewusstsein (zurück-)holen. 402

Vgl. Mai, 2021d.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

231

Im vierten und letzten Schritt holen Sie sich von den Beteiligten die ausdrückliche Zustimmung, dass beide Konfliktparteien mit der Lösung leben können und wollen. Wir halten daher fest: Erfolgreiches Konfliktmanagement fordert Sie als Führungskraft, denn Sie müssen in der Lage sein, • auf einem klaren Verständnis der Bedürfnisse der Parteien eine Konfliktlösung zu erarbeiten. • den Konflikt auf den sachlichen Kern zurückzuführen und somit von den Personen zu entkoppeln. • beide Parteien von den wechselseitigen Vorteilen der Lösung zu überzeugen und • eine explizite Zustimmung zur gemeinsamen (Kompromiss)Lösung einzuholen.403 Da sage noch jemand, jeder kann führen. Die nachfolgenden Werkzeuge unterstützen Sie in allen 4 dargestellten Schritten der Konfliktlösung und helfen Ihnen daher, die Konflikte effektiv und effizient zu bearbeiten. Them-o-meter Mit dem Them-o-meter können Sie einen Konflikt für jede Konfliktpartei emotional und kognitiv transparent machen und erste Lösungsansätze offenlegen. Dieses Werkzeug greift die Erkenntnis auf, dass Konfliktparteien sich wechselseitig fast nie ausschließlich negativ sehen, sondern in den meisten Fällen auch positive Seiten beim Gegenüber schätzen. Sie gehen als Moderator des Konfliktes in drei Schritten vor: Zuerst stufen Sie jeweils gemeinsam mit einer Konfliktpartei die Situation auf der Minus- und Plus-Skala ein (vgl. Abbildung 108, Ziffer 1). Im dargestellten Beispiel hat die Konfliktpartei die Situation auf der Minus-Skala bei 90 % und auf der Plus-Skala bei 30 % eingestuft. Es kommt hierbei nicht darauf an, objektive Kriterien für die Prozenteinschätzungen zu haben – es reicht aus, wenn die Konfliktparteien ihre individuelle Einschätzung auf den beiden Skalen abgeben. Im zweiten Schritt fordern Sie die Konfliktparteien auf, jeweils eine weitere Einschätzung auf der Minus- und Plus-Skala abzugeben, diesmal mit der Frage: „Wo müssten die Kreuze gesetzt werden, damit sich der Konflikt idealerweise auflöst, weil es Ihnen besser geht und Sie nicht mehr durch den Konflikt belastet sind (vgl. Abbildung 108, Ziffer 2)?“ 403

Die sog. Harvard-Methode der Konfliktlösung sieht vor der Entscheidung für eine Konfliktlösungsalternative noch die Möglichkeit vor, die Entscheidung entlang von unabhängigen Entscheidungskriterien zusätzlich abzusichern. Dies ist jedoch in der Praxis häufig nicht notwendig. Vgl. dazu auch Mai, 2021d.

232

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 108: Them-o-meter (mit Beispieleinträgen)404

Im dritten und letzten Schritt – und dies ist der Schlüssel zur Konfliktlösung – halten Sie jeweils für die Minus- und Plus-Skala fest, welche Themen konkret geklärt und angegangen werden müssen, um die Situation so zu verbessern, dass der Konflikt bestenfalls gelöst werden kann (vgl. Abbildung 108, Ziffer 3). Sie werden erstaunt sein: Häufig öffnen sich durch dieses Vorgehen sehr schnell Perspektiven und Wege heraus aus dem Konflikt, welche Sie und die Konfliktparteien zunächst nicht gesehen haben. Probieren Sie’s beim nächsten Konflikt mal aus – es ist gut investierte Zeit, dieses Werkzeug einzusetzen. Ein Durchgang dauert maximal 15 Minuten und kann daher von Ihnen auch bereits bei ersten, vagen Anzeichen eines personellen Konfliktes im Rahmen regulärer Mitarbeitergespräche als ‚Temperaturmessung‘ effektiv eingesetzt werden. Quadratische Konfliktanalyse Komplexe Konflikte gehen häufig mit emotionalen und unstrukturierten Vorträgen der Konfliktparteien zu seinem Inhalt einher. Mit der quadratischen Konfliktanalyse können Sie Informationen aufnehmen und strukturieren. Diese Konfliktanalyse wird deshalb als quadratisch bezeichnet, weil sie vier gleichgewichtete Informationstypen – analog zu den vier gleichlangen Seiten eines Quadrates – bei der Betrachtung des Konfliktes bereitstellt. Die quadratische Konfliktanalyse trennt • Sachinformationen, • Personeninformationen, • Beziehungsinformationen und • Appelle. 404

Vgl. Dörflinger-Khashmann, 2019a, S. 90 f.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

233

Ziel ist es, entlang der vier Perspektiven eine ausgewogene Betrachtung des komplexen Konfliktes sicherzustellen. Dabei treffen die Konfliktpartner im Gespräch nicht zwingend zu jedem der insgesamt sechzehn Informationsfelder explizite Aussagen. Daher erhalten Sie mit Hilfe der quadratischen Konfliktanalyse auch eine Sicht auf mögliche Konflikt-Schwerpunkte und blinde Flecken des Konfliktes.

Abbildung 109: Quadratische Konfliktanalyse405

Checkliste Gruppenkonflikt Gruppenkonflikte zeichnen sich dadurch aus, dass sie hinsichtlich ihrer Ursachen, den einzelnen Beteiligten, ihrer Veränderungsdynamik etc. häufig intransparenter und von außen zunächst noch undurchsichtiger sind als Konflikte zwischen Einzelpersonen. In diesem Falle können Sie sich anhand der nachfolgenden Checkliste einen strukturierten Eindruck über den Konflikt und seine verschiedenen Facetten verschaffen. Im Falle von Gruppenkonflikten ist es besonders erfolgskritisch, die • Schlüsselpersonen und Meinungsbildner zu erkennen. • ggf. existierenden Gegenpole in den Gruppen zu identifizieren. • Gründe der Gruppenzugehörigkeit zu verstehen. • Lösungsbereitschaft und Lösungsfähigkeit der Gruppen einzuschätzen. • Erwartungen der Gruppe an Sie als Führungskraft zu kennen und • eigene Rolle als Führungskraft in der Konfliktlösung konkret festzulegen.

405

Vgl. Middelhoff, 2019, S. 112 ff.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 110: Gruppenkonflikt – Checkliste406

Nur wenn Sie ein klares Bild zu den genannten Punkten haben, können Sie bei der Konfliktbewältigung an den richtigen Stellen  – Personen, Strukturen, Prozesse – ansetzen. Insbesondere bei Gruppenkonflikten sollten Sie viel Aufmerksamkeit in die Situationsanalyse investieren. Wenn Sie die Funktionsfähigkeit der Gruppe und ihre 406

Jiranek / Edmüller, 2017, S. 309 f.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

235

Verhaltenstreiber nicht verstehen, wird Ihr Konfliktmanagement bei Gruppenkonflikten bestenfalls ins Leere laufen, vermutlich den Konflikt sogar verschärfen. Das gilt es unbedingt zu vermeiden. Das Erklärungshaus Sollte sich in Ihrer Anwesenheit spontan ein Konflikt zwischen zwei Personen entzünden, den Sie an Ort und Stelle konstruktiv managen wollen (oder sogar müssen), so können Sie das sog. Erklärungshaus nutzen. Bildlich gesprochen laufen Sie gemeinsam mit den Konfliktparteien durch das Erklärungshaus – vom Erdgeschoss bis ins Dachgeschoss – mit dem Ziel, den Konflikt zu lösen oder zumindest abzukühlen.

Abbildung 111: Das Erklärungshaus407

Sie betreten gedanklich das Erklärungshaus im Erdgeschoß, indem Sie den konfliktären Dialog unterbrechen (vgl. Abbildung 111, Eingangsstatement). Daran anschließend beschreiben Sie die aktuelle Situation aus Ihrer Sicht (vgl. Abbildung 111, Situationsbeschreibung) und richten danach den Blick mit einem Ausgangsstatement nach vorne in Richtung einer Lösungsfindung (vgl. Abbildung 111, Ausgangsstatement). Danach verlassen Sie das Erdgeschoss in Richtung des ersten Obergeschosses. Dort verallgemeinern Sie die konfliktäre Situation (vgl. Abbildung 111, Verallgemeinerung). Damit nehmen Sie dem Konflikt das Besondere, das Einzigartige, die Brisanz. Darüber hinaus können Sie die Situation auch dafür nutzen, die fachliche 407

Vgl. Prior, 2019, S. 277 ff.

236

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Bedeutung der Konfliktparteien für den Teamerfolg zu würdigen. Sofern es Ihre bisherige Einschätzung der Konfliktsituation zulässt, können Sie mit Aussagen wie „Konfliktäre Situationen wie diese sind bei der Zusammenarbeit von motivierten Spezialisten unter Zeitdruck nicht selten“ einerseits den Konflikt unmissverständlich adressieren, ihn andererseits jedoch in den Kontext großer Wertschätzung für die fachlichen Qualifikationen sowie die Motivation der Konfliktparteien stellen. Danach betreten Sie das 2. Obergeschoss des Erklärungshauses und öffnen den Blick auf eine etwaige Lösung, indem Sie von Beispielen früherer, erfolgreicher Konfliktbewältigungen aus Ihrem Verantwortungsbereich berichten (vgl. Abbildung 111, Konkretisierung). So beginnen Sie, den aktuellen Konflikt in einen positiven Kontext zu stellen, ihn im Kontext anderer Erfahrungen zu beschreiben und einzuordnen. Sie liefern konkrete Beispiele, dass es andere auch geschafft haben – und vor allem, wie Sie es geschafft haben. Warum sollte es also im vorliegenden Fall nicht auch gelingen? Sollten Sie dann immer noch nicht den Eindruck haben, dass Sie den Konflikt erfolgreich entschärfen konnten, so können Sie im Erklärungshaus noch das Dachgeschoss betreten. Sie formulieren eine Anti-These, d. h. Sie verwerfen selbst mögliche (vorher aufgezeigte) Lösungen mit der Begründung, dass beide Konfliktparteien dazu wohl nicht mehr in der Lage sind (vgl. Abbildung 111, Antithese). Sie zeigen also Zweifel an beiden Konfliktparteien – und setzen sie damit in das gleiche Boot. Zugegebenermaßen zunächst einmal nur kommunikativ. Dennoch führt es in vielen Konfliktfällen bereits zu einem Nachdenken beider Parteien und nicht selten bereits an Ort und Stelle zu ersten positiven Signalen einer Lösung. Wenn Konfliktparteien zugestimmt haben, einen Konflikt dauerhaft beizulegen, so rückt die Phase der konkreten Konfliktlösung und zukünftigen -vermeidung ins Zentrum Ihrer Aufmerksamkeit. Dabei können drei weitere Werkzeuge Ihr Konfliktmanagement erfolgreicher machen. Konfliktvermeidungsaufgaben Zum einen können Sie die Konfliktparteien konkrete Ansatzpunkte einer Vermeidung zukünftiger destruktiver Konflikte erarbeiten lassen. Dazu sollten Sie Ihren Mitarbeitern Freiheiten in der Ausgestaltung lassen. Jedoch ist es erfahrungsgemäß hilfreich, den Konfliktparteien bei der Herangehensweise behilflich zu sein. Überlegen Sie, ob es in der konkreten Konfliktsituation sinnvoll sein kann, den Parteien entlang von drei Aufgabentypen Hilfestellungen mit auf den Weg der Lösungsfindung zu geben:408 • Beobachtungsaufgaben: Sie bitten beide Konfliktparteien, sich vorzustellen, dass der Konflikt bereits gelöst sei. Dabei sollen die Beteiligten sich selbst be-

408

Vgl. Schroeter, 2019, S. 339 ff.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

237

obachten, wie sie sich verhalten, wie es ihnen geht und was sich sonst noch aus ihrer Sicht verändert hat. • Reflexive Aufgaben: Sie bitten beide Konfliktparteien, sich zu überlegen, wann die Konfliktsituation schon einmal weniger schlimm war und welche Verhaltensweisen damals dafür verantwortlich waren. • Interaktive Aufgaben: Sie bitten beide Konfliktparteien, sich klar darüber zu werden, was aktuell schon gut läuft und so bleiben soll? Was muss jedoch verbessert werden und braucht mehr Aufmerksamkeit? Was kann jeder einzelne in der Zusammenarbeit für eine Verbesserung der Situation tun? Was wünschen sich die (ehemaligen) Konfliktparteien voneinander? Stresstest der Lösung In der Phase der gemeinsamen Erarbeitung von Konfliktvermeidungsszenarien kann oft beobachtet werden, dass die Konfliktparteien geradezu euphorisch an Lösungen arbeiten. Die Lösungseuphorie und den damit einhergehenden Willen zur dauerhaften Konfliktlösung sollten Sie auf keinen Fall bremsen. Dennoch ist es Ihre Aufgabe, die Tragfähigkeit der Lösungen konstruktiv-kritisch zu hinterfragen. Das können Sie beispielsweise tun, indem Sie beiden Parteien die hypothetische Frage stellen, was aus ihrer Sicht als erstes nach der Konfliktlösung schiefgehen wird.409 Ebenso sollten Sie vor der verbindlichen Verabschiedung einer Lösung auch noch einmal das Ambitionsniveau der Vereinbarung beleuchten. Bei aller Freude über die gemeinsame Lösung sollte Sie auch einem stürmischen Alltag standhalten können. Es geht nicht darum, ehrgeizige Ambitionen zu reduzieren, sondern schnelle, neue Enttäuschungen der gemeinsamen Zusammenarbeit nach Möglichkeit zu vermeiden. Konfliktlösungen müssen realistisch und im wahrsten Sinne des Wortes auch lebbar sein. Achten Sie darauf, dass Ihr kritisches Hinterfragen der Lösungen nicht als mangelndes Vertrauen in die Beteiligten missverstanden wird. Weisen Sie darauf hin, dass Konfliktlösungen auch im Tagesgeschäft, unter Belastung der Beteiligten, unter Zeitdruck etc. funktionieren müssen. Denn nicht selten erfolgt in solchen Situationen ein Rückfall in alte Zeiten. Im Idealfall liefern Ihnen die ehemaligen Konfliktparteien beim Stresstest der Lösungen bereits gute Argumente, warum die Lösungen Bestand haben werden. Rückfallpraline Zusätzlich zum vorgestellten Stresstest sollten Sie den Konfliktparteien dennoch ein Werkzeug anbieten, das es Ihnen erlaubt, dem Konfliktpartner einen wahrgenommenen, beginnenden Rückfall in alte Zeiten anzuzeigen. Dazu dient die sogenannte Rückfallpraline.

409

Vgl. Schroeter, 2019, S. 339 ff.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Dieses Konfliktmanagementwerkzeug fordert die (ehemaligen) Konfliktparteien auf, dass derjenige, dem ein Rückfall in alte Zeiten auffällt, dem anderen eine Praline auf den Schreibtisch legt und damit symbolisch anzeigt, dass man Gesprächsbedarf hat.410 Dies sorgt dafür, dass sich die Konfliktparteien einem ggf. wieder aufflammenden Konflikt gemeinsam schnell annehmen können und nicht warten, bis der Konflikt wieder offen aufbricht. Häufig werden Konflikte nach vermeintlichen Lösungen zu schnell ad acta gelegt und verschwinden aus dem Blickfeld der Führungskraft, häufig auch aus dem Blickfeld der Konfliktparteien. Mit diesen Werkzeugen sorgen Sie dafür, dass Sie den Konflikt nicht zu früh als erledigt ansehen. Denn der Wille zur Einigung heißt noch nicht, dass die Einigung auch wirklich stattfinden wird und sich beide Parteien auch über konkrete Eckpunkte der Einigung dauerhaft verständigt haben. Aber gerade dies ist für eine tragfähige Lösung die notwendige Bedingung. Der Mediator als Prozessexperte Sollten Sie als Führungskraft Gründe haben, sich operativ zunächst nicht selbst in die Konfliktlösung einzubringen, so können Sie auch einen Mediator einsetzen. Der Mediator übernimmt entlang der bereits skizzierten Schritte Ihre Rolle und arbeitet mit den Konfliktparteien. Dabei trifft der Mediator jedoch keine Lösungsentscheidungen, sondern hilft den Parteien bei der eigenen Lösungsfindung. Die Arbeit des Mediators folgt dabei dem Grundprinzip, dass die Konfliktparteien am besten wissen, wie der Konflikt zu lösen ist, jedoch Hilfe beim Finden der Lösung benötigen. Aufgrund der Rolle des Mediators bei der Erarbeitung einer Konfliktlösung muss dieser von beiden Konfliktparteien akzeptiert sein. Nur wenn dies der Fall ist, kann der neutral agierende Mediator im Einzelfall auch Lösungsansätze aufzeigen, die von den Beteiligten in eine eigene Lösung überführt werden. Die bei den Beteiligten liegende Ergebnisverantwortung ist auch von vorneherein so zu vereinbaren und lässt die Konfliktparteien in der Verantwortung für die Lösung des Konfliktes.411 Der Supervisor mit inhaltlicher Verantwortung Auch bei der Supervision haben Sie vorher entschieden, sich als Führungskraft nicht operativ in die Konfliktlösung einzubringen. Die Supervision eignet sich besonders zur Bearbeitung von Konflikten, die auf strukturellen Problemen in einem Team basieren. Auch sollten Sie über eine Supervision nachdenken, wenn Sie stark verhärtete Konflikte haben, die auf einer komplexen Gemengelage hinsichtlich der Verhaltensweisen, Prozesse etc. basieren.412 Der Supervisor analysiert Inter­

410

Dörflinger-Khashman, 2019b, S. 336 ff. Zur Mediation vgl. auch Mai, 2021d. 412 Zur Supervision vgl. auch Mai, 2021d. 411

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

239

aktionen und Verhaltensmuster innerhalb eines Teams oder ganzen Bereiches und arbeitet von Beginn an – anders als der Mediator – auf die Entwicklung eines eigenen Lösungsvorschlages hin, den er aus seinen Beobachtungen ableitet.

3.2.7 Hebel 6: Kreativitätsmanagement 3.2.7.1 Das sollten Sie wissen Kreativität ist die Voraussetzung für Innovationen „Das Überleben und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen werden, im Gegensatz zum Zeitalter der industriellen Revolution, nicht mehr durch eine immer weitergehende Steigerung der Produktivität repetitiver Tätigkeiten sichergestellt, sondern durch die Entwicklung kreativer Ideen und der kreativen Lösung von Problemen“413. Daher brauchen die Unternehmen zunehmend kreative Teams, die Innovationen produzieren, wollen sie in den zunehmend schneller verändernden Märkten erfolgreich bleiben und in der Lage sein, sich sogar Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten. Aber was genau ist Kreativität? Kreativität ist „… die Fähigkeit, originell, fantasievoll und schöpferisch zu denken, sowie etwas zu erfinden oder zu erschaffen, das neu, nützlich und sinnlich erlebbar ist“414. Kreativität um ihrer selbst Willen ist jedoch grundsätzlich wertlos, sie muss nutzenorientiert sein. Genau hier liegt eine der zentralen Herausforderungen Ihres Kreativitätsmanagements: Kreatives Arbeiten benötigt einerseits große Freiräume im Denken, Handeln und Tun. Anderseits muss kreatives Arbeiten immer auf das Finden besserer Lösungen, auf höhere Qualität, auf niedrigere Kosten, auf das Erfüllen der Unternehmensziele – und immer auf den Kundennutzen ausgerichtet sein. Die große Kunst kreativ zu arbeiten ist es, die richtige Balance aus freiem Denken und zielgerichtetem Handeln zu finden. Umso sinnvoller ist es, kreative Ideen schnellstmöglich auszuprobieren und auf diese Weise einem Belastungstest zu unterziehen. Kreativität ist erlernbar und entsteht aus der Kombination vieler Einzelfähigkeiten Sie haben sicherlich auch den einen oder anderen besonders kreativen Mitarbeiter in Ihrem Team. Dabei wird Kreativität häufig als eine Eigenschaft verstanden, die ein Mitarbeiter hat oder eben auch nicht. Aber Kreativität ist entgegen einer weit verbreiteten Meinung erlernbar, trainierbar, durch die Führungskraft stimulierbar. Und Kreativität ist positiv mit einer ganzen Reihe von Fähigkeiten Ihrer

413 414

Slogar, 2018, S. 119. Mai, 2021b.

240

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Mitarbeiter korreliert. Kreative Menschen sind überproportional häufig in der Lage • „Zusammenhänge zu erkennen, • Perspektiven zu wechseln, • vorhandenes Wissen zu kombinieren, • in Bildern oder Analogien zu denken, • spontan Assoziationen zu bilden, • Gegensätze aufzulösen, • intuitiv zu handeln sowie • widersprechende Verhaltensweisen anzunehmen“415. Erfolgreiche Unternehmen nutzen heute das kreative Potenzial aller Mitarbeiter im Unternehmen.416 Die Zeiten, in denen sich ausschließlich spezialisierte Unternehmensbereiche wie z. B. die Forschungs- und Entwicklungsabteilung oder das betriebliche Vorschlagswesen dem Thema Kreativität angenommen haben, sind längst vorbei. Jeder Mitarbeiter ist täglich gefordert, sein kreatives Potenzial einzubringen und zu nutzen. Ebenso können wir hier mit den Mythen aufräumen, dass die Aussicht auf Geldleistungen oder das Aufbauen von Zeitdruck positiv mit der Kreativität korreliert sind. Wenn Sie Ihre Mitarbeiter angemessen bezahlen und bereits einen gesunden Leistungsanspruch im Team leben, wird ein Mehr davon die kreative Leistung des Teams nicht mehr nennenswert verbessern.417 Auch unter Druck nimmt die Kreativität nicht zu. Der in wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmen häufig zu beobachtende Reflex des Managements, mittels offener Kommunikation auf den potenziellen Verlust von Arbeitsplätzen im Unternehmen und die damit verbundenen Risiken für jeden einzelnen Mitarbeiter hinzuweisen, erzeugt keine positiven, kreativen Kräfte.418 Im Gegenteil: Angst reduziert nachweislich im Gehirn die kreativen Potenziale.419 Führungskräfte sind dafür verantwortlich, dass Ihre Mitarbeiter innovativ sein können Sie sind als Führungskraft dafür verantwortlich, dass Ihre Mitarbeiter innovativ sein können. Sie tragen daher auch die Verantwortung, dass Ihre Mitarbeiter 415

Mai, 2021b. Vgl. Mai, 2021b. 417 Vgl. Mai, 2021b. 418 Vgl. Mai, 2021b. 419 Zu den Reaktionen des Gehirns auf Angst vgl. die Ausführungen zur emotionalen Intelligenz aus Sicht der Hirnforschung im Kapitel 3.1.2 – Eigenschaften der Mitarbeiter. 416

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

241

über einen breiten Wissensstand an Kreativitätstechniken verfügen und souverän damit umgehen können.

Abbildung 112: Innovationen und Kreativitätsmanagement420

Natürlich muss ein innovatives Team auch motiviert sein (vgl. Abbildung 112 ‚Wollen‘). Auch sollten Sie über geeignete Anreize und Rahmenbedingungen dem Mitarbeiter signalisieren, dass Innovationen gewünscht sind und sogar erwartet werden (vgl. Abbildung 112 ‚Dürfen‘). Auf diese Abhängigkeiten und Herausforderungen für Sie als Führungskraft gehen wir später (im Kapitel 3.4.2) noch näher ein. In diesem Kapitel fokussieren wir uns auf Ihr Management der Kreativität der Mitarbeiter, indem Sie einerseits dem Team die erforderlichen Kenntnisse für kreatives Arbeiten vermitteln und sukzessive ausbauen (vgl. Abbildung 112 ‚Können‘). Andererseits schaffen Sie über diese Wissensvermittlung die Voraussetzung für das Team, selbst zu erfahren, welche Vorteile kreatives Arbeiten in dynamischen und wettbewerbsintensiven Zeiten hat. 3.2.7.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Kreativitätsmanagement wird zur Kernaufgabe jedes Unternehmensbereiches Anders als noch vor 20 Jahren ist Kreativitätsmanagement keine Spezialdisziplin einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung mehr, sondern eine Kernaufgabe eines jeden Unternehmensbereiches, der die Überlebensfähigkeit seines Unternehmens und damit auch die eigene Daseinsberechtigung auf Dauer sichern will.421 Wir haben bereits gesehen, dass Kreativität die erfolgskritische Voraussetzung für Innovationen ist. Zudem ist sie eine der zentralen Fähigkeiten, die uns Menschen von den Maschinen unterscheidet.422 Teams sind in den heutigen Zeiten darauf angewiesen, eigene Wege zum Ziel zu finden, Themen von vielen Seiten zu beleuchten, mutig auch mal Ideen auszuprobieren, sie aber auch schnell wieder verwerfen zu können, und bewusst alle

420

Vgl. dazu auch Hofert, 2018, S. 99 ff. Vgl. dazu auch Hofert, 2018, S. 99. 422 Vgl. Liebermeister, o. A. 421

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Fähigkeiten und Kenntnisse des Teams beim Verstehen und Lösen von Problemen miteinzubeziehen, kurzum: kreativ zu sein. Kreativität lebt von der Freiheit des Denkens und Handelns. Dennoch sind Kreativitätstechniken unerlässlich, soll Kreativität kein Chaos erzeugen. Kreativitätstechniken kanalisieren das Sprudeln, Erkennen, Weiterspinnen und Verwerfen von Ideen. Sie schaffen die Voraussetzung dafür, dass das Kreativsein effizient und effektiv ablaufen kann. Gutes Kreativitätsmanagement ist an Voraussetzungen geknüpft. Kreativität erfordert ein genaues Problemverständnis Erstens setzt eine kreative Lösungsfindung zunächst voraus, dass man das zu behandelnde Problem sehr genau verstanden hat. Kreativ sein heißt daher zunächst, diszipliniert zu sein, analytisch zu sein und sehr gewissenhaft das dem nachfolgenden kreativen Prozess zugrundeliegende Problem zu entschlüsseln. Das erfordert ein analytisches Verständnis des Sachverhaltes und ist die notwendige Bedingung, um den kreativen Prozess der Lösungsfindung später effektiv in Gang setzen zu können. Sie werden jetzt vielleicht denken: Muss man nicht auch schon bei Analysen ggf. kreativ an die Sache herangehen, um das Problem in Tiefe und Breite zu verstehen? Da haben Sie einerseits Recht, diese Fälle gibt es. Dennoch: Vergleichen Sie die Problemanalyse und die Lösungsfindung miteinander, so sollten Sie sich primär bei der Lösungsfindung kreativ austoben. Das analytische und faktenbasierte Sezieren eines Problems bedarf in der Regel weniger Kreativität, sondern ist mehr Handwerk, Fleiß, Technik, Faktenstudium.423 Analytik und Fakten sind nicht notwendigerweise die Treiber von Kreativität, häufig sogar sehr hinderlich. Dennoch: Seien Sie sich zunächst über das Problem, das es zu lösen gilt, im Klaren. Ihnen fehlt sonst das Ziel, die Richtung, in die Sie Ihre Kreativität auf Entdeckungsreise schicken. Fehlt dieses Ziel, bleibt Kreativität fast immer unproduktiv. Die Nutzung von Kreativitätstechniken im Tagesgeschäft wird erfolgskritisch Zweitens sollten Sie auch in der Phase der Problemlösung, des aktiven Kreativseins im Team, die Regeln und Prozesse der Kreativitätstechniken einhalten. Sie geben dem Kreativsein den Rahmen, der Kreativität nutzbar macht, der die Ideen und kreativen Ansätze zu Tage fördert und später anwendbar macht. Kreativität bedeutet ausdrücklich nicht, dass man alles laufen lässt. Freies Denken, kreatives Arbeiten findet immer innerhalb von Spielregeln, auf kreativen Spielfeldern statt. Daher sollte Ihr Kreativitätsmanagement dem Selbstverständnis folgen: Kreativitätstechniken geben den Rahmen vor, innerhalb dem so frei wie möglich kreativ gearbeitet werden sollte. So wie die Straßenverkehrsregeln jedem Autofahrer bekannt sind – er ist frei in der Entscheidung, wo er hinfährt, jedoch an (Verkehrs-) Regeln gebunden, wie er fährt – so sollten Ihnen und Ihren Mitarbeiter die gän-

423

Vgl. dazu auch Diehl, o. A. b.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

243

gigsten Kreativitäts-Werkzeuge bekannt sein. Sie setzen die Regeln für kreatives Arbeiten, geben Anreize und vermitteln Techniken, wie Kreativität bestmöglich entsteht. Denn „man kann sich nicht anstrengen, kreativ zu sein“424. Die Kanalisierung der kreativen Kräfte muss über Kreativitätstechniken erfolgen, das kreative Potenzial, das in jedem Ihrer Mitarbeiter steckt, muss über die Internalisierung kreativen Arbeitens ins Tagesgeschäft erfolgen. Genau dafür sind Kreativitätstechniken so wertvoll. Sie unterstützen kreatives Arbeiten, mit ihnen entwickeln die Mitarbeiter Ihr kreatives Potenzial sukzessive weiter. Sie sollten drei Gruppen von Kreativitätstechniken kennen. Man unterscheidet: • Techniken der freien Assoziation: Aus geäußerten Ideen werden spontan weitere Ideen entwickelt  – ohne vorgegebene Denkrichtungen oder -strukturen. Beispiele für diese Techniken sind das Brainstorming, die Kartenumlauftechnik, die Ringtauschtechnik, das Brainwalking und Mindmapping.425 • Techniken der strukturierten Assoziation: Aus geäußerten Ideen werden spontan weitere Ideen entwickelt – unter Zuhilfenahme vorgegebener Denkrichtungen oder -strukturen. Beispiele für solche Techniken sind das Sechs-Farben-Denken, die Walt-Disney-Methode sowie die Semantische Intuition.426 • Konfigurationstechniken: Vorhandene Lösungselemente werden hier neu gedacht oder anders als bisher kombiniert. Beispiele dafür sind das Morphologische Tableau (auch als Morphologischer Kasten bekannt), die Morphologische Matrix, das Attribute Listing sowie die SIT-Methode.427 Wir schauen uns aus jeder Gruppe exemplarisch eine Kreativitätstechnik genauer an und beginnen mit einer Technik, die es seit ca. 90 Jahren gibt: dem Brainstorming. Das Brainstorming ist der Klassiker unter den Kreativitätstechniken, mit dem Sie sicherlich auch schon einmal in Berührung gekommen sind. Diese Technik wird häufig banalisiert, indem sie mit kreativem Nachdenken gleichgesetzt wird. „Wir haben zum Schluss des Meetings noch mal ‚gebrainstormt‘, wann wir uns wieder treffen.“ Wer kennt solche Aussagen aus dem Arbeitsalltag nicht. Das Brainstorming hat also sogar schon seinen festen Platz in der Umgangs- und Managementsprache. Umso ärgerlicher ist es, dass dieses so einfache und leistungsfähige Instrument kreativen Arbeitens mangels Kenntnis seiner wenigen Nutzungsbedingungen häufig zur weitgehend inhaltsleeren Worthülse verkommt. Das ändern wir jetzt! Die Technik des Brainstormings können Sie für nahezu alle Aufgaben, die auf die Entwicklung neuer Lösungen zielen, einsetzen. Am Anfang sollten Sie komplexe Probleme in unabhängig lösbare Teilprobleme zerlegen, um sich nicht zu ver 424

Slaghuis / Rose, 2020, S. 87. Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kreativität, o. A. a. 426 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kreativität, o. A. a. 427 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kreativität, o. A. a. 425

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

zetteln und effektiv arbeiten zu können. Die Regeln des Brainstormings bestehen aus einer Hand voll Verhaltensweisen, die in einem Gruppenprozess die Entfaltung von Kreativität fördern bzw. Kreativitätsblockaden lösen sollen. Die Regeln des Brainstormings sind im Einzelnen:428 • Konsequente Phasentrennung: Trennen Sie die Phase der Ideenfindung konsequent von der Phase der Ideenbewertung. • Freie Phantasie: Seien Sie aktiv und mutig, um möglichst viele Ideen zu äußern, auch wenn Sie sich noch unfertig anfühlen. • Absolute Kritikfreiheit: Kritisieren Sie die Beiträge nicht, alle Ideen sind gleich wichtig und gleich viel wert. Legen Sie den Ehrgeiz ab, möglichst viele gute Ideen hervorbringen zu wollen, sondern lassen Sie Ihre Ideen einfach sprudeln. • Gegenseitige Aufmerksamkeit: Hören Sie gut zu, greifen Sie Ideen anderer Teilnehmer auf und entwickeln Sie diese kreativ weiter. Brainstorming ist mehr als nur das individuelle Ausspeichern von Einzelideen. • Aktive Moderation: Ein gutes Brainstorming erfordert einen aufmerksamen, ak­ tiven Moderator. Dieser ermutigt die Gruppe immer wieder, weitere Ideen zu produzieren, achtet auf die o. g. Phasentrennung von Ideenfindung und -bewertung und kann auch während des Brainstormings die Dokumentation übernehmen. • Begrenzte Teilnehmerzahl und ausgewogene Gruppenbesetzung: Es sollten nicht mehr als 8 Teilnehmer sein. Diese bilden dabei idealerweise einen Mix aus Themenexperten und Vertretern solcher Fachgebiete, die interessante Impulse für das gestellte Problem erwarten lassen. • Effektives Zeitmanagement: Die reine Ideenfindungsphase sollte bei der aufgezeigten Gruppengröße grundsätzlich nicht mehr als 40 Minuten betragen. • Angemessene Vorbereitung: Das Problem muss ausreichend groß und hinreichend klein sein, um sinnvoll mit dem Brainstorming behandelt werden zu können. Allen Teilnehmern muss fachlich und inhaltlich klar sein, was konkret – nicht ungefähr – das Problem ist, das man behandelt. Wird diese Regel auf die leichte Schulter genommen, so fällt dies häufig bereits nach wenigen Minuten des Brainstormings auf. Es fällt dann schnell auf, dass man über unterschiedliche Sachverhalte spricht, was sinnvollerweise zum Abbruch des Brainstormings führen sollte. Die angemessene Vorbereitung muss in diesem Falle nachgeholt werden. Passen Sie daher auf, dass die Vorbereitungsfalle nicht zuschnappt und bereiten Sie das Brainstorming angemessen vor! Sie sehen: Das Brainstorming ist einerseits ein Verfahren, das Ihnen als Teilnehmer maximale Freiheiten in der Generierung von Ideen eröffnet. Andererseits ist es an die Einhaltung klarer Regeln gebunden, soll es sich vom struktur- und 428

Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kreativität, o. A. b.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

245

ziellosen Palaver unterscheiden. Brainstorming ist in vielen Unternehmen aufgrund der Unkenntnis der dargestellten Regeln und einer unzureichenden Vorbereitung schlichtweg Zeitverschwendung, die Sie sich in der digitalen Transformation nicht mehr leisten sollten. Eine weniger bekannte Kreativitätstechnik, das sogenannte Sechs-Farben-Denken, nutzt die Technik der strukturierten Assoziation, um kreative Ideen im Team zu fördern. Sie ist ebenfalls innerhalb einer Zeitstunde anzuwenden und eignet sich daher auch für eine regelmäßige Anwendung, wenn Kreativitätsimpulse vonnöten sind. Es geht im Kern um einen strukturierten Perspektivenwechsel, den Sie im Laufe der kreativen Arbeit im Team einnehmen. Entlang der Metapher der sechs Hüte setzen Sie und Ihr Team sich gedanklich nacheinander verschiedene Hüte auf. Dabei symbolisiert die jeweilige Farbe des Hutes, welche Sichtweise Sie und Ihr Team in der Diskussion einnehmen. Die sechs Hüte haben folgende Farben, die spezielle Denkrichtungen auf das Thema fordern:429 • Weißer Hut: objektive Informationen über die Ist-Situation. • Roter Hut: Gefühle und Intuition. • Gelber Hut: neue und positive Perspektiven und ihre Vorteile. • Schwarzer Hut: Risiken, Schwierigkeiten und Bedenken. • Grüner Hut: Kreative und alternative Ansätze für aufgezeigte Schwierigkeiten. • Blauer Hut: Moderation der Gruppe. Die optimale Gruppengröße übersteigt auch hier nicht acht Mitarbeiter. Das Vorgehen ist einfach und übersichtlich:430 • Der Moderator (Blauer Hut) sagt nacheinander die Denkrichtungen (Farben der Hüte) an. Für die Reihenfolge gibt es nur eine Vorgabe: Der schwarze Hut (Risiken) muss vor dem grünen Hut (Umgang mit diesen Risiken) aufgesetzt werden. • Die ganze Gruppe greift jeweils gemeinsam eine angesagte Denkrichtung auf (paralleles Denken). • Je Denkrichtung sollten Sie ca. 10 Minuten veranschlagen. Durch die Trennung der Denkrichtungen erhält die Diskussion prozessual eine klare Struktur und wird dadurch effektiv und effizient. Innerhalb jeder Denkrichtung haben alle Teilnehmer größtmögliche Freiheiten, um der jeweiligen Kreativität freien Lauf zu lassen.

429 430

Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kreativität, o. A. c. Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kreativität, o. A. c.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Sollten Sie ein beliebig komplexes Problem zu lösen haben, welches sich gut analytisch in seine Bestandteile und Elemente zerlegen lässt, so ist die Kreativitätstechnik des Morphologischen Tableaus interessant für Sie. Das Morphologische Tableau bietet die Möglichkeit, zu einem gestellten Problem die Gesamtheit aller denkbaren Lösungen aufzuzeigen. Hierzu schauen wir uns bewusst ein komplexes, allgemeines Beispiel an, das jedem intuitiv einleuchtet, weil man die Parameter und möglichen Lösungsansätze auch ohne spezifische Fachkenntnisse gut nachvollziehen kann. Das morphologische Tableau in Abbildung 113 behandelt exemplarisch die Frage: Mit welchen Verfahren kann man Rohstoffe aus der Tiefsee gewinnen? Sie nutzen das Morphologische Tableau wie folgt (vgl. Abbildung 113):431 • Definieren Sie die Parameter Ihrer Aufgabe. Im Beispieltableau sind das für den Rohstoffabbau in der Tiefsee die Einzelparameter: Abbau der Rohstoffe, Förderung vom Meeresboden, Zwischenlagerung, Transport etc. • Finden Sie zu jedem Parameter möglichst viele Ausprägungen, d. h. der Abbau kann in unserem Beispieltableau erfolgen durch Absaugen, mechanisches Zerkleinern, Schürfen etc. • Durch das Ausfüllen des Tableaus mit allen möglichen Parametern sowie Ihren möglichen Ausprägungen haben Sie einen Rahmen mit allen denkbaren Lösungsoptionen aufgespannt. • Leiten Sie kreative Lösungsansätze durch Kombinationen jeweils einer Ausprägung je Parameter ab. So entstehen im Tableau kreative Lösungsansätze, die aus der Gesamtheit aller erkannten Lösungsoptionen entstehen. Exemplarisch ist ein solcher Lösungsansatz durch die eingekreisten Ausprägungen je Parameter dargestellt (vgl. Abbildung 113). Im dargestellten Beispiel würde der Lösungsansatz für die eingangs gestellte Frage mit Blick auf das Morphologische Tableau wie folgt aussehen: Mittels einer Explosion werden die Rohstoffe abgebaut, danach vom Meeresboden abgepumpt und in Unterwasserbehältern zwischengelagert, danach auf einer Unterwasserbahn während des Transportes chemisch aufbereitet und von einem Unterwasserterminal aus abtransportiert. Sie erkennen, dass die Anwendung des Morphologischen Tableaus ein großes Kreativpotenzial hat, jedoch in der Anwendung nicht ganz trivial ist. Der Zeitbedarf ist stark von der Aufgabenstellung abhängig, er ist auf jeden Fall höher als bei den vorgenannten Kreativitätstechniken. Ebenso ist die Teamgröße und -qualifikation im Auge zu behalten: Am Tableau sollten grundsätzlich nicht mehr als 4 Spezialisten arbeiten. Je komplexer das Thema ist, umso homogener sollte die fachliche Qualifikation der Teilnehmer sein. Die sehr gute fachliche Qualifikation 431

Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kreativität, o. A. d.

247

Abbildung 113: Morphologisches Tableau (mit Beispieleinträgen)463

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

432

432

Deutsche Gesellschaft für Kreativität, o. A. d.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

der Teilnehmer ist deshalb unverzichtbar, weil zur zielführenden Anwendung des Tableaus die aufgestellten Parameter sowohl sachlich voneinander unabhängig als auch konzeptionell vollständig sein sollten. Gleiches gilt für die Ausprägungen je Parameter.433 Wenn Sie die Voraussetzungen zum Einsatz dieses Werkzeuges erfüllen, erhalten Sie jedoch mit dem Morphologischen Tableau ein Werkzeug, mit dem Sie auch hochkomplexe Fragestellungen kreativ bearbeiten können. 3.2.7.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren • Seien Sie stets offen für Veränderungsvorschläge und unkonventionelle Lösungswege.434 • Leben Sie Ihren Mitarbeitern vor, in Szenarien zu denken und mit Lösungsansätzen zu experimentieren.435 • Stärken Sie – falls erforderlich – kreative Mitarbeiter und ihre häufig auf den ersten Blick abwegigen Ideen. • Wagen Sie mit Ihrem Team im Tagesgeschäft Experimente und akzeptieren Sie Fehler – solange diese zum Lernen genutzt werden.436 • Leben Sie aktiv vor, gegenüber Neuem aufgeschlossen, wiss- und lernbegierig zu sein. Begrüßen Sie ausdrücklich unterschiedliche Standpunkte unter dem Aspekt der Entwicklung kreativer Ideen. Signalisieren Sie dem Team, dass Sie die Suche nach Verbündeten und das Schmieden von fachlichen Allianzen bei kreativen Ideen als legitimes Handeln kreativen Arbeitens verstehen. • „Machen Sie Ihre Mitarbeiter zu Entdeckern: Fördern und fordern Sie Unterneh­ mertum bzw. Entrepreneurship“437. Tun Sie das auch mit Beispielen, indem Sie positive Beispiele innerhalb und außerhalb Ihres Unternehmens darstellen, bei denen Kreativität und ökonomischer Nutzen miteinander einhergingen.438 • Lassen Sie das aktive Hinterfragen des Status Quo zu.439 Geben Sie Beispiel dafür, dass auch das Altbewährte, heute noch Funktionierende, im Sinne einer besseren Lösung kritisch hinterfragt werden darf. • Seien Sie sensibel für schwache Signale. Sie hinsichtlich Ihres kreativen Potenzials frühzeitig wahrzunehmen, aktiv aufzugreifen und dem Team zu spiegeln, wird zu einer neuen Facette Ihrer Mitarbeiterführung.440 433

Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kreativität, o. A. d. Vgl. Hackl, 2015, S. 30.32 und Hofert, 2018, S. 161 f. 435 Vgl. Petry, 2019b, S. 54. 436 Vgl. Petry, 2019d, S. 453. 437 Petry, 2019d, S. 454. 438 Vgl. Petry, 2019b, S. 54. 439 Vgl. Hackl, 2015, S. 30–32 und Hofert, 2018, S. 161 f. 440 Vgl. Petry, 2019b, S. 54. 434

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

249

• Lassen Sie es ausdrücklich zu, Veränderungen durch pragmatisches Ausprobieren voranzutreiben.441 • „Schaffen Sie Change-Plattformen, über die Mitarbeiter kontinuierlich Veränderungen aktiv anstoßen und vorantreiben können“442. • Schaffen Sie zeitliche und prozessuale Freiräume für Kreativität.443 • „Geben Sie neuen Ideen auch organisatorisch Raum zum Wachsen“444. 3.2.7.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten PowerPoint-Karaoke Sie suchen nach einem ersten, unkomplizierten Praxis-Einstieg in das Thema Kreativitätsmanagement? Einem Einstieg, der zudem auch noch Spaß macht und sich dem Thema spielerisch nähert? Kennen Sie PowerPoint-Karaoke445? Es ist ein Werkzeug, mit dem Sie und Ihr Team erste Erfahrungen mit dem Thema Kreativitätsmanagement sammeln können. Bei der Intensivierung der eigenen Kreativität geht es oft zunächst darum, die Komfortzone eines etablierten Prozesses zu verlassen, spontane Ideen zuzulassen und auszusprechen. Ohne Angst vor bissigen Kommentaren der Kollegen. Ohne Sorge vor Kritik des Vorgesetzten. Und mit der Erkenntnis, dass kreatives Arbeiten Spaß macht. Genau hier setzt PowerPoint-Karaoke an. Es eignet sich für den Einsatz in lockerer Atmosphäre. Ideal, um es z. B. auf einer Klausurtagung mit Ihrem Team auszuprobieren. Worum geht es konkret? Sie bereiten als Führungskraft eine Reihe von fachfremden, 6-seitigen Präsentationen vor. Die konkrete inhaltliche Ausrichtung der Präsentationen ist nebensächlich, die einzelnen Seiten der Präsentation sollten allerdings in einem Zusammenhang stehen. Wichtig ist, dass die Inhalte der einzelnen Seiten der Präsentation mit möglichst einfachen Grafiken oder Bildern bestückt sind und keinen Text enthalten. Jeder Präsentation geben Sie einen Namen. Die Namen schreiben Sie auf einen Zettel und legen diese in eine Lostrommel. Ein Teilnehmer fängt an und zieht ein Thema: Die Kreativitätsübung geht los. Der Teilnehmer hält nun zu dem ihm unbekannten Thema, mit der ihm unbekannten, 6-seitigen Präsentation, einen insgesamt 2-minütigen Vortrag. Der Vortrag startet mit der Seite 1 der Präsentation – alle 20 Sekunden wird automatisch eine Seite weitergeblättert. Nach 2 Minuten endet der Vortrag auf Seite 6. Die Herausforderung für den Vortragenden ist es, einen möglichst flüssigen, glaubwürdigen und zusammenhängenden Vortrag zu halten. Sie werden sehen: Es wird Teilnehmer 441

Vgl. Petry, 2019b, S. 54. Petry, 2019d, S. 454. 443 Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 30 ff. 444 Petry, 2019d, S. 453. 445 Vgl. Bleß / Wagner, 2020, S. 171 ff. 442

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

geben, die aus dem Stand sehr kreativ sind und die Übung mit Bravour absolvieren. Andere werden sich schwerer tun. Auf jeden Fall ist die Übung gut geeignet, nicht nur Erfahrungen mit der eigenen Kreativität zu machen. Es fördert neben der spontanen Kreativität auch das Kommunikationsvermögen sowie das TeamBuilding. Der Spaß darf bei dieser Übung auf keinen Fall zu kurz kommen. Und wenn der Chef beim nächsten Mal mitmacht und seine Mitarbeiter auffordert, auch Präsentationen zu einem unbekannten Thema mitzubringen, so hat die Übung sogar das Potenzial zum festen Bestandteil von Teammeetings zu werden. Wichtig ist es für Sie als Führungskraft, auch entlang dieser spielerischen Übung den Mitarbeitern vor Augen zu führen, dass kreatives Denken in jedem steckt. Man muss sich jedoch zunächst überwinden, die eigene Komfortzone verlassen. Versuchen Sie’s: Ihre Mitarbeiter werden es lieben! Kleiner Denkraum Kreativität benötigt in der Regel ein bestimmtes Maß an Ruhe. Starker Zeitdruck ist der natürliche Feind der Kreativität. Auf der anderen Seite benötigt die digitale Transformation auch hohe Geschwindigkeit im Handeln und Tun der Mitarbeiter. Im Tagesgeschäft gibt es diese zeitlichen Inseln, in denen Kreativität gut gedeihen kann, häufig nicht. Hier setzt das Werkzeug des sogenannten kleinen Denkraums an. Sie können das Werkzeug schnell einführen, indem Sie dem Team folgenden Vorschlag unterbreiten: • An mehreren Tagen der Woche werden für 1 Stunde Zeitfenster in den Terminkalendern reserviert, in denen Mitarbeiter räumlich und zeitlich abgeschirmt – bewusst separiert vom Tagesgeschäft  – konkrete Themen lösungsorientiert durchdenken können. Ziel ist es, einen neuen Denk- und Diskussionsraum zu etablieren, der dem Thema Kreativität über feste Zeiten und Orte die nötige Luft zum Atmen gibt. • Der klassische Ablauf der Zusammenkünfte im Denkraum sieht wie folgt aus:446 – Meeting-Start: Jedes Treffen beginnt mit einer Energiemessung, z. B. der Frage: Wie nah fühlt sich aktuell die beste mögliche Lösung für mich an? – Themenbearbeitung: In einer festen Zeiteinheit – z. B. 50 Minuten – werden Lösungsideen entwickelt. – Meeting-Ende: nochmalige Energiemessung, um im Vergleich zur Startmessung zu beurteilen, ob man der Lösung näher gekommen ist. – Meeting-Wiederholung: Im nächsten Termin wird am letzten Ergebnisstand weitergearbeitet, indem man das dreistufige Vorgehen wiederholt (MeetingStart – Themenbearbeitung – Meeting-Ende).

446

Vgl. Oestereich / Schröder, 2020, S. 239.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

251

– Themen-Abschluss: Die Meeting-Wiederholung und Ihr dreistufiges Vorgehen wird von der Gruppe so lange wiederholt, bis die Lösung aus deren Sicht ausreichend gut ist und die Bearbeitung abgeschlossen werden kann. – Meeting-Selbstverständnis: Nur die Ergebnisse verlassen den Gruppenraum – nicht das in den Gruppen Gesagte. Sie werden erstaunt sein, in welch kurzer Zeit die Teams mit kreativen Lösungsansätzen zurückkommen. Probieren Sie es aus. Sie können mit kleinen Gruppen starten. World Café Wenn Sie hingegen das Kreativitätspotenzial einer großen Gruppe nutzen wollen, können Sie das World Café447 durchführen (vgl. Abbildung 114). Es eignet sich für Gruppen ab ca. 20 Personen, die Sie gemeinsam kreativ an Themen arbeiten lassen wollen. Dazu gliedern Sie ein Thema in so viele Unterthemen, wie Sie Gruppen bilden möchten. Jede Gruppe sollte in etwa mit gleich vielen Mitarbeitern besetzt sein. Sodann starten Sie die Bearbeitung der Themen mit der ersten Bearbeitungsrunde. Das besondere Kreativitätspotenzial entwickelt das World Café dadurch, dass es in mehreren Runden durchgeführt wird. Nach Abschluss der ersten Runde werden die Teilnehmer neuen Gruppen zugeteilt. Ein fester Moderator je Sub-Thema hält in jeder Runde die Ergebnisse fest und bringt ab der zweiten Runden die neuen Teilnehmer auf den aktuellen Stand der bisherigen Ergebnisse. Dieses Vorgehen stellt sicher, dass möglichst viele Teilnehmer je Sub-Thema vorhandene Ideen weiterdenken oder mit neuen Ideen ergänzen.

Abbildung 114: World Café 447

Vgl. Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 236 ff. Zu den Vorteilen von Großgruppenveranstaltungen vgl. auch Krizanits / Patak / Karboul, 2005, S. 249 ff.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Wenn alle Runden durchgeführt wurden, findet eine Vernissage der Ergebnisse statt. Die gesamte Gruppe schaut sich die Ergebnisse an den Flipcharts an – die Moderatoren der Sub-Themen liefern auf Rückfrage Erklärungen zu den Ergebnissen. Bei Bedarf können auch die wichtigsten Ergebnisse der Gesamtveranstaltung für alle Teilnehmer dokumentiert und nächste Schritte terminiert werden.

3.2.8 Hebel 7: Veränderungsmanagement 3.2.8.1 Das sollten Sie wissen Veränderungen laufen typischerweise nach einem einheitlichen Schema ab Die digitale Transformation verändert die Arbeitswelt – für die Führungskraft wie für die Mitarbeiter. Dabei laufen Veränderungssituationen typischerweise nach einem einheitlichen Schema ab. Lassen Sie uns daher zunächst die drei zentralen Fragen zu Veränderungssituationen aufgreifen: • Wie verlaufen große Veränderungen und welche Phänomene können Sie dabei beobachten? • Wie verhalten sich die Mitarbeiter, wenn große Veränderungen angestoßen und umgesetzt werden? • Wo müssen Sie ansetzen, wenn Sie bei der Führung Ihres Teams in einer Veränderungssituation erfolgreich sein wollen? Veränderungen verlaufen stets entlang von drei Phasen (vgl. Abbildung 115): • Phase des Auftauens des alten Zustandes (Unfreezing), • Phase des Veränderns (Changing) und • Phase des Einfrierens des neuen Zustandes nach der Veränderung (Freezing). In jeder Phase der Veränderung wirken zwei entgegenlaufende Kräfte auf die Mitarbeiter ein. Zum einen die eine Veränderung treibenden Kräfte, zum anderen die einer Veränderung widerstrebenden Kräfte. Beide Kräfte befinden sich vor und nach einem Veränderungsprozess in einem stabilen Gleichgewichtszustand (vgl. Abbildung 115, Ziffern 1 und 3). In der Veränderungsphase geraten sie jedoch aus dem Gleichgewicht (vgl. Abbildung 115, Ziffer 2). In diesem Falle dominieren die eine Veränderung abwehrenden Kräfte im Team – auch in Ihrem Team. Dies führt dazu, dass die Leistung des Teams typischerweise zunächst abfällt. Sie sehen im 3-Phasen-Modell nach Lewin (vgl. Abbildung 115), dass erst nach einer gewissen Zeit die Leistung wieder ansteigt, letztendlich über der ursprünglichen Leistung liegt und sich auf einem neuen, höheren Level stabilisiert.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

253

Abbildung 115: Veränderungsmanagement: 3-Phasen nach Lewin448

Wie verhalten sich nun Ihre Mitarbeiter typischerweise in Veränderungssituationen? Denn nur wenn Sie die Verhaltensmuster von Mitarbeitern in Veränderungssituationen kennen, sind Sie in der Lage zu sehen, wo Ihre Mitarbeiter unter dem Gesichtspunkt des individuellen Erlebens der Veränderung stehen. Dazu schauen wir uns zunächst die typische Ausgangssituation in Gruppen bei Veränderungsprozessen an, um danach die Changing-Phase, den konkreten Veränderungsprozess, aus der Sicht eines stereotypen Mitarbeiterverhaltens in dieser Situation genauer zu beleuchten. Jede Veränderung hat ihre typische Ausgangssituation Wenn man Mitarbeiter (nur) in zwei Gruppen einteilt – die Gruppen von Mitarbeitern, die Veränderungen gegenüber eher positiv oder eher negativ eingestellt sind – so zeigt sich immer wieder das gleiche Bild. Die Gruppe derer, die einer Veränderung gegenüber eher skeptisch, reserviert und negativ gegenüberstehen ist immer deutlich größer als die Gruppe der spontanen Befürworter von Veränderungen (vgl. Abbildung 116). Dennoch gibt es in jedem Team Mitarbeiter, die von Anfang an veränderungsbereit sind. Diese sogenannten Promotoren gilt es zu identifizieren und von der neuen Idee zu begeistern.449 Promotoren zeichnen sich durch ihre grundsätzlich positive Disposition zu Veränderungen sowie ihre weitgehende Angstfreiheit hinsichtlich persönlicher Risiken aus. Insbesondere die anfänglich noch verhalten skeptischen Mitarbeiter orientieren sich an ihnen. Je mehr

448 449

Vgl. Lewin, 1951 und Cobocards, o. A. Vgl. dazu auch Gawron / Stein, 2001b, S. 42 f.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Skeptiker Sie gemeinsam mit den Promotoren gleich zu Beginn der Veränderung ins Boot holen können, umso schneller wird sich ihr Veränderungsprozess in die gewünschte Richtung bewegen.

Abbildung 116: Typische Ausgangssituationen bei Change-Prozessen450

Mitarbeiter durchlaufen in Veränderungsprozessen verschiedene Phasen Alle Mitarbeiter Ihres Teams durchlaufen typischerweise 7 Phasen eines beob­ achtbaren Verhaltens. Promotoren tun dies sehr schnell, der Rest des Teams entsprechend langsamer. Zum Beginn einer Veränderung merken die Mitarbeiter typischerweise, dass etablierte Handlungsmuster nicht mehr funktionieren (vgl. Abbildung 117, Ziffer 1). Ein einfaches Beispiel: Wollen Sie z. B. die Teamarbeit intensivieren, indem die Teammitglieder einmal täglich für 15 Minuten in einem virtuellen Teammeeting einen kurzen Statusbericht – via MS Teams oder Zoom – abgeben, so wird es einige Mitarbeiter geben, die es zunächst kritisch sehen oder sogar mit der Begründung ablehnen, dass eine solche Veränderung mit Blick auf die bisherige Zusammenarbeit nicht nötig sei (vgl. Abbildung 117, Ziffer 2). Daraufhin erklären Sie es dem Team, begründen die Notwendigkeit einer stärkeren Vernetzung, einem besserem Informationsstand für alle Beteiligten. Bald werden Sie feststellen, dass sich im Team mit dem Erleben der Veränderung Schritt für Schritt zunächst die rationale Einsicht (vgl. Abbildung 117, Ziffer 3), danach dann auch sukzessive eine emotionale Akzeptanz der Veränderung einstellt (vgl. Abbildung 117, Ziffer 4). Erst mit der Akzeptanz erfolgt das vorbehaltlose Ausprobieren der neuen Verhaltensmuster (vgl. Abbildung 117, Ziffer 5), das Zulassen von motivierenden Erkenntnissen, das Akzeptieren von positiven Auswirkungen der veränderten Situation (vgl. Abbildung 117, Ziffer 6). Dies ist letztlich die Voraussetzung, dass alle Mitarbeiter nach einer gewissen Zeit die tägliche virtuelle Teamsitzung als selbstverständlich und hilfreich ansehen und vorbehaltlos in ihren Arbeitsalltag integrieren (vgl. Abbildung 117, Ziffer 7). 450

Vgl. Kreuzer / Neugebauer / Pattloch, 2017, S. 221.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

255

Abbildung 117: Verhaltensphasen der Mitarbeiter im Veränderungsprozess451

Ein verändertes Handlungsmuster ist entstanden. In großen Veränderungsprozessen haben Sie hunderte solcher Änderungen von Verhaltensmustern, die natürlich nicht alle so problemlos wie im gerade beschriebenen Beispiel ablaufen. Genau hier liegen Ihre Herausforderungen als Führungskraft: Sie begleiten und unterstützen Ihre Mitarbeiter, die Verhaltensphasen so schnell wie möglich, aber auch so langsam wie nötig, zu durchlaufen. Neue Handlungsmuster haben auf Dauer nur Bestand, wenn sie vom Verständnis und der Überzeugung Ihrer Mitarbeiter getragen werden. Mitarbeiter stehen typischerweise in Veränderungssituationen nicht dort, wo sie die Führungskraft zunächst vermutet Bitte gehen Sie bei jeder Veränderungssituation davon aus, dass Ihre Mitarbeiter und Ihr Umfeld zunächst nicht dort stehen, wo Sie es vermuten: Im aktuellen Wissensstand der Veränderungssituation, der wahrgenommenen Bedrohung oder Nicht-Bedrohung der Veränderungssituation, dem Kenntnisstand der Rahmenbedingungen etc.452 Es ist Ihre Aufgabe als Führungskraft, zu erkennen, wo die Mitarbeiter im individuellen Erkenntnisstand stehen. Gleichzeitig tragen Sie die Verantwortung, alle Mitarbeiter auf einen gleichen Wissenstand zu bringen. Es geht dabei ausdrücklich nicht um ein pauschales, kalkulierendes Beruhigen des Teams mittels selektiver Mitteilung von ausschließlich positiven Nachrichten. Vielmehr dürfen Führungskräfte auch punktuelle, eigene Wissensdefizite und durch die Veränderung entstehende Unsicherheiten nennen und begründen. Die Erfahrung lehrt, dass eine offene, mit Fakten geführte Diskussion mit den Mitarbeitern der beste Weg ist, um bei allen das Verständnis für die Situation und den Weg nach vorne zu schärfen. Dies setzt ausdrücklich nicht voraus, dass man zu jeder Zeit alle Fragen der Mitarbeiter beantworten kann. Und es setzt erst recht nicht voraus, dass man den Mitarbeitern mögliche Risiken von Veränderungen vorenthält oder sie pauschal schönredet. 451 452

Vgl. Haller, 2009, S. 151. Vgl. Slaghuis / Rose, 2020, S. 159 ff.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Mitarbeiter suchen in Veränderungssituationen nach Sicherheit Dennoch suchen Menschen insbesondere in Veränderungssituationen nach Sicherheit. Daher beobachten Ihre Mitarbeiter aufmerksam, wer sich in Zeiten der Veränderung wie verhält. Es ist daher vorteilhaft zu zeigen, dass die Veränderung bereits von einer gewissen Menge an Menschen im Unternehmen getragen wird.453 Denn es gilt für die breite Masse an Mitarbeitern in Unternehmen: Keiner will bei Veränderungen gerne der Erste sein. Gewinnt man allerdings zunehmend den Eindruck, dass die Veränderungen auch von anderen mitgetragen werden, nehmen die eigenen Widerstände, von liebgewonnen Verhaltensweisen Abstand zu nehmen, sukzessive ab. Es ist daher vor allem zum Start von Veränderungen in Unternehmen erfolgskritisch, die bereits vorhandenen Unterstützer für möglichst viele Kollegen sichtbar zu machen. Sind die Unterstützter bereits heute im Kollegenkreis hoch angesehen, folgt man ihnen umso leichter. Denn Menschen folgen gerne diesen sogenannten Meinungsmultiplikatoren. Wenn diese eine Veränderung mittragen, werden sie schnell Nachahmer nach sich ziehen. Im Gegenzug wird eine Veränderung, die im Unternehmen von diesen Meinungsmultiplikatoren sichtbar torpediert wird, vermutlich scheitern, weil sich auch im Falle der Ablehnung weite Teile der Belegschaft an diesen Personen orientieren. Sie als Führungskraft sollten daher ein positiver Multiplikator für Ihre Mitarbeiter sein. Aber seien Sie sicher: Je gravierender die Veränderung ist, umso mehr werden Ihre Mitarbeiter nach weiteren Multiplikatoren Ausschau halten und Ihr Verhalten auch an diesen Personen ausrichten.454 Veränderungssituationen erzeugen Verlustängste Machen Sie sich zusätzlich klar, dass jede Veränderung für die meisten Mitarbeiter mit der Sorge eines Verlustes einhergeht. Einem Verlust an Kollegen, an Aufgaben, an Ansehen, an Erfolgs- oder Verdienstaussichten etc. In Praxis und Wissenschaft ist man sich inzwischen einig, dass Verluste Mitarbeiter mehr schmerzen, als sie Gewinne in gleicher Höhe erfreuen. Aufgrund dieser unstrittigen Funktionsweise des menschlichen Gehirns kann man in Veränderungssituationen daher keine einfache Gleichung aufmachen, bei der pauschal ein Vorteil einen Nachteil aufwiegt.455 Berücksichtigen Sie diese Erkenntnis bei der Kommunikation mit Ihrem Team und wundern Sie sich zukünftig nicht mehr, wenn Teammitglieder geringe Risiken vermeintlich überbewerten. Zur Ausrichtung Ihrer Führung in Veränderungssituationen sollten Sie auch das Phänomen kennen, dass es Mitarbeitern leichter fällt, einen Weg mitzugehen, wenn sie den Eindruck haben, bereits einen Teil dieses Weges gegangen zu sein. Quasi 453

Zur Vorteilhaftigkeit, Mitarbeiter aktiv an der Ausgestaltung von Veränderungssituationen zu beteiligen, vgl. Gergs, 2019, S. 433. 454 Vgl. Slaghuis / Rose, 2020, S. 159 ff. 455 Vgl. Slaghuis / Rose, 2020, S. 159 ff.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

257

schon unterwegs zu sein. Menschen steuern schneller auf ein Ziel zu, wenn sie den Eindruck haben, schon ein Stück des Weges geschafft zu haben.456 Das heißt konkret für Sie, dass Sie den Veränderungsprozess Ihrer Mitarbeiter eng begleiten müssen, indem Sie regelmäßig gute Argumente für die Veränderung liefern, positive Erlebnisse ermöglichen und hervorheben, Ihren Mitarbeitern signalisieren, dass Sie auf dem richtigen Weg sind und Ihnen die Sorgen nehmen, sich auf ungeübtem Terrain ggf. zu verlaufen. Und in Veränderungssituationen sollte die Führungskraft auch sichtbar vorweggehen. Leben Sie Ihren Mitarbeitern daher die neuen Verhaltensmuster aktiv vor. Und lassen Sie Fehler zu. Denn Sie wissen ja: Alles Neue erzeugt zunächst grundsätzlich Skepsis und Vorbehalte, vielleicht auch passive Ablehnung. In Einzelfällen gegebenenfalls sogar ein Verhalten der aktiven Abwehr. Lassen Sie Zweifel bei Ihren Mitarbeitern zu, aber geben Sie täglich Beispiele dafür, dass die Zweifel grundlos sind. Verhalten verändert sich durch das aktive Erleben neuer Verhaltensmuster Der sogenannte Habit-loop verdeutlicht, wie Mitarbeiter ihr Verhalten sukzessive durch ein aktives Erleben neuer Muster ändern (vgl. Abbildung 118). Mitarbeiter verändern ihr Verhalten, je häufiger sie verstärkende Feedbacks, Anreize, Signale erhalten. Was heißt das jetzt konkret für Sie als Führungskraft? Veränderungsmanagement ist für Sie harte, tägliche Arbeit. Denn Sie müssen die etablierten Routinen Ihrer Mitarbeiter verändern, indem Sie – so oft wie möglich – die Vorteilhaftigkeit des neuen Handelns offenlegen und den Mitarbeitern helfen zu erkennen, dass es sich lohnt, sich zu verändern. Kurzum: Sie müssen den Habitloop so oft wie möglich mit Ihren Mitarbeitern durchlaufen. Eine Handlungsroutine, die in Unternehmen häufig beobachtet werden kann, ist das bewusste Wegschauen von Mitarbeitern, wenn andere einen Fehler gemacht haben. Der Grund für diese Handlungsroutine liegt im individuellen Selbstverständnis des ‚Nicht-zuständig-Seins für die Arbeit der anderen‘. Wer einen Fehler des Kollegen übersieht, muss sich nicht damit auseinandersetzen, was unter kurzfristigen Nutzenaspekten in der Regel ein (Zeit)Vorteil ist. Es soll sogar Kollegen geben, die sich insgeheim einen Vorteil versprechen, wenn Kollegen durch das Machen von Fehlern auffallen und damit ihre Stellung in der Organisation vermeintlich schwächen. Hier setzen Sie als Führungskraft in Veränderungssituationen konkret an. Stellen Sie regelmäßig in Teammeetings positive Beispiele der Teamarbeit heraus, lassen Mitarbeiter selbst davon berichten, wie sehr Ihnen die Kooperation mit Kollegen geholfen hat, lassen ggf. sogar Kunden zur Sprache kommen, die positives Feedback zu einer besonderen Teamleistung gegeben haben. Zusätzlich können Sie viele weitere Anreize für die Intensivierung von Teamarbeit setzen, indem Sie z. B. die Messung der Teamperformance457 forcieren. 456 457

Vgl. Slaghuis / Rose, 2020, S. 159 ff. Vgl. dazu auch Kapitel 3.1.6: Der Output der Mitarbeiter.

258

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 118: Die Gewohnheitsschleife – Habit loop458

Wichtig für Sie als Führungskraft ist mit Blick auf die o. g. Gewohnheitsschleife, dass Sie möglichst oft das neue Verhalten mit positivem Feedback quittieren. Adressaten dafür sind einzelne Mitarbeiter, Teams, virtuelle Arbeitsgruppen etc. Sie sehen: Es gibt viele Ansatzpunkte für Sie, im Tagesgeschäft den Habit-loop zu durchlaufen. Der Name eines Veränderungsprogramms fördert seine Akzeptanz Last but not least ist Ihnen vielleicht schon aufgefallen, dass viele Veränderungsprojekte in Unternehmen einen Namen haben. Das hat einen Grund: Jede zunächst eher abstrakte und komplexe Veränderungsinitiative wird durch einen eigenen Namen anfassbar, besser begreifbar, erhält quasi eine für jedermann sichtbare Identität. Das entanonymisiert das Veränderungsprogramm, gibt ihm seinen Platz im Unternehmen. Unterschätzen Sie daher die Namensgebung der Veränderungsinitiative nicht: Schon der konkrete Name fördert die Identifikation mit der einhergehenden Veränderung.459 3.2.8.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Die digitale Transformation ist aus der Sicht Ihrer Mitarbeiter vermutlich die größtmögliche Veränderung im beruflichen Alltag, die sie sich vorstellen können. Das Ausmaß der wahrgenommenen Veränderung durch die Mitarbeiter kann entlang von zwei Dimensionen klassifiziert werden, von denen wir bereits eine bei der näheren Betrachtung der Promotoren (vgl. Abbildung 116) kennengelernt haben: 458 459

Vgl. Koning, 2019, S. 138 ff. Vgl. Slaghuis / Rose, 2020, S. 159 ff.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

259

• das persönliche Bedrohungspotenzial der Veränderungen und • das Ausmaß der Veränderungen in den eigenen Denkhaltungen und Verhaltensmustern. Die digitale Transformation wird von den Mitarbeitern als herausfordernde Veränderung wahrgenommen In Abbildung 119 sehen Sie, dass die digitale Transformation mit Blick auf die gesamte Belegschaft in beiden Dimensionen maximale Ausschläge aufweist. Sie sollten mit dieser Erkenntnis in Ihrem Führungsalltag offen und transparent umgehen und dieses Wissen auch mit Ihren Mitarbeitern teilen. Es ist letztlich ein weiterer Beleg dafür, dass die digitale Transformation in Ihrem Unternehmen insbesondere in der Anfangsphase mehrheitlich als persönlich bedrohlich empfunden wird und zunächst zu Unsicherheiten aufgrund sich ändernder Denk- und Verhaltensmuster führt. Genau hier gilt es als Führungskraft aktiv anzusetzen.

Abbildung 119: Die digitale Transformation als herausfordernde Change-Situation460

Nun ist es jedoch nicht so, dass jede als digitale Transformation betitelte Veränderung in Unternehmen bereits auch eine solche ist. Die Beantwortung der 460

Vgl. Kreuzer / Neugebauer / Pattloch, 2017, S. 220.

260

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

nachfolgenden sieben Fragen hilft Ihnen zu erkennen, ob Sie sich bereits inmitten einer digitalen Veränderungssituation befinden oder sich vermutlich erst darauf zubewegen: • „Gibt es bereits Veränderungen in der internen Ressourcenverteilung (z. B. Budgets, Personal, Gehälter)? Wie und wofür wurden in der Vergangenheit Ressourcen verteilt? Wie und wofür werden neuerdings Ressourcen verteilt? • Gibt es bereits Veränderungen in der internen Zusammenarbeit? Wer agiert im Zuge der Veränderung neuerdings mit wem, wer redet mit wem und zu welchem Zweck? • Gibt es bereits Veränderungen in der Entscheidungsfindung? Wie werden neuerdings Entscheidungen getroffen und legitimiert? • Gibt es bereits Veränderungen in der Aufbauorganisation? Wie werden die alten und neuen Statusunterschiede begründet und was haben sie zu bedeuten? • Steht die Unternehmensleitung geschlossen und unmissverständlich hinter der Veränderung? Welche / n Manager / in aus der obersten Führungsebene sind im Sinne einer echten Sichtbarkeit und Legitimation mit an Bord? Ist die Geschäftsleitung in der digitalen Transformation dauerhaft sichtbar? • Das Anfassen welcher heiligen Kühe durch einen Dritten (z. B. neuen Mitarbeiter, externen Berater) würde dafür sorgen, dass man heute richtig Ärger in Ihrem Unternehmen bekommt? • Wer ist bis heute schon mit ähnlichen (Veränderungs-)Anliegen gescheitert und wie lief das genau ab (Gründe, Prozess, Konsequenzen)“461? Je weniger konkrete Veränderungen Ihnen aus der nahen Vergangenheit auf die Fragen einfallen und je intensiver auch heute noch in Ihrem Unternehmen die (Abwehr)Reaktionen auf das Infrage stellen etablierter Prozesse und Verhaltensweisen sind, umso weniger befinden Sie sich bereits in einer unternehmensinternen digitalen Transformation. Oder anders ausgedrückt: Es kann unter dem Aspekt echter, einschneidender Veränderungen noch nicht so viel passiert sein in Ihrem Unternehmen. Sollte die kommunizierte Meinung in Ihrem Unternehmen eine andere sein, müssen Sie hellhörig werden. Denn dann passen die interne Einschätzung zum Reifegrad der Veränderung sowie die Unternehmenswirklichkeit vermutlich nicht zusammen. Auf jeden Fall stehen dann bisher die Zeichen für eine beschleunigte digitale Transformation nicht sonderlich gut. Falls Sie hier eine Disbalance wahrnehmen, ist es Ihre Aufgabe, das unternehmensintern zur Sprache zu bringen.

461

Slaghuis / Rose, 2020, S. 54 f.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

261

Dysfunktionen in der Teamarbeit behindern die digitale Transformation von Unternehmen Darüber hinaus behindern typischerweise fünf Dysfunktionen in der Teamarbeit die digitale Transformation.462 Diese Bremsen effektiver Teamarbeit gilt es durch Sie bestmöglich zu lösen. Gehen Sie die auf dem Kopf stehende Pyramide (vgl. Abbildung 120) durch und fragen Sie sich, inwiefern diese Dysfunktionen auch Ihr Team behindern, sich schnell in die gewünschte Richtung zu verändern. Machen Sie sich die Dysfunktionen und deren Ausmaß in Ihrem Team klar, entwickeln Sie konkrete Maßnahmen, die Sie steuern wollen und achten Sie täglich darauf, dass Sie die Gewohnheitsschleifen Ihrer Mitarbeiter in der oben beschriebenen Art und Weise managen.

Abbildung 120: Dysfunktionen der Teamarbeit463

3.2.8.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren • Teilen Sie mit Ihren Mitarbeitern die Erkenntnis, dass die digitale Transformation hinsichtlich des Ausmaßes der notwendigen Veränderungen sowie der von den Mitarbeitern wahrgenommenen Risiken eine Veränderungssituation historischen Ausmaßes ist. • Zeigen Sie Ihrem Team regelmäßig die typischen Verhaltensweisen und -muster von Mitarbeitern und Teams in Veränderungssituation auf und klären Sie in einem offenen Dialog, wo Sie gemeinsam und jeder Einzelne im Veränderungsprozess stehen. • Bauen Sie Ihr Veränderungsmanagement auf zwei grundsätzlichen Handlungssträngen auf: Wirken Sie zum einen auf eine stimmige Anpassung der Rahmen 462 463

Vgl. Hofert, 2018, S. 129. Vgl. Hofert, 2018, S. 129.

262

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

bedingungen in Ihrem Unternehmen hin. Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen, können Sie den zweiten Handlungsstrang, das tägliche, operative Veränderungsmanagement mit Ihrem Team, erfolgreich und glaubwürdig durchführen. • Fokussieren Sie Ihr Veränderungsmanagement zunächst auf das Gestalten passender Rahmenbedingungen in Ihrem Unternehmen: Große Veränderungen in Unternehmen können nur gelingen, wenn die kulturbildenden Symbole des Unternehmens auf die Veränderung ausgerichtet sind:464 – Wirken Sie darauf hin, dass z. B. Reports, Übersichten, Karrierepfade und Boni der Organisation die angestrebten Ziele der digitalen Transformation unterstützen. Fordern Sie, dass die Rahmenbedingungen des Unternehmens nicht nur kurzfristiges Verhalten, sondern auch mittel- und langfristiges Denken, nicht nur härteres, sondern auch effizienteres Arbeiten, nicht das Bunkern, sondern auch das Teilen von Wissen und nicht das Wegschauen bei Fehlern, sondern vielmehr das gemeinsame Lernen aus Fehlern, fördern. – Entdecken Sie die sogenannten Helden im Unternehmen! Helden sind die informellen Anführer, weil sie in den Augen der Belegschaft mit ihrer Einstellung und ihrem Verhalten erfolgreich sind und daher von den Kollegen, den sog. Followern, im Verhalten nachgeahmt werden. Finden Sie daher heraus: Wer erfährt – unabhängig von der Hierarchie – Anerkennung? Wem folgen die Mitarbeiter? Wessen Verhalten wird kopiert und warum? Lernen Sie diese Mitarbeiter Ihres Unternehmens kennen, um ihre Motivation, Leidenschaft und Talente zu verstehen. Und machen Sie sie zu Multiplikatoren von erwünschten Verhaltensweisen. – Tragen Sie Ihren Teil dazu bei, dass die Helden mit dem neuen Verhalten im Unternehmen erfolgreich sind, indem Sie sie unterstützen und fördern. – Sprechen Sie im Team offen darüber, was Sie von Helden erwarten, und zeichnen Sie ein klares Bild, wie positives Verhalten im Sinne der neuen Kultur aussieht. • Richten Sie Ihr operatives Veränderungsmanagement auf von den Mitarbeitern erlebbare Verhaltensweisen aus, die Sie im Tagesgeschäft aktiv vorleben:465 – Teamdenken geht vor Mitarbeiterdenken. – Teamergebnisse sind wichtiger als Individualergebnisse. – Kunden helfen ist wichtiger als sich hinter internen Prozessen zu verstecken. – Lob und Anerkennung des Kunden sind die wahren Erfolgskriterien. – Ständiger Wissensaustausch aller Stakeholder ist alternativlos. 464 465

Vgl. Koning, 2019, S. 158. Vgl. Koning, 2019, S. 135 ff.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

263

– Innovationen durch Experimente sind ausdrücklich erwünscht. – Fairer, transparenter Umgang mit Fehlern und Lernen sind ausdrücklich erwünscht. – Fehler werden gefeiert, weil sie Quelle des Lernens sind. – Die aktive Beseitigung von Dysfunktionen im Team lockert die Bremse, die Veränderungen im eigenen Verantwortungsbereich verlangsamen oder sogar ganz verhindern. – Eine offene Fehlerkultur im Team wird etabliert und forciert. – Fachliche Konflikte im Team werden gefordert und gefördert. Zeigen Sie Ihrem Team, dass vertrauensvolle Zusammenarbeit und gegenseitige Wertschätzung keinen Widerspruch zur Austragung fachlicher Differenzen darstellen. Im Gegenteil: Je besser ein Team harmoniert, umso freier kann um die beste Idee gerungen und für die eigene Idee mit fachlichen Argumenten geworben werden. Lassen auch Sie sich – für alle sichtbar – fachlich herausfordern und quittieren Sie diese fachlichen Auseinandersetzungen mit Lob, Anerkennung und Wohlwollen. So leben Sie vor, was Sie im Team erreichen wollen: eine konsequente Ausrichtung allen Handelns auf die bestmögliche Kundenlösung. – Ermutigen Sie Ihr Team, Verantwortung zu übernehmen. Loben Sie Teams, die Verantwortung übernommen haben, auch wenn dadurch Fehler entstanden sind. Geben Sie Beispiele, dass Nicht-Entscheiden oder das Weiterschieben von Verantwortung Stillstand bedeuten. Denken Sie bitte auch hier an den Habit loop – es kommt auf Ihr tägliches Management der neuen Gewohnheiten an. Die allseits bekannte, einmalige Ansage des Chefs reicht bei weitem nicht aus. – Agieren Sie so, dass Sie Ihre Entscheidungen immer an der bestmöglichen Lösung der Aufgaben und nicht primär am formalen Status der Mitarbeiter ausrichten. Wer zur Lösung von Aufgaben keinen aktiven Beitrag leisten kann, sollte den Prozess nicht behindern oder verlangsamen. Stellen Sie daher sicher, dass kompetenzbasiert, nicht primär hierarchiebasiert entschieden wird. 3.2.8.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Stakeholder und Ihre Rollen im Veränderungsprozess Mit der nachfolgenden Darstellung (vgl. Abbildung 121) können Sie Ihre Einschätzung entwickeln und dokumentieren, wo Sie wesentliche Stakeholder – Ihre Mitarbeiter, Vorgesetzten, Kunden, Lieferanten etc.  – im Veränderungsprozess konkret verorten. Die Klassifizierung entlang der persönlichen und fachlichen Vorbehalte gegen die geplanten Veränderungen visualisiert einerseits die Promotoren, die Sie sofort in der Veränderung unterstützen können, andererseits die Skeptiker, Bremser und Widerständler, die Sie sukzessive mit ins Boot holen müssen.

264

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 121: Stakeholder-Rollen im Veränderungsprozess466

Reifephasen des Teams im Veränderungsprozess Sie können gemeinsam mit Ihrem Team die nachfolgende Reifegraddarstellung nutzen und so verifizieren, wo Sie in der Teamarbeit stehen, was gut läuft und was Sie mit Blick nach vorne verändern wollen, um als Team eine höhere Reifephase zu erreichen. In regelmäßigen Abständen können Sie gemeinsam mit dem Team diskutieren, ob und wie Sie sich gemeinsam entlang der Reifephasen weiterentwickelt haben.

Abbildung 122: In welcher Reifephase befinden wir uns als Team?467 466 467

Rolle, 2018, S. 137. Vgl. Koning, 2019, S. 67 ff.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

265

Customer Empathy Map Sollten Sie den Eindruck haben, dass in Ihrem Team das Verständnis für die notwendigen Veränderungen einer stärker kundenfokussierten Zusammenarbeit intensiviert werden sollte, so kann ein gemeinsamer Perspektivwechsel mit Blick auf den Kunden hilfreich sein.

Abbildung 123: Customer Empathy Map468

Über die Diskussion der sechs kundenrelevanten Fragestellungen der Customer Empathy Map (vgl. Abbildung 123) kommen Sie in der Regel sehr schnell zu erfolgskritischen Veränderungsbedarfen in der gemeinsamen Zusammenarbeit. Versuchen Sie es – Sie werden sehen, dass der Blick durch die Kundenbrille die Sicht auf eine schnellere Entscheidungsfindung, gegenseitige Unterstützungsbedarfe im Team, regelmäßige Kommunikation im Team etc. lenkt. Häufig bedarf es dieser kleinen Hilfestellung durch die Customer Empathy Map, um die Überzeugung und die Akzeptanz für Veränderungen im eigenen Team sprunghaft zu verbessern. Dysfunktionen-Check In welchem Ausmaß ggf. Dysfunktionen469 Ihr Team bei der Veränderung behindern, können Sie mit dem nachfolgenden Fragebogen ermitteln (vgl. Abbildung 124). Je positiver die Fragen von Ihren Mitarbeitern beantwortet werden, umso weniger Dysfunktionen liegen vor. Schauen Sie sich stets die am niedrigsten bewerteten Fragen an und ermitteln Sie hier Ihren persönlichen Handlungsbedarf, um die Zusammenarbeit im Team zu verbessern. Betrachten Sie darüber hinaus auch diejenigen Aussagen genauer, bei denen Ihre Mitarbeiter die größte und geringste Streuung in der Punktvergabe zeigen. Diskutieren Sie hier die Gründe und leiten Sie daraus ggf. weitere Handlungsfelder ab, um die Zusammenarbeit im Team zu verbessern. Sollten Sie sich dafür entscheiden, den Dysfunktionen-Check regelmäßig einzusetzen, so können Sie im Zeitverlauf die Ergebnisse miteinander vergleichen und auf diese Weise etwaige Fortschritte in der Qualität der Zusammenarbeit erkennen. 468 469

Vgl. Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 269 f. Die Dysfunktionen wurden im Kapitel 3.2.8.2 vorgestellt.

266

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Und zwar aus Sicht Ihrer Mitarbeiter – denn diese Einschätzungen sollten Sie auf jeden Fall kennen. Vermeiden Sie es jedoch, bei regelmäßigen Messungen TeamBoni oder sonstige Incentivierungen an die positive Entwicklung der Bewertung zu knüpfen. Dies führt erfahrungsgemäß zu verzerrten, positiveren Ergebnissen. Es soll jedoch Führungskräfte geben, die es genau aus diesem Grund tun und den erwartbaren Anstieg der Punktzahl als Führungserfolg feiern. Dies führt die Idee des Dysfunktionen-Checks ad absurdum. Bitte vermeiden Sie das!

Abbildung 124: Dysfunktionen-Check470

470

Hofert, 2018, S. 129.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

267

3.2.9 Hebel 8: Zeitmanagement 3.2.9.1 Das sollten Sie wissen Führungskräfte gehen häufig verschwenderisch mit Zeit um Ein effektives Zeitmanagement ist für Führungskräfte erfolgskritisch. Dennoch wird es im Tagesgeschäft oft vernachlässigt. Und selbst bis in höchste Managementebenen kann man beobachten, dass mit der kostbaren Ressource Zeit häufig verschwenderisch umgegangen wird. Wer kennt Sie nicht, die Führungskräfte, die ganztägig von Termin zu Termin hetzen und man sich fragt, wann diese Menschen komplexe Sachverhalte durchdenken oder Mitarbeitergespräche in der gebotenen Ruhe führen. Von einer angemessenen Vorbereitung ganz zu schweigen. Ein gutes Zeitmanagement ist die Basis für das Treffen guter Entscheidungen. Doch leider gibt es keine Zauberformel, jedoch einige Spielregeln, bei deren Einhalten Sie bessere Entscheidungen treffen werden. Dabei sind es die eher unscheinbaren, aber konsequent eingehaltenen Verhaltensweisen, die Ihr Zeitmanagement auf ein neues Qualitätslevel heben werden. Das Zeitmanagement von Führungskräften profitiert von wenigen eingehaltenen Spielregeln Zunächst sollten Sie Ihr Aufgabenportfolio auf diejenigen Entscheidungen abklopfen, die Ihr Team übernehmen kann und will. Sollten Sie diesen Check-up bisher nicht gemacht haben, so werden Sie hier mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Stand mehrere Stunden pro Woche finden, die Sie sinnvoll und mit korrespondierenden, positiven Motivationseffekten auf Ihr Team übertragen können. Die Delegation von Aufgaben ans Team und Ihre positiven Effekte haben wir im Kapitel 3.2.3 – Entscheidungsmanagement – bereits ausführlich behandelt. Darüber hinaus können Sie mit Ihrer Arbeitszeit, die Sie Tag für Tag einsetzen, bewusster umgehen. Berücksichtigen Sie daher vier pragmatische Verhaltensregeln für Ihr tägliches Zeitmanagement:471 • Verplanen Sie nur 60–70 % Ihrer Zeit pro Tag und nutzen Sie die restliche Zeit für die unerwarteten Termine und Aufgaben. Und „seien Sie immer erreichbar, aber nicht immer ansprechbar“!472 Führungskräfte, die nicht müde werden vorzutragen, dass so etwas in der Praxis nicht umsetzbar sei, offenbaren bereits damit ein Defizit an Managementfähigkeiten. • Erledigen Sie alles, was erfahrungsgemäß nicht länger als 1 bis 2 Minuten dauern wird, sofort – insbesondere, wenn die Zeit da ist. Diese wird zunehmend da sein, wenn Sie Ihren Tag nicht zu 100 % verplanen. 471 472

Vgl. Slaghuis / Rose, 2020, S. 157 ff. Geropp, o. A.

268

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Leiten Sie alle E-Mails, die Sie als Kopie erhalten haben (‚Cc‘), mit einem EMail-Programm automatisch in einen separaten Ordner und lesen Sie diese E-Mails en bloc zu einem reservierten Regeltermin. Sie können sich z. B. einen täglichen, 30-minütigen Terminblocker ‚Lesen Cc-E-Mails‘ zum Ende Ihres Arbeitstages setzen. Dies reduziert die Gefahr, dass Sie sich im Tagesverlauf mit zu vielen Themen verzetteln. Wer kennt sie nicht, die Chefs, die mehrmals täglich ein neues Thema durch die Abteilung treiben und damit in ihrem Umfeld nur für unproduktive Hektik sorgen, anstatt zeiteffizientes Arbeiten zu unterstützen. • Überführen Sie sämtliche Arbeitsaufträge, die Sie erhalten und vergeben und nicht sofort erledigt werden müssen, in eine To-do-Liste oder einen Terminplaner. So haben Sie immer eine aktuelle Masterliste offener To-dos, die Sie auch Ihrem Team zugänglich machen können. Wenn das gesamte Team auf einem gemeinsamen Bereichslaufwerk eine solche Liste führt, steigern Sie die Transparenz der zu erledigenden Aufgaben für alle Mitarbeiter Ihres Bereiches und reduzieren im Zeitverlauf z. B. auch zeitkritische Rückfragen, unnötige Meetings und aufwändige Reports. Sie erkennen, professionelles Zeitmanagement baut auf zwei Säulen auf: • Sie reduzieren den eigenen Zeitaufwand, indem Sie Entscheidungen, die heute noch von Ihnen getroffen werden, sinnvoll ans Team delegieren oder Tätigkeiten ohne erkennbaren Wert konsequent eliminieren. • Sie optimieren den verbleibenden Zeitaufwand, indem Sie mit Hilfe von Zeitmanagementmethoden Ihre Zeit effektiver und effizienter als bisher nutzen. Der Terminkalender ist das Abbild eines effektiven Zeitmanagements Ein aktives Management Ihrer verfügbaren Zeit ist also der Schlüssel zum Erfolg. Vier von fünf Führungskräfte überlassen jedoch den Terminkalender dem freien Spiel des Tagesgeschäftes oder – sofern vorhanden – allein der Tagesform ihrer Assistentin. Sie gestalten ihren Terminkalender nicht aktiv selbst. Wenn Sie jedoch Ihren Kalender vorstrukturieren, schaffen Sie die Basis, Ihre zeitliche Flexibilität durch entstehende Freiräume zu erhöhen, indem Sie feste Termin-Blöcke für Stakeholder Ihres Unternehmens, für Lieferanten, Kunden, Mitarbeiter, Geschäftsleitung etc. setzen. Weisen Sie die Terminanfragen einer Woche den reservierten Terminblöcken zu, so bleiben Ihnen die resultierenden zeitlichen Freiräume zur freihändigen variablen Nutzung. Sollten die reservierten Termin-Blöcke in einer Woche voll sein, Sie jedoch weitere Terminanfragen erhalten, so können Sie bedarfsgerecht entscheiden, ob Sie diesen Termin in der aktuellen Woche noch zusätzlich wahrnehmen oder ihn auf einen freien Zeit-Block in der Folgewoche legen. Dies lässt sich problemlos aufgrund der Dringlichkeit und Wichtigkeit von Terminanfragen entscheiden. Sie werden sehen, dass diese Vorstrukturierung Ihrer Terminplanung zwar nicht alle Herausforderungen Ihres Zeitmanagements lösen, jedoch eine positive Wirkung auf Ihre zeitliche Verfügbarkeit haben wird. Und

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

269

auch hier gilt: Geht nicht, gibt’s nicht. Sie als Führungskraft sind für Ihren Terminkalender verantwortlich. Ein geflügeltes Wort sagt: Wer seine Termine nicht im Griff hat, der hat sein Leben nicht im Griff. Behalten Sie Ihr Leben im Griff, indem Sie Ihr Terminmanagement professionalisieren!

Abbildung 125: Wochenplaner (mit Beispieleinträgen)

Der abgebildete Wochenplaner (vgl. Abbildung 125) enthält exemplarisch verschiedene Terminblöcke je Woche für die Arbeit an Themen und Inhalten sowie für die verschiedenen Stakeholder von Ihnen: für die Assistentin, die Geschäftsführung, Führungskräfte, Mitarbeiter, Betriebsrat etc. Sie könnten spontan einwenden, dass eine solche Planung aufgrund der Dynamik des Tagesgeschäftes, der Verfügbarkeit von Personen, terminlicher Restriktionen etc. nicht einhaltbar ist. Einspruch! Natürlich werden Sie auch hin und wieder Ihre Planung anpassen müssen. Wenn Sie jedoch bei Ihrer Wochenplanung die Ihnen bereits bekannten zeitlichen Ansprüche Ihrer Stakeholder im Unternehmen bestmöglich berücksichtigen, wird sich im Zeitverlauf Ihr Zeitmanagement professionalisieren. Wenn z. B. Ihre Mitarbeiter wissen, dass Sie feste Termine im Kalender haben, die Sie bewusst den Mitarbeitern und Teams widmen, so werden Ad-hoc-Anfragen sukzessive zurückgehen, weil man sie in den Regeltermin verlagert. Das ist auch für Mitarbeiter zeiteffizient. Professionelles Zeitmanagement bedeutet daher immer, der eigenen zeitlichen Verfügbarkeit eine transparente Mindeststruktur zugrunde zu legen. Nur so wird es Ihnen gelingen, die richtige Mischung aus Struktur und Flexibilität der verfügbaren Zeit zu finden. Das Beispiel in Abbildung 125 zeigt: Sie verfügen noch über viele freie Zeitfenster, die Sie bedarfsgerecht nutzen können. Jedoch gibt Ihnen die Grundstruktur auch den standardisierten Rahmen vor, der Ihnen z. B. dienstags und donnerstags zeitliche Freiräume gibt, sich in mehreren unterbrechungsfreien Stunden mit komplexen Themen auseinanderzusetzen. Somit wirken Sie planerisch dem im Tagesgeschäft immer mehr Raum greifenden Zeitdruck entgegen. Konzeptionelle Arbeit, tiefes Durchdenken von Themen, Treffen komplexer Ent-

270

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

scheidungen sollten keinesfalls unter Zeitdruck stattfinden. Darüber hinaus bedarf die zunehmende Forderung nach schnellen Entscheidungen im Arbeitsleben selbstverständlich auch immer noch der kontinuierlichen, inhaltlichen Arbeit, um Entscheidungen auch bestmöglich faktenbasiert treffen zu können. Diese Tätigkeiten gehören nicht dauerhaft in die Abendstunden oder ins Wochenende. Auch hier gilt: Sie werden auch zukünftig bei Terminvergaben improvisieren müssen und sind vermutlich auch bei einigen Terminsetzungen fremdbestimmt. Dennoch wird Ihnen Ihr neuer Terminplaner viele Stunden pro Woche schenken, die Sie individuell für sich und Ihr Team nutzen können. Es liegt also an Ihnen, Ihre Zeit aktiv zu planen. Ihr (Arbeits-)Leben wird strukturierter, effizienter, effektiver. Probieren Sie es – es wird sich lohnen. Und berücksichtigen Sie dabei die goldene Regel der Terminplanung: Für den Kalender gibt es nur einen Chef. Das heißt konkret, dass entweder Sie oder Ihre Assistentin hier sprichwörtlich den Hut aufhaben. Ineffizienzen und häufig sogar Termin-Chaos entstehen, wenn mehrere Personen schreibenden Zugriff auf den Terminkalender haben. Vermeiden Sie das, denn es wird vermutlich Ihr Zeitmanagement kannibalisieren. Das operative Terminmanagement gehört nur in eine Hand und sollte konsequent der von Ihnen vorgegebenen Kalenderstruktur und -spielregeln folgen! Der Fokus auf High-Value-Activities hilft, den Zeiteinsatz zu priorisieren

Abbildung 126: High Value Activities473

Um die richtigen Dinge zu tun, sollten Sie sich von den überflüssigen Aufgaben und Tätigkeiten verabschieden und Ihre Aufmerksamkeit auf diejenigen Tätigkeiten richten, die einen hohen Wert haben. Führungskräfte, die ihre Zeit erfolgreich

473

Vgl. Blatter, o. A.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

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managen, fokussieren ihr Tun im Besonderen auf die sogenannten High Value Activities (vgl. Abbildung 126). Sie werden sich wundern, wie viele Tätigkeiten Sie hinsichtlich Ihres Wertes als gering oder sogar wertlos einstufen. Diese Tätigkeiten sollten Sie explizit auf einer ‚Not to do-Liste‘ erfassen und Sie gemeinsam mit Ihren Stakeholdern eliminieren (vgl. Abbildung 127).

Abbildung 127: Not to do-Liste474

Denken Sie hier an Tätigkeiten, die Ihre Ziele gefährden können, einen unvertretbar hohen Zeitaufwand bei vergleichsweise geringem Nutzen erfordern oder auf alten Gewohnheiten basieren, deren Wert bei näherem Hinsehen nicht mehr gegeben ist. Eine gute 80 %-Lösung heute kann effektiver sein als die 100 %-Lösung nächste Woche Denken Sie einmal an eine zurückliegende (Projekt-)Aufgabe, die Sie kürzlich erfolgreich abgeschlossen haben. War es da nicht so, dass Sie vergleichsweise schnell wesentliche Teile des späteren Ergebnisses erarbeitet hatten, jedoch das Fertigmachen, das Finalisieren des Ergebnisses vergleichsweise lange gedauert hat? Hier stellt sich die Frage: Gibt es nicht viele Fälle, bei denen eine gute, zeiteffiziente 80 %-Lösung bereits ausreicht, oder muss es immer die wesentlich zeitintensivere 100 %-Lösung sein? Nun ja, bei der Blinddarm-Operation im Krankenhaus Ihres Vertrauens oder dem Reifenwechsel in der Kfz-Werkstatt werden wir uns alle verständlicherweise nicht mit einer 80 %-Lösung zufrieden geben. Unter dem Aspekt des zeiteffizienten Arbeitens ist es jedoch die Frage, ob es nicht Aufgaben und Situationen gibt, bei denen man sich zunächst auch mit einer 80 %-Lösung problemlos zufrieden geben kann. Diese hier angestellten Überlegungen basieren auf dem sog. Pareto-Prinzip. Das Pareto-Prinzip besagt im Kern, dass Sie mit 20 % des Aufwandes, der zur Erledigung einer Aufgabe insgesamt notwendig ist, bereits 80 % des Ergebnisses erreichen. Wie bereits gesagt, das gilt sicherlich nicht für alle Aufgaben – aber denken Sie einmal nach: In welchen Situationen wären Sie auch mit einer schnellen 80 %-Lösung zu einem völlig ausreichenden Ergebnis gekommen. Und müssen Ihre 474

Vgl. Blatter, o. A.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Mitarbeiter immer mit der fertigen Lösung zu Ihnen kommen – oder akzeptieren Sie bereits fallspezifisch 80 %-Lösungen. Genau darum geht es im Zeitmanagement: Ermitteln Sie die Aufgaben, bei denen Sie sich auch mal mit einer guten 80 %-Lösung zufrieden geben können. Sie werden sehen, es spart nicht nur Arbeitszeit einzelner Mitarbeiter, sondern es wird insgesamt die Prozesse in Ihrem Bereich beschleunigen.

Abbildung 128: Pareto-Prinzip475

Ihre Herausforderung als Führungskraft ist es, gemeinsam mit Ihrem Team diejenigen Aufgaben im Alltag herauszufiltern, bei denen das Pareto-Prinzip sinnvoll anwendbar ist und bei denen man auch mit der 80 %-Lösung ein uneingeschränkt zufriedenstellendes Ergebnis erreicht. Es geht ausdrücklich nicht darum, den Qualitätsanspruch an die Arbeiten des Teams pauschal zu reduzieren. Vielmehr entsteht der Mehrwert dadurch, dass man bei geeigneten Themen und Aufgaben mit diesem Prinzip die richtigen Prioritäten für den zeitlichen Einsatz der Mitarbeiter setzt. 3.2.9.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Die Zeitfenster zum Treffen von Entscheidungen werden kürzer Sie merken täglich: Entscheidungen müssen heute schneller getroffen werden als früher. Schnell ist besser als langsam. Dieser vordergründig so trivial klingende Leitsatz von Google476 enthält bei genauerem Hinsehen eine wichtige Erkenntnis: Entscheidungen müssen heute so schnell wie möglich, sollten aber auch nicht schneller getroffen werden. Die Verinnerlichung dieses Leitsatzes setzt zwingend voraus, dass Sie aufgrund Ihres Zeitmanagements in der Lage sind, dort, wo Sie Zeit benötigen, über diese auch zu verfügen. Umso wichtiger ist es, für Unvorhergesehenes freie Zeitfenster in Ihrer Wochenplanung zu reservieren. 475 476

Vgl. Blatter, o. A. Vgl. Creusen / Gall / Hackl, 2017, S. 159.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

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Jedoch sollten Sie unter Zeitaspekten nicht nur dafür Sorge tragen, Ihr eigenes Zeitbudget für die neuen Aufgabenschwerpunkte zu optimieren. Vielmehr müssen Sie auch operative Schwerpunkte Ihrer Führungsarbeit verändern, um Ihrem Team die bestmöglichen Voraussetzungen für das in der digitalen Transformation so erfolgskritische Arbeiten zu ermöglichen. Das Arbeiten in Netzwerken, innovatives Denken in Lösungsoptionen, kreatives Ausprobieren von Lösungen und das Analysieren und Interpretieren unstrukturierter Daten und Informationen wird immer erfolgskritischer. Erfolgreiche Führungskräfte denken zunehmend in Prozessen, die Ihrem Team im Tagesgeschäft die zeitlichen Möglichkeiten verschaffen, um sich auf diese Tätigkeiten zu konzentrieren. Auch dazu benötigen Sie als Führungskraft in der digitalen Transformation die frei werdenden zeitlichen Kapazitäten, die nach der Delegation von Aufgaben ans Team, durch das Eliminieren unproduktiver Aufgaben sowie die Nutzung von Zeitmanagementmethoden, entstehen. Die Dynamik des Tagesgeschäftes ist ein Nährboden für zeitliche Ineffizienzen Die Dynamik des Tagesgeschäftes ist ein Verstärker zeitlicher Ineffizienzen, die häufig einzeln betrachtet nicht besonders ins Gewicht fallen, sich jedoch bei genauerem Hinsehen durch ihre Häufung zu nennenswerten Größen aufsummieren. Betrachten wir als Beispiel die Durchführung von Teamveranstaltungen, die aufgrund der zunehmenden interdisziplinären Zusammenarbeit in Unternehmen stark zunehmen und grundsätzlich sehr sinnvoll sind. Es müssen jedoch gewisse Regeln eingehalten werden, sollen sie unter dem Gesichtspunkt einer bestmöglichen Nutzung der eingesetzten Zeit nicht wertvolle (Zeit-)Ressourcen verschwenden. Ein einfaches Rechenbeispiel: Wenn Sie in einem 4-stündigen Teammeeting mit 15 Kollegen insgesamt 30 unproduktive Minuten zulassen, die sich im Laufe eines Treffens erfahrungsgemäß schnell ansammeln, so entsteht nur in dieser einen Veranstaltung insgesamt eine unproduktive, kumulierte Leerzeit von ca. einem Arbeitstag (15 × 30 Minuten = 7,5 Std.). Wenn Sie darüber hinaus kein konkretes Resümee aus einem durchgeführten Teammeeting treffen, so nimmt vermutlich die zeitliche Ineffizienz auch nach dem Meeting weiter zu. Denn jeder Teilnehmer wird danach seine eigenen Schlüsse über nächste Schritte, durchzuführende To-dos etc. ziehen. Wie oft passiert es Ihnen innerhalb einer Woche, dass Sie aus einem Meeting kommen und sich fragen, wie es jetzt eigentlich konkret weitergeht? So wird zeitliche Ineffizienz von Arbeitstreffen täglich multipliziert. Jedes Arbeitstreffen sollte daher prozessual – unabhängig von seiner konkreten Agenda und seinen spezifischen Inhalten – entlang der 5 nachfolgenden Regeln ablaufen:477 • Teilnehmer ankommen lassen: Die Teilnehmer eines Meetings kommen nicht alle gleichzeitig an, und sind sie eingetroffen, tauschen sie sich häufig noch schnell zu anderen Themen aus, bevor die Veranstaltung beginnt. Planen Sie 477

Vgl. Andresen, 2019, S. 424 f.

274

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

daher immer einen kurzen Zeit-Slot für das Ankommen mit ein. Die Erfahrung lehrt, dass selbst konsequentes Zeitmanagement dieses soziale Phänomen nicht gänzlich unterdrücken kann. Für Ihr Zeitmanagement bedeutet das, dass Sie ca. 5 Minuten für das Ankommen berücksichtigen sollten. Wenig Zeit für einen großen Effekt – beim Start Ihres Meetings ist dann alles gesagt, was nicht ins Meeting gehört. • Gemeinsames Ziel rekapitulieren: Was will die Gruppe gemeinsam im Meeting erreichen. Hier reichen in der Regel wenige Sätze aus, um das Ziel der Zusammenkunft nochmal klar auszusprechen. Auch hier lehrt die Erfahrung, dass kein Ziel zu trivial ist, um es nicht zu Beginn noch einmal für alle als gemeinsames Ziel auszusprechen. Es reduziert Missverständnisse und verhindert unnötige Diskussionen während des Meetings. • Ergebnisse erarbeiten: Dies ist der Hauptteil des Meetings, der Kern des Zusammenkommens. Hier wird das Ziel des Meetings erreicht, ein Ergebnis erarbeitet. Wegen dieses Teils des Meetings sind die Teilnehmer gekommen, bringen ihre Expertise ein. Dieser Teil sollte zeitlich den Großteil der Veranstaltung ausmachen. • Ergebnis würdigen und ggf. Vereinbarung treffen: Am Ende des Meetings sollten Sie noch einmal explizit die Eckpunkte des Ergebnisses zusammenfassen und nächste Schritte – oder ggf. explizit auch keine nächsten Schritte – vereinbaren. Dies stellt sicher, dass alle Teilnehmer mit dem gleichen Verständnis der Ergebnisse sowie der folgenden Aktivitäten das Meeting verlassen. • Meeting beenden: Jedes Meeting sollten Sie strukturiert abschließen. Dies kann z. B. bedeuten, dass Sie den Anwesenden für die Mitarbeit danken, ein Feedback zum Verlauf des Meetings geben oder einholen und sich von allen Teilnehmern verabschieden. Sie werden sehen: Wenn Sie Ihre Arbeitstreffen nach der vorgestellten Struktur durchführen, die Sie je nach Teilnehmern, Thema, der Gruppengröße, dem Anlass des Treffens etc. noch individuell auf die spezifischen Anforderungen anpassen können, werden Sie auf Sicht besser, d. h. schneller und strukturierter, durch Ihre Termine kommen. Versuchen Sie’s! Wo wir gerade über Arbeitstreffen und Meetings nachdenken: Zusätzlich zu den Regeln, die wir uns gerade angesehen haben, können Sie unter Zuhilfenahme der Erkenntnisse des Parkinson’schen Gesetzes weitere zeitliche Effizienzpotenziale heben. Das Parkinson’sche Gesetz formuliert die – zunächst abstrakte – Erkenntnis eines empirischen Phänomens, dass Aufträge, Arbeitstreffen etc. grundsätzlich genau die Zeit brauchen, die man zur Verfügung hat478. So werden z. B. Besprechungen typischerweise auf 60 Minuten angesetzt. Und diese veranschlagte Zeit wird dann häufig auch gebraucht, selbst wenn die angestrebten Ergebnisse problemlos 478

Vgl. Parkinson, 1997; Blatter, o. A. und Heidenberger, o. A.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

275

bereits nach 30 Minuten auf dem Tisch liegen könnten. Für Ihr Zeitmanagement können Sie daraus zwei Handlungsdirektiven ableiten: • Setzen Sie für die zeitliche Dauer Ihrer Arbeitsmeetings zukünftig gerne ambitionierte Ziele. Dies läuft vielleicht zunächst Ihrer Überzeugung entgegen, dass man besser zu viel als zu wenig Zeit veranschlagt. Es wird aber vermutlich dazu führen, dass Sie im Vergleich zu heute viele Meetings bei gleichem Output schneller durchführen werden, während es erfahrungsgemäß wenige Meetings geben wird, bei denen Sie nicht rechtzeitig fertig werden. In Summe können Sie auf diese Weise eine nennenswerte Zeitersparnis realisieren. Gehen Sie Ihre Regelmeetings durch und kürzen Sie mutig dort die Zeiten, wo Sie es für vertretbar halten. Die Faustregel heißt: Werden Sie ambitionierter, aber bleiben Sie auch realistisch! • Verplanen Sie immer 80 % der Gesamtdauer eines Meetings für den Punkt „Arbeiten“ – also den Hauptteil des Meetings. Schauen Sie sich einmal die Agenden der Meetings, die Sie regelmäßig besuchen, genauer an. Die Wette gilt: In 50 % der Fälle werden Sie nicht erkennen, worum es in diesem Termin im Kern eigentlich gehen soll und auch keinen ausführlichen Hauptteil erkennen – die eigentliche Existenzberechtigung eines produktiven Termins. Trotz der Erkenntnisse des Parkinson’schen Gesetzes besteht natürlich trotzdem weiterhin das Risiko der Überziehung des Zeitbudgets in Meetings. Hier können Sie das sogenannte Time-box-Prinzip479 anwenden, indem Sie im Meeting eine Countdown-Uhr einsetzen. Eine für jedermann sichtbare Uhr zeigt die für ein Thema verbleibende Zeit an und stimuliert auf diese Weise die Gruppe, die vorher festgelegte Zeitdauer (Time-box) einzuhalten. Die Teilnehmer sehen die ablaufende Zeit und realisieren ihre Knappheit. Häufig werden dadurch die Redebeiträge der Teilnehmer effizienter und prägnanter und damit die Meeting-Zeit insgesamt effektiver genutzt. Die Parallelität von Aufgaben nimmt zu Ein weiteres Phänomen der digitalen Transformation ist, dass man viele, zum Teil volatile, Aufgaben gleichzeitig und stets mit einem hohen Zeitdruck erledigt. Hier können Sie mit Ihrem Zeitmanagement ansetzen, indem Sie die Aufgabenfülle und die Dringlichkeit der Aufgabenerledigung gegeneinander abwägen. Dazu versehen Sie zu erledigende Aufgaben mit einem Verfallsdatum. Ist eine Aufgabe bis zu einem bestimmten Termin nicht erledigt, wird sie als obsolet eingestuft. Hierzu können Sie z. B. ein für alle Teammitglieder sichtbares Task-Board nutzen und auf diesem alle gelisteten Aufgaben illustrieren. Jede offene, noch zu erledigende Aufgabe wird mit einem Verfallsdatum – z. B. zwischen 1 und 12 Wochen – versehen. Werden die Themen innerhalb des festgelegten Verfallsdatums nicht ‚gezogen‘, 479 Zum Timebox-Prinzip vgl. auch Oestereich / Schröder, 2020, S. 236 und Schültken, 2019, S. 217 f.

276

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

können sie entweder komplett entfernt oder in ein Cluster ‚obsolet‘ eingeordnet und ggf. nach einem längeren Zeitraum noch einmal verifiziert werden.480 Mit diesem Verfahren können Sie Ihre ‚Kann-Aufgaben‘ sehr zeiteffizient gegeneinander priorisieren. Es setzt voraus, dass die Mitarbeiter über den Reifegrad verfügen, die Priorisierung der Themen vorzunehmen. Die ‚Muss-Aufgaben‘ Ihres Bereiches sollten Sie aus diesem Vorgehen heraushalten. 3.2.9.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren • Etablieren Sie Prozesse, Strukturen und Entscheidungsregeln, die Ihre Teamprozesse schneller, effizienter und qualitativ besser machen. • Erstellen Sie eine Liste Ihrer Tätigkeiten, die lediglich auf alten Gewohnheiten, alten Prozessen basieren oder aus sonstigen Gründen keinen Mehrwert mehr haben – und lassen Sie diese Tätigkeiten ab morgen weg. Die Hypothese ist, dass Sie durch dieses Vorgehen sofort mehrere Stunden in der Woche gewinnen, die Sie anderen Themen widmen können. • Versehen Sie die nicht sofort zu erledigenden ‚Kann-Aufgaben‘ Ihres Bereiches jeweils mit einem Verfallsdatum und stellen Sie damit sicher, dass die im Zeitverlauf in Ihrem Aufgabenportfolio immer wieder liegen gebliebenen Aufgaben zum festgelegten Stichtag mangels Relevanz eliminiert oder zumindest noch einmal hinsichtlich ihrer offensichtlich geringen Bedeutung diskutiert werden. • Erstellen Sie eine Liste kurzfristig ans Team zu delegierender Aufgaben und übertragen Sie schnellstmöglich in Abstimmung mit Ihren Mitarbeitern die Aufgaben ans Team. • Managen Sie Ihre verfügbare Zeit aktiv, d. h. entscheiden und priorisieren Sie in Ihrer Terminplanung, welche Zeitanteile Sie pro Woche für welche Stakeholder einplanen wollen und richten Sie Ihr Zeitmanagement konsequent daran aus. • Schaffen Sie sich durch die Reservierung freier Zeitfenster in Ihrem Terminplan die kapazitativen Freiheiten, um sich auch kurzfristig zeitkritischen und komplexen Fragestellungen mit der notwendigen Sorgfalt annehmen zu können. • Etablieren Sie eine Kultur, in der die Schnelligkeit von Entscheidungen den Eindruck der Oberflächlichkeit und das Machen von Fehlern den Makel des Scheiterns verlieren. Dies bedeutet ausdrücklich nicht, dass Entscheidungen ohne Kenntnis der Inhalte getroffen werden dürfen oder die Zeiteffizienz das alleinige, bestimmende Entscheidungskriterium ist. • Schaffen Sie sich durch Ihr neues Zeitmanagement die zeitlichen Freiheiten, um umgehend auf Mitarbeiteranliegen reagieren zu können, um so die Zeiteffizienz bei der Aufgabenerledigung auch für Ihre Mitarbeiter zu erhöhen.481 480 481

Vgl. Oestereich / Schröder, 2020, S. 228. Vgl. Hackl, 2015, S. 30–32 und Hofert, 2018, S. 161 f.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

277

• Optimieren Sie Ihre Meeting-Kultur und eliminieren Sie damit die vielen kleinen, unbemerkten Zeitfresser im Tagesgeschäft: – Achten Sie unter Berücksichtigung des Parkinson’schen Gesetzes auf die zeiteffiziente Dauer von Meetings. – Nutzen Sie das Time-Box-Prinzip zur Optimierung der Zeiteffizienz in ­Meetings. 3.2.9.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Eisenhower-Matrix Die sogenannte Eisenhower-Matrix (vgl. Abbildung 129) visualisiert, dass Sie grundsätzlich vier Typen von Aufgaben im Tagesgeschäft unterscheiden können. Je nach Klassifizierung Ihrer Aufgaben können Sie entscheiden, wie Sie mit diesen Aufgaben im Einzelfall umgehen. Die Matrix gruppiert die ad hoc anfallenden Aufgaben hinsichtlich Ihrer Bedeutung in wichtig und unwichtig sowie hinsichtlich Ihrer zeitlichen Dringlichkeit in dringend und nicht dringend. Die einfache Logik dieses Priorisierungswerkzeuges ist nun: (Nur) die wichtigen Aufgaben erledigen Sie selbst. Sind sie dringend, so erledigen Sie diese sofort (AAufgaben), sind sie nicht zeitkritisch, so terminieren Sie die Erledigung in Ihrem Terminkalender (B-Aufgaben). Die von Ihnen als nicht wichtig genug eingestuften Aufgaben, um Sie selbst zu erledigen, delegieren (C-Aufgaben) oder eliminieren Sie (D-Aufgaben). Anhand der Eisenhower-Matrix erkennen Sie, dass Sie jenseits der Delegation von Regelaufgaben auch ad hoc anfallende Aufgaben (C-Aufgaben) delegieren können.

Abbildung 129: Eisenhower-Matrix482 482

Vgl. Blatter, o. A.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Und eine weitere wichtige Erkenntnis können Sie aus der Matrix ableiten: Sie sind im Tagesgeschäft als Führungskraft nur bei den A-Aufgaben fremdbestimmt, denn diesen sollten Sie sich unverzüglich annehmen. Bei allen anderen Aufgabentypen entscheiden Sie, was damit geschieht und vor allem, mit welcher zeitlichen Dringlichkeit sie bearbeitet werden. Bitte erkennen Sie auch an dieser Stelle, dass nicht alle Aufgaben gleich wichtig sein können. Ein häufig zu beobachtender Fehler bei ambitionierten Führungskräften ist das reflexartige und gedankenlose ‚Hoch-Priorisieren‘ auch von solchen Aufgaben, die terminiert werden können. Aber machen Sie sich eines klar: Wer alles hoch priorisiert, priorisiert faktisch nichts. Wenn alles immer gleich wichtig und dringlich ist, ist alles auch gleich unwichtig und zeitunkritisch. Eine Erkenntnis, die Sie sich in ihrer ganzen Tragweite klar machen müssen. Daher ist die Eisenhower-Matrix – so einfach sie die komplexe Welt der Aufgaben und ihre Dringlichkeit auch klassifizieren mag – der erfolgskritische Hinweis für Ihr tägliches Zeitmanagement, auch die ad hoc anfallenden Themen bewusst und konsequent zu priorisieren. Denn ohne Priorisierung gibt es kein effektives Zeitmanagement. Und ohne eine bewusste Klassifizierung der Dringlichkeit von Themen gibt es keine Priorisierung. Also: Entscheiden und priorisieren Sie! Und tappen Sie im hektischen Arbeitsalltag nicht in die Priorisierungsfalle, indem sukzessive alles als zeitkritisch eingestuft wird. Denn das ist es nicht. Auch nicht in Zeiten der digitalen Transformation! Sie werden bei Übernahme dieser Zeitmanagement-Denkmuster in Ihr tägliches Priorisierungshandeln nennenswerte Zeitbudgets freisetzen, die Sie für die wirklich wichtigen Themen dringend benötigen. Rechnen Sie nach: Wenn Sie pro Woche mit diesem Vorgehen Ihre zeitliche Effizienz nur um 5 % erhöhen, so gewinnen Sie circa 2 Stunden an Zeit, die Sie im Vergleich zu heute frei disponieren können. Diese addieren sich pro Monat auf 1 Tag und pro Jahr auf ca. 10 Tage auf. Wenn das keine Argumente für Ihr neues Zeitmanagement sind. ABC-Methode Die ABC-Methode gestattet es Ihnen, Ihre Regelaufgaben hinsichtlich der Priorität zu unterscheiden (vgl. Abbildung 130). Auf dieser Grundlage können Sie weiterführende Überlegungen Ihres planmäßigen zeitlichen Einsatzes zur Erledigung dieser Aufgaben sowie etwaiger Veränderungen in den bereitzustellenden Zeitbudgets anstellen. Sie unterscheiden dabei Ihre Aufgaben entlang der Prioritäten hoch, mittel und niedrig. Dabei klassifizieren Sie die Priorität der Aufgaben durch den Vergleich der Aufgaben gegeneinander. Das heißt, kommt in Ihrem Aufgabenportfolio eine aus Ihrer Sicht hoch prioritäre Aufgabe dazu, so könnten Sie im Quervergleich mit Ihren anderen Aufgaben z. B. entscheiden, eine bisher als hoch prioritär eingestufte Aktivität ab sofort nur noch mit mittlerer Priorität zu verfolgen. Ziel ist es auch hier nicht, die ABC-Matrix formalistisch und detailverliebt zu nutzen, um schlimmstenfalls mit einer bürokratischen Selbstbeschäftigung produktive Arbeitszeit zu vernichten. Vielmehr

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

279

geht es um Ihre strukturierte, pragmatische Priorisierungsentscheidung innerhalb Ihres Aufgabenportfolios. Das ist effektives Zeitmanagement. Denn Sie wissen ja: Ist für Sie immer alles gleich wichtig, ist auch alles gleich unwichtig.

Abbildung 130: ABC-Methode483

Termine-Review Mittels des sehr praxisorientierten Ansatzes eines Termine-Reviews können Sie z. B. einmal monatlich Ihre Aufgaben und terminlichen Verpflichtungen einer einfachen Überprüfung unterziehen. Klassifizieren Sie Ihre Terminkalender-Einträge der letzten 4 Wochen mit Blick auf die kommenden 4 Wochen wie folgt entlang von vier Kriterien:484 • Reduzieren: Was will ich in den nächsten 4 Wochen weniger tun? • Eliminieren: Was will ich in den nächsten 4 Wochen nicht mehr tun? • Intensivieren: Was will ich in den nächsten 4 Wochen intensiver tun? • Etablieren: Was will ich in den nächsten 4 Wochen zusätzlich tun? Sie können sich z. B. bei Durchsicht Ihrer Kalendereinträge selbst die erfahrungsbasierte Regel auferlegen, mindestens 20 % der Einträge als ‚Eliminieren‘ und ‚Reduzieren‘ zu klassifizieren. Sie werden erstaunt sein, wie viele Ihrer regelmäßigen Aktivitäten Sie in der Nachbetrachtung nicht mehr so hoch priorisieren wie vorher und wie viele Freiräume in Ihrem Kalender entstehen, wenn Sie die Priorisierung konsequent durchführen. Erfahrungsgemäß steigern Sie nach 2–3 Durchläufen eines Termine-Reviews Ihre Zeiteffizienz dauerhaft allein schon dadurch, dass Sie die Bedeutung bestimmter Aktivitäten bereits vor dem Eintrag in den Kalender effektiver einschätzen als früher.

483

Vgl. Blatter, o. A. Zum hier zugrundeliegenden Blue Ocean Ansatz vgl. auch Häusling / Römer / Z eppenfeld, 2019, S. 148 f.

484

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

3.2.10 Hebel 9: Zielemanagement 3.2.10.1 Das sollten Sie wissen Ziele leiten und lenken Verhalten und geben Orientierung Ziele beschreiben Situationen, die erreicht werden sollen. Sie leiten und lenken Verhalten und geben Orientierung. Dabei können die Ziele explizit gesetzt oder auch nur implizit verfolgt werden. Wenn Ziele von allen akzeptiert und hinreichend konkret sind, um einen erwünschten Zustand auch angemessen zu beschreiben, so erzeugen sie motivatorische Kraft und geben die Richtung vor. Das Ziel beschreibt das ‚Was‘, das anzustrebende Ergebnis der gemeinsamen Arbeit. Beim Team verbleiben typischerweise die Freiheiten, wie das Ziel erreicht wird. Damit Ihr Zielemanagement von allen Mitarbeitern nachvollzogen werden kann und bestmöglich auf das Erreichen der Ziele ausgerichtet ist, sollten Sie die 8 Anforderungen an ein gutes Zielemanagement kennen und berücksichtigen (vgl. Abbildung 131).

Abbildung 131: Anforderungen an das Zielemanagement

Ziele müssen spezifischen Anforderungen genügen, wenn sie nicht kontraproduktiv wirken sollen Greifen wir drei zentrale Anforderungen an das Zielemanagement exemplarisch heraus und beleuchten sie näher: • Ziele sollten erkennbar zur Strategie passen (vgl. Abbildung 131, Ziffer 1): Ihre Mitarbeiter entwickeln in der täglichen Arbeit sehr schnell ein Gefühl dafür, ob ihre Ziele zur Strategie des Unternehmens oder Bereiches passen, ob ihr eige-

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

281

nes Handeln zur übergeordneten Ausrichtung des Unternehmens passt. Wenn Sie bspw. die Stellung des Kunden als Unternehmen zukünftig stärker hervorheben wollen und dies in der Unternehmensstrategie z. B. mit der Bereitstellung des besten Kundenservice konkretisieren, so sollten Sie als Führungskraft in der Lage sein, Ihren Mitarbeitern schnell und plausibel die Verknüpfung der vereinbarten Bereichs- und Individualziele mit dieser strategischen Zielvorgabe zu vermitteln. Die Verknüpfung mit der Strategie des Unternehmens gibt allen Zielen die gleiche Ausrichtung und den tieferen Sinn. Werden darüber hinaus die spezifischen Mitarbeiterziele von den Mitarbeitern verstanden und akzeptiert – weil sie z. B. an der Ausgestaltung selbst beteiligt waren – so entsteht Identifikation mit dem Unternehmen und Motivation zur Erreichung dieser Ziele. • Ziele sollten SMART formuliert sein (vgl. Abbildung 131, Ziffer 3): Das heißt, dass die Ziele zunächst auf der Basis der vorgenannten Strategiekonformität für jeden Mitarbeiter möglichst konkret formuliert sein sollten. Dies umfasst die inhaltliche Beschreibung, aber auch die Terminierung. Die Erreichbarkeit eines Zieles setzt darüber hinaus voraus, dass man es – möglichst objektiv – messen kann und der Mitarbeiter überzeugt ist, durch seine Arbeit einen Beitrag zu seiner Erreichung zu leisten. Sobald eine der SMART-Vorgaben bei der Zielvergabe nicht berücksichtigt wird, laufen Sie Gefahr, die lenkende und motivierende Wirkung der vereinbarten Ziele zu verlieren. • Ziele sollten konzentriert sein (vgl. Abbildung 131, Ziffer 5): Nur so können Ziele ihre volle Wirkung erzielen. Die dahinterstehende Forderung klingt so einfach und wird doch in der Umsetzung immer wieder missachtet: Beschränken Sie sich auf möglichst wenige Ziele! Die Devise heißt: Fokus-Fokus-Fokus. Das Bündeln der Kräfte auf die Erreichung weniger Ziele ist schwer, denn Fokussieren heißt auch bewusst weglassen, heißt sich beschränken auf das Wichtigste, heißt alle Kräfte und Aufmerksamkeit auf etwas zu richten, keine Ausflüchte zu suchen, weil immer ein anderes Ziel gerade wichtiger ist. Sie werden sehen: Sowohl die Qualität als auch die Effektivität und Effizienz Ihrer Arbeit wird sich schnell verbessern, wenn Sie sich auf wenige Ziele konzentrieren. Falls Ihre Mitarbeiter mehr als drei Individualziele verfolgen, sollten Sie dafür sehr gute Gründe haben. Ziele können kontraproduktiv wirken, wenn sich Bedingungen häufig ändern Ein gutes Zielemanagement entlang der acht Anforderungen wirkt sich also positiv auf die Ausrichtung der Mitarbeiter aus: Es fokussiert, konkretisiert, konzentriert und bündelt die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter. Genau diese Bündelung der Aufmerksamkeit kann jedoch in einem dynamischen Umfeld auch kritisch hinterfragt werden. Denn durch die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die Ziele können ggf. auch Lösungen übersehen werden, mitunter wirken Ziele sogar kontraproduktiv, wenn sich die Bedingungen, unter denen sie vereinbart wurden, zwischenzeitlich verändern. Sie sollten daher sicherstellen, dass Sie bei der For-

282

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

mulierung von Zielen eine bestmöglich ausbalancierte Mischung der Ziele herstellen aus: • Kurzfrist-, Mittelfrist- und Langfristzielen, • starren und flexiblen Zielen, • quantitativen und qualitativen Zielen, • Individual- und Team-/Kollektivzielen, • selbst- und ggf. fremdgesetzten Zielen. Je dynamischer das Umfeld ist, in dem gearbeitet wird, je intensiver der Kunde mit seinen Wünschen in die Leistungserstellung einbezogen wird, je heterogener und kreativer die Teamzusammensetzung zur Leistungserstellung ist und je größer das Team ist, das am gleichen Thema arbeitet, umso kürzer sollten die Zyklen zwischen Zielfestlegung und Überprüfung der Zielerreichung sein. 3.2.10.2 Besondere Herausforderungen der digitalen Transformation Der Bedeutung starrer Ziele mit variablen finanziellen Anreizen nimmt ab Es stellt sich im Rahmen des Zielemanagements die Frage, inwiefern die Erreichung vereinbarter Ziele mit einer besonderen Incentivierung belohnt werden soll. Die Möglichkeit der Einführung variabler Incentivierungen haben wir bereits im Kapitel 3.1.6 näher beleuchtet. Bei der Erbringung von Aufgaben, die entlang einer vorgegebenen Anweisung auszuführen sind und sich hinsichtlich Ihres Ablaufs typischerweise wiederholen, kann die Produktivität durch finanzielle Anreize positiv beeinflusst werden. In der digitalen Transformation nimmt jedoch die Notwendigkeit zur Findung kreativer Lösungswege durch das Team stetig zu: Es geht darum, Lösungsansätze auszuprobieren, mutig zu sein, mal ins Risiko zu gehen. Denn Ausprobieren bedeutet auch, dass man auf dem Weg zum Ziel auch mal umdrehen muss, weil die verfolgte Lösung nicht den erwarteten Effekt hat. Oder man erkennt, dass sich das Ziel geändert hat bzw. im Sinne des Kunden angepasst werden muss. Daher gilt der Grundsatz für Ihr Zielemanagement: Je kreativer das Team arbeiten soll, umso wirkungsloser – ggf. sogar kontraproduktiver – ist der Einfluss variabler finanzieller Anreize.485 Denn Sie stimulieren bei sich verändernden Zielen nicht selten kontraproduktive, individuelle Handlungen, die der bestmöglichen Lösungsfindung im Team entgegenlaufen. Die Bedeutung der emotionalen Akzeptanz von Zielen nimmt zu In der digitalen Transformation nehmen aufgrund einer zunehmenden Komplexität und Dynamik des Arbeitslebens die Anforderungen an die Mitarbeiter ty 485

Vgl. Slogar, 2018, S. 118.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

283

pischerweise zu, Ziele intellektuell zu verstehen und nachzuvollziehen. Hier sind Sie als Führungskraft gefragt, die Wirkzusammenhänge etwaiger Individualziele und ihre Bedeutung für die Erreichung der Unternehmensziele z. B. mit Verweis auf die Unternehmensstrategie und deren bestmögliche Operationalisierung offenzulegen. Zusätzlich zur sachlogischen Nachvollziehbarkeit der Ziele spielt jedoch auch deren emotionale Akzeptanz durch den Mitarbeiter eine besondere Rolle. Sie steigern die emotionale Akzeptanz der vereinbarten Mitarbeiterziele deutlich, wenn Sie die nachfolgenden Regeln befolgen:486 • Ziele sollen auf den Stärken eines Menschen aufbauen und nicht auf seinen Schwächen. • Ziele sollten nicht von Außenstehenden auferlegt, sondern von der betreffenden Person selbst festgelegt werden. • Kurzfristige Planungen weichen immer mehr dem praktischen Ausprobieren, dem sofortigen Tun und schrittweisen weiteren Vorgehen. Dennoch sind Planungen nicht obsolet, sollten jedoch einem neuen Selbstverständnis folgen: so wenig kurzfristige Planung wie möglich! • Planungen zur Erreichung von Zielen sollten idealerweise von den Mitarbeitern nach deren individuellen methodischen Präferenzen durchgeführt werden – eine einzelne Planungsmethode, die von der Organisation auferlegt wird, ist häufig kontraproduktiv. • Pläne müssen realistisch sein und aus überschaubaren Schritten bestehen: Pläne, die sich nicht nahtlos in das Leben und die Arbeitswelt einfügen bzw. zu diesen Rahmenbedingungen im objektiven oder vom Mitarbeiter gefühlten Widerspruch stehen, werden innerhalb weniger Tage oder Wochen fallen gelassen. Ziele auf der Prozess- und Beziehungsebene gewinnen zunehmend an Bedeutung

Abbildung 132: Ziele auf der Prozess- und Beziehungsebene487 486 487

Vgl. Goleman / Boyatzis / Mckee, 2018, S. 181 f. Vgl. Preußig / Sichard, 2018, S. 80 f.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Jenseits der fachlichen Ziele sollten Sie besonders in der Startphase der digitalen Transformation die Teamarbeit, den Austausch zwischen Kollegen, die Weitergabe von Informationen etc. explizit fordern und fördern. Dazu können Sie zusätzlich zu fachlichen Zielen Prozess- und Beziehungsziele formulieren. Diese Ziele fokussieren auf die Art der Zusammenarbeit. Sie legen insbesondere in Zeiten, in denen sich die Zusammenarbeit von einer eher individuell geprägten zur einer kollektiv geprägten Aufgabenerledigung entwickeln muss, den Fokus auf positiv korrelierte Verhaltensweisen. Sich schnell ändernde Märkte erfordern nutzenorientierte Ziele und Kennzahlen Eine sinnvolle Anpassung Ihres Zielemanagements können Sie auch durch die Veränderung der Kennzahlen erreichen, mit denen Sie das Ambitionsniveau von Zielen vorgeben und die Performance messen. Typischerweise steuern Sie heute über Key Performance Indicators (KPIs) – mit den klassischen, auf Effizienz der Leistungserstellung ausgerichteten Kennzahlen (vgl. Abbildung 133). Dabei ist es Ihr primäres Ziel, durch eine möglichst passgenaue Abbildung Ihres (unternehmens-)internen Leistungserstellungsprozesses immer effizienter zu werden. Demgegenüber steht die Entwicklung, die eine mehr und mehr effektivitätsgetriebene Kundensicht der Unternehmensleistung ins Zentrum der Betrachtung stellt. Diese wird mit sog. Key Value Indicators (KVIs) gemessen.

Abbildung 133: Key Performance Indicators (KPIs) und Key Value Indicators (KVIs)

Mit anderen Worten: Während man mit KPIs die möglichst effiziente Erstellung einer Kundenlösung misst und mit diesen Kennzahlen tendenziell eher in das eigene Unternehmen hineinleuchtet, so erhalten Sie mit den KVIs Informationen, wie effektiv Ihre Leistung das Kundenproblem löst. Mit KVIs richten Sie daher

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

285

Ihre Kennzahlen auf den Markt, Ihre Kunden aus – Sie leuchten aus Ihrem Unternehmen heraus.488 Nutzen Sie bereits heute die Balanced Scorecard (BSC) als Werkzeug für Ihr Zielemanagement, so sollten Sie aus den genannten Gründen die Kundenperspektive zur führenden Perspektive ausbauen (vgl. Abbildung 134). Die BSC zeichnet sich dadurch aus, dass sie die vier Perspektiven Kunde, Finanzen, Personal und Prozesse gleichwertig zueinander positioniert. Diese in ihrer Grundidee vorteilhafte Balance der vier Perspektiven sollte jedoch spätstens mit Beginn der digitalen Transformation durch die Kundenperspektive gelenkt und geführt werden. Achten Sie daher darauf, dass Sie einerseits den Kunden und dessen Nutzen ins Zentraum der Betrachtung stellen. Darüber hinaus sollten Sie bei den Kennzahlen ebenfalls den Fokus auf solche Ziele legen, die auf den Kundennutzen fokussieren (vgl. KVIs).

Abbildung 134: Balanced Scorecard489

Eine transparente und nachvollziehbare BSC enthält in jeder ihrer vier Perspektiven jenseits der einzelnen Kennzahlen sowohl deren korrespondierenden Ziele, die notwendigen Maßnahmen zur Zielerreichung sowie ggf. einzuhaltende Vorgaben. So zwingt die BSC die Nutzer durch ihre formale Struktur, sich stets mit der Frage auseinanderzusetzen: Was (Ziel) will ich wie (Maßnahmen) erreichen und wie messe ich das (Kennzahlen)? Wollen Sie einen Schritt weiter gehen und Ihr Ziele- und Performance-Management noch konsequenter auf den Kundenutzen fokussieren, so können Sie dies entlang des Viable Indicator Models490 tun. Mit Hilfe der OKRs fokussieren Sie Ihr ganzes Handeln auf den Kunden und lassen die Ziele ausschließlich dort entstehen, wo Sie erreicht werden sollen: bei Ihren Mitarbeitern. Wir sprachen bereits ausführlich im Kapitel 3.1.6 (Output der Mitarbeiter) darüber.

488

Zu den Kennzahlen vgl. auch die Ausführungen zum Viable Indicator Model und den OKR im Kapitel 3.1.6. 489 Weber, o. A. 490 Vgl. dazu die Ausführungen im Kapitel 3.1.6.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Relative Ziele flexibilisieren das Zielemanagement Viele Unternehmen arbeiten nach wie vor mit i. d. R. auf 1 Jahr fixierten, absoluten Zielen. Ein absolutes Vertriebsziel formuliert beispielsweise einen konkreten und explizit bezifferten Umsatzanstieg in bestimmter Höhe (vgl. Abbildung 135). Bei absoluten Zielen mit dieser Laufzeit ist eine unterjährige Zieleanpassung grundsätzlich nicht vorgesehen. Dieses (unterjährig) unflexible Zielemanagement zeigt sich spätestens in der digitalen Transformation als inkompatibel zu den dynamischen und immer komplexer werdenden Arbeitswelten. Hier kann die Vereinbarung relativer Ziele Abhilfe schaffen, da sie die neuen Dynamiken und Entwicklungen berücksichtigt. Relative Ziele beziehen sich auf einen Referenzwert – ein typisches, relatives Vertriebsziel ist z. B. der prozentuale Anstieg des Umsatzes im Vergleich zum Vorjahr. Ein solches Ziel kann ambitioniert vereinbart und bei Bedarf bspw. alle 3 Monate nach einem Zielereview dynamisch angepasst werden (vgl. Abbildung 135).

Abbildung 135: Absolute und relative Ziele491

Diese Schleifen aus Zielvereinbarung und -anpassung tragen der VUCA-Welt Rechnung und stellen sicher, dass man sein Handeln stets entlang relevanter Ziele ausrichtet. Der mit den häufigen Schleifen aus Zielvereinbarung und -review einhergehende Prozess schließt ein, dass man bei relativen Zielen insbesondere auf Teamziele fokussiert. Diese gibt sich im Idealfall das Team selbst und stellt auch die Zielerreichung selbst fest. Sie als Führungskraft stehen in diesem höchsten Reifegrad eines Zielvereinbarungs- und Reviewprozesses dem Team in einer besonderen Rolle zur Verfügung: als Dialogpartner, der sicherstellt, dass die Ziele relevant, motivierend, wirklich variabel und herausfordernd sind. Es geht ausdrücklich nicht darum, als Führungskraft die Zügel der Mitarbeiterführung aus der Hand zu geben. Vielmehr stehen Sie dem Team mit Ihrem neuen Rollenverständnis, einem damit einhergegenden Vertrauensvorschuss sowie der daraus resultierenden gesteigerten Motivation und Identifikation als qualifizierter, informierter und – nur im Ausnahmefall – operativ regulativer Sparringspartner zur Verfügung.492 491 492

Vgl. Hofert, 2018, S. 208 ff. Vgl. Hofert, 2018, S. 218 ff.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

287

3.2.10.3 So können Sie Ihre Mitarbeiterführung ab heute transformieren • Stellen Sie sicher, dass Ihren Mitarbeitern die Verbindung Ihrer Ziele zur Vision und Strategie des Unternehmens klar ist. • Fragen Sie sich regelmäßig, ob Ihr Team an die aktuellen Ziele des Bereiches glaubt und diese für realistisch hält. • Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in die Festlegung der Ziele sowie der Feststellung der Zielerreichung aktiv mit ein bzw. übertragen Sie diese Aufgaben komplett ans Team. • Fokussieren Sie bei der Zielvereinbarung stets auf die Kundenziele und leiten Sie auf dieser Basis alle anderen Ziele ab. Sollten z. B. restriktive Finanzziele aufgrund etwaiger Budgetrestriktionen bestehen, so setzen diese die Rahmenbedingungen, ändern aber nichts an der Lenkungsfunktion der Kundenperspektive im Zielemanagement. • Verändern Sie Ihre Perspektive bei der Nutzung von Kennzahlen: Führen Sie Messzahlen ein, die den Wert einer Lösung für den Kunden in den Fokus stellen und nicht die interne Effizienz der Leistungserstellung über den Kundennutzen stellen. • Stellen Sie sicher, dass alle Ziele von den Mitarbeitern als die eigenen Ziele akzeptiert werden. Die emotionale Akzeptanz der Ziele ist umso wichtiger, je selbständiger die Mitarbeiter arbeiten und je autonomer sie ihr eigenes Ambitionsniveau festlegen. Sie tragen als Führungskraft die Verantwortung für die Akzeptanz und die Identifikation der Mitarbeiter mit den Zielen. • Kommunizieren Sie Ziele immer und überall. Ziele müssen jedermann bekannt sein, Ziele werden gesetzt, um erreicht zu werden. Sie sind kein Randthema, erst recht kein Tabuthema. Ziele gehören in die Öffentlichkeit – zumindest innerhalb des Unternehmens. • Machen Sie Ihrem Team alle erforderlichen Informationen zugänglich, die es zur erfolgreichen Bearbeitung der Aufgaben und Erreichung der Ziele braucht. • Klären Sie regelmäßig und einvernehmlich mit Ihrem Team, dass die gültigen Ziele Ansporn und kein Hemmnis für das Team darstellen.493 Dies setzt unter anderem voraus, dass die Ziele ein angemessenes Ambitionsniveau haben. Ihr Team muss zum Zeitpunkt der Zielvereinbarung nicht wissen, wie es das Ziel erreichen kann. Es muss jedoch daran glauben, dass es erreichbar ist. Und es muss motiviert sein, es erreichen zu wollen. • Fragen Sie sich regelmäßig, ob Ihr Team für die Zielerreichung die bestmög­ lichen Voraussetzungen hat – z. B. Budget, Entscheidungsspielräume, Kompetenzen – und wo Sie die Voraussetzungen verbessern können. 493

Vgl. Gomez / L ambertz / Meynhardt, 2019, S. 246.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Stellen Sie sicher, dass z. B. variable monetäre Anreize der Bezahlung Ihrer Mitarbeiter nicht kontraproduktiv verlaufen zu den in der digitalen Transformation erwünschten und erfolgskritischen Verhaltensweisen. Prüfen Sie, ob etwaige finanzielle Anreize Ihre Mitarbeiter vom Experimentieren, Fehlermachen und daraus Lernen sowie der bestmöglichen Befriedigung der Kundenbedürfnisse aufgrund prozessualer Erfüllung vereinbarter Ziele abhalten könnten. Wenn das so wäre, müssen Sie diese Fehlsteuerung des Mitarbeiterverhaltens beseitigen. • Verabschieden Sie sich von jährlichen Zielerreichungsgesprächen und führen Sie regelmäßige, dialogbasierte Austauschformate mit Ihren Mitarbeitern ein, in denen Sie gemeinsam, auf Augenhöhe und partnerschaftlich den Fortschritt in den Aufgaben und Herausforderungen beleuchten. • Nutzen Sie auch relative Ziele, die Sie in der VUCA-Welt typischerweise seltener anpassen müssen als absolute Ziele. So können Sie eine höhere Kundenzufriedenheit als die Konkurrenz anstreben – losgelöst von sich schnell verändernden Markt- und Konjunkturverhältnissen, die z. B. für absolute Umsatzziele relevant sind. • Achten Sie auf eine gute Mischung aus quantitativen und qualitativen, Individual- und Teamzielen sowie starren und flexiblen Zielen. Sollten Sie die Ziele­ festlegung bereits heute Ihrem Team überlassen, so hinterfragen Sie in Ihrer Rolle als Sparringspartner des Teams, ob die Ziele den richtigen (Kunden-)Fokus haben und zielführend sind. • Achten Sie insbesondere darauf, dass Ziele ambitioniert sind, aber auch nicht überambitioniert. Wenn Ziele vom Team als nicht erreichbar eingestuft werden, verlieren sie ihre leitende und motivierende Wirkung. Hier ist es Ihre Aufgabe, das Team beim Finden des richtigen Ambitionsniveaus zu unterstützen. • Feiern Sie die Erreichung von Zielen. Das kommt im Führungsalltag mit seiner häufig einhergehenden Terminfülle regelmäßig zu kurz. Das Zeigen von echter Aufmerksamkeit und Wertschätzung durch den Vorgesetzten sollte zum festen Bestandteil Ihres Zielemanagements werden. Bedenken Sie: Ziele sind nichts anderes als bewusst vereinbarte, wichtige Etappen der gemeinsamen Arbeit. Wie kann es da sein, dass man bei Erreichung dieser Etappen so tut, als wäre nichts geschehen? Es geht ausdrücklich nicht darum, bei jedem erreichten Meilenstein eine Party zu feiern. Aber gehen Sie nicht einfach so über erreichte Ziele hinweg, sondern würdigen Sie die Zielerreichung angemessen.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

289

3.2.10.4 Weitere Führungswerkzeuge, die Sie kennen sollten Zielefestlegung / Zielereview – Template Es ist wichtig, dass Sie die vereinbarten Ziele und Ihr Review mit geringstmöglichem bürokratischem Aufwand, aber dennoch strukturiert und transparent festhalten. Dazu sollten Sie ein standardisiertes Template nutzen, das Sie für alle Mitarbeiter und Teams, die Sie steuern, einsetzen können (vgl. Abbildung 136). So stellen Sie einerseits sicher, dass sowohl die Zielvereinbarung als auch das Zielereview nach einer einheitlichen Struktur ablaufen und dokumentiert werden. Andererseits ist es effizient, Ihr Zielemanagement entlang einer stichwortartigen Dokumentation im Zeitverlauf nachvollziehen zu können. Sie profitieren von diesen Informationen auch in Review-, Feedback-, Gehaltsentwicklungsgesprächen etc.

Abbildung  136: Zielefestlegung / Zielereview – Template494

Zielevernetzungsmatrix Mit Hilfe der Zielevernetzungsmatrix können Sie sich einen Überblick verschaffen, ob die Ziele Ihrer Mitarbeiter, Teams etc. ausreichend miteinander vernetzt und kompatibel sind. In der Regel können Sie das noch ohne Hilfsmittel innerhalb des eigenen Bereiches gewährleisten. Wenn jedoch Führungskräfte 494 Ein umfangreicheres Zielvereinbarungs-/review-Template finden Sie bei North / Rein­ hard / Sieber-Suter 2018, S. 178–181.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

mit Ihren Mitarbeitern Ziele vereinbaren, deren Erreichung von der Kooperation mit den Bereichen anderer Führungskräfte abhängig sind, endet typischerweise die Transparenz und damit auch die sinnvolle bereichsübergreifende Vernetzung von Zielen. Hier hilft die Matrix, da sie kompatible Ziele, konfliktäre Ziele und auch weiße Flecken (d. h. es wurden keine Ziele zu einem Thema vereinbart) bei der Zielvereinbarung strukturiert und übersichtlich offenlegt. Auf der Grundlage der Abbildung 137 können beispielsweise fünf Führungskräfte unterschiedlicher Ressorts interaktiv feststellen, bei welchen Ihrer Bereichsziele eine übergreifende Vernetzung sinnvoll und erforderlich ist. Dies macht insbesondere in Zeiten zunehmender interdisziplinärer Zusammenarbeit über Ressortgrenzen hinweg Sinn. Zudem hilft eine solche Zielematrix im Unternehmen, bereits existierende, unabgestimmte Zielvereinbarungen mit ihren häufig einhergehenden, gegenläufigen Anreizen für interdisziplinäre Zusammenarbeit zu identifizieren und hinter einer gemeinsamen Unternehmensstrategie zu harmonisieren.

Abbildung 137: Zielevernetzungsmatrix

Personalentwicklungsbedarf – Template Sollten Sie in die Zielvereinbarungen Ihrer Mitarbeiter auch individuelle Personalentwicklungsziele aufnehmen wollen, so können Sie zur Vorbereitung darauf das nachfolgende Template einsetzen, das Ihr Gespräch mit dem Mitarbeiter strukturiert und die wesentlichen Eckpunkte festhält (vgl. Abbildung 138). Nach der Ermittlung des Entwicklungsbedarfes können Sie die Eckpunkte des Entwicklungszieles in die bereits vorgestellte Gesamtzielvereinbarung (vgl. Abbildung 136) integrieren.

3.2 Die 9 Hebel Ihres Führungshandelns

Abbildung 138: Personalentwicklungsbedarf – Template495 495

Haller, 2009, S. 134.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

3.2.11 Zwischenfazit Was nehmen wir aus den bisherigen Ausführungen mit? Fassen wir zusammen: • Mit den 9 Steuerungshebeln spannt sich ein Handlungsrahmen für Sie auf, in dem Sie angemessen auf Ihre aktuelle Führungssituation reagieren und Ihre Mitarbeiter in der digitalen Transformation führen können. • Die bisher separat betrachteten Themen – sowohl die 5 Felder der Führungssituation (vgl. Kapitel 3.1) als auch die 9 Steuerungshebel Ihrer Führung (vgl. Kapitel 3.2) – versetzen uns nun in die Lage, über deren Abhängigkeiten und ihren konkreten Einsatz in Führungssituationen nachzudenken. Wir verlassen daher nachfolgend die Einzelbetrachtung von Führungssituationen und Führungshandeln und widmen uns in den kommenden Kapiteln deren Abhängigkeiten und Kombinationsmöglichkeiten für den Praxiseinsatz. Denn als digitale Führungskraft denken Sie vernetzt, in Abhängigkeiten, in Ursache-Wirkungsbeziehungen. Sie fokussieren sich auf Ihr Team und haben den Kundennutzen stets im Blick. Das setzt voraus, dass Sie in der Lage sind, Ihre Führungssituation stets richtig einzuschätzen und sie angemessen zu gestalten. Der MAESTRO-Führungsansatz gibt Ihnen die Struktur, auch in einer komplexen und dynamischen VUCA-Welt, in der aufgrund einer schier unerschöpflichen Datenfülle scheinbar alles mit allem zusammenhängt, Ihre Mitarbeiterführung auf einem stabilen Fundament aufzubauen. Denn die Mitarbeiterführung wird immer komplexer, die Führung der Mitarbeiter damit immer herausfordernder. Und die Anforderungen an Ihr Führungshandeln nehmen täglich zu. Mit dem MAESTROAnsatz und seinen bisher einzeln vorgestellten Feldern der Führungssituation und Steuerungshebel verfügen Sie jetzt über ein breites Spektrum an Ansatzpunkten, den komplexen Herausforderungen strukturiert und effektiv zu begegnen. Wir gehen jetzt einen Schritt weiter und schauen uns zunächst exemplarisch ausgewählte Abhängigkeiten im MAESTRO-Führungsansatz an (vgl. Kapitel 3.3). Danach widmen wir uns dann dem konkreten Praxiseinsatz (vgl. Kapitel 3.4). Wenn Sie bereit sind, kann es sofort losgehen!

3.3 Führungssituation & Führungshandeln: Abhängigkeiten 3.3.1 Abhängigkeiten zwischen Feldern der Führungssituation 3.3.1.1 Beispiel 1: Eigenschaften & Anforderungen Die Eigenschaften Ihrer Mitarbeiter sowie die Anforderungen der Aufgaben an Ihre Mitarbeiter sind 2 Seiten der gleichen Medaille! Oder anders formuliert: Die Fähigkeiten des Mitarbeiters sollten Sie als Führungskraft immer im Kontext der

3.3 Führungssituation & Führungshandeln: Abhängigkeiten

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Anforderungen sehen. Denn ob ein Mitarbeiter wertvolle Eigenschaften besitzt, hängt primär davon ab, wie gut er das Anforderungsprofil der Aufgaben, denen er sich annehmen wird, erfüllen kann. Machen wir uns das an einem Beispiel aus dem Sport klar. Sie kennen die beiden besten Fußballer der letzten 10 Jahre: Lionel Messi und Christiano Ronaldo! Wir sprachen über beide bereits im Kapitel 3.1.6, als wir uns die Einzel- und Gruppenperformance näher angesehen haben. Man kann sich darüber streiten, welcher der beiden mehrfachen Weltfußballer der bessere ist. Worüber man nicht streiten kann, ist, dass beide auf ihre Art und Weise einzigartige Fußballspieler sind. Sie gehören zu den besten Spielern, die es jemals gegeben hat. Sie haben Fähigkeiten und Eigenschaften, von denen jeder Mitspieler und Fußballtrainer träumt. Wir kommen gleich auf beide zurück. Stellen Sie sich nun die folgende Führungssituation vor: Sie suchen einen Projektleiter für ein Großprojekt, in einem sehr schwierigen personellen Umfeld, mit großem Zeit- und Ergebnisdruck und mit hohen zu erwartenden internen und externen Widerständen gegen das Projekt. Im Unternehmen soll eine Fertigungslinie geschlossen werden. Als Projektleiter wird Ihnen ein sehr erfolgreicher Ingenieur der Forschungs- und Entwicklungsabteilung angeboten, der bisher in der Grundlagenforschung dieser Fertigungslinie beschäftigt war. Ein tadelloser Kollege, mit sehr gutem Ruf und sogar den meisten Patentanmeldungen im Unternehmen. Zudem sehr beliebt bei den Kollegen, ein typischer Teamplayer. Mit stets hoher Zielerreichung. Man kann als Unternehmen stolz sein, einen solchen Mitarbeiter in seinen Reihen zu haben. Über Projekterfahrung verfügt der Kollege nicht. Als absoluter High-Performer wird er Ihnen vom Personalgeschäftsführer für den Projekteinsatz empfohlen, da die Personalsuche aufgrund der Wichtigkeit des Projektes in der Geschäftsleitung zur Chefsache gemacht wurde. Wie reagieren Sie? Nun ja, Sie lehnen diesen Personalvorschlag hoffentlich ab. Dem Personalgeschäftsführer erklären Sie es folgendermaßen: Unseren sehr geschätzten Kollegen aus der Grundlagenforschung als Großprojektleiter ein­ zusetzen ist so, als wenn man vorschlägt, Lionel Messi als Eiskunstläufer zu den olympischen Spielen zu schicken. Messi ist ein einzigartiger Sportler und verfügt sicherlich auch über die nötige Schnellkraft, die man beim Eiskunstlaufen braucht. Auch ist Fußballspielen wie Eiskunstlaufen eine Sportart  – da könnte man schon Gemeinsamkeiten finden, wenn man lange genug sucht. Er ist jedoch kein Eiskunstläufer, der auch nur den Hauch einer Chance hätte, beim Wettkampf einen Blumentopf zu gewinnen. Denn er ist kein Schlittschuhläufer, sondern Fußballspieler. Seine Eigenschaften, die unbestritten auf seinem Fachgebiet herausragend gut sind, bringen jedoch bei den spezifischen Anforderungen des Eiskunstlaufens keinen nennenswerten Mehrwert. Vom Frustrationspotenzial mal ganz abgesehen, wenn der Superstar mit seinem Hinterteil allzu oft über das Eis rutscht, anstatt mit eleganten Pirouetten das Publikum und die Kampfrichter zu begeistern.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Sie sehen also: Die Eigenschaften müssen immer im Kontext der Anforderungen gesehen werden. Denken Sie also zukünftig immer an Lionel Messi auf Schlittschuhen, wenn Sie einen in seinem bisherigen Themengebiet tadellosen Kollegen mit Blick auf die neuen, spezifischen Anforderungen als nicht ausreichend qualifiziert ablehnen. Das ist ausdrücklich keine Abwertung der Kollegen, sondern eine professionelle Sicht auf die Eigenschaften der Mitarbeiter. Und diese müssen zu den Anforderungen bestmöglich passen. Im Falle unseres im Beispiel beschriebenen Ingenieurs ohne Großprojekterfahrung gebietet es zuletzt sogar Ihre Fürsorgepflicht dem Kollegen gegenüber, diesen hochqualifizierten Mitarbeiter mit Blick auf die mannigfaltigen spezifischen Herausforderungen von unternehmenspolitisch diffizilen Großprojekten nicht als Projektleiter zu akzeptieren. Sie könnten jetzt spontan einwenden, dass man als Mitarbeiter auch an seinen Herausforderungen wachsen und doch gerade die Führungskraft dazu den erforderlichen Vertrauensvorschuss geben kann. Wo doch Vertrauen immer wichtiger wird, wie wir bereits festgestellt haben. Diese Sicht ist grundsätzlich richtig. Sie darf jedoch nicht dazu führen, dass Sie in Ihrem Unternehmen Lionel Messi auf die Eisfläche schicken, um die Goldmedaille zu gewinnen. Hier müssen Sie als Führungskraft erkennen, dass die erfolgskritischen Fähigkeiten nicht vorhanden sind, auch wenn sehr viele andere Fähigkeiten nahezu perfekt ausgeprägt sind. Und wenn man ihn trotzdem auf die Eisfläche schickt, so sollte man sich im Klaren darüber sein, dass es eines Wunders bedarf, um die Medaille zu holen. Aber Wunder sind auch in der digitalen Transformation sehr selten und keine Voraussetzung, auf die Sie Ihren Führungserfolg stützen sollten. Vertrauen sollten Sie in die relevanten Fähigkeiten haben. Wenn Sie jedoch feststellen, dass diese explizit nicht vorliegen (können!), rechtfertig Vertrauen keinen Projekteinsatz. Oder würden Sie sich von einem begnadeten Architekten den Blinddarm herausnehmen lassen? Ich nicht! Ich hätte kein Vertrauen in die relevanten Fähigkeiten! Also: Niemand ist pauschal gut oder weniger gut qualifiziert. Ob die erforderliche Qualifikation vorliegt, kann nur bei einem Vergleich der Anforderungen der Aufgabe mit den Eigenschaften des Mitarbeiters erfolgen. Das ist einerseits trivial, wird aber in der Praxis regelmässig missachtet. Ich habe in den letzten 25 Jahren in vielen Unternehmen Lionel Messi auf Schlittschuhen gesehen – das war für alle Beteiligten am Ende immer wieder frustrierend.

3.3.1.2 Beispiel 2: Eigenschaften, Anforderungen & Output Je besser es Ihnen gelingt, Ihren Mitarbeitern die richtigen Aufgaben zuzuweisen oder für die Anforderungen der Aufgaben zu qualifizieren, umso bessere Voraussetzungen schaffen Sie für ein leistungsfähiges Arbeiten Ihrer Mitarbeiter. Das klingt auch auf den ersten Blick trivial, ist es aber bei genauerem Hinsehen ebenfalls nicht.

3.3 Führungssituation & Führungshandeln: Abhängigkeiten

295

Bemühen wir hier noch einmal unser Beispiel mit dem vielfachen Weltfußballer Lionel Messi: In der Unternehmenspraxis ist es häufig so, dass dann doch Lionel Messi die Schlittschuhe anschnallt und sich aufs Projekt-Glatteis begibt. Jedermann sieht, dass er kein professioneller Schlittschuhläufer ist. Dafür, dass er noch nie auf Schlittschuhen stand, macht er es zwar erstaunlich gut. Man erkennt jedoch unschwer, dass die Bewegungen unsicher sind und er in seiner Leistung sehr weit hinter erfahrenen Eiskunstläufern zurückliegt, die bereits seit Jahren diesen Sport betreiben. Bei der Bewertung seiner Performance wird ihm später jedoch vorgeworfen, dass er keine Sprünge gezeigt hat, mehrmals kurz vor einem Sturz stand und die Körperhaltung äußerst verkrampft war. Sein Output wird von den Punktrichtern als insgesamt nicht ausreichend bewertet. Für den Transfer in Ihren Führungsalltag heißt das ganz konkret: Wenn Sie es als Führungskraft zulassen, dass ein nicht ausreichend qualifizierter Messi die Schlittschuhe anziehen muss, so dürfen Sie ihn bei der späteren Beurteilung seiner Leistung auch nicht mit den Profi-Eisläufern vergleichen. Und wenn Sie den in unserem Beispiel beschriebenen Ingenieur aus der Grundlagenforschung dennoch als Gesamtprojektleiter einsetzen, dürfen Sie davon ausgehen, dass er nicht die Leistung eines erfahrenen, professionellen Projektleiters erbringen wird. Und zwar nicht deshalb, weil er kein Leistungsträger des Unternehmens ist, sondern weil Sie es als Führungskraft zugelassen haben, dass er Anforderungen ausgesetzt wird, für die er keine ausreichenden Fähigkeiten mitbringt. Bitte berücksichtigen Sie daher stets die Eignung eines Mitarbeiters bei der Beurteilung seiner Leistung. Seien Sie sehr anspruchsvoll in Ihren Erwartungen und Ambitionen – aber bleiben Sie Realist. Ihre Mitarbeiter können auch mit noch so großem Einsatz die Defizite eines unpassenden Personaleinsatzes nicht ausgleichen. Sie sollten daher auch nicht doppelt bestraft werden: Indem man Ihre Frustrationstoleranz beim Einsatz aufgrund der beschriebenen Defizite auf eine harte Probe stellt und Sie dann bei der Leistungsbeurteilung auch noch an den Leistungen der Profis misst. Wie oft haben Sie das in letzter Zeit gemacht? Vermeiden Sie das in Zukunft! Fordern Sie viel von Ihren Mitarbeitern, aber schauen Sie genau auf die Anforderungen und Fähigkeiten. Andernfalls könnte jeder andere ab morgen Ihren Job als Führungskraft machen. 3.3.1.3 Beispiel 3: Motivation & Output Ihr tägliches Führungsverhalten, d. h. die Art und Weise, wie Sie mit dem Output, mit den Ergebnissen, Ihres Teams umgehen, hat Auswirkungen auf die Motivation Ihrer Mitarbeiter. Einerseits steigert das Erkennen und Wahrnehmen von guten Leistungen die Motivation beim Team. Darüber hinaus wirkt jedoch auch das Akzeptieren von Fehlern – ja sogar das Erwarten von Fehlern, um aus ihnen zu lernen – ebenfalls motivierend auf die Mitarbeiter. Es gibt den Mitarbeitern die Freiheiten, etwas

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

auszuprobieren, ins Risiko einer vermeintlichen ‚Minderleistung durch Scheitern‘ zu gehen. Das heißt für Sie, dass Sie umdenken müssen. Denn ein früher pauschal als Schlechtleistung verstandener Fehler eines Mitarbeiters oder ganzen Teams ist heute im Grundsatz positiv zu bewerten, weil die gruppendynamischen Effekte des gemeinsamen Lernens, des schnellen Ausprobierens von Lösungsansätzen sowie des eigenverantwortlichen Entscheidens positive motivatorische Effekte auslösen. Von den vorteilhaften Auswirkungen auf die zukünftige Geschwindigkeit der Erarbeitung von Lösungen sowie deren Qualität und Akzeptanz aus Kundensicht einmal ganz abgesehen. Wenn Sie also als Führungskraft das Scheitern bei der Erarbeitung von Lösungsansätzen Ihres Teams ausdrücklich zulassen und sogar als wünschenswerten Einstieg in ein gemeinsames Lernen verstehen, wird die intrinsische Motivation der Mitarbeiter in Zeitverlauf steigen. Ihre Mitarbeiter werden zunehmend bereit sein, bei Ihren täglichen Aktivitäten auch mutige Entscheidungen zu treffen, auch mal eine auf den ersten Blick vielleicht abwegige, dann aber für den Kunden letztlich hervorragende und innovative Idee zu verfolgen. Auch wenn das Scheitern zu einem frühen Zeitpunkt eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich ist. Das Erleben dieser Freiheit durch den Mitarbeiter gepaart mit den Erfolgserlebnissen der Gruppe wird die intrinsische Motivation der einzelnen Teammitglieder auf ein neues Level heben. Gute Leistungen müssen vom Chef gesehen und gewürdigt werden, um das Team zu motivieren, erfolgreich weiter zu arbeiten. Fehler müssen erlaubt und sollten sogar gewünscht sein, wenn daraus gelernt wird. Schlechte Leistungen müssen selbstverständlich auch konkret angesprochen werden. Vertrauensvoll, offen, auf Augenhöhe und wertschätzend. Alles zusammen sorgt dafür, dass Sie bei Ihrem Team positive motivatorische Effekte erzeugen. Bedenken Sie: Die Motivation Ihrer Mitarbeiter ist nicht nur von Ihrem Feedback zur Güte der erbrachten Ergebnisse, sondern vielmehr auch von Ihrem generellen Umgang mit der vom Team gelieferten Leistung abhängig. In Analogie zu unseren bisherigen Beispielen aus der Welt des Fußballs bedeutet das: Wenn der Trainer bei einem verlorenen Spiel die dennoch sehr gute Mannschaftsleistung seines Teams hervorhebt, so wirkt sich diese differenzierte Betrachtung jenseits des reinen Ergebnisses motivierend auf das Team aus. Irgendwann muss man natürlich dann auch wieder Spiele gewinnen. Jedoch sollte man wegen einer Niederlage nicht sein Spielsystem über den Haufen werden. Das gilt auch für Sie als Führungskraft.

3.3 Führungssituation & Führungshandeln: Abhängigkeiten

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3.3.1.4 Beispiel 4: Rahmenbedingungen & Motivation Rahmenbedingungen wirken vielfältig auf die intrinsische Motivation der Mitarbeiter, wenn sie in den Augen der Mitarbeiter als stimmig und stimulierend empfunden werden. Dabei können verschiedene Rahmenbedingungen konkreten Einfluss auf die Mitarbeitermotivation nehmen: • Motivierende strategische Rahmenbedingungen: Die Mitarbeiter glauben an die generelle Richtung, die Vision, die strategische Ausrichtung, die das Unternehmen eingeschlagen hat. • Motivierende kulturelle Rahmenbedingungen: Die Unternehmenskultur findet Zustimmung bei den Mitarbeitern, sie haben den Eindruck, dass sie die Kultur aktiv mitprägen können, dass sie Bestandteil der Unternehmenskultur sind. In den Augen der Mitarbeiter decken sich die kommunizierten und erlebten Werte des Unternehmens, die Mitarbeiter erleben eine Kultur des Vertrauens im Unternehmen! • Motivierende strukturelle Rahmenbedingungen: Die Mitarbeiter erhalten die notwendigen Freiräume in der Organisation und sind nicht in hierarchischen, bürokratischen und damit unflexiblen, starren Strukturen gefangen. Sie erleben ihr Arbeitsumfeld als stimmig zu den Erwartungen des Arbeitgebers. Wird vom Arbeitgeber ein intensiverer kommunikativer Austausch mit einhergehenden kooperativeren Arbeitsbeziehungen erwartet, so erlebt der Mitarbeiter die zunehmende Etablierung von Großraumbüros, sozialen Begegnungsflächen wie Meeting-Points etc. als stimmige und glaubwürdige strukturelle Unterstützung, die positiv auf die Motivation wirkt. • Motivierende personelle Rahmenbedingungen: Die Mitarbeiter erleben in der täglichen Zusammenarbeit ein Mindestmaß an Empathie und treffen auf Kollegen, die sich gegenseitig als Menschen wertschätzen sowie aufgrund diversifizierter Qualifikationen die Vorteile der interpersonellen Zusammenarbeit täglich erleben. • Motivierende monetäre Rahmenbedingungen: Die Mitarbeiter fühlen sich fair und angemessen bezahlt. Das Unternehmen geht offen, transparent und glaubwürdig mit dem Thema Incentivierung um. Die Anreizsysteme passen zu den vom Unternehmen an die Mitarbeiter gestellten Erwartungen. Insbesondere die stabile Wirkung der Rahmenbedingungen auf die Mitarbeitermotivation werden häufig unterschätzt und daher nicht selten durch die Führungskräfte im Tagesgeschäft links liegen gelassen. Sie sind aber im wahrsten Sinne des Wortes der Rahmen erfolgreicher Führung und sollten deshalb stets aktiv in ein motivierendes Führungshandeln miteinbezogen werden.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

3.3.2 Abhängigkeiten zwischen Steuerungshebeln 3.3.2.1 Beispiel 5: Kommunikationsmanagement & andere Steuerungshebel Die Kommunikation mit Ihren Mitarbeitern ist das verbale und non verbale Bindeglied zu Ihrem Team. Ihr Kommunikationsmanagement flankiert alle anderen von Ihnen eingesetzten Steuerungsaktivitäten. Ohne eine angemessene Kommunikation ist erfolgreiches Führen von Mitarbeitern undenkbar  – auf ein professionelles Kommunikationsmanagement können Sie nie verzichten, es ist immer erfolgskritisch, was immer Sie als Führungskraft auch tun. Das unterscheidet das Kommunikationsmanagement von den anderen Steuerungshebeln Ihrer Mitarbeiterführung, die Sie bedarfsgerecht einsetzen und situationsspezifisch auch mal ruhen lassen können. Kommunikation findet jedoch immer statt und muss immer stattfinden. Denn ohne ein aktives Kommunikationsmanagement Ihrerseits verkommen Ihre täglichen Führungsaktivitäten zu sterilen und wirkungslosen Aktionen. Erst die Erklärung, das Einordnen von Sachverhalten, das bewusste kommunikative Wahrnehmen und Eingehen auf Ihre Gesprächspartner, letztlich die Ausrichtung der Kommunikation auf ein Ziel, macht aus Ihren Führungsaktivitäten eine aktive, zielgerichtete Handlung. Das heißt für Ihren Führungsalltag: Sie müssen immer auch entscheiden, mit welchen Kommunikationsmitteln496 Sie steuern wollen. Dabei sollten Sie die Abhängigkeiten zwischen Ihrem Kommunikationsmanagement und den sonstigen Steuerungshebeln berücksichtigen. Einige Beispiele illustrieren das: • Abhängigkeit Kommunikationsmanagement & Konfliktmanagement: Gutes Kon­f liktmanagement setzt voraus, dass wesentliche Regeln der interpersonellen Kommunikation eingehalten werden. So sollten Sie bspw. in Konfliktsituationen Ihre Schilderungen immer in der Ich-Botschaft formulieren, um den Konflikt nicht weiter anzuheizen. • Abhängigkeit Kommunikationsmanagement & Veränderungsmanagement: In Veränderungssituationen sollten Sie die Veränderung und insbesondere das Ziel, auf das die Veränderung ausgerichtet ist, stets über mehrere Kommunikationsformate und -kanäle thematisieren und vertiefen (z. B. Vortrag im Plenum, Gruppendiskussionen, 4-Augen-Gespräche). • Abhängigkeit Kommunikationsmanagement & Erwartungsmanagement: Das Erwartungsmanagement ist im Besonderen davon abhängig, erklärt und ausführlich kommunikativ begleitet zu werden. Sowohl das Einholen von Erwartungen Ihrer Stakeholder als auch das Mitteilen Ihrer Erwartungen ist vom richtigen Einsatz der jeweiligen Kommunikationsinstrumente und -kanäle abhängig.

496

Vgl. Kapitel 3.2.4 Kommunikationsmanagement.

3.3 Führungssituation & Führungshandeln: Abhängigkeiten

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• Abhängigkeit Kommunikationsmanagement & Kreativitätsmanagement: Kreativität benötigt den kommunikativen Austausch, die persönliche und inhaltliche Anregung durch die Kollegen, das gemeinsame Entwickeln von Ideen, die Begegnung und Diskussion. Sie sollten daher immer eine aktive Entscheidung treffen, ob Sie (zusätzliche) Dialog-/Wissens- und Aktionsformate497 zur Stimulierung der Kreativität Ihrer Mitarbeiter einsetzen. Viele weitere Abhängigkeiten existieren – greifen Sie sich einen weiteren beliebigen Steuerungshebel heraus und überlegen Sie, welche kommunikativen Maßnahmen Sie diesbezüglich flankierend einsetzen würden. Denn Sie wissen ja: Der Steuerungshebel Kommunikationsmanagement kommt immer zum Einsatz. 3.3.2.2 Beispiel 6: Zeitmanagement & Kreativitätsmanagement Das Ermächtigen des Teams, kreativ in Problemanalyse, Lösungsentwicklung und -umsetzung zu arbeiten, setzt zunächst voraus, dass Sie dem Team die zeitlichen Möglichkeiten einräumen, kreative Formate der Zusammenarbeit zu erlernen und bestenfalls auch on the job an geeigneten Themen auszuprobieren. Insofern sind in diesen Fällen Maßnahmen des Kreativitätsmanagements stets mit Aktivitäten Ihres Zeitmanagements korreliert. So können Sie z. B. zunächst einen Nachmittag pro Woche für eine erste Kennenlernphase mit Kreativitätstechniken freihalten. Dies setzt voraus, dass Sie Ihrem Team aktiv die Arbeit an diesem Thema ermöglichen, z. B. keine konkurrierenden Termine in diese Zeitfenster legen, bei Terminanfragen nach Möglichkeit keine anderweitigen Meetings besuchen. Auch können Sie durch das Vermitteln von Zeitmanagementmethoden an Ihr Team den zusätzlichen Zeitbedarf aus den resultierenden Effizienzeffekten der Aufgabenerledigung decken. Und bedenken Sie: Kontinuierlicher Zeitdruck ist auf Dauer der Feind der Kreativität. Das heißt nicht, dass Sie sich von sämtlichen Terminen und ihrer Einhaltung verabschieden sollen. Vielmehr bedeutet es, dass die Nutzung des kreativen Potenzials Ihres Teams nur auf der Grundlage ausreichender zeitlicher Kapazitäten für kreatives Arbeiten entstehen kann. Ihr Zeitmanagement schafft die Voraussetzungen dafür. 3.3.2.3 Beispiel 7: Entscheidungsmanagement & Zeitmanagement Typischerweise wird bei einer konsequenten Delegation von Aufgaben an die Mitarbeiter von allen Beteiligten erwartet, dass dort nicht nur Lösungen erarbeitet, sondern auch autonome Umsetzungsentscheidungen getroffen werden. Damit diese 497

Vgl. Abbildung 88 im Kapitel 3.2.4 Kommunikationsmanagement.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Entscheidungen auch sachgerecht, qualifiziert und vor allem stets ausreichend informiert getroffen werden können, müssen Sie als Führungskraft eine aktive Entscheidung treffen, ob das im aktuell vorhandenen Zeitbudget Ihrer Mitarbeiter sinnvoll möglich ist. Mit anderen Worten: Es kann sinnvoll sein – gerade um die zeitlichen Anforderungen an das Team nach Delegation von Aufgaben auszubalancieren – andere Aufgaben für einen bestimmten Zeitraum vom Team fernzuhalten. Delegation von Aufgaben und die damit einhergehende Verantwortung des Teams für das Treffen von Entscheidungen benötigt insbesondere in der Anlaufphase eines neuen Prozesses auch, auf ein angemessenes Zeitbudget für das Team zu achten. Das heißt für Sie, im Zusammenhang einer Delegation von Themen auch immer den Zeitbedarf für die korrespondierenden Entscheidungen mit zu berücksichtigen und gegebenenfalls den erforderlichen zusätzlichen Zeitrahmen für das Team bereitzustellen. In einem eingespielten Zustand autonomer Entscheidungen durch das Team resultieren aus der Delegationsentscheidung dann in nahezu allen Fällen positive zeitliche Effizienzeffekte – sowohl für das Team als auch für Sie. Bis diese Saat aufgeht ist es jedoch Ihre Aufgabe, die zeitlichen Rahmenbedingungen für die Übernahme zusätzlicher Entscheidungen und etwaiger Eskalationsprozesse durch das Team zu schaffen. 3.3.2.4 Beispiel 8: Konfliktmanagement & Kreativitätsmanagement Die kreative Suche nach Ursachen von Problemen erzeugt nicht selten Konflikte. Das heißt: Immer dann, wenn Sie im Zuge des Kreativitätsmanagements Ihre Mitarbeiter auffordern, kreativ nach Problemursachen zu forschen, so sollten Sie gleichzeitig über den Einsatz von Instrumenten des Konfliktmanagements nachdenken. Insbesondere wenn Sie organisations- oder ressortübergreifende Fehleranalysen durchführen, kann dies von anderen Teams als ein Eindringen in deren Zuständigkeitsbereich empfunden werden. Und mancher Kollege hat es sogar schon als persönlichen Angriff missverstanden. Und zwar selbst dann, wenn die Handlungen ausschließlich von sachlichen Erwägungen geleitet waren. Es empfiehlt sich daher, Ihren Mitarbeitern in Kombination mit kreativen Problemlösungswerkzeugen auch die Grundzüge der De-Eskalation sowie eines empathischen Umgangs miteinander näherzubringen. Die beste Konfliktvermeidung ist die, die auf der Grundlage eines empathischen Umgangs miteinander den Konflikt erst gar nicht entstehen lässt. Wenn Sie Konflikte dennoch bereits antizipieren können, sollten Sie jenseits einer aktiven Sensibilisierung Ihres Teams die Kollegen auch als Konfliktmanager in diesem Prozess aktiv coachen. So reduzieren Sie konfliktäre Situationen, die häufig aus einem in der Sache uneingeschränkt sinnvollen Streben nach Kreativität resultieren, bereits in der Entstehungsphase.

3.3 Führungssituation & Führungshandeln: Abhängigkeiten

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3.3.3 Abhängigkeiten zwischen Führungssituationen und Steuerungshebeln 3.3.3.1 Beispiel 9: Rahmenbedingungen & Zielemanagement Die Rahmenbedingungen im Unternehmen müssen zum Zielemanagement passen und dieses unterstützen. Je besser alle Mitarbeiter des Unternehmens z. B. von einer gemeinsamen Vision überzeugt sind, umso eher können auch sehr ambitionierte Ziele erreicht werden. Und je ambitionierter Sie die Ziele setzen, umso größer muss das Verständnis, ja die Begeisterung für die gemeinsamen Ziele auf der Basis einer gemeinsamen Vision bei Ihren Mitarbeitern und Ihrem Team sein. Erinnern wir uns an die erste Mondlandung der Amerikaner im Jahr 1969. Als US-Präsident J. F. Kennedy Anfang der 60er Jahre des vorherigen Jahrhunderts das – selbst in den Augen vieler Experten – unrealistische Ziel einer ersten Mondlandung der Menschheit bis zum Ende des laufenden Jahrzehnts formulierte, konnte sich anfangs wohl niemand vorstellen, wie dieses Ziel erreichbar sein sollte. Es war ein sog. Moonshot-Goal, ein Ziel, das so weit entfernt schien, dass es als unerreichbar galt. Es ist den Amerikanern jedoch gelungen, dieses Ziel der ersten Mondlandung zu einer alles überstrahlenden Vision werden zu lassen, die bald alle Beteiligten erfasst hatte (vgl. Abbildung 139). Der gemeinsame Glaube, etwas schier Unmögliches möglich zu machen, führte fortan zu einer enorm hohen Eigenmotivation aller Beteiligten. Bald waren alle überzeugt, dieses historische Ereignis realisieren zu können. Und jeder wollte Bestandteil dieses historischen Ereignisses sein. Jeder Arbeitstag eines NASA-Bediensteten wurde zur ganz persönlichen Mond-Mission. Ohne die alles überstrahlende, gemeinsame Vision der ersten Mondlandung wäre das Ziel von der NASA und ihren Mitarbeitern nie erreicht worden. Alle am Projekt der ersten Mondlandung beteiligten Mitarbeiter waren zu jeder Zeit von der Vision beflügelt, wollten Geschichte schreiben, wollten diesen Meilenstein der Menschheitsgeschichte aktiv mitgestalten. Führungskräfte können davon lernen, wie wichtig eine gemeinsame Vision ist. Wie sieht für Ihren Zuständigkeitsbereich die erste Mondlandung konkret aus? Kennen Ihre Mitarbeiter die Vision des Unternehmens und ihres Bereiches? Dabei müssen es ja nicht immer gleich die großen Ziele sein. Auch die vermeintlich kleineren Ziele profitieren von der gemeinsam verinnerlichten Vision des Teams. Mitarbeiter profitieren von der erlebten Sinnhaftigkeit des gemeinsamen Tuns, von der Vorstellung, wie gut es sich anfühlt, gemeinsam ein ambitioniertes Ziel erreichen zu wollen und daran zu glauben, es auch erreichen zu können. Denken Sie über dieses ausführlich beschriebene Beispiel hinaus an viele weitere Rahmenbedingungen, die Ihr Zielemanagement ebenfalls beeinflussen: • Monetäre Rahmenbedingungen: Stehen eine in Aussicht gestellte monetäre Incentivierung und das Ambitionsniveau zur Zielerreichung in einem von den

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 139: Ambitionsniveau Ziele & Vision / Mission498

Mitarbeitern nachvollziehbaren, angemessenen und akzeptierten Verhältnis? Verfügen die Mitarbeiter zur Erreichung ihrer Ziele über eine ggf. erforderliche monetäre Budgetausstattung, um Ziele erreichen zu können? Beim Ziel der ersten Mondlandung spielten die entstehenden Kosten eine untergeordnete Rolle – d. h. die monetären Rahmenbedingungen passten zum sehr ambitionierten Ziel. • Strukturelle Rahmenbedingungen: Stehen die organisatorischen und prozessualen Rahmenbedingungen im Unternehmen in einem angemessenen Verhältnis zur Erreichung vereinbarter Ziele? Können z. B. Teams auf erfolgskritische Informationen zugreifen und in Netzwerken themenspezifisch mit Spezialisten kooperieren? • Zeitliche Rahmenbedingungen: Stehen den Mitarbeitern bei der Übernahme von Zusatzaufgaben mit Ihren korrespondierenden Zielen ein realistisches Zeitbudget zur Bearbeitung dieser zusätzlichen Ziele zur Verfügung? Wird den Mitarbeitern die erforderliche zeitliche Flexibilität – z. B. über die Wahl des Arbeitsortes, der Arbeitszeit – eingeräumt, um Ziele bestmöglich zu erreichen? 3.3.3.2 Beispiel 10: Anforderungen & Entscheidungsmanagement Eine Delegation von Entscheidungen an das Team verändert das Anforderungsprofil an Ihre Mitarbeiter. Es stellt sich daher für Sie stets die Frage, ob die Anforderungen an den jeweiligen Mitarbeiter nach der Delegation noch angemessen sind. Ist der Mitarbeiter in der Lage, den Anforderungen weiterhin gerecht zu werden? Sie erkennen unschwer an diesem Gedanken, dass die Verlagerung von Entscheidungen ans Team nie losgelöst von Eigenschaften und Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter durchgeführt werden sollte. Denn eine Delegation von Aufgaben und den damit einhergehenden zusätzlichen Entscheidungen machen nur Sinn, wenn der Mitarbeiter den sich verändernden Anforderungen gewachsen ist. Es ist Ihre Aufgabe als Führungskraft, die Veränderungen im Anforderungsprofil Ihrer Mitarbeiter zu antizipieren, um auf dieser Basis ganz bewusst Delegations 498

Vgl. Slaghuis / Rose, 2020, S. 135 f.

3.3 Führungssituation & Führungshandeln: Abhängigkeiten

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entscheidungen zu treffen. Damit einhergehend können sich schnell Fragen z. B. einer angepassten Incentivierung aufgrund des gewachsenen Verantwortungsbereiches anschließen. Insbesondere in Betrieben mit einer formalisierten Beteiligung von Arbeitnehmervertretungen ist dies ein nicht selten zu beobachtender Reflex sich verändernder Aufgabenportfolios.

3.3.3.3 Beispiel 11: Eigenschaften & Kompetenzmanagement Aus dem Eigenschaftenportfolio Ihres Teams leiten sich Ihre Kompetenzmanagementaktivitäten ab. Und mit den erworbenen Kenntnissen, die Ihre Mitarbeiter im Rahmen Ihres Kompetenzaufbaus erwerben, verändert sich das Eigenschaftenportfolio Ihres Teams. Kompetenzmanagement ist daher untrennbar mit den Eigenschaften und Fähigkeiten des einzelnen Mitarbeiters sowie des gesamten Teams verknüpft. Je mehr Sie das Management der Kompetenzen eigenverantwortlich in die Hände Ihres Teams legen, umso wichtiger ist es, dass die Mitarbeiter einen klaren Blick auf Ihr individuelles Kompetenzprofil haben. Das Sie erkennen, welche Eigenschaften Sie stärken, welche Defizite Sie beseitigen wollen. In diesem Falle ist es hilfreich, sich der im Kapitel 3.1.2 eingeführten Eigenschaftenmatrix zu bedienen oder jede andere im Unternehmen ggf. schon existierende Kompetenzmatrix zu nutzen. Es ist aber wichtig, dass alle Beteiligten – Mitarbeiter und Führungskraft – von einem gemeinsamen Verständnis der Kompetenzfelder ausgehen. Es ist daher nicht primär erfolgskritisch, welche Kompetenzmatrix Sie im Einzelnen nutzen, aber hilfreich, für alle Mitarbeiter die gleiche Struktur zur verwenden. So stellen Sie sicher, dass Sie bei allen Mitarbeitern hinsichtlich der Kompetenzentwicklungsbedarfe Ihres Teams durch die gleiche Brille schauen. Nur so stellen Sie Eigenschaftsfelder fest, die im Team ggf. unterrepräsentiert sind. Nur so können Sie Mitarbeiter hinsichtlich Ihres Eigenschaftenprofils sinnvoll miteinander vergleichen. Und nur so erhalten auch Ihre Mitarbeiter einen strukturierten, klaren Blick auf die eigenen Kompetenzen und die korrespondierenden Entwicklungsbedarfe.

3.3.3.4 Beispiel 12: Motivation & Kommunikationsmanagement Je intensiver Sie mit Ihren Mitarbeitern kommunizieren, je mehr Sie sich inhaltlich austauschen, je mehr Sie Ihren Mitarbeitern das Gefühl geben, sich für Ihre Arbeit, Ihre persönliche Weiterentwicklung sowie das allgemeine persönliche Wohl zu interessieren, je mehr Sie Ihren Mitarbeitern Feedback geben und dieses auch von Ihnen einfordern, umso eher wird die Motivation Ihrer Mitarbeiter steigen. Und zwar bis zu einem gewissen Grad unabhängig vom Inhalt Ihrer Botschaften. Gelingt es Ihnen, eine vertrauensvolle, von gegenseitiger Wertschätzung getragene, offene und regelmäßige Kommunikationsbeziehung zu Ihren Mitarbei-

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

tern aufzubauen und aufrechtzuerhalten, so können Sie auch in der Sache kritische Dinge zielführend miteinander besprechen. Wird ein kritisches, persönliches Feedback bei einem bereits unterkühlten Verhältnis zur Führungskraft häufig als Angriff auf die eigene Person (miss)verstanden, so ist es bei einem vertrauensvollen Kommunikationsverhältnis wahrscheinlich, dass das Feedback auf der Sachebene bleibt und als konstruktiver Beitrag zur Verbesserung der gemeinsamen Arbeit verstanden wird. Es versteht sich von selbst, dass Kommunikation auch der besseren Information der Mitarbeiter dienen sollte. Mitarbeiter schätzen es, proaktiv Informationen zu erhalten, die ihnen bei der Erledigung Ihrer Aufgaben nützlich sind. Bereits diese ausschließlich auf der Sachebene ablaufende Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeitern ist positiv mit der intrinsischen Motivation des Mitarbeiters korreliert. Daher gilt für Sie: Halten Sie engen kommunikativen Kontakt zu Ihren Mitarbei­ tern und tauschen Sie sich regelmäßig aus. Nehmen Sie Ihren Mitarbeitern etwaige Ängste, Dinge nicht ansprechen zu können. Schärfen Sie auch Ihre eigenen empathischen Fähigkeiten zu erkennen, ob – und wenn ja welche – motivatorischen Effekte Sie mit Ihrer Kommunikation beim Team erzeugen. Zuguterletzt sollten Sie den motivatorischen Effekt der Wertschätzung Ihres Teams nicht unterschätzen. Diese Wertschätzung können Sie z. B. zeigen, indem Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig um ein offenes Feedback bitten, ob Ihr Kommunikationsverhalten als ausreichend oder verbesserungswürdig gesehen wird. Nutzen Sie auch regelmäßig Kommunikationsformate, bei denen Sie gemeinsam erzielte Erfolge ins Zentrum des kommunikativen Austausches stellen. Ihre Mitarbeiter werden es Ihnen mit einer sukzessive steigenden Identifikation mit Ihrem Bereich und Ihren Themen danken. Dies alles mündet erfahrungsgemäß in einer verbesserten motivatorischen Gesamtsituation, in der zudem das gegenseitige Vertrauen wächst. 3.3.3.5 Beispiel 13: Rahmenbedingungen & Kompetenzmanagement Ein konsequent kompetenzorientiertes Management im Unternehmen benötigt neben Ihren operativen Aktivitäten als Führungskraft auch die notwendigen Rahmenbedingungen, um seine Kraft für die Gesamtorganisation entfalten zu können. Ihr erfolgreiches Kompetenzmanagement hängt daher auch von günstigen Rahmenbedingungen ab, auf deren Entstehung Sie entweder hinwirken oder deren Erhalt Sie unterstützen sollten. Günstige Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Kompetenzmanagement sehen exemplarisch wie folgt aus:499 499

Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 51.

3.3 Führungssituation & Führungshandeln: Abhängigkeiten

305

• Gemeinsame Unternehmensvision: Sie versammelt alle Mitarbeiter hinter sich, zeigt die Richtung auf, aus der Herausforderungen für jeden einzelnen resultieren, die in kommenden oder aktuellen Anforderungen in der täglichen Arbeit münden und von den korrespondierenden Kompetenzen auf Mitarbeiterseite gedeckt werden müssen. • Auf Vertrauen ausgerichtete, offene Unternehmenskultur: Es ist nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht, offen mit den eigenen (Wissens- und Kompetenz-)Defiziten umzugehen. Es entstehen für Mitarbeiter keine Nachteile, wenn sie Kompetenzdefizite bei sich erkennen und diese aktiv beseitigen. • Auf Wissensteilung ausgerichtete Unternehmenskultur und Anreizsysteme: Das Teilen von Wissen wird im Unternehmen auf allen Ebenen vorgelebt, das Aufbrechen von Wissenssilos wird sichtbar und positiv honoriert, das Bunkern von Informationen sanktioniert. • Flache Organisationsstrukturen und flache Hierarchien: Sie begünstigen das Erkennen von Kompetenzdefiziten und stärken die Selbstverantwortung und -steuerung der Mitarbeiter, identifizierte Kompetenzlücken zu schließen. Vernetzte Mitarbeiterkompetenzen und vernetzte Organisationsstrukturen sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Ohne die strukturelle Vernetzung der Mitarbeiter über Netzwerkstrukturen500 ist eine Vernetzung der Kompetenzen im Unternehmen effektiv nicht möglich. Es ist daher unverzichtbar, die Mitarbeiterkompetenzen über Netzwerke miteinander zu verknüpfen. Und zwar zusätzlich zu einem Abflachen der Hierarchien, die dem einzelnen Mitarbeiter aus aufbauorganisatorischer Sicht implizit mehr Handlungsspielräume geben, die eigenen Kompetenzen ‚on the job‘ zu optimieren. Reine Digitalunternehmen leben hier bereits täglich die bedarfsgetriebene Verzahnung von Organisation, Kooperation und Kompetenzaufbau, während traditionellen Unternehmen mit ihren gewachsenen Hierarchien, IT-basierten Legacy-Systemen, formalisierten Governance-Regeln und Top-downProzessen ein radikaler Schnitt mit den alten Gewohnheiten noch bevorsteht.501 „Ein besonderes Augenmerk erfordert der mit einer Kompetenzorientierung einhergehende Kulturwechsel: Weg von einer Rotstift-, hin zu einer Ressourcen- und Kompetenzkultur, in der Stärken gezeigt und gelebt werden und die Perspektive der persönlichen und beruflichen Entwicklungsmöglichkeit eine wichtige Rolle spielt. Der Wandel zur viel zitierten Lernenden Organisation bedeutet, eine Kompetenzkultur aufzubauen“502. Ein weiterer Grund für die Sinnhaftigkeit der Vernetzung von Rahmenbedingungen und Kompetenzmanagement ist, dass man in Zeiten der Digitalisierung und des disruptiven Wandels als Unternehmen und Mitarbeiter oft trotz 500

Vgl. Kapitel 3.1.5: Rahmenbedingungen. Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 134. 502 North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 234 f. 501

306

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

großer Unsicherheit navigieren muss.503 „Dieses Navigieren im Nebel bedarf tief veranker­ter, handlungsleitender Werte, die auf Erfahrungen und Überzeugungen beruhen. Um damit umzugehen, muss parallel zum Kompetenzmanagement ein ausgeprägtes, durchdachtes Wertemanagement entwickelt werden“504. Für dieses klare Wertmanagement können Sie in Ihrem Einflussbereich einen aktiven Beitrag leisten – es bleibt im Kern jedoch ein übergreifendes Handlungsfeld für das ganze Unternehmen. Beim klassischen, top-down gesteuerten Kompetenzmanagement gehen die Impulse zum Kompetenzaufbau im Wesentlichen von Ihnen, von der Führungskraft, aus. In diesem Fall legen Sie in Absprache mit dem Mitarbeiter fest, in welchen Kompetenzfeldern ein Wissensaufbau erfolgen soll. Verlagern Sie die Verantwortung hin zu einem autonom von den Mitarbeitern wahrgenommenen Kompetenzmanagement, so verändern sich die Schwerpunkte Ihrer Rolle gegenüber dem Mitarbeiter. Sie richten in diesem Falle die Schwerpunkte Ihres Handelns zunehmend auf die Gestaltung günstiger Rahmenbedingungen zum Kompetenzaufbau aus, während der Mitarbeiter selbständig für die Inhalte seines Kompetenzaufbaus sowie das Format der Wissensvermittlung verantwortlich ist. Sie unterstützen und fördern Ihre Mitarbeiter dabei bestmöglich. Das tun Sie, indem Sie als Führungskraft Ihren Beitrag zur Ausrichtung des Unternehmens leisten, die bestmöglichen Voraussetzungen für autonomes Kompetenzmanagement der Mitarbeiter zu schaffen. Diese sind:505 • Ihr Unternehmen ist strategisch agil: d. h. es ist in der Lage, Marktchancen frühzeitig zu erkennen und schnell umzusetzen. • Ihr Unternehmen ist operativ agil: d. h. es ist in der Lage, im Tagesgeschäft Kompetenzen, Wissen und Informationen schnell zu mobilisieren. • Ihr Unternehmen sitzt nicht in der Spezialisierungsfalle: d. h. spezielle Kompetenzen, die Ihr Unternehmen heute stark machen, verhindern nicht den Fokus auf neue, zukünftig erfolgskritische Kompetenzen. • Ihr Unternehmen zeichnet eine zunehmend hohe Veränderungs- und Lernkompetenz aus: d. h. Ihr Unternehmen wird sukzessive immer besser, als Organisation effizient zu lernen.

503

Vgl. Sauter / Sauter / Wolfig, 2018, S. 14. Sauter / Sauter / Wolfig, 2018, S. 14. 505 Vgl. North / Reinhard / Sieber-Suter, 2018, S. 3. 504

3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis

307

3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis 3.4.1 In 8 Schritten zum Praxiseinsatz 3.4.1.1 Schritt 1: Sie starten den Führungskreislauf Jetzt geht’s los – Sie starten Ihren ganz persönlichen Führungskreislauf. Und Sie erinnern sich: Den MAESTRO-Führungskreislauf (vgl. Abbildung 140) haben Sie bereits kennenglernt.506 Jetzt gilt es zunächst, in Ihrem Kalender (einmalig) einen ‚MAESTRO-Tag‘ zu reservieren. Beim erstmaligen Einsatz ist es empfehlenswert, sich diesen Tag Zeit zu nehmen, um die 4 Schritte des Kreislaufes mit der angemessenen Sorgfalt zu durchlaufen (vgl. Abbildung 140). Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Und je mehr Erfahrungen Sie mit der Methode sammeln, umso weniger Zeit werden Sie für jeden weiteren Durchlauf benötigen. Bis Sie letztendlich dann bald in der Lage sein werden, Ihre Erkenntnisse und Führungsentscheidungen entlang der MAESTRO-Logik im Tagesgeschäft – on the job – zu verarbeiten. Das ist das Ziel. Dann entfaltet die Methode ihre ganze Kraft. Mit der Anwendung der MAESTRO-Logik in der Führungspraxis ist es wie mit dem Autofahren: Zu Beginn haben Sie noch keine Fahrpraxis und müssen als Fahranfänger aktiv überlegen, wie Sie schalten. Dabei beobachten Sie die Verkehrssituation und entscheiden dann anfangs noch angespannt, mit welchem Fahrmanöver Sie auf die Verkehrssituation reagieren. Nach einiger Zeit haben Sie dann Routine und machen vieles mehr intuitiv, automatisiert. Bei der Anwendung des MAESTRO-Ansatzes ist es ähnlich, nur dass Sie keine Verkehrs-, sondern eine Führungssituation vorfinden. Und während Sie sich beim Auto in der jeweiligen Verkehrssituation für den richtigen Gang entscheiden und diesen einlegen müssen, so müssen Sie bei der Mitarbeiterführung die richtigen Führungshebel bedienen. Auch das wird Ihnen mit etwas Fahrpraxis dann immer besser von der Hand gehen, vieles automatisiert sich und Sie sind auch immer besser in der Lage, gefährliche Verkehrssituationen zu meistern. Dazu brauchen Sie aber die nötige Fahrpraxis. Für den Erwerb des PKW-Führerscheins brauchen Sie heutzutage im Durchschnitt ca. 30 Fahrstunden. Um den MAESTRO-Führerschein zu machen, brauchen Sie einen Tag. Der Vorteil: Sie sind nach der Lektüre dieses Buches Ihr eigener Fahrlehrer. Denn Sie kennen Ihre Mitarbeiter, Ihre Aufgaben, die Anforderungen etc. und Sie kennen auch sich selbst am besten, Ihre Stärken und Vorlieben, Ihre Lernfelder und Potenziale. Diese Methode funktioniert, wenn Sie sich den einen Tag Vorlauf gönnen und die Methodik ohne Schönfärberei auf Ihre Situation anwenden. Also: Steigen Sie ein, die Fahrt beginnt. Was Sie an Ihrem ‚MAESTRO-Tag‘ inhaltlich tun werden, sehen Sie entlang der nachfolgend beschriebenen Schritte 2–6. 506

Vgl. auch Kapitel 2.2.2: Der Führungskreislauf.

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 140: MAESTRO-Führungskreislauf

308

3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis

309

3.4.1.2 Schritt 2: Sie ermitteln den Ist-Zustand Ihrer Führungssituation Zur Ermittlung Ihrer momentanen Führungssituation nutzen Sie das beigefügte Template ‚Führungssituation (Ist)‘ des MAESTRO-Logbuchs (vgl. Abbildung 141). Gehen Sie jedes der 5 Felder Ihrer Führungssituation für jeden Ihrer Mitarbeiter bzw. für Ihr Team mit Hilfe der genannten Werkzeuge durch und notieren die wichtigsten Erkenntnisse. Starten Sie mit den Eigenschaften und den Anforderungen – das sollte Ihnen intuitiv leicht fallen. Sie kennen Ihre Mitarbeiter und die Aufgaben, die Sie wahrnehmen, am besten. Orientieren Sie sich an den nachfolgend beschriebenen Schritten: • Eigenschaften: Erstellen Sie eine Eigenschaftenheatmap (vgl. Kapitel 3.1.2, Abbildungen 10 –12) und notieren Sie die Informationen zu den Ist-Eigenschaften. Gehen Sie dabei konsequent die drei Ebenen der Eigenschaftenheatmap (vgl. Abbildung 10) durch und strukturieren Sie Ihre Überlegungen entlang der drei nachfolgenden Fragen: – Welche der 6 äußeren Markmale zeigt der Mitarbeiter und sind diese relevant für die Aufgabenerledigung, z. B. Mimik, Blick, Stimme? Diese Eigenschaften sind für viele Aufgaben vernachlässigbar. Dennoch sollten Sie die Eigenschaften reflektieren, um z. B. den Halo-Effekt507 und die daraus ggf. resultierende, verzerrte Einschätzung vom Mitarbeiter bzw. Team zu vermeiden. – Wie sind die 4 zentralen Kompetenzfelder mit Ihren insgesamt 27 Einzelkompetenzen beim Mitarbeiter ausgeprägt? Welche Kompetenzfelder werden vom Mitarbeiter oder Team besetzt, wo liegen die Stärken, wo die Entwicklungspotenziale? – Welchem der 4 Grundtypen ist der Mitarbeiter zuzuordnen? Was treibt den Mitarbeiter im Wesentlichen an? Ist es z. B. eher die Durchdringung eines Themas (Analytiker) oder mehr die soziale Interaktion mit den Mitarbeitern (Empathischer), eher die Umsetzung eines Themas (Umsetzer) oder doch das Erarbeiten neuartiger Lösungen (Kreativer)? Ihnen ist bewusst, dass eine solche Klassifizierung nur eine Annäherung an die Realität sein kann. Es geht jedoch darum, über diese Klassifizierung strukturiert Häufungen und weiße Flecken bei den Eigenschaften zu erkennen und auch den Blick für Verhaltensweisen und Entwicklungen in der Zusammenarbeit im Team zu schärfen. • Anforderungen: Erstellen Sie z. B. eine Anforderungenheatmap (vgl. Kapitel 3.1.3, Abbildungen 21 und 22) und notieren Sie die relevanten Informationen zu den Ist-Anforderungen. Hier erfassen Sie auch alle Anforderungen, welche die digitale Transformation bereits heute an Sie und Ihr Team stellt. Dazu stellen Sie sich die folgenden Fragen: 507

Vgl. Kapitel 3.1.2.1.

310

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

– Stellen die Aufgaben bestimmte Anforderungen an die äußeren Merkmale der Mitarbeiter? Zwei Beispiele für die Relevanz dieser Frage: Mitarbeiter im Polizeidienst müssen je nach Bundesland eine Mindestgröße von 1,60–1,68 m aufweisen.508 Lufthansa-Piloten müssen eine Köpergröße zwischen 1,65 und 1,98 m aufweisen.509 – Welche Anforderungen stellen die Aufgaben an die Kompetenzen Ihrer Mitarbeiter? – Erfordern die Aufgaben ein bestimmtes Kompetenzprofil bei den Mitarbeitern und gibt es Kompetenzen, die zur Erfüllung der Anforderungen aus Ihrer Sicht ein ‚Muss‘ sind? – Können im Team durch Kooperation ggf. erkannte Kompetenzdefizite aufgefangen und ausgeglichen werden? – Gibt es Anforderungen, die die Aufgaben an die Teamfähigkeit stellen und zu welchen zusätzlichen Kompetenzbedarfen beim einzelnen Mitarbeiter führt das? Wie sieht das Kompetenzprofil des Teams aus? – Welche Anforderungen stellen die Aufgaben an die Motivation meiner Mitarbeiter und welcher Mitarbeitertyp passt gut, welcher weniger gut zu den Anforderungen? Beispiel: Sehr zeitkritische, ausschließlich umsetzungsorientierte Aufgaben motivieren typischerweise weniger den kreativen und den analytischen Mitarbeitertyp, denn Sie beziehen primär ihren Antrieb aus der Erarbeitung neuer Lösungen (kreativer Typ) bzw. aus der Durchdringung einer Aufgabe (analytischer Typ).

Abbildung 141: Führungssituation (Ist) – Template 508 509

Vgl. o. V. 2021a. Vgl. o. V. o. A. c.

3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis

311

• Motivation: Halten Sie die Ihnen wichtigen Eckpunkte zur heutigen Motivation Ihrer Mitarbeiter fest. Fragen Sie sich beispielsweise: – Ist der Mitarbeiter ausreichend motiviert? – Wie intrinsisch ist die Motivation der Mitarbeiter? – Verlangen Mitarbeiter extrinsische Anreize? – Wie ist es um die emotionale Intelligenz bestellt? – Was motiviert meine Mitarbeiter heute, was demotiviert sie? – Gibt es sonstige Entwicklungen im Team, Unternehmen oder außerhalb des Unternehmens, die sich auf die Motivation meiner Mitarbeiter auswirken? • Rahmenbedingungen: Erfassen Sie, welche Rahmenbedingungen heute Ihre Führungssituation charakterisieren. Legen Sie Ihrer Einschätzung der Rahmenbedingungen die Struktur aus Abbildung 34510 zugrunde. Stellen Sie sich die Frage, ob in Ihrem Unternehmen günstige Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Umsetzung der digitalen Transformation in Ihrer konkreten Führungssituation vorliegen. Dazu können Sie sich u. a. an den folgenden Fragen orientieren: – Verfügt Ihr Unternehmen bereits über eine Unternehmensstrategie, die den internen und externen Kunden ins Zentrum aller Aktivitäten stellt? – Werden in Ihrem Unternehmen bereits kleine, agile Organisationseinheiten mit interdisziplinären, autonomen Teams unterstützt? – Hat das Unternehmen schon die entsprechenden räumlichen Rahmenbedingungen – z. B. Großraumbüros mit Gruppenarbeitsplätzen – bereitgestellt, um das Kommunikations- und Kooperationsverhalten der Mitarbeiter auch organisatorisch angemessen zu unterstützen? – Hat das Unternehmen bereits eine ausgeprägte, über Organisationsgrenzen hinausgehende, Kooperationskultur? – Existiert im Unternehmen bereits eine Kultur, die den Mitarbeiter als wichtigste Unternehmensressource zur Befriedigung der Kundenbedürfnisse sieht und von den Führungskräften bestmöglich gefördert und befähigt werden soll? – Verfügt das Unternehmen über ein angemessenes Incentivierungsmodell, das die bereichsübergreifende Zusammenarbeit und den Wissensaustausch unterstützt?

510

Vgl. Kapitel 3.1.5: Rahmenbedingungen der Führung.

312

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

– Werden im Unternehmen bereits Arbeitsformen aktiv gelebt, die den Anforderungen digitalen Arbeitens – Zusammenarbeit mit jedem, jederzeit, von jedem Ort – genügen? • Output: Schätzen Sie die Leistungsfähigkeit und die tatsächliche Leistung der Mitarbeiter ein. Wie zufrieden sind Sie mit der Leistung? Werden die Ziele erreicht? Unterscheiden Sie heute die Team- und Individualperfomance? Glückwunsch: Wenn Sie sich mit den 5 Feldern Ihrer aktuellen Führungssituation beschäftigt haben, so haben Sie den ersten Schritt im MAESTRO-Führungskreislauf erfolgreich abgeschlossen. Sie haben jedes Feld Ihrer Führungssituation einzeln analysiert. Ihnen liegt nun ein erstes Bild zu Ihrer aktuellen Führungssituation vor. Sie haben alle relevanten Informationen zu den 5 Feldern stichwortartig im MAESTRO-Logbuch (vgl. Abbildung 141) festgehalten und sich entlang dieser Felder nun ein fokussiertes Bild Ihrer spezifischen Führungssituation gemacht. Und machen Sie es bitte so ausführlich wie nötig, aber auch so pragmatisch wie möglich. Es ist wichtig, dass Sie von Anfang an Ihr eigenes Tempo finden. Als Orientierungspunkt für Ihr Zeitmanagement bei diesem Schritt sollten Sie pro Mitarbeiter mindestens 15 Minuten investieren und sich insgesamt für diesen Schritt und alle Mitarbeiter ausreichend viel Zeit nehmen! Nur wenn Sie Ihre IstFührungssituation richtig einschätzen und verstehen, sind Sie auch in der Lage, später aus diesen Erkenntnissen Verbesserungen abzuleiten. Bitte berücksichtigen Sie daher: Es geht in diesem Schritt ausschließlich um die Erfassung der Situation – und ausdrücklich nicht um Lösungen. Bitte vermeiden Sie daher an dieser Stelle vorschnelle Schlüsse – so verlockend das ggf. auch sein mag. 3.4.1.3 Schritt 3: Sie ermitteln den Ist-Zustand Ihrer Mitarbeiterführung Zur Illustration Ihres aktuellen Führungshandelns nutzen Sie das Template ‚Führungshandeln (Ist)‘ Ihres MAESTRO-Logbuches (vgl. Abbildung 142). Vermutlich ist es ausreichend, dass Sie dieses Template einmal für Ihren Bereich durchgehen und ausfüllen. Falls Sie bisher unterschiedliche Teams und / oder Mitarbeiter bewusst unterschiedlich geführt haben, sollten Sie dies in Ihren Überlegungen jedoch berücksichtigen. Gehen Sie die neun Steuerungshebel sukzessive durch und zeichnen Sie ein Bild Ihres aktuellen Führungshandelns. Auch hier gilt das zu Schritt 2 gesagte: Bitte erfas­ sen Sie die Ist-Situation. Starten Sie Ihre Überlegungen mit den nachfolgenden Fragen: • Entscheidungsmanagement: – Wie treffen Sie aktuell Entscheidungen? – Was zeichnet heute Ihr Entscheidungsmanagement konkret aus? – Welche Aufgaben und Entscheidungen delegieren Sie bereits heute und warum machen Sie das?

3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis

313

Abbildung 142: Führungshandeln (Ist) – Template

• Erwartungsmanagement: – Kennen Sie die Erwartungen Ihres Teams? – Wie managen Sie die Erwartungen Ihres Umfeldes (konkret!)? – Kennen Sie Ihre eigenen Erwartungen (konkret!)? • Kommunikationsmanagement: – Verfolgen Sie aktuell eine bewusste Kommunikationsstrategie und wenn ja, wie setzen Sie diese um? – Wie, wann, wo und aus welchen Anlässen kommunizieren Sie heute mit Ihren Mitarbeitern? – Geben und fordern Sie aktiv Feedback? Wenn ja, welche Konsequenzen hat es? • Kompetenzmanagement: – Wie erfassen Sie die Kompetenzen und gegen welche Anforderungen spiegeln Sie diese? – Managen Sie heute schon aktiv die Kompetenzen Ihrer Mitarbeiter und wenn ja, wie machen Sie es? – Wie erkennen Sie Engpasskompetenzen und wer entscheidet heute auf ­welcher Grundlage, welche Kompetenzen der Mitarbeiter gestärkt werden müssen? • Konfliktmanagement: – Wie verhalten Sie sich heute in Konfliktsituationen?

314

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

– Erkennen Sie Konflikte schnell genug und welche Konsequenzen leiten Sie daraus ab? – Wie souverän bewegen Sie sich in Konfliktsituationen und wie genau managen Sie heute Konflikte? • Kreativitätsmanagement: – Ist das Management der Kreativität Ihrer Mitarbeiter ein Handlungsfeld, das Sie ganz gezielt bearbeiten und wenn ja, wie machen Sie das? – Welche Ihrer Handlungen als Führungskraft fördern heute die Kreativität Ihrer Mitarbeiter? – Welche Kreativitätstechniken setzen Sie bereits heute ein und mit welchem Ziel tun Sie das? • Veränderungsmanagement: – Leben Sie aktiv Ihren Mitarbeitern vor, dass Veränderungen Chancen sind und wie machen Sie das heute konkret? – Sind Sie der Fels im Sturm der Veränderung für Ihre Mitarbeiter und woran kann man das erkennen? – Managen Sie Veränderungen ganz bewusst, indem Sie mit Veränderungsängsten Ihrer Mitarbeiter aktiv und differenziert umgehen? • Zeitmanagement: – Haben Sie einen strukturierten Rahmen-Zeitplan für Ihre Arbeitswoche und wie sieht dieser konkret aus? – Welche Maßnahmen unternehmen Sie heute, um Ihre eigenen und die Zeitpläne Ihrer Mitarbeiter zu optimieren? – Wie priorisieren Sie heute Themen und Aufgaben – und können Sie auch nein sagen? • Zielemanagement: – Welche Ziele haben Ihre Mitarbeiter und was genau ist im Zielvereinbarungsprozess Ihre Rolle? – Wie aktiv sind Ihre Mitarbeiter in die Zielvereinbarung involviert? – Können sich Ihre Mitarbeiter die Ziele – ganz oder teilweise – selbst setzen und wer ist in welcher Rolle für die Messung der Zielerreichung verantwortlich? Über die gerade angestellten Einzelüberlegungen zum aktuellen Stand Ihrer Mitarbeiterführung hinausgehend sollten Sie sich in einem zweiten Schritt fragen, wie gut bereits heute Ihre einzelnen Führungsaktivtäten vernetzt sind, wie aktiv Sie Führungsaktivitäten zielorientiert kombinieren, sich gegenseitig ergänzen und verstärken lassen. Dazu können Sie sich an den folgenden Fragen orientieren:

3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis

315

• Welche Abhängigkeiten zwischen meinen Führungshebeln erkenne ich heute und welche positiven und welche negativen Erfahrungen habe ich damit bisher gemacht? • Kombiniere ich bereits heute schon bewusst Führungshebel, welche sind das genau und welche Ziele verfolge ich damit aktuell? • Welche Führungshebel nutze ich heute nicht und warum ist das so? Wenn Sie die vorgenannten Fragen zu den 9 Steuerungshebeln beantwortet haben, verfügen Sie bereits über ein gutes Bild Ihrer Schwerpunkte der Mitarbeiterführung. Sie sollten bereits jetzt erkennen, welche Steuerungshebel Sie bisher noch nicht aktiv genutzt haben. Auch haben Sie bereits einen ersten Eindruck davon gewonnen, welche Kombinationen von Steuerungshebeln Sie bisher nicht eingesetzt haben. Nicht selten werden Führungskräfte nach diesem Schritt auch nachdenklich, weil Sie erstmalig erkennen, wie entkoppelt Ihre Führungsaktivitäten bei näherer Betrachtung von der realen Führungssituation sind. Auch könnten Sie erkannt haben, dass es Ihnen schwerfällt, für einige Hebel der Mitarbeitersteuerung Praxisbeispiele aus Ihrem Führungsalltag zu benennen, weil sich Ihre Führung bisher eher auf einige wenige Erkenntnisse gestützt hat. Oder Sie erkennen, dass Ihre Führungsaktivitäten eher als spontanes, operatives Gegensteuern von Entwicklungen im Tagesgeschäft charakterisiert werden müssen – ohne roten Faden, ohne sichtbare Überzeugungen, ohne Grundprinzipien, an denen sich Ihre Mitarbeiterführung stets orientiert. Was auch immer Ihr Eindruck sein mag: Nachdem Sie diesen Schritt durchlaufen haben, sind Sie auf dem richtigen Weg, Ihre Mitarbeiterführung entlang der MAESTRO-Methodik auf ein besseres Level zu heben. Lassen Sie sich also nicht entmutigen und freuen Sie sich vielmehr, dass Sie bis hierher schon Ihre Führungssituation sowie Ihr Führungshandeln transparenter sehen als in der Vergangenheit. Diese Erkenntnis ist die beste Voraussetzung, um zukünftig effektiver zu führen. Dazu machen wir gleich weiter: Sie definieren im nächsten Schritt den Soll-Zustand Ihrer Führungssituation. D. h., Sie schalten in den nachfolgenden Schritten vom bisherigen Analyse-Modus in den Steuerungs-Modus! 3.4.1.4 Schritt 4: Sie definieren den Soll-Zustand Ihrer Führungssituation In diesem Schritt legen Sie fest, wie Ihre Mitarbeiterführung entlang der fünf Felder Ihrer Führungssituation im Ziel aussehen soll (vgl. Abbildung 143). Auch hier gehen Sie die Felder einzeln durch und skizzieren Ihr Zielbild: • Eigenschaften: Sie beschreiben, welche Eigenschaften und Qualifikationen Sie bei Ihrem Team im Rahmen der digitalen Transformation benötigen. Zudem fragen Sie sich, welche Kenntnisse ggf. soweit überholt sind, dass Sie Ihnen in der digitalen Transformation nicht mehr weiterhelfen. Gibt es Qualifikationen, die erfolgskritisch sind, aber nicht kurzfristig aufgebaut werden können, so dass Sie Mitarbeiter vom externen Arbeitsmarkt rekrutieren müssen? Oder reicht es,

316

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

stärker in interdisziplinären Teams zu arbeiten, um so Engpasskompetenzen und -eigenschaften organisationsübergreifend zu nutzen? Denken Sie dabei insbesondere an Kompetenzen, die in der digitalen Transformation von zunehmender Bedeutung sind, wie z. B.: – Methoden- und Technikkompetenz – vor allem auch die Fähigkeiten, mit digitalen Medien und Werkzeugen umzugehen. – Sprachgewandtheit – insbesondere die Fähigkeit, Feedback zu geben und zu nehmen. – Kooperations- und Integrationsfähigkeit  – insbesondere auch die Fähigkeit und Interesse zur Arbeit in Netzwerken. – Empathie & emotionale Intelligenz. – Gestaltungswillen und Tatkraft. – Kontakt- und Konfliktfähigkeit. – Entscheidungsfreude. – Selbstreflektion. • Anforderungen: Müssen Sie ggf. aufgrund von Engpassqualifikationen den Zuschnitt bestimmter Aufgaben und letztendlich Anforderungsprofile von Aufgaben für bestimmte Mitarbeiter verändern? Konkretisieren Sie diesen Veränderungsbedarf! • Motivation: Wie sieht im Ziel-Bild die Team-Motivation aus? Und welche Rolle spielen dabei ggf. einzelne Mitarbeiter? Überlegen Sie, ob und inwiefern Sie in Ihrem Team dafür die emotionale Intelligenz steigern sollten? Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in diese Überlegungen sukzessive mit ein! • Rahmenbedingungen: Skizzieren Sie aus Ihrer Sicht erforderliche Veränderungen in den Rahmenbedingungen, die Sie anstoßen können, wie z. B.: – Entwicklung der Unternehmenskultur in Richtung einer Vertrauenskultur, in der Kooperation, das Teilen von Wissen, das Machen von Fehlern als Ausgangspunkt des gemeinsamen Lernens und die gegenseitige Wertschätzung als sichtbare Werte stärker ins Bewusstsein der Mitarbeiter und Führungskräfte gerückt werden. – Reduzierung von Hierarchien und Etablierung von Netzwerkstrukturen in der gemeinsamen Zusammenarbeit über Organisationsgrenzen hinweg. – Positive Incentivierung von Kooperation und Teilen von Wissen. – Sicherstellung einer fairen und angemessenen Bezahlung. – Bereitstellung geeigneter Präsenzarbeitsflächen: professionell ausgestattete, kommunikative und interaktive Großraumbüroflächen für die Arbeit in Teams.

3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis

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– Etablierung oder Verbesserung von Prozessen, die das regelmäßige Messen und Bewerten des Outputs und der Performance des Teams ermöglichen. • Output: Gestalten Sie ein Bild, welche Veränderungen in der Vergabe und Messung von Zielen Sie entweder aktiv einführen oder sich für deren Veränderung auf Unternehmensebene einsetzen werden, wie z. B.: – Einführung von OKRs.511 – Separate Betrachtung von Individualleistungen (Performance) und Gruppenzielerreichung (Ergebnis). – Ausgewogener Mix aus absoluten und relativen Zielen. – Regelmäßige Performancemessung – idealerweise durch das Team selbst – anstatt ein- oder zweimaliger Messung im Jahr vor z. B. Zielerreichungsgesprächen. – Einführung oder Ausbau von Teamperformancekennzahlen, z. B. des TeamPerformanceindex.512 – Einführung oder Intensivierung der Nutzung von Output-/Performance-Darstellungen im Austausch mit den Mitarbeitern, z. B. Einführung der Performance Potenzial-Matrix als Kommunikationsvehikel, um mit den Mitarbeitern über den aktuellen Nutzungsgrad des Potenzials zu sprechen.513

Abbildung 143: Führungssituation (Ziel) – Template 511

Zu den Objectives & Key Results (OKRs) vgl. Kapitel 3.1.6, insbesondere auch Abbildung 49. 512 Zum Teamperformanceindex vgl. Kapitel 3.1.6, insbesondere auch Abbildung 51. 513 Zur Performance-Potenzialmatrix vgl. Kapitel 3.1.6, insbesondere auch Abbildung 52.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

3.4.1.5 Schritt 5: Sie definieren den Soll-Zustand Ihrer Mitarbeiterführung

Abbildung 144: Klassische Führung vs. Führung in der digitalen Transformation514

In diesem fünften Schritt legen Sie auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse fest, wie Ihre Mitarbeiterführung ab sofort aussehen soll. Rekapitulieren Sie dazu noch einmal, wie sich Mitarbeiterführung in der digitalen Transformation von der klassischen Führung unterscheidet (vgl. Abbildung 144). Sie sehen: Die digitale Transformation verlangt – kommend von der klassischen Führung – dass Sie Ihr Führungsverhalten verändern. Die digitale Transformation verlangt andererseits auch nichts, zu was Sie nicht in der Lage wären. Zumal Sie auf die jeweiligen Erkenntnisse des Kapitels 3.2 zurückgreifen können, in denen Ihnen konkrete Ansatzpunkte zur Veränderung der Mitarbeiterführung sowie Führungswerkzeuge, die Sie dabei unterstützen, vorgestellt wurden. So, nun geht’s los: Sie definieren das Zielbild Ihres Führungshandelns, indem Sie das nachfolgende Template ‚Führungshandeln (Ziel)‘ ausfüllen (vgl. Abbildung 145). Dabei referenzieren Sie gedanklich auf die von Ihnen im vorhergehenden Schritt ausformulierten Ziele (Template ‚Führungssituation (Ziel)‘, Abbildung 143), die Sie zukünftig erreichen wollen. Je Steuerungshebel überlegen Sie, ob und wie Sie ihn zur Zielerreichung einsetzen und welche konkreten Aktivitäten Sie dabei durchführen wollen. Ebenso legen Sie fest, welche Steuerungshebel Sie zur Erreichung Ihrer Führungsziele kombinieren wollen.

514

Preußig / Sichard, 2018, S. 12 f. Für eine alternative Betrachtung von FührungskräfteEigenschaften vgl. z. B. Keller, 2015. Zu Kriterien guter Führung vgl. auch Bundesministerium für Arbeit und Soziales, o. A., S. 6–11.

3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis

319

Abbildung 145: Führungshandeln (Ziel) – Template

3.4.1.6 Schritt 6: Sie erstellen das Management-Cockpit In diesem sechsten Schritt setzen Sie alle Informationen, die Sie bis jetzt in den Schritten 2–5 erarbeitet haben, sachlogisch zusammen. Lassen Sie uns daher kurz rekapitulieren: Am Ende des von Ihnen reservierten ‚MAESTRO-Tages‘, an dem Sie Ihre Führungssituation als Ist- und als Zielbild sowie Ihr korrespondierendes Führungshandeln im Ist und im Ziel beschrieben haben, erstellen Sie jetzt Ihr ganz persönliches Management-Cockpit, indem Sie die wesentlichen Führungsaktivitäten sowie Ihre geplanten Ansatzpunkte und Wirkungen auf die fünf Felder der Führungssituation festhalten. Dazu sollten Sie allein aus Effizienz- und Effektivitätsgründen darauf achten, dass Sie Schwerpunkte setzen. Getreu dem Motto: Nicht alles, was sinnvoll gemacht werden müsste, kann auch sinnvoll gleichzeitig gemacht werden. Es ist nun Ihre Aufgabe, aus den bisherigen Erkenntnissen – die Anlagen zu Ihrem persönlichen MAESTRO-Logbuch liegen Ihnen ja nach den Schritten 2–5 vor – die Schwerpunkte Ihres Führungshandelns und Ihre beabsichtigten Wirkungen zu priorisieren. Je vertrauter Sie mit der Methode sind, umso leichter wird es Ihnen fallen. Starten Sie am Anfang nicht mit zu vielen Aktivitäten. Steigern Sie lieber die Zahl, wenn Sie die Gewissheit haben, sich nicht zu verzetteln. Sie werden sehen: Mit jeder weiteren Anwendung steigt die Vertrautheit mit der Methode und Sie denken gar nicht mehr darüber nach, an welcher Stelle im Prozess Sie jetzt genau sind. Es ist wie beim Autofahren: Sie schalten intuitiv und müssen auch nicht zwingend wissen, in welchem Gang Sie fahren. Versuchen Sie’s und führen Sie mit Ihrem ­MAESTRO-Management-Cockpit. Darum geht es im nächsten Schritt.

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 146: MAESTRO Management-Cockpit – Template

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3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis

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3.4.1.7 Schritt 7: Sie steuern mit Ihrem Management-Cockpit Sie steuern ab sofort mit Ihrem persönlichen MAESTRO-Management-Cockpit. Das Cockpit enthält Ihre ganz persönlichen Steuerungsaktivitäten, mit denen Sie Ihre Führungssituation aktiv managen und verbessern wollen. Mit dem Cockpit bauen Sie Ihre Steuerungsaktivitäten in Ihren Führungsalltag ein und überprüfen regelmäßig, ob Ihre Maßnahmen greifen. Sie leben den MAESTRO-Führungskreislauf (vgl. Abbildung 147) und aktualisieren so Ihr gesamtes Logbuch bedarfsgerecht (vgl. Abbildungen 141–146). Beim Praxiseinsatz des Führungskreislaufes ist es absolut erfolgskritisch, dass Sie die hinter dem Kreislauf stehende Logik, den Zusammenhang zwischen der jeweiligen Situation und Ihrem Handeln, die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Schritten und die daraus sukzessive aufeinander aufbauenden Erkenntnisse für Ihren Führungsalltag als zusammenhängendes Ganzes begreifen. Es geht ausdrücklich nicht darum, für jede Führungsentscheidung, für jeden Einzelfall Ihres Führungsalltags, stets den gesamten Kreislauf zu durchlaufen. Vielmehr werden Sie entlang der prozessualen Grundstruktur und unter Einsatz der vorgestellten Werkzeuge immer schneller in der Lage sein, Ihre Erkenntnisse im Führungsalltag im Kreislauf zu verorten und daraus schnell Schlussfolgerungen zu ziehen. Auch wenn Ihr persönlicher MAESTRO-Führungskreislauf am Anfang vermutlich noch schematisch ablaufen wird und sich vielleicht sogar in der Nutzung anfangs komplex anfühlt, so werden sich Ihre Führungsaktivitäten sehr schnell automatisieren. Auch hier gilt der bereits angestellte Vergleich mit dem Autofahren: Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, sind Sie bereit für die erste Fahrstunde. Nach 10 Fahrstunden schalten Sie schon automatisch, und nach 30 Fahrstunden denken Sie nicht mehr explizit über das Fahren nach, sondern steuern den PKW bereits mit automatisierten Routinen. Das ist mit dem MAESTRO-Ansatz ebenso. Deshalb heißt es jetzt für Sie: Sammeln Sie Fahrpraxis, sammeln Sie Erfahrungen mit der MAESTRO-Methodik. Erfahrungsgemäß wird es Ihnen schnell viel Spaß machen. 3.4.1.8 Schritt 8: Sie aktualisieren Ihr Führungs-Logbuch Frühestens nach 4 Wochen sollten Sie mit Blick auf Ihr MAESTRO-Management-Cockpit sowie die gesammelten Führungserfahrungen und -ergebnisse prüfen, ob Sie Ihr MAESTRO-Logbuch aktualisieren müssen. Je länger Sie Ihre Führungsschwerpunkte stabil halten können, umso wahrscheinlicher ist es, dass Sie die gewünschten Verhaltens- und / oder Ergebnisänderungen erzielen werden. Dennoch sollten Sie regelmäßig hinterfragen, ob Ihre Maßnahmen noch angemessen sind oder punktuell angepasst werden müssen.

3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Abbildung 147: MAESTRO Management-Cockpit – Ergebnis des Führungskreislaufs

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3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis

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3.4.2 Praxisbeispiel MAESTRO-Logbuch: Innovationsschub für mein Team Nachfolgend sehen Sie das MAESTRO-Management-Cockpit einer Führungskraft, die die Innovationsfähigkeit des Teams verbessern will. Herr Norwag, Teamleiter Einkauf, hat dieses Kernziel aus dem MAESTRO-Kreislauf abgeleitet (vgl. Kapitel 3.4.1, Schritte 2–5) und daran anschließend sein persönliches Management-Cockpit ausgestaltet (vgl. Kapitel 3.4.1, Schritt 6). Sein Management-Cockpit enthält die spezifischen Ansatzpunkte, an denen er seine Mitarbeiterführung ausrichten wird und die seinen definierten Handlungsrahmen für die Mitarbeiterführung vorstrukturieren (vgl. Abbildung 148). Das Management-Cockpit ist sein Werkzeug, mit dem er sich im Tagesgeschäft immer wieder auf seine Führungsschwerpunkte besinnt und die korrespondierenden Führungsaktivitäten nicht aus den Augen verliert. Gehen wir sein Management-Cockpit (vgl. Abbildung 148) sukzessive durch – es enthält die folgenden Informationen: • Er konzentriert sich auf sechs Führungsschwerpunkte, die er zur Verbesserung der Innovationskraft des Teams aktiv umsetzen will: – Kompetenzaufbau, – Kreativitätstechniken, – Neue Innovationsformate, – Teamvision, – Teamziele und – Veränderungskultur. • Sein Management-Cockpit enthält die von ihm geplanten und erwarteten Ausstrahlungseffekte der sechs Führungsschwerpunkte. So beabsichtigt er z. B. durch den Kompetenzaufbau sowohl die Motivation der Mitarbeiter als auch den Output innovativer Ideen im Zeitverlauf zu steigern (vgl. die durch Pfeile illustrierten Verknüpfungen zur Motivation und Output in den Zeilen Entscheidungs- und Erwartungsmanagement in Abbildung 148). • Sein Management-Cockpit beschreibt die Reihenfolge, in der er schrittweise die Themen angeht. Dazu hat er sie im Logbuch mit Ziffern nummeriert (vgl. Ziffern 1–5 in Abbildung 148). • Sein Management-Cockpit beschreibt die kommunikativen Themen, die er flankierend im Rahmen seines Kommunikationsmanagements behandelt. Diese decken sich mit seinen Führungsschwerpunkten, weitere Kommunikationsthemen hat er aus Gründen der bestmöglichen Fokussierung seiner Führungsaktivitäten aktuell nicht geplant (vgl. Einträge in Zeile Kommunikationsmanagement in Abbildung 148).

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Wie ist jetzt das MAESTRO-Management-Cockpit konkret zu lesen. Wie wird es in der Praxis angewendet. Lassen wir dazu Heinrich Norwag persönlich zu Wort kommen: „Noch vor einigen Wochen war ich verzweifelt. Immer wenn es darum ging, kreative Lösungen für entstehende Probleme zu entwickeln, hat mir mein Team die Aufgaben zurückdelegiert. Immer wieder bekam ich vom Team zu hören: da haben wir auch keine Lösung – was schlagen Sie als Chef vor? Ich habe dann irgendwann mit dem Team offen gesprochen und erstmal festgestellt, dass keiner absichtlich blockiert  – alle wollen ihren Job gut machen. Aber wenn es darum geht, auch mal Dinge anders zu denken, z. B. kreative Lösungsvorschläge zu Lieferantenanfragen zu entwickeln, an innovativen Vorschlägen zur neuen Lieferantenstrategie kreativ mitzuwirken oder auch mal innovative Ideen zur Verkürzung unserer Lieferprozesse zu präsentieren, so landet alles früher oder später wieder bei mir auf dem Tisch. Kurzum: ich war mit der Innovationskraft meines Teams nicht mehr zufrieden. Mit dem MAESTRO-Ansatz konnte ich schnell und strukturiert meine Führungssituation und mein Führungshandeln analysieren und habe dabei festgestellt, dass ich in der Führung meines Teams etwas verändern muss. Mir ist aufgefallen, dass mein Team ein Kompetenzdefizit hinsichtlich der Kenntnis und Nutzung von Kreativitätstechniken hat. Niemand kannte z. B. Methoden, mit denen man als Team schnell mal eine kreative Ideensammlung zu bestimmten Themen durchführen kann. Ebenso hatten wir bisher in meinem Verantwortungsbereich auch keine Meeting-Formate, in denen das Team die Möglichkeit gehabt hätte, gemeinsam kreative Lösungen und Verbesserungsvorschläge zu entwickeln. Mir fiel außerdem auf, dass zwar jeder meiner Mitarbeiter nach wie vor hilfsbereit ist und sich auch gerne kooperativ verhält – dennoch war man aufgrund der ganz bewusst von mir vergebenen Individualziele häufig als Team zu inaktiv. Es gab zu wenig kreative Zusammenarbeit, die gemeinsamen Talente als Team wurden nicht gut genutzt. Ich hielt es bisher für die gerechteste Lösung, jeden Mitarbeiter am Jahresende auf der Grundlage seiner Individualziele einzeln zu bewerten und daraus auch die variable Incentivierung jedes einzelnen abzuleiten. Insgesamt war dadurch die Motivation der Mitarbeiter, als Gruppe bestmögliche Ergebnisse zu liefern, nicht gut ausgeprägt. Jeder einzelne hat sich individuell bemüht, seine Ziele zu erreichen, aber eben oft auch zu Lasten der Gruppenleistung. Zuerst habe ich mir mit Hilfe des MAESTRO-Ansatzes die 5 Felder meiner Führungssituation klargemacht. Daran anschließend habe ich meine aktuellen Aktivitäten der Mitarbeiterführung strukturiert erhoben. Ich fing dann an, mir Gedanken zu machen, an welchen Stellen ich die Situation verändern will, an welchen Stellen ich als Führungskraft aktiv werden will, um die Situation zu verbessern. Im MAESTRO-Management-Cockpit habe ich meinen geplanten Weg hin zu einer insgesamt innovativeren Teamarbeit festgehalten (vgl. Abbildung 148):

Abbildung 148: MAESTRO Management-Cockpit – Innovationsschub für mein Team

3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

• Zuerst habe ich dem Team meine Erwartung mitgeteilt, dass sich die kreativen Kompetenzen (Eigenschaften) im Team verbessern müssen und ich mir davon perspektivisch eine Verbesserung der Gruppenperformance (Output) des Teams verspreche (vgl. Abbildung 148, Ziffer 1). Dem Team habe ich dabei anhand der Eigenschaften- und Anforderungenmatrix515 erläutert, bei welchen Kompetenzen ich genau ansetzen will und warum wir als Team in diesen Bereichen Nachholbedarf haben. • Im zweiten Schritt habe ich mit meinem Team in einem ausführlichen Workshop meine Erkenntnisse der Kompetenzdefizite diskutiert, die Veränderungsnotwendigkeit mit Beispielen belegt und so gemeinsam mit dem Team den Blick auf die Notwendigkeit zur Veränderung und Weiterentwicklung gerichtet (vgl. Abbildung 148, Ziffer 2). Auf dieser Basis haben wir gemeinsam den Blick in die Zukunft gerichtet und uns folgende Fragen gestellt: – Wo wollen wir als Team in 3 Monaten stehen? – Wie muss sich unsere (Team-)Vision verändern, damit wir uns verändern? – Welche konkreten Praxisfälle wollen wir dann anders als heute bearbeiten? – Wie schaffen wir es, zukünftig unser Kreativpotenzial als Gruppe besser zu nutzen? Am Ende dieses zweiten Schrittes waren alle im Team überzeugt, dass wir etwas verändern müssen. Wir haben bereits im Workshop den ersten Entwurf einer gemeinsamen Vision entwickelt, wo wir als Team hinwollen. Über allem Stand der Wunsch, als Team zukünftig selbständig kreative Lösungsvorschläge entwickeln zu können. • Im dritten Schritt haben mein Team und ich gemeinsam entschieden, den Kompetenzaufbau aktiv anzugehen, um so den kreativen Output jedes einzelnen zu erhöhen (vgl. Abbildung 148, Ziffer 3). Dabei haben wir uns zeitnah über interne und externe Experten verschiedene Kreativitätstechniken516 vorstellen lassen. Ich habe dabei festgestellt, dass meine im Management-Cockpit verankerte Planung, über die erfolgreiche Anwendung der Werkzeuge die Motivation des Teams zum regelmäßigen Einsatz dieser Werkzeuge sowie den Output an kreativen Ideen zu steigern, schnell Realität wurde. • Nach den ersten Wochen des individuellen Ausprobierens der neuen Kreativitätstechniken habe ich meinem Team im vierten Schritt feste Zeitfenster pro Woche eingeräumt, in denen sie vom reinen Tagesgeschäft befreit waren, um zu bestimmten Themen in kreativitätsfördernden Gruppenformaten zusammenzukommen. So haben sie zusätzlichen Raum und Zeit von mir erhalten, um kreativ an Themen zu arbeiten (vgl. Abbildung 148, Ziffer 4). Wir haben dazu das For 515 516

Die Blanko-Matrizen finden Sie im Kapitel 3.1. Vgl. Abbildungen 10/11 und 20/21. Zu den Kreativitätstechniken vgl. Kapitel 3.2.7.

3.4 So führen Sie ab sofort in der Praxis

327

mat des kleinen Denkraums genutzt.517 Die Ergebnisse wurden regelmäßig alle 14 Tage im gesamten Team vorgestellt. Dabei habe ich als Führungskraft Wert darauf gelegt, dass es bei den Statusberichten nicht primär nur um die Qualität der Ergebnisse, sondern insbesondere auch um die Erfahrungen der Zusammenarbeit geht. Mein Team hat erlebt, wie wertvoll es ist, mit einem angemessenen Zeitbudget und gemeinsam mit den Kollegen die kreativen Teamkompetenzen zu nutzen. Das Wort Schwarmintelligenz wurde seitdem in unserem Bereich zu einem geflügelten Wort. Wann immer wir von Stakeholdern ein positives Feedback zu unserer inzwischen sichtbar verbesserten Teamarbeit erhalten, reagiert das Team mit einem Augenzwinkern: es war kein einzelner, es war der Schwarm! • Im fünften und letzten Schritt werde ich flankierend 50 % der Ziele meiner Mitarbeiter in Kreativitätsziele der Gruppe umwandeln (vgl. Abbildung 148, Ziffer 5). Dazu werde ich mein Team kurzfristig in einen halbtägigen Ziele­ workshop einladen, in dem wir uns mit ambitionierten, messbaren Teamzielen beschäftigen und uns überlegen, wie wir unseren kreativen Reifegrad als Gruppe zukünftig regelmäßig messen wollen. Ich habe bei der Analyse meiner aktuellen Führungssituation bereits erkannt, dass die Zeit der ausschließlichen Individualziele für mein Team vorbei ist. Denn bei zu vielen Themen bin ich auf die Gesamt­expertise der Gruppe angewiesen. Ich spiele schon heute mit dem Gedanken, die Individualziele später komplett abzuschaffen. • Parallel zu allen genannten Initiativen habe ich im MAESTRO-ManagementCockpit natürlich auch eine kommunikative Begleitung unserer Kreativitätsoffensive geplant (vgl. Abbildung 148, Zeile Kommunikationsmanagement). Es beginnt mit dem Namen: Kreativitätsoffensive Einkauf. Unter diesem Namen kommuniziere ich seit dem Start der Kompetenzoffensive sowohl nach innen und nach außen. Dieser Begriff ist inzwischen schon fest belegt  – jeder meiner Mitarbeiter kann sich damit identifizieren. Ich kommuniziere meine Erwartungen, als Team kreativitätsfördernde Kompetenzen aufzubauen, habe auf dem letzten Bereichsleitermeeting unsere neue Teamvision vorgestellt, berichte regelmäßig auf Yammer über unsere neuen Kreativitätsformate und lade zu bestimmten Meeting-Formaten auch Kollegen und Spezialisten anderer Bereiche ein. Und auch von anderen Teams haben wir schon Anfragen erhalten, ob wir von unserer Kompetenzinitiative berichten können und unsere Erfahrungen teilen. Im Rahmen der kommunikativen Begleitung habe ich auch entschieden, mehr Präsenzveranstaltungen durchzuführen, um gemeinsam mit meinen Mit­ arbeitern mehr Zeit für die persönliche Diskussion der geplanten Änderungen und den jeweils aktuellen Status der Umsetzung zu haben. Ich kommuniziere regelmäßig ans gesamte Team, wo wir aus meiner Sicht Fortschritte bei den kreativen Kompetenzen gemacht haben und hole mir auch aktiv Feedback vom

517

Zum kleinen Denkraum vgl. Kapitel 3.2.7.4.

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3. Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung mit dem MAESTRO-Führungsansatz 

Team ein, wie der Fortschritt eingeschätzt wird, wo wir ggf. Dinge verändern müssen und wo das Team mehr Unterstützung von mir benötigt. Insgesamt hilft mir das Management-Cockpit, mich auf die Dinge zu konzentrieren, die ich in meinem täglichen Führungshandeln verändern will. Es hilft mir auch, Dinge ganz bewusst nicht zu tun. Und zwar auf der Basis meiner Überlegungen, meiner Planung – und gerade nicht getrieben von der Hektik des Tagesgeschäftes. Den größten Vorteil erlebe ich jedoch aus der Tatsache, dass ich mit Hilfe meines Management-Cockpits genau weiß, was ich tun will, was ich erreichen will, welche positiven Effekte ich erwarte, kurzum: worauf ich mich konzentriere. Mir ist klar geworden, dass man trotz aller Bereitschaft und Notwendigkeit, im Tagesgeschäft als Führungskraft auch zu improvisieren, dennoch stark davon profitiert, einen pragmatischen Plan zu haben. Das gesamte MAESTRO-Logbuch lässt mir alle Freiheiten der Ausgestaltung in der Mitarbeiterführung. Es erinnert mich jedoch auch täglich daran, welchen Weg ich gehen möchte und versetzt mich in die Lage, stets abzugleichen, ob es Gründe für eine Anpassung des Weges gibt. Von meinen Mitarbeitern habe ich das Feedback erhalten, dass die Kreativitätsoffensive Einkauf im Vergleich zu früheren Initiativen viel klarer war hinsichtlich der Aspekte was, wie und warum wir etwas erreichen und im Team verändern wollen. Auch konnten wir gemeinsam verfolgen, wie sich die gewünschten Ergebnisse einstellen. Und gutes Management spricht sich schnell herum: Mein Vorgesetzter hat mich angesprochen, ob ich ihm die MAESTRO-Methode im nächsten Meeting einmal kurz vorstellen kann. Als Fazit kann ich nach 3 Monaten festhalten, dass mein Team über viele neue Kenntnisse der kreativen Zusammenarbeit im Team verfügt. Es wird zukünftig an mir liegen, die aktuelle Begeisterung für die neuen Formen der Zusammenarbeit hoch zu halten und die Ermöglichungsräume für kreatives Arbeiten auch weiterhin zu schaffen. Mein mittelfristiges Ziel ist es, die Entscheidungen des Teams sukzessive zu autonomisieren und es in die Lage zu versetzen, eigenständig neue kreative Formate der Lösungsfindung auszuprobieren und zu nutzen. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, aber der Weg ist vorgezeichnet. Dank MAESTRO!“

4. Fazit und Ausblick Die Digitalisierung geht nicht vorbei, sie ist nicht irgendein technologischer Trend. Vorbeigehen wird höchstens der Gedanke daran, dass sie bald vorbeigeht Michael Pachmajer (Gründer & Geschäftsfüh­ rer d.quarks)

4.1 Fazit Geschafft! Sie haben in diesem Buch den MAESTRO-Führungsansatz für Ihre erfolgreiche Mitarbeiterführung in der digitalen Transformation kennengelernt. Lassen Sie uns kurz resümieren, warum Sie sofort davon profitieren werden: • Die 5 Felder Ihrer Führungssituation versetzen Sie ab sofort in der Lage, Ihre aktuelle Führungssituation strukturiert zu erfassen und Ihre Beobachtungen im Führungsalltag zu ordnen. • Mit den 9 Hebeln Ihres Führungshandelns sind Sie in der Lage, Ihre Mitarbeiterführung optimal auf die zielgerichtete Veränderung Ihrer Führungssituation auszurichten. • Sie haben anhand von Beispielen kennengelernt, wie Felder der Führungssituation mit den Stellhebeln der Mitarbeiterführung verknüpft sind. Sie sind nun dafür sensibilisiert, dieses Netz an Abhängigkeiten mit Hilfe der Erkenntnisse Ihres Führungsalltags immer enger zu knüpfen und für Ihre Führungssituationen einzusetzen. • Sie haben eine Auswahl von über 100 Werkzeugen und Methoden kennengelernt, die Ihnen geeignete Hilfen zur Erfassung der Führungssituation sowie der Steuerung Ihrer Mitarbeiter in der digitalen Transformation an die Hand geben. • In Ihrem individuellen MAESTRO-Management-Cockpit planen, verfolgen und aktualisieren Sie Ihre Führungsaktivitäten sowie die Felder Ihrer Führungssituation, die Sie damit verändern wollen. • Ihre Mitarbeiterführung können Sie ab sofort am dargestellten MAESTRO-Führungskreislauf ausrichten – so professionalisieren Sie ab sofort Ihren Führungsprozess. • Der MAESTRO-Führungsansatz ermöglicht es Ihnen, Ihre bisherigen Führungs­ kompetenzen und Führungswerkzeuge in diese (neue)  Struktur einzubringen. So profitieren Sie weiterhin von Ihren bisherigen Kenntnissen und Erfahrungen.

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4. Fazit und Ausblick

• Es gibt nichts Gutes, außer man tut es: Wenn Sie den MAESTRO-Führungsansatz nutzen, werden Sie sehr schnell seinen Mehrwert zu schätzen wissen. Sie werden besser als vorher die Ursachen für Führungssituationen und Wirkungen Ihres Führungshandelns erkennen. Sie werden Ihre Führungsaktivitäten besser vernetzen, Sie werden Ihre eigene Rolle als Führungskraft in einem neuen Licht sehen. Fangen Sie also an, den MAESTRO-Führungsansatz zu Ihrem ganz persönlichen Erfolgsmodell zu machen. Werden Sie zur digitalen Führungskraft!

4.2 Ausblick Wenn Sie das Wort „Mitarbeiterführung“ bei Google als Suchbegriff eingeben, erhalten Sie 1,17 Millionen Treffer.1 Amazon schlägt Ihnen über 4.000 Bücher zum Thema vor.2 Mitarbeiterführung ist daher kein Thema, das einem Erkenntnisdefizit unterliegt. Vielmehr müssen die Handlungs- und Umsetzungsdefizite beseitigt werden. Doch wie soll das gehen in Zeiten, die immer dynamischer, volatiler, unvorhersehbarer werden? In denen die Mitarbeiter immer diverser und heterogener in ihren Ansprüchen, Erwartungen und Wünschen, aber ggf. auch Zukunftsängsten aufgrund der disruptiven Veränderungen in den Märkten werden. Und wie können Sie als Führungskraft, die inmitten des Orkans an Veränderungen steht, da überhaupt noch sinnvoll gestaltend eingreifen? Erst recht, wenn die Zukunft mehr denn je unvorhersehbar ist. Die Antwort lautet: Indem Sie zukünftig ein klares Verständnis haben, wie und nach welchen Kriterien Sie führen. Indem Sie Ihren ganz individuellen Führungsansatz finden und konsequent umsetzen. Je volatiler die Bedingungen für Führung zukünftig sind, umso stabiler sollte das Fundament sein, auf dem Sie Ihre Führungsentscheidungen treffen. Ein Fundament, das auch Ihre Mitarbeiter kennen sollten. Denn Transparenz gibt Sicherheit. Transparenz lässt Entscheidungen nachvollziehbar werden. Auch dann, wenn man Sie in der Sache nicht teilt. Das Verstehen sowie die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen schafft wiederum gegenseitiges Vertrauen, von dem man in disruptiven Zeiten nicht genug haben kann. Genau deshalb wird der MAESTRO-Führungsansatz für Sie zukünftig immer wichtiger werden. Genau deshalb wird dieses Buch Ihr Denken und Handeln als Führungskraft verändern – wenn Sie es wollen, wenn Sie es wagen, wenn Sie sich vertrauen. Und, wenn Sie den MAESTRO-Ansatz in Ihren Führungsalltag integrieren und als Ihren individuellen, transparenten Führungsansatz stetig weiterentwickeln. Denn Sie werden zukünftig als Führungskraft gebraucht – mehr denn je. Und gerade Ihre Mitarbeiter werden Sie in Zeiten der Veränderung brauchen. Digitale Transformation bedeutet daher ausdrücklich nicht, dass sich die Zeit der Mitarbeiterführung dem Ende zuneigt. Sie werden als Führungskraft weder Ihrer 1 2

Abfrage v. 29. 06. 2021. Abfrage v. 29. 06. 2021.

4.2 Ausblick 

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Bedeutung enthoben noch wird Ihr Nutzen in Frage gestellt werden. Nur eines steht außer Frage: Wenn Sie sich den neuen Anforderungen an die Mitarbeiterführung nicht anpassen, werden Sie als Führungskraft scheitern. Der eine früher, der andere noch früher. Verlieren Sie daher keine Zeit, sich weiterzuentwickeln, denn die Zeit drängt. Die Mitarbeiter – Ihre Daseinsberechtigung als Führungskraft – entwickeln in der digitalen Transformation sehr schnell ein Gefühl dafür, ob Sie in der Lage sind, Ihr Team durch diese stürmischen Zeiten zu führen. Dieses Buch möchte Sie darin unterstützen, den Erwartungen gerecht zu werden. Sie schaffen das! Ich glaube an Sie!

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Zum Autor Dr. rer. pol. Thomas Gawron, Diplom-Kaufmann und Diplom Verwaltungswirt, Jg. 1965, verfügt über 25 Jahre Praxiserfahrung in der Steuerung von Unternehmen und der Führung von Mitarbeitern. Er gehört zu den wenigen Autoren im deutschsprachigen Raum, die in Ihrem Unternehmen eine digitale Transformation in leitender Funktion konzipiert und operativ umgesetzt haben. Als Unternehmensberater, Interims-Manager, Business Coach und Führungskräftetrainer gibt er inzwischen sein Wissen an Unternehmen weiter. „Mitarbeiterführung ist ein Handwerk, das Führungskräfte beherrschen müssen, wenn sie dauerhaft erfolgreich sein wollen. Und gerade die digitale Transformation legt die Defizite in den Unternehmen und Verwaltungen gnadenlos offen.“ Als ehemaliger Prokurist einer global operierenden Unternehmensberatung, Executive Vice President eines europäischen Handelsunternehmens sowie Geschäftsführer eines internationalen IT-Unternehmens verfügt Herr Dr. Gawron über umfangreiche Führungserfahrungen in verschiedenen Branchen. Als Autor und Keynote-Speaker apelliert er an die Führungskräfte: „Die Anforderungen an Ihre Mitarbeiterführung werden sich in den nächsten Jahren weiter radikal verändern. Das heißt: Sie als Führungskraft müssen sich verändern. Gelingt es Ihnen, werden Sie gestärkt aus der digitalen Transformation hervorgehen. Die digitale Transformation ist daher keine Bedrohung, sondern Ihre persönliche Chance für eine erfolgreiche Zukunft. Nutzen Sie diese Chance!“

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Sachwortregister Agilität  21 ff. Agiles Mindset  97 f., 108 f. Agile Werkzeuge  21 Ambidextrie 19 Delegation  152 ff., 157 ff., 163 ff., Digitale Transformation  17 ff., 25 ff., 59 ff., 78 ff., 87 ff., 105 ff., 125 ff., 149 ff., 154 ff., 172 ff., 188 ff., 209 ff., 241 ff., 254 ff., 258 ff., 264 ff., 272 ff., 282 ff. Digitale Führungskultur  106 f. Emotionale Intelligenz  62 f., 70 ff. Entscheidungsmanagement  149 ff., 167 f. Erwartungsmanagement  168 ff. Feedback  181, 186, 201 ff. Führungshebel  33 ff., 148 ff. Führungshierarchie / -netzwerk  110 f. Führungskreislauf  37 ff., 307 ff. Führungsleitbild  175 f. Führungslogbuch  40 ff., 312 f. Führungs-Management-Cockpit  319 ff. Führungsmodell  33 ff. Führungsprobleme  25 ff. Führungsrahmenbedingungen  27 ff., S.44, 98 ff. Führungssituation  33 ff., 43 ff., 66 ff., S.80 ff., 92 ff., 113 ff., 137 ff., 309 ff. Führungsverhalten  31 ff., 159 ff., 175 ff., 194 ff., 202 ff., 214 ff., 226 ff., 248 ff., 261 ff., 276 ff., 287 ff., 312 f. Führungsverständnis  29 ff., 318 Führungswerkzeuge  37 ff., 40 ff., 69 ff., 82 ff., 93 ff., S.117 ff., 140 ff., 162 ff., 176 ff., 196 ff., 215 ff., 229 ff. 249 ff. 263 ff., 277 ff., 289 ff. Innovationsmanagement  241, 323 ff. Kommunikationsmanagement  180 ff.

Kommunikations-Sender / -Empfänger  181 Kommunikation in Gruppen  191 Kommunikationsbedürfnisse 182 Kommunikationsdimensionen 182 Kommunikationsformate 197 Kommunikationsverhalten und -ziel  187 f. Kompetenzmanagement  206 ff. Konfliktarten 219 Konflikte vs. Meinungsverschiedenheit  218 Konfliktlösung  222 ff. Konfliktmanagement  218 ff. Konflikt-Sichtbarkeit 220 Konfliktursachen  221 f. Kreativität und Fähigkeiten  239 f. Kreativität und Innovation  239 Kreativität und Problemverständnis  242 Kreativitätsmanagement  239 ff. Kreativitätstechniken  242 ff. Mitarbeiteranforderungen  74 ff. Mitarbeiterdemotivation  86 ff. Mitarbeitereigenschaften  45 ff., 53 ff., 66 Mitarbeitererwartungen  170 ff., 176 ff. Mitarbeitergespräch  198 ff. Mitarbeiterincentivierung  103 ff., 114 f., 118 f. Mitarbeiterkompetenzen  46, 58 f., 78 ff., 207, 209 f., 213, 215 ff. Mitarbeitermotivation  44 f., 82 ff., 87 ff. Mitarbeiteroutput 121 Mitarbeiterperformance  122 ff., 140 ff., 284 ff. Mitarbeiterpotenzial  143 ff. Mitarbeiterverhalten  65 ff. Mitarbeitervernetzung  120 ff. Mitarbeiterzufriedenheitsbefragung  204 f. Team-Faktoren  145 f. Team-Hierarchie  158 f. Team-Kompetenzen 70

344 Team-Rollen  61, 146 f. Team-Zusammensetzung  61 f. Veränderungsmanagement  252 ff.

Sachwortregister Vertrauen  91 ff. Zeitmanagement  267 ff. Zielemanagement  280 ff.