Die Idee des Transzendentalismus bei Fichte und Kant 9783787328444, 9783787305803

Mit seiner Unterscheidung einer "epistemischen" Diskussionsebene der Denker vor Kant (in der von einer Trennun

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Die Idee des Transzendentalismus bei Fichte und Kant
 9783787328444, 9783787305803

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MAREK J. S IEMEK Die Idee des Transzendentalismus bei Fichte und Kant

SCHRIFTEN ZUR TRANSZENDENTALPHILOSOPHIE Herausgegeben von Gerhard Funke, Klaus Hammacher, Reinhard Lauth BAND4

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

MAREK J. SIEMEK Die Idee des Transzendentalismus bei Fichte und Kant Aus dem Polnischen übersetzt von Marek J. Siemek unter Mitwirkung von Jan Garewicz

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit der ursprünglichen Ausgabe identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abweichungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliogra­phi­­sche Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. ISBN: 978-3-7873-0580-3 ISBN eBook: 978-3-7873-2844-4 © Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1984. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§  53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruck­papier, hergestellt aus 100 % chlor­frei gebleich­tem Zellstoff. Printed in Germany.  www.meiner.de

INHALT

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII

Erster Teil . . . . . . . . . .

1

Die >> Erkenntnistheorie« und die Epistemolo gie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

D ie Idee einer >>Transzendentalphilosophie>Primat der praktischen Vernunft« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

Die Bedeutun g der dritten >>Kritik« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

Praktische Vernunft und Transzendentalphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

Dritter Teil Die >> Wissenschaftslehre« g e g enüber der >>Vernunftkritik« . . . . . . . . . . . . . . . 1 14 Das Problem des Wissens im epistemolo gischen Denkfeld . . . . . . . . . . . . . 115 Die Interpretation des Kantischen Transzendentalismus . . . . . . . . . . . . . . 127 Fichte und der >>Kantianismus der Kantianer« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Von der >>Kritik« zum >>System« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlußbetrachtun g . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

.

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. . . . .

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. . . . . . . . . . 158

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

Namenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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. . . . . . . . 191

VORWORT

Was in diesem Buch beschrieben werden soll, ließe sich wohl am treffendsten als die Gestalt eines Gedankens bezeichnen . Der Ausdruck ist dabei möglichst wörtlich zu nehmen: wir setzen voraus, daß G edanken, wenigstens insofern sie den Stoff der Philosophie ausmachen, bestimmte >>Gestalten>ideelle>objektiv>wirklich>G estalt>WissenschaftslehreG eschichte>reinen Theorie>immanenten Entwicklung>historischen>theoretischen>G eschichte der Philosophen>Sachverhalte> Theorie>G estalt>Struktur>Historismus>Quellen>Be­ dingungen>G eschichte der Philosophen>Wissen­ schaftslehre>Zeit>vergangene« Wirklichkeit des philosophischen Denkens . Jene interne Zeitlichkeit der Theorie und die Z eit der äußerlichen Geschichte gehen hier nämlich besonders schroff ausein­ ander. Nach Kant und Fichte zu leben und zu denken - dies hat in der Philoso­ phie der letzten 150 Jahre gar nicht immer bedeutet: über Kant und Fichte hin­ ausgegangen zu sein. Ja im G egenteil: die meisten philosophischen Anschau­ ungen und Ideen, die in diese chronologisch >>nachkantianischehistorischer>Gestalt>Ort>Geschichte der Theorie>ereignete>räumlichen> Stand>GesichtsKritikenneben>Teil>Gebiet>Kritik der reinen Vernunfttheoretische Philosophie«), sondern diese Vernunftkritik im Ganzen, die als philosophische Theorie des Wissens anzusehen ist. In den Bereich dieser Theorie fallen dann auch die Probleme der Moral und der Kunst, und zwar als besondere Gestalten oder Konfigurationen des Erkenntnisproblems . Und dies ist eben und nur deswegen möglich, weil das Erkenntnisproblem selbst hier eine völlig neue Gestalt annimmt, die sich insbesondere auf die alten >>erkenntnistheoreti­ schen>Kritik der reinen VernunftErkenntnistheorieErkenntnistheorie>Er­ kenntnistheorie«, und zwar diese als ein Ganzes betrachtet, hinauszugehen. Um den eigentlichen Sinn und die Tragweite dieses Versuches vollkommen zu

Die >>Erkenntnistheorie>erkenntnistheoretischen>Erkenntnistheorie>Vorkantianische>Wissen>Erkenntnis>Erkenntnis­ theorie>ErkenntnisEr­ kenntnis>ist>erkannt> Wirklichkeit> Wissen> WissenWirk­ lichkeit>Erkenntnis>Wirklichkeit>Erkenntnis>erkannt>Erkenntnis« und >>Wirklichkeit«, fin­ det ihren vollständigsten und prägnantesten Ausdruck in der klassischen Defi­ nition der Wahrheit (adaequatio rei et intellectus), die in dieser Hinsicht als theoretische Grundformel der ganzen vorkantianischen >>Erkenntnistheorie« angesehen werden kann . Die so abgesonderte >>Erkenntnis« ist mithin immer eine bestimmte Form der einfachen episteme, also ein >>Wissen-von-Etwas«, eine unmittelbare Gestalt des >>Wissens-vom-Gegenstand«, ein bewußtseinsmäßiges >>Sehen« eines vor­ gefundenen Seins . Nun wollen wir diese Erkenntnisform, die in der einfachen episteme, d. h. in der unmittelbaren Abbildung einer ontischen Realität durch das Bewußtsein besteht, die epistemische Form des Wissens nennen. Und, um diese Benennung auch für weitere B estimmungen zu verwenden, nennen wir j ene beiderseitige Relation der Äußerlichkeit und Entgegensetzung, zugleich aber der Übereinstimmung und Abbildung, welche hier zwischen dem >>wis­ senden« Bewußtsein eines Dinges und dem >>gewußten« Ding selbst stattfin­ det, die epistemische Relation. Schließlich werden wir den ganzen Problembe­ reich, der durch jene Relation gesetzt und dychotomisch in die ontische Sphäre des >>Objekts« und die logisch-erkenntnismäßige Sphäre des >>Subjekts« geteilt wird, als epistemisches Feld oder epistemische Ebene der Theorie bezeichnen . Die ganze klassische Problematik der vorkantianischen >>Erkenntnistheorie« kann nun unter diesem Gesichtspunkt als eine besondere Gestalt betrachtet werden, die das philosophische Problem des Wissens in dem so aufgefaßten epistemischen Theoriefeld annimmt. Sie ist die Theorie des Wissens der epi­ stemischen Ebene. Die strikte Zugehörigkeit j ener Problematik zu dieser Ebene der Theorie läßt sich nicht zuletzt daran erkennen, daß die philosophische Re­ flexion auch hier auf ihren Gegenstand (und diesen macht nunmehr, in der >>Erkenntnistheorie«, das Wissen selbst aus, das bereits vom Sein unterschieden worden ist) dasselbe Schema der epistemischen Relation überträgt, das in die­ sem ganzen Theoriefeld dem Verhältnis zwischen dem >>Wissen« und seinem >>Gegenstand« überhaupt eigen ist. Die klassische >>Erkenntnistheorie« be­ trachtet nämlich das Wissen stets als schon im voraus vom Sein abgegrenzt und eben in dieser Abgrenzung direkt >>gegeben« . Damit setzt sie diese, für die ganze epistemische Ebene konstitutive Dualität immer voraus: es ist die Theo­ rie eines der Glieder jener Dualität, eine Theorie also, die nur auf dem Boden der letzteren formuliert und entwickelt werden kann. Was daraus folgt, ist zunächst die notwendig partielle Natur einer solchen Theorie . Man kann es auch als den >> domänenhaften« Charakter der klassi­ schen >>Erkenntnistheorie« bezeichnen. Diese Theorie bildet nämlich immer

Die >>Erkenntnistheorie>Wissen>erkenntnistheoreti­ schen Domäne>Gegenstandes>GegenständlichkeitPhilosophie>positive Wissenschaft>Materie>objektiven Naturgesetze« im naturalistischen Szientismus, oder auch die >>Tatsachen« im Empirismus und Positivismus. Immerhin bleibt es jedoch ein unmittelbar epistemisches Wissen, d . h . ein Wissen-vom-Gegenstand. Das >>Wissen-vom-Wissen« dagegen, inso­ fern es auf dieser Ebene der Theorie auftaucht, steht hier immer am Rande und ist vom Standpunkt des eigentlich Theoretischen aus immer etwas Zusätzliches und Nebensächliches . Die G esamtheit der Erkenntnisakte, deren G egenstand die >>Erkenntnis« selbst bildet, kann den epistemischen Bestand dieser Ebene weder erweitern noch bereichern: in dieser Hinsicht sind es stets >>meta-epi­ stemische« , d . h. gegenüber dem Wissen selbst äußerliche und in seinem Dienst stehende Akte . Zwar bleibt es ein charakteristischer Zug einer solchen meta-epistemischen Reflexion, daß sie ihren eigenen >>G egenstand« - das Wis­ sen selbst - wiederum ebenfalls epistemisch behandelt, d. h. genauso wie j enes unmittelbares Wissen seinen unmittelbar ontischen G egenstand. Dennoch sind beide >>G egenstände« hier prinzipiell nicht von gleichem Rang: nur der letztere ist nämlich das Sein, während der erstere das >>bloße« Wissen ist. Darum kann die >>Erkenntnistheorie« als besondere >>Domäne« von Problemen auf epistemischer Ebene nur nebensächlich, am Rande des eigentlichen Feldes der Theorie vorkommen, und nur als Mittel zum Zweck, der außerhalb ihrer liegt. Denn diesen Zweck macht hier stets ausschließlich die >>Erkenntnis« in ih­ rem direkt epistemischen G ebrauch aus: also das Erkennen von Etwas, nicht aber das >>Erkennen des Erkennens« selbst. Und doch steht diese untergeordnete Stellung, die der >>erkenntnistheorep­ schen Domäne« im epistemischen Theoriefeld zukommt, offensichtlich im Wi­ derspruch zum bevorzugten Status eben dieser Domäne in der wirklichen Ge­ schichte des Philosophierens. Man muß nämlich mit Verwunderung feststellen, daß es eben diese theoretisch so nebensächliche Problematik ist, der die klassi-

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Kant: Transzendentalismus als epistemologischer Standpunkt

sehe Philosophie der Neuzeit insgesamt den Löwenanteil ihrer gedanklichen Arbeit widmet. Denn die neuzeitliche Philosophie vor Kant beschäftigt sich ja hauptsächlich mit der >>Erkenntnistheorie>unsere>erkennt­ nistheoretische>Er­ kenntnistheorie>ErkenntnistheorieWissen>erkenntnistheoretische>Erkenntnistheorie>Denkens>Seins« auf. Darum ist das Er­ kenntnisproblem in der ganzen klassischen Philosophie des 17. Jahrhunderts so eng mit der rein metaphysischen Problematik der Streitigkeiten um den >>Substanz«-begriff verflochten . Das Wissen versucht hier nämlich vorerst seine besondere >>Natur« zu begreifen, welche in eben jener rätselhaften Ober­ einstimmung des Wissens mit seinem G egenstand zum Ausdruck kommt. Und das Wissen tut es auf möglichst einfache Weise: indem es nämlich seinen natür­ lichen >>Ort« in der absoluten G anzheit des Seins aufzufinden und dadurch so­ wohl sich selbst, wie auch seinen notwendigen Bezug auf den Gegenstand in der metaphysischen Struktur der Wirklichkeit selbst zu begründen glaubt. Diese eigenartige >>Substanzialisierung« der ganzen Sphäre des Wissens bildet somit eine besondere Form, in der für die Philosophie des 17. Jahrhunderts die ontologischen Dimensionen des Erkenntnisproblems erscheinen. Mit anderen Worten - um die oben eingeführten Termini anzuwenden: es kommt darin die Tatsache zum Vorschein, daß für jene Philosophie die Fragen nach der episteme selbst mit denen nach dem G anzen der epistemischen Relation noch unzertrenn­ lich verbunden sind. Denn es handelt sich hier stets vor allem um die >>Seins­ mäßige« Natur und G rundlage der Erkenntnis als eines Verhältnisses zwischen dem Denken und der Wirklichkeit, um das metaphysische Fundament dieses Verhältnisses, wodurch die beiden wichtigsten Eigenschaften der Erkenntnis: ihre Allgemeingeltung und ihre unbedingte objektive Gültigkeit, erst begrün­ det und zugleich garantiert werden könnten. Selbstverständlich wurde dieses Fundament selbst sehr unterschiedlich gedacht und bezeichnet. Mag es der G ott von Descartes oder Malebranche, die Substanz von Spinoza, die prästabi­ lierte Harmonie von Leibniz oder gar die Materie von Hobbes und schließlich die menschliche Natur von Locke sein, stets übt es unter dem G esichtspunkt, der uns hier interessiert, dieselbe theoretische Funktion aus: es weist auf den ursprünglich ontologischen Horizont der Frage nach dem Wissen in der neu­ zeitlichen Philosophie hin . Es weist darauf hin, ohne es jedoch explizit auszusprechen . Das Eigentümliche jener klassischen Metaphysik der Erkenntnis besteht gerade darin, daß sie die Frage, die sie tatsächlich zu beantworten versucht, überhaupt nicht zu stellen vermag. Es ist eine Folge der inneren Struktur ihres ganzen Theoriefeldes: diese Struktur verursacht nämlich, daß die ontologische Intention sich hier nur in >>substanzialisierter« , d . h . eben in metaphysischer Form verwirklichen kann. Dies aber deswegen, weil das erkennende Denken die seinsmäßigen Grundlagen seiner Übereinstimmung mit dem erkannten G egenstand auf der­ selben Ebene des unmittelbar epistemischen Wissens sucht, auf der es selbst als das einen G egenstand erkennende Denken tatsächlich wirkt. Diese grundsätz­ liche >>Eindimensionalität« eines solchen Denkens macht es ihm unmöglich, die ontologische Problematik des Wissens richtig zu erfassen und auszudrücken,

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Kant: Transzendentalismus als epistemologischer Standpunkt

und läßt sie nur indirekt als Kryptoproblema tik 1 der Fragen nach so oder so defi­ nierten »Substanzen>Attributen>Verkehrs>Denkens>Sein> Sein>Gegenstand>Erkenntnis>SeinKryptoproblemsDie Kryptaprobleme und der Hi­ storismus>PseudoproblemErkenntnistheorie>erkenntnistheoretischen>Erkenntnistheorie>Metaphysik>erkenntnistheoretische>kritische>Subj ektive>Substantialität>Wissen« selbstbewußter wird und sich vom >>Sein>Entrnetaphysierung>Erfahrungs«-begriff einer merkwürdigen Subjektivierung, die wiederum vor allem eine >>EntsubstantialisierungGegenständen>Naturordnung>Erfahrung>Empfindungen>Wahrnehmungen>Erkenntnistheorie>Wissens>Seins>objektivLogizismus>reines>apriorischen>Vernunfterkenntnis>synthetischen>Analyse>realen>Erkenntnistheorie>more geometricO>Vernunfter­ kenntnis«, die jedoch in Anbetracht ihrer Wahrheit und Gewißheit den in der Mathematik und Naturwissenschaft geltenden Forderungen einer echten Wis­ senschaftlichkeit entspräche . Auf diese Weise wird die denkende >>Vernunft«, indem sie die Wesensart ihrer eigenen wissenbildenden Handlungen und Ver­ fahren immer genauer analysiert, sich ihres durchaus >>subjektiven« Charakters immer deutlicher bewußt: sie erkennt nämlich ihre eigene Zufälligkeit und Äu­ ßerlichkeit gegenüber jedem durch sie gedachten >>Sein « . Die Divergenz zwi­ schen dem rein logischen >>Erkenntnisgrund« und dem >>Realgrund« der objek­ tiven Kausalität; die Unableitbarkeit der empirischen Inhalte aus der rein for­ melle:\ Analyse oder Konstruktion irgendwelcher Begriffe; die unaufhebbare Irrationalität des Konkreten und >>Gegebenen«; mit einem Wort: die nicht hin­ tergehbare Grenze, die die Bedingungen des Gedachtsein eines Dinges von de­ nen seines tatsächlichen Daseins trennt - dies sind die wichtigsten Momente des durch diese Strömung entwickelten neuen, radikal >>entsubstantialisierten« (d. h. um seine ursprüngliche S tütze und Verankerung im >>Sein« selbst ge­ brachten) Selbstverständnisses des erkennenden >>Denkens « . 3 Es kommt hier gleichsam zur Selbstzerstörung der ganzen Tradition des klassischen Rationa­ lismus: der >>Vernunft«-begriff büßt seinen ursprünglichen metaphysischen Sinn genau in dem Maße ein, als er zum Gegenstand einer souveränen >>er­ kenntnistheoretischen« Reflexion wird, und diese Reflexion selbst, indem sie die >>Erkenntnis« von den >>Dingen« und das >>Subjekt« vom >>Objekt« nunmehr sorgfältig trennt, verbleibt am Ende ausschließlich beim ersten G lied dieser Trennung. Die vorher in der Ontologie der >>Vernunft« enthaltene philosophi­ sche Problematik des Wissens wird damit zur Ebene der Fragen nach den Wir­ kungsprinzipien des subjektiven >>Erkenntnisvermögens« eines menschlich­ endlichen Wesens herabgesetzt. Der metaphysische Rationalismus von Des­ cartes und Leibniz geht in eine >>Theorie derVernunfterkenntnis« über, die ihre eigene - jetzt schon notwendigerweise untergeordnete - Stelle eines >>Wissens vom Wissen«, im Gegensatz zum Wissen schlechthin, d . i. zur Theorie der Ge­ genstände selbst, einnimmt. Kurz gesagt: die G rundstruktur des epistemi­ schen Feldes der Theorie tritt erst hier ganz offen und in ihrer reinen Gestalt hervor. 3 . Diese rationalistische Strömung der vorkantianischen Philosophie in Deutschland wurde vom Verfasser an einem anderen Ort ausführlicher behandelt. V gl. M. J. Siemek: >>Racjonalizm i naturalizm w filozofü niemieckiego Oswiecenia>SeinWissens>Vernunft>Sein>gefühltempfunden>Wahrgenommen>seinsmäßige>Idee>SubstanzialitätSubjektivität>Erkenntnistheorie>Sein>Wissen>Tatsachenerkenntnistheoretische>Erkennt­ nistheorieSeinS>metaphysische>Erkenntnis>G egenstandes>Erkenntnistheorie>Erkenntnistheorie>Erkenntnistheo­ rie>Erkenntnis­ theorie>psycho-physiologischen Erkenntnistheorie>erkenntnistheoretischen>Erkenntnistheorie>Erkenntnistheorie« verwandelte, erweist sich nun für diese >>Erkenntnistheorie> Erkenntnisvermögen>Vernunft>Erfahrung>reinen Vernunft>reinen Erfahrung>Erkenntnistheorie>Erkenntnistheo­ rieAllge­ meine>Erkenntnistheorie>domänenhaft>Elementen>Vermögen subjektive>Obj ektivismus>ver­ nünftiger NaturErkenntnistheorie>menschlichen Natur«, d. i. in der ethischen Ordnung der >>Freiheit«, >>G lück­ seligkeit>Tugend>Erkenntnistheorie« gegenüber dem we­ sentlichen philosophischen Sinn des Erkenntnisproblems zum Ausdruck. Nun aber bildet eben diese gedankliche Krise, in welche die ganze Philoso­ phie des 18. Jahrhunderts nicht zuletzt durch die >>Erkenntnistheorie>Paradigmas« . 6 Dies ist bereits aus der äußeren Form der Hauptfrage ersichtlich, die der eigentlich kritischen Philosophie von Kant zugrunde liegt. Bekanntlich betrifft diese Hauptfrage die Möglichkeit der >>synthetischen Urteile a priori>Nicht-Problem>Nicht­ Problem>The Structure of Scientific Revolutions« ausführlich beschrieben wurde . So kommt hier zu­ erst die Phase der Anhäufung von Krisensymptomen vor (in unserem Fall zeichnet sie sich auch im vorkritischen Denken von Kant selbst sehr deutlich ab), wo sich der ganze bestehende B egriffsapparat (das >>Paradigma>Paradigmas« selbst: aus einer einheitlichen und allgemein anerkannten Theorie verwandelt es sich in eine lockere und ziemlich in­ kohärente Vielfalt von Teiltheorien, deren jede noch nur eine besondere G ruppe oder Seite der erforschten Erscheinungen zu erklären versucht, während keine imstande ist, das G anze zu erfassen . Und schließlich die Endphase: der radikale und vom G esichts­ punkt der bestehenden Theorie aus diskontinuierliche Umbau der ganzen Denkperspek­ tive, in der diese Erscheinungen >>gesehen« werden, d . h. die Bildung eines neuen Para­ digmas, wodurch das alte gänzlich verdrängt und ersetzt wird . Man muß j edoch beden­ ken, daß bei einer philosophischen Revolution - und das ist mit der Kantischen der Fall ­ die Anwendung dieses Modells sich auf die äußere, rein formelle Struktur des beschrie­ benen Vorgangs beschränkt, da das Modell selbst die wesentlichen Unterschiede des In­ halts außer acht läßt, welche zwischen der Wissenschaft und der Philosophie überhaupt, insbesondere aber einer Philosophie, die das Problem des Wissens (auch in der Wissen­ schaft) zu ihrem Hauptgegenstand macht, bestehen.

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Kant: Transzendentalismus als epistemologischer Standpunkt

bedingt und konstituiert, wodurch denn auch jedes » Sehenerkenntnis­ theoretischen>reine>Erkenntnistheorie>Erkenntnistheorie>Wissenschaft>Undenkbar>Bedingungen der Möglichkeit dieser UnmöglichkeitmetaphysischenerkenntnistheoretischenEpistemologie>epistemologisch>Erkenntnistheorie>erkenntnistheoretisch>Erkenntnistheorie>Prolegomenagesehen>Erkenntnistheorie>Erkenntnistheorie>gewußten>Erkenntnistheorie>ontischen« Form dar­ stellt, d. i. in seinem unmittelbaren faktischen Dasein als einfache episteme, so wie diese episteme ihrerseits selbst eine Theorie eines >>Ontisch>meta-epistemisch« genannt werden, etwa in dem Sinne, wie die heutige Wissenschaftstheorie das Begriffspaar >>Theorie - Metatheorie>Methodologie>Üntik>Teilbereichs>Erkenntnistheorie>Seins« als solcher. Man sieht sogleich, daß eine solche Reflexion unmöglich ist, ohne über die gegebene - eben die >>ontische>erkenntnistheoreti­ schen>Gegenstand>Erkenntnis>Ding>G egenstand>Transzendentalphilosophie>kriti­ sches>anti-dogmati sche>Kritik>System>WissenschaftKritik>Systemmethodischen ZweifelnsWie>Was>Kritik>kritische>Systems>System>Transscendental-Philosophie>Doctrin>nur transseendentalen Kritik>Planes>architektonisch, d. i. aus Principien, entwerfen soll, mit völliger Gewährlei­ stung der Vollständigkeit und Sicherheit aller Stiicke, die dieses G ebäude aus­ machen>Transscendental-Philosophie>die Pro­ pädeutik zum System der reinen Vernunft>alles, was die Transscendental-Philosophie ausmacht, und sie ist die vollständige Idee der Transscendental-Philosophie>Transzendentalphilosophie>Allein reine Vernunft ist eine so abgesonderte, in ihr selbst so durch­ gängig verknüpfte Sphäre, daß man keinen Theil derselben antasten kann, ohne alle übrigen zu berühren, und nichts ausrichten kann, ohne vorher j edem seine Stelle und seinen Einfluß auf den andern bestimmt zu haben ( . . . ) Daher kann man von einer solchen Kritik sagen, daß sie niemals zuverlässig sei, wenn sie nicht ganz und bis auf die mindesten Elemente der reinen Vernunft vollendet ist, und daß man von der Sphäre dieses Vermögens entweder alles, oder nichts bestimmen und ausmachen müsse . >Kritik>erkennt­ nistheoretischen>reinen Vernunft>Kritik>System>DomäneGebiet>Wissen-vom-WissenErkennt­ nis der Erkenntnis«, mit der Erkenntnis selbst, mit dem >>Wissen-vom-Gegen­ standSeinsSein>WissenSeins>Wissen­ schaft der Erkenntnis>Wissenschaften der Wirk­ lichkeit selbst>Bedingungen" der Möglichkeit>rationellen>Me­ taphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können>erkennt­ nistheoretisch>methodologisch>reine Mathematik>reine Naturwissen­ schaft>Transzendentalphilosophie«

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mit ihrer sinnlich-begrifflichen Schematisierung gegeben ist. Von diesem Standpunkt aus ist die Kritik eine philosophische Theorie der Empirizität als einer ganzheitlichen Seinsform. Aber die Ontologie macht hier auch den End­ punkt und das eigentlich e Ziel der Kritik aus. Denn dieselbe ontologische Be­ schaffenheit der Welt, die der Wissenschaft ihre unantastbare Geltung gibt und garantiert, entscheidet zugleich über die völlige Vergeblichkeit aller Bemühun­ gen der herkömmlichen Metaphysik in Hinblick auf die Erkenntnis . Diese Ver­ geblichkeit folgt j edoch keineswegs aus der Ohnmacht der Metaphysik selbst, sondern daraus, daß die Wesensart und Natur einer der Erkenntnis zugängli­ chen Welt durchaus unmetaphysisch ist. Demnach widerlegt Kant auf einmal die Metaphysik und begründet die moderne Wissenschaft, gerade dadurch, daß er das zutiefst Problematische an den Grundlagen der ganzen empirischen Welt als empirischen enthüllt. Die >>Grenzen unserer Erkenntnis«, die durch die Kritik gezogen werden, sind zugleich ontologische Grenzen einer gegenständ­ lichen Wirklichkeit, die unwesentlich, endlich, seinsmäßig unselbständig ist. Die Metaphysik kann also durch die Kritik nur darum widerlegt werden, weil die letztere selbst eine Ontologie ist. 13 Dies bedeutet jedoch, daß sie jene kei­ neswegs einfach >>Widerlegtmetaphysischen>metaphysisch>MetaphysikErkennt­ nistheorieVernunft­ kritik> Domänentranszendentalen Logik>realen Denkens>ursprünglichen Vorstellens>GrundsatzKritik>Philosophie aus einem Stück>rhapsodische>Grundsatz>Kritik Satz des Bewußtseins>Satz der Bestimmbar­ keit>Einzig-möglicher Standpunkt, aus welchem die critische Philosophie beurtheilt werden mußBestimmung>Standpunkts­ lehre> Grundsätzen>Elementen>Kritik> Stand­ punkts>Erkenntnistheorie> Standpunkts>Bewußtseinsphiloso­ phie>freien Tätig­ keit>Einzig möglichen Standpunkt>WissenschaftslehreWissenschaftslehre>Wilhelm Meister> Wissenschaftslehre>B riefen über die ästhetische Erziehung des Menschen>Wissenschaftslehre>Protheus>W . L > W. L. >W. L . «, und erst sie, als ein ganzheitlicher und völlig konsequenter Versuch, die philo­ sophische Problematik Kants in ihrem eigenen Theoriefeld, d. i. dem des epi­ stemologischen Denkens, zu erkennen und systematisch weiterzuentwickeln. Und gerade als einen solchen Versuch beabsichtigen wir auch, diese Philoso­ phie im folgenden darzustellen . Fichte ist also als der erste nachkan tianische Philosoph im eigentlichen, weil theoretischen Sinn dieses Ausdrucks anzusehen . Denn es ist erst sein Denken, in dem die Ebene selbst der transzendentalen Reflexion samt der eigenartigen G estalt ihrer Problematik adäquat wiedergefunden wird. Erst bei ihm wird die >>erkenntnistheoretische« Struktur der Kant-Rezeption aus ihrer ersten Phase endgültig zerbrochen . Das epistemische Problem der Erkenntn is - ihrer Quel­ len, Methoden, >>Vermögen« , >>Elemente« usw. - nimmt hier schon unwiderruf­ lich die durchaus epistemologische G estalt eines Problems des Wissens als sol­ chen an: d . i. als einer absolut ursprünglichen sinnbildenden Form, in der die gesamte Welt der >>Erkenntnis« bzw. der subj ektiv-objektiven >>Erfahrung«, und zwar als ein G anzes betrachtet, die wirkliche G rundlage ihrer Bedeutung und ihres ganzen Seins hat. Die Philosophie wird also hier, erstens und vor al­ lem, zum Bestreben, jenes Ganze der >>Erfahrungswelt« eben als Ganzes ver­ stehend zu erfassen: sie wird zu einer Ontologie der epistemischen Wissens­ und G egenständlichkeitsformen, zur >>Wissenschaftslehre« . Hier setzt Fichte die Kantischen Analysen der >>Erfahrungswelt« in ihrer inneren Struktur einer­ seits, und in ihrer >>äußeren« ontologischen Stellung andererseits einfach fort. Daher stammt auch die ursprüngliche Bedeutung des Ausdrucks >>Wissen­ schaftslehre« selbst. Unter diesem Ausdruck ist zunächst, und wörtlich, eine >>Lehre von Wissenschaft« zu verstehen, und zwar von >>Wissenschaft« im Sinne Kants: nämlich als theoretisch-empirisches Wissen aufgefaßt, das im ganzen Bereich der Erfahrungswelt obj ektiv und zugleich allgemein gültig ist. Selbstverständlich wirkt die so verstandene Wissenschaft in jenem Theorie­ feld, welches wir als epistemisch bezeichnet haben. Es ist eine Wissensform,

Rezeptionen und Interpretationen

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die die obj ektive Gültigkeit ihrer eigenen Vorstellungen und Begriffe nicht mehr untersucht noch in Frage stellt, sondern sie von vornherein voraussetzt: denn als Wissenschaft ist sie schon immer ein Wissen-von-Objekten j ener Vorstel­ lung und Begriffe . G anz anders muß dementgegen die Philosophie vorgehen, die in diesem Sinn selber keine Wissenschaft mehr, sondern eine >>Wissen­ schaft der Wissenschaft>denn in ihr [ d. i. in der Philosophie - M . J. S .] wird nicht vorausgesezt, daß unsere Vorstellungen objective Gültigkeit haben; son­ dern dieß wird erst untersucht; in sofern geht die P hilosophie dem Range nach allen Wißenschaften vorher>Vorlesungen über Logik und Metaphysik>höhere>Wissenschaftslehre>Kritik>Akademie-Ausgabe>Sämtlichen Werke>Wissenschaftslehre>gewußten>wis­ senden> Wissen vom Wissen>Meta-Theorie>Erfahrung>Wissenschaft>transzendentale Deduktion der Erfah­ rung>Meta-Epistemologie>Kritik>kritisiertObjekt>Subjektkritisierten>kritisierenden>W . L . >gedachten>denkenden>Erfahrungsweltmetaphilosophischen>absolute WissenPraxis> Wissenschaftslehre>hinzugeben Theo­ rie Wissenschaftslehre« auf der Ebene explizit thematisierter Fragen als das zentralste Motiv nicht mehr vor, aber nur darum, weil die Thematisierung selbst es schon immer und überall voraussetzt, und zwar als ein bereits eindeutig und endgültig gelöstes Problem, als eine Selbstverständlichkeit, die allem von Fichte Gedachten und Gesagten zugrundeliegt Fichte, mag er sich auch direkt dazu äußern, oder es eben als eine Selbstverständlichkeit nur selten und beiläufig erwähnen, philosophiert doch immerhin nach Kant und in Beziehung auf ihn; deshalb erfordert alle Dar­ stellung der Fichteschen Philosophie zuerst eine genauere Analyse eben j ener für sie so wesentlichen Beziehung. Die erste und offenbarste Dimension des Verhältnisses, in welchem die >>W. L . >aufgegebenen>W. L . >Kritik>Entdeckungszu­ sammenhangs>Begründungszusammen­ hangs>historischen>hi­ storische« Kant wird hier verstanden - nämlich als Vertreter eines universellen theoretischen Standpunktes und einer ihm entsprechenden und universellen Problematik, in der sich die neue Struktur und Bedeutung von philosophischer episteme konstituiert. Eben daraus geht die bezeichnende Zweigleisigkeit her­ vor, in der Fichte sein Verhältnis zu Kant auffaßt. Auf der einen S eite hält er nämlich die Kantische Kritik - eben als die erste konkrete Verwirklichung der neuen theoretischen Ebene - für die anfängliche Schwelle allen echten Philoso­ phierens schlechthin . >>Kant verstehen« bedeutet hier genausoviel wie: den ei­ gentlichen Weg der Erkenntnis und Wahrheit erst recht betreten; und umge­ kehrt: die theoretische Ohnmacht und Sterilität der nachkantianischen Philo­ sophie folgt gerade daraus, daß die Kantianer Kant >>überhaupt nicht verstan­ den>recht verstandenen>wahre>historischen>historischen>Geist>Buchstabens>wahren>historischen>Wissenschaftslehre>Ich habe von j eher gesagt, und sage es hier wieder, daß mein System kein anders sey, als das Kan tische: das heißt: es enthält dieselbe Ansicht der Sache, ist aber in seinem Verfahren ganz unabhängig von der Kan ti­ schen Darstellung>Ersten Einleitung in die Wissenschafts­ lehre>Meine Schriften wollen 1 . I, 4, 5 . 184 .

Fichte - Kantianer - Kant

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Kan t nicht erklären, oder aus ihm erklärt seyn; sie selbst müssen für sich stehen und Kan t bleibt ganz aus dem Spiele . >wahren>historischen>W . L . >Kritik>Wissen­ schaftslehre> Wissenschaftslehre annimmt.

Im Kreis der genetischen Täuschung

Beginnen wir mit Erörterung einer allgemein anerkannten Wahrheit: daß Fichte nach Kant als der erste, der >>nächste>Wahrhaft>Wahrheitwahrhaft>aufgenommen>weiterentwickelt>wahrhaft>wahren>Weniger wahren>bessergrößer>Rangs>G röße>großer>größerer>großen>kleinen>G röße>G röße>G röße>Rangs>geschieht>erkenntnistheoretischen>Orthodoxen« Schülern und Kommentatoren des Meisters, die alle auf der Suche nach der » systematischen Einheit« und dem » ersten Grundsatz Aene­ sidemus-Rezension dargelegt. Indem Fichte nämlich die Haupttendenz der Be­ strebungen Reinholds, die Kantische Vernunftkritik durch ihre Ordnung und Weiterentwicklung zu einem vollständigen System der Philosophie >>als stren­ gen Wissenschaft>Elementarphilosophie> Grundbegriffe>ersten Grundsatzes>elementa­ re>Satz des BewußtseinS> Grundsatz>W. L . >Bewußtseins Satz des Bewußtseins> Satz>Lehrsatzerster Satz>Grund- satz>einer evidenten Wissenschaft>Möglichkeit der Philosophie als strenge Wissenschaft> B eyträge . . . Nicht-Ich«) setzt, und erst in diesem Setzen, das zugleich ein Entgegensetzen ist, den tiefsten Grund des Bewußtseins selbst sowie der gesamten subjektiv-obj ektiven Relation des »Vor­ stellens« bildet. 8 Wir sehen also, daß Fichte in j enen beiden Hauptpunkten schon von Anbe­ ginn weit über die >>Elementarphilosophie« Reinholds hinausgeht. Die geneti­ sche Täuschung bewirkt es j edoch, daß dieses Hinausgehen eher eine einfache Kontinuation als ein qualitativer Sprung zu sein scheint. Diese Täuschung wird hier im übrigen durch denseihen Umstand begünstigt, auf den wir im Zusam­ menhang mit Kant schon unten aufmerksam gemacht haben: daß nämlich der neue Horizont des epistemologischen Denkens hier noch sehr oft, sei es auch noch nur mangels einer adäquaten eigenen Terminologie, in den Termini des vorgefundenen Begriffs- und Bedeutungssystems der epistemischen Ebene ausgedrückt werden muß . Gerade so ist es in den frühen >>theoretisch-philoso­ phischen« Schriften Fichtes . Die Gedankengänge, die in Wirklichkeit zur end­ gültigen Zersetzung der gesamten >>erkenntnistheoretischen« Problemstellung (auch in ihrer Reinholdsehen Fassung) führen und wodurch auch die Art, wie das Problem des Wissens im Felde der philosophischen Reflexion überhaupt anwesend ist, radikal verändert wird, kommen hier anfänglich noch in der irre­ führenden Verkleidung einer >>Erkenntnistheorie« vor. Allerdings entsteht die­ ser Anschein um so sicherer, je mehr er durch unsere Erwartungen stillschwei­ gend vorausgesetzt wird, d. h. je mehr wir im Denken Fichtes nach einer konti­ nuierlichen Entwicklung bestimmter Fragen und Motive der verselbständigten >>theoreti schen Philosophie« suchen . Im Rahmen solcher Erwartungen kann man aus scheinbar guten Gründen wohl behaupten, daß die Fichtesche Kritik an Reinhold einen durchaus immanenten Charakter hat und im allgemeinen nur eine Fortsetzung, d. i. höchstens eine Weiterentwicklung oder Ergänzung der Reinholdsehen Position bedeutet. Denn diese Kritik wird im Ausgangs­ punkt tatsächlich so formuliert, als ob sie sich bloß auf den von Reinhold aufge­ stellten >> Grundsatz«, nicht aber auf sein >> System« selbst mit der Gesamtheit der ihm eigenen Problematik bezöge . Fichte ist sich natürlich völlig bewußt, wie sehr er die Fundierung dieses Systems ändert, indem er einen anderen >> Grundsatz« aufstellt. Er ist jedoch nicht immer imstande, es deutlich genug auszusprechen, ja anfänglich vielleicht auch noch nicht so weit, sich dessen ganz bewußt zu werden, wie weitgehende Modifikationen im System selbst durch diese neue Fundierung desselben veranlaßt werden . Auch der neue >>Grundsatz« selbst - das transzendentale >>Ich« mit seiner >>Tathandlung« des Sich-Selbst-Setzens, die allem Bewußtsein und Vorstellen vorausgeht und es bedingt - taucht hier anfänglich als ein durch die Problematik von Bewußtsein 8. Ebd .

Im Kreis der genetischen Täuschung

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und Vorstellen und für diese Problematik gefundenes Prinzip auf. Insofern kann man darin etwa nur eine bisher fehlende zusätzliche Prämisse sehen, die das bestehende System des »erkenntnistheoretischenIch>Nicht-Ich>absoluten SubjektS>absoluten Objekts>Vorstellenden>Vorgestellten>Tathandlung>Tatsache>Aenesidemusweiteres Zurück­ schreiten auf dem von ihm [Reinhold - M . J . S . ] so ruhmvoll gebahnten Wege> U eber den Begriff der Wissenschaftslehre oder so­ genannten Philosophie>er [ der Verfasser, d. i. Fichte ­ M. J . S . ] glaubt den ehrenvollen Platz zu kennen, welchen die Elementar-Philo­ sophie des letztem, bey den weitem Vorschritten, die die Philosophie, an wes­ sen Hand es auch sey, nothwendig machen muß, dennoch immer behaupten wird>Quel­ le>abzuleiten>Ele­ mentarphilosophie>erkenntnistheoretischen>Ding an sich>realistische>Elementarphilosophie>Aenesidemusalten Unfug, der bis auf Kan t mit einem Dinge an sich getrieben wor­ den ist; gegen den selbst dieser, und Rein hold, so wie es wenigstens dem Recen­ senten scheint, sich noch lange nicht laut und stark genug erklärt haben>Realismusskep­ tischen>kritischen>kritischen Idealismus>Ding an sich> daß der Ge­ danke von einem Dinge, das an sich, und unabhängig von irgend einem Vorstel­ lungsvermögen, Existenz, und gewisse Beschaffenheiten haben soll, eine Gril­ le, ein Traum, ein Nicht-Gedanke ist«. 14 Und weiter fügt Fichte noch hinzu: >>Es ist ihr [ der menschlichen Natur - M. J . S . ] vielmehr geradezu unmöglich, sich ein Ding, unabhängig von irgend einem Vorstellungsvermögen, zu denken . >Idealismus>theoretisch-philoso­ phischen>Erkenntnistheo­ rie>idealistischen>Ding>Ding für ein Bewusstsein>Aenesidemus>an sichunsman denkt allemal sich selbst, als Intelligenz, die das Ding zu erkennen strebt, mit hinzu>erkenntnistheoretischen>kritischen« Einstellung selbst notwendig zu folgen, nämlich insofern die letztere von einer rücksichtslosen 12 . I, 2, S . 61 . 13 . Vgl. I, 2, S. 109. Obgleich Fichte hier Maimon zu den >>neuen Skeptikern« zählt, spricht er mit großer Achtung von >>vortrefflichen Maimonsehen SchriftenIdealismus>Ding an sich>Aenesidernus daß alles Nicht-Ich nur fürs Ich sey; daß es alle Bestimmungen dieses Seyns a priori nur durch seine Beziehung auf ein Ich bekomme; daß aber alle diese Bestim­ mungen, insofern nernlich ihre Erkenntniß a priori möglich ist, durch die bloße Bedingung der Beziehung eines Nicht-Ich auf ein Ich überhaupt, schlechthin nothwendig werden: so würde daraus hervorgehen, daß ein Ding an sich, inso­ fern es ein Nicht-Ich seyn soll, das keinem Ich entgegengesetzt ist, sich selbst widerspreche, und daß das Ding wirklich und an sich so beschaffen sey, wie es von jedem denkbaren intelligenten Ich, d. i. von jedem nach dem Satze der Identität und des Widerspruchs denkenden Wesen gedacht werden müsse; daß mithin die logische Wahrheit für jede der endlichen Intelligenz denkbare Intel­ ligenz zugleich real sey und daß es keine andre gebe, als j ene>Lo­ gizismus>Ding an sich>Wissenschaftslehre>subjektiven Ideali­ sten Solipsisten>philosophischen Egoisten>Nach den mündlichen Äußerungen Fich-

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Fichte - Kantianer - Kant

In allen diesen Fragen bleibt j edoch die anscheinende Übereinstimmung, oder auch nur Vergleichbarkeit, des Fichteschen Standpunkts mit den Ansich­ ten und Kontroversen der ersten Kantianer nur eine Täuschung der bloß gene­ tischen Interpretationsweise . Diese Interpretationsweise, da sie eine be­ stimmte Gesamtstruktur des Sinnes in ihrer eigenen Identität und Kohärenz nicht erfassen kann, zerlegt sie j eweils in Bestandteile, die im Rahmen anderer, schon bekannter Strukturen verstanden werden können. Es ist aber ein nur scheinbares >>Verstehen>erkenntnistheoretischen>W. L . >theoretische Beschaffenheit>theoretischen>theoretischenIdealismuS>umgekehrten SpinozismuSKritikenKritik der reinen Vernunft>Kritik der praktischen Vernunft>Kritik der Urteils­ kraft>Kritiken>Kritik der reinen Ver­ nunft> Geschichte>Theorie> Wissenschaftslehre>Kritik der praktischen Vernunft>theoretischen>Aphorismem über Religion und Deismus>Gesetze>Ursachen>Vernunftreli­ gion>DeismusAphoris­ men>a). es ist ein ewiges Wesen, dessen Existenz, und dessen Art zu exi­ stiren, nothwendig ist. - b) . nach und durch den ewigen und nothwendigen Gedanken dieses Wesens entstand die Welt. - c) . j ede Veränderung in dieser Welt wird durch eine zureichende Ursache nothwendig so bestimmt, wie sie ist. - Die erste Ursache jeder Veränderung ist der Ur-Gedanke der G ottheit. - d) . Auch jedes denkende und empfindende Wesen muß also nothwendig so existi­ ren, wie es existirt. - Weder sein Handeln, noch sein Leiden kann ohne Wider­ spruch anders seyn, als es ist. >Deismus>göttlich>Aphorismen>Deismus>im Felde der Speculation unüberwindlich>Z weifelBestimmung des Menschen>Primat der praktischen Vernunft«

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zugleich seine evidente Unzulänglichkeit für das >>HerZ>Gefühl>SpeculationReligion>eine dringende Sehnsucht nach einer VersöhnungSystems>Empfindung>Deismus>Religion>Aphorismen>Evangelium der FreiheitPrimat der praktischen Vernunft>Kritik«, als Philosoph des Willens und der Pflicht, als Entdecker der autonomen Grundlagen einer >>übersinnlichen Welt« von Frei­ heit und Sittengesetz. Hingegen interessiert sich Fichte für den ganzen Pro­ blemkreis der >>theoretischen>Kritik>prakti­ schen>Kritik der reinen Vernunft>Wissen>G lauben>Aphorismen>Der größte Denker des achtzehnten« Jahrhunderts wird hier allerdings nur deshalb gerühmt, weil er >>die Gränze zieht>bei Untersuchung des obj ectiven Wesens G ottes>Kant's Antinomien>theoretischen« Problemkreis der Kantischen Philosophie wird hier also nur auf diejenigen Fra­ gen hingewiesen, die sich direkt nicht auf die Erkenntnis selbst beziehen, son­ dern auf die Grenze zwischen Erkenntnis und Moral und auf ihr Verhältnis zu­ einander. 20. Il, 1 , s. 290-291 . 2 1 . Ebd . , S. 289. 22 . Ebd . , S . 290 .

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Fichte - Kantianer - Kant

Dieses unbedingte >>Primat der praktischen Vernunft>Aphorismen daß ich mich j etzt über Hals und Kopf in die kantische Philoso­ phie würfe, und sichtbar spürte, daß Kopf und Herz dabei gewönnen>Ich werde dieser Philosophie wenigstens einige Jahre meines Lebens widmen; und Alles, was ich, wenigstens in mehreren Jahren von j etzt an schreiben werde, wird über sie seyn . Sie ist über alle Vorstellung schwer, und bedarf es wohl, leichter gemacht zu werden . >dem ganzen G eiste eine unbegreifliche Erhebung über alle irdi­ schen Dinge giebt. Ich habe eine edlere Moral angenommen, und anstatt mich mit Dingen außer mir zu beschäftigen, mich mehr mit mir selbst beschäftigt. >Die Grundsätze derselben sind freilich kopfbrechende Speculatio­ nen, die keinen unmittelbaren Einfluß auf' s menschliche Leben haben; aber ihre Folgen sind äußerst wichtig für ein Zeitalter, dessen Moral bis in seine Quellen verdorben ist . >Fol­ gen>Kritik der praktischen VernunftWie traurig die Grundsätze sind, die ich ehedem hatte>Revolution>Primat der praktischen Vernunft>praktischen>praktischen Philosophie>Versuch einer Kritik aller Offenbarung>kantianisch>Kantianismus>Versuch>Kritik der prakti­ schen Vernunft> deduziert>natürlicheNernunftreligiongeoffenbarten>geoffenbarten>Kritik>rein>reinegeoffenbarte>natürlichen« - wird hiermit einer­ seits in Hinsicht auf ihre Faktizität gerechtfertigt; aber andererseits wird sie in Hinsicht auf ihre Prinzipien völlig auf ihren rein moralischen Inhalt zurückge­ führt. Der wirkliche Mensch mit seinem in der Sinnlichkeit tief versenkten Wil­ len findet zwar in einer solchen Religion eine unentbehrliche Vorbereitung zum wahrhaft sittlichen Leben, aber die echte und vollkommen entwickelte Sittlich­ keit macht die Religion überflüssig. So sehen die Schlußfolgerungen der ersten Abhandlung Fichtes aus. Ihre Kantische Herkunft ist offensichtlich und bedarf keines Kommentars. Aber ebenso offensichtlich ist es auch, daß der >>praktische>Primat>theoretischen>Versuch einer Kritik aller Offenbarung>praktischen Vernunft>Theorie des Willens, als Vorbe­ reitung einer Deduction der Religion überhaupt>ersten Grund­ satz« der kritischen Philosophie (insbesondere sind hier die Einflüsse des >>Ver­ suchs einer Theorie des menschlichen Vorstellungsvermögens>Grundsatz>praktischer>Vorstellungsvermögen>Stoff>Die Vorstellung nemlich soll nicht bestimmen, in wel­ chem Falle sich das Subject blos leidend verhielte, - bestimmt würde, nicht aber 3 0 . I, 1, S. 135-153 .

Fichte und das >>Primat der praktischen Vernunft Selbstthätigkeit>Anerkennung einer practischen Vernunft, und was eben das sagt, eines cate­ gorischen Imperativs derselben>theoretische>Vorstellens>dann gäbe es auch gar keinen Willen, die Erscheinungen desselben wären erweisbare Täuschungen, Denken und Wollen wären nur dem Anscheine nach verschie­ den, und der Mensch wäre eine Maschine, in der Vorstellungen in Vorstellun­ gen eingriffen, wie in der Uhr Räder in Räder>Tatsache des B ewußtseins>Grundsatz>und über dieses letzte, einzig allgemeingeltende Princip aller Philosophie hinaus findet keine Philosophie mehr statt>Primat der praktischen VernunftPrincip aller Philosophie>Zurückforderung der Denkfrei­ heit von den Fürsten Europens, die sie bisher unterdrückten>Beitrag zur Berichtigung der Urteile des Publikums über die französische Revolutionreinen>Zurückforderung . . . >Unveräußerlichen Rechten>un­ veräusserlichen Rechte>Beitrag . . . >ge­ sellschaftlichen Vertrags« knüpft Fichte hier natürlich direkt an die Tradition des Naturrechts, insbesondere an das Denken von Rousseau an. Immerhin erhal­ ten diese >>naturrechtlichen>Kritik der praktischen Vernunft>Beitrag . . . >GesetzesNon woher denken wir denn nun dieses Gesetz zu nehmen? Wo denken wir es aufzufinden?« 36 - fragt Fichte . Und er antwortet: >>Ohne Zweifel in unserem Selbst, da es außer uns nicht anzutreffen ist: und zwar in unserm Selbst, in so fern es nicht durch äußere Dinge vermittelst der Erfahrung geformt und gebil­ det wird (denn das ist nicht unser wahres Selbst, sondern fremdartiger Zusaz), sondern in der reinen , ursprünglichen Form desselben; - in unserm Selbst, wie es ohne alle Erfahrung seyn würde. >Ursprüngliche, un­ veränderliche Form unsers Selbst«, da sie >>die ursprüngliche Form der Vernunft an sich ist, und heißt darum Gesezfür Handlungen, die bloß von der Vernunft, nicht von der Naturnothwendigkeit abhängen>und heißt daher Sittengesez>Veräußerlichen« Rechte des Menschen - als diejenigen, die sich auf zulässige (vom Sittengesetz nicht verbotene) Handlungen beziehen - von den >>unveräußerlichen>unveräußerliches> Sozialphilosophischen>Primat der praktischen Vernunft>Moralität>reinen praktischen Vernunft>Legalitäthomo phänomenon>homo noumenonreinenKritik>empirischen>KritikKritik der prakti­ schen Vernunft>Kritik der reinen Vernunft>Zweier Weltentheoretische>praktische>reiner>Freiheit>homo noumenon>Naturrei­ nen Vernunft« gemessen zu werden. Die Politik, als eine von vielen Dimensio­ nen dieser sinnlich-empirischen >>Erscheinungswelt>reinen>reinen>reinen>reinen Vernunft>empirischen> Gründe>Tatsachen>Primat der praktischen Vernunft>Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre> Der geschlossene Handelsstaat> Staatslehre, oder über das Verhältnis des Urstaates zum Vernunftreiche>reinen praktischen Ver­ nunft> politisiert>prakti­ sche Vernunft>rein>Sitten­ gesetzes in mir>Erscheinungswelt>praktischen Vernunft>übersinnlichen Welt> Noume­ nen>Zweier Welten>theoretische>praktischeFichte et Ia Revolution Fran�aiseJakobinis­ mus> noumenalen>phänomenalen>reinen Ver­ nunftCultur heißt Uebung aller Kräfte auf den Zweck der völligen Freiheit, der völligen Unabhängigkeit von allem, was nicht Wir selbst, unser reines Selbst ist . > Diese Cultur zur Freiheit nun ist der einzigmögliche Endzweck des Menschen, inso­ fern er ein Theil der Sinnenwelt ist. >Einigen Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten> Kultur> Sie ist das lezte und höchste Mittel für den Endzweck des Menschen, die völlige Uebereinstim­ mung mit sich selbst, - wenn der Mensch als vernünftig sinnliches Wesen; - sie ist selbst lezter Zweck, wenn er als bloß sinnliches Wesen betrachtet wird>Kultur> Kulti­ vierung>Bebauung>Bildungreinen>höhern geistigen Endzweck der völligen Uebereinstimmung seines Willens mit dem Gesetze derVernunft>Kultur>Bezähmung der Sinnlichkeit>Die Sinnlichkeit soll nicht nur nicht Gebieter, sie soll auch Diener, und zwar ein geschickter, tauglicher Diener seyn; sie soll zu brauchen seyn. Dazu gehört, daß man alle ihre Kräfte aufsuche,

40. 41. 42. 43 . 44 .

I, 1 , 5. 241 . Ebd. , S . 243 . I, 3, 5. 3 1 . I , 1 , 5 . 243 . Ebd . , 5 . 242 .

Fichte und das >>Primat der praktischen VernunftKultur>Bezähmung der Sinnlichkeit>Kultivierung>Vorlesun­ gen>modifici­ ren> Diese Modifikation der Dinge nun, wie sie nach unsern nothwendigen Begriffen von ihnen seyn sollen, ist nicht durch den bloßen Wil­ len möglich, son dern es bedarf dazu auch einer gewissen Geschicklichkeit, die durch Uebung erworben und erhöht wird . >Geschicklichkeit>Kultur>kulturellen>Erfahrung>Wissenschaftslehre>philosophischen>Deduktion>Grundlage des Naturrechtsempirisch- sinnlichen>KritikKritik der praktischen Vernunft>Skeptischen Betrachtungen>Orthodox>unkritische>dem Bestimmen, als freyer Handlung des intelligiblen Ich>dem Bestimm tseyn, als erscheinendem Zustande des empirischen lch>Handeln>Verstehen>psychologischen DramaKraft des spekulativen G enies« und der >>Bestrebungen des moralischen B ewußtseins>G enese und Struktur> spekulativen« Bedürfnisse eines streng theoreti­ schen Denkens (hierher gehören die zahlreichen in ihr vorhandenen Motive des >>absolu­ ten« oder >>genetischen« Idealismus) mit den Forderungen der >>praktisch-moralischen Realität>paradox« ist (B d . 1, S . 375-381), was sich i n der unvermeidlichen Spannung zwischen dem ethischen Aus­ gangspunkt dieser Philosophie und ihrer spekulativen Tendenz zur Bildung eines Sy­ stems ausdrückt. Dementsprechend sieht Kroner den Hauptgegensatz der Fichteschen Philosophie darin, daß der >>ethische Voluntarismus«, der seiner Tendenz nach antisy­ stematisch ist, bei Fichte zum >>Prinzip des Systems>spekulativen Ethik>Spekulativen Logik« (ebd . , S. 392-396) - d . h . des unaufhebbaren Antagonismus

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Fichte - Kantianer - Kant

hen, daß die Philosophie Fichtes auch hier nur als ein >>MittelgliedSpekulativen>ethischen« bedeutet hier nichts anderes als ein Hervorheben ihrer >>vorhegelianischen>nachkantiani­ schen « . 9° Fichte ist hier kein >>Epigon von Kant« mehr, wie die neukantianische Tradition ihn gewöhnlich darstellte, sondern ein noch unreifer »Vorläufer He­ gels«. Und wenn ein solches Bild vielleicht auch nicht so gründlich falsch ist wie der neukantianische Dualismus von >>ethischen« und >>erkenntistheoretischen« Fichte-Interpretationen, entstellt es nichtsdestoweniger wesentlich die wahre G estalt der Fichteschen Philosophie, indem es die innere Einheit ihrer theoreti­ schen Struktur verkennt und sie im Ganzen zum Niveau einer >>Vorstufe>spekulativeren« Systeme von SeheHing und Hegel her­ absetzt. 91 Auch jene >>neuhegelianischen>Vorrang des Ethischen«, zwischen den spekulativ-logischen Forderungen des Denkens (die auf das System als ein begriffliches, in sich geschlossenes G anze hingehen) und dem spekulativ-ethischen Prinzip solches Systems (das gerade die Unerfüllbarkeit j ener Forderungen fordert) -, die von Kroner als >> das tiefste Wesen« der Fichteschen Philosophie angesehen würde (ebd . , S . 395). 90 . A . Philonenko (La liberte humaine dans Ia philosophie de Fichte, Paris 1966) hat ohne Z weife! Recht, wenn er behauptet, daß sowohl Kroner wie auch G ueroult die Philo­ sophie Fichtes noch fast ausschließlich in der Perspektive des Hegelianismus und Neu­ hegelianismus interpretieren, was das richtige Verständnis seines Denkens wesentlich erschwert (S. 24-25 Anm . , S. 8Ch'!1, S. 104-1 05 Anm . ) . 91 . Auf die G efahren dieser Perspektive - wie auch des ganzen Schemas >>von Kant bis Hege!«, das »konstruktiV>neuhegelianisch« ist - hat bereits G . Lehmann hinge­ wiesen (Geschichte der Philosophie, B d . VIII, Erster Teil, Berlin 1953 , S. 19). Auch ist es nicht schwer zu merken, daß die erkenntnismäßige Fruchtbarkeit der neuesten Fichte­ Forschung im großen Ausmaß gerade mit dem allgemeinen Verzicht der Forscher auf je­ nes Schema zusammenhängt, das im übrigen von Hege! selbst erfunden wurde und vor allem seinen eigenen philosophischen Standpunkt ausdrückt. Die überwiegende Mehr­ heit ernsthafter Autoren ist heute darin einig, daß die Deutu-ng der Fichteschen W. L. von j enem seit mehr als einem Jahrhundert sie belastenden >>Hegelianisieren