Die 'Acht Seligkeiten' des Prager Predigers Heinrich von St. Gallen 3110279673, 9783110279672, 9783110289497

Der um 1400 entstandene Predigtzyklus über die Acht Seligkeiten ist eines der wenigen Textzeugnisse der deutschen Predig

303 76 2MB

German Pages 328 Year 2017

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Die 'Acht Seligkeiten' des Prager Predigers Heinrich von St. Gallen
 3110279673, 9783110279672, 9783110289497

Table of contents :
1. Literarisches Umfeld
1.1 Literatur Böhmens vor und um 1400 und die Predigt
1.2 Die ›Acht Seligkeiten‹ im Kontext der Seligpreisungen-Exegese
2. Geschichtliches Umfeld
2.1 Heinrich der Schwabe bzw. Heinrich von St. Gallen
2.2 Pfarrkirche(n) St. Nikolaus
2.3 Universitätskollegs als wahrscheinlicher Wirkungsort Heinrichs
3. Prolegomena zur Ausgabe
3.1 Überlieferungskontext
3.2 Beschreibung der Handschriften der *X1-Gruppe
3.3 Handschriften der *Y1-Gruppe
3.4 Textkritische Auswertung der Überlieferung
3.5 Sprache und Stil
3.6 Inhaltlicher und argumentativer Aufbau des Textes
3.7 Vergleich mit anderen Heinrich von St. Gallen zugeschriebenen Werken
3.8 Gliederung
3.9 Gestaltung der Ausgabe
4. Ausgabe der ›Acht Seligkeiten‹
4.1 Die erste Seligpreisung
4.2 Die zweite Seligpreisung
4.3 Die dritte Seligpreisung
4.4 Die vierte Seligpreisung
4.5 Die fünfte Seligpreisung
4.6 Die sechste Seligpreisung
4.7 Die siebte Seligpreisung
5. Anhang
5.1 Heinrich von St. Gallen: Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit
5.2 Malogranatum, III, 14
5.3 Johannes Marienwerder: De octo beatitudinibus
5.4 Vom christlichen Leben (Auszug)
Abkürzungen
Literaturverzeichnis
Abkürzungen
Quellen
Forschungsliteratur
Register
Sachregister
Bibelstellenregister
Handschriftenverzeichnis
Personen-, Autoren- und Werkregister

Citation preview

HER MAEA GER MANISTISCHE FORSCHUNGEN NEUE FOLGE HER AUSGEGEBEN VON CHR ISTINE LUBKOLL UND STEPH AN MÜLLER

BAND 129

Jakub Šimek

Die ›Acht Seligkeiten‹ des Prager Predigers Heinrich von St. Gallen

De Gruyter

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort und der Geschwister Boehringer Stiftung Ingelheim für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein.

ISBN 978-3-11-027967-2 e-ISBN 978-3-11-028949-7 ISSN 0440-7164

Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalogue record for this book is available from the Library of Congress.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2013 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Danksagung

Das vorliegende Buch stellt die leicht verbesserte Fassung meiner Dissertation dar, die im Oktober 2010 von der Neuphilologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg angenommen wurde. Mein Dank gilt in erster Linie meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Fritz Peter Knapp, der mir jederzeit mit fachlicher und menschlicher Hilfe gerne zur Verfügung stand. Herrn Dr. Hardo Hilg danke ich für die Überlassung einer im Umfeld von Kurt Ruh entstandenen Transkription der Leithandschrift, die für mich besonders in der Anfangsphase sehr hilfreich war. Frau Prof. Dr. Trude Ehlert bin ich für die Auffindung und Übersendung der 1969 in Würzburg vorgelegten Zulassungsarbeit von Johannes Gemke, der erste stemmatische Untersuchungen durchgeführt und eine Probeedition der ›Acht Seligkeiten‹ vorgelegt hatte, zu Dank verpflichtet. Frau Prof. Dr. Petra Hörner bin ich für die bereitwillige Hilfe bei der Identifizierung einiger Bibelzitate dankbar. Die Entstehung dieser Arbeit wurde durch ein Begabtenstipendium der Hanns-Seidel-Stiftung aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, durch ein Stipendium der Dorothee-Wilms-Stiftung sowie durch ein Abschlussstipendium der Graduiertenakademie der RuprechtKarls-Universität Heidelberg gefördert.

Inhaltsverzeichnis

1. Literarisches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Literatur Böhmens vor und um 1400 und die Predigt . . . . . . . . 1.2 Die ›Acht Seligkeiten‹ im Kontext der Seligpreisungen-Exegese

1 1 4

2. Geschichtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Heinrich der Schwabe bzw. Heinrich von St. Gallen . . . . . . . . . 2.2 Pfarrkirche(n) St. Nikolaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Universitätskollegs als wahrscheinlicher Wirkungsort Heinrichs

11 12 25 28

3. Prolegomena zur Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Überlieferungskontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Beschreibung der Handschriften der *X1-Gruppe . . . . . . . . . . . . 3.3 Handschriften der *Y1-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Textkritische Auswertung der Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Sprache und Stil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Inhaltlicher und argumentativer Aufbau des Textes . . . . . . . . . . . 3.7 Vergleich mit anderen Heinrich von St. Gallen zugeschriebenen Werken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8 Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9 Gestaltung der Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37 42 43 79 80 92 105 111 131 135

4. Ausgabe der ›Acht Seligkeiten‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Die erste Seligpreisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Die zweite Seligpreisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die dritte Seligpreisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Die vierte Seligpreisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Die fünfte Seligpreisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Die sechste Seligpreisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Die siebte Seligpreisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

139 149 157 163 173 187 206 222

VI

5. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Heinrich von St. Gallen: Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Malogranatum, III, 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Johannes Marienwerder: De octo beatitudinibus . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Vom christlichen Leben (Auszug) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

229 230 231 250 272

Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forschungsliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

281 281 282 289

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibelstellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handschriftenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personen-, Autoren- und Werkregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

299 299 307 312 314

1. Literarisches Umfeld

1.1 Literatur Böhmens vor und um 1400 und die Predigt Die ›Acht Seligkeiten‹, eine schriftliche Redaktion der vermutlich um 1400 in der Prager Nikolauskirche in der Altstadt vom Universitätsmagister Heinrich von St. Gallen vorgetragenen Predigten über die acht Seligpreisungen, sind ein kirchenkonformes Werk, das jedoch für die Privatfrömmigkeit der gemäßigten Kirchenreform aufgeschlossen und mit seiner Orientierung an vorzugsweise biblischen Quellen und den Schriften der vier abendländischen Kirchenväter ein Spiegel der an der beginnenden Devotio moderna teilnehmenden Klerikerkreise im vorhussitischen Böhmen ist. Die Hervorhebung der Predigt und der Teilnahme an Sakramenten sowie der um 1400 allgemein beliebten Passionsfrömmigkeit lassen den Autor als einen nüchternen und zugleich engagierten Geistlichen erscheinen. Seine Fähigkeit, akademische Theologie mit volksnahen Worten ins Deutsche umzusetzen, seine kompromisslose moralische Klarheit ohne jegliche Provokationslust mochten den Prediger beim städtischen Bürgertum zu einem geschätzten Mann machen. Die Länder der böhmischen Krone blühten unter der Herrschaft Karls IV., der das Land nicht zuletzt durch die Universitätsgründung von 1348 stärker ausländischen Klerikern öffnete, literarisch gerade im Bereich des religiösen Schrifttums auf. Hatte noch Karls Vater Johann von Luxemburg 1319 in einem Tiergarten bei Prag ein Fest der Tafelrunde veranstaltet,¹ zeigte Karl an der Welt des höfischen Romans keine Anteilnahme. Stattdessen verfasste der fromme Herrscher selbst eine Wenzelsvita und Spruchsammlungen nach dem Vorbild alttestamentlicher Weisheitsliteratur.² Mit großem Engagement förderte er die volkssprachige Sprachkultur in Tschechisch und Deutsch. Das deutsche Schrifttum konnte sich in Böhmen zu einer wahren Blüte entwickeln: Mit ›Der Meide Kranz‹ huldigt der Hofdichter und einer der ersten Prager Universitätsabsolventen Heinrich von Mügeln dem Herrscher in einem allegorischen Gedicht nach dem Vorbild ¹ Peter von Zittau, Chronicon Aulae regiae, II, 7, verschweigt jedoch in seinem Bericht nicht, dass das Fest wegen äußerst geringer Teilnahme auswärtigen Adels kläglich scheiterte: Sed de exteris nobilibus penitus nullus venit. […] Edictum festum finem non sumit honestum. ² Zu Karls literarischem Schaffen vgl. Nechutová 2000, S. 142–144.

2

Alanus’ von Lille, das unter den personifizierten Wissenschaften die Theologie triumphieren lässt. Der Kanzler Karls und Olmützer Bischof Johann von Neumarkt übersetzt die weit verbreitete pseudo-bonaventurianische Erbauungsschrift ›Stimulus amoris‹, die pseudo-augustinischen ›Soliloquia animae ad Deum‹, die Hieronymus-Briefe und zahlreiche Gebete ins Deutsche und prägt den deutschen Prosastil durch die Verbreitung seiner Übersetzungen im Westen nachhaltig.³ Prediger aller Couleur bevölkern die anwachsende Zahl der Kirchen und finden viele Zuhörer. Der Kaiser fördert den leidenschaftlichen deutschsprachigen Prediger Konrad von Waldhausen und sieht sogar über den offenen Angriff gegen seine Person durch den von der angeblich drohenden Antichrist-Erscheinung besessenen Johannes Milič hinweg,⁴ der in Prag unermüdlich zunächst tschechisch, später zusätzlich lateinisch und zuletzt auch deutsch predigt. Unter Karls Sohn und Nachfolger Wenzel IV. gewannen die schließlich im Hussitismus mündenden geistlichen Reformkräfte an Stärke,⁵ die Literatur – auch in deutscher Sprache – gedieh dabei jedoch unverändert weiter. Es entstand eine neue deutsche Übersetzung großer Teile des Alten Testaments, die in den Prachtbänden der allerdings bildlich weniger fromm ausgeschmückten sog. Wenzelsbibel erhalten ist, und mit dem ›Ackermann‹ Johannes’ von Tepl ging ein sprachliches und mentalitätsgeschichtliches Denkmal ersten Ranges in die Literaturgeschichte ein. Die besonders von den tschechischen Universitätsmagistern ausgehende und deutlich tschechisch-nationalistisch aufgeladene Reformbewegung versetzte dieser Blüte jedoch mit der Unterstützung des Königs durch die Benachteiligung der deutschsprachigen Universitätsnationen im Kuttenberger Dekret von 1409 und deren anschließendem demonstrativem Auszug aus Prag einen schweren Schlag, und den Rest erledigten die Kriegswirren. Trotz der wesentlichen Rolle, die der Predigt in der Entwicklung der böhmischen Reformbewegung zweifelsohne zukommt, ist die Geschichte der Predigt in Böhmen vor und um 1400 noch nicht geschrieben.⁶ Durch die einseitige Konzentration auf die Werke von Jan Hus wurden erhaltene Predigtsammlungen selbst der prominentesten vorhussitischen Prediger wie Konrad von Waldhausen und Johannes Milič noch nicht einmal ediert.⁷ Die lateinisch verfassten Schriften geben dabei Anlass zu wichtigen Fragen nach dem Verhältnis mündlich vorgetragener Predigt und schriftlich redi³ Zur Verbreitung der Gebete Johanns von Neumarkt im Westen vgl. Haimerl 1952, S. 38 und 82–86. ⁴ Zum Leben und Werk des Johannes Milič vgl. Morée 1999. ⁵ Eine gute Übersicht der verschiedenen Reformströmungen gibt Gerwing 1986, S. 37–120. ⁶ Die bisher beste Übersicht gibt Uhlíř 2005. ⁷ Für Konrad von Waldhausen gibt es zumindest eine Ausgabe der alttschechischen Übersetzung seiner ›Postilla studentium universitatis Pragensis‹ (Šimek 1947).

3

gierter Aufzeichnung.⁸ Waldhausers und Miličs Predigtsammlungen, die als Musterbücher für Prediger angelegt worden sind, überraschen dadurch, dass sie schon durch ihre Kompliziertheit und Länge für eine direkte Verwendung als Predigtvorlage wenig geeignet scheinen. Man kann nur spekulieren, ob die Prediger, die sich dieser Handbücher bedienten, die in ihnen enthaltenen tiefverzweigten ›Distinktionen‹ für das Volk vereinfachten, indem sie nur die oberen Ebenen der Gliederung behandelten und die Details wegließen, oder sich jeweils nur Teile der langen Abhandlungen aussuchten und diese auf der Kanzel ausführlich besprachen. Die ›Acht Seligkeiten‹ sind als eine in Prag um 1400⁹ entstandene, in deutscher Sprache niedergeschriebene Predigtsammlung in dieser Hinsicht ein wertvolles Zeugnis der mehrsprachigen Predigtkultur Böhmens vor dem Hussitismus. Die Entstehung dieser Predigten und insbesondere das in ihnen realisierte Verhältnis von Oralität und Literalität liegen im Dunkeln. Die erhaltene Überlieferung, auch wenn sie gewisse auf Prag hinweisende Indizien enthält, liegt geographisch weit von Prag entfernt: im nordbayerischen, österreichischen und alemannischen Raum.¹⁰ Die Handschriften, deren Stemmatik auf eine breite, verlorene Überlieferung vor der ältesten (auf 1420 datierten) erhaltenen Handschrift Cgm 6617 hindeutet, lassen weder Rückschlüsse auf den Redaktionsprozess des Textes noch auf dessen Verwendung für Predigtzwecke zu. Die textimmanenten Hinweise sind spärlich und schwer zu deuten, zumal man sich im Klaren darüber sein muss, dass mutmaßliche Merkmale der konzeptionellen Mündlichkeit sprachlich-stilistischer Natur in einen Text künstlich eingearbeitet werden können.¹¹ ⁸ Ein bemerkenswertes Beispiel für das Verhältnis zwischen Volkssprache und Latein stellt das ›Quadragesimale Admontense‹ dar, eine lateinische Aufzeichnung von Fastenpredigten, die wahrscheinlich während der Herrschaft Wenzels IV. vorgetragen wurden. Der lateinische Text enthält viele tschechische Ausdrücke und zahlreiche Hinweise deuten darauf hin, dass es sich um eine wenig kompetente lateinische Aufzeichnung mündlich vorgetragener tschechischer Predigten handelt (vgl. Florianová 2006, S. XXIII–XXXVII). Hier spürt man im Text noch die Nähe des gesprochenen Wortes. Die überwiegende Mehrzahl schriftlich überlieferter Predigten wurde jedoch für die Veröffentlichung redaktionell bearbeitet und verrät wenig über den tatsächlichen mündlichen Vortrag. Eine interessante Parallele zur Mündlichkeit-Schriftlichkeit-Problematik in den Predigten bilden übrigens die Aufzeichnungen der Quodlibet-Disputationen (vgl. dazu Kejř 1960, S. 41, und hier S. 17, Anm. 23). Allerdings spielte sich bei diesen rein akademischen Veranstaltungen alles auf Latein ab. ⁹ Für eine genaue Datierung gibt es keine Grundlage. Wenn das Werk vom Prager Theologiebakkalaureus Heinrich von St. Gallen stammt (vgl. S. 12–22), ist dessen Entstehung erst ab einer gewissen Reifestufe des Verfassers wahrscheinlich, also etwa nach 1390. Als ›terminus ante quem‹ kann der Weggang deutschsprachiger Akademiker aus Prag nach dem Kuttenberger Dekret von 1409 gelten. ¹⁰ Vgl. hier S. 39–40. ¹¹ Vgl. zur Predigt z. B. Schiewer 1992, und hier die Analyse der Stilmerkmale, S. 98–99. Als Oralitätsindizien kämen dabei vielleicht die fingierten Frage-Antwort-Paare, rhetorische

4

1.2 Die ›Acht Seligkeiten‹ im Kontext der Seligpreisungen-Exegese Die ›Acht Seligkeiten‹ Heinrichs von St. Gallen sind Teil einer großen Menge exegetischer Werke, die seit der Antike einer der prominentesten Passagen des Neuen Testaments, den Seligpreisungen am Anfang von Jesu Bergpredigt in Mt 5, 3–10, gewidmet wurden. Die acht Seligpreisungen bestehen jeweils aus einer Tugend und einer mit ihr verbundenen Verheißung, die üblicherweise als praemium oder meritum, im vorliegenden Predigtzyklus als lon bezeichnet wird. Bereits seit der für die abendländische Seligpreisungen-Exegese grundlegenden Schrift Augustinus’ von Hippo ›De sermone domini in monte‹ werden den einzelnen Seligpreisungen die sieben Gaben des Heiligen Geistes, die Is 11, 2 entnommen werden, und die sieben Bitten des Vaterunsers zugeordnet.¹² Dafür kehrt Augustinus die Ordnung der Gaben des Heiligen Geistes um und verortet die achte Seligpreisung als Zusammenfassung aller anderen außerhalb der Siebenzahl: Incipit enim beatitudo ab humilitate: beati pauperes spiritu […] inde uenit ad diuinarum scripturarum cognitionem, ubi oportet eam se mitem praebere pietate […] in hoc tertio gradu, in quo scientia est, lugetur amissio summi boni, quia inhaeretur extremis […] esuritur et sititur iustitia, et multum necessaria fortitudo […] perseuerantibus in labore datur euadendi consilium […] est autem iustum consilium, ut qui se a potentiore adiuuari uult, adiuuet infirmiorem in quo est ipse potentior […] sexto gradu est cordis munditia […] ad contemplandum illud summum bonum, quod solo puro et sereno intellectu cerni potest. postrema est septima ipsa sapientia, id est contemplatio ueritatis, pacificans totum hominem […] octaua tamquam ad caput redit, quia consummatum perfectumque ostendit et probat. itaque in prima et in octaua nominatum est regnum caelorum […] septem sunt ergo quae perficiunt; nam octaua clarificat et quod perfectum est demonstrat, ut per hos gradus perficiantur et ceteri, tamquam a capite rursus exordiens. Videtur ergo mihi etiam septiformis operatio spiritus sancti, de qua esaias loquitur, his gradibus sententiisque congruere. sed interest ordinis: nam ibi enumeratio ab excellentioribus coepit, hic uero ab inferioribus; ibi namque incipit a sapientia, et desinit ad timorem dei, sed initium sapientiae timor dei est. quapropter si gradatim tamquam ascendentes numeremus, primus ibi est timor dei, secunda pietas, tertia scientia, quarta fortitudo, quintum consilium, sextus intellectus, septima sapientia […]. Videtur etiam mihi septenarius iste numerus harum petitionum congruere illi septenario numero ex quo totus iste sermo manavit.¹³

In karolingischer Zeit finden sich erste Ansätze für die Zuordnung der im christlichen Sinne erstmals von Evagrios Pontikos (†399 in Ägypten) defiFragen, bestimmte Epitheta und deiktische Ausdrücke in Frage. Sie sind jedoch in den ›Acht Seligkeiten‹ eher schwach ausgeprägt, was – sofern es sich tatsächlich um Predigten handelt – auf eine gründliche schriftliche Redaktion hindeutet. ¹² Für die antik-mittelalterliche Geschichte der Seligpreisungen-Exegetik vgl. Stoll 1988, S. 136–246. ¹³ Vgl. Augustinus von Hippo, De sermone domini in monte, I, 10–11, Z. 149–196; II, 38, Z. 828–830.

5

nierten und durch Joannes Cassianus (†430/435 in Marseille)¹⁴ sowie vor allem durch Gregor den Großen¹⁵ im Westen verbreiteten Haupt- oder Kardinallaster¹⁶ zu den sieben Seligpreisungen. So enthält das lateinische Gedicht ›Versus de octo vicia et octo beatitudines‹¹⁷ (sic!) eine etwas verworrene Gegenüberstellung der Seligpreisungen-Tugenden mit den Hauptlastern. Der angelsächsische Gelehrte und Berater Karls des Großen Alkuin bringt ebenfalls in seiner Einleitung zur Auslegung der sieben Bußpsalmen die Seligpreisungen zur Sprache.¹⁸ Der Abt von Corbie Paschasius Radbertus entwickelt in seinem scharfsinnigen Traktat über die Seligpreisungen die Zusammenhänge der durch die Zahl Sieben vereinten Seligpreisungen, Geistesgaben und Vaterunser-Bitten weiter und hält prägnant fest: Intellegam enim quod septem sint dona sed unus Spiritus septem orationes sed una petitio […] Septem uirtutum beatitudines una nimirum caritas […] Septem sunt incrementa meritorum sed una ex resurrectione Christi uirtus.¹⁹

Daran knüpfen die Systematiker des 11. und 12. Jhs. Anselm von Laon und Hugo von St. Viktor programmatisch an. Der bedeutende Begründer scholastischer Methodik Anselm weist in seinem Matthäus-Kommentar den einzelnen Seligpreisungen jeweils die Gaben des Heiligen Geistes und die Vaterunser-Bitten zu, die letzteren allerdings in umgekehrter Reihenfolge im Vergleich mit der Ordnung des Augustinus.²⁰ Der Augustiner-Chorherr Hugo von St. Viktor stellt im 12. Jh. in seiner Schrift ›De quinque septenis‹ die Septenare der Hauptlaster, Vaterunser-Bitten, Gaben des Heiligen Geistes, Seligpreisungen-Tugenden und Seligpreisungen-Verheißungen zusammen. All diese Septenare werden von Bernhard von Clairvaux für die Auslegung der Seligpreisungen verwendet²¹ und finden im 13. Jahrhundert in Bonaventura einen begeisterten Bearbeiter, der sie um weitere SiebenerGruppen ergänzt (Sakramente, Gerechtigkeitsübungen, Werke der Barm¹⁴ In dessen Hauptwerk ›De institutis coenobiorum et de octo principalium uitiorum remediis‹ sind die letzten acht Bücher einzelnen Hauptlastern gewidmet. ¹⁵ Vgl. Gregor der Große, Moralia in Iob, CCSL 143B, XXXI, 45, Z. 14–18: Radix quippe cuncti mali superbia est, de qua, scriptura attestante, dicitur: initium omnis peccati superbia. Primae autem eius soboles, septem nimirum principalia uitia, de hac uirulenta radice proferuntur, scilicet inanis gloria, inuidia, ira, tristitia, auaritia, uentris ingluuies, luxuria. ¹⁶ Für die Geschichte dieser Konzepte vgl. Bloomfield 1952. ¹⁷ MGH, Poetae Latini aevi Carolini, Bd. 4, 2 (1923), S. 585–587. ¹⁸ Alkuin, Expositio in psalmos poenitentiales, praefatio, Sp. 571–574A. ¹⁹ Paschasius Radbertus, Expositio in Matheo, CCCM 56, III, Z. 2153–2158. ²⁰ Vgl. Anselm von Laon, Enarrationes in evangelium Matthaei, 5, Sp. 1284A–1288D. Die umgekehrte Reihenfolge der Vaterunser-Bitten, die der ersten Seligpreisung libera nos a malo zuweist, wird auch von der deutschsprachigen Vaterunser-Auslegung übernommen, die in der Hs. G (Cod. Sang. 967) des vorliegenden Predigtzyklus u. a. zusammen mit der Schrift ›Vom christlichen Leben‹ mitüberliefert ist (Ausg. Werlin 1962, S. 140–146). Die Erörterung verschiedener Septenare spielt auch hier eine zentrale Rolle. ²¹ Vgl. zusammenfassend und mit Stellenangaben Stoll 1988, S. 210–218.

6

herzigkeit, seelische und körperliche Potenzen [dotes]) und in seine Theologie der dreistufigen Gnade auf dem Weg zu Gott integriert: […] est triplex gratia, scilicet gratia curans, gratia corroborans et gratia consummans. – Gratia curans datur in septem Sacramentis contra septemplicem morbum; in iustis custoditur per septem exercitia iustitiae, de quibus agitur in septem Psalmis poenitentialibus […] Item, perficitur gratia curans in septem operibus misericordiae. – Gratia vero corroborans consistit in duobus. Aut enim se habet per modum rectificantis, et sic consistit in septem virtutibus; aut se habet per modum expedientis, et sic consistit in septem donis Spiritus sancti. – Gratia vero consummans consistit in duobus septenariis, scilicet gratia consummans in via in septem beatitudinibus, quae tanguntur in Evangelio, cum dicitur: Beati pauperes, quoniam ipsorum est regnum caelorum etc.; sed gratia consummans patriae in septem dotibus, scilicet in tribus dotibus ipsius animae, quae sunt visio, fruitio et tentio. Prima respondet fidei; secunda, spei; et tertia respondet caritati. Consisitit etiam in quatuor dotibus corporis, quae in corpus redundant ex beatitudine animae et sunt claritas, subtilitas, agilitas et impassibilitas; quae respondent quatuor virtutibus cardinalibus.²²

Die Faszination dieser einander zugeordneten Siebener-Gruppen strahlt in die Seligpreisungen-Exegese und die allgemeine Katechetik des Spätmittelalters aus. So wird sie von der überaus wirkungsvollen böhmischen Zisterzienserschrift ›Malogranatum‹²³ ebenso aufgenommen wie von dem Prager Theologen Johannes Marienwerder und dem Autor des vorliegenden Predigtzyklus. In den im 15. Jh. weit verbreiteten Vaterunser-Auslegungen sowie im deutschen Katechismuswerk ›Vom christlichen Leben‹²⁴ spielen die Septenare eine wesentliche Rolle. Obwohl sich für die ›Acht Seligkeiten‹ keine direkte lateinische Vorlage ermitteln lässt, zeigt der Text gewisse Gemeinsamkeiten mit dem ›Malogranatum‹, und der ähnliche Aufbau einiger Argumentationsstrukturen deutet darauf hin, dass der Verfasser die Abhandlung von Johannes Marienwerder kannte und benutzte, auch wenn er bewusst andere Schwerpunkte setzt, vor allem um alles zu akademisch Anmutende durch praktische Leitsätze zur Lebensgestaltung zu ersetzen. Wegen ihrer zeitlichen und örtlichen Nähe sowie der inhaltlichen Berührungen mit den ›Acht Seligkeiten‹ habe ich mich entschlossen, diese noch nicht edierten und schwer zugänglichen Werke – das entsprechende Kapitel des ›Malogranatum‹, den Traktat ›De octo beatitudinibus‹ Johannes’ Marienwerder sowie den Seligpreisungen-Teil der Schrift ›Vom christlichen Leben‹ – im Anhang dieser Arbeit mitzuedieren.²⁵ Auf wichtige Gemeinsamkeiten wird im Quellenapparat der Ausgabe hingewiesen.

²² ²³ ²⁴ ²⁵

Bonaventura, Collationes de septem donis spiritus sancti, 1, 17, S. 461. Vgl. dazu Gerwing 1986. Vgl. Weidenhiller 1965, S. 140–152. Außerdem drucke ich im Anhang die kurze, auch Heinrich von St. Gallen zugeschriebene und noch nicht edierte Schrift ›Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit‹ ab.

7

Das ›Malogranatum‹, eine über die Grenzen Böhmens hinaus weit verbreitete praktische Erbauungsschrift, entstanden um 1350 vermutlich im Umkreis des Königsaaler Zisterzienserabtes Peter von Zittau, ist wesentlich von den theologischen Konzepten Bonaventuras geprägt, auch wenn es dessen spekulative Theologie in praktisch ausgerichtete Lebensanweisungen übersetzt. In Buch III, Kap. 14, das der Auslegung der Seligpreisungen gewidmet ist, werden die drei bonaventurianischen Stufen auf dem Weg zur Vollkommenheit – regressus a malo, processus in bono et perfectus status in optimo – zitiert und im Sinne Bonaventuras mit den Seligpreisungen in Verbindung gebracht. Den Seligpreisungen werden ebenfalls die sieben Hauptlaster und die Gaben des Heiligen Geistes gegenübergestellt. Der dreistufige Aufstieg zur Vollkommenheit bildet auch das Hauptmotiv der Einleitung im Traktat ›De octo beatitudinibus‹ von Johannes Marienwerder, der ein älterer Kollege des Theologiebakkalaureus Heinrich von St. Gallen an der Prager Universität war. Die Gaben des Heiligen Geistes werden bei Johannes in einem etwas veränderten Zusammenhang erwähnt und den Seligpreisungen anders zugeordnet. Nach dem Vorbild des im ›Malogranatum‹ übernommenen dreistufigen Modells Bonaventuras wird jede Seligpreisung in drei Fortschrittsphasen aufgeteilt, welche die Hauptachse der Auslegung bestimmen: die Phase der bloß menschlichen Tugend, der Gabe des Heiligen Geistes und der eigentlichen beatitudo, die die menschliche Natur übersteigt und zur Gottähnlichkeit verhilft. Der hier ebenfalls abgedruckte Seligpreisungen-Abschnitt des deutschsprachigen Katechismuswerkes ›Vom christlichen Leben‹ fasst die Tugenden der Seligpreisungen mit ihrer jeweiligen Belohnung vermutlich wegen guter Einprägsamkeit listenartig zusammen, während er zusätzlich bei jeder Seligpreisung vier konstitutive Merkmale aufzählt. Anschließend nennt der Text einige der von Bonaventura im Zusammenhang mit den Seligpreisungen gebrachten Gruppen: Die Werke der Barmherzigkeit, die Kardinaltugenden, die Sakramente, die Gaben des Heiligen Geistes sowie noch andere in der Katechetik wichtige Aufzählungen, von denen einige auch in den anderen Texten erwähnt werden. In den ›Acht Seligkeiten‹ werden die sieben Hauptlaster den Tugenden der Seligpreisungen in der ersten einleitenden Predigt gegenübergestellt und die sieben Gaben des Heiligen Geistes werden ab der dritten Seligpreisung explizit genannt; die der ersten Seligpreisung zugehörige Gottesfurcht wird auch erwähnt. Die Reihenfolge der Geistesgaben entspricht der Zuordnung des Augustinus. Tabellarisch sieht die Aufstellung der Septenare wie folgt aus (die üblichen lateinischen Begriffe werden in Klammern angegeben):

8 Tugenden

Verheißungen

Gaben

Hauptlaster

armu t des gaists (paupertas spiritus)

hymelreich (regnum coelorum)

sorg nach zeitleichem gut (avaritia)

gutichait vnd senftmutichait (mititas) wainen (luctus)

chintleichew fo rcht²⁶ (timor Domini)

erdreich (terra)

hunger vnd durst nach der gerechtichait (esuries et sitis iustitiae) parmhertzichait (misericordia)

ersettung (satietas)

zorn, neyd vnd hazz (ira) gotleichew chunst zarthait vnd wollust (scientia) des leibs (luxuria) gotleichew sterk pega rung des fleissches (fortitudo) (gula)

reinichait des hertzen (munditia cordis) frid (pax)

trost (consolatio)

parmhertzichait (misericordia)

gotleicher rat (consilium)

sehen gots (visio Dei) verstentleichait vnd vernunft (intellectus) chinder gots werden weishait gots (filii Dei vocabuntur) (sapientia)

vnerparmherzichait vnd hertichait (superbia) vnrainichait vnd pechvmmernu ss des hertzen (acedia) vnfridleichait vnd grymhait vnd hertichait (invidia)

In Anbetracht dieser Gegenüberstellung ist festzuhalten, dass die in den ›Acht Seligkeiten‹ angegebene Zuweisung der Hauptlaster nicht derjenigen des ›Malogranatum‹ entspricht, die sich mit einer Ausnahme – invidia und ira werden vertauscht – an der Aufstellung Hugos von St. Viktor bzw. Bonaventuras orientiert. Im ›Malogranatum‹ und bei Hugo von St. Viktor erscheinen die Hauptlaster in der folgenden Reihenfolge: Tugenden

Hauptlaster im ›Malogranatum‹ Hauptlaster bei Hugo von St. Viktor

paupertas superbia mititas ira luctus invidia esuries iustitiae acedia misericordia avaritia munditia cordis gula pax luxuria

superbia invidia ira tristitia avaritia gula luxuria

Neben der Theologie der Septenare ist ein weiterer wesentlicher Aspekt der Seligpreisungen-Exegese die Vorstellung vom Aufstieg. Die einzelnen Seligpreisungen bedingen jeweils einander, ohne die vorausgehende ist die folgende nicht denkbar. Diese Vorstellung ist bereits bei Augustinus impliziert, ²⁶ 189v. Hier und im Folgenden werden Stellen in den ›Acht Seligkeiten‹ anhand der Foliierung der für die Ausgabe benutzten Leithandschrift angegeben.

9

wenn er von ›Stufen‹ (gradus) der einzelnen Seligpreisungen spricht²⁷, sie durchzieht alle wichtigen Kommentare und kommt auch in den ›Acht Seligkeiten‹, im ›Malogranatum‹ und bei Johannes Marienwerder deutlich zur Sprache.

²⁷ Vgl. Augustinus von Hippo, De sermone domini in monte, I, 10.

11

2. Geschichtliches Umfeld

Vier Handschriften unseres Textes (M1, N, M2 und M4)¹ enthalten Angaben über den Verfasser: – Daz ist die ausslegung v ber die Acht Saelichait die maister hainreich der swab zu sand Nyclas in der pfarr ze Prag gepredigt hat (M1 183r), – Hie hebt sich an die auslegung v ber die viii salichait, die Maister hainreich der Swab ze Prag in Sand Nyclas kirchen gepredigt hat (N 62ra), – Kurczlichen ist czw mercken, das das hernachgeschriben puech hat maister hainreich von sand Gallen czw prag czw dewsch pracht vnd haysset dy acht salikait (M4 77v), – daz puchel von den acht salichaiten Maister heinrichs von sand Gallen (M2 90r [Explicit]).²

¹ Zur Auflösung der verwendeten Handschriftensigeln s. zusammenfassend S. 136, zur Beschreibung der Handschriften s. S. 43–78. ² Die Handschriften gehören den stemmatischen Gruppen *X2 und *X5 an und befinden sich somit am Anfang und am Ende der Überlieferung des *X1-Zweiges (vgl. dazu meinen stemmatischen Befund, S. 80–92). Damit ist eine durchgehende Tradierung zumindest des Namens ›Heinrich‹ innerhalb der *X1-Gruppe wahrscheinlich. Zwar versucht Ruh 1953, S. 221, das Zeugnis von M4 durch den Hinweis auf die Abhängigkeit dieser Hs. vom Wiener Cod. 12546 (zur Beschreibung vgl. Menhardt 1960–1961, Bd. 3 [1961], S. 1250) in der Überlieferung des ›Passionstraktats Extendit manum‹ (Explicit des ›Passionstraktats‹, 139r: Das puch hat zu deutsch gemacht Maister Hainreich von sand Gallen ze Prag [zit. nach Menhardt 1960–1961, Bd. 3, S. 1250]) und auf ihr junges Alter (1466) hypothetisch zu entwerten, er attestiert M4 wegen der ähnlichen Verfasserangabe in der wesentlich älteren (1420) Hs. M2 aber schließlich doch einen eigenen Wert. Dabei geht er allerdings von einer Unabhängigkeit dieser Hss. voneinander aus, was dem stemmatischen Befund nicht entspricht. Auch wenn mit einer breiten Überlieferung zu rechnen ist (und auf einer – vielleicht nicht erhaltenen – Zwischenstufe eine Beziehung zum Wiener Cod. 12546 gewiss nicht auszuschließen ist), sprechen eine Zugehörigkeit zum selben Überlieferungszweig mit M1 und N sowie die enge (!) Verwandtschaft von M4 und M2 gerade nicht für eine Selbstständigkeit der genannten Zeugnisse, sondern eher für eine geschlossene Weitergabe des Verfassernamens in der *X1-Gruppe (die *Y1-Hss. überliefern den Text anonym). Dass *X5 den Beinamen ›von St. Gallen‹ anstatt ›der Schwabe‹ (*X2) benutzt, kann – wenn es sich um dieselbe Person handelte und diese um 1420 noch einigermaßen bekannt war – sowohl durch die Synonymität beider Bezeichnungen als auch durch die gemeinsame Überlieferung unseres Predigtzyklus mit dem ›Passionstraktat‹ in M2 und M4 (hier erscheint der ›Passionstraktat‹ zwar anonym, doch ist wegen der Verwandtschaft von M4 und Wien Cod. 12546 die Nennung Heinrichs von St. Gallen in einer verlorenen Vorlage wahrscheinlich) erklärt werden.

12

Damit sind aus historischer Sicht im Wesentlichen zwei Informationen gegeben: ein Heinrich der Schwabe bzw. Heinrich von St. Gallen³ als Verfasser⁴ und die Prager Pfarrkirche St. Nikolaus als der Ort, an dem der Text in Form von Predigten vorgetragen wurde. Wenn wir diesen Angaben Glauben schenken – und es besteht zunächst kein Anlass, sie zu bezweifeln –, gilt es, Heinrich von St. Gallen und die Prager Nikolauskirche näher zu bestimmen sowie die Implikationen und Zusammenhänge, die der Vortrag einer Predigtreihe über die acht Seligpreisungen durch eine bestimmte Person an einem bestimmten Ort mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit sich bringt, aufzuzeigen.⁵

2.1 Heinrich der Schwabe bzw. Heinrich von St. Gallen Heinrich von St. Gallen, der mutmaßliche Verfasser der »erfolgreichsten und bestüberlieferten deutschen Passionshistorie des Mittelalters«(Kurt Ruh)⁶, des ›Passionstraktats Extendit manum‹, ist in der deutschen (Literatur-)Geschichtsschreibung kein unbekannter Name.⁷ Neben dem genannten ›Passionstraktat‹ und dem vorliegenden Predigtzyklus werden ihm die ›Magnificat-Auslegung‹, das ›Marienleben Do got der vater geschuof Adam und Eua‹ und der kurze Text ›Hindernisse zu geistlicher Vollkom³ Hier besteht kein Widerspruch, da das in der heutigen Schweiz liegende St. Gallen im Spätmittelalter geographisch zum alemannischen ›Schwaben‹ gehörte, das auch den Oberrhein und das Bodenseegebiet umfasste. ⁴ Linsenmayer 1886, S. 454, ordnet den Predigtzyklus, den er aus M1 kennt, Heinrich von Friemar zu (nach dem Vermerk des Inventarisators Johann Andreas Schmeller [1785– 1852] auf dem Rückenschild der Handschrift: Maister Hainreich der Swab [alias Mgr. Henricus de Vrimaria]). Dies wird von Wilhelm 1911, S. 35, und Petzet 1920, S. 107, ohne Widerspruch übernommen. Obgleich nicht einzusehen ist, warum man diesen Thüringer Theologen mit einem gleichnamigen ›Schwaben‹ gleichsetzen sollte – Ruh 1953, S. 222, schließt dies völlig aus – hält noch Stammler 1949, S. 31, Anm. 51, an der Verfasserschaft Heinrichs von Friemar fest. ⁵ Die Formulierung czw dewsch pracht in M4 kann den Text als eine Übersetzung ausweisen, ihn aber auch nur als eine Produktion in deutscher Sprache bezeichnen. Selbst bei einer Deutung als Übersetzung müsste jedoch nicht zwingend die Verdeutschung einer konkreten Vorlage gemeint sein, sondern vielleicht nur die Übertragung eines im Wesentlichen lateinisch umrissenen religiösen Bildungsgutes ins Deutsche. Da sich die Hs. M4 am Ende des mutmaßlichen Stemmas befindet, sollte man ihren Angaben gleichwohl keinen allzu großen Wert beimessen. ⁶ Neue deutsche Biographie, Bd. 8 (1969), S. 422. ⁷ Lexikonartikel: Ruh, Kurt; Hilg, Hardo: Heinrich von St. Gallen. In: 2VL, Bd. 3 (1981), Sp. 738–744; Hilg, Hardo: Heinrich v. St. Gallen. In: Marienlexikon, Bd. 3 (1991), S. 131–132; Ruh, Kurt: Heinrich von St. Gallen. In: Neue deutsche Biographie, Bd. 8 (1969), S. 422–423; Tříška 1981, S. 152; Bicherl 1971, S. 43–44; Aufsätze: Schmidt 1932; Ruh 1950; Ruh 1953; Werlin 1959.

13

menheit‹ zugeschrieben.⁸ Dass der Verfasser der genannten Schriften eine Person ist, kann jedoch nicht als sicher gelten; die historische Person Heinrichs von St. Gallen ist außerdem keinesfalls eindeutig fassbar. Der mit dem akademischen Magistergrad höchstwahrscheinlich gleichzusetzende Titel ›Meister‹, der in den vier zitierten Handschriften des Predigtzyklus dem Namen Heinrich vorangestellt ist, legt die Universität Prag als Wirkungsstätte des Verfassers nahe. In Verbindung mit der Universität lassen sich in Prag mindestens zwei ›Heinriche‹ mit dem Beinamen ›von St. Gallen‹ belegen. In der wichtigsten Quelle, dem ›Liber decanorum‹ der Prager Artistenfakultät,⁹ erscheint der Name in den folgenden Zusammenhängen: – 1371 in der Pfingstwoche (Ende Mai): Zulassung als Kandidat zum Bakkalaureat der freien Künste (einer der gewählten Prüfer ist Johannes Marienwerder, Autor einer lateinischen Auslegung der acht Seligpreisungen – Ausgabe hier, S. 250–271).¹⁰ – 23. Juli 1371: Determination (d. h. zeremonielle Abschlussprüfung und Promotion) zum Bakkalaureus der freien Künste.¹¹ – 6. April 1373: Magisterium der freien Künste.¹² – 4. April 1375: Prüfer (als Magister) bei der Determination eines neuen Bakkalaureus.¹³ – 1381: Zulassung als Kandidat zum Bakkalaureat der freien Künste.¹⁴ – 23. Juni 1397: Wahl von der Fakultätsversammlung zum Quodlibetarius, Heinrichs Ablehnung; 25. Juni 1397: Ablehnung wird von der Fakultät bei einer erneuten Versammlung nicht akzeptiert, Heinrich bezahlt ⁸ Textausgaben liegen vor für den ›Passionstraktat Extendit manum‹ (Ruh 1940), die ›Magnificat-Auslegung‹ (Legner 1973) und das ›Marienleben‹ (Hilg 1981). Die ›Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit‹ drucke ich hier nach der einzigen Hs. im Anhang, S. 230, ab. Darüber hinaus ist in mehreren Fassungen eine Kompilation des ›Passionstraktats‹ und des ›Marienlebens‹ überliefert, die jedoch bereits dem Nachleben von Heinrichs Werken zuzurechnen ist (Ausg. Hörner 2009). ⁹ Das Original ist 1945 verloren gegangen. Zugänglich ist dieses Dokument in der Ausgabe von 1830–1832 (hier wird danach zitiert) sowie in einem Faksimile (Černý 1983). ¹⁰ Liber decanorum, Bd. 1, S. 147: Decanatus mag. Gerardi Wisbecke de Osenbrughe. Anno Domini 1371 […] Anno eodem in vigilia pentecostes electi erant tres magistri in artibus pro examinatoribus baccalariandorum, scilicet mag. Henricus de Stadis, Jo. Merienwerder [sic!] et Ludovicus de Praga, et statim sequente septimana celebrato examine admissi fuerunt novem secundum hunc ordinem […] Henr. de s. Gallo […]. ¹¹ Ebd., S. 148: Item 23. die [Julii] sub mag. H. de Embek, Henricus de s. Gallo determinavit. Zur determinatio vgl. Šmahel 2007, S. 245f. ¹² Liber decanorum, Bd. 1, S. 157–159: Anno Domini 1373 […] Item die 6. Aprilis sub mag. H. Woleri processerunt ad magisterium […] H. Gallus. ¹³ Ebd., S. 165: Item 4. die Aprilis [1375] det[erminavit] Jodocus sub mag. Henrico de s. Gallo. ¹⁴ Ebd., S. 198–200: Anno Domini 1381 […] Item pro examine baccalariandorum […] electi fuerunt de 4 nationibus examinatores […] et admiserunt infra scriptos […] Henricus de s. Gallo.

14

die vorgeschriebene Geldstrafe, um doch nicht als Quodlibetarius antreten zu müssen (dies schließt jedoch nicht aus, dass er bei der nächsten Versammlung erneut gewählt wird); 15. Juli 1397: die Fakultät gibt dem Antrag des Vizekanzlers statt, dass Heinrich nicht noch einmal als Quodlibetarius gewählt werden darf.¹⁵ Es versteht sich, dass derjenige Mann, der 1371 an der Artistenfakultät Bakkalaureus, 1373 Magister geworden war¹⁶ (wenn man H. Gallus für Heinrich von St. Gallen halten darf) und 1375 als Magister neue Kandidaten fürs Bakkalaureat geprüft hatte, nicht mit dem Studenten identisch sein kann, der erst 1381 zur Bakkalaureatsprüfung zugelassen wurde. Welcher von den beiden – oder ob vielleicht noch ein dritter – im Jahr 1397 auf sich aufmerksam gemacht hat, indem er sich – bereits als angesehener Mann (honorabilis vir) – hartnäckig weigerte, die Leitung der QuodlibetDisputation zu übernehmen, ist nicht zu entscheiden.¹⁷ Die Disputation de quolibet¹⁸ war das größte akademische Fest des Jahres, das nicht nur zum öffentlichen Austausch wissenschaftlicher Meinungen und zur Präsentation disputatorischer und rhetorischer Kompetenz und Schlagfertigkeit diente, sondern auch Anlass gab, sich zu brennenden Allgemeinfragen der Zeit zu äußern.¹⁹ ¹⁵ Ebd., S. 325–327: Anno, quo supra [1397], sabbato inmediate praecedente festum s. Joannis Baptistae, scil. 23. die mensis Junii, facta congregatione facultatis sub hac forma: Magister reverende! sitis hodie hora 17. in congregatione facultatis ad eligendum disputaturum de quolibet secundum formam statuti anno pro futuro, sub poena 4 grossorum, et non contradicendi; in qua quidem congregatione electus fuit honorabilis vir, mag. Henricus de s. Gallo, secundum modum in statuto desuper facto expressum, cui sua electio fuit insinuata eodem die statim per magistros deputatos a facultate, scil. mag. Przibisslaus et mag. Joannes Altnawer, qui deliberatione accepta ante occasum solis non acceptavit, sed decanum, ut sibi faceret congregationem, requisivit, in qua excusationem, ut crederet, vellet assignare rationabilem, qua quidem congregatione facta 25. die mensis ejusdem excusatio praedicti mgri non fuit approbata. Ideo decanus pro tunc coram tota facultate, eidem disputationem de quolibet injunxit, vel ut daret poenam, vel unum loco sui ordinaret secundum formam statuti. Postea 12. die mensis Julii praedictus mag. solvit poenam facultati, videlicet 2 sexagenas, prout in statuto plenius continetur. Item 15. die mensis Julii exaudita fuit petitio domini vicecancellarii in facultate artium pro mag. Henrico de s. Gallo, quae fuit ut amodo pro disputaturo de quolibet non eligeretur. ¹⁶ Šmahel 2007, S. 239, schätzt die Dauer des Studiums an der artistischen Fakultät bis zur Erlangung des Magistergrades auf mindestens fünf Jahre. Allein das Magisterstudium nahm normalerweise 158 bis 237 Vorlesungswochen in Anspruch: Damit wäre unser Mann ein außerordentlich schneller Student, sofern es sich um dieselbe Person handelt. ¹⁷ Nach den bekannten Daten wurde man in Prag in der Regel erst nach mindestens zwölfjähriger Ausübung des Magisteramts zum Quodlibetarius gewählt (vgl. Šmahel 2007a, S. 344). Diese Bedingung hätten also beide genannten Männer erfüllt. ¹⁸ Zu der Prager Quodlibet-Disputation vgl. v. a. Kejř 1960 und 1971 sowie Šmahel 2007, S. 247–250, Šmahel 2007a und Šmahel 2007b. ¹⁹ In den Jahren vor dem Ausbruch der hussitischen Revolution wurde das Quodlibet zunehmend zu politischen Erklärungen genutzt. So wurde bereits 1403 Johannes Hübner von einer Mehrheit deutscher Magister zum Quodlibetarius gewählt, der kurz zuvor den Kata-

15

Das spätmittelalterliche Prager Quodlibet hatte freilich nur noch wenig mit der theologischen disputatio de quolibet der Hochscholastik zu tun, aus der Abhandlungen bedeutender Theologen wie Thomas von Aquin hervorgegangen waren.²⁰ Im klassischen hochscholastischen Quodlibet, das an der theologischen Fakultät stattfand, trat der leitende Magister vor eine akademische Versammlung, deren einzelne Mitglieder ihm im Voraus nicht bekannt waren und von denen ihm jeder eine willkürlich gewählte Frage stellen durfte. Diese Fragen wurden zunächst nicht vom leitenden Quodlibetarius selbst, sondern von einem der Bakkalaurei erörtert und beantwortet. Erst aufgrund des Diskussionsverlaufs formulierte dann der Leiter seinen Standpunkt, den er gegen die Einwände seiner Gegner verteidigen musste. Im zweiten Teil der Disputation, der mindestens einen Tag später stattfand, fasste der Leiter die zuvor diskutierten Fragen mit seinen Ausführungen in einer thematisch geordneten Reihenfolge eingehend zusammen. Diese abschließende determinatio diente dann als Grundlage für eine literarisch stilisierte Ausarbeitung. Die Leitung einer derart anspruchsvollen Veranstaltung verlangte dem Quodlibetarius sein ganzes Können ab und wurde mit zunehmender Spezialisierung und Entfaltung akademischer Disziplinen im angehenden Spätmittelalter zu einer Unmöglichkeit. Die neu entstehenden deutschen Universitäten führten daher das Quodlibet in einer veränderten Form ein. log von 24 verurteilten Zitaten John Wyclifs gegen den Widerstand tschechischer, mit Wyclif sympathisierender Magister um 21 weitere angeblich häretische Sprüche ergänzt hatte, deren Verbreitung auf einer Vollversammlung der Universität anschließend am 28. Mai 1403 verboten worden war. Wie ein Brief Hussens an Hübner vom Anfang des Jahres 1404 zeigt, kam es bei Hübners Quodlibet Anfang Januar zu einem Schlagabtausch zwischen deutschen und tschechischen Magistern über die Bewertung wyclifscher Lehrsätze (vgl. dazu Kejř 1971, S. 72–74, und Šmahel 2007b, S. 364f., mit Lit.). Zu einer tschechisch-nationalen Propagandarede wurde dann die Ansprache Hieronymus’ von Prag am Ende des Quodlibet Matthäus’ von Knin im Jahr 1409 kurz vor der Erlassung des Kuttenberger Dekrets (vgl. z. B. die Formulierung hanc sanctam conmunitatem boemicam [Výbor z české literatury doby husitské, Bd. 1, S. 245]). Matthäus von Knin selbst war jedoch den deutschen Magistern auch ein Dorn im Auge. Er war zuvor im Mai 1408 gezwungen worden der wyclifschen Remanenzlehre abzuschwören. Nachdem er sich demonstrativ freiwillig als Quodlibetarius gemeldet hatte, war die Fakultät den Statuten gemäß gezwungen, seine Wahl anzunehmen; die deutschen Magister, die erklärten, lieber Prag verlassen zu wollen als an einem Quodlibet unter potentiell ketzerischer Leitung teilzunehmen, wurden erst durch eine schriftliche Anweisung des Königs zum Gehorsam gebracht (vgl. Kejř 1971, S. 80f., und Šmahel 2007b, S. 365f.). Der Quodlibetarius von 1411, der kein anderer als Jan Hus war, wollte durch seine überaus sorgfältig vorbereitete Disputation nach dem Abgang der deutschen Magister aus Prag den Beweis erbringen, dass das Niveau der Universität nicht gesunken war (vgl. Šmahel 2007b, S. 370). Für Aufsehen sorgte ein Jahr später Jacobellus von Mies, indem er beim Quodlibet Michaels von Malenitz behauptete, in der Gestalt Papst Johannes’ XXIII. wäre der Antichrist in persona auf die Welt herabgestiegen (vgl. ebd., S. 367). ²⁰ Zu der umfangreichen Quodlibet-Literatur vgl. Glorieux 1925–1935.

16

Der Verlauf des Prager Quodlibet, das nunmehr von der artistischen Fakultät veranstaltet wurde,²¹ ist in den Fakultätsstatuten des ›Liber decanorum‹, anders als in den entsprechenden Dokumenten etwa der Universitäten Wien oder Heidelberg, nicht beschrieben. Lediglich die Wahl des Leiters – die auch in unserem Zusammenhang interessiert – wird thematisiert.²² Seit einer Vollversammlung der Magister der artistischen Fakultät Ende Oktober 1379 galt, dass jedes Jahr am Samstag vor dem Fest Johannes’ des Täufers (24. Juni) der Dekan eine Versammlung aller Fakultätsmagister einberufen sollte, bei welcher der (dienst-)älteste Magister, der diese Funktion bisher noch nicht wahrgenommen hatte, als Leiter des Quodlibet festgelegt würde. Weigerte sich dieser, die Aufgabe des Quodlibetarius zu übernehmen, hätte er die beachtliche Strafe von vier Florin zu zahlen. Dann ²¹ Zum Übergang vom hochmittelalterlichen Quodlibet zum artistischen Quodlibet des Spätmittelalters an europäischen Universitäten vgl. Šmahel 2007b, S. 359–363. ²² Liber decanorum, S. 65–67: Item anno 1379. 29 die mensis Octobris in plena congregatione magistrorum de concilio statutum fuit, quod decanus facultatis artium, qui pro tempore fuerit, teneatur facere generalem magistrorum omnium congregationem, regentium & non regentium, de facultate artium, Sabbato proximo ante nativitatem sancti Joannis Baptistae, & illam faciat ad ostia publicari, & per scholas, sic, quod verisimiliter quempiam de magistris latere non possit, et in ista congregatione decanus informabit se, quis sit senior magister in facultate, qui de quolibet in artibus juxta hujusmodi statuti tenorem, & post ejus publicationem non disputaverit, nec disputavit, antequam eum ordo tetigit, nec poenam dedit infra scriptam, quando ordo eum tetigit, et illi injungere teneatur, in eadem congregatione, si praesens fuerit, quod tertia die Januarii proxime tunc futura, si celebris non fuerit, alias proxime sequenti non festiva, incipiat disputare de quolibet, & illam disputationem juxta morem consuetum continuet diligenter singulis magistris de facultate praesentibus in studio, quaestiones per tres vel quatuor dies ante initium suae disputationis in scripto, ut consvetum est, dirigendo; si vero magister senior absens fuerit sine rationabili causa, nec procuratorem idoneum unum magistrum in hujusmodi congregatione habuerit, qui nomine ipsius acceptet, sive assumat onus disputandi injunctum, ut praemittitur, sit condemnatus in poena quatuor florenorum bonorum facultati solvendorum, in certis terminis sub poenis infra scriptis, nisi prius in eodem ordine, antequam eum tetigerit ordo, disputasset, aut prius in eodem ordine poenam solvisset. Si vero magister talis senior praesens fuerit, acceptare teneatur ante solis occasum, sub poena jam praemissa, & si iste, qui senior praesens inventus fuerit, ante solis occasum non acceptaverit, ex tunc decanus ad proximum, sicut commode poterit, faciat novam congregationem ad idem, ut supra, & injungat seniori post illum, qui non acceptavit, sub eadem poena, & hujusmodi congregationes & injunctiones continuet, donec disputare volens habeatur. Si vero praesens magister vel etiam absens in praemissis rebellis fuerit, contra talem procedatur, quod ex tunc infra sex dies proximos a tempore congregationis & hujusmodi injunctionis computandos, sit condemnatus ad duplum; quod si animo indurato in praemissis statuto non paruerit, infra alios sex dies proxime sequentes sit ab omnibus actibus facultatis publicis & privatis suspensus ipso facto: si vero nec tunc, quod absit, ad obedientiam reversus fuerit, a facultate artium lapsis sex diebus iterum proxime sequentibus sit exclusus, & decanus facultatis artium, qui pro tempore fuerit, talem exclusum faciat, exigente hoc ipsius inobedientia, per omnes scholas artium publicari. Insuper conclusum fuit et statutum, quod magistro disputanti de quolibet, debet de pecuniis facultatis procurari novum birretum, & par chirothecarum, & par caligarum nigri coloris, tanti pretii, quod pro omnibus istis media sexagena ad minus expendatur, et ista debent sibi prima die suae disputationis ex ordinatione decani per unum bidellum nomine facultatis publice ad cathedram praesentari.

17

würde der Dekan eine neue Versammlung einberufen, bei der als nächster Kandidat der zweitälteste Magister bestimmt würde. Wäre auch dieser trotz der genannten Geldstrafe nicht bereit, das Quodlibet zu leiten, würde man bei einer neuen Versammlung den nächsten Magister ernennen, und dies täte man so lange, bis ein Quodlibetarius gefunden wäre. Sollte ein Magister, der die Leitung des Quodlibet abgelehnt hat, die festgelegte Strafe nicht innerhalb einer Woche bezahlen, müsste er die doppelte Summe entrichten. Nach einer weiteren Woche würde er vom Fakultätsleben ausgeschlossen; sollte auch dies den Sünder nicht bewegen, das Strafgeld zu zahlen, würde ein öffentlicher und definitiver Fakultätsausschluss folgen. Wäre ein Quodlibetarius gefunden, sollte die Disputation am 3. Januar des darauffolgenden Jahres stattfinden (wenn kein Feiertag auf das Datum fallen würde – dann würde man die Veranstaltung auf den nächsten Tag verschieben). Drei oder vier Tage vorher sollte der Leiter den einzelnen Fakultätsmagistern schriftlich die für sie bestimmten Fragen mitteilen. Aus dieser Verordnung geht hervor, dass die im Quodlibet zu behandelnden Fragen in Prag erstens im Voraus bekannt gegeben und zweitens an einzelne Magister vergeben wurden. Tatsächlich bestätigen die erhaltenen Quodlibet-Handbücher²³ aus Prag, dass auf jeden Magister eine Frage zufiel, auch wenn nicht jede vom Leiter vorbereitete Frage tatsächlich behandelt wurde.²⁴ Als Belohnung für den keinesfalls geringen Aufwand, der für den Quodlibetarius mit der Leitung der Disputation verbunden war, legten die Fakultätsstatuten ein neues Birett, ein Paar Handschuhe und ein Paar Schuhe im Gesamtwert von mindestens einem halben Schock (d. h. 30) Groschen fest. Offensichtlich zahlten viele Magister lieber die Geldstrafe, was dazu führte, dass das Quodlibet nur noch selten stattfinden konnte. Daher beschloss eine Vollversammlung der Artistenfakultät am 3. Februar 1391 eine Änderung der Statuten, um die regelmäßige Abhaltung der jährlichen ²³ Die Quellen über die Prager Quodlibets bestehen aus Disputationsvorbereitungen der Quodlibetarii, nachträglichen literarischen Ausarbeitungen der Fragen und Aufzeichnungen der Hörer. Leider handelt es sich bei den sechs erhaltenen Vorbereitungshandbüchern (vgl. zuletzt Šmahel 2007b, S. 369 und 377–381) um Abschriften, nicht um Autographe der Disputationsleiter. Literarisch ausgearbeitet wurden einzelne Fragen in der Regel jeweils von den Magistern, die sie im Quodlibet behandelt hatten (nach Kejř 1960, S. 40–41, sind keine Ausarbeitungen der gesamten Disputation überliefert, die ein Gegenstück zu den Vorbereitungshandbüchern darstellen würden). Der dritte Typ bildet eine Ausnahme und ist nur für die Einleitungsfrage Michaels von Malenitz aus dem Jahr 1412 erhalten (vgl. Kejř 1960, S. 26 und 39). ²⁴ Im Vorbereitungshandbuch der Disputation Prokops von Kladrau von 1417 ist nur jenen Fragen, die tatsächlich behandelt werden sollten und auch wurden, jeweils ein probleuma (vgl. unten S. 19) hinzugefügt. Offenbar gab es weniger Teilnehmer als ursprünglich vorbereitete Fragen (vgl. Kejř 1971, S. 37f.).

18

Disputation zu gewährleisten.²⁵ Danach fiel die Wahl des Disputationsleiters nicht automatisch auf den dienstältesten Magister, sondern jeder konnte sich freiwillig für das Amt melden und die Fakultät war verpflichtet, den Interessenten anzunehmen. Erst wenn es mehrere Kandidaten gäbe – wofür die Quellen in Prag kein Zeugnis liefern –, hätte der Ältere Vorrang. Zusätzlich zu der gewohnten Sachbelohnung sollte der Quodlibetarius zwei Schock Groschen in bar erhalten. Gäbe es keinen Freiwilligen – nur zwei Fälle sind bekannt: Matthäus von Knin für das Jahr 1409 und Jan Hus für 1411 –,²⁶ sollte nach einer Woche in einer neuen Wahlversammlung ein Magister mit der Leitung des Quodlibet beauftragt werden. Lehnte er ab, müsste er die Strafe von zwei Schock Groschen zahlen, was ihn freilich nicht davor schützte, erneut gewählt zu werden und die Strafe bei Ablehnung wieder zahlen zu müssen, wie aus dem Fall Heinrichs von St. Gallen von 1397 hervorgeht. Die Prager Statuten bestimmten nicht, wie lange das Quodlibet dauern sollte, es waren jedoch mit Sicherheit mehrere Tage. Aus mehreren erhaltenen Quodlibet-Handbüchern, die von den Disputationsleitern im Voraus als Leitfaden und Stütze angelegt wurden, kann der Verlauf der Disputation rekonstruiert werden.²⁷ Eröffnet wurde sie durch eine feierliche Ansprache des Quodlibetarius, es folgte die vom Quodlibetarius selbst zu behandelnde quaestio principalis, eine Frage über Gott. Der Leiter ließ hier seine Thesen von einem auserwählten Bakkalaureus vortragen²⁸ – vermutlich ein Relikt der klassischen hochmittelalterlichen Quodlibet-Form. Die Thesen des Leiters wurden dann von jedem der anwesenden Magister angefochten, und ²⁵ Liber decanorum, Bd. 1, S. 101–102: Item in decanatu mag. Jacobi de Bartinsteyn die 3. mensis Februarii magistri in plena congregatione facultatis considerantes, quod juxta antiquum statutum disputationis de quolibet disputatio praedicta raro vel nunquam haberetur, in hoc unanimiter consenserunt, quod dictum statutum moderari deberet isto modo, quod decanus facultatis artium, qui pro tempore fuerit, teneatur facere generalem omnium magistrorum congregationem, regentium et non regentium in facultate praedicta, Sabbato ad unam quindenam, sive mediate praecedente nativitatem s. Joannis Baptistae ad videndum, an aliquis vel aliqui se velit seu velint facultati ad disputandum de quolibet praesentare; et si unus se obtulerit, illum facultas acceptet; si autem plures, facultas eligat seniorem inter illos, qui si acceptaverit, se statim obliget sub poena duarum sexagenarum, quod isto anno disputare non ommittet; cui facultas det duas sexagenas cum aliis solitis in praedicto statuto nominatis. Si autem in dicta congregatione se nullus praesentare curaverit, ex tunc decanus sabbato proximo proxime nativitatem praecedente de novo congreget magistros sub poena et modo, sicut in praefato statuto continetur, in qua congregatione disputaturus de quolibet per magistros praesentes eligatur, et ille sic electus disputationis onus sub poena duarum sexagenarum assumere, et ad debitum finem perducere sit coactus, cui similiter facultas de salario, videlicet duarum sexagenarum, et aliis, ut praemittitur, providere teneatur. ²⁶ In beiden Fällen ging es den Kandidaten jedoch erkennbar darum, das Quodlibet für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren (vgl. oben S. 14, Anm. 19). ²⁷ Für einzelne Belege vgl. Kejř 1971, S. 28–40. ²⁸ So die Vermutung von Šmahel 2007b, S. 371. Nach Kejř 1971, S. 31, übernahm der Bakkalaureus erst die Verteidigung der vom Magister selbst vorgetragenen Argumentation.

19

zwar der Reihe nach vom Ältesten zum Jüngsten. Danach stellte der Quodlibetarius den einzelnen Magistern die für sie bestimmten (und drei bis vier Tage im Voraus mitgeteilten) Fragen. Als erster wurde der Universitätsrektor, danach der Dekan der Artistenfakultät angesprochen. Nach dem Vortrag des jeweiligen Magisters versuchte der Leiter, dessen Thesen anzufechten. Die Anzahl der disputierenden Magister und somit auch die der behandelten Fragen war recht hoch – vor dem Abgang der deutschsprachigen Akademiker im Jahr 1409 vermutlich sogar etwa hundert. Damit war das Quodlibet – laut Hieronymus von Prag ein »mächtiges Turnier geistlicher Ritterschaft«²⁹ – ein großangelegter Austausch akademischer Meinungen und ein breites Forum für deren Präsentation, das zwar von der artistischen Fakultät veranstaltet wurde, sich jedoch keinesfalls auf deren eigenes Personal im engeren Sinne beschränkte: Die Würdenträger höherer Fakultäten hatten zwar keine Pflicht, am Quodlibet teilzunehmen, taten dies jedoch vielfach, wie u. a. aus der Abschlussansprache des Quodlibet von Jan Hus hervorgeht.³⁰ Studierende höherer Fakultäten, die zugleich als Magister in artibus tätig waren, waren zur Teilnahme ohnehin verpflichtet.³¹ Auch die Themenbereiche der gestellten Fragen richteten sich nach den Spezialgebieten der einzelnen Magister, besonders wenn sie bereits höheren Fakultäten angehörten. Aufgelockert wurde die intensive Atmosphäre dieses akademischen Marathons durch sog. probleumata, kurze Scherzfragen, die zu jeder quaestio hinzugefügt waren und die jeder Magister neben seiner Hauptfrage beantworten musste.³² ²⁹ Výbor z české literatury doby husitské, Bd. 1, S. 244: quodlibetum exstat clericalis milicie validum torniamentum. So bezeichnete Hieronymus von Prag das Quodlibet in seiner kämpferischen Rede ›Recommendacio arcium liberalium‹, die er zum Abschluss des Quodlibet Matthäus’ von Knin 1409 hielt und die nicht zuletzt wegen ihres tschechischnationalen Charakters großes Aufsehen erregte (vgl. auch oben S. 14, Anm. 19). ³⁰ Jan Hus, Quodlibet, S. 283, Z. 34–38: multi sunt sacre theologie Magistri, medicine Doctores, sacre theologie Baccalarii et philosophi plurimi, qui ad responsionem nostre disputacionis propter labores pristinos non sunt astricti de solito, quia iam sunt a nobis iunioribus sicud patres precipui venerandi. ³¹ Jeder Magister, der im kommenden akademischen Jahr actu regens bleiben wollte, d. h. der sich jeweils am St.-Ägidius-Tag – dem 1. September – verpflichtete, regelmäßige Vorlesungen zu halten (vgl. Liber decanorum, Bd. 1, S. 81: nullus dicatur actu regens in artibus, nisi qui legat ordinarium suum), musste sich nach einem Fakultätsbeschluss vom 26. Mai 1397 zuvor verpflichten, am Quodlibet aktiv teilzunehmen (vgl. ebd., S. 322: Conclusum fuit in eadem congregatione, multis consiliis maturis praehabitis secundum majorem partem, quod in antea quilibet magistrorum, qui voluerit in festo s. Aegidii librum ordinarium eligere, debet decano pro tunc promittere, quod velit illo anno, si Pragae fuerit, dolo et fraude postpositis, subterfugium non quaerendo, dum, et quando ipsum ordo tetigerit, ordinarie disputare, et in disputatione de quolibet in artibus respondere; quod si illo anno deliquerit, sive omiserit, ante omnia futuro anno electione et sorte ordinarii sit privatus). ³² Beliebt waren u. a. Themen aus dem Tierreich, wie zwei Scherzfragen aus dem Quodlibet des Simon von Tischnowitz von 1416 zeigen: Quare leo blandiens non movet caudam, iratus autem terram primo percutit cauda et postea proprium flagellat dorsum sowie Quare, ut

20

Die Statutenänderung hat ihr Ziel offensichtlich nicht verfehlt, denn im Zeitraum von 1391 bis 1409 fanden 17 Quodlibets statt.³³ Mit seiner Weigerung, die Wahl zum Quodlibetarius anzunehmen, steht Heinrich von St. Gallen allerdings auch nach 1391 in der Universitätsgeschichte keinesfalls allein. So versuchte sich der spätere Prager und Heidelberger Universitätsrektor Nikolaus Magni von Jauer nach seiner Wahl für das Jahr 1395 zu entschuldigen und wollte vor der Fakultätsversammlung seine Gründe vortragen, die jedoch für ungenügend befunden wurden.³⁴ Auch der Prager Rektor von 1397–1398 Stephan von Kolin bat nach seiner QuodlibetWahl für das Jahr 1401 um eine Bedenkzeit, ließ sich dann nach persönlicher Zurede des Dekans jedoch dazu bewegen, das Amt zu übernehmen.³⁵ Der Rektor von 1400 und prominente Hus-Freund Stephan von Palec hat die Leitung des Quodlibet sogar ganz abgelehnt.³⁶ Wenn also Heinrich von St. Gallen nach seiner Wahl als Quodlibetarius für das Jahr 1398 diese

³³ ³⁴

³⁵

³⁶

dicit Aristoteles in probleumatibus suis, ursus nequaquam aggreditur sedentem aut stantem in aqua (zit. nach Kejř 1960, S. 36, Anm. 63). Die Antworten der Magister sind in den Quodlibet-Handbüchern leider nicht überliefert. Vgl. Kejř 1971, S. 72. Liber decanorum, Bd. 1, S. 292: Item sabbato ante festum nativitatis Joannis Baptistae [1394] electus fuit in congregatione facultatis pro disputando de quolibet mag. Nicolaus de Jawir, qui eodem die ante occasum solis onus disputandi de quolibet sub ista conditione acceptavit, quod si facultas non staret contenta de excusatione sua in convocatione, quam petivit sibi fieri die sequenti, ex tunc acceptio simpliciter haberet vigorem; quam convocationem ad petitionem ejus feci pro excusatione sua audienda, in qua convocatione fuit conclusum, quod excusatio sua non fuit sufficiens, et idem antedictus mag. Nicolaus onus disputandi de quolibet coram tota facultate pro tunc praesente acceptavit. Ebd., S. 351–352: Item 19. die [mensis Junii 1400], quae fuit sabbatum proxime praecedens festum nativitatis sancti Joannis Baptistae, facta plena congregatione omnium magistrorum de facultate artium, actu regentium et non regentium, ad eligendum disputaturum de quolibet anno pro futuro, secundum formam in statuto expressam electus fuit secundum majorem partem: honorabilis vir mag. Stephanus de Colonia, secundum formam statuti desuper confecti. Qua electione facta deputati erant mag. Joannes Helcopii et mag. Przibislaus de Jessenicz ad insinuandum ipsi suam electionem. Qui, ipso non invento Pragae die eadem, nec proxime sequenti, sed tertia die, quae fuit 21. mensis ejusdem, de mane in collegio Caroli suam electionem insinuaverunt eidem, et ipse dixit, se velle plenius deliberare. Eodem autem die de vespere post vesperias honorabilis viri mag. Nicol. Luthomischl, tunc vesperiati, ego decanus inveniens eundem mag. Stephanum in collegio omnium Sanctorum, inferius in domo ante gradum, ibidem injunxi eidem disputationem de quolibet anno pro futuro secundum formam in statuto desuper confecto expressam. Ipse autem mag. reverendus onus disputationis memoratae tunc acceptavit, dicens: attentabo, faciens secundum possibilitatem meam melius, quod potero. Praesentes fuerunt mag. Mathias de Legnicz, sacrae theologiae professor, et mag. Joan. Helcopii. Darauf spielt Jan Hus in der Eröffnungsrede seines Quodlibet von 1411 an. Neben Stephan von Palec hat auch Simon von Tischnowitz die Leitung verweigert, der dann allerdings 1416 die Aufgabe übernahm. Vgl. Jan Hus, Quodlibet, S. 6, Z. 23–28: Movit autem me ad disputacionem de quolibet, ut verum fatear, Magistrorum meorum excusacio, videlicet reverendi Magistri Stephanni Palecz et reverendi Magistri Symonis de Tyssnow, qui vicissim per universitatem electi concorditer excusaciones posuerunt, videlicet validas, laborem difficilem ne subirent.

21

Wahl ablehnte, die vorgeschriebene Geldstrafe zahlte und den Vizekanzler dazu bewegen konnte, bei der Fakultät ein gutes Wort für ihn einzulegen, damit er nicht erneut gewählt würde, handelt es sich um nichts Ungewöhnliches, und man kann daraus schwerlich schließen, Heinrich wäre charakterlich ein »schwieriger Herr« gewesen und hätte »in eigensinniger, ja zwängerischer Weise« gehandelt.³⁷ Vielmehr werden seine Ablehnungsgründe dem damaligen Vizekanzler Andreas von Brod (der selbst vermutlich im Jahr 1405 ein Quodlibet abhielt)³⁸ und der Fakultät als berechtigt erschienen sein, wenn jener für Heinrich ein gutes Wort einlegte und diese von einer erneuten Wahl absah. Nikolaus Magni von Jauer konnte drei Jahre zuvor die Fakultät mit seinen Gründen, das Quodlibet nicht übernehmen zu können, selbst durch eine persönliche Ansprache vor der Fakultätsversammlung nicht überzeugen (s. o. Anm. 34). Entschuldigungen der zum Quodlibetarius gewählten Magister waren übrigens auch an der benachbarten Universität Wien nichts Ungewöhnliches.³⁹ Ein letzter Beleg für die Universitätslaufbahn Heinrichs von St. Gallen in Prag entstammt den Universitätsstatuten. Unter den acht ältesten Magistern, denen bei einer Vollversammlung der Universitätsmagister Ende Juli 1397 – also kurz nachdem Heinrich von der Quodlibet-Leitung befreit worden war – das Dispositionsrecht für größere, der Universität zukommende Stiftungen einstimmig anvertraut wurde, wird er als Bakkalaureus der Theologie genannt.⁴⁰ Seiner hohen Reputation scheint also die Angelegenheit mit der Quodlibetarius-Wahl, die zumindest bei den Arti³⁷ So Ruh 1953, S. 211 (ähnlich auch Neue deutsche Biographie, Bd. 8 [1969], S. 422f., hier S. 422). Jener dominus vicecancellarius (s. o. S. 14, Anm. 15), den Heinrich um Hilfe bat, war auch nicht der Vizekanzler der Fakultät, wie Ruh 1953, S. 211, schreibt (dieses Amt gab es nicht), sondern als Stellvertreter des Kanzlers, d. h. des Erzbischofs, Vizekanzler der ganzen Universität und selbst dem Rektor hierarchisch überlegen. Im Juni 1397 war dies Andreas von Brod, der zugleich das Dekanat der artistischen Fakultät innehatte (vgl. Liber decanorum, Bd. 1, S. 318). Seit 1405 bekleidete diese Würde stets der Universitätsrektor (vgl. Šmahel 2007a, S. 347, Anm. 27). ³⁸ So vermutet Šmahel 2007a, S. 346, Anm. 27. ³⁹ Vgl. Uiblein 1995, S. 115–116. ⁴⁰ Statuta universitatis Pragensis, S. 37f.: Item anno, Rectoratu et mense, quibus supra [zuvor wird 24. Juli 1397 genannt, Rektor war Nikolaus Magni von Jauer], facta congregatione omnium Magistrorum Universitatis sub debito obedientiae et poena non contradicendi, ex vocibus omnium Magistrorum tunc in magna multitudine praesentium et concorditer dicentium, nullo contradicente conclusum fuit: Quod per octo Magistros quoddam bonum arduum et magnum et Universitati multum, si veniret, proficuum esset tractandum, quod tunc propositum fuerat, tamen in genere (?) ex causa rationabili, et de consilio magistrorum plurium seniorum, puta, per M. Mensonem, sac. Theol. professorem, M. Joannem Winkleri, professorem ejusdem, M. Petrum Posern, pro tunc Decanum facultatis artium, M. Jo. Hildeshym, pro tunc in Theol. licentiatum, M. Heynricum de S. Gallo, M. Nicolaum Leuthomisl, bacal. in eadem, M. Nicolaum Beyer, pro tunc praesentatum ad cursum legendum, M. Przybislaum; quibus inquam Magistris reverendis de alto et basso per deputationem concordem commissum fuit praedictum bonum tractandum et disponendum et, si pecunia esset exponenda, post impe-

22

sten noch in ganz frischer Erinnerung gewesen sein muss, nicht geschadet zu haben. Ein anderer Mann namens Heinrich Huber von St. Gallen ließ sich 1386 in Prag an der seit 1372 selbstständigen juristischen Universität immatrikulieren.⁴¹ Zwei Jahre später erscheint er dann in der Juristen-Matrikel bereits unter den Bakkalaurei.⁴² Vermutlich setzte er dann seine Jurastudien an der benachbarten und von nationalen Zwistigkeiten unbelasteten Universität Wien fort, wo er sich am 13. Oktober 1392 für Jura einschrieb.⁴³ Wenige Jahre danach kehrte er – wenn es sich um dieselbe Person handelt – in die Schweiz zurück, wo 1396 seine Tätigkeit als procurator des Klosters St. Gallen vor dem geistlichen Gericht in Chur und 1396–1398 als doctor puerorum an der Domschule in Chur belegt ist. In den Jahren 1405–1426 nahm er dort das Amt des geistlichen Richters (iudex, officialis) wahr, für die Jahre 1411–1419 ist er als Kanoniker, 1424–1426 als scolasticus und Statthalter eines künftigen Dekans (Vizedekan) bezeugt. Er führte fast ausnahmslos den Magistertitel, nur 1412 bezeichnete er sich selbst als baccalarius in decretis. Dieser geistliche Herr starb in Chur am 31. Oktober 1428 und wurde dort begraben.⁴⁴

⁴¹ ⁴²

⁴³

⁴⁴

trationem tacti boni vel ante. Aus der hierarchisch geordneten Aufzählung geht das theologische Bakkalaureat Heinrichs klar hervor. Es verwundert, dass Ruh 1953, S. 212, diese Stelle nicht kennt, Heinrich einen theologischen Grad abspricht und es »eigentümlich« findet, dass »ein theologischer Schriftsteller, 20 Jahre nach Erlangung der philosophischen Magisterwürde, nicht zu einem theologischen Lehrstuhl gekommen« wäre. Auf die Erwähnung Heinrichs in den Statuten verweist dabei schon Franz 1898, S. 44, der die Titelzuweisung nicht hinterfragt und Heinrich unter den Bakkalaurei der Theologie aufzählt. Als Bakkalaureus der Theologie wird Heinrich auch bei Bicherl 1971, S. 43, sowie Tříška 1967, S. 113, und Tříška 1981, S. 152, bezeichnet. Hardo Hilg scheint in 2VL, Bd. 3 (1981), Sp. 738–744, hier Sp. 738 (mit Kurt Ruh) (und Marienlexikon, Bd. 3, [1991], S. 131f., hier S. 131) keine Zweifel am theologischen Bakkalaureat Heinrichs zu hegen, zitiert sogar etwas übereilig baccalarius in theologia, obwohl der Titel in diesem Wortlaut zusammen mit Heinrichs Namen meines Wissens nirgends direkt erscheint, und verweist auf Schmidt 1932, S. 237f., der zwar die fragliche Stelle in den Statuten angibt, sie jedoch nicht im Sinne eines theologischen Bakkalaureats interpretiert. Matricula facultatis juridicae, S. 74 (Natio Bavarorum): Anno Domini 1386. hon. vir dns. Mathias Kule, praepositus Priswalkcensis, et rector universitatis juristarum studii Pragensis intitulavit infra scriptos: Henr. Huber de s. Gallo. d[edit] 14 gr[ossos]. Ebd., S. 14f. (im Immatrikulationsverzeichnis der Bakkalaurei): Anno nativitatis Domini 1388. honorabilis vir dns. Nicolaus Gevnheri de Praga, rector universitatis juristarum studii Pragensis intitulavit infra scriptos […] Heynricus Hwber de scto Gallo. d[edit] 1 sex[agenam]. Beide Zitate werden bereits bei Teige 1882 auf eine Person bezogen. Matrikel der Universität Wien I, S. 39–40: Rectoria Mag Hermanni de Treysa. Anno domini mo ‧ CCCo ‧ lxxxxij ‧ in die Cholomanni [13. Oktober] electus fuit in rectorem universitatis Mag. Hermannus de Treysa, doctor in medicinis et canonicus sancti Stephani, concorditer. In cuius rectoratu subscripti fuerunt intytulati […] Nacio Renensium […] Henricus Huber de Sancto Gallo, studens iuris 4 gr[ossos]. Für die Einzelbelege vgl. Vasella 1933, S. 37; 40; Clavadetscher 1964, S. 28; 39; 53; Staerkle 1939, S. 170.

23

An der Universität Wien ist noch ein weiterer Hainricus de Sancto Gallo belegt. Dieser wurde dort am 14. Dezember 1399 an der artistischen Fakultät zum Bakkalarexamen zugelassen⁴⁵ und dann am 4. Januar 1400 auch zum Bakkalaureus promoviert.⁴⁶ Vier Jahre später, am 7. Januar 1404, meldete er sich zur Magisterprüfung an,⁴⁷ die er offenbar bestand, denn am 3. Mai 1404 erhielt er die Unterrichtslizenz, die als Vorstufe zu der offiziellen Magisterpromotion galt.⁴⁸ Kommen wir nun zur Universität Prag zurück, ist noch ein Mann zu erwähnen, dessen Name jenem »Heinrich dem Schwaben« der Handschriftengruppe *X2 entspricht: Henricus Sweuus, Diener eines Herrn B., hat sich 1373 als Jurastudent eingeschrieben.⁴⁹ Seine Zugehörigkeit zur bayerischen Universitätsnation bedeutet keinen Widerspruch, weil Süddeutsche und Rheinländer in Prag an der juristischen Universität als ›Bayern‹ immatrikuliert wurden.⁵⁰ Entweder derselbe Mann oder ein anderer Henricus Suevus wurde unter dem Dekan Johannes Marienwerder am 3. Oktober 1374 Bakkalaureus der freien Künste.⁵¹ Weitere Zeugnisse über den Fortgang seiner akademischen Laufbahn gibt es nicht. ⁴⁵ Acta facultatis artium universitatis Vindobonensis, S. 177: Die quartadecima mensis Decembris [1399] congregata fuit facultas per iuramentum super articulis infrascriptis. Primus ad videndum quosdam scolares examini se submittere volentes pro gradu baccalariatus in artibus et ad dispensandum cum eisdem super quibusdam defectibus suis si videbitur expedire. Et pro tunc conparuerunt sex, scilicet […] Hainricus de Sancto Gallo […] Cum istis fuit dispensatum super defectibus suis sic, quod statim post examen, quantum in eis esset, inciperent suos defectus conplere, specialiter in loyca et philosophia etc., exceptis Grecismo, Doctrinali et Rethorica, quia in istis, si defectum haberent, fuit simpliciter dispensatum; et consequenter erant admissi et iuraverunt secundum statuta. ⁴⁶ Ebd., S. 179: Item quarta die Ianuarii [1400] congregata fuit facultas arcium […] ad presentandum et recipiendum scolares examinatos pro gradu baccalariatus in artibus. Et presentati fuerunt quinque presentes […] Heinricus de Sancto Gallo […] qui omnes admissi fuerunt, et […] iuraverunt secundum statuta facultatis […] et fuerunt admissi sub illa condicione, quod prius expedirent magistros, quibus obligarentur, vel optinerent voluntatem ipsorum, alias non essent admissi. ⁴⁷ Ebd., S. 224: Item septima die Ianuarii [1404] congregata fuit facultas arcium per iuramentum super quibusdam articulis, quorum primus fuit ad videndum baccalarios volentes se submittere temptamini pro licencia in artibus. Et fuerunt visi et admissi septem, scilicet […] Haynricus de Sancto Gallo […] et cum omnibus fuit dispensatum. ⁴⁸ Ebd., S. 227: Item in die invencionis sancte crucis [3. Mai 1404] facta fuit congregacio facultatis arcium per iuramentum super articulis subscriptis. […] 4us articulus fuit ad audiendum supplicacionem sex licenciatorum pro incepcione in artibus, quorum […] 6us Hainricus de Sancto Gallo. Et fuit eis data licencia sic, quod satisfacerent de pastu. ⁴⁹ Matricula facultatis juridicae, S. 58–60: Natio Bavarorum […] Sub annorum Domini 1373. Joannes, praepositus Granzoye, tunc rector, intitulavit subsequentes: […] Henricus Sweuus, dni. B. famulus. 7 gr[ossos]. ⁵⁰ Vgl. Stočes 2003. ⁵¹ Liber decanorum, Bd. 1, S. 60f.: Decanatus mag. Joannis Marienwerder. Anno Domini 1374 […] Anno eodem die 3. Octobris examinati et admissi sunt isti ad baccalariatum […] Henricus Suevus.

24

Schließlich ist noch ein Henricus Herisove de S. Gallo, cler. Const. dioc., magister in artibus, qui etiam in theologia studet zu erwähnen, der 1376 ein Kanonikat von Chur erhielt, 1393 als Zeuge einer Feierlichkeit in Bernhardzell erwähnt wird und 1405 als Predigermönch in St. Gallen starb.⁵² Grundsätzlich wären diese Daten mit den Universitätskarrieren der in Prag bezeugten Heinriche vereinbar, es fehlen jedoch gänzlich positive Beweise für eine Identifikation, auch wenn die Bezeichnung des genannten Heinrich Herisove als »Magister in den Künsten, der auch Theologie studiert«, zum Prager Theologiebakkalaureus gut passen würde. In den Quellen zu diesem Prediger fehlt freilich jeglicher Bezug zu Prag und in den Handschriften wird unser Verfasser Heinrich nirgends mit Mönchstiteln wie ›Bruder‹ genannt, die man bei einem Predigermönch erwarten würde. Möglicherweise sollte – trotz des fehlenden Mönchstitels – wegen seines ähnlichen Vornamens ›Hermann‹ und des Beinamens ›Schwab‹ auch der Augustiner-Eremit Hermann Schwab von Mindelheim als Verfasser unseres Predigtzyklus in Betracht gezogen werden, der für das Jahr 1402 als »Magister und Doktor« in Prag belegt ist. Hermann Schwab machte sich um die Bereicherung der Bibliothek im Prager Konvent St. Thomas verdient. Er war als entschiedener Wyclif-Gegner 1410 Mitglied einer mit der HäresieUntersuchung Wyclifs betrauten Kommission, wirkte bei der feierlichen Verurteilung von dessen Thesen 1412 mit und predigte ein Jahr später als Synodalredner gegen Hus und seine Anhänger. Am 1. September 1413 wurde er Prager Weihbischof, was ihm in den hussitischen Wirren zum Verhängnis wurde, als man ihn 1417 zwang, hussitische Priester zu weihen, und ihn schließlich 1420 ertränkte. Gegen die Verfasserschaft Hermanns würde allerdings eine etwas andere Zusammensetzung zitierter Autoren in seinem Apokalypsenkommentar sprechen, als dies im vorliegenden Predigtzyklus der Fall ist, sowie der polemische antihäretische Ton, der unseren Predigten fremd ist.⁵³ Wer von den genannten Personen der Autor des vorliegenden Predigtzyklus ist, muss im Bereich der Hypothesen bleiben. Natürlich wäre man geneigt, in unserem Prediger den angesehenen Theologiebakkalaureus von 1397 zu erblicken, denn an einen solchen hätte mit einiger Plausibilität von der Pfarrei St. Nikolaus die Bitte ergangen sein können, eine Predigtenreihe zu übernehmen. Dass der Autor mit dem Universitätsmilieu in Verbindung stand, bezeugen neben seinem Magistertitel auch einige textimmanente Hinweise, die auf ein gewisses Einfühlungsvermögen in die Lage der Studenten – auch aus dem Ausland – schließen lassen.⁵⁴ ⁵² Vgl. die Belege bei Staerkle 1939, S. 285, Nr. 17, unter Studenten unbekannten Studienorts. ⁵³ Für alle Belege vgl. Kadlec 1975, S. 276–278 und passim. ⁵⁴ recht sam ain student mit guter lernung, durch die er vil vbels vermeiden mag (198r–v); wirt

25

Im Folgenden soll ein kurzer Versuch unternommen werden, die in Frage kommenden Pfarrkirchen, das universitäre Umfeld sowie den mutmaßlichen Predigtanlass näher zu beleuchten.

2.2 Pfarrkirche(n) St. Nikolaus Die Angabe, Magister Heinrich hätte seine Predigten zu sand Nyclas in der pfarr ze Prag (M1) bzw. ze Prag in Sand Nyclas kirchen (N) vorgetragen, ist leider, was die Bestimmung des Ortes und damit des wahrscheinlichen Wirkungskreises unseres Predigers angeht, nicht eindeutig. Zur Zeit Karls IV. und seines Sohnes Wenzel gab es in Prag nicht weniger als drei Nikolauskirchen, die alle auch zugleich Pfarrkirchen waren. Die älteste und wichtigste befand sich in der Altstadt, eine andere gab es auf der Kleinseite und eine dritte schließlich im Felsengrund (tschechisch Podskalí) in der Neustadt unter dem Vyšehrad. Die vermutlich unter Ottokar I. Přemysl (1192–1230) entstandene Altstädter Nikolauskirche⁵⁵ wird zum ersten Mal im Jahr 1273 erwähnt, als bei einem Hochwasser die Moldau bis zur Kirche aufstieg.⁵⁶ Die Kirche befand sich an einem heute fast verschwundenen Platz (bis 1346 der Hühnermarkt – forum pullorum –, jedoch auch später so genannt; heute Náměstí Franze Kafky) in unmittelbarer Nähe des Altstädter Rings.⁵⁷ Die Nachricht, 1296 mussten Bürger, die zum Geldeinsammeln ausgewählt worden waren (cives electos ad collectam colligendam), über einem Kreuz in der Kirche einen Ehrlichkeitseid ablegen, interpretiert Sedláčková⁵⁸ als einen Beleg dafür, dass in der Nikolauskirche Vereidigungen von Stadträten stattgefunden hätten, und schließt daraus, die Kirche hätte gelegentlich als eine Art Rathaus fungiert und wäre möglicherweise die älteste Kirche der Altstädter Bürgerschaft gewesen, älter noch als die Teynkirche, um deren Präsentationsrecht (das Recht, Pfarrer einzusetzen) die Bürger noch bis ins 14. Jahrhundert hinein einen langwierigen Streit mit dem Vyšehrader Kapitel führten.⁵⁹ Obschon diese Schlussfolgerung voreilig sein mag, fungierte die Nikolauskirche doch

⁵⁵ ⁵⁶ ⁵⁷ ⁵⁸ ⁵⁹

sy getrost, sam ain student, der von verren landen ist, durch ain prieff von seinen guten freunten (210r). Diese Datierung wird von Ekert 1883–1886, Bd. 2, S. 353, vermutet und von Sedláčková 1949a, S. 4, wiederholt. Die Quellenbelege über die Kirche sind gesammelt bei Tomek 1866, S. 45f. Wenn nicht anders angegeben, beziehe ich mich auf Primärquellen in dieser Auflistung. Zeitnahe Abbildungen befinden sich in Líbal 1996, S. 88. Für eine graphische Darstellung der Lage vgl. den Stadtplan bei Poche 1983, S. 18–19, Nr. 70. Sedláčková 1949a, S. 4. Vgl. Tomek 1972, S. 440–445.

26

als eine der wichtigsten Pfarrkirchen in der Altstadt. Das Präsentationsrecht übte dort – nach einem nicht näher bestimmbaren Streit mit dem Prämonstratenserkloster Strahov – das mächtige und wohlhabende Bürgergeschlecht der Olbramowicen aus.⁶⁰ Im Juli 1334 wurde die Kirche Zeuge des heftigen Anfangs eines skandalösen viermonatigen Streites zwischen der Weltgeistlichkeit und den Bettelmönchen in Prag. Da die Bettelorden in Böhmen nicht willig gewesen waren, das durch Bonifaz VIII. am 18. Februar 1300 in der Bulle ›Super cathedram‹ festgelegte Viertel aller Geldeinnahmen von testamentarischen Verfügungen und Begräbnisgebühren an den Ortsklerus zu entrichten, und da selbst ein – nicht näher bekannter – Brief von der Kurie sie dazu nicht hatte bewegen können, riefen alle Stadtpfarrer ihre Pfarrleute in die Nikolauskirche und die Marienkirche an der Lacke zusammen, wo sie anschließend beim Auslöschen der Kerzen und bei Glockengeläut mit lauter Stimme an den Bettelmönchen die Exkommunikation vornahmen. Die betroffenen Dominikaner, Franziskaner und Augustiner-Eremiten erschienen mit versteckten Waffen und einer aufgebrachten Anhängerschar und erwiderten die Exkommunikation, worauf es zu Handgreiflichkeiten kam. Der Streit konnte erst Anfang Dezember nach der Intervention des Erzbischofs geschlichtet werden.⁶¹ Spätestens seit 1346 sind für die Kirche zahlreiche Altarstiftungen der Bürger belegt. Auch eine enge Verbindung der Kirche mit der Universität darf angenommen werden, da dort in den 1360er Jahren der Reformprediger Johannes Milič über zwei Jahre lang »vor Studenten und anderen gelehrten Männern auf Latein« Festtagspredigten hielt.⁶² Spätestens seit 1383 befand sich gegenüber der Kirche ebenfalls das Allerheiligenkolleg, der prominente Wohnsitz verdienter Theologiedozenten.⁶³ Einige Pfarrer an der Nikolauskirche in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts waren einflussreiche Persönlichkeiten und reiche Pfründenbesitzer. In den Jahren 1358–1381 hatte dieses Amt der erzbischöfliche Kanzler sowie Kaminer und Prager Kanoniker Dietleb Stormer inne, der sich zwar in der Regel durch einen anderen Priester vertreten ließ, 1373 jedoch die Prager Pfarrer gegen Johannes Milič anführte. Der Reformgeist war der Kir⁶⁰ Vgl. ebd., S. 336–339, bes. 338f. ⁶¹ Die Nikolauskirche wird explizit im Bericht Peters von Zittau, Chronicon Aulae regiae, III, 3, S. 320f., hier S. 320, erwähnt. Über den Streit berichtet auch Beneš Krabice von Weitmühl, Cronica ecclesiae Pragensis, II, S. 486. Vgl. auch Tomek 1972, S. 617–619. ⁶² Vita Milicii, S. 408: etiam studentibus et aliis viris litteratis latine, qui miro affectu et devotione ad ipsius sermones confluebant, in ecclesia s. Nicolai in Majori civitate Pragensi praedicabat, et eandem praedicationem omnibus diebus festivis faciendo, ultra quam quobus annis continuavit. ⁶³ Zum Allerheiligenkolleg s. u. S. 30–34.

27

che allerdings nicht fremd, denn auch unter Dietleb Stormer wird 1380 der hiesige Prediger Franciscus als Miličs Anhänger bezeichnet, und unter dem nächsten Pfarrer Johannes Renker (1381–1391) predigte in der Kirche vermutlich auch Miličs Schüler Matthias von Janov. In dieser Zeit haben hier ebenfalls die Priester Jakob und Andreas gewisse Häresien über Maria, Heilige und über Totengebete gepredigt, die sie an der Synode vom 18. Oktober 1381 widerrufen mussten. In den Jahren 1391–1396 bekleidete das Amt des Pfarrers Nikolaus Puchník, ein langjähriger erzbischöflicher Offizial und Generalvikar. Dieser war 1393 Leidensgenosse Johannes’ von Nepomuk im königlichen Folterkerker und Innhaber mehrerer hochdotierter Pfründen. 1402 wurde er zum Prager Erzbischof ernannt, konnte aber wegen seines frühzeitigen Todes sein Amt nicht antreten. Der letzte vorhussitische Pfarrer, Nikolaus von Myslawitz (1396–1414), wurde 1411 von König Wenzel empfindlich finanziell bestraft, nachdem er dem wegen Hus erlassenen erzbischöflichen Gottesdienstverbot gefolgt war.⁶⁴ Die vermutlich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gotisch ausgebaute Kirche wurde 1732–1737 durch den monumentalen Kirchenbau von Kilian Ignaz Dientzenhofer ersetzt, der sich in der nordwestlichen Ecke des heutigen Altstädter Rings befindet.⁶⁵ Wie die Altstädter Nikolauskirche, wurde auch die gleichnamige Pfarrkirche auf der Kleinseite in den Jahren 1703–1752 durch ein barockes Gotteshaus von Christoph Dientzenhofer und seinem Sohn Kilian Ignaz ersetzt. Die ursprüngliche gotische Kirche wurde 1283 vom Prager Bischof Tobias von Bechin geweiht.⁶⁶ Das Präsentationsrecht gehörte den böhmischen Königen, obwohl darüber im 14. Jahrhundert Streitigkeiten mit der Kleinseitner Bürgerschaft entstanden, die in der Kirche zahlreiche Altäre stiftete. 1396 schenkte Wenzel IV. die Kirche dem Karlsteiner Kollegiatkapitel, das sie bis zu den hussitischen Kriegen besaß. 1420 brannte die Kirche zusammen mit beinahe der gesamten Kleinseite nieder.⁶⁷ Im Herbst 1364 predigte hier nach seiner Rückkehr nach Prag Johannes Milič, nachdem er sich für ein halbes Jahr nach Bischofteinitz in Westböhmen zurückgezogen hatte. Wegen zunehmender Zuhörerschaft wechselte er jedoch in die St.Ägidius-Kirche in der Altstadt,⁶⁸ die vermutlich größer und auf jeden Fall zentraler gelegen war. ⁶⁴ In den Angaben über Pfarrer an der Nikolauskirche folge ich Ekert 1883–1886, Bd. 2, S. 354. ⁶⁵ Zur Kirche vgl. auch Líbal 1996, S. 29; 88; 341. ⁶⁶ Für die Lage vgl. den Stadtplan bei Poche 1983, S. 18–19, Nr. 21. ⁶⁷ Vgl. Ekert 1883–1886, Bd. 1, S. 167, und Tomek 1972, S. 438. Zahlreiche Quellenbelege finden sich bei Tomek 1872, S. 1. ⁶⁸ Vita Milicii, S. 405: iter cito arripuit in Pilznensem provinciam et veniens in quandam civitatem domini archiepiscopi, nomine Tyn, coepit ibidem verbum praedicare […] medio anno

28

Eine dritte Nikolauskirche befand sich bis zur Aufhebung durch Kaiser Joseph II. am südlichen Rand der Prager Neustadt im Felsengrund (Podskalí) direkt am Moldauufer unter dem Vyšehrad-Hügel in unmittelbarer Nähe des Emmausklosters mit slawischen Benediktinern. Nach der Gründung des Emmausklosters 1346 und dessen Übernahme der bisherigen Pfarrkirche St. Cosmas und Damian wurde die Pfarrei 1348 auf die benachbarte Nikolauskirche übertragen. Das Präsentationsrecht für die Kirche besaß der Vyšehrader Dekan.⁶⁹

2.3 Universitätskollegs als wahrscheinlicher Wirkungsort Heinrichs Wenn wir von der Hypothese ausgehen, dass unser Prediger und Magister Heinrich der Schwabe bzw. Heinrich von St. Gallen derjenige Herr ist, der 1397 als Bakkalaureus der Theologie erwähnt wird, sich der Quodlibet-Leitung entzog, aber trotzdem zu den angesehensten Männern der Universität zählte, liegt die Vermutung nahe, dass er – trotz fehlender Quellenbelege – nicht als Privatmann in Prag wohnte, sondern im Besitz einer dotierten Kollegstelle war. Wenn unser Mann nicht Hermann Schwab von Mindelheim war (s. o. S. 24), was wenig wahrscheinlich ist, gibt es keinen Grund anzunehmen, dass er als Ordensangehöriger in einem der Prager Klöster bzw. in einem studium generale untergebracht war. Um das hypothetische Umfeld des Predigers grob zu umreißen, lohnt es sich daher, auf die in Frage kommenden Magisterkollegs in Prag kurz einzugehen. Das universitäre System des Mittelalters kann durch die vier Eckpunkte Universität, Fakultät, Nation und Kolleg umschrieben werden, wobei das Kolleg in unterschiedlichen Kombinationen mit den drei anderen Schlüsseleinheiten unter Umständen verbunden sein oder gar zusammenfallen kann.⁷⁰ Die Typologie der mittelalterlichen Schulinstitutionen, die unter den kaum genau definierten Bezeichnungen collegium, paedagogium, aula, domus, bursa, contubernium oder hospitium in den Quellen erscheinen, sowie die Art ihrer Verwandtschaft mit ähnlichen Einrichtungen – etwa der Kanoniker – sind noch nicht eingehend beschrieben. Im Allgemeinen handelt es sich beim mittelalterlichen Kolleg um eine die Lehre, das gesellelapso, quo continuavit ibidem praedicando, reversus est in civitatem Pragensem et coepit in ecclesia s. Nicolai in Minori civitate sub castro verbum dei praedicare. Considerans vero servus dei populum studiosius verbo dei adhaerere, et sic requirens fructum majorem animarum coepit in ecclesia s. Aegidii in Majori civitate rete verbi dei laxare. ⁶⁹ Die Quellenbelege sind bei Tomek 1870, S. 139, gesammelt. Vgl. auch Poche 1983, S. 81 und Plan S. 18–19, Nr. 114. ⁷⁰ Vgl. Frijhoff 1991, S. 189.

29

schaftliche Leben und das Wohnen integrierende und statutär reglementierte Einheit mit einer festgelegten Anzahl der Plätze und einer bestimmten Disziplin.⁷¹ Mit Ausnahme der britischen collegiate universities handelte es sich bei den mittelalterlichen Universitätskollegs – und damit auch bei den Kollegs der Prager Universität – keinesfalls um Einrichtungen, in denen die Mehrheit der Studenten und Lehrkräfte untergebracht gewesen wäre, sondern um ein minoritäres Phänomen, das nur wenige Auserwählte genießen durften.⁷² Die meisten Studenten in Prag waren in sogenannten Bursen untergebracht, Studentenbehausungen unter der Verwaltung eines Magisters oder Bakkalaureus.⁷³ Die Magisterkollegs mit dotierten Kollegiatenstellen waren jedoch etwas Anderes. Fast zwei Jahrzehnte lang nach der Universitätsgründung gab es in Prag gar keine Kollegs dieser Art. Damit hatte auch die Universität zunächst keinerlei Einkünfte für die Dozentengehälter und keine eigenen Verwaltungsund Lehrgebäude; der Unterricht fand in den Häusern der Lehrkräfte oder in Klöstern statt. 1359 erwarb Erzbischof Ernst von Pardubitz für die Universität ein Haus am nördlichen Rand der Altstadt in der Nähe des St.Agnes-Klosters.⁷⁴ Erst die drohende Konkurrenz nach der Gründung der Universität Wien 1365 bewog Karl IV. vermutlich dazu, 1366 gleich zwei Magisterkollegs zu stiften.⁷⁵ In einer Urkunde vom 30. Juli 1366 gründet er das collegium Caroli, eine Einrichtung für zwölf Magister in artibus, von denen zwei bereits theologischen Unterricht abhalten können (Bibel- und Sentenzenvorlesungen) und die restlichen zehn die freien Künste lehren und Theologie studieren sollen.⁷⁶ Deutlich hervorgehoben und mehrmals betont wird in der Urkunde die Absicht, theologische Studien zu fördern, was wiederum darauf hindeutet, dass Karl das Privileg, die einzige theologische Fakultät Mitteleuropas in Prag zu besitzen – der Universität Wien blieb dies bis 1384 ausdrücklich verwehrt – unbedingt behalten wollte. Dem Kolleg schenkt er das Haus des Juden Lazarus im jüdischen Teil der Altstadt unweit der Nikolauskirche⁷⁷ und dotiert das Kolleg mit Einkünften ⁷¹ ⁷² ⁷³ ⁷⁴ ⁷⁵

Vgl. ebd., S. 186–188; 194. Vgl. ebd., S. 190. Vgl. Šmahel 2007c, S. 92f. Vgl. Nový 1959, S. 83 und 89, Anm. 4. Diese kausale Verbindung vermutet Kadlec 1987, Bd. 1, S. 191. Zu den Universitätskollegs in Prag vgl. Schnabel 1829; Nový 1959; Kubiček 1961; Beránek 1983; Svatoš 1991a; Petráň 1999, S. 11f.; Šmahel 2007c. Zum Karlskolleg vgl. weiter Petráň 1996, zum Allerheiligenkolleg Hilbert 1912; Bartůněk 1979; Svatoš 1991. ⁷⁶ Vgl. Codex diplomaticus, 5, S. 231–235. ⁷⁷ Für die Lage des Hauses und anderer Universitätsgebäude vgl. den Plan in Petráň 1999, S. 15. Das ausgedehnte Grundstück mit anliegendem Garten befand sich unter den späteren Hausnummern 51, 61 und 62 (vgl. Kubiček 1961, S. 47) neben dem Tor ins Ghetto an

30

aus fünf Dörfern. In einer am selben Tag ausgestellten Urkunde⁷⁸ bestimmt der Herrscher ferner, dass frei werdende Kollegiaturen an der königlichen Allerheiligenkapelle auf der Prager Burg jeweils durch den dienstältesten (senior vocatione) Magister des Karlskollegs besetzt werden sollen, um die Mitglieder dieses Kollegs noch stärker zur Lehre und zu wissenschaftlichen Anstrengungen anzuspornen. Das Kollegiatkapitel zu Allen Heiligen auf der Prager Burg wurde am 9. Januar 1339 von Karl IV., der damals noch Markgraf von Mähren war, gegründet, von König Johannes von Luxemburg am 20. Januar 1339 und vom Prager Erzbischof Johann IV. von Draschitz am 22. Februar 1339 bestätigt sowie von Papst Benedikt XII. am 1. Dezember 1340 definitiv approbiert.⁷⁹ Die Absicht des künftigen Herrschers war es, die alte königliche Palastkapelle in ein Prachtheiligtum nach dem Vorbild der Pariser Sainte-Chapelle umzuwandeln. Architektonisch gelang dies in den Jahren 1356 bis 1383 unter der Leitung des Dombaumeisters Peter Parler, der ein zweistöckiges einschiffiges Gotteshaus mit farbigen Glasfenstern schuf. Um die Kapitelkirche mit einem entsprechend dotierten Klerikerpersonal auszustatten, schenkten ihr die Gründer Güter im Gesamtwert von 4000 Pfund Silber, was dem Kapitel ein jährliches Einkommen von 260 Pfund Silber und damit auch einen wahren status nobilis ecclesie collegiate⁸⁰ sicherte. Das Kapitel bestand aus dem Propst, dem Dekan, elf Pfründnern, elf Kanonikern sowie zehn Dienern.⁸¹ Außer dem vom Kapitel gewählten Dekan sollten alle Stellen dem königlichen Präsentationsrecht unterliegen. Bereits 1343 gründete jedoch Karl ein Mansionarenkollegium an der Veitskirche, die bereits ein Jahr später zur erzbischöflichen Kathedrale und königlichen Grablege wurde, wodurch die Allerheiligenkapelle etwas in den Hintergrund trat. Deshalb kann man hinter der Entscheidung Karls, 1366 gleichzeitig mit der Gründung des Karlskollegs auch die Stiftung des Allerheiligenkapitels in ein Universitätskolleg umzuwandeln, auch die Absicht vermuten, für eine reiche, aber auf der Burg fast obsolet gewordene Dotation eine neue Verwendung zu finden.⁸² In der erwähnten Urkunde vom 30. Juli 1366 schenkt Karl dem neuen Kolleg zu Allen Heiligen das Haus des Kanonikers Bohuta

⁷⁸ ⁷⁹ ⁸⁰ ⁸¹ ⁸²

der Ecke der heutigen Straßen Maiselova und Jáchymova. Wie das Haus in den königlichen Besitz gelangte, ist nicht bekannt. Vgl. Codex diplomaticus, 6, S. 236–240. Die entsprechenden Urkunden aus dem Vatikanischen Geheimarchiv hat Hledíková 2003, S. 462, analysiert und in den Monumenta Vaticana res gestas Bohemicas illustrantia, 1351, S. 730–736, ediert. Monumenta Vaticana res gestas Bohemicas illustrantia, 1351, S. 732. Ebd., S. 730: decanatum et preposituram, ac undecim prebendas et totidem canonicatus et decem ministros. Diese einleuchtende These spricht Hledíková 2003, S. 471f., aus.

31

gegenüber der St.-Nikolaus-Pfarre auf der Kleinseite⁸³ und befreit die Kollegiaten von bestimmten liturgischen Pflichten in der Allerheiligenkapelle, damit sie sich dem Studium und der Lehre besser widmen könnten (ut eo commodius intendere valeant eorum studiis et lecturis), legt aber zugleich fest, dass nur derjenige seine Präbende behalten dürfte, der in der Stadt anwesend ist und reguläre Vorlesungen an der Universität hält (nisi praesens et actu legens exstiterit), von Krankheitsfällen und Altersschwäche abgesehen. Die Gründung der beiden Kollegs bestätigte Papst Urban V. in zwei Urkunden vom 10. November 1366 und 1. Januar 1367.⁸⁴ Zwei weitere Urkunden Karls IV. belegen, wie sehr ihm seine Stiftungen am Herzen lagen. Am 23. Juli 1367 befreit er das Karlskolleg von allen steuerlichen Abgaben⁸⁵ und am selben Tag legt er fest, dass bei seiner Abwesenheit im Königreich Böhmen die Kanoniker zu Allen Heiligen von seinem Statthalter ernannt werden sollen.⁸⁶ Wenzel IV., der Sohn und Nachfolger Karls IV., setzte die Kollegförderung fort, indem er in einer Urkunde vom 26. August 1383 dem Karlskolleg einen wirklich repräsentativen Sitz am Obstmarkt schenkte – den ehemaligen Stadtpalast des wohlhabenden Prager Bürgers und königlichen Münzmeisters Johann Rotlöw – und diesen weiter umbauen ließ.⁸⁷ Das Kolleg zu Allen Heiligen blieb auch nicht lange auf der Kleinseite. Mit zunehmender Besetzung der Kollegiatenstellen durch Lehrkräfte der Universität, die zur aktiven Lehre verpflichtet waren, war auch deren Anwesenheit in der Altstadt immer stärker erforderlich, sodass eine Verlegung des Kollegsitzes dorthin sinnvoll war. Zunächst – vor 1380 – erwarben die Magister vermutlich ein Haus in der Kaprova-Straße zwischen der Altstädter Nikolauskirche und der heute nicht mehr bestehenden Valentinkirche (Ecke der Straßen Kaprova und Valentinská).⁸⁸ Spätestens 1383 wurde der ⁸³ Da das Kolleg 1380–1381 in seinen endgültigen Sitz gegenüber der Nikolauskirche in der Altstadt umzog, wurde die Vermutung ausgesprochen, dass die Gründungsurkunde mit in minori civitate Pragensi einen Fehler enthält. Svatoš 1991, S. 86 (dort vgl. die Literatur), hält dies für unhaltbar. Tatsächlich war ein Sitz unter der Burg in der Anfangszeit praktisch, wenn von den Kollegiaten die Teilnahme an Gottesdiensten in der Allerheiligenkapelle erwartet wurde. ⁸⁴ Vgl. Codex diplomaticus, 7 und 8, S. 241–247. ⁸⁵ Ebd., 9, S. 248–250. ⁸⁶ Ebd., 10, S. 250–252. ⁸⁷ Der gotische Erker der Kollegskapelle ist noch heute an der Ecke der Straße Železná und des Platzes Ovocný trh neben dem Ständetheater als eines der wenigen sichtbaren Zeugnisse der Prager Universitätskollegs zu besichtigen. ⁸⁸ Das geht aus einer Urkunde vom 16. Juni 1380 hervor, die den Verkauf eines Hauses inter domum magistrorum de Omnibus Sanctis, olim abbatis monasterii de Pomuk, ex una et domum medicorum, olim Henslini de Broda, parte ex alia besiegelt. Da die Lage des Medizinerkollegs bekannt ist (Kaprova Nr. 43), handelte es sich bei dem Haus der Magister zu Allen Heiligen entweder um Nr. 37 oder Nr. 46 in der Kaprova-Straße. Für den Text der Urkunde und deren Interpretation vgl. Beránek 1983.

32

Sitz des Kollegs in das nahe gelegene, geräumige und repräsentative Haus am ehemaligen Hühnermarkt gegenüber der Altstädter Nikolauskirche (heute Kaprova 16/1) verlegt, das sich zuvor im Besitz des kaiserlichen Kanzlers, Bischofs von Olmütz und Literaten Johann von Neumarkt (†1380) befand.⁸⁹ Dieser wertvolle zweistöckige Bau mit spätromanischem Erdgeschoss und zwei gotischen Stockwerken ging erst Anfang des 17. Jahrhunderts vom Allerheiligenkapitel in den Universitätsbesitz über und wurde 1755 von der Universität verkauft. Hätte der Stadtrat 1910 nicht auf einem barbarischen Abriss im Rahmen der ›Assanierung‹ der Judenstadt bestanden, würde es sich heute um ein erstklassiges Zeugnis der romanisch-gotischen Stadtarchitektur in Prag handeln. Durch die Verbindung der königlichen Kapelle auf der Burg mit der Universität war den diesem Kolleg angehörenden Magistern nicht nur eine hochangesehene Stellung sicher, sondern sie verfügten auch über überdurchschnittlich hohe Einkünfte. Darauf kann nicht nur aus den Einnahmen der Allerheiligenkapelle (s. o.) geschlossen werden, sondern auch aus der in die Universitätsstatuten eingetragenen Entscheidung des Rektors und seines Rats von 1397, der zufolge die Steuer für die Angehörigen des Allerheiligenkollegs 16 Groschen betragen sollte, während die Magister des Karlskollegs 12 Groschen und diejenigen des kurz nach der Thronbesteigung Wenzels IV. von ihm gegründeten Wenzelskollegs nur 8 Groschen abzurichten hatten.⁹⁰ Im Oktober 1389 stieg das Prestige des Allerheiligenkollegs erneut, als Papst Urban VI. den jeweiligen Dekan des Kollegs zusammen mit zwei weiteren Prälaten zum sog. Konservator ernannte, d. h. zum obersten Rechtsvertreter und Richter, der die Universitätsangehörigen in rechtlichen Streitigkeiten schützen und deren Interessen im Namen des Heiligen Stuhls wahren sollte.⁹¹ Beide Magisterkollegs waren mit bedeutenden Bücherbeständen ausgestattet. So erwähnt Beneš Krabice von Weitmühl im Zusammenhang mit der Stiftung des Karlskollegs, dass der Kaiser diese Institution neben ehemals jüdischen Gebäuden und festen Dozentengehältern auch mit einer Bibliothek mit zahlreichen, für die Lehre notwendigen Büchern ausgestattet hat.⁹² 1370 wurde die Bibliothek um weitere 114 Handschriften aus dem ⁸⁹ Vgl. eine Urkunde von 1383 (zit. nach Tomek 1866, S. 48): prope ecclesiam S. Nicolai in foro pullorum; domus olim domini Johannis episcopi Olomucensis felicis memoriæ, quam nunc inhabitamus (magistri collegii Omnium Sanctorum). Für eine graphische Darstellung der Lage der Universitätsgebäude s. Petráň 1999, S. 15. ⁹⁰ Statuta universitatis Pragensis, S. 31–33, hier S. 32: Quilibet Magistrorum de collegio omnium Sanctorum det 16 grossos, quilibet de collegio Caroli 12 grossos, quilibet de collegio Regis 8. ⁹¹ Vgl. Codex diplomaticus, 17, S. 271–275. ⁹² Beneš Krabice von Weitmühl, Cronica ecclesiae Pragensis, IV, S. 518: Dominus vero Karolus videns, quod studium huiusmodi notabiliter et laudabiliter augebatur, donavit scolaribus domos Iudeorum et instituit in eisdem collegium magistrorum, qui singu[l]is diebus actu lege-

33

von Karl IV. erworbenen Nachlass des Vyšehrader Dekans Wilhelm von Lestkov wesentlich erweitert.⁹³ Auch das Allerheiligenkolleg besaß mit Sicherheit bereits im 14. Jahrhundert eine bedeutende Bibliothek, wie man noch aus der Nennung von über 50 Pergamenthandschriften in einem Bücherverzeichnis des Kollegs von 1603 ersehen kann, als diese »unlesbaren« Handschriften veräußert werden sollten.⁹⁴ Die Wahrscheinlichkeit, dass der Theologiebakkalaureus Heinrich von St. Gallen, der 1397 bei einer Vollversammlung der Universität zu den acht ältesten Magistern zählte (s. o. S. 21), im Laufe der Jahre zum Mitglied des Allerheiligenkollegs wurde, ist recht hoch, auch wenn es keinen ausdrücklichen Beleg dafür gibt. Die Namen der Kollegiaten sind auch sonst nur in wenigen Fällen zufällig überliefert. Wir wissen etwa u. a. aus einem Brief von Johannes Marienwerder vom 16. August 1387 (an Nikolaus von Guben, den damaligen Universitätsrektor, Theologiemagister und Mitkanoniker zu Allen Heiligen, und an Nikolaus Storch, einen Bakkalaureus der Theologie vom Wenzelskolleg), in dem Johannes Marienwerder wegen einer neuen Pfründe im preußischen Pomesanien auf sein Kanonikat verzichtet, von seiner und Nikolaus’ von Guben Zugehörigkeit zum Kolleg.⁹⁵ In diesem Brief nennt Johannes sich selbst sacrae theologiae professor, also Professor, d. h. Magister bzw. Doktor der Theologie. Die Mitglieder des Kollegs mussten zwar bereits Theologen sein, jedoch keinesfalls zwingend Magister der Theologie.⁹⁶ Tatsächlich war der Magistergrad in artibus eine Voraussetzung für die Aufnahme – dies war bereits am Karlskolleg so –,⁹⁷ jedoch gewiss nicht in theologia; hier reichte vermutlich schon ein angefangenes Studium, auf jeden Fall aber das Bakkalaureat. Auf dieser Stufe der akademischen Hierarchie stand beispielsweise im Jahr 1387 Nikolaus Provin, der damalige Leiter des Karlskollegs.⁹⁸

⁹³ ⁹⁴ ⁹⁵ ⁹⁶

⁹⁷ ⁹⁸

rent et disputarent, quibus bibliothecam fecit et libros pro studio necessarios tribuit in habundancia, et hii magistri ultra pastum, quem recipiebant a studentibus, habent certos annuos reditus ditati sufficienter. Vgl. Urbánková 1957, S. 7. Vgl. dazu Hlaváček 1993, S. 122f. Codex diplomaticus, 21, S. 287–289. Svatoš 1991, S. 86 und Anm. 6; S. 87, sieht einen Widerspruch zwischen der Bestimmung der Gründungsurkunde, das Kolleg sei für »Magister und Studenten« des Karlskollegs vorgesehen, und dem fast zeitgleichen Aktenvermerk nostro collegio magistrorum in Praga. Er weist darauf hin, dass es sich doch um ein ausschließliches Magisterkolleg handelte, und führt diesen scheinbaren Fehler auf die Unkenntnis der Kolleginstitution in der königlichen Kanzlei zurück. Man muss aber bedenken, dass ein Magister in artibus zugleich Student in theologia sein konnte. Vgl. Codex diplomaticus, 5, S. 233: sint duodecim […] qui signanter magistri sint in artibus; Statuta Collegii Caroli, 15, S. 79: eligatur secundum pluralitatem vocum novus collega magister in artibus. Codex diplomaticus, 22, S. 290: dominus Nicolaus dictus Provin, mag. in artibus, et baccalarius in sacra theologia, praepositusque tunc domus collegii Caroli.

34

Was die Zugehörigkeit der Kollegiaten zu den Universitätsnationen angeht, überwogen – wie bis 1409 auch sonst an der Universität – deutschsprachige Magister, wenn auch seit 1385 mit allmählich ansteigendem Anteil der böhmischen Universitätsnation. Nach den Statuten des Karlskollegs sollten die Kollegiatenplätze ohne Rücksicht auf die Nationszugehörigkeit besetzt werden.⁹⁹ Im Zusammenhang mit der Übersiedlung einiger zuvor aus Paris gekommener und weiter nach Wien umziehender Magister, wodurch gewiss auch einige Kollegplätze frei wurden, erhoben 1384 die Angehörigen der böhmischen Universitätsnation Anspruch auf diese Kollegiaturen, was den Statuten widersprach. Sie argumentierten mit dem geringen Einfluss der einheimischen Akademiker an der Universität; dieser war in der Tat nicht groß, bildeten doch die Einheimischen kaum ein Fünftel unter den Magistern, und an der theologischen Fakultät war ihre Position noch schwächer. Der Streit, in den der Erzbischof und der König hineingezogen wurden, endete Anfang 1385 mit dem Zugeständnis an die böhmische Nation, diese dürfe künftig fünf von zwölf Plätzen besetzen. Nachdem der Rektor Konrad von Soltau 1386 nach Heidelberg gezogen war und an die dort neugegründete Universität 23 Magister und Bakkalaurei mitgenommen hatte, stieg 1388 der Anteil einheimischer Magister an der Artistenfakultät auf 27 bis 38%.¹⁰⁰ 1390 brach jedoch am Karlskolleg erneut ein Streit über die Besetzung der freigewordenen Kollegiaturen aus. Am 20. April 1390 legten dann Vertreter aller vier Nationen am Karlskolleg fest, dass bei künftigen Neubesetzungen die böhmische Nation im Verhältnis von eins zu zwei zu den drei restlichen (meist deutschsprachigen) Nationen stehen sollte.¹⁰¹ Die Besetzung der Kollegplätze durch Ausländer blieb der böhmischen natio jedoch bis zum Kuttenberger Dekret ein Dorn im Auge, wie eine zeitnahe (noch 1409) anonyme Verteidigungsschrift belegt: extranei […] partes aliquot majores beneficiorum et collegiorum continue retinentes.¹⁰² Wenn also der mutmaßlich der bayerischen Universitätsnation angehörende¹⁰³ Theologiebakkalaureus Heinrich von St. Gallen nach langjähriger Universitätstätigkeit bis in das Allerheiligenkolleg vorgerückt gewesen sein sollte, liegt wegen der unmitttelbaren Nähe des Kollegsitzes und des wahrscheinlichen Predigtortes – der Altstädter Nikolauskirche – die Vermutung nahe, dass Heinrich den wohl aus acht Predigten bestehenden Predigtzyklus in der Allerheiligenoktav – der Matthäustext mit den acht Seligpreisungen stellte die Evangelienperikope am Fest Aller Heiligen ⁹⁹ ¹⁰⁰ ¹⁰¹ ¹⁰² ¹⁰³

Vgl. Statuta Collegii Caroli, 15, S. 79. Vgl. Šmahel 2002, Bd. 2, S. 756–760. Vgl. Codex diplomaticus, 23, S. 292–296. Defensio mandati, S. 358. Zumindest an der Prager juristischen Universität gehörten Süddeutsche und Rheinländer nachweislich der bayerischen Nation an (vgl. Stočes 2003).

35

(1. November) dar –,¹⁰⁴ also in der Patroziniumswoche seines Kollegs in der Nikolauskirche vorgetragen hat. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Kollegmitglieder zum Anlass ihres Patroziniums an der benachbarten Pfarrkirche um Predigten gebeten wurden; die Existenz der im Anhang dieser Arbeit (S. 250–271) edierten Seligpreisungen-Auslegung des AllerheiligenKollegiaten Johannes Marienwerder, die möglicherweise entweder eine Vorarbeit oder ein Produkt einer Predigtenreihe war, würde diese Hypothese stützen.

¹⁰⁴ Die Perikope Mt 5, 1–12 war im 4. Jh. am Fest des heiligen Laurentius im Gebrauch, wie aus den Predigten Augustinus’ von Hippo erschlossen werden kann, im gallikanischen Perikopenverzeichnis (5.–7. Jh.) ist sie für das Fest der heiligen Petrus und Paulus vorgesehen, im Evangelienverzeichnis von Lindisfarne (um 700) sowie im Evangelienbuch des Burchard von Würzburg (†754) bereits für Feste In Sanctorum. Das von Papst Bonifaz IV. (†615) durch die an diesem Tag vorgenommene Pantheon-Weihe für den 13. Mai bestimmte und in karolingischen Perikopenverzeichnissen so enthaltene Fest der Gottesmutter und aller heiligen Märtyrer wurde von Papst Gregor IV. (†844) auf den 1. November verlegt. Ludwig der Fromme veranlasste dann auf päpstlichen Wunsch eine Verbreitung dieses Festes Aller Heiligen in seinem Reich. Vgl. Beissel 1967, S. 44; 73; 116; 126; 177. Wann genau die Seligpreisungen-Perikope für dieses Fest festgelegt wurde, vermag ich nicht zu klären, doch spätestens Bernhard von Clairvaux predigt zu diesem Anlass über die Seligpreisungen (Sermones in festivitate omnium sanctorum). Die Seligpreisungen-Predigten des Wiener Theologen Nikolaus von Dinkelsbühl (†1433) erwähnen das Fest ebenfalls ausdrücklich und lassen damit die entsprechende Perikopenzuordnung völlig außer Zweifel (Nikolaus von Dinkelsbühl, De octo beatitudinibus, 1, 92va: In euangelio quod legitur in festo omnium sanctorum et scribitur Mat. v. enumerat dominus octo beatitudines). Die Verlängerung des Allerheiligenfestes durch eine Oktav wurde für die gesamte römisch-katholische Kirche erst im tridentinischen Sanktorale von 1569–1571 festgelegt (vgl. Auf der Maur 1994, S. 157). Es ist jedoch wegen der herausragenden Bedeutung, die diesem ›Ostern des Herbstes‹ im Mittelalter beigemessen wurde (vgl. 3EKL, Bd. 1 [1986], Sp. 89f.), davon auszugehen, dass das Fest bereits zuvor in zahlreichen Regional- und Lokalkirchen mit einer Oktav versehen war.

37

3. Prolegomena zur Ausgabe

Dass »die historisch-kritische Edition selbst eine historische Kontinuität hat«¹ und auch heute keine unabänderbare Methodik besitzt, ist in Philologenkreisen hinreichend bekannt.² Die von Carl Lachmann an klassischen Texten entwickelte und von ihm auch für mittelalterliche Schriftdenkmäler angewandte filiationsorientierte Textkritik³ galt in den letzten Jahrzehnten den Vorreitern der ›New Philology‹ als obsolet und der Variabilität und Unfestigkeit der mittelalterlichen Überlieferungsverhältnisse nicht angemessen. Sie kehrt jedoch in neuester Zeit mit der ›New Philogeny‹ wieder zurück, die bemüht ist, sowohl den Eigenheiten des mittelalterlichen Textverständnisses als auch der Stemmatik Rechnung zu tragen.⁴ Das bei der Edition anzuwendende Verfahren hat sich letztlich immer dem Charakter des konkreten Textes und dessen Überlieferung anzupassen und muss im Detail immer neu entwickelt werden. Will man auf die Berücksichtigung der Handschriftenfiliation nicht verzichten und die Rekonstruktion eines autornahen Textes wenigstens als Desiderat im Auge behalten, stößt man jedoch gerade bei spätmittelalterlicher religiöser Literatur in Prosa auf erhebliche Schwierigkeiten. Die Unfestigkeit von Erbauungstraktaten, katechetischen Abhandlungen, mystischen Schriften und Predigten erreicht auf sprachlicher und inhaltlicher Ebene ein Ausmaß, das etwa im Bereich der Poesie schon aus Gründen der – wie auch immer freien – Versgebundenheit kaum vorstellbar ist. Trotzdem ist die Suche nach autornahen Versionen gerade bei Predigten nicht unbegründet, denn es ist davon auszugehen, dass die Autoren aus Vorsicht vor potentiellen Häresieanschuldigungen darauf bedacht waren, ihre zunächst vielfach nur in groben Konzepten entworfenen und/oder mündlich vorgetragenen Texte im Nachhinein selbst zu redigieren und zu autorisieren.⁵ Geht man daher von der ehemaligen Existenz eines Autortextes aus, stellen sich die Fragen, ob dessen Wiederherstellung erstens tendenziell möglich und zwei¹ Senger 1987, S. 2. ² Speziell zur Geschichte der germanistischen Edition vgl. Plachta 2001. ³ Zu Lachmanns Editionsmethode vgl. Ganz 1968; Weigel 1989; Timpanaro 2005. An methodischen Lehrbüchern klassischer Textkritik sind zu nennen: Maas 1960; Willis 1972; West 1973; zu germanistisch-mediävistischer Editionswissenschaft auch Bein 2008. ⁴ Vgl. dazu Stolz 2003. ⁵ Vgl. Ruh 1981, S. 12f.

38

tens lohnenswert ist. Diese Fragen sind für jeden zu edierenden Text individuell zu beantworten. Die filiationsorientierte Textkritik stößt bei volkssprachlichen Texten mit einer hohen Unfestigkeit bereits auf der Sprachebene und bei Handschriften, die von sehr frei verfahrenden und bisweilen den Redaktionsanspruch erhebenden Schreibern stammen, oft an ihre Grenzen, denn keine ihrer beiden wichtigsten methodischen Voraussetzungen kann als sicher gewährleistet gelten: Man kann weder sicher sein, dass ein Schreiber die ›Fehler‹ seiner Vorlage(n) nicht korrigiert, noch ist die voneinander unabhängige Entstehung gleicher Varianten auszuschließen.⁶ Einerseits hat man es bei vielen Handschriften mit Schreibern zu tun, denen es nicht auf eine getreue Abschrift ihrer Vorlage(n) ankommt, sondern die es für selbstverständlich halten, Änderungen vorzunehmen. Andererseits befördert die durch verschiedene mundartliche Färbungen begünstigte hohe Variabilität der Textoberfläche die Bildung neuer Varianten im Verlauf der Überlieferung und erschwert die Auswertung der Varianten nicht unerheblich. Eine diesen Verhältnissen Rechnung tragende Kollationsmethodik zu entwickeln ist nicht einfach und der Arbeitsaufwand in jedem Fall groß.⁷ Der Herausgeber muss sich gleich bei mehreren Aspekten der Kollationsarbeit auf sein subjektives Urteil verlassen: Er entscheidet zunächst, welche Varianten 1) rein (ortho-)graphisch bzw. 2) mundartlich bedingt sind und aus der Kollation gleich ausscheiden sollen. In der nächsten Stufe muss er aber auch 3) die Relevanz der Varianten für die Filiation bewerten, d. h. er muss entscheiden, welche Lesarten in den so überaus variantenreichen Handschriften derart banal und alltäglich sind, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit voneinander unabhängig entstehen können. Auch solche Varianten können in der Ermittlung der Filiationsverhältnisse nicht ernsthaft berücksichtigt werden. Trotz dieser Schwierigkeiten, die der Herausgeber durch zumindest teilweise subjektive und daher angreifbare Entscheidungen überwinden muss, können sehr zahlreiche Varianten übrig bleiben, die für eine filiationsorientierte Editionsweise sehr wohl verwertbar sind und die Aufstellung eines Stemmas erlauben, auch wenn dieses wegen der teilweise widersprüchlichen Befunde nur als Hypothese und unter Vorbehalt gelten muss. Die Überlieferung des vorliegenden Predigtzyklus Heinrichs von St. Gallen ist trotz der genannten Schwierigkeiten stemmatisch strukturierbar. Zwar gibt es stark abweichende Redaktionen, diese lassen sich jedoch im Stemma klar einordnen. Sie gehören alle einer der beiden großen Handschriftengruppen des zweiteiligen Stemmas an, die ich als *Y1 bezeichne. ⁶ Vgl. Willis 1972, S. 14. ⁷ Der Einsatz einer gewiss erwägenswerten computerunterstützten Kollation müsste daher sehr komplexen Anforderungen gerecht werden. Entsprechende Ansätze werden entwickelt – vgl. u. a. Stolz 2006.

39

Die andere Gruppe, *X1, bietet eine relativ konsistente Textüberlieferung. Ausgehend von dieser Handschriftengruppe und durch Vergleiche mit *Y1 ist eine Annäherung an den *X1*Y1-Archetypus möglich. Die Frage nach der Möglichkeit klassischer Textkritik ist also für die ›Acht Seligkeiten‹ positiv zu beantworten. Ist aber ein derart komplexes Unterfangen auch lohnend? Handelt es sich hier nicht um einen Text, neben dem es Tausende seinesgleichen in der schier unüberschaubaren Masse spätmittelalterlichen Frömmigkeitsschrifttums gibt? Eine grobe Bewertung, die bereits aufgrund der Handschriftenlektüre möglich ist, würde den vorliegenden Predigtzyklus aus literarischer und geistesgeschichtlicher Sicht nicht als sonderlich hervorragend erscheinen lassen. Die eigentlichen Gründe für eine textkritische Ausgabe liegen hier außerhalb des Textes selbst. Zum einen verpflichtet die Zuschreibung an Heinrich von St. Gallen wegen des ihm auch zugeschriebenen ›Passionstraktats‹, dessen Prominenz in der spätmittelalterlichen Literaturlandschaft außer Frage steht, zu einer kritischen, möglichst autornahen Ausgabe. Zum anderen ist es die unbezweifelte Prominenz des mutmaßlichen Ortes, an dem die vorliegenden Predigten entstanden und vorgetragen worden sind, die sie für eine originalnahe Ausgabe empfiehlt: das vorhussitische, mehrsprachige Prag. Diese beiden Gründe dürften als Rechtfertigung hinreichen, um mit den Mitteln der klassischen Textkritik zu versuchen, dem originären Text nahe zu kommen, anstatt sich der Textgeschichte und den einzelnen Redaktionen des Predigtzyklus stärker zuzuwenden, obschon auch diese nicht ganz ohne Interesse sind. Im Falle unseres Textes wäre auch eine sog. überlieferungsgeschichtliche bzw. textgeschichtliche Ausgabe möglich,⁸ die auf die Wiedergabe bestimmter Versionen eines Textes aus einer oder mehreren Phasen seiner Überlieferung ohne Anspruch auf die Rekonstruktion eines ›Originals‹ abzielt. Ein solcher Ansatz empfiehlt sich allerdings vor allem dort, wo man es mit mehreren gleichwertigen Parallelversionen zu tun hat, bei denen der Charakter eines festen Autortextes schwach ausgeprägt ist. Bei den ›Acht Seligkeiten‹ kann man aus überlieferungsgeschichtlicher Sicht vier Versionen unterscheiden: – Dem in den sechs Handschriften der *X1-Gruppe relativ kompakt überlieferten Text attestiert der stemmatische Befund Priorität und daher möglicherweise Autornähe. Spätestens 1420 (Datierung der am Ende des Stemmas befindlichen Hs. M2) ist mit einer breiten (nord-)bayerisch-österreichischen Überlieferung zu rechnen. Zwei Handschriften stammen aus dem Kloster St. Emmeram in Regensburg, eine aus dem Stift St. Peter in Salzburg, eine aus dem Frauenkloster Nonnberg in Salz⁸ Vgl. dazu v. a. Ruh 1984; Ruh 1985; Steer 1985; Steer 1993.

40

burg (entstanden in Berchtesgaden) und eine vermutlich aus dem Privatbesitz einer Frau in Hallein bei Salzburg; die Provenienz der Leithandschrift M1 ist nicht bekannt. In dieser Version wird der Verfassername mitüberliefert. – Die in zwei Hss. erhaltene und spätestens 1430–1436 mit der Hs. G bezeugte alemannische Redaktion überliefert den Text anonym und ohne die siebte Seligpreisung. Beide Hss. stammen aus Frauenklöstern am Bodensee. – In einer Hs. ist die autographe Überarbeitung des Melker Laienbruders Lienhart Peuger aus der Zeit vor 1419 (entstanden noch in St. Lambrecht oder Altenburg, dann im Besitz des Stifts Melk) überliefert. Der Verfassername wird nicht genannt. – In einer weiteren autographen Hs. ist eine zweite Melker Redaktion Lienhard Peugers aus der Zeit um 1440 erhalten. Sie ändert den Text tiefgreifend und nennt den Verfasser ebenfalls nicht. Die Handschriften tragen keine Gebrauchsspuren, die darauf hindeuten würden, dass sie als direkte Vorlage für Predigten genutzt worden wären; es handelt sich um Lesehandschriften für den Kloster- oder Privatgebrauch. Es ist – bei gleichzeitiger Einbeziehung des stemmatischen Befunds – deutlich zu erkennen, dass wir es bei diesen Redaktionen mit keinen gleichwertigen Parallelversionen zu tun haben, sondern dass die erste Version als die wahrscheinlich originalnähere und -getreuere anzusehen ist, welche die ›Acht Seligkeiten‹ als einen relativ festen Autortext überliefert. Die drei weiteren Versionen sind eindeutig posteriore Überarbeitungen. Auch wenn die Analyse der Bearbeitungen – nicht zuletzt der kreativen redaktionellen Tätigkeit Lienhart Peugers – sicher nicht ohne Erkenntnisgewinn wäre, scheint es mir angesichts der Möglichkeit einer autornahen Ausgabe zunächst geboten, den Weg der filiationsorientierten Textkritik zu gehen und einen kritischen Text aufgrund der *X1-Version herzustellen, wobei ich selbstverständlich die Einbeziehung der *Y1-Handschriften in die textkritischen Erwägungen an einzelnen Stellen nicht ausschließe. Die editorische und literaturgeschichtliche Aufarbeitung der drei anderen Versionen überlasse ich der künftigen Forschung. Als Maximen der Ausgabe wähle ich die von Joachim Heinzle für die Ausgaben mittelalterlicher Texte in der ›Bibliothek deutscher Klassiker‹ hervorgehobenen Stichworte: Lesbarkeit, kritischer Text, Apparat.⁹ Der Lesbarkeit möchte ich durch die weitgehende Verwendung heutiger Interpunktionsregeln und durch die Verständnishilfen in der ersten Apparatebene gerecht werden. Ich sehe allerdings von jeglicher Normalisierung ⁹ Vgl. Heinzle 1993, S. 50.

41

ab, mit Ausnahme der Klein- und Großschreibung und geringfügiger Glättungen bei der Zusammen- bzw. Getrenntschreibung. Die vorliegende Ausgabe richtet sich ja schon wegen der Textthematik und -gattung nicht an eine breite Leserschaft, sondern an die Fachöffentlichkeit, der die Überwindung gewisser Einlesehürden durchaus zugemutet werden darf. Zugleich bleibt die Ausgabe durch die relativ getreue Wiedergabe des handschriftlichen Textes auch für die Sprachwissenschaft brauchbar. Die Herstellung des kritischen Textes erfolgt nach dem Leithandschriftenprinzip. Dieses befolge ich jedoch nicht so streng, dass ich nur offenkundige Schreibfehler korrigieren würde, vielmehr greife ich überall dort ein, wo die Kollation eine Individuallesart der Leithandschrift anzeigt und eine plausible Besserung aus anderen Handschriften möglich ist. Dabei versuche ich nach Möglichkeit, die dialektale und graphematische Gestalt der Korrekturen dem Usus der Leithandschrift anzupassen. Sämtliche Eingriffe sind im Apparat vollständig dokumentiert. Die Lesbarkeit des Ausgabetextes nimmt keinen Schaden und es dient der Geschlossenheit der Edition, wenn ich den Lesartenapparat nicht teile und die weniger relevant erscheinenden Lesarten – z. B. Individuallesarten einzelner Hss. – nicht in den Anhang verbanne: Ich verzeichne sämtliche Lesarten der *X1-Gruppe. Um im Bereich des Möglichen zu bleiben, klammere ich in der Regel die Lesarten der *Y1-Redaktionen aus, gebe sie aber dort an, wo Eingriffe in den Text der Leithandschrift erfolgen, um dem Leser die breitmöglichste Grundlage für das Verständnis der Korrekturen zu bieten. Im Vorfeld der Ausgabe wird kurz der Überlieferungskontext skizziert. Es folgt die Beschreibung der Handschriften. Mit der eingehenden Beschreibung sprachlicher und anderweitiger Eigenheiten der *X1-Handschriften arbeite ich die Tendenzen einzelner Schreiber heraus. Das gebotene Material mag sehr umfangreich erscheinen und stellt eine gewiss ermüdende Lektüre dar, ich hoffe jedoch, damit nicht nur künftigen Herausgebern anderer in denselben Hss. enthaltener Texte dienen zu können, sondern auch mit verwertbaren Teilerkenntnissen zur Dialektologie-, Lexikographie- und Grammatikforschung beigetragen zu haben.¹⁰ ¹⁰ Auf die Möglichkeiten der Erfassung lexikalisch-diatopischer Varianz durch die Auswertung von Lesarten weist z. B. Kunze 1985 hin. Eine genauere Auswertung der Wortersatzfälle könnte bei einigen Hss. mit ausgeprägter dialektaler Färbung zu neuen Erkenntnissen im Bereich der geographischen Verteilung bestimmter Lexeme führen. Andere Fälle von synonymem Wortersatz könnten möglicherweise auch unser Wissen um die Semantik bestimmter Wortfelder erweitern. Eine solche Untersuchung war im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich, es müssen daher wenige Beispiele reichen: Es ist auffällig, dass die alemannischen Hss. G und W statt des Substantivs lieb(e) immer noch den mhd. Begriff minne einsetzen (186v) (so auch verbal mynnen statt lieben [200v] bzw. lieb haben [211r]) oder dem Adjektiv chlug mit vernunftig bzw. witzig ausweichen (204v). Für weitere Beispiele lexikalisch geprägten Wortersatzes vgl. die Beispiele für Bindevarianten der *Y2-

42

Nach der Beschreibung der Handschriften folgen vor der eigentlichen Ausgabe die Darstellung und Auswertung der Handschriftenfiliation, die sprachliche und stilistische Beschreibung des edierten Textes sowie die stichwortartige inhaltliche Zusammenfassung. In einem Vergleich mit anderen Texten, die Heinrich von St. Gallen zugeschrieben werden, diskutiere ich dann die Verfasserfrage dieses Textkorpus. Nach der Begründung und Darstellung der Gliederung des Predigtzyklus werden abschließend die Prinzipien der Edition angegeben sowie die Sigeln und textkritischen Operatoren expliziert.

3.1 Überlieferungskontext Der Überlieferungskontext des Predigtzyklus besteht überwiegend aus deutschsprachigen katechetischen, exegetischen und mystischen Traktaten sowie aus Predigten (u. a. von Eckhart) und Gebeten. Sämtliche Überlieferungsträger sind großteils deutschsprachige Sammelhandschriften. Für einzelne Inhaltsbeschreibungen der Hss. vgl. hier S. 43–80 und die angegebenen Katalogbeschreibungen. Zur Parallelüberlieferung anderer Texte in den zehn Textzeugen des Predigtzyklus ist Folgendes festzuhalten: Vor dem vorliegenden Predigtzyklus ist in den Hss. S, M2, M4 und Me2 ohne Verfassernennung auch Heinrichs von St. Gallen ›Passionstraktat‹ überliefert (getrennt in M2, sonst hintereinander). Den Handschriften M3 und M4 ist die Überlieferung einer Vaterunser-Auslegung gemeinsam.¹¹ Eine andere, tabellenartige VaterunserAuslegung mit einer kommentierten Gegenüberstellung der Vaterunser-Bitten, der Gaben des Heiligen Geistes, der Seligpreisungen und ihrer jeweiligen Belohnungen sowie der sieben Hauptlaster¹² enthält die Hs. G, eingeGruppe, S. 89. Der österreichische Schreiber Lienhart Peuger ersetzt ebenfalls viele Begriffe, wobei vielfach eher sein ausgesprochen freier Umgang mit der Vorlage als Grund anzusehen ist, in einigen Fällen aber möglicherweise auch dialektale Unterschiede im Spiel waren (vgl. in Me1 z. B. herscht statt reichsent [reix ent M1] [186v], füegleich statt taugeleich [191v], merkchen statt pechennen [193r], edel statt zart [195v], phleg statt gewarsame [201r], leichnam statt leib [206r], vnmügleich statt vntaugleich [vntugentleichen M1] [206v], als pald statt alzehant [ebd. und 223r], gen statt wandern [211r], hintz statt gegen [217v und passim], zertailn statt zespalten [219v], vervnsaẅbert statt verflekket [220v], gerben statt heppfen [221v], sicherleichen statt werleich [224r]). Bei einigen grammatischen Formen wie Diminutiven sind die Varianten der alemannischen und der österreichischen Handschriften ausgesprochen dialekttypisch, z. B. bachli *Y2, pachel Me1 statt pachlein (pachleich M1) (208r). (Hier und im Folgenden zitiere ich mit Hilfe der Folio-Angaben der Leithandschrift, außer es wird ausdrücklich eine andere Handschriftensigel angegeben. Bei der Transkription werden Abbreviaturen aufgelöst und die Groß- bzw. Kleinschreibung wird der aktuellen Satzstellung des Zitats angepasst.) ¹¹ Vgl. Weidenhiller 1965, S. 219, Nr. 8. ¹² Vgl. ebd., S. 220f., Nr. 13 und 13a.

43

bettet in eine Reihe anderer katechetischer Schriften. Darunter ist der auch sonst sehr verbreitete Katechismustraktat ›Vom christlichen Leben‹ hervorzuheben, der u. a. eine schematische Auslegung der acht Seligpreisungen enthält (auszugsweise ediert hier S. 272–278). Die Hss. M3, S und G enthalten unterschiedliche Werke Marquards von Lindau (›Dekalogtraktat‹ gemeinsam in M3 und G), die Hss. N, M3 und Me2 überliefern Seuses ›Büchlein der ewigen Weisheit‹ (M3 allerdings nur Kap. 21 – ›Sterbebüchlein‹). Thomas Peuntners ›Betrachtung des Vaterunsers‹¹³ und ›Beichtbüchlein‹ sind neben der Hs. S auch in der Peuger-Hs. Me2 enthalten. In Me2 sind ebenfalls einige andere katechetische und mystische Schriften parallel überliefert: ›Buch von den sechs Namen des Fronleichnams‹ des Mönchs von Heilsbronn (auch Me1; der letzte Teil auch M1), Pseudo-Bonaventuras ›Stimulus amoris‹ dt. (auch G; Auszüge auch M2) und Heinrichs von Friemar ›De quattuor instinctibus‹ dt. (auch M1). Auszüge aus den ›Offenbarungen‹ Elsbeths von Oye finden sich in den Hss. N und Me1, unterschiedliche Sprüche der Altväter sind den beiden alemannischen Hss. G und W gemeinsam, Tagzeitengebete sind in den Hss. S und M2 enthalten. Insgesamt sind aufgrund der inhaltlichen Zusammensetzung der Hss. trotz einiger Parallelüberlieferungen keine direkten Abhängigkeitsverhältnisse unter den Hss. festzustellen. Dies entspricht – mit Ausnahme der Peuger-Handschriften Me1 und Me2 – auch dem Befund aus der stemmatischen Untersuchung des Predigtzyklus (vgl. S. 80–92).

3.2 Beschreibung der Handschriften der *X1-Gruppe Im Folgenden werden die fünf Handschriften der *X1-Gruppe (vgl. Stemma S. 81), die der vorliegenden Ausgabe direkt zugrunde liegen, beschrieben. Dabei wird ausdrücklich auf vorhandene Katalog- und sonstige Beschreibungen verwiesen, ergänzt werden jedoch neuere Angaben zu Werkausgaben und zur Forschungsliteratur. 3.2.1 München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 64 (M1) Theologische Sammelhandschrift mit deutschen Traktaten und Predigten, insbesondere: Mönch von Heilsbronn, Eckhart, Heinrich von Friemar, Heinrich von Langenstein, Heinrich von St. Gallen. Pergament, 228 Blätter, 21 × 15, 5 cm, Herkunft unbekannt, 1. Hälfte 15. Jh, Bastarda.

¹³ Vgl. Adam 1976, S. 240, Nr. 19.

44

Beschreibung liegt vor: Petzet 1920, S. 104–107; auch Wilhelm 1911, S. 34–36. Schreibsprache: Bairisch mit wobd. (?) und md. Elementen (Prager Deutsch?). Darüber hinaus ist zu einzelnen Texten Folgendes zu ergänzen: 1r –18v Mönch von Heilsbronn, ›Buch von den sechs Namen des Fronleichnams‹, letzter Teil. Ausg. Birlinger 1875, S. 220–234, Lit. 2VL, Bd. 6 (1987), Sp. 651–652. 18v –122r Predigten. Zu 18v –46r Morvay 1974, S. 74–75, Nr. 218, zu 30v –46r Seidel 2003, S. 129–130 und Anm. 185, zu 21v –24v Ausg. Quint 1971, Nr. 54a, S. 542–561, hier S. 548–561, diese Hs. (M 5) S. 544, zu 25r –27v Ausg. Quint 1958, Nr. 19, S. 308– 321, hier S. 312–321, diese Hs. (M 5) S. 309. 122r –153v Heinrich von Friemar der Ältere, ›De quattuor instinctibus‹ dt. Die Explicit-Angabe Hie endent sich die inspruch von prag bezieht sich entweder auf den Übersetzungsort oder ist auf eine Verwechslung des Autors mit Heinrich von Friemar dem Jüngeren, der von 1342 bis 1350 Studienleiter der Augustiner in Prag war, zurückzuführen (vgl. Warnock 1977, S. 43–44). Allerdings geht ein wichtiger Zweig der Überlieferung dieser deutschen Übersetzung von Prag aus. Bemerkenswert ist dabei u. a. die gemeinsame Überlieferung dieses und des folgenden Textes in Prag, Univerzitní knihovna, XXIII D 178 (früher: Lobkowitzsche Bibl., Cod. 405). Ausg. Warnock 1977, Lit. Stammler 1953, S. 11 und Anm. 51; 2VL, Bd. 3 (1981), Sp. 733–736. 153v –183r Heinrich von Langenstein, ›De distinctione spirituum‹ dt. (›Unterscheidung der Geister‹). Ausg. Hohmann 1977, Lit. 2VL, Bd. 3 (1981), Sp. 770–771. 228r–v Meister Gebhart, ›Von den Kräften der Seele‹ (Anfang; Petzet 1920 ohne Identifizierung). Auch in Nürnberg, Stadtbibliothek, Cent. VI, 46f, 267v –286v, dort Zuschreibung an mayster Gebhart (Schneider 1965, S. 156, Nr. 12, ohne Erwähnung dieser Hs.). Lit. 2VL, Bd. 2 (1980), Sp. 1133 (ohne diese Hs.). Hier bricht der Text ab, der Rest der Handschrift – wahrscheinlich zwei Sexternionen – ist verloren.

183r –227v Heinrich von St. Gallen, ›Acht Seligkeiten‹, Anmerkungen zu Schriftbild, Sprache, Stil und Varianten: Aus paläographischer Sicht ist neben einigen lateinischen Abbreviaturen in Eigennamen und lateinischen Fremdwörtern der Gebrauch üblicher deutscher Abkürzungen (Nasalstrich, obere oder untere (e)r-Schleife) zu beobachten, darüber hinaus seltenere abgekürzte Schreibweisen wie spˀcht für spricht, spch für sprach, gesp ochen für gesprochen. Die allgemein schwer unterscheidbaren Schreibungen von cz und tz werden bei der Transkription im Zweifelsfall zugunsten von tz interpretiert. Selten wird Doppelkonsonanz als Längenzeichen eingesetzt (z. B. straffet für mhd. strâfet [203r]). Besonders vor m wird der kurze u-Laut manchmal mit e supraskribiert (z. B. häufig daru mb), vermutlich um die Graphie vom ähnlich geschriebenen Nasallaut deutlicher abzuheben (vgl. FG § L 16). Auch sonst werden reichlich darübergeschriebene Zeichen (Supraskripte) eingesetzt, am häufigsten e, das jedoch vielfach nur mit einem sehr feinen Federstrich ausgeführt ist, sodass man selbst bei genauer Betrachtung des Originals in Einzelfällen Schwierigkeiten hat, die Absicht des Schreibers richtig zu interpretieren. Vom e kaum zu unterscheiden ist des Weiteren ein vertikal gesetzter Doppelpunkt (manchmal auch schräg aufsteigend) sowie ein leicht gebogener aufsteigender Strich. Nur bei dem Wort su n ist deutlich ein darübergeschriebenes o festzustellen. Der Lautwert des jeweiligen Supraskripts ist schwer \/\

45 zu deuten und kann von einem rein graphischen Distinktionsmerkmal über ein Längenbzw. Umlautzeichen bis zu einem Diphthong oder einem umgelauteten Diphthong reichen. Diphthonge werden gelegentlich auch durch Digraphien signalisiert, z. B. in puesser (213r). Bemerkenswert ist die Schreibweise von x bzw. x für chs (/xs/), das vorwiegend im Nordobd., Oobd. und anschließenden Inseldeutschen für ks belegt ist (reix ent, reixen [186v]; FG § L 49, 2). Selten kommt eine Verdoppelung von f im Anlaut vor. Sehr häufig und typisch bairisch steht p für germ. b und ch für k im Anlaut, eher selten w für germ. b (aber vgl. die nebeneinander stehenden Varianten pecheren und wechern [213r], des Weiteren z. B. herwerg [214v]). Umgekehrt ist vereinzelt der bair. Lautwandel w > b (MG § E 26, 2) vertreten (ebigen für ewigen [205v]). Die nhd. Diphthongierung ist in der Regel durchgeführt und erreicht bisweilen auch das Femininsuffix -în in hymelchunigein (210v) und Eigennamen wie Augustein (z. B. 210v) und reichardus (219v). Die mhd. Laute ei bzw. î werden in der Graphie meist mit ai bzw. ei (auch ay bzw. ey) auseinandergehalten, als eine rein graphische Variante ist wohl a i für ai in ha iligen (198v) zu werten. Ein Einzelfall ist ei statt ie beim Personalpronomen 3. Pers. Pl. Nom. Mask. sei (197v). Die o -Schreibungen für mhd. ô (lo n, gro ss [195r], tro st [195v], to rhait [196r]) deuten auf die mbair. bzw. südbair. Diphthongierung und Palatalisierung zu öu bzw. öa hin (MG § E 27, 7). Bairisch ist die Diphthongierung von i zu ie vor r (MG § E 26, 6), die sich in Schreibungen wie wırt, wır und ır zeigt. In der Flexion fallen bei Adjektiven (neben häufiger Endungsapokope) und Pronomina die im Bair. (aber auch Alem.) erhaltene Endung -ew für Nom. Sg. Fem. und Nom./Akk. Pl. Neutr. (MG § E 28, 2) (vereinzelt auch bei Mask.: dew menschen [193v]), beim Part. Präs. vereinzelt -und(e) (flehunden [212r], wuetund [219v]; MG § E 28, 5) sowie bei Verben hiet und het für Ind./Konj. Prät. von hân auf (MG § E 28, 8). Obd. ist sey als 1. Pers. Pl. Ind. Präs. von mhd. sîn (FG § M 149). Häufig treten durch Ekthlipsis verkürzte Formen auf (FG § L 39), besonders bei Verben mit t-auslautendem Stamm (z. B. rett für redet [218r], getro st, ersett [200r]), beim unbestimmten Artikel (ain als Akk. Sg. Mask.) und vereinzelt in der Nominalflexion (Gen. Sg. Neutr. dez fleisch [201v], aber auch fleissches bzw. fleisches [184v]). Bei Adjektiven und Pronomina in attributiver Stellung ist eine Tilgung des ganzen Flexivs häufig, sie kann aber in Einzelfällen auch bei Substantiven (des ewigen leben [191v], die vnsicherhait seins wesen [196r], des sibenten mal [196v], des selben gut [206r], von den chlainen ding [202v], dem mensch [207r]) und in der 1. Pers. Pl. bei Verben mit nachgestelltem Pronominalsubjekt (versmech wır [197v], werd wir [201r], sull wir [207v]) vorkommen. Das letztgenannte Phänomen, das vielleicht die Datierung des Textes noch ins 14. Jh. stützen könnte (MG § M 70, Anm. 7; FG § M 94, Anm. 1), betrifft außer der Tilgung des Gesamtflexivs auch nur das in hochdeutschen Mundarten häufige Weglassen von -n (sehe wır [184r], vinde wir [225v]). Zu beobachten ist gelegentlich der im Mbair. häufige Sprossvokal i zwischen r und ch (/x/), wie bei werich (201v) und durich (202r) (vgl. MG § 32; FG § L 41, Anm. 1). Auffällig und für das Bair. und das bair.-alemannische Übergangsgebiet typisch ist die ær(e)-Endung der männlichen Nomina Agentis (MG § M 8, Anm. 2), die hier in apokopierter Form und mit a erscheinen, z. B. richtar (200v), sunda r (226r), lera r (226v). Die nur im Bair. und angrenzenden Alem. übliche a-Graphie für mhd. æ (MG § L 38; FG § L 20) ist auch sonst zahlreich vertreten, z. B. in peswa rt (185r), pewa rarinn (185v), manchmal gar überkorrekt wie bei pega rung (184v), bei kurzen Hauptsilbenvokalen wie in widerwa rtichait (183v) und a rmer (188r) sowie in langen und kurzen Nebensilben wie in danckpa r (196r), fruchtpa r (209r), swa ra r (196r). Seltener ist die ae-Graphie, z. B. in saelig (183v). Aus morphologischer Sicht ist eine fürs Bair. typische Vermischung der eu/euch-Formen des Personalpronomens für 2. Pers. Pl. Dat. und Akk. zu beobachten, mit häufigem ew im Akk. (vgl. FG § M 62; auch Anm. 1). Im Superlativsuffix der Adjektive begegnet das besonders im Oobd. häufig

46 belegte i (FG § M 53, Anm. 1), z. B. pehegleichist (183v) und gewaltigisten (187v). Selten zeigt sich in der Graphie der (außer im Hochalem. und Schwäb.) in hd. Dialekten häufige Wandel von â zu ô (MG § L 37), z. B. wor für mhd. wâr (194r). Zusammen mit Me1 (und N-Lesart 187r) zeigt M1 den obd. Mittelsilbenschwund in bair. lembtig für mhd. lebendec (209r; MG § L 54, 2). Bair. ist wohl auch ze- statt zer- als Verbalpräfix (MG § L 90, Anm. 2): zespalten, zereissen (219v). Dem überwiegend bairischen Sprachbild widersprechen teilweise einige andere Befunde. Mit Sicherheit bereits auf den Archetypus geht die häufige Verwendung der eigentlich niederdeutschen Konjunktion mer (›aber, sondern‹) zurück (z. B. 184r), die im Mhd. selten und fast nur auf das Mittelfränkische beschränkt ist (MG § S 159).¹⁴ Als Residuum eines alemannischen Einflusses, aber vielleicht auch nur als konservative Schreibweise könnte das nicht diphthongierte î bei paradys (209r), insprechen (auch in Hs. N; 212r), yn gen (222r) sowie in sleuft (226v) gesehen werden, die durchgehenden gên-Formen sind allerdings eindeutig nicht alemannisch. Tendenziell alemannisch ist die gerundete Form fromden (trost) (184v), fro mden (tro st) (195v), lautlich vermutl. ö (vgl. FG § L 36, 2; MG § L 29). Die Verwendung von dirr als Demonstrativpronomen Gen. Sg. Fem. (z. B. 197r, 205v) weist tendenziell in die wobd. Dialektlandschaft (vgl. MG § M 46, Anm. 2; FG § M 70). Lexemgebunden gibt M1 (teils zusammen mit den alem. Hss.) bestimmten assimilierten Formen Vorzug: ho ffertigen M1(G) statt hochuertigen N*X3(WMe1), hoffart M1*Y2 statt hochfart N*X4(Me1) (189v). Gemeinsam mit den alem. Hss. hat M1 einmal die alem. r-Form von verlıren (192r) im Unterschied zu Formen mit grammatischem Wechsel in den restlichen Hss. (vgl. dazu MG § M 77).¹⁵ Als (o)md. ist das vereinzelte Vorkommen von a statt o (ader statt oder [201r], nach statt noch [199v]) sowie o statt u (dorftig [207v]) zu bewerten (MG § L 27; § L 33; FG § L 11, Anm. 2; § L 16). Die Hebung von o im Part. Prät. der mhd. Ablautklasse IIIb, z. B. verpurgen (204v), gehulfen (215r), wurden (213v, 220r), könnte als md. (FG § L 16, Anm. 1), als eine alem. Sonderentwicklung (FG § M 116, Anm. 3) oder schlicht als eine Analogieerscheinung (MG § M 78, Anm. 2) gedeutet werden. Für ver- lässt sich das omd. vor- nachweisen (MG § L 57, 3): vorgangen (187r), vorzagen, vorzagent (214r). Ob das einmal belegte e statt ie in flehunden (212r) als eine späte Spur der frühen md. Monophthongierung und anschließenden Senkung im Mfrk. und Hess. im 13. Jh. gewertet werden darf, ist sehr fraglich. Die Schreibweise von gema nichleich für mhd. gemeineclîche (219r) sowie vnuerma lgt für mhd. unvermeiligt (220v) lässt sich wohl durch die md. und ofrk. Monophthongierung von mhd. ei zu â erklären, die aber auch im Bair. und Schwäb. belegt ist (vgl. MG § L 45; FG § L 18; L 27). Zum überwiegenden Usus der Handschrift scheint die nicht apokopierte Form des schweren Derivationssuffixes -unge wenig zu passen, z. B. bei entsettunge (184v), anfechtigunge (202r), dreuunge (218r). Auffallend und vielleicht auf einen älteren Sprachstand hindeutend ist auch die Bewahrung nicht apokopierter Formen von abe in adverbialer Funktion (bzw. nach nhd. Verständnis als trennbares Verbalpräfix), z. B. abeprechen (218v), abe gelassen (221v) oder abe gelegt (223r), während in anderen Hss. (mit einigen Ausnahmen bei N) die Apokope durchgeführt ist; ähnlich bei ane- als Nominalpräfix, z. B. bei anefang (221v), anegeng (208v) oder anefechtigung (208r). Im Unterschied zu allen restlichen Hss. bewahrt M1 mit -e den ganzen Stamm des Femininums sunte (mhd. sünde) im Nom. und Akk. Pl. (208v, 222r). Auch in ¹⁴ Die Hss. N und M3 schreiben stattdessen grundsätzlich sunder. Zu mer vgl. auch Behaghel 1923–1932, Bd. 3 (1928), S. 208–210. Allerdings ist diese Konjunktion auch im Alemannischen belegt (vgl. ein Beispiel aus den ›Züricher Jahrbüchern‹ in BMZ, Bd. 2, Abt. 1, S. 145a, Z. 32–38). ¹⁵ Vgl. auch Schirokauer 1923, S. 9.

47 anderen Fällen macht M1 im Unterschied zu anderen Hss. durch das Ausbleiben von Apokope oder Synkope auf sich aufmerksam, z. B. bei fo rchte (190v), fride (225v), raine (216v), hymelischen (220r) oder frideleichen (224v). Entgegen der allgemeinen Abschwächungstendenz zeigt sich wohl als hyperkorrekte Schreibung einmal die Form adaler statt adelar mit a statt e in der Mittelsilbe (209v). Die im älteren und mittleren Oobd. (aber auch Nordobd., Böhm. und Omd.) mögliche Ersetzung des Präfixes er- durch der- (FG § L 46, 5) ist hier in drei Fällen (einmal gemeinsam mit N) in Getrenntschreibung nachweisbar: der settung statt ersettung (187r), der parmt statt erparmde (N) (206v), der farn statt erfarn (226r). Für das Alter der in dieser Hs. überlieferten Textgestalt spricht auf lexikalischer Ebene z. B. das Wort pecho rung (›Prüfung, Versuchung‹, 203v), das einigen anderen Schreibern nicht mehr geläufig gewesen zu sein scheint. Die ältere Form mensche ist in M1 gelegentlich bewahrt (z. B. 209r), während die anderen Hss. (und sonst mehrheitlich auch M1) bereits die apokopierte Form aufweisen. Als einzige Hs. bewahrt M1 die wenigstens teilweise nicht assimilierten Formen von entvâhen statt enphâhen: entphacht (203r), entphahung (209v), entphecht (212v, 215r), entphahen (214v). Allein M1 hat auch die ursprünglichere Form lest gegenüber letz (224v). Mhd. lôn erscheint in M1 vereinzelt als Maskulinum (185v, 186r), während das Neutrum ansonsten eindeutig überwiegt. In der Adverbialbildung fällt die Hs. manchmal durch Formen auf, die analog zu Bildungen wie mhd. sælec – sæleclîche(n) die Verbindung mhd. -eclîche(n) einsetzen, wie – mit entsprechender bairischer Affrikatisierung von k – in gentzigchleich (184r), gentzichleich (187v), volchomichleichen (186v), volchumichleichen (193v), volcho michleicher (199v). Eine ähnliche Erweiterung kommt auch bei Substantiven vor, wie bei a chtigung statt a chtung (186r). Häufiger als in den anderen Hss. wird hier das intensivierende Präfix ge- bei Verben eingesetzt (z. B. zw gevallen [183v], gegen für mhd. gên [202r], gesprech [202v], auch nominal: werch gezeug [zusammen mit N; 217r], wol gemu tig [ähnlich N; 218r]), obwohl es auch umgekehrte Fälle gibt, z. B. schaden für geschaden N*X3Me1 (188v). Häufig neigt M1 zur Epithese bei mhd. nieman, wobei allerdings das sonst übliche t/d-Epitheton vielfach in affrikatisierter Form erscheint (niemantz [192v]), was jedoch auch in anderen Hss. vorkommt. Erhalten ist in M1 noch die differenzierte mhd. Flexion des starken Femininums welt, das im Gen. und Dat. die e-Endung bewahrt (194v). Andererseits bevorzugt M1 gelegentlich in Opposition zu den anderen Hss. schwache Deklinationsformen bei Feminina (Gen. Sg. eren [oder Pl.?; 202r], bibeln [205r], selen [205v]), vereinzelt auch sonst (Gen. Pl. der himeln [216v]). Häufig kommt in M1 bei Adverbien das lange Suffix mhd. -îchen, hier meist -eichen vor, z. B. o rdenleichen (199v), während die restlichen Hss. -en weglassen. Bestimmte Lexeme werden in M1 des Öfteren durch Präfixe erweitert, so pesunderleich statt sunderleich (z. B. 207v) und erparmhertzichait statt parmhertzichait (z. B. ebd.), wobei beim Letzteren die präfigierten Formen teilweise auch in den alemannischen Hss. zu finden sind. Mehrmals bevorzugt M1 bei der Wahl des Modalverbs mügen vor künnen (213v, 214r). Vereinzelt weist M1 gekürzte Formen von Dat. Sg. Mask. des unbestimmten Artikels auf: aime statt ainem(e) (z. B. 208r, vgl. MG § L 54, 2; 70; 74). Selten ist die Vokalabschwächung beim bestimmten Artikel festzustellen (des […] hertz [Nom. Sg.; 218v]; MG § M 45, Anm. 6). Aus syntaktischer Sicht verwendet M1 im Unterschied zu den anderen Hss. wider als Postposition mit Dat. anstatt als Präposition mit Akk. (in [Dat. Pl.] wider [184r]). Als Indiz für das Alter der in M1 überlieferten Textgestalt könnte die Bewahrung der enPartikel im exzipierenden Satz (es ensey dann, das [202v, 204v]) gedeutet werden, da diese in der genannten Funktion bereits im späteren Mhd. aufgegeben wird (MG § S 159) und nur noch gelegentlich in md. Texten des 14. Jhs. sowie im Mittelfränkischen des 15. Jhs.

48 vorkommt (FG § S 294). Auch sonst findet sich die Negation mit en- in M1 häufiger bewahrt (z. B. enlat [203r], enhat [224v]). Anders als die restlichen Hss. verwendet M1 icht im abhängigen daz-Satz als Negation (226r; MG § S 129; S 147). Vereinzelt gebraucht M1 die periphrastische Verbindung von sîn und Part. Präs.: helfent sint (208v).¹⁶ Dem Schreiber der Hs. sind vermutlich einige Fälle von absichtlichem Wortersatz zuzuschreiben, z. B. stab statt steck (198v).¹⁷

3.2.2 Salzburg, Stift Nonnberg, 23 D 22 (N) Theologische Sammelhandschrift mit deutschen Traktaten und Predigten, insbesondere: Heinrich Seuse, Elsbeth von Oye, Heinrich von St. Gallen. Papier, 95 Blätter, 28, 8 × 21, 5 cm, Berchtesgaden, 1442, spätestens seit der 2. Hälfte des 15. Jh. im Besitz des Klosters Nonnberg in Salzburg (Besitzvermerk auf der Innenseite des Vorderdeckels: Item das puch ist sand Erndrawten vnd des wirdig canuentz vnd gotzhawss auf dem nunburgk zw Saltzburg etc.), Bastarda. Eine Katalogbeschreibung von Gerold Hayer ist im Druck.¹⁸ Darüber hinaus ist zu einzelnen Texten Folgendes zu ergänzen: 2ra –55ra Heinrich Seuse, ›Büchlein der ewigen Weisheit‹. Lit. Hofmann 1969, S. 138– 149, ohne diese Hs. 55ra –57vb Elsbeth von Oye, ›Offenbarungen‹ (Exzerpte). Lit. 2VL, Bd. 2 (1980), Sp. 511–514, Bd. 11 (2004), Sp. 405; BBKL, Bd. 21 (2003), Sp. 358–364 (mit weiterer Lit.). Eine Ausgabe, begonnen von Peter Ochsenbein, übernommen von Wolfram Schneider-Lastin, ist in Vorbereitung. Die Teile 1–4 und 6 (Zählung nach Hayer) auch in München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 3900, 69rb –71vb, mit abweichendem Explicit (vgl. die Beschreibung in Schneider 1991, S. 472). Bemerkenswert ist, dass Cgm 3900 die vorliegende Nr. 1 und 2 in gleicher Reihenfolge überliefert.

¹⁶ Nicht ganz sicher zu entscheiden ist, ob es sich bei versmehent (193v) und sprechund (196v) um Part. Präs. in periphrastischer Konstruktion mit werden (vgl. MG § S 13, 5; S 28, 4.2.2) oder um wobd. bzw. wmd. Sonderformen des Infinitivs (vgl. FG § S M 84) in ähnlicher periphrastischer Konstruktion handelt. ¹⁷ Hier wird keine Vollständigkeit angestrebt, da viele Singularitäten von M1 eher als unbedeutende Details einzustufen sind. Für eine komplette Dokumentation s. den kritischen Apparat der Textausgabe. Für Fälle von Wortersatz, die mehreren Hss. gemeinsam und daher stemmatisch relevant sind, vgl. die Darstellung der Filiationsverhältnisse (S. 80–92). ¹⁸ Prof. Dr. Gerold Hayer, Salzburg, hat mir seine Katalogbeschreibung dieser Handschrift, die im Rahmen des Projekts ›Die mittelalterlichen Handschriften des Benediktiner-Frauenstifts Nonnberg in Salzburg‹ demnächst erscheinen soll, dankenswerterweise zur Verfügung gestellt.

49

62ra –89rb Heinrich von St. Gallen, ›Acht Seligkeiten‹, Anmerkungen zu Schriftbild, Sprache, Stil und Varianten: Zu den Eigenheiten der Hs. im Schriftbild kann angemerkt werden, dass häufiger Konsonantendoppelungen vorkommen, z. B. in hiellten (183v, N 62ra),¹⁹ vngedullt (183v, N 62rb), zeittleichem (184r, N 62rb), zu rrnen (184r, N 62va), maisterschafft (185r, N 63ra). Anlautendes i wird häufig, aber bei weitem nicht durchgehend, mit einem nicht punktierten, an die Majuskelform erinnernden I-Buchstaben geschrieben, das ich mit j transkribiere. Bei den manchmal schwer zu unterscheidenen Formen von c und t wird im Zweifel zugunsten von c entschieden. An diakritischen Supraskripten kommt fast nur darüberschriebenes e vor, das jedoch meist die Form eines schräg aufsteigenden Doppelpunkts hat. Vereinzelt kommt es sogar über e vor: gese tt (200r, N 72ra), erse tt (200v, N 72ra). Die gelegentlich vorkommende sz-Ligatur transkribiere ich mit ß. Diphthonge werden häufig als Digraphien geschrieben. Die Schreibsprache der Hs. ist mittelbairisch. K wird zwar oft mit k geschrieben, die affrikatisierte Form kommt aber häufig genug vor, im Anlaut z. B. in chumpt (187r, N 64rb), nach n in zerga nkchleichem (184r, N 62rb), trinkchen (185r–v, N 63rb) oder dankchen (209v, N 78ra), nach r in werchen (186v, N 63vb), in der Gemination (drukchent [197v, N 70rb], akcherman [199r, N 71ra]), in der Suffixkombination -ichlich(en) (nicht distinktiv bair. – vgl. FG § L 56, 3) in willigchlichen (188r, N 64vb) sowie allgemein im Auslaut, z. B. in vorgesmach (199r, N 71rb), anplikch (194v, N 68va), stukch (195v, N 69rb). Ebenso ist p für germ. b vertreten, z. B. in geprechleichait (183v, N 62ra) oder prett (188v, N 65rb), obwohl b nicht selten ist, z. B. beha gleich (183v, N 62rb). Selten kommt bair. w statt germ. b vor: sunderwar statt pesunderba r (186r, N 63vb). Bair. sind die Form sew für das Personalpronomen 3. Pers. Pl. (hier Mask.: 184r, N 62va; MG § M 41, Anm. 2, vgl. auch FG § M 63), die ew-Adjektivendung für Nom. Sg. Fem. (gleissundew armu t [189r, N 65va]; aber auch Nom. Sg. Mask.: der himelischew Adla r [197r, N 70rb]) sowie die Diphthongierung von i zu ie vor r (MG § E 26, 6), die sich in ie-Digraphien zeigt: begierleichait, begierung (184v, N 62vb), wierst (193v, N 68ra), gepiert (215r, N 81rb). In der Flexion kommt vereinzelt die bair. Endung -und(e) des Part. Präs. (MG § E 28, 5) vor, z. B. wu rkchundenn (213v, N 80rb), stinkchund (216v, N 82rb). Bair. ist der Schwund von -en nach n (verdien 3. Pers. Pl. Präs. Ind. [189r, N 65va], erscheyn Inf. [205v, N 75rb], belon Inf. [215v, N 81va], chro n Inf. [215v, N 81vb]; MG § E 27, 13). Auch andere durch Ekthlipsis verkürzte Formen kommen vor, besonders bei Verben mit auf -t auslautendem Stamm, z. B. Part. Prät. gese tt (196v, N 69vb). Möglicherweise versteht aber der Schreiber solche wahrscheinlich bereits in seiner Vorlage vorkommenden Formen nicht restlos, wenn er gelait (›geleitet‹) von M1 mit gelaidigt wiedergibt (217v, N 83ra). Bair. ist die durch den obd. Mittelsilbenschwund verkürzte Form lemptigen (zu mhd. lebendec, 187r [fehlt M1], N 64rb; MG § L 54, 2). Gelegentlich ist in intervokalischen Stellungen die ch-Schreibweise von h zu beobachten, die im Mhd. hauptsächlich mbair. (MG § E 26, 6; L 107), im älteren Frnhd. im ganzen Obd. nicht unüblich ist (FG § L 57, 2): sechen (186r, N 63vb), gesechen (187v, N 64va), versma chen (188v, N 65ra), fliechenden (212r, N 79va), nachent (217v, N 82vb), emphachen (224v, N 87rb). Andererseits begegnet in einigen Fällen der ch-Ausfall vor s und t: gleissundew statt gleichsende (189r, N 65va), gleissende (203r, N 73vb) sowie torotz ¹⁹ Bei Stellenangaben aus Handschriften gebe ich zuerst die Blattzahl der Leithandschrift, danach die Sigel und Blattzahl der gerade zitierten Handschrift an. Damit soll der schnelle Vergleich mit entsprechenden Stellen in der Leithandschrift und in der Textausgabe möglich gemacht werden.

50 statt torecht (217v, N 82vb) (vgl. FG § L 56, 3). Die im südlichen Obd. häufigere, aber im gesamten Fnhd. vertretene Schreibung mb für m (FG § L 44, 4) ist in reichtumb (190v, N 66ra) zu beobachten. Die im Oobd. (aber auch Nordobd., Böhm. und Omd.) mögliche Ersetzung des Präfixes er- durch der- (FG § L 46, 5) kommt – getrennt geschrieben – in der sattung (187r, N 64rb) vor. Auch das besonders im Oobd. belegte i im Superlativsuffix (FG § M 53, Anm. 1) ist zu finden: ju ngisten (196v, N 69vb; 208v, N 77va), heiligiste (206v, N 75vb), wirsist (210v, N 78vb). Zur Senkung von i zu e in scheffman vgl. die Beschreibung des Phänomens in der Hs. M3, S. 54. Ein Einzelfall bleibt das md. Präfix vor- statt ver- (vor schulden [184r, N 62rb]). In nagsten findet sich das mundartlich breit belegte, hyperkorrekte g für h (200r, N 71vb; 203r, N 73vb; 204r, N 74rb; vgl. FG § L 48, 4; L 56, 3). Häufiger als andere Hss. verwendet N die vollen Adverbialformen auf -eichen, z. B. senfftikleichen statt senftichleich (193r, N 67vb), gra wleichen statt grewleich (203r, N 73vb), parmherczikleichen statt parmherzichleich (215v, N 81va). Gelegentlich gibt N dem Präfix be- vor anderen Präfixen oder präfixlosen Formen den Vorzug, z. B. besunderleich statt sunderleich (195r, N 69ra; 209v, N 78ra [zweimal]), bechennen statt erchennen (224v, N 87rb), behalten statt gehalten (225v, N 87vb), beschicht statt geschicht (226r, N 88ra), beschreibet statt schreibt (227v, N 89ra). In der Wortbildung fällt auch die vermehrte Suffigierung mit -ung auf: versma hung statt versma hen (195v, N 69rb), betrachtung statt petrachten (209v, N 78ra), tru bsalung statt tru bsal (198v, N 71ra), straffung statt straff (207r, N 76rb), parmung statt parmhertzichait (212v, N 79vb). Beim Mask. dorn ist in N bereits der er-Plural mit Umlaut zu beobachten: do rner (190v, N 66rb). Regelmäßig erscheinen bereits durch Digraphie signalisierte zweisilbige Formen von mhd. gên (z. B. geet [204r, N 74rb]), die vermutlich aus dem Md. ins Obd. vorgedrungen und zur nhd. Norm geworden sind (FG § M 148, 3, Anm. 1; MG § M 105, Anm. 6). In der 1. Pers. Sg. Ind. Präs. von mhd. hân steht – apokopiert – bereits die im Fnhd. sich durchsetzende Form hab statt han (202r, N 73rb). Gelegentlich zieht N unabgekürzte Verbformen der 3. Pers. Sg. Ind. Präs. vor, z. B. helltet statt halt, behalltet statt pehalt (188r, N 64vb), wirdet statt wirt (206v, N 75vb). Vielleicht als fehlerhafte Vermischung mit dem t-Epitheton schwacher Verben ist das Part. Prät. er habent statt erhaben (220r, N 84va) zu deuten. Syntaktisch ist die Verwendung der Präp. neben mit Gen. bemerkenswert: neben des wegs (219r, N 84ra). Im exzipierenden Satz bewahrt N in einem Fall die Negationspartikel en- (es ensey dann, das … [202v, N 73rb–va]) und setzt auch sonst in wenigen Fällen en- als Teil der Negation ein (nicht enlat statt nicht la t, nicht entut statt nicht tu t [199v, N 71va] und nicht ensech statt nicht sehe [212r, 79va]), verwendet auch icht statt nicht als Negation (203r, N 73vb), weicht aber andererseits dem Gebrauch von ichts im positiven Sinne durch die Ersetzung mit ettwas (215r, N 81rb) aus. Doppelt negiert N einen Satz auch durch die Änderung von ainen zu chain (ähnlich S) (207v, N 76va). Im lexikalischen Bereich meidet N (häufig zusammen mit M3) die Konjunktion mer (vgl. oben S. 46) und ersetzt diese regelmäßig durch sunder (z. B. 208r, N 76vb). Häufig erscheinen des Weiteren das Demonstrativpronomen dise(r) statt des bestimmten Artikels, besonders in Verbindung mit welt (z. B. zweimal 195v, N 69rb), und das Possessivpronomen vnser statt der in Verbindung mit herr (z. B. 220r, N 84vb). Zusammen mit M3 ersetzt N newr durch alain (188r, N 64vb). Regelmäßig verwendet diese Hs. das Verb verhaissen statt geluben/geloben (z. B. 187r, N 64rb; 192r, N 67ra). Von vielen einfachen Umstellungen abgesehen, erweitert N mit Vorliebe einfache Ausdrücke zu – manchmal fast tautologischen – Doppelformen: lebent vnd arbaiten statt arbaiten (184r, N 62va), fleisches vnd des leibs statt des leibes (184v, N 62vb), der armen vnd ellenden statt der armen (191r, N 66vb), leidens vnd wider wa rtikait statt widerwertichait (193r, N 67vb), sol vnd mu es statt sol (195v, N 69rb), verczerte vnd verczerte sich so gar statt

51 verzert hat (200v, N 72ra), disciplin vnd zucht statt disciplin (201r, N 72va), geseczt vnd gelegt statt gelegt (206v, N 76ra), volbringen vnd beweysen statt peweisen (207v, N 76va), gold vnd edels gestain statt golt (im Bibelzitat für argentum et aurum, ähnlich M3) (208v, N 77rb), arbait vnd v bung statt u bung (212r, N 79va), leben vnd ebenpild statt leben (212v, N 79vb), erczaigen oder beweisen statt peweisen (216r, N 81vb), wandel vnd mit jn vmb gee statt wandel (219v, N 84rb), wu rch oder v b statt v b (220r, N 84va), scha czt vnd gesellt statt scha tzt (224r, N 87ra), ding vnd tugent statt tugent (224v, N 87va). In diesem Zusammenhang ist auch die Erweiterung v briger fu lle statt volle (201r, N 72vb) zu erwähnen. Willkürlich formuliert der Schreiber manche Ausdrücke um: seyt fro steht statt frolockt (186v, N 63vb), vnerleich statt nicht erleich (186v, N 64ra), go ttlich vorcht statt fo rcht des herren (190v, N 66rb; im Bibelzitat für timor domini; aber auch vorcht gots [mit M3; 221v, N 85va]), nichts aigens hie su chen statt nicht ensu chent (191v, N 66vb), der da ledig wirt statt den man ledigt (199r, N 71rb), volbringen sol statt volpring (202v, N 73va), ebengleichen statt gleichen (201v, N 72vb), raine ding statt rainichait (203v, N 74ra), begert oder begern mag statt pegeren mag (204r, N 74va), gesattet des gueten statt guter ding ersettet (205v, N 75rb), aller heiligiste statt hailige (206v, N 75vb), in seim hertzen ain mitleyden statt ain hertzleiches mitleiden (209v, N 78ra), (abe lat) von seinen pitten statt ze pitten (211r, N 79ra), sprechen solt statt sprach (sprach M1M3M2) (213r, N 80ra), als pald so sy in anvechtigung ko ment statt all zehant, wann die anfechtigung chumpt (214r, N 80va–b), hercho menden statt her chomen (ähnlich M2; 214v, N 81ra), (gnaden) der go ttleichen frewntschafft statt vnd freuntschaft des almechtigen gots (215v, N 81vb), die allten menschen statt die alten (217v, N 82vb), lieb haben statt lieben (auch M4) (220v, N 84vb), dringen vnd gedranng statt druck, drang (225v, N 88ra) sowie wiederholt der himelische Adla r statt der hymel adla r (z. B. 193v, N 68ra–b). Vielfach werden Wörter durch andere ersetzt: ebenkristen steht statt eben menschen (auch S) (184r, N 62va), knechte steht statt diena r (187v, N 64va), hab statt aigenschaft (190r, N 66ra), gespart statt pehalten (191r, N 66va), snoder statt po ser (192v, N 67va), lannd statt erdreich (194r, N 68va), gescha tzt statt gesetzt (195r, N 69ra), verchert statt verwandelt (auch Me1) (196r, N 69va), betrachten statt pedenkchen (196r, N 69va), die armu t statt daz leiden (196r, N 69vb), mues statt sol (196v, N 69vb), jungisten statt lesten (196v, N 69vb; 208v, N 77va), grawssamikait statt greuleichait (196v, N 69vb), trawrichait statt trang (197r, N 70rb), erledigung statt abelegung (197v, N 70va), ru ete statt gert (auch *Y2) (198v, N 71ra), seinem erbtail statt seinr erbschaft (ebd.), in allen dingen statt in allem seinem leben (200v, N 72rb), zukcht statt disciplin (201r, N 72va), leib statt fleisch, gleichellichait statt ainha llichait (201v, N 72vb), geraten statt geraitzen (207r, N 76rb), gnad sowie genadigkait statt benedeyung, haben statt halten (208v, N 77rb), gna dikleich statt parmhertzichleich (213r, N 80ra), ainfaltigs statt amechtiges (218r, N 83ra), vnmussigenn statt vnmassigen (auch M4) (219r, N 83vb), gerawmbt statt geraint (219v, N 84rb), aynichait statt ainmu tichait (220r, N 84va), gesammet sein statt chomen (im Bibelzitat für sunt […] congregati, ähnlich M3) (220r, N 84va), verpirgt statt verdecket (222v, N 86ra), gesellen statt scha tzen (224r, N 87ra), den kargen statt dem vnmilten, vngepessert statt vngestraffet (226r, N 88rb), mynnsam statt liepleich (auch M3M2) (227v, N 89ra) sowie sach statt sacher (ebd.). Gelegentlich kommt es bei diesen Änderungen zu auffälligeren Bedeutungsverschiebungen: armut vnd durst statt truk vnd armut (190v, N 66rb), leiden statt verachten (194v, N 68vb), anfu erer statt annemer (197v, N 70rb), disem ellend statt diser welt (209v, N 78ra), witzigen statt fleissigen (210r, N 78ra), tugentleichen rainen statt guten tugentleichen (210r, N 78rb), jrn getrewn dienern auch mit trewn lonent statt ir diener mit fleisse pelonent (211v, N 79ra), gots dinst statt guten werchen (223r, N 86rb). Einige Lesarten richten sich auch klar gegen den Sinn der Vorlage, etwa vnd getwungenleich statt vnge-

52 tzwungenleich (195v, N 69rb), dann chleyben zeessen statt ze essen chleiben (s. den Kontext: 200v, N 72ra). Dem theologisch-mystischen Begriff chlainfugleichait (für lat. subtilitas) geht der Schreiber mit der Ersetzung durch chlainhait (206r, N 75vb) aus dem Weg, ohne dass jedoch diese Änderung dem Textverständnis dienlich wäre.²⁰ Einen Kommentarbedarf empfindet der Schreiber wohl bei der Erwähnung des barmherzigen Samaritaners im Text, wenn er das was der hayden hinzufügt (210v, N 78va). Ein Missverständnis ist vermutlich die Änderung von pecho rung zu bekerung (203v, N 74ra), und keinen Sinn ergibt reichet statt richt(et) (189r, N 65rb). Auch andere sinnentstellende Fehler sind zu erwähnen: pas geordente statt vngeordente po se (po s vnd vngeordente M1) (184v, N 62vb), hertz ellend statt ellend, hert (186r; N 63va), syndlichait statt sinleichait (187v, N 64va; vgl. ähnlich sundlichait statt sinleicheit in M3 [194r, M3 165v; 226r, M3 196v]), gaistliche welltleiche ordnung statt geistleicher o rden (weltleicher geistleicher o rden M1) (188r, N 64vb), leytpar statt vnleidpa r (auch M4) (193r, N 67vb), sunderleich statt fu derleicher (194v, N 68va). Eine in *X2 verderbte Stelle, die offenbar auf die Wiederholung einer Zeile durch den *X2-Schreiber zurückgeht, versucht N durch eine ergänzende Weiterführung des begonnenen Psalmenzitats zu verbessern, wenn auch nicht im Sinne des ursprünglichen Psalmes 16 (17) (vgl. eher Ps 26 [27], 13): wann cho m ich zu erscheynen in dem land der lemptigen (187r, N 64rb). Einen erweiternden und leider sinnverfälschenden Zusatz wagt N auch beim Diskurs über das Weinen und Lachen: waynen daz sy dort lachen werden vnd die hie lachen das sy dort waynen werden statt lachen (195r, N 68vb). Weitere erweiternde Umformulierungen sind: tro st sy dann do er spricht vnd in das lon gibt vnd verhaist statt gelu bt in daz lon vnd spricht (195v, N 69ra–b), (pitter) + die vmb in pitten (209r, N 77vb), das vns das allen wideruar das geb vns got durch sein parmung Amen statt daz vns got von erparmhertzichait gibt (211r, N 79ra). Zustimmend ergänzt N an einer Stelle pilleichen (198v, N 71ra). Als eine längere versehentliche Wiederholung ist Auch machet […] den menschen (226r, N 88rb) nennenswert, wo der Anfang des vorherigen Absatzes noch einmal aufgenommen wird. Dagegen sind folgende Fälle der Vereinfachung zu nennen: sterbt jr statt wert ır sterben (201v, N 72vb), ko ment statt chomen su llen (207r, N 76rb), manigualtiger sorg statt manigualtichait oder von vil oder von grosse der anfechtigung (214r, N 80va) sowie die Auslassung eines Synonyms mit (den chlu gen) vnd den weisen (204v –205r, N 74vb). Nur wenige Auslassungen lassen sich vielleicht durch Antizipation erklären,²¹ etwa der Absatz (mit einer textkritisch schwierigen Stelle am Ende) ewig leben […] † reich der himel † (202r–v, N 73rb), des Weiteren eret vnd der ander in hin wider (211v, N 79rb) sowie menschen sein synn […] erwirbt auch dem (221r, N 85ra). Möglicherweise ist auch die Auslassung von wir erben, so sein wir auch (225v, N 87vb) auf Antizipation zurückzuführen. Auslassungen, die wegen ihrer Länge auf das Fehlen bzw. Überspringen einer ganzen Zeile in der Vorlage zurückgehen könnten, sind liebsten […] ainr (187v, N 64va) und dann […] gefurcht hat (190r, N 65vb).

²⁰ Zu chlainfugleichait vgl. die Einträge mit Belegen zu kleinvüege, kleinvüegunge und kleinlîcheit in den mhd. Wörterbüchern sowie zu *kleinvüegec und *kleinvüegeclîche in Gärtner 1992; die Belege sind großteils dem Bereich der deutschen Mystik zuzuordnen. ²¹ Vgl. die ausführlichere Darstellung in der Beschreibung von M3, S. 58, wo dieses Phänomen ungleich häufiger vorkommt.

53

3.2.3 München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 4880 (M3) Theologische Sammelhandschrift mit deutschen Traktaten und Predigten, insbesondere: ›Etymachietraktat‹, Marquard von Lindau, Heinrich von St. Gallen, Eckhart, Heinrich Seuse, Rulman Merswin, ›Strauchs altdeutsche Predigten‹. Papier, IV + 319 Blätter, 20,8 × 15,2 cm, Regensburg, St. Emmeram, 3. Viertel 15. Jh. (u. a. 1451?), Bastarda. Beschreibung liegt vor: Schneider 1996, S. 401–406; Mertens 1971, S. 29– 35 (M 2). Darüber hinaus ist zu einzelnen Texten Folgendes zu ergänzen: 272v –278v Rulman Merswin (zugeschr.), ›Von der geistlichen Spur‹. Lit. auch 2VL, Bd. 11 (2004), Sp. 993. 284r –310r ›Strauchs altdeutsche Predigten‹. Lit. Morvay 1974, T 28, S. 22–23; 2VL, Bd. 9 (1995), Sp. 387–389.

153r –198v Heinrich von St. Gallen, ›Acht Seligkeiten‹, Anmerkungen zu Schriftbild, Sprache, Stil und Varianten: Aus paläographischer Sicht gilt es auf die drei vorkommenden s-Formen hinzuweisen. Neben dem üblichen langen s im An- und Inlaut kommt im Auslaut einerseits eine Zwischenform zwischen dem brezelförmig-runden kursiven s und dem in der Bastarda üblicheren zusammengesetzten s mit geradem Rücken (nicht zu verwechseln mit der sz-Ligatur bzw. ß!), andererseits eine seit dem 2. Viertel des 15. Jhs. gebräuchliche, von unten geschriebene runde Form, deren Oberbogen manchmal nach unten bis zur Zeile verlängert wird (vgl. dazu Schneider 1999, S. 75). An Supraskripten kommen in der Hs. horizontale Doppelpunkte, schräg aufsteigende Doppelstriche (z. B. arműt M3 162r; vereinzelt über y, z. B. inny˝kait M3 158r), schräg aufsteigende Doppelpunkte (vom darübergeschriebenen e nicht zu unterscheiden und so transkribiert) sowie schräg aufsteigende Striche (z. B. senftmútigen M3 163v). Auffällig ist die wiederholte Markierung des durch den Sekundärumlaut entstandenen langen æ mit e und anderen Supraskripten, besonders in Formen des Konj. Prät., so etwa te t (218v, M3 189r), gesche ch (215r, M3 185r), sprëch (215r, M3 185r), des Weiteren trég (mhd. træge) (223r, M3 193v), verlét (3. Pers. Sg. Präs. Ind. von verlân) (227v, M3 198r), im vermutlich bereits gedehnten me r (›Meer‹) (219v, M3 189v) und schließlich auch in kurzer Silbe: gede ncke statt gedancken (217r, M3 187r). Diphthonge werden manchmal digraphisch markiert, z. B. in diemuetichait (M3 153r) oder műelich (M3 161v), am häufigsten wohl ie (sowohl für mhd. ie als auch für den im Bair. sekundär vor r entstandenen Diphthong – vgl. Dammers 1988, S. 242 und 245): dienlich und verdienlich (M3 171r), liecht (M3 176v), giengen (M3 192r), hieng (M3 196r) sowie ierer (M3 167r). Die meist in Ligatur auftretenden Verbindungen von cz und tz sind manchmal nicht auseinanderzuhalten und werden im Zweifelsfall als cz transkribiert. Die Schreibsprache der Hs. lässt sich als nordmittelbairisch bezeichnen. Die affrikatisierten Formen von k kommen häufig genug vor, jedoch deutlich seltener als in M1 oder N. Sehr häufig erscheint p für germ. b, überaus zahlreich finden sich auch die Schreibungen von b für mhd. w, etwa verbundt berden statt verwundet werden (190v, M3 162r), und

54 von w für mhd. b, z. B. wesiczen statt pesitzen (184r, M3 154r) oder erwen statt erben (185v, M3 156r). Mhd. î ist in der Regel diphthongiert, wobei die Distribution von ei bzw. ai meist dem mhd. î bzw. ei entspricht. Schwer zu erklären sind die Formen fleßig statt fleissig (221r, M3 191v) sowie erbeutten statt erpeiten (mhd. erbîten) (211r, M3 181r). In eingesind statt ingesinde (188v, M3 159v) tritt die nhd. Diphthongierung des obd. sekundär gedehnten i in germ. in (vgl. MG § L 40, Anm. 1; Mitzka 1964, S. 179) ein, das in der gedehnten Form sonst regelhaft nur im Verbalpräfix erscheint. Eine ähnliche Diphthongierung ist beim Femininsuffix in clerer ein (sic!) statt chlararinn (206v, M3 176v) sowie beim Fremdwort disciplein statt disciplin (201r, M3 172r) festzustellen. Vereinzelt findet sich der besonders mbair. Sprossvokal i zwischen r und ch (/x/), z. B. in foricht statt fo rcht (190v, M3 162v). Ob die Form lautrichait statt lauterchait (vgl. lawtrikait N) (183v, M3 153r) auch so zu bewerten ist oder ob sich hier die auch sonst zu beobachtende Tendenz zur Einfügung von mhd. -ec/-ic vor das feminine Abstraktsuffix wie in fridikait statt fridleichait (183v, M3 153v), posihait statt po shait (202v, M3 173v) sowie behuetsamichait statt pehutsamchait (218v, M3 188v) niederschlägt,²² ist nicht zu entscheiden. Lexemgebunden findet sich hier die im gesamten hochdeutschen Sprachgebiet nachweisbare Schreibung von o für mhd. â (FG § L 22, Anm. 1): worhait statt warhait (184r, M3 154r) sowie wor statt war (186v, M3 157r). Vereinzelt findet sich die für das Bair. typische Schreibung von o für kurz a (FG § L 14, Anm. 1): gebront statt verprant (190v, M3 162r), oblossung statt ablassung (208r, M3 178r). Als eine überkorrekte Schreibung in Anlehnung an die für das Bair.-Alem. typische ær(e)-Endung der männlichen Nomina Agentis ist wohl zeha r statt za her (221v, M3 192r) zu betrachten. Als konservativ ist vermutlich die Bewahrung des vollen Suffixes -unge in mit leydunge statt mitleidung (206v, M3 176v) zu sehen. Gelegentlich findet sich (o)md. a für kurz o: ab statt ob (190r, M3 161v), margen statt  morgen (197v, M3 168v), farcht statt forcht (200v, M3 171v). Eher md. oder wobd. ist der Nebensilbenvokal i statt e in der Adjektivflexion (FG § L 38), z. B. guttin (192v, M3 164r) oder gutis (198v, M3 170r). Der md. Dialektlandschaft ist die Form vor wurffen statt verworffen (192v, M3 164r) zuzuordnen, für ver- findet sich auch fur-, so in furwesen statt verwesen (188v, M3 159v). In der Schreibung von ai für mhd. kurz a vor l in trewbsail statt trubsal (198r, M3 169v) und trib sail statt tru bsal (222v, M3 192v) könnte man vielleicht eine thüringische Spur sehen.²³ Ein zunächst md., später aber auch obd. Phänomen ist die Schreibung von e statt i als Ergebnis einer Senkung, besonders vor Nasaloder Liquidverbindungen (aber auch vor anderen Konsonanten, s. FG § L 33), so in wellen (für willen, anders in den anderen Hss.) (192r, M3 163v), nempt statt nimpt als 3. Pers. Sg. Präs. Ind. (208r, M3 178r), erdischen statt irdischen (193v, M3 165r) sowie schefman statt schiffman (199r, M3 170r). Vereinzelt findet sich abgeschwächtes d statt t nach r, z. B. wirdschaft statt wırtschaft (191v, M3 163r), gehord statt geho rt (221r, 191v) oder statt gehort (222r, M3 192v), bzw. die dt-Variante: gehordt statt gehort (221v, M3 191v). Der nordmittelbair. Herkunft der Hs. entsprechen mehrere Schreibungen von d für regelhaftes t im Anlaut (vgl. FG § L 46, 3), so z. B. dreiben statt treiben (197v, M3 168v), drencken statt trencken (210r, M3 179v), drincken statt trincken (227v, M3 198v), durnen statt tu rnen (227r, M3 197v). Eher auf das Omd. weisen der Ausgleich des grammatischen Wechsels im Prät. liden es (192v, M3 164v), das d in dy toden (209r, M3 178v) sowie das unverschoben gebliebene d nach l in sorgueldikait (185v, M3 155v) hin (FG § L 115). Einmal ist epithetisches (bzw. epenthe²² Vgl. dazu auch die Ausführungen zu M1, oben S. 47. ²³ Allerdings tritt im Thüringischen dieses Phänomen in Verbindung mit Dentalen auf, vgl. FG § L 27.

55 tisches) d bei der Negationspartikel en- zu beobachten: end suchen statt ensuchent (191v, M3 163r). Nur lexemgebunden kommt des Weiteren th für t vor: gethan (184v, M3 154v), thun (185v, M3 156r) sowie thuen (199v, M3 170v). Die tendenziell oobd. und schwäb. umb-Schreibung für -ung ist ebenso vertreten (schickūb statt schikchung [191v, M3 163r], verschmachumb statt versma hung [191v, M3 163v], vgl. FG § L 61, 4) wie die – vermutlich hyperkorrekte – umgekehrte Schreibweise: reichtung statt reichtum (189v, M3 161r), siechtung (so auch M2) statt siechtu m (211v, M3 181v). Auch die mediale Assimilierung von n zu m vor f kommt vor (FG § L 61, 4): semftlich statt senftichleich (193r, M3 165r). Bei sollen finden sich die in mehreren hd. Mundartgebieten belegten Formen mit anlautendem sch (MG § M 98; FG § M 143, Anm. 1): ir schult statt ır sult (184v, M3 154v), ir schullet statt ir su lt (193v, M3 165r). Vermutlich durch Assimilation ist die Schreibung geschelschaft statt gesellschaft (so auch M4; 198v, M3 170r) zu erklären (FG § L 54, 4). Vor allem in zwischenvokalischen Stellungen ist nicht selten die seit dem älteren Fnhd. im gesamten obd. Gebiet belegte Schreibung von ch statt h festzustellen, z. B. sechen statt gesehen (187v, M3 158v), gelegentlich auch nach r wie in clarchait (184v, M3 154v). Vor s ist vereinzelt der Ausfall von ch zu beobachten, z. B. geleysner statt gleichsna r (202r, M3 173r), andererseits macht sich jedoch vermutlich die bair., im Mhd. noch nicht belegte, Schwächung der kch-Affrikate (vgl. MG § L 73, Anm. 1) in einigen Schreibungen bemerkbar: wachgst statt wechset (200r, M3 171r), hochgsten statt hochsten (205v, M3 175v). Allerdings sind ähnliche Schreibungen mit ch-Ausfall (gleygsnernˉ statt gleichsna rn [203r, M3 173v], na gsten statt nachsten [203r, M3 174r] oder gleigsende statt gleichsend [203r, M3 174r]) wohl eher als hyperkorrekte Formen unter dem Einfluss des Md. zu bewerten (vgl. FG § L 56, 3). Auch der Schwund von h nach mhd. Langvokal (FG § L 57, 3) ist in verschmäung statt versmehung (221r, M3 191r) belegbar. Ekthliptisch assimilierte Formen finden sich vereinzelt in der Nominalflexion (fleisch statt fleissches [zweimal 184v, M3 154v]), während die Hs. gegenüber den in M1 zahlreich abgekürzten Formen von Verben mit t-auslautendem Stamm meist die vollen Formen bewahrt, so z. B. ersetet statt ersett (205v, M3 175v), trostet statt trost (214r, M3 184r) oder redet statt rett (218r, M3 188r). Das Fehlen des Flexivs ist selten, z. B. in den mensch statt den menschen (202v, M3 173v), dy mensch statt die menschen (Akk. Pl.) (218r, M3 188r) (aber mensche statt mensch [209v, M3 179r]) sowie des ewigen leben statt des ewigen lebens (218r, M3 188v). Zu erwähnen ist auch das Fehlen der Verbalendung in der 1. Pers. Pl. bei nachgestelltem wir (insgesamt etwas seltener als in M1), z. B. werd wir (201r, M3 172r), vind wir (vinde wir M1) (225v, M3 196r), warte wir (225v, M3 196r) oder muge wir (220v, M3 191r). Sogar wer wir statt werden wır (227v, M3 198r) (vgl. dazu die verkürzte Infinitivform wernˉ statt werden [220v, M3 190v]) und haisse statt haissent in der 3. Pers. Pl. Präs. Ind. (186r, M3 156v) kommen vor. Im Bereich der Wortbildung ist die starke Tendenz der Hs. zu Veränderungen von Prä- und Suffixen zu erwähnen, ohne dass eine eindeutige Richtung dieser Veränderungen festzustellen wäre. Trennbare und untrennbare Präfixe wie ge-, be-, ver-, er-, czw-, mit-, auff- oder an- werden vielfach weggelassen, hinzugefügt und umgetauscht. Bei Suffixen lässt sich eher eine Neigung zur Erweiterung beobachten, etwa bei der ung-Suffigierung von Abstrakta – z. B. straffung statt straff (185r, M3 155r zweimal) oder verhaissung statt verheissen (218r, M3 188v) – oder auch sonst z. B. bei vnterweisigung statt vnderweisung (185r, M3 155r), mainigung statt maynung (217r, M3 187r zweimal), bekumernisse statt chummer (190v, M3 162r) oder swerhait statt swa r (223r, M3 193v). Andererseits werden aber Suffixe auch vereinfacht, z. B. in raint statt rainigt (219v, M3 190r) oder chestung statt kestigung (219r, M3 189r).

56 Neben vielen willkürlichen Umstellungen bietet diese Hs. auch im Bereich lexikalischstilistischer Umformulierungen zahlreiche singuläre Lesarten. Die auffälligsten sind im Folgenden aufgelistet. Besonders interessant sind dabei Änderungen in Bibelzitaten, die eine gute Schriftkenntnis des Schreibers belegen. Etliche Lesarten legen nahe, dass der Schreiber redlich bemüht war, mit Ausbesserungen die Textlesbarkeit zu erhöhen, andererseits sind jedoch zahlreiche Eingriffe überflüssig, unglücklich oder ganz fehlerhaft. Aus textkritischer Sicht ist die Hs. M3 daher mit großer Vorsicht zu benutzen. Vielfach greift die Hs. zu einem mehr oder weniger synonymen Wortersatz: froner clarchait statt glori (184v, M3 154v), red statt zu spru ch (186r, M3 156v), allain statt newr (188r, M3 159r), nachkomen statt nachvolgen (190r, M3 161v), drang statt truk (190v, M3 162r), gewalten statt pehalten (191r, M3 162v), vrsache statt vrhab (192r, M3 163v), man statt der mensch (193r, M3 164v), dreyerlay statt drein (dingen) (193r, M3 164v), als statt sam (193r, M3 164v), aber ebenso sam statt als (193r, M3 165r; 200v, M3 171v [auch N]), ab (›als ob‹) statt sam (193v, M3 165r), geprestenlichait statt geprechlichait (196v, M3 168r), getwand statt trang (197r, M3 168v), verschmehen statt vermeiden (198v, M3 169v) (vermeiden kommt anschließend noch einmal vor, M3 versucht also die Wiederholung zu vermeiden), vberflussichait statt volle (201r, M3 172r), streng statt hert (203r, M3 174r), geschwaren statt gesaumen (203v, M3 174v), pillich statt zimleich (auch *Y2) (204v, M3 174v), siben stund statt ze siben ma ln (206r, M3 176r), gepot statt gesatzde (207v, M3 177v), maist statt wirst (210v, M3 180v), erzaig statt peweis (213v, M3 183v), sterb statt verterb (214v, M3 184v), vntz statt pis (mit N) (214v, M3 185r), aber auch pis statt vntz (auch SM2, hincz pis M4) (227r, M3 197v), sunder statt mer (190r, M3 161v; 195v, M3 167r; 218r, M3 188r [auch N]; 223r, M3 193v),²⁴ der werlt v ppichait statt weltleicher eytelchait (218r, M3 188v), zucht statt disciplin (218r, M3 188r), gereden statt gesprechen (218v, M3 189r), weyßman statt weissag (219v, M3 189v), weissag statt weise (219v, M3 190r), getun statt volpringen (220v, M3 190v), ist statt stet (geschriben) (222r, M3 192v), fleysches statt leibs (223r, M3 193v), trawren vnd vngemach statt druck, drang (Lesarten anderer Hss. variieren) (225v, M3 196r), war nemen statt erfarn (226r, M3 196v), lerung statt lernung (210r, M3 179v), aber lernet statt leret (auch SM4) (210r, M3 180r) sowie rechten statt waren (herren) (227r, M3 197v). In Bibelzitaten sind folgende Fälle von synonymem Wortersatz zu finden: manigfalt statt gnugsam (für copiosa) (186v, M3 157r), geseczt statt gelait (für positus) (197r, M3 168v), secz statt leg (für pone) (201r, M3 172r), (chlaub) dein hertz zehauff statt zesamen dein hercz (für deprime oder [wohl eher] congrega cor tuum – Identifizierung unklar) (220r, M3 190r), gesamet sein statt zehauff chomen (für sunt […] congregati, ähnlich N) (220r, M3 190r). Inhaltlich irrelevante, aber nicht synonyme Fälle von Wortersatz sind: halten statt schelten (189r, M3 160v), kumen statt mu gen (vielleicht kunnen beabsichtigt) (193r, M3 164v), seinen eben cristen statt seinem nachsten (auch Numerusänderung) (210r, M3 180r), (in dem fu nften pu ch) moysi statt der bibel (205r, M3 175v). Auch in Bibelzitaten kommen derartige Änderungen vor: außget statt fleusset (für procedit) (226v, M3 197v), gearbait statt geeylt (für acceleraverunt) (212r, M3 182r). Es lassen sich jedoch auch inhaltlich relevantere Änderungen feststellen: frewd statt fride (195r, M3 166v), raichen statt raitzen (195v, M3 167r), frid statt rw (197r, M3 168v), rueffet statt straft (212r, M3 182r), pessernˉ statt pechern (212v, M3 182r), gedultikait statt durftichait (214v, M3 185r), geleich statt enleich (225v, M3 196r), der propheta statt her Dauid (es folgt ein Psalmzitat!) (227r, M3 198r), schopher statt sacher (227r, M3 198r), sundlichait statt sinleicheit (194r, M3 165v; 226r, M3 196v). In Bibelzitaten: gerechtichait statt gaistleichait (für religio) (202r, M3 173r), hert statt gerecht (für iustus) (203r, ²⁴ Vgl. dazu S. 46.

57 M3 174r), gnad statt parmhertzichait (für misericordiam) (204r, M3 174v), vereycht (wohl zu mhd. verjehen) statt verzeucht (für inproperat) (212v, M3 182r), betrachtnúß statt pechantnu ss (Vorlage unklar) (219v, M3 190r). In zahlreichen Fällen lässt sich ein Wortersatz wahrscheinlich auf eine Verlesung bzw. Verschreibung oder einen anderen Fehler zurückführen: beheiligest statt pehegleichist (183v, M3 153r), geheilig statt pehageleich (183v, M3 153v), rew statt rw bzw. rw e (186v, M3 157v), volharen statt wol peharren (204v, M3 174v), saur statt swa r (198r, M3 169r), fluchet statt slu g (192v, M3 164r), genczlich statt geistleich (193r, M3 164v), vnrurig statt vnrw ig (219r, M3 189v), dy er hat statt vnd hut (222r, 192v), zw spricht statt pricht (193r, M3 165r), lugenschaft statt lugenheftig (193v, M3 165r), frendschaft statt veintschaft (193v, M3 165r), welt statt werch (194r, M3 165v), waint statt meinet (194v, M3 166r), volkummerlich statt volchomenleicher (195r, M3 166v), erstetet statt ersett (199v, M3 170v; 200r, M3 171r), sy erstetung statt die ersettung (200r, M3 171r), bestetet statt ersett (200v, M3 171v), erst statt ersett (201r, M3 172r), erstet statt ersett (205v, M3 175v), tűgenthaftiger statt lugenhaftiger (201r, M3 172r), vngetrostlich statt vnstrefleich (204r, M3 174v), anplick statt augenplick (205v, M3 176r), dyemutichait statt ainmuticheit (211r, M3 180v), dultikait statt gedultichleich (211r, M3 181r), ablassung statt ablassig (215r, M3 185r), ainvelliklich statt ainualtichleich (216v, M3 186v), (die verstockten) menschen vnd erhertet sunderlich statt vnd herten sunta r (218v, M3 189r), zehernˉ sunderlichen statt zehen sundersiechen (222r, M3 192r), (wurden sy gerainigt von) iren siechen statt irr seuch (222r, M3 192r), ain heilichait statt ainha llichait sowie anheilichait statt ainha llichait (201v, M3 172v), salig statt gerecht (sinnverfälschende Antizipation) (201v, M3 173r), allen den statt ellenden (210v, M3 180r), in der velt statt nider velt (in der welt M2) (211v, M3 181r), got statt gar (213v, M3 183r), vnmuessigen statt vnmessigen (218r, M3 188v), vil statt vail (191v, M3 163v), ein sleust statt in sleuft (226v, M3 197r), gesecz statt gescha tzt (194r, M3 165v), gesaczt statt gescha tzt (195r, M3 166v), gesatz statt gesetzt (195r, M3 166v), tuleicher statt tu gentleicher (188v, M3 159v), tuglicher statt tugentleich (190v, M3 162r) und tugentlich statt ta ugeleich (191v, M3 163r). Einige einfache Ausdrücke werden durch semantisch verwandte oder synonyme Begriffe erweitert: (gehaissen) + vnd gelobt (186v, M3 157v), clagen vnd wewaynen statt pechlagen (187r, M3 157v), (geirren) + vnd gehindernˉ (189v, M3 161r), (niessen) + vnd geprauchen (194v, M3 166r), (pesehen) + vnd besuchen (202r, M3 173r), werck vnd (v bung) (203v, M3 174r), weyßhait vnd (messichait) (218v, M3 188v), haben oder behutten statt verhu ten (222v, M3 193r), gutigen vnd dy (diemu tigen) (211v, M3 181r) sowie erklärend (disciplin) + das ist czucht (+ vnd zucht N) (201r, M3 172r). Etwas seltener kommt es zu Vereinfachungen komplexerer Ausdrücke: pestetig statt pesta t vnd vestene (226v, M3 197r), fewchten statt feucht […] machen (219r, M3 189v), (verlaitung, Tilgung von:) vnd pecho rung (der Begriff ist auch in anderen Hss. problematisch) (203v, M3 174r), gotlich statt got anleich werden (225r, M3 196r). Es seien noch einige andere Fälle von Zusätzen genannt: vorgenanten (stuck) (Explizierung) (186r, M3 156v), (lang) + czeit (gedient hat) (198r, M3 169v), guter (student) (198r, M3 169v), seinen eben cristen menschen statt seinem eben menschen (auch Numerusänderung) (201v, M3 172v), vben sol statt v b (220r, M3 190v), propheta (Ieremias) (213r, M3 183r), auch der frid statt es (Explizierung des Pronominalsubjekts) (227r, M3 198r) und (wann in dem pu ch der spru ch) + ist geschriben (eine Lücke, die auch S und M4 auszufüllen versuchen) (227v, M3 198r). In Bibelzitaten kommt es zu den folgenden Erweiterungen: (gold) + oder edelgestain (für argentum et aurum, ähnlich N) (208v, M3 178v), (cher wider) + das wir dich an gesehen (für [revertere] ut intueamur te, fehlt in anderen Hss.) (212r, M3 182r), in deiner mu tichait (für in virtute tua, fehlt in anderen Hss.) (227r, M3 197v), (frid) + in dem heiligen geist (für in spiritu sancto) (227v, M3 198v).

58 Zahlreiche ausgelassene Stellen lassen sich durch Antizipation erklären. Dabei überspringt der unaufmerksame Schreiber – schematisch dargestellt – bei einer Wortgruppe a–x–a entweder a–x oder x–a, sodass nur noch a übrig bleibt. Es lassen sich die folgenden Fälle von Auslassungen dieser Art feststellen (es wird jeweils xa angegeben): nicht die vnfridleichen […] willen sint (auch *X5*Y3, nicht S) (185v, M3 156r), das erst […] aller zeitleichen ding (189v, M3 161r), des herren […] das erdreich (194r, M3 165v), vnd gedultig […] vndanckpar (auch M2) (196r, M3 167v), der mensch […] ersett mug werden, wann (196v, M3 168r), des dritten […] getro st (198r, M3 169r), die er hoft […] frucht (199r, M3 170r), wo nen […] nicht (201r, M3 172r), vnd sprach nicht: Heilig sint sy (202r, M3 173r), saelig […] vnd daz sint (ebd.), sprach […] da von (ebd.), im selber vnd ander menschen (203r, M3 174r), die weisheit, daz (204r, M3 174v), daz sy nicht […] werd, also (207r, M3 177r), seim hertzen […] oder mit (ebd.), was […] schuldig (208r, M3 177v), ich sprich zu sibentzig mal (213r, M3 182v), er spricht newr die rainen (216v, M3 186v), valles […] slipprichait des (222v, M3 193r), zestort […] da durch gar (222v, M3 193r), wort, daz (224r, M3 194v) sowie ingeistleichen. Item es macht den menschen (227r–v, M3 198r). Bei den folgenden Stellen könnte es sich aufgrund ihrer Länge um Auslassungen jeweils ganzer Zeilen in der Vorlage handeln: das pedenckt […] vinden chan (197r, M3 168r), inwendig […] gedancken (203v, M3 174r), wann […] so (206v, M3 176v). Deutlich sinnentstellend ist die Auslassung von nicht von dem leipleichen (204r, M3 174v), während die Tilgung von oder der werchen (217r, M3 187r) zwar vermutlich gut gemeint, aber auch nicht zum Besseren des Sinns erfolgte. Die folgenden Stellen ließ der Schreiber wohl aus, weil er sie für überflüssig hielt: vnd nicht wider v mb (217r, M3 187r), denn zu dem pesten (218v, M3 188v) sowie das tet er vnd (221v, M3 192r). Nur ein Einzelfall ist in dieser Hs. hingegen die Wiederholung einer Stelle durch Unaufmerksamkeit: wann das der grost schacz ist vnder zeitlichen dingen (204v, M3 175r).

3.2.4 Salzburg, Stift St. Peter, b V 9 (S) Theologische Sammelhandschrift mit deutschen Traktaten und Predigten, insbesondere: Marquard von Lindau, Thomas Peuntner, Heinrich von Langenstein, Heinrich von St. Gallen, Gebete. Papier, 368 Blätter, 21,8 × 14 cm, Salzburg, Stift St. Peter, 3. Viertel 15. Jh., Bastarda. Beschreibung liegt vor: Hayer 1982, S. 267–271. Darüber hinaus ist zu einzelnen Texten Folgendes zu ergänzen: 1r –48v Marquard von Lindau, ›Eucharistietraktat‹. Lit. 2VL, Bd. 6 (1987), Sp. 81–126, hier Sp. 99–103, Bd. 11 (2004), Sp. 978. 50r –76r Thomas Peuntner, ›Beichtbüchlein‹. Lit. 2VL, Bd. 7 (1989), Sp. 537–544, hier Sp. 541–542, Bd. 11 (2004), Sp. 1233. 76v –175v Heinrich von Langenstein, ›Erkenntnis der Sünde‹. Lit. 2VL, Bd. 3 (1981), Sp. 763–773, hier Sp. 768–770. 237v –246v Ulrich Putsch (?), ›46 Gebete zur Messe‹. Lit. 2VL, Bd. 7 (1989), Sp. 924–928, hier Sp. 927–928. 246v –265v ›Gerichtsverhandlung zwischen Seele und Leib, Verurteilung und Kreuzigung des Leibes (Allegorie)‹. Auch München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 638, 99ra –109vb (Schneider 1978, S. 303; Stammler 1957–1962, Bd. 2 (1960), Sp. 786) und Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2968, 220v –234v (Menhardt 1960– 1961, Bd. 2 [1961], S. 689).

59 265v –268r ›Sieben Tagzeiten vom Leiden Christi‹, Auszug aus den ›65 Artikeln‹ des Jordanus von Quedlinburg. Auch München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 638, 60ra –67vb (Schneider 1978, S. 302, mit weiterer Lit.). 268r –273r Thomas Peuntner, ›Vaterunser-Auslegung‹. Ausg. Rudolf 1953, S. 8–30, hier S. 8–28; Lit. Weidenhiller 1965, S. 215f., Nr. 2 (ohne diese Hs.); 2VL, Bd. 7 (1989), Sp. 537–544, hier Sp. 541, Bd. 11 (2004), Sp. 1233. 273r –278r Thomas Peuntner, ›Auslegung des Avemaria‹. Ausg. Rudolf 1953, S. 32– 52; wieder abgedr. Heger 1975–1978, Teilbd. 2, S. 148–154; Lit. 2VL, Bd. 7 (1989), Sp. 537–544, hier Sp. 541, Bd. 11 (2004), Sp. 1233.

326r –368v Heinrich von St. Gallen, ›Acht Seligkeiten‹, Anmerkungen zu Schriftbild, Sprache, Stil und Varianten: Zum Schriftbild ist zunächst anzumerken, dass der Schreiber von lateinischen Abbreviaturen gelegentlichen Gebrauch macht, verständlicherweise vor allem bei lateinischen Wörtern, z. B. nat2 für natur (S 346v), creat2 für creatur (S 358v), pson für person ˜ (S 353r), aber auch bei deutschen Lexemen, bei denen er etwa vereinzelt das rechts v gedrehte, ȝ-förmige m im Auslaut benutzt, z. B. bei gehorsaȝ (S 343 ). Der übliche rHaken steht manchmal auch für re, z. B. bei p’dig (S 365r). Regelmäßig wird y als ÿ geschrieben, i im Anlaut hat häufig eine j-förmige, mit der I-Majuskel identische Gestalt (wie in der Hs. N) und wird im Editionsapparat als j transkribiert; allerdings ist diese Schreibweise nicht durchgehend, vgl. iar (S 352r) mit gleicher Form wie im Inlaut. Selten kommt x vor, z. B. in sext statt sechste (185r, S 328r). Als diakritische Zeichen werden horizontaler Doppelpunkt und supraskribiertes e eingesetzt. Digraphien signalisieren in der Regel Diphthonge; dabei kann es sich sowohl um gemeinmhd. Laute handeln, etwa in fueren (S 361r), liecht (S 356r), schier (S 357r) oder hieng (S 366v), als auch um obd. Sonderlaute, z. B. siecht statt sicht (214v, S 357r) oder geschiecht statt geschicht (215r, S 357r). Auch sonst finden sich zahlreiche Merkmale des Obd. bzw. Bairischen. Neben der häufigen e-Apokope handelt es sich besonders um affrikatisiertes k im Anlaut (chost statt kost [187r, S 329v], chro nen [215v, S 358r], bechlagent [187r, S 329v], chlu gen [191r, S 333r], chlainen [ebd.], nÿder chnÿen [192v, S 335r]) und nach r (werchen [186v, S 329r]), obzwar auch Ausnahmen wie volkomleich statt volchumenleich (187r, S 329v) zu beobachten sind. Zahlreich erscheint w für mhd. b, etwa in westet statt pestet (186r, S 328v), umgekehrt auch b für w, z. B. in pebeisen statt peweisen (189v, S 331v) oder gebaschen statt gewaschen (213v, S 356r). Für b kann neben w in verhärtender Stellung auch ff stehen: erwirfft bzw. erbirfft statt erwirbt (204r, S 346v; 205r, S 347v [so auch M2, vgl. S. 65]; 208v, S 351r) und erberff statt erwerb (208v, S 351r). Häufig treten die besonders im Mbair. verbreiteten Sprossvokale zwischen r und ch (/x/) auf (z. B. fu richt statt furcht [190r, S 332r], ähnlich vor Affrikate: mit würichen statt mitwu rken [193r, S 335v]), aber auch zwischen r und b (eriben statt erben [185v, S 328v], heribst statt herbest [199r, S 341r]), zwischen r und g (perig [›Berg‹; S 326r], sorig statt sorg [184r, S 326v], pürig statt pu rg [227r, S 367v]) und zwischen l und g (voligt statt volgt [192r, S 334v]). Die Verbindung rn im Auslaut wird vereinzelt auch durch ein Spross-e erweitert: zoren statt zorn (184r, S 327r), doren statt dorn (190v, S 333r). Andererseits finden sich auch ekthliptisch verkürzte Verbformen mit t-auslautendem Stamm, jedoch weit seltener als etwa in der Leiths. und stets mit Doppelkonsonanz: laitt (leit M1, laittet NM3M4; 212v, S 354v) oder gewartt (gewart M1, Part. Prät.; 197r, S 339r). Zum bair. Dialektgebiet passen auch die sch-anlautenden Formen von sollen (schol statt sol [193v, S 336r; 219v, S 361r]). Ebenso ist die obd. zwischenvokalische Schreibung von ch statt h zu finden: versmächung statt

60 versmehung (195r, S 337v), höcher statt ho her (195r, S 337v), fliechenden statt fliehenden (M1 flehunden; so auch NM2; 212r, S 354r) oder cza cher statt za her (221v, S 363r). Am ehesten bair. (vgl. MG § 82) ist die b-Epithese nach m in reichtumb statt reichtum bzw. reichtum (189v, S 332r [so auch M2]; 190r, S 332v) und siechtumb statt siechtu m (so auch NM4; 211v, S 354r). Im Nebensilbenvokalismus ist gelegentlich das besonders im Wobd., aber auch im Bair. des 15. Jhs. verbreitete a statt e belegbar: gleichsnate statt gleichsende (202r, S 344v), peschirmat statt peschirmte (peschirmt M1*X5; 203v, S 346r), gepredigat statt gepredegt (187v, S 330r), nahant statt nahen (222r, S 363v). Ein nach l unverschoben gebliebenes d ist in selden statt selten (223v, S 364v) und halde statt halt (210r, S 352v) zu vermerken. Ob es sich bei dem r-losen Artikel in de lieb ÿsaias statt der lieb Ysaias (219r– v , S 361r) um eine md. Form (MG § M 45, Anm. 1; FG M 68) oder lediglich um einen Schreibfehler handelt, ist nicht zu entscheiden. Im Bereich der Morphologie und Wortbildung ist zunächst der Gebrauch des aus dem Gen. Sg. erstarrten Indefinitpronomens nichtz statt des älteren nicht (›nichts‹, nichts auch Me1; 188v, S 331r; 196v, S 339r; [ohne Me1] 199v, S 341v) zu vermerken. Des Weiteren gibt es in der Hs. eine Tendenz zur Bewahrung bzw. Wiederherstellung der alten en-Endung bei Adverbien, z. B. getrewleichen statt getrewleich, gu tichleichen statt gutleich (beides 213v, S 356r), sunderleichen statt sunderleich (219v, S 361v; 227r, S 367v und passim). Ebenso neigt die Hs. (ähnlich wie auch M1, vgl. oben S. 47) gelegentlich zum Einschub von -ich- nach dem Adverbialstamm, so in gu tichleichen (s. o.) oder gu tichleich statt gu tleich (214v, S 356v). In einigen Fällen erweitert bzw. ändert S das Suffix bei Substantiven: wollustichait statt wollust (184v, S 327r), tru bnüß statt tru bsal (194v, S 337r), erparmung statt erpa rmd (206v, S 349r), tzu chtigerin statt zuchtarinn (207r, S 349r), volharren statt volharrung (227r, S 368r). Der Anlehnung an die latinisierende Schreibweise im Schriftbild (s. o.) entspricht auch die Vokativform Petre statt Peter (213r, S 355r). Nicht eindeutig zu entscheiden ist die Frage, ob es sich bei den auf -ent ausgehenden Formen in wert ir lebent statt wert ır leben (201v, S 343v) und wirt er lebent statt wırt er leben (204r, S 346v) um besondere Infinitivformen (vgl. FG § M 84) oder um Umformungen der Infinitiv- zur Partizipialkonstruktion handelt. Bei stinckent sÿ statt stynckent sint (216v, S 358v) wird allerdings eine vorhandene Partizipialkonstruktion in eine einfache finite Verbform mit Pronominalsubjekt aufgelöst. Bei der Negationsbildung lässt die Hs. zwar einerseits ein in M1 vorhandenes en- weg (nicht ist statt nicht enist [201r, S 343v]), erweitert aber andererseits mehrfach eine mit chain bereits vorhandene Negation um nicht/nit: (vnser chains von im selb) + nicht (ainen guten gedancken gehaben mag) (207v, S 350r), (wil ich auch chains menschen) + nit (vergessen) (214r, S 356v), (got la t chain su nd) + nit (vngestraffet) (226r, S 367r). Weitere syntaktische Umformulierungen bestehen in Änderungen des Objektkasus: (vermeiden vnd entphlihen) der statt die (posen listichait des tewfels) (213v, S 355v), (war nemen) dÿ statt der (ding), dy statt der (er vor nicht erchant) (216r, S 358r). Ferner sind einige glättende Korrekturen zu beobachten: (durch weltleicher eytelchait) + willen (die ekliptische Wendung ist grammatisch korrekt ergänzt; 218r, S 360r), + weder (durch dreuunge der ewigen pein noch …) (Herstellung der weder-noch-Paarverneinung; 218r, S 360r). In rainig statt rain mach (225v, S 366v) wird eine Nominalkonstruktion zum einfachen Verb umgeformt, in schuldig sein statt sullen wird hingegen eine Nominalkonstruktion eingeführt (185r, S 327v). Aus stilistischer und inhaltlicher Sicht sind folgende Änderungen festzuhalten: Um fast tautologische Erweiterungen handelt es sich bei seyn oder werden statt werden (191r, S 333r) sowie vertzagen vnd verderben statt verterben (207v, S 350r). Ein mehr oder weniger synonymer Wortersatz liegt auch hier vor: sam statt als (›wie‹, so auch M3; 185r,

61 S 327v; 193r, S 335v), dagegen als statt sam (›als ob‹; 188v, S 331r), sam ob statt sam (›als ob‹) (213r, S 355r), darumb statt da durch (199r, S 341v), pru stlein statt prusten (Diminutiv; 199r, S 341v), (hunger) leiden statt haben (200r, S 342v), dadurich statt durch das (209r, S 351v), vergeben statt ab gelassen (210v, S 352v), dannoch statt doch noch (216v, S 358v), (wonung pey im) haben statt machen (220v, S 362r), siechtum statt seuch (Hss. variieren; 222r, S 363v), vnweishafft statt vnwissenthaft (224r, S 365r) sowie trück vnd twangk statt druck, drang (225v, S 366v). Zu semantischen Verschiebungen kommt es bei diesen Ersatzfällen: sam ewr herr statt als ewr hymelischer vater (185r, S 327v), geschriben statt gesprochen (189v, S 332r), von gemaÿnem reichtum statt von gemeinen rechten (191r, S 333v), leidleich statt vnleidpa r (193r, S 335v), samm statt nu (200v, S 342v), öbreren statt obren (so auch M2; 201v, S 343v), ÿegleichs statt iegleich gleich (202r, S 344v), zu reden statt nach reden (204r, S 346r), (paradys) das ist statt vnd (daz ewig leben) (209r, 351v), vernemen statt warnemen (210r, S 352r), su nst statt so (215v, S 357v), forichtleich statt vnerforschleich (218v, S 360v), vnta ugleich statt vntugentleich (so auch M2; 219r, S 361r), den geistlichen chrancken statt der gaistleichen chranghait (223r, S 364r), gesellt statt scha tzt (224r, S 365r), (gehorsam) werd statt sein (226r, S 366v). Möglicherweise um Lese- oder Verschreibfehler handelt es sich bei den folgenden Fällen von Wortersatz: ablösung statt ablassung (187r, S 330r), pesiczt statt pesicht (188v, S 331r), entteret statt ento rdent (192v, S 334v), pegerung statt pecho rung (203v, S 346r), ze nicht statt vernicht (207r, S 349r), warnung statt narung (226v, S 367v). An Zusätzen ist zunächst die durchgehende Glossierung am Rand zu erwähnen. Bei diesen Glossen handelt es sich um kurze Stichworte, die eine bessere Orientierung im Text ermöglichen sollen (z. B. ein frag – dÿ antwurt [S 326r]; dreyerlaÿ armu t des geistz – dÿe erst armu t des geists – dÿ ander armu t des geistz – dÿ dritt armu t des geistz [S 332v]).²⁵ Des Weiteren sind die folgenden Zusätze festzuhalten: (in ır hertz vnde gewissen) + frid seczent (so auch M4; 187v, S 330r), (vernunft) + das ist (so auch M4; ebd.), (hat) + jm (nachträglich von gleicher Hand hinzugefügt) (aus ercho rn) (188r, S 330v), (sulch) + armu t (so auch M4; 190r, S 332v), (chein) + andre (190v, S 333r), (herwerg) + haben (so auch M4; 191r, S 333v), (die) + selbigen (saelichait) (195r, S 337v), (sey) + pilleich (so auch Me1; 197v, S 340r), (sey) + denn der schreiber vnd der gleichsner (Wiederholung; 202v, S 345r), lieben herren Jhesu Christo statt herren (lieben auch Me1, Jhesum Christum auch M4; 202v, S 345r), (er) + ott (›auch‹; 209r, S 351v), (werden) + das ist (die reinichait) (216r, S 358r), (daz) + hercz (219r, S 361r), (frid) + wenn nit pessers ist denn frid (224v, S 365v), raine lauttre gancze statt gantz lauter (226r, S 367r), (wasser) + als der gedultig Iob (227r, S 368r). Durch eine antizipierende Überspringung wurde vermutlich diese Stelle weggelassen: wırt noch mit zorn nicht von guter vernunft verlait (192v, S 334v). In mehreren Fällen kommt es zu Auslassungen durch den Wegfall eines Teils eines synonymen zweigliedrigen Ausdrucks: die slummenden vnd (die sla ffrigen) (212r, S 354v), (der irrung) vnd des irrsals (213v, S 355v), wandern statt wandeln oder gen (mit einem zusätzlichen Wortersatz; 221r, S 362v). Ganz weggelassen wird der herr got in einem Bibelzitat (218v, S 360v). Zu der Verfälschung einer Satzaussage kommt es durch den Wegfall der Negation nicht (188r, S 330v). Neben den genannten Änderungen sind in der Hs. sehr zahlreiche Wortumstellungen festzustellen.

²⁵ Diese Glossen werden im textkritischen Apparat nicht vermerkt.

62

3.2.5 München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 6617 (M2) Heinrich von St. Gallen ‧ Johann von Neumarkt ‧ Gebete Papier ‧ 105 Blätter ‧ 20 × 13,8 cm ‧ Hallein bei Salzburg? ‧ 1420 / nach 1438 Moderne Bleistiftfoliierung; Schriftraum 18–19, 2 × 10, 2–12, 5 cm; einspaltig; 31–36 Zeilen (Ausnahme: 40 Zeilen auf 91r); verschiedene Schreiber (Bastarda), 9 Hände: 1. 1r –90r (einfache rote Initialen, rote Zierstriche im Text, rote Kapitelüberschriften, gelegentliche absichtliche Wortwiederholungen bei nachlassender Schriftqualität [wohl stumpfe Feder], [vermutlich andere Schreiber bei durchgehendem Text auf 29r und bei zusätzlichen Eintragungen auf 40r], Datierung 1420 [90r]); 2. 40v und 91r–v (rote Initialen); 3. 90r –91r (später geschrieben als 4. Hand, Schreiber Hainrich Pischolff [90v], Datierung nicht vor 1438 [vermerkt 90v oben]); 4. 92r; 5. 92v; 6. 93r –98r und 105v (Initialen, Unterstreichungen); 7. 98r –102v; 8. 103v; 9. 104v –105r; unbeschrieben 103r und 104r. Schreibsprache: Mittelbairisch. Provenienz: Geschrieben für Iunkfraw kath[arina] Io rigen des kriechpawm dochter ab dem ekk czum hellein (Hallein bei Salzburg?) von ihrem Beichtvater hainr[ich] pischolff (90v); sie besaß die Hs. noch 1438 (90r –91r: Abschrift eines in diesem Jahr für sie geschriebenen Beicht- und Ablasszettels). Vermutlich bald nach 1500 in Rebdorf zusammengebunden mit Druck ›Belial‹ dt., Augsburg 1500 (Rebdorfer Einbandstempel). Einband: Brauner Ledereinband des 16. Jhs. (21, 5 × 14, 5 cm), Vorder- und Hinterdeckel mit rechteckigen Mustern und Einzelstempeln geschmückt (springender Hirsch, Eule, Ranken), Reste der beiden Lederschließen auf dem Hinterdeckel noch zu erkennen, auf dem Vorderdeckel herausgelöst. Auf der Innenseite des Vorderdeckels: 4o, Jnc. ca. 1753 Theramo, darunter Copinger III 5820. Lit.: Beschreibung bei Gemke 1969, S. 10–17 (unveröffentlicht), Schneider 1994, S. 68, Abb. 52–53 (89r und 90r), Ruh 1953, S. 223, Anm. 2, und S. 224, Anm. 1.

Inhalt: 1. 1r –40r Heinrich von St. Gallen, ›Passionstraktat‹ Extendit manum et eripuit gladium ut ymolaret filium Genesis xxiio etc. Das pu ch der schepfung/‧ an dem xxii Capitel. er rechkt aws dy hant vnd czukt daz swert daz er to t den sun‧ von dem leiden‧ vnsers herren‧ spricht‧ Augustinus Christus nam an sich‧ allen vnsern prechen‧ hunger durst‧ frost hicz‧ vnd alle peinichayt. an su nd allain […] [39v] Darvmb Spricht Bernhardus / Jch vmb gen himel vnd erd wasser vnd alle tal vnd vint dich lieber herr nyndert pazz den an dem chrawcz vinden dich [40r] dy dich suchen vnd welich sel zw dir hengent an daz chrawcz dy wirdt er haben von den erden dy erstirbt ir selben Nw vnd allen geschephen dingen Si verwirft daz irdisch vnd lernt tugent vben da mit so vindent sy an irem end dye opfel des lebentig holcz Der vater der sun der heylig In einem spiegel der gothayt Daz wir darzw chomen des helf vns dy heÿlig driualtichayt Amen.

63 Ausg. Ruh 1940, Lit. 2VL, Bd. 3 (1981), Sp. 738–744, hier Sp. 739–742; Ruh 1950; Ruh 1953; Dana Mühlmann: Spätmittelalterliche Passionsfrömmigkeit in Böhmen. Der Passionstraktat ›Extendit manum‹ des Heinrich von St. Gallen (Arbeitstitel; Diss., Leipzig, in Vorbereitung).

2. 40r Verschiedene lateinische und deutsche Gebete miserere deus meus […] Misereatur tui omnipotens deus / et dimissis omnibus peccatis tuis / perducat te ad vitam eternam Amen Confiteor deo celi beate Marie virgini […] Domine exaudi / Et clamor meus ad te veniat Dominus Vobiscum. 3. 40v Tischgebete Benedicite deus ‧ Gesegent got / Aller lau t augen gedingent an dich vnd du gibst in ır speizz zu rechter zeit […] Got geb den lebentigen sein gnad dem toten sein parmherczichait ‧ vnd v ns armen su nda rn daz ewig leben Amen Saligs vnd Raines Murl gedenk an mich wann dick sein lusst vmb dÿ red ich acht sein nicht. 4. 41r–v ›Wie man zur ewigen Seligkeit gelangt‹ Dise ler ist wie man zw ewiger salichait chomen mag vnd merchk EIn lerar der heyligen geschrift sprach zw ainer zeÿt Ich wil den menschen lern daz im sunt vnd puzz vergeben wirt wan es ein vil grozze schant ist Daz ÿmmer chain christen sel in daz vegfewer vert wan daz leyden vnsers herren Iesu Christi Ist also reich daz es genug ta t fur tawsent welt sund […] [41v] vnd pit dich lieber herr iesu christe daz mir alles dein leyden vnd alle dye smachayt vnd als dein verdienen zw hilf muzz chomen vnd ste fur alle mein su nd vnd schuld so wirt ich ledig der pu zz vnd der sunden Des pit wir dich vater durich deinen aller liebsten sun vnsernn herren iesum christum Amen. Vgl. Berlin, Staatsbibliothek, Ms. Germ. Fol. 77, 228v (Gemke 1969, S. 77; Degering 1925, S. 9).

5. 41v –42r Gebet beim Schlafengehen Mit disen worten sol man sich enphelhen vnserm herren so man nw wil slaffen gen HEr iesu christe dw ware rwe aller mu den herczen wann ich nw main zw rüren so philich ich mich zw dir payde leibleich vnd gaystleich in dein parmhertzichayt […] Daz all ander bechumernu zz von der leibleichchayt deiner gegenwurtichayt aws meinem herczen vertriben werden AMEN. Ausg. Klapper 1935, II, 37, S. 204 (ohne diese Hs.), auch in Nürnberg, Stadtbibliothek, Cent. VI, 44, 188v –189r (hier Matthäus von Krakau zugeschrieben) (Schneider 1965, S. 143).

6. 42r –45r Johann von Neumarkt, ›Tagzeiten vom Leiden Christi‹ hye hebent sich an dy siben tagzeit von vnsers herren leydung. HEr tu mir auf meinn lebsen vnd meinn mu nd wirt chunden dein lob Got in deiner hilf an

64

mich gedenchk herr eyll snell mir zw helfen […] vnd deinen heyligen werden leichnam vnd daz heylig sacrament vnd einen rechten christenleichen gelowben vnd ein heyligs end vnd nach disem leben geruch vns lieber herr ze geben Daz ewig leben ymmer ewichleich an end Amen. Ausg. Klapper 1935, I, 1, S. 1–15 (ohne diese Hs.), Lit. 2VL, Bd. 4 (1983), Sp. 690–691.

7. 45r –45v Johann von Neumarkt, ›Stachel der Liebe‹ (›Stimulus amoris‹ dt.), I, 2 daz ist aws dem puchlein der Steckel der lieb sand bernhardus gepet O her heyliger vater durich deiner miltichayt willen vnd durich deiner leydung willen deinez sunzz dye er durich meinen willen enphangen hat vnd durich seins heyligen pittern totz willen vnd durich der grozzen leydung willen seiner lieben muter […] vnd beger lieber her allez daz des ich hye pit Daz dw mein hercz darzw fugest vnd schichkest zw verpringen all dein gepot in deiner waren volchomen lieb Amen. Ausg. Klapper 1939, I, 2, S. 19–20 (ohne diese Hs.), Lit. 2VL, Bd. 4 (1983), Sp. 690.

8. 45v Johann von Neumarkt, ›Stachel der Liebe‹ (›Stimulus amoris‹ dt.), I, 4 Aber bernhardus gepet aws dem puchel der steckel O herr iesu christe verwunt mein hercz mit deinen heyligen wunden vnd erfu ll mein gemut mit deinem tewrn plut wo ich mich hin cher daz ich dich albeg gechrawcig gesech […] do wurd ez enden all sein begerung ganczleichen vnd ewichleich AMEN. Ausg. Klapper 1939, I, 4, S. 37–38 (ohne diese Hs.), Lit. s. Nr. 7.

9. 45v –46v Johann von Neumarkt, ›Gebete des hl. Hieronymus‹ a. 45v –46r Dicz gepet ist aws dem puch [46r] sand ieronimus Almachtiger got sich auf mich vil armen sunder den auf den weg Iericho sundig morder gewunt haben Also daz ich halb to d vnd halb lebentig lig auf der strazz […] so waz mein sel geschichket in der hell ewichayt zu weleiben an end Amen AMEN. Ausg. Klapper 1935, I, 5, S. 62–63 (ohne diese Hs.), Lit. 2VL, Bd. 4 (1983), Sp. 690– 691.

b. 46r–v Dicz gepet ist aws dem pu ch sand Ieroni[mus] [46v] SVsser Ihesu ich pin ain tayl schuldig grozz golt daz dw bezalt hast an dem fronen chrawcz dw hast durich meinen willen dein tewrs plut vergozzen […] vnd laz mich wonen in deinem haws daz ich mit allen heyligen dich loben muzz Amen. Ausg. Klapper 1935, I, 6, S. 63–64 (ohne diese Hs.), Lit. s. Nr. 9a.

65

10. 46v –90r Heinrich von St. Gallen, ›Acht Seligkeiten‹ DEr herr Ihesus Christus tet auf seinen mund vnd sprach salig sind dy armen des geystes wan ir ist daz himelreich […] Er hab dann die andern salichait alle Auch bestet der andern chaine an die Achtend Hye hat daz puch ein end daz puchel von den acht salichaiten Maister heinreichs von sand Gallen Anno xx. Anmerkungen zu Schriftbild, Sprache, Stil und Varianten: Die Buchstaben c und t sind manchmal praktisch nicht auseinanderzuhalten (vgl. Seneca [M2 81v unten] mit deutlich t-förmigem c). Gelegentlich benutzt der Schreiber die in lateinischen Texten übliche per-Abbreviatur (pson für person [190r, M2 53v]) sowie das ˜ 2t für geantwurt [M2 54v]). y wird gelehochgestellte 2-förmige Zeichen für ur (geantw gentlich mit einem horizontalen Doppelpunkt markiert (z. B. dÿ warhayt [M2 47v]). An diakritischen Zeichen sind horizontaler Doppelpunkt, supraskribiertes e (selten auch über e, z. B. re d statt rette [›redete‹; 218v, M2 82r], ire m statt irem [leib] [185r, M2 48v]), schräg aufsteigender oder vertikaler Doppelpunkt bzw. Strich (mit supraskribiertem e transkribiert) vorhanden. Die Diakritika besitzen vielfach keinen Lautwert. Diphthonge werden häufig mit Digraphien markiert, z. B. suechent statt suchent (199r, M2 62v), wehuet statt verhu t (201v, M2 64v), hieng (so auch M1; 225v, M2 88r). Mhd. /z/ wird entgegen dem Usus anderer Hss. oft auch mit z statt s geschrieben: auzwendig statt auswendige (216v, M2 80v), geminiert z. B. ablazzung statt ablassung (199r, M2 62v; 208r, M2 72r), grozzer statt grosser (216v, M2 80r), grozzt statt grossest bzw. grossist (220v, M2 83v). Darüber hinaus kann z aber auch für mhd. /s/ stehen, so vielfach in Genitivendungen. Im Bereich der Lautung ist Folgendes festzustellen: Bair. affrikatisiertes k erscheint nicht nur in den sonst üblichen Stellungen, z. B. nach n in denchken statt danken (gedencken M4; 209v, M2 73v), (dabei im Auslaut aus g verhärtet:) enpfenchleich statt enpha ngleicher (M1 entpha ngleich; 188v, M2 52r), verga nkchleichen statt zergengleichem (200r, M2 63v), dinchk statt ding (188v, M2 52r), vrspruncch statt vrsprung (201r, M2 64v), anfanchk statt anefang (221v, M2 84v), sondern auch im Auslaut und vor t: anplichk statt amplick (194v, M2 57v), stechk statt steck (198v, M2 62r), smechkt (Ed.: smekcht, M1 smekchent; 184r, M2 47v), frolochkt statt frolockt (186v, M2 50r). In einem Fall ist eine Lenisierung der Affrikate nach r zu beobachten: werghen statt werchen (222v, M2 85r). Häufig steht bair. b für w, z. B. in birtschaft statt wırtschaft (191v, M2 54v), berdent statt werdent (192v, M2 55v), mit bu rchen statt mitwu rken (193r, M2 56v), vnbarhaft statt vnwarhaft (197r, M2 59v), erbirbt statt erwirbt (so auch M3; 204v, M2 68r), albeg statt al weg (206r, M2 69v), gegenburtigen statt gegenwertigen (213r, M2 77r). Umgekehrt ist auch w für b bzw. bair. p zahlreich vertreten: wegir statt pegy r (183v, M2 47r), weswaret statt peswa rt (185r, M2 49r), sunderwar statt pesunderba r (186r, M2 50r), werait statt pereit (199r, M2 62v), wedurffen neben bedurffen (207v, M2 71v), wibel statt bibeln (205r, M2 68v). Beide Phänomene kommen in webart statt pewarte (223v, M2 86r) vor. Zu erwähnen ist auch m statt w im Personalpronomen der 1. Pers. Pl. Nom., und zwar auch in nicht invertierter Stellung (vgl. FG § M 61, Anm. 1): sey mir statt sein wir (225v, M2 88r), mir muzzen statt wır muessen (204r, M2 67v). Bemerkenswert ist eine mit dem sog. Primärberührungseffekt (MG § L 66) vergleichbare Verhärtung und nachfolgende Frikativierung von b zu f vor t in erbirft statt erwirbt (so auch S, 205r, M2 68v; 221r, M2 84r), erwirft statt erwirbt (221r, M2 84r).²⁶ Gelegentlich ist das obd. ch statt h in intervokalischer Stellung ²⁶ Auch eine Erklärung durch den Wandel von b zu w und eine nachfolgende Verhärtung bzw. Stimmverlust wäre möglich, vgl. dazu FG § L 51, 4.

66 anzutreffen, z. B. in sechen statt gesehen (187v, M2 51r), fliechenden statt fliehunden (212r, M2 76r), enpfa chen statt entphahen (213r, M2 77r), entfliechen statt entphlihen (213v, M2 77v), zechent statt zehent (219r, M2 82r), nider zecher statt nider zieher (223r, M2 86r). Bair. ist die Diphthongierung von i vor r und vor h bzw. ch in straffwierdig statt straff wirdig (207r, M2 70v) und sıcht statt sicht (214v, M2 78v), sie kommt aber auch vor l vor (eine entsprechende Interpretation des Supraskripts vorausgesetzt): vıl statt vil (mehrmals 214v, M2 78v). Mbair. ist das postliquide i als Sprossvokal: wuricht statt wurket (199v, M2 63r), zwelif poten statt zwelfpoten (205r, M2 68v), zwelif statt zwelf (209r, M2 73r), solichen statt su lchen (213v, M2 77v), durich statt durch (183v, M2 47r; 207r, M2 70v), werichen statt werchen (217r, M2 80v). Entgegen den anderen Hss. findet in einigen Wörtern anstatt des üblicheren d das im Obd. eigentlich verschobene t einen graphematischen Niederschlag: tritten statt dritten (187r, M2 50v), tra uung statt dreuunge (218r, M2 81v). Auch nach n kommt statt des zu erwartenden lenisierten d vereinzelt t vor: stinchhente für stinckent (greber) (203r, M2 66v), lebentig (so auch M1; 204r, M2 67v). Trotzdem ist aber auch geschwächtes d statt des regelhaften t zu beobachten (vgl. FG § 46, 3): gezird statt gezieret (216v, M2 80v), no ddurftichait statt notdurftichait (207v, M2 71r). Des Weiteren ist neben der am ehesten als bair. zu betrachtenden b-Epithese nach m in reichtumb statt reichtum (189v, M2 53r [so auch S]) auch eine Umwandlung des tum-Morphems in das Wortbildungssuffix -ung bei siechtung statt siechtu m (so auch M3, vgl. dazu S. 55; 211v, M2 75v) festzuhalten. Reichlich finden sich Hinweise auf die alte obd. ære-Endung der männlichen Nomina Agentis: erlosar statt erlo ser (200v, M2 64r), obrarn bzw. obrarn statt obren (201v, M2 65r), adla r statt adler (209v, M2 73v) (vgl. a dla r M2 60r), pettla r (so auch M1; 211r, M2 75r), lera r (so auch M1, 211v, M2 75v). Volle ältere Formen des Wortbildungssuffixes -inne sind in enthalterÿnne statt enthalterinn (207r, M2 70v) und himel chuniginne statt hymelchunigein (210v, M2 74v) erhalten. In einigen Fällen ist die dialektal weit verbreitete Ersetzung des Präfixes er- durch der- zu finden: der welt statt erwelt (der wellet M4; 188v, M2 52r; 189r, M2 52v [ohne M4]), der chennen statt pechennen (erchennen NM3SM4) (193r, M2 56r). Die deutlich überwiegende mittelbairische Schreibsprache der Hs. enthält jedoch auch einige Lautphänomene, die einen Einfluss des Md. als wahrscheinlich erscheinen lassen: So kommt gelegentlich kurzes a statt o vor: getrost waz warden statt getrost was worden (199v, M2 62v), ader statt oder (206v, M2 70r), die wart statt die wort (203v, M2 67r), dez wartz statt des worts (209v, M2 73v) sowie wartes statt wortz (225r, M2 87v), der warten statt der worten (217r, M2 80v). Eher md. ist auch das gesenkte e statt i in schefman statt schiffman (199r, M2 62v) (vgl. dazu die Beschreibung des Phänomens in der Hs. M3, S. 54). Auf die md. Umlauthemmung von ahd. iu vor w, die anschließende mhd. Monophthongierung zu langem u und schließlich die nhd. Diphthongierung geht wohl die Schreibung von aw statt eu in frawt euch statt frewt euch (186v, M2 50r) zurück (FG § L 28) (aber vgl. frein statt frewen [188v, M2 52r]). Auch sonst kommt aw/au für eu vor: frawden statt frewden (200r, M2 63r), lawten statt lewten (211v, M2 75v), erlaucht statt erleucht (213v, M2 77v), chauschait statt cheuscheit (220v, M2 83v). Vermutlich durch die Diphthongierung des nhd. gedehnten md. u statt ü sind aw-Formen von mhd. geloben/ gelüben zu erklären: gelawbt statt gelubt (187r, M2 50v), gelawpt statt gelu bt (187v, M2 51r) (aber auch gelopt statt gelu bt [194r, M2 57v]). Md. (bes. omd.) ist auch zw- statt zer-/ze- als Verbalpräfix in zw spalten statt zespalten sowie zw reissen statt zereissen (219v, M2 82v) (MG § L 90, Anm. 2). Für mehrere hd. Dialektgebiete (vgl. FG § L 54, 4) sind die Formen von sullen mit anlautendem sch belegt, hier z. B. ir schuldt statt ır sult (184v, M2 48r) und ir schult statt ır sult (ebd.). Sch-Schreibungen sind anlautend auch bei anderen Wörtern festzustellen: schauch statt seuch (222r, M2 84v), schacher statt sacher (227r, M2 89v).

67 Auffällig ist in dieser Hs. weiter der im gesamten Frnhd. belegte Schwund des t im Auslaut (vgl. FG § L 47, 4), z. B. in gepredig statt gepredegt (187v, M2 51v), geschichk statt geschickt (188r, M2 52r), chnech statt chnecht (188v, M2 52r), geschlach statt gesla cht (209r, M2 73r), gehor statt gehort (zweimal; 222r, M2 84v –85r). Andererseits weisen manche Infinitivformen die Endung -ent auf: lebent statt leben (201v, M2 65r), trostent statt trosten (202r, M2 65v), sterbent statt sterben (204v, M2 67v), werdent statt werden (209r, M2 73r). Ob es sich dabei um eine mit der seltenen Infinitivendung -end im Wobd. und Wmd. (FG § M 84) vergleichbare Epithese oder um syntaktische Umformung zur Partizipialkonstruktion handelt, vermag ich nicht zu entscheiden. Bemerkenswert sind im lautlichen Bereich schließlich die p-Schreibungen für f: porcht statt forcht (214r, M2 78r), pleizzig statt fleissig (221r, M2 84r). In manchen Fällen finden sich in dieser Hs. Wörter, die durch Auslassung einer Silbe im Inlaut verkürzt wurden, z. B. geprechkayt statt geprechleichait (183v, M2 47r), vngeorte statt vngeordente (184v, M2 48r), frileichen statt frideleichen (186r, M2 49v), ento rt statt ento rdent (192v, M2 55v), verdurleich statt verdienleich (verdientleich *X2, verdorbenleich S, verdurbenlich M4) (200r, M2 63v), geoffent statt geoffenpart (205r, M2 68v), ornung statt ordenung (207r, M2 70v), geo rnt statt geordent (207r, M2 70v). Stellen mit synonymem Wortersatz sind nicht zahlreich. Zu erwähnen sind dennoch die folgenden: presten statt geprechen (184v, M2 48r), etwo vil statt etwie vil (207r, M2 70v), tilig ab statt vertilg (212v, M2 77r), menge statt vil (211r, M2 75r), icht statt nicht (200r, M2 63r). Zu einer semantischen Veränderung kommt es in diesen Ersatzfällen: du rch nachtu ng statt durch a chtung (186r, M2 49v), eben christen statt eben menschen (187v, M2 51r), genaden statt gaben (189r, M2 52v), trunchk statt truk (190v, M2 54r), vntugent statt vngedult (192r, M2 55v), su cht statt sicht (›sieht‹; 193r, M2 56v), wunder arczt statt wunt artzt (198r, M2 60v), in ergetzen statt in ere setzen (198v, M2 62r), altzeit statt alze (203r, M2 67r), geraichen statt geraitzen (207r, M2 70v), zw maz statt ze nu tz (207r, M2 71r), durstig statt dorftig (207v, M2 71r), im muddichait statt ainmuticheit (211r, M2 75v), erpeitichait statt erparmherzichait (211v, M2 75v), merchkt statt weckt (212r, M2 76r), bechümert statt erzurnt (212v, M2 76v), haben statt laben (214v, M2 78v), zerprist statt geprech (215r, 79r), wol ho r statt volharr (215v, M2 79r), got statt gut (217v, M2 81r), aws gezogen statt aus gegossen (220r, M2 83r), sind statt macht sy (220v, M2 83v), erbrnˉ statt erben (225v, M2 88r), lan statt laid (225v, M2 88r), in der welt statt nider velt (211v, M2 75v). An einigen Stellen wird der Sinn der Vorlage geradezu ins Gegenteil gewendet: volchomenew statt vnuolchomne (volchumme M4) (202v, M2 66r), vngeornˉ te statt geo rdente (203r, M2 66v), schuldig statt entschuldigt (207r, M2 71r). Um fehlerhafte Verlesungen oder Verschreibungen handelt es sich möglicherweise bei diesen Varianten: ervoling statt ervolgen (Inf.; 186v, M2 50r), werdent statt wırt den (gutigen) (186v, M2 50r), ich dem statt ist den (187r, M2 50v), sorgueltichleich statt sorgualtichait (188r, M2 51v), geworicht statt gefurcht (190r, M2 53r), got statt gu t (193v, M2 56v), verpring statt volpring (202v, M2 66v) sowie verpringen statt volpringen (ebd.; 220v, M2 83v), wechelt statt pechert (211v, M2 75v), fursustichait statt fu rsichtichait (217v, M2 81r), sunderleich statt suntleich (223v, M2 86v). Aus unklaren Gründen hängt die Hs. dem Part. Prät. petewt/peteut das Morphem -nuzz an: bedawt-nuzz [sic] (219r, M2 82v), bedautnuzz (221v, M2 84v), bedawtnuzz (222r, M2 84v). Wahrscheinlich um eine verbale Umformulierung eines nominalen Ausdrucks handelt es sich bei (die) her choment statt her chomen (ähnlich N; 214v, M2 78v). Die folgenden Textpassagen wurden vermutlich durch Antizipation beim Abschreiben (vgl. S. 58) weggelassen: so mag man […] haissent (186r, M2 49v), vnd daz sehen (187v, M2 51r), wann die menschen […] gotes willen (188r, M2 51v), oder ander sorgualtichait der welt (189v, M2 53r), dann er etwann todleich su nd (190r, M2 53r), so wil er sich

68 in wider v mb geben (194v, M2 57v), sey gepeinigt […] doch alles durch (194v, M2 57v), zwo […] die ersten (194v, M2 58r), vnd nach seinem tod getrost wart (199v, M2 62v), das in die zergenckleichen ding […] seim nachsten wol geordent (199v –200r, M2 63r), des funften mals sol es erhaben sein (220r, M2 83r), wirt nicht wol geeret […] frides (227r, M2 89v). Zur Auslassung eines Teils eines zweigliedrigen Ausdrucks kommt es hier: (genu g tu n) vnd wol gevallen sullen (199v, M2 63r), ain chaufte (vnd ain gleichsende gerechtichait) (202r, M2 66r). Ohne ersichtliche Gründe werden die folgenden Stellen ausgelassen: gen aus […] su llen (201r, M2 64v), von dem to d (im Bibelzitat; 204r, M2 67v), vnd daz wirt in dem ebigen leben. Da von (205v, M2 69r), das ewig leben (216r, M2 79v), sunder auch ains iegleichen wortes (226v, M2 89r). Nennenswerte Zusätze zur Vorlage enthält die Hs. nicht, von gelegentlichen Gliederungszahlen am Rand (z. B. M2 75r–v) und der lateinischen Anmerkung (Dauid) + etc. sicut ibi prope stat [neue Seite:] Dauit (198v, M2 61v –62r) abgesehen. Häufig sind jedoch zahlreiche fehlerhafte Wortwiederholungen, die zumindest teilweise auf eine schlechte bzw. stumpfe Feder zurückzuführen sind, die den Schreiber veranlasst haben mag, undeutlich geschriebene Wörter zu wiederholen. Diese einfachen Wiederholungen werden für die Hs. aufgrund ihrer Häufigkeit im Editionsapparat nicht vermerkt, ebenso wenig wie banale Verschreibfehler. Ein schlechtes Schreibgerät hat den Schreiber allerdings nicht daran gehindert, den Textrand manchmal mit simplen Zeichnungen zu schmücken: So befinden sich auf 59v und 72v jeweils eine Katze, 62r eine Hand, 70r ein Gesicht und ausgestreckte Arme sowie 70v ein Baumstamm mit Händen (?). Die Schriftgröße ist manchmal recht schwankend, etwa sehr groß auf 61r, kleiner wiederum auf 79v, wo möglicherweise eine neue Feder eine präzisere Schriftführung ermöglicht hat.

11. 90r –91r Beicht- und Ablasszettel des Beichtvaters Hainrich Pischolff an die Jungfrau Katharina Jörigen, Ablass zum Anlass des Basler Konzils (1438) (Reihenfolge unklar) Merchk Iunkfraw verhais nichcz vnd nim nimer puess auf die du nicht leicht vermugst ‧/ Item ain gang gein sant valtein letig ‧ also wo du mit wanung pist da selbs ge in ain chirchen vnd sprich dar inn ain tagczeit […] [90v] Nach cristi gepurt vber tawsent vırhundert vnd in dem acht vnd treissigisten iar in der vasten hat Iunkfraw kath[arina] Io rigen des kriechpawm dochter ab dem ekk czum hellein mır hainr[ich] pischolff gepeicht in die gnad die aus gab das heilig concili czu pasel vnd hat auch allew dem genueg tann das die selb bull lawt […] Vnd der selben gnaden mag si noch ainsten an ierem end tailha ftig werd[en] vnd ist das der ablas ‧ Dominus noster iesus christus per meritum sue passionis dignetur te absoluere ‧ et ego auctoritate sancte matris ecclesie ac sacrosancte Basilien[sis] Sinodi in hac potestate mihi concessa ‧ te absoluo […] [91r unten] sprich all tag vii pater noster vii aue maria vnd czwen glawben. czu dem tu was du mu gst etc. 12. 91r –92r Psalm 21 (22) dt., mit Antiphon und Schlussgebet (Passionsoffizium zur Non) a. 91r–v Deus deus meus respice in me / Got mein got ‧ sich mich an ‧ war vmb hastu mich verlassen ‧ verr von meinem hail […] [91v] leg dein tod vnd

69

dein parmherczikchait czwischen vnser sel vnd deines scharffen gericz amen pater noster ‧ aue maria ‧ den psalm mit dem gepet schol man chnyennd sprechen mit andacht Alz es wisst Ich mag nicht mer geschreiben. b. 92r Vom neunfachen Nutzen des vorausgehenden Gebets [V]Nd wa r das mugleich das ein mensch mo cht gevasten new n hundert iar tze wasser vnd cze prott damit mo cht er der nucz ain nicht verdien nach iren wirden […] vnd den menschen wil ich des nicht tuen die mit dysem gepett nicht sind vmbfangen vnd mir doch lieb sint vnd doch [Text bricht ab]. 13. 92v Lateinische Hymnen zur Vesper und Komplet a. ympnus in passione domini in vesperis Uexilla regis prodeunt fulget crucis misterium […] quos per crucis misterium saluas rege per secula Amen. Ausg. Analecta hymnica, Bd. 50 (1907), Nr. 67, S. 74.

b. Christe qui lux es et dies noctis tenebras detegis […] cum spiritu paraclito in sempiterna secula. Ausg. Analecta hymnica, Bd. 27 (1897), Nr. 75, S. 111; Bd. 51 (1908), Nr. 22, S. 21.

c. Maria mater gracie Mater misericordie […] Gloria tibi domine Qui natus es de virgine cum patre et sancto spiritu in sempiterna secula Amen. Ausg. Analecta hymnica, Bd. 52 (1909), Nr. 55, Strophe 4–5, S. 59.

14. 93r –101r Kurze dt. Ablassgebete (auch in Form geistlicher Lieder) zu Gott, Maria und Heiligen Lit. 2VL, Bd. 11 (2004), Sp. 4–7.

a. 93r Goldenes Ave Maria das her nach geschriben guldein aue maria dauon hat ein yesleicher mensch der es mit andacht spricht der hat cc ta antlas todleicher sunden vnd czwir alsuil lasleich das hatt past vrbanus der funft des nambs Bis gegrusset maria hewtt tausent stundt als dir der Grŭcz wardt chundt […] vnd das ich also chŭnn leben das mir dye ewige frewd werd geben amen. Lit.: 2VL, Bd. 3 (1981), Sp. 80–84, hier Sp. 84 (ohne diese Hs.); vgl. auch 2VL, Bd. 11 (2004), Sp. 5–6.

b. 93r–v Ablassgebet, Papst Gregor dem Großen zugeschr. In der czeit do sandt gregorius pabst was […] [93v] O herr senkch mich In dy˙e tyeff deiner heiligen wünden […] fewer vnd liecht des heÿligen gaistes Amen – maria hilff.

70

c. 93v Ablassgebet zu Christus das ist ein güt gepet zw vnserem lieben herren […] Herr iesu criste mein erlediger warer got vnd mensch […] Jn dein hendt emphangen werde Amen. d. 93v –94r Ablassgebet ›O du uzvliezender brunne‹, Papst Clemens zugeschr. das hernach geschriben gepet hat gemacht pabst Clemens […] O fliessunder prün der ewigen salikchay˙t wie pist dw so gar gesigen […] O liebes chindt wie pist dw nur so jamerleich gemartert vnd getot worden amen vnd sprich ain pater noster vnd i aue maria vnd i glauben. Lit. 2VL, Bd. 6 (1987), Sp. 1269–1272, Bd. 11 (2004), Sp. 6; Bergmann 1986, S. 484, mit dieser Hs.

e. 94r–v Ablassgebet zu Maria, Papst Coelestin zugeschr. das hernach gescriben gepet hat gemacht pabst Celestinus von der Raynen magt Marie […] Ich pit dich heilige junkchfraw maria gottes mutter durich erfullet aller mildikchait […] [94v] vnd mit seinen erwelten das ewig leben / vnd auch allen lebentigen vnd todten das ewige leben Amen. f. 94v –95r Ablassgebet zu Maria wer das gepet spricht mit andacht […] Aue maria dw spiegel chlar ob allen raynen weiben dw rose jn dem hymeltaw […] das mich die su nden mein an der sel nicht todten Amen. g. 95r Ablassgebet zu Maria wer die funff manung vnser frawen alltag spricht […] O Maria Raÿne chunigin aller sunder ein trosterinn […] hie auff erde von dey nen chinden werde Amen – christe erhor vns. h. 95r Ablassgebet zu Maria wer das gepet mit andacht spricht […] O roße In dem hymeltaw˘ Ich pitt dich Maria edlew junkchfraw˘ […] das ich an einem christenleichen gelauben werd erfunden Amen. Auch Nürnberg, Stadtbibliothek, Cent. VI, 43p, 179r (Schneider 1965, S. 129, Nr. 44), vgl. auch ebd., Cent. VII, 20, 209r–v (Schneider 1965, S. 292, Nr. 40), ebd., Will II, 19. 8o, 120r (Schneider 1965, S. 421, Nr. 25), Hildesheim, Dombibliothek, Hs 732, 154v (niederdeutsch).

i. 95r–v Christus-Gebet Item ein guts gepet zw vnserem herren […] Almechtiger got herr Iesu crist erloser aller gelaubigen sellen […] [95v] vnd zw˘ der schär deiner lieben heyligen Amen – Almechtiger got nu erparm dich. j. 95v Johannes XXII. (?), Gebet Anima Christi, sanctifica me, erweiterte deutsche Fassung Wer das gepet alle tag spricht pey der wandlung […] O dw heilige sel iesu christi heilig mich an sel vnd an leib […] das ich singen werdt das lob deiner engel Amen – mein wil.

71 Lit. LThK, Bd. 1 (1993), Sp. 679–680 (zum lat. Gebet, mit weiterer Lit.), andere Fassungen: Klapper 1935, IV, 107, S. 366 (Ausg.), Schneider 1973, S. 430, Nr. 33.

k. 95v –96r Gebet zum hl. Erasmus von Antiochia das ist ein guts gepet von dem lieben martir vnd herren Dand Erasem […] Heyliger herr sandt Erasem martrerer vnd pischolff als dw dich [96r] opphrest an dem hey ligen Suntag […] das wir wirdig werden der gelobung christi iesu ‧mein dinst wist. Vgl. Leipzig, Universitätsbibliothek, Ms 1660, 46r–v (Pensel 1998, S. 252); München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 4656, 126r –131r (Schneider 1996, S. 291, Nr. 15).

l. 96r–v Ablassgebet, zugelassen von Papst Johannes IV. von dem gepet hast dw vnczelleichen genad […] ist pestet von dem pabst Johann dem vierden des nams […] Gewaltiger got herr hÿmelreichs vnd erdreichs […] Es thue mir wol oder wee Jn dem gotleichen reich deiner ewigen ordenung Amen Es thue mir woll oder wee. Vgl. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 484, 133r (Schneider 1973, S. 431, Nr. 46); ebd., Cgm 850, 41r–v (Schneider 1984, S. 627, Nr. 4); München, Universitätsbibliothek, 8o Cod. ms. 282, 176r –177r (Kornrumpf 1968, S. 320); Freiburg im Br., Universitätsbibliothek, Inv. Nr. 11732, 242v und Inv. Nr. 11741, 77v –78r (Hagenmaier 1988, S. 206 und 211); Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibliothek, 274 Blankenburg, 90v (Butzmann 1966, S. 260).

m. 96v Ablassgebet zu Christus Als offt der mensch das gepet spricht mit andacht […] Ich dankch dir vnd lob dich herre iesu christe almechtiger got das dw mensch worden pist […] mit deinem heiligen geist Amen. Vgl. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 472, 165d und Cod. Pal. germ. 639, 106b (Bartsch 1887, S. 143 und 160); Nürnberg, Stadtbibliothek, Cent. VI, 43p, 150v (Schneider 1965, S. 127).

n. 97r–v Gebet, Apostel Andreas zugeschr. Ein guts saligs gepet von dem lieben czweliff potten sand adre […] O dw liecht vnd schein Inn dem hohen fron hymelreich […] [97v] In des hymmels schein für den suzzen herren dein Amen ‧ maria hilff. o. 97v –98r Gebet von der hl. Dreifaltigkeit hie hebt sich an ein guts gepet von der heyligen driualtichait […] O herr Mein got ein chunig ob allen chunigen […] das vergib [98r] mir parmhercziger guttiger got Amen. p. 98r –100r Gebet zu Maria und Christus Item ein guts gepet von vnser lieben frawen vnd von irem lieben sun […] [O] Dw erwirdige junkchfraw dw susse beschirmerin menschleichs geslechts […] [100r] aller heÿligen geselschafft ewikchleichen leben musz Amen. Ausg. Klapper 1935, I, 21, S. 163–170 (ohne diese Hs.), Lit. s. Nr. 9a.

72

q. 100r –101r Passionsgebet Item ein guts gepet von vnserem lieben herren […] [I]Ch mann dich susser vater ihesu crist wenn dw mein erlosser bist […] [101r] So hilff lieber herr meiner armen sell jn dye ewig salikayt das geschëch jn gots nam Amen. 15. 101r –102v Fünfzehn Erinnerungen an die Passion Christi a. 101r –102r Item ein frummer mensch pat vnserem herren got fleizzikchleich vnd offt das er jm geb zw erchennen wie oder was er pitten scholt das got genam war vnd jm nu czleich do das lang also geweret da erhoret got sein gepet vnd offnet jm das er alle tag sprech funffczehen pater noster vnd zw yegleichen pater noster ein manung von vnsers herren martter […] [H]err ich man dich der manung die gar fraysleich was do man dir tett pey dem kreucz […] [102r] [H]err ich man dich der czall aller deiner wunden der worden funff tawsendt funffhundert vnd lxvj wunden – Amen pater noster. b. 102r –102v Vom neunfachen Nutzen des vorausgehenden Gebets (eine andere Fassung von Nr. 12b) Item von dem abgeschriben gepet vnd manung ist man gewisz ir genad die sindt so groz vnd so genaden reich ob das mugleich mocht gesein das ein mensch mocht gevasten hundert Iar zw wasser vnd zw prott damit mocht er der genad nicht verdyen nach wierdikchait wann er sye geytt durch seyn gothait. – [102v] DEr erst Nucz ist der das vnserr herr got durich pet des menschen das dyse manung tuett xv sell will erledigen aus dem fechfewr […] das er im doch lieb ist vnd auch zw hymeln chumbt. 103r leer 16. 103v Färbeanweisung item dazu dem ersten mal so seud im aller vnd im wain stain zbu stu nd vnd geus das wasser aus dem kessel […] vnd zu das garn in den pint varb. 104r leer 17. 104v –105r Papst Clemens VI., ›Missa contra pestilentiam‹ REcordare domine testamenti tui et dic angelo percucienti cesset iam manus tua vt non desoletur terra et ne perdas omnem animam vnam […] [105r] Indulgencie Papa clemens Sextus cum suis cardinalibus in Collegi[o] instituit ad depellendum mortem mortem [sic] subitaneam hanc missam […] ipsi prefato domino pape in sompnis nocte est in sÿnuatum et illud est probatum in partibus iuxta curiam auinionis.

73 Auch Tübingen, Universitätsbibliothek, Gi 88.4 Inc, 9r –13r (Brinkhus 2001, S. 315– 316), Druck: Clemens VI.: Missa contra pestilentiam. Urach, Konrad Fyner [um 1480] (s. GW M2381710), Lit. Schmitt 2003.

18. 105r–v Medizinische Ratschläge eines Magisters an den Markgrafen von Mähren dysen hernach geschriben ratt sand ain Mayster dem Markchgraffen von Märharen vnd schraib jm also [105v] Genadiger herr Ich hab wol vernomen von maniger lewt sag das laider der Gemain sterb in Märharen vast reichsent […] das sal sein von sawren ding abgemacht als mit ezzich vnd was [Text bricht ab]. Auch Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2809, Vorderdeckel innen (Menhardt 1960–1961, Bd. 1 [1960], S. 320, Nr. 4); ebd., Cod. 15106, 50va (Menhardt 1960– 1961, Bd. 3 [1961], S. 1387).

3.2.6 München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 4882 (M4) Geistliche Sammelhandschrift mit deutschen Gebeten, Traktaten und Predigten, insbesondere: Johannes von Indersdorf, Heinrich von St. Gallen. Papier, I + 191 Blätter, 21,2 × 15 cm, Regensburg, St. Emmeram, 3. Viertel 15. Jh. (u. a. 1466), Bastarda. Beschreibung liegt vor: Schneider 1996, S. 407–410. Darüber hinaus ist Folgendes zu ergänzen: 1r –6r Johannes von Indersdorf (u. a.), Gebete. Lit. 2VL, Bd. 4 (1983), Sp. 649.

77v –119v Heinrich von St. Gallen, ›Acht Seligkeiten‹, Anmerkungen zu Schriftbild, Sprache, Stil und Varianten: Folgende Besonderheiten sind im Schriftbild der Hs. festzustellen: Rechts gedrehtes m im Auslaut (z. B. deȝ für dem [186r, M4 80v]), per-Abbreviaturen (z. B. psan für person [211r, ˜ v, M4 109r]), preM4 104v], aber auch für par in pmherczigkait für parmherzichait [215 ˜ v r Abbreviaturen: p̑digen für predigen (211 , M4 105 ). Der Buchstabe i hat im Anlaut häufig eine Majuskelform, die hier und im Apparat mit j transkribiert wird, gelegentlich kommt auch ein r-förmiges i (im An- und Inlaut) vor, z. B. in гeglichen (212v, M4 105v). Die folgenden diakritischen Zeichen sind vorhanden: supraskribiertes e (z. B. armut [189v, M4 84r]), schräg aufsteigender Strich (Akut) (pehágenlichist statt pehegleichist [183v, M4 77v], auch über e: spréchen für spra chen [186v, M4 81r]), Trema oder schräg aufsteigender Doppelpunkt, auch über e (z. B. grëber für greber [216v, M4 110r]), Halbkreis (Breve) (sălig statt saelig [184v –185r, M4 79r], mŭeter statt mu ter [189v, M4 84r], vernŭnfftiger statt vernu ftiger [197v, M4 93r]). y wird häufig mit horizontalem (Trema) oder schräg aufsteigendem Doppelpunkt (ÿ) oder (seltener) mit einem Punkt (y˙) markiert.

74 Zu charakteristischen Tendenzen der Hs. in der Schreibweise ist des Weiteren Folgendes festzuhalten: Zahlreich sind Digraphien als Kennzeichen von Diphthongen, z. B. guet statt gu t (184r, M4 78r), genueg statt genu g (185v, M4 80r), getuett statt tut (201v, M4 97r), lieb sowie liecht (so auch M1; 211r, M4 104v), müed für mu d (214v, M4 107v). Dies betrifft auch spezifisch bair. bzw. obd. Diphthonge, z. B. in pegierden statt pegyrden (183v, M4 78r), wiert statt wirt (214v, M4 107r), geschiecht statt geschicht (215r, M4 108r; 226r, M4 118r), siecht (so auch M1; 216v, M4 109v), an siecht statt an sicht (224r, M4 116r). Gelegentlich ist die Doppelschreibung ee als Dehnungszeichen zu beobachten: wee statt we (216v, M4 110r), seer statt sere (219r, M4 112v), seell statt sel (222v, M4 115r). Bei den Formen der mhd. Verben stân / stên und gân / gên kann die Digraphie allerdings auch die vermutlich aus dem Md. ins Obd. vorgedrungene Zweisilbigkeit signalisieren (FG § M 148, 3, Anm. 1; MG § M 105, Anm. 6; vgl. die Hs. N, hier S. 50): pesteenn statt pesten (189v, M4 84r), besteen statt pesten (193v, M4 88v), stee auf statt ste auff (212r, M4 105v), gee statt ge (›gehe!‹) (191r, M4 85v). Vielfach werden auch auslautendes n und t doppelt geschrieben, im Anlaut kommt die Verdopplung von f vor (ffrydlichen statt frideleichen [224v, M4 116v]). Zur mundartlichen Einordnung der Hs. lässt sich Folgendes feststellen: Ein deutliches Kennzeichen des Bair. ist anlautendes p statt b. Recht häufig steht bair. b für w, z. B. in ebigs statt das ewig (215v, M4 108v), borden statt wurden (Part. Prät.; 220r, M4 113r), pebeis statt peweis (214r, M4 107r), ÿnbendigem statt inwendigem (214r, M4 107r), bird statt wird sowie berden statt werden (215r, M4 108r), bürchent statt wurchent (215r, M4 108r), begen statt wegen (216v, M4 109v), gebunscht statt gewunscht (216v, M4 110r), bey˙l statt weil (218r, M4 111r), pebärt statt pewert (222v, M4 115r), geantbort statt geantwurt (223v, M4 116r), barnemen statt war nemen sowie gebissen statt gewissen (226r, M4 118r). Etwas seltener ist umgekehrt w für b, z. B. in weraitschaft statt peraitschaft (199r, M4 94v), werait statt pereit (217v, M4 111r), wehuetten statt pehu tent (221v, M4 114v), wehalten statt pehalten (226v, M4 118v), wegriffen statt pegriffen (227v, M4 119v). Affrikatisiertes k erscheint hier etwas seltener als in der Leithandschrift (z. B. kains statt chains [214r, M4 107r], fürkümpt statt fu r chumpt [215r, M4 108r]), aber auch umgekehrte Fälle sind zu beobachten, z. B. anvanckh statt anevang (190v, M4 85r), stuckh statt stuck (195v, M4 90v), wurch statt wu rck (204v, M4 99v), perckh statt perg (215r, M4 108r). Obd. ist die gelegentliche Synkope im Präfix ge- (FG § L 39), z. B. in gsprochen statt gesprochen, gwissen statt gewissen (223r, M4 115v). Die im älteren und mittleren Oobd. (aber auch Nordobd., Böhm. und Omd.) belegte Ersetzung des Präfixes er- durch der- (FG § L 46, 5) erscheint in der wellet statt erwelt (auch M2; 188v, M4 83v). Auf die alte, besonders im Bair. verbreitete ære-Endung der männlichen Nomina Agentis deutet die är-Schreibung in dy lerär für die lera r (205v, M4 100r), petlär für pettla r (211r, M4 104v) sowie puessär statt puesser (213v, M4 106v) hin. Die für das Bair. typische Schreibung von o für kurz a (FG § L 14, Anm. 1) ist in opfell statt appfel (223r, M4 115v) sowie nomen statt namen (220r, M4 113r) feststellbar. Bei Letzterem kommen aber auch einerseits die für diese Hs. typische Anlehnung ans Lateinische, andererseits die Dehnung der offenen Tonsilbe und die dabei viel häufigere gesamthochdeutsche o-Schreibung in Frage. Die in bair. und rhfrk. Hss. belegte Schreibung von a für mhd. ô vor Nasal (FG § L 18, Anm. 2) erscheint in wanen statt wonen (225v, M4 117v). Sehr häufig vertreten ist in dieser Hs. außerdem die tendenziell oobd. und schwäb. umb-Schreibung für -ung (FG § L 61, 4): vermayligumb statt verma ligung (197v, M4 93r), ablegumb statt abelegung (197v, M4 93r), pegirumb statt pegyrung (199v, M4 95r), pechörumb statt pecho rung (203v, M4 98v), anfechtumb statt anefechtigung (208r, M4 102v), benedeiumb statt benedeyung (208v, M4 102v), petrachtumb statt petrachtung (210r, M4 104r), salbumb (oder salbunnb) statt salbung (211v, M4 105r), pecherumb vnd pesrumb statt pecherung vnd pesserung (212r, M4 105r),

75 vermaynumb statt vermanung (212r, M4 105r), parumb (oder parunnb) statt parmung (213r, M4 106r). Vermutlich als hyperkorrektes Pendant solcher Schreibungen ist siechtumb statt siechtu m (so auch NS; 211v, M4 105r) zu sehen. Daneben findet sich jedoch gelegentlich auch (o)md. a für kurz o: machten statt mo chten (189v, M4 84r), sargueltikaÿt statt sorgueltichait (185v, M4 79v), wartt statt wort (203v, M4 98r), wartenn statt worten (208v, M4 102v), des ward statt des worts (209v, M4 103v), sarg statt sorg (219r, M4 112r). Vereinzelt erscheint des Weiteren a für mhd. ei (wohl durch die md. und ofrk. Monophthongierung von mhd. ei zu â zu erklären, die aber auch im Bair. und Schwäb. belegt ist, vgl. MG § L 45; FG § L 18; L 27): wanen statt wainen (187r, M4 81v), agenschafft statt aigenschaft (190r, M4 84v), an helikayt statt ainha llichait (201v, M4 97r). Eine Ausnahme bleibt rech statt reich (222r, M4 115r). Vermutlich auf die md. Umlauthemmung gehen gelegentliche aw-Schreibungen von nhd. eu zurück (vgl. die Hs. M2, S. 66), z. B. in chrawcz statt chreutz (194v, M4 89v), frawdenn statt frewd (196v, M4 92r), gefrawett statt erfrewt (197v, M4 93r), fawchtigkait statt feuchtichait (217v, M4 110v). Der Schreiber scheint auf diese Lautung Wert gelegt zu haben, wie eine Eigenkorrektur von ew zu aw in fawcht statt feucht (219r, M4 112v) nahe legt. Schwer zu erklären ist hingegen umgekehrt eu statt au in euch statt auch (186v, M4 81r; 212v, M4 106r). Zur Senkung von i in scheffman statt schiffman (199r, M4 94v) vgl. S. 54. Vereinzelt und nur lexemgebunden wird anlautendes t mit th geschrieben: thuenn statt tu n sowie thuett statt tu t (199v, M4 95r). Selten kann epithetisches t beobachtet werden: geprecht statt geprech (184v, M4 79r). Bemerkenswert ist die Tendenz zur Schreibung von d statt t in unterschiedlichen Positionen: nach n im Auslaut: tuend statt tu n (184r, M4 78v), erpiettend statt erpietent (200v, M4 96r), gesand statt gesant (207v, M4 102r), habënd statt habent (211r, M4 104v); nach r: verczerd statt verzert (200v, M4 96r), word statt wo rt (202v, M4 97v), pegerd statt pegert (204v, M4 99r), geoffenward statt geoffenpart (205r, M4 99v), wider gepurd statt wider gepurt (209r, M4 103r), gemardert statt gemartert (210r, M4 104r), erd statt ert (211v, M4 105r); nach l: gewald statt gewalt (aber auch gewalt) (201v, M4 96v); für sonst regelhaftes t im Auslaut: guttichaid statt gutichait (193v, M4 88r), vnleidperchaid statt vnleidpa rcheit (206v, M4 100v), pad statt pat (213v, M4 106v), aber auch in gedilgt statt getilgt (208v, M4 102v). Ähnlich häufig ist in ähnlichen Stellungen auch dt, so für postnasal lenisiertes d, z. B. in vndt statt vnd (194v, M4 89r), sundt statt su nd (197r, M4 92v); für t in der Endung der 3. Pers. Pl. Ind., z. B. in anligendt statt an ligen (197v, M4 93r), habendt statt habent (200r, M4 95v), gendt statt gen (223v, M4 115v); im Part. Prät.: erchendt statt erchant (216r, M4 109v), peswärdt statt peswart (222v, M4 115r); in verschiedenen auslautenden Positionen: vngena mchaidt statt vngena michait (195r, M4 90r), fridt statt frid (201v, M4 97r), machdt statt macht (214r, M4 107r), wordt statt wort (225r, M4 117v), auch erdtreich statt erdreich (216v, M4 109v). Ein interessanter Fall der graphischen Zerdehnung durch h-Epenthese ist geheistes statt gaists (189v, M4 84v). Vermutlich als hyperkorrekte Schreibung in Analogie zu umgekehrtem Ersatz von g durch ch (vgl. FG § L 56, 3, mundartlich breit belegt) ist g statt ch in högsten statt hochsten (205v, M4 100v) zu interpretieren. Auf eine Nasalierung und Artikulationsnähe von g und n weisen die folgenden Schreibungen hin: heiling statt heiligen (216r, M4 109v), heÿling statt hailig (226v, M4 118v) gewÿngt statt gewinnet (224v, M4 117r), vgl. auch darung statt darinn (224r, M4 116v). Für s sind einige sch-Schreibungen festzustellen: peschicht statt pesicht (188v, M4 83v), geschellschaft statt gesellschaft (so auch M3; 198v, M4 94r), mischt statt mist (›misst‹) (211r, M4 104v). Wortgebunden und vermutlich in Anlehnung an lat. scribere erscheint wiederholt die Schreibung gescribenn für geschriben (z. B. 212r, M4 105r; dazu FG § L 54, 2). Eher selten kommt Ekthlipsis vor, z. B. in des fleisch statt des fleissches (so auch M3; 184v, M4 79r und passim), richtt für ›richtet‹ (189r, M4 83v), dez hazz statt des hazzes (196v, M4 91v). Häufiger als in

76 anderen Hss. sind hier volle Endungen anzutreffen, z. B. seczet statt setzt, sprichet statt spricht (185r, M4 79v), werde statt werd (204v, M4 99r), erbe statt erb (227r, M4 119r) und sogar hyperkorrekt vnschullde statt vnschult (214r, M4 107r). Bemerkenswert sind die auf eine Diphthongierung von mhd. ẹ hindeutenden Schreibungen von hyertt statt hert (›hart‹) (196v, M4 91v) sowie giertt statt gert (›Gerte‹) (198v, M4 94r). Noch zahlreicher als in den anderen Hss. kommen hier Infinitivformen auf -ent bzw. -end vor: pesiczent statt pesitzen (192v, M4 86v), (wırt er) clagent vnd wainent statt chlagen vnd wainen (197r, M4 92r), (sy werden grossen hunger) habennt (200v, M4 96r), (daz wirt der mensch alles hundertfaltig wider) auf nemend statt auff nemen (210v, M4 104r), wert ir […] tottent so werdt ir lebent werd ir […] lebennd so werdt ir sterbend statt […] to ten usw. (201v, M4 96v), wird er lebend statt wırt er leben (204r, M4 99r), wird er lones auf hebend statt […] auff heben (205r, M4 99v), sÿ berdent got sehent statt sy werdent got sehen (216r, M4 109r). Es ist nicht zu entscheiden, inwieweit es sich dabei vielleicht eher um Partizipialkonstruktionen handelt. Diese sind eindeutig nur an den folgenden Stellen erkennbar: pedenckent sein statt pedenkchen (196r, M4 91r), ist legent statt legt (202v, M4 97v). Dagegen steht aber auch helffenn seind statt helfent sint (208v, M4 102v), wo eine eindeutige Partizipialkonstruktion von M1 missverständlich wird. Neben der Kontraktion in mainfeltikait statt manigualtichait (213r, M4 106r) kommen vereinzelt Wörter mit einer ausgefallenen Inlautsilbe vor (vgl. ähnlich die Hs. M2, S. 67, wobei es sich jedoch nicht um dieselben Stellen handelt): geoffent statt geo ffenpart (191r, M4 85r), ornung statt ordenung (201v, M4 97r), anhans statt an hangens (223r, M4 115v). Mitunter kommt es zu Suffixänderungen, z. B. vnfridsamhaÿt statt vnfridleichait (185v, M4 80r), volchumerlicher statt volchomner (188r, M4 82v), sorgenlichchait statt sorgualtichait (188r, M4 83r), volchumenlichiste statt volcho mnist (190r, M4 84v), heyligligen statt hailigen (198v, M4 94v), pehagennlich statt peha gleich (205r, M4 99v). Einmal kommt es zur Änderung des Diminutivsuffixes in cchronczel statt chronlein (205r, M4 100r). Im Bereich der Kasussyntax lassen sich eine Kasusänderung bei der Präposition wider (Dat. statt Akk: wider disem geprechen statt wider disen prechen [185r, M4 79v]), eine partitive Genitivanbindung bei mer (mer lones statt mer lo n [187v, M4 82r]) sowie eine in den rezenten Mundarten weit verbreitete Genitivperiphrase durch den Dativ (dem menschen sein dinst statt des menschen dinst [220v, M4 113v]) beobachten. Vielfach benutzt der Schreiber lateinische Formen, besonders bei Eigennamen: Sanctus Bernhardus statt sand Bernhart (184v, M4 78v), sanctus S. Paulus (sic) statt sand Paul (184v, M4 79r), Sanctus Jacobus statt sand Iacob (185r, M4 79v), Sanctus Petrus statt sand Peter (197v, M4 93r), Samaritanus statt Samaritan (210v, M4 104r), Sanctus Bernhardus statt sand Bernhart (214v, M4 107v) sowie sex statt sechste (185r, M4 79v), (Iohannes) ewangelista statt der ewangelist (Zusatz von *X4; 193v, M4 88v), item dy dritt saligkait statt nu von der dritten sa lichait (194v, M4 89r), gebenedict statt gebenedeit (208v, M4 102v), Magnus statt der gro ss meister (Albertus) (218v, M4 112r). An folgenden Stellen lässt sich mehr oder weniger synonymer Wortersatz ausmachen: andren statt fromden (184v, M4 78v), als statt sam (188v, M4 83r), aber statt furpas (190v, M4 85r), wydert statt widervert (192r, M4 86r), gelegtt statt gesetzt (195r, M4 90r), annemender statt annemer (197v, M4 93r), hincz pis statt vntz (204v, M4 99r), anvange statt anegeng (208v, M4 103r), richten statt richter werden (209r, M4 103r), nu˙ czpär statt nu tz (209r, M4 103r), húnczer bis statt vntz (215v, M4 108v), fűderlicher statt sunderleicher (215v, M4 109r), benannten statt vor genanten (216r, M4 109v), vbelhüttunde statt vnpehute (226v, M4 118v), besterckt statt vestene (Modusänderung; 226v, M4 118v), hincz pis statt vntz (227r, M4 119r).

77 Ungleich häufiger kommt in dieser Hs. Wortersatz mit semantischer Veränderung vor: geledigt statt gelegt (184r, M4 78r), mit Zusatz: dÿemuetikaÿt vnd dÿ guetigen statt diemu tigen (184r, M4 78v), begebnüzz statt vergebnu ss (185r, M4 79v), wesunder statt sunder (187r, M4 81v), sunderlich statt sunder (188r, M4 82v), (richt den armen auff von dem) minsten statt mist (189r, M4 83v), schatzenn statt peweisen (189v, M4 84r), armut statt arbeit (Wiederholung aus vorausgehendem Teilsatz; 191v, M4 86r), (daz) drittail statt dritt (erdreich) (194r, M4 89r), gelidenn statt vermeiden (198v, M4 94r), strickh statt steck (stab M1) (198v, M4 94r), chirchenn statt geschrift (im Bibelzitat für scripturarum; 198v, M4 94v), vnder gewarffen statt vnd gewarsame (201r, M4 96v), Ezechiel [am Rand:] Thomas statt Thobias (204r, M4 99r), macht statt mag (204v, M4 99r), getröste statt gro ste (204v, M4 99v), sannd Augustinus statt sand Pauel (206r, M4 100v), lieb statt leib (206r, M4 100v), tze lind statt vernicht (207r, M4 101r), vermach statt vermag (oder Frikativierung?; 207r, M4 101v), mensch statt werch (211r, M4 104v), uber ladenn statt v berhebent (211r, M4 104v), enphächt statt enthalt (211v, M4 105r), (erseuft v mb sein) mund statt su nd (im Bibelzitat; 213r, M4 106r), gegenwütigen statt gegenwertigen (213r, M4 106r), verflucht statt versucht (213v, M4 106v), rott jn statt vor mit (wein gewaschen sint) (213v, M4 106v), Ieremias statt Ysaias (214r, M4 107r), parmherczigkait statt parmhertzigen menschen (214v, M4 107v), Ieremias statt Ieronimus (214v, M4 107v), explizierend: Ihesus cristus statt er (214v, M4 107v), (wirt er) in lonent parmherczigkait statt sy pelonen parmhertzichleich (215v, M4 108v) (auch Partizipialkonstruktion?), das ist dy sechst parmherczikait statt nu von der sechsten saelichait (216r, M4 109r), nichcz sind statt stynckent sint (216v, M4 110r), Sanctus Yeremias statt der liebe Ieronimus (217r, M4 110r), vleissen statt fleischleichen (218r, M4 111r), frewntschafft statt feuchtichait (219r, M4 112v), rewt euch statt rw t (›ruht‹, im Bibelzitat für quiescite; rew M2) (219v, M4 112v), czuweissenn statt zereissen (219v, M4 112v), genaden statt dingen (220r, M4 113r), birdigkait statt reinichait (zw rainigkait anschließend hinzugefügt) (221r, M4 114r), cheẅschen statt chestigen (222r, M4 114v), verderbt statt verdecket (222v, M4 115r), der vil personen statt vnd vil der posen (223v, M4 116r), andre ward (›andere Worte‹?) statt anderweyd (224v, M4 117r), den siben gaben statt der sibenden gab (224v, M4 117r), swachaafftiges statt smakheit (smakhaftige *X2) (224v, M4 117r), seÿ von allen sünden chern statt rain mach von allen su nten (225v, M4 118r), sundtlich statt saumleich (226r, M4 118r), nücz seÿ statt mu s sein, lere statt lera r (227r, M4 119r), fahër statt sacher (227r, M4 119r), salen statt stillen (wasser) (227r, M4 119r). In den folgenden Fällen handelt es sich wahrscheinlich um Lese- oder Verschreibfehler: mittel leÿdung statt mitleidung (187r, M4 81v), alfaschung statt ablassung (187r, M4 82r), peÿ wan vnder den statt peywoner vnd der (187v, M4 82r), chumen statt chunnent (189r, M4 83v), strebenn statt sterben (196r–v, M4 91v), pruder statt purd (197v, M4 93r), czugerinn statt ze grymm (198r, M4 93v). Zahlreich sind auch verschiedene Umformulierungen: dÿ nicht vnder in selben vnfrid haben statt die nicht allain vnder in selben fride habent (185v, M4 80r), etlich geistlich őrdenn sind statt in etleichen gaistleichen o rden ist (190r, M4 84v); kürzend: (mag der mensch) vor von mir statt verdienen alles daz gu t, da von wır vor (geho rt haben), zw got statt zu den pesten gaben gots (190v, M4 85r); erweiternd: so soltu wissen statt so wiss (189r, M4 83v), wann auch dar czw so wirst du ain statt vnd wırst (asch) (193v, M4 88r), (von not) + wegenn (196r, M4 91r), von sűnden dy da chunftig sind statt vor chunftigen sunten (213v, M4 106v); Erweiterung durch substantivierende Umformulierung: vngeordentew poshaÿt vnd pegier statt vngeordente po se pegyrd (po s vnd vngeordente pegyrd M1) (184v, M4 79r). Des Weiteren enthält diese Hs. verschiedene Zusätze: verstärkend: aller grost statt groste (186r, M4 80v), dest (tu gentleicher) (188v, M4 83r), (erparm dich) genädiclich (213v,

78 M4 106v), (frawd vnd frid) ebigklich (227v, M4 119v); als Wiederholung: (vnd) begirlikait wachsett ann ende (200r, M4 95v), (sam ewr) lieber lieber / vnnd (hymelischer vater) (208r, M4 102r), gehungert / vnd (gedurst) (209r, M4 103r), (furcht) vber das chind er parmung hat (210v, M4 104v); explizierend: (der) parm– herczikait gocz (207v, M4 102r), (vnsers herren) iesu christi (219r, M4 112v; 224r, M4 116v), (herr) iesus (Christus) (223v, M4 116r); Zusatz durch Vorwegnahme: (gerechticheit) vnd da von stett […] allen pösen dingen das (204v [Vorwegnahme von 205r], M4 99v); Erweiterung zu einem zweigliedrigen Ausdruck: chunst vnnd (sterk) (199v, M4 95r), geseczt oder (gelegt) (199v, M4 95r), magt vnd (schatzt) (202v, M4 97v), ach / vnd (we) (216v, M4 110r); einfacher Zusatz: guter (artzt) (199r, M4 94v), (tun) gein dem almächtigen gott (199v, M4 95r), (weis) man (209v, M4 103r), gespeist werdenn vnd das zu (gepessert) (212r, M4 105v), (vnser) liber (herr) (226v, M4 118v), wegir (lieb) (193v, M4 88v), (Maria) die Iunckfraw (205v, M4 100r). Ferner sind zahlreiche Auslassungen feststellbar. Um die Tilgung eines Teils eines zweigliedrigen Ausdrucks handelt es sich in den folgenden Fällen: mit glori vnd mit (volchomner frewd) (184v, M4 79r), (der tewfel vnd) der leichnam (190v, M4 85r), des morgens wenig essen vnd (des abentz dester pas) (191r, M4 85v), (den armen) vnd den lamen (191v, M4 86r), (die gu tigen) vnd die senftmu tigen (192r, M4 86r), fu ller vnd die (vnmassigen menschen) (219r, M4 112r), (in den hymeln) vnd auff erdreich (220v, M4 113v). Durch Antizipation (vgl. die Erläuterung bei Hs. M3, S. 58) wurden wohl die folgenden Passagen übersprungen und weggelassen: nu wiss […] geistes (188r, M4 82v), durch gots willen […] arm sint (188r, M4 82v), ain warew armu t […] ist (189v, M4 84r), doch chauffen es die armen (191v, M4 86r), wann sy […] auch durch sey gepeinigt (194v, M4 89v), da von so ist es gro sser getro st (195r, M4 90r), wann […] gewalt (198v, M4 94r), verirter […] ain (198v, M4 94r), wırt in der still […] getro st (199r, M4 94v), hertzen […] schuldig seinem (201r, M4 96r), gotleicher rat […] wann durch (206v, M4 101r), wann die wil er auch lieb haben. Vnd (211r, M4 104v), die warhait […] vnd ich pin (212v, M4 105v), sint die hertz […] geistleich (217r–v, M4 110v), vor sunden […] erleucht auch dem menschen (220v –221r, M4 114r), ähnlich auch: da von sprach […] oder sein (191r, M4 85v). Durch die Auslassung der folgenden Stelle wird ein strukturrelevanter Gliederungspunkt getilgt: die dritte armut ist aller ho chst (190r, M4 84v). Zu einer Aussageverfälschung durch die Auslassung der Negation kommt es hier: (si habent) nicht (188v, M4 83r), nicht (verpunden ist) (206v, M4 101r), geluck statt vngeluck (211r, M4 104v), rainichait statt vnrainichait (222v, M4 115r), wissenhait statt vnwissenhait (223v, M4 116r), umgekehrt: kein statt mein (po shait). Viele Stellen werden ohne einen ersichtlichen Grund weggelassen: menschen statt eben menschen (185r, M4 79v), pechvmmernu ss […] vncha uschait (185r, M4 79v), wann sy versmehent […] zu den gaistleichen (189r, M4 83v), da von verdienen […] lo n (189r, M4 83v), ser (189r, M4 84r), (freuntschaft) diser welt ist ain veintschaft (vor got) (193v, M4 88v), wann […] pegyrleichait (197v, M4 93r), dem in ainem champf gebrechen (198r, M4 93v), wirt er auch gegen got (199v, M4 95v), v mb daz po s straffen […] sol er im (210v, M4 104r), (das sy nicht) pald (212r, M4 105r), des helf vns got (216r, M4 109r), noch war genomen hat […] die in verplent (216r, M4 109v), wann sy habent chain fu rsichtichait auff (217v, M4 110v), es gehort auch dar zu ainew gantz rew […] ewr sunte peichten (zwei ganze Absätze; 221v –222r, M4 114v), die sy haben, wann aim (223r, M4 115v), meinen fride lass ich ew (224v, M4 117r), dem selben statt des sint allew selen (227r, M4 119r), wann in fride ist gots stat (227r, M4 119r), darnach macht es den menschen salig an geistlichen dingen statt dar zu macht es den menschen […] sacher ist des frides (227r–v, M4 119r). Insgesamt enthält diese Handschrift die meisten Abweichungen der *X1-Gruppe.

79

3.3 Handschriften der *Y1-Gruppe Die unter dieser Gruppe zusammengefassten vier Handschriften (zwei verwandte Hss. in alemannischer Mundart sowie zwei Hss. des Melker Schreibers Lienhart Peuger) stellen einen eigenen Überlieferungszweig dar, der an einigen wenigen Stellen bei Verderbungen in der *X1-Gruppe wertvolle Lesarten bietet. Leider handelt sich bei allen vier Hss. um stark veränderte Redaktionen, sodass ihre Verwendung bei der Erstellung des kritischen Textes nur teilweise und unter Vorbehalt sinnvoll war. Daher beschränkt sich die Beschreibung dieser Hss. auch nur auf wenige Angaben. 3.3.1 St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 967 (G) Geistliche Sammelhandschrift, insbesondere: Marquard von Lindau, Heinrich Seuse, Rulman Merswin, Heinrich von St. Gallen. Papier, 496 paginierte Seiten (nicht paginiert zwischen S. 264 und 265, Zählfehler S. 83– 85, 298–300), 20,5 × 14 cm, Frauenkloster St. Georgen bei St. Gallen, verschiedene Hände, u. a. Friedrich Colner, 1430–1436, Bastarda, Schreibsprache alemannisch. Beschreibung liegt vor: Stocker 1996, S. 7; 34–41 und passim, auch Scherrer 1875, S. 362 und Ruh 1956, S. 277, Anm. 2. Heinrich von St. Gallen, ›Acht Seligkeiten‹, S. 405–457. Diese mit der Hs. W eng verwandte Sonderredaktion bricht nach der 6. Seligpreisung ab. 3.3.2 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2840 (W) Geistliche Sammelhandschrift, insbesondere: ›Vitas patrum‹ dt., Heinrich von St. Gallen, ›Ars moriendi‹ dt. Papier, IV + 373 Blätter, 30,2 × 20,5 cm, Franziskanerinnenkloster Thalbach (in Bregenz) (Besitzvermerk 16. Jh.), Mitte 15. Jh., Bastarda, Schreibsprache alemannisch. Beschreibung liegt vor: Menhardt 1960–1961, Bd. 1 (1960), S. 408–411. Heinrich von St. Gallen, ›Acht Seligkeiten‹, 255ra –284r. Diese mit der Hs. G eng verwandte Sonderredaktion bricht nach der 6. Seligpreisung ab. 3.3.3 Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 981 (Me1) Geistliche Sammelhandschrift, insbesondere: Johann von Neumarkt, Mönch von Heilsbronn, Heinrich von St. Gallen, Hugo Ripelin von Straßburg, Elsbeth von Oye. Papier, 159 Blätter, 21,5 × 14,8 cm, St. Lambrecht

80

(oder Altenburg [?], aber bereits früh Melk), vor 1419, Schreiber Lienhart Peuger, Bastarda, Schreibsprache mittelbairisch. Beschreibung wird von Christine Glaßner (Wien) vorbereitet, vorläufig (mit Lit.): http://www.handschriftencensus.de/6081. Lit. auch Löser 1999, S. 47 und passim. Heinrich von St. Gallen, ›Acht Seligkeiten‹, S. 198–274. 3.3.4 Melk, Stiftsbibliothek, 235 (Me2) Geistliche Sammelhandschrift, insbesondere: Mönch von Heilsbronn, Heinrich von St. Gallen, Anselm von Canterbury dt., ›Stimulus amoris‹ dt., Eckhart, Thomas Peuntner, Heinrich Seuse. Papier, 345+I* Blätter, 29,5 × 21,5 cm, Melk, um 1440, Schreiber Lienhart Peuger, Bastarda, Mundart mittelbairisch. Beschreibung wird von Christine Glaßner (Wien) vorbereitet, vorläufig (mit Lit.): http://www.handschriftencensus.de/6066. Lit. auch Löser 1999, S. 49–50 und passim. Heinrich von St. Gallen, ›Acht Seligkeiten‹, Sonderredaktion, 39rb –55rb.

3.4 Textkritische Auswertung der Überlieferung Schematisch (und vereinfacht) kann die Überlieferung des Textes im folgenden Stemma dargestellt werden.²⁷ Die Überlieferung des edierten Textes teilt sich grundsätzlich in zwei Gruppen: *X1 und *Y1. Die Gruppe *Y1 hebt sich von der *X1-Gruppe (mit der Leithandschrift M1) durch folgende Lesarten ab (Me2 wird nicht immer berücksichtigt): Gefellig *Y2, gevelchleich *Y3 statt peha geleich (183v); enphint vnd versucht *Y2, chost vnd enphint Me1 statt kost (187r); vnd auch nicht willichleich fehlt (188r); erwelt statt aus ercho rn (ebd.); erwelt *Y2Me2, aws erwelt Me1 statt ausercho rn Ed. (auch ercho rn M1, auserkorn N*X3) (188v); si zu versehen *Y2, in fur ze sehen Me1, (im geänderten Zusammenhang:) wann got ist ir verseher Me2 statt in ze verwesen (188v); gewunnen G, gewinnen W*Y3 statt erchriegen (189r); (akcher) + vnd ander ding (189v); wisen vnd fu rsichtigen *Y2, wey˙sen *Y3 statt chlu gen (191r); gehan *Y2, gehabt Me1 (aber: genomen Me2) statt genomen (ebd.); (hie) + in disser zit *Y2, + in der zeit Me1 (ebd.); antlu t ze antlu t G, antlit ze antlit W, antlitz zw antlitz Me1 statt amplick zu amplick (194v); daz dar inn ist *Y2, die dar inn sind Me1 statt die in der welte sint (196r); widerkert *Y2, wider vmb ²⁷ Zu einem ähnlichen Ergebnis kam aufgrund seiner Teilkollation schon Gemke 1969, dessen Sigeln ich übernehme.

81

chert *Y3 statt wider v mb gewendet (198r); vnd auch wann sy sehen […] in der still des meres fehlt (199r); behu t statt peschirmte Ed. (peschirmt wart M1) (203v); kostleich Ed. (kostenleich M1) fehlt (205v); (die) schlaffigen vnd die tra gen G, schlauffenden vnd die tra gen W, trägen vnd die sla ffrigen Me1, tra gen Me2 statt slummenden vnd die sla ffrigen (212r).

Die prominente Stellung der Leithandschrift M1 im Stemma und die relativ hohe Zuverlässigkeit ihrer Lesarten wird durch einige Bindevarianten mit Hss. der *Y1-Gruppe bestätigt. So weist M1 folgende gemeinsame Lesarten mit *Y1 auf: Nach (fehlt N*X3) (199v); als statt also N*X3 (206v). Weiter bestehen insbesondere mit *Y2 einige Gemeinsamkeiten: Gewaltigisten M1, gewaltigesten *Y2 statt geweltigen M3*X5, gewaltigen S*Y3 (187v); verwandelt M1, gewandlot G, verwandlot W statt verchert NMe1, verbendet M3, verwent SM2, verwendett M4 (196r); trang M1, tru k vnd trang *Y2 statt trawrichait N, getwand M3, traẅren *X4, tru bsal *Y3 (197r); verpunden statt gepunden N*X4, punten Me1 (206v); pechennen M1, bekennen *Y2 statt erchennen NM3SM4, der chennen M2, merkchen *Y3 (193r); wider fehlt N*X3Me1 (210v).

Außerdem gibt es folgende Gemeinsamkeiten von M1 und Me1, die jedoch nicht ohne Weiteres als ursprünglich gewertet werden dürfen: In statt im (196r); so mugt ir nicht gen in das reich der himel (Ed.) fehlt (fehlt bereits im Archetypus?) (202v); chlainen statt chainen Ed. und andere Hss. (fehlt *Y2) (218r); po sleich statt v bel (218v); endringt M1, entringen mag Me1 statt entrinnt (223v).

Aus stemmatischer Sicht äußerst schwer zu beurteilen sind doppelte Querverbindungen von Varianten zwischen Hss. der *X1- und *Y1-Gruppe. Das Fehlen von ander Ed. (mit anderen M3, andrer S, ander *X5Me1) (211v) in *X2*Y2 kann ursprünglich sein, muss aber nicht, da ander u. Ä. nicht nur in *X3 belegt ist, sondern durch Me1 bestätigt wird.

82

Deshalb ist auch bei der Bewertung von Bindevarianten der *X2-Hss. mit Hss. der *Y1-Gruppe Vorsicht geboten. So sind etwa die Lesarten verhaist NMe1 statt gelu bt (187v), verchert NMe1 statt verwandelt (196r, auch s. o.), sterkch NMe1 statt steck Ed. (stab M1) (198v), fehlendes vnd ain grosser (213r), (tag) + so wirt er (215v) sowie Bernhardus N, sand pernhart Me1 statt Reichardus (219v) kaum ursprünglich. Die Hss. M1 und N weisen durch zahlreiche Bindevarianten eine enge Verwandtschaft auf (Gruppe *X2): Mu gen statt mu g²⁸ (183v); vnd fehlt (184r); pehaltent M1, behalten N statt gevelt (ebd.); po s vnd vngeordente 〈durchgestr.: lieb vnd〉 pegyrd M1, pas geordente lieb vnd begierd N statt vngeordente po se pegy rd (184v); vnser statt der (185r); pringt statt pringen (186r); dem statt den (ebd.); verdienent statt werdent (186v); cho men statt (er-)scheinen (187r); + da von sprach der her dauid herr wenn dein M1; + dauon sprach her dauid herr wann cho m ich zu erscheynen in dem land der lemptigen N (Interpolation durch Wiederholung, ebd.); + weltleicher M1, + weltleiche N (188r); den statt die (188v); ist fehlt (189r); nicht statt niemantz (193r); prist statt pricht (ebd.); von statt wann (193v); sy statt sich (194v); oft statt vast (195r); sta tichait statt sicherhait (196v); + so (197r); daru mb statt darin (197v); dirr M1, diser N statt der (197r; 197v; 206r); verpindet M1, pindet N statt verwunten (198r); perait M1, berayt N statt prait (ebd.); an ainem statt ainen (198v); das statt da (200r); vnd fehlt (200v); hernach statt darnach (ebd.); wiss(e) bzw. antwurt ich fehlt (ebd.); man fehlt (204r); auswelung statt auserwelung bzw. erwellu ng (204v); leib vnd an sel statt sel vnd an leib (205v); der gerechtichait sein statt sein der gerechtichait (207r); die ir statt die (207v); der da von chumpt statt die da von chomen (208r); (oder) + ain (ebd.); vernimpt statt war nimpt (mit *X5) (ebd.); nutzer vnd grosser statt grosser vnd nutzer (209r); ersterb statt sterb (ebd.); + der (210v); gegen ainem statt vber ainen (211v); gutichleich statt gutleich (ebd.); wegen statt willen (212r); wandern statt wandeln (212v); + vnd (ebd.); gots fehlt (213r); man fehlt (213v); + nu (215r); der fehlt (216r); der statt die (216r); chainr statt chaine (216v); + in (ebd.); + so (ebd.); + ein (ebd.); werch gezeug statt werch zeug (217r); + auch (217r); man fehlt (217v); fruchtichait statt fu rsichtichait (ebd.); inneren M1, in ern N statt nieren (218v); entu t statt ta t (ebd.); verschopten statt verstockten (ebd.); sam statt als (219r); wırt sehen statt sehen wırt (221r); ir statt er (222r); hat statt hiet (225r); ain stats senen vnd pega ren statt ain state senung vnd pega rung (ebd.); + der (226r); nicht fehlt (227v).

Direkte Verbindungsvarianten der *X3-Gruppe sind spärlich und stemmatisch zumeist wenig gewichtig, da Spontanentstehung möglich ist, was ähnliche Lesarten auch in einzelnen Hss. der *Y1-Gruppe zu bestätigen scheinen. Solche erscheinen jedoch selten geschlossen in der ganzen *Y1-Gruppe, daher wäre bei eventuellen Folgerungen auf ursprünglichere Lesarten in *X3*Y1 gegenüber *X2 äußerste Vorsicht geboten.²⁹ Auch Wortersatzfälle ²⁸ Bei den in dieser Auflistung angegebenen Vergleichslesarten handelt es sich um den Text der Ausgabe. ²⁹ Einige Stellen lassen eine gewisse sprachliche Affinität von *X3 und Me1 vermuten, z. B. also statt als (207r), begir statt pegyrd (ohne d-Epithese) (zweimal 213v), festen statt vestenen (218r), verdienlich (ohne t) statt verdientleich (218v), als statt sam (219r), euch statt ew (ebd.), aindleft statt ainlift (ebd.), fehlendes werden (225r).

83

wie stund *X3*Y2 statt zeit (213r) oder Numerusänderungen wie den hymeln *X3*Y2 statt dem hymel (220r) können in beiden Gruppen unabhängig voneinander entstanden sein. Die wenigen etwas deutlicheren Verbindungslesarten von *X3 sind: Die fehlt (184v); + der (ebd.); diennen (Pl.) statt dien (Sg.) (186v); helt M3, halt *X4 statt pehalt (188r); zw spricht (M3), zu pricht (S[M2]), czue prachtt (M4) statt pricht (prist M1) (193r); verbendet M3, verwent SM2, verwendett M4 statt verwandelt (196r); gemiltet M3, gemildet *X4 statt gemynret (vgl. dazu gemiltret *Y2) (198r); miltet M3, mildet *X4 statt mynret (vgl. dazu miltret *Y2) (ebd.); der statt dirr M1, diser N (206r); sam statt als (207v); behuettet M3, behut *X4 statt verhu t (208r); von einem geschlecht kumen statt chomen von aim geschla cht (210v); frewde statt frid (225r).

Von *X2 und M3 hebt sich durch zahlreiche gemeinsame Varianten die Gruppe *X4 mit den Hss. S, M2 und M4 ab: Ertötten statt ento rden (184r); gepresten SM4, prest M2 statt geprech (ebd.); wehaget statt pehaltent M1, gevelt Ed. (184r); vnd fehlt (185r); zu sprechung statt zu spruch (186r); (cho m) + vns (186v); als statt das (187v); er sprach die armen fehlt (durch Antizipation, vgl. S. 58) (188r); meiner statt mein (188v); sein fehlt (189r); + sunder (mer) (189v); äcker etc. statt vnd a kcher (ebd.); + mit (gedult) (190r); ÿetzunt statt ietz (ebd., 200r, 223v, 224r); Bernhart SM2, Bernhardus M4 statt Benedictus (191v); sprach statt spricht (ebd.); so fehlt (zweimal) (192r); irren S, irrent *X5 statt zo rn (193r); (Iohannes) + der ewangelist SM2, + ewangelista M4 (193v); verwent SM2, verwendett M4 statt verwandelt (196r); gesein statt sein (auch Me1) (196v); parmherczichait noch sa lichait S, salichayt *X5 statt stillechait (196v); traẅren statt trang (197r); wechümernüzze S, bechumernu zz *X5 statt chummernuss (197v); (got) + der (198r); am SM2, an dem M4 statt zu (199r); dreyer ersten umgestellt (200r); verdorbenleich S, verdurleich M2, verdurbenlich M4 statt verdienleich Ed. (verdientleich *X2) (ebd.); antwurt ich statt wisse Ed. (fehlt *X2) (200v); vngern ichtes umgestellt (200v); namen umgestellt (202v); (geo rdent) + werd (204r); bestatigt statt statigt (204v); chröndel S(M2), cchronczel M4 statt chronlein (205r); dÿ statt der (funften stat) (206v); zü streng statt alze streng (207r); naturen statt creaturen (ebd.); ÿn statt die Ed. (die ir *X2) (207v); + vnser (vater) (208r); seÿ statt ist (208v); innigen fehlt (209r); pey gesten SM2, pey westenn M4 statt peysten (210v); peÿ besten S, peÿ gesten *X5 statt peysten (ebd.); von dem fehlt (ebd.); wil sein umgestellt (ebd.); + legt vnd (gibt) (in S von gleicher Hand nachträglich ergänzt) (211v); gegenbürtigen S, gegenburtigen M2, gegenwütigen M4 statt gegenwertigen (213r); anfechtung statt anfechtigung (214r); den belonern statt dem pelonen (215v); + der (zeit) (216r); herr sand iacob S, Iacobe M2, Sandt Iacobus M4 statt Iob (218r); (aller) + fünff (218v); vnrewig SM4, vnrewigs M2 statt vnrw ig (219r); rewig SM2, reẅige M4 statt rwig (219v); aller sund fehlt (ebd.); geraÿnigt statt geraint (219v); weÿs man statt der weis (221v); + hin (nympt) (222r); dÿ menig S, menig *X5 statt vil (223r); oder statt vnd (223v); + von der (weishait) (224v); des gu tz statt des gu ten (225r); vorgenantten statt andern (ebd.); czwischen vnd enmitten statt zwisch enmitten (225v); der liebe fehlt (226r); ein fleust statt in sleuft (226v); so wirt er vns auch lieb haben fehlt (durch Antizipation) (227v); dÿ sein S, sein la wt *X5 statt sa mleich (ebd.); nicht umgestellt (ebd.).

Sehr deutlich ist innerhalb der *X4-Gruppe der Zweig *X5 mit den Hss. M2 und M4 auszumachen. Dessen Bindevarianten sind: Erparmung statt parmhertzichait (183v); hayden statt haid (184r); presten M2, gepresten M4 statt geprechen (184v); mit we statt mit wew (184v); vnderweisen statt vnderweisung

84 (185r); sam ainer statt als ewr hymelischer vater (ebd.); vnd spricht fehlt (186r); noch fehlt (187r); vnd fehlt (187v); in fehlt (ebd.); tugentleich statt taugleich (mit N) (188r); werdent statt wa rn (ebd.); wann die menschen, die nicht durch gotes willen fehlt M2, durch gots willen, wann die menschen, die nicht durch gotes willen vnd auch nicht willichleich arm sint fehlt M4 (ebd.); auch fehlt (188v); der welt M2, der wellet M4 statt erwelt (188v); dyemutig vnd hochuertig statt vnd den diemutigen ho chwirdigt er vnd M1, den diemu tigen ho chwirdig Ed. (189r); + so (stet) (mit N, ebd.); als fehlt (190r); vnd statt noch (190v); dez morgens statt das mo rgen (essen) (191r); nu fehlt (ebd.); auch ist das hymelreich fehlt (ebd.); vnd senftmu tichait (191v); tu statt getu n (193r); lugen haft statt lugenheftig (193v); (noch) + chain (197r); sprach statt spricht (197v); als statt sam (ebd.); trubsal vnd leiden M2, trubsal vnd in leidenn statt leiden vnd trubsal (198r); es fehlt (198v); die fehlt (ebd.); im M2, in dem M4 statt am (ebd.); durch fehlt (ebd.); hungert statt hunger (199v); die ist statt ist M1, Ed. getilgt (ebd.); er fehlt (ebd.); wann statt dann (200r); im statt nu (200v, 208r); verhu tten statt pehuten (201r); himlischen statt zimleichen (201v); volchomenew M2, volchumme M4 statt vnuolchomne (202v); mu g statt mo cht (203v); gu t statt got (204r); versmackchen statt vorsmecken (205v); an got hebt M2, an gott gehebt M4 statt an gehebt (206r); wesatt statt pestat (ebd.); erparmen statt erpa rmd Ed., der parmt M1 (206v); wainen vnd chlagen statt wain vnd chlag (ebd.); (pachlein) + vol vnd (208r); der fehlt (ebd.); vernimpt statt war nimpt Ed. (mit *X2) (ebd.); welchem wesen statt welher stat (208v); denchken M2, gedencken M4 statt danken (209v); doch fehlt (ebd.); ie fehlt (210r); lieb haben statt liebhaber (212r); merchkt M2, werckt M4 statt weckt (ebd.); ander waid statt ander wort (vgl. arbaitt S) (212v); also fehlt (213r); wirt statt pat (ebd.); helf statt hilft (215v); wann statt dann (216v); dar vmb daz statt wann (217r); nicht fehlt (217v); im statt in (ebd.); es fehlt (218r); nicht statt icht (219r); rew M2, rewt euch M4 statt rw t nˉ ii M2, Genesis ijo M4 statt Dewteronomio .v. Ed. (Crux) (220r); her Dauid: (219v); Ge Ich han mein hertz geneigt. Vnd da von spricht fehlt (ebd.); die fehlt (220v); habt statt hat (ebd.); vnd statt vns (ebd.); gesehen statt gesehent (221r); frewntschaft M2, frewnschafft M4 statt freunte (ebd.); werden fehlt (222r); gutleich statt gutichleich (222r); sand fehlt (222v); geit recht M2, gey–t M4 statt geben hat (223r); samt wirst M2, sam du wirst M4 statt sam wir (223r); manigualtichleichen M2, manigualtigklich M4 statt manigua ltichait (ebd.); die waren diemutigen menschen statt ain warer diemu tiger mensch Ed. (ainen waren diemu tigen menschen M1) (223v); reuig statt rwig (225r); fraw d statt frid (ebd.); mit fehlt (225v); pain statt gepain (226r); nie statt nue (ebd.). Einige Verb-Pronomen-Kontraktionen in der 2. Pers. Sg. werden in dieser Gruppe aufgelöst: wirst dw statt wırstu (221r); pist M2, pist dw statt pistu (224r); solt dw statt soltu (227r). Nicht selten kommen in dieser Gruppe latinisierte Formen der Eigennamen vor (manchmal erscheinen sie sogar in der ganzen *X4-Gruppe, manchmal hingegen nur in M4): Sand der trost Bernhardus M2, sanctus Bernhardus M4 statt sand Bernhart (184v); Paulus statt Paul (188v, 194r [zweimal, ganz *X4], 203r, 210r, 222v [zweimal]); paulus statt Paulo (194r, 194v); Bernhardus statt Bernhart (ganz *X4, 190r); Augusstinus statt Augustein (202v, 205v [zweimal, ganz *X4]); Ezechielis statt Ezechiel (213r [zweimal]).

Diese beschriebene Struktur der *X4-Gruppe wird allerdings in ihrer Kohärenz durch zahlreiche SM4- und einige SM2-Bindevarianten gestört. Die wichtigsten gemeinsamen Lesarten von SM4 sind: Des statt das (185r); verplenden statt verplendet (185v); (gewissen) + frid seczent (187v); (vernunft) + das ist (ebd.); so fehlt (188v); sand fehlt (190r); söliche armu t S, solchew armut M4 statt sulch (ebd.); sich [nachträglich ergänzt in S] […] chümert statt chummer

85 (hat) (190v); (herwerg) + haben (191r); ist fehlt (193v); peÿ westen peÿ S, pey besteen vnd M4 statt pesten pey (ebd.); gebrechenleichait S, gebrechenlichait M4 statt geprechleichait (195r); an irr S, an ir M4 statt in ırer (195v); der weise man fehlt (196v); der welt weishait statt die weishait der welt (197r); vor got ein torhait statt ain to rhait pey got (ebd.); in statt im (198v); auch fehlt (199r); dar statt der (ebd.); schuldig umgestellt (201v); so ist der mensch statt ist er (ebd.); lebent S, lebend M4 statt leben (204r); (ainr andern) + stat (206v); (oder) + zü (207r); (straff) + oder (ebd.); in statt im (207r); (diensthaft) + erczaigen (210r); (Augustein) + gesprochen hat (210v); (nach volgte) + do er sprach (211r); (die) + seinen S, + sein M4 (ebd.); iren dienärnˉ mit fleiß lonen statt ir diener mit fleisse pelonent (211v); als fehlt (ebd.); (peweist) + die (ebd.); vnd was sy tu n su llen fehlt (durch Antizipation) (212v); (ist) + das (213r); des statt daz (213v, 214r); (du) + aber (215r); (tag) + so sich […] (verainen ) + sol (215v); (mals) + so (in S von derselben Hand nachträglich ergänzt) (220r); in statt an (220v); vnd hut fehlt (222r); mit wille S, mit willen M4 statt muetwill Ed. (mit will *X2!); volharren statt volharrung (227r).

Die wenigen Bindevarianten von SM2 sind: Chinder gots umgestellt (187v); smack statt vorsmack (199r); öbreren statt obren (201v) sowie obreren statt obern (ebd.); volg S, volig M2 statt volgt (215v); verstoppten S, versto ppten M2 statt verstockten Ed. (verschopten *X2) (218v); allen fehlt (224r).

Allerdings sind in der *X1-Gruppe auch noch andere Querverbindungen bzw. Handschriftenaffinitäten zu beobachten, deren Erklärung aufgrund der erhaltenen Textzeugen schwierig ist. Es handelt sich dabei insbesondere um Varianten, die jeweils den Hss. NM3, NS sowie M3S gemeinsam sind. Die Hss. NM3 sind durch folgende Lesarten verbunden: Sunder statt mer (184r, 192r, 195v, 197r); alain statt newr (188r); zu fehlt (190r); so fehlt (197r); erledigen statt ledigen (198v); vnd artzney fehlt (199r); (disciplin) + vnd zucht N, + das ist czucht M3 (201r); ewch statt auch (207v); (golt) + vnd edels gestain N, + oder edelgestain M3 (208v); + nicht N, + nit M3 (murmelent) (211r); vntz statt pis (ebd., 214v); also statt als (211v); + wann (ich) (212v); chro n N, chro nen M3 statt pechronen (215v –216r); wol fehlt (219r); zehawf gesammet sein N, gesamet sein M3 statt zehauff chomen (220r); gots statt des herren (221v); geraynet statt gerainigt (ebd.); mynnsam statt liepleich (auch M2) (227v).

Die Hss. NS haben die folgenden gemeinsamen Varianten: Ebenkristen statt eben menschen (184r); (auch) + mer (188v); auch fehlt (190r); (daru mb) + so (191r); es ist nicht gu t N, es nichtz gu ts ist S statt nichtz gu tz (197v); gewu rcht N, gewüricht S statt wu rket (204r); der statt die (212v); ains tags fehlt (213r); des andren mals sol ain gu t hertz statt ain gu t hertz sol des andern mals (219v); naaman statt Neeman (221v); vnd gutichleich fehlt (222r); dieselbig N, die selbigen S statt die selben (223r).

Die Hss. M3S weisen die folgenden Bindevarianten auf: Auff statt zu (185v); pauls statt Paul (ebd., 188v, 203r, 210r, 217v, 220r, 222v, 227v [mit M4]) sowie pauls M3, paw ls S statt Paulo (194r, 194v) sowie pauls statt Paulus (220v); vmb statt vnd (187r); hat fehlt (188r); swester vnd pruder statt pru der vnd swester (189v); haben umgestellt (190r); sprach statt spricht (194v); auff nēmer M3, auf nemer S statt annemer (197v); mag statt mu g (203v); vnleidlichait statt vnleidpa rcheit (206r); des statt daz (206v); lieb haberin M3, liebhaberin S statt liebhaber (212r); vermeiden statt gemeiden

86 (214r); chindes statt su ns (ebd.); es statt in (ebd.); chom M3, cho m S statt chumpt (215v); chronen M3, chro nen S statt pechronen (ebd.); nit statt icht (nicht *X5) (219r); haben oder behutten M3, behu tten S statt verhuten (222v); Iesus fehlt (223r); lucifern statt Luciferum (224r); (sunder) + das (ebd.); möchten statt mochten (224v).

Alle drei Hss. NM3S besitzen auch gemeinsame Varianten: behuten statt verhu ten (201r); wenig statt wintzig (206r). Außerdem weisen die Hss. NM4 gemeinsame Varianten auf: vor statt ob (195v); chinder gots umgestellt (224v). Einige wenige gemeinsame Lesarten scheinen die Hss. M3M2 zu verbinden: Frendschaft M3, frewntschaft M2 statt veintschaft (193v); vnd gedultig darinn sint, vnd daz er doch in vil geluk vnd gesunthait vndanckpar fehlt (durch Antizipation) (196r); in der velt M3, in der welt M2 statt nider velt (211v); siechtung statt siechtu m (ebd.).

Auch die Hss. M3*X5 haben einige Gemeinsamkeiten aufzuweisen: Freuden statt frewnten (frewnte M1) (188v); sich statt sy (209v); weislichen statt fleissigen (210r); vermaynung M3M2, vermaynumb M4 statt vermanung (212r); oder statt vnd (213v); rainigt statt rainig (221v); mu gen fehlt (223v).

Darüber hinaus sind einige gemeinsame Lesarten von N*X4 auszumachen: (Erparmherzichait) + dy su nder NS(M2), + den sunder M4 (211v); das statt des (213v); verlassen statt gelassen (214r); so fehlt (215r); rainiget N, raÿnigt *X4 statt raint (217r); ervorchtlich N(*X5), forichtleich S statt vnerforschleich (218v).

Einige gemeinsame Lesarten der *X1-Handschriften sind aus stemmatischer Sicht besonders schwer zu erklären, etwa: Wintzig *X2*X5 (und Ed.) statt wenig M3S*Y1 (193r); daz ewig leben *X2*X5 statt in dem ewigen leben M3S*Y2Me1 (195v); grosser M1M3 statt ro scher N*X4*Y2, sneller Me1; vberwendige M1(M3) statt auswendige NSM2, auswendigkait oder sölichew M4 (fehlt *Y1) (216v); vnmu ssigenn NM4 statt vnmassigen (219r).

Natürlich ist eine jeweils unabhängige Spontanentstehung der Lesarten nicht auszuschließen, wie unwahrscheinlich sie manchmal auch erscheinen mag. Als einen Kontaminationsfall glaube ich hingegen die Verbindung der Hs. S mit der *Y1-Gruppe identifizieren zu können. Allerdings spricht die Schriftgestalt der Hs. S (Korrekturen, Nachträge u. Ä.) nicht sehr dafür, dass bei der Entstehung dieser Hs. die Versionen *X1 (bzw. *X4) und *Y1 zum Vergleich hinzugezogen worden wären; wahrscheinlicher ist die Kontamination bei einer Vorlage von S erfolgt.³⁰ In etlichen Fällen könnten die S*Y1³⁰ Allerdings würde das durchgestrichene oder chlainfugleichait (206r, s. u.) dafür sprechen, dass der Schreiber zunächst eine *X1-Vorlage benutzt hatte, sie aber dann nach einer *Y1Version korrigiert hat. Andererseits gibt der Schreiber jedoch einer *X4-Lesart den Vorzug, wenn er in einem Fall herr sand jacob nach der lieb ergänzt und vermutlich Iob tilgt (jacob

87

Lesarten ursprünglich sein. Die folgenden Lesarten stützen die Kontaminationshypothese: Vnd gegen seinem nachsten vnd gegen Ed., fehlt *X2M3*X5, vnd gein seinem nagsten vnd gein S, vnd gen synē nehsten vnd gen G; vnd gen sinem nechsten vnd gen W, vnd gegen seinem nachsten vnd gegen Me1, hintz seim nachsten vnd Me2 (183v); vnd spricht S*Y1 und Ed., fehlt *X2M3*X5 (184r); doch fehlt S*Y1 (189r); die dritten *Y1, der dritten S (und Ed.) statt der andern *X2M2, der M3, einer anderen M4 (195r); vnd durch gots willen Ed., fehlt *X2M3*X5Me2, vnd durich gotz willen S, vnd dur gotz willen G, vnd durch gotz willen WMe1 (ebd.); des statt der (hertzen) (202v); endt S, end *Y2Me1 statt tod (entstanden durch Wiederholung) (204v); 〈durchgestr.: oder chlainfu gleichait〉 das der mensch dann an mittel der czeit in einem augenplick chömen mag wo er hin wil Des dritten mals mit subtilhait S, daz der mensch an mittel der zit komen mag wo er hin wil Vnd des dritten mals mit subtilkait G, das der mensch on mittel der czitt komen mag wa er hin wil / Vnd des dritten mauls wirt der lib ersatt mit subtilikait W, also das der mensch an irrung der zeit in einem augenplikch oder in ainer chlain weil Me1, daz der mensch dann an mittel der czeit in einem augenplick cho men mag, wo er hin wil. Vnd des dritten mals mit subtilhait Ed., fehlt *X2M3*X5 (206r); die speis SMe1, sy spis *Y2 statt die speisen sol (209v); er sol sich auch lassen mit ganczer rew beichtnusse vnd beserunge von allen iren sünden S, er sol sy och lo sen mit gantzer ru w ‧ bicht ‧ buz ‧ vnd bessrung von allen iren su nden G, er sol sÿ och lo sen mit gantzer ru w bicht buß vnd besrung von allen jren su nden W, er schol sey˙ auch lo sen mit grazzer rew peicht vnd puezz vnd pezzrung von allen irn su nten Me1, er sol sy auch lo sen mit ganczer rew, peicht, puezz vnd pessrung von allen iren su nden Ed., fehlt *X2M3*X5 (210r); ta t S*Y2Me1 statt entu t *X2, te t M3, tu t M2, tuet M4 (218v); gehorsam S, gehorsami *Y2, gehorsam Me1 statt gehorsamchait (220r).

Nicht mir der ganzen *Y1-Gruppe, doch immerhin mit *Y2 ist S durch die folgenden Varianten verbunden: Pewa rung S, beweru ng *Y2 statt pewa rarinn (185v); vnd abprechung des leibes gelust S, vnd abbrechung des libs lust vnd ander ding *Y2, fehlt sonst (186r); verdient habent S, verdienotind G, verdienotent W statt werden haben (187v); diemu tig vnd hochwirdig S, demutig vnd hochwirdig *Y2 statt den diemu tigen ho chwirdig Ed. (vnd den diemu tigen ho chwirdigt er vnd M1) (189r); ir ende su chen S, ir end suchent noch han wend *Y2 statt nicht ensu chent (191v); (gu tichait) + vnd senfftmu tichait S(W), + vnd senffmutikait G (193r); durch den fehlt S*Y2 (198v); (also) + wan sÿ wider stett aller anfechtigung S, disu vierden salikait won sÿ widerstat aller anfechtung G, dise vierden sa likaitt wan sÿ widerstantt aller anfechtung W (199v); (dritte) + gerechtichait (203r); chainer seÿ S, dehainer syg G, dehaïner sy W statt chainr (204r); vorsmack S*Y2 statt vorsmecken (205v); welichem stant S, welchem stat G, welhem stant W statt welher stat (208v); beholffen sind S*Y2 statt helfent sint (vgl. auch geholffen sind Me1) (208v); erheben S, erhebent *Y2 statt v berhebent (211r); plu t S*Y2 statt pluten (221v).

Ob es sich bei der folgenden gemeinsamen Lesart von SM4 und *Y2 um den ursprünglichen Text und/oder um das Ergebnis einer im Detail schwer auf unleserlicher Rasur) (der liebe Iob *X2W und Ed., job M3, der lieb Jacobe M2, Sandt Iacobus M4, ain wirdiger lerer G, sand Iob Me1) (218r). An einer anderen Stelle richtet er sich ebenfalls nach der *X3-Lesart frawd und tilgt frid von *X2Me1 (*Y2 liegt hier nicht mehr vor) (225r).

88

erklärbaren Kontamination handelt, muss offen bleiben: (lat ir aussen) + vnd vnder wegen SM4, vnderwegen land *Y2 (202v). Eine Bindevariante scheint auch den ganzen Gruppen *X4 und *Y1 gemeinsam zu sein: ir lon ist auch grosser dann der andern chainer wann got sehen ist grösser SM4, ir lon ist auch grozzer M2, er lon gro zer ist (in verändertem Kontext) G, ir lon gro sser ist (in verändertem Kontext) W, ir lan ist grozzer Me1 statt got sehen ist grosser (216v). Wahrscheinlich ursprünglich ist die in *X2S*Y2 erhaltene (und sonst fehlende) Lesart nicht die vnfridleichen vnd die ains po sen willen sint M1, nicht die vnfrydleich sind vnd ains po sen willen sindt N, nicht den vnfridleichen vnd dÿ eins pösen willen sind S, nit 〈durchgestr.: die ains〉 den die ains bo sen vnd vnfridlichen willen sint G, nit denen die ains bo sen willen sint W (185v). Ob die M3-Lesart nicht end suchen statt nicht ensuchent (191v) mit der S*Y2-Variante ir ende su chen S, ir end suchent noch han wend *Y2 stemmatisch verwandt ist oder ob es sich in M3 nur um eine d-Epithese der Verneinungspartikel handelt, ist nicht zu entscheiden. Eindeutig ist allerdings die Lesart chindes M3, chindtz S, kindes *Y2 statt su ns den Hss. M3S*Y2 (214r) gemeinsam. Die Kontaminationsverbindung von S und *Y1 wird möglicherweise auch durch einige gemeinsame Lesarten von S und Me1 bestätigt: Versma chung S, versmähung Me1 statt versmecheit (192r); versma chen wir seÿ pilleich S, ist sÿ pilleich zw versma hen Me1 statt versmechen (versmech M1) wır sey (197v); lieben herren Jhesu Christo S, lieben herren Me1 statt herren (Jhesum Christum auch M4) (202v); gru ntleiche raÿnichait S, gotleiche rainnigung Me1 statt gotleich maynung (216v); der erden S, erden Me1 statt erdreich (217v); gesunt statt gesehent (221r); rot statt rost (222r); niderziehent vnd reissent S, nider ziehen vnd reizzen Me1 statt nider reissent (223r); dar zu macht es den menschen ingeistleichen fehlt (227r).

Einige wenige Varianten sind auch SM4 und Me1 gemeinsam: Iren dienärnˉ mit fleiß lonen S(M4), irn dienärn mit fleizz lanent Me1 statt ir diener mit fleisse pelonent (211v); pesten SM4Me1 (und Ed.) statt guten M1, pessern NM2 (218v); nÿemant SM4, ny˙mbt Me1 statt iemantz (218v); (reinen) des fehlt (herzen) (219v); pebegt SM4, pewegt Me1 (und Ed.) statt pewegent *X2(M3M2) (225v).

Schwer zu erklären ist die Durchmischung von *X1 und *Y1 in der Lesart wesen M1, wesens N*X3G (und Ed.), lebens *Y3, lebens vnd wesens W (196r). Abgesehen von der S-Kontamination hat auch die Hs. N einige wenige Varianten mit den Hss. der *Y1-Gruppe gemeinsam: Sy N*Y2(Me1) (und Ed.) statt sich M1*X3 (210r); su llen wir sy versma chen N, sond wir sy versmachen *Y2 statt versmechen (versmech M1) wır sey (197v); ru ete N, ru t *Y2 statt gert (198v); werden mocht umgestellt NMe1 (183v); verchert NMe1 statt verwandelt (196r); (tag) + so wirt er NMe1 (215v).

89

Wohl ein Einzelfall bleibt die M3*Y2-Lesart (aber) + der her (184r). Die jeweiligen Binde- bzw. Trennvarianten der Gruppen *Y2 und *Y3 können hier nicht umfassend genannt werden – dafür sind die Unterschiede dieser Redaktionen zu der *X1-Gruppe zu umfangreich. Einige wenige Fälle sollen jedoch angeführt werden, um die Gültigkeit des vorgeschlagenen Stemmas wenigstens repräsentativ zu demonstrieren. Die alemannischen Hss. G und W, die ich in der Gruppe *Y2 zusammenfasse, stellen eine eigene Redaktion des Textes dar. Trotz gravierender Veränderungen sowie zahlreicher individueller Lesarten beider Hss. bleibt diese Version bis in die sechste Seligpreisung hinein dem Grundgerüst des X1-Textes treu. Ab 222v jedoch weichen beide Hss. von *X1*Y3 völlig ab, und mit dem Ende der sechsten Seligpreisung endet diese Version. Die Gruppe *Y2 hebt sich durch sehr zahlreiche gemeinsame Varianten ab; davon sollen hier einige Beispiele genannt werden: Wo mit statt mit wew (183v, 205v); wolgeuelligest statt pehegleichist (ebd.); vnd mit warer fehlt (ebd.); + fechtent (vnd arbaitent) (184r); neyd fehlt (ebd.); naturlich maister statt haid (ebd.); (wollust) + vnd mutwillen (184v); iungste statt leste (185v); davon sprach der engel am (an W) dem geburtlichen tag christi statt wann der engel sprach (ebd.); dik statt oft (186v); mynne statt lieb (ebd.); verschlissen statt verzert (187r); (o rden) + oder husern G, + oder hu ser W (190r); der morgen gen dem abent des ewigen lebens statt das mo rgen essen (191r); von schaffens vnd sel gerates wegen ir statt der armen von geschefts wegen vnd schikchung (191v); ioch statt halt (192v); gaist statt tewfel (ebd.); dem ertrich statt dem N*X4 (und Ed.), den M1M3 (194r); allein bzw. alle statt nur Ed. (195r und 195v); vppiger statt eytel (195v); recht statt gericht (196v); vppikait statt eytelchait (197r); zu versicht vnd getruwen statt hoffenung (197r); gantzlich statt volchomenleich (volchomenleichen M1) (197v); solich wainde menschen G, in so llichem wainen die menschen W statt sy (sei M1) (ebd.); (student) + oder ain schu ler G, + oder schu ler W (198r); siecher kranker man statt chrankcher (198v); so statt als Ed. (sam M1) (199r); vnd auch wann sy sehen, das sich ır gesellen […] recht sam ain gevangner, den man ledigt fehlt (199r); mynnen statt lieben (200v); vnuermasgoti statt vnuerma lgte (202r); zeklaini statt wenig (202v); vssnan statt auswendig (203r); vor statt vnder (vn zerret von M1) (203v); vernunfig G, vernu nftig W statt chlu g (204v); witzigen statt chlu gen (ebd.); dem durstigen G, dem gedu rftigen W statt seinem eben menschen Ed. (206v); vngeschikt statt vntaugleich (vntugentleichen M1) (ebd.); zuchtmaistrin statt zuchtarinn (207r); vermitet G, vermitten W statt vernicht (ebd.); (trost) + vnd och mit hilff (ebd.); iungsten statt lesten (ebd.); ir sond G, ir so llent W statt die (die ir *X2) (207v); gebresthafft statt geprechenhaft (prechenhaft M1) (ebd.); ainigen statt innigen (209r); mit Christo statt mit im (fehlt M1) (209v); an seinr sel fehlt (ebd.); vbel statt po s (210v); ziechen statt laiten (ebd.); (furcht) + also tu t och got (ebd.); siechtagen statt siechtu m (211v); mynnenden sel statt liebhaber (212r); + gefu rt vnd (gehabt) (212v); ledig vnd los machot statt ledigt (erledig M1) (213r); grosser fehlt (gantzer M1) (213v); + kraft oder (macht) (ebd.); (speiste er sy) + mit fu nf girstinen broten (bro tlin W) vnd mit zwain vischen (fischlin W) die er wunderlich merot vnd manigualtigot (215r); spra ch fehlt (sprach M1) (216v); tu nkel verfinstert statt vinster vertumbert (vervinster vertumbert M1) (217r); do von ain alter hailiger wissag spricht statt da von stet geschriben Dewteronomio .v. (Crux) (220r); sehen mu g statt sehen wırt (wırt sehen *X2) (221r); bidment statt erschreckent (221v); erzogent uch G, erzo gent u ch W statt peweist ew (222r).

90

Die beiden *Y3-Handschriften des Melker Schreibers Lienhart Peuger sind durch zahlreiche Lesarten miteinander verbunden. Die Abhängigkeit der Hs. Me2 von Me1 ist deutlich zu erkennen; hier seien nur ganz wenige Beispiele für Bindevarianten genannt: Herschen statt reichsen Ed. (reixen M1) (186v); chlainen statt ka men (ka mem M1) (188v); vnd da von spricht auch sand Iacob: Hat nicht got die armen aus erchorn? Sam er spra ch: Ia, er fehlt (188v); vngern statt vnwillichleich (189r); merkchen statt pechennen (193r).

Zur Kollation durchgehend herangezogen wurde von diesen beiden PeugerHss. nur Me1, eine Abschrift, die Lienhart Peuger noch vor 1419 vermutlich in St. Lambrecht angefertigt hatte. Die um 1440 in Melk entstandene zweite Handschrift enthält so weitgehende Änderungen, dass sie zwar stellenweise als zusätzliche Stütze für bereits begründete stemmatische Konstellationen und editorische Eingriffe dienen kann, als Kollationstext jedoch nicht geeignet ist. Der Laienbruder nimmt sich die Freiheit, ganze Passagen grundlegend zu überarbeiten und sogar Zitate durch andere zu ersetzen. Um eine grobe Vorstellung von der Art dieser Bearbeitung zu vermitteln, drucke ich hier den Anfang der Predigt über die vierte Seligpreisung (199v –200r; 45vb –46ra Me2) mit dem Editionstext paralell ab:³¹ Ausgabe

Me2

Und von der vierden saelichait. Als der herr sprach: »Saelig sint die, die hunger vnd durst habent nach der gerechtichait, wann sy werden ersett.« Vnd wiss, daz die vierd gab des hailigen gaists, daz ist gotleichew sterk, die tu gent wurket, also das der mensch nicht la t, daz er tu n sol, vnd auch nicht tu t, daz er lassen sol, vnd daz er ain pegyrung hat, daz furbas noch volcho menleicher ze tu n, vnd pegert daz nicht allain an im selben, sunder auch an allen andern menschen. So du nu fragst, waru mb hat der herr die saelichait an dew vierd stat gelegt, so wiss, das die ersten drey dem menschen no t sint gegen got, dem wır des ersten genu g tu n vnd wol gevallen su llen nach vnserm vermu gen. Die andern sint aber dem menschen no t, daz er sich o rdenleich chu nne gehalten nicht allain gegen got, auch gegen im selben vnd gen seinem nachsten. Vnd

Dy˙ vierd sa lichait Dy˙ vierd sa lichait ist als der herr iesus sprach Sa lig sind dy˙ da hungert vnd tu rst nach der grechtichait wann sy˙ wern ersatt Da ist ze wissen das dy˙ vierd gab des heiligen geists ‧ das ist go tleiche sterkch also wu rcht das der mensch nichts la t das er tuen schol vnd tuet auch nichts das er lazzen schol hintz im selber vnd auch hintz andern menschen Wann dw nw fragst war vmb der herr iesus dy˙ sa lichait an dy˙ vierden stat gelegt hab So wizz das dy˙ ersten drey˙ tugent dem menschen nat sind das er sich nicht allain gein got chu nn arnleichen halten sunder auch gegen im selber vnd gein seim nachsten

³¹ Gemke 1969 druckt im Rahmen seiner Ausgabe der Predigt über die dritte Seligpreisung den Me2-Text parallel vollständig ab.

91 Ausgabe vnder den ist dew vırd, das ist hunger vnd durst nach der gerechtichait, wann durch die ersten drey wirt er gegen im selben wol geo rdent, das in die zergenckleichen ding nicht verlaitent von got, aber durch die gerechtichait wirt er auch gegen got vnd gegen seim nachsten wol geordent, das er sich gegen den nicht missehalt. Auch hat er sy gelegt an dew vierdew stat, wann ir lon grosser ist dann der dreyer ersten, wann es ist grosser in lust vnd frewden ersett werden denn newr allain getro st werden. Doch die ersettung wırt nicht volchomenleich hie in dırr zeit, sunder in dem ewigen leben. Wann du aber fragst, waru mb sprach er nicht nu r: »Saelig sint die hungrigen«, vnd het nicht gesprochen noch dar zu gelegt »nach der gerechtichait«, da soltu wissen, daz mangerlai hunger ist, vnd der ist etleicher po s, etleicher nicht po s, vnd doch nicht verdienleich, etleicher ist gu t vnd verdienleich. Der posen hunger ist vil, wann etleiche menschen habent grossen hunger nach zeitleicher ere vnd weltleicher weishait vnd chunst in weltleichen vnd leipleichen vnd geistleichen dingen vnd auch nach zeitleichem vnd zergengleichem gut. Vnd der pegyrleicheit wechset an ende, sunderleich nach zeitleichem gut. Vnd da von sprach her Dauid: »Die reichen habent armu t gehabt vnd hunger.«Der ietz genanten wirt auch chainr ersett. Da von sprach Ysaias: »Mein diener werdent essen, aber ir wert hunger haben.«

Me2

Dar vmb hat sy˙ der her nach in gelegt das ir lan gro zzer ist dann der ersten dreyer ainer

Wann dw aber fragst war vmb sprach er nicht allain sa lig sind dy˙ hungrigen ‧ vnd nicht nach der grechtichait So wizz das manigerlay˙ hunger ist ‧ der ist ettleicher po s vnd ettleicher nicht po s vnd ist doch nicht verdienleich vnd ettleicher ist guet vnd verdienleich. Des po sen hungers ist vil ‧ wann ettleich menschen hungert vast nach der welt weishait vnd chunst vnd nach irm reichtumb vnd von der pegier wa chst vil pegerns sunder nach tzeitleichem guet vnd wern doch dar inn nicht genu egig ‧ Als Seneca spricht wer den durst an geitichait leschen wil dem ist als aim der seinen durst mit gesaltzem wazzer wil leschen den durst dester mer ‧ Also tuet das tzeitleich guet ye mer des ainer gewint ye mer er sein pegert ‧ Dar vmb spricht Abacuk Der geitig peraitt sein sy˙n nach hab als dy˙ hell vnd wirt ny˙mer vol als der to d ‧ Dar v ber spricht sand pernhart Es ist gar ein po se gewanhait das der arm vnd sno d mensch pegert weltleichen reichtum durch den der alma chtig got ist willichleichen arm warn

Trotz der deutlichen Abhängigkeit der Hs. Me2 von Me1 ist es nicht völlig auszuschließen, dass Peuger seine eigene frühere Abschrift Me1 für die spätere Me2-Redaktion nicht als alleinige Vorlage benutzt hat. Dies ist aber aufgrund der weitreichenden Änderungen in Me2 sehr schwer zu beurteilen. Einige seltene Lesarten, die Me2 mit anderen Hss., aber nicht mit Me1 gemeinsam hat (z. B. wider got SM2Me2*Y2 statt wider sy M3M4Me1

92

[184r]; kost *X1Me2 statt enphint vnd versucht *Y2, chost vnd enphint Me1; genomen Me2*X1 statt gehan *Y2, gehabt Me1 [191r]), sprächen noch für eine andere Vorlage.

3.5 Sprache und Stil Für die mundartliche bzw. schreibsprachliche Charakterisierung des Textes verweise ich auf die Analyse der Handschriften, insbesondere der Leithandschrift (S. 43–48). Darüber hinaus soll hier jedoch auch auf lexikalische, syntaktische und stilistische Eigenheiten der Predigten eingegangen werden. Im Bereich der Lexik ist – vom durch das Thema vorgegebenen Wortschatz abgesehen – die häufige Verwendung verschiedener Ableitungen von mhd. orden bzw. ordenen hervorzuheben, z. B. geordent (200r), ungeordent (184r), o rdenleich (199v), vno rdenleich (191r), ento rdent (192v), ordenung (207r). Beispielhaft dafür mag auch der folgende Satz sein: Vnd der tut wider die ordenung gots, der allew ding in ordenung vnd in zal gesatzt hat, vnd wann geo rdente liebe ist, die an ir selb des ersten an hebt (203r). Charakteristisch ist auch die wiederholte Benutzung der Adverbien pilleich (›zu Recht‹) (z. B. 207v, 208r) und gar (z. B. 215r), ein sehr beliebtes Füllwort ist so, z. B. in der welt so habt ır trang vnd leiden, aber in mır so habt ir frid (197r). Sehr häufig sind die Zirkumpositionen von […] wegen mit Gen. (z. B. von dreierlai sach wegen [192r], von des wegen [192r, 195r]) sowie durch […] willen mit Akk., aber bisweilen auch Gen. (z. B. durch gots willen [193r, 194v], durch eynen innerleichen tro st vnd auch durch ir sel saelichait willen, nicht durch eytel ere noch durch zeitleich gewinnes willen […] noch auch durch ander weltleichen sach willen [195v], durch ains heren willen [198r], einmal ohne willen: durch weltleicher eytelchait [218r]). Die Präposition nach erscheint auch in der Bedeutung ›in Bezug auf‹: nach der dritten chraft […] wirt die sele auch ersett (206r). In der Bedeutung von ›sondern‹ fungiert neben sunder vielfach auch die Konjunktion mer (vgl. S. 46). Das Verb ›lieben‹ wird regelmäßig nominal mit lieb/liep haben ausgedrückt: ir sult mit nichte lieb haben dew welt (im Bibelzitat für nolite diligere mundum) (193v), hab ich dich lieb gehabt (im Bibelzitat für dilexi te) (213r), wer lieb hat rainichait (im Bibelzitat für qui diligit cordis munditiam) (221r), wır […] werden auch von im liep gehabt. Vnd ob wır in liep haben, so wirt er vns auch lieb haben, wann in dem pu ch der spru ch: Die mich lieb habent, die hab ich lieb (im Bibelzitat für ego diligentes me diligo) (227v). Aus syntaktischer Sicht ist der Text sehr reich. Zu den gängigsten Konstruktionen gehören neben den parataktischen Verknüpfungen mit vnd, oder und aber: Hauptsätze mit einleitendem auch und Verberststellung; kausale Satzverbindungen mit wann/wenn (›denn‹); Konditionalsätze mit

93

wenn oder so (201r) oder nur mit Verberststellung (wert ir mit dem geist die werch des fleisches to ten [194r], wirt er anders an seinen lesten zeiten also erfunden [214v]); Relativsätze mit Relativpronomina (auch nur mit da [190r] bzw. mit Relativpronomen + da [191r, 191v, 192r]); vergleichende Modalsätze mit als oder sam mit Indikativ (›[so] wie‹) oder Konjunktiv Präteritum (›als ob‹ – bei irrealem Inhalt); konsekutiv angebundene Hauptsätze (eingeleitet durch da von [›daher‹]), Objektsätze mit daz; indirekte Fragesätze (eingeleitet durch sog. w-Ausdrücke: wenn aber der mensch fragt, wie mangerlai ist armu t des gaists [190r], mit Konj. Präs.: wenn du aber nu fragest, welhen menschen der herr parmhertzig well sein [210v]). Des Weiteren kommen folgende Satztypen vor: Subjektsatz: das gehort diemu tigen vnd milten hertzen zu, das sy da su nd fu rchten (190r). Objektsatz mit indirekter Rede in Konj. Präs.: das sand Augustinus spricht, es sey daz gantz lan (187v). Komparativsatz: er fo rcht im wirs v mb ain ta gleich su nd, dann er etwann todleich sund gefurcht hat (190r). Konjunktionsloser Relativsatz mit disjunktiver Konstruktion es sey […] oder: armu t aller zeitleichen ding […] es sey reichtum oder vngeordente freuntschaft der welt oder ander sorgualtichait der welt (189v), seinem obren, er sey pos oder gut (201v), creaturen […] sy sein in hymel oder auff erden (207r). Temporalsätze: do er pat erku lung seinr zung (191r), do im daz volch pis an den dritten tag nach volgte (211r); die weil sy in der vnschuld stunden (194r), die weil er in sunden gewesen ist (195r), die weil wır in diser zeit leben (196v), die weil er daz nicht getan hat (206v), die weil sy von den sunden gelait werden (217v), die weil sich der mensch nu r zu den po sern scha tzt (224r), die weil der prautigam mit in ist (225r); als oft er es tut (210v), wie oft sich der mensch pechert von seinen sunden (213r); zu welher zeit der mensch erseuft v mb sein su nd (213r). Lokalsätze: da chain su nd ist (190r), da er vil wunden vint […] (211v), mit Konj. Präs.: wa ich sey (ebd.). Konditionalsätze: ob er nicht mer vermag (207r); Konstruktionen mit ist/wer, daz: ist, daz ew reichtu m zuvall, so su lt ir (190r), ist, daz ir gerechtichait wu rchet (204v), ist, daz sich ain vnmylter mensch pecheren wirt (213r), ist aber, das poshait in meinem hertzen ist (221r); wer auch, daz ain mensch die andern funff all hiet (216v). Exzeptivsätze: Ohne Negation: es sey dann, daz der mensch volharr vntz an das ende (215v), es sey dann, daz die wol verhu t werden (219v), daz er nicht weis, in welher stund […] er sterben soll […] ez wolt denn got dem menschen von pesundern gnaden offenparen (196r–v), niemant parmhertzig mag gesein, er sey dann arm an dem geist vnd senftmutig vnd wain vnd chlag sein su nd vnd sei gerecht gegen got (206v), niemans chomen mag zu reinichait des herzen, er hab dann die funff vor genanten tugent (216r), niemantz zu aim gantzen frid seinr gewissen […] chomen mag, er hab dann die sechs vor genanten tugent all zemal (224v), niemant durcha chtunge leit durch der gerechtichait willen, er hab dann die andern saelichait alle (227v); negiert: es ensei dann, daz der mensch wol peharr an daz ende (204v). Konzessivsätze (teilweise mit konditionaler Nuance): ob sy nicht so gross arbait gehabt haben (187r), ob sy etwan zo rnent (192v); ob sy wol in der gemain etwas haben (190r), ob sy nu wol gu t sint (218v); ob in halt v bel zu gesprochen wırt (192v), ob in halt etwas widerdries geschicht (193r); wie wol daz erdreich […] auch gelu bt sey den armen des geists (194r), wie

94 wol sy seine veinte sein (212r), wie wol sy in oft grossleich erzurnt haben (212v); mit komparativer Nuance: wenn wie das ist, daz die reichen chauffent das hymelreich v mb dew armen, doch chauffen es die armen vil redeleicher mit armu t (191v). Konsekutivsätze: daz sy gots vnd go tleicher ding nicht wa r nemen (188r), daz er nicht volchomenleich darin getro st noch erfrewt mag werden (197v), daz er im nicht parmhertzig well sein (214r), daz sy nicht erparmung v ber in hab (214r); in attributiver Funktion mit Konj. Präs.: chintleichew fo rcht […] also daz er mensch […] sund furcht vnd vermeyde […] (189v –190r). Gelegentlich finden sich konjunktionslose Konsekutivsätze mit Konj. Präs., die formal dem exzipierenden Satz ähnlich sind (vgl. FG § S 305, 1 und MG § S 160): wann aber der mensch noch nicht genugig ist, er peger ersettung (187r), daz im chain mawr oder want widersten mag, er chom, war er wil (206r); mit Ind.: noch penu gt den menschen nicht, er pegert auch, daz er […] (187v); das letzte Beispiel erscheint auch als eine kausale Satzverbindung: noch penugt den menschen nicht gentzleich, wenn er pegert auch, das […] (187v). Finalsätze mit Konj. Präs.: daz er in setz […] (189r), das ir mit mır wo nt vnd esset vnd trincket (191v), daz sy es gu tleich auff nemen su ln (192r), das es der mensch durch gots willen tu vnd daz er gu t werch nicht vnderwegen las (203r); daru mb daz man in almusen geb (189r–v), daru mb daz ich Iesum Christum gewinn (195r). Modalsätze: als verr sy mugen (187v); korrelative Modalsatzverbindung mit Komparativen und ie – ie: ie volchomner der mensch die halt, ie pas er seinen o rden pehalt (188r); ähnlich mit wie vil – so vil: wie vil der mensch a rmer vnd diemutiger ist, so vil ist er auch tugentleicher vnd enpha ngleicher (188r–v), wie vil der mensch mynner chummer vnd pegyrd hat […] so vil wırt er tugentleich […] (190v), wie vil der mensch die ersten volchomenleicher hat, so vil mag er ho her vnd pas zu diser cho men (195r), wie vil der mensch gerechter ist, so vil wırt er mer lons auff heben (205r); ohne Komparative: wie vil die ding zo rn vnd v bel pringen dem menschen, so vil fu dert gutichait wider v mb (193r). Kausal-relative Hauptsatzanbindungen: wa von da statigt sy den menschen (204v), wo von da hat er gar vil pitter (209r). Vereinzelt kommen Partizipialkonstruktionen als Ersatz für einfachen Indikativ vor: die arme lewt trosten vnd in helfent sint (208v), inwendig stynckent sint (216v).

Im Bereich der Negation ist die Verneinung nicht am üblichsten. In wenigen Fällen kommt icht zum Einsatz (das ewr hertz icht peswart werden [185r, ähnlich 219r]). Als erweiterte Negationsform kann auch mit nichte fungieren (190v, 193v, 196r, 214r, 219r, 219v, 222v). In einem Fall trägt nicht vermutlich die Bedeutung ›nicht einmal‹ (daz er dar nach nicht het ze essen chleiben als die swein [200v]), recht häufig wird es aber auch noch – entsprechend dem klassisch mhd. Gebrauch – pronominal (›nichts‹) verwendet: si habent nicht (188v), da der mensch nicht hat (190r), du hast nicht pehalten auff das abent essen (191r), die hie nicht ır herwerg noch nicht ensu chent (zugleich eine Negationsanreihung und doppelte Negation) (191r–v), der mensch ist nicht anders dann erdreich (193v), wann der mensch nicht gehaben mag (196v), sunder, den er doch nicht schuldig was (208r), got […] verzeucht niemans nicht (zugleich doppelte Negation) (212v), daz sy nicht abelassen (215r). Daneben kommt aber auch bereits nichtz als Pronomen vor: si habent nichtz (194r), nichtz gu tz bzw. nichts gu ts bzw. nichtz guts (197v, 213r, 220v), nichts als vast widerstet der anefechtigung des tewfels sam parmhertzichait (208v), daz in nichtz geprech (215r), nu macht nichts das hertz vnrain (221v). In diesem Zusammenhang ist ebenfalls die positive pronominale Verwendung von ichtz/ichts/ichtes (›etwas‹) zu erwähnen: daz sy ichtz wider got getan habent (184v), daz er vngern ichtes wolt tu n, daz […] (200v), wen sy ichts gutes anheben (215r). Auf wenige Einzelfälle bleibt die doppelte Negation mit proklitischem en- und nicht beschränkt: da dew warhait nicht

95 enist (201r), dew ding, die er doch selber nicht enlat (203r). Zahlreich ist die zwei- (und mehr-)gliedrige Verneinungskonstruktion mit weder […] noch – teils in Verbindung mit nicht oder anderen Negationsformen – vertreten: daz in weder predig noch chainrlai go tleicher ding smekcht noch pehagt (184r), weder messer noch swert (186v), weder tod noch leben noch v bel noch gu t (186v), daz sy gu tz weder gedencken noch gesprechen muegent (218v –219r), daz sy sich nicht mysshalten weder gegen got noch gegen in selb noch auch gegen irem nachsten (205r), die nicht achtent der gerechtichait weder gegen got noch gegen in selben noch gen irem na chsten (217v), die mu gen mit nichte lang geleben weder leipleich noch geistleich (219r), sy schaden auch niemantz noch pegeren niemantz ze schaden, weder leipleich noch geistleich, wintzig noch vil (193r), die weder zu ır person noch auch in der gemain chain aigenschaft haben (190r). Dabei kann weder auch weggelassen werden: daz sy von iren su nden liessen durch dreuunge der ewigen pein noch durch verheissen des ewigen lebens (218r). Ebenfalls kommt das zweigliedrige Negationsmuster nicht […] noch vor: das er in nicht schalt noch slu g noch sties (192v), das er der gotleichen ding […] nicht erchent noch war genomen hat (216r), nicht des mundes noch des leibs auswendig (216v). Nicht kann im zweiten Glied wiederholt werden: die, der gemu t mit pitterchait nicht ento rdent wırt noch mit zorn nicht von guter vernunft verlait wırt noch auch zu po sem zo rn geraitzt (192v). Manchmal erscheinen diese Verneinungskonstruktionen in Verbindung mit chain: daz sy chain rede noch predig nicht pewegen mag (218r), daz chain gu ter gedanck noch petrachtung da nicht stat mag haben (219r), ohne nicht: in dem chain guter sam gru nen noch frucht pringen mag (219r). Ein Einzelfall ist die Verwendung von chain als alleiniger Negationsträger (daz ›vnser chains von im selb ainen gu ten gedancken gehaben mag‹ [207v]), gelegentlich tritt chain in Verbindung mit anderen Verneinungsformen auf: got wil doch chainen gerechten menschen nymmer gelassen (214r), ich hab chainen gerechten menschen nie gesehen verlassen (214r), er wil auch mit nichte chains vergessen (214r). Auch in positiver Funktion ist chain belegbar: es ist auch vnmu gleich, daz chain mensch, der nicht gerecht ist, mag gen in das ewig leben (202r), wenn im von hertzen leid ist, daz er ie chain sund getan hat (219v), ain gantz lieb zu gote mer dann zu chainr creatur (222v), wann ir [der siebten Seligpreisung] lon grosser ist dann der andern chainr (225r). Eine weitere Form der Verneinung ist das übliche Negationspräfix un-, z. B. in vngeordente (184r), vnsaelig (193r), vnleidpar (ebd.).

Auf dem Gebiet der Kasussyntax sind in erster Linie die verschiedenen Funktionen des Genitivs hervorzuheben. Sehr zahlreich erscheint adverbaler Genitiv als Objektkasus: wer des […] praucht (191r); des helf vns die hailig driualtichait (191v), des trosts helf vns got allen (199v), des helf vns got (216r, 224r); daz sy des mit der vernunft geweltig werden sein (194r); die aber des nicht tu nt (195v); die der eyteln frewd der welt nicht su chen (195v); der herr wırt mir meinr arbeit dancken (205r), danken seinr marter (oder Dat.) (209v); die vernunft pegert der hochsten vnd der obristen warhait (205v), wann wir der pegeren (207v); des er nicht schuldig ist (206v); aller ander tugent gesweigen (207r); pedorffen der parmhertzichait (207v); seinr sel, das er der mit fleiss war nimpt (208r), war nemen der ding, der er vor nicht erchant noch war genomen hat (216r), das er der gotleichen ding […] nicht erchent noch war genomen hat (ebd.); die gots vnd seinr gnaden vnd gaben […] erbaitent (211r), dy sein gedultichleich erpeiten (ebd.); daz er ir nymmermer gedenken wil (213r), so wil ich nymmer mer gedenken seinr sund (ebd.); ist vns der parmherzichait gots vnd seinr gnaden not (213r), des ist vns not (ebd.), des ist dem menschen not (213v); wir chu nnen sein nicht gemeiden (214r), der [parmhertzichait] wirt auch chainem parmhertzigen menschen […] geprechen (214v); die nicht achtent der gerechtichait (217v); so hiet er auch des guten oder saelichait nicht (kann auch genitivus partitivus sein, wenn nicht pronominal aufgefasst wird)

96 (224v –225r); narung haben, der er leb (226v), der mensch lebt nicht allain des leipleichen prots, sunder auch ains iegleichen wortes (226v); des frides wu nscht her Dauid (227r); machet er den menschen sicher des ewigen lebens (227v). Jedoch auch in attributiver Funktion ist der Objektgenitiv anzutreffen: freuntschaft der welt sowie sorgualtichait der welt (189v, 195v), lieb des selben gutz (206r), aine forcht gots (221v), dew forcht des herren (im Bibelzitat für timor domini) (221v). Adnominal ist der genitivus subiectivus bzw. possessivus manchmal dem Regens vorangestellt: der armu t zaichen (190r), nach des leibs lust (191r), des menschen willen (207r), der fra ssigen vnmessigen menschen hertzen (218r), der menschen hertz (218v), des menschen hertz (218v), des sunders hertz (219v), des menschen dinst (220v). Recht häufig ist der partitive Genitiv in Verbindung mit Pronomina: was leidens (192v), was wainens (194v); vil anders gaistleichs gutz (196r) (vgl. ebd.: das vil der ewigen frewd), vil anders gu ts (196r), vil lo ns vnd tro sts (198r), vil v bels (198r–v), vil poser vnd vnnutzer gedanck (219r), alze vil vngeo rdenter sorg (ebd.), der [Menschen] ist laider vil (223v); der ietz genanten […] chainr (200r), vnser chains (207v); ichts gutes (kann auch Nom. sein) (215r); mit einem Numerale: daz ir wol sechzehen sint (217r). Adverbal fungiert der Genitiv ferner zur Bezeichnung der Beschaffenheit (in Verbindung mit sein: ich pin senft vnd ains diemu tigen hertzen [212v, 220r], pey den, die ains chestigen hertzen sint [222r]), eines kausal-instrumentalen Sachverhalts (das der mensch ains po sen tods sterb [209r], daz der mensch ains po sen tods verterb [214v]), der Relation (die […] arm sint aller der dinge [189v], vgl. auch adnominal armu t aller zeitleichen ding [189v]) und der Zeit (des tags [218v, 224r]).

Der Genitiv kann – wie auch in rezenten Mundarten – mit Dativ und Possessivpronomen umschrieben werden: den ır hertz also verchert ist (218v), si erleucht auch dem menschen sein synn vnd sein vernunft (220v –221r). Gelegentlich wird der verbale Objektkasus bei der Substantivierung des Verbs beibehalten: ain volchomen nachvolgen dem leben vnsers herren […] mit demu tichait (hier sogar mit weiterer präpositionaler Adverbialergänzung) (190r), ain fleissig war nemen vnd ho ren das wo rt gots, der predig vnd der hailigen geschrift (Akk. und Gen. kombiniert) (221r). Aus stilistischer Sicht macht der Text zunächst mit einer auffälligen Häufung mehr oder weniger synonymer Wortpaare auf sich aufmerksam:³² Mu rmelung vnd vngedult (183v), smekcht noch pehagt (184r), sicherhait vnd sta tichait (186v), fra wd vnd tro st (186v –187r), ko stleich vnd edel (187v) sowie edel vnd kostleich (205v) sowie des aller edlisten vnd chostleichisten gutz (206r) sowie die aller chostleichisten vnd edlisten ding (220v), aller maist vnd fu derleichist (188r), geschickt vnd tau gleich (188r), peinleicher vnd ellender (190v), ain vrhab vnd ain anevang (190v, 192r), volcho men werden oder sein (191r), ellend vnd leiden (191r) sowie daz ellend vnd daz leiden (196r), von geschefts wegen vnd schikchung (191v), arm vnd ellend (191v), gu tichait vnd senftmu tichait (191v) sowie die gu tigen vnd die senftmu tigen (192r), pegegent vnd widervert (192r), wann es aller pest stet vnd geho rt (192r), versmehen vnd verachten (193v), vnsta t vnd vnpleibleich (193v), wainen vnd tru bsal (194v), ain […] mensch den ert vnd im wol tu t, der in geert hat vnd wol getan (194v), frewd vnd lust (195r, 196r) sowie in lust vnd frewden (200r) sowie mit frewden vnd mit lust (212r), raitzen vnd pewegen (195v), durftichait vnd geprechlichait ³² Das Stilmittel der Zweigliedrigkeit ist in der Prosa des deutschen Spätmittelalters weit verbreitet, vgl. Dickhoff 1906; Wenzlau 1906; Besch 1964.

97 (196v), vergengleich vnd eytel (196v), daz er dew ding nicht vinden chan noch mag (197r), chlagen vnd wainen (197r) sowie wain vnd chlag (206v), eytel vnd vnwarhaft (197r), sund vnd po shait (197r), trang vnd leiden (197r), wır sehen vnd entpfinden (197r), die posen ding, die vns […] drukchent vnd vns an ligen (197v), die verma ligung vnd vnrainichait (im Bibelzitat für coinquinationes) (197v), getro st noch erfrewt (197v), erlo sung vnd abelegung aller ir su nd (197v), in trubsal vnd in wainen (im Bibelzitat für in tempore tribulationis) (198r), nicht ze grymm noch ze swa r (198r), leiden vnd trubsal (198r), in allen vnsern no ten vnd engsten (198r), marter vnd leiden (198v), pesten noch peleiben (199r), wollustichait des leibs vnd pegyrleichait (200r), von dem ewigen to de vnd verdampnu ss (200v), disciplin vnd maisterschaft (201r, 201v), seinem vndertan oder mynneren (201v), mit frucht vnd mit nu tz (203r), verlaitung vnd pecho rung (203v), von aller po ser nachrede vnd aftercho sen (203v), weis vnd chlu g (204v), daz er seine veint uberwinden mu g vnd gegen in gesigen (205r), der hochsten vnd der obristen (205v), gesicht vnd peschawung (205v), wintzig oder chlein (206r), niessen vnd prauchen (206r), subtilhait oder chlainfugleichait (206r), mawr oder want (206r), von mitleidung wegen vnd erpa rmd (206v), alze waich oder ze lind (207r), die ordenung vnd schickleichait (207r), ze nutz vnd ze fru m (207r) sowie ist gar nu tz vnd fruchtpa r (im Bibelzitat für multum valet) (209r), der gross nutz vnd frucht (208r), der wirt gebenedeit vnd gesegent (im Bibelzitat für benedicetur) (208v) sowie ir gebenedicten vnd ir gesegenten (im Bibelzitat für benedicti) (208v), gemartert werd vnd gechestigt (210r), lernen vnd vnderweisen (210v), siechtu m vnd chranghait (211v), die slummenden vnd die sla ffrigen (212r), weist er vnd leit (212v), die verren vnd die fro mden (212v), der irrung vnd des irrsals (213v), vermeiden vnd entphlihen (213v), enthalt vnd verhu t (214r), laben vnd wider pringen (214v), schir oder alzehant (im Bibelzitat für cito) (215r), verstentleichait vnd vernunft (216r), petru bt vnd trawrig (217v), ain torecht hertz vnd ain vnweis (217v), ain plodes vnd ain amechtiges hertz (218r), vestenen vnd sterken (218r) sowie sterk vnd vestne mein hertz (im Bibelzitat vermutlich für confirma me) (218r), ir hertz ist ledig vnd muessig von aller disciplin vnd maisterschaft (im Bibelzitat für cor eorum longe fecisti a disciplina) (218r), stillen vnd rwig machen (219v), zespalten vnd zereissen (im Bibelzitat für scindite) (219v), gezogenhait vnd pehutsamchait (219v), wandeln oder gen (im freien Bibelzitat) (221r), ha ll vnd slipprichait (222v), zerukt vnd zerstort wirt (im Bibelzitat für corrumpitur) (222v), faul vnd trag (223r), entfleucht oder entrinnt (223v), senung vnd pega rung (225r), fride der lebsen oder des mundes (im Bibelzitat für fructum labiorum pacem) (226r), hin geben werd oder verraten (226v), pesta t vnd vestene (im Bibelzitat für custodiat) (226v), in deinen tu rnen oder pu rgen (im Bibelzitat für in turribus tuis) (227r), gevellig vnd liepleich (227v). Auch Dreiergruppen gibt es: eytel vnd vppig vnd leichtfertig (217v), druck, drang vnd leyden (im Bibelzitat für pressuram) (225v). In wenigen Fällen besteht eines der Paarglieder aus der Verneinung des Antonyms: ane sorg vnd mit sicherhait (192r), mit freyem willen vngetzwungenleich (195v), mit ainr ewigen vnzergengleichen lieb (205v –206r), ewichleich an ende (215v).

Darüber hinaus lässt sich im Text vielfach eine asyndetische Kumulation mehrerer (manchmal auch semantisch naher) Adjektive in attributiver Position feststellen: Mit po ser vngeordenter frewd (188r), ze gaistleichen go tleichen dingen (188r), die zornigen grymmigen menschen (193r), die zeitleichen irdischen ding (193v), der eyteln vngeo rdenten frewd vnd lust (194v), ain frisches gru ns grass (198v), mit ainr zarten chintleichen forcht (200v, 209v), mit chlarer lauter ewiger gesicht vnd peschawung (205v), die hailige gebenedicte driualtichait (206v), die gross vnmassige parmhertzichait (207v), ain fru mer saeliger mensch (208v), mit ainem innigen anda chtigen petrachten (209v), mit andern guten tugentleichen werchen (210r), mit ainr erwirdigen chintleichen forcht (210v), ain vinster vertum-

98 bert hertz (217r), der fra ssigen vnmessigen menschen (218r), ain durres vnstates hertz (219r), mit fleissiger sta ter hu t (226v).

Die im Text häufig vorkommenden appositiven Erklärungen werden in der Regel durch das ist eingeleitet (z. B. 188r, 193v, 221v). Deutungen eines Bibelzitats können mit daz ist petewt (213v, 219r, 222r) anfangen. Sehr zahlreich kommen fingierte Frage-Antwort-Paare vor. Einige haben ein allgemeines Subjekt (so mo cht der mensch fragen […] so mag man im antwurten [183v], nu mocht der mensch fragen […] so mag man im also antwurten [183v], wann aber der mensche spricht, waru mb […] so mag man im antwurten [186r]), die meisten sind aber in der 2. Pers. Sg. nach dem folgenden Muster gehalten: wann/wen(n)/so du aber/furpas/fu rpas/nu frag(e)st […] (doch) so wiss(e) (z. B. 189r, 200v, 225v). Vereinzelte Variationen sind die Stellen wann du aber fragst […] da soltu wissen (200r) sowie nicht korrelierend wenn aber der mensch fragt […] so wiss (190r). Rhetorische Fragen erscheinen nur vereinzelt: mit wew? (184v, 205v), woru mb? (197r). Vielfach finden sich fingierte, hypothetische Zitate, die auch als solche ausgewiesen werden und in der Regel eine Deutung des Vorangehenden enthalten: Als ob sy spra chen: weder tod noch leben noch v bel noch gu t (186v), sam er spra ch: ia, er (188v), sam ob er sprechen wolt: du hast nicht pehalten […] (191r), sam er sprechen wolt: der mensch ist nicht anders dann erdreich (193v), sam er sprechen wolt zu ainem iegleichen christen menschen: mein leben, daz ich gehabt han, das weist dir, wie du leben vnde wandeln solt […] (212v), sam er spra ch: wie oft sich der mensch pechert […] (213r), sam er sprach: sy sint mir verlassen […] (215r), sam er sprech: sy hilft mir zu aim gu ten ende (215v), recht sam er spra ch: das ist volchomner […] (216v), sam er sprach: niemantz (218v). Dies kann auch in negierter Form vorkommen: waru mb hat er gesprochen saelig sint sy, vnd sprach nicht heilig sint sy oder frum (202r).

Eine ähnliche Funktion haben Deutungen biblischer Zitate, die mit vnd maint eingeleitet werden: da von sprach her Dauid: […] vnd maint […] (203v –204r), da von sprach der weis man: […] vnd maint, daz chainr (204r), da von spricht sand Iacob: […] vnd mainet […] (209r), vnd mit dem wort, daz er spricht saelig, da maynt er […] (216r). Bei Nennungen von göttlichen Personen und Heiligen, in der Regel vor entsprechenden Zitaten, kommen neben dem üblichen sand auch zahlreiche andere Epitheta vor. Am häufigsten ist die Verbindung her Dauid (z. B. 190r, 200r, 207r). Des Weiteren: Der herr Christus (225v), vnser herr Iesus Christus (226v), vnser lieber herr Iesus Christus (207r, 224v) bzw. vnserm lieben herren Iesu Christo (227r), lieber herr (im Bibelzitat für domine) (209r, 215v), die himel chunigin Maria (205v) bzw. die hymelchunigein Maria (210v), der lieb(e) Ysaias (188v, 214r, 215v, 219v, 224r, 226r), der hoch lerer Augustinus (190v, 224r) bzw. der hoch lera r Augustynus (225r), dez hymel adlers Iohannes (196r) sowie

99 der hymel adla r/adlar/adler/adelar Iohannes (197r, 205v, 209v, 225r–v), der weise man her Dauid (196v), der weissag Ieremias (197r), der liebe Iohannes (197v), der gerecht Daniel (203v), der lieb Thobias (204r), der milt lera r Beda (211v), der liebe Ieremias (212r, 217v, 218v), der lieb(e) Ieronimus (214v, 217r), sand Bernhart, der su ss lera r (214v), der herr Iesus Christus (216v), der lieb(e) Iob (218r, 221v), der gro ss meister Albertus (218v), der lera r Reichardus (219v), der weissag Iohel (219v), der gedultig Iob (221r), der liebe Gregorius (223r), dem lieben hailigen Benedicto (223v).

Bemerkenswert ist das Fehlen echter deiktischer Ausdrücke, die einen Bezug zur konkreten performativen Situation der Predigten herstellen würden. Stellen mit persönlicher Deixis beziehen sich nur auf die 2. Pers. Sg. und 1. Pers. Pl. und sind allgemeiner Natur:³³ Das sehe wır wol […] (184r), der helff vns got allen (186r), pitten wır […] da wır sprechen (186v), su llen wır nu ho ren […] (188r), da von wır vor geho rt haben (189v), als wır sehen (191r), in der wir sein muessen, die weil wır in diser zeit leben (196v), als wır auch wol entpfinden allew tag (197v), da von versmechen wır sey (Aufforderung) (197v), da von wainen wır (Aufforderung) (198v), da von su llen wır es verhu ten (201r), das sehen wir mit den augen (208v), vor den hertzen pehut vns got (219v), sam wir allew tag entpfinden mugen (223v), wır sehen daz natu rleich wol (227r); nu wiss (188r), vnd wiss (199v), da von soltu wissen (202r, 202v), da soltu wissen (227r).

In diese Kategorie gehören auch fingierte Frage-Antwort-Strukturen (s. o.). Lokal- und temporal-deiktische Ausdrücke beziehen sich kaum auf die Predigtsituation, sondern entweder auf das Diesseits als Gegensatz zum Jenseits (hie in der zeit [187r, 205v, 206r], hie in dirr zeit [187r, 200r], daz der heilig geist hie in den reichsent [186v], die wirt doch hie nicht volchumenleich [187r], die hie lachen [195r], die lieb, die also hie an gehebt [206r], chlarar, dann die sunn ietzund ist [206r], die nu in ainem wurkenden leben sint [213v], die gnad, die er ietzunt hat [223r]), auf den thematischen Kontext der Abhandlung (von der reden wir hie nicht [222v]), auf das gegenwärtige Zeitalter (ain mensch, der nue zu fride chomen ist [226r–v], hewt des tags [224r]), auf die historische Situation einer geschilderten Begebenheit (Christus von dem tod erstanden was vnd nu schir gen hymel varen wolt [224v]) oder es handelt sich um Redefloskeln (nu von der funften saelichait [206v], nu macht nichts das hertz vnrain dann allain die su nd [221v], nu spricht sand Paul [225v]). Häufig erscheinen im Text einfache Beispiele, die in der Regel mit als oder sam eingeleitet werden, z. B. ain gleichsende armut […] als an den menschen, die da reich sint vnd sich arm peweisen (189r), sam man wol sicht an allen den, die zo rn, neyt vnd hazz in in fu ren (193r), in ır ist auch chain gerechtichait noch gutichait, sam wır sehen vnd entpfinden an gerichten vnd anderswo (197r–v). Auch einige Metaphern kommen vor. Manche Substantivmetaphern explizieren ihren Gegenstand im angehängten Genitiv: ³³ Auffällig ist auch die völlige Absenz von ich-Ausdrücken (vgl. z. B. Johannes von Kastl [Ps.-], Von der aygen erkantnuß, 11, Z. 70: als ich meyn).

100 Das wasser der gnaden gots (189v), der chunftigen herberg des ewigen lebens (191v), das vaterlant des ewigen lebens (191v), das erdreich seins lebens (193v), mit der hant seinr parmhertzichait (212v), mit dem liecht seinr parmherzichait wider die vinsternu ss der irrung vnd des irrsals (213v), chain feuchtichait der gnaden gots (217v).

Andere Metaphern sind: Die maynung legt dem werch ain gu ten oder ain po sen namen auff (202v), er sol sy auch pegraben mit inniger petrachtung […] (Werke der Barmherzigkeit als religiöse Metapher, ähnlich auch andere) (210r), mit sunderleicher parmherzichait pechronen (215v), ain werchzeug der sele vnd ain wurtzel alls ubels vnd gutz (217r), hertz, in dem chain guter sam gru nen noch frucht pringen mag (219r), die herzen mu s man feucht […] machen (219r), sol es (das Herz) aus gegossen sein mit miltecheit (220r), daz (die Sinne) sint die venster, durch die der gaistleiche tod in sleuft (226v).

Etwas ausgedehnter ist das allegorische Bild der Seele als eine belagerte Burg, die es zu verteidigen gilt (226v –227r). Die in der deutschsprachigen religiösen Literatur auch sonst beliebten Personifikationen in Form weiblicher Nomina Agentis sind ebenfalls vertreten:³⁴ dew achtew saelichait, die ain pewararinn ist der andern all (185v), die parmhertzichait sol ain liecht vnd ain chlararinn sein der gerechtichait vnd auch ain zuchtarinn (206v –207r), also ist die gerechtichait ain enthalterinn der parmhertzichait (207r). In der folgenden Tabelle sind die im Text vorkommenden Vergleiche aufgelistet. Weggelassen sind jedoch Stellen, bei denen es sich eher um einfache Beispiele handelt, sowie Stellen mit biblischen Zitaten. Zitat

erstes Vergleichsglied

zweites Vergleichsglied

das er […] kost der su ssichait gots als in ainem vorsmack (187r)

probeweise Erfahrung der Süßigkeit Gottes

Vorkosten von Speisen

hat sy got erchorn zu pesuntern frewnten […] recht sam ain herr ainen getrewen chnecht […] erwelt (188v)

Gott macht die Armen ein Herr hat eine besonzu seinen Freunden dere Beziehung zum treuen Diener

hat sy got erchorn zu pesuntern frewnten […] recht sam […] ain guter freunt den andern erwelt (188v) warumb das hymelreich der armen sey, so wiss, daz got dar an tu t sam vernunftig lewt, die da des morgens wenig essen vnd des abentz dester pas (191r)

Gott macht die Armen gute Freunde haben eine zu seinen Freunden besondere Beziehung zueinander mäßiger Genuss der leiblichen Freuden im Diesseits und reicher Genuss im Jenseits

bescheidenes Frühstück und reiches Abendessen

³⁴ Vgl. z. B. Heinrich von Langenstein, Unterscheidung der Geister, 15, Z. 42–44: dew [derchennuss] wirt gehaissen ain peschirmarinn vnsers lebens, dew ist ain pererinn, hueterinn vnd ain mesigserinn aller tu gent.

101 Zitat

erstes Vergleichsglied

zweites Vergleichsglied

als wır sehen, daz von gemeinen rechten dy spital newr durch der armen willen gemacht werden vnd gestift, also ist auch daz hymelreich newr der armen (191r) daz er allew widerwertichait gu tleich vnd an mu rmeln auff nympt, recht sam ain lindz pett, das do gross straich vnd hert stain senftichleich auff nymt vnd doch da von nicht pricht (193r) als wır sehen, daz ain iegleicher vernunftiger mensch den ert vnd im wol tu t, der in geert hat vnd wol getan, also tu t auch got (194v) recht sam ain scho ner appfel verma lgt wırt von ainr vnsaubern hant, also wırt des menschen gewissen vnd hertz verma lgt von weltleicher chummernuss vnd freuntschaft (197v) daz sy des ersten getro st werden mit erlo sung vnd abelegung aller ir su nd, recht sam ain mensch, der geledigt wirt von ainr swa ren purd (197v)

nur die Armen haben das Recht auf das Himmelreich

nur die Armen haben das Recht auf gemeinnützig gestiftete Krankenhäuser

die Sanftmütigen ertragen alles gutmütig

ein weiches ›Bett‹ (›Schlaflager‹, ›Sitzunterlage‹ u. Ä.) dämpft Schläge

Gott vergilt Gutes mit Gutem

vernünftige Menschen vergelten Gutes mit Gutem

Verunreinigung des Herzens durch Weltliches

Verunreinigung eines Apfels durch eine unsaubere Hand

Befreiung von Sünden

Befreiung von einer schweren Bürde

Trauer und Verschmähung des Weltlichen als Mittel zur Minderung des Leidens

ärztliche Behandlung einer Wunde mit Salbe zur Schmerzlinderung

Trauer und Verschmähung des Weltlichen als Mittel zur Überwindung geistiger Feinde

ein guter Helfer für jemanden, der im Kampf Kraft verliert

Gottes Trost in der Not

ein guter Freund und Ratgeber in der Not

Gott tröstet die Trauernden

ein verdienstvoller Diener bekommt reichen Lohn

recht sam ain wunt artzt, der ainem verwunten die wu nden salbt, daz der smertz gemynret werd, also mynret geistleich ain willig wainen vnd versmehen der weltleichen eytelchait des menschen pein (198r) werden sy getro st sam ainr durch ainen gu ten gehilfen, dem in ainem champf gebrechen wil. Wann durch ein sulch wainen vnd versmehen v berwinden sy den tewfel, iren leib vnd die welt (198r) werden sy getro st recht sam ainr, der in grossem leiden vnd trubsal ist, durch ainen guten freund vnd ratgeben, wann got trost vns in allen vnsern no ten vnd engsten (198r) werden sy getro st recht sam ain diener, der vil durch ains heren willen geliten hat vnd im lang gedient hat vnd der nu vil lo ns vnd tro sts von im auff hebt (198r)

102 Zitat

erstes Vergleichsglied

zweites Vergleichsglied

werden sy getro st recht sam ain student mit gu ter lernung, durch die er vil v bels vermeiden mag […] Also mit ainem sulchen weinen vnd vermeiden der eytelchait mu gen sy vermeiden dew ewige pein (198r–v) (werden sy getro st) sam ain chrankcher, der den tod vermeiden mag durch das, daz er im la t ainen fuezz oder ain hant abesneiden. Also mit ainem sulchen weinen vnd vermeiden der eytelchait mu gen sy vermeiden dew ewige pein (198r–v) werdent sy getro st recht sam ain erb, der lang von seinr erbschaft vertriben ist gewesen vnd der es nu mit gewalt pesitzt. Wann sy pesitzen daz reich der hymel mit gewalt (198v) si werden auch getro st in der hailigen leben, wann sy pechennen, daz die auch also gelebt haben, recht sam ain verirter pilgreim durch ain gut gesellschaft, die den weg wol wissen (198v)

Trauer und Verschmähung des Weltlichen als Mittel zur Vermeidung ewiger Verdammnis

ein Student lernt gut und ist damit auf schwere Prüfungen vorbereitet

Trauer und Verschmähung des Weltlichen als Mittel zur Vermeidung ewiger Verdammnis

Amputation eines kranken Glieds als Mittel zur Lebensrettung

Trauer und anschließender Besitz des Himmelreichs durch die Trauernden

ein lange enterbter und nun wieder eingesetzter Erbe

die Trauernden finden Trost im Leben der Heiligen

wegkundige Menschen helfen einem verirrten Pilger

die Passion Christi tröstet die Trauernden

grünes Gras erfrischt schwache Augen

die Trauernden haben gute Hoffnung auf das ewige Leben

ein Bauer hat gute Hoffnung auf die Herbsternte

die Trauernden ziehen großen Nutzen aus ihrer Trauer

ein Kaufmann erzielt großen Gewinn mit seiner Ware

(die Trauernden sind durch ihre Trauer gut gewappnet)

ein Kämpfer vertraut vor dem Kampf auf seine gute Ausrüstung

die Trauernden geben gutes Beispiel, wodurch sich ihre Freunde bessern

ein Arzt stellt gute Medikamente her

Iesu Christo, der sew mit seinr marter vnd leiden tro st, recht sam ain frisches gru ns grass chranchew augen (198v) si werden auch getro st mit aim volcho men hoffen des ewigen lebens, recht sam ain akcherman mit der frucht, die er hoft zu herbest in ze schneiden vnd der ze niessen (199r) sie werdent auch getro st durch mangualtichait der frucht, die da von chu mpt, recht sam ain chaufman in gu ter chaufmanschaft, der er vil getrawt ze niessen (199r) (sie werdent getro st) als ainr, der chempfen sol, der ainen gueten troest hat auff seinew gu te peraitschaft (199r) sy sehen, das sich ır gesellen an in oder sunsten pessern, recht sam ain artzt, der guet salben chan machen vnd artzney (199r)

103 Zitat

erstes Vergleichsglied

zweites Vergleichsglied

(sie werdent getro st) sunderleich in der miltichait vnd gu tichait gotes, recht sam ain schiffman, der enmitten auff dem mer ist, getro st wırt in der still des meres (199r) mit ablassung aller irr sunt […] werdent sy getrost, recht sam ain gevangner, den man ledigt (199r)

die Trauernden finden Trost in der Güte Gottes

ein Schiffer findet Trost im ruhigen Meer

den Trauernden werden ihre Sünden erlassen

ein Gefangener wird freigelassen

auch werden sy getrost in ainem vorsmack der hymelischen su ssichait, recht sam ain saugentz chint an den prusten seiner mu ter (199r)

die Trauernden werden durch einen Vorgeschmack der himmlischen Wonne getröstet

ein Säugling trinkt von der Mutterbrust

wann wir von got chomen sam ain pa chlein oder wasser von aime pru nn, vnd wann der prunn vol ist, so ist auch das pa chlein dester grosser (208r)

Gott ist barmherzig, wir kommen von Gott, sollen also auch barmherzig sein

wenn die Quelle wasserreich ist, ist auch der Bach wasserreich

sol sy [die Seele] trosten mit innerleicher petrachtung hymelischer vnd gotleicher dinge, wann durch das wirt sy getrost, sam ain student, der von verren landen ist, durch ain prieff von seinen guten freunten (210r)

die Kontemplation göttlicher Dinge tröstet die Seele

ein Brief von Freunden aus der Heimat bringt einem ausländischen Studenten Trost

die got mit ainr erwirdigen chintleichen forcht furchten, sam wir sehen, daz ein vater aller meist vber das chint erparmung hat, daz in aller wirst furcht (210v)

Gott erweist denjenigen Barmherzigkeit, die ihn fürchten

ein Vater behandelt am einfühlsamsten das Kind, das ihn am meisten fürchtet

erparmt sich got vber sy, recht sam ain herr sich erparmt u ber ainen pettlar, der nicht abe lat ze pitten (211r)

Gott erbarmt sich derer, die auf ihn geduldig warten

ein Herr erbarmt sich eines unnachgiebigen Bettlers

die diener vnsers herren, als wir sehen, daz die lewt auff erden ir diener mit fleisse pelonent (211r–v) die diemu tigen, wann v ber die wil sich vnser herr erparmen, sam ain leb tut vber ainen menschen, der sich gegen im diemu tigt vnd nider velt (211v)

Gott erweist seinen Dienern Barmherzigkeit

die Herren belohnen ihre Diener

Gott erweist den Demütigen Barmherzigkeit

ein Löwe verschont einen Menschen, der vor ihm auf den Boden fällt

Gott ehrt diejenigen, die ihn ehren

ein Mensch erwidert die Ehre, die ihm von einem anderen Menschen erwiesen wird

die got erent, als wir sehen, daz ain mensch den andern eret vnd der ander in hin wider ert (211v)

104 Zitat

erstes Vergleichsglied

wann der mensch ainen guten willen ein gutes Vorhaben, hat gutew ding ze tu n, daz er das ze das nicht umgesetzt werchen pringt, wann an das wird geschach im recht sam ainr frawen, die ain frucht entphecht vnd gepirt ein tots chint (215r) Vnd sulche hertz mu s man mit der schwache Herzen wergotleichen sterck vestenen vnd sterden von Gott gestärkt ken […] daz ist mit geistleichen tugenden vnd wappen, recht sam ains ritters sun durch seinen vater, der wol mu tig ist, wirt gefestent (218r) Es gehort auch dar zu aine forcht Gottesfurcht vertreibt gots. Vnd da von spricht der weis: die Sünde Die forcht treibt aus die su nd, recht sam newr wein die heppfen vnd vnreinichait (221v) sulche kestigung ist in den gedultigen menschen recht sam ain feil, die den rost vnd vnsauberchait nympt von dem eysen (222r)

die geduldig ertragene Züchtigung Gottes bezeugt die Liebe Gottes

(sulche kestigung ist in den gedulti- die geduldig ertragene gen menschen) sam ain fewr, darinn Züchtigung Gottes bezeugt die Liebe Gotdas golt pewert wirt (222r) tes

zweites Vergleichsglied eine Totgeburt

der Sohn eines Ritters wird durch seinen mutigen Vater innerlich stark

neuer Wein treibt Hefe und Verunreinigungen aus

die Feile reinigt das Eisen von Rost und Verunreinigung Gold wird im Feuer bewährt

Die vierd sach ist menige des an hangens vnd der nider zieher, sam wir oft sehen, daz vil der appfel die est des pawmes nider reissent (223r) daz ainr ain su n des chu nigs ist, das ist vil grosser dann alls daz, daz im der chunig anders getu n mag, wann er ist der gewaltigst vnd der hochste nach dem chu nig (225r)

zu viele ›Anhängsel‹ belasten das Herz

viele Äpfel brechen die Äste des Baumes

der Lohn der siebten Seligpreisung – die Gotteskindschaft – ist das Höchste, das man bekommen kann

der Königssohn hat die höchste Stellung unter dem König selbst

recht sam der mensch sich in aim spiegel pesicht, ob er rain vnd schon sey, also wirt die sele rain durch ain fleissig erfarn der gewissen (226r)

die Seele reinigt sich durch Gewissensprüfung

man prüft sein Aussehen im Spiegel

wann du aber fragest, wie ain mensch […] den fride pehalten mu g, so wiss, daz er daz tun mus mit fleissiger sta ter hu t zu aller zeit, recht sam ain chu nig, der ain gu t fest mit vil cho stleichen dingen nacht vnd tag wol pewart, daz sy nicht hin geben werd oder verraten (226v)

der Mensch muss sein Herz stets bewachen, um inneren Frieden zu bewahren

ein König lässt eine reiche Festung vor Dieben und Feinden gut bewachen

105 Zitat

erstes Vergleichsglied

zweites Vergleichsglied

daz ist chau scheit vnd rainichait, wann die ist recht sam ain tieffer graben, der den menschen wol pewart vnd in fride pehalt (226v)

Keuschheit bewahrt das Herz in innerem Frieden

ein tiefer (Burg-)Graben beschützt den Menschen

(der Friede) perait auch dem men- der Friede verhilft dem der Mensch sieht sein schen daz er ain erleicher diener gots Menschen dazu, Gott Spiegelbild im ruhigen ehrenvoll zu dienen wırt […] vnd wır sehen daz natu rWasser leich wol, daz ain mensch sein antlu tz wol sicht in aime stillen wasser (227r)

Hin und wieder streut der Verfasser sentenzenhafte, allgemeingültige Sätze in den Text ein: Wenn die chinder mer gewalts haben dann die diena r oder iemantz ander nach dem herren (187v), es mag niemans snell von dem nidristen der ho chst werden (194r), es hat oft ain mensch ain ding vnd pesitzt es mit fride, vnd wırt doch da von nicht getro st (195r), der, dem es hewt wol get, dem get es mo rgen v bel (197v), ain iegleich gleich liebt seinen gleichen (202r) sowie ain iegleiches geleich hat seinen geleichen liep (227v), nach gross vnd vil der werch mist man die lieb (211r), pei den gu ten wırt man gu t vnd pei den posen wirt man po s (219v), der sacher des frides wirt nicht wol geeret denn zu der zeit des frides (227r).

Nicht selten sind im Text schließlich polysyndetische Reihen: In diser welt ist nicht warhait noch sicherhait noch erbercheit noch stillechait noch gerechtichait noch sta tichait noch auch hailichait noch reinichait (196v –197r), chunst in weltleichen vnd leipleichen vnd geistleichen dingen (200r), in allem tu n vnd lassen vnd leben des menschen (202v), die wo rt vnd das leben vnd die werch des menschen (202v), er sey dann arm an dem geist vnd senftmutig vnd wain vnd chlag sein sund vnd sei gerecht gegen got (206v), wann der mensch seinem hertzen erparmhertzig ist vnd seinr gewissen vnd seinr sel (208r), lernen vnd vnderweisen vnd mit gutem rat peysten (210v), von manigualtichait oder von vil oder von grosse der anfechtigung (214r), got sehen ist grosser dann das reich der hymel haben oder daz erdreich pesitzen oder getrost oder ersett werden oder dann parmherzichait vinden (216v), rainichait der worten oder der gedancken oder der werchen (216v), das hertz ist das aller edlist glit an dem leib vnd ain werchzeug der sele vnd ain wurtzel alls u bels vnd gutz (217r), die genad noch das wort noch die ler gots (217v), mit uber essen vnd vber trincken vnd mit so rgueltichait diser welt (219r), mit innigem gepet vnd mit petra chtung des leidens vnsers herren vnd mit ander gu ter v bung (219r), su llen vns zu den scha tzen vnd vns in gleichen vnd nachvolgen (224r), sicher vnd gevellig vnd liepleich (227v).

3.6 Inhaltlicher und argumentativer Aufbau des Textes Einleitung I (183r –186r) [183v] Streben des Menschen nach Glück, Sehnsucht nach dem Guten | Wie kann man Gott am besten gefallen? Mit den Tugenden der acht Seligpreisungen (acht saelichait): Demut (Armut des Geistes), Sanftmut, Reue, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Reinheit

106 des Herzens, Friedfertigkeit, geduldiges Ertragen von Widerwärtigkeiten um der Gerechtigkeit willen. → Warum? Weil sie gegen die sieben Hauptlaster (geprechen) helfen [184r]:³⁵ (1.) Demut (Armut des Geistes) gegen Habgier (avaritia), (2.) Sanftmut gegen Zorn (ira), [184v] (3.) Reue gegen Wollust (luxuria), (4.) Hunger nach der Gerechtigkeit gegen Völlerei (gula), [185r] (5.) Barmherzigkeit gegen Hochmut (superbia), (6.) Reinheit des Herzens gegen Trägheit (acedia), [185v] (7.) Friedfertigkeit gegen Neid (invidia). | Die achte Seligpreisung: Bekräftigung und Krönung der vorangehenden Seligpreisungen [186r].

Einleitung II (186r –188r) Warum die Bezeichnung ›Seligpreisungen‹ (saelichait)? Sie sind Mittel zur ewigen Seligkeit, [186v] erhalten aber auch hier bereits ihren Lohn in Gnade: (1.) Reich Gottes als Lohn für die Demütigen (Armen des Geistes): (a.) Herrschaft des Heiligen Geistes in ihnen, (b.) Herrschaft der Vernunft über die Sinnlichkeit. (2.) (Mangel an Stärke und Sicherheit der Selbstbeherrschung →) Beständigkeit der Gnade als Lohn für die Sanftmütigen. (3.) (Mangel an Freude und Trost →) Freude als Lohn für Buße und Passionsfrömmigkeit [187r]. (4.) (Wunsch nach Sättigung →) Vorgeschmack der Süßigkeit Gottes in der Andacht als Lohn für die Hungernden. (5.) (Wunsch nach Erlösung von Bedürftigkeit →) Vergebung der Sünden und Erlösung von Bedürftigkeit als Lohn für die Barmherzigkeit [187v]. (6.) (Wunsch nach Schau des höchsten Guten als Quelle der Freude →) Schau Gottes als Lohn für die Reinheit des Herzens. (7.) (Wunsch nach Freundschaft und Macht →) Gotteskindschaft als Lohn für die Friedfertigkeit und Selbstbeherrschung.

Die erste Seligpreisung: Armut des Geistes – Himmelreich (188r –191v) Armut des Geistes ist wahre Demut, am besten realisiert in den drei Ordensgelübden: Keuschheit, Armut, Gehorsam. | Armut ›des Geistes‹: freiwillige und auf Gott bezogene Armut (d. h. auch: nicht alle Reichen werden verurteilt, sondern nur die Maßlosen, die durch übertriebene zeitliche Sorgen und Freuden an der Wahrnehmung des Geistigen gehindert werden → ein demütiger Armer ist leichter empfänglich für Göttliches) [188v] → Vorzüge der wahren Armut: (1.) Die Armen sind zum Gefolge Gottes auserwählt und genießen Gottes Schutz. (2.) Die Armen sind Gottes besondere Freunde. [189r] (3.) Den Armen wird besondere Ehre zuteil. | Wie vielerlei Arten der Armut gibt es? Dreierlei: (1.) unfreiwillige Armut (kein Lohnanspruch), (2.) vorgetäuschte Armut (sehr tadelnswert und strafwürdig) [189v], (3.) wahre freiwillige Armut, drei Merkmale: (a.) freiwilliger Verzicht auf Weltliches, (b.) Demut, (c.) Furcht vor Sünde [190r]. | Wie vielerlei Armut des Geistes gibt es? Dreierlei: (1.) vorhandener Besitz, aber ohne maßlose Liebe dazu, (2.) kein privater, sondern nur gemeinschaftlicher Besitz (wie z. B. in geistlichen Ordensgemeinschaften), (3.) überhaupt kein Besitz [190v]. | Warum steht Demut (als Bestandteil der wahren Armut) unter den Seligpreisungen an erster Stelle? (1.) Demut vertreibt Hochmut (mit Hochmut ist keinerlei Gnade oder Tugend möglich), (2.) [191r] Demut ist der Anfang der Weisheit, (3.) durch Demut kann man zur Vollkommenheit gelangen. | Warum gehört das Himmelreich den Armen? (1.) Gott gibt den himmlischen Lohn denen, die sich hier beschränken; wer hier genießt, hat dann keinen Anspruch mehr. (2.) (Nur) die Armen haben einen Rechtsanspruch auf das Himmelreich ³⁵ Bei der Bezeichnung der Hauptlaster (auch Todsünden genannt) richte ich mich nach der herkömmlichen Taxonomie und füge in Klammern die entsprechenden lateinischen Begriffe hinzu.

107 [191v]. (3.) Jesus hat den Armen das Himmelreich testamentarisch verfügt. (4.) Die Armen haben das Himmelreich käuflich erworben.

Die zweite Seligpreisung: Sanftmut – Erdenreich (191v –194v) [192r] Dreierlei Ursachen, warum Sanftmut an zweiter Stelle genannt wird: (1.) Sie begegnet der Verachtung und dem Leid, die mit der Armut einhergehen. (2.) Sie ist die erste Tugend, die aus der wahren Armut folgt. (3.) Der Lohn der Seligpreisung (erdreich) folgt sinnvoll nach dem Lohn der ersten Seligpreisung (Himmelreich). (erdreich wird als Beständigkeit der Gnade [= Himmelreich] gedeutet.) [192v] | Wer sind die Sanftmütigen? Diejenigen, die Leid sanftmütig ertragen [193r] und niemandem schaden. | Drei Gründe für die Seligkeit der Sanftmütigen: (1.) Sie bilden einen Gegensatz zu den Zornigen, die unsaelig sind. (2.) Sie sind frei von Leid, weil sie alles gütig aufnehmen. [193v] (3.) Sie besitzen – als Frucht der Seligpreisung – das erdreich als Zusicherung des ewigen Lebens. → Was ist das erdreich? Dreierlei: (1.) diese irdische Welt (Besitz durch Verschmähung), [194r] (2.) der eigene Leib (Besitz durch Beherrschung), (3.) das ewige Leben (eigentlich Himmelreich im Sinne der ersten Seligpreisung, aber hier mit Betonung von ›besitzen‹, d. h. in Frieden und mit Ruhe, was zuvor noch nicht gegeben war) [194v].

Die dritte Seligpreisung: Trauer – Trost (194v –199v) Was ist mit wainen gemeint? Freiwillige Verschmähung weltlicher Freude [195r], um der ewigen Pein zu entgehen, welche den Lachenden verheißen ist. | Gründe für die Nennung dieser Seligpreisung an dritter Stelle: (1.) Die Tugend der Seligpreisung wird von der dritten Gabe des Heiligen Geistes, der gotleichew chunst (scientia), bewirkt. Die Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden, sowie die Einsicht in die Sündhaftigkeit der Welt und seiner selbst führen zum wainen. (2.) Sie setzt die beiden ersten Seligpreisungen voraus. (3.) Ihr Lohn ist größer, denn sie bietet zusätzlich zum Besitz auch Trost (d. h. Freude) [195v]. → Warnung vor dem Trost der Welt: Er ist mit Gottes Trost nicht vereinbar. | Was kann den Menschen zur freiwilligen Verschmähung weltlicher Freude bewegen? Man soll bedenken: (A. 1.) Freundschaft der Welt ist Feindschaft gegen Gott. [196r] (2.) Verluste an ewiger Freude, die die sündhafte weltliche Freude einem zugefügt hat. (3.) Torheit der langen Dauer der Sünde (d. h. umso größerer Schaden). (4.) Unverhältnismäßigkeit des eigenen Verhaltens im Vergleich zu leidenden und zugleich dankbaren und geduldigen Menschen, während man selbst glücklich und gesund, aber Gott gegenüber undankbar ist. (5.) Unsicherheit des Lebens (man kennt den Zeitpunkt des Todes nicht [196v] und kann seines Heils nicht sicher sein). (6.) Mangelhaftigkeit dieser Welt (man kann durch sie nicht satt werden). (7.) Härte des Jüngsten Gerichts und Grauen der Hölle. (8.) Ehre und Freude des ewigen Lebens. (B.) Der Mensch sehnt sich nach folgenden Dingen, die er in der Welt nicht finden kann [197r]: Wahrheit, Heiligkeit, Sicherheit, Ehrbarkeit (Weisheit), Ruhe, Gerechtigkeit [197v], Beständigkeit, Reinheit. | Wie und womit wird man getröstet? (1.) Befreiung von Sünde (als einer Last) [198r]. (2.) Linderung des Leids. (3.) Hilfe im geistigen Kampf. (4.) Rat in der Not. (5.) Belohnung und Trost für Leidensdienst. (6.) Vermeidung der Hölle durch Vorbeugung [198v]. (7.) Erlangung der verlorenen Erbschaft. – Weitere Trostquellen: Leben der Heiligen (man ist nicht allein mit der gottkonformen Lebensweise); Heilige Schrift (insbes. Passion Christi) [199r]; Hoffnung auf das ewige Leben; reiche Frucht dieser Lebensweise; Besserung anderer Menschen (auch durch das eigene Beispiel); Vergebung der Sünden durch Gottes Gnade; Vorgeschmack der himmlischen Süßigkeit [199v].

108

Die vierte Seligpreisung: Hunger und Durst – Sättigung (199v –206v) Die Tugend der Seligpreisung wird durch die vierte Gabe des Heiligen Geistes, die gotleichew sterk (fortitudo), bewirkt: Die Stärke treibt den Menschen zur immer größeren Vollkommenheit an. | Gründe für die Nennung dieser Seligpreisung an vierter Stelle: (1.) Die ersten drei Seligpreisungen betreffen das Verhältnis des Menschen zu Gott, die vier weiteren beziehen sich zusätzlich auch auf das Verhältnis zu sich selbst und zum Nächsten, das auf der Gerechtigkeit gegründet ist [200r]. (2.) Der Lohn der Seligpreisung ist größer: Sättigung statt nur Besitz und Trost. | Warum heißt es: Hunger ›nach der Gerechtigkeit‹? Es gibt mehrere Arten des Hungers: (1.) schlecht (po s), (2.) nicht schlecht, aber auch nicht verdienstvoll, (3.) gut und verdienstvoll. → Arten des schlechten Hungers: (a.) Hunger nach weltlichen Dingen (weltliche Ehre, Weisheit, Wissen, Güter), (b.) Hunger nach Wollust des Leibes [200v], (c.) Hunger nach schlechten Taten (z. B. Unkeuschheit). | Was ist Gerechtigkeit? Eine Tugend, die jedem das Seine gibt. (1.) Gott: Ehre, Liebe, Furcht. (2.) Sich selbst [201r]: (a.) Reinheit des Herzens, (b.) Vorsicht des Mundes [201v], (c.) Beherrschung des Leibes. (3.) Dem Nächsten: (a.) dem Vorgesetzten: Gehorsam, (b.) dem Gleichgestellten: Eintracht und Frieden, (c.) dem Geringeren: Hilfe und Rat [202r]. | Warum heißt es ›selig sind sie‹ und nicht ›heilig/fromm sind sie‹? (1.) Gott ist der Gerechteste → jeder liebt seinesgleichen → Gott liebt die Gerechten. (2.) Wen Gott nicht verlässt, der ist selig. → Gott verlässt die Gerechten nicht, also sind sie selig. (3.) Die Gerechten sind des ewigen Lebens sicher. | Es gibt viererlei Arten der Gerechtigkeit: (1.) Vorgetäuschte Gerechtigkeit (macht nicht gerecht) [202v]. (2.) Unvollkommene Gerechtigkeit (macht auch nicht gerecht). 〈Exkurs – fünf Merkmale der wahren Gerechtigkeit: (a.) aufrichtige Absicht, (b.) Kohärenz von Worten und Taten, (c.) Vollbringung nicht nur ›kleiner‹, sondern auch ›großer‹ Werke, (d.) [203r] innere Reinheit, (e.) Vermehrung und Weiterentwicklung der bereits vorhandenen Tugend.〉 (3.) Übertriebene Gerechtigkeit (zu streng und hart). (4.) Wahre Gerechtigkeit (s. Exkurs zuvor). | Die Gerechtigkeit macht selig, denn: (1.) sie befreit von der Versuchung zur Todsünde, (2.) sie befreit von böser Nachrede, die Anlass zur Sünde geben würde [204r], (3.) sie befreit vom ewigen Tod, (4.) sie erfüllt die vernünftigen Sehnsüchte des Menschen nach: Barmherzigkeit; Ordnung und Untadeligkeit [204v]; gutes Leben bis zum Ende (Dauerhaftigkeit des Guten); Gotteskindschaft; Weisheit und Klugheit [205r]; Lohn für geleistete Mühe; Gottgefälligkeit; Sieg über Feinde. | Wie werden die Gerechten gesättigt? [205v] Hier in Gnade und mit einem Vorgeschmack der ewigen Freude in der Andacht, im ewigen Leben auf vollkommene Weise. Gesättigt werden: (1.) die Seele mit ihren drei Kräften: (a.) Vernunft (mit der Schau Gottes), (b.) Wille (mit der Liebe des höchsten Guten) [206r], (c.) Gedächtnis (mit Genuss des höchsten Guten), (2.) der Leib mit: (a.) Klarheit (claritas), (b.) Beweglichkeit (pehendigchait – agilitas), (c.) Feinheit (subtilhait/chlainfugleichait – subtilitas), (d.) Leidensunfähigkeit (vnleidpa rcheit – impassibilitas).

Die fünfte Seligpreisung: Barmherzigkeit (206v –216r) Gründe für die Nennung dieser Seligpreisung an fünfter Stelle: (1.) Barmherzigkeit wird durch die fünfte Gabe des Heiligen Geistes (gotleicher rat – consilium) bewirkt: Dadurch wird der Mensch bewogen, über seine Pflicht hinaus etwas zu tun. (2.) Barmherzigkeit setzt die Tugenden der vier ersten Seligpreisungen voraus: Sie sind Pflicht, Barmherzigkeit geht über sie hinaus. (3.) Sie folgt auf die Gerechtigkeit, um mit ihr zusammenzuwirken (sie zu erleuchten und von ihr zurückgehalten zu werden) [207r]. | Warum soll man barmherzig sein? (1.) In der Schöpfung dient jedes Glied einem anderen, mit dem Men-

109 schen an der Spitze. Um diese Ordnung zu wahren, sollen Menschen einander dienen und helfen, d. h. barmherzig zueinander sein. [207v] (2.) Alle Menschen sind schwach, mangelhaft und sündhaft. → Alle Sünder haben Barmherzigkeit nötig. → Alle Menschen sollen einander Barmherzigkeit erweisen. (3.) In Jesus hat Gott den Menschen unermessliche Barmherzigkeit erwiesen. Er ist der Herr und Vater der Menschen. → Die Menschen sollen es ihm gleichtun. [208r] (4.) Barmherzigkeit bringt dem Menschen sechsfachen Nutzen: (a.) Vergebung vergangener Sünden, (b.) Schutz vor künftigen Sünden [208v], (c.) Lob und Segen von Gott und Menschen, (d.) Befreiung am Jüngsten Gericht [209r], (e.) besseres Gedeihen dank zahlreicher Fürbitter, (f.) ewiges Leben dank Anspruch auf Erwiderung der Barmherzigkeit [209v]. | Wem soll der Mensch Barmherzigkeit erweisen? (1.) Gott: durch kindliche Furcht, Liebe und Anteilnahme an der Passion Christi (compassio). (2.) Sich selbst: (a.) der eigenen Seele: Man soll die Seele (i.) speisen mit Sakramenten (wohl insbes. Eucharistie), Wort Gottes und Predigt, (ii.) tränken mit Weisheit [210r], (iii.) kleiden mit Sanftmut und Geduld, (iv.) trösten mit der Kontemplation göttlicher Dinge, (v.) loskaufen/befreien mit Reue, Beichte, Buße und Besserung, (vi.) begraben mit Passionsandacht; (b.) dem eigenen Leib mit maßvoller Züchtigung und Selbstbeherrschung. (3.) Dem Nächsten: (a.) geistig mit Vergebung [210v], Unterweisung und Rat sowie Zurechtweisung, (b.) körperlich mit Almosen, Unterkunft und Krankenbesuchen. → Welchen Menschen soll man Barmherzigkeit erweisen? Achterlei: (1.) den Gottesfürchtigen, (2.) denen, die Gott lieben (und es mit Werken beweisen) [211r], (3.) den Geduldigen, (4.) den Nachfolgern und Nachahmern Jesu, (5.) den Gottesdienern [211v], (6.) den Demütigen, (7.) den Gottesverehrern (die bemüht sind, Gottes Ehre zu vermehren), (8.) den Büßern. | Wie erweist Gott dem Menschen Barmherzigkeit? (1.) Er hat mit Sündern Nachsehen, damit sie sich bekehren [212r], (2.) er ruft die Flüchtigen gütig zurück, (3.) er weist die Nachlässigen zurecht, (4.) er muntert die Schläfrigen auf [212v], (5.) er richtet die Gefallenen auf, (6.) er führt die Verirrten auf den rechten Weg zurück, (7.) er empfängt die ›Fremden‹ (die ihn verlassen haben und ihm zürnen) [213r]. | Wie erweist Gott den Büßern Barmherzigkeit? 1. Er befreit sie von vergangenen Sünden, (2.) er hilft ihnen aus den gegenwärtigen Sünden heraus [213v], (3.) er schützt sie vor künftigen Sünden. | Wie erweist Gott den Aktiven (die nu in ainem wurkenden leben sint) Barmherzigkeit? (1.) Er erleuchtet sie, damit sie sich nicht verirren, (2.) er heilt und salbt ihre Wunden, d. h. verleiht ihnen Gnade, um ihre sündhaften Begierden zu zähmen [214r], (3.) er beschützt und stärkt sie in der Versuchung. | Wie erweist Gott den Leidenden Barmherzigkeit? (1.) Er tröstet diejenigen, die zuvor barmherzig gehandelt haben [214v], (2.) er empfängt die Armen, Elenden und Verachteten, wenn sie bei ihm Zuflucht suchen, (3.) er erfrischt die körperlich Ermatteten durch geistigen Trost (Aussicht auf Belohnung für geduldiges Leiden) [215r]. | Wie erweist Gott denjenigen Barmherzigkeit, die gut leben und wirken? (1.) Er kommt ihnen entgegen, wenn sie gute Werke beginnen, (2.) er hilft ihnen in ihren Bemühungen, (3.) er verhilft ihren Werken zu einem guten Abschluss [215v]. | Wie erweist Gott seine Barmherzigkeit hinsichtlich der Belohnung? Er belohnt hundertfach.

Die sechste Seligpreisung: Reinheit des Herzens – Gottesschau (216r –224r) Die Reinheit des Herzens wird durch die sechste Gabe des Heiligen Geistes (verstentleichait und vernunft – intellectus) bewirkt. Gründe für die Nennung an sechster Stelle: (1.) Sie setzt die Tugenden der fünf vorausgehenden Seligpreisungen voraus. [216v] (2.) Die Schau Gottes ist größer als der Lohn der vorausgehenden Seligpreisungen. | Betonung von ›des Herzens‹, um Heuchler auszuschließen [217r]. → Reinheit von Worten, Gedanken (!) und Werken reicht nicht, entscheidend ist gute Absicht. | Wie viele Arten des

110 unreinen Herzens gibt es? Sechzehn, in körperlicher und geistiger Hinsicht [es werden nur zwölf aufgezählt]: (1.) dunkles abgestumpftes Herz – geistig: Herz der Ungläubigen, (2.) kaltes Herz – geistig: Herz ohne göttliche Liebe [217v], (3.) betrübtes und trauriges Herz – geistig: Herz ohne Hoffnung auf Gott, (4.) törichtes und unweises Herz, (5.) eitles und leichtfertiges Herz [218r], (6.) schwaches Herz – geistig: unfähig zu geistlichen Werken, (7.) unbeherrschtes Herz: kann nicht von Sünden ablassen [218v], (8.) schlechtes Herz: hat eine negative Grundeinstellung, denkt schlecht von anderen, (9.) hartes Herz – geistig: Herz der verstockten Sünder [219r], (10.) beschwertes Herz: Völlerei und maßlose Sorgen, (11.) trockenes Herz: bringt keine Frucht, (12.) unruhiges Herz: Herz der Todsünder [219v]. | Wie ist ein reines Herz? (1.) mit Reue zerschlagen, (2.) mit Beichte gereinigt, (3.) mit geistiger Hut bewacht (besonders mit Aufsicht der fünf Sinne) [220r], (4.) mit Nächstenliebe und Eintracht gesammelt, (5.) mit Kontemplation göttlicher Dinge erhaben, (6.) mit Freigebigkeit aus gegossen, (7.) mit Gerechtigkeit ausgerüstet, (8.) mit Gehorsam unterworfen. | Warum sind reine Herzen selig? [220v] Sie werden die wertvollsten Dinge überhaupt erlangen: (1.) Erwerb der Gnade, (2.) Bewahrung der Gnade, (3.) Gottgefälligkeit des eigenen Dienstes, (4.) Bewahrung des unbefleckten Bildes Gottes in der Seele (Bewahrung vor Sünden) [221r]. | Womit kann ein unreines Herz rein werden? (1.) Wort Gottes, Predigt, Heilige Schrift [221v], (2.) Gottesfurcht, (3.) Reue, (4.) Beichte [222r], (5.) Werke der Barmherzigkeit, (6.) Geduld im Leid, (7.) [222v] Vorziehen der Gottesliebe. | Wie soll man ein reines Herz schützen? Durch Vermeidung der sieben Ursachen des Falls und der Verunreinigung: (1.) Glätte des Weges – geistig: Mutwilligkeit und Wollust des Leibes, (2.) Schwäche, Zuchtlosigkeit und Faulheit [223r], (3.) schwere Bürde – geistig: Todsünde, (4.) Anhängsel – geistig: Versuchung des Leibes, der Welt und des Teufels [223v], (5.) Fallen und Gruben – geistig: Nachstellungen des Teufels, (6.) Unkenntnis (dessen, was man zu wissen hat) [224r], (7.) schlechte Gesellschaft.

Die siebte Seligpreisung: Friedlichkeit – Gotteskindschaft (224v –227v) Zuletzt, bei der Himmelfahrt, hinterließ Jesus seinen Jüngern den Frieden. | Die Tugend der Seligpreisung wird von der siebten Gabe des Heiligen Geistes bewirkt (weishait gots – sapientia). | Grund für die Nennung an siebter Stelle: Die Tugenden der sechs zuvor genannten Seligpreisungen sind Voraussetzung für den Frieden [225r]. | Gründe, warum der Friede selig macht: (1. [ungezählt]) Im Frieden sind alle guten Dinge enthalten. (2.) Friede macht den Menschen gottähnlich [225v]; Gott ist immer der Mittler, bewirkt also den Frieden. (3.) Friede macht den Menschen zum Erben des ewigen Lebens. | Wie kann man friedlich [bzw. friedfertig] werden? Durch (1. [ungezählt]) Reue [226r], (2.) Beichte, (3.) Satisfaktion (Genugtuung). | Wie kann man den einmal erlangten Frieden behalten? [226v] (Allegorie einer Burgverteidigung, mit Auslegung:) Mit (1. [ungezählt]) Bewachung: Wachsamkeit, besonders über die fünf Sinne (wie Fenster), (2.) Mauer und Graben: Mäßigkeit sowie Keuschheit und Reinheit, (3.) Vorrat an Nahrung: Predigt und Heilige Schrift [227r], (4.) Schießwaffen: Demut. | Welchen Nutzen bringt der Friede? (1. [ungezählt]) Gotteskindschaft und -erbschaft, (2.) Ehre durch den Gottesdienst, (3.) wahre geistige Einstellung, [227v] Sicherheit und Gottgefälligkeit. | Die achte Seligpreisung (Verfolgung um der Gerechtigkeit willen) ist in den anderen mit enthalten.

111

3.7 Vergleich mit anderen Heinrich von St. Gallen zugeschriebenen Werken Die gleiche Verfasserschaft der fünf Heinrich von St. Gallen zugeschriebenen Schriften – des ›Passionstraktats Extendit manum‹, des ›Marienlebens‹, der ›Magnificat-Auslegung‹, der ›Acht Seligkeiten‹ sowie der ›Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit‹ –, die (mit Ausnahme des ›Marienlebens‹) zunächst von Wieland Schmidt vermutet wurde,³⁶ wurde in der Forschung angezweifelt, musste aber eine offene Frage bleiben.³⁷ Als einigermaßen sicher gilt wegen der weitgehend gemeinsamen Überlieferung, stilistischer Gemeinsamkeiten und inhaltlicher Verbundenheit – die beiden Schriften ergänzen sich – einzig die Zusammengehörigkeit des ›Marienlebens‹ und der ›Magnificat-Auslegung‹.³⁸ Da die Zuweisungen in den Handschriften dürftig sind und anderweitige historische Belege ganz fehlen, beruht die Beurteilung der gemeinsamen Verfasserschaft der restlichen Texte wesentlich auf Vergleichen textinterner Merkmale, die allerdings durch den teilweise unterschiedlichen gattunsmäßigen Charakter der Texte erschwert werden. Der ›Passionstraktat Extendit manum‹ ist trotz seiner gängigen Bezeichnung eine Passionshistorie mit vorwiegend epischem, narrativem Charakter, auch wenn er zahlreiche erklärende Erörterungen theologischer Natur enthält. Ähnlich verhält es sich – was den Gattungscharakter betrifft – mit dem ›Marienleben‹. Die ›Acht Seligkeiten‹ und die ›Magnificat-Auslegung‹ sind hingegen exegetische Abhandlungen, die möglicherweise auf Predigten beruhen. Aus dem Gattungscharakter der Texte ergeben sich selbstverständlich bestimmte Eigenheiten thematischer und textstruktureller Natur, die sich auch auf die Argumentationsweise und die sprachliche Ausgestaltung auswirken. Dennoch ist ein Vergleich in bestimmten Bereichen möglich und für die Autorfrage aussagekräftig. Da der Text der ›Acht Seligkeiten‹ bisher noch nicht in einer Ausgabe zugänglich war, blieben auch die diesbezüglichen vergleichenden Analysen von Ruh, Legner und Hilg sehr knapp und beschränkt.³⁹ Hier soll der Versuch unternommen werden, aufgrund des Vergleichs der genannten Texte auf mehreren Ebenen deutliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten, um die Frage der gleichen Verfasserschaft entscheiden zu können.

³⁶ Vgl. Schmidt 1932. Hier wird Heinrich von St. Gallen auch noch als Verfasser einer Predigtsammlung in Karlsruhe, Cod. Aug. 105, erwogen. Dies wird von Ruh 1953, S. 230, entschieden zurückgewiesen. ³⁷ Diskutiert wird die Zuschreibung von Ruh 1953, S. 212–230, Legner 1973, S. 23f., und – mit Einbeziehung des ›Marienlebens‹ – von Hilg 1981, S. 373–388. ³⁸ Hilg 1981, S. 383f.; 2VL, Bd. 3 (1981), Sp. 738. ³⁹ Vgl. Anm. 37.

112

Ein Merkmal, das die fraglichen Texte charakterisiert, ist die Verwendung ausdrücklicher biblischer Zitate und damit verbundener Attribute bzw. Epitheta. Abgesehen von den Zitaten aus den Evangelien, die hier wegen ihrer Häufigkeit in allen verglichenen Schriften ausgeklammert werden, werden in den vier größeren Texten (die ›Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit‹ bieten zu wenig Vergleichsmaterial) biblische Quellen wie folgt namentlich zitiert:⁴⁰ Acht Seligkeiten

Passionstraktat

Moyses (2-mal)

Marienleben

MagnificatAuslegung

Moyseß

Dewteronomio; in dem fu nften pu ch der bibeln in dem ersten pu ch der chu nig der lieb Thobias der liebe Iob (2-mal); der gedultig Iob (der) herr Dauid (53-mal); der weise man her Dauid

mit dem liben Job ich sprach durch den propheten David inn deme heiligen geiste; als der herre durch den munt hern Davidis hat gesprochen

der Dauit; her Dauit; der lieb Dauit

Salomon

Salomon; der weiß Salomon

der weis(e) man (20-mal); der weis(e) (3-mal) in dem puch der tugentsamnung; der weise man in dem puche der tugentsammung in dem puch der spru ch der weis man in dem puch der welt versmehung in dem puch der liebhaber

in dem buche der liebe

Salomon […] in dem puch der mynn

in dem puch der weishait (2-mal) der weis […] Ecclesiastici

⁴⁰ Wenn keine Zahl angegeben ist, handelt es sich um eine Einzelstelle. Die Auflistung nimmt keine Rücksicht darauf, ob die Zitate authentisch bzw. richtig sind.

113 Acht Seligkeiten

Passionstraktat

Ysaias (3-mal); der liebe Ysaias (8-mal)

als Jsayas hat gesprochen

Marienleben

MagnificatAuslegung in dem propheten Ysayas Ysaiaß

Ieremias (2-mal); der liebe Ieremias (3-mal); der weissag Ieremias

der prophet Jeremias

Ezechiel (3-mal) der weissag Iohel yn dem propheten Balaam der weissag

die weissagung is gesprochen durch den propheten⁴¹ Esdre

in dem puch der zwelfpoten werch sand Paul([u]s) (28-mal); sand Paul […] zu den Ro mern (3-mal)

Lucas in dem puch der berck der zwelfpoten Paulus

sant Pauls; Sant Pauls […] in seiner epistel

sand Iacob (10-mal)

Sant Paul(u)s (10-mal) Sant Jacob (2-mal

in dem puch der gotleichen Johannes […] in Apo- Iohanneß […] yn offenparung; der hymel adler kalipsi (2-mal) dem puch der Iohannes in Apokalypsi taugen

Aus dem Bereich der Evangelienzitate ist darüber hinaus auf das in den ›Acht Seligkeiten‹ häufig verwendete Johannes-Epitheton der hymel adla r hinzuweisen, das sonst in keinem der anderen Texte vorkommt. Einige Schriftzitate aus dem ›Passionstraktat‹ sind sehr allgemein formuliert, sodass sie in die Auflistung nicht aufgenommen werden konnten.⁴² Die Gegenüberstellung der Zitierweise der Bibel in den verglichenen Texten zeigt deutliche Unterschiede in der Verteilung der Zitate. Die ›Acht Seligkeiten‹ zitieren aus weit mehr biblischen Büchern als die anderen Texte. Typisch sind die überaus häufigen David-Zitate, die ansonsten sehr ⁴¹ Ähnlich auch: als her durch den propheten gesprochen hat; das der propheta spricht; das der propheta hatte gesprochen; also sprach in dem geiste der prophete von mir; also ist geschreben von mir, das der vater gesprochen hat durch den propheten; alse der prophete hatte von im geschreben; das der propheta gesprochen hatte. ⁴² Sprach got und ist gesprochen; also wirt geschreben von mir; das geschreben steet in einer figuren von mir; das du beide, in der alden ee alse in der nuwen ee, hast geboten und sprichst; alse ist geschreben; eine figure in der alden ee: wir lesin, das; dorumme spricht der text; des das in der figure geschreben stunt; und darczu ladit uns der heilige geist und spricht.

114

spärlich vorkommen. Eine Gemeinsamkeit mit der ›Magnificat-Auslegung‹ besteht in der Häufigkeit paulinischer Zitate, keine Parallele hat aber die häufige Zitierung der alttestamentlichen Weisheitsbücher. Interessant ist die unterschiedliche Bezeichnung des Hohenlieds in den ›Acht Seligkeiten‹ (puch der liebhaber), im ›Passionstraktat‹ (buch der liebe) und im ›Marienleben‹ (puch der mynn) sowie die Bezeichnung der Apokalypse in den ›Acht Seligkeiten‹ (puch der gotleichen offenparung) und im ›Marienleben‹ (puch der taugen). Während das ›Marienleben‹ in der Bibelverwendung – abgesehen von apokrypher Überlieferung – im Wesentlichen auf die Evangelien beschränkt bleibt, spielt im ›Passionstraktat‹ die Figuralexegese des Alten Testaments eine viel größere Rolle, als es die Auflistung der Zitierweise anzeigt.⁴³ Mit Ausnahme des Anfangszitats aus Gn 22, 10, das in raffinierter Weise die ganze Passionshistorie durchzieht,⁴⁴ werden nämlich zahlreiche alttestamentliche Stellen nur angedeutet, indem sie in den Dienst der typologisch-christologischen Deutung gestellt werden. So werden gleich am Anfang mit Abraham und Isaak, dem Osterlamm und Samson drei Präfigurationen der Passion Jesu genannt (S. 2, Z. 15–25), und es folgt eine ganze Reihe typologischer Gegenüberstellungen.⁴⁵ An die Grenzen seiner typologischen Exegese stößt der Autor bewusst, wenn er versucht, Barabbas und

⁴³ Einige Beobachtungen dazu vgl. Ruh 1950, S. 24–26. ⁴⁴ Das wiederkehrende Motto ist die Stelle extendit manum bzw. her rackete die hant aus der Opferungsgeschichte Isaaks. Das Zitat wird in abgewandelter Weise auf S. 4, Z. 9f., und S. 5, Z. 18f., wiederholt, wo es auch typologisch gedeutet wird. Ausdrücklich erinnert wird an das Schriftwort auch auf S. 16, Z. 17–19: Also steit das orteil mines vaters, der do hat of gerackit sine hant und hat geczogen das swert und wil den son opfern bis in den tot. Figuralexegetisch angespielt wird daran auch auf S. 16, Z. 4–8: Rechte als der erste mensche ersten rackte und strackte sinen arm czu dem holcze, das im der vater vorboten hatte, also mus ich strecken minen arm an das holcz des cruczis. Sprachliche Anspielungen sind ebenfalls vorhanden, etwa wenn Jesus mit of gerackten henden (S. 10, Z. 19f.; S. 34, Z. 8f.) betet oder wenn Maria ihren Sohn mit gestracketen armen (S. 21, Z. 9) anfleht. ⁴⁵ Trennung von Elias und Eliseus – Trennung von Maria und Jesus (S. 6, Z. 28–30); Berg Libanon mit zwei Flussquellen – Weinen von Maria und Maria Magdalena (S. 11, Z. 21– 28); die Sintflut – Blutvergießen Christi (S. 14, Z. 2–5); Sonnenlicht am Schöpfungstag – Sonnenschein am Mittwoch in der Karwoche (S. 19, Z. 9–12); zahlreiche alttestamentliche (und antik-geschichtliche) Präfigurationen der Eucharistie (S. 27, Z. 7 – S. 28, Z. 7; S. 28, Z. 28f.); Paradiesgarten – Garten Gethsemane (S. 32, Z. 16–30); Gebet von Moses, Aaron, Josua und David – Jesu dreifaches Gebet im Garten Gethsemane (S. 36, Z. 22–27); Joabs Kuss – Judas’ Kuss (S. 38, Z. 7f.); Samsons Fesseln – Jesu Fesseln (S. 39, Z. 2f.); Moses schlägt zweimal auf einen Stein, zuerst kommt Blut heraus, dann Wasser – beim Entkleiden Christi haften die Kleider zuerst an den vertrockneten Wunden, erst nach dem Abreißen der Kleider öffnen sich die Wunden erneut (S. 58, Z. 22 – S. 59, Z. 16); Holz des Baums im Paradies als Anfang der Sünde – Holz des Kreuzes als Tod der Sünde (S. 61, Z. 2f.); drei Speere, mit denen Joab Absalom erstach – drei Ursachen des Weinens Christi am Kreuz (S. 66, Z. 12–22).

115

Jesus einander gegenüberzustellen.⁴⁶ Der dabei verwendete Schlüsselbegriff figura wird im ›Passionstraktat‹ häufig wiederholt,⁴⁷ während er in den anderen Texten nicht vorkommt, ebenso wenig wie die damit verbundene Figuralexegese. Wenden wir uns nun dem Vergleich nichtbiblischer Zitate in den untersuchten Texten zu, mit denen die ›Acht Seligkeiten‹ deutlich sparsamer als mit Schriftzitaten umgehen. Die Verwendung ausdrücklich zitierter nichtbiblischer Quellen, ggf. mit den beigefügten Attributen, veranschaulicht die folgende Tabelle: Acht Seligkeiten

Passionstraktat

Marienleben

Origenes (12-mal)

Origenes/ß (7-mal)

Magnificat-Auslegung

Seneca (2-mal)⁴⁸

Eusebius (und ouch Emissenus) (2-mal) sand Ambrosius (2-mal)

Ambrosius (6-mal); der lerer Ambrosius; Ambrosius […] vnd steet in decreto De consecracione

sand Augustinus/ Augustein (10-mal); der hoch lerer Augustinus (3-mal)

Augustinus (14-mal); der lerer Augustinus

sand Ieronimus; der Jeronimus (3-mal) lieb Ieronimus (2-mal)

Augustinus (9-mal); Sant Augustin sand(t) Augustinus/ (3-mal) August(e)in (39-mal); der lieb (sant) Augustinus (2-mal) sand Ieronimus der heilig lerer (3-mal); der lieb Sanctus Jeronimus Ieronimus; der hochgelobt lerer sanctus/sant Ieronimus (3-mal)

(Johannes) Iohannes mit dem Crisostomus (8-mal) gulden mund (2-mal) cesarius (yn seinr regeln) sand Gregorius; der liebe Gregorius

Gregorius (7-mal)

sant Gregorius

Sant Gregorius

⁴⁶ S. 49, Z. 13–18: In der czit der marter Cristi was billich, das von sinem tode ein schuldiger mensche worde los von dem ewigen tode, wen sin tot solde uns allen vrien. Der erste was eine figura des andren und wart doch nicht die figura: Der erste, der was behalden, aber der andere nicht, der die figura beczeichente. ⁴⁷ S. 2, Z. 15; S. 5, Z. 17; S. 14, Z. 3; S. 27, Z. 6; S. 32, Z. 16; S. 36, Z. 22; S. 58, Z. 23; S. 61, Z. 16; S. 64, Z. 3. ⁴⁸ Ich zähle hier und im Folgenden die namentlichen Erwähnungen der Autoritäten. Je nach Zählweise ergeben sich bei den Häufigkeitsangaben gewisse Unterschiede zu den Ergebnissen bei Hilg 1981, S. 367–371 und 385.

116 Acht Seligkeiten Passionstraktat sand Benedictus in seinr regel

Marienleben

Magnificat-Auslegung

Isidorus der milt lerar Beda

Beda Damascenus (2-mal) Rabanus (15-mal); Rabanus Rabanus der lerer bzw. Rabanus der meister Remigius (4-mal)

Remigius (2-mal); Remigius der lerer (2-mal)

Petrus Damiani (der cardinal) (3-mal)

Petrus von Rauen

Anshelmus

Anßhelmus (3-mal); der heilig Anshelmus ir [d. h. Marias] besunder liebhaber der maister von den hohen sinnen (d. h. Petrus Lombardus) (4-mal)

sand Bernhart Bernhardus (4-mal); sand (30-mal) Bernhart, der su ss lera r

sandt Ber(e)nhart Sant Bernhart (38-mal); der suß (5-mal); der suß lerer sandt Ber(e)nhart/ Sant Bernhart Bernhardus (47-mal); der suß lerer sand Berenhart/Bernhardus (2-mal); der ynnig sand Bernhardus; sand Bernhart ir [d. h. Marias] besunder capellan

der lera r Reichardus

Reichardus (2-mal)

Richardus (3-mal)

der maister Alanuß Innocencius, der virde babist Allexander (d. h. Alexander Neckam)

117 Acht Seligkeiten der gro ss meister Albertus

Passionstraktat Albertus […] der grosse bischof

Marienleben Magnificat-Auslegung Albertus (2-mal); maister Albertuß; Magnus Albertus (29-mal); der gehaym freundt Marie Magnus Albertus Bonaventura (2-mal) sanctus Thomas de Aquino

Josephus (3-mal; Identität unklar) maister Matheus/ß (d. h. Matthäus von Krakau) (14-mal) Symon von Cassia (27-mal)

Simon von Cassia (26-mal); der lerer Simon von Cassia (4-mal) bzw. der wirdig lerer Simon von Cassia

die lieb Brigitta (2-mal), Brigitta die heilige fraw⁴⁹ die naturlichen maister die glos ein lera r (2-mal) die lera r

ein lerer (4-mal) die lerer (etzliche lerer) (8-mal)

die lerer (etlich lerer) (4-mal)

die hohsten lerer bzw. die heiligen lerer

ein meister (3-mal)

Auch wenn man Unterschiede in den Quellen nicht überbewerten darf, ergeben sich aus dieser Übersicht einige markante Unterschiede zwischen den verglichenen Texten, aber auch einige Gemeinsamkeiten. Durch die sehr zahlreiche (und wahrscheinlich häufig fiktive) Zitierung des Simon (Fidati) von Cascia zeigen das ›Marienleben‹ und die ›Magnificat-Auslegung‹ ihre Verwandtschaft, heben sich aber zugleich von den beiden ande⁴⁹ Vgl. auch alß vnß beweist die offenbarung der heiligen frauen sand Brigitten vnd auch die heiligen frauen sandt Paula, die do waß ein geistliche dochter deß heiligen lerers sant Ieronimi (Marienleben, 6, Z. 40–42); von sunderlichem einsprechen gotz, alß die lieb Brigitta het vnd Paula die heiligen zwu witben (ebd., 11, Z. 132f.).

118

ren Texten durch das Fehlen jeglicher Ambrosius-Zitate ab. Auf einen unterschiedlichen Verfasser des ›Passionstraktats‹ und des ›Marienlebens‹ deuten die Namensunterschiede bei (Johannes) Crisostomus bzw. Iohannes mit dem gulden mund und Petrus Damiani (der cardinal) bzw. Petrus von Rauen hin. Beim Vergleich zwischen den ›Acht Seligkeiten‹ und dem ›Passionstraktat‹ fällt das sehr seltene Vorkommen der Bernhard-Zitate in den ›Acht Seligkeiten‹ auf, die im ›Passionstraktat‹ und im ›Marienleben‹ überaus häufig sind. Dabei wäre eine häufigere Zitierung Bernhards von Clairvaux in den ›Acht Seligkeiten‹ naheliegend, da der Verfasser die thematisch verwandten Allerheiligen-Predigten Bernhards kennt (vgl. Zitat 190v). Lediglich die ›Acht Seligkeiten‹ zitieren mit Seneca einen heidnischen Autor. Das ›Marienleben‹ hebt sich von den anderen Werken wiederum durch die Zitierung des Matthäus von Krakau ab.⁵⁰ Aussagekräftige Unterschiede ergeben sich auch aus der Analyse des lexikalischen Materials. Sieht man vom durch die jeweilige Thematik vorgegebenen Wortschatz ab, kann das völlige Fehlen oder die Seltenheit bestimmter Wörter, die sonst häufig verwendet werden, ein Indiz für einen anderen Verfasser sein. Es ist beispielsweise auffällig, dass die Wörter sint (kausale Konjunktion), tichten (›ersinnen; ins Werk setzen‹), orteil, snode, enelend sowie wetage, die im ›Passionstraktat‹ mehrfach vorkommen, in den anderen Texten völlig fehlen. Ähnlich fehlen in den ›Acht Seligkeiten‹ die Wörter turren und e(e) (›Gesetz; Testament‹), die in den restlichen Texten üblich sind. Dem ›Marienleben‹ und der ›Magnificat-Auslegung‹ gemeinsam (und ausschließlich dort enthalten) sind die Lexeme regiren/regniren, altveter, vber flussiklichen, contempliren, wunderwerck, erkucken, schidung, rechen (hier ›vergleichen‹) sowie form (und Ableitungen davon [geformir(e)t; mit formig]). Die in den ›Acht Seligkeiten‹ beliebten Adjektive (vn-)geordent und taugleich werden in den anderen Texten nicht gebraucht. Noch deutlicher sind die Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede bei der Betrachtung häufig wiederholter Wendungen, die ein Stilmerkmal des Verfassers darstellen können. Einige typische Ausdrücke des vorliegenden Predigtzyklus wurden bereits oben in Abschnitt 3.5 beschrieben. Der ›Passionstraktat‹ bedient sich beispielsweise wiederholt verschiedener Wendungen mit dem Verb merken, um auf Bemerkenswertes hinzuweisen: hie merke,⁵¹ merke ouch,⁵² saltu merken,⁵³ merke ouch hie,⁵⁴ merke nu,⁵⁵ ⁵⁰ Die Form dieser Zitate unterscheidet sich nicht von derjenigen der anderen Autoritäten. Deshalb nimmt Hilg 1981, S. 389, zu Recht an, dass solche Zitationsweise erst nach dem Tod des Matthäus plausibel ist, und datiert die Entstehung des ›Marienlebens‹ nach 1410. ⁵¹ S. 9, Z. 25; S. 24, Z. 14; S. 55, Z. 25; S. 64, Z. 10f.; S. 64, Z. 20 – S. 65, Z. 1; S. 74, Z. 1. ⁵² S. 31, Z. 8. 22. 29. 37; S. 32, Z. 2. 4. 6; S. 34, Z. 37; S. 35, Z. 2. 5; S. 64, Z. 12. ⁵³ S. 30, Z. 31.

119

merke.⁵⁶ Die ›Acht Seligkeiten‹ verwenden hingegen in ähnlicher Funktion Verbindungen mit wissen. Das ›Marienleben‹ und die ›Magnificat-Auslegung‹ machen durch die häufige Verwendung des Synonymenpaars myn vnd lieb⁵⁷ sowie des Ausdrucks gruntlose demutigkait⁵⁸ auf sich aufmerksam. Das ›Marienleben‹ und die ›Magnificat-Auslegung‹ sind aber noch stärker von bestimmten Wendungen und Sinnstrukturen geprägt, die im Zusammenhang mit Autoritätenzitaten eingesetzt werden und in den ›Acht Seligkeiten‹ und im ›Passionstraktat‹ keine Parallele haben. Dabei handelt es sich in der Regel um Frage-Antwort-Konstruktionen, in denen die Antwort meist derselben Autorität zugeschrieben wird, manchmal jedoch zwei oder mehrere Autoren in einen fiktiven Dialog miteinander gesetzt werden, wobei deren historische Lebenszeit keine Rolle spielt. Die üblichen Formulierungen mit einem Autor sind dabei beispielsweise: es fragt auch Magnuß Albertuß […] er antwurt im selber vnd spricht (Marienleben, 4, Z. 109–111), eß fragt sant Bernhart vnd spricht […] er antwort vnd spricht (ebd., 18, Z. 43–45). Eine Frage kann von Albert dem Großen gestellt und von Augustinus beantwortet werden: Hie spricht Magnus Albertus […] daß verantwurt Augustinuß vnd spricht (ebd., 4, Z. 171–173). Zwei Autoren können auch gemeinsam fragen und ein dritter gibt die Antwort: Dar vber fragt Magnusß Albertus vnd Symon de Cassia vnd sprechen […] die frag verantwurt Anßhelmus vnd spricht (ebd., 2, 37–41). Manchmal ist die Frage auch allgemein gestellt und erst bei der Antwort wird ein Autor genannt: Nv mocht ain mensch sprechen […] die frag verantwort der vor genant maister von den hohen sinnen vnd spricht (Magnificat-Auslegung, Z. 878–883). Im folgenden Beispiel geht Augustinus explizit auf einen Teil der Frage Alberts des Großen ein: Furbas antwurt sand Augustinus vber daß ander tayl der frag, die Albertus tet, vnd spricht: ›Ich wil dir geben ein endt der frag vnd da mit deß ganczen ewangeliums, wan du fragst […]‹ (Marienleben, 4, Z. 459– 461). An einer anderen Stelle beantwortet Rabanus Maurus eine von Albert dem Großen an Bernhard von Clairvaux gerichtete Frage: Eß fragt hie Magnus Albertus vnd spricht: Heiliger vater sand Bernhart, wie hastu es gemeint mit den zweyen tagen? […] Die frag verantwurt Rabanus vnd spricht (ebd., 11, Z. 60–63). Auch bei einfachen Zitateinleitungen ist im ›Marienleben‹ Typisches festzustellen, das in der ›Magnificat-Auslegung‹ ebenfalls vorkommt: Sehr häufig wird die Interjektion o der Formel ›spricht + Autor⁵⁴ ⁵⁵ ⁵⁶ ⁵⁷

S. 56, Z. 11. S. 69, Z. 9. S. 34, Z. 34; S. 69, Z. 5. Marienleben: 2, Z. 144. 199f.; 4, Z. 451; 5, Z. 48; 6, Z. 59; 8, Z. 150. 174. 205f. 230f.; 11, Z. 226; 16, Z. 148. 212. 312; 19, Z. 33. Magnificat-Auslegung: Z. 1137. ⁵⁸ Marienleben: 2, Z. 137; 3, Z. 49f.; 4, Z. 237. 432; 9, Z. 37f.; 11, Z. 226; 19, Z. 74. 79f. Magnificat-Auslegung: Z. 69. 322. 435f. 464; ähnlich grundloß dimu tig (Z. 73).

120

name‹ vorangestellt. Allein die Einleitung ›O‹, spricht der suß sand Bernhart konnte ich im ›Marienleben‹ 18-mal zählen.⁵⁹ Ähnlich wird sie aber auch im Zusammenhang mit anderen Autorenzitaten verwendet. In der ›Magnificat-Auslegung‹ kommt sie in Verbindung mit dem Namen Simons von Cascia vor, z. B. O, spricht hie der lerer Simon von Cassia (Z. 86f.). Solche Wendungen sind weder im ›Passionstraktat‹ noch in den ›Acht Seligkeiten‹ anzutreffen. Deutliche Unterschiede sind auch in der Verwendung bestimmter Epitheta zu beobachten, die wahrscheinlich auch über die persönliche Frömmigkeit des Verfassers Aufschluss geben. Es ist zwar nicht weiter verwunderlich, wenn im ›Marienleben‹ und in der ›Magnificat-Auslegung‹ Maria viel häufiger thematisiert und genannt wird als in den anderen Texten. Dennoch überrascht die Fülle der mit dem Namen Maria verwendeten Attribute,⁶⁰ die den Namen manchmal auch ganz ersetzen.⁶¹ Diesem ⁵⁹ Marienleben, 4, Z. 411; 5, Z. 156. 223; 6, Z. 91. 122f.; 7, Z. 55; 9, Z. 23. 88; 15, Z. 422. 542. 575. 639. 667; 16, Z. 78. 159. 307; 17, Z. 31; 19, Z. 23. ⁶⁰ Beispiele im Marienleben: der zarten hymelkunigein Marie (2, Z. 21); Maria die himlisch kayserin (2, Z. 58. 112; 4, Z. 350; 5, Z. 94); die zart iunckfraw Maria (2, Z. 122); die schon zart iungfraw Maria (3, Z. 75); Marie der allerschonsten (3, Z. 76); die schon iungfrawen Mariam (3, Z. 81); die pluenden rosen Mariam (4, Z. 81); die allerdurchleichtigiste iungfraw Maria (4, Z. 124f.); der edeln iungfrawen Maria (4, Z. 504); daz vol faß aller gnaden Maria die allerschonst (5, Z. 253); Maria die allergnadenreichst (6, Z. 38f.); der hochgelobten keyserin iungfraw Marie (6, Z. 42f.); Marie seiner werden zarten frolichen muter (7, Z. 10); die hochwirdig kindtpeterin Maria (9, Z. 36f.); die zart frolich muter iungfraw Maria (9, Z. 97); die zart miniclich iungfraw Maria (10, Z. 41); Maria der hymelischen kunigein (11, Z. 215); der hochgelobten himelkunigin, seiner werden muter Maria (16, 3f.); die frolich muter die iungfrau Maria (16, Z. 141). Magnificat-Auslegung: Maria, die zart, hochgelobt junckfraw (Z. 5f.); Mariam, die himelischen kunigin (Z. 18, ähnlich Z. 36); Marie, der lieben, jungen muter (Z. 42); Mariam, die muter gocz (Z. 50); Marie, der aller heiligsten (Z. 56f.); das volle vas aller genaden Maria, die himelisch kaisserin (Z. 108f.); Marie, der himel kunigin (Z. 145); die hohgelobt junckfrawe Maria (Z. 240, ähnlich 425f. und 467); du zarte, schone junckfraw Maria (Z. 432); Maria, das vnuermayligt, lauter vas aller genaden (Z. 457f.); Marie, der himelischen kaiserin (Z. 757, ähnlich 842. 1035f. 1452f.); Maria, die hohgelobt schulmaisterin (Z. 1116); der hohwirdigen, weysen maisterin Marie, der himelischen kaiserin (Z. 1507f.). ⁶¹ Marienleben: die himelisch kayserin (2, Z. 77. 136; 3, Z. 1; 5, Z. 35. 244); der zarten schonen iungfrawen (4, Z. 40); die lieb iungfraw (4, Z. 99); der weysen zarten iungfrawen (4, Z. 304); dieser edelen iungfrawen (4, Z. 324); die allerschonsten (4, Z. 328f.); der iungen zarten iungfrauen (4, Z. 375f.); daß edel zart iungfreulein (4, Z. 394); die himelisch kunigin (4, Z. 512); der himelkunngin (5, Z. 15f.); die hochwirdig himelschawerin (6, Z. 64); die zart werd muter (9, Z. 113); die kunigin aller welt (15, Z. 652); die fraw der himel (17, Z. 1); die zart rain fraw (18, Z. 90); vgl. auch ir […] der allerhochsten maisterin, dy ye ward; wan sie hat gelert in der allerhochsten schul des heiligen geist (5, Z. 130–132). Magnificat-Auslegung: das zart junckfrawlin (Z. 27f.); die behent schulmaisterin (Z. 116); der hochwirdigen maisterin (Z. 125); in der Anrede: du schone junckfrawe (Z. 229); du zarte himelische kunigin (Z. 331f.); du hoh wirdige junckfrawe (Z. 562f.); du hohe maisterin (Z. 564f.); du himelische kaiserin (Z. 581. 741f.); du hoh gelobte junckfraw (Z. 594f.); du auserwelte kaiserin (Z. 690); du himelische kunigin (Z. 851f.); du aller libste fraw der himel

121

Variantenreichtum, der von einer ausgeprägten Marienfrömmigkeit des Verfassers zeugt, setzt der ›Passionstraktat‹, der das Mitleiden der Gottesmutter auch behandelt, eine viel nüchternere Wortwahl entgegen: Meist wird Maria einfach nur als die iunckfrow bezeichnet.⁶² Eine noch geringere Rolle – sowohl inhaltlich als auch sprachlich-stilistisch – spielt Maria in den ›Acht Seligkeiten‹, wo sie nur in Verbindung mit zwei Magnificat-Zitaten hymelchunigin genannt wird.⁶³ Auch sonst zeigen die in den ›Acht Seligkeiten‹ verwendeten Formulierungen (s. S. 98–99) – mit Ausnahme des überall häufigen Attributs lieb – wenig Ähnlichkeit mit den anderen Texten. Im ›Marienleben‹ und in der ›Magnificat-Auslegung‹ findet sich beispielsweise der Ausdruck der behend werckmaister der heilig gaist⁶⁴ und häufig wird das auch in anderen Zusammenhängen eingesetzte Adjektiv wirdig gebraucht.⁶⁵ Im ›Marienleben‹ wird für den Heiligen Geist und für Jesus die Bezeichnung schulmaister verwendet⁶⁶ und mehrmals kommt das Adjektiv edel zum Einsatz.⁶⁷ Aus grammatischer Sicht kann man feststellen, dass alle verglichenen Texte mit Ausnahme der ›Acht Seligkeiten‹ die ingressive Präteritalkonstruktion werden + Infinitiv verwenden (vgl. FG § S 173),⁶⁸ im vorliegenden Predigtzyklus fehlt sie hingegen ganz. Im ›Marienleben‹ und in der

⁶²

⁶³ ⁶⁴ ⁶⁵ ⁶⁶ ⁶⁷ ⁶⁸

(Z. 965f.); du fraw der himel (Z. 1124. 1368f.); du zarte fraw der himel (Z. 1224f.); du hohgelobte schulmaisterin (Z. 1278f.); du edele junckfraw (Z. 1372); du zarte junckfraw (Z. 1401f.); du schone, zarte junckfrawe (Z. 1481); die zart himel kunigin (Z. 1488). Maria, die iunckfrow (S. 4, Z. 13; S. 8, Z. 26; S. 14, Z. 6; S. 19, Z. 13; S. 60, Z. 18); die iuncfrowe Maria (S. 16, Z. 23 – S. 17, Z. 1); die iunckfrow (S. 5, Z. 30; S. 10, Z. 13. 16; S. 11, Z. 13; S. 21, Z. 14. 17. 29; S. 57, Z. 27; S. 65, Z. 11; S. 67, Z. 24; S. 68, Z. 1. 19. 22); weitere Ausdrücke: Mariam, sine muter (S. 4, Z. 4f.; S. 20, Z. 7); Maria, die muter gotis (S. 8, Z. 7); du suzse muter gotis (S. 6, Z. 11f.); suzse koniginne (S. 6, Z. 14. 23; S. 7, Z. 11. 19); koniginne (S. 7, Z. 6); sine libe muter (S. 9, Z. 9); die muter des herren (S. 9, Z. 19); unsirs herren muter, unsir vrouwen (S. 10, Z. 1); du, muter der eren (S. 11, Z. 15); du suzse muter (S. 16, Z. 19). Die hymel chunigin Maria (205v); die hymelchunigein Maria (210v). Marienleben, 4, Z. 472f.; 6, Z. 69f. (nur der behend werckmeister 4, Z. 340f.); MagnificatAuslegung, Z. 62f. 1384f. Marienleben, 4, 394f.: der wirdig engel Gabriel (163, 394f.); auch 5, Z. 147: ir lieben mumen der alten erwirdigen frawen; Magnificat-Auslegung, Z. 126f.: Lucas […] der wirdig caplan Marie. Marienleben, 3, Z. 31: den erwirdigen schulmaister den heiligen geist; 15, Z. 581: vnser hochwirdiger schulmeister. Daz edel hercz Marie (6, Z. 174); daz edel kindt Ihesus (6, Z. 178); vnser her Ihesus Cristus daz edel kindt (8, Z. 1); daz edel kindt Ihesuß Cristus (8, Z. 12f.). Passionstraktat: der herre so sere wart weinen (S. 21, Z. 10); wart einer den andren ansehen, und einer wart den andren czu vragen (S. 29, Z. 8f.); her […] wart so lute beten (S. 29, Z. 36); [Jesus] wart beten (S. 36, Z. 10; S. 62, Z. 19); wart sich der lichnam senken (S. 65, Z. 3). Marienleben: wurden eß suchen (3, Z. 7f.); ward er pitterlichen weynen (11, Z. 195); do ward er weinen (15, Z. 61f.); Petrus […] ward predigen (18, Z. 26). Magnificat-Auslegung, Z. 871: ward er merken.

122

›Magnificat-Auslegung‹ fallen außerdem die sehr zahlreichen doppelten Negationskonstruktionen mit kain auf, die in den ›Acht Seligkeiten‹ nur vereinzelt vorkommen (s. S. 95).⁶⁹ Eine Besonderheit des Passionstraktats besteht in der gelegentlichen Verwendung kurzer lateinischer Einfügungen.⁷⁰ Der ›Passionstraktat‹ hebt sich von den anderen Texten stilistisch jedoch auch durch andere Merkmale ab. Er ist in einem rhetorisch kunstvollen, manchmal pathetischen Stil abgefasst. Kurt Ruh sah in der Koordinationstendenz des Satzstils mit zahlreichen Parallelismen einen Beleg für die Einordnung des Textes in den Umkreis Johanns von Neumarkt, obwohl er selbst darauf hinwies, dass entsprechende Stilmittel auch für die mystische Literatur des deutschen Spätmittelalters, etwa Heinrich Seuse oder Eckhart, typisch sind. Erst die Verbindung »mit einer gewissen herben Sprödigkeit ⁶⁹ Marienleben: in dem kain geprech nit ist (4, Z. 19); kein weisere hastu nye erkant (4, Z. 27); du solt mir sie nit erschrecken mit kaynerley (4, Z. 41f.); daz sie kain mensch nye wider kond vinden (4, Z. 211f.); wan ich kain man nit bekenn (4, Z. 295f.); das sie kein liebere freundin nit het auf erden als die liben Elizabeth (4, Z. 378); als ob er ym kain dinst nye hab gethan (4, Z. 441); den kain heilig nie gehabt hat (5, Z. 164); so waiß ich vnter dem himel kein paß geschicktere nit (5, Z. 192f.); daz kan kein hercz nit erdencken noch kein mundt nit auß gesprechen (5, Z. 257f.); ich kan vnß kein herberg nyndert gewynnen (6, Z. 27f.); daz thet er nicht in keiner hoffart noch yn keiner verkerten weiß (8, Z. 149); wan du kainer reinigung nit bedarfft (9, Z. 24f.); do het sie kein gestifft nit (11, Z. 44); die kein ewangelist nit schreibenn mocht (14, Z. 38f.); daz im kainer nit torst thun (15, Z. 93); daz sie dir kein leyt nit mogen gethun (15, Z. 156); er sprach ir nye kain wort zu (15, Z. 490); wan du kein sund nit hast (15, Z. 615f.); daz im kein mensch nit dar ein gereden mag (15, Z. 674f.); das im kein rue als lang alß ain augenplick nie ward (15, Z. 750f.); daz er furpaß keinem menschen nit geschaden mag (15, Z. 775f.); daz du furpaß kein leiden nymmer solt haben (16, Z. 34f.); ir keiner fragt in nit (16, Z. 396f.); mit zweifachem kain: kain groser lieb ward yn kaim herczen nye gefunden (4, Z. 29); wan ir kain engel vor yn keym solchen scheyn nit mer erschynen waß (4, Z. 178f.); daz nymant keins waffens nit bedarfft zu keiner wer (5, Z. 261). Magnificat-Auslegung: also wart kain sel nie (Z. 165); daz sy kain wort nie ausgesprach (Z. 171f.); auserhalb got ist kain ware frewd nit (Z. 243f.); weder keusch noch kain ander tugent got nit wol geuelt on demutikait (Z. 352f.); nimant kain genad von irem liben kind wider varn mag wan durch ir […] hend (Z. 541–543); das der geleich ›kain menschlich aug nie gesehen hat‹ […] noch kain or nie gehort hat, noch in kains menschen hercz nie gestigen ist (Z. 651–654); als ob wir kain sund nie getan heten (Z. 678); daz sy kainer bewerrung nit bedarf (Z. 680f.); also das nindert kain hel oder pein wer (720f.); so ahten sy auch kains lons nit (722f.); das er […] kainen reht guten tag nie gewan (796f.); so mugen sy auch kain rew nit gehaben (Z. 894); das sy von in selber kain gut werck nit getun mugen (Z. 1338f.); mit zweifachem kain: auch schol kain samnung kainen obersten nit welen nach gunst […] oder von kainer andern sach wegen (Z. 1069–1071). ⁷⁰ Also was war, das Johannes sprach: »Collegerunt pontifices etc.« (S. 8, Z. 15f.); Der herre antworte und sprach: »Tu dic« – id est: verum dicis – »quia rex sum ego« (S. 45, Z. 18– 20); als der herre durch den munt hern Davidis hat gesprochen: »Dinnumeraverunt sibi omnia ossa mea« (S. 51, Z. 11–13); nu spricht mit namen der ewangelista: »Conspuebant in eum«, id est: simul spuebant in eum (S. 57, Z. 11f.); alse Origenes spricht obir das ewangelium »Stabant iuxta crucem Ihesu« (S. 65, Z. 9–11); des tagis, den wir heizsen artificialis dies, kunstlicher tag (S. 74, Z. 4f.).

123

und sauberen Glätte« erinnerte ihn an Johann von Neumarkt.⁷¹ Jedoch nicht nur die zwei- bis dreigliedrigen Parallelismen charakterisieren den Stil des Passionstraktats. Auffällig sind ebenfalls lange asyndetische Reihungen mit mehr als drei Gliedern: Do luchtit sine libe, do burnet in libe sin hercze, do rynnet sine gute, do vluzet sine gnade, do ist her den guten eyne bloze barmherczikeit, den bozen ein bornder ernst (S. 2, Z. 9–12); din liber son mus gevangen, geslagen, gegeisilt, gecruczigit werden. Die slege, die gerten, die dornynne crone, die dicken nagele […] Sin hercze, sine sele, sin lip und alle sin leben (S. 7, Z. 19–22); das iermerliche binden, das unbarmherczige slan, das herte roufen, das smeliche schenden und spotten, das stinkende vorspien, das clegeliche geiseln, das vintliche cronen, das bitter cruczigen, das ungeneme trinken, in der nasen grosir stanc, in den oren grosis schelden und anligen, sine iemerliche gestalt an dem crucze under sinen ougen, in henden und in vuzsen die dicken nagele (S. 31, Z. 1–7); sin enelende, sine gedult, sin stelle swigen, sin willigis erbieten […] sin unschult, sine unbarmherczigen slege an der sulen, sines galgen tragen, sin mutirnacktis erhengin, sin clegelichis rufen mit luter stimme an deme crucze (S. 31, Z. 10–14); der eine schalt, der ander sluc, der dritte spiete im under sine ougen, der vierde sties in in die czene, das sie im alle bluten (S. 40, Z. 3–5); her ist ussetzig worden, bleich ist im der munt, blutrot sin im die hende, czustrewt ist im sin har, czuswollen sint im die ougen, tot var ist sine gestalt (S. 44, Z. 11–13); mit clegelicher gestalt, mit enelendem iamer, mit offenem munde, mit geneigetem houpte, mit clegelicher varbe, mit offenen wunden, mit czubrochenen ougen, mit schutzlichem iamer (S. 72, Z. 28–31).

Solche Reihen sind gelegentlich auch geschickt mit Antithesen verbunden.⁷² Ebenfalls zu finden sind lebhafte Apostrophen,⁷³ rhetorische Fragen,⁷⁴ Paronomasien⁷⁵ und Metaphern.⁷⁶ Einige ähnliche rhetorische Figuren kommen freilich auch im ›Marienleben‹ vor.⁷⁷ ⁷¹ Vgl. Ruh 1953, S. 215f. und S. 216, Anm. 1. ⁷² Z. B. vinster und licht, himmel und erde, bose und gut, leben und tot, selde und unselde (S. 49, Z. 8f.); Cristus, unsir herre, lebete in deme lichnam an dem lichnam, in dem vleische ane das vleisch, in der werlde ane die werlt, in der czit ane die czit (S. 61, Z. 4–6). ⁷³ Z. B. O du bosir mensche Judas! O du unseliger scheffer! O du ungetruwer diep! […] Was hat dir getan der gute herre? Hatte hers domete vordinet, das her dich machte einen herren der himmel? […] Du bosir mensche, nicht den son alleine, abir die muter und den son, die hastu beide in den tot vorkouft. Sehit, alle creature, wor czu ist got worden […]! (S. 18, Z. 17 – S. 19, Z. 4); Io sicherlich, iunckfrouwe, du hast sache! Trit, muter, czu dem crucze, sich an, muter, din kint! (etc.; S. 67, Z. 3–13). ⁷⁴ Z. B. Bistus nicht der lichnam [etc.]? (S. 73, Z. 11–19). ⁷⁵ Z. B. ich clage uch clegelich und sage uch werlich (S. 29, Z. 3), ähnlich wir clagen clegelich (S. 46, Z. 8), die prister und die bischove […] claiten clegelich (S. 46, Z. 30); mit geyseln geyselten sy mich (S. 52, Z. 6f.); sie […] sungen und sprungen (S. 57, Z. 3). ⁷⁶ Z. B. angist habe ich gelesin in dem buche der vorsuchunge (S. 22, Z. 6f.); ader die vreizsamen lewen und das bose volk in so snelle do gevingen (S. 39, Z. 5f.); her sach den vater in der czit liplichen und sach, das her bran, und alle sin wesin waz im als ein vlamme vor ernste (S. 69, Z. 17–19). ⁷⁷ Asyndetische (Parallelismus-)Reihen: in irem leib, yn irer geperd, in irer weiß, yn ir red vnd wandel (4, Z. 32), mit baden, mit winteln, mit heben, mit legen (5, Z. 167), freud on alles trubsal, rue an alle arbeit, frid on alle hindernuß (11, Z. 156f.), die toten macht er wider lebendich, die siechen gesuntt, die blintten gesehent, dye krumen gerad, die sundersiechen

124

Lohnenswert ist des Weiteren der Vergleich des Wortlauts einiger zitierter Bibelstellen: Bibelstelle

Acht Seligkeiten

Vergleichstext

Ecl 9, 1

daz er nicht weis […] »ob er der lieb oder des hazzes gots wirdig ist«, alz der weis man spricht (196r–v)

wan nimant waicz, ob er wirdig ist der lieb gocz oder des haß gocz (Magnificat-Auslegung, Z. 261f.)

Sir 1, 16; Prv 9, 10

da von spricht her Dauid: »Ain anevang der weishait ist die fo rchte des herren« (190v)

›die vorht gocz ist ain anfang aller weishait‹, als der weiß Salomon spricht (Magnificat-Auslegung, Z. 703f.)

Mt 4, 4

der mensch lebt nicht allain des leipleichen prots, sunder auch des worts, daz da fleusset von dem mu nd gots (209v) bzw. der mensch lebt nicht allain des leipleichen prots, sunder auch ains iegleichen wortes, daz do fleusset von dem mu nd gots (226v) vater, ich danck dır, daz du disew ding verporgen hast den chlugen vnd hast sy geo ffenpart den chleinen (190v –191r)

nit allain lebt der mensch dez brotz, sunder von aim ietlichen wort, daz do get auß dem mund gotz (Marienleben, 13, Z. 6f.)

Mt 25, 34

chomt her, ir gebenedicten vnd ir gesegenten meins vaters, pesitzt das reich, daz euch perait ist von anegeng der welt (208v)

kumpt her, mein auß erwelten vnd ir gesegenten, vnd nempt das reich, das euch berait ist von angeng der werlt (Magnificat-Auslegung, Z. 833–835)

Lc 1, 50

sein erparmhertzichait wirt chomen von aim geschla cht in das ander, vber die, die in furchten (210v)

sein barmherczigkait hat sich gestreckt [andere Hss.: get] von geslecht in geslecht der, die yn furchten (Marienleben, 5, 137f.) bzw. sein barmherczikait get von ainem gesleht in das ander, die in furhten (MagnificatAuslegung, Z. 133f.)

Mt 11, 25; Lc 10, 21

ich danck dir her, himelischer vater, das du die ding verborgen hast vor den weisen diser werlt vnd hast sy geoffenwart den klainen (Magnificat-Auslegung, Z. 363–365) bzw. ich danck dir her, vater himelreichs vnd ertreichs, das du die dinck verporgen hast vor den weisen der werlt vnd hast sy geoffenwart den clainen vnd den demutigen (ebd., Z. 1176–1179)

macht er rein vnd die bosen geist treib er auß den menschen (14, Z. 35–37), alleß dein leben, peywonen, essen vnd trincken, dein lieblichs kosen (15, Z. 385f.), in seiner gefenkhnuß, geysselung, kronung (15, Z. 470); Paronomasien: lieplich vnd sußlich mit in koset vnd wonet (10, Z. 85), die posen poßlich verliesen (15, Z. 143); Exklamationen: O deß guten seiligen ratz! (4, Z. 396), o der grossen zu verwundernden lieb iungfreulicher reinigkait (4, Z. 466f.), o wer mocht zu grund gedencken die herczenlichen pein (15, Z. 761–764).

125 Bibelstelle Lc 1, 53

Acht Seligkeiten der herr hat die hungrigen guter ding ersett (205v)

Vergleichstext die hungrigen hat er erfult mit den guten (Marienleben, 5, Z. 141) bzw. die hungrigen hat er erfu lt des guten (Magnificat-Auslegung, Z. 138)

Gal 6, 14

die welt ist mır ain chreutz, vnd ich der welte (194v)

die werlt ist mir ain kreucz, vnd ich bin ain kreucz der werlt (MagnificatAuslegung, Z. 1259–1261)

Iac 4, 6

den hoffertigen widerstet got, aber den diemutigen gibt er gnad (211v)

got der almehtig […] gibt den demutigen genad, aber den hoffertigen wider stet er (Magnificat-Auslegung, Z. 359–361) bzw. got der widerstet den hoffertigen, aber den demutigen gibt er genad (ebd., Z. 1185–1187)

Die tabellarische Gegenüberstellung zeigt gewisse Unterschiede zwischen den ›Acht Seligkeiten‹ und dem ›Marienleben‹ bzw. der ›Magnificat-Auslegung‹. Leider standen keine Bibelstellen für einen Vergleich mit dem ›Passionstraktat‹ zur Verfügung. Auch einige außerbiblische Motive, die in mehreren Texten parallel thematisiert werden, bieten die Gelegenheit zum Vergleich der damit verbundenen Bezeichnungen und Formulierungen: Gegenstand

Acht Seligkeiten

Vergleichstext

sechste Gabe des Heiligen Geistes

die sechst gab des heiligen geists, das ist verstentleichait vnd vernunft (216r) v berwinden sy den tewfel, iren leib vnd die welt (198r)

die gab gotlicher bekantnuß (Marienleben, 2, Z. 72)

drei Ordensgelübde

aller geistleicher o rden aller maist vnd fu derleichist pestet an cheuscheit, armu t vnd gehorsamchait, vnd ie volchomner der mensch die halt, ie pas er seinen o rden pehalt (188r)

gehorsam […] armut […] reinikait (Mit den dreyen panden seind auch gepundn al orden vnd seind dor auf gestift, vnd welcher gaistlicher mensch der ainß zupricht, der dut ein solche grosse sunde […]) (Marienleben, 2, Z. 194–198)

Vision des heiligen Antonius

Die funft sach [des Falles] ist manigualtichait vnd vil der posen strick vnd gruben, die gar selten ain mensch allew erchent vnd entfleucht oder

Vnd dar vmb legt er [Lucifer] vns manigveltig strick, wie er vns mug berauben der grossen frewd, die er verlorn hat, vnd wie er vns mit im mug bringen in die ewigen pein: als Sant

drei Feinde des Menschen

widerzusten allen anuechtungen deß plucz vnd deß posen geistz vnd der werlt (Marienleben, 2, Z. 57f.) bzw. streit wider sein aigen fleisch vnd wider die werlt vnd wider den posen geist (ebd., 15, Z. 402f.)

126 Gegenstand

Augustinus-Zitat über Gottesschau

Sättigung der Hungernden nach der Gerechtigkeit

Acht Seligkeiten entrinnt. Vnd da von so wart dem lieben hailigen Benedicto ain vart peweiset: Dew gantz welt vol strick, vnd do schrai er mit lauter stymm vnd pegerte, daz im got chunt ta t, welher mensch sich vor den stricken verhuten mocht. Do wart im geantwurt: Allain ain warer diemuetiger mensch. (223v) das sy got sehen su llen von antlu tz ze antlutz, an dem auch alls vnser lon pestet, als sand Augustinus spricht (186r)

Vergleichstext Anthonius sah in ainem gesiht, das die gancz werlt voller strick gelegt was, vnd sprach auß ainem betrubten herczen: O liber her, wer mag den stricken allen engen? Da ward im geantwort: Der da ist ains demutigen herczen, der mag den stricken allen wol enpflihen. (Magnificat-Auslegung, Z. 919–927)

»wann sy werden ersett«. Mit wew? Hie in der zeit mit pesundern gnaden vnd mit ainem vorsmecken der ewigen frewd in innichait der andacht vnd nach disem leben in dem ewigen leben. (205v)

die, dy da hungert vnd dürst nach der gerehtikait. Die wil er ersetigen mit allen guten hie in diser zeit mit seinen gotlichen genaden vnd dort mit der ewigen glory, als es der her selber gesprochen hat her nach: ›Selig sein die, dy da hungert vnd durst nach der gerehtikait.‹ (Magnificat-Auslegung, Z. 1228–1234) bzw. Vnd dar vmb so werdent sy nit allain gesetigt des guten, sunder auch des aller pesten hie in der zeit mit genaden in irem leben vnd an irem tod mit ainem sichern auß ganck von disem lewen zu dem ewigen lewen, vnd gibt sich got in sellwer zu niessen on alles mittel ewickleichen. (ebd., Z. 1262–1268)

Da von spricht der lieb Sant Augustin: O was mag dir, du demutiger, der almehtig got pessers vnd frewdenreichers geben wan seinen claren, frolichen amplick, zu schawen ewicklichen, in dem du vindest alle genungsamkeit aller eren vnd aller frewden also vil, das du nach allen deinen krefften nit mer eren, frewd vnd wollust begern maht noch erdencken. (MagnificatAuslegung, Z. 1190–1197)

Die angeführten Beispiele zeigen wiederum signifikante Unterschiede zwischen den ›Acht Seligkeiten‹ und den beiden marianischen Schriften (die auch hier ihre Zusammengehörigkeit verraten); für den Vergleich mit dem ›Passionstraktat‹ boten sich keine geeigneten Stellen. Betrachten wir unsere Vergleichstexte noch weiter aus der thematischmotivischen Perspektive, sind ebenfalls einige wesentliche kennzeichnende

127

Merkmale festzustellen. So lassen das ›Marienleben‹ und die ›MagnificatAuslegung‹ ein gewisses Interesse an – teilweise von Alanus von Lille inspirierter –⁷⁸ Naturkunde und deren Allegorese erkennen.⁷⁹ Naturkundliches findet sich auch im ›Passionstraktat‹,⁸⁰ während in den ›Acht Seligkeiten‹ Ähnliches nur im Zusammenhang mit der Typologie des menschlichen Herzens zum Vorschein kommt (217r –219v). In den beiden marianischen Schriften ist ferner ein starkes Interesse an der göttlichen Dreifaltigkeit zu beobachten, das sich in deren ständig wiederholten Erwähnungen äußert.⁸¹ Dagegen spielt die Dreifaltigkeit als Motiv in den ›Acht Seligkeiten‹ kaum eine Rolle. Im Zusammenhang mit dem Sohn Gottes kommt hier mehrmals die Logos-Theologie zum Vorschein⁸², das göttliche Wesen wird – nach dem Vorbild Seuses und Taulers –⁸³ wiederholt als ›Abgrund‹ bezeichnet, dessen Erkenntnis angestrebt wird,⁸⁴ und an zahlreichen Stellen wird das

⁷⁸ Vgl. dazu Ruh 1969 und Huber 1988, S. 236–243. ⁷⁹ Marienleben: Einleitende Fabel mit personifizierter Natur und Tugenden (1, Z. 19–117); vier Elemente, Himmelskörper, Wetterphänomene und die Pflanzenvielfalt allegorisiert als Abbilder der Dreifaltigkeit (2, Z. 79–104); Mitleid der Elemente mit dem Sterben Jesu (15, Z. 704). Magnificat-Auslegung, Z. 776–782: Sichtbarkeit der Macht Gottes an den Dingen der Natur. Darüber hinaus ist auf die Vorliebe für Allegorese im ›Marienleben‹ hinzuweisen, vgl. z. B. die ausführliche Maria-Buch-Allegorie (das ganze Kapitel 2), Marias Kammer als Rathaus (4, Z. 389–399), die Menschheit und Passion Christi als Pilgerausstattung (16, Z. 251–296). ⁸⁰ Vgl. z. B. mit den werken der nature an dem vleische (S. 10, Z. 16f.); und spricht der lerer, das in den naturlichen sachen gemeinlich das ist, das das vuer wichet dem wassir (S. 35, Z. 19–21); also sprechen die naturlichen meister, das eine grose wunde in der wermde ist eine cleine wunde; abir in der kelde ist sie noch eins so gros, wen alle wunden in der kelde thun unmazsen we (S. 62, Z. 5–8); is sprechen die naturlichen meister, das den, dy man radebrecht, nicht wirs tut danne der durst (S. 69, Z. 25f.); alle himele, alle planeten, alle elementen, die enpfunden des iemerlichen stozsis und worden do van erwegit (S. 72, Z. 14–16). ⁸¹ Marienleben, 2, Z. 74–107. 221. 229; 4, Z. 56. 266. 323–328. 353. 396. 504f.; 5, Z. 109f.; 6, Z. 53f. 69f.; 7, Z. 8; 9, Z. 53f.; 11, Z. 192. 197f. 201. 210; 15, Z. 380; 16, Z. 451; 17, Z. 54; 18, Z. 11–13. 65. 81; 19, Z. 84. 103. 110f. 122f. 125. Magnificat-Auslegung, Z. 118f. 124f. 546. 1454. 1502. 1511f. ⁸² Marienleben: die weishait deß ewigen suns (2, Z. 102); daß ewig wort – sein eingeporen sun (4, Z. 3); daz ewig wort – deß lebendigen gotz sun (5, Z. 94); das ewig wort sein eingeporen sun […] Ihesum Cristum daz selbig ewig wort (6, Z. 55–58); muter deß selben ewigen wortz seins eingeporen sunß (6, Z. 62f.). Magnificat-Auslegung: das ewig wort (Z. 6. 570f. 573. 1380. 1455). ⁸³ Vgl. Ruh 1996, Bd. 3, S. 441. 443. 460. 462. 494. 502. ⁸⁴ Marienleben: die hochwirdig himelschawerin nyessend waß deß abgrunds der heiligen waren gotheyt (6, Z. 64f.); sie waz also tieff gezogen yn das abgrunt gotlichs wesens (6, Z. 76); alß vil sicht er klerlicher yn den spigel der heiligen ewigen gotheit vnd alßuil neust er dieffer deß abgrundes gotlicher bekantnuß (11, Z. 129f.). Magnificat-Auslegung: das ist sein zarter, frolicher anplick vnd das bekantnuß des abgruncz seiner heiligen, vngemessen gothait (Z. 648–650); zu erkennen das abgrunt der heiligen driualtikait (Z. 1173f.); vgl. auch mit ainem waren, lautern bekentnusse seiner heiligen gothait vnd seines heiligen, gotlichen willen (Z. 1167–1169).

128

Begriffspaar ›Gottheit – Menschheit‹ angesprochen.⁸⁵ Während die WortTheologie und die Gottheit-Menschheit-Begrifflichkeit auch im ›Passionstraktat‹ belegbar sind,⁸⁶ sind solche Themen den ›Acht Seligkeiten‹ fremd. Ähnlich verhält es sich auch mit gesellschaftlicher Kritik und kirchenpolemischen Ausführungen, die man in den ›Acht Seligkeiten‹ vergeblich sucht. So problematisiert das ›Marienleben‹ die Meinung einiger Prediger über Marias mangelhafte Vorbereitung auf die Geburt Christi.⁸⁷ Der Autor der ›Magnificat-Auslegung‹ kritisiert mit deutlichen Worten, dass sowohl geistliche als auch weltliche Ämter an Günstlinge oder wegen Geldes an unwürdige Menschen vergeben werden,⁸⁸ er tadelt die Machtgier des Papstes ⁸⁵ Marienleben: sun, sein noch der gotheit vnd iren nach der menschheyt (6, Z. 56); alß warn got vnd warn menschen (6, Z. 170); daz wir pey dem golt sullen versten seine wore gotheit, pey dem mirr sein todliche menscheit (8, Z. 197f.); ob ich daz volbring, so hab ich sein doch nit von der menscheit, die ich von dir genomen hab, sunder von meiner gotheit (14, Z. 6–8); daz im von seinem gotlichen amplick seiner menschheit do gieng ein solcher glanst, dar durch sich dergoß sein heilige gotheit (15, Z. 94f.); alß dein heilig gotheit dein edele menscheit vnd dein heilige sel nye verlies; nur noch seiner menscheit, aber noch seiner gotheit so ist er […] (15, Z. 801f.); vnd mit dem, alß er sprach: ›Mein got!‹, do mit gab er vnß zu erkennen sein heilige gotheit; vnd mit dem, alß er sprach: ›Mein herr!‹, do mit gab er vnß zu erkennen sein heilige menscheit (16, Z. 360–363); ich wil mich nu von dir scheiden noch meiner menscheit […] Aber noch meiner gotheit so wil ich albeg pey dir sein (17, Z. 17–19); daz sie ein solchen sun geboren het auß irem leib nach der menscheit, der solche gab gab nach seiner heiligen gothait, die do veraint waß der wirdigen menscheit (18, Z. 45–47). Magnificat-Auslegung: waren got vnd menschen (Z. 8. 48. 326); das got der ewig vater das aller host hat veraint mit dem aller nidersten: das ist gotliche natur vnd menschliche natur, wan kain hoher noch pesser gut ist nit in himel noch in erden wan die hohwirdig gothait, und gen der zu rechen, ist sein heilige wirdige menschait, do mit sein heilige gothait veraint ward […] wol klain zu schaczen (Z. 751–758); das er gotliche vnd menschlich natur also mit ain ander veraint (Z. 767–769); das got mit seiner grossen maht sein heilige gothait so gar mehticklichen veraint hat mit der heiligen menschhait (Z. 772–774); da fur die selb sel veraint mit der heiligen gothait in die vorhel (802f.). ⁸⁶ Vgl. das sie in dem lichnam voreinet was worden mit dem ewigen worte (S. 70, Z. 20f.); her was got und mensche: Von der gotheit wegen mochte her genuc tun, von der menscheit wegen solde her genuc tun vor den menschen (S. 1, Z. 21–23); is ist war, das ich gebunden bin, dich czu eren, wen von dir habe ich die menscheit. Aber vil herter bin ich gebunden, den vater czu eren und im gehorsam czu leisten, von dem ich habe die gotheit (S. 15, Z. 16–20); ich bin got und mensche: von der menscheit wegen sal ich genuc tun, von der gotheit wegen mac ich gnuc thun vor die gerechtikeit (S. 16, Z. 2–4); der herre […] larte von siner heiligen gotheit und von siner menscheit (S. 29, Z. 29f.); obene ist die schonde der gotheit, aber noch der menscheit in der czit der marter was her als ein ussetziger gestalt […] Die menscheit unsirs herren ist uns ein wec czu siner gotheit (S. 33, Z. 5–13). ⁸⁷ Nit alß etlich einueltig prediger sprechen, daz ez [Jesu Windeln] sein gewesen hadern vnd Iosephs hosen (6, Z. 140f.); eine gewisse Sensibilität für das Predigeramt lässt sich auch den beiden folgenden Stellen entnehmen: nempt war der falschen prediger (8, Z. 55f.) (gegen jüdische Schriftgelehrte); also ist offt ein prediger eim menschen mit seinen worten ein sach seiner ewigen verdampnuße vnd eim andern mit den selben worten ein sach seiner ewigen selikeit, vnd ist doch der prediger nit schuldig an des verdampnuß (8, Z. 119–121). ⁸⁸ Aber die do stellen nach grossem gewalt vnd nach grossen eren […] als des laider vil geschicht in der heiligen cristenhait, als das offenlich ist an gaistlichen vnd an werntlichen: wie die

129

und der Bischöfe, die die Sorge um die Kirche vernachlässigen,⁸⁹ verschont aber auch die Vorgesetzten der geistlichen Orden nicht, ebenso wenig wie die schlechte Disziplin in den Klöstern.⁹⁰ Auch die weltlichen Machthaber prangert er an.⁹¹ Die Demütigen in den Klöstern würden verachtet, während die Reichen, Mächtigen und diejenigen mit guten Beziehungen ungeachtet ihrer miserablen Sitten zu Vorgesetzten gewählt würden.⁹² Ebenso werden Lehrer und maister wegen ihres Hochmuts kritisiert, der sie an der Gotteserkenntnis hindert, während allein der Demütige geistliche Fortschritte macht.⁹³ Der Verfasser des ›Passionstraktats‹ macht wiederum aus seiner Geringschätzung für die Juden keinen Hehl.⁹⁴ Angesichts der auf verschiedenen Ebenen bestehenden markanten Unterschiede scheint es angebracht – trotz einiger ähnlicher Stellen, die im Apparat der Ausgabe vermerkt sind –, bei der Frage nach der Werkeinheit des Heinrich von St. Gallen zugesprochenen Textkorpus ein negatives Urteil

⁸⁹ ⁹⁰

⁹¹

⁹²

⁹³ ⁹⁴

kriegen vnd stellen newert nach grossen eren vnd nach grossem gewalt vnd laider gar wenig nach der gerehtikait vnd nach den eren gocz vnd der sel hail, vnd dar vmb das mon dan solch vntugenthaft vnd vngelert lewt nimpt vnd erwelt zu solchen wirdikaiten vnd zu solichen ampten von gunst wegen oder von gelcz wegen, als vber al laider gemainicklichen geschicht – wan wer gelt hat, der wirt gefudert, wer aber nit gelcz hat oder nit geilen vnd smaichen kan, den hilft nit, wie tugenthaft vnd wie frum der ist. Vnd dar vmb so stet es auch so gar vbel in der heiligen cristenhait, das laider die vngerehtikait hat vber hant genumen vnter den gaistlichen vnd vnter den werntlichen (Z. 1015–1033). Wan die pepst vnd bischof krigen vil mer nach gewalt vnd nach herschaft vnd nach grossem gut vnd eren, wan das sy krigen nach ainer ainikait der heiligen cristenhait vnd nach frid vnd wie sy reht vertigen gaistlich orden (Z. 1040–1044). Vnd die apt vnd die ebtessin vnd die leßmaister vnd die prior, die da scholten vor sein iren gaistlichen vnter tan vnd scholten nimant ein nemen weder von gunst wegen noch von vorht wegen, sunder leuterlichen durch gocz willen […] Aber sy ahten der aller gar wenig oder nihcz, als man siht als weit die heilig cristenhait ist: wan wa man ainen orden vint, der reht gehalten wirt, so vint man alweg on zal da wider, da man sein nit helt (Z. 1053–1066; vgl. auch weiter). Vnd waß da gesprochen ist von den gaistlichen, das mag man auch sprechen von den werntlichen, von kaisern, kunigen, herren vnd fursten, rittern vnd knechten, die also vnwirdickleich von den menschen erwelt werden in eytler er vnd ir wirdikait vnd ampt nit gebrauchen nach dem lob gocz (Z. 1094–1099). Wan es geschiht oft, das die demutigen in den klostern vnd auch sust verworffen werden; das geschiht nit dar vmb, das sy sein vnwirdig sein, sundern die, dy pey in wonen […] Aber nv laider so siht man newert an, ob sy reich sein vnd mehtig vnd wol gefreunt, vnd ahten nit, wie sy gesit sein, vnd weren sy holt also hoffertig als Lucifer: noch erhub man sy vnd erwelt sy. Vnd dar vmb von not wegen mussen die kloster zu armut werden vnd ab nemen (Z. 1145–1160). Ja, es schol ain rehter, demutiger mensch hoher auf klimmen in rehter, gotlicher lieb vnd weishait, zu erkennen das abgrunt der heiligen driualtikait vnd die frewd des ewigen lewens, mer den vil grosser lerer vnd maister, die da hoffertig vnd vber mutig sein (Z. 1170–1175). Vgl. von den valschen Juden (S. 5, Z. 4); der valschen Juden (S. 6, Z. 5); das die Juden in der czit ein unrein, stinkend volk was; sie azsen czwippeln, knobelouch und pfedem, swemme und sulche ungeneme kost stetis; die selbe kost stinkit allirmeist nach mitternacht, wen sie sich sal douwen. Von deme gestenke so stanc den Juden so sere ir munt und ir speichel, das der gestanc dem herren sin hercze mochte brechen (S. 42, Z. 34 – S. 43, Z. 5).

130

auszusprechen. Was die Verfasserschaft der ›Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit‹ angeht, ist wegen der Kürze des Textes keine begründete Aussage möglich. Das ›Marienleben‹ und die ›Magnificat-Auslegung‹ bieten zahlreiche stichhaltige Belege für die Zuschreibung an einen Autor. Der ›Passionstraktat‹ und die ›Acht Seligkeiten‹ stammen jedoch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit jeweils von einem anderen Verfasser. Wer von den drei Autoren ist aber der Prager Magister Heinrich von St. Gallen? Für den ›Passionstraktat Extendit manum‹, dessen stilistische Merkmale in das Prag Johanns von Neumarkt zu weisen scheinen (s. o.), ist in der sekundären, wesentlich gekürzten und auf das alemannische Sprachgebiet begrenzten Fassung der Handschriftengruppe B, deren älteste Handschrift Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. Germ. 4o 1257, erst kurz nach 1444 entstanden ist, nur der vage Name maister ze brag überliefert.⁹⁵ Lediglich der späte, um 1462 datierte Wiener Cod. 12546 erwähnt im Explicit des ›Passionstraktats‹: das puch hat zu deutsch gemacht Maister Hainreich von sand Gallen ze Prag.⁹⁶ Viel älter ist das Zeugnis der ältesten, aus dem Anfang des 15. Jhs. stammenden Bamberger Handschrift der ›Magnificat-Auslegung‹, die eine sehr ähnliche Zuschreibung wie diejenige der ›Acht Seligkeiten‹ überliefert: Hie hebt sich an die auß legung vber das mangnificat (sic!), als das maister heinreich von sant gallen geprediget hat.⁹⁷ Die Nennung Heinrichs von St. Gallen in der Überlieferung des ›Marienlebens‹, das erst nach der Heiligsprechung der nur hier zitierten Birgitta von Schweden (1391) und wahrscheinlich nach dem Tod Matthäus’ von Krakau 1410, aber auch nicht viel später als 1420 entstanden ist,⁹⁸ ist sehr wenig überzeugend.⁹⁹ Für eine Entstehung der beiden Marienschriften in Prag spricht also außer der nach Böhmen weisenden, aber auch anders erklärbaren Alanus-Motivik¹⁰⁰ nichts dringend. Es sind die ›Acht Seligkeiten‹, die bereits am Anfang des ermittelten Stemmas der Hand⁹⁵ ⁹⁶ ⁹⁷ ⁹⁸ ⁹⁹

So in dieser ältesten Hs., 150r; vgl. Degering 1926, S. 218; Ruh 1953, S. 213f. Vgl. oben, S. 11, Anm. 2. Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Hist. 157, 232r. Vgl. Hilg 1981, S. 389f. Die einzige Verfasserangabe in der Überlieferung des ›Marienlebens‹ besteht in der Zuweisung des Schreibers Johannes Reiter aus Landshut aus dem Jahr 1464 in der Hs. München, Universitätsbibliothek, 4o Cod. ms. 478, 127r (vgl. Kornrumpf 1968, S. 116; Hilg 1981, S. 46f.): als sy gepredigt haben dy zwen maister der heyligen geschrifft maister Matheus vnd maister Hainrich von Berching vnd der dritt maister Hainrich von sand Gallen. Mit maister Matheus ist sehr wahrscheinlich Matthäus von Krakau gemeint, der aber selbst im Text zitiert wird und daher kaum der Verfasser sein kann. Er und Heinrich von Berching waren tatsächlich Theologieprofessoren in Prag; Matthäus ging jedoch bereits 1390 nach Krakau und 1394 nach Heidelberg, Heinrich von Berching verließ Prag nach dem Kuttenberger Dekret von 1409 und fasste in Erfurt Fuß, verstarb aber bereits 1412 (vgl. Hilg 1981, S. 373–380). ¹⁰⁰ Vgl. Huber 1988, S. 236f.

131

schriftengruppe *X1 den Namen ›Heinrich der Schwabe‹ zusammen mit der Nennung der Prager Nikolauskirche, die sich in der Altstadt direkt gegenüber dem Theologenkolleg zu Allen Heiligen befand, überliefern und in zwei Hss. der *X5-Gruppe, deren ältere – M2 – mit 1420 zu datieren ist, bereits den Namen ›Heinrich von St. Gallen‹ angeben.¹⁰¹ Suchen wir nach einem Prager Universitätsmagister, der zugleich Prediger war, ist die Zuweisung der ›Acht Seligkeiten‹ an den Prager Magister Heinrich von St. Gallen umso überzeugender, als nur in dieser Schrift zweimal auf das studentische Leben angespielt¹⁰² und die Bedeutung der Predigt im geistigen Leben hervorgehoben wird,¹⁰³ während die beiden Marienschriften gegen Schullehre und Predigt polemisieren (s. o.) und der ›Passionstraktat‹ sie gar nicht thematisiert. Die kirchliche Konformität des vorliegenden Predigtzyklus passt ferner zu einem deutschen Universitätsmagister der vorhussitischen Zeit besser als die angriffslustige Polemik der ›Magnificat-Auslegung‹ oder die mit kunstvoller Figuralexegese verbundene pathetische Frömmigkeit des ›Passionstraktats‹. Auch wenn der Verfasser dieser Schriften mangels anderer Zeugnisse wohl auch weiterhin ›Heinrich von St. Gallen‹ genannt werden wird – es sind ja auch mehrere Personen dieses Namens bekannt –,¹⁰⁴ handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit nur beim Autor der ›Acht Seligkeiten‹ um den Prager Artes-Magister und Theologie-Bakkalaureus.

Gliederung Sechs Teile des Predigtzyklus, nämlich die zweite bis siebte Seligpreisung (eine eigene Predigt zur achten Seligpreisung gibt es nicht, eine entsprechende Erklärung am Ende der siebten Seligpreisung wird in den Hss. M1M2M4Me1 graphisch hervorgehoben), werden in den Handschriften durch Initialen einheitlich ausgezeichnet und sind auch textimmanent klar zu fassen. Problematisch ist die Gliederung des einleitenden Teils und dessen Abgrenzung von der ersten Seligpreisung. Vermutlich handelte es sich hierbei ursprünglich um zwei bis drei sehr eng aneinander anschließende ¹⁰¹ Vgl. oben S. 11. ¹⁰² Vgl. S. 24, Anm. 54. ¹⁰³ Vgl. z. B. daz er die [Seele] speisen sol mit wirdiger entphahung des heiligen sacramentes vnd mit ainem fleissigen horen des worts gotes vnd der predig (209v); daz er go tleich er fudert mit worten vnd mit werchen vnd sunderleich mit predigen oder ander guter vnderweisung (211v); so gar vngezogen, daz sy chain rede noch predig nicht pewegen mag (218r); mit wew mag ain vnrain hertz rein werden, so wiss, daz dar zu geho rt ain fleissig war nemen vnd ho ren das wo rt gots, der predig vnd der hailigen geschrift (221r); so ist dem menschen not, daz er predig hor vnd ander vnderweisung (223v); der mensch mus auch narung haben, der er leb, vnd daz ist predig vnd die hailig geschrift (226v). ¹⁰⁴ Vgl. oben S. 12–25.

132

Predigten, die bei der schriftlichen Redaktion verbunden wurden.¹⁰⁵ Die Initialen der Handschriften teilen den Anfangsabschnitt an vier unterschiedlichen Stellen: – Wann aber der mensch spricht (NMe1Me2; 186r); – Noch hat der mensch oft etwas (M1; 186v); – Nu wiss, das die armen des geistes sint die waren diemutigen (M3) bzw. Dy˙ erst salichait ist armuet des geists (Me2), hier auch eine Marginalnotiz in Me1 (188r); – Nu ist in dieser zeit das mo rgen essen (N; 191r). Da der Text vor der erstgenannten Stelle (186r) auch immanent einen Hinweis auf einen Abschnitt gibt (Des helff vns got allen. Amen) und die Initialen in jeweils einer Hs. der *X1- und *Y1-Gruppe übereinstimmen, fängt hier sehr wahrscheinlich eine neue Predigt an. An der drittgenannten Stelle (188r) beginnt die Erörterung der ersten Seligpreisung, daher handelt es sich auch hier – übereinstimmend mit den Initialen in M3Me2 und der Marginalnotiz in Me1 – möglicherweise um den Anfang einer neuen Predigt. Damit im Text der vorliegenden Ausgabe die sieben nummerierten Hauptabschnitte, die ab der zweiten Seligpreisung mit Sicherheit einzelnen Predigten entsprechen, mit der Zählung der Seligpreisungen korrelieren, weise ich den mutmaßlichen zwei Einleitungspredigten des Anfangsabschnitts keine eigenen Nummern zu, sondern teile sie an der wahrscheinlichen Trennstelle nur graphisch auf. Die unterschiedlichen Hauptgliederungselemente der einzelnen Handschriften sind in der folgenden Auflistung zusammengefasst:¹⁰⁶ Leithandschrift M1: Incipit: Daz ist die ausslegung […] gepredigt hat + D-Initiale: DEr herr Iesus christus […] Saelig (in Auszeichnungsschrift) (183r); N-Initiale: NOch hat der mensch oft etwas (186v); U-Initiale: UOn der ander saelichait (191v); 3-Initiale: 3. von der dritten sa lichait (194v); U-Initiale: UNd von der vierden saelichait (199v); Überschrift: von der funften saelichait + ¹⁰⁵ Das unserem Predigtzyklus örtlich und zeitlich nahe stehende ›Quadragesimale Admontense‹ enthält für Sonntage jeweils eine Predigt für den Vormittag und den Nachmittag, die in der Hs. A – wie auch andere Predigten – nicht voneinander getrennt sind. Dagegen sind in der Hs. B einzelne Predigten genau ausgezeichnet. Vgl. Florianová 2006, S. LVI. Sollte meine Hypothese zutreffen, dass der vorliegende Predigtzyklus in einer Allerheiligenoktav vorgetragen wurde (vgl. oben S. 34–35), läge die Vermutung nahe, dass am eigentlichen Festtag zwei Predigten stattgefunden hätten und an den folgenden sieben Oktavtagen jeweils eine Predigt. Man wäre dann geneigt, den Anfangsteil des Zyklus in drei Predigten aufzuteilen, um die Anzahl von neun Predigten zu erhalten. Geht man nur von einer Festtagspredigt aus, bräuchte man insgesamt acht Predigten und würde den Anfangsteil in zwei Teile gliedern. ¹⁰⁶ Vermerkt sind Incipits, Explicits, Kolophone, Überschriften und größere Initialen. Kleine Absatzinitialen, Rubrizierungen und Absatzzeichen werden nicht angegeben. In der Transkription sind Abbreviaturen aufgelöst, Groß- und Kleinschreibung wird beibehalten.

133 5-Initiale: 5. von der funften saelichait (206v); N-Initiale: NV von der sechsten saelichait (216r); N-Initiale: NV von der sibenten saelichait (224v); D-Initiale: DArnach legt er die achtende saelichait (227v).

N: Incipit: Hie hebt sich an […] Vt Sequitur etc. + D-Initiale (nicht ausgeführt, ausgesparter Platz): [D]Er herr jhesus christus (183r, N 62r); W-Initiale: Wann aber der mensch spricht (186r, N 63v); N-Initiale: Nw ist in diser zeit das morgen essen (191r, N 66v); Überschrift: Von der andrn salichait + N-Initiale: Nw von der andren sa likait (191v, N 67r); Überschrift: Von der dritten saligkait + N-Initiale: Nw von der dritten sa likait (194v, N 68v); Überschrift: von der vierden salichait + N-Initiale: Nw von der vierden sa ligkait (199v, N 71v); Überschrift: Nu von der funften salichait + N-Initiale: Nw von der fu nften sa ligkait (206v, N 75v); Überschrift: von der vj saligchait + U-Initiale: Uon der sechsten saligkait (216r, N 81v); Überschrift: die vij salikait + N-Initiale: Nw von der sybenden salichait (224v, N 87r); Explicit/Kolophon: Hie habent […] Caspar gstettner (N 89r).

M3: D-Initiale (nicht ausgeführt, ausgesparter Platz): [D]Er herre iesus christus (183r, M3 153r); N-Initiale (nicht ausgeführt, ausgesparter Platz): [N]V wisset, das dy armen des geistes (188r, M3 159r); N-Initiale (nicht ausgeführt, ausgesparter Platz): [N]V von der anderen salichait (191v, M3 163v); N-Initiale: NV von der dritten salichait (194v, M3 166r); N-Initiale: NV von der vierden salichait (199v, M3 170v); U-Initiale: UOn der funften salichait (206v, M3 176v); U-Initiale: UOn der sechsten selickait (216r, M3 186r); UInitiale: UOn der sibenden salichait (224v, M3 195r).

S: Incipit: Das sind die acht salichait […] perig + D-Initiale: DEr herr Iesus christus (183r, S 326r); Überschrift: Dÿ ander sa lichait + N-Initiale: Nẅ von der anderen sa lichait (191v, S 334r); Überschrift: Dye dritt salichait + D-Initiale: DAs ist dÿ dritt sa lichait (194v, S 337r); Überschrift: von der vierden sälichait merck + D-Initiale: DAs ist dÿ vierd sa lichait (199v, S 341v); Überschrift: Dÿe funfft sa lichait + D-Initiale: DAs ist dÿ funfft sa lichait (206v, S 348v); Überschrift: von der sexten sa lichait + D-Initiale: DIe sechst sa lichait (216r, S 358r); Überschrift: von der sibenden salichait + D-Initiale: DAs ist dÿ sibent sa lichait (224v, S 365v).

M2: Überschrift: Von den acht salichaiten + D-Initiale: DEr herr iesus christus (183r, M2 46v); Überschrift: Dy ander salichait + D-Initiale: Dye do haist gutichait (191v, M2 55r); Überschrift: Von der dritten salichait + A-Initiale: Als der herr sprach (194v, M2 57v); Überschrift: Von der virden salichait + A-Initiale: Alls der herr sprach (199v, M2 63r); Überschrift: von der funften salichait + A-Initiale: Alls der herr sprach (206v, M2 70r); Überschrift: Dy sechsten salichayt hebt sich an + A-Initiale: Als der herr sprach (216r, M2 79v – 80r); Überschrift: Nw von der sibenten salichayt + A-Initiale: Alls der herr sprach (224v, M2 87r); Überschrift: Dy achten salichait + V-Initiale: Vnd von der schreibt er (227v, M2 90r); Explicit: hye hat daz puch ein end […] Anno xx (M2 90r).

134

M4: Incipit: kurczlichen ist czw mercken […] dy acht salikait + D-Initiale: DEr herr iesus cristus (183r, M4 77v); Überschrift: Dy ander saligkait + D-Initiale: Dye do haizzet Gutickhait (191v, M4 86r); Überschrift: Jtem Dy dritt saligkait + A-Initiale: Als der herr sprach (194v, M4 89r–v); Überschrift: Dy vierd saligkait + A-Initiale: Als der herr sprach (199v, M4 95r); Überschrift: Dy fu nft saligkait + A-Initiale: Als der herr sprach (206v, M4 100v – 101r); Überschrift: Das ist dy sechst parmherczikait + A-Initiale: Als der herr sprach (216r, M4 109r); Überschrift: Dy Sibend Saligkait + A-Initiale: Als der herr sprach (224v, M4 116v); U-Initiale: UOn der schreibt er (227v, M4 119v).

G: Überschrift: Von den a cht sa llikait + D-Initiale: DEr her kristus (183r, G 405); N-Initiale: Nun von der ander sa likait (191v, G 416); N-Initiale: Nvn von der dritten saligkait (194v, G 420); N-Initiale: Nvn von der vierden sa likait (199v, G 426); N-Initiale: Nvn von der funfften sa likait (206v, G 435); N-Initiale: Nvn von der sechsten sa likait (216r, G 447); Kolophon: Bittend got vor mich lieben kindern (G 457).

W: D-Initiale: DEr herr cristus (183r, W 255r); Überschrift: Die ander sa likait + N-Initiale: NVn von der ander sa likait (191v, W 260v); Überschrift: Die drit sa likait + N-Initiale: NVn von der dritten sa likait (194v, W 262v); Überschrift: Die vierd sa likait + N-Initiale: NVn von der vierden sa likait (199v, W 266r); Überschrift: von der fu nften sa likait + NInitiale: NVn von der fu nften salikait (206v, W 271v); Überschrift: Die vj sa likait + NInitiale: NVn von der sechsten sa likait (216r, W 278r).

Me1: Incipit: Hie hebent sich an die acht sa lichait […] mit der glos etc. + D-Initiale: DEr herr Iesus christus (183r, Me1 198); Überschrift: war vmb die stukch sa lichait haizzen + WInitiale: Wann aber der mensch spricht (186r, Me1 203); Marginalnotiz: Nota die erst Salichait bei Nẅ schullen wir wissen das die armen des gaists sind die warn diemutigen (Ed.: Nu wiss, das die armen des geistes sint die waren diemu tigen) (188r, Me1 206); Überschrift: die ander sa lichait + D-Initiale: DIe ander sa lichait (191v, Me1 213); Überschrift: die dritt sa lichait + D-Initiale: DIe dritt sa lichait (194v, Me1 217); Überschrift: die vierd sa lichait + D-Initiale: DIe vierd salichait (199v, Me1 225); Überschrift: die fu mft sa lichait + D-Initiale: DIe fumft sa lichait (206v, Me1 238); Überschrift: die sechst sa lichait + DInitiale: DIe sechst sa lichait (216r, Me1 255); Überschrift: die sibent sa lichait etc. + DInitiale: DIe sy˙bent sa lichait (224v, Me1 269); D-Initiale: DAr nach legt er die achten sa lichait (227v, Me1 274); Explicit: Explicit totum etc. (Me1 274).

Me2: Incipit: Hie hebt sich an dy˙ awslegung vber dy˙ achtt sa lichait + D-Initiale: DEr herr iesus christus (183r, Me2 39rb); Überschrift: war vmb dy˙ stukch sa lichait haissen + U-Initiale: Uber das mag man antwurten (186r, Me2 40rb); Überschrift: Dy erst sa lichait + D-Initiale: Dy erst sa lichait (188r, Me2 40vb); Überschrift: Dy ander sa lichait + D-Initiale: Dy ander sa lichait (191v, Me2 42vb); Überschrift: Dy˙ dritt salichait + D-Initiale: Dy dritt sa lichait (194v, Me2 43vb); Überschrift: Dy˙ vierd sa lichait + D-Initiale: Dy˙ vierd sa lichait (199v, Me2 45vb); Überschrift: Dy˙ fu mfft sa lichait + D-Initiale: Dy fu mfft salichait (206v, Me2 48rb); Überschrift: Dy sechst sa lichait + D-Initiale: Dy sechst salichait (216r, Me2

135 51rb); Überschrift: dy˙ sibent sa lichait + D-Initiale: Dy sibent salichait (224v, Me2 53vb); Explicit: das verleich vns der dy˙ sa lichait selber gelernt vnd predigt hat vnser hett iesus christus der da lebt vnd gerscht mit got dem vater vnd dem heiligen geist got ewichleichen ‧ Amen (227v, Me2 55rb).

3.9 Gestaltung der Ausgabe Die Ausgabe gibt den Text der Leithandschrift M1 möglichst getreu wieder. Normalisiert wird dabei die Großschreibung (Satzanfänge und Eigennamen) sowie die Interpunktion, die in der Regel auf der heutigen Norm basiert. Die Getrennt- bzw. Zusammenschreibung nominaler Komposita und die Handhabung trennbarer Präfixe bei Verben wird nicht vereinheitlicht. Präpositionen, die in der Leithandschrift gelegentlich mit dem Nomen zusammengeschrieben werden, werden von diesem abgetrennt. Bei Zusammenschreibung von ze/zu/zu mit Verbalinfinitiv oder Adjektiv wird diese in der Ausgabe aufgelöst. Sämtliche Abkürzungen werden aufgelöst; die Auflösung des manchmal abgekürzten Nomen Sacrum ›Iesus Christus‹ erfolgt in dieser Form (so z. B. 207v unten). Allographe werden nicht unterschiedlich wiedergegeben, inbesondere die verschiedenen s-Formen werden nicht auseinander gehalten. Die Transkription von i und verschiedenen Formen der i longa wird auf i vereinheitlicht, im Lesartenapparat werden jedoch j-ähnliche Buchstabenformen mit j wiedergegeben. Die Grapheme u und v werden nicht normalisiert. Die Supraskripte der Leithandschrift werden ohne Rücksicht auf ihren Lautwert übernommen. Dabei handelt es sich meist um darübergeschriebenes e, in ganz wenigen Fällen um o. Besonders bei zu nimmt das supraskribierte Zeichen nicht selten die Form eines aufsteigenden Schrägstrichs an; dies wird als e transkribiert. Ebenso werden bei Angaben der Lesarten im textkritischen Apparat sämtliche Formen von e-ähnlichen Supraskripten, besonders schräg gestellte Doppelpunkte, als e wiedergegeben. Das fehlende Umlautzeichen wird selbst an Stellen, an denen mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Umlaut auszugehen ist, im Editionstext grundsätzlich nicht ergänzt, mit Ausnahme von einigen wenigen – mit Kursivdruck gekennzeichneten und im Apparat dokumentierten – Stellen, an denen der Umlaut satzsemantisch von Bedeutung ist (Modusindikator bei Verben) und eine umgelautete Lesart durch andere Handschriften hinreichend gestützt wird. Die Apparate sind mit Ausnahme von einigen gängigen lateinischen textkritischen Abkürzungen (s. u.), die wegen ihrer knappen Prägnanz verwendet werden, auf Deutsch gehalten.

136

Der Quellenapparat in der obersten Fußnotenebene umfasst biblische Zitatnachweise sowie alle anderen identifizierten Quellen und Hinweise auf mögliche Zusammenhänge. Die Abkürzungen biblischer Bücher richten sich nach den Konventionen der Stuttgarter Vulgata. Die Stellenangaben nichtbiblischer Werke im Quellenapparat folgen der Gliederung der jeweils benutzten Ausgabe (s. Literaturverzeichnis, Quellen), wobei in der Regel die Reihenfolge ›Buch (römische Ziffer)‹, ›Kapitel/Predigt‹, ›Paragraph‹ o. Ä. (eventuell auch Seite bzw. Zeile) gilt; bei fehlender struktureller Gliederung wird ausdrücklich die Seite, ggf. auch Zeile, angegeben. Kürzere Quellenausschnitte werden voll zitiert, um einen schnellen Vergleich zu ermöglichen. Die Verstehenshilfen in der zweiten Apparatebene werden in einer dem Zusammenhang im Text angepassten Form angegeben. Sie zielen vor allem darauf, direkte Textlektüre ohne langes Einlesen, Gewöhnung an die Schreibgewohnheiten und Formbesonderheiten der Handschriften sowie ohne Wörterbuchsuche zu ermöglichen, setzen aber dennoch gewisse Grundkenntnisse des Mittel- bzw. Frühneuhochdeutschen voraus, insbesondere bei der Erkennung phonetischer bzw. graphematischer Abweichungen vom neuhochdeutschen Standard. Die Verstehenshilfen werden innerhalb einer Predigt jeweils nur einmal angegeben. Der kritische Apparat verzeichnet durchgehend abweichende Lesarten der *X1-Handschriften. Varianten der *Y1-Gruppe werden bei Eingriffen in den Text der Leithandschrift sowie an Stellen, an denen sich die Leithandschrift in Opposition zum Rest der *X1-Gruppe befindet, dokumentiert (die Übereinstimmung mit der Leithandschrift wird in diesen Fällen jedoch nicht gesondert ausgewiesen). Bei der Transkription der Apparatlesarten wird die Schreibweise der Hss. möglichst getreu wiedergegeben, Abbreviaturen werden nur dann aufgelöst (und mit Schrägdruck markiert), wenn sie drucktechnisch nicht reproduziert werden können. Es werden folgende Handschriftensigeln verwendet: M1 M2 M3 M4 N S Me1 Me2 G W

München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 64, Leithandschrift München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 6617 München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 4880 München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 4882 Salzburg, Stift Nonnberg, 23 D 22 Salzburg, Stift St. Peter, b V 9 Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 981 Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 235 St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 967 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2840

Bei der Lesartenangabe im textkritischen Apparat kommen bei gemeinsamen Gruppenlesarten die im Stemma (S. 81) verwendeten Gruppensigeln

137

zum Einsatz. Der Gebrauch dieser Sigeln impliziert jedoch nicht, dass in jedem einzelnen Fall tatsächlich ein stemmatischer Zusammenhang besteht. Bei der jeweils angegebenen Gruppenlesart handelt es sich um den Wortlaut der in dieser Reihenfolge zuerst genannten Handschrift: M1 – N – M3 – S – M2 – M4 – G – W – Me1 – Me2 Lesarten, die sich nur durch unterschiedliche Schreibweise oder geringfügige lautliche Abweichungen unterscheiden, werden stillschweigend in Gruppen zusammengefasst und mit Gruppensigeln ausgewiesen. Bei Lesarten, die mehreren Hss. gemeinsam sind, die sich nicht in den durch das Stemma vorgegebenen Gruppen zusammenfassen lassen, wird bei abweichender Lautung (aber nicht bei lediglich abweichender Schreibweise) die Sigel der abweichenden Hs. in runde Klammern gesetzt. Im Text der Ausgabe kommen folgende textkritische Markierungen zum Einsatz: Kursivdruck 〈Kursivdruck〉 ઀

Änderung gegenüber der Leithandschrift Einfügung in den Text der Leithandschrift Auslassung im Text der Leithandschrift¹⁰⁷

Im Lesartenapparat werden folgende Abkürzungen und Zeichen verwendet: om. praem. + ~ cet. () Schrägdruck

omittit/omittunt, lässt/lassen weg praemittit/praemittunt, schickt/schicken voraus fügt/fügen hinzu stellt/stellen um die restlichen Handschriften¹⁰⁸ identische Lesart mit leicht abweichender Lautung aufgelöste Abbreviaturen

Keine Berücksichtigung im kritischen Apparat finden Lesarten, die lediglich in unterschiedlicher Handhabung der starken bzw. schwachen Nominalflexion bestehen, sofern kein semantischer Unterschied vorliegt. Unberücksichtigt bleiben des Weiteren folgende variierende Wortpaare: wann/wenn, dann/denn, da/do, hat/het, daz/dez, es sei denn, es liegt aufgrund des Kontextes ein semantischer Unterschied vor. Ebenso finden alternative Verbformen hab/han keine Berücksichtigung im kritischen Apparat. Die Einteilung in Absätze stammt von mir. Eingriffe in den Wortlaut der Leithandschrift sind immer durch Kursivdruck (bei Auslassungen durch das Zeichen ઀) markiert sowie im kritischen Apparat vollständig dokumentiert. Einige Grundsätze, nach denen dabei ¹⁰⁷ Das Zeichen ઀ wird im Apparat als Lemma wiederholt. ¹⁰⁸ Mit Toleranz der Schreibweise und kleiner lautlicher Abweichungen; muss sich nicht auf Me2 beziehen.

138

verfahren wird, seien hier erwähnt: Anlass zur eventuellen Korrektur besteht immer dann, wenn M1 (bzw. auch *X2) sich zum gesamten Rest oder wenigstens einem sehr repräsentativen Teil der Überlieferung in Opposition befindet. Bei einer Opposition zwischen M1 und N*X3 und gleichzeitiger Übereinstimmung zwischen M1 und Teilen der *Y1-Gruppe wird hingegen die Lesart der Leithandschrift als die vermutlich ursprünglichere gewertet. Rücksicht genommen wird jedoch auf die sprachlichen Besonderheiten von M1 (vgl. Beschreibung der Leithandschrift S. 44–48), die möglichst beibehalten werden, auch in Fällen fehlender Flexivendungen bei Adjektiven und Pronomina, obwohl sie – besonders bei fehlenden Genitivendungen – zugegebenermaßen das Textverständnis erschweren. Bei Substantiven werden jedoch in eindeutigen Fällen Flexivendungen ergänzt. Durch Ekthlipsis verkürzte Formen und andere lautliche Besonderheiten werden beibehalten, sofern es sich um bekannte und beschriebene Phänomene handelt; eventuellen Verständnisschwierigkeiten bei der Lektüre wird durch Erläuterungen in der zweiten Apparatebene entgegengesteuert. Weniger Rücksicht wird auf Eigenheiten der Leithandschrift in der Wortbildung genommen; bei Präfixen pe- und er- wird jedoch wegen häufig sehr unklarer und wechselnder Verhältnisse im Stemma auf Korrekturen verzichtet, auch wenn die Leithandschrift in Einzelfällen mit ihrer Lesart allein steht.

139

4. Ausgabe der ›Acht Seligkeiten‹

Daz ist die ausslegung v ber die Acht Saelichait, die maister Hainreich der Swab zu Sand Nyclas in der pfarr ze Prag gepredigt hat.

5

10

Der herr Iesus Christus tet auff seinen mund vnd sprach: »Saelig | sint die armen des gaists, wann ir ist das hymelreich« (Matheus .v.).a Wann das ist, das allew vernunftigew menschen pegern des gu ten vnd das sy saelig werden mu gen.b So mo cht der mensch fragen, mit wew er gote aller pehegleichist werden mocht, so mag man im antwurten mit den worten vnsers herren, das er das tu n mag mit warer diemu tichait vnd mit warer gu tichait vnd senftmu tichaitc vnd mit einem hertzleichen wainen vnd chlagen seinr su nde vnd geprechleichait vnd mit erbietung 〈der〉 gerechtichait gegen allen menschen vnd gantz pegyr haben, daz alle menschen gerechtichait hielten vnder ein ander, 〈vnd〉 mit warer parmhertzichait v ber sein sel vnd seinr eben menschen du rftichait, vnd mit gantzer rainichait vnd lauterchait seines hertzen von allen po sen geda ncken vnd pegy rden, vnd mit ganta Mt 5, 3 b Vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik, A, 1, 1094a: διὸ καλῶς ἀπεφήναντο τἀγαθόν, οὗ πάντ’ ἐφίεται; Aristoteles Latinus, Ethica Nicomachea, transl. Roberti Grosseteste, I, 1: Ideo bene enunciaverunt bonum, quod omnia appetunt, danach häufig Thomas von Aquin, z. B. Summa contra Gentiles, I, 37, 4 (und passim): bonum est quod omnia appetunt: ut philosophus optime dictum introducit, i Ethicorum; Dionysius Areopagita, De divinis nominibus, transl. Johannis Sarraceni, 4, 6, S. 168–169: et bonum est […] quod desiderant omnia, intellectualia quidem et rationalia, cognitive; Augustinus von Hippo, De beata vita, 2, 10, Z. 85: Beatos nos esse uolumus (nach Cicero, Hort., frg. 36) c Vgl. Mt 11, 29

4 wann] ›denn‹ 6 mit wew] ›womit‹ 6–7 aller pehegleichist] ›am wohlgefälligsten‹ 8 diemu tichait] ›Demut‹ 10 geprechleichait] ›Mangelhaftigkeit‹ erbietung] ›Erweisung‹ 13 eben menschen] ›Nächsten‹ du rftichait] ›Not, Bedürftigkeit‹ 1–2 Daz … hat] hie hebt sich an die auslegūg v ber die viij salichait die Maistˀ hainreich der Swab ze prag in Sand Nyclas kirchnˉ gepredigt hat vt Sequitur etc. N; Das sind die acht sa lichait die vnser heˀr Ihūs xp– s gepredigt hat auff dem perig S; Vō den acht salichaitnˉ M2; kurczlichen ist czw mercken das das hernachgeschriben puech hat maister hainreich von sand Gallen czw prag czw dewsch pracht vnd haysset dy acht salikait M4 4 hymelreich] reich der himel M3 Matheus .v.] Mt in dem fu nften cappītl N; also schreibt matheʔ jn dem funften tail M3; om. .v. S; ve Matheum vten M2; Matheus quinto capo M4 6 werden mu gen] ~ NM4 7 pehegleichist] beheiligest M3; wehagleich ist M2; pehágnˉ lichist M4 werden mocht] ~ N 9 hertzleichen] hercznˉ leichnˉ N*X5 10 su nde] sunden M3 geprechleichait] geprechēhait S; geprechkayt M2; geprechnˉ M4 der] om. M1*X5G; der cet. 11 pegyr] begird N 12 vnd] om. M1Me1; vnd cet. parmhertzichait] erparmūng *X5 14 von] vor M4 pegy rden] pegerung M3

183r

183v

140

184r

zer fridleichait gegen gote 〈vnd gegen seinem na chsten vnd gegen〉 im selb 〈vnd〉 mit aim gedultigen leiden aller widerwa rtichait durch der gerechtichait willen 〈vnd durch gots willen〉 an mu rmelung vnd vngedult. Nu mocht der mensch fragen, von wew er durch die vorgenanten ding, die da haissen acht saelichait, got so wol peha geleich werden mu g, so mag man im also antwurten, das es da von ist, daz sy wider allew die geprechen sint, die dem menschen in der zeit zw gevallen mu gen, daz er darinne nicht wider got noch auch wider seinr selen saelichait tut, | mer daz er verdienen mu g daz ewig leben. Vnd der geprechen sint siben, vnd mag sich der mensch in ır iegleichem mit vngedult verschulden vnd ento rden. Der erst geprech ist zu vil 〈vnd〉 vngeordente sorg nach zeitleichem gu t. Das sehe wır wol an den geitigen allen, daz sy so gar gnadlos sint, daz in weder predig noch chainrlai go tleicher ding smekcht noch gevelt. Vnd das ist da von, das sy ır hertz vnd all ir synne also gentzleich gelegt habent auff daz zeitleiche gu t, daz sy gots vergessen, also daz er noch sein gnad chain stat in dem menschen gehaben mag. Da von sprach der herr: »Saelig sint die armen des geists«, daz ist die diemu tigen vnd genu gigen menschen, die 3 an] ›ohne‹ mu rmelung] ›Gemurre‹ 4 von wew] ›wovon, wie‹ 6 geprechen] ›Laster‹ 8 mer] ›sondern‹ 10 ento rden] ›in Unordnung bringen‹ 12 geitigen] ›geizigen‹ 1 fridleichait] fridikait M3 vnd gegen seinem na chsten vnd gegen] om. *X2M3*X5; vnˉ gein seinem nagstē vnd gein S; vnd gen synē nehsten vnd gen G; vnˉ gen sinem nechsten vnˉ gen W; vnˉ gegen seinē nachstnˉ vnˉ gegen Me1; hintz seim nachstnˉ vnd Me2 2 vnd] om. M1; vnd cet. 2–3 mit aim … vngedult] in gedult in aller widerwärtikait dur der gerechtikait willen vnd dur gotz willen an murmel ze liden G; mit gedult in aller widerwärtikait durch der gerechtikait willen vnd durch gotz willen ane murmel ze liden W 3 vnd … willen] om. *X2M3*X5Me2; vnˉ durich gotz willē S; vnˉ durch gots willnˉ Me1 mu rmelung] mürmln N(M3*X5) 4 Nu ] nū M4 von wew] war vmb M3 vorgenanten] praem. ij M4 5 acht] praem. di SM4 wol] wo M2 peha geleich] geheilig M3 mu g] mu gen *X2; mug M3M2*Y2; müg SM4*Y3 6 die] om. M4 geprechen] geprechleichait N 7 der] om. N gevallen] om. ge– NM3SM2 8 auch] om. S tut] tu M3(S); tue M4 mer] Sunder NM3 9 sint] praem. der S siben] om. M3 mag sich der mensch] der mensch mag sy M3 10 ento rden] entreden N; ertöttē *X4 11 geprech] geprechnˉ NM3; gepresten SM4; prest M2 vnd] om. *X2; vnd cet.; + zw – N 12 Das] praem. vnd M3 sehe] sechen M3M4 zeitleichem] + vnd zerga nkchleichm NM3S; sehnˉ *X5 den] dem M2 sy] om. M3 gnadlos] gnadnˉ lozz *X5 12–13 in … gevelt] sy weder predig noch chainrlai go tleichew ding smekchent noch pehaltent M1; in weder predig noch chain go tleichs ding smekchet noch behaltnˉ N; jn werder predig noch chainerlay gotlichˀ ding smeckt noch geuellet M3; yn wedˀ predig noch chainˀlaÿ götleicher ding smeckt noch wehaget S; in wedˀ p– dignˉ noch chainˀlaÿ gotleichˀ ding smechkt noch behagt M2; in weder predig noch chainerlaÿ gotlichnˉ ding smecknˉ t noch in pehagt M4; in weder brede nach ander gotz dienst smekt nach wol gevallet dz sie dar nach tuient G; in weder predig noch ander gotz dienst schmeket noch wol gefallet dz sÿ dar nach tügent W; in weder predig noch chainˀlaÿ gotleicher ding in get noch gevelt Me1; in wedˀ predig noch andeˀ guete ding in get Me2 14 das] wenn M4 ır] praem. all N ir] om. M4 gentzleich] gentzigchleich M1; ga ntzleich NSMe1; genczlich M3GW; ganczleich *X5 gelegt] geledigt M4 15 gots] got M3 noch sein] noch chain sein S; noch vnd chain sein M4 gnad] + chain gnad N 16 Da von] do M4 sprach] spricht N 17 ist] sint NM2 diemu tigen] dÿemuetikaÿt vnd dÿ guetigen M4 genu gigen] praem. dy M3SM4

5

10

15

141

5

10

15

nicht also vnordenleich nach zeitleichem gut arbaiten, vnd tu n das durch gots willen. Vnd setzt der herr das lon alzehant darnach vnd spricht: »Wann ir ist daz hymelreich.«a Der ander geprech ist zorn, neyd vnd hazz, wann die ding verplendent den menschen, als ain weiser haid gesprochen hat, das er dew warhait nicht erchennen mag. Da von sprach der herr: »Saelig sint die gu tigen vnd die senftmu tigen«, das ist, die nicht zu rnen, daz wider sy sey, vnd auch chain neyd noch hazz tragen gegen irem eben menschen. Vnd setzt aber daz lon darnach 〈vnd spricht〉: »Wann sy werdent daz erdreich pesitzen.«b Der dritte | geprest ist vngeordente zarthait vnd wollust des leibs, vnd das die verr sey von der gnad gotes. Das spricht sand Bernhart: »Der tro st gots ist also zart, daz er niemantz wırt geben, der ainen fromden trost hat.«c Da von sprach der herr: »We euch, dew ewren tro st«, das ist vngeordente wollust des leibs, »hie habt«.d Item: »We euch, die hie lachent.«e Vnd wider den geprechen sprach der herr: »Saelig sint die, dy do weinen vnd sich petru ben«, daz ist die, dy irr su nt vnd geprechen puessent vnd in laid ist, daz sy ichtz wider got getan habent, vnd setzt daz lon: »Wann sy werdent getro st.«f Mit wew? Hie in zeit mit gnaden vnd in dem ewig leben mit glori vnd mit volchomner frewd. a Mt

5, 3 b Mt 5, 4 c Nicht gefunden, vgl. Bernhard von Clairvaux, Sermones in nativitate Domini, 5, 5, S. 269: Quid enim consoletur eos, qui suam habent consolationem?; ders., Sermones in vigilia nativitatis Domini, 4, 1, S. 220: utinam abundet et consolatio vestra per ipsum! Nam mundialem quidem consolationem vobis offerre nec libet, nec licet. Vilis est, et ad nihilum utilis huiusmodi consolatio et, quod magis est metuendum, etiam verae ac salubris consolationis est impedimentum; Heinrich von St. Gallen, Marienleben, 8, 96f.: Wan wir leiplich vnd zeitlich trost suchen, so wirt vnß entzogen der geistlich trost von vnser sel; Geistlicher Herzen Bavngart, 24, Z. 6: daz er ninder trost svch nivn an got allein d Vgl. Lc 6, 24 e Lc 6, 25 f Mt 5, 5

2 alzehant] ›sofort, gleich‹ 10 geprest] ›Laster‹ zarthait] ›Weichlichkeit‹ ›fern‹ 12 zart] ›fein‹ fromden] ›fremden, anderen‹ 17 ichtz] ›etwas‹ ›Ehre, Ruhm, gloria‹

11 verr] 19 glori]

1 vnordenleich] vnordenlichen M3M4 arbaiten] praem. lebent vnd N 2 setzt … alzehant] der herre seczt zw hant das lon M3 3 hymelreich] + vol N; reich der himel M3 4 geprech] geprechen NS vnd] om. M3 5 haid] man S; haydnˉ *X5 7 ist] sind M4 die] praem. das S; + dÿe da M4 daz … sey] so man wider sew tuet N wider sy] in wider M1; wider sy M3M4Me1; widˀ got SM2Me2*Y2 8 irem] iren M3 eben menschen] ebenkristnˉ NS aber] + der her M3 9 vnd spricht] om. *X2M3*X5; vnd spricht S*Y1 10 geprest] geprestnˉ N; prechen M3; geprechē S; prest M2 11 die] sy M3 verr] verrer M3 sey] seind M3; sein S der gnad] den genadnˉ M2 sand Bernhart] sand dˀ trost Bˀnhardus M2; Sanctus Bˀnhardʔ M4 12 niemantz] nyemant N*X3 fromden] andrnˉ M4 hat] hast M2 13 sprach] spricht M4 dew] praem. ir M3 ewren tro st] ewch tröstnˉ N 14 wollust] wollustichait S leibs] + die ir N; + den ir M4 habt] habē S Item] Fürpas N; vnd auch spricht er M3 die] + ir da M3 lachent] + wan ir werdent waynent M3 15 geprechen] prechen M3; prestnˉ M2; geprestnˉ M4 die] om. M3S do] hÿe M4 16 ist] sind N die] om. *X3 geprechen] prechē SM2 17 daz1] + das S sy1] om. M3 18 Mit wew] om. S; mit we *X5 zeit] praem. diser N; praem. der M3S dem ewig] den ewignˉ M4 18–19 mit glori vnd mit] om. M4 19 glori] froner clarchait M3 vnd mit] om. mit S; om. M2

184v

142

185r

Der vierd geprech ist zu vil vnd vngeo rdente pegyrleichait der ersettunge in zeitleichen dingen vnd pesunderleich der pega rung des fleissches. Wider das hat sand Paul gesprochen: »I r su lt ewr glider«, daz ist vngeordente po se pegy rd des leibes, »to ten auff erden«.a Vnd da von spricht er an ainr andern stat: »I r sult die pegyrlichait des fleisches nicht volpringen, wann volpringt ır die, so wert ir sterben«,b daz ist, die gnad gots verlieren. »Werdet ır aber die werch des fleisches mit dem geisst to ten, so werdet ır leben«,c daz ist, hie in der zeit gnad haben vnd darnach daz ewig leben. | Vnd wider den geprechen sprach der herr: »Saelig sint die, dy da hungert vnd do rst nach der gerechtichait«,d daz ist, daz sy got geben von irem leib, daz sy im schuldig sein, vnd in selb auch, daz sy su llen, daz ist straff vnd maisterschaft, vnd ırem eben menschen ler, vnderweisung vnd straff. Vnd setzt das lon vnd spricht: »Wann sy werden ersett«,e hie in gnaden, darnach in dem ewigen leben mit volchomner frewd. Der fu nft geprechen 〈ist〉 vnerparmherzichait vnd hertichait, alz daz der mensche seinem ઀ ebenmenschen nicht tu t, als er doch wolt, daz man im tet, noch auch v berheben, das er gern u berha ben wa r. Vnd doch vnser herr Iesus Christus hat gesprochen: »Seyt parmhertzig, als ewr hymelischer vater

a Col

3, 5

b Gal

5, 16; Rm 8, 13

c Rm

8, 13

d Mt

5, 6

e Ebd.

1 ersettunge] ›Sättigung‹ 2 pega rung] ›Begierde‹ 5 stat] ›Stelle‹ 9 do rst] ›dürstet‹ 11 straff] ›Tadel; Strafe, Züchtigung‹ maisterschaft] ›Zucht, Disziplin‹ 13 ersett] ›gesättigt‹ 15 hertichait] ›Härte‹ alz] ›so‹ 17 v berheben] ›verschonen‹ u berha ben] ›verschont‹ 1 geprech] geprechnˉ NM3; gepresten S; prechnˉ M2; geprecht M4 vngeo rdente] vnordenten M3 pegyrleichait] wegirichait M3 ersettunge] entsettunge M1; sattung N; ersetung M3G; ersattūg *X4W*Y3 2 pesunderleich] sunderlich M3(SM2) fleissches] fleisch M3M4 3 sand Paul] sanctʔ S. Paulus M4 3–4 vngeordente po se pegyrd] po s vnd vngeordente 〈durchgestr.: lieb vnd〉 pegyrd M1; pas geordente lieb vnd begierd N; vngeordente pose pegerung M3; vngeordente pöse pegir S(Me1); vngeorte pose pegir M2; vngeordnˉ tew poshaÿt vnd pegier M4; anders *Y2 4 des leibes] praem. fleisches vnd N erden] praem. der *X3 Vnd] om. N 5 sult] ensullet M3 die] dˀ SM2; des M4 fleisches] fleisch *X3 6 volpringt] volbrächt S ist] + das ir N gots] + werdet ir M3 verlieren] + werdet N; vˀliest ir S 7 fleisches] fleisch *X5 dem geisst] des geistz S ır2] om. M3 leben] lebnˉ t M4 8 der] diser N 9 geprechen] prechnˉ M2 sprach] om. M3; spˀcht S die] om. M3SM4 do rst] dur M2 11 in] im M4 su llen] schuldig sein S ist] om. M3 straff] straffūg M3 12 vnd1] om. *X4 ırem] irn N eben] + christē S; om. M4 vnderweisung] vnd weysung N; vnd vnterweisigūg M3; praem. vnˉ S; vndˀweisen *X5 straff] straffūg M3 setzt] setz N das] den S 13 ewigen] ewigem M1〈ohne dem W〉; ewignˉ *X3GMe1 14 leben mit] om. M3 15 geprechen] geprech N; prech M2; geprest M4 ist] om. M1*X4; ist NM3*Y1 vnerparmherzichait] om. –er– N*X3 vnd hertichait] om. S alz] also N; praem. vnd M4 16 mensche] mensch cet. seinem] seinēn M4 ઀] eben M1; om. cet. 16–17 im tet] jm tu n sollt N; ~ M3 17 v berheben] vberhub M3; vbˀ habnˉ *X5 das] als N; des SM4 vnser herr] vnsernˉ herrnˉ M3 18 hat gesprochen] ~ M3; + seÿt gesprochnˉ M4 als … vater] sam ewer vattˀ M3; sam ewr hˀr S; sam ainˀ *X5 als] + auch N

5

10

15

143

5

10

15

parmhertzig ist.«a Von den vnpa rmhertzigen hat sand Iacob gesprochen: »Gericht an parmherzichait den, die nicht parmhertzichait getan haben.«b Da von sprach der herre wider disen prechen: »Saelig sint die parmherzigen.« Vnd setzt daz lon vnd spricht: »Wann sy werdent parmherzichait vinden«,c daz ist vergebnu ss ırr su nd, mynrung der pein vnd nach disem leben das ewig leben. Der sechste geprechen ist vnrainichait 〈vnd〉 pechvmmernu ss des hertzen von vncha uschait vnd von ander poshait. Da von auch der herr sprach: »Secht ew wol fu r, das ewr hertz icht peswa rt werden mit u ber essen vnd u ber trink|chen vnd mit sorgueltichait diser welt.«d Wenn die ding vnd sunderleich vnchauschait verplendet den menschen, das er aller saelicheit vergisset. Da von sprach der herr wider disen geprechen: »Saelig sint die rainen des hertzen.« Vnd setzt den lon vnd spricht: »Wann sy werdent got sehen«,e daz ist, hie in pesundern gnaden vnd in dem ewigen leben mit merer er vnd frewden. Der sibent vnd der leste geprechen ist vnfridleichait vnd grymhait vnd hertichait. Von den ist die genad gots gar verr vnd der fride ires hertzen, wann der engel sprach: »Zu dem erdreich sey frid den menschen, die ains a Lc

6, 36

b Iac

2, 13

c Mt

5, 7

d Lc

21, 34

e Mt

5, 8

2 an] ›ohne‹ 3 prechen] ›Laster‹ 5 vergebnu ss] ›Vergebung‹ mynrung] ›Minderung‹ 7 pechvmmernu ss] ›Kummer‹ 9 Secht ew … fu r] ›seht euch vor, gebt acht‹ icht] ›nicht‹ 10 sorgueltichait] ›Besorgnis‹ Wenn] ›denn‹ 15 merer er] ›größerer Ehre‹ 16 leste] ›letzte‹ grymhait] ›Grimmigkeit, Unfreundlichkeit‹ 1 den vnpa rmhertzigen] den vnerpa rmhertzigen M1; der vnparmhˀrczikait N; om. –er– cet. 〈ganz *Y2〉; dem vnparmherzignˉ M4 sand Iacob] Sanctus Jacobus M4 gesprochen] sprochen M3 2 parmherzichait] erparmhˀzichait M1; om. er– cet. 〈ganz *Y2〉 Gericht an – herczikait wirt M3 parmherzichait] das gerichte an parm parmhertzichait] erparmhertzig M1; parmherczikait N*X3(*Y3); om. *Y2 3 Da von] praem. vnd NSM2; vnd vmb M3 der] vnsˀ *X2; so der M4; der cet. disen] dise N; disem M4 prechen] geprechnˉ NM3SM4 4 parmherzigen] erparmhˀzigen M1(G); om. er– cet. 5 parmherzichait] erparmhˀzichait M1; om. er– cet. vergebnu ss] verbegnu ss M1M2; vergebnuss N; uergewūg M3; vergebūg S*Y1; begebnüzz M4 su nd] sunden M3(S)M4 der] irer NM4 vnd] om. M4 7 sechste] secht M3; sex M4 geprechen] geprech NM3; gepresten S; prechnˉ M2; prest M4 vnd] om. M1; vnd cet. pechvmmernu ss] om. pe– NSM2 7–8 pechvmmernu ss … vncha uschait] om. M4 8 von1] vnd N vncha uschait] vncha usch S von2] om. NM3*X5 auch … sprach] sprach auch der herr M3 9 icht] nicht NM2; nit S werden] werde N; werdet M3; werd SM2 vnd] + mit S 10 mit] om. M3 11 sunderleich] pesunderleich M1; om. *Y2; sunderleich cet. vnchauschait] dy vncheusz M3 verplendet] vˀplenden SM4 12 Da von] praem. vnd N*X3; dar vmb M3 sprach] spricht M1W; sprach cet.; + auch M3 wider] + wider M3 geprechen] prechnˉ M2 13 setzt] setz M1M4; seczt cet. den] das N*X3 lon] om. M3 14 sehen] om. M3 hie] om. S pesundern] besu ndˀ M2 15 er] ern N frewden] frewd NSM2; frewde M3 16 sibent] subnˉ t M4 geprechen] prech M2; geprech M4 vnfridleichait] vnfridsamhaÿt M4 vnd2] om. NS grymhait] grymikait N(*X4) 17 den] + den M3 fride] om. M3 18 sprach] spricht N Zu ] auff M3; 〈durchgestr. zü〉 Auf S frid] praem. der M3 den] dem *X2M3M2; den S*Y1; om. M4

185v

144

186r

gu ten willen sint«,a nicht »die vnfridleichen vnd die ains po sen willen sint«. Vnd wider den geprechen sprach der herr: »Saelig sint die frideleichen«,b daz ist, die nicht allain vnder in selben fride habent, si machen auch vnder andern menschen frid, wa sy mu gen. Vnd setzt den lo n vnd spricht: »Wann sy werden chinder gotes gehaissen.«c Vnd daz ist ain gro ss saelichait, wenn sy sint »erben gots vnd mit erben Christi«,d als sand Paul spricht zu den Ro mern. Vnd darnach volgt dew achtew saelichait, die ain pewa rarinn ist der andern all, wann es ist nicht genu g, das der mensch arm an dem gaist sey vnd daz er milt sey vnd also von den andern allen. Er mu s es tu n durch der gerechtichait willen. Da von sprach der | herr Iesus Christus: »Saelig sint, die da durch a chtung leident durch der gerechtichait willen«,e daz ist ઀ armu t vnd ellend, hert vnd po s zu spru ch. Vnd setzt den lon vnd spricht: »Wenn ır ist das hymelreich«,f daz ist ain pesundrew chron, die den martra rn zu geho rt.g Der helff vns got allen. Amen. 

a Lc

2, 14 b Mt 5, 9 c Ebd. d Rm 8, 17 e Mt 5, 10 f Ebd. g Vgl. I Pt 5, 4; Apc 2, 10; Ambrosius von Mailand, Hymni, 13, 2–4: Laurentium archidiaconum / pari corona martyrum / Romana sacrauit fides; Augustinus von Hippo, Sermones post Maurinos reperti, Denis 13, 4, S. 59: Haec est corona martyrum, hoc meritum martyrum; Isidor von Sevilla, Mysticorum expositiones sacramentorum, In Numeros 15, 19, Sp. 348: Christus […] flos virginum, corona martyrum, gratia continentium

4 wa] ›wo (auch immer)‹ 8 pewa rarinn] ›Beschützerin‹ 10 milt] ›freigebig, großzügig‹ 12 durch a chtung] ›Verfolgung‹ 13 zu spru ch] ›Ansprüche, Forderungen‹ 1 gu ten willen sint] hˀtznˉ sind vnd gu ten willens N willen] willens M4 1–2 nicht … willen sint] Nicht die vnfrydleich sind vnd ains po sen willnˉ sindt N; om. M3*X5*Y3; nicht den vnfridleichen vnˉ dÿ eins pösnˉ willē sind S; Nit 〈durchgestr.: die ains〉 den die ains bo sen vnd vnfridlichnˉ willnˉ sint G; Nit denen die ains bo sen willnˉ sint W 2 geprechen] prechen M3; prestnˉ M4 sprach] spricht N 3 frideleichen] fridsamen M3; frÿdenlichnˉ M4 allain] om. M4 selben] selbs M3S fride] vnfrid M4 si] praem. sunder M3 4 vnder andern] vndˀ ander M1; vnder andern NS*Y1; vndrein ander M3; vndern andern M2; vnder ain ander M4 den] das N*X3 6 wenn] das N sand] om. M4 7 Paul] paulus N*X5; pauls M3S 8 darnach] darumb N die … ist] dis pewerrerin M4 ain] om. M2 pewa rarinn] bewa rn – an dem N; wewerin M3; pewa rūg S 9 genu g] gemu g M1; genu g cet. arm … sey] sey arm geiste M3 10 also] alle M3 11 sprach] spricht M1; om. G; sprach cet. sint] + die NSM2 ઀ 12 da] om. NM3 durch] om. M3 a chtung] nachtu ng M2 ] durch M1; om. cet. 13 armu t] praem. dy M3 vnd1] om. S ellend, hert] hertz ellend N zu spru ch] red M3; zu sprechūg *X4; + vnˉ abprechūg des leibes gelust S den] daz N*X3 vnd spricht] om. *X5 14 hymelreich] reich der himel M3 16 Der] des NS; das M4 Amen] om. M3*X5

5

10

15

145

5

10

15

Wann aber der mensche spricht, waru mb die stu ck saelichait haissent, so mag man im antwurten, daz sy da von saelichait haissent, wenn sy aim iegleichen menschen, der also an seinen lesten zeiten wırt erfunden, an mittel pringen zu der ewigen saelichait. Vnd da von hat vnser herr den armen gelobt das hymelreich vnd den gedultigen pesitzung des erdreichs mit gantzem frid vnd sicherhait vnd den trawrigen tro st, den hungrigen ersettung, den erparmhertzigen erparmhertzichait, den rainen des hertzen, das sy got sehen su llen von antlu tz ze antlu tz, an dem auch alls vnser lon pestet, als sand Augustinus spricht,a vnd den frideleichen, daz sy chinder gots gehaissen werden, daz da ist daz groste, dar zu der mensch cho men mag, vnd zu dem lesten, die da durch a chtung leident durch der gerechtichait willen, verhaist er ain pesunderba r chron vnd lon, daz den martra rn zu geho rt, als er spricht: »Wann ır ist | daz hymelreich«. 〈Vnd〉 da von mag man zu den menschen wol sprechen: »Frewt euch vnd frolockt an dem tag, wann ewr lo n ist gar gnu gsam in dem hymel«,b vnd daz ist volchomenleich war, wann sand Augustinus spricht, das es mu gleich ist, daz der mensch in diser zeit dar zu cho m, das er in gnaden dew ding vnd lo n ervolgen mu g.c a Vgl.

I Cor 13, 12; Augustinus von Hippo, De trinitate, CCSL 50, I, 13, Z. 29–31: Beati enim mundicordes quoniam ipsi deum uidebunt. Et ipsa uisio est facie ad faciem, quae summum praemium promittitur iustis; ders., De sermone domini in monte, I, 4, 12, Z. 222: Vnum autem praemium, quod est regnum caelorum; ders., Epistulae, CSEL 44 (1904), 169, 1, 3, S. 613: Cum autem dominus dicat: Beati mundo corde, quoniam ipsi deum uidebunt, eaque uisio in fine summum praemium nobis promittatur b Mt 5, 12 c Augustinus von Hippo, De sermone domini in monte, I, 4, 12, Z. 245: ista quidem in hac uita conpleri possunt 3 lesten] ›letzten‹ an2] ›ein‹ 7 ersettung] ›Sättigung‹ 11 durch a chtung] ›Verfolgung‹ 15 gar gnu gsam] ›sehr ausgiebig‹ 18 ervolgen] ›erlangen‹ 1 mensche] mensch cet. spricht] sprach S stu ck] praem. vorgenanten M3 haissent] haisse M3 1–2 so … haissent] om. M2 2 im] in M1; im cet. aim] einen M3 3 iegleichen] ydleichnˉ M2 menschen] om. M3 4 mittel] mittail N; mitten M3 pringen] pringt *X2; pringen cet. hat] om. M2; praem. so M4 den] dem M3 5 gelobt] vˀhaissen N das hymelreich] des himels reich M3 pesitzung] praem. ze S 6 den] dem M1*X5; den cet.; praem. vnd N 7 ersettung] sattung N; esetūg M3 den] dem *X2; den cet. erparmhertzigen] om. er– N*X3 erparmhertzichait] om. er– N*X3 den] des M4 des] irs M1; des cet. 8 alls] alles N; all M3M2; aller SM4 9 pestet] anstet M3 als] + auch N sand] om. S spricht] om. M3 frideleichen] fridsamē M3; frileichnˉ M2 9–10 chinder gots] ~ N 10 groste] grosse M3; aller grost M4 11 da] om. M2 durch] om. M3S a chtung] a chtigūg M1; a chtung cet. 12 verhaist] praem. den SM4 ain] in NM3 pesunderba r] sundˀwar NM2; sunderliche M3; besunder warew M4 13 Vnd] om. M1; vnd cet. da von] darvmb M3 14 den] dem *X2M3M4; den M2Me1G; dē SW Frewt] ffrewt M1 frolockt] seyt fro N 15 gnu gsam] manigfalt M3 dem2] den *X4 hymel] himelreich M3; himelnˉ S – enleich N; wor volkomlich 16 volchomenleich war] volchomichleichen war M1; war volkom M3; volkömleich S; volchomenleich M2Me1; volkumēlich M4; anders *Y2 sand] om. SM4 Augustinus] Augustin N; augstin M3 17 cho m] chumbt M3; cham M4 er] + das hie S lo n] lone M4 17–18 vnd lo n ervolgen] an er uolgen M3 18 ervolgen] ervoling M2

186v

146

187r

Wann die ersten, daz ist, die armen des gaists in warer diemu tichait an willen vnd an werchen, der ist daz reich gots, also daz der heilig geist hie in den reichsent mit gnaden. Da von sprach der herr: »Das reich gots ist in euch.«a V mb das reich pitten wır auch in dem pater noster, da wır sprechen: »Zu cho m dein reich.«b Vnd werdent auch mit der vernuft ઀ reichsen v ber die synleichait, daz sy ır dien vnd gehorsam sey, daz sy nichts tu , das got nicht erleich sey. Wann aber oft menschen sint, die also reichsent vnd doch nicht ma chtichleich vnd mit rw , da von wırt den gu tigen vnd den senftmu tigen gehaissen sicherhait vnd sta tichait der gnaden ewigchleich, daz sy sprechen mu gen mit sand Paulo: »Wer wırt vns von der gnad vnd lieb 〈gottes〉 scheiden? Weder messer noch swert!«c Als ob sy spra chen: »Weder tod noch leben noch v bel noch gu t.« Noch hat der mensch oft etwas vnd pesitzt es auch mit rw e, vnd wirt doch da von nicht getro st. Vnd wenn all menschen fra wd vnd | tro st pegern, so gelubt der herr den dritten trost, daz ઀ ist den, die ir su nd chlagen vnde wainen, vnd die vorgangen zeit, daz sy die wider got verzert haben, vnd auch den, die von andacht vnd mitleidung pechlagen die wunden vnd das leiden vnsers herren. Die werden hie in der zeit getro st von dem hailigen gaist in genaden vnd darnach in dem ewigen leben.

a Lc

17, 21 b Lc 11, 2 c Rm 8, 35 1 diemu tichait] ›Demut‹ 3 reichsent] ›herrscht‹ 6 reichsen] ›herrschen‹ 7 erleich] ›ruhmhaft, zum Ruhm gereichend‹ 9 ma chtichleich] ›stark‹ rw ] ›Ruhe‹ 10 gehaissen] ›verheißen‹ sta tichait] ›Beständigkeit, Dauerhaftigkeit‹ 15 getro st] ›getröstet‹ wenn] ›weil‹ 16 gelubt] ›verheißt‹ 18 mitleidung] ›Mitleid, Mitgefühl, Anteilnahme, compassio‹ 1 ist] sindt N an] vnd N 2 werchen] werch M3 der1] des M4 daz1] des M4 3 reichsent mit gnaden] reicht gnaden mit M3 reichsent] reix ent M1; reichsenden N; reichsent *X4; richsnot G; richsnet W; herscht Me1 gnaden] praem. den S der] vnser N 4 wır auch] om. M3 auch] euch M4 da] das M4 5 sprechen] praem. do M3 cho m] + vns *X4 werdent] verdienent *X2; werdēt cet. ઀] daz sy M1; om. cet. 6 reichsen] reixen M1; reichsen N*X4; reichen M3; richsnen *Y2; herschnˉ *Y3 synleichait] sÿmlikaÿt M4 dien] diene NW; diennen *X3 sey] sein M3*X5 7 tu ] tu n NM4 nicht erleich] vnerleich N 8 die] praem. dy M2 reichsent] reich sint M1*X3G*Y3; reichsent N; richsnent W 9 ma chtichleich] machticklichnˉ M4 vnd1] + nach nicht N; om. M4 rw] rew M3 da] praem. vnd N wırt den] werdnˉ t M2 den2] om. SM4 10 gehaissen] + vnd gelobt M3 ewigchleich] ewichleichnˉ S 11 Paulo] pauls M3M4; päwls S; paull M2 lieb] praem. von seiner M3 12 gottes] om. M1; gottes N(S*Y3)〈bereits nach gnad M3*X5*Y2〉 sy spra chen] er spra ch N spra chen] sprechen M1M3(G); sprëchen S; spréchnˉ M4; spra chnˉ M2Me1; sprechint W 13 tod noch leben] lebnˉ noch to d N 14 Noch] Nu N es auch] auch es M1; dz *Y2; es auch cet. rwe] rew M3 15 getro st] trost M2 16 gelubt] verhaist N; gelawbt M2 trost] om. M4 ઀] daz M1; om. cet. ist den] ich dem M2 chlagen] bechlagnˉ N 17 wainen] wanē M4 vnd1] vmb M3S; om. M4 18 den] om. N mitleidung] mit leiden N; von mitleiding M3; mittl ̄ leÿdūg M4 pechlagen] clagen vnd wewaynē M3 19 herren] + ihū xp– i N in2] an M3

5

10

15

20

147

5

10

15

20

Wann aber der mensch noch nicht genugig ist, er peger ersettung, da von hatt der herr den vierden gelobt ersettung, vnd die wirt doch hie nicht volchumenleich, sunder in dem ewigen leben. Da von sprach der 〈herr〉 Dauid: »Herr, wann dein ere wirt erscheinen, so werd ich ersett«,a da maint er, in dem ewigen leben. ઀ Doch chu mpt der mensch oft hie in dirr zeit dar zu , das er in gro sser ynnichait vnd andacht kost der su ssichait gots als in ainem vorsmack vnd wırt dann also in gnaden etwas ersett. Noch ist des menschen pegyrd nicht gar erfu llet, wann all menschen pegeren, daz sy von aller do rftichait erlo st werden, vnd pegern auch gro ss lo n auff ze heben, ob sy nicht so gross arbait gehabt haben. Da von so gelu bt der herr den fu nften, daz ist den erparmherzigen, erparmhertzichait, daz ist, daz sy werden haben ablassung aller ir | sund vnd erlo sung von aller do rftichait vnde dar zu mer lo n in zeit vnd in ewichait, den sy werden haben, wann daz geho rt zu der erparmhertzichait. Noch penu gt den menschen nicht, er pegert auch, daz er fro leichen gesehen mag daz pest gu t, in dem er sich volchomenleiche vnd lauterleich gefrewen mu g. Da von gelu bt der herr den sechsten, das ist den, die ains rainen hertzen sint, daz sy got su llent sehen. Vnd daz sehen ist so gar ko stleich vnd edel, das sand Augustinus spricht, es sey daz gantz lan, daz der mensch verdienen mag.b a Ps

16 (17), 15

b Vgl.

S. 145, Z. 9

1 genugig] ›befriedigt, zufrieden‹ 3 volchumenleich] ›vollkommen‹ 4 ersett] ›gesättigt, satt‹ 5 dirr] ›dieser‹ 9 do rftichait] ›Mangel, Bedürftigkeit, Not‹ 10 auff ze heben] ›zu erhalten‹ ob] ›obwohl‹ 12 ablassung] ›Vergebung‹ 15 penu gt den menschen nicht] ›hat der Mensch nicht genug‹ 16 lauterleich] ›rein‹ 19 daz gantz lan] ›der ganze Lohn‹ 1 noch] om. *X5 genugig] genugit M3 peger] pegert S ersettung] der settung M1; der sattung N; ersetegung M3; ersattūg *X5W*Y3; ersettung G 2 hatt] + auch N der] vnser N herr] + gesprochnˉ vnd N den vierden gelobt] gelubt den vierdnˉ M4 gelobt] verhaissen N ersettung] sattung N 3 volchumenleich] volkūlich M3; volkomleich S sunder] sund S; wesundˀ M4 der herr] der M1M4; her NM3SMe1; dˀ hˀr M2*Y2; vgl. auch Interpolation Z. 5 4 erscheinen] cho men *X2; erscheinen M3S*Y3; scheinē M2(*Y2) werd] wir M3 5 in1] + in M4 ઀] Da von sprach der her dauid herr wenn dein M1; dauon sprach her dauid herˀ wann cho m ich zu erscheynen in dem land der lemptigen N dirr] diser N*Y2; der M3SM2*Y3; om. M4 5–6 in dirr zeit dar zu ] dar zw in der czeit M3 6 kost] bustet M3 7 vorsmack] vorgesmach N ersett] ersattet M4 9 gro ss] gro ssew M1; gros N*X3(Me1); grossen *Y2 10 so2] om. S 11 gelu bt] vˀhaisst N der] vnser N den erparmherzigen, – herczikait parm – herczigen M3 erparmhertzichait] dy parm erparmherzigen] om. er– N*X3 erparmhertzichait] om. er– N*X3 12 daz2] om. M3 ablassung] ablas N; ablösung S; alfaschung M4 sund] sundnˉ N(S)*X5 vnd] om. *X5 erlo sung] ablosung N aller2] + irˀ S 13 mer] dˀ N; inen M2 lo n] lones M4 zeit] praem. der M4 in2] om. *X5 den] dann M4 werden] vˀdient S 14 erparmhertzichait] parmūg N; om. er– M3S*X5 15 Noch] Nach M1; Noch cet. penu gt] genu gt S fro leichen] fro lich N(SM4) 16 gesehen] om. ge– *X3 mag] mu g NS volchomenleiche] volchumleich M3; volkömleich S 17 mu g] mag S von] om. M4 gelu bt] verhaist N der herr] er N ist] om. M3 ains] ainē M2; in ainēm M4 18 su llent sehen] ~ S; sullnˉ M4 Vnd daz sehen] om. M2 ist] isto M3 so] om. N 19 ko stleich] kostleichnˉ N edel] praem. so M4 das] als *X4 Augustinus] Augustin S

187v

148

188r

Noch penu gt den menschen nicht gentzleich, wenn er pegert auch, das er der liebsten peywoner vnd der gewaltigisten ainr sey. Vnd wenn die chinder mer gewalts haben dann die diena r oder iemantz ander nach dem herren, so gelu bt der herre den sibenten, daz sy chinder gots gehaissen werden, vnd daz sint, die gegen got vnd gegen iren eben menschen frid machen, als verr sy mu gen, vnd auch in ır hertz vnde gewissen vnd zwischen der sinleichait vnd der vernunft, daz sy all po s pewegung der natur to tent vnd temppfen. Vnd da von so haissent sy wol saelig, die also erfunden werden, vnd da von sprach auch der herr, do er diese ding gepredegt het: »Frewt ewch an dem tag«, daz ist, wann ır disew ding volpracht habt, »wann ewr lo n ist gnu g-| sam in den hymeln«.a Vnd da von su llen wır nu ho ren, wer die ersten sint. Das sint die armen des geists.

a Mt

5, 12

2 gewaltigisten] ›Mächtigsten‹ 3 gewalts] ›Macht‹ 5 als verr] ›soweit‹ 8 erfunden] ›vorgefunden‹ 1 Noch] om. M4 penu gt] genu gt S gentzleich] gentzichleich M1; ga ntzleich cet. 2 liebsten … ainr] om. N peywoner vnd der] peÿ wan vnder den M4 gewaltigisten] geweltigen M3*X5; gewaltigē S*Y3; gewaltigestnˉ *Y2 Vnd] om. S 3 diena r] knechte N iemantz] yemant M3S ander] anders NSM4 4 gelu bt] verhaist N; gelawpt M2 chinder gots] ~ SM2 5 sint] + die NSM4; praem. si M3 die] om. M3 iren] irm N(SM4) eben] om. M4 menschen] christnˉ M2 verr] + vnd N 6 in ır hertz] iren hercznˉ M3 gewissen] + frid seczēt S(M4) der] den M4 sinleichait] syndlichait N 7 der1] om. N vernunft] + das ist SM4 po s pewegung] pöst wewegen M3 to tent vnd temppfen] temphen vnd erto ttnˉ N 8 da1] om. M3 so] om. NM3SM4 9 gepredegt] gepredig M2 Frewt] ffrewt M1 10 ır] praem. si M3 habt] hat M3 11 in den hymeln] in dem himel N; im dem himel M3 12 die ersten sint] sind dy erstnˉ M3 sint2] ist M3SM4

5

10

149

4.1 Die erste Seligpreisung

5

10

15

Nu wiss, das die armen des geistes sint die waren diemu tigen,a die in selber lauterleich durch gots willen abe prechent all vngeordente weltleichew frewd vnd po s lu st des leibs, wann aller ઀ geistleicher o rden aller maist vnd fu derleichist pestet an cheuscheit, armu t vnd gehorsamchait, vnd ie volchomner der mensch die halt, ie pas er seinen o rden pehalt. Doch sprach der herr nicht newr »dew armen«. Er sprach »die armen des geists«, das ist, die von hertzen 〈vnd〉 willichleich arm sint durch gots willen, wann die menschen, die nicht durch gotes willen vnd auch nicht willichleich arm sint, die werdent nicht saelig. Da durch der herr hat doch nicht all reich gescholten, sunder die, dy sich vnordenleich darinn halten mit po ser vngeordenter frewd oder andern su nden vnd pesunderleich mit ze vil sorgualtichait, durch die auch die reichen aller maist gehindert werden, daz sy gots vnd go tleicher ding nicht wa r nemen. Vnd da von hat der herr Christus ain arme mu ter vnd arm iunger aus ercho rn, die geschickt vnd tau gleich wa rn ze gaistleichen go tleichen dingen, wann wie vil der mensch a rmer vnd diemutiger | ist, so vil ist er auch tu gentleicher vnd enpha ngleicher der gnaden gots vnd allr go tleichen dinge. Vnd da von sprach auch der herr: »Das reich der hymel ist ır.« a Vgl.

Augustinus von Hippo, De sermone domini in monte, I, 3, Z. 65f.: quapropter recte hic intelleguntur pauperes spiritu humiles et timentes deum

2 lauterleich] ›auf reine, aufrichtige Weise; ausschließlich, gänzlich‹ abe prechent] ›abschlagen, versagen‹ 3–4 aller maist vnd fu derleichist] ›am meisten und am ehesten‹ 5 halt] ›einhält‹ pehalt] ›bewahrt‹ 7 willichleich] ›freiwillig‹ 12 sorgualtichait] ›Besorgnis‹ 1 Nu … geistes] om. M4 wiss] wisset M3 selber] selbs M3 2 weltleichew] wertlich M4 3 po s lu st] po s lu ste M1; posen lust M3 lu st] gelu st NSM4; lu stz M2; lu st *Y1 aller … o rden] all gaistliche weltleiche ordnūg N ઀] weltleicher M1; om. cet. 4 fu derleichist] sunderleichist N; fuderlich ist M4 armu t] praem. an M3 gehorsamchait] an horsamchait M3 5 volchomner] volko mleicher NS; volkomlich M3; volchomēleichˀ M2; volchumerlichˀ M4 die halt] dise helltet N pehalt] behalltet N; helt M3; halt *X4 6 Doch] Do N nicht] om. S newr] alain NM3 dew] om. M3 Er … armen] om. *X4 Er sprach] sundˀ N Er] es M3 7 ist] sind N vnd] om. M1Me1; vnd cet. willichleich] willigchlichnˉ N 7– 9 durch gots … arm sint] om. M4 8 wann … willen] om. M2 auch] + dÿ S 9 willichleich] willigkleichnˉ N Da … doch] Darūb hat auch dˀ herr N hat] om. M3S 9–10 hat … reich] ein reÿchnˉ al hat M4 10 gescholten] praem. hat S sunder] sunderlich M4 die] om. NM4 vnordenleich] vnordenleichnˉ NS(M4) 11 andern] praem. in N; praem. mit M3 pesunderleich] om. pe– M3SM2 12 sorgualtichait] sorgueltichleich M2; sorgenlichchait M4 13 der] – e M3 arm] praem. ain N ercho rn] erbornˉ M3 vnsˀ N; praem. jm S 14 Christus] praem. ih geschickt] geschichk M2 15 tau gleich] tugentleich N*X5 wa rn] warn N; worden M3; werdnˉ t *X5 ze] in M2; om. M4 go tleichen] praem. vnd NSM4 16 auch] + mer NS; + dest M4 tu gentleicher] tuleicher M3; ta ugleichˀ S 17 enpha ngleicher] entpha ngleich M1; emphengklich N; entpfentlicher M3; enpfa nckleichˀ S(M4G); enpfenchleich M2; enphachleichˀ *Y3; om. W dinge] dingnˉ *X5 18 auch] om. *X5 der1] vnsˀ N hymel] himelen M2 ist] praem. daz N

188v

150

189r

Vnd da von su llent sich pilleich die armen frewen, wann sy got hat ausercho rn zu seim ingesinde, als der liebe Ysaias sprichet in der person gots: »In dem ka men der armut hab ich dich ausercho rn.«a Vnd da von spricht auch sand Iacob: »Hat nicht got die armen aus erchorn?«b Sam er spra ch: »Ia, er.« Vnd da von soll man sew nicht versmahen. Got hat auch mer fleiss auff die armen in ze verwesen. Da von sprach her David: »Herr, dır ist der arm verlassen.«c Da von so sol man in nicht schaden. Man mag in auch nicht als vil schaden sam den reichen. Da von spricht sand Ambrosius: »Ain armer mensch, der reich ist in seinr gewissen, der sla ft pas auff ainem prett dann der reich in gold vnd in purpur.«d Vnd von den spricht sand Paul: »Si habent nicht vnd pesitzent doch allew ding.«e Auch hat sy got erchorn zu pesuntern frewnten, als 〈die〉, die im mit trewen peystent vnd seinen willen tu nt, recht sam ain herr ainen getrewen chnecht vnd ain gu ter freunt den andern erwelt. Da von sprach der herr: »Der, der den willen meins vater tu t, der ist mein muter, swester vnd pru der.«f Vnd die pesicht got mit pesunder freuntschaft, wann wa der schatz vnd | dew lieb ist, da ist auch das aug.g Da von spricht auch Ysaias: »Auff welhen sol ich sehen dann auff den armen vnd den diemu tigen?«h a Is

48, 10 b Iac 2, 5 c Ps 9, 35 (10, 14) d Vgl. Ambrosius von Mailand, De Tobia, 20, 73: ipse enim est pauper spiritu, qui dormire possit; nam satiato diuitiis, non est qui sinat eum dormire; ders., Exameron, VI, 8, 52, S. 244–245: eburneis lectis accumbere pretiosum putas et non consideras pretiosiorem esse terram, quae pauperi toros graminum sternit, in quibus dulcis requies, suauis est somnus, quem ille aurea conpositus sponda tota peruigil nocte quaerit et non capit e II Cor 6, 10 f Mt 12, 50; Mc 3, 35 g Vgl. Mt 6, 21; Lc 12, 34 h Is 66, 2 1 pilleich] ›zu Recht‹ 2 ingesinde] ›Gefolge‹ 3 In dem ka men] ›am Herd‹ 5 sew] ›sie‹ 6 verwesen] ›helfen‹ 7 verlassen] ›überlassen‹ 8 als vil] ›so viel‹ sam] ›wie‹ 11 nicht] ›nichts‹ 16 pesicht] ›betrachtet; sorgt für‹ wa] ›wo‹ 18 dann] ›als‹ 1 da von] darumb NM4 sich] si M3 sy got hat] got hat sy M3 2 ausercho rn] auch ercho rn M1; auserkorn N*X3; erwelt *Y2Me2; aws erwelt Me1 seim ingesinde] seinen eingesind M3 sprichet] spch M4 3 ka men] ka mem M1; vgl. camino (Vulgata); chomen N; chamen M3M4; ko men S; chaÿnē M2; ka mi G; ka min W; chlainen *Y3 der] om. M3 dich] sÿ S 4 sand Iacob] Iacobus M4 nicht] mich M3M4 die] den *X2; om. den ganzen Satz *Y3; dy cet. Sam] als S spra ch] sprach *X5 5 Vnd] om. M3 6 Da] praem. vnd N sprach] praem. so N; + der M3M2 7 der arm verlassen] verlassen der arme M3 verlassen] verlessen M1; verlassen cet. Da] praem. vnd M4 so] om. SM4 in nicht schaden] sy nicht vˀsmehen M4 8 nicht als vil] souil nicht N; nicht auch als vil M3; als vil nicht M4 schaden] geschadnˉ N*X3Me1 sam] als M4 den] dem N spricht] sprich M3; praem. so M4 sand] om. M4 9 der1] + da M4 10 vnd] oder M4 von den] da von M3; vō dem *X5 spricht] praem. so M4 11 Paul] pauls M3S; Paulʔ *X5 nicht] nichtz S; om. M4 12 erchorn] aus erchorē S frewnten] frewnte M1; frewndten NS(*Y1); freuden M3(*X5) die] om. M1SM4; die cet. mit] in M4 13 peystent] peÿ bestenˉ S recht] rech M3 ainen] aim M1; ainem NM3; einē SM2GMe1; ainen M4W getrewen] trewnˉ *X5 14 chnecht] chnech M2 erwelt] dˀ welt M2; der wellet M4 15 Der, der] Der NM4; wer S; om. M2 vater] vaters NSM2; vaternˉ M3 mein] meiner *X4 16 die] dis M4 pesicht] pesiczt S; peschicht M4 pesunder] sündˀ M2 freuntschaft] frewtschaft M3 17 vnd] om. M3 ist1] om. M3M2 auch2] om. S Ysaias] Dauit M2 18 welhen] welhem M2 vnd] + auf NM3 \/\

5

10

15

151

5

10

15

Got hat sy auch erwelt zu pesundern eren sam sein chinder vnd pesunder gu te diener. Da von sprach der herr: »Wer mır dient, den wırt mein vater eren, der in 〈dem〉 hymel ist.«a Vnd da von spricht her David: »Der herr macht den armen reich, ઀ den diemu tigen ho chwirdig ઀.«b Da von stet geschriben in dem ersten pu ch der chu nig: »Der herr richt den armen auff von dem mist, daz er in setz mit den fu rsten seins volches.«c Der herr macht sy auch reich an gotleichen gaben, wann sy versmehent die weltleichen gaben, da von sint sy tu gentleich zu den go tleichen vnd zu den gaistleichen. Da von sol man sy pilleich eren. Wann du aber fragst, wie mangerlai armu t ist, doch so wiss, daz dreyerlai armu t ist.d Die erst 〈ist〉 ain petzwungnew armu t, vnd die ist an ir selb nicht ze schelten noch ze loben,e als an den menschen, die nicht durch gots willen arm sint, vnd sint auch vnwillichleich arm, wann sy chunnent das gu t nicht erchriegen. Da von verdienen sy auch chainen ewigen lo n. Die ander ist ain gleichsende armu t, vnd die ist po s vnd ser ze schelten, als an den menschen, die da reich sint vnd sich arm peweisen, daru mb | daz man in almusen geb. Vnd die verdienent chainen lo n, mer grosse pein.

a Vgl.

Io 12, 26 und z. B. Mt 23, 9 b I Sm 2, 7 c I Sm 2, 8 d Vgl. Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 251, Z. 5–11 e Vgl. Malogranatum, hier S. 233, Z. 21–22 1 sam] ›als‹ 4 ho chwirdig] ›hochwürdig‹ 5 richt … auff] ›richtet auf, erhebt‹ 10 wie mangerlai armu t ist] ›wievielerlei verschiedene Arten von Armut es gibt‹ 11 petzwungnew] ›erzwungene, unfreiwillige‹ 12 als] ›wie‹ 13 vnwillichleich] ›unfreiwillig‹ 14 erchriegen] ›erwerben‹ 15 gleichsende] ›geheuchelte, vorgetäuschte‹ 16 peweisen] ›zeigen‹ 17 mer] ›sondern, vielmehr‹ 1 erwelt] dˀ welt M2 sein] om. *X4 2 gu te] om. N Da von] da uor M4 Wer] om. M4 2–3 mein vater eren] eren mein vater M3 3 in dem] in M1; im SMe2; in dem cet. Vnd] + vnd M4 da] om. M3 spricht] sprach S 4 den armen reich] reich den armen M3 ઀ den diemu tigen ho chwirdig] vnd den diemu tigē ho chwirdigt er vnd M1; die diemu tigen hochwirdig N; den dieműtigen hoch wirdig M3; diemu tig vnd hochwirdig S; dyemutig vnˉ hochuertig *X5; demu tig vnd hochwirdig *Y2 reich … ho chwirdig ઀] diemuetig reich vnˉ hachwirdig Me1; vnˉ diemuetignˉ reich vnˉ hachwirdig Me2 stet] praem. so N*X5; ist M3 5 in] im M3; praem. dem M2 chu nig] tugēt M2 richt] reichet N; richtet M3 den armen auff] auff den armen M3; den auf M2 6 mist] minsten M4 setz] seczet N(M4); siczt M3 7 gaben1] genadnˉ M2 versmehent] vˀsmachtnˉ M2 8 weltleichen gaben] weltleichnˉ gab N; weltlich gab M3 (S) sint] praem. so N tu gentleich] tugleich M3; ta ugleich S 8–9 den go tleichen … gaistleichen] + dingnˉ N; dem gotlichem vnd zw dem geistlichem M3 wann … gaistleichen] om. M4 10 ist] sey N doch] om. S doch] So soltu wissen M4 11 ist] om. *X2; ist cet. petzwungnew] getwunge N; wetwunge M3 selb] selbs M3 12 schelten] haltnˉ M3 den] dem M3M2 13 vnd sint] om. M3 vnwillichleich] vnwilligkleichnˉ N(SM4) chunnent] chumen M4 gu t] got M4 14 verdienen] verdien N; praem. so S auch] om. M3 Da … lo n] om. M4 15 gleichsende] gleissundew N vnd1] om. S ser] om. M4 16 den] dem NM3M4 die] dˀ N da] doch M2 sint] ist N peweisen] beweist N; Schatzenn M4 daru mb] dan vmb M3 17 in] im N; + das S die] om. M4 mer] Sundˀ sy verdienˉ mer N; sunder M3Me2; sunder mer *X4; sunder nwr Me1 grosse] om. N

189v

152

190r

Die dritte armu t ist ain warew armu t, vnd ist gar lo bleich, sam an den menschen, die willichleich vnd leuterleich durch got arm sint aller der dinge, die sew gesaumen mo chten an der gnad gots oder an andern go tleichen dingen. Vnd durch die armu t mag der mensch verdienen alles daz gu t, da von wır vor geho rt haben. Vnd da von ist von den selben gesprochen: »Saelig sint die armen, wann ir ist das hymelreich.« Vnd zu der armu t geho rent drew ding.a Das erst ist ain willig armu t aller zeitleichen ding, die den menschen geirren mo chten an gaistleichen dingen, es sey reichtum oder vngeordente freuntschaft der welt oder ander sorgualtichait der welt. Da von sprach der herr: »Wer da auff gibt vater vnd mu ter, pru der vnd swester, vnd a kcher, der wırt es hundertfeltichleich wider nemen vnd dar zu ewiges leben.«b Daz ander, daz zu der waren armu t geho ret, daz ist ain warew volchomne diemu tichait des hertzen. Da von spricht sand Iacob: »Den diemu tigen gibt got gnad, aber den ho ffertigen widerstet er.«c Wann pei hoffart mag das wasser der gnaden gots nicht pesten. Das dritte, daz zu der armu t des gaists geho rt, das ist chintleichew fo rcht des hertzen vnd der gewissen, also daz der mensch nicht allain to tleich | sund furcht vnd vermeyde, mer er fo rcht im wirs v mb ain ta gleich su nd,

a Vgl.

b Mt 19, 29 Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 251, Z. 12–21 4, 6 2 leuterleich] ›rein, ausschließlich‹ durch] ›wegen‹ 3 gesaumen mo chten] ›hindern könnten‹ 5 vor] ›zuvor‹ 8 geirren] ›hindern‹ 12 wider nemen] ›wiedererlangen‹ 19 wirs] ›schlimmer‹ c Iac

1 ain warew … ist] om. M4 vnd] + die NM3M2 den] dem NM3 2 leuterleich] lawterleich N*X3; lutˀlich *Y2; om. *Y3 durch … sint] arm durch got sein N der] om. S 3 gesaumen mo chten] mochtnˉ schawen M3 gesaumen] sawmen N(*X4) gnad] gnadnˉ N an2] om. M4 4–5 verdienen … vor] vor von mir M4 5 da von ist] om. N; dar vmb ist M3; da ist M2 gesprochen] praem. ist N; geprochen M3; geschribē S 6 hymelreich] hymereich M1; hinlr♑ N; himelreich cet. 7–8 Das … ding] om. M3 8 geirren] + vnd gehindernˉ M3 9 reichtum] reichtūg M3 9–10 oder ander … welt] om. M2 10 sorgualtichait] sorgualltige ding N der2] vnsˀ N 11 pru der vnd swester] swester vnd pruder M3(S) vnd a kcher] om. NM3; äckˀ etc. *X4; vnd aker vnd andˀ ding G; aker vnd ander ding W; a kchˀ vnˉ andeˀ ding Me1; vnd andeˀ ding Me2 hundertfeltichleich] hunderfeltichleich M1; hundertualltig NM2; hundertueltig M3(S)M4; hundert faltiges *Y2; hundertveltichleich Me1; hundert veltichleichnˉ Me2 12 ewiges] das ewig M3SM4 13 Daz] der M4 der] ainer N; den M2 14 spricht] sprach SM4; sprich M2 15 ho ffertigen] hochuertignˉ N*X3 hoffart] hochfart N*X4; hochfartignˉ M3; praem. der S 16 gots] om. M4 17 der] om. M3 gaists] gaist M1; geheistes M4; gaists cet. chintleichew] praem. ain N*X4 18 vnd] om. N nicht allain] ~ M4 19 furcht] furch M3 vnd] om. N vermeyde] vˀmeidet S; meidet M4 mer] sunder NM3 fo rcht … su nd] fo rcht im mer v mb ain ta gleich su nd M1; sol mer fu rchtnˉ vnd vorcht habnˉ der ta glichnˉ su nd N; furcht jm vmb sein teglich sunde M3; füricht nü wirser dy˙ ta gleich sündt S; furcht im wirs tagleich su nd M2; furcht ym wirs taglich sund M4; nun wirs furchti ta glich su nd G; nū wirs fu rchti ta gliche su nd W; furcht nẅ ta gleich sunt mer Me1; auch la sleich su nt Me2

5

10

15

153

5

10

15

20

dann 〈er〉 etwann ઀ todleich su nd gefurcht hat. Da von spricht sand Bernhart: »Das gehort diemu tigen vnd milten hertzen zu , das sy da su nd fu rchten, da chain su nt ist.«a Vnd der armu t zaichen ist ain volchomen nachvolgen dem leben vnsers herren Iesu Christi mit demu tichait vnd gedult vnd auch mit andern tu genden, vnd auch ain sulch, von der ietz gesprochen ist. Wenn aber der mensch fragt, wie mangerlai ist armu t des ga ists, so wiss, daz si dreyerlai ist. Dew ersten habent dew menschen, die noch aigenschaft zeitleiches gu ts haben, si habent aber chain vngeordente liebe dar zu , nach dem als her Dauid spricht: »Ist, daz ew reichtu m zu vall, so su lt ir das hertz nicht dar zu legen.«b Vnd dew armut ist seltzam, wann sie ist etwas ho ch vnd mu leich. Dew ander armu t des gaists ist noch ho her, vnd die haben die menschen, die chain aigenschaft haben zeitleicher ding zu ırr person, ob sy wol in der gemain etwas haben, sam in etleichen gaistleichen o rden ist. Die dritte armut ist aller ho chst, vnd die habent die menschen, die weder zu ır person noch auch in der gemain chain aigenschaft haben, vnd daz ist die aller volcho mnist armu t, da der mensch nicht hat noch auch 〈haben〉 wil, vnd tu t daz lauterleich | durch gots willen. Vnd dew willegew armu t lobt der hoch lerer Augustinus vnd spricht: »Wie vil der mensch mynner chummer vnd pegyrd hat nach den zeitleichen dingen, so vil wırt er tugentleich zu den pesten gaben gots.«c Vnd sand Bernhart spricht: a Nicht

gefunden b Ps 61 (62), 11 c Augustinus von Hippo, De sermone domini in monte, I, 15, 41, Z. 991–995: Necesse est ergo ut oderit ea quae transeunt discipulus Christi in his quos secum ad ea uenire desiderat quae semper manebunt; et tanto magis haec in eis oderit, quanto magis eos diligit; ders., De opere monachorum, 32, 40, S. 594: tanto enim gloriosius mens ad superiora promouetur, quanto diligentius ab inferioribus concupiscentia cohibetur 1 etwann] ›vormals, mitunter‹ 8 aigenschaft] ›Eigentum, Besitz‹ 10 ew] ›euch‹ 12 mu leich] ›mühsam‹ 15 gemain] ›gemeinschaftlicher Besitz‹ 21 mynner] ›weniger‹ 1 dann … gefurcht hat] om. N; geworicht hat M2 er] om. M1; er M3SM4*Y2Me1 ઀] v mb M1; om. cet. spricht] sprich M2 sand] om. SM4 2 Bernhart] Bˀnhardʔ *X4 zu ] om. NM3 3 su nt] + nit S 4 nachvolgen] nachkomē M3 4–5 demu tichait vnd gedult] gedullt vnd diemu tikait N 5 gedult] praem. mit *X4 auch¹] om. NS tu genden] tugēt M3 auch2] om. M3 sulch] soliche tugent M3; söliche armu t S; solchew armut M4 der] om. M3 ietz] yeczo N; ycznˉ M3; ÿetzūt *X4 7 der] ain N ist armu t] armut sey N 8 si] ir M1; om. W; sy cet. aigenschaft] praem. haben M3(S) 9 gu ts] güt M3 haben] om. M3S si habent] om. M4 aber] + auch M3 vngeordente] vnordēleiche S 10 dem] den M3 als] om. *X5 su lt] sullent M3 13 ho her] hohe M3 14 aigenschaft] hab N 14–15 in der … etwas] ettwas in der gemain M4 15 in etleichen … ist] etlich geistlich őrdenˉ sind M4 16 Die … ho chst] om. M4 aller] aber M2 die habent] om. M3 weder] werder M3 17 ır] jrr N; irer M3SM2; y˝rrer M4; ir *Y2Me1 der] die M4 haben] praem. nicht N daz] die M4 18 volcho mnist] volkomest M3; volchumenlichiste M4 auch] om. S 19 haben] nicht habnˉ M3; habē SMe1; nu tz han *Y2; om. cet. vnd] + vnd N tu t] om. M3 daz lauterleich] lawterlichenn M4 dew] dise N 20 vil] + sich SM4 21 chummer] bekumˀnisse M3; chümert S(M4) den] om. M4 22 tugentleich] tuglicher M3; ta ugleichˀ S zu den … gots] zw got M4 Vnd] om. NM4

190v

154

191r

»Die armu t ist ain rechte marter, wann was ist peinleicher vnd ellender denn hunger haben pei vil guter chost vnd frost pei vil chlaidern vnd gross truk vnd armu t leiden pei reichtum? Wann daz legt die welt dem menschen fu r, vnd auch der tewfel vnd der leichnam pegert sein.«a Vnd was ist wunderleicher dann das fewr peru ren vnd nicht geprant werden vnd dorn ze hauffen tragen vnd von in nicht versert noch verwundet werden?b Wann du furpas fragst, wa von hat der herr an der demutichait an gehaben vnd an chainr andern tugent, so wiss, daz des drei sach sint. Die erst, wann sy auss treibt hoffart, pei der dew gnad gots mit nichte pesten mag noch chein go tleiche tugent. Die ander sach ist, wann sy ist ain vrhab vnd ain anevang aller go tleicher weishait. Da von spricht her Dauid: »Ain anevang der weisheit ist die fo rchte des herren.«c Vnd dew fo rcht pringt diemu tichait, vnd mit der wırt der mensch weiss. Da von sprach der herr: »Vater, ich danck dır, daz du disew ding verporgen | hast den chlu gen vnd hast sy geo ffenpart den chleinen.«d Dew dritt sach ist, wann durch sey mag der mensch volcho men werden. Da von sprach der herr: »Wiltu volcho men werden oder sein, so ge vnd verchauff, was du hast, vnd gib es armen lewten.«e Wen du fu rpas fragst, waru mb daz hymelreich der armen sey, so wiss, daz got dar an tu t sam vernunftig lewt, die da des morgens wenig essen vnd des abentz dester pas. Nu ist in diser zeit das mo rgen essen, vnd wer des vno rdenleich oder ze vil praucht nach des leibs lust, der mag nach disem a Bernhard von Clairvaux, Sermones in festivitate omnium sanctorum, 1, 15, S. 341, Z. 5–11: quia vere martyrii genus paupertas voluntaria est […] Quid mirabilius, aut quod martyrium gravius est, quam inter epulas esurire, inter vestes multas et pretiosas algere, paupertate premi inter divitias quas offert mundus, quas ostentat malignus, quas desiderat noster ipse appetitus? b Vgl. Prv 6, 27–28 c Sir 1, 16; Prv 9, 10 d Mt 11, 25; Lc 10, 21 e Mt 19, 21

3 truk] ›Bedrängnis‹ 4 leichnam] ›Leib, Körper‹ 7 furpas] ›weiter‹ 7–8 an gehaben] ›angefangen‹ 8 sach] ›Gründe, Ursachen‹ 11 vrhab] ›Ursprung‹ 14 weiss] ›weise‹ 18 Wiltu] ›willst du‹ 22 dester pas] ›umso besser‹ 23 praucht] ›genießt‹ 1 Die] daz M4 ain] om. M3 ist] om. M2 2 hunger] praem. vil M4 haben] habnˉ t M2 vil1] om. M4 3 truk vnd armu t] armut vnd durst N truk] drang M3; trunchk M2 reichtum] praem. grossem N daz] da M4 4 der leichnam] om. M4 5 dann] wen M4 geprant] verprant M1; ge– cet. dorn] do rner N 6 hauffen tragen und] einandˀ N hauffen] hauff M3M2 versert] geseret M3 noch … werden] wˀdē vnd vˀwūtt S noch] vnd *X5 7 furpas] aber M4 wa von] warūb N an der] die M4 8 wiss] + das M3 des] om. M4 drei] drayerlay M3 sach sint] ~ M3 9 hoffart] praem. dy S 10 chein] + andre S 11 ain2] om. SM2 12 her] der M3S 13 fo rchte des herren] go ttlich vorcht N fo rchte] vorcht cet. Vnd] wann N 15 sy geo ffenpart] die geoffent M4 17 mensch] + wol N werden] sey– odˀ wˀdē S 18 Da … sein] om. M4 werden oder sein] sein odˀ werdnˉ M3SM2 19 armen lewten] den armē M3 21 dar] om. M3 sam] + dÿ S; om. M4 da] om. NS des … vnd] om. M4 22 pas] + AmeN N das mo rgen] dez morgnˉ s *X5 des] das M3M4 23 vno rdenleich] vnordendlichenn M4 oder] vnˉ SM2; om. M4 ze vil praucht] praw˜cht czw vil M4 praucht] gebrawcht NM3 lust] gelusst M4 disem] disenn M4

5

10

15

20

155

5

10

15

20

leben nicht zu dem fro leichen nachtmal cho men. Vnd da von wart dem reichen man geantwurt, do er pat erku lu ng seinr zung: »Sun, gedenck, du hast dein gu t tag auff erdreich geno men«,a sam ob er sprechen wolt, du hast nicht pehalten auff das abent essen, daru mb so mu stu pein haben ઀. Aber Lazarus, der hat ellend vnd leiden auff erdreich genomen, vnd daru mb sol er nu getrost werden. Wann die menschen, die also arm sint durch gots willen, 〈der〉 ist das hymelreich. Auch ist das hymelreich der armen von rechts wegen, wann als wır sehen, daz von gemeinen rechten dy spital newr durch der armen willen gemacht werden vnd gestift, also ist auch daz hymelreich newr der armen, die hie nicht ır herwerg noch | nicht ensu chent, sunder sy wartent der ઀ chunftigen herberg des ewigen lebens. Daru mb spricht sand Benedictus in seinr regel: »Welher mensch in diser zeit nicht ain pilgreim ist, der ist nicht ta ugeleich ze gen in das vaterlant des ewigen lebens.«b Daru mb spricht auch der herr: »Wann du wırtschaft habst, so rueff den armen vnd den lamen.«c Auch ist das reich der hymel der armen von geschefts wegen vnd schikchung, wann vnser lieber herr Iesus Christus hat in das hymelreich geschickt nach dem abent essen, do er sprach zu seinen iungern, die da arm vnd ellend waren: »Ir seit mein freunt vnd ich gen euch zu peraiten die stat, das ir mit mır wo nt vnd esset vnd trincket.«d a Lc

16, 25 b Vgl. Benedikt von Nursia, Regula, Prol., 21: Succinctis ergo […] lumbis nostris per ducatum evangelii pergamus itinera eius, ut mereamur eum, qui nos vocavit in regnum suum, videre; Beda Venerabilis, De templo, I, Z. 546–548: necesse est nos ita per longanimitatem molestias ferre nostrae peregrinationis ut merito bonae operationis promissam patriam cum apparuerit ualeamus intrare; Heinrich von St. Gallen, Marienleben, 16, Z. 284–292: wir arm pilgram […] c Lc 14, 13 so kum wir mit gluck durch dicz ellend zu vnsern vaterland in das ewig leben d Vgl. Io 15, 14; Io 14, 2–3; Lc 22, 30 4 nicht pehalten] ›nichts aufbewahrt‹ 9 von gemeinen rechten] ›dem Allgemeinrecht gemäß‹ 11 herwerg] ›Herberge‹ 15 wırtschaft] ›Fest, Gastmahl‹ 16–17 von geschefts wegen vnd schikchung] ›einer Verfügung und einem Testament gemäß‹ 18 geschickt] ›durch ein Testament vermacht‹ 19 gen] ›gehe‹ 1 nicht] om. N nachtmal] + nicht N; nach mal M3 Vnd] om. M4 2 man] om. M4 do] dor M4 zung] zungnˉ *X3 3 gu t tag] guttnˉ tage M3 ob] os M3 sprechen wolt] sprach M4 hast] wolczt M4 4 nicht] praem. dich N; nichcz M3S pehalten] gespart N; gewaltnˉ M3 so] om. S pein] pey M3 ઀] habnˉ M1; om. cet. 5 Lazarus] lasarub M3 sol] praem. so NS 6 nu ] om. *X5 die1] der M3Me1 die2] om. M4 sint] sein N 7 der] der S; dero W; om. cet. 8 Auch ist das hymelreich] om. *X5 9 von] + ainen M4 rechten] reichtū S spital] + sind M4 10 werden] sein N; om. M3M4; sind worden S gestift] + werdnˉ M3; + wordenn M4 newr] om. N armen] + vnd ellenden N 11 herwerg] + haben SM4 nicht ensu chent] nichts aigens hie su chen N; nicht end suchnˉ M3; ir ende su chē S sy] dy M2 ઀] hymelisch M1; om. cet. 12 lebens] leben M1; lebens cet. Daru mb] praem. vnˉ M2 Benedictus] Benedict N; Bernhart SM2; Bˀnhardʔ M4 13 nicht1] om. M4 der] praem. nicht ist M4 ta ugeleich] tugētleich NM2(M3) 14 vaterlant] vateland M3 spricht] sprach *X4 15 rueff] ruft M3 den1] die NM3SM2 vnd den lamen] om. M4 den2] die NS 17 schikchung] schickūb M3 18 geschickt] geschik M3 19 freunt] frewd M3 20 das] do N ir] ist M3 mit] om. M4

191v

156

Auch ist es ir, wann sy es chauft habent,a wann sand Augustinus sprichet in der person gots: »Ich hab vail reichtu m vnd gib es v mb armu t, vnd rw , die gib ich v mb arbeit, 〈vnd〉 ere gib ich v mb ellend vnd versma hung.«b Wenn wie das ist, daz die reichen chauffent daz hymelreich v mb dew armen, doch chauffen es die armen vil redeleicher mit armu t. Vnd daz wır die erchriegen mu gen, des helff vns die hailig driualtichait. Amen. Vnd daz sei gesagt von der ersten saelichait.

a Vgl.

Malogranatum, hier S. 233, Z. 8 b Vgl. Malogranatum, hier S. 233, Z. 13–16; St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 967, S. 14: SAnt Gregorius sprichet man sol daz himelrich ko ffen mit armut Er mit smachhait Row mit arbait 2 vail] ›wohlfeil; zu verkaufen‹ rw] ›Ruhe, Erholung‹ 4–5 v mb dew armen] ›zugunsten der Armen‹ 1 chauft] gekawfft N*X4 wann] als NM4 sand] om. S Augustinus] augustin N sprichet] praem. dˀ M2 2 Ich hab] So han ich M4 vail] vil M3 3 die] om. NM3*X5 arbeit] armut M4 vnd] om. M1Me1; vnd cet. ere] + dy M4 versma hung] verschmachumb M3 4 v mb dew] von den N 5 doch … armen] om. M4 es] om. M3 6 daz wır] om. M3 des] das M3M4 hailig] om. M3 7 Amen] + amen M3; om. M4 Vnd daz sei gesagt von der ersten saelichait] Das sy gesait von der ersten sa likait G; om. cet.

5

157

4.2 Die zweite Seligpreisung Von der ander saelichait, die da haisset gu tichait vnd senftmu tichait.

5

10

15

20

Von der sprach | der herr: »Saelig sint die gu tigen vnd die senftmu tigen, wann sy werdent daz erdreich pesitzen.«a Vnd der herr hat sy an der andern stat gelegt von dreierlai sach wegen. Des ersten von des wegen, wann den armen pegegent vnd widervert vil versmecheit vnd leiden, durch die der mensch zu zo rn vnd vngedult geraitzt mo cht werden, durch das er daz ewig lo n verlu r. Vnd daru mb hat in der herr gro ss lo n gelobt, daz sy es gu tleich auff nemen su ln. Vnd da von sprach er: »Saelig sint die gu tigen vnd die senftmu tigen.« Zu dem andern mal da von, wann sy ist dew erst tu gent, die da volgt aus der waren armu t des geists, die da ist ain vrhab vnd ain anefang aller andern tu gent. Zu dem dritten mal von des lones wegen, daz der tugent zu geho rt, wann es aller pest stet vnd geho rt nach dem lon, daz der armu t zu geho rt. Wann oft ain mensch ist, der die gnad gots hat, die ain reich der hymelischen menschen ist, vnd pesitzt sy doch nicht ane sorg vnd mit sicherhait, wann er mus furchten, er werd sy mit zo rn oder 〈mit〉 vngedult verliesen. Vnd daru mb so ist daz lo n der gu tichait grosser denn der armut, wann durch das so wirt der mensch gesichert, daz er die genad gots nicht verlıren sol, mer er wirt sy mit frid vnd an forcht vnd ઀ sorg pesitzen. | Vnd da von sprach auch der herr: »Si werdent daz erdreich pesitzen.«

a Mt

5, 4

4 von dreierlai sach wegen] ›aus dreierlei Gründen‹ 6 versmecheit] ›Verschmähung, schmähliche Behandlung‹ 11 vrhab] ›Anfang, Ursprung, Ursache‹ 16 ane] ›ohne‹ 17 verliesen] ›verlieren‹ 19 mer] ›sondern‹ 20 an] ›ohne‹ 1 Von der ander saelichait] + Nw von dˀ andrnˉ sa likait N; praem. [N]v M3; praem. Dÿ ander sälichait Nẅ S; Dy ander salichait *X5 vnd senftmu tichait] om. *X5 2 vnd die senftmu tigen] om. M4 3 sy1] dye M4 4 andern] om. M3 von] durch M3 wegen] wellnˉ M3 5 armen] om. M3 widervert] widˀvarēt S; wydert M4 6 versmecheit] schmachait M3*X5; vˀsma chūg S die] om. M3 vnd2] om. M3 7 mo cht] mochtnˉ M2 das] dew N daz] den M3M4 8 herr] om. M4 gelobt] verhaissen N; verlubt M3(S) es] daz S gu tleich] gotlichnˉ M3; gu tleichē S(M2) da von] dar vmb M3 10 volgt] wol get M3 11 geists] gottes M3 da] doch M3 vrhab] vrsache M3 13 daz] der N 14 es] praem. sy N daz] + es N; om. M3 zu geho rt] om. M3; zugeho rte N 15 oft] praem. es N der] die M4 die1] om. M3 ain … hymelischen] eim reichnˉ hymelischnˉ M3 16 pesitzt] gesiczt M3 er] es N 17 er] es N zo rn oder 〈mit〉 vngedult] vngedullt oder mit zorn N mit] om. M1*Y3; mit cet. vngedult] vntugēt M2 18 so1] om. *X4 daz] der NM3M4 grosser] om. M3 der] den M3 so2] om. *X4 18–19 so wirt] es irt M3 19 daz er] das es M3; praem. wann M4 verlıren] verliesen N*X3Me1 sol] solt M3M2 mer] sunder NM3 20 wirt] om. M3 frid] om. M3 ઀] an M1; om. cet. 21 pesitzen] pesiczent M4

192r

192v

158

193r

So du aber fragst, wer sint doch die gu tigen, so wiss, es sint die, der gemu t mit pitterchait nicht ento rdent wırt noch mit zorn nicht von guter vernunft verlait wırt noch auch zu po sem zo rn geraitzt, vnd raitzt auch niemantz andern zu zo rn vnd schadt niemantz vnd pegert auch niemantz ze schaden.a Des ersten, was leidens oder chummernu ss chu mpt, daz tragent sy alls  gutleich auff ze got vnd werdent da durch nicht ento rdent. Vnd ob sy etwan zo rnent, das tu nt sy doch mit su lcher vernunft, daz sy sich da mit nicht verschulden, nach dem als her Dauid spricht: »Ir su lt zornen vnd solt nicht su nden.«b Sy werden auch durch chain v bel ze su nden geraitzet. Ob in halt v bel zu gesprochen wırt oder ob sy gescholten werden oder ir leben verworffen wırt, so leiden sy es alles gu tleich, sam vnser herr Iesus Christus tet, do in der tiefel an facht, das er in nicht schalt noch slu g noch sties, sunder er sprach: »Es stet doch geschriben: Du solt deinen got nicht versu chen.«c Wann es aber wider die ere gots wa r, so zurnten sy vnd liten es nicht, sam auch der herr Iesus Christus tet, do der tiefel sprach, er solt nider chnien vnd solt in an peten, daz er sprach: »Ge hin, du po ser tewfel«,d vnd wolt es nicht furpas leiden. Vnd das ist daz zornen, von ઀ | dem sand Paulus spricht: »Ir sult zornen vnd solt nicht su nten.«e Sy schaden auch niemantz noch pegeren niemantz ze schaden, weder leipleich noch geistleich, wintzig a Vgl.

Seneca, De ira, II, 27, 1: Quaedam sunt quae nocere non possunt nullamque vim nisi beneficam et salutarem habent, ut di immortales, qui nec volunt obesse nec possunt; natura enim illis mitis et placida est, tam longe remota ab aliena iniuria quam a sua b Ps 4, 5 c Mt 4, 7 d Mt 4, 10 e Eph 4, 26 2 ento rdent] ›in Unordnung gebracht‹ 3 verlait] ›verleitet, irregeführt‹ 5 chummernu ss] ›Bedrängnis‹ 6 ob] ›wenn‹ 7 etwan] ›manchmal‹ 9 su nden] ›sündigen‹ 10 Ob in halt v bel zu gesprochen] ›wenn ihnen auch Böses gesagt‹ 12 tiefel] ›Teufel‹ an facht] ›angriff‹ 17 furpas] ›weiter‹ 1 wer] werd M2 doch] auch N; om. M3 gu tigen] guttin M3 2 ento rdent] endordnˉ M3; entteret S; ento rt M2 nicht2] om. M3M4 von] om. M4 2–3 noch … wırt] om. S 3 noch] + noch M4 zu po sem] vō zw posen czw posen M4 geraitzt] nicht gereicz M3; + wˀt S raitzt] raitz M1M3; raiczt cet. niemantz] nyemant N*X4 4 andern] om. M3; anders S zu … schadt niemantz] om. M3 schadt] + auch S niemantz1] nÿemāt SM2 vnd2] noch N pegert] begercz M3 auch] om. S niemantz2] nÿemāt *X4 5 leidens] leides M1; leidē S; leidens cet. oder] vnd M3*X5 chu mpt] praem. in M4 6 gu tleich auff] ~ M4 gu tleich] guetleichen N da durch] dauon NM3 ento rdent] ertordnˉ M3 ob] praem. wer M3 7 etwan] doch mit etwenn M3 8 her] er M3 9 solt] om. M3M4 durch] om. M3 chain v bel] chains v bels N su nden] sunde M3; praem. den M4 10 Ob] praem. vnd S gesprochen] sprechnˉ M3 11 wırt] wir M3 so] also M3 es] om. M3 alles] om. M4 12 an facht] anfanck M3 12–13 slu g noch sties] sties noch slu g N; fluchet noch stiez yn M3 13 sprach] spricht M2 stet doch] ist M3 14 zurnten] erczu rnten N liten es] litens M1; litten es N*X5*Y3; liden es M3; litē sein S; littent es *Y2 16 daz er sprach] Do sprach er N daz] do M4 po ser] snoder N 17 furpas leiden] ~ M3 von] praem. da M3 ઀] von M1; om. cet. dem] om. M3 18 zornen] praem. nicht M2 solt] doch M3 su nten] praem. czurnenn M4 Sy] om. M4 schaden] praem. en M3 niemantz] nicht *X2; om. M3*Y2; nÿemāt *X4; nymbt *Y3 19 pegeren] pegert M4 niemantz] praem. auch N*X4; nÿemāt SM2 geistleich] genczlich M3; geistleichē S wintzig] wenig M3S*Y1; praem. weder M4

5

10

15

159

5

10

15

20

noch vil, ob in halt etwas widerdries 〈geschicht〉. Vnd durch su lche milte menschen wırt der zorn gots auff enthalten, daz 〈er〉 vil grosser sunder in ıren sunten nicht verterben la t. Das aber die menschen saelig sein, das mag der mensch an drein dingen pechennen: Des ersten an dem, wann die zornigen grymmigen menschen sint gar vnsaelig, sam man wol sicht an allen den, die zo rn, neyt vnd hazz in in fu ren, das sy nymmer gu ts mu tz werden vnd auch chain ander gu t getu n mu gen, pesunder geistleicher ding. Vnd wie vil die ding zo rn vnd v bel pringen dem menschen, so vil fu dert gu tichait wider v mb. Vnd da von so sint sy saelig. Des andern mals pey dem wu rken der gu tichait, wann sy macht den menschen vnleidpa r, daz er allew widerwertichait gu tleich vnd an mu rmeln auff nympt, recht als ain lindz pett, daz do gross straich vnd hert stain senftichleich auff nymt vnd doch da von nicht pricht. Vnd daz tu nt sye durch gots willen. Vnd von den menschen wırt dann war, daz sand Pau l sprach: »Den liebhabern gots mitwu rken allew dinck ze gu t«,a | daz ist ze merung der gnaden in der zeit vnd 〈der〉 frewden vnd glori des ewigen lebens. Des dritten mals pei der frucht der gu tichait, wann sy macht, daz der mensch pesitzt daz erdreich seins lebens hie mit gnaden, vnd sichert also den menschen, daz er nach disem leben pesitzen sol das ewig leben. a Rm

8, 28

1 widerdries] ›Verdruss, Ärger‹ 2 auff enthalten] ›aufgehalten‹ 5 pechennen] ›erkennen‹ 7 sam] ›wie‹ 8 mu tz] ›Gemüts‹ 10 fu dert … wider v mb] ›bringt […] wieder zurück‹ 13 vnleidpa r] ›frei von Leiden‹ 14 straich] ›Schläge, Hiebe‹ 18 glori] ›Ehre, Ruhm, gloria‹ 21 sichert] ›macht […] sicher‹ 1 geschicht] om. M1M2; geschicht NS*Y2; wider wert M3; widerfur M4; widˀ fu er Me1 2 wırt] wider M3 enthalten] gehaltnˉ M3; praem. erhabenn M4 er] om. M1; er cet. vil] wil M3; om. M2 3 nicht] nichcz M3 verterben la t] ~ N 4 sein] sint M1; sein N*X4*Y3; sind M3; sygent G; sÿent W der mensch] man M3 drein] dreyerlay M3 5 pechennen] pechennen M1(*Y2); erchennen NM3SM4; der chēnnē M2 7 sam] als M3 man] om. M2 wol] om. M3 sicht] su cht M2 in in] in N 8 sy] om. M3 gu ts] praem. recht M4 vnd auch] noch N gu t] guta t N getu n] tu *X5 9 mu gen] kumē M3 pesunder] sundˀ N; praem. vnd M3 geistleicher] gaistleich N(M4) zo rn] irrē S; irrent *X5 10 pringen] pringt M2 fu dert] furdert M3 gu tichait] + vnd senfftmu tichait S da von] dar vmb M3 so2] om. M4 11 sy] dy wol M4 12 Des andern mals] der andernˉ mal M3 13 vnleidpa r] leytpa r NM4; vnleiderlichnˉ M3; leidleich S er] om. M3 allew] alles leidnˉ s vnd N an] om. M4 14 als] sam M3S 15 senftichleich] senfftikleichnˉ N; semftlich M3; senfftleich *X4 pricht] prist *X2; zw spricht M3; zu pricht S(M2); czue prachtt M4; brichot *Y2; pricht Me1 16 Vnd] om. M4 den] dem *X5 dann] der im M3 sand] om. M3 Pau l] pauls M3; paulus *X4 17 sprach] spricht M3 gots] om. N gu t] got M2 18 in] praem. vnd M4 der2] diser M3 vnd1] om. N der] om. M1M2; der cet. glori] glorien M3 21 sichert] wesichert S; sichet M4 22 nach … sol] pesitzen sol nach disem lebnˉ M1; nach disem lebnˉ besitzenn sol N*X3*Y2; pesitzung nach disem lebnˉ Me1

193v

160

194r

Wenn du furpas fragst, was ist doch petewt pei dem erdreich, das die menschen werden pesitzen, oder was ist es doch, so wiss, daz dew menschen drew erdreich pesitzen werden.a Das erst ist disew welt, dar inn sy wonent, das ander ist ır fleisch vnd ir plut, daz sy tragen, das dritte ist daz ewig leben, daz sy su chen. Von dem ersten spricht Moyses: »Du pist asch vnd wırst asch«,b sam er sprechen wolt: »Der mensch ist nicht anders dann erdreich.« Vnd daz erdreich werden sy pesitzen, daz ist, die zeitleichen irdischen ding 〈werdent〉 sy volchumenleich versmehen vnd verachten, wann sy vnsta t vnd vnpleibleich vnd lugenheftig sint vnd auch schedleich, wann freuntschaft diser welt ist ain veintschaft vor got. Da von sprach auch der hymel adla r Iohannes: »Ir su lt mit nichte lieb haben dew welt.«c Wa von da mag dew gotleiche lieb nicht pesten pey vngeordenter weltleicher lieb, vnd da von sint die wol saelig, die also daz erdreich | pesitzen, daz sy mu gen sprechen mit sand Paulo: »Wir haben allew ding gescha tzt sam mist, daru mb daz wır Christum gewinnen mo chten.«d Vnd von den sprach sand Paul: »Si habent nichtz vnd pesitzent doch allew ding.«e

a Vgl.

b Gn 3, 19 Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 256, Z. 13–15 Io 2, 15 d Phil 3, 8 e II Cor 6, 10 1 petewt] ›gemeint‹ 6 sam] ›als ob‹ 9 vnsta t] ›unbeständig‹ vnpleibleich] ›nicht bleibend, vergänglich‹ 12 Wa von] ›weshalb‹ (relativ) cI

1 Wenn] was M3 ist] es NSM4 2 es] ob M3 3 pesitzen werden] ~ M3 ist] om. M4 wonent] wonet M2 4 ir] om. SM3M2 ist2] praem. das M3; om. SM4 5 su chen] suchtnˉ M2 6 dem] denn N ersten] om. S; + do M4 Moyses] + sprich M4 vnd wırst] wann auch dar czw so wirst du ain M4 asch] praem. zu N; zw aschnˉ M3; aschen S sam] ab M3; + ob M4 7 nicht] nichtcz M4 anders] om. M3 8 zeitleichen irdischen] irdischen zeichleichen M1; zeitleichnˉ irrdischnˉ N*X3GMe1; weltlicher irdischen W werdent] om. *X2M3; wˀdē S; werdnˉ t *X5*Y2Me1 9 volchumenleich] volchumichleichen M1; volcho menleichnˉ N; volkumlich M3; volkömleich S; volchomenleich M2(*Y2); volchumenleich M4; volcho menleich Me1 versmehen] versmehent M1W; versma hen cet. vnd1] om. N verachten] verraten M1; om. N; verachtē M3SM2G; verrichtenn M4; verachtint W; für nichte achten Me1 vnd2] om. N*X3; vnd cet. vnpleibleich] vnleibch M3 10 lugenheftig] lugenschaft M3; lugnˉ haft *X5 sint] sein *X2; sind cet. schedleich] schedleichnˉ N; schelich M3 wann] von *X2; wan M3Me1W; wanˉ *X4; won G 10–11 diser … veintschaft] om. M4 11 veintschaft] frendschaft M3; frewntschaft M2 vor] gegnˉ N von] om. M3 der hymel adla r] om. S; dˀ M2; Sand M4 hymel] himelische N adla r] oder M3 Iohannes] + dˀ ewāgelist SM2; + ewāgelista M4 12 dew1] dise N Wa von] das ist dauō N; wann M3 da] om. M3M4 mag] om. M3 gotleiche] gotleichen M1; go tleiche N(*Y2Me1); gotlich M3M4; götleich S (M2) 13 nicht] praem. mag M3 pesten pey] peÿ westen peÿ S; pey besteen vnd M4 vngeordenter] vnordenleicher N weltleicher] weltleichen M1; weltleicher NSM2Me1; weltliche M3; weltlicher M4*Y2 lieb] praem. wegir M4 da von] dar vmb M3 wol] voll M3 14 pesitzen] gesicznˉ M3 mit] mitsampt N Paulo] pauls M3; pawls S; paulʔ *X5 15 gescha tzt] gesecz M3; beschaczt M2 mist] praem. den M3 Christum] cristnˉ M3; christnˉ *X5 16 von den] do von M3 sand] om. M4 Paul] pawel M3; pawls S; paulʔ *X5

5

10

15

161

5

10

15

Si werden auch daz ander erdreich pesitzen, daz ist ir plu t vnd ir fleisch, daz sy des mit der vernunft geweltig werden sein, recht sam Adam vnd Eva, die weil sy in der vnschuld stunden, das die vernunft ane mittell gehorsam was got vnd die sinleicheit der vernunft, vnd daz sy sprechen mu gen sam centurio zu seinem diener sprach: »Ge, so get er, chom, so chumpt er.«a Vnd also wırt den wor von in, das sand Paul sprach: »Wert ir mit dem geist die werch des fleisches to ten, so wert ir leben.«b Vnd das mu s der mensch mu ssigchleich tu n, wann es mag niemans snell von dem nidristen der ho chst werden. Vnd also wırt der mensch sich selb vnd allew andrew ding pesitzen mit gu tichait. Vnd da von sprach her Dauid: »Dy senftigen vnd die gu tigen werdent daz erdreich pesitzen.«c Si werdent auch daz dritt erdreich pesitzen, daz ist daz ewig leben. Von dem sprach her Dauid: »Ich glaub, ich werd gu tew ding sehen in dem erdreich des herren.«d Vnd wie wol daz erdreich, daz ist daz hymelreich, auch gelu bt sey den armen des geists, doch ist es den milten | fu derleicher gelu bt dann den armen. Vnd da von spricht er: »Si werdent es pesitzen«, daz ist mit frid vnd an forcht vnd so rg, nicht allain haben, wann es hat oft ainr ain ding, vnd doch mit grosser forcht vnd sorg. Vnd als wır sehen, daz ain iegleicher vernunftiger mensch den ert vnd im wol tu t, der in geert hat

a Mt

8, 9; Lc 7, 8

b Rm

8, 13

c Ps

36 (37), 11

d Vgl.

Ps 26 (27), 13

2 des … geweltig werden sein] ›das […] beherrschen werden‹ 3 die weil] ›solange, während, da‹ ane mittell] ›unmittelbar‹ 6 wor] ›wahr‹ 8 mu ssigchleich] ›mit Muße, allmählich, langsam‹ 15 gelu bt] ›verheißen‹ fu derleicher] ›mehr‹ 18 als] ›wie‹ 2 des] das M1; vgl. nach vernunft N; om. M3; des *X4*Y3; dero *Y2 vernunft] + des N geweltig] gewalltig NSM4 werden] + vnd N 3 sy] die N in … stunden] stunden in schulden M1; in der schuld stu enˉ dnˉ N; in der vnschult stundnˉ M3; in der vnschuld stuenden SM2Me1; in der schulld stud M4; in der vnschuld stu ndent *Y2 die2] sy M3 4 sinleicheit] sundlichait M3 5 zu ] von M3 seinem diener] seinen dienern M1M3; seinē dienˉ ar N; seinē dienˀ SM2Me1; seinen diemˀ M4; sinen diener G; sinem diener W; seim dienˀ Me2 sprach] + wenn ich sprechnˉ M3 6 Vnd] om. *X5 wor von in] von in war N wor] wanˉ M3; war cet. das] als M1S*Y3; das NM3*X5*Y2 sand] Sanctʔ M4 Paul] pauls NM3; paulus *X4 Wert] praem. So N; wedˀ M3 7 geist] geinste M3 werch] welt M3 8 mu ssigchleich] messigchleich M1; mu esleich N; muscheich M3; mu ssichleich S(M2); muzzicklichen M4; musklich G; mu szlich W; vˀnu ftichleich Me1 niemans] nyemant NS; niemal͡ M3 dem] om. M3 9 ho chst] hoche M3 10 Dy] dˀ M2 senftigen] snftigen M1; senfftignˉ NM2Me1; senftnˉ M3SM4; senffmutignˉ *Y2 11 daz erdreich pesitzen] besicznˉ das ertrich M3 12 dritt] drittail M4 12–13 Von dem] da vō Me1 13 dem] den M1M3; dem N*X4; dem ertrich *Y2 Dauid] om. M3 glaub] + das M3 gu tew ding sehen] sehnˉ gute ding M3 14 erdreich] lannd N des herren … erdreich] om. M3 erdreich] + ist N 15 gelu bt] verhaissen N; gelob M3 doch] + so M3 fu derleicher] sunderleich N 16 gelu bt] verhaissen N spricht] sprach M3S er] her dauid N es] om. S 17 vnd1] om. M3 forcht] praem. alle M3 so rg] sorgnˉ M3 nicht … hat] vnd samm N 18 ainr] + der N ding] + hat N vnd doch] om. N mit … sorg] mit sorg vnd mit vorcht N Vnd als] sam M1; Samm als N; vnd das M3; vnd als *X4WMe1; vnd G 19 iegleicher] yedleichˀ M2

194v

162

vnd wol getan, also tu t auch got, vnd wann sich die gu tigen menschen also gentzleich got geben, so wil er sich in wider v mb geben ze sehen von amplick zu amplick vnd ewichleich ze niessen in dem ewigen leben. Des helff vns got allen. Amen.

3 niessen] ›genießen, sich erfreuen‹ 1 vnd wol getan] om. N getan] + hat M3 tu t] ist N; om. M3 sich] sy *X2; sich cet. 2 gentzleich] gentzichleich M1; ga ntzileichnˉ N; ganczlich M3(*Y2); ga nczleich S(M2)Me1; om. M4 geben1] der gebent M4 so … geben2] om. M2 wil] vil M4 er] om. M3 in] im M1; in NM3SM4G; om. M2WMe1 geben2] hingebnˉ N sehen] praem. gebnˉ M3 3 zu amplick] om. M2 ewichleich] ewigkleichnˉ N niessen] + vnd geprauchnˉ M3 4 Des] das M3 helff] hel M2 got allen] ~ N allen] om. M3M4 Amen] om. M3SM2; + Amen M4

163

4.3 Die dritte Seligpreisung 3. Von der dritten sa lichait.

5

10

15

Als der herr sprach: »Saelig sint, die do wainent, 〈wann〉 si werden getro st.«a Wann du nu fragst, was wainens hat der herr gemainet, so wisse, daz er meinet ain willig versma hung durch gots willen der eyteln vngeo rdenten frewd vnd lust der welte vnd des leibs. Das versmehen duncket die menschen ain gro ss wainen vnd tru bsal sein, vnd ain mensch, der also die welt versma cht, der mag ઀ wol sprechen mit sand Paulo: »Die welt ist mır ain chreutz, vnd ich der welte.«b Wenn su lche menschen werdent gepeinigt, wann sy pey weltleichen verlassen menschen sint, vnd die menschen werdent auch durch sey gepeinigt. Vnd das verachten sy doch alles durch gots willen, nach dem als sand | Paul spricht: »Ich hab allew ding gescha tzt sam mist, daru mb daz ich Iesum Christum gewinn.«c Sie weinen auch also, das sy vermeiden mu gen die ewig pein, die der herr den verheissen hat, die hie lachen, daz ist, die vngeordenten frewd vnd lust su chen in der welt. Vnd der herr hat sy an der dritten stat gelegt des ersten von des wegen, daz die dritt gab des hailigen geists die tu gent wurchet in dem menschen. Daz ist gotleichew chunst, durch die der mensch erchent mit vnderscheit

a Mt

5, 5

b Gal

6, 14

c Phil

3, 8

2 Als] ›so‹ 5 eyteln] ›leeren, unbeständigen, vergänglichen‹ 9 Wenn] ›denn‹ 10 wann] ›wenn‹ verlassen] ›ausgelassenen, frechen, unanständigen‹ 19 mit vnderscheit] ›mit Unterscheidung, genauem Verständnis‹ 1 3. Von … sa lichait] praem. von der drittnˉ saligkait N; dye dritt sa lichait DAs ist dÿ dritt sa lichait S; Itē dy dritt saligkait M4 3.] om. M2 der] den M3 2 sprach] spricht N sint, die] ~ M3 do] om. M3 wann] om. *X2M3; wenn S; wan M2*Y2; wann M4*Y3 4 wainens] waÿnē S 5 meinet] waint M3 eyteln] + vnd N vngeo rdenten] vngeo rdenter M1; vngeordentnˉ NSM4(*Y2); vngeordent M3; vngeortnˉ M2; vngarntnˉ Me1 6 frewd] praem. lieb vnd M3; fra wdnˉ *X5 der] diser N welte] om. –e cet. Das] vnd M3 die] den S 7 menschen] wellte N tru bsal] tru bnüß S 7–8 die welt … mag] om. M3 8 ઀] also M1M4; om. cet. Paulo] pauls M3S; paulʔ *X5 mır] in newr M4 9 welte] werllte M4; om. –e cet. Wenn] vnd M4 10 gepeinigt] gepeinig M3; praem. auch M4 10–11 wann sy … gepeinigt] om. M4 11 verachten] leiden N; achtnˉ M3 doch] auch N 11–12 sey … durch] om. M2 12 als] om. M3*X5 sand Paul spricht] spricht sand pauls M2 Paul] paulʔ M3M4; pawls S spricht] + sprach M3; sprch M4 Ich] vnd M3 13 gescha tzt] gesaczt M3 mist] praem. einē M3 gewinn] geweinē M3 14 sy] om. M3 vermeiden] verschmeydnˉ M3 15 verheissen hat] ~ M3 vngeordenten] vngeornten M2 lust] luss M3 15–16 lachen … welt] waynen daz sy dort lachen werdnˉ vnd die hie lachen das sy dort waynen werden / die sint die / die da hie su chen in diser wellt vngeordente lieb vnd fra wd N 16 in] om. *X5 17 Vnd] om. M3 der2] om. M4 18 wurchet] wirck M3 menschen] mēsch M1; menschnˉ cet. 19 chunst] ku M3 der] om. M3 mensch] menschnˉ M3 erchent] om. M2 \/\

195r

164

195v

daz gu t vor dem po sen vnd ain gro ss gu t vor dem chleinen vnd sunderleich die falscheit vnd geprechleichait der welt vnd sein selbs vngena michait vnd verworffenhait, die weil er in sunden gewesen ist.a Vnd daz erchennen macht in dem menschen weinen, daz ist versmehung der welt frewd. Auch hat er die saelichait gesetzt an der dritten stat von des wegen, daz niemantz zu ir cho men mag, dann durch die ersten zwo, vnd wann sy ho her ist denn die ersten. Vnd wie vil der mensch die ersten volchomenleicher hat, so vil mag er ho her vnd pas zu diser cho men. Zu dem dritten mal von des wegen, daz ir lo n gro sser ist dann der zwaier ersten, wann es hat oft ain mensch ain ding vnd pesitzt es mit fride, vnd wırt doch da von nicht getro st. Da von so ist es gro sser getro st werden dann nur haben oder pesitzen. Vnd wann die eyteln frewd den menschen vast saument an seinr sele saelichait, | da von spricht er: »Saelig sint die, 〈dy〉 sew versmehen«, vnd gelu bt in daz lon vnd spricht: »Wann sy werdent getro st«, daz ist hie mit gnaden in ırer gewissen vnd sel vnd nach disem leben in dem ewigen leben. Die aber des nicht tu nt vnd in der welt tro st su chen, die werdent nicht also getro stet. Da von spricht sand Bernhart: »Der tro st gots ist also zart, daz er niemantz geben wırt, der ainen fro mden tro st hat.«b Vnd da von so a Vgl. Anselm von Laon, Enarrationes in evangelium Matthaei, 5, Sp. 1286C: Haec virtus quae mundi miseriam sentit, et a coelesti patria discernit, descendit a spiritu scientiae b Vgl. oben S. 141, Z. 11–12 2 geprechleichait] ›Mangelhaftigkeit‹ vngena michait] ›Missfälligkeit‹ 3 die weil] ›solange, während, da‹ 10 wann] ›denn‹ 12 vast] ›stark, sehr‹ 13 saument] ›hindern, abhalten‹ 14 gelu bt] ›verheißt‹ 1 gu t1] got M3 vor1] vor *X2*Y2; vō *X3Me1 vor2] vor *X2*Y2Me1; vō *X3 dem chleinen] das chlain N chleinen] chleinern M1; om. –r– cet. sunderleich] besunderleich N 2 geprechleichait] dy gesprechlichait M3; gebrechēleichait S; gebrechenlichait M4 vngena michait] vngena nichait S 3 Vnd] om. M2 4 daz] praem. vnˉ d N der welt frewd] diser wellte N 5 die saelichait gesetzt] gelegtt die salichaitt M4 saelichait] saelichaich M1; sa lichait cet.; praem. selbigē S gesetzt] gescha tzt N; gesatz M3 der dritten] der andˀn *X2M2; der M3; einer andernˉ M4; dˀ dritten S; die dritten *Y1 6 niemantz] niemand *X3 6– 7 zwo … mensch die ersten] om. M2 7 die1] om. M3 ersten1] erste N; + czwo S wie vil] wie wol M1; wieuil N; wie vil cet. die2] des M4 ersten2] erste N volchomenleicher] volcho mleicher N; volkūmerlich M3 hat] ist M4 8 vil] will M3 9 Zu dem] Zwm M3 von des wegen] om. M3 9–10 zwaier ersten] erstē czwaÿrˉ S 10 pesitzt] besicz M3; weseczt M4 fride] frewd M3 11 Da von … getro st] om. M4 12 nur] wir M1; om. NMe1; nur M3; nür S; mir M2; newr M4; allain *Y2 oder] Aber N frewd] frewdnˉ M3 vast] oft *X2; fast M3G; vast *X4WMe1 13 saument] sawmmet N da] praem. vnd M4 spricht] sprach N; om. M4 er] dˀ herr N 14 dy] om. *X2M3M4W; dy cet. sew] om. NM3 versmehen] versma chtnˉ N gelu bt … spricht] tro st sy dann do er spricht vnd in das lon gibt vnd vˀhaist N 15 ist] sy M3 in ırer] wir M3; an irr S; an ir M4 16 disem] dem N in … leben] daz ewig lebnˉ *X2*X5; in dem ewignˉ lebnˉ M3S*Y2Me1 17 des] das M3*X5 der] diser N 18 Da von] dar an M3 sand Bernhart] om. M4 19 niemantz] nÿemāt *X4 geben] gegebnˉ N; om. M3 hat] + oder su cht N Vnd] om. M3

5

10

15

165

5

10

15

20

werden nur 〈die〉 getro st, die der eyteln frewd der welt nicht su chen, mer sy versmehen sy vnd tu n das mit freyem willen vngetzwungenleich vnd durch gots willen aus gu ter maynung vnd durch eynen innerleichen tro st vnd auch durch ir sel saelichait willen, nicht durch eytel ere noch 〈durch〉 zeitleich gewinnes willen sam die gleichsna r, noch auch durch ander weltleichen sach willen. Wenn du nu fragst, was den menschen zu ainem su lchen versma hen raitzen vnd pewegen mu g, so wiss, daz er etwie vil stuck pedencken sol: Des ersten, daz er dew welt vnd weltleichew ding lieber gehabt hat dann got, vnd das doch die freuntschaft der welt ein feintschaft ist gegen got, vnd daz er also getan hat wider daz pot gots, als er gepoten hat: »Du solt newr ainen got pehalten vnd den lieb haben ob allen dingen.«a Vnd auch wider | den rat dez hymel adlers Iohannes, do er spricht: »Ir sult 〈mit〉 nichte liep haben die welt vnd die ding, die in der welte sint.«b Des andern mals sol der mensch pedenchen, daz er von aigem willen gesu nt hat vnd daz er da durch gots huld vnd vil anders gaistleichs gutz verlorn hat vnd su nderleich daz er durch das vil der ewigen frewd, die er verdient mo cht haben, versaumpt hat vnd vil anders gu ts, daz doch all disew welt nicht vergelten mocht. Wann der mensch den grossen schaden pedenckt, so wirt er von not pewegt zu versmehen die po sen frewd vnd lust a Vgl.

Dt 6, 4–5

bI

Io 2, 15

1 mer] ›vielmehr, sondern‹ 3 maynung] ›Absicht‹ innerleichen] ›innigen‹ 4 ir sel] ›ihrer Seele(n)‹ (Gen. Sg./Pl.) eytel ere] ›leerer, vergänglicher Ehre‹ (Gen. Sg.) 4–5 zeitleich gewinnes] ›zeitlichen Gewinns‹ (Gen. Sg.) 5 gleichsna r] ›Heuchler‹ 8 etwie] ›ziemlich, sehr‹ 11 pot] ›Gebot‹ newr] ›nur‹ 12 ob] ›über‹ 13 mit nichte] ›durchaus nicht, keineswegs‹ 15 aigem] ›eigenem‹ 16 gesu nt] ›gesündigt‹ 1 nur] wir M1M3; nu r NSMe1; mir M2; newr M4; alle *Y2; allain Me2 die] om. *X2*X5; dy M3; die cet. der2] diser N mer] Sundˀ NM3 2 versmehen] vˀsmachtnˉ M2 tu n das] das tun sy N freyem] freyen M1; freyem cet. vngetzwungenleich] vnd getwungenleich N; vnbezwngenlich M3 3 innerleichen] inneriklichnˉ N; innechleichē S; ynnerchleichnˉ M2 4 durch1] om. M3 ir] irer N*X4; ierer M3; om. Me1 sel] seln N eytel ere] Au tlerer M2 eytel] eytler M3*X4Me1; vppiger *Y2 ere] om. M4 noch] vnd N durch] om. *X2M3M2; durch SM4WMe1; dur G zeitleich] zeittleiches cet. 5 willen] om. S weltleichen] weltleichew M1; welltlichˀ N; wertlichnˉ M3M4; weltleichnˉ SM2; werltlichen M4; om. cet. sach] sachnˉ M3 7 den] ainen N; dem M3 ainem] ainer N versma hen] versma hung N 8 raitzen] raiczet N; raichnˉ M3 er] om. M3 sol] + vnd mu es N 9 weltleichew] praem. alle S 10 doch] durch M3 der] diser N 11 getan] geran M4 daz pot] got vnd wider des gepot M3; dÿ gepot S pot] gebott N(M2) newr] mir M2 12 pehalten] habnˉ M3; halden S haben] om. M3 ob] vor NM4; vber M3 Vnd] + ist S 13 hymel] himlischen N(M4) Iohannes] Johannis N; praem. sand M4 mit nichte] nicht *X2Me1; mit nichte M3SM2; mit nichtew M4; mit nu ti G; bii nu ti W 15 sol] praem. So M4 pedenchen] gedencknˉ M3 von] vor M2 aigem] aignem N; eygnˉ M3M2 16 hat] hab N da durch] darūb N; om. M3 17 su nderleich] sunder N; wesunderlich M4 das] des N die er] om. N 18 verdient] dienet M3 versaumpt] praem. das er die N gu ts] + dings N doch] om. N 20 not] + wegenn M4 versmehen] smahnˉ M2

196r

166

196v

der welt, durch die er in die su nt gevallen mocht. So wırt dann got sprechen zu in, als er zu seinen iungern sprach: »I r petru bt ew, aber ewr petru bnu ss wırt in frewd verwandelt.«a Des dritten mals sol der mensch pedenkchen sein gross to rhait, das er so lang in der su nd gelegen ist vnd das im das gar grossen schaden pracht hat. Wann lang ligen in den sunten, das macht die su nt vil grosser vnd swa ra r. Des vierden mals sol der mensch pedenchen daz ellend vnd daz leiden seinr ebenmenschen, die doch gar danckpa r vnd gedultig darinn sint, vnd daz er doch in vil geluk vnd gesunthait vndanckpar ist gegen got. Des funften mals sol der mensch pedencken die vnsicherhait seins wesens, daz er nicht weis, in welher stu nd oder wie er ster|ben solb vnd »ob er der lieb oder des hazzes gots wirdig ist«,c alz der weis man spricht, ez wolt ઀ denn got dem menschen von pesundern gnaden offenparen.d Des sechsten mals sol der mensch pedenchen an die du rftichait vnd geprechlichait, in der wir sein muessen, die weil wır in diser zeit leben. Wann der mensch nicht gehaben mag, durch daz er in diser zeit ersett mu g werden, wann »disew ding zemal vergengleich vnd eytel sint«,e als der weise man her Dauid spricht. Des sibenten mals sol der mensch pedenchen daz gericht vnd hert vrtail des ઀ lesten gerichts vnd die greuleichait der hellischen pein. Vnd wenn die der mensch mit der gnad gots wol vermeiden mag mit ainem su lchen weya Io

16, 20 b Vgl. Mt 24, 42 c Ecl 9, 1 d Vgl. Heinrich von St. Gallen, Magnificat-Auslegung, Z. 258–262: Aber noch ist ir frewd nit gar vollkumen von der vnsicherhait wegen, wan sy noch totlich sein vnd vellig mohten werden, wan nimant waicz, ob er wirdig ist der lieb gocz oder des haß gocz e Vgl. v. a. Ecl 1, 2

2 ew] ›euch‹ 9 geluk] ›Glück‹ 16 nicht] ›nichts‹ ersett] ›gesättigt, satt gemacht‹ 20 greuleichait] ›grauenerregendes Wesen‹ hellischen] ›höllischen‹ wenn] ›weil‹ 1 dann got] got denˉ M2 1–2 sprechen zu in] zu im sprechnˉ N 2 in] in M1Me1; im cet. als] praem. also N ew] ewr M4 aber] uber M4 3 frewd] frewden *X2; frewd cet. verwandelt] vˀchert NMe1; verbendet M3; vˀwent SM2; verwendett M4; gewādlot G; verwandlot W 4 pedenkchen] betrachtnˉ N; pedenckēt sein M4 5 der su nd] den sundten S der] diser M1M2; der NM3*Y2Me1; disˀe M4 su nd] su ndnˉ N gar] praem. so M3; so SM4 6 lang] lung M4 den sunten] dˀ su nd *X5*Y2Me1 macht] machent M3 swa ra r] praem. auch N 7 sol] so M3 pedenchen] gedencknˉ M3; + an S daz leiden] die armu t N 8 gar] om. M3 8–9 vnd gedultig … vndanckpar] om. M3M2 9 gegen] om. N got] + gewesnˉ N 10 pedencken] gedencknˉ M3; + an S 11 wesens] wesen M1; wesens N*X3G; lebnˉ s *Y3; lebens vnd wesens W sterben sol] stirbt M3 sterben] ersterbnˉ M2; strebenn M4 sol] mues N 12 ist] sey odˀ nicht N 13 ઀] als M1; om. cet. dem menschen] om. M3 dem] den M1M4; dem NM2*Y2Me1; dē S pesundern gnaden] pesundˀ gnad M1(*X5); besundern gnadnˉ NM3; sundˀn genadē S(Me1); besunder gnadnˉ G; besondern gnaden W 14 pedenchen] gedencknˉ M3 15 geprechlichait] geprestenlichait M3; geprechēleichait S(M4) 16 nicht] nichtz S ersett] gesett N 16–17 der mensch … wann] om. M3 17 vergengleich] zerga nkchleich NS(*Y2)Me1 17–18 der weise man] om. SM4 19 sibenten] siben M3 mals] mal M1; 〈Zẅ dem sy˙benten〉 mal *Y3; mals cet. pedenchen] gedencknˉ M3 hert vrtail] des herten vrtails N hert] praem. das M3; hyertt M4 20 ઀] liech M1; om. cet. lesten] ju ngistnˉ N die1] om. M2 greuleichait] grawssamikait N die2] ye M2

5

10

15

20

167

5

10

15

20

nen oder versmehung der weltleichen frewd vnd ander su ntleichen ding, so wırt er pilleich darzu gereitzet. Des achtenden vnd des lesten mals sol der mensch pedencken die gross ere vnd frewd des ewigen lebens, die got seinen ausserwelten geben wil. Vnd denn wırt sich der mensch darnach senen, daz er aller ander ding nicht pegert, vnd daz er sprechen wırt mit sand Paulo: »Ich peger, daz ich gelost werd vnd daz ich sein mu g pey Christo.«a Vnd daru mb, wann in diser welt ist nicht warhait noch sicherhait noch erbercheit noch stilleichait noch gerechtichait noch sta tichait noch auch hailichait | noch ઀ reinichait. Vnd wenn der mensch das pedenckt, daz er dew ding nicht vinden chan noch mag in der welt vnd er sew doch von natur pegert ze haben, so wırt er chlagen vnd wainen, daz er der welt oder dem leib so lang hat ઀ gewart. Das aber dew welt eytel vnd vnwarhaft sey, das hat der weis man gesprochen: »Sy ist ain eytelchait aller eytelchait.«b Aber in gote ist dew gantz warhait, da von sprach der herr: »Ich pin der weg, dew warhait vnd das leben.«c In der welt ist auch nicht hailichait, mer su nd vnd po shait. Das sprach der hymel adla r Iohannes: »Dew gantz welt ist in po shait gelait«,d vnd daru mb ist sy pilleich zu versmehen. In ır ist auch chain sicherhait. Da von sprach der weissag Ieremias: »Ver flucht ist der mensch, der sein hoffenung legt in die welt oder in ein menschen.«e Woru mb? Do ist es vnsicher, vnd da von ist es zu uersmehen.

a Phil

1, 23

b Ecl

1, 2; 12, 8

c Io

14, 6

dI

Io 5, 19

e Ier

17, 5

2 pilleich] ›zu Recht‹ 3 achtenden] ›achten‹ 5 denn] ›dann‹ 6 gelost] ›befreit, erlöst‹ 9 erbercheit] ›Ehrbarkeit‹ stilleichait] ›Ruhe‹ sta tichait] ›Beständigkeit‹ 13 gewart] ›gedient‹ 15 eytelchait] ›Vergänglichkeit‹ 19 gelait] ›gelegt‹ 22 ein] ›einen‹ 1 versmehung] schmachung M4 frewd] frawdenn M4 2 pilleich] pillichnˉ M3 3 achtenden] achtenden M1W; achten cet.; + mals S mals] om. S der mensch] er *X2M3; dˀ mēsch cet. pedencken] gedencknˉ M3 4 seinen] den M3 5 denn] + so N 6 er] + danˉ S sprechen] sprechund M1; sprechent M4; sprechnˉ cet. gelost] erlost N 6–7 gelost werd] werd entlost M3 7 sein] gesein *X4 pey] mit M3 8 Vnd] + das S nicht] mich M4 – hˀczichait noch sa lichait S; salisicherhait] sta tichait *X2; sicherhait cet. 9 stilleichait] parm chayt *X5 noch gerechtichait noch sta tichait] om. N auch] om. NM4 10 ઀] gerechtichait M1; om. cet. 10–11 das pedenckt … chan] om. M3 11 der] diser N sew] sein *X2*X5; sein rat M4; sy M3G; om. W; ir Me1 12 chlagen] clagent M4 wainen] wainent M4 oder] vnd M1; om. Me1; oder cet. 13 ઀] hat M1; om. cet. 14 dew] dise N der] + der M4 15 gesprochen] + Salomō N aller eytelchait] om. M2 16 dew] der NM3M4 18 mer] Sundˀ N; sunder de ist M3 su nd vnd po shait] po shait vnd su nd N Das] Do S 19 hymel] himelischew N Iohannes] praem. Sand M4 gelait] geseczt M3 20 pilleich] pilleichē S 21 sprach] sprich M3 22 hoffenung] hoffen M2 die] dise N ein] den *Y1; ainen cet. 23 Do] wā M3 zu] praem. pilleich M4 uersmehen] smahnˉ M3

197r

168

197v

In ır ist auch chain erberchait noch weisheit, wann »die weishait der welt ist ain to rhait pey got«.a Vnd da von ist sy aber zu versmehen. In ır ist auch chain rw , sunder in got. Vnd da von sprach Iesus Christus zu seinen iungern: »In der welt so habt ır trang vnd leiden, aber in mır so habt ir frid.«b ઀ Da von ઀ ist sy zu uersmehen. In ır ist auch chain gerechtichait noch gutichait, sam wır sehen vnd entpfinden an gerichten | vnd anderswo. Da von sprach sand Gregorius: »Die posen ding, die vns in diser welte drukchent vnd vns an ligen, die treiben vns, daz wır ze gote muessen gen, vnd in dem ist alles gut vnd allew gerechtichait, wann er ist nicht ain annemer der personn.«c In ir ist auch chain sta tichait, wann »dew welt vnd all ır pegyrleichait get hin«, als der liebe Iohannes spricht,d als wır auch wol entpfinden allew tag. Wenn der, dem es hewt wol get, dem get es mo rgen v bel. Da von versmechen wır sey. In ır ist auch chain rainichait, da von spricht sand Peter: »I r sult flihen die verma ligung vnd vnrainichait der welt.«e Wann recht sam ain scho ner appfelf verma lgt wırt von ainr vnsaubern hant, also wırt des menschen gewissen vnd hertz verma lgt von weltleicher chummernu ss vnd freuntschaft.g Vnd da von sint die wol saelig, dy sy versmehen, wann nichtz gu tz, aI

Cor 3, 19 b Io 16, 33 c Nicht gefunden, vgl. Dt 10, 17; Sir 35, 16; Mt 22, 16; Lc 20, 21; d I Io 2, 17 e II Pt 2, 20 f Vgl. Johannes von Kastl (Ps.-), Von der aygen Gal 2, 6 erkantnuß, 11, Z. 78: (der mensch ist […] geleich) einem newen apffel g Vgl. Heinrich von St. Gallen, Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit, hier S. 230: ein befleckung einer lautern lieb gotes. Das kumpt von besunder neygung in lieb eines menschen vnd gunst zu dem andern natu rlich auf nucz vnd ere, vnd zu vil geheims, da von […] die lauter lieb gotes beflecket wirt, recht als ein cristal in einer hant gehandelt wirt

2 aber] ›wieder‹ 3 rw] ›Ruhe‹ 4 trang] ›Bedrängnis‹ 8 an ligen] ›bedrücken, quälen‹ 16 verma ligung] ›Beschmutzung, Befleckung‹ 17 verma lgt] ›beschmutzt, befleckt‹ 18 chummernu ss] ›Sorge‹ 1 noch] + chain *X5 die] om. M2 der] dirr M1; diser N; der cet. 1–2 die … welt] dˀ welt weishait S(M4) 2 ain … got] vor got ein torhait SM4 pey] vor M3SM4 3 rw] frid M3 sunder] + allain M3 Vnd] om. N sprach] om. M4 Iesus] om. M3; praem. dˀ hˀr S 4 iungern] + sprach M4 der] diser N so1] om. NM3 trang] trawrichait N; getwand M3; traẅrnˉ *X4; tru k vnd trang *Y2; tru bsal *Y3 so2] om. M2 5 ઀1] vnd M1Me1; om. cet. ઀2 ] so *X2; om. cet. sy] om. S uersmehen] + die welt S 6 noch gutichait] om. N 7 gerichten] gericht M4 anderswo] praem. auch N 8 treiben] triben N 10 ist] om. M3 nicht] om. N annemer] anfu erer N; auff nēmer M3S; annemender M4 personn] + ist M3 11 ir] der welt M3 wann … pegyrleichait] om. M4 all] om. N pegyrleichait] begirhait M3 – N Iohannes] praem. Sand NS; praem. herr Sand M4 13 der] dem M1; om. 12 als1] sam M3; der cet.; der der M4 hewt wol] ~ M4 14 versmechen wır sey] su llen wir sy versma chnˉ N; sond wir sy vˀsmachnˉ *Y2; ist sÿ pilleich zw vˀsma hen Me1 versmechen] versmech M1; versmach M3; vˀsma chē S; vˀsmachtnˉ M2; versmahenˉ M4 sey] + pilleich S 15 spricht] sprach *X5 sand Peter] Sanctus Petrus M4 16 verma ligung] vermayligumb M4 der] dirr M1; diser N; der cet. 17 von … hant] in vnsawbernˉ hentnˉ M3 des] das M4 18 weltleicher] welcher M3 chummernu ss] wechümernüzze S; bechumˀnu zz *X5 19 nichtz gu tz] es ist nicht gu t N; es nichtz gu ts ist S nichtz] nit M3; nicht *X5

5

10

15

169

5

10

15

daz ain vernu ftiger mensch pegert, in ır erfunden wırt, daz nicht mit etwas v bel vermischet sey vnd ento rdent, daz er nicht volchomenleich darin getro st noch erfrewt mag werden. Wann du aber nu fragest, wie vnd mit wew sy getro st werden, so wiss, daz sy des ersten getro st werden mit erlo sung vnd abelegung aller ir su nd, recht sam ain mensch, der geledigt wirt von ainr swa ren purd. Da von | sprach der weiss man in dem puch der welt versmehung: »In trubsal vnd in wainen let der herr sund abe.«a Des andern mals werden sy getrost, daz in die pein nicht ze grymm noch ze swa r werden. Recht sam ain wunt artzt, der ainem verwunten die wu nden salbt, daz der smertz gemynret werd,b also mynret geistleich ain willig wainen vnd versmehen der weltleichen eytelchait des menschen pein. Da von sprach her Dauid: »Herr, du hast dich wider v mb gewendet vnd hast mich getrost.«c Des dritten mals werden sy getro st sam ainr durch ainen gu ten gehilfen, dem in ainem champf gebrechen wil.d Wann durch ein sulch wainen vnd versmehen v berwinden sy den tewfel, iren leib vnd die welt.e

a Sir

2, 13 b Vgl. Heinrich von St. Gallen, Magnificat-Auslegung, Z. 1439–1441: kumpt er zu ir [der Seele] als ain getrewer arcz zu ainem verbunten menschen vnd streicht ir an die salben der gab des heiligen gaistes c Ps 70 (71), 21 d Vgl. Heinrich von St. Gallen, Magnificat-Auslegung, Z. 1429–1431: das libelich kint Ihesus Cristus kumpt zu ir [der Seele] gleicher weiß als ainer, der zu ainem get in ainen kampf vnd hilft im vber winden seinen veint e Zu der Triade vgl. z. B. Augustinus von Hippo, Sermones de scripturis, 158, 4, Sp. 864: restat tamen lucta cum carne, restat lucta cum mundo, restat lucta cum diabolo; Thomas von Aquin, Summa theologiae, III, 41, 1: triplex est tentatio, scilicet a carne, a mundo, a diabolo 2 ento rdent] ›in Unordnung gebracht‹ 4 mit wew] ›womit‹ 6 geledigt] ›befreit‹ 8 let … abe] ›vergibt‹ 11 gemynret] ›vermindert, verringert‹ 16 gebrechen] ›(an Kraft) mangeln‹ 1 daz] + ir N pegert] + das er S erfunden] praem. ze N; fundnˉ M3M4 wırt] werdnˉ N daz2] + er S etwas] etwe S 2 v bel] v bels N*X4 sey] ist N er] ir M3 volchomenleich] volchomenleichen M1; volcho mleich N(M3)S; volchomēleich M2(Me1); volchumenlich M4; gantzlich *Y2; volcho menleichnˉ Me2 darin] daru mb *X2; da mit Me1; dar in cet. 3 noch] vnd M4 erfrewt] er frawd M2; gefrawett M4 mag werden] werd M4 4 nu ] om. NM4 sy] sei M1; sy N*X3; solich wainde mēschen G; in so llichem wainen die menschen W; die Me1 werden] + mit erlosung M4 5 des ersten] om. N abelegung] erledigung N; mit ablegumb M4 su nd] su nden NS 6 sam] als *X5 geledigt] gelaydigt M2 purd] prudˀ M4 7 dem puch] om. N 8 let] legt N sund] praem. die SM4 9 ze grymm] czugerinn M4 10 swa r] saur M3 werden] werd N; wird M3 sam] als M4 wunt] wundˀ M2 artzt] artz M1; arczt cet. der] dem M3 verwunten] verpindet M1; pindet N; verbuntnˉ M3; wūden S; vˀwunttnˉ *X5; vˀwūdeten *Y2; vˀwuntnˉ menschnˉ Me1 die] der M4 wu nden] wund vnd im N 11 gemynret] gemiltet M3; gemildet *X4; gemiltret *Y2 mynret] miltet M3; mildet *X4; miltret *Y2; tro stt Me1 geistleich] gaistlichnˉ N 13 sprach] spricht M3(M4) her] om. M3 15 Des dritten … getro st] om. M3 ainr] + dˀ N 16 dem … gebrechen] om. M4 dem] dnˉ M3 ein] om. M3 17 v berwinden] vber windet M4 den] dem N iren leib] das fleisch M1; irn leib NMe1; iren leib M3SM2; wenn leib M4; iro lib G; ir lib W die] dˀ N

198r

170

198v

Des vierden mals werden sy getro st recht sam ainr, der in grossem leiden vnd trubsal ist, durch ainen guten freunt vnd ratgeben, wann got trost vns in allen vnsern no ten vnd engsten.a Des fu nften mals werden sy getro st recht sam ain diener, der vil durch ains heren willen geliten hat vnd im lang gedient hat vnd der nu vil lo ns vnd tro sts von im auff hebt. Da von sprach her Dauid: »Herr, in meinem tru bsal vnd leiden hastu mır deine genad gemert vnd prait gemacht.«b Des sechsten mals werden sy getro st recht sam ain student mit gu ter lernung, durch die er vil v bels | vermeiden mag, vnd sam ain chrankcher, der den tod vermeiden mag durch das, daz er 〈im〉 la t ઀ ainen fuezz oder ain hant abesneiden. Also mit ainem sulchen weinen vnd vermeiden der eytelchait mu gen sy vermeiden dew ewige pein. Da von sprach her Dauid: »Herr, dein gert vnd dein steck habent mich getrostet.«c Vnd da von waint der mensch pilleich also. Des sybenten mals werdent sy getro st recht sam ain erb, der lang von seinr erbschaft vertriben ist gewesen vnd der es nu mit gewalt pesitzt. Wann sy pesitzen daz reich der hymel mit gewalt, wann »daz hymelreich leidet gewalt vnd die frauelen zukchent es hin«.d Vnd da von sprach her Dauid: »Ich pin pey im gewesen in tru bsal vnd wırd in da von ledigen vnd in ere setzen.«e Da von wainen wır.

a Vgl.

II Cor 1, 4

b Vgl.

Ps 4, 2

c Ps

22 (23), 4

d Mt

11, 12

e Ps

90 (91), 15

2 ratgeben] ›Ratgeber‹ trost] ›tröstet‹ 6 auff hebt] ›erhält‹ 9 lernung] ›Lernen; Unterricht‹ 13 steck] ›Stecken, Stab‹ 16 pesitzt] ›einnimmt‹ 18 die frauelen] ›die Kühnen; die Vermessenen; die Gewalttätigen‹ zukchent es hin] ›reißen es an sich‹ 1 sy] om. M3 1–2 leiden vnd trubsal] trubsal vnˉ leidnˉ M2; trubsal vnd in leidenn M4 2 trubsal] trewbsail M3 got] + der *X4 4 der] om. M3 5 geliten] erliten M1; om. M4; gelittnˉ cet. lang] + czeit M3 nu ] om. N 6 auff] om. M4 sprach] spricht M3 her] om. M3 meinem] meinr M1; meinē NM3SM2Me1(G); meinem M4(W) 7 leiden] praem. in N prait] perait M1; berayt N; brait M3*Y2; prait cet. 8 Des sechsten mals] zu dem sechstenn mal M4 student] praem. guter M3 9 die] den M3 vermeiden] gelidenn M4 10 daz] om. M4 im] om. M1; im cet. ઀ ainen] an ainem *X2; ainē M3M2; aÿnen SM4; ain *Y2Me1 oder] + im la tt N 10–11 oder ain hant] om. M3 11 Also] praem. vnd N vnd] om. M4 vermeiden] verschmehnˉ M3 12 vermeiden] vˀmeidnˉ t M2 ewige] ewignˉ *X5 her] om. ͡ sic ̑ ibi p̡ pe stat Dauit M2 13 gert] ru ete N steck] stab M1; M3M2 Dauid] + 2c♑ sterkch NMe1; stechkenn M3; stecken S; stechk M2; strickh M4; sta k G; stek W waint] praem. so S 14 pilleich] pilleichnˉ N 15 sy] + alzo M4 16 seinr erbschaft] seinē erbtail N vertriben ist gewesen] ist gewesenn vertribenn M4 es] om. *X5 nu ] in M2 17 sy] wir M4 17–18 wann … gewalt] om. M4 18 die] om. *X5 sprach] spricht M3 her] om. M3 19 im] in SM4 tru bsal] tru bsalung N wırd] was M3 ledigen] erledignˉ NM3 19–20 in ere setzen] om. N ere setzen] erseczē S; ergetzen M2 20 Da von] darūb so N; praem. vnd M4 wainen wır] + pilleichnˉ N; wain also M3

5

10

15

20

171

5

10

15

20

Si werden auch getro st in der hailigen leben, wann sy pechennen, daz die auch also gelebt haben, recht sam ain verirter pilgreim durch ain gu t gesellschaft, die den weg wol wissen.a Auch werden sy getro st in der ha iligen geschrift, die vil gu tz sagt von irem herren Iesu Christo, der sew mit seinr marter vnd leiden tro st, recht sam ain frisches gru ns grass chranchew augen.b Da von spricht sand Paul zu den Ro mern am .xv. capittel: »Wır sullen durch gedult vnd durch den tro st der hailigen geschrift | gut hoffenung haben.«c Si werden auch getro st mit aim volcho men hoffen des ewigen lebens, recht sam ain akcherman mit der frucht, die er hoft zu herbest in ze schneiden vnd der ze niessen. Sie werdent auch getro st durch mangualtichait der frucht, die da von chu mpt, recht sam ain chaufman in gu ter chaufmanschaft, der er vil getrawt ze niessen, vnd auch als ainr, der chempfen sol, der ainen gu ten tro st hat auff seinew gu te peraitschaft. Wann sy sint wol pereit zu widersten. Vnd auch wann sy sehen, das sich ır gesellen an in oder sunsten pessern, recht sam ain artzt, der gu t salben chan machen vnd artzney. Vnd sunderleich in der miltichait vnd gu tichait gotes, recht sam ain schiffman, der enmitten auff dem mer ist, getro st wırt in der still des meres. Si werden auch getro st mit ablassung aller irr su nt, wenn daz sy also wainen, das chumpt allain von der gnad gots, vnd wa die ist, da mag chain su nd a Vgl.

Heinrich von St. Gallen, Magnificat-Auslegung, Z. 1441–1443: so kumpt er zu ir [der Seele] als ain wegweiser vnd lait sy auf den rehten weg der ewigen selikait b Vgl. Albert der Große, De vegetabilibus, VII, 14, 120: Visus enim in nullo adeo delectabiliter sicut in subtili et capillari non longo gramine reficitur c Rm 15, 4

1 pechennen] ›erkennen‹ 2 pilgreim] ›Pilger‹ 6 chranchew] ›schwache‹ 10–11 in ze schneiden] ›einzuernten‹ 11 der ze niessen] ›die zu genießen, zu verzehren‹ 13 chaufmanschaft] ›Handelsgut, Ware‹ 14 getrawt] ›glaubt, hofft‹ niessen] ›Gewinn haben‹ 18 miltichait] ›Barmherzigkeit; Zärtlichkeit‹ 21 wa] ›wo‹ 1 pechennen] erchennen N; + daz M4 die] sy NS 2 verirter … ain] om. M4 4 die] + da – s xp– s M2; Ihm – M4 5 Iesu Christo] xp– o ihū M1; ihū xp– o NM3SG; ihesu christo M4W; ih – Me1 leiden] praem. mit seinem M4 6 ain] om. M3 chranchew augen] chrankchē xpm augen tuet Me1 chranchew] chranchen *X2(M3M4); chrākchew M2; chrācke S(*Y2) sand] om. M4 Paul] Paulus M4 7 am] an dem NS; om. M3; im M2; in dem M4 durch1] mit M4 durch den] om. S durch2] om. *X5 8 hailigen geschrift] heyliglignˉ chirchenn M4 9 Si] praem. vnd S auch] om. SM4 10–12 die er … frucht] om. M3 10 hoft] hat M4 zu ] am SM2; an dem M4 in] ein SM2; om. M4 11 der] dar SM4 12 durch] mit N 13 chu mpt] kumē M3 14 getrawt] trauett M3 niessen] gniessen M3; genÿessē SM4 als ainr, der] ainer als ainer M4 als] sam M1; so *Y2; als cet. 15 hat] om. M3 16 sich] om. N ır] om. M3 sunsten] sunst *X3 17 artzt] praem. guter M4 gu t salben] gu tenˉ salb M1; gut salbnˉ N; gute salb M3; güt salben SM2; gutew salbenn M4; om. den ganzen Absatz *Y1 vnd artzney] om. NM3 18 sunderleich] wesunderlichenn M4 gotes] praem. vnd M2; + vnd M4 19 enmitten] mittnˉ M3SM4 19–20 wırt … getro st] om. M4 20 auch] om. M3 getro st] tro st M2 ablassung] ablasung M1; ablassūg NSM3M4; ablazzūg M2; ab lo sūg Me1; om. den ganzen Absatz *Y2 su nt] su nte M1; su nd NM2S; sund M3; sundenn M4(Me1) daz sy] om. N 21 das] om. N der gnad] den gnaden M1; dˀ gnad NM3Me1; der genad *X4

199r

172

199v

pesten noch peleiben. Vnd da durch werdent sy getrost, recht sam ain gevangner, den man ledigt. Auch werden sy getrost in ainem vorsmack der hymelischen su ssichait, recht sam ain saugentz chint an den prusten seiner mu ter. Vnd wann sy in den zergengleichen dingen nicht trost suchent, da von sint sy wol geschickt ze sterben, durch daz sy ze gote chomen, | in dem vnd mit dem sy ewichleich getrost sullen werden, sam Lazarus, der hie nicht getrost was worden vnd nach seinem tod getrost wart in der schos Abrahe.a Des trosts helf vns got allen. Amen.

a Vgl.

Lc 16, 19–31

5 geschickt] ›tauglich; vorbereitet‹ 1 da durch] darūb S getrost] tro st M2 2 gevangner] gefanger M3M2 den man ledigt] der da ledig wirt N ledigt] erledigt M1; ledigt *X3Me1 3 getrost] trost M2 vorsmack] vorgesmach N; smack S(M2) 4 den prusten seiner] seyner prustnˉ der M4 den] der M1; – N; den cet. prusten] pru stlein S sy] + denˉ S 5 den zergengleichen] dem zerga ngkleichm der vˀgencklichen M3 6 daz] + das M3 7 ewichleich] ewiclichenn M4 sullen] mu gn M2 8 worden] werdnˉ M3 vnd … wart] om. M2 nach] daˀnach M3; praem. der SM4 Abrahe] Abrahams N 9 Des] dessilbnˉ N; + selbignˉ M4 vns] + auch N Amen] + Amē daz daz als war werd AMEN M2

5

173

4.4 Die vierte Seligpreisung Und von der vierden saelichait.

5

10

15

Als der herr sprach: »Saelig sint die, die hunger vnd durst habent nach der gerechtichait, wann sy werden ersett.«a Vnd wiss, daz die vierd gab des hailigen gaists, daz ist gotleichew sterk, die tu gent wurket, also das der mensch nicht la t, daz er tu n sol, vnd auch nicht tu t, daz er lassen sol, vnd daz er ain pegyrung hat, daz furpas noch volcho menleicher ze tu n, vnd pegert daz nicht allain an im selben, sunder auch an allen andern menschen. So du nu fragst, waru mb hat der herr die saelichait an dew vierd stat gelegt, so wiss, das die ersten drey dem menschen no t sint gegen got, dem wır des ersten genu g tu n vnd wol gevallen su llen nach vnserm vermu gen. Die andern sint aber dem menschen no t, daz er sich o rdenleich chu nne gehalten nicht allain gegen got, auch gegen im selben vnd gen seinem nachsten. Vnd vnder den ist dew vırd, das ist hunger vnd durst nach der gerechtichait, ઀ wann durch die ersten drey wirt er gegen im selben wol geo rdent, das in die zergenckleichen 〈ding〉 nicht verlaitent von got, aber durch die gerechtichait wirt er auch gegen got | vnd gegen seim nachsten wol geordent, das er sich gegen den nicht missehalt.b a Mt

5, 6 b Eine ähnliche Gliederung der Seligpreisungen nimmt nach dem Vorbild Bonaventuras und des Paschasius Radbertus auch das Malogranatum vor, vgl. hier S. 231, Z. 9 – S. 232, Z. 2 2 Als] ›so‹ 3 ersett] ›gesättigt‹ 5 la t] ›lässt‹ 6 pegyrung] ›Begehren, Verlangen‹ furpas] ›weiter, weiterhin‹ 9 gegen got] ›Gott gegenüber‹ 12 gehalten] ›verhalten‹ 14 geo rdent] ›in Ordnung gebracht‹ 15 zergenckleichen] ›vergänglichen‹ 17 missehalt] ›schlecht verhalte/verhält‹ 1 Und … saelichait] dy vierd saligkait M4 Und] om. NSM2; Nv M3 vierden] werdnˉ M3 saelichait] + Nw vō dˀ vierdnˉ saligkait N; + merck Das ist dÿ vierd sa lichait S 2 hunger] hungernˉ M3; hungert *X5 3 ersett] erstetet M3 die] om. M3 4 daz] om. M3 ist] om. N sterk] + ist N; praem. chunst vnnd M4 die] + also N wurket] wűrch M3 also] om. N; + wan sÿ wider stett aller anfechtigung S; praem. disu vierden sa likait won sÿ widerstat aller anfechtung G; praem. dise vierden sa likaitt wan sÿ widerstantt aller anfechtūg W 5 nicht1] nichcz M3SM4 la t] enlat N vnd1] om. M3 nicht2] nichtz S tu t] entu t N 6 pegyrung] anbegerūg M3; pegirūb M4 noch] nach M1; om. Me1; noch cet. volcho menleicher] volcho michleicher M1; volchömleichˀ N; volkömlicher M3; volkömner S; volchomēleichˀ M2; volchumenlicher M4(*Y2); om. Me1 ze] om. N 7 an2] om. M2 allen] om. M4 andern] om. M3 8 vierd] werdnˉ M3 9 gelegt] praem. geseczt oder M4 ersten drey] ~ M3 sint] sein N 10 tu n] + gein dem almächtignˉ gott M4 vnd … su llen] om. M2 11 o rdenleich] o rdenleichē M1; om. –en cet. 12 auch] praem. Sundˀ N; praem. vnˉ M3 im] in N 13 Vnd] + auch N; vnder M3 den] dˀ M2 ist1] + auch N nach] om. N*X3; nach cet. 14 ઀] ist M1; die ist *X5; Die erst G; om. cet. durch die] mit den N er] om. *X5 im] in M4 15–17 das … geordent] om. M2 15 in] im M1; in cet. zergenckleichen] verga ncklichnˉ M3 ding] om. *X2M4; ding cet. von] gein M4 16 wirt … got] om. M4 17 nicht] icht M2

200r

174

200v

Auch hat er sy gelegt an dew vierdew stat, wann ir lon grosser ist dann der dreyer ersten, wann es ist grosser in lust vnd frewden ersett werden denn newr allain getro st werden. Doch die ersettung wırt nicht volchomenleich hie in dırr zeit, sunder in dem ewigen leben. Wann du aber fragst, waru mb sprach er nicht nu r: »Saelig sint die hungrigen«, vnd het nicht gesprochen noch dar zu gelegt »nach der gerechtichait«, da soltu wissen, daz mangerlai hunger ist, vnd der ist etleicher po s, etleicher nicht po s, vnd doch nicht verdienleich, etleicher ist gu t vnd verdienleich. Der posen hunger ist vil, wann etleiche menschen habent grossen hunger nach zeitleicher ere vnd weltleicher weishait vnd chunst in weltleichen vnd leipleichen vnd geistleichen dingen vnd auch nach zeitleichem vnd zergengleichem gut. Vnd der pegyrleicheit wechset an ende, sunderleich nach zeitleichem gut. Vnd da von sprach her Dauid: »Die reichen habent armu t gehabt vnd hunger.«a Der ietz genanten wirt auch chainr ersett. Da von sprach Ysaias: »Mein diener werdent essen, aber ir wert hunger haben.«b Etleiche menschen habent auch grossen hunger nach wollustichait des leibs vnd pegyr|leichait, wie sy dem genu g tu n mu gen mit allem lust. 〈Vnd〉 die werden nicht gesett, sunder sy werden grossen hunger haben, als dem verlornen sun geschach, der sein gu t mit po sen weiben verzert hat, daz er darnach nicht het ze essen chleiben als die swein.c

a Ps

33 (34), 11

b Is

65, 13

c Vgl.

Lc 15, 11–32

3 newr] ›nur‹ ersettung] ›Sättigung‹ 7 mangerlai] ›vielerlei‹ 8 verdienleich] ›verdienstvoll, lobenswert, anerkennenswert‹ 13 der] Gen. Pl., auf dinge etc. zu beziehen pegyrleicheit] ›Begierde‹ 20 gesett] ›gesättigt‹ 22 chleiben] ›Kleien‹ als] ›wie‹ 1 dann] wanˉ *X5 2 dreyer ersten] ~ *X4 frewden] praem. in NM3SM4 ersett] erstetet M3 3 werden] om. M2 die ersettung] sy erstetūg M3 volchomenleich] volkomlich M3 (S); vochemenlich M4 4 dırr] diser NM4; der M3SM2 6 het] hat M1; het NM3*Y2; hiet *X4 – Konj. Prät.; om. Me1 noch] oder M4 7 da] das *X2; do M3; da cet. vnd der] vnder den N der] om. SM4 ist2] + vnd dˀ ist M2 8 verdienleich] verdientleich *X2; dienlich M3; verdorbēleich S; vˀdurleich M2; verdurbenlich M4; vˀdienlich *Y2; vˀdienleich *Y3 9 verdienleich] verdientleich *X2; om. –t– cet. 11 vnd1] + nach N; om. M3 11– 12 vnd leipleichen vnd geistleichen] gaistlichnˉ leibleichen N vnd leipleichen] om. M3 12 geistleichen] praem. in M3 vnd3] om. NM3SM2 13 zergengleichem] vergencklichem M3; vˀga nkchleichnˉ M2; vergemklichem M4 der] die N pegyrleicheit] begirchait M3 sunderleich] Sunderlichem M4 14 Vnd] + begirlikait wachsett ann ende M4 sprach] spricht M3 her] om. M3 15 ietz] ÿeczūt *X4 ersett] nicht gesett N 16 Ysaias] praem. auch NM4; + also M4 17 haben] leidē S 18 auch] om. M3 19 allem lust] allnˉ lusten M3 20 Vnd] om. *X2; vnd cet. gesett] ersett N; erstetet M3; ersatt *X4 21 verzert hat] verczerte vnˉ verczerte sich so gar N; + vnd M3 22 darnach] hernach *X2; dar nach cet. ze essen chleiben] dann chleybnˉ zeessen N chleiben] kleyen M3; chleib M2; nur cleib M4 als] – NM3 sam

5

10

15

20

175

5

10

15

Auch haben etleich hunger nach sta tem v bel tu n, sam ze phlegen vnchauschait, vnd die werden auch nicht ersett. Vnd da von sprach er: »Saelig sint die, die ઀ hunger habent nach der gerechtichait.« Wenn du aber fragst, wer die sein, so 〈wisse〉, das gerechtichait ain sulleich tu gent ist, die ainem iegleichen daz sein geit.a Nu ist der mensch schuldig, daz er got eren sol in allem seinem leben, wann er sein scheppher ist.b Da von spricht Ysaias: »Ich wırd mein ere chainem andern ઀ geben.«c Auch ist er schuldig vnserm lieben herren Iesu Christo ze lieben vber allew ding, wann er sein erlo ser ist von dem ewigen to de vnd verdampnu ss. Er ist auch schuldig in ze forchten, wann er sein richta r wırt sein; vnd daz mit ainr zarten chintleichen forcht, daz er vngern ichtes wolt tu n, daz wider in oder sein ere wa r. Vnd die menschen sint wol saelig, die das mit hunger vnd mit dorst vnd mit gantzer pegyrd gegen got erpietent, wann das chu mpt allain von der gnad gots, die da allew saelichait inne hat.

auf die Alte Akademie (Platon [zugeschr.], Definitiones, 411e: ἕξις διανεμητικὴ τοῦ κατ’ ἀξίαν ἑκάστω) zurückgehende und durch Cicero in der Formel suum cuique tribuere im lateinischen Westen verbreitete Definition der Gerechtigkeit, dann z. B. bei Ambrosius von Mailand, De officiis, I, 24, 115, Z. 80; unser Prediger entnimmt sie möglicherweise der Glossa ordinaria, MPL 114, Sp. 90B: Justitia est sua cuique tribuere, sibi, et proximis, et Deo; vgl. auch Malogranatum, hier S. 239, Z. 21, und Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 258, Z. 5– 6, mit weiteren Quellenangaben; vgl. Geistlicher Herzen Bavngart, 27, Z. 13–14: Div gerehticheit ist ein tvgende, div iegelichem dinge erbivtet vnd wider git, daz si im schuldich ist b Zu der folgenden Gliederung der Gerechtigkeit (Gott, der Mensch selbst, der Nächste) vgl. Paschasius Radbertus, Expositio in Matheo, CCCM 56, III, Z. 1817–1822: Verum iustitia non minus quam tribus in partibus adimpletur cum aut naturae nostrae sua iura lege diuina seruamus et quaecumque cum pro fratribus certatim in nobis fieri uolumus opponentes nos etiam inpendimus ne in quibus possumus negotiis patiantur malis. Porro in Deo iustitiam tenemus cum quae Dei sunt ardenti animo exsoluimus; danach Malogranatum, hier S. 239, Z. 21–22, und Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 259, Z. 4; zu der dreifachen Pflicht des Menschen gegenüber Gott (Ehre, Liebe, Furcht) vgl. ebd., hier S. 259, Z. 4–5 c Is 42, 8

a Eine

1 sam] ›wie‹ 5 geit] ›gibt‹ 12 ichtes] ›etwas‹ 14 erpietent] ›erweisen‹ 1 tu n] zetu n N 1–2 ze phlegen vnchauschait] die vncha wschait pflegnˉ zetu n N 2 vnchau– er N ersett] bestetet M3 er] schait] vnschawschayt M2 vnd] om. N auch nicht] nym 1 ઀ Iesus N 3 die ] om. S ] da M1M3; om. cet. der] om. S 4 aber] + nw M3 wisse] om. *X2; wisse M3; wiss *Y2Me1; antwt ich *X4 5 iegleichen] iedleichnˉ M2 geit] gibt *X3 6 Nu ] samm S; Im *X5 ist] om. N schuldig] + ist N allem seinem leben] allnˉ dingnˉ N 7 von] + so M4 8 ઀] nicht M1; om. cet. schuldig] + seinē lebnˉ M4 8–9 Iesu Christo] – xpm – NM2; jesum cristū M4 11 vnd] om. M3 daz1] + das sol er tun in M3 11– ihm 12 vngern ichtes] ichtz vngena r S; ~ *X5 12 ichtes] nichcz M3 wolt tu n] ~ N oder] vnd N; + wider *X3 13 vnd1] odˀ S vnd2] + sich darInn N \/\

176

201r

Der mensch ist auch im selb drew ding schuldig,a vnd wann er im daz gibt, so ist er gerecht, | so er es aber mit hunger vnd mit durst gibt, so ist er saelig. Das erst ist rainichait, die ist er schuldig seim hertzen. Das ander ist pehutsamchait, vnd die ist er schuldig seinem mund. Daz dritt ist disciplin vnd maisterschaft, die ist er schuldig seinem leib. Von der reinicheit des hertzen spricht der weis man: »Chint, du solt mit allem fleis dein hertz pehu ten in rainichait.«b Vnd daz ist no t, wann v bels vnd gu tz hat da ain vrsprung. Da von sprach vnser herr Iesus Christus: »Von dem hertzen gen aus po s gedancken.«c Vnd da von su llen wır es verhu ten in rainichait vor allen to tleichen su nden, vnd wann wir das mit hunger vnd mit durst tu n, so werden wir saelig, wenn denn so werden wir ersett. Von dem andern, daz ist von pehutsamichait des mundes, sprach her Dauid: »Herr, leg ain hu t vnd gewarsame meinem mund.«d Vnd da von spricht auch sand Iacob: »Wer da wa nt, daz er gaistleich sey, vnd chan seinen mund nicht gemaistern, des gaistleichait ist eytel.«e Vnd sprichet fu rpas: »Ir su lt snell sein ze ho ren vnd tra g ze reden.«f Vnd sand Ambrosius

a Zur

dreifachen Pflicht des Menschen sich gegenüber (Reinigkeit des Herzens, Vorsicht des Mundes, Disziplin des Leibes) vgl. Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 259, Z. 11–12 b Vgl. Prv 4, 23 c Mt 15, 19; Mc 7, 21 d Ps 140 (141), 3 e Iac 1, 26 f Ebd. 1, 19 1 wann] ›wenn‹ 5 pehutsamchait] ›Vorsicht‹ 12 wenn denn] ›denn dann‹ 17 eytel] ›leer‹

6 maisterschaft] ›Zucht, Beherrschung‹

1 auch im selb] im selb auch N auch] om. S vnd] om. N 2 so2] das N 4 Das1] dy M3 ist1] om. M3M4 die] das N schuldig] im schuldig in N Das2] die N 4–5 hertzen … seinem] om. M4 5 pehutsamchait] behu tnusse N vnd] om. N die] das N ist1] om. M3 schuldig] im schuldig mit N; + ist M3 Daz] die N disciplin] + vnd zucht N; + das ist czucht M3 6 schuldig] im schuldig mit N 7 des hertzen] da von M4 8 pehu ten] vˀhu ttnˉ *X5 Vnd] om. N daz] des NS v bels] vbel N(S) 9 gu tz] gu t NS da] om. S; daz M2 vrsprung] + vnd N; + vō dē hˀczē S sprach] spricht M3 herr] om. M4 10 gen … su llen] om. M2 da] om. M3 es] vns wol N 11 verhu ten] behu tnˉ NM3S vor] vō S to tleichen su nden] to dsu nden N wir] om. M2 12 mit] om. N werden] werd M3 wenn … wir] vnd aller erst N wenn denn] vnˉ von den S werden] werd M1M3; werdent W; wˀdē cet. 13 ersett] erst M3; praem. danˉ S 14 andern] + V M4 von] om. N pehutsamichait] pehutsamichait M1; behutnuß N; behuetschafft M3; om. –i– *X4 sprach] spricht N 15 Herr, leg] secz herˀ M3 vnd gewarsame] vndˀ gewarffnˉ M4 gewarsame] gewarsamikait N 16 auch] om. M2 Iacob] Jacobus M4 17 gemaistern] maistern N gaistleichait] go tleichait M1; gaistleichait cet. sprichet] + auch N 18 tra g] + sein NM4

5

10

15

177

5

10

15

spricht: »Der geist der disciplin vnd der warhait wil da nicht wo nen, da dew warhait nicht enist.«a Ader da ain lugenhaftiger mund ist, wo von da ist auch warhait in dem hertzen nicht, wann von volle des hertzen redet der mund.b Vnd da von ist dem menschen no t, | daz er seinen mund wol verhu t, vnd wenn er das mit hunger vnd mit durste tut, so ist er saelig. Von dem tritten, daz ist von disciplein vnd maisterschaft dez leibez, spricht sand Paul: »Wert ır mit dem gaist die werich dez fleisch to ten, so wert ır leben, wert ır aber nach dem fleisch leben, so wert ır sterben.«c Vnd da von ist der mensch schuldig, seinen leib ze verhu ten, vnd wenn er daz mit hunger vnd mit turst tu t, so ist er salig. Der mensch ist auch seinem eben menschen drew ding schuldig:d Seinem obren gehorsam, seinem gleichen ainha llichait vnd frid, seinem vndertan oder mynneren guttat vnd hilff oder rat. Des ersten ist der mensch seinem obren, er sey pos oder gut, schuldig gehorsam ze sein in zimleichen dingen. Vnd da von sprach sand Paul: »Aller gewalt ist von gote dem herren, vnd wer dem gewalt widerstet, der widerstet der ordenung gots.«e Da von sey wir schuldig, vnserm obern

a Vgl.

Ambrosius von Mailand, De apologia David, 14, 66, S. 168: Rectus autem spiritus, qui bene dirigit, qui deducit in uiam rectam, hic est spiritus ueritatis uel certe recta hominis conscientia nullis inflexa peccatis uel spiritus qui in homine est; über die Liebe ähnlich Alcher von Clairvaux (?), De spiritu et anima, 16: Sic etiam familiaris est Deo charitas, ut ipse mansionem habere nolit, ubi charitas non fuerit; danach dt. Johannes von Kastl (Ps.-), Von der aygen erkantnuß, 16, Z. 38–39: Die lieb ist got also geheim, das got do nicht wonen wil, do sie nicht ist; Sap 1, 5; Io 16, 13 b Mt 12, 34; Lc 6, 45 c Rm 8, 13 d Zur dreifachen Pflicht des Menschen dem Nächsten gegenüber vgl. Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 259, Z. 6–11 e Rm 13, 1–2 2 Ader] ›oder ‹ 7 werich] ›Werke‹ 11 eben menschen] ›Nächsten‹ 12 obren] ›Höheren, Vorgesetzten‹ ainha llichait] ›Einhelligkeit, Einigkeit‹ 13 mynneren] ›Geringeren‹ 15 zimleichen] ›gebührenden, angemessenen‹ 17 sey] ›sind‹ 1 disciplin] zukcht N 1–2 wo nen … nicht] om. M3 2 enist] ist S Ader] odˀ cet. lugenhaftiger] tűgenthaftigˀ M3; lugnˉ hafter *X5 wo von] om. N 3 volle] v brigˀ fu lle N; vberflussichait M3 4 ist] + auch M2 wol] om. M4 5 verhu t] behűt M3(SM2) ist] wirt N 6–10 Von … salig] ergänzt am unteren Seitenrand M1 6 von] om. N disciplein] disciplin N*X4 7 Paul] pauls M3; pawlus SM4 die] de〈durchgestr: z fleisch〉 M1; die cet. werich] werch NM2; werck M3; durch M4 fleisch] fleisches NM3S to ten] tottent M4 8 leben1] lebēt SM4 wert ır2] om. M2 fleisch] leib N leben2] lebennd M4 wert ır sterben] sterbt jr N wert ır3] werdnˉ M3 sterben] sterbend M4 9 da von] + so S der] dem N verhu ten] behuttnˉ M3 10 mit2] om. M3 ist] wirt N 11 seinem eben menschen] seinen eben cristen menschnˉ M3 drew ding schuldig] schuldig drey ding M3 12 obren] öbrernˉ S(M2); obristen M3 gleichen] Ebengleichnˉ N ainha llichait] gleichellichait N; ain heilichait M3 frid] + vnd N seinem2] Seinen M4 13 oder] + seinem N; vnnd M4 guttat] om. M3 vnd] om. NM3 oder] vnd NM3 14 der] + der M4 mensch] + schuldig SM4 obren] obrernˉ M3SM2 schuldig] om. SM4 15 zimleichen] himlischnˉ *X5 sprach] spricht M1; sprach cet. Paul] pauls M3(S); paulʔ *X5 17 widerstet] wider M3 ordenung] ornung M4 sey] sein NM2 obern] obrernˉ S(M2)

201v

178

202r

gehorsam ze sein, 〈vnd〉 wen wir das mit hunger vnd mit durst tu n, so sey wir saelig. Des andern mals ist auch der mensch schuldig seinem geleichen ainha llichait vnd frid, wann an die mag die gnad gots nicht pesten, vnd wann er daz tut, so ist er gerecht vnd auch in gnaden. Da von sprach der herr Iesus Christus: »Wo zwen oder drey in meinem namen gesamnet sint«, daz ist mit ainha llichait vnd mit frid, »da wil ich enmitten vnder in sein«a, daz ist mit gnaden. Wann aber der mensch ain hunger vnd ain durst darnach hat, so ist er saelig vnd 〈er〉 wirt ersettet. Des dritten mals ist er schuldig seinem nachsten, das er seinem mynneren wol tu mit hilf vnd mit ra t, vnd wenn er das tut, so ist er gerecht. So er aber ain hunger vnd ain durst dar zu hat, so ist er sae|lig. Da von spricht sand Iacob: »Daz ist ain rain vnd ain vnuerma lgte gaistleichait, pesehen die witeben vnd 〈die〉 waisen vnd sy trosten in irr anfechtigunge vnd in iren noten.«b Wenn du aber fragst, waru mb hat er gesprochen »saelig sint sy«, vnd sprach nicht »heilig sint sy« oder »frum«, so wiss, das got gerecht menschen pesunderleich lieb hat, wann er der aller gerechtist ist vnd ain iegleich gleich liebt seinen gleichen. Da von sprach her Dauid: »Der herr ist gerecht vnd hat gerechtichait gar lieb.«c Die aber hunger vnd durst haben nach der gerechtichait, die hat er noch lieber. Vnd des andern mals daru mb, wann sy sint saelig, die got nicht verla t, vnd daz sint die gerechten. Da von sprach her Dauid: »Ich han nie gesehen, daz der gerechte verlassen sey.«d a Mt

18, 20

b Iac

1, 27

c Ps

10, 8 (11, 7)

d Ps

36 (37), 25 4 an] ›ohne‹ 6 gesamnet] ›versammelt‹ 13 vnuerma lgte] ›unbefleckte‹ pesehen] ›besuchen; sorgen für‹ 14 witeben] ›Witwen‹ anfechtigunge] ›Bedrohung‹ 17 frum] ›tüchtig, gut; gottgefällig‹ 22 verla t] ›verlässt‹ 1 vnd] om. M1G; vnd cet. mit2] om. M2 sey] sein NM2 4 ainha llichait] anheilichait M3 die1] den M3 die gnad gots nicht] nichtes gots gnad N 5 tut] getu t S gnaden] gnad N 6–7 in meinem … sint] gesamet sein in meinem namen M4 7 mit2] om. NM3*X5 enmitten] mittnˉ M3 8 gnaden] praem. denn M4 der] ain N vnd] odˀ N 9 vnd] wanˉ M3M2 er] om. M1S; er cet. 10 ist er] so ist dˀ mēsch SM4 mynneren] mynnerem M1; myndernˉ M3; –n cet. 11 wol tu ] wolstu M3 vnd2] om. M3 tut] getuett M4 gerecht] salig M3 12 ain hunger vnd ain durst] einē durst vnd ainē hungˀ M3 dar zu ] daˀnach M3M4 13 Iacob] Jacobʔ M4 ain2] om. SM2 gaistleichait] gerechtichait M3 pesehen] + vnd besuchnˉ M3 14 vnd1] om. M3 die] om. M1Me1; die cet. anfechtigunge] anfechtung M3SM4 vnd3] om. M4 16–17 vnd … sy] om. M3 17 sprach] spricht N sy] die N gerecht] die gerechten N 18 pesunderleich] om. pe– M3*X4; besunderleichnˉ N gerechtist] gerecht M4 ain] om. M3 iegleich] ietlicher M4 18–19 iegleich gleich] ÿegleichs S 19 seinen gleichen] seinem gleichen M1; seinem geleich N; sein geleich M3; seinē geleichē S; seinē geleich M2; seinem geleichem M4; sin geliches G; sin gleich W; seinē gleich Me1 her] om. M3 Der] vnser N 21 er] om. M2 noch] om. M4 22 Vnd] om. M4 des] denn M4 22–23 saelig … sint] om. M3 23 her] om. M3 24 daz] + er M3

5

10

15

20

179

5

10

15

20

Vnd des dritten mals da von, wann sy sint sicher des ewigen lebens, wenn es ist auch vnmu gleich, daz chain mensch, der nicht gerecht ist, mag gen in das ewig leben. Da von sprach der herr Iesus Christus: »Es sey dann, das ewr gerechtichait grosser sey dann der gleichsnar, so mu gt ir nicht gen in das ewig leben.«a Vnd da von soltu wissen, daz vierlai gerechtichait ist: Dew erst ist ain chaufte vnd ain gleichsende gerechtichait, vnd die ist der gleichsna r, die durich weltleicher eren oder gewins willen gerechtichait peweisen vnde nicht durch gots willen, vnd die macht den | menschen nicht gerecht. Da von spricht sand Augustein: »Su lleich gerechtichait ist nicht gerechtichait, sunder sy ist ain zwıualtige po shait.«b Vnd da von sprach der herr: »Es ensey dann, das ewr gerechtichait gro sser sei dann der schreiber vnd der gleichsna r, † 〈so mu gt ir nicht gen in das reich der himel〉 †.«c Die ander ist ain vnuolchomne vnd wenig gerechtichait, sam daz der mensch ain gro ss su nd chlain scha tzt vnd etleich su nd nicht fu r su nd hat, vnd die macht auch den menschen nicht gerecht. 〈Vnd〉 da von sprach auch der herr: »Es sey dann, das ewr gerechtichait grosser sey.« 〈Vnd〉 da von soltu wissen, daz zu ainr waren gerechtichait ઀ gehorent fu nff stuck: Daz erst ist ain ware vnd ain rechte maynung der hertzen in allem tu n vnd lassen vnd leben des menschen, wann die maynung legt dem werch ain gu ten oder ain po sen namen auff.

a Mt

5, 20 b Augustinus von Hippo, Enarrationes in Psalmos, CCSL 39, 63, 11, Z. 6: simulata aequitas non est aequitas, sed duplex iniquitas c Mt 5, 20

4 gleichsnar] ›Heuchler‹ 7 gleichsende] ›geheuchelte, vorgetäuschte‹ 8 peweisen] ›erweisen; zeigen‹ 11 zwıualtige] ›zweifältige, doppelte‹ 19 maynung] ›Absicht, Gesinnung‹ 1 sint] om. M3M4 lebens] + sind M4 2 mensch] om. M3 mag] müg S gen] gegen M1; chomē M3; gan G; gen cet. 3 leben] reich N 3–6 sprach … da von] om. M3 5 ewig leben] reich dˀ himeln N 6–13 Vnd … himel] om. N 6 ist2] om. M3 6–7 ain chaufte] om. M2 7 gleichsende] gleichsnate S 8 weltleicher] werdlich M4 eren] ere M3S; er cet. 9 macht] + denn M4 10 spricht] sprach M4 Augustein] augustin M3S; Augusstinus *X5 nicht] + ein S 11 sy ist] om. S sy] es M3 po shait] posihait M3 Vnd] om. *X5 sprach] + auch M3 12 ensey] sey cet. 13 so … himel] om. M1Me1; so mugt ir nit gen in das reich – l M3; so mügt ir nicht gen in das reich der himel S; So mu gt ir nicht gen in daz reich der him – l M2; so mugt ir nicht genn in das reich der himel M4; so mugent ir nit in gan in dz dˀ him  ewig lebnˉ G; So mugent ir nit in gen in das ewig leben W 14 vnuolchomne] volchomenew M2; volchūme M4 vnd] + ein N daz] wān N; om. M4 15 scha tzt] praem. magt vnd M4 16 auch] om. M3; + denn M4 Vnd] om. M1*Y2; vnd cet. 17 auch] om. M3*X5 sey1] ensey N sey2] + denn der schreiber vnd der gleichsner S; + etc. M2 Vnd] om. M1; vnd cet. 18 ઀] ge〈durchgestr.: rechtichait〉 gehorent M1; om. cet. gehorent] geho rt N 19 ware vnd ain rechte] rechte vnd ain ware M1; ware vnd gerechte N; ware vnd ain rechte M3M2(G); ware vnd ain gerˀchte S; rechtew vnd ein warew gerechtikayt M4; ware vnˉ rechte Me1(W) der] des S*Y1 20 legt] ist legent M4 werch] menschnˉ M4 21 gu ten] + nam S; + namen *X5 ain] om. N namen] om. *X4

202v

180

203r

Das ander ist, daz die wo rt vnd das leben vnd die werch des menschen gleich su llent sprechen, also was der mensch mit den worten sprech vnd ler, daz er auch das mit den werchen vnd mit dem leben volpring. Da von stet geschriben von vnserm herren, daz »er an hub ze tu n vnd ze lernen«.a Das dritte ist ain volpringen nicht allain der chlainen, auch der gro ssen werch, vnd da von sprach der herr: »We euch, die da gebent ઀ zehent von den chlainen dingen vnd die gro ssen lat ir aussen.«b Das | vierd ist rainichait, nicht allain an dem auswendigen wandel, auch in dem hertzen vnd in der gewissen. Wann an die rainichait mag der mensch nicht pehalten werden. Da von sprach der herr zu den gleichsna rn: »We euch, die da auswendig wol gezieret sint vnd inwendig sint sy stinckent greber.«c Das fu nft ist, daz die ausswendig vnd inwendige u bung mit frucht vnd mit nu tz geschech, das es der mensch durch gots willen tu vnd daz er gu t werch nicht vnderwegen las. Da von sprach sand Paul: »Secht ew wol fu r, daz ir die gnad gots nicht eytel entphacht.«d Das ist: Ir su lt warten, daz ir euch die naturleich chraft vnd macht vnd auch die gaistleichen gaben nu tz macht. Die dritte ist aine ze streng vnd hert gerechtichait, als wen der mensch im selber vnd andern menschen gar ze hert ist, vnd pesunderleich, so er seinen nachsten ze grewleich straffet vmb dew ding, die er doch selber nicht enlat. Vnd der tu t wider die ordenung gots, der allew ding in ordenung vnd

a Act

1, 1

b Vgl.

Mt 23, 23; Lc 11, 42

c Vgl.

Mt 23, 27

d Vgl.

II Cor 6, 1

4 an hub] ›anfing‹ lernen] ›lehren‹ 6 zehent] ›den Zehnten‹ 7 lat] ›lasst‹ 8 auswendigen] ›äußeren‹ 10 pehalten] ›bewahrt, gerettet; selig‹ 11 inwendig] ›innerlich‹ 13 ausswendig vnd inwendige] ›äußere und innere‹ 15 vnderwegen las] ›unterlasse‹ 16 eytel] ›vergeblich, unnütz‹ entphacht] ›empfangt‹ warten] ›darauf achten‹ 1 vnd1] om. N 2 gleich su llent] ~ N sprech] gesprech M1; sprech cet. ler] lerˉn NS 3 auch das] es auch S den werchen … leben] worten vnd mit werchenn N; dē lebnˉ vnˉ mit den wˀchē S volpring] volbringen sol N; verpring M2 4 herren] liebē hˀrnˉ Jhū xp– o S; – xm M4 ze2] om. M3 lernen] lernˉ M3M2 5 volpringen] vˀpringnˉ M2 chlainen] + jhm + Sunder N 6 ઀ zehent] den zehenten M1; zechent N; zehendnˉ M3; zehent *X4*Y2Me1; den tzehnˉ t Me2 7 dingen] ding M1; om. Me1; dingen cet. lat ir aussen] + vnˉ vndˀ wegē S (M4); vnderwegen land *Y2 8 auswendigen] auswewendignˉ M2 10 pehalten] gehaltenn M4 den gleichsna rn] dem gleichsnˀ N 11 auswendig] auswendigen N sint1] sein NSM4; seit M3M2; sint *Y1 sint sy] sein es N; seyt M3; seit ir *X5 13 daz] als N inwendige] praem. dye M4 14 geschech] geschehnˉ M3 tu ] tun M3 gu t] Pluralendung cet.: –e NM3SM2W; –ew M4; –i G; 〈die〉 –en Me1 15 sprach] spricht M3 Paul] pauls M3S; Paulus *X5 16 nicht] icht N entphacht] om. –t– cet. 17 chraft] chrefft S auch] om. M3 gaben] gab M3S 19 dritte] + gerˀchtichait S ze streng] zestreung M1; ze strenng cet. 20 im … menschen] om. M3 selber] selben M1; selb *Y2; selber cet. hert] streng M3 pesunderleich] sunderleichnˉ N; om. pe– SM3M2 21 ze] gar M4 grewleich] gra wleichnˉ N er doch] do er M3 selber] selbnˉ M1; selb N*Y2; selber cet. 22 enlat] om. en– cet.

5

10

15

20

181

5

10

15

20

in zal gesatzt hat,a vnd wann geo rdente liebe ist, die an ir selb des ersten an hebt. Vnd da von stet geschriben in dem pu ch der tugentsammung: »Du solt nicht alze gerecht sein.«b Die vierd gerechtichait ist nicht ain gleichsend noch ain vnvolchomen noch ze streng gerechtichait, sunder sy ist volchomen auff gu ter maynung, | vnd die wort lauten dem leben geleich, vnd wurket grossew vnd chlaine ding, was ir zu geho rt, vnd halt inwendig vnd ausswendig rainichait vnde volpringt fruchtpa r v bung inwendig mit gu ter petrachtung vnd gedancken vnd ausswendig mit gu ten werchen, sunderlaich der parmhertzichait. Vnd da von hat er gesprochen: »Selig sint sy«, wan gerechtichait lo st den menschen von allem v bel vnd erwirbt im alles gu t vnd ઀ ersett in mit allem dem, daz der mensch vernunftichleich pegeren mag. Des ersten lo st die gerechtichait den menschen von allem v bel, wann sy lo st in des ersten von aller verlaitung vnd pecho rung to tleicher su nd. 〈Wann〉 wenn der mensch gerecht ist gegen got, gegen im selber 〈vnd〉 gen seim na chsten, so ist nichts mer, gegen dem er vngerecht sey. Vnd wenn der mensch gerecht ist, so ist er auch an to tleichew su nt vnd an verlaitung. Des wart der gerecht Daniel wol gewar, den got von seinr gerechtichait wegen vnder den lewen peschirmte ઀, daz sy im nicht geschaden mo chten.c Des andern mals lo st sy in von aller po ser nachrede vnd aftercho sen, also daz er von niemant rett, daz wider got sey, vnd auch daz niemantz von im gereden mag, das in ze su nden geraitzen mu g oder daz in gesaumen mo cht an dem ewigen leben. Da von sprach her Dauid: »Ich han gericht vnd gerechtichait getan, da von so wırstu mich | den nicht geben, die mır scheda Vgl.

Sap 11, 21

b Ecl

7, 17

c Vgl.

Dn 6, 22 (23)

2 tugentsammung] ›Tugendsammlung‹ 5 sunder] ›sondern‹ 14 pecho rung] ›Versuchung‹ 20 aftercho sen] ›Verleumdung‹ 21 rett] ›redet‹ 22 gesaumen] ›hindern‹ 1 zal] zil M1; zal cet. gesatzt hat] ~ M3 geo rdente] vngeornˉ te M2 selb] om. M4 2 von] om. NM3M2S dem pu ch] om. N 3 alze] altzeit M2 gerecht] hert M3 4 nicht] + gerechtikaÿtt M4 ain1] allain M3 vnvolchomen] vnuolchomendew M2; volchumēdeü M4 5 noch] + ein S sunder] wesunder M4 auff] auß M3S; in M4 6 wort … geleich] wirt den leben geleicht N 7 vnd ausswendig] om. M3 rainichait] raine ding N 8 volpringt] vˀpringt M2 fruchtpa r] fruchpe M3 v bung] praem. werck vnd M3; + in M2 inwendig … gedancken] om. M3 11 von] vor M4 im] in M3 ઀] er M1; om. cet. in mit allem dem] an im alles M1; in In allem dem N; in mit alle dem M2; in mit allem dem cet. 12 vernunftichleich] vernūftigkleichnˉ N 13 den menschen] om. N von] vor M4 14 lo st] erlözt M4 vnd pecho rung] om. M3 pecho rung] bekerung N; pegerūg S; pechörumb M4 15 Wann] om. M1; Dann N; won *Y2; wanˉ cet. gerecht … got] gegen got gerecht ist vnd N vnd] om. M1; vnd cet. 17 auch] om. M3 an2] der M4 Des] das M3 18 gerecht] recht M3 gewar] geuar M2 seinr] om. M4 19 vnder] vn zerret von M1; vor *Y2; vnder cet. den] dem M4 peschirmte] peschirmt M1*X5; beschirmete N; beschirmet M3; peschirmat S; behu t *Y2; pehu ett Me1 ઀] wart M1; vnd N; wird M4; om. cet. im] in M4 21 er] der M3 rett] red M4 22 su nden] praem. den M4 mu g] mag M3S gesaumen] geschwarnˉ M3 mo cht] mag S; mu g *X5 23 an] in M2 her] praem. auch N; om. M3 vnd] + vnˉ M2 24 wırstu] hastu M3 nicht] om. N

203v

204r

182

204v

leich nach reden vnd die 〈mich〉 kestigen.«a Vnd maint, durch daz er in sund gevallen mo cht. Des dritten mals lo st sy den menschen von dem ewigen to d; nicht von dem leipleichen, wann wır muessen allew sterben. Da von sprach der weis 〈man〉: »Wer ist der mensch lebentig, der nicht werd sterben?«b Vnd maint, daz chainr. Da von so lost sy den menschen von dem geistleichen tod, daz ist von den su nden, vnd von dem ewigen to d, daz ist von der hell. Da von stet geschriben in dem pu ch der weishait, das »die weisheit«, daz ist die gerechtichait, die weisleich got vnd dem menschen selben vnd seinem nachsten daz sein gibt, die »lo st den menschen von dem to d«.c Er hat auch gesprochen: »Saelig sint sie«, wann ain su lcher hunger vnd durst nach der gerechtichait erwirbt dem menschen alles das, daz er vernunftichleich pegeren mag. Vnd wann der mensch von natur pegert der parmherzichait gotes vnd auch der menschen, die erwirbt im die gerechtichait. Da von sprach der lieb Thobias: »Pechert ew von ewren su nten, so seit ir gerecht, so werdet ır die parmhertzichait gots pey euch haben.«d Auch pegert der mensch, daz sein leben geo rdent vnd vnstrefleich sey, vnd daz erwirbt im aber die gerechtichait. Da von spricht Ezechiel: »Von der gerechtichait, die der mensch wu rket vnd getan hat, wırt er leben«,e daz ist o rdenleich vnde | vnstrefleich. Der mensch pegert auch, daz er in ainem gu ten leben mit gu ten werchen wol peharren mu g bis an sein ende, vnd daz ist zimleich, wann es ensei dann, daz der mensch wol peharr an daz ende, so mag er nicht pehalten werden,f vnd daz erwirbt im aber die gerechtichait. Vnd da von stet geschria Ps

118 (119), 121 b Vgl. Ecl 9, 5 c Vgl. Sap 10, 9; Prv 10, 2; 11, 4 d Tb 13, 8 e Ez 18, 22 f Vgl. Geistlicher Herzen Bavngart, 14, Z. 25–26: wan div chron des siges wirt niemen gewert, wan der da strit biz an daz ende; St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 967, S. 16: won der mensch der dise gaistlichen richtung erkrieget het mit aim sterbenden leben vnd mit tugenden der sol sehen daz er sta t belib won dem wirt allain der lon geben der an das end belibet

1 kestigen] ›kasteien, quälen‹ 15 ew] ›euch‹ 22 zimleich] ›geziemend, richtig‹ 1 nach reden] zu redē S die mich] die M1M2; die mich NM3S; mich *Y2; om. M4Me1 2 sund] sundē M1; om. –en cet. 3 von1] vor M4 3–4 nicht von dem leipleichen] om. M3 4 wır] mir M2 5 man] om. *X2; mā cet. werd] wirt M3 6 daz] om. M3 chainr] + des v berhaben sey vnd N; + seÿ S 7 den] om. S ewigen] om. M3 daz ist2] om. M4 8–9 die weisheit, daz ist] ist M3; ist dy warhaÿt vnd M4 9 gerechtichait] + vnd M4 got] praem. – S; gu t *X5 vnd1] vonn M4 10 von dem to d] om. M2 12 erwirbt] erwirfft S ÿegleichm 13 vernunftichleich] vˀnüfftichleichnˉ S(M2) pegeren] praem. begert odˀ N wann] + dann N der2] om. M3 14 parmherzichait] Erparmherczikait N auch] + dy M4 menschen] mēsch M1M4; menschnˉ cet. die] + er M2 15 sprach] spricht M2 Thobias] Ezechiel 〈am Rand:〉 Thomas M4 16 so] vnd N ır] om. N parmhertzichait] gnad M3 17 daz sein leben] om. N geo rdent] + werd *X4 vnstrefleich] vngetrostlich M3 19 wu rket] gewu rcht N(S) leben] lebēt S; lebend M4 22 wol peharren] volharen M3 an] in M3 zimleich] pillich M3 wann] + nu r S ensei] sey cet. 22–23 ensei dann] wil N 23 wol peharr] volharre vntzt N; wol harr M3; volharre pis S; + vntz *Y1 nicht] woll M4 24 erwirbt] erwirb M1; erbirbt M3M2; erwirbt cet. aber] om. N

5

10

15

20

183

5

10

15

20

ben in dem puch der weishait: »Dew gerechtichait ist volchomen vnd vntodleich.«a Wa von da statigt sy den menschen, daz er in guten dingen wehart vntz an sein tod. Auch pegert der mensch, daz er gezalt werd ain chint gots, vnd das mag er durch gerechtichait werden. Vnd da von sprach der hymel adla r Iohannes: »Ist, daz ir gerechtichait wu rchet, so seit ir chinder gots«,b wie durch ein pesundre auserwelung. Der mensch pegert auch, daz er weis vnd chlu g sey, wann daz der gro ste schatz ist vnder ઀ zeitleichen dingen, wann der weis man hat gold vnd edels gestain gegen ir gescha tzt sam mist.c Vnd die mag der mensch aber erwerben durch gerechticheit. Vnd da von stet geschriben in dem pu ch der tu gentsamnung: »Su n, pegerstu weishait, so wu rck gerechtichait.«d Vnd daz sol der mensch tu n mit vil vnd mit gro sser diemu tichait, wann den diemutigen wil got vil weishait geben. Da von sprach auch vnser herr Iesus Christus: »Vater, ich danck dır, daz du dise ding verpurgen hast den chlu gen | vnd den weisen vnd hast sy geoffenpart den chlainen«,e daz ist den diemu tigen. Der mensch pegert auch, daz er von seinr arbait gro ssen lo n auff heben mu g, vnd das erwirbt er auch mit gerechtichait. Da von sprach her Dauid: »Der herr wırt mir meinr arbeit dancken nach meinr gerechtichait.«f Wann wie vil der mensch gerechter ist, so vil wırt er 〈mer〉 lons auff heben.

a Vgl. f II

Sap 6, 13 b Vgl. I Io 2, 29 c Vgl. Sap 7, 9 Sm 22, 21; 25; Ps 17 (18), 21; 25

d Vgl.

Sir 1, 33

e Mt

11, 25; Lc 10, 21

2 Wa von da] ›daher‹ statigt] ›macht […] treu‹ 3 wehart] ›ausharrt‹ 4 gezalt werd ain chint gots] ›zu Gottes Kindern gezählt werde‹ 18 auff heben] ›verdienen‹ 2 statigt] bestetig M3; besta tigt S(*X5) dingen] praem. werchnˉ vnnd M4 3 wehart] volharret M3(S) vntz] pis M3S(M2); hincz pis M4 an] in M3 tod] endt S 4 Auch pegert der mensch] der mensch begert auch M3 gezalt werd] ~ M3 das] om. M2 mag] macht M4 5 da von] dar vmb M2 sprach] spricht M3M2 hymel] himelisch N 6 Iohannes] praem. Sanctʔ M4 7 auserwelung] auswelung *X2; auserbellung M3; auserwelūg *X4; erwellu ng *Y2; om. Me1 8 daz2] + ist N gro ste] getröste M4 9 ist] om. N ઀] den M1; allnˉ *Y2; om. cet. dingen] + wanˉ das der grost schacz ist vnter zeitlichnˉ dingnˉ M3 9–10 edels gestain] edelgestain NS 11 gerechticheit] + Vnd da von stett geschribenn In dem funftnˉ puch der bibel Das allenn den chindrnˉ von israhel dye gerecht wurdenn funden das chrondel dez sigs gebenn ward Vnnd also ist es auch geistlich Wann dye gerechtenn menschnˉ wider stennt chuntlichen allen pösen dingen das M4 12 tu gentsamnung] –sammung NM3M2 13 sol] om. M3 vnd mit] om. M2; om. mit M4 14 diemutigen] praem. diemutikait M4 auch] om. *X3 Iesus] om. M3 15 verpurgen] vˀpargen Me1; verporgen cet. 15–16 verpurgen … weisen] den chlu gē vnˉ den weisē vˀporgē hast S 16 vnd den weisen] om. N vnd] om. M3 geoffenpart] geoffent M2 19 mu g] mag M3 vnd] om. M3S Da] praem. Vnd M4 her] om. M3 21 er] es M1; er cet. mer] om. M1M3*X5; mer NS; me *Y2; auch Me1 lons] lon N

205r

184

205v

Der mensch pegert auch, daz sein leben gote peha gleich sey, vnd das erwirbt der mensch auch mit gerechtichait. Vnd da von stet geschriben in dem puch der zwelfpoten werch: »Du pist gote peha gleich gewesen mit dem werch der gerechtichait.«a Auch pegert der mensch, daz er seine veint u berwinden mu g vnd gegen in gesigen, vnd das mag er auch durch gerechtichait tu n. Da von stet geschriben in dem fu nften pu ch der bibeln, daz allen den chindern von Israhel, die gerecht wurden funden, das chronlein des siges geben wart.b Vnd also ist es auch geistleichen, wann die gerechten menschen widersten chu nleich allen po sen dingen, daz sy 〈sich〉 nicht mysshalten weder gegen got noch gegen in selb noch auch gegen irem nachsten. Auch hat der herr gesprochen: »Saelig sint die hungrigen vnd die durstigen nach der gerechtichait«, von des | wegen, »wann sy werdent ersett«. Mit wew? Hie in der zeit mit pesundern gnaden vnd mit ainem vorsmecken der ewigen frewd in innichait der andacht vnd nach disem leben in dem ewigen leben, vnd da wirt sy volchomen. Vnd das hat die hymel chuniginn Maria gesprochen: »Der herr hat die hungrigen guter ding ersett.«c Vnd da sprechen die lera r, daz die ersettung wirt an sel vnd an leib geschehen.d An der sele, wann all ir chreftee werden ersett vnd wann die vernunft pegert der hochsten vnd der obristen warhait, da von so wirt sy ersett mit chlarer lauter ewiger gesicht vnd peschawung der edlen gothait, die da ist die a Vgl.

viell. Act 10, 35 b Vgl. Dt 25, 1 c Lc 1, 53 d Vgl. Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 260, Z. 2–3 e Zu den Kräften der Seele vgl. Vom christlichen Leben, hier S. 277, Z. 14–19 1 peha gleich] ›wohlgefällig‹ 3 zwelfpoten werch] ›Actus apostolorum, Apostelgeschichte‹ 10 mysshalten] ›falsch verhalten‹ 14 Mit wew] ›womit‹ 21 gesicht] ›Anblick; Schau‹ 1 leben] om. M4 peha gleich] pehagennlich M4 vnd] om. M2 2 erwirbt] erbirfft SM2 der mensch auch] auch der mēsch M1; dˀ mensch auch NSM4Me1; er M3; dˀ mēsch M2; er och *Y2 mit] + der M3S; om. M4 5 Auch pegert der mensch] der mensch begert auch M3 6 gesigen] gesige N mag] mu g M2 auch … tu n] tun durch dy gerechtikait M3 7 fu nften … bibeln] pu ch dˀ Bibel in dem fu nften N fu nften] om. M4 der bibeln] moysi M3 bibeln] Bibel NM4; wibel SM2 8 die] + da S wurden] werden M1; wurdnˉ N*X5*Y2Me1; waˀden M3; wu rdē S funden] erfundē S das chronlein] die kron N(Me1); das yn dy cron M3; daz chröndl˜ S(M2); das Cchronczel M4; dz kro li G; das kro nli W geben wart] ward gegebnˉ N 9 geistleichen] geistleichen *X2; om. –en cet.; gro ßklich W 10 chu nleich] kundlich M3(M2); chuntlichenn M4 sich] om. *X2M4; sich cet. nicht] icht M4 11 in] im M2 irem] irnˉ M2 12 der herr] er M3 herr] om. M2 sint] + si M3 die2] om. S 13 von] won M1; von cet. ersett] erstet M3 14 Mit wew] om. M3Me1; wo mit *Y2 wew] wen M1; wew NSM2; we M4 der] dirr M1; diser N; om. *Y2; der cet. vorsmecken] vorsmack S; vˀsmackchnˉ *X5 15 frewd] fra wdnˉ N(M3)M4 in1] om. N innichait] imichait M1; om. Me1; Innichait cet. 15–16 in dem ewigen] inˉ das ewig N; das ewig M3M4 16 das] om. M2 hymel] hymelisch M3 17 Maria gesprochen] gesprochen maria die Iunckfraw M4 guter ding ersett] gesattet des guetnˉ N da] + von M3SM4 18 sprechen] sprachnˉ M2 lera r] + von N wirt] + geschechen N sel vnd an leib] leib vnd an sel *X2; sel vnˉ leib M2; sel vnd an leib cet. geschehen] om. N 19 werden ersett] ~ M3 20 der1] des N der2] om. M3S so] om. M3M4

5

10

15

20

185

5

10

15

20

hochst warhait, vnd daz wirt in dem ebigen leben. Da von sprach her Dauid: »Herr, ich wird ersett, wenn dein ere wirt scheinen.«a Vnd von der gesicht vnd ersettung spricht sand Augustein: »Si ist daz gantz lon, daz wir verdienen mu gen.«b Vnd der hymel adlar Iohannes spricht: »Daz ist das ewig leben, dich ainigen waren got erchennen vnd den, den du gesant hast, Iesum Christum.«c Vnd von der gesicht spricht sand Augustein: »Si ist so gar edel vnd kostleich, daz sy ain mensch, ob es mugleich wa r, newr ainen augenplick mocht gehaben. Daru mb solt er tawsent welt geben, ob er sew hiet.«d Aber an der andern chraft der selen, daz ist an dem willen, wirt die sel auch ersett. Vnd wann der will des hochsten vnd pesten gutz pegert, so wirt er mit ainr ewigen | vnzergengleichen lieb des selben gutz ersett. Vnd ain sulche lieb, wie wintzig oder chlein sy ist in dem menschen hie in der zeit, der ist genug zu ablassung aller sund vnd zu erchriegen das ewig leben. Vnd die lieb, die also hie an gehebt, wirt in dem ewigen leben gemeret vnd also pesta t, daz sy ewigchleich peleibt. Da von sprach sand Pauel: »Die liebe wirt nymmer ende haben.«e Nach der dritten chraft, das ist geda chtnu ss, wirt die sele auch ersett, vnd wann dew gedachtnu ss all weg pegert des aller edlisten vnd chostleichisten gutz, so wirt sy ersett mit aim ewigen niessen vnd prauchen des selben guts mynner oder mer nach dem, als der mensch hie in der zeit verdient hat. a Ps

16 (17), 15

b Vgl.

S. 145, Z. 8–9

c Io

17, 3

d Nicht

gefunden

1 ebigen] ›ewigen‹ 7 ob] ›wenn‹ 9 hiet] ›hätte‹ 14 erchriegen] ›erwerben‹ 16 pesta t] ›dauerhaft gemacht‹

eI

Cor 13, 8

10 der selen] ›der Seele‹ 19 all weg] ›überall, immer‹

1 vnd daz … von] om. M2 in] + in M4 ebigen] ewignˉ cet. her] om. M3 2 Dauid] + also M4 scheinen] erscheyn N; erscheinē M3S 3 ersettung] settung M1; der sattung Me1; ersettung cet. sand] sanctʔ M4 Augustein] Augustin NM3S; augustinus *X5 4 hymel] himlisch N Iohannes] + dˀ N; praem. sanctʔ M4 5 dich] dyden M4 ainigen] eynem M3 den1] om. M3SM4 gesant] gesendet M3 6 Vnd] om. S sand] om. M4 Augustein] Augustin NM3; Augustinʔ *X4 6–7 Si ist] dÿ sind S 7 so] om. M3SM2 kostleich] kostenleich M1; om. *Y1; kostleich cet. ain mensch] ainen menschnˉ N 8 augenplick] anplick M3; plick S 9 sew] dy N*X4 10 an der andern] ander M3 selen] sel cet. an dem willen] der will M3 11 Vnd] om. N will] willnˉ M2 pesten] des pesnˉ M3; des pesten M4 12 vnzergengleichen] vnzˀgēgleichem M1; –en cet.; vnuerhencklichnˉ M3 des … ersett] ersatt des selbigē gu tz S 13 wintzig] wenig N(M3)S chlein] praem. wie NSM4 sy] die S der] diser N 14 zu 1] dˀ *X5 ablassung] ablosung N(S) sund] su ndnˉ N 15 also hie] ~ N hie an gehebt] anhebt hie M3 an gehebt] anhebt N; an got hebt M2; an gott gehebt M4 wirt] + die wirt S in] an M4 16 pesta t] wesatt *X5 ewigchleich] ewigkleichnˉ N peleibt] praem. bestat M2; praem. wesatt M4 sprach sand Pauel] sannd Augustinus sprach M4 Pauel] pawl NM2; paulʔ M3; pawls S 17 nymmer] + mer NM3M2; ymmer mer M4 18 geda chtnu ss] praem. die M2S; praem. dye der M4 wirt] praem. da mit S 18–19 vnd wann] wanˉ aber M3 19 des] daz M2 chostleichisten] cho stlichenn M4 20 prauchen] geprauchnˉ M3 des selben] desselbigen S guts] gut M1; guts N(S)M2; gutes M3M4; om. cet. 21 mynner] minder M3M4 nach] Als M4 als] + sy M4 der] dirr M1; diser N; der *X3; om. cet.

206r

186

206v

Aber der leip wirt ersett mit chlarhait des ersten, wann der ausserwelten leib werden ze siben ma ln chla ra r, dann die su nn ietzund ist.a Vnd des andern mals wirt der leip ersett mit pehendigchait, 〈daz der mensch dann an mittel der czeit in einem augenplick cho men mag, wo er hin wil. Vnd des dritten mals mit subtilhait〉 oder ઀ chlainfugleichait, daz im chain mawr oder want widersten mag, er chom, war er wil. Vnd des vierden mals mit vnleidpa rcheit, wann denn furpas den menschen chain leyden ewigleich peru ren mag. Vnd des funften mals mit vntodleicheit, wann da ist das ewig leben immer mer an end.b Vnd da von sint sy wol saelig, die hungrigen vnd durstigen nach der gerechticheit, wann sy also in dem ewigen leben | ersett werden. Da von sprach auch her Dauid: »Herr, wann dein ere wirt scheinen, so wird ich ersett werden.«c Des helff vns die hailige gebenedicte driualtichait. Amen.

a Zur

Verklärung des Leibes vgl. Mt 17, 2; Mc 9, 2; Mt 28, 3; II Cor 3, 18; Potamius von Lissabon, De Lazaro, S. 188, Z. 37–39: Qualis illic eras, Iesu Christe […] fonte purior, niue candidior, luna clarior, septies sole candentior b Thomas von Aquin, Summa theologiae, III, 45, 1, gibt vier Eigenschaften des verklärten Leibes an: corporis gloriosi sunt quatuor dotes […] scilicet impassibilitas, agilitas, subtilitas et claritas c Ps 16 (17), 15

3 pehendigchait] ›Beweglichkeit‹ 5 subtilhait] ›Feinheit‹ chlainfugleichait] ›Feinheit, Zartheit‹ 6 war] ›wohin‹ 7 vnleidpa rcheit] ›Leidensunfähigkeit‹ furpas] ›(nicht) mehr‹ 8 vntodleicheit] ›Unsterblicheit‹ 1 leip] lieb M4 ersett] dˀ ersatt M2 1–2 ausserwelten leib werden] außerbelt leib wirt M3 ausserwelten leib] austerweltnˉ lieb M4 2 ze siben ma ln] siben stūd M3 ma ln] mal N ietzund] yetz M3N 3–5 daz … subtilhait] om. *X2M3*X5; 〈durchgestr.: oder chlainfu gleichait〉 das dˀ mēsch danˉ an mittel dˀ czeit in einē augēplick chömē mag wo er hin wil Des drittē mals mit subtilhait S; dz der mēsch an mittel der zit komen mag wo er hin wil Vnd des dritten mals mit subtilkait G; das der mensch on mittel der czitt komen mag wa er hin wil / Vnd des dritten mauls wirt der lib ersatt mit subtilikait W; also das der mensch an irrung der zeit in einē augenplikch odˀ in ainˀ chlain weil Me1 5 oder1] vnd M4 ઀] mit M1; om. cet. chlainfugleichait] chlainhait N 6 er1] vnd M4 chom] + dadurch N war] wo NM3SM4 wil] hin welle M4 Vnd] om. S vierden] praem. werdnˉ M3 mit] wirt N 7 vnleidpa rcheit] vnleidlichait M3(S) denn furpas] ~ N leyden] + fur was M4 ewigleich] ewichleichen S 8 Vnd] om. S das] om. M3 9 mer] om. S 10 durstigen] praem. die NM4 11 wann] praem. vnd M3 12 auch] om. M3 her] der propheta M3 scheinen] erscheinē S 12–13 wann … werden] ich werdt ersetet M3 13 werden] om. NM2 14 vns] + allnˉ M3 hailige] aller heiligiste N gebenedicte] gebenedeite N; om. M3M2; gebeneditt M4 driualtichait] trinitat M1; om. Me1; driualtikait NM4*Y2; driualtichait M3SM2

5

10

187

4.5 Die fünfte Seligpreisung Von der funften saelichait.

5

10

15

5. Von der funften saelichait. Als der herr sprach: »Saelig sint die parmhertzigen, wann sy werdent parmherzichait vinden.«a Vnd der herr hat sy an die funft stat gelegt vnd nicht an ainr andern, wann die funft gab des hailigen geists, daz ist gotleicher rat, die wurckt die tu gent. Wann durch gotleichen rat wirt der mensch zu etwas genaigt ze tu n, das er nicht schuldig ist ze tu n, vnd daz ist parmhertzichait, als daz der mensch † 〈seinem eben menschen〉 † gu tleich tut vnd im ra t oder hilft von mitleidung wegen vnd erpa rmd, dar zu er doch nicht verpunden ist. Auch hat sy der herr an der funften stat gelegt von des wegen, wann niemant parmhertzig mag gesein, er sey dann arm an dem geist vnd senftmutig vnd wain vnd chlag sein su nd vnd sei gerecht gegen got, ઀ gegen im selb vnd gegen seinem nachsten. Wen zu den dingen ist er etwas verpunden, daz ist, das es dem menschen etwas not ist, vnd die weil er daz nicht getan hat, so ist er vntaugleich daru ber ze tu n, des er nicht schuldig ist. 〈Vnd〉 daz ist parmhertzichait. Der herr hat sy auch gelegt nach der gerechtichait alzehant von des wegen, wann die parmhertzichait sol ain liecht vnd ain chlararinn | sein der gerechtichait vnd auch ain zuchtarinn, also daz die gerechtichait nicht alze a Mt

5, 7

7 als] ›so‹ 7–8 eben menschen] ›Nächsten‹ 8 mitleidung] ›Mitleid‹ 9 erpa rmd] ›Erbarmen, Barmherzigkeit‹ verpunden] ›verpflichtet‹ 13 Wen] ›denn‹ 14 die weil] ›solange‹ 17 alzehant] ›sogleich‹ 18 chlararinn] ›Erleuchterin, Reinigerin‹ 19 zuchtarinn] ›Zuchtmeisterin‹ 1–2 Von … saelichait] Nu von der fu nften sa ligkait Nw von dˀ fu nftnˉ sa ligkait N; UOn der funftnˉ salichait M3(M2); Dÿe funfft sa lichait DAs ist dÿ funfft sa lichait S; Dy fünft saligkait M4 3 Vnd] om. M3 4 die funft] der fu nften N(M3*X5) gelegt] praem. geseczt vnd N ainr andern] ander M3; + stat SM4 5 gotleicher … durch] om. M4 6 zu] om. S genaigt ze tu n] ze tun genaigt N 7 als] also N*X3; alz G; als WMe1 der] om. M3 7–8 seinem eben menschen] om. *X2〈vgl. nach tut M3〉*X5; + seinē ebē mēschē S; + dem durstignˉ G; + dem gedu rftigen W; dem menschē Me1 8 tut] + seinē na gstnˉ M3 oder] vnd M1; oder cet. wegen] om. M4 9 erpa rmd] der parmt M1; erpa rmde N; erpermd M3; erparmūg S; erparmē *X5; erba rmd *Y2; erparmbt sich Me1 nicht] om. M4 verpunden] gepunden N*X4; verbundnˉ *Y2; puntnˉ Me1 10 sy der herr] er si M3; praem. er M4 der2] dÿ *X4 11 niemant] nyemants N mag gesein] sein mag M3 mag] praem. mog M2 gesein] sein N 12 wain vnd chlag] wainē vnˉ chlagnˉ *X5 ઀] vnd M1; om. cet. 12–13 gegen im selb] om. M3 13 vnd] om. *X5 verpunden] gepundē S 14 es] das N; er M4 dem] den M3M4 etwas] om. N daz2] des M3S 14–15 getan hat] tüt S 15 vntaugleich] vntugentleichen M1; vntaugleich N; tugenlich M3; vnta ugleich SM2; vntaugentlich M4; vngeschikt *Y2; vnmu gleich Me1 des] daz NM4 er2] der M4 Vnd] om. M1Me1; vnd cet. 17 sy] sich M3 18 vnd ain chlararinn] clerer ein M3 18–19 sein der gerechtichait] der gerechtichait sein *X2; sein der gerechtichait cet. 19 auch] om. M3 zuchtarinn] tzu chtigerin S 187.19– 188.1 alze streng] als zestreng M3; zü strēg *X4

207r

188

streng oder grewleich sey mit straff, mit v bung oder mit andern dingen. Vnd auch da von, das die parmherzichait in ordenung pehalten werd 〈durch die gerechtikait〉, daz sy nicht alze waich oder ze lind werd, also daz sy die ding nicht vngestraffet lass, die da straff wirdig sein. Vnd also ist die gerechtichait ain enthalterinn der parmhertzichait, daz sy nicht alze swach oder vernicht werd.a Wann du aber fragst, waru mb der herr geraten hab, daz wir parmhertzig sullen sein, vnd was vns dar zu geraitzen mu g vnd waru mb sy saelig sein, so wiss, das des etwie vil sache sint. Des ersten die ordenung vnd schickleichait vnser aigen natur, wann wir sehen, das ie ain glid vnd iegleichs dem andern dient, vnd auch die natur aller andern creaturen, wann die got allzemal geordent hat, daz sy dem menschen ze nutz vnd ze fru m chomen su llen, sy sein in hymel oder auff erden. Daz spricht auch her Dauid: »Herr, du hast allew ding vnderta nig gemacht seinen fuessen«,b daz ist des menschen willen im ze nu tz. Vnd da von sol auch pilleich ie ain mensch dem andern dienen vnd parmhertzig sein mit seim hertzen oder mit rat oder mit trost, ob er nicht mer vermag. Vnd wann parmhertzichait als an ainem chlainen dinge pestet, so mag chain mensch davon entschuldigt werden an dem lesten gericht, wann vnser lieber a Vgl. Paschasius Radbertus, Expositio in Matheo, CCCM 56, III, Z. 1848–1852: Et notandum quod in huius uirtutis negotio prius iustitia precedit deinde misericordia terminatur. Et recte quia nemo iustus sine misericordia sicut e contrario nemo misericors sine iustitia. Igitur iustitiae lumen misericordia sicut misericordiarum uirtus iustitia estimatur; vgl. Malogranatum, hier S. 241, Z. 3–7 (nach Anselm von Laon und Thomas von Aquin), und v. a. Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 260, Z. 6–10 b Ps 8, 8

5 ain enthalterinn der parmhertzichait] ›eine, die die Barmherzigkeit zurückhält‹ vernicht] ›zunichte gemacht‹ 8 geraitzen] ›antreiben, bewegen‹ 9 etwie vil sache] ›ziemlich viele, sehr viele Ursachen‹ 10 schickleichait] ›Beschaffenheit‹ 13 ze fru m] ›zum Nutzen‹ 17 ob] ›wenn‹ 18 wann] ›weil‹ 1 oder1] + zü SM4; noch M2 straff] + odˀ SM4 v bung] praem. der M2 oder2] vnd N 2 auch] om. M3 da von] darumb N ordenung] ornūg M2 2–3 durch die gerechtikait] om. M1; durch die gerechtikait cet. 3 daz sy … also] om. M3 alze] gar ze N ze] om. M2 3–4 sy die ding nicht] dy durch nichte M4 4 lass] lazt M2 straff] straffung N sein] sind M3SM2 5 vernicht] ze nicht S; tze lind M4 7 der] vnsˀ M1; der cet. 8 sullen sein] ~ M2 geraitzen] geratnˉ N; geraichnˉ M2 mu g] mag M3 sein] sint M1M3; Konj. Präs.: sein N*X5; sigent G; sÿent W; seÿ Me1 9 wiss] wizt M2 des] daz M1; om. N; es M3; des cet. etwie] etben M3; etwe S; etwo M2 10 ordenung] ornūg *X5 11 ie] ıu〈?〉 M1; om. Me1; ye cet. vnd iegleichs dem andern] dem andrnˉ glid N 12 aller] allnˉ N*X4 creaturen] creatur M3; naturē *X4 die] sy M3; om. M4 geordent] geo rnt M2 13 menschen] mēsch M1; mēschnˉ cet. ze2] om. M3 fru m] frūmen M3M4 chomen su llen] ko ment N sein] seind M3 in] ze N; im M2 14 erden] dˀ erdē S; dˀ erd M2 Daz] Da SM2 her] der M3 allew] allen M4 15 im] in SM4 ze nu tz] zw maz M2 16 von] om. M2 parmhertzig] parmhertzichait M1; erbarmhˀtzig *Y2; parmherczig cet. 17 seim … rat oder mit] om. M3 mit3] om. N vermag] vermu g M1; mu ge N; mag M3*Y2; vermag SM2Me1; vermach M4 18 wann] von M1; wō *Y2; wanˉ cet. als] also *X3 dinge] dingnˉ M2 pestet] + wirt M3 19 entschuldigt] schuldig M2

5

10

15

189

5

10

15

20

herr Iesus Christus | aller ander tugent gesweigen wil vnd parmherzichait von dem menschen suchen. Vnd da von spricht sand Paul: »Es sol ie ainr dem andern helfen seine purd tragen, vnd also werdet ir volpringen die gesa tzde Christi.«a Daz ist, † die ઀ † parmhertzichait peweisen, sam auch Christus getan hat. Des andern mals sol vns auch zu parmhertzichait pewegen vnser aigen gewissen notdurftichait, daz wir so gar dorftig vnd chrang sein, das vnser chains an die parmhertzichait gots ain chlain zeit geleben mo cht, vnd auch als sand Paul spricht, daz »vnser chains von im selb ainen gu ten gedancken gehaben mag«.b Da von spricht auch der weise man: »Wir pedurfen all zemal parmhertzichait.«c Vnd sunderleich all su nder pedorffen der parmhertzichait gots, das er in helff, daz sy nicht in iren su nten verterben. Vnd wann wir allzemal sunder sein vnd geprechenhaft, da von ist vns parmhertzichait not. Vnd wann wir der pegeren, so sull wir auch pilleich parmherzig sein, das vns nicht geschech, sam dem po sen chnecht, dem der herr erparmhertzichait het getan vnd der seinem mitchnecht chaine parmherzichait peweisen wolt, daru mb er swarleich gestraffet wart.d Des dritten mals sol vns zu parmhertzichait pewegen die gross vnmassige parmherzichait gots, durch die er seinen aingeporen sun gesant hat in dise welt zu erlosung der | sunder, den er doch nicht schuldig was, mer sy waren a Gal

6, 2

b Vgl.

Eph 6, 8

c Nicht

gefunden, vgl. Rm 3, 23

d Vgl.

Mt 18, 23–35

4 gesa tzde] ›Gebote, Gesetze‹ peweisen] ›erweisen; zeigen, an den Tag legen‹ 7 gewissen notdurftichait] ›bekannte Hilfsbedürftigkeit, Unzulänglichkeit‹ dorftig] ›bedürftig‹ chrang] ›schwach‹ 8 an] ›ohne‹ 9 als] ›wie‹ 13 geprechenhaft] ›schwach, mangelhaft‹ 14 pilleich] ›entsprechend, zu Recht‹ 15 sam] ›wie‹ 17 peweisen] ›erweisen‹ swarleich] ›schwer, hart‹ 18 vnmassige] ›unermessliche‹ 20 nicht] ›nichts‹ mer] ›sondern, vielmehr‹ 1 Christus] + wil S tugent] tugenten M1; tugēt cet. wil] om. SM4 vnd] + wil S parmherzichait] + su chē S 2 suchen] sucht *X2(M3); su chnˉ *X5*Y2〈nach parmherzichait SMe1〉 da von] + so S Paul] pauls S; paulus *X5 ainr] ander M3 3 helfen … tragen] sein purd helffen tragnˉ N ir] + dann N volpringen] verpringnˉ M2 3–4 die gesa tzde] das gesetz M2 4 gesa tzde] gesetz NM4; gepot M3; geseczt S die ઀] die ir *X2; das ir M3; ÿn *X4; ir sond G; ir so llent W; die Me1 peweisen] praem. volbringnˉ vnd N; beweiset M3 auch] ewch NM3 5 Christus] praem. jhūs N*X3 getan hat] ~ N 7 gewissen] om. M3*Y2Me1; + vnd S notdurftichait] durftikait M3 dorftig] notdurfftig N; durstig M2 sein] sint M1; Konj. Präs.: sein NM3SM2*Y3; om. M4; sygent G; syent W 8 vnd] om. M3 9 als] sam *X3 Paul] pauls M3S; paulus M4 ainen] chain N; praem. nicht S 10 gehaben] habnˉ M3M4 Da von] praem. vnd *X4 11 Vnd] om. M4 sunderleich] pesunderleich M1; om. pe– cet. 12 nicht] icht M1; nicht 〈vor verterben N〉M3*X5Me1; nit S*Y2 verterben] praem. nicht N; praem. vˀtzagē vnˉ S 13 allzemal] all M3 geprechenhaft] prechenhaft M1; geprechenhafft N*X4; geprechlich M3; gebresthafft *Y2; prechleich Me1 da von] + so S – herczikait gocz M4 sull] su llen N; sullen M3SM2 16 erparmhertzichait] 14 der] + parm om. er– N*X3WMe1 seinem mitchnecht] seinen mitchnechten M1; seinem mitknecht N*X3W; sinem knecht G; seinē mitgno zzen Me1 18 Des dritten mals] das M3 zu] om. M4 19 die] dˀ M2; denn M4 20 erlosung] praem. ainer NM4 doch nicht] auch nicht mer N nicht] om. M3 mer] Sundˀ N 189.20–190.1 was … schuldig] om. M3

207v

208r

190

208v

im schuldig vnd waren seine veint, vnd auch daz er vns so gar gutleich verhu t vor grossem v bel vnd su nden, vnd daz er vns all zeit so gnadigchleich vnd gutleich erhoren wil v mb alles, daz da wir in redleich v mb pitten. Vnd wann er vnser herr vnd vater ist, da von su llen wir auch pilleich parmhertzig sein. Da von sprach vnser lieber herr Iesus Christus: »Seit parmhertzig, sam ewr hymelischer vater parmhertzig ist.«a Des vierden mals sol vns zu parmhertzichait pewegen der gross nutz vnd frucht, die da von chomen. Vnd der sint sechs: Der erst 〈ist〉 ablassung aller vergangen su nd. Da von spricht Salomon: »Der glaub vnd parmherzichait rainigt die su nd.«b Vnd da von sullen wir pilleich parmhertzig sein, vnd auch da von, wann wir von 〈got〉 chomen sam ain pa chlein oder ઀ wasser von aime pru nn, vnd wann der pru nn vol ist, so ist auch das pa chlein dester grosser. Wann nu die parmherzichait gots ist uber allew seine werch, da von sullen wir auch pilleich parmhertzig sein. Der ander nu tz ist, daz sy den menschen gar wol verhu t vor chunftigen su nden, sunderleich wann der mensch ઀ seinem hertzen erparmhertzig ist vnd seinr gewissen vnd seinr sel, das er der mit fleiss war nimpt. Vnd da von spricht sand Augustinus, daz »nichts als vast widerstet der anefechtigung des tewfels sam parmhertzichait.«c | Da von spricht der weise

a Lc

6, 36 b Vgl. Prv 16, 6; Tb 12, 9 c Vgl. Augustinus von Hippo, Epistulae, CSEL 57 (1911), 262, 6, S. 626: si enim habet ibi magnum locum panis fractus esurienti, quantum locum ibi credenda est habere misericordia, qua homo eripitur diabolo

2 verhu t] ›bewahrt‹ 5 sam] ›wie‹ […] achtet‹ 18 vast] ›sehr‹

12 pru nn] ›Brunnen‹

17 der … war nimpt] ›auf sie

1 er] om. M2 gutleich] gu tichleich S 2 verhu t] behuettet M3; behu t *X4 su nden] su nd N so] + gar N gnadigchleich] gnadigchleichen *X2; om. –en cet. 2–3 daz er … vnd] om. M3 3 vnd gutleich] om. S gutleich] gu tikleich N; gutlichen M3 in] om. M2 Vnd] om. N 4 er] om. M2 vater] praem. vnser *X4 ist] + vnd M4 auch pilleich] ~ M3 auch] om. S 5 Da von] darūb N lieber] om. M3 6 ewr] + lieber lieber / vnnd M4 7 Des vierden mals] Zu dem vierden mal M1; des vierden mals cet. sol vns zu] praem. so M2; soll wir M4 gross] gots N 8 frucht] fruchtnˉ *X5 die da von chomen] der da von chumpt *X2; dy da von chomē M3(S); die da vō chomēt *X5Me1; so da vō koment G; so da uon kompt W der] + frucht N 9 ist] om. M1; ist cet. ablassung] ablasung M1; ablassung NSM4G; oblossūg M3; ablazzung M2; ablaussūg W; abblas Me1 Salomon] + also M3 10 rainigt] raynigent N; raint M3; raÿnigē S die su nd] von den su nden N su nd] sündē M4 11 vnd] om. M4 got] om. M1; got cet. 12 pa chlein] pa chleich M1; pa chlein N*X3; ba chli *Y2; pa chel Me1 ઀] ain *X2; om. cet. von] auß M3*X5 aime] ainē NM3M2; einem SM4 pru nn] prunnē M3 (*X5); + vol M3 vol] + vnd wann der prun vol M3 13 pa chlein] + vol vnˉ *X5 Wann] praem. vnd N*X3Me1 nu ] nu n N(M3); im *X5 gots] gross N 15 verhu t] behuettet M3 chunftigen] czw kunftigen M3 16 sunderleich] sunderleichnˉ S ઀] in M1; om. cet. erparmhertzig] om. er– N*X3Me1 17 seinr2] om. N der] om. *X5 war nimpt] vernimpt *X2*X5; war nempt M3; war ny–pt S(Me1); war na mi G; war nem W 18 sand] om. S Augustinus] Augustin N als] also M1; als cet. 19 anefechtigung] anfechtūb M4; anvechtigūg Me1; anvechtung cet.

5

10

15

191

5

10

15

20

man: »Sam ain hitziges fewr von wasser erlischet, also werdent die sunte mit parmhertzichait getilgt.«a Der dritt nu tz ist, daz sy erwirbt dem menschen benedeyung von got vnd von den lewten. Das sehen wir mit den augen, in welher stat der mensch ist, halt er sich parmherzichleich, daz in die lewt wol halten mit werchen vnd mit worten, daz sy sprechen, er ist ain fru mer saeliger mensch. Vnd des pegeren allew menschen, wann es ist gar gut. Da von spricht der weiss man: »Ain guter nam vnd ain gut lob ist pesser dann ઀ golt.«b Das aber daz war sey, daz sy dem menschen benedeyung erwerb, das spricht aber der weise 〈man〉: »Wer genaigt ist zu parmhertzichait, der wirt gebenedeit vnd gesegent.«c Vnd daz ist war, sunderleich von den, die arme lewt trosten vnd in helfent sint mit worten vnd mit werchen, wann das wil got pesunderleich pelonen, wann es im selb geschehen ist, sam er selb gesprochen hat: »Was ir dem mynsten tut in meinem namen, das habt ir mir selb getan.«d Der vierd nutz ist, daz sy den menschen lost von dem lesten gericht, wann es wırt der richter ઀, vnser lieber herr, zu in sprechen: »Chomt her, ir gebenedicten vnd ir gesegenten meins vaters, pesitzt das reich, daz euch perait ist von anegeng der welt, wann mich hat gehungert, | vnd ir habt mich gespeist, mich hat gedurst, vnd ir habt mich getrenckt. So sprechen sy: Wo, lieber herr? So spricht er: Was ir dem mynsten habt getan in meia Sir

3, 33

b Prv

22, 1

c Prv

22, 9

d Vgl.

Mt 18, 5; 25, 40

1 sunte] ›Sünden‹ 3 benedeyung] ›Segnung‹ 4 stat] ›Ort; Stellung‹ 9 aber] ›wieder‹ 15 lost] ›erlöst, befreit‹ 18 anegeng] ›Anfang‹

7 weiss] ›weise‹

1 man] om. N; + also M4 wasser] praem. dem N sunte] om. –e cet. 2 parmhertzichait] praem. der N getilgt] vertiligt N 3 ist] + das M3 erwirbt dem menschen] dem menschnˉ erwirbt N erwirbt] erbirfft S benedeyung] gnad N; benedeiūb M4 4 lewten] + vnd *X3 – stant S; welchem wesen *X5; welchem stat G; welhem stant welher stat] welchem M3; welichm W 5 halten] habnˉ N 5–6 werchen vnd mit worten] wortnˉ vnd mit werchnˉ M3*X5 6 daz sy sprechen] om. N ist] seÿ *X4 des] daz NM3SM2; da M4 8 ઀] das M1; om. cet. golt] + vnd edels gestain N; + oder edelgestain M3 9 daz sy] om. N dem] den M3 benedeyung] genadigkait N erwerb] erwerbnˉ N; erberff S; erwerbt M4 spricht] + dˀ M2 10 man] om. M1; man cet. gebenedeit vnd] om. M2 gebenedeit] gebenedeict N; gebenedict M4 11 sunderleich] su nderleichnˉ S von den] om. M3 12 helfent sint] helffent N; helffen M3; beholffē sind S*Y2; helfnˉ so sew M2; helffenn seind M4; geholffen sind Me1 pesunderleich] sundˀ N; sunderlich M3(SM2) 13 wann] sam M3 geschehen] geschehehen M1; geschechen N; weschehē S; geschehnˉ cet. er] dann M4 14 mynsten] my–nistē SM2 15 lost] erlo st N lesten] ju ngisten N 16 ઀] vnd M1; om. cet. herr] + jhūs xpūs selb N; + jesus christus SM4 zu in] In czue M4 in] im M1M3; In NSMe1; om. *Y2 her] om. S 17 gebenedicten vnd ir] om. *X5 gebenedicten] gebenedeicten N; benedeyttnˉ M3 ir2] om. M3S vnd ir gesegenten] om. N meins … reich] in meins vater reich vnd besitz das ewige Reich N; In das reich meines vaters M4 18 ist] + wordenn M4 anegeng] angang M3; anvange M4 der] dirr M1; der cet. 19 gedurst] du rst M2; praem. gehungert / vnd M4 vnd] om. M4 getrenckt] trenchkt etc. M2 20 sy] + dann N; om. M4 Wo] etc. M1; O N; om. M3; wo cet. er] + dann hinwidˀ N Was] wanˉ M3 ir] om. M4 dem] denn M4 mynsten] my–nistē SM2 habt getan] ~ N*X3; getan haind G; getan hond W; habt tan Me1 191.20–192.1 in meinem namen] om. M4

209r

192

209v

nem namen, daz habt ir mir getan.«a Mer sy werdent mit richter werden mit Christo, vnd das hat er selb gesprochen: »In der wider gepurt«, daz ist in der vrstend aller menschen, daz ist an dem lesten tag vnd gericht, »so des menschen chint wirt chomen ze richten tod vnd lembtig, so werdet auch ir sitzen ze richten v ber die zwelf gesla cht von Israhel.«b Der funft nutz ist, daz des menschen hab vnd pesunderleich geistleich gaben da durch gemert werden. Vnd da von spricht sand Iacob: »Ain innig gepet ains innigen menschen ist gar nu tz vnd fruchtpa r.«c Vnd mainet, das es vil grosser vnd nutzer sey, wenn ઀ der mensche vil pitter hab, wann durch das wirt gnad vnd andacht fast gemert, vnd mer, sy lost den menschen von dem ewigen tod. Da von spricht sand Ieronimus: »Es ist vnmu gleich, das der mensch ains po sen tods sterb, der vil werch der parmhertzichait getan hat, wo von da hat er gar vil pitter.«d Der sechste nu tz ist ઀, daz sy dem menschen erwirbt, daz im das paradys vnd daz ewig leben auff getan wirt, vnd das er darinn genomen wirt, wann daz wil im got von parmhertzichait mit tayln, das er im nicht schuldig ist. Vnd da von spricht der herr Matheus .v.: »Saelig sint die parmhertzigen, wann sy wer|dent parmhertzichait finden.« Da von spricht der hymel adler Iohannes in Apokalypsi am .xiiii.: »Ir werch werdent in nach vol-

a Mt

25, 34–40

b Mt

19, 28; vgl. II Tim 4, 1; I Pt 4, 5

3 vrstend] ›Auferstehung‹ ›sehr‹

4 lembtig] ›Lebendige(s)‹

c Iac

5, 16

d Nicht

gefunden

9 pitter] ›Fürbitter‹

10 fast]

1 mir] + selbenn M4 richter werden] richter S; richten M4 2 wider gepurt] wider pu rd S 3 vnd gericht] vngericht N 4 tod vnd lembtig] dy toden vnd lebēde M3; lebētig vnd tod S; lebendig vnd totten W; lemtig vnˉ tod Me1 lembtig] lebentig N*X5(G) werdet] wer M2 auch ir] ~ M3M4 5 gesla cht] geschlach M2 6 pesunderleich] sundˀ N; wesunderlich M4; sunderlich M3(SM2) 7 gaben] gab M1SMe1; gaben cet. gemert] gent M4 Vnd] om. M4 spricht] sprach M1; om. Me1; spricht cet. sand] om. M4 8 innigen] om. *X4 ist] om. M2 nu tz] nu˙ czpär M4 9 grosser vnd nutzer] nutzer vnd grosser *X2; grosser vnd nuczer cet. ઀ ] daz M1; om. cet. mensche] om. –e cet. vil] wil M2 hab] hat M1; habnˉ M2; haig G; hab cet. 9–10 durch das] dadurich S 10 mer] fu rbas gemerkcht N 11 Da] praem. vnd M3 sand] sanctus M4 12 der] ain M1; der cet. sterb] ersterb *X2; sterb cet. vil] + der N getan] + vnd gev bt N 13 wo … gar] wavon ist das / wann er hat N wo von da] da von M1; wo von da M3M2; wa vō da SW; wo von do G; warūb M4; wan dar vmb Me1 er] + ott S pitter] + die vmb in pitten N; + vor yn M3 14 ઀] das M1; om. cet. dem] den M3 paradys] paradeys N*X3Me1 15 vnd1] das ist S auff getan wirt] wirt aufgetan N darinn] dar ein *X4 wann] om. N 16 im1] in NS parmhertzichait] erparmherczichait N; + wegen M4 im2] in NM2; om. SM4 17 Vnd] + das ist N von] om. M2; + So M4 der] om. *X5 herr] om. M4 Matheus] om. S*Y2Me1 .v.] in dem funftnˉ M3; om. SM2*Y2Me1; uto M4 18 Da] praem. vnd N spricht] sprach M4 hymel] himlische N 19 adler] adaler M1; Adla r NM2; adler M3S*Y2; adlar M4; om. Me1 Iohannes] praem. Sanctʔ M4 in Apokalypsi am .xiiii.] om. M3S*Y2Me1 in] om. M2 am .xiiii.] xiii N; om. M4 werch] + dy M4

5

10

15

193

5

10

15

gen.«a Vnd der weis spricht Ecclesiastici .xxvi.: »Die parmhertzichait wirt ainem iegleichen ain stat geben nach seinem verdienen.«b Wann du aber nu fragst, wie mangerlai parmhertzichait sol doch der mensch haben vnd gegen wem, so wiss, daz er gegen got vnd im selb vnd seinem nachsten erparmherzig sol sein. Des ersten gegen got mit ainr zarten chintleichen forcht vnd mit ainem innigen ઀ anda chtigen petrachten der gutta t gots vnd sunderleich des leidens vnd des ellends Christi ઀, das er wol vierdhalb vnd dreissig iar in diser welt gehabt hat durch der menschen willen, vnd sunderleich seinr marter vnd seins tods. Vnd sol dann ain hertzleiches mitleiden 〈mit im〉 haben vnd also danken seinr marter. Aber im selb sol der mensch auch parmherzig sein. Vnd des ersten der sel, daz er die speisen solc mit wirdiger entphahung des 〈heiligen〉 sacramentes vnd mit ainem fleissigen horen des worts gotes vnd der predig, wann durch das wirt der mensch gar wol an seiner sel getrost vnd gespeist. Da von sprach der herr zu dem tewfel: »Es stet doch geschriben: Der mensch lebt nicht allain des leipleichen prots, sunder auch des worts ઀, daz da fleusset von dem mu nd gots.«d

a Apc

b Sir 16, 15 c Hier und im Folgenden werden sechs der sog. Werke der 14, 13 Barmherzigkeit genannt, vgl. Vom christlichen Leben, hier S. 274, Z. 24 – S. 275, Z. 11 d Mt 4, 4 7 der gutta t] ›der guten Werke, Wohltaten‹ 13 wirdiger entphahung] ›würdigem Empfangen‹

1 weis] + man M4 spricht Ecclesiastici .xxvi. ] Eccī spricht 36 N Ecclesiastici .xxvi.] om. M3S*Y2Me1 Ecclesiastici] ecclesiastes M1; Ecci N; Ecclesiastici *X5 .xxvi.] xxio M4 2 iegleichen] yetlichem M4 ain] om. N*X4 3 aber] om. N nu] om. M4 mangerlai] manigˀlay *X3 4 vnd2] + gegen N; + gein M3; gein S vnd3] + gein SM4 5 erparmherzig – herczig sein M3 sol sein] sol parm erparmherzig] parmherczig NM3SW; om. *X5Me1 6 gegen got] om. M4 7 ઀] vnd M1; om. cet. anda chtigen] anda chtigem *X2; anda chtignˉ cet. petrachten] betrachtung N sunderleich] besunderleich N 7–8 leidens vnd des ellends] ellentz vnˉ des leidēs S 8 des] om. M4 ઀] vnd M1; om. cet. vierdhalb vnd dreissig] xxxiiii M2 vierdhalb] vierdhalbs NM3S diser welt] disem ellend N 9 sunderleich] besunderleich N 10 ain hertzleiches] in seim hertzen ain N hertzleiches] hercznˉ lich M3 (SM2); herczenlichs M4 mit im] om. M1Me1; mit jm N; mit im *X3; mit xp– o *Y2 also] sol im M1; allso N; also M3*X5G; im also SW; om. Me1 11 danken] denchknˉ M2; gedencken M4 12 der mensch auch] auch der mēsch M1; der mēsch *Y2; der mensch auch cet. Vnd] om. N 13 speisen sol] speis S entphahung] om. –t– cet. des heiligen sacramentes] des sacmētes M1; des heilignˉ sacraments NMe1; des heylignˉ sacrament M3; dˀ heyligē sacmēt S (W); dˀ heilignˉ sacramentnˉ *X5G 14 mit] om. N horen] zuho rnˉ M2 des worts gotes] des gotz wort S; des gotz wortz W des worts] das wort *X2M3(Me1); dez wartz M2; des ward M4; des wortz G der] om. N 15 an … gespeist] getrost vnd gespeist an seinr sel M1; an seiner seln getro st vnd gespeyset N; an seiner sel getrost vnd gespeist M3(SM4)M2Me1; getrost vnˉ gespist *Y2 16 der2] vnser N doch] om. *X5 lebt] + doch N 17 sunder] wesunder M4 ઀] gotes M1; om. cet. \/\

\/\

\/\

194 210r

Er sol sy auch | trencken mit ainem fleissigen warnemen vnd lernung der weishait, die in ze got pringen mag. Da von spricht her Dauid: »Mit dem wasser der hailsamen weishait hat er in getrencket.«a Er sol sy auch chlaiden mit senftmutichait 〈vnd〉 mit gedult vnd mit andern guten tugentleichen werchen, vnd sol sy trosten mit innerleicher petrachtung hymelischer vnd gotleicher dinge, wann durch das wirt sy getrost, sam ain student, der von verren landen ist, durch ain prieff von seinen guten freunten. 〈Er sol sy auch lo sen mit ganczer rew, peicht, puezz vnd pessrung von allen iren su nden.〉b Er sol sy auch pegraben mit inniger petrachtung vnd mitleidung der plutrunstigen wunden vnsers herren. Vnd daz ist dem menschen not, vnd da von spricht der weise 〈man〉 in dem puche der tugentsammung: »Du solt dich erparmen v ber dein sel.«c Vnd denn sol sich der mensch erparmen vber seinen leip, daz er in in guter hut vnd ઀ maisterschaft halt, daz er nicht ze gayl werd vnd daz er auch nicht alze grewleich gemartert werd vnd gechestigt. Doch sol man in chestigen vnd gote diensthaft vnd ain oppfer dar aus machen, sam vns sand Paul leret.d

a Sir

15, 3 b Vgl. Heinrich von St. Gallen, Marienleben, 8, Z. 201–205: Zum ersten mal sullen wir im bringen mirr […] daz ist ein ware pitre rew vmb alle vnsere sund; zum andern mal sull wir im bringen golt, daz ist ein lautre vnd vnbedeckte peicht aller sund; zum dritten mal sullen wir im bringen weirach, daz ist ein ware volkumne puß. c Sir 30, 24 d Vgl. Rm 12, 1

1 lernung] ›Lernen‹ 10 plutrunstigen] ›blutigen‹ lung‹ 14 maisterschaft] ›Disziplin, Zucht‹

11 tugentsammung] ›Tugendsamm-

1 sy] sich M3*X5 fleissigen] witzignˉ N; weislichnˉ M3(*X5) warnemen] vˀnemē S lernung] lerūg M3 2 in] + dy in M3 spricht] spch S 3 getrencket] gedrencknˉ M3 sy] sich M1*X3; sy N*Y2(Me1) 4 vnd] om. M1; vnd cet. mit3] om. M3 guten tugentlichen] tugentleichnˉ rainen N guten] om. M2 5 sy] sich M1; sy cet. 6 das] di so M1; das cet. wirt] wart M2 sy] dÿ sel S der] + do M4 6–7 der … freunten] dem von verrn lanndnˉ ain brief vō seinē liebsten frewdtnˉ ko men ist N 7 ist] wirt getrost M1; getrost ist M3; ist *X4*Y2; om. Me1 ain] ainē *X3*Y2; om. Me1 7–8 Er … su nden] om. *X2M3*X5; Er sol sich auch lassen mit ganczˀ rew beichtnusse vnd beserūge vō allen iren sündē S; Er sol sy och lo sen mit gantzer ru w ‧ bicht ‧ bu z ‧ vnˉ bessrung von allen iren su nden G; Er sol sÿ och lo sen mit gantzer ru w bicht bu ß vnd besrung von allen jren su nden W; Er schol sey˙ auch lo sen mit grazzer rew peicht vnˉ puezz vnˉ pezzrung von allnˉ irn su ntnˉ Me1 9 sy] sich *X2M3SM4; sy M2*Y2(Me1) pegraben] begraber M3; pegabenn M4 petrachtung] petrachtūb M4 mitleidung] leydūg M3 9–10 der plutrunstigen] des plut flussigen M1; dˀ pluetrunstigen NS; des vnd dy plutrunstigen M3; dez fleisch vnˉ plu trūstignˉ M2; der vnd der plutrūnsenn M4; des lidens vnˉ blu tru nignˉ G; des lidens vnd blutrinnigen W; des hertznˉ vnd pluettundnˉ Me1 herren] + Iesu xpī M4 daz] des M4 vnd] om. M4 11 man] om. M1; Salomon NMe1; mā cet. dem puche] om. N 13 denn] + so N*X5 in1] den M3; om. M2 14 ઀] in M1; om. cet. halt] pehalt M1Me1; hallt N; halt M3*X5; halde S; haig G; hab W 15 alze] allczemal N; zu M4 grewleich … gechestigt] graẅleichnˉ werd gemartert vnˉ chestigt S Doch] + so N*X5 sol] om. M2 16 gote] go M2 diensthaft] + erczaigen SM4 vns] om. M3 sand] Sanctʔ M4 Paul] pauls M3S; paulus *X5 17 leret] lernˉ t M3SM4 \/\

5

10

15

195

5

10

15

Des dritten mals sol der mensch seinem nachsten parmhertzig sein. Des ersten, daz er im von hertzen vergeb alles das, daz er ie wider in getan hat, auff die gnad, daz im auch got all seine sund vergeb. | Vnd durch daz werden dem menschen ta gleich sund ab gelassen, als oft er es tut. Darnach sol er in lernen vnd vnderweisen vnd mit gutem rat peysten. Vnd darnach sol er in v mb daz po s straffen vnd zu dem guten laiten. Daz ist gaistleich. Darnach sol er 〈im〉 mit leipleichen werchen der parmhertzichait peysten,a mit almusen geben vnd mit herbergen den ellenden vnd mit trosten den chrancken vnd pesehen, sam der lieb Samaritan tet, von dem Lucas schreibt an dem zehenten tail.b Vnd daz wirt der mensch alles hundertfaltig wider auff nemen vnd dar zu ewiges leben.c Wenn du aber nu fragest, welhen menschen der herr parmhertzig well sein, so wiss, daz sand Augustein in der predig, die er gemacht 〈hat〉 von dem, wie vnser herr funff tausent man speiste auf dem perge, da setzt er achtlai menschen, den got parmherzig wil sein.d Die ersten sint, die got mit ainr erwirdigen chintleichen forcht furchten, sam wir sehen, daz ein vater aller meist vber das chint erparmung hat, daz in

a Zu

den geistigen und leiblichen Werken der Barmherzigkeit vgl. Vom christlichen Leben, hier S. 274, Z. 24 – S. 275, Z. 11 b Vgl. Lc 10, 30–37 c Vgl. Mt 19, 29 d Die Unterscheidung ist in der einschlägigen Predigt (Augustinus von Hippo, Sermones de scripturis, 130, Sp. 725– 728) nicht zu finden

5 lernen] ›belehren‹

10–11 wider auff nemen] ›zurückerhalten‹

1 mals] + so M2 mensch] menschnˉ M3 seinem nachsten] seinen eben cristnˉ M3; praem. gein M4 2 von] om. M3 vergeb] vergel M3 das] om. *X5 ie] om. *X5 in] om. M2 hat] hab NM3*X5 3 auch] om. N*X3*Y2 daz] + so N 4 ab gelassen] vˀgebē S oft] om. M3; + vnnd M4 es] das M3 Darnach] + so N 5 lernen] lernˉ M2 peysten] pey gesten SM2; pey westenn M4 6 dem] den M2 Daz] praem. vnd NM3SM2 Darnach] praem. Vnd SM2 6–7 v mb … im] om. M4 7 im] om. M1; im cet. leipleichen] liepleichen M1 (M4); leibleichnˉ N; leiplichen M3M2; leipleichnˉ SMe1; liplichnˉ *Y2 der parmhertzichait] om. M4 peysten] peÿ besten S; peÿ gesten *X5 8 herbergen] beherbergnˉ N(S) den1] dˀ N ellenden] allen den M3 trosten] trostūg M1; tro sten NSM4W; trostnˉ M3M2G; om. Me1 den2] dˀ N 9 pesehen] praem. mit N lieb] om. N Samaritan] Samaritanʔ M4 tet] + das was dˀ haydnˉ N; + vnd M3 dem1] om. M4 Lucas schreibt] ~ M3; sand lucas schreibt / er M4 10 daz] des M4 alles] alls M1; om. Me1; alles cet. hundertfaltig] hundertfelltikleich N wider] om. N*X3Me1 11 ewiges] das ewig NM3S 12 nu ] om. M3M2 well] wil M1; welle N; well SM2Me1; welli G; wo lle W 12–13 well sein] sein well M4 parmhertzig well – herczig sein M3 13 Augustein] Augustinus N*X5; Augustin S; + gesprochē sein] wil parm hat SM4 hat] om. *X2M3M2; hat SM4*Y2Me1 13–14 von dem] om. *X5 14 man] om. M4 speiste] speiset M3; speist SM2; speysent M4 setzt] satzt M2 15 achtlai] achlay M3; achtˀlaÿ M2 wil sein] ist wil M3; ~ *X4 16 Die ersten] Des erstenn M4 sint] + die *X4 – erwirdigen] wirdignˉ M3 17 vber … hat] parmūg v ber das kint hat N erparmung] erparm M4

210v

196

211r

aller wirst furcht.a Vnd daz das war sey, so spricht her Dauid: »Recht sam ain vater ઀ sich erparmt vber sein chint, also wil auch der herr tu n.«b Vnd da von sprach auch ઀ die hymelchunigein Maria: »Sein erparmhertzichait wirt chomen von aim geschla cht in das ander, vber 〈die〉, die in furchten.«c Die | andern sint, die got lieb habent, wann die wil er auch lieb haben. Vnd da von sprach Moyses in der person gots: »Ich wil den parmhertzichait tu n, die mich lieb haben.«d Vnd die lieb sol der mensch mit den werchen peweisen, wann nach gross vnd vil der werch mist man die lieb. Die dritten sint, die gots vnd seinr gnaden vnd gaben mit gedult vnd ainmuticheit erbaitent, daz sy dem willen gots nicht widersten, daz sy sich in geluck nicht mit hoffart v berhebent noch in vngeluck mit vngedult murmelent. Vnd da von erparmt sich got vber sy, recht sam ain herr sich erparmt u ber ainen pettla r, der nicht abe lat ze pitten. Vnd da von sprach der herr Iesus Christus, do im daz volch pis an den dritten tag nach volgte: »Mich erparmt ઀ das volch.«e Also wil er sich noch allzeit erparmen u ber die, dy sein gedultichleich erpeiten. Die vierden sint, di Iesu Christo vnd seinem leben nach volgent. Vnd da von sprach er, Iohannes an dem .xii.: »Wer mir nach volgt, der wirt nicht in der vinsternu ss wandern, sunder er wirt haben das liecht des lebens«,f a Vgl. Heinrich von St. Gallen, Magnificat-Auslegung, Z. 276f.: das wir got schu  llen furhten als ain getrewes kint seinen vater; ebd., Z. 726–730: als ain getrewes kint, das furhtet seinen vater nit durch der sleg willen oder, das es sein vater enterb, oder von kainerlay ander sach wegen, newert von rehter lieb vnd erwirdikait wegen, die es hat zu seinem vater b Ps 102 (103), 13 c Lc 1, 50 d Dt 5, 10 e Mt 15, 32; Mc 8, 2 f Io 8, 12; vgl. Io 12, 35; 46

1 aller wirst] ›am schlimmsten, am meisten‹ 8 gross vnd vil] ›der Größe und der Vielheit‹ 10 erbaitent] ›warten, erwarten‹ 13 abe lat] ›ablässt, aufhört‹ 1 wirst] wirsist N; maist M3; wirse M2 furcht] + vber das chind er parmung hat M4 2 ઀] der *X2; om. cet. 3 sprach] spricht M4 ઀] auch M1; om. cet. hymelchunigein] himlisch kunigin N; hymel kunigin M3SM4Me1; himl˜ chuniginne M2; himel kinig G; himel kungin W erparmhertzichait] om. er– N*X3Me1 4 chomen von aim geschla cht] von einē geschlecht kumen *X3 chomen] om. N vber] om. M4 〈die〉] om. M1M4Me1; die cet. furchten] praem. do N 5 andern] ander M1; om. M3; andrnˉ cet. 5–6 wann … Vnd] om. M4 6 den] + do M4 8 gross … werch] grossem werch vnd der da vil ist So N gross] praem. der M3 vil] om. M3; menge M2 werch] mensch M4 mist] mischt M4 9 sint] + die S mit gedult] om. N 10 ainmuticheit] dyemutichait M3; im mu ddichait M2 erbaitent] arbaitent M1N(S)M4(Me1); beyttnˉ M3; erbaitnˉ t M2*Y2 nicht] icht M4 11 nicht] icht M4 mit1] in N hoffart] hochfart N*X3(Me1) v berhebent] erhebē S; uber ladenn M4 vngeluck] geluck M4 12 murmelent] praem. nicht N; praem. nit M3 sy] sich M3 herr] + dˀ N 13 ze pitten] von seinē pitten N 14 Iesus] om. M3 volch] om. M3 pis] vntz NM3 volgte] volgt *X4; + do er sprach SM4 15 ઀] u ber M1〈getilgt M2〉; om. cet. sich noch allzeit] noch altzeit sich M2 noch allzeit] om. M3 16 die] + seinen S; + sein M4 dy] – t M4 17 sint] + die dich M3 gedultichleich] dultikait M3 erpeiten] paytent N; erparm SM4 Iesu] om. S volgent] volgten M1; uolgent N*X4*Y2; volgen M3Me1 18 er] om. NM3M4; xpūs S Iohannes an dem .xii.] om. S an dem .xii.] in dem czbelften tail M3; xijo M4 an] in N 19 in … wandern] wandernˉ in der finsternuß M3 der] dy M4

5

10

15

197

5

10

15

daz ist hie in der zeit gnad vnd tugent vnd nach disem leben das ewig leben, daz vns got von erparmhertzichait gibt. Die funften sint die diener vnsers herren, als wir sehen, | daz die lewt auff erden ir diener mit fleisse pelonent. Vnd da von spricht vnser herr: »Vater, ich wil, wa ich sey, das mein diener pey mir sein.«a Die sechsten sint die diemu tigen, wann v ber die wil sich vnser herr erparmen, sam ain leb tut vber ainen menschen, der sich gegen im diemu tigt vnd nider velt.b Da von spricht sand Iacob: »Den hoffertigen widerstet got, aber den diemu tigen gibt er gnad.«c Die sibenten sint, die got erent, als wir sehen, daz ain mensch den andern eret vnd der ander in hin wider ert. Vnd daz tut der mensch, daz er ઀ go tleich 〈er〉 fudert mit worten vnd mit werchen vnd sunderleich mit predigen oder 〈ander〉 gu ter vnderweisung. Vnd da von sprach vnser lieber herr Iesus Christus: »Wer mich eret vor den lewten, den wil ich eren vor meinem hymelischen vater.«d Die achten sint die waren puesser, sam wol schein ist worden an Maria Magdalena vnd an sand Paul, vnd wen got die su nder mit als manger weis vnd gu tichait vnd erparmherzichait pechert. Da von spricht der milt lera r g Io 17, 24 h Ähnlich über den Eber bei Pierre Bersuire, Reductorium morale, X, 5, S. 619a: nec masculus [aper] potest lædere jacentem […] nec […] quantumcunque fortis dæmon potest lædere eum qui jacet per humilitatem; die Stelle wird im Quadragesimale Admontense, 25, S. 168, Z. 8–10, zitiert: Quis ante aprum silvestrem […] poneret se in terram, ille aper non potest homini nocere i Iac 4, 6 j Mt 10, 32; Lc 12, 8 5 wa] ›wo‹ 7 leb] ›Löwe‹ 12 go tleich er fudert] ›den Ruhm Gottes vorwärts bringt, befördert‹ 16 sam wol schein ist worden] ›wie sich gut gezeigt hat‹ 17 wen] ›weil‹ mit als manger weis] ›auf so vielfältige Weise‹

1 der] diser N vnd2] om. N leben2] om. M4 2 got … gibt] das allnˉ wideruar das geb vns got durch sein parmung Amen N got] om. M3 erparmhertzichait] om. er– N*X3WMe1 3 funften] + die N die diener] dy den dienernˉ M4 herren] + ihū cristi M4 4 ir … pelonent] jrn getrewn dıen♑ auch mit trewn lonent N; irnˉ dienärnˉ mit fleiß lonē S(M4) ͡ Vnd] om. M3 5 das] + da M3 6 sint] + die M2 diemu tigen] praem. gutigen vnd dy M3 wann] om. M3S die2] sy M2; + selbnˉ M4 7 leb] lew N; lewe M3 vber ainen] gegen ainem *X2; vber ainen *X3; om. G; vb̑ er den W; vber ein Me1 7–8 sich … velt] vor im nyderfellt vnd sich gegnˉ Im diemutigt N 8 nider velt] in der velt M3; in dˀ welt M2 Da] praem. vnˉ M2 spricht] sprach S Iacob] Iacobus p'me M4 hoffertigen] hochuertignˉ N*X3 (Me1) widerstet] + er M4 10 sint] + dy˙ SM2 die] + da M4 11 eret … ert] eret N; der in eret hin wider auch eret M3(M2); eret hin widˀ der ÿn vor geeret hat S; der In ert hin wider erd M4; eret der In och eret *Y2; ert das er in hin wider ert Me1 mensch] + darūb N ઀] in M1; om. cet. 12 go tleich er] gu tleich M1; go ttleich N; go tleich er cet. fudert] gefu dert werde N; furdert M3(S) worten] praem. dē N sunderleich] sundˀleichnˉ M2 13 predigen] predig M3 ander] om. *X2*Y2; mit andernˉ M3; andrˀ S; ander *X5Me1 16 achten] achtendnˉ M2 an] om. M2 16–17 Maria Magdalena] mariam magdalena M1; mariā magdalenā NM2; maria magdalenen M3W; maria magdalena SM4; marian magdalenen G; ma'ie magdalene Me1 17 Paul] pauls M3SM4 vnd2] om. S mit als] ~ N als] also M3; om. SM4 manger] manigˀ NSM2; ynnigˀ M4 18 vnd1] om. N erparmherzichait] erpa rmichait N (M4); om. er– M3S; erpeitichait M2; + dy su ndˀ NS(M2); + den sunder M4 pechert] wechelt M2 Da] praem. Vnnd M4 spricht] sprach M1; spricht cet. 〈nach Beda N〉

211v

198

212r

Beda: »Got ist als parmhertzig, daz er salbung vnd artznei vil da hin gibt, da er vil wunden vint oder grossen siechtu m vnd chranghait.«a Wann du nu fragest, was parmhertzichait vnd wie peweist got gegen dem menschen, so wiss, daz er des ersten die sunder gutleich enthalt in | iren grossen sunden, wie wol sy seine veinte sein, daz sy nicht pald in iren sunden verterben. Vnde tut das ઀ daru mb, daz sy sich mit rew vnd mit peicht von iren sunden pecheren. Vnd da von spricht ain lera r: »Got, der tut, sam er die sunde nicht sehe durch der pecherung vnd pesserung willen.«b ઀ Des andern mals rueft er den fliehunden wider v mb, vnd daz tut er mit dem hailigen gots wort vnd mit guten ebenpilden seinr nachsten, vnd sunderleich mit innerleichem insprechen vnd mit gu ter vermanung. Vnd da von stet geschriben in dem pu ch der liebhaber: »Cher wider, cher wider!«c Des dritten mals so straft er die saumigen ietz mit der predig, durch die 〈die〉 menschen oft getrost vnd gepessert werden. Da von spricht der liebe Ieremias gar hertichleich: »Verflucht sey der mensch, der das werch gots sau mleich tut.«d Etwann straft er auch mit chranghait vnd ઀ mit anderm a Vgl.

Beda Venerabilis, Homiliae evangelii, II, 14, Z. 45: Neminem uisa suorum putredo uulnerum sui magnitudo languoris a quaerenda salute retrahat. Praebeat magnam obtinendae sanitatis fiduciam quod ipse conditor noster medicus nobis fieri ipse ad nos uenire in carne ipse infirmitates nostras suscipere ut sanaret dolores nostros ut auferret portare dignatus est b Vgl. Sap 11, 24 c Ct 6, 12 d Ier 48, 10 4 enthalt] ›(ihnen) Schutz gewährt‹ 8 sam] ›als ob‹ 11 ebenpilden] ›Vorbildern‹ 12 insprechen] ›Einreden‹ vermanung] ›Ermahnung‹ 16 hertichleich] ›auf harte Weise, hart‹ 17 sau mleich] ›säumig, nachlässig‹ Etwann] ›manchmal‹ 1 ist] + der ist M4 als] also NM3 salbung] vil salben S; salbumb oder salbunnb M4 vil] om. S gibt] praem. legt vnd *X4 da2] das M3 2 vint] om. N oder] vnd N grossen] grosse M1; om. NM3; grossen cet. siechtu m] siechtung M3M2; siechtumb NSM4 vnd] oder M1; vnd cet. 3 nu] + aber S parmhertzichait] + sey M4 vnd] odˀ N peweist] + sy N; + die SM4 4 des … sunder] die sünder des erstē S des] das M1; des cet. gutleich] gutichleich *X2; gutlich M3; gu tleich S; gutleich M2; gu tlich M4W; gu tlichnˉ G; om. Me1 enthalt] enphächt M4 5 grossen] om. M3 sein] sind *X3*Y2Me1 pald] om. M4 6 sunden] sundnˉ t M2 ઀] das M1; om. cet. rew] rewen *X2; om. –en cet. mit2] om. M3 7 der] om. M3 8 sam] als M4 nicht] mit M2 sehe] ensech N pecherung vnd pesserung] pecherūb vnd pesrumb M4 9 willen] wegen *X2; willen cet. ઀] vnd M1; om. cet. 10 Des andern mals] das andˀ mal M3 fliehunden] flehunden M1; fliechendnˉ NSM2; fliehenden M3M4W; flu chnˉ den G; fliehundnˉ Me1 vnd] om. N daz tut er] tüt das S; + wider vmb M4 daz] om. M4 12 sunderleich] sunderleichen M1; om. –en cet. innerleichem] ÿnnˀchleichnˉ M2 insprechen] einsprechē *X3 vermanung] vˀmaynūg M3M2; vˀmaynūb M4 13 stet] ist M3 liebhaber] lieb haberin M3S; lieb habnˉ *X5 cher wider] das wir dich an gesehnˉ M3 14 Des dritten mals] das dritt M3 straft] rueffet M3 ietz] yetzo N; yeczund M3SM4; yeczw M2 mit] om. M3 15 die menschen] mēsch M1; menschnˉ M4; dy mēschen cet. gepessert] praem. gespeist werdenn vnd das zu M4 16 hertichleich] hertichleichnˉ S Verflucht … mensch] sey der mensch verfluchet M3 17 sau mleich] sau mleichen M1; sawmleich NM2; saumiklich M3; sawmichleich SMe1; sawmlich M4; su mlich *Y2 er] + si M3 mit1] om. M2 ઀] auch M1; om. cet.

5

10

15

199

5

10

15

20

weltleichem vngefel, durch daz die menschen oft ze ro scher u bung gu ter werch pewegt werden. Da von spricht her Dauid: »Ir chranghait vnd ir leiden ist gemanigualtigt, darnach habent sy geeylt.«a Des vierden mals so weckt er vnd treibt die slummenden vnd die sla ffrigen zu arbaiten mit frewden vnd mit lust. Da von spricht sand Pauls: »Ste auff, du | slaffender!«b Des funften mals so hilft er den gevallen auff mit der hant seinr parmhertzichait, ઀ das er in gnad verleicht sich zu pechern. Vnd da von spricht sand Iacob: »Got gibt allen menschen vberflussichait vnd verzeucht niemans nicht.«c Da von spricht her Dauid: »Der herr richt auff die gevallen.«d Des sechsten mals so weist er vnd leit die verirrten wider an den rechten weg, die da nicht wissen, wie sy leben su llen vnd was sy tu n su llen. Vnd da von hat der herr Iesus Christus gesprochen: »Chumpt her zu mir.«e Vnd ander wort: »Ich pins der weg, die warhait vnd daz leben«,f sam er sprechen wolt zu ainem iegleichen christen menschen: Mein leben, daz ich gehabt han, das weist dir, wie du leben vnde wandeln solt, vnd ich pins, die warhait, ઀ ich petriege niemans vnd ich pin das leben. Wann wer mir also nach volgt, der wirt haben das ewig leben. Vnd daz ist ain grossew parmherzichait, daz vns got also gutleich weist zu dem aller pesten gut vnd also vnderweist er auch die vnweisen. Da von spricht er: »Lernt von mir, ich pin senft vnd ains diemu tigen hertzen.«g a Ps

15 (16), 4 11, 29

b Eph

5, 14

c Iac

1, 5

d Ps

144 (145), 14

e Mt

11, 28

f Io

14, 6

g Mt

1 vngefel] ›Unglück‹ ro scher] ›rascher, schneller‹ 3 gemanigualtigt] ›manigfaltig, zahlreich gemacht (worden)‹ 4 slummenden] ›schlummernden‹ 7 gevallen] ›Gefallenen‹ 9 vberflussichait] ›Überfluss‹ verzeucht] ›verweigert‹ 12 leit] ›leitet‹ 15 sam] ›als ob‹ 17 solt] ›sollst‹ 1 weltleichem] werlichem M3 daz] + das M3 die menschen] dy mensch M3; er M4 oft] om. M4 ro scher] grosser M1M3; ro scher NSM4*Y2; roschˀ M2; snellˀ Me1 u bung] praem. arbait vnd N 2 werch] + wegett M4 3 gemanigualtigt] gemanigualtig M3; manig valtig M4 sy geeylt] gearbait M3 4 Des vierden mals] das vierd M4 weckt] merchkt M2; werckt M4 er] + dy M3; om. M2 die1] sy M3; om. M4 slummenden vnd die] om. S slummenden] slemmignˉ N; slammennden M4 vnd2] om. M3 5 frewden] frewd M1; –en cet. Pauls] paul NM2; paulʔ M4 Ste] stet M3 7 den gevallen] dem geuallnen M2 8 parmhertzichait] parmūg N ઀] vnd M1; om. cet. in] im M1; inen *Y2; in cet. verleicht] verleich NM4 sich] si NM3*X5 pechern] pessernˉ M3M4 Vnd] om. M4 9 sand Iacob] Sanctʔ Iacobʔ sic M4 verzeucht] vereycht M3 10 niemans] nyemāt M3S*X5 Dauid] + also M4 12 vnd] om. M4 leit] laittet NM3M4 rechten] gerechten M4 13 su llen1] om. N vnd … su llen2] om. SM4 vnd] oder N 14–15 Vnd ander wort] om. M3*Y2Me1 15 ander wort] praem. vil N; arbaitt S; andˀ waid *X5 die] dˀ NS 16 leben] + vnd ebenpild N 17 wandeln] wandern *X2; om. Me1; wandelnˉ cet. 17–18 die warhait … pin] om. M4 18 ઀] vnd *X2; om. cet. petriege] betrewg M3(S)M2 niemans] nyemāt NSM2 pin] pins M3M2 Wann] vnd N; om. M3 19 ewig] om. M3 20 also1] als M4 gutleich] gro sleich N; gu tichleichē S 21 auch] euch M4 Da] praem. Vnd M4 Lernt] lern M1; lernē G; lernent W; lernt cet. ich] praem. wann NM3 22 senft] senftmutiges M3

212v

200

213r

Des sibenten mals entphecht er gar parmherzichleich die verren vnd die fro mden, wie wol sy in oft grossleich erzurnt haben. Vnd da von sprach er zu sand Peter, do er in fraget, ob er dem menschen | ains tags ze siben malen vergeben solt: »Peter, ich sprich, nicht ze siben malen, ich sprich zu sibentzig mal sibenmal«,a sam er spra ch: Wie oft sich der mensch pechert von seinen su nden, so wil ich in parmhertzichleich entphahen. Vnd da von sprach Ezechiel: »Zu welher zeit der mensch erseuft v mb sein su nd, so wirt er pehalten«,b daz ist, er wirt gutichleich vnd erparmhertzichleich entphangen. Wann du aber fragst, wie peweist got parmherzichait gegen den puessern, so wiss, daz er sy des ersten ledigt von allen vergangen sunden, daz er die also vertilgt, daz er ir nymmermer gedenken wil. Vnd da von spricht Ezechiel: »Ist, daz sich ain vnmylter mensch pecheren wirt von seinen sunten, so wil ich nymmer mer gedenken seinr su nd.«c Vnd das vertilgen pat 〈her〉 Dauid mit grossem ernste vnd sprach: »Herr, nach der manigualtichait deinr parmung vertilg mein su nd.«d Vnd da von ist vns der parmherzichait 〈gots〉 vnd seinr gnaden not, wann wir an die nichts gu ts vermu gen.

a Mt

18, 22

b Vgl.

Ez 18, 21; 30

c Vgl.

Ez 33, 14–16; 18, 26

1 entphecht] ›empfängt‹ verren] ›Fernen, Entfernten‹ ›aufseufzt‹ 8 pehalten] ›(vor dem Verderben) gerettet‹

d Ps

50 (51), 3

2 grossleich] ›sehr‹ 11 ledigt] ›befreit‹

7 erseuft]

1 sibenten mals] sibentemmals M1; –en mals cet.; + so M3 entphecht] om. –t– cet. 2 oft] + vnd NM3SM2 grossleich] gro ssleichnˉ N erzurnt] bechümert M2 3 fraget] fragte N ains tags] om. NS ze] om. M4 malen] mal M1; maln N; malnˉ M3S*X5G; maulen W; om. Me1 4 vergeben solt] ain tag sollt vergeben N Peter] Petre SM4 ich sprich zu] om. M3 sprich] spricht M1; om. W; sprich cet. 5 sibentzig mal sibenmal] syben und sibenczikg maln N*X5; sibnˉ mal M3; sibenczig malē sibē S sam] + ob S spra ch] sprach M1M3M2; sprechnˉ solt N; spra ch SM4WMe1; sprech G Wie] Als M4 sich der mensch] der mensch sich M3 pechert] chert M3SM2 5–6 pechert … su nden] von sundn chert N 6 parmhertzichleich] gna dikleich N entphahen] enphabnˉ M3; om. –t– cet. da von] + so M4 7 Ezechiel] Ezechielis *X5 zeit] stund *X3*Y2 su nd] mund M4 8 pehalten] enphaltnˉ M3 ist] + das SM4 gutichleich] gutleich *X5 vnd erparmhertzichleich] om. M3 erparmhertzichleich] parmherczikleichnˉ N; om. er– *X4 9 entphangen] om. –t– cet. 10 den puessern] dem pu esser N; den püsser M4 11 ledigt] erledig M1; ledigt N*X3; ledig vnˉ los machot *Y2; erledigt Me1 12 also] om. *X5 er] om. M2 12–14 Vnd da … su nd] 〈am Rand:〉 vnd da von spricht; 〈am unteren Seitenrand ergänzt:〉 vnd da von spricht esechiel ist daz sich ain vnmiltˀ mensch wechern wırt von seinē su nden, so wil ich nimmer mer gedenkchen seiner su nd M1 13 Ezechiel] Ezechielis *X5 sich] si M3 14 mer] om. M4 seinr] praem. chainer M3SM2 su nd] su nden N(M3) pat] vˀpot N; wirt *X5 15 her] om. M1; her cet. Dauid] + Da M4 16 manigualtichait] manigualtigthait M3; mainfeltikait M4 parmung] erparmūg S; parunnb oder parumb M4 vertilg] tilig ab M2 17 der] die N gots] om. *X2 〈ganzen Satz *Y2〉; gocz *X3; gots Me1 vnd … not] gar nott / vnd seiner genadenn M4 gnaden] genad M2 not] praem. gar S an die] daran N 18 gu ts] om. N

5

10

15

201

5

10

15

20

Des andern mals zeucht er den menschen von den gegenwertigen sunden. Vnd des ist vns not, wann ain puesser hat noch alle seine po s naigung vnd ain grosser ઀ auff das pos dann auff das gut. Vnd da von spricht Ieremias an dem .xxxi.: »Mit ewiger lieb hab ich dich lieb gehabt vnd von erparmhertzi-| chait hab ich dich zu mir gezo gen.«a Des dritten mals verhuet er die puesser vor chunftigen su nten, vnd das ist in auch gar not. Vnd daz pat auch her Dauid mit grosser pegyrd vnd sprach: »O herr, hilf mir vnd erparm dich v ber mich.«b Wann du nu furpas fragst, wie peweist got seine parmhertzichait gegen den, die nu in ainem wurkenden leben sint, so wiss, daz er sy dez ersten erleucht mit dem liecht seinr parmherzichait wider die vinsternu ss der irrung vnd des irrsals. Vnd des ist dem menschen not, wann er nicht allain mit sterk widersten mag, er mu s auch weishait haben, durch die vnd mit der er chünn vermeiden vnd entphlihen die posen listichait des tewfels, des leibs vnd der welt. Vnd da von spricht der weiss 〈man〉: »O herr, peweis vns das liecht deinr parmhertzichait.«c Vnd daz tut der herr getrewleich vnd gutleich, als sand Paul spricht: »Wir haben ainen getrewen got, der chainen menschen let versucht werden vber seine macht.«d Des andern mals so hailt er ir wunden vnd salbt sy, wann sy vor mit wein gewaschen sint, das ist, wann der mensch laid vnd rew hat v mb sein sund, so verleicht im got me gnad, das er furpas chainew schedleiche pegyrd wirt haben zu su lchen po sen dingen oder sunden. Vnd daz ist petewt wurden pey dem verwunten | menschen, dem der lieb Samaritan wein vnd o l in a Ier

31, 3

b Z. B.

Ps 24 (25), 16

c Sir

36, 1

dI

Cor 10, 13

1 zeucht] ›zieht‹ 9 furpas] ›weiter‹ 10 wurkenden] ›aktiven‹ 18 let] ›lässt‹ 21 me] ›mehr‹ 22 petewt] ›gezeigt‹

15 weiss] ›weise‹

1 zeucht er] zeuher M1; zeucht er cet. gegenwertigen] gegēbürtigē S; gegnˉ burtignˉ M2; gegenwütigen M4 2 alle seine] als ain N; albeg M3; ain M2 2–3 vnd ain grosser ઀] om. NMe1 3 grosser ઀] grossˀ pegird M1; grosse naigūg M3; grossere SM2; pösere grössere M4; grozzer G; ͡ M3 3–4 an dem .xxxi.] inˉ dem 31 N; om. M3S; 30 M4 gro sser W Ieremias] praem. p̡ phta an dem] om. M2 4 Mit] om. M3 dich] + do M4 4–5 erparmhertzichait] om. er– N*X3Me1; + wegen N 6 verhuet] behuettet M3 vor chunftigen su nten] von sűnden dy da chunftig sind M4 chunftigen] czw chunftigen M3 das] des S 7 in] im M3; om. M4 gar] got M3 daz] des SM4 pat] pot N auch2] om. N grosser] gantzer M1; om. *Y2; grosser cet. pegyrd] om. –d *X3 sprach] sprech M3 8 dich] + genädiclich M4 9 furpas fragst] ~ S furpas] om. M4 10 die] + da S nu] om. M3 11 wider] vnd M3 12 vnd des irrsals] om. S vnd] oder M3*X5 des2] das N*X4 14 er chünn] erchennen M4 chünn] mu g M1; chu nē N; chum M3; chu nn SMe1; konˉ M2; ku nni G; kunne W vnd] om. M2 die] dˀ S 15 vnd] + auch M4 von] + so S spricht] sprach M4 man] om. *X2; Salomon Me1; mā cet. peweis] erzaig M3 16 getrewleich] getrewleichnˉ S 17 gutleich] gu tichleichnˉ S Paul] pauls M3S; Paulus M4 18 versucht] verflucht M4 19 so] om. N vor mit] rott In M4 20 sint] ist M4 laid vnd rew] reẅ vnd laid S laid] lay M2 21 verleicht] verleich M1; –t cet. me] mer N*X3Me1 pegyrd] om. –d *X3 22 su lchen] frolichenn M4 petewt wurden] bewart beid〈?〉 M3 wurden] wardnˉ Me1; wordnˉ cet. 23 lieb] om. N vnd] om. M3

213v

214r

202

214v

seine wunden gos, als der herr Iesus sprach zu seinen iungern Luce an dem zehenten tail.a Des dritten mals so enthalt vnd verhu t er sy vor ze vil vnd ઀ grosser forcht in anfechtung, daz sy nicht vorzagen von manigualtichait oder von vil oder von grosse der anfechtigung, sam vil menschen tu n, die all zehant, wann die anfechtigung chumpt, vorzagent vnd sprechent, wir mu gen daz mit nichte gelassen, wir chu nnen sein nicht gemeiden vnd des gleichs vil, vnd setzent also ir vnmacht vnd vnweishait fu r die macht vnd weishait gots. Vnd got wil doch chainen gerechten menschen nymmer gelassen. Vnd da von spricht her Dauid: »Ich hab chainen gerechten menschen nie gesehen verlassen von got.«b Er wil auch mit nichte chains vergessen, daz er im nicht parmhertzig well sein. Vnd da von sprach der liebe Ysaias: »Nu vergist doch ain mu ter nicht irs suns, daz sy nicht erparmung v ber in hab. Also wil ich auch chains menschen vergessen.«c Wen du aber fragest, wie got seine parmhertzichait peweis gegen den, die in leiden sint vnd die auch parmhertzig sint gewesen, so wiss, daz er sy des ersten trost mit inwendigem trost der gnaden vnd der vnschult vnd mit seinr parmherzichait. Vnd da von spricht her Dauid: »Herr, du | hast mich getrost mit deinr parmherzichait.«d Vnd der wirt auch chainem parmhertzigen menschen an seinem end geprechen. Da von spricht der lieb Ieronimus: »Es ist vnmu gleich, daz der mensch ains po sen tods verterb, der a Lc

10, 34

b Ps

36 (37), 25

c Is

49, 15

d Vgl.

Ps 30 (31), 17; 85 (86), 17 4 vorzagen] ›verzagen‹ 5 vil] ›Vielzahl‹ 7 sein] ›es‹ (Gen.) 8 fu r] ›vor‹ 12 well] ›wolle‹ 15 Wen] ›wenn‹ 17 inwendigem] ›innerem‹ 19 der] d. h. Barmherzigkeit (Gen. Sg.) 20 geprechen] ›fehlen, mangeln‹ 1 als] Abˀ *X5 der] vnsˀ M3 Iesus] + xp– us N*X5; om. M3 sprach … iungern] zu seinen Iungern sprach N 1–2 an dem zehenten tail] 10 N; am x tail M2; am x capitel M4 3 mals] mal M1; mals cet. vnd verhu t er] er sÿ vnd vˀhüet M4 verhu t] behuttet M3 ze vil] zweifel M1; zeuil cet. ઀] vor M1; ze N; om. cet. 4 forcht] porcht M2 anfechtung] manigˀ anfechtigung N vorzagen] verczagnˉ cet. von] vor M1M4; om. Me1; von cet. 4–5 manigualtichait … anfechtigung] manigualtiger sorg N oder … von] vnˉ S 5 anfechtigung] anuechtūg M3SM2 menschen] om. N zehant] + verzagent M3 5–6 all zehant … chumpt] als pald so sy in anvechtigung ko ment N 6 anfechtigung] anfechtūg *X4 vorzagent] verczagent NM4; vgl. nach zehant M3; so vˀczagē sÿ SMe1; so verczagencz M2; vˀzagent sy *Y2 daz] des SM4 7 nichte] + nit M4 gelassen] lassen N chu nnen] mu gen M1; chu nen N; chunnen M3M2; chünnē SM4; ku nent *Y2; om. Me1 gemeiden] vˀmeidnˉ M3S gleichs] geleich M3S (M2); geleichen M4 8 vnweishait] praem. Ir N fu r] vor M1; fur M3M2G; fu r cet. 9 nymmer] nicht N gelassen] verlassen N*X4; + wernˉ M3 10 von] + So M4 gerechten] rechtnˉ NM2 10–11 gesehen verlassen] gelassen sehen M3 11 chains] + menschnˉ M3 daz er] om. M4 12 nicht] + wil M3; nichcz M4 well] wil M3M4 Vnd] om. M4 sprach] sp'cht S Ysaias] Ieremias M4 Nu ] vnd M3 13 ain mu ter nicht] nicht ein mueter M4 su ns] chindes M3(S) erparmung] parmūg NM4 in] es M3S hab] hat N 14 ich] er N vergessen] praem. nit S 16 sint2] sein NM3 17 inwendigem] innigem M3 18 da] om. M4 Herr] om. N 19 der] dy˙r M4 auch] om. M3; praem. doch M4 chainem] chainen M1; chainem NM4Me1; chainē M3SM2; anders *Y2 20 parmhertzigen menschen] parmherczigkait M4 21 Ieronimus] Ieremias M4 ist] + ist M4 verterb] sterb M3

5

10

15

20

203

5

10

15

vil gu ter ding vnd werch der parmhertzichait getan hat, wirt er anders an seinen lesten zeiten also erfunden.«a Des andern mals wil er sy gu tleich entphahen, wenn sy arm oder ellend sint vnd versmecht. Da von spricht her Dauid: »Der herr verhu t die ellenden vnd die her chomen, vnd die witben vnd die waisen wirt er entphahen.«b Wann recht so vil der mensch hie in den weltleichen dingen mer trost vnd herwerg sucht, so vil mus er des geistleichen trosts vnd der genaden gots enpern. Da von spricht sand Bernhart, der su ss lera r: »Der trost gots ist also zart, daz er niemantz geben wirt, der ain andern 〈trost〉 hat.«c Des dritten mals will er sy laben vnd wider pringen, wann sy mu d vnd geprechenleich sint leipleich. Vnd daz tut er mit aim gaistleichen trost, daz er in zu erchennen gibt, wie vil nu tz sy erchriegent mit gedult in irem leiden. Da von sprach er: »In ewr gedu lt werdet ir ewr sel pesitzen.«d Vnd wann got sulche durftichait sicht an dem menschen, so erparmt er sich ye u ber in. Vnd da von sprach er, do im das volk pis an den dritten tag het nachgevolgt vnd chomen waren pis auff | den perg vnd waren durstig, mu d vnd hungrig: »Mich erparmt daz volch vnd wird ich sey also lassen gen, so

a Das

nicht auffindbare Hieronymus-Zitat erscheint unter dessen Namen auch im Quadragesimale Admontense, 13, S. 86, Z. 4–12: Non estimo nec in memoria habeo, quod unquam mala morte posset mori, quis fuit misericors […] Non possum memorari, quod misericors mala morte posset mori; vgl. Tb 4, 11 und dazu etwa Caesarius von Arles, Sermones, CCSL 104, 158, 5: Tenete ergo vos ad elimosinam vel misericordiam: quia elimosina a morte liberat, et operarium suum non permittit ire in tenebras; allgemeiner vgl. Augustinus von Hippo, De disciplina Christiana, 12, 13, Z. 332 und passim: non potest male mori, qui bene uixerit; ders., Sermones de scripturis, 249, 2, Sp. 1162: si bene vixeris, male mori non poteris b Ps 145 (146), 9 c Vgl. oben S. 141, Z. 11–12 d Lc 21, 19

1 anders] ›übrigens; sonst; noch einmal‹ 2 also erfunden] ›so vorgefunden‹ 5 her chomen] ›Fremden‹ 7 herwerg] ›Beherbergung‹ 8 enpern] ›entbehren‹ 11 wider pringen] ›wiederherstellen, erfrischen‹ 15 durftichait] ›Bedürftigkeit‹ 18 sey] ›sie‹ 1 er] ez M2 anders] + wirt er anders M3 an] in M4 2 also] om. M4 3 sy] sich M3 gu tleich] gu tichleich S entphahen] om. –t– cet. oder] om. S; vnd M4 4 sint vnd versmecht] vnd vˀsma cht sind N; odˀ versmächt sind S Da von spricht] om. M4 spricht] sprach M3 her] der M3 verhu t] behu tetet N; pehut M3(S) 5 her chomen] hercho mendnˉ N; her chomēt M2 die3] om. S 6 entphahen] om. –t– cet. den] om. M2 8 von] + So M4 sand Bernhart] Sctus͡ B'nhardus M4 der su ss lera r] om. M4 9 gots] + der M4 niemantz] om. –z SM4 ain andern trost] ain ander M1; ain andrnˉ trost N(W); ainē andernˉ trost M3S(G); ain andˀn M2; ainen andernˉ M4; andˀn trast Me1 11 laben] habnˉ M2 vnd] om. M4 12 geprechenleich] gebrechleichnˉ N; geprechleich M2; geprechenlichnˉ M4 sint] + vnd M4 13 zu] czeit M4 irem] irnˉ M3 14 er] dˀ hˀr N ir … pesitzen] besicznˉ ewr sele M3 15 durftichait] gedultikait M3 erparmt] erparm N ye] om. M3M4S*Y2Me1 16 er] vnsˀ hˀr S; Ihesus cristus M4 pis] vntz NM3 17 pis] vntzt N durstig] + durstig N 18 Mich] mir M2 erparmt] erparm M1; erparmt NM2; erparmet M3S(*Y2); erparmbt M4Me1

215r

204

215v

werden sy verterben«,a sam er sprach: Sy sint mir verlassen, ich wil in ze hilff chomen. 〈Vnd〉 da von speiste er sy. Wann du ઀ furpas fragst, wie got seine parmhertzichait peweis gegen den, die da wol lebent vnd gu te werch wurchent, so wisse, daz er sy des ersten gar liepleich mit seinr gnad fu r chumpt, wen sy ichts gutes anheben, daz sy es zu aim gu ten ende pringent vnd daz sy nicht ablassig werden. Vnd da von spricht her Dauid: »Herr, dein parmhertzichait fur chom vns schir oder alzehant.«b Vnd aber spricht er an ainr andern stat: »Herr, deine parmherzichait habent mich fu r chomen.«c Vnd das geschicht, wann der mensch ainen gu ten willen hat gutew ding ze tu n, daz er das ze werchen pringt, wann an das geschach im recht sam ainr frawen, die ain frucht entphecht vnd ઀ gepirt ain tots chint. Vnd da von spricht sand Iacob: »Der glaub an die werch ist tod.«d Des andern mals so chu mpt er in parmhertzichleich zu hilff, wann sy in der arbait sint, daz in nichtz geprech vnd daz sy nicht abelassen. Vnd da von spricht her Dauid: »Herr, dein parmhertzichait hat mir gehulfen.«e Des dritten mals lait er sy zu aim guten ende, daz sy vol|harren vnd an guten werchen sta t peleiben. Vnd daz ist not, wann es sey dann, daz der mensch volharr vntz an das ende, so wirt er nicht pehalten. Vnd da von sprach her Dauid: »Lieber herr, deine parmherzichait volgt mir nach«,f sam er sprech: Sy hilft mir zu aim gu ten ende.

a Mt

15, 32; Mc 8, 2 b Vgl. Ps 58 (59), 11; 78 (79), 8 (40), 12 f Ps 22 (23), 6

c Vgl.

ebd.

d Iac

2, 26

e Vgl.

Ps 39

1 verterben] ›zu Schaden kommen; sterben‹ verlassen] ›zurückgelassen, überlassen‹ 5 fu r chumpt] ›(ihnen) zuvorkommt‹ ichts] ›etwas‹ anheben] ›anfangen‹ 6 ablassig] ›ablassend‹ 8 aber] ›wieder‹ 15 arbait] ›Mühsal, Not‹ 17 lait] ›leitet, führt‹ volharren] ›ausharren‹ 18 sta t] ›beständig, treu‹ 19 vntz] ›bis‹ 1 werden sy verterben] verderbnˉ si M3 sam] + ob S sprach] spra ch NSMe1W; sprëch M3; spra chi G mir] om. M2 verlassen] gelassen M4 2 Vnd] om. M1; vnd cet. speiste] speist *X3 3 ઀] nu *X2; abˀ SM4; om. cet. peweis] peweist S 4 sy] in NS; om. M3 5 ichts] ettwas N; ich M3 6 ablassig] ablassūg M3 7 fur … schir] cho m vns schir fu r M2 8 alzehant] zehant M4 er] om. M3 10 werchen] praem. den M3 pringt] pring S 11 geschach] geschech M3W; gescha ch cet. recht] om. M3 entphecht] om. –t– cet. 12 ઀] vnd M1 Vnd] om. S spricht sand Iacob] sprach Sctus ͡ Iacobus M4 13 ist] + do M2 14 so] om. N*X4 er] om. S parmhertzichleich] parmhertzichleichen M1; parmhert– hˀrczichait S; om. *Y2 zichleich NM2Me1; parmherczikait M3(M4); di parm 15 nichtz] nicht N*X4; nit M3 geprech] zerprist M2 nicht] icht N 16 gehulfen] om. *Y2; geholffen cet. 17 mals] + so M3 lait] lat M1; layt NM2; laittet M3; laitt SMe1; laÿtet M4; anders *Y2 daz] + ist not M3 volharren] wol harrnˉ M2 18 daz1] des N daz2] dˀ M2 19 mensch] + nicht M4 volharr] volharrt N; wol ho r M2 vntz] bis N(SM2); hūnczˀ bis M4 an] om. M3 so] su nst S 20 sprach] om. M3; spricht M4 Dauid] 〈darüber:〉 ysaias M4 parmherzichait] + die M4 volgt] volg S; volig M2 21 sam] praem. Rech da M4 er] om. M3 sprech] sprach M3*X5 hilft] helf *X5

5

10

15

20

205

5

10

15

20

Wenn du nu furpas fragst, wie peweist got sein parmhertzichait an dem pelonen, so wiss, das er ewichleich an ende parmherzichleich 〈sy〉 pelonen wil, iegleichs 〈chlain〉 gut hundertfaltichleich zu vergelten vnd dar zu das ewig leben ze geben. Vnd da von spricht der lieb Ysaias: »In ewiger parmhertzichait hab ich mich v ber dich erparmt.«a Auch wirt er sy pelonen parmhertzichleich nach disem leben mit dem ewigen leben, vnd sunderleich an dem lesten tag sel vnd leib wider verainen vnd lebentig ઀ machen, vnd auch in diser zeit mit gnaden vnd freuntschaft des almechtigen gots. Das pat her Dauid vnd sprach: »Herr, mach mich lebentig in deinr parmhertzichait.«b Vnd an ainr andern stat spricht er: »Herr, dein parmherzichait chumpt mir, so werd ich leben.«c Aber des lesten mals wirt er sy in der ewigen glori vnd frewd mit sunderleicher parmherzichait pechronen. Vnd da von spricht ઀ aber her Dauid: »Er wirt dich mit parmherzichait vnd mit vil erparmung pechro|nen.«d Vnd von der grossen parmhertzichait wegen, dy ietzunt erzelt sint, die got den parmherzigen menschen wil peweisen, mag man wol sprechen: »Saelig sint die erparmherzigen, wann sy werden parmhertzichait vinden«, daz ist hie in 〈der〉 zeit in genaden vnd nach disem leben das ewig leben in glori. Des helf vns got. Amen.

a Is

54, 8

b Ps

118 (119), 88; 159

c Ps

118 (119), 77

d Ps

102 (103), 4

2 an ende] ›ohne Ende‹ 1 wie] + wie M2 1–2 dem pelonen] den belonern *X4 2 er] + sy N ewichleich] ewigkleichnˉ N parmherzichleich] parmhˀrczikleichnˉ N sy] om. M1; sy 〈nach er N〉*X3〈in umformuliertem Kontext *Y2〉; in 〈nach er〉 … 〈wil lanen〉 Me1 2–3 pelonen wil] ~ M4 3 iegleichs chlain] ietzleichs M1; yegleiches N; yglichnˉ cklain M3; ÿegleich chlain *X4; om. – chlains Me1 3–4 das ewig] ebigs M4 4 Vnd] om. SM4 spricht] spch S *Y2; Isleichm ewiger] dˀ ewignˉ M2 5–6 sy … parmhertzichleich] in lonent parmherczigkait M4 6 mit dem ewigen] das ewig M3 7 sunderleich] wesunderlich M4 tag] + so wirt er NMe1; + so ઀ sich SM4 verainen] + sol SM4 ] ze M1M3; om. NM4Me1〈anders *Y2〉; zü S(M2) 8 diser] der M4 8–9 vnd² … gots] dˀ go ttleichnˉ frewntschafft N 9 Das … sprach] Dauon sprach her Dauid M4 Das] des N pat] om. M2 10 an] + an S 11 chumpt] chom M3; cho m S leben] lebendig M3 mals] om. N 12 sunderleicher] fűderlicher M4 pechronen] chronen M3; chro nen S 13 ઀] er M1; om. cet. her] om. M3 14 erparmung] parmūg NM3M4 pechronen] chro n N; chro nen M3 15 Vnd] om. M4 ietzunt] yetzo N; yecz M3 16 den] dem M1; om. *Y2; den cet. wil peweisen] ~ M3 peweisen] praem. erczaigen odˀ N mag man] praem. in M3; praem. da vō S; ~ M2 17 Saelig … erparmherzigen] om. M3 erparmherzigen] om. er– N*X4Me1; om. den ganzen Absatz *Y2 18 der] om. *X2; der cet. in2] mit S das ewig leben] in dem ewignˉ lebnˉ M3; om. M2 18–19 das … glori] dÿ glori des ewigē lebēs S in glori] in dˀ glorÿ N; om. M4 20 Des … got] om. M4 got] + allen S \/\

216r

206

4.6 Die sechste Seligpreisung Nv von der sechsten saelichait.

216v

Als der herr sprach: »Saelig sint die reinen des hertzen, wann sy werdent got sehen.«a Vnd mit dem wort, daz er spricht »saelig«, da maynt er das hochste vnd das pest, durch daz der mensch zu saelichait in zeit vnd in ewichait perait mag werden. Die reinichait, von der 〈er〉 spricht, die wurkt die sechst gab des heiligen geists, das ist verstentleichait vnd vernunft, durch die der mensch erleucht vnd verstentleich wirt zu erchennen vnd ze achten vnd war nemen der ding, der er vor nicht erchant noch war genomen hat von sunt vnd poshait wegen, die in verplent hat, das er der gotleichen ding vnd die im not wa ren zu seinr sele saelichait nicht erchent noch war genomen hat. Der herr hat sy an die sechsten stat gelegt von des wegen, wann niemans chomen mag zu reinicheit des herzen, er hab dann die funff vor genanten tugent. | Auch hat er sy an die sechsten stat gelegt von des wegen, daz sy grosser ist dann der andern chaine, wann got sehen ist grosser dann das reich der hymel haben oder daz erdreich pesitzen oder getrost oder ersett werden oder dann parmherzichait vinden. Wann got ist ain sulleich gu t, daz ઀ ain iegleiche creatur, die in siecht, hat, was sy vernunftigchleich pegeren mag. Vnd da von spricht sand Augustein: »Das sehen ist daz gantz lon.«b

a Mt

5, 8

b Vgl.

2 Als] ›so ‹

S. 145, Z. 9

5 perait] ›vorbereitet, gerüstet‹

16 ersett] ›gesättigt‹

1 Nv … saelichait] praem. von der vj saligchait N; + DIe sechst sa lichait S; Dy sechstnˉ salichayt hebt sich an M2; Das ist dy sechst parmherczikait M4 Nv] om. NM3S 2 herr] lerar M1; herrˀ N; herr xp– us Me1; herˀ cet. 3 sehen] sehent M4 saelig] + sind dÿe M4 er2] + mite M3 4 vnd1] + auch M4 zeit] praem. dˀ *X4 in2] om. M4 5 werden] + das ist S reinichait] + aber M3SM2 er] om. M1〈fast den ganzen Absatz *Y2〉; er cet. spricht] So spricht er / das M4 wurkt] wu rkche N 6 heiligen] heiling M4 verstentleichait] verstenttikait N(SM2); vˀstantigkait M4 8 der1] dÿ S der2] dy S erchant] erchennet N; + hat M2 8–9 noch … verplent] om. M4 9 poshait] praem. von NM2 verplent] erplendet M3 10 wa ren] warē SM2 12 die] der *X2; dy cet. niemans] nyemāt *X4 13 mag … herzen] zu rainikait des hertznˉ mag N funff vor genanten] benannten fūnff M4 14 tugent] praem. ding odˀ N die] der *X2M3; die *X4Me1; *Y2 anders, aber vgl. oben 15 chaine] chainr *X2; chainew M4; dehain G; dehaine W; chaine cet. got sehen ist grosser] ir lon ist auch grosser danˉ dˀ andˀn chainer wanˉ got sehē ist grösser SM4; ir lon ist auch grozzˀ M2; er lon gro zer ist 〈in verändertem Kontext〉 *Y2; ir lan ist grozzer Me1 dann2] wān *X5 15–16 das reich … haben] ze haben das reich der hyml˜ M3 16 hymel] hymeln M1; om. *Y2; himel cet. haben] praem. ze N pesitzen] praem. ze N getrost] + wˀdē S 17 parmherzichait] parmhertzig N 18 ઀] in *X2; om. cet. hat] om. M2 19 sand] Sāctus M4 Augustein] Augustin NSMe1; Augustinʔ M3*X5*Y2

5

10

15

20

207

5

10

15

Wer auch, daz ain mensch die andern funff all hiet, so wa r er doch noch nicht volchomen. Vnd da von spricht er: »Saelig sint die rainen des hertzen, wann sy werdent got sehen«, recht sam er spra ch: Das ist volchomner dann der andern chains. Er spricht auch mit pesunderheit »die rainen des hertzen« ઀, nicht des mundes noch des leibs auswendig. Vnd spricht auch nicht ainualtichleich »die rainen«. Er spricht newr »die rainen des hertzen«, vnd tut das von der gleichsna r wegen, die da auswendig raine vnd gezieret sint sam die gemalten greber vnd doch inwendig stynckent sint von su nten vnd von po shait.a Vnd da von ઀ sint sy nicht saelig, wann der herr Iesus Christus hat in das ewig we gewunscht,b wann chain sulchew auswendige rainichait ist genu g zu saelichait, sunder es mu s ein hertzleich vnd ઀ gotleich maynung sein. Vnd | da von ist 〈es nicht〉 genug rainichait der worten oder der gedancken oder der werchen, wann das hertz ist das aller edlist glit an dem leibc vnd ain werch zeug der sele vnd ain wurtzel alls u bels vnd gutz, daz der mensch tut. Vnd da von wann es rain ist, so ist das ander alles rain vnd nicht wider v mb. Vnd da von spricht her Dauid: »Der herr wirt dir

a Vgl.

Mt 23, 27 b Vgl. ebd. c Vgl. Bartholomaeus Anglicus, De proprietatibus rerum, 36, S. 184: cor autem inter omnia membra nobilissimum est

1 Wer] ›wäre (es der Fall)‹ hiet] ›hätte‹ 3 sam] ›als ob‹ 4 pesunderheit] ›besonderem Nachdruck‹ 5 auswendig] ›äußerlich‹ 6 ainualtichleich] ›einfach‹ newr] ›nur‹ 7 gleichsna r] ›Heuchler‹ 8 sam] ›wie‹ inwendig] ›innerlich‹ 10 das ewig we] ›den ewigen Schmerz‹ 12 gotleich maynung] ›gottgemäße Absicht‹ 17 wider v mb] ›umgekehrt‹ 1 Wer] + es N daz ain mensch] ein mēsch das S mensch] + der M4 funff] + sa lichait S all] auch M2 doch noch] dannoch S; doch M4 2 rainen des] aines raÿnen M4 3 sam] + ob N spra ch] sprach M1M3M2; om. *Y2; spra ch cet. 4 pesunderheit] sunderhait S 5 ઀] vnde M1; om. cet. noch] oder M3 6 ainualtichleich] ainvelliklich M3 die rainen] der rayn N rainen1 … newr] om. M3 newr] om. S 7 raine] om. –e cet. 8 stynckent sint] stincken si M3; stinckēt sÿ S; nichcz sind M4 von] vor S 9 von1] om. S ઀] so *X2; om. cet. der] vnser N 10 we] praem. ach / vnd M4 auswendige] vberwendige M1(M3); auswendige N(SM2); auswendigkait oder sölichew M4; om. Me1〈ganzen Satz *Y2〉; oder doch vberwendige als lectio difficilior, obwohl in der Bedeutung ›äußerlich‹ nicht belegt? 11 hertz઀ leich] herczenliche M3; hˀrczēleiche SMe1; hˀcznˉ leich *X5; om. *Y2 ] ein *X2; om. cet. 12 gotleich maynung] gru ntleiche raÿnichait S; gotleiche rainnigung Me1 13 es nicht] om. M1; es N*X5; es nicht Me1S(M3); anders *Y2 worten] wort NM3S(Me1)〈im Nom. Pl. wort *Y2〉; ähnlich bei gedancken und werchen 13–14 worten … werchen] zum en-Pl. von wort vnd werch vgl. FG § M 29 Anm. 3 14 oder der werchen] om. M3 15 werch zeug] werch gezeug *X2; om. *Y2; om. ge– cet. ain2] om. M3 wurtzel] wurcz M4 16 alles] als NM3M4 16–17 vnd … v mb] om. M3

217r

208

217v

dancken nach deinem hertzen.«a Vber daz wort sprichet der liebe Ieronimus: »Die maynung macht das werch pos oder gut.«b Vnd wann die maynung aus dem hertzen get, ist dann das hertz rain, so ist ઀ die maynung gut. Vnd da von ઀ spricht er: »Saelig sint die rainen des hertzen.« Wann du aber fragest, wie manig vnrain vnd vntugentleich hertz sey, so wiss, daz ir wol sechzehen sint, leipleich vnd geistleich. Das erst ist ain vinster vertumbert hertz mit posen flussen. Aber geistleichen so sint all hertz der vnglaubigen menschen, vnd die mag man rain machen mit ainem christenleichen glauben. Da von spricht Lucas: »Mit dem glauben so raint der herr die hertzen.«c Das ander hertz ist naturleichen chalt, sam die alten haben. Geistleichen sint die hertz, die chain gotleichew lieb oder wenig haben. Vnd die sint dem ewigen tode gar nahent, | sam die alten dem naturleichen tod sint. Daz dritte hertz ist petru bt vnd trawrig, vnd durch das wirt sel vnd leip verterbt. Geistleich sint es die, dy chain gut hoffen ze got habent. Vnd wider die spricht her Dauid: »Mein hertz hat sich gefrewt in dem herren.«d Das vierd ist ain torecht hertz vnd ain vnweis, leipleich vnd geistleich. Vnd von dem spricht der weis 〈man〉: »Das hertz des toren ist recht sam ain geprochens vas«,e wann in im peleibt chain feuchtichait der gnaden a Ps

19 (20), 5 b Das bei Hieronymus selbst nicht auffindbare Zitat wird ihm in einer ähnlichen Form bei Sedulius Scotus, Collectaneum miscellaneum, 13, 26, 46, Z. 172, zugeschrieben: Tale erit opus tuum, qualis fuerit intentio tua; nach Hermann von Reun, Sermones festivales, 81, 4, Z. 148, stammt der Spruch von Ambrosius; vgl. auch Augustinus von Hippo, Enarrationes in Psalmos, CCSL 38, 31, 4, Z. 7: Bonum enim opus intentio facit; Isidor von Sevilla, Sententiae, II, 27, 1, Z. 1–2: Si ergo intentio eius bona est, et opus intentionis ipsius bonum est c Act 15, 9 d Vgl. Ps 12 (13), 6; 32 (33), 21; 34 (35), 9 e Sir 21, 17 7 vertumbert] ›abgestumpftes‹ mit posen flussen] ›durch böse Einflüsse‹ ›macht rein, läutert‹ 13 nahent] ›nahe‹

10 raint]

1 Vber] praem. Vnd M4 wort] + so S liebe] sād S; + hˀr M2 1–2 der liebe Ieronimus] Sctus ͡ Yeremias M4 2 Vnd wann] 〈durchgestr.:〉 vnd wenˉ 〈eingefügt:〉 dar vmb das S wann] om. M3; dar vmb daz *X5 3 maynung1] mainigung M3 ઀] auch *X2; om. cet. maynung2] mainigūg M3 4 ઀] so M1; om. cet. 5 du] om. M4 aber] + fürbas M4 6 leipleich] + en M3; leÿplichnˉ M4 7 vinster vertumbert] vervinster ver– M1; vˀvinstertz vnd ain verstokchtz N; vinster ver– M3SM2; vinsters ver– M4Me1; tu nkel verfinstert *Y2 8 geistleichen] om. –en NM3SM4 sint] + es M3 all hertz] alle hercznˉ M3 9 machen] gemachnˉ N christenleichen] praem. rain N; christlichen M4 10 raint] rainiget N; raÿnigt *X4 11 Das ander hertz] om. M3 ist naturleichen] naturlich ist M3; natürleich ist SMe1; naturleich ist M2; natu rlich ist M4; om. ganzen Absatz *Y2 haben] hebēt M4 Geistleichen] om. –en NM3S; praem. Aber N; praem. vnd M3 12–15 sint die hertz … Geistleich] om. M4 12 sint1] + es M3 oder] om. N 13 alten] + menschnˉ N; praem. allen M3 sint] om. S 14 das] + so N 15 verterbt] verderben M3M2 Geistleich] gaistlichnˉ N(M2); + so S die] om. SM2 gut] got M2 hoffen] hoffnūg NM4 habent] nye habnˉ t gehabt N 16 die] om. M3; + dÿ do M4 dem] den M3 17 ain2] om. N leipleich vnd geistleich] leipleichs vnd geistleichs M1; gaistlich vnd leipleich N; jeweils om. –s M3SM2Me1; leiplich vnd geistich M4; anders *Y2 18 Vnd] om. *X4 von dem] do vō M3 man] om. *X2; Salamō M2(Me1); mā cet.; + das M3 des] dˀ SM2 19 geprochens] zeprochens N(S); zerprochnˉ s M2

5

10

15

209

5

10

15

20

gots. Wann sy habent chain fu rsichtichait auff das chunftige leben. Da von spricht sand Pau l: »Der herr lait ewre hertz.«a Wann die weil sy von den sunden gelait werden, so mag die genad noch das wort noch die ler gots chain stat in dem menschen nicht gehaben. Vnd die hertzen sullen mit weishait zu rainichait gelait werden. Wann aber wenig weisheit auff erdreich ist, da von so »ist der toren ane zal«,b als der weis man spricht. Das funft vntugentleich hertz ist eytel vnd vppig vnd leichtfertig. Vnd daz sint die menschen, die nicht achtent der gerechtichait weder gegen got noch ઀ gegen in selben noch gen irem na chsten, 〈mer〉 si sint all zeit pereit zu weltleicher eytelcheit. Vnd da von sprach der liebe Ieremias: »Ain iegleicher ist gegangen nach der eytelchait seins hertzen.«c Vnd von in spricht | auch her Dauid: »Ir hertz ist eytel.«d Vnd die menschen erchent man an eyteler rede vnd pesunderleich an swern vnd schelten, wann »von v berflussichait des herzen rett der mund«.e Das sechst ist ain plodes vnd ain amechtiges hertz. Geistleich sint es die menschen, die zu chainen dingen, dy zu gotleicher ere gehorent, geschicket sint, mer zu fleischleichen vnd weltleichen dingen, sam vil menschen, wann sy ain chlain weil sullent peten oder ander gute ding tu n, so mu gent sy nicht mer. Sullent sy aber durch weltleicher eytelchait ain gantz nacht v berwachen, daz tunt sy mit lust. Vnd sulche hertz mu s man mit der gotleichen sterck vestenen vnd sterken. Da von sprach her Dauid: »Herr, sterk vnd vestne mein hertz«,f daz ist mit geistleichen tu genden vnd wappen, a II

Th 3, 5 50 (51), 14

b Ecl

1, 15

c Vgl.

Ier 2, 5; 7, 24; 9, 14; 11, 8

d Ps

5, 10

e Lc

6, 45

f Vgl.

Ps

1 fu rsichtichait] ›Bedacht; Voraussicht‹ 2 die weil] ›solange‹ 3 gelait] ›geleitet‹ 7 vppig] ›eitel, übermütig‹ 13 swern] ›Schwören‹ 14 v berflussichait] ›Überfluss‹ rett] ›redet‹ 15 plodes] ›schwaches, schwächliches‹ amechtiges] ›kraftloses‹ 16 geschicket] ›geeignet; vorbereitet, bereit‹ 20 v berwachen] ›durchwachen‹ 21 vestenen] ›festigen, standhaft machen‹ 22 wappen] ›Waffen‹ 1 Wann … auff] om. M4 habent] hab M3 fu rsichtichait] fruchtichait *X2; fursichtichait M3; fu rsichtichait SMe1(W); fu rsustichait M2; vorsichtikait G 2 sand Pau l] Sāctus Paulus M4 Pau l] pauls M3S lait] laittet M3 ewre] ewr M4 3 sunden] sundˀn M1M2; anders *Y2; om. –r– cet. gelait] gelaidigt N das] + reich dy M3 4 dem] den M2 nicht] om. *X5 5 Wann] om. M4 aber] + es ist M4 6 erdreich] dˀ erdē S ist1] + vnd M4 ist2] om. S 7 vntugentleich] vntawgleich N 9 noch] oder M4 ઀] auch ergänzt am Rand M1; om. cet. in] im M3 selben] selbs M3M2 noch2] + auch auch S irem] irnˉ M3 mer] om. M1〈ganzen Satz *Y2〉; Sundˀ NM3; mer *X4; vnˉ Me1 pereit] om. M3 10 Vnd] om. M3 von] om. M2 sprach] spricht M4 Ieremias] Ieronimus S 11 iegleicher] yedleichˀ M2 in] im *X5; + so M4 12 auch] om. M3 erchent] erchāt M2 13 pesunderleich] sunderleich N (M3)SM2 schelten] praem. an NM3*X5 15 ain2] om. N amechtiges] ainfaltigs N; anmächtigs M3(M4) es] om. *X5 16 chainen] chlainen M1(Me1); om. ganzen Satz *Y2; chainen cet. dy] + got M2 gotleicher ere] gotlichen eren M3 16–17 gehorent … sint] geschikcht sind vnd gehornˉ t N 17 sint] + sÿ M4 mer] Sundˀ NM3 fleischleichen] vleissen M4 vnd] + zu N; om. M2 weltleichen] wertlichnˉ M3 19 weltleicher eytelchait] der werlt v ppichait M3; + willē S 20 v berwachen] + vnd M4 21 vestenen] festen *X3 sprach] spricht M4 her] om. M3M2 22 vestne] fest *X3 wappen] + mich N

218r

210

218v

recht sam ains ritters sun durch seinen vater, der wol mu tig ist, wirt gefestent. Das sibent hertz ist vngemeistert, sam der fra ssigen vnmessigen menschen hertzen sint leipleich vnd gaistleich, wann sy sint so gar vngezogen, daz sy chain rede noch predig nicht pewegen mag, daz sy von iren su nden liessen durch dreuunge der ewigen pein noch durch verheissen des ewigen lebens. Vnd von den spricht der liebe Iob: »Ir hertz ist ledig vnd muessig von aller disciplin vnd maisterschaft.«a | Vnd die hertzen mu s man mit pehutsamchait der funff synn pewaren,b vnd sunderleich mit messichait essens vnd trinckens. Vnd da von spricht Seneca: »Ain maisterinn aller synn ist messichait.«c Das achte vntugentleich hertz ist po s, als der menschen hertz, die all zeit mit vncha usch vnd mit anderer po shait sich pechummerent, vnd sunderleich die all ding ee zu dem po sen denn zu dem pesten auslegent, ob sy nu wol gu t sint, vnd daz ist ain wares zaichen ains po sen hertzen. Vnd da von spricht der liebe Ieremias: »Des menschen hertz ist po s vnd vnerforschleich vnd wer wırt es erchennen?«,d sam er spra ch: Niemantz. Vnd all zehant darnach spricht er in der person gots: »Ich, der herr got, erfo rsch die hertzen vnd nieren der menschen.«e Vnd die hertzen mu s a Iob

17, 4 b Zu den fünf Sinnen vgl. Vom christlichen Leben, hier S. 277, Z. 20–25 c Vgl. Cicero, Tusculanae disputationes, V, 14, 42: temperantia […] quae sit moderatrix omnium commotionum d Ier 17, 9 e Ier 17, 10

3 vngemeistert] ›unbeherrscht, undiszipliniert‹ 6 dreuunge] ›Androhung‹ 8 maisterschaft] ›Zucht‹ 9 pehutsamchait] ›Bewachung‹ 13 vncha usch] ›Unkeuschheit‹ 14 ee] ›eher‹ 1 su n] su ns M1; Sun NM3M4; su n SM2; anders *Y1 wol mu tig] wol gemu tig M1; wolgemu t N; wol mutig M3; wol mütig *X4; anders *Y1 wirt] + do M2 2 gefestent] gefestend M1; anders *Y2; gevestent cet. 3 vnmessigen] vnmuessigen M3 4 hertzen] om. M3 5 liessen] + weder S 6 dreuunge] om. –e N*X3Me1; anders *Y2 verheissen] verhaissung M3 des ewigen lebens] das ewig lebnˉ N 7 von den] da von M3S; da vō den M2 spricht] om. M2 der liebe] om. M3M4 Iob] herr sand iacob S; Iacobe M2; Sandt Iacobus M4 8 disciplin] zucht M3 man] om. M4 9 pehutsamchait] behuetsamichait M3 mit] om. N 10 essens] essen M3 Seneca] + Ain maister N; senica M3 maisterinn] maister M3 aller] + fünff *X4 11 messichait] praem. weyßhait vnd M3 12 Das] Des M1; Das cet. vntugentleich] vntawgleich N; vnta wleich S; vntaugenlich M4 als] aller M4 zeit] + sich M4 13 vncha usch] vnchawschait N(M3*X5) anderer po shait] andernˉ poshaiten N anderer] andˀn M1; ander M3; andrˀ SM2; anderˀ M4Me1; anders *Y2 pechummerent] bechumert M2 14 sunderleich] wesunderlich M4 die] om. M2 ee] om. M3; ez M2 denn … pesten] om. M3 pesten] gu ten M1; pessern NM2; pestē SM4Me1; om. den Teilsatz *Y2; ich bevorzuge pesten als lectio difficilior, vielleicht als Wortspiel beabsichtigt 15 nu ] om. M3; im M4 wares] wassˀ M3 16 der liebe] om. M3SM4 Ieremias] + also M4 17 vnerforschleich] ervorchtlich N (*X5); vner M3; forichtleich S Niemantz] nÿemāt S 18 all] om. M4 darnach spricht er] spricht er darnach M3; so spricht er darnach M4 der herr got] got der heˀr M3; om. S got] gotes M2 19 nieren] innerē M1; in ern N; dy nyren M3; nÿerē *X4(Me1); om. ganzen Satz *Y2

5

10

15

211

5

10

15

man mit abeprechen so licher po ser vrtail pewaren, vnd daz ist gar verdientleich dem menschen. Vnd da von spricht der gro ss meister Albertus: »Das der mensch sich ainen tag da vor pewarte durch gots willen, daz er iemantz posleich vrtailte oder v bel nach rette, er verdiente mer, dann ob er des tags sein plu t ze siben malen vergu ss vnd des nicht ta t.«a Das neuntt hertz ist ain herts hertz, sam die alten menschen habent, sam do sint die verstockten vnd herten sunta r, den ır hertz also verchert ist, daz sy gu tz weder gedencken noch gesprechen mu e|gent. Vnd die muessent lind gemacht werden mit grosser leidung vnd kestigung, sam pharaoni geschach.b Das zehent ist ain peswart hertz, sam die fu ller vnd die vnmassigen menschen haben, vnd die mu gen mit nichte lang geleben weder leipleich noch geistleich, vnd auch dy, die alze vil vngeo rdenter sorg habent. Vnd su lch ding mu s man lassen. Da von sprach der herr Iesus 〈Christus〉: »Pewart euch vnd secht ew wol fu r, daz ewre hertzen icht peswert werden mit u ber essen vnd v ber trincken vnd mit so rgueltichait diser welt.«c Das ainlift ist ain durres vnsta tes hertz, in dem chain guter sam gru nen noch frucht pringen mag, vnd daz ist petewt pei dem erdreich neben dem weg. Wann es sprach vnser herr: »Es petewt dy, die vil poser vnd vnnu tzer a Nicht

gefunden

b Vgl.

Ex 1–15

c Lc

21, 34

2 verdientleich] ›verdienstlich, verdienstvoll‹ 7 sunta r] ›Sünder‹ 10 fu ller] ›Fresser‹ vnmassigen] ›maßlosen‹ 14 ew] ›euch‹ 15 so rgueltichait] ›Sorge, Besorgtheit‹ 16 ainlift] ›elfte‹ vnsta tes] ›unbeständiges‹ 1 abeprechen] abprechnˉ *X3 vnd] om. *X4 gar] om. M3 2 verdientleich] om. –t– *X3Me1〈ganzen Satz *Y2〉 Vnd] om. M3 der gro ss meister] Magnʔ M4 3 sich] om. M2 da] om. M3 pewarte] bewart M3(M2); berait M4 4 iemantz] nÿemāt SM4 posleich] pölich M4 vrtailte] vrtail M3; vrtailt *X4 v bel] po sleich M1(Me1); anders *Y2; v bel cet. rette] red M3SM2; redt M4 verdiente] verdient M3M2; verdienet M4 5 siben malen] sibenmal M1; sibnˉ maln N; siben malnˉ cet. ta t] entu t *X2; tet M3; tu t M2; tuet M4; ta t S*Y2Me1 7 do sint die] die N; die da sind dˀ S; dÿ // sind // do / dÿe M4 verstockten] verschopten *X2; verstocknˉ M3; vˀstopptē S; vˀsto pptnˉ M2; verstocktenn M4; verstokcht Me1; om. den ganzen Absatz *Y2 vnd herten sunta r] menschnˉ vnd erhertet sunderlich M3 vnd] om. M2 verchert] verchar M1; behertet N; verchert M3SMe1; vˀchart M2; vˀckert M4 8 gu tz weder] chain gu ts N; wedˀ gu tz S gesprechen] gerednˉ M3 9 grosser leidung] grossem leidung *X2; grossem leyden M3*X5Me1; grosßˀ leidūg S vnd] om. M2 kestigung] chestung M3 pharaoni] pharoni M2; + do M4 geschach] Gescha ch M2 10 Das zehent] Des zehenten M1; Das zehnˉ t cet. peswart] bescháret M3 sam] als *X3Me1; om. *Y2 fu ller vnd die] om. M4 die2] om. S vnmassigen] vnmu ssigenn NM4 11 geleben] lebnˉ NM3 11– 12 leipleich noch geistleich] geistleich noch leipleich N 12 auch dy, die] die auch S dy] praem. all N; om. M4 alze] ze N; als M3; zű S(M4); alczeit M2 vngeo rdenter] vngeordēte S; vngeornˉ tˀ *X5 13 sprach] Spricht M4 Christus] om. M1M3〈auch Iesus *Y2〉; xpūs cet. 14 euch] ew N ew] ew N; euch *X3Me1; anders *Y2 wol] om. NM3 ewre hertzen] ewˀ hercz 〈Sg.〉 M2 icht] nit M3S; nicht *X5 werden] werd M2 15 vnd1] om. M2 v ber] praem. mit M3*X5 so rgueltichait] sorguallichait N 16 ainlift] Aindlifft N; aindleft *X3Me1; aillfti G durres] + vnd M3 hertz] her M2 sam] om. M3 17 daz] + hˀrcz S petewt] bedawt-nu zz M2 17–18 dem weg] des wegs N 18 dy] om. *X5

219r

212

219v

gedanck fu rent, daz chain gu ter gedanck noch petrachtung da nicht stat mag haben.«a Si sint auch du rr von aller feuchtichait der gnaden. Vnd da von sprach her Dauid: »Herr, mein hertz hat sere gedo rret.«b Vnd die herzen mu s man feucht vnd stat machen mit innigem gepet vnd mit petra chtung des leidens vnsers herren vnd mit ander gu ter v bung. Das zwelfte vnd daz leste vntugentleich hertz ist ain vnrw ig hertz. Vnd sulche hertzen habent gema nichleich all to d sunder. Da von spricht der lieb | Ysaias: »Des sunders hertz ist recht sam ain wuetund mer.«c Vnd die mu gent mit nichte got gesehen, wann sy sint verplent. Vnd die hertzen mu s man stillen vnd rwig machen mit ablegung der sunde. Da von spricht ain lerer: »Rw t von po sen werchen!«d Vor den hertzen pehut vns got, wann sy sint vnsaelig. Wenn du aber fragst, wer die reinen des herzen sein, so wisse, daz der lera r Reichardus spricht,e das ain gu t hertz acht stuck an im haben sol: Das erst, daz es zespalten vnd zeribenf sey mit ainr waren rew aller sund. Vnd da von sprach der weissag Iohel: »Ir sult ewr hertz zespalten vnd zereissen, vnd nicht ewre chlaider.«g Vnd daz tut der mensch, wenn im von hertzen leid ist, daz er ie chain sund getan hat. Ain gu t hertz sol des andern mals geraint seyn mit ainr gantzen volchomen peicht. Da von spricht der weise: »Rainigt ewr hertz mit pechantnu ss ewr su nte.«h

a Das

Gleichnis vom Säemann enthält in keiner der drei Versionen diese Auslegung (vgl. Mt 13, 3–9; 18–23; Mc 4, 3–9; 13–20; Lc 8, 5–8; 11–15) b Ps 101 (102), 5 c Vgl. Is 57, 20 d Is 1, 16 e Nicht gefunden f Vgl. Ps 50 (51), 19 g Ioel 2, 13 h Vgl. Sir 38, 10 1 stat] ›Platz‹ 4 stat] ›standhaft, beständig‹ 6 vnrwig] ›unruhiges‹ 7 gema nichleich] ›gleichermaßen; gewöhnlich‹ 9 verplent] ›verblendet‹ 10 rwig] ›ruhig‹ 11 Rw t] ›ruhet, lasst ab‹ 18 chain] ›(irgend-)eine‹ 1 fu rent … mag] vnd betrachtung N da] om. M2 2 haben] gehabē *X4 feuchtichait] frewntschafft M4 gnaden] + gotes M3(M4) Vnd] om. M3 3 sprach] spricht M4 Dauid] + also M4 hertz] + fu rent das chain gu tˀ dannkch N 4 feucht] fewchten M3 innigem] in N mit2] om. M4 5 herren] + ihū xp– i M4 6 zwelfte] zwelifft NS; zelft M3 daz leste] om. M4 vntugentleich] vntugenleich N; vnta ugleich S(M2); vntawgenlich M4 vnrwig] vnrurig M3; vnrewig SM4; vnrewigs M2 7 gema nichleich] gemainkleich N(SMe1) 8 Vnd] om. M3 die] om. M4 9 gesehen] sehē SM4 Vnd] om. M3 10 rwig] rewig SM2; reẅige M4 ain] der M4 11 Rw t] Rew M2; Rewt euch M4 13 des] om. SM4 14 lera r] heˀr M4 Reichardus] Bernhardus N; Richardʔ *X4; sand pernhart Me1; om. ganzen Satz *Y2 acht] viii M2 sol] mu es N; om. M2 15 es] er M4 zespalten] spalten M3 aller sund] om. *X4 16 sprach] spricht M4 weissag] weyßmā M3 Iohel] om. M3 ewr hertz] ewr hercznˉ M3; ewrew hercz M4 zespalten] zerspallten N 17 zereissen] zerreyssen N; czuweissenn M4 19 Ain … mals] Des andrnˉ mals sol ain gu t hertz NS geraint] gerawmbt N; geraÿnigt *X4 19–20 gantzen volchomen] ~ M3 20 weise] weissag M3; weis man *X4(*Y2); her Salomo Me1 Rainigt] Rawmbt N; raint M3 ewr hertz] ewr hercznˉ M3 pechantnu ss] betrachtnúß M3 21 ewr su nte] ewrˀ sünden M4

5

10

15

20

213

5

10

15

20

Des dritten mals sol es wol verhut sein mit geistleicher gezogenhait vnd pehutsamchait, vnd sunderleich der funff synn des menschen, wann es sey dann, daz die wol verhu t werden, so chu mpt der tod, daz ist todleich su nd, durch sy ein. Vnd da von ist dem menschen no t, daz er pey gu ten lewten wandel, wann pei den gu ten wırt man gu t vnd pei den posen wirt man po s. Vnd durch der hu tt willen sint | gaistleich orden gemacht wurden, wann in den sol grosser fleis sein auff der sel saelichait. Des vierden mals sol es wol gesammet sein mit pru derleicher lieb. Vnd da von spricht der weis: »Chint, chlaub dein hertz zehauff«,a wann da wil got sein, wa ainmu tichait ist. Vnd da von spricht er: »Wa zwen oder drey zehauff chomen in meinem namen, da wil ich enmitten vnder in sein.«b Des funften mals sol es erhaben sein mit petrachtung der hymelischen vnd gotleichen dingen. Da von spricht sand Pawl: »Vnser wonung ist in dem hymel«,c daz ist mit aim sta ten petrachten der gotleichen vnd hymelischen dingen. Des sechsten mals sol es aus gegossen sein mit miltecheit, daz ist, daz der mensch vil werch der parmhertzichait v b. Da von stet geschriben † Dewteronomio .v. †: »Giest ewr hertz aus.«d Vnd da von hat auch vnser herr Iesus Christus gesprochen: »Ir sult parmhertzig sein.«e Des sibenten mals sol es perait sein mit gerechtichait gegen got, gen im selb vnd gen seim nachsten.

a Sir

61 (62), 9 e Lc 6, 36 1 verhut] ›behütet, beschützt‹ gezogenhait] ›Besonnenheit‹ 6 hu tt] ›Schutz; Überwachung, Bewachung; Zucht; Vorsicht‹ 8 gesammet] ›gesammelt, vereinigt‹ 10 wa] ›wo‹ 2, 2; 30, 24

b Mt

18, 20

c Phil

3, 20; vgl. II Cor 5, 1

d Ps

1 mals] + So M4 verhut] behűt M3 2 sunderleich] besunderleich N*X5; sunderleichnˉ S 3 verhu t] behűtet M3 werden] sey M2 chu mpt] chumb M3 ist] sind N 4 ein] eingent N; + chomē M3 Vnd] om. M3 pey] + den M2 5 wandel] + vnd mit jn vmb gee N pei1] von N man1] om. M4 vnd] om. NM3M2 man2] om. M3 6 wurden] wordnˉ N*X4; werdnˉ M3; warden Me1; om. *Y2 7 sel] seln N 8 Des vierden mals] Das vierde mals M3 mals] + So M4 9 spricht] om. N der weis] der weyßmā M3M4; + mā SM2; her Salomon Me1; om. das ganze Zitat *Y2 dein hertz zehauff] zesamē dein hercz M3 zehauff] zehawffen N 10 wa] vnd M4 ainmu tichait] aynichait N Vnd] om. M3 spricht] sprach M3SM2 Wa] om. N zwen] czwaÿ M4 11 zehauff chomen] zehawf gesammet sein N; gesamet sein M3 zehauff] hauff M2 meinem namen] meinen namē S enmitten] mittnˉ M3 12 Des … sein] om. M2 erhaben] erhabent N 13 dingen] genaden M4 spricht] sp ch S Pawl] pauls M3S; Paulus M4 14 dem hymel] den hymelnˉ *X3*Y2 14–15 der … dingen] götlicher vnd hyml˜scher ding M3 16 sechsten] sechtnˉ M3 mals] + so SM4 aus gegossen] aus gossē S; aws gezognˉ M2; auch gegossen M4 daz1] der M3 17 v b] praem. wu rch oder N; vben sol M3; om. M4 18 Dewteronomio .v.] drewtronoo vo M1; de vtronoo vo N; in dem puech der cklag M3; Genˉ ͡ ii M2; Genesis ijo M4; om. SMe1; der ganze Satz: do vō ain alter hailiger wissag spricht *Y2 ewr hertz] ewˀe hertz N; ewre hercznˉ M3 auch] om. – s xp– s M2 M3*X5 vnser] der M3SM4 18–19 vnser … gesprochen] gesprochnˉ vnsˀ hˀr Ih 19 Iesus] om. S sein] + als ewr vater der da ist in dem hy˝mel M3 20 sibenten] siben M3 mals] + So M4 got] + vnˉ N 21 selb] selbs M3S; selbnˉ *X5 \/\

220r

214

220v

Des achten mals sol es genaigt sein mit diemu tiger gehorsamchait. Vnd da von spricht her Dauid: »Ich han mein hertz geneigt.«a Vnd da von spricht auch der herr: »Lernt von mir, ich pin senft vnd ains diemutigen hertzen.«b Wann du aber fragest, warumb sint sy doch saelig gehaissen, | so wiss, das in die aller chostleichisten vnd edlisten ding, so sy in den hymeln vnd auff erdreich mu gen erfunden werden, † … †. Das erst, wann die reinichait erwirbt in die gnad gotes, die allen menschen gar pegirleich ist, 〈vnd〉 daz ist zimleich, wann an sy mag der mensch nichtz guts volpringen, als sand Paulus spricht.c Des andern mals so pehelt sy dem menschen die gnad gots, daz er die nicht verliesen mag. Vnd da von spricht der herr: »Wer mich lieb hat, den wirt mein vater auch lieben vnd wir werden zu im chomen vnd werden wonung pey im machen.«d Des dritten mals macht sy des menschen dinst got wol pehagleich, vnd wann er der aller grossest herr ist, so pegeren im all menschen ze dienen, daru mb, daz sy das grossist lon auff heben mu gen. Vns ist auch gepoten, das wir got allain dienen su llen, vnd daz mugen wir aller pest mit rainem herzen tu n. Vnd da von sprach her Dauid: »Der do wandert an ainem vnuerma lgten weg, der wirt mir dienen.«e Vnd da von muessen auch all priester cheuscheit geluben, daz sy got mit lautrem hertzen gedienen mu gen.

a Ps

118 (119), 112

b Mt

11, 29

c Vgl.

I Cor 15, 10; Io 15, 5

d Io

14, 23

e Ps

100 (101),

6 9 zimleich] ›geziemend, angebracht‹ 12 verliesen] ›verlieren‹ 15 pehagleich] ›angenehm‹ 17 auff heben] ›verdienen, erhalten‹ 20 vnuerma lgten] ›unbefleckten‹ 21 geluben] ›geloben‹ 1 Des achten mals] Das acht mal M3 mals] + So M4 gehorsamchait] gehorsā S 2 spricht] sprich M1; spricht NSMe1; sprach M3*X5 her] om. M3 han] hab M3 2– 3 her … spricht] om. *X5 3 spricht] sprach NM3S*Y2 der] vnser N 4 hertzen] hertz M1; hˀrczen cet. 5 doch] + so M4 6 edlisten] praem. die *X5 ding] + wirt erwarbnˉ Me1 vnd2] oder N 6–7 vnd auff erdreich] om. M4 7 mu gen erfunden] ~ N † … †] berait ist N; erbirbt dy rainikait des herˀcznˉ M3; vgl. nach ding Me1; anders *Y2; om. cet. 8 allen] + allnˉ M3 9 gar] om. M3 pegirleich] pegirlichen M4 vnd] om. M1; anders *Y2; vnd cet. ist zimleich] ~ M4 mag der mensch] mügnˉ wir M3 10 volpringen] getun M3; vˀpng̑ nˉ M2 Paulus] paul N; pauls M3S 11 dem] den M1M4; dem NM3M2Me1; dē S; anders *Y2 12 spricht] spch SM4 hat] habt *X5 13 auch] om. M4 lieben] lieb habnˉ N(M4) 14 im] om. M3 machen] habē S 15 Des] Der M4 macht sy] sind M2 des menschen] dem menschen sein M4 vnd] om. N 16 grossest] grost M3M2S; gröst M4 all] allnˉ M3 17 grossist] grost M3M2; groß S; grösst M4 Vns] vnˉ *X5 18 got allain] ~ N rainem] einē raÿnen S 19 Vnd] om. M3 sprach her Dauid] dauid spricht M3 Der] wer S an] in SM4 20 vnuerma lgten] vnvˀmailigtnˉ N*X4; vnuermailgtnˉ M3 da von] darumb N 21 cheuscheit] chowschikait M4 geluben] verhaissen N \/\

5

10

15

20

215

5

10

15

20

Des vierden mals verhut sy das pild gots in der sel vnuerma lgt, wann sy verhut den menschen vor sunden, durch dye dy sel verflekket wirt. Vnd daz ist got ain grossew vnere oder | versmehung. Si erleucht auch dem menschen sein synn vnd sein vernunft. Vnd das pegert ઀ her Dauid vnd sprach: »Herr ઀ , scheppf in mir ain rains hertz.«a Si erwirbt auch dem menschen, daz got sein gepett erho rt. Vnd da von spricht der gedultig Iob: »Wırstu in ઀ reinichait wandeln oder gen, so wırt der herr seine o ren naigen zu deinem gepet.«b Ist aber ઀, das poshait in meinem hertzen ist, so wirt er mich nicht erho ren. Vnd da von sprach der plint geporen, den der herr gesehent het gemacht: »Wir wissen das wol, daz got die su nder nicht erho rt.«c Sy erwirbt auch dem menschen die freuntschaft gots. Vnd da von spricht der weise 〈man〉: »Wer lieb hat rainichait, der wırt den chu nig ze freunte haben«,d das ist den almechtigen got. Si erwirbt auch dem menschen, daz er got sehen wırt in zeit mit gnaden vnd nach disem leben in dem ewigen leben. Vnd an den dingen pestet allew saelichait. Vnd da von sprach auch der herr: »Selig sint die reinen des hertzen, wann sy werden got sehen.« Wenn du aber fragst, mit wew mag ain vnrain hertz rein werden, so wiss, daz dar zu geho rt ain fleissig war nemen vnd ho ren das wo rt gots, der predig vnd der hailigen geschrift. Vnd da von sprach der herr Iesus Christus: »Ir seit ietz | rein von der rede wegen, die ir geho rt habt«,e wann durch das wort gots wirt der mensch ze pesserung seins lebens geraitzet. Vnd da von

a Ps

50 (51), 12

b Vgl.

Iob 22, 27; 30

1 verhut] ›beschützt, bewahrt‹ 17 mit wew] ›womit‹

c Io

9, 31

d Prv

22, 11

e Io

2 verflekket] ›befleckt, besudelt‹

15, 3 9 gesehent] ›sehend‹

1 mals] om. M3 verhut] behut M3 vnuerma lgt] vnuermailigt N*X4; vnuˀmaligt M3 2 verhut] behut M3 verflekket] vˀflecht N; befleckt M3 2–3 vor … menschen] om. M4 3 oder] vnd ain N dem] den M2 4 synn] om. M4 das] des M3SM4 ઀ ] auch M1; om. cet. her] om. M3 sprach] spricht M1M2; sprach cet. 4–5 sein synn … menschen] om. N 5 ઀] got M1; om. cet. scheppf … hertz] ain rains hertz scheppf in mir M1; schoph in mir ein rains hercz M3; scheppf in mir ein raÿns hˀrcz SM2Me1; Schöpff in mir ain newes herz M4; schepf in mir ain rain hertz *Y2 erwirbt] erbirft M2 6 Wırstu] wirst dw *X5 in] om. M2 ઀ ] in M1; om. cet. 7 reinichait] birdigkait M4 wandeln oder gen] wādˀn S gen] + zw rainigkait M4 der herr] got M3 zu ] praem. zü dir vnˉ S 8 ઀] das M1; om. cet. 9 der] om. M2 gesehent] gesunt SMe1; gesehnˉ *X5; om. *Y2 10 das] om. S 11 erwirbt] erwirft M2 gots] + nicht N 12 weise man] weise M1; weys N; weyßmā M3; weis man *X4; wis man *Y2; her Salomō Me1 rainichait] praem. dy M3 freunte] frewd M3; frewntschaft M2; frewnschafft M4 13 den] dem M2 erwirbt] erwirft Sy erwirft M2 14 sehen wırt] wırt sehen *X2; sehen wird M3; sehē wirt *X4Me1; sehen mu g *Y2 in1] + diser N; hie in der M3 leben] om. M4 15 auch] om. M3 18 fleissig] pleizzig M2 ho ren] praem. gern N das] dez M2 wo rt gots] gots wort N; + vnd M3M4 19 Vnd] om. M3 der2] vnser NM3 Iesus Christus] om. M3 Iesus] om. S 20 ietz] yetzo N; yezund M3*X4Me1; ietz *Y2 von] vnd M3 wegen] om. M3 21 ze … geraitzet] geraiczt zw pesserung seins lebens M3 Vnd] om. M3

221r

221v

216

222r

sprach der herr: »Saelig sint die, dy das wort gots ho rent vnd das wol pehu tent.«a Es gehort auch dar zu aine forcht gots. Vnd da von spricht der weis: »Die forcht treibt aus die su nd«,b recht sam newr wein die heppfen vnd vnreinichait. Nu macht nichts das hertz vnrain dann allain die su nd.c Vnd da von spricht her Dauid: »Ain anefang aller weishait ist dew forcht des herren.«d Das aber forcht rainig, daz spricht der liebe Iob: »Die engel werden sich forchten vnd erschreckent vnd werdent gerainigt.«e Es gehort auch dar zu ainew gantz rew vnd ain vergiessen der za her. Vnd das ist peteut pey Neeman dem sundersiechen, den der weissag hies, daz er sich ze siben malen wusch in dem Iordan, vnd das tet er vnd wart rain.f Vnd durch das ist peteut aine warew rew, die wir haben sullen v mb vnser su nd, wenn durch die wirt die su nd abe gelassen vnd gewaschen. Vnd da von spricht Ezechiel: »Ich hab dich gewaschen vnd hab dein plut«, daz ist todleichew su nd, »aus dir gechert.«g Von dem plut pegert her Dauid auch gelost werden vnd sprach: »Herr, los mich von den pluten.«h Es gehort auch dar zu aine gantze | volchomne peicht. Vnd daz ist petewt pey den zehen sundersiechen, zu den Christus sprach: »Get vnd peweist ew den pristern!«i Vnd do sy giengen, da wurden sy gerainigt von irr seuch. Da von spricht auch sand Iacob: »Ir sult gegen einander ewr sunte peichten.«j

a Lc

1, 27 c Vgl. Mt 15, 11–20 d Prv 9, 10 e Iob 41, 16 f IV Rg 5, 1–19 50 (51), 16 i Lc 17, 14 j Iac 5, 16 4 newr] ›neuer‹ heppfen] ›Hefen‹ 9 za her] ›Tränen‹ 10 peteut] ›gemeint; versinnbildlicht‹ sundersiechen] ›Aussätzigen‹ weissag] ›Prophet‹ 18 peweist ew] ›zeigt euch‹ g Ez

11, 28 16, 9

b Sir

h Ps

1 sprach der herr] der heˀr spricht M3 wort gots] ~ NSM4; + gern M4 das] da M1; es SMe1; daz cet. 1–2 wol pehu tent] behaltnˉ M3 3 gots] om. M4 der weis] weÿs mā *X4 4 newr] praem. ain N; newrˀ S heppfen] hepf NM2; heffen S; hefen M4 5 vnreinichait] praem. dy M3 nichts das hertz] das hrcz͡ nichts NS vnrain] vnrainer M4 allain die su nd] die su nd alain N Vnd] om. M3 6 her] om. M3 anefang] om. –e– cet. dew] om. S des] vnsers M4 6–7 des herren] gots NM3 7 rainig] rainigt M3*X5 spricht] sprach M3 8 sich] sy M3; in M2 erschreckent] erschreknˉ NM3S; erschrechkt M2; erschriken M4 gerainigt] geraynet N(M3) 9–20 Es … peichten] om. M4 10 peteut pey] wedau tnu zz M2 Neeman] naaman NS; anaman M3; Noamā M2 11 wusch] wu sche N; busch M3; wu sch S; wuesch Me1; anders *Y2 das tet er vnd] + vnd N; om. M3 12 peteut] bedautnuzz M2 haben sullen] ~ M3 13 abe gelassen vnd gewaschen] abgewaschen vnd abgelassnˉ N; ab gewaschen M3 abe] ab cet.; om. ganzen Satz *Y2 Vnd] om. M3S 14 Ezechiel] Ezechielis M2 15 her Dauid auch] auch her dauid S her] om. M3 16 sprach] spricht M1; om. N〈ganzen Satz Me1〉; sprach cet. mich] + auch N den pluten] dem pluten *X2; den plutnˉ M3M2; dem plu t S(*Y2); om. ganzen Satz Me1; vgl. de sanguinibus 17 volchomne] om. M3 ist] om. M3 petewt] bedawtnu zz M2 18 zehen sundersiechen] zehernˉ sunderlichen M3 vnd] om. M3 ew] euch cet. 19 gerainigt] geraint M3 irr seuch] ir su cht N; iren siechen M3; – siechtū S; ır ͡ schauch M2; irr chrankchait Me1; anders *Y2 Da] praem. vnd S 20 auch] irm om. S einander] ein andˀn S ewr sunte] om. N peichten] peichtigen M1; peichtig werdnˉ Me1 〈om. ewr sunte〉; peichten cet.

5

10

15

20

217

5

10

15

20

Es gehort auch dar zu aine peweisung der werch der parmherzichait, leipleich vnd gaistleich. Da von sprach Iesus Christus: »Gebt almu sen von dem, daz euch nicht not ist, so werden euch allew ding rain werden.«a Es gehort auch dar zu , daz der mensch daz leiden, das got v ber in verhengt, gedultigchleich vnd gutichleich leyd durch gots willen, wann got geit seinen freunten leiden. Da von stet geschriben in dem puch der gotleichen offenparung: »Wenn ich lieb hab, den straff ich vnd kestig 〈in〉.«b Vnd sulche kestigung ist in den gedultigen menschen recht sam ain feil, die den rost vnd vnsauberchait nympt von dem eysen, vnd sam ain fewr, darinn das golt pewert wirt, vnde ist ain pesundre gab vnd hut von got. Da von spricht her Dauid: »Der herr ist gar nahen pey den, die ains chestigen hertzen sint.«c Vnd da von spricht auch Lucas von Christo, vnserm herren: »Er mu st leiden vnd also yn gen in sein er.«d Vnd spricht an ainr andern stat: »Wir muessen mit vil tru bsal chomen in das reich der hymeln.«e Es gehort auch | dar zu ain gantz lieb zu gote mer dann zu chainr creatur, die wol mit vil gu ten werchen pewert sey. Wann ain sulche lieb verdecket gar vil sund vnd schuld, als sand Paul spricht.f Da von so ist ain erbietung der werch ain pewa rung der lieb. Wenn du aber fragst, mit wew sol der mensch ain rain hertz verhu ten, das es nicht wider vnrain werd, so wisse, das der mensch mus wissen vnd meyden die su nd vnd die geprechen vnd sach, die in zu dem vall oder vnrainichait verlaiten mochten. Vnd der sint siben.* a Lc

11, 41 b Apc 3, 19 20; Prv 10, 12

c Ps

33 (34), 19

d Lc

24, 26

e Act

14, 21

fI

Pt 4, 8; vgl. Iac 5,

1 peweisung] ›Erweisung‹ 6 geit] ›gibt‹ 8 ain feil] ›eine Feile‹ 10 pewert] ›geprüft‹ hut] ›Fürsorge‹ 11 chestigen] als Adj. nicht belegt, abgeleitet vom Verb kestigen, daher: ›gezüchtigten; betrübten‹, lat. tribulato 13 yn gen] ›eingehen‹ 17 erbietung] ›Erweisung‹ 21 geprechen] ›Fehler, Mängel‹ sach] ›Ursachen‹ 1 gehort] gehorent M1(M4); geho rt NSMe1; gehort M3; gehor M2 2 gaistleich] gaistlichen M4 Iesus Christus] xp– o M3; dˀ hˀr xp– s S 3 daz] om. M3 euch nicht] ew N euch2] om. N werden2] om. *X5 4 gehort] gehor M2 das] als N 5 verhengt] om. N vnd gutichleich] om. NS gutichleich] gutleich *X5 gutichleich leyd] leidlich M3 6 geit] gibt *X3 stet] ist M3 7 hab] han NM4 in] om. M1; 〈mit kestig:〉 kestigen *Y2; in cet. 8 kestigung] straffung M1; kestigung NM3; chestigūg *X4Me1; om. ganzen Satz *Y2 den] dem M3 die] om. N 9 rost] rot S vnsauberchait] praem. dy SM4; + hin *X4 sam] als N 10 vnd hut] dy er hat M3; om. SM4 11 nahen] nachent N; om. M3; nahāt S; nahnˉ t *X5 chestigen] cheẅschen M4 12 Vnd] om. M3 auch Lucas] luca M4 Christo, vnserm herren] vnserm hrˀn kristo N 13 Er] Ir *X2; om. ganzen Satz *Y2; er cet. 14 reich] rech M4 hymeln] himel NM3SM4 15 zu gote mer] mer zugot N 16 vil] om. M3 sey] wirt sein M4 verdecket] verpirgt N; verderbt M4 17 schuld] + vnˉ M2 Paul] pauls M3S; paulus *X5 so] om. M3 ist] + es S erbietung] erpewtung M4 18 werch] + vnd S 19 mit] om. M4 sol … hertz] der mensch ein ray˙n hercz süll M4 der] ein M2 verhu ten] habnˉ oder behuttnˉ M3; behu ttē S 20 das1] vnˉ da M2 21 die geprechen] geprestnˉ M3 in] im M4 oder] vnd NS; dˀ M2Me1 22 vnrainichait] rainichait M4 mochten] mo cht M3 *] ab hier *Y2 abweichend, für die kritische Kollation nicht mehr relevant

222v

218

223r

Die erst sach des valles ist ha ll vnd slipprichait des wegs, sam wir naturleich wol sehen. Aber gaistleich, so ist es muetwill vnd wollust des leibs, wenn von der wegen vallen vil menschen in gro ss sund, wann sy haben iren pauch zu aim got.a Vnd wen die natur gar geneygt ist zu solchen dingen, da von so wirt sy da durch gar zestort vnd die sele wirt auch da durch gar ser peswart vnd gehindert. Da von stet geschriben in dem pu ch der weishait: »Ain leip, der zerukt vnd zerstort wirt, der peswa rt die sel.«b Vnd da von so mag sy mit nichte pesten oder sy vall. Die ander sach ist plodichait vnde strafflos, sam wir naturleich sehen an den gar alten oder iungen menschen. Vnd von der reden wir hie nicht, wann von ir spricht sand Paul: | »Wann ich chrang pin, so pin ich aller sterkist.«c Mer wir reden von der gaistleichen chranghait, als so der mensch faul vnd trag ist ze guten werchen. Vnd denn wil got die selben gnad nemen, die sy haben, wann aim iegleichen, der die gnad, die im got geben hat, praucht, dem wırt noch me gegeben, aber dem, der die genad, die er ietzunt hat, nicht praucht, dem wirt die selbig genomen, die er hat. Also hat der herr Iesus Christus selb gesprochen.d Die dritt sach ist swa r der pu rd, geistleich. Ain iegleiche tod su nd ist ain swa rew purde, vnd da von spricht der liebe Gregorius: »Ain iegleiche totleiche su nd, die mit warer pu s nicht wirt abe gelegt, die zeucht den mena Vgl.

b Sap

c II

d Vgl.

Phil 3, 19 9, 15 Cor 12, 10 Mt 13, 12; 25, 29; Mc 4, 25; Lc 8, 18; 19, 26 1 ha ll] ›Glätte‹ slipprichait] ›Schlüpfrigkeit‹ 9 plodichait] ›Schwäche, Schwächlichkeit‹ strafflos] ›Zuchtlosigkeit‹ 11 chrang] ›schwach‹ 12 Mer] ›sondern, vielmehr‹ 13 trag] ›träge‹ 15 praucht] ›gebraucht‹ 20 zeucht] ›zieht‹ 1 valles … des] om. M3 valles] vallens NM4 ha ll] praem. dÿ S slipprichait] slipprig M1M4; slipfrig N; sliphig M2; slipfrigkait S; sliphich Me1 2 naturleich wol] naturleichnˉ wo M2 muetwill] mit will *X2; műtwillnˉ M3; mit wille S; mu t wille M2; mit willen M4; mit vil frewd Me1 wollust] praem. mit N 3 der] des N 4 got] om. M2 5 da1] praem. vnd M4 sy] om. M3 da2] dar M4 gar … durch] om. M3 da durch2] dar nach M4 6 gar] om. S Da] praem. vnˉ M2 stet] ist M3 geschriben] om. M2 7 leip] lieb M2 zerukt] zerokt M1; zerukcht NMe1; zw ruckt M3; zü rütt S; zerükcht M2; czeruck M4 vnd] oder N zerstort] zesto rt M3; zü stört S; czersträt M4 8 oder] oder M1Me1; om. cet. 9 vnde] om. M3 strafflos] straffleich M1; strafflos N; strafloß M3; straflos SM4; straplos M2; om. Me1 10 den] dem M4 gar alten oder] alten oder gar M3 oder] vnd M4 von der] vō den S; da vō M2 11 ir] ÿn S sand] om. *X5 Paul] pauls S; paulʔ *X5 ich2] om. M2 12 Mer] sunder M3 wir reden] ~ M2 der gaistleichen chranghait] den geistleichnˉ chrāckē S gaistleichen] gaistēleichnˉ M2 so] da M3; om. S 13 guten werchen] gots dinst N; praem. got czw M3; praem. den M4 Vnd] om. M3 die selben] dieselbig N; die selbigē S 14 die sy … aim] om. M4 aim] ain M3 iegleichen] yedleichē M2 14–15 geben hat] geit recht M2; gey–t M4 15 noch … genad] die selb genomē M2 noch me gegeben] er noch mer geben M4 me] mer cet. gegeben] geben N der] om. M3 16 ietzunt hat] yecz hat vnd M3 ietzunt] yecz N die selbig] om. N; dy selb M3SM2 die er] praem. dy er N 17 Iesus] om. M3S selb] om. M3M4 18 geistleich] abˀ geistleichnˉ S 19 spricht] om. N; + auch M4 20 totleiche su nd] todsündt S(M2) die1] + da M3 wirt abe gelegt] ab wirt gelegt M2 abe gelegt] ablegt M3; abgelegt cet.

5

10

15

20

219

5

10

15

schen alzehant mit ir swa r in ain andrew su nd.«a Es mag halt ain mensch, der ainr gu ten gewissen ist, chein rw haben, wann er in ainr to t sunde ist. Da von spricht her Dauid: »Mein po shait sint peswa rt v ber mich recht sam ain swa rew purde.«b Die vierd sach ist menige des an hangens vnd der nider zieher, sam wir oft sehen, daz vil der appfel die est des pawmes nider reissent. Geistleich ist es manigua ltichait der anfechtung des leibs, der welt vnd des tewfels. Vnd da von ist dem menschen not, daz er sein | hertz wol pewar, wann von im gen aus po s gedenck.c Vnd von der mus sich der mensch pewa rn, sol er saelig werden vnd got sehen, an dem doch das ewig leben pestet. Die funft sach ist manigualtichait vnd vil der posen strick vnd gruben, die gar selten ain mensch allew erchent vnd entfleucht oder entrinnt. Vnd da von so wart dem lieben hailigen Benedicto ain vart peweiset: Dew gantz welt vol strick, vnd do schrai er mit lauter stymm vnd pegerte, daz im got chunt ta t, welher mensch sich vor den stricken verhuten mocht. Do wart im

a Gregor

der Große, Moralia in Iob, CCSL 143B, XXV, 9, 22, Z. 14f.: Peccatum namque quod paenitentia non diluit ipso suo pondere mox ad aliud trahit b Ps 37 (38), 5 c Vgl. Mt 15, 19; Mc 7, 21

2 rw] ›Ruhe‹ 5 des an hangens] ›dessen, was an einem hängt bzw. woran man hängt‹ 11 vil] ›Vielheit, Vielzahl‹ 13 peweiset] ›gezeigt‹ 1 alzehant] so zehant N swa r] swerhait M3 ain1] om. M2 ain2] dˀ S 2 rw] rew M3SM4 3 Mein] kein M4 sint] sünd M4 v ber] auf N*X4Me1 3–4 v ber … purde] als ein purd vber mich M3 5 an hangens] anhanges N; anhangs SM2; anhans M4; anhangnˉ Me1 nider zieher] in der zeich M3 zieher] zecher M2; czaher M4; ziehnˉ s Me1 sam wir] samt wirst M2; sam du wirst M4 6 oft] om. *X4 vil] dÿ menig S; menig *X5 est] ests M1; esst NSM4Me1; est M3M2 nider reissent] nidˀziehēt vnˉ reissēt S Geistleich] geistleichnˉ *X5 7 es] om. M3 manigua ltichait] manigualtichleichnˉ M2; manigualtigklich M4 leibs] fleysches M3 welt] werlt M3M4 7–8 da von] + so S 8 pewar] webart M2 9 gedenck] geda nkchen NM3 von der] vor der N; von den M3S; dauon M4; da vor Me1 11 vnd vil der posen] der vil personen M4 gruben] güben M4 12 die] + da M3 ain] chain NM3*X5Me1 mensch] menschnˉ M3 allew] om. M4 vnd] oder *X4 entfleucht] empflewcht N; enflewch M3; enpfleucht *X5 entrinnt] endringt M1; enttrynnt N; ertrinnet M3; entrint SM2; entrindt M4; entringnˉ mag Me1 13 so] om. NSM4 dem lieben hailigen] dˀ lieb heilig N hailigen] om. M4 Benedicto] + also M4; Antony˙ 〈getilgt Benedicto〉 Me1 vart] wart M2 14 welt] werlt M4 vol] vollˀ S do] da vō M3M4 schrai] Schaÿ M4 pegerte] om. –e cet. 15 verhuten] behuttnˉ M3(*X4Me1) mocht] mochtnˉ M2

223v

220

224r

geantwurt: Allain ain warer diemu tiger mensch.a Vnd daz ist wol schein worden an dem lieben herren sand Peter, do er Christo verlaugnet, vnd an vil andern hailigen, die ietz in dem ewigen leben sint, vnd sam wir allew tag entpfinden mu gen. Die sechste sach ist vnwissenhait der ding, die der mensch schuldig ist ze wissen. Vnd der ist laider vil, die da nicht wellen wissen noch versten, was zu ainem gu ten leben gehort, vnd da von, wann sy v bel vnd suntleich leben, so hassent sy das liecht, sam der herr Christus selb gesprochen hat.b Vnd da von so ist dem menschen not, daz er predig hor vnd ander vnderweisung, | daz er nicht so gar grob peleib vnd vnwissenthaft. Die sibent sach ains gaistleichen vallens ist, daz der mensch an sicht seinen ebenmenschen, der poser ist dann er, vnd daz er sich denn zu dem scha tzt vnd hat also ઀ ain wolgevallen in seinem leben, daz doch pos ist. Vnd da von spricht der hoch lerer Augustinus v ber das wort, daz der lieb Geschichte ist – wie Me1 richtig erkennt – im Zusammenhang mit dem hl. Antonius überliefert: Jacobus de Voragine, Legenda aurea, 21, 2, S. 105: Quadam vice dum in spiritu raptus esset, totum mundum laqueis se invicem connectentibus plenum vidit. Qui exclamans ait: o quis istos evadet? et audivit: humilitas; Vitae patrum, MPL 73 (1860), III, 129, Sp. 785B–C: beatus Antonius retulit vidisse omnes laqueos inimici super universam terram extentos. Et cum suspirans dixisset: Quis hos poterit transire? vocem ad se dicentem audivit: Humilitas sola pertransit, Antoni, quam nullo modo valent superbi contingere; vgl. Apophtegmata, XV, 3: Εἶπε πάλιν ἀββᾶ ᾿Αντώνιος · Εἶδον πάσας τὰς παγίδας τοῦ διαβόλου ἡπλωμένας εἰς τὴν γῆν, καὶ στενάξας εἶπον · Τίς ἄρα παρέρχεται ταύτας ; Καὶ ἤκουσα φωνῆς λεγούσης · ῾Η ταπεινοφροσύνη; zitiert auch bei Bonaventura, Collationes in Hexaëmeron, princ., 1, 3, 24: Attendere debemus quod solum humilis laqueos, per totum mundum quos vidit sanctus Antonius expansos, evadit; vgl. Heinrich von St. Gallen, Magnificat-Auslegung, Z. 919–927: Vnd dar vmb legt er [Lucifer] vns manigveltig strick, wie er vns mug berauben der grossen frewd, die er verlorn hat, vnd wie er vns mit im mug bringen in die ewigen pein: als Sant Anthonius sah in ainem gesiht, das die gancz werlt voller strick gelegt was, vnd sprach auß ainem betrubten herczen: O liber her, wer mag den stricken allen engen? Da ward im geantwort: Der da ist ains demutigen herczen, der mag den stricken allen wol enpflihen b Vgl. Io 3, 20 4 entpfinden mu gen] ›erfahren, bemerken können‹ 7 suntleich] ›sündhaft‹ 13 scha tzt] hier: ›gesellt‹, vgl. auch S. 221, Z. 7.9 1 ain warer diemu tiger mensch] ainen waren diemu tigen mēschen M1; einem warn diemu tignˉ menschnˉ N; ein barer diemutiger mensch M3; ein warer diemu tigˀ mēsch S; die warnˉ diemutignˉ mēschnˉ *X5; ein gantzer diemu tiger mensch Me1 2 herren] om. S Peter] Petrʔ M4 Christo] kristum N; cristnˉ M3; + da M4 3 ietz] ÿeczūt *X4 4 entpfinden] emphinden N; enphindnˉ *X3 mu gen] om. M3*X5 5 vnwissenhait] wissenhait M4 7 ainem] om. M2 gehort] geho r N vnd suntleich leben] leben vnd su nttleich N suntleich] sundlichnˉ M3; sundˀleich M2 8 hassent] haissēt M2 der] vnser N herr] + ihūs M4 9 so] om. S dem] den M2 ander vnderweisung] anderweisung M4 10 grob … vnwissenthaft] gro bleich vnd vnwissenthafft beleib N vnwissenthaft] vnwissenhafft M3*X5; vnweishafft S; vnwizzenleich Me1 11 sach] + ist N*X3 vallens] valles M3 an] om. N 12 der poser ist] die … sint *X2*X4; dy dy … sind M3; der … ist Me1 denn zu dem] denˉ zu im M1; danˉ czu dem N; ze dem M3; czw dem M4; zü den S(M2); dan also Me1 13 scha tzt] gesellt S; schacz M4 hat … wolgevallen] ein wolgefallē hat S ઀] danˉ M1; om. cet. 14 spricht] sprich M3 der hoch lerer] Sand M4 wort, daz] om. M3 a Die

5

10

221

5

10

Ysaias spricht »du Lucifer, wie pistu gevallen?«:a »Daz so vil engel gevallen sint mit Lucifero, als vil ietz ain gantzer chor der engel gotes machent, von des wegen, daz sy an sahen Luciferum vnd seinen po sen willen vnd gedanck vnd daz sy darinn wol gevallen hetten.«b Vnd also ist es noch hewt des tags vnder den menschen. Vnd da von spricht her Dauid: »Pei dem vercharten wirstu verchart.«c Vnd da von, die weil sich der mensch nu r zu den po sern scha tzt, denn er ist, so wirt er nymmer saelig. Vnd da von su llen wir ansehen daz leben vnsers herren vnd ander hailigen vnd saeligen menschen vnd su llen vns zu den scha tzen vnd vns in gleichen vnd nachvolgen. So werden wir nicht wandern in der vinsternu ss, sunder wir haben das liecht der gnaden gots,d daz vns erleuchten vnd rainigen wirt von allen vnsern sunden, daz dann werleich von vns gesprochen mag werden: »Saelig sint die rainen des hertzen, wann sy werdent got sehen.« Des helf vns got allen. Amen. |

a Is

14, 12

b Nicht

gefunden

c II

Sm 22, 27; Ps 17 (18), 27

d Vgl.

Is 9, 2; Io 8, 12

1–2 so vil … machent] ›so viele […] wie viele nun ein ganzer Chor […] ausmacht‹; die Inkongruenz des Numerus ist möglich, weil das Subjekt eine kollektive Bedeutung hat, vgl. MG § S 42 und FG § S 225 4 hewt des tags] ›(noch) heutzutage‹ 5 vercharten] ›verkehrten‹ 9 gleichen] ›angleichen‹ 12 werleich] ›wahrlich; wahrhaft‹ 1 pistu] pist M2; pist dw M4 Daz] om. M3 so] sy M2 2 Lucifero] lucifer M2 vil] om. N ietz] ÿeczūt *X4 ain gantzer] ain gantzen NM2; einen ganczen M4 gotes machent] om. M3 3 an sahen] an sehen *X2(M2); ansachnˉ M3S; an sahen M4Me1 Luciferum] lucifernˉ M3S seinen] sey˝nem M4 gedanck] gedancknˉ M3 4 vnd] om. M3 darinn] darinnen N; + ein M3SM4; darung M4 Vnd] om. M4 hewt des tags] hewtiges tags M1; hewt des tags cet. 5 den] om. M4 dem] den N 6 da von] om. N die] om. M3M4 nu r] nu M3 den po sern] den po snˉ NS; dem pesernˉ M3; dem pösen M4 7 scha tzt] + vnd gesellt N 8 herren] om. M2; + Iesu xp– i M4 vnd saeligen] om. M4 9 den scha tzen] in gesellen N vns in] den N gleichen vnd nachvolgen] geleich machē mit nach volgē S gleichen] zw geleichnˉ M3 10 sunder] + das M3S 11 gots] + gotes M3; om. M4 vns] + das M3 12 werleich] warfhasticklich M3 mag werden] ~ N mag] müg S des] om. M4 14 Des] das M3 allen] all M3; om. SM2 Amen] om. M3

222

4.7 Die siebte Seligpreisung 224v

225r

Nv von der sibenten saelichait. Als der herr sprach: »Saelig sint die frideleichen, wann sy werdent chinder gots gehaissen.«a Vnd mit dem, daz der herr die frideleichen saelig haisset, so lobt er den frid, wann er pehalt leib vnd sel. Vnd da von, da vnser lieber herr Iesus Christus von dem tod erstanden was vnd nu schir gen hymel varen wolt, do lies er den frid seinen iungern zu lest, sam daz pest, daz sy gehaben vnd entphahen mochten, vnd sprach: »Fride sey mit ew.«b Vnd sprach anderweyd: »Meinen frid gib ich ew, meinen fride lass ich ew.«c Da von sint die fridleichen wol saelig gehaissen, wann wa frid ist, da ist got, der all saelichait ist. Vnd die saelichait chumpt von der sibenden gab des heiligen geists, daz ist weishait gots, durch die der mensch ain wares erchennen gewinnet der gotleichen vnd gu ten dingen vnd auch ain †smakheit †vnd ain wol gevallen darinn vnd ain missevallen in allen po sen dingen. Vnd die tugent hat der herr gelegt an die sibent stat von des wegen, wann niemantz zu aim gantzen frid seinr gewissen vnd des hertzen vnd der sel chomen mag, er hab dann die sechs vor genanten tugent all zemal, wann welhe er nicht hiet, so hiet | er auch des gu ten oder saelichait nicht, die er durch die selben tu gent erchriegen solt, vnd darnach hiet er dann ain state a Mt

5, 9

b Lc

24, 36; Io 20, 19. 21. 26

c Io

14, 27

2 Als] ›so‹ wann] ›denn‹ 4 pehalt] ›bewahrt, beschützt‹ 7 ew] ›euch‹ 9 wa] ›wo‹ 13 smakheit] ›Geschmack‹ 18 hiet] ›hätte‹ 19 erchriegen] ›erlangen‹ 222.19– 223.1 state senung] ›ständige Sehnsucht‹ 1 Nv … saelichait] + Die vii salikait N; + DAs ist dÿ sibēt sa lichait S; Dy Sibend Saligkait M4 Nv] om. M3S 2 frideleichen] fridsamē M3; fridleichen cet. 2–3 chinder gots] ~ NM4 3 daz] da M2 der] vnser N frideleichen] fridleichnˉ cet. saelig haisset] 〈durchgestr.: chinder gots〉 haisset saelig M1; sa lig haist NS(M2)Me1; salig haisset M3(M4) 4 so] do M4 frid] + wēn nit pessers ist dēn frid S pehalt] + da M4 lieber] om. M3 5 herr] om. M2 Iesus Christus] om. S nu] om. M4 gen] czw M3S 6 iungern] praem. lieben M4 lest] letz cet. 7 gehaben vnd entphahen] emphachnˉ oder gehaben N gehaben] habē S entphahen] om. –t– cet. mochten] möchtē M3S Fride] ffride M1; om. Me1; frid cet.; praem. der N*X4 sey] sein M3 ew] euch *X3 7–8 Vnd sprach anderweyd] waid M2 8 anderweyd] praem. aber N; andre ward M4 frid] + den M4 ew1, 2] euch cet. meinen … ew] om. M4 meinen] mein M1SMe1; meinen NM3M2 9 fridleichen] ffridleichen M1; fridleichnˉ cet. ist, da ist] + auch N; da M3SM2 10 der] da N 11 Vnd die saelichait] om. M4 der sibenden gab] den siben gaben M4 12 weishait] praem. dy NMe1; praem. vō dˀ *X4 erchennen] bechennen N gewinnet] gewÿngt M4 13 gotleichen vnd gu ten dingen] gu tē vnd go tleichnˉ ding S smakheit] smakhaftige *X2; samkualtichait M3; smackha fftige S; sma ch ha ftigs M2; swachafftiges M4; om. den Satzteil Me1 vnd3] + auch N 14 vnd] + auch N 16 niemantz] nyemāt N*X4 vnd1] om. S des] seins N 17 chomen] gechomē M3 sechs … tugent] vorgenanten sechs ding vnd tugent N 18 welhe] welichˀ S hiet, so hiet] enhat so hat M1; hat So hat NM3; hiet so hiet cet. des gu ten] dy gutnˉ M3; des gu tz *X4; der tugent Me1 oder] + der N; vnd der SM4Me1 19 tu gent] sälichait M4 hiet] hat *X2; het M3; hiet cet. 222.19–223.1 ain state senung vnd pega rung] ain stats senen vnd pega ren *X2; ein

5

10

15

223

5

10

15

senung vnd pega rung, vnd also wa r er nicht rw ig noch in gantzem frid, vnd auch von des wegen, wann ir lon grosser ist dann der andern chainr. Wann daz ainr ain su n des chu nigs ist, daz ist vil grosser dann alls daz, das im der chunig anders getu n mag, wann er ist der gewaltigst vnd der hochste nach dem chu nig. Vnd da von sprach der herr Iesus Christus: »Der von dem hymel ist, der ist vber die andern all zemal.«a Das er aber spricht »Saelig sint die frideleichen«, daz tut er daru mb, wann in dem fride sint allew gutew ding vnd allew saelichait verslossen. Vnd da von spricht der hoch lera r Augustynus vber daz wort, daz her Dauid sprach »der herr wirt fride senden vber Israhel«:b »Nim war des ainigen wortz frid, in dem alle gute ding verslossen sint.«c Vnd da von sint auch die fridleichen saelig, wann sy sta tichait mit frid habent mit got sam mit irem prautigam vnd gema hel. Vnd da von spricht der herr: »Die chinder des prautigams mu gen nicht trawren, die weil der prautigam mit in ist.«d Der frid machet auch die menschen got a nleich werden. Da von spricht der hymel adelar | Iohannes: »Wann Christus wirt erscheinen, so werden wir im enleich werden.«e Da spricht die glos »mit ewigem frid«,f wann »er ist vnser fride, der aus zwain dingen ains macht«.g Vnd da von so hat a Io

3, 31 b Vgl. Ps 84 (85), 9; 124 (125), 5; 127 (128), 6; III Rg 8, 56; I Par 23, 25 c Vgl. Prosper von Aquitanien, Expositio psalmorum, 127, 6, Z. 58f.: Omnis promissio aeternorum bonorum pacis nomine comprehensa est d Mt 9, 15 e I Io 3, 2 f In der Glossa ordinaria, MPL 114, Sp. 698C, ist zu I Io 3, 2 nur zu lesen: Cum enim immutabilis aeternaeque Divinitatis contemplatione perfruemur, nos quoque immortales et aeterni in illo erimus: non quidem idem quod ipse, sed similes, quia creatura et ad similitudinem ejus facti sumus; vgl. Expositio in orationem dominicam, 7, Sp. 816B: Beati pacifici […] erunt similes Deo […] in aeterna pace g Eph 2, 14 12 sta tichait] ›Beständigkeit, Dauerhaftigkeit, Sicherheit‹ 13 gema hel] ›Gemahl‹ 15 a nleich] ›ähnlich‹ 16 adelar] ›Adler‹ stet senung vnd begerūg M3M2; ein sta te senūg vnˉ pegerūg cet. 1 wa r] wirt N er] es M1; om. Me1; er cet. nicht] nich M1; nit M3; anders Me1; nicht cet. rwig] reuig *X5 noch] vnˉ S 2 des] den M3 andern] vorgenanttē *X4 3 daz1] om. N alls] alles N*X3 daz3] om. M4 4 anders getu n mag] getu n mag andˀs M1; su nstnˉ getun mag N; anders get vnd mag M3; getu n mag M2; andeˀs getuen mag M4; anders tün mag SMe1 gewaltigst] gebaltig M3 5 Iesus] om. S 6 die … zemal] allew die andern czumal M4 all zemal] alle M3; alle all zw mal M2 7 Das … spricht] Das abˀ der hˀr sprach S; vnd allso spricht er aber M4 er aber] ~ M3M2 frideleichen] fridleichnˉ cet. tut] tet S 10 sprach] das also spricht M4 Israhel] + .w. M4 ainigen] ewignˉ M3 11 verslossen] peslossen M3; praem. vnd allew M4 12 sy] die M2 sta tichait mit frid] stetichen frewde M3; sta tichleich 〈durchgestr.: frid〉 fra wd S; sta tnˉ frid Me1 frid] frawd *X5 sam mit] om. M3 13 prautigam] pra wtigan NM3S(M4) gema hel] gemahelnˉ M4 Vnd] om. N 14 prautigams] pra wtigans NM3; pra wtigan S prautigam] pra wtigan NM3SM4 15 got a nleich] gotlich M3; gar ändleich M4 a nleich] geleich M1; a ndleich NMe1; a nleichnˉ S; andleich M2 werden] om. *X3Me1 Da] praem. vnˉ M4 spricht] + auch M4 16 hymel] himlisch NM2 adelar] Adlār N*X5; adler M3S 17 im enleich] auch ändlich im M4 enleich] a ndleich NS(M2)Me1; geleich M3 werden] om. NM3M4; praem. sechnˉ M2 Da] + von M3 17–18 wann … fride] om. M3 18 ains] ain M3 so] om. M4

225v

224

226r

er allweg daz mittail gehalten, sam ainr, der die ding zesammen fugen wil. Vnd da von stund er zwisch enmitten vnder den iungern vnd sprach: »Der frid sey mit ewch.«a Vnd lag auch zwischen dem rinde vnd dem esel,b vnd hieng zwischen zwain schachern.c Auch macht frid den menschen ainen erben des ewigen lebens. Da von spricht der herr: »Saelig sint die frideleichen, wann sy werdent chinder gots gehaissen.« Nu spricht sand Paul: »Sein wir chinder, so sey wir auch erben, vnd sein wir erben, so sein wir auch miterben mit Christo des ewigen lebens.«d Vnd da von warten wir, daz wir frid haben, so wil got in vns wonen, wann im fride ist sein stat, als ઀ her Dauid spricht: »Aber in der welt vinde wir nicht fride, sunder in got.«e Da von sprach der herr Christus: »In der welt habt ir ઀ druck, drang vnd leyden, aber in mir so habt ir frid.«f Wann du aber fragst, wie der mensch frideleich werden mu g,g so wiss, daz er mit der gnad gots, die in ze rew vnd ze laid pewegt ઀ v mb all sein su nd, dar zu chomen mu s, daz er sein hertz vnd gewissen rain mach von allen ઀ su nten, vnd die | sinleichait, daz sy der vernunft gehorsam sein. Vnd denn so wirt auch fride werden zwischen gote vnd dem menschen. Vnd daz a Lc

24, 36; Io 20, 19. 21. 26 b Vgl. Is 1, 3; Hab 3, 2 (Septuaginta); vgl. Evangelium PseudoMatthaei, 14, S. 80: bos et asinus adoraverunt eum c Vgl. Mt 27, 38; Mc 15, 27; Lc 23, 33 d Rm 8, 17 e Nicht gefunden f Io 16, 33 g Zu dieser und der nächsten Frage (vgl. 226v) nach Herstellung und Bewahrung des Friedens vgl. Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 264, Z. 8 1 allweg] ›überall; immer‹ 2 zwisch] Wenn diese Lesart stimmt – die restlichen Hss. zweifeln daran –, ist sie wohl adverbial aufzufassen: ›dazwischen‹ 17 sein] wohl auch auf hertz und gewissen zu beziehen, wenn nicht Sg. nach M3SMe1 1 allweg daz mittail] das mittl˜ albeg M4 daz] ain N mittail] mittel N*X3; mittertail Me1 gehalten] behalten N 2 zwisch enmitten] enmitten NMe1; zbischen vnd mitten M3; czwischē vnˉ enmittē *X4 den] in der M3 Der] om. N 3 ewch] ew N rinde … esel] esel vnd dem rynnd N 4 hieng] + auch N zwain] den M4 schachern] schacha chernˉ M3 5 macht … erben] machte er frid ain erb zwischnˉ dem menschnˉ vnd N frid] praem. der S erben] erbrnˉ M2 von] + so N 6 frideleichen] fridleichen cet. 7 Nu] vnd M1M3; Nü S; Nu cet. sand Paul] Sanctus Paulus M4 Paul] päuls S Sein] Sey N*X4 8 sein1] seÿ *X4 wir1 … auch] om. N wir1] om. M3; + danˉ S sein2] sey *X3 auch] om. M2 mit Christo] + ihū N; xpī S mit] om. *X5 9 von] + so N wir1] + das M3 10 im fride] in dem frid M3; in frid cet. ઀] der M1; om. cet. 11 welt] werlt M3M4; + so S vinde] vind M3; hab Me1; vinden cet. Da] praem. vnd NM3 sprach] spricht M3 der] vnser M4 12 Christus] praem. ihūs M3; om. M4 welt] + so *X3; werlt M4 ઀] vil M1; om. cet. druck, drang] dringen vnd gedranng N; trawrnˉ vnd vngemach M3; trück vnd twangk S; truchk vnˉ trang M2; truebsal Me1 14 frideleich] fridleich cet. mu g] mag S 15 in ze] yecz N vnd] om. M3 ze2] om. NM3SM2Me1 laid] lan M2 pewegt] pewegent M1; bewegent NM2; pebgend M3; pebegt SM4; pewegt Me1 ઀] mu gent M1; om. cet. 16 gewissen] praem. sein M4 rain mach] rainig S; om. M2 16–17 rain … su nten] seÿ von allen sünden chern M4 17 ઀] seinen M1; om. cet. sinleichait] sundlichait M3 sein] sind N; sey M3Me1; werd S 18 denn] om. M4 so] om. *X3 auch] om. N werden] om. N 224.18–225.1 daz geschicht] beschicht N

5

10

15

225

5

10

15

20

geschicht sunderleich mit ainem fleissigen war nemen der gewissen, recht sam der mensch ઀ sich in aim spiegel pesicht, ob er rain vnd schon sey, also wirt die sele rain durch ain fleissig erfarn der gewissen, wann es habent all menschen ain naygung ze straffen das v bel. Vnd das sol der mensch mit fleiss tu n, daz im nicht Ieremiaz verfluch, do er spricht: »Verflucht sey der mensch, der das werch gots sau mleich tut.«a Auch macht das hertz rain ain gantz lauter peicht, wann die rainigt den menschen von allen su nten, die doch das hertz gar vnrain vnd ઀ vnfrideleich machent. Da von auch her Dauid sprach: »Es ist chain fride meim gepain von meinr su nd wegen.«b Vnd da von sprichet auch der liebe Ysaias: »Dem vnmilten vnd dem sunda r ist chain frid.«c Das aber aine gantze peicht fride machet, das spricht der liebe Ysaias: »Ich hab fride der lebsen oder des mundes gemachet«,d das ist mit ainr waren peicht vnd pues. Auch macht das hertz rain ain fruchtpa r genu g tu n v mb allew su nd, vnd das mu s sein, wann got la t chain su nd vngestraffet von seinr gerechtichait wegen. Vnd da von spricht der liebe Ysaias: »Ain werch der gerechtichait ist fride.«e Wann du aber fragest, wie ain mensch, der nue ઀ | zu fride chomen ist, den fride pehalten mu g, so wiss, daz er daz tu n mu s mit fleissiger sta ter hu t zu aller zeit, recht sam ain chu nig, der ain gu t fest mit vil cho stleichen dingen nacht vnd tag wol pewart, daz sy nicht hin geben werd oder verraten. Vnd das mu s der mensch geistleichen tu n mit pehutsamchait seiner synn,

a Ier

48, 10

2 sam] ›wie‹

b Ps

37 (38), 4

c Is

57, 21

12 lebsen] ›Lippen‹

d Is

57, 19

15 la t] ›lässt‹

e Is

32, 17

20 fest] ›Festung, Burg‹

1 sunderleich] wesunder M4 der] den M2 2 ઀] der *X2; om. cet. sich in aim] säch in ainen M4 pesicht] sicht S(M2) vnd] oder M4 3 erfarn] der farn M1; erfarn NM2Me1; war nemē M3; erfarē SM4 4 ain] om. M3 5 im] in *X3; om. den ganzen Teilsatz Me1 nicht] icht M1; nicht cet. verfluch] vˀfluecht M3 6 sau mleich] sawmleichnˉ N; vˀsaumlich M3; sawmichleich S(Me1); sundtlich M4 7 gantz lauter] raine lauttre gācze S 8 allen] + seinē M3 ઀] gar M1; om. cet. vnfrideleich] fridleich M2; vnfridleich cet. 9 machent] machet N auch … sprach] sprach auch hˀr Dauit M2 meim] praem. in N*X3; M1Me1 näher an lat. non est pax ossibus meis gepain] pain *X5 10 su nd] sundnˉ M3 auch] om. S der liebe] om. *X4 Dem] den M3 10–11 Dem … sunda r] den kargen vnd den su ndarn N 11 ist] ich M1; ist cet. 12 spricht] + aber M4 der liebe] om. S 13 mit] mitt M1; om. M4; mit cet. pues] + Auch machet das hertz rain ain gantze lawtre peicht wanˉ die raynigt den menschen N 14 ain] vnd M1Me1; om. NM3; ein *X4 fruchtpa r] fruchper M3; fruchtige Me1 genu g tu n] genu gtueung N; geung tun M3 allew] + sein M3 15 mu s sein] nücz seÿ M4 got] + der S vngestraffet] vngepessert N; praem. nit S 16 spricht] sprach M4 der liebe] om. S 18 nue] om. M3Me1; n〈getilgt: ÿe〉u S; nie *X5 ઀] ze M1; om. cet. ist] + vnd M2 19 mu g] mag M4 fleissiger sta ter hu t] fleyssigem steten huttnˉ M3 fleissiger] vleis M4 20 gu t fest] gutnˉ vesten M3 21 dingen] ding M1M3; dingnˉ cet. wol] behu t vnd N werd oder verraten] noch vˀraten wirt N 22 mensch geistleichen] geistleich mēsch M2 mensch] om. M4 geistleichen] geistleich S(M4)

226v

226

227r

wann daz sint die venster, durch die der gaistleiche tod in sleuft. Vnd da von so sint vnpehute augen ain war zaichen ains vnpehu ten hertzen, als sand Augustein spricht.a Vnd da von pedarff der mensche wol ainr gaistleichen mawr vnde ains guten graben,b daz ist chau scheit vnd rainichait, wann die ist recht sam ain tieffer graben, der den menschen wol pewart vnd in fride pehalt. Aber die mawr, das ist messichait, vnd die ist aine maysterinn vnd ain fridema charinn aller synn, als Seneca spricht,c durch die auch der mensch in fride gots gesatzt wırt. Von dem fride spricht sand Paul: »Der frid gots, der u ber alle synn ist, der pesta t vnd vestene ewr hertz.«d Der mensch mu s auch narung haben, der er leb, vnd daz ist predig vnd die ha ilig geschrift. Vnd da von sprach vnser herr Iesus Christus: »Der mensch lebt nicht allain des leipleichen prots, sunder auch ains iegleichen wortes, daz do fleusset von dem mu nd gots«,e das ist von ay|nem iegleichen gu ten lera r. Er sol auch schiezz gezeug haben, daz ist vil gu ter tu gent vnd sunderleich diemu tichait, wann mit den erlescht der mensch alle fewrein pfeil des po sen geists,f vnd also wırt der mensch in ainen gantzen fride gesatzt. Vnd des frides wu nscht her Dauid vnd spricht: »Herr, fride werd in deinen tu rnen oder pu rgen«,g dazz ist in dem hertzen der menschen. Vnd darnach sol der mensch die pu rg irem waren herren wider geben, der sy gechauft oder gelo st a Vgl.

Augustinus von Hippo, Contra Iulianum opus imperfectum, IV, 53, Sp. 1369: [Christus] intacta castitate conspicuus, et animum et oculos nunquam remisso cordis vigore custodiens b Die im Folgenden entwickelte Burgallegorie findet ihr Vorbild in der Psychomachia des Prudentius, wo eine von personifizierten Lastern angegriffene Festung der Seele durch Tugenden verteidigt wird c Vgl. oben S. 210, Z. 10–11 d Phil 4, 7 e Mt 4, 4 f Vgl. Eph 6, 16 g Ps 121 (122), 7 1 in sleuft] ›hineinschlüpft‹ 10 pesta t vnd vestene] ›stärke und festige‹ 16 sunderleich] ›besonders‹ 17 erlescht] ›löscht‹ fewrein] ›feurigen‹ 19 tu rnen] ›Türmen‹ 21 gelo st] ›ausgelöst, freigekauft‹ 1 durch die] da durch N in sleuft] ein sleust M3; ein fleust *X4; ein steigt Me1 2 so] om. *X5 vnpehute] v˜blhüttunde M4 war zaichen] wars zaichnˉ N vnpehu ten] pehuettnˉ M3 3 Augustein] Augustinus NM2; Augustin M3S; August♑ M4 4 mensche] mensch *X3Me1 6 graben] grab N wol] + wol S in] om. M3; praem. ÿn S 7 vnd1] om. NM4 fridema charinn] fridmacherin cet. 8 der] om. M3 mensch] + auch N gots] om. N 9 Paul] pauls M3; pa wls S; Paulʔ M4 10 pesta t vnd vestene] besta ttnˉ vnd vestnen N; pestetig M3 vestene] vestēt SM2Me1; besterckt M4 11 narung] warnūg S daz] + er M4 12 ha ilig] heÿling M4 von] + so M3 vnser] + liber M4 Iesus] om. S 13 iegleichen] yednˉ N 13– 14 sunder … wortes] om. M2 14 fleusset] außget M3 14–15 aynem … lera r] ainer ÿglichen güten lere M4 15 gu ten] om. M3 16 Er] Es M4 auch] auß M3 schiezz gezeug] Schies zewg N*X4Me1 sunderleich] sunderleichnˉ S; besunderlich M4 17 mit den] da mit M2 den] dem N; dˀ SM4Me1 erlescht] lechst M2; so leschet M4 fewrein] fewrige M3 18 geists] om. M2 gesatzt] gasats M4 19 wu nscht … spricht] wünst vnd spricht her daud M4 wu nscht] + auch S werd] + in deinˀ mu tichait M3 20 oder] vnˉ S dem] den NSM4Me1 der] des M1; der cet. 21 waren] rechten M3 gechauft] chaufft M4 oder] vnd NM4 226.21–227.1 gechauft … hat] gechaufft hat odˀ erlöst S

5

10

15

20

227

5

10

15

hat, daz ist vnserm lieben herren Iesu Christo, wenn des sint allew selen, als der weissag spricht.a Vnd daz tu t der mensch mit ainr volharrung in aim gu ten leben ઀ vntz an sein ende. Was aber nu tz chom von dem fride, da soltu wissen, daz der mensch da durch wırt ain chint gots vnd ain erb, als sand Pauls sprichet,b wann er ist ain got des frides vnd perait auch den menschen, daz er wırdig wırt, got zu entphahen, wann »in fride ist gots stat«,c als her Dauid spricht. Es perait auch dem menschen, daz er ain erleicher diener gots wırt, wann der sacher des frides wirt nicht wol geeret denn zu der zeit des frides. Vnd wır sehen daz natu rleich wol, daz ain mensch sein antlu tz wol sicht in aime stillen wasser. Dar zu macht es den menschen ingeistleichen. Item es macht | den menschen sicher vnd gevellig vnd liepleich vnserm herren, vnd daz ist gar cho stleich, wann ain iegleiches geleich hat seinen geleichen liep. Wann aber got ain sacher ist des frides, vnd daru mb so werden wır gote geleich durch den frid vnd werden auch von im liep gehabt. Vnd ob wır in lieb haben, so wirt er vns auch lieb haben, wann in dem pu ch der spru ch: »Die mich lieb habent, die hab ich lieb.«d Ane zweifel got verlat sa mleich nicht. Auch machet er den menschen sicher des ewigen lebens, wann sand Paul spricht

a Vgl.

Sap 3, 1

b Vgl.

Rm 8, 17; Gal 4, 7

c Ps

75 (76), 3

d Prv

8, 17

3 vntz] ›bis‹ 6 perait] ›bereitet‹ 9 sacher] ›Urheber‹ 12 ingeistleichen] Nicht belegt, Textverderbung? 16 ob] ›wenn‹ 18 verlat] ›verlässt‹ sa mleich] ›solche (Menschen)‹ 1 des … selen] dem selbnˉ M4 des] das NM3 2 mit ainr volharrung] mit einē volharren S; in einem volharren M4 ainr] om. M3 in] an M2 3 ઀] leben M1 vntz] pis M3SM2; hincz pis M4 4 chom] ko men N da1] das S soltu] solt dw *X5 da2] dar M4 5 wırt] werd M2 sand Pauls] sct˜ʔ paulʔ M4 Pauls] paul NM2 ist] in *X2M2; ist M3SM4 5–6 ist ain got] in in get Me1 6 perait] bereidet M3 den] dem SM4 7 entphahen] emphachnˉ N; ͡ M3 enphahnˉ M3M4Me1; enpfachē SM2 wann … stat] om. M4 her Dauid] der prophta 8 Es] Er N dem] den M3M2; dē S erleicher] ersamˀ M3 diener gots] ewigˀ gots dienˀ N 9 sacher] ain sach ist N; schopher M3; schachˀ M2; fahër M4 wirt … frides] om. M2 wirt] praem. der M3; vnd der wir M4 10 natu rleich] natu rleichnˉ N 11 stillen] sallenn M4 wasser] + als dˀ gedultig Iob S 12–15 Dar zu … frides] darnach macht es den menschen salig an geistlichen dingnˉ M4 12 Dar zu … ingeistleichen] om. SMe1 es] auch der frid M3 ingeistleichen] an geistleichnˉ M2 den2] dem M2 12–13 ingeistleichen … menschen] om. M3 13 liepleich] mynnsam NM3M2; lieb Me1 herren] + ihū xp– o S 14 geleich] om. M3M2; geleichs S 15 sacher] sach N werden] wer M3 16 von] om. M4 Vnd] om. S wır] ir M2 16–17 so … haben] om. *X4 17 wann … spru ch] Als schribnˉ stet in dem puech der lieb Me1 spru ch] + ist geschribnˉ M3; + spch der herˀ S; + spricht vnser heˀr M4 18 die] da M1; die cet. hab ich lieb] wil ich widˀ lieb habnˉ N; han ich auch lieb M4 zweifel] + wann M4 sa mleich] die sa mleichnˉ N; semlicher M3; dÿ sein S; sein la wt *X5; + menschnˉ Me1 19 menschen] meschnˉ M2 sand Paul spricht] spricht sand pauls M4 Paul] pauls M3S \/\

227v

228

zu den Ro mern an dem achtenden prieff: »Das reich gots ist 〈nicht〉 an essen vnd an trincken, sunder es ist frawd vnd frid.«a  Dar nach legt er die achtende saelichait. Vnd von der schreibt er nicht pesunder, wann die wırt pegriffen in den andern, wann niemant durcha chtunge leit durch der gerechtichait willen, er hab dann die andern saelichait alle. Auch pestet der andern chaine ane die achtende. Amen.

a Rm

14, 17

1 achtenden] ›achten‹, Sinn? 5 durcha chtunge] ›Verfolgung‹

3 achtende] ›achte‹ leit] ›erleidet, erträgt‹

4 pegriffen] ›zusammengefasst‹ er hab dann] ›es sei denn, er hat‹

1 den Ro mern] dem Römer M4 an … prieff] om. Me1 achtenden] achteden N; achten M3; xviii S; achtunden M4 prieff] tail M3; om. S nicht] om. *X2; nit M3; nicht Me1〈nach trincken *X4〉 an2] ain M2 2 an] ain M2 trincken] + nicht *X4 sunder … frid] wesunder es ist da frid vnd freẅd ebigklich M4 frid] + in dem heilignˉ geist M3 3 Dar … Vnd] om. M4 achtende] acht NS; achten M3M2Me1 schreibt] beschreibet N 4 pesunder] besunderleich N die] sy M1M4; die cet. den] dem M3M2 niemant] nyemāts N 5 durcha chtunge] durch a chtunde M1; durch a chtung N(S); durch achtūg M2; durchächtung M4; achtung M3; a chtung Me1 leit] om. M3; leidet SMe1 6 achtende] achtett S; achten Me1 7 Amen] des hellf vns got allnˉ AmeN das war werd AmeN Hie habent die acht sali– er wennd ‧ Sub anno dom – i Mo Cccco xliio Orate prochait ain ennd Got vns vnsern kum scripto'e qui vocat2 Caspar gstettn N; in gottes Namen Ihesus AMEN M3; om. S; Hye hat daz puch ein end daz puchel vō dē acht salichaitnˉ Meister heinreichs vō sand Gallnˉ Anno xx M2; finis ȝ M4; + Explicit totū Me1

5

229

5. Anhang

Grundsätze für die Edition der Texte im Anhang

5

10

15

20

25

30

Bei den im Anhang edierten Texten handelt es sich um keine kritischen Ausgaben im eigentlichen Sinne, sondern wegen der beschränkten Auswahl der Textzeugen eher um Fassungsausgaben, die allerdings einen gut lesbaren Text bieten sollen. Die Wahl der jeweiligen Leitvorlage richtet sich mehr nach der praktischen Verfügbarkeit als nach stemmatischen Kriterien, die bei dem jetzigen Forschungsstand noch nicht definiert werden können. Bei der Edition der lateinischen Texte werden diese Grundsätze befolgt: Da nicht von einer graphisch autornahen Überlieferung auszugehen ist, die eventuell eine besondere Beachtung der Graphie rechtfertigen würde, wird die Schreibweise normalisiert nach den Empfehlungen für die Editionsreihe ›Corpus Christianorum Continuatio Mediaevalis‹,¹ d. h. u steht für u und v, V für U und V, i für i und j, I für I und J. Im Übrigen wird folgendermaßen verfahren: Für die e caudata steht ae. Bei Abbreviaturen für con- und inwerden bei der Auflösung nicht assimilierte Formen bevorzugt. Die Transkription von c und t orientiert sich am klassischen Usus, nicht zuletzt weil die Schreibung beider Buchstaben paläographisch häufig nicht auseinanderzuhalten ist. Die Schreibung von i bzw y wird zugunsten von i vereinheitlicht; nur bei griechischen Fremdwörtern wird y für υ geschrieben. Gelegentliche unsystematische Abweichungen von der klassischen Schreibweise werden stillschweigend korrigiert. Hiis wird mit his wiedergegeben. Römische Zahlen werden in von Punkten umgebenen Minuskeln gesetzt, eventuelle zusätzliche Markierungen der Ordinalzahlen (etwa durch hochgestellte Buchstaben a oder o) werden nicht übernommen. Abgekürzte Namen und Werktitel werden aufgelöst, in mehrdeutigen Fällen wird der Vorschlag des Herausgebers in eckige Klammern gesetzt. Nomina Sacra, Eigennamen sowie Werktitel werden am Anfang großgeschrieben. Die Interpunktion erfolgt im Wesentlichen nach den Regeln der deutschen Zeichensetzung. Im kritischen Apparat werden nur semantisch relevante Lesarten der kollationierten Handschriften verzeichnet. ¹ Anleitung zur Veröffentlichung von Texten im Corpus Christianorum (v. 2.1 / Nov. 08) [zitiert am 24. 10. 2010]. Zugänglich unter http://www.corpuschristianorum.org/series/ pdf/Corpus_Richtlinien.pdf, S. 11.

230

Im Übrigen folgt die Gestaltung der Editionen den im Hauptteil beschriebenen Grundsätzen.

5.1 Heinrich von St. Gallen: Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit

231r

231v

Stadtbibliothek Nürnberg, Cent. VI, 43l, 231r–v ¹ Das sint die stu ck, die vns maister Heinrich von sant Gallen geschriben hat, die da aller mayst heimlich hyndern ein geistlichen volkumen menschen. Das erst ist besunderheyt. Auß der kumt eiteler rum, gemu tlich hoffart gut gevellig aigner werck, vnd irrsal. Pey disen dreyen fru chten erkent man die besunderheyt. Dar vmb vnser lieber herr Iesus Christus wolt besnyten werden, vnd Maria, sein muter, gereyniget werden, noch der gemein sich halten. Das ander, das do hindert ein volkumen leben, das ist eigner will vnd eigen gut tuncklikeyt. Auß dem kumt gezenck vnd krieg, do mit der frid hertzen | vnd gewissen vnd pru derlich lieb geswent wirt. Auch dar auß kumpt, das ein mensch vnlerlich vnd vnstraffper wyrt, vnd in den sunden ein verhertung. Pey disen dreyen fru chten erkent man die eigenwillikeyt vnd eygensynnigen menschen. Das dritt, das da hyndert ein volkumen leben: ein befleckung einer lautern lieb gotes. Das kumpt von besunder neygung in lieb eines menschen vnd gunst zu dem andern natu rlich auf nucz vnd ere, vnd zu vil geheims, da von gar heimlich vnder einem geistlichen, gotformigen schein die lauter lieb gotes beflecket wirt, recht als ein cristal in einer hant gehandelt wirt. Auch wist, dar ir euch vor den dreyn dingen bewarn su lt. Dar zu geho rt ein emsiges einplicken in die tieffen plutigen wunden Iesu Christi vnd in sein ellendes, versmechtes, arms, diemu tiges leben, vnd ein stecz war nemen der reynikeyt des herczen vn[d] der gewissen. Amen. ¹ Religiöse Sammelhandschrift. Papier, I + 307 Blätter, 20,4 × 14 cm, Katharinenkloster Nürnberg, 1446, Bastarda. Katalogbeschreibung bei Schneider 1965, S. 107–111, hier S. 110, Nr. 16. Inhaltsangabe nach dem Handschriftenverzeichnis des Klosters aus dem 15. Jh. (Nr. E XXXVII): Jtem ein news puch, das helt in im von IIII zukunft unsers herren und III predig, und wie unser her ein furman und ein kaufman was und wie ein peichtvater seiner gaistlichen peichttochter gelobet, das er wolt Paulus sein und sy Thekla in gotlicher lieb, und von dem heiligen sacrament und von den selen und fegfewr und von dem helfen der selen und predig und gepet und frog und von gedancken und vil guter matery etc. Das puch hat swester Ku˙ ngunt Niklasin geschriben (nach Jostes 1972, S. 125). 3 besunderheyt] ›abgesonderter Individualismus‹ 9 geswent] ›vernichtet‹

8 eigen gut tuncklikeyt] ›Eigendünkel‹

5

10

15

20

231

5.2 Malogranatum, III, 14 Text nach: Praha, Národní knihovna České republiky (Nationalbibliothek der Tschechischen Republik), XIV. C. 27, 21r –27r (P1),¹ kollationiert mit: Praha, Národní knihovna České republiky, VII. D. 16, 205vb –209va (P2),² Brno, Moravská zemská knihovna v Brně (Mährische Landesbibliothek in Brünn), Mk 40, 20ra –25ra (B).³

5

10

15

20

Filius in[quirit]: Postquam igitur edoctus sum de septem donis Spiritus sancti, nunc de beatitudinibus, quas Dominus enumerat in euangelio. Et utrum etiam ipsae beatitudines ualeant ad purgationem cordis, de hoc cupio a te, o pater, informari. Pater respondet: Scire debes, fili, quod septem sunt beatitudines secundum distinctionem graduum, quamuis octo sint secundum essentiam. Quas saluator enumerat in sermone in monte, scilicet paupertas spiritus, mititas, luctus, esuries iustitiae, misericordia, munditia cordis et pax. »Harum beatitudinum numerus accipitur secundum integritatem perfectionis. Requiruntur autem ad integritatem perfectionis tria, scilicet regressus a malo, processus in bono et perfectus status in optimo. Sane autem malum procedit ex tumore superbiae aut ex rancore malitiae aut ex languore concupiscentiae. Contra haec tria sunt tres beatitudines, scilicet paupertas spiritus contra malum tumoris, mititas contra malum rancoris, luctus contra malum libidinis. Item processus in bono | attenditur secundum diuinam imitationem, quae est secundum duas uias Domini, scilicet misericordiam et ueritatem, de quibus in Psalmo: Vniuersae uiae Domini misericordia et ueritas.a Igitur secundum has duas uias sumuntur duae beatitudines, scilicet esuries iustitiae et affectus misericordiae. Praeterea status in optimo attenditur in duobus, scilicet in limpida cognitione et in tranquilla affectione. Secundum hoc ¹ ›Galli abbatis Aulae Regiae Malogranati liber III‹. Pergament, 194 Blätter, 30 × 22 cm, Třeboň (Wittingau), St.-Ägidius-Kloster, 1383, gotische Minuskel. Katalogbeschreibung Truhlář 1905–1906, Bd. 2, S. 295, Nr. 2494. ² ›Malogranatum‹. Papier, 323 (richtig 324, Blatt 189 zweimal) Blätter, 29 × 20,5 cm, Böhmen, 1385, gotische Kursive. Katalogbeschreibung Truhlář 1905–1906, Bd. 1, S. 494, Nr. 1282. ³ ›Malogranati seu Dialogi inter patrem et filium pars tertia‹. Pergament, 165 Blätter, 33,5 × 23 cm, Rokycany (Rokitzan), Augustinerkloster Maria Schnee, 2. Hälfte des 14. Jhs., gotische Minuskel. Katalogbeschreibung Dokoupil 1958, S. 82. a

Ps 24 (25), 10

7 mititas] Micitas P1; Mititas P2B mititas] Micitas P1; Mititas P2B

12 tumore] timo'e P2

14 tumoris] timoris P2B

21ra

21rb

232

21va

sumuntur duae ultimae beatitudines, scilicet munditia cordis ad Deum uidendum et pax mentis ad perfecte fruendum.«a Et notandum, quod ad bonum ordinate se tunc habet anima, si bona temporalia non diligat, si uera bona esuriat et sitiat, si eisdem bonis ita adhaereat, ut nulla poena ab eis separari ualeat. Ad primum pertinet illud »beati pauperes spiritu«, ad secundum »beati, qui esuriunt et sitiunt iustitiam«, ad tertium »beati, qui persecutionem patiuntur propter iustitiam«. Ad malum uero ordinate se habet anima, si nullum malum proximo inferat, si sibi ab altero illatum uel gratis assumptum aequanimiter ferat, si alii illatum malum pro posse auferat, si studiose cauet, ut non inquinetur malo culpae nec perturbetur malo poenae. Ad primum pertinet illud »beati mites«, ad secundum »beati, qui lugent«, ad tertium »beati misericordes«, ad quartum »beati mundo corde«, ad quintum »beati pacifici«. Sciendum | etiam, quod per beatitudines excluduntur septem uitia capitalia. Paupertas spiritus excludit superbiam, mansuetudo iram, luctus inuidiam,b quoniam qui luget pro peccatis aliorum, non inuidet illis, esuries iustitiae accidiam, misericordia auaritiam, munditia cordis gulam, quia cordis munditia non seruit uentri ad modum bruti animalis, pax excludit luxuriam, quoniam gustato spiritu desipit omnis caro. His igitur praemissis de beatitudinibus aliqualiter in genere nunc in specie de unaquaque beatitudine uideamus.

〈Prima beatitudo〉 Prima beatitudo est paupertas spiritus et potest sumi pro abstinentia ab amore mundi, id est ab amore carnalium uoluptatum ac diuitiarum et pro-

a

Bonaventura, Breviloquium, 5, 6, S. 258b–259a: Primo igitur ad integritatem perfectionis requiritur necessario perfectus recessus a malo, perfectus processus in bono et perfectus status in optimo. Quoniam autem malum aut procedit ex tumore superbiae, aut ex rancore malitiae aut ex languore concupiscentiae; ideo ad perfecte elongandum ab hoc triplici genere mali tres sunt necessariae beatitudines, scilicet paupertas spiritus elongans a malo tumoris, mititas elongans a malo rancoris, et luctus elongans a malo libidinis et languoris concupiscentialis. – Quia vero perfectus processus in bono attenditur secundum divinam imitationem; et universae viae Domini misericordia et veritas: hinc est, quod duplex est beatitudo secundum has duas vias, scilicet esuries sive zelus iustitiae, et affectus misericordiae. – Quoniam autem status in optimo est vel per limpidam cognitionem, vel per tranquillam affectionem; hinc est, quod sunt duae ultimae beatitudines, scilicet munditiae cordis ad Deum videndum et pax mentis ad perfecte fruendum; eine ähnliche Aufteilung der Seligpreisungen in Gruppen findet sich bereits bei Paschasius Radbertus, vgl. dazu Stoll 1988, S. 187–189 b Hugo von St. Viktor, De quinque septenis, 1, und Bonaventura, Collationes de septem donis spiritus sancti, 2, 3, S. 463a, ordnen ira und invidia umgekehrt ein; die Reihenfolge in den Acht Seligkeiten ist ganz anders, vgl. S. 7–8

8 ordinate] ordina'e P2 P2

21 Prima beatitudo] om. P1P2; filius Prima B

23 carnalium] + ac

5

10

15

20

233

5

10

15

20

25

priae excellentiae. Haec tria conplectitur amor mundi. Vnde dicitur super Lucam: »Pauperes sunt, qui non quaerunt illecebrosa.«a Super Matthaeum quoque dicitur: »Pauperes spiritu sunt humiles, Deum timentes.«b Alia etiam glosa dicit, quod pauperes sunt, qui nihil habent et omnia possident.c Specialiter tamen pauperes spiritu sunt contemptores mundi et humiles. Vnde paupertatis deuotio duas habet partes, rerum abdicationem et spiritus contritionem.d Contemptoribus uero rerum temporalium promittitur et est regnum caelorum quasi iure emptionis. Vnde dicit Bernardus: »Pauperibus pariter et martyribus regnum caelorum promittitur.«e Est etiam humilium | regnum caelorum iuxta illud: »Sinite paruulos ad me uenire, talium est enim regnum caelorum.«f Vnde quilibet deuotus, et maxime religiosus, debet uirtutem paupertatis et humilitatis seu uilitatis diligere et sibi assumere et non abicere, si desiderat regnum caelorum possidere. De hoc beatus Augustinus in persona Domini sic dicit: »Venale habeo. – Quid, Domine? – Regnum caelorum. – Quo emitur? – Paupertate regnum, dolore gaudium, labore requies, uilitate gloria, morte uita.«g Haec Augustinus. Sed notandum, quod non omnis paupertas seu humilitas accepta est Deo, sed solummodo illa, quae uoluntarie propter amorem Dei assumitur, placita est illi. Vnde per beatum Bernardum dicitur: »Non paupertas uirtus reputatur, sed amor paupertatis.«h Denique beati pauperes non rebus, sed spiritu. Dicit etiam de hoc Chrysostomus: »Quod enim sunt multi humiles nolentes, rerum necessitate coacti, non est laus. Vnde illos Dominus beatificat, qui se ipsos ex electione humiliant. Ideo autem hic incipit radicitus euellens superbiam, quia haec fuit radix et fons malitiae uniuersae, contra quam ponit humilitatem uelut quoddam stabile fundamentum, qua subiecta cum stabilitate alia superaedificantur, hac autem destructa pereunt, quaecunque congregaueris bona.«i Haec Chrysostomus. Considerandum etiam, quod aliqui a Ambrosius von Mailand, Expositio evangelii secundum Lucam, V, 64, Z. 686–688: Beati ergo pauperes spiritu. Habes temperantiam, quae a peccato abstinet, saeculum calcat, inlecebrosa non quaerit; zit. bei Thomas von Aquin, Catena aurea in Lucam, 6, 5; ders., Summa theologiae, I– II, 69, 3 b Augustinus von Hippo, De sermone domini in monte, I, 1, 3, Z. 65–67: recte hic intelleguntur pauperes spiritu humiles et timentes deum, id est non habentes inflantem spiritum c Paschasius Radbertus, Expositio in Matheo, CCCM 56, III, Z. 1611–1612: Vtrisque autem illis [pauperibus] Pauli sententia potest aptari qua dicitur: Tamquam nihil habentes et omnia possidentes d Vgl. ebd., Z. 1595–1597: Quae nimirum paupertas duabus constare uidetur partibus in terrenarum scilicet rerum abdicatione atque in spiritus contricione e Bernhard von Clairvaux, Sermones in festivitate omnium sanctorum, 1, 15, S. 341, Z. 13–15: Denique propterea pauperibus pariter et martyribus regnum caelorum promittitur, quia paupertate quidem emitur, sed in passione pro Christo absque omni dilatione percipitur f Mt 19, 14 g Vgl. Augustinus von Hippo, Enarrationes in Psalmos, CCSL 39, 93, 24, Z. 1–3: Venale est quod habeo, dicit tibi deus; eme illud. Quid habet uenale? Requiem uenalem habeo; eme illam de labore h Bernhard von Clairvaux, Epistolae, Bd. 7, 100, S. 255, Z. 17 i Zit. bei Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 1

18 placita] placida P2

25 cum] est P2

21vb

234

22ra

sunt spiritu diuites, aliqui uero de spiritu nihil habentes, aliqui autem spiritu | pauperes. De quibus Richardus de sancto Victore sic dicit: »Alii sunt spiritu diuites, alii quodammodo de spiritu nihil habentes, alii spiritu pauperes. Spiritu diuites sunt superbientes, de spiritu nihil habentes nimis pusillanimes, spiritu pauperes humiles. Superbientes faciunt non facienda per elationem, pusillanimes facienda praetermittunt per pusillanimitatem, humiles non facienda praetermittunt et facienda faciunt per humilitatem. Paupertas itaque spiritus nihil habens defectionis, nihil superfluitatis per uiam regiam ducit ad beatitudinem supernam.«a Haec Richardus. Sic igitur habemus de prima beatitudine.

5

10

〈Secunda beatitudo〉

22rb

Secunda beatitudo est mititas, quae sequitur inmediate paupertatem, quia non prodest esse pauperem et carere diuitiis, nisi quis mitis et mansuetus fuerit. De hoc dicit beatus Ambrosius: »Cum simplicitate contentus fuero, inops 〈malorum〉, superest, ut mores meos temperem. Quid enim prodest mihi carere saecularibus, nisi fuero mitis?«b Haec Ambrosius. Mitis autem ille est, quem mentis asperitas seu amaritudo non afficit, sed simplicitas fidei ad omnem iniuriam patienter patiendam instruit.c Vnde dicit beatus Augustinus: »Mites sunt, qui cedunt inprobitatibus et non resistunt in malo, sed uincunt in bono malum.«d Cum igitur animus ex aliqua occasione ad iracundiam conmotus fuerit, necesse est, ut refrenet | in se inpatientiae motum, ne uirtutem mansuetudinis ac mititatis perdat. Ad hoc hortatur beatus Ambrosius sic dicens: »Mitiga affectum, ut non irascaris aut certe iratus ne peccaueris. Praeclarum est enim motum temperare consilio nec minoris uirtutis dicitur cohibere iracundiam quam omnino non irasci, cum

a

Richard von St. Viktor, Allegoriae in Novum Testamentum, II, 1, Sp. 763C; auch Sermones centum, 28, Sp. 960D b Ambrosius von Mailand, Expositio evangelii secundum Lucam, V, 54, Z. 568–572: Prima ergo ista benedictio est, cum deposuero omne peccatum et exuero omnem malitiam et simplicitate contentus fuero, inops malorum. Superest ut mores meos temperem. Quid enim mihi prodest carere saecularibus, nisi fuero mitis atque mansuetus? c Vgl. Paschasius Radbertus, Expositio in Matheo, CCCM 56, III, Z. 1665–1669: Mitem itaque non ira non rixae non contentio non ranchor aut asperitas mentis uel fellis amaritudo seu concupiscentiarum liuor afficit aut fatigat sed simplicitas fidei ad omnem iniuriam sustinendam patienter praeceptis euangelicis informat d Augustinus von Hippo, De sermone domini in monte, I, 2, 4, Z. 80–82: Mites autem sunt qui cedunt inprobitatibus et non resistunt malo, sed uincunt in bono malum

11 Secunda beatitudo] om. P1P2; Secūda B 12–13 quia non] qrd B P1P2B, vgl. Ambrosius-Zitat 18 patiendam] faciēdam P2

15 malorum] om.

15

20

25

235

5

10

15

20

25

plerumque istud leuius, hoc fortius aestimetur.«a Haec Ambrosius. Sed notandum, quod sunt nonnulli, qui mites ac mansueti esse uidentur, quamdiu nihil aduersitatis patiuntur, cum uero aliqua occasio aduersitatis illis occurrerit, quam longe sint a uera mansuetudine, eorum inpatientia patefacit. De talibus dicit beatus Bernhardus: »Sunt aliqui mites, sed quamdiu nihil agitur aut dicitur nisi pro eorum arbitrio. Patebit autem, quam longe sint a uera mansuetudine, si uel leuis oriatur occasio.«b Haec Bernhardus. Diligenda uero est haec mansuetudinis uirtus, quia in homine multa bona operatur. De cuius conmendatione Iohannes abbas montis Sinai sic ait: »Mititas est patientiae firmamentum, caritatis porta, confidentia in oratione, Spiritus sancti locus, Christi imitatio, angelorum appropriatio, daemonum uinculum et contra amaritudinem scutum. In cordibus enim mitium requiescit Dominus. Anima uero conturbans conturbata sedes daemonum.«c Haec Iohannes abbas. Sed considerandum, quod sunt nonnulli ita mites, ut nullam curam | habere uelint de uita aliena, neminem quippe curant de bono amouere, neminem de malo corripere. Et talis mansuetudo non est conmendabilis, sed potius reprehensibilis. Hoc tangit Richardus de sancto Victore ita dicens: »Mites sunt lenes et patientes, qui neminem laedunt et inprobis cedunt. Sunt autem quidam, qui ita mites esse uolunt, ut nihil curent de uita aliena, neminem de bono amoueant, neminem de malo corripiant. Sed talis lenitas non est multum laudanda, quia patitur defectum, ubi deberet exercere uirtutis effectum. Tales igitur debent esse mites, ut neminem laedant, mala illata patienter sustineant et non solum suam, sed nec alienam negligant uitam, ut – si opus fuerit – et bonis ad meliora exhibeant exhortationem et malis de malo correptionem. Est enim modus in rebus,d quia sicut homo non debet esse nimiae asperitatis, sic nec debet esse nimiae lenitatis, ut inter dextram et sinistram per discretam mansuetudinem ad beatitudinis perueniat terram.«e Haec Richardus. Qui igitur peruenire a

Ambrosius von Mailand, Expositio evangelii secundum Lucam, V, 54, Z. 574–581: Depone igitur quae inproba sunt, egeto uitiis secundum bonam paupertatem, mitiga adfectum tuum, ut non irascaris aut certe iratus ne peccaueris iuxta quod scriptum est: irascimini et nolite peccare. Praeclarum est enim motum temperare consilio nec minoris uirtutis ducitur cohibere iracundiam indignationemque conpescere quam omnino non irasci, cum plerumque illud lentius, hoc fortius aestimetur; zit. bei Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 2 b Bernhard von Clairvaux, Sermones in adventu Domini, 4, 5, S. 185: Sunt et alii mites, sed quamdiu nihil dicitur vel agitur nisi pro eorum arbitrio; parebit autem quam longe sint a vera mansuetudine, si levis oriatur occasio c Johannes Klimakus, Scala paradisi, 24, Sp. 980D–981A: Πραΰτης ἐστὶν ὑπομονῆς στήριγμα, ἀγάπης θύρα […] παῤῥησία ἐν προσευχῇ · Πνεύματος ἀγίου χωρίον […] Χριστοῦ μίμημα, ἀγγέλων ἰδίωμα, δαιμόνων δεσμὸς, καὶ πικρίας θυρεός. ᾿Εν καρδίαις πραέων ἐπαναπαύσεται Κύριος · ψυχὴ δὲ ταραχώδης διαβόλου καθέδρα d Horaz, Saturae, I, 1, 103 e Richard von St. Viktor, Allegoriae in Novum Testamentum, II, 1, Sp. 763C–D; Sermones centum, 28, Sp. 960D–961A 6 autem, quam] antequā P2 15 nullam] null’a P1; nullam P2; nullā B P2 19–20 ut nihil curent] cum nichil curant P2 28 Qui] Quia P2

16 amouere] amore

22va

236

22vb

23ra

desiderant ad hereditatem caelestem et ad terram uiuentium, debent mites esse et mansueti corde, ut ipsam ualeant possidere. De hoc beatus Augustinus sic dicit: »Rixentur igitur inmites et dimicent pro rebus | temporalibus et terrenis, sed beati mites, qui ipsi hereditabunt terram, de qua euelli non possunt. Illam inquam terram, de qua in psalmo dicitur: Portio mea in terra uiuentium. Significat enim quamdam stabilitatem hereditatis perpetuae, ubi anima per bonum affectum tamquam loco suo requiescit sicut corpus in terra, et inde cibo suo alitur sicut corpus ex terra. Ipsa est requies et uita sanctorum.«a Haec Augustinus. Sic igitur patet de secunda beatitudine.

5

〈Tertia beatitudo〉

10

Tertia beatitudo est luctus; quae sequitur inmediate mititatem siue mansuetudinem, quia mansuetus ac mitis debet reuocare ante mentis oculos peccata, quae fecit, et pro illis luctum habere. Ad hoc hortatur beatus Augustinus sic dicens: »Cum hoc feceris, ut sis pauper et mitis, memento, quod peccator es, et lugeto peccata tua. Vnde sequitur: Beati, qui lugent. Et bene tertia beatitudo est peccata deflentium, quia trinitas est, quae peccata condonat.«b Luctus autem, prout sumitur pro beatitudine, est gratia uehementer dolendi de malo, quod accidit, uel de bono, quod deficit. Vnde luctus est lugere pro peccato et odire ipsum, ita ut insurgamus ad destructionem ipsius. Lugere autem de malo, ut fugiamus ipsum, inquantum auertit ab amato, sic lugere est solius caritatis. Lugere uero de aliquo malo spirituali est cuiuslibet uirtutis; quaelibet enim uirtus luget de suo contrario. Et notandum, quod quatuor sunt species luctus.c Primus est luctus | pro peccatis propriis, de quo per psalmistam dicitur: »Exitus aquarum deduxerunt oculi mei, quia non custodierunt legem tuam.«d Secundus luctus est pro alienis peccatis, unde dicitur Ieremiae .ix.: »Quis dabit capiti meo aquam et oculis meis fontem lacrimarum? Et plorabo die ac nocte interfectionem filiae populi mei.«e Tertius est pro incolatu praesentis miseriae, de quo Dauid: »Heu mihi, quia incolatus meus prolona

Augustinus von Hippo, De sermone domini in monte, I, 2, 4, Z. 74–84: Beati mites, quoniam ipsi hereditate possidebunt terram, illam credo terram de qua in psalmis dicitur: Spes mea es tu, portio mea in terra uiuentium. Significat enim quandam soliditatem et stabilitatem hereditatis perpetuae, ubi anima per bonum affectum tamquam loco suo requiescit sicut corpus in terra, et inde cibo suo alitur sicut corpus ex terra. Ipsa est requies et uita sanctorum […] Rixentur ergo inmites et dimicent pro terrenis et temporalibus rebus; beati autem mites, quoniam ipsi hereditate possidebunt terram, de qua pelli non possunt b Ambrosius von Mailand, Expositio evangelii secundum Lucam, V, 55, Z. 581–584: Cum hoc feceris, memento quia peccator es et lugeto peccata tua, lugeto delicta et bene tertia benedictio est peccata deflentis, quia trinitas est quae peccata condonat c Üblicher ist eine Dreiteilung, vgl. Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 256, Z. 27–28, mit Quellenangaben d Ps 118 (119), 136 e Ier 9, 1 (8, 23)

10 Tertia beatitudo] om. P1P2; iii. btī o B P2

15 es] est P2

16 condonat] + 2 P2

24 est] ‧n‧

15

20

25

237

5

10

15

20

25

gatus est.«a Quartus est pro dilatione patriae, unde in Psalmo: »Super flumina Babylonis, illic sedimus et fleuimus, dum recordaremur Sion.«b Sed considerandum, quod sunt nonnulli, qui damna rerum temporalium et mortem carorum suorum lugent, damna uero rerum spiritualium ac detrimenta uirtutum lugere non curant. Sed qui consolari a Domino desiderant, necesse est, ut pro peccatis suis luctum habeant et pro defectu uirtutum planctum sibi assumant. De talibus dicit Richardus de sancto Victore: »Heu, quam multi lugent caros suos, qui nequaquam lugent semetipsos! Quam multi lugent damna corporalia, qui lugere contemnunt damna spiritualia! Quando aliquis infirmatur aut moritur, lugent amici, quando autem peccat damnabiliter, nemo luget. O sanitas insana, o uisio caeca, o uita mortua! De istis, quae non lugenda et parum lugenda, grauiter lugent, et grauiter lugenda spiritualia, scilicet damna, non lugent. Lugeamus igitur, fratres, | lugeamus amissionem bonorum operum et uirtutum. Lugeat corruptus amissionem uirginalis integritatis, lugeat maliciosus amissionem pietatis, lugeat superbus amissionem humilitatis, lugeat iracundus amissionem internae tranquillitatis, lugeat auarus amissionem largitatis, lugeat ebriosus amissionem sobrietatis, lugeat acidiosus amissionem spiritualis exultationis, lugeat inuidus amissionem caritatis. Beati namque, qui lugent modo per paenitentiam, quia consolabuntur per indulgentiam, deinde etiam per iustitiam, postremo autem per gloriam. Possumus etiam 〈dicere〉 tria esse genera spiritualiter et fructuose coram oculis creatoris lugentium: Alii namque lugent pro indulgentia culpae, alii lugent ex suauitate gratiae diuinitus sibi collatae, alii ampliori feruore accensi lugent ex desiderio futurae gloriae. Et in his omnibus beati, qui lugent, quia si seminant in lacrimis, in exultatione

a

Ps 119 (120), 5

b

Ps 136 (137), 1

21 dicere] om. P1P2B; vgl. Zitat

23rb

238

23va

metent.a Absterget enim Deus omnem lacrimam ab oculis sanctorum suorum et non erit amplius neque luctus neque clamor, sed nec ullus dolor, quoniam priora transierunt.b«c Haec Richardus. Et notandum, quod sunt nonnulli, qui in luctu et in lamento paenitentiae non perseuerant, sed post gemitum, quem pro peccatis suis habuerunt, ad diuersas leuitates et ad uerba scurrilia et ad alia inconuenientia | se tradunt et ideo consolatione diuina priuantur. De hoc beatus Bernhardus sic dicit: »Luctus eorum, qui perseuerantiam non habent, non meretur consolationem. Alios«, inquit, »lugentes uideo, sed si de corde procederet, non tam facile soluerentur in risum. Nunc, cum abundantius otiosa et scurrilia uerba profluant quam prius, lacrimae huius de his esse non arbitror, quibus consolatio diuina promittitur, quando quidem post illas tam facile consolatio admittitur aliena.«d Haec Bernhardus. Sed et hoc considerandum, quod multum ualet ad habendum luctum et gemitum pro excessibus et peccatis prius perpetratis, ut homo horam mortis et metum ardentis gehennae ante mentis oculos habeat et ut etiam pro tali luctu consolationem a Domino repromissam accipiat. Ad hoc faciendum hortatur beatus Bernhardus sic dicens: »In omnibus operibus tuis memorare nouissima tua;e mortis horrorem, iudicii tremendum discrimen, ardentis gehennae metum ab oculis tuis a

Vgl. Ps 125 (126), 5 b Vgl. Apc 21, 4 c Richard von St. Viktor, Allegoriae in Novum Testamentum, II, 1, Sp. 763D–764D: Luctus solet esse pro amissione charorum, sicut aliquis quando amittit charos suos, patrem, matrem; filium, aut aliquem propinquum. Heu! quam multi lugent damna corporalia, qui lugere contemnunt damna spiritualia! Quando aliquis infirmatur, aut moritur, lugent amici; quando autem peccat damnabiliter, quando fornicatur, quando fratri suo dicit: fatue, non lugent. O sanitas insana! O visio caeca! O vita mortua! De istis, quae non sunt lugenda vel parum lugenda, graviter lugent; et graviter lugenda, scilicet damna spiritualia, non lugent, etiam de ipsis rident. De istis, inquam, prophetavit Isaias, dicens: Vae qui dicitis bonum malum, et malum bonum, ponentes tenebras lucem, et lucem, tenebras; amarum in dulce, et dulce in amarum (Isa. V). Non lugeamus, fratres, amissionem charorum, sed lugeamus amissionem bonorum operum, amissionem virtutum. Lugeat corruptus amissionem virginalis integritatis, lugeat malitiosus amissionem pietatis; lugeat superbus amissionem humilitatis; lugeat iracundus amissionem internae tranquillitatis, lugeat avarus amissionem largitatis, lugeat ebriosus amissionem sobrietatis, lugeat acediosus vel taediosus amissionem spiritualis exercitationis, lugeat invidus amissionem charitatis. Beati namque qui lugent modo per poenitentiam, quia ipsi consolabuntur per indulgentiam, deinde etiam per justitiam, postremo autem per gloriam. Possumus ergo dicere tria esse genera, spiritualiter, et fructuose coram oculis Creatoris lugentium. Alii enim lugent pro indulgentia culpae; alii lugent ex suavitate gratiae divinitus sibi collatae; alii ampliori fervore accensi, lugent ex desiderio futurae gloriae. Et in his omnibus beati, qui lugent, quia qui seminant in lacrymis, in gaudio metent (Psal. CXXV). Et absterget Deus omnem lacrymam ab oculis sanctorum, quia non erit amplius neque luctus neque clamor, sed nec ullus dolor, quoniam priora transierunt (Apoc. XXI); Sermones centum, 28, Sp. 961A–961D d Bernhard von Clairvaux, Sermones in adventu Domini, 4, 5, S. 185–186: Alios quoque lugentes video; sed si de corde procederent illae lacrimae, non tam facile illico solverentur in risum. Nunc autem, cum abundantius otiosa et scurrilia verba profluant quam prius lacrimae, lacrimas huiusmodi de his esse non arbitror, quibus consolatio divina promittitur, quando quidem post illas tam facile consolatio vilis admittitur e Sir 7, 40 (36)

2 clamor] dolor B

dolor] clamor B

4 luctu] luctum P2

5

10

15

239

5

10

15

20

25

nullatenus elongari patiaris, cogita peregrinationis tuae miseriam, recogita annos tuos in amaritudine animae tuae et cogita humanae uitae pericula, cogita fragilitatem propriam, et in huius cogitatione si perseueraueris, dico tibi, parum senties, quicquid foris uidetur esse molestum, dum toto corde circa molestiam interiorem occuparis, | sed nec patietur Dominus sine consolatione te esse, quoniam est pater misericordiarum et Deus totius consolationisa et conplebitur omnino, quod Veritas pollicetur dicens: Beati, qui lugent, quoniam ipsi consolabuntur.«b Sic igitur habemus de tertia beatitudine.

23vb

〈Quarta beatitudo〉 Quarta beatitudo est esuries et sitis iustitiae et sequitur inmediate luctum, quia homo post lamenta prime incipit iustitiam esurire et sitire. Vnde dicit beatus Ambrosius: »Postquam defleui – uidelicet peccata –, esurire et sitire incipio iustitiam.«c Vnde sequitur: »Beati, qui esuriunt et sitiunt iustitiam.« Esuries uero iustitiae est uehemens desiderium iustitiae siue summi boni. Et notandum, quod iustitia hic recipi potest generaliter pro probitate uel bonitate seu rectitudine uitae. Quanto autem quis habet maiorem esuriem iustitiae, tanto habet maiorem laetitiam operandi iustitiam. Amatoribus namque ueri boni non est satis, quod iusti sunt, sed semper sitiunt opus iustitiae et reddere unicuique, quod suum est,d uidelicet sibi, proximis et Deo. Nam propter esuriem et sitim iustitiae multi sancti mortui sunt mundo, multi etiam mortui sunt morte corporali, quia pro illa morti se exposuerunt. Esurienda est igitur iustitia ut thesaurus aliis thesauris praeualens. Vnde dicitur Ecclesiastici .xxix.: »Pone thesaurum tuum in praeceptis Altissimi, et proderit tibi magis quam aurum.«e Alios namque thesauros relinquit homo, cum | moritur, sed hunc thesaurum, uidelicet iustitiae, etiam post mortem secum defert. Vnde et in Apocalypsa dicitur: »Opera a II Cor 1, 3 b Bernhard von Clairvaux, Sermones in festivitate omnium sanctorum, 1, 10, S. 335, Z. 8–16: Ergo in omnibus operibus tuis memorare novissima tua: mortis horrorem, iudicii tremendum discrimen, ardentis gehennae metum ab oculis cordis tui elongari nullatenus patiaris. Cogita peregrinationis tuae miseriam, recogita annos tuos in amaritudine animae tuae, cogita vitae humanae pericula, cogita fragilitatem propriam, et in huiusmodi cogitatione si perseveraveris, dico tibi, parum senties quidquid foris videtur esse molestum, dum toto corde circa interiorem molestiam occuparis. Sed nec patietur Dominus sine consolatione te esse, quoniam pater misericordiarum est et deus totius consolationis, et complebitur omnino quod Veritas pollicetur: beati qui lugent, quoniam ipsi consolabuntur c Ambrosius von Mailand, Expositio evangelii secundum Lucam, V, 56, Z. 598–599: Deposui peccatum, temperaui mores, delicta defleui, esurire incipio et esurire iustitiam d Vgl. die Quellenangaben zu den Acht Seligkeiten, hier S. 175, Z. 4–5, und zu Johannes Marienwerder, De octo beatitudinibus, hier S. 258, Z. 5–6 e Sir 29, 14 (11)

͡ B 10 Quarta beatitudo] om. P1P2; iiii ‧ btido \/\

23 mundo] mundi P2

morti] morte P2

24ra

240

24rb

enim illorum sequuntur illos.«a Sed considerandum est, quod omnes homines esuriunt et sitiunt. Alii esuriunt et sitiunt malum, alii bonum, alii aurum uel argentum, alii possessiones innumeras, alii honores et saeculi uoluptates, quae omnia satiare non possunt, sola autem est iustitia, quae perducit ad gloriam aeternam, ubi satietas aeterna possidebitur. De hoc Richardus de sancto Victore super illo uerbo »beati, qui esuriunt et sitiunt iustitiam« sic dicit: »Omnes homines esuriunt et sitiunt, sed alii esuriunt et sitiunt malum, alii esuriunt et sitiunt bonum, alii esuriunt et sitiunt aurum, argentum, uestes pretiosas, praedia, uineas et possessiones innumeras. Ista tamen omnia bona sunt in se, sed in hoc quodammodo mala esse dicuntur, quod a malis male esuriuntur et sitiuntur. Sic et Dominus iniquum dixit mamona esse – id est diuitias –, non quod res diuitiarum essent iniquae, sed per iniquitatem acquisitae. Alii esuriunt et sitiunt potestates, honores, alii uoluptates, alii salutationes in foro et uocari ab hominibus rabbi;b sed tales non possunt saturari. Totus enim mundus homini non sufficit, qui est dominus mundi. Non enim impletur oculus uisu nec auris impletur audituc nec in ceteris sensibus potest homo saturari ex eorum | delectationibus. Quod rex Dauid bene considerauit, qui quamuis haberet ad comedendum et bibendum non solum ad necessitatem, sed etiam, si uellet, ad superfluitatem, et tamen dixit: Satiabor, cum apparuerit gloria tua.d Esuriamus igitur et sitiamus non transitoria, non terrena, sed iustitiam, quia per esuriem et sitim iustitiae perueniemus ad satietatem aeternae gloriae.«e Haec Richardus. Sic igitur patet de quarta beatitudine.

a

Apc 14, 13 b Mt 23, 7 c Ecl 1, 8 d Ps 16 (17), 15 e Richard von St. Viktor, Allegoriae in Novum Testamentum, II, 1, Sp. 764D–765A: Omnes homines esuriunt et sitiunt; sed alii esuriunt et sitiunt malum; alii esuriunt et sitiunt bonum. Alii etenim esuriunt et sitiunt aurum, argentum. vestes pretiosas, praedia, terras, vineas, domos, equos et possessiones innumeras. Ista tamen omnia, bona sunt in se; sed in hoc quodammodo mala dicuntur, quia a malis inutiliter esuriuntur, et sitiuntur, sicut Dominus dixit iniquum mammona (Luc. XVI), id est divitias; non quod res divitiarum sint iniquae, sed per iniquitatem acquisitae. Alii esuriunt, et sitiunt potestates, honores. Alii voluptates. Alii salutationes in foro, et primos recubitus in coenis, et cathedras in synagogis, et vocari ab hominibus Rabbi (Matth. XXV). Sed tales non possunt fieri beati, quia non possunt saturari. Totus enim mundus nequaquam sufficeret homini, cui non sufficit Deus, qui est Dominus mundi. Non enim impletur oculus visu, nec auris auditu (Eccli. I), nec in caeteris sensibus potest homo saturari ex eorum delectationibus. Quod rex David bene consideravit, qui, quamvis haberet ad comedendum et bibendum non solum ad necessitatem, sed etiam si vellet ad superfluitatem, tamen dixit: Satiabor cum apparuerit gloria tua (Psal. XVI). Esuriamus ergo, et sitiamus non transitoria, non terrena, sed justitiam; quia per esuriem et sitim justitiae, perveniemus ad satietatem aeternae gloriae; ähnlicher in Sermones centum, 28, Sp. 961D–962B

1 est] om. B 3 uel] 2 P2 8 alii2] + ‧n‧ B oculis P2 20 igitur] om. P2

12 esse] om. B

16 impletur oculus] repletur

5

10

15

20

241

〈Quinta beatitudo〉

5

10

15

20

Quinta beatitudo est misericordia, et sequitur inmediate iustitiam. Vnde dicit quaedam glosa, quod »iustitia et misericordia ita coniunctae sunt, ut altera ab altera debeat temperari. Iustitia enim sine misericordia crudelitas est, misericordia uero sine iustitia dissolutio. Vnde post iustitiam de misericordia consequenter dicitur: Beati misericordes, quoniam ipsi misericordiam consequentur.«a Et notandum, quod misericordia est uirtus, per quam animus super calamitate afflictorum mouetur. Secundum Damascenum uero »misericordia est tristitia in alienis malis«.b Vnde illi misericordes sunt et dicuntur, qui de malo alterius quasi de suo dolent. De hoc dicit Remigius: »Misericors dicitur quasi miserum habens cor, quia alterius miseriam quasi suam reputat et de malo alterius quasi de suo dolet.«c Haec Remigius. Debet ergo unusquisque fidelis, cui suppetunt | res temporales, opus misericordiae exercere in pauperes elemosynas largiendo, ut per hoc Deum creatorem omnium ad miserendum sibi debitorem faciat, quia quod pauperibus tribuitur, in gazophilacium Christi mittitur et in manu Dei ponitur. De hoc beatus Augustinus sic ait: »Dicit tibi Christus: Da mihi de eo, quod dedi tibi. De meo quaero et mihi non donas. Da et reddo. Habuisti me largitorem, facito debitorem.«d Haec Augustinus. Item dicit: »Manus pauperum sunt gazophylacium Christi. Vnde quod in manu pauperis ponitur, in gazophylacium Christi mittitur, immo, quod plus est, in manu Dei ponitur et iam auferri non potest ei, qui dedit, cum non sit, qui de manu eius possit eruere.«e Haec Augustinus. Si uero aliquis religiosus est uel pauper, a

Anselm von Laon, Enarrationes in evangelium Matthaei, 5, Sp. 1287C; hier zit. nach Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 5 b Johannes Damascenus, De fide orthodoxa, II, 14, Sp. 932B: ἔλεος δὲ, λύπη ἐπὶ ἀλλοτρίοις κακοῖς; vgl. Seneca, De clementia, II, 5, 4: Misericordia est aegritudo animi ob alienarum miseriarum speciem aut tristitia ex alienis malis contracta c Zit. bei Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 5 (Quelle nicht auffindbar); vgl. Atto von Vercelli, Expositio epistolarum S. Pauli, Epist. ad Rom., 1, Sp. 145A: Misericordia a cordis miseria dicta est. Ille autem vere misericors est, qui alterius miseriam velut suam deflet d Augustinus von Hippo, Sermones de scripturis, 123, 5, Sp. 686: Et tamen Christus dicit tibi: Da mihi ex eo quod dedi tibi […] De meo mihi quare non donas? […] De meo quaero: da, et reddo. Habuisti me largitorem, fac cito debitorem e Vgl. Petrus Chrysologus, Collectio sermonum, CCSL 24, 8, Z. 72–77: Manus pauperis est gazophylacium christi, quia quidquid pauper accipit, Christus acceptat. Da ergo, homo, pauperi terram, ut accipias caelum; da nummum, ut accipias regnum; da micam, ut accipias totum. Da pauperi, ut des tibi, quia quidquid pauperi dederis, tu habebis; quod pauperi non dederis, habebit alter; Caesarius von Arles, Sermones, CCSL 103, 27, 3: Nemo ergo dubitet dare pauperibus: quia manus pauperis gazophylacium est Christi; quod in terra accipit, in caelo reponit; ebd., CCSL 104, 199, 6: quod pransuri eramus, non in nostris sacculis, sed in visceribus pauperum reponamus: quia manus pauperis gazophylacium Christi est. Quicquid accipit, ne in terra pereat, in caelo reponit; quia, quamvis cibus quem pauper accipit consumatur, merces tamen boni operis in caelo reconditur; Dt 32, 39 25 Quinta beatitudo] om. P1P2; ‧v‧ btitudo B 8 super] sb’ B 13 Haec] h’ B 18 ait] dc B ̄ 20 largitorem] largiorē P1P2; largitorem B Item] Idem B 21 pauperis] paupm B ˜

24va

242

24vb

qui non habet, unde tribuat necessitatem patienti, debet tamen facere, quod in se est, uidelicet conpassionem erga proximos miseriam patientibus exhibendo, quia nonnunquam maioris est meriti ex corde proximo conpati quam terrenam substantiam eidem tribuere. Vnde dicit beatus Gregorius: »Exteriora largiens, rem extra semet ipsum praebuit, qui autem fletum et conpassionem proximo tribuit, ei etiam aliquid de semet ipso dedit.«a Haec Gregorius. Qui ergo misericordiam a Domino consequi desiderat, ipse opus pietatis et | misericordiae proximo impendere studeat. De hoc dicit Richardus: »Beati misericordes, quoniam ipsi misericordiam consequentur. Si ergo uis misericordiam accipere, misericordiam exhibe. Dimittite, inquit, et dimittemini. Secundum enim mensuram, qua mensi fueritis, remetietur uobis.b Beati quoque misericordes, qui aliis in miseriis suis assistunt et eos secundum possibilitatem suam defendunt et protegunt.«c Haec Richardus. Sic patet de quinta beatitudine.

〈Sexta beatitudo〉 Sexta beatitudo est munditia cordis. Et sequitur inmediate misericordiam, quia qui opera misericordiae exercet, nisi hoc mundo et simplici corde fecerit, mercede aeterna se priuat. Vnde dicit beatus Ambrosius: »Qui misericordiam defert, misericordiam amittit, nisi mundo corde misereatur. Nam si iactantiam quaerit, nullus est fructus.«d Vnde sequitur »beati mundo corde«. Munditia uero cordis est utriusque hominis integritas diuini amoris intuitu obseruata, qua clarificatur cor et mundatur ad uidendum Deum et ardentissime diligendum. De hoc Rabanus super illud uerbum »beati mundo corde« sic dicit: »Mundi cordis sunt, quos non arguit ulla conscientia peccati. Vnde mundus Deus mundo corde conspicitur et templum

a

b Gregor der Große, Moralia in Iob, CCSL 143A, XX, 36, 70, Z. 51–54 Lc 6, 37–38 Richard von St. Viktor, Allegoriae in Novum Testamentum, II, 1, Sp. 765B; Sermones centum, 28, Sp. 962B d Ambrosius von Mailand, Expositio evangelii secundum Lucam, V, 57, Z. 609–610: Sed etiam qui misericordiam defert mercedem amittit, nisi mundo corde misereatur; nam si iactantiam quaerat, nullus est fructus; hier zit. nach Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 6 c

6 proximo] om. B 7 a Domino] adeo P2 10 exhibe] exhibere P2 11 enim] om. B 14 Sic] + ig2 B 15 Sexta beatitudo] om. P1P2; Sexta B 20 nullus] ullus B 24 dicit] om. P2 ulla] nulla P2

5

10

15

20

25

243

5

10

15

20

Dei non potest esse pollutum. Deum enim mundi corde uident hic per gratiam in aenigmate, in futuro autem facie ad faciem.«a Haec Rabanus. Necesse ergo est, qui Deum uidere desiderant, ut oculos cordis ab omni squalore peccati tergant. Vnde dicit Leo papa: | »Splendorem ueri luminis sordens acies uidere non poterit, et quod erit iocunditas mentibus nitidis, hoc erit poena maculosis. Declinentur ergo terrenarum caligines uanitatum et ab omni squalore iniquitatis interiores oculi tergantur, ut serenus intuitus tanta Dei uisione pascatur.«b Haec Leo papa. Quanto magis autem unusquisque a malis operibus se abstraxerit et iustitiam dilexerit ac bona opera fecerit, tanto amplius secundum possibilitatem humanam mentis oculis Deum uidebit. De hoc Chrysostomus sic dicit: »Qui enim omnem iustitiam facit et cogitat, mente sua Deum uidet, quoniam iustitia figura Dei est, Deus enim iustitia est. Secundum igitur quod aliquis eripuerit se a malis et fecerit bona, secundum hoc uidet Deum aut parum aut amplius aut interdum aut semper secundum possibilitatem humanam. In saeculo autem illo mundi corde Deum uidebunt facie ad faciem, non in speculo et in aenigmate sicut hicc.«d Haec Chrysostomus. Mundemus ergo nos non solum ab operibus prauis, uerum etiam a cogitationibus inmundis, ut Deum uidere mereamur in caelis. Quia secundum quod dicit Richardus de sancto Victore: »Mundo corde sunt illi, qui nec puluere inutilis cogitationis nec luto foedantur prauae delectationis. Mundo corde sunt, quos non tegit nebula taetrae ignorantiae nec corrumpit ardor foedae concupiscentiae. Mundemus igitur | corda nostra ab omni ignorantia per inquisitionem ueritatis et ab omni peruersa concupiscentia per amorem

Rabanus Maurus, Expositio in Matthaeum, CCCM 174, II, 5, 8, S. 124, Z. 81 – S. 125, Z. 90: Mundicordes sunt, quos non arguit ulla conscientia peccati. Nam mundus mundo corde conspicitur. Templum Dei non potest esse pollutum. […] Deum enim mundicordes uident hic per gratiam in enigmate, in futuro autem facie ad faciem, quia tunc cognoscent, sicut et cogniti erunt; vgl. Hieronymus, Commentarii in Matthaeum, I, Z. 456–458: Beati mundo corde quoniam ipsi Deum uidebunt. Quos non arguit conscientia ulla peccati. Mundus mundo corde conspicitur; templum dei non potest esse pollutum; zit. auch bei Augustinus von Hippo, De natura et gratia, 65, 78: Quid etiam presbyter uenerabilis Hieronymus dixit in his, quae illum dixisse commemorat, cum exponeret quod scriptum est: beati mundo corde, quoniam ipsi deum uidebunt? quos non arguit conscientia ulla peccati et adiecit: mundus mundo corde conspicitur, templum dei non potest esse pollutum b Leo der Große, Tractatus septem et nonaginta, CCSL 138A, 95, 8, Z. 158– 162 c Vgl. I Cor 13, 12 d Johannes Chrysostomus (Ps.-), Opus imperfectum in Matthaeum, 9, 8, Sp. 682; hier zit. nach Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 6 a

5 acies] facies P2 iocunditas] iocundiʔ P2 9 autem] om. B 11 oculis] oculos P2 12 uidet] videbit P2 20–22 qui … sunt] om. P2 22 tegit] tetigit P2 taetrae] t’re P2

25ra

25rb

244

uirtutis, ut mereamur Deum uidere in gloria regni caelestis.«a Haec Richardus. Sic igitur habemus de sexta beatitudine.

〈Septima beatitudo〉

25va

Septima beatitudo est pax. Et sequitur inmediate munditiam cordis, quia purgato corde ab omnibus passionibus uitiorum et carnalium delectationum ac inmundarum affectionum incipit homo pacem interiorem et tranquillitatem mentis possidere. Vnde dicit beatus Ambrosius: »Cum interiora tua uacua feceris ab omni labe peccati, ne dissensiones contentionesque ex affectu tuo prodeant, a te pacem incipis, ut sic pacem aliis feras.«b Vnde sequitur »beati pacifici«. Et notandum, quod pax est status uirtutis, in quo est delectatio in Deo sine contradictione carnis, mundi et diaboli. De hac pace dicit Leo papa: »Vera pax est a Dei uoluntate non diuidi et in his, quae solius Dei sunt, delectari.«c Pacifici autem secundum beatum Hieronymum bene dicuntur illi, »qui primum in corde suo, deinde inter fratres dissidentes faciunt pacem. Quid enim prodest alios per te pacificari, cum in tua anima sint bella uitiorum?«d Haec Hieronymus. Et sciendum, quod pacificis magis attribuitur esse filios Dei quam ceteris, quia licet misericordia maxime assimilet hominem Deo quantum ad opera | exteriora, tamen quantum ad interiora magis assimilat Deo pax. De hoc dicit Hilarius: »Pacificorum autem beatitudo adoptionis est merces. Et ideo dicit, quoniam filii Dei uocabuntur. Parens enim omnium Deus unus est neque enim aliter transire in nuncupaa

Richard von St. Viktor, Allegoriae in Novum Testamentum, II, 1, Sp. 765B–C: Mundo corde sunt illi, qui nec pulvere inutilis cogitationis, nec luto foedantur pravae delectationis. Mundo corde sunt, quos non tetigit nebula terrenae ignorantiae, nec corrupit fervor foedae concupiscentiae. Mundemus igitur corda nostra ab omni ignorantia, per inquisitionem veritatis, et ab omni perversa concupiscentia, per amorem virtutis ut mereamur Deum videre in gloria regni coelestis; Sermones centum, 28, Sp. 962B–C: Mundo corde sunt illi, qui nec pulvere inutilis cogitationis, nec luto fedantur pravae delectationis. Mundo corde sunt, quos non tegit nebula terrae ignorantiae, nec corrumpit ardor concupiscentiae. Mundemus igitur corda nostra ab omni ignorantia per inquisitionem veritatis, et ab omni perversa concupiscentia per amorem virtutis, ut mereamur Deum videre in gloria regni coelestis b Ambrosius von Mailand, Expositio evangelii secundum Lucam, V, 58, Z. 615–618: Sed nisi tu prius interiora tua uacuefeceris ab omni labe peccati, ne dissensiones contentionesque ex adfectu tuo prodeant, non potes aliis ferre medicinam. A te igitur pacem incipe, ut, cum fueris ipse pacificus, pacem aliis feras; hier zit. nach Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 7: Ambrosius super lucam. cum interiora tua vacua feceris ab omni labe peccati, ne dissensiones contentionesque ex affectu tuo prodeant, a te pacem incipe, ut sic pacem aliis feras c Leo der Große, Tractatus septem et nonaginta, CCSL 138, 29, 1, Z. 41–42: christianus, cui uera pax est a Dei uoluntate non diuidi et his solis quae Deus diligit delectari d Hieronymus, Commentarii in Matthaeum, I, Z. 459–461: Qui primum in corde suo deinde inter fratres dissidentes pacem faciunt. Quid enim prodest alios per te pacari cum in tuo animo sint bella uitiorum?; hier zit. nach Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 7

3 Septima beatitudo] om. P1P2; Septia͡ B

6 inmundarum] mundar4 P2

9 feras] fece’as P2

5

10

15

20

245

5

10

15

20

25

30

tionem familiae eius licebit, nisi fraternae inuicem caritatis pace uiuamus.«a Haec Hilarius. Et sicut filii Dei uocantur, qui pacem diligunt, sic uocantur filii diaboli, qui discordiam quaerunt. Testatur hoc beatus Gregorius, qui dicit: »Si Dei uocantur filii, qui pacem faciunt, procul dubio Satanae sunt filii, qui confundunt.«b Qui igitur uult Christum suscipere in sui cordis hospitium, pacem diligat, et inuidiam, quae pacis est inimica, a se repellat et excludat, quia sicut in cordibus pacificis Christus quiescere cupit, sic inuidos et inquietos omnibus modis exsecratur. De talibus autem hominibus, uidelicet pacificis et inuidiam sectantibus, Effraem abbas sic dicit: »Qui enim amplectitur pacem in mentis suae hospitio, mansionem praeparat Christo, quia Christus pax est et in pace quiescere cupit. Virum autem inuidum omnibus modis exsecratur. Vir pacificus in tranquillitate est semper, inuidus autem similis est naui, cum iactatur fluctibus. Homo pacificus securam possidet mentem, inuidus autem in perturbatione est semper. Qui sectatur pacem, | tutus est undique ac munitus, nam inuidus ut lupus rapax insanit. Homo pacificus est quasi uitis dans fructum copiose, inuidi autem opus in egentia ac miseria detinetur. Et quantum pacificus gaudens in domo laetatur, tantum inuidus tabescens ad nihilum redigitur. Ex abundantia laetitiae pacificus homo dinoscitur, et ex uultu marcido, furore pleno, 〈inuidus〉 monstratur. Pacificus homo consortium angelorum merebitur, inuidus autem particeps daemonum efficitur. Et sicut pax secreta mentis illuminat, ita inuidia occulta cordis excaecat. Pax enim effugat et perturbat omnem discordiam, inuidia autem iracundiam cumulat. Sectare ergo, fili, desiderabile nomen pacis, ut fructus pacis acquirere possis, et exsecrare inuidiam, ne malorum fructibus replearis.«c Haec Effraem abbas. Quisquis igitur desiderat esse de numero filiorum Dei, necesse est, ut per uitiorum ac malarum cogitationum expulsionem cordis pacem et tranquillitatem in se conseruet ac custodiat et proximis suis etiam sibi aduersantibus se pacificum et benignum exhibeat, ut hereditatem filiis repromissam possidere ualeat. De huiusmodi pacificis Richardus de Sancto Victore sic dicit: »Pacifici sunt, qui in semet ipsis pacem facere et custodire norunt, qui uitia aduersantia subigunt, uirtutes erigunt, et quicquid in se peruersae | cogitationis, locutionis operisue deprehenderint, prudenter et potenter expellunt nec aliquid a

Hilarius von Poitiers, Commentarius in Matthaeum, Bd. 1, 4, 8: Pacificorum beatitudo adoptionis est merces, ut filii Dei maneant; parens enim omnium Deus unus est. Neque aliter transire in nuncupationem familiae eius licebit, nisi obliuione earum rerum adsumpta, quibus possimus offendi, fraterna inuicem caritatis pace uiuamus; hier zit. nach Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 7 b Gregor der Große, Regula pastoralis, III, 23, Sp. 92C c Basilius der Große (Ps.-), Admonitio, 5, S. 38–39

3 uocantur] uocabunt2 B 9 hominibus] om. P2 12 pace] pacem P2 quiescere] requiescere B 13 modis] om. P2 17 uitis] + hundans P2 21 inuidus] om. P1B; invidus P2 ͡ 23 occulta] secreta P2

25vb

26ra

246

perturbationis in regno suae dominationis esse permittunt, et si quid eis aduersitatis contigerit, pacem tamen suam seruant et cuncta cum cordis sui tranquillitate iudicant. Pacifici sunt, qui, cum eis a malis mala inferuntur, mala minime retribuunt, sed cum 〈his〉, qui oderunt pacem, sunt pacifici.a Pacifici sunt, qui non in se tantum pacem custodiunt, uerum etiam alios discordantes ad unitatem pacis reducunt. Isti filii Dei uocabuntur, quia Deus summa pax est et omnia cum tranquillitate iudicat. Filii Dei, fratres Christi. Isti filii per gratiam, Christus filius per naturam, heredes Dei, coheredes autem Christib.«c Haec Richardus. Sic igitur patet de septima beatitudine.

5

10

〈Octaua beatitudo〉

26rb

Octaua beatitudo est perpessio persecutionis propter iustitiam. Et sequitur inmediate pacem, quia habita pace et tranquillitate cordis post uictoriam uitiorum et carnalium delectationum habilior est homo et expeditior ad sustinendas persecutiones a proximis illatas. Nam cor bene purgatum a cupiditate rerum temporalium et ambitione mundialium dignitatum non ualde perturbatur, si a peruersis hominibus tam in damno rerum quam etiam in uerbis contumeliosis aliquam iniuriam patiatur, quia qui gloriam mundi non quaerit, nec contumeliam pertimescit, et ideo patienter | persecutionem sustinet propter iustitiam. Et notandum, quod quamuis fideles propter fidem Christi ab infidelibus nunc nullam persecutionem patiantur, tamen cum aliquis propter ueritatem et iustitiam etiam a suis aliquid patitur, mercede martyrii non priuabitur. De hoc dicit Chrysostomus super Matthaeum: »Non autem dixit: beati, qui a gentilibus persecutionem patiuntur, ne putes illum solum beatum, qui persecutionem patitur, sed et si quis ex potentibus, qui christiani uidentur, propter peccata sua forsitan correptus a te, fuerit te persecutus, beatus es cum Iohanne Baptista. Si enim uerum est, quod prophetae martyres sunt, qui a suis occisi sunt, sine dubio qui propter causam Dei aliquid patitur, mercedem martyrii habet. Et ideo non posuit scriptura personam persequen-

a

Vgl. Ps 119, 7 (120, 6) b Rm 8, 17 c Richard von St. Viktor, Allegoriae in Novum Testamentum, II, 1, Sp. 765C–D; Sermones centum, 28, Sp. 962C–D

2 contigerit] contingerit P2 4 his] om. P1P2; hiis B 11 Octaua beatitudo] om. P1P2; Octā B 22 nullam] ullam P1; nullam P2; nullā B 25–26 ne … patitur] om. P2 26 patitur] patiūt2 B

15

20

25

30

247

5

10

15

20

25

tium, sed solam causam persecutionis, ut non aspicias, quis te persequatur, sed propter quid.«a Haec Chrysostomus. Considerandum etiam, quod multi patiuntur persecutionem. Mali enim persecutionem patiuntur propter culpam, boni uero persecutionem patiuntur propter iustitiam. »Omnes enim, qui pie uolunt uiuere cum Christo, persecutionem patiuntur.«b Vnde sustinentibus persecutiones uel quaelibet aduersa patientia necessaria est, ne praemium perdatur gloriae aeternae. De hoc Richardus de Sancto Victore sic dicit: »Multi patiuntur persecutionem, sed alii patiuntur propter | culpam, alii patiuntur propter iustitiam. Propter culpam patiuntur mali, propter iustitiam patiuntur boni. Latro suspenditur propter culpam, iustus non potest suspendi nisi propter iustitiam et innocentiam. Sed dicit aliquis: Nemo potest modo per persecutiones attingere ad beatitudinem, quia nunc in pace consistunt omnia et sancta ecclesia fere de nulla parte patitur aduersa. Et ego dico, quia ubique persecutiones sunt, quia cottidie in penetrabilibus sanctae ecclesiae persequitur Cain Abel, Ismahel Isaac, Esau Iacob, id est impius iustum, et si quis persecutionem non patitur ab extraneis, patitur tamen a falsis fratribus. Omnes enim, qui pie uolunt uiuere in Christo, persecutionem patiuntur.c Quia igitur non cessant persecutiones, patientia nobis necessaria est, ut reportemus repromissiones.d Vae autem his, qui perdunt patientiam, quia perdunt patientiae coronam. Non ergo murmuremus, si in paucis uexemur, quia in multis bene disponemur.e Igitur per paupertatem spiritus pertingitur ad regnum caelorum, per mansuetudinem siue lenitatem ad terram uiuentium, per luctum ad ueram consolationem, per iustitiae sitim et esuriem ad supernae iocunditatis satietatem, per misericordiam temporaliter factam ad misericordiam aeternam, per cordis munditiam ad Dei uisionem, per pacem ad Dei filiationem, per praesentem persecutionem ad aeternam caelestis regni tranquillitatem. Beati a Johannes Chrysostomus (Ps.-), Opus imperfectum in Matthaeum, 9, 10, Sp. 683: Non dixit, Beati qui a gentibus persequutionem patiuntur, ne putes illum solum beatum, qui persequutionem patitur propter idola non colenda […] Non solum hæreticus, sed etsi aliquis ex potentibus, qui videntur esse Christiani, forsitan propter peccata sua correptus, factus fuerit tibi inimicus, et persequutus te fuerit, beatus es cum Joanne […] Si autem verum est, quod prophetæ martyres sunt, sine dubio et qui propter causam Dei aliquid patitur, etsi a suis patitur, mercedem habet. Ideo non posuit Scriptura personas persequentium, sed solam causam persequutionis, ut tu non aspicias quis te persequitur, sed ut quid te persequatur; hier zit. nach Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 8: chrysostomus super matth. non autem dixit: beati qui a gentibus persecutionem patiuntur, ne putes illum solum beatum qui persecutionem patitur propter idola non colenda; ideo et ab haereticis persecutionem patiens propter veritatem non relinquendam, beatus est, quia propter iustitiam patitur. sed et si quis ex potentibus, qui christiani videntur, forsitan propter sua peccata correctus a te, fuerit te persecutus, beatus es cum ioanne baptista. si enim verum est quod prophetae martyres sunt, qui a suis occisi sunt, sine dubio qui propter causam dei aliquid patitur, etsi a suis patitur, mercedem martyrii habet. et ideo non posuit scriptura personas persequentium, sed solam b causam persecutionis, ut non aspicias quis te persequitur, sed propter quod II Tim 3, 12 c Ebd. d Vgl. Hbr 10, 36 e Vgl. Sap 3, 5

5 cum] in P2

12 per persecutiones] psecutiōm B ˜

14 ubique] vndiqȝ P2

26va

248

26vb

27ra

ergo, qui persecutionem patiuntur propter iustitiam, quia ipsorum est regnum cae|lorum.«a Haec Richardus. Vnde octo sunt beatitudines quantum ad essentiam, ut supra dictum est, sed tantum septem ad distinctionem graduum, quoniam supra pacem non est uirtus alia. Dicit enim beatus Augustinus: »Pax est finis et consummatio omnium uirtutum.«b Octaua etiam beatitudo dicitur redire ad caput duobus modis: Primo, quia idem praemium sibi promittitur, quod primae beatitudini, scilicet regnum caelorum. Secundo, quia omnes probat ab ultima usque ad primam, utrum uerae sunt. Vnde dicit beatus Gregorius: »Qualis unusquisque apud se lateat, illata contumelia probat.«c Et notandum, quod habitus uirtutum cardinalium principaliter disponunt ad exercitium uitae actiuae, habitus uero donorum disponunt maxime ad actus uitae contemplatiuae, habitus autem beatitudinum disponunt ad perfectionem utriusque. Ex his igitur colligere possumus, quod beatitudines habent efficaciam ad mundandum et purgandum cor hominis, ut eo perfectius ad praemia beatis repromissa ualeant peruenire. Sed et hoc considerandum, quod beatitudines congruunt operationibus septiformis gratiae Spiritus sancti, quod affirmat beatus Augustinus sic dicens: »His enim septem gradibus congruit septiformis operatio Spiritus sancti, quam Isaias describit. Sed ille a summo, hic ab imo, quia ibi docetur filius Dei ad ima descensus, hic homo de imis ad similitudinem Dei ascensus. In his primus est timor, qui congruit humilibus, de quibus dicitur: Beati pauperes | spiritu, id est, non alta sapientes sed timentes. Secunda est pietas, quae conuenit mitibus. Qui enim pie quaerit, Deum honorat, non reprehendit, non resistit, quod est mitem fieri. Tertia est scientia, quae conuenit lugentibus, qui didicerunt, quibus nunc malis uincti sunt, quae quasi bona petierunt. Quarta fortitudo, quae conuenit esurientibus et sitientibus, quia desiderantes gaudium de ueris bonis laborant a terrenis cupientes auerti. Quinta consilium, quod conuenit misericordibus, quia unicum remedium est de tantis malis erui, dimittere aliis et dare. Sexta intellectus, quae conuenit mundis corde, qui purgato oculo possunt uidere, quae oculus non uidit. Septima est sapientia, quae conuenit pacificis, in quibus nullus motus est

a

Richard von St. Viktor, Allegoriae in Novum Testamentum, II, 1, Sp. 765D–766B; Sermones centum, 28, Sp. 962D–963B b Vgl. Augustinus von Hippo, De sermone domini in monte, I, 2, 9, Z. 110–123: In pace perfectio est, ubi nihil repugnat […] haec uita consummati perfectique sapientis; Petrus Cantor, Verbum adbreviatum, II, 21, Z. 3–4: Pax sicut consummatio omnium uirtutum merito et in cathalogo beatitudinum septima et ultima ponitur c Gregor der Große, Dialogi, Bd. 2 (SC 260), I, 5, Z. 56f. – P2 2 regnum] om. B 3 quantum] om. P2 6 dicitur] om. B 7 promittitur] 1 quia] qm 2 pmittit P2 12 disponunt1] disponit B 14 igitur] go B 27 Quarta] + ē B 29 quod] quia ˜B quia] quod B 32 nullus] ull’s P1; nullus P2B

5

10

15

20

25

30

249

rebellis, sed obtemperant ઀ spiritui.«a Haec Augustinus. Sic igitur patet de beatitudinibus expositum et explanatum.

a

Augustinus von Hippo, De sermone domini in monte, I, 4, 11, Z. 188–221: Videtur ergo mihi etiam septiformis operatio spiritus sancti, de qua Esaias loquitur, his gradibus sententiisque congruere. Sed interest ordinis: nam ibi enumeratio ab excellentioribus coepit, hic uero ab inferioribus; ibi namque incipit a sapientia et desinit ad timorem dei, sed initium sapientiae timor dei est. Quapropter si gradatim tamquam ascendentes numeremus, primus ibi est timor dei, secunda pietas, tertia scientia, quarta fortitudo, quintum consilium, sextus intellectus, septima sapientia. Timor dei congruit humilibus, de quibus hic dicitur: beati pauperes spiritu, id est non inflati, non superbi, quibus apostolus dicit: Noli altum sapere, sed time, id est noli extolli. Pietas congruit mitibus. Qui enim pie quaerit, honorat sanctam scripturam et non reprehendit quod nondum intellegit, et propterea non resistit, quod est mitem esse; unde hic dicitur: beati mites. Scientia congruit lugentibus, qui iam cognouerunt in scripturis, quibus malis uincti teneantur, quae tamquam bona et utilia ignorantes appetiuerunt, de quibus hic dicitur: beati qui lugent. Fortitudo congruit esurientibus et sitientibus. Laborant enim desiderantes gaudium de ueris bonis et amorem a terrenis et corporalibus auertere cupientes, de quibus hic dicitur: beati qui esuriunt et sitiunt iustitiam. Consilium congruit misericordibus. Hoc enim unum remedium est de tantis malis euadendi, ut dimittamus sicut nobis dimitti uolumus, et adiuuemus in quo possumus alios, sicut nos in quo non possumus cupimus adiuuari, de quibus hic dicitur: beati misericordes. Intellectus congruit mundis corde tamquam purgato oculo, quo cerni possit quod corporeus oculus non uidit nec auris audiuit nec in cor hominis ascendit, de quibus hic dicitur: beati mundicordes. Sapientia congruit pacificis, in quibus iam ordinata sunt omnia nullusque motus aduersus rationem rebellis est, sed cuncta obtemperant spiritui hominis, cum et ipse obtemperat deo, de quibus hic dicitur: beati pacifici; hier zit. nach Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 8

1 ઀] se P1P2B

250

5.3 Johannes Marienwerder: De octo beatitudinibus Text nach: Praha, Národní knihovna České republiky (Nationalbibliothek der Tschechischen Republik), I. C. 32, 253ra –258va (P1),¹ kollationiert mit der Handschrift: Praha, Národní knihovna České republiky, VII. E. 13, 222r –235v (P2).² 〈Tractatus bonus de octo beatitudinibus〉 253ra

253rb

Beatitudines sunt habitus uirtutum consummati. Et dicuntur beatitudines, quia ponunt hominem extra statum homini communem, non solum superhumano, sed etiam quodam modo inhumano. Faciunt enim hominem proximum Deo et conformem ipsi gloriae summae et ipsi beatitudini, in qua potest reperiri summa perfectio. Ad has beatitudines uiae quae perducunt? Ad beatitudinem patriae ascenditur per gradus, ut patebit inferius. Vnde differentia est inter uirtutes et dona Spiritus sancti et beatitudines. Nam per habitus uirtutum potentiae rectificantur, per habitus donorum Spiritus sancti | expediuntur, per habitus beatitudinum perficiuntur, sic ut per habitus uirtutum agatur recte, per habitus donorum expedite et per habitus beatitudinum perfecte. Et quia ad haec mens non sufficit ex se peruenire, data sunt homini sacramenta ecclesiae in adiutorium, in quibus secundum diuersitatem suorum effectuum gratia homini confertur ad inchoationem spiritualis uitae, perfectionem et consummationem omnium habituum praedictorum, quamuis ibi gratia data principalem habeat respectum ad morbum curandum. Beatitudo uiae potest sic describi: Beatitudo est gratia non cuicumque, sed uere sapienti nota, faciens ad suauitatem conscientiae propinquam gloriae. Ex hoc patet, quod beatitudo uiae perducit ad beatitudinem patriae, quia beatitudo uiae propter uirtutis excellentiam facit hominem excedere uitam humanam et appropinquare quodammodo ad beatam uitam. ¹ Theologische Sammelhandschrift, insbesondere: Gregor der Große, Heinrich von Friemar, Augustinus von Hippo, Johannes von Hildesheim, Johannes Marienwerder. Papier, III + 268 + I Blätter (Foliierung endet auf Blatt 258, der Rest ist leer), 30,5 × 21 cm, Bibliothek der Rosenberger in Český Krumlov (Krumau), dann Třeboň (Wittingau), St.-ÄgidiusKloster, 1406, Bastarda. Katalogbeschreibung Truhlář 1905–1906, Bd. 1, S. 45f., Nr. 125. ² Sammelhandschrift mit theologischen Traktaten, religiöser Erbauungsliteratur und Medizinschriften, insbesondere: Augustinus von Hippo, Bonaventura, Heinrich von Langenstein, Heinrich von Mügeln, Richard von St. Viktor, Johannes Marienwerder. Papier und Pergament, I + 250 (richtig 251) + I Blätter (Blatt 159 zweimal), 21,5 × 15 cm, Blätter zum Teil abgeschnitten oder abgerissen, Böhmen, um 1415, Bastarda. Katalogbeschreibung Truhlář 1905–1906, Bd. 1, S. 501–502, Nr. 1302. Tractatus … beatitudinibus] om. P1; Tractatʔ bonʔ de octo beatitudinibus P2 suar4 P2

14 suorum]

5

10

15

20

251

Prima beatitudo

5

10

15

20

25

30

»Beati pauperes spiritu, quoniam 〈ipsorum est regnum caelorum〉.« Prima beatitudo dicitur paupertas spiritus. Illi sunt pauperes spiritu, qui sunt humiles corde, de se non confidentes, se miseros in spiritualibus reputantes et uoluntarie propter Christum degentes. Nota: Triplex est paupertas. Vna est coacta, ut illorum, qui libenter haberent diuitias et honores, sed non possunt eas consequi. Alia est paupertas simulata, ut philosophorum gentilium, qui propter laudem dimiserunt diuitias et effecti sunt pauperes. Tertia paupertas est uoluntaria, eorum, qui libenter propter Christum carent diuitiis, quas non habent, et dimittunt, quas habent. Prima paupertas est tolerabilis, secunda est detestabilis, tertia est laudabilis. Et haec tertia est triplex. Nam aliqui habent diuitias in possessione, sed non in affectione, quas retinent plus pro aliorum pauperum consolatione quam pro sua, ut sanctus Gregorius papaa et multi alii sancti episcopi. Secundi sunt, qui nulla habent exteriora bona propria nec uolunt habere propter Christum, sed solum in communi, de quibus parce uix utuntur ad amictus et uictus necessitatem, non ad uoluptatem. Tertii sunt pauperes, qui omnibus exterioribus bonis se propter Christum uoluntarie nu|dauerunt, qui nec propria neque communia bona habent nec uolunt habere, ut possint Christum nudum imitari et ei conformari et eidem liberius uacare. Et illi sunt proprie prima hac beatitudine beati. Et ad hanc beatitudinem ascenditur per dictos gradus triplicium pauperum iam inmediate praemissorum, uel aliter potest esse ascensus. Nam primo gradu utitur quis diuitiis et honoribus bene secundum uirtutes morales, scilicet liberalitatem, magnificentiam et magnanimitatem, de quibus habetur in 4. Ethicorumb et in .ii. .ii. sancti Thomae quaestione centesima 17. et q. centesima 29. et quaestione centesima 34. per totum.c In hoc gradu primo recipit homo uirtuosus diuitias et honores, a quibus debet, quantum, ubi, quando et qualiter, et ita distribuit substantiam temporalem et exhibet honorem et reuerentiam aliis, quibus debet, quantum, ubi, quando et qualiter debet, et nihil uult habere iniuste lucri nec iuste acquisitis uult uti ad peccatum superbiae, gulae, lasciuiae aut luxuriae aut aliorum quorumcunque vitiorum. a Vgl. Joannes Diaconus, Vita Gregorii Magni, II, 60, PL 75, 124D–125A: »Quando divitem non possessio divitiarum faciat, sed cupido, cur audes paupertatem tuam Gregorii divitiis comparare, qui magis illam gattam quam habes, quotidie palpando, nullique conferendo, diligere comprobaris, quam ille [Gregorius] qui tantas divitias non amando, sed contemnendo, cunctisque liberaliter largiendo, dispergit?«; auch zitiert bei Jacobus de Voragine, Legenda Aurea, 46, S. 195 b Aristoteles, Nikomachische Ethik, Δ, 1–10, 1119b–1125b c Thomas von Aquin, Summa theologiae, II–II, 117. 129. 134

2 ipsorum … caelorum] 2ca P1; ipor͡ 4 ē regm celor4 P2

253va

252

253vb

In secundo gradu ascenditur altius, in quo homo relinquit magnas diuitias et magnos honores propter Deum, retinens uel quaerens habere moderatam necessitatem, ita quod non uult multum diues esse, ne sollicitudo diuitiarum eum in servitio Dei impediat, nec uult magnos honores habere, ne efferatur aut in his delectetur. Nec uult totaliter pauper et contemptus esse, timens fragilitati suae, ne nimis deiciatur, sed in paruis uult contentari non solum exterius dimittens aut non quaerens magnum censum uel honorem magnum, sed etiam animum seu desiderium non habet neque uult habere ad ipsum. Aliqui tales sunt in religionibus, qui in paruis communibus sunt contenti, et etiam aliqui reperiuntur extra religiones, secundum illud Apostoli: »Habentes alimenta et quibus tegamur, his contenti simus.«a Tertius gradus, in quo est paupertas spiritus, quinque debet in se habere quomodo ad perfectionem suam. Primo enim debet se nudari uel nudatus uelle esse a corporali substantia, ut perfecte sequatur Christum, non solum nudus a diuitiis, sed etiam a consanguineis et amicis | ac notis derelictus, ut sit exul et peregrinus. Psalmus: »Mater mea et pater meus dereliquerunt me, Dominus autem assumpsit me.«b Secundo debet derelinquere seipsum et suam uoluntatem. Matthaei .xvi.: »Qui uult uenire post me, abneget semetipsum et tollat crucem suam et sequatur me.«c Et hoc est plus, non enim sufficeret exteriora derelinquere, ઀ nisi etiam suam derelinqueret facere uoluntatem, nec sufficeret derelinquere censum, nisi etiam dimitteret desiderium ad habendum. Et in hoc homo non solum derelinquit, quae habet aut habere potest, sed et ea, quae desiderare posset, et sic derelinquit omnia, quia omnia posset desiderare. Haec est sententia beati Gregorii in homelia de sancto Andrea.d Tertio in hoc gradu debet ex plena ad Dominum confidentia singula derelinquere, ita quod innitatur purae prouidentiae diuinae ex magna quam habet ad Deum confidentia et caritate, confidenter sperans se nunquam ab eo derelinquendum corporaliter neque spiritualiter. Si enim derelinqueret omnia exteriora et propriam uoluntatem, confidens de fidelitate suorum amicorum aut alias astrictorum sibi uel notorum etc., ita quod figeret pedem confidentiae in homine aut aliqua communitate, tunc non simpliciter et pure conmiteret se prouidentiae diuinae, sed aliqualiter confideret in homine. Ieremiae .xvii.: »Benedictus uir, qui confidit in Domino, et erit Dominus fiducia eius et erit folium eius uiride etc.«e a

I Tim 6, 8 b Ps 26 (27), 10 c Mt 16, 24 d Gregor der Große, Homiliae in evangelia, I, 5, 2, Z. 21–28: Multum ergo Petrus et Andreas dimisit, quando uterque etiam desideria habendi dereliquit. Multum dimisit qui cum re possessa etiam concupiscentiis renuntiauit […] Multa, fratres, relinquitis, si desideriis renuntiatis e Ier 17, 7–8 22 ઀] sȝ P1; om. P2

31 propriam uoluntatem] ꝓp’a volūte P2

35 .xvii.] .xv.o P1; xvijo P2

5

10

15

20

25

30

35

253

5

10

15

20

25

30

Quarto debet se ita et omnia exteriora bona derelinquere in affectu et effectu, quod nihil nisi Dominum Deum uelit habere, et sine quo non potest haberi perfecte. Qui in desiderio tali est perseuerans, dicat ex intimo suspirans illud Ieremiae .xiii.: »Quis mihi det, ut desiderium meum conpleat omnipotens?«a Quinto pauper spiritu debet esse humilis, de suis uiribus et meritis diffidens et se uilem reputans, quia Dominum non sic honorat prout debet, aut se minus facere, quam tenetur, reputat, aut se inhonorasse Deum cognoscit et aestimat. Ideo quando ei propter Deum aliquid datur, in Domino laetatur, propter quem datur. Et quando ei negatur, quidquid propter Dominum petit, ad hoc non contristatur, sed laetatur, quia non solum uult pauper esse et reputari, | sed etiam defectum et despectum in paupertate pati et desolari. Et hoc est contra multos secundum dictum Bernhardi in sermone de aduentu Domini, qui incipit »Dignum est fratres etc.«, qui uolunt esse pauperes, eo tamen pacto, quod nihil eis desit, et sic diligunt paupertatem, ut nullam patiantur inopiam.b Qui si uere pauperes essent, non essent in defectu tristes. Qui in gradum hunc tertium peruenerunt, uere pauperes spiritu sunt et beati merito dicuntur, quia sunt agiles ad sequendum Christum, sunt graciles ad intrandum paradisum et sunt diuites ad emendum regnum caelorum. De primo horum, quod sint agiles, patet Matthaei .xix., ubi dicitur: »Ecce nos reliquimus omnia et secuti sumus te.«c De secundo, quod sint graciles, 〈patet〉 Lucae .xvii., Matthaei .xix., ubi dicitur: »Facilius est camelum per foramen acus transire quam diuitem in regnum caelorum.«d Si ergo diuites sunt ita grossi, restat, quod pauperes sint graciles ad intrandum. De tertio, quod sint diuites ad emendum regnum caelorum, quod constitutum est sub pretio paupertatis, patet Matthaei .xix., ubi dicitur: »Omnis, qui reliquerit domum aut agrum, patrem aut matrem etc., centuplum accipiet et uitam aeternam possidebit.«e Centuplum accipiet in hoc saeculo, ut dicitur Marci .x.,f hoc est, accipiat gratiam secundum Hieronymum in praesenti saeculo, quae in centuplo melior est quam hoc, quod dereliquit ઀.g

a

b Vgl. Iob 31, 35 Bernhard von Clairvaux, Sermones in adventu Domini, 4, 5, S. 185: Videmus autem pauperes aliquos, qui si veram haberent paupertatem, non adeo pusillanimes invenirentur et tristes, utpote reges, et reges caeli. Sed hi sunt qui pauperes esse volunt, eo tamen pacto, ut nihil eis desit, et sic diligunt paupertatem, ut nullam inopiam patiantur; vgl. entsprechendes Zitat über Sanftmut im Malogranatum, hier S. 235, Z. 5–7 c Mt 19, 27 d Lc 18, 25; Mt 19, 24 e Mt 19, 29 f Mc 10, 30 g Hieronymus, Commentarii in Matthaeum, III, Z. 947–949: Qui carnalia pro Saluatore dimiserit, spiritalia recipiet, quae comparatione et merito sui ita erunt quasi si paruo numero centenarius numerus comparetur

3 potest] oder: possit (pt͡ P1P2) 11 ad hoc] adhuc P2 P1; .x. P2 31 ઀] 2♑ P1; om. P2

23 patet] om. P1; pȝ P2

30 .x.] .1.o

254ra

254

254rb

Ex praedictis patet, quod paupertas spiritus includit tria, scilicet rerum defectibilitatem,a despectam contemptibilitatemb et profundam humilitatem, pro quibus tribus tria maxima recipiat, quae unquam Deus dare potest in caelo et in terra. Nam pro humilitate profunda dat optimum, quod potest in hoc mundo, et hoc est gratia gratum faciens. Hanc in praesenti dat humilibus, iuxta illud Iacobi .iiii.: »Deus superbis resistit, humilibus autem dat gratiam.«c Pro despecta contemptibilitate dabit optimum, quod potest dare in futuro iudicio, scilicet iudiciariam potestatem. Matthaei .xix.: »Amen, dico uobis, uos, qui reliquistis omnia et secuti estis me, sedebitis super sedes iudicantes .xii. tribus Israel.«d Pro rerum autem defectibilitate dabit optimum, quod potest dare in | caelo, in quo dabit pauperibus regnum caelorum, non partialiter, sed totum. Ideo dicitur Matthaei .v.: »Beati pauperes spiritu, quoniam ipsorum est regnum caelorum.« Pauper est aliquis rebus et non spiritu, ut pauperes mundi et inuoluntarii, spiritu et non rebus, qui libenter uellent esse pauperes, sed non permittuntur, ut Gregoriuse et ceteri, spiritu et rebus, ut Lazarus mendicusf et consimiles, qui non habent diuitias nec uolunt habere.

5

10

15

Secunda beatitudo »Beati mites, quoniam ipsi possidebunt 〈terram〉.« Secunda beatitudo est mititas, quae bene sequitur paupertatem spiritus, quia qui pauper est, multis lacessitur iniuriis, et si in inpatientiam aut murmurationem deueniret, paupertas sibi modicum prodesset. Ideo ut sit custodita, additur mititas pro beatitudine secunda. Et describitur sic: Mititas est modesti animi tranquillitas, quae nulla rerum occurrentium tribulatione turbatur nec aliqua amaritudine animi uincitur.g Vnde mitis tria specialiter habet in se secundum glosam Matthaei .v. Nam mitis est, quem mentis amaritudo non afficit, secundo quem rancor uel ira non deicit, sed omnia aequanimiter tolerat, tertio qui non irritat

a

Der Begriff defectibilitas (›Unvollkommenheit‹) wird seit dem 13. Jh. v. a. von franziskanib schen Theologen (Bonaventura, Johannes Peckham) verwendet Auch contemptibilitas (›Zustand der Verachtung‹) ist v. a. bei Bonaventura belegt c Iac 4, 6 d Mt 19, 28 e Vgl. f g oben S. 251, Z. 14 Vgl. Lc 16, 19–31 Die tranquillitas animi ist ein wichtiger, auf Demokrit zurückgehender Bestandteil der stoischen Philosophie, vgl. dazu Cicero, De finibus bonorum et malorum, V, 8, 23: Democriti autem securitas, quae est animi tamquam tranquillitas […] ea ipsa est beata vita. Im deutschen Mittelalter ist diese Haltung in die Philosophie der ›Gelassenheit‹ Meister Eckharts eingegangen. 5 potest] + ee͡ P2 P1; lacessit2 P2

11 in quo] ut qd͡ P2

19 terram] om. P1; trrā P2

21 lacessitur] latescit2

20

25

255

5

10

15

20

25

30

neque irritatur nec nocet neque nocere cogitat.a Nota: Ad hanc beatitudinem etiam gradatim ascenditur. In primo gradu homo, quandoque per iram turbatur, amaritatur, inquietatur ualde et appetit uehementer se uindicare, sed homo ex ratione excessum irae refrenante resistit sibi refrenando passiones irae per uirtutem mansuetudinis, et non uindicat se dimittens inferre poenam grauem, ad quam inclinatur uehementer per irae passionem. Et haec scilicet refrenatio fit per clementiam, quae est poenarum exteriorum diminutiua, ut dicit sanctus Thomas .ii. .ii. q. centesima .lvii.b In secundum gradum homo ascendit, quando in magnis turbationibus ex habitu mansuetudinis per multa uirtutum opera acquisito modicum turbatur et inquietatur et solum appetit uindictam secundum rectam rationem. Et talis appetitus uindictae dicitur ira per zelum, de qua Gregorius .v. libro Moralium dicit: »Cauendum summopere est, ne ira, quae ut in seruum uirtutis assumitur, menti dominetur, ne quasi domina | praeeat, sed uelut ancilla ad obsequium parata a rationis tergo nunquam recedat.«c Haec ira per zelum, etsi turbet oculum rationisd in operis executione uindictae, propter zelum disciplinae attamen rationis rectitudinem non tollit. De hoc bene dicit sanctus Thomas in .ii. .ii. q. centesima .lviii. articulo primo.e In his duobus gradibus adhuc non est mititas secunda beatitudo, sed est in altiori gradu, scilicet tertio, in quo homo nulla amaritudine afficitur neque aliqua inpatientia uel ira uincitur nec animus eius deordinatur, quando vexatur, tribulatur seu molestatur. Non enim irritat neque irritatur, non nocet neque nocere cogitat, est tractabilis, bonis consentiens et malo cedens, suscipit dura sicut mollis cussinus. Et igitur animus mitis suauiter requiescit. Ecclesiastici .xix.: »Felix, qui non habuit animi sui tristitiam«,f supple: »ex aduersis«. Nam omnia aduersa animo tranquillo suscipit et pacatus est contra irascibiles passiones, sic quod non deordinatur apud se ad iniurias proprias sibi illatas et ad has mansuete respondet uel tacet et discrete ad iniurias autem et irreuerentias habet zelum iustitiae et iram per zelum, secundum illud Psalmi: »Irascimini et nolite peccare«,g exemplo Christi, qui diabolum eum tempa

Vgl. Johannes Chrysostomus (Ps.-), Opus imperfectum in Matthaeum, 9, 4, Sp. 681: Mansuetus enim neque irritat malum, neque irritatur a malo […] cum nocitus fuerit, nec cogitat malum facere, nec facit b Thomas von Aquin, Summa theologiae, II–II, 157, z. B. 1: nam ex passione irae provocatur aliquis ad hoc quod graviorem inferat poenam. ad clementiam autem pertinet directe quod sit diminutiva poenarum, quod quidem impediri posset per excessum irae c Gregor der Große, Moralia in Iob, CCSL 143, V, 45, 83, Z. 156–160: Sed cum per zelum animus mouetur, curandum summopere est ne haec eadem quae instrumento uirtutis assumitur, menti ira dominetur, ne quasi domina praeeat, sed uelut ancilla ad obsequium parata, a rationis tergo numquam recedat d Vgl. ebd., Z. 176–177: Ira per zelum sapientes turbat e Thomas von Aquin, Summa theologiae, II–II, 158, 1: haec autem ira, etsi in ipsa executione actus iudicium rationis aliqualiter impediat, non tamen rectitudinem rationis tollit. unde gregorius […] dicit quod ira per zelum turbat rationis oculum, sed ira per vitium excaecat f Sir 14, 2 g Ps 4, 5 (4)

7 refrenatio] īfrenatō P2

254va

256

254vb

tantem in gula et superbia non percussit nec maledixit, sed mansuete respondit: »Scriptum est: Non in solo pane uiuit homo.« Quando uero diabolus dixit: »Haec omnia dabo tibi, si cadens adoraueris me.« Hoc Dominus Iesus ferre non uoluit, quia iniuria Dei erat transferre diuinum honorem ad diabolum. Et ideo quasi iratus uel zelo diuino concitatus dixit: »Vade, Satanas, scriptum est: Dominum Deum tuum adorabis et illi soli seruies.«a Nota: Omnia, quae miti inferuntur, uel inferuntur ei a Deo – et talia sustinet sine murmure –, uel ab homine – et talia sustinet sine mali retributione, quia non reddit malum pro malo, sed bonum pro malo –, uel inferuntur a diabolo – et talia sustinet sine consensu; non enim eius suggestionibus acquiescit nec eum maledicit. [Ad] Ro[manos] .xiiii.: »Noli uinci a malo, sed uince in bono malum.«b Mitis habet | praemium suum, qui possidet terram triplicem, scilicet quam terit, quam gerit et quam quaerit, hoc est terram mundi, terram corporis sui et terram paradisi. De prima terra Ecclesiastici .x.: »Sedes ducum superborum destruxit et sedere fecit super eis mites.«c Psalmus: »Mansueti autem hereditabunt terram.«d De secunda terra, scilicet corporis sui, Lucae .xxii.: »In patientia uestra possidebitis animas uestras.«e De tertia terra Psalmus: »Portio mea sit in terra uiuentium.«f

Tertia beatitudo

10

15

20

»Beati, qui lugent, quoniam ipsi consolabuntur.« Tertia beatitudo est luctus, qui sic describitur: Luctus est dolor uehementer dolendi de malo, quod accidit, uel de bono, quod deficit. Et ponitur tertio loco, quia terrenae rei concupiscentia difficulter a corde ad plenum expellitur et mansuetudinis tranquillitas saepe corrumpitur. Ideo luctus est necessarius, ut aqua lacrimarum terrenitas perfecte expellatur et cordis tranquillitas integre conseruetur. Ad hanc beatitudinem etiam tribus ascenditur gradibus. Nam aliqui lugent ex uera contritione, alii ex conpassione, tertii ex deuotione.g Primum est necessitatis, nam ad omnem hominem pertinet, ut deploret peccata sua per ueram prime contritionem, quia debet de omnibus praeteritis dolere, ab omnibus peccatis praesentibus cessare et firmiter proponere ab omnibus futuris abstinere. Psalmus: »Quasi lugens et contristatus, sic humi-

a

Vgl. Mt 4, 1–11; Lc 4, 1–13 b Rm 12, 21 c Sir 10, 17 d Ps 36 (37), 11 e Lc 21, 19 Ps 141 (142), 6 g Vgl. Glossa ordinaria, MPL 114, Sp. 89D (nach Paschasius Radbertus, Expositio in Matheo, CCCM 56, III, Z. 1726–1748): Beati qui lugent. Pro suis vel aliorum peccatis, qui est ab irriguo inferiori, sed qui fit ab irriguo superiori est ex desiderio coelestis patriae

f

2 respondit] + ei P2 3 cadens] cades P1; cadēs P2 maledixt P1; maledicit P2 12 a] ī P1; a P2

5

4 uoluit] valuit P2

11 maledicit]

25

30

257

5

10

15

20

25

liabar.«a Huius causam habet multiplicem. Primo quia in multis offendit, 2. quia diu in peccatis iacuit, 3. quia multa bona neglexit. Secunda est perfectionis. Homo siquidem proficiens debet etiam de alieno malo dolere. Ideo dicit Chrysostomus super Matthaeum: »Beatus, qui luget propria peccata, beatior, qui luget aliena, iam propria ad lugendum non habens.«b Hinc legitur de Samuele propheta luxisse regis Saul peccata, primi Regum .ix.: »Vsquequo tu luges, Saul, cum ego proiecerim eum?«c Tertia est consummationis et perfectionis. Et huius beatitudinis principium, eorum, qui de dimissione suorum peccatorum iam aliquod testimonium acceperunt et sic peruenire consolati sunt. Et quia ipsi non solum horrent mala conmittere, sed etiam ab alienis malis cruciantur, eo quod illi suam negligunt salutem et diuinam offendunt maiestatem. Ideo Deus | eis facit internam hic ઀ consolationem post luctum huiusmodi et cruciatum. Qua consolatione accepta, quia spiritus eorum primitias aeternae felicitatis degustauit, ob hoc omne, quod in praesenti est, fastidit, cupiens ex amore dissolui et esse cum Christo.d Et quia mors differtur, luget ex deuotione dicens cum Psalmo: »Heu mihi, quia incolatus meus prolongatus est.«e Tales hic consolantur per gratiam et in futuro per gloriam. Iohannis .x.: »Plorabitis et flebitis uos, mundus autem gaudebit. Sed tristitia uestra uertetur in gaudium.«f Et Isaiae ultimo: »Ego consolabor uos, et in Ierusalem consolabimini. Videbitis et gaudebit cor uestrum.«g Sic igitur primus gradus est necessitatis, scilicet lugere pro propriis peccatis, secundus est perfectionis, scilicet lugere pro peccatis alienis et incommodis animae, tertius est perfectionis. Hi, qui in primo gradu sunt, consolantur per peccatorum indulgentiam, secundi per iustitiam, tertii per gloriam.

Quarta beatitudo

30

»Beati, qui esuriunt et sitiunt 〈iustitiam, quoniam ipsi saturabuntur〉.« Quarta beatitudo est esuries iustitiae et eius sitis. Et ponitur quarto loco, quia qui mundana contempsit et mores mansuetudine rexit et mala deplorans luxit, bene sentit in se propriam uacuitatem. Ideo quaerit reficere spiritum suum, ut satietur per iustitiam. Et quia in praesenti non possumus a

Ps 34 (35), 14 b Johannes Chrysostomus (Ps.-), Opus imperfectum in Matthaeum, 9, 5, Sp. 681: Et qui sua quidem peccata lugent, beati sunt, id est mediocres beati: beatiores autem sunt, qui aliena lugent peccata, quoniam qui aliena lugent peccata, certum est quia non habent sua quæ lugeant; vgl. Johannes Chrysostomus, Homiliae in Matthaeum, MPG 57, 15, Sp. 226: Πενθεῖν δὲ ἡμᾶς οὐχ ὐπὲρ τῶν οἰκείων μόνον, ἀλλὰ καὶ ὑπὲρ τῶν ἀλλοτρίων κελεύει πλημμελημάτων · οἷαι τῶν ἁγίων ἦσαν αἱ ψυχαί · οἵα ἦν ἡ τοῦ Μωϋσέως · οἵα ἡ τοῦ Παύλου, ἡ τοῦ Δαυΐδ · καὶ γὰρ καὶ οὗτοι πάντες ἀλλότρια πολλάκις ἐπένθησαν κακά c I Sm 16, 1 d Vgl. Phil 1, 23 e Ps 119 (120), 5 f Io 16, 20 g Is 66, 13–14 8 Tertia] T’ciū P2 10 acceperunt] acciperūt P1; accepnt P2 27 iustitiam … saturabuntur] om. P1; iusticiā qm͡ ıpı ͡ satu2ab˜nt͡ 2 P2

13 ઀] eis P1; om. P2

255ra

258

255rb

habere perfectam iustitiam nec debemus unquam aestimare nos esse in iustitia consummatos, ob hoc uehemens desiderium oritur obtinendo iustitiam. Ob hoc uehemens desiderium est esuries iustitiae, per quam omnia, quae possumus, facimus et adhuc esurire pro iustitia non cessamus. Iustitia describitur sic: Iustitia est habitus, secundum quem aliquis constanti et perpetua uoluntate ius suum unicuique tribuit.a Ad hanc beatitudinem etiam tribus ascenditur gradibus. In primo gradu est iustitia particularis, in secundo iustitia generalis seu legalis,b in tertio uero esuries iustitiae. Vnde est sciendum, quod iustitia diuiditur in iustitiam particularem et generalem. Nam iustitia simpliciter loquendo ordinat hominem ad alterum ut singulariter aut particulariter consideratum et ad bonum personale ad bonum alterius, et sic est iustitia particularis. Alio modo | ordinat hominem ad alterum in communi aut ad commune bonum, secundum quod ille, qui seruit uni personae de communitate, seruit cuilibet de communitate illa seu omnibus, qui sunt sub illa communitate contenti, quia quodlibet bonum partis alicuius communitatis est ordinabile in bonum totius communitatis. Et secundum hoc cuiuslibet uirtutis bonum, siue ordinantis hominem ad se ipsum siue ordinantis hominem ad aliquas alias personas particulares, est referribile ad bonum commune, ad quod ordinat iustitia. Et secundum hoc omnium uirtutum actus possunt ad iustitiam pertinere, secundum quod ordinant hominem ad bonum commune, et quantum ad hoc iustitia dicitur generalis uirtus. Et quia ad legem pertinet ordinare ad bonum commune, inde est, quod iustitia generalis, quae est quodammodo omnis uirtus, dicitur iustitia legalis, quia ipsa concordat cum lege, cuius est omnium uirtutum actus ordinare in bonum commune. Dicitur ergo iustitia generalis uirtus, in quantum ordinat omnium uirtutum actus ad bonum commune; hoc enim est finis suus, sicut caritas dicitur generalis uirtus, in quantum ordinat omnium uirtutum actus ad bonum diuinum. Hanc ergo iustitiam tam particularem quam generalem, secundum quam homo est iustus generaliter secundum exercitia uirtutum, oportet hominem habere, antequam perueniat ad uehementem esuriem et sitim iustitiae. Hieronymus: »Non sufficit nobis

a

Vgl. Cicero, De inventione, II, 53, 160: Iustitia est habitus animi communi utilitate conservata suam cuique tribuens dignitatem; Thomas von Aquin, Summa theologiae, II–II, 58, 1: et si quis vellet in debitam formam definitionis reducere, posset sic dicere, quod iustitia est habitus secundum quem aliquis constanti et perpetua voluntate ius suum unicuique tribuit b Zur iustitia generalis und particularis vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae, II–II, 58, 5 und 7

14 seruit2] + ʔni ͡ 〈getilgt P1〉P2 18 est] 2 P1; ē P2 21 ordinant] ordīat P1; ordıat͡ P2 24 concordat] 〈ʔt2bat getilgt〉 ʔc2rit P1; ʔcordat P2 25 ergo] eī P2 27 ordinat] ornat P1; ordīat 2 ornat P2

5

10

15

20

25

30

259

5

10

15

20

25

uelle iustitiam, nisi iustitiam faciamus et esuriamus, ut nunquam nos iustos credamus, sed semper nos esurire opera iustitiae intelligamus.«a Beatus hac beatitudine debet tribuere cum esurie unicuique, quod suum est: Tria Deo et tria proximo et tria sibi ipsi.b Deo creatori honorem, redemptori amorem, praemiatori seruitutem, laudem et gratiarum actionem. Proximo scilicet superiori, aequali et inferiori debet tribuere tria: Superiori oboedientiam et reuerentiam, aequali concordiam dando consilium et auxilium. Consilium, quo erudiatur ignorantia, auxilium, quo iuuetur infirmitas humana. Inferiori beneficentiam per custodiam et disciplinam. Custodia indiget subditus, ut caueat peccatum, disciplina, ut malum non permaneat inpunitum. Homo sibi ipsi etiam tribuat tria: Cordi suo munditiam, ori custodiam | et corpori suo disciplinam. Haec omnia, cum bene fuerint acta ab homine, dicat ipse: »Seruus inutilis sum«,c et esuriat uehementer pro bene agere et sancte uiuere, et non reputat unquam consummationem iustitiae se apprehendisse, quia quamdiu homo uiuit, potest proficere et debet tendere ad altiorem perfectionis gradum, ne sit de errore Bachaldorum, qui dicunt aliquem posse ad tantum perfectionis gradum pertingere, quo obtento non ualeat ulterius in praesenti uita proficere, ut habetur Extrad de haereticis ad usuram in Clementinis.e Porro huiusmodi esuries proficiendi, unicuique, quod suum est, reddendi et multa iuste agendi, etiam illa, quae non possumus, nobis pro merito conputat Dominus Deus benignissimus. Vnde Prouerbiorum .x. dicitur: »Desiderium suum iustis dabitur.«f In huius figura Deuteronomii .xi. dicitur: »Omnem locum, quem calcauerit pes uester, uester erit.«g Pes uester, id est affectus seu desiderium.

a

Hieronymus, Commentarii in Matthaeum, I, Z. 449–452: Non nobis sufficit uelle iustitiam, nisi iustitiae patiamur famem, ut sub hoc exemplo numquam nos satis iustos sed semper esurire iustitiae opera intellegamus b Vgl. Malogranatum, hier S. 239, Z. 21–22, und die Quellenangabe zu den Acht Seligkeiten, hier S. 175, Z. 7 c Vgl. Lc 17, 10 d Vermutlich ist Liber Extra gemeint e Vgl. Constitutiones Clementinae, V, 3, 3, Sp. 1183: secta quaedam abominabilis quorundam hominum malignorum, qui Beguardi 〈andere Hs.: Bechardi〉, et quarundam infidelium mulierum, quae Beguinae vulgariter appellantur, in regno Alemanniae […] insurrexit, tenens et asserens doctrina sua sacrilega et perversa inferius designatos errores. Primo videlicet, quod homo in vita praesenti tantum et talem perfectionis gradum potest acquirere, quod reddetur penitus impeccabilis, et amplius in gratia proficere non valebit; vgl. auch Concilium Viennense, decr. 28 f Prv 10, 24 g Dt 11, 24; vgl. Ios 1, 3

3 hac] aut͡ P2

255va

260

Et quia homo esuriens desiderat satietatem, habebit eam in gloria. Psalmus: »Satiabor, cum apparuerit gloria tua.«a Ibi enim satiabuntur omnes potentiae animae tribus dotibus et corpus .iiii. dotibus.b

Quinta beatitudo

255vb

»Beati misericordes, quoniam ipsi 〈misericordiam consequentur〉.« Quinta beatitudo est misericordia, quae bene adiungitur iustitiae, quia iustitia sine misericordia tendit ad crudelitatem. Et ideo secundum glosam Matthaei .v. misericordia dicitur lumen iustitiae.c E conuerso misericordia etiam dirigitur per iustitiam, ne per nimiam misericordiam seu remissionem correctionis mala crescant et maneant inpunita. Ob hoc dicit Gregorius libro Pastoralium: »In rectore sit iustitia parce saeuiens et misericordia recte seu iuste consulens.«d Misericordia secundum Augustinum, libro .ix. De ciuitate Dei, est »alienae miseriae in nostro corde conpassio, qua utique si possumus subuenire, conpellimur«.e Et sic proprie loquendo misericordia non est ad seipsum, sed ad alterum, sicut iustitia nisi secundum quandam similitudinem, ut Ecclesiastici .iii.: »Miserere animae tuae placens Deo.«f Ad hanc beatitudinem etiam ascenditur per tres gradus. In primo gradu est misericordia, prout est uirtus politica seu moralis, et ut sic nominat motum appetitus intellectiui regulatum secundum rationem, qui motus factus est ex dolore et ex aliena | miseria, secundum quod displicet alicui malum alterius. Hic motus doloris ratione regulatus potest regulare motum doloris inferioris appetitus, scilicet sensitiui, ut non recedat a medio iustitiae ex conpassione. Et ergo dicit Augustinus libro .ix. De ciuitate Dei, quod »ille motus animae, scilicet misericordia, seruit rationi, quando ita praebetur misericordia, quod iustitia conseruetur, et hoc siue tunc, cum indigenti tribuitur, siue cum ignoscitur paenitenti«.g Sicque per uirtutem misericordiae animus rectificatur circa conpassionem seu circa dolorem de aliena miseria conceptum, quia uirtus moralis consistit in hoc, quod motus animi a

Ps 16 (17), 15 b Vgl. Bonaventura, Collationes de septem donis spiritus sancti, 1, 17, S. 461b: gratia consummans patriae [consistit] in septem dotibus, scilicet in tribus dotibus ipsius animae, quae sunt visio, fruitio et tentio. Prima respondet fidei; secunda, spei; et tertia respondet caritati. Consisitit etiam in quatuor dotibus corporis, quae in corpus redundant ex beatitudine animae et sunt claritas, subtilitas, agilitas et impassibilitas; quae respondent quatuor virtutibus cardinalibus c Glossa ordinaria, MPL 114, Sp. 90B: Justitiae lumen est misericordia d Gregor der Große, Regula pastoralis, II, 6, Sp. 38A: Sed erga subditos suos inesse rectoribus debet et juste e consulens misericordia, et pie saeviens disciplina Augustinus von Hippo, De civitate Dei, CCSL 47, IX, 5, Z. 17–19: Quid est autem misericordia nisi alienae miseriae quaedam in nostro corde compassio, qua utique si possumus subuenire compellimur? f Sir 30, 24 g Augustinus von Hippo, De civitate Dei, CCSL 47, IX, 5, Z. 19–21: Seruit autem motus iste rationi, quando ita praebetur misericordia, ut iustitia conseruetur, siue cum indigenti tribuitur, siue cum ignoscitur paenitenti

3 corpus] corpis P2 ˜

5 misericordiam consequentur] 2ca P1; mīaȝ cōsequēt2 P2

5

10

15

20

25

261

5

10

15

20

25

30

ratione reguletur, ut deducit sanctus Thomas .ii. .ii. q. .xxx. articulo .iii.a Est etiam misericordia effectus interior caritatis,b secundum quem subuenitur his omnibus, qui in miseria sunt, secundum posse. Et si non omnibus possumus, plus debemus propinquis et domesticis subuenire etc. In secundo gradu est pietas, prout est donum Spiritus sancti, non prout est uirtus. Vnde sciendum, quod pietas uno modo est uirtus, secundum quam homo patri et consanguineis ac patriae suae hominibus et amicis exhibet se beniuolum, ut dicit sanctus Thomas .ii. .ii. q. centesima prima articulo primo et secundo.c Alio modo pietas est donum Spiritus sancti, secundum quam homo exhibet cultum Deo ex filiali affectu et expedite subuenit omnibus hominibus in miseria constitutis pro loco et tempore iuxta suum posse. Et est differentia inter misericordiam et pietatem. Misericordia enim respicit conformitatem in natura et necessitatem in indigentia siue in miseria, sed pietas attendit in proximo imaginem diuinam, et per hanc homo efficitur beniuolus cuicunque homini, qui in se habet imaginem Dei, et egreditur in conpassionis actum prompte seu expedite, et pro loco et tempore ac pro negotiationis qualitate egreditur in beneficium. De hoc dono bene dicitur .ii. .ii. q. centesima .xxi. per sanctum Thomamd et per Bonauenturam super tertio Sententiarum dis. .xxxv.e In tertio gradu est misericordia, quae est beatitudo in sua perfectione et excellentia, quae secundum Remigium alterius defectum recipit sicut suum, ita dolet de alterius malo et defectu sicut de suo.f Et dicitur misericors quasi habens cor miserum.g Vnde misericordia in primo gradu cuilibet exhibet conpassionis actum | et beneficium pro loco et tempore, prout intelligit hoc ad uirtutis conseruationem pertinere et esse de praecepti necessitate, et ergo bene facit amicis, non autem inimicis extra horam extremae necessitatis, quia hoc ex praecepto non tenetur, sed si uideret inimicum in extrema necessitate constitutum, conpateretur ei et succurreret, quia tunc teneretur ei beneficium subuentionis exhibere. a

Thomas von Aquin, Summa theologiae, II–II, 30, 3: quia ratio virtutis humanae consistit in hoc quod motus animi ratione reguletur, ut ex superioribus patet, consequens est misericordiam esse virtutem b Vgl. ebd.: misericordia consequitur ex caritate, sic enim ex caritate flemus cum flentibus sicut gaudemus cum gaudentibus c Thomas von Aquin, Summa theologiae, II–II, 101, 1– 2 d Thomas von Aquin, Summa theologiae, II–II, 121, 1: pietas secundum quod est donum, non solum exhibet cultum et officium deo, sed omnibus hominibus inquantum pertinent ad deum e Bonaventura, Commentaria in tertium librum Sententiarum, 35, 6, S. 786b: misericordia in proximo considerat conformitatem in natura et similitudinem speciei; pietas vero attendit in homine imaginem Dei f Nicht gefunden g Vgl. Gregor der Große, Moralia in Iob, CCSL 143A, XX, 32, 63, Z. 41–44: Misericordia autem a misero corde uocata est, eo quod unusquisque intueatur quempiam miserum, atque ei compatiens, dum dolore animi tangitur, ipse cor miserum facit, ut eum a miseria liberet cui intendit 2 etiam] aut͡ P2

22 recipit] recipiet P1; r’cipit P2

256ra

262

256rb

Vnde est sciendum, quod tria tenemur inimicis sub praecepto: Primum dilectionem, qua omnis homo est diligendus secundum Augustinum, libro De doctrina Christiana.a Et secundum hanc tenemur eos diligere ad eandem gratiam et gloriam, ad quam amicos et nos, licet possumus nos et amicos maiori et intensiori affectu ad illam diligere. Secundo in oratione communi eos debemus includere et non excludere, sed pro eis orare tenemur in communi oratione, specialem tamen orationem non tenemur pro eis extra tempus extremae necessitatis facere. Tertio, quando inimici sunt in extrema necessitate constituti, ratione famis, frigoris, aquarum uel ignis etc., tenemur eis corporaliter succurrere, si ualemus eos sine periculo salutis nostrae et uitae nostrae liberare. Et hoc facit misericordia in primo gradu. In secundo autem gradu exercet pietatem secundum consilii supererogationem, facit praedicta tria et multa alia, non solum amicis sed etiam inimicis, tam in tempore extremae necessitatis quam extra. Et hoc est consilii secundum sanctum Thomam .ii. .ii. q. .xxv. et .xxvi.b In tertio uero gradu, in quo est mira beatitudo, homo exponit prompte et expedite non solum corporalem substantiam et remittit iniuriam et facit specialem etiam pro inimicis orationem, sed etiam paratus est ex pia conpassione uitam suam morti exponere etiam pro inimicorum salute, ut possit Christum Dominum et sanctos martyres perfecte imitari. Considerat siquidem non solum in amicis uel benefactoribus, dum in peccatis sunt aut dum peccant, sed etiam inimicis imaginem Dei in homine denigrari, sanguinem Christi pretiosissimum pro homine effusum quasi pedibus conculcari, templum Spiritus sancti pollui, sponsam Christi prostitui et totam beatitudinem homini possibilem pro uilissimis stercoribus contemni. Ideo peccatorum | miseriae intime conpatiens, contemptum Domini Dei sui sustinere non ualens et mortem animarum abhorrens, parui pendit ex intima conpassione substantiam suam corporalem expedire, immo et corpus seruituti ac morti pro animarum exponere salute. Ac per hoc beati ac beatitudine perfecti implent Domini saluatoris consilium, dicentis Matthaei .v.: »Dico uobis, diligite inimicos uestros, benefacite his, qui oderunt uos, et orate pro persequentibus et calumniantibus uos, ut sitis filii patris uestri, qui in caelis est.«c Vbi dicit glosa: »In tribus aduersantur nobis inimici, scilicet odio, uerbis et cruciatu corporis.«d Pro odio rependimus dilectionem, pro malis uerbis orationem et pro cruciatu corporis beneficiorum exhibitionem uel etiam uitam a

Vgl. Augustinus von Hippo, De doctrina christiana, I, 28, Z. 8f.: omnis homo, in quantum homo est, diligendus est propter deum b Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae, II–II, 25–26 c Mt 5, 44–45 d Glossa ordinaria, MPL 114, Sp. 97D: Contra Ecclesiam pugnatur tribus modis: odio, verbis, cruciatu corporis. Ecclesia econtra diligit, benefacit, orat

10 etc.] 2 tūc P2 23 inimicis] praem. ī P2 24 effusum] effuso P1; effusū P2 saluti P1; salute P2 perfecti] pfcē P1; perfecti P2 ˜

30 salute]

5

10

15

20

25

30

35

263

5

corporalem ad Christum imitandum. Et hoc fit ex magna misericordia. Qui in his et consimilibus misericordiae operibus misericordiam exhibet, non exspectat, donec fuerit rogatus, sed hominis alterius defectum sicut suum [considerans] festinat indigenti ferre auxilium. Et si non habet tribuere substantiam corporalem, exhibeat conpassionem cordialem. Ille est beatus et misericordiam consequetur, Psalmo testante, qui ait: »Beatus, qui intelligit super egenum et pauperem. In die mali eum Dominus [liberabit].«a

Sexta beatitudo 10

15

20

25

30

»Beati mundo corde, quoniam 〈ipsi Deum uidebunt〉.« Sexta beatitudo est cordis munditia, quae bene sexto loco ponitur, quia sexto die factus est homo ad imaginem Dei, id est, ut sit capax Dei. Et bene sequitur praecedentes beatitudines, per quas purgandus est oculus mentis ad uidendum Deum, qui non nisi a purgatissimis mentibus cernitur, ut dicit Augustinus libro .v. De trinitate.b Et ponitur libro primo dis. .ii. Sententiarum, ubi causa subditur: »Mentis enim humanae acies inualida in tam excellenti luce non figitur, nisi per iustitiam fidei emendetur.«c Ad hanc etiam per tres gradus fit ascensus. In primo est munditia a culpa mortali, tam actuali quam originali. In .ii. gradu est munditia non solum ab omni culpa mortali, sed etiam ab omni grosso peccato ueniali. In tertio est munditia simpliciter et uniuersaliter ab omni culpa, tam ueniali quam mortali, et ibi est haec beatitudo. Primus gradus est simpliciter necessitatis, | secundus est perfectionis et tertius est perfectionis et consummationis, qui cum Paulo sibi nihil conscius estd et cum Iob non reprehendit eum cor suum.e Hic gradus habet in se latitudinem. Nam aliqua est munditia ab omni culpa, sed non a culpae sequela. Et alia est munditia ab omni culpa et omni culpae sequela. Tertia est munditia ab omni culpa et culpae sequela et ab omni peccatorum occasione. Haec sunt munditiae affectus. Intellectus etiam habet tres. Prima est, quando intellectus a speciebus sensibilibus est purgatus. Secunda, quando purgatus est non solum a sensibilibus, sed etiam a phantasiis et a phantasticis imaginationibus. Tertius est, quando cum his purgatus est a philosophicis rationibus fidei repugnantibus. Per primam intellectus est purgatus, per secundam purgatior, per tertiam uero purgatissimus. a

Ps 40, 2 (41, 1) b Vgl. Augustinus von Hippo, De trinitate, CCSL 50, I, 2, Z. 7–8: illud summum bonum quod purgatissimis mentibus cernitur c Petrus Lombardus, Sententiae, I, 2, 1, 1: Mentis enim humanae […] nisi per iustitiam fidei emundetur. d Vgl. I Cor 4, 4 e Vgl. Iob 27, 6

3 exspectat] exspectāt P1P2 9 ipsi Deum uidebunt] om. P1; ıpı ͡ deū videbūt P2 12 uidendum] vidēdēdū P1; vidēdū P2 16 emendetur] emūdet2 P2 31 philosophicis] oder: phisicis ͡ (phıc♑ P1P2)?

256va

264

Quando affectus et intellectus praedictas haberent munditias, tunc essent apti ad uidendum Deum, hic per speculum et in enigmate,a post hanc uitam facie ad faciem in magna claritate.

Septima 〈beatitudo〉

256vb

»Beati pacifici, quoniam filii Dei uocabuntur.« Septima beatitudo est pax seu pacificatio, quae ponitur septimo loco, quia in sabbato septimae aetatis dabitur perfecta pax habentibus beatitudines iam praemissas.b Et dicuntur pacifici illi, qui paci faciendae, reformandae et conseruandae, tam in se quam in aliis, inuigilant, cum fuerit opportunum. Hic etiam ascenditur tribus gradibus. Vnde in primo gradu sunt patientes seu quietati, in secundo pacati et in tertio pacifici. In primo gradu est patientia, qua homines quietantur. Vnde secundum Augustinum libro De patientia: »Patientia est uirtus, qua mala aequo animo toleramus.« Et addit: »Patientes proprie sunt, qui mala malunt non conmittendo ferre quam non ferendo conmittere.«c Patientia ergo est uirtus, qua bonum rationis conseruatur contra tristitiam, ne per tristitiam absorbeatur et succumbat. De qua .ii. Cor. i. dicitur: »Saeculi tristitia mortem operatur.«d Nota: In aduersis tria oriuntur. Primum est tristitia, quam moderatur patientia, secundum est ira, quam moderatur mansuetudo, tertium est odium, et hoc tollit caritas. Et haec tria mala simul tollit mititas. Et haec est secundus gradus, quo ascenditur ad hanc | beatitudinem. Vna enim beatitudo bene est dispositio aut gradus ad aliam beatitudinem, nam praecedentes beatitudines sunt aptationes ad sequentes. In tertio gradu introducitur pax mentis, vera descriptio pacis, quae est mentis carni suae dominantis, Deo oboedientis et in bono in proximo et angelo concordantis ordinata tranquillitas. Pax sic descripta quadruplicem pacem includit et per hoc quadruplex bellum excludit. Includit enim primo pacem inter carnem et spiritum, quam facit carnis ad spiritum subiectio (Glosa Mt. .v.).e Pax a nobis incipit, quia dum lex carnis repugnat legi mentis, non modo alteri sed nec nobis possumus esse pacia

Vgl. I Cor 13, 12 b Vgl. Thomas von Aquin, Catena aurea in Matthaeum, 5, 7: septimo autem loco beatitudo haec ponitur, quia in sabbato verae requiei dabitur pax, sed aetatibus transactis; Augustinus von Hippo, De vera religione, 49, Z. 32–53: nouus homo […] habens […] quasdam spiritales aetates suas […] septima enim iam quies aeterna est et nullis aetatibus distinc guenda beatitudo perpetua Augustinus von Hippo, De patientia, 2, 2, S. 664: Patientia hominis, quae recta est atque laudabilis et uocabulo digna uirtutis, ea perhibetur, qua aequo animo mala toleramus […] patientes autem, qui mala malunt non committendo ferre quam non ferendo committere d II Cor 7, 10 e Glossa ordinaria, MPL 114, Sp. 90C: Pacifici sunt qui omnes motus animi componunt et rationi subjiciunt ͡ 2 apti] + bnˉ P2 4 beatitudo] om. P1; btitudo P2 15 conmittendo] comitādo P1P2 26 descripta] scp̍ ta P1; descp̍ ta P2

5

10

15

20

25

30

265

5

10

15

20

25

fici, sed postquam intus spiritus imperat, ut totus homo spiritui seruiat, tunc pax ad alios deriuatur, ut pacem cum hominibus habeamus. Secundo includit pacem inter Deum et hominem. Et hanc facit iustitia ex parte nostra et misericordia ex parte Dei. Psalmus: »Misericordia et ueritas obuiauerunt sibi, iustitia et pax osculatae sunt.«a Tertio includit pacem inter hominem et proximum suum. Et hanc facit mititas. [Ad ] Ro[m]a[nos] .xii.: »Si fieri potest, quantum ex uobis est, cum omnibus hominibus pacem habentes.«b Quarto includit pacem hominis cum angelo. Et hanc fecit incarnatio filii Dei. Angeli enim sunt homini reconciliati, quando cognouerunt diuinam naturam humanae coniunctam. Isaiae .lvii.: »Creaui fructum labiorum pacem, pacem ei, qui longe est« – id est homini –, »et pacem ei, qui prope est« – id est angelo –.c Et uocat pacem fructum labiorum, quia talis pax erat per prophetas praedicta uel quia erat orationibus impetrata. Qui dicta bella cum carne, cum Deo, homine et angelo a se excludit et pacem cum eis gerit, hic pacificus poterit fieri, 〈si〉 paci faciendae, reformandae et conseruandae inuigilauerit, etiamsi bellum contra sua aut aliorum uitia gerat. Vnde glosa Mt. .v.: »In praesenti homo pacatus, etsi bellum gerat cum uitiis, in nullo 〈pacem〉 abrumpit, quam Deus dedit.«d Vnde Psalmus: »Pax multa diligentibus legem tuam.«e Qui enim uere est pacificus, etiam belligerendo est pacificus. Vnde Augustinus: »Pacem debet habere uoluntas, bellum necessitas. Non pax quaeritur, ut bellum incitetur, sed bellum geritur, ut pax acquiratur. Esto ergo | in bello pacificus, ut eos, quos expugnas, ad pacis utilitatem uincendo perducas.«f Dicuntur autem pacifici filii Dei, quia exercent officium, quod filius Dei exercuit ueniens in hunc mundum. Ipse enim pacificauit per sanguinem crucis omnia, quae sunt in caelo et in terra ([Ad] Colossen[ses] primo).g

a

Ps 84 (85), 11 b Rm 12, 18 c Is 57, 19 d Vgl. Paschasius Radbertus, Expositio in Matheo, CCCM 56, III, Z. 2007–2010: Verum tamen pacatus homo interius pacis foedera custodiens ea quae repugnant exterius domat reprimit et componit in nullo tamen quia fidem seruat quam e promisit licet bellum gerat cum uitiis illam abrumpit pacem quam Deus indulsit Ps 118 (119), 165 f Augustinus von Hippo, Epistulae, CSEL 57 (1911), 189, 6, S. 135: pacem habere debet uoluntas, bellum necessitas, ut liberet deus a necessitate et conseruet in pace. non enim pax quaeritur, ut bellum excitetur, sed bellum geritur, ut pax adquiratur. esto ergo etiam bellando pacificus, ut eos, quos expugnas, ad pacis utilitatem uincendo perducas g Col 1, 20

16 poterit fieri] dici potıt̍ P2 si] om. P1; si P2 17 inuigilauerit] īuiolauıt̔ P1; īuigilau’it P2 19 pacem] om. P1; pacē P2 27 [Ad] Colossen[ses]] Colocn͡ P1; Col͡ P2

257ra

266

De octaua beatitudine

257rb

»Beati, qui persecutionem 〈patiuntur propter iustitiam, quoniam ipsorum est regnum caelorum〉.« Octaua beatitudo est fortitudo, quae perficit hominem, ut non solum patienter et aequo animo sustineat mortem inminentem, prout fit secundum uirtutem moralem, quae est fortitudo et uirtus cardinalis, non solum ut patienter cum gaudio et exultatione subeat pericula mortis, prout fit secundum fortitudinem, in quantum est donum Spiritus sancti, sed desiderat et optat opportunitatem, ut propter bonum uirtutis et iustitiae exponat morti uitam suam, et uehementer dolet et tristatur, quia non inuenit opportunitatem. Habet enim uitam praesentem in taedio et mortem in desiderio, ut sit cum Christo. Sicque in hac beatitudine sunt tres gradus, sicut in qualibet praecedente. Primus est fortitudo, prout est uirtus cardinalis, secundus est fortitudo, prout est donum Spiritus sancti, tertius est fortitudo, ut est beatitudo. In primo homo patitur persecutiones et mortem patienter, in secundo patienter et gaudenter, in tertio patienter, gaudenter et desideranter. Primum fit modo humano propter honestatis et iustitiae conseruationem, secundum fit modo superhumano propter perfectam sui ipsius abnegationem secundum fortitudinem, prout est donum Spiritus sancti, tertium fit modo inhumano propter excellenter perfectam Christi imitationem et sui ipsius abnegationem ac paruipensionem, dum homo non solum tantum magis exultat, quanto acerbiora tormenta sustinet, sed etiam praeuie feruenter desiderat, ut ignominiosa et horribilia patiatur supplicia. Haec omnia magister Heinricus de Gandauo quodlibeto .viii. quaestione .xxiii. declarans, per hoc docet distinguere inter uirtutes, dona Spiritus sancti et beatitudines, dicens: »Hoc opus uirtutis est, ut uirtus est, in quolibet genere uirtutis, cum id agat homo ut homo, et modo superhumano. Sed opus Spiritus sancti, ut donum est, quando homo agit opus bonum | alicuius uirtutis ut homo modo superhumano. Opus uero idem dicitur tunc beatitudinis, ut beatitudo est, quando id agit homo non ut homo, sed ut iam deus quidem factus est. Et ideo modo inhumano, tanquam non existens homo, nihil curans de carne hominis.«a Et idcirco homo fatuus et insensatus reputatur ab hominibus carnalibus, secundum quod dicunt de talibus Sapientiae .v.: »Hi sunt, quos habuimus aliquando in risum et in similitudinem improperii. Nos insensati uitam a

Bei Heinrich von Gent an angegebener Stelle nicht gefunden ͡ 1 De … beatitudine] Octaua btitudo P2 2–3 patiuntur … caelorum] om. P1; paciūt2 p̡ ptr ͡ 4 ē regnū celor4 P2 4 inminentem] eminētē P1; īminētē P2 13–14 Priiusticiā ‧ qoniā ipor mus … sancti] 〈dazu Glosse am unteren Seitenrand:〉 fortido q̄ vt̍ ʔ ē cardinal͡ tēdit ad victoriā ‧ fortido p̡ ut ē donū spc͡ sti͡ facit paciētr sustinre adus̔ a P2 16 patienter] patit2 P2 18 perP1P2) 24 .xxiii.] praem. cētesīa P2 fectam] pfecoȝ P2 22 praeuie] oder: peruie (puie ̄ ̄ 25 Hoc]˜hr P1; om. P2 29 tunc] 2 P2 33–34 habuimus aliquando in risum] aliqs̊ hʔ uideri sū P1; alij͡ hūiʔ ī derisū P2 34 uitam] qui tam P1; q ̍ vitā P2

5

10

15

20

25

30

267

5

10

15

20

25

eorum aestimabamus insaniam et finem illorum sine honore. Ecce quomodo conputati sunt inter filios Dei.«a Bene ergo agentes secundum uirtutes, in quantum uirtutes sunt, boni homines sunt, ut homines secundum statum communem bonorum conuersantes. Bene autem agentes secundum dona, in quantum sunt dona, boni homines sunt super ceteros homines tantum. Bene uero agentes secundum beatitudines, ut beatitudines sunt, tales homines boni non sunt ઀ ut homines simpliciter nec sunt solum ut homines super ceteros homines uitae perfectione se erigentes, sed ut dii. Ad quem statum inuitat nos Deus secundum Augustinum, sermone .i. super Iohannem, exponens illud .i. [ad] Cor[inthios] .iii.: »Nonne homines estis?«,b dicit: »Quid Deus eos uolebat facere, audite, quibus exprobrabat, quod homines essent. Vultis noscere, quid eos facere uolebat? Audite Psalmum: Ego dixi, dii estis.c Ad hoc 〈ergo〉 uocat nos Deus, ne simus homines«,d sed simus super ceteros homines et dii participatione quidam. Propter uirtutis enim excellentiam ex hominibus fiunt dii, ut dicitur septimo Ethicorum.e Et ad hunc statum ascenditur per beatitudines hic utcunque notificatas. Sicut enim homo per uitia inhumana redigitur in bestiam et cadit infra se, ita per uirtutes consummatas erigitur supra se, ut docet Boethius libro .iiii. De consolatione philosophiae.f Nota: Pro declaratione ulteriorum dictorum trium graduum et distinctione uirtutum, donorum et beatitudinum ponit magister Heinricus, ubi supra, exempla. Nam aliquis negligit carnem suam in desideriis suis explendis modo humano, tali modo, qui carnem suam exponit mortis periculo, ubi, quando et qualiter oportet, ne faciat contra iustitiam et bonum uirtutis, et hoc | fit secundum fortitudinem, prout est uirtus moralis, ut dicitur .iii. Ethicorum.g Et hoc quidem facit cum dolore et tristitia, quando sustinet aspera carnis. Vellet enim non adesse talia aspera, sed cum assunt, quasi conditionaliter magis uult talia sustinere quam bonum uirtutis amittere aut offendere. Vnde beatus Augustinus in libro De trinitate a

Sap 5, 3–5 b I Cor 3, 4 c Ps 81 (82), 6 d Augustinus von Hippo, In Iohannis evangelium tractatus, I, 4, Z. 17–20: Quid eos uolebat facere, quibus exprobrabat, quia homines erant? Vultis nosse quid eos facere uolebat? Audite in psalmis: Ego dixi, dii estis, et filii Excelsi omnes. Ad hoc ergo uocat nos Deus, ne simus homines e Aristoteles, Nikomachische Ethik, H, 1, 1145a: ἐξ ἀνθρώπων γίγνονται θεοὶ δι’ ἀρετῆς ὑπερβολήν; Aristoteles Latinus, Ethica Nicomachea, transl. Roberti Grosseteste, VII, 1, 1145a: ex hominibus fiunt dii propter virtutis superexcellenciam f Vgl. Boethius, Philosophiae consolatio, IV, prosa 3, S. 72, Z. 45–60: Sed cum ultra homines quemque prouehere sola probitas possit, necesse est ut quos ab humana condicione deiecit infra homines merito detrudat improbitas; euenit igitur ut quem transformatum uitiis uideas hominem aestimare non possis […] Ita fit ut qui probitate deserta homo esse desierit, cum in diuinam condicionem transire non possit, uertatur in beluam g Aristoteles, Nikomachische Ethik, Γ, 9, 1115a: κυρίως δὴ λέγοιτ’ ἂν ἀνδρεῖος ὁ περὶ τὸν καλὸν θάνατον ἀδεής; Aristoteles Latinus, Ethica Nicomachea, transl. Roberti Grosseteste, III, 9, 1115a: Principaliter autem dicetur utique fortis, qui circa bonam mortem inpavidus 7 ઀] nō st’ P1; om. P2 11 exprobrabat] ex p̡ brat P2 13 hoc] huc P1P2 ergo] om. P1; go P2 14 quidam] qd̍ ē P2 26 quando] q ̍ P1; qn͡ P2 27 uult] nc (wohl verschrieben aus ut) P1

258va

268

258vb

capitulo .vii. loquens de tali forti dicit: »Quamuis per fortitudinem sit paratus excipere et aequo animo ferre, quidquid aduersitatis acciderit, mauult, ut non accidant.«a Huic concordat glosa super illud [ad] Phil[ippenses] .i., »desiderium habens dissolui et esse cum Christo«,b dicens: »Sunt quidam homines inperfecti, qui adhuc desiderant istam uitam, et cum uenerit dies mortis, patienter tolerant eam, luctantur aduersus se, ut sequantur uoluntatem Dei et adhibent patientiam et fortitudinem, ut aequo animo moriantur.«c Sic multi pro fide cum dolore et anxietate morti se exposuerunt, qui uoluissent, quod necessitas non affuisset, scilicet fidem derelinquere uel propter fidem et Christum mortem subire. Ideo aliqui, quamdiu potuerunt, latuerunt et aliqui in persecutione trepidauerunt, ut in legenda sancti Sebastiani et aliquibus sanctorum legendis aliis continetur. Sic ergo modo humano habet homo spiritualis curam carnis, non in desideriis secundum uirtutem. Et hic est primus gradus. Secundus gradus est, quando homo spiritualis modo superhumano carnem suam negligit in desideriis explendis, qui, ne iustitiam et bonum uirtutis offendat, modo superhumano carnem suam periculo mortis exponit cum gaudio et exultatione, secundum illud Lucae .vi.: »Gaudete et exultate in illa die.«d Sic multi martyres sancti fecerunt. Vnde sanctus Laurentius in articulo mortis super craticulam positus legitur dixisse: »Gaudeo plane, quia hostia Christi effici merui.«e Et hoc fit secundum fortitudinem, prout est donum Spiritus sancti. Sicut ergo fortis secundum uirtutem fortitudinis exponit se mortis periculo patienter, ubi, quando et quomodo oportet, attamen hoc facit cum dolore et anxietate. Sic fortis secundum fortitudinem, prout est donum 〈Spiritus sancti〉, se exponit | mortis periculo, ubi, quando et quomodo oportet patienter, non quidem cum dolore et anxietate, sed cum gaudio et exultatione. Tertius gradus est, qui correspondet beatitudinibus, sicut primus uirtutibus et secundus donis sancti Spiritus. Et est, quando homo spiritualis modo inhumano in desideriis explendis negligit carnem suam, qui eidem inhumaniter ualde uelut asino uix necessaria in amictu et uictu administrat et omnia

Augustinus von Hippo, De trinitate, CCSL 50A, XIII, 7, Z. 45–46: Quamuis enim per fortitudinem sit paratus excipere et aequo ferre animo quidquid aduersitatis acciderit, mauult tamen ut non accidat b Phil 1, 23 c Vgl. Petrus Lombardus, Collectanea in Pauli epistolas, MPL 192, Sp. 230B: Sunt quidam homines imperfecti, qui cum patientia moriuntur; et sunt quidam perfecti, qui cum patientia vivunt. Qui adhuc desiderat vitam istam, cum illi venerit dies mortis, patienter tolerat mortem. Luctatur adversum se ut sequatur voluntatem Dei, et hoc potius agit animo quod elegit Deus, non quod elegit voluntas humana, et ex desiderio vitae praesentis fit lucta cum morte, et adhibet patientiam et fortitudinem ut aequo animo moriatur, iste patienter moritur d Lc 6, 23 e Corpus Antiphonalium Officii, S. Laurentii, Respons. in II nocturno, ad cantica, Nr. 6763, S. 193, mss. DFSL (Hss. des Cursus monasticus) 2 acciderit] acedıt̔ P1; accidıt̍ P2 6 sequantur] sequēt2 P2 gaudio P1; Gaudeo P2 25 Spiritus sancti] om. P1; sps͡ sti͡ P2

19 Sic] sd P2

20 Gaudeo]

5

10

15

20

25

30

269

5

10

15

20

25

bus miseriis eam exponit feruenter, desideranter et optans, quantum in se est, ut sibi subueniat opportunitas, quod eam propter bonum uirtutis et iustitiae morti exponat, et dolet et tristatur, quia talis opportunitas se non offert aut tardat aduenire, habens uitam praesentem in taedio et mortem in desiderio, propter desiderium uitae futurae attendens illud Iohannis .xiii.: »Qui odit animam suam in hoc mundo, in uitam aeternam custodit eam.«a Vnde glosa super illud [ad] Phil[ippenses] .i. »cupio dissolui et esse cum Christo«b dicit: »Qui desiderat sicut Apostolus dissolui et esse cum Christo, non patienter moritur, sed patienter uiuit, et delectabilius moritur quam uiuit.«c Vide Apostolum hic non amare uitam, sed tolerare. Taedium illi erat manere in carne. Vnde passioni appropinquans uehementer exultauit et gloriabatur. Et hoc facit fortis secundum fortitudinem, quae est beatitudo. Sic beata Agatha laetanter et gaudenter ibat ad carceres, quasi ad epulas inuitata.d Sic beatus Andreas, cum peruenisset ad locum, ubi sibi crux parata erat, legitur dixisse: »Salue, crux, quae in corpore Christi dedicata es! Antequam ascenderet te Dominus, timorem terrenum habuisti, modo amorem caelestem obtinens pro uoto susciperis. Securus ergo et gaudens uenio ad te, ita ut et tu exultans suscipias me etc. O bona crux diu desiderata, sollicite amata et sine intermissione quaesita et animo iam concupiscenti praeparata. Amator enim tuus semper fui et desideraui amplecti te etc.«e Beatificantur ergo, qui persecutionem patiuntur propter iustitiam. Prima Petri .viii.: »Nemo uestrum patiatur ut maledicus | aut quasi homicida aut fur.«f Sed si quid patemini propter iustitiam, beati, quia causa facit plus martyrem quam poena, licet utraque requiratur. Beati ergo, qui persecutionem patiuntur propter iustitiam annuntiandam ut Ieremias et Isaias, propagandam ut Iohannes Baptista, conseruandam ut sanctus Thomas Canthuariensis,g defendendam ut Macchabei etc. Et hi uere sunt beati, quia si propter tales a

Io 12, 25 b Phil 1, 23 c Augustinus von Hippo, In Iohannis epistulam ad Parthos tractatus, IX, 2, Sp. 2046 (danach Petrus Lombardus, Collectanea in Pauli epistolas, MPL 192, Sp. 230B): Qui autem desiderat, sicut dicit Apostolus, dissolvi et esse cum Christo, non patienter moritur; sed patienter vivit, delectabiliter moritur d Vgl. Acta S. Agathæ, Acta Sanctorum, Febr. I, Sp. 615–618, hier Sp. 616C: Sancta autem Agatha lætissime & glorianter carcerem intrauit, & quasi ad epulas inuitata, gaudens agonem suum Domino precibus commendabat; danach Jacoe bus de Voragine, Legenda aurea, 39 (De sancta Agatha virgine), S. 171 Vgl. Jacobus de Voragine, Legenda aurea, 2 (De sancto Andrea apostolo), S. 17–18: salve crux, quae in corpore Christi dedicata es […] Antequam in te adscenderet dominus, timorem terrenum habuisti: modo vero amorem coelestem obtinens pro voto susciperis. Securus igitur et gaudens venio ad te, ut tu exsultans suscipias me discipulum ejus, qui pependit in te: quia amator tuus semper fui et desideravi amplecti te. O bona crux, quae decorem et pulchritudinem de membris domini suscepisti. Diu desiderata, sollicite amata, sine intermissione quaesita, aliquando concupiscenti animo praeparata f I Pt 4, 15 g Vgl. Jacobus de Voragine, Legenda aurea, 11 (De sancto Thoma cantuariensi), S. 68: ego pro Deo mori paratus sum et pro defensione justitiae et ecclesiae libertate 2 eam] eū P2 16 Dominus] + tre̍ P2 27 etc.] 2c P1; 2 cetı ̔ P2

24 utraque] utroqȝ P2

persecutionem] om. P2

259ra

270

persecutiones fuerint mortui, statim euolant in caelum. Ideo dicitur Matthaei .v.: »Quoniam ipsorum est regnum caelorum.«a Et nota, quod haec beatitudo debet referri secundum aliquos ad omnes beatitudines praecedentes. Sic beati pauperes spiritu, si persecutionem patiuntur propter iustitiam, beati mites, si patiuntur persecutionem propter iustitiam etc.

5

〈De sufficientia beatitudinum〉

259rb

Sufficientia beatitudinum sumitur secundum Bonauenturam ex integritate perfectionis et ex dispositionibus ad perfectionem.b Primo igitur ad integritatem perfectionis necessario requiritur perfectus recessus a malo, perfectus progressus in bono et perfectus status in optimo. Quia uero malum aut procedit ex tumore superbiae aut 〈ex〉 rancore malitiae aut ex languore concupiscentiae, ideo ad perfecte elongandum ab hoc genere triplicis mali tres sunt necessariae beatitudines, scilicet paupertas spiritus elongans a malo tumoris, mititas elongans a malo rancoris et luctus elongans a malo libidinis et languoris concupiscibilis. Quia uero processus perfectus in bono attenditur secundum diuinam imitationem et quia »uniuersae uiae Domini sunt misericordia et ueritas«,c hinc est, quod duplex est beatitudo secundum has duas uias, scilicet esuries siue zelus iustitiae et affectus misericordiae. Quoniam autem status in optimo est uel per limpidam cognitionem uel per tranquillam affectionem uel firmatam in aduersis uacationem, hinc est, quod sunt tres ultimae beatitudines, scilicet munditia cordis ad Deum uidendum et pax mentis ad perfecte fruendum et fortitudo animi aequanimis, immo immobilis a pace, gaudenter ac desideranter 〈ad〉 quaecunque aduersa sustinendum. Secundo si attendantur praeambulae dispositionis ad beatitudines, adhuc | erunt octo beatitudines, secundum octo, quae ad ipsas disponunt, quorum septem sunt septem dona Spiritus sancti et octaua dispositio surgit ex omnibus simul. Primum ergo Spiritus Dei donum, scilicet timor, facit recedere a malo et ab occasione mali. Et quia radix omnium malorum est cupiditas, ideo timor disponit ad paupertatem spiritus, in qua simul iungitur humilitas cum paupertate, ut sic elongetur uir perfectus a fonte omnis culpae, scilicet a superbia et a cupiditate. Hinc est, quod paupertas spiritus est fundamentum totia Mt 5, 10 b Bonaventura, Breviloquium, 5, 6, S. 258b: gratiae donum ab ipso manans liberaliter et abunde ramificari debet usque ad habitus perfectionum qui, cum fini approximent, recto vocabulo nuncupantur ex nomine beatitudinum; quarum sufficientia, numerus et ordo colligitur ex integritate perfectionis, ex modis perfectionum et ex dispositionibus ad perfectionem c Ps 24 (25), 10 ͡ P2 11 ex] om. P1; ex P2 24 ad] om. 6 De … beatitudinum] om. P1; de sufficiēcia btinū ͡ P1; ipas͡ P2 P1P2 25 praeambulae] qi ābule P2 26 ipsas] ipos

10

15

20

25

30

271

5

10

15

20

25

30

us perfectionis euangelicae. Vnde primo oportet hoc fundamentum sternere, qui uult ad culmen perfectionis uenire, secundum illud euangelii: »Si uis perfectus esse, uade et uende omnia, quae habes, et da pauperibus« – ecce perfecta paupertas, quae sibi nihil prorsus retinet – »et sequere me«a – ecce humilitas, quae facit, quod homo abnegando se ipsum tollat crucem, ut sequatur Christum, qui est totius perfectionis principalissimum fundamentum. Disponit ergo timor ad spiritus paupertatem, pietas ad mititatem. Nam qui pie ad aliquem afficitur, nec illum irritat nec ab illo irritatur. Scientia uero disponit ad luctum, quoniam per scientiam cognoscimus nos a statu beatitudinis religatos in hanc uallem miseriae et lacrimarum. Fortitudo autem disponit ad esuriem iustitiae; qui fortis est, tam auide se tenet cum iustitia, ut mauult a uita corporali quam a iustitia separari. Consilium uero disponit ad misericordiam; nihil enim Deus magis consulit in scriptura quam facere misericordiam, quod super omnia reputat holocausta. Intellectus autem disponit ad munditiam cordis; nam speculatio ueritatis mundat cor nostrum ab omnibus phantasiis. Sapientia uero disponit ad pacem; nam sapientia iungit summo uero et summo bono, in quo est finis et tranquillitas totius nostri appetitus rationalis. Dispositio autem ex septem donis Spiritus sancti resultans disponit ad octauam beatitudinem, quae est fortitudo animi tanta, quod non timet propter tribulationes quantumcunque magnas in bono impediri | aut a Christo separari, sed magis secundum ueritatem credit se promoueri et capiti suo, scilicet Christo, inseparabiliter uniri. Ideo secure dicit cum Apostolo: »Quis nos separabit a caritate Dei? An fames, an gladius etc.?« ([Ad] Ro [manos] .viii.)b Qui postea dicit: »Certus sum, quod nullus separabit nos a caritate, quae est in Christo Iesu Domino.«c Hinc est, quod plures sanctorum tam in tribulationibus quam extra tanta fortitudine in mentis tranquillitate firmati, abundantes habuere delectationes et gustauerunt primitias futurae beatitudinis, cuius una stilla dulcorat omnia praesentis vitae amarad et accendit gustantem suspiranti desiderio currere ad Christum – sicut ceruus agitatus desiderat uenire ad fontes aquarum –,e ut sit cum ipso sponso desiderabilissimo. Et hoc nobis concedat. Amen. Explicit glosa octo beatitudinum.

a

Mt 19, 21; Mc 10, 21; Lc 18, 22 b Rm 8, 35 c Rm 8, 38–39 d Vgl. Thomas von Aquin, Adoro te devote: tuo sanguine, cujus una stilla salvum facere totum mundum quit omni scelere e Vgl. Ps 41 (42), 2 ͡ paupte P1; ad spus ͡ paupteȝ P2 7 ad spiritus paupertatem] a spus ˜ de octo btitudinibʔ ˜ P2 ͡ 34 glosa octo beatitudinum] tctatʔ bonʔ

23 dicit] dnt P1; dt P2

259va

272

5.4 Vom christlichen Leben (Auszug) Zum Text s. Weidenhiller 1965, S. 140–152. Text nach: München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 7241, 298vb –300va (M),¹ kollationiert mit: St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 967, S. 97–99, 108–109 (falsch gebunden) (G),² Einsiedeln, Stiftsbibliothek, Cod. 710, 192rb –193vb (E).³ 298v 299ra

[…] Nun soltu mercken von den siben tugenden der säligkait, wann ön die selben tugent magstu nÿmer | ઀ frum noch sa lig werden o n allen zw˘eÿffel. Wann du solt das wissen: Welcher ew˘ig selig wil werden, der mŭß alle tugent hablich besiczenn vnd einer nicht mÿnner, vnnd also an einer vntugend, die ein tot su nd ist, hastu genŭg zŭ der helle, aber zŭ dem ewigenn leben mŭstu nicht mÿnder haben dan alle tugent. Welcher die gepott recht vnd redlich hellt vnnd eben, der selb hatt vnnd besiczt alle tugent.

5

Vonn den viij sälikeit

299rb

Nvn merck, das vnnser herr in dem ewangelio hat gesprochen: »Sälig seint die armen des geÿsts vnd die senfftműttigen vnd die wainendenn vnd die hungrigen vnd die parmherczigen vnd die rainen herczen vnnd die fridsamen vnd die dŭrchächtung leydenn vmb die gerechtikeÿtt, wann das hÿmelreich ist ir vnd sie besiczen das ew˘ig leben.« Hie | soltu wissen, das man daz nennet die acht sálikeit. Du solt wissen: Ist, daz du sa ligk wilt werden vnd wiltu die sa likeit ewigklichen besiczen, so mŭstu vor hin die tugent haben, vmb welche tugent vnsser herr die sa ligkeit verhaißen hat. Nun merck sie beÿ dem namen: ¹ Religiöse Sammelhandschrift. Papier, 319 Blätter, Folio, Kloster Kühbach, 1499, Bastarda. Kurzbeschreibung Weidenhiller 1965, S. 142. ² Gemeinsame Überlieferung mit den Acht Seligpreisungen Heinrichs von St. Gallen, zur Beschreibung s. hier S. 79. ³ Seuses Schriften. Papier, A–C + IV + 232 (richtig 234) + Y–Z Blätter, 30 × 20,5 cm, Benediktinerabtei Rheinau, um 1490, gotische Kursive. Katalogbeschreibung Lang 2009, S. 276–280, hier S. 278, Nr. III, 1. 1 ön] ›ohne‹

12 dŭrchächtung] ›Verfolgung‹ 14 Ist, daz] ›wenn‹ 1 säligkait] + die man nempt die acht sa likait G 2 magstu] + och GE ઀] vor M; om. GE 3 der] + selb G 4 hablich] haimlich E an] om. G; uß E 6 Welcher] + aber GE 7 vnd redlich hellt vnnd eben] vnd wol vnd eben haltet GE 8 viij sälikeit] tugenden E 12 gerechtikeÿtt] rechttikait G 13 wissen] merken GE daz] disß GE 14 Ist] + das E 15 wiltu] wilt E 16 vmb] Vnd M; vmb GE Nun] Vnˉ E 17 beÿ] mit GE namen] + Die aht tugent der sa likait die armut G; + Die tugent Die sa likait E 〈als Überschriften der folgenden Aufzählung〉

10

15

273

5

10

15

20

25

30

armŭt dez geistz — das hÿmelreich sennftműttikeit — besiczung dez ertreichs wainong — tro stunng hunger der gerechtikeit — ersettung barmherczikeit — der widerlegunng rainikeit dez herczen — got sehenn fridsamikeit — gottes kint sein gedultigkeit — daz himelreich Nun soltu wissen, daz die acht tugent der sa likeit, das ist gedultikeit, die selb wirt wider getragen vnd gezogen zŭ der sibenden, das ist fridsamikeit, wan welcher fridsam ist, | als hernach geschriben stett, der selb leidet auch gedultikleich alle durchächttung durch got vmb die gerechttikeit vncz in den tod. Nun merckt fu rbas, daz ein ÿettliche tugent der sa likeit bestet an vier dingenn: Armŭt Armŭt dez geistz bestet an vier dingen: – sich selber bekennen, – sich selber verschmehen, – nieman verschmehen, – iederman eren. Sennfftmu tikeit Vier dingk machen einen weÿsen senfftmu ttigen menschen: – su sse anttwŭrt, – senftte vermanung, – gu ttige straffung, – messige kestigung. Wainnung Die hailigen wainen vmb vier dingk: – vmb ir aygen sundt, – vmb alle zaher Iesu Christi, 3 wainong] ›Weinen‹ rung‹ 12 vncz] ›bis‹ gung] ›Bestrafung‹

4 ersettung] ›Sättigung‹ 5 widerlegunng] ›Erstattung, Erwide13 fu rbas] ›weiter‹ 25 straffung] ›Zurechtweisung‹ 26 kesti-

7 sein] seint M; sin GE 9 soltu wissen] wiss G 10 fridsamikeit] praem. zu GE 11 hernach] hie na GE 12 gedultikleich] gedultikeit M; gedulteklich G; gedultekait gedulteclich E 13 merckt] merk GE daz ein] om. G; das E 15 Armŭt] om. E 16 dingen] + vnˉ daz ist GE 21 Sennfftmu tikeit] om. E 22 einen weÿsen] vnd bewisent ain GE menschen] + daz ist GE 24 senftte] Senftig GE 25 guttige] Sittige M; Gu tigy G; Gu ttige E 27 Wainnung] om. E 28 dingk] + dz ist G; + Wainend E

299va

274

– vmb ein wonung diß ellends, – vmb ein verziehen dez ewigen lebens. Hunger Vier dingk machen einen hungrigenn menschen: – graw˘ der vntugent, – verdrossenhait zeitlicher dingk, – ein prinstigkeit der tugent, – begerung ewiger ding. Barmherczikeit stet an vier dingen: – an menschlikeit, – an miltikeit zeitlichs gutz, – an mitleidung, – an gutikeit. Vier dingk, die machen ein rain hertz: – lauterkeit dez herczen, – slechte mainnung, – außtreiben poser gedanck, – emßig contemplieren. | 299vb

Vier dinck, die machen einen fridsamen menschen, daz er frid hab: – mit im selber, – mit seinen glichen, – mit seinen obristen – vnd fridsam sein vnter den mißhelligen. Das seint die leiplichen werck der parmherczikeit: Du solt – den hungrigen speÿsen, – den durstigen trencken, – den ellenden herbergen, – den nackenden klaiden, 1 ein wonung diß ellends] ›Verweilen in dieser Verbannung‹ 2 verziehen] ›Verzögerung‹ 5 graw˘] ›Grauen (vor)‹ 7 ein prinstigkeit] ›Inbrunst‹ 9 stet an] ›besteht aus‹ 11 miltikeit] ›Freigebigkeit‹ 16 slechte mainnung] ›aufrichtige Absicht‹ 27 ellenden] ›Fremden‹ 1 vmb] + ir G ein wonung] ain in wonung E 2 ein] om. GE 3 Hunger] + der gerechtikait G; om. E 4 Vier] praem. Item E menschen] + der gerechtikait G; der gerechtikait Das ist E 8 ding] + hie nach G 9 stet] bestaut G(E) dingen] + daz ist GE 10 menschlikeit] messikeit E; menschlichait GE 13 gutikeit] gutitikeit M; gu tikait G; gu ttikait E 14 Vier … hertz] Rainkait dez herczē machent vier ding G Vier] praem. Itē E die] om. E hertz] + das ist E 15 dez] dˀ G 17 außtreiben] vs tribung E 19 Vier] praem. Itē E die] om. GE menschen] + daz ist GE 21 seinen] sinem E 22 seinen] seineˀ M; sinē G; sinen E obristen] obren E 23 sein] syg E 24 Das] Item diß E 27 den ellenden herbergen] om. G

5

10

15

20

25

275

– den siechen besŭchenn, – den gefangen ledigen, – den totten begrabenn. 5

10

Das seint die gaistlichen werck der parmherczikeit: Du solt – den vnweÿsen leren, – dem verzweifler gŭtz ratten, – den traurigen trőstenn, – den su nder straffen, – die feintschafft ablaussen, – die prechenlichen menschen mit gedult leÿdenn, – 〈fu r iederman bitten〉.

15

Die dreÿ go tlichen tŭgent: – .i. gelaub, – .ii. zu versicht, – .iii. go tliche mynn.

20

Die .iiij. angel tugent: – weÿßhait, – stercke, – gerechtikeit, – messikeÿtt.

25

Die .xij. rette vnßers heren: – armŭt bestăt an absprechung 〈dez gutz〉 oder der aigenschaft, – .ii. gehorsamikeit, – .iii. | kew˘schhait. Die drew˘ geho rn zŭ geistlichen menschen in allen bewertten orden. Hieuon wer gar uil zw˘ sagen vnd zŭ schreiben. Wenn es an gee, der frag oder lese, 8 straffen] ›zurechtweisen‹ 9 die feintschafft ablaussen] ›von der Feindschaft ablassen‹ 10 prechenlichen] ›gebrechlichen‹ 16 angel tugent] ›Kardinaltugenden‹ 21 rette] ›Räte‹ 22 absprechung] ›Absage (an)‹ aigenschaft] ›Besitz, Eigentum‹ 1 den] die M; den GE besŭchenn] gesehen GE 4 Das … parmherczikeit] Die gaistlichen w k dˀ erbarmherczkait G; It ̄ diß sind die gaistlichen werk der barmhertzikait E gaistlichen] cristenlichnˉ E 5 vnweÿsen] weÿsen M; vnwisen GE 6 verzweifler] zwifler GE 10 prechenlichen] bresthafftigen GE 11 fur iederman bitten] om. M; fùr ydˀman bittē G; Fu r yederman bitten E 12 Die] om. G; Das sind E 13 .i.] om. GE 〈so auch im Folgenden〉 gelaub] praem. Der E 14 zu versicht] praem. Die E 15 go tliche] praem. Die E 16 Die] praem. It ̄ das sind E angel] augē G; augen 〈von späterer Hand von n zu l korrigiert〉 E 17 weÿßhait] wiczze GE 21 Die] praem. It ̄ diß sind vnßers heren] ihū xp– i E heren] + ihu͡ G 22 armŭt] + dù G; die E absprechung] abprechug ̄ M; absprechung GE dez gu tz] om. M; dez gu tz G 25 Die] Diß GE drew˘] + ra t GE geistlichen] praem. allen GE orden] dingen M; ordē GE 26 es an gee] aber daz angang G; das an gang E

300ra

276

wez im not seÿ, daz er dez beweÿsst mag werdenn, wan dar an stet not allen geistlichen menschen, wann dise dingk verpinden sie zŭ der todsu nde. – .iiij. Der vierd rat ist mÿnne vnd lieb der feinde. – .v. Sennfftműttikeit oder gedult in widerwertikeit. – .vj. Parmherczikeit vnd außgebung dez gŭtz. – .vij. Ainfeltikeit der wort, als ia ia, nein nein, vnd nicht schweren. – .viij. Vermeidung der vrsach der sinden. – .viiij. Schlechte mainung vnd einfeltikeit dez endz vnd vermeiden gleichsenhait. – .x. Gleichformikait des wercks vnd der lere, also was du einen andern haist vnd lerst, daz selb tŭ auch du. – .xj. Vermeidung der sorgueltikeit. – .xij. Bruderliche straffung, das ist ein ratt vmb ta gliche sunde straffen, aber vmb todsund daz ist ein gepott. | 300rb

Die siben sacrament: – .i. der tauffe, – .ii. die firmung, – .iij. gotz leichnam, – .iiij. rew˘, – .v. die o lung, – .vj. priesterlich orden, – .vij. die ee. Die siben gaben dez hailigen geistz: Gotlich – weÿßhait, – vernunnfft, – ratt, – sterck, – ku nst, – milltikeytt, – 〈vorht〉. 1 beweÿsst] ›belehrt‹ 2 verpinden] ›verschließen‹ 6 als] ›wie‹ schweren] ›schwören‹ 7 sinden] ›Sünde(n)‹ 8 Schlechte mainung] ›aufrichtige Absicht‹ einfeltikeit dez endz] ›Eindeutigkeit des Ziels‹ 9 gleichsenhait] ›Heuchelei‹ 12 sorgueltikeit] ›Besorgnis, Beunruhigung‹ 13 straffung] ›Zurechtweisung‹ 1 daz] da GE mag] mùg G; mug E 3 vnd] oder GE 6 als] om. E 7 der sinden] zu der sùnd G; der sùnd vnd zu der sùnd E 8 vnd2] om. E 11 vnd] odˀ GE daz selb tŭ auch du] das du das selbe och tu gist mit den werken E 12 sorgueltikeit] sorgno tikait E 13 das] Diß GE 14 daz ist] so ist ez GE gepott] pott M; gebott GE 15 Die] praem. Item diß sind E 18 leichnam] fronlichnam E 19 rew˘] + vnd bicht E 23 Die] praem. Item diß sind E gaben] gabe M Gotlich] om. G 24–30 weÿßhait … vorht] Wißhait Vorcht Raut Vernunft Kunst Sterk Miltekait E 30 vorht] om. M; vij Vorht G

5

10

15

20

25

30

277

5

10

15

20

25

Die .xij. frucht dez hailigen geistz: – .i. gŏtliche mÿnne, – .ij. frew˘den, – .iij. frid, – .iiij. gedult, – .v. langkműtikeit, – .vj. gütikeit, – .vij. gena dikeit, – .viij. senftműtikeit, – .viiij. gelaube, – .x. messikeit, – .xj. behaltlichait, – .xij. kew˘schait. Die krefft der sele: – .i. vernunnfft, – .ij. gedechtnuß, – .iij. wille, – .iiij. begirlikeit, – .v. zornlikeit. Die fu nff sinnen: – .i. gesicht, – .ij. ho rung, – .iij. versúchung, – .iiij. richung, – .v. berürung. Die krefft der sele vnnd dein fűnnff sÿnne soltu fleißigclichen laitten vnd prauchen nach dem willen gotz vnd solt dich damit schicken vnd gelencken zŭ den gaben dez hailigen geistz, also daz du 〈da〉 durch pringest vnnd geperesst die vorgenannten frucht des hailigen geÿsst.

8 gena dikeit] ›Freundlichkeit‹ 10 gelaube] ›Treue‹ 12 behaltlichait] ›Enthaltsamkeit‹ 23 versúchung] ›Schmecken‹ 27 schicken] ›ausrichten, zuwenden‹ 1 Die] praem. It ̄ diß sind E hailigen] om. GE 8 gena dikeit] Snödikeit M; Gena dikait GE 12 behaltlichait] behablichait GE 14 Die] praem. Itē das sind E krefft] + ‧v‧ G 20 Die fu nff sinnen] Fùnff G Die] praem. Item diß sind E 21–25 gesicht … berürung] Gesicht Berúrung Geho rd Riechung Versu chung E 22 ho rung] Geho rd GE 26 Die] Diß G; praem. Also E der] diner GE 27 dem] deinē M; dē G; dem E 28 gaben] frùhten G daz] da M; daz G; das E da] om. ME; da G 29 geperesst] begerest E hailigen] om. GE geÿsst] + h fis ͡ G

278

300va

Die siben tugent – Die siben haptsindt: | – .i. dieműtikeit — .i. hoffartt, – .ij. gedult — .ij. zoren, – .iij. lieb dez násten — .iij. neydt, – .iiij. go tliche mÿnne — .iiij. trackeÿt, – .v. miltikeit — .v. geÿtigkeit, – .vj. messikeit — fraßhaitt, – .vij. kew˘schait — .vij. vnkew˘schait.

1 Die] praem. Item diß sind E tugent] + vidˀ G Die siben haptsindt] praem. It ̄ das sind E 〈diese Aufzählung erfolgt hier getrennt; die Reihenfolge beider Aufzählungen weicht ab〉 5 trackeÿt] + oder trurkait G; + oder trurikait E 7 fraßhaitt] frasskait G

5

Abkürzungen

Für textkritische Abkürzungen im Apparat der Ausgabe vgl. S. 137. Ahd. / ahd. Aufl. Ausg. Bair. / bair. Bd. bearb. beschr. Bl. Böhm. / böhm. bzw. ders. d. h. dt. ebd. Ed. Fnhd. / fnhd. Gen. ggf. Lit. Mbair. / mbair. Mfrk. / mfrk. Hd. / hd. Hess. / hess. hl. Hrsg. / hrsg. Hs. Hss. Inc. Ind. Inf. Jh. Konj. Mfrk. / mfrk.

das Althochdeutsche / althochdeutsch Auflage Ausgabe(n) das Bairische / bairisch Band bearbeitet beschrieben Blatt das Böhmische / böhmisch beziehungsweise derselbe das heißt deutsch ebenda Edition das Frühneuhochdeutsche / frühneuhochdeutsch Genitiv gegebenenfalls (Forschungs-)Literatur das Mittelbairische / mittelbairisch das Mittelfränkische / mittelfränkisch das Hochdeutsche / hochdeutsch das Hessische / hessisch heilig Herausgeber / herausgegeben Handschrift Handschriften Incipit Indikativ Infinitiv Jahrhundert Konjunktiv das Mittelfränkische / mittelfränkisch

280

Mhd. / mhd. Nhd. / nhd. Nom. Nr. o. Ä. Obd. / obd. Ofrk. / ofrk. Omd. / omd. Oobd. / oobd. Part. Pers. Pl. Präs. Prät. Präp. Ps.rhfrk. s. S. sog. St. Übers. / übers. v. a. vgl. viell. Wmd. / wmd. Wobd. / wobd. Z. z. B.

das Mittelhochdeutsche / mittelhochdeutsch das Neuhochdeutsche / neuhochdeutsch Nominativ Nummer oder Ähnliche(s) das Oberdeutsche / oberdeutsch das Ostfränkische / ostfränkisch das Ostmitteldeutsche / ostmitteldeutsch das Ostoberdeutsche / ostoberdeutsch Partizip Person Plural Präsens Präteritum Präposition Pseudorheinfränkisch siehe Seite so genannt Sankt Übersetzer / übersetzt vor allem vergleiche vielleicht das Westmitteldeutsche / westmitteldeustch das Westoberdeutsche / westoberdeutsch Zeile zum Beispiel

281

Literaturverzeichnis

Abkürzungen Die Abkürzungen für biblische Bücher richten sich nach der Stuttgarter Vulgata-Ausgabe (s. unter Quellen). 2

VL = Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Begründet von Wolfgang Stammler. Fortgeführt von Karl Langosch […] 2., völlig neu bearb. Aufl. Unter Mitarbeit zahlreicher Fachgelehrter hrsg. von Burghart Wachinger […] Redaktion: Christine Stöllinger-Löser. Bd. 1–14. Berlin 1978–2008. 3 EKL = Evangelisches Kirchenlexikon. Internationale theologische Enzyklopädie. 3. Aufl. (Neufassung). Bd. 1–5. Göttingen 1986–1997. BBKL = Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon. Begr. und hrsg. von Friedrich Wilhelm Bautz. Fortgeführt von Traugott Bautz. Bd. 1–31. Nordhausen 1990– 2010 (Verlagsorte früher: Hamm [Westf.], Herzberg). BMZ = Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Ausgearbeitet von Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke. Mit Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke. Bd. 1–4. Stuttgart 1990 (Nachdruck der Ausg. Leipzig 1854–1866). CCCM = Corpus Christianorum Continuatio Mediaevalis CCSL = Corpus Christianorum Series Latina CSEL = Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum FG = Frühneuhochdeutsche Grammatik. Von Robert Peter Ebert, Oskar Reichmann, Hans-Joachim Solms und Klaus-Peter Wegera. Hrsg. von Oskar Reichmann und Klaus-Peter Wegera. Tübingen 1993 (Sammlung kurzer Grammatiken germanischer Dialekte A. Hauptreihe 12). GW = Gesamtkatalog der Wiegendrucke. Hrsg. von der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz (anfangs hrsg. von der Kommission für den Gesamtkatalog der Wiegendrucke). Bisher Bd. 1–11. Stuttgart 1925–2008 (auch http://www.gesamtkatalogderwiegendrucke.de). LThK = Lexikon für Theologie und Kirche. Begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper [u. a.]. Bd. 1–11. 3., völlig neu bearb. Aufl. Freiburg im Br. 1993– 2001. Marienlexikon = Marienlexikon. Hrsg. im Auftrag des Instituts Marianum Regensburg e. V. von Remigius Bäumer und Leo Scheffczyk. Bd. 1–6. St. Ottilien 1988–1994. MG = Paul, Hermann: Mittelhochdeutsche Grammatik. 25. Aufl. Neu bearb. von Thomas Klein, Hans-Joachim Solms und Klaus-Peter Wegera. Mit einer Syntax von Ingeborg Schöbler, neubearbeitet und erweitert von Heinz-Peter Prell. Tübingen 2007 (Sammlung kurzer Grammatiken germanischer Dialekte A. Hauptreihe 2). MGH = Monumenta Germaniae Historica MPG = Migne, Jacques-Paul (Hrsg.): Patrologiae Cursus Completus […] Series Graeca. Bd. 1–161. Paris 1857–1866. MPL = Migne, Jacques-Paul (Hrsg.): Patrologiae Cursus Completus […] Series Latina. Bd. 1–221. Paris 1844–1865.

282 Neue deutsche Biographie = Neue deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 1–24. Berlin 1953–2010. SC = Sources Chrétiennes

Quellen Acta facultatis artium universitatis Vindobonensis = Acta facultatis artium universitatis Vindobonensis 1385–1416. Nach der Originalhandschrift hrsg. von Paul Uiblein. Graz 1968 (Publikationen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung; Quellen zur Geschichte der Universität Wien). Albert der Große, De vegetabilibus = Alberti Magni ex Ordine Praedicatorum De vegetabilibus libri VII. Historiae naturalis pars XVIII. Editionem criticam ab Ernesto Meyero coeptam absolvit Carolus Jessen. Berlin 1867. Alcher von Clairvaux (?), De spiritu et anima = MPL, Bd. 40 (1845), Sp. 779–832. Alkuin, Expositio in psalmos poenitentiales = MPL, Bd. 100 (1851), Sp. 569–639. Ambrosius von Mailand, De apologia David = Ambroise de Milan: Apologie de David. Introduction, texte latin, notes et index par Pierre Hadot, traduction par Marius Cordier. Paris 1977 (SC 239). –, De officiis = Sancti Ambrosii Mediolanensis De officiis. Cura et studio Mauritii Testard. Turnhout 2000 (Sancti Ambrosii Mediolanensis opera 5; CCSL 15). –, De Tobia = Sancti Ambrosii opera. Pars altera qua continentur libri De Iacob, De Ioseph, De patriarchis, De fuga saeculi, De interpellatione Iob et David, De apologia David, Apologia David altera, De Helia et ieiunio, De Nabuthae, De Tobia. Recensuit Carolus Schenkl. Wien 1897, S. 517–573 (Sancti Ambrosii opera 2; CSEL 32, 2). –, Exameron = Sancti Ambrosii opera. Pars prima qua continentur libri Exameron, De paradiso, De Cain et Abel, De Noe, De Abraham, De Isaac, De bono mortis. Recensuit Carolus Schenkl. Wien 1897, S. 1–261 (Sancti Ambrosii opera 1; CSEL 32, 1). –, Expositio evangelii secundum Lucam = Expositio evangelii secundum Lucam, Fragmenta in Esaiam. Hrsg. von Marcus Adriaen. Turnhout 1957 (Sancti Ambrosii Mediolanensis opera 4; CCSL 14). –, Hymni = Ambroise de Milan: Hymnes. Texte établi, traduit et annoté sous la direction de Jacques Fontaine […] par J.-L. Charlet [u. a.]. Paris 1992. Analecta hymnica = Analecta hymnica medii aevi. Bd. 1–55. Leipzig 1886–1922 (Nachdruck Frankfurt am Main 1961–1978). Anselm von Laon, Enarrationes in evangelium Matthaei = MPL, Bd. 162 (1854), Sp. 1227C–1500B. Apophtegmata = Les Apophtegmes des Pères. Collection systématique. Chapitres X– XVI. Introduction, texte critique, traduction, et notes par † Jean-Claude Guy, s. j. Paris 2003 (SC 474). Aristoteles, Nikomachische Ethik = Aristoteles: Die Nikomachische Ethik. Griechisch– Deutsch. Übers. von Olof Gigon, neu hrsg. von Rainer Nickel. 2. Aufl. Düsseldorf 2007 (Tusculum). Aristoteles Latinus, Ethica Nicomachea, transl. Roberti Grosseteste = Aristoteles Latinus: Ethica Nicomachea. Translatio Roberti Grosseteste Lincolniensis sive ›Liber ethicorum‹. A. Recensio Pura. Edidit Renatus Antonius Gauthier. Leiden 1972 (Aristoteles Latinus 26, 1–3, fasc. 3).

283 Atto von Vercelli, Expositio epistolarum S. Pauli = MPL, Bd. 134 (1884), Sp. 125– 834A. Augustinus von Hippo, Contra Iulianum opus imperfectum = MPL, Bd. 45 (1841), Sp. 1049–1608. –, De beata vita = Sancti Aurelii Augustini Contra academicos, De beata vita, De ordine, De magistro, De libero arbitrio. Hrsg. von W. M. Green. Turnhout 1970, S. 63–85 (Aurelii Augustini opera 2, 2; CCSL 29). –, De civitate Dei = Sancti Aurelii Augustini De civitate Dei. Bd. 1–2. Turnhout 1955 (Aurelii Augustini opera 14, 1–2; CCSL 47–48). –, De disciplina Christiana = Sancti Aurelii Augustini De fide rerum invisibilium, Enchiridion ad Laurentium de fide et spe et caritate, De catechizandis rudibus, Sermo ad catechumenos de symbolo, Sermo de disciplina Christiana, Sermo de utilitate ieiunii, Sermo de excidio urbis Romae, De haeresibus. Hrsg. von M. P. J. Van den Hout, R. Vanter Plaetse u. a. Turnhout 1969, S. 205–224 (Aurelii Augustini opera 13, 2; CCSL 46). –, De doctrina christiana = Sancti Aurelii Augustini De doctrina christiana, De vera religione. Hrsg. von Joseph Martin. Turnhout 1962, S. V–167 (Aurelii Augustini opera 4, 1; CCSL 32). –, De natura et gratia = Sancti Aureli Augustini De peccatorum meritis et remissione et de baptismo parvulorum ad Marcellinum libri tres, De spiritu et littera liber unus, De natura et gratia liber unus, De natura et origine animae libri quattuor, Contra duas epistulas Pelagianorum libri quattuor. Recensuerunt Carolus F. Vrba et Iosephus Zycha. Wien 1913, S. 231–300 (CSEL 60). –, De opere monachorum = Sancti Aureli Augustini De fide et symbolo, De fide et operibus, De agone christiano, De continentia, De bono coniugali, De sancta virginitate, De bono viduitatis, De adulterinis coniugiis lib. II, De mendacio, Contra mendacium, De opere monachorum, De divinatione daemonum, De cura pro mortuis gerenda, De patientia. Recensuit Iosephus Zycha. Wien 1900, S. 529–596 (CSEL 41). –, De patientia = Sancti Aureli Augustini De fide et symbolo, De fide et operibus, De agone christiano, De continentia, De bono coniugali, De sancta virginitate, De bono viduitatis, De adulterinis coniugiis lib. II, De mendacio, Contra mendacium, De opere monachorum, De divinatione daemonum, De cura pro mortuis gerenda, De patientia. Recensuit Iosephus Zycha. Wien 1900, S. 661–691 (CSEL 41). –, De sermone domini in monte = Sancti Aurelii Augustini De sermone domini in monte libros duos. Post Maurinorum recensionem denuo edidit Almut Mutzenbecher. Turnhout 1967 (Aurelii Augustini opera 7, 2; CCSL 35). –, De trinitate = Sancti Aurelii Augustini De trinitate libri XV. Cura et studio W. J. Mountain auxiliante Fr. Glorie. Bd. 1–2. Turnhout 1968 (Aurelii Augustini opera 16, 1–2; CCSL 50–50A). –, De vera religione = Sancti Aurelii Augustini De doctrina christiana, De vera religione. Hrsg. von K.-D. Daur. Turnhout 1962, S. 169–260 (Aurelii Augustini opera 4, 1; CCSL 32). –, Enarrationes in Psalmos = Sancti Aurelii Augustini Enarrationes in Psalmos. Post Maurinos textum edendum curaverunt D. Eligius Dekkers O. S. B. et Iohannes Fraipont. Bd. 1–3. Turnhout 1956 (CCSL 38–39–40; Aurelii Augustini opera 10, 1–2– 3). –, Epistulae = Sancti Aureli Augustini Hipponensis episcopi epistulae. Recensuit et commentario critico instruxit A. Goldbacher. Bd. 1–5. Wien 1895–1923 (CSEL 34, 1; 34, 2; 44; 57; 58).

284 –, In Iohannis epistulam ad Parthos tractatus = MPL, Bd. 35 (1845), Sp. 1977–2062. –, In Iohannis evangelium tractatus = Sancti Aurelii Augustini In Iohannis evangelium tractatus CXXIV. Hrsg. von R. Willems. Turnhout 1954 (Aurelii Augustini opera 8; CCSL 36). –, Sermones de scripturis = MPL, Bd. 38 (1845), Sp. 23–994. –, Sermones post Maurinos reperti = Sancti Augustini Sermones post Maurinos reperti. Studio ac diligentia D. Germani Morin O. S. B. Rom 1930 (Miscellanea Agostiniana 1). Bartholomaeus Anglicus, De proprietatibus rerum = Bartholomæi Anglici de genuinis rerum coelestium, terrestrium et inferarum proprietatibus, Libri XVIII […] Procurante D. Georgio Bartholdo Pontano à Braitenberg. Frankfurt am Main 1601. Basilius der Große (Ps.-), Admonitio = Die Admonitio S. Basilii ad filium spiritualem. Hrsg. von Paul Lehmann. In: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse (1955), Nr. 7. Beda Venerabilis, De templo = Bedae Venerabilis opera. Pars II. Opera exegetica. 2A. De tabernaculo, De templo, In Ezram et Neemiam. Cura et studio D. Hurst O. S. B. Turnhout 1969, S. 141–234 (CCSL 119A). –, Homiliae evangelii = Bedae Venerabilis opera. Pars III. Opera homiletica. Pars IV. Opera rhythmica. Hrsg. von D. Hurst und J. Fraipont. Turnhout 1955, S. 1–378 (CCSL 122). Benedikt von Nursia, Regula = Regula Benedicti. Die Benediktusregel. Lateinisch/ Deutsch. Hrsg. im Auftrag der Salzburger Äbtekonferenz. 4. verb. Aufl. Beuron 2006. Beneš Krabice von Weitmühl, Cronica ecclesiae Pragensis = Chronicon Aulae regiae, Excerpta de diversis chronicis additis quibusdam Aulae regiae memorabilibus, Chronicon Francisci Pragensis, Chronicon Benessii de Weitmil. Kronika zbraslavská, Výpisy z rozličných kronik s několika zápisy zbraslavskými, Kronika Františka Pražského, Kronika Beneše Krabice z Weitmile. K vydání upravil Josef Emler. Prag 1884, S. 457–548 (Fontes rerum bohemicarum 4). Bernhard von Clairvaux, Epistolae = Epistolae. Bd. 7. Epistolae I. Corpus epistolarum 1– 180. Bd. 8. Epistolae I. Corpus epistolarum 181–310. Epistolae II. Epistolae extra corpus 311–547. Ad fidem codicum recensuerunt J. Leclercq, O. S. B., H. Rochais. Rom 1974–1977 (Sancti Bernardi opera 7–8). –, Sermones in adventu Domini = Sermones. I. Ad fidem codicum recensuerunt J. Leclercq, O. S. B., H. Rochais. Rom 1966, S. 161–196 (S. Bernardi opera 4). –, Sermones in festivitate omnium sanctorum = Sermones. II. Ad fidem codicum recensuerunt J. Leclercq, O. S. B., H. Rochais. Rom 1968, S. 327–370 (Sancti Bernardi opera 5). –, Sermones in nativitate Domini = Sermones. I. Ad fidem codicum recensuerunt J. Leclercq, O. S. B., H. Rochais. Rom 1966, S. 244–270 (S. Bernardi opera 4). –, Sermones in vigilia nativitatis Domini = Sermones. I. Ad fidem codicum recensuerunt J. Leclercq, O. S. B., H. Rochais. Rom 1966, S. 197–244 (S. Bernardi opera 4). Boethius, Philosophiae consolatio = Anicii Manlii Severini Boethii Philosophiae consolatio. Iteratis curis edidit Ludovicus Bieler. Turnhout 1984 (Anicii Manlii Severini Boethii opera 1; CCSL 94). Bonaventura, Breviloquium = Doctoris seraphici S. Bonaventurae Opuscula varia theologica. Quaracchi 1891, S. 199–291 (S. Bonaventurae Opera omnia 5). –, Collationes de septem donis spiritus sancti = Doctoris seraphici S. Bonaventurae Opuscula varia theologica. Quaracchi 1891, S. 455–504 (S. Bonaventurae Opera omnia 5).

285 –, Collationes in Hexaëmeron = S. Bonaventurae Collationes in Hexaëmeron et Bonaventuriana quaedam selecta. Ed. R. P. Ferdinandus Delorme, O. F. M. Quaracchi 1934 (Bibliotheca Franciscana Scholastica medii aevi 8). –, Commentaria in tertium librum Sententiarum = Doctoris Seraphici S. Bonaventurae Commentaria in quatuor libros Sententiarum Magistri Petri Lombardi. Tomus III. In tertium librum Sententiarum. Quaracchi 1887 (S. Bonaventurae Opera omnia 3). Caesarius von Arles, Sermones = Sancti Caesarii Arelatensis Sermones […] Studio et diligentia D. Germani Morin presbyteri et monachi O. S. B. 2. Aufl. Bd. 1–2. Turnhout 1953 (Caesarii Arelatensis opera I, 1–2; CCSL 103–104). Cicero, De finibus bonorum et malorum = Cicero, M. Tullius: De finibus bonorum et malorum libri quinque. Recognovit Th. Schiche. Leipzig 1915 (M. Tulli Ciceronis scripta quae manserunt omnia 13, fasc. 43). –, De inventione = Cicero, M. Tullius: Rhetorici libri duo qui vocantur de inventione. Recognovit Eduardus Stroebel. Leipzig 1915 (M. Tulli Ciceronis scripta quae manserunt omnia 1, fasc. 2). –, Tusculanae disputationes = Cicero, M. Tullius: Tusculanae disputationes. Recognovit M. Pohlenz. Leipzig 1918 (M. Tulli Ciceronis scripta quae manserunt omnia 13, fasc. 44). Clemens VI.: Missa contra pestilentiam. Urach (um 1480) (s. GW M2381710). Concilium Viennense = Conciliorum oecumenicorum decreta. Curantibus Josepho Alberigo […] 3. Aufl. Bologna 1973, S. 333–401. Constitutiones Clementinae = Corpus iuris canonici. Editio Lipsiensis secunda post Aemilii Ludovici Richteri curas […] instruxit Aemilius Friedberg. Pars secunda. Decretalium collectiones. Leipzig 1881, Sp. 1125–1200. Corpus Antiphonalium Officii = Corpus Antiphonalium Officii. Bd. 4. Responsoria, versus, hymni et varia. Editum a Renato-Joanne Hesbert. Rom 1970 (Rerum ecclesiasticorum documenta. Series maior. Fontes 10). Defensio mandati = Documenta Mag. Joannis Hus vitam doctrinam, causam in Constantiensi concilio actam et controversias de religione in Bohemia annis 1403–1418 motas illustrantia. Edidit Franciscus Palacký. Prag 1869, S. 355–363. Dionysius Areopagita, De divinis nominibus, transl. Johannis Sarraceni = Dionysiaca. Recueil donnant l’ensemble des traductions latines des ouvrages attribués au Denys de l’Aréopage […]. Hrsg. von Ph. Chevallier. Bd. 1. Bruges 1937, S. 3–561. Evangelium Pseudo-Matthaei = Evangelia apocrypha. Collegit atque recensuit Constantinus de Tischendorf. 2. Aufl. Leipzig 1876, S. 51–112. Expositio in orationem dominicam = MPL, Bd. 184 (1879), Sp. 811–818. Geistlicher Herzen Bavngart = Geistlicher Herzen Bavngart. Ein mittelhochdeutsches Buch religiöser Unterweisung aus dem Augsburger Franziskanerkreis des 13. Jahrhunderts. Untersuchungen und Text. Hrsg. von Helga Unger. München 1969 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 24). Glossa ordinaria = MPL, Bd. 113 (1879), Sp. 67–1316C, Bd. 114 (1879), Sp. 9–752B. Gregor der Große, Dialogi = Gregoire le Grand: Dialogues. Texte critique et notes par Adalbert de Vogüé, traduction par Paul Antin. Bd. 1–3. Paris 1978–1980 (SC 251; 260; 265). –, Homiliae in evangelia = Gregorius Magnus: Homiliae in evangelia. Cura et studio Raymond Étaix. Turnhout 1999 (S. Gregorii Magni opera; CCSL 141). –, Moralia in Iob = S. Gregorii Magni Moralia in Iob. Cura et studio Marci Adriaen. Bd. 1–3. Turnhout 1979–1985 (S. Gregorii Magni opera; CCSL 143–143A–143B). –, Regula pastoralis = MPL, Bd. 77 (1862), Sp. 13–128A.

286 Heinrich von Langenstein, Unterscheidung der Geister = Heinrichs von Langenstein ›Unterscheidung der Geister‹ lateinisch und deutsch. Texte und Untersuchungen zu Übersetzungsliteratur aus der Wiener Schule. Hrsg. von Thomas Hohmann. München 1977 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 63). Heinrich von St. Gallen, Passionstraktat = Der Passionstraktat des Heinrich von St. Gallen. Hrsg. von Kurt Ruh. Thayngen 1940 (auch Zürich, Universität, Philosophische Fakultät I, Diss., Teildruck). –, Magnificat-Auslegung = Heinrich von St. Gallen: Die Magnifikat-Auslegung. Hrsg. von Wolfram Legner. München 1973 (Kleine deutsche Prosadenkmäler des Mittelalters 11). –, Marienleben = Hilg, Hardo: Das ›Marienleben‹ des Heinrich von St. Gallen. Text und Untersuchung. Mit einem Verzeichnis deutschsprachiger Prosamarienleben bis etwa 1520. München 1981 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 75), S. 123–317. Hermann von Reun, Sermones festivales = Hermanni de Runa O. Cist. Sermones festivales. E codice Runensi ed. Edmundus Mikkers monachus Achelensis iuvamen praestantibus Iosepho Theuws et Rolando Demeulenaere. Turnhout 1986 (CCCM 64). Hieronymus, Commentarii in Matthaeum = S. Hieronymi presbyteri Commentariorum in Matheum libri IV. Cura et studio D. Hurst et M. Adriaen. Turnhout 1969 (S. Hieronymi Presbyteri opera 1, 7; CCSL 77). Hilarius von Poitiers, Commentarius in Matthaeum = Hilaire de Poitiers: Sur Matthieu. Introduction, texte critique, traduction et notes par Jean Doignon. Bd. 1–2. Paris 1978–1979 (SC 254; 258). Horaz, Saturae = Q. Horati Flacci opera. Ed. D. R. Shackleton Bailey. 3. Aufl. Stuttgart 1995, S. 165–250. Hugo von St. Viktor, De quinque septenis = Hugues de Saint-Victor: Six opuscules spirituels. La Méditation, La Parole de Dieu, La réalité de l’Amour, Ce qu’il faut aimer vraiment, Les cinq Septénaires, Les sept Dons de l’Esprit-Saint. Introduction, texte critique, traduction et notes par Roger Baron. Paris 1969, S. 100–119 (SC 155). Isidor von Sevilla, Mysticorum expositiones sacramentorum = MPL, Bd. 83 (1862), Sp. 207–424. –, Sententiae = Isidorus Hispalensis: Sententiae. Cura et studio Pierre Cazier. Turnhout 1998 (CCSL 111). Jacobus de Voragine, Legenda aurea = Jacobi a Voragine Legenda Aurea vulgo Historia Lombardica dicta. Ad optimorum librorum fidem recensuit Dr. Th. Graesse. Dresden 1846. Jan Hus, Quodlibet = Magistri Iohannis Hus Quodlibet. Disputationis de Quolibet Pragae in Facultate Artium Mense Ianuario anni 1411 habitae Enchiridion. Edidit Bohumil Ryba. Editionis anno 1948 perfectae impressio aucta et emendata. Turnhout 2006 (Magistri Iohannis Hus opera omnia 20; CCCM 211). Joannes Diaconus, Vita Gregorii Magni = MPL, Bd. 75 (1862), Sp. 41–242. Johannes von Kastl (Ps.-), Von der aygen erkantnuß = Ein nücz und schone ler von der aygen erkantnuß. Des Pseudo-Johannes von Kastl ›Spiritualis philosophia‹ deutsch. Text und Untersuchungen. Hrsg. von Renata Wagner. München 1972 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 39). Johann von Neumarkt, Gebete = Schriften Johanns von Neumarkt. Bd. 4. Gebete des Hofkanzlers und des Prager Kulturkreises. Hrsg. von Joseph Klapper. Berlin 1935 (Vom Mittelalter zur Reformation. Forschungen zur Geschichte der deutschen Bildung 6, 4).

287 –, Stachel der Liebe = Schriften Johanns von Neumarkt. Bd. 3. Stachel der Liebe. Übersetzung des Liber, qui dicitur Stimulus amoris. Hrsg. von Joseph Klapper. Berlin 1939 (Vom Mittelalter zur Reformation. Forschungen zur Geschichte der deutschen Bildung 6, 3). Johannes Chrysostomus, Homiliae in Matthaeum = MPG, Bd. 57–58 (1860). Johannes Chrysostomus (Ps.-), Opus imperfectum in Matthaeum = MPG, Bd. 56 (1859), Sp. 611–946. Johannes Damascenus, De fide orthodoxa = MPG, Bd. 94 (1864), Sp. 789–1228A. Johannes Klimakus, Scala paradisi = MPG, Bd. 88 (1860), Sp. 631–1164. Konrad von Megenberg, Von der sel = Konrad von Megenberg: Von der sel. Eine Übertragung aus dem Liber de proprietatibus rerum des Bartholomäus Anglicus. Hrsg. von Georg Steer. München 1966 (Kleine deutsche Prosadenkmäler des Mittelalters 2). Leo der Große, Tractatus septem et nonaginta = Sancti Leonis Magni Romani pontificis Tractatus septem et nonaginta. Recensuit Antonius Chavasse. Bd. 1–2. Turnhout 1973 (CCSL 138–138A). Liber decanorum = Liber decanorum facultatis philosophicae universitatis Pragensis ab anno Christi 1367. usque ad annum 1585. e codice membranaceo illius aetatis nunc primum luce donatus. Bd. 1–2. Prag 1830–1832 (Monumenta historica universitatis Carolo-Ferdinandeae Pragensis 1). Matricula facultatis juridicae = Album seu matricula facultatis juridicae universitatis Pragensis ab anno Christi 1372 usque ad annum 1418 e Codice membranaceo illius aetatis nunc primum luce donatum, plenoque nominum indice auctum. Codex diplomaticus universitatis ejusdem originem, incrementa, privilegia, jura, beneficia […] cui item personarum rerumque index, atque […] imagines exhibentes subnecuntur. Pars 1. Prag 1834 (Monumenta historica universitatis Carolo-Ferdinandeae Pragensis 2). Matrikel der Universität Wien I = Die Matrikel der Universität Wien. I. Band. 1377– 1450. Im Auftrage des Akad. Senates hrsg. vom Institut für österreichische Geschichtsforschung. Graz 1954–1956 (Publikationen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung; Quellen zur Geschichte der Universität Wien; Die Matrikel der Universität Wien). Monumenta Vaticana res gestas Bohemicas illustrantia = Monumenta Vaticana res gestas Bohemicas illustrantia. Tomus prodromus. Acta Clementis V., Johannis XXII. et Benedicti XII. 1305–1342. Edidit Zdeňka Hledíková. Prag 2003. Nikolaus von Dinkelsbühl, De octo beatitudinibus = Nycholai Dünckelspühel Tractatus. [Straßburg] 1516, fol. 92v –109v. Paschasius Radbertus, Expositio in Matheo = Pascasii Radberti Expositio in Matheo libri XII. Cura et studio Bedae Paulus O. S. B. Bd. 1–3. Turnhout 1984 (CCCM 56– 56A–56B). Paulinus von Aquileia, Liber exhortationis = MPL, Bd. 99 (1851), Sp. 197–282C. Peter von Zittau, Chronicon Aulae regiae = Chronicon Aulae regiae, Excerpta de diversis chronicis additis quibusdam Aulae regiae memorabilibus, Chronicon Francisci Pragensis, Chronicon Benessii de Weitmil. Kronika zbraslavská, Výpisy z rozličných kronik s několika zápisy zbraslavskými, Kronika Františka Pražského, Kronika Beneše Krabice z Weitmile. K vydání upravil Josef Emler. Prag 1884, S. 1–337 (Fontes rerum bohemicarum 4). Petrus Cantor, Verbum adbreviatum = Petri Cantoris Parisiensis Verbum adbreviatum. Textus conflatus. Cura et studio Monique Boutry. Turnhout 2004 (CCCM 196). Petrus Chrysologus, Collectio sermonum = Sancti Petri Chrysologi Collectio sermonum a Felice episcopo parata sermonibus extravagantibus adiectis. Cura et studio Alexandri Olivar. Bd. 1–3. Turnhout 1975–1982 (CCSL 24–24A–24B).

288 Petrus Lombardus, Collectanea in Pauli epistolas = MPL, Bd. 191 (1880), Sp. 1297– 1696, Bd. 192 (1880), Sp. 9–520. –, Sententiae = Magistri Petri Lombardi Parisiensis Episcopi Sententiae in IV libris distinctae. Bd. 1–3. Grottaferrata 1971–1981 (Spicilegium Bonaventurianum 4–5). Pierre Bersuire, Reductorium morale = R. P. Petri Berchorii Pictaviensis, Ordinis S. Benedicti opera omnia: sive Reductorium, Repertorium, et Dictionarium morale utriusque Testamenti […] Bd. 1. Köln 1692, S. 273–994. Platon (zugeschr.), Definitiones = Platonis Opera. Tomus V Tetralogiam IX Definitiones et spuria continens. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit Ioannes Burnet. Oxford 1907, S. 531–541. Potamius von Lissabon, De Lazaro = Altercatio ecclesiae et synagogae. Cura et studio J. N. Hillgarth. Turnhout 1999, S. 165–195 (Potamii episcopi Olisponensis opera omnia; CCSL 69A). Prosper von Aquitanien, Expositio psalmorum = Expositio psalmorum, Liber sententiarum. Hrsg. von P. Callens und M. Gastaldo. Turnhout 1972, S. 1–211 (Prosperi Aquitani opera 2; CCSL 68A). Prudentius, Psychomachia = Aurelii Prudentii Clementis carmina. Cura et studio Mauricii P. Cunningham. Turnhout 1966, S. 149–181 (CCSL 126). Quadragesimale Admontense = Quadragesimale Admontense. Quadragesimale admontské. Ediderunt et traduxerunt Hana Florianová, Dana Martínková, Zuzana Silagiová, Hana Šedinová. Prag 2006 (Fontes Latini Bohemorum 6). Rabanus Maurus, Expositio in Matthaeum = Hrabani Mauri Expositio in Matthaeum. Cura et studio B. Löfstedt. Bd. 1–2. Turnhout 2000 (CCCM 174–174A). Richard von St. Viktor, Allegoriae in Novum Testamentum = MPL, Bd. 175 (1854), Sp. 749–924A. Sedulius Scotus, Collectaneum miscellaneum = Sedulii Scotti Collectaneum miscellaneum. Ed. Dean Simpson. Turnhout 1988 (CCCM 67). Seelengärtlein = Seelengärtlein. Hortulus animae. Cod. Bibl. Pal. Vindob. 2706. Photomechanische Nachbildungen der K. K. Hof- und Staatsdruckerei in Wien. Hrsg. unter der Leitung und mit kunstgeschichtlichen Erläuterungen von Friedrich Dörnhöffer. Bd. 1–3. Frankfurt am Main 1907–1911. Seneca, De clementia = L. Annaei Senecae De beneficiis libri VII. De clementia libri II. Iterum ed. Carolus Hosius. Leipzig 1914, S. 210–251 (L. Annaei Senecae Opera quae supersunt 1, Fasc. 2). –, De ira = L. Annaei Senecae Dialogorum libros XII. Ed. Emil Hermes. Leipzig 1923, S. 46–150 (L. Annaei Senecae Opera quae supersunt 1, Fasc. 1). Sermones centum = MPL, Bd. 177 (1854), Sp. 899–1210A. Statuta Collegii Caroli = Tříška, Josef: Starší pražská univerzitní literatura a karlovská tradice [= Ältere Literatur der Prager Universität und die Tradition um Karl IV.]. Prag 1978, S. 75–87. Statuta universitatis Pragensis = Statuta universitatis Pragensis nunc primum publici juris facta. Conjuncta opera D. Antonii Dittrich et D. Antonii Spirk. Prag 1848 (Monumenta historica universitatis Carolo-Ferdinandeae Pragensis 3). Thomas von Aquin, Adoro te devote = Thomas von Aquin: Opera [s. u.]. Bd. 6, S. 585. –, Catena aurea in Johannem = Thomas von Aquin: Opera [s. u.]. Bd. 5, S. 367–441. –, Catena aurea in Lucam = Thomas von Aquin: Opera [s. u.]. Bd. 5, S. 281–367. –, Catena aurea in Matthaeum = Thomas von Aquin: Opera [s. u.]. Bd. 5, S. 128–246. –, Opera = S. Thomae Aquinatis Opera Omnia. Ut sunt in indice thomistico additis 61 scriptis ex aliis medii aevi auctoribus. Curante Roberto Busa S. I. Bd. 1–7. Stuttgart– Bad Cannstatt 1980 (Indicis Thomistici Supplementum).

289 –, Summa contra Gentiles = Thomas von Aquin: Opera [s. o.]. Bd. 2, S. 1–152. –, Summa theologiae = Thomas von Aquin: Opera [s. o.]. Bd. 2, S. 184–926. Thomas von Cantimpré, De natura rerum = Thomas Cantimpratensis: Liber de natura rerum. Editio princeps secundum codices manuscriptos. Teil 1. Text. Hrsg. von H. Boese. Berlin 1973. Vita Milicii = Vitae sanctorum et aliorum quorundam pietate insignium. Životy svatých a některých jiných osob nábožných. Hrsg. von Josef Emler, übers. von Josef Truhlář. Prag 1873, S. 401–430 (Fontes rerum Bohemicarum 1). Vitae patrum = MPL, Bd. 73 (1860), Sp. 101–1234, Bd. 74 (1850), Sp. 9–244. Vulgata = Biblia sacra iuxta vulgatam versionem. Recensuit et brevi apparatu critico instruxit Robertus Weber. Editionem quartam emendatam […] praeparavit Roger Gryson. 4., verbesserte Aufl. Stuttgart 1994. Výbor z české literatury doby husitské = Výbor z české literatury doby husitské [= Anthologie der böhmischen Literatur der hussitischen Zeit]. Bd. 1–2. Hrsg. von Bohuslav Havránek, Josef Hrabák und Jiří Daňhelka. Prag 1963–1964.

Forschungsliteratur Auf der Maur, Hansjörg: Feste und Gedenktage der Heiligen. In: Auf der Maur, Hansjörg; Harnoncourt, Philipp: Feiern im Rhythmus der Zeit. Bd. II/1. Regensburg 1994, S. 65–358 (Gottesdienst der Kirche. Handbuch der Liturgiewissenschaft 6, 1). Barth, Medard: Die Herz-Jesu-Verehrung im Elsaß vom 12. Jahrhundert bis auf die Gegenwart. Freiburg im Br. 1928 (Forschungen zur Kirchengeschichte des Elsaß 1). Bartsch, Karl: Die altdeutschen Handschriften der Universitätsbibliothek in Heidelberg. Verzeichnet und beschr. von Karl Bartsch. Heidelberg 1887 (Katalog der Handschriften der Universitätsbibliothek in Heidelberg 1). Behaghel, Otto: Deutsche Syntax. Eine geschichtliche Darstellung. Bd. 1–4. Heidelberg 1923–1932 (Germanische Bibliothek 1, 1, 10). Behr, Hans-Joachim (Hrsg.); Lisový, Igor (Hrsg.); Williams-Krapp, Werner (Hrsg.): Deutsch-böhmische Literaturbeziehungen. Germano-Bohemica. Festschrift für Václav Bok zum 65. Geburtstag. Hamburg 2004 (Studien zur Germanistik 7). Bein, Thomas: Textkritik. Eine Einführung in Grundlagen germanistisch-mediävistischer Editionswissenschaft. Lehrbuch mit Übungsteil. Frankfurt am Main 2008. Beissel, Stephan: Entstehung der Perikopen des römischen Messbuches. Zur Geschichte der Evangelienbücher in der ersten Hälfte des Mittelalters. Rom 1967 (Nachdruck Ausg. 1907). Beránek, Karel: Příspěvek k nejstarším dějinám pražských univerzitních kolejí [= Ein Beitrag zur ältesten Geschichte der Prager Universitätskollegs]. In: Acta Universitatis Carolinae – Historia Universitatis Carolinae Pragensis 23 (1983), Nr. 1, S. 57–63. Bergmann, Rolf: Katalog der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des Mittelalters. München 1986. Besch, Werner: Zweigliedriger Ausdruck in der deutschen Prosa des 15. Jahrhunderts. In: Neuphilologische Mitteilungen 65 (1964), S. 200–221. Bicherl, Renate: Die Magister der Artistenfakultät der hohen Schule zu Prag und ihre Schriften im Zeitraum von 1348 bis 1409. Erlangen-Nürnberg, Universität, Diss., 1971. Birlinger, Anton: Tractate Meister Eckharts, des Mönches von Heilsbronn, Gebete. In: Alemannia 3 (1875), S. 15–45; 97–119; 205–235.

290 Bok, Václav (Hrsg.); Behr, Hans-Joachim (Hrsg.): Deutsche Literatur des Mittelalters in und über Böhmen II. Tagung in České Budějovice / Budweis 2002. Hamburg 2004 (Schriften zur Mediävistik). Brinkhus, Gerd; Mentzel-Reuters, Arno: Die lateinischen Handschriften der Universitätsbibliothek Tübingen. Teil 2. Signaturen Mc 151 bis Mc 379 sowie die lateinischen Handschriften bis 1600 aus den Signaturengruppen Mh, Mk und aus dem Druckschriftenbestand. Beschr. von Gerd Brinkhus und Arno Mentzel-Reuters unter Mitwirkung von Hedwig Röckelein u. a. unter Benutzung der Vorarbeiten von Eugen Neuscheler. Wiesbaden 2001 (Handschriftenkataloge der Universitätsbibliothek Tübingen 1, 2). Butzmann, Hans: Die Blankenburger Handschriften. Beschr. von Hans Butzmann. Frankfurt am Main 1966 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Neue Reihe 11). Černý, J. V.: Liber decanorum facultatis philosophicae Universitatis Pragensis ab anno Christi 1367 usque ad annum 1585. Bd. 1. Retractarit librum J. V. Černý. Prag 1983. Clavadetscher, Otto P.: Die geistlichen Richter des Bistums Chur. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter. Basel 1964 (Ius Romanum in Helvetia 1). Degering, Hermann: Kurzes Verzeichnis der germanischen Handschriften der Preussischen Staatsbibliothek. Bd. 1. Die Handschriften in Folioformat. Leipzig 1925 (Mitteilungen aus der Preußischen Staatsbibliothek 7). –: Kurzes Verzeichnis der germanischen Handschriften der Preussischen Staatsbibliothek. Bd. 2. Die Handschriften in Quartformat. Leipzig 1926 (Mitteilungen aus der Preußischen Staatsbibliothek 8). Dickhoff, Emil: Das zweigliedrige Wort-Asyndeton in der älteren deutschen Sprache. Berlin 1906 (Palaestra 45). Dokoupil, Vladislav: Soupis rukopisů mikulovské dietrichsteinské knihovny [= Handschriftenverzeichnis der Dietrichsteiner Bibliothek von Nikolsburg]. Prag 1958. Ekert, František: Posvátná místa král. hl. města Prahy. Dějiny a popsání chrámů, kaplí, posvátných soch, klášterů i jiných pomníků katolické víry a nábožnosti v hlavním městě království Českého [= Heilige Orte der königlichen Hauptstadt Prag. Geschichte und Beschreibung von Kirchen, Kapellen, Heiligenstatuen, Klöstern und anderen Denkmälern des katholischen Glaubens in der Hauptstadt des Königreichs Böhmen]. Bd. 1–2. Prag 1883–1886. Florianová, Hana (Hrsg.); Martínková, Dana (Hrsg.); Silagiová, Zuzana (Hrsg.); Šedinová, Hana (Hrsg.): Quadragesimale Admontense. Quadragesimale admontské. Ediderunt et traduxerunt Hana Florianová, Dana Martínková, Zuzana Silagiová, Hana Šedinová. Prag 2006 (Fontes Latini Bohemorum 6). Franz, Adolph: Der Magister Nikolaus Magni de Jawor. Ein Beitrag zur Literatur- und Gelehrtengeschichte des 14. und 15. Jahrhunderts. Freiburg im Br. 1898. –: Die Messe im deutschen Mittelalter. Beiträge zur Geschichte der Liturgie und des religiösen Volkslebens. Freiburg im Br. 1902. Frijhoff, Willem: Conclusions. Vers une autre histoire des collèges universitaires. In: Maffei, Domenico (Hrsg.); de Ridder-Symoens, Hilde (Hrsg.): I collegi universitari in Europa tra il XIV e il XVIII secolo. Atti del Convegno di Studi della Commissione Internazionale per la Storia delle Università, Siena/Bologna 16–19 maggio 1988. Mailand 1991, S. 185–196. Ganz, Peter F.: Lachmann as an editor of Middle High German texts. In: Ganz, Peter F. (Hrsg.); Schröder, Werner (Hrsg.): Probleme mittelalterlicher Überlieferung und Textkritik. Oxforder Colloquium 1966. Berlin 1968, S. 12–30.

291 Gärtner, Kurt; Gerhardt, Christoph; Jaehrling, Jürgen; Plate, Ralf; Röll, Walter; Timm, Erika: Findebuch zum mittelhochdeutschen Wortschatz. Mit einem rückläufigen Index. Stuttgart 1992. Gemke, Johannes: Heinrich von St. Gallen. Auslegung der acht Seligkeiten. Textgeschichte, Textkritik und Probeedition. Würzburg, Universität, Institut für deutsche Philologie, Zulassungsarbeit, 1969. Gerwing, Manfred: Malogranatum oder der dreifache Weg zur Vollkommenheit. Ein Beitrag zur Spiritualität des Spätmittelalters. München 1986 (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 57). Glorieux, Palémon: La littérature quodlibétique. Bd. 1–2. Kain (Bd. 2: Paris), 1925– 1935 (Bibliothèque thomiste 5 und 21 [Bd. 2 auch: Bibliothèque thomiste: Section historique 18]). Hagenmaier, Winfried: Die deutschen mittelalterlichen Handschriften der Universitätsbibliothek und die mittelalterlichen Handschriften anderer öffentlicher Sammlungen. Beschr. von Winfried Hagenmaier. Wiesbaden 1988 (Kataloge der Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau 1, 4). Haimerl, Franz Xaver: Mittelalterliche Frömmigkeit im Spiegel der Gebetbuchliteratur Süddeutschlands. München 1952 (Münchener theologische Studien 1, 4). Hayer, Gerold; Kratochwill, Dagmar (Mitarb.); Mühlböck, Annemarie (Mitarb.): Die deutschen Handschriften des Mittelalters der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. Wien 1982 (Veröffentlichungen der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters 3, Verzeichnisse der deutschen Handschriften österreichischer Bibliotheken 1; Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, Denkschriften 154). Heger, Hedwig (Hrsg.): Spätmittelalter, Humanismus, Reformation. Texte und Zeugnisse. Teilbd. 1–2. München 1975–1978 (Die deutsche Literatur. Texte und Zeugnisse 2). Heinzle, Joachim: Klassiker-Edition heute. In: Bergmann, Rolf (Hrsg.); Gärtner, Kurt (Hrsg.): Methoden und Probleme der Edition mittelalterlicher deutscher Texte. Bamberger Fachtagung 26.–29. Juni 1991. Plenumsreferate. Tübingen 1993, S. 50–62. Hilg, Hardo: Das ›Marienleben‹ des Heinrich von St. Gallen. Text und Untersuchung. Mit einem Verzeichnis deutschsprachiger Prosamarienleben bis etwa 1520. München 1981 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 75). Hlaváček, Ivan: Knihovna koleje Všech svatých v r. 1603 na základě svého soupisu (Příspěvek k dějinám knihoven pražské univerzity v 16. století) [= Die Bibliothek des Allerheiligenkollegs im Jahr 1603 nach ihrem Katalog. Ein Beitrag zur Geschichte der Bibliotheken der Prager Universität im 16. Jahrhundert]. In: Hledíková, Zdeňka (Hrsg.): Traditio et Cultus. Miscellanea Historica Bohemica Miloslav Vlk archiepiscopo Pragensi ab eius collegis amicisque ad annum sexagesimum dedicata. Prag 1993, S. 119–127. Hledíková, Zdeňka: Počátky kapituly u Všech svatých na Pražském hradě [= Anfänge des Kapitels zu Allen Heiligen auf der Prager Burg]. In: Borovský, Tomáš (Hrsg.); Jan, Libor (Hrsg.); Wihoda, Martin (Hrsg.): Ad vitam et honorem. Profesoru Jaroslavu Mezníkovi přátelé a žáci k pětasedmdesátým narozeninám. Brünn 2003, S. 461–472. Hofmann, Georg: Seuses Werke in deutschsprachigen Handschriften des späten Mittelalters. In: Fuldaer Geschichtsblätter 45 (1969), S. 113–206. Hohmann, Thomas: Heinrichs von Langenstein ›Unterscheidung der Geister‹ lateinisch und deutsch. Texte und Untersuchungen zu Übersetzungsliteratur aus der Wiener

292 Schule. Zürich 1977 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 63). Hörner, Petra: Heinrich von St. Gallen. Passion zur Demonstration der unermeßlichen Liebeshingabe. In: Theologie und Glaube 97 (2007), S. 155–169. – (Hrsg.): Kompilation aus Heinrichs von St. Gallen Passionstraktat und Marienleben in drei Fassungen. Horizontal-synoptische Edition. Berlin 2009. Huber, Christoph: Die Aufnahme und Verarbeitung des Alanus ab Insulis in mittelhochdeutschen Dichtungen. Untersuchungen zu Thomasin von Zerklære, Gottfried von Straßburg, Frauenlob, Heinrich von Neustadt, Heinrich von St. Gallen, Heinrich von Mügeln und Johannes von Tepl. München 1988 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 89). Jostes, Franz (Hrsg.); Schmitt, Peter (Hrsg.); Ruh, Kurt (Nachwort): Meister Eckhart und seine Jünger. Ungedruckte Texte zur Geschichte der deutschen Mystik. Berlin 1972 (Nachdruck Ausg. Freiburg [Schweiz] 1895) (Collectanea Friburgensia 4). Kadlec, Jaroslav: Hermann Schwab von Mindelheim und sein Apokalypsekommentar. In: Mayer, Cornelius Petrus (Hrsg.); Eckermann, Willigis (Hrsg.): Scientia Augustiniana. Studien über Augustinus, den Augustinismus und den Augustinerorden. Festschrift P. Dr. theol. Dr. phil. Adolar Zumkeller OSA zum 60. Geburtstag. Würzburg 1975, S. 276–288 (Cassiciacum 30). –: Přehled českých církevních dějin [= Übersicht der tschechischen Kirchengeschichte]. Bd. 1–2. Rom 1987. Kejř, Jiří: Struktura a průběh disputace de quolibet na pražské universitě [= Struktur und Verlauf der Disputation de quolibet an der Universität Prag]. In: Acta Universitatis Carolinae – Historia Universitatis Carolinae Pragensis 1 (1960), S. 17–54. –: Kvodlibetní disputace na pražské universitě [= Quodlibet-Disputationen an der Universität Prag]. Prag 1971 (Sbírka pramenů a příruček k dějinám University Karlovy 6). Kirchert, Klaus: Text und Textgewebe. In: Ruh, Kurt (Hrsg.); Stahl, Hans-Jürgen (Red.): Überlieferungsgeschichtliche Prosaforschung. Beiträge der Würzburger Forschergruppe zur Methode und Auswertung. Tübingen 1985, S. 231–245. Klapper, Joseph (Hrsg.): Schriften Johanns von Neumarkt. Bd. 4. Gebete des Hofkanzlers und des Prager Kulturkreises. Berlin 1935 (Vom Mittelalter zur Reformation. Forschungen zur Geschichte der deutschen Bildung 6, 4). – (Hrsg.): Schriften Johanns von Neumarkt. Bd. 3. Stachel der Liebe. Übersetzung des Liber, qui dicitur Stimulus amoris. Berlin 1939 (Vom Mittelalter zur Reformation. Forschungen zur Geschichte der deutschen Bildung 6, 3). Kornrumpf, Gisela; Völker, Paul-Gerhard: Die deutschen mittelalterlichen Handschriften der Universitätsbibliothek München. Wiesbaden 1968 (Die Handschriften der Universitätsbibliothek München 1). Kubiček, Alois; Petráňová Alena; Petráň, Josef: Karolinum a historické koleje university Karlovy v Praze [= Das Karolinum und historische Kollegs der Karlsuniversität in Prag]. Prag 1961. Kunze, Konrad: Neue Ansätze zur Erfassung spätmittelalterlicher Sprachvarianz. In: Ruh, Kurt (Hrsg.); Stahl, Hans-Jürgen (Red.): Überlieferungsgeschichtliche Prosaforschung. Beiträge der Würzburger Forschergruppe zur Methode und Auswertung. Tübingen 1985, S. 157–200. Lang, Odo (Hrsg.): Katalog der Handschriften in der Stiftsbibliothek Einsiedeln. Zweiter Teil: Codices 501–1318. Basel 2009. Legner, Wolfram (Hrsg.): Heinrich von St. Gallen. Die Magnifikat-Auslegung. München 1973 (Kleine deutsche Prosadenkmäler des Mittelalters 11).

293 Legner, Anton (Hrsg.): Die Parler und der schöne Stil 1350–1400. Europäische Kunst unter den Luxemburgern. Bd. 4. Köln 1980. Líbal, Dobroslav; Muk, Jan: Staré Město pražské. Architektonický a urbanistický vývoj [Die Prager Altstadt. Architektonische und urbanistische Entwicklung]. Prag 1996. Löser, Freimut: Meister Eckhart in Melk. Studien zum Redaktor Lienhart Peuger. Mit einer Edition des Traktats ›Von der sel wirdichait vnd aigenschafft‹. Tübingen 1999 (Texte und Textgeschichte 48). Maas, Paul: Textkritik. 4. Aufl. Leipzig 1960. Menhardt, Hermann: Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek. Bd. 1–3. Berlin 1960–1961 (Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Sprache und Literatur 13). Mertens, Volker: Das Predigtbuch des Priesters Konrad. Überlieferung, Gestalt, Gehalt und Texte. München 1971 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 33). Miller, Matthias (Hrsg.); Zimmermann, Karin (Hrsg.): Die Codices Palatini germanici in der Universitätsbibliothek Heidelberg (Cod. Pal. germ. 304–495). Wiesbaden 2007 (Kataloge der Universitätsbibliothek Heidelberg 8). Mitzka, Walther: Das Adverb germ. in, nhd. ein. In: Zeitschrift für Mundartforschung 31 (1964), S. 173–179. Morée, Peter C. A.: Preaching in fourteenth-century Bohemia. The life and ideas of Milicius de Chremsir (†1374) and his significance in the historiography of Bohemia. Slavkov 1999 (zugleich Amsterdam, Universität, Dissertation, 1999). Morvay, Karin; Grube, Dagmar: Bibliographie der deutschen Predigt des Mittelalters. Veröffentlichte Predigten. München 1974. Nechutová, Jana: Latinská literatura českého středověku do roku 1400 [= Lateinische Literatur des böhmischen Mittelalters bis 1400]. Prag 2000. Nový, Rostislav: Koleje mistrů pražské univerzity do r. 1409 [= Die Magisterkollegs der Prager Universität bis 1409]. In: Acta Universitatis Carolinae – Philosophica et Historica 2 (1959), S. 83–90. Palmer, Nigel F.: Latein, Volkssprache, Mischsprache. Zum Sprachproblem bei Marquard von Lindau, mit einem Handschriftenverzeichnis der ›Dekalogerklärung‹ und des ›Auszugs der Kinder Israel‹. In: Spätmittelalterliche geistliche Literatur in der Nationalsprache. Bd. 1. Salzburg 1983 (Analecta Cartusiana 106, 1), S. 70–110. Pensel, Franzjosef; Stahl, Irene (Hrsg.): Verzeichnis der deutschen mittelalterlichen Handschriften in der Universitätsbibliothek Leipzig. Berlin 1998 (Deutsche Texte des Mittelalters 70; Verzeichnisse altdeutscher Handschriften 3). Petráň, Josef: Das Karolinum. Historisches Kleinod der Karls-Universität. Prag 1996. – (Hrsg.): Památky univerzity Karlovy [= Denkmäler der Karlsuniversität]. Prag 1999. Petzet, Erich: Die deutschen Pergamenthandschriften Nr. 1–200 der Staatsbibliothek in München. 2. Aufl. München 1920 (Catalogus codicum manu scriptorum bibliothecae Monacensis 5, 1). Plachta, Bodo: Germanistische Editionswissenschaft im Kontext ihrer Geschichte. In: Anglia 119 (2001), S. 375–398. Poche, Emanuel: Praha středověká. Čtvero knih o Praze. Architektura, sochařství, malířství, umělecké řemeslo [= Das mittelalterliche Prag. Vier Bücher über Prag. Architektur, Bildhauerei, Malerei, Kunsthandwerk]. Prag 1983. Quint, Josef (Hrsg.): Meister Eckharts Predigten. Bd. 1. Stuttgart 1958 (Die deutschen Werke 1). – (Hrsg.): Meister Eckharts Predigten. Bd. 2. Stuttgart 1971 (Die deutschen Werke 2).

294 Rudolf, Rainer (Hrsg.): Thomas Peuntners Betrachtungen über das Vaterunser und das Avemaria. Wien 1953. Ruh, Kurt: Der Passionstraktat des Heinrich von St. Gallen. Thayngen 1940 (auch Zürich, Universität, Philosophische Fakultät I, Diss., Teildruck). –: Zur Theologie des mittelalterlichen Passionstraktats. In: Theologische Zeitschrift 6 (1950), Nr. 1, S. 17–39. –: Studien über Heinrich von St. Gallen und den »Extendit manum«-Passionstraktat. In: Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 47 (1953), S. 210–230, 241– 278. –: Bonaventura deutsch. Ein Beitrag zur deutschen Franziskaner-Mystik und -Scholastik. Bern 1956 (Bibliotheca Germanica 7). –: Das ›Compendium Anticlaudiani‹ als Quelle des Prosa-Marienlebens ›Da got der vater schuof Adam und Evam‹. In: Zeitschrift für deutsches Altertum 98 (1969), S. 109–116. –: Deutsche Predigtbücher des Mittelalters. In: Vestigia Bibliae 3 (1981), S. 11–30. –: Votum für eine überlieferungskritische Editionspraxis. In: Ruh, Kurt; Mertens, Volker (Hrsg.): Kleine Schriften. Bd. 2. Scholastik und Mystik im Spätmittelalter. Berlin 1984, S. 250–254. –: Überlieferungsgeschichte mittelalterlicher Texte als methodischer Ansatz zu einer erweiterten Konzeption von Literaturgeschichte. In: Ruh, Kurt (Hrsg.); Stahl, HansJürgen (Red.): Überlieferungsgeschichtliche Prosaforschung. Beiträge der Würzburger Forschergruppe zur Methode und Auswertung. Tübingen 1985, S. 262–272. –: Geschichte der abendländischen Mystik. Bd. 3. Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. München 1996. Scherrer, Gustav: Verzeichnis der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen. Halle 1875 (Nachdruck Hildesheim 1975). Schiewer, Hans-Jochen: Spuren von Mündlichkeit in der mittelalterlichen Predigtüberlieferung. Ein Plädoyer für exemplarisches und beschreibend-interpretierendes Edieren. In: Editio 6 (1992), S. 64–79. Schirokauer, Arnold: Studien zur mhd. Reimgrammatik. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 47 (1923), Nr. 1, S. 1–126. Schmidt, Wieland: Heinrich von St. Gallen. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 57 (1932), S. 233–243. Schmitt, Anneliese: Pestmesse und Pestprozession – ein seltener Uracher Druck aus der Zeit um 1480. In: Schmitz, Wofgang (Hrsg.): Bewahren und Erforschen. Festgabe für Kurt Hans Staub zum 70. Geburtstag. Michelstadt 2003, S. 220–237 (Rathaus- und Museumsreihe 22). Schnabel, G. N.: Die Collegien bei der alten Carolinischen Universität zu Prag. In: Monatschrift der Gesellschaft des vaterländischen Museums in Böhmen 3 (1829), Nr. 1, S. 425–429. Schneider, Karin: Die deutschen mittelalterlichen Handschriften. Beschreibung des Buchschmucks Heinz Zirnbauer. Wiesbaden 1965 (Die Handschriften der Stadtbibliothek Nürnberg 1). –: Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München. Cgm 351– 500. Neu beschr. von Karin Schneider. 2. Aufl. Wiesbaden 1973 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis 5, 3). –: Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München. Cgm 501– 690. Neu beschr. von Karin Schneider. 2. Aufl. Wiesbaden 1978 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis 5, 4).

295 –: Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München. Cgm 691867. Neu beschr. von Karin Schneider. 2. Aufl. Wiesbaden 1984 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis 5, 5). –: Deutsche mittelalterliche Handschriften der Universitätsbibliothek Augsburg. Die Signaturengruppen Cod. I. 3 und Cod. III. 1. Wiesbaden 1988 (Die Handschriften der Universitätsbibliothek Augsburg 2, 1). –: Die datierten Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München. Teil 1: Die deutschen Handschriften bis 1450. Stuttgart 1994 (Datierte Handschriften in Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland 4, 1). –: Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München. Die mittelalterlichen Handschriften aus Cgm 4001–5247. Neu beschr. von Karin Schneider. 2. Aufl. Wiesbaden 1996 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis 5, 7). Sedláčková, Ema: Chrám sv. Mikuláše na Malé Straně [= Die St.-Nikolaus-Kirche auf der Prager Kleinseite]. 2. Aufl. Prag 1949 (Poklady národního umění 39–40). –: Kostel sv. Mikuláše na Starém Městě pražském [= Die St.-Nikolaus-Kirche in der Prager Altstadt]. 2. Aufl. Prag 1949 (Poklady národního umění 58) [Sedláčková 1949a]. Seidel, Kurt Otto: ›Die St. Georgener Predigten‹. Untersuchungen zur Überlieferungsund Textgeschichte. Tübingen 2003 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 121). Senger, Hans Gerhard: Die historisch-kritische Edition historisch-kritisch betrachtet. In: Jaeschke, Walter (Hrsg.): Buchstabe und Geist. Zur Überlieferung und Edition philosophischer Texte. Hamburg 1987, S. 1–20. Šimek, František (Hrsg.): Staročeské zpracování Postily studentů svaté university pražské Konráda Waldhausera [= Die alttschechische Bearbeitung der Postille der Studenten der heiligen Prager Universität Konrads von Waldhausen]. Prag 1947 (Sbírka pramenů českého hnutí náboženského ve XIV. a XV. století 20). Šmahel, František: Die Hussitische Revolution. Aus dem Tschech. übers. von Thomas Krzenck, Redaktion Alexander Patschovsky. Bd. 1–3. Hannover 2002 (MGH – Schriften 43). –: The Faculty of Liberal Arts 1348–1419. In: Šmahel, František: Die Prager Universität im Mittelalter. The Charles University in the Middle Ages. Gesammelte Aufsätze. Selected Studies. Leiden 2007, S. 213–271 (Education and society in the Middle Ages and Renaissance 28). –: Ein unbekanntes Prager Quodlibet von ca. 1400 des Magisters Johann Arsen von Langenfeld. In: Šmahel, František: Die Prager Universität im Mittelalter. The Charles University in the Middle Ages. Gesammelte Aufsätze. Selected Studies. Leiden 2007, S. 336–358 (Education and society in the Middle Ages and Renaissance 28) [Šmahel 2007a]. –: Die Verschriftlichung der Quodlibet-Disputationen an der Prager Artistenfakultät bis 1420. In: Šmahel, František: Die Prager Universität im Mittelalter. The Charles University in the Middle Ages. Gesammelte Aufsätze. Selected Studies. Leiden 2007, S. 359–386 (Education and society in the Middle Ages and Renaissance 28) [Šmahel 2007b]. –: Scholae, collegia et bursae universitatis Pragensis. Ein Beitrag zum Wortschatz der mittelalterlichen Universitäten. In: Šmahel, František: Die Prager Universität im Mittelalter. The Charles University in the Middle Ages. Gesammelte Aufsätze. Selected Studies. Leiden 2007, S. 85–102 (Education and society in the Middle Ages and Renaissance 28) [Šmahel 2007c].

296 Spilling, Herrad: Die Handschriften der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg 2o Cod 101–250. Wiesbaden 1984 (Handschriftenkataloge der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg 3). Staerkle, Paul: Beiträge zur spätmittelalterlichen Bildungsgeschichte St. Gallens. St. Gallen 1939 (Mitteilungen zur vaterländischen Geschichte 40). Stammler, Wolfgang: Von mittelalterlicher deutscher Prosa. Rechenschaft und Aufgabe. In: The Journal of English and Germanic Philology 48 (1949), S. 15–44. –: Deutsche Scholastik. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 72 (1953), S. 1–23. – (Hrsg.): Deutsche Philologie im Aufriss. 2. überarb. Aufl. Unter Mitarbeit zahlreicher Fachgelehrter hrsg. von Wolfgang Stammler. Bd. 1–3. Berlin 1957–1962. Steer, Georg: Textgeschichtliche Edition. In: Ruh, Kurt (Hrsg.); Stahl, Hans-Jürgen (Red.): Überlieferungsgeschichtliche Prosaforschung. Beiträge der Würzburger Forschergruppe zur Methode und Auswertung. Tübingen 1985, S. 37–52. –: Textkritik und Textgeschichte. Editorische Präsentation von Textprozessen: Das ›Nibelungenlied‹. Der ›Schwabenspiegel‹. Die ›Predigten‹ Taulers. In: Bergmann, Rolf (Hrsg.); Gärtner, Kurt (Hrsg.): Methoden und Probleme der Edition mittelalterlicher deutscher Texte. Bamberger Fachtagung 26.–29. Juni 1991. Plenumsreferate. Tübingen 1993, S. 107–119. Stočes, Jiří: Projekt Prosopografie pražské právnické univerzity v letech 1372–1419. Výsledky prosopografického výzkumu. Bavorský univerzitní národ [= Projekt Prosopographie der Prager juristischen Fakultät in den Jahren 1372–1419. Ergebnisse der prosopographischen Untersuchung. Die bayerische Universitätsnation]. [zuletzt aktualisiert am 8. 11. 2003, zit. am 4. 8. 2010] http://www1.cuni.cz/~borovic/matrika/projekt/vysledky/bavori/bavori.htm. Stocker, Barbara Christine: Friedrich Colner, Schreiber und Übersetzer in St. Gallen 1430–1436 (mit Beigabe der deutschen Wiborada-Vita in dynamischer Edition). Göppingen 1996 (auch Freiburg im Br., Universität, Philosophische Fakultät, Diss., 1994) (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 619). Stoll, Brigitta: De Virtute in Virtutem. Zur Auslegungs- und Wirkungsgeschichte der Bergpredigt in Kommentaren, Predigten und hagiographischer Literatur von der Merowingerzeit bis um 1200. Tübingen 1988 (Beiträge zur Geschichte der biblischen Exegese 30). Stolz, Michael: New Philology and New Phylogeny. Aspects of a critical electronic edition of Wolfram’s Parzival. In: Literary and Linguistic Computing 18 (2003), Nr. 2, S. 139–150. –; Dimpel, Friedrich Michael: Computergestütztes Kollationieren und dynamische Textpräsentation – Ein Werkstattbericht aus dem Parzival-Projekt (Stand Dezember 2006). [zit. am 23. 9. 2010] http://edoc.bbaw.de/volltexte/2007/516/. Svatoš, Michal: Pražská univerzitní kolej Všech svatých. In: Acta Universitatis Carolinae – Historia Universitatis Carolinae Pragensis 31 (1991), Nr. 1, S. 85–93. –; Havránek, Jan: University Colleges at Prague from the Fourteenth to the Eighteenth Centuries. In: Maffei, Domenico (Hrsg.); de Ridder-Symoens, Hilde (Hrsg.): I collegi universitari in Europa tra il XIV e il XVIII secolo. Atti del Convegno di Studi della Commissione Internazionale per la Storia delle Università, Siena/Bologna 16–19 maggio 1988. Mailand 1991, S. 143–154 [Svatoš 1991a]. Teige, Josef: Studierende aus der Schweiz an der Prager Universität im XIV.–XV. Jahrhundert. In: Anzeiger für Schweizerische Geschichte 13 (1882), Nr. 4, S. 70–73. Timpanaro, Sebastiano; Most, Glenn W. (Hrsg. und Übers.): The Genesis of Lachmann’s Method. Chicago 2005.

297 Tomek, Václav Vladivoj: Základy starého místopisu Pražského. Oddíl I. Staré město Pražské [= Grundlagen der alten Topographie Prags. Teil I. Die Prager Altstadt]. Prag 1866. –: Základy starého místopisu Pražského. Oddíl II. Nowé město Pražské [= Grundlagen der alten Topographie Prags. Teil II. Die Prager Neustadt]. Prag 1870. –: Základy starého místopisu Pražského. Oddíl III, IV, V. Malá strana, Hrad Pražský a Hradčany, Wyšehrad [= Grundlagen der alten Topographie Prags. Teil III, IV, V. Kleinseite, Prager Burg und Hradschin]. Prag 1872. –: Geschichte der Stadt Prag. Bd. 1. Wien 1972 (Nachdruck der Ausg. Prag 1856). Truhlář, Josef: Catalogus codicum manu scriptorum qui in c. r. bibliotheca publica atque universitatis Pragensis asservantur. Bd. 1–2. Prag 1905–1906. Tříška, Josef: Literární činnost předhusitské university [= Die literarische Tätigkeit der vorhussitischen Universität]. Prag 1967 (Sbírka pramenů a příruček k dějinám Univerzity Karlovy v Praze 5). –: Životopisný slovník předhusitské pražské univerzity 1348–1409. Repertorium biographicum universitatis Pragensis praehussiticae 1348–1409. Prag 1981. Uhlíř, Zdeněk: Středověké kazatelství v českých zemích: nástin problematiky [= Das mittelalterliche Predigtwesen in böhmischen Ländern: Umriss der Problematik]. In: Almanach historyczny 7 (2005), S. 57–94 (auch verfügbar unter und hier zit. am 29. 9. 2010 nach: http://digit.nkp.cz/mns/uhlir_kazatelstvi.htm. Uiblein, Paul: Mittelalterliches Studium an der Wiener Artistenfakultät. Kommentar zu den Acta facultatis artium universitatis Vindobonensis 1385–1416. 2., verb. u. verm. Aufl. Wien 1995 (Schriftenreihe des Universitätsarchivs 4). Urbánková, Emma: Rukopisy a vzácné tisky pražské universitní knihovny [= Handschriften und wertvolle Drucke der Prager Universitätsbibliothek]. Prag 1957. Vasella, Oskar: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse im Bistum Chur mit besonderer Berücksichtigung des Klerus. Vom Ausgang des 13. Jahrhunderts bis um 1530. In: Jahresbericht der Historisch-Antiquarischen Gesellschaft von Graubünden 62 (1932, erschienen 1933), S. 1–212. Wagner, Renata: Ein nücz und schone ler von der aygen erkantnuß. Des Pseudo-Johannes von Kastl ›Spiritualis philosophia‹ deutsch. Text und Untersuchungen. München 1972 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 39). Warnock, Robert G. (Hrsg.); Zumkeller, Adolar (Hrsg.): Der Traktat Heinrichs von Friemar über die Unterscheidung der Geister. Lateinisch-mittelhochdeutsche Textausgabe mit Untersuchungen. Würzburg 1977 (Cassiciacum 32). Weidenhiller, Egino: Untersuchungen zur deutschsprachigen katechetischen Literatur des späten Mittelalters. Nach den Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek. München 1965. Weigel, Harald: »Nur was du nie gesehn wird ewig dauern«. Carl Lachmann und die Entstehung der wissenschaftlichen Edition. Freiburg im Br. 1989. Wenzlau, Friedrich: Zwei- und Dreigliedrigkeit in der deutschen Prosa des XIV. und XV. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte des neuhochdeutschen Prosastils. Halle 1906 (Hermaea 4). Werlin, Josef: Heinrich von St. Gallen: Ein deutscher Schriftsteller in Prag zur Zeit Karls IV. In: Stifter-Jahrbuch 6 (1959), S. 131–147. –: Drei geistliche Traktate aus einer alemannischen Handschrift um 1400. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 110 (1962), S. 131–149. West, Martin L.: Textual Criticism and Editorial Technique applicable to Greek and Latin texts. Stuttgart 1973.

298 Wilhelm, Friedrich: Deutsche Mystikerpredigten. In: Münchener Museum für Philologie des Mittelalters und der Renaissance 1 (1911), S. 1–36. Willis, James: Latin textual criticism. Urbana 1972.

299

Sachregister

Abbreviatur 44, 59, 65, 73, 135 Abendessen 100 Abkürzung 44, 59, 65, 73, 135 Ablautklasse, IIIb 46 Abschwächung 47, 54–55, 66 Absicht 108–109 acedia 8, 106 Adverbialbildung 47, 50, 60 Affrikatisierung, bairisch 47, 49, 53, 59, 65, 74 agilitas 108 die Aktiven 109 Alemannisch 45–46, 54, 79 Allegorese 127 Allegorie 100, 110 Allerheiligen 34–35, 132 Allograph 135 Almosen 109 Altenburg 40, 80 Amputation 102 Analogie 46, 75 Andacht 106, 108–109 Anhängsel 104, 110 Antichrist 15 Antithese 123 Antizipation 52, 57, 61, 67, 78 Antonym 97 Apfel 101, 104 Apokope 45, 50, 59 Ausbleiben 46 Apostrophe 123 Apposition 98 die Armen 100 Armut 106 des Geistes 8, 105–106 unfreiwillige 106 vorgetäuschte 106 Artikel bestimmt 50, 60 unbestimmt 45, 47 Arzt 101–102

Assimilation 46, 55 Ast 104 Asyndeton 97, 123 Attribut 45, 96–97 Aufrichtigkeit 108 Aufsicht 110 Aufstieg 8 Auge 102 Augsburg 62 Augustiner-Eremiten 26, 44 Ausland 103 Ausrüstung 102 avaritia 8, 106 Bach 103 Bairisch 44–46, 49, 53–54, 59, 65–66, 74–75 Bakkalaureat der freien Künste 13–14, 23 der Theologie 21–22, 24, 33 Barmherzigkeit 8, 103, 105, 108–110 Werke 5–7, 109–110 Basler Konzil 68 Bastarda 48, 53, 58, 62, 73, 79–80, 230, 250, 272 Bauer 102 Bedürftigkeit 106 Befreiung 101, 107 Begierde, sündhafte 109 Beichte 109–110 Beispiel 99, 102 Bekehrung 109 Benediktiner 28 Berchtesgaden 40, 48 Besitz 102, 106–108 Besserung 107, 109 Beständigkeit 107 Bett 101 Bettelmönche 26 Bettler 103 Bewachung 110

300 Beweglichkeit 108 Bibliotheken 32–33 Bild, Gottes in der Seele 110 Bischofteinitz 27 Bodensee 12, 40 Böhmisch 47, 50, 74 Bregenz, Kloster Thalbach 79 Brief 103 Brust 103 Bürde 101, 110 Burg 105, 110 Burse 29 Buße 106, 109 die Büßer 109 Český Krumlov 250 claritas 108 compassio 109 consilium 108 Dankbarkeit 107 Dauerhaftigkeit 108 Dehnung der offenen Tonsilbe 74 neuhochdeutsch 66 oberdeutsch 54 Deixis 4, 99 lokal 99 persönlich 99 temporal 99 Deklination, schwach 47 Demut 103, 105–106, 109–110 Dental 54 Determination 13 Devotio moderna 1 Dialektologie 41 Dieb 104 Diener 100–101, 103, 105 Diesseits – Jenseits 99–100 Digraphie 49–50, 53, 59, 65, 74 Diminutiv 42, 76 Diphthong 53, 59, 65, 74 Diphthongierung Ausbleiben 46 bairisch 45, 49, 53, 59, 66 mhd. ẹ 76 neuhochdeutsch 45, 54, 66 disjunktiv 93 Dominikaner 26 Dreifaltigkeit 71, 127

Ehrbarkeit 107 Ehre 103, 106–110 Einsicht, in die Sündhaftigkeit 107 Eintracht 108, 110 Eisen 104 Eitelkeit 110 Ekthlipsis 45, 49, 55, 59, 75, 138 Epenthese 54–55, 75 Epithese 47, 54, 60, 66–67, 75, 82, 88 Epitheton 4, 50, 98, 112–113, 120 Erbe 102, 110 Erbschaft 102, 107, 110 Erdreich 107 Erfrischung 109 Erfurt 130 Erleuchtung 108–109 Ernte 102 Eucharistie 109, 114 Exklamation 124 Exkommunikation 26 Fall 110 Faulheit 110 Feile 104 Feind 101, 104 Feindschaft 107 Feinheit 108 Festung 104 Feuer 104 Figuralexegese 114–115, 131 Flexiv, Tilgung 45, 55, 138 die Flüchtigen 109 fortitudo 8, 108 Frage-Antwort-Paar 98–99, 119 Franziskaner 26 Freigebigkeit 110 die Fremden 109 Freude 100, 106–108 Freund 100–103 Freunde, Gottes 100, 106 Freundschaft 106–107 Friede 104–105, 107–108, 110, 224 Friedfertigkeit 8, 106 Frikativierung 65 Frömmigkeit 1, 39, 108, 121, 131 Frucht 107, 110 Frühstück 100 Füllwort 92 Fürbitter 109 Furcht 108

301 kindliche 109 vor dem Vater 103 vor Gott 103–104, 109–110 vor Sünde 106 Gaben des Heiligen Geistes 4–5, 7–8, 42, 107–110, 125 Gedächtnis 108 Geduld 103–104, 106–107, 109–110 die Gefallenen 109 Gefangener 103 Gefolge, Gottes 106 Gehorsam 106, 108, 110 Gemination 49 Genitiv 65, 92, 95–96 Dativ-Periphrase 76, 96 Metapher 99 Genugtuung 110 Genuss 100, 108 Gerechtigkeit 8, 105–108, 110, 126, 175 übertriebene 108 unvollkommene 108 vorgetäuschte 108 Gerechtigkeitsübungen 5 Gericht 107, 109 der Geringere 108 Gesellschaft 110 Gewinn 102 Gewissen 104 Glätte des Weges 110 Glaube 110 der Gleichgestellte 108 Glossierung 61, 68 Glück, Streben danach 105 Gnade 6, 106–110 Gold 104 Gottähnlichkeit 7, 110 Gottesdienst 27, 31, 109–110 die Gottesfürchtigen 109 Gotteskindschaft 104, 106, 108, 110 Gottgefälligkeit 108, 110 Gottheit – Menschheit 128 Graben 105 grammatischer Wechsel 46, 54 Gras 102 Grundeinstellung, negative 110 gula 8, 106 das Gute das höchste 106, 108 Sehnsucht danach 105

Güte, Gottes 103 Güter, weltliche 108 Habgier 8, 106 Hallein 40, 62 Hand 101 Häresie 24, 27, 37 Härte 110 Hefe 104 Heidelberg, Universität 16, 20, 34, 130 die Heiligen 102, 107 Heiliger Stuhl 32 Heiligkeit 107–108 Heilung 109 Heimat 103 Helfer 101 Herr 100, 103 Herrschaft der Vernunft 106 des Heiligen Geistes 106 über den Leib 108–109 Herz 101, 104–106, 108–110, 127 Hessisch 46 Heuchler 109 Hilfe 107–108 Himmelfahrt 110 Himmelreich 101–102, 106–107 Hochalemannisch 46 Hochdeutsch 45–46 Hochmut 8, 106, 129 Hoffnung 102, 107, 110 höfischer Roman 1 Hölle 107 Hunger guter 108 nach der Gerechtigkeit 8, 106, 108, 126 schlechter 108 Hussitismus 2–3, 14, 24, 27 Hut 110 hyperkorrekt 47, 50, 54–55, 75–76 impassibilitas 108 indirekte Rede 93 Infinitiv 48, 55, 60, 66, 76, 121, 135 ingressive Konstruktion 121 Initiale 62, 131–135 Inseldeutsch 45 intellectus 8, 109 invidia 8, 106 ira 8, 106

302 Jenseits 99–100 Juden 29, 32, 129 Jüngstes Gericht 107, 109 Kälte 110 Kampf 101–102 geistiger 107 Kämpfer 102 Karlstein, Kapitel 27 Kasus Objekt- 60, 95 präpositional 76 Kauf 107, 109 Kaufmann 102 Keuschheit 105–106, 108, 110 Kind 103 Kirchenreform 1–2 Klarheit 108 Klugheit 108 Kohärenz, von Worten und Taten 108 Kollation 38, 41, 80, 90 Kolleg 26–35, 131 Komparativ 94 Kompositum 135 König 104 Königsaal 7 Konjunktion 46, 50, 92–94, 118 Konjunktiv Präsens 93–94, 188–189 Präteritum 45, 53, 93, 174 Konsonantendoppelung 49, 59, 74 Kontamination 86, 88 Kontemplation 103, 109–110 Kontraktion 76, 84 korrelativ 94 Kraft 101 Kräfte, der Seele 108, 184 Krakau 130 Krankenbesuche 109 Krankenhaus 101 Kritik 128 Kühbach 272 Kunst 107 Kursive, gotisch 53, 231, 272 Kuttenberger Dekret 2–3, 15, 34, 130 Lachen 52, 107 Laster, Haupt- 5, 7–8, 42, 106 Leben der Heiligen 102, 107

ewiges 102, 107–110 Rettung 102 Leib 107–110 Leichtfertigkeit 110 Leid 101, 107, 109–110 Leidensunfähigkeit 108 Lenisierung 65, 75 Ausbleiben 66 Lesbarkeit 40, 56 Lexik 47, 50, 56, 92 Lexikographie 41 Liebe 104, 106, 108–110 Ligatur 49, 53 Linderung, des Leids 107 Lindisfarne 35 Liquid 54, 66 Lob 109 Logos-Theologie 127 Lohn 101, 103–104, 106–109 Löwe 103 luxuria 8, 106 Macht 106, 127–129 Magisterium der freien Künste 13–14, 19, 22–24, 33 der Theologie 33 Mähren 30, 73 Mangelhaftigkeit 109 der Welt 107 Maria 27, 35, 114, 116, 120–121, 127– 128 Mäßigkeit 110 Medikament 102 Meer 103 Melk 40, 79–80, 90 Metapher 99–100, 123 Minuskel, gotisch 231 Mittel, zur ewigen Seligkeit 106 Mittelbairisch 45, 49, 54, 59, 62, 66, 80 Mitteldeutsch 44, 46–47, 50, 54–55, 60, 66, 74–75 Mittelfränkisch 46–47 Mittelsilbenschwund 67, 76 oberdeutsch 46, 49 Mittler 110 Monophthongierung mitteldeutsch 46, 75 mittelhochdeutsch 66 ostfränkisch 46, 75

303 Mühe 108 Mund 108 Mündlichkeit – Schriftlichkeit 2–3 Mutwilligkeit 110 Mystik 52 Nachahmung Jesu 109 Nachfolge Jesu 109 die Nachlässigen 109 Nachrede 108 der Nächste 108–110 Nachstellungen des Teufels 110 Nächstenliebe 110 Nahrung 110 Nasal 44, 54, 74–75 Nasalierung 75 Nationalismus 2, 15, 19, 34 Natur 127 Negation 48, 50, 55, 60–61, 78, 93–95, 110, 122 Neid 8, 106 New Philogeny 37 New Philology 37 Niederdeutsch 46, 70 Nomen Agentis männlich 45, 54, 66, 74 weiblich 100 Nomen Sacrum 135 Nordmittelbairisch 53–54 Nordoberdeutsch 45, 47, 50, 74 Not 101, 107 Nürnberg, Katharinenkloster 230 Nutzen 102, 109–110 Oberdeutsch 46, 49–50, 54–55, 59–60, 65–66, 74 Oberrhein 12 Oktav 34–35, 132 Orden 106 Ordensgelübde 106, 125 Ordnung 108–109 Ostmitteldeutsch 46–47, 50, 54, 66, 74 Ostoberdeutsch 45, 47, 50, 55, 74 Palatalisierung, bairisch 45 Parallelismus 122–123 Parataxe 92 Paris Sainte-Chapelle 30 Universität 34

Paronomasie 123–124 Partizipialkonstruktion 48, 60, 67, 76, 94 Passion 102, 107, 109 Passionsfrömmigkeit 1, 106, 109 Perikopen 34–35 Periphrase 48, 76 Personifikation 2, 100, 127, 226 Pflicht 108, 175–177 Pfründe 26–27, 33 Pilger 102 Plural, auf -er 50 Polemik 128, 131 Polysyndeton 105 Pomesanien 33 Postposition 47 Potenzen 6 Präfix 46–47, 50, 54–55, 66, 74, 95, 135, 138 verbal 46 Prag 1–3, 7, 39, 44, 130 Ägidiuskirche 27 Agneskloster 29 Allerheiligenkapelle (Prager Burg) 30– 32 Altstadt 25–27, 31 Altstädter Ring 25, 27 Cosmas-und-Damian-Kirche 28 Emmauskloster 28 Felsengrund 25, 28 Ghetto 29 Hühnermarkt 25, 32 Jáchymova (Straße) 30 Kaprova (Straße) 31–32 Kleinseite 25, 27, 31 Kolleg Karls- 29–34 Mediziner- 31 Wenzels- 32–33 zu Allen Heiligen 26, 30–35, 131 Maiselova (Straße) 30 Marienkirche an der Lacke 26 Moldau 25, 28 Náměstí Franze Kafky 25 Neustadt 25, 28 Nikolauskirche 1, 12, 24–29, 31–35, 131 Obstmarkt 31 Ovocný trh (Platz) 31 St.-Thomas-Konvent 24 Ständetheater 31

304 Strahov (Kloster) 26 Teynkirche 25 Universität 1, 13, 26, 28–34 artistische Fakultät 13–14, 16–17, 19, 21–23 juristische 22–23, 34 Nationen 23, 34 theologische Fakultät 29 Valentinkirche 31 Valentinská (Straße) 31 Veitskirche 30 Vyšehrad 25, 28 Kapitel 25 Železná (Straße) 31 Prager Deutsch 44 Präposition 47, 50, 76, 92, 135 Präsentationsrecht 25–28, 30 Predigt 1–3, 12, 26–27, 34, 37, 39–40, 99, 109–111, 131–132 Fasten- 3 Primärberührungseffekt 65 probleuma 17, 19 Pronomen 45, 96 Demonstrativ- 46, 50 Indefinit- 60 Negativ- 94 Personal- 45, 49, 65 Possessiv- 50, 96 Relativ- 93 Prüfung 102 Quelle 103 Quodlibet-Disputation 3, 13–21 Rat 107–109 Ratgeber 101 Rebdorf 62 Recht 101 Rechtsanspruch 106 Regensburg, St.-Emmeram-Kloster 39, 53, 73 Reich Gottes 106 Reinheit des Herzens 8, 105–110 Remanenzlehre 15 Reue 8, 105–106, 109–110 Rheinau 272 Rheinfränkisch 74 rhetorische Frage 3–4, 98, 123 Ritter 19, 104 Rokycany, Augustinerkloster 231

Rom, Pantheon 35 Rosenberger 250 Rost 104 Ruhe 107 Rundung, alemannisch 46 Sakramente 1, 5, 7, 109 Salbe 101 Salbung 109 Salzburg Kloster Nonnberg 39–40, 48 Stift St. Peter 39, 58 Sanftmut 8, 105–107, 109 sapientia 8, 110 Satisfaktion 110 Sättigung 106, 108, 126 Satz daz- 48, 93 Exzeptiv- 47, 50, 93–94 Final- 94 Frage- 93 Haupt- 92 Kausal- 92, 94 Komparativ- 93 Konditional- 92–93 Konsekutiv- 93–94 Konzessiv- 93 Lokal- 93 Modal- 93–94 Objekt- 93 Relativ- 93–94 Subjekt- 93 Temporal- 93 Säugling 103 Schau Gottes 106, 108–109, 126 Schiffer 103 die Schläfrigen 109 Schläge 101 Schmerz 101 Schöpfung 108, 114 Schrift, Heilige 107, 109–110 Schutz, vor Sünde 109 Schwaben 12 Schwäbisch 46, 54, 74–75 Schwäche 109–110 Schwund, t im Auslaut 67 scientia 8, 107 Seele 100, 103–104, 108–110 Segen 109 Sehnsucht, vernünftige 108

305 Selbstbeherrschung 106, 108–110 Seligpreisungen 4–9, 12, 42 Semantik 41 Senkung 46, 50, 54, 66, 75 Sentenz 105 Septenare 5–8 Sicherheit 106–107, 110 des ewigen Lebens 108 Sieg 108 Sinne, fünf 110, 210 Sinnlichkeit 106 Sohn 104 Sorgen 106, 110 Speise 100 Spiegel 104 Spiegelbild 105 Sprossvokal 45, 54, 59, 66 Spruchdichtung 1 St. Gallen 12, 79 St. Georgen (Kloster) 79 St. Lambrecht 40, 79, 90 Stärke 106, 108 Stemmatik 37–38, 80–92 Stil 96 Stimmverlust 65 Student 102–103 Substantivierung 77, 96 subtilitas 52, 108 Südbairisch 45 Suffix 46–47, 49–50, 54–55, 60, 66, 76 feminin 45 Superlativ- 45, 49 Sünde 101, 103–104, 106–110, 114 Sünder 109–110 superbia 8, 106 Supraskript 44, 49, 53, 59, 65, 73, 135 Süßigkeit Gottes 100, 106 himmlische 107 Synkope 74 Ausbleiben 47 Syntax 92 Kasus- 76, 95 Tafelrunde 1 testamentarische Verfügung 107 Teufel 110 Textkritik 37–41 Theologie 1–2 Thüringisch 54

Tod 107–108 Todsünde 106, 108, 110 Torheit 107, 110 Totgeburt 104 Trägheit 8, 106 Trauer 101–103, 107 Třeboň, St.-Ägidius-Kloster 231, 250 Trockenheit 110 Trost 101–103, 106–109 der Welt 107 Tschechisch 1, 3 Tugend 4–8, 105–110, 127 Tugenden, Kardinal- 7 Umlaut 50 Hemmung, mitteldeutsch 66, 75 Sekundär- 53 die Ungläubigen 110 Unkenntnis 110 Unruhe 110 Unsicherheit, des Lebens 107 Untadeligkeit 108 Unterkunft 109 Unterscheidung, von Gut und Böse 107 Unterweisung 109 Ursachen, des Falls 110 Vater 103–104 Vaterunser 4–6, 42 Vaterunser-Auslegung 6, 42 Verachtung 107, 254 Verb 96 Modal- 47 schwach 50 Verberststellung 92 Verdammnis 102 Verehrung, Gottes 109 Verfolgung 110 Vergebung, der Sünde 106–107, 109 Vergleich 100–105 Verhärtung 65 Auslaut- 65 die Verirrten 102, 109 Vernunft 106, 108–109 Verschmähung 101 weltlicher Freude 107 Verstand 109 Verstocktheit 110 Versuchung 108–110 Verunreinigung 101, 104, 110

306 Verzicht, auf Weltliches 106 Vokal Hauptsilben- 45 Nebensilben- 45, 54, 60 Spross- 45, 54, 59, 66 Vokativ 60 Völlerei 8, 106, 110 Vollkommenheit 106, 108 Vorbeugung 107 Vorgeschmack 103, 106–108 der Vorgesetzte 108, 129 Vorhaben 104 Vorkosten 100 Vorsicht, des Mundes 108, 176

Welt 107, 110 das Weltliche 101 Wenzelsbibel 2 Werke 108–110 Westmitteldeutsch 48, 67 Westoberdeutsch 44, 46, 48, 54, 60, 67 Wien, Universität 16, 21–23, 29, 34 Wille 108 Wissen 108 Wollust 8, 106, 108, 110 Wonne 103 Wort Gottes 109–110 Wortschatz 92, 118 Wunde 101, 109, 114

w-Ausdruck 93 Wachsamkeit 110 Wahrheit 107 Ware 102 Warten 103 Wasser 103, 105 Wein 104 Weinen 52, 107, 114 Weisheit 106–110

Zerdehnung 75 Zirkumposition 92 Zorn 8, 106 Züchtigung 104, 109 Zuchtlosigkeit 110 Zuflucht 109 Zurechtweisung 109 Zweigliedrigkeit 50, 60–61, 68, 78, 95– 97, 123

307

Bibelstellenregister

Gn 3, 19 160 22, 10 114 Ex 1–15 211 Dt 5, 10 196 6, 4–5 165 10, 17 168 11, 24 259 25, 1 184 32, 39 241 Ios 1, 3 259 I Sm 2, 7 151 2, 8 151 16, 1 257 II Sm 22, 21 183 22, 25 183 22, 27 221 III Rg 8, 56 223 IV Rg 5, 1–19 216 I Par 23, 25 223 Tb 4, 11 203 12, 9 190 13, 8 182 Iob 17, 4 210 22, 27 215 22, 30 215 27, 6 263 31, 35 253 41, 16 216 Ps 4, 2 170

4, 5 158, 255 5, 10 209 8, 8 188 9, 35 (10, 14) 150 10, 8 (11, 7) 178 12 (13), 6 208 15 (16), 4 199 16 (17) 52 16 (17), 15 147, 185–186, 240, 260 17 (18), 21 183 17 (18), 25 183 17 (18), 27 221 19 (20), 5 208 21 (22) 68 22 (23), 4 170 22 (23), 6 204 24 (25), 10 231, 270 24 (25), 16 201 26 (27), 10 252 26 (27), 13 52, 161 30 (31), 17 202 32 (33), 21 208 33 (34), 11 174 33 (34), 19 217 34 (35), 9 208 34 (35), 14 257 36 (37), 11 161, 256 36 (37), 25 178, 202 37 (38), 4 225 37 (38), 5 219 39 (40), 12 204 40, 2 (41, 1) 263 41 (42), 2 271 50 (51), 3 200 50 (51), 12 215 50 (51), 14 209 50 (51), 16 216 50 (51), 19 212 58 (59), 11 204 61 (62), 9 213 61 (62), 11 153

308 70 (71), 21 169 75 (76), 3 227 78 (79), 8 204 81 (82), 6 267 84 (85), 9 223 84 (85), 11 265 85 (86), 17 202 90 (91), 15 170 100 (101), 6 214 101 (102), 5 212 102 (103), 4 205 102 (103), 13 196 118 (119), 77 205 118 (119), 88 205 118 (119), 112 214 118 (119), 121 182 118 (119), 136 236 118 (119), 159 205 118 (119), 165 265 119 (120), 5 237, 257 119, 7 (120, 6) 246 121 (122), 7 226 124 (125), 5 223 125 (126), 5 238 127 (128), 6 223 136 (137), 1 237 140 (141), 3 176 141 (142), 6 256 144 (145), 14 199 145 (146), 9 203 Prv 4, 23 176 6, 27–28 154 8, 17 227 9, 10 124, 154, 216 10, 2 182 10, 12 217 10, 24 259 11, 4 182 16, 6 190 22, 1 191 22, 9 191 22, 11 215 Ecl 1, 2 166–167 1, 8 240 1, 15 209 7, 17 181 9, 1 124, 166 9, 5 182

12, 8 167 Ct 6, 12 198 Sap 1, 5 177 3, 1 227 3, 5 247 5, 3–5 267 6, 13 183 7, 9 183 9, 15 218 10, 9 182 11, 21 181 11, 24 198 Sir 1, 16 124, 154 1, 27 216 1, 33 183 2, 2 213 2, 13 169 3, 33 191 7, 40 (36) 238 10, 17 256 14, 2 255 15, 3 194 16, 15 193 21, 17 208 29, 14 (11) 239 30, 24 194, 213, 260 35, 16 168 36, 1 201 38, 10 212 Is 1, 3 224 1, 16 212 9, 2 221 11, 2 4 14, 12 221 32, 17 225 42, 8 175 48, 10 150 49, 15 202 54, 8 205 57, 19 225, 265 57, 20 212 57, 21 225 65, 13 174 66, 2 150 66, 13–14 257

309 Ier 2, 5 209 7, 24 209 9, 1 (8, 23) 236 9, 14 209 11, 8 209 17, 5 167 17, 7–8 252 17, 9 210 17, 10 210 31, 3 201 48, 10 198, 225 Ez 16, 9 216 18, 21 200 18, 22 182 18, 26 200 18, 30 200 33, 14–16 200 Dn 6, 22 (23) 181 Ioel 2, 13 212 Hab 3, 2 224 Mt 4, 1–11 256 4, 4 124, 193, 226 4, 7 158 4, 10 158 5, 1–12 35 5, 3–10 4, 139, 141 5, 4 141, 157 5, 5 141, 163 5, 6 142, 173 5, 7 143, 187 5, 8 143, 206 5, 9 144, 222 5, 10 144, 270 5, 12 145, 148 5, 20 179 5, 44–45 262 6, 21 150 8, 9 161 9, 15 223 10, 32 197 11, 12 170 11, 25 124, 154, 183 11, 28 199 11, 29 139, 199, 214

12, 34 177 12, 50 150 13, 3–9 212 13, 12 218 13, 18–23 212 15, 11–20 216 15, 19 176, 219 15, 32 196, 204 16, 24 252 17, 2 186 18, 5 191 18, 20 178, 213 18, 22 200 18, 23–35 189 19, 14 233 19, 21 154, 271 19, 24 253 19, 27 253 19, 28 192, 254 19, 29 152, 195, 253 22, 16 168 23, 7 240 23, 9 151 23, 23 180 23, 27 180, 207 24, 42 166 25, 29 218 25, 34 124 25, 34–40 192 25, 40 191 27, 38 224 28, 3 186 Mc 3, 35 150 4, 3–9 212 4, 13–20 212 4, 25 218 7, 21 176, 219 8, 2 196, 204 9, 2 186 10, 21 271 10, 30 253 15, 27 224 Lc 1, 50 124, 196 1, 53 125, 184 2, 14 144 4, 1–13 256 6, 23 268 6, 24 141

310 6, 25 141 6, 36 143, 190, 213 6, 37–38 242 6, 45 177, 209 7, 8 161 8, 5–8 212 8, 11–15 212 8, 18 218 10, 21 124, 154, 183 10, 30–37 195 10, 34 202 11, 2 146 11, 28 216 11, 41 217 11, 42 180 12, 8 197 12, 34 150 14, 13 155 15, 11–32 174 16, 19–31 172, 254 16, 25 155 17, 10 259 17, 14 216 17, 21 146 18, 22 271 18, 25 253 19, 26 218 20, 21 168 21, 19 203, 256 21, 34 143, 211 22, 30 155 23, 33 224 24, 26 217 24, 36 222, 224 Io 3, 20 220 3, 31 223 8, 12 196, 221 9, 31 215 12, 25 269 12, 26 151 12, 35 196 12, 46 196 14, 2–3 155 14, 6 167, 199 14, 23 214 14, 27 222 15, 3 215 15, 5 214 15, 14 155

16, 13 177 16, 20 166, 257 16, 33 168, 224 17, 3 185 17, 24 197 20, 19 222, 224 20, 21 222, 224 20, 26 222, 224 Act 1, 1 180 10, 35 184 14, 21 217 15, 9 208 Rm 3, 23 189 8, 13 142, 161, 177 8, 17 144, 224, 227, 246 8, 28 159 8, 35 146, 271 8, 38–39 271 12, 1 194 12, 18 265 12, 21 256 13, 1–2 177 14, 17 228 15, 4 171 I Cor 3, 4 267 3, 19 168 4, 4 263 10, 13 201 13, 8 185 13, 12 145, 243, 264 15, 10 214 II Cor 1, 3 239 1, 4 170 3, 18 186 5, 1 213 6, 1 180 6, 10 150, 160 7, 10 264 12, 10 218 Gal 2, 6 168 4, 7 227 5, 16 142 6, 2 189 6, 14 125, 163 Eph

311 2, 14 223 4, 26 158 5, 14 199 6, 8 189 6, 16 226 Phil 1, 23 167, 257, 268–269 3, 8 160, 163 3, 19 218 3, 20 213 4, 7 226 Col 1, 20 265 3, 5 142 II Th 3, 5 209 I Tim 6, 8 252 II Tim 3, 12 247 4, 1 192 Hbr 10, 36 247 Iac 1, 5 199 1, 19 176 1, 26 176

1, 27 2, 5 2, 13 2, 26 4, 6 5, 16 5, 20 I Pt 4, 5 4, 8 4, 15 5, 4 II Pt 2, 20 I Io 2, 15 2, 17 2, 29 3, 2 5, 19

178 150 143 204 125, 152, 197, 254 192, 216 217 192 217 269 144 168 160, 165 168 183 223 167

Apc 2, 10 3, 19 14, 13 21, 4

144 217 193, 240 238

312

Handschriftenverzeichnis

Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Hist. 157, 232r 130 Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Ms. Germ. Fol. 77, 228v 63 Ms. Germ. 4o 1257, 150r 130 Brno, Moravská zemská knihovna, Mk 40, 20ra –25ra 231 Einsiedeln, Stiftsbibliothek, Cod. 710, 192rb –193vb 272 Freiburg im Br., Universitätsbibliothek Inv. Nr. 11732, 242v 71 Inv. Nr. 11741, 77v –78r 71 Heidelberg, Universitätsbibliothek Cod. Pal. germ. 472, 165d 71 Cod. Pal. germ. 639, 106b 71 Hildesheim, Dombibliothek, Hs 732, 154v 70 Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Aug. 105 111 Leipzig, Universitätsbibliothek, Ms 1660, 46r–v 71 Melk, Stiftsbibliothek Cod. 235 80, 136 Cod. 981 79–80, 136 München, Bayerische Staatsbibliothek Cgm 64 43–48, 136 Cgm 484, 133r 71 Cgm 638 60ra –67vb 59 99ra –109vb 58 Cgm 850, 41r–v 71 Cgm 3900, 69rb –71vb 48 Cgm 4656, 126r –131r 71

Cgm 4880 53–58, 136 Cgm 4882 73–78, 136 Cgm 6617 3, 62–73, 136 Cgm 7241, 298vb –300va 272 München, Universitätsbibliothek 4o Cod ms. 478, 127r 130 8o Cod. ms. 282, 176r –177r 71 Nürnberg, Stadtbibliothek Cent. VI, 43l, 231r–v 230 Cent. VI, 43p 150v 71 179r 70 Cent. VI, 44, 188v –189r 63 Cent. VI, 46f, 267v –286v 44 Cent. VII, 20, 209r–v 70 Will II, 19. 8o, 120r 70 Praha, Národní knihovna I. C. 32, 253ra –258va 250 VII. D. 16, 205vb –209va 231 VII. E. 13, 222r –235v 250 XIV. C. 27, 21r –27r 231 Praha, Univerzitní knihovna, XXIII D 178 44 Salzburg, Stift Nonnberg, 23 D 22 48– 52, 136 Salzburg, Stift St. Peter, b V 9 58–61, 136 St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 967 5, 79, 136 14 156 16 182 97–99, 108–109 272 Tübingen, Universitätsbibliothek, Gi 88.4 Inc, 9r –13r 73 Wien, Österreichische Nationalbibliothek Cod. 2809, Vorderdeckel innen 73

313 Cod. 2840 79, 136 Cod. 2968, 220v –234v 58 Cod. 12546, 139r 11, 130 Cod. 15106, 50va 73

Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibliothek, 274 Blankenburg, 90v 71

314

Personen-, Autoren- und Werkregister

Acta facultatis artium universitatis Vindobonensis 23 Alanus von Lille 2, 116, 127, 130 Albert der Große 117 De vegetabilibus, VII, 14, 120 171 Alcher von Clairvaux (?), De spiritu et anima, 16 177 Alexander Neckam 116 Alkuin, Expositio in psalmos poenitentiales 5 Ambrosius von Mailand 115, 118, 208 De apologia David, 14, 66 177 De officiis, I, 24, 115 175 De Tobia, 20, 73 150 Exameron, VI, 8, 52 150 Expositio evangelii secundum Lucam V, 54 234–235 V, 55 236 V, 56 239 V, 57 242 V, 58 244 V, 64 233 Hymni, 13, 2–4 144 Andreas (Apostel) 71 Andreas (Priester) 27 Andreas von Brod 21 Anselm von Canterbury 80, 116 Anselm von Laon 188 Enarrationes in evangelium Matthaei, 5 5, 164, 241 Antonius der Große 125 Apophtegmata, XV, 3 220 Aristoteles Nikomachische Ethik A, 1, 1094a 139 Γ, 9, 1115a 267 Δ, 1–10, 1119b–1125b 251 H, 1, 1145a 267 Aristoteles Latinus

Ethica Nicomachea, transl. Roberti Grosseteste I, 1, 1094a 139 III, 9, 1115a 267 VII, 1, 1145a 267 Ars moriendi dt. 79 Atto von Vercelli, Expositio epistolarum S. Pauli 241 Augustinus von Hippo 35, 115, 147, 185, 206, 220, 223, 250 Contra Iulianum opus imperfectum, IV, 53 226 De beata vita, 2, 10 139 De civitate Dei, IX, 5 260 De disciplina Christiana, 12, 13 203 De doctrina christiana, I, 28 262 De natura et gratia, 65, 78 243 De opere monachorum, 32, 40 153 De patientia, 2, 2 264 De sermone domini in monte I, 1, 3 233 I, 2, 4 234, 236 I, 2, 9 248 I, 3 149 I, 4, 11 249 I, 4, 12 145 I, 10 9 I, 10–11 4 I, 15, 41 153 II, 38 4 De trinitate I, 2 263 I, 13 145 XIII, 7 268 De vera religione, 49 264 Enarrationes in Psalmos 31, 4 208 63, 11 179 93, 24 233

315 Epistulae CSEL 44, 169, 1, 3 145 CSEL 57, 189, 6 265 CSEL 57, 262, 6 190 In Iohannis epistulam ad Parthos tractatus, IX, 2 269 In Iohannis evangelium tractatus, I, 4 267 Sermones de scripturis 123, 5 241 130 195 158, 4 169 249, 2 203 Sermones post Maurinos reperti, Denis 13, 4 144 Bartholomaeus Anglicus, De proprietatibus rerum, 36 207 Basilius der Große (Ps.-), Admonitio, 5 245 Beda Venerabilis 116 De templo, I 155 Homiliae evangelii, II, 14 198 Benedikt von Nursia 116 Regula, Prol., 21 155 Benedikt XII. 30 Beneš Krabice von Weitmühl, Cronica ecclesiae Pragensis II 26 IV 32 Bernhard von Clairvaux 5, 116, 118 Epistolae, 100 233 Sermones in adventu Domini, 4, 5 235, 238, 253 Sermones in festivitate omnium sanctorum 35 1, 10 239 1, 15 154, 233 Sermones in nativitate Domini, 5, 5 141 Sermones in vigilia nativitatis Domini, 4, 1 141 Birgitta von Schweden 117, 130 Boethius, Philosophiae consolatio, IV, prosa 3 267 Bonaventura 117, 173, 250, 254 Breviloquium, 5, 6 232, 270 Collationes de septem donis spiritus sancti 1, 17 6, 260 2, 3 232

Collationes in Hexaëmeron, princ., 1, 3, 24 220 Commentaria in tertium librum Sententiarum, 35, 6 261 Bonaventura (Ps.-), Stimulus amoris dt. 43 Bonifaz IV. 35 Bonifaz VIII. 26 Burchard von Würzburg 35 Caesarius von Arles 115 Sermones 27, 3 241 158, 5 203 199, 6 241 Cicero De finibus bonorum et malorum, V, 8, 23 254 De inventione, II, 53, 160 258 Tusculanae disputationes, V, 14, 42 210 Clemens VI., Missa contra pestilentiam 72 Codex diplomaticus 5 29, 33 6 30 7 31 8 31 9 31 10 31 17 32 21 33 22 33 23 34 Concilium Viennense, decr. 28 259 Constitutiones Clementinae, V, 3, 3 259 Corpus Antiphonalium Officii 268 Defensio mandati 34 Dientzenhofer Christoph 27 Kilian Ignaz 27 Dietleb Stormer 26 Dionysius Areopagita, De divinis nominibus, transl. Johannis Sarraceni, 4, 6 139 Eckhart 42–43, 53, 80, 122, 254 Elsbeth von Oye 48, 79 Offenbarungen 43, 48

316 Erasmus von Antiochia 71 Ernst von Pardubitz 29 Etymachietraktat 53 Eusebius 115 Evagrios Pontikos 4 Evangelium Pseudo-Matthaei, 14 224 Expositio in orationem dominicam, 7 223 Franciscus (Prediger) 27 Friedrich Colner 79 Geistlicher Herzen Bavngart 14 182 24 141 27 175 Gerichtsverhandlung zwischen Seele und Leib 58 Glossa ordinaria 175, 223, 256, 260, 262, 264 Goldenes Ave Maria 69 Gregor der Große 115, 250 Dialogi, I, 5 248 Homiliae in evangelia, I, 5, 2 252 Moralia in Iob V, 45, 83 255 XX, 32, 63 261 XX, 36, 70 242 XXV, 9, 22 219 XXXI, 45 5 Regula pastoralis II, 6 260 III, 23 245 Gregor der Große (zugeschr.), Ablassgebet 69 Gregor IV. 35 Hainrich Pischolff 62, 68 Heinrich der Schwabe 23 Heinrich Huber von St. Gallen 22 Heinrich Seuse 48, 53, 79–80, 122, 127, 272 Büchlein der ewigen Weisheit 43, 48 Heinrich von Berching 130 Heinrich von Friemar 12, 43, 250 De quattuor instinctibus dt. 43–44 Heinrich von Friemar der Jüngere 44 Heinrich von Gent 266 Heinrich von Langenstein 43, 58, 250 Erkenntnis der Sünde 58

Unterscheidung der Geister 44 15 100 Heinrich von Mügeln 250 Der Meide Kranz 1 Heinrich von St. Gallen 11–24, 43, 48, 53, 58, 62, 73, 79–80 Hindernisse zu geistlicher Vollkommenheit 6, 13, 111–112, 168, 230 Magnificat-Auslegung 12, 111–131, 166, 169, 171, 196, 220 Marienleben 12, 111–131 8 141, 194 16 155 Passionstraktat 11–12, 42, 62, 111– 131 Henricus Herisove de S. Gallo 24 Hermann Schwab von Mindelheim 24, 28 Hermann von Reun, Sermones festivales, 81, 4 208 Hieronymus 115, 208 Commentarii in Matthaeum I 243–244, 259 III 253 Hieronymus von Prag 15 Recommendacio arcium liberalium 19 Hilarius von Poitiers, Commentarius in Matthaeum, 4, 8 245 Horaz, Saturae, I, 1, 103 235 Hugo Ripelin von Straßburg 79 Hugo von St. Viktor, De quinque septenis 5 1 232 Innozenz IV. 116 Isidor von Sevilla 116 Mysticorum expositiones sacramentorum, In Numeros 15, 19 144 Sententiae, II, 27, 1 208 Jacobellus von Mies 15 Jacobus de Voragine, Legenda aurea 2 269 11 269 21, 2 220 39 269 46 251 Jakob (Priester) 27 Jan Hus 2, 15, 18, 20, 24, 27 Quodlibet 19–20

317 Joannes Cassianus, De institutis coenobiorum et de octo principalium uitiorum remediis 5 Joannes Diaconus, Vita Gregorii Magni, II, 60 251 Johann IV. von Draschitz 30 Johann Rotlöw 31 Johann von Luxemburg 1, 30 Johann von Neumarkt 2, 32, 62, 79, 122, 130 Gebete des hl. Hieronymus 64 Stimulus amoris dt. I, 2 64 I, 4 64 Tagzeiten vom Leiden Christi 63–64 Johannes Chrysostomus 115, 118 Homiliae in Matthaeum, 15 257 Johannes Chrysostomus (Ps.-), Opus imperfectum in Matthaeum 9, 4 255 9, 5 257 9, 8 243 9, 10 247 Johannes Damascenus 116 De fide orthodoxa, II, 14 241 Johannes Hübner 14 Johannes IV. 71 Johannes Klimakus, Scala paradisi, 24 235 Johannes Marienwerder 6, 13, 23, 33, 35, 250 De octo beatitudinibus 7, 175–177, 184, 188, 224, 250–271 Johannes Milič 2, 26–27 Johannes Peckham 254 Johannes Reiter 130 Johannes Renker 27 Johannes Tauler 127 Johannes von Hildesheim 250 Johannes von Indersdorf 73 Johannes von Kastl (Ps.-), Von der aygen erkantnuß 11 99, 168 16 177 Johannes von Nepomuk 27 Johannes von Tepl, Ackermann von Böhmen 2 Johannes XXII., Anima Christi, sanctifica me dt. 70 Johannes XXIII. 15

John Wyclif 15, 24 Jordanus von Quedlinburg, 65 Artikel 59 Joseph II. 28 Karl IV. 1, 25, 29–32 Katharina Jörigen 62, 68 Konrad von Soltau 34 Konrad von Waldhausen 2 Lachmann, Carl 37 Laurentius (Heiliger) 35 Leo der Große, Tractatus septem et nonaginta 29, 1 244 95, 8 243 Liber decanorum 13–14, 16, 18–20, 23 Lienhart Peuger 40, 42, 79–80, 90–91 Ludwig der Fromme 35 Malogranatum 6–7, 173, 175, 188, 231– 249, 253, 259 Markgraf von Mähren 73 Marquard von Lindau 53, 58, 79 Dekalogtraktat 43 Eucharistietraktat 58 Matricula facultatis juridicae 22–23 Matrikel der Universität Wien 22 Matthäus von Knin 15, 18–19 Matthäus von Krakau 63, 117–118, 130 Matthias von Janov 27 Meister Gebhart, Von den Kräften der Seele 44 Michael von Malenitz 15, 17 Mönch von Heilsbronn 43, 79–80 Buch von den sechs Namen des Fronleichnams 43–44 Monumenta Vaticana res gestas Bohemicas illustrantia, 1351 30 Nikolaus Magni von Jauer 20–21 Nikolaus Provin 33 Nikolaus Puchník 27 Nikolaus Storch 33 Nikolaus von Dinkelsbühl, De octo beatitudinibus 35 Nikolaus von Guben 33 Nikolaus von Myslawitz 27 Olbramowicen (Geschlecht) 26 Origenes 115

318 Ottokar I. Přemysl 25 Paschasius Radbertus 173, 232 Expositio in Matheo, III 5, 175, 188, 233–234, 256, 265 Paulus (Heiliger) 35 Peter Parler 30 Peter von Zittau 7 Chronicon Aulae regiae II, 7 1 III, 3 26 Petrus (Heiliger) 35 Petrus Cantor, Verbum adbreviatum, II, 21 248 Petrus Chrysologus, Collectio sermonum, 8 241 Petrus Damiani 116, 118 Petrus Lombardus 116 Collectanea in Pauli epistolas 268– 269 Sententiae, I, 2, 1, 1 263 Pierre Bersuire, Reductorium morale, X, 5 197 Platon (Ps.-), Definitiones, 411e 175 Potamius von Lissabon, De Lazaro 186 Prokop von Kladrau 17 Prosper von Aquitanien, Expositio psalmorum, 127, 6 223 Prudentius, Psychomachia 226 Quadragesimale Admontense 3, 132 13 203 25 197 Rabanus Maurus 116 Expositio in Matthaeum, 5, 8 243 Reichardus 212 Remigius 116 Richard von St. Viktor 116, 250 Allegoriae in Novum Testamentum, II, 1 234–235, 238, 240, 242, 244, 246, 248 Rulman Merswin 53, 79 Sedulius Scotus, Collectaneum miscellaneum, 13, 26, 46 208 Seneca 115, 118, 226 De clementia, II, 5, 4 241 De ira, II, 27, 1 158

Sermones centum, 28 234–235, 238, 240, 242, 244, 246, 248 Simon Fidati von Cascia 117 Simon von Tischnowitz 19–20 Statuta Collegii Caroli, 15 33–34 Statuta universitatis Pragensis 21, 32 Stephan von Kolin 20 Stephan von Palec 20 Stimulus amoris dt. 80 Strauchs altdt. Predigten 53 Tagzeiten vom Leiden Christi 59 Thomas Peuntner 58, 80 Auslegung des Avemaria 59 Beichtbüchlein 43, 58 Betrachtung des Vaterunsers 43 Vaterunser-Auslegung 59 Thomas von Aquin 15, 117, 188 Adoro te devote 271 Catena aurea in Lucam, 6, 5 233 Catena aurea in Matthaeum 5, 1 233 5, 2 235 5, 5 241 5, 6 242–243 5, 7 244–245, 264 5, 8 247, 249 Summa contra Gentiles, I, 37, 4 139 Summa theologiae I–II, 69, 3 233 II–II, 25–26 262 II–II, 30, 3 261 II–II, 58, 1 258 II–II, 58, 5 258 II–II, 58, 7 258 II–II, 101, 1–2 261 II–II, 117 251 II–II, 121, 1 261 II–II, 129 251 II–II, 134 251 II–II, 157, 1 255 II–II, 158, 1 255 III, 41, 1 169 III, 45, 1 186 Tobias von Bechin 27 Ulrich Putsch, 46 Gebete zur Messe 58 Urban V. 31 Urban VI. 32

319 Versus de octo vicia et octo beatitudines 5 Vita Milicii 26–28 Vitae patrum, III, 129 220 Vitas patrum dt. 79 Vom christlichen Leben 5–7, 43, 193, 195, 210

Wenzel IV. 2–3, 25, 27, 31 Wenzelsvita 1 Wie man zur ewigen Seligkeit gelangt 63 Wilhelm von Lestkov 33