Die Aufschließung von Differentialinvarianten [Reprint 2019 ed.]
 9783111418988, 9783111054612

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Die Aufschließung von Differential invarianten

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Sitzungsberichte der H e i d e l b e r g e r A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n Stiftung Heinrich Iianz Mathematisch - naturwissenschaftliche Klasse Abteilung A. Jahrgang 1924/25. 11. Abhandlung.

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Die

Aufschließung von Differentialinvarianten Von

Heinrich Liebmann in Heidelberg.

Vorgetragen in der Sitzung vom 24. Januar 1925.

Berlin

Walter

und L e i p z i g

1925

d e G r u y t e r & Co.

v o r m a l s G. J. G ö s c h e n ' s o h e V e r l a g s h a n d l u n g / J. G u t t e n t a g , V e r l a g s b u e h h a n d l u n g / G e o r g R e i m e r / K a r l J. T r ü b n e r I V e i t & C o m p .

Die Aufschließung von Differential invarianten. Die Bestimmung der Differentialinvarianten endlicher kontinuierlicher Transformationsgruppen, ein von SOPHUS L I E nicht völlig durchgearbeitetes Teilgebiet seines großzügigen Programmes, ist durch die Anregungen von Herrn G . P I C K *) ZU einer neuen Differentialgeometrie ausgestaltet worden, und später^ hat Herr G . KOWALEWSKI daraus eine ganz neue Disziplin geschaffen, die sich in lebhaftester Entwicklung befindet.2) Hierzu sollen die folgenden Darlegungen einen Beitrag liefern. Vor allem soll zunächst gezeigt werden, daß ein grundlegender Satz KOWALEWSKI'S, der in sehr allgemeinen Fällen die „Aufschließung" der Differentialinvarianten ermöglicht — so darf seine Leistung mit einem der Chemie entnommenen Gleichnis genannt werden — unmittelbar aus den Hauptlehrsätzen der Loschen Gruppentheorie erfaßt werden kann. Im Anschluß daran wird sich herausstellen, daß die hier zu entwickelnde Methode, mit deren Hilfe die einfachste Schreibung und einfachste Bestimmung der in § 1 näher gekennzeichneten Differentialinvarianten ebener Gruppen geleistet wird, auch die Übertragung auf Gruppen in Räumen höherer Dimension bei geeigneter Auswahl zuläßt. § 1.

Beweis des Kowalewski'schen Fundamentalsatzes.

1. D e r F u n d a m e n t a l s a t z f ü r d i e E b e n e . Herr K O W A L E W S K I hat durch Weiterbildung der Gedankengänge der „natürlichen Geometrie" den wichtigen Satz bewiesen 3 ): Der niedrigsten D i f f e r e n t i a l i n v a r i a n t e einer r-gliedr i g e n G r u p p e von k o n t i n u i e r l i c h e n P u n k t t r a n s f o r m a t i o n e n der E b e n e (r 2) k a n n d i e N o r m a l f o r m g e g e b e n w e r d e n ') G. PICK, Natürliche Geometrie ebener Transformationsgruppen. Wiener Berichte, math.-naturw. Klasse 115, Abt. II A. (1906). S. 1 3 9 - 1 5 9 . r ) G. KOWALEWSKI, Grundlegende Sätze der natürlichen Geometrie ebener Transformationsgruppen. Sachs. Akad. der Wissenschaften, math.-naturw. Klasse 73 (1921). S. 311—326. — Hieran schließt sich eine Reihe weiterer Arbeiten. — Herr ENGEL weist S O P H U S LIE, Gesammelte Abhandlungen V, Leipzig 1924, S. 676 auf die Fortschritte hin, die über die Ergebnisse von LIE im Gebiet der DifFerentialinVarianten hinaus durch PICK und KOWALEWSKI erreicht worden sind. ') A. a. 0. S. 315. 1*

HEINRICH

LIEBMANN:

wenn d i e (r —2)-mal e r w e i t e r t e G r u p p e in d e n K o o r d i n a t e n (l) X

dy d t / "

'iJ'y

(r-2)

/'

y

2

dxr-2

d e r E l e m e n t e e,.2 t r a n s i t i v i s t . Dieser Satz steht im Vordergrund; daß sich dann



d t i

t

-

,/)2 G/(1>+¡O"

Deutet man und y als Koordinaten einer Geraden, wobei x (, A, B) = c.

Dann ist also Su~r ÖA ' du ^ SB ' du (u = x,y,z, Multipliziert man (4) mit — ^

••

und (5) mit —

so kommt die an-

gestrebte Gleichung (8) Vt(n=

U™ ( f ) — (A ßu+B

yu) l^-{Aß2i+B

y.H) g = 0.

Es gibt 2 r + 1 Gleichungen und die Anzahl der unabhängigen Veränderlichen beträgt 3 + 2 ( r - l ) + 2 = 2 r + 3. Auch bilden die Gleichungen ein vollständiges System, denn es wird

( T o = ( u r ur]) - { A u r y») - ^r ^ - ^ ^oj +B (lT] (rn) - ur {ßu) + - (n rik)} u ]

~{a(

u r > ( ß u ) - i/, (M) (ßti) - (A

- (ßz ßih)

oder nach (2) und (8) (TO

- *, uK ' des Kurvenelementes (»•—l)-ter Ordnung transitiv ist, drei Invarianten niedrigster Ordnung Jr = y(r) A + s{r) B + uw C-\-D, wobei die A, B, C, D nur von den Koordinaten des er l abhängen. (Wie man die Integration der für diese vier Koeffizienten bestehenden Differentialgleichungen möglichst einfach leistet, bleibt noch zu überlegen.) 3. (2r + 2 ) - g l i e d r i g e G r u p p e n ( r > 2 ) . Es scheint fast, als ob sich eine „Normalform" für die niedrigste Invariante t, - „(D „W ,.« -W^ JT —(~ ) T—v >y>">y schwer festlegen läßt. Vorläufig mag daher die Angabe eines Teilergebnisses genügen. Einige bekannte Gruppen, darunter auch die zehugliedrige des linearen Komplexes, lassen die Normalform + 2ywA13

+ 2/r)A23

+

A33

14

HEINRICH

LIEBMANN:

zu. Geht man von der Annahme aus, daß bei der zu untersuchenden Gruppe diese Normalform zulässig ist, so findet man leicht für die drei ersten Koeffizienten aus durch Aufspaltung die Gleichungen

v™

( ¿ 1 2 ) + A i ß»t+A*

( r « + ß » < ) + A * r u = o,

^ V « )

ß2i +2ASS

y2i-().

Die Zahl dieser Gleichungen beträgt

6r + 6, und sie sind homogen iu 3 • (1 + 2 r + l ) = 6 r + 6 Größen, den A n , A 1 2 , A22 und ihren Differentialquotienten. Solange die Bedingungen für das Verschwinden der Determinante nicht genauer festgestellt sind, kann man also nicht behaupten, daß sie formal verträglich sind. Im übrigen können die Gleichungen auch hier wieder durch ein System

vt(f)= ff1'(0~ 2(Anßu+a - (Ai

h i+A

2

1 2 r i i )

(y*i + ßu)+A*

¿L

7h) u [

2

ersetzt werden, bei dem sich leicht die Beziehnung nachweisen läßt. Indessen, wenn die Gleichungen linear unabhängig sind, so gibt es nur 3 -j- 2 r 1 — 2 ?• — 2 = 2 unabhängige Lösungen

f i {

x

U

y ,

> y > ^ \ A v A 2 > A 2 ) ~ ci

aus denen sich A n , A 1 2 , A22

~(r"1)> A

v

A

v

A z )

=

v

nicht bestimmen lassen. —

Nehmen wir jetzt einmal an, die Bestimmung der A n , A 1 2 , A22 sei möglich, so würde sie nur Quadraturen erfordern, ebenso die daran zu schließende der A1S, A23, A33 aus den leicht aufzustellenden Bedingungen

U . (' - 1> ( A 1 3 ) + A n ß 3 i + A 1 2 r 3 i + A ] n / ; , . . ; - A

2

3

O ,

Die Aufschließung von Differentialin Variante».

ur\A

15

23 ) + A12 ß3i+Ä22 7Si +Ä13 ß2i+A23 Yat = 0>

Vr\Ass) +2Anßsi + 2A23r3i=0, wenn diese Gleichungen verträglich sind. Die 2 mal ( 2 r + 2) Gleichungen der ersten und zweiten Zeile sind verträglich und bestimmen A13 und A23 durch Quadraturen, sobald die An, A12, A22 bekannt sind, A33 wird dann durch eine letzte Quadratur gefunden. Selbstverständlich kann die Verträglichkeit durch Elimination und Differentiation festgestellt werden, aber die Entscheidung würde doch unbequeme Rechnungen erfordern. Als nichttriviales Beispiel soll hier nochmals die zehngliedrige Gruppe des linearen Komplexes namhaft gemacht werden, deren niedrigste Differentialinvariante J j tatsächlich vom zweiten Grad in y ^ und 2(4) ist und bei deren Bestimmung man wieder (vgl. § 1, 4) ein gemischtes Verfahren bevorzugen wird. #

Man erkennt, daß hier noch viel zu tun ist, wobei zugleich einleuchtet, wie die ureigenen Gedankengänge von SOPHDS L I E so durchgebildet werden können, daß sie den neuen Aufbau tragen helfen, dessen Entwurf und weitgebende Ausführung wir Herrn G. K O W A LEWSKI verdanken.

Nachträgliche Bemerkungen. 1. Zu Seite 6, Zeile 5 u. 6 von oben und Seite 10, Zeile 7 bis 6 von unten. An beiden Stellen ist ein für jeden Kenner der LIE sehen Theorie sofort zu verbesserndes Versehn untergelaufen, auf das mich Herr G. K O W A L E W S K I gütigst aufmerksam gemacht hat. Es handelt sich selbstverständlich nicht um Funktionaldeterminanten, sondern um G r e n z w e r t e von Funktionaldeterminanten. Auf Seite 6 z. B. ist gemeint =

=0 l

..

tf) )

HEINBICH LIEBMANN: Die Aufschließung von Differentialin Varianten.

wobei unter y = y +t1r

] l

+

+tr%-1"

-

' • .

die Reihenentwickelungen für die endlichen Transformationen Gruppe zu verstehen sind. Also ist zu schreiben: „die LiEsche Determinante i

t

(1)

( r - 2 )

; ZiViVi A t

Sr Vr Vr

vi

(1)

••

i

der

»

\

(r-2)

%

was auch aus dem ganzen, trotz des Versehns sofort erkenntlichen Zusammenhang hervorgeht. Ebenso ist auf Seite 10 zu schreiben: „die LiEsche Determinante erster Art ¿(e,-i)=



. . . . ! . £

g

2r + t

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