Die Einziehung von Aktien [Reprint 2022 ed.] 9783112685068

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Die Einziehung von Aktien [Reprint 2022 ed.]
 9783112685068

Table of contents :
Inhalt
Abkürzungen
I. Kapitel. Der Wegriff der Einziehung
II. Kapitel. Die Voraussetzungen der Einziehung
III. Kapitel. Die Durchführung der Einziehung
IV. Kapitel. Die Folgen der Einziehung

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Die

Einziehung von Aktien.

Von

Dr. jur. Georg Hirschland Gerichtsreferendar.

Eds

München 1908. I. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier).

St. U Hof. und Univ.-Vuchdruckerei von )liitfle L Sohn In Erlangen.

Inhalt: Sette I. Kapitel. Der Begriff der Einziehung. § 1. Einleitung..................................................................................................7 § 2. Begriffsbestimmung..................................................................................8

II. Kapitel. Die Voraussetzungen der Einziehung. § 3. Allgemeines............................................................................................. 12 § 4. Erwerb der Aktien wieeinPrivatmann............................................... 12 I. Zweckmäßigkeit. II. Geschichte. III. Gesetzliche Regelung. § 5. Statutarischer Vorbehalt der Einziehung............................................ 17 I. Zweckmäßigkeit. II. Geschichte. III. Gesetzliche Regelung. III. Kapitel.

§ 6.

Die Durchführung der Einziehung................................... 23

IV. Kapitel. Die Folgen der Einziehung. § 7. Allgemeines..............................................................................................25 § 8. Einziehung nach den Vorschriften Ü6er die Herabsetzung des Grundkapstals...................................... 26

I. Zweckmäßigkeit. § 9.

II. Geschichte.

III. Gesetzliche Regelung.

Einziehung aus dem Gewinn...............................................................31 I Zweckmäßigkeit. II. Geschichte III. Gesetzliche Regelung.

Abkürzungen: Auerbach = Das Aklienwesen von Auerbach. Frankfurt a. M. 1873. Behrend — Lehrbuch des Handelsrechts von Dr. I. F. Behrend. I. Band. Berlin und Leipzig 1880—1896. Berliner — Schwierige Fälle und allgemeine Lehrsätze der kaufmännischen Buch­ haltung von Manfred Berliner. 2. Ausl. Hannover und Leipzig 1902. Busch — Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handels- und Wechselrechts. Herausgegeben zuerst von F. B. Busch, zuletzt von H. Busch. 38 Bände. Berlin 1863-1888. Brinckmann — Lehrbuch des Handelsrechts von Professor Brinckmann. Heidel­ berg. 1853—1860. Cosack — Lehrbuch des Handelsrechts von Professor Konrad Cosack. 6. Aufl. Stuttgart 1903. Cosack Eigne Aktien — Eigne Aktien als Bestandteile des Vermögens einer Aktiengesellschaft von Prof. Konrad Cosack. Gießen 1907. Denkschrift — Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuchs und eines Einfiihrungsgesetzes in der Fassung der deut Reichstag gemachten Vorlage. Berlin 1897. Endemann — Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts. Heraus­ gegeben von Dr. W. Endemann. Bd. 1. Leipzig 1881. Esser — Die Aktiengesellschaft nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches für das Deutsche Reich vom 10. Mai 1897 von Robert und Ferdinand Esser. 2. Aufl. Berlin 1899. Gareis — Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897. Handausgabe von Prof K. Gareis. 3. Äufl. München 1905. Gareis Lehrbuch — Das deutsche Handelsrecht. Lehrbuch von Prof. K. Gareis. 7. Ausl. Berlin 1903. Gierke — Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung von Otto Gierke. Berlin 1887. Goldmann — Das Handelsgesetzbuch erläutert von Justizrat S. Goldmann. Bd.II. Berlin 1905. Hahn — Kommentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch von Dr. Friedrich von Hahn. Bd. I. 3. Aufl. Braunschweig 1879. Hergenhahn — Das Reichsgesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. Juli 1884. Erläutert von Th. Hergenhahn. Berlin 1891. Holdheim — Wochenschrift, späterMonatsschrift fürAktienrecht, seit 1897 Monats­ schrift für Handelsrecht und Bankwesen, begründet von Dr. Paul Holdheim. I. W. = Juristische Wochenschrift, Organ des deutschen Anwaltvereins. Keyßner — Die Aktiengesellschaften und die Kommanditgesellschaften auf Aktien unter dem Reichsgesetz vom 11. Juni 1870 von Hugo Keyßner. Berlin 1873. Klemperer — Die rechtliche Natur der Genußscheine. Jnaugural-Dissertation von Viktor Klemperer. Halle 1898. Knappe — Die Bilanzen der Aktiengesellschaften von Knappe. Hannover und Berlin 1903.

Leh mann-Ring — Kommentar zum Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich von K. Lehmann und V. Ring. Bd. I (die in Frage kommenden §§ 178 bis 334 bearbeitet von V. Ring) Berlin 1902. Lehmann — Das Recht der Aktiengesellschaften von Dr. Karl Lehmann. Berlin 1898 -1904. Leh mann Lehrbuch — Lehrbuch des Handelsrechts von Dr. Karl Lehmann. Leipzig 1906. Leist Untersuchungen — Untersuchungen zum inneren Vereinsrecht von Dr. Alex. Leist. Jena 1904. Leist Sanierung = Die Sanierung von Aktiengesellschaften von Dr. E.Leist. Berlin 1905. Loewenseld — Das Recht der Aktiengesellschaften von Hermann Loewenfeld. Berlin 1879. Makower — Handelsgesetzbuch mit Kommentar von H. Makower. 13. Aufl. Bearbeitet von F. Makower. Bd. I. Berlin 1906. Molle — Die Lehre von den Aktiengesellschaften und den Kommanditgesellschaften auf Aktien von Kreisgerichtsdirektor Molle. Berlin 1875. Ortmann — Der Genußschein. Jnaugural-Dissertation von W. Ortmann. BornaLeipzig 1903. Petersen-Pech mann — Gesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. Juli 1884 von Dr. Petersen und W. Frhr. v. Pechmann. Leipzig 1887—1890. $ inner = Das deutsche Aktienrecht, Kommentar zu Buch II, Abschnitt III und IV des Handelsgesetzbuches von Justizrat Albert Pinner. Berlin 1899. Pöhls — Das Recht der Aktiengesellschaften mit besonderer Rücksicht auf Eisenbahn­ gesellschaften von Dr. Meno Pöhls. Hamburg 1842. Pr Ö.V.G.S.St. — Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen. Puchelt — Kommentar zum Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch von E. S. Puchelt. 4. Aufl. bearbeitet von Reichsgerichtsrat R. Förtsch. Bd. I. Leipzig 1893. Rehm — Die Bilanzen der Aktiengesellschaften von Prof. Rehm. München 1903. R. G. — Entscheidungen des Reichsgerichts in (Zivilsachen. Ri eher — Die Neuerungen im deutschen Aktienrecht von Justizrat Rießer. Berlin 1899. Renaud — Das Recht der Aktiengesellschaften von Renaud. 2. Aufl. Leip­ zig 1875. Ning — Das Reichsgesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. Juli 1884 erläutert von V. Ring. 2. Aufl. Berlin 1893. N.O.H G. — Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts, herausqeqeben von den Räten des Gerichtshofes. Rudorfs — Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 mit Erläuterungen von O. Rudorfs. Stuttgart 1898. Runkel-Langsdorfs — Die Folgen des Erwerbes eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft von G. Runkel-Langsdorfs. Leipzig 1906. Simon — Die Bilanzen der Aktiengesellschaften von Justizrat Dr. Hermann Veit Simon. 2. Aust. Berlin 1898. Staub — Staubs Kommentar zum Handelsgesetzbuch. 8. Aufl. bearb. von H. Könige, I. Stranz und A. Pinner. Bd. I. Berlin 1906. Staub I — Kommentar zum allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch von Dr. H. Staub. Berlin 1893. Steiner — Ueber den Erwerb und die Amortisirung eigener Aktien. JnauguralDissertation von K. Steiner. Tübingen 1876. Sirey — Das deutsche Handelsgesellschaftsrecht von Alwin Strey. Berlin 1873. Thoel — Praxis des Handelsrechts und Wechselrechts von Dr. H. Thoel. 1. Heft. Leipzig 1874. v. Voelderndorff — Das Reichsgesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. Juli 1884. Erläutert von Dr. O. Frhrn. v. Voelderndorff. Erlangen 1885.



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Wengler — Archiv für zivilrechtliche Entscheidungen der K. &. Justizbehörden, herausgegeben von Wengler. Weyl — Handbuch des deutschen Aktiengesellschaftsrechts Freiburg u. Tübingen 1896.

von Dr. L. Weyl.

Z.H.R. — Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht, begründet von L. Goldschmidt.

Zeitschrift — Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegen­ wart, herausgegeben von Dr. C. S. Griinhut.

I. Kapitel.

Aer Wegriff der Einziehung. § 1. Einleitung. Die gesetzestechnische Bezeichnung „Einziehung" ist noch recht jung. Zuerst wurde sie in dem Reichsgesetz betreffend die Gesell­ schaften mit beschränkter Haftung vom 20. April 1892 (§ 34) ange­ wandt. Das neue Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 (§ 227) hat sich dem angeschlossen. Aber beide Gesetze hielten es noch für notwendig, in Klammern den bisher allgemein üblichen Ausdruck „Amortisation" hinzuzufügen. Während nun zwar die wissenschaft­ lichen Werke, Kommentare wie Lehrbücher, immerhin die Bezeichnung „Einziehung" heute schon anwenden, wenn sie es auch vorziehen, die Einrichtung Amortisation zu nennen, so bleiben doch die kauf­ männischen Lehrbücher *), sowie ganz allgemein die kaufmännische Praxis?) dabei, sich des Fremdwortes zu bedienen. Sicherlich hat die Absicht, die Fremdwörter aus dem Gesetzbuch zu entfernen, den Gesetzgeber dazu geführt, die Einrichtung neu zu benennen. Aber vor allem wird auch das Bestreben maßgebend ge­ wesen sein, sich möglichst eindeutig auszudrücken?). Denn auch die Kraftloserklärung verlorener oder vernichteter Aktienurkunden wird vielfach bei den Juristen und im kaufmännischen Verkehr fast allgemein „Amortisation" genannt, ist aber begrifflich wie praktisch streng von der Einziehung zu unterscheiden und hat nichts mit dieser gemein. Denn bei der Kraftloserklärung handelt es sich lediglich um eine Beseitigung der Urkunden über die nach wie vor bestehenden Anteilrechte, bei der Einziehung dagegen um eine Beseitigung der Anteilrechte41)52 selbst. 3 Weiterhin nennt man bisweilen den Fall, in welchem dem Staat das Recht zum Ankauf von Aktien eingeräumt ist, Amortisation durch den Staats. Auch diese Institution, bei der nur an die Stelle der bisherigen Aktionäre infolge der Macht des Staates dieser zwangs1) 2) Aktien". 3) 4) 5)

Z. B. Berliner, Simon, Leist Sanierung. Diese nennt die Institution, wenn auch nur selten, wohl „Tilgung von Die Bezeichnung „Amortisirung", so Steiner, ist veraltet. Gierke: Entwurf des neuen H.GB. Z.H.R. Bd. 45 S. 493. Makower S. 583. Vgl. Simon S. 223; Knappe S. 73; Wehrend S. 949.

8 weise als Berechtigter der Aktien tritt, hat nichts mit t>er Einziehung gemein*). Dagegen ist ein begrifflicher Gegensatz zwischen Amortisation von Aktien und einem solchen Erwerbe derselben, der zum Zwecke der Vernichtung des Aktienrechtes und gleichzeitig zur teilweisen Rückzahlung des Aktienkapitales gemacht wird, nicht vorhanden. Diese Unterscheidung ist zwar vorübergehend im Anschluß an die Novelle vom Il.Juni 1870 gemacht worben1 2),3 aber schon vom alten Handels­ gesetzbuch aufgegeben worden. In der Tat war sie eine künstliche und nur aufgestellt, um zu einer brauchbaren Auslegung des Art. 215 der Novelle zu kommen, der die Amortisation von Aktien verboth. Auch schon vor der Novelle hatte man in der Wissenschaft beide Einrichtungen unter dem gemeinsamen Namen „Amortisation" zu­ sammengefaßt 4). Zwar wollten die Verfasser des alten Handels­ gesetzbuches 5) den begrifflichen Unterschied bestehen lassen6), erklärten aber in Wirklichkeit die Verminderung des Grundkapitals durch Ver­ nichtung von Aktienrechten mit dem Begriff der Amortisation für durchaus vereinbar und stellten ihn damit auf eine vernünftige Grundlage.

§ 2. Begriffsbestimmung.

Früher stellte man sehr häufigZ als den nächst höheren Begriff, dem die Amortisation unterfallen sollte, die Einziehung von Aktien hin. Daß dies unrichtig ist, bedarf heute keines weiteren Nachweises mehr, da das Gesetz beide Ausdrücke gleichstellt. Als nächst höherer Begriff ist ferner der Erwerb von Geschäfts­ anteilen angegeben worden2). Doch ist dies einmal deshalb un­ richtig2),9 weil ein Erwerb eigener Aktien zur Einziehung nicht not­ wendig ist, dann auch deshalb, weil die Einziehung zwar häufig nach dem Erwerb eigener Aktien geschieht, aber deshalb noch nicht ein solcher Erwerb ist. Aus demselben Grunde ist eine andere Defini­ tion 10), die Amortisation sei ein Rechtsakt, durch den die Gesellschaft 1) Daß Einziehung wesentlich von Knduzieruug verschieden ist, bedarf keiner weiteren Hervorhebung. 2) R.OH.G. Bd. 18 S. 433 vgl. auch Primker bei Endemann S. 612: „Ankauf von Aktien zum Zwecke der Reduktion des Aktienkapitals fällt nicht unter den Begriff der Amortisation, sondern unter den Begriff der teilweisen Rückzahlung des Grundkapitals". 3) Vgl. darüber die eingehenderen Ausführungen in § 4 S. 14 ff. 4) So Pöhls S. 250ff.; Renaud S- 827. 5) Begründung zu einem Entwurf eines Gesetzes betreffend die Kommandit­ gesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften mitgeteilt bei Busch Bd. 44 S. 340 ff. 6) So Ning S. 383. 7) Z. B. Loewenfeld S. 486; Staub I S. 408; Petersen und Pechmann S. 288. 8) Neukamp: Kommentar zum Gesetz vom 24. Februar 1892 S. 93; 9) So auch Wehrend S. 951; Makower S. 583; Runkel-Langsdorfs S. 2. 10) So auch Klemperer S. 4; Weil S. 80; Nehm S. 240; Lehmann Bd. 2 S.138; Goldmann S. 956; Staub S. 767.

9 Aktien mit der Absicht und mit der Wirkung des Unterganges des Aktienrechts erwirbt, unrichtig. Eine Vernichtung des Aktienrechts kann aus verschiedenen Gründen erfolgen z. B. wegen Untergangs der Gesellschaft. Die Einziehung ist eine Vernichtung des Aktienrechtes, durch die eine Verminderung der Anzahl der Aktien be­ wirkt hurti1)2)3)-4 5 Daß die Aktiengesellschaft selbst das Recht vernichtet, braucht deshalb nicht als Begriffsmerkmal ausgenommen zu werden, da ein anderer, auch der Inhaber der Aktien, hierzu nicht imstande ist. Sehr häufig ist behauptet worden, daß die Einziehung begriffs­ mäßig eine Verniinderung des Grundkapitals herbeiführe, doch ist diese Ansicht eine irrige. Die Vertreter der letzteren Ansicht Z gehen von dem Standpunkt aus: das Grundkapital stellt die Summe der Nennbeträge der An­ teilrechte der Mitglieder dar. Werden Aktien eingezogen d. h. An­ teilrechte vernichtet, so ist es selbstverständlich, daß die Summe der Nennbeträge der Anteilrechte sich vermindert. Diese Summe aber ist das Grundkapital. Dieses verniindert sich also notwendigerweise durch die Einziehung von Aktien. Voraussetzung ist der Satz: das Grundkapital ist die Summe der Anteilrechte. Von einer Seite wird geltend gewacht"), dieser Satz erleide gerade bei der Einziehung eine Ausnahme. Doch ist so die Sachlage nur irreführend dargestellt. Der Satz ist vielmehr überhaupt unrichtig, und deshalb dürfen aus ihm keinerlei Folge­ rungen gezogen werden. Zwar ist zuzugeben, daß infolge mannigfacher gesetzlicher Be­ stimmungen in der Regel die Summe der Nennbeträge der Aktien und das Grundkapital sich decken. Aber diese gesetzlichen Bestim­ mungen sind keineswegs selbstverständlich und können deshalb über das Wesen des Grundkapitals keinen Aufschluß geben. Die gesetzlichen Bestimmungen selber haben nicht einmal zur Folge, daß der Satz immer zutrifft. So braucht dann nicht das 1) Daß einige Merkmale der S. 8 N. 7, 8 und 10 angegebenen Autoren nicht begriffsbestimmeud sind, bedarf keiner weiteren Hervorhebung, da dies eine natürliche Folge der Unrichtigkeit des von ihnen angenommenen genus proximum ist. 2) Sehr ähnlich definiert Makower S. 583; „Unter Einziehung von Aktien wird die Vermindernug der Zahl der Anteilrechle durch gänzlichen Fortfall der betreffenden Anteilrechte verstanden". Ähnlich auch Pr.O:V.G.S.St. Bd.X. S. 284. 3) Will man einen Unterschied zwischen Amortisation von Aktien und Amortisation von Aktienkapital machen, wie Berliner (S. 133), so Benennt man zwei ganz verschiedene Dinge mit demselben Namen. 4) So Eck in Holtzendorffs Rechtslexikon Bd. 1 S. 89; Rießer S. 192; Rudorfs ©.181; v. Völderndors S. 516; früher PrO.V.G.S.St. Bd. 1 S. 148ff.; R.G. Bd.49 S. 77 ff. (»gl. S. 18 N. 3) Staub S. 770, dem sich dessen Bearbeiter Pinner angeschlossen zn haben scheint; Leist Sanierung S. 97; Weyl ©. 80; Simon S. 220; Lehmann-Ring S. 457; Goldmaun S. 958; Nehm S. 423 ff.; Knappe S. 71 ff.; Esser S. 80; Ring S. 386. 5) Cosack S. 625.

10 Grundkapital die Summe der Aktiennennbeträge zu decken, wenn die Ausgabe der Aktien zu einem Über-Pari-Kurse erfolgt1).2 3 4 Ferner ist möglich, daß einzelne Beitrittserklärungen sich noch nach Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister als nichtig ergeben, weil z. B. der, welcher seinen Beitritt erklärt hatte, geschäftsunfähig war. Dann ist dieses Mitgliedschaftsrecht nicht ent­ standen, das Grundkapital aber ist das im Handelsregister und Gesellschaftsvertrage angegebene?). Somit ist bewiesen, daß der Grundsatz, von dem die Anhänger dieser Ansicht ausgehen, ein irriger ist. Daher ist weiter nicht auf die Ansicht einzugehen. Merkwürdiger Weise versuchen es nur weniges von den Schriftstellern, die diesen Standpunkt vertreten, ihn zu begründen. Die meisten halten ihn für selbstverständlich und glauben, daß es der Mühe nicht lohne, Gründe für ihn zu suchen, oder gegenteilige Ansichten zu widerlegen. Immerhin ist auch die Zahl derjenigen Schriftsteller, die den eben geschilderten Standpunkt für irrig halten, eine recht beträcht­ liches. Aber auch deren Auffassung leidet an einem Fehler. Zwar glauben sie nicht, daß begrifflich die Einziehung das Grundkapital vermindere, aber alle sind der Ansicht, daß die Einziehung in dem Falle notwendiger Weise eine Herabsetzung des Grundkapitals zur Folge habe, wenn sie nicht aus dem nach der jährlichen Bilanz ver­ fügbarem Gewinne erfolge. Diese Ansicht verwechselt das Grund­ kapital der Aktiengesellschaft mit ihrem Grundvermögen. Zwar unter­ scheidet das Handelsgesetzbuch selbst diese beiden Begriffe nicht scharf und meint z. B. in den §§ 241 Abs. 3 Nr. 5, 288 Abs. 2, 202 u. a. mit dem Ausdruck Grundkapital das, was mit dem Wort Grundvermögen besser zum Ausdruck gebracht wird5). Trotzdem sind beide Begriffe scharf zu trennen. Das Grundkapital der Aktiengesellschaft ist lediglich eine Ziffer. Diese Ziffer soll den ungefähren Wert der bei der Gründung versprochenen Einlage darstellen, sie gilt aber auch dann als Grundkapital, wenn sie jenem Wert nicht entspricht. Die Ziffer ist durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt und ist unter die Passiva 1) So Goldmann S. 763; Makower S. 449 u. S. 453; merkwürdiger Weise hat auch Staub S. 619 f. diese Ansicht, stellt aber bei der Einziehung den Satz auf (S. 769), das Grundkapital stelle die Summe der Anteilrechte dar. 2) Makower S. 453; Cosack Eigne Aktien S. 9. 3) Nur Staub S. 769 und Rehm S. 423. 4) So Renaud S. 827; Löwenfeld S. 488; Gareis S. 220; Molle S. 148; Hergenhahn S. 236 und: „Die teilweise Rückzahlung und Herabsetzung des Grundkapitals" im Magazin für das deutsche Recht Bd. 7 S. 29; Petersen und Pechmann S. 289; Bossy: de Paugmentation et de la röduction du Capital S. 119; Berliner S. 134; Klemperer S. 5; Behrend S. 953; Ortmann S. 61; Lehmann Bd. 2 S. 140 u. S. 294; Cosack S. 625; Reisch bei Holdheim Bd. 13 S. 38 u. in der Zeitschrift Bd. 28 S. 130 ff.; Pinner S. 123, der aber seine Ansicht bei der Bearbeitung von Staub geändert zu haben scheint; Pr.O.B.G S.St. Bd. 10 S. 288. Wenn Rehm (S. 435) also meint, dieser Standpunkt sei in der Theorie unvertreten, so ist das nicht recht verständlich. 5) Makower S. 449.

11 in der Bilanz aufzunehmen. Wenn die Ziffer geändert wird, so ist dementsprechend unbedingt der Gesellschaftsvertrag zu ändern. Das Grundvermögen dagegen ist ein dem Nennbeträge des Grundkapitals gleichkommender ungetrennter Teil des Gesellschafts­ vermögens oder, wenn das Gesellschaftsvermögen der Grundkapitals­ ziffer gleichkommt oder noch darunter ist, eben dies gesamte Ver­ mögens. Wenn nun aus diesem Grundvermögen Mittel genommen werden, um Aktien einzuziehen, so ist es begrifflich nicht notwendig, daß die Grundkapitalsziffer deshalb herabgesetzt wird. Die Gesell­ schaft würde dann eben mit einer Unterbilanz arbeiten. Daß im Gesetz Grundkapital lediglich als Ziffer aufgefaßt wird, folgt auch daraus, daß es in der Bilanz ein Passivposten ist. Aus einem Passivposten lassen sich keine Mittel nehmen, um Aktien ein­ zuziehen, sondern nur aus Aktivposten. Demnach kann schon aus diesem Grunde die Einziehung von Aktien keinen unmittelbaren Ein­ fluß auf das Grundkapital habens. Auch hier ist es nicht möglich eine entgegengesetzte Meinung zu bekämpfen, weil die gegnerische Ansicht nicht begründet wird. Daß die Mittel zur Einziehung, wenn sie nicht aus dem Gewinn ge­ nommen werden, aus dem „Grundkapital" fließen müssen, ist für alle eine durchaus selbstverständliche Voraussetzung. So heißt es z. B. ganz typisch in einer Entscheidung des preußischen Oberverwaltungsgerichtes in Staatssteuersachen Z: „Wenn die Ansprüche der Inhaber der amortisierten Aktien aus dem Grundkapital befriedigt werden, so verringert sich das Grundkapital notwendiger Weise um die Summe der aus ihm an die Inhaber der amortisierten Aktien gezahlten Beträge". Deutlicher kann die Verwechselung nicht nur der Aus­ drücke Grundkapital und Grundvermögen, sondern auch dieser Be­ griffe nicht erscheinens). Noch ein weiterer Gedankengang sei erwähnt, der dazu führen könnte anzunehmen, das Grundkapital werde durch Einziehung von Aktien vermindert. Da das Aktienkapital in der Bilanz auf der Passivseite gebucht wird, liegt die Annahme nahe, es handle sich um eine Gesellschaftsschuld, Gesellschaftsgläubiger aber seien die Aktionäre, jeder in Höhe seines Anteils. Dadurch nun, daß sich die Zahl der Anteile vermindere, verringere sich auch die Gesellschaftsschuld d. i. das Grundkapital. Obwohl das Grundkapital auf der Passivseite gebucht wird, ist es aber keine Gesellschaftsschuld 6), vielmehr nur ein Bilanzposten zur Ausrechnung des auszahlbaren Gewinnes Z. 1) Vgl. Makower S. 449; Staub S. 619; Runkel-Langsdorff S. 90. 2) Vgl. Runkel-Langsdorff S. 70. 3) Pr.O.B.G.S.St. Bd. 10 S- 285. 4) Interessant ist auch, wie die Gründe dieser Entscheidung stets voraus­ setzen, daß die Aktiengesellschaft im ungeschmälerten Besitz des voll eingczahlten Aktienkapitals — soll heißen Grundvermögens — bleiben müsse, an eine etwaige Unterbilanz wird mithin nicht gedacht. 5) Ob die Aktiengesellschaft nach den Vorschriften des Gesetzes nicht ihr Grundkapital herabsetzen muß, wird erst unten (§8 S. 27 ff.) zur Erörterung stehen. 6) Dagegen auch Simon S. 87. 7) Vgl. auch Runkel-Langsdorff S. 34 f.

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Die Vernichtung von Aktienrechten als solche uiiiy somit die Amortisation ist streng zu scheiden von allen anderen häufig mit ihr gleichzeitig vorkommenden Rechtsgeschäften und Tatsachen, wie dem Erwerb oder Ankauf des Aktienrechtes, der Herabsetzung des Grund­ kapitals. Dieselben sind, soweit sie überhaupt mit der Amortisation zu tun haben, entweder deren Voraussetzungen oder Wirkungen. Die Einziehung selbst ist als ein abstraktes Rechtsgeschäft zu kenn­ zeichnen. Dies folgt unmittelbar aus der Begriffsbestimmung. Ist ein­ mal ein Aktienrecht vernichtet, so ist die Einziehung erfolgt, und ebendasselbe Aktienrecht kann naturgemäß nicht wieder aufleben, wenn auch der Erwerb der Aktie nichtig war, oder der Einziehungs­ beschluß giftig angefochten worden ist. Es kann dann höchstens ein obligatorischer Anspruch auf Errichtung und Übertragung eines neuen Rechtes begründet sein.

II. Kapitel.

Die Voraussetzungen der Einziehung. § 3. Allgemeines. Damit die Aktiengesellschaft das Aktienrecht vernichten kann, ist notwendige Voraussetzung, daß sie imstande ist, über das Aktienrecht zu verfügen. Dieser aus allgemeinen Regeln abzuleitende Rechtssatz ist so selbstverständlich, daß er eines näheren Beweises nicht bedarf. Die Verfügungsberechtigung kann die Aktiengesellschaft erwerben wie jeder Privatmann, hierin liegt nichts besonderes. Sie kann die­ selbe aber auch auf Grund des bei der Entstehung des Aktienrechtes geschlossenen Gesellschaftsvertrages besitzen. Hier wiederum sind zwei Fälle zu unterscheiden. Einmal kann das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs auflösend bedingt sein. Ferner kann das Recht der Aktien­ gesellschaft im Gesellschaftsvertrage festgesetzt sein, das Aktienrecht zu erwerben. Dieses Recht der Aktiengesellschaft kann unbedingt und aufschiebend bedingt sein. § 4.

Erwerb der Aktie wie ein Privatmann. I. Betrachten wir zuerst den Fall, daß eine Aktiengesellschaft ihre eigenen Aktien erwirbt unter Voraussetzungen, wie jeder Privat­ mann Aktien dieser Gesellschaft erwerben kann. Die gewöhnliche Art wird die des Ankaufs an der Börse sein'). Doch ist dies nicht die allein mögliche Art. Tauscht) ist möglich, Schenkung, Erb1) Vgl. auch das in S. 17 N. 5 geschilderte Submissionsve rfahren. 2) Ein Beispiel s. in Salings Borsenbuch (Jahrgg. 1905/6 Bd. II S. 1306), wo Ferdinand Ben dir Sohne, Aktiengesellschaft für Holzbearbeitung eine Ziveigniederlassung verlausen und dafür lÖOOOOOMk. nominal eigne Aktien erhalten; ein anderes Beispiel s. bei Holdheim Bd. 15 S. 66.

18 schäft, Vergleich, Hingabe gegen Verzicht aus schlechter Gründung und Verwaltung u. a. Durch einen derartigen Erwerb geschieht sicherlich demjenigen, von dem erworben wird, kein Unrecht; denn ihm kann die nach­ folgende Vernichtung des von ihm einst besessenen Aktienrechtes gleich­ gültig sein, wenn er nur nicht gezwungen wird, sein Aktienrecht aufzugeben. Volenti non fit injuria. Anders liegt es mit den zurückbleibenden Mitgliedern. Im Hinblick auf sie ist ein entgeltlicher Erwerb zum Zwecke der Ein­ ziehung bedenklich, weil darin eine Bevorzugung des ein Entgelt er­ haltenden Aktionärs vor den anderen liegt, das Prinzip der Gleich­ berechtigung also dadurch verletzt wird^). Ferner ist folgendes Bedenken laut geworden?). Im allgemeinen führe der Erwerb eigener Aktien große pekuniäre Gefahren für die Aktionäre und sittliche Nachteile für die Allgemeinheit mit sich; denn wer einen Blick hinter die Kulissen geworfen habe, für den sei es kein Geheimnis, daß die Reduktionsbestrebungen regelmäßig von einer Clique ausgingeu, die nicht das Interesse der Aktionäre, sondern lediglich ihr eigenes Interesse verfolge und demgemäß mit allen mög­ lichen erlaubten und unerlaubten Mitteln bemüht sei, den Kurs der Aktien herabzudrücken, um sie möglichst billig einzukaufen. Die Aktionäre hätten dann den Nachteil von diesen Transaktionen. Allen diesen Bedenken läßt sich eine gewisse Berechtigung nicht absprechen. Doch ist demgegenüber zu betonen, daß Ankauf die einzig mögliche Art ist, in der die Aktiengesellschaft das Verfügungsrecht über eigene Aktien zum Zwecke der Einziehung erwerben kann, wenn nicht im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder durch eine vor Zeich­ nung der Aktien bewirkte Aenderung des Gesellschaftsvertrages vor­ gesehen ist, daß die Aktiengesellschaft das Vernichtungsrecht von vorn­ herein besitzen soll^). Wollte man den Ankauf verbieten, so müßte die Aktiengesellschaft allen Vorteilen, die ihr durch eine Amortisation erwachsen können, entsagen. Das aber wäre durchaus unbillig und wirtschaftspolitisch unzweckmäßig. Es ist infolgedessen gerechtfertigt, wenn ein Ankauf zum Zwecke der Amortisation gestattet wird. Aller­ dings darf er nicht unter den gewöhnlichen Voraussetzungen wie andere Geschäfte vor sich gehen, sondern ist, um betrügerische Mani­ pulationen zu vermeiden, nur unter erschwerten Umständen zu ge­ statten.

1) Dies Bedenken wirft Lehmann (Bd. II S. 617) im Anschluß an Sraffa in Rivista in diritto commerciale diritta du Vivante e Sraffa 1903 I p. 131 auf. 2) So Bachmann: „Ueber die Zuiiissigkcit des sogenannten Rückkaufs und der Amortisation eigner Aktien" bei Busch Bd. 31 S. 18 und Ähnlich Geiger: „Ter Rückkauf eigener Aktien" bei Busch Bd. 30 S. 19. Ein weiteres Argument Geigers, das; die Bestimmung des Art 216 Abs. 1: „Jeder Aktionär hat einen verhältnismäßigen Anteil an dem Vermögen der Gesellschaft," durch den Rück­ kauf verletzt werde, ist nicht einzusehen. 3) Dies ist, wie unten gezeigt wird, nicht nur eine gesetzliche, sondern auch eine logische Notwendigkeit.

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II. Dieses war in der Wissenschaft unter der Herrschaft des Konzessionssystems richtig erkannt. Schon Meno Pöhls'), der erste, der ein zusammenfassendes Lehrbuch über Aktiengesellschaften in deutscher Sprache geschrieben hat, verlangt zum Ankauf eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft eine Bestimmung des Gesellschaftsvertrages, und dies wird wohl die damals herrschende Ansicht31) 2gewesen sein. Daß über­ haupt Ankäufe eigener Aktien vorkamen, ist daraus zu entnehmen, daß man bis zum Jahre 1869 in jedem Erwerb von Aktien durch die Aktiengesellschaft nichts ungehöriges sah. In diesem Jahr nun erhob sich in Wien eine Agitation dafür, jeden Erwerb eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft zu verbieten. Diese Bewegung war her­ vorgerufen durch einige recht bedenkliche Vorgänge an der Wiener Börse, wo Aktiengesellschaften ihre eigenen Aktien angekauft hatten und bei dem nun folgenden Zusammenbruch ihren Gläubigern nichts übrig blieb als die Papiere, in denen das Aktienrecht verbrieft war. Zuerst erhob ein Wiener Advokat Dr. Jaques in einem Artikel: „Soll einer Aktiengesellschaft das Recht zustehen, ihre eigenen Aktien anzukaufen?"3) seine warnende Stimme. W. Endemann4) und L. Gold­ schmidt3),6 damals die angesehensten Handelsrechtslehrer Deutschlands, gaben ihr Gutachten dahin ab, den Erwerb unter bestimmten Voraus­ setzungen zu verbieten. Als Frucht all dessen ist zu betrachten, daß bei Aufhebung des Konzessionssystems durch die Novelle vom 11. Juni 1870 das Ge­ setz im Art. 215 den Erwerb eigener Aktien und die Amortisation für die praktisch meisten Fälle verbot. Es hieß dort: „Die Aktien­ gesellschaft darf eigene Aktien nicht erwerben. Sie darf eigene Aktien auch nicht amortisieren, sofern dies nicht durch den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder durch einen, den letzteren abändernden, vor Ausgabe der Aktien gefaßten Beschluß zugelassen ist." Schon in der Beratung des Gesetzes im Reichstag wandte sich der Abgeordnete Meyer-Bremen gegen diese Bestimniung. Er fand aber bei dem zum Schluß hineilenden Reichstag keine Beachtung. Die Regelung erweckte bald in der Wissenschaft eine heftige Kontro­ verse und gehört zu den in den folgenden Jahren meist ventilierten Fragen der gesamten Aktienrechtswissenschaft °)7). Eine große Zahl Gelehrter kommentierte den Art. 215 dahin, daß jede Amortisation, wenn nicht die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben seien, also auch die durch Ankauf und dieser selbst verboten sei.

1) Pöhls S. 251. 2) Wenigstens ist die Ansicht Pöhls nirgends bestritten. 3) In der allgemeinen Oesterreichischen Gerichtszeitung 1869 S. 197 f. 4) eod. loc. S. 309f.; S. 313f.; S. 317f.; S. 321 f. 5) Abdruck aus den TagesblÜttern bei Keyßner S. 218 ff. 6) Vgl. Goldschmidt in Z.H.R. Bd. 21 S. 1 ff. 7) Im Jahre 1876 schrieb Steiner eine Dissertation über die Frage „Ueber den Erwerb und die Amortisirung eigener Aktien".

15 Hier sind zu nennen: Auerbach'), (Seiger2), Sippotb3), Endemann*), Bachmann3), Behrend2), Thöl''), Steiner3), und vor allem Gold­ schmidt2). Aus der Praxis seien die Entscheidungen des Handels­ gerichts Leipzig'2) und des Stadtgerichts Frankfurt") erwähnt'2). Doch auch die Ansicht, daß ein Ankauf zur Amortisation erlaubt sei, sofern sie zur Herabsetzung des Grundkapitals erfolge, wurde ver­ treten. Es seien in der Theorie Keyßner"), vonKräwell"), von Hahn'3), Puchelt'2), Molle") und Renaud'3) erwähnt. Dem schloß sich die Praxis an. Im Jahre 1874 entschieden sich für die Zulässigkeit das kgl. Appellationsgericht in Leipzig") und Frankfurt22). Um die immerhin noch bestehende Unsicherheit zu beseitigen, brachten in dem­ selben Jahre die Abgeordneten Mosle und Genossen bei dem deutschen Reichstag den Gesetzesvorschlag ein: „Das Verbot des Erwerbes und der Amortisation eigener Aktien greift nicht Platz, sofern der Erwerb zum Zwecke der Vernichtung der Aktien und unter Innehaltung der Vorschrift des Art. 248 erfolgt." Doch wurde dieser Antrag nicht Gesetz, sollte vielmehr gemäß eines Bundesratsbeschlusses2') erst im

1) Auerbach S. 52 und bei Busch: „Erwerb eigener Aktien." Bd. 30 S. 77. 2) Geiger: „Der Rückkauf eigener Aktien" bei Busch Bd. 30 S. 10 ff. und Bd. 31 S. 323 ff. 3) Lippold: „Zur Lehre von den Aktiengesellschaften" bei Busch Bd. 30 S. 248 f. 4) Endemann: „Das Bundesgesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften" S. 40 f. 5) Bachmann: „Ueber die Zulässigkeit des sogenannten Rückkaufs und der Amortisation eigner Aktien" bei Busch Bd. 31 S. 1 ff. 6) Behrend: „Zur Reform des Aktiengesellschastswesens" Gutachten in Schriften des Vereins für Sozialpolitik Bd. 1 S. 82 f. 7) Thöl S. 38. 8) Steiner S. 30 ff. 9) Goldschmidt: „Herabsetzung des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft durch Ankauf und Amortisation eigner Aktien" in Z.H.R. Bd. 21 S. 1 ff. Seine scharfsinnigen Darlegungen sind durchaus zwingend. 10) Entscheidung des Kgl. Handelsgerichts Leipzig vom 3. Januar 1874 bei Mengler Bd. I S. 130. 11) Verfügung vom 21. Januar 1874 und 2. Februar 1874 mitgeteilt von Geiger bei Busch Bd. 30 S. 14. 12) Ferner ist ein Aussatz im Zentralorgan für das deutsche Handels- und Wechselrecht Bd. 9 S. 373: „Zur Reform des Gesellschaftswesens auf Aktien" S. 387 zu erwähnen. 13) Keyßner S. 217 ff. 14) v. Kräwel: „Der Rückkauf eigner Aktien" bei Busch Bd. 29 S. 12 ff. 15) Hahn S. 697. 16) Puchelt, Kommentar zum A.D.H.G.B. S. 378 und S. 403. 17) Molle S. 53 f. 18) Renaud S. 415f. und „Zur Lehre von der Reduktion" in der Zeit­ schrift Bd. 3 S. 623 ff. 19) Entscheidung vom 21. Februar 1874 mitgeteilt bei Mengler Bd. I S. 130 ff. 20) Entscheidung vom 18. März 1874 mitgeteilt von Auerbach bei Busch Bd. 30 S. 71. 21) Beschluß des Bundesrats vom 22. Juni 1874 s. bei Goldschmidt in Z.H.R. Bd. 21 S. 1.

16 Anschluß an die vollständige Revision des Handelsgesetzbuches berück­ sichtigt werden. Im Jahre 1876 wurde die Rechtslage durch eine Entscheidung des Reichsoberhandelsgerichts *) geklärt, das sich für die Zulässigkeit des Erwerbes von Aktien zur Herabsetzung des Kapitals aussprach. Das Gericht machte in dieser Entscheidung einen Unterschied zwischen Amortisation und Vernichtung von Aktienrechten nach deren Erwerb zur Herabsetzung des Grundkapitals. Dieses letztere, meinte es, sei nicht Amortisation zu nennen. Eine solche könne nur durch Auslosung von Aktien herbeigeführt werden. Durch diese Ent­ scheidung wurde die Zulässigkeit einer Reduktion des Grundkapitals auf solchem Wege anerkannt. Kam nun auch diese Entscheidung dem wirtschaftlichen Bedürf­ nis entgegen, — denn eine solche Art der Kapitalsherabsetzung war die mit Recht beliebteste, — juristisch ist sie unhaltbar, da eben jede Vernichtung von Aktienrechten, durch die eine Verminderung der An­ zahl der Aktien bewirkt wird, Einziehung ist. Sie beruht vielmehr auf einer Verwechselung der Voraussetzungen der Amortisation mit dieser selbst. Es ist also der zuerst angeführten Ansicht vom juristi­ schen Standpunkt aus beizupflichten. Das Aktiengesetz vom Jahre 1884 wollte die ganze Streitfrage entscheiden, und zwar wollten seine Verfasser in diesem Punkte voll­ ständig den Grundsätzen der Entscheidung des Reichsoberhandels­ gerichts folgen, da sie in der dort gemachten Unterscheidung den einzigen praktischen Ausweg zu sehen glaubten1 2).3 Aber in Wirklich­ keit verstanden sie den Begriff der Amortisation durchaus richtig und erklärten eine Amortisation von Aktien nach Ankauf für möglich, in­ dem sie im Art. 21öd Abs. 2 bestimmten: „Eine Amortisation der Aktien ist zulässig, sofern sie unter Beobachtung der für die Zurück­ zahlung oder Herabsetzung des Grundkapitals maßgebenden Vor­ schriften erfolgt. Ohne Beobachtung derselben darf die Gesellschaft ihre Aktien nur aus dem nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Gewinne und nur in dem Fall amortisieren, daß dies durch den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder durch einen den letzteren vor Ausgabe der Aktien abändernden Beschluß zugelasseu ist".

III. Auf diesem Boden ist das heutige Recht stehen geblieben. Amortisation kann mittels Ankaufs der Aktien geschehen2). Merk1) Entscheidung vom 4. Februar 1876. R.O.H.G. Bd. 18 S. 423 ff. 2) f. die Begründung zum Entwurf mitgeteilt bei Busch Bd. 44 S. 341. 3) Wenn Jacobson: „Der Rückkauf von Aktien über Pari" bei Holdheim Bd. 12 S. 148 sagt: „Der Ankauf von Aktien seitens der Gesellschaft selbst ist ein gesetzlich ihr gewährtes Recht, sofern er zur Verminderung der Grund­ kapitalsziffer bestimmt ist," so ist das falsch. Abgesehen von dem sprachlichen Fehler, daß der Ankauf kein Recht ist, ist arich der Gedanke irrig. Das er­ wähnte Recht ist nicht ein der Aktiengesellschaft gewährtes, sondern ein ihr nicht entzogenes Recht.

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würdigerweise ist dies die einzige Art des Erwerbes der Aktien, die das Gesetz erwähnt. Es ist aber kein Zweifel vorhanden, daß diese Bestimmung auf alle anderen Erwerbsarten, mögen sie entgeltlich oder unentgeltlich sein, auszudehnen ist1)2). In Berücksichtigung der o6ett3)4 erwähnten 5 Bedenken ist bestiinmt, daß im Gesellschaftsvertrage die Einziehuug gestattet sein muß. Es kann auch nachträglich zu diesem Zwecke der Gesellschaftsvertrag ge­ ändert werden. Diese Erschwerung erscheint vollständig ausreichend, betrügerische Manipulationen zu verhindern*)3).

§ 5. Statutarischer Vorbehalt der Eingehung.

I. Durchaus von der Amortisation mittels Erwerbes der Aktien ist die mittels „Auslosung, Kündigung oder in ähnlicher Weise" zu unterscheiden. Erwirbt dort die Aktiengesellschaft die Verfügungs­ berechtigung über das Aktienrecht auf eine Art und Weise wie jeder Privatmann es erwerben kann, so liegt hier die Sache anders. Die Aktiengesellschaft ist ein Verein der Aktionäre. Die Rechtsverhält­ nisse der Aktiengesellschaft und die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre bestimmen sich gegenseitig. Infolgedessen ist die Möglichkeit vorhanden, daß in dem Aktienrecht der Aktiengesellschaft ein Recht Vorbehalten ist, die Aktienrechte anzukaufen. Es kann sein, daß die Aktiengesell­ schaft jederzeit befugt sein soll, das Aktienrecht zu erwerben; es kann sein, daß sie unter gewissen Voraussetzungen verpflichtet sein soll, es zu erwerben. Ferner ist möglich, daß die Aktiengesellschaft das Recht und die Pflicht haben soll, an gewissen Terminen durch das Los zu bestimmende Aktien zu erwerben, oder daß sie eine Frist setzen soll, an dem sie das Aktienrecht erwerben darf und muß. Dann hat die 1) So Staub S. 767; Biberfeld: „Individual- und Sonderrechte" in der Zeitschrift für das ges. Aktienwesen Bd 10. S. 112. 2) Wenn das Gesetz den Ausdruck „Ankauf" statt des technischen „Kauf" verwendet, so ist das eine Bestätigung dafür, daß es wohl nicht nur den „Kauf" gemeint hat. 3) S. 13. 4) Es ist sogar Behrend (S. 958) zuzustimmen, wenn er sagt, daß eine statutarische Bestimmung entbehrlich und das Erfordernis der Dreiviertelmehrheit ausreichend sei. 5) Nach Leist Sanierung S. 103 ist das in der Praxis außer dem Ankauf an der Börse meist übliche Verfahren, Aktien zu erwerben, das im folgenden ge­ schilderte sogenannte Submissionsverfahren: Die Aktionäre werden durch öffent­ liche Bekanntmachung, die gleichzeitig deu Beschlußinhalt wiederholt, aufgefordert, innerhalb einer Frist versiegelte Verkaufsgeboie unter Angabe der Aktiennummern und mit der Verpflichtung einzureichen, die zum Rückkauf angenommenen Aktien ebenfalls innerhalb bestimmter Frist nach Aufforderung bei der Gesellschaft ein­ zuliefern. Die Mäntel werden mit entsprechendem Vermerke versehen und zurück­ gegeben, während die Gesellschaft die Dividendenbogen zurückhttlt. Falls die An­ meldungen über den zurückzukausenden Betrag hinausgehen, hat nach dem Grund­ sätze gleichmäßiger Behandlung eine verhältnismäßige Zuteilung so zu erfolgen, daß die niedrigsten Angebote zuerst berücksichtigt werden. Hirsch land, Einziehung.

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18 — Aktiengesellschaft ein suspensiv bedingtes oder gar eüt unbedingtes Recht auf den Erwerb des Aktienrechts oder auch eine Pflicht hierzu. Das Aktienrecht kann aber auch noch anders geartet sein. Unter bestimmten Voraussetzungen soll das Aktienrecht unmittelbar unter­ gehen, sei es, daß es ausgelost ist, sei es, daß die Gesellschaft ihm eine Frist bestimmt hat, in der es untergehen soll, ihm also ge­ kündigt hat^). Mag nun ein bedingtes Recht der Aktiengesellschaft auf Uebertragung des Aktienrechtes bestehen, oder mag das Bestehen des Aktien­ rechtes an eine Bedingung geknüpft sein, in jedem Falle haben wir es mit dem Eintritt einer Bedingung zu tun. Worin nun kann eine derartige Bedingung bestehen? Mit dem in der Praxis am häufigsten vorkommenden Falle soll begonnen werden, mit der Auslosung. Nichts steht im Wege, daß die Vereinbarung getroffen ist, daß an bestimmten Terminen eine Auslosung von Aktien stattfinden soll. Die ausgelosten Aktien müssen dann der Gesellschaft entgeltlich oder unentgeltlich übertragen werden, und diese hat sie zu vernichten. Oder aber durch die Auslosung selbst wird das Mitgliedschaftsrecht vernichtet. Ferner kann ausgemacht sein, daß es im Belieben der Gesell­ schaft stehen soll, wessen Aktie sie erwerben will, sofort oder nach Ablauf einer Frist. Möglich ist, daß die Aktiengesellschaft das Recht haben sott1 2),3 ein Aktienrecht zu erwerben oder zu löschen, wenn dessen Inhaber den Vorstand lebensgefährlich bedroht, oder die General­ versammlung chikanös stört, oder zu den von der Generalversammlung auferlegten Nebenverpflichtungen seine Zustimmung verweigert. Man hat nun die Behauptung ausgestellt^), wenn man derartige statutarische Bestimmungen für zulässig erkläre, so durchbreche man damit alle aktienrechtlichen Prinzipien. Denn dann könne man Aktien1) Hier könnte man wohl einen in der Literatur beliebten Ausdruck an­ wenden, den des Ausschlusses eines Aktionärs; in den anderen Fällen liegt wohl kein Ausschluß vor; so wenigstens, wenn man den allerdings in verschiedenen Farben schillernden Ausdruck wörtlich auffaßt. 2) So auch eingehend Leist Untersuchungen S. 104. 3) So Gareis S. 207 und Lehmann Bd. II S. 30; doch vor allem Staub S. 768; auch R.G. Bd. 49 S. 77 ff. ist hierher zu ziehen. Dort heißt es: „Das Wesen der Aktiengesellschast besteht in der Vereinigung von Vermögen oder ver­ mögensrechtlichen Leistungen zu den Zwecken der Gesellschaft. Der Zweck der Gesellschaft kann ein eigennütziger der Aktionäre oder ein gemeinnütziger sein, aber immer nur ein Zweck, der durch Vermögen und vermögensrechtliche Leistungen erreicht werden kann........... Auf die Vereinigung von Personen zu gemeinsamer Tätigkeit für einen bestimmten individuellen, nur von bestimmten Einzelpersonen zu erreichenden oder nur solchen dienenden Zweck ist die Aktiengesellschaft vom Gesetze nicht angelegt........... Das Gesetz enthält über das Ausscheiden keinerlei Bestimmungen und behandelt den Ausschluß von Aktionären nur bei Verzug in Zahlung der Einlagen im Falle der Herabsetzung des Grundkapitals und im Falle der Auslosung (für das neue Recht ist das nicht mehr zutreffend; über Ausschluß vgl. oben 9?. 1) ... . Jeder Ausschluß eines Aktionärs unter Rück­ zahlung seiner Einlage auf das Grundkapital enthält eine Herabsetzung des Grund­ kapitals." Gegen die ersteren Argumente s. den obigen Text, gegen die letztere Behauptung s. oben S. 11 ff.

19 gesellschaften zu den verschiedensten Zwecken begründen. Wenn das Mitglied nicht seinen Verpflichtungen, die in nicht geldwerten Leistungen beständen, nachkomme, so verfalle seine Einlage zur Strafe der Ge­ samtheit und es sei aus dem Bunde entlassen. Dies aber sei nicht angängig, denn die Aktiengesellschaft sei, wenn man von der Neben­ leistungsaktiengesellschaft absehe, eine Kapitalassoziation. Jedes Mit­ glied habe die ihm obliegende Kapitalleistung zu bewirken; zu weiterem sei es nicht verpflichtet. Nur für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung sei es gestattet, unter Anwendung besonderer Vorsichts­ maßregeln dem Aktionär sein Recht zu entziehen. Dieser dem innersten Wesen der Aktiengesellschaft entspringende Grundsatz werde völlig auf­ gehoben, wenn die Aufnahme derartiger statutarischer Bestimmungen gestattet sei. Ist hier auch die Prämisse: „Die Aktiengesellschaft ist eine Kapitalassoziation" unbestreitbar richtig, so sind doch die hieraus gezogenen Folgerungen nicht notwendig. Allerdings ist es unmög­ lich, damit nicht die Aktiengesellschaft ihren Charakter als Kapital­ assoziation verliere, daß sie die Aktionäre zu einem Tun oder Unter­ lassen zwingen kann. Sie wird also niemals z. B. von einem Aktionär verlangen können, daß er Nachschüsse leistet. Weiterhin ist richtig, daß nicht durch eine derartige statutarische Bestinimung der Charakter der Aktiengesellschaft bestimmt werden darf; um ihretwillen darf die Aktiengesellschaft nicht gegründet sein. Ihr Charakter muß stets der einer Kapitalassoziation bleiben. Dieser aber wird durch Hinzufügung derartiger Bestimmungen zum Gesellschaftsvertrage, soweit sie mehr oder weniger harmloser Natur sind, *) nicht beeinflußt. Andererseits würde es dem doch sonst allgemein herrschenden Prinzip der Vertragsfreiheit Widerstreiten, wollte man die Möglichkeit Aktiengesellschaften mit derartigen Gesellschaftsverträgen zu gründen, abstreiten. Allerdings ist ja im Aktienrecht die Vertragsfreiheit bedeutend eingeschränkt, um im Interesse der Allge­ meinheit unsauberen Spekulationen vorzubeugen. Doch liegt hier kein allgemeines Interesse vor, das es zweckmäßig erscheinen ließe, derartige Verbote zu erlassen. Außerdem ist nicht einzusehen, warum eine derartige Bestimmung unmöglich gemacht werden soll, wenn sie bei der Gründung als zweckmäßig angesehen wird. Immerhin ist soviel zuzugeben, daß die Bestimmung nicht zu weit gehen darf; wie weit sie gehen darf, wird sich nicht allgemein sagen lassen, sondern ist nach den soeben erörterten Grundsätzen zu beurteilen. Nach diesen Auseinandersetzungen braucht kaum noch hervor­ gehoben zu werden, daß eine derartige statutarische Bestimmung, auf Grund deren ein Aktionär entweder sein Aktienrecht verliert oder es an die Aktiengesellschaft übertragen muß, nicht durch Mehrheits­ beschluß getroffen werden kann. Entweder sie ist in dem ursprüng­

lichen Gesellschaftsvertrag oder durch einen den letzteren vor Ausgabe der Aktien abändernden Beschluß getroffen, oder sämtliche Aktionäre 1) Das ist natürlich Tatfrage im einzelnen.

20 müssen sich mit ihr einverstanden erklärt habens. Weiterhin geht aus dem vorigen hervor, daß die Bestimmung ganz allgemein gehalten sein sann1 2).3 4 5 Wird ein solcher Beschluß ohne Zustimmung eines Aktionärs, dessen Einwilligung erforderlich ist, gefaßt, so kann er gerichtliche Entscheidung auf Feststellung beantragen, daß die Gesellschaft nicht befugt ist, eine derartige Amortisation vorzunehmen2). Daß meistens die Bestimmung darin besteht, daß im Falle einer Auslosung der Aktionär sein Recht verlieren soll oder an die Gesell­ schaft übertragen muß, und ferner, daß ihm dann eine Vergütung in Höhe des Nominalbetrags oder des Kurswertes gewährt wird, bietet nur wirtschaftliches Interesse. Ebensowenig ist es juristisch interessant, daß sehr häufig anstelle der eingezogenen Aktien soge­ nannte GenußscheineZ ausgegeben werden2).

II. Daß man nicht erkannt hat, welcher Natur die Voraus­ setzungen der Einziehung sind, hat in der deutschen Literatur wie in

1) So Keyßner S. 232; Hergenhahn: Der Vorstand der Aktiengesellschaft, Leipzig. 1893 S. 237; Rudorfs S. 181; Lehmann-Ning S. 457; Goldmann S. 957; Pinner S. 124; Staub S. 769; aber ohne oder mit anderer Begrün­ dung, wie ja bei ihrer andersartigen Ausfassung natürlich ist. 2) Das Argument Behrends (S. 952), daß die Art der Amortisation im Gesellschaftsvertrag im einzelnen geordnet sein müsse, weil sonst das Erfordernis einer vorgängigen Bestimmung bedeutungslos sei, zerstreut sich nach den obigen Darlegungen von selbst. Ueber die Bedeutung der Generalversammlung vgl. § 8 S. 27 f. und 8 9 S. 34. 3) N.G. vom 8. November 1886 in der J.W. 1886 S. 446 f. 4) Bei der Ausgabe von Genußscheinen wird häufig eine Institution Ein­ ziehung genannt, die in Wirklichkeit keine Einziehung ist, nämlich wenn das Mitgliedschaftsrecht nicht vernichtet wird und der Aktionär nur eine feiner Ein­ lage entsprechende Summe zurückerhält, wofür er dann den Anspruch auf die Liquidaüonsquote verliert. Siehe über die rechtliche Natur und Bedeutung der Genußscheine Klemperer S. 1 ff. und Ortmann S. 1 ff. Ueber die Genußscheine braucht hier nicht gesprochen zu werden, weil dieselben begrifflich nichts mit der Einziehung zu tun haben, wenn sie auch sehr oft mit ihr zusammen vorkommen. 5) Allgemeiner Gebrauch ist, die Amortisation in zwei Arten zu scheiden, die freiwillige Amortisation und die Zwangsamortisation. Freiwillige nennt man die Amortisation nach rechtsgeschäftlichem Erwerb des Aktienrechts seitens der Aktiengesellschaft, Zwangsamortisation die, die mittels Auslosung, Kündigung oder in ähnlicher Weise auf Grund des Gesellschaftsvertrages geschieht. Aus den obigen Darlegungen geht zur Genüge hervor, daß diese Bezeichnungen nicht zutreffend sind. Doch konnte man die Ausdriicke anwenden, denn sie sind ja nur Worte. Allein durch die Worte werden nur zu leicht die Begriffe verwirrt. Daher sind diese Ausdrücke im Text durchaus vermieden worden. Leider war es nicht möglich, die Unterscheidung mit einem gleich kurzen und dabei zu­ treffenden Ausdruck zu bestimmen. Wenn man in der Literatur (z. B. Goldschmidt in Z.H.N. Bd. 21 S. 8; Primker bei Endemann S. 610) häufiger liest, daß bei einer Amortisation krast des Gesellschaftsvertrages eine Art Expropriation stattfinde, so ist das natürlich in gleicher Weise irrig; ebenso irrt Staub (S. 767), wenn er sagt: „Die Zwangs­ amortisation vollzieht sich ohne den Willen des Aktionärs".

21 der Gesetzgebung verhängnisvolle Folgen gehabt. Die herrschende') Ansicht scheint während der Herrschaft des Konzessionssystems, also vor 1870 dahin gegangen zu sein, daß eine Auslosung der Aktien zur Amortisation möglich sei, wofern eine solche statutarisch bestimmt sei. Eine statutarische dahingehende Bestimmung aber könne jeder Zeit hinzugefügt werden. Die Praxis zeigte, daß dies zu Unbillig­ keiten führte. Doch führte die Erkenntnis dieser Unbilligkeiten nicht dazu, die Natur der Institution zu untersuchen. Sondern man be­ stimmte kurzerhand in der Novelle^), daß die Aktiengesellschaft eigene Aktien nicht amortisieren dürfe, sofern dies nicht durch den ursprüng­ lichen Gesellschaftsvertrag oder durch einen diesen abändernden, aber vor Ausgabe der Aktien gefaßten Beschluß zugelassen sei. Die Regelung des Gesetzes in diesem Punkte fand zwar allgemeine Zu­ stimmung^), wurde aber durch das Aktiengesetz von 188441)52 3 wieder geändert. Dieses Gesetz hielt es für selbstverständlich, daß ein Ent­ gelt dafür bezahlt werde, daß der bisherige Inhaber des Aktienrechtes dieses verliere oder an die Aktiengesellschaft übertragen müsse. Jetzt wurde ein Unterschied gemacht, ob dieses Entgelt aus dem nach der jährlichen Bilanz verfügbaren Reingewinn oder aus anderen Mitteln bezahlt würde. In dem ersteren Falle war eine Bestimmung in dem ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder ein diesen abündernder vor Ausgabe der Aktien gefaßter Beschluß unnötig. In einem solchen Falle mußten also von gesetzeswegen einzelne Aktionäre tut Interesse der Gesamtheit ihr Aktienrecht, allerdings nur gegen Entgelt, auf­ geben"). III. Einen bedeutenden Schritt weiter tat das neue Handels­ gesetzbuch. Hat dasselbe auch die oben entwickelte Natur der Ein­ ziehung nicht ganz deutlich ausgesprochen, die Folgerungen, die es zieht, sind durchaus die sich aus der Natur der Einziehung ergeben­ den, und die Verfasser werden diese Natur mehr gefühlt als klar erkannt haben. Nach dem Gesetz muß, wenn die Einziehung mittels Auslosung, Kündigung oder in ähnlicher Weise geschehen soll, die Bestimmung in dem ursprünglichenGesellschaftsvertrage oder durch eine vor der Zeichnung bewirkte Änderung des Gesellschaftsvertrages getroffen

sein6). 1) So die unbekömpfte Ansicht Pöhls S. 251. 2) Art. 215 vgl. § 4 ©. 14. 3) So Keyßner S. 232; Goldschmidt in Z.H.R. Bd. 21 S- 8; Primker bei Endemann. S- 610. 4) Art. 215d. vgl. § 4 S. 16. 5) Nur hier könnte man mit Fug und Recht von einer Zwangsamortisativn oder einer Expropriation sprechen vgl. § 5 ©. 20 N. 5. Bedenken gegen eine solche Regelung üußerte vor allem Hergenhahn: „Die teilweise Zurück­ zahlung und Herabsetzung des Grundkapitals" im Magazin für das deutsche Recht der Gegenwart. Bd. 7 ©. 28. 6) Unrichtig Keyßner-Simon: Aktiengesellschaften und Kommanditgesell­ schaften aus Aktien. 5. Ausl. Berlin 1900. S. 77.

22 Diese, wie gezeigt ist, eigentlich selbstverständlickst Regelung ist so aufzufassen, daß eine Bestimmung, die eine derartige Einziehung zuläßt, auch noch nachträglich beschlossen werden darf, wenn sämtliche Aktionäre, die davon betroffen werden, damit einverstanden sind^. Die Denkschrift?) äußert sich über die Frage folgendermaßen: „Die Novelle vom 18. Juli 1884 hat, soweit es sich um die Amorti­ sation von Aktien aus dem Grundkapital handelt, eine die Amorti­ sation gestattende Bestimmung des Gesellschaftsvertrages nicht nur für unzureichend, sondern auch nicht für erforderlich erklärt, sofern die Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals beobachtet werden. Dies gilt ebensowohl, wenn die Amortisation mit dem Willen der betreffenden Aktionäre durch Ankauf oder ohne Rücksicht auf ihren Willen durch Auslosung, Kündigung und dergleichen mehr^) geschieht. Hiergegen sind mit Grund Bedenken erhoben worden. Die Beobachtung der zum Schutze der Gläubiger getroffenen Vorschriften über die Kapitalsherabsetzungen rechtfertigt es nicht, einem Teile der Aktionäre ohne ihre Zustimmung- die Mitgliedschaft zu entziehen, falls dies nicht entweder durch eine schon im ursprünglichen Gesellschaftsvertrage (enthaltene Bestimmung) oder durch eine vor der Zeichnung der betreffenden Aktie bewirkte Änderung desselben zuge­ lassen ist." Es ist nun zu untersuchen, was das Gesetz unter Amortisation mittels „Auslosung, Kündigung oder in ähnlicher Weise" versteht. Was mit „Auslosung" gemeint ist, braucht nicht weiter hervorgehoben zu werden. Wenn das Gesetz von Kündigung spricht, so ist hiermit gemeint, daß die Gesellschaft dem Aktionär eine Frist setzt, nach deren Ablauf er kein Mitgliedschaftsrecht mehr hat, oder nach deren Ablauf er seine Aktie an die Gesellschaft übertragen muß V). Wenn 1) Vgl. die § 5 S. 20 N. 1 angegebene Literatur. 2) Denkschrift S. 148. 3) Diese Auszählung tritt hier zum ersten Male auf. 4) Ob hier der Begriff der „Kündigung" derselbe ist, wie im sonstigen Sprachgebrauch des H.G.B. und dem des B.G.B. kann dahingestellt bleiben, da der Sinn hier nicht zweiselhaft ist. 5) Ein Statut, das der Firma Gebrüder Stollwerck, Aktiengesellschaft zu Cöln, sei hier angeführt: Die Gesellschaft hat Vorzugsaktien im Betrage von 5000000 Mk. ausgegeben, die bis zur Höhe von 6°/0 dividendenberechtigt sind. Die Gesellschast hat das Recht diese Vorzugsaktien vom 1. Januar 1912 ab jeder­ zeit ganz oder teilweise nach einjähriger Kündigung mit 120°/0 ihres Nominal­ betrages zur Rückzahlung zu bringen. Die Rückzahlung erfolgt unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften für die Herabsetzung des Grundkapitals; sie darf aber auch ohne Beobachtung dieser Vorschriften geschehen, insofern die Tilgung vollständig aus dem nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Gewinn erfolgt. Zu der letztgedachten Tilgung bedarf es lediglich eines aus Antrag des Aufsichts­ rates und des Vorstandes erfolgten Beschlusses der gemeinsamen ordentlichen Generalversammlung. Eine Summe, welche dem Nennwert der aus dem Gewinn getilgten Vorzugsaktien gleichkommt, ist während der Dauer der Gesellschast unter den Passiven der Bilanz als „Reserve durch getilgte Vorzugsaktien" einzustellen