Die Ruinen von Side [Reprint 2012 ed.] 9783111508597, 9783111141336

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Die Ruinen von Side [Reprint 2012 ed.]
 9783111508597, 9783111141336

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ARIF M Ü F I D

MANSEL

DIE R U I N E N VON SIDE

DEUTSCHES ARCHÄOLOGISCHES ABTEILUNG

INSTITUT

ISTANBUL

DIE R U I N E N VON SIDE VON

ARIF M Ü F I D M A N S E L

1963

W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. VORMALS

G.

J.

GÖSCHEN'SCHE

VE R L A G S B U C H H A N D L U N G · G E O R G

BERLIN

VE RLAC S H A N D t U N C R E I M E R • KARL

J. T R Ü B N E R

J.

GUTTENTAG

. VEIT & COMP.

MIT 157 ABBILDUNGEN, 1 KARTE UND 1 FALTPLAN

(c) 1963 by Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 (Printed in Germany] Archiv-Nr. 3140631 Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Satz und Druck: Otto von Holten, Berlin 30

INHALT

I. Lage und Geschichte der Stadt

ι

II. Die Stadtanlage

17

III. Die Befestigung

27

IV. Der Hafen

43

V. Die Wasserleitung VI. Das Nymphaeum und die Wasseranlagen innerhalb der Stadt .

49 .

VII. Die Tempel VIII. Die Agora IX. Das Gebäude mit dem Kaisersaal

53 77 97 109

X. Das Theater

122

XI. Die Thermen

143

XII. Die Häuser

157

XIII. Die byzantinischen Bauten

163

XIV. Die Nekropole

173

XV. Die Erforschung der Ruinen von Side mit bibliographischem Anhang Abbildungs Verzeichnis

189 195

I. LAGE U N D GESCHICHTE DER STADT

'Pamphylia' hieß im Altertum die zum heutigen Viläyet (Provinz) Antalya gehörige Küstenebene, ungefähr in der Mitte der Südküste Kleinasiens gelegen, die im Westen und im Norden vom Taurusgebirge, im Osten vom Flusse Melas (Manavgat gayi) und im Süden vom Mittelmeer, das hier eine tiefe, in das Festland einschneidende Bucht bildet, begrenzt wird 1 . Dieses flache, an manchen Stellen in mehreren Terrassen vom Taurus nach dem Meere abfallende Land ist wegen seiner geopolitischen Lage und seines fruchtbaren, von vier wasserreichen Flüssen (Katarrhaktes = Düdensu, Kestros = Aksu, Eurymedon = Köprü cay, Melas = Manavgat gayi) durchströmten Bodens seit den ältesten Zeiten von Menschen bewohnt worden. Schon früh haben sich hier größere Städte gebildet, die als politische Gemeinwesen nach Art der griechischen 'Poleis' lebten, miteinander rivalisierten und nie zu einem dauernden Bund oder selbständigen Staat sich zusammengeschlossen haben. Diese Städte sind von Westen nach Osten: Attaleia (Adalia, Antalya), Perge (Aksu nahiyesi oder Murtuna), Sillyon (Yanköy hisari oder Asarköy), Aspendos (Bellas) und Side (Eski Antalya, Selimiye). Die Bevölkerung lebte von Ackerbau, Viehzucht, Fischfang und vor allem von Seefahrt und Seehandel. Die wichtigste und bis zur Gründung Attaleias durch den Pergamener König Attalos II. (159—138 v. Chr.) einzige Hafenstadt dieser Gegend ist Side gewesen. Die Stadt befindet sich auf einer etwa 1 km langen und durchschnittlich 350—400 m breiten Halbinsel, die sich gegen Südwesten vorstreckt und die Einförmigkeit des von Dünen umgebenen flachen Strandes östlich vom Eurymedon unterbricht (Abb. 1). Diese Lage der Stadt wird vom römischen Historiker Livius (XXXVII23) als ein »Vorgebirge, das von Side in die See vorspringt« (piomuntuiium quod ab Sida prominet in altum) vortrefflich charakterisiert. Side ist von Antalya in Luftlinie etwa 60 km, vom Flusse Melas etwa 7 km entfernt. Der untere Teil der Halbinsel besteht aus einer harten, dunkelfarbigen Breccia1

Vgl. Karte nach S. 194. 1

schicht, deren zackige, vom Meere tief durchwühlten Ränder am Gestade überall zum Vorschein treten. Darüber liegt eine ziemlich dünne, an manchen Stellen stark sandhaltige Erdschicht. Die frühesten Zeiten von Side liegen noch völlig im Dunkeln. Die Stadt wird vom Geographen Strabon (XIV 667) als eine Kolonie von Kyme in der Aeolis (Westküste Kleinasiens) bezeichnet. Das Gründungsjahr der Kolonie steht nicht fest; man wird aber wohl das 7. oder 6. Jh. v. Chr. annehmen müssen. Sicher ist jedoch, daß an dieser Stelle eine ansehnliche vorgriechische Siedlung gelegen hat. In der Chronik des Eusebios (4. Jh. n. Chr.) wird als Gründungsdatum der Stadt das Jahr 1405 v. Chr. angegeben. Wenn wir auch dieser zu genauen Angabe kein großes Vertrauen schenken dürfen, so können wir immerhin annehmen, daß Side eine der ältesten Städte des klassischen Altertums gewesen ist. Folgende Beweise können hierfür angeführt werden: Der Name 'Side', der nach dem Lexikon des Hesychius 'Granatapfel' bedeuten soll, ist weder griechisch, noch phönizisch, wie manchmal behauptet wird, sondern gehört der vorgriechischen kleinasiatischen Sprachfamilie an. Side als Stadtname ist sonst auch in Anatolien, so ζ. B. im Pontosgebiet und in der Troas zu belegen. Auch der Kern Sid— kommt in Kleinasien an verschiedenen Orten vor, so ζ. B. in Form von Sidene in Jonien, von Sidene, Siderus oder Sidyma in Lykien. Der Alexanderhistoriker Arrianus (Anabasis I 26,4) erzählt, die Griechen hätten nach ihrer Niederlassung in Side sofort ihre Muttersprache verlernt und angefangen, eine barbarische Sprache zu sprechen, die aber von keinem der benachbarten einheimischen Einwohner verstanden wurde. Diese etwas sonderbar klingende Erzählung deutet vielleicht darauf, daß die ersten Kolonisationsversuche scheiterten oder daß das einheimische Element in Side so stark war, daß die ersten Ankömmlinge die lokale Sprache lernen mußten und daß die Hellenisierung dieser Gegend sehr langsam vor sich gegangen ist. Daß in Side bis in die hellenistische Zeit hinein eine einheimische, vom pamphylischen Dialekt (ein Gemisch von kyprischem und arkadischem Sprachgut mit sporadischen Elementen anatolischer Ursprachen) abweichende, höchst wahrscheinlich auf die anatolische Ursprache Pamphyliens zurückgehende Sprache gesprochen und mit einer eigentümlichen Schrift geschrieben wurde, zeigen außer Münzlegenden, die bis in die archaische Zeit hinaufreichen, zwei Bilinguen-Inschriften (sidetisch und griechisch), die in Side gefunden wurden und in das 3—2. Jh. v. Chr. zu datieren sind (Abb. 2). Ferner sind die Hauptgottheiten der Stadt, Athena und Apollon, für diese Frage heranzuziehen. Daß in den Inschriften Athena immer im Vordergrund steht und daß andererseits diese beiden Gottheiten eng miteinander verbunden sind (vgl. ihre Tempel, die sich dicht nebeneinander beim Hafen befinden), zeigt m. E. deutlich, daß dahinter uralte einheimische Gottheiten stehen. Daß hier Athena mit dem Granatapfel, dem Fruchtbarkeitssymbol, auftritt, läßt sich aus der griechischen Mythologie 3

Abb 2. Bilinguen-Inschrift aus Side nicht erklären. Der Granatapfel ist aber ein Symbol der uralten kleinasiatischen Naturgöttin, die als Anna, Nana oder M ä bezeichnet und von den Griechen mit Kybele oder Artemis gleichgesetzt wird. Daß die Göttin in Side der Athena angeglichen worden ist, beruht vielleicht darauf, daß hier seit den ältesten Zeiten eine bewaffnete Göttin verehrt wurde, wie etwa die Göttin Mä der Städte Komana in Pontos und Kappadokien. Aus der Zeit der Koloniegründung stammt wohl ein Basaltkessel, der bei den Tempeln dicht am Meeresstrand lag und im letzten fahr in das neu eingerichtete Museum überführt worden ist. Er ist innen trichterförmig ausgehöhlt, außen mit einem durchlaufenden Fries von Lotosblüten und Lotosknospen, die durch halbrunde dicke Stengel miteinander in Verbindung stehen, versehen (Abb. 3). Dieser 1,20 m hohe Kessel, der nach seiner Form und seinem Stil dem nordsyrisch-späthethitischen Kunstkreis zuzuschreiben und in das 8—7. Jh. v. Chr. zu datieren ist, bildet das älteste bisher bekannte Kunstwerk aus Side. Uber die ältesten geschichtlichen Ereignisse von Side erfahren wir fast nichts. Hekataios (6. Jh. v. Chr.) soll nach Ausweis des Stephanos Byzantios in seinem Buch »Asia« Side erwähnt und behauptet haben, daß die Stadt ihren Namen von Side, der Tochter des Tauros und seiner Frau Kimolos, erhalten hat, was wohl als eine Anspielung auf die geographische Lage von Side aufzufassen ist. In der frühen Geschichte scheint Side nicht besonders hervorgetreten zu sein 4

Abb. 3. Basaltkessel aus Side

und im allgemeinen das Geschick der Landschaft Pamphylien geteilt zu haben. So gehörte es denn gegen die Mitte des 6. Jhs. v. Chr. dem lydischen Reich, nach dessen Sturz (547/46 v. Chr.) zum Perserreich und nach der Satrapie-Einteilung unter Darius I. der ersten Satrapie. Daß jedoch Side unter der persischen Herrschaft eine beträchtliche Freiheit besessen hat, wird durch die autonome SilberMünzprägung bewiesen, die etwa im Jahre 500 v. Chr. angefangen und bis zur Eroberung der Stadt durch Alexander den Großen gedauert hat (vgl. Abb. 4). Während dieser Periode ist es auffallend, daß die Perser niemals den Hafen von Side als Sammelplatz für ihre Flotte benutzt haben. So fand denn die große Seeschlacht zwischen der athenischen und der persischen Flotte an der Mündung des Flusses Eurymedon statt (vielleicht im Jahre 468 v. Chr.). Auch eine persische Flotte, die dazu bestimmt war, in den Peloponnesischen Krieg einzugreifen, sammelte sich an der Mündung desselben Flusses. Der Grund dafür liegt wohl darin, daß der Hafen von Side, in dieser Zeit gewiß der größte und beste Pamphyliens, für eine Kriegsflotte von etwa 150—200 Schiffen zu klein war. A n der Eurymedonmündung konnten jedoch beliebig viele Schiffe liegen; auch konnten die Schiffe im Notfall an den Strand gezogen werden, wie es im Altertum üblich war. Beim Satrapenaufstand in der ersten Hälfte des 4. Jhs. v. Chr. wurden die pamphylischen Städte, wie Aspendos und Perge, stark in Mitleidenschaft gezogen. Daß aber auch Side, worüber die historischen Quellen schweigen, bei diesen Ereignissen nicht ganz unberührt blieb, wird durch eine in Side geprägte Silbermünze des lykischen Dynasten Artumpara bewiesen (Abb. 5), der wahr5

scheinlich um 730 ν. Chr. hier verweilt und Münzen geprägt hat, um damit seine Söldner, mit denen er die aufständischen Satrapen, die er höchstwahrscheinlich in den nordwestlichen Gebirgszonen von Side bekämpfte, zu bezahlen. Side wurde aber von Alexander dem Großen (334 v. Chr.) auf seinem Asienzug erobert. Die Stadt scheint ohne einen Schwertstrcich ihre Pforten dem Makedonenkönig geöffnet zu haben, was ohne Zweifel das Vernünftigste war. Side ist in der Folgezeit eine der Reichsmünzstätten des Alexanderreiches gewesen, was einige Goldstatere mit Granatapfel beweisen. Nach dem Tode Alexanders des Großen wurde Pamphylien und somit auch Side ein Streitobjekt zwischen den hellenistischen Großmächten. So gehörte denn die Stadt von 323 bis zur Schlacht von Ipsos (30t v. Chr.) zum Reich des Antigonos. Nach einer vorübergehenden Besetzung durch Pleistarchos, der an der Südküste Kleinasiens ein selbständiges Reich gegründet hatte, kam Pamphylien unter die Herrschaft der Ptolemäer (301—218 v. Chr.), wurde aber mehrfach von den Seleukiden angegriffen. Während dieser Zeit ständigen Wechsels der Machtverhältnisse waren die Städte mehr oder weniger autonom und durch Verträge bald mit dem einen, bald mit dem anderen Reich verbunden. Während des ganzen 3. Jhs. v. Chr. begnügte sich Side damit, nur Kupferipünzen zu prägen. In den Jahren 218—189 v · Chr. stand Pamphylien vorwiegend unter seleukidischem Einfluß. Side scheint mit dem Seleukidenkönig Antiochos III. in besonders freundschaftlichen Beziehungen gestanden zu haben. Es folgte daher nicht dem Aufruf des Achaios, der in Südkleinasien ein selbständiges Reich gegründet und wahrscheinlich den westlichen Teil von Pamphylien besetzt hatte, Hilfe gegen die pisidische Bergstadt Selge zu leisten. Nach der Besiegung des Achaios durch Antiochos III. kam Side unter die Herrschaft der Seleukiden; stand doch am Anfang des sogenannten III. Syrischen Krieges, den Antiochos gegen Rom, Rhodos und Pergamon führte, die sidetische Flotte auf Seiten Antiochos III. Vor Side fand im Jahre r