Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB: Anwendung und Auswirkungen bei Kapital- und Personenhandelsgesellschaften [1 ed.] 9783428543168, 9783428143160

Sebastian Link befasst sich mit der im Jahr 2009 durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz neu gestalteten Ausschüttun

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Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB: Anwendung und Auswirkungen bei Kapital- und Personenhandelsgesellschaften [1 ed.]
 9783428543168, 9783428143160

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 253

Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB Anwendung und Auswirkungen bei Kapitalund Personenhandelsgesellschaften

Von

Sebastian Link

Duncker & Humblot · Berlin

SEBASTIAN LINK

Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 253

Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB Anwendung und Auswirkungen bei Kapitalund Personenhandelsgesellschaften

Von

Sebastian Link

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn hat diese Arbeit im Jahre 2013 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-14316-0 (Print) ISBN 978-3-428-54316-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-84316-9 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2013 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur konnten bis Oktober 2013 Berücksichtigung finden. Mein Dank gebührt an erster Stelle meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Rainer Hüttemann, der das Thema dieser Arbeit angeregt und das Promotionsvorhaben stets mit großem Interesse und wertvollen Anregungen begleitet hat. Herrn Prof. Dr. Jens Koch gilt mein Dank für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Zu großem Dank verpflichtet bin ich Herrn Rechtsanwalt Dr. Christoph Poertzgen, für den ich während der Entstehungsphase dieser Arbeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig sein durfte. Seine fortwährende und umfassende Unterstützung meines Promotionsvorhabens haben maßgeblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Meinem Vater, Herrn Roland Link, gebührt mein ganz besonderer Dank für die ständige Bereitschaft zu fachlicher Diskussion und die mühe- und wertvolle Korrektur des Manuskripts. Weit mehr als Dank gebührt meiner Frau Britta, die mich während der Erstellung dieser Arbeit stets liebevoll begleitet und etliche zeitliche Entbehrungen in Kauf genommen hat. Von ganzem Herzen gewidmet ist diese Arbeit meinen Eltern. Ohne ihre vorbehaltlose und uneingeschränkte Unterstützung – sowohl meines beruflichen als auch persönlichen Lebensweges – hätte diese Arbeit nicht entstehen können. Ihnen verdanke ich so viel mehr als meine Ausbildung. Siegen, im Januar 2014

Sebastian Link

Inhaltsübersicht Einführung Hintergrund des § 268 Abs. 8 HGB

21

A. Bilanzrechtsreform 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 B. Die „neue“ Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 C. Funktionsweise und dogmatische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Erstes Kapitel Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

52

A. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 B. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 C. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Zweites Kapitel Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

93

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 D. Die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . . 198 Drittes Kapitel Anwendung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

254

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 und § 264c Abs. 2 S. 9 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . 282 C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . 289

10

Inhaltsübersicht Viertes Kapitel Abschließende Gesamtbetrachtung

293

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

Inhaltsverzeichnis Einführung Hintergrund des § 268 Abs. 8 HGB

21

A. Bilanzrechtsreform 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 I. Internationalisierung der Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 II. Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 B. Die „neue“ Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Gesetzeslage vor BilMoG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Gesetzgebungshistorie des § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Zehn-Punkte-Plan der Bundesregierung vom 25. 02. 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Referentenentwurf vom 08. 11. 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3. Regierungsentwurf vom 23. 05. 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 4. Endgültige Gesetzesfassung vom 25. 05. 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 C. Funktionsweise und dogmatische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 I. Die Grundnorm des § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Funktionsweise der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Dogmatische Einordnung der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Die Spezialregelung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 1. Funktionsweise der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Dogmatische Einordnung der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 III. Die Spezialregelung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . 46 1. Funktionsweise der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Dogmatische Einordnung der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Erstes Kapitel Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

52

A. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 I. Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

12

Inhaltsverzeichnis II. Kapitalgesellschaften & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 1. Der Begriff „Kapitalgesellschaften“ im Regierungsentwurf . . . . . . . . . . . . . . 60 2. Der Begriff „Ausschüttungssperre“ im Regierungsentwurf . . . . . . . . . . . . . . . 62 3. Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 4. Die Sondervorschrift des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 5. Zweck des § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 6. Systemkonforme Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 III. Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. Anwendung auf Grund der Ausschüttungsbemessungsfunktion . . . . . . . . . . . 77 2. Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Grund des PublG . . . . . . . . . . . . . . . . 78 IV. Sonderstellung der KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

B. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 I. Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 II. Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 III. Aktive latente Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 C. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Zweites Kapitel Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

93

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 I. Maximales Ausschüttungspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag gem. GuV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Frei verfügbare Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Kapitalrücklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Agio bei Ausgabe von Anteilen, § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB . . . . . . . . . . 99 bb) Ausgabebetrag bei Wandel- und Optionsanleihen, § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 cc) Zuzahlungen für Vorzugsrechte, § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB . . . . . . . . . . 100 dd) Sonstige Zuzahlungen in das EK, § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB . . . . . . . . . 101 ee) Sonstige Zahlungen in die Kapitalrücklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Gewinnrücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) Gesetzliche Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (1) Gesetzliche Rücklage i.S.d. § 150 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (2) Gesetzliche Rücklage i.S.d. § 5a Abs. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . 105

Inhaltsverzeichnis

13

bb) Rücklagen i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 cc) Satzungsmäßige Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 dd) Andere Gewinnrücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3. Einstellungen in gebundene Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 a) Gesetzliche Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 aa) Gesetzliche Rücklage i.S.d. § 150 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Gesetzliche Rücklage i.S.d. § 5a Abs. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Satzungsmäßige Rücklagen und andere Gewinnrücklagen . . . . . . . . . . . . . 113 c) Rücklage i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 4. Gewinnvortrag/Verlustvortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 5. Berechnungsschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 II. Ausschüttungsgesperrter Betrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Maßgeblicher Ausgangswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Abzug passiver latenter Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 2. Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Maßgeblicher Ausgangswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 b) Abzug passiver latenter Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Vorliegen mehrerer Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB 125 3. Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Maßgeblicher Ausgangswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Problem der Doppelberücksichtigung passiver latenter Steuern . . . . . . . . . 129 aa) Ausgangsfall: Ausweis eines Aktivüberhangs latenter Steuern . . . . . . 129 bb) Abwandlung 1: Verzicht auf Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 cc) Abwandlung 2: Passivüberhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Eigener Ansatz bei Ausweis eines Aktivüberhangs . . . . . . . . . . . . (2) Eigener Ansatz bei Verzicht auf Ausweis eines Aktivüberhangs . . (3) Eigener Ansatz bei Vorliegen eines Passivüberhangs . . . . . . . . . . . (4) Eigener Ansatz in sonstigen Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

136 138 139 139 140

4. Berechnungsschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 III. Maximaler und zulässiger Ausschüttungsbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Maximaler Ausschüttungsbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 2. Zulässiger Ausschüttungsbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 IV. Ausweis des ausschüttungsgesperrten Betrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

14

Inhaltsverzeichnis

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 I. Regelungsgehalt des § 285 Nr. 28 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 II. Hintergrund des § 285 Nr. 28 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 III. Zweckverfehlung und Lösungsansatz der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Zweckverfehlung auf Grund unzureichender Angabepflichten . . . . . . . . . . . . 153 2. Lösungsansatz der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 3. Kritische Betrachtung des Lösungsansatzes der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . 157 IV. Eigener Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 V. Formulierungsvorschlag für neuen § 285 Nr. 28 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 I. Gewinnverwendungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1. Unmittelbare Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . 164 a) Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses . . . . 165 b) Voll- oder Teilnichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses . . . . . . . . . 168 2. Rückzahlungspflicht bei Auszahlung ausschüttungsgesperrter Beträge . . . . . 170 a) Rückzahlungspflicht bei AG, SE und KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 b) Rückzahlungspflicht bei GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 3. Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Ansprüche gegen Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsratsmitglieder 174 b) Anspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . 177 II. Kompetenz der Verwaltung zur Rücklagenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 III. Verwendung einer ausschüttungsgesperrten Rücklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 1. Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Erwerb eigener Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 3. Einziehung von Anteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Einziehung gegen Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 aa) Einziehung von Aktien gem. § 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . 192 bb) Einziehung von Geschäftsanteilen gem. § 34 GmbHG . . . . . . . . . . . . . 195 b) Einziehung eigener Anteile nach Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 D. Die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . 198 I. Ermittlung des zulässigen Abführungsbetrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 1. Maximales Abführungspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 a) Jahresüberschuss gem. GuV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 b) Verlustvortrag aus dem Vorjahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

Inhaltsverzeichnis

15

c) Einstellungen in gebundene Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 aa) Gesetzliche Rücklagen i.S.d. § 300 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 bb) Sonstige gebundene Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 d) Andere Gewinnrücklagen und Gewinnvortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 e) Berechnungsschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Abführungsgesperrter Betrag gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB 207 a) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 aa) Maßgeblicher Ausgangswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 bb) Abzug passiver latenter Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Betrachtung außerhalb von Organschaftsverhältnissen . . . . . . . . . . (2) Betrachtung innerhalb von Organschaftsverhältnissen . . . . . . . . . . (a) Organschaft ohne Umlagevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Organschaft mit Umlagevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

208 208 209 212 219

b) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 c) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 d) Berücksichtigung vorvertraglicher Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 e) Berechnungsschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 3. Zulässiger Abführungsbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 4. Ausweis des abführungsgesperrten Betrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 II. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 1. Anwendbarkeit des § 285 Nr. 28 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 2. Konkrete Umsetzung des § 285 Nr. 28 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 III. Sonstige Auswirkungen des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . 242 1. Zivilrechtliche Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Abführungssperre . . 244 2. Analoge Anwendung auf eingegliederte Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3. Analoge Anwendung auf Verlustübernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 Drittes Kapitel Anwendung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

254

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 I. Entnahme von Gewinnanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 II. Geleistete Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 III. Kapitalanteil des Kommanditisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 1. Kapitalanteil gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 a) Kapitalanteil entsprechend den gesetzlichen Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . 259 b) Kapitalanteil entsprechend gesellschaftsvertraglichen Regelungen . . . . . . 261

16

Inhaltsverzeichnis 2. Modifizierung des Kapitalanteils gem. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB . . . . . . . . . . . . 262 a) Der Begriff „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ . . . . . . . . . . . . . . . . 263 aa) Gesamtwert der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . (1) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Berechnungsschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

266 266 268 269 271

bb) Anzusetzender Anteil des Kommanditisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 b) Der Begriff „nicht zu berücksichtigen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 IV. Vergleich der geleisteten Einlage mit dem modifizierten Kapitalanteil . . . . . . . . 276 V. Verwendung der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 und § 264c Abs. 2 S. 9 HGB . . . . . . . . . . . . . . . 282 I. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 II. Anhangangaben gem. § 264c Abs. 2 S. 9 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . 289 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 II. Leistung der Einlage mit Beträgen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Viertes Kapitel Abschließende Gesamtbetrachtung

293

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abl. Abs. abzgl. ADS a.E. a.F. AG AH AK akt. AktG Alt. Anh. Anm. AO Art. Aufl. AV BB BBK BC Beih. Beil. BFuP BGB BGBl. BGH BGHZ BilKo BilMoG BilReG BiM BiRiLiG BMF bspws. BStBl. BT-Drucks. Buchst. DB

andere Ansicht Amtsblatt Absatz abzüglich Adler/Düring/Schmaltz am Ende alte Fassung Aktiengesellschaft Anwalts Handbuch Anschaffungskosten aktive Aktiengesetz Alternative Anhang Anmerkung Abgabenordnung Artikel Auflage Anlagevermögen Betriebs-Berater Buchführung Bilanzierung Kostenrechnung Bilanzbuchhalter und Controller Beihefter Beilage Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bilanz-Kommentar Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Bilanzrechtsreformgesetz Bilanzen im Mittelstand Bilanzrichtliniengesetz Bundesministerium der Finanzen beispielsweise Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksachen Buchstabe Der Betrieb

18 ders. d. h. dies. DM DRS DStR EBIT EG EGHGB EK EStG EUR EuroEG e.V. EWG f. ff. Fn. FS gem. ggfs. GJ GmbH GmbHG GmbHR GoB GroßKomm GS GuV GWR HdB HdG HdR HdR-E HFA HGB HK h.M. HR Hs. IAS IDW i.E. IFRS i.S.d. i.V.m. KA KapAEG

Abkürzungsverzeichnis derselbe das heißt dieselbe(n) Deutsche Mark Deutscher Rechnungslegungs Standard Deutsches Steuerrecht Gewinn vor Zinsen und Steuern Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch Eigenkapital Einkommensteuergesetz Euro Euro-Einführungsgesetz eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende fortfolgende Fußnote Festschrift gemäß gegebenenfalls Geschäftsjahr Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Großkommentar Gedächtnisschrift Gewinn- und Verlustrechnung Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht Handbuch der Bilanzierung Handbuch des Gesellschaftsrechts Handbuch der Rechnungslegung Handbuch der Rechnungslegung – Einzelabschluss Hauptfachausschuss Handelsgesetzbuch Herstellungskosten herrschende Meinung Handbuch Rechnungslegung Halbsatz International Accounting Standards Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. im Ergebnis International Financial Reporting Standards im Sinne des in Verbindung mit Kapitalanteil Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz

Abkürzungsverzeichnis KapCoRiLiG KG KGaA Komm. KoR KStG KStR lat. LG lit. Mio. MoMiG MüKo m.w.N. n.F. NJW Nr. NWB NZG OHG pass. phG PK Plen.-Prot. PublG RefE RegE resp. RGZ Rn. S. SE SEC SE-VO sog. St. Stbg StbJb StuB StuW u. u. a. Ubg UG Urt. US-GAAP u. U.

19

Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Kommentar Zeitschrift für kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuerrichtlinien latente(r) Landgericht littera Million(en) Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenzeitschrift Nummer Neue Wirtschaftsbriefe Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Offene Handelsgesellschaft passive persönlich haftende Gesellschafter Praxiskommentar Plenarprotokoll Publizitätsgesetz Referentenentwurf Regierungsentwurf respektive Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer Satz Europäische Gesellschaft United States Securities and Exchange Commission Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft sogenannte(s) Steuern Die Steuerberatung Steuerberater-Jahrbuch NWB Unternehmensteuern und Bilanzen Steuer und Wirtschaft und unter anderem Die Unternehmensbesteuerung Unternehmergesellschaft Urteil United States Generally Accepted Accounting Principles unter Umständen

20 v. VG vgl. Vorb. WM WP WPg z. B. ZGR ZSteu zzgl.

Abkürzungsverzeichnis vom Vermögensgegenstand/Vermögensgegenstände vergleiche Vorbemerkung Wertpapiermitteilungen Wirtschaftsprüfer Die Wirtschaftsprüfung zum Beispiel Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für Steuern und Recht zuzüglich

Einführung

Hintergrund des § 268 Abs. 8 HGB Die Auszahlungsbeschränkung auf den Bilanzgewinn bei der AG1, das Rückgewährverbot des Stammkapitals bei der GmbH2, das Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten einer KG3 oder die von der Rechtsprechung entwickelte „Existenzvernichtungshaftung“4 : alle diese – beispielhaft aufgezählten – Instrumente sind auf die Erhaltung von Kapital in einer Gesellschaft gerichtet und dienen damit einem übergeordneten Zweck, dem Gläubigerschutz. Im Jahr 2009 hat der deutsche Gesetzgeber mit dem BilMoG5 ein weiteres, bisher nur wenig beachtetes6, Werkzeug der Kapitalerhaltung neu ausgestaltet und damit in den Fokus von Wissenschaft7 und Praxis8 gerückt: die Ausschüttungssperre des § 268 1 § 57 Abs. 3 AktG. Zweck der Norm: Erhaltung des Kapitals im Interesse der Gläubiger, MüKo/Bayer, AktG, § 57 Rn. 1; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, § 57 Rn. 3. 2 § 30 GmbHG. Zweck der Norm: Gläubigerschutz durch Erhaltung des Stammkapitals, Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 1; MüKo/Ekkenga, GmbHG, § 30 Rn. 1. 3 § 172 Abs. 4 HGB. Zweck der Norm: Sicherung des Kapitals im Interesse der Gläubiger, vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Strohn, HGB, § 172 Rn. 19; MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 67. 4 BGH Urt. v. 17. 09. 2001 – II ZR 178/99 – Bremer Vulkan, BGHZ 149, 10 ff. = NJW 2001, 3622 ff.; BGH Urt. v. 24. 06. 2002 – II ZR 300/00 – KBV, BGHZ 151, 181 ff. = NJW 2002, 3024 ff.; BGH Urt. v. 16. 07. 2007 – II ZR 3/04 – Trihotel, BGHZ 173, 246 ff. = NJW 2007, 2689 ff.; BGH Urt. v. 28. 04. 2008 – II ZR 264/06 – Gamma, BGHZ 176, 204 ff. = NJW 2008, 2437 ff.; BGH Urt. v. 09. 02. 2009 – II ZR 292/07 – Sanitary, BGHZ 179, 344 = NJW 2009, 2127 ff. Die Existenzvernichtungshaftung knüpft „an die missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens“ an, vgl. Baumbach/Hueck/ Fastrich, GmbHG, § 13 Rn. 58 und MüKo/Liebscher, GmbHG, § 13 Anh. Rn. 533, und dient somit, auch wenn sie als Innenhaftung ausgestaltet ist, dem Gläubigerschutz durch Kapitalerhaltung. 5 Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 25. 05. 2009, BGBl. I 2009, 1102 ff. 6 Vgl. Ernsting, StbJb 2010/2011, 219, 236; Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584; Herzig/ Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 201; Kropff, FS Hüffer, 539, 540; Herzig/Vossel, BB 2009, 1174; Zülch/Hoffmann, DB 2010, 909. 7 Siehe u. a. Althoff, DStR 2012, 868 ff.; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 201 ff.; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727 ff.; Kropff, FS Hüffer, 539 ff.; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1 ff.; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453 ff.; von der Laage, WM 2012, 1322 ff.; Wehrheim/Rupp, DB 2009, 356 ff.; Zülch/ Hoffmann, DB 2010, 909 ff. 8 Siehe u. a. Arbeitskreis „Steuern und Revision“ im Bund der Wirtschaftsakademiker e.V., DStR 2008, 1299 ff.; Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674 ff.; Gelhausen/Althoff,

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Einführung

Abs. 8 HGB. Dieses Instrument wurde, um die legislatorische Zielsetzung vorweg zu nehmen, aus nur einem ganz bestimmten Grund geschaffen: der Aufrechterhaltung eines hinreichenden Gläubigerschutzniveaus.9 Wie bei allen gesetzgeberischen Neuregelungen bestehen auch bei der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB zu Beginn zahlreiche Fragen, die einer genaueren Klärung bedürfen. Wer hat die neue Vorschrift überhaupt anzuwenden? Wie lassen sich die neuen Vorgaben praktisch umsetzen? Welche Auswirkungen hat die neue Vorschrift auf bereits bestehende Regelungen? Gibt es ein Bedürfnis nach gesetzgeberischer Ausbesserung oder lässt sich die Norm – nach einer abschließenden Gesamtbetrachtung – als durchaus gelungen bezeichnen? Alle diese Fragen sind Gegenstand der folgenden Ausführungen.

A. Bilanzrechtsreform 2009 I. Internationalisierung der Rechnungslegung Der entscheidende Impuls für die Internationalisierung des deutschen Bilanzrechts ging von dem Börsengang der Daimler-Benz AG (heute: Daimler AG) im Jahre 1993 an der New Yorker Börse10 aus. Der auf Grund des Börsengangs von Daimler zusätzlich nach US-GAAP aufzustellende und bei der SEC einzureichende11 Konzernabschluss wies für das erste Jahr einen Verlust in Höhe von 1.839 Mio. DM aus, wohingegen im deutschen Jahresabschluss für den gleichen Zeitraum ein Gewinn in Höhe von 615 Mio. DM zu finden war.12 Diese gravierenden Unterschiede zwischen den Abschlüssen sowie die für die in den USA gelisteten Unternehmen bestehende Pflicht zur Aufstellung zweier unterschiedlicher Konzernabschlüsse haben die damalige Bundesregierung veranlasst, eine Anpassung des deutschen WPg 2009, 584 ff. u. 629 ff.; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N; Haaker, DStR 2008, 1750 ff.; Lanfermann/Röhricht, DStR 2009, 1216 ff.; Leuering, NJW-Spezial 2009, Heft 23, 735 ff.; Lüdenbach, StuB 2010, 588 ff.; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2011, 437 ff.; Petersen/ Zwirner/Froschhammer, BiM 2011, 64 ff.; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334 ff.; Ruberg, NZG 2011, 1048 ff.; Salamon, Status:Recht 2009, 248 ff.; Simon, NZG 2009, 1081 ff.; ders., Status:Recht 2009, 205; Stahl/Burkhardt, BBK 2010, 106 ff.; Zwirner/Boecker, BC 2011, 7 ff.; Zwirner/Froschhammer, StuB 2012, 139 ff. 9 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 35, 64. 10 Siehe zu dem Börsengang http://www.daimler.com/dccom/0-5 – 1324890-49-13249091 – 0-0 – 1345593-0 – 0-135-7145-0 – 0-0-0 – 0-0-0.html (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 11 Die SEC hat mit Wirkung zum 04. 03. 2008 auch Abschlüsse nach IFRS zugelassen, SEC Release 33-8879, abrufbar unter http://sec.gov/rules/final/2007/33-8879.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 12 Geschäftsbericht der Daimler-Benz AG für das Geschäftsjahr 1993, 73 ff., abrufbar unter http://www.daimler.com/Projects/c2c/channel/documents/1364419_1993_Daimler_Benz_Ge schaeftsbericht.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013).

A. Bilanzrechtsreform 2009

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Bilanzrechts an internationale Rechnungslegungsstandards zu initiieren.13 Nach Ansicht der damaligen Regierung war „die Aufstellung zweier Konzernabschlüsse nach unterschiedlichen Bilanzansatz- und Bewertungsvorschriften […] für die betroffenen Unternehmen eine schwere Last und für Investoren eher verwirrend“.14 Dieser Erkenntnis Folge leistend wurde im Jahr 1998 durch das KapAEG15 § 292a HGB a.F. eingeführt, wonach bestimmte börsennotierte Mutterunternehmen von der Aufstellungspflicht eines Konzernabschlusses nach HGB befreit wurden, sofern sie bereits einen Konzernabschluss nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen aufstellen mussten. Diese Entwicklung wurde kurze Zeit nach Inkrafttreten des KapAEG weitergeführt und der Anwendungsbereich des § 292a HGB a.F. im Jahr 2000 durch das KapCoRiLiG16 auf weitere, an bestimmten Märkten organisierte Unternehmen ausgedehnt. Dieser Schritt wurde als notwendig erachtet, da nach Einführung des § 292a HGB a.F. die Beschränkung des Anwendungsbereiches der Vorschrift auf börsennotierte Unternehmen von der Praxis als zu eng angesehen worden war. Es war deutlich geworden, dass auch Investoren von, die internationalen Kapitalmärkte inanspruchnehmenden, nicht börsennotierten Unternehmen bereits in vielen Fällen einen nach internationalen Rechnungslegungsstandards aufgestellten Konzernabschluss forderten.17 Der nächste Schritt der Internationalisierung erfolgte auf Grund einer EG-Verordnung. Durch Art. 4 der im Jahr 2002 verabschiedeten IAS-Verordnung18 wurden dem Recht eines Mitgliedstaates unterliegende Gesellschaften unmittelbar dazu verpflichtet, ab dem Jahr 2005 ihre Konzernabschlüsse nach IFRS aufzustellen, sofern ihre Wertpapiere am jeweiligen Bilanzstichtag zum Handel in einem geregelten Markt zugelassen waren. Zudem sah Art. 5 der IAS-Verordnung ein Mitgliedstaatenwahlrecht vor, welches den einzelnen Ländern erlaubte, (konsolidierte) Abschlüsse nach den internationalen Rechnungslegungsstandards auch von weiteren Gesellschaften zu verlangen oder diesen zumindest die freiwillige Aufstellung derartiger Abschlüsse zu ermöglichen. Der deutsche Gesetzgeber hat von diesem

13

RegE KapAEG, BT-Drucks. 13/7141, 7. RegE KapAEG, BT-Drucks. 13/7141, 7. 15 Gesetz zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne an Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen (Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz – KapAEG) vom 20. 04. 1998, BGBl. I 1998, 707 ff. 16 Gesetz zur Durchführung der Richtlinie des Rates der Europäischen Union zur Änderung der Bilanz- und der Konzernbilanzrichtlinie hinsichtlich ihres Anwendungsbereiches (90/605/ EWG), zur Verbesserung der Offenlegung von Jahresabschlüssen und zur Änderung anderer handelsrechtlicher Bestimmungen (Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz – KapCoRiLiG) vom 24. 02. 2000, BGBl. I 2000, 145 ff. 17 Vgl. RegE KapCoRiLiG, BT-Drucks. 14/1806, 13, 23. 18 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, Abl. L 243 vom 11. 09. 2002, 1 ff. 14

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Einführung

Wahlrecht Gebrauch gemacht und mit dem BilReG19 § 315a Abs. 3 HGB kodifiziert, wonach auch nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen ihren Konzernabschluss freiwillig nach diesen Standards aufstellen können. Zudem wurde durch das BilReG § 325 Abs. 2a HGB geschaffen, der auch für Einzelabschlüsse ein Wahlrecht zur Aufstellung nach internationalen Rechnungslegungsstandards vorsieht – allerdings nur zum Zwecke der Offenlegung. Trotz dieser stetigen Implementierung globaler Standards der Rechnungslegung im HGB – insbesondere der IFRS – bestand auch nach der letzten Reform durch das BilReG im Jahr 2004 weiterhin erhebliche Kritik an dem deutschen Bilanzierungssystem. Im Fokus dieser Einwände stand der – aus internationaler Perspektive betrachtet – geringe Informationsgehalt deutscher Jahresabschlüsse.20 Der deutsche Gesetzgeber hat diese Kritik erneut aufgegriffen und im Jahr 2009 das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts verabschiedet.

II. Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG Am 29. 05. 2009 ist das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz ist die „größte Reform des Bilanzrechts“21 seit dem Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG)22 vom 19. 12. 1985 abgeschlossen worden. Der Verabschiedung des BilMoG ist ein langjähriger Entwicklungsprozess vorausgegangen, welcher mit einem ZehnPunkte-Plan der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Bilanzrechts23 im Jahr 2003 seinen Anfang genommen hatte. Nachdem einige Punkte dieses Programmes bereits mit dem BilReG im Jahre 2004 umgesetzt wurden24, erschien am 08. 11. 2007 19 Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) vom 04. 12. 2004, BGBl. I 2004, 3166 ff. 20 Siehe statt vieler Hommelhoff, ZGR 2008, 250 ff.; Jessen/Weller, DStR 2005, 489 ff. und 532 ff.; Küting, BB 2008, 1330 ff.; Lühn, StuB 2007, 928 ff.; ältere Diskussionsbeiträge u. a. in Kleindiek/Oehler, Die Zukunft des Bilanzrechts. 21 Zypries, BilMoG – Praxiskommentar für Steuerberater, Geleitwort, V ff.; so auch Beck’schesHdR/Scheffler, Band I, Vor A Rn. 1; Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443; Ernst/Seidler, BB 2009, 766, 771; Fülbier/Gassen, DB 2007, 2605; Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727; Rammert/Thies, WPg 2009, 34; Simon, NZG 2009, 1081; Verse, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2009, 67, 68; Wehrheim/Rupp, DB 2009, 356 ff. 22 Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (BilanzrichtlinienGesetz – BiRiLiG) vom 19. 12. 1985, BGBl. I 1985, 2355 ff. 23 Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes vom 25. 02. 2003, abgedruckt in IDW Textausgabe, BilReG, BilKoG, 277 ff. 24 Vgl. RegE BilReG, BT-Drucks. 15/3419, 1.

A. Bilanzrechtsreform 2009

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der Referentenentwurf25 zum BilMoG. Dem folgte der Gesetzesentwurf der Bundesregierung26 am 23. 05. 2008. Der Bundestag verabschiedete das Gesetz in dritter Beratung am 26. 03. 2009.27 Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz wurde von dem Ziel begleitet, die Bilanzierungsvorschriften nach HGB weiter den internationalen Rechnungslegungsstandards anzupassen, ohne dabei aber die Grundfesten bisheriger Bilanzierung aufzugeben. In der Gesetzesbegründung der Bundesregierung heißt es gleich zu Beginn28 : „Ziel des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes ist es […], das bewährte HGB-Bilanzrecht zu einer dauerhaften und im Verhältnis zu den internationalen Rechnungslegungsstandards vollwertigen, aber kostengünstigeren und einfacheren Alternative weiterzuentwickeln, ohne die Eckpunkte des HGB-Bilanzrechts – die HGB-Bilanz bleibt Grundlage der Ausschüttungsbemessung und der steuerlichen Gewinnermittlung – und das bisherige System der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aufzugeben.“

Diese Weiterentwicklung sollte mittels einer lediglich „[…] maßvolle[n] Annäherung der handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften an die IFRS“ erfolgen.29 Im Vordergrund dieser Zielsetzung stand dabei die „[…] Anhebung des Informationsniveaus des handelsrechtlichen Jahresabschlusses […]“.30 Mit der Steigerung des Informationsniveaus sollten insbesondere „[…] die Anforderungen des Kapitalmarkts an eine informationsorientierte Rechnungslegung berücksichtigt und folglich die Fähigkeit der Unternehmen verbessert [werden], sich im Wettbewerb um kostengünstige Fremd- oder Eigenkapitalfinanzierungen am Kapitalmarkt zu behaupten“.31 Die Verwirklichung des ausdrücklich erklärten Ziels, mit dem BilMoG eine Stärkung des Informationsniveaus des handelsrechtlichen Abschlusses zu erreichen, sollte u. a. durch „[…] die Beseitigung bestehender handelsrechtlicher Ansatz-, 25

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 08. 11. 2007, abrufbar unter http://www.wpk.de/pdf/ BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). Dazu u. a. Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2008, 152 ff. u. 209 ff.; Ernst/ Seidler, BB 2007, 2557 ff.; Fülbier/Gassen, DB 2007, 2605 ff.; Herzig, DB 2008, 1 ff.; Hommelhoff, ZGR 2008, 250 ff; Hommelhoff/Mattheus, BB 2007, 2787 ff.; Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, Beih. zu Heft 50; Meyer, DStR 2007, 2227 ff.; Schruff/Melcher, DB 2008, Beil. Nr. 1 zu Heft 7, 1 ff.; Schulze-Osterloh, DStR 2008, 63 ff.; Zülch/Hoffmann, DB 2008, 1053 ff. 26 BT-Drucks. 16/10067. Vgl. ausführlich zu dem Regierungsentwurf des BilMoG Ernst/ Seidler, ZGR 2008, 631 ff. u. Kessler/Leinen/Strickmann, Bilanzrechtmodernisierungsgesetz (BilMoG-RegE). 27 Plen.-Prot. 16/214, 23212 ff. 28 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 1. 29 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 34. 30 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 34. 31 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 34.

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Einführung

Ausweis- und Bewertungswahlrechte“32 erfolgen. Als konkrete Maßnahme zur Erreichung dieses Ziels ist unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes die Ergänzung des § 246 Abs. 2 HGB a.F. um ein spezielles Verrechnungsgebot zu nennen. Nunmehr müssen gem. § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Altersversorgungsverpflichtungen dienen, mit dem beizulegenden Zeitwert bewertet und mit den Altersversorgungsverpflichtungen verrechnet werden. Mit dieser Neuregelung sollte „[…] eine Annäherung an die nach den internationalen Rechnungslegungsstandards mögliche Verrechnung von so genanntem Planvermögen“33 erreicht werden. Als weitere, im Gesetzesentwurf des BilMoG vorgesehene, konkrete Maßnahme betreffend die Steigerung des Informationsniveaus ist beispielhaft auch die Aufhebung des Verbotes der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens anzuführen, § 248 Abs. 2 HGB a.F. Nach Aussage der Regierungsbegründung wurde durch die Aufhebung dieses Verbotes bezweckt, „[…] das Informationsniveau des handelsrechtlichen Jahresabschlusses erheblich […]“34 anzuheben. Die Anhebung des Informationsgehaltes des Jahresabschlusses sollte jedoch nicht, wie bereits erwähnt, zu einer Aufgabe der bisherigen handelsrechtlichen Bilanzierungsprinzipien führen.35 Vielmehr war es zusätzliches Ziel des Gesetzgebers, die nach den Vorschriften des HGB aufgestellte Bilanz auch weiterhin als Grundlage der Ausschüttungsbemessung und der steuerlichen Gewinnermittlung zu verwenden.36 Da aber eine Steigerung des Informationsniveaus des Jahresabschlusses resp. der Bilanz zu den Gläubigerschutz beeinträchtigenden Gefahren ungerechtfertigter Ausschüttungen führen kann (insbesondere die Bewertung der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB mit dem beizulegenden Zeitwert als auch die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gehen mit erheblichen Unsicherheiten einher37), war es notwendig, ein die Gläubiger schützendes Korrelat zu schaffen. Um diesen Ausgleich zwischen der Stärkung des Informationsgehaltes bei gleichzeitiger Wahrung eines hinreichenden Gläubigerschutzes sicherzustellen, wurde die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB geschaffen38, wonach nunmehr bestimmte, auf das Ziel der Steigerung des Informationsniveaus zurückgehende Gewinne nur unter strengen, die Kapitalerhaltung im Unternehmen sichernden Voraussetzungen ausgeschüttet werden dürfen.39 32

RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 34. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 35. 34 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 35. 35 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 1, 34. 36 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 1. 37 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 38 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 39 Die Sicherstellung eines hinreichenden Gläubigerschutzes durch eine Ausschüttungssperre wird im Grundsatz angezweifelt von Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 33

B. Die „neue“ Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB

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B. Die „neue“ Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB I. Gesetzeslage vor BilMoG Seit dem BiRiLiG40 aus dem Jahr 1985 gab es in der deutschen Rechnungslegung mehrere mit der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB vergleichbare Regelungen. So wurde es den Bilanzierenden durch die damalige Bilanzrechtsreform einerseits ermöglicht, ihre Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs und dessen Erweiterung zu aktivieren, § 269 S. 1 HGB a.F.41 Diese Aufwendungen stellten jedoch keine Vermögensgegenstände dar. Vielmehr war der Bilanzausweis als Bilanzierungshilfe ausgestaltet. Die Einordnung der Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs und dessen Erweiterung als Bilanzierungshilfe42 als auch der in Deutschland bestehende Grundsatz der Vorsicht43 hatten zur Folge, dass mit diesem Aktivierungswahlrecht eine Ausschüttungssperre verbunden wurde. Diese in § 269 S. 2 HGB a.F. kodifizierte Regelung führte dazu, dass im Fall der Aktivierung von Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs und dessen Erweiterung als Bilanzierungshilfe gem. § 269 S. 1 HGB a.F. Gewinne nur ausgeschüttet werden durften, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden jederzeit auflösbaren Gewinnrücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrages und abzüglich eines Verlustvortrages dem angesetzten Betrag mindestens entsprachen. Neben der Möglichkeit zur Aktivierung der Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs und dessen Erweiterung wurde den Bilanzierenden durch das BiRiLiG auch das Wahlrecht eingeräumt, unter bestimmten Voraussetzungen in Höhe der voraussichtlichen Steuerentlastung nachfolgender Geschäftsjahre ein Abgrenzungsposten auf der Aktivseite der Bilanz zu bilden. Diese Aktivierungsmöglichkeit war ebenfalls als Bilanzierungshilfe ausgestattet, was wiederum dazu führte, dass auch diese Position einer Ausschüttungssperre unterlag, § 274 Abs. 2 S. 3 HGB a.F.44, und Gewinne nur unter den gleichen Voraussetzungen wie bei § 269 S. 2 HGB a.F. ausgeschüttet werden durften. Zusätzlich zu diesen beiden im Rahmen des BiRiLiG geschaffenen Ausschüttungssperren ist als weitere mit § 268 Abs. 8 HGB vergleichbare Regelung Art. 44 2676; Hoffmann/Lüdenbach, DStR 2008, Beih. zu Heft 30, 49, 61; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 156 ff. 40 Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (BilanzrichtlinienGesetz – BiRiLiG) vom 19. 12. 1985, BGBl. I 1985, 2355 ff. 41 BGBl. I 1985, 2364. 42 Vgl. RegE BiRiLiG, BT-Drucks. 10/317, 80. 43 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 10/4268, 106. 44 BGBl. I 1985, 2355, 2365.

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Einführung

S. 5 EGHGB zu nennen, welcher durch das EuroEG45 vom 09. 06. 1998 geschaffen wurde. Diese Vorschrift sah bei der Aktivierung einer Bilanzierungshilfe für Aufwendungen für die Währungsumstellung auf den EURO gem. Art. 44 S. 1 EGHGB ebenfalls vor, dass Gewinne nur ausgeschüttet werden durften, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden jederzeit auflösbaren Gewinnrücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrages und abzüglich eines Verlustvortrages dem angesetzten Betrag mindestens entsprachen. Diese drei, bereits vor BilMoG bestehenden, Ausschüttungssperren machen deutlich, dass der deutsche Gesetzgeber durch § 268 Abs. 8 HGB kein in der Rechnungslegung vollkommen unbekanntes Instrument des Gläubigerschutzes geschaffen hat. Vielmehr musste sich ein Teil der Bilanzierungspflichtigen bereits seit dem Jahr 1985 mit diesem gläubigerschützenden Werkzeug auseinandersetzen. Zudem lieferten die drei auf der Bildung von Bilanzierungshilfen beruhenden „alten“ Ausschüttungssperren auch schon vor dem Jahr 2009 in der Literatur erhebliches Diskussionspotential. Einerseits war umstritten, wie weit der persönliche Anwendungsbereich der Vorschriften zu ziehen war.46 Zudem bestand Uneinigkeit darüber, welche Rücklagen bei der Berechnung des ausschüttbaren Betrages zu berücksichtigen47 und inwieweit bei der Berechnung des gesperrten Betrages passive latente Steuern einzubeziehen waren.48 Auch wurde intensiv über die Frage der Beachtung der Ausschüttungssperren bei Gewinnabführungen im Rahmen von Ergebnisabführungsverträgen diskutiert.49 Diese umfassenden Diskussionen der Literatur dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die tatsächliche praktische Erfahrung mit den „alten“ Ausschüttungsregelungen nur sehr gering war, da der sachliche Anwendungsbereich der genannten Normen auf in der Praxis nur selten gebildete Bilanzierungshilfen beschränkt war.50 Die „alten“Ausschüttungssperren mussten nur von wenigen Bilanzierenden tatsächlich beachtet werden.

45 Gesetz zur Einführung des Euro (Euro-Einführungsgesetz – EuroEG) v. 19. 06. 1998, BGBl. I 1998, 1242 ff. 46 Vgl. statt vieler Beck’scherBilKo/Winkeljohann/Lawall, 6. Aufl. 2006, § 269 HGB, Rn. 1 und 13; Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2675; MüKo/Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, § 269 Rn. 4 u. 16. 47 Siehe ADS, § 269 HGB, Rn. 21; MüKo/Hennrichs, AktG, 2. Aufl. 2004, § 269 HGB Rn. 19 ff.; MüKo/Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, § 269 Rn. 12. 48 Siehe Beck’scherBilKo/Winkeljohann/Lawall, 6. Aufl. 2006, § 269 HGB, Rn. 14; Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2675; Küting/Pfitzer/Weber/Commandeur, HdRE, § 269 HGB a.F., Rn. 68; Staub/Hüttemann, HGB, § 269 Rn. 18. 49 Siehe ADS, § 269 HGB, Rn. 22a; Küting/Pfitzer/Weber/Commandeur, HdR-E, § 269 HGB a.F., Rn. 69; Lanfermann/Röhricht, DStR 2009, 1216, 1217; MüKo/Hennrichs, AktG, 2. Aufl. 2004, § 269 HGB Rn. 22; MüKo/Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, § 269 Rn. 15; Staub/ Hüttemann, HGB, § 269 Rn. 19. 50 Vgl. Ernsting, StbJb 2010/2011, 219, 236; Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584; Herzig/ Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 201; Kropff, FS Hüffer, 539, 540; Herzig/Vossel, BB 2009, 1174; Zülch/Hoffmann, DB 2010, 909.

B. Die „neue“ Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB

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II. Gesetzgebungshistorie des § 268 Abs. 8 HGB 1. Zehn-Punkte-Plan der Bundesregierung vom 25. 02. 2003 Am 25. 02. 2003 wurde von der damaligen Bundesregierung ein Maßnahmenkatalog zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes51 veröffentlicht. Bereits diesem Katalog lag das Ziel zu Grunde, die deutschen Bilanzierungsregeln fortzuentwickeln und an internationale Rechnungslegungsstandards anzupassen.52 Der „[…] nach HGB aufzustellende Einzelabschluss, der insbesondere dem Gläubigerschutz, der Ausschüttungsbemessung und der Besteuerung dient […]“53, sollte bei der Weiterentwicklung nach den eindeutigen Aussagen der Bundesregierung erhalten bleiben. Dies macht deutlich, dass bereits in dem ZehnPunkte-Plan aus dem Jahr 2003 die Notwendigkeit nach einem Ausgleich zwischen einer Anpassung der nationalen Bilanzierungsregeln an internationale Rechnungslegungsgrundsätze und der Aufrechterhaltung des Einzelabschlusses als Grundlage der Ausschüttungsbemessung erkannt wurde. Und da die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB ein diesen Ausgleich sicherstellendes Instrument der Rechnungslegung darstellt54, kann der Maßnahmenkatalog der Bundesregierung aus dem Jahr 2003 als Grundlage der späteren Kodifizierung des § 268 Abs. 8 HGB bezeichnet werden. 2. Referentenentwurf vom 08. 11. 2007 Nachdem es im Jahr 2004 im Zuge des BilReG bereits zur Umsetzung einiger Punkte des Maßnahmenkataloges zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes gekommen war, erschien am 08. 11. 2007 der Referentenentwurf55 zu dem Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG). Dieser Entwurf enthielt, im Gegensatz zu dem Maßnahmenkatalog aus dem Jahr 2003, nicht nur allgemeine Ziele, sondern es wurden zahlreiche konkrete Änderungen der für die handelsrechtliche Bilanzierung maßgeblichen Regelungen vorgeschlagen. In diesem Zusammenhang war auch erstmalig eine Ergänzung des § 268 HGB a.F. um einen neuen achten Absatz vorgesehen. Dieser § 268 Abs. 8 HGB RefE sollte fortan die einheitliche Norm für die im Handelsrecht verorteten Ausschüttungssperren darstellen.56 51

Abgedruckt in IDW Textausgabe, BilReG, BilKoG, 277 ff. Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes, abgedruckt in IDW Textausgabe, BilReG, BilKoG, 280 ff. 53 Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes, abgedruckt in IDW Textausgabe, BilReG, BilKoG, 280. 54 Dazu bereits Einführung, A., II., a.E. 55 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 08. 11. 2007, abrufbar unter http://www.wpk.de/pdf/ BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 56 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 08. 11. 2007, 10, 132, abrufbar unter http://www.wpk. de/pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 52

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Einführung

Der sachliche Anwendungsbereich dieser Vorschrift umfasste zum einen, inhaltlich gleichbleibend, die schon der bisherigen Ausschüttungssperre des § 274 Abs. 2 S. 3 HGB a.F. unterliegenden aktiven latenten Steuern. Gleichzeitig wurden auch selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in den Anwendungsbereich aufgenommen. Die Erstreckung der Ausschüttungssperre auf diese Vermögensgegenstände war nach dem Referentenentwurf notwendig, da durch das BilMoG das bisher bestehende Aktivierungsverbot durch eine Aktivierungspflicht ersetzt werden sollte57 und diesen Vermögensgegenständen „[…] aufgrund ihrer Unkörperlichkeit sowie der regelmäßig nicht eindeutig zurechenbaren Herstellungskosten und der Unsicherheit bezüglich ihrer künftigen Nutzungsdauer ein objektiver Wert nur schwer zugewiesen werden kann“58. Hintergrund der Ausschüttungssperre für die von § 268 Abs. 8 HGB RefE erfassten Bilanzpositionen waren nach Aussagen des Referentenentwurfes somit gläubigerschützende Gesichtspunkte, da diesen Bilanzwerten erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich ihrer tatsächlichen Realisierung anhaften. Die im Zusammenhang mit der Bildung der Bilanzierungshilfe für Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen stehende bisherige Ausschüttungssperre des § 269 S. 2 HGB a.F. fand sich allerdings nicht in § 268 Abs. 8 HGB RefE wieder. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Bilanzierungshilfe des § 269 S. 1 HGB a.F. zum Zwecke „[…] der besseren Vergleichbarkeit des handelsrechtlichen Jahresabschlusses“59 ersatzlos gestrichen werden sollte. Der konkrete Gesetzesvorschlag des Referentenentwurfes zu § 268 Abs. 8 HGB lautete wie folgt: § 268 Abs. 8 HGB RefE: „Werden selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens oder aktive latente Steuern in der Bilanz ausgewiesen, dürfen Gewinne nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden jederzeit auflösbaren Gewinnrücklagen abzüglich eines Verlustvortrags oder zuzüglich eines Gewinnvortrags dem angesetzten Betrag mindestens entsprechen.“

57 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 08. 11. 2007, 64, 98, abrufbar unter http://www.wpk.de/ pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 58 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 08. 11. 2007, 132, abrufbar unter http://www.wpk.de/ pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). Siehe zur Problematik der objektiven Wertzuweisung Aigner, Das neue Bilanzrecht nach HGB, 51; Baetge/ Kirsch/Thiele/Marx/Dallmann, Bilanzrecht, § 268 HGB, Rn. 112; Bieg/Kußmaul/Petersen/ Waschbusch/Zwirner, BilMoG, 111; Kaja/Borgwardt, StuB 2010, 727, 728; Küting/Lorson/ Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 3; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 261. 59 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 08. 11. 2007, 10, 68, abrufbar unter http://www.wpk.de/ pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013).

B. Die „neue“ Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB

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3. Regierungsentwurf vom 23. 05. 2008 Auf den Referentenentwurf zum BilMoG folgte am 23. 05. 2008 der Gesetzesentwurf der Bundesregierung60, welcher zahlreiche Änderungen im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen neuen Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB RefE vorsah. Zum einen wurde der sachliche Anwendungsbereich der Norm ausgeweitet. Neben den bereits im RefE vorgesehenen Bilanzpositionen erfasste § 268 Abs. 8 HGB RegE auch zum beizulegenden Zeitwert zu bewertende Finanzinstrumente, welche zu Handelszwecken erworben wurden, als auch die zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB RegE.61 Die Ausdehnung des Anwendungsbereiches auf diese Werte war nach Aussagen der Gesetzesbegründung notwendig, da „auch […] der Zeitwertbewertung eine gewisse Unsicherheit [anhafte], die jedenfalls unter dem Aspekt des Gläubigerschutzes eine Ausschüttung nicht rechtfertigt“.62 Neben dieser Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereiches war eine Änderung des § 268 Abs. 8 HGB RefE dahingehend vorgesehen, dass bei der Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages auch die für die einzelnen Bilanzpositionen gebildeten passiven latenten Steuern abgezogen werden sollten. Im Referentenentwurf waren die passiven latenten Steuern nicht berücksichtigt worden. Begründet wurde die Aufnahme dieses Abzugsposten in § 268 Abs. 8 HGB RegE damit, dass bei der Bildung der erfassten Positionen regelmäßig passive latente Steuern zu bilden seien, die von dem ausschüttungsgesperrten Betrag abgezogen werden müssten, „[…] um eine Doppelberücksichtigung zu vermeiden […]“.63 Auf diese Weise wurde in dem Gesetzesentwurf auch die bereits im Rahmen der „alten“ Ausschüttungssperren diskutierte Problematik entschieden, inwieweit bei der Berechnung des gesperrten Betrages passive latente Steuern einzubeziehen waren.64 Zusätzlich zu den bisher genannten Änderungen kam es im Regierungsentwurf auch zu einem Austausch des Begriffes „jederzeit auflösbare Gewinnrücklagen“ durch „frei verfügbare Rücklagen“. Durch die begriffliche Veränderung sollte deutlich werden, dass bei der Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages neben Gewinnrücklagen auch frei verfügbare Kapitalrücklagen einbezogen werden müssen.65 Ebenso wie bei den passiven latenten Steuern ging die Bundesregierung damit auf Stimmen in Praxis und Literatur66 ein, welche bereits bei den „alten“ 60

RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067. Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 8. 62 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 63 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 64 Siehe statt vieler m.w.N. Beck’scherBilKo/Winkeljohann/Lawall, 6. Aufl. 2006, § 269 HGB, Rn. 14; Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2675; Staub/Hüttemann, HGB, § 269 Rn. 18. 65 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 66 Vgl. nur m.w.N. ADS, § 269 HGB, Rn. 21; MüKo/Hennrichs, AktG, 2. Aufl. 2004, § 269 HGB Rn. 19 ff.; MüKo/Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, § 269 Rn. 12. 61

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Einführung

Ausschüttungssperren eine Beschränkung auf Gewinnrücklagen als zu eng angesehen hatten. Neben dieser die Rücklagen betreffenden Änderung wurde § 268 Abs. 8 HGB RefE durch den Gesetzesentwurf auch noch insofern ergänzt, dass nunmehr nicht mehr „Gewinne“ ausschüttungsgesperrt und der „angesetzte Betrag“ bei der Berechnung des ausschüttungsfähigen Wertes maßgebend sein sollten, sondern lediglich die aus der Bilanzierung der jeweiligen Positionen resultierenden „Erträge“ resp. „der Gesamtbetrag der Erträge“. Eine Begründung dieser Veränderung lässt sich in der Gesetzesbegründung allerdings nicht finden. Der konkrete Gesetzesvorschlag des Regierungsentwurfes zu § 268 Abs. 8 HGB RegE lautete wie folgt: § 268 Abs. 8 HGB RegE: „Erträge aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens oder latenter Steuern sowie aus der Bewertung von zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumenten oder Vermögensgegenständen zum beizulegenden Zeitwert abzüglich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen abzüglich eines Verlustvortrags oder zuzüglich eines Gewinnvortrags dem Gesamtbetrag der Erträge mindestens entsprechen.“

Über die zuvor dargestellten Änderungen des § 268 Abs. 8 HGB RefE hinaus wurden im Gesetzesentwurf der damaligen Bundesregierung noch weitere Anpassungen vorgenommen, die in engem Zusammenhang mit der Ausschüttungssperre stehen. Zum einen kam es, als Reaktion auf kritische Stimmen in der Literatur67, zu einer Ergänzung des § 172 Abs. 4 HGB a.F. um einen Satz 3, nach welchem bei der Ermittlung des Kapitalanteils eines Kommanditisten im Rahmen des etwaigen Wiederauflebens seiner Haftung die Erträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB RegE nicht angesetzt werden durften.68 Unter Berücksichtigung der beschränkten Haftung der Kommanditisten sollte mit der Ergänzung des § 172 Abs. 4 HGB „[…] der Tatsache Rechnung getragen [werden], dass aufgrund der stärker informationsorientierten Bilanzierung künftig auch Erträge im Jahresüberschuss enthalten sein können, die nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrt […] sind“.69 Zusätzlich zu der Sonderregelung für Kommanditisten wurde § 301 S. 1 AktG a.F. neu gefasst, wonach § 268 Abs. 8 HGB RegE auch im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrages Berücksichtigung finden sollte. Diese veränderte aktienrechtliche Vorschrift sah vor, dass eine Gesellschaft nur den um den Betrag der nach § 268 Abs. 8 HGB RegE ausschüttungsgesperrten Erträge verminderten Gewinn abführen durfte. Hintergrund der Einführung einer derartigen Abführungssperre war nach Aussage des Gesetzesentwurfes, dass auch im Rahmen von Er-

67 Vgl. Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2008, 152, 155; Hennrichs, DB 2008, 537, 541. 68 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 5. 69 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 46.

B. Die „neue“ Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB

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gebnisabführungsverträgen ein hinreichender Gläubigerschutz sicherzustellen war.70 Ebenso wie bei der Aufnahme der passiven latenten Steuern in § 268 Abs. 8 HGB ging auch die Änderung des § 301 S. 1 AktG auf bereits im Rahmen der „alten“ Ausschüttungssperren geführte Diskussionen71 zurück, die die Frage umfassten, ob die Abführung ausschüttungsgesperrter Beträge zulässig war oder ob diese Beträge auch vor einer Abführung gesperrt werden sollten. Dieser Streit wurde mit der Neufassung der aktienrechtlichen Vorschrift des § 301 S. 1 AktG dahingehend entschieden, dass die Zulässigkeit der Abführung solcher Beträge ausdrücklich verneint wurde.72 Neben diesen materiell-rechtlichen Änderungen ist noch die Aufnahme des § 268 Abs. 8 HGB RegE in die, die Anhangangaben regelnde, Vorschrift des § 285 HGB zu erwähnen.73 In § 285 Nr. 28 HGB RegE war eine Verpflichtung der Bilanzierenden dahingehend vorgesehen, den Gesamtbetrag der Erträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB, aufgegliedert in Erträge aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und latenter Steuern sowie aus der Bewertung von Finanzinstrumenten oder Vermögensgegenständen zum beizulegenden Zeitwert, anzugeben. Durch die zusätzlichen Angaben sollte aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten transparent gemacht werden, „[…] in welchem Umfang im Jahresergebnis Erträge enthalten sind, die nicht ausgeschüttet werden können […]“.74 4. Endgültige Gesetzesfassung vom 25. 05. 2009 Nachdem es bereits im Regierungsentwurf vom 23. 05. 2008 zu zahlreichen Änderungen der die Ausschüttungssperre betreffenden Normen im Vergleich zu dem ursprünglichen Referentenentwurf gekommen war, wurden vor der endgültigen Abstimmung im Bundestag über das BilMoG sowohl § 268 Abs. 8 HGB RegE als auch die mit dieser Grundnorm in Zusammenhang stehenden Sondervorschriften (§ 172 Abs. 4 S. 3 HGB RegE, § 301 S. 1 AktG RegE, § 285 Nr. 28 HGB RegE) nochmals geändert. Zum einen wurden die aus der Bewertung von zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumenten resultierenden Erträge aus dem sachlichen Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre herausgenommen.75 Diese Änderung ist darauf zurückzuführen, dass die Einführung der Zeitwertbewertung von zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumenten angesichts der damaligen Fi-

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RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. Siehe ADS, § 269 HGB, Rn. 22a; Funnemann/Graf Kerssenbrock, DB 2008, 2674, 2676; MüKo/Hennrichs, AktG, 2. Aufl. 2004, § 269 HGB Rn. 22; MüKo/Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, § 269 Rn. 15; Staub/Hüttemann, HGB, § 269 Rn. 19. 72 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 105. 73 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 10. 74 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 75. 75 Vgl. BGBl. I 2009, 1102, 1105. 71

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Einführung

nanzkrise sowohl im Bundesrat76 als auch im Rechtsausschuss77 erheblicher Kritik ausgesetzt war. Insbesondere der Rechtsausschuss war der Ansicht, dass es auf Grund der Erkenntnisse hinsichtlich der Finanzmärkte sachgerechter sei, die Zeitwertbewertung nur auf den Handelsbestand von Kreditinstituten zu beschränken, § 340e Abs. 3 HGB, und daher die entsprechende Bewertung von zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumenten für bloße Handelsunternehmen nicht zuzulassen.78 Demgemäß sah die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses sowohl die Streichung des § 253 Abs. 1 Satz 3 HGB RegE, durch den die Zeitwertbewertung eingeführt werden sollte, als auch konsequenterweise eine Anpassung des § 268 Abs. 8 HGB RegE vor. Dieser Empfehlung ist der Gesetzgeber ohne eine weitere Änderung gefolgt, sodass sich der sachliche Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB nur auf die sonstigen bereits im Regierungsentwurf vorgesehenen drei Bilanzpositionen erstreckt. Darüber hinaus wurde § 268 Abs. 8 HGB RegE dahingehend geändert, dass die Begriffe „Erträge“ resp. „Gesamtbetrag der Erträge“ wieder durch die Begriffe „Gewinne“ resp. „insgesamt angesetzte Beträge“ ersetzt wurden. Auch diese Änderung ist auf einen Vorschlag des Rechtsausschusses zurückzuführen und stellt zeitgleich eine Reaktion auf die in der Literatur79 geäußerte Kritik an dem Begriff „Erträge“ dar. Mit der Verwendung der Begriffe „Gewinne“ resp. ”insgesamt angesetzte Beträge“ sollte klargestellt werden, „[…] dass sich die Höhe der Ausschüttungssperre nach dem Ansatz der Vermögensgegenstände […] in der Bilanz richtet“80 und nicht etwa nur auf die aus der ursprünglichen Aktivierung resultierenden Erträge bezieht.81 Zudem ist noch zu erwähnen, dass der endgültig kodifizierte § 268 Abs. 8 HGB aus drei Sätzen besteht, wohingegen der Regierungsentwurf lediglich aus einem Satz bestand. Eine inhaltliche Änderung geht damit allerdings nicht einher. Im Übrigen

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RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 117. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407, 85. 78 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407, 85. 79 Vgl. Arbeitskreis „Steuern und Revision“ im Bund der Wirtschaftsakademiker e.V., DStR 2008, 1299 ff.; Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2677; Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2008, 612, 613; Hoffmann/Lüdenbach, DStR 2008, Beih. zu Heft 30, 49, 61; Kessler, Pensionsverpflichtungen nach neuem HGB und IFRS, 243 ff.; Küting/Pfirmann/Ellmann, KoR 2008, 689, 695; Loitz/Klevermann, DB 2009, 409, 414; Rammert/Thies, WPg 2009, 34, 36; Theile, WPg 2008, 1064, 1065. Ein von diesen Autoren abweichender weiter Interpretationsversuch des Regierungsentwurfes findet sich bei Haaker, DStR 2008, 1750 ff. 80 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407, 86 ff. 81 Sollten im Folgenden in Zitaten aus den Gesetzgebungsmaterialien oder aus anderweitiger Literatur die Begriffe „Erträge“ resp. „Gesamtbetrag der Erträge“ angeführt sein, wird jeweils kenntlich gemacht, dass damit die in der endgültigen Gesetzesfassung vorhandenen Begriffe „Gewinne“ resp. „insgesamt angesetzte Beträge“ gleichzusetzen sind. Auf im Einzelnen bestehende und aus den verschiedenen Begrifflichkeiten resultierende materiellrechtliche Unterschiede wird ausdrücklich hingewiesen. 77

B. Die „neue“ Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB

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wurde § 268 Abs. 8 HGB RegE nicht verändert. Die endgültige Gesetzesfassung des § 268 Abs. 8 HGB lautet wie folgt: § 268 Abs. 8 HGB: „Werden selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in der Bilanz ausgewiesen, so dürfen Gewinne nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags mindestens den insgesamt angesetzten Beträgen abzüglich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern entsprechen. 2Werden aktive latente Steuern in der Bilanz ausgewiesen, ist Satz 1 auf den Betrag anzuwenden, um den die aktiven latenten Steuern die passiven latenten Steuern übersteigen. 3Bei Vermögensgegenständen im Sinn des § 246 Abs. 2 Satz 2 ist Satz 1 auf den Betrag abzüglich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern anzuwenden, der die Anschaffungskosten übersteigt.“

Neben § 268 Abs. 8 HGB RegE wurden, wie bereits erwähnt, auch die mit dieser Grundnorm in Zusammenhang stehenden Sondervorschriften vor der endgültigen Abstimmung im Bundestag über das BilMoG nochmals geändert. Anders als im Rahmen des § 268 Abs. 8 HGB kam es hierbei jedoch zu keinen grundlegenden materiell-rechtlichen Veränderungen. Lediglich der Wortlaut der Normen wurde der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB angepasst. Sowohl in § 172 Abs. 4 S. 3 HGB RegE, in § 301 S. 1 AktG RegE als auch in § 285 Nr. 28 HGB RegE ist der Begriff „Erträge“ durch den Begriff „Beträge“ ersetzt worden.82 Die endgültigen Gesetzesfassungen dieser Normen lauten wie folgt: § 172 Abs. 4 HGB: „Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. 2Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. 3Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.“ § 301 AktG: „Eine Gesellschaft kann, gleichgültig welche Vereinbarungen über die Berechnung des abzuführenden Gewinns getroffen worden sind, als ihren Gewinn höchstens den ohne die Gewinnabführung entstehenden Jahresüberschuss, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr, um den Betrag, der nach § 300 in die gesetzlichen Rücklagen einzustellen ist, und den nach § 268 Abs. 8 des Handelsgesetzbuchs ausschüttungsgesperrten Betrag, abführen. 2…“ § 285 Nr. 28 HGB: „Ferner sind im Anhang anzugeben: 1. …; 28. der Gesamtbetrag der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8, aufgegliedert in Beträge aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermö82

Vgl. BGBl. I 2009, 1102, 1108, 1123.

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Einführung gens, Beträge aus der Aktivierung latenter Steuern und aus der Aktivierung von Vermögensgegenständen zum beizulegenden Zeitwert; 29. …“

C. Funktionsweise und dogmatische Einordnung I. Die Grundnorm des § 268 Abs. 8 HGB 1. Funktionsweise der Regelung Die Funktionsweise der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB wird durch den Wortlaut der Vorschrift vorgegeben. Der im Zuge des BilMoG neu geschaffene, in seiner Funktionsweise allerdings den „alten“ Ausschüttungssperren der §§ 269 S. 2, 274 Abs. 2 S. 3 HGB entsprechende83 § 268 Abs. 8 HGB verlangt, dass im Fall der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sowie des Bilanzausweises aktiver latenter Steuern als auch der Bewertung der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zum beizulegenden Zeitwert „[…] Gewinne nur ausgeschüttet werden [dürfen], wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags mindestens den insgesamt angesetzten Beträgen abzüglich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern entsprechen“. § 268 Abs. 8 HGB knüpft seinem Wortlaut nach unmittelbar an die Gewinnausschüttung an und stellt Ausschüttungsvoraussetzungen für den Fall auf, dass die von der Norm erfassten Bilanzierungssachverhalte vorliegen. Sind diese Sachverhalte gegeben, darf eine Ausschüttung des gesamten Gewinnes nur erfolgen, wenn nach der Ausschüttung noch ausreichend frei verfügbare Rücklagen resp. ein Gewinnvortrag vorhanden sind. Aus der Statuierung von Voraussetzungen für die Gewinnausschüttung ist zu folgern, dass § 268 Abs. 8 HGB kein generelles Ausschüttungsverbot hinsichtlich derjenigen Gewinne begründet, die auf die von der Norm umfassten Bilanzierungssachverhalte zurückgehen. Vielmehr folgt aus der Formulierung „[…] dürfen Gewinne nur ausgeschüttet werden, wenn […]“, dass diese Gewinne, die auf Grund des § 268 Abs. 8 HGB in ihrer Werthaltigkeit als unsicher einzuordnen sind84, durchaus ausgeschüttet werden können, sofern nach einer Ausschüttung noch frei verfügbare Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrages und abzüglich eines Verlustvortrages in entsprechender Höhe in der Gesellschaft vorhanden sind. Sollte dies allerdings nicht gewährleistet sein, muss eine Gewinnausschüttung, vollständig oder teilweise, unterbleiben. § 268 Abs. 8 HGB stellt damit kein striktes Ausschüt83 Die im Vergleich zu den Altregelungen erfolgten Änderungen hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereiches der Ausschüttungssperre, der zu beachtenden Rücklagen und des Abzugs passiver latenter Steuern, vgl. Einführung, B., II., 2., 3. und 4., haben keinen Einfluss auf die Funktionsweise der Regelung. 84 Vgl. dazu Einführung, B., II., 2. und 3.

C. Funktionsweise und dogmatische Einordnung

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tungsverbot, sondern nur eine gesetzlich normierte Beschränkung der Gewinnausschüttung dar. Diesem Umstand Folge leistend wird zur Umschreibung des Regelungsgehaltes des § 268 Abs. 8 HGB auch konsequenterweise von einer Ausschüttungssperre und nicht von einem Ausschüttungsverbot gesprochen. Für die konkrete Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB erfordern die Ausgestaltung der Vorschrift als eine die Ausschüttung von Gewinnen beschränkende (und nicht generell ausschließende) Regelung resp. die Statuierung von Ausschüttungsvoraussetzungen eine mehrstufige Vorgehensweise. In einem ersten Berechnungsschritt ist festzustellen, ob und in welcher Höhe eine Gesellschaft über frei verfügbare Rücklagen und einen Gewinn- resp. Verlustvortrag verfügt. Das auf diese Weise gewonnene Ergebnis gibt einen Überblick über die freien Eigenkapitalbestandteile der Gesellschaft und stellt das maximale Ausschüttungspotential dar. Im Anschluss an diesen ersten Berechnungsschritt ist der Betrag zu ermitteln, der nach § 268 Abs. 8 HGB in seiner Werthaltigkeit als kritisch zu bezeichnen ist und als ausschüttungsgesperrter Betrag zwingend in der Gesellschaft verbleiben muss. Ein Vergleich dieses ausschüttungsgesperrten Betrages mit dem maximalen Abführungspotential der Gesellschaft macht sodann in einem dritten Ermittlungsschritt deutlich, in welcher Höhe in der konkreten Periode einer Ausschüttung zugängliche Werte vorhanden sind (maximaler Ausschüttungsbetrag). Ein abschließender Vergleich dieses maximalen Ausschüttungsbetrages mit dem Bilanzgewinn der Gesellschaft führt zu der Feststellung, ob der Bilanzgewinn in voller Höhe ausgeschüttet werden darf oder ob er teilweise oder sogar in voller Höhe thesauriert werden muss. Der Teil des Bilanzgewinnes, der ausgeschüttet werden darf, stellt den zulässigen Ausschüttungsbetrag dar. Nur in genau dieser Höhe darf eine Ausschüttung erfolgen.85 Die Funktionsweise des § 268 Abs. 8 HGB erschöpft sich somit nicht in einer singulären Berechnung der kritischen Bilanzwerte, sondern erfordert eine mehrstufige Vorgehensweise. Hintergrund der technischen Ausgestaltung des § 268 Abs. 8 HGB als Ausschüttungssperre und nicht als Ausschüttungsverbot ist, dass sowohl frei verfügbare Rücklagen als auch der Gewinnvortrag nach der gesetzlichen Wertung den Gesellschaftern zustehen. Frei verfügbare Rücklagen sind weder von Gesetzes wegen noch auf Grund satzungsmäßiger Bestimmung oder sonstiger gesellschaftsvertraglicher Regelungen verwendungs- oder ausschüttungsbeschränkt86 und auch ein Gewinnvortrag ist grundsätzlich ausschüttungsfähig.87 Diese Beträge können nach Auflösung resp. Verrechnung ausgeschüttet werden und stellen kein die Gläubiger schützendes Kapital dar. Es macht somit keinen Unterschied, ob der in seiner 85 Die konkrete Ermittlung der genannten Werte und die Darstellung der mit der Ermittlung einhergehenden Probleme erfolgt ausführlich im zweiten Kapitel dieser Arbeit. 86 Vgl. statt vieler nur Koller/Roth/Morck/Morck, HGB, § 268 Rn. 10; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 1, 6; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 12. 87 Vgl. für die AG und die SE § 58 Abs. 4 i.V.m. § 158 S. 1 Nr. 1 AktG und für die GmbH § 29 Abs. 1 S. 1 GmbHG.

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Einführung

Werthaltigkeit als kritisch einzuordnende Gewinn i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB in der Gesellschaft verbleibt und die genannten Rücklagen aufgelöst resp. verrechnet und ausgeschüttet werden oder ob dieser Gewinn zunächst an die Gesellschafter verteilt wird und in der Folge die ursprünglich vorhandenen freien Rücklagen in gleicher Höhe einer Ausschüttungssperre unterliegen.88 Das Ergebnis ist jeweils das gleiche und eine Gläubigerbenachteiligung ist in beiden Fällen nicht gegeben. 2. Dogmatische Einordnung der Regelung § 268 Abs. 8 HGB knüpft unmittelbar an die Gewinnausschüttung einer Gesellschaft an und benennt Voraussetzungen für die Ausschüttung. Die Vorschrift stellt damit kein generelles Ausschüttungsverbot dar, sondern nur eine von Gesetzes wegen vorgesehene Ausschüttungsbeschränkung.89 Noch nicht geklärt wurde, auf welche konkrete Weise sich die Ausschüttungsbeschränkung umsetzen lässt resp. im Rahmen welcher konkreten Maßnahme § 268 Abs. 8 HGB zu berücksichtigen ist. Dazu macht § 268 Abs. 8 HGB keinerlei Angaben. Vielmehr beschränkt die Vorschrift ganz abstrakt die Ausschüttung von Gewinnen. Die lediglich abstrakte Beschränkung von Ausschüttungen hat zur Folge, dass für die Umsetzung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB das bestehende System der Gewinnausschüttungen resp. die Ebene der Ergebnisverwendung maßgeblich sind.90 § 268 Abs. 8 HGB enthält keinen eigenständigen Anwendungsmechanismus, sodass eine Umsetzung nur nach den allgemeinen Verwendungsregelungen erfolgen kann. Nach diesen Regelungen werden Ausschüttungen auf Grundlage eines Gewinnverwendungsbeschlusses vollzogen, für den bei Aktiengesellschaften gem. § 119 Abs. 1 Nr. 2 AktG die Hauptversammlung und bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung gem. § 46 Nr. 1 GmbHG die Gesellschafterversammlung das zuständige Organ ist. Derartige Gewinnverwendungsbeschlüsse sind allerdings nicht schrankenlos möglich, sondern nur soweit, wie sie nicht durch Satzung resp. Gesellschaftsvertrag oder gesetzliche Vorgaben beschränkt sind. Beispielhaft zu erwähnen sind die Beschränkungen im Anschluss an eine ordentliche oder vereinfachte Kapitalherabsetzung gem. §§ 225 Abs. 2, 230, 233 AktG resp. gem. § 58d GmbHG oder die Beschränkungen auf Grund satzungsmäßiger Regelungen zwecks Anerkennung der steuerlichen Gemeinnützigkeit gem. §§ 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, 59, 60 AO.91 88

In diesem Sinne auch Baetge/Kirsch/Thiele/Marx/Dallmann, Bilanzrecht, § 268 HGB, Rn. 114; Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 587 ff.; Heidel/Schall/Kuhn, HGB, § 268 Rn. 44; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 461; von der Laage, WM 2012, 1322, 1323. 89 Vgl. Einführung, C., I., 1. 90 So auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 586 ff.; Hennrichs, Status:Recht 2009, 127, 129; Verse, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2009, 67, 71; von der Laage, WM 2012, 1322. 91 Beispiele in Anlehnung an MüKo/Bayer, AktG, § 58 Rn. 85 ff.; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, § 58 Rn. 38; Scholz/Verse, GmbHG, § 29 Rn. 50; Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, AktG, § 58 Rn. 82.

C. Funktionsweise und dogmatische Einordnung

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Eine derartige von Gesetzes wegen vorgesehene Beschränkung des Gewinnverwendungsbeschlusses stellt § 268 Abs. 8 HGB dar. Die Vorschrift sieht Ausschüttungsvoraussetzungen vor, die im Rahmen eines Gewinnverwendungsbeschlusses Beachtung finden müssen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, darf der Gewinnverwendungsbeschluss keine Ausschüttung des Gewinnes in entsprechender Höhe vorsehen. Lediglich die weiteren im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses bestehenden Möglichkeiten der Thesaurierung bleiben den Gesellschaftern erhalten. Die Möglichkeit des Beschlusses von Ausschüttungen ist auf Grund des § 268 Abs. 8 HGB nicht mehr ausnahmslos gegeben. § 268 Abs. 8 HGB beschränkt somit konkret die inhaltlichen Möglichkeiten des Gewinnverwendungsbeschlusses92 und auf diese Weise gleichzeitig die Gewinnverwendungskompetenz93 der Hauptversammlung resp. der Gesellschafterversammlung. Die die inhaltlichen Möglichkeiten des Gewinnverwendungsbeschlusses resp. die Gewinnverwendungskompetenz der Gesellschafter beschränkende Wirkung des § 268 Abs. 8 HGB hat zugleich zur Folge, dass die Vorschrift, entgegen ihrer systematischen Verortung in den Rechnungslegungsnormen des HGB, streng dogmatisch eine gesellschaftsrechtliche Regelung darstellt. Die Ausschüttungssperre knüpft zwar hinsichtlich der erforderlichen Voraussetzungen ausschließlich an bilanzielle Sachverhalte an, ihre konkrete Umsetzung und Berücksichtigung erfolgt jedoch im Rahmen von gesellschaftsrechtlich ausgestalteten Maßnahmen.94 Diese Beschränkung von ausschließlich und unmittelbar im Gesellschaftsrecht verankerten Maßnahmen kann nach hier vertretener Ansicht nur dazu führen, dass die beschränkende Regelung selbst dem Gesellschaftsrecht zuzuordnen ist. Eine anderweitige dogmatische Einordnung ließe sich nur begründen, sofern § 268 Abs. 8 HGB auch unmittelbare Auswirkungen auf handelsrechtliche Entscheidungen resp. die Bilanz hätte. Dies wäre beispielsweise anzunehmen, wenn § 268 Abs. 8 HGB unmittelbar verlangen würde, dass für die in ihrer Werthaltigkeit unsicheren Beträge im Rahmen der Bilanzaufstellung eine Rücklage gebildet werden müsste. Eine derartige Regelung stellte § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. dar, der Gesellschaften i.S.d. § 264a HGB verpflichtete, die „alten“ Ausschüttungssperren der §§ 269 S. 2 und 274 Abs. 2 S. 3 HGB a.F. mit der Maßgabe anzuwenden, in ihrer Bilanz nach dem Posten Eigenkapital einen „Sonderposten in Höhe der aktivierten 92 In diesem Sinne auch Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 29 Rn. 15 ff.; Henssler/ Strohn/Henssler, Gesellschaftsrecht, § 29 GmbHG, Rn. 21; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, GmbHG, § 29 Rn. 9; Rammert/Thies, WPg 2009, 34, 36; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, § 58 Rn. 38; Scholz/Verse, GmbHG, § 29 Rn. 48 ff. Noch zu § 269 S. 2 HGB a.F. Michalski/Salje, GmbHG, § 29 Rn. 32. 93 So auch Baetge/Kirsch/Thiele/Marx/Dallmann, Bilanzrecht, § 268 HGB, Rn. 117; Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 590; Hennrichs, NZG 2009, 921, 923; Hennrichs, Status:Recht 2009, 127, 129; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 462; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 170 Rn. 62 u. § 174 Rn. 11; von der Laage, WM 2012, 1322, 1323. 94 In diesem Sinne ebenso Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 590; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453. A.A. wohl Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 2 und Zwirner, DStR 2011, 783, die von einer „handelsrechtlichen Ausschüttungssperre“ sprechen.

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Einführung

Bilanzierungshilfen“ anzusetzen. Eine solche Regelung könnte ohne Weiteres als bilanzrechtliche Sperre bezeichnet werden. § 268 Abs. 8 HGB sieht derartige Rücklagenbildungen dahingegen nicht vor. Die Ausschüttungssperre wirkt sich ausschließlich auf die von den Gesellschaftern zu treffenden Gewinnverwendungsbeschlüsse aus. Im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses resp. der Bilanzierung ist § 268 Abs. 8 HGB nicht zu beachten. Lediglich die Folgen des unter Berücksichtigung des § 268 Abs. 8 HGB getroffenen Gewinnverwendungsbeschlusses müssen in der Bilanz sichtbar und die nicht ausgeschütteten resp. thesaurierten Beträge entsprechend dem Beschluss ausgewiesen werden. § 268 Abs. 8 HGB stellt nach den vorstehenden Erläuterungen eine gesellschaftsrechtliche Regelung dar. Neben dieser allgemeinen dogmatischen Einordnung kann § 268 Abs. 8 HGB auch als Kapitalerhaltungsvorschrift im weiteren Sinne bezeichnet werden. Dies ist damit zu begründen, dass § 268 Abs. 8 HGB nicht nur die Gewinnverwendung als solche beschränkt, sondern sie stellt ebenfalls sicher, dass es nicht zu einer Ausschüttung von in ihrer Werthaltigkeit unsicheren Gewinnen resp. von kritischem Kapital an die Gesellschafter kommt. Die auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzwerte zurückgehenden Gewinne sollen in der Gesellschaft verbleiben, damit auch in Zukunft noch ausreichend Kapital vorhanden ist, um etwaige, in Zukunft aus Wertminderungen der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Aktivposten resultierende Aufwendungen ausgleichen zu können.95 Es soll vermieden werden, dass kritische Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB an die Gesellschafter fließen und als Folge davon für einen Verlustausgleich nur noch das vorhandene Grund- resp. Stammkapital zur Verfügung steht. Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB dient somit zumindest mittelbar auch dem Erhalt des Grund- resp. Stammkapitals96 und kann nach hier vertretener Meinung als Kapitalerhaltungsvorschrift (im weiteren Sinne) eingeordnet resp. bezeichnet werden.97 Die vorstehende Einordnung des § 268 Abs. 8 HGB als Kapitalerhaltungsvorschrift im weiteren Sinne hat zudem nicht nur dogmatische Bedeutung, sondern aus dieser Einordnung wird auch erkennbar, dass die Vorschrift nicht erst auf Ebene der tatsächlichen Auszahlung der Gewinne wirken kann, so wie es vereinzelt in der 95 Ähnlich Althoff, DStR 2012, 868; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 732; Petersen/ Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 335; Simon, NZG 2009, 1081, 1083. 96 Insoweit wird vereinzelt auch von einem „zusätzlichen Eigenkapitalpuffer“ gesprochen, vgl. Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 587; Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 195. Ähnlich Lanfermann/Röhricht, DStR 2009, 1216, 1217. 97 So auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 8; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453. Ebenfalls in diesem Sinne Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 14; Herzig/ Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 203; Kropff, FS Hüffer, 539, 540; Mindermann, WPg 2008, 273, 277; Rammert/Thies, WPg 2009, 34, 36; Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 195; Simon, NZG 2009, 1081, 1082, 1087; SystematischerPK/Lentz, § 268 HGB, Rn. 65; von der Laage, WM 2012, 1322, 1326.

C. Funktionsweise und dogmatische Einordnung

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Literatur98 vorgeschlagen wird. Der Vorschlag der Literatur, § 268 Abs. 8 HGB mit einer „individualrechtlichen Sperrwirkung“ und ohne Berührung des Gewinnverwendungsbeschlusses anzuwenden, sodass lediglich die Auszahlungsansprüche der Gesellschafter beschränkt werden99, ist mit dem Zweck der Kapitalerhaltung nicht in Einklang zu bringen. Dieser Vorschlag des Eingreifens der Ausschüttungssperre erst im Rahmen der tatsächlichen Auszahlungen der Gewinnanteile an die Gesellschafter hat seinen Ursprung offenbar in der Annahme, dass ein individueller Zahlungsanspruch der Gesellschafter bereits durch Feststellung des ausschüttungsfähigen Gewinnes entsteht100 und nicht erst durch den Gewinnverwendungsbeschluss.101 Würde man der Annahme der zitierten Literatur folgen, was nach hier vertretener Ansicht abzulehnen ist, erscheint der Vorschlag einer Auszahlungssperre zwar zweifelsfrei konsequent. Eine derartige Auszahlungssperre wäre allerdings in keiner Weise mit dem Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 HGB zu vereinbaren, der darauf abzielt, in ihrer Werthaltigkeit unsichere Gewinne in der Gesellschaft zu belassen, damit auch in Zukunft ausreichend Kapital vorhanden ist, um aus Wertminderungen resultierende Aufwendungen ausgleichen zu können. Dieser Zweck würde bei einer Auszahlungssperre verfehlt, da mit einer derartigen Regelung stets einhergeht, dass die Gewinnanteile bereits den einzelnen Gesellschaftern zugeteilt worden sind. Bilanziell hat das zur Konsequenz, dass in Höhe der (auszahlungsgesperrten) Gewinnansprüche Verbindlichkeiten ausgewiesen werden.102 Diese Verbindlichkeiten können jedoch, anders als Bestandteile des Eigenkapitals, nicht dazu verwendet werden, etwaige aus Wertminderungen der kritischen Bilanzposten resultierende Aufwendungen auszugleichen, sodass nach dem Vorgehen entsprechend der zitierten Literatur ein erhöhtes Risiko der Aufzehrung des Grund- resp. Stammkapitals besteht. Dieses Ergebnis soll aber gerade mit § 268 Abs. 8 HGB vermieden werden. Eine reine Auszahlungssperre in der vorgeschlagenen Form ist daher abzulehnen.103

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KölnerKomm/Ekkenga, AktG, § 170 Rn. 37. Vgl. KölnerKomm/Ekkenga, AktG, § 170 Rn. 37. 100 MüKo/Ekkenga, GmbHG, § 29 Rn. 75 ff. 101 So die absolut herrschende Meinung: vgl. m.w.N. nur Baumbach/Hopt/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 29 Rn. 49; Hüffer, AktG, § 58 Rn. 28; MüKo/Bayer, AktG, § 58 Rn. 103; Scholz/ Verse, GmbHG, § 29 Rn. 37. 102 Vgl. nur Baetge/Kirsch/Thiele/Marx/Dallmann, Bilanzrecht, § 266 HGB, Rn. 247; Beck’scherBilKo/Kozikowski/Schubert, § 266 HGB, Rn. 246; Bertram/Brinkmann/Kessler/ Müller/Wulf/Sackbrook, HGB, § 266 Rn. 155. 103 Ablehnend gegenüber einer „Auszahlungssperre“ auch ausdrücklich Gelhausen/Fey/ Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 55; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 337. 99

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Einführung

II. Die Spezialregelung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB 1. Funktionsweise der Regelung Ebenso wie bei § 268 Abs. 8 HGB lässt sich die Funktionsweise der von Kommanditgesellschaften zu beachtenden und auf die Ausschüttungssperre Bezug nehmenden Spezialregelung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB aus dem Wortlaut der Vorschrift ableiten, wonach „bei der Berechnung des Kapitalanteils nach [172 Abs. 4] Satz 2 [HGB] […] Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB] nicht zu berücksichtigen“ sind. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB knüpft demnach unmittelbar an die das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten regelnden Vorschriften an. Diesen Funktionszusammenhang verdeutlicht konkret die Bezugnahme auf § 172 Abs. 4 S. 2 HGB, der zusammen mit § 171 Abs. 1 HS. 2 HGB die Voraussetzungen für das Wiederaufleben der Haftung der Kommanditisten auf Grund von Gewinnentnahmen statuiert. Über diesen allgemeinen Anknüpfungspunkt hinaus ist aus dem Wortlaut des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB zu folgern, dass der Vorschrift kein für sich alleinstehender Regelungsgehalt zukommt. Vielmehr ist § 172 Abs. 4 S. 3 HGB in Fällen, in denen die vom sachlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzierungssachverhalte vorliegen, in die gem. § 172 Abs. 4 S. 2 i.V.m. § 171 Abs. 1 HS. 2 HGB vorzunehmende Ermittlung des Wiederauflebens der Haftung resp. des persönlichen Haftbetrages der Kommanditisten einzubeziehen. Konkret beeinflusst § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei dieser Ermittlung die Berechnung der Kapitalanteile der Kommanditisten. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB geht in seiner konkreten Ausgestaltung, anders als § 268 Abs. 8 HGB104, nicht auf eine bereits vor BilMoG bestehende Altregelung zurück. Die Vorschrift stellt vielmehr eine umfassende Neuregelung dar. Insbesondere der auf den „alten“ Ausschüttungssperren der §§ 269 S. 2 und 274 Abs. 2 S. 3 HGB a.F. beruhende § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. ist mit § 172 Abs. 4 S. 3 HGB nicht vergleichbar. § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. verpflichtete Gesellschaften i.S.d. § 264a HGB, die §§ 269 und 274 Abs. 2 HGB a.F. mit der Maßgabe anzuwenden, in der Bilanz nach dem Posten Eigenkapital einen „Sonderposten in Höhe der aktivierten Bilanzierungshilfen“ anzusetzen. Diese Sonderrücklage war zulasten der Kapitalanteile der Gesellschafter zu bilden105, womit der Zweck verfolgt wurde, die Entnahmemöglichkeiten aller Gesellschafter auf den Betrag zu beschränken, der sich ohne Inanspruchnahme der genannten Bilanzierungshilfen ergeben hätte.106 Im Gegensatz dazu verpflichtet § 172 Abs. 4 S. 3 HGB Kommanditgesellschaften nicht zur Bildung einer Sonderrücklage. Vielmehr ist § 172 Abs. 4 S. 3 HGB im Rahmen der Berechnung des persönlichen Haftbetrages eines Kommanditisten zu berücksichtigen. Auch ist § 172 Abs. 4 S. 3 HGB, anders als § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F., 104

Siehe Einführung, C., I., 1. Vgl. dazu nur ADS, § 264c HGB, Rn. 31. 106 Vgl. Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, 6. Aufl. 2006, § 264c HGB, Rn. 96; MüKo/ Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, §§ 264a – c Rn. 29. 105

C. Funktionsweise und dogmatische Einordnung

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nicht stets anzuwenden, wenn die von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzierungssachverhalte vorliegen, sondern nur, wenn auch tatsächlich Gewinne entnommen wurden. Aus der konkreten Ausgestaltung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB und der Anknüpfung an das Wiederaufleben der Haftung lässt sich des Weiteren folgern, dass die Vorschrift kein generelles Entnahmeverbot hinsichtlich der, auf die von § 268 Abs. 8 HGB umfassten Bilanzierungssachverhalte zurückgehenden, Gewinne vorsieht. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB stellt auch keine Entnahmesperre bezüglich der unsicheren Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB dar107, und weicht insoweit von § 268 Abs. 8 HGB ab, wonach Ausschüttungen zwingend unterbleiben müssen, wenn die von der Vorschrift vorgesehenen Voraussetzungen nicht vorliegen.108 Mit § 172 Abs. 4 S. 3 HGB geht demzufolge eine gesetzlich normierte Beschränkung von Entnahmen nicht einher. Vielmehr können Gewinne stets und in vollem Umfang entnommen werden, und zwar auch, wenn es sich bei den Gewinnen um in ihrer Werthaltigkeit kritische Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB handelt. Allerdings ist Folge der Entnahme der kritischen Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB, dass die persönliche Haftung eines Kommanditisten wieder aufleben und sich der Kommanditist dann nicht mehr auf einen etwaigen Haftungsausschluss berufen kann.109 § 172 Abs. 4 S. 3 HGB stellt somit weder ein Entnahmeverbot noch eine Entnahmesperre dar, sondern der Regelungsgehalt der Vorschrift erschöpft sich in der Beeinflussung der Ermittlung des persönlichen Haftbetrages der Kommanditisten im Fall von Gewinnentnahmen. Im Rahmen der Ermittlung des persönlichen Haftbetrages kommt es auf Grund des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB nur zu einer Modifizierung der Berechnung des Kapitalanteils des jeweiligen Kommanditisten. Die weiteren für die Frage nach einem Wiederaufleben der Haftung notwendigen Voraussetzungen resp. die zusätzlich zum Kapitalanteil zu bestimmenden maßgeblichen Werte bleiben dahingegen von § 172 Abs. 4 S. 3 HGB unberührt. Dies hat zur Konsequenz, dass für die Ermittlung des persönlichen Haftbetrages eines Kommanditisten zunächst geprüft werden muss, ob überhaupt eine Entnahme von Gewinnanteilen vorliegt. Ist dies der Fall, muss im Folgenden festgestellt werden, wie hoch der Betrag der geleisteten Einlage ist. Erst im Anschluss daran wird unter Einbeziehung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB resp. der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB der Kapitalanteil des Kommanditisten berechnet. Liegen diese einzelnen Werte vor, ist abschließend der Wert der geleisteten Einlage mit dem Wert des Kapitalanteils zu vergleichen. Erst das konkrete Verhältnis dieser beiden Werte zueinander macht deutlich, ob die persönliche Haftung des

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A.A. wohl Stahl/Burkhardt, BBK 2010, 106, 108, die im Zusammenhang mit § 172 Abs. 4 S. 3 HGB ausdrücklich von einer Entnahmesperre sprechen. 108 Siehe Einführung, C., I., 1. 109 Ebenso Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 254; Zwirner/Froschhammer, StuB 2012, 139, 141.

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Einführung

Kommanditisten wieder aufgelebt und wie groß ein etwaiger persönlicher Haftbetrag ist.110 2. Dogmatische Einordnung der Regelung Die gem. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB erfolgende Einbeziehung des § 268 Abs. 8 HGB in das Haftungssystem der Kommanditgesellschaften resp. in die Ermittlung des persönlichen Haftbetrages der Kommanditisten rechtfertigt sich aus der für Kommanditisten bestehenden Möglichkeit der Haftungsbegrenzung. Kommanditisten können die persönliche Inanspruchnahme durch Gläubiger der Gesellschaft resp. ihre persönliche Haftung gem. § 171 Abs. 1 HS. 2 HGB ausschließen, indem sie die von ihnen übernommene Hafteinlage vollständig leisten. Den Gläubigern der Gesellschaft steht in diesen Fällen nur die erbrachte Einlage als „haftendes Kapital“111 zur Verfügung. Der Ausschluss der persönlichen Haftung eines Kommanditisten und die im Folgenden bestehende Möglichkeit von haftungsunschädlichen Gewinnentnahmen ist allerdings nur gerechtfertigt, sofern die Einlage resp. das „haftende Kapital“ tatsächlich werthaltig sind.112 Entnahmen von unsicheren Gewinnen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB haben jedoch zur Konsequenz, dass zum Ausgleich von etwaigen in Zukunft aus Wertminderungen der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Bilanzposten i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB resultierenden Aufwendungen nur noch die ursprüngliche Einlage resp. das „haftende Kapital“ zur Verfügung steht. Dieses „haftende Kapital“ kann im Fall von Entnahmen der kritischen Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB nicht mehr als voll werthaltig bezeichnet werden, da es dann mit dem erhöhten Risiko des Aufwendungsausgleichs verbunden ist und im Fall tatsächlicher Wertminderungen nicht mehr den Gläubigern als Haftungsmasse zur Verfügung stehen würde. Dieses aus Gläubigersicht unbefriedigende Ergebnis soll durch § 172 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB vermieden werden. Nach diesen Vorschriften sind Entnahmen der unsicheren Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB nur mit der Konsequenz erlaubt, dass die persönliche Haftung des Kommanditisten in entsprechender Höhe wieder auflebt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass kritische Gewinne nicht an die Gesellschafter fließen und als Folge davon für einen Verlustausgleich nur noch das ursprünglich geleistete Kapital den Gläubigern zur Verfügung steht. Vielmehr haften die Kommanditisten im Fall von Entnahmen kritischer Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB wieder persönlich. Die Einbeziehung des § 268 Abs. 8 HGB in die Regelungen des Wiederauflebens der persönlichen Haftung eines Kommanditisten ist unter Berücksichtigung des 110 Die konkrete Ermittlung der genannten Werte mitsamt einer Darstellung der mit der Ermittlung einhergehenden Probleme erfolgt ausführlich im dritten Kapitel dieser Arbeit. 111 MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 72. 112 Siehe dazu m.w.N. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 171 Rn. 6; Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Strohn, HGB, § 171 Rn. 39; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 14; MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 46.

C. Funktionsweise und dogmatische Einordnung

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allgemeinen Entnahmesystems bei Kommanditgesellschaften als systemkonform zu bezeichnen. Eine Entnahmesperre resp. Entnahmebeschränkung, entsprechend der unmittelbaren Geltung des § 268 Abs. 8 HGB als Ausschüttungssperre bei Kapitalgesellschaften, wäre dahingegen nicht systemgerecht darstellbar, da Entnahmen von Kommanditisten bereits nach allgemeinen Regelungen nicht beschränkbar sind. Zwar folgt aus § 169 Abs. 1 S. 2 HGB, dass ein Kommanditist „[…] nur Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns […]“ hat und er „[…] auch die Auszahlung des Gewinns nicht fordern [kann], solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert werden würde“. § 169 HGB ist allerdings dispositiv und es können einem Kommanditisten Auszahlungsansprüche resp. Entnahmerechte über die gesetzliche Regelung hinaus eingeräumt werden.113 Insbesondere kann einem Kommanditisten das Recht eingeräumt werden, gewinnunabhängige Auszahlungen zu verlangen, und dies sogar, wenn durch die Auszahlungen sein Kapitalanteil negativ wird.114 Diese unbeschränkten Entnahmemöglichkeiten resp. die Dispositivität des § 169 HGB machen deutlich, dass es bei Kommanditgesellschaften keine Begrenzungen hinsichtlich der Entnahmen von Gewinnen gibt. Eine strenge Beschränkung von Entnahmen kritischer Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB wäre demgemäß nicht mit dem Entnahmesystem bei Kommanditgesellschaften vereinbar. Darüber hinaus ist die Eingliederung des § 268 Abs. 8 HGB in die Regelungen des Wiederauflebens der Haftung auch vor dem Hintergrund systemgerecht, dass Gläubiger einer Kommanditgesellschaft hinsichtlich der Entnahmen von Kommanditisten nur über § 172 Abs. 4 HGB geschützt werden.115 Auf Grund der Dispositivität des § 169 HGB sind sie nicht in den Schutzbereich des § 169 HGB einbezogen.116 Rückzahlungen von Einlagen eines Kommanditisten, sei es in Form von Auszahlungen der konkret geleisteten Einlage oder in Form von über den Kapitalanteil hinausgehender Gewinnentnahmen, sind nicht aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten verboten, sondern Gewinnentnahmen können gem. § 172 Abs. 4 HGB nur zu einem Wiederaufleben der persönlichen Haftung des Kommanditisten führen. Die Gläubiger werden ausschließlich dadurch geschützt, dass an die Stelle der ursprünglich auf die Haftsumme geleisteten Einlage die persönliche Haftung der Kommanditisten tritt. Dementsprechend ist es konsequent, im Fall von Entnahmen 113 Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 169 Rn. 7; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Weipert, HGB, § 169 Rn. 18 ff.; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 169 Rn. 1; MüKo/Grunewald, HGB, § 169 Rn. 9; Staub/Schilling, HGB, § 169 Rn. 8. 114 Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 169 Rn. 7; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Weipert, HGB, § 169 Rn. 19; MüKo/Grunewald, HGB, § 169 Rn. 9; Oetker/Oetker, HGB, § 169 Rn. 14. 115 Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, § 169 Rn. 1; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 169 Rn. 1; MüKo/Grunewald, HGB, § 169 Rn. 9. 116 Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 169 Rn. 1; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 169 Rn. 1; MüKo/Grunewald, HGB, § 169 Rn. 9.

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Einführung

der unsicheren Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB über § 172 Abs. 4 S. 3 HGB an das Wiederaufleben der Haftung anzuknüpfen. Die Vorschrift fügt sich systemkonform in die allgemein für Gläubiger einer Kommanditgesellschaft bestehenden Schutzmechanismen ein. Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass § 172 Abs. 4 S. 3 HGB, ebenso wie § 268 Abs. 8 HGB117, eine rein gesellschaftsrechtliche Regelung darstellt. Die Norm ist bereits systematisch von den gesellschaftsrechtlichen Regelungen des HGB bezüglich der Kommanditgesellschaften erfasst. Zudem ist entscheidend für die Einordnung als gesellschaftsrechtliche Regelung, dass § 172 Abs. 4 S. 3 HGB an klassische, dem Gesellschaftsrecht zuzuordnende Mechanismen anknüpft – vorliegend die Haftung resp. das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten –, und dementsprechend als eine besondere Ausprägung gesellschaftsrechtlicher Instrumente nach hier vertretener Ansicht nur dem Gesellschaftsrecht zugeordnet werden kann. Etwas anderes ergibt sich auch nicht in Anbetracht des Umstandes, dass § 172 Abs. 4 S. 3 HGB zumindest mittelbar über § 268 Abs. 8 HGB an bilanzielle Sachverhalte anknüpft. Aus dieser bilanziellen Bezugnahme folgen lediglich die Voraussetzungen für die Anwendung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB. Ihre konkrete Umsetzung und Berücksichtigung erfolgt jedoch im Rahmen einer gesellschaftsrechtlich ausgestalteten Maßnahme.

III. Die Spezialregelung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB 1. Funktionsweise der Regelung Neben der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB und der im Zusammenhang mit dem Wiederaufleben der Haftung von Kommanditisten zu beachtenden Vorschrift des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB wurde im Zuge des BilMoG die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB eingeführt. Die Abführungssperre ist bei Bestehen eines Gewinnabführungsvertrages i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG zu berücksichtigen und kennt, ebenso wie § 172 Abs. 4 S. 3 HGB, keine vergleichbare Vorgängernorm.118 Vor BilMoG war allerdings umstritten, ob die „alten“ Ausschüttungssperren der §§ 269 S. 2, 274 Abs. 2 S. 3 HGB und ein daraus resultierender ausschüttungsgesperrter Betrag in entsprechender Anwendung im Rahmen von Gewinnabführungsverträgen zu beachten waren.119 Der Gesetzgeber hat diese Diskussion aufgegriffen und sich für die Einführung einer ausdrücklich normierten Abführungssperre entschieden.120 117 118 119 120

Siehe Einführung, C., I., 2. Vgl. zu § 172 Abs. 4 S. 3 HGB die Ausführungen unter Einführung, C., II., 1. Vgl. Einführung, B., I. und II., 3. Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64.

C. Funktionsweise und dogmatische Einordnung

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Die Abführungssperre ergibt sich aus einem Zusammenwirken aus der aktienrechtlichen Vorschrift des § 301 AktG, die den Höchstbetrag möglicher Gewinnabführungen bestimmt, und der gesellschaftsrechtlichen121 Vorschrift des § 268 Abs. 8 HGB, die die „neue“ Ausschüttungssperre mit ihrem unmittelbaren Anwendungsgehalt umfasst. Dieses Zusammenwirken lässt sich eindeutig aus dem Wortlaut des § 301 S. 1 AktG ableiten, wo es wörtlich heißt: „Eine Gesellschaft kann, gleichgültig welche Vereinbarungen über die Berechnung des abzuführenden Gewinns getroffen worden sind, als ihren Gewinn höchstens den ohne die Gewinnabführung entstehenden Jahresüberschuss, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr, um den Betrag, der nach § 300 [AktG] in die gesetzlichen Rücklagen einzustellen ist, und den nach § 268 Abs. 8 des Handelsgesetzbuchs ausschüttungsgesperrten Betrag, abführen“. Die Bezugnahme des § 301 S. 1 AktG auf § 268 Abs. 8 HGB rechtfertigt es zudem, die neue Regelung als „Abführungssperre i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB“ zu bezeichnen und nicht, wie es vermehrt in der Literatur gemacht wird122, die Abführungssperre ausschließlich auf die aktienrechtliche Vorschrift des § 301 S. 1 AktG zu stützen. Insbesondere vor dem Hintergrund der sonstigen von § 301 S. 1 AktG erfassten Abzugsposten (Verlustvortrag, Einstellungen in die gesetzliche Rücklage) wäre es nach hier vertretener Ansicht nicht sachgemäß, von der „Abführungssperre i.S.d. § 301 S. 1 AktG“ zu sprechen. Des Weiteren wird aus der Eingliederung des § 268 Abs. 8 HGB in die aktienrechtliche Vorschrift des § 301 AktG erkennbar, dass der Abführungssperre kein für sich alleinstehender Regelungsgehalt zukommt. Ebenso wie § 172 Abs. 4 S. 3 HGB, der im Rahmen der Ermittlung des persönlichen Haftbetrages eines Kommanditisten anzuwenden und dabei konkret in die Berechnung des Kapitalanteils einzubeziehen ist123, ergänzt die Abführungssperre lediglich einen bereits vor BilMoG bestehenden Anwendungs- resp. Berechnungsmechanismus. Konkret modifiziert die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB die Ermittlung des gesetzlichen Höchstbetrages der Gewinnabführung gem. § 301 AktG und stellt im Rahmen der für diese Ermittlung aufzustellenden Berechnung einen Abzugsposten dar. Liegen die von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzierungssachverhalte vor, müssen die daraus resultierenden und in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge bei der Ermittlung des maximal abführbaren Gewinnes ergebnismindernd Berücksichtigung finden. Die weiteren von § 301 AktG erfassten und den Abführungshöchst-

121

Vgl. Einführung, C., I., 2. Siehe bspws. Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 15; Dreixler/Ernst, StuB 2011, 123, 130; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 60; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 171; Hoffmann/Lüdenbach, DStR 2008, Beih. zu Heft 30, 49, 62; Petersen, WPg 2011, 255, 260; Simon, NZG 2009, 1081, 1085; ders., Status:Recht 2009, 205. 123 Vgl. zur Funktionsweise des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB die Ausführungen unter Einführung, C., II., 1. 122

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Einführung

betrag beeinflussenden Werte haben sich im Vergleich zur Rechtslage vor BilMoG allerdings nicht verändert.124 Die Eingliederung der Abführungssperre in die Ermittlung des maximal abführbaren Gewinnes macht darüber hinaus deutlich, dass sich die Anwendung der Regelung nicht darin erschöpft, ausschließlich die gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB vor einer Gewinnabführung gesperrten Beträge zu bestimmen. Vielmehr erfordert die Abführungssperre ein mehrstufiges Vorgehen, das vergleichbar ist mit der Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages bei unmittelbarer Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB.125 In einem ersten Berechnungsschritt bedarf es der Bestimmung des einer Abführung maximal zugänglichen Betrages ohne Berücksichtigung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB. Dieser Wert macht erkennbar, in welcher Höhe maximal für eine Gewinnabführung verwendbare Mittel in der Gesellschaft vorhanden sind und er ist als maximales Abführungspotential zu bezeichnen. An die Berechnung des maximalen Abführungspotentials anknüpfend sind die in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB festzustellen. Diese kritischen Werte sind als abführungsgesperrte Beträge zu bezeichnen und stellen in ihrer Gesamtheit den Abzugsposten der Abführungssperre dar.126 Die Differenz aus maximalem Abführungspotential und dem Gesamtbetrag der abführungsgesperrten Beträge ergibt den zulässigen Abführungsbetrag. Die Neuregelung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB stellt kein striktes Abführungsverbot bezüglich der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge dar. Dies wird konkret dadurch ersichtlich, dass § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB lediglich einen Abzugsposten vom zulässigen Abführungsbetrag vorsieht und die den abführbaren Gewinn mindernde Wirkung durch die Auflösung von innervertraglichen Gewinnrücklagen i.S.d. § 301 S. 2 AktG ausgeglichen werden kann. Sind beispielsweise im fiktiven Jahresüberschuss kritische Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 124 So auch Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 63. 125 Vgl. Einführung, C., I., 1. 126 Die Begrifflichkeit „abführungsgesperrte Beträge“ wird vom Gesetz nicht verwendet. § 301 S. 1 AktG spricht vielmehr von dem „nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Betrag“. Auch in der Literatur wird von zahlreichen Autoren im Zusammenhang mit der Abführungssperre von „ausschüttungsgesperrten Beträgen“ gesprochen, vgl. nur Dahlke, BB 2009, 878, 880; Dreixler/Ernst, StuB 2011, 123, 130 ff.; Ernst/Seidler, ZGR 2008, 631, 637, Fn. 11; Heidel/Schubert, Aktienrecht, § 301 AktG, Rn. 7; Kaeser, DStR 2010, Beih. zu Heft 30, 56, 58; Kahle/Schulz/Vogel, Ubg 2011, 178, 185; Kessler/Leinen/Strickmann/Budde/Kessler, Handbuch BilMoG, 445; Lanfermann/Röhricht, DStR 2009, 1216; Simon, NZG 2009, 1081, 1085. Dies scheint nach hier vertretener Ansicht nicht sachgerecht, da es im Rahmen von Gewinnabführungen keine Ausschüttungen gibt und folglich auch keine ausschüttungsgesperrten Beträge vorliegen können, so auch Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 66; Schmidt/ Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 18; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 113, 115. Dementsprechend wird zur Umschreibung der in ihrer Werthaltigkeit kritischen und gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB vor einer Gewinnabführung gesperrten Beträge im Folgenden stets von „abführungsgesperrten Beträgen“ gesprochen.

C. Funktionsweise und dogmatische Einordnung

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HGB enthalten und liegen gleichzeitig Gewinnrücklagen i.S.d. § 301 S. 2 AktG in gleicher Höhe vor, die nicht aufgelöst und einer Abführung zugänglich gemacht werden, kommt es zu einem Ausgleich des Abzugspostens. Ein Verbot der Abführung der in ihrer Werthaltigkeit unsicheren Beträge besteht faktisch nicht. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB enthält vielmehr nur eine Abführungsbeschränkung resp. -sperre. 2. Dogmatische Einordnung der Regelung Die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB vermindert nach dem Wortlaut des § 301 S. 1 AktG den Höchstbetrag der Gewinnabführung. Damit kommt der Abführungssperre kein für sich alleinstehender Regelungsgehalt zu, sondern sie ergänzt als Abzugsposten die bisherigen Regelungen zur Ermittlung des gesetzlichen Höchstbetrages. Der von § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB umfasste abführungsgesperrte Betrag stellt somit eine reine Rechengröße dar. Die sich aus der Verminderung des Höchstbetrages der Gewinnabführung ergebende rechtliche Wirkung der Abführungssperre ist dahingegen nicht ohne Weiteres aus § 301 S. 1 AktG oder aus § 268 Abs. 8 HGB ersichtlich. Zu deren Bestimmung bedarf es vielmehr des Abstellens auf die rechtliche Einordnung des Gewinnabführungsanspruches resp. der beschränkenden Wirkung des § 301 AktG im Allgemeinen. Der Anspruch auf Gewinnabführung innerhalb eines Gewinnabführungsverhältnisses i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG ergibt sich unmittelbar aus den zwischen den Gesellschaften getroffenen Vereinbarungen.127 Diese sind maßgebend für Entstehung und Inhalt des Anspruches, was wiederum zur Konsequenz hat, dass der Gewinnabführungsanspruch als schuldrechtlicher Anspruch zu kategorisieren ist.128 Diese Einordnung hat für die Bilanzierung zur Folge, dass die sich auf Grund des Gewinnabführungsvertrages ergebenden Gewinne gem. § 277 Abs. 3 S. 2 HGB in der Gewinn- und Verlustrechnung der beteiligten Gesellschaften als abgeführte resp. erhaltene Gewinne gesondert unter entsprechender Bezeichnung auszuweisen sind. In der Bilanz der zur Abführung verpflichteten Gesellschaft muss der Abführungsbetrag gem. § 266 Abs. 3 C. 6. HGB als Verbindlichkeit gegenüber verbundenen Unternehmen passiviert werden, sofern noch keine Auszahlung erfolgt ist.129 Bei der begünstigten Gesellschaft ist der Gewinnabführungsanspruch auf der 127

Vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 1; Hölters/ Deilmann, AktG, § 301 Rn. 5; Hüffer, AktG, § 291 Rn. 26; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 291 Rn. 76 und § 301 Rn. 1; MüKo/Altmeppen, AktG, § 291 Rn. 143 u. § 301 Rn. 1, 12; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 291 Rn. 34. 128 So auch Brandes, GS Winter, 43, 46; Dreixler/Ernst, StuB 2011, 123, 125; Emmerich/ Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 291 AktG, Rn. 52; Hüffer, AktG, § 291 Rn. 26; MüKo/ Altmeppen, AktG, § 291 Rn. 147 ff.; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 19 ff.; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 2. 129 Vgl. nur Beck’scherBilKo/Ellrott/Krämer, § 266 HGB, Rn. 244; Küting/Pfitzer/Weber/ Dusemond/Heusinger-Lange/Knop, HdR-E, § 266 HGB, Rn. 161.

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Einführung

Aktivseite der Bilanz gem. § 266 Abs. 2 B. II. 2. HGB als Forderung gegen verbundene Unternehmen auszuweisen.130 Trotz des schuldrechtlichen Charakters des Gewinnabführungsanspruches und der daraus resultierenden vertraglichen Ausgestaltungsmöglichkeiten wird die maximale Höhe des abführbaren Gewinnes durch die §§ 300 f. AktG beschränkt. Die von § 300 AktG erfassten Einstellungen in die gesetzliche Rücklage als auch die von § 301 S. 1 AktG umfassten Abzugsposten verringern den Höchstbetrag des abführbaren Gewinnes, was konkret zur Folge hat, dass bereits die Entstehung des schuldrechtlichen Anspruches begrenzt wird. Der Gewinnabführungsanspruch gegen die zur Abführung verpflichtete Gesellschaft entsteht nur in Höhe des um die Kürzungen der §§ 300 f. AktG verminderten Betrages. Für die rechtliche Einordnung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB hat das wiederum zur Konsequenz, dass sie ebenfalls als Beschränkung des schuldrechtlichen Gewinnabführungsanspruches zu verstehen ist.131 Die Regelung führt zu einem rechnerischen Abzugsposten i.S.d. § 301 S. 1 AktG und beeinflusst durch Verminderung des abführbaren Gewinnes bereits die Entstehung des Anspruches. Neben der den schuldrechtlichen Gewinnanspruch beschränkenden Wirkung der §§ 300 f. AktG im Allgemeinen resp. des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB im Speziellen ist noch zu berücksichtigen, dass § 301 AktG von der Literatur auch als Vorschrift der Kapitalerhaltung eingeordnet wird.132 Dies ist darauf zurückzuführen, dass auf Grund der gesetzlichen Festlegung einer Höchstgrenze der Gewinnabführung Kapital zum Schutz von Gläubigern und Minderheitsgesellschaftern133 in der Gesellschaft gebunden wird. Die Einordnung als Kapitalerhaltungsregel muss in gleichem Maße für die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB134 gelten, da auch diese Regelung auf die Erhaltung von Kapital gerichtet und damit insbesondere dem Gläubigerschutz zu dienen bestimmt ist.135 Mit der Abführungssperre wird konkret sichergestellt, dass es nicht zu einer Abführung von in ihrer Werthaltigkeit kritischen Gewinnen kommt und in Zukunft noch ausreichend Kapital in der Gesellschaft vorhanden ist, um etwaige, in Zukunft aus Wertminderungen der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Bilanzposten resultierende Aufwen130 Vgl. nur Beck’scherBilKo/Ellrott/Krämer, § 266 HGB, Rn. 118; Küting/Pfitzer/Weber/ Dusemond/Heusinger-Lange/Knop, HdR-E, § 266 HGB, Rn. 86. 131 So ausdrücklich auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 632; Herzig/Fuhrmann/ Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 251; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 174. 132 Vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 1; Heidel/ Schubert, Aktienrecht, § 301 AktG, Rn. 1; Hölters/Deilmann, AktG, § 301 Rn. 1; Hüffer, AktG, § 301 Rn. 1; MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 2; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 1. 133 Vgl. u. a. Hölters/Deilmann, AktG, § 301 Rn. 1; Hüffer, AktG, § 301 Rn. 1; MüKo/ Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 3; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 7. 134 In diesem Sinne auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584; Hüffer, AktG, § 301 Rn. 5; Simon, NZG 2009, 1081, 1085. 135 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64.

C. Funktionsweise und dogmatische Einordnung

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dungen ausgleichen zu können. Auf Grund der Nichtabführung der kritischen Gewinne wird ein späterer Rückgriff auf das Grund- resp. Stammkapital von vornherein vermieden. Schließlich hat die Eingliederung der Abführungssperre in § 301 S. 1 AktG als auch ihr auf die Erhaltung von Kapital gerichteter Zweck zur Folge, dass die Regelung, auch wenn sie hinsichtlich ihrer Voraussetzungen an bilanzielle Sachverhalte anknüpft und in ihrer unmittelbaren Wirkung einen schuldrechtlichen Anspruch beschränkt, dem Gesellschaftsrecht zuzuordnen ist. Ihre enge Verknüpfung mit der aktienrechtlichen Gewinnabführung lässt eine anderweitige dogmatische Zuordnung nicht zu.136

136 So wohl auch Zwirner, DStR 2011, 783, der zwar einerseits von der „handelsrechtlichen Ausschüttungssperre“, andererseits aber von der „aktienrechtlichen Gewinnabführungssperre“ spricht.

Erstes Kapitel

Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB A. Persönlicher Anwendungsbereich Sowohl der Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB, welcher von „ausgeschüttet“ resp. „Ausschüttung“ spricht, als auch die Begründung des Regierungsentwurfes1 zum BilMoG lassen auf den ersten Blick die Annahme zu, dass die „neue“ Ausschüttungssperre ausschließlich von Kapitalgesellschaften zu berücksichtigen ist. Der Begriff „Ausschüttung“ wird rechtsdogmatisch nur im Zusammenhang mit Kapitalgesellschaften verwendet2, wohingegen bei Personenhandelsgesellschaften das Gesetz von „Auszahlung“3 und die Literatur einhellig von „Entnahmen“4 spricht. Zudem heißt es in der Regierungsbegründung zum BilMoG wörtlich: „Der Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre wird auf Kapitalgesellschaften beschränkt“.5 Bei dieser Annahme darf jedoch nicht stehen geblieben werden. Vielmehr ist zu beachten, dass trotz gleichen Wortlautes der „alten“ Ausschüttungssperren6 und ähnlichen, auf Kapitalgesellschaften bezogenen Aussagen während des Gesetzgebungsverfahrens zum BiRiLiG7 bereits vor BilMoG in der Literatur8 umfassend diskutiert wurde, ob der persönliche Anwendungsbereich nicht auch auf weitere Bilanzierungspflichtige ausgedehnt werden sollte oder gar müsste. Zudem gab es vor BilMoG den bereits in der Einführung dieser Arbeit erwähnten9 und nunmehr er1

RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067. Vgl. statt vieler m.w.N. MüKo/Bayer, AktG, § 58 Rn. 84 ff., 102 ff. und MüKo/Ekkenga, GmbHG, § 29 Rn. 1 ff.; vgl. auch § 58 Abs. 5 AktG, der von „Sachausschüttung“ spricht. Zu der Begrifflichkeit „Ausschüttung“ im Rahmen des § 268 Abs. 8 HGB: Stahl/Burkhardt, BBK 2010, 106, 107; Wehrheim/Rupp, DB 2009, 356, 357. 3 Vgl. §§ 122 Abs. 1, 169 Abs. 1 HGB. 4 Statt vieler Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 122 Rn. 1; MüKo/Priester, HGB, § 122 Rn. 5. 5 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 6 Vgl. §§ 269 S. 2, 274 Abs. 2 S. 3 HGB a.F., Art. 44 S. 1 EGHGB. 7 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 10/4268, 106. 8 Vgl. statt vieler Beck’scherBilKo/Winkeljohann/Lawall, 6. Aufl. 2006, § 269 HGB, Rn. 1 und 13; Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2675; MüKo/Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, § 269 Rn. 4 und 16. 9 Vgl. Einführung, C., II., 1. 2

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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satzlos gestrichenen § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. Diese Vorschrift stellte eine auf den „alten“ Ausschüttungssperren beruhende Sondernorm für Personenhandelsgesellschaften i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB dar, wodurch der Regelungsgehalt der Sperren in technisch modifizierter Weise auf Gesellschaften i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB ausgedehnt wurde. Bereits diese beiden Aspekte machen eine ausführliche Prüfung des persönlichen Anwendungsbereiches des § 268 Abs. 8 HGB unumgänglich. Ein bloßes Abstellen auf die in Gesetz und Gesetzesbegründung gewählten Begrifflichkeiten unter gleichzeitigem Außerachtlassen weiterer, insbesondere systematischer Erwägungen, käme daher zu kurz. Vielmehr bedarf es einer umfassenden Untersuchung, wie weit der persönliche Anwendungsbereich bei Kapitalgesellschaften zu ziehen ist und ob die Ausschüttungssperre nicht auch auf Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute ausgedehnt werden muss.10

I. Kapitalgesellschaften Das Handelsgesetzbuch sieht im Zweiten Abschnitt des Dritten Buches zahlreiche ergänzende Sondervorschriften betreffend die Bilanzierung der Kapitalgesellschaften vor. Davon betroffen sind, wie sich bereits aus der Überschrift des Gesetzesabschnittes ergibt, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Diese Gesellschaften haben neben den für alle Bilanzierenden geltenden §§ 242 bis 263 HGB auch die §§ 264 bis 335b HGB zu beachten. Der die Ausschüttungssperre regelnde § 268 Abs. 8 HGB ist Teil dieser Sondervorschriften und demnach bereits auf Grund seiner systematischen Verortung von AG, KGaA und GmbH zu berücksichtigen. In der Literatur11 wird daher auch davon gesprochen, dass die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB von Kapitalgesellschaften „originär“ anzuwenden sei. Dieser rein systematischen Einordnung steht auch nicht entgegen, dass es sich bei § 268 Abs. 8 HGB um eine gesellschaftsrechtliche und nicht um eine handelsrechtliche Regelung handelt und ein bloßes Abstellen auf die handelsrechtliche Gesetzesverortung zu unsachgemäßen Ergebnissen führen könnte.12 Denn auch unter rein gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkten lässt sich die Anwendung der Ausschüttungssperre auf die vorgenannten Kapitalgesellschaften ohne Weiteres begründen. So folgt aus § 58 Abs. 4 AktG für Aktiengesellschaften und Kommandit-

10 Die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf spezielle Rechts- resp. Unternehmensformen, wie bspws. eingetragene Genossenschaften (vgl. §§ 336 ff. HGB), Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (vgl. §§ 340 ff. HGB) oder Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds (vgl. §§ 341 ff. HGB), ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. 11 Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 209; Simon, NZG 2009, 1081, 1082. 12 Siehe dazu Einführung, C., I., 2.

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

gesellschaften auf Aktien13, dass die (Kommandit-)Aktionäre einen Anspruch auf den Bilanzgewinn nur haben, „[…] soweit er nicht nach Gesetz […] von der Verteilung unter die Aktionäre ausgeschlossen ist“. Gleiches geht aus § 29 Abs. 1 S. 1 GmbHG für Gesellschaften mit beschränkter Haftung hervor. GmbH-Gesellschafter haben lediglich einen Anspruch auf den Jahresüberschuss resp. nach § 29 Abs. 1 S. 2 GmbHG auf den Bilanzgewinn, „[…] soweit der sich ergebende Betrag nicht nach Gesetz […] von der Verteilung unter die Gesellschafter ausgeschlossen ist“. Eine derartige, die Gewinnverteilung von Gesetzes wegen beschränkende Regelung stellt § 268 Abs. 8 HGB dar14, sodass die Ausschüttungssperre systemkonform in das gesellschaftsrechtliche Gewinnverwendungssystem eingeordnet werden kann. § 268 Abs. 8 HGB ist demnach nicht nur auf Grund seiner systematischen Stellung, sondern auch auf Grund des § 58 Abs. 4 AktG bei AG und KGaA resp. des § 29 Abs. 1 S. 1 GmbHG bei der GmbH anzuwenden. Im Übrigen deckt sich diese Feststellung auch mit der Regierungsbegründung zum BilMoG15, wonach der Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre auf Kapitalgesellschaften beschränkt werden sollte. Darüber hinaus ist § 268 Abs. 8 HGB von Europäischen Gesellschaften (SE) anzuwenden. Dies folgt allerdings nicht aus Artikel 61 der EG-Verordnung 2157/ 200116, wonach eine SE „[…] hinsichtlich der Aufstellung ihres Jahresabschlusses und gegebenenfalls ihres konsolidierten Abschlusses einschließlich des dazugehörigen Lageberichts sowie der Prüfung und der Offenlegung dieser Abschlüsse den Vorschriften, die für dem Recht des Sitzstaates der SE unterliegende Aktiengesellschaften gelten“, unterliegt. § 268 Abs. 8 HGB ist keine Vorschrift, die bei Aufstellung des Jahresabschlusses Berücksichtigung findet. Vielmehr greift die Ausschüttungssperre erst bei einem etwaigen Beschluss über die Gewinnverteilung an die Gesellschafter. Dementsprechend ergibt sich die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB nach hier vertretener Ansicht unmittelbar aus Art. 52 SE-VO, der (auch) für den Gewinnverwendungsbeschluss auf die nationalen Vorschriften für Aktiengesellschaften verweist17 resp., auf Grund der dogmatischen Einordnung des § 268 Abs. 8 HGB als Kapitalerhaltungsvorschrift im weiteren Sinne18, aus Art. 5 SE-VO, der hinsichtlich des Kapitals und dessen Erhaltung ebenfalls auf nationale aktienrechtliche Vorschriften verweist. Folglich ist eine im Inland ansässige SE hinsichtlich der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB wie eine deutsche AG zu behandeln. Die Ausschüttungssperre greift auch für diese Gesellschaftsform.

13 Die Anwendung des § 58 Abs. 4 AktG auf Kommanditgesellschaften auf Aktien folgt aus § 278 Abs. 3 AktG. 14 Vgl. Einführung, C., I., 2. 15 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 16 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), Abl. L 294 vom 10. 11. 2001, 1 ff. 17 Vgl. dazu nur Manz/Mayer/Schröder/Mayer, SE-VO, Art. 52 Rn. 13; Lutter/Hommelhoff/Spindler, SE-Kommentar, Art. 52 Rn. 28. 18 Siehe Einführung, C., I., 2.

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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Die vorgenommene Einordnung macht deutlich, dass AG, SE, KGaA und GmbH die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB bei der Verteilung ihres Gewinnes zu beachten haben. Trotz dieser festgestellten Anwendungsgleichheit für die verschiedenen Gesellschaftsformen darf nicht übersehen werden, dass zwischen Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung einerseits und Kommanditgesellschaften auf Aktien andererseits ein grundlegender Unterschied besteht, der Auswirkungen auf die Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB hat. Es muss Berücksichtigung finden, dass der der Gewinnverteilung zu Grunde liegende Betrag bei AG, SE und GmbH maßgeblich ist für alle ihre Gesellschafter. Deren Gewinnansprüche orientieren sich an dem festgestellten Jahresüberschuss resp. Bilanzgewinn.19 Dahingegen ist der für die Gewinnverteilung heranzuziehende Bilanzgewinn im Jahresabschluss einer KGaA, und damit auch § 268 Abs. 8 HGB in unmittelbarer Anwendung, ausschließlich maßgeblich für die Kommanditaktionäre der Gesellschaft.20 Nur diese partizipieren an dem Bilanzgewinn der Gesellschaft. Komplementäre von KGaA haben keinen Anspruch am Bilanzgewinn. Diesen wird vielmehr der ihnen zustehende Gewinnanteil der Periode bereits vor Feststellung des Jahresabschlusses zugerechnet und mindert auf diese Weise den Jahresüberschuss der KGaA21 und folglich auch deren Bilanzgewinn. Dementsprechend kann die Ausschüttungssperre in ihrer unmittelbaren Anwendung auch nur zu einer Beschränkung der Ausschüttung an die Kommanditaktionäre führen. Die Zurechnung der Gewinnanteile der Komplementäre ist von § 268 Abs. 8 HGB nicht erfasst. Beachtet man allerdings, dass in den Gewinnanteilen der Komplementäre einer KGaA Beträge enthalten sein können, die auf die von § 268 Abs. 8 HGB erfassten und in ihrer Werthaltigkeit als unsicher zu erachtenden Bilanzwerte zurückgehen, kann bei der vorgenannten Feststellung nicht stehen geblieben werden. Vielmehr ist unter Berücksichtigung des gläubigerschützenden Zwecks der Ausschüttungssperre genauer zu untersuchen, ob § 268 Abs. 8 HGB nicht auch für Komplementäre einer KGaA, zumindest in entsprechender Anwendung, gelten muss. Da die unbeschränkt haftenden Gesellschafter allerdings dem Recht der Personenhandelsgesellschaften unterliegen22 und demgemäß auch die Frage nach einer entsprechenden Anwendung der Ausschüttungssperre auf Komplementäre danach zu beurteilen ist, ob und wie Personenhandelsgesellschaften generell dem Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB unterliegen, soll im Folgenden zunächst eine genauere Einordnung dieser

19

Vgl. § 58 Abs. 3 u. 4 AktG und § 29 Abs. 1 GmbHG. Vgl. nur KölnerKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 286 Rn. 34; MüKo/Perlitt, AktG, § 286 Rn. 5; Schmidt/Lutter/Schmidt, AktG, § 286 Rn. 12. 21 Vgl. mit unterschiedlichen Ausweispositionen ADS, § 286 AktG, Rn. 42 ff.; Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 320; KölnerKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 286 Rn. 11 ff. u. 43 ff.; MüKo/Perlitt, AktG, § 286 Rn. 11 u. 91; Spindler/Stilz/ Bachmann, AktG, § 286 Rn. 11; Schütz/Bürgers/Riotte/Riotte/Hansen, § 6 Rn. 113. 22 Vgl. § 278 Abs. 2 AktG. 20

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

Bilanzierungspflichtigen erfolgen. Erst im Anschluss daran erscheint eine Auseinandersetzung mit den Komplementären einer KGaA sachgemäß. Über diese Besonderheiten der KGaA hinaus muss auch berücksichtigt werden, dass die Anwendung des gesamten Zweiten Abschnittes des Dritten Buches des HGB, und damit auch die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB, für die genannten Kapitalgesellschaften nur den Regelfall darstellt. Eine davon abweichende Einordnung kann sich daraus ergeben, dass bei bestimmten gesellschaftsrechtlichen Konzernstrukturen für abhängige Unternehmen die Möglichkeit besteht, einzelne Unterabschnitte der ergänzenden Vorschriften unberücksichtigt zu lassen. Nach § 264 Abs. 3 HGB braucht eine Kapitalgesellschaft, die Tochterunternehmen eines gem. § 290 HGB zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichteten Mutterunternehmens ist, unter bestimmten Voraussetzungen die Vorschriften des Ersten, Dritten und Vierten Unterabschnittes des Zweiten Abschnittes des Dritten Buches des HGB nicht anwenden. Das gleiche gilt gem. § 264 Abs. 4 HGB für Kapitalgesellschaften, die Tochterunternehmen eines nach § 11 PublG zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichteten Mutterunternehmens sind. Diese Ausnahmemöglichkeiten gelten auch, wiederum aus rein systematischen Erwägungen, für die Ausschüttungssperre, da § 268 Abs. 8 HGB im Zweiten Teil des Ersten Unterabschnittes zu finden ist. Folglich kommt bei AG, SE, KGaA und GmbH in besonderen gesellschaftsrechtlichen Konstellationen eine Ausnahme von der Berücksichtigung der Ausschüttungssperre in Betracht. In diesen Fällen ist nur eine mittelbare Berücksichtigung des § 268 Abs. 8 HGB denkbar, sofern zwischen dem Tochter- und dem Mutterunternehmen ein Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG besteht und daher bei der Berechnung des abzuführenden Betrages der auf § 268 Abs. 8 HGB verweisende § 301 AktG zu beachten ist.23 Ist zwischen den Unternehmen kein solcher Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen worden und greift demnach weder § 301 AktG für die Gewinnabführung noch § 302 AktG für die Verlustübernahme, sondern beruht die Verlustübernahmeverpflichtung vielmehr auf einer freiwilligen Vereinbarung, soll nach vereinzelten Stimmen in der Literatur24 bei Gesellschaften i.S.d. § 264 Abs. 3 resp. Abs. 4 HGB entgegen dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschriften eine Ausnahme von der Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nicht gerechtfertigt sein. Der Gesetzgeber wolle mit den Befreiungsmöglichkeiten lediglich Vereinfachungen hinsichtlich der Rechnungslegung erreichen.25 § 268 Abs. 8 HGB stelle aber eine gesellschaftsrechtliche Kapitalerhaltungsvorschrift dar, welche dem 23 So auch Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 6; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 455. 24 Vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 7 ff.; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 213; KölnerKomm/Ekkenga, AktG, § 170 Rn. 38; Marx/ Dallmann, Stbg 2010, 453, 455. 25 Siehe dazu nur Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 7; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 455.

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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Gläubigerschutz diene und „[…] nicht durch die Informationen aus dem Konzernabschluss des Mutterunternehmens und durch eine Verlustübernahmepflicht des Mutterunternehmens ersetzt werden kann“.26 Der zitierten Literaturansicht ist zuzustimmen. Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB stellt eine rein gesellschaftsrechtliche Regelung dar27, deren Anwendung nicht durch handelsrechtliche Erleichterungen ausgeschlossen werden kann. Zudem spricht gegen eine derartige Anwendungsausnahme, dass § 268 Abs. 8 HGB aus Gründen des Gläubigerschutzes geschaffen wurde.28 Durch die Ausschüttungssperre soll der Abfluss von Kapital aus der Gesellschaft verhindert werden, welches durch die Aktivierung von mit erheblichen Unsicherheiten belasteten Vermögensgegenständen entstanden ist.29 Insbesondere wird durch die Ausschüttungssperre sichergestellt, dass auch in Zukunft noch ausreichend Kapital in der Gesellschaft vorhanden ist, um etwaige, aus den spezifischen Unsicherheiten der Aktivposten resultierende Aufwendungen ausgleichen zu können.30 Der gleiche Schutz kann allerdings durch eine freiwillige Verlustübernahmeverpflichtung nur unzureichend gewährleistet werden. Zwar folgt aus einem derartigen Schuldverhältnis die theoretische Möglichkeit des Ausgleichs, doch läuft der Gläubigerschutz ins Leere, wenn der Verpflichtete selbst nicht mehr in der Lage sein sollte, seiner Verpflichtung auch tatsächlich nachkommen zu können. Dem kann jedoch durch die verpflichtende Anwendung der Ausschüttungssperre Einhalt geboten werden. Demnach müssen auch Kapitalgesellschaften i.S.d. § 264 Abs. 3 resp. Abs. 4 HGB, bei denen § 301 AktG nicht greift, die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB berücksichtigen. Dies ist aus Sicht eines umfangreichen und wirksamen Gläubigerschutzes geboten.

II. Kapitalgesellschaften & Co. Offene Handelsgesellschaften (OHG) und Kommanditgesellschaften (KG), bei denen nicht wenigstens ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person oder eine OHG, KG oder andere Personengesellschaft mit einer natürlichen Person als persönlich haftendem Gesellschafter ist, sog. Kapitalgesellschaften & Co.31, müssen neben den für alle Bilanzierenden geltenden §§ 242 bis 263 HGB, 26

Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 8. 27 Vgl. Einführung, C., I., 2. 28 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 29 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 30 Dazu auch bereits Einführung, C., I., 2. 31 In der Literatur werden für Gesellschaften i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet. Vorliegend wurde sich orientiert an RegE KapCoRiLiG BTDrucks. 14/1806, 1 ff.; MüKo/Reiner, HGB, §§ 264a – c Rn. 2; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 56, 1621; anders z. B. Beck’scherBilKo/Förschle/Usinger, § 264a HGB, Rn. 2 ff., Hoffmann/ Lüdenbach, DStR 2008, Beih. zu Heft 30, 49, 51 oder Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe,

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

ähnlich wie Kapitalgesellschaften, ergänzende Sondervorschriften beachten. Aus § 264a Abs. 1 HGB folgt für Kapitalgesellschaften & Co., dass sie den Ersten bis Fünften Unterabschnitt des Zweiten Abschnittes des Dritten Buches des HGB anwenden müssen. § 268 Abs. 8 HGB ist im Zweiten Teil des Ersten Unterabschnittes verortet und damit, rein systematisch, von dem Verweis des § 264a Abs. 1 HGB erfasst.32 Die Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB für Kapitalgesellschaften & Co. könnte bereits auf Grund dieser Gesetzessystematik zu bejahen sein. Allerdings darf auch nicht übersehen werden, dass es durchaus gute Gründe gibt, welche die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften & Co. ausschließen könnten. So folgt bereits aus der dogmatischen Einordnung des § 268 Abs. 8 HGB als gesellschaftsrechtliche Regelung, die an die Gewinnverteilungsentscheidung der Gesellschafter anknüpft33, dass ein bloßes Abstellen auf die konkrete Gesetzesverortung nicht ausreichend sein kann, um eine Anwendung zu begründen. Vielmehr muss die Ausschüttungssperre auch in das bestehende Gewinnverteilungssystem der jeweiligen Gesellschaftsform einzuordnen sein. Dass das bei Kapitalgesellschaften & Co. möglich ist, erscheint bereits an dieser Stelle äußerst fraglich, da es „Ausschüttungen“ streng dogmatisch nur bei Kapitalgesellschaften gibt.34 Eine „Ausschüttungs“-Sperre bei Kapitalgesellschaften & Co. erscheint daher dem ersten Anschein nach systemfremd. Ebenso ist zu beachten, dass eine Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. nur in entsprechender Weise und nicht unmittelbar in Betracht kommt. Eine entsprechende Anwendung ist allerdings nur möglich, sofern eine mit den Schutzbedürfnissen, die im Rahmen der unmittelbaren Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bestehen, vergleichbare Interessenlage vorliegt. Auch dies ist angesichts der unterschiedlichen Haftungssysteme von klassischen Kapitalgesellschaften einerseits und Kapitalgesellschaften & Co. andererseits fraglich. Zudem wurde bereits erwähnt35, dass die Begründung des Regierungsentwurfes zum BilMoG darauf hindeutet, dass die Ausschüttungssperre nur von Kapitalgesellschaften zu beachten ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Gesetzesbegründung sollte der Anwendungsbereich auf Kapitalgesellschaften beschränkt werden. Kapitalgesellschaften & Co. sind jedoch Personengesellschaften und keine Kapitalgesellschaf-

GmbHR 2011, 1, 2, die von „KapCoGesellschaften“,„Kap & Co.-Gesellschaften“ resp. „Kapital & Co. Gesellschaften“ sprechen. 32 Dies ist zur Begründung der Ausdehnung des Anwendungsbereiches der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. bereits ausreichend für Hoffmann/Lüdenbach, DStR 2008, Beih. zu Heft 30, 49, 62; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 728; Lanfermann/Röhricht, DStR 2009, 1216 Fn. 6; Leuering, NJW-Spezial 2009, Heft 23, 735; Stahl/Burkhardt, BBK 2010, 106, 107; SystematischerPK/Lentz, § 268 HGB, Rn. 63. 33 Siehe Einführung, C., I., 2. und Erstes Kapitel, A., I. 34 Dazu bereits Erstes Kapitel, A. 35 Siehe Erstes Kapitel, A.

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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ten.36 Darüber hinaus muss auch der in der Literatur nicht nur vereinzelt vertretenen Meinung37, eine Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. sei auszuschließen, mit einer umfassenden Auseinandersetzung Rechnung getragen werden. Diese und weitere Gesichtspunkte, die für oder gegen die Anwendung der Ausschüttungssperre bei Kapitalgesellschaften & Co. sprechen, sind umfassend zu untersuchen. Zunächst muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Anwendung der ergänzenden Vorschriften des Ersten bis Fünften Unterabschnittes des Zweiten Abschnittes des Dritten Buches des HGB, ähnlich wie bei Kapitalgesellschaften38, nur den Regelfall darstellt. Auch für Kapitalgesellschaften & Co., die als abhängige Unternehmen in gesellschaftsrechtliche Konzernstrukturen eingegliedert sind, besteht die Möglichkeit, unter den kumulativen Voraussetzungen des § 264b HGB die speziellen Regelungen des Zweiten Abschnittes des Dritten Buches des HGB, und folglich auch § 268 Abs. 8 HGB, außer Acht zu lassen. Sollte daher im Folgenden festgestellt werden, dass Kapitalgesellschaften & Co. die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB grundsätzlich anwenden müssen, könnte dies dennoch nicht für Konzerngesellschaften i.S.d. § 264b HGB gelten. Allerdings darf auch nicht übersehen werden, dass der Zweck des § 264b HGB, ebenso wie bei § 264 Abs. 3 und Abs. 4 HGB, auf bestimmte Erleichterungen hinsichtlich der Rechnungslegung abzielt39, wohingegen der Zweck des § 268 Abs. 8 HGB auf die Gewährleistung eines hinreichenden Gläubigerschutzes gerichtet ist.40 Erleichterungen hinsichtlich der Rechnungslegung können jedoch nicht rechtfertigen, dass der grundsätzlich verbotene Abfluss von Kapital, das auf die Aktivierung von mit erheblichen Unsicherheiten belasteten Vermögensgegenständen zurückgeht, wieder zugelassen wird und es somit zu einer Beschränkung des Gläubigerschutzes kommt.41 Darüber hinaus greift auch hier das Argument, dass Erleichterungen hinsichtlich der Rechnungslegung nicht die Anwendung einer gesellschaftsrechtlichen Regelung, wie sie § 268 Abs. 8 HGB darstellt, ausschließen können. Sollte demnach die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB für Kapitalgesellschaften & Co. Anwendung finden, muss dies auch für Gesellschaften i.S.d. § 264b HGB gelten. Die Vereinfachungsmöglichkeiten des § 264b HGB müssen aus Gründen des

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Vgl. statt vieler MüKo/Reiner, HGB, §§ 264a – c Rn. 2 und Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 56, 1621 ff. 37 Vgl. u. a. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 4; Kessler/Leinen/Strickmann/Budde/Kessler, Handbuch BilMoG, 447; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 454; ungenau Küting/Seel, DB 2009, 922, 925; Petersen/Zwirner/Künkele, Bilanzanalyse und Bilanzpolitik nach BilMoG, 133. 38 Vgl. Erstes Kapitel, A., I. 39 Vgl. statt vieler Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Wiedmann, HGB, § 264b Rn. 1 und MüKo/Reiner, HGB, §§ 264a – c Rn. 10. 40 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 41 Vgl. dazu ausführlich Erstes Kapitel, A., I.

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

Gläubigerschutzes und der dargestellten systematischen Gründe zurücktreten und können im Folgenden außer Acht gelassen werden. 1. Der Begriff „Kapitalgesellschaften“ im Regierungsentwurf Zur Bestimmung des Umfangs des persönlichen Anwendungsbereiches des § 268 Abs. 8 HGB bedarf es zunächst einer genaueren Betrachtung der im Regierungsentwurf zum BilMoG verwendeten Begrifflichkeiten. Nach dem Wortlaut der Regierungsbegründung sollte die Anwendung der Ausschüttungssperre auf „Kapitalgesellschaften“ beschränkt werden.42 Versteht man diesen Begriff im streng dogmatischen Sinne, kann man nur zu der Annahme gelangen, dass § 268 Abs. 8 HGB, entgegen seiner systematischen Stellung, nicht für Gesellschaften i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB gelten soll. Kapitalgesellschaften & Co. sind Personenhandelsgesellschaften und keine Kapitalgesellschaften.43 Fraglich ist allerdings, ob die Regierungsbegründung den Begriff „Kapitalgesellschaften“ in diesem streng dogmatischen Sinne verwenden wollte. Diesbezüglich ist zu beachten, dass die zunächst sehr deutlich erscheinende Aussage nur Teil des ersten Satzes der Gesamtausführungen zum persönlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB ist. In der Begründung finden sich noch weitere Aussagen zum persönlichen Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre, welche keinesfalls übersehen werden dürfen. Dementsprechend kann bei der Bestimmung der exakten Bedeutung der in der Gesetzesbegründung zu findenden Begrifflichkeit „Kapitalgesellschaften“ nicht nur auf diesen ersten Satz abgestellt werden44, sondern es sind vielmehr alle Ausführungen als Grundlage einer fundierten Interpretation heranzuziehen. Diesem Anspruch Folge leistend muss beachtet werden, dass es im unmittelbaren Anschluss an die Verwendung der genannten Begrifflichkeit „Kapitalgesellschaften“ in der Gesetzesbegründung wörtlich heißt: „Mit einer Ausschüttungssperre für Einzelkaufleute und Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften wären, wegen ihrer unbeschränkten Haftung, ohnehin keine praktischen Konsequenzen – insbesondere in der Form der Rückgewähr von unter Missachtung der Ausschüttungssperre ausgeschütteten Gewinnen – verbunden“.45 Diese zusätzlichen Ausführungen machen deutlich, dass die Anwendung der Ausschüttungssperre von Einzelkaufleuten und Personenhandelsgesellschaften ausgeschlossen werden sollte, was mit der unbeschränkten Haftung der Einzelkaufleute resp. der Gesellschafter der 42

Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. Siehe dazu nur MüKo/Reiner, HGB, §§ 264a – c Rn. 2 und Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 56, 1621 ff. 44 Dies wird aber vereinzelt von der Literatur gemacht, vgl. nur Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2676; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 729; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 454. 45 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 43

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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Personenhandelsgesellschaften begründet wird. Es wurde somit immer dann eine Anwendung der Ausschüttungssperre für obsolet erachtet, wenn unbeschränkte Haftungsmöglichkeiten bestehen und die Verteilung des mit Unsicherheiten behafteten Gewinnes zu keiner zusätzlichen Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes führt.46 Im Umkehrschluss kann dies aber nur bedeuten, dass die Notwendigkeit der Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB angenommen wurde, wenn keine unbeschränkte Haftung der Gesellschafter besteht und es durch die Auskehrung von Kapital zu einer erhöhten Gefahr für Gläubiger kommen kann. Diese zusätzlichen Ausführungen führen allerdings zu keiner anderweitigen Interpretation des Wortes „Kapitalgesellschaften“. Auch die in der Regierungsbegründung auf Grund der unbeschränkten Haftung der Gesellschafter angenommene fehlende praktische Notwendigkeit der Ausschüttungssperre bei Einzelkaufleuten und Personenhandelsgesellschaften spricht für eine streng dogmatische Bedeutung der Begrifflichkeit. Dies ist damit zu begründen, dass auch Kapitalgesellschaften, die Komplementäre einer Kapitalgesellschaft & Co. sind, rechtlich unbeschränkt haften. Die daraus resultierende jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf ihr Gesellschaftsvermögen stellt den Grund dafür dar, dass in der Regierungsbegründung die praktische Notwendigkeit der Ausschüttungssperre verneint wird. Gegen diese Annahme spricht auch nicht, dass Kapitalgesellschaften faktisch beschränkt auf das Gesellschaftsvermögen haften. Insoweit besteht kein Unterschied zu natürlichen Personen. Auch diese haften lediglich rechtlich unbeschränkt, faktisch jedoch beschränkt auf ihr Vermögen, das im Einzelfall sehr gering sein kann. Und auch der Umstand, dass Kapitalgesellschaften Gewinne, die sie als Komplementäre einer Kapitalgesellschaft & Co. erhalten haben, ohne Rückgriffsmöglichkeiten an ihre Gesellschafter ausschütten können, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn die Möglichkeit des Verbrauchs von erhaltenen Gewinnen, wie beispielsweise bei Kapitalgesellschaften durch eigene Ausschüttungen, besteht in gleichem Maße bei natürlichen Personen. Diese sind nicht daran gehindert, empfangene Beträge zu verbrauchen und auf diese Weise ihre persönliche Haftungsmasse zu schmälern. Die im Zusammenhang mit dem Wort „Kapitalgesellschaften“ stehenden weiteren Ausführungen zum persönlichen Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre sprechen somit ebenfalls für eine streng dogmatische Bedeutung der verwendeten Begrifflichkeit. Mit dem Wort „Kapitalgesellschaften“ sind nur Gesellschaftsformen gemeint, die keine unbeschränkt haftenden Gesellschafter haben. Da aber an Kapitalgesellschaften & Co. Gesellschafter beteiligt sind, die unbeschränkt haften, kann diese Gesellschaftsform nicht unter den Begriff „Kapitalgesellschaften“ subsumiert werden. Dass bei Kapitalgesellschaften & Co. Gesellschafter auf Grund 46 Das Abstellen in der Regierungsbegründung auf die unbeschränkte Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter als Begründung des Anwendungsausschlusses verkennen MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 268 Rn. 58, wenn sie davon ausgehen, dass die Formulierung Kapitalgesellschaften „[…] nur deutlich machen und begründen sollte, warum die Ausschüttungssperre im Zweiten (§§ 264 ff.) und nicht schon im Ersten Abschnitt (§§ 238 ff.) des Dritten Buches geregelt werden sollte […]“.

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

ihrer Eigenschaft als Kapitalgesellschaft faktisch nur mit ihrem Vermögen haften, macht keinen Unterschied. Beachtet man folglich die Gesamtaussagen zu dem Gesetzesentwurf und stellt nicht lediglich auf den ersten Satz der Aussagen ab, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass der Begriff „Kapitalgesellschaften“ im streng dogmatischen Sinne gemeint ist und dass Kapitalgesellschaften & Co. nach der Regierungsbegründung nicht von dem persönlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erfasst sein sollten. 2. Der Begriff „Ausschüttungssperre“ im Regierungsentwurf Ein weiterer Aspekt, der bei der Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereiches des § 268 Abs. 8 HGB Berücksichtigung finden muss, ist der in dem Regierungsentwurf verwendete Begriff „Ausschüttungssperre“.47 Versteht man auch diese Begrifflichkeit in einem streng dogmatischen Sinne, spricht dies ebenfalls für die Annahme, der persönliche Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB sei auf Kapitalgesellschaften beschränkt. „Ausschüttungen“ gibt es nur bei Kapitalgesellschaften, wohingegen bei Personenhandelsgesellschaften im Zusammenhang mit der Verteilung von Kapital von „Auszahlungen“ oder „Entnahmen“ gesprochen wird.48 Fraglich ist allerdings auch bei dem Begriff „Ausschüttungssperre“, ob dieser überhaupt in einem derartigen streng dogmatischen Sinne zu verstehen ist. Dies kann, entsprechend dem Begriff „Kapitalgesellschaften“, ebenfalls nur durch eine über den Wortlaut hinausgehende Berücksichtigung der Gesamtaussagen beurteilt werden, in denen es heißt, dass mit einer Ausschüttungssperre für Einzelkaufleute und Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften, „[…] wegen ihrer unbeschränkten Haftung, ohnehin keine praktischen Konsequenzen […] verbunden“ seien.49 Bei der Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereiches wurde folglich davon ausgegangen, dass die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB für die genannten Bilanzierungspflichtigen auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Struktur nicht notwendig sei. Anders ist das Abstellen auf die fehlende praktische Notwendigkeit „wegen ihrer unbeschränkten Haftung“ nicht zu begründen. Im Umkehrschluss kann dies allerdings nur bedeuten, dass es in der Regierungsbegründung selbst für zumindest theoretisch möglich erachtet wurde, eine „Ausschüttungssperre“ bei Einzelkaufleuten und Personenhandelsgesellschaften zuzulassen. Lediglich deren tatsächliche Anwendung wurde aus praktischen Erwägungen für obsolet erachtet. Beachtet man aber des Weiteren, dass es „Ausschüttungen“ bei Einzelkaufleuten und Personenhandelsgesellschaften nicht gibt, kann der Begriff in der Regierungsbegründung nur so gemeint sein, dass von einer allgemeinen Regelung ausgegangen worden ist, die die Auskehrung von Kapital verhindern sollte – sei es in Form einer „Ausschüttungs-“ oder „Entnahmesperre“. 47 48 49

RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. Siehe Erstes Kapitel, A. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64.

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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Mit dem Wort „Ausschüttungssperre“ sollte daher nach hier vertretener Ansicht nur ein technischer Mechanismus umschrieben werden, welcher im Allgemeinen die Verteilung von Kapital an die Gesellschafter einschränkt. Eine streng dogmatische Interpretation dahingehend, dass der Begriff „Ausschüttungssperre“ auch nur „Ausschüttungen“ im klassischen Sinne umfasst, liefe daher fehl und würde der zumindest für möglich erachteten Vorstellung, Einzelkaufleute und Personengesellschaften einer derartigen Sperre zu unterwerfen, entgegenstehen. Der Begriff „Ausschüttungssperre“ in der Regierungsbegründung kann somit, anders als der Begriff „Kapitalgesellschaften“, nicht in einem streng dogmatischen Sinne verstanden werden. Für diese Interpretation des Begriffes „Ausschüttungssperre“ spricht zudem, dass es auch bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Möglichkeit von Entnahmen gibt.50 Durch derartige gesellschaftsvertraglich zugelassene Entnahmen ist es GmbH-Gesellschaftern möglich, unabhängig von einem Gewinnverwendungsbeschluss vorab die Auszahlung von Gewinnen aus dem Vermögen der Gesellschaft zu verlangen. Bliebe man aber bei einer streng dogmatischen Interpretation des Wortes „Ausschüttungssperre“ stehen, käme bei konsequenter Vorgehensweise eine Beschränkung derartiger Entnahmemöglichkeiten bei der GmbH nicht in Betracht. Entnahmen wären nicht von dem Begriff „Ausschüttungssperre“ umfasst. Das hätte einfache Umgehungsmöglichkeiten des § 268 Abs. 8 HGB zur Folge, was aus Gründen des Gläubigerschutzes in keinem Fall gewollt sein kann. Dies führt im Ergebnis zu der Feststellung, dass der Begriff „Ausschüttungssperre“ nicht entsprechend einer streng dogmatischen Bedeutung gewählt wurde und damit nach hier vertretener Ansicht nicht dazu geeignet ist, den persönlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB zu bestimmen resp. auf Kapitalgesellschaften zu beschränken. Das wäre nur möglich, sofern der Begriff in einem streng dogmatischen Sinne zu verstehen wäre. Dies ist aber nicht der Fall, sodass aus der verwendeten Begrifflichkeit, anders als bei dem Begriff „Kapitalgesellschaften“, nicht unmittelbar darauf geschlossen werden kann, dass ausschließlich Kapitalgesellschaften von dem persönlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erfasst werden sollten. Der Begriff „Ausschüttungssperre“ ist für die Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereiches ungeeignet und kann nicht zum Zwecke einer eindeutigen Abgrenzung herangezogen werden. 3. Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. Neben den Begrifflichkeiten „Kapitalgesellschaften“ und „Ausschüttungssperre“ ist bei der Frage nach der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. die Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. zu berücksichtigen. 50 Siehe dazu nur Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 29 Rn. 64; Michalski/Salje, GmbHG, § 29 Rn. 93 ff.

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

Diese durch das BilMoG ersatzlos gestrichene51 Sondervorschrift verpflichtete Gesellschaften i.S.d. § 264a HGB, die „alten“ Ausschüttungssperren der §§ 269 S. 2 und 274 Abs. 2 S. 3 HGB a.F. mit der Maßgabe anzuwenden, in ihrer Bilanz nach dem Posten Eigenkapital einen „Sonderposten in Höhe der aktivierten Bilanzierungshilfen“ anzusetzen. Die Gewinn- und Verlustrechnung blieb unberührt.52 Zweck der Sondervorschrift war es, die Entnahmemöglichkeiten aller Gesellschafter auf den Betrag zu beschränken, der sich ohne Inanspruchnahme der genannten Bilanzierungshilfen ergeben hätte.53 § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. stellte somit für Kapitalgesellschaften & Co. eine besondere Ausgestaltung der „alten“ Ausschüttungssperren dar. Gleichzeitig mit der ersatzlosen Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. wurden durch das BilMoG die bisherigen Ausschüttungssperren, zumindest teilweise, in den neuen § 268 Abs. 8 HGB aufgenommen und zudem die lediglich für Kommanditisten geltende Sondervorschrift des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB geschaffen. Diese Veränderungen werfen die Frage auf, welche Rückschlüsse sich aus der ersatzlosen Streichung für die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB ergeben. Hierzu wird in der Literatur54 vereinzelt die Auffassung vertreten, die Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. sei als konsequente Reaktion auf die Beschränkung des Anwendungsbereiches des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften zu verstehen. Diese Meinung basiert auf der Annahme, dass der Gesetzgeber die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften beschränken wollte und es daher des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. nicht mehr bedarf. Außer Acht gelassen wird hierbei allerdings die umgekehrte Möglichkeit, dass die Streichung der vor BilMoG für Kapitalgesellschaften & Co. geltenden Sondervorschrift für eine Anwendung der „neuen“ Ausschüttungssperre durch diese Gesellschaften sprechen könnte, da anderenfalls eine vergleichbare, die Gläubiger von Kapitalgesellschaften & Co. schützende Vorschrift fehlen würde. Auf Grund der letztgenannten Möglichkeit wird im Folgenden näher untersucht, welche Auswirkungen die Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB auf den persönlichen Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre hat. Für die Einbeziehung von Kapitalgesellschaften & Co. in den persönlichen Anwendungsbereich könnte sprechen, dass es auf Grund der Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. und der gleichzeitigen Einführung des § 268 Abs. 8 HGB nicht zu einer Verringerung des Gläubigerschutzes kommen darf. Hintergrund dieser Annahme ist, dass die Ausschüttungssperre gerade zum Zwecke eines umfassenden Gläubigerschutzes geschaffen wurde.55 Besteht für Kapitalgesellschaften & Co. aber 51

Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 63. Vgl. dazu nur ADS, § 264c HGB, Rn. 31. 53 Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, 6. Aufl. 2006, § 264c HGB, Rn. 96; MüKo/Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, §§ 264a – c Rn. 29. 54 Dahlke, BB 2009, 878, 880. 55 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 35, 64. 52

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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keine mit § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. vergleichbare und die Gläubiger schützende Spezialregelung mehr, erscheint es gerechtfertigt, diese Gesellschaftsform in den Anwendungsbereich der allgemeinen Ausschüttungssperre einzubeziehen. Anderenfalls könnte der Schutz der Gläubiger der Kapitalgesellschaften & Co. im Vergleich zur alten Rechtslage negativ beeinträchtigt sein, was dem Zweck der Einführung des § 268 Abs. 8 HGB entgegenstehen würde. Hinsichtlich des durch § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. gewährleisteten Gläubigerschutzes ist allerdings zu beachten, dass der gemäß der Altregelung zwingend nach dem Posten Eigenkapital zu bildende „Sonderposten in Höhe der aktivierten Bilanzierungshilfen“ die ursprünglich bezweckte Entnahmebeschränkung bei Kapitalgesellschaften & Co. nur unzureichend sicherstellen konnte. Die Bildung dieses Sonderpostens stellte in der praktischen Anwendung lediglich für Kommanditisten eine effektive Entnahmebeschränkung dar.56 Denn Komplementäre einer KG (ebenso wie auch Gesellschafter einer OHG) besitzen gem. § 122 Abs. 1 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB ein gewinnunabhängiges Entnahmerecht57, sodass diese Gesellschafter ohne Weiteres Beträge in Höhe des gem. § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. gebildeten Sonderpostens entnehmen konnten.58 Das gesellschaftsrechtliche Entnahmerecht der Komplementäre stand folglich dem Zweck des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F., die Entnahme von auf der Bildung von Bilanzierungshilfen beruhenden Gewinnen zu verhindern59, entgegen und hat dazu geführt, dass § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. einen umfassenden Gläubigerschutz in Bezug auf die Komplementäre nicht gewährleisten konnte. § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. hat im Ergebnis nur zu einer Entnahmebeschränkung für die Kommanditisten geführt und hatte auch nur insoweit eine die Gläubiger schützende Wirkung. Die Aufhebung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. kann somit von vornherein nur dazu führen, dass es im Vergleich zur alten Rechtslage zu einer Verringerung des Gläubigerschutzes hinsichtlich von Entnahmen der Kommanditisten von Kapitalgesellschaften & Co. kommt. Für die Kommanditisten wurde allerdings mit dem BilMoG die auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmende Spezialvorschrift des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB geschaffen, mit der im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung ein hinreichender Gläubigerschutz sichergestellt werden soll. Hinsichtlich der Kommanditisten ist damit gewährleistet, dass es durch die Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. zu keiner Verringerung des Gläubigerschutzes kommt. Auf Grund der ersatzlosen Streichung kann es somit nicht zu einer negativen Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes kommen, da dieser hinsichtlich der Ent56

Vgl. ADS, § 264c HGB, Rn. 31. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 122 Rn. 2; MüKo/Priester, HGB, § 122 Rn. 1. 58 Dies verkennen von der Laage, WM 2012, 1322, 1324; MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 268 Rn. 57 ff.; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 335; Zwirner/Froschhammer, StuB 2012, 139, 140. 59 Vgl. RegE KapCoRiLiG, BT-Drucks. 14/1806, 21 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/2353, 28. 57

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

nahme von Komplementären nie bestand resp. im Zusammenhang mit den Kommanditisten weiterhin über § 172 Abs. 4 S. 3 HGB gewährleistet wird. Dementsprechend kann aus der Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB auch kein Bedürfnis abgeleitet werden, die Komplementäre von Kapitalgesellschaften & Co. in den persönlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB einzubeziehen. Dies wäre nur notwendig und gerechtfertigt, wenn die ersatzlose Streichung zu einer im Vergleich zur alten Rechtslage auftretenden negativen Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes führen würde, zu deren Ausgleich es dann einer Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereiches bedürfte. Etwas anderes ist im Übrigen auch nicht aus der Gesetzesbegründung zur Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. abzuleiten. Im Regierungsentwurf zum BilMoG wird diesbezüglich nur erläutert, dass die Aufhebung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. aus der Aufhebung des § 269 HGB a.F. sowie der Neufassung des § 274 HGB a.F. resultiere.60 Das ist auch konsequent, da die „alten“ Ausschüttungssperren gestrichen wurden und es nur noch die einheitliche Regelung des § 268 Abs. 8 HGB gibt. Dementsprechend besteht kein Bedürfnis mehr nach § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F., da die von dieser Norm erfassten Tatbestände nicht mehr existieren. Einen Rückschluss für die Frage nach dem persönlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB lässt sich aus diesem Teil der Regierungsbegründung nicht herleiten.61 4. Die Sondervorschrift des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB Neben den bisher gewonnenen Erkenntnissen, welche allesamt gegen eine Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereiches auf Kapitalgesellschaften & Co. sprechen, ist nachfolgend noch auf die Vorschrift des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB einzugehen. Diese ebenfalls im Zuge des BilMoG neu geschaffene Norm62 sieht eine spezielle Regelung für das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten vor und ist auch von Kommanditgesellschaften i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB zu beachten.63 Da § 172 Abs. 4 S. 3 HGB allerdings nur für Kommanditisten verlangt, dass bei der Berechnung des für ein etwaiges Wiederaufleben ihrer Haftung maßgebenden Kapitalanteils Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB nicht zu berücksichtigen sind, stellt sich die Frage, ob sich aus dieser Sondervorschrift weitere Rückschlüsse für oder gegen eine generelle Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB von Kapitalgesellschaften & Co. ergeben.

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RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 63. Siehe hierzu auch MüKoBilanzrecht/Graf/Bisle, § 264c HGB, Rn. 57, die aus der Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. schließen, dass „[…] vom Gesetz für haftungsbeschränkte OHG und KG keine Ausschüttungssperren mehr vorgesehen“ sind. 62 BGBl. I 2009, 1102. 63 Vgl. zu § 172 Abs. 4 S. 3 HGB die Ausführungen zu der Funktionsweise und der dogmatischen Einordnung der Vorschrift unter Einführung, C., II. 61

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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Hinsichtlich dieser Fragestellung wird in der Literatur64 vertreten, dass durch einen Umkehrschluss aus § 172 Abs. 4 S. 3 HGB zu folgern ist, dass § 268 Abs. 8 HGB für Gesellschaften i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB nicht anzuwenden sei. Die Einbeziehung der Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB in die Berechnung des Kapitalanteils im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung des Kommanditisten setze „[…] die Möglichkeit einer Ausschüttung oder Entnahme dieser Beträge und damit die Nichtanwendung der Ausschüttungssperre implizit voraus“.65 Dieser Literaturmeinung ist zuzustimmen.66 § 172 Abs. 4 S. 3 HGB muss grundsätzlich die Nichtanwendung des § 268 Abs. 8 HGB voraussetzen, sofern der Norm ein eigenständiger Anwendungsbereich zukommen soll. Wäre § 268 Abs. 8 HGB von Kapitalgesellschaften & Co. generell anzuwenden, wären Ausschüttungen resp. Entnahmen der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Beträge von vornherein nicht möglich und ein Wiederaufleben der Haftung käme unter diesen Gesichtspunkten nicht in Betracht. Diese Beträge dürften auf Grund des § 268 Abs. 8 HGB, der gerade keine Differenzierung hinsichtlich der unterschiedlichen Gesellschafter vorsieht, nicht entnommen werden, sodass im Fall der Anwendung der Ausschüttungssperre kein Raum für ein Wiederaufleben der Haftung bliebe. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB, dessen Anwendung die Möglichkeit der Entnahme von kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB voraussetzt, spricht demnach ebenfalls gegen eine allgemeine Anwendung der Ausschüttungssperre auf Kapitalgesellschaften & Co.67 Der Gesetzgeber muss bei der Schaffung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB von einem generellen Anwendungsausschluss des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. ausgegangen sein, da es anderenfalls nicht der Schaffung der für Kommanditisten geltenden Spezialregelung bedurft hätte. Im Übrigen steht diesem Ergebnis auch nicht entgegen, dass § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei einer (hypothetischen) Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. zumindest von Kommanditgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter anzuwenden wäre, da dies zu einer Ungleichbehandlung der Kommanditisten von Kapitalgesellschaften & Co. und von Kommanditisten von Kommanditgesellschaften mit natürlichen Personen als Vollhafter führen würde.68 Diese Unterscheidung wäre jedoch nicht zu rechtfertigen, da sich die Rechte und Pflichten der Kommanditisten nicht dadurch verändern, dass an 64

Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 5. Ebenso Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 210. 65 Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 5. Ebenso Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 198; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 103. 66 A.A. MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 268 Rn. 59, die jedoch verkennen, dass § 172 Abs. 4 S. 3 HGB nicht die Berechnung der Kapitalanteile der Kommanditisten abstrakt, sondern im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung betrifft; von der Laage, WM 2012, 1322, 1324. 67 So im Ergebnis auch Zwirner/Froschhammer, StuB 2012, 139, 141. 68 Diese Ungleichbehandlung wird ohne weitere Begründung hingenommen von von der Laage, WM 2012, 1322, 1324.

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

der Kommanditgesellschaft keine natürliche Person, sondern eine Kapitalgesellschaft als Komplementär beteiligt ist. Daher muss es bei dem Ergebnis bleiben, dass § 172 Abs. 4 S. 3 HGB gegen eine Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. spricht. 5. Zweck des § 268 Abs. 8 HGB Nach den bisherigen Erkenntnissen ist die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nicht auf Kapitalgesellschaften & Co. anzuwenden. Weder ihre systematische Verortung noch die Aussagen in der Regierungsbegründung resp. die Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. können eine Anwendung begründen. Auch die Einführung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB spricht gegen eine Erstreckung des persönlichen Anwendungsbereiches des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. Diese Argumente, die eine Anwendung der Ausschüttungssperre ausschließen, dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass zumindest der dem § 268 Abs. 8 HGB immanente Zweck – die Gewährleistung eines umfassenden Gläubigerschutzes69 – dem ersten Anschein nach für eine Erstreckung des Anwendungsbereiches der Ausschüttungssperre auf Kapitalgesellschaften & Co. spricht. Unter Berücksichtigung der enormen Bedeutung des Gläubigerschutzes ist daher zu fragen, ob eine Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. zumindest auf Grund des Zwecks der Vorschrift begründbar ist. Der gläubigerschützende Zweck der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB soll dadurch sichergestellt werden, dass die in ihrer Werthaltigkeit kritischen Gewinne nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Diese Gewinne sollen in der Gesellschaft verbleiben, damit auch in Zukunft noch ausreichend Kapital in der Gesellschaft vorhanden ist, um etwaige in Zukunft aus Wertminderungen der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Aktivposten resultierende Aufwendungen ausgleichen zu können.70 Eine entsprechende Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. lässt sich daher nur begründen, wenn auch deren Gläubiger hinsichtlich der Erhaltung einer ursprünglich vorhandenen Haftungsmasse in gleichem Maße schutzbedürftig sind wie Gläubiger von klassischen Kapitalgesellschaften. Nur wenn die Gläubiger in gleichem Maße Interesse an der Erhaltung von Kapital zwecks späteren Ausgleichs von Aufwendungen haben, kann eine entsprechende Anwendung mit dem Zweck des § 268 Abs. 8 HGB begründet werden. Aus den Aussagen in der Regierungsbegründung lässt sich allerdings ableiten, dass die Schutzbedürftigkeit von Gläubigern einer Personenhandelsgesellschaft, und damit auch einer Kapitalgesellschaft & Co., hinsichtlich der Kapitalerhaltung zwecks Verlustausgleichs als geringer eingeschätzt wurde als von Gläubigern einer Kapitalgesellschaft. Begründet wird das mit den bei Personenhandelsgesellschaften bestehenden unbeschränkten Zugriffsmöglichkeiten auf die persönlich vollhaften69 70

Vgl. BilMoG RegE, BT-Drucks. 16/10067, 35, 50, 64. Vgl. hierzu auch die Ausführungen unter Einführung, C., I., 2.

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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den Gesellschafter.71 Die unbeschränkte Haftung der Komplementäre soll demnach die Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB entbehrlich machen. Diese auf den unbeschränkten Haftungsmöglichkeiten basierende Begründung des Anwendungsausschlusses ist nach hier vertretener Ansicht folgerichtig. Betrachtet man die für Gläubiger von Kapitalgesellschaften & Co. bestehenden unbeschränkten Zugriffsmöglichkeiten auf die persönlich haftenden Gesellschafter, kann im Ergebnis nur eine im Vergleich zu Gläubigern von klassischen Kapitalgesellschaften geringere Schutzbedürftigkeit und damit eine nicht vergleichbare Interessenlage angenommen werden.72 Denn im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften, bei denen im Anschluss an eine unter Beachtung der Kapitalerhaltungsvorschriften vollzogene Gewinnausschüttung keinerlei Rückgriffsmöglichkeiten auf die Gesellschafter mehr bestehen, können die Gläubiger bei Personenhandelsgesellschaften jederzeit und unbeschränkt auf die persönlich haftenden Gesellschafter zugreifen. Es macht in Anbetracht dieser jederzeitigen Rückgriffsmöglichkeiten keinen Unterschied, ob die kritischen Gewinne noch in der Gesellschaft vorhanden sind oder bereits an die Gesellschafter verteilt wurden. Eines besonderen Schutzes durch eine Ausschüttungssperre bedarf es nicht, da die Zugriffsmöglichkeiten von Gläubigern einer Personenhandelsgesellschaft durch die Ausschüttung von Gewinnen, anders als bei Kapitalgesellschaften, nicht beeinträchtigt werden. Die Gläubiger von Personenhandelsgesellschaften sind somit hinsichtlich der Erhaltung der ursprünglich vorhandenen Haftungsmasse weniger schutzbedürftig als die Gläubiger von Kapitalgesellschaften. Eine für eine entsprechende Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. notwendige vergleichbare Interessenlage kann demnach nicht angenommen werden. Dieser auf den unbeschränkten Rückgriffsmöglichkeiten beruhenden Begründung des Anwendungsausschlusses der Ausschüttungssperre auf Personenhandelsgesellschaften steht auch nicht entgegen, dass die persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft & Co. selbst klassische Kapitalgesellschaften sind und den Gläubigern gegenüber zumindest faktisch nur beschränkt mit ihrem Gesellschaftsvermögen haften. Es muss vielmehr Berücksichtigung finden, dass eine auf das vorhandene Vermögen faktisch beschränkte Haftung generell und auch bei natürlichen Personen73 besteht, und daher nicht geeignet ist, im Einzelfall eine größere Schutzbedürftigkeit von Gläubigern zu begründen. Das Risiko der Vermögenslosigkeit eines Schuldners kann nie vollständig ausgeschlossen werden und ist stets von den Gläubigern zu tragen. Der Umstand der faktisch begrenzten Haftung kann nicht dazu führen, dass trotz der unbeschränkten Rückgriffsmöglichkeiten auf Gesellschafter von Kapitalgesellschaften & Co. ein gleich großes Schutzbedürfnis wie bei Gläubigern von klassischen Kapitalgesellschaften besteht. Im Gegenteil: da Gläubiger von Kapitalgesellschaften & Co. jederzeit auf das gesamte Vermögen der 71 72 73

Vgl. BilMoG RegE, BT-Drucks. 16/10067, 64. A.A. wohl von der Laage, WM 2012, 1322, 1324; Wehrheim/Rupp, DB 2009, 356, 358. Dazu bereits Erstes Kapitel, A., II., 1.

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

Gesellschafter (Komplementäre) zurückgreifen können, sind sie weniger schutzbedürftig als Gläubiger von klassischen Kapitalgesellschaften, die nach einer Gewinnausschüttung keinerlei Rückgriffsmöglichkeiten auf die Gesellschafter haben. Eine entsprechende Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB ist daher auch unter dem Gesichtspunkt der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkte Haftung nicht zu begründen. Darüber hinaus soll noch darauf hingewiesen werden, dass es einer entsprechende Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. auch nicht aus Gründen des Gesellschafter- resp. Gesellschaftsschutzes bedarf. Sollte es im Einzelfall dazu kommen, dass eine Entnahme der kritischen Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB einen Nachteil für die übrigen Gesellschafter oder die Gesellschaft darstellt und aus diesem Grunde die Entnahme des Gewinnes deren Interessen beeinträchtigen könnte, werden die Gesellschafter resp. die Gesellschaft ausreichend durch die vorhandenen gesellschaftsrechtlichen Schutzmechanismen geschützt. Zum einen muss beachtet werden, dass bereits das Gesetz eine Einschränkung des Entnahmerechts vorsieht. Gemäß § 122 Abs. 1 HS. 2 HGB darf ein Gesellschafter die Auszahlung des den Mindestentnahmebetrag übersteigenden Jahresgewinnes nur verlangen, „[…] soweit es nicht zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht, […]“. Eine Entnahme führt immer dann zu einem „offenbaren Schaden“, wenn die Schädigung der Gesellschaft im Zeitpunkt der Entnahme resp. des Verlangens danach für einen sachkundigen Dritten ohne Weiteres erkennbar ist.74 Sollte folglich die Entnahme der Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB im Einzelfall zu einem offenbaren Schaden der Gesellschaft führen, wäre diese Entnahme bereits gem. § 122 Abs. 1 HS. 2 HGB unzulässig. Einer expliziten Entnahmesperre i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB bedarf es daher aus Gesellschafter- resp. Gesellschaftsperspektive nicht. Zudem ist der gleiche Schutz auch über die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht zu erreichen. Durch diese Pflicht kann das Entnahmerecht der persönlich haftenden Gesellschafter auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 122 Abs. 1 HS. 2 HGB begrenzt sein.75 Von dieser Treuepflicht wird u. a. das von Gesetzes wegen vorgesehene Mindestentnahmerecht des § 122 Abs. 1 HS. 1 HGB erfasst.76 Sollten daher Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB Teil des Mindestentnahmebetrages sein und würde eine Entnahme der Gewinne einen bedeutenden Nachteil für die Gesellschaft begründen, kann auch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht im Einzelfall sicherstellen, dass diese Beträge nicht entnommen werden dürfen. Dementsprechend 74 Vgl. statt vieler nur Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Ehricke, HGB, § 122 Rn. 44; MüKo/Priester, HGB, § 122 Rn. 37; MünchenerHdG/Bezzenberger/v. Falkenhausen/Schneider, Band 1, § 63 Rn. 41. 75 MüKo/Priester, HGB, § 122 Rn. 39; MünchenerHdG/Bezzenberger/v. Falkenhausen/ Schneider, Band 1, § 63 Rn. 44. 76 Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 122 Rn. 9; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 122 Rn. 3; MüKo/Priester, HGB, § 122 Rn. 40.

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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bedarf es auch unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht nicht einer expliziten Entnahmesperre i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB. 6. Systemkonforme Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB Zusätzlich zu den bisher gewonnenen Erkenntnissen, die allesamt gegen die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. sprechen resp. die Anwendung nicht rechtfertigen können, ist unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung des § 268 Abs. 8 HGB77 zu beachten, dass eine Ausschüttungs- resp. entsprechende Entnahmesperre auch nicht systemkonform in das bestehende Entnahmesystem bei Kapitalgesellschaften & Co. eingegliedert werden könnte.78 Konkret steht einer Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB das Entnahmerecht der persönlich haftenden Gesellschaftern von Personenhandelsgesellschaften entgegen, das aus § 122 Abs. 1 HS. 1 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB) folgt und jeden persönlich haftenden Gesellschafter berechtigt „[…] aus der Gesellschaft Geld bis zum Betrage von vier vom Hundert seines für das letzte Geschäftsjahr festgestellten Kapitalanteils zu seinen Lasten zu erheben […]“. Den persönlich haftenden Gesellschaftern steht damit ein gewinnunabhängiges Entnahmerecht zu, was zur Konsequenz hat, dass die Gesellschafter selbst dann Entnahmen tätigen können, wenn die Gesellschaft nicht nur keine Gewinne, sondern sogar Verluste erwirtschaftet hat.79 In Anbetracht dieses, von Gesetzes wegen vorgesehenen, gewinnunabhängigen Entnahmerechts der persönlich haftenden Gesellschafter ist, wie bereits erwähnt, eine systemkonforme Anwendung einer gewinnbezogenen Ausschüttungs- resp. entsprechenden Entnahmesperre nur schwer umsetzbar.80 Der Gesetzgeber hat den persönlich haftenden Gesellschaftern in § 122 Abs. 1 HS. 1 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB) die Möglichkeit eröffnet, selbst dann Entnahmen zu tätigen, wenn Verluste erwirtschaftet wurden. Nunmehr aber für den Fall, dass eine Kapitalgesellschaft & Co. Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB erzielt, zu verlangen, dass diese Gewinne nicht entnommen werden dürfen, wäre nach hier vertretener Auffassung 77

Vgl. Einführung, C., I., 2. Ebenso Althoff, DStR 2012, 868; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 4; Herzig/Fuhrmann/ Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 210; Kessler/Leinen/Strickmann/ Budde/Kessler, Handbuch BilMoG, 447; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 454; Zwirner/ Froschhammer, StuB 2012, 139, 140. Wohl auch Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 197. 79 Siehe statt vieler nur Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 122 Rn. 8; Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Ehricke, HGB, § 122 Rn. 25; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 122 Rn. 3; MüKo/ Priester, HGB, § 122 Rn. 17; MünchenerHdG/v. Falkenhausen/Schneider, Band 2, § 24 Rn. 32. 80 In diesem Punkt zustimmend sogar von der Laage, WM 2012, 1322, 1324. Ebenso Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 4; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 210. 78

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

nicht mit dem gesetzlich vorgesehenen gewinnunabhängigen Entnahmerecht in Einklang zu bringen. Anders gewendet würde dies dazu führen, dass Gesellschafter solange Beträge entnehmen dürfen, wie die Gesellschaft Verluste erwirtschaftet. Macht die Gesellschaft aber Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB, dürfen keine Entnahmen getätigt werden. Diesem in sich widersprüchlichen Ergebnis ließe sich noch entgegenhalten, dass nach der gesetzlichen Wertung des § 122 HGB Entnahmen bei Verlusten nur getätigt werden dürfen, sofern der Kapitalanteil nicht vollständig aufgezehrt wurde.81 Die Entnahme von Beträgen selbst in Verlustperioden ist dadurch gerechtfertigt, dass Komplementäre von Gesetzes wegen nicht zur Leistung einer Einlage verpflichtet sind und ihnen daher auch nicht verboten werden kann, diese Einlagen selbst in Verlustperioden wieder aus der Gesellschaft zu entnehmen. Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB sind aber keine ursprünglich geleisteten Einlagen, sodass zumindest vor diesem Hintergrund eine Beschränkung des Entnahmerechts vorstellbar wäre. Betrachtet man allerdings die auf Grund der Dispositivität des § 122 HGB82 über die gesetzliche Regelung des § 122 HGB hinausgehenden gesellschaftsvertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten der Entnahmeregelungen, greift auch dieses letztgenannte Argument nicht mehr. Insbesondere die Zulässigkeit einer Regelung, wonach Gesellschafter selbst dann Beträge entnehmen dürfen, wenn ihr Kapitalanteil negativ ist und darüber hinaus keine Gewinne erwirtschaftet wurden83, unterstützt die Annahme, dass eine gewinnabhängige Entnahmesperre nicht in das Entnahmesystem von Personenhandelsgesellschaften passt. Dürfen Entnahmen selbst in Fällen getätigt werden, in denen weder ein Gewinn erwirtschaftet wurde noch ein positiver Kapitalanteil eines Gesellschafters vorhanden ist, kann eine Sperre für ausgewiesene Gewinne nicht passen. Neben dieser aus dem gewinnunabhängigen Entnahmerecht und der Dispositivität folgenden Einschätzung ist noch zu erwähnen, dass es selbst bei Kommanditisten, die ihre persönliche Haftung durch Leistung einer Einlage ausschließen können, keine Entnahmesperre gibt.84 Selbst der auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmende § 172 Abs. 4 S. 3 HGB sieht keine Entnahmebeschränkung vor. Vielmehr können Kommanditisten die in ihrer Werthaltigkeit kritische Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB in vollem Umfang entnehmen, was lediglich zu einem Wiederaufleben der Haftung der Kommanditisten führen kann. Bestehen aber selbst für Kommanditisten keine Entnahmebeschränkungen und erfolgt ein gläubigerschützender 81

Siehe statt vieler nur Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 122 Rn. 8; Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Ehricke, HGB, § 122 Rn. 26; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 122 Rn. 3; Oetker/ Weitemeyer, HGB, § 122 Rn. 22. 82 Siehe statt vieler nur Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 122 Rn. 15; Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Ehricke, HGB, § 122 Rn. 50; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 122 Rn. 4; Oetker/Weitemeyer, HGB, § 122 Rn. 36. 83 So u. a. Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 120 Rn. 7; MüKo/Priester, HGB, § 120 Rn. 88 ff.; MünchenerHdG/Bezzenberger/v. Falkenhausen/Schneider, Band 1, § 63 Rn. 71. 84 Vgl. Einführung, C., II., 1.

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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Ausgleich kritischer Entnahmen ausschließlich über ein mögliches Wiederaufleben der Haftung, kann eine Entnahmebeschränkung für Komplementäre erst Recht nicht systemkonform begründet werden. Denn sieht der Gesetzgeber selbst für Kommanditisten, deren Haftung beschränkt sein kann, keine Entnahmesperre vor, sondern bezweckt vielmehr einen Schutz der Gläubiger über ein etwaiges Wiederaufleben der Haftung, kann für Komplementäre, die stets persönlich und unbeschränkt als auch vollkommen unabhängig von Entnahmen haften, nichts anderes gelten. Eine Entnahmesperre ist auch unter diesem Gesichtspunkt nicht systemkonform mit dem bei Personenhandelsgesellschaften bestehenden Entnahme- und Haftungssystem in Einklang zu bringen. Des Weiteren muss beachtet werden, dass eine Entnahmesperre auch bei praktischer Betrachtung keinen Sinn ergibt. Denn würde man die gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträge entsprechend den bei klassischen Kapitalgesellschaften bestehenden Möglichkeiten in die Gewinnrücklagen einstellen oder als Gewinn vortragen85, bestünde weiterhin die Möglichkeit für die Gesellschafter, Beträge in entsprechender Höhe zulasten der Kapitalanteile zu entnehmen. Dies würde folglich einfache Umgehungsmöglichkeiten eröffnen und im Ergebnis das Ziel des § 268 Abs. 8 HGB vereiteln. Auch diese systembezogenen praktischen Erwägungen sprechen somit gegen die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co.86 Die angeführten systematischen Bedenken können nach hier vertretener Ansicht auch nicht dadurch entkräftet werden, dass eine Ausschüttungssperre resp. Entnahmesperre in Form einer individuellen Rücklage oder als Gewinnvortrag zumindest unter Gesichtspunkten der Transparenz „[…] im Bilanzierungssystem von Personengesellschaften stimmig integriert werden“87 könnte. Zwar ist richtig, dass dem Bilanzierungssystem von Personenhandelsgesellschaften immanent ist, dass sich „die Kapitalkonten […] durch Verteilung des erzielten Jahresergebnisses, aber auch durch getätigte Einlagen und Entnahmen“88 bewegen, und dadurch „[…] eine Transparenz gewonnen [wird], der im System der Personengesellschaften eine besondere Bedeutung beizumessen ist […]“89. Ebenso darf davon ausgegangen werden, dass die Bildung einer entnahmegesperrten Rücklage resp. eines Gewinnvortrages ein erhöhtes Maß an Transparenz schaffen würde und somit zumindest unter diesem Gesichtspunkt Systemkonformität erreicht werden könnte. Andererseits kann dieser 85

Dazu ausführlich Zweites Kapitel, A., IV. Diese praktischen Erwägungen und das gewinnunabhängige Entnahmerecht der persönlich haftenden Gesellschafter verkennen wohl auch MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 268 Rn. 59, die „[…] das Ausschüttungsverbot bei Personenhandelsgesellschaften in sinngemäßer Anwendung des [§ 268] Abs. 8 [HGB] als Verbot einer Gewinnzuschreibung zu den Kapitalkonten […]“ begreifen resp. einen „[…] Sonderposten in Anlehnung an § 264c Abs. 4 S. 3 [HGB] a.F. […]“ in Betracht ziehen. 87 Von der Laage, WM 2012, 1322, 1324. 88 Von der Laage, WM 2012, 1322, 1325. 89 Von der Laage, WM 2012, 1322, 1325. 86

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

Aspekt der Transparenz aber nicht dazu führen, dass anderweitige grundlegende systematische Bedenken ausgeblendet werden. Denn selbst wenn man auf Grund einer entsprechenden Rücklage die Transparenz der Bilanz steigern würde, stände eine damit verbundene Entnahmesperre weiterhin im klaren Widerspruch zu dem gewinnunabhängigen Entnahmerecht der Komplementäre. Dieser Widerspruch lässt sich nicht mit Gesichtspunkten erhöhter Transparenz vermeiden. Die mit einer entsprechenden entnahmegesperrten Rücklage verbundene erhöhte Transparenz der Bilanz könnte nach hier vertretener Ansicht nur dann zur Irrelevanz sonstiger systematischer Bedenken führen, sofern aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten ein zwingendes Bedürfnis nach Informationen über Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB bestehen würde. Ein solches zwingendes Bedürfnis besteht bei Kapitalgesellschaften, da deren Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftungsrechtlich zur Verfügung steht und sie dementsprechend Informationen benötigen, ob dem Kapitalschutz entgegenstehende Gewinnausschüttungen getätigt wurden. Nur wenn sie dies nachvollziehen können, ist es ihnen möglich, Maßnahmen hinsichtlich einer Rückzahlung solcher Gewinne zwecks Erhöhung der gläubigerschützenden Haftungsmasse zu bewirken.90 Bei Personenhandelsgesellschaften besteht ein derartiges Informationsbedürfnis aber nicht, da die Gläubiger bereits umfassend durch die jederzeitigen Rückgriffsmöglichkeiten auf die unbeschränkt haftenden Komplementäre geschützt werden. Völlig unabhängig von den in der Bilanz ausgewiesenen Positionen können Gläubiger die Gesellschafter in Anspruch nehmen. Es macht für sie keinen Unterschied, ob in ihrer Werthaltigkeit kritische Gewinne in der Gesellschaft verbleiben oder entnommen werden, sodass sie auch keinerlei Informationen hinsichtlich dieser Beträge benötigen. Ein Bedürfnis nach Transparenz hinsichtlich in ihrer Werthaltigkeit kritischer Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB, welches unter Umständen zur Irrelevanz sonstiger systematischer Bedenken hätte führen können, kann somit ebenfalls nicht angenommen werden. Es bleibt damit festzuhalten, dass eine entsprechende Umsetzung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften & Co. auf Grund der gesetzlichen Ausgestaltung des § 122 HGB und der darüber hinausgehenden vertraglichen Möglichkeiten nicht systemkonform möglich wäre. Einer Beschränkung der Gewinnentnahme steht insbesondere entgegen, dass persönlich haftende Gesellschafter sogar von Gesetzes wegen bei Verlusten Entnahmen tätigen können. Noch deutlicher wird die fehlende Systemkonformität, wenn man die vertraglichen Ausgestaltungsmöglichkeiten betrachtet, wonach eine Entnahme selbst bei negativem Kapitalanteil und Verlusten zulässig ist. In Anbetracht dieser Entnahmemöglichkeiten ist eine entsprechende Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. aus systembezogenen Gründen abzulehnen.

90 Vgl. zu diesem Aspekt der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB Zweites Kapitel, B., III. u. IV.

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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III. Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute Die bisherigen Ausführungen zum persönlichen Anwendungsbereich haben gezeigt, dass die Ausschüttungssperre ausschließlich auf Kapitalgesellschaften anzuwenden ist. Kapitalgesellschaften & Co. müssen die Ausschüttungssperre nicht berücksichtigen.91 Gleiches gilt für Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter und für Einzelkaufleute. Auch diese Bilanzierungspflichtigen brauchen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nicht anwenden. Für diese Einschätzung sprechen sowohl systematische Erwägungen als auch die im Rahmen der Prüfung der Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereiches des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. gewonnenen Erkenntnisse. Gegen die Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB auf Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter und auf Einzelkaufleute spricht im Einzelnen zunächst die systematische Verortung des § 268 Abs. 8 HGB. Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als Vollhafter sowie Einzelkaufleute müssen nur die Vorschriften des Zweiten bis Vierten Unterabschnittes des Ersten Abschnittes des Dritten Buches des HGB anwenden und unterliegen damit ausschließlich den Rechnungslegungsnormen der §§ 242 bis 263 HGB.92 § 268 Abs. 8 HGB ist allerdings im Zweiten Abschnitt des Dritten Buches des HGB zu finden, sodass die Vorschrift bereits aus systematischen Gründen nicht unter die anzuwendenden Regelungen fällt. Darüber hinaus sprechen die Ausführungen in der Regierungsbegründung zum BilMoG eindeutig gegen die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter sowie auf Einzelkaufleute. In den in der Gesetzesbegründung zu findenden Aussagen heißt es unmissverständlich: „Der Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre wird auf Kapitalgesellschaften beschränkt“93 resp. „mit einer Ausschüttungssperre für Einzelkaufleute und Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften wären, wegen ihrer unbeschränkten Haftung, ohnehin keine praktischen Konsequenzen – insbesondere in der Form der Rückgewähr von unter Missachtung der Ausschüttungssperre ausgeschütteten Gewinnen – verbunden“94. Die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter und auf Einzelkaufleute würde zudem erfordern, dass die Gläubiger dieser Bilanzierenden hinsichtlich der Nicht91

Vgl. Erstes Kapitel, A., II. Zu beachten ist, dass § 242 Abs. 4 i.V.m. § 241a HGB seit dem BilMoG für bestimmte kleine Einzelkaufleute die Möglichkeit der Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung von Bilanzen vorsieht. Sofern von dieser Befreiungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird, ist die vorliegend aufgeworfene Frage nach einer Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB für diese Einzelkaufleute von vornherein ohne Bedeutung. 93 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 94 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 92

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

entnahme von kritischen Gewinnen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB in gleichem Maße schutzwürdig sind wie Gläubiger von Kapitalgesellschaften.95 Ein derartiges, vergleichbares Schutzinteresse besteht jedoch nicht, da Gläubigern von Personenhandelsgesellschaften, anders als Gläubigern von Kapitalgesellschaften, jederzeitige unbeschränkte Rückgriffsmöglichkeiten auf die Komplementäre resp. die Einzelkaufleute zustehen96, und zwar unabhängig davon, ob die Gewinne in der Gesellschaft verbleiben oder entnommen und dem Privatbereich zugeführt wurden. Schließlich kann eine dem § 268 Abs. 8 HGB entsprechende Entnahmesperre auch nicht systemkonform in das bestehende Entnahmesystem bei Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter und bei Einzelkaufleuten eingegliedert werden. Bei Personenhandelsgesellschaften sprechen, in gleichem Maße wie bei Kapitalgesellschaften & Co.97, das von Gesetzes wegen den Komplementären eingeräumte gewinnunabhängige Entnahmerecht in § 122 HGB und die darüber hinausgehenden gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltungsmöglichkeiten gegen die Anwendung einer gewinnabhängigen Entnahmesperre. Gleiches gilt erst Recht für Einzelkaufleute, bei denen es von vornherein keinerlei Vorgaben hinsichtlich möglicher oder nicht möglicher Entnahmen gibt. Einzelkaufleute sind vollkommen frei darin, ob sie Bestandteile des Eigenkapitals der betrieblichen Sphäre zuordnen oder ob sie diese Mittel der betrieblichen Sphäre entnehmen und dem Privatbereich zuordnen. Wann und in welcher Höhe Entnahmen getätigt werden, ist einzig und allein dem Einzelkaufmann überlassen. Diese generelle Wahlmöglichkeit dadurch zu beschränken, dass im Fall von kritischen Gewinnen keine Entnahmen mehr getätigt werden dürfen, ist nicht systemkonform begründbar. Trotz der vorstehenden Einordnung darf aber auch nicht übersehen werden, dass bereits vor BilMoG im Zusammenhang mit den „alten“ Ausschüttungssperren der §§ 269 S. 2 und 274 Abs. 2 S. 3 HGB a.F. in der Literatur98 vereinzelt gefordert wurde, sämtliche Bilanzierende dem Anwendungsbereich dieser Regelungen zu unterwerfen. Ebenso findet sich zu § 268 Abs. 8 HGB Literatur99, die es für notwendig erachtet, alle bilanzierenden Kaufleute unter den Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre zu fassen. Unter Berücksichtigung dieser Ansichten werden im Folgenden zwei weitere Aspekte dargestellt, die im Zusammenhang mit der Frage nach dem Umfang des persönlichen Anwendungsbereiches der Ausschüttungssperre nicht außer Acht gelassen werden dürfen. An der getroffenen Feststellung, dass § 268 Abs. 8 HGB nicht von Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter und von Einzelkaufleuten anzuwenden ist, ändert sich allerdings auch unter Beachtung dieser beiden Aspekte im Ergebnis nichts. 95

Vgl. dazu die Ausführungen unter Erstes Kapitel, A., II., 5. So auch Zwirner/Froschhammer, StuB 2012, 139, 140. 97 Vgl. dazu die Ausführungen unter Erstes Kapitel, A., II., 6. 98 Vgl. Beck’scherBilKo/Winkeljohann/Lawall, 6. Aufl. 2006, § 269 HGB, Rn. 20. 99 Vgl. Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2677 ff.; Petersen/Zwirner/Künkele, Bilanzanalyse und Bilanzpolitik nach BilMoG, 409, anders allerdings auf Seite 133. 96

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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1. Anwendung auf Grund der Ausschüttungsbemessungsfunktion Ein im Rahmen der Prüfung des persönlichen Anwendungsbereiches des § 268 Abs. 8 HGB noch nicht berücksichtigter Gesichtspunkt, der vereinzelt in der Literatur100 angeführt wird und für die Anwendung der Ausschüttungssperre bei allen Bilanzierungspflichtigen sprechen soll, ist die Ausschüttungsbemessungsfunktion des Jahresabschlusses.101 Hinsichtlich dieser Funktion des Jahresabschlusses geht die angeführte Literaturmeinung davon aus, dass sich „[…] die Ausschüttungssperre aus der Nebenbedingung der Bilanzrechtsreform begründet, die Handelsbilanz weiterhin zur Bestimmung des auskehrbaren Gewinns zu verwenden […]“.102 Es spreche daher „[…] einiges dafür, alle bilanzierenden Kaufleute zu verpflichten, in ihren Jahresabschlüssen Rechenschaft über Eigenkapitalmehrungen abzulegen, die nach bisherigem Verständnis nicht mit gutem Gewissen an die Anteilseigner ausgekehrt werden dürfen“.103 Durch eine solche Verpflichtung „[…] würde der Schutzbereich der Ausschüttungssperre nicht nur die Gläubiger sondern auch die Gesellschafter der Unternehmen dergestalt umfassen, dass letztere sich vor der Entnahmedisposition über den Betrag informieren müssen, den sie ohne Gefährdung des Unternehmensbestands entnehmen können (Gesellschafterschutz durch Selbstinformation)“104, sodass „[…] erwogen werden [sollte], den Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre auf alle bilanzierenden Kaufleute auszudehnen“105. Die Literatur stellt folglich zur Begründung der Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereiches des § 268 Abs. 8 HGB entscheidend darauf ab, dass sich die Bilanzierenden im Fall der Anwendung der Ausschüttungssperre vor etwaigen Entnahmen über in ihrer Werthaltigkeit unsichere Gewinnanteile informieren müssten. Auf diese Weise könnte einer Gefährdung des Unternehmens vorgebeugt werden. Vor diesem Hintergrund versteht sich auch die gewählte Begrifflichkeit „Gesellschafterschutz durch Selbstinformation“106. Das Ziel der angeführten Literatur, die Bilanzierenden durch Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB zu verpflichten, sich über die mit Unsicherheiten behafteten Gewinnbestandteile zu informieren, ist zunächst als sinnvoll zu erachten. Informationen über kritische Beträge können einen Unternehmer dazu veranlassen, etwaige 100

Vgl. Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2677. Die Ausschüttungsbemessungsfunktion des Jahresabschlusses wird auch von Moxter, DB 2008, 1514, 1517 im Zusammenhang mit dem persönlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erwähnt. Eine substantielle Auseinandersetzung mit diesem Aspekt sowie eine Folgerung daraus für die konkrete Anwendung lassen sich jedoch in dem zitierten Aufsatz nicht finden. 102 Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2677. 103 Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2677. 104 Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2677. 105 Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2678. 106 Die Begrifflichkeit wird auch verwandt von Haaker, DStR 2010, 663, 666, Fn. 53. Ähnlich Zwirner/Boecker, BC 2011, 7. 101

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

Entnahmen nicht zu tätigen und auf diese Weise den Bestand des Unternehmens nicht zu gefährden. Andererseits muss aber auch beachtet werden, dass es zur Ermittlung dieser Informationen der Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nicht bedarf. Dies ist damit zu begründen, dass sich jeder Bilanzierende bereits im Rahmen der Ausübung seines Wahlrechts gem. § 248 Abs. 2 HGB und der damit verbundenen Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens resp. bei der Bewertung der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zum beizulegenden Zeitwert über die mit diesen Bilanzpositionen einhergehenden Risiken auseinandersetzen wird. Schon im Rahmen der Entscheidung für oder gegen diese Bilanzansätze wird der Bilanzierende erkennen, dass die entsprechenden Werte mit erheblichen Unsicherheiten hinsichtlich ihrer tatsächlichen Realisierung verbunden sind und etwaige Minderungen dieser Werte in Zukunft zu einer Belastung der GuV führen. Geht man folglich davon aus, dass bereits im Rahmen der Bildung der von dem sachlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzpositionen alle mit diesen Werten verbundenen Unsicherheiten erkennbar werden, können durch eine darüber hinausgehende Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB keine zusätzlichen Informationen hinsichtlich einer eventuellen Gefährdung des Unternehmens gewonnen werden. Das Bedürfnis des Unternehmers nach Selbstinformation wird vielmehr bereits durch die erwähnten Bilanzierungsentscheidungen befriedigt. Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB ist demzufolge zur Ermittlung dieser Informationen überflüssig, sodass eine Anwendung der Ausschüttungssperre von vornherein nicht auf das Bedürfnis nach Selbstinformation gestützt werden kann. Die Anwendung der Ausschüttungssperre von Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter und von Einzelkaufleuten kann somit ebenfalls nicht auf die Ausschüttungsbemessungsfunktion des Jahresabschlusses gestützt werden. 2. Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Grund des PublG Ein weiterer Aspekt, der bei den bisherigen Ausführungen zum persönlichen Anwendungsbereich außer Acht gelassen wurde, ist der Umstand, dass nicht nur das Handelsgesetzbuch für die Frage nach den für die Bilanzierung anwendbaren Vorschriften maßgebend ist, sondern dass auch das Publizitätsgesetz Regelungen über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen beinhaltet. Aus Gründen der Vollständigkeit bedarf es daher einer weiteren Betrachtung, ob sich die Anwendung der Ausschüttungssperre zumindest auf Grund der Vorschriften des PublG rechtfertigen lässt. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass sowohl Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter als auch Einzelkaufleute in den Anwendungsbereich des Publizitätsgesetzes fallen. Aus § 1 Abs. 1 PublG folgt, dass jedes Unternehmen rechtsformunabhängig Rechnung legen muss, sofern es bestimmte Größenordnungen bei der Bilanzsumme, den Umsatzerlösen und der Beschäftigtenzahl erreicht. Zudem

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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regelt § 3 Abs. 1 Nr. 1 PublG ausdrücklich, dass der Erste Abschnitt des PublG auf Unternehmen in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft, für die kein Abschluss nach § 264a oder § 264b HGB aufgestellt wird, und auf Unternehmen in der Rechtsform des Einzelkaufmanns anzuwenden ist. Die Anwendung des PublG kommt daher bei diesen Bilanzierenden grundsätzlich in Betracht. Für die nach dem HGB befreiten, aber nach dem PublG zur Rechnungslegung verpflichteten Unternehmen hat die Anwendung des PublG zur Folge, dass sie gem. § 5 Abs. 1 S. 1 PublG einen Jahresabschluss aufstellen müssen. Darüber hinaus ergibt sich aus § 5 Abs. 1 S. 2 PublG, dass für den Inhalt des Jahresabschlusses, seine Gliederung und für die einzelnen Posten des Jahresabschlusses die §§ 265, 266, 268 bis 275, 277 und 278 HGB sinngemäß gelten. Die Ausschüttungssperre ist in § 268 Abs. 8 HGB normiert und somit von dem Verweis des § 5 Abs. 1 S. 2 PublG umfasst. Diese systematischen Erwägungen deuten darauf hin, dass § 268 Abs. 8 HGB auf Grund seiner gesetzlichen Verortung von Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als Vollhafter sowie von Einzelkaufleuten i.S.d. § 1 Abs. 1 PublG anzuwenden ist. Allerdings muss auch hier beachtet werden, dass ein systematisches Argument alleine nicht maßgebend für die Begründung der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB sein kann.107 Das wird umso deutlicher, berücksichtigt man, dass § 5 Abs. 1 S. 2 PublG nur eine „sinngemäße“ Anwendung der Vorschriften des HGB verlangt. Dies hat zur Folge, dass die in Bezug genommenen handelsrechtlichen Normen nur dann zur Geltung kommen, wenn keine rechtsformspezifischen Besonderheiten eine abweichende Beurteilung erfordern. Auf Grund der geforderten „sinngemäßen“ Anwendung muss daher auch im Zusammenhang mit der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB zwingend eine rechtsformspezifische Betrachtung erfolgen. Das Erfordernis nach einer rechtsformspezifischen Betrachtung hat die Prüfung zur Folge, ob § 268 Abs. 8 HGB überhaupt sinngemäß Anwendung auf Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter und auf Einzelkaufleute finden kann. Dies ist zu verneinen, da die bisherigen Erkenntnisse gezeigt haben, dass eine entsprechende Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter und auf Einzelkaufleute nicht systemkonform darstellbar ist. Insbesondere das bei Personenhandelsgesellschaften und bei Einzelkaufleuten bestehende gewinnunabhängige Entnahmerecht steht einer gewinnabhängigen Entnahmesperre von vornherein entgegen. Diese systematischen Bedenken müssen auch im Rahmen einer Anwendung auf Grund des PublG beachtet werden, da § 5 PublG lediglich eine „sinngemäße“ Anwendung fordert. Die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB in der von § 5 Abs. 1 S. 2 PublG geforderten sinngemäßen Weise ist folglich auszuschließen.108 107

Vgl. Erstes Kapitel, A., II. Im Ergebnis ebenso, aber ohne weitere Begründung Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/ Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 211. 108

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

IV. Sonderstellung der KGaA Die Kommanditgesellschaft auf Aktien hat im Rahmen der Kapitalgesellschaften eine Sonderstellung hinsichtlich der Erstellung des Jahresabschlusses und der daran anknüpfenden Gewinnverteilung inne.109 Ausschüttungen des Bilanzgewinnes der KGaA sind ausschließlich maßgebend für die Kommanditaktionäre der Gesellschaft, wohingegen die Zurechnung der Gewinnanteile der Komplementäre bereits vor Feststellung des Jahresabschlusses erfolgt.110 Dementsprechend ist die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB, deren Anknüpfungspunkt die Verwendung des Bilanzgewinnes ist111, in unmittelbarer Anwendung nur von den Kommanditaktionären zu beachten. Da die Gewinnanteile der Komplementäre aber ebenso Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB enthalten können, ist im Folgenden zu untersuchen, ob zumindest eine entsprechende Anwendung der Ausschüttungssperre auf die Komplementäre der KGaA resp. deren Gewinnentnahmen in Betracht kommt. Im Rahmen dieser Fragestellung ist entscheidend darauf abzustellen, dass Komplementäre der KGaA dem Recht der Personenhandelsgesellschaften unterliegen.112 Dies rechtfertigt es nach hier vertretener Ansicht, die Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB auf die Gewinnentnahmen der Komplementäre entsprechend den im Rahmen der Einordnung der Kapitalgesellschaften & Co. resp. der Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter gewonnenen Erkenntnissen zu beurteilen. Eine entsprechende Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf diese Bilanzierungspflichtigen wurde allerdings unter Berücksichtigung mehrerer Gesichtspunkten abgelehnt.113 Diese Einordnung kann im Ergebnis nur dazu führen, dass eine entsprechende Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB auch auf die Komplementäre der KGaA resp. deren Gewinnentnahmen abzulehnen ist. Gegen die Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB auf Komplementäre der KGaA spricht insbesondere der Umstand, dass es auch bei dieser Gesellschaftsform, in gleichem Maße wie bei Kapitalgesellschaften & Co. resp. Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter114, an der für eine entsprechende Anwendung notwendigen vergleichbaren Interessenlage der Gesellschaftsgläubiger mangelt. Die entsprechende Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB würde voraussetzen, dass die Gläubiger der KGaA hinsichtlich der Nichtentnahme von kritischen Beträgen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB in gleichem Maße schutzwürdig sind wie Gläubiger von Kapitalgesellschaften115, die 109 110 111 112 113 114 115

Vgl. Erstes Kapitel, A., I. Vgl. Erstes Kapitel, A., I. Vgl. Einführung, C., I., 2. Vgl. § 278 Abs. 2 AktG. Vgl. Erstes Kapitel, A., II. und III. Vgl. Erstes Kapitel, A., II., 5. und III. Vgl. dazu die Ausführungen unter Erstes Kapitel, A., II., 5. und III.

A. Persönlicher Anwendungsbereich

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durch die unmittelbare Anwendung der Ausschüttungssperre geschützt werden. Ein derartiges, vergleichbares Schutzinteresse der Gläubiger von KGaA besteht jedoch nicht, da berücksichtigt werden muss, dass Komplementäre von Kommanditgesellschaften auf Aktien gem. § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 128 HGB den Gläubigern gegenüber unbeschränkt haften. Gläubigern von KGaA steht damit in gleicher Weise wie bei Personenhandelsgesellschaften116 die Möglichkeit offen, die Komplementäre nach vorgenommenen Entnahmen in Anspruch zu nehmen. Einer expliziten Entnahmesperre bedarf es daher aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten nicht und es ist mangels vergleichbarer Interessenlage von einer entsprechenden Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf die Gewinnentnahmen der Komplementäre von Kommanditgesellschaften auf Aktien abzusehen. Trotz dieser Einordnung ist darauf hinzuweisen, dass eine entsprechende Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Gewinnentnahmen der Komplementäre von KGaA, anders als bei Kapitalgesellschaften & Co. resp. Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter117, zumindest systemkonform in das bestehende Entnahmesystem eingegliedert werden könnte. Zwar verfügen die Komplementäre der KGaA ebenso wie Komplementäre von Personenhandelsgesellschaften von Gesetzes wegen über ein gewinnunabhängiges Entnahmerecht gem. § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 122 HGB.118 Auch steht dieses gewinnunabhängige Entnahmerecht zunächst im Widerspruch zu einer gewinnabhängigen Entnahmesperre. Doch ist hinsichtlich des Entnahmerechts von Komplementären der KGaA auch zu berücksichtigen, dass dieses Recht nicht vollständig disponibel119 ist und die grundsätzlich geltenden Entnahmeregelungen des HGB durch spezielle Entnahmebeschränkungen in § 288 AktG ergänzt werden. Diese speziellen Entnahmebeschränkungen haben zur Konsequenz, dass Entnahmen über den Kapitalanteil hinaus, anders als bei Personenhandelsgesellschaften, verboten sind und ein negativer Kapitalanteil nicht gebildet werden kann. Sieht das Gesetz aber selbst vor, dass trotz unbeschränkter Haftung der Komplementäre das Entnahmerecht beschränkt ist, kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass eine Entnahmebeschränkung für in ihrer Werthaltigkeit kritische Gewinne nicht systemkonform darstellbar wäre. Vielmehr könnte eine entsprechende Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Komplementäre von Kommanditgesellschaften auf Aktien mangels Widerspruchs von gewinnunabhängigem Entnahmerecht und gewinnabhängiger Entnahmesperre zumindest theoretisch umgesetzt werden. Diese systemgerechte Anwendungsmöglichkeit hat allerdings auch nicht zur Folge, dass § 268 Abs. 8 HGB auf Gewinnentnahmen der Komplementäre von KGaA anzuwenden 116

Vgl. Erstes Kapitel, A., II., 5. und III. Vgl. Erstes Kapitel, A., II., 6. und III. 118 Vgl. Erstes Kapitel, A., II., 6. und III. 119 Vgl. Hüffer, AktG, § 288 Rn. 4; KölnerKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 288 Rn. 26; MüKo/Perlitt, AktG, § 288 Rn. 42; Schmidt/Lutter/Schmidt, AktG, § 288 Rn. 12 ff.; Spindler/ Stilz/Bachmann, AktG, § 288 Rn. 6 ff. 117

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

wäre. Die dafür notwendige vergleichbare Interessenlage kann durch diese Systemkonformität ebenfalls nicht begründet werden.

V. Zusammenfassung Der persönliche Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB umfasst Aktiengesellschaften (AG), Europäische Gesellschaften (SE), Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). Dies ergibt sich zum einen aus der systematischen Stellung des § 268 Abs. 8 HGB im Zweiten Teil des Ersten Unterabschnittes des Zweiten Abschnittes des Dritten Buches des HGB. Zum anderen sprechen für die Anwendung der Ausschüttungssperre die Aussagen im Regierungsentwurf. Hinsichtlich der Sonderstellung der Kommanditgesellschaften auf Aktien ist zu beachten, dass die Ausschüttungssperre nur bei der Verteilung des Bilanzgewinnes an die Kommanditaktionäre anzuwenden ist. Auf die Entnahmen der Komplementärgewinne findet § 268 Abs. 8 HGB dahingegen keine Anwendung. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung der Ausschüttungssperre von Kapitalgesellschaften nur den Regelfall darstellt. Sind die Gesellschaften auf Grund besonderer gesellschaftsrechtlicher Konstellationen als Tochtergesellschaften i.S.d. § 264 Abs. 3 resp. Abs. 4 HGB einzuordnen und besteht zwischen ihnen und dem Mutterunternehmen ein Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG, muss § 268 Abs. 8 HGB nicht unmittelbar beachtet werden. Ist zwischen verbundenen Unternehmen allerdings kein Gewinnabführungsvertrag geschlossen worden und beruht die Verlustübernahmeverpflichtung vielmehr nur auf einer freiwilligen Vereinbarung, müssen auch diese Kapitalgesellschaften die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB aus Gründen des Gläubigerschutzes anwenden. Auf Kapitalgesellschaften & Co. ist § 268 Abs. 8 HGB weder in unmittelbarer noch in entsprechender Weise anzuwenden. Zwar ließe sich die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Grund der systematischen Stellung der Regelung begründen, da in § 264a Abs. 1 HGB für Kapitalgesellschaften & Co. eine Berücksichtigung der in dem Ersten bis Fünften Unterabschnitt des Zweiten Abschnittes des Dritten Buches des HGB zu findenden Vorschriften vorgesehen ist. Allerdings sprechen die Ausführungen in der Regierungsbegründung, die Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB, die Einführung der Sondervorschrift des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB, der Zweck der Ausschüttungssperre, die Gläubiger der Gesellschaft vor der Auszahlung von unsicherem Kapital zu schützen als auch das gewinnunabhängige Entnahmerecht der persönlich haftenden Gesellschafter eindeutig gegen die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter als auch Einzelkaufleute sind ebenfalls nicht von dem persönlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erfasst. Anders als Kapitalgesellschaften

B. Sachlicher Anwendungsbereich

83

und Kapitalgesellschaften & Co. müssen diese von vornherein nur die Vorschriften des Zweiten bis Vierten Unterabschnittes des Ersten Abschnittes des Dritten Buches des HGB anwenden und unterliegen damit bereits systematisch nicht der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB. Auch die Aussagen in der Regierungsbegründung zum BilMoG sprechen gegen eine Anwendung von Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter sowie von Einzelkaufleuten. Entscheidend ist aber auch bei diesen Bilanzierenden, dass es einer Anwendung weder auf Grund des Zwecks des § 268 Abs. 8 HGB bedarf, noch eine entsprechende Anwendung angesichts der Entnahmerechte der persönlich haftenden Gesellschafter resp. der Einzelkaufleute systemkonform darstellbar wäre. Gläubigerschützenden Gesichtspunkten wird schon ausreichend über die unbeschränkten Rückgriffsmöglichkeiten auf die persönlich haftenden Gesellschafter resp. auf die Einzelkaufleute Rechnung getragen. Zudem haben die weiteren Ausführungen gezeigt, dass auch das PublG eine Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB auf Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter und auf Einzelkaufleute nicht rechtfertigen kann.

B. Sachlicher Anwendungsbereich I. Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände Der sachliche Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre erstreckt sich gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB zunächst auf selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, deren Aktivierungsmöglichkeit seit BilMoG in § 248 Abs. 2 S. 1 HGB geregelt ist. Vor BilMoG war die Aktivierung dieser Vermögensgegenstände dahingegen gem. § 248 Abs. 2 HGB a.F. ausdrücklich verboten. Die Aufhebung dieses Verbotes war bereits im Referentenentwurf zum BilMoG aus dem Jahr 2007 vorgesehen, wonach § 248 Abs. 2 HGB a.F. ersatzlos gestrichen und auf diese Weise eine Aktivierungspflicht der auf die Entwicklungsphase selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens entfallenden Herstellungskosten eingeführt werden sollte. Die auf die Forschungsphase entfallenden Herstellungskosten waren jedoch gem. § 255 Abs. 2 S. 4 HGB RefE von der Aktivierung ausgeschlossen. Mit dieser Änderung der Bilanzierungsvorschriften sollte „[…] der zunehmenden Bedeutung der immateriellen Vermögensgegenstände im Wirtschaftsleben Rechnung [getragen werden], die insbesondere auf den in Deutschland gegenwärtig schon weit fortgeschrittenen Wandel von der produktions- zur wissensbasierten Gesellschaft zurückzuführen ist“.120 Im Fokus der Überlegungen standen innovative mittelständische Unternehmen, die durch die Aktivierung dieser Vermögensgegenstände „[…] ihre Außendarstellung verbessern“ 120 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 8. 11. 2007, 97, abrufbar unter http://www.wpk. de/pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013).

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1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

könnten. Zudem würde auf diese Weise „[…] die Eigenkapitalbasis der Unternehmen verbreitet und gleichzeitig ihre Fähigkeit zur Fremd- oder Eigenkapitalbeschaffung verbessert“.121 Der Gesetzesvorschlag aus dem Referentenentwurf mitsamt der entsprechenden Begründungen wurde sodann in den im Jahr 2008 erschienenen Regierungsentwurf der damaligen Bundesregierung nahezu unverändert übernommen.122 Lediglich in § 248 Nr. 4 HGB RegE fand sich eine Abweichung von der zunächst vorgesehenen generellen Aktivierungspflicht. Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wurden von der Aktivierungspflicht ausdrücklich ausgenommen.123 Der Grund der Ausnahme dieser immateriellen Vermögensgegenstände bestand nach Aussage der Begründung des Regierungsentwurfes darin, dass den genannten Vermögensgegenständen „[…] Herstellungskosten teilweise nicht zweifelsfrei zugerechnet – sie nicht selbständig bewertet – werden können, d. h. eine Abgrenzung zwischen den zu aktivierenden Aufwendungen und den für die Entwicklung des Unternehmens in seiner Gesamtheit – also regelmäßig auf den selbst geschaffenen Geschäfts- oder Firmenwert – anfallenden aufwandswirksam zu erfassenden Aufwendungen, nicht zweifelsfrei möglich ist“.124 Die bereits in dem Referentenentwurf ersatzlose Streichung des § 248 Abs. 2 HGB a.F., mit der Folge einer Aktivierungspflicht für alle sonstigen selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände, blieb jedoch unverändert. Die sowohl in dem Referentenentwurf als auch in dem Regierungsentwurf vorgesehene Aktivierungspflicht stieß jedoch im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens auf Kritik. Nicht nur der Rechtsausschuss125, sondern insbesondere auch der Bundesrat126 sahen es für ausreichend an, für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens anstelle einer Aktivierungspflicht ein Aktivierungswahlrecht vorzusehen. Dies eröffne den Unternehmen, „[…] bei denen immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens keine bedeutende Rolle spielen, die Möglichkeit, auf eine Aktivierung zu verzichten und sich so die damit verbundenen Aufzeichnungs-, Darlegungs- und Nachweispflichten zu ersparen“.127 Dementsprechend sah der Vorschlag des Rechtsausschusses vor, in

121

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 8. 11. 2007, 64, 97, abrufbar unter http://www. wpk.de/pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 122 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 6, 35, 49 ff. 123 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 6. 124 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 50. 125 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407, 6 ff., 85. 126 Stellungnahme des Bundesrates, RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 118. 127 Stellungnahme des Bundesrates, RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 118.

B. Sachlicher Anwendungsbereich

85

§ 248 Abs. 2 S. 1 HGB ein Aktivierungswahlrecht zu kodifizieren.128 Die bereits im Regierungsentwurf vorgeschlagene Ausnahme für Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sollte allerdings beibehalten und in § 248 Abs. 2 S. 2 HGB aufgenommen werden. Zur Begründung dieser Ausnahme wurde auf die Aussagen der Bundesregierung verwiesen.129 Die in der Beschlussempfehlung des Rechtausschusses vorgeschlagene konkrete Ausgestaltung des Aktivierungswahlrechts für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in § 248 Abs. 2 HGB wurde im Folgenden nicht mehr verändert und vom Bundestag im Jahr 2009 verabschiedet.130 Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens können seitdem unter einem eigenen Aktivposten in die Bilanz aufgenommen werden, § 266 Abs. 2 A. I. 1. HGB. Die Möglichkeit der Aktivierung dieser Vermögensgegenstände steht allen Bilanzierenden offen.131 Grundvoraussetzung der Aufnahme in die Bilanz ist jedoch, dass überhaupt ein Vermögensgegenstand i.S.d. § 246 Abs. 1 S. 1 HGB vorliegt. Das ist, wie auch bereits im Referentenentwurf ausdrücklich dargestellt wurde132, immer dann anzunehmen, wenn das selbst geschaffene Gut selbstständig bewertbar und insbesondere selbstständig verwertbar ist.133 Als Beispiele selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die diese Eigenschaften erfüllen und daher aktiviert werden können, sind u. a. Software134, Patente135, eigene Erfindungen oder auch Rezepte zu nennen. Bewertet werden die Vermögensgegenstände gem. §§ 253 Abs. 1 S. 1, 255 Abs. 2 und 2a HGB mit allen bei ihrer Entwicklung anfallenden Herstellungskosten. Kosten der Forschung sind, wie bereits erwähnt, gem. § 255 Abs. 2a S. 4 HGB von der Aktivierung ausgeschlossen. 128

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407,

129

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407,

6. 85. 130

BGBl. I 2009, 1102, 1103. Zur wirtschaftlichen Bedeutung immaterieller Vermögensgegenstände siehe Hennrichs, GmbHR 2010, 17, 18; Mindermann, WPg 2008, 273; Seidel/Grieger/Muske, BB 2009, 1286; Simon, NZG 2009, 1081, 1082; Velte/Sepetauz, BC 2010, 349. 132 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 8. 11. 2007, 98, abrufbar unter http://www.wpk. de/pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 133 Vgl. auch Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, § 246 Rn. 4 ff.; Hennrichs, GmbHR 2010, 17, 18; Hennrichs, DB 2008, 537, 538 ff.; Koller/Roth/Morck/Morck, HGB, § 246 Rn. 2; Mindermann, WPg 2008, 273, 274; MüKo/Ballwieser, HGB, § 246 Rn. 13 ff.; Seidel/Grieger/ Muske, BB 2009, 1286, 1287. 134 Vgl. Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Bertram, HGB, § 248 Rn. 28; Hennrichs, GmbHR 2010, 17, 18; Mindermann, WPg 2008, 273, 274; Simon, NZG 2009, 1081, 1082. 135 Vgl. Hennrichs, GmbHR 2010, 17, 18; Mindermann, WPg 2008, 273, 274; MüKo/ Ballwieser, HGB, § 248 Rn. 22; Simon, NZG 2009, 1081, 1082. 131

86

1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

Im Zusammenhang mit der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB ist noch entscheidend darauf hinzuweisen, dass die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gem. § 248 Abs. 2 S. 1 HGB einen ergebniswirksamen Vorgang darstellt und ihr damit gewinnerhöhende Wirkung zukommt. Im Fall des Gesamtkostenverfahrens sind die der Aktivierung entsprechenden Beträge als „andere aktivierte Eigenleistungen“ i.S.d. § 275 Abs. 2 Nr. 3 HGB in der GuV zu erfassen.136 Bei der Anwendung des Umsatzkostenverfahrens werden die aktivierten selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände entweder als „sonstige betriebliche Erträge“ gem. § 275 Abs. 3 Nr. 6 HGB in die GuV aufgenommen oder es werden die bei der Entwicklung angefallenen Aufwendungen ohne Berührung der GuV direkt auf das Bestandskonto gebucht.137 Planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände in Folgeperioden richten sich nach § 253 Abs. 3 S. 1 – 3 HGB und führen zu einer Verringerung des zunächst angesetzten Buchwertes. Sie stellen Aufwand i.S.d. § 275 Abs. 2 Nr. 7a) resp. § 275 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5 oder Nr. 7 HGB dar.138 Bestehen die Gründe für außerplanmäßige Abschreibungen allerdings nicht mehr, ist gem. § 253 Abs. 5 S. 1 HGB eine Wertaufholung vorzunehmen, die ebenfalls ergebniswirksam gem. § 275 Abs. 2 Nr. 4 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 6 HGB zu verbuchen ist.139

II. Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB In § 268 Abs. 8 S. 3 HGB wird die Ausschüttungssperre auf Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB ausgedehnt. Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB sind solche, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen. Vor BilMoG bestand für diese Vermögensgegenstände keine gesonderte Regelung und sie waren mit ihren Anschaffungskosten gem. § 253 Abs. 1 S. 1 HGB a.F. auf der Aktivseite der Bilanz auszuweisen. Bereits im Referentenentwurf zum BilMoG wurde allerdings vorgeschlagen, Vermögensgegenstände, die ausschließlich der Erfüllung von Schulden dienen, nicht mehr auf der Aktivseite der Bilanz anzusetzen, sondern mit

136

Vgl. nur Beck’scherBilKo/Förschle, § 275 HGB, Rn. 80; Beck’schesHdR/Winzker, Band I, B 331 Rn. 96; MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 275 Rn. 26. 137 Vgl. Beck’scherBilKo/Förschle, § 275 HGB, Rn. 300; MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 275 Rn. 150. 138 Die genaue Zuordnung ist abhängig von dem Funktionsbereich des Unternehmens, dem der selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstand des Anlagevermögens zu dienen bestimmt ist, vgl. dazu statt vieler nur Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Wobbe, HGB, § 275 Rn. 18. 139 Vgl. nur Küting/Pfitzer/Weber/Zündorf, HdR-E, § 253 HGB, Rn. 811.

B. Sachlicher Anwendungsbereich

87

den entsprechenden Schulden zu verrechnen, § 246 Abs. 2 S. 2 RefE.140 Dieser Vorschlag war als Verrechnungspflicht ausgestaltet. Voraussetzung dafür sollte gem. § 246 Abs. 2 S. 3 HGB RefE sein, dass die Vermögensgegenstände der Verfügung durch den Kaufmann und dem Zugriff aller Gläubiger entzogen sind und nur zur Erfüllung der Schulden verwertet werden können. Eine Änderung der Bewertung dieser Vermögensgegenstände mit ihren Anschaffungskosten war nicht vorgesehen. Mit dieser Neuregelung sollte „[…] – im Rahmen der handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften – eine Annäherung an die nach den IFRS mögliche Verrechnung von so genanntem Planvermögen“ erfolgen.141 Dahinter stand der informationsorientierte Gedanke, „[…] dass Vermögen, das der Haftungsmasse des Unternehmens letztlich entzogen ist, auch nicht in der Bilanz ausgewiesen werden braucht“.142 Der Vorschlag aus dem Referentenentwurf wurde bis auf kleinere, redaktionelle und klarstellende Anpassungen von der Bundesregierung in den im Jahr 2008 erschienenen Regierungsentwurf übernommen. Lediglich für die Bewertung der Vermögensgegenstände war ein anderer Maßstab vorgesehen. Gem. § 253 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 255 Abs. 4 HGB RegE sollten die nach § 246 Abs. 2 S. 2 HGB RegE zu verrechnenden Vermögensgegenstände nunmehr verpflichtend mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu bewerten sein, jedoch begrenzt auf den Erfüllungsbetrag der Schulden.143 Damit sollte „[…] die Aktivierung eines die Schulden übersteigenden beizulegenden Zeitwertes der Vermögensgegenstände […]“ ausgeschlossen werden.144 Der Vorschlag der Bundesregierung sah sich im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens, anders als bei § 248 Abs. 2 und § 274 HGB RegE, keiner wesentlichen Kritik ausgesetzt. Lediglich die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses sah einen zusätzlichen dritten Satz in § 246 Abs. 2 HGB RegE vor, wonach für den Fall, dass der beizulegende Zeitwert der Vermögensgegenstände den Betrag der Schulden übersteigt, der übersteigende Betrag unter einem gesonderten Posten zu aktivieren sein sollte. Damit wollte der Rechtsausschuss aus Vereinfachungsgründen dem Umstand Rechnung tragen, „[…] dass der beizulegende Zeitwert des zur Verrechnung vorgesehenen Vermögens (§ 253 Abs. 1 Satz 4 HGB) den beizulegenden Zeitwert der Schulden übersteigen kann“.145 Dementsprechend wurde auch in 140 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 8. 11. 2007, 5, abrufbar unter http://www.wpk.de/ pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 141 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 8. 11. 2007, 64, abrufbar unter http://www.wpk. de/pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 142 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 8. 11. 2007, 64, abrufbar unter http://www.wpk. de/pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 143 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 6. 144 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 54. 145 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407, 85.

88

1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

§ 253 Abs. 1 S. 4 HGB RegE die Begrenzung auf den Erfüllungsbetrag der Schulden gestrichen. Zu bewerten sind Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen, seit BilMoG gem. § 253 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 255 Abs. 4 HGB von allen Bilanzierenden mit ihrem beizulegenden Zeitwert. Zudem besteht für diese Vermögensgegenstände gem. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB ein Verrechnungsgebot mit den Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen und mit vergleichbar langfristig fälligen Verpflichtungen. Sofern der beizulegende Zeitwert der Vermögensgegenstände den Betrag der Schulden übersteigt, ist der übersteigende Betrag gem. § 246 Abs. 2 S. 3 HGB unter einem gesonderten Posten in der Bilanz (vgl. § 266 Abs. 2 E. HGB) zu aktivieren. Aufwendungen und Erträge aus der Abzinsung der Altersversorgungsverpflichtungen und aus dem entsprechenden Vermögen sind gem. § 246 Abs. 2 S. 2 HS 2 i.V.m. § 277 Abs. 5 HGB innerhalb des Finanzergebnisses zu verrechnen.146

III. Aktive latente Steuern Zusätzlich zu den selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB und den Vermögensgegenständen i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB werden gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB die in der Bilanz ausgewiesenen aktiven latenten Steuern in den sachlichen Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre einbezogen. Die Bilanzierung aktiver latenter Steuern war bereits vor BilMoG in § 274 Abs. 2 S. 1 HGB a.F. als Wahlrecht vorgesehen. Nach der Altregelung durfte für den Fall, dass der dem Geschäftsjahr und früheren Geschäftsjahren zuzurechnende Steueraufwand zu hoch war, weil der nach den steuerrechtlichen Vorschriften zu versteuernde Gewinn höher als das handelsrechtliche Ergebnis war, und sich der zu hohe Steueraufwand des Geschäftsjahres und früherer Geschäftsjahre in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich ausglich, in Höhe der voraussichtlichen Steuerentlastung nachfolgender Geschäftsjahre ein Abgrenzungsposten als Bilanzierungshilfe auf der Aktivseite der Bilanz gebildet werden. Diese Möglichkeit der aktiven Steuerabgrenzung wurde im Zuge des BilMoG teilweise verändert. So war bereits im Referentenentwurf zum BilMoG vorgesehen, das bisher bestehende GuV-orientierte Konzept der Steuerabgrenzung (timing-Konzept) durch ein bilanzorientiertes Konzept (temporaryKonzept) zu ersetzen und gleichzeitig die aktive Steuerabgrenzung in § 274 Abs. 1 HGB aufzunehmen. Durch die Veränderung des Grundkonzeptes sollte sich die Steuerabgrenzung „[…] nicht mehr an Differenzen, die sich aus einer unterschiedlichen Periodisierung von Aufwendungen und Erträgen bei der Ermittlung des 146

84.

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407,

B. Sachlicher Anwendungsbereich

89

handelsrechtlichen Jahresüberschusses im Verhältnis zur steuerlichen Gewinnermittlung ergeben [orientieren], sondern an Differenzen, die aus unterschiedlichen Wertansätzen in der Handels- und der Steuerbilanz resultieren und künftig steuerbeoder -entlastend wirken“.147 Zudem wurde über diese konzeptionelle Veränderung hinaus vorgeschlagen, das bisher bestehende Aktivierungswahlrecht hinsichtlich der Bilanzierung aktiver latenter Steuern nunmehr als Aktivierungspflicht auszugestalten. Dies sollte zur Beseitigung von „Unklarheiten und Unsicherheiten“ führen, gleichfalls aber keine zusätzlichen Kosten verursachen, da bereits bisher die Unternehmen verpflichtet waren, „[…] die aktiv und passiv abzugrenzenden Steuern zu ermitteln, zu saldieren und passiv abzugrenzende Steuern auszuweisen“.148 Darüber hinaus sollte auch nur der Saldo zwischen den aktiv und passiv abgegrenzten Steuern in der Bilanz ausgewiesen werden.149 Zusätzlich war bereits im Referentenentwurf eine Änderung des § 274a Nr. 5 HGB a.F. dahingehend vorgesehen, kleine Kapitalgesellschaften von der Anwendung des § 274 HGB zu befreien. Hiermit sollte der sachliche Anwendungsbereich des § 274 HGB auf mittelgroße und große Kapitalgesellschaften beschränkt werden.150 Die im Referentenentwurf vorgeschlagene Ausgestaltung der Steuerabgrenzung wurde sodann im Jahr 2008 zu großen Teilen in die Regierungsbegründung aufgenommen.151 Der Wechsel von dem bisher bestehenden GuV-orientierten timingKonzept hin zu einem bilanzorientierten temporary-Konzept wurde beibehalten und die aktive Steuerabgrenzung sollte ebenfalls als Aktivierungspflicht ausgestaltet werden.152 Im Gegensatz zu dem im Referentenentwurf vorgesehenen Ausweis des Saldos zwischen den aktiv und passiv abgegrenzten Steuern in der Bilanz, beinhaltete § 274 Abs. 1 HGB RegE einen unsaldierten Ausweis der aktiven und der passiven latenten Steuern unter je einem gesonderten Posten in der Bilanz. Eine Verrechnung der jeweiligen Posten sollte „[…] zugunsten einer besseren Information der Abschlussadressaten […]“ nicht mehr zulässig sein.153 Zudem wurde in § 274 Abs. 2 147 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 8. 11. 2007, 138, abrufbar unter http://www.wpk. de/pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 148 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 8. 11. 2007, 138 ff., abrufbar unter http://www. wpk.de/pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 149 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 8. 11. 2007, 139, abrufbar unter http://www.wpk. de/pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 150 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 8. 11. 2007, 139, abrufbar unter http://www.wpk. de/pdf/BMJ_Referentenentwurf_BilMoG.pdf (zuletzt eingesehen: 31. 10. 2013). 151 Vgl. zu den Änderungen der Steuerabgrenzung des RegE im Vergleich zum RefE ausführlich Herzig/Vossel, BB 2009, 1174 ff. 152 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 9, 37, 67. 153 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 67.

90

1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

HGB ein neuer vierter Satz aufgenommen, wonach die Bilanzierenden zum gesonderten Ausweis der Erträge und Aufwendungen aus der Aktivierung bzw. Passivierung der latenten Steuern innerhalb des Postens „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ verpflichtet werden sollten.154 Die Ausnahmeregelung des § 274 Nr. 5 HGB RefE wurde beibehalten. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde der Vorschlag der Bundesregierung auf Grund erhobener Kritik seitens des Bundesrates als auch des Rechtsausschusses teilweise verändert. Der Bundesrat war der Ansicht, dass die Bilanzierung aktiver latenter Steuern als Wahlrecht ausgestaltet werden sollte. Begründet wurde dies damit, dass eine Aktivierungspflicht „[…] insbesondere für mittelständisch geprägte Unternehmen zwangsweise zusätzliche Kosten verursachen“ würde, da „[…] beim Ausweis aktiver latenter Steuern hohe Anforderungen an den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zu stellen sind […]“.155 Die Bundesregierung vermochte sich jedoch diesem Anliegen des Bundesrates nicht anzuschließen und hielt an der Aktivierungspflicht fest, „[…] um die Vergleichbarkeit des handelsrechtlichen Jahresabschlusses auf nationaler und internationaler Ebene zu verbessern und bilanzpolitische Maßnahmen einzudämmen“.156 Aber auch der Rechtsausschuss erachtete ein Aktivierungswahlrecht aus gleichen Gründen wie der Bundesrat für ausreichend.157 Zudem sollte der bereits vor BilMoG bestehende saldierte Ausweis der latenten Steuern grundsätzlich beibehalten werden. Allerdings wurde gleichzeitig vorgeschlagen, den Bilanzierenden zumindest die Möglichkeit zu eröffnen, „[…] die aktiven und die passiven latenten Steuern – im Interesse einer besseren Information der Abschlussadressaten – auch unsaldiert auszuweisen“.158 Alle sonstigen vorgenommenen Anpassungen waren lediglich redaktioneller Natur. Der Vorschlag des Rechtsausschusses zu der konkreten Ausgestaltung des § 274 HGB wurde im Folgenden nicht mehr verändert und in dieser Form vom Bundestag kodifiziert.159 In § 274 Abs. 1 S. 1 HGB findet sich nunmehr eine Passivierungspflicht für den Überhang passiver latenter Steuern, die gem. § 266 Abs. 3 E. HGB unter einem gesonderten Posten auf der Passivseite der Bilanz auszuweisen sind. Für eine sich insgesamt ergebende Steuerentlastung besteht seit BilMoG gem. § 274 Abs. 1 S. 2 HGB ein Aktivierungswahlrecht. Wird dieses Wahlrecht ausgeübt, ist die sich insgesamt ergebende Steuerentlastung gem. § 266 Abs. 2 D. HGB ebenfalls unter einem gesonderten Posten auf der Aktivseite der Bilanz als aktive latente Steuer aufzunehmen. Gem. § 274 Abs. 1 S. 3 HGB kann die sich ergebende Steuerbe- und -entlastung auch unverrechnet angesetzt werden. Die Abgrenzung latenter Steuern ist 154 155 156 157 158

87. 159

RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 9, 68. Stellungnahme des Bundesrates, RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 118 ff. Gegenäußerung der Bundesregierung, RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 123. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407, 87. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407, 12 ff., Vgl. BGBl. I 2009, 1102, 1106.

C. Zeitlicher Anwendungsbereich

91

grundsätzlich nur von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften vorzunehmen. Kleine Kapitalgesellschaften sind gem. § 274a Nr. 5 HGB von der Anwendung des § 274 HGB befreit. Eine freiwillige Anwendung steht jedoch kleinen Kapitalgesellschaften offen.160 Bei Personenhandelsgesellschaften ist die latente Steuerabgrenzung umstritten.161 Die Aktivierung latenter Steuern stellt, ebenso wie die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gem. § 248 Abs. 2 S. 1 HGB, einen ergebniswirksamen Vorgang dar. § 274 Abs. 2 S. 3 HGB schreibt vor, dass der Aufwand oder Ertrag aus der Veränderung bilanzierter latenter Steuern in der GuV gesondert unter dem Posten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ (§ 275 Abs. 2 Nr. 18 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 17) auszuweisen ist. Durch den Ausweis aktiver latenter Steuern kommt es dementsprechend zu einer Erhöhung des Jahresergebnisses auf Grund einer Verminderung der Steuern vom Einkommen und Ertrag, wohingegen spätere Auflösungen gem. § 274 Abs. 2 S. 2 HGB zu einer Erhöhung der Steuern vom Einkommen und Ertrag und damit zu einer Verringerung des Jahresergebnisses führen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang noch Art. 67 Abs. 6 EGHGB, wonach Aufwendungen oder Erträge aus der erstmaligen Anwendung des § 274 HGB in der Fassung des BilMoG unmittelbar mit den Gewinnrücklagern zu verrechnen sind.162 In diesem Fall kommt es zu einer ergebnisneutralen Erfassung der aktiven latenten Steuern.

C. Zeitlicher Anwendungsbereich Maßgeblich für die Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB in zeitlicher Hinsicht ist der 29. Abschnitt des EGHGB.163 Für die Bestimmung des korrekten Zeitpunktes der Erstanwendung dieser Vorschrift ist auf Art. 66 EGHGB abzustellen. Art. 67 EGHGB beinhaltet dahingegen verschiedene Beibehaltungsund Fortführungswahlrechte, einmalige Verrechnungsmöglichkeiten für aus der Erstanwendung spezieller Vorschriften resultierende Aufwendungen und Erträge sowie Erleichterungen hinsichtlich des Stetigkeitsgrundsatzes. Gemäß Art. 66 Abs. 3 S. 1 EGHGB war die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB „[…] erstmals auf Jahres- und Konzernabschlüsse für das nach dem 160

Siehe nur Baetge/Kirsch/Thiele/Eberhartinger/Pott/Siegel, Bilanzrecht, § 274 HGB, Rn. 6; Beck’scherBilKo/Kozikowski/Fischer, § 274 HGB, Rn. 86, Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Bertram, HGB, § 274 Rn. 6; Kessler/Leinen/Paulus, KoR 2009, 716, 718; Kühne/ Melcher/Wesemann, WPg 2009, 1057, 1061; Küting/Pfitzer/Weber/Dyck/Prokein, HdR-E, § 274a HGB, Rn. 6; Lüdenbach/Freiberg, BB 2010, 1971, 1975; MüKo/Reiner, HGB, § 274 Rn. 33; Stahl/Burkhardt, BBK 2010, 106, 109; SystematischerPK/Lentz, § 268 HGB, Rn. 73. 161 Siehe dazu Drittes Kapitel, A., III., 2., a), aa), (1) und (3). 162 Vgl. BGBl. I 2009, 1102, 1119. 163 BGBl. I 2009, 1102, 1117 ff.

92

1. Kap.: Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB

31. 12. 2009 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden“. Ebenfalls gem. Art. 66 Abs. 3 S. 1 EGHGB waren für nach dem 31. 12. 2009 beginnende Geschäftsjahre erstmals die §§ 246 Abs. 2 S. 2, 248 Abs. 2 und 274 Abs. 1 S. 2 HGB anzuwenden, die für die vom sachlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB umfassten Bilanzpositionen maßgebend sind. Zusätzlich zu dieser zeitbezogenen Pflicht des Art. 66 Abs. 3 S. 1 EGHGB konnten die erwähnten Vorschriften gem. Art. 66 Abs. 3 S. 6 EGHGB freiwillig „[…] bereits auf nach dem 31. Dezember 2008 beginnende Geschäftsjahre angewandt werden […]“, sofern dies insgesamt erfolgte und im Anhang angegeben wurde.164 Neben Art. 66 EGHGB, der für die Frage der Erstanwendung des § 268 Abs. 8 HGB betrachtet werden muss, ist unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes auch die Fortführungsregelung des Art. 67 Abs. 5 EGHGB zu beachten. Gemäß Art. 67 Abs. 5 S. 1 EGHGB darf in Fällen, in denen „[…] im Jahresabschluss für ein vor dem 1. Januar 2010 beginnendes Geschäftsjahr eine Bilanzierungshilfe für Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs nach § 269 des Handelsgesetzbuchs in der bis zum 28. Mai 2009 geltenden Fassung gebildet worden [ist], […] diese unter Anwendung der für sie geltenden Vorschriften in der bis zum 28. Mai 2009 geltenden Fassung fortgeführt werden.“ Eine für die „Bilanzierungshilfe für Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs nach § 269 des Handelsgesetzbuchs in der bis zum 28. Mai 2009“ maßgebenden Fassung „geltende Vorschrift“ ist die alte Ausschüttungssperre des § 269 S. 2 HGB a.F. Dies hat zur Konsequenz, dass bei Fortführung der Bilanzierungshilfe gem. § 269 S. 1 HGB a.F. und gleichzeitigem Vorliegen von Bilanzpositionen, die vom sachlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erfasst sind, sowohl die alte Ausschüttungssperre des § 269 S. 2 HGB a.F. als auch parallel dazu die neue Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB anzuwenden sind.165

164

Siehe zu den Möglichkeiten einer vorzeitigen Anwendung nur Petersen/Zwirner/ Froschhammer, DB 2009, 2277 ff. 165 Vgl. dazu u. a. IDW RS HFA 28, IDW-Fachnachrichten 12/2009, 642, 646, Rn. 20; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 101; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334; Petersen/ Zwirner/Künkele, DB 2010, Beil. Nr. 4 zu Heft 17, 9.

Zweites Kapitel

Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften Die Ausführungen im Ersten Kapitel dieser Arbeit haben gezeigt, dass die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nur von Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung anzuwenden ist. Das „Ob“ der Anwendung der neuen HGB-Vorschrift in Bezug auf Kapitalgesellschaften wurde somit bereits untersucht. Noch nicht eingehend auseinandergesetzt wurde sich mit dem „Wie“ des § 268 Abs. 8 HGB, konkret also mit der tatsächlichen Umsetzung der Ausschüttungssperre und deren praktischen Folgen. Die damit in Zusammenhang stehenden Fragestellungen sind Gegenstand dieses Kapitels und werden im Folgenden näher erläutert. Die technische Anwendung und Umsetzung des § 268 Abs. 8 HGB samt bilanzund gesellschaftsrechtlicher Auswirkungen sind für viele der dem Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB unterliegenden Gesellschaften völliges Neuland. Dies wird dadurch deutlich, dass bis zum BilMoG nur eine geringe Anzahl von Kapitalgesellschaften mit den „alten“ Ausschüttungssperren des § 269 S. 2 HGB a.F. und des § 274 Abs. 2 S. 3 HGB a.F. in Berührung gekommen ist. Die von den Vorschriften umfassten Bilanzierungshilfen wurden nur selten in Anspruch genommen, sodass in der Praxis kaum Erfahrungen mit der tatsächlichen Anwendung derartiger Ausschüttungssperren bestehen.1 Im Vergleich zu den „alten“ Ausschüttungssperren betrifft § 268 Abs. 8 HGB allerdings Bilanzpositionen, die jetzt und in Zukunft für eine größere Anzahl von Kapitalgesellschaften von Bedeutung sein werden.2 Insbesondere das seit dem BilMoG bestehende Wahlrecht zur Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wird zu einer Zunahme an Bilanzierenden führen, die von den Auswirkungen der Ausschüttungssperre betroffen sind.3 Dies hat wiederum zur Konsequenz, dass sich eine zunehmende Anzahl an 1

Vgl. Einführung, B., I. So auch Ernst/Seidler, ZGR 2008, 631 637, Fn. 11; Ernsting, StbJb 2010/2011, 219, 237; Kropff, FS Hüffer, 539, 540; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 454; Verse, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2009, 67, 73. A.A. Haaker, DStR 2010, 663, 666. 3 Vgl. zur zunehmenden Bedeutung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens im Wirtschaftsleben Hennrichs, GmbHR 2010, 17, 18; Mindermann, WPg 2008, 273; Seidel/Grieger/Muske, BB 2009, 1286; Simon, NZG 2009, 1081, 1082; Velte/Sepetauz, BC 2010, 349; Zülch/Hoffmann, DB 2010, 909. 2

94

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Gesellschaften erstmalig mit der Frage auseinandersetzen muss, wie und wann die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB anzuwenden ist und welche Folgewirkungen die Anwendung hat. Von zentraler Bedeutung ist im Rahmen des § 268 Abs. 8 HGB die Frage, wie sich die Ausschüttungssperre auf den zulässigen Ausschüttungsbetrag einer Gesellschaft auswirkt und wie dieser im Vorfeld der Ausschüttung festzustellende Wert zu ermitteln ist. Daneben folgt aus der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB. Auch hinsichtlich dieser Regelung bedarf es einer genaueren Untersuchung der konkreten Anwendung und der daraus resultierenden Folgen für den Anhang. Zudem stellt sich vor dem Hintergrund der dogmatischen Einordnung der Ausschüttungssperre als Regelung des Gesellschaftsrechts die Frage, welche sonstigen gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen, neben der Beschränkung der Gewinnverwendung, aus der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB folgen. Und auch für die Beurteilung der konkreten Umsetzung des auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmenden und im Rahmen von Ergebnisabführungsverträgen zu beachtenden § 301 S. 1 AktG bedarf es einer ausführlichen Untersuchung.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages Die Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages einer Gesellschaft ist durch die technische Ausgestaltung des § 268 Abs. 8 HGB als gesetzlich normierte Gewinnverteilungsbeschränkung sowie der daraus resultierenden mehrstufigen Funktionsweise der Ausschüttungssperre vorgegeben.4 Nicht ausreichend ist, nur auf den Betrag abzustellen, der nach § 268 Abs. 8 HGB in seiner Werthaltigkeit als kritisch angesehen wird. Vielmehr folgt aus der mehrstufigen Funktionsweise der Ausschüttungssperre, dass bereits im Vorfeld einer Ausschüttung umfassende Berechnungen durchzuführen sind. In einem ersten Schritt muss festgestellt werden, in welcher Höhe in der Gesellschaft ausschüttungsfähige Eigenkapitalbestandteile vorhanden sind (maximales Ausschüttungspotential). Sodann ist der konkret nach § 268 Abs. 8 HGB für eine Ausschüttung an die Gesellschafter gesperrte Betrag zu ermitteln (ausschüttungsgesperrter Betrag). Im Anschluss daran kann beurteilt werden, welcher Betrag in der Gesellschaft zwingend verbleiben muss und in welcher Höhe eine Ausschüttung in der konkreten Periode möglich ist (maximaler Ausschüttungsbetrag). In einem letzten Ermittlungsschritt ist mittels eines abschließenden Vergleichs des maximalen Ausschüttungsbetrages und des Bilanzgewinnes der Periode festzustellen, ob der Gewinn in voller Höhe ausgeschüttet werden darf oder ob er teilweise oder sogar in voller Höhe ausschüttungsgesperrt ist. Der Teil des Gewinnes, der ausgeschüttet werden darf, ist der zulässige Ausschüttungsbetrag. 4

Siehe hierzu ausführlich Einführung, C., I., 1.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

95

Bevor es im Folgenden zu einer umfassenden Ermittlung der einzelnen vorgenannten Werte kommt, muss zunächst noch auf die bereits im Rahmen der Feststellung des persönlichen Anwendungsbereiches des § 268 Abs. 8 HGB dargestellten Besonderheiten bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien hingewiesen werden.5 Im Unterschied zur AG, SE und GmbH ist der Bilanzgewinn im Jahresabschluss der KGaA ausschließlich maßgeblich für die Kommanditaktionäre der Gesellschaft. Dementsprechend hat auch die an die Verteilung des Gewinnes anknüpfende Ausschüttungssperre, und folglich die Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages, nur Bedeutung für diese Gesellschafter. Den Komplementären einer KGaA wird dahingegen der ihnen zustehende Gewinnanteil vor Feststellung des Jahresabschlusses zugerechnet und sie können ihre Gewinnanteile frei entnehmen.6 Die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB auf Entnahmen der Komplementäre wurde allerdings abgelehnt7, was dazu führt, dass auch die Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages für die Komplementäre einer KGaA unbedeutend ist. Dementsprechend ist die folgende Darstellung der Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages nur maßgebend für die Gesellschafter von Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und die Kommanditaktionäre einer Kommanditgesellschaft auf Aktien. Auf die dabei für Kommanditaktionäre einer KGaA zu berücksichtigenden Besonderheiten im Vergleich zu den anderen Kapitalgesellschaften wird an jeweiliger Stelle hingewiesen. Zudem muss im Vorfeld der konkreten Darstellung der einzelnen Ermittlungsschritte zur Bestimmung des zulässigen Ausschüttungsbetrages noch darauf hingewiesen werden, dass § 268 Abs. 8 HGB nicht nur im Rahmen von Ausschüttungen im streng dogmatischen Sinne zu beachten ist. Vielmehr ist § 268 Abs. 8 HGB auch immer dann zu berücksichtigen und anzuwenden, wenn es zu sonstigen, mit einer Ausschüttung vergleichbaren Maßnahmen kommt resp. wenn eine derartige Maßnahme beschlossen werden soll.8 Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist die Ausschüttungssperre daher auch bei gesellschaftsvertraglich zugelassenen oder durch Gesellschafterbeschluss herbeigeführten Entnahmen (Vorabausschüttungen) anzuwenden, durch die die Gesellschafter unabhängig von einem Gewinnverwendungsbeschluss vorab die Auszahlung von Gewinnen verlangen können. Wäre § 268 Abs. 8 HGB an dieser Stelle nicht zu berücksichtigen, käme es zu einer nicht gerechtfertigten Umgehung des § 268 Abs. 8 HGB und damit zu einer Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes. Dementsprechend ist auch im Vorfeld einer Entnahme die Ermittlung des zulässigen „Entnahme“-Betrages vorzunehmen. Gleiches gilt bei Aktiengesellschaften für die gem. § 59 AktG unter bestimmten Voraussetzungen zugelassenen Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn. Auch im Vorfeld solcher 5

Vgl. Erstes Kapitel, A., I. und IV. Vgl. Erstes Kapitel, A., I. und IV. 7 Vgl. Erstes Kapitel, A., IV. 8 Ebenso Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 590; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 8; Simon, NZG 2009, 1081, 1083. 6

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Abschlagszahlungen ist die Ausschüttungssperre zu berücksichtigen und der zulässige „Abschlags“-Betrag zu ermitteln.

I. Maximales Ausschüttungspotential 1. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag gem. GuV § 268 Abs. 8 HGB führt als ausschüttungsfähiges Kapital seinem Wortlaut nach nur frei verfügbare Rücklagen und den Gewinnvortrag an. Der Jahresüberschuss resp. Jahresfehlbetrag wird nicht erwähnt. Dies ist nicht weiter verwunderlich, beachtet man, dass die Norm auf einen Zeitpunkt nach Gewinnverwendung abstellt.9 Da es der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB zeitlich aber vor einer etwaigen Ausschüttung bedarf, ist Ausgangspunkt für die Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials der Jahresüberschuss resp. der Jahresfehlbetrag der Periode.10 Dieser unmittelbar aus der gem. § 275 HGB aufzustellenden Gewinn- und Verlustrechnung resultierende Wert stellt die Grundlage möglicher Ausschüttungen dar.11 Wurde bei der Erstellung der Gewinn- und Verlustrechnung das Gesamtkostenverfahren angewandt, ergibt sich das Jahresergebnis bei der AG, der SE und der GmbH unmittelbar aus dem gem. § 275 Abs. 2 Nr. 20 HGB ausgewiesenen Betrag. Im Fall der Berechnung nach Umsatzkostenverfahren ist auf den gem. § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB angesetzten Betrag abzustellen. Auch bei der KGaA entspricht das Jahresergebnis dem gem. § 275 Abs. 2 Nr. 20 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB ausgewiesenen Betrag. Sofern die Gewinn- und Verlustanteile der Komplementäre als das Ergebnis mindernde Aufwendungen resp. erhöhende Erträge angesehen werden und dementsprechend als sonstige betriebliche Aufwendungen gem. § 275 Abs. 2 Nr. 8 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 7 HGB oder als sonstige betriebliche Erträge gem. § 275 Abs. 2 Nr. 4 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 6 HGB in die GuVaufgenommen werden12, kann dieser Wert unmittelbar für die Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials herangezogen werden. Einer weiteren Modifizierung des Jahresergebnisses bedarf es nicht. Etwas anders gilt aber, sofern 9

So auch Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 167. Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 6 sprechen in diesem Zusammenhang auch von „analoge[m] Vorgehen für Jahresüberschüsse respektive Jahresfehlbeträge“. 11 Die Hauptversammlung einer AG beschließt gem. § 58 Abs. 3 AktG über die Verwendung des den Aktionären gem. § 58 Abs. 4 AktG zustehenden Bilanzgewinnes. Dieser Wert ergibt sich aus der gem. § 158 Abs. 1 AktG vorzunehmenden Modifizierung des Jahresüberschusses resp. Jahresfehlbetrages. Für die SE folgt die Anwendung dieser Vorschriften aus Art. 52 SE-VO resp. Art. 61 SE-VO, für die KGaA aus dem Verweis des § 278 Abs. 3 AktG. Gleiches gilt für Gesellschafter einer GmbH, die auf Grund der Kompetenz des § 46 Nr. 1 GmbHG über die Verwendung des ihnen gem. § 29 Abs. 1 GmbHG zustehenden modifizierten Jahresüberschusses entscheiden. 12 Vgl. statt vieler nur ADS, § 286 AktG, Rn. 42 ff.; MüKo/Semler/Perlitt, AktG, § 286 Rn. 11 u. 91; Spindler/Stilz/Bachmann, AktG, § 286 Rn. 11. 10

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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die Gewinn- und Verlustanteile der Komplementäre der KGaA nicht als ergebnismindernde Aufwendungen resp. ergebniserhöhende Erträge, sondern als das Ergebnis nicht tangierende Ergebnisverwendungen angesehen werden.13 In diesem Fall kann der gem. § 275 Abs. 2 Nr. 20 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB ausgewiesenen Betrag nicht unmittelbar bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials angesetzt werden, sondern ist vorweg um die Gewinnanteile zu kürzen. Dies muss bei der Berechnung zwingend berücksichtigt werden. Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB hat keinen spezifischen Einfluss auf die Entstehung des Jahresergebnisses. Lediglich die von dem sachlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzierungswerte wirken sich auf den Jahresüberschuss resp. Jahresfehlbetrag aus.14 Diese Aktivwerte können einen erheblichen Anteil des Ergebnisses ausmachen und dementsprechend die mögliche Ausschüttungshöhe beeinflussen. Eine sonstige Veränderung des Jahresergebnisses als maßgeblicher Wert für Ausschüttungen ist damit allerdings nicht verbunden. „Der Jahresüberschuss bleibt der Jahresüberschuss, auch wenn er gegen eine Ausschüttung gesperrte Beträge enthält“.15 2. Frei verfügbare Rücklagen Neben dem gem. § 275 Abs. 2 Nr. 20 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB in der GuV ausgewiesenen Jahresergebnis ist für die Höhe des maximalen Ausschüttungspotentials die Summe der frei verfügbaren Rücklagen maßgebend. Dies folgt aus dem eindeutigen Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB. Durch die Verwendung des Begriffes „frei verfügbare Rücklagen“ wird zudem deutlich, dass bei der Ermittlung der ausschüttungsfähigen Beträge sowohl Gewinnrücklagen als auch Kapitalrücklagen zu berücksichtigen sind, sofern diese weder von Gesetzes wegen noch auf Grund satzungsmäßiger Bestimmungen oder sonstiger gesellschaftsvertraglicher Regelungen verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt sind.16 Im Gegensatz zu § 268 Abs. 8 HGB erfassten die „alten“ Ausschüttungssperren der §§ 269 S. 2 resp. 274 Abs. 2 S. 3 HGB a.F. vom Wortlaut her nur Gewinnrücklagen, sodass vor BilMoG umstritten war, ob auch für eine Ausschüttung auflösbare Kapitalrücklagen bei der Anwendung der Normen anzusetzen waren.17 Dieser Streit wurde durch das BilMoG dahingehend entschieden, dass nunmehr auch Kapitalrücklagen bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials einzubeziehen sind. Welche Kapital- resp. 13 So u. a. KölnerKomm/Mertens/Cahn, AktG, § 286 Rn. 11 ff. u. 43 ff.; Schütz/Bürgers/ Riotte/Riotte/Hansen, § 6 Rn. 113. 14 Vgl. Erstes Kapitel, B., I. bis III. 15 Kropff, FS Hüffer, 539, 541. 16 Die Bedeutung des Begriffes „frei verfügbar“ wurde bereits unter Einführung, C., I., 1. angesprochen. 17 Vgl. m.w.N. ADS, § 269 HGB, Rn. 21; Beck’scherBilKo/Winkeljohann/Lawall, 6. Aufl. 2006, § 269 HGB, Rn. 13; MüKo/Hennrichs, AktG, 2. Aufl. 2004, § 269 HGB Rn. 19 ff.; MüKo/Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, § 269 Rn. 12.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Gewinnrücklagen allerdings frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB sind, ist anhand einer genaueren, rechtsformspezifischen18 Betrachtung der jeweiligen Rücklagenart zu beurteilen. Nur Rücklagen, die in ihren Verwendungs- und Ausschüttungsmöglichkeiten nicht beschränkt sind, dürfen bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials angesetzt werden. Alle anderen Rücklagen stehen auf Grund der ihnen immanenten Verwendungsrestriktionen den Gesellschaftern nicht frei zur Verfügung und müssen unberücksichtigt bleiben. Auch an dieser Stelle ist wieder auf die bei der KGaA auf Grund des Nebeneinanders von Kommanditaktionären und Komplementären bestehenden Besonderheiten im Vergleich zu den anderen Gesellschaftsformen hinzuweisen. Anders als bei AG, SE und GmbH wird bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien die Kapitalrücklage ausschließlich durch Leistungen der Kommanditaktionäre gebildet und nicht durch Leistungen sämtlicher Gesellschafter.19 Leistungen der Komplementäre einer KGaA in das Kapital werden ihren Kapitalanteilen zugeschrieben und gerade nicht der Kapitalrücklage.20 Und auch die Gewinnrücklagen werden bei der KGaA nur aus dem Teil des Jahresüberschusses gebildet, der den Kommanditaktionären zur Verfügung steht.21 Die Gewinnanteile der Komplementäre werden wiederum ihren Kapitalanteilen zugerechnet.22 Für die Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials resp. für die Berücksichtigung der Rücklagen bei der KGaA ergeben sich aus dieser modifizierten Ausgestaltung des Eigenkapitals allerdings keine Besonderheiten im Vergleich zu AG, SE und GmbH. Auch im Rahmen der KGaA können sowohl die Kapitalrücklage als auch die Gewinnrücklagen, sofern sie frei verfügbar sind, in voller Höhe angesetzt werden. Konkret folgt dies aus dem Umstand, dass sich die Rücklagen ausschließlich aus Beträgen zusammensetzen, die von den Kommanditaktionären geleistet wurden23 und es vorliegend um die Ermittlung des den Kommanditaktionären zustehenden Ausschüttungsbetrages geht. Die Notwendigkeit einer Korrektur der ausgewiesenen Kapital- resp. Gewinnrücklagen ist daher, anders als im Rahmen des Jahresüberschusses resp. Jahresfehlbetrages, von vornherein auszuschließen. Gleiches gilt für die im Eigenkapital einer KGaA ausgewiesenen Kapitalanteile der 18 So auch Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 729; Lanfermann/Röhricht, DStR 2009, 1216, 1217; Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 196. 19 So ausdrücklich Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, 2. Aufl. 2010, § 272 Rn. 260. 20 Vgl. u. a. ADS, § 286 AktG, Rn. 28; Schütz/Bürgers/Riotte/Riotte/Hansen, Handbuch KGaA, § 6 Rn. 63. 21 ADS, § 286 AktG, Rn. 60, 65; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 166, 176; MüKo/Perlitt, AktG, § 286 Rn. 8; Schütz/Bürgers/Riotte/Riotte/Hansen, Handbuch KGaA, § 6 Rn. 25. 22 ADS, § 286 AktG, Rn. 28, 31, 52; MüKo/Perlitt, AktG, § 286 Rn. 8; Schütz/Bürgers/ Riotte/Riotte/Hansen, Handbuch KGaA, § 6 Rn. 63. 23 So auch ausdrücklich MüKo/Perlitt, AktG, § 286 Rn. 33.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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Komplementäre. Auch diese haben keinerlei Einfluss auf die Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages, da sie ausschließlich den Komplementären zustehen. Eine Berücksichtigung dieser Werte bei der Ermittlung des den Kommanditaktionären zustehenden Ausschüttungsbetrages muss daher unterbleiben. a) Kapitalrücklage aa) Agio bei Ausgabe von Anteilen, § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB Gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB sind in der Kapitalrücklage einer Gesellschaft Beträge auszuweisen, die bei der Ausgabe von Anteilen einschließlich von Bezugsrechten über den Nennbetrag oder, falls ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, über den rechnerischen Wert hinaus erzielt werden, sog. Aufgeld oder Agio.24 Nach dem Wortlaut der Norm ist das Aufgeld resp. Agio zwingend der Kapitalrücklage zuzuführen. Dies gilt sowohl für die AG, die SE, die KGaA als auch die GmbH.25 Die Einstellung in die Kapitalrücklage als auch deren Auflösung ist gem. § 270 Abs. 1 HGB bereits bei Aufstellung der Bilanz vorzunehmen, sodass grundsätzlich derjenige zuständig ist, der auch den Jahresabschluss aufzustellen hat.26 Die Auflösung des Agios unterliegt bestimmten Verwendungsrestriktionen. Aktiengesellschaften können gem. § 150 Abs. 3 u. 4 AktG ihre Kapitalrücklagen nur in engen Grenzen auflösen. Diese Norm gilt über die Verweise des Art. 61 SE-VO resp. des § 278 Abs. 3 AktG auch für Europäische Gesellschaften resp. Kommanditgesellschaften auf Aktien.27 Die sich aus § 150 Abs. 3 u. 4 AktG ergebenden Grenzen haben zur Folge, dass Beträge der gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB gebildeten Kapitalrücklage nur zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages, zum Ausgleich eines Verlustvortrages und ggfs. zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden dürfen. Nicht möglich ist, diese Beträge aufzulösen und als Gewinn auszuschütten.28 Die Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB ist daher von Gesetzes wegen verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt und kann nicht als frei

24 Vgl. Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, § 272 Rn. 6; Beck’schesHdR/Heymann, Band I, B 231 Rn. 90; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 110; Küting/ Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 68; MüKo/Reiner, HGB, § 272 Rn. 67. 25 Siehe nur Beck’schesHdR/Heymann, Band I, B 231 Rn. 90; Bertram/Brinkmann/Kessler/ Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 110 ff. 26 Vgl. Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, § 270 Rn. 1; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/ Müller/Kreipl, HGB, § 270 Rn. 3; Küting/Pfitzer/Weber/Knop, HdR-E, § 270 HGB, Rn. 1; MüKo/Reiner, HGB, § 270 Rn. 1. 27 Vgl. dazu für die SE Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, SE-Kommentar, Art. 61 Rn. 8; Manz/Mayer/Schröder/Schröder, SE-VO, Art. 61 Rn. 16 und für die KGaA Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 99; MüKo/Perlitt, AktG, § 278 Rn. 267; Schütz/Bürgers/Riotte/Schütz/Hansen, Handbuch KGaA, § 6 Rn. 12. 28 Vgl. Hüffer, AktG, § 150 Rn. 1; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 150 Rn. 24; Schmidt/Lutter/Kleindiek, AktG, § 150 Rn. 3.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB angesehen werden. Sie darf bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials keine Berücksichtigung finden. Dieses Ergebnis gilt jedoch nicht bei der GmbH. Die Auflösung der Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB unterliegt hier, anders als bei der AG, der SE und der KGaA keinen gesetzlichen Verwendungs- resp. Ausschüttungsbeschränkungen.29 Diese Rücklage ist bei der GmbH nicht von Gesetzes wegen beschränkt und kann, sofern sie nicht satzungsmäßig beschränkt ist, als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB angesehen werden. Ein Ansatz dieses Bilanzpostens ist zur Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials bei der GmbH zwingend notwendig. bb) Ausgabebetrag bei Wandel- und Optionsanleihen, § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB Neben einem Agio gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB ist gem. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in der Kapitalrücklage auch der Betrag auszuweisen, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird. Die Einstellung dieses Betrages in die Kapitalrücklage ist gem. § 270 Abs. 1 HGB bei der Aufstellung der Bilanz von den für die Erstellung des Jahresabschlusses zuständigen Organen vorzunehmen. Anders als § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB kommt § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB von vornherein nur für Aktiengesellschaften, Europäische Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien in Betracht. Gesellschaften mit beschränkter Haftung können keine Wandel- und Optionsanleihen ausgeben, sodass eine Anwendung dieser Norm ausgeschlossen ist.30 Die Auflösung der Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB unterliegt den Verwendungsrestriktionen des § 150 Abs. 3 u. 4 AktG. Die Auflösung zum Zwecke der anschließenden Gewinnausschüttung ist nicht möglich.31 Die Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB ist folglich von Gesetzes wegen verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt und kann nicht als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB angesehen werden. Die Rücklage ist bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials nicht zu berücksichtigen. cc) Zuzahlungen für Vorzugsrechte, § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB Des Weiteren ist in der Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB der Betrag an Zuzahlungen auszuweisen, welche die Gesellschafter gegen Gewährung eines 29 Vgl. Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 205 ff.; Beck’schesHdR/ Heymann, Band I, B 231 Rn. 133; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 104. 30 Vgl. Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 42 Rn. 203; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 117; Küting/Pfitzer/ Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 69; MüKo/Reiner, HGB, § 272 Rn. 74. 31 Vgl. Hüffer, AktG, § 150 Rn. 1; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 150 Rn. 24; Schmidt/Lutter/Kleindiek, AktG, § 150 Rn. 3.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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Vorzugs für ihre Anteile leisten. Anders als bei § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB kommt die Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB nicht nur für Aktiengesellschaften, Europäische Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien in Betracht, sondern gleichfalls für Gesellschaften mit beschränkter Haftung, da Gesellschafter einer GmbH ebenfalls derartige Zuzahlungen leisten können.32 Die Kapitalrücklage i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB unterliegt den Verwendungsrestriktionen des § 150 Abs. 3 u. 4 AktG und kann von AG, SE und KGaA nur in engen Grenzen aufgelöst werden. Die Ausschüttung dieser Beträge an die Gesellschafter ist ausgeschlossen33, sodass auch die Kapitalrücklage i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB von Gesetzes wegen verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt ist und somit nicht als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB angesehen werden kann. Das gilt nicht bei der GmbH, da die Auflösung der Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB bei dieser Gesellschaft keinen gesetzlichen Verwendungs- resp. Ausschüttungsbeschränkungen unterliegt.34 Bei der GmbH ist die Rücklage, wiederum vorbehaltlich anderslautender satzungsmäßiger Regelungen, als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB anzusehen und bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials zwingend anzusetzen. dd) Sonstige Zuzahlungen in das EK, § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB Neben den bisher erwähnten Fällen ist in der Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB auch der Betrag von anderen Zuzahlungen auszuweisen, die die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten. Voraussetzung hierfür ist eine freiwillige Zuzahlung eines Gesellschafters in das Eigenkapital. Zuzahlungen sind grundsätzlich von allen Gesellschaftern denkbar, sodass die Kapitalrücklage i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB sowohl von Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien als auch von Gesellschaften mit beschränkter Haftung anzuwenden ist. Die gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge unterliegen, anders als die Beträge gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 – 3 HGB, keinerlei gesetzlichen Verwendungsbeschränkungen. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB ist von § 150 Abs. 3 u. 4 AktG seinem Wortlaut nach nicht erfasst. Dementsprechend kann die Kapitalrücklage i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB nicht nur zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages, zum Ausgleich eines Verlustvortrages und ggfs. zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden. Auch eine Auflösung zum 32 Vgl. Beck’schesHdR/Heymann, Band I, B 231 Rn. 95; Bertram/Brinkmann/Kessler/ Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 130; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 99. 33 Vgl. Hüffer, AktG, § 150 Rn. 1; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 150 Rn. 24; Schmidt/Lutter/Kleindiek, AktG, § 150 Rn. 3. 34 Vgl. Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 205 ff.; Beck’schesHdR/ Heymann, Band I, B 231 Rn. 133; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 104.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Zwecke der Gewinnausschüttung ist bei der Kapitalrücklage für sonstige Zuzahlungen in das Eigenkapital gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB möglich.35 Das gilt nicht nur für die GmbH, sondern gleichfalls für die AG, die SE und die KGaA. Die Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB ist somit von Gesetzes wegen nicht verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt und kann als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB angesehen werden. Sie muss bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials von allen Kapitalgesellschaften angesetzt werden, sofern sie nicht auf Grund satzungsmäßiger Beschränkungen anderweitigen Zwecken vorbehalten ist. ee) Sonstige Zahlungen in die Kapitalrücklage Zusätzlich zu den ausdrücklich in § 272 Abs. 2 HGB genannten Beträgen kommen sowohl bei Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien als auch bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung weitere Zahlungen in die Kapitalrücklage in Betracht. Auch diese bedürfen einer genaueren Einordnung hinsichtlich der freien Verfügbarkeit. Bei der AG, der SE und der KGaA müssen zum einen Beträge berücksichtigt werden, die im Rahmen einer vereinfachten Kapitalherabsetzung in die Kapitalrücklage eingestellt worden sind (§§ 229 Abs. 1, 232 AktG). Zudem kann bei diesen Gesellschaften eine Kapitalrücklage im Zuge einer Kapitalherabsetzung durch die Einziehung von Aktien (§ 237 AktG) gebildet worden sein. Bei der GmbH kommt ebenfalls die Bildung einer Kapitalrücklage im Rahmen einer vereinfachten Kapitalherabsetzung in Betracht (§§ 58a ff. GmbHG). Darüber hinaus besteht bei dieser Gesellschaftsform die Möglichkeit einer Kapitalrücklage für bisher nicht erbrachte, aber eingeforderte Nachschüsse (§ 42 Abs. 2 S. 3 GmbHG). Kommt es bei einer AG, einer SE36 oder einer KGaA zu einer vereinfachten Kapitalherabsetzung gem. § 229 Abs. 1 AktG, darf eine Auszahlung der aus der Herabsetzung gewonnenen Beträge an die Aktionäre nicht erfolgen, § 230 AktG. Vielmehr dürfen die Beträge nur zum Ausgleich von Wertminderungen, zur Deckung sonstiger Verluste und zur Einstellung in die Kapital- oder gesetzliche Rücklage verwendet werden, § 230 S. 2 AktG. Zudem regelt § 232 AktG, dass für den Fall, dass Wertminderungen und sonstige Verluste in der bei Beschlussfassung über die vereinfachte Kapitalherabsetzung angenommenen Höhe tatsächlich nicht eingetreten sind, dieser Unterschiedsbetrag zwingend in die Kapitalrücklage einzustellen ist. Die auf Grund einer vereinfachten Kapitalherabsetzung in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge unterliegen den Verwendungsbeschränkungen des § 150 Abs. 3 u. 4 AktG. Dieser Teil der Kapitalrücklage ist zwar nicht ausdrücklich vom 35 Vgl. Beck’schesHdR/Heymann, Band I, B 231 Rn. 98; Bertram/Brinkmann/Kessler/ Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 134; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 111. 36 Die Anwendung der §§ 229 AktG folgt aus dem Verweis des Art. 5 SE-VO in das nationale Aktienrecht, vgl. insoweit auch Manz/Mayer/Schröder/Mayer, SE-VO, Art. 5 Rn. 73.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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Wortlaut des § 150 AktG erfasst, doch wird die Nichterwähnung unstrittig auf ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers zurückgeführt.37 Folglich sind die auf Grund einer vereinfachten Kapitalherabsetzung in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge von Gesetzes wegen verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt und somit nicht frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB. Eine Berücksichtigung dieser Werte bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials hat zu unterbleiben. Gleiches gilt für die im Rahmen einer vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien gem. § 237 Abs. 5 AktG gebildete Kapitalrücklage. Auch diese unterliegt den Beschränkungen des § 150 Abs. 3 u. 4 AktG und kann daher nicht als frei verfügbar eingeordnet werden.38 Bei der GmbH ist ebenfalls eine vereinfachte Kapitalherabsetzung möglich, soweit diese dazu dienen soll, Wertminderungen auszugleichen oder sonstige Verluste zu decken, § 58a Abs. 1 GmbHG. Wird eine derartige vereinfachte Kapitalherabsetzung beschlossen, bestimmt § 58b Abs. 2 S. 1 GmbHG, dass die aus der Herabsetzung „[…] gewonnenen Beträge in die Kapitalrücklage eingestellt werden […]“ dürfen. Der Betrag, der auf diese Weise in die Kapitalrücklage eingestellt worden ist, unterliegt der Verwendungsbeschränkung des § 58b Abs. 3 GmbHG. Danach darf der eingestellte Wert nur zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages, zum Ausgleich eines Verlustvortrages oder zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden. Die Auflösung der Kapitalrücklage zum Zwecke der Gewinnausschüttung ist nicht möglich.39 Die auf Grund der vereinfachten Kapitalherabsetzung gebildete Kapitalrücklage ist somit von Gesetzes wegen verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt und kann nicht als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB angesehen werden. Zu beachten ist jedoch, dass § 58b Abs. 3 GmbHG zusätzlich bestimmt, dass die Verwendungsbeschränkung nur für die Zeit „[…] vor Ablauf des fünften nach der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung beginnenden Geschäftsjahres […]“ gilt. Nach Ablauf dieses Zeitraumes ist die Beschränkung des § 58b Abs. 3 GmbHG nicht mehr zu beachten und die Kapitalrücklage kann, vorbehaltlich anderslautender Satzungsregelungen, zum Zwecke der Gewinnausschüttung aufgelöst werden.40 Dementsprechend ist die Kapitalrücklage nach Ablauf der Fünfjahresfrist nicht mehr von Gesetzes wegen verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt und stellt ab diesem Zeitpunkt eine frei verfügbare Rücklage i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB dar. Nach 37 Siehe nur ADS, § 150 AktG, Rn. 37 ff.; Hölters/Waclawik, AktG, § 150 Rn. 12; Hüffer, AktG, § 150 Rn. 6; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 150 Rn. 18; Schmidt/Lutter/Kleindiek, AktG, § 150 Rn. 7. 38 Vgl. ADS, § 150 AktG, Rn. 37 ff.; Hölters/Waclawik, AktG, § 150 Rn. 12; Hüffer, AktG, § 150 Rn. 6; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 150 Rn. 18; Schmidt/Lutter/Kleindiek, AktG, § 150 Rn. 7. 39 Vgl. nur Michalski/Waldner, GmbHG, § 58b Rn. 6; MüKo/Vetter, GmbHG, § 58b Rn. 18. 40 Vgl. nur Michalski/Waldner, GmbHG, § 58b Rn. 6; MüKo/Vetter, GmbHG, § 58b Rn. 29.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Ablauf der genannten Frist muss die Rücklage bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials zwingend angesetzt werden. Gleiches gilt im Übrigen für den Fall, dass Wertminderungen und sonstige Verluste in der bei Beschlussfassung über die vereinfachte Kapitalherabsetzung angenommenen Höhe tatsächlich nicht eingetreten sind, da dann gem. § 58c S. 1 GmbHG dieser Unterschiedsbetrag ebenfalls in die Kapitalrücklage eingestellt werden muss. Nach § 58c S. 2 GmbHG gilt auch für einen solchen in die Kapitalrücklage eingestellten Betrag die Verwendungsbeschränkung des § 58b Abs. 2 GmbHG, sodass insofern auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden kann. Nach Ablauf der Fünfjahresfrist ist dieser Betrag als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB zu werten und bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials anzusetzen. Darüber hinaus ist bei der GmbH zu beachten, dass auch im Rahmen eingeforderter, aber noch nicht geleisteter Nachschüsse Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen sind, § 42 Abs. 2 S. 3 GmbHG. Sinn und Zweck dieser Regelung ist, die der Gesellschaft durch die Aktivierung der Nachschussforderungen zustehenden Vermögenswerte von einer Gewinnverteilung an die Gesellschafter auszuschließen.41 Eine Auflösung dieses Posten mit dem Zweck der Gewinnausschüttung kommt nicht in Betracht, sodass der Posten nicht als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB eingeordnet werden kann und dementsprechend nicht bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials berücksichtigt werden darf. b) Gewinnrücklagen aa) Gesetzliche Rücklagen (1) Gesetzliche Rücklage i.S.d. § 150 AktG Aktiengesellschaften, Europäische Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien müssen in ihrer Bilanz gem. § 150 Abs. 1 AktG eine gesetzliche Rücklage bilden.42 Eine entsprechende Regelung für die GmbH existiert nicht.43 In diese von Gesetzes wegen vorgesehene Rücklage ist bis zum Erreichen einer bestimmten Höhe „[…] der zwanzigste Teil des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen […]“, § 150 Abs. 2 AktG. Abgebildet wird die gesetzliche Rücklage in der Bilanz nach § 266 Abs. 3 A. III. 1. HGB als Teil der 41 Vgl. ADS, § 42 GmbHG, Rn. 21; Baumbach/Hueck/Haas, GmbHG, § 42 Rn. 7; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Tiedchen, GmbHG, § 42 Rn. 10; Scholz/Crezelius, GmbHG, § 42 Rn. 12. 42 Für die SE folgt die Anwendung des § 150 AktG aus Art. 61 SE-VO, vgl. dazu Manz/ Mayer/Schröder/Schröder, SE-VO, Art. 61 Rn. 16; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, SE-Kommentar, Art. 61 Rn. 8. Für die KGaA ergibt sich die Anwendung aus dem Verweis des § 278 Abs. 3 AktG, vgl. dazu MüKo/Perlitt, AktG, § 278 Rn. 267; Bertram/Brinkmann/Kessler/ Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 99; Schütz/Bürgers/Riotte/Schütz/Hansen, Handbuch KGaA, § 6 Rn. 12. 43 Die von einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gem. § 5a Abs. 3 GmbHG zu bildende gesetzliche Rücklage wird unter dem folgenden Gliederungspunkt besprochen.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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Gewinnrücklagen. Zweck der Bildung dieser Rücklage ist, „einen gesetzlichen Reservefonds“44 aufzubauen und zu erhalten, um auf diese Weise Kapital zu sichern, dass zum Ausgleich von in späteren Perioden ggfs. auftretenden Verlusten genutzt werden kann. Das ist auch der Grund, warum die in die gesetzliche Rücklage eingestellten Beträge gem. § 150 Abs. 3 u. 4 AktG engen Verwendungsbeschränkungen unterliegen. Ebenso wie die Kapitalrücklagen gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 AktG kann die gesetzliche Rücklage i.S.d. § 150 AktG nur zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages, zum Ausgleich eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr oder zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden. Die Möglichkeit der Auflösung zum Zwecke der Ausschüttung ist nicht vorgesehen. Dementsprechend ist auch die gesetzliche Rücklage i.S.d. § 150 AktG von Gesetzes wegen verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt und darf somit nicht als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB angesehen werden. Diese Rücklage muss bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials außer Acht bleiben. (2) Gesetzliche Rücklage i.S.d. § 5a Abs. 3 GmbHG Eine generelle Pflicht zur Bildung gesetzlicher Rücklagen entsprechend der für Aktiengesellschaften, Europäische Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien geltenden Vorschrift des § 150 AktG gibt es bei der GmbH nicht. Wurde eine GmbH jedoch mit einem Stammkapital gegründet, das den Betrag des Mindeststammkapitals in Höhe von EUR 25.000 unterschreitet45 und muss die Gesellschaft daher gem. § 5a Abs. 1 GmbHG in der Firma die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen, ist auch von dieser besonderen Form der GmbH eine gesetzliche Rücklage aus dem Jahresüberschuss zu bilden. § 5a Abs. 3 S. 1 GmbHG ordnet an, dass in der Bilanz des gem. der §§ 242, 264 HGB aufzustellenden Jahresabschlusses eine gesetzliche Rücklage zu bilden ist, in die ein Viertel des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen ist. Erhöht die Gesellschaft ihr Stammkapital in der Weise, dass es den Betrag des Mindeststammkapitals erreicht oder übersteigt, muss die gesetzliche Rücklage gem. § 5a Abs. 5 GmbHG nicht weiter gebildet werden. Wird das Stammkapital jedoch nicht erhöht, muss die gesetzliche Rücklage auch dann weiter gebildet werden, wenn sie den Betrag des Mindeststammkapitals erreicht. Auszuweisen ist die Rücklage gem. § 266 Abs. 3 A. III. 1. i.V.m. § 272 Abs. 3 S. 2 HGB als Teil der Gewinnrücklagen im Eigenkapital unter dem Posten „gesetzliche Rücklage“ auf der Passivseite der Bilanz. Mit der Pflicht zur Rücklagenbildung bei einer UG (haftungsbeschränkt) wird das Ziel verfolgt, das bei Gründung der Gesellschaft unter dem Betrag des Mindest44 Vgl. Hüffer, AktG, § 150 Rn. 1; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 150 Rn. 4; Schmidt/ Lutter/Kleindiek, AktG, § 150 Rn. 3. 45 Vgl. § 5 Abs. 1 GmbHG.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

nennbetrages liegende Stammkapital der gesetzlich vorgeschriebenen Mindesthöhe bei der GmbH anzupassen und auf diese Weise einen, die Gläubiger schützenden Reservefonds aufzubauen.46 Das Ziel des Aufbaus hinreichender Haftungsmasse ist auch der Grund für die engen Verwendungsmöglichkeiten der Rücklage. Gem. § 5a Abs. 3 S. 2 GmbHG darf die Rücklage nur für Zwecke der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages und zum Ausgleich eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr verwendet werden. Eine Ausschüttung des in die Rücklagen eingestellten Betrages ist nicht möglich. Folglich ist die gesetzliche Rücklage von Gesetzes wegen verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt und kann nicht als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB eingeordnet werden. Die gem. § 5 Abs. 3 S. 1 GmbHG zu bildende Rücklage darf somit nicht bei der Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials angesetzt werden. bb) Rücklagen i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB Neben den gesetzlichen Rücklagen ist bei der Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials als weiterer Bestandteil des Eigenkapitals die Rücklage gem. § 272 Abs. 4 HGB zu berücksichtigen. Gem. § 272 Abs. 4 S. 1 HGB muss für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen eine Rücklage gebildet werden. Diese Vorschrift ist auf Grund ihrer systematischen Stellung von allen Kapitalgesellschaften anzuwenden. In die Rücklage ist nach § 272 Abs. 4 S. 2 HGB der Betrag einzustellen, der dem auf der Aktivseite der Bilanz für die Anteile an dem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen angesetzten Betrag entspricht. Diese Rücklage darf gem. § 272 Abs. 4 S. 3 HGB auch aus vorhandenen frei verfügbaren Rücklagen gebildet werden. Auszuweisen ist die von Gesetzes wegen einzustellende Rücklage gem. § 266 Abs. 3 A. III. 2. HGB als ein Unterposten der Gewinnrücklagen im Eigenkapital der Bilanz. Durch die verpflichtend zu bildende Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen soll die Aktivierung der Anteile neutralisiert und gleichzeitig die Rückzahlung von Stamm- resp. Grundkapital an die herrschende Gesellschaft vermieden werden, da diese Anteile zumindest wirtschaftlich auch eine Beteiligung an der eigenen Gesellschaft darstellen.47 Um das zu gewährleisten schreibt § 272 Abs. 4 S. 4 HGB vor, dass eine solche Rücklage erst aufzulösen ist, wenn die Anteile an dem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen veräußert, ausgegeben oder eingezogen werden oder auf der Aktivseite ein niedrigerer Betrag angesetzt wird. Die Verwendung der Rücklage zu anderen

46 Siehe nur Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 5a Rn. 21; Michalski/Miras, GmbHG, § 5a Rn. 68; MüKo/Rieder, GmbHG, § 5a Rn. 26. 47 Vgl. Beck’schesHdR/Heymann, Band I, B 231 Rn. 109 ff.; Bertram/Brinkmann/Kessler/ Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 187 ff.; Koller/Roth/Morck/Morck, HGB, § 272 Rn. 10; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 137.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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Zwecken ist von Gesetzes wegen ausgeschlossen.48 Dies hat zur Folge, dass die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen in ihrer Verwendung beschränkt ist und somit ebenfalls nicht als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB klassifiziert werden kann. Diese Art von Rücklagen darf bei der Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials nicht angesetzt werden. cc) Satzungsmäßige Rücklagen Neben den bisher dargestellten und von Gesetzes wegen zwingend zu bildenden Rücklagen kann auch die Satzung einer Kapitalgesellschaft die Bildung von zusätzlichen Rücklagen vorsehen. Die Bildung einer satzungsmäßigen Rücklage kann zum einen als verpflichtend vorzunehmende Maßnahme ausgestaltet sein. Möglich ist andererseits aber auch eine Regelung, die nur zu der freiwilligen Bildung einer derartigen Rücklage ermächtigt. Unter den gem. § 266 Abs. 3 A. III. 3. HGB auszuweisenden satzungsmäßigen Rücklagen werden jedoch nach herrschender Meinung49 nur solche verstanden, die auf eine satzungsmäßige Verpflichtung zurückgehen. Die auf Grund einer Ermessensentscheidung beruhenden Gewinnrücklagen werden nicht als satzungsmäßige Rücklagen i.S.d. § 266 Abs. 3 A. III. 3 HGB angesehen und sind nicht unter diesem Posten in der Bilanz auszuweisen. Der Zweck einer satzungsmäßig zu bildenden Rücklage kann vielfältiger Natur sein. Beispielhaft zu nennen sind Gründe der Substanzerhaltung, Vorbereitung einer Kapitalerhöhung oder auch geplante Bauvorhaben.50 Denkbar ist allerdings auch eine zweckfreie Bildung satzungsmäßiger Rücklagen. Auf Grund dieser vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten kann eine allgemeingültige Einordnung satzungsmäßiger Rücklagen als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB nicht erfolgen. Die Einordnung bedarf vielmehr einer individuellen Betrachtung im Einzelfall. Ist einer satzungsmäßigen Rücklage ein konkreter Zweck zugeordnet und darf die Rücklage auch nur zu diesem Zweck verwendet werden, muss von einer Verwendungs- resp. Ausschüttungsbeschränkung ausgegangen werden. Die Rücklage ist nicht frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB. Ist die satzungsmäßige Rücklage allerdings zweckfrei und/oder kann auch zu Zwecken der Verteilung unter die Gesellschafter aufgelöst werden, ist freie Verfügbarkeit anzunehmen. Nur im letzteren Fall darf der Betrag der satzungsmäßigen Rücklage bei der Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials Berücksichtigung finden.

48 So auch Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 197; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 156. 49 Vgl. m.w.N. Beck’schesHdR/Heymann, Band I, B 231 Rn. 115; Bertram/Brinkmann/ Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 169; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 158; MüKo/Reiner, HGB, § 272 Rn. 113 ff. 50 Eine ausführliche Darstellung zu den Zwecken einer satzungsmäßigen Rücklage findet sich bei Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 165; weitere Beispiele Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 251.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

dd) Andere Gewinnrücklagen Über die bisher dargestellten Rücklagen hinaus ist bei Kapitalgesellschaften auch die Bildung sonstiger Gewinnrücklagen möglich. Aus § 272 Abs. 3 S. 2 HGB folgt, dass zu den Gewinnrücklagen, neben den aus dem Ergebnis zu bildenden gesetzlichen oder auf Gesellschaftsvertrag oder Satzung beruhenden Rücklagen, zusätzlich alle anderen Gewinnrücklagen zählen. Der gem. § 266 Abs. 3 A. III. 4. HGB auf der Passivseite der Bilanz zu bildende Posten „andere Gewinnrücklagen“ stellt einen Auffangtatbestand dar und umfasst all diejenigen Rücklagen, die nicht bereits in den Posten nach § 266 Abs. 3 A. III. 1. – 3. HGB aufgenommen wurden.51 In die anderen Gewinnrücklagen kann beispielsweise bei AG, SE und KGaA gem. § 58 Abs. 2 S. 1 AktG ein Teil des Jahresüberschusses, höchstens jedoch die Hälfte davon, eingestellt werden. Zudem sind den anderen Gewinnrücklagen Beträge aus dem Bilanzgewinn zuzuführen, sofern die Hauptversammlung im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses gem. § 58 Abs. 3 S. 1 AktG eine entsprechende Zuführung verabschiedet. Auch bei der GmbH ist im Rahmen des Ergebnisverwendungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung gem. § 29 Abs. 2 GmbHG die Dotierung von Beträgen in die anderen Gewinnrücklagen möglich.52 Konkrete Verwendungsvorgaben für die anderen Gewinnrücklagen sieht das Gesetz nicht vor. Allerdings sind auch bei anderen Gewinnrücklagen Satzungsregelungen möglich, wonach die Rücklagen einer bestimmten Zweckbindung unterliegen.53 Dementsprechend können die anderen Gewinnrücklagen i.S.d. § 266 Abs. 3 A. III. 4. HGB ebenfalls nicht generell als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB angesehen werden und es bedarf auch hier einer konkreten Einordnung im Einzelfall. Ist den anderen Gewinnrücklagen kein bestimmter Zweck zugewiesen und können sie daher durch Beschluss der zuständigen Organe jederzeit aufgelöst und auf diese Weise einer Ausschüttung zugänglich gemacht werden, sind sie als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB einzuordnen. In diesem Fall müssen sie in die Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials einbezogen werden.

3. Einstellungen in gebundene Rücklagen Den vorab als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB klassifizierten Rücklagen kommt bei der Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials ergebniserhöhende Wirkung zu. Von dem zu berücksichtigenden Gesamtbetrag dieser Rücklagen sind die Beträge abzugrenzen, die aus dem Jahresüberschuss in die gebundenen, d. h. 51 Vgl. Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 179; Küting/ Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 172. 52 Siehe zu weiteren Anwendungsfällen Beck’schesHdR/Heymann, Band I, B 231 Rn. 118 ff.; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 172 ff. 53 Vgl. Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 275; Beck’schesHdR/Heymann, Band I, B 231 Rn. 119; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 181.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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nicht frei verfügbaren Rücklagen, eingestellt werden. Der den gebundenen Rücklagen zugeführte Anteil verringert den Jahresüberschuss und steht für eine Ausschüttung nicht zur Verfügung. In die Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials sind die in gebundene Rücklagen eingestellten Beträge demnach als ergebnismindernde Posten einzubeziehen. a) Gesetzliche Rücklagen aa) Gesetzliche Rücklage i.S.d. § 150 AktG Aktiengesellschaften, Europäische Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien werden durch § 150 Abs. 1 AktG verpflichtet, eine gesetzliche Rücklage bis zum Erreichen einer bestimmten Höhe zu bilden. In diese Rücklage ist „[…] der zwanzigste Teil des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen […]“, § 150 Abs. 2 AktG.54 Da die in die gesetzliche Rücklage eingestellten Beträge gem. § 150 Abs. 3 u. 4 AktG nur zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages, eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr oder zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwandt werden dürfen und somit von Gesetzes wegen verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt sind55, muss der in die Rücklage eingestellte Betrag bei der Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials ergebnismindernd berücksichtigt werden. Bemessungsgrundlage des in die gesetzliche Rücklage einzustellenden Betrages ist nach dem Wortlaut des § 150 Abs. 2 AktG der um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderte Jahresüberschuss. Der Abzug weiterer Beträge ist nicht vorgesehen. Im Kontext des § 268 Abs. 8 HGB stellt sich jedoch die Frage, ob die von Gesetzes wegen vorgesehene Bemessungsgrundlage im Hinblick auf den Zweck der gesetzlichen Rücklage nicht einer Neubewertung resp. Modifizierung bedarf. Diese Frage ist darauf zurückzuführen, dass Zweck einer solchen Rücklage ist, von Gesetzes wegen einen die Gläubiger schützenden Haftungsfonds aufzubauen und zu erhalten.56 Der mit der Rücklage i.S.d. § 150 AktG verfolgte Zweck kann aber nur erreicht werden, sofern der gebildete Reservefonds werthaltig ist. Die von § 268 Abs. 8 HGB erfassten und sich im Jahr ihrer Bildung oder Wertanpassung auf den Jahresüberschuss auswirkenden Bilanzpositionen sind jedoch mit Unsicherheiten verbunden. Die durch ihre Bildung entstandenen Gewinne wurden nicht tatsächlich realisiert. Werden diese Gewinne als Teil des Jahresüberschusses, zumindest teilweise, zur Bildung der gesetzlichen Rücklage verwendet, ist in Anbetracht der mit ihnen zusammenhängenden Unsicherheiten fraglich, ob der Zweck des § 150 AktG, 54 Bei der KGaA ist auf den um die Gewinnanteile der Komplementäre gekürzten Jahresüberschuss abzustellen, vgl. dazu u. a. ADS, § 286 AktG, Rn. 39; MüKo/Perlitt, AktG, § 286 Rn. 8 u. 50. 55 Siehe dazu bereits Zweites Kapitel, A., I., 2., b), aa), (1). 56 Vgl. MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 150 Rn. 4; Schmidt/Lutter/Kleindiek, AktG, § 150 Rn. 3; Hüffer, AktG, § 150 Rn. 1.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

die Schaffung von gläubigerschützender Haftungsmasse, noch in ausreichendem Maße erreicht werden kann. Dies wird umso deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass ab dem Zeitpunkt des Erreichens des in § 150 Abs. 2 AktG vorgesehenen Mindestbetrages der gesetzlichen Rücklage alle weiteren, tatsächlich realisierten Gewinne zur freien Verfügung stehen. Ohne Berücksichtigung der unsicheren Gewinnanteile i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB müssten Teile der zusätzlichen und tatsächlich realisierten Gewinne bis zum Erreichen der Obergrenze mit gläubigerschützender Wirkung in die gesetzliche Rücklage eingestellt werden. Trotz der aus dem Zweck der gesetzlichen Rücklage resultierenden Bedenken und der damit einhergehenden Abwertung der Rücklage als gläubigerschützender Haftungsfonds sprechen mehrere Gründe gegen eine vorweggenommene Kürzung des Jahresüberschusses um die kritischen Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB. So lässt bereits der Wortlaut des § 150 Abs. 2 AktG eine derartige Modifizierung nicht zu.57 Unzweifelhaft wird verlangt, dass als Bemessungsgrundlage der sich aus der GuV ergebende Jahresüberschuss anzusetzen ist. Dieser Wert ist maßgebend, auch wenn er Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB enthält.58 Eine dem eindeutigen Wortlaut des § 150 AktG entgegenstehende Betrachtungsweise auf Grund der Berücksichtigung des Zwecks der Vorschrift wäre nur sehr schwer zu rechtfertigen. Auch ein Vergleich der unsicheren Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB mit dem vor Bildung der gesetzlichen Rücklage zu subtrahierenden und vom Wortlaut des § 150 AktG erfassten Verlustvortrag lässt keine anderweitige Anwendung zu. Zwar mindern die in Frage stehenden Gewinne den Ausschüttungsbetrag ebenso wie ein Verlustvortrag.59 Der Verlustvortrag mindert den Ausschüttungsbetrag jedoch tatsächlich. Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 werden dahingegen weiterhin in der Bilanz ausgewiesen, auch wenn ihre Realisierung nicht sicher anzunehmen ist und sie ausschüttungsgesperrt sind. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es einer Kürzung des Jahresüberschusses auch aus Gründen des unmittelbaren Gläubigerschutzes nicht bedarf. Die bereits dargestellte Problematik der Werthaltigkeit des die Gläubiger schützenden Haftungsfonds kann dadurch relativiert werden, dass den Gläubigern ohne die Bilanzierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens oder aktiver latenter Steuern sowie ohne die Zeitwertbewertung der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB kein zusätzliches Haftkapital zur Verfügung stehen würde. Der Haftungsfonds kann zukünftig zwar nicht mehr als voll werthaltig bezeichnet werden. Von einer unmittelbaren Beeinträchtigung oder sogar Minderung des Gläubigerschutzes durch Berücksichtigung der genannten Gewinne kann allerdings auch nicht ausgegangen werden. Dafür spricht im Übrigen auch die Möglichkeit, die gesetzliche Rücklage gem. § 150 Abs. 3 u. 4 AktG zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages wieder aufzulösen, sodass etwaige, aus den unsicheren Bilanz-

57 58 59

Vgl. dazu auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 588. Siehe dazu bereits Zweites Kapitel, A., I., 1. So Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 588.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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werten resultierende Aufwendungen nicht durch anderweitiges Kapital ausgeglichen werden müssen. Neben diesen Gründen muss beachtet werden, dass der Ausschüttungssperre auch weiterhin die von der Regelung erfassten Bilanzwerte in voller Höhe unterliegen und sich an dem gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Betrag durch die Einstellung in die gesetzliche Rücklage nichts ändert. In Höhe des ausschüttungsgesperrten Betrages müssen frei verfügbare Rücklagen resp. ein Gewinnvortrag vorhanden sein, damit eine Ausschüttung überhaupt möglich ist. Dementsprechend kommt es durch die Bildung der gesetzlichen Rücklage aus dem ungekürzten Jahresüberschuss im Ergebnis sogar zu einem doppelten Gläubigerschutz, da neben den zum Ausgleich etwaiger Aufwendungen aus den kritischen Werten i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB verfügbaren freien Rücklagen zusätzlich ein Betrag in der gesetzlichen Rücklage vorhanden ist, der ebenfalls zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages verwendet werden kann. Zudem führt die Berücksichtigung des gesamten Jahresüberschusses nicht zu einem Verstoß gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB, da die in die gesetzliche Rücklage eingestellten Beträge auf Grund der Verwendungsrestriktionen des § 150 Abs. 3 u. 4 AktG in der Gesellschaft gebunden bleiben und nicht einer die Gläubiger benachteiligenden Ausschüttung zugänglich sind.60 Entscheidend für den ungekürzten Ansatz des Jahresüberschusses und die damit verbundene Entwertung der gesetzlichen Rücklage als Haftungsfonds ist nach hier vertretener Ansicht allerdings, dass ein vorweggenommener Abzug der unsicheren Werte i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB in dem möglichen Fall ihrer (späteren) Realisierung zu nicht gewünschten Ergebnissen führen würde. Aus den in diesem Fall tatsächlich vorhandenen Gewinnen wären keine Beträge in die gesetzliche Rücklage eingestellt worden, sodass im Zweifel von einem zu geringen Einstellungsbetrag ausgegangen werden müsste. Das wiederum hätte die Nichtigkeit des Jahresabschlusses zur Folge.61 Dies wäre ein unbefriedigendes Ergebnis, das nur vermieden werden kann, wenn von vornherein die Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Eine spätere Korrektur ist nicht möglich. Folglich ist auch aus praktischen Erwägungen der lediglich um einen Verlustvortrag gekürzte Jahresüberschuss als Bemessungsgrundlage für die Dotierung der gesetzlichen Rücklage i.S.d. § 150 AktG maßgeblich. Eine vorweggenommene Kürzung um die Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB muss trotz der aus dem Zweck der gesetzliche Rücklage folgenden Bedenken unterbleiben.62 60

Kropff, FS Hüffer, 539, 541. Vgl. MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 150 Rn. 36 ff.; Schmidt/Lutter/Kleindiek, AktG, § 150 Rn. 17. 62 Ebenso Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 248; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 731; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 462; MüKo/ Hennrichs/Pöschke, AktG, § 150 Rn. 12a; Petersen/Zwirner/Froschhammer, BiM 2011, 64, 65; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 337; Simon, NZG 2009, 1081, 1084; SystematischerPK/Lentz, § 268 HGB, Rn. 70. 61

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

bb) Gesetzliche Rücklage i.S.d. § 5a Abs. 3 GmbHG Eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) resp. UG (haftungsbeschränkt) ist gem. § 5a Abs. 3 S. 1 GmbHG dazu verpflichtet, eine gesetzliche Rücklage zu bilden. In diese ist ein Viertel des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen. Zweck der Bildung einer solchen Rücklage ist, ebenso wie der Zweck des § 150 AktG, der Aufbau eines die Gläubiger schützenden Reservefonds.63 Die die Rücklage ausmachenden Beträge dürfen gem. § 5a Abs. 3 S. 2 GmbHG nur für Zwecke einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages und zum Ausgleich eines Verlustvortrages verwendet werden und sind somit von Gesetzes wegen verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt. Die Ausschüttung der in der Rücklage enthaltenen Werte ist nicht möglich. Bemessungsgrundlage für die gesetzliche Rücklage i.S.d. § 5a Abs. 3 GmbHG ist der Jahresüberschuss abzüglich eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr. Da der Zweck des § 5a Abs. 3 GmbHG die Schaffung eines die Gläubiger schützenden Reservefonds ist und dieser aus dem Jahresüberschuss gebildet wird, stellt sich an dieser Stelle erneut die Frage, ob die für Einstellungen in die Rücklage maßgebliche Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung der unsicheren Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB einer Neubewertung resp. Modifizierung bedarf. Für eine Neubewertung resp. Modifizierung der Bemessungsgrundlage der gesetzlichen Rücklage i.S.d. § 5a Abs. 3 GmbHG spricht, dass ohne ein derartiges Vorgehen Beträge in den Haftungsfonds eingestellt werden, die auf Grund des § 268 Abs. 8 HGB in ihrer Werthaltigkeit als unsicher anzusehen sind. Das wiederum steht dem Gläubigerschutz entgegen, da ein Haftungsfonds nur solange Schutz gewährt, wie er auch tatsächlich werthaltig ist. Ein Abzug der kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB vom Jahresüberschuss ist aus diesen Gründen geboten. Wie bei der gesetzlichen Rücklage i.S.d. § 150 AktG64 sprechen allerdings auch bei der Rücklage i.S.d. § 5a Abs. 3 GmbHG mehrere Argumente gegen eine Modifizierung. Bereits der eindeutige Wortlaut des § 5a Abs. 3 S. 1 GmbHG, welcher lediglich eine Verminderung des Jahresüberschusses um einen Verlustvortrag vorsieht, lässt eine Modifizierung nur sehr schwer zu.65 Zudem ist auch hier zu beachten, dass es durch die Einstellung von kritischen Beträgen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB in die gesetzliche Rücklage zu keiner unmittelbaren Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes kommen kann. Ohne die Bilanzierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens oder aktiver latenter Steuern sowie ohne die Zeitwertbewertung der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB würde den Gläubigern von vornherein kein zusätzliches Haftkapital zur Verfügung stehen. 63

Siehe nur Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 5a Rn. 21; Küting/Lorson/Eichenlaub/ Toebe, GmbHR 2011, 1, 8; Michalski/Miras, GmbHG, § 5a Rn. 68; MüKo/Rieder, GmbHG, § 5a Rn. 26. 64 Vgl. dazu ausführlich Zweites Kapitel, A., I., 3., a), aa). 65 So auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 588.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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Darüber hinaus bleiben Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB auch weiterhin in voller Höhe ausschüttungsgesperrt, sodass vor einer Ausschüttung gewährleistet sein muss, dass ausreichend frei verfügbare Rücklagen resp. ein Gewinnvortrag vorhanden sind, um etwaige Aufwendungen ausgleichen zu können. Entscheidend ist auch bei der gesetzlichen Rücklage i.S.d. § 5a Abs. 3 S. 1 GmbHG, dass ein vorheriger Abzug der kritischen Werte im Fall ihrer späteren Realisierung die Nichtigkeit des Jahresabschlusses zur Folge hätte, da ein zu geringer Betrag in die gesetzliche Rücklage eingestellt worden wäre.66 Dies lässt sich nur durch den Ansatz des gesamten Jahresüberschusses vermeiden. Das alles spricht auch bei der gesetzlichen Rücklage des § 5a Abs. 3 GmbHG gegen eine Modifizierung der Bemessungsgrundlage für Zuführungen in die Rücklage. Auch weiterhin ist der volle Jahresüberschuss anzusetzen.67 b) Satzungsmäßige Rücklagen und andere Gewinnrücklagen Bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials können neben Einstellungen in die gesetzlichen Rücklage i.S.d. § 150 AktG resp. des § 5a Abs. 3 GmbHG auch Zuführungen in satzungsmäßige Rücklagen und in die anderen Gewinnrücklagen mit ergebnismindernder Wirkung anzusetzen sein. Dies gilt sowohl für die AG, die SE, die KGaA als auch die GmbH. In die Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials aufzunehmen sind Einstellungen in diese Rücklagen allerdings nur, sofern die Verwendung der Rücklagen an einen bestimmten Zweck gebunden ist und die Rücklagen damit einer Verwendungs- resp. Ausschüttungsbeschränkung unterliegen. In diesem Fall können die Rücklagen nur zu dem festgelegten Zweck aufgelöst werden und sind einer Ausschüttung nicht zugänglich. Der Ansatz der eingestellten Beträge mit ergebnismindernder Wirkung ist bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials zwingend vorzunehmen. Bemessungsgrundlage für Zuführungen in satzungsmäßige Rücklagen ist in der Praxis häufig der Jahresüberschuss.68 Gleiches gilt gem. § 58 Abs. 2 S. 1 AktG für Einstellungen in die anderen Gewinnrücklagen. Unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes stellt sich daher auch hier die Frage, ob diese Bemessungsgrundlage zu modifizieren ist, sofern der Jahresüberschuss Beträge enthält, die nach § 268 Abs. 8 HGB in ihrer Werthaltigkeit als kritisch zu betrachten sind.69 Im Rahmen der Bildung der anderen Gewinnrücklagen spricht gegen eine Modifizierung der Bemessungsgrundlage zunächst der eindeutige Wortlaut der maßgebenden 66

Unstreitig, vgl. daher nur MüKo/Rieder, GmbHG, § 5a Rn. 30. So i.E. auch Kropff, FS Hüffer, 539, 541. Ohne weitere Begründung ebenso Baetge/ Kirsch/Thiele/Marx/Dallmann, Bilanzrecht, § 268 HGB, Rn. 113; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 248; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 462; Petersen/Zwirner/Froschhammer, BiM 2011, 64, 65; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 337. 68 Vgl. das Beispiel bei Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 159; so wohl auch Baetge/Kirsch/Thiele/Thiele, Bilanzrecht, § 272 HGB, Rn. 149. 69 Vgl. dazu auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 589. 67

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Vorschriften. Gemäß § 58 Abs. 2 S. 1 AktG ist Bemessungsgrundlage der Jahresüberschuss, der gem. § 58 Abs. 2 S. 4 i.V.m. § 58 Abs. 1 S. 3 AktG nur um Einstellungen in die gesetzliche Rücklage und einen Verlustvortrag zu kürzen ist. Eine darüber hinausgehende weitere Kürzung des Jahresüberschusses lässt der Wortlaut dahingegen nicht zu.70 Zudem ist zu beachten, dass bei satzungsmäßigen Rücklagen und bei anderen Gewinnrücklagen, anders als bei den gesetzlichen Rücklagen i.S.d. § 150 AktG und § 5a Abs. 3 GmbHG71, von vornherein keine schutzwürdigen Interessen Dritter vorliegen, die der Einstellung von kritischen Beträgen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB entgegenstehen könnten. Ein Abstellen auf Gesellschafts- oder Gesellschafterinteressen ist abzulehnen, da die Bildung resp. die Verwendungsbeschränkung dieser Rücklagen auf Gesellschaftsvertrag resp. Satzung beruhen und sowohl auf eine freiwillige Entscheidung der Gesellschafter zurückgehen als auch jederzeit abgeändert werden können. Die Schutzwürdigkeit dieser Interessengruppe kann demnach verneint werden. Ebensowenig kommt hier eine Berücksichtigung des im Rahmen der gesetzlichen Rücklagen angeführten Gläubigerschutzes in Betracht72, da satzungsmäßige Rücklagen und andere Gewinnrücklagen den Interessen des Unternehmens und nicht der Gläubiger dienen.73 Derartige Interessen können eine Modifizierung der Bemessungsgrundlage somit nicht begründen. Unabhängig vom Wortlaut des § 58 Abs. 2 AktG und von Gesellschafts-, Gesellschafter- oder Gläubigerinteressen ist von einer Modifizierung des Jahresüberschusses als Bemessungsgrundlage für Einstellungen in satzungsmäßige Rücklagen und in andere Gewinnrücklagen nach hier vertretener Ansicht schon deshalb abzusehen, weil ein derartiges Vorgehen, spätestens im Fall der tatsächlichen Realisierung der kritischen Werte i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB, zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses führen würde. Auch bei diesen Rücklagen ist der Jahresabschluss nichtig, sofern die Rücklage nicht entsprechend den satzungsmäßigen oder von Gesetzes wegen vorgesehenen Vorgaben gebildet wird.74 Dieses unbefriedigende Ergebnis schließt die Modifizierung der Bemessungsgrundlage für Zuführungen in satzungsmäßige Rücklagen und andere Gewinnrücklagen aus.75 Der Jahresüber70 So auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 589, die sinngemäß von einer „Anrechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages auf die Thesaurierungskompetenz der Verwaltung“ sprechen; Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, AktG, § 58 Rn. 39, 31a. 71 Siehe Zweites Kapitel, A., I., 3., a), aa). 72 Vgl. Zweites Kapitel, A., I., 3., a). 73 Vgl. die Übersicht möglicher Zwecke satzungsmäßiger Rücklagen bei Küting/Pfitzer/ Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 165; ähnliche Beispiele Beck’scherBilKo/ Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 251. 74 Vgl. Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 168; MüKo/Reiner, HGB, § 272 Rn. 130. 75 Dieses Risiko der Nichtigkeit als auch der eindeutige Wortlaut des § 58 Abs. 2 AktG schließen ebenfalls aus, dass sich „[…] die Befugnis der Verwaltung zur Thesaurierung der Hälfte des Jahresüberschusses bei Vorhandensein von gesperrten Beträgen immer auf den

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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schuss muss somit auch weiterhin in voller Höhe als Bemessungsgrundlage herangezogen werden.76 c) Rücklage i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB Aktiengesellschaften, Europäische Gesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung müssen zusätzlich zu den bereits dargestellten Rücklagen die in ihrer Verwendung beschränkte und einer Ausschüttung nicht zugängliche77 Rücklage i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB berücksichtigen. Die Bildung dieser Rücklage kann nicht nur aus bereits vorhandenen frei verfügbaren Rücklagen erfolgen, § 272 Abs. 4 S. 3 HGB, sondern auch zulasten des Jahresüberschusses.78 Kommt es daher bei der Erstellung des Jahresabschlusses zu Einstellungen in die Rücklage i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB zulasten des Jahresüberschusses, ist der entsprechende Betrag auf Grund der Verwendungs- resp. Ausschüttungsbeschränkung dieser Rücklage in ergebnismindernder Weise in die Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials aufzunehmen. Die bereits im Rahmen der gesetzlichen und der satzungsmäßigen Rücklagen resp. der anderen Gewinnrücklagen behandelte Problematik der Modifizierung des Jahresüberschusses als Bemessungsgrundlage für Einstellungen stellt sich auch bei der Rücklage i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB. Fraglich ist hier konkret, ob der Zweck der Rücklage, die Aktivierung der Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen zu neutralisieren und gleichzeitig die Rückzahlung von Stamm- oder Grundkapital an die herrschende Gesellschaft zu vermeiden und damit die Gläubiger umfassend zu schützen79, überhaupt erreicht werden kann, wenn ein Teil der Rücklage aus in ihrer Werthaltigkeit unsicheren Gewinnen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB besteht. Dies erscheint fragwürdig, da eine Neutralisierung des Anteilserwerbes nach hier vertretener Ansicht nur vollumfänglich eintreten kann, wenn die Anteile mit Mitteln erworben werden, die den Gesellschaftern neben dem Stamm- resp. Grundkapital in voller Höhe frei zur Verfügung stehen. Dies wird insbesondere durch den Umstand deutlich, dass § 272 Abs. 4 S. 3 HGB selbst verfreien, zur Ausschüttung [zur Verfügung] stehenden Restbetrag bezieht“, vgl. Gelhausen/ Althoff, WPg 2009, 584, 590, die eine derartige Kompetenzverschiebung im Ergebnis ebenfalls ablehnen. 76 So i.E. auch Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 248; Kropff, FS Hüffer, 539, 541; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 8; Simon, NZG 2009, 1081, 1084 und ohne weitere Begründung ebenso Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 462. Unklar SystematischerPK/Lentz, § 268 HGB, Rn. 70. 77 Vgl. Zweites Kapitel, A., I., 2., b), bb). 78 Vgl. Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, § 272 Rn. 11; Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 302; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 193; Koller/Roth/Morck/Morck, HGB, § 272 Rn. 10. 79 Siehe dazu nur Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 301; Beck’schesHdR/Heymann, Band I, B 231 Rn. 109 ff.; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/ Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 187 ff.; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 137; MüKo/Reiner, HGB, § 272 Rn. 117.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

langt, dass die Rücklage nur aus solchen Rücklagen gebildet werden kann, die frei verfügbar sind. Trotz dieser Bedenken ist bei der Bildung der Rücklage gem. § 272 Abs. 4 HGB von einer Modifizierung des Jahresüberschusses als Bemessungsgrundlage um Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB abzusehen. Dies ist nach hier vertretener Ansicht damit zu begründen, dass die Rücklage gem. § 272 Abs. 4 S. 1 HGB für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen stets und auch zulasten eines Bilanzverlustes gebildet werden muss.80 Dies hat zur Konsequenz, dass die Bildung der Rücklage selbst dann erforderlich ist, wenn keine sonstigen frei verfügbaren Rücklagen und kein Jahresüberschuss vorliegen und der Jahresüberschuss somit von vornherein nicht richtiger Anknüpfungspunkt für die pflichtgemäße Einstellung sein kann.81 Ist der Jahresüberschuss aber nicht Anknüpfungspunkt für die Bildung der Rücklage i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB, stellt sich von vornherein auch nicht die Frage nach einer etwaigen Modifizierung der Bemessungsgrundlage auf Grund des § 268 Abs. 8 HGB.82 Die Ausschüttungssperre hat demnach für die Bildung der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen keinerlei Konsequenzen. 4. Gewinnvortrag/Verlustvortrag Bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials muss von AG, SE, KGaA und GmbH als letzter Posten ein etwaiger Gewinnvortrag resp. Verlustvortrag Berücksichtigung finden. Das ergibt sich unmittelbar aus § 268 Abs. 8 HGB, wonach für die Ausschüttungssperre der Betrag der frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrages und abzüglich eines Verlustvortrages maßgeblich ist. Der Gewinnvortrag resp. Verlustvortrag ist in der Bilanz gem. § 266 Abs. 3 A. IV. HGB gesondert auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen und kann ohne weitere Modifizierung in die Berechnung aufgenommen werden. Der Gewinnvortrag unterliegt keinerlei Verwendungs- oder Ausschüttungsbeschränkungen.83 Dementsprechend ist dieser Wert bei der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials mit ergebniserhöhender Wirkung anzusetzen. Im Gegensatz dazu ist ein Verlustvortrag bei der

80

Vgl. ADS, § 272 HGB, Rn. 197 ff.; Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 303; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 155. 81 In diesem Sinne wohl auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 589. 82 So i.E. auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 589; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 731; Kropff, FS Hüffer, 539, 541; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 8; Simon, NZG 2009, 1081, 1084 und ohne weiter Begründung ebenso Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 462; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 337; SystematischerPK/Lentz, § 268 HGB, Rn. 70. 83 Der Gewinnvortrag ist Teil des Bilanzgewinnes, § 158 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG, resp. erhöht den Jahresüberschuss, § 29 Abs. 1 S. 1 GmbHG, und wird somit der Ergebnisverwendung zugänglich.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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Berechnung in Abzug zu bringen, da er einen den Jahresüberschuss mindernden Posten darstellt.84 5. Berechnungsschema Maximales Ausschüttungspotential Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag gem. GuV Betrag gem. § 275 Abs. 2 Nr. 20 resp. Abs. 3 Nr. 19 HGB Bei KGaA: u. U. Kürzung des Betrages um Gewinnanteile der phG Frei verfügbare Rücklagen Kapitalrücklagen: Agio gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB: bei GmbH Betrag an Zuzahlungen gem. § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB: bei GmbH Sonstige Zuzahlungen in das EK gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB Kapitalrücklage gem. §§ 58b Abs. 2, 58c GmbHG: bei GmbH und nach Ablauf der Fünfjahresfrist des § 58b Abs. 3 GmbHG Gewinnrücklagen: Satzungsmäßige Rücklagen i.S.d. § 266 Abs. 3 A. III. 3. HGB: sofern zweckfrei und/oder ausschüttbar Andere Gewinnrücklagen i.S.d. § 266 Abs. 3 A. III. 4. HGB: sofern zweckfrei und/ oder ausschüttbar Einstellungen in gebundene Rücklagen Gesetzliche Rücklage gem. § 150 AktG: bei AG, SE, KGaA Gesetzliche Rücklage gem. § 5a Abs. 3 GmbHG: bei UG Satzungsmäßige Rücklagen: sofern nicht frei verfügbar Andere Gewinnrücklagen: sofern nicht frei verfügbar Rücklage i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB Gewinnvortrag Verlustvortrag *

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= Maximales Ausschütttungspotential

II. Ausschüttungsgesperrter Betrag 1. Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB a) Maßgeblicher Ausgangswert In die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages ist als erster Posten gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB der insgesamt angesetzte Betrag der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens aufzunehmen, die vom

84 Vgl. § 158 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG und § 29 Abs. 1 S. 1 GmbHG („abzüglich eines Verlustvortrags“).

118

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Gesetzgeber in ihrer Werthaltigkeit als unsicher klassifiziert wurden.85 Maßgeblich für den Ansatz ist der in der Bilanz ausgewiesene Buchwert der Vermögensgegenstände.86 Das Abstellen auf den Buchwert resultiert aus der in § 268 Abs. 8 S. 1 HGB zu findenden Begrifflichkeit „insgesamt angesetzte Beträge“. Dieser Bezugspunkt wurde erst auf Vorschlag des Rechtsausschusses87 in § 268 Abs. 8 S. 1 HGB aufgenommen und soll klarstellen, dass für die Ausschüttungssperre der in der Bilanz angesetzte Wert maßgeblich ist und nicht die aus der ursprünglichen Aktivierung resultierenden Erträge.88 Die Aufnahme der Begrifflichkeit „insgesamt angesetzte Beträge“ in § 268 Abs. 8 HGB war notwendig, da der ursprüngliche Gesetzesvorschlag eine Ausschüttungssperre für den „Gesamtbetrag der Erträge“ vorsah.89 Das Abstellen auf den „Gesamtbetrag der Erträge“ hätte jedoch zur Folge gehabt, dass die kritischen Beträge lediglich im Jahr ihrer Erstaktivierung ausschüttungsgesperrt, in den Folgeperioden allerdings wieder zum Nachteil der Gläubiger frei verwendbar gewesen wären. Auf Grund der endgültig verabschiedeten Gesetzesfassung ist es nun aber notwendig, den gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB zu berücksichtigenden Betrag nicht nur im Jahr der Entstehung, sondern auch in den Folgejahren zu ermitteln.90 Der bei der Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages anzusetzende Buchwert der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens folgt sowohl im Jahr der Erstaktivierung als auch in Folgejahren unmittelbar aus dem in der Bilanz gem. § 266 Abs. 2 A. I. 1. HGB angesetzten Wert. Es bedarf zur Ermittlung des in das Berechnungsschema aufzunehmenden Betrages dementsprechend nur der Übernahme dieses Bilanzwertes, dessen konkrete Höhe sich aus den ursprünglich erfolgswirksam verbuchten Herstellungskosten (§§ 253 Abs. 1 S. 1, 255 Abs. 2 u. 2a HGB) abzüglich hierauf gebildeter planmäßiger und außerplanmäßiger Abschreibungen (§ 253 Abs. 3 S. 1 – 3 HGB) und zuzüglich etwaiger Wertaufholungen (§ 253 Abs. 5 S. 1 HGB) ergibt.91 Die Berücksichtigung der Abschreibungen resp. Wertaufholungen ist notwendig, da sie Auswirkungen auf die GuV haben92 und sich auf diese Weise der Wert der unsicheren Vermögensgegenstände verringert resp. vergrößert. 85

Siehe zum Hintergrund der Erstreckung des sachlichen Anwendungsbereiches der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB auf selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Einführung, B., II., 2. 86 So ausdrücklich auch WP-Handbuch, Band I, F Rn. 109. 87 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407, 86 ff. 88 Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 2, sprechen demgemäß auch von einer „bilanzorientierten Ausschüttungssperre“. 89 Siehe Einführung, B., II., 4. 90 Ausdrücklich zur Fortführung der Ausschüttungssperre in Folgejahren Petersen/Zwirner/ Froschhammer, KoR 2011, 437 ff.; Petersen/Zwirner/Froschhammer, BiM 2011, 64 ff. 91 Vgl. dazu Erstes Kapitel, B., I. 92 Vgl. Erstes Kapitel, B., I.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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b) Abzug passiver latenter Steuern Neben dem Buchwert müssen bei der Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages die für die selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB gebildeten passiven latenten Steuern Berücksichtigung finden. Diese sind gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB als Abzugsposten in die Berechnung aufzunehmen. Der Abzug der passiven latenten Steuern rechtfertigt sich aus ihrer ergebnismindernden Wirkung in der GuV93, wo sie gem. § 275 Abs. 2 Nr. 18 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 17 HGB unter dem Posten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ ausgewiesen werden. Sie verringern das Jahresergebnis, was zur Folge hat, dass der auf die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens entfallende Teil des Jahresüberschusses resp. Bilanzgewinnes nur in Höhe der Differenz aus dem Buchwert der Vermögensgegenstände und den für sie gebildeten passiven latenten Steuern besteht. Lediglich dieser Wert ist als unsicher zu bezeichnen und muss von der Ausschüttungssperre umfasst sein.94 Die Bilanzierung passiver latenter Steuern im Zusammenhang mit den gem. § 248 Abs. 2 S. 1 HGB aktivierten selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens resultiert aus der unterschiedlichen Behandlung dieser Werte in Handels- und Steuerbilanz. Anders als in der Handelsbilanz folgt für die Steuerbilanz aus § 5 Abs. 2 EStG, dass für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivposten nur gebildet werden kann, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Ein Ansatz selbst geschaffener Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist nicht möglich. Da sich aber der aus den verschiedenen Ansätzen resultierende Unterschied zwischen dem Ansatz in der Handelsbilanz und dem Ansatz in 93

So auch Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 3. Wird das Wahlrecht des § 274a Nr. 5 HGB ausgeübt und auf eine Anwendung des § 274 HGB verzichtet, sind passive latente Steuern dennoch im Rahmen der Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages anzusetzen, sofern sie entsprechend der herrschenden Meinung als Rückstellungen gem. § 249 HGB gebildet werden, vgl. u. a. Baetge/Kirsch/Thiele/Eberhartinger/Pott/Siegel, Bilanzrecht, § 274 HGB, Rn. 36; Beck’scherBilKo/Ellrot, § 274a HGB, Rn. 6 ff.; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Bertram, HGB, § 274 Rn. 7; Heidel/Schall/ Elprana, HGB, § 274a Rn. 6; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 218; IDW RS HFA 7, IDW-Fachnachrichten, 3/2012, 189, 193, Rn. 26; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 729; Kühne/Melcher/Wesemann, WPg 2009, 1057, 1061; MüKo/Reiner, HGB, § 274 Rn. 33; SystematischerPK/Lentz, § 268 HGB, Rn. 73; Theile, BBK 2010, 639, 645; Wendholt/Wesemann, DB 2009, Beil. Nr. 5 zu Heft 23, 64, 72 und die Ausführungen zum Ausweis latenter Steuern bei Personenhandelsgesellschaften unter Drittes Kapitel, A., III., 2., a), aa), (1) und (3). Werden passive latente Steuern als Rückstellungen gem. § 249 HGB gebildet, verringert sich ebenfalls der auf die Bilanzierung der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zurückgehende kritische Wert, sodass ein Abzug der passiven latenten Steuern dem Sinn und Zweck der Ausschüttungssperre entspricht. A.A. u.a. Bundessteuerberaterkammer, DStR 2012, 2296 ff.; Förster/Beer, StuW 2012, 85, 89 ff.; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 161 ff.; Lüdenbach/Freiberg, BB 2010, 1971, 1975; dies., BB 2011, 1579, 1580 ff.; Müller, DStR 2011, 1046 ff.; Müller/Kreipl, DB 2011, 1701, 1703 ff. 94

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

der Steuerbilanz entweder durch planmäßige oder außerplanmäßige Abschreibungen oder einer Realisierung der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen wird, sind gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB passive latente Steuern in der Handelsbilanz anzusetzen. Passive latente Steuern sind in jeder Folgeperiode neu zu bewerten. Die Notwendigkeit der Neubewertung resultiert aus der Veränderung des Buchwertes der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens durch Abschreibungen oder Wertaufholungen. Damit verändert sich gleichfalls die für passive latente Steuern maßgebliche Differenz zwischen dem handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Ansatz. Nur für die im jeweiligen Geschäftsjahr konkret bestehenden Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz müssen gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB passive latente Steuern gebildet werden. Dementsprechend muss stets der angepasste Wert bei der Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages angesetzt werden. 2. Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB a) Maßgeblicher Ausgangswert Bei der Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages sind neben dem Buchwert der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (abzüglich der dafür gebildeten passiven latenten Steuern) auch Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zu berücksichtigen. Gemäß § 268 Abs. 8 S. 3 HGB ist bei diesen Vermögensgegenständen, die nach § 253 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 255 Abs. 4 HGB mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu bewerten sind, § 268 Abs. 8 S. 1 HGB „[…] auf den Betrag abzüglich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern anzuwenden, der die Anschaffungskosten übersteigt“. Als maßgeblicher Ausgangswert sind demzufolge die Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB abzüglich ihrer historischen95 Anschaffungskosten anzusetzen. Der konkrete Anknüpfungspunkt für den in die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages aufzunehmenden Wert der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB ergibt sich nicht unmittelbar aus § 268 Abs. 8 S. 3 HGB. Der Verweis auf § 268 Abs. 8 S. 1 HGB deutet jedoch darauf hin, dass auch hier der in der Bilanz insgesamt angesetzte Betrag maßgeblich ist. Allerdings ist seit dem BilMoG eine Besonderheit hinsichtlich des insgesamt ausgewiesenen Bilanzwertes der 95

Hypothetisch vorzunehmende planmäßige oder außerplanmäßige Abschreibungen sind nicht zu berücksichtigen. Für planmäßige Abschreibungen folgt dies bereits aus den insoweit eindeutigen Aussagen des Rechtsausschusses, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/12407, 87. Für hypothetisch vorzunehmende außerplanmäßige Abschreibungen muss aus den gleichen Vereinfachungsgründen entsprechendes gelten, siehe dazu Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 33 ff.; Hasenburg/Hausen, DB 2009, Beil. Nr. 5 zu Heft 23, 38, 44; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 224; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 281; MüKo/Reiner/ Haußer, HGB, § 268 Rn. 49. Simon, NZG 2009, 1081, 1083.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zu berücksichtigen. Entgegen des grundsätzlich geltenden Verrechnungsverbotes des § 246 Abs. 2 S. 1 HGB sind Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen, gem. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB mit den entsprechenden Schulden zu verrechnen. Zudem sieht § 246 Abs. 2 S. 3 HGB für den Fall, dass der beizulegende Zeitwert der Vermögensgegenstände den Betrag der Schulden übersteigt, ein Aktivierungsgebot für den übersteigenden Betrag vor. Dieser Aktivüberhang ist gem. § 266 Abs. 2 E. HGB unter einem gesonderten Posten in die Bilanz aufzunehmen, sodass in der Bilanz nicht der Gesamtbetrag der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB ausgewiesen wird, sondern lediglich der die zu verrechnenden Verbindlichkeiten übersteigende Wert.96 Stellt man folglich bei § 268 Abs. 8 S. 3 HGB auf die insgesamt angesetzten Beträge ab, hätte dies zur Folge, dass der Aktivüberhang als maßgeblicher Ausgangswert bei der Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages anzusetzen wäre.97 Ein bloßes Abstellen auf den in der Bilanz ausgewiesenen Aktivüberhang würde jedoch dem Sinn und Zweck der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nicht gerecht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB in den sachlichen Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB einbezogen wurden, da der Zeitwertbewertung nach Aussagen der Regierungsbegründung „[…] eine gewisse Unsicherheit an[haftet], die jedenfalls unter dem Aspekt des Gläubigerschutzes eine Ausschüttung nicht rechtfertigt“.98 Daraus ist zu folgern, dass der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 S. 3 HGB stets der Betrag unterliegen muss, dem auf Grund der Zeitwertbewertung gewinnerhöhende Wirkung zukommt.99 Das ist der Betrag, ohne Berücksichtigung etwaig gebildeter passiver latenter Steuern, um den der beizulegende Zeitwert die historischen Anschaffungskosten übersteigt. Ein Abstellen auf die insgesamt angesetzten Beträge, d. h. bei Vermögensgegenständen 96 Vereinzelt wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass in den gem. § 266 Abs. 2 E. HGB in die Bilanz eingestellten Verrechnungsposten nicht der Gesamtbetrag der Überdeckung einzubeziehen sei, sondern lediglich die nach der Verrechnung des Planvermögens mit den entsprechenden Verbindlichkeiten verbleibenden aufgedeckten stillen Reserven, vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. C Rn. 75 ff. Eine derartige Beschränkung auf die aufgedeckten stillen Reserven ist jedoch bereits unter Hinweis auf den Wortlaut des § 246 Abs. 2 S. 3 HGB, der sich eindeutig auf den insgesamt die Schulden übersteigenden Betrag des beizulegenden Zeitwertes der Vermögensgegenstände bezieht, abzulehnen. Dazu ausführlich Roß, BB 2011, 1835 ff. 97 So beispielsweise Bieg/Kußmaul/Petersen/Waschbusch/Zwirner, BilMoG, 111 u. 123; Hennrichs, GmbHR 2010, 17, 20; Kühnberger, BB 2011, 1387, 1390; Leuering, NJW-Spezial 2009, Heft 23, 735; Lüdenbach, StuB 2010, 588; Lüdenbach/Freiberg, BB 2010, 1971, 1973; Simon, NZG 2009, 1081, 1082 ff.; Thies, GWR 2009, 187. 98 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 99 Vgl. dazu Erstes Kapitel, B., II.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB auf den in die Bilanz eingestellten Verrechnungsbetrag, könnte jedoch dazu führen, dass ein zu geringer Wert ausschüttungsgesperrt ist und es auf diese Weise zu einer Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen kommen würde. Ist beispielsweise der Betrag der zu verrechnenden Verbindlichkeiten höher als die Anschaffungskosten der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB, liegt er gleichfalls aber unterhalb des beizulegenden Zeitwertes, weicht der ausgewiesene Aktivüberhang von dem aus der Zeitwertbewertung resultierenden Gewinn ab. Der sich aus der Differenz von beizulegendem Zeitwert und dem Betrag der Schulden ergebende und in die Bilanz aufzunehmende Wert ist niedriger als die Differenz aus beizulegendem Zeitwert und den Anschaffungskosten. Dieser Differenzbetrag ist jedoch aus Gläubigersicht als kritisch zu bewerten und muss der Ausschüttungssperre unterliegen. Würde man nur auf den bilanzierten Aktivüberhang abstellen, würde der Ausschüttungssperre ein dem kritischen Wert nicht entsprechender Betrag unterliegen. Noch deutlicher wird diese Problematik in dem Fall, in dem der beizulegende Zeitwert die Anschaffungskosten übersteigt, er gleichfalls aber dem Betrag der Verbindlichkeiten entspricht. Auf Grund der Verrechnung des Zeitwertes mit den Schulden ist kein Aktivüberhang vorhanden und dementsprechend auch kein Ausweis in der Bilanz vorzunehmen. Ein Abstellen auf die insgesamt angesetzten Beträge würde folglich dazu führen, dass auch im Rahmen der Berechnung des gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB der Ausschüttungssperre unterliegenden Betrages für Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB ein Wert von null angesetzt werden müsste. Dies kann jedoch nicht sachgerecht sein, da ein Vergleich des beizulegenden Zeitwertes mit den Anschaffungskosten zeigt, dass auch in diesem Fall die Zeitwertbewertung zu kritischen Gewinnen geführt hat, welche nach Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 HGB zwingend ausschüttungsgesperrt sein müssen. Diese Beispiele machen deutlich, dass ein bloßes Abstellen auf den in der Bilanz ausgewiesenen Aktivüberhang nicht zielführend ist. Ein derartiges Vorgehen könnte in bestimmten Konstellationen zu einer Nichtberücksichtigung von in ihrer Werthaltigkeit als kritisch zu bezeichnenden Beträgen und damit zu einer ungerechtfertigten Ausschüttung führen. Vielmehr ist als Ausgangswert für die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages der beizulegende Zeitwert der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB anzusetzen. Dieser ist nicht unmittelbar der Bilanz zu entnehmen, sondern einer für die Ermittlung des Zeitwertes aufgestellten Nebenrechnung.100 100

So im Ergebnis auch Aigner, Das neue Bilanzrecht nach HGB, 52, 121; Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13; Centrale GmbH-Handbuch/Heuser, Teil II Rn. 340; Gelhausen/Fey/ Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 30; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 224; Kaja/Borgwardt, StuB 2010, 727, 729; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 5; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 281; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 459; MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 268 Rn. 48; Petersen/Zwirner/ Froschhammer, KoR 2010, 334, 336; Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handels-

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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Neben dieser Problematik des richtigen Anknüpfungspunktes für die Ermittlung des gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB ausschüttungsgesperrten Betrages ist zu beachten, dass die zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Vermögensgegenstände nicht nur im Jahr der Erstbewertung, sondern auch in Folgejahren im Rahmen der Ausschüttungssperre zu berücksichtigen sind. Ebenso wie sich der Buchwert selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in Folgeperioden durch Abgänge, Abschreibungen oder Wertaufholungen verändern kann101, ist auch bei Vermögensgegenständen i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB eine jährliche Veränderung denkbar. Zum einen können die Vermögensgegenstände veräußert worden sein, sodass eine Berücksichtigung der Werte von vornherein nicht mehr in Betracht kommt. Zum anderen ist auch eine Veränderung des beizulegenden Zeitwertes vorstellbar. Er kann entweder steigen und den Betrag des anzusetzenden Wertes erhöhen oder er kann sinken und den Wert verringern.102 Dementsprechend ist es notwendig, den beizulegenden Zeitwert des vorhandenen Planvermögens nicht nur im Jahr der Erstbewertung, sondern auch in allen Folgeperioden zu ermitteln und als maßgeblichen Ausgangswert in die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages aufzunehmen. b) Abzug passiver latenter Steuern Von den angesetzten Vermögensgegenständen i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB sind nach § 268 Abs. 8 S. 3 HGB die für sie gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB gebildeten passiven latenten Steuern zu subtrahieren und in das Berechnungsschema aufzunehmen.103 Dies ist damit zu begründen, dass die gem. § 275 Abs. 2 Nr. 18 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 17 HGB unter dem Posten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ in die GuV aufgenommenen passiven latenten Steuern das Jahresergebnis und damit auch den auf die Zeitwertbewertung der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zurückzuführenden Gewinn verringern. Nur der die passiven latenten Steuern übersteigende Betrag des Planvermögens ist in seiner Werthaltigkeit als unsicher zu bezeichnen und muss der Ausschüttungssperre unterliegen. Anders als bei den für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gebildeten passiven latenten Steuern muss bei den für Planrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 200; Roß, BB 2011, 1835, 1836; Theile, BilMoG, § 268 HGB, Rn. 4; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 110; Zwirner/Boecker, BC 2011, 7, 8. 101 Vgl. Erstes Kapitel, B., I. und Zweites Kapitel, A., II., 1., a). 102 Siehe dazu bereits Erstes Kapitel, B., II. 103 Die Bildung passiver latenter Steuern für Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB resultiert aus unterschiedlichen Ansätzen in Handels- und Steuerbilanz. Die nach § 253 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 255 Abs. 4 HGB vorgesehene Bewertung des Planvermögens zum beizulegenden Zeitwert ist nach steuerrechtlichen Vorschriften nicht möglich. Vielmehr beschränkt sich der Ansatz der Wirtschaftsgüter des Planvermögens in der Steuerbilanz gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 EStG auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Da es jedoch in den Folgeperioden auf Grund Bewertungsschwankungen oder Realisierungen des Planvermögens zu einer Anpassung der Bilanzansätze kommen kann, sind gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB passive latente Steuern auszuweisen.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

vermögen gebildeten passiven latenten Steuern allerdings beachtet werden, dass nicht stets ihr voller Wert abzugsmindernd berücksichtigt werden kann. Es darf nicht übersehen werden, dass für die Bildung passiver latenter Steuern die Differenz aus beizulegendem Zeitwert und dem Buchwert der Steuerbilanz (fortgeführte Anschaffungskosten) maßgeblich ist.104 Auf diese Differenz sind passive latente Steuern gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB zu bilden. Der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 S. 3 HGB unterliegt jedoch nur die Differenz aus beizulegendem Zeitwert und historischen Anschaffungskosten.105 Der Unterschied der historischen Anschaffungskosten zu dem steuerlichen Buchwert findet keine Berücksichtigung. Demzufolge kann es dazu kommen, dass im Fall steuerlicher Wertminderungen passive latente Steuern nicht nur für den beizulegenden Zeitwert, der die historischen Anschaffungskosten übersteigt, sondern auch für die Differenz des steuerlichen Wertes zu den historischen Anschaffungskosten nach Handelsrecht gebildet werden müssen. Allerdings ist nur der die historischen Anschaffungskosten übersteigende beizulegende Zeitwert in seiner Werthaltigkeit unsicher, sodass auch nur die auf diesen Betrag entfallenden passiven latenten Steuern anzusetzen sind.106 Würde man darüber hinaus auch die für die Differenz aus handelsrechtlichen historischen Anschaffungskosten und steuerlichem Buchwert gebildeten passiven latenten Steuern ansetzen, käme es zu einer Verringerung des ausschüttungsgesperrten Betrages und dementsprechend zu nicht gerechtfertigten Ausschüttungen. Das kann jedoch nach Sinn und Zweck der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nicht gewollt sein. Folglich dürfen nur die passiven latenten Steuern angesetzt werden, die auf den Zeitwertgewinn entfallen, mithin also auf den Betrag, um den der beizulegende Zeitwert die historischen Anschaffungskosten übersteigt. Die Ermittlung der konkret anzusetzenden passiven latenten Steuern muss in jeder Bilanzierungsperiode neu vorgenommen werden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich der beizulegende Zeitwert des Planvermögens verändern kann und damit auch die für den Abzug passiver latenter Steuern maßgebliche Differenz aus beizulegendem Zeitwert und den historischen Anschaffungskosten. Nur in Höhe dieser Differenz bestehen unsichere Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB, sodass auch nur die insoweit gebildeten passiven latenten Steuern in Abzug zu bringen sind.

104 Vgl. dazu Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 41. 105 Vgl. dazu Zweites Kapitel, A., II., 2., a). 106 Vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 41; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 225; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 729; Petersen/Zwirner/ Froschhammer, KoR 2010, 334, 336.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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c) Vorliegen mehrerer Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB Für die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages ist bei Vermögensgegenständen i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB die Differenz aus beizulegendem Zeitwert und historischen Anschaffungskosten (abzüglich der dafür gebildeten passiven latenten Steuern) maßgebend. Im Allgemeinen kann somit davon gesprochen werden, dass ein ausschüttungsgesperrter Betrag immer dann vorliegt, wenn der beizulegende Zeitwert die historischen Anschaffungskosten übersteigt und Gewinne entstehen, die nach der Wertung des § 268 Abs. 8 S. 3 HGB in ihrer Werthaltigkeit als unsicher zu bezeichnen sind. Umgekehrt liegt allerdings kein ausschüttungsgesperrter Betrag vor, wenn der beizulegende Zeitwert geringer ist als die historischen Anschaffungskosten, da in diesem Fall unsichere Zeitwertgewinne nicht bestehen und die Differenz aus beizulegendem Zeitwert und Anschaffungskosten negativ ist. Diese allgemeine Feststellung gilt zumindest dann, wenn sich das Planvermögen aus nur einem einzigen Vermögensgegenstand zusammensetzt. Fraglich ist jedoch, wie zu verfahren ist, wenn sich das Planvermögen zum einen aus Vermögensgegenständen zusammensetzt, deren beizulegender Zeitwert oberhalb der historischen Anschaffungskosten liegt, und andererseits aus Vermögensgegenständen, deren beizulegender Zeitwert die historischen Anschaffungskosten unterschreitet. In der vorgenannten Konstellation des Vorliegens mehrerer Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB ist die Anwendung des § 268 Abs. 8 S. 3 HGB auf zwei verschiedene Arten möglich. Einerseits ist denkbar, in die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages sämtliche Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB einzubeziehen, und zwar unabhängig davon, ob ihr beizulegender Zeitwert die historischen Anschaffungskosten über- oder unterschreitet. Ein derartiges Vorgehen hätte zur Folge, dass sich der ausschüttungsgesperrte Betrag durch eine Verrechnung der positiven Zeitwertgewinne mit den negativen Differenzen vermindern würde. Werden nach der anderen Möglichkeit aber nur die Vermögensgegenstände des Planvermögens in die Berechnung aufgenommen, deren beizulegender Zeitwert die historischen Anschaffungskosten überschreitet resp. ihrem Wert gleichkommt und werden die Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB, deren beizulegender Zeitwert die historischen Anschaffungskosten unterschreitet, nicht angesetzt, unterliegen der Ausschüttungssperre auch weiterhin alle auf die Zeitwertbewertung zurückgehenden Gewinne. In der Literatur wird die hier aufgeworfene Fragestellung einhellig dahingehend entschieden, dass in die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages nur die Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB aufzunehmen sind, deren beizulegender Zeitwert die historischen Anschaffungskosten überschreitet.107 Die107 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele/Wulf, Bilanzrecht, § 285 HGB, Rn. 414; Gelhausen/Fey/ Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 31 ff.; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 224; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 6; Küting/Pfitzer/Weber/

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

sem Vorgehen ist zuzustimmen, da nur in diesem Fall der Gläubigerschutz gewahrt werden kann. Allerdings darf auch nicht übersehen werden, dass die Begründungen der Literatur nach hier vertretener Ansicht zur Lösung der aufgezeigten Problematik nur bedingt geeignet sind und dementsprechend nur das Ergebnis der Literatur unterstützenswert ist. Die Literatur stellt in ihrer Begründung teilweise darauf ab, dass „bei der Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages […] der Einzelbewertungsgrundsatz die Aufrechnung der Erträge aus der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert mit den Aufwendungen aus außerplanmäßigen Abschreibungen anderer Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB [verbietet]“.108 Maßgeblich soll folglich der Einzelbewertungsgrundsatz des § 253 Abs. 1 Nr. 3 HGB sein, wonach jeder Bilanzierende verpflichtet ist, sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten. Zu beachten ist diesbezüglich allerdings, dass der Einzelbewertungsgrundsatz vorliegend nur zur Konsequenz haben kann, dass die einzelnen Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB nicht zusammengefasst und gemeinsam bewertet werden dürfen und dass die Zeitwertgewinne nicht mit den aus sonstigen Wertminderungen resultierenden Aufwendungen verrechnet werden können. Auswirkungen auf die Frage, ob im Rahmen des § 268 Abs. 8 S. 3 HGB nur Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB in die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages einzubeziehen sind, deren beizulegender Zeitwert die historischen Anschaffungskosten übersteigt, oder ob auch Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB einzubeziehen sind, deren beizulegender Zeitwert den Betrag der historischen Anschaffungskosten nicht erreicht, kann der Einzelbewertungsgrundsatz nach hier vertretener Ansicht jedoch nicht haben. Zur Beantwortung dieser Fragestellung ist der Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung von vornherein ungeeignet, da es bei der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB um eine gesellschaftsrechtliche Regelung109 und nicht um die Bilanzierung als solcher geht. Der weiteren in der Literatur zu findenden Begründung110 zur Nichtberücksichtigung derjenigen Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB, deren beizulegender Zeitwert unterhalb der historischen Anschaffungskosten liegt, kann sich dahingegen angeschlossen werden. Diese Begründung basiert sowohl auf den Aus-

Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 281; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 336; Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 201 ff.; SystematischerPK/Lentz, § 268 HGB, Rn. 77; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 110. 108 Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 5 ff.; so im Ergebnis auch Petersen/ Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 336. 109 Vgl. Einführung, C., I., 2. 110 Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 32; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 336.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

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sagen des Rechtsausschusses als auch auf dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 S. 3 HGB.111 In der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses wird ausgeführt, dass „[…] sich der Umfang der Ausschüttungssperre allein nach der Höhe des jeweils am Bilanzstichtag beizulegenden Zeitwerts [richtet]“.112 Diese Aussagen beziehen sich eindeutig auf die einzelnen Vermögensgegenstände resp. auf den „jeweils“ beizulegenden Zeitwert. Und in § 268 Abs. 8 S. 3 HGB heißt es: „Bei Vermögensgegenständen im Sinn des § 246 Abs. 2 Satz 2 [HGB] ist Satz 1 auf den Betrag abzüglich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern anzuwenden, der die Anschaffungskosten übersteigt.“ Auch aus dieser Gesetzesformulierung wird deutlich, dass die Ausschüttungssperre nur dann anzuwenden ist, wenn der beizulegende Zeitwert jedes einzelnen Vermögensgegenstandes seine historischen Anschaffungskosten übersteigt (§ 268 Abs. 8 S. 3 HGB: „[…] auf den Betrag, […] der die Anschaffungskosten übersteigt.“). Unabhängig von der vorstehenden Begründung lässt bereits der Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 S. 3 HGB die Einbeziehung derjenigen Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB in die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages nicht zu, deren beizulegender Zeitwert unterhalb der historischen Anschaffungskosten liegt. Dies ist damit zu begründen, dass § 268 Abs. 8 S. 3 HGB gewährleisten soll, dass alle auf die Zeitwertbewertung zurückgehenden und in ihrer Werthaltigkeit unsicheren Gewinne nicht ausgeschüttet werden113, was zur Konsequenz haben muss, dass der auf jeden einzelnen Vermögensgegenstand des Planvermögens zurückgehende Gewinn der Ausschüttungssperre unterliegt. Anderenfalls kann nicht garantiert werden, dass im Fall künftiger Wertminderungen ausreichend Kapital in der Gesellschaft vorhanden ist, um die aus den Wertminderungen resultierenden Aufwendungen ausgleichen zu können. Würde man allerdings bei der Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages eine Verrechnung mit denjenigen Vermögensgegenständen i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zulassen, deren beizulegender Zeitwert unterhalb der historischen Anschaffungskosten liegt, was zur Folge hätte, dass nicht mehr der volle Zeitwertgewinn jedes einzelnen Vermögensgegenstandes ausschüttungsgesperrt wäre, könnte nicht mehr gewährleistet werden, dass ausreichend Kapital zur Deckung von künftig anfallenden Aufwendungen zur Verfügung steht. Ein aus Gläubigersicht zu geringer ausschüttungsgesperrter Betrag wäre somit die Folge. Das würde jedoch eindeutig dem Sinn und Zweck der Ausschüttungssperre entgegenstehen und kann nicht gewollt sein. Dementsprechend dürfen Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB, deren beizulegender Zeitwert unter den historischen Anschaffungskosten liegt, nicht in die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages aufgenommen werden.

111 Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 32; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 336. 112 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 10/4268, 87. 113 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

3. Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB a) Maßgeblicher Ausgangswert Neben den bisher dargestellten Vermögensgegenständen i.S.d. § 248 Abs. 2 resp. i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB ist bei der Berechnung des insgesamt ausschüttungsgesperrten Betrages gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB der Betrag zu berücksichtigen, „[…] um den die aktiven latenten Steuern die passiven latenten Steuern übersteigen“. Der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB unterliegt somit nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht der Gesamtbetrag der gebildeten aktiven latenten Steuern, sondern nur eine, die passiven latenten Steuern übersteigende „Spitze“114. Nur dieser Wert ist in das Berechnungsschema zur Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages aufzunehmen. Dieser Aktivüberhang latenter Steuern ist nicht generell bei der Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages zu beachten. Ein Ansatz ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 268 Abs. 8 S. 2 HGB vielmehr nur für den Fall vorgesehen, dass aktive latente Steuern auch tatsächlich in der Bilanz ausgewiesen werden. Dafür ist entscheidend, ob von dem Aktivierungswahlrecht gem. § 274 Abs. 1 S. 2 HGB positiv Gebrauch gemacht worden ist. Wird dieses Wahlrecht dahingegen nicht positiv ausgeübt, wird auch kein Aktivüberhang in der Bilanz ausgewiesen, sodass die Anwendung des § 268 Abs. 8 S. 2 HGB von vornherein nicht in Betracht kommt. Keinen Unterschied macht es für die Anwendung der Ausschüttungssperre jedoch, ob der Aktivüberhang in der Bilanz netto ausgewiesen wird oder ob die sich ergebende Steuerentlastung und Steuerbelastung gem. § 274 Abs. 1 S. 4 HGB unverrechnet (brutto) angesetzt werden.115 In beiden Fällen hat sich das Jahresergebnis auf Grund der Verrechnung der latenten Steuern in der GuV116 nur um den Aktivüberhang erhöht. Des Weiteren macht es für die Ausschüttungssperre keinen Unterschied, ob die zu berücksichtigenden latenten Steuern in der Berechnungsperiode erstmalig gebildet wurden oder aus Vorperioden resultieren. Das Abstellen auf den in der Bilanz angesetzten Betrag und die Möglichkeit der Veränderung der latenten Steuern macht eine jährliche Feststellung der konkreten Höhe aller Steuerlatenzen unumgänglich. Darüber hinaus ist der Ansatz eines in der Bilanz ausgewiesenen Aktivüberhangs im Rahmen der Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages unabhängig davon, ob die latenten Steuern erfolgswirksam oder erfolgsneutral gebildet wurden.117 Für diese Annahme lässt sich zum einen der Wortlaut des § 268 Abs. 8 S. 2 HGB anführen, wonach für die Ausschüttungssperre der in der Bilanz ausgewiesene 114

Diese Begrifflichkeit verwenden u. a. Hennrichs, GmbHR 2010, 17, 23 und Prinz/Ruberg, Der Konzern 2009, 343, 349. 115 So auch bereits Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 16/12407, 87. 116 Dazu bereits Erstes Kapitel, B., III. 117 Vgl. dazu bereits Erstes Kapitel, B., III.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

129

Betrag maßgeblich ist.118 Insbesondere sprechen aber systematische Erwägungen für die Gleichbehandlung von erfolgswirksamen und erfolgsneutralen latenten Steuern, da sowohl der ergebniswirksam gebildete Aktivüberhang als auch die ergebnisneutrale Erhöhung der Gewinnrücklagen im Fall der Übergangsregelung des Art. 67 Abs. 6 EGHGB grundsätzlich ausschüttbare Werte darstellen, die nach der Wertung des § 268 Abs. 8 S. 2 HGB ausschüttungsgesperrt sein sollen.119 b) Problem der Doppelberücksichtigung passiver latenter Steuern Die Ermittlung der gem. § 268 Abs. 8 S. 1 bis 3 HGB ausschüttungsgesperrten Beträge erfolgte in dieser Arbeit bisher, der Systematik der Vorschrift und der Möglichkeit der Bilanzierung ausschließlich einer der erfassten Bilanzwerte entsprechend, getrennt nach den einzelnen Positionen. Die im Rahmen der Berechnung jeweils in Abzug zu bringenden passiven latenten Steuern konnten dabei problemlos anhand einer wortlautgetreuen Anwendung des § 268 Abs. 8 S. 1 – 3 HGB bestimmt werden. Sofern allerdings nicht nur eine der von der Ausschüttungssperre erfassten Positionen bilanziert wird und neben selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens und/oder dem Planvermögen auch aktive latente Steuern bei der Bilanzierung Berücksichtigung finden, können passive latente Steuern bei wortlautgetreuer Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB zu erheblichen Problemen im Rahmen der Bestimmung des ausschüttungsgesperrten Gesamtbetrages führen. Diese Problematik soll anhand eines Ausgangsfalles und mehrerer Abwandlungen120 verdeutlicht werden. aa) Ausgangsfall: Ausweis eines Aktivüberhangs latenter Steuern Die X-GmbH weist vor Berücksichtigung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens und latenten Steuern ein Jahresergebnis von 1000 aus. Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sollen im Wert von 100 aktiviert werden. Für diese Vermögensgegenstände werden bei einem angenommenen Steuersatz von 30 % passive latente 118

So auch Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 4. Ausführlich dazu Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 47 ff. 120 Vergleichbare Beispiele finden sich bei Althoff, DStR 2012, 868, 869 ff.; Ellerbusch/ Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2444; Ernsting, StbJb 2010/2011, 219, 238 ff.; Hoffmann/ Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 163 ff.; Karrenbrock, BB 2011, 683, 686; Kessler/Leinen/Paulus, KoR 2009, 716, 725; Kessler/Leinen/Strickmann/Budde/ Kessler, Handbuch BilMoG, 441; Kühne/Melcher/Wesemann, WPg 2009, 1005, 1012; Küting/ Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 4; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 273; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Seel, Das neue deutsche Bilanzrecht, 522; Küting/Seel, DB 2009, 922, 925; Lüdenbach, StuB 2010, 588 ff.; Petersen/Zwirner/Künkele, Bilanzanalyse und Bilanzpolitik nach BilMoG, 410 ff.; Ruberg, NZG 2011, 1048, 1051 ff.; Streim/Bieker, FS Sigloch, 797, 813 ff.; Zülch/Hoffmann, DB 2010, 909, 910. 119

130

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Steuern in Höhe von 30 gebildet. Sonstige passive latente Steuern sind nicht vorhanden. Gleichzeitig verfügt die X-GmbH über aktive latente Steuern aus sonstigen Bilanzierungssachverhalten in Höhe von 50. Der Aktivüberhang latenter Steuern in Höhe von 20 soll gem. § 274 Abs. 1 S. 2 HGB ausgewiesen werden. Jahresergebnis + + =

Vorläufiges Jahresergebnis: Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: (§ 275 Abs. 2 Nr. 3 / Abs. 3 Nr. 6 HGB) Steuern vom Einkommen und Ertrag: (§ 275 Abs. 2 Nr. 18 / Abs. 3 Nr. 17 HGB) Endgültiges Jahresergebnis:

1000 100 20 1120

Die X-GmbH hat zunächst ein in vollem Umfang ausschüttungsfähiges Jahresergebnis von 1000. Auf Grund der Bilanzierung der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und des Aktivüberhangs (Steuern vom Einkommen und Ertrag gem. § 275 Abs. 2 Nr. 18 resp. Abs. 3 Nr. 17 HGB) steigt das Jahresergebnis auf 1120. Der auf die Bilanzierung der von dem sachlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzpositionen zurückgehende Mehrbetrag ist jedoch in Anbetracht der diesen Werten immanenten Unsicherheiten in seiner Werthaltigkeit als kritisch zu bezeichnen und darf dementsprechend nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Die zusätzlichen 120 müssen aus Gründen eines umfassenden Gläubigerschutzes ausschüttungsgesperrt sein. Ausschüttungsgesperrter Betrag ¢

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: hierfür gebildete pass. lat. St.:

+

Überhang aktiver latenter Steuern: (§ 268 Abs. 8 S. 2 HGB)

=

Ausschüttungsgesperrter Betrag:

100 30 20

70 20 90

Die Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages streng nach Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB führt allerdings, wie die zweite Berechnung zeigt, zu einem anderen Ergebnis als zunächst angenommen. Danach ist nicht der aus Gründen des Gläubigerschutzes gebotene Betrag von 120 ausschüttungsgesperrt, sondern lediglich ein niedrigerer Betrag in Höhe von 90. Dieser Unterschied ist darauf zurückzuführen, dass die im Rahmen des Ansatzes der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände gebildeten passiven latenten Steuern das Jahresergebnis auf Grund der Verrechnung mit den aktiven latenten Steuern lediglich einmalig um 30 verringert haben, sie bei der Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages allerdings doppelt in Abzug gebracht wurden. Auf diese Weise wurde auch der auf die Bilanzierung der in ihrer Werthaltigkeit unsicheren Positionen zurückgehende kri-

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

131

tische Betrag doppelt verringert. Konsequenz dieser Doppelerfassung der passiven latenten Steuern ist, dass nach wortlautgetreuer Anwendung Ausschüttungen der zusätzlichen unsicheren Gewinne in Höhe von 30 (120 – 90) möglich sind. Dies steht jedoch dem Sinn und Zweck der Ausschüttungssperre entgegen. Aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten sollte vielmehr verhindert werden, dass sämtliche Gewinne, die auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Positionen zurückgehen, ausgeschüttet werden.121 Die Literatur hat vorstehende Problematik ebenfalls erkannt und verschiedene Lösungsansätze entwickelt, mit welchen sie sicherstellen möchte, dass auch im Fall des Ausweises eines Aktivüberhangs latenter Steuern stets der volle Wert der unsicheren Beträge ausschüttungsgesperrt ist. Zur Erreichung dieses Ziels sollen entgegen dem Wortlaut die bereits bei den selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB resp. bei dem zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Planvermögen gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB in Abzug gebrachten passiven latenten Steuern bei der Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB entweder von vornherein keine Berücksichtigung mehr finden122 oder aber dem ausgewiesenen Aktivüberhang wieder hinzugerechnet werden.123 Im Rahmen des § 268 Abs. 8 S. 2 HGB sollen dementsprechend nur die „sonstigen“ passiven latenten Steuern abzuziehen resp. „die bereits in S. 1 und S. 3 berücksichtigten“ passiven latenten Steuern dem sich aus dem Wortlaut ergebenden Aktivüberhang hinzuzurechnen sein. Nach diesen Lö-

121 Die gleiche Problematik ergibt sich in dem Fall eines Aktivüberhanges, bei dem es zu einem Bruttoausweis der latenten Steuern kommt. Aus Gründen besserer Übersicht wird auf eine separate Darstellung dieser Abwandlung verzichtet. Vgl. zu dieser Fallkonstellation Kessler/Leinen/Strickmann/Budde/Kessler, Handbuch BilMoG, 441. 122 Vgl. Althoff, DStR 2012, 868, 869; Baetge/Haenelt/Jonas, FS Sigloch, 511, 520; Baetge/ Kirsch/Thiele/Marx/Dallmann, Bilanzrecht, § 268 HGB, Rn. 116; Beck’scherBilKo/Kozikowski/F. Huber, § 268 HGB, Rn. 143; Centrale GmbH-Handbuch/Heuser, Teil II Rn. 341; Dahlke, BB 2009, 878, 880; Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2444; Ernsting, StbJb 2010/2011, 219, 238; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 50; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 216, 228; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 164; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 729; Kessler/Leinen/ Strickmann/Budde/Kessler, Handbuch BilMoG, 442; KölnerKomm/Korth, Rechnungslegungsrecht, § 268 HGB, Rn. 69b; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 5; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 273; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Seel, Das neue deutsche Bilanzrecht, 522; Küting/Seel, FS Herzig, 675, 691; Küting/Seel, DB 2009, 922, 925; Lüdenbach, StuB 2010, 588, 589; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 460; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 337; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2011, 437, 438; Pöller, BC 2011, 10, 14; Ruberg, NZG 2011, 1048, 1051 ff.; Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 203; SystematischerPK/Lentz, § 268 HGB, Rn. 74; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 108; Zwirner/ Boecker, BC 2011, 7, 8; Zwirner/Froschhammer, StuB 2012, 139. 123 Vgl. BonnerHR/Kirsch, § 268 HGB (BilMoG), Rn. 52; Karrenbrock, BB 2011, 683, 687; Kühne/Melcher/Wesemann, WPg 2009, 1005, 1012; Zülch/Hoffmann, DB 2010, 909, 910.

132

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

sungsansätzen ergibt sich der ausschüttungsgesperrte Betrag im Ausgangsfall wie folgt: Ausschüttungsgesperrter Betrag

+ oder +

=

¢

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: hierfür gebildete pass. lat. St.:

¢

Aktive latente Steuern: „sonstige“ pass. lat. St.:

50 0

Aktive latente Steuern: passive latente Steuern: gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB abgezogene passive latente Steuern

50 30 30

¢ +

100 30

Ausschüttungsgesperrter Betrag:

70

50 120

bb) Abwandlung 1: Verzicht auf Aktivierung Die X-GmbH weist ein vorläufiges Jahresergebnis von 1000 aus. Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sollen im Wert von 100 aktiviert werden, für die passive latente Steuern in Höhe von 30 zu bilden sind. Gleichzeitig hat die X-GmbH aktive latente Steuern in Höhe von 50 gebildet. Der Aktivüberhang in Höhe von 20 soll nicht ausgewiesen werden. Jahresergebnis + + =

Vorläufiges Jahresergebnis: Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: (§ 275 Abs. 2 Nr. 3 / Abs. 3 Nr. 6 HGB) Steuern vom Einkommen und Ertrag: (§ 275 Abs. 2 Nr. 18 / Abs. 3 Nr. 17) Endgültiges Jahresergebnis:

1000 100 0 1100

Die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens erhöht in Abwandlung 1 das vorläufige Jahresergebnis von 1000 um 100. Die für die immateriellen Vermögensgegenstände zu bildenden passiven latenten Steuern wirken sich nicht auf das Jahresergebnis aus, da sie auf Grund der Verrechnung mit den höheren aktiven latenten Steuern kompensiert werden. Der real bestehende Aktivüberhang in Höhe von 20 wirkt sich nicht ergebniserhöhend aus, da gem. § 274 Abs. 1 S. 2 HGB auf eine Aktivierung verzichtet wurde. Der auf die Bilanzierung der von dem sachlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzpositionen zurückgehende Mehrbetrag beläuft sich dementsprechend auf 100. Dieser Betrag ist in seiner Werthaltigkeit als kritisch zu bezeichnen und darf nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

133

Ausschüttungsgesperrter Betrag ¢ +

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: hierfür gebildete pass. lat. St.: (§ 268 Abs. 8 S. 1 HGB) Überhang aktiver latenter Steuern: (§ 268 Abs. 8 S. 2 HGB) Ausschüttungsgesperrter Betrag:

100 30 0

70 0 70

Der nach dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB ermittelte ausschüttungsgesperrte Betrag beträgt allerdings 70 und liegt auch in diesem Fall unterhalb des als unsicher zu betrachtenden Mehrgewinnes von 100. Konsequenz daraus ist, dass nach wortlautgetreuer Anwendung den Gläubigerschutz beeinträchtigende Ausschüttungen der zusätzlichen unsicheren Gewinne in Höhe von 30 (100 – 70) möglich sind.124 Dieses Ergebnis ist darauf zurückzuführen, dass den für die selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gebildeten passiven latenten Steuern auf Grund der Kompensation durch aktive latente Steuern und deren Nichtausweis in der Bilanz keinerlei Ergebniswirkung zukommt, sie andererseits aber bei der Berechnung gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB anzusetzen sind. Ein Verzicht auf den Ansatz der passiven latenten Steuern kommt im Rahmen der Ausschüttungssperre nach dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 S. 1 HGB nicht in Betracht, da dieser eindeutig auf die „Bildung“ der Steuerlatenzen abstellt und nicht auf ihren Ausweis in der Bilanz.125 „Gebildet“ und berechnet werden passive latente Steuern jedoch immer, da anderweitig nicht festgestellt werden kann, ob ein zwingend gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB auszuweisender Passivüberhang besteht oder nicht. Lediglich ihr tatsächlicher Ausweis kann variieren. Die Literatur hat die beschriebene Problematik ebenfalls erkannt und schlägt für den Fall des Nichtausweises eines Aktivüberhangs latenter Steuern vor, entgegen dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 S. 1 und S. 3 HGB bei selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens resp. bei Planvermögen keine passiven latenten Steuern zu berücksichtigen126 oder aber die zunächst abgezogenen Beträge dem nach dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB ermittelten Betrag

124 Die gleiche Problematik ergibt sich in dem Fall, in dem die aktiven latenten Steuern der Höhe nach exakt den passiven latenten Steuern entsprechen. Aus Gründen besserer Übersicht wird auf eine separate Darstellung dieser Abwandlung verzichtet. Vgl. zu dieser Fallkonstellation Kessler/Leinen/Paulus, KoR 2009, 716, 725, die allerdings einen eigenen Lösungsansatz vermissen lassen. 125 So auch Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 729; Lanfermann/Röhricht, DStR 2009, 1216, 1217; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 336. 126 Vgl. Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 729; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 5; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 273; Küting/Pfitzer/ Weber/Küting/Seel, Das neue deutsche Bilanzrecht, 522 ff.; Küting/Seel, FS Herzig, 675, 692; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 336; Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 204.

134

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

als „fiktiven Aktivüberhang“127 oder abschließend als Korrekturposten128 wieder hinzuzurechnen. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass dem Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 HGB entsprechend der Gesamtbetrag an kritischen Gewinnen ausschüttungsgesperrt ist. Nach diesem Lösungsansatz berechnet sich der ausschüttungsgesperrte Betrag wie folgt: Ausschüttungsgesperrter Betrag

+ = oder ¢ +

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: (§ 268 Abs. 8 S. 1 HGB) Überhang aktiver latenter Steuern: (§ 268 Abs. 8 S. 2 HGB) Ausschüttungsgesperrter Betrag:

100

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: hierfür gebildete pass. lat. St.: (§ 268 Abs. 8 S. 1 HGB) „Fiktiver“ Aktivüberhang: (§ 268 Abs. 8 S. 2 HGB)

100 30

oder + Abschließender Korrekturposten: = Ausschüttungsgesperrter Betrag:

0 100

30 30

100

cc) Abwandlung 2: Passivüberhang Die X-GmbH hat ein vorläufiges Jahresergebnis von 1000. Vermögensgegenstände i.S.d. § 248 Abs. 2 HGB sollen im Wert von 100 aktiviert werden, für die passive latente Steuern in Höhe von 30 zu bilden sind. Gleichzeitig hat die X-GmbH aktive latente Steuern in Höhe von 20 gebildet. Der Passivüberhang in Höhe von 10 ist gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB auszuweisen. Jahresergebnis Vorläufiges Jahresergebnis Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: (§ 275 Abs. 2 Nr. 3 / Abs. 3 Nr. 6 HGB) Steuern vom Einkommen und Ertrag: (§ 275 Abs. 2 Nr. 18 / Abs. 3 Nr. 17) Endgültiges Jahresergebnis

+ ¢ =

1000 100 10 1090

Das vorläufige Jahresergebnis von 1000 wird durch die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zunächst 127

Vgl. Lüdenbach, StuB 2010, 588, 589; Lüdenbach/Freiberg, BB 2010, 1971, 1973; so auch Ruberg, NZG 2011, 1048, 1052 ff.; Kessler/Leinen/Strickmann/Budde/Kessler, Handbuch BilMoG, 442; Althoff, DStR 2012, 868, 872, jedoch ohne die zitierte Begrifflichkeit. 128 Vgl. Karrenbrock, BB 2011, 683, 687.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

135

um 100 erhöht und durch den Ansatz der mit den aktiven latenten Steuern verrechneten passiven latenten Steuern um 10 verringert. Das endgültige Jahresergebnis beträgt 1090. Der auf die Bilanzierung der von dem sachlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erfassten immateriellen Vermögensgegenstände zurückgehende und in seiner Werthaltigkeit als kritisch zu bezeichnende Mehrbetrag beläuft sich dementsprechend auf 90. Ausschüttungsgesperrter Betrag Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: hierfür gebildete pass. lat. St.: (§ 268 Abs. 8 S. 1 HGB) Überhang aktiver latenter Steuern: (§ 268 Abs. 8 S. 2 HGB) Ausschüttungsgesperrter Betrag:

¢ + =

100 30 0

70 0 70

Der nach dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB ermittelte ausschüttungsgesperrte Wert beträgt dahingegen nur 70 und ist somit in Abwandlung 2 niedriger als der tatsächliche (unsichere) Mehrgewinn von 90, sodass im Fall eines tatsächlichen Passivüberhangs latenter Steuern ebenfalls zu hohe und den Gläubigerschutz beeinträchtigende Ausschüttungen denkbar sind. Dieses unbefriedigende Ergebnis resultiert aus der teilweisen Kompensation der passiven latenten Steuern durch aktive latente Steuern und des dennoch nach § 268 Abs. 8 S. 1 HGB vorzunehmenden Ansatzes des Gesamtbetrages der für die immateriellen Vermögensgegenstände gebildeten passiven latenten Steuern. Ein zumindest teilweiser Verzicht auf den Ansatz kommt auch hier auf Grund des insoweit eindeutigen Wortlautes des § 268 Abs. 8 S. 1 HGB nicht in Betracht. Auch für den beschriebenen Fall der bloß teilweisen Kompensation der gebildeten passiven latenten Steuern hat die Literatur Lösungsansätze entwickelt. Der nach Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 HGB notwendig vor einer Ausschüttung zu sperrende Gesamtbetrag soll dadurch erreicht werden, dass im Rahmen der Berechnung nach § 268 Abs. 8 S. 1 und S. 3 HGB nur die tatsächlich in der Bilanz ausgewiesenen passiven latenten Steuern abgezogen werden.129 Andere Stimmen in der Literatur schlagen vor, § 268 Abs. 8 S. 2 HGB entgegen dem Wortlaut auch im Fall eines Passivüberhanges anzuwenden und dabei nur die passiven latenten Steuern anzusetzen, die nicht schon im Rahmen des § 268 Abs. 8 S. 1 und 3 HGB berücksichtigt wurden130 oder aber es sollen dem nach dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB berechneten Ausschüttungssperrbetrag die durch aktive latente Steuern kompensierten passiven latenten Steuern als abschließender Korrekturposten131 wieder hinzugerechnet werden. Diese Lösungsansätze stellen sich schematisch wie folgt dar: 129

Vgl. Karrenbrock, BB 2011, 683, 687. Vgl. Althoff, DStR 2012, 868, 870 ff.; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 5; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 273. 131 Vgl. Karrenbrock, BB 2011, 683, 687. 130

136

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften Ausschüttungsgesperrter Betrag

¢ = oder ¢ + ¢

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: hierfür in Bilanz ausgewiesene pass. lat. St.: (§ 268 Abs. 8 S. 1 HGB) Ausschüttungsgesperrter Betrag:

100 10

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: hierfür gebildete pass. lat. St.: (§ 268 Abs. 8 S. 1 HGB) Aktive latente Steuern: „sonstige pass. lat. St.: (§ 268 Abs. 8 S. 2 HGB)

100 30

oder + Abschließender Korrekturposten: = Ausschüttungsgesperrter Betrag:

90

70

20 0 20

20 90

dd) Stellungnahme Die vorstehenden Beispiele zu § 268 Abs. 8 HGB machen deutlich, dass eine wortlautgetreue Anwendung der Vorschrift in Konstellationen, in denen selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und/oder mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewertendes Planvermögen als auch aktive latente Steuern gebildet werden, dem Sinn und Zweck der Ausschüttungssperre entgegenstehen kann. Die Anwendung strikt nach Wortlaut hat in den dargestellten Fällen den Ausweis eines zu geringen ausschüttungsgesperrten Betrages zur Folge. Konsequenz davon ist, dass die Gesellschafter die Möglichkeit erhalten, die auf Grund der Wertung des § 268 Abs. 8 HGB in ihrer Werthaltigkeit als unsicher einzuordnenden Gewinne teilweise auszuschütten. Der mit der Ausschüttungssperre bezweckte Schutz der Gläubiger kann bei wortlautgetreuer Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB nicht vollständig gewährleistet werden. Die Literatur hat die mit der wortlautgetreuen Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB verbundenen Problematiken ebenfalls erkannt und unterschiedliche Lösungsansätze entwickelt. Die Ergebnisse der Lösungsansätze sind allesamt zu begrüßen. Anstatt die Ausschüttungssperre streng nach dem Wortlaut anzuwenden und den Gläubigerschutz zu gefährden, orientiert sich die Literatur an Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 HGB und stellt auf diese Weise sicher, dass stets der gesamte Betrag ausschüttungsgesperrt ist, der auch in seiner Werthaltigkeit als kritisch einzuordnen ist. Die damit verbundene Gewährleistung eines hinreichenden Gläubigerschutzes rechtfertigt es, die über den Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB hinausgehende Auslegung zuzulassen. Kritisch zu bewerten ist bei den aufgezeigten Ansätzen zunächst, dass keine einheitliche Lösung für alle beschriebenen Konstellationen präsentiert wird, sondern dass die Literatur für jeden Einzelfall einen unterschiedlichen Lösungsweg vor-

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

137

schlägt. Ein weiterer Kritikpunkt an der Literatur ist neben dieser Vielzahl an einzelfallbezogenen Lösungsvorschlägen132, dass den entwickelten Ansätzen keine Allgemeingültigkeit zukommt. Sie stellen lediglich Modifizierungen für diejenigen Fälle dar, in denen sowohl selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und/oder mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewertendes Planvermögen als auch aktive latente Steuern gebildet werden. In Konstellationen, in denen ausschließlich eine der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Aktivpositionen gebildet wurde, müssen diese Modifizierungen wiederum außer Acht gelassen werden und die Vorschrift ist gemäß des Wortlautes anzuwenden. Eine einheitliche Lösung für alle denkbaren Bilanzsicherungssachverhalte, sei es für den Fall des Vorliegens eines, zweier oder aller drei erfassten Aktivwerte, ist aus Gründen gleichartiger Handhabung allerdings vorzuziehen und wünschenswert. Ein derartiger allgemeingültiger Anwendungsansatz ist nach hier vertretener Ansicht aber nicht nur wünschenswert, sondern auch praktisch umsetzbar. Anknüpfungspunkt eines solchen einheitlichen Lösungsweges ist die von Gesetzes wegen vorgesehene Gesamtbetrachtung aktiver und passiver latenter Steuern und deren Verrechnung in der GuV, die zur Folge hat, dass sich stets nur die Differenz von aktiven und passiven latenten Steuern auf das Jahresergebnis der Gesellschaft auswirkt. Dies gilt unabhängig davon, aus welchen Gründen die latenten Steuern gebildet wurden und ob es zu einem Netto- oder Bruttoansatz in der Bilanz kommt. Anders gewendet führt die Gesamtbetrachtung latenter Steuern dazu, dass passive latente Steuern immer nur dann die Auswirkungen der Aktivwerte i.S.d. § 248 Abs. 2 resp. i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB auf das Jahresergebnis verringern, soweit sie nicht mit aktiven latenten Steuern zu verrechnen sind. Sollte das aber der Fall sein, kommt den passiven latenten Steuern bereits durch die Verrechnung mit den aktiven latenten Steuern Ergebniswirkung zu und sie stehen für einen nochmaligen Abzug im Rahmen der Aktivwerte i.S.d. § 248 Abs. 2 resp. i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB nicht mehr zur Verfügung. Hinsichtlich der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB ist aus dieser Betrachtung zu folgern, dass passive latente Steuern nur dann die Auswirkungen der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens resp. des Planvermögens auf das Jahresergebnis verringern, soweit sie nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet wurden. Nur in diesem Fall erscheint es nach hier vertretener Ansicht gerechtfertigt, einen Abzug passiver latenter Steuern im Rahmen der Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages zuzulassen. Soweit die für die von § 268 Abs. 8 S. 1 und S. 3 HGB erfassten Positionen gebildeten passiven latenten Steuern aber bereits mit aktiven latenten Steuern verrechnet wurden und sie nicht nochmalig das Ergebnis mindern können, muss ein Abzug unterbleiben, da 132

Die aus den unterschiedlichen Modifizierungsvorschlägen resultierende Inkonsistenz in der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB soll sogar für Teile der Literatur zur Konsequenz haben, von etwaigen Modifizierungen generell abzusehen und vielmehr § 268 Abs. 8 HGB streng nach Wortlaut anzuwenden, vgl. Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 166; Lüdenbach, StuB 2010, 588, 589; Lüdenbach/Freiberg, BB 2010, 1971, 1973.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

weiterhin dem vollen Aktivwert ergebniserhöhende Wirkung zukommt. Dieser Gesamtbetrag ist in seiner Werthaltigkeit unsicher und muss aus gläubigerschützenden Gründen ausschüttungsgesperrt sein. Für die konkrete Anwendung der Ausschüttungssperre im Sinne einer einheitlichen und allgemeingültigen Lösung hat die Verrechnung der latenten Steuern zur Folge, dass ein Abzug passiver latenter Steuern in § 268 Abs. 8 S. 1 und S. 3 HGB immer nur dann vorzunehmen ist, soweit passive latente Steuern nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet wurden. Anders ausgedrückt kann auch davon gesprochen werden, dass der Abzug der passiven latenten Steuern in § 268 Abs. 8 S. 1 und S. 2 HGB beschränkt sein muss auf den die aktiven latenten Steuern übersteigenden Betrag. Entscheidend ist hierbei, dass die alleinige Modifizierung der § 268 Abs. 8 S. 1 und S. 3 HGB ausreichend ist, um in jeder erdenklichen Konstellation einen dem Sinn und Zweck der Vorschrift entsprechenden ausschüttungsgesperrten Betrag zu berechnen. Das gilt unabhängig davon, ob ein, zwei oder alle drei der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Aktivwerte gebildet wurden oder ob es zu einem Netto- oder Bruttoausweis der latenten Steuern kommt. Die Tauglichkeit dieses Lösungsansatzes wird in den folgenden Erweiterungen des Ausgangsfalles resp. der Abwandlungen verdeutlicht. (1) Eigener Ansatz bei Ausweis eines Aktivüberhangs Ausschüttungsgesperrter Betrag ¢ + =

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: pass. lat. St. (soweit > akt. lat. St.): (§ 268 Abs. 8 S. 1 HGB) Überhang aktiver latenter Steuern: (§ 268 Abs. 8 S. 2 HGB) Ausschüttungsgesperrter Betrag:

100 0 20

100 20 120

Der vorgeschlagene einheitliche Lösungsansatz, einen Abzug passiver latenter Steuern in den Fällen des § 268 Abs. 8 S. 1 und S. 3 HGB nur dann vorzunehmen, soweit passive latente Steuern nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet wurden, führt bei Ausweis eines Aktivüberhangs dazu, dass im Rahmen des § 268 Abs. 8 S. 1 HGB keinerlei passive latente Steuern abzuziehen sind. Dies resultiert in dem hier aufgezeigten Beispiel aus dem Umstand, dass die aktiven latenten Steuern in Höhe von 50 die passiven latenten Steuern in Höhe von 30 übersteigen. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB ist entsprechend seinem Wortlaut anzuwenden. Einer Modifizierung bedarf es nicht. Der ausschüttungsgesperrte Betrag in Höhe von 120 entspricht exakt dem auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Aktivwerte zurückgehenden Gewinn.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

139

(2) Eigener Ansatz bei Verzicht auf Ausweis eines Aktivüberhangs Ausschüttungsgesperrter Betrag ¢ + =

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: pass. lat. St. (soweit > akt. lat. St.): (§ 268 Abs. 8 S. 1 HGB) Überhang aktiver latenter Steuern: (§ 268 Abs. 8 S. 2 HGB) Ausschüttungsgesperrter Betrag:

100 0 0

100 0 100

Im Fall des freiwilligen Verzichts auf den Ausweis eines Aktivüberhangs führt die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB unter Berücksichtigung des vorgeschlagenen einheitlichen Lösungsansatzes ebenfalls dazu, dass im Rahmen des § 268 Abs. 8 S. 1 HGB keinerlei passive latente Steuern abzuziehen sind. Dies resultiert auch hier aus dem Umstand, dass die aktiven latenten Steuern in Höhe von 50 die passiven latenten Steuern in Höhe von 30 übersteigen. Dass ein Aktivüberhang nicht ausgewiesen ist, besitzt für das hier maßgebliche Verhältnis der latenten Steuern zueinander keinerlei Relevanz. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB ist entsprechend seinem Wortlaut nicht anzuwenden, da aktive latente Steuern nicht in der Bilanz ausgewiesen sind. Der ausschüttungsgesperrte Betrag in Höhe von 100 entspricht dem auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Aktivwerte zurückgehenden Gewinn. (3) Eigener Ansatz bei Vorliegen eines Passivüberhangs Ausschüttungsgesperrter Betrag ¢ + =

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: pass. lat. St. (soweit > akt. lat. St.): (§ 268 Abs. 8 S. 1 HGB) Überhang aktiver latenter Steuern: (§ 268 Abs. 8 S. 2 HGB) Ausschüttungsgesperrter Betrag:

100 10 0

90 0 90

Bei Vorliegen eines Passivüberhangs folgt aus der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB unter Berücksichtigung des vorgeschlagenen einheitlichen Lösungsansatzes, dass der Buchwert der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB um passive latente Steuern in Höhe von 10 zu mindern ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die passiven latenten Steuern in Höhe von 30 die aktiven latenten Steuern in Höhe von 20 übersteigen und nach dem einheitlichen Ansatz passive latente Steuern nur abzuziehen sind, soweit diese nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet werden. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB ist auch hier entsprechend seinem Wortlaut nicht anzuwenden, da aktive latente Steuern nicht in der Bilanz ausgewiesen sind. Der nach dem hier vorgeschlagenen Ansatz ermittelte ausschüttungsgesperrte Betrag in Höhe von 90 entspricht dem nach Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 HGB vor einer Ausschüttung zu sperrenden Wert.

140

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

(4) Eigener Ansatz in sonstigen Fällen Die Modifizierung des § 268 Abs. 8 HGB dahingehend, dass ein Abzug passiver latenter Steuern im Fall der Anwendung des § 268 Abs. 8 S. 1 und S. 3 HGB nur vorzunehmen ist, soweit die passiven latente Steuern nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet wurden, führt auch in Konstellationen zu sachgerechten Ergebnissen, in denen lediglich selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und/oder Planvermögen, aber keinerlei aktive latente Steuern gebildet wurden. Werden beispielsweise selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in Höhe von 100 ausgewiesen, beträgt der für das Planvermögen anzusetzende Wert 200 und werden für diese Werte, bei einem unterstellten Steuersatz von 30 %, passive latente Steuern in Höhe von 90 gebildet, beträgt der auf die Bilanzierung dieser Aktivwerte zurückgehende Gewinn 210. Dieser Wert muss nach Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrt sein. Durch Anwendung des nach hier vertretener Ansicht als vorzugswürdig einzuordnenden Lösungsansatzes ergibt sich exakt dieser Betrag. Ausschüttungsgesperrter Betrag ¢

¢ =

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV: pass. lat. St. (soweit > akt. lat. St.): (§ 268 Abs. 8 S. 1 HGB) VG i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB: pass. lat. St. (soweit > akt. lat. St.): (§ 268 Abs. 8 S. 3 HGB) Ausschüttungsgesperrter Betrag:

100 30 200 60

70 140 210

4. Berechnungsschema Ausschüttungsgesperrter Betrag

¢ + ¢ ¢ + =

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV zum Buchwert (historische HK, §§ 253 Abs. 1 S. 1, 255 Abs. 2 und 2a HGB, abzgl. plan-/außerplanmäßiger Abschreibungen, § 253 Abs. 3 S. 1 – 3 HGB, zzgl. Wertaufholungen, § 253 Abs. 5 S. 1 HGB) passive latente Steuern gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB: soweit diese nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet werden Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zum beizulegenden Zeitwert (§ 253 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 255 Abs. 4 HGB): Ansatz nur, soweit beizulegender Zeitwert des einzelnen VG Š historische Anschaffungskosten des VG historische Anschaffungskosten passive latente Steuern gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB: beschränkt auf die Differenz von beizulegendem Zeitwert und historischen Anschaffungskosten und nur, soweit diese nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet werden Überhang aktiver latenter Steuern: soweit ausgewiesen Ausschüttungsgesperrter Betrag

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

141

III. Maximaler und zulässiger Ausschüttungsbetrag 1. Maximaler Ausschüttungsbetrag Aus der Betrachtung der beiden bisher dargestellten Kennzahlen, maximales Ausschüttungspotential und ausschüttungsgesperrter Betrag, lässt sich ableiten, in welcher Höhe ausschüttbare Mittel vor Berücksichtigung der Ausschüttungssperre in der Gesellschaft vorhanden sind und welche Werte zwingend auf Grund der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB in der Gesellschaft verbleiben müssen. Noch nicht ermittelt wurde der Betrag, in dessen Höhe die Gesellschaft über ausschüttungsfähige Mittel nach Berücksichtigung des § 268 Abs. 8 HGB verfügt, sog. maximaler Ausschüttungsbetrag. Nur in Höhe dieses Wertes sind Ausschüttungen maximal möglich. Die Ermittlung des Wertes stellt allerdings keine besondere Schwierigkeit dar, da es dazu lediglich der Bildung der Differenz aus maximalem Ausschüttungspotential und ausschüttungsgesperrtem Betrag bedarf. Maximaler Ausschüttungsbetrag ¢ =

Maximales Ausschüttungspotential Ausschüttungsgesperrter Betrag Maximaler Ausschüttungsbetrag

Aus der vorstehenden Übersicht wird nicht nur erkennbar, welche Einzelbeträge in welcher Weise in die Berechnung des maximalen Ausschüttungsbetrages einzubeziehen sind, sondern auch, dass die Ermittlung des maximalen Ausschüttungsbetrages kumulativ anhand einer Gesamtbetrachtung zu erfolgen hat. Dies bedeutet konkret, dass bei Vorliegen mehrerer von der Ausschüttungssperre erfasster Bilanzierungssachverhalte zunächst die jeweils nach § 268 Abs. 8 S. 1 bis S. 3 HGB in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge zu ermitteln sind und sodann die Summe aus den einzelnen Beträgen zu bilden ist. Nur mit diesem Ergebnis, sprich dem ausschüttungsgesperrten Betrag, darf im Folgenden ein Vergleich mit dem maximalen Ausschüttungspotential und im Weiteren auch die Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages erfolgen.133 Eine andere Möglichkeit wäre die bloße Einzelbetrachtung in der Weise, dass der Vergleich mit dem maximalen Ausschüttungspotential zunächst nur mit dem gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB ausschüttungsgesperrten Betrag vorgenommen und anhand dessen der maximale und der zulässige Ausschüttungsbetrag bestimmt würde. Erst wenn im Anschluss an diese erste Berechnung weiteres Ausschüttungspotential vorhanden wäre, müsste die gleiche Berechnung nochmals mit den jeweils nach § 268 Abs. 8 S. 2 resp. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB ausschüttungsgesperrten Beträgen

133 So auch einhellige Meinung in der Literatur. Vgl. Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 159; Kessler/Leinen/Strickmann/Budde/Kessler, Handbuch BilMoG, 443; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 460; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 341 und, sehr ausführlich, Zülch/Hoffmann, DB 2010, 909, 910 ff.

142

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

erfolgen.134 Eine derartige Einzelbetrachtung könnte allerdings dazu führen, dass auf Grund eines, den gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB gesperrten Betrag übersteigenden, maximalen Ausschüttungspotentials ein positiver maximaler Ausschüttungsbetrag ausgewiesen würde, wodurch wiederum im Ergebnis eine Ausschüttung in Höhe der Differenz dieser beiden Beträge als zulässig erscheinen und beschlossen werden könnte. Dass aber zusätzlich gem. § 268 Abs. 8 S. 2 resp. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB ausschüttungsgesperrte Beträge vorliegen, bliebe bei dieser Betrachtungsweise unberücksichtigt und ein nicht der Höhe nach gerechtfertigter Ausschüttungsbetrag wäre die Folge. Dass das nicht richtig sein kann, ist offensichtlich. Begründen lässt sich das Bedürfnis nach einer Gesamtbetrachtung und der Ausschluss einer Einzelbetrachtung wiederum mit dem Zweck des § 268 Abs. 8 HGB. Die Ausschüttungssperre soll aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten sicherstellen, dass die unsicheren Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB in der Gesellschaft verbleiben, damit auch in Zukunft noch ausreichend Kapital in der Gesellschaft vorhanden ist, um etwaige in Zukunft aus Wertminderungen der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Aktivposten resultierende Aufwendungen ausgleichen zu können.135 Zur Erfüllung dieses Zwecks ist erforderlich, dass stets der gesamte nach § 268 Abs. 8 HGB in seiner Werthaltigkeit kritische Gewinn in der Gesellschaft verbleibt. Dies kann jedoch nur mittels Anwendung der Gesamtbetrachtung und nicht durch die Einzelbetrachtung sichergestellt werden.136 2. Zulässiger Ausschüttungsbetrag Der zuvor dargestellte maximale Ausschüttungsbetrag gibt den Wert an Mitteln an, die insgesamt einer Ausschüttung zugänglich sind. Von dem maximalen Ausschüttungsbetrag zu unterscheiden ist der Betrag, in dessen Höhe die Gesellschafter in der konkreten Periode auch tatsächlich eine Ausschüttung beschließen dürfen, der sog. zulässige Ausschüttungsbetrag. Dieser zulässige Ausschüttungsbetrag kann mit dem maximalen Ausschüttungsbetrag identisch sein, muss es aber nicht. Ausgangspunkt für die Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages ist der Bilanzgewinn137 einer Gesellschaft. Der Bilanzgewinn ist maßgeblich für die Gewinnverwendung durch die Hauptversammlung der AG, SE oder KGaA resp. die Gesellschafterversammlung der GmbH und stellt die Obergrenze für den Gewinn-

134 Vgl. die Beispiele bei Kessler/Leinen/Strickmann/Budde/Kessler, Handbuch BilMoG, 443 und Zülch/Hoffmann, DB 2010, 909, 911. 135 Vgl. Einführung, C., I., 2. und Erstes Kapitel, A., I. 136 So auch Kessler/Leinen/Strickmann/Budde/Kessler, Handbuch BilMoG, 443; Petersen/ Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 341; Zülch/Hoffmann, DB 2010, 909, 912. 137 Sofern eine GmbH die Bilanz vor Gewinnverwendung aufstellt ist anstelle des Bilanzgewinnes der Jahresüberschuss zuzüglich eines Gewinnvortrages und abzüglich eines Verlustvortrages anzusetzen, vgl. § 29 Abs. 1 S. 1 GmbHG.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

143

verteilungsbeschluss dar.138 Dementsprechend bedarf es zur Bestimmung des zulässigen Ausschüttungsbetrages eines Vergleichs zwischen Bilanzgewinn und maximalem Ausschüttungsbetrag. Sind der Bilanzgewinn und der maximale Ausschüttungsbetrag identisch oder ist der Bilanzgewinn kleiner als der maximale Ausschüttungsbetrag139, darf der Bilanzgewinn in voller Höhe ausgeschüttet werden und stellt damit den zulässigen Ausschüttungsbetrag dar. Ist der Bilanzgewinn allerdings größer als der maximale Ausschüttungsbetrag140, darf er nicht in voller Höhe ausgeschüttet werden, sondern muss zumindest teilweise in der Gesellschaft verbleiben.141 Zulässiger Ausschüttungsbetrag ist in diesem Fall der maximale Ausschüttungsbetrag. Dieser Wert stellt die sich auf Grund der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB ergebende Obergrenze möglicher Ausschüttungen dar. Zulässiger Ausschüttungsbetrag Bilanzgewinn ‹ Maximaler Ausschüttungsbetrag

Bilanzgewinn > Maximaler Ausschüttungsbetrag

Zulässiger Ausschüttungsbetrag: Bilanzgewinn

Zulässiger Ausschüttungsbetrag: Maximaler Ausschüttungsbetrag

IV. Ausweis des ausschüttungsgesperrten Betrages Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, auf welche Weise bei AG, SE, KGaA und GmbH der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Betrag zu ermitteln ist und wie sich unter Beachtung dieses Wertes der zulässige Ausschüttungsbetrag bestimmen lässt. Noch nicht angesprochen wurde dahingegen, wie zu verfahren ist, wenn ein ausschüttungsgesperrter Betrag, vollständig oder teilweise, im Bilanzgewinn resp. Jahresüberschuss142 vorhanden ist. Konkret festgestellt wurde bisher nur, dass in einem derartigen Fall der Bilanzgewinn resp. Jahresüberschuss nicht vollständig ausgeschüttet werden darf und der ausschüttungsgesperrte Betrag in der Gesellschaft verbleiben muss. Was allerdings im Einzelnen mit diesem Restbetrag zu 138

Vgl. für AG, SE und KGaA § 58 Abs. 3 AktG und für GmbH § 29 Abs. 1 GmbHG. Beispielsweise kann der Bilanzgewinn kleiner sein als der maximale Ausschüttungsbetrag, wenn die Gesellschaft in hohem Maße frei verfügbare Rücklagen gebildet hat, diese in der konkreten Periode allerdings nicht aufgelöst wurden. 140 Größer als der maximale Ausschüttungsbetrag ist der Bilanzgewinn beispielsweise dann, wenn eine Gesellschaft über keine frei verfügbaren Rücklagen oder einen Gewinnvortrag verfügt und sich der Jahresüberschuss teilweise aus unsicheren Beträgen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB zusammensetzt. 141 Vgl. dazu den folgenden Gliederungspunkt. 142 Bei der GmbH ist der (modifizierte) Jahresüberschuss Gegenstand für eine Ausschüttungsentscheidung, sofern die Bilanz vor Ergebnisverwendung aufgestellt wurde, vgl. § 29 Abs. 1, 2 GmbHG. 139

144

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

machen ist und welche Auswirkungen ein derartiger Betrag auf den Gewinnverwendungsbeschluss der Gesellschafter hat, wurde bisher nicht weiter erläutert. Eindeutig ist von vornherein nur, dass ein gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrter Betrag im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses nicht an die Gesellschafter oder Dritte ausgeschüttet werden darf.143 Eine Ausschüttungsverbindlichkeit kann folglich nicht entstehen.144 Hinsichtlich einer sonstigen Verwendung macht das Gesetz jedoch keine Angaben, sodass mangels konkreter Verwendungshandhabe nur die Möglichkeit bestehen bleibt, hinsichtlich des ausschüttungsgesperrten Teils des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses entsprechend der allgemeingültigen Vorgehensweise zu verfahren. Die allgemeinen Regelungen, wie mit einem Bilanzgewinn resp. Jahresüberschuss zu verfahren ist, sofern eine Ausschüttung nicht möglich ist, ergeben sich für die AG, SE und KGaA aus § 58 Abs. 3 S. 1 AktG und für die GmbH aus § 29 Abs. 2 GmbHG. Nach diesen Vorschriften kann die Hauptversammlung resp. die Gesellschafterversammlung im Gewinnverwendungsbeschluss die entsprechenden Beträge entweder in Gewinnrücklagen einstellen oder aber als Gewinn vortragen. Dies muss auch für einen Bilanzgewinn resp. Jahresüberschuss gelten, sofern dieser ausschüttungsgesperrte Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB enthält. Denn auch hier gilt wieder der von Kropff aufgestellte Grundsatz145: „Der Jahresüberschuss bleibt der Jahresüberschuss, auch wenn er gegen eine Ausschüttung gesperrte Beträge enthält“. Demzufolge können die Gesellschafter beschließen, ausschüttungsgesperrte Beträge in die Gewinnrücklagen einzustellen oder als Gewinn vorzutragen. Welche der beiden Alternativen gewählt wird, steht den Gesellschaftern frei.146 Zwingend ist nur, dass die Beträge überhaupt in den genannten Formen in der Gesellschaft verbleiben. Insofern erscheint es folgerichtig, in diesem Zusammenhang von einer „zwangsweisen Thesaurierung“147 zu sprechen. Die anderweitig in der Literatur zu 143 Dies führt allerdings nicht dazu, dass ein ausschüttungsgesperrter Betrag „[…] der Verwendungsentscheidung des zuständigen Organs entzogen [ist]“ (Leuering, NJW-Spezial 2009, Heft 23, 735, 736; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, GmbHG, § 29 Rn. 9). Die Verwendungskompetenz des jeweiligen Organs wird durch § 268 Abs. 8 HGB lediglich beschränkt auf die neben einer Ausschüttung bestehenden Möglichkeiten. Diese sonstigen Verwendungsmöglichkeiten stehen dem zuständigen Organ auch weiterhin offen. 144 Vgl. Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 590; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 55; Petersen/ Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 337. 145 Kropff, FS Hüffer, 539, 541. 146 So auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 590; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 55; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 730; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 337; Scholz/Verse, GmbHG, § 29 Rn. 49; Simon, NZG 2009, 1081, 1084; von der Laage, WM 2012, 1322, 1323; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 112. 147 Vgl. Simon, NZG 2009, 1081, 1084. Sinngemäß ebenso Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechts-

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

145

findenden Einordnungen als „gesetzliche Rücklage“148 oder „Zwangsrücklage“149 gehen unter Berücksichtigung der Möglichkeit des Ausweises eines Gewinnvortrages nach hier vertretener Ansicht zu weit. Auch wenn es den Gesellschaftern nach dem Gesetz frei steht, entweder den ausschüttungsgesperrten Betrag in die Gewinnrücklagen einzustellen oder als Gewinn vorzutragen, darf insbesondere aus Gesellschafterperspektive nicht verkannt werden, dass trotz Ausweises beider Posten unter dem Eigenkapital ein ganz entscheidender Unterschied zwischen den beiden Eigenkapitalkomponenten besteht. Beachtet werden muss insoweit, dass Gewinnvorträge in Folgejahren automatisch den Jahresüberschuss150 erhöhen und den Gesellschaftern für eine Ergebnisverwendung zur Verfügung stehen. Dies hat unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes zur Folge, dass bei tatsächlicher Realisierung der zunächst kritischen Vermögenswerte die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nicht mehr greift und dementsprechend auch der, nunmehr entsperrte, Gewinnvortrag als Teil des Bilanzgewinnes der Folgeperiode von den Gesellschaftern ausgeschüttet werden kann. Wurde der ausschüttungsgesperrte Betrag allerdings in die Gewinnrücklagen eingestellt, erhöht sich der Jahresüberschuss in den Folgejahren nicht automatisch. Vielmehr muss die jeweilige Rücklage zunächst aufgelöst werden. Die Kompetenz zur Auflösung der Rücklage steht allerdings bei AG, SE und KGaA nicht den Gesellschaftern zu, sondern dem jeweiligen, für die Aufstellung der Bilanz zuständigen Verwaltungsorgan.151 Nur wenn dieses Organ die Auflösung beschließt, erhöht sich der Jahresüberschuss und die Ausschüttung der Gewinnrücklage ist im Fall der Realisierung der Vermögenswerte möglich. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, und ist aus Gesellschafterperspektive auch zu empfehlen, dass die Teile des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses, die gem. § 268 Abs. 8 HGB modernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 55; Verse, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2009, 67, 71. 148 Vgl. Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2008, 154. 149 Vgl. Henssler/Strohn/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 29 GmbHG, Rn. 21; Kühnberger, DStR 2012, 1149, 1153; ders., BB 2011, 1387, 1390; Leuering, NJW-Spezial 2009, Heft 23, 735, 736; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, GmbHG, § 29 Rn. 9. 150 Vgl. § 158 Abs. 1 AktG, § 29 Abs. 1 GmbHG. 151 Vgl. § 270 Abs. 2 HGB und Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 275; Küting/Pfitzer/Weber/Knop, HdR-E, § 270 HGB, Rn. 27. Bei der GmbH besteht diese Problematik nicht, da die Gesellschafter eine Gewinnrücklage im Wege eines Gesellschafterbeschlusses auflösen und entnehmen können (Siehe statt vieler nur Baumbach/Hueck/ Fastrich, GmbHG, § 29 Rn. 64; Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 275; Ulmer/Müller, GmbHG, § 29 Rn. 155). Eine Verteilungsbeschränkung auf den Bilanzgewinn, wie bei der AG in § 57 Abs. 3 AktG vorgesehen, existiert im GmbH-Recht nicht. Dazu auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 58; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 8; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 338 Fn. 41.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

ausschüttungsgesperrt sind, in aller Regel als Gewinn vorgetragen werden. Nur in diesem Fall können die Gesellschafter auch in Zukunft jederzeit auf die etwaig entsperrten Gewinne zugreifen.152 Die Beachtung dieses Unterschiedes zwischen Gewinnrücklagen und Gewinnvortrag ist umso notwendiger, beachtet man, dass aus § 268 Abs. 8 HGB keine Auflösungspflicht für das Verwaltungsorgan einer AG, SE oder KGaA bei Wegfall der die Ausschüttungssperre begründenden Sachverhalte abgeleitet werden kann. Eine derartige Auflösungspflicht besteht beispielsweise im Rahmen der auflösungsbeschränkten Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen gem. § 272 Abs. 4 HGB, sofern die Gründe für die Beschränkung wegfallen, § 272 Abs. 4 S. 4 HGB.153 Anders als bei § 272 Abs. 4 HGB ist jedoch zu beachten, dass die Gewinnrücklage freiwillig gebildet wird und von Gesetzes wegen nicht gebildet werden muss. Vielmehr besteht auch die Möglichkeit, die kritischen Gewinne vorzutragen. Bilden Gesellschafter jedoch freiwillig eine Rücklage und entscheiden sich damit gleichzeitig gegen einen Gewinnvortrag, dessen Wert ihnen bei Wegfall der die Ausschüttungssperre begründenden Sachverhalte unmittelbar zur Verfügung stehen würde, sind sie nach hier vertretener Auffassung nicht dahingehend schutzwürdig, dass die Rücklage entgegen der allgemeinen Kompetenzverteilung wieder aufgelöst werden muss. Möchten sie auch weiterhin die Möglichkeit des unmittelbaren Zugriffs auf die kritischen Werte haben, muss der Gewinn vorgetragen werden. Diese Möglichkeit ist den Gesellschaftern nicht genommen. Entscheiden sie sich aber für die Bildung einer Rücklage, kann später nicht eine Kompetenzverlagerung verlangt werden.154

152

Die im Fall der Realisierung der kritischen Aktivwerte aus der Bildung des Gewinnvortrages resultierenden Vorteile für die Gesellschafter, denen die Verwendungskompetenz hinsichtlich des Gewinnes gem. § 58 Abs. 3 AktG resp. § 29 Abs. 2 GmbHG zusteht, sprechen im Übrigen auch gegen die vereinzelt vorgeschlagene zwingende Bildung einer „gesonderten Gewinnrücklage“, vgl. Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2678; Simon, NZG 2009, 1081, 1087; Verse, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2009, 67, 71. Einen ähnlichen Vorschlag hinsichtlich einer zwingenden Bildung einer Rücklage wurde auch bereits zu § 269 S. 2 HGB a.F. von Ettinger, Die Bilanzierungshilfe für Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs, 82, mit der Begründung aufgestellt, dass „[…] der implizite Ausweis innerhalb des Bilanzgewinns oder des Gewinnvortrags abzulehnen [sei], da dies einerseits der Definition von Bilanzgewinn [entgegenstehe] und andererseits zu Verstößen gegen die Klarheit und Vergleichbarkeit der Bilanzpositionen [führe]“. Unter Berücksichtigung der beschränkten Zugriffsmöglichkeiten der Gesellschafter auf (Gewinn-)Rücklagen greift nach hier vertretener Ansicht auch dieses Argument nicht. 153 Vgl. dazu auch Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 307; Küting/ Pfitzer/Weber/Küting/Reuter, HdR-E, § 272 HGB, Rn. 156; MüKo/Reiner, HGB, § 272 Rn. 127. 154 So i.E. auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 58; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 338.

A. Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages

147

V. Zusammenfassung Zur Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages einer Kapitalgesellschaft bedarf es unter Berücksichtigung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB mehrerer, aufeinander abgestimmter Berechnungen. Zunächst ist das maximale Ausschüttungspotential zu bestimmen. Im Anschluss daran muss der ausschüttungsgesperrte Betrag berechnet werden. Die Differenz dieser beiden Werte ergibt den maximalen Ausschüttungsbetrag. Ein abschließender Vergleich dieses Ergebnisses mit dem Bilanzgewinn der Gesellschaft macht deutlich, in welcher Höhe ein zulässiger Ausschüttungsbetrag vorhanden ist. Hinsichtlich dieser vier Ermittlungsschritte ist zu beachten, dass neben der Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials vor allen Dingen die Bestimmung des ausschüttungsgesperrten Betrages einige klärungsbedürftige Anwendungsfragen aufwirft. Allerdings hat die Auseinandersetzung mit diesen Fragestellungen gezeigt, dass alle auftretenden Probleme im Wege einer am Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 HGB orientierten Auslegung gelöst werden können. Die Ermittlung des maximalen Ausschüttungsbetrages und des zulässigen Ausschüttungsbetrages ist dahingegen problemlos möglich. In die Berechnung des maximalen Ausschüttungspotentials sind das Jahresergebnis, die frei verfügbaren Rücklagen, Einstellungen in gebundene Rücklagen und ein etwaiger Gewinn- oder Verlustvortrag aufzunehmen. Die dabei konkret anzusetzenden Werte ergeben sich für das Jahresergebnis aus der GuV und für den Gewinn- resp. Verlustvortrag unmittelbar aus der Bilanz. Lediglich bei der KGaA bedarf es gegebenenfalls einer zusätzlichen Korrektur des Jahresergebnisses um die Gewinnanteile der Komplementäre. Die ebenfalls anzusetzenden frei verfügbaren Rücklagen ergeben sich aus einer rechtsformspezifischen Betrachtung. Gleiches gilt für die Einstellungen in gebundene Rücklagen. Die Klärung der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Frage, welche Rücklagen bei welcher Gesellschaftsform als frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB einzustufen sind, stellt ebenfalls keine besondere Schwierigkeit dar, da sie durch Abstellen auf die jeweiligen (gesellschaftsrechtlichen) Verwendungsmöglichkeiten ohne Weiteres beantwortet werden kann. Lediglich die Lösung der bei den Einstellungen in die gebundenen Rücklagen auftretenden Problematik, ob eine Modifizierung der auf den Jahresüberschuss abstellenden Bemessungsgrundlage auf Grund der unsicheren Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB vorzunehmen ist, bedarf einer umfassenden Begründung. Die in diesem Zusammenhang aufgezeigten Argumente machen allerdings deutlich, dass eine derartige Modifizierung insbesondere mangels Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes und in Anbetracht der ansonsten bestehenden Gefahr der Nichtigkeit des Jahresabschlusses nicht vorzunehmen ist. Als erster Posten des ausschüttungsgesperrten Betrages ist gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB der Buchwert der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens abzüglich der dafür gebildeten passiven latenten Steuern anzusetzen. Sofern diese Vermögensgegenstände die einzigen im Rahmen des § 268

148

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Abs. 8 HGB zu beachtenden Beträge sind, wirft die Bildung dieses Postens keine besonderen Anwendungsfragen auf. Zusätzlich zu diesen Aktivwerten sind in die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB aufzunehmen. Konkret abzustellen ist dabei nicht auf den gem. § 246 Abs. 2 S. 3 HGB ausgewiesenen Wert in der Bilanz, sondern anzusetzen ist der beizulegende Zeitwert des Planvermögens abzüglich der historischen Anschaffungskosten und abzüglich der hierauf gebildeten passiven latenten Steuern. Bei dem letztgenannten Abzug ist zu beachten, dass nur die passiven latenten Steuern einzubeziehen sind, die auf die Differenz von Zeitwert und historischen Anschaffungskosten gebildet wurden. Darüber hinaus dürfen im Rahmen des § 268 Abs. 8 S. 3 HGB auch stets nur die Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB angesetzt werden, deren beizulegender Zeitwert die historischen Anschaffungskosten überschreitet. Nicht zu berücksichtigen sind aus Gründen des Gläubigerschutzes die Vermögensgegenstände, deren beizulegender Zeitwert die historischen Anschaffungskosten unterschreitet. Der dritte im Rahmen der Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages in die Berechnung einzustellende Wert ist gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB der Aktivüberhang latenter Steuern. Dieser Posten ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nur anzusetzen, sofern ein Aktivüberhang auch tatsächlich in der Bilanz ausgewiesen wird. Ein solcher Aktivwert wirft ebenfalls keine besonderen Probleme auf, solange er den einzigen im Rahmen der Ausschüttungssperre zu beachtenden Posten darstellt. Werden allerdings im Zuge der Aufstellung des Jahresabschlusses aktive latente Steuern gebildet und kommt es zugleich zu der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und/oder zu einer Bewertung von Planvermögen mit dem beizulegenden Zweitwert, hat die Berücksichtigung aktiver latenter Steuern die größten Probleme im Rahmen der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB zur Folge. Wie die vorstehenden Ausführungen und Beispiele gezeigt haben, führt in diesen Fällen die wortlautgetreue Anwendung des § 268 Abs. 8 S. 1 bis 3 HGB zu Ergebnissen, die dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht gerecht werden. Um dies zu verhindern, hat die Literatur für die unterschiedlichen Problemkonstellationen verschiedene Lösungsansätze entwickelt, welche allesamt eine Modifizierung des Wortlautes des § 268 Abs. 8 HGB vorsehen. Zwar sind die mithilfe dieser Lösungsansätze zu erzielenden Ergebnisse unterstützenswert. Zu kritisieren ist allerdings die Vielfalt der vorgeschlagenen Ansätze. Aus diesem Grund ist nach hier vertretener Ansicht in allen erdenklichen Fällen § 268 Abs. 8 S. 1 und S. 3 HGB stets dahingehend zu modifizieren, dass im Rahmen ihrer Anwendung passive latente Steuern nur abzuziehen sind, soweit sie nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet wurden. Mithilfe dieses Ansatzes lässt sich in allen diesbezüglich vorstellbaren Situationen ein dem Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 HGB gerecht werdendes Ergebnis erzielen.

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB

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Als Zwischenergebnis dieser Arbeit bleibt auf Grundlage der in diesem Abschnitt erzielten Ergebnisse festzuhalten, dass die praktische Umsetzung des § 268 Abs. 8 HGB im Hauptanwendungsfall der Vorschrift, der Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages, zwar zu einigen Schwierigkeiten führen kann und insbesondere eine wortlautgemäße Anwendung nicht stets mit sachgemäßen Ergebnissen einhergeht. Mithilfe einer insbesondere am Sinn und Zweck der Norm orientierten Auslegung lassen sich jedoch all diese Ungereimtheiten beseitigen und das Ziel der Ausschüttungssperre, die Gläubiger vor ungerechtfertigten Gewinnausschüttungen zu schützen, kann vollständig erreicht werden. Dennoch ist zu empfehlen, dass der Gesetzgeber im Interesse hinreichender Rechtssicherheit erneut tätig wird und den Gesetzeswortlaut zwecks Anpassung an Sinn und Zweck der Vorschrift ergänzt. Nach in dieser Arbeit vertretener Ansicht sollte eine Veränderung des § 268 Abs. 8 HGB in folgender Form in Erwägung gezogen werden: § 268 Abs. 8 HGB-Entwurf: „Werden selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in der Bilanz ausgewiesen, dürfen Gewinne nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags mindestens den insgesamt angesetzten Beträgen abzüglich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern entsprechen. Bei einem Vermögensgegenstand im Sinn des § 246 Abs. 2 Satz 2 ist Satz 1 auf den Betrag anzuwenden, um den der beizulegende Zeitwert die historischen Anschaffungskosten übersteigt, abzüglich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern. Werden aktive latente Steuern in der Bilanz ausgewiesen, ist Satz 1 auf den Betrag anzuwenden, um den die aktiven latenten Steuern die passiven latenten Steuern übersteigen. Der Abzug der passiven latenten Steuern in Satz 1 und 2 ist beschränkt auf einen die aktiven latenten Steuern übersteigenden Betrag.“

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB I. Regelungsgehalt des § 285 Nr. 28 HGB Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB wird ergänzt durch die Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB. Gemäß § 285 Nr. 28 HGB, der ebenfalls im Zuge des BilMoG eingeführt wurde155, ist im Anhang eines Jahresabschlusses „[…] der Gesamtbetrag der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB], aufgegliedert in Beträge aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, Beträge aus der Aktivierung latenter Steuern und aus der Aktivierung von Vermögensgegenständen zum beizulegenden Zeitwert […]“ anzugeben. Aus diesem Wortlaut lässt sich zunächst die Annahme ableiten, dass im Anhang eines Jahresabschlusses nicht nur der für eine Ausschüttung gesperrte Betrag (ausschüttungsgesperrter Betrag)156, sondern auch der Betrag der frei verfügbaren 155 156

Vgl. BGBl. I 2009, 1102, 1108. Siehe Zweites Kapitel, A., II.

150

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrages und abzüglich eines Verlustvortrages (maximales Ausschüttungspotential)157 anzugeben ist. Diese Einschätzung folgt konkret aus der Formulierung „Gesamtbetrag der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB]“. Denn wie die im vorherigen Abschnitt erfolgte Darstellung der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB resp. die Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages gezeigt hat, bedarf es zur Umsetzung der Ausschüttungssperre nicht nur der Berechnung der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge, sondern es sind auch die für eine Ausschüttung maximal zur Verfügung stehenden Beträge zu ermitteln. Diesem Umstand Folge leistend könnte davon ausgegangen werden, dass sowohl der ausschüttungsgesperrte Betrag als auch das maximale Ausschüttungspotential unter den Begriff „Gesamtbetrag der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB]“ zu fassen und somit im Anhang anzugeben sind. Betrachtet man allerdings den zweiten Teil des § 285 Nr. 28 HGB, wonach der Gesamtbetrag der Beträge nicht in seiner Gesamtheit, sondern „[…] aufgegliedert in Beträge aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, Beträge aus der Aktivierung latenter Steuern und aus der Aktivierung von Vermögensgegenständen zum beizulegenden Zeitwert […]“ anzugeben ist, wird deutlich, dass nach der Vorschrift ausschließlich der ausschüttungsgesperrte Betrag im Anhang auszuweisen ist. Konkret folgt diese Angabebeschränkung auf den ausschüttungsgesperrten Betrag aus der weiteren Maßgabe, dass die „Beträge aus der Aktivierung“ der einzelnen Positionen aufzuzeigen sind. Unmittelbar „aus der Aktivierung“ resultieren aber nur die in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge, die nicht ausgeschüttet werden dürfen. Die sonstigen für die Umsetzung der Ausschüttungssperre maßgebenden Werte ergeben sich dahingegen nicht unmittelbar „aus der Aktivierung“. Vielmehr folgt die Notwendigkeit ihrer Feststellung erst aus der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB. Die konkrete Formulierung des § 285 Nr. 28 HGB hat somit zur Konsequenz, dass im Anhang ausschließlich der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Betrag anzugeben ist. Die Angabe dieses Wertes ist zwingend.158 Nicht verpflichtend anzugeben sind die sonstigen für die Anwendung der Ausschüttungssperre notwendig zu ermittelnden Werte (maximales Ausschüttungspotential, maximaler Ausschüttungsbetrag, zulässiger Ausschüttungsbetrag). Diese Werte resultieren nicht „aus der Aktivierung“. Darüber hinaus ist zu beachten, dass § 285 Nr. 28 HGB nicht die Angabe des ausschüttungsgesperrten Betrages in seiner Gesamtheit fordert, 157

Siehe Zweites Kapitel, A., I. Ein Verstoß gegen die gem. § 285 Nr. 28 HGB bestehende Angabepflicht für ausschüttungsgesperrte Beträge stellt gem. § 334 Abs. 1 Nr. 1 lit. d) HGB eine Ordnungswidrigkeit dar und ist gem. § 334 Abs. 3 HGB mit einer Geldbuße bedroht. Vgl. dazu auch Küting/Lorson/ Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 7. Nicht verständlich ist in diesem Zusammenhang die Ansicht von Baetge/Kirsch/Thiele/Marx/Dallmann, Bilanzrecht, § 268 HGB, Rn. 134; Marx/ Dallmann, Stbg 2010, 453, 463, die Verstöße gegen § 268 Abs. 8 HGB als Verstöße gegen das Bilanzgliederungsschema des § 266 HGB werten und dementsprechend zu einer Ordnungswidrigkeit gem. § 334 Abs. 1 Nr. 1 lit c) HGB kommen. 158

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB

151

sondern dass vielmehr die einzelnen, aus den jeweiligen Aktivierungen resultierenden kritischen Werte aufzuzeigen sind. Hinsichtlich der Berechnung der konkreten Höhe der jeweils anzugebenden Beträge ist auf die Darstellung im vorherigen Abschnitt zu verweisen.159 Diesbezüglich ist hier nur klarstellend darauf hinzuweisen, dass sich der jeweilige ausschüttungsgesperrte Betrag nicht unmittelbar aus der Bilanz ergibt, sondern es stets einer konkreten Berechnung bedarf, bei der insbesondere die gebildeten passiven latenten Steuern Berücksichtigung finden müssen.160 Es ist nur der Teil als kritisch anzusehen, dem auch tatsächlich ergebniserhöhende Wirkung zukommt. Im Übrigen deckt sich die Begrenzung der Angabepflicht auf die ausschüttungsgesperrten Beträge auch mit den Ausführungen in der Regierungsbegründung zum BilMoG, nach denen gem. § 285 Nr. 28 HGB „[…] der Gesamtbetrag der ausschüttungsgesperrten Erträge [Beträge] […]“161 im Anhang angegeben werden soll.

II. Hintergrund des § 285 Nr. 28 HGB Die Einführung der Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB war notwendig, da die einzelnen, aus der Aktivierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzpositionen resultierenden, ausschüttungsgesperrten Beträge nicht unmittelbar aus der Bilanz ersichtlich sind.162 Aus der Bilanz ist vielmehr nur der Buchwert der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, der insgesamt bestehende Überhang aktiver latenter Steuern resp. die Differenz aus zum Zeitwert bewerteten Vermögensgegenständen i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB und Altersversorgungsverpflichtungen zu erkennen. Diese Bilanzpositionen stimmen allerdings nicht mit den in ihrer Werthaltigkeit kritischen und damit ausschüttungsgesperrten Beträgen überein. Eine bloße Betrachtung der in der Bilanz ausgewiesenen Werte kann daher dem jeweiligen Adressaten keine resp. nur unzureichende Informationen darüber liefern, ob ausschüttungsgesperrte Beträge tatsächlich vorliegen oder nicht. Eine genaue Kenntnis der ausschüttungsgesperrten Beträge ist jedoch notwendig, da von diesen die konkrete Höhe zulässiger Ausschüttungen abhängt.

159

Siehe Zweites Kapitel, A., II. So auch Beck’scherBilKo/Ellrott, § 285 HGB, Rn. 461, 463 ff.; Gelhausen/Fey/ Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. O Rn. 252; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 730; KölnerKomm/Peters, Rechnungslegungsrecht, § 285 HGB, Rn. 295; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2001, 1, 7; Küting/Pfitzer/Weber/Oser/Holzwarth, HdR-E, §§ 284 – 288 HGB, Rn. 551; MüKo/Poelzig, HGB, § 285 Rn. 459 ff.; Petersen/Zwirner/Künkele, Bilanzanalyse und Bilanzpolitik nach BilMoG, 162. 161 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64, 75. 162 Vgl. dazu die Ausführungen zur Ermittlung der jeweiligen ausschüttungsgesperrten Beträge unter Zweites Kapitel, A., II., 1., 2. und 3. 160

152

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Nach der Regierungsbegründung zum BilMoG sollte den Abschlussadressaten durch die Einführung der expliziten Angabepflicht des § 285 Nr. 28 HGB eine einfache Möglichkeit eröffnet werden, „[…] nachzuvollziehen, ob die Ausschüttungssperre beachtet worden ist“.163 Konkretes Ziel war es, transparent zu machen, „[…] in welchem Umfang im Jahresergebnis Erträge [Beträge] enthalten sind, die nicht ausgeschüttet werden können, soweit nicht in zumindest derselben Höhe jederzeit auflösbare Gewinnrücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags im Unternehmen vorhanden sind“.164 Demnach waren nach der Regierungsbegründung die Haupterwägungsgründe für die Einführung des § 285 Nr. 28 HGB, ebenso wie bei § 268 Abs. 8 HGB, gläubigerschützende Gesichtspunkte.165 Die Gläubiger einer Gesellschaft sollen ausschließlich anhand der Angabe der ausschüttungsgesperrten Beträge im Anhang feststellen können, ob eine Ausschüttung des Bilanzgewinnes rechtmäßig war oder ob vielmehr gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB verstoßen wurde. Nicht explizit in der Regierungsbegründung erwähnt, nach hier vertretener Ansicht allerdings ebenfalls in den Adressatenkreis der gem. § 285 Nr. 28 HGB im Anhang anzugebenden Informationen einzubeziehen, sind die potentiellen Investoren einer Gesellschaft. Auch diese haben ein Interesse an Informationen, ob und in welcher Höhe in einer Gesellschaft ausschüttungsgesperrte Beträge vorhanden sind, die nicht an die derzeitigen oder zukünftigen Gesellschafter ausgeschüttet werden können. Es stellt nicht selten für einen Investor einen entscheidenden Faktor dar, ob und in welcher Höhe Ausschüttungen auch in Zukunft zu erwarten sind. Um die Ausschüttungsmöglichkeiten vor einer geplanten Investition feststellen zu können, bedarf der jeweilige Investor jedoch u. a. konkreter Informationen über die ausschüttungsgesperrten Beträge. Dieses Informationsbedürfnis potentieller Investoren rechtfertigt nach hier vertretener Ansicht die Einbeziehung dieser Personengruppe in den Adressatenkreis des § 285 Nr. 28 HGB, da ausdrückliches Ziel der Vorschrift die Angabe ausschüttungsgesperrter Beträge im Anhang ist. Für die Einbeziehung dieser Personengruppe in den Kreis der Adressaten des § 285 Nr. 28 HGB spricht darüber hinaus auch das im Allgemeinen mit dem BilMoG verfolgte Ziel, den Informationsgehalt des handelsrechtlichen Jahresabschlusses zu steigern.166 Mit dieser Steigerung sollten „[…] auch die Anforderungen des Kapitalmarkts an eine informationsorientierte Rechnungslegung berücksichtigt und folglich die Fähigkeit der Unternehmen verbessert [werden], sich im Wettbewerb um kostengünstige Fremd- oder Eigenkapitalfinanzierungen am Kapitalmarkt zu behaupten“.167 Eine Maßnahme zur Erreichung dieses konkreten Ziels der Anhebung des Informationsgehaltes ist die Ausweitung der Anhangangabepflichten gem. § 285 163 164 165 166 167

RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 75. Vgl. dazu RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 75. Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 1, 34 und Einführung, A., II. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 34.

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB

153

Nr. 28 HGB. Und da eine Steigerung des Informationsgehaltes auch hinsichtlich der den internationalen Kapitalmarkt inanspruchnehmenden Investoren erfolgen sollte, sprechen diese allgemeinen Ziele des BilMoG ebenfalls für eine Einbeziehung von Investoren in den Adressatenkreis des § 285 Nr. 28 HGB.

III. Zweckverfehlung und Lösungsansatz der Literatur 1. Zweckverfehlung auf Grund unzureichender Angabepflichten Aus der im Rahmen des BilMoG eingeführten Regelung des § 285 Nr. 28 HGB folgt unmittelbar, dass im Anhang des Jahresabschlusses ausschließlich der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Betrag anzugeben ist. § 285 Nr. 28 HGB fordert allerdings nicht die Angabe des ausschüttungsgesperrten Betrages in seiner Gesamtheit, sondern es ist vielmehr eine Aufgliederung in die einzelnen, aus den jeweiligen Aktivierungen resultierenden kritischen Werte vorzunehmen. Nicht anzugeben sind dahingegen die sonstigen für die Anwendung der Ausschüttungssperre maßgeblichen Werte (maximales Ausschüttungspotential, maximaler Ausschüttungsbetrag, zulässiger Ausschüttungsbetrag). Zweck dieser von § 285 Nr. 28 HGB vorgesehenen Angabepflicht ist, den Abschlussadressaten auf einfache Weise zu verdeutlichen, in welcher Höhe ausschüttungsgesperrte Beträge in der Gesellschaft vorhanden sind. Die Adressaten sollen dadurch erkennen können, ob § 268 Abs. 8 HGB im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses der Gesellschafter beachtet worden ist resp. ob ein Verstoß gegen die Ausschüttungssperre vorliegt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob durch die bloße (aufgegliederte) Angabe des ausschüttungsgesperrten Betrages der Zweck des § 285 Nr. 28 HGB überhaupt erfüllt werden kann. Konkret ergibt sich das Problem, dass die Adressaten des Anhangs ausschließlich anhand des ausschüttungsgesperrten Betrages feststellen müssen, ob die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB beachtet worden ist. Wie allerdings bereits im Rahmen der Darstellung der Funktionsweise des § 268 Abs. 8 HGB ausführlich erläutert wurde168, ist für die Anwendung der Vorschrift nicht ausreichend, nur den ausschüttungsgesperrten Betrag zu ermitteln. Vielmehr bedarf die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB ebenfalls einer Berechnung der einer Ausschüttung grundsätzlich zugänglichen Mittel. Erst ein Vergleich dieser Werte führt im Ergebnis zu der Feststellung, ob der Gewinn einer Gesellschaft in voller Höhe ausgeschüttet werden darf oder ob er teilweise oder sogar in voller Höhe ausschüttungsgesperrt ist. Gleiches gilt für die Frage nach einem Verstoß gegen § 268 Abs. 8 HGB. Auch ein solcher Verstoß lässt sich nur feststellen, sofern neben dem ausschüttungsgesperrten Betrag auch der konkrete Wert der einer Ausschüttung grundsätzlich zugänglichen Mittel (maximales Ausschüttungspotential) bekannt ist. Nur anhand eines Vergleichs dieser Werte lässt sich prüfen, ob ein Verstoß gegen § 268 Abs. 8 HGB vorliegt oder nicht. 168

Siehe Einführung, C., I., 1.

154

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Die einer Ausschüttung grundsätzlich zugänglichen Mittel resp. die das maximale Ausschüttungspotential bestimmenden Werte ergeben sich allerdings nicht ausnahmslos und unmittelbar aus der Bilanz, der GuVoder dem Anhang und sind somit von den Abschlussadressaten nicht ermittelbar. Insbesondere muss berücksichtigt werden, dass die in die Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials einzubeziehenden frei verfügbaren Rücklagen in aller Regel nicht aus der Bilanz ersichtlich sind. So muss einerseits beachtet werden, dass der Ausweis aller in die Kapitalrücklage einzustellenden Werte gem. § 266 Abs. 3 A. II. HGB nur einheitlich erfolgt.169 Eine an den Verwendungsmöglichkeiten orientierte Aufgliederung der Kapitalrücklage sieht das Gesetz nicht vor. Die Abschlussadressaten können aus der Bilanz lediglich den Gesamtbetrag der Kapitalrücklage erkennen. Wie hoch der frei verfügbare Anteil der Kapitalrücklage ist, lässt sich daraus nicht ableiten. Gleiches gilt für die Gewinnrücklagen. Diese werden in der Bilanz zwar gem. § 266 Abs. 3 A. III. 1. bis 4. HGB aufgegliedert nach gesetzlicher Rücklage, Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen, satzungsmäßige Rücklagen und andere Gewinnrücklagen ausgewiesen. Auch haben die bisher gewonnenen Erkenntnisse gezeigt, dass lediglich die satzungsmäßige Rücklagen und die anderen Gewinnrücklagen frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB sein können.170 Da aber auch diese Gewinnrücklagen zumindest satzungsmäßigen Verwendungs- resp. Ausschüttungsbeschränkungen unterliegen können, die wiederum nicht aus dem Jahresabschluss erkennbar sind, besteht hier ebenfalls das Problem der Nichterkennbarkeit der freien Verfügbarkeit. Diese mangelnde Erkennbarkeit der frei verfügbaren Bestandteile der Kapitalrücklage resp. der Gewinnrücklagen hat zur Konsequenz, dass die Abschlussadressaten nicht feststellen können, wie groß das maximale Ausschüttungspotential ist. Da allerdings das maximale Ausschüttungspotential eine für die Anwendung der Ausschüttungssperre zwingend zu ermittelnde Größe ist, können die Betrachter des Anhangs nicht feststellen, ob ein Verstoß gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB vorliegt oder nicht. Der Zweck des § 285 Nr. 28 HGB, den Abschlussadressaten eine Kontrolle hinsichtlich der tatsächlichen Beachtung der Ausschüttungssperre zu ermöglichen, kann mit den in der Vorschrift vorgesehenen Angabepflichten somit nicht erfüllt werden. 2. Lösungsansatz der Literatur Die vorstehend erörterte Problematik der Zweckverfehlung des § 285 Nr. 28 HGB auf Grund unzureichender Angabepflichten wurde auch von der Literatur171 erkannt. 169

Vgl. Erstes Kapitel, A., I., 2., a). Vgl. Zweites Kapitel, A., I., 2., b). 171 Siehe Baetge/Kirsch/Thiele/Wulf, Bilanzrecht, § 285 HGB, Rn. 414; Beck’scherBilKo/ Ellrott, § 285 HGB, Rn. 461; Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591 ff.; Gelhausen/Fey/ Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, 170

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB

155

Vereinzelte Stimmen sprechen in diesem Zusammenhang davon, dass die Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen § 268 Abs. 8 HGB voraussetzen würde, „[…] dass der Betrag der frei verwendbaren Eigenkapitalbestandteile aus dem Jahresabschluss ersichtlich ist“.172 Diese Information sei allerdings „[…] nach der gegenwärtigen Regelung dem Abschluss nicht zwingend zu entnehmen, weil die Kapitalrücklagen […] nicht aufgegliedert werden, so dass ein hierin enthaltener Teilbetrag aus Kapitalzuzahlung […] nicht erkennbar wird“.173 Andere Stimmen wiederum führen aus, dass durch die Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB „[…] nicht ersichtlich wird, ob der ausgewiesene Bilanzgewinn tatsächlich ganz oder teilweise ausschüttungsgesperrt ist“.174 Erforderlich seien vielmehr „[…] Angaben über die Beträge der frei verfügbaren Eigenkapitalbestandteile, die nach den derzeitigen Regelungen aber nicht gefordert werden“.175 Die zitierten Aussagen verdeutlichen, dass der Hauptkritikpunkt an der Regelung des § 285 Nr. 28 HGB die Nichterkennbarkeit der freien Eigenkapitalbestandteile ist. Aus diesem Grund wird in der Literatur eine zusätzliche Erläuterung empfohlen, aus der ersichtlich werden soll, in welcher Höhe die Gesellschaft über freie Eigenkapitalbestandteile verfügt. Die konkreten Vorschläge folgen einem einheitlichen Ermittlungsschema und gehen allesamt zurück auf Gelhausen/Althoff.176 Die konkrete Ausgestaltung dieses Ermittlungsschemas zeigt sich in folgender Darstellung: Ergänzende Darstellung zur Angabepflicht des § 285 Nr. 28 HGB

¢

Gesamtbetrag der gegen Ausschüttung gesperrten Beträge i.S. des § 268 Abs. 8 HGB (§ 285 Nr. 28 HGB) zur Deckung der Beträge i.S. des § 268 Abs. 8 HGB zur Verfügung stehende Eigenkapitalteile Kapitalrücklagen i.S. des § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB andere Gewinnrücklagen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr Jahresüberschuss des abgelaufenen Geschäftsjahres Nicht durch frei verfügbare Eigenkapitalteile gedeckter Gesamtbetrag der gegen Ausschüttung gesperrten Beträge i.S. des § 268 Abs. 8 HGB *

*

*

*

=

Buchst. O Rn. 255 ff.; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 259; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 730; KölnerKomm/Peters, Rechnungslegungsrecht, § 285 HGB, Rn. 296; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 7; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 289 ff.; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 462; MüKo/Poelzig, HGB, § 285 Rn. 463; Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 214 ff.; Simon, NZG 2009, 1081, 1087; SystematischerPK/Lentz, § 268 HGB, Rn. 66. 172 Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. O Rn. 255. 173 Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591. 174 Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 7. 175 Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 7. 176 Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591.

156

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Anhand der vorstehenden ergänzenden Darstellung sollen die Abschlussadressaten die Möglichkeit erhalten, feststellen zu können, ob der ausgewiesene Bilanzgewinn (zumindest) teilweise ausschüttungsgesperrt ist und ob im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses die Ausschüttungssperre beachtet wurde. Diese über die von § 285 Nr. 28 HGB vorgesehenen Angaben hinausgehende Ermittlung ist notwendig, da die nach § 285 Nr. 28 HGB verpflichtend auszuweisenden Angaben zum Zwecke einer umfangreichen Adressateninformation nicht ausreichen. Konkret ist für die Feststellung der Beachtung der Ausschüttungssperre nach dem obigen Schema zunächst der ausschüttungsgesperrte Betrag heranzuziehen. Zudem sind die freien Eigenkapitalbestandteile der Gesellschaft anzugeben, wobei eine Aufgliederung in die Kapitalrücklagen i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB, die anderen Gewinnrücklagen, einen etwaigen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr und den Jahresüberschuss des abgelaufenen Geschäftsjahres zu erfolgen hat. Die Differenz aus diesen beiden Werte ergibt den nicht durch frei verfügbare Eigenkapitalbestandteile gedeckten Gesamtbetrag der gegen eine Ausschüttung gesperrten Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB. Ist dieser Wert positiv, darf der Bilanzgewinn nicht ausgeschüttet werden. Die von der Literatur vorgeschlagene ergänzende Darstellung zur Angabepflicht des § 285 Nr. 28 HGB ist dem Grunde nach unterstützenswert. Nur durch diese zusätzlichen Angaben kann ein Abschlussadressat feststellen, ob die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB tatsächlich beachtet worden ist. Diese, bereits mit dem unzureichenden § 285 Nr. 28 HGB bezweckte, Feststellungsmöglichkeit ist aus Sicht der Abschlussadressaten geboten, da ihnen anderenfalls keinerlei Kontrollmöglichkeiten zukommen. In Anbetracht der Interessen der Abschlussadressaten sollten diese Angaben aber nicht nur, wie die Literatur empfiehlt177, freiwillig erfolgen, sondern sie sollten vom Gesetzgeber nach hier vertretener Ansicht als Pflichtangaben vorgeschrieben werden. Bei einer bloß freiwilligen Angabemöglichkeit kann der ursprünglich mit § 285 Nr. 28 HGB verfolgte Zweck nicht ausreichend sichergestellt werden. Neben den dargestellten ergänzenden Angaben zu § 285 Nr. 28 HGB wird in der Literatur178 vereinzelt auch der Vorschlag gemacht, die Eigenkapitalbestandteile, die zum Ausgleich der kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB gesperrt sind, mit einem „Davon-Vermerk“ zu kennzeichnen. Wie die Stimmen der Literatur allerdings selbst einräumen, wäre ein derartiger Vermerk nicht zielführend, „da eine konkrete Zuordnung des Gesamtbetrags der Ausschüttungssperre zu einzelnen Posten […] nicht vorgesehen ist […]“.179 Dies wird insbesondere deutlich, sofern vor einer Ausschüttung bereits ausreichend frei verfügbare Eigenkapitalbestandteile vorhanden sind und eine Ausschüttung des Bilanzgewinnes in vollem Umfang erfolgen

177 178 179

Vgl. Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591. Vgl. Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591. Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591.

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB

157

kann.180 Welche Eigenkapitalbestandteile in diesem Fall konkret zum Ausgleich etwaiger zukünftiger Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen dienen, ist nicht entscheidend. Es muss lediglich sichergestellt werden, dass frei verfügbare Eigenkapitalbestandteile in Höhe der ausschüttungsgesperrten Beträge insgesamt vorhanden sind. Ein konkreter „Davon-Vermerk“ zur Kennzeichnung einzelner Rücklagen oder etwa des Gewinnvortrages wäre unter Berücksichtigung dieser Funktionsweise nicht sinnvoll.

3. Kritische Betrachtung des Lösungsansatzes der Literatur Die von der Literatur vorgeschlagene Ergänzung der gem. § 285 Nr. 28 HGB verpflichtend auszuweisenden Angaben ist unter Gesichtspunkten des Informationsbedürfnisses der Abschlussadressaten dem Grunde nach richtig. Zu beanstanden ist allerdings, dass die im obigen Darstellungsschema erkennbare, konkrete Ausgestaltung mehrfach fehlerhaft resp. irreführend und damit nicht „zweckgerecht“181 ist. Die Anwendung des Angabeschemas der Literatur kann zur Konsequenz haben, dass die tatsächlich vorhandenen frei verfügbaren Eigenkapitalbestandteile nicht vollständig erkennbar werden und als Folge davon die Prüfung, ob gegen die Ausschüttungssperre verstoßen wurde, fehlerhaft wird. Zudem kann der ermittelte Endwert „nicht durch frei verfügbare Eigenkapitalteile gedeckter Gesamtbetrag der gegen [eine] Ausschüttung gesperrten Beträge i.S. des § 268 Abs. 8 HGB“ einen Abschlussadressaten zu falschen Rückschlüssen hinsichtlich des tatsächlich ausschüttbaren Bilanzgewinnes verleiten. Die erste bei der Ermittlung der „zur Deckung der Beträge i.S. des § 268 Abs. 8 HGB zur Verfügung stehenden Eigenkapitalteile“ anzusetzende Position „Kapitalrücklage i.S. des § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB“ ist ihrem Umfang nach nur richtig, sofern es sich bei der Gesellschaft um eine Aktiengesellschaft, Europäische Gesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien handelt. Bei diesen Gesellschaftsformen ist lediglich die Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB.182 Die sonstigen in die Kapitalrücklage einzustellenden Beträge gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 HGB sind demgegenüber nicht frei verfügbar und müssen folglich außer Acht gelassen werden.183 Sofern es sich bei der bilanzierenden Gesellschaft allerdings um eine solche mit beschränkter Haftung handelt, ist die bloße Angabe der Kapitalrücklage i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB nicht ausreichend. Vielmehr müssen zusätzlich die gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 HGB und die gem. §§ 58b Abs. 2, 58c GmbHG in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge in die Darstellung einbezogen werden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass diese Bestandteile der Kapitalrücklage bei der GmbH ebenfalls als frei verfügbar i.S.d. § 268 180 181 182 183

Vgl. Einführung, C., I., 1. So aber Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591. Siehe Zweites Kapitel, A., I., 2., a). Siehe Zweites Kapitel, A., I., 2., a).

158

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Abs. 8 HGB bezeichnet werden können.184 Sie stellen freie Eigenkapitalbestandteile dar, die „zur Deckung der Beträge i.S. des § 268 Abs. 8 HGB zur Verfügung“ stehen. Die in dem von der Literatur vorgeschlagenen Schema zu findende bloße Angabe der Kapitalrücklage i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB ist demnach zwar nicht falsch, für eine rechtsformunabhängige Darstellung, die zwecks allgemeingültiger Anwendungsmöglichkeit stets das Ziel sein sollte, aber zu ungenau. Ähnliches gilt für den zweiten in die Darstellung der Literatur aufzunehmenden Posten „andere Gewinnrücklagen“. Die bloße Angabe der anderen Gewinnrücklagen kann dazu führen, dass in diesen Posten Werte einfließen, die nicht frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB sind. Denn es muss beachtet werden, dass andere Gewinnrücklagen nicht stets frei verfügbar sind, sondern dass vielmehr die Möglichkeit besteht, dass zumindest ein Teil dieser Gewinnrücklagen auf Grund satzungs- resp. gesellschaftsvertraglicher Regelungen verwendungsbeschränkt ist.185 In diesen Fällen der Verwendungsbeschränktheit der anderen Gewinnrücklagen wäre eine Einbeziehung in die vorstehende Darstellung falsch, da diese Werte nicht zum Ausgleich ausschüttungsgesperrter Beträge herangezogen werden dürfen. Zum Zweck eindeutiger und klarer Angaben sollte daher die Begrifflichkeit „frei verfügbare andere Gewinnrücklagen“ gewählt werden. Dass dies im Ergebnis auch von der Literatur beabsichtigt war, darf an dieser Stelle angenommen werden. Darüber hinaus ist die bloße Angabe der anderen Gewinnrücklagen unter einem weiteren Gesichtspunkt unbefriedigend. Zu beachten ist, dass die anderen Gewinnrücklagen nicht die einzigen Gewinnrücklagen darstellen, die frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB sind. Auch die gem. § 266 Abs. 3 A. III. 3. HGB in die Bilanz aufzunehmenden satzungsmäßigen Rücklagen sind frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB, sofern sie nicht auf Grund satzungs- resp. gesellschaftsvertraglicher Regelungen verwendungsbeschränkt sind.186 Diese satzungsmäßigen Rücklagen stehen als einer Ausschüttung grundsätzlich zugängliche Rücklagen ebenfalls als freie Eigenkapitalbestandteile „zur Deckung der Beträge i.S. des § 268 Abs. 8 HGB zur Verfügung“. Eine Nichtberücksichtigung solcher Beträge ist daher fehlerhaft und führt im Ergebnis zu falschen Angaben. Am problematischsten erscheint bei dem Vorschlag der Literatur allerdings die Berücksichtigung des „Jahresüberschusses des abgelaufenen Geschäftsjahrs“. Die Bezugnahme auf den „Jahresüberschusses des abgelaufenen Geschäftsjahrs“ lässt nur den Schluss zu, dass damit der gem. § 275 Abs. 2 Nr. 20 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB in der GuV ausgewiesene Jahresüberschuss gemeint ist und demzufolge in die vorgeschlagene Darstellung einbezogen werden soll. Dieser aus der GuV folgende Wert ist allerdings nicht zwingend und in voller Höhe frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB. Vielmehr ist nur der Teil des Jahresüberschusses als frei verfügbar zu bezeichnen, der nach Abzug der Einstellungen in die gebundenen Rücklagen ver184 185 186

Siehe Zweites Kapitel, A., I., 2., a). Siehe Zweites Kapitel, A., I., 2., b), dd). Siehe Zweites Kapitel, A., I., 2., b), cc).

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB

159

bleibt.187 Die in die gebundenen Rücklagen geflossenen Beträge sind nicht frei verfügbar i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB und können somit nicht als „zur Deckung der Beträge i.S. des § 268 Abs. 8 HGB zur Verfügung stehende Eigenkapitalteile“ bezeichnet werden. In die Berechnung der freien Eigenkapitalbestandteile darf demnach ausschließlich der Teil des Jahresüberschusses aufgenommen werden, der tatsächlich frei verfügbar ist. Die Einstellung des gesamten „Jahresüberschusses des abgelaufenen Geschäftsjahrs“, wie es die Literatur fordert, ist somit nicht nur ungenau, sondern falsch und irreführend. Ein derartiges Vorgehen könnte insbesondere zur Konsequenz haben, dass der Abschlussadressat einen höheren Deckungsbetrag an frei verfügbaren Eigenkapitalbestandteilen annimmt, als tatsächlich vorhanden ist, und aus diesem Grund im Ergebnis einen gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB verstoßenden Gewinnverwendungsbeschluss nicht feststellt. Einer derartigen fehlerhaften Berechnung kann nur dadurch entgegengewirkt werden, dass in die Ermittlung der freien Eigenkapitalbestandteile ausschließlich der um Einstellungen in gebundene Rücklagen gekürzte Jahresüberschuss aufgenommen wird. Neben diesen sich auf die Ermittlung der freien Eigenkapitalbestandteile beziehenden Kritikpunkten ist an dem Lösungsvorschlag der Literatur zusätzlich zu bemängeln, dass der auszuweisende Endwert „Nicht durch frei verfügbare Eigenkapitalteile gedeckter Gesamtbetrag der gegen [eine] Ausschüttung gesperrten Beträge i.S. des § 268 Abs. 8 HGB“ ein hohes Irreführungspotential hat und die Abschlussadressaten zu fehlerhaften Rückschlüssen hinsichtlich des ausschüttbaren Bilanzgewinnes verleiten kann. Nach dem Literaturvorschlag muss diese Position von einem Betrachter dahingehend verstanden werden, dass eine Ausschüttung des Bilanzgewinnes vollständig unterbleiben muss, sofern der Endwert positiv oder gleich null ist.188 Nur bei dieser Betrachtungsweise ist ein korrektes Ergebnis möglich. Denn ist der Betrag der insgesamt zur Deckung der ausschüttungsgesperrten Beträge zur Verfügung stehenden Eigenkapitalbestandteile, der nichts anderes als das maximale Ausschüttungspotential darstellt189, gleich oder geringer als der ausschüttungsgesperrte Betrag, können im Bilanzgewinn keine weiteren Beträge enthalten sein, die ausschüttbar wären. Der Bilanzgewinn muss in einem derartigen Fall vollständig in der Gesellschaft verbleiben. Dass ein Abschlussadressat stets diese Rückschlüsse aus dem Posten „Nicht durch frei verfügbare Eigenkapitalteile gedeckter Gesamtbetrag der gegen [eine] Ausschüttung gesperrten Beträge i.S. des § 268 Abs. 8 HGB“ zieht, ist nach hier vertretener Ansicht nicht zweifelsfrei anzunehmen. Vielmehr darf davon ausgegangen werden, dass ein Abschlussadressat diesen Posten möglicherweise dahingehend 187 Vgl. zu den verschiedenen Möglichkeiten an Einstellungen in gebundene Rücklagen Zweites Kapitel, A., I., 3. 188 Vgl. Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2001, 1, 7. 189 Vgl. Zweites Kapitel, A., I.

160

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

deutet, dass nur in Höhe dieses Wertes der ausgewiesene Bilanzgewinn ausschüttungsgesperrt ist. Es ist zumindest vorstellbar, dass die in Bezug genommenen Eigenkapitalbestandteile als den Bilanzgewinn nicht beeinflussende Werte angesehen werden und nicht erkannt wird, dass diese Werte vollständig oder teilweise den Bilanzgewinn ausmachen. Ergibt sich beispielsweise aus den Angaben ein Ergebnis in Höhe von null, könnte ein Adressat davon ausgehen, dass bereits ausreichend frei verfügbare Eigenkapitalbestandteile in der Gesellschaft vorhanden sind und es keiner weiteren Rücklagenbildung bedarf, sodass der Bilanzgewinn voll ausgeschüttet werden kann. Eine derartige Interpretation wäre allerdings fehlerhaft, da in diesem Fall der Bilanzgewinn nicht vollständig ausgeschüttet werden darf. Diese Gefahr der falschen Auslegung der auszuweisenden Angaben besteht nach hier vertretener Ansicht bei Anwendung des Literaturvorschlags, sodass auch der auszuweisende Endwert im Ergebnis die mit § 285 Nr. 28 HGB bezweckte Prüfung der Beachtung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nicht vereinfacht, sondern sogar erschwert.

IV. Eigener Lösungsvorschlag Die in der Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB vorgesehenen Angabepflichten können ausreichende Informationen der Abschlussadressaten zwecks Überprüfung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nicht gewährleisten. Vielmehr erfordert die Prüfung des § 268 Abs. 8 HGB die zusätzliche Angabe sämtlicher freier Eigenkapitalbestandteile. Die diesbezüglich von der Literatur vorgeschlagene erweiterte Darstellung der Anhangangaben ist zwar ihrem Grunde nach richtig und unterstützenswert, in ihrer konkreten Ausgestaltung ist sie allerdings fehlerhaft und irreführend. Dementsprechend sollte von einer Anwendung des Literaturvorschlags abgesehen werden und nach hier vertretener Ansicht die Darstellung der Anhangangaben in folgender Weise erfolgen: Anhangangaben im Zusammenhang mit § 268 Abs. 8 HGB +

Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag gem. GuV Frei verfügbare Rücklagen Agio gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB: bei GmbH Betrag an Zuzahlungen gem. § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB: bei GmbH Sonstige Zuzahlungen in das EK gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB Kapitalrücklage gem. §§ 58b Abs. 2, 58c GmbHG: bei GmbH und nach Ablauf der Fünfjahresfrist des § 58b Abs. 3 GmbHG Satzungsmäßige Rücklagen i.S.d. § 266 Abs. 3 A. III. 3. HGB: sofern ausschüttbar Andere Gewinnrücklagen i.S.d. § 266 Abs. 3 A. III. 4. HGB: sofern ausschüttbar Einstellungen in gebundene Rücklagen Gesetzliche Rücklage gem. § 150 AktG: bei AG, SE, KGaA Gesetzliche Rücklage gem. § 5a Abs. 3 GmbHG: bei UG Satzungsmäßige Rücklagen: sofern nicht frei verfügbar Andere Gewinnrücklagen: sofern nicht frei verfügbar Rücklagen i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB *

*

*

*

*

*

¢

*

*

*

*

*

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB

+ ¢ = ¢

161

Gewinnvortrag Verlustvortrag Gesamtbetrag der einer Ausschüttung zugänglichen Eigenkapitalbestandteile Gesamtbetrag der nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträge Selbst geschaffene immaterielle VG des AV zum Buchwert abzgl. passiver latenter Steuern Differenz aus zum beizulegenden Zeitwert bewertete VG i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB und historischer AK abzgl. pass. lat. St. Überhang aktiver latenter Steuern *

*

*

=

einer Ausschüttung maximal zugänglicher Gesamtbetrag

Durch Anwendung des vorstehenden Darstellungsschemas können die Abschlussadressaten erkennen, in welcher Höhe die bilanzierende Gesellschaft vor einer Ausschüttung über frei verfügbare Eigenkapitalbestandteile verfügt. Die Erkennbarkeit der freien Eigenkapitalbestandteile ist Grundvoraussetzung für die Überprüfung der Einhaltung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB. Der Ausweis der einzelnen, einer Ausschüttung zugänglichen Eigenkapitalbestandteile ist nach hier vertretener Ansicht allerdings nur als freiwillig vorzunehmende Darstellung zu empfehlen, da den Abschlussadressaten die Prüfung der Einhaltung des § 268 Abs. 8 HGB auch bei bloßer Angabe des Gesamtbetrages der einer Ausschüttung zugänglichen Eigenkapitalbestandteile möglich ist. Allein anhand des Gesamtbetrages kann die Beachtung des § 268 Abs. 8 HGB vollumfänglich überprüft werden. Die Angabe des Gesamtbetrages sollte der Gesetzgeber allerdings als Pflicht ausgestalten. In Anlehnung an einen weiteren Vorschlag der Literatur190 wird zudem empfohlen, die einzelnen, den Gesamtbetrag der nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträge ausmachenden Werte brutto anzugeben. Dies bedeutet im Einzelnen, dass im Anhang nicht nur die Differenz aus maßgeblichen Ausgangswerten und passiver latenter Steuern netto aufgeführt werden sollte, sondern es ist der Übersichtlichkeit dienlich, den jeweiligen Ausgangswert und die abzuziehenden passiven latenten Steuern separat darzustellen. Auf diese Weise wird erkennbar, dass der ausschüttungsgesperrte Betrag gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB von den in der Bilanz ausgewiesenen aktiven latenten Steuern abweichen kann191, und darüber hinaus wird ersichtlich, dass der ausschüttungsgesperrte Betrag gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB nicht identisch ist mit dem Bilanzausweis des verrechneten Planvermögens gem. § 246 Abs. 2 S. 3 HGB.192 Diese Art der Darstellung stellt allerdings ebenfalls nur 190 Vgl. die Darstellungen von Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 259; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 285 HGB, Rn. 183; Prystawik/Schauf, DB 2011, 313, 318; SystematischerPK/Lentz, § 285 HGB, Rn. 266. 191 So auch Prystawik/Schauf, DB 2011, 313, 317 ff.; Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 215; SystematischerPK/ Lentz, § 285 HGB, Rn. 265. 192 Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 2., a).

162

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

eine Empfehlung dar, da der Wortlaut193 des § 285 Nr. 28 HGB als auch Sinn und Zweck der Vorschrift einen Nettoausweis genügen lassen. Darüber hinaus führt die im Vergleich zu dem Literaturvorschlag geänderte Reihenfolge der Darstellung der einzelnen Beträge und der daraus abzuleitende Wert des „einer Ausschüttung maximal zugänglichen Gesamtbetrages“ zu eindeutigen und für die Kontrolle der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nützlichen Angaben. Der Wert des „einer Ausschüttung maximal zugänglichen Gesamtbetrages“ stellt die sich auf Grund der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB ergebende Obergrenze möglicher Ausschüttungen dar. Die Abschlussadressaten können durch einen Vergleich dieses Wertes mit dem getroffenen Gewinnverwendungsbeschluss ohne Weiteres feststellen, ob die Ausschüttungssperre eingehalten wurde. Übersteigt beispielsweise der Bilanzgewinn den einer Ausschüttung maximal zugänglichen Wert und haben die Gesellschafter dennoch eine Ausschüttung des Bilanzgewinnes in vollem Umfang beschlossen, dann haben sie gegen § 268 Abs. 8 HGB verstoßen. Wurde allerdings eine Ausschüttung des Bilanzgewinnes nur in Höhe des einer Ausschüttung maximal zugänglichen Gesamtbetrages beschlossen, ist ein Verstoß gegen die Ausschüttungssperre nicht gegeben. Diese einfache Vergleichsmöglichkeit ist Konsequenz der hier vorgeschlagenen Darstellung der Anhangangaben und ist zwecks Gewährleistung klarer und eindeutiger Adressateninformationen nach hier vertretener Ansicht der bestehenden Literaturmeinung vorzuziehen.

V. Formulierungsvorschlag für neuen § 285 Nr. 28 HGB In Anlehnung an den im vorherigen Abschnitt entwickelten Darstellungsvorschlag hinsichtlich der im Anhang anzugebenden Informationen sollte nach hier vertretener Ansicht eine Veränderung des § 285 Nr. 28 HGB in nachfolgender Form in Erwägung gezogen werden. Nur im Fall der Korrektur des § 285 Nr. 28 HGB durch den Gesetzgeber kann sichergestellt werden, dass die Abschlussadressaten die Überprüfung der Beachtung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB tatsächlich vornehmen können. § 285 Nr. 28 HGB-Entwurf: „Ferner sind im Anhang anzugeben: 1. …; 28. der Gesamtbetrag der einer Ausschüttung zugänglichen Eigenkapitalbestandteile, der Gesamtbetrag der nach § 268 Abs. 8 ausschüttungsgesperrten Beträge, aufgegliedert in Beträge aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, Beträge aus der Aktivierung latenter Steuern und aus der Aktivierung 193 Ebenso Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 259; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 285 HGB, Rn. 183; Prystawik/Schauf, DB 2011, 313, 317; Siegel, Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluss nach § 274 HGB, 215.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

163

von Vermögensgegenständen zum beizulegenden Zeitwert sowie der sich aus diesen Werten ergebende und einer Ausschüttung maximal zugängliche Gesamtbetrag. 29. …“

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB Neben den bisher aufgezeigten und aus der konkreten Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB resp. der Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB resultierenden Problemkreisen stellt sich vor dem Hintergrund der dogmatischen Einordnung der Ausschüttungssperre als Kapitalerhaltungsvorschrift im weiteren Sinne die Frage, welche gesellschaftsrechtlichen Konsequenzen für Kapitalgesellschaften aus der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB folgen. Im Rahmen dieser gesellschaftsrechtlichen Folgeproblematiken bedarf es zum einen der Klärung, welche unmittelbare Rechtsfolge aus einem entgegen den Vorgaben des § 268 Abs. 8 HGB getroffenen Gewinnverwendungsbeschluss folgt und welche Pflichten den Gesellschaftern zukommen, sofern sie unter Missachtung der Ausschüttungssperre Gewinnauszahlungen erhalten haben. Des Weiteren ist in Ansehung der gesellschaftsrechtlichen Kompetenzverteilung innerhalb einer Kapitalgesellschaft genauer zu untersuchen, ob ausschließlich die Gesellschafter über einen ausschüttungsgesperrten Teil des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses entscheiden dürfen oder ob sich aus dem zwingenden Erfordernis des Nichtausschüttens dieser Beträge auch eine Kompetenz des jeweiligen Verwaltungsorgans zur Rücklagenbildung begründen lässt. Ebenso ist zu prüfen, inwieweit § 268 Abs. 8 HGB im Rahmen eines Gewinnverwendungsvorschlags Beachtung finden muss. Schließlich fragt sich vor dem gesellschaftsrechtlichen Hintergrund der Ausschüttungssperre, wie mit auf Grund des § 268 Abs. 8 HGB gebildeten und dem Zweck des Aufwendungsausgleichs dienenden Gewinnrücklagen bei Maßnahmen zu verfahren ist, die grundsätzlich mit Gewinnrücklagen durchgeführt werden können. Konkret ergibt sich diese Fragestellung sowohl im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln als auch bei einem Erwerb resp. einer Einziehung eigener Anteile. Zusätzlich zu den vorab angesprochenen gesellschaftsrechtlichen Problemkonstellationen haben die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB resp. die von der Ausschüttungssperre erfassten Bilanzierungssachverhalte auch Einfluss auf zahlreiche betriebswirtschaftliche Kennzahlen resp. auf verschiedene Verträge, die sich auf diese Kennzahlen beziehen. Auf Grund der seit BilMoG bestehenden und im Vergleich zu der alten Rechtslage progressiveren Bilanzierungsmöglichkeiten, die auf den mit der Bilanzrechtsmodernisierung verfolgten Zweck der Erhöhung des Informationsgehaltes des Jahresabschlusses zurückgehen, können sich Unternehmenskennzahlen positiv verändern, obwohl es real zu keiner Wertsteigerung kommt. Als Folge dieser Veränderungen kann es zu einer Erhöhung bestimmter, aus den kennzahlenbezogenen Verträgen resultierender Verpflichtungen kommen. Bei-

164

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

spielhaft zu erwähnende Kennzahlen sind in diesem Zusammenhang das Jahresergebnis, die Eigenkapitalquote, das EBIT oder auch der Verschuldungsgrad, die wiederum maßgebend sind für Kreditverträge, Vergütungsvereinbarungen, Abfindungsverträge oder Unternehmenskaufverträge.194 Da es allerdings durch die veränderten Bilanzierungsmöglichkeiten zu keiner realen Wertsteigerung kommt, wie beispielsweise auf Grund der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, aus der wiederum eine Steigerung des Jahresergebnisses folgt, dürfen die veränderten Kennzahlen nach hier vertretener Ansicht auch nicht zu einer Erhöhung der aus den beschriebenen Verträgen folgenden Verpflichtungen führen. Dies ist bei der konkreten Bestimmung der jeweiligen Zahlungsverpflichtung mittels allgemeiner Auslegungsmethoden zwingend zu berücksichtigen. Besondere gesellschaftsrechtliche Fragestellungen gehen mit einer Veränderung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen allerdings nicht einher. Im Ergebnis führen diese Veränderungen nur zu reinen Auslegungsfragen und sind im Einzelfall mittels genauer Betrachtung des jeweiligen Vertrages zu lösen. Aus diesem Grund wird im Folgenden auf die aus einer Veränderung der beschriebenen Kennzahlen resultierenden Fragestellungen nicht weiter eingegangen. Es soll hier lediglich auf die zu diesem Themenkomplex erschienene Literatur verwiesen werden.195

I. Gewinnverwendungsbeschluss 1. Unmittelbare Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 268 Abs. 8 HGB Die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB hat zur Folge, dass bei Vorliegen der von der Vorschrift erfassten Bilanzierungssachverhalte ein ausschüttungsgesperrter Betrag nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden darf. Sind zudem in der Gesellschaft nicht ausreichend frei verfügbare Eigenkapitalbestandteile in Höhe des ausschüttungsgesperrten Betrages vorhanden, muss ein Teil des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses in der Gesellschaft verbleiben.196 Die Gesellschafter dürfen in diesen Fällen einen Gewinnverwendungsbeschluss nur dahingehend fassen, dass der ausschüttungsgesperrte Teil des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses in die Gewinnrücklagen eingestellt oder als Gewinn vorgetragen wird.197 Beschließen die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft dennoch eine Ausschüttung dieses Betrages, 194

Diese Beispiele sind angelehnt an die Ausführungen von Zwirner, BC 2010, 488 ff. Vgl. dazu sehr ausführlich Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 22 ff.; im Übrigen Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 731; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 9; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 309; Petersen/Zwirner/Künkele, Bilanzanalyse und Bilanzpolitik nach BilMoG, 415 ff.; Simon, NZG 2009, 1081, 1085; Zwirner, BC 2010, 488 ff.; Zwirner, BB 2010, 491 ff. 196 Vgl. Zweites Kapitel, A., III. 197 Vgl. Zweites Kapitel, A., IV. 195

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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stellt sich die Frage, welche Rechtsfolge ein derartiger, die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nicht berücksichtigender Gewinnverwendungsbeschluss zur Konsequenz hat. In der Literatur ist eine einheitliche Beurteilung der Rechtsfolge eines gegen § 268 Abs. 8 HGB verstoßenden Gewinnverwendungsbeschlusses nicht zu erkennen. Die Meinungen reichen von Anfechtbarkeit198 über Teilnichtigkeit199 bis hin zur Vollnichtigkeit200 des Beschlusses. a) Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses Ausschüttungen des Bilanzgewinnes resp. des Jahresüberschusses werden im Rahmen eines Gewinnverwendungsbeschlusses getroffen, für den bei Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien gem. § 119 Abs. 1 Nr. 2 AktG die Hauptversammlung und bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung gem. § 46 Nr. 1 GmbHG die Gesellschafterversammlung zuständig ist. Maßgeblich für die Beurteilung der Wirksamkeit von Hauptversammlungs- und Gesellschafterbeschlüssen resp. für die Beurteilung der Rechtsfolgen bei Fehlerhaftigkeit dieser Beschlüsse sind die §§ 241 ff. AktG. Diese Vorschriften gelten unmittelbar für AG, SE und KGaA und in entsprechender Anwendung für die GmbH.201 Auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 241 ff. AktG ist auch betreffend der rechtlichen Konsequenzen eines Verstoßes gegen die Ausschüttungssperre abzustellen, da es für § 268 Abs. 8 HGB keine Spezialregelung hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Nichtberücksichtigung gibt. Vereinzelt wird in der Literatur202 die Ansicht vertreten, dass bei einem gegen § 268 Abs. 8 HGB verstoßenden Gewinnverwendungsbeschluss dessen Nichtigkeit aus § 253 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG folge. § 253 AktG ist eine speziell die Nichtigkeit eines Gewinnverwendungsbeschlusses betreffende Vorschrift, welche nicht nur auf Beschlüsse einer Hauptversammlung von AG, SE und KGaA, sondern auch auf einen Gewinnverwendungsbeschluss der Gesellschafter-

198 Vgl. Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 731 und Simon, NZG 2009, 1081, 1085, die allerdings „auch“ resp. „gegebenenfalls sogar“ (Teil-)Nichtigkeit für möglich halten. 199 Vgl. Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 590; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 246; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2010, 1, 7; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 293; von der Laage, WM 2012, 1322, 1326; so wohl auch zu § 269 S. 2 HGB a.F. MüKo/Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, § 269 Rn. 17. 200 Vgl. Beck’scherBilKo/Kozikowski/F. Huber, § 268 HGB, Rn. 151; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 464; wohl auch Kropff, FS Hüffer, 539, 541; zu § 269 S. 2 HGB a.F. ADS, § 269 HGB, Rn. 24; Funnemann/Graf Kerssenbrock, BB 2008, 2674, 2675; Staub/Hüttemann, HGB, § 269 Rn. 21. 201 Siehe dazu nur Michalski/Salje, GmbHG, § 29 Rn. 112; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, Anh § 47 Rn. 1. 202 Vgl. Kropff, FS Hüffer, 539, 541 Fn. 12.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

versammlung einer GmbH anzuwenden ist.203 Kernaussage dieser Vorschrift ist, dass ein Gewinnverwendungsbeschluss nicht nur in den in § 253 Abs. 1 S. 1 AktG aufgezählten speziellen Gründen nichtig ist, sondern auch, wenn bereits die Feststellung des Jahresabschlusses, auf dem der Gewinnverwendungsbeschluss beruht, nichtig ist. Nur dieser spezielle Nichtigkeitsgrund wird in § 253 Abs. 1 S. 1 AktG „konstitutiv“204 begründet. Die auf § 253 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG abstellende Literaturansicht betrachtet diesen, auf die Nichtigkeit der Feststellung des Jahresabschlusses zurückgehenden, speziellen Nichtigkeitsgrund auch bei einem Verstoß gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB als maßgebend. Anders lässt sich der Verweis auf § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG, der die Nichtigkeit des festgestellten Jahresabschlusses betrifft, nicht erklären. Wäre ein anderer Nichtigkeitsgrund bei einem Verstoß gegen § 268 Abs. 8 HGB als wesentlich erachtet worden, hätte die Literatur auf die weiteren, in § 253 Abs. 1 S. 1 AktG erwähnten Vorschriften und nicht auf § 256 AktG verwiesen. Das Abstellen auf die Nichtigkeit der Feststellung des Jahresabschlusses als Grund für die Nichtigkeit eines gegen § 268 Abs. 8 HGB verstoßenden Gewinnverwendungsbeschlusses erscheint nach hier vertretener Ansicht wenig zielführend. Diese Einschätzung ist darauf zurückzuführen, dass § 268 Abs. 8 HGB auf die Aufund Feststellung des Jahresabschlusses resp. seinen Inhalt keinerlei Auswirkungen hat. Ein Verstoß gegen § 268 Abs. 8 HGB kommt allein durch den Inhalt des Jahresabschlusses nicht in Betracht. Die Ausschüttungssperre wirkt sich nur auf den gesellschaftsrechtlichen Gewinnverwendungsbeschluss resp. die Gewinnverwendungskompetenz der Gesellschafter aus.205 Der Jahresabschluss als solcher wird dadurch allerdings nicht beeinflusst. Vielmehr greift die Ausschüttungssperre erst, und dementsprechend kann auch erst in diesem Moment ein Verstoß möglich sein, wenn es zu einer die Ausschüttung betreffenden Entscheidung kommt. Auf den Jahresabschluss selbst wirken sich lediglich die von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzierungssachverhalte aus. Aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, dem Ausweis eines Aktivüberhangs latenter Steuern oder der Bewertung der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zum beizulegenden Zeitwert kann ein Verstoß gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB jedoch ebensowenig resultieren. § 268 Abs. 8 HGB hat folglich keinerlei Einfluss auf die Auf- oder Feststellung des Jahresabschlusses. Es ist von vornherein auszuschließen, dass ein festgestellter Jahresabschluss seinem Inhalt nach die Vorschrift des § 268 Abs. 8 HGB verletzt, 203 Siehe dazu nur Hüffer, AktG, § 253 Rn. 1; MüKo/Hüffer, AktG, § 253 Rn. 1; Spindler/ Stilz/Stilz, AktG, § 253 Rn. 3. 204 So Hölters/Waclawik, AktG, § 253 Rn. 8; sinngemäß auch Bürgers/Körber/Göz, AktG, § 253 Rn. 1; Hüffer, AktG, § 253 Rn. 1; MüKo/Hüffer, AktG, § 253 Rn. 2; Schmidt/Lutter/ Schwab, AktG, § 253 Rn. 1. 205 Vgl. Einführung, C., I., 2.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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sodass Nichtigkeit der Feststellung des Jahresabschlusses gem. § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG und damit ebenso Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses gem. § 253 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG im Zusammenhang mit § 268 Abs. 8 HGB nicht angenommen werden kann. Die Nichtanwendbarkeit des § 253 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG führt allerdings auch nicht dazu, dass Nichtigkeit eines Gewinnverwendungsbeschlusses auf Grund eines Verstoßes gegen § 268 Abs. 8 HGB generell ausscheidet. Zu beachten ist vielmehr, dass der die Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses im Allgemeinen regelnde § 253 AktG nicht nur auf § 256 AktG, sondern auch auf weitere Nichtigkeitsgründe verweist. Unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes kommt dabei besondere Bedeutung dem Verweis des § 253 Abs. 1 AktG auf den die allgemeinen Nichtigkeitsgründe eines Hauptversammlungsbeschlusses aufzählenden § 241 AktG, und dabei konkret § 241 Nr. 3 Fall 2 AktG206, zu. Gemäß § 241 Nr. 3 Fall 2 AktG ist ein Beschluss der Hauptversammlung resp. der Gesellschafterversammlung nichtig, wenn er „[…] durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft […] gegeben sind“. Ein Beschluss über die Gewinnverwendung ist von dieser Vorschrift grundsätzlich erfasst, da es sich bei einem derartigen Beschluss gem. § 119 Abs. 1 Nr. 2 AktG um eine Entscheidung der Hauptversammlung resp. gem. § 46 Nr. 1 GmbHG um eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung handelt. Weitere Voraussetzung des § 241 Nr. 3 Fall 2 AktG ist, dass durch den Beschluss gegen Vorschriften verstoßen wird, „die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft“ gegeben sind. Nichtigkeit gem. § 241 Nr. 3 Fall 2 AktG kann dementsprechend bei einem Verstoß gegen § 268 Abs. 8 HGB nur möglich sein, sofern es sich bei dieser Norm um eine Vorschrift handelt, „die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft“ gegeben ist. § 268 Abs. 8 HGB soll verhindern, dass Gewinne, deren Werthaltigkeit kritisch ist, an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Diese Beträge sollen in der Gesellschaft verbleiben, damit sie in Zukunft zum Ausgleich etwaiger Aufwendungen zur Verfügung stehen. Die Ausschüttungssperre dient damit der Kapitalerhaltung im weiteren Sinne und wurde aus Gründen des Gläubigerschutzes geschaffen.207 § 268 Abs. 8 HGB stellt folglich eine Vorschrift dar, „die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft“ gegeben ist. Ein Verstoß gegen § 268 Abs. 8 HGB führt somit zur Nichtigkeit des Beschlusses nach § 241 Nr. 3 Fall 2 AktG. 206

Auf § 241 Nr. 3 Fall 2 AktG stellt auch die Mehrheit der Literatur ab, vgl. Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 14; Beck’scherBilKo/Kozikowski/F. Huber, § 268 HGB, Rn. 151; Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 590; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 731; Küting/ Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2010, 1, 7; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 293; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 464; Salamon, Status:Recht 2009, 248; Scholz/Verse, GmbHG, § 29 Rn. 65; Simon, NZG 2009, 1081, 1085; zu § 269 S. 2 HGB a.F. ADS, § 269 HGB, Rn. 24; MüKo/Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, § 269 Rn. 17; Staub/Hüttemann, HGB, § 269 Rn. 21. 207 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 35, 64.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

b) Voll- oder Teilnichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses Verstößt ein Gewinnverwendungsbeschluss gegen § 268 Abs. 8 HGB, folgt die Nichtigkeit des Beschlusses aus § 241 Nr. 3 Fall 2 AktG. Die Nichtigkeit eines solchen Beschlusses erstreckt sich ohne Zweifel auf den ausschüttungsgesperrten Teil des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses, hinsichtlich dessen eine Ausschüttung nicht hätte beschlossen werden dürfen. Nicht eindeutig ist dahingegen, wie sich ein Verstoß gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB auf den Gewinnverwendungsbeschluss in seiner Gesamtheit auswirkt, sofern der ausschüttungsgesperrte Betrag nur einen Teil des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses ausmacht. Fraglich ist in einem derartigen Fall, ob die Nichtigkeit den gesamten Beschluss erfasst208 oder nur Teilnichtigkeit hinsichtlich des gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Teils des Gewinnes209 eintritt. Maßgeblich für die Frage nach einer etwaigen Teilnichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses ist § 139 BGB, dessen Anwendbarkeit auf Gewinnverwendungsbeschlüsse sich aus der dogmatischen Einordnung derartiger Beschlüsse als allgemeine Rechtsgeschäfte ergibt.210 Nach § 139 BGB ist in einem Fall, in dem ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig ist, „[…] das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde“. Hauptanwendungsfälle dieser Vorschrift sind Rechtsgeschäfte, bei denen mehrere, nebeneinander stehende Regelungen beschlossen werden.211 Einen derartigen Fall stellt ein Gewinnverwendungsbeschluss allerdings nicht dar. Vielmehr wird in einem Gewinnverwendungsbeschluss ausschließlich eine für sich alleinstehende Regelung hinsichtlich der Gewinnverteilung getroffen. § 139 BGB ist allerdings nicht nur auf Rechtsgeschäfte anwendbar, mit denen mehrere, nebeneinander stehende Regelungen getroffen werden, sondern auch auf Rechtsgeschäfte, die lediglich nach quantitativen Maßstäben aufgeteilt werden

208 So bspws. Beck’scherBilKo/Kozikowski/F. Huber, § 268 HGB, Rn. 151; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 464; wohl auch Kropff, FS Hüffer, 539, 541; zu § 269 S. 2 HGB a.F. ADS, § 269 HGB, Rn. 24; Staub/Hüttemann, HGB, § 269 Rn. 21. 209 Vgl. Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 14; Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 590; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2010, 1, 7; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/ Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 293; Verse, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2009, 67, 73; so wohl auch zu § 269 S. 2 HGB a.F. MüKo/Reiner, HGB, 2. Aufl. 2008, § 269 Rn. 17. 210 So die ganz h.M., vgl. RGZ 146, 385, 394; BGH Urt. v. 15. 11. 1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 122 = NJW 1994, 520, 523; Hüffer, AktG, § 241 Rn. 2, 36; MüKo/Hüffer, AktG, § 241 Rn. 8, 91; Schmidt/Lutter/Schwab, AktG, § 241 Rn. 41; Spindler/Stilz/Würthwein, AktG, § 241 Rn. 76. Vgl. zur abweichenden Mindermeinung OLG Frankfurt, Urt. v. 21. 04. 2009 – 5 U 68/08, AG 2009, 631; OLG Hamburg, Urt. v. 03. 07. 1970 – 11 U 29/70, AG 1970, 230, 231 und ausführlich Schnorr, Teilfehlerhafte Gesellschaftsbeschlüsse, 91 ff. 211 Vgl. dazu statt vieler nur Palandt/Ellenberger, BGB, § 139 Rn. 5 ff.; MüKo/Busche, BGB, § 139 Rn. 16 ff.; Staudinger/Roth, BGB, § 139 Rn. 27 ff.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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können.212 Ein derartiges, nach quantitativen Maßstäben teilbares Rechtsgeschäft liegt vor, wenn sein Regelungsgegenstand der Höhe oder der Dauer nach in einen nichtigen und einen wirksamen Teil aufgespalten werden kann.213 Ist dies möglich, bedarf es einer weitergehenden Prüfung, ob die Wirksamkeit nur des restlichen Teils dem hypothetischen Parteiwillen entspricht.214 Nur wenn dies der Fall ist, kann Teilnichtigkeit angenommen werden. Anderenfalls erstreckt sich die Nichtigkeit auf das gesamte Rechtsgeschäft. Überträgt man diese allgemeinen Vorgaben auf einen gegen § 268 Abs. 8 HGB verstoßenden Gewinnverwendungsbeschluss, ist zunächst festzustellen, dass ein solcher Beschluss ein nach quantitativen Maßstäben teilbares Rechtsgeschäft ist. Ein gegen die Ausschüttungssperre verstoßender Gewinnverwendungsbeschluss kann der Höhe nach, also nach quantitativen Maßstäben, in einen nichtigen und einen wirksamen Teil aufgeteilt werden. Nichtig ist der Teil, der sich auf den ausschüttungsgesperrten Teil des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses bezieht. Wirksam ist der Teil, der den nicht ausschüttungsgesperrten Gewinn umfasst. Darüber hinaus ergibt die im Fall der quantitativen Teilbarkeit weitergehend vorzunehmende Prüfung des hypothetischen Parteiwillens, dass die Wirksamkeit nur des restlichen Teils, sprich des konkreten Teils des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses, in dessen Höhe keine ausschüttungsgesperrten Beträge vorhanden sind, nach hier vertretener Ansicht in aller Regel dem hypothetischen Willen der Gesellschafter entspricht. Denn wollten Gesellschafter durch einen getroffenen Gewinnverwendungsbeschluss den gesamten Gewinn ausschütten, darf davon ausgegangen werden, dass sie zumindest auch jeden geringeren Teil des Gewinnes ausgeschüttet hätten.215 Es ist kein Grund ersichtlich, wieso Gesellschafter, relativ betrachtet, weniger als ursprünglich gewollt ausschütten sollten, wenn sich lediglich die ihnen zur Verfügung stehende Gesamtsumme des Gewinnes verringert. Dies gilt umso mehr, wenn man beachtet, dass der konkrete Verteilungsmaßstab hinsichtlich der den einzelnen Gesellschaftern zukommenden Gewinnanteile nicht Gegenstand des Gewinnverwendungsbeschlusses ist, sondern durch Gesetz oder Satzung vorgegeben wird, und sich dieser Maßstab nicht durch die Höhe des ausschüttungsfähigen Bilanzgewinnes ändert.216 Im Ergebnis führt damit ein Verstoß gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nicht zur Nichtigkeit des gesamten Gewinnverwendungsbeschlusses, sofern der ausschüttungsgesperrte Betrag nur 212

Vgl. Erman/Arnold, BGB, § 139 Rn. 19 ff.; MüKo/Busche, BGB, § 139 Rn. 26 ff.; NomosKomm/Faust, BGB, § 139 Rn. 23 ff.; Staudinger/Roth, BGB, § 139 Rn. 68 ff. 213 Vgl. Erman/Arnold, BGB, § 139 Rn. 19; Jauernig/Jauernig, BGB, § 139 Rn. 7; NomosKomm/Faust, BGB, § 139 Rn. 24; Staudinger/Roth, BGB, § 139 Rn. 68. 214 Vgl. Bamberger/Roth/Wendtland, BGB, § 139 Rn. 16; Erman/Arnold, BGB, § 139 Rn. 22; Jauernig/Jauernig, BGB, § 139 Rn. 7; MüKo/Busche, BGB, § 139 Rn. 26 ff.; NomosKomm/Faust, BGB, § 139 Rn. 44 ff. 215 Ebenso Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 14; von der Laage, WM 2012, 1322, 1326. 216 Vgl. § 60 AktG resp. § 29 Abs. 3 GmbHG.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

einen geringen Teil des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses ausmacht. Vielmehr besteht auf Grund der Anwendung des § 139 BGB in aller Regel nur Teilnichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses hinsichtlich des gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Teils des Gewinnes. Die einzig vorstellbare Konstellation, in dem die Anwendung des § 139 BGB nach hier vertretener Ansicht zu einem anderen Ergebnis führen kann, ist diejenige, in der die Gesellschafter beschlossen haben, nicht den gesamten Bilanzgewinn resp. Jahresüberschuss an sich selbst auszuschütten, sondern vielmehr Teile hiervon Dritten, wie beispielsweise karitativen Einrichtungen, zukommen zu lassen. In einem derartigen Fall kann nicht generell angenommen werden, dass die Gesellschafter Dritte im gleichen Verhältnis wie ursprünglich beschlossen begünstigt hätten, wenn ihnen bewusst gewesen wäre, dass ihnen nur ein geringerer Teil des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses zustand. Diese Situation dürfte allerdings die Ausnahme sein, da Zuwendungen an Dritte im Regelfall als Aufwendungen verbucht, und nicht erst im Rahmen eines Gewinnverwendungsbeschlusses vorgenommen werden.217 2. Rückzahlungspflicht bei Auszahlung ausschüttungsgesperrter Beträge Die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB hat zur Konsequenz, dass ein ausschüttungsgesperrter Teil des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden darf. Ein entgegen den Vorgaben des § 268 Abs. 8 HGB getroffener Gewinnverwendungsbeschluss ist teilnichtig. Beschließen die Gesellschafter dennoch die Ausschüttung eines ausschüttungsgesperrten Teils des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses und kommt es in Folge dieses Beschlusses zu einer Auszahlung des Betrages an die Gesellschafter, stellt sich die Frage, welche Konsequenzen daraus hinsichtlich etwaiger Rückzahlungspflichten der Gesellschafter resp. Rückzahlungsansprüche der Gesellschaft entstehen. a) Rückzahlungspflicht bei AG, SE und KGaA Bei Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien ist maßgebende Vorschrift für Rückzahlungspflichten auf Grund unberechtigter Gewinnauszahlungen § 62 Abs. 1 AktG. Gemäß § 62 Abs. 1 S. 1 AktG haben Aktionäre „[…] der Gesellschaft Leistungen, die sie entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes [AktG] von ihr empfangen haben, zurückzugewähren.“ Unter die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 S. 1 AktG fallen insbesondere Zahlungen von Gewinnen, denen kein rechtsgültiger Gewinnverwendungsbeschluss zu Grunde

217 Siehe dazu nur Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 29 Rn. 28; MüKo/Bayer, AktG, § 58 Rn. 91; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, § 58 Rn. 41.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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liegt.218 Dies ist darauf zurückzuführen, dass ohne einen wirksamen Gewinnverwendungsbeschluss von vornherein kein Zahlungsanspruch entsteht und damit auch nicht die Voraussetzungen für eine Auszahlung entsprechend den Vorgaben des § 57 Abs. 1 AktG eintreten.219 Ein Verstoß gegen § 57 Abs. 1 AktG ist bei Auszahlung von Gewinnen trotz teilnichtigem Gewinnverwendungsbeschlusses folglich gleichfalls anzunehmen.220 Wurde vor diesem Hintergrund somit mit der konkreten Ausgestaltung eines Gewinnverwendungsbeschlusses gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB verstoßen und ist der Beschluss daher teilnichtig, ist hinsichtlich dieses Teils des Gewinnes kein Zahlungsanspruch entstanden und die Gesellschafter haben Gewinne erhalten, denen kein rechtsgültiger Gewinnverwendungsbeschluss zu Grunde lag. Die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 S. 1 AktG sind in Konstellationen der vorliegenden Art erfüllt und die Gesellschafter sind gemäß dieser Vorschrift zur Rückzahlung der entgegen dem § 268 Abs. 8 HGB ausgezahlten Gewinne verpflichtet.221 Diese Rückzahlungsverpflichtung besteht gem. § 62 Abs. 1 S. 2 AktG allerdings nur, wenn die Gesellschafter wussten oder infolge von Fahrlässigkeit nicht wussten, dass sie zum Bezug des ausschüttungsgesperrten Teils des Bilanzgewinnes nicht berechtigt waren.222 Maßgebend für die Prüfung der positiven Kenntnis resp. der fahrlässigen Unkenntnis ist § 276 BGB.223 Es muss folglich im Einzelfall geprüft werden, ob der Gesellschafter seine Nichtberechtigung bezüglich des ausschüttungsgesperrten Teils des Bilanzgewinnes kannte oder zumindest bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. Nur wenn Kenntnis und fahrlässige Unkenntnis auszuschließen sind, ist der Aktionär nicht zur Rückzahlung des an ihn gezahlten Gewinnes verpflichtet. Anderenfalls muss er die erhaltenen Zahlungen der Gesellschaft erstatten. 218 Siehe statt vieler nur Hüffer, AktG, § 62 Rn. 7; KölnerKomm/Drygala, AktG, § 62 Rn. 47; MüKo/Bayer, AktG, § 62 Rn. 36; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, § 62 Rn. 7. 219 Vgl. Hüffer, AktG, § 62 Rn. 7; MüKo/Bayer, AktG, § 62 Rn. 36. 220 Siehe statt aller nur Bürgers/Körber/Westermann, AktG, § 57 Rn. 14; GroßKomm/ Henze, AktG, § 57 Rn. 26; Heidel/Drinhausen, Aktienrecht, § 57 AktG, Rn. 7; KölnerKomm/ Drygala, AktG, § 57 Rn. 34; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, § 57 Rn. 10. 221 So ausdrücklich auch Salamon, Status:Recht 2009, 248; Verse, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2009, 67, 73; von der Laage, WM 2012, 1322, 1327. Nicht möglich ist dahingegen ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung der ausschüttungsgesperrten Beträge, da das Bereicherungsrecht auf Grund der Sondervorschrift des § 62 AktG bei Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien nicht zur Anwendung kommt, vgl. dazu nur Hüffer, AktG, § 62 Rn. 10; KölnerKomm/Drygala, AktG, § 62 Rn. 74; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, § 62 Rn. 20; a.A. wohl Herzig/Fuhrmann/ Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 250; von der Laage, WM 2012, 1322, 1327. 222 Vgl. dazu auch Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 14. 223 Vgl. Hölters/Solveen, AktG, § 62 Rn. 14; Hüffer, AktG, § 62 Rn. 11; KölnerKomm/ Drygala, AktG, § 62 Rn. 83; MüKo/Bayer, AktG, § 62 Rn. 69.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

b) Rückzahlungspflicht bei GmbH Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung besteht keine mit § 62 AktG vergleichbare Vorschrift. Die aktienrechtliche Norm ist auch nicht analog anzuwenden, da GmbH-Gesellschafter betreffende Erstattungspflichten grundsätzlich in den §§ 31, 32 GmbHG geregelt sind.224 § 31 Abs. 1 GmbHG verlangt seinem Wortlaut nach, dass „Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 [GmbHG] zuwider geleistet sind, […] der Gesellschaft erstattet werden“ müssen. Die Vorschrift nimmt folglich ausdrücklich Bezug auf die Kapitalerhaltungsvorschrift des § 30 GmbHG, nach dessen Abs. 1 S. 1 „das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft […] [nicht] an die Gesellschafter […] ausgezahlt werden“ darf. Die konkrete Bezugnahme des § 31 Abs. 1 GmbHG auf § 30 GmbHG deutet auf die Annahme hin, dass eine Rückzahlungspflicht der Gesellschafter nur bestehen kann, wenn das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft ausgezahlt wurde, und nicht bereits bei einem Verstoß gegen die speziellere Vorschrift des § 268 Abs. 8 HGB. Ist diese erste Annahme richtig, muss die Gesellschaft auf bereicherungsrechtliche Ansprüche verwiesen werden, die nach herrschender Meinung, anders als im Rahmen des § 62 AktG225, neben § 31 Abs. 1 S. 1 GmbHG anwendbar sind.226 Berücksichtigung finden muss allerdings, dass ein Verstoß gegen § 268 Abs. 8 HGB gleichfalls einen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG darstellt und auf diese Weise ein Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft gem. § 31 Abs. 1 GmbHG bei einem Verstoß gegen die Ausschüttungssperre begründet wird. Dieser Gleichlauf der Verstöße gegen § 268 Abs. 8 HGB und § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ist darauf zurückzuführen, dass die von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzwerte in ihrer tatsächlichen Werthaltigkeit kritisch sind227 und sie aus diesem Grund nicht nur vom sachlichen Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre erfasst werden, sondern ebenso im Rahmen der Ermittlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens gem. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG außer Acht bleiben müssen.228 Ein 224

Vgl. m.w.N. KölnerKomm/Drygala, AktG, § 62 Rn. 15; MüKo/Bayer, AktG, § 62 Rn. 6; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, § 62 Rn. 3. 225 Vgl. Zweites Kapitel, C., I., 2., a). 226 Siehe m.w.N. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 31 Rn. 4; Lutter/Hommelhoff/ Hommelhoff, GmbHG, § 31 Rn. 2; MüKo/Ekkenga, GmbHG, § 31 Rn. 39. 227 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 228 So auch Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 30 Rn. 16; Hennrichs, NZG 2009, 921, 923; Michalski/Heidinger, GmbHG, § 30 Rn. 32; MüKo/Ekkenga, GmbHG, § 30 Rn. 96 ff. u. 107; MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 268 Rn. 55; Saenger/Inhester/Greitemann/Diers, GmbHG, § 30 Rn. 69; Scholz/Verse, GmbHG, § 30 Rn. 57, 66; von der Laage, WM 2012, 1322, 1327; Verse, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2009, 67, 73; Wicke, GmbHG, § 30 Rn. 5; wohl auch Bork/Schäfer/Thiesen, GmbHG, § 30 Rn. 23; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 11; Salamon, Status:Recht 2009, 248, 249; in gleicher Weise zu den von den alten Ausschüttungssperren der §§ 269 S. 2, 274 Abs. 2 S. 3 HGB erfassten Werten Ekkenga, AG 2006, 389, 391 ff.; Hachenburg/Goerdeler/Müller, GmbHG, § 30 Rn. 34; Lutter/Hom-

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

173

Ansatz dieser kritischen Werte würde dem im Rahmen der Ermittlung des Vermögens i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 1 HGB zu beachtenden gläubigerschützenden Vorsichtsprinzip229 entgegenstehen, da der Ansatz dieser, hinsichtlich ihrer tatsächlichen Realisierung unsicheren, Positionen die Gläubiger beeinträchtigende Ausschüttungen ermöglichen würde. Zudem wäre es nicht begründbar, die unsicheren Bilanzwerte der speziellen Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB zu unterwerfen, sie aber mittels Ansatzes im Rahmen des § 30 GmbHG wiederum einer Ausschüttung zugänglich zu machen.230 Dass ein Verstoß gegen § 268 Abs. 8 HGB gleichfalls zu einem Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG führt, wird darüber hinaus auch dadurch erkennbar, dass Voraussetzung für einen Verstoß gegen die spezielle Ausschüttungssperre das Fehlen freier Eigenkapitalbestandteile ist231, und das Vorhandensein dieser Teile des Eigenkapitals eine Grundvoraussetzung einer mit § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG in Einklang stehenden Ausschüttung darstellt. Oder anders gewendet: ausschüttungsfähiges Vermögen i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG wird bilanziell als freie Eigenkapitalbestandteile erkennbar232, sodass bei Fehlen dieser Eigenkapitalkomponenten auch keine Ausschüttungen möglich sind. Liegen folglich ausschüttungsgesperrte Beträge vor und verfügt die Gesellschaft über keine freien Eigenkapitalbestandteile in gleicher Höhe, greift nicht nur die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB, sondern es mangelt gleichfalls an ausreichend ausschüttungsfähigem Vermögen i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Werden trotz dieses Mangels Gewinne ausgeschüttet, kommt es folglich nicht nur zu einem Verstoß gegen § 268 Abs. 8 HGB, sondern auch zu einem Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Dies hat zur Folge, dass ein Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter gem. § 31 Abs. 1 GmbHG entsteht und die Gesellschafter die an sie ausgezahlten Beträge der Gesellschaft zu erstatten haben.233 Zu beachten ist allerdings, dass diese Rückzahlungsverpflichtung gem. § 31 Abs. 2 GmbHG nicht in vollem Umfang besteht, sofern „[…] der Empfänger in gutem Glauben […] war“. In einem derartigen Fall „[…] kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist“, § 31 Abs. 2 GmbHG. Ob guter Glaube der Gesellschafter vorliegt, für dessen

melhoff/Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 30 Rn. 15; Müller, DStR 1997, 1577, 1578; Schulze-Osterloh, FS Eisenhardt, 505, 507; Ulmer/Habersack, GmbHG, § 30 Rn. 37. 229 Siehe statt vieler nur Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 12; Michalski/Heidinger, GmbHG, § 30 Rn. 28 und MünchenerAH, GmbH, § 6 Rn. 29. 230 So auch Hachenburg/Goerdeler/Müller, GmbHG, § 30 Rn. 34; Müller, DStR 1997, 1577, 1578; von der Laage, WM 2012, 1322, 1327. 231 Vgl. Zweites Kapitel, A., III. 232 So auch Bork/Schäfer/Thiessen, GmbHG, § 30 Rn. 14; MüKo/Ekkenga, GmbHG, § 30 Rn. 82; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 9. 233 So ausdrücklich auch Verse, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2009, 67, 73; von der Laage, WM 2012, 1322, 1327.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Feststellung der Maßstab des § 932 Abs. 2 BGB gilt234, und ob die Haftung der Gesellschafter für die Gläubigerbefriedigung notwendig ist, was beispielsweise im Fall der Insolvenz angenommen werden kann235, ist anhand einer Beurteilung im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Eine allgemeingültige Aussage kann diesbezüglich nicht getroffen werden. 3. Schadensersatzansprüche a) Ansprüche gegen Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsratsmitglieder Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB beschränkt unmittelbar die inhaltlichen Möglichkeiten von Gewinnverwendungsbeschlüssen resp. die Gewinnverwendungskompetenz der Gesellschafter.236 Die Gesellschafter müssen § 268 Abs. 8 HGB im Rahmen ihrer Haupt- resp. Gesellschafterversammlungen beachten, da anderenfalls die Gefahr der Teilnichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses besteht. Zudem müssen Gesellschafter trotz Teilnichtigkeit der Beschlüsse erhaltene Zahlungen gem. § 62 AktG resp. § 31 GmbHG an die Gesellschaft zurückerstatten. Gesellschafter von Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind jedoch nicht die einzigen Personenkreise, die die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB berücksichtigen müssen. Vielmehr betrifft § 268 Abs. 8 HGB auch Maßnahmen und Entscheidungen, die in den Kompetenzbereich von Vorständen resp. persönlich haftenden Gesellschaftern, Geschäftsführern und Aufsichtsräten fallen. Bei Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien haben Vorstände resp. persönlich haftende Gesellschafter gem. § 170 Abs. 2 AktG237 „[…] dem Aufsichtsrat den Vorschlag vorzulegen, den er der Hauptversammlung für die Verwendung des Bilanzgewinns machen will.“ Gleiches gilt nach herrschender Ansicht238 bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung zumindest dann, wenn ein Aufsichtsrat vorhanden ist. Ist dies der Fall, müssen die Geschäftsführer einer GmbH dem Aufsichtsrat einen Vorschlag bezüglich der Gewinnverwendung vorlegen. Inhaltlich ist ein Gewinnverwendungsvorschlag ent234

Vgl. statt vieler nur Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 31 Rn. 18a; MüKo/Ekkenga, GmbHG, § 31 Rn. 44; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 31 Rn. 18; Scholz/Verse, GmbHG, § 31 Rn. 38. 235 Vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 31 Rn. 19; MüKo/Ekkenga, GmbHG, § 31 Rn. 48; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 31 Rn. 18; Scholz/Verse, GmbHG, § 31 Rn. 43 ff. 236 Vgl. Einführung, C., I., 1. 237 Die Anwendbarkeit des § 170 Abs. 2 AktG ergibt sich für Europäische Gesellschaften aus Art. 61 SE-VO und für Kommanditgesellschaften auf Aktien aus § 283 Nr. 9 AktG. 238 Vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG und m.w.N. Baumbach/Hueck/Haas, GmbHG, § 42a Rn. 3; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, § 42a Rn. 6; MüKo/Fleischer, GmbHG, § 42a Rn. 8; Scholz/Crezelius, GmbHG, § 42a Rn. 16 ff.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

175

sprechend den Vorgaben des § 170 Abs. 2 S. 2 AktG auszugestalten, sodass u. a. eine Angabe der an die Aktionäre zu verteilenden Dividende gem. § 170 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 AktG notwendig ist. Bei dieser Angabe muss die Höchstgrenze des tatsächlich ausschüttungsfähigen Betrages resp. die gesetzlichen Vorgaben der Kapitalerhaltung beachtet werden239, was unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes zur Konsequenz hat, dass ein gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrter Betrag Berücksichtigung finden und die Höchstgrenze des angegebenen Verteilungsbetrages mindern muss.240 Die für den Gewinnverwendungsvorschlag zuständigen Personen müssen folglich die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB im Rahmen des Vorschlags beachten. Darüber hinaus haben Vorstände und Geschäftsführer die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB auch bei Vornahme von tatsächlichen Gewinnauszahlungen an Gesellschafter zu berücksichtigen. Ausschüttungsgesperrte Gewinne dürfen nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden, selbst wenn eine Ausschüttung beschlossen wurde. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ein die Vorschrift des § 268 Abs. 8 HGB missachtender Gewinnverwendungsbeschluss teilnichtig und damit nicht existent ist241 und es somit an einer für eine Auszahlung notwendigen Rechtsgrundlage mangelt. Ein Verstoß gegen § 57 AktG resp. § 30 GmbHG wäre die Folge.242 Mitglieder des Aufsichtsrates müssen § 268 Abs. 8 HGB ebenfalls beachten. Aufsichtsräte haben gem. § 171 Abs. 1 S. 1 AktG den Verwendungsvorschlag des Vorstandes zu prüfen und der Hauptversammlung gem. § 171 Abs. 2 S. 1 AktG über das Ergebnis der Prüfung zu berichten. Im Rahmen dieser Prüfung muss der Aufsichtsrat untersuchen, ob die ihm vorgelegten Unterlagen, und damit auch der Gewinnverwendungsvorschlag, in Einklang mit dem geltenden Recht stehen.243 Ist dies nicht der Fall, weil beispielsweise der Vorstand § 268 Abs. 8 HGB nicht berücksichtigt hat, muss der Aufsichtsrat der Hauptversammlung einen korrigierten Gewinnverwendungsvorschlag vorlegen und begründen.244 Auf diese Weise kommen 239 Vgl. ADS, § 170 AktG, Rn. 22; Beck’scherBilKo/Ellrott/Hoffmann, Vor § 325 HGB, Rn. 3; Hüffer, AktG, § 170 Rn. 7; KölnerKomm/Ekkenga, AktG, § 170 Rn. 24; MüKo/ Hennrichs/Pöschke, AktG, § 170 Rn. 58; Schmidt/Lutter/Drygala, AktG, § 170 Rn. 10. 240 Ebenso Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 14; Beck’scherBilKo/Ellrott/Hoffmann, Vor § 325 HGB, Rn. 5; Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 590; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 731; KölnerKomm/Ekkenga, AktG, § 170 Rn. 24; Kropff, FS Hüffer, 539, 543 ff.; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 170 Rn. 62 u. § 174 Rn. 11; Schmidt/Lutter/Drygala, AktG, § 170 Rn. 10; Simon, NZG 2009, 1081, 1085; Spindler/Stilz/Euler, AktG, § 170 Rn. 33; SystematischerPK/Lentz, § 268 HGB, Rn. 65; von der Laage, WM 2012, 1322, 1323. 241 Vgl. Zweites Kapitel, C., I., 1., b). 242 Vgl. Zweites Kapitel, C., I., 2., a) u. b). 243 Vgl. nur Hüffer, AktG, § 171 Rn. 4; KölnerKomm/Ekkenga, AktG, § 171 Rn. 18; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 171 Rn. 63; Schmidt/Lutter/Drygala, AktG, § 171 Rn. 4; Spindler/Stilz/Euler, AktG, § 171 Rn. 52. 244 Vgl. § 124 Abs. 3 S. 1 AktG und statt vieler nur KölnerKomm/Ekkenga, AktG, § 170 Rn. 28, 74; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 171 Rn. 65; Schmidt/Lutter/Drygala, AktG, § 171 Rn. 12; Spindler/Stilz/Euler, AktG, § 171 Rn. 54.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

auch die Mitglieder von Aufsichtsräten mit der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB in Berührung. Verstoßen Vorstände resp. persönlich haftende Gesellschafter, Geschäftsführer oder Aufsichtsräte gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB, indem sie die Vorschrift im Rahmen der angeführten Maßnahmen nicht berücksichtigen, können haftungsrechtliche Konsequenzen entstehen. Kommt es beispielsweise zu unrichtigen Angaben in einem Gewinnverwendungsvorschlag, weil die gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträge außer Acht gelassen werden und dementsprechend die Höchstgrenze des verteilungsfähigen Betrages falsch wiedergeben wird, ist eine Haftung der für den Vorschlag zuständigen Vorstände resp. Geschäftsführer gem. § 93 Abs. 2 AktG resp. § 43 Abs. 2 GmbHG möglich.245 Der für eine derartige Haftung notwendige Schaden der Gesellschaft entsteht beispielsweise dadurch, dass Gesellschafter in gutem Glauben ausschüttungsgesperrte Beträge erhalten haben und sie auf Grund der Gutgläubigkeit, die insbesondere durch einen unrichtigen Gewinnverwendungsvorschlag bedingt sein kann, nicht zur Rückzahlung der Beträge verpflichtet sind.246 Eine entsprechende Haftung kommt zudem für Aufsichtsräte gem. § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 2 AktG in Betracht, wenn sie ihrer Prüfungs- und Berichtspflicht gem. § 171 Abs. 1 u. 2 AktG nicht ordnungsgemäß nachkommen und ihr Gewinnverwendungsvorschlag die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB ebenfalls nicht berücksichtigt.247 Folge der tatsächlichen Auszahlungen von gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträgen an Gesellschafter ist des Weiteren eine verschärfte Haftung von Vorständen gem. § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG resp. von Geschäftsführern gem. § 43 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 GmbHG.248 Nach diesen Vorschriften wird das Vorliegen eines Schadens bereits dann angenommen249, wenn entgegen dem Aktiengesetz Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt wurden resp. wenn den Bestimmungen des § 30 GmbHG zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht worden sind. Diese Voraussetzungen sind bei einer Auszahlung von ausschüttungsgesperrten Beträgen immer gegeben, da ein derartiger Vorgang das Fehlen eines wirksamen Gewinnverwendungsbeschlusses 245 So auch Beck’scherBilKo/Ellrott/Hoffmann, Vor § 325 HGB, Rn. 13; Herzig/Fuhrmann/ Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 250; Hüffer, AktG, § 58 Rn. 36; KölnerKomm/Ekkenga, AktG, § 170 Rn. 41; Wachter/Bormann , AktG, § 170 Rn. 18. 246 Vgl. Zweites Kapitel, C., I., 2. 247 Vgl. Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 250; Hüffer, AktG, § 58 Rn. 36 u. § 171 Rn. 12; KölnerKomm/Ekkenga, AktG, § 171 Rn. 72; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 171 Rn. 226. 248 So auch von der Laage, WM 2002, 1322, 1328. Ausschließlich auf § 93 Abs. 2 AktG resp. § 43 Abs. 2 GmbHG beziehen sich dahingegen Hennrichs, NZG 2009, 921, 923; ders., Status:Recht 2009, 127, 129 und Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 250. 249 Siehe dazu nur Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 43 Rn. 48; MüKo/Fleischer, GmbHG, § 43 Rn. 284, 293; MüKo/Spindler, AktG, § 93 Rn. 193; Schmidt/Lutter/ Krieger/Sailer-Coceani, AktG, § 93 Rn. 44.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

177

impliziert und damit eine Einlagenrückgewähr i.S.d. § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG darstellt250 resp. eine solche Auszahlung stets einen Verstoß gegen § 30 GmbHG zur Folge hat.251 Vorstände resp. Geschäftsführer haften demnach bei tatsächlichen Auszahlungen von gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträgen verschärft gem. § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG resp. gem. § 43 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 GmbHG. b) Anspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB Bei Verstößen gegen die Ausschüttungssperre sind neben Rückzahlungsansprüchen gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG resp. § 31 Abs. 1 GmbHG und Schadensersatzansprüchen gem. § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG resp. § 43 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 GmbHG nach fast einhelliger Ansicht in der Literatur252 auch Schadensersatzansprüche der Gläubiger gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB möglich. Wird die Ausschüttungssperre im Rahmen eines Gewinnverwendungsbeschlusses missachtet und verstoßen die Gesellschafter auf diese Weise gegen § 268 Abs. 8 HGB resp. kommt es trotz teilnichtigem Gewinnverwendungsbeschlusses zu tatsächlichen Auszahlungen an die Gesellschafter, sollen die Gesellschafter resp. die handelnden Organe den Gläubigern gegenüber gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB haften. Diese in der Literatur ohne weitere Begründung vorgeschlagene Anspruchsgrundlage geht vermutlich auf die Annahme zurück, dass § 268 Abs. 8 HGB ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellt. Hintergrund dieser Einordnung ist offenbar, dass der gläubigerschützende Zweck des § 268 Abs. 8 HGB mit dem für ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB notwendigen Individualschutz253 gleichgesetzt wird. Ein derartiger Rückschluss kann nach hier vertretener Ansicht allerdings nicht ohne Weiteres gezogen werden, was insbesondere die Betrachtung des § 57 AktG resp. des § 30 GmbHG verdeutlicht. Auch diese beiden der Kapitalerhaltung dienenden Vorschriften bezwecken den Schutz der Gläubiger einer Gesellschaft, sie sind aber dennoch keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.254 250 Siehe statt aller nur Bürgers/Körber/Westermann, AktG, § 57 Rn. 14; GroßKomm/ Henze, AktG, § 57 Rn. 26; Heidel/Drinhausen, Aktienrecht, § 57 AktG, Rn. 7; KölnerKomm/ Drygala, AktG, § 57 Rn. 34; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, § 57 Rn. 10. 251 Vgl. Zweites Kapitel, C., I., 2., b). 252 Vgl. Beck’scherBilKo/Kozikowski/F. Huber, § 268 HGB, Rn. 151; Hennrichs, NZG 2009, 921, 923; ders., Status:Recht 2009, 127, 129; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 250; Kaya/Borgwardt, StuB 2010, 727, 732; Küting/ Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 7; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 293; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 464; Salamon, Status:Recht 2009, 248, 249; a.A. nur von der Laage, WM 2012, 1322, 1328. 253 Siehe dazu nur MüKo/Wagner, BGB, § 823 Rn. 405 und Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rn. G 19. 254 Ganz herrschende Ansicht, vgl. zu § 57 Abs. 1 AktG LG Memmingen, Urt. v. 11. 08. 2010 – 2 HK O 515/10 (Anm. dazu Lorenz, GWR 2010, 455); Großkomm/Merkt, AktG, § 71 Rn. 383; MüKo/Oechsler, AktG, § 71 Rn. 343 und zu § 30 Abs. 1 GmbHG BGH, Urt. v. 19. 02. 1990 – II ZR 268/88, BGHZ 110, 342, 359 ff. = GmbHR 1990, 251, 257; Baumbach/Hueck/ Fastrich, GmbHG, § 30 Rn. 1; Bork/Schäfer/Thiessen, GmbHG, § 30 Rn. 180; Lutter/Hom-

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Die Schutzgesetzqualität des § 57 AktG resp. des § 30 GmbHG wird aus mehreren Gründen abgelehnt. Einerseits wird gegen die Schutzgesetzeigenschaft des § 57 AktG ausdrücklich angeführt, dass die Vorschrift „[…] der Kapitalerhaltung und dem übergreifenden Schutz aller Aktionäre und Gläubiger, nicht hingegen dem Schutz des einzelnen Aktionärs und Gläubigers [diene]“.255 Die Schutzgesetzqualität des § 30 GmbHG wird zum Teil mit dem Argument verneint, dass die Gläubiger bereits ausreichend über den spezielleren § 31 GmbHG geschützt wären.256 Gleiches muss nach hier vertretener Ansicht hinsichtlich der Gläubiger von Aktiengesellschaften und dem spezielleren § 62 AktG gelten. Zudem wird gegen die Schutzgesetzqualität des § 30 GmbHG eingewandt, dass dem auf Innenhaftung ausgelegten Konzept der §§ 31, 43 GmbHG eine unmittelbare Aussenhaftung gegenüber den Gläubigern entgegenstehen würde.257 Des Weiteren wird vorgebracht, dass bei Bejahung einer Schutzgesetzeigenschaft des § 30 GmbHG die Haftungsgefahren für alle „[…] zu Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen Ermächtigte […]“ weit über die strafrechtlich möglichen Tatbestände hinausgehen würden.258 Die gleiche Problematik lässt sich wiederum ohne Weiteres auf die aktienrechtliche Regelung des § 57 AktG übertragen. Schließlich ist zu beachten, dass es auch aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten keines eigenen Anspruches gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 57 AktG resp. § 30 GmbHG bedarf, da die Gläubiger die Ausgleichsansprüche gegen die handelnden Organe resp. die Gesellschafter pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen können.259 Dies spricht ebenfalls gegen die Schutzgesetzqualität des § 57 AktG resp. des § 30 GmbHG. Aus der fehlenden Schutzgesetzeigenschaft des § 30 GmbHG als „Haupthüterin der Kapitalerhaltung“260 wird vereinzelt in der Literatur der Schluss gezogen, dass melhoff/Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 1; Michalski/Heidinger, GmbHG, § 30 Rn. 7; MünchenerHdG/Fronhöfer, Band 3, § 51 Rn. 7; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 1; Saenger/Inhester/Greitemann, GmbHG, § 30 Rn. 6; Scholz/Verse, GmbHG, § 30 Rn. 126, 128; Ulmer/Habersack, GmbHG, § 30 Rn. 22; Wicke, GmbHG, § 30 Rn. 1. 255 LG Memmingen, Urt. v. 11. 08. 2010 – 2 HK O 515/10 (Anm. dazu Lorenz, GWR 2010, 455); ebenso Großkomm/Merkt, AktG, § 71 Rn. 383; MüKo/Oechsler, AktG, § 71 Rn. 343. 256 BGH, Urt. v. 19. 02. 1990 – II ZR 268/88, BGHZ 110, 342, 359 ff. = GmbHR 1990, 251, 257; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 30 Rn. 1; Michalski/Heidinger, GmbHG, § 30 Rn. 7; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 1; Saenger/Inhester/Greitemann/Diers, GmbHG, § 30 Rn. 6; Ulmer/Habersack, GmbHG, § 30 Rn. 22. 257 BGH, Urt. v. 19. 02. 1990 – II ZR 268/88, BGHZ 110, 342, 359 ff. = GmbHR 1990, 251, 257; Scholz/Verse, GmbHG, § 30 Rn. 126; Ulmer/Habersack, GmbHG, § 30 Rn. 22. Dieses Argument greift für § 57 AktG nicht, da unter bestimmten Voraussetzungen gem. § 62 Abs. 2 S. 1 AktG eine unmittelbare Geltendmachung des Anspruches gem. § 62 Abs. 1 AktG durch die Gläubiger möglich ist. 258 BGH, Urt. v. 25. 06. 2001 – II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 170 = GmbHR 2001, 771, 772 ff. 259 So auch BGH, Urt. v. 19. 02. 1990 – II ZR 268/88, BGHZ 110, 342, 359 ff. = GmbHR 1990, 251, 257; MünchenerHdG/Fronhöfer, Band 3, § 51 Rn. 7. 260 von der Laage, WM 2012, 1322, 1328.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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auch § 268 Abs. 8 HGB als „Flankierung der Kapitalerhaltung“261 kein Schutzgesetz sein kann (der gleiche Rückschluss lässt sich ebenso auf Grund der fehlenden Schutzgesetzqualität des § 57 AktG ziehen262). Dieser Umkehrschluss erscheint ohne Anführung weiterer Begründungen zwar zunächst gewagt, ihm ist im Ergebnis aber vollumfänglich zuzustimmen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die gegen die Schutzgesetzqualität des § 57 AktG resp. des § 30 GmbHG angeführten Argumente der Rechtsprechung und Literatur auch im Rahmen des § 268 Abs. 8 HGB greifen. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB der Kapitalerhaltung als solcher dient, indem sie sicherstellt, dass über das ursprünglich vorhandene Grund- resp. Stammkapital hinausgehende Eigenkapitalbestandteile in der Gesellschaft verbleiben, um für den Ausgleich etwaiger zukünftiger Aufwendungen zur Verfügung zu stehen.263 § 268 Abs. 8 HGB dient damit zu allererst dem „[…] übergreifenden Schutz aller […] Gläubiger, nicht hingegen dem Schutz des einzelnen […] Gläubigers“264 und damit nicht dem für § 823 Abs. 2 BGB notwendigen Individualschutz. Zudem sind Gläubiger einer Gesellschaft bei Vorliegen eines Verstoßes gegen § 268 Abs. 8 HGB ausreichend über die spezielleren §§ 31, 43 GmbHG resp. §§ 62, 93 AktG geschützt und können diese der Gesellschaft zustehenden Ansprüche pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Eines eigenen Anspruches gegen die Gesellschafter resp. die Organe bedarf es dementsprechend nicht. Schließlich würde ein unmittelbarer Anspruch der Gläubiger gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auch dem Innenhaftungskonzept des Kapitalgesellschaftsrechts entgegenstehen. Die Übertragung der gegen die Schutzgesetzqualität des § 57 AktG resp. des § 30 GmbHG angeführten Argumente auf § 268 Abs. 8 HGB hat zur Konsequenz, dass die Schutzgesetzqualität des § 268 Abs. 8 HGB aus den gleichen Gründen wie die des § 57 AktG resp. des § 30 GmbHG abzulehnen ist. Ein unmittelbar gegen die Gesellschafter resp. die handelnden Organe gerichteter Schadensersatzanspruch der Gläubiger gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB kommt folglich bei einem Verstoß gegen die Ausschüttungssperre nicht in Betracht. Die Gläubiger sind ausreichend über die spezielleren Ansprüche resp. die ihnen zustehenden Pfändungsmöglichkeiten geschützt und sie sind auf diese Rückgriffsmöglichkeiten zu verweisen.

261

Vgl. von der Laage, WM 2012, 1322, 1328. von der Laage, WM 2012, 1322, 1328 bezieht sich ausschließlich auf § 30 GmbHG, da sie wohl entgegen hier vertretener Ansicht § 57 AktG als Schutzgesetz wertet. 263 Vgl. Einführung, C., I., 2. 264 Vgl. LG Memmingen, Urt. v. 11. 08. 2010 – 2 HK O 515/10 (Anm. dazu Lorenz, GWR 2010, 455). 262

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

II. Kompetenz der Verwaltung zur Rücklagenbildung Im Rahmen der Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages wurde erläutert, ob in Hinblick auf § 268 Abs. 8 HGB die Bemessungsgrundlage für die gesetzlichen Rücklagen, die satzungsmäßigen Rücklagen, die anderen Gewinnrücklagen als auch für die Rücklage i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB einer Modifizierung bedarf.265 Dies wurde im Ergebnis verneint, sodass der Jahresüberschuss auch unter Berücksichtigung der Ausschüttungssperre der richtige Anknüpfungspunkt für Einstellungen in diese Rücklagen ist. Mit § 268 Abs. 8 HGB geht keine Veränderung des ursprünglich für die Rücklagenbildung maßgebenden Ausgangswertes einher. Eine mit dieser Problematik vergleichbare Fragestellung ergibt sich bei Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, sofern ein gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrter Betrag mehr als die Hälfte des für die Rücklagenbildung gem. § 58 Abs. 2 S. 1 AktG maßgebenden Jahresüberschusses ausmacht. Es stellt sich in diesen Fällen die Frage, ob für die Thesaurierung der die Hälfte des Jahresüberschusses übersteigenden ausschüttungsgesperrten Beträge ausschließlich die Gesellschafter im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses befugt sind oder ob auch Verwaltungsorgane diese Beträge, zusätzlich zu den gem. § 58 Abs. 2 S. 1 AktG möglichen Einstellungen, den Rücklagen zuführen dürfen.266 Ist der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Betrag geringer als die Hälfte des Jahresüberschusses, stellt sich diese Problematik nicht, da in diesem Fall Einstellungen des Betrages in die anderen Gewinnrücklagen bereits von der allgemeinen Thesaurierungskompetenz der Verwaltung gem. § 58 Abs. 2 S. 1 AktG erfasst sind.267 Für die Kompetenz der Verwaltung zur Einstellung der, die Hälfte des Jahresüberschusses übersteigenden, ausschüttungsgesperrten Beträge in die anderen Gewinnrücklagen spricht, dass die Gesellschafter hinsichtlich dieser Beträge einem Thesaurierungszwang unterliegen.268 Gemäß § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Beträge dürfen nicht ausgeschüttet werden. Vielmehr müssen die Gesellschafter in einem Gewinnverwendungsbeschluss vereinbaren, dass diese Beträge entweder in die anderen Gewinnrücklagen eingestellt oder als Gewinn vorgetragen

265

Vgl. Zweites Kapitel, A., I., 3. Vgl. zu dieser Fragestellung Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 590 ff.; Gelhausen/ Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 56; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 248; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 169; Kaya/ Borgwardt, StuB 2010, 727, 731; Kropff, FS Hüffer, 539, 541; Kühnberger, BB 2011, 1387, 1390; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 8; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/ Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 301; MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 268 Rn. 54; Petersen/ Zwirner/Froschhammer, KoR 2011, 437, 438 ff.; dies., KoR 2010, 334, 337 ff.; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 112; Verse, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2009, 67, 76 ff. 267 Vgl. Zweites Kapitel, A., I., 3., b). 268 Siehe Zweites Kapitel, A., IV. 266

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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werden.269 Dürfen ausschüttungsgesperrte Beträge aber von vornherein nicht ausgeschüttet werden, sondern müssen diese Beträge in der Gesellschaft verbleiben, können derartige Thesaurierungen auch von den Verwaltungsorganen vorgenommen werden. Die Thesaurierungskompetenz der Gesellschafter wird dadurch nicht negativ beeinträchtigt. Trotz des bestehenden Thesaurierungszwanges hinsichtlich der ausschüttungsgesperrten Beträge und der Pflicht der Gesellschafter, diese Beträge als Gewinn vorzutragen oder in die anderen Gewinnrücklagen einzustellen, muss die Kompetenz zur Thesaurierung dennoch bei den Gesellschaftern verbleiben und kann nicht entgegen dem Wortlaut des § 58 Abs. 2 AktG auf die Verwaltungsorgane übertragen werden. Diese Einschätzung resultiert aus den unterschiedlichen Verwendungs- resp. Auflösungsmöglichkeiten hinsichtlich der anderen Gewinnrücklagen im Vergleich zu dem Gewinnvortrag.270 Ein Gewinnvortrag erhöht in Folgejahren automatisch den Jahresüberschuss und steht damit den Gesellschaftern wieder für die Ergebnisverwendung zur Verfügung. Gewinnrücklagen erhöhen dahingegen nicht automatisch den Jahresüberschuss. Dazu bedarf es bei AG, SE und KGaA vielmehr einer vorherigen Auflösung der Rücklagen durch die zuständigen Verwaltungsorgane. Wollen folglich Gesellschafter im Fall der Realisierung der von § 268 Abs. 8 HGB umfassten kritischen Beträge unmittelbar auf die entsperrten Werte zugreifen, muss ein ausschüttungsgesperrter Betrag als Gewinn vorgetragen werden. Dies kann allerdings nicht gewährleistet werden, wenn man eine Thesaurierungskompetenz der Verwaltungsorgane annimmt, da die Organe ohne Weiteres die Beträge in die anderen Gewinnrücklagen einstellen und auf diese Weise dem Zugriff der Gesellschafter entziehen könnten. Nur wenn eine Thesaurierungskompetenz verneint wird, können die Gesellschafter auch in Zukunft jederzeit auf die etwaig entsperrten Gewinne zugreifen. Dies hat zur Konsequenz, dass § 268 Abs. 8 HGB und die aus der Vorschrift resultierenden ausschüttungsgesperrten Beträge keinen Einfluss auf die bestehenden Thesaurierungskompetenzen von Verwaltungsorganen und Gesellschaftern haben.271 Die Verwaltungsorgane können diese Beträge gem. § 58 Abs. 2 AktG nur in die anderen Gewinnrücklagen einstellen, sofern die Beträge nicht die Hälfte des jeweiligen Jahresüberschusses erreichen. Über die Thesaurierung der die Hälfte des 269

Siehe Zweites Kapitel, A., IV. Vgl. dazu bereits Zweites Kapitel, A., IV. 271 In diesem Sinne auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 590 ff.; Gelhausen/Fey/ Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 56; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 248; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 169; Kaya/ Borgwardt, StuB 2010, 727, 731; Kropff, FS Hüffer, 539, 541; Kühnberger, BB 2011, 1387, 1390; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 8; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/ Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 301; MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 268 Rn. 54; Petersen/ Zwirner/Froschhammer, KoR 2011, 437, 438 ff.; dies., KoR 2010, 334, 337 ff.; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 112. Kritisch dazu Verse, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2009, 67, 76 ff. 270

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Jahresüberschusses übersteigenden ausschüttungsgesperrten Beträge müssen die Gesellschafter entscheiden können, da nur in diesem Fall eine jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf etwaig entsperrte Beträge sichergestellt werden kann. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass diese Überlegungen nicht für Gesellschaften mit beschränkter Haftung gelten. Dies ist damit zu begründen, dass bei dieser Gesellschaftsform Gesellschafter jederzeit Entnahmen von Rücklagen beschließen können272, und es somit keinen Unterschied macht, ob die ausschüttungsgesperrten Beträge als Gewinn vorgetragen oder in die anderen Gewinnrücklagen eingestellt wurden. Dementsprechend macht es auch keinen Unterschied, ob die Gesellschafter selbst oder die Verwaltungsorgane die ausschüttungsgesperrten Beträge thesaurieren.273

III. Verwendung einer ausschüttungsgesperrten Rücklage Führt die konkrete Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB resp. die Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages zu der Feststellung, dass der Bilanzgewinn resp. der Jahresüberschuss ausschüttungsgesperrte Beträge enthält, müssen die Gesellschafter den Gewinnverwendungsbeschluss dahingehend treffen, dass die entsprechenden ausschüttungsgesperrten Beträge in die Gewinnrücklagen eingestellt oder als Gewinn vorgetragen werden.274 Auf diese Weise soll aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten sichergestellt werden, dass in Zukunft ausreichend Kapital für einen eventuellen Aufwandsausgleich zur Verfügung steht und für einen derartigen Ausgleich nicht auf das ursprünglich vorhandene Grund- resp. Stammkapital zurückgegriffen werden muss. Entscheiden sich die Gesellschafter im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses für die Einstellung der ausschüttungsgesperrten Beträge in die Gewinnrücklagen und geht somit die Bildung zumindest eines Teils der Gewinnrücklagen auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Positionen zurück, kommt diesem Teil der Gewinnrücklagen der wirtschaftliche Zweck zu, zum Ausgleich etwaiger Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen der kritischen Werte i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB benutzt werden zu können. Gleiches gilt, sofern vor einer Ausschüttung bereits frei verfügbare Rücklagen in Höhe der ausschüttungsgesperrten Beträge vorhanden waren und diese Rücklagen in Folge einer Vollausschüttung des gesamten Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses zum Zwecke des zukünftigen Ausgleichs etwaiger Aufwendungen umgewidmet wurden. Die auf die Bildung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Positionen zurückgehenden Gewinnrücklagen sind dementsprechend zweckgebunden und einer Ausschüttung nicht frei zugänglich. 272

Siehe dazu bereits Zweites Kapitel, A., IV. Vgl. dazu auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 584, 591; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 56, 58; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 169; WPHandbuch, Band I, F Rn. 112. 274 Vgl. Zweites Kapitel, A., IV. 273

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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In Ansehung dieser wirtschaftlichen Zweckgebundenheit stellt sich die Frage, wie mit derartigen Gewinnrücklagen im Rahmen von gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen zu verfahren ist, die grundsätzlich mit frei verfügbaren Gewinnrücklagen durchgeführt werden können. Sind derartige Gewinnrücklagen weiterhin wie sonstige frei verfügbare Rücklagen zu verwenden oder kommt ihnen eine besondere Bedeutung zu? Konkret stellt sich diese Frage zunächst im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Hier ist zu klären, ob das Grund- resp. Stammkapital auch mit zweckgebundenen Gewinnrücklagen erhöht werden kann. Ebenso ist zu prüfen, in welcher Weise die auf die Bildung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Positionen zurückgehenden Gewinnrücklagen für den Erwerb eigener Anteile verwendet werden können. Darüber hinaus ergibt sich die gleiche Fragestellung bei der Einziehung von eigenen Anteilen, wobei wiederum differenziert werden muss, ob die Einziehung unabhängig von einem Erwerb der Anteile erfolgt oder erst im Anschluss an einen Erwerb. 1. Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln Eine Erhöhung des Grund- resp. Stammkapitals ist bei Kapitalgesellschaften nicht nur durch die Zuführung neuen Kapitals von außen möglich, sondern kann auch durch die Umwandlung bereits vorhandener Gesellschaftsmittel erreicht werden. Bei Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien kann gem. § 207 Abs. 1 AktG275 „[…] eine Erhöhung des Grundkapitals durch Umwandlung der Kapitalrücklage und von Gewinnrücklagen in Grundkapital […]“ beschlossen werden. Bei der GmbH besteht eine derartige Möglichkeit ebenfalls: gem. § 57c Abs. 1 GmbHG kann das Stammkapital einer GmbH „[…] durch Umwandlung von Rücklagen in Stammkapital erhöht werden […]“.276 In beiden Fällen kommt es somit nicht zu einer Kapitalerhöhung mittels Zuführung neuen Kapitals von außen, sondern durch die Umwandlung bestimmter, bereits vorhandener Rücklagen. Unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes und in Anbetracht der Möglichkeit, dass auf Grund der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB in einer Gesellschaft Gewinnrücklagen vorhanden sein können, die nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden dürfen und dem Ausgleich etwaiger Aufwendungen zu dienen bestimmt sind, stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls welche Auswirkungen eine solche ausschüttungsgesperrte Gewinnrücklage auf eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln hat resp. ob eine gem. § 268 Abs. 8 HGB 275

Für die SE folgt die Anwendung der §§ 207 ff. AktG aus Art. 5 SE-VO, vgl. dazu Lutter/ Hommelhoff/Fleischer, SE-Kommentar, Art. 5 Rn. 8; Manz/Mayer/Schröder/Mayer, SE-VO, Art. 5 Rn. 1 ff.; MüKo/Oechsler, AktG, Art. 5 SE-VO Rn. 28. Für die KGaA ergibt sich die Anwendung aus dem Verweis des § 278 Abs. 3 AktG, vgl. dazu MüKo/Perlitt, AktG, § 278 Rn. 267; Schütz/Bürgers/Riotte/Fett, Handbuch KGaA, § 7 Rn. 10, 14. 276 Der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kommt bei einer GmbH seit dem MoMiG insbesondere im Rahmen der UG (haftungsbeschränkt) wichtige Bedeutung zu, da eine derartige Kapitalerhöhung eine der nur wenigen Verwendungsmöglichkeiten für die gesetzliche Rücklage des § 5a Abs. 3 S. 1 GmbHG darstellt, vgl. § 5a Abs. 3 S. 2 GmbHG.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

ausschüttungsgesperrte Gewinnrücklage zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden darf. Für die Umwandlungsfähigkeit der zum Zwecke des Aufwandsausgleichs gebundenen Gewinnrücklagen spricht zunächst, dass durch eine Umwandlung dieser Beträge in Grund- resp. Stammkapital, ebenso wie bei den Einstellungen in die gesetzlichen Rücklagen277, nicht gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB verstoßen wird. Die ausschüttungsgesperrten Anteile der Gewinnrücklagen fließen bei diesem Vorgang nicht aus der Gesellschaft, sondern werden lediglich in eine andere Eigenkapitalkomponente umgewandelt. Sie bleiben als Grund- resp. Stammkapital in der Gesellschaft gebunden. Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung geht damit nicht einher.278 Zudem ist zu beachten, dass im Fall einer Umwandlung auch weiterhin die kritischen Werte i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB in voller Höhe der Ausschüttungssperre unterliegen und sich der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Betrag durch die Kapitalerhöhung nicht verändert. Auch weiterhin müssen in Höhe des ausschüttungsgesperrten Betrages frei verfügbare Rücklagen resp. ein Gewinnvortrag vorhanden sein, damit eine Ausschüttung überhaupt möglich ist. Diese freien Werte müssen durch zukünftige Gewinne zunächst wieder aufgefüllt werden, bevor eine Gewinnausschüttung beschlossen werden kann.279 Unter bloßer Berücksichtigung des § 268 Abs. 8 HGB ist eine unmittelbare Beeinträchtigung oder sogar Minderung des Gläubigerschutzes auf Grund einer Umwandlung der ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen nicht anzunehmen und deren Umwandlungsfähigkeit demnach anzuerkennen. Zweifel hinsichtlich der Umwandlungsfähigkeit der ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen folgen nach hier vertretener Ansicht allerdings bereits aus dem Zweck des Grund- resp. Stammkapitals von Kapitalgesellschaften und dessen Bedeutung für den Gläubigerschutz. Das Grund- resp. Stammkapital stellt das Mindesthaftkapital einer Gesellschaft dar und dient als notwendiger Ausgleich für die auf das Kapital beschränkte Haftung dem Schutz der Gläubiger.280 Wenn die Gläubiger schon nicht die Gesellschafter persönlich in Anspruch nehmen können, soll ihnen zumindest das Grund- resp. Stammkapital als Haftungsmasse zur Verfügung stehen. Dieser gläubigerschützende Zweck kann allerdings nur erreicht werden, wenn das Grund- resp. Stammkapital voll werthaltig und tatsächlich vorhanden ist resp. effektiv aufgebracht wurde. Dies zeigen insbesondere die strengen Regelungen zur 277

Siehe Zweites Kapitel, A., I., 3., a). So auch Kropff, FS Hüffer, 539, 544. Im Ergebnis ebenso, aber ohne weitere Begründung Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 248; MüKo/ Reiner/Haußer, HGB, § 268 Rn. 54. 279 Vgl. zu dem daraus resultierenden doppelten Gläubigerschutz bereits Zweites Kapitel, A., I., 3. 280 Vgl. dazu m.w.N. MüKo/Bayer, AktG, § 6 Rn. 6; MüKo/Märtens, GmbHG, § 5 Rn. 27; Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, § 7 Rn. 1; Ulmer/Ulmer, GmbHG, § 5 Rn. 9. 278

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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Kapitalaufbringung, zur Kapitalerhaltung und vor allen Dingen die engen Voraussetzungen für Sacheinlagen. Die auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Positionen zurückgehenden Gewinne, und somit auch Teile der Gewinnrücklagen, sind jedoch weder voll werthaltig noch wurden sie tatsächlich realisiert resp. aufgebracht. Sie sind rein fiktives Vermögen, das den Gläubigern faktisch nicht als Haftungsmasse zur Verfügung steht. Würde man nun aber die in ihrer Werthaltigkeit als unsicher zu bezeichnenden und nach der gesetzlichen Wertung mit erheblichen Unsicherheiten hinsichtlich ihrer tatsächlichen Realisierung verbundenen Beträge in Grund- resp. Stammkapital umwandeln, wäre auch dieser Teil des Eigenkapitals nicht mehr voll werthaltig. Der Sinn und Zweck von Grund- resp. Stammkapital, den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber eine werthaltige Haftungsmasse darzustellen, könnte ebenfalls nicht mehr voll gewährleistet werden. Bereits aus diesem Grund sind die ausschüttungsgesperrten Teile der Gewinnrücklagen nach hier vertretener Ansicht als nicht umwandlungsfähig zu betrachten. Sie sind nicht werthaltig, was wiederum dem Sinn und Zweck von Grund- und Stammkapital, den Gläubigern der Gesellschaft eine werthaltige Haftungsmasse darzustellen, eindeutig entgegensteht. Neben diesen aus dem Sinn und Zweck des Grund- resp. Stammkapitals folgenden Erwägungen spricht auch das Gesetz eindeutig gegen die Umwandlungsfähigkeit der ausschüttungsgesperrten Teile der Gewinnrücklagen. Es muss Berücksichtigung finden, dass für Aktiengesellschaften, Europäische Gesellschaften sowie Kommanditgesellschaften § 208 Abs. 2 S. 2 AktG und für Gesellschaften mit beschränkter Haftung § 57d Abs. 3 GmbHG klare Vorgaben für die Umwandlungsfähigkeit von Rücklagen aufstellen, unter die die ausschüttungsgesperrten Rücklagen nicht positiv zu fassen sind. Aus § 208 Abs. 2 S. 2 AktG folgt, dass „Gewinnrücklagen und deren Zuführungen, die für einen bestimmten Zweck bestimmt sind, […] nur umgewandelt werden [dürfen], soweit dies mit ihrer Zweckbestimmung vereinbar ist“. Und in § 57d Abs. 3 GmbHG heißt es wörtlich: „Andere Gewinnrücklagen, die einem bestimmten Zweck zu dienen bestimmt sind, dürfen nur umgewandelt werden, soweit dies mit ihrer Zweckbestimmung vereinbar ist.“ Entscheidend für die Umwandlungsfähigkeit einer Gewinnrücklage ist nach diesen Vorschriften die konkrete Zweckbestimmung der Rücklage. Ob eine Umwandlung der jeweiligen Gewinnrücklage im Einzelfall mit ihrer Zweckbestimmung vereinbar ist, bestimmt sich im Allgemeinen nach der Aktivierungsfähigkeit der Aufwendungen, für die die Rücklage bestimmt ist. Umwandlungsfähigkeit wird immer angenommen, wenn die Rücklage zur Deckung aktivierungsfähiger Aufwendungen bestimmt ist.281 Rücklagen für nicht aktivierungs-

281 Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Fastrich, GmbHG, § 57d Rn. 10; Hüffer, AktG, § 208 Rn. 8; MüKo/Arnold, AktG, § 208 Rn. 35; MüKo/Lieder, GmbHG, § 57d Rn. 25; Roth/Altmeppen/Roth, GmbHG, § 57d Rn. 7; Spindler/Stilz/Fock/Wüsthoff, AktG, § 208 Rn. 32.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

fähige Aufwendungen sind dahingegen nicht umwandlungsfähig, weil sie zur Deckung zukünftiger Vermögensminderungen bestimmt sind.282 Überträgt man diese allgemeingültigen Vorgaben auf die Gewinnrücklagen, die zum Ausgleich zukünftiger Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen bestimmt sind, kann man nach hier vertretener Ansicht nur zu der Schlussfolgerung kommen, dass diese Gewinnrücklagen nicht umwandlungsfähig sind. Denn die Wertminderungen der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzposten führen zu Aufwendungen, die durch die Gewinnrücklagen ausgeglichen werden sollen, sodass diese Aufwendungen wie nicht aktivierungsfähige Aufwendungen zu behandeln sind. Und da Rücklagen, die zur Deckung der nicht aktivierungsfähigen Aufwendungen bestimmt sind, nicht umwandlungsfähig sind, können auch Rücklagen, die zum Ausgleich der Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen bestimmt sind, ebenfalls nicht als umwandlungsfähig angesehen werden.283 Dementsprechend spricht gegen die Umwandlungsfähigkeit der auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Positionen zurückgehenden ausschüttungsgesperrten Teile der Gewinnrücklagen nicht nur der Sinn und Zweck des Grund- resp. Stammkapitals, sondern ebenfalls und eindeutig die von Gesetzes wegen statuierten Umwandlungsvoraussetzungen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass durch die Einführung des Wahlrechts hinsichtlich der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, der Ausweismöglichkeit eines Aktivüberhangs latenter Steuern und der Bewertung des Planvermögens zum beizulegenden Zeitwert lediglich der Informationsgehalt der Bilanz gesteigert werden sollte.284 Über die Informationssteigerung hinausgehende Maßnahmen sollten durch die Veränderungen der Bilanzierungsmöglichkeiten nicht ermöglicht werden.285 Würde man nun aber eine Umwandlung der ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen zulassen, die dem Grunde nach auf das Ziel der Steigerung des Informationsgehaltes der Bilanz zurückgehen, würde dies über das mit dem BilMoG verfolgte gesetzgeberische Ziel hinausgehen. Auch dies steht der Umwandlung der ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen nach hier vertretener Ansicht entgegen. Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass eine Umwandlung der Gewinnrücklagen, die zum Ausgleich etwaiger zukünftiger Wertminderungen bestimmt sind, zwar nicht zu einem Verstoß gegen § 268 Abs. 8 HGB führen und auch nicht 282 Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Fastrich, GmbHG, § 57d Rn. 10; Hüffer, AktG, § 208 Rn. 8; MüKo/Arnold, AktG, § 208 Rn. 35; Roth/Altmeppen/Roth, GmbHG, § 57d Rn. 7; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, § 208 Rn. 8. 283 So i.E. auch zu §§ 269 S. 2, 274 Abs. 2 S. 3 HGB: Bürgers/Körber/Marsch-Barner, AktG, 1. Aufl. 2008, § 208 Rn. 7; GroßKomm/Hirte, AktG, § 208 Rn. 28; MüKo/Arnold, AktG, § 208 Rn. 31. 284 Vgl. Einführung, A., II. 285 Vgl. bezogen auf erhöhte Gewinnausschüttungen u. a. auch Kaeser, DStR 2010, Beih. zu Heft 30, 56, 58; Kieker/Vollmar, DStR 2009, 842; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 102 und hinsichtlich erhöhter Gewinnabführungen Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 58.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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unmittelbar die Gläubiger benachteiligen würde. Eine Umwandlung würde jedoch dem Sinn und Zweck von Grund- resp. Stammkapital entgegenstehen und ist insbesondere auf Grund der gesetzlichen Vorgaben in § 208 Abs. 2 S. 2 AktG resp. in § 57d Abs. 3 GmbHG nicht zulässig. Eine Kapitalerhöhung mit ausschüttungsgesperrten Teilen der Gewinnrücklagen, die auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Positionen zurückgehen, ist nicht durchführbar. 2. Erwerb eigener Anteile Die Frage nach der Verwendungsfähigkeit von ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen, die auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Positionen zurückgehen, stellt sich nicht nur im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, sondern auch im Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Anteile. Ebenso wie bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bedarf es auch hier einer Klärung, ob die ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen beim Erwerb eigener Anteile herangezogen werden dürfen. Maßgebend abzustellen ist für die Beantwortung dieser Frage bei Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien auf § 71 Abs. 2 S. 2 AktG und bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung auf § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG. Gemäß § 71 Abs. 2 S. 2 AktG ist der Erwerb eigener Aktien zu den Zwecken des § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 7 und 8 AktG nur zulässig, „[…] wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb bilden könnte, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden darf“. § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG ist ähnlich formuliert und lautet: „Eigene Geschäftsanteile, auf welche die Einlage vollständig geleistet ist, darf sie [die Gesellschaft] nur erwerben, sofern sie im Zeitpunkt des Erwerbs eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb bilden könnte, ohne das Stammkapital oder eine nach dem Gesellschaftsvertrag zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zur Zahlung an die Gesellschafter verwandt werden darf“. Diese beiden Vorschriften stellen an die Eigenkapitalausstattung anknüpfende Voraussetzungen für den Erwerb eigener Anteile auf. Kapitalgesellschaften dürfen demnach eigene Anteile nur erwerben, sofern sie im Zeitpunkt des Erwerbs über frei verfügbare Eigenkapitalbestandteile in Höhe der Erwerbsaufwendungen verfügen, mit denen sie eine Rücklage bilden könnten („hypothetische“286 oder „fiktive“287 Rücklage).288 Das Grund- resp. Stammkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung 286 Vgl. nur Bürgers/Körber/Wieneke, AktG, § 71 Rn. 46; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 21a; Michalski/Sosnitza, GmbHG, § 33 Rn. 23. 287 So bspws. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 33 Rn. 9; MüKo/Löwisch, GmbHG, § 33 Rn. 45; Saenger/Inhester/Langheim/Klingsch, GmbHG, § 33 Rn. 17; Roth/Altmeppen/ Altmeppen, GmbHG, § 33 Rn. 25; Schmidt/Lutter/Bezzenberger, AktG, § 71 Rn. 59. 288 Vgl. zum Hintergrund dieser Erwerbsvoraussetzung Hüttemann, FS Herzig, 595, 596 ff.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

resp. Gesellschaftsvertrag zu bildende Rücklage, die nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden darf, ist bei der Prüfung dieser Voraussetzung außer Acht zu lassen. Dementsprechend ist unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes zu hinterfragen, ob ein ausschüttungsgesperrter und auf § 268 Abs. 8 HGB zurückgehender Teil der Gewinnrücklagen eine nach Gesetz oder Satzung resp. Gesellschaftsvertrag zu bildende Rücklage ist, die nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden darf, oder ob diesem Teil der Gewinnrücklagen andere Eigenschaften zukommen und er die Anforderungen des § 71 Abs. 2 S. 2 AktG resp. § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG erfüllt. Nur in dem letztgenannten Fall könnte der ausschüttungsgesperrte Teil der Gewinnrücklagen im Rahmen eines Erwerbs eigener Anteile herangezogen werden. § 71 Abs. 2 S. 2 AktG als auch § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG erfassen ihrem Wortlaut nach nur „[…] eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage […]“ resp. „[…] eine nach dem Gesellschaftsvertrag zu bildende Rücklage […]“. Eine auf § 268 Abs. 8 HGB zurückgehende, ausschüttungsgesperrte Rücklage ist allerdings weder bei Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien noch bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung von Gesetzes wegen oder auf Grund satzungsmäßiger resp. gesellschaftsvertraglicher Regelungen zwingend zu bilden. Vielmehr steht es den Gesellschaftern frei, im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses selbst darüber zu entscheiden, ob ein ausschüttungsgesperrter Teil des Bilanzgewinnes resp. des Jahresüberschusses in die Gewinnrücklagen eingestellt wird.289 Anstelle einer Einstellung in die Gewinnrücklagen können die Gesellschafter auch beschließen, und dies wird in der Regel der Fall sein, dass der ausschüttungsgesperrte Teil als Gewinn vorgetragen wird.290 Eine Pflicht zur Bildung einer Gewinnrücklage ist demnach nicht anzunehmen, sodass der eindeutige Wortlaut des § 71 Abs. 2 S. 2 AktG resp. des § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG dafür spricht, dass die ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen nicht unter die von den Vorschriften erwähnten Rücklagen zu fassen sind.291 Ein Erwerb eigener Anteile wäre demnach unter Heranziehung der ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen möglich. Neben dieser Beschränkung auf eine von Gesetzes wegen oder auf Grund satzungsmäßiger resp. gesellschaftsvertraglicher Regelung zu bildenden Rücklage spricht der Wortlaut des § 71 Abs. 2 S. 2 AktG resp. des § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG auch davon, dass eine Rücklage nicht herangezogen werden kann, wenn sie „[…] nicht zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden darf“ resp. wenn sie „[…] nicht zur Zahlung an die Gesellschafter verwandt werden darf“. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass für den Erwerb eigener Anteile nur die Rücklagen Beachtung finden dürfen, die auch an die Gesellschafter ausgeschüttet werden können. Dies ist aber bei einer auf Grund des § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Gewinn289 290 291

Vgl. Zweites Kapitel, A., IV. Vgl. Zweites Kapitel, A., IV. Ebenso Kropff, FS Hüffer, 539, 545 ff.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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rücklage gerade nicht der Fall. Eine solche Gewinnrücklage ist verwendungs- resp. ausschüttungsbeschränkt. Die Auflösung der Rücklage und eine anschließende Ausschüttung sind nicht möglich. Dies hat zur Konsequenz, dass ausschüttungsgesperrte Gewinnrücklagen zumindest nach dieser weiteren in § 71 Abs. 2 S. 2 AktG resp. in § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG aufgestellten Voraussetzung unter die von den Vorschriften erwähnten Rücklagen fallen292 und ein Erwerb eigener Anteile unter Heranziehung der ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen nicht möglich wäre. Der Wortlaut des § 71 Abs. 2 S. 2 AktG resp. des § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG spricht demnach einerseits für ein Berücksichtigung der ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen im Rahmen des Erwerbs eigener Anteile und andererseits auch dagegen. Eine eindeutige Einordnung der Gewinnrücklagen lediglich auf Grundlage des Wortlautes der Vorschriften ist somit nicht möglich. Betrachtet man darüber hinaus allerdings den Zweck der den Erwerb eigener Anteile regelnden Vorschriften, kann trotz des mehrdeutigen Wortlautes eine eindeutige Einordnung der ausschüttungsgesperrten Rücklagen erfolgen. Sowohl § 71 Abs. 2 S. 2 AktG als auch § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG sollen sicherstellen, […] dass der Rückkauf eigener Aktien nur aus dem ausschüttungsfähigen Vermögen erfolgt“.293 Hintergrund dessen ist, dass nach wirtschaftlicher Betrachtung ein Rückkauf eigener Anteile dazu führt, dass Kapital an die Anteilseigner zurückfließt und unter Berücksichtigung des gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungssystems ein derartiger Rückfluss von Kapital nur mit Mitteln erfolgen darf, die auch anderweitig an die Gesellschafter hätten ausgekehrt werden können.294 Die auf Grund des § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen erfüllen diese Eigenschaften nicht. Sie dürfen nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, sondern dienen vielmehr dazu, etwaige zukünftig anfallende Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen ausgleichen zu können. Sie sind daher selbst mit einem erhöhten Risiko eines zukünftigen Wertverlustes verbunden.295 Würde man diese Rücklagen dennoch im Rahmen des Erwerbs eigener Anteile heranziehen, könnte nicht mehr sichergestellt werden, dass „der Rückkauf eigener Anteile nur aus dem ausschüttungsfähigen Vermögen erfolgt“. Ein Rückkauf würde nicht mit Kapital erfolgen, das auch anderweitig an die Gesellschafter hätte ausgeschüttet werden können. Da § 71 Abs. 2 S. 2 AktG resp. § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG aber gerade sicherstellen sollen, dass ein Rückkauf nur mit frei ausschüttbarem Kapital erfolgt, würde eine Heranziehung der ausschüttungsgesperrten Beträge dem 292

So auch Kropff, FS Hüffer, 539, 546; Wachter/Servatius, AktG, § 71 Rn. 49. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 101. 294 Vgl. dazu RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 66. Ebenso zu § 71 AktG u. a. Bürgers/ Körber/Wienke, AktG, § 71 Rn. 1; KölnerKomm/Lutter/Drygala, AktG, § 71 Rn. 16; Schmidt/ Lutter/Bezzenberger, AktG, § 71 Rn. 54 und zu § 33 GmbHG u. a. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 33 Rn. 1; Michalski/Sosnitza, GmbHG, § 33 Rn. 23; MüKo/Löwisch, GmbHG, § 33 Rn. 45. 295 So Kropff, FS Hüffer, 539, 547. 293

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Sinn und Zweck der Vorschriften eindeutig entgegenstehen.296 Der Erwerb eigener Anteile unter bloßer Berücksichtigung der ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen ist dementsprechend nicht möglich. Für dieses Ergebnis spricht im Übrigen auch hier wieder, dass durch die mit dem BilMoG verfolgten Änderungen hinsichtlich der Bilanzierung ausschließlich eine Steigerung des Informationsgehaltes der Bilanz erreicht werden sollte.297 Sonstige gesellschaftsrechtliche Maßnahmen sollten nicht ermöglicht werden. Dies wäre allerdings der Fall, würde man die ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen im Rahmen des Erwerbs eigener Anteile miteinbeziehen. Trotz des Sinn und Zwecks des § 71 Abs. 2 S. 2 AktG resp. des § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG, der eindeutig gegen eine Heranziehung der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen bei Erwerb eigener Anteile spricht, sind in der Literatur vereinzelt Einwände zu finden, die zur Begründung der Einbeziehung dieser Rücklagen angeführt werden. Zum einen soll für die Heranziehung der ausschüttungsgesperrten Rücklagen bei Erwerb eigener Anteile ein Vergleich mit der vor BilMoG bestehenden Rechtslage sprechen. Konkret wird dabei auf die frühere Rücklage für eigene Anteile gem. § 272 Abs. 4 HGB a.F. abgestellt und damit argumentiert, dass „zur Bildung dieser früheren Rücklage für eigene Anteile […] frei verfügbare Rücklagen herangezogen werden [konnten], ohne dass der Wortlaut voraussetzte, dass sie auch „zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden“ durften“.298 Demgemäß sei „[…] auch im früheren Schrifttum nicht in Frage gestellt worden […], dass die ja bereits früher bekannten, wenngleich in der Praxis nicht sehr bedeutenden ausschüttungsgesperrten Rücklagen zur Bildung der Rücklage für eigene Anteile herangezogen werden konnten“.299 Und wenn „[…] die gesperrten Rücklagen sogar für die frühere Rücklage für eigene Anteile herangezogen werden könnten […], so besteht kein Grund, sie bei § 71 Abs. 2 S. 2 AktG außer Ansatz zu lassen“.300 In gleichem Maße wird für eine Einbeziehung der ausschüttungsgesperrten Rücklagen angeführt, „[…] dass nichts dagegen [spreche], die nach § 268 Abs. 8 HGB gesperrten Rücklagen für die Bildung der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen heranzuziehen. § 272 Abs. 4 S. 3 HGB [spreche] ohne weiteren Zusatz von „vorhandenen frei verfügbaren Rücklagen“.301

296 So auch Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 133; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 21a; Kropff, FS Hüffer, 539, 546 ff.; Schmidt/Lutter/Bezzenberger, AktG, § 71 Rn. 59; Wachter/Servatius, AktG, § 71 Rn. 49. Unentschlossen Heidel/Block, Aktienrecht, § 71 AktG, Rn. 81. 297 Vgl. Einführung, A., II. 298 Kropff, FS Hüffer, 539, 546. 299 Kropff, FS Hüffer, 539, 546. 300 Kropff, FS Hüffer, 539, 546. 301 Kropff, FS Hüffer, 539, 546.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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Diesen Einwänden, denen im Ergebnis von der angeführten Literatur selbst nicht gefolgt wird, ist nach hier vertretener Ansicht entgegenzuhalten, dass sie von zwei falschen Grundannahmen ausgehen. Zwar ist es richtig, dass für die Bildung der Rücklage für eigene Anteile in § 272 Abs. 4 HGB a.F. nicht vorausgesetzt wurde, dass frei verfügbare Rücklagen „auch zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden“ konnten. Gleiches gilt für die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen gem. § 272 Abs. 4 HGB n.F. Denn § 272 Abs. 4 S. 3 HGB a.F. forderte und § 272 Abs. 4 S. 3 HGB n.F. fordert nur, dass die Rücklage „[…] aus vorhandenen Gewinnrücklagen gebildet werden [darf], soweit diese frei verfügbar sind“ resp., dass die Rücklage „aus vorhandenen frei verfügbaren Rücklagen gebildet werden“ darf. Des Zusatzes, „auch zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden“, bedarf es nach hier vertretener Ansicht allerdings von vornherein nicht, sofern bereits von „frei verfügbaren (Gewinn-)Rücklagen“ gesprochen wird. Dies ergibt sich daraus, dass eine Rücklage, die nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden kann, schon per se nicht frei verfügbar ist. Wäre sie frei verfügbar, dann beständen keinerlei Verwendungs- resp. Ausschüttungsbeschränkungen und eine Ausschüttung wäre möglich. Eines besonderen Zusatzes, dass eine (Gewinn-) Rücklage nicht „zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden darf“ bedarf es dazu nicht. Diese Beschränkung folgt bereits unmittelbar aus der Begrifflichkeit „frei verfügbar“.302 Darüber hinaus ist auch die Annahme falsch, dass der Wortlaut des Gesetzes vor BilMoG nicht verlangte, dass nur Rücklagen heranzuziehen waren, die „auch zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden“ durften. Es ist zwar richtig, dass § 272 Abs. 4 HGB a.F. diese Voraussetzung nicht aufstellte. § 71 Abs. 2 S. 2 AktG a.F. resp. § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F. verlangten für den Erwerb eigener Anteile resp. die Bildung der Rücklage gem. § 272 Abs. 4 HGB a.F. gleichwohl aber, dass nur Rücklagen einzubeziehen waren, die auch „zu Zahlungen an die Aktionäre [Gesellschafter] verwandt werden“ durften. Dass dieser Zusatz nicht in § 272 Abs. 4 HGB a.F. zu finden war, macht hinsichtlich der Voraussetzungen für die Rücklagenbildung keinen Unterschied, da § 71 Abs. 2 S. 2 AktG a.F. resp. § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F. als den Erwerb eigener Anteile gesellschaftsrechtlich regelnde Vorschriften gleichermaßen zu berücksichtigen waren. Zudem bedurfte es des Zusatzes in § 272 Abs. 4 HGB a.F. auch nicht, da dort, anders als in § 71 Abs. 2 S. 2 AktG a.F. resp. § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F., von „frei verfügbaren“ Rücklagen gesprochen wurde. Dementsprechend sah das Gesetz auch vor BilMoG vor, dass nur Rücklagen angesetzt werden durften, die „auch zur Zahlung an die Aktionäre [Gesellschafter] verwandt werden“ konnten.

302

A.A. Beck’scherBilKo/Förschle/Hofmann, § 272 HGB, Rn. 302; Herzig/Fuhrmann/ Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 248 und KölnerKomm/Mock, Rechnungslegungsrecht, § 272 HGB, Rn. 221, die trotz des eindeutigen Wortlautes des § 272 Abs. 4 S. 3 HGB für eine Rücklagenbildung gem. § 272 Abs. 4 HGB mit gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträgen sind.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Festzuhalten bleibt somit, dass gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Rücklagen keine Rücklagen sind, die „zur Zahlung an die Gesellschafter verwandt werden dürfen“. Dementsprechend müssen diese Rücklagen im Rahmen des Erwerbs eigener Anteile gem. § 71 AktG resp. gem. § 33 GmbHG außer Acht bleiben und können nicht für einen Erwerb herangezogen werden. Dem kann auch nicht ein Vergleich mit der alten Rechtslage oder der Rücklagenbildung für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen gem. § 272 Abs. 4 HGB entgegengehalten werden, da auch bereits vor BilMoG resp. bei der Rücklagenbildung gem. § 272 Abs. 4 HGB ausschüttungsgesperrte Rücklagen nicht angesetzt werden durften resp. dürfen. Zusätzlich zu dieser Feststellung ist darauf hinzuweisen, dass sich eine mit der hier besprochenen Thematik vergleichbare Fragestellung bei der Verrechnung eines Agios gem. § 272 Abs. 1a S. 2 HGB ergibt. Wegen des eindeutigen Wortlautes des § 272 Abs. 1a S. 2 HGB, der von einer Verrechnung mit „frei verfügbaren Rücklagen“ spricht, müssen gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Rücklagen allerdings auch hier unberücksichtigt bleiben.303 3. Einziehung von Anteilen Die Frage nach der Verwendungsfähigkeit von auf Grund der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB gebildeten Gewinnrücklagen stellt sich nicht nur im Rahmen von Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln und dem Erwerb eigener Anteile, sondern auch im Zusammenhang mit der Einziehung von Anteilen. Dies gilt sowohl für Aktiengesellschaften, Europäische Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien als auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Bei AG, SE und KGaA stellt sich die Frage nach der Verwendungsfähigkeit konkret bei Durchführung einer vereinfachten Einziehung von Aktien gem. § 237 Abs. 3 AktG, wobei im Weiteren zwischen einer Einziehung von Aktien gegen Entgelt und einer Einziehung von eigenen Aktien nach Erwerb unterschieden werden muss. Die gleiche Unterscheidung ist bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung vorzunehmen, bei denen die Einziehung von Geschäftsanteilen einheitlich nach § 34 GmbHG erfolgt. a) Einziehung gegen Entgelt aa) Einziehung von Aktien gem. § 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG Aktiengesellschaften, Europäische Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien können gem. § 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG Aktien zwangsweise gegen Entgelt und ohne Berücksichtigung der strengen Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung einziehen, wenn auf die Aktien der Ausgabebetrag voll geleistet ist und die Einziehung „[…] zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen Gewinnrücklage [erfolgt], soweit sie zu diesem Zweck verwandt werden können […]“. 303 A.A. Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 133; Herzig/Fuhrmann/ Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 248; Kropff, FS Hüffer, 539, 544.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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In Ansehung dieser Voraussetzungen fragt sich unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes, ob gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Gewinnrücklagen solche Rücklagen sind, die „zum Zweck der Einziehung von Aktien“ verwandt werden können. Ist dies zu bejahen und ist zudem im konkreten Fall der Ausgabebetrag auf die Aktien voll geleistet, können derartige Gewinnrücklagen zum Ausgleich des Entgelts für eine Einziehung und somit „zum Zwecke der Einziehung“ benutzt werden. Sollte den gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Rücklagen diese Eigenschaft nicht zukommen, können sie auch nicht zur Einziehung von Aktien herangezogen werden. Für eine genauere Einordnung der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen ist folglich maßgebend, wann eine Rücklage „zum Zweck der Einziehung von Aktien“ verwandt werden darf. Diese Eigenschaft wird einer Rücklage im Allgemeinen immer dann zugesprochen, wenn sie der Höhe nach dem Entgelt der Einziehung entspricht und keiner anderen Verwendungsbeschränkung unterliegt.304 Ob eine Rücklage der Höhe nach dem Entgelt entspricht, kann nicht allgemeingültig festgestellt werden, sondern ist im Einzelfall zu beurteilen. Ähnliches gilt in der Regel für den Verwendungszweck von Gewinnrücklagen oder satzungsmäßigen Rücklagen, da sie entweder, wie von Gesetzes wegen vorgesehen, frei verfügbar sind oder ihnen auf Grund gesellschaftsvertraglicher Ausgestaltung eine bestimmte Zweckbindung zugewiesen wurde.305 Gewinnrücklagen, die auf § 268 Abs. 8 HGB zurückgehen, sind in ihrer Verwendungsfähigkeit jedoch stets beschränkt. Sie sind nicht frei verfügbar, sondern dienen zum Ausgleich etwaiger späterer Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Aktivposten. Gemäß § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Gewinnrücklagen können folglich nicht „zum Zwecke der Einziehung von Aktien“ verwandt werden, da sie einer anderen Verwendungsbeschränkung unterliegen. Die vereinfachte Einziehung von Aktien gem. § 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG ist mit auf § 268 Abs. 8 HGB zurückgehenden Rücklagen nicht möglich.306 Zusätzlich zu den auf die Zweckgebundenheit der Gewinnrücklagen abstellenden Voraussetzungen muss im Rahmen einer vereinfachten Einziehung von Aktien und unter Berücksichtigung des § 268 Abs. 8 HGB ebenfalls beachtet werden, dass gem. § 237 Abs. 5 AktG „in den Fällen des Absatzes 3 Nr. 1 und 2 [des § 237 AktG] […] in die Kapitalrücklage ein Betrag einzustellen [ist], der dem auf die eingezogenen Aktien entfallenden Betrag des Grundkapitals gleichkommt“. Mit diesen Einstellungen in die Kapitalrücklage sollen die Gläubiger der Gesellschaft geschützt werden.307 Es soll sichergestellt werden, dass der Betrag des durch die Einziehung 304 Vgl. nur Hüffer, AktG, § 237 Rn. 34; KölnerKomm/Lutter, AktG, § 237 Rn. 102; MüKo/ Oechsler, AktG, § 237 Rn. 99; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, § 237 Rn. 39; Spindler/Stilz/ Marsch-Barner, AktG, § 237 Rn. 31. 305 Vgl. Zweites Kapitel, A., I., 2. 306 Ebenso Hüffer, AktG, § 237 Rn. 34; Kropff, FS Hüffer, 539, 548. 307 Siehe nur Hüffer, AktG, § 237 Rn. 38; KölnerKomm/Lutter, AktG, § 237 Rn. 112; MüKo/Oechsler, AktG, § 237 Rn. 108; Spindler/Stilz/Marsch-Barner, AktG, § 237 Rn. 38.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

herabgesetzten Grundkapitals nicht an die Gesellschafter fließt, sondern vielmehr den Verwendungsrestriktionen des § 150 Abs. 3 u. 4 AktG unterliegt.308 In diesem Zusammenhang wird vereinzelt in der Literatur vertreten, dass zwar „gegen eine Ausschüttung gesperrte Rücklagen […] nicht zur Zahlung eines Entgelts für die Einziehung herangezogen werden [können], wohl aber – da es insoweit nicht um eine Ausschüttung geht – zur Einstellung in die Kapitalrücklage nach § 237 Abs. 5 AktG“.309 Gemäß § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Gewinnrücklagen, die dem Zwecke des späteren Aufwendungsausgleichs dienen, sollen folglich in die Kapitalrücklage gem. § 237 Abs. 5 AktG eingestellt werden können. Diese Annahme der zitierten Literatur erscheint nach hier vertretener Ansicht äußerst fragwürdig, da eine Bildung der Rücklage gem. § 237 Abs. 5 AktG aus Gewinnrücklagen auch unabhängig von § 268 Abs. 8 HGB nicht in Betracht kommt. Denn es muss Berücksichtigung finden, dass die Rücklage gem. § 237 Abs. 5 HGB nach einhelliger Meinung analog § 240 S. 2 AktG gebildet wird.310 Dies bedeutet, dass die Bildung der Rücklage ohne Weiteres über die Gewinn- und Verlustrechnung läuft und in der Verlängerungsrechnung zu dieser analog § 240 S. 2 AktG in Höhe des herabgesetzten Grundkapitals ein gesonderter Posten „Einstellung in die Kapitalrücklage nach § 237 Abs. 5 AktG“311 auszuweisen ist. Auf diese Weise wird der aus der vereinfachten Einziehung der Aktien resp. der Kapitalherabsetzung resultierende und gem. § 240 S. 1 AktG in der Gewinn- und Verlustrechnung als „Ertrag aus der Kapitalherabsetzung“ auszuweisende Betrag ausgeglichen. Dieser Ertrag würde sich ohne die Rücklagenbildung als Gewinn auswirken und könnte auf diese Weise wieder an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Wirtschaftlich entspricht die Einstellung in die Kapitalrücklage somit dem Ertrag aus der Herabsetzung des Grundkapitals. Wenn man somit überhaupt davon spricht, dass die Rücklage zulasten eines anderen Postens gebildet wird, dann kann dieser Posten nur der Ertrag aus der Kapitalherabsetzung sein, der gem. § 240 S. 1 AktG in die Verlängerungsrechnung der GuV eingestellt wurde. Eine Bildung zulasten einer gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklage ist allerdings nicht möglich.

308

Vgl. Hüffer, AktG, § 237 Rn. 38; KölnerKomm/Lutter, AktG, § 237 Rn. 112; MüKo/ Oechsler, AktG, § 237 Rn. 108; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, § 237 Rn. 49; Spindler/Stilz/ Marsch-Barner, AktG, § 237 Rn. 39. 309 Kropff, FS Hüffer, 539, 548. 310 Vgl. u. a. Budde/Förschle/Winkeljohann/Förschle/Heinz, Sonderbilanzen, Q Rn. 94; Bürgers/Körber/Becker, AktG, § 240 Rn. 5; Hölters/Haberstock/Greitemann, AktG, § 240 Rn. 6; Hüffer, AktG, § 240 Rn. 5; KölnerKomm/Lutter, AktG, § 240 Rn. 7; MüKo/Oechsler, AktG, § 240 Rn. 6; Schmidt/Lutter/Veil, AktG, § 240 Rn. 7; Spindler/Stilz/Marsch-Barner, AktG, § 240 Rn. 4. 311 Die hier übernommene Bezeichnung des Postens geht auf Hüffer, AktG, § 237 Rn. 5 zurück.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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bb) Einziehung von Geschäftsanteilen gem. § 34 GmbHG Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung richtet sich die Einziehung von Geschäftsanteilen nach § 34 GmbHG. Gemäß § 34 Abs. 1 GmbHG darf die Einziehung nur erfolgen, soweit diese im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Soll sie zudem gegen den Willen des Gesellschafters erfolgen, bedarf es eines sachlichen Grundes, § 34 Abs. 2 GmbHG. Soll die Einziehung des Geschäftsanteils des Weiteren auch gegen ein Entgelt resp. eine Abfindung erfolgen, muss § 34 Abs. 3 GmbHG beachtet werden, wonach bei einer Einziehung die Bestimmung des § 30 Abs. 1 GmbHG unberührt bleibt. Dieser Verweis auf § 30 Abs. 1 GmbHG bedeutet, dass eine Abfindungszahlung nicht dazu führen darf, dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft an die Gesellschafter ausgezahlt wird, vgl. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Für die Zahlung eines Entgelts resp. einer Abfindung hat dies im Konkreten zur Folge, dass sie ausschließlich aus den das Stammkapital der Gesellschaft übersteigenden freien Mitteln erfolgen312 resp. eine solche Zahlung auf Grund der Einziehung von Geschäftsanteilen keine Unterbilanz herbeiführen darf.313 Verwendet man allerdings gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Beträge zur Zahlung einer Abfindung, werden damit nicht nur zweckgebundene Mittel eingesetzt, sondern es entsteht gleichfalls eine Unterbilanz. Denn wie bereits die Ausführungen zur Rückzahlungspflicht der Gesellschafter bei Auszahlung ausschüttungsgesperrter Beträge gezeigt haben314, sind die gem. § 268 Abs. 8 HGB vor einer Ausschüttung gesperrten Beträge bei der Bestimmung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens, § 30 Abs. 1 GmbHG, außer Acht zu lassen. Diese Gewinnrücklagen dienen zum Ausgleich etwaiger zukünftiger Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen und sind nicht frei verfügbar. Eine Auszahlung der ausschüttungsgesperrten Beträge würde zu einer Unterbilanz führen und einen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG darstellen. Dies hat zur Konsequenz, dass bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung eine Einziehung von Geschäftsanteilen mit gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen nicht erfolgen kann. Diese Beträge dürfen nicht zur Zahlung eines Entgelts resp. einer Abfindung verwandt werden.

312 Vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 34 Rn. 1, 12, 39; Ensthaler/Füller/Schmidt/ Ensthaler, GmbHG, § 34 Rn. 11; Michalski/Sosnitza, GmbHG, § 34 Rn. 17; Roth/Altmeppen/ Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 13, 18; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner, GmbHG, § 34 Rn. 24. 313 Vgl. Bork/Schäfer/Thiessen, GmbHG, § 34 Rn. 20; Michalski/Sosnitza, GmbHG, § 34 Rn. 18; MüKo/Strohn, GmbHG, § 34 Rn. 31; Saenger/Inhester/Greitemann/Klingsch, GmbHG, § 34 Rn. 21; Scholz/Westermann, GmbHG, § 34 Rn. 51. 314 Vgl. Zweites Kapitel, C., I., 2.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass sich die im Rahmen des vorherigen Abschnittes aufgeworfene Frage nach der Bildung einer Rücklage aus ausschüttungsgesperrten Beträgen zwecks Ausgleichs eines geringeren Grund- resp. Stammkapitals bei der Einziehung eines Geschäftsanteils gem. § 34 GmbHG von vornherein nicht stellt.315 Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung das Stammkapital nicht verringert und es dementsprechend bei dieser Gesellschaftsform der Bildung einer Rücklage zwecks Gläubigerschutzes von vornherein nicht bedarf.316 b) Einziehung eigener Anteile nach Erwerb Neben der Einziehung von Anteilen gegen Entgelt ist die Einziehung von Aktien resp. Geschäftsanteilen auch nach vorherigem Erwerb möglich.317 Maßgeblich für eine solche Einziehung eigener Aktien ist bei Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien § 237 Abs. 3 Nr. 1 AktG.318 Gemäß dieser Vorschrift können Aktien ohne Beachtung der strengen Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung eingezogen werden, wenn sie „[…] der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt […]“ wurden. § 237 Abs. 3 Nr. 1 AktG gilt zwar seinem Wortlaut entsprechend unmittelbar nur für unentgeltlich der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Aktien. Die Vorschrift ist jedoch auch anzuwenden, wenn Aktien eingezogen werden sollen, die zuvor gegen Entgelt erworben wurden.319 Bilanziell kommt es infolge einer Einziehung eigener Aktien gem. § 237 Abs. 3 Nr. 1 AktG lediglich zu einer Streichung des gem. § 272 Abs. 1a S. 1 HGB in einer Vorspalte zum gezeichneten Kapital ausgewiesenen Postens der eigenen Anteile.320 Sonstige über diese Bilanzbereinigung hinausgehende Maßnahmen sind mit einer solchen Einziehung nicht verbunden. Dies hat zur Konsequenz, dass für die Frage nach einer etwaigen Verwendungsfähigkeit der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüt-

315

Siehe Erstes Kapitel, C., III., 3., a), aa). Siehe dazu nur Lutter/Hommelhoff/Lutter, GmbHG, § 34 Rn. 2; Michalski/Sosnitza, GmbHG, § 34 Rn. 119; MüKo/Strohn, GmbHG, § 34 Rn. 31; Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, § 34 Rn. 80; Scholz/Westermann, GmbHG, § 34 Rn. 51. 317 Siehe zum Erwerb eigener Anteile im Kontext des § 268 Abs. 8 HGB Zweites Kapitel, C., III., 2. 318 Mittlerweile wohl herrschende Ansicht, vgl. Hüffer, AktG, § 237 Rn. 33; Spindler/Stilz/ Marsch-Barner, AktG, § 237 Rn. 29. Ebenso zur vor BilMoG bestehenden Rechtslage Budde/ Förschle/Winkeljohann/Förschle/Heinz, Sonderbilanzen, Q Rn. 92; KölnerKomm/Lutter, AktG, § 237 Rn. 96; MüKo/Oechsler, AktG, § 237 Rn. 94. 319 Vgl. Hüffer, AktG, § 237 Rn. 33; Spindler/Stilz/Marsch-Barner, AktG, § 237 Rn. 29. Ebenso zur vor BilMoG bestehenden Rechtslage Budde/Förschle/Winkeljohann/Förschle/ Heinz, Sonderbilanzen, Q Rn. 92; KölnerKomm/Lutter, AktG, § 237 Rn. 96; MüKo/Oechsler, AktG, § 237 Rn. 94. 320 Kropff, FS Hüffer, 539, 549; Spindler/Stilz/Marsch-Barner, AktG, § 237 Rn. 29. 316

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 268 Abs. 8 HGB

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tungsgesperrten Beträge, anders als bei § 237 Abs. 3 Nr. 2 HGB, von vornherein keinerlei Raum besteht.321 Zudem ist zu berücksichtigen, dass § 237 Abs. 3 Nr. 1 AktG, ebenso wie § 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG, von § 237 Abs. 5 AktG erfasst ist. Nach dem Wortlaut des § 237 Abs. 5 AktG müsste als Folge der Einziehung eigener Anteile ebenfalls ein Betrag in Höhe des Nennbetrages der eingezogenen Aktien in die Kapitalrücklage eingestellt werden. Beachtet werden muss allerdings, dass es einer Rücklagenbildung selbst bei Erwerb der Anteile nicht bedarf und das gezeichnete Kapital vielmehr durch einen offenen Absatz der Anteile gem. § 272 Abs. 1a HGB faktisch verringert wird. Nunmehr aber bei Einziehung der eigenen Anteile eine Rücklagenbildung zu fordern, obwohl es ausschließlich zu einer Bilanzbereinigung kommt, steht nach hier vertretener Ansicht im Widerspruch zu dem Nettoausweis des Grundkapitals und dem Verzicht auf die Bildung einer Rücklage im Rahmen des Erwerbs.322 Eine Rücklagenbildung gem. § 237 Abs. 5 AktG ist bei Einziehung erworbener eigener Anteile abzulehnen, sodass sich auch hier die Frage nach einer etwaigen Verwendung der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Gewinnrücklagen von vornherein nicht stellt. Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung besteht ebenso wie bei AG, SE und KGaA die Möglichkeit der Einziehung erworbener eigener Anteile. Maßgeblich für eine solche Einziehung ist, wie für die Einziehung eigener Anteile gegen Entgelt, § 34 GmbHG. § 34 Abs. 3 GmbHG, der auf die Kapitalerhaltungsvorschrift des § 30 Abs. 1 GmbHG verweist, ist im Fall der Einziehung eigener Anteile allerdings nicht anzuwenden, da die Gesellschaft sich selbst keinerlei Abfindung schuldet und es folglich zu keinem Zahlungsstrom kommt.323 Dementsprechend stellt sich auch bei der Einziehung eigener Geschäftsanteile gem. § 34 GmbHG nicht die Frage nach einer etwaigen Verwendung der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträge für eine Abfindungszahlung. Gleichfalls bedarf es auch im Rahmen der Einziehung erworbener Geschäftsanteile keiner speziellen Rücklagenbildung, in deren Rahmen eine Verwendung der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträge ebenfalls diskutiert werden könnte, da sich das Stammkapital durch diesen Vorgang nicht verändert.324

321

Im Ergebnis ebenso Kropff, FS Hüffer, 539, 549, der allerdings auf Grund des Abstellens auf § 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG die Frage nach der Verwendungsfähigkeit der gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträge zumindest aufwirft. 322 So auch Kropff, FS Hüffer, 539, 549 ff., der allerdings „im Hinblick auf das Risiko der Nichtigkeit des Jahresabschlusses dem Wortlaut folgen und den Nennbetrag der eingezogenen Aktien in die Kapitalrücklage einstellen“ möchte. 323 Siehe nur Michalski/Sosnitza, GmbHG, § 34 Rn. 25; MüKo/Strohn, GmbHG, § 34 Rn. 89; Scholz/Westermann, GmbHG, § 34 Rn. 39. 324 Vgl. Zweites Kapitel, C., III., 3., a), bb).

198

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

D. Die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB Zusätzlich zu der unmittelbaren Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB im Rahmen von Gewinnausschüttungen, der Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB und den im Zusammenhang mit der Ausschüttungssperre auftretenden gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten müssen Kapitalgesellschaften die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB berücksichtigen. Die Anwendung der Abführungssperre kommt allerdings nicht generell in Betracht, sondern nur in Fällen, in denen Kapitalgesellschaften Vertragspartner eines Gewinnabführungsvertrages i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG sind und sie innerhalb dieses Vertragsverhältnisses die zur Gewinnabführung verpflichtete Gesellschaft darstellen. Konkret zu beachten ist § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB sowohl von Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien325 als auch von Gesellschaften mit beschränkter Haftung.326 Mangels entsprechender Vorgängerregelung führt die Anwendung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB zu völlig unbekannten Problemstellungen. Im Vordergrund steht dabei die Frage, welche Auswirkungen die Abführungssperre auf den zulässigen Abführungsbetrag hat und auf welche Weise die Ermittlung des zulässigen Abführungsbetrages, die auch bereits vor BilMoG ohne Berücksichtigung der Abführungssperre von den betroffenen Personenkreisen durchgeführt werden musste, modifiziert wird. Des Weiteren bedarf es der Untersuchung, ob und gegebenenfalls welche Neuerungen aus der auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmenden Vorschrift des § 285 Nr. 28 HGB für den Anhang der gewinnabführenden Kapitalgesellschaften resultieren. Schließlich ist in Anbetracht der Komplexität der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB genauer zu hinterfragen, welche sonstigen Auswirkungen dieser neue Regelungsmechanismus zur Folge hat. Nicht im Einzelnen untersucht wird die Anwendung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB im Rahmen von Teilgewinnabführungsverträgen. § 301 S. 1 AktG ist zwar nach herrschender Meinung327 grundsätzlich auch bei Bestehen eines Teilgewinnabführungsvertrages anzuwenden, sodass gleichfalls die aus der Bezugnahme der Vorschrift auf § 268 Abs. 8 HGB resultierende Abführungssperre bei diesen speziellen Ergebnisabführungsverträgen zur 325 Ausdrücklich zur Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB bei SE und KGaA nur Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 214. 326 So auch Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 2 u. 60; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 214; Kessler/Leinen/Strickmann/Budde/Kessler, Handbuch BilMoG, 445; MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 268 Rn. 46; Salamon, Status:Recht 2009, 248, 249; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 105. 327 Vgl. dazu m.w.N. statt vieler nur Hüffer, AktG, § 301 Rn. 2 und MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 7 ff.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

199

Anwendung kommen muss.328 In der Praxis kommt Teilgewinnabführungsverträgen allerdings keine besondere Bedeutung zu, da Zweck des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages in aller Regel eine ertragsteuerliche Organschaft ist329, Teilgewinnabführungsverträge jedoch nicht die Voraussetzungen einer derartigen Organschaft erfüllen.330 Mangels besonderer praktischer Relevanz wird daher auf eine explizite Auseinandersetzung mit der Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB im Zusammenhang mit Teilgewinnabführungsverträgen verzichtet.

I. Ermittlung des zulässigen Abführungsbetrages Der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB kommt kein für sich alleinstehender Regelungsgehalt zu.331 Vielmehr ist die Abführungssperre als Teilregelung zur Ermittlung des Höchstbetrages zulässiger Abführungen zu verstehen. Aus diesem Grund ist es für die konkrete Anwendung nicht ausreichend, lediglich die vor einer Abführung gesperrten Beträge zu berechnen, sondern es bedarf zunächst der Feststellung, in welcher Höhe abführbare Gewinne vor Berücksichtigung der Abführungssperre in der Gesellschaft vorhanden sind (maximales Abführungspotential). Im Anschluss daran ist der Gesamtbetrag der nach § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Beträge zu ermitteln. Die Differenz dieser beiden Werte ergibt den zulässigen Abführungsbetrag. 1. Maximales Abführungspotential a) Jahresüberschuss gem. GuV Ausgangspunkt für die Berechnung des maximalen Abführungspotentials ist gem. § 301 S. 1 AktG der „[…] ohne die Gewinnabführung [entstehende] Jahresüberschuss […]“. Dieser Wert ist als erster Posten für die Berechnung heranzuziehen. Aus dem Wortlaut des § 301 S. 1 AktG wird deutlich, dass nicht ein tatsächlicher Jahresüberschuss in die Ermittlung des maximalen Abführungspotentials aufzunehmen ist, sondern vielmehr der fiktive Jahresüberschuss angesetzt werden muss, der ohne die Verpflichtung zur Gewinnabführung bestehen würde.332 Die Berechnung dieses 328

Zur Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB im Zusammenhang mit Teilgewinnabführungsverträgen ausdrücklich nur Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. und Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 16 ff., die sich allerdings ausschließlich der allgemeineren Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit der §§ 292 ff AktG auf stille Beteiligungen an einer AG widmet. 329 In diesem Sinne auch Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 6. 330 Vgl. § 14 Abs. 1 S. 1 KStG i.V.m. § 291 Abs. 1 AktG. 331 Vgl. Einführung, C., III., 1. 332 Siehe dazu nur Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 8; Hüffer, AktG, § 301 Rn. 3; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 8; MüKo/Altmep-

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

fiktiven Jahresüberschusses ist mittels einer Vorbilanz durchzuführen. Sein Wert entspricht bei Anwendung des Gesamtkostenverfahrens dem gem. § 275 Abs. 2 Nr. 20 HGB und bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens dem gem. § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB in der GuV ausgewiesenen Posten.333 Der in der GuV angesetzte Wert des fiktiven Jahresüberschusses kann bei AG, SE und GmbH unmittelbar und ohne weitere Modifizierung in die Ermittlung des maximalen Abführungspotentials übernommen werden. Bei Kommanditgesellschaften auf Aktien kann der gem. § 275 Abs. 2 Nr. 20 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB in der GuV ausgewiesene Wert ebenfalls ohne weitere Modifizierung übernommen werden, sofern die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter als das Ergebnis mindernde Aufwendungen angesehen und dementsprechend als sonstige betriebliche Aufwendungen gem. § 275 Abs. 2 Nr. 8 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 7 HGB in die GuV aufgenommen werden.334 Einer Modifizierung des Jahresüberschusses bedarf es allerdings, wenn die Gewinnanteile der Komplementäre der KGaA nicht als ergebnismindernde Aufwendungen, sondern als den Jahresüberschuss nicht tangierende Ergebnisverwendungen angesehen werden.335 In einem solchen Fall kann der gem. § 275 Abs. 2 Nr. 20 resp. gem. § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB ausgewiesene Betrag nicht unmittelbar bei der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials angesetzt werden, sondern ist vorweg um die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter zu kürzen. Hintergrund der Nichtberücksichtigung der den Komplementären einer KGaA zustehenden Gewinnanteile im Rahmen der Gewinnabführung ist, dass gem. § 301 S. 1 AktG maximal der „[…] ohne die Gewinnabführung [entstehende] Jahresüberschuss […]“ abgeführt werden darf. Ohne die Gewinnabführung wäre jedoch der Jahresüberschuss einer KGaA auf Grund des Ausweises der Gewinnanteile der Komplementäre als sonstige betriebliche Aufwendungen gem. § 275 Abs. 2 Nr. 8 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 7 HGB gemindert oder der Jahresüberschuss wäre um die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter im Rahmen der Ergebnisverwendung zu kürzen.336 In keinem Fall würden die Gewinnanteile der Komplementäre in den an die Kommanditaktionäre ausschüttbaren Gewinn eingehen, sodass

pen, AktG, § 301 Rn. 15; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 1, 15; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 7. 333 Vgl. nur Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 8; Hüffer, AktG, § 301 Rn. 3; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 8; MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 15; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 1, 15; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 7. Bei der Ermittlung der GuV-Posten gem. § 275 Abs. 2 Nr. 29 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB muss der besondere Posten für die Abführungsverpflichtung gem. § 277 Abs. 3 S. 2 HGB selbstverständlich außer Acht bleiben, so auch KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 8; MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 15. 334 Vgl. dazu m.w.N. Zweites Kapitel, A., I., 1. 335 Vgl. Zweites Kapitel, A., I., 1. 336 Vgl. dazu m.w.N. Zweites Kapitel, A., I., 1.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

201

die Gewinnanteile auch nicht Gegenstand einer Gewinnabführung sein können.337 Die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA müssen daher bei der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials außer Acht bleiben. b) Verlustvortrag aus dem Vorjahr Neben dem fiktiven Jahresüberschuss ist bei AG, SE, KGaA und GmbH im Rahmen der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials ein etwaiger Verlustvortrag aus dem Vorjahr anzusetzen. Die Berücksichtigung des Verlustvortrages folgt unmittelbar aus § 301 S. 1 AktG, wonach höchstens der Jahresüberschuss vermindert „[…] um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr […]“ als Gewinn abgeführt werden kann. Dem Verlustvortrag aus dem Vorjahr kommt damit eine, das maximale Abführungspotential mindernde Wirkung zu. Beachtet werden muss im Zusammenhang mit dem Ansatz eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr, dass ein solcher Wert ausschließlich aus dem Zeitraum vor Beginn des Abführungsvertrages stammen kann.338 Ein Verlustvortrag aus dem Vertragszeitraum ist dahingegen nicht möglich, da die während der Laufzeit eines Gewinnabführungsvertrages entstehenden Verluste gem. § 302 Abs. 1 AktG vom anderen Vertragsteil auszugleichen sind und dementsprechend der abhängigen Gesellschaft ein die Entstehung eines Verlustvortrages ausschließender, gesetzlicher Ausgleichsanspruch zusteht.339 Für die Ermittlung des maximalen Abführungspotentials folgt aus der Beschränkung des Ansatzes auf vorvertragliche Verlustvorträge, dass ein tatsächlich vorhandener Verlustvortrag nur in das Berechnungsschema aufgenommen werden kann, sofern bereits vor Beginn des Gewinnabführungsvertrages ein Verlustvortrag bestand. Ist dies der Fall, ergibt sich der zu berücksichtigende Wert unmittelbar aus der Vorjahresbilanz der abhängigen Gesellschaft. Abzustellen ist konkret auf den gem. § 266 Abs. 3 A. IV. HGB auf der Passivseite der Bilanz gesondert ausgewiesenen Posten. Dieser Wert ist ohne weitere Modifizierung in die Ermittlung des maximalen Abführungspotentials aufzunehmen. Ist in der Vorjahresbilanz der ab337

So auch Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt/Dötsch, KStG, § 14 Rn. 52, 178; Frotscher, Der Konzern 2005, 139, 142; Frotscher/Maas/Frotscher, KStG, § 14 Rn. 364; Gosch/Neumann, KStG, § 14 Rn. 317. Im Übrigen deckt sich diese Einschätzung mit der einhelligen Ansicht der steuerrechtlichen Literatur, wonach die KGaA nur mit dem aktienrechtlichen Bereich der Kommanditaktionäre Organgesellschaft sein kann, vgl. nur Dötsch, FS Herzig, 243, 256; Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt/Dötsch, KStG, § 14 Rn. 52; Frotscher/Maas/Frotscher, KStG, § 14 Rn. 181, 364. Diese für die Anerkennung des steuerlichen Organschaftsverhältnisses maßgebende Einschätzung hat nach hier vertretener Ansicht auch Indizwirkung für die Nichtberücksichtigung der Gewinnanteile im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Gewinnabführungsverpflichtung. 338 Vgl. nur Hüffer, AktG, § 301 Rn. 5; dazu nur KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 10; MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 16; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 17; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 10. 339 Dazu nur KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 10; MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 16; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 10.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

hängigen Gesellschaft allerdings kein Verlustvortrag ausgewiesen, kann der Ansatz eines derartigen Betrages im Rahmen der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials von vornherein außer Acht bleiben. c) Einstellungen in gebundene Rücklagen aa) Gesetzliche Rücklagen i.S.d. § 300 AktG Zusätzlich zu dem fiktiven Jahresüberschuss und dem Verlustvortrag aus dem Vorjahr sind im Rahmen der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials Einstellungen in die verwendungsbeschränkte gesetzliche Rücklage i.S.d. § 300 AktG anzusetzen. Die Berücksichtigung dieser Werte ergibt sich, ebenso wie der Ansatz eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr, unmittelbar aus § 301 S. 1 AktG, wonach „eine Gesellschaft […] als ihren Gewinn höchstens den ohne die Gewinnabführung entstehenden Jahresüberschuss, vermindert […] um den Betrag, der nach § 300 [AktG] in die gesetzlichen Rücklagen einzustellen ist, […] abführen [kann]“. Einstellungen gem. § 300 AktG in die gesetzliche Rücklage verringern auf Grund der Verwendungsbeschränktheit der Rücklage das maximale Abführungspotential und sind als ergebnismindernder Posten in dessen Berechnung aufzunehmen. § 300 AktG stellt eine auf § 150 AktG Bezug nehmende Spezialnorm dar. Für Aktiengesellschaften, Europäische Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien folgt aus diesem Gesetzesverweis, dass in Fällen der Anwendung des § 300 AktG nicht der gem. § 150 Abs. 2 AktG vorgesehene „[…] zwanzigste Teil des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses […]“ in die gesetzliche Rücklage einzustellen ist, sondern vielmehr ein an die Besonderheiten der Abführungsverträge angepasster Betrag.340 Dieser gem. § 300 i.V.m. § 150 AktG in die gesetzliche Rücklage eingestellte Betrag ist bei AG, SE und KGaA als den Jahresüberschuss mindernder Posten in die Ermittlung des maximalen Abführungspotentials aufzunehmen. Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung kommen eine Anwendung des § 300 AktG und die damit verbundenen Einstellungen in die gesetzliche Rücklage nicht in Betracht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das GmbH-Recht keine mit § 150 AktG vergleichbare gesetzliche Rücklage kennt, sodass von vornherein der Bezugspunkt des § 300 AktG fehlt.341 Dementsprechend ist im Rahmen der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials kein ergebnismindernder Posten für Einstel-

340 Siehe dazu Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 300 AktG, Rn. 1 ff.; Hüffer, AktG, § 300 Rn. 1; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 300 Rn. 1; MüKo/Altmeppen, AktG, § 300 Rn. 1 ff.; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 300 Rn. 1 ff.; Spindler/Stilz/ Euler/Wirth, AktG, § 300 Rn. 1 ff. 341 In diesem Sinne auch Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 300 AktG, Rn. 5; MüKo/Altmeppen, AktG, § 300 Rn. 7; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 54 Rn. 50.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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lungen in die gesetzliche Rücklage gem. § 300 AktG zu bilden, sofern es sich bei der abhängigen Gesellschaft um eine GmbH handelt. Etwas anderes muss allerdings gelten, wenn eine GmbH mit einem Stammkapital von weniger als EUR 25.000 gegründet wurde und die Gesellschaft gem. § 5a Abs. 1 GmbHG als „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ firmiert. Diese Sonderform der GmbH hat gem. § 5a Abs. 3 GmbHG eine verwendungsbeschränkte gesetzliche Rücklage zu bilden, mit der das Ziel verfolgt wird, ebenso wie mit der Rücklagenbildung gem. § 150 AktG342 resp. § 300 AktG343, einen die Gläubiger schützenden Reservefonds aufzubauen.344 Ein Gläubigerinteresse an einem derartigen Reservefonds besteht aber nicht nur in Fällen rechtlicher Selbstständigkeit einer UG (haftungsbeschränkt), sondern auch bei Vorliegen eines Gewinnabführungsvertrages. In Anbetracht des Bestehens eines derartigen Vertrages kann es aber nicht zu einer unmittelbaren Anwendung des § 5a Abs. 3 GmbHG kommen, da auf Grund der Gewinnabführung kein tatsächlicher Jahresüberschuss vorhanden ist und es somit an dem Bezugspunkt der Rücklagenbildung mangelt. Dementsprechend bedarf es auch bei einer UG (haftungsbeschränkt) einer entsprechenden Anwendung des § 300 AktG, dessen Anknüpfungspunkt der fiktive Jahresüberschuss ist. Nur so kann die Bildung eines, die Gläubiger der Gesellschaft schützenden Reservefonds sichergestellt werden. Einstellungen in die gesetzliche Rücklage sind bei einer UG (haftungsbeschränkt) folglich entsprechend § 300 AktG vorzunehmen.345 Die auf diese Weise eingestellten Beträge sind mit ergebnismindernder Wirkung bei der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials anzusetzen. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass sich bei der Bildung der gesetzlichen Rücklage gem. § 300 AktG i.V.m. § 150 AktG resp. § 5a Abs. 3 GmbHG und unter Berücksichtigung des § 301 AktG resp. des § 268 Abs. 8 HGB die Frage stellt, ob der fiktive Jahresüberschuss als Bemessungsgrundlage dieser Rücklagen einer Modifizierung bedarf.346 Hintergrund dieser Fragestellung ist, dass der Zweck der gesetzlichen Rücklagen der Aufbau von Haftungsmasse ist und die Erreichung dieses Zwecks in Anbetracht der mit den von § 301 S. 1 AktG resp. § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzpositionen einhergehenden Unsicherheiten auf den ersten Blick kritisch erscheint.347 Im Ergebnis ist von einer Modifizierung des fiktiven Jahres342

Vgl. statt vieler nur Hüffer, AktG, § 150 Rn. 1; MüKo/Hennrichs/Pöschke, AktG, § 150 Rn. 4; Schmidt/Lutter/Kleindiek, AktG, § 150 Rn. 3. 343 Vgl. nur Hüffer, AktG, § 300 Rn. 1; MüKo/Altmeppen, AktG, § 300 Rn. 1; Schmidt/ Lutter/Stephan, AktG, § 300 Rn. 3; Spindler/Stilz/Euler/Wirth, AktG, § 300 Rn. 2. 344 Siehe nur Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 5a Rn. 21; Michalski/Miras, GmbHG, § 5a Rn. 68; MüKo/Rieder, GmbHG, § 5a Rn. 26. 345 So auch Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 5a Rn. 37; Lutter/Hommelhoff/Lutter/ Kleindiek, GmbHG, § 5a Rn. 41; MüKo/Rieder, GmbHG, § 5a Rn. 56; Scholz/Westermann, GmbHG, § 5a Rn. 39; Stenzel, NZG 2009, 168, 171. 346 Vgl. Zweites Kapitel, A., I., 3., a). 347 Vgl. Zweites Kapitel, A., I., 3., a).

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

überschusses allerdings in gleicher Weise abzusehen wie von einer Abänderung des tatsächlichen Jahresüberschusses als Bemessungsgrundlage bei unmittelbarer Anwendung des § 150 AktG resp. des § 5a Abs. 3 GmbHG.348 Für diese Einschätzung sprechen sowohl der eindeutige Wortlaut des § 300 AktG („aus dem ohne die Gewinnabführung entstehenden Jahresüberschuss“), der sich tatsächlich ergebende doppelte Gläubigerschutz und insbesondere das Risiko der Nichtigkeit des Jahresabschlusses im Fall der Realisierung der kritischen Beträge.349 bb) Sonstige gebundene Rücklagen Neben Einstellungen in die gesetzliche Rücklage gem. § 300 AktG i.V.m. § 150 AktG resp. § 5a Abs. 3 GmbHG sind im Rahmen der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials in gleichem Maße Zuführungen zu sonstigen Gewinnrücklagen zu beachten. Auch wenn eine Berücksichtigung sonstiger Einstellungen nicht ausdrücklich von § 301 S. 1 AktG erwähnt wird, folgt deren Beachtung nach hier vertretener Ansicht aus dem Umstand, dass nicht nur die gesetzliche Rücklage Verwendungsbeschränkungen unterliegt, sondern auch die sonstigen Gewinnrücklagen in ihren Verwendungsmöglichkeiten von Gesetzes wegen oder auf Grund sonstiger Vereinbarungen beschränkt sein können.350 Ist dies der Fall, dürfen die Rücklagen nur zu dem festgelegten Zweck aufgelöst werden und sind demzufolge einer Abführung gem. § 301 S. 2 AktG nicht zugänglich. Das hat wiederum zur Konsequenz, dass Einstellungen in derartige verwendungsbeschränkte Rücklagen das maximale Abführungspotential verringern. Sie sind dementsprechend bei der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials zwingend als ergebnismindernder Posten anzusetzen. Eine verwendungsbeschränkte Gewinnrücklage stellt zum einen die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen gem. § 272 Abs. 4 HGB dar. Dies folgt unmittelbar aus § 272 Abs. 4 S. 4 HGB, wonach „die Rücklage […] aufzulösen [ist], soweit die Anteile an dem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen veräußert, ausgegeben oder eingezogen werden oder auf der Aktivseite ein niedrigerer Betrag angesetzt wird.“ Wird die Rücklage zulasten des (fiktiven) Jahresüberschusses gebildet, was sowohl bei AG, SE, KGaA und GmbH möglich ist351, hat das zur Konsequenz, dass der abführbare Betrag in Höhe der Einstellungen verringert wird.352 Auch ein Ansatz der verwendungsbe348

So auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 631. Vgl. dazu im Einzelnen die Ausführungen unter Zweites Kapitel, A., I., 3., a). 350 Siehe dazu die Ausführungen unter Zweites Kapitel, A., I., 2., b), bb) bis dd). 351 Vgl. nur Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, § 272 Rn. 11; Beck’scherBilKo/Förschle/ Hoffmann, § 272 HGB, Rn. 302; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Knorr/Seidler, HGB, § 272 Rn. 193; Koller/Roth/Morck/Morck, HGB, § 272 Rn. 10. 352 Ebenso Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt/Dötsch, KStG, § 14 Rn. 182e; Frotscher/ Maas/Frotscher, KStG, § 14 Rn. 423; sinngemäß auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 631. Zur Bildung der Rücklage für eigene Anteile gem. § 272 Abs. 4 HGB a.F. in gleichem Sinne 349

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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schränkten Rücklage des § 272 Abs. 4 HGB gem. § 301 S. 2 AktG kommt nicht in Betracht.353 Dementsprechend muss in die Ermittlung des maximalen Abführungspotentials ein Wert in Höhe der Einstellungen mit ergebnismindernder Wirkung aufgenommen werden. Zusätzlich zu Einstellungen in die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen gem. § 272 Abs. 4 HGB sind im Rahmen der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials auch Einstellungen in die anderen Gewinnrücklagen i.S.d. § 272 Abs. 3 S. 2 HGB zu berücksichtigen.354 Ein Ansatz der Einstellungen in die anderen Gewinnrücklagen i.S.d. § 272 Abs. 3 S. 2 HGB darf allerdings nur vorgenommen werden, sofern sie zur Erfüllung eines vertraglich festgelegten Zwecks erfolgen und die durch sie gebildete Rücklage somit nicht frei verfügbar ist. Da die Einstellungen in diesem Fall einer Abführung nicht zugänglich sind, müssen sie bei der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials ergebnismindernd angesetzt werden. Dies gilt jedoch nicht, sofern die Einstellungen in die anderen Gewinnrücklagen zweckfrei erfolgen und sie über § 301 S. 2 AktG einer Abführung jederzeit zugänglich sind. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch darauf, dass ein ergebnismindernder Ansatz im Fall von Einstellungen in die anderen Gewinnrücklagen in der Praxis die Regel sein dürfte.355 Dies ist damit zu begründen, dass Einstellungen in die anderen Gewinnrücklagen steuerlich gem. § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG nur anerkannt werden, sofern die Bildung der anderen Gewinnrücklagen „[…] bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist.“ Eine solche wirtschaftliche Begründung ist bei freier Verfügbarkeit der Gewinnrücklagen angesichts des grundsätzlichen Erfordernisses der vollumfänglichen Abführung des Jahresüberschusses jedoch ausgeschlossen und wird dementsprechend nur bei Vorliegen eines „konkreten Anlasses“356 und somit bei Zweckgebundenheit angenommen. d) Andere Gewinnrücklagen und Gewinnvortrag Neben dem fiktiven Jahresüberschuss, dem Verlustvortrag aus dem Vorjahr und den Einstellungen in die gebundenen Rücklagen sind bei der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials als letzte Posten sowohl etwaige, während der VerErle/Sauter/Erle/Heurung, KStG, § 14 Rn. 316; Ernst&Young/Walter, KStG, § 14 Rn. 661; a.A. Gosch/Neumann, KStG, § 14 Rn. 313. 353 Ebenso Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 17; Schmidt/ Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 24; Sinngemäß zu § 272 Abs. 4 HGB a.F. MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 18. 354 Soweit ersichtlich hierzu ausschließlich Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 58. 355 In diesem Sinne auch Simon, NZG 2009, 1081, 1086. 356 So bspws. unter Hinweis auf R 60 Abs. 5 Nr. 3 KStR 2004 Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/ Witt/Dötsch, KStG, § 14 Rn. 206; Erle/Sauter/Erle/Heurung, KStG, § 14 Rn. 320; Ernst& Young/Walter, KStG, § 14 Rn. 662; Frotscher/Maas/Frotscher, KStG, § 14 Rn. 429a; Gosch/ Neumann, KStG, § 14 Rn. 323.

206

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

tragszeit gebildete andere Gewinnrücklagen als auch ein Gewinnvortrag zu beachten. Die Berücksichtigung der anderen Gewinnrücklagen ergibt sich unmittelbar aus § 301 S. 2 AktG. Nach dieser Vorschrift können Beträge, die „[…] während der Dauer des Vertrags […] in andere Gewinnrücklagen eingestellt worden [sind], […] den anderen Gewinnrücklagen entnommen und als Gewinn abgeführt werden.“ Gleiches gilt nach einhelliger Ansicht357 in der Literatur für einen während der Vertragslaufzeit gebildeten Gewinnvortrag. Dieser ist gem. § 301 S. 2 AktG analog an den Vertragspartner abführbar.358 Für die Ermittlung des maximalen Abführungspotentials hat die grundsätzlich bestehende Abführbarkeit der innervertraglichen anderen Gewinnrücklagen und des innervertraglichen Gewinnvortrages zur Konsequenz, dass diese Beträge mit ergebniserhöhender Wirkung anzusetzen sind. Zu beachten ist allerdings, dass ein Ansatz nur erfolgen darf, sofern die anderen Gewinnrücklagen resp. der Gewinnvortrag auch tatsächlich frei verfügbar sind und abgeführt werden können. Sind diese Werte dahingegen an einen bestimmten, vertraglich festgelegten Zweck gebunden und können demnach nicht an den Vertragspartner abgeführt werden, muss ein Ansatz im Rahmen der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials unterbleiben. Hinzuweisen ist zudem darauf, dass ein Nichtansatz der innervertraglichen anderen Gewinnrücklagen resp. des innervertraglichen Gewinnvortrages in der Praxis den Regelfall darstellen dürfte359, da § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG die Rücklagenbildung resp. den Vortrag von Gewinnen steuerlich nur zulässt, sofern dies „[…] bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist.“ Dies ist der Fall bei Vorliegen eines „konkreten Anlasses“360 resp. bei Zweckgebundenheit, sodass die steuerlichen Voraussetzungen gem. § 14 KStG einer freien Abführbarkeit und damit eines Ansatzes im Rahmen der Ermittlung des maximalen Abführungspotentials entgegenstehen.

357

Vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 16; Hüffer, AktG, § 301 Rn. 7; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 19; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 26; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 16. 358 Siehe Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 16; Hüffer, AktG, § 301 Rn. 7; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 19; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 26; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 16. 359 So auch Simon, NZG 2009, 1081, 1086. 360 Vgl. unter Hinweis auf R 60 Abs. 5 Nr. 3 KStR 2004 Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt/ Dötsch, KStG, § 14 Rn. 206; Erle/Sauter/Erle/Heurung, KStG, § 14 Rn. 320; Ernst&Young/ Walter, KStG, § 14 Rn. 662; Frotscher/Maas/Frotscher, KStG, § 14 Rn. 429a; Gosch/Neumann, KStG, § 14 Rn. 323.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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e) Berechnungsschema Maximales Abführungspotential

+ +

(fiktiver) Jahresüberschuss gem. GuV Betrag gem. § 275 Abs. 2 Nr. 20 / § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB Bei KGaA: u. U. Kürzung um Gewinnanteile der phG Verlustvortrag aus vorvertraglicher Zeit Einstellungen in gebundene Rücklagen gesetzliche Rücklage gem. § 300 AktG: ! gilt unmittelbar bei AG, SE, KGaA ! gilt entsprechend bei UG (haftungsbeschränkt) Rücklage i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB Andere Gewinnrücklagen: sofern nicht frei verfügbar innervertragliche Gewinnrücklagen gem. § 301 S. 2 AktG: sofern frei verfügbar innervertraglicher Gewinnvortrag analog § 301 S. 2 AktG: sofern frei verfügbar

=

Maximales Abführungspotential

*

*

¢ ¢

*

*

*

2. Abführungsgesperrter Betrag gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB a) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB aa) Maßgeblicher Ausgangswert In die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages ist als erster Posten gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB der insgesamt angesetzte Betrag der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens aufzunehmen. Mit dem Ansatz dieses Bilanzwertes einhergehende Unterschiede im Vergleich zur unmittelbaren Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB bestehen nicht.361 Dementsprechend ergibt sich auch für die Anwendung der Abführungssperre, dass sowohl im Jahr der Erstaktivierung als auch in allen Folgejahren auf den jeweiligen Buchwert der Vermögensgegenstände als Ausgangswert für die Berechnung des abführungsgesperrten Betrages abzustellen ist. Der konkret zu beachtende Wert ergibt sich unmittelbar aus dem in der Bilanz gem. § 266 Abs. 2 A. I. 1. HGB angesetzten Betrag, der sich zusammensetzt aus den ursprünglichen Herstellungskosten (§§ 253 Abs. 1 S. 1, 255 Abs. 2 u. 2a HGB) abzüglich planmäßiger und/oder außerplanmäßiger Abschreibungen (§ 253 Abs. 3 S. 1 – 3 HGB) und zuzüglich etwaiger Wertaufholungen (§ 253 Abs. 5 S. 1 HGB). Bezüglich weiterer Einzelheiten ist auf die Ausführungen im Rahmen der unmittelbaren Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB zu verweisen.362

361 362

Siehe Zweites Kapitel, A., II., 1., a). Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 1., a).

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

bb) Abzug passiver latenter Steuern (1) Betrachtung außerhalb von Organschaftsverhältnissen Im Rahmen der Darstellung der unmittelbaren Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB wurde erläutert, dass neben dem Buchwert der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens auch die für diese Vermögensgegenstände gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB gebildeten passiven latenten Steuern in die Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages aufzunehmen sind, soweit sie nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet wurden.363 Hintergrund der Berücksichtigung passiver latenter Steuern ist deren ergebnismindernde Wirkung, die zur Folge hat, dass der auf die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens entfallende Teil des Jahresüberschusses nur in Höhe der Differenz aus dem Buchwert der Vermögensgegenstände und den für sie gebildeten passiven latenten Steuern besteht.364 Lediglich dieser Betrag ist in seiner Werthaltigkeit als unsicher zu bezeichnen und unterliegt der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB. Die ergebnismindernde Wirkung passiver latenter Steuern und die daraus resultierende Verringerung des auf die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zurückgehenden kritischen Wertes sind auch im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB zu berücksichtigen. Dies gilt zumindest in Fällen, in denen ein Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG geschlossen wurde, die weiteren Voraussetzungen des § 14 KStG nicht erfüllt sind und dementsprechend keine ertragsteuerliche Organschaft vorliegt. In einer derartigen Konstellation unterliegt die zur Gewinnabführung verpflichtete Gesellschaft trotz Bestehens des Gewinnabführungsvertrages weiterhin der Besteuerung, da ihr Einkommen nicht gem. § 14 KStG dem Organträger zugerechnet wird, was zur Folge hat, dass die abhängige Gesellschaft selbst passive latente Steuern gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB bilden muss. In einem solchen Fall ist der ergebnismindernde Ansatz passiver latenter Steuern bei der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages gerechtfertigt, da in der Bilanz der abführenden Gesellschaft stets nur in ihrer Werthaltigkeit kritische Beträge in Höhe der Differenz aus Buchwert und gebildeten passiven latenten Steuern vorhanden sind. Nur in genau dieser Höhe bedarf es aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten der Abführungssperre. Sind die Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft nicht gegeben, sind die für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gebildeten passiven latenten Steuern somit mit ergebnismindernder Wirkung in die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages aufzunehmen. Dies gilt entsprechend der unmittelbaren Umsetzung der

363 364

Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 1., b) und 3., b), dd). Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 1., b).

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB allerdings nur, soweit die passiven latenten Steuern nicht bereits mit aktiven latenten Steuern verrechnet wurden.365 (2) Betrachtung innerhalb von Organschaftsverhältnissen Haben zwei Gesellschaften einen Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG geschlossen und liegen daneben die Voraussetzungen des § 14 KStG vor, ist eine ertragsteuerliche Organschaft zwischen den Gesellschaften entstanden. Das Bestehen der ertragsteuerlichen Organschaft hat zur Folge, dass das Einkommen der zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft (Organgesellschaft) dem anderen Vertragsteil (Organträger) gem. § 14 Abs. 1 S. 1 AktG zugerechnet wird und während der Vertragslaufzeit nur auf Ebene des Organträgers der Besteuerung unterliegt.366 Die Organgesellschaft unterliegt mangels zu versteuerndem Einkommen nicht der Besteuerung.367 Hinsichtlich der Bildung latenter Steuern hat die ertragsteuerliche Organschaft nach einhelliger Ansicht der Literatur368 entsprechend einer formalen Betrachtungsweise zur Konsequenz, dass ausschließlich der Organträger latente Steuern auszuweisen hat, sofern mit der Steuerbelastung oder der Steuerentlastung während des Zeitraums des Organschaftsverhältnisses gerechnet wird. Die Organgesellschaft selbst hat keine latenten Steuern auszuweisen, was darauf zurückzuführen ist, dass sie mangels zu versteuerndem Einkommen nicht der Besteuerung unterliegt und somit während des Zeitraums des Organschaftsverhältnisses weder zukünftige Steuerbe- noch Steuerentlastungen erwarten kann. Latente Steuern für zukünftige Steuerbelastungen oder Steuerentlastungen in Perioden nach Ablauf des Vertragszeitraumes sind dahingegen auf Ebene der Organgesellschaft anzusetzen369 und 365

Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 3., b), dd). Vgl. nur Dötsch/Jost/Pung/Witt/Dötsch/Witt, KStG, § 14 Rn. 1; DRS 18.32; Erle/Sauter/ Erle/Heurung, KStG, Vor §§ 14 bis 19 Rn. 15; Ernst&Young/Walter, KStG, § 14 Rn. 1; Streck/ Olbing, KStG, § 14 Rn. 1. 367 Vgl. nur Dötsch/Jost/Pung/Witt/Dötsch/Witt, KStG, § 14 Rn. 2; Erle/Sauter/Erle/Heurung, KStG, Vor §§ 14 bis 19 Rn. 15; Ernst&Young/Walter, KStG, § 14 Rn. 1; Streck/Olbing, KStG, § 14 Rn. 1. 368 Ganz h.M. vgl. Beck’scherBilKo/Kozikowski/Fischer, § 274 HGB, Rn. 70; Bertram/ Brinkmann/Kessler/Müller/Bertram, HGB, § 274 Rn. 77 ff.; Dahlke, BB 2009, 878; Dreixler/ Ernst, StuB 2011, 123, 129; DRS 18.32; Ellerbusch//Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2445; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 66; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 234; Herzig/Liekenbrock/Vossel, Ubg 2010, 85, 100; Kühne/Melcher/ Wesemann, WPg 2009, 1057, 1059; Küting/Pfitzer/Weber/Spanheimer/Simlacher, HdR-E, § 274 HGB, Rn. 76; Melcher/Murer, DB 2011, 2329; MüKo/Reiner, HGB, § 274 Rn. 46; Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 58; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 339; Petersen/Zwirner/Künkele, Bilanzanalyse und Bilanzpolitik nach BilMoG, 118; Schindler, BFuP 2011, 329, 331; Wendholt/Wesemann, DB 2009, Beil. Nr. 5 zu Heft 23, 64, 70. 369 Ganz h.M. vgl. Baetge/Kirsch/Thiele/Eberhartinger/Pott/Siegel, Bilanzrecht, § 274 HGB, Rn. 92; Beck’scherBilKo/Kozikowski/Fischer, § 274 HGB, Rn. 70; DRS 18.34; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisie366

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

entsprechend den im Rahmen der Betrachtung außerhalb von Organschaftsverhältnissen gewonnenen Ergebnissen zu behandeln.370 Kommt es somit innerhalb eines Organschaftsverhältnisses zum Ausweis selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens auf Ebene der zur Gewinnabführung verpflichteten Organgesellschaft, ist nicht die Organgesellschaft selbst, sondern vielmehr der Organträger gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB zur Bildung passiver latenter Steuern verpflichtet. Diese Ausweissystematik hat zur Konsequenz, dass mangels Ansatzes passiver latenter Steuern auf Ebene der Organgesellschaft kein ergebnismindernder Ausweis der latenten Steuern in der Gewinn- und Verlustrechnung dieser Gesellschaft erfolgt. Demgemäß entspricht der auf die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zurückgehende und in seiner Werthaltigkeit kritische Betrag i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB auf Ebene der Organgesellschaft in voller Höhe dem Buchwert der Vermögensgegenstände, und nicht lediglich der Differenz aus Buchwert der Vermögensgegenstände und der für sie gebildeten passiven latenten Steuern, wie es außerhalb von Organschaftsverhältnissen der Fall ist.371 Passive latente Steuern als Folge des Ansatzes selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens müssen allerdings auf Ebene des Organträgers gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB gebildet und als Aufwand gem. § 275 Abs. 2 Nr. 18 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 17 HGB unter dem Posten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ in der GuV verbucht werden.372 Den auf die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zurückgehenden passiven latenten Steuern kommt damit zumindest auf Ebene des Organträgers ergebnismindernde Wirkung zu. Diese Wirkung hat in der Folge zur Konsequenz, dass sich das Ausschüttungspotential des Organträgers verringert, was bei Nichtausweis selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens auf Ebene der Organgesellschaft nicht der Fall wäre. Angesichts der beschriebenen Ausweissystematik passiver latenter Steuern innerhalb von Organschaftsverhältnissen sowie der Folgen des Ausweises für die Jahresabschlüsse von Organgesellschaft und Organträger stellt sich unter Berückrungsgesetz, Buchst. N Rn. 67; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 234; Kühne/Melcher/Wesemann, WPg 2009, 1057, 1059; MüKo/Reiner, HGB, § 274 Rn. 46; Petersen/Zwirner/Künkele, Bilanzanalyse und Bilanzpolitik nach BilMoG, 118; Wendholt/Wesemann, DB 2009, Beil. Nr. 5 zu Heft 23, 64, 70; in diesem Sinne auch Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Bertram, HGB, § 274 Rn. 87, der allerdings einen Ansatz erst ab dem Zeitpunkt der Kündigung des Ergebnisabführungsvertrages vorschlägt; a.A. Küting/Pfitzer/Weber/Spanheimer/Simlacher, HdR-E, § 274 HGB, Rn. 79, die einen ausschließlichen Ansatz auf Ebene des Organträgers für vorzugswürdig erachten. 370 Siehe Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (1). 371 Vgl. zur Bedeutung passiver latenter Steuern für die Höhe des kritischen Betrages i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB die Ausführungen unter Zweites Kapitel, A., II., 1., b) und D., I., 2., a), bb), (1). 372 Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 1., b).

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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sichtigung des vorliegenden Kontextes die Frage, welche Auswirkungen sich aus dieser Systematik für die Abführungssperre i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB ergeben. Möglich erscheint zum einen, dass passive latente Steuern entsprechend ihrem Nichtausweis auf Ebene der Organgesellschaft auch bei der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages außer Acht bleiben (sog. Bruttomethode). Vorstellbar ist aber ebenso, dass passive latente Steuern trotz Nichtausweises auf Ebene der Organgesellschaft bei der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages angesetzt werden (sog. Nettomethode). Welcher dieser Methoden im Ergebnis gefolgt werden sollte, ist in der Literatur umstritten. Eine Tendenz für oder gegen eine der Methoden hat sich bisher noch nicht herausgebildet. Bevor es im Folgenden zu einer Auseinandersetzung mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen der Brutto- resp. Nettomethode kommt, wird bereits hier dargestellt, welche unterschiedlichen Auswirkungen die beiden Methoden auf Gewinnabführungen der Organgesellschaft und Gewinnausschüttungen des Organträgers haben. Die Anwendung der Bruttomethode, wonach die auf Ebene des Organträgers gebildeten passiven latenten Steuern bei der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages der Organgesellschaft nicht angesetzt werden, hat zur Konsequenz, dass der abführungsgesperrte Betrag dem Buchwert der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens entspricht. Auf Ebene der Organgesellschaft werden dementsprechend Beträge in Höhe des Buchwertes der Vermögensgegenstände und damit in voller Höhe der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge zurückgehalten. Die Gewinnabführung entspricht in diesem Fall exakt dem Betrag, der ohne Aktivierung der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens hätte abgeführt werden können, da die Erhöhung des fiktiven Jahresüberschusses durch die Abführungssperre ausgeglichen wird. Dahingegen verringert sich das Ausschüttungspotential des Organträgers im Vergleich zum Nichtansatz der betroffenen Vermögensgegenstände, da dem zusätzlichen Aufwand, der aus dem Ansatz der passiven latenten Steuern resultiert, auf Grund des gleich groß gebliebenen Abführungsbetrages kein ausgleichender Ertrag gegenübersteht.373 Kommt es allerdings zur Anwendung der Nettomethode und die auf Ebene des Organträgers gebildeten passiven latenten Steuern werden in die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages auf Ebene der Organgesellschaft einbezogen, verringert sich der abführungsgesperrte Betrag im Vergleich zum Nichtansatz der passiven latenten Steuern. Dies hat zur Konsequenz, dass in der Organgesellschaft lediglich ein Betrag in Höhe der Differenz aus Buchwert der Vermögensgegenstände und der dafür gebildeten passiven latenten Steuern abführungsgesperrt zurückgehalten wird. Zudem ergibt sich aus der Anwendung der Nettomethode im Jahr der Erstaktivierung der Vermögensgegenstände ein erhöhter Abführungsbetrag im 373 Vgl. die Beispiele zur Bruttomethode bei Dahlke, BB 2009, 878, 880 ff.; Ellerbusch/ Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2445 ff.; Ernsting, StbJb 2010/2011, 219, 241; Herzig/ Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 237; Kröner/Bolik/ Gageur, Ubg 2010, 237, 241.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Vergleich zum Nichtansatz der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens. Konkret erhöht sich der Abführungsbetrag um den nicht abführungsgesperrten Teil des Buchwertes der Vermögensgegenstände. Schließlich ist Folge der Nettomethode, dass sich das Ausschüttungspotential des Organträgers im Vergleich zum Nichtansatz der entsprechenden Vermögensgegenstände nicht verändert. Das ist darauf zurückzuführen, dass der beim Organträger aus der Bildung passiver latenter Steuern resultierende Aufwand durch den erhöhten Abführungsbetrag resp. den sich daraus ergebenden Ertrag ausgeglichen wird.374 Verstärkt wird vorstehende Problematik der unterschiedlichen Auswirkungen von Brutto- und Nettomethode durch die Möglichkeit von Steuerumlageverträgen bezüglich aktiver und passiver latenter Steuern, durch die eine verursachungsgerechte Erfassung der latenten Steuern auf Ebene der Organgesellschaft sichergestellt werden soll.375 Die mit derartigen Steuerumlageverträgen in Zusammenhang stehenden bilanziellen Besonderheiten376 verkomplizieren die Frage, ob im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages die Brutto- oder die Nettomethode anzuwenden ist. Noch unklarer wird die Anwendung der Brutto- resp. Nettomethode vor dem Hintergrund, dass in der Literatur für den Fall des Vorliegens von Steuerumlageverträgen vereinzelt eine analoge Anwendung des § 274 HGB, und damit die Bildung latenter Steuerumlagen, vorgeschlagen wird.377 Auch hier stellt sich die Frage, welche Auswirkungen sich aus dem Vorliegen latenter Steuerumlagen für die im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages anzuwendende Methode ergeben. Diese aus dem Vorliegen von Steuerumlageverträgen resultierenden Besonderheiten bedürfen einer eigenständigen Betrachtung und werden im Anschluss an die Darstellung der Anwendungsprobleme von Brutto- resp. Nettomethode im Rahmen von Organschaften ohne Umlagevertrag beschrieben. (a) Organschaft ohne Umlagevertrag Bei Bestehen einer ertragsteuerlichen Organschaft ohne Abschluss eines Umlagevertrages muss im Fall der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ausschließlich der Organträger passive latente Steuern gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB ausweisen.378 Auf Ebene der Organ374 Vgl. die Beispiele zur Nettomethode bei Dahlke, BB 2009, 878, 880 ff.; Dreixler/Ernst, StuB 2011, 123, 130; Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2446; Ernsting, StbJb 2010/2011, 219, 241 ff.; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 237; Kröner/Bolik/Gageur, Ubg 2010, 237, 241. 375 Vgl. Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Bertram, HGB, § 274 Rn. 76, 81; Dahlke, BB 2009, 878, 879; Dreixler/Ernst, StuB 2011, 123, 131; Liekenbrock/Vossel, DB 2012, 753; Loitz/ Klevermann, DB 2009, 409, 410; MüKoBilanzrecht/Risse, § 274 HGB, Rn. 125; Schindler, BFuP 2011, 329, 333 ff. 376 Dazu im Einzelnen Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2), (b). 377 Vgl. Kühne/Melcher/Wesemann, WPg 2009, 1057, 1060; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330 ff.; Schindler, BFuP 2011, 329, 337 ff.; Wendholt/Wesemann, DB 2009, Beil. Nr. 5 zu Heft 23, 64, 71. 378 Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2).

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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gesellschaft sind keine passiven latenten Steuern zu bilden. In Anbetracht dieser Ausweissystematik ist fraglich, ob die passiven latenten Steuern bei Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages der Organgesellschaft außer Acht bleiben müssen (sog. Bruttomethode) oder ob die passiven latenten Steuern bei Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages der Organgesellschaft anzusetzen sind (sog. Nettomethode). Die Anwendung der Bruttomethode hat zur Folge, dass der abführungsgesperrte Betrag in Höhe des Buchwertes der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens besteht und sich auf Grund des gleichbleibenden Abführungsbetrages das Ausschüttungspotential des Organträgers verringert.379 Dahingegen führt die Anwendung der Nettomethode zu einem abführungsgesperrten Betrag lediglich in Höhe des Buchwertes der Vermögensgegenstände abzüglich der passiven latenten Steuern. Sie hat auf Grund des im Vergleich zur Bruttomethode größeren Abführungsbetrages zur Konsequenz, dass das Ausschüttungspotential des Organträgers von der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens unberührt bleibt.380 Für die Anwendung der Nettomethode wird in der Literatur381 vereinzelt auf den Wortlaut des von § 301 S. 1 AktG in Bezug genommenen § 268 Abs. 8 HGB abgestellt, wonach von den „[…] insgesamt angesetzten Beträgen […]“ der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens die „[…] hierfür gebildeten passiven latenten Steuern […]“ abzuziehen sind. Der Wortlaut „[…][schließe] die Anwendung der Nettomethode nicht aus“, da nicht eindeutig sei, „[…] dass passive latente Steuern bei der Ermittlung der Abführungssperre gemäß § 301 AktG n.F. i.V.m. § 268 Abs. 8 Satz 1 oder Satz 3 HGB n.F. nur abzuziehen sind, wenn sie in der gleichen Bilanz wie die selbst geschaffenen Vermögensgegenstände oder das zum Zeitwert zu bewertende Planvermögen abgegrenzt werden“.382 Andere Stimmen der Literatur führen aus, dass der Gesetzeswortlaut „[…] lediglich von den „hierfür gebildeten passiven latenten Steuern“ [spreche], ohne anzugeben, in welcher Bilanz diese gebildet sein müssen“383 resp. dass „der Gesetzeswortlaut […] einer Auslegung iSd. Nettomethode nicht zwingend entgegen [stehe], da als „hierfür“ gebildet auch diejenigen passiven latenten Steuern angesehen werden können, die „für diese Bilanzierungsdifferenz“ angesetzt worden sind“384. Der Annahme der zitierten Literatur kann insofern zugestimmt werden, als dass der Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB einer Anwendung der Nettomethode zumindest 379

Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2). Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2). 381 Vgl. Blümich/Danelsing, EStG, KStG, GewStG, § 14 KStG, Rn. 110; Ellerbusch/ Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2446; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 235, 238. 382 Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2446. 383 Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 235. 384 Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 238. 380

214

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

nicht entgegensteht. Es wird aus der Vorschrift nicht deutlich erkennbar, wo die in Abzug zu bringenden passiven latenten Steuern gebildet sein müssen. Eindeutig für die Anwendung spricht der Wortlaut nach hier vertretener Ansicht allerdings auch nicht, da er in gleichem Maße der Anwendung der Bruttomethode nicht entgegensteht. Dementsprechend gibt es auch Stimmen in der Literatur, die den Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB für die Anwendung der Bruttomethode heranziehen. Vereinzelt385 wird in der Literatur davon gesprochen, dass „nach dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB […] nur die gebildeten passiven latenten Steuern vom Ansatz der dort aufgeführten Vermögensgegenstände abzuziehen“ seien und „die Organgesellschaft […] in ihrer Bilanz latente Steuern […] erst zu dem Zeitpunkt an[setze], an dem mit der Beendigung der Organschaft zu rechnen [sei], so dass bis zu diesem Zeitpunkt in ihrer Bilanz keine latenten Steuern gezeigt [würden]“. Andere Stimmen386 sprechen davon, dass „nach dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB […] die Berücksichtigung passiver latenter Steuern […] die tatsächliche Bildung der ausschüttungsgesperrten Beträge bei der jeweiligen rechnungslegenden Einheit voraus[setze]“.387 In Ansehung dieser unterschiedlichen Literaturauffassungen bleibt hinsichtlich des Wortlautes des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB nur festzustellen, dass dieser nicht eindeutig ist und demgemäß Auslegungsspielraum sowohl für die Nettomethode als auch für die Bruttomethode zulässt.388 Dies macht eine klare Aussage für oder gegen die Anwendung einer konkreten Methode unmöglich. Der Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB ist dementsprechend für die Begründung der Anwendung der Brutto- oder der Nettomethode ungeeignet und kann nicht für eine Abgrenzung herangezogen werden. Neben dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB wird zur Begründung der Anwendung der Nettomethode in der Literatur389 auch darauf abgestellt, dass nur diese Methode sicherstellen kann, dass Ausschüttungen des Organträgers unberührt von der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens bleiben. Im Gegensatz dazu ergibt sich bei Anwendung der Bruttomethode ein im Vergleich zum Nichtansatz der Vermögensgegenstände geringeres Aus385

Dahlke, BB 2009, 878, 880. Dreixler/Ernst, StuB 2011, 123, 130. 387 Von dem Wortlaut auf die Bruttomethode schließen auch Ernst&Young/Walter, KStG, § 14 Rn. 584; Frotscher/Maas/Frotscher, KStG, § 14 Rn. 389; Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 66 ff.; Herzig/Liekenbrock/Vossel, Ubg 2010, 85, 97; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 171; Marx/Dallmann Stbg 2010, 453, 463; MüKoBilanzrecht/Risse, § 274 HGB, Rn. 128; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 339; Schindler, BFuP 2011, 329, 336. 388 So auch Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt/Dötsch, KStG, § 14 Rn. 182a; Kröner/Bolik/ Gageur, Ubg 2010, 237, 241; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330; Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 58. 389 Vgl. Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2446; Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 67 ff.; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 237; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 339; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 18. 386

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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schüttungspotential des Organträgers.390 Angesichts dessen wird in der Literatur zum Teil davon ausgegangen, dass für die Anwendung der Nettomethode spreche, dass „eine Reduzierung der zulässigen Ausschüttung im Falle der Ausübung des Aktivierungswahlrechts nach § 248 Abs. 2 HGB n.F. […] nicht im Sinne der Gesellschafter des Organträgers sein [dürfte]“.391 Andere führen aus, dass ein Ergebnis entsprechend der Bruttomethode „[…] der aus § 268 Abs. 8 HGB erkennbaren Absicht des Gesetzgebers widersprechen [könnte], durch Einbeziehung passiver latenter Steuern eine Verlängerung der Sperrwirkung über die unsicheren Beträge hinaus zu verhindern“392, was nur durch die Anwendung der Nettomethode verhindert werden könne. Wiederum andere stellen darauf ab, dass nur mit der Nettomethode „[…] ein stimmiges Ergebnis für den Organkreis […]“393 erreicht werden kann. Den vorgenannten Ansichten ist insoweit zuzustimmen, als nur die Anwendung der Nettomethode sicherstellen kann, dass das Ausschüttungspotential des Organträgers nicht durch den Ansatz selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens verringert wird. Die Anwendung der Bruttomethode hat dahingegen zur Konsequenz, dass sich das Ausschüttungspotential des Organträgers im Vergleich zum Nichtansatz der Vermögensgegenstände verkleinert. Zu berücksichtigen ist allerdings auch, dass das Abstellen auf die Veränderungen des Ausschüttungspotentials des Organträgers nach hier vertretener Ansicht von vornherein nicht geeignet ist, die richtige Methode für die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages der Organgesellschaft zu bestimmen. Entscheidend für diese Ermittlung kann vielmehr ausschließlich die Ebene der Organgesellschaft sein, da es um die Feststellung des Höchstbetrages der Gewinnabführung geht. Aus der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages resultierende Veränderungen auf Ebene des Organträgers, und damit bei einem anderen Rechtsträger, stellen lediglich die Folgen einer unterschiedlichen Anwendung dar, können aber nicht für oder gegen die Begründung der Anwendung einer bestimmten Methode herangezogen werden. Zudem ist zu beachten, dass das Ausschüttungspotential des Organträgers nicht endgültig verringert ist, sondern nur solange, wie die selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens der Abführungssperre unterliegen. Werden diese Vermögensgegenstände allerdings vollständig abgeschrieben und entfällt damit der Grund für den Ansatz passiver latenter Steuern auf Ebene des Organträgers, können die ausgewiesenen passiven latenten Steuern ergebniswirksam aufgelöst werden und erhöhen auf diese Weise wieder das Ausschüttungspotential. Ein Abstellen auf die Veränderungen des Ausschüttungspotentials verliert angesichts dieser bloß zeitlichen Verschiebung an Bedeutung.

390 391 392 393

Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2). Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2446. Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 237. Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 69.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Darüber hinaus mangelt es nach hier vertretener Ansicht auch an der notwendigen Schutzbedürftigkeit des Organträgers resp. dessen Gesellschafter, sich auf das geringere Ausschüttungspotential zu berufen. Dies ist damit zu begründen, dass bei Vorliegen eines Gewinnabführungsvertrages in der Regel auch ein Beherrschungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG zwischen den Gesellschaften besteht394 und dementsprechend die herrschende Gesellschaft (Organträger) gem. § 308 Abs. 1 S. 1 AktG weisungsbefugt gegenüber der abhängigen Gesellschaft (Organgesellschaft) ist. Diese Weisungsbefugnis erstreckt sich auch auf die Ausübung von Wahlrechten im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses395, sodass der Organträger Einfluss auf den Ansatz selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nehmen kann.396 Sieht der Organträger jedoch von einer Weisung bezüglich des Wahlrechts gem. § 248 Abs. 2 S. 1 HGB ab, kann er sich nicht mehr auf ein aus der Ausübung des Wahlrechts resultierendes, geringeres Ausschüttungspotential berufen und ist dementsprechend nicht schutzbedürftig. Ein im Vergleich zum Nichtansatz selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens verringertes Ausschüttungspotential des Organträgers ist demgemäß nach hier vertretener Ansicht ebenfalls nicht zur Begründung der Anwendung der Bruttomethode geeignet. Eindeutig gegen die Anwendung der Nettomethode wird in der Literatur397 hervorgebracht, dass bei dieser Methode die Gefahr der Doppelberücksichtigung passiver latenter Steuern bestehe. Dies bedeutet, dass es als Folge der Nettomethode dazu kommen kann, dass passive latente Steuern sowohl im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages auf Ebene der Organgesellschaft als auch bei Ermittlung des ausschüttungsfähigen Betrages im Zusammenhang mit einem Aktivüberhang latenter Steuern auf Ebene des Organträgers angesetzt werden. Ein derartiger doppelter Ansatz passiver latenter Steuern hat wiederum zur Folge, dass an die Gesellschafter des Organträgers ein im Vergleich zum Nichtansatz selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens größerer Betrag ausgeschüttet werden kann. Auf diese Weise kommt es zu einer negativen Beeinträchtigung der Gläubiger sowohl des Organträgers als auch der Organgesellschaft.

394

Vgl. nur Bürgers/Körber/Schenk, AktG, § 291 Rn. 18; Hüffer, AktG, § 291 Rn. 24; MüKo/Altmeppen, AktG, § 291 Rn. 52; Schmidt/Lutter/Langenbucher, AktG, § 291 Rn. 53; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 291 Rn. 32. 395 Vgl. statt vieler nur Hüffer, AktG, § 308 Rn. 12; MüKo/Altmeppen, AktG, § 308 Rn. 92; Schmidt/Lutter/Langenbucher, AktG, § 308 Rn. 21. 396 Dies erkennen auch Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 464. 397 Vgl. Dahlke, BB 2009, 878, 880; Dreixler/Ernst, StuB 2011, 123, 131; Ellerbusch/ Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2446; Ernsting, StbJb 2010/2011, 219, 242; Herzig/ Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 236; Herzig/Liekenbrock/Vossel, Ubg 2010, 85, 97 ff.; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 171; Schindler, BFuP 2011, 329, 336 ff.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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Daneben wird in der Literatur gegen die Nettomethode angeführt, dass die Anwendung dieser Methode und der Ansatz passiver latenter Steuern im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages der Organgesellschaft abhängig sei von Bilanzierungsentscheidungen des Organträgers und damit eines anderen Rechtssubjektes. Der Nettomethode stehe entgegen, „[…] dass über die Höhe des abzuführenden Gewinns bei Anwendung dieser Methode die tatsächliche Bilanzierung latenter Steuern i. S. von § 268 Abs. 8 S. 1 und 3 HGB entscheidet“.398 „Über den tatsächlichen Ausweis passiver latenter Steuern wird indes auf Ebene des Organträgers in der Regel erst entschieden, wenn sämtliche Latenzen des Organkreises bekannt sind“.399 Die dem Organträger zustehenden Bilanzierungsmöglichkeiten und die daraus resultierenden Unsicherheiten für die Organgesellschaft sprechen folglich ebenfalls gegen die Nettomethode. Zusätzlich zu den vorstehenden Argumenten, die gegen die Anwendung der Nettomethode sprechen, ist im Rahmen der Diskussion bezüglich der Anwendung von Brutto- resp. Nettomethode nach hier vertretener Ansicht entscheidend, dass ausschließlich die Bruttomethode einen hinreichenden Schutz der Gläubiger, und damit den primären Zweck der Abführungssperre i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB400, sicherstellen kann.401 Dies ist damit zu begründen, dass ein hinreichender Gläubigerschutz in Fällen, in denen in ihrer Werthaltigkeit kritische Bilanzierungswerte i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB vorliegen, die mit einem erhöhten Risiko zukünftiger Wertminderungen verbunden sind, nur gewährleistet werden kann, wenn stets ausreichend frei verfügbare Eigenkapitalbestandteile in der Gesellschaft zurückgehalten werden und dementsprechend nicht im Fall von Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen auf das Grund- resp. Stammkapital zurückgegriffen werden muss.402 Dieser Schutz kann nur bei Anwendung der Bruttomethode erreicht werden, da allein bei dieser Methode der abführungsgesperrte Betrag dem Buchwert der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens entspricht und demgemäß ausreichend Werte zum Ausgleich von Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen in der Gesellschaft verbleiben. Wendet man dahingegen die Nettomethode an, kann nicht sichergestellt werden, dass stets ausreichend freie Eigenkapitalbestandteile zum Zwecke eines späteren Aufwendungsausgleichs in der Gesellschaft vorhanden sind, da ihre Anwendung zur Folge hat, dass nicht der volle Buchwert der kritischen Vermögensgegenstände 398

Dreixler/Ernst, StuB 2011, 123, 131. Ebenso Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2446. 399 Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2446. Sinngemäß auch Dahlke, BB 2009, 878, 880; Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 66; Petersen, WPg 2011, 255, 260; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 339. 400 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 401 Auf den Gläubigerschutz als Kriterium für die Anwendung der Bruttomethode stellen auch ab Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 236; Kröner/Bolik/Gageur, Ubg 2010, 237, 242. 402 Vgl. Einführung, C., III., 2.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

abführungsgesperrt ist, sondern nur ein um die passiven latenten Steuern verminderter Betrag. Dementsprechend sind die kritischen Werte i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB bei Anwendung der Nettomethode nicht vollständig durch freie Eigenkapitalbestandteile abgedeckt, was eine negative Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes zur Folge hat. Im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages ist daher ausschließlich die Bruttomethode anzuwenden, da nur sie einen umfangreichen Gläubigerschutz, und damit den Zweck der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB sicherstellen kann. Hinzuweisen ist an dieser Stelle noch darauf, dass das Kriterium des Gläubigerschutzes in der Literatur vereinzelt als nicht maßgebend abgelehnt wird. Zum einen wird darauf abgestellt, dass eine Organgesellschaft „[…] immer mehr als „ihren ganzen Gewinn“ abführt, als eine Kapitalgesellschaft ohne Gewinnabführungsvertrag ausschütten könnte, weil die Kapitalgesellschaft, die keinen Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen hat und keine Organgesellschaft ist, ihren Jahresüberschuss vor Steuern um Ertragsteuern mindern muss, um auf den höchstmöglichen ausschüttungsfähigen Betrag zu kommen. Demgegenüber kann (und muss) eine Organgesellschaft ihren Jahresüberschuss ungemindert um Ertragsteuern an den Organträger abführen“.403 Der Abführungsbetrag sei demnach immer höher als der höchstmögliche Ausschüttungsbetrag, was dazu führe, dass „aus Sicht des Schutzes von Gläubigern einer Kapitalgesellschaft, die Organgesellschaft ist, […] diese infolge der Abführung, die höher ist als die höchstmögliche Ausschüttung einer NichtOrgangesellschaft – zumindest vordergründig – benachteiligt [sind]“.404 Die zitierte Ansicht der Literatur wendet folglich gegen das Bedürfnis nach hinreichendem Gläubigerschutz ein, dass Gläubiger von Organgesellschaften im Vergleich zu Gläubigern von Nicht-Organgesellschaften stets benachteiligt seien, da Gewinnabführungen immer höher ausfallen würden als Gewinnausschüttungen. Betrachtet man ausschließlich die Ebene der Gewinnverwendung, so mag die vorgenannte Annahme stimmen. Außer Acht gelassen wird dabei aber, dass die NichtOrgangesellschaft zusätzlich zur Gewinnausschüttung Steuern zahlen muss, und zwar genau in Höhe der Differenz von möglicher Gewinnabführung innerhalb eines Organschaftsverhältnisses und tatsächlicher Gewinnausschüttung außerhalb eines Organschaftsverhältnisses. Im Ergebnis fließen damit sowohl bei Organgesellschaften als auch bei Nicht-Organgesellschaften in gleicher Höhe Beträge aus der Gesellschaft ab. Allein dieser tatsächliche Mittelabfluss ist jedoch aus Sicht der Gläubiger von Interesse. Dementsprechend ist die von der angeführten Literaturansicht aufgestellte Behauptung, Gläubiger von Organgesellschaften seien im Vergleich zu Gläubigern von Nicht-Organgesellschaften stets benachteiligt, weshalb ein Abstellen auf den Gläubigerschutz nicht zielführend sei, nach hier vertretener Ansicht falsch. Diese Behauptung ist nicht geeignet, den Gläubigerschutz als Kriterium der Methodenbestimmung auszuschließen. 403 404

Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 68. Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 68.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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Darüber hinaus wird von der gleichen Literaturansicht gegen den Gläubigerschutz als Kriterium der Methodenwahl auch eingewandt, dass Gläubiger von Organgesellschaften nur vordergründig benachteiligt seien, würde man mehr Gewinn abführen, als im Rahmen von Ausschüttungen möglich ist.405 Nicht übersehen werden dürfe, „[…] dass die Gläubiger einer Gesellschaft, die – mit oder ohne steuerlich anerkannte Organschaft – einen Unternehmensvertrag, insbesondere einen Gewinnabführungsvertrag, im Sinne der §§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG, abgeschlossen [haben], bereits den Gläubigerschutz des AktG genießen“.406 Gemeint ist mit dem „Gläubigerschutz des AktG“ die Verlustübernahmeverpflichtung des § 302 AktG und die Verpflichtung zur Sicherheitenleistung gem. § 303 AktG.407 Vor dem Hintergrund dieser Schutzmechanismen erscheine „[…] eine Abführungssperre als zusätzliches Instrument des Gläubigerschutzes sogar entbehrlich“.408 Auch dieser Begründung des Ausschlusses des Gläubigerschutzes als Kriterium der Methodenwahl kann nach hier vertretener Ansicht nicht gefolgt werden. Dies ist damit zu begründen, dass die Schutzmechanismen des Aktienrechts nur solange einen der Abführungssperre gleichkommenden Schutz sicherstellen, wie der herrschenden Gesellschaft die Erfüllung ihrer aktienrechtlichen Pflichten möglich ist.409 Der Gläubigerschutz läuft allerdings ins Leere, wenn die herrschende Gesellschaft nicht mehr in der Lage sein sollte, ihren aktienrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.410 Dementsprechend machen die Regelungen in §§ 302 f. AktG eine Anwendung der Abführungssperre in keiner Weise überflüssig, da ein hinreichender Gläubigerschutz erst mithilfe der Abführungssperre gewährleistet werden kann. Nicht zuletzt spricht die gesetzgeberische Entscheidung, eine Abführungssperre ausdrücklich zu normieren, für diese Einschätzung. Der Gläubigerschutz muss demnach maßgebendes Kriterium für die Auswahl zwischen Brutto- und Nettomethode bleiben und dessen Sicherstellung macht es nach den vorstehenden Ausführungen notwendig, im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages ausschließlich die Bruttomethode anzuwenden. (b) Organschaft mit Umlagevertrag Die bisherige Darstellung der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB und der damit einhergehenden Anwendungsfragen erfolgte vor dem Hintergrund, dass zwischen zwei Gesellschaften kein Organschaftsverhältnis bestand411 resp. ein Organschaftsverhältnis zwar begründet wurde, darüber hinaus die beteiligten Gesellschaften aber keine 405 406 407 408 409 410 411

Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 68 ff. Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 68 ff. Vgl. Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 69. Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 69. Vgl. dazu bereits die Ausführungen unter Erstes Kapitel, A., I. In diesem Punkt sogar zustimmend Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, 69. Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (1).

220

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

weitergehenden Steuerumlageverträge geschlossen haben.412 Noch nicht näher untersucht wurde die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages in Konstellationen, in denen ein Organschaftsverhältnis vorliegt und zudem ein Steuerumlagevertrag von den beteiligten Gesellschaften geschlossen wurde, der sich nicht nur auf die tatsächlich anfallenden Steuern, sondern auch auf aktive und passive latente Steuern bezieht. Mit einem derartigen Steuerumlagevertrag wird das Ziel verfolgt, eine verursachungsgerechte Erfassung aktiver und passiver latenter Steuern auf Ebene der Organgesellschaft sicherzustellen.413 Keine Folge des Abschlusses eines, aktive und passive latente Steuern einbeziehenden Umlagevertrages ist, dass sich die Verpflichtung des Organträgers ändert, für temporäre Differenzen zwischen den handelsrechtlichen und steuerlichen Wertansätzen der Organgesellschaft gem. § 274 Abs. 1 HGB latente Steuern auszuweisen.414 Der Organträger bleibt weiterhin zur Steuerlatenzierung verpflichtet. Ebensowenig folgt aus einem derartigen Steuerumlagevertrag, dass die Organgesellschaft verpflichtet wird, Steuern zu bezahlen, sodass sie weiterhin nicht der Pflicht des § 274 Abs. 1 HGB unterliegt, aktive resp. passive latente Steuern auszuweisen.415 Folge eines Steuerumlagevertrages ist vielmehr ausschließlich, dass sich der handelsrechtliche Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung resp. in der Bilanz der Organgesellschaft und des Organträgers verändert. Wurde kein Steuerumlagevertrag abgeschlossen, sind die auf Grund des Gewinnabführungsvertrages erhaltenen Gewinne in der GuV des Organträgers gem. § 277 Abs. 3 S. 2 HGB gesondert unter entsprechender Bezeichnung auszuweisen. Sollten noch keine Zahlungen erfolgt sein, ist der Gewinnabführungsanspruch in der Bilanz des Organträgers gem. § 266 Abs. 2 B. II. 2. HGB als Forderung gegen verbundene Unternehmen auszuweisen. In die GuV der Organgesellschaft ist der abgeführte Gewinn ebenfalls gem. § 277 Abs. 3 S. 2 HGB unter entsprechender Bezeichnung aufzunehmen und in der Bilanz gem. § 266 Abs. 3 C. 6. HGB als Verbindlichkeit gegenüber verbundenen Unternehmen zu passivieren.416 Diese

412

Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2), (a). Vgl. Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Bertram, HGB, § 274 Rn. 76, 81; Dahlke, BB 2009, 878, 879; Dreixler/Ernst, StuB 2011, 123, 131; Liekenbrock/Vossel, DB 2012, 753; Loitz/ Klevermann, DB 2009, 409, 410; MüKoBilanzrecht/Risse, § 274 HGB, Rn. 125; Schindler, BFuP 2011, 329, 333 ff. 414 Vgl. Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2448; Kühne/Melcher/Wesemann, WPg 2009, 1057, 1060; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330; Schindler, BFuP 2011, 329, 334; Wendholt/Wesemann, DB 2009, Beil. Nr. 5 zu Heft 23, 64, 70; a.A. Liekenbrock/Vossel, DB 2012, 753, 755, die auf DRS 18.35 abstellen und daraus die Möglichkeit der Bildung „originärer“ Steuerlatenzen folgern. 415 Vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 66; Kühne/Melcher/Wesemann, WPg 2009, 1057, 1060; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330; Schindler, BFuP 2011, 329, 334 ff.; Wendholt/Wesemann, DB 2009, Beil. Nr. 5 zu Heft 23, 64, 70. 416 Vgl. Einführung, C., III., 2. 413

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

221

Ausweissystematik ändert sich im Fall eines Steuerumlagevertrages, der aktive und passive latente Steuern einbezieht. Steuerumlagen stellen im Allgemeinen „Vorab-Gewinnabführungen“ dar417, was dazu führt, dass Umlagen bezüglich latenter Steuern entweder als Unterposition der in § 277 Abs. 3 S. 2 HGB vorgesehenen, gesonderten Posten „Erträge auf Grund eines Gewinnabführungsvertrages“ resp. „Aufwendungen aus Verlustübernahme“418 oder als eigenständige Positionen „Erträge aus von Organgesellschaften abgeführten Steuerumlagen“ resp. „Aufwendungen aus an Organgesellschaften abgeführte Steuerumlagen“ in die GuV des Organträgers aufgenommen werden sollten.419 Weitere Folge der veränderten Ausweissystematik ist, dass sich der GuV-Posten des erhaltenen Gewinnes gem. § 277 Abs. 3 S. 2 HGB in entsprechender Höhe verändert, sodass der von der Organgesellschaft abgeführte Betrag, und im Weiteren auch der „Jahresüberschuss“ i.S.d. § 275 Abs. 2 Nr. 20 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB, gleich groß bleiben.420 Für die Bilanz des Organträgers hat ein Steuerumlagevertrag zur Folge, dass sich die Position „Forderung gegen verbundene Unternehmen“ i.S.d. § 266 Abs. 2 B. II. 2. HGB nicht verändert. Der Anspruch gegen die Organgesellschaft bleibt gleich groß. Lediglich die Aufteilung in der GuV verändert sich auf Grund des Steuerumlagevertrages.421 In der GuV der Organgesellschaft sind die Steuerumlagen bezüglich der latenten Steuern entweder innerhalb des Postens „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ i.S.d. § 275 Abs. 2 Nr. 18 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 17 HGB auszuweisen422 oder aber gesondert unter dem besonderen Posten „Abgeführter Gewinn auf Grund eines Gewinnabführungsvertrages“ resp. „Erträge aus Verlustübernahme“423. Der ohne Abschluss eines Steuerumlagevertrages ausgewiesene Betrag des abgeführten Gewinnes gem. § 277 Abs. 3 S. 2 HGB verändert sich auf Grund dieser Ausweissystematik in entsprechender Höhe, sodass auch hier festzustellen ist, dass der von der Organgesellschaft abgeführte Betrag insgesamt gleich groß bleibt. In der Bilanz der 417

Vgl. Beck’scherBilKo/Förschle, § 275 HGB, Rn. 258; Bertram/Brinkmann/Kessler/ Müller/Bertram, HGB, § 274 Rn. 76; Dahlke, BB 2009, 878, 879; Liekenbrock/Vossel, DB 2012, 753, 757; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330; MüKoBilanzrecht/Risse, § 274 HGB, Rn. 125; Schindler, BFuP 2011, 329, 335. 418 Diese Ausweissystematik schlagen vor Beck’scherBilKo/Förschle, § 275 HGB, Rn. 258; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Bertram, HGB, § 274 Rn. 76; Dahlke, BB 2009, 878, 879; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330; Schindler, BFuP 2011, 329, 335. 419 Diese Ausweissystematik schlagen vor Beck’scherBilKo/Förschle, § 275 HGB, Rn. 258; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330; Schindler, BFuP 2011, 329, 335. In diesem Sinne auch Dahlke, BB 2009, 878, 879. 420 Vgl. Schindler, BFuP 2011, 329, 335. 421 So auch Schindler, BFuP 2011, 329, 335. 422 Dies schlagen vor Dahlke, BB 2009, 878, 879; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330; Petersen, WPg 2011, 255, 261; Schindler, BFuP 2011, 329, 335. 423 Diese Ausweissystematik schlagen vor Beck’scherBilKo/Förschle, § 275 HGB, Rn. 257; Dahlke, BB 2009, 878, 879; Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2448; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330; Schindler, BFuP 2011, 329, 335.

222

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Organgesellschaft kommt es somit ebenfalls zu keiner Veränderung, da sowohl die Steuerumlagen als auch der noch nicht abgeführte Gewinn eine „Verbindlichkeit gegenüber verbundenen Unternehmen“ i.S.d. § 266 Abs. 3 C. 6. HGB darstellen.424 Etwas anderes gilt jedoch in Fällen, in denen bei Bestehen eines Steuerumlagevertrages gem. § 274 HGB analog latente Steuerumlagen von der Organgesellschaft gebildet werden.425 Wird zu dieser Ausweismöglichkeit optiert, ist der Betrag der latenten Steuerumlage in der GuV unter dem Posten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ i.S.d. § 275 Abs. 2 Nr. 18 resp. § 275 Abs. 3 Nr. 17 HGB auszuweisen.426 Der spezielle Posten „Aufwendungen auf Grund eines Gewinnabführungsvertrages“ resp. „Erträge aus Verlustübernahme“ i.S.d. § 277 Abs. 3 S. 2 HGB verändert sich in entsprechender Höhe. Für die Bilanz der Organgesellschaft hat die analoge Anwendung des § 274 HGB zur Konsequenz, dass für die latenten Steuerumlagen ein gesonderter Ausweis unter der Bezeichnung „Aktive latente Steuerumlage vom Organträger“ resp. „Passive latente Steuerumlage vom Organträger“ zu erfolgen hat.427 Der ohne Steuerumlagevertrag resp. bei Vorliegen eines derartigen Vertrages ohne analoge Anwendung des § 274 HGB ausgewiesene Posten „Verbindlichkeiten gegen verbundene Unternehmen“ i.S.d. § 266 Abs. 3 C. 6. HGB resp. eine etwaige „Forderung gegen verbundene Unternehmen“ i.S.d. § 266 Abs. 2 B. II. 2. HGB verringert sich in Höhe der ausgewiesenen passiven resp. aktiven latenten Steuerumlage. Der an den Organträger abzuführende resp. der von dem Organträger zu erhaltene Betrag verringert sich dementsprechend bei analoger Anwendung des § 274 HGB und der Bildung latenter Steuerumlagen. Unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes stellt sich die Frage, welche Auswirkungen der Abschluss von Steuerumlageverträgen und die gegebenenfalls zusätzliche analoge Anwendung des § 274 HGB für die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB haben. Konkret ist auch hier zu fragen, ob es im Rahmen dieser Ermittlung der Anwendung der Bruttomethode bedarf, oder ob im Vergleich zu Organschaften ohne Steuerumlageverträge428 besondere Aspekte vorliegen, die die Anwendung der Nettomethode rechtfertigen. Betrachtet man hinsichtlich dieser Fragestellung zunächst den Fall, dass die beteiligten Gesellschaften einen Steuerumlagevertrag geschlossen haben, § 274 424 So auch Beck’scherBilKo/Kozikowski/Fischer, § 274 HGB, Rn. 70; Dahlke, BB 2009, 878, 879; Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2448; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330; Petersen, WPg 2011, 255, 261; Schindler, BFuP 2011, 329, 335. 425 Vgl. zur Bildung latenter Steuerumlagen gem. § 274 HGB analog im Allgemeinen Kühne/Melcher/Wesemann, WPg 2009, 1057, 1060; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330 ff.; Schindler, BFuP 2011, 329, 337 ff.; Wendholt/Wesemann, DB 2009, Beil. Nr. 5 zu Heft 23, 64, 71. 426 So Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2331; Schindler, BFuP 2011, 329, 338. 427 Diese Ausweissystematik geht zurück auf den Vorschlag von Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2331 und Schindler, BFuP 2011, 329, 338. 428 Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2), (a).

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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HGB analog allerdings nicht angewandt wird, ist für die Auswahl zwischen Bruttoresp. Nettomethode entscheidend, dass sich der an den Organträger abzuführende Betrag im Vergleich zu einem Organschaftsverhältnis ohne Umlagevertrag nicht verändert. Die „Verbindlichkeit gegenüber verbundenen Unternehmen“ resp. die „Forderung gegen verbundene Unternehmen“ bleiben gleich groß. Lediglich die entsprechenden Ausweisposten in der GuV verändern sich bei Bestehen eines Umlagevertrages, was im Ergebnis jedoch keinen Einfluss auf den Abführungsbetrag hat. Dies bedeutet gleichfalls, dass der auf die Bilanzierung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens zurückgehende und in seiner Werthaltigkeit kritische Betrag weiterhin dem Buchwert der Vermögensgegenstände entspricht, da den für die Vermögensgegenstände gebildeten passiven Steuerumlagen keine den Abführungsbetrag mindernde Wirkung in der GuV zukommt.429 Die Steuerumlagen stellen ebenfalls einen an den Organträger abzuführenden Wert dar. Dies kann nach hier vertretener Ansicht nur dazu führen, dass auch bei Bestehen eines Steuerumlagevertrages im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages die Bruttomethode anzuwenden ist.430 Insbesondere der für die Methodenauswahl maßgebende Gläubigerschutz431 macht es notwendig, dass auch hier ein abführungsgesperrter Betrag in Höhe des Buchwertes der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in der Gesellschaft zurückgehalten wird. Dies macht die Anwendung der Bruttomethode notwendig, da nur mit dieser sichergestellt werden kann, dass im Fall zukünftiger Abschreibungen auf die selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ausreichend Kapital zum Ausgleich der Aufwendungen vorhanden ist und eine Aufzehrung des Grund- resp. Stammkapitals verhindert wird.432 Kommt es allerdings zu einer analogen Anwendung des § 274 HGB, bedarf es nach hier vertretener Ansicht aus Gründen des Gläubigerschutzes nicht der Anwendung der Bruttomethode. Dies ist damit zu begründen, dass sich bei analoger Anwendung des § 274 HGB der auf den Ansatz selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zurückgehende und in seiner Werthaltigkeit kritische Betrag auf die Differenz aus Buchwert der Vermögensgegenstände und der für sie, auf Ebene der Organgesellschaft, analog gebildeten passiven latenten Steuerumlagen bezieht. Die gem. § 274 HGB analog gebildeten passiven latenten Steuerumlagen gehen mit den Abführungsbetrag mindernder Wirkung in die GuV ein und stellen in der Bilanz, anders als die „normal“ gebildeten passiven latenten Steuerumlagen, keine Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unterneh429

Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 1., b) und D., I., 2., a), bb), (1). So auch Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 66; Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2330; WPHandbuch, Band I, F Rn. 116. A.A. Dahlke, BB 2009, 878, 880 ff.; Ellerbusch/Schlüter/Hofherr, DStR 2009, 2443, 2444. 431 Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 1., b) und D., I., 2., a), bb), (2), (a). 432 Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 1., b) und D., I., 2., a), bb), (2), (a). 430

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

men dar. Sie werden vielmehr als separater Posten auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen. Dies hat zur Konsequenz, dass der auf die Bilanzierung der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zurückgehende und das Abführungspotential erhöhende Betrag nur dem Buchwert der Vermögensgegenstände abzüglich der analog gem. § 274 HGB gebildeten passiven latenten Steuerumlagen entspricht. Nur dieser Betrag ist kritisch und muss von der Abführungssperre i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB erfasst sein. Hiermit ist gerechtfertigt, auch bei Berechnung des abführungsgesperrten Betrages unter Anwendung der Nettomethode die angesetzten passiven Steuerumlagen ergebnismindernd in Abzug zu bringen.433 Für dieses Ergebnis spricht im Übrigen, dass die gem. § 274 HGB analog gebildeten passiven latenten Steuerumlagen in der Bilanz der Organgesellschaft als eigener Posten ausgewiesen werden. Eine ergebniswirksame Auflösung im Fall der Abschreibung der Vermögensgegenstände bleibt dementsprechend möglich. Dies ist dahingegen bei Verzicht auf eine analoge Anwendung des § 274 HGB nicht der Fall, da eine „normale“ Steuerumlage in der Bilanz der Organgesellschaft als Verbindlichkeit gegenüber dem verbundenen Unternehmen passiviert werden muss. Auch letztgenanntes Argument spricht für die Anwendung der Nettomethode im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages, sofern es zu einem Ausweis passiver latenter Steuerumlagen gem. § 274 HGB analog kommt.434 b) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB Bei der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages sind neben selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB die nach § 253 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 255 Abs. 4 HGB zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zu berücksichtigen. Mit dem Ansatz dieses sog. Planvermögens im Rahmen der Abführungssperre sind keine Unterschiede im Vergleich zur Einbeziehung der Vermögensgegenstände in die unmittelbare Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB verbunden.435 In die Ermittlung des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages ist demnach nicht der gem. § 246 Abs. 2 S. 3 HGB in der Bilanz ausgewiesene aktive Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung, sondern im Jahr der Erstbewertung als auch in allen Folgejahren der zum jeweiligen Bilanzstichtag 433 So auch Melcher/Murer, DB 2011, 2329, 2331; Schindler, BFuP 2011, 329, 340. Im Ergebnis ebenso Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 235; Liekenbrock/Vossel, DB 2012, 753, 755, die allerdings in Anlehnung an DRS 18.35 auf den Ansatz latenter Steuern abstellen. 434 Entsprechend der unmittelbaren Umsetzung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB sind passive latente Steuerumlagen nur anzusetzen, soweit diese nicht bereits mit aktiven latenten Steuerumlagen verrechnet wurden, vgl. Zweites Kapitel, A., II., 3., b), dd). 435 Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 2., a).

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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festgestellte, beizulegende Zeitwert des Planvermögens abzüglich der historischen Anschaffungskosten aufzunehmen.436 Hinsichtlich der im Zusammenhang mit dem Vorliegen mehrerer Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB möglichen Probleme, die in gleichem Maße im Rahmen der Abführungssperre auftreten können, ist auf die Ausführungen im Rahmen der unmittelbaren Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB zu verweisen.437 Kommt die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB außerhalb eines ertragsteuerlichen Organschaftsverhältnisses zur Anwendung, ist zu berücksichtigen, dass die zur Abführung verpflichtete Gesellschaft für die Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB passive latente Steuern gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB zu bilden hat.438 Passive latente Steuern sind auf den Zeitwertgewinn, d. h. auf den Betrag, um den der beizulegende Zeitwert die historischen Anschaffungskosten übersteigt, zu bilden und als Abzugsposten in die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages aufzunehmen.439 Die Einbeziehung passiver latenter Steuern in die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages rechtfertigt sich aus ihrer ergebnismindernden Wirkung in der GuV und der daraus resultierenden Verringerung des auf die Zeitwertbewertung des sog. Planvermögens zurückgehenden kritischen Wertes.440 Nur der die passiven latenten Steuern übersteigende Betrag des Zeitwertgewinnes des Planvermögens ist in seiner Werthaltigkeit als unsicher zu betrachten und muss aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten vor einer Abführung gesperrt sein. Zudem ist zu beachten, dass passive latente Steuern entsprechend der unmittelbaren Umsetzung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB nur anzusetzen sind, soweit sie nicht bereits mit aktiven latenten Steuern verrechnet wurden.441 Besteht zwischen den betroffenen Gesellschaften dahingegen eine ertragsteuerliche Organschaft i.S.d. § 14 KStG, ist zu berücksichtigen, dass passive latente Steuern für den Zeitwertgewinn der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB nicht von der zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft, sondern ausschließlich von dem Organträger gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB zu bilden sind.442 Für die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages hat das zur Konsequenz, dass hinsichtlich des Ansatzes passiver latenter Steuern die sog. Bruttomethode zur Anwendung kommt.443 Nach dieser Methode ist in die Berechnung des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages der Bruttobetrag der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Bilanzwerte aufzunehmen. Ein diesen Betrag 436 437 438 439 440 441 442 443

Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 2., a). Vgl. Zweites Kapitel, A., II.), 2. Vgl. Zweites Kapitel, A., II.), 2., b). Vgl. Zweites Kapitel, A., II.), 2., b). Vgl. Zweites Kapitel, A., II.), 2., b). Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 3., b), dd). Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2). Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2).

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

vermindernder Ansatz passiver latenter Steuern hat aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten zu unterbleiben. Abführungsgesperrt ist bei Bestehen eines Organschaftsverhältnisses dementsprechend der vollständige Zeitwertgewinn der Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB. Die Anwendung der Bruttomethode gilt in Fällen, in denen innerhalb eines Organschaftsverhältnisses entweder kein Steuerumlagevertrag zwischen den beteiligten Gesellschaften geschlossen wurde oder ein derartiger Vertrag zwar vorliegt, darüber hinaus jedoch von einer analogen Anwendung des § 274 HGB und der Bildung latenter Steuerumlagen abgesehen wurde.444 Ist eine Steuerumlagevereinbarung zwischen den Gesellschaften getroffen worden und kommt es zudem zu einer analogen Anwendung des § 274 HGB, ist nach hier vertretener Ansicht die Nettomethode anzuwenden, da auch mit dieser Methode ein hinreichender Gläubigerschutz sichergestellt werden kann.445 Die Anwendung der Nettomethode hat zur Folge, dass ein Abzug der analog gem. § 274 HGB gebildeten passiven latenten Steuerumlagen im Rahmen der Ermittlung des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages vorzunehmen ist. Dies gilt entsprechend der unmittelbaren Umsetzung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB und der Anwendung der Abführungssperre außerhalb von Organschaftsverhältnissen allerdings nur, soweit sie nicht bereits mit aktiven latenten Steuerumlagen verrechnet wurden.446 c) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB Zusätzlich zu selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens und Vermögensgegenständen i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB sind in die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages als dritter Posten gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB ein etwaig ausgewiesener Aktivüberhang latenter Steuern aufzunehmen. Hinsichtlich des Ansatzes dieses Postens ergeben sich keine Besonderheiten im Vergleich zum Ansatz im Rahmen der Ermittlung des gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Betrages, sofern zwischen den Vertragspartnern eines Gewinnabführungsvertrages i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG kein ertragsteuerliches Organschaftsverhältnis besteht. Hinzuweisen ist an dieser Stelle nur darauf, dass in einem derartigen Fall ein Ansatz gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB in Betracht kommt, wenn ein Aktivüberhang latenter Steuern vorliegt und die zur Gewinnabführung verpflichtete Gesellschaft von ihrem Ansatzwahlrecht gem. § 274 Abs. 1 S. 2 HGB Gebrauch gemacht hat. Hinsichtlich der sonstigen Einzelheiten ist auf die Ausführungen im Rahmen der Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages zu verweisen.447 444

Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2). Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2), (b). 446 Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 3., b), dd) und die Ausführungen zu Beginn dieses Abschnittes. 447 Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 3., a). 445

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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Haben die beteiligten Gesellschaften dahingegen nicht nur einen Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG geschlossen, sondern sind auch die Voraussetzungen des § 14 KStG erfüllt und liegt eine ertragsteuerliche Organschaft vor, bedarf es einer abweichenden Beurteilung hinsichtlich des Ansatzes eines Aktivüberhangs latenter Steuern. Sind die vorstehenden Voraussetzungen gegeben, ist zu beachten, dass ausschließlich der Organträger aktive latente Steuern ausweisen kann, sofern mit der Steuerentlastung während des Zeitraums des Organschaftsverhältnisses gerechnet wird. Die Organgesellschaft selbst kann keine aktiven latenten Steuern ausweisen, was darauf zurückzuführen ist, dass sie mangels zu versteuerndem Einkommen nicht der Besteuerung unterliegt und somit während des Zeitraums des Organschaftsverhältnisses keine zukünftigen Steuerentlastungen zu erwarten hat.448 Ist demzufolge bei Bestehen eines Organschaftsverhältnisses der Ausweis aktiver latenter Steuern auf Ebene der Organgesellschaft ausgeschlossen, mangelt es von vornherein an dem Anknüpfungspunkt für den Ansatz eines Aktivüberhangs latenter Steuern im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB. Ein abführungsgesperrter Betrag auf Grund eines Aktivüberhangs ist dementsprechend ausgeschlossen, sofern zwischen zwei Gesellschaften ein Organschaftsverhältnis besteht.449 Diese Einschätzung gilt für Fälle, in denen innerhalb eines Organschaftsverhältnisses kein Steuerumlagevertrag zwischen den beteiligten Gesellschaften geschlossen wurde, als auch für Konstellationen, in denen ein derartiger Vertrag zwar vorliegt, darüber hinaus jedoch von einer analogen Anwendung des § 274 HGB und der Bildung aktiver latenter Steuerumlagen abgesehen wurde. Der Ausschluss des Ansatzes eines Aktivüberhanges latenter Steuern in der letztgenannten Konstellation ist darauf zurückzuführen, dass das bloße Bestehen eines Steuerumlagevertrages nicht zur Konsequenz hat, dass es zu einem Ausweis aktiver latenter Steuern resp. aktiver latenter Steuerumlagen auf Ebene der Organgesellschaft kommen kann. Ein reiner Steuerumlagevertrag hat einzig zur Folge, dass sich die einzelnen Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung der beteiligten Gesellschaften verändern.450 Etwas anderes gilt jedoch, wenn nicht nur ein Steuerumlagevertrag zwischen den beteiligten Gesellschaften besteht, sondern des Weiteren analog § 274 HGB aktive latente Steuerumlagen ausgewiesen werden.451 Ergibt sich in einem derartigen Fall auf Ebene der Organgesellschaft ein Aktivüberhang latenter Steuerumlagen und wird dieser Aktivüberhang ausgewiesen, ist § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB entsprechend anzuwenden. Die Anwendung der Abführungssperre für diese Position rechtfertigt sich nach hier vertretener Ansicht daraus, dass aktive latente Steuerumlagen, die lediglich analog § 274 HGB gebildet wurden, in ihrer Werthaltigkeit 448

Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2). So auch Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Bertram, HGB, § 274 Rn. 83; Frotscher/ Maas/Frotscher, KStG, § 14 Rn. 389; Kröner/Bolik/Gageur, Ubg 2010, 237, 241. 450 Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2), (b). 451 Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2), (b). 449

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

mindestens genauso kritisch sind wie gem. § 274 Abs. 1 S. 2 HGB ausgewiesene aktive latente Steuern, die aus gläubigerschützenden Gründen dem sachlichen Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre unterliegen.452 Werden aktive latente Steuerumlagen in der Bilanz der Organgesellschaft ausgewiesen, müssen sie demnach der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB unterliegen.453 d) Berücksichtigung vorvertraglicher Rücklagen In die Ermittlung des zulässigen Abführungsbetrages wurden bisher ausschließlich Gewinnrücklagen und ein Gewinnvortrag einbezogen, die während des Zeitraums des Bestehens des Gewinnabführungsvertrages gebildet wurden.454 Konkret sind diese Werte im Rahmen der Berechnung des maximalen Abführungspotentials mit ergebniserhöhender Wirkung angesetzt worden, da sie jederzeit gem. § 301 S. 2 AktG (analog) aufgelöst und als Gewinn abgeführt werden können.455 Neben diesen innervertraglichen Gewinnrücklagen resp. einem innervertraglichen Gewinnvortrag können in einer zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft allerdings auch frei verfügbare Rücklagen aus vorvertraglicher Zeit vorhanden sein.456 Beispielhaft zu nennen sind hier andere Gewinnrücklagen und satzungsmäßige Rücklagen i.S.d. § 272 Abs. 3 S. 2 HGB sowie die Kapitalrücklage i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB.457 Diese Rücklagen wurden bisher nicht erwähnt, da sie als vorvertragliche Rücklagen nicht an die begünstigte Gesellschaft abführbar sind458 und dementsprechend nicht das maximale Abführungspotential erhöhen können. Beachtet man allerdings die Bedeutung frei verfügbarer Rücklagen für die Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB459, stellt sich die Frage, ob diesen Rücklagen im Zusammenhang mit der Anwendung der Abführungssperre zumindest im Rahmen der Ermittlung des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages eigenständige Bedeutung zukommt. Konkret ist zu hinterfragen, ob frei 452

Vgl. Erstes Kapitel, B., III. So auch Schindler, BFuP 2011, 329, 340, der die analoge Anwendung der Abführungssperre mit der fehlenden Vermögensgegenstandseigenschaft aktiver latenter Steuerumlagen begründet. 454 Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 1., d). 455 Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 1., d). 456 Gleichermaßen kann auch ein vorvertraglicher Gewinnvortrag vorliegen, vgl. Zweites Kapitel, A., I., 4. Auf eine explizite Erwähnung dieses Wertes wird im Folgenden aus Gründen besserer Übersicht verzichtet. 457 Vgl. zu den Einzelheiten dieser Rücklagen resp. des Gewinnvortrages Zweites Kapitel, A., I., 2. 458 Vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 3, 11 ff., 15; Hölters/Deilmann, AktG, § 301 Rn. 13; Hüffer, AktG, § 301 Rn. 6, 8; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 18; MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 4, 24; Schmidt/Lutter/ Stephan, AktG, § 301 Rn. 1, 23; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 12. 459 Vgl. Zweites Kapitel, A., 2. 453

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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verfügbare Rücklagen einer zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft, die aus der Zeit vor Entstehen des Gewinnabführungsvertrages resultieren, den abführungsgesperrten Betrag mindern können oder ob diese Werte den abführungsgesperrten Betrag unberührt lassen. Für die Begründung der Einbeziehung der vorvertraglichen Rücklagen in die Ermittlung des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages kann zunächst auf den Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB abgestellt werden. Dieser spricht eindeutig nur von „[…] frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags […]“ und unterscheidet nicht hinsichtlich des konkreten Zeitpunktes der Entstehung dieser Werte.460 Frei verfügbare Rücklagen aus der Zeit vor Entstehen eines Gewinnabführungsvertrages und ein entsprechender Ansatz im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages sind demgemäß mit dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB in Einklang zu bringen. Gleiches lässt sich aus der Regierungsbegründung zum BilMoG ableiten.461 Dort heißt es wörtlich: „Die Abführung der ausschüttungsgesperrten Erträge [Beträge] ist demgemäß ausgeschlossen, soweit die verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen abzüglich eines Verlustvortrags oder zuzüglich eines Gewinnvortrags dem Gesamtbetrag der angesetzten Erträge [Beträge] nicht mindestens entsprechen“.462 Auch in der Regierungsbegründung wird demzufolge nicht zwischen vorvertraglichen und innervertraglichen frei verfügbaren Rücklagen unterschieden. Der Ansatz frei verfügbarer Rücklagen aus vorvertraglicher Zeit im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages ist folglich auch mit den Ausführungen in der Regierungsbegründung zu vereinbaren. Darüber hinaus ist eine Berücksichtigung vorvertraglicher freier Rücklagen auch vom Sinn und Zweck der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB gedeckt. Die Abführungssperre wurde eingeführt, um aus Gründen des Gläubigerschutzes463 sicherzustellen, dass es nicht zu einer Abführung von in ihrer Werthaltigkeit kritischen Gewinnen kommt und in Zukunft noch ausreichend Kapital in der Gesellschaft vorhanden ist, um etwaige, in Zukunft aus Wertminderungen der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Bilanzposten resultierende Aufwendungen ausgleichen zu können.464 Aus Gläubigerperspektive ist allerdings nicht von Bedeutung, ob zum Ausgleich etwaiger Aufwendungen auf frei verfügbare innervertragliche Rücklagen oder auf frei verfügbare Rücklagen aus vorvertraglicher Zeit zurückge-

460 So auch Kropff, FS Hüffer, 539, 550. So wohl auch Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 174, die allerdings irreführend vom Wortlaut des § 301 AktG sprechen; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 9. 461 Ebenso Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 630; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 244. 462 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 105. 463 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 464 Vgl. Einführung, C., III., 2.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

griffen wird.465 Maßgeblich für die Gläubiger der abführungsverpflichteten Gesellschaft ist lediglich, dass überhaupt ausreichend frei verfügbare Rücklagen vorhanden sind, die zu einem eventuellen Ausgleich verwendet werden können. Vor diesem Hintergrund wäre eine Einbeziehung frei verfügbarer vorvertraglicher Rücklagen vom Sinn und Zweck der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB gedeckt.466 Trotz dieser Gesichtspunkte ist von einem Ansatz frei verfügbarer Rücklagen aus vorvertraglicher Zeit im Rahmen der Ermittlung des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages nach hier vertretener Ansicht im Ergebnis abzusehen, wofür sich mehrere Gründe anführen lassen. Zum einen ist zu beachten, dass für die Anwendung der Abführungssperre nicht der gesamte Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB maßgebend ist, da § 301 S. 1 AktG nicht auf die gesamte Vorschrift des § 268 Abs. 8 HGB verweist, sondern ausschließlich von dem „[…] nach § 268 Abs. 8 des Handelsgesetzbuchs ausschüttungsgesperrten Betrag […]“ spricht. Es ist demnach nicht zu hinterfragen, ob die Einbeziehung vorvertraglicher Rücklagen mit dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 HGB in seiner Gesamtheit zu vereinbaren ist, sondern es muss festgestellt werden, ob eine derartige Vorgehensweise von der Begrifflichkeit des „nach § 268 Abs. 8 des Handelsgesetzbuchs ausschüttungsgesperrten Betrages“ abgedeckt ist. Dies ist aber gerade nicht der Fall, da ausschüttungsgesperrt nach § 268 Abs. 8 HGB nur diejenigen Beträge sind, die unmittelbar auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Sachverhalte zurückgehen und in ihrer Werthaltigkeit kritisch sind.467 Frei verfügbare Rücklagen resp. ein Gewinnvortrag haben keine Bedeutung für die Frage, was unter die Begrifflichkeit „ausschüttungsgesperrte Beträge“ zu fassen ist.468 Derartige Rücklagen werden erst im Rahmen eines tatsächlich zu treffenden Gewinnverwendungsbeschlusses relevant und sind maßgeblich für die Frage, ob der Bilanzgewinn resp. Jahresüberschuss trotz Vorliegens ausschüttungsgesperrter Beträge vollumfänglich ausgeschüttet werden darf oder nicht.469 Folglich sind frei verfügbare Rücklagen 465 Ebenso Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 70; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 244; Kropff, FS Hüffer, 539, 550; Petersen/Zwirner/ Froschhammer, KoR 2010, 334, 340. 466 So auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 630 ff.; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 69 ff.; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 174; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 340; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 18. 467 Vgl. Einführung, C., I., 1. und Zweites Kapitel, A., II. 468 Dies verkennt mit a.A. Kropff, FS Hüffer, 539, 550, Fn. 58, der davon ausgeht, dass erst die Differenz aus kritischen Beträgen und frei verfügbaren Rücklagen ausschüttungsgesperrt ist. Ebenfalls a.A. Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 630; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 9; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 463; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 339 ff.; Simon, NZG 2009, 1081, 1085; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 113. 469 Dies erkennen zutreffend ausschließlich Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 241. Vgl. auch Einführung, C., I., 1. und Zweites Kapitel, A.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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generell nicht von der Begrifflichkeit „ausschüttungsgesperrte Beträge“ umfasst, sodass die konkrete Bezugnahme in § 301 S. 1 AktG auf „[…] den nach § 268 Abs. 8 des Handelsgesetzbuchs ausschüttungsgesperrten Betrag […]“ gegen die Berücksichtigung derartiger Rücklagen im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages spricht. Zusätzlich zu dem Wortlaut des § 301 S. 1 AktG, der nicht auf § 268 Abs. 8 HGB in seiner Gesamtheit, sondern nur auf den nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Betrag verweist, spricht gegen eine Berücksichtigung frei verfügbarer Rücklagen aus vorvertraglicher Zeit, dass diese Rücklagen nicht dem Vertragspartner der abführungsverpflichteten Gesellschaft zustehen, sondern den (Minderheits-)Gesellschaftern.470 Nur den Gesellschaftern sind die vorvertraglichen Rücklagen im Wege der Ausschüttung zugänglich. Würde man derartige vorvertragliche Rücklagen aber in die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages einbeziehen, könnte das zur Folge haben, dass sie zukünftig als Ausgleichsposten für die in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge zur Verfügung stehen müssten. Eine Auflösung und Ausschüttung wäre in einem derartigen Fall mangels anderweitiger freier Eigenkapitalbestandteile nicht mehr möglich, sodass vor allem die Minderheitsgesellschafter negativ in ihren Rechten beeinträchtigt wären.471 Besonders deutlich werden die negativen Auswirkungen der Berücksichtigung vorvertraglicher Rücklagen auf die Vermögensrechte der Minderheitsgesellschafter in Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Beendigung des Gewinnabführungsvertrages weiterhin in ihrer Werthaltigkeit kritische Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB vorliegen.472 Kommt es in derartigen Konstellationen nach Vertragsende zu einer Wertminderung der kritischen Bilanzpositionen, können die daraus resultierenden Aufwendungen durch die Auflösung der entsprechenden Rücklagen ausgeglichen werden. Die ursprünglich auch den Minderheitsgesellschaftern zustehenden Rücklagen wären auf diese Weise endgültig aufgezehrt und könnten nicht mehr ausgeschüttet werden. Eine solche nachteilige Beeinträchtigung der Gesellschafterrechte erscheint nach hier vertretener Ansicht nicht sachgerecht und kann nur dadurch vermieden werden, dass frei verfügbare vorvertragliche Rücklagen bei der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages außer Acht bleiben.

470

Vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 1, 12, 15; Hölters/Deilmann, AktG, § 301 Rn. 13; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 18; MüKo/ Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 24; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 7; Spindler/Stilz/ Veil, AktG, § 301 Rn. 12. 471 So auch Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 242; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 268 HGB, Rn. 174; Simon, NZG 2009, 1081, 1086; ders., Status:Recht 2009, 205. Zustimmend in diesem Punkt auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 631; Kropff, FS Hüffer, 539, 550 ff. 472 Dazu ausdrücklich auch Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 242; Kropff, FS Hüffer, 539, 550.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Schließlich lässt sich gegen die Einbeziehung frei verfügbarer vorvertraglicher Rücklagen in die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages einwenden, dass eine derartige Vorgehensweise in Kombination mit der Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzwerte zu einer Erhöhung des Abführungsbetrages führen würde. Im Ergebnis hätte die Einbeziehung frei verfügbarer Rücklagen die Abführung der auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzwerte zurückgehenden Gewinne zur Folge.473 Deutlich wird dies, wenn man berücksichtigt, dass ohne Ansatz der frei verfügbaren vorvertraglichen Rücklagen die kritischen Werte in der Gesellschaft zurückgehalten werden müssten. Die vorvertraglichen Rücklagen selbst könnten auch nicht abgeführt werden, da sie ausschließlich den Gesellschaftern im Wege der Ausschüttung zugänglich sind.474 Eine derartige Erhöhung des Abführungsbetrages war allerdings mit Einführung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzierungsmöglichkeiten nicht bezweckt.475 Vielmehr sollte durch das BilMoG ausschließlich der Informationsgehalt der Bilanz gesteigert werden.476 Diese Begrenzung des Zwecks der Einführung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzierungsmöglichkeiten auf die Erhöhung des bilanziellen Informationsniveaus steht somit ebenfalls einer Berücksichtigung frei verfügbarer vorvertraglicher Gewinnrücklagen im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages entgegen. e) Berechnungsschema Abführungsgesperrter Betrag gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB ¢

+ ¢ ¢

473

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV zum Buchwert passive latente Steuern gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB resp. passive latente Steuerumlagen analog § 274 Abs. 1 S. 1 HGB: sofern bei abführungsverpflichteter Gesellschaft gebildet und soweit nicht mit aktiven latenten Steuern resp. aktiven latenten Steuerumlagen verrechnet Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zum beizulegenden Zeitwert: Ansatz nur, soweit beizulegender Zeitwert des einzelnen VG Š historische Anschaffungskosten des VG historische Anschaffungskosten passive latente Steuern gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB resp. passive latente Steuerumlagen analog § 274 Abs. 1 S. 1 HGB: beschränkt auf die Differenz von beizulegendem Zeitwert und historischen Anschaffungskosten und sofern bei abführungsverpflichteter Gesellschaft gebildet und soweit nicht mit aktiven latenten Steuern resp. aktiven latenten Steuerumlagen verrechnet

Ebenso Simon, NZG 2009, 1081, 1086. Vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 1, 12, 15; Hölters/Deilmann, AktG, § 301 Rn. 13; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 18; MüKo/ Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 24; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 7; Spindler/Stilz/ Veil, AktG, § 301 Rn. 12. 475 Vgl. Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 58; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 102. 476 Einführung, A., II. 474

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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+

Überhang aktiver latenter Steuern gem. § 274 Abs. 1 S. 2 HGB resp. aktiver latenter Steuerumlagen analog § 274 Abs. 1 S. 2 HGB: soweit bei abführungsverpflichteter Gesellschaft unmittelbar oder analog ausgewiesen

=

Abführungsgesperrter Betrag

3. Zulässiger Abführungsbetrag Die Darstellung der Ermittlung des zulässigen Abführungsbetrages hat sich bisher in der Bestimmung sowohl des maximalen Abführungspotentials als auch des abführungsgesperrten Betrages i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB erschöpft. Diese beiden Werte machen bei separater Betrachtung deutlich, in welcher maximalen Höhe abführbare Mittel vor Berücksichtigung der Abführungssperre in der zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft vorhanden sind resp. in welcher Höhe vor einer Abführung gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB gesperrte Beträge vorliegen, die zwingend in der Gesellschaft zurückgehalten werden müssen. Zur finalen Bestimmung des in der konkreten Periode zulässigen Abführungsbetrages müssen die beiden dargestellten Werte in einer abschließenden Berechnung zueinander in Verhältnis gesetzt werden. Die Differenz aus maximalem Abführungspotential und abführungsgesperrtem Betrag ergibt den einer Abführung zugänglichen Wert. Zulässiger Abführungsbetrag ¢ =

Maximales Abführungspotential Abführungsgesperrter Betrag Zulässiger Abführungsbetrag

4. Ausweis des abführungsgesperrten Betrages Die Darstellung der Ermittlung des zulässigen Abführungsbetrages hat gezeigt, wie dieser Wert zu berechnen ist und welche Einzelbeträge in die Berechnung aufzunehmen sind. Noch nicht besprochen wurde, in welcher Weise zu verfahren ist, sofern im Rahmen der Ermittlung des zulässigen Abführungsbetrages ein abführungsgesperrter Betrag i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB tatsächlich festgestellt wird und dieser Betrag den fiktiven Jahresüberschuss vermindert. Eindeutig ist insoweit nur, dass lediglich in Höhe des um den abführungsgesperrten Betrag geminderten fiktiven Jahresüberschuss ein schuldrechtlicher Abführungsanspruch gegenüber der zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft entsteht und dass die abführende Gesellschaft in dieser Höhe eine Verbindlichkeit gegenüber verbundenen Unternehmen gem. § 266 Abs. 3 C. 6. HGB in der Bilanz auszuweisen hat.477 Wie allerdings mit dem abführungsgesperrten Betrag zu verfahren ist, der 477

Vgl. Einführung, C., III., 2.

234

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

nicht Teil des Abführungsanspruches resp. der Verbindlichkeit gegenüber verbundenen Unternehmen geworden ist478, wird weder unmittelbar aus § 301 AktG noch aus § 268 Abs. 8 HGB ersichtlich, was zur Folge haben muss, dass hinsichtlich des Ausweises des abführungsgesperrten Betrages auf die allgemein zur Verfügung stehenden Ausweismöglichkeiten zurückzugreifen ist. Ebenso wie für den Ausweis eines gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Betrages479 bestehen auch für den Ausweis eines gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten der Thesaurierung.480 Wird ein Teil des fiktiven Jahresüberschusses nicht Bestandteil des Gewinnabführungsbetrages, kann dieser Betrag entweder in die (innervertraglichen) Gewinnrücklagen eingestellt oder als (innervertraglicher) Gewinn vorgetragen werden.481 Welche dieser beiden Möglichkeiten konkret gewählt wird, ist dabei, anders als im Rahmen des Ausweises eines ausschüttungsgesperrten Betrages für die Gesellschafter482, aus Perspektive der begünstigten Gesellschaft von untergeordneter Bedeutung. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Zugriffsmöglichkeiten der begünstigten Gesellschaft auf die thesaurierten Beträge weiterreichen als die Möglichkeiten der Gesellschafter (im Rahmen der Ausschüttungssperre), denen lediglich ein Gewinnvortrag im Folgejahr ohne Weiteres zur Verfügung steht.483 Möchten die Gesellschafter auf Beträge zugreifen, die in die Gewinnrücklagen eingestellt wurden, bedarf es dazu zunächst

478 So auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 633; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 74; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 216, 258; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 340; a.A. Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 18, der davon ausgeht, dass „[…] § 301 [AktG] […] nicht das Entstehen der Verbindlichkeit, sondern nur die Begleichung [hindert]“. 479 Vgl. Zweites Kapitel, A., IV. 480 Teilweise wird in der Literatur auch die Bildung einer Rückstellung gem. § 249 Abs. 1 HGB zumindest in Betracht gezogen, vgl. Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 633; Gelhausen/ Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 74; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 216, 258. Diese Ausweismöglichkeit wird allerdings einhellig abgelehnt. Zum einen wird das damit begründet, „[…] dass der Gesetzgeber im Sinne des Gläubigerschutzes die Entstehung einer Verbindlichkeit gerade ausgeschlossen hat“, Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 633, und zum anderen wird darauf abgestellt, dass „[…] die künftige Abführungsverpflichtung vor dem Freiwerden des gesperrten Gewinns noch nicht wirtschaftlich verursacht ist“, Herzig/ Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 216, 258. 481 Vgl. zur grundsätzlichen Möglichkeit der Bildung innervertraglicher Gewinnrücklagen resp. eines innervertraglichen Gewinnvortrages Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 11 ff.; Hölters/Deilmann, AktG, § 301 Rn. 15, 17; Hüffer, AktG, § 301 Rn. 6 ff.; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 16, 19; MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 27; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 12 ff. 482 Vgl. Zweites Kapitel, A., IV. 483 Vgl. Zweites Kapitel, A., IV.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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einer Auflösung durch das zuständige Verwaltungsorgan, welches insoweit nicht weisungsgebunden ist.484 Die Zugriffsmöglichkeiten der auf Grund eines Gewinnabführungsvertrages i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG begünstigten Gesellschaft bestehen dahingegen nicht nur hinsichtlich eines Gewinnvortrags, sondern umfassen auch die in Gewinnrücklagen eingestellten Beträge. Dies ist damit zu begründen, dass der begünstigten Gesellschaft, entweder auf vertraglicher Grundlage485 oder auf Grund des gem. § 308 Abs. 1 S. 1 AktG bestehenden Weisungsrechts486, die Möglichkeit zukommt, die Auflösung und Abführung der innervertraglichen Gewinnrücklagen i.S.d. § 301 S. 1 AktG resp. des innervertraglichen Gewinnvortrages i.S.d. § 301 S. 2 AktG analog zu verlangen. Unabhängig von der konkreten Ausweisart kann die begünstigte Gesellschaft damit jederzeit die Auflösung und Abführung der thesaurierten Beträge erreichen. Es macht dementsprechend keinen Unterschied, ob der abführungsgesperrte Betrag in die Gewinnrücklagen eingestellt oder als Gewinnvortrag ausgewiesen wird. Im Übrigen führt die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit der begünstigten Gesellschaft auf die Gewinnrücklagen resp. den Gewinnvortrag auch dazu, dass sich im Rahmen der Abführungssperre von vornherein nicht die Frage nach der Verwendungskompetenz hinsichtlich der abführungsgesperrten Beträge stellt.487 Im Zusammenhang mit ausschüttungsgesperrten Beträgen wurde festgestellt, dass trotz Ausschüttungssperre und damit verbundener Zwangsthesaurierung die Entscheidungskompetenz hinsichtlich der konkreten Art der Thesaurierung bei den Gesellschaftern verbleiben muss, da von der konkret gewählten Ausweisart die spätere Zugriffsmöglichkeit abhängt.488 Dies ist bei einem abführungsgesperrten Betrag anders, da der begünstigten Gesellschaft unabhängig von der konkreten Ausweisart der Zugriff möglich bleibt. Dementsprechend macht es keinen Unterschied, wer die Thesaurierung vornimmt, sodass einer Rücklagenbildung bei Aufstellung des Jahresabschlusses durch die zuständigen Verwaltungsorgane nichts entgegensteht.489 484

Vgl. Zweites Kapitel, A., IV. Auf den Vertrag als Grundlage des Auflösungsanspruches stellen ab KölnerKomm/ Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 17; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 15. 486 Das Weisungsrecht gem. § 308 Abs. 1 AktG als maßgebend erachten Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 15; Hölters/Deilmann, AktG, § 301 Rn. 21; MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 28; MünchenerHdG/Krieger, Band 4, § 71 Rn. 20; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 29. In diesem Sinne wohl auch Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 59; Simon, NZG 1081, 1086. 487 Vgl. dazu Zweites Kapitel, C., II. 488 Vgl. Zweites Kapitel, C., II. 489 So auch Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 633, die neben den jederzeitigen Zugriffsmöglichkeiten darauf abstellen, dass „[…] die Thesaurierung bereits auf vertraglicher Ebene unter Beachtung des § 301 Satz 1 AktG verpflichtend ist und kein Gestaltungsspielraum im Rahmen der Gewinnverwendung besteht.“ Ebenso fast wörtlich Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N 485

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

5. Zusammenfassung Die Ermittlung des zulässigen Abführungsbetrages unter Berücksichtigung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB erfordert mehrere Einzelschritte. Konkret sind dies die Berechnung des maximalen Abführungspotentials, die Bestimmung des abführungsgesperrten Betrages und die abschließende Gegenüberstellung dieser beiden Werte. Die Berechnung des maximalen Abführungspotentials, die sich im Vergleich zur Rechtslage vor BilMoG nicht verändert hat, als auch die abschließende Gegenüberstellung von maximalem Abführungspotential und abführungsgesperrtem Betrag führen zu keinen besonders problembehafteten Fragestellungen. Lediglich im Rahmen der Berechnung des maximalen Abführungspotentials stellt sich im Zusammenhang mit den anzusetzenden Einstellungen in die gesetzlichen Rücklage gem. § 300 AktG i.V.m. § 150 AktG resp. § 5a Abs. 3 GmbHG die Frage, ob der fiktive Jahresüberschuss als Bemessungsgrundlage dieser Rücklagen unter Berücksichtigung des § 301 AktG resp. des § 268 Abs. 8 HGB zu modifizieren ist. Eine derartige Modifizierung ist im Ergebnis unter Berufung auf den eindeutigen Wortlaut des § 300 AktG und das anderenfalls bestehende Risiko der Nichtigkeit des Jahresabschlusses abzulehnen. Im Gegensatz zu der Berechnung des maximalen Abführungspotentials und der abschließenden Gegenüberstellung der entsprechenden Werte kommt es im Rahmen der Bestimmung des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages zu mehreren klärungsbedürftigen Anwendungsfragen. Diese resultieren insbesondere aus dem Umstand, dass zwischen zwei Gesellschaften, die einen Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG geschlossen haben, in der Regel auch ein ertragsteuerliches Organschaftsverhältnis i.S.d. § 14 KStG besteht, woraus sich Besonderheiten für die im Rahmen der Abführungssperre bedeutsame Steuerlatenzierung ergeben. Liegen die Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft allerdings nicht vor, entspricht die Ermittlung des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages fast ausnahmslos der Ermittlung des gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Betrages. Bei der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages bedarf lediglich die Frage einer zusätzlichen Klärung, ob in die Ermittlung frei verfügbare Rücklagen aus vorvertraglicher Zeit einzubeziehen sind oder ob ein derartiger Ansatz zu unterbleiben hat. Eine Berücksichtigung frei verfügbarer vorvertraglicher Rücklagen muss nach hier vertretener Ansicht jedoch im Ergebnis unterbleiben, da ein anderweitiges Vorgehen insbesondere gegen den Wortlaut des § 301 S. 1 AktG und die Vermögensrechte der Minderheitsgesellschafter verstoßen würde. Besteht zwischen zwei Gesellschaften, die einen Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG geschlossen haben, dahingegen ein ertragsteuerliches Organschaftsverhältnis i.S.d. § 14 KStG, bedarf es im Rahmen der Ermittlung des Rn. 75. In diesem Sinne auch Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 463; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 117.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages einer genaueren Untersuchung, inwieweit bei dieser Ermittlung latente Steuern zu berücksichtigen sind. Konkret ist bei dieser Fragestellung zwischen der Bruttomethode, nach der keine latenten Steuern bei der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages anzusetzen sind, und der Nettomethode, nach der ein Ansatz latenter Steuern vorzunehmen ist, zu unterscheiden. Welche dieser beiden Methoden anzuwenden ist, wird maßgeblich dadurch bestimmt, ob zusätzlich zu dem ertragsteuerlichen Organschaftsverhältnis i.S.d. § 14 KStG ein Steuerumlagevertrag vorliegt oder ob von dem Abschluss eines derartigen Vertrages abgesehen wurde. Haben die Gesellschaften keinen Steuerumlagevertrag geschlossen, ist die Bruttomethode zu bevorzugen, sodass im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages keine latenten Steuern anzusetzen sind. Zwar kann nur mit der Nettomethode sichergestellt werden, dass sich das Ausschüttungspotential auf Ebene des Organträgers nicht verringert. Zudem ist auch der Wortlaut des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB nicht derart eindeutig, dass er nur eine Anwendung der Bruttomethode zulassen würde. Im Ergebnis sprechen allerdings nach hier vertretener Ansicht die besseren Argumente für die Anwendung der Bruttomethode. So ist zum einen zu beachten, dass dem Organträger von vornherein keine Schutzbedürftigkeit hinsichtlich eines nicht verringerten Ausschüttungspotentials zukommt. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Anwendung der Nettomethode mit der Gefahr von erhöhten Ausschüttungen des Organträgers verbunden ist. Und schließlich spricht für die Anwendung der Bruttomethode, dass ausschließlich diese Methode einen hinreichenden Gläubigerschutz sicherstellen kann, da nur auf diese Weise zu gewährleisten ist, dass stets ausreichend Mittel in der Gesellschaft vorhanden sind, um zukünftige Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen der kritischen Bilanzwerte i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB ausgleichen zu können. Besteht zwischen zwei Gesellschaften jedoch ein ertragsteuerliches Organschaftsverhältnis und wurde zudem ein Steuerumlagevertrag geschlossen, der latente Steuern mit einbezieht, ist für die Anwendung von Brutto- resp. Nettomethode weiter zu differenzieren, ob als Folge des Umlagevertrages latente Steuerumlagen gem. § 274 HGB analog gebildet wurden oder nicht. Wurden keine latenten Steuerumlagen gem. § 274 HGB analog gebildet, bleibt es bei der Anwendung der Bruttomethode, und im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages sind keine latenten Steuern anzusetzen. Dies ist damit zu begründen, dass sich durch einen Steuerumlagevertrag ausschließlich die Ausweispositionen innerhalb der Gewinnund Verlustrechnung verändern und es ansonsten zu keinen materiellen Unterschieden kommt. Aus Gründen des Gläubigerschutzes muss daher auch im Rahmen eines Steuerumlagevertrages ohne Bildung latenter Steuerumlagen die Bruttomethode zur Anwendung kommen. Wurden dahingegen auf Ebene der Organgesellschaft gem. § 274 HGB analog latente Steuerumlagen ausgewiesen, hat sich dadurch der Abführungsbetrag im Vergleich zum Nichtausweis latenter Steuerumlagen verringert. Das hat wiederum zur Konsequenz, dass sich auch der abführungsgesperrte Betrag nicht auf den vollen Buchwert der kritischen Vermögensgegenstände

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

beziehen muss. Die Gewährleistung eines hinreichenden Gläubigerschutzes kann in gleichem Maße sichergestellt werden, wenn es zu einem Ansatz latenter Steuern im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages kommt. In diesem speziellen Fall der Bildung latenter Steuerumlagen gem. § 274 HGB analog erscheint ausnahmsweise auch die Anwendung der Nettomethode sachgemäß. Als weiteres Zwischenergebnis dieser Arbeit bleibt festzuhalten, dass die Anwendung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB, ebenso wie die unmittelbare Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB, zu mehreren klärungsbedürftigen Problemstellungen führt. Die in diesem Zusammenhang auftretenden Fragen lassen sich jedoch allesamt anhand einer, insbesondere an Sinn und Zweck der Abführungssperre orientierten, Auslegung beantworten. Das Ziel der Abführungssperre, die Gläubiger der Gesellschaft vor einer Abführung von in ihrer Werthaltigkeit kritischen Werten zu schützen, kann vollumfänglich erreicht werden. Im Gegensatz zu der Ausschüttungssperre und der unmittelbaren Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB resultiert aus der zweckgerechten Anwendung der Abführungssperre nach hier vertretener Ansicht allerdings kein legislativer Anpassungsbedarf der maßgeblichen Vorschriften.

II. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB 1. Anwendbarkeit des § 285 Nr. 28 HGB Kapitalgesellschaften müssen gem. § 264 Abs. 1 S. 1 HGB ihren Jahresabschluss um einen Anhang erweitern und dabei die §§ 284 ff. HGB anwenden. Zu den im Rahmen der Anhangerstellung zu beachtenden Vorschriften gehört § 285 Nr. 28 HGB, wonach im Anhang „[…] der Gesamtbetrag der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB], aufgegliedert in Beträge aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, Beträge aus der Aktivierung latenter Steuern und aus der Aktivierung von Vermögensgegenständen zum beizulegenden Zeitwert […]“ anzugeben ist. Die Anhangvorschriften der §§ 284 ff. HGB, und damit auch § 285 Nr. 28 HGB, sind jedoch nicht nur zu beachten, sofern die von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Sachverhalte vorliegen und Gewinne im Rahmen von Ausschüttungen an die Gesellschafter verteilt werden, sondern auch in Fällen, in denen ein Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG abgeschlossen wurde und Gewinne an die begünstigte Gesellschaft abgeführt werden. Der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages und die etwaig zu beachtende Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB führen zu keinen Veränderungen hinsichtlich der zu beachtenden Anhangvorschriften. Dies hat in Ansehung des vorliegenden Kontextes zur Konsequenz, dass § 285 Nr. 28 HGB bereits aus rein systematischen Erwägungen Anwendung finden muss, sofern in der Bilanz der Gesellschaft abführungsgesperrte Beträge i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB ausgewiesen sind. Etwas anderes gilt nur in Fällen, in

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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denen die Voraussetzungen des § 264 Abs. 3 u. 4 HGB vorliegen und die bilanzierende Gesellschaft angesichts bestimmter gesellschaftsrechtlicher Konzernstrukturen die Vorschriften des Ersten, Dritten und Vierten Unterabschnittes des Zweiten Abschnittes des Dritten Buches des HGB nicht anwenden muss. § 285 Nr. 28 HGB ist innerhalb dieser Vorschriften verortet und kann somit in besonderen Konzernsituationen von vornherein außer Acht gelassen werden.490 Neben diesen systematischen Erwägungen spricht auch der Wortlaut des § 285 Nr. 28 HGB für eine Anwendung der Vorschrift im Zusammenhang mit abführungsgesperrten Beträgen i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB. Das ergibt sich konkret daraus, dass § 285 Nr. 28 HGB die Angabe des Gesamtbetrages der „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ verlangt. „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ sind, wie die Ausführungen zur Anwendung des § 285 Nr. 28 HGB im Rahmen der Ausschüttungssperre gezeigt haben491, die in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge, die sich unmittelbar „aus der Aktivierung“ der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzwerte ergeben. Unmittelbar „aus der Aktivierung“ der erfassten Bilanzwerte resultierende und in ihrer Werthaltigkeit als kritisch zu betrachtende Beträge können aber nicht nur bei zu Ausschüttungen verpflichteten Gesellschaften bestehen, sondern in gleicherweise auch bei zur Abführung von Gewinnen verpflichteten Gesellschaften. Die in ihrer Werthaltigkeit kritischen Werte, dessen Angabe § 285 Nr. 28 HGB seinem Wortlaut nach vorschreibt, sind in einer Bilanz unabhängig davon ausgewiesen, ob die betroffene Gesellschaft ihren Gewinn ausschüttet oder abführt. Diese Beträge sind dann nur nicht gem. § 268 Abs. 8 HGB „ausschüttungsgesperrt“, sondern gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB „abführungsgesperrt“. In beiden Fällen sind sie jedoch als in ihrer Werthaltigkeit kritisch zu bezeichnen und stellen die von § 285 Nr. 28 HGB aufgeführten „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ dar. Dementsprechend gibt es auch in der Bilanz einer zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“, sodass eine Anwendung der Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB im Rahmen der Abführungssperre von ihrem Wortlaut gedeckt ist.492 Schließlich ergibt sich die Anwendung des § 285 Nr. 28 HGB im Zusammenhang mit gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Beträgen auch aus dem Sinn und Zweck der Anhangvorschrift. Mit den von § 285 Nr. 28 HGB verlangten Anhangangaben ist das Ziel verbunden, den Abschlussadressaten zu ermöglichen, „[…] nachzuvollziehen, ob die Ausschüttungssperre beachtet worden ist“.493 Es soll transparent werden, „[…] in welchem Umfang im Jahresergebnis Erträge [Beträge] enthalten sind, die nicht ausgeschüttet werden können, soweit nicht 490 So auch Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 259. 491 Siehe Zweites Kapitel, B., I. 492 In diesem Sinne wohl auch WP-Handbuch, Band I, F Rn. 118 u. 869. 493 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

in zumindest derselben Höhe jederzeit auflösbare Gewinnrücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags im Unternehmen vorhanden sind“.494 Diese gläubigerschützenden Erwägungen greifen nach hier vertretener Ansicht nicht nur im Zusammenhang mit der Ausschüttungssperre, auf die sich die Aussagen in der Regierungsbegründung unmittelbar beziehen, sondern sie haben auch im Rahmen der Abführungssperre gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB ihre Berechtigung. Denn es muss beachtet werden, dass Gläubiger von zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaften in gleichem Maße an einer Überprüfung der Einhaltung der Abführungssperre interessiert sind wie Gläubiger von nicht zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaften an der Einhaltung der Ausschüttungssperre. Diesbezüglich bestehen keinerlei Unterschiede zwischen den verschiedenen Gläubigergruppen. Berücksichtigt man zudem, dass die aus der Bilanz ersichtlichen Werte nicht mit den in ihrer Werthaltigkeit kritischen und damit abführungsgesperrten Beträgen übereinstimmen495 und eine Überprüfung der Abführungssperre allein anhand der Bilanzangaben nicht durchgeführt werden kann, wird deutlich, dass Gläubiger die von der Anhangvorschrift vorgesehenen Angaben benötigen. Nur dadurch ist es ihnen möglich, die von § 285 Nr. 28 HGB bezweckte Einhaltung der Abführungssperre zu überprüfen. Sinn und Zweck des § 285 Nr. 28 HGB sprechen folglich in gleicher Weise für die Anwendung der Anhangvorschrift wie die zuvor dargestellten systematischen und grammatikalischen Erwägungen.496 2. Konkrete Umsetzung des § 285 Nr. 28 HGB Nach dem Wortlaut des § 285 Nr. 28 HGB ist im Anhang der „[…] Gesamtbetrag der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB][…]“ anzugeben, der sich im Einzelnen aus den kritischen Beträgen zusammensetzt, die aus der Aktivierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzwerten resultieren. Konkret sind dies bei unmittelbarer Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB die sog. ausschüttungsgesperrten Beträge497 und entsprechend dazu, bei Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB, die sog. abführungsgesperrten Beträge.498 Kommt es folglich im Zusammenhang mit der Abführungssperre zur Anwendung des § 285 Nr. 28 HGB, sind die in ihrer Werthaltigkeit kritischen und daher abführungsgesperrten Beträge anzugeben. Darüber hinausgehende Angabepflichten sind dem Wortlaut der Anhangvorschrift nicht zu entnehmen. 494

RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 75. Siehe dazu Zweites Kapitel, D., I., 2., a) bis c). 496 Im Ergebnis ebenso, aber ohne weitere Begründung Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 95 und Buchst. O Rn. 254; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 259; MüKoBilanzrecht/Kessler, § 285 HGB, Rn. 276; MüKo/Poelzig, HGB, § 285 Rn. 457; MüKo/Reiner/Haußer, HGB, § 268 Rn. 46; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 869. 497 Vgl. Zweites Kapitel, A., II. und B., I. 498 Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2. 495

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

241

Die Auseinandersetzung mit § 285 Nr. 28 HGB im Zusammenhang mit der unmittelbaren Anwendung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB hat jedoch gezeigt, dass die bloße Angabe der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge nicht ausreichend ist, um den Sinn und Zweck des § 285 Nr. 28 HGB, der in der Überprüfung der Einhaltung der Ausschüttungs- resp. Abführungssperre besteht, in ausreichendem Maße sicherzustellen.499 Vielmehr bedarf es dazu der zusätzlichen Angabe der in der Gesellschaft vorhandenen freien Eigenkapitalbestandteile, die allerdings nicht unmittelbar aus der Bilanz ersichtlich sind.500 Die genaue Kenntnis der freien Eigenkapitalbestandteile ist jedoch unerlässlich zur Überprüfung der Ausschüttungssperre, da ihnen entscheidende Bedeutung bei der Bestimmung des zulässigen Ausschüttungsbetrages und damit auch im Rahmen der Feststellung eines Verstoßes gegen die Regelung zukommt.501 Gleiches gilt im Zusammenhang mit der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB. Die Einhaltung der Regelung kann ebenfalls nicht ausschließlich anhand der Betrachtung der in ihrer Werthaltigkeit kritischen und gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Beträge überprüft werden. Vielmehr ist hier in gleichem Maße zu berücksichtigen, dass eine Gesellschaft über freie Eigenkapitalbestandteile verfügen kann, die einerseits in die Ermittlung des zulässigen Abführungsbetrages einbezogen werden müssen502, die andererseits aber nicht unmittelbar aus der Bilanz oder der GuV ersichtlich sind. Beispielhaft zu erwähnen sind die frei verfügbaren innervertraglichen Gewinnrücklagen. Diese können das maximale Abführungspotential zwar erhöhen und dementsprechend einen gegenläufigen Effekt auf Grund abführungsgesperrter Beträge i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB ausgleichen, sie sind aber dennoch nicht aus der Bilanz oder der GuV ersichtlich, da ein gemeinsamer Ausweis mit vorvertraglichen Gewinnrücklagen erfolgt503 und zudem ihre freie Verfügbarkeit nicht erkenntlich gemacht wird. Dementsprechend wird in Anlehnung an den, für die Anwendung des § 285 Nr. 28 HGB im Rahmen der Ausschüttungssperre entwickelten Lösungsvorschlag empfohlen, bei Umsetzung des § 285 Nr. 28 HGB im Zusammenhang mit der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB zusätzlich zu den in ihrer Werthaltigkeit kritischen Werten das maximale Abführungspotential anzugeben, sprich die einer Abführung zugänglichen Mittel. Ausreichend ist dabei die Angabe des Gesamtbetrages des maximalen Abführungspotentials, der allerdings zwecks besserer Verständlichkeit freiwillig in die einzelnen Bestandteile aufgegliedert werden kann. Die Angabepflicht des § 285 Nr. 28 HGB sollte entsprechend der folgenden Darstellung erfüllt werden:

499 500 501 502 503

Siehe dazu ausführlich Zweites Kapitel, B. Vgl. Zweites Kapitel, B., III., 1. Vgl. Zweites Kapitel, A., I. Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 1. So ausdrücklich nur KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 18.

242

2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Anhangangaben in Zusammenhang mit § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB (fiktiver) Jahresüberschuss gem. GuV Betrag gem. § 275 Abs. 2 Nr. 20 / § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB Bei KGaA: u. U. Kürzung um Gewinnanteile der phG Verlustvortrag aus vorvertraglicher Zeit Einstellungen in gebundene Rücklagen gesetzliche Rücklage gem. § 300 AktG: ! gilt unmittelbar bei AG, SE, KGaA ! gilt entsprechend bei UG (haftungsbeschränkt) Rücklage i.S.d. § 272 Abs. 4 HGB Andere Gewinnrücklagen: sofern nicht frei verfügbar innervertragliche Gewinnrücklagen gem. § 301 S. 2 AktG: sofern frei verfügbar innervertraglicher Gewinnvortrag analog § 301 S. 2 AktG: sofern frei verfügbar Gesamtbetrag der einer Abführung zugänglichen Eigenkapitalbestandteile Gesamtbetrag der nach § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Beträge: Selbst geschaffene immaterielle VG des AV zum Buchwert abzgl. passiver latenter Steuern resp. passiver latenter Steuerumlagen Differenz aus zum beizulegenden Zeitwert bewertete VG i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB und historischer AK abzgl. passiver latenter Steuern resp. passiver latenter Steuerumlagen Überhang akt. latenter Steuern resp. akt. latenter Steuerumlagen *

*

¢ ¢

*

*

*

=

+ + ¢

*

*

*

=

einer Abführung maximal zugänglicher Gesamtbetrag

III. Sonstige Auswirkungen des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB Zusätzlich zu den Auswirkungen des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf die Ermittlung des zulässigen Abführungsbetrages und die Angabepflichten gem. § 285 Nr. 28 HGB ergeben sich im Zusammenhang mit der Anwendung der Abführungssperre weitere Fragestellungen. Von besonderem Interesse sind dabei die sich aus einer Nichtberücksichtigung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB ergebenden zivilrechtlichen Rechtsfolgen, bei denen etwaige Rückzahlungsansprüche gegenüber der begünstigten Gesellschaft resp. Schadensersatzansprüche gegenüber den handelnden Personenkreisen im Vordergrund stehen. Darüber hinaus stellt sich unter Berücksichtigung der systematischen Verortung der Abführungssperre in § 301 S. 1 AktG die Frage, ob die Regelung ausschließlich im Rahmen einer Gewinnabführung zur Anwendung kommen soll oder ob nicht ein Bedürfnis nach einer zumindest entsprechenden Anwendung in vergleichbaren Konstellationen besteht. Konkret stellt sich die Frage nach einer analogen Anwendung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB im Rahmen von Gewinnabführungen bei eingegliederten Gesellschaften i.S.d. §§ 319 ff. AktG und im Zusammenhang mit Verlustübernahmeverpflichtungen.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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Nicht näher eingegangen wird im Folgenden auf die steuerrechtliche Fragestellung, welche Auswirkungen die Einführung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf bereits vor BilMoG abgeschlossene Gewinnabführungsverträge hat, die nicht dynamisch auf § 301 S. 1 AktG verweisen, sondern hinsichtlich der Berechnung des abzuführenden Gewinnes auf den Wortlaut des § 301 S. 1 AktG a.F. abstellen. Diesbezüglich wurde in unmittelbarem Anschluss an die Verabschiedung des BilMoG diskutiert504, ob eine derartige Vertragsgestaltung die Anerkennung der ertragsteuerlichen Organschaft gefährde, da § 14 Abs. 1 S. 1 KStG die Abführung des „ganzen Gewinnes“ verlange und es daher gegebenenfalls der Anpassung bestehender Gewinnabführungsverträge bedürfe. Mittlerweile hat zu dieser Fragestellung das Bundesministerium der Finanzen505 Stellung bezogen und erklärt, dass „die steuerliche Anerkennung der Organschaft […] durch die Änderung des § 301 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB grundsätzlich unberührt [bleibt]. Bei der Durchführung der Gewinnabführung sind jedoch die Neuregelungen zum Höchstbetrag der Gewinnabführung nach § 301 AktG ungeachtet ggfs. abweichender vertraglicher Vereinbarungen zwingend zu beachten.“ Dementsprechend wurde die Diskussion dahingehend entschieden, dass Anpassungen bestehender Gewinnabführungsverträge an § 301 S. 1 AktG n.F. nicht notwendig sind. Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung ist damit überflüssig geworden. Hinzuweisen ist an dieser Stelle allerdings noch auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 KStG, auf Grund dessen es nunmehr506 möglich ist, dass trotz Verstoßes gegen die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB und einem daraus resultierenden unzulässigen Abführungsbetrag der Gewinnabführungsvertrag als tatsächlich durchgeführt gilt und die ertragsteuerliche Organschaft anerkannt wird. Diese Heilungsmöglichkeit hinsichtlich der tatsächlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrages gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 KStG ist bei fehlerhafter Anwendung der Abführungssperre grundsätzlich denkbar, da bei einem Verstoß gegen § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB „[…] der abgeführte Gewinn […] auf einem Jahresabschluss beruht, der fehlerhafte Bilanzansätze enthält […]“ (fehlerhafte Abführungsverbindlichkeit; fehlerhafte Gewinnrücklagen resp. Gewinnvorträge).507 Auch die weitere Voraussetzung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 504 Vgl. Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 2 ff.; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 233; Kahle/Schulz/Vogel, Ubg 2011, 178, 185; Kieker/ Vollmar, DStR 2009, 842, 843; Kröner/Bolik/Gageur, Ubg 2010, 237, 240; Lohr/Görges, DB 2010, 2576 ff.; Marx/Dallmann, Stbg, 453, 463; Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 58; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 339; Petersen/Zwirner/Künkele, Bilanzanalyse und Bilanzpolitik nach BilMoG, 413; Prinz/Ruberg, Der Konzern 2009, 343, 350; Simon, NZG 2009, 1081, 1086; ders., Status:Recht 2009, 205; Thies, GWR 2009, 187. 505 BMF, Schreiben v. 14. 01. 2010, IV C 2 – S 2770/09/10002, BStBl. I 2010, 65. 506 § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 KStG wurde eingeführt durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. 02. 2013, BGBl. I 2013, 285 ff. 507 In diesem Sinne u. a. auch Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt/Dötsch, KStG, § 14 Rn. 209d; Dötsch/Pung, DB 2013, 305, 309; Lenz/Adrian/Handwerker, BB 2012, 2851, 2852;

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

KStG, dass „[…] die Fehlerhaftigkeit bei Erstellung des Jahresabschlusses unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht hätte erkannt werden müssen […]“, kann bei einem Verstoß gegen die Abführungssperre vorliegen. Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn die Fehlerhaftigkeit darauf zurückzuführen ist, dass bei der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages die Nettomethode angewandt wurde508 oder aber frei verfügbare Rücklagen aus vorvertraglicher Zeit Berücksichtigung gefunden haben509, die Finanzverwaltung jedoch nach Aufstellung des Jahresabschlusses die Bruttomethode für die richtige Methode erachtet resp. die Berücksichtigung frei verfügbarer vorvertraglicher Rücklagen ablehnt. Diese Fehlerhaftigkeit musste bei Erstellung des Jahresabschlusses nicht erkannt werden, da sowohl die Frage nach der Anwendung der Brutto- resp. Nettomethode als auch die Frage nach der Berücksichtigung frei verfügbarer vorvertraglicher Rücklagen äußerst umstritten ist510 und diesbezüglich weder höchstrichterliche Rechtsprechung noch klarstellende Aussagen seitens der Finanzverwaltung vorliegen. Sind zudem die weiteren Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 KStG gegeben (der Jahresabschluss wurde wirksam festgestellt und der von der Finanzverwaltung beanstandete Fehler gemäß der Vorgaben in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 lit c) KStG korrigiert), gilt der Gewinnabführungsvertrag trotz Verstoßes gegen die Abführungssperre als tatsächlich durchgeführt und die Organschaft wird ertragsteuerlich anerkannt. 1. Zivilrechtliche Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Abführungssperre Der Anspruch auf Gewinnabführung der innerhalb eines Gewinnabführungsverhältnisses begünstigten Gesellschaft entsteht auf Grundlage der schuldrechtlich getroffenen Vereinbarungen. Eines besonderen Gewinnverwendungsbeschlusses, wie dies für die Entstehung eines Ausschüttungsanspruches notwendig ist511, bedarf es dazu nicht. Ebenso wirkt die den Gewinnabführungsanspruch beschränkende Vorschrift des § 301 AktG, und damit gleichfalls die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB, automatisch von Gesetzes wegen.512 Eine ausdrückliche Berücksichtigung des § 301 AktG im Rahmen der Entstehung des Gewinnabführungsanspruches ist nicht notwendig. Dies hat zur Konsequenz, dass unter Berücksichtigung der Wirkungsweise der Abführungssperre ein Verstoß gegen die Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22, 24; Stangl/Brühl, Der Konzern 2013, 77, 87 ff. Unentschlossen Prinz, GmbHR 2013, R 81, R 82; Rödder, Ubg 2012, 717, 720. 508 Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2). 509 Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., d). 510 Vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb), (2) und Zweites Kapitel, D., I., 2., d). 511 So die absolut herrschende Meinung, vgl. m.w.N. nur Baumbach/Hopt/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 29 Rn. 49; Hüffer, AktG, § 58 Rn. 28; MüKo/Bayer, AktG, § 58 Rn. 103; Scholz/ Verse, GmbHG, § 29 Rn. 37 und die Ausführungen unter Einführung, C., I., 2. 512 Vgl. Einführung, C., III., 2.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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Regelung zumindest bei Entstehung des Gewinnabführungsanspruches nicht denkbar ist. Anfechtbarkeit oder Voll- resp. Teilnichtigkeit als Rechtsfolge einer gegen § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB verstoßenden Entscheidung, wie dies bei einem gegen § 268 Abs. 8 HGB verstoßenden Gewinnverwendungsbeschluss der Fall ist513, scheidet demzufolge im Rahmen der Abführungssperre aus.514 Die Nichtberücksichtigung der Abführungssperre und damit ein Verstoß gegen § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB sind allerdings dadurch möglich, dass ein falscher Gewinnabführungsbetrag im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses ermittelt resp. in die GuV sowie in die Bilanz aufgenommen wird und es als Folge davon zu einer nicht gerechtfertigten Gewinnauszahlung an die begünstigte Gesellschaft kommt. Zu beachten ist diesbezüglich aber, dass ein derartiger Verstoß keinen speziell nur aus der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB resultierenden „Verstoß eigener Art“ darstellt. Die Ermittlung eines zu hohen Gewinnes und die entsprechende Auszahlung eines zu großen Betrages an die begünstigte Gesellschaft sind vielmehr auch denkbar, wenn die sonstigen im Rahmen des gesetzlichen Höchstbetrages i.S.d. § 301 AktG zu beachtenden Abzugsposten missachtet werden und ein zu geringer Verlustvortrag aus dem Vorjahr oder ein zu geringer Betrag, der in die gesetzlichen Rücklagen einzustellen ist, abgezogen wird. Die Rechtsfolgen, die sich aus einem Verstoß gegen die Abführungssperre i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB ergeben, sind demzufolge identisch mit den Rechtsfolgen, die aus einer Missachtung der anderen bei der Ermittlung des gesetzlichen Höchstbetrages i.S.d. § 301 AktG zu beachtenden Abzugsposten resultieren. Zur Bestimmung der Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Abführungssperre kann daher darauf abgestellt werden, welche Konsequenzen sich im Allgemeinen daraus ergeben, dass ein zu hoher Gewinnabführungsbetrag i.S.d. § 301 AktG im Jahresabschluss angesetzt und als Folge davon tatsächlich ausgezahlt wird. Kommt es im Rahmen des Bestehens eines Gewinnabführungsvertrages i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG zur Auszahlung eines gegen § 301 AktG verstoßenden und damit zu hohen Gewinnabführungsbetrages, können sich daraus mehrere Rechtsfolgen ergeben. Zum einen hat eine zu hohe Gewinnauszahlung zur Konsequenz, dass die begünstigte Gesellschaft, an die der Gewinn abgeführt wurde, zur Rückzahlung des, den gesetzlichen Gewinnabführungsbetrag übersteigenden, Wertes verpflichtet ist. Das Bestehen eines derartigen Rückzahlungsanspruches der zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft gegenüber der begünstigten Gesellschaft ist in der Literatur einhellig anerkannt. Umstritten ist lediglich die dogmatische Herleitung eines solchen Rückzahlungsanspruches. Teilweise515 wird ein Rückzahlungsanspruch auf Grund zu hoher Gewinnabführungen auf § 62 AktG 513

Vgl. Zweites Kapitel, C., I. Nicht verständlich ist daher die Aussage von Graf Kerssenbrock, ZSteu 2011, 65, der bei Verstoß gegen § 301 AktG von der Nichtigkeit des Gewinnabführungsbeschlusses ausgeht. 515 Vgl. Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 15; Brandes, GS Winter, 43, 55; Hüffer, AktG, § 301 Rn. 10; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 24. 514

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

gestützt. Andere stellen für einen Rückzahlungsanspruch auf §§ 280, 249 BGB516 oder unmittelbar auf den Gewinnabführungsvertrag i.V.m. § 301 AktG517 ab. Wiederum andere518 halten nur einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gem. §§ 812 ff. BGB für einschlägig. Unabhängig von der konkreten dogmatischen Herleitung ist entscheidend, dass der zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft ein Rückzahlungsanspruch zukommt, sofern unter Verstoß gegen die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB eine nicht gerechtfertigte Gewinnauszahlung vorgenommen wurde. Weitere Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 301 AktG im Allgemeinen und damit gegen die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB im Speziellen ist die Nichtigkeit der dem gesetzlichen Höchstbetrag der Gewinnabführung entgegenstehenden vertraglichen Abreden519 sowie der entgegenstehenden Weisungen.520 Zudem machen sich Vorstände und Geschäftsführer gem. § 93 Abs. 2 AktG521 resp. § 43 Abs. 2 GmbHG522 schadensersatzpflichtig, sofern es entgegen den Vorgaben des § 301 S. 1 AktG (i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB) zu tatsächlichen Gewinnauszahlungen an die begünstigte Gesellschaft kommt. Sollte zwischen den Vertragsparteien des Gewinnabführungsvertrages i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 516

So z. B. Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 10b; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 20. 517 Siehe MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 23. 518 Vgl. Heidel/Schubert, Aktienrecht, § 301 AktG, Rn. 11; Michalski/Servatius, GmbHG, Systematische Darstellung 4, Rn. 263. Bei der GmbH dürfte § 812 BGB vorbehaltlich vertraglicher Ansprüche die richtige Anspruchsgrundlage sein, da es im GmbHG eine mit § 62 AktG vergleichbare Regelung nicht gibt und §§ 30, 31 GmbHG im Rahmen von Gewinnabführungsverträgen i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 2 AktG nicht anwendbar sind, vgl. § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG. Letzteres verkennen wohl Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 251, Fn. 528. 519 Vgl. Bürgers/Körber/Schenk, AktG, § 301 Rn. 11; Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 10b; Heidel/Schubert, Aktienrecht, § 301 AktG, Rn. 11; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 23; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 8; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 19; a.A. MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 22 und speziell zu § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 251. Vgl. auch Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 15. 520 Vgl. Bürgers/Körber/Schenk, AktG, § 301 Rn. 11; Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 10b; Heidel/Schubert, Aktienrecht, § 301 AktG, Rn. 11; Hölters/Deilmann, AktG, § 301 Rn. 21 ff.; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 23; MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 22; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 301 Rn. 8; Spindler/ Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 19. 521 Vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 10b; Hölters/ Deilmann, AktG, § 301 Rn. 24; KölnerKomm/Koppensteiner, AktG, § 301 Rn. 24; MüKo/ Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 22. Ohne Angabe einer Haftungsgrundlage Bürgers/Körber/ Schenk, AktG, § 301 Rn. 11; Heidel/Schubert, Aktienrecht, § 301 AktG, Rn. 11. Speziell zu § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 251. 522 Vgl. speziell zu § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/ Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 251.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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AktG zudem ein Beherrschungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG bestehen, richtet sich die Haftung der zuständigen Verwaltungsorgane nach § 310 Abs. 1 AktG.523 Ebenso haften bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages die gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens gem. § 309 Abs. 2 AktG, sollten sie gegenüber der zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft Weisungen erteilt haben, die den gesetzlichen Vorgaben des § 301 S. 1 AktG (i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB) entgegenstehen.524 2. Analoge Anwendung auf eingegliederte Gesellschaften Wurde ein Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG unter Beteiligung von Aktiengesellschaften und/oder Europäischen Gesellschaften geschlossen und stellt die zur Gewinnabführung verpflichtete Gesellschaft zugleich eine eingegliederte Gesellschaft i.S.d. §§ 319 ff. AktG dar525, müssen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewinnabführung verschiedene Besonderheiten berücksichtigt werden. Diese im Vergleich zum Normalfall einer Gewinnabführung bestehenden Abweichungen ergeben sich aus § 324 AktG. Gemäß § 324 Abs. 1 AktG sind „die gesetzlichen Vorschriften über die Bildung einer gesetzlichen Rücklage, über ihre Verwendung und über die Einstellung von Beträgen in die gesetzliche Rücklage […] auf eingegliederte Gesellschaften nicht anzuwenden“. Daneben folgen aus § 324 Abs. 2 AktG weitere Besonderheiten, von denen unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes insbesondere der in § 324 Abs. 2 S. 1 AktG aufgestellten Abweichung vom Normalfall der Gewinnabführung entscheidende Bedeutung zukommt. Nach § 324 Abs. 2 S. 1 AktG sind „auf einen Gewinnabführungsvertrag […] zwischen der eingegliederten Gesellschaft und der Hauptgesellschaft […] die §§ 293 bis 296, 298 bis 303 [AktG] nicht anzuwenden“. Dies hat zur Konsequenz, dass nach dem Wortlaut des § 324 Abs. 2 S. 1 AktG der, den Höchstbetrag einer Gewinnabführung festlegende § 301 AktG, und damit mittelbar auch die Abführungssperre des 523

Vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 10b; Hölters/ Deilmann, AktG, § 301 Rn. 24; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 19. Speziell zu § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 251. 524 Vgl. Emmerich/Habersack/Emmerich, Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 10b; Hölters/ Deilmann, AktG, § 301 Rn. 24; Spindler/Stilz/Veil, AktG, § 301 Rn. 19. Speziell zu § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 251. 525 Beteiligte Gesellschaften einer Eingliederung i.S.d. §§ 319 ff. AktG können nach herrschender Meinung ausschließlich Aktiengesellschaften und Europäische Gesellschaften sein, vgl. statt vieler nur Hüffer, AktG, § 319 Rn. 4; MüKo/Grunewald, AktG, § 319 Rn. 4 ff.; Schmidt/Lutter/Ziemons, AktG, § 319 Rn. 6 ff.; Spindler/Stilz/Singhof, AktG, § 319 Rn. 3. Eine Beteiligung von Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung kommt nicht in Betracht. A.A. bezüglich der KGaA Emmerich/Habersack/ Habersack, Konzernrecht, § 319 AktG, Rn. 5 f.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

§ 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB, im Rahmen von Gewinnabführungen einer eingegliederten Gesellschaft nicht anzuwenden sind. Diese Einschätzung wird zudem aus § 324 Abs. 2 S. 3 AktG ersichtlich, wonach „als Gewinn […] höchstens der ohne die Gewinnabführung entstehende Bilanzgewinn abgeführt werden [kann]“. Trotz des eindeutigen Wortlautes des § 324 Abs. 2 AktG wird vereinzelt in der Literatur davon ausgegangen, dass „[…] hier eine Gesetzeslücke durch Redaktionsversehen anzunehmen [sei] und ausschüttungsgesperrte Beträge auch von dem Höchstbetrag der Gewinnabführung eingegliederter Gesellschaften abzusetzen [seien]“.526 Zwar wird von der zitierten Literatur auch davon ausgegangen, dass „das Fehlen einer § 301 S. 1 AktG entsprechenden Regelung […] dafür [spreche], dass dies gewollt [sei]“.527 Darüber hinaus spreche auch gegen eine Anwendung der Abführungssperre, „[…] dass die Ausschüttungssperre der gesetzlichen Rücklage hier ebenfalls nicht [gelte] und dass die Gläubiger eingegliederter Gesellschaften durch die gesamtschuldnerische Haftung der Hauptgesellschaft [gem. § 322 AktG] besonders geschützt [seien]“.528 Im Ergebnis wird dennoch eine analoge Anwendung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB für notwendig erachtet. Begründet wird die analoge Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf eingegliederte Gesellschaften damit, dass „die Eingliederung […] nicht voraus[setze], dass ein Gewinnabführungsvertrag [bestehe]“, und dass im Fall des Nichtbestehens eines Gewinnabführungsvertrages „[…] Gewinn auf normalem Wege an die Hauptgesellschaft auszuschütten [sei], so dass die Ausschüttungssperre nach § 268 Abs. 8 HGB [greife]“.529 Diesbezüglich bestehe aber „[…] kein Grund, Gewinnausschüttung und Gewinnabführung unterschiedlich zu behandeln. Der Fortfall von Zuweisungen zur gesetzlichen Rücklage und die gesamtschuldnerische Haftung der Hauptgesellschaft gelten für beide Wege“.530 Als weiteres Argument für die analoge Anwendung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB wird angeführt, dass auch bei Gewinnabführungen von eingegliederten Gesellschaften „[…] der innere Grund des Abzugs ausschüttungsgesperrter Beträge nach § 301 S. 1 AktG […] zu[treffe]“.531 Denn „[würden] diese Beträge nicht vom abzuführenden Gewinn abgesetzt, können sie von der Hauptgesellschaft ausgeschüttet werden“.532 Bei der Hauptgesellschaft würden die auf Grund einer Ge526 Kropff, FS Hüffer, 539, 552. Ebenfalls von einem Redaktionsversehen gehen aus: Hüffer, AktG, § 324 Rn. 5; Schmidt/Lutter/Ziemons, AktG, § 324 Rn. 11; Spindler/Stilz/Singhof, AktG, § 324 Rn. 5. 527 Kropff, FS Hüffer, 539, 552. 528 Kropff, FS Hüffer, 539, 552. 529 Kropff, FS Hüffer, 539, 552. 530 Kropff, FS Hüffer, 539, 552. 531 Kropff, FS Hüffer, 539, 552. 532 Kropff, FS Hüffer, 539, 552.

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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winnabführung erhaltenen Beträge keine ausschüttungsgesperrten Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB darstellen.533 Auch wenn der Wortlaut des § 324 Abs. 2 S. 1 AktG ausdrücklich und eindeutig die Anwendbarkeit des § 301 AktG ausschließt und zudem im Zuge des BilMoG, anders als bei § 301 S. 1 AktG, keine Anpassung des § 324 Abs. 2 S. 1 AktG erfolgt ist, muss im Ergebnis der zitierten Literatur gefolgt und die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB bei Gewinnabführungen von eingegliederten Gesellschaften analog angewandt werden. Zusätzlich zu dem Argument von Kropff, wonach es nicht gerechtfertigt ist, Ausschüttungen und Abführungen von eingegliederten Gesellschaften unterschiedlich zu behandeln, spricht für eine analoge Anwendung nach hier vertretener Ansicht insbesondere das Argument des Gläubigerschutzes. Gläubiger von zur Gewinnabführung verpflichteten und zugleich eingegliederten Gesellschaften sind nur ausreichend geschützt, sofern sichergestellt ist, dass in der zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft ausreichend frei verfügbare Eigenkapitalbestandteile zur Verfügung stehen, damit etwaige, in Zukunft aus Wertminderungen der kritischen Posten i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB resultierende Aufwendungen ausgeglichen werden können.534 Diese Voraussetzung kann aber nur erreicht werden, wenn in Höhe der kritischen Beträge Rücklagen oder ein Gewinnvortrag gebildet und diese im Fall entsprechender Wertminderungen ergebniserhöhend aufgelöst werden. Um dies sicherzustellen, muss § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB analog Anwendung finden, da nur auf diesem Wege eine entsprechende und verpflichtende Rücklagenbildung gewährleistet ist. Ein vergleichbarer Schutz kann insbesondere auch nicht durch die gesamtschuldnerische Haftung der Hauptgesellschaft gem. § 322 AktG erreicht werden, da die Möglichkeit einer derartigen Haftung, in gleichem Maße wie bei einer schuldrechtlichen Verlustübernahmeverpflichtung535, spätestens bei Ausfall der Gesellschaft als Haftungsobjekt ins Leere läuft. Kann die gesamtschuldnerisch haftende Hauptgesellschaft ihrer Verpflichtung selbst nicht entsprechend nachkommen, entfällt der Schutz der Gläubiger der eingegliederten Gesellschaft. Darüber hinaus muss auch an dieser Stelle wieder berücksichtigt werden, dass mit Einführung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzierungsmöglichkeiten im Wege des BilMoG der Informationsgehalt der Bilanz gesteigert werden sollte.536 Sonstige Ziele wurden mit der Einführung nicht verfolgt. Insbesondere sollte die Veränderung der Bilanzierungsmöglichkeiten nicht zu einer Vergrößerung der

533 534 535 536

Kropff, FS Hüffer, 539, 552. Vgl. Einführung, C., III., 2. Vgl. Erstes Kapitel, A., I. Einführung, A., II.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

Ausschüttungsmöglichkeiten führen.537 Dies wäre aber der Fall, würde man von einer analogen Anwendung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB absehen. In diesem Fall könnten die kritischen Werte i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB an die Hauptgesellschaft abgeführt und von dieser wiederum ausgeschüttet werden. Dies spricht ebenfalls für die Notwendigkeit der analogen Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf Gewinnabführungen eingegliederter Gesellschaften.538 3. Analoge Anwendung auf Verlustübernahmen Bei Bestehen eines Gewinnabführungsvertrages i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG wird der Gewinnabführungsanspruch der begünstigten Gesellschaft gem. § 301 AktG der Höhe nach begrenzt. Zusätzlich zu dieser Anspruchsbeschränkung trifft die begünstigte Gesellschaft gem. § 302 Abs. 1 AktG die Verpflichtung, „[…] jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind“. Anders als in § 301 S. 1 AktG wird in § 302 Abs. 1 AktG nicht auf „den nach § 268 Abs. 8 des Handelsgesetzbuchs ausschüttungsgesperrten Betrag“ Bezug genommen. Das hat zur Folge, dass es auf Grund der Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten und in ihrer Werthaltigkeit kritischen Bilanzwerte dazu kommen kann, dass ein ohne Berücksichtigung dieser Werte entstehender Jahresfehlbetrag ausgeglichen und dementsprechend eine anderenfalls entstehende Verlustübernahmeverpflichtung nicht begründet wird. Oder anders gewendet: die kritischen Werte i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB können dazu führen, dass die zum Verlustausgleich verpflichtete Gesellschaft Ausgleichszahlungen nicht leisten muss, die sie ohne Bilanzierung der kritischen Werte hätte erbringen müssen. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass an die auf Grund eines Gewinnabführungsvertrages begünstigte Gesellschaft aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten keine kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB abgeführt werden sollen, stellt sich die Frage, ob eine analoge Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf Verlustübernahmen i.S.d. § 302 Abs. 1 AktG möglich ist. In der Literatur wird die analoge Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf die Verlustübernahme i.S.d. § 302 Abs. 1 AktG überwiegend abgelehnt.539 Teilweise wird die Ablehnung damit begründet, dass es an der für eine 537 So ausdrücklich u. a. auch Kaeser, DStR 2010, Beih. zu Heft 30, 56, 58; Kieker/Vollmar, DStR 2009, 842; Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 58; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 102. 538 Auf dieses Argument abstellend wohl auch Spindler/Stilz/Singhof, AktG, § 324 Rn. 5. Ohne weitere Begründung für analoge Anwendung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf eingegliederte Gesellschaften auch Bürgers/Körber/Fett, AktG, § 324 Rn. 4. 539 Gegen eine analoge Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf die Verlustübernahme i.S.d. § 302 Abs. 1 AktG sind Baldamus, Ubg 2009, 484, 490; Baumbach/

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

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Analogie notwendigen planwidrigen Regelungslücke fehle, da „der Gesetzgeber […] bewusst – unterstellt man ihm nicht ein redaktionelles Versehen – auf die Anpassung des Wortlauts in § 302 AktG verzichtet [habe]“.540 Andere sehen von einer analogen Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf die Verlustübernahme i.S.d. § 302 Abs. 1 AktG mit der Begründung ab, dass der „[…] Wortlaut keine dem § 301 S. 1 AktG entsprechende Erhöhung des ausgleichspflichtigen Verlusts vor[sehe]“541 resp. dass sich „auch aus dem Zweck der Regelung des § 301 S. 1 AktG, zu vermeiden, dass ausschüttungsgesperrte Beträge der Organgesellschaft an den Organträger abfließen, […] keine Pflicht zum Ausgleich von Verlusten, die die Organgesellschaft tatsächlich nicht erlitten hat, herleiten [lasse]“542. Wiederum andere stellen darauf ab, dass „[…] Verluste aus einer späteren Veräußerung der Vermögensgegenstände unter dem Buchwert oder durch nicht amortisierte Abschreibungen den Gewinnabführungsanspruch mindern oder zu einer Verlustübernahme führen, so dass die Risiken von dem anderen Vertragsteil letztlich doch noch ausgeglichen [würden]“.543 Trotz der vorstehenden Argumente der Literatur ist nach hier vertretener Ansicht eine analoge Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf Verlustübernahmen i.S.d. § 302 AktG vorzugswürdig. Eine Erweiterung der Verlustübernahmeverpflichtung in Höhe des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages ist vorzunehmen. Für eine derartige Vorgehensweise lassen sich die gleichen Argumente anführen wie im Rahmen der Begründung der analogen Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf Gewinnabführungen bei eingegliederten Gesellschaften.544 So muss einerseits Beachtung finden, dass das Vorliegen der Verlustübernahmeverpflichtung nichts daran ändert, dass Gläubiger von Kapitalgesellschaften nur ausreichend geschützt sind, sofern sichergestellt ist, dass in der Gesellschaft stets ausreichend frei verfügbare Eigenkapitalbestandteile zur Verfügung stehen, damit etwaige, in Zukunft aus WertminHopt/Merkt, HGB, § 268 Rn. 9; Frotscher/Maas/Frotscher, KStG, § 14 Rn. 372, 385, 391 ff.; Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 632 ff.; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 61; Hölters/Deilmann, AktG, § 301 Rn. 9 u. § 302 Rn. 9; Küting/Lorson/Eichenlaub/Toebe, GmbHR 2011, 1, 9; Küting/Pfitzer/Weber/Küting/Lorson, HdR-E, § 268 HGB, Rn. 308; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 463; Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 60 ff.; Simon, NZG 2009, 1081, 1086 ff.; Zwirner, DStR 2011, 783 ff. A.A. Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt/Dötsch, KStG, § 14 Rn. 182a; Ernst&Young/Walter, KStG, § 14 Rn. 584; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/ Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 252; MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 16. 540 Zwirner, DStR 2011, 783. In diesem Sinne auch Baldamus, Ubg 2009, 484, 490; Hölters/ Deilmann, AktG, § 301 Rn. 9 u. § 302 Rn. 9; Marx/Dallmann, Stbg 2010, 453, 463; Neumayer/ Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 60. 541 Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 60. Baldamus, Ubg 2009, 484, 490. 542 Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 60. 543 Gelhausen/Althoff, WPg 2009, 629, 632 ff. In diesem Sinne auch Gelhausen/Fey/ Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 61; Simon, NZG 2009, 1081, 1086 ff.; Zwirner, DStR 2011, 783. 544 Vgl. Zweites Kapitel, D., III. 2.

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2. Kap.: Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften

derungen der kritischen Posten i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB resultierende Aufwendungen ausgeglichen werden können.545 Diese Voraussetzung kann aber ebensowenig durch die Verlustübernahmeverpflichtung des § 302 AktG sichergestellt werden, wie dies durch die gesamtschuldnerische Haftung der Hauptgesellschaft gem. § 322 AktG bei eingegliederten Gesellschaften erreicht werden konnte.546 Würde man allerdings den abführungsgesperrten Betrag i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB der Verlustübernahmeverpflichtung hinzurechnen, wäre sichergestellt, dass die zum Ausgleich der kritischen Beträge vorhandenen Mittel nicht durch Verluste aufgezehrt würden, die grundsätzlich durch den anderen Vertragspartner zu tragen sind. Dies wird umso deutlicher, wenn man erneut berücksichtigt, dass die Verlustübernahmeverpflichtung spätestens zu dem Zeitpunkt ins Leere läuft, zu dem die zur Verlustübernahme verpflichtete Gesellschaft als Haftungsobjekt ausfällt. Käme es in diesem Fall zu Wertminderungen der kritischen Beträge i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB, könnten die daraus resultierenden Aufwendungen nicht mehr durch den Vertragspartner ausgeglichen werden und würden das sonstige Eigenkapital der Gesellschaft belasten. Dem kann nur entgegengewirkt werden, indem rechtzeitig sichergestellt wird, dass die Verlustübernahmeverpflichtung i.S.d. § 302 AktG in Höhe der abführungsgesperrten Beträge erhöht wird.547 Darüber hinaus hätte eine Nichtberücksichtigung der abführungsgesperrten Beträge i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB im Rahmen der Verlustübernahme gem. § 302 AktG zur Folge, dass die zum Verlustausgleich verpflichtete Gesellschaft lediglich auf Grund der Bilanzierung der kritischen Bilanzpositionen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB teilweise von ihrer Verpflichtung befreit würde. Die Einführung der von § 268 Abs. 8 HGB umfassten Bilanzierungsmöglichkeiten sollte allerdings nur zu einer Steigerung des Informationsniveaus des handelsrechtlichen Jahresabschlusses führen.548 Darüber hinausgehende Ziele resp. Auswirkungen wurden mit der Einführung der entsprechenden Bilanzpositionen nicht verfolgt. Dies wäre allerdings der Fall, würde man abführungsgesperrte Beträge im Rahmen der Verlustübernahme gem. § 302 AktG nicht ansetzen, sodass auch aus diesem Grund eine analoge Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf die Verlustübernahmeverpflichtung i.S.d. § 302 AktG erfolgen sollte. Anzumerken ist an dieser Stelle noch, dass eine entsprechende Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB auf Verlustübernahmeverpflichtungen nur möglich ist, sofern ein Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG vorliegt und die zur Abführung ihres ganzen Gewinnes verpflichtete Gesellschaft 545

Vgl. Einführung, C., III., 2. Vgl. Zweites Kapitel, D., III., 2. 547 Im Ergebnis ebenso Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt/Dötsch, KStG, § 14 Rn. 182a; Ernst&Young/Walter, KStG, § 14 Rn. 661; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 252 und MüKo/Altmeppen, AktG, § 301 Rn. 16, die allerdings darauf abstellen, dass bereits der Jahresfehlbetrag modifiziert werden sollte. 548 Vgl. Einführung, A., II. 546

D. Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB

253

von Gesetzes wegen § 302 AktG zu berücksichtigen hat. Bei Bestehen eines Teilgewinnabführungsvertrages i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG ist eine von Gesetzes wegen vorgesehene Verpflichtung zur Verlustübernahme dahingegen nicht gegeben, da § 302 AktG nicht anwendbar ist.549 Etwaig bestehende Verlustübernahmeverpflichtungen bedürfen bei einem Teilgewinnabführungsvertrag vielmehr einer besonderen schuldrechtlichen Vereinbarung. Deren Anknüpfungspunkt für die Verlustübernahme sind in der Regel bestimmte betriebswirtschaftliche Kennzahlen, wie z. B. der Jahresfehlbetrag, die sich auf Grund der Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Posten verändern können, ohne aber eine reale Wertsteigerung zu bewirken. Maßgebend für die Behandlung derartiger Veränderungen im Rahmen rein schuldrechtlicher Verpflichtungen sind jedoch ausschließlich die vertraglichen Vereinbarungen selbst, die gegebenenfalls mittels allgemeiner Auslegungsmethoden etwaig veränderten Kennzahlen angepasst werden müssen.550 Eine analoge Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB kommt dementsprechend von vornherein nicht in Betracht. Gleiches muss im Übrigen gelten, wenn die schuldrechtliche Verpflichtung nicht eine Verlustübernahme im klassischen Sinne darstellt, bei der der Verpflichtete Ausgleichszahlungen für etwaige Verluste leisten muss, sondern wenn die Verlustbeteiligung die Abschreibung einer stillen Einlage und wertaufholende Zuschreibungen mit zukünftigen Gewinnen vorsieht.551 Auch eine derartige Verlustbeteiligung stellt eine rein schuldrechtliche und an betriebswirtschaftliche Kennzahlen anknüpfende Vereinbarung dar, die im Falle von kennzahlenbezogenen Veränderungen gegebenenfalls mittels allgemeiner Auslegungsregeln anzupassen ist. Eine von Gesetzes wegen vorgesehene Anpassung in entsprechender Anwendung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB erscheint auch hier nicht sachgerecht.

549 Vgl. nur Hölters/Deilmann, AktG, § 302 Rn. 5; Hüffer, AktG, § 302 Rn. 10; MüKo/ Altmeppen, AktG, § 302 Rn. 15; Schmidt/Lutter/Stephan, AktG, § 302 Rn. 16 ff.; Spindler/ Stilz/Veil, AktG, § 302 Rn. 13. 550 Vgl. die Einleitung zu Zweites Kapitel, C. 551 Vgl. zu dieser Fallkonstellation ausführlich Apfelbacher, FS Hoffmann-Becking, 13, 18 ff.

Drittes Kapitel

Anwendung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften Die Untersuchung des persönlichen Anwendungsbereiches des § 268 Abs. 8 HGB im ersten Kapitel dieser Arbeit hat gezeigt, dass bei Personenhandelsgesellschaften weder eine unmittelbare noch eine entsprechende Anwendung der Ausschüttungssperre in Betracht kommt.1 Dies gilt sowohl für Kapitalgesellschaften & Co. i.S.d. § 264a HGB als auch für Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter. Der Ausschluss der unmittelbaren resp. entsprechenden Anwendung der Ausschüttungssperre führt allerdings nicht dazu, dass § 268 Abs. 8 HGB bei Personenhandelsgesellschaften in keiner Weise zu berücksichtigen ist. Vielmehr ist sowohl bei Kommanditgesellschaften i.S.d. § 264a HGB als auch bei Kommanditgesellschaften mit natürlichen Personen als Komplementäre bei der Frage nach einem etwaigen Wiederaufleben der persönlichen Haftung der Kommanditisten die auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmende Sondervorschrift des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB anzuwenden. Die Ausschüttungssperre ist somit bei Kommanditgesellschaften zumindest mittelbar zu beachten. Die Einführung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB resp. die konkrete Anwendung dieser Vorschrift stellen die zuständigen Personenkreise der Kommanditgesellschaften, ebenso wie die unmittelbare Umsetzung des § 268 Abs. 8 HGB die Organe der Kapitalgesellschaften, vor völlig neue Herausforderungen. Dies gilt umso mehr, beachtet man, dass es vor BilMoG eine mit § 172 Abs. 4 S. 3 HGB vergleichbare und für alle Kommanditgesellschaften geltende Regelung nicht gab. Insbesondere der auf die alten Ausschüttungssperren der §§ 269 S. 2, 274 Abs. 2 S. 2 HGB a.F. verweisende § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. kann bei Fragen bezüglich der Anwendung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB nicht herangezogen werden, da Anknüpfungspunkt der Altregelung nicht das Wiederaufleben der Haftung war, sondern vielmehr der Ansatz einer Sonderrücklage in Höhe der aktivierten Bilanzierungshilfen gefordert wurde.2 Dies hat zur Konsequenz, dass auch bei Kommanditgesellschaften erstmalig und ohne bisherige Erfahrungen untersucht werden muss, in welcher Weise § 172 Abs. 4 S. 3 HGB konkret anzuwenden ist und welche Folgewirkungen eine solche Anwendung hat. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage, inwieweit die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Positionen Auswirkungen auf ein etwaiges Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten haben kann und wie sich 1 2

Vgl. Erstes Kapitel, A., II. und III. Vgl. dazu bereits ausführlich Einführung, C., II., 1.

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

255

der persönliche Haftungsbetrag eines Kommanditisten im Fall der Bilanzierung der genannten Werte konkret bestimmen lässt. Des Weiteren bedarf es einer genaueren Klärung, welche Folgen § 172 Abs. 4 S. 3 HGB für etwaige im Anhang resp. in der Bilanz vorzunehmende Angaben hat. Schließlich stellt sich bei § 172 Abs. 4 S. 3 HGB die Frage, ob und gegebenenfalls welche gesellschaftsrechtlichen Folgeprobleme aus einer Anwendung der neuen Vorschrift resultieren. Bevor es im Folgenden zu der Darstellung der Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten kommt, ist noch darauf hinzuweisen, dass eine Untersuchung, ob und inwieweit die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB bei Personenhandelsgesellschaften Berücksichtigung finden kann, in dieser Arbeit nicht erfolgt. Dies ist damit zu begründen, dass bei Personenhandelsgesellschaften Gewinnabführungsverträgen i.S.d. § 291 AktG, die Grundlage der Abführungssperre i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB sind, keinerlei praktische Relevanz zukommt. Denn selbst wenn man die sehr umstrittene Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG auf Personenhandelsgesellschaften bejahen würde3, kommen Gewinnabführungsverträge mit Personenhandelsgesellschaften in der Praxis nicht vor, da eine ertragsteuerliche Organschaft, die in aller Regel Hintergrund eines Gewinnabführungsvertrages ist, ausschließlich mit den in § 14 Abs. 1 S. 1 KStG resp. in § 17 S. 1 KStG genannten Kapitalgesellschaften als Organgesellschaft möglich ist4 und wegen der unmittelbaren Zurechnung der Gewinne an die Gesellschafter (transparente Besteuerung von Mitunternehmerschaften) auch überflüssig wäre.5

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages Die persönliche Haftung eines Kommanditisten einer KG ist gem. §§ 171 Abs. 1 HS. 2, 172 Abs. 1 HGB den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber ausgeschlossen, sofern und soweit er eine Einlage in Höhe des im Handelsregister eingetragenen Betrages (sog. Haftsumme6) geleistet hat. Die persönliche Haftung eines Kommanditisten kann jedoch wieder aufleben, soweit die ursprünglich geleistete Einlage zurückbezahlt wird (§ 172 Abs. 4 S. 1 HGB), oder aber „[…] soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird“ (§ 172 3 Siehe zu diesem Streit m.w.N. nur Hüffer, AktG, § 291 Rn. 7; MüKo/Altmeppen, AktG, § 291 Rn. 15 ff.; Schmidt/Lutter/Langenbucher, AktG, § 291 Rn. 21. 4 Vgl. nur Dötsch/Jost/Pung/Witt/Dötsch, KStG, § 14 Rn. 51; Erle/Sauter/Erle/Heurung, KStG, § 14 Rn. 22; Frotscher/Maas/Frotscher, KStG, § 14 Rn. 183. 5 In diesem Sinne auch Ernst&Young/Walter, KStG, § 14 Rn. 59; Frotscher/Maas/Frotscher, KStG, § 14 Rn. 183. 6 Vgl. zu dieser Begrifflichkeit m.w.N. MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 6 ff., 21 ff.

256

3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

Abs. 4 S. 2 HGB). In beiden Fällen gilt die Einlage den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet und ein Haftungsausschluss gem. §§ 171 Abs. 1 HS. 2, 172 Abs. 1 HGB scheidet aus. Im letztgenannten Fall des Wiederauflebens der persönlichen Haftung auf Grund von Gewinnentnahmen muss seit BilMoG bei der Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten der auf § 268 Abs. 8 HGB verweisende § 172 Abs. 4 S. 3 HGB Beachtung finden. Nach dieser neuen Vorschrift sind bei der Berechnung des Kapitalanteils nach § 172 Abs. 4 S. 2 HGB „[…] Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB] nicht zu berücksichtigen“. Konkret kommt es durch den in § 172 Abs. 4 HGB eingefügten dritten Satz somit ausschließlich zu einer Modifizierung hinsichtlich der Berechnung des Kapitalanteils eines Kommanditisten. Die sonstigen für ein Wiederaufleben der Haftung notwendigen Voraussetzungen resp. die zusätzlich zum Kapitalanteil zu bestimmenden Werte bleiben dahingegen von § 172 Abs. 4 S. 3 HGB unberührt. Für die einzelnen, im Rahmen der Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten vorzunehmenden Berechnungsschritte folgt daraus, dass zunächst festgestellt werden muss, ob und in welcher Höhe Entnahmen von Gewinnen getätigt wurden. Im Anschluss daran ist der Betrag der geleisteten Einlage zu ermitteln. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB ist bei diesen beiden ersten Ermittlungsschritte nicht zu berücksichtigen. Erst die im Weiteren durchzuführende Berechnung des Kapitalanteils des Kommanditisten hat unter Einbeziehung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB zu erfolgen. Abschließend bedarf es des Vergleichs der geleisteten Einlage mit dem Kapitalanteil. Das konkrete Verhältnis dieser beiden Werte zueinander gibt Auskunft über ein etwaiges Wiederaufleben der persönlichen Haftung des Kommanditisten.

I. Entnahme von Gewinnanteilen Die Einlage eines Kommanditisten gilt gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet und ein Wiederaufleben der persönlichen Haftung ist möglich, „[…] soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird.“ Voraussetzung für das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB ist demnach die Entnahme von Gewinnanteilen. Nur wenn eine derartige Entnahme erfolgt, ist die persönliche Haftung eines Kommanditisten möglich (abgesehen von der Rückzahlung der Einlage gem. § 172 Abs. 4 S. 1 HGB). Dementsprechend bedarf es für die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten in einem ersten Berechnungsschritt der Feststellung, ob und in welcher Höhe Gewinnanteile entnommen wurden.

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

257

Entnahmen von Gewinnanteilen sind bei Kommanditgesellschaften auf verschiedene Art und Weise denkbar. Eine allgemeingültige Aussage, wann eine Entnahme vorliegt, ist im Hinblick auf die vielfältigen Entnahmekonstellationen nicht möglich. Vielmehr bedarf es stets einer konkreten Beurteilung im Einzelfall. Beispielhaft für die Entnahme von Gewinnen sind hier das Auszahlen von bilanziell zugewiesenem Gewinn der KG7, die Zahlung einer Geschäftsführungsvergütung auf Grund gesellschaftsrechtlicher und nicht dienstvertraglicher Regelung8, die Auszahlung von Zinsen auf den Kapitalanteil9 oder aber die Verbuchung nicht ausgezahlten Gewinnes auf ein Privat- resp. Darlehenskonto zu nennen.10 Welche konkrete Entnahmeart vorliegt, ist für ein etwaiges Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten irrelevant. Entscheidend ist vielmehr nur, dass eine Entnahme überhaupt getätigt wurde. Wird dies festgestellt, ist ein Wiederaufleben der Haftung möglich und der konkrete Betrag ist in die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages einzubeziehen. Entscheidende Bedeutung kommt diesem Wert im Rahmen des abschließenden Vergleichs der geleisteten Einlage mit dem Kapitalanteil zu.11 Das Vorliegen einer Gewinnentnahme ist auch unter Berücksichtigung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB nicht anders als nach allgemeinen Kriterien zu beurteilen. Diese Vorschrift hat keinerlei Einfluss auf das Vorliegen oder den konkreten Wert einer Entnahme und kann daher an dieser Stelle außer Acht gelassen werden. Ebenso kommt § 268 Abs. 8 HGB für die Frage nach dem Vorliegen einer Gewinnentnahme keine Bedeutung zu. Zwar sind Gewinne, die auf die Bilanzierung der von dem sachlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzierungssachverhalte zurückgehen, in aller Regel in den Gewinnanteilen der einzelnen Kommanditisten enthalten. Auch ist in Extremfällen denkbar, dass die von § 268 Abs. 8 HGB umfassten Aktivwerte einen erheblichen Teil des jeweiligen Gewinnes ausmachen. Eine anderweitige Bewertung für das Vorliegen einer Gewinnentnahme 7 Vgl. dazu nur Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Strohn, HGB, § 172 Rn. 44; Koller/Roth/ Morck/Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 25; MünchenerHdG/Neubauer/Herchen, Band 2, § 30 Rn. 63. 8 Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 172 Rn. 8; MünchenerHdG/Neubauer/Herchen, Band 2, § 30 Rn. 63. 9 Vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Strohn, HGB, § 172 Rn. 45; MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172, Rn. 78; MünchenerHdG/Neubauer/Herchen, Band 2, § 30 Rn. 63. 10 Vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Strohn, HGB, § 172 Rn. 47; Koller/Roth/Morck/ Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 25; MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172, Rn. 78. Von der Verbuchung nicht ausgezahlten Gewinnes auf ein Fremdkapitalkonto ist der Fall zu unterscheiden, in dem Teile des (bereits bestehenden) Kapitalanteils in Beträge auf einem Fremdkapitalkonto des Kommanditisten umgewandelt werden. Die rechtliche Behandlung dieses Vorgangs betrifft insbesondere die Frage nach einer etwaigen Rückzahlung der Einlage i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 1 HGB und ist in Rechtsprechung und Literatur höchst umstritten, vgl. dazu m.w.N. nur BGH, Urt. v. 09. 05. 1963 – II ZR 124/61, BGHZ 39, 319 ff. = NJW 1963, 1873 ff.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Strohn, HGB, § 172 Rn. 24; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 23; MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172, Rn. 63 u. 73; MünchenerHdG/Neubauer/Herchen, Band 2, § 30 Rn. 56. 11 Siehe dazu unten Drittes Kapitel, A., IV.

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

folgt daraus allerdings nicht. Dies gilt umso mehr, beachtet man, dass § 172 Abs. 4 S. 3 HGB gerade keine Entnahmesperre darstellt.12 Die kritischen Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB können, vorbehaltlich anderweitiger satzungsmäßiger Regelung, jederzeit entnommen werden. Eine Gewinnentnahme i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB liegt demnach auch in dem Fall vor, in dem sich der Gewinnanteil ausschließlich aus Beträgen zusammensetzt, die auf die von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzposten zurückgehen.

II. Geleistete Einlage Neben der Beurteilung, ob und in welcher Höhe Kommanditisten Gewinnanteile entnommen haben, bedarf es im Rahmen der Bestimmung des persönlichen Haftungsbetrages als weiteren Ermittlungsschritt der Festlegung des Wertes der geleisteten Einlage i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB. Unter der geleisteten Einlage i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB wird einhellig13 die von dem jeweiligen Kommanditisten übernommene Haftsumme verstanden. Die Haftsumme wiederum ist der Betrag, in dessen Höhe ein Kommanditist den Gläubigern gegenüber maximal haftet (soweit die Haftung nicht durch tatsächliche Einlagenleistung ausgeschlossen ist).14 Sie ergibt sich unmittelbar aus der Eintragung im Handelsregister.15 Der dort angegebene Betrag ist gem. § 172 Abs. 1 HGB maßgebend im Verhältnis zu den Gläubigern der KG und kann für die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages des Kommanditisten ohne weitere Modifizierung übernommen werden. Insbesondere haben weder § 172 Abs. 4 S. 3 HGB noch § 268 Abs. 8 HGB Einfluss auf den Betrag der geleisteten Einlage resp. Haftsumme. Führt die Feststellung des Wertes der geleisteten Einlage resp. der Haftsumme zu dem (rein theoretisch möglichen) Ergebnis, dass der Kommanditist keine Einlage geleistet resp. keine Haftsumme übernommen hat, bedarf es keiner weiteren Prüfung. Ein Wiederaufleben der Haftung ist von vornherein ausgeschlossen, selbst wenn Entnahmen von Gewinnen zu einem negativen Kapitalkonto führen würden.16 Ist die Haftsumme allerdings positiv, ist ihr Wert in gleicher Weise wie der Betrag der entnommenen Gewinnanteile in die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages einzubeziehen. Maßgebende Bedeutung kommt dem Betrag der Haftsumme eben-

12

Vgl. Einführung, C., II., 1. Siehe statt aller nur Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Strohn, HGB, § 172 Rn. 44; Koller/ Roth/Morck/Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 22 und MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 79. 14 Vgl. zu der Begrifflichkeit m.w.N. nur Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 5 und MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 6 ff., 21 ff. 15 Siehe Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 5 und MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 6 ff., 21 ff. 16 Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 172 Rn. 5; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 7; MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172, Rn. 21 ff., 80; MünchenerHdG/Neubauer/Herchen, Band 2, § 30 Rn. 71. 13

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

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falls im Rahmen des abschließenden Vergleichs der geleisteten Einlage mit dem Kapitalanteil zu.17

III. Kapitalanteil des Kommanditisten 1. Kapitalanteil gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB Zusätzlich zu der Bestimmung des Betrages der Gewinnentnahmen und der Haftsumme ist für die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages der Kapitalanteil des jeweiligen Kommanditisten i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB zu ermitteln.18 Ein etwaiges Wiederaufleben der Haftung ist abhängig von der Höhe dieses Wertes und seinem Verhältnis zu der Haftsumme. Für die Festlegung des Kapitalanteils ist es in den meisten Fällen nicht ausreichend, lediglich die in der Bilanz der Kommanditgesellschaft zu findenden Angaben hinsichtlich des Eigenkapitals zu betrachten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Kapitalanteile der Kommanditisten in der Bilanz zwar gem. § 264c Abs. 2 S. 6 i.V.m. S. 2 HS. 1 HGB angegeben werden müssen, aber nicht zwingend in die einzelnen Kapitalanteile der jeweiligen Kommanditisten aufzugliedern sind. Die Kapitalanteile können gem. § 264c Abs. 2 S. 6 i.V.m. S. 2 HS. 2 HGB auch zusammengefasst ausgewiesen werden. Maßgeblich für das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten ist aber nur der einzelne Kapitalanteil und nicht die Gesamtsumme der Kapitalanteile aller Kommanditisten, sodass es in der Regel einer konkreten Feststellung der Höhe des jeweiligen Kapitalanteils bedarf. Die für die Ermittlung der einzelnen Kapitalanteile der Kommanditisten notwendige Berechnung folgt keinem einheitlichen Schema. Die genaue Zusammensetzung des jeweiligen Kapitalanteils ist vielmehr davon abhängig, ob für die Zusammensetzung der Kapitalanteile die gesetzlichen Regelungen einschlägig sind oder ob abweichende gesellschaftsvertragliche Vorgaben Berücksichtigung finden müssen. Ein Kapitalanteil kann sich demnach auf verschiedene Art und Weise zusammensetzen. Aus diesem Grund muss in dem jeweiligen Einzelfall genau beachtet werden, ob die gesetzlichen Regelungen maßgebend sind oder nicht und welche Bestandteile den Kapitalanteil konkret ausmachen. a) Kapitalanteil entsprechend den gesetzlichen Vorgaben Enthält der Gesellschaftsvertrag der jeweiligen Kommanditgesellschaft keine die Kapitalanteile betreffenden Regelungen, bestimmt sich die Zusammensetzung der einzelnen Kapitalanteile nach den gesetzlichen Vorschriften des HGB. Maßgebend für die Bildung und Behandlung des Kapitalanteils eines Kommanditisten ist § 167 17

Siehe dazu unten Drittes Kapitel, A., IV. Die Darstellung der Ermittlung der Kapitalanteile erfolgt zunächst ohne Berücksichtigung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB. Die durch diese Vorschrift zu beachtenden Modifizierungen werden erst im folgenden Abschnitt ausführlich erläutert. 18

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

Abs. 2 i.V.m. § 120 Abs. 2 HGB.19 Konkret setzt sich der Kapitalanteil zusammen aus den geleisteten Einlagen20 und den auf den Kommanditisten entfallenden und dem Kapitalanteil zugeschriebenen Gewinnen, § 167 i.V.m. § 120 Abs. 2 HS. 1 HGB. Verringert wird der Wert des Kapitalanteils durch die auf den jeweiligen Kommanditisten entfallenden Verluste und durch etwaige Entnahmen, § 167 i.V.m. § 120 Abs. 2 HS. 2 HGB. Neben den, den Kapitalanteil nach der gesetzlichen Regelung ausmachenden Bestandteilen muss bei der Ermittlung der konkreten Höhe des Anteils auch Beachtung finden, dass der einem Kommanditisten zustehende Gewinn dem Kapitalanteil nur so lange zugeschrieben wird, wie der Anteil den Betrag der bedungenen Einlage, d. h. der geschuldeten und sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Pflichteinlage21, nicht erreicht, § 167 Abs. 2 HGB. Entspricht der Kapitalanteil der Höhe nach bereits der Pflichteinlage, sind etwaige (weitere) Gewinne entweder sofort auszuzahlen22 oder auf ein zusätzliches Konto zu verbuchen.23 Dieses Darlehens- oder Privatkonto24 ist nicht Bestandteil des Kapitalanteils und muss somit bei der Berechnung außer Acht bleiben.25 Die von Gesetzes wegen vorgesehene Systematik der Bildung des Kapitalanteils eines Kommanditisten kann dazu führen, dass in einem Fall, in dem der Betrag der Pflichteinlage voll eingezahlt wurde und es in der Folgezeit nicht zu Verlusten oder Entnahmen gekommen ist, alle auf den jeweiligen Kommanditisten entfallende Gewinne entweder an ihn direkt ausgezahlt oder aber zunächst auf dem Privatkonto verbucht werden. Einfluss auf die Berechnung des Kapitalanteils haben diese Gewinne in einem solchen Fall nicht. Dies gilt ebenfalls für an einen Kommanditisten verteilte Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB. Auch diese können unmittelbar ausgezahlt werden. Welche Konsequenzen sich daraus für das Wiederaufleben der Haftung resp. der konkreten Berechnung des Kapitalanteils i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2

19

Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 167 Rn. 2; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 167 Rn. 2; MüKo/Grunewald, HGB, § 167 Rn. 14. 20 Siehe nur Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 120 Rn. 14; MüKo/Grunewald, HGB, § 167 Rn. 14. 21 Vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Weipert, HGB, § 167 Rn. 6; MüKo/Grunewald, HGB, § 167 Rn. 14; Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 167 Rn. 2. 22 Siehe statt vieler nur Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 167 Rn. 2; MünchenerHdG/v. Falkenhausen/Schneider, Band 2, § 22 Rn. 35. 23 Vgl. statt vieler nur Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 167 Rn. 3; MüKo/Grunewald, HGB, § 167 Rn. 17. 24 Vgl. zu den unterschiedlich verwendeten Begrifflichkeiten nur m.w.N. MüKo/Grunewald, HGB, § 167 Rn. 17 und Fn. 40. 25 Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 167 Rn. 3; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Weipert, HGB, § 167 Rn. 10; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 167 Rn. 2; MüKo/Grunewald, HGB, § 167 Rn. 14; MünchenerHdG/v. Falkenhausen/Schneider, Band 2, § 22 Rn. 35.

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

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HGB ergeben, wird im Abschnitt „Modifizierung des Kapitalanteils gem. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB“ näher beschrieben.26 b) Kapitalanteil entsprechend gesellschaftsvertraglichen Regelungen § 167 Abs. 2 i.V.m. § 120 Abs. 2 HGB ist dispositives Recht.27 Dies hat zur Konsequenz, dass die Ermittlung des Kapitalanteils entsprechend der im vorherigen Abschnitt dargestellten Vorgehensweise nur möglich ist, sofern die Gesellschafter keine von den gesetzlichen Vorgaben abweichenden Regelungen getroffen haben. Wurden allerdings eigenständige Regelungen betreffend der Kapitalanteile der Kommanditisten in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen, muss im Einzelnen genauer überprüft werden, welche Werte die Kapitalanteile ausmachen. Ist im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft beispielsweise eine Vereinbarung zu finden, wonach die Beschränkung des § 167 Abs. 2 HGB nicht gelten soll und Gewinne dem Kapitalanteil zuzuschreiben sind, auch wenn der Wert der Pflichteinlage bereits erreicht wurde, sind alle angefallenen Gewinne in die konkrete Berechnung des Kapitalanteils einzubeziehen.28 Eine Beschränkung des Kapitalanteils der Höhe nach auf die Pflichteinlage besteht bei einer derartigen Konstellation nicht. Komplizierter wird die Bestimmung des Kapitalanteils in Fällen, in denen sog. feste Kapitalanteile vereinbart wurden, auf denen nur die Einlage zu verbuchen ist, und darüber hinaus sonstige Konten bestehen, auf denen alle weiteren Buchungen vorzunehmen sind.29 Bei einer solchen gesellschaftsvertraglichen Regelung ist es notwendig zu prüfen, welche rechtliche Qualität derartigen Konten zukommt. Wurde beispielsweise ein separates Gewinnkonto vereinbart, kann von den Gesellschaftern gewollt sein, dass dieses Konto Teil des Kapitalanteils ist.30 Denkbar ist allerdings ebenso, dass einem separaten Gewinnkonto Forderungsqualität zukommt und die auf dem Konto verbuchten Beträge als Fremdkapital zu werten sind. In dem letztgenannten Fall darf das Konto nicht in die Berechnung des Kapitalanteils einbezogen werden. Ähnliches gilt im Übrigen, sofern für jeden Kommanditisten ein eigenes Rücklagenkonto vorgesehen ist. Auch ein derartiges Konto

26

Drittes Kapitel, A., III., 2. Statt aller nur Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 167 Rn. 6 u. Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 167 Rn. 2. 28 Vgl. Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 167 Rn. 3; Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 167 Rn. 7; MüKo/Grunewald, HGB, § 167 Rn. 18; MünchenerHdG/v. Falkenhausen/Schneider, Band 2, § 22 Rn. 15, 42. 29 Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 167 Rn. 6 ff.; MüKo/Grunewald, HGB, § 167 Rn. 19 ff.; MünchenerHdG/v. Falkenhausen/Schneider, Band 2, § 22 Rn. 16 ff., 44 ff. 30 Vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 167 Rn. 7; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Weipert, HGB, § 167 Rn. 20; Huber, ZGR 1988, 1, 65 ff., 85 ff.; MünchenerHdG/v. Falkenhausen/ Schneider, Band 2, § 22 Rn. 18, 47 ff.; Oetker/Oetker, HGB, § 167 Rn. 21. 27

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

kann entweder dem Kapitalanteil zuzurechnen sein oder es stellt eine Forderung des Kommanditisten dar.31 Diese vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten haben für die Berechnung des Kapitalanteils i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB zur Folge, dass stets im Einzelfall bestimmt werden muss, welche Beträge dem Kapitalanteil zuzurechnen sind und welche nicht. Eine allgemeingültige Einordnung der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Konten kann auf Grund der unterschiedlichen rechtlichen Möglichkeiten nicht erfolgen. Unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes muss auch hier wieder Beachtung finden, dass die Kontenstrukturen in einer Weise gesellschaftsvertraglich geregelt sein können, dass Gewinne, und damit auch Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB, die dem Kapitalanteil zuzurechnenden Konten unberührt lassen. Einfluss auf die Berechnung des Kapitalanteils gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB haben diese Gewinne in einem solchen Fall keinen. Auf die sich daraus ergebenden Konsequenzen resp. etwaig vorzunehmenden Korrekturen auf Grund des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB wird im Abschnitt „Modifizierung des Kapitalanteils gem. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB“ 32 eingegangen. 2. Modifizierung des Kapitalanteils gem. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB Bei der Berechnung des Kapitalanteils eines Kommanditisten i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB müssen auf Grund der dispositiven Ausgestaltung des § 167 Abs. 2 resp. des § 120 Abs. 2 HGB die jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls beachtet werden. Die Bestimmung des Kapitalanteils eines Kommanditisten kann nicht nach einem einheitlichen Schema erfolgen. Zusätzlich ist neben dieser stets vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung seit BilMoG in die Ermittlung des Kapitalanteils i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB auch die auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmende Sondervorschrift des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB einzubeziehen. Durch diese Regelung wird die Bestimmung der Kapitalanteile modifiziert.33 Konkret sind nach § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei der Berechnung des Kapitalanteils „[…] Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB] nicht zu berücksichtigen“. Was das im Einzelnen bedeutet und welche Konsequenzen sich daraus für das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten resp. für die Bestimmung des Kapitalanteils ergeben, soll anhand einer zweistufigen Darstellung untersucht werden. In einem ersten Schritt wird erläutert, was Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB konkret sind. Daran anschließend wird dargelegt, wie die Formulierung „nicht zu berücksichtigen“ zu verstehen ist.

31

Vgl. Koller/Roth/Morck/Koller, § 167 Rn. 3; MünchenerHdG/v. Falkenhausen/Schneider, Band 2, § 22 Rn. 59. 32 Drittes Kapitel, A., III., 2. 33 Von einem „modifizierten“ Kapitalanteil sprechen auch Zwirner/Froschhammer, StuB 2012, 139, 141.

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

263

a) Der Begriff „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ Ebenso wie im Rahmen der Vorschrift des § 285 Nr. 28 HGB, nach dessen Wortlaut im Anhang eines Jahresabschlusses „[…] der Gesamtbetrag der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB][…]“ anzugeben ist34, stellt sich auch bei § 172 Abs. 4 S. 3 HGB die Frage, was genau unter dem Begriff „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ zu verstehen ist. Betrachtet man ausschließlich diese Begrifflichkeit, könnte man zu der Annahme gelangen, dass damit nicht nur die in ihrer Werthaltigkeit kritischen und bei Kapitalgesellschaften vor einer Ausschüttung gesperrten Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB (ausschüttungsgesperrter Betrag35) gemeint sind, sondern dass auch etwaige gesamthänderische, frei verfügbare Rücklagen resp. ein Gewinnvortrag zu berücksichtigen sind. Diese erste Annahme lässt sich damit begründen, dass § 268 Abs. 8 HGB selbst frei verfügbare Rücklagen resp. einen Gewinnvortrag erwähnt und ihre Einbeziehung auch dem gläubigerschützenden Zweck des § 172 Abs. 4 S. 3 resp. § 268 Abs. 8 HGB entsprechen würde. Denn sind auf Ebene der Kommanditgesellschaft ausreichend frei verfügbare Rücklagen resp. ein Gewinnvortrag vorhanden36 und verfügt die Gesellschaft damit über ausreichend freie Mittel, um etwaige spätere Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen ausgleichen zu können, besteht kein Bedürfnis, die in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB zwecks Wiederauflebens der persönlichen Haftung von dem Kapitalanteil i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB abzuziehen. Eine Entnahme der kritischen Beträge würde die Gläubiger nicht benachteiligen, da sie ausreichend über die gesamthänderischen Rücklagen resp. einen Gewinnvortrag geschützt wären. Darüber hinaus sprechen auch praktische Erwägungen für eine derartige Betrachtungsweise, da im Fall der Einbeziehung gesamthänderischer Rücklagen resp. eines Gewinnvortrages zunächst untersucht werden könnte, ob ausreichend freie Mittel in Höhe der unsicheren Beträge vorhanden sind. Ist dies der Fall, wäre ein Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten auf Grund einer Entnahme der kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB nicht möglich und eine für jeden Kommanditisten vorzunehmende Einzelprüfung würde überflüssig. Stellt man allerdings zur Bestimmung des Begriffes „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ nicht ausschließlich auf die Begrifflichkeit selbst ab, sondern bezieht auch die Regierungsbegründung zum BilMoG mit ein, wird deutlich, dass § 172 Abs. 4 S. 3 HGB lediglich die gem. § 268 Abs. 8 HGB in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge erfasst. Dies ergibt sich daraus, dass nach den in der Regierungsbegründung zu findenden Aussagen Hintergrund der Ergänzung des § 172 Abs. 4 34

Siehe Zweites Kapitel, B., I. und D., II., 2. Vgl. dazu Einführung, C., I., 1. und Zweites Kapitel, A., II. 36 Gesamthänderische Rücklagen resp. ein Gewinnvortrag sind zwar nicht zwingend von Gesetzes wegen auszuweisen, doch ist ihre Bildung ohne Weiteres in Satzung resp. Gesellschaftsvertrag vereinbar, vgl. § 264c Abs. 2 S. 1 u. S. 8 HGB und Beck’scherBilKo/Förschle/ Hoffmann, § 264c HGB, Rn. 41; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Weller, HGB, § 264c Rn. 17 ff.; Küting/Pfitzer/Weber/Ischebeck/Nissen-Schmidt, HdR-E, § 264c HGB, Rn. 23 ff.; MünchenerHdG/v. Falkenhausen/Schneider, Band 2, § 22 Rn. 60 ff. 35

264

3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

HGB um einen dritten Satz ist, „[…] dass aufgrund der stärker informationsorientierten Bilanzierung künftig auch Erträge [Beträge] im Jahresüberschuss enthalten sein können, die nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungs- und nach § 301 AktG abführungsgesperrt sind“.37 Weiter wird in der Regierungsbegründung ausgeführt, dass aus diesem Grund „bei der Prüfung der Frage nach dem Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten […] ausschüttungs- und abführungsgesperrte Erträge [Beträge] im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB […] außer acht bleiben“ müssten.38 Diese Ausführungen in der Regierungsbegründung zum BilMoG machen deutlich, dass im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung eines Kommanditisten konkret die Beträge „außer Acht bleiben“ sollen, die bei einer Kapitalgesellschaft nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrt resp. abführungsgesperrt wären. Ausschüttungsgesperrt sind aber nur die unmittelbar auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Sachverhalte zurückgehenden Beträge.39 Frei verfügbare Rücklagen resp. ein Gewinnvortrag sind davon nicht berührt. Diese Werte werden erst im Rahmen eines tatsächlich zu treffenden Gewinnverwendungsbeschlusses relevant und sind maßgeblich für die Frage, ob der Bilanzgewinn trotz Vorliegens ausschüttungsgesperrter Beträge vollumfänglich ausgeschüttet werden darf oder nicht.40 Neben den Ausführungen in der Regierungsbegründung zum BilMoG sprechen noch weitere Aspekte gegen die Berücksichtigung gesamthänderischer Rücklagen resp. eines Gewinnvortrages im Rahmen des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB. Abzustellen ist insoweit wieder auf den Wortlaut von § 172 Abs. 4 S. 2 und S. 3 HGB. In beiden Sätzen wird eindeutig nur auf den Kapitalanteil eines einzelnen Kommanditisten abgestellt, der maßgeblich ist für ein etwaiges Wiederaufleben der persönlichen Haftung. In den Kapitalanteil eines Kommanditisten gehen aber keine gesamthänderischen Rücklagen oder ein Gewinnvortrag der Kommanditgesellschaft ein.41 Der Kapitalanteil eines Kommanditisten bleibt von diesen Teilen des Eigenkapitals gänzlich unberührt und ist bei der Prüfung des Wiederauflebens der Haftung unberücksichtigt zu lassen. Nichts anderes kann gelten, sofern es sich bei den gesamthänderischen Rücklagen resp. dem Gewinnvortrag um Bestandteile des Eigenkapitals handelt, die auf die von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzierungssachverhalte zurückgehen resp. diesen der Höhe nach als frei verfügbare Mittel entsprechen. Auch in diesem speziellen Fall ändert sich an ihrer grundsätzlichen Eigenschaft als gesamthänderisches Kapital nichts, und eine Berücksichtigung bei den einzelnen Kommanditisten muss unterbleiben. Zudem ist zu beachten, dass im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung auch ohne Berücksichtigung gesamthänderischen Eigenkapitals die von § 268 Abs. 8 HGB vorgesehene ausgleichende Wirkung von frei verfügbaren Rücklagen eintreten kann. Denn es darf nicht über37

RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 46. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 46. 39 Vgl. Zweites Kapitel, A.,II. und D., I., 2. 40 Vgl. Einführung, C., I., 1. 41 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele/Thiele/Sickmann, Bilanzrecht, § 264c HGB, Rn. 33 u. 55; MünchenerHdG/v. Falkenhausen/Schneider, Band 2, § 22 Rn. 61 ff. 38

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

265

sehen werden, dass frei verfügbaren Rücklagen des einzelnen Kommanditisten, sofern sie dem Kapitalanteil zuzurechnen sind und keine Forderung darstellen42, bei der Berechnung des Kapitalanteils ergebniserhöhende Wirkung zukommt und sie auf diese Weise ein Wiederaufleben der Haftung vermeiden können. Darüber hinaus spricht gegen die Berücksichtigung gesamthänderischer Rücklagen resp. eines Gewinnvortrages bei der Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten, dass ein derartiges Vorgehen im Ergebnis dem Regelungsgehalt des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. gleichkommen würde. Denn ließe man eine Berücksichtigung dieser Eigenkapitalbestandteile zu, könnten sich Kommanditisten dem Wiederaufleben der persönlichen Haftung bereits dadurch entziehen, dass in Höhe der unsicheren Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB gesamthänderische Rücklagen gebildet würden. Mangels dieser kritischen Beträge auf Ebene des Gesellschafters wäre ein Wiederaufleben der Haftung, zumindest in Ansehung des § 268 Abs. 8 HGB, nicht mehr möglich. Dieser dem § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. entsprechende Regelungsmechanismus kann nach hier vertretener Ansicht jedoch nicht gewollt sein, da diese Vorschrift vom Gesetzgeber im Zuge des BilMoG ersatzlos gestrichen wurde und dementsprechend ein mit der alten Rechtslage vergleichbares Vorgehen bereits nach der gesetzgeberischen Wertung ausgeschlossen werden sollte. Im Ergebnis umfasst die Begrifflichkeit „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ somit ausschließlich die gem. § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften ausschüttungsgesperrten und in ihrer Werthaltigkeit unsicheren Beträge. Frei verfügbare Rücklagen oder ein Gewinnvortrag sind bei der Bestimmung des konkreten Wertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB außer Acht zu lassen. Zudem ist in diesem Zusammenhang noch zu erwähnen, dass § 172 Abs. 4 S. 3 HGB nur den jeweiligen Anteil der einzelnen Kommanditisten an dem Gesamtbetrag der kritischen Beträge erfasst.43 Ein Ansatz der insgesamt von § 268 Abs. 8 HGB umfassten Beträge wäre nicht systemgerecht. Für die konkrete Ermittlung des Kapitalanteils gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB resp. der dabei gem. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB zu berücksichtigenden Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB hat das zur Folge, dass zuerst der Gesamtwert der Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB auf Ebene der Gesellschaft ermittelt werden muss. Erst im Anschluss daran ist der auf den einzelnen Kommanditisten entfallende Anteil an dem Gesamtbetrag der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB zu bestimmen.

42 43

Vgl. Drittes Kapitel, A., III., 1., b). Siehe dazu unten ausführlich Drittes Kapitel, A., III., 2., a), bb).

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

aa) Gesamtwert der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB (1) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB Bei der Berechnung des Gesamtwertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB ist als erster Posten der Buchwert der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens anzusetzen (§ 268 Abs. 8 S. 1 HGB).44 Da das Wahlrecht zur Bilanzierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in § 248 Abs. 2 HGB kodifiziert ist und diese Vorschrift von allen Bilanzierungspflichtigen beachtet werden muss, kommt der Ansatz des Buchwertes der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sowohl bei Kapitalgesellschaften & Co. i.S.d. § 264a HGB als auch bei Kommanditgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter in Betracht. Der konkret anzusetzende Buchwert ergibt sich bei Kapitalgesellschaften & Co. sowohl im Jahr der Erstaktivierung als auch in den Folgejahren unmittelbar aus dem in der Bilanz gem. § 266 Abs. 2 A. I. 1. HGB angesetzten Wert, sofern es sich bei dem Bilanzierenden nicht um eine kleine Gesellschaft i.S.d. § 267 Abs. 1 HGB handelt. Nicht von § 264a HGB erfasste Kommanditgesellschaften müssen ihre Bilanz nur nach Maßgabe des § 247 Abs. 1 HGB aufgliedern, sodass ein gesonderter Ansatz selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in der Praxis die Ausnahme darstellen dürfte. Der anzusetzende Buchwert ergibt sich daher bei diesen Bilanzierenden in aller Regel nicht unmittelbar aus der Bilanz, sondern er ist durch eine separate Betrachtung der entsprechenden Konten zu ermitteln. Vom Buchwert der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sind bei der Berechnung des Gesamtwertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB die für diese Vermögensgegenstände gebildeten passiven latenten Steuern in Abzug zu bringen. Dies folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des § 268 Abs. 8 S. 1 HGB und ist damit zu begründen, dass sich die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nur in Höhe der Differenz aus Buchwert und passiven latenten Steuern positiv auf den Gewinn auswirkt, sodass auch nur in dieser Höhe in ihrer Werthaltigkeit als kritisch zu bezeichnende Gewinne bestehen.45 Der Abzug passiver latenter Steuern ist unproblematisch bei Kapitalgesellschaften & Co. Diese Gesellschaften müssen gem. § 264a Abs. 1 HGB die Vorschriften des Ersten bis Fünften Unterabschnittes des Zweiten Abschnittes des Dritten Buches des HGB anwenden und sind somit bereits gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB verpflichtet, passive latente Steuern in der Bilanz anzusetzen. Bei Personen44

Ausführlich zum Ansatz und der Ermittlung des Buchwertes bereits Zweites Kapitel, A., II., 1., a). 45 Vgl. zum Hintergrund und der jeweils konkret anzusetzenden Höhe passiver latenter Steuern Zweites Kapitel, A., II., 1., b).

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

267

handelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter muss dahingegen beachtet werden, dass die Bildung latenter Steuern umstritten ist. Vereinzelt wird in der Literatur vertreten, dass § 274 HGB von allen Kaufleuten anzuwenden sei46 oder aber, dass eine Anwendung des § 274 HGB zumindest freiwillig in Betracht komme.47 Andere Stimmen in der Literatur gehen davon aus, dass die Anwendung des § 274 HGB von Personenhandelsgesellschaften (und Einzelkaufleuten) auf Grund seiner systematischen Stellung nicht möglich sei.48 Vielmehr komme die Bilanzierung passiver latenter Steuern nur nach allgemeinen Grundsätzen in Betracht, sodass für diese ungewissen Verbindlichkeiten eine Rückstellung gem. § 249 Abs. 1 HGB gebildet werden müsste.49 Wiederum andere vertreten die Ansicht, dass passive latente Steuern nur im Ausnahmefall die Voraussetzungen des § 249 Abs. 1 HGB erfüllen, sodass eine entsprechende Rückstellungsbildung in aller Regel zu unterlassen sei.50 Für die Ermittlung des Gesamtwertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB hat die vorstehend erörterte Diskussion zur Konsequenz, dass ein ergebnismindernder Ansatz passiver latenter Steuern nicht pauschal erfolgen kann. Vielmehr muss in jedem Einzelfall konkret ermittelt werden, welcher Ansicht die bilanzierende Gesellschaft gefolgt ist und ob passive latente Steuern ausgewiesen wurden oder nicht. Sind passive latente Steuern gebildet worden, müssen diese auch bei der Berechnung der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB Berücksichtigung finden, da sich in diesem Fall die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nur in Höhe der Differenz aus Buchwert und passiven latenten Steuern auf den Gewinn auswirkt, sodass auch nur in dieser Höhe in ihrer Werthaltigkeit als kritisch zu bezeichnende Gewinne bestehen. Nicht von Bedeutung ist dabei, ob Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter passive latente Steuern auf Grund einer sinngemäßen 46

Schneeloch, WPg 1986, 517, 525. Vgl. statt vieler nur Beck’scherBilKo/Kozikowski/Fischer, § 274 HGB Rn. 85; Bertram/ Brinkmann/Kessler/Müller/Bertram, HGB, § 274 Rn. 9; IDW RS HFA 7, IDW-Fachnachrichten, 3/2012, 189, 192, Rn. 18; ADS, § 274 HGB, Rn. 7; Küting/Pfitzer/Weber/Spanheimer/ Simlacher, HdR-E, § 274 HGB, Rn. 5; MüKo/Reiner, HGB, § 274 Rn. 34. 48 Vgl. Hennrichs, GmbHR 2010, 17, 23; ders., Status:Recht 2009, 127, 130; Herzig/Vossel, BB 2009, 1174, 1175; Karrenbrock, Latente Steuern in Bilanz und Anhang, 351; ders., WPg 2008, 328, 333; Kessler/Leinen/Paulus, KoR 2009, 716, 720; Rabeneck/Reichert, DStR 2002, 1366, 1369; Siegel, DStR 1986, 587, 593 ff.; Staub/Hüttemann, HGB, § 274 Rn. 7. 49 Vgl. m.w.N. Hennrichs, GmbHR 2010, 17, 23; ders., Status:Recht 2009, 127, 130; Herzig/Vossel, BB 2009, 1174, 1175; IDW RS HFA 7, IDW-Fachnachrichten, 3/2012, 189, 193, Rn. 26; Karrenbrock, Latente Steuern in Bilanz und Anhang, 351; ders., WPg 2008, 328, 333; ders., BB 2013, 235 ff.; Kessler/Leinen/Paulus, KoR 2009, 716, 720; Rabeneck/Reichert, DStR 2002, 1366, 1369; Siegel, DStR 1986, 587, 593 ff.; Staub/Hüttemann, HGB, § 274 Rn. 7; Wendholt/Wesemann, DB 2009, Beil. Nr. 5 zu Heft 23, 64, 72. Unentschlossen Kirsch/Hoffmann/Siegel, DStR 2012, 1290 ff.; Velte/Wulf, DStZ 2013, 150, 155. 50 So u. a. Bundessteuerberaterkammer, DStR 2012, 2296 ff.; Förster/Beer, StuW 2012, 85, 89 ff.; Lüdenbach/Freiberg, BB 2011, 1579, 1580 ff.; Müller/Kreipl, DB 2011, 1701, 1703 ff.; Polanz, DStR 2013, 58, 61; Völkner/Feldgen, BB 2012, 1333. 47

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

Anwendung des § 274 Abs. 1 HGB ansetzen oder Rückstellungen gem. § 249 Abs. 1 HGB in entsprechender Höhe bilden. In beiden Fällen entspricht der in seiner Werthaltigkeit kritische Betrag der Differenz aus Buchwert und dem für die passiven latenten Steuern angesetzten Wert. Wurde allerdings von einer entsprechenden Anwendung des § 274 Abs. 1 HGB als auch von einer Rückstellungsbildung gem. § 249 HGB gänzlich abgesehen und sind für die aktivierten selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens keine passiven latenten Steuern gebildet worden, muss auch bei der Ermittlung des Gesamtwertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB ein entsprechender Ansatz unterbleiben. Dies ist damit zu begründen, dass in einem derartigen Fall die auf die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zurückgehenden Gewinne nicht durch die Bildung passiver latenter Steuern verringert wurden und daher der in seiner Werthaltigkeit kritische Betrag dem vollen Buchwert der Vermögensgegenstände entspricht. Des Weiteren ist im Rahmen des Ansatzes passiver latenter Steuern von Kapitalgesellschaften & Co. i.S.d. § 264a HGB und von Kommanditgesellschaften mit natürlichen Personen als Komplementäre darauf hinzuweisen, dass latente Steuern, anders als bei Kapitalgesellschaften, nur für eine künftige Gewerbesteuerbelastung zu bilden sind. Die Bildung latenter Steuern für Ertragsteuern kommt nicht in Betracht, da bei Personengesellschaften nicht die Gesellschaft selbst, sondern die Gesellschafter diese Steuern schulden.51 (2) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB Neben selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens sind in die Berechnung des Gesamtwertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB auch die zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB einzubeziehen (sog. Planvermögen). Dies gilt sowohl für Kapitalgesellschaften & Co. als auch für sonstige Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als Vollhafter. Auch die für den Ansatz und die Bewertung von Planvermögen maßgeblichen §§ 246 Abs. 2 u. 3, 253 Abs. 1, 255 Abs. 4 HGB sind in den von sämtlichen Bilanzierungspflichtigen anzuwendenden Vorschriften zu finden und daher sowohl von Kapitalgesellschaften & Co. als auch von Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als Vollhafter originär anzuwenden. Wie bereits die Ausführungen zu § 268 Abs. 8 S. 3 HGB im Rahmen der Anwendung der Ausschüttungssperre bei Kapitalgesellschaften gezeigt haben, ist in die konkrete Berechnung der zum jeweiligen Bilanzstichtag festgestellte, beizulegende Zeitwert des Planvermögens abzüglich der historischen Anschaffungskosten auf-

51 Vgl. dazu nur Beck’scherBilKo/Kozikowski/Fischer, § 274 HGB, Rn. 62; IDW RS HFA 7, IDW-Fachnachrichten, 3/2012, 189, 192, Rn. 19; Küting/Pfitzer/Weber/Spanheimer/Simlacher, HdR-E, § 274 HGB, Rn. 6, 57.

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

269

zunehmen.52 Nicht abgestellt werden darf nach Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 HGB auf einen etwaig gem. § 246 Abs. 2 S. 3 HGB in der Bilanz ausgewiesenen aktiven Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung. Dies könnte in bestimmten Fallkonstellationen zu einer Nichtberücksichtigung von, nach den Wertungen des § 268 Abs. 8 HGB, als unsicher zu bezeichnenden Gewinnen führen. Zudem ist zu beachten, dass sowohl Kapitalgesellschaften & Co. als auch Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als Vollhafter die Möglichkeit offen steht, nicht nur einen einzigen, sondern mehrere Vermögensgegenstände dem Planvermögen zuzuweisen. Die im Zusammenhang mit dem Vorliegen mehrerer Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB möglichen und im Rahmen der Kapitalgesellschaften dargestellten Probleme53 sind auch bei diesen Bilanzierungspflichtigen denkbar. Das hat zur Konsequenz, dass auch im Rahmen der Berechnung der Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB diese Vermögensgegenstände von vornherein nicht angesetzt werden dürfen, sofern ihr beizulegender Zeitwert unterhalb der historischen Anschaffungskosten liegt.54 Darüber hinaus muss beachtet werden, dass die für Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB tatsächlich gebildeten passiven latenten Steuern in bestimmtem Umfang55 in Abzug zu bringen und in das Berechnungsschema aufzunehmen sind. Dabei ist wiederum irrelevant, ob Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter passive latente Steuern auf Grund einer sinngemäßen Anwendung des § 274 Abs. 1 HGB ansetzen oder Rückstellungen gem. § 249 Abs. 1 HGB in entsprechender Höhe bilden.56 Wird allerdings sowohl von der Anwendung des § 274 Abs. 1 HGB als auch von der Rückstellungsbildung gem. § 249 Abs. 1 HGB abgesehen57 und für die Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB keine passiven latenten Steuern gebildet, darf auch im Rahmen der Berechnung des Gesamtwertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB kein entsprechender Ansatz erfolgen. Bei Kapitalgesellschaften & Co. ergibt sich dieses Differenzierungsproblem auf Grund der unmittelbaren Anwendung des § 274 HGB nicht und passive latente Steuern sind stets mit ergebnismindernder Wirkung in das Berechnungsschema aufzunehmen. (3) Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB Zusätzlich zu den selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens und den Vermögensgegenständen i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB ist bei der Ermittlung des Gesamtwertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB ein 52 53 54 55 56 57

Vgl. dazu Zweites Kapitel, A., II.), 2., a). Vgl. Zweites Kapitel, A., II.), 2., c). Vgl. Zweites Kapitel, A., II.), 2., c). Dazu ausführlich Zweites Kapitel, A., II.), 2., b). Siehe dazu Drittes Kapitel, A., III., 2., a), aa), (1). Vgl. Drittes Kapitel, A., III., 2., a), aa), (1).

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

Aktivüberhang latenter Steuern zu berücksichtigen (§ 268 Abs. 8 S. 2 HGB). Erforderlich ist der Ansatz eines Aktivüberhangs latenter Steuern allerdings nur, sofern der Bilanzierende vom Wahlrecht des § 274 Abs. 1 S. 2 HGB positiv Gebrauch macht und einen Aktivüberhang auch tatsächlich ausweist. Ist dies nicht der Fall, kann der Ansatz gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB außer Acht gelassen werden. Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts gem. § 274 Abs. 1 S. 2 HGB ist, dass diese, die latente Steuerabgrenzung regelnde Vorschrift überhaupt anwendbar ist. Wie bereits die Diskussion hinsichtlich des Abzugs passiver latenter Steuern vom Buchwert selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gezeigt hat, ist die Anwendung des § 274 HGB nur für Kapitalgesellschaften und Kapitalgesellschaften & Co. eindeutig.58 Kapitalgesellschaften & Co. steht das Wahlrecht des § 274 Abs. 1 S. 2 HGB zu, sodass diese Bilanzierenden einen etwaig ausgewiesenen Aktivüberhang auch bei der Ermittlung des Gesamtwertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB ansetzen müssen. Dahingegen ist die Anwendung des § 274 HGB bei Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter umstritten. Die Meinungen hierzu gehen weit auseinander.59 Folgt man den Ansichten, die § 274 HGB anwenden wollen60, kommt der freiwillige Ausweis eines Aktivüberhangs latenter Steuern auch bei Kommanditgesellschaften mit natürlichen Personen als Vollhafter in Betracht. Sollte ein derartiger Aktivüberhang tatsächlich ausgewiesen werden, muss dieser im Rahmen der Berechnung des Gesamtwertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB angesetzt werden, da nur auf diese Weise der von § 172 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB bezweckte Gläubigerschutz in hinreichendem Maße gewährleistet werden kann. Lehnt man allerdings, der Gegenansicht61 folgend, eine Anwendung des § 274 HGB ab, ist der Ansatz eines Aktivüberhangs latenter Steuern ausgeschlossen und eine Berücksichtigung bei der Ermittlung des Gesamtwertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB ebenfalls nicht vorzunehmen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es auch bei Kapitalgesellschaften & Co. und Kommanditgesellschaften mit natürlichen Personen als Komplementäre denkbar ist, dass mehrere von § 268 Abs. 8 HGB erfasste Bilanzierungssachverhalte gleichzeitig vorliegen. In diesem Fall können die bereits im Rahmen der Kapitalgesellschaften dargestellten Probleme der Doppelberücksichtigung passiver latenter 58

Vgl. Drittes Kapitel, A., III., 2., a), aa), (1). Vgl. Drittes Kapitel, A., III., 2., a), aa), (1). 60 Vgl. u. a. ADS, § 274 HGB, Rn. 7; Beck’scherBilKo/Kozikowski/Fischer, § 274 HGB, Rn. 85; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Bertram, HGB, § 274 Rn. 9; IDW RS HFA 7, IDW-Fachnachrichten, 3/2012, 189, 192, Rn. 18; Küting/Pfitzer/Weber/Spanheimer/Simlacher, HdR-E, § 274 HGB, Rn. 5; MüKo/Reiner, HGB, § 274 Rn. 34. 61 Vgl. m.w.N. Hennrichs, GmbHR 2010, 17, 23; Herzig/Vossel, BB 2009, 1174, 1175; Karrenbrock, Latente Steuern in Bilanz und Anhang, 351; ders., WPg 2008, 328, 333; Rabeneck/Reichert, DStR 2002, 1366, 1369; Siegel, DStR 1986, 587, 593 ff.; Staub/Hüttemann, HGB, § 274 Rn. 7. 59

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

271

Steuern62 auftreten (vorausgesetzt, es werden aktive latente Steuern gebildet). Diese Schwierigkeiten können allerdings wiederum dadurch gelöst werden, dass passive latente Steuern bei selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens und bei Vermögensgegenständen i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB nur in Abzug gebracht werden, soweit sie nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet wurden.63 (4) Berechnungsschema Gesamtwert der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB

¢ +

¢ ¢

+ =

Selbst geschaffene immaterielle VG des AV zum Buchwert (historische HK, §§ 253 Abs. 1 S. 1, 255 Abs. 2 und 2a HGB, abzgl. plan-/außerplanmäßige Abschreibungen, § 253 Abs. 3 S. 1 – 3 HGB, zzgl. Wertaufholungen, § 253 Abs. 5 S. 1 HGB) passive latente Steuern gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB resp. § 249 Abs. 1 HGB: sofern tatsächlich gebildet und soweit nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB zum beizulegenden Zeitwert, § 253 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 255 Abs. 4 HGB: Ansatz nur, soweit beizulegender Zeitwert des einzelnen VG Š historische Anschaffungskosten des VG historische Anschaffungskosten passive latente Steuern gem. § 274 Abs. 1 S. 1 HGB resp. § 249 Abs. 1 HGB: beschränkt auf die Differenz von beizulegendem Zeitwert und historischen Anschaffungskosten und Ansatz nur, sofern tatsächlich gebildet und soweit nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet Überhang aktiver latenter Steuern: soweit ausgewiesen Gesamtwert der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB

bb) Anzusetzender Anteil des Kommanditisten Der Gesamtwert der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB lässt erkennen, in welcher Höhe die in ihrer Werthaltigkeit als unsicher zu bezeichnenden Aktivwerte in der Bilanz einer Kommanditgesellschaft vorhanden sind und in welcher Höhe die Bilanzierung dieser Aktivwerte das Gesamtergebnis der Gesellschaft in der aktuellen Periode oder in einem vorhergehenden Geschäftsjahr beeinflusst hat. Für die Frage nach einem etwaigen Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten ist allerdings nicht unmittelbar die Bilanz der Gesellschaft zu betrachten, sondern entscheidende Bedeutung kommt gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB dem Kapitalanteil des Kommanditisten zu. Dementsprechend ist auch für die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten nicht darauf abzustellen, in welcher Gesamthöhe Aktivwerte in der Bilanz der KG ausgewiesen sind und in welcher Höhe sie 62 63

Siehe Zweites Kapitel, A., II., 3., b). Vgl. Zweites Kapitel, A., II., 3., b).

272

3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

deren Gesamtgewinn beeinflusst haben, sondern vielmehr ist entscheidend, wie diese Werte den einzelnen Kapitalanteil beeinflusst haben. Maßgebend für die Frage, in welcher Höhe die Bilanzierung der Aktivwerte im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB den Kapitalanteil eines Kommanditisten beeinflusst hat, ist der gesetzliche oder vertragliche Gewinn- resp. Verlustbeteiligungsschlüssel.64 Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Bilanzierung der Werte im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB ergebniswirksame Vorgänge darstellen65 und sich auf den Gewinn oder den Verlust der Gesellschaft auswirken. Der Gewinn resp. der Verlust einer KG wird jedoch den einzelnen Gesellschaftern nicht in voller Höhe zugerechnet, sondern lediglich entsprechend dem vorgegebenen Beteiligungsschlüssel. Dementsprechend werden die in dem Gesamtgewinn oder -verlust enthaltenen und auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Positionen zurückgehenden Anteile nur entsprechend diesem Schlüssel verteilt. Aus diesem Grund kann bei der Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten nicht der Gesamtwert der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB angesetzt werden, sondern stets nur der dem jeweiligen Kommanditisten zukommende Anteil an diesem Gesamtwert. Dieser anzusetzende Anteil ist durch die Anwendung des Gewinn- und Verlustbeteiligungsschlüssels auf den zunächst ermittelten Gesamtwert der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB zu berechnen. b) Der Begriff „nicht zu berücksichtigen“ Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, was konkret unter der Begrifflichkeit „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ zu verstehen ist und welcher Wert im Einzelnen bei der Berechnung des Kapitalanteils nach § 172 Abs. 4 S. 2 HGB „nicht zu berücksichtigen“ ist. Noch nicht näher erläutert wurde, was genau mit der letztgenannten Formulierung „nicht zu berücksichtigen“ gemeint ist. Da allerdings nicht nur die Frage von Bedeutung ist, „was“ in die Berechnung des Kapitalanteils im Sinne des § 172 Abs. 4 S. 2 HGB einzubeziehen ist, sondern auch die Frage, „wie“ dieser Betrag anzusetzen ist, bedarf auch diese Begrifflichkeit einer genaueren Erläuterung. Stellt man zunächst allein auf den Wortlaut des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB ab, wonach „bei der Berechnung des Kapitalanteils nach [§ 172 Abs. 4] Satz 2 [HGB] […] Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB] nicht zu berücksichtigen“ sind, kann man nur zu dem Schluss gelangen, dass die erwähnten Beträge bei der beschriebenen Berechnung im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung nicht angesetzt werden dürfen. Dieses Verständnis wird auch von den Aussagen in der Regierungsbegrün64 Dazu auch Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 88; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 255; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 340. 65 Vgl. dazu Erstes Kapitel, B.

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

273

dung zum BilMoG unterstützt, wo es heißt66 : „Bei der Prüfung der Frage nach dem Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten müssen ausschüttungs- und abführungsgesperrte Erträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB […] außer acht bleiben.“ „Außer acht bleiben“ bedeutet das Gleiche wie „nicht zu berücksichtigen“, sodass auch nach der Regierungsbegründung ein Ansatz der hier betroffenen Werte bei der Berechnung des Kapitalanteils unterbleiben soll. Ein derartiges Sprachverständnis führt in allen Fällen zu sachgerechten Ergebnissen, in denen Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB den Kapitalanteil unmittelbar erhöht haben. Besteht beispielsweise ausschließlich ein variables Kapitalkonto67, auf das ein Betrag in Höhe der Haftsumme eingezahlt worden ist und wurde diesem Konto ein Betrag im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB zugewiesen, hat dieser Anteil den Kapitalanteil tatsächlich erhöht. Bei der Berechnung gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB ist dieser Wert gem. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB „nicht zu berücksichtigen“, d. h. nicht anzusetzen, sodass der Kapitalanteil für die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages weiterhin der Haftsumme entspricht und eine Entnahme vom Kapitalkonto würde ein Wiederaufleben der Haftung begründen. Gleiches gilt, wenn neben einem festen Kapitalkonto ein separates Gewinnkonto vorhanden ist, das rechtlich als Beteiligungskonto, und nicht als Fremdkapitalkonto, einzuordnen ist.68 Wird bei einer derartigen Ausgestaltung nicht dem Kapitalkonto, sondern dem Gewinnkonto ein Betrag im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB zugewiesen, erhöht sich der Kapitalanteil des Kommanditisten ebenfalls um diesen Wert. Im Rahmen der Berechnung gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB ist dieser Wert allerdings gem. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB „nicht zu berücksichtigen“, und es ergibt sich ein Kapitalanteil in Höhe der Haftsumme. Da der Wert des Gewinnkontos dem Kapitalanteil zuzurechnen ist, würde eine Entnahme von dem Gewinnkonto die persönliche Haftung des Kommanditisten begründen. Zu einem anderen Ergebnis kommt die vorgenannte Auslegung des Begriffes „nicht zu berücksichtigen“, sofern ein festes Kapitalkonto besteht, auf das eine Einlage in Höhe der Haftsumme geleistet wurde und zusätzlich gesellschaftsvertraglich vereinbart ist, dass etwaige Gewinne sofort und unmittelbar an die Kommanditisten ausgezahlt werden.69 In einem solchen Fall kann es von vornherein nie zu einer Beeinflussung des Kapitalanteils durch Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB kommen, da diese Werte direkt an die Kommanditisten ausgezahlt werden.70 Dementsprechend kann auch bei der Berechnung des Kapitalanteils gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB nie ein Betrag im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB „nicht berücksichtigt 66

RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 46. Vgl. Drittes Kapitel, A., III., 1., b). 68 Vgl. Drittes Kapitel, A., III., 1., b). 69 Vgl. Drittes Kapitel, A., III., 1., b). 70 Dies verkennen Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 86; Petersen/Zwirner/Froschhammer, KoR 2010, 334, 340. 67

274

3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

werden“. Dies ist darauf zurückzuführen, dass nach hier vertretenem Sprachverständnis etwas nur „nicht berücksichtigt werden“ kann, wenn es grundsätzlich vorhanden ist. Berechnet man allerdings gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB den Kapitalanteil, entspricht dieser der Höhe nach ausschließlich der Haftsumme. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB läuft demnach in Konstellationen der vorliegenden Art ins Leere, da ein Betrag im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB nie den Kapitalanteil erhöht hat und somit auch nicht „nicht berücksichtigt“ werden kann. Ein Wiederaufleben der Haftung ist damit ausgeschlossen, obwohl der kritische Betrag ausbezahlt worden ist. Gleiches gilt auch in Fällen, in denen neben einem festen Kapitalkonto in Höhe der Haftsumme ein Gewinn- oder Rücklagenkonto mit Fremdkapitalcharakter eingerichtet wurde71 und auf diese Konten ein Gewinn im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB verbucht wurde. Durch diese Buchung bleibt der Kapitalanteil unberührt, da die Konten generell den Kapitalanteil unberührt lassen, sodass auch im Rahmen der Berechnung gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB keine Möglichkeit besteht, gem. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB etwas „nicht zu berücksichtigen“. Ein Wiederaufleben der Haftung ist nicht möglich, obwohl die Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB jederzeit von dem Gewinnkonto entnommen werden können. Diese von der gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltung der Gesellschafterkonten und dem konkreten Ort der Gewinnverbuchung abhängigen, unterschiedlichen Folgen hinsichtlich des Wiederauflebens der Haftung eines Kommanditisten sind als unbefriedigend zu bezeichnen und mit dem gläubigerschützenden Zweck des § 172 Abs. 4 S. 2 und S. 3 HGB nicht in Einklang zu bringen. Ein diese Unterschiede vermeidendes und dem Gläubigerschutz gerecht werdendes Ergebnis kann jedoch dadurch erreicht werden, dass die Begrifflichkeit „nicht zu berücksichtigen“ entgegen dem in dieser Arbeit vertretenen Sprachverständnis interpretiert wird. Betrachtet man nicht nur den Wortlaut des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB, der von „nicht zu berücksichtigen“ spricht, sondern stellt auch auf den Sinn und Zweck der Vorschrift ab, Entnahmen von Beträgen im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB zu vermeiden resp. für den Fall der Entnahme ein Wiederaufleben der Haftung zu statuieren, ist es zielführend, die gewählte Begrifflichkeit im Sinne eines „Abzugs“72 oder einer „Kürzung“73 der Beträge vom Kapitalanteil zu verstehen. Eine derartige Wortinterpretation kann stets gewährleisten, dass in allen Fällen, in denen in ihrer Werthaltigkeit unsichere Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB an einen Kommanditisten verteilt wurden, das mit § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bezweckte Ziel, eine Entnahme kritischer Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB nur mit der Folge des Wiederauflebens der Haftung zuzulassen, erreicht wird. Konkret begründen lässt sich dieses Ergebnis mit dem Umstand, dass ein „Abzug“ der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB gem. 71

Vgl. Drittes Kapitel, A., III., 1., b). In diesem Sinne ohne weitere Begründung auch IDW RS HFA 7, IDW-Fachnachrichten, 3/2012, 189, 195, Rn. 38; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, § 172 Rn. 22. 73 Diese Begrifflichkeit wird ohne weitere Begründung erwähnt von Zwirner/Froschhammer, StuB 2012, 139, 141. 72

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

275

§ 172 Abs. 4 S. 3 HGB auch dann möglich ist, wenn ein solcher Wert auf ein Konto gebucht wurde, das nicht Teil des Kapitalanteils ist. Besteht beispielsweise ein festes Kapitalkonto, auf das die Haftsumme geleistet wurde und ist vereinbart, dass alle Gewinne unmittelbar an die Kommanditisten ausgezahlt werden, führt die vorstehend aufgezeigte Interpretation der Begrifflichkeit „nicht zu berücksichtigen“ im Sinne eines „Abzugs“ dazu, dass bei der Berechnung des Kapitalanteils nach § 172 Abs. 4 S. 2 HGB die Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB gem. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB von dem Kapitalanteil abzuziehen sind. Wurden folglich Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB an die Kommanditisten verteilt, hat dies ein Wiederaufleben der Haftung gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB zur Folge, da der Wert des Kapitalanteils abzüglich der in ihrer Werthaltigkeit unsicheren Beträge geringer ist als die Haftsumme. Gleiches gilt in Fällen, in denen ein festes Kapitalkonto in Höhe der Haftsumme besteht und Gewinne auf ein Gewinnoder Rücklagenkonto mit Fremdkapitalcharakter verbucht wurden. Auch hier folgt aus der dargestellten Wortinterpretation im Sinne eines Abzugs, dass ein Wiederaufleben der Haftung im Zeitpunkt der Verbuchung von Beträgen im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB auf die Fremdkapitalkonten unmittelbar möglich ist, da durch einen Abzug der kritischen Beträge der Kapitalanteil i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB geringer wird als die Haftsumme. Das Wiederaufleben der Haftung erscheint hier auch gerechtfertigt, da die Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB jederzeit vom jeweiligen Fremdkapitalkonto entnommen werden können. Zudem führt ein „Abzug“ der kritischen Beträge auch in Fällen zu sachgerechten Ergebnissen, bei denen lediglich ein variables Kapitalkonto besteht, auf das alle Gewinne verbucht werden, oder bei denen Gewinne einem separaten Konto zugeführt werden, das rechtlich als Beteiligungskonto, und nicht als Fremdkapitalkonto, ausgestaltet ist. In diesen Fällen erhöhen die Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB zwar zunächst den Kapitalanteil nach § 172 Abs. 4 S. 2 HGB. Ein „Abzug“ dieser Werte gleicht diese Wirkung allerdings wieder aus, sodass es im Fall von Entnahmen zum Wiederaufleben der Haftung kommen würde. Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass eine dem natürlichen Sprachverständnis entsprechende Interpretation der Begrifflichkeit „nicht zu berücksichtigen“ im Sinne von „nicht anzusetzen“ oder „außer Acht zu lassen“ zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann. Der Zweck des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB, Entnahmen von in ihrer Werthaltigkeit kritischen Gewinnen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB nur mit der Folge eines etwaigen Wiederauflebens der persönlichen Haftung zuzulassen, kann nicht in allen erdenklichen Konstellationen gewährleistet werden. Etwas anderes gilt jedoch, sofern man die Begrifflichkeit „nicht zu berücksichtigen“ auf Grund einer systematischen Auslegung der Vorschrift im Sinne von „in Abzug zu bringen“ versteht. Auf diese Weise können die in ihrer Werthaltigkeit unsicheren Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung stets in einer den Kapitalanteil verringernden Weise angesetzt werden und es wird sichergestellt, dass eine etwaige Entnahme dieser Beträge auch tatsächlich zu einem Wiederaufleben der Haftung führt. Unabhängig von der konkreten gesellschaftsrechtlichen Ausgestal-

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

tung der einzelnen Gesellschafterkonten sind demnach Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB immer bei der Berechnung des Kapitalanteils nach § 172 Abs. 4 S. 2 HGB in Abzug zu bringen. Der Wert, der sich aus dem gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB ermittelten Kapitalanteil abzüglich der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ ergibt, stellt den im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung maßgeblichen „modifizierten Kapitalanteil“ dar.

IV. Vergleich der geleisteten Einlage mit dem modifizierten Kapitalanteil Die vorgemachten Ausführungen haben gezeigt, welche Werte im Rahmen der Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten maßgebend sind und wie diese Werte ermittelt werden müssen. Zur endgültigen Beantwortung der Frage, ob die persönliche Haftung des Kommanditisten wieder aufgelebt ist und in welcher Höhe der Kommanditist gegebenenfalls wieder persönlich haftet, bedarf es eines abschließenden Vergleichs des Wertes des modifizierten Kapitalanteils mit der geleisteten Einlage (Haftsumme). Maßgeblich für diesen Vergleich ist der Zeitpunkt nach Entnahme etwaiger Gewinne. Führt ein derartiger Vergleich zu dem Ergebnis, dass der modifizierte Kapitalanteil größer ist als die geleistete Einlage oder dieser zumindest genau entspricht, ist ein Wiederaufleben der Haftung von vornherein auszuschließen. Ist der Betrag des modifizierten Kapitalanteils allerdings geringer als die geleistete Einlage, lebt die persönliche Haftung des Kommanditisten wieder auf. Nach dem durchgeführten Vergleich von modifiziertem Kapitalanteil mit der geleisteten Einlage steht fest, ob der Kommanditist wieder persönlich haftet oder nicht. Noch nicht geklärt ist, in welcher Höhe eine persönliche Inanspruchnahme in Betracht kommt. Dafür bedarf es einer abschließenden Vergleichsrechnung, bei der entscheidend darauf abgestellt werden muss, ob der Kapitalanteil bereits vor Entnahme unter der geleisteten Einlage lag (§ 172 Abs. 4 S. 2 Fall 1 HGB) oder aber erst durch die Gewinnentnahme unter diesen Betrag herabgemindert wurde (§ 172 Abs. 4 S. 2 Fall 2 HGB). War der Kapitalanteil bereits vor der Entnahme auf Grund von Verlusten unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert, haftet der Kommanditist nur in Höhe des Entnahmebetrages. Für die zusätzlichen Verluste lebt die Haftung nicht wieder auf. War die Hafteinlage allerdings vor Entnahme voll gedeckt, haftet der Kommanditist in Höhe der nunmehr bestehenden Differenz aus geleisteter Einlage und modifiziertem Kapitalanteil. Wiederaufleben der Haftung Modifizierter KA Š geleisteter Einlage

Modifizierter KA < geleisteter Einlage

Keine Haftung

Haftung

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

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Persönlicher Haftungsbetrag Modifizierter KA + Entnahmebetrag < geleisteter Einlage

Modifizierter KA + Entnahmebetrag Š geleisteter Einlage

Haftungsbetrag: Entnahmebetrag (maximal geleistete Einnahme)

Haftungsbetrag: geleistete Einlage – modifiziertem KA

V. Verwendung der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB Die Darstellung der Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages von Kommanditisten ist unter der Voraussetzung erfolgt, dass Gewinne tatsächlich entnommen wurden. Ohne die Entnahme von Gewinnanteilen kann es von vornherein nicht zu einem Wiederaufleben der Haftung gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB kommen.74 Noch nicht abschließend geklärt wurde, wie im Fall geplanter Gewinnentnahmen und gleichzeitigem Vorliegen von unsicheren Beträgen im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB sichergestellt werden kann, dass ein Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten auf Grund der Entnahme dieser Beträge nicht eintritt. Ein Ausschluss des Wiederauflebens der Haftung trotz Gewinnentnahme dürfte regelmäßig eines der Hauptanliegen der Kommanditisten sein, da sie durch die Leistung ihrer Hafteinlage die persönliche Haftung ausschließen und nicht durch zu hohe Gewinnentnahmen wieder in die persönliche Haftung gelangen wollen. Eine denkbare Möglichkeit zwecks Ausschlusses des Wiederauflebens der Haftung wäre die Bildung einer gesamthänderischen Rücklage entsprechend der Altregelung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. Auf diese Weise könnte gewährleistet werden, dass ausreichend freie Mittel in der Gesellschaft vorhanden sind, um etwaige spätere Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzwerte ausgleichen zu können. Die Gläubiger wären auf Grund des Bestehens gesamthänderischer Rücklagen hinreichend geschützt. Wie aber bereits die Ausführungen im Rahmen der Bestimmung des in § 172 Abs. 4 S. 3 HGB zu findenden Begriffes „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ gezeigt haben75, spricht nicht nur die ersatzlose Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. und der damit verbundene gesetzgeberische Wille gegen die Bildung einer solchen Rücklage. Vielmehr kann eine gesamthänderische Rücklage das Wiederaufleben der Haftung auch nicht ausschließen, da derartige Rücklagen bei der Berechnung des Kapitalanteils gem. § 172 Abs. 4 S. 2 und S. 3 HGB außer Acht bleiben müssen.76 Betrachtet man allerdings die dargestellte Ermittlungssystematik hinsichtlich des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten, wird deutlich, mithilfe wel74 75 76

Vgl. Drittes Kapitel, A., I. Siehe Drittes Kapitel, A., III., 2., a). Siehe Drittes Kapitel, A., III., 2., a).

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

chen Vorgangs der Einfluss von Beträgen im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB auf das Wiederaufleben der Haftung ausgeschlossen werden kann. Die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages resp. konkret die Bedeutung der Begrifflichkeit „nicht zu berücksichtigen“ hat gezeigt, dass Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB stets vom Kapitalanteil nach § 172 Abs. 4 S. 2 HGB abzuziehen sind.77 Auswirkungen auf das Wiederaufleben der Haftung hat dieser Abzug allerdings nur, sofern die Beträge nicht zuvor den Kapitalanteil erhöht haben. Ist dies der Fall und haben die Beträge den Kapitalanteil tatsächlich nicht erhöht, ist ein etwaiges Wiederaufleben der Haftung auch gerechtfertigt, da das gleichzeitig bedeutet, dass die Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB entnommen wurden. Sind die kritischen Beträge allerdings auf ein Eigenkapitalkonto verteilt worden und haben sie auf diese Weise den Kapitalanteil i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB erhöht, kommt dem Abzug der Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB eine rein neutrale Wirkung zu. Das Wiederaufleben der Haftung resp. der Vergleich von Kapitalanteil und geleistetere Einlage (Haftsumme) bleibt in diesem Fall unberührt von den Beträgen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB. Für die Frage nach dem Ausschluss der persönlichen Haftung hat das zur Konsequenz, dass die Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB stets auf ein Eigenkapitalkonto des Kommanditisten gebucht werden sollten.78 Auf diese Weise wird zunächst der Kapitalanteil erhöht und einem Abzug der kritischen Beträge kommt im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung neutrale Wirkung zu. Das Wiederaufleben der Haftung resp. etwaig geplante Gewinnentnahmen können unbeeinflusst von diesen Werten beurteilt werden. Auf welches konkrete Eigenkapitalkonto die Verbuchung erfolgt, ist, anders als bei Kapitalgesellschaften79, nicht relevant.80 Bei Kapitalgesellschaften bestehen Unterschiede hinsichtlich der Auflösung der Rücklagen im Fall der tatsächlichen Realisierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzwerte in Abhängigkeit davon, ob die Beträge als Gewinn vorgetragen oder in die Gewinnrücklagen eingestellt wurden.81 Diese Unterschiede bestehen bei Kommanditgesellschaften nicht, da einem Kommanditisten gem. § 169 Abs. 1 HGB nur ein gewinnabhängiges Entnahmerecht zusteht und es hinsichtlich der Entnahme von Eigenkapitalkonten stets einer gesellschaftsvertraglichen Regelung bedarf. Es macht daher keinen Unterschied, ob die Beträge beispielsweise auf ein festes Kapitalkonto, ein zusätzliches Kapitalkonto mit Beteiligungsqualität oder auf ein Rücklagenkonto mit Eigenkapitalqualität verbucht werden. Ergänzend zu dem zuvor dargestellten Buchungsort zwecks Neutralisierung der Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung ist noch darauf hinzuweisen, dass § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Kapitalge77

Siehe Drittes Kapitel, A., III., 2., b). In diesem Sinne auch Hennrichs, Status:Recht 2009, 127, 130. 79 Vgl. Zweites Kapitel, A., IV. 80 A.A. wohl Hennrichs, Status:Recht 2009, 127, 130, der „[…] eine gesonderte Verbuchung (z. B. auf ein „Sperrkonto“) […]“ fordert. 81 Vgl. Zweites Kapitel, A., IV. 78

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

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sellschaften & Co. auch Einfluss auf einen etwaigen Forderungsausweis in der Bilanz gem. § 264c Abs. 2 S. 7 HS. 2 HGB haben kann. Gemäß dieser Vorschrift darf in der Bilanz eine Forderung gegen einen Kommanditisten ausgewiesen werden, wenn er „[…] Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird“. Dies gilt gem. § 264c Abs. 2 S. 7 HS. 1 HGB jedoch nur, wenn auch tatsächlich „[…] eine Einzahlungsverpflichtung besteht […]“. Kommt es folglich bei einer Kommanditgesellschaft & Co. auf Grund von Gewinnentnahmen zu einem Wiederaufleben der Haftung gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB und ist für diesen Fall gesellschaftsvertraglich geregelt, dass der betroffene Kommanditist einen entsprechenden Betrag an die Gesellschaft leisten muss, kann eine Forderung in der Bilanz ausgewiesen werden. Ohne gesellschaftsvertragliche Regelung ist dies nach hier vertretener Ansicht nicht möglich, da ein Wiederaufleben der Haftung nicht automatisch zu Ansprüchen der Gesellschaft führt, sondern lediglich den Gläubigern die Möglichkeit eröffnet, gegen die Kommanditisten persönlich vorzugehen.82 § 264c Abs. 2 S. 7 HS. 2 HGB gibt nur den Wortlaut des § 172 Abs. 4 S. 2 HGB wieder. Eine Bezugnahme auf § 172 Abs. 4 S. 3 HGB erfolgt nicht, sodass in Erwägung gezogen werden könnte, dass diese Vorschrift im Rahmen des Forderungsausweises gem. § 264c Abs. 2 S. 7 HS. 2 HGB außer Acht zu lassen ist. Beachtet werden muss jedoch, dass § 264c Abs. 2 S. 7 HS. 2 HGB lediglich eine Ausweisvorschrift hinsichtlich einer etwaigen Forderung im Zusammenhang mit dem Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten darstellt. Ob dem Grunde nach überhaupt eine Forderung besteht, wie diese zu berechnen ist und welcher Wert ihr zukommt, wird dahingegen ausschließlich durch § 172 Abs. 4 S. 2 i.V.m. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bestimmt. Durch § 264c Abs. 2 S. 7 HS. 2 HGB wird nur verdeutlicht, dass eine auf Grund des Wiederauflebens der Haftung eines Kommanditisten entstandene Forderung in der Bilanz ausgewiesen werden darf.83 Dass § 264c Abs. 2 S. 7 HS. 2 HGB die neue Vorschrift des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB nicht explizit erwähnt, schließt somit nicht aus, dass die auszuweisende Forderung auf Grund eines Wiederauflebens der Haftung unter Berücksichtigung des § 172 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB entstanden ist. Im Gegenteil: eine explizite Bezugnahme auf § 172 Abs. 4 S. 3 HGB in § 264c Abs. 2 S. 7 HS. 2 HGB wäre nach hier vertretener Ansicht sogar systematisch falsch, da letztgenannte Vorschrift eine bloße Ausweisvorschrift darstellt, maßgebend für die materiellen 82 So auch ADS, § 264c HGB, Rn. 21; Baetge/Kirsch/Thiele/Thiele/Sickmann, Bilanzrecht, § 264c HGB, Rn. 53; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Weller, HGB, § 264c Rn. 17; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 260; Kusterer/ Kirnberger/Fleischmann, DStR 2000, 606, 609; a.A. wohl MüKo/Reiner, HGB, §§ 264a – c Rn. 25. 83 So wohl auch Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Weller, HGB, § 264c Rn. 17 und zu § 264c Abs. 2 S. 7 HS. 1 Baetge/Kirsch/Thiele/Thiele/Sickmann, Bilanzrecht, § 264c HGB, Rn. 52.

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

Voraussetzungen des Wiederauflebens der Haftung resp. einer entsprechenden Forderung aber ausschließlich § 172 Abs. 4 HGB ist.84 Dementsprechend bleibt festzuhalten, dass § 264c Abs. 2 S. 7 HS. 2 HGB zwar nur Bezug nimmt auf § 172 Abs. 4 S. 2 HGB. Eine im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung auf Grund der Berücksichtigung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB entstandene Forderung aber gleichwohl in der Bilanz auszuweisen ist.

VI. Zusammenfassung Die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung auf Grund von Gewinnentnahmen erfordert unter Berücksichtigung des auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmenden § 172 Abs. 4 S. 3 HGB mehrere Berechnungsschritte. Zunächst hat nach allgemeinen Kriterien die Feststellung zu erfolgen, ob und in welcher Höhe eine Entnahme von Gewinnanteilen vorliegt. Auf Grund unterschiedlichster Konstellationen kann eine solche Entnahme nicht nach einem einheitlichen Schema bestimmt werden, sondern es bedarf stets einer Beurteilung im Einzelfall. Daran anschließend ist die geleistete Einlage i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB, sprich die im Handelsregister eingetragene Haftsumme, zu ermitteln. Diese beiden ersten Berechnungsschritte werfen keine speziellen Fragestellungen auf und erfolgen unabhängig von § 172 Abs. 4 S. 3 HGB. Den konkreten Werten der Gewinnentnahme resp. der Haftsumme kommt entscheidende Bedeutung im Rahmen des abschließenden Vergleichs mit dem Kapitalanteil des Kommanditisten zu. Bevor es zu diesem Vergleich kommen kann, muss zunächst in einem dritten Ermittlungsschritt der Kapitalanteil des Kommanditisten berechnet werden, was wiederum ein zweistufiges Vorgehen erfordert. Zunächst bedarf es der von § 172 Abs. 4 S. 3 HGB unbeeinflussten Feststellung der konkreten Höhe des Kapitalanteils gem. § 172 Abs. 4 S. 2 HGB. Dazu muss in aller Regel eine umfassende Berechnung vorgenommen werden, da die einzelnen Kapitalanteile zumeist nicht unmittelbar aus der Bilanz ersichtlich sind. Diese Berechnung kann allerdings nicht einem einheitlichen Schema entsprechend erfolgen, sondern auf Grund der vielfältigen gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltungsmöglichkeiten der Gesellschafterkonten ist stets eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. Lösungsbedürftige Problematiken unter besonderer Berücksichtigung des § 268 Abs. 8 HGB und der davon erfassten Aktivwerte gehen mit der Ermittlung des jeweiligen Kapitalanteils allerdings ebenfalls nicht einher. Im zweiten Schritt der Bestimmung des Kapitalanteils des Kommanditisten ist der ermittelte Wert gem. § 172 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB zu modifizieren. 84 A.A. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 90, die eine „unbeabsichtigte Regelungslücke“ annehmen.

A. Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages

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Nach dem Wortlaut des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB sind dazu „bei der Berechnung des Kapitalanteils nach [§ 172 Abs. 4] Satz 2 [HGB] […] Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 [HGB] nicht zu berücksichtigen“. Die Darstellung der Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages hat gezeigt, dass eine strenge Anwendung der Vorschrift ihrem Wortlaut entsprechend zu klärungsbedürftigen Anwendungsfragen führt, die im Ergebnis jedoch anhand einer am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten Auslegung gelöst werden können. Konkret ergibt sich zunächst die Problematik, ob unter den Begriff „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ ausschließlich die in ihrer Werthaltigkeit kritischen und bei Kapitalgesellschaften vor einer Ausschüttung gesperrten Beträge oder auch gesamthänderische Rücklagen resp. ein Gewinnvortrag zu fassen sind. Zwar sprechen bei dieser Frage sowohl die Zweckvereinbarkeit einer Einbeziehung und vor allen Dingen praktische Erwägungen für eine Berücksichtigung dieser freien Eigenkapitalbestandteile, doch folgt aus den Aussagen in der Regierungsbegründung zum BilMoG, dem weiteren Wortlaut von § 172 Abs. 4 S. 2 u. S. 3 HGB, der auf die einzelnen Kapitalanteile abstellt, und der ersatzlosen Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F., dass von der Begrifflichkeit ausschließlich die in ihrer Werthaltigkeit unsicheren Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB erfasst sind. Die tatsächliche Berechnung des Gesamtwertes der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB ist ohne größere Unklarheiten möglich. Lediglich im Zusammenhang mit der Berücksichtigung latenter Steuern muss auf Grund der Unklarheiten hinsichtlich der Anwendung des § 274 HGB resp. des § 249 Abs. 1 HGB bei Kommanditgesellschaften mit natürlichen Personen als Vollhafter im jeweiligen Einzelfall zunächst geprüft werden, ob passive latente Steuern gebildet wurden resp. ein Überhang aktiver latenter Steuern in der Bilanz ausgewiesen ist. Sollte dies der Fall sein, sind bei der Ermittlung der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB passive latente Steuern in Abzug zu bringen resp. ein Aktivüberhang latenter Steuern anzusetzen. Wurde allerdings von einer Anwendung des § 274 HGB resp. des § 249 Abs. 1 HGB gänzlich abgesehen, muss ein entsprechender Ansatz unterbleiben. Komplizierter ist dahingegen die Bestimmung der Begrifflichkeit „nicht zu berücksichtigen“. Nach dem Wortlaut der Norm und den Ausführungen in der Regierungsbegründung ist dieser Begriff im Sinne eines „außer Acht lassen“ zu verstehen. Dieses Verständnis führt allerdings in Konstellationen zu unsachgemäßen Ergebnissen, bei denen die Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB nicht zuvor den Kapitalanteil erhöht haben. Ein Wiederaufleben der Haftung kann dann trotz Entnahme dieser Beträge ausgeschlossen sein. Dieses unbefriedigende Ergebnis lässt sich jedoch vermeiden, wenn man die Begrifflichkeit im Sinne eines „Abzugs“ versteht, da dann in allen erdenklichen Konstellationen eine Verminderung des Kapitalanteils um die kritischen Beträge erfolgen kann. Ein Wiederaufleben der Haftung ist auf diese Weise stets die Folge einer Entnahme. Die letzten Berechnungsschritte zur Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten sind ein Vergleich der geleisteten Einlage resp. der Haftsumme mit dem modifizierten Kapitalanteil und ein Vergleich der Summe aus

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

modifiziertem Kapitalanteil und Entnahmebetrag mit der geleisteten Einlage. Diese Vergleiche machen deutlich, inwieweit die persönliche Haftung wieder aufgelebt ist und auf welchen konkreten Betrag sich die wiederaufgelebte Haftung des Kommanditisten beläuft. Kritische Anwendungsfragen gehen mit diesen Vergleichen allerdings nicht einher. Die Anwendung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB führt zu sachgemäßen Ergebnissen und der von der Vorschrift verfolgte Zweck, aus gläubigerschützenden Gesichtspunkten eine Entnahme kritischer Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB mit einem Wiederaufleben der persönlichen Haftung zu sanktionieren, kann ausnahmslos erreicht werden. Zur Sicherstellung dieses Ergebnisses bedarf es allerdings einer über den Wortlaut hinausgehenden und an Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten Auslegung. Nur so können die insbesondere mit den Begriffen „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ und „nicht zu berücksichtigen“ verbundenen Anwendungsproblematiken gelöst werden. Um diese Ungenauigkeiten des Wortlautes und den damit einhergehenden Folgeproblemen entgegenzuwirken und eine eindeutige Anwendungssicherheit zu erreichen, sollte nach hier vertretener Ansicht eine Änderung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB durch den Gesetzgeber in folgender Form in Erwägung gezogen werden: § 172 Abs. 4 HGB-Entwurf: „Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. 2Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. 3Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind die in ihrer Werthaltigkeit unsicheren Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 abzuziehen.“

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 und § 264c Abs. 2 S. 9 HGB Neben den Auswirkungen der §§ 172 Abs. 4 S. 3, 268 Abs. 8 HGB auf das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten resp. die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages ist im Zusammenhang mit diesen Vorschriften zu untersuchen, ob und gegebenenfalls welche Konsequenzen die Regelungen für die im Anhang von Kapitalgesellschaften & Co. darzustellenden Angaben haben.85 Eine 85

Die folgenden Ausführungen besitzen nur Relevanz für Personenhandelsgesellschaften, an denen ausschließlich Kapitalgesellschaften als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt sind. Dies folgt daraus, dass die Anhangvorschriften der §§ 284 ff. HGB, und damit auch § 285 Nr. 28 HGB, ausschließlich von Kapitalgesellschaften und Kapitalgesellschaften & Co. i.S.d. § 264a HGB berücksichtigt werden müssen (vgl. statt vieler nur Beck’scherBilKo/Ellrott, § 284 HGB, Rn. 1 und MüKo/Poelzig, HGB, § 284 Rn. 4 ff.). Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als Vollhafter müssen keinen Anhang erstellen (siehe nur Beck’scherBilKo/Ellrott, § 284 HGB, Rn. 3; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Müller/Varmaz, HGB,

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 und § 264c Abs. 2 S. 9 HGB

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erste Annahme spricht gegen die Anwendung der ausschließlich auf § 268 Abs. 8 HGB, und nicht auf § 172 Abs. 4 S. 3 HGB Bezug nehmenden Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co., da bereits im ersten Kapitel dieser Arbeit festgestellt wurde, dass § 268 Abs. 8 HGB weder unmittelbar noch analog von Personenhandelsgesellschaften anzuwenden ist.86 Haben Kapitalgesellschaften & Co. § 268 Abs. 8 HGB nicht anzuwenden, fehlt von vornherein der Anknüpfungspunkt des § 285 Nr. 28 HGB. Übersehen werden darf allerdings auch nicht, dass Kapitalgesellschaften & Co. trotz Anwendungsausschlusses des § 268 Abs. 8 HGB die von dieser Vorschrift umfassten und in ihrer Werthaltigkeit kritischen Bilanzwerte ausweisen können. Die Möglichkeit der Bilanzierung dieser Werte führt zu der Frage, ob sich zumindest aus diesem Bilanzausweis eine weitergehende Anhangangabepflicht ableiten lässt. Denn wenn die Gläubiger von Kapitalgesellschaften & Co. schon nicht hinsichtlich einer Ausschüttungs- resp. Entnahmesperre bezüglich unsicherer Gewinne schutzwürdig sind resp. eine derartige Sperre nicht systemkonform umsetzbar wäre87, ist zumindest vorstellbar, dass wenigstens ein Bedürfnis der Gläubiger nach einer ausdrücklichen Information hinsichtlich der Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB besteht. Konkret ist daher zu untersuchen, ob der auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmende § 285 Nr. 28 HGB auch bei Kapitalgesellschaften & Co. Anwendung finden muss oder ob von einer solchen Anwendung abzusehen ist. Zusätzlich zu den gem. § 285 Nr. 28 HGB im Anhang vorzunehmenden Angaben ist zu beachten, dass ein Wiederaufleben der Haftung auch Einfluss auf die spezielle Anhangvorschrift des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB haben kann. Konkret ergibt sich aus dieser Sondervorschrift, dass „im Anhang […] der Betrag der im Handelsregister gemäß § 172 Abs. 1 [HGB] eingetragenen Einlagen anzugeben [ist], soweit diese nicht geleistet sind“. Die Berücksichtigung des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB im Zusammenhang mit § 172 Abs. 4 S. 3 HGB ist darauf zurückzuführen, dass im Fall des Wiederauflebens der Haftung eine Einlage gem. § 172 Abs. 4 S. 2 i.V.m. S. 1 HGB als nicht geleistet gilt und dies einen die Anwendung des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB auslösenden Umstand darstellt.88 Das hat zur Folge, dass neben der Anwendung des § 285 Nr. 28 HGB auch zu prüfen ist, welche Auswirkungen § 172 Abs. 4 S. 3 resp. § 284 Rn. 2; MüKo/Poelzig, HGB, § 284 Rn. 4; Staub/Hüttemann, HGB, § 284 Rn. 6). Gleiches gilt für den von Kommanditgesellschaften anzuwendenden § 264c Abs. 2 S. 9 HGB, der eine den Anhang modifizierende Vorschrift darstellt und dementsprechend ebenfalls nur von Gesellschaften anzuwenden ist, an denen ausschließlich Kapitalgesellschaften als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt sind. 86 Vgl. Erstes Kapitel, A., II. und III. 87 Vgl. Erstes Kapitel, A., II. und III. 88 Ausdrücklich zur Anwendung des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung auch Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 264c HGB, Rn. 61; Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller/Weller, HGB, § 264c Rn. 20; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 264c HGB, Rn. 44; IDW RS HFA 7, IDW-Fachnachrichten, 3/ 2012, 189, 194, Rn. 35 ff.; Küting/Pfitzer/Weber/Ischebeck/Nissen-Schmidt, HdR-E, § 264c HGB, Rn. 19; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 351.

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

§ 268 Abs. 8 HGB auf die spezielle Anhangvorschrift des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB haben.

I. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 HGB Die auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmende Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB ist im Ersten Unterabschnitt des Zweiten Abschnittes des Dritten Buches des HGB verortet und damit von den gem. § 264a Abs. 1 HGB erfassten und von Kapitalgesellschaften & Co. anzuwendenden Rechnungslegungsnormen erfasst. Die systematische Stellung des § 285 Nr. 28 HGB spricht dem ersten Anschein nach für eine Anwendung der Vorschrift auf Kapitalgesellschaften & Co.89 Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Kapitalgesellschaften & Co. sowohl selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens aktivieren, Planvermögen zum beizulegenden Zeitwert bewerten als auch über einen Aktivüberhang latenter Steuern verfügen können. Diese Bilanzierungsmöglichkeiten stehen Kapitalgesellschaften & Co. unabhängig von § 268 Abs. 8 HGB und einer, weder unmittelbar noch mittelbar anzuwendenden, Ausschüttungs- resp. Entnahmesperre zu.90 Den vorgenannten Bilanzwerten kann allerdings ein objektiver Wert nur sehr schwer beigemessen werden und sie sind in ihrer Werthaltigkeit als unsicher zu bezeichnen.91 Auch wenn Gläubiger nicht vor Entnahmen unsicherer Gewinne geschützt sind, kann ihnen zumindest hinsichtlich dieser Werthaltigkeitsproblematik und der daraus resultierenden unsicheren Bilanzwerte ein Informationsinteresse ohne Weiteres zugesprochen werden92, da die Durchsetzbarkeit der ihnen gegen die Gesellschaft zustehenden Ansprüche in aller Regel mitabhängig ist von der tatsächlichen Werthaltigkeit des Gesellschaftsvermögens. Das Informationsinteresse kann, zumindest teilweise, durch die Anhangangaben i.S.d. § 285 Nr. 28 HGB befriedigt werden, sodass eine Anwendung der Anhangvorschrift unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheint. Zusätzlich zu der Systematik des Gesetzes und den Gläubigerinteressen hinsichtlich der Werthaltigkeit wird für die Anwendung des § 285 Nr. 28 HGB bei Kapitalgesellschaften & Co. vereinzelt in der Literatur angeführt, dass „[…] Dritte nur aufgrund solcher Informationen erkennen [können], ob ein Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 Satz 2 und 3 HGB in Betracht kommt“.93 Es sei „[…] daher davon auszugehen, dass die Angabepflicht aus § 285 Nr. 28 HGB 89 So wohl auch BonnerHR/Kirsch, § 268 HGB (BilMoG), Rn. 49; SystematischerPK/ Lentz, § 285 HGB, Rn. 264. 90 Vgl. Drittes Kapitel, A., 2., a), aa), (1) bis (3). 91 Vgl. Einführung, B., II., 3., 4. und Erstes Kapitel, B. 92 So auch ohne weitere Begründung Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 96. 93 Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 96.

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 und § 264c Abs. 2 S. 9 HGB

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auch bei Personenhandelsgesellschaften besteht“.94 Die Anwendung des § 285 Nr. 28 HGB wird demnach mit dem Bedürfnis nach Erkennbarkeit des Wiederauflebens der Haftung eines Kommanditisten begründet. Die besseren Argumente sprechen trotz der vorstehenden Gesichtspunkte nach hier vertretener Ansicht allerdings gegen die Anwendung des § 285 Nr. 28 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. So lässt sich gegen die Anwendung des § 285 Nr. 28 HGB bereits der Wortlaut der Vorschrift anführen, wonach im Anhang „[…] der Gesamtbetrag der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB], aufgegliedert in Beträge aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, Beträge aus der Aktivierung latenter Steuern und aus der Aktivierung von Vermögensgegenständen zum beizulegenden Zeitwert […]“ anzugeben ist. § 285 Nr. 28 HGB verlangt demnach den Ausweis des (aufgegliederten) „Gesamtbetrags der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“, mithin also die Angabe des gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Betrages.95 Kapitalgesellschaften & Co. müssen § 268 Abs. 8 HGB aber weder unmittelbar noch analog anwenden, sodass sie über keine ausschüttungs- resp. entnahmegesperrten Beträge verfügen. Auch aus der Anwendung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB resultieren keine ausschüttungs- resp. entnahmegesperrten Beträge, da die Anwendung dieser Spezialvorschrift lediglich zu einem Wiederaufleben der Haftung der Kommanditisten führen kann.96 Verfügen Kapitalgesellschaften & Co. aber nicht über ausschüttungs- resp. entnahmegesperrte Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB, mangelt es von vornherein an dem konkreten Bezugspunkt des § 285 Nr. 28 HGB. Das Nichtvorliegen eines ausschüttungs- resp. entnahmegesperrten Betrages spricht somit gegen die Anwendung des § 285 Nr. 28 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. Darüber hinaus spricht auch der mit § 285 Nr. 28 HGB verfolgte Zweck gegen die Anwendung der Angabevorschrift auf Kapitalgesellschaften & Co. Durch die Einführung der expliziten Angabepflicht des § 285 Nr. 28 HGB sollte den Abschlussadressaten ermöglicht werden, „[…] nachzuvollziehen, ob die Ausschüttungssperre beachtet worden ist“.97 Konkret sollte transparent werden, „[…] in welchem Umfang im Jahresergebnis Erträge [Beträge] enthalten sind, die nicht ausgeschüttet werden können, soweit nicht in zumindest derselben Höhe jederzeit auflösbare Gewinnrücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags im Unternehmen vorhanden sind“.98 Die Gläubiger einer Gesellschaft sollen demnach ausschließlich anhand der Angaben im Anhang feststellen können, ob eine Aus-

94 Siehe Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 96. 95 Vgl. dazu Zweites Kapitel, B. 96 Vgl. Einführung, C., II., 1. 97 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 64. 98 RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 75.

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

schüttung des Gewinnes rechtmäßig war oder ob gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB verstoßen wurde.99 Dieser mit § 285 Nr. 28 HGB verfolgte Zweck kann bei Kapitalgesellschaften & Co. nicht erreicht werden. Dies ist wiederum darauf zurückzuführen, dass es bei Kapitalgesellschaften & Co. weder eine Ausschüttungs- noch eine Entnahmesperre gibt und eine Überprüfung der Einhaltung einer derartigen Sperre somit ins Leere läuft. Mangels Ausschüttungs- resp. Entnahmesperre besteht folglich kein Raum für eine derartige Prüfung. Der Zweck des § 285 Nr. 28 HGB kann bei Kapitalgesellschaften & Co. nicht erfüllt werden, was offensichtlich gegen die Anwendung der Vorschrift spricht. Ebensowenig greift das vereinzelt in der Literatur zu findende Argument, dass Gläubiger nur mittels einer Angabepflicht gem. § 285 Nr. 28 HGB erkennen könnten, „ob ein Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 Satz 2 und 3 HGB in Betracht kommt“.100 Bei dieser Annahme wird verkannt, dass Gläubiger von Kapitalgesellschaften & Co. hinsichtlich des Wiederauflebens der Haftung eines Kommanditisten bereits ausreichend über die gem. § 264c Abs. 2 S. 9 HGB im Anhang resp. die gem. § 272 Abs. 1 S. 3 HGB analog in der Bilanz auszuweisenden Angaben informiert werden.101 Auch aus den entsprechend dieser Vorschriften anzugebenden Informationen ist ein Rückschluss auf ein Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten möglich. Einer zusätzlichen Angabe gem. § 285 Nr. 28 HGB bedarf es dazu nicht. Mithin sprechen auch die bereits bestehenden Angabevorschriften des § 264c Abs. 2 S. 9 resp. des § 272 Abs. 1 S. 3 HGB analog gegen eine Anwendung des § 285 Nr. 28 HGB auf Kapitalgesellschaften & Co. Die auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmende Vorschrift ist von Kapitalgesellschaften & Co. nicht anzuwenden.102

II. Anhangangaben gem. § 264c Abs. 2 S. 9 HGB Kapitalgesellschaften & Co. müssen die auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmende Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB nicht anwenden. Für diese Einschätzung spricht insbesondere der Zweck der Norm als auch das fehlende Bedürfnis nach einer Anwendung. Die Nichtberücksichtigung der Vorschrift führt allerdings auch nicht dazu, dass § 172 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB keinerlei Konsequenzen für 99

Siehe dazu bereits Zweites Kapitel, B., II. Vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 96. 101 Einzelheiten hinsichtlich dieser Angabepflichten sogleich unter Drittes Kapitel, B., II. 102 Im Ergebnis ebenso Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 285 HGB, Rn. 460; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 210, 259; Küting/ Pfitzer/Weber/Oser/Holzwarth, HdR-E, §§ 284 – 288 HGB, Rn. 545; MüKoBilanzrecht/Kessler, § 285 HGB, Rn. 276; MüKo/Poelzig, HGB, § 285 Rn. 457; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 869. 100

B. Anhangangaben gem. § 285 Nr. 28 und § 264c Abs. 2 S. 9 HGB

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den Anhang von Kapitalgesellschaften & Co hat. Vielmehr ist zu beachten, dass sich aus der Anwendung dieser Vorschriften ergeben kann, dass die Einlage des Kommanditisten gem. § 172 Abs. 4 S. 2 i.V.m. S. 1 HGB als nicht geleistet gilt und ein Wiederaufleben der persönlichen Haftung eines Kommanditisten anzunehmen ist. Dies wiederum stellt einen die Anwendung der speziellen Anhangvorschrift des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB auslösenden Umstand dar, sodass zumindest über diese Sondervorschrift Anhangangaben im Rahmen der Anwendung des § 172 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB möglich sind. Gemäß § 264c Abs. 2 S. 9 HGB ist von einer Kapitalgesellschaft & Co. „im Anhang […] der Betrag der im Handelsregister gemäß § 172 Abs. 1 [HGB] eingetragenen Einlagen anzugeben, soweit diese nicht geleistet sind.“ Umstritten ist im Rahmen des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB, worauf sich die Angabepflicht konkret bezieht. Nach herrschender Meinung103 der Literatur ist im Anhang die Differenz zwischen der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme und der tatsächlich geleisteten Einlage anzugeben. Die Angabepflicht beschränke sich nicht auf den Unterschiedsbetrag zwischen Haftsumme und übernommener Pflichteinlage, sodass Anhangangaben gem. § 264c Abs. 2 S. 9 HGB selbst dann in Betracht kommen, wenn Pflichteinlage und Haftsumme betragsmäßig übereinstimmen und noch keine Einlagen geleistet wurden.104 Für diese Sichtweise spreche nach herrschender Ansicht105 neben dem Wortlaut des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB auch der Wille des Gesetzgebers, deutlich zu machen, „inwieweit neben dem in der Bilanz ausgewiesenen Eigenkapital noch eine Haftung der Kommanditisten besteht“.106

103 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele/Thiele/Sickmann, Bilanzrecht, § 264c HGB, Rn. 62; Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 264c HGB, Rn. 60; Bertram/Brinkmann/Kessler/ Müller/Weller, HGB, § 264c Rn. 20; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 261; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 264c HGB, Rn. 44; IDW RS HFA 7, IDW-Fachnachrichten, 3/2012, 189, 195, Rn. 35; MüKoBilanzrecht/Graf/Bisle, § 264c HGB, Rn. 38 ff.; MüKo/Reiner, HGB, §§ 264a–c Rn. 24; Staub/ Hüttemann, HGB, § 264c Rn. 17. Wohl auch Zwirner/Froschhammer, StuB 2012, 139, 141. 104 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele/Thiele/Sickmann, Bilanzrecht, § 264c HGB, Rn. 62; Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 264c HGB, Rn. 60; Bertram/Brinkmann/Kessler/ Müller/Weller, HGB, § 264c Rn. 20; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 261; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 264c HGB, Rn. 44; IDW RS HFA 7, IDW-Fachnachrichten, 3/2012, 189, 195, Rn. 35; MüKoBilanzrecht/Graf/Bisle, § 264c HGB, Rn. 38 ff.; MüKo/Reiner, HGB, §§ 264a – c Rn. 24; Staub/ Hüttemann, HGB, § 264c Rn. 17. Wohl auch Zwirner/Froschhammer, StuB 2012, 139, 141. 105 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele/Thiele/Sickmann, Bilanzrecht, § 264c HGB, Rn. 62; Beck’scherBilKo/Förschle/Hoffmann, § 264c HGB, Rn. 60; Bertram/Brinkmann/Kessler/ Müller/Weller, HGB, § 264c Rn. 20; Herzig/Fuhrmann/Fuhrmann/Langseder, Handbuch latente Steuern, A. VI. Rn. 261; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 264c HGB, Rn. 44; IDW RS HFA 7, IDW-Fachnachrichten, 3/2012, 189, 195, Rn. 35; MüKoBilanzrecht/Graf/Bisle, § 264c HGB, Rn. 38 ff.; MüKo/Reiner, HGB, §§ 264a – c Rn. 24; Staub/ Hüttemann, HGB, § 264c Rn. 17. Wohl auch Zwirner/Froschhammer, StuB 2012, 139, 141. 106 RegE KapCoRiLiG, BT-Drucks. 14/1806, 20.

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

Eine (bedeutende) Minderansicht107 bezieht dahingegen die Angabepflicht des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB auf die Differenz zwischen Haftsumme und bedungener, d. h. gesellschaftsvertraglich übernommener Pflichteinlage. Nach dieser Ansicht kommen Angaben gem. § 264c Abs. 2 S. 9 HGB nur in Betracht, sofern die im Handelsregister ausgewiesene Haftsumme die Pflichteinlage übersteigt. Entspricht die Pflichteinlage allerdings der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme, sind Angaben im Anhang selbst dann nicht auszuweisen, wenn noch gar keine Einlagen geleistet wurden. Diese Ansicht stützt ihre Argumentation vornehmlich auf den Umstand, dass sich der Betrag der nicht geleisteten Pflichteinlage bereits auf Grund der Angabeverpflichtung des § 272 Abs. 1 S. 3 HGB analog aus der Bilanz ergebe und eine zusätzliche Angabe des Unterschiedsbetrages aus Haftsumme und geleisteter Einlage den Anschein eines erhöhten Haftungsbetrages erwecken könne.108 Folgt man der herrschenden Meinung, wofür insbesondere in Ansehung des Wortlautes des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB nach hier vertretener Ansicht die besseren Argumente sprechen, hat ein Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten unter Berücksichtigung von § 172 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB stets eine Anhangangabe gem. § 264c Abs. 2 S. 9 HGB zur Folge. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei einem Wiederaufleben der Haftung die geleistete Einlage unter die Haftsumme sinkt und dies dem Wortlaut des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB entsprechend im Anhang anzugeben ist. Kommt es folglich im Zusammenhang mit § 172 Abs. 4 S. 3 HGB zu einem Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten, hat dies Auswirkungen auf die Anhangangabepflichten des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB.109 Etwas anderes ergibt sich nach der zitierten Minderansicht, wonach gem. § 264c Abs. 2 S. 9 HGB im Anhang nur die Differenz aus Haftsumme und bedungener Pflichteinlage anzugeben ist. Entsprechend dieser Ansicht führt ein Wiederaufleben der Haftung unter Berücksichtigung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB nicht stets zu einer gesonderten Anhangangabe. Insbesondere in Fällen des Gleichlaufs von Haftsumme und Pflichteinlage hat ein Wiederaufleben der Haftung keinerlei Konsequenzen auf die Anhangangaben. Die Gläubiger sind in einem derartigen Fall auf die gem. § 272 Abs. 1 S. 3 HGB analog in der Bilanz auszuweisenden Angaben verwiesen. Nicht richtig ist allerdings die Annahme, dass § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei entsprechender Auslegung der Minderansicht nie die gem. § 264c Abs. 2 S. 9 HGB im Anhang aufzuführenden Angaben beeinflussen kann.110 Denn ist die im Handelsregister 107 Vgl. ADS, § 264c HGB, Rn. 17; Küting/Pfitzer/Weber/Ischebeck/Nissen-Schmidt, HdRE, § 264c HGB, Rn. 20; Theile, BB 2000, 555, 560; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 351. Vermittelnd zwischen den genannten Ansichten Graf v. Kanitz, WPg 2003, 324, 341. 108 Vgl. ADS, § 264c HGB, Rn. 17; Küting/Pfitzer/Weber/Ischebeck/Nissen-Schmidt, HdRE, § 264c HGB, Rn. 20; Theile, BB 2000, 555, 560; WP-Handbuch, Band I, F Rn. 351. Vermittelnd zwischen den genannten Ansichten Graf v. Kanitz, WPg 2003, 324, 341. 109 So ausdrücklich auch IDW RS HFA 7, IDW-Fachnachrichten, 3/2012, 189, 195, Rn. 39. 110 So aber Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, Buchst. N Rn. 97, die davon ausgehen, dass bei Auslegung des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB entsprechend der Minderansicht „[…] das Wiederaufleben der Au-

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB

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eingetragene Haftsumme größer als die vereinbarte Pflichteinlage und kommt es in Folge von Entnahmen zu einem Wiederaufleben der Haftung, sind auch nach der Minderansicht gem. § 264c Abs. 2 S. 9 HGB Anhangangaben vorzunehmen.111 Die Angaben beschränken sich in diesem Fall lediglich auf die Differenz von Haftsumme und Pflichteinlage. Eine Beeinflussung der gem. § 264c Abs. 2 S. 9 HGB auszuweisenden Anhangangaben kann folglich auch nach der Minderansicht durch ein Wiederaufleben der Haftung unter Berücksichtigung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB erfolgen. § 172 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB hat somit nicht nur Auswirkungen auf das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten resp. die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages, sondern auch, als weitere Konsequenz aus dem Wiederaufleben der Haftung, auf die spezielle Anhangvorschrift des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB.

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB I. Überblick Die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB in seiner unmittelbaren Geltung hat bei Kapitalgesellschaften nicht nur Auswirkungen auf den zulässigen Ausschüttungsbetrag und die im Anhang auszuweisenden Angaben. Vielmehr führt die Ausschüttungssperre bei Kapitalgesellschaften auch zu unterschiedlichen gesellschaftsrechtlichen Folgeproblemen.112 Aus der Anwendung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB, der das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten beeinflusst, resultieren ebenfalls gesellschaftsrechtlich einzuordnende Fragestellungen für die von der Norm betroffenen Personenhandelsgesellschaften. Ihrem Umfang nach bleiben die in diesem Zusammenhang auftretenden Unklarheiten allerdings hinter den aus § 268 Abs. 8 HGB in seiner unmittelbaren Anwendung folgenden Problematiken zurück. Keine besonderen Fragestellungen ergeben sich hinsichtlich der konkreten Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 172 Abs. 4 S. 3 HGB.113 Dies liegt in der Funktionsweise der Vorschrift begründet, wonach Entnahmen der Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB nicht verboten oder beschränkt sind, sondern nur zu einem Wiederaufleben der Haftung führen.114 Das Wiederaufleben der Haftung eines ßenhaftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB und damit auch die Neuregelung in dessen Satz 3 iVm. § 268 Abs. 8 HGB keine Auswirkung für die Anhangangabe nach § 264c Abs. 2 Satz 9 HGB“ hat. 111 Ebenso ausdrücklich WP-Handbuch, Band I, F Rn. 351. 112 Vgl. Zweites Kapitel, C. 113 Vgl. Zweites Kapitel, C., I., 1. 114 Vgl. Einführung, C., II., 1.

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

Kommanditisten ist folglich eindeutig die Rechtsfolge einer Nichtberücksichtigung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB. Ebensowenig ergeben sich bei § 172 Abs. 4 S. 3 HGB Unklarheiten im Zusammenhang mit etwaigen Rückzahlungs- resp. Schadensersatzansprüchen.115 Auch dies ergibt sich aus dem Wiederaufleben der Haftung als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 172 Abs. 4 S. 3 HGB, da dadurch nicht schon per se Rückzahlungs- resp. Schadensersatzansprüche begründet werden.116 Derartige Ansprüche betreffend das Innenverhältnis bedürfen stets besonderer Gründe im Einzelfall und sind dementsprechend allgemeingültigen Ausführungen nicht zugänglich. Zudem bestehen im Rahmen des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB keine Probleme hinsichtlich der Kompetenz zur Verteilung der Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB.117 Diese Beträge sind als Teil des Gewinnes der Kommanditgesellschaft entweder nach Maßgabe des § 168 HGB oder entsprechend den getroffenen gesellschaftsvertraglichen Regelungen zu verteilen.118 Mit den aus der Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB bei Kapitalgesellschaften resultierenden gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen vergleichbar sind allerdings Folgeproblematiken, die im Zusammenhang mit der Verwendung der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB bestehen. Beispielsweise können bei Kommanditgesellschaften die von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Bilanzierungssachverhalte Einfluss auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen und damit auf etwaige, sich auf diese Kennzahlen beziehende Verträge haben.119 Die sich daraus ergebenden Probleme hinsichtlich einer Erhöhung der aus den dargestellten Verträgen folgenden Verpflichtungen sind auch bei Kommanditgesellschaften mittels allgemeiner Auslegungsmethoden zu lösen und bedürfen daher keiner weiteren Erläuterung. Im Gegensatz dazu besteht Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage, inwieweit die in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB von einem Kommanditisten zwecks Leistung seiner Einlagen verwendet werden können. Diese Problematik geht auf den Umstand zurück, dass Einlagen von Kommanditisten auch mittels Stehenlassen von Gewinnen erbracht werden dürfen.120 Die daraus resultierenden Unklarheiten sind im Grundsatz vergleichbar mit den Problematiken, die bei Kapitalgesellschaften im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, dem Erwerb eigener Anteile oder auch der Einziehung eigener Anteile auftreten.121 115

Vgl. Zweites Kapitel, C., I., 2. u. 3. Siehe dazu nur Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 172 Rn. 4; Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Strohn, HGB, § 172 Rn. 19; MüKo/Grunewald, HGB, §§ 171, 172 Rn. 9; MüKo/ Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 62; MünchenerHdG/Neubauer/Herchen, Band 2, § 30 Rn. 48. 117 Siehe Zweites Kapitel, C., II. 118 Vgl. nur Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 168 Rn. 1 ff. und MünchenerHdG/v. Falkenhausen/Schneider, Band 2, § 23 Rn. 5 ff. u. 18 ff. 119 Vgl. Zweites Kapitel, C. 120 Vgl. nur Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Strohn, HGB, § 171 Rn. 44; Koller/Roth/ Morck/Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 14; MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 57. 121 Vgl. Zweites Kapitel, C., III. 116

C. Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB

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II. Leistung der Einlage mit Beträgen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB Ein Kommanditist haftet gem. § 171 Abs. 1 HS. 1 HGB „[…] den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar“. Gemäß § 171 Abs. 1 HS. 2 HGB ist „[…] die Haftung […] ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist“. Kommt es demzufolge zu einer tatsächlichen Einlagenleistung des Kommanditisten bis zur Höhe der von ihm übernommenen Haftsumme, ist er von der persönliche Haftung befreit, es sei denn, die Einlage wird ihm zurückbezahlt, § 172 Abs. 4 S. 1 HGB, oder er entnimmt Gewinne in einer das Wiederaufleben der Haftung auslösenden Weise, § 172 Abs. 4 S. 2 HGB. Eine konkrete Form, in der die Einlage mit haftungsbefreiender Wirkung i.S.d. § 171 Abs. 1 HS. 2 HGB zu leisten ist, wird vom Gesetz nicht vorgegeben. Einem Kommanditisten einer KG stehen dementsprechend vielfältige Möglichkeiten zur Leistung seiner Einlage offen. Beispielhaft122 zu erwähnen sind hier tatsächliche Zuführungen von Geldmitteln, die Erbringung von Sacheinlagen, die Befriedigung eines Gläubigers, die Aufrechnung mit einer Forderung gegen die Gesellschaft oder das Stehenlassen von Gewinnen. Insbesondere der letztgenannten Leistungsart kommt unter Berücksichtigung des vorliegenden Kontextes besondere Bedeutung zu. Denn betrachtet man die einem Kommanditisten zustehende Möglichkeit, sich seiner persönlichen Haftung durch Stehenlassen von Gewinnen zu befreien, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob eine entsprechende Haftungsbefreiung auch mit in ihrer Werthaltigkeit kritischen Gewinnen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB erreicht werden kann. Wie bereits dargelegt, stellt das Gesetz keine besonderen Ansprüche an die Leistung der haftungsbefreienden Einlage. § 171 Abs. 1 HGB erwähnt insoweit nur ihre tatsächliche Leistung. Dies darf aber nicht zu der Annahme führen, dass es keinerlei zu beachtende Voraussetzungen gibt. Berücksichtigung finden muss vielmehr, dass es nach herrschender Meinung123 sehr wohl zweier konkreter Voraussetzungen für die Haftungsbefreiung bedarf, die von einem Kommanditisten beachtet werden müssen: die Leistung muss auf die Einlage erfolgen und es bedarf der objektiven Wertdeckung. Die erste Voraussetzung einer Leistung auf die Einlage führt im Rahmen des Stehenlassens von Gewinnen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB zu keinen weiteren Problemen. Die Verbuchung der Gewinne muss dazu nur in das haftende Gesellschafts122 Vgl. zu diesen und weiteren Beispielen Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 171 Rn. 6 ff.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Strohn, HGB, § 171 Rn. 42 ff.; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 12 ff.; MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 41 ff.; MünchenerHdG/ Neubauer/Herchen, Band 2, § 30 Rn. 24 ff. 123 Siehe m.w.N. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 171 Rn. 6; Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Strohn, HGB, § 171 Rn. 38 ff.; Koller/Roth/Morck/Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 12 ff.; MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 46; MünchenerHdG/Neubauer/Herchen, Band 2, § 30 Rn. 21 ff.

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3. Kap.: Anwendung § 172 Abs. 4 S. 3 HGB bei Personenhandelsgesellschaften

vermögen erfolgen, sprich auf ein Konto mit Eigenkapitalcharakter.124 Dies ist ohne Weiteres möglich. Problematischer erscheint die weitere Voraussetzung der objektiven Wertdeckung. Anhand des Abstellens auf dieses Erfordernis soll sichergestellt werden, dass einer Gesellschaft auch tatsächlich ein Vermögenswert zugeführt wird, der die Befreiung des Kommanditisten von seiner persönlichen Haftung rechtfertigt.125 Können Gläubiger einer Kommanditgesellschaft nicht mehr auf die Kommanditisten persönlich zurückgreifen, soll ihnen zumindest werthaltiges Vermögen in Höhe der übernommenen Haftsumme zur Verfügung stehen. Oder anders gewendet: „Nur durch Aufbringung und Erhaltung haftenden Kapitals verdient sich der Gesellschafter einer Handelsgesellschaft die Haftungsbefreiung“.126 Die zweite Voraussetzung der Einlageleistung kann bei Gewinnen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB nach hier vertretener Ansicht nicht angenommen werden. Die aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, der Aktivierung latenter Steuern oder der Bewertung von Planvermögen zum beizulegenden Zeitwert resultierenden Gewinne sind nicht objektiv werthaltig.127 Dieser Mangel an objektiver Werthaltigkeit ist gerade der Hintergrund der Einführung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB resp. der, das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten modifizierenden, Sonderregelung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB.128 Die fehlende Werthaltigkeit und das erhöhte Risiko zukünftiger Wertminderungen machen es notwendig, diese Gewinne bei Kapitalgesellschaften in der Gesellschaft zu belassen resp. bei Kommanditgesellschaften eine Entnahme nur mit der Folge des Wiederauflebens der Haftung zuzulassen. Wären die Gewinne dahingegen tatsächlich werthaltig, hätte kein Bedürfnis nach einer Ausschüttungssperre resp. einem Wiederaufleben der Haftung bestanden. Die für die haftungsbefreiende Wirkung einer Leistung auf die Einlage notwendige zweite Voraussetzung der objektiven Werthaltigkeit ist folglich bei Gewinnen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB nicht gegeben. Ein Stehenlassen dieser Gewinnanteile zwecks Einlagenleistung mit haftungsbefreiender Wirkung ist somit nicht möglich.

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Vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Strohn, HGB, § 171 Rn. 44; Koller/Roth/Morck/ Koller, HGB, §§ 171, 172 Rn. 12; MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 47 ff. 125 So z. B. auch Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, § 171 Rn. 6; Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Strohn, HGB, § 171 Rn. 3; MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 46. 126 MüKo/Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Rn. 46. 127 Siehe dazu die Ausführungen unter Einführung, B., II., 2. und 3. 128 Vgl. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 35, 46, 50, 64.

Viertes Kapitel

Abschließende Gesamtbetrachtung 1. Die im Zuge des BilMoG geschaffene Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB stellt eine gesetzlich normierte Beschränkung der Gewinnausschüttung und kein striktes Ausschüttungsverbot hinsichtlich der von der Vorschrift umfassten sowie in ihrer Werthaltigkeit kritischen Gewinne dar. § 268 Abs. 8 HGB beschränkt konkret die inhaltlichen Möglichkeiten eines Gewinnverwendungsbeschlusses und die Gewinnverwendungskompetenz der Hauptversammlung resp. der Gesellschafterversammlung. Die Ausschüttungssperre ist entgegen ihrer systematischen Verortung in den Rechnungslegungsnormen des HGB streng dogmatisch als gesellschaftsrechtliche Regelung der Kapitalerhaltung einzuordnen [vgl. Einführung, C., I.]. 2. Der persönliche Anwendungsbereich der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB umfasst Aktiengesellschaften, Europäische Gesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Bei der KGaA ist die Anwendung der Ausschüttungssperre auf die Verteilung des Bilanzgewinnes an die Kommanditaktionäre beschränkt, wohingegen die Entnahmen der Komplementärgewinne von § 268 Abs. 8 HGB unberührt bleiben. Kapitalgesellschaften & Co i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB, Personenhandelsgesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftende Gesellschafter als auch Einzelkaufleute unterfallen nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des § 268 Abs. 8 HGB. Sowohl die Ausführungen in der Regierungsbegründung, die Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB, die Einführung der Sondervorschrift des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB, der Zweck der Ausschüttungssperre, die Gläubiger der Gesellschaft vor der Auszahlung von unsicherem Kapital zu schützen als auch das gewinnunabhängige Entnahmerecht der persönlich haftenden Gesellschafter resp. die unbeschränkten Entnahmemöglichkeiten der Einzelkaufleute sprechen eindeutig gegen die Anwendung des § 268 Abs. 8 HGB von diesen Bilanzierungspflichtigen [vgl. Erstes Kapitel, A.]. 3. § 268 Abs. 8 HGB ist insbesondere im Rahmen der Ermittlung des zulässigen Ausschüttungsbetrages einer Gesellschaft zu beachten. Zur Ermittlung dieses Betrages bedarf es unter Berücksichtigung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB mehrerer, aufeinander abgestimmter Berechnungen (maximales Ausschüttungspotential, ausschüttungsgesperrter Betrag, maximaler Ausschüttungsbetrag, zulässiger Ausschüttungsbetrag). Die Ermittlung der einzelnen Werte führt zu verschiedenen klärungsbedürftigen Anwendungsfragen, die allesamt im Wege einer am Sinn und Zweck des § 268 Abs. 8 HGB orientierten Auslegung gelöst werden

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4. Kap.: Abschließende Gesamtbetrachtung

können. Zwecks eindeutiger Anwendungsmöglichkeit und im Interesse hinreichender Rechtssicherheit wird eine Anpassung des Gesetzeswortlautes des § 268 Abs. 8 HGB empfohlen [vgl. Zweites Kapitel, A, I. bis III., V.]. 4. Im Rahmen der Ermittlung des maximalen Ausschüttungspotentials führt die Anwendung der Ausschüttungssperre zu der allgemeinen Fragestellung, ob die auf den Jahresüberschuss abstellenden Bemessungsgrundlagen für Einstellungen in die verschiedenen Rücklagen auf Grund der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB zu modifizieren sind. Dies ist im Ergebnis zu verneinen, da eine derartige Modifizierung mangels Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes als nicht notwendig erscheint und insbesondere mit der Gefahr der Nichtigkeit des Jahresabschlusses verbunden wäre [vgl. Zweites Kapitel, A., I., 3.]. 5. In die Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages sind gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB der Buchwert der selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und gem. § 268 Abs. 8 S. 3 HGB die Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB aufzunehmen. Bei den Vermögensgegenständen i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB ist abzustellen auf den beizulegenden Zeitwert des Planvermögens abzüglich der historischen Anschaffungskosten und nicht auf den gem. § 246 Abs. 2 S. 3 HGB in der Bilanz ausgewiesenen Wert. Von den Vermögensgegenständen abzuziehen sind die für sie gebildeten passiven latenten Steuern. Bei den Vermögensgegenständen i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB sind allerdings nur die passiven latenten Steuern abzuziehen, die auf die Differenz von beizulegendem Zeitwert und historischen Anschaffungskosten gebildet wurden [vgl. Zweites Kapitel, A., II., 1. und 2.]. Neben den genannten Vermögensgegenständen ist bei der Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrages gem. § 268 Abs. 8 S. 2 HGB ein Aktivüberhang latenter Steuern anzusetzen, sofern dieser tatsächlich in der Bilanz ausgewiesen wird. Sind in die Berechnung des ausschüttungsgesperrten Betrages sowohl Vermögensgegenstände i.S.d. § 248 Abs. 2 und/oder i.S.d. § 246 Abs. 2 S. 2 HGB als auch ein Aktivüberhang latenter Steuern aufzunehmen, führt die wortlautgetreue Anwendung des § 268 Abs. 8 S. 1 bis 3 HGB zu Ergebnissen, die dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht gerecht werden. Die für diese Problematik in der Literatur vorgesehenen Lösungsvorschläge sind zwar ihrem Ergebnis nach unterstützenswert. Die Vielfalt der vorgeschlagenen Ansätze ist allerdings wenig zielführend. Um dies zu verhindern sind § 268 Abs. 8 S. 1 und S. 3 HGB stets dahingehend zu modifizieren, dass im Rahmen ihrer Anwendung passive latente Steuern nur abzuziehen sind, soweit sie nicht mit aktiven latenten Steuern verrechnet wurden [vgl. Zweites Kapitel, A., II., 3., b)]. 6. Ein gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrter Teil des Bilanzgewinnes resp. Jahresüberschusses darf im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses nicht an die Gesellschafter oder Dritte ausgeschüttet werden. Mangels spezieller Regelung ist ein ausschüttungsgesperrter Betrag entsprechend den allgemeinen Gewinnverwendungsmöglichkeiten zu behandeln. Danach kann die Hauptversammlung resp.

4. Kap.: Abschließende Gesamtbetrachtung

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die Gesellschafterversammlung die entsprechenden Beträge entweder in Gewinnrücklagen einstellen oder als Gewinn vortragen. In Anbetracht des Umstandes, dass nur ein Gewinnvortrag den Gesellschaftern in Folgeperioden ohne Weiteres zur Verfügung steht und eine Gewinnrücklage zunächst von den zuständigen Verwaltungsorganen aufgelöst werden muss, sollte ein gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrter Betrag ausschließlich als Gewinn vorgetragen werden [vgl. Zweites Kapitel, A., IV.]. 7. Die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB wird ergänzt durch die Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB, nach dessen Wortlaut im Anhang eines Jahresabschlusses „[…] der Gesamtbetrag der Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 [HGB], aufgegliedert in Beträge aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, Beträge aus der Aktivierung latenter Steuern und aus der Aktivierung von Vermögensgegenständen zum beizulegenden Zeitwert […]“ anzugeben ist. Nach der konkreten Formulierung des § 285 Nr. 28 HGB erstreckt sich die Angabepflicht ausschließlich auf die gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträge. Die Begrenzung der Angabepflicht auf diese Beträge hat zur Konsequenz, dass der Zweck des § 285 Nr. 28 HGB, den Abschlussadressaten die Prüfung der Einhaltung des § 268 Abs. 8 HGB zu ermöglichen, nicht hinreichend sichergestellt werden kann [vgl. Zweites Kapitel, B., I. bis III., 1.]. Die Literatur hat die mit § 285 Nr. 28 HGB einhergehenden Probleme hinsichtlich der Zweckverfehlung der Norm erkannt und einen Lösungsvorschlag entwickelt, der neben den ausschüttungsgesperrten Beträgen zusätzliche Angaben vorsieht. Der Vorschlag der Literatur ist dem Grunde nach richtig, er bleibt in seiner konkreten Ausgestaltung allerdings hinter den für eine Überprüfung der Einhaltung der Ausschüttungssperre notwendigen Angaben zurück. Aus diesem Grund ist der Vorschlag der Literatur abzulehnen und es sollte vielmehr eine Angabe sämtlicher frei verfügbarer Eigenkapitalbestandteile erfolgen. Zudem wird eine Korrektur des § 285 Nr. 28 HGB durch den Gesetzgeber empfohlen, die zur Erreichung des mit § 285 Nr. 28 HGB verfolgten Zweckes erforderlich ist [vgl. Zweites Kapitel, B., III., 2. bis V.]. 8. Beschließen Gesellschafter entgegen den Vorgaben des § 268 Abs. 8 HGB eine Ausschüttung von ausschüttungsgesperrten Beträgen, ist der getroffene Gewinnverwendungsbeschluss teilnichtig gem. § 241 Nr. 3 Fall 2 AktG i.V.m. § 139 BGB. Die bloße Teilnichtigkeit des Beschlusses ist mit der Annahme zu begründen, dass Gesellschafter, die durch einen getroffenen Gewinnverwendungsbeschluss den gesamten Gewinn ausschütten wollten, zumindest auch jeden geringeren Teil des Gewinnes ausgeschüttet hätten [vgl. Zweites Kapitel, C., I., 1.]. Kommt es in Folge eines, auf Grund Verstoßes gegen § 268 Abs. 8 HGB teilnichtigen Gewinnverwendungsbeschlusses zu Auszahlungen ausschüttungsgesperrter Beträge, sind die Gesellschafter von Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien zur Rückzahlung der erhaltenen Gewinne gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG verpflichtet, es sei denn, sie haben die

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Gewinne gutgläubig erhalten, § 62 Abs. 1 S. 2 AktG. Gesellschafter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung trifft bei einem Verstoß gegen die Ausschüttungssperre eine Rückzahlungspflicht hinsichtlich der erhaltenen Gewinne gem. § 31 Abs. 1 GmbHG, da ein Verstoß gegen § 268 Abs. 8 HGB gleichfalls einen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG darstellt [vgl. Zweites Kapitel, C., I., 2.]. Verstoßen Vorstände resp. persönlich haftende Gesellschafter oder Geschäftsführer gegen die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB, indem sie unrichtige Angaben in einem Gewinnverwendungsvorschlag machen, haften sie gem. § 93 Abs. 2 AktG resp. § 43 Abs. 2 GmbHG. Eine entsprechende Haftung kommt für Aufsichtsräte gem. § 116 S. 1 i.V.m. § 92 Abs. 2 AktG in Betracht, wenn sie unter Missachtung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB ihrer Prüfungs- und Berichtspflicht gem. § 171 Abs. 1 u. 2 AktG nicht ordnungsgemäß nachkommen. Kommt es zu Auszahlungen von gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Beträgen, haften Vorstände gem. § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG resp. Geschäftsführer gem. § 43 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 GmbHG verschärft. Ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB kommt dahingegen nicht in Betracht, da § 268 Abs. 8 HGB kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellt [vgl. Zweites Kapitel, C., I., 3.]. 9. Auf die Bilanzierung der von § 268 Abs. 8 HGB erfassten Aktivwerte zurückgehenden Gewinnrücklagen ist der wirtschaftliche Zweck beizumessen, zum Ausgleich etwaiger Aufwendungen auf Grund von Wertminderungen der kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB benutzt werden zu können. In Ansehung dieser wirtschaftlichen Zweckgebundenheit ist es nicht möglich, mit diesen Gewinnrücklagen eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gem. § 207 Abs. 1 AktG resp. gem. § 57c Abs. 1 GmbHG durchzuführen. Ebensowenig wäre es sachgemäß, gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Gewinnrücklagen im Rahmen eines Erwerbs eigener Anteile gem. § 71 AktG resp. § 33 GmbHG anzusetzen. Schließlich sind derartige Gewinnrücklagen nicht dazu geeignet, für eine vereinfachten Einziehung von Aktien gem. § 237 Abs. 3 AktG resp. die Einziehung von Geschäftsanteilen gem. § 34 GmbHG verwandt zu werden. Letzteres gilt sowohl für die Einziehung gegen Entgelt als auch für die Einziehung nach Erwerb der Anteile [vgl. Zweites Kapitel, C., III.]. 10. Die bei Bestehen eines Gewinnabführungsvertrages i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG zu berücksichtigende Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB modifiziert die Ermittlung des gesetzlichen Höchstbetrages der Gewinnabführung. Die Regelung des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB stellt damit kein striktes Abführungsverbot bezüglich der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB dar, sondern nur eine Abführungsbeschränkung resp. -sperre. Konkret beschränkt die Abführungssperre den schuldrechtlichen Gewinnabführungsanspruch und beeinflusst bereits die Entstehung des Anspruches. Die Abführungssperre kann, ebenso wie § 268 Abs. 8 HGB in unmittelbarer Geltung,

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als gesellschaftsrechtliche Kapitalerhaltungsregel eingeordnet werden [vgl. Einführung, C., III.]. 11. Die Ermittlung des zulässigen Abführungsbetrages erfordert unter Berücksichtigung der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB mehrere Berechnungen (maximales Abführungspotential, abführungsgesperrter Betrag, zulässiger Abführungsbetrag). Im Rahmen der Ermittlung dieser einzelnen Werte führt insbesondere die Bestimmung des abführungsgesperrten Betrages zu mehreren klärungsbedürftigen Anwendungsfragen. Alle damit in Zusammenhang stehenden Probleme können jedoch anhand einer zweckorientierten Auslegung gelöst werden. Einer legislatorischen Anpassung des § 301 S. 1 AktG resp. des § 268 Abs. 8 HGB bedarf es vor diesem Hintergrund nicht [vgl. Zweites Kapitel, D., I.]. 12. Im Rahmen der Ermittlung des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages ist auf Grund des Wortlautes der Vorschriften unklar, ob passive latente Steuern bei der Berechnung außer Acht gelassen werden müssen (Bruttomethode) oder ob diese Werte in die Berechnung einzubeziehen sind (Nettomethode). Liegen die Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft i.S.d. § 14 KStG nicht vor, entspricht die Ermittlung des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages der Ermittlung des gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Betrages und passive latente Steuern sind in Abzug zu bringen. Besteht zwischen zwei Gesellschaften allerdings ein ertragsteuerliches Organschaftsverhältnis i.S.d. § 14 KStG, ist hinsichtlich des Ansatzes passiver latenter Steuern weiter zu differenzieren, ob zusätzlich zu dem Organschaftsverhältnis ein Steuerumlagevertrag vorliegt oder ob von dem Abschluss eines derartigen Vertrages abgesehen wurde [vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb)]. Haben die Gesellschaften keinen Steuerumlagevertrag geschlossen, ist die Bruttomethode zu bevorzugen, sodass im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages keine passiven latenten Steuern anzusetzen sind. Das Hauptargument für die Bruttomethode ist, dass ausschließlich diese Methode einen hinreichenden Gläubigerschutz sicherstellen kann. Besteht dahingegen ein ertragsteuerliches Organschaftsverhältnis und wurde ein Steuerumlagevertrag geschlossen, ist für die Anwendung von Brutto- resp. Nettomethode weiter zu differenzieren, ob als Folge des Umlagevertrages passive latente Steuerumlagen gem. § 274 HGB analog gebildet wurden oder nicht. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei der Anwendung der Bruttomethode und im Rahmen der Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages sind keine latenten Steuern anzusetzen. Wurden jedoch auf Ebene der Organgesellschaft gem. § 274 HGB analog passive latente Steuerumlagen ausgewiesen, ist ausnahmsweise auch die Anwendung der Nettomethode sachgemäß [vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., a), bb)]. 13. Neben der Frage nach einer Anwendung von Brutto- oder Nettomethode ist bei der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB klärungsbedürftig, ob in die Ermittlung des abführungsgesperrten Betrages frei verfügbare Rücklagen aus vorvertraglicher Zeit einzubeziehen sind oder ob ein derartiger

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Ansatz zu unterbleiben hat. Eine Berücksichtigung frei verfügbarer vorvertraglicher Rücklagen muss im Ergebnis unterbleiben, da ein anderweitiges Vorgehen insbesondere gegen den Wortlaut des § 301 S. 1 AktG und die Vermögensrechte der Minderheitsgesellschafter verstoßen würde [vgl. Zweites Kapitel, D., I., 2., d)]. Ein abführungsgesperrter Betrag i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB wird nicht Teil des Abführungsanspruches resp. der Verbindlichkeit gegenüber verbundenen Unternehmen gem. § 266 Abs. 3 C. 6. HGB. Hinsichtlich des Ausweises eines abführungsgesperrten Betrages ist mangels Spezialregelung auf die allgemein zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zurückzugreifen, sodass dieser Betrag entweder in die (innervertraglichen) Gewinnrücklagen eingestellt oder als (innervertraglicher) Gewinn vorgetragen werden kann. Welche der beiden Möglichkeiten konkret gewählt wird, ist von untergeordneter Bedeutung, da die Zugriffsmöglichkeiten der begünstigten Gesellschaft auf die thesaurierten Beträge auch die in Gewinnrücklagen eingestellten Beträge umfassen [vgl. Zweites Kapitel, D., I., 4.]. 14. Sofern in der Bilanz einer zur Gewinnabführung verpflichteten Gesellschaft abführungsgesperrte Beträge i.S.d. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB ausgewiesen sind, muss die Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB Anwendung finden. Die Anwendung der Vorschrift streng nach Wortlaut und die daraus folgende bloße Angabe der in ihrer Werthaltigkeit kritischen Beträge sind allerdings nicht ausreichend, um den Sinn und Zweck des § 285 Nr. 28 HGB, der in der Überprüfung der Einhaltung der Abführungssperre besteht, in ausreichendem Maße sicherzustellen. Dementsprechend sollte bei der Umsetzung des § 285 Nr. 28 HGB im Zusammenhang mit der Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB zusätzlich zu den in ihrer Werthaltigkeit kritischen Werten das maximale Abführungspotential, sprich die einer Abführung maximal zugänglichen Mittel, angegeben werden [vgl. Zweites Kapitel, D., II.]. 15. Wird die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB nicht beachtet und kommt es als Folge davon zu einer nicht gerechtfertigten Gewinnabführung an die begünstigte Gesellschaft, können sich daraus mehrere Rechtsfolgen ergeben. Die begünstigte Gesellschaft, an die der Gewinn abgeführt wurde, ist zur Rückzahlung des, den gesetzlichen Gewinnabführungsbetrag übersteigenden, Wertes verpflichtet. Zudem sind die dem gesetzlichen Höchstbetrag der Gewinnabführung entgegenstehenden vertraglichen Abreden sowie die entgegenstehenden Weisungen nichtig. Daneben machen sich Vorstände und Geschäftsführer gem. § 93 Abs. 2 AktG resp. § 43 Abs. 2 GmbHG schadensersatzpflichtig, sofern es entgegen den Vorgaben des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB zu tatsächlichen Gewinnauszahlungen an die begünstigte Gesellschaft kommt [vgl. Zweites Kapitel, D., III., 1.]. Wurde ein Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG unter Beteiligung von Aktiengesellschaften und/oder Europäischen Gesellschaften geschlossen und stellt die zur Gewinnabführung verpflichtete Gesellschaft zugleich

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eine eingegliederte Gesellschaft i.S.d. §§ 319 ff. AktG dar, ist die Abführungssperre des § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB bei Gewinnabführungen von eingegliederten Gesellschaften analog anzuwenden. Für die analoge Anwendung spricht insbesondere das Argument des Gläubigerschutzes. Ebenso sollte § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB analog auf Verlustübernahmen i.S.d. § 302 Abs. 1 AktG angewandt und eine Erweiterung der Verlustübernahmeverpflichtung in Höhe des gem. § 301 S. 1 AktG i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB abführungsgesperrten Betrages vorgenommen werden [vgl. Zweites Kapitel, D., III., 2. und 3.]. 16. Im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung eines Kommanditisten ist seit BilMoG der auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmende § 172 Abs. 4 S. 3 HGB zu berücksichtigen. § 172 Abs. 4 S. 3 HGB stellt weder ein Entnahmeverbot noch eine Entnahmebeschränkung bezüglich der unischeren Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB dar. Diese Gewinne können stets und in vollem Umfang entnommen werden. Der Regelungsgehalt der Vorschrift erschöpft sich vielmehr in der Beeinflussung des persönlichen Haftungsbetrages der Kommanditisten im Fall von Gewinnentnahmen. Als eine das Wiederaufleben der Haftung von Kommanditisten beeinflussende Regelung ist § 172 Abs. 4 S. 3 HGB dem Gesellschaftsrecht zuzuordnen [vgl. Einführung, C., II.]. 17. Die Ermittlung des persönlichen Haftungsbetrages eines Kommanditisten im Rahmen des Wiederauflebens der Haftung auf Grund von Gewinnentnahmen erfordert unter Berücksichtigung des auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmenden § 172 Abs. 4 S. 3 HGB mehrere Berechnungsschritte (Entnahme von Gewinnanteilen, geleistete Einlage, Kapitalanteil des Kommanditisten, Vergleich der geleisteten Einlage mit dem modifizierten Kapitalanteil). Innerhalb dieser Berechnungsschritte wird ausschließlich der Kapitalanteil des Kommanditisten von § 172 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB beeinflusst. Die in diesem Zusammenhang auftretenden Anwendungsfragen können anhand einer über den Wortlaut des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB hinausgehenden und am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten Auslegung gelöst werden. Aus Gründen besserer Verständlichkeit des Wortlautes und zur Erreichung hinreichender Anwendungssicherheit sollte eine Anpassung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB durch den Gesetzgeber erfolgen [vgl. Drittes Kapitel, A., I. bis IV., VI.]. 18. § 172 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB beeinflusst konkret die Ermittlung des Kapitalanteils der Kommanditisten. Nach dem Wortlaut des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB sind „bei der Berechnung des Kapitalanteils nach [§ 172 Abs. 4] Satz 2 [HGB] […] Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 [HGB] nicht zu berücksichtigen“. In diesem Zusammenhang stellt sich zum einen die Frage, was „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ sind. Aus den Aussagen in der Regierungsbegründung zum BilMoG, aus dem weiteren Wortlaut von § 172 Abs. 4 S. 2 u. S. 3 HGB, der auf die einzelnen Kapitalanteile abstellt, und aus der ersatzlosen Streichung des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. ergibt sich, dass unter dem Begriff ausschließlich die in ihrer Werthaltigkeit unsicheren und bei Kapitalgesellschaften vor einer Ausschüttung gem. § 268

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Abs. 8 HGB gesperrten Beträge erfasst sind. Gesamthänderische Rücklagen resp. ein Gewinnvortrag sind in die Berechnung der „Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 HGB“ dahingegen nicht einzubeziehen [vgl. Drittes Kapitel, A., III., 2., a)]. Zudem stellt sich im Rahmen der Anwendung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB die Frage, wie die Begrifflichkeit „nicht zu berücksichtigen“ zu verstehen ist. Ein an Wortlaut der Norm und den Ausführungen in der Regierungsbegründung anknüpfendes Verständnis im Sinne eines „außer Acht lassen“ führt in Konstellationen zu unsachgemäßen Ergebnissen, in denen die Beträge im Sinne des § 268 Abs. 8 HGB nicht zuvor den Kapitalanteil erhöht haben. Ein Wiederaufleben der Haftung kann dann trotz Entnahme der kritischen Beträge ausgeschlossen sein. Versteht man die Begrifflichkeit allerdings im Sinne eines „Abzugs“, kann in allen erdenklichen Konstellationen eine Verminderung des Kapitalanteils um die kritischen Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB erfolgen. Ein Wiederaufleben der Haftung als Folge einer Entnahme der kritischen Beträge wird auf diese Weise sichergestellt [vgl. Drittes Kapitel, A., III., 2., b)]. 19. Kapitalgesellschaften & Co. müssen die auf § 268 Abs. 8 HGB Bezug nehmende Anhangvorschrift des § 285 Nr. 28 HGB nicht anwenden. Für diese Einschätzung sprechen insbesondere der Wortlaut des § 285 Nr. 28 HGB, der die Angabe des gem. § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrten Betrages verlangt, als auch der mit der Vorschrift verfolgte Zweck, der auf die Prüfung der Einhaltung der Ausschüttungssperre gerichtet ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es bei Kapitalgesellschaften & Co. weder ausschüttungsgesperrte Beträge gibt noch kommt es zur Anwendung einer Ausschüttungssperre. Die Nichtberücksichtigung des § 285 Nr. 28 HGB führt allerdings auch nicht dazu, dass § 172 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 268 Abs. 8 HGB keinerlei Konsequenzen für den Anhang von Kapitalgesellschaften & Co hat. Vielmehr kann ein unter Berücksichtigung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB eintretendes Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten zur Anwendung der speziellen Anhangvorschrift des § 264c Abs. 2 S. 9 HGB führen [vgl. Drittes Kapitel, B.]. 20. In ihrer Werthaltigkeit kritische Gewinne i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB sind nicht dazu geeignet, als haftungsbefreiende Einlageleistung verwandt zu werden. Durch das Stehenlassen von Gewinnen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB kann ein Kommanditist nicht von seiner persönlichen Haftung befreit werden. Dies ist damit zu begründen, dass es bei Gewinnen i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB an der für die Leistung der Einlage notwendigen objektiven Wertdeckung mangelt. Die aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, der Aktivierung latenter Steuern oder der Bewertung von Planvermögen zum beizulegenden Zeitwert resultierenden Gewinne sind nicht objektiv werthaltig. Dieser Mangel an objektiver Werthaltigkeit ist gerade der Hintergrund der Einführung der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB resp. der das Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten modifizierenden Sonderregelung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB [vgl. Drittes Kapitel, C., II.].

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Stichwortverzeichnis Abführungsanspruch, schuldrechtlicher 233 Abführungsbetrag – Ermittlung 199 ff. – zulässiger 233 Abführungsgesperrter Betrag – Ausweis 233 ff. – Ermittlung 207 ff. Abführungssperre – Anhangangaben 238 ff. – bei Verlustübernahmeverpflichtungen 250 ff. – dogmatische Einordnung 49 ff. – Funktionsweise 46 ff. – Verstoß 244 ff. Abschreibungen, hypothetische 120 Agio 99, 192 Aktive latente Steuern 88 ff., 128 ff. – Altregelung 27 – bei Personenhandelsgesellschaften 270 f. Anhangangaben, § 285 Nr. 28 HGB – bei Abführungssperre 238 ff. – bei Kapitalgesellschaften & Co. 282 ff. – Hintergrund 151 ff. – Literaturansatz 154 ff. – Regelungsgehalt 149 f. – Zweckverfehlung 153 f. Anwendungsbereich – persönlicher 52 ff. – sachlicher 83 ff. – zeitlicher 91 ff. Aufsichtsrat 174 f. Ausschüttung, Begrifflichkeit 52 Ausschüttungsbemessungsfunktion 77 ff. Ausschüttungsbetrag – Ermittlung 94 ff. – maximaler 141 ff. – zulässiger 142 f. Ausschüttungsgesperrter Betrag – Ausweis 143 ff., 277 ff.

– Ermittlung 117 ff. Ausschüttungspotential, maximales 96 ff. Ausschüttungssperre – Altregelungen 27 ff. – Anwendung auf Grund PublG 78 f. – Begrifflichkeit im Regierungsentwurf 62 ff. – bei Konzernstrukturen 56 ff., 59 f. – dogmatische Einordnung 38 ff. – Funktionsweise 36 ff. – Gesetzgebungshistorie 29 ff. – Hintergrund 21 f., 37 – mehrstufige Vorgehensweise 37, 94 – originäre Anwendung 53, 268 – systemkonforme Anwendung 71 ff. – Zweck 68 ff. Ausschüttungsverbot 36 ff. Ausschüttungsvoraussetzungen 36 f. Auszahlungsbeschränkung 21 Auszahlungssperre 41 Beherrschungsvertrag 216, 247 Beteiligungsschlüssel 272 Betriebswirtschaftliche Kennzahlen 163, 253, 290 Bilanzierungshilfe 27 ff., 30, 42, 64 f., 88, 92, 146 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – Gesetzeslage vor BilMoG 27 ff. – Gesetzgebungshistorie 29 ff. – Internationalisierung der Rechnungslegung 22 – Referentenentwurf 29 f. – Regierungsentwurf 31 ff. – Zehn-Punkte-Plan 29 – Ziele 25 ff. Bilanzrechtsreformgesetz 24, 29 Bruttomethode 211 ff., 222, 225 f. Davon-Vermerk 156 Dispositivität 45, 72

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Stichwortverzeichnis

Doppelter Gläubigerschutz 111, 184, 204 Dynamischer Verweis 243 Eigenkapitalkonto 278 Eingegliederte Gesellschaften 247 ff., 251 Einlagenleistung 258, 291 f. Einzelbetrachtung 141 Einzelbewertungsgrundsatz 126 Einziehung von Anteilen – gegen Entgelt 192 ff. – nach Erwerb 196 f. Entnahme von Gewinnanteilen 256 f. Entnahmesperre 43, 45, 62, 70, 76, 258, 283 ff. Ertragsteuerliche Organschaft, Heilungsmöglichkeit 243 Erwerb eigener Anteile 187 ff., 290 Folgeperiode 86, 118, 120, 123, 145, 295 Fremdkapitalkonto 257, 273, 275 Geleistete Einlage 255, 258 f., 276, 288 Gesamtbetrachtung 137, 141 f. Gesamtkostenverfahren 86, 96, 200 Gesamtschuldnerische Haftung 248 f., 252 Geschäftsführer 174 ff., 246 Gesellschafterschutz durch Selbstinformation 77 Gesellschafterversammlung 38, 108, 142, 165 ff. Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht 70 Gewinnunabhängiges Entnahmerecht 65, 71 ff., 79, 81 f. Gewinnverwendungsbeschluss – Anfechtbarkeit 165 – Beschränkung 39 – Nichtigkeit 165 ff. – Teilnichtigkeit 165, 168 ff., 174 Gewinnverwendungskompetenz 39, 166, 174 Gewinnverwendungsvorschlag 163, 174 ff. Haftsumme 45, 255, 258, 273 ff., 278, 287 f., 291 f. Herstellungskosten 30, 83, 118, 207 Historische Anschaffungskosten 120 f., 124 ff., 148, 225, 268 Hypothetischer Parteiwille 169

IAS-Verordnung 23 IFRS 23, 25, 87 Immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, selbst geschaffen 83 ff. Individualschutz 177 f. Jahresabschluss, Nichtigkeit 111 f., 114, 147, 204 Jahresüberschuss, fiktiver 48, 199, 203, 233 Kapitalanteil – anzusetzender 271 – Ermittlung 259 ff. – modifizierter 262, 276 f., 281 – negativer 45, 72 ff., 81, 258 Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz 23 Kapitalerhaltungsvorschrift 40, 54, 56, 172, 197 Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln 163, 183 ff. Kapitalgesellschaften- & Co.-Richtliniengesetz 23 Kapitalherabsetzung 38, 102 ff., 192 ff., 196 Kleine Kapitalgesellschaften 89 f. Kommanditgesellschaft auf Aktien – persönlicher Anwendungsbereich 80 ff. – Sonderstellung 55 Konkreter Anlass 205 Minderheitsgesellschafter

50, 231

Nettomethode 211 ff., 216, 222 f., 226, 244 Offenbarer Schaden 70 Optionsanleihe 100 Passive latente Steuern – außerhalb von Organschaftsverhältnissen 208 f. – bei Personenhandelsgesellschaften 266 f. – Doppelberücksichtigung 31, 129 ff., 216, 270 – innerhalb von Organschaftsverhältnissen 209 ff. Persönlicher Anwendungsbereich – Einzelkaufleute 75 ff.

Stichwortverzeichnis

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– Kapitalgesellschaften 53 ff. – Kapitalgesellschaften & Co. 58 ff. – Sonstige Personenhandelsgesellschaften 75 ff. Pflichteinlage 260 f., 287 f. Planvermögen 86 ff., 120 ff., 224 ff., 268 f. – Verrechnungsgebot 26, 88

Spezialregelung des § 172 Abs. 4 S. 3 HGB – dogmatische Einordnung 44 ff. – Funktionsweise 42 ff. – persönlicher Haftungsbetrag 255 ff. – Systemkonformität 45 f. Steuerbilanz 89, 119 f., 124 Steuerumlagevertrag 220 ff., 226, 237 f.

Rechtsausschuss – Beschlussempfehlung 34, 85, 87, 127 Rechtsgeschäfte 168 Reservefonds 105 f., 109, 112, 203 Rückgewährverbot 21 Rücklagen – fiktive 187 – gebundene 108 ff., 158, 202 ff. – gesamthänderische 263, 277 – gesetzliche 47, 104 f., 109 ff., 145, 202 ff., 247 – hypothetische 187 – Kompetenz zur Bildung 180 ff. – Modifizierung der Bemessungsgrundlage 109 ff., 203 – satzungsmäßige 107 f., 113 ff., 154, 228 – Umwandlungsfähigkeit 184 ff. – Verwendung 106, 182 ff. – vorvertragliche 228 ff., 244 f. Rückstellungen 119, 268 f. Rückzahlungspflicht – bei AG, SE und KGaA 170 f. – bei GmbH 172 ff.

Teilgewinnabführungsvertrag 198, 253 Temporary-Konzept 88 f. Thesaurierungskompetenz 114, 180 f. Thesaurierungszwang 180 Timing-Konzept 88 f. Transparente Besteuerung 255 Transparenz 73 f.

Schadensersatzansprüche 174 ff., 242 ff., 290 – Schutzgesetz 177 f. Sonderrücklage des § 264c Abs. 4 S. 3 HGB a.F. – Regelungsgehalt 39, 42, 265 – Streichung 63 ff.

Umsatzkostenverfahren 86, 96, 200 Unterbilanz 195 Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) 105, 112, 203 f. Vermögensgegenstandseigenschaft 85, 228 Verwaltungsorgan 145, 163, 180 ff., 235 f., 247 Verwendung 113 Vorabausschüttung 95 Vorsichtsprinzip 27, 173 Vorstände 174 ff., 246 Vorvertraglicher Verlustvortrag 201 f. Vorzugsrechte 101 Wandelanleihe 100 f. Weisungen, Nichtigkeit 246 Weisungsbefugnis 216 f., 235 f. Wertaufholungen 118, 120, 123, 207 Wirtschaftliche Zweckgebundenheit 183 Zwangsrücklage 145 Zwangsthesaurierung 144, 235