Die Befragung in der Medien- und Kommunikationswissenschaft: Eine praxisorientierte Einführung [3. Aufl. 2019] 978-3-658-25864-1, 978-3-658-25865-8

Dieses Lehrbuch zum Thema Befragung bietet Interessierten und Studierenden aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht ei

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German Pages XV, 198 [209] Year 2019

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Die Befragung in der Medien- und Kommunikationswissenschaft: Eine praxisorientierte Einführung [3. Aufl. 2019]
 978-3-658-25864-1, 978-3-658-25865-8

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XV
Die standardisierte Befragung als wissenschaftlich-empirische Methode (Wiebke Möhring, Daniela Schlütz)....Pages 1-40
Das Interview als soziale Situation (Wiebke Möhring, Daniela Schlütz)....Pages 41-67
Die Formulierung des Fragebogens (Wiebke Möhring, Daniela Schlütz)....Pages 69-124
Modi der Befragung (Wiebke Möhring, Daniela Schlütz)....Pages 125-155
Varianten der Befragung: Längsschnitt-Designs und situative Befragungen (Wiebke Möhring, Daniela Schlütz)....Pages 157-174
Durchführung der Befragung (Wiebke Möhring, Daniela Schlütz)....Pages 175-198

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Studienbücher zur Kommunikations- und Medienwissenschaft

Wiebke Möhring Daniela Schlütz

Die Befragung in der Medien- und Kommunikationswissenschaft Eine praxisorientierte Einführung 3. Auflage

Studienbücher zur Kommunikations- und Medienwissenschaft Reihe herausgegeben von Günter Bentele, Leipzig, Deutschland Hans-Bernd Brosius, München, Deutschland Otfried Jarren, Zürich, Schweiz

Herausgeber und Verlag streben mit der Reihe „Studienbücher zur Kommunikations- und Medienwissenschaft“ an, das Fachgebiet Kommunikationswissenschaft als Ganzes wie die relevanten Teil- und Forschungsgebiete darzustellen. Die vielfältigen Forschungsergebnisse der noch jungen Disziplin Kommunikationswissenschaft werden systematisch präsentiert, in Lehrbüchern von kompetenten Autorinnen und Autoren vorgestellt sowie kritisch reflektiert. Das vorhandene Basiswissen der Disziplin soll damit einer größeren fachinteressierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Herausgeber und Verlag wollen mit der Reihe dreierlei erreichen: • Zum ersten soll zur weiteren Entwicklung, Etablierung und Profilierung des Faches Kommunikationswissenschaft beigetragen werden. Kommunikationswissenschaft wird als sozialwissenschaftliche Disziplin verstanden, die sich – mit interdisziplinären ­Bezügen – vor allem mit Phänomenen der öffentlichen Kommunikation in der Gesellschaft befasst. • Zum zweiten soll den Studierenden und allen am Fach Interessierten ein solider, zuverlässiger, kompakter und aktueller Überblick über die Teilgebiete des Faches geboten werden. Dies beinhaltet die Darstellung der zentralen Theorien, Ansätze, Methoden sowie der Kernbefunde aus der Forschung. Die Bände konzentrieren sich also auf das notwendige Kernwissen. Die Studienbücher sollen sowohl dem studienbegleitenden Lernen an Universitäten, Fachhochschulen und einschlägigen Akademien wie auch dem Selbststudium dienlich sein. Auf die didaktische Aufbereitung des Stoffes wird deshalb großer Wert gelegt. • Zum dritten soll die Reihe zur nötigen Fachverständigung und zur Kanonisierung des Wissens innerhalb der Disziplin einen Beitrag leisten. Die vergleichsweise junge Disziplin Kommunikationswissenschaft soll mit der Reihe ein Forum zur innerfachlichen Debatte erhalten. Entsprechend offen für Themen und Autorinnen bzw. Autoren ist die Reihe konzipiert. Die Herausgeber erhoffen sich davon einen nachhaltigen Einfluss sowohl auf die Entwicklung der Kommunikationswissenschaft im deutschen Sprachraum als auch einen Beitrag zur Außendarstellung des Faches im deutschen Sprachraum. Die Reihe „Studienbücher zur Kommunikationswissenschaft“ wird ergänzt um ein „­ Handbuch der Öffentlichen Kommunikation“ sowie ein „Lexikon der Kommunikations­ wissenschaft“, das von den gleichen Herausgebern betreut wird. Das Handbuch bietet einen kompakten, systematischen Überblick über das Fach, die Fachgeschichte, Theorien und Ansätze sowie über die kommunikationswissenschaftlichen Teildisziplinen und deren wesentliche Erkenntnisse. Das Lexikon der Kommunikationswissenschaft ist als Nachschlagewerk für das gesamte Lehr- und Forschungsgebiet der Kommunikationswissenschaft konzipiert.

Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/12331

Wiebke Möhring · Daniela Schlütz

Die Befragung in der Medien- und Kommunikationswissenschaft Eine praxisorientierte Einführung 3., vollständig überarbeitete Auflage 2019

Wiebke Möhring Technische Universität Dortmund Dortmund, Deutschland

Daniela Schlütz Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Potsdam, Deutschland

ISSN 2524-3306 ISSN 2524-3314  (electronic) Studienbücher zur Kommunikations- und Medienwissenschaft ISBN 978-3-658-25864-1 ISBN 978-3-658-25865-8  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-25865-8 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2003, 2010, 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort zur dritten Auflage

Auch in der Kommunikationswissenschaft ist es wichtig, neugierig zu bleiben. Neugierig auf sich entwickelnde Nutzungsmuster, auf neue Medienformate und -angebote, auf Fragen der Wirkungen und Auswirkungen der Mediennutzung auf Menschen, Medien und Gesellschaft. Und neugierig auf die Frage, wie man Antworten auf die Fragen dazu findet. Diese Neugier war ein Antrieb, dieses Buch noch einmal umfassend zu überarbeiten. Ein weiterer Antrieb waren die Fragen und Anmerkungen, die wir von Studierenden in Seminaren oder bei der Betreuung von Abschlussarbeiten erhalten haben sowie die Gespräche und Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen. Herzlichen Dank dafür! Wir haben uns in dieser Auflage entschieden, Studierende und ihre methodischen Fragen zu Einsatz und Anwendung standardisierter Befragung etwas stärker in den Vordergrund zu stellen und dennoch auch Berufstätigen die Chance zu geben, sich über die Vor- und Nachteile und vor allem die Beurteilung der Güte von Befragungsstudien zu informieren. Dieser Fokus sowie die Berücksichtigung neuer Methodenentwicklungen und Studienergebnisse aus der Methodenforschung haben in großen Teilen des Buches zu einer kompletten Überarbeitung geführt. Neu hinzugekommen ist die stärkere Betonung der forschungsethischen Grundlagen methodischer Entscheidungen und ein kurzer Einblick in die Fragen komparativer interkultureller Befragungsstudien. Ein besonderer Dank geht an Jakob Henke, Laura Leißner, Jana Brüntjen, Malin Fecke und Anne Palka für ihre hilfreiche konstruktive Kritik und ihre umfassende Korrekturarbeit. Sämtliche noch enthaltene Fehler liegen daher in unserer Verantwortung. Dortmund und Potsdam, im April 2019 Wiebke Möhring und Daniela Schlütz

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Vorwort zur zweiten Auflage

Die technischen Entwicklungen der zurückliegenden Jahre haben sich auch auf das Instrument der quantitativen Befragung ausgewirkt. Neben einer Vielzahl neuer Anwendungsbereiche und Einsatzfelder haben sich neue Möglichkeiten der Stimuluspräsentation eröffnet und – ganz besonders spürbar vor allem im universitären Bereich – die Methode der Online-Befragung hat sich immer stärker durchgesetzt. Dieser Veränderungsprozess wurde von einer Vielzahl von Studien begleitet und war Thema wissenschaftlicher Auseinandersetzungen – Grund genug, unser Lehrbuch zu aktualisieren und umfangreich zu überarbeiten. Wir möchten hier die Gelegenheit nutzen, uns bei allen Leserinnen und Lesern sowie unseren Studierenden herzlich zu bedanken. Dank ihrer Anregungen und Hinweise zur ersten Auflage bleibt die kontinuierliche Auseinandersetzung mit der Methode der Befragung eine anregende Aufgabe. Sie hat auch dazu geführt, dass wir an manchen Stellen Studien nennen und Beispiele geben, die eher aus dem Bereich der Markt- und Meinungsforschung als der Medien- und Kommunikationsforschung stammen, denn die Befähigung zur Beurteilung der Aussagekraft einer Studie ist neben der Anwendungskompetenz ein wichtiges Lernziel dieses Buches. Darüber hinaus geht unser besonderer Dank an Ina Culemann, Corinna Kastner, Alois Sidler sowie Ines Schumann für konstruktive Kritik und akribische Korrekturarbeit. Hannover, im April 2010 Wiebke Möhring und Daniela Schlütz

VII

Vorwort zur ersten Auflage

Zweifellos würde sich die Medien- und Kommunikationswissenschaft ohne das Instrument der Befragung schwer tun. Diese Erhebungsform ist aus dem Methodenkanon des Fachbereiches nicht wegzudenken. Doch Studierende des Faches haben es nicht leicht, Antworten auf ihre speziellen Methodenfragen zu finden – zumindest liegen solche bisher nicht in Buchform vor. Diese Lücke möchten wir mit dem vorliegenden Buch schließen. Es ist zum einen gedacht als Einführung in die standardisierte Befragung. Bevorzugt geht es um solche Themenbereiche, die in der Medien- und Kommunikationswissenschaft behandelt werden: Fragen zu Mediennutzung und Medienbewertung, zu Wirkungen oder Bereichen wie Einstellungen von Kommunikatoren oder Konsum- und Freizeitverhalten. Zum anderen soll es als praktische Anleitung für studentische Forschungsarbeiten dienen. Dazu haben wir die vorliegende Methodenforschung systematisiert und gebündelt, um auf diese Erkenntnisse aufzubauen. Für viele dieser Bereiche ist die Befragung das einzig sinnvolle Instrument. Obwohl es bereits einen riesigen Korpus empirischer Forschung gibt, ist die Medien- und Kommunikationswissenschaft von einer Batterie standardisierter und validierter Instrumente weit entfernt – Fragen werden immer wieder neu erfunden. Um dies zu vereinfachen und Fehlerquellen zu reduzieren, arbeiten wir das bisher Bekannte auf und geben praktische Hilfestellung bei der Formulierung des eigenen Fragebogens. Das ist das erste Ziel dieses Buches. Das Buch ist in erster Linie ein Lehrbuch für Studierende der Medien- und Kommunikationswissenschaft. Natürlich hoffen wir, dass auch andere interessierte Leser und Leserinnen ihre Fragen beantwortet finden. Das zugrunde liegende Manuskript wurde in den vergangenen Jahren an Studierenden „erprobt“ – denjenigen des Instituts für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik und Theater Hannover sei an dieser Stelle herzlich für Anregungen und Kritik gedankt. Auch in der Schriftform haben wir uns bemüht, die Fülle erhellender Beispiele und praktischer Tipps zu erhalten. Denn das zweite Ziel des Buches ist es, einen Beitrag zur praktischen Umsetzung der Befragungsmethode im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen zu leisten. Schließlich freuen wir uns (ein drittes Ziel), wenn die Ausführungen zur Standardisierung der Methodenausbildung innerhalb des Faches beitragen. Das Buch gliedert sich in sechs Kapitel unterschiedlicher Themenbereiche. Wir haben uns bemüht, jedes Thema so umfassend zu behandeln, dass das einzelne Kapitel auch ohne IX

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Vorwort zur ersten Auflage

Kenntnis der anderen verständlich ist. Wo das einmal nicht möglich war, haben wir entsprechende Rückbezüge eingebaut. Da nicht jeder Bereich erschöpfend behandelt werden konnte, finden sich Hinweise auf weiterführende Literatur am Ende jeden Kapitels. Wir empfehlen aber – gerade solchen Studierenden, die das erste Mal eine eigene Befragung angehen – die Lektüre des gesamten Buches, um den Forschungsablauf als Ganzes zu verstehen. Wer schnell etwas finden möchte, kann mit Hilfe des Indices zentrale Begriffe im Text aufsuchen. Innerhalb des Textes sind Schlüsselbegriffe hervorgehoben, um eine leichtere Orientierung zu bieten. Zudem erschließen folgende grafische Symbole den Text: ▶ Wichtige Begriffe und Definitionen werden gerahmt erläutert. Die Index-Verweise führen zumeist zu solchen Kästen. Fallbeispiele sollen komplexe Sachverhalte durch Hinweise auf Schlüsseltexte oder die medien- und kommunikationswissenschaftliche Praxis anschaulich machen. Zum Abschluss eines Kapitels werden die wichtigsten Punkte zusammengefasst. Das geschieht meist im Rahmen eines eigenen Unterkapitels. Wir bitten die Leserinnen und Leser um Verständnis dafür, dass im Text aus Gründen der Lesbarkeit in der Regel nur ein Geschlecht genannt wird. Wenn also von „dem Forscher“ oder „dem Befragten“ die Rede ist, ist selbstverständlich auch „die Forscherin“ oder „die Befragte“ gemeint. Wir freuen uns auf Kommentare und Anregungen aus unserem Leserkreis, um so in Zukunft das Buch den Bedürfnissen und Anforderungen unserer Zielgruppe noch besser anpassen zu können. Hannover, im Februar 2003 Wiebke Möhring und Daniela Schlütz

Inhalt

1 Die standardisierte Befragung als wissenschaftlich-empirische Methode . . . . . 1 1.1 Forschungsethische Aspekte der standardisierten Befragung . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Einordnung der Befragung in die standardisierte Forschungsmethoden . . . . 4 1.2.1 Standardisierte und nicht-standardisierte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.2.2 Definition und Stellenwert der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.2.3 Empirische Methoden in der Medien- und Kommunikationswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.2.4 Der Forschungsprozess: Planung und Durchführung einer Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.2.5 Konstrukte messbar machen: Dimensionale Analyse und Operationalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.3 Gütekriterien der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.3.1 Reliabilität und Validität im Forschungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.3.2 Besonderheiten der Gütekriterien bei der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . 21 1.4 Auswahl der Befragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1.4.1 Grundlagen der Stichprobenziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1.4.2 Einstufige zufallsgesteuerte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1.4.3 Mehrstufige zufallsgesteuerte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1.4.4 Nicht zufallsgesteuerte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1.4.5 Stichprobenausfälle und Ausschöpfungsquote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1.4.6 Stichprobenumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Literaturempfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

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Inhalt

2 Das Interview als soziale Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2.1 Die Anbahnung der Befragung: Kooperation und Verweigerung . . . . . . . . . . 43 2.2 Einflüsse der Interviewsituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.3 Einflüsse durch die Interviewenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2.3.1 Einflüsse sichtbarer Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2.3.2 Effekte nicht sichtbarer Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2.4 Einflüsse durch die Befragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2.4.1 Formale Antwortstile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2.4.2 Das Phänomen der sozialen Erwünschtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 2.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Literaturempfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3 Die Formulierung des Fragebogens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3.1 Offene Fragen und geschlossene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.2 Arten geschlossener Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3.2.1 Auswahlfragen (Nominalniveau) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3.2.2 Rangordnungsfragen und Rankingskalen (Ordinalniveau) . . . . . . . . . 82 3.2.3 Intensitätsfragen (quasi-metrisches Niveau) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 3.2.3.1 Skalen der Selbsteinstufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3.2.3.2 Skalen der Fremdeinstufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3.3 Unerwünschte Effekte durch Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3.4 Fragebogendramaturgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3.4.1 Dramaturgische Fragetypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.4.2 Strategischer Aufbau des Fragebogens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3.4.3 Kontexteffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4 Modi der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Das persönlich-mündliche Interview . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Die Telefon-Umfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die schriftliche Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Die Online-Umfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Zusammenfassung und Vergleich der Befragungsmodi . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturempfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

125 126 130 134 140 148 153 153

Inhalt

XIII

5 Varianten der Befragung: Längsschnitt-Designs und situative Befragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Panel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Tagebuchstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Mobile Experience Sampling Method (MESM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Delphi-Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturempfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

157 158 163 166 168 171 172 172

6 Durchführung der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 6.1 Grafische Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 6.2 Pretest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 6.3 Exkurs: Feldorganisation bei Umfragen mit Interviewenden . . . . . . . . . . . . 186 6.4 Weiterverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 6.5 Herausforderungen komparativer Befragungsstudien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 6.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Literaturempfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

XIII

Tabellen und Abbildungen

Tabellen Tab. 1 Tab. 2 Tab. 3 Tab. 4 Tab. 5

Beispiel für einen Interviewendeneffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Interpretation von „Weiß-nicht“-Antworten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Quantitative Interviews der ADM-Mitgliedsinstitute nach Befragungsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Vor- und Nachteile der Befragungsmodi im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Pretest-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

Abbildungen Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13 Abb. 14 Abb. 15 Abb. 16

Methoden der Medien- und Kommunikationswissenschaft . . . . . . . . . . . . . 9 Der Forschungsprozess der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Dimensionalisierung und Operationalisierung des Konstruktes ‚Kognitionsbedürfnis‘ (Beißert et al. 2015) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Auswahlverfahren in der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Mehrstufige Zufalls-Auswahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Einflüsse auf die Antwort im Interview . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Der kognitive Antwortprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Split-Ballot-Experiment zur Wirkung von Antwortvorgaben als Informationsquelle für übliches Verhalten (N=293) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Arten geschlossener Fragen nach Datenniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Skalenvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Arten von Ratingskalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Thermometer-Skala (Schneider, Möhring & Stürzebecher 2000) . . . . . . . . 90 Polaritätenprofile Lieblingsserie vs. preiswürdige Serie (Schlütz 2016: 50) 97 Split-Ballot-Experiment zum Phänomen der Pseudo-Opinions (N=294) 109 Idealtypische Fragebogendramaturgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Die Modi der standardisierten Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

XV

Die standardisierte Befragung als wissenschaftlich-empirische Methode

1 Die standardisierte Befragung als wissenschaftlich-empirische Methode

1

In diesem ersten Kapitel setzen wir uns mit den Grundlagen der standardisierten Befragung auseinander. Wir beginnen mit einigen Grundsätzen guter ethischer Forschungspraxis und gehen dann auf die Befragung als quantitativ-standardisierte Erhebungsmethode sowie den Forschungsprozess ein. Anschließend machen wir uns Gedanken über die Güte medien- und kommunikationswissenschaftlicher Befragungen und darüber, wie man die Befragten auswählt.

1.1 1.1

Forschungsethische Aspekte der standardisierten Befragung Forschungsethische Aspekte der standardisierten Befragung

Neben grundsätzlichen Anforderungen der Professionalität, Integrität, Redlichkeit und Reflexivität, ist die Befolgung forschungsethischer Standards ein Aspekt guter wissenschaftlicher Praxis (vgl. DFG 2013). Deren Kenntnis ist daher für alle Personen relevant, die selbst Studien durchführen, auch auf studentischer Ebene. Im Folgenden werden wir deswegen auf einige übergeordnete Prinzipien eingehen, die für Befragungen wichtig sind. Einzelne Aspekte der forschungsethischen Praxis werden dann im Laufe des Buches an den entsprechenden Stellen ausführlicher behandelt. Im Vordergrund ethischer Erwägungen steht der verantwortungsvolle Umgang mit den Personen, die wir befragen. Ergänzend muss man eine Reihe rechtlicher Bestimmungen berücksichtigen, die sich etwa aus dem Datenschutz, dem Verbraucherschutz oder dem Schutz Minderjähriger ergeben. Hier haben insbesondere kommerziell arbeitende Institute und Verbände entsprechende Richtlinien entwickelt, die bei der konkreten Umsetzung eigener Studien hilfreich sein können (wie etwa die des Arbeitskreises deutscher Marktund Sozialforschungsinstitute unter http://www.adm-ev.de). Auf wissenschaftlicher Ebene findet die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen in der Forschung vorwiegend in Wissenschaftsdisziplinen statt, die beobachtend, häufig auch experimentell Daten erheben. Dies ist etwa in den Naturwissenschaften der Fall, hier vor allem in der Medizin, aber auch – unserem Fach näher – in der Psychologie. Die Kommunikationswissenschaft hat bislang © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2019 W. Möhring und D. Schlütz, Die Befragung in der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Studienbücher zur Kommunikations- und Medienwissenschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25865-8_1

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1 Die standardisierte Befragung als wissenschaftlich-empirische Methode

kein eigenes, umfassendes Werk zur Forschungsethik hervorgebracht, wenngleich einige Methodenbücher den Problembereich aufgreifen (z. B. Döring & Bortz 2016: 121–139). Grundlegend für die verantwortungsvolle Forschung mit Menschen sind drei Prinzipien: Selbstbestimmung, Nichtschaden und Gerechtigkeit, die so oder in ähnlicher Form Basis vieler Ethikkodizes sind (Heinrichs 2010). Die Prinzipien ergeben sich aus der Würde des Menschen und dem daraus resultierenden Instrumentalisierungsverbot. Prämisse jeder Befragung ist also die zu respektierende Würde der Probandinnen und Probanden. Sie sind Subjekte und als solche entsprechend zu behandeln; sie sind keine Objekte mit rein instrumentellem Wert. So sind Befragungspersonen auch in einem standardisierten Interview keine reinen „Merkmalsträger“, sondern Informantinnen bzw. Informanten (Kromrey, Roose & Strübing 2016: 368). Aus den Grundsätzen ergeben sich drei konkrete Handlungsprinzipien für die Forschung: Erstens impliziert das Prinzip der Selbstbestimmung ein Recht auf freie, informierte und widerrufbare Zustimmung zur Teilnahme an einer wissenschaftlichen Studie – oder auch deren Ablehnung. Das bringt für viele Studien die Notwendigkeit zur Einholung einer sog. informierten Einwilligung mit sich (informed consent). Entscheidend für eine solche Einwilligung ist, dass die Zustimmung zur Teilnahme freiwillig geschieht, auf umfassenden und verständlichen Informationen basiert und jederzeit widerrufen werden kann. Das gilt im Grundsatz auch für kommunikationswissenschaftliche Befragungsstudien, da hier das Recht auf informationelle Selbstbestimmung tangiert wird. Allerdings kann im Falle einer anonymen Umfrage, die keine sensiblen Themen berührt und keinerlei Risiken für die Befragten birgt, auch auf eine explizite Einwilligung verzichtet werden. Trotzdem müssen die Teilnehmenden im Einladungsschreiben über den Zweck der Umfrage informiert werden und darüber, wie ihre Daten verwendet werden (vgl. Kapitel 3.4). Besonders wichtig ist dieser Punkt bei Gruppen mit speziellen Charakteristika wie z. B. Minderjährigen. Deren eingeschränkte Zustimmungsfähigkeit muss durch andere Schutzvorschriften kompensiert werden wie etwa durch eine ergänzende Einwilligung der Erziehungsberechtigten (proxy consent). Dieser Punkt ist etwa für Umfragen in Schulen wichtig. Zweitens sollte der Forscher oder die Forscherin bei jeder Studie eine Schaden-Nutzen-Abwägung vornehmen, um dem Nichtschadenprinzip gerecht zu werden. Der Nutzen kommunikationswissenschaftlicher Forschung besteht allgemein im Erkenntnisgewinn. Für die Studienteilnehmenden kann er in der Befriedigung bestehen, an einer wissenschaftlichen Studie teilzunehmen. Als nützlich empfunden werden kann darüber hinaus eine materielle oder immaterielle Entschädigung (zum Beispiel ein Incentive), der Spaß an der Teilnahme, die Befriedigung von Neugier oder der Gewinn von Selbsteinsicht. Diesem Nutzen steht gelegentlich wenn kein Schaden (außer vielleicht einem Verlust an Zeit), so doch eine gewisse Belastung der Studienteilnehmenden gegenüber. Eine solche kann zum Beispiel auftreten, wenn eine Befragung unangenehme Themen berührt, eine experimentelle Manipulation Stress auslöst oder gezeigte Stimuli negative Gefühle auslösen. Wenn diese verursachten Belastungen nicht über das hinausgehen, was im Alltag üblicherweise vorkommt, sie vorübergehend sind und sich auf die Dauer der Befragung beschränken, sind sie hinnehmbar. Nicht zulässig ist es, Personen ohne Vorwarnung mit sehr belasten-

1.1 Forschungsethische Aspekte der standardisierten Befragung

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den Themen zu konfrontieren, z. B. zu Gewalterfahrungen. Sollen solche Themen in einer Befragung angesprochen werden, ist eine forschungsethisch verantwortungsvolle Vorgehensweise dringend geboten. Darüber hinaus ist hier häufig im Vorfeld die Genehmigung durch eine Ethikkommission nötig bzw. sinnvoll. Für studentische Arbeiten bieten sich solche heiklen Themen eher nicht an. Jeder entstandenen Belastung sollte durch eine Aufklärung der Probandinnen und Probanden am Ende der Umfrage (sog. debriefing) begegnet werden. Wichtig für die Abwägung zwischen Schaden und Nutzen ist, dass nur „angemessene“ Belastungen billigend in Kauf genommen werden. Das sind in der Regel solche, die unvermeidbar sind. Eine Entscheidung darüber, ob eine Belastung tatsächlich unvermeidbar ist, kann nur im Einzelfall gefällt werden. Hierbei spielt es etwa eine Rolle, ob das Erkenntnisinteresse ausreichend groß ist, ob nicht bereits vergleichbare Ergebnisse vorliegen oder auf andere methodische Art gewonnen werden können (etwa durch Sekundäranalysen). Diese Frage stellt sich insbesondere, wenn es um Befragungen im Rahmen von Qualifikationsarbeiten geht, also z. B. Bachelor- oder Masterarbeiten. Hier ist der wissenschaftliche Erkenntnisfortschritt in der Regel nicht so groß, dass forschungsethische Wagnisse in Kauf genommen werden sollten. So ist es z. B. unangemessen, anlässlich einer Fernsehserie über den Selbstmord einer jungen Frau eine Befragung zu deren Rezeption oder gar ein Experiment zur Wirkung auf selbstmordgefährdete Personen durchzuführen, weil man damit rechnen muss, bei einzelnen Probandinnen oder Probanden problematische bis gefährliche Reaktionen zu triggern. Dieses Risiko sollte man nicht eingehen. 1 Das Gerechtigkeitsprinzip schließlich bezieht sich auf die Auswahl der Befragten. Entscheidend ist, dass aus der Auswahl der Versuchspersonen keine einseitige Verteilung von Nutzen und Lasten resultiert. Durch die Aufteilung in Gruppen im Rahmen von Experimentalstudien werden z. B. manche Versuchsteilnehmenden größeren Belastungen ausgesetzt als andere, weil sie, anders als die Kontrollgruppe, unangenehmeren Stimuli ausgesetzt werden. Wichtig ist daher, die Einteilung unparteiisch, also z. B. zufallsgesteuert vorzunehmen. Eine solche Randomisierung wird aus methodischen Gründen vielfach ohnehin favorisiert. Ebenfalls gegen das Gerechtigkeitsprinzip verstoßen Incentives, die in ihrer Wertigkeit vom Antwortverhalten abhängig sind. Bei Online-Forschung ist Ungerechtigkeit ein grundsätzliches Problem, da durch den beschränkten Zugang zum Internet manche Gruppen systematisch benachteiligt werden. Das ist allerdings ein Problem, welches sich kaum beheben lässt.

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Selbstverständlich bedeutet das nicht, dass solche Forschungsthemen grundsätzlich nicht bearbeitet werden können. Solche Studien müssen aber entsprechend gewissenhaft konzeptioniert und professionell begleitet werden. 3

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1.2 1.2

1 Die standardisierte Befragung als wissenschaftlich-empirische Methode

Einordnung der Befragung in die standardisierte Forschungsmethoden

Einordnung der Befragung in die standardisierte Forschungsmethoden

In diesem Buch geht es um die quantitativ-standardisierte Befragung. Quantitative Forschung geht deduktiv vor, d. h. sie prüft aus Theorien abgeleitete Hypothesen oder Forschungsfragen an einer großen Menge Daten. Grob gesagt geht es darum, Phänomene zu erklären, indem umfangreiche numerische Daten statistisch analysiert werden. Numerische Daten erhält man, indem theoretische Konzepte im Zuge der Operationalisierung in messbare Indikatoren übersetzt werden. Darauf gehen wir noch ausführlich ein (siehe Abschnitt 1.2.5). Zunächst widmen wir uns der Unterscheidung zwischen standardisierter und nicht-standardisierter Forschung, definieren die Befragung, ordnen sie in den Methodenkanon ein und betrachten dann den Forschungsprozess.

1.2.1

Standardisierte und nicht-standardisierte Verfahren

Standardisierung bedeutet im Allgemeinen, Verfahrensweisen zu vereinheitlichen. Im wissenschaftlichen Forschungsprozess dient die Einhaltung bestimmter Regeln der Vereinfachung und Beschleunigung. Empirische Forschung wird durch Standardisierung effizienter. Die Anpassung an geprüfte und für gut befundene Standards sichert darüber hinaus die Qualität der Forschung und macht Ergebnisse verschiedener Analysen vergleichbar (vgl. Naab, Schlütz, Möhring & Matthes 2013). Mit Bezug zur empirischen Forschung bedeutet Standardisierung also zweierlei: Sie sichert zum einen die Vergleichbarkeit zwischen Studien, wenn etwa etablierte Skalen zur Messung spezifischer theoretischer Konstrukte eingesetzt werden (vgl. Abschnitt 3.2.3). Innerhalb der Datenerhebung einer einzelnen Befragung stellt Standardisierung deren Verlässlichkeit (Reliabilität, siehe Abschnitt 1.3.1) sicher, indem die Datenerhebung konsistent verläuft. Das heißt konkret, dass der Ablauf der Befragung genau festgelegt ist. Die Fragen sollen im Optimalfall einen für jeden Probanden und jede Probandin identischen Stimulus darstellen, auf den eine Antwort folgt, die auf diesem und nur auf diesem Reiz basiert. Störeinflüsse im Rahmen der Erhebung sollten weitgehend vermieden werden. Wo sie nicht ausgeschlossen werden können, sollte man versuchen, sie konstant zu halten. Das sind vor allem Einflüsse der Formulierung der Frage (s. Kapitel 3.1 bis 3.3) sowie der Anordnung des Fragebogens (s. Kapitel 3.4), aber auch der Befragungssituation (vgl. Kapitel 2). Auf diese Aspekte gehen wir im weiteren Verlauf des Buches ein. Kontrolliert man die Situation, gewährleistet man, dass ein weitgehend gleicher Stimulus den Befragten erreicht. Ziel der Standardisierung ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse, um Generalisierbarkeit und Repräsentativität der Gesamtstudie sicherzustellen (was aber auch noch von anderen Dingen abhängt, vgl. Abschnitt 1.4). Für die Interviewenden in persönlichen oder telefonischen Umfragen heißt das, sie müssen sich exakt an den Fragebogen halten: Wortlaut der Fragen und Antworten sind genau vorgegeben, ebenso wie die Reihenfolge der Fragen sowie der Einsatz von Hilfsmitteln (vgl. ausführlich Prüfer &

1.2 Einordnung der Befragung in die standardisierte Forschungsmethoden

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Stiegler 2002). Der Spielraum der Interviewenden ist dadurch vergleichsweise gering, und das ist auch gewünscht. Neben dem vollstandardisierten Interview gibt es weniger formalisierte Befragungsformen (vgl. Lamnek & Krell 2016, Schlütz & Möhring 2015, Scholl 2018). Sie basieren auf der qualitativen Methodologie und folgen einer anderen Logik als quantitative Studien, denn in der qualitativen Methodologie geht es ums Verstehen subjektiver Einstellungen und individuellen Verhaltens, während quantitative Studien nach generalisierbaren Erklärungen suchen. Zentrale Prinzipien der qualitativen Forschung sind Offenheit, Flexibilität, Reflexivität und Prozesscharakter. Konkret heißt das, qualitative Befragungen nehmen weniger vorweg und sind offener für überraschende Erkenntnisse. Sie befassen sich mit weniger Fällen und gehen dafür mehr in die Tiefe, während standardisierte Forschung größere Mengen an Fällen bearbeitet. Das Ziel quantitativer Befragungen hingegen ist Aggregierung, Vergleichbarkeit und Generalisierbarkeit der Erkenntnisse. In Abhängigkeit bestimmter Merkmale des Studiendesigns und vor allem der Stichprobe, können quantitative Studien auch repräsentative Ergebnisse erzielen. Unstrukturierte Befragungsformen sind „normalen“ Gesprächen ähnlicher als standardisierte Interviews: Eine Frage ergibt die andere, allenfalls das Thema ist festgelegt. Solche qualitativen Interviews bieten dadurch die Möglichkeit, offener an einen Gegenstand heranzugehen. Sie sind daher insbesondere für solche Problemfelder geeignet, über die noch wenig bekannt ist. Zwischen den beiden Extremformen (hoch standardisiert vs. unstrukturiert) liegen halb-strukturierte Interviewformen wie das so genannte Leitfadeninterview, das zwar ohne vorgefertigten Fragebogen auskommt, bei dem aber die Leitfragen feststehen. Reihenfolge und Formulierung obliegen dann den Interviewenden, die sich so an die gegebene Situation anpassen können. Leitfadeninterviews haben den Vorteil, dass sie Spielraum für Spontaneität und Überraschendes lassen, anhand ihrer Struktur aber miteinander vergleichbar sind. Ebenfalls in der Regel halb-strukturiert, aber mit mehreren Befragten zur gleichen Zeit, werden Gruppendiskussionen geführt. Hier geht es eher darum zu moderieren, denn zu interviewen, denn es ist wichtig, Befragte dazu zu veranlassen, sich über einen Gegenstand zu äußern und – auch miteinander – zu diskutieren. So ist es möglich, Kommunikationsprozesse in Gruppen zu erforschen. Das ist gleichzeitig auch der größte Nachteil dieser Methode, denn oftmals üben diese gruppendynamischen Prozesse großen Einfluss auf die Inhalte der Diskussion aus. In einer standardisierten Studie würde man solche Leitfadeninterviews oder Gruppendiskussionen lediglich im Rahmen einer explorativen Vorstudie führen oder zur nachträglichen Vertiefung und Erläuterung einzelner Ergebnisse (vgl. zu den Möglichkeiten der Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden in sog. Mixed-Model-Studien: Baumann & Scherer 2013). Bei anderen Fragestellungen, die eine offenere Herangehensweise erfordern, bilden sie – wie auch zahlreiche andere nicht-standardisierte Interviewtechniken – das Herzstück der Erhebung.

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1.2.2

1 Die standardisierte Befragung als wissenschaftlich-empirische Methode

Definition und Stellenwert der Befragung

Was ist nun eine standardisierte Befragung? Scheuch (1967: 70f) definiert in einem frühen Standardwerk Befragung als „planmäßiges Vorgehen mit wissenschaftlicher Zielsetzung, bei dem die Versuchsperson durch eine Reihe gezielter Fragen oder mitgeteilter Stimuli zu verbalen Informationen veranlasst werden soll.“ Bei aller Prägnanz dieser Definition ist zu kritisieren, dass sie nicht auf den interaktiven Charakter der Interview-Situation eingeht. Die hier zugrundeliegende Vorstellung von einem Interview ist sehr reduktionistisch, da die soziale Situation und andere Störeinflüsse nicht berücksichtigt werden. Eine andere Definition von Kahn und Cannell (1983 [1957]: 16) geht darauf ein: „We use the term interview to refer to a specialized pattern of verbal interaction – initiated for a specific purpose, and focused on some specific content area with consequent elimination of extraneous material. Moreover, the interview is a pattern of interaction in which the role relationship of interviewer and respondent is highly specialized, its specific characteristics depending somewhat on the purpose and character of the interview.“ Diese Definition bezieht sich allerdings nur auf das mündliche Interview. Wir behandeln in diesem Buch auch andere Modi und Varianten der Befragung (vgl. Kapitel 4 und 5) und verstehen die Methode deshalb wie folgt: ▶ Die standardisierte Befragung ist eine besondere Form der geplanten Kommunikation, die auf einem Fragebogen basiert. Ihr Ziel ist es, eine große Zahl individueller Antworten zu generieren, die in ihrer Gesamtheit zur Klärung einer (wissenschaftlichen) Fragestellung beitragen. Die Form ergibt sich daraus, dass Verlauf, Thema, Befragungsteilnehmende sowie (soziale) Situation vorgegeben sind und soweit möglich von Störeinflüssen freigehalten werden. Wann und aus welchen Gründen entscheidet man sich für die Methode der Befragung? Befragungen eignen sich zur Erfassung innerer Zustände wie Wissen, Einstellungen oder Gefühle. Man fragt also, wenn es um subjektive Bewertungen, Wissen und Meinungen, um vergangene Verhaltensweisen oder zukünftige Handlungsintentionen geht. Im Rahmen der medien- und kommunikationswissenschaftlichen Forschung nutzt man Befragungen zum Beispiel, um herauszufinden, welche Wirkungen Medien entfalten (vgl. Möhring & Schlütz 2013) oder was Rezipierende während der Nutzung unterschiedlicher Medien erleben (vgl. Schlütz 2002). Retrospektiv kann es interessant sein zu ermitteln, wie Menschen in Umbruchzeiten ihre Lokalzeitung nutzen und bewerten (vgl. Schneider, Möhring & Stürzebecher 2000). Alle diese Fragestellungen basieren auf Selbstauskünften von Personen, die im Rahmen von Befragungsstudien ermittelt werden. Die standardisierte Befragung existiert in unterschiedlichen Varianten (persönlich-mündliche Interviews, Telefonumfrage, textbasierte Befragung), die sich vorwiegend darin unterscheiden, ob sie mit oder ohne Interviewende auskommen. Auf diese sog. Befragungsmodi gehen wir in Kapitel 4 ausführlich ein. Auf einer anderen Ebene unterscheidet man Befragungen nach ihrer Frequenz in Querschnitts- oder Ad-hoc-Studien, die einmalig

1.2 Einordnung der Befragung in die standardisierte Forschungsmethoden

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durchgeführt werden und Umfragen mit mehreren Befragungszeitpunkten, sog. Längsschnittstudien wie z. B. Panelstudien (vgl. Kapitel 5.1). Insgesamt ist die Befragung die in der Wissenschaft am weitesten verbreitete Datenerhebungsmethode. Das gilt sowohl für Qualifikationsarbeiten (Schweiger, Rademacher & Grabmüller 2009) als auch für fortgeschrittene Forschungsarbeiten (Früh & Früh 2015). Das hängt vor allem mit der relativ unaufwändigen Administration zusammen – zumindest wenn es sich um Online-Umfragen handelt. In der professionellen Sozialforschung halten sich Telefoninterviews und Online-Umfragen die Waage, der früher vorherrschende Modus des so genannten Face-to-Face-Interview ist in jüngerer Zeit aus Kostengründen zurückgegangen (vgl. https:// www.adm-ev.de/die-branche/mafo-zahlen/). Die größte Herausforderung der Befragungsmethode besteht darin, sie systematisch und regelgeleitet anzuwenden, denn wissenschaftlich zu befragen ist nur scheinbar einfach, auch wenn ein Gespräch (auch in textbasierter Form) eine alltägliche soziale Situation ist. Die wissenschaftliche Befragung als Methode unterscheidet sich in Aufbau und Ziel davon. Problematisch ist vor allem, dass man Kommunikation durch Kommunikation zu messen versucht. Sprache ist als Übermittler von Informationen aber durchaus nicht ohne Schwierigkeiten. Eine Möglichkeit, diesem Problem entgegenzuwirken, ist, die Kommunikation zu standardisieren, d. h. streng regelgeleitet vorzugehen. Das ist allerdings nur bedingt möglich, denn die Methode der Befragung ist hoch reaktiv. Reaktivität ist ein unerwünschter Effekt empirischer Forschung, der deren Validität, also Gültigkeit (vgl. Abschnitt 1.3), einschränkt. Reaktivität bezeichnet den Umstand, dass jede Messung die soziale Realität, die sie eigentlich nur abbilden soll, beeinflusst (Scholl 2013). So werden Teilnehmende im Laufe einer Befragung durch den Forschungsprozess sensibilisiert und reagieren in der Folge möglicherweise in veränderter Form. Das Problem der sozialen Erwünschtheit (d. h. die Ausrichtung der Antworten an den vermuteten Erwartungen des oder der Interviewenden) ist z. B. ein solcher Effekt, auf den wir noch genauer eingehen werden (vgl. Kapitel 2.4.2). Reaktivitätseffekte können nie ganz verhindert werden, man muss sich ihrer aber sowohl bei Studiendesign, Konstruktion des Fragebogens als auch bei der Interpretation der Ergebnisse bewusst sein.

1.2.3

Empirische Methoden in der Medien- und Kommunikationswissenschaft

Der wissenschaftlich-empirische Forschungsprozess ist zunächst – unabhängig davon, welches (standardisierte) Erhebungsverfahren eingesetzt wird – immer derselbe: Forschung setzt dort an, wo sich Probleme, Unstimmigkeiten oder überraschende Erkenntnisse ergeben. Diese Probleme münden in Fragen. Der Mensch fragt, weil er oder sie ein interessantes Phänomen wahrgenommen hat oder eine Diskrepanz zwischen den Erwartungen und der Realität feststellt. Das macht neugierig. Man stellt sich die Frage, wie das Phänomen ausgestaltet ist, warum es eine Diskrepanz gibt, welche Ursache sie hat oder welche Wirkung. Ein Beispiel ist die Beobachtung, dass immer mehr Menschen kaum von ihrem 7

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1 Die standardisierte Befragung als wissenschaftlich-empirische Methode

Handy bzw. Smartphone lassen können. Sie sind ständig online, suchen nach Information und Unterhaltung, vernetzen sich oder tauschen sich aus. Dieses sog. POPC-Phänomen (POPC = permanently online, permanently connected) hat viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neugierig gemacht, sie zu entsprechenden Fragestellungen angeregt und in kurzer Zeit zu einer Vielzahl empirischer Studien inspiriert, qualitativ wie quantitativ, die das Phänomen beschreiben und erklären (vgl. z. B. Vorderer, Hefner, Reinecke & Klimmt 2018). Wie lassen sich solche Neugierfragen konkret in der Medien- und Kommunikationswissenschaft beantworten? Zunächst einmal durch Nachdenken: Man verallgemeinert eigene Erfahrungen und versetzt sich in andere Personen hinein. Im zweiten Schritt beginnt man zu recherchieren: Haben andere Forschende schon etwas darüber herausgefunden? Welche Theorien und empirischen Erkenntnisse finden sich in der Literatur? Reichen die so gefundenen Antworten noch nicht aus, um die gestellte Frage zu beantworten, prüft man selbst nach, wie das Phänomen ausgestaltet ist, welche Ursachen ihm zugrunde liegen oder welche Folgen es hat. Das tut man, indem man beobachtet, befragt oder auf eine andere Art Daten erhebt. Man sammelt also sinnlich erfassbare Erfahrungen, d. h. man geht empirisch vor. ▶ Empirie bedeutet „operieren mit sinnlich Wahrnehmbarem“. Empirisch arbeiten heißt, systematisch Erfahrungen über die Realität (sog. Erfahrungswissen) zu sammeln. Nicht-empirisch vorzugehen bedeutet demgegenüber, einen Sachverhalt ausschließlich auf der Grundlage eigener Erfahrung und bestehenden theoretischen Wissens zu analysieren und systematisch einzuordnen. Hinter der Idee empirischen Arbeitens steht die Vermutung, dass sich Menschen regelhaft verhalten. Und dieses regelhafte Verhalten möchte man erfassen. Ein (systematisches) Regelsystem für diese Erfassung ist eine empirische Methode. Sie gründet sich auf theoretische Überlegungen und muss stets für andere nachvollziehbar sein. ▶ Eine wissenschaftlich-empirische Methode ist ein Regelsystem, welches die Sammlung von Erfahrungswissen systematisiert und nachvollziehbar macht. In der Medien- und Kommunikationswissenschaft werden sowohl empirische als auch nicht-empirische Methoden eingesetzt (vgl. Abbildung 1). In den sozialwissenschaftlich ausgerichteten Bereichen ist das empirische Vorgehen allerdings die Regel. Die gebräuchlichsten empirischen Methoden in der Medien- und Kommunikationswissenschaft sind neben der Befragung Inhaltsanalyse und Beobachtung. Das Experiment – oftmals in dieser Reihe genannt – ist keine Methode der Datenerhebung, sondern vielmehr eine Versuchsanordnung zum Nachweis kausaler Effekte (vgl. Koch, Peter & Müller 2019). Im Rahmen einer solchen Experimentalanordnung kommt dann wieder eine der genannten Datenerhebungsmethoden (meist Befragung oder Beobachtung) zum Einsatz. Die Inhaltsanalyse ist eine empirische Methode zur systematischen Analyse kommunikativer Botschaften wie Texte, Bilder, audiovisuelle Informationen etc. (vgl. Rössler & Geise

1.2 Einordnung der Befragung in die standardisierte Forschungsmethoden

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2013). Zur Beantwortung einer Forschungsfrage wird ein Kategoriensystem entwickelt, anhand dessen Kommunikations- oder Medienbotschaften in Informationseinheiten zerlegt und mithilfe intersubjektiv nachvollziehbarer Messvorschriften in numerische Codes überführt werden. Ziel der Inhaltsanalyse ist die informationsreduzierende Strukturierung, Deskription und Analyse der Inhalte. Ergänzend kann eine darauf gestützte Inferenz (auf Entstehungsbedingungen, Wirkung oder gesellschaftlichen Kontext) vorgenommen werden. Ein Vorteil der Methode ist ihre zeitliche Ungebundenheit. So sind Inhaltsanalysen auch von zurückliegenden Zeiträumen möglich, um zum Beispiel zu untersuchen, wie sich die Lokalberichterstattung in den neuen Bundesländern nach der Wende verändert hat (vgl. Möhring 2001) oder wie sich die in Stellenanzeigen manifestierten Anforderungen an Berufe in der Kommunikationsbranche im Laufe der Zeit gewandelt haben (Schlütz, Meseke & Vortmann 2014).

Methode

empirisch

non-empirisch

quantitativ-standardisiert

qualitativ

Befragung

(Gruppen)Interviews

Inhaltsanalyse

textanalytische Verfahren

Beobachtung

Ethnographie

sonstige Verfahren

sonstige Verfahren

z. B. Literaturstudium, interpretative und textkritische Verfahren, Meta-Analysen

experimentelles Design

Abb. 1

Methoden der Medien- und Kommunikationswissenschaft

Die Beobachtung eignet sich für Sachverhalte, die Befragte nicht verbalisieren können (etwa, weil sie nicht bewusst sind, keine Erinnerung vorliegt oder sie zu lange zurückliegen) oder wollen, z. B. bestimmtes Mediennutzungsverhalten (vgl. Gehrau 2017, Gehrau & Schulze 2013). Es handelt sich um eine alltägliche Form der Datenerhebung, die sich in ihrer wissenschaftlichen Form allerdings durch das systematische, d. h. methodisch kontrollierte und nachvollziehbare Vorgehen sowie die Zweckgebundenheit (Beantwortung einer spezifischen Forschungsfrage) auszeichnet. Es gibt zahlreiche Varianten der Beobachtung. Man unterscheidet etwa nach Bewusstheit (offen vs. verdeckt), Standardisierungsgrad und Beobachtungssituation (Labor- vs. Feldbeobachtung) sowie Partizipationsgrad des bzw. der Beobachtenden (teilnehmend vs. nicht-teilnehmend). Die Erfassung der Beobachtungsdaten variiert ebenfalls. Neben herkömmlichen, direkten Verfahren gibt es auch apparative, indirekte Methoden der Beobachtung, z. B. die Aufzeichnung der Sehbeteiligung bei der 9

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1 Die standardisierte Befragung als wissenschaftlich-empirische Methode

Ermittlung der Fernseheinschaltquoten, psychophysiologische Methoden wie Hautwiderstandsmessung oder Eye-Tracking, d. h. die Aufzeichnung des Blickverlaufs.

1.2.4

Der Forschungsprozess: Planung und Durchführung einer Befragung

Wir haben in den vorangegangenen Abschnitten schon konkrete Entscheidungen in der empirischen Arbeit vorgestellt und skizziert, welche Erhebungsmethoden sinnvollerweise zur Beantwortung entsprechender Forschungsfragen eingesetzt werden. Die Methodenwahl ist dabei ein Entscheidungspunkt neben anderen in der Konzeption und Anlage einer empirischen Studie. Der Ablauf eines empirischen Forschungsprojektes gliedert sich in zahlreiche Schritte (vgl. Abbildung 2). Diese Schritte sind in allen standardisierten Forschungsprojekten ähnlich, ebenso wie die forschungsethischen Herausforderungen, vor denen wir bei den jeweiligen Entscheidungen stehen (siehe Abschnitt 1.1 sowie Schlütz & Möhring 2018). Man durchläuft den Prozess also auch im Rahmen einer studentischen Qualifikationsarbeit (so diese empirisch ist), dann jedoch müssen alle Schritte den Rahmenbedingungen (v. a. den zeitlichen und finanziellen Ressourcen) angepasst werden. Der Forschungsprozess wird hier zunächst in der Übersicht dargestellt. Auf einzelne Aspekte gehen wir dann ausführlich in späteren Kapiteln ein. 1. Ausgangspunkt der Forschung ist eine Problemstellung bzw. ein Erkenntnisinteresse: Was veranlasst mich, die Untersuchung durchzuführen? Das kann beispielsweise ein Phänomen der sozialen Realität sein, das man ergründen möchte. Man fragt sich beispielsweise, warum die Sendung „Wer wird Millionär?“ nach wie vor so ein Quotenrenner ist, obwohl es sich doch eigentlich um ein uraltes Fernsehformat handelt. Oder man möchte untersuchen, welche Folgen es für die Glaubwürdigkeit einer Online-Nachrichtenplattform hat, wenn dort häufig werbende Elemente, die nicht ohne Weiteres als solche erkennbar sind (wie z. B. beim sog. Native Advertising), zu lesen sind. Anlass für empirische Forschung kann auch ein kommerzieller Auftrag sein, z. B. wenn die Landesmedienanstalt die Wirkung eines problematischen Fernsehformats wie „Germany’s Next Top Model“ untersuchen möchte. Um den Aufwand eines empirischen Forschungsprojektes zu rechtfertigen, ist es wichtig, die Relevanz dieser Problemstellung zu verdeutlichen. Das kann z. B. eine wissenschaftliche Forschungslücke sein, der gesellschaftliche Stellenwert der Frage, aber auch ein wirtschaftliches Interesse oder ein eher pragmatisches, wenn es sich etwa um Auftragsforschung handelt. Auch im Rahmen von studentischen Qualifikationsarbeiten ist eine Relevanzbegründung wichtig. Diesen ersten Schritt im forschungslogischen Ablauf bezeichnet man als Entdeckungszusammenhang. Es geht um das Was? der Studie.

1.2 Einordnung der Befragung in die standardisierte Forschungsmethoden

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