Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts: Teil 1 Ethica. Physica [Kommentierte Ausgabe, Reprint 2023 ed.] 9783112695661, 9783112695654

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Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts: Teil 1 Ethica. Physica [Kommentierte Ausgabe, Reprint 2023 ed.]
 9783112695661, 9783112695654

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I.1 IE3 ARTIFICIOSA TOTIVS LOGICES DESCRIPTIO
I.2 CLARA TOTIVS PHYSIOLOGIAE SYNOPSIS
I.3 IE8 SCALA DESCENSIONIS VIRTUTUM OCCULTARUM IN INFERIORA
I.4 39.7 Aug. 2°, fol. 22 DE ORDINE VNIVERSI ET DE PRINCIPIIS
I.5 IE 2 PHYSICA SEV NATVRAE THEATRVM IN ... PHILOSOPHIAE
I.6 IE4 LOGICAE VNIVERSAE TYPVS
I.7 IE 5 FONS PHILOSOPHICVS In honorem, virtute ...
I.8 IE7 SCHOLA GENTILIUM. Der Heyden Schul
I.9 IH 1 STATVA NABVCHODONOSORIS. Das grosse Bild
I.10 IE 18 SVNT MALA MIXTA BONIS
I,11 IE 15 Der Tugend Lustgarten
I.12 IE 16 Ein schön Christliches Newes Lied
I.13 24.1. Geom. 2° (13) GEDVLT / Die Edele Tugent / mit jhren ... eigenschafften
I.14 24.1. Geom. 2o (13) JUSTITIA. Schöne Fürbildung/ wie auch kurtze Erinnerung
I.15 31.8. Aug. 2°, foi. 120 TYPVS CHRISTIANAE VIRTUTIS OVANTIS
I.16 IE 19 Bildnis der wahren Freundschafft
I.17 95.10. Quodi. 2°, fol. 74 TYPVS AMICICIAE. AD PHILIPPVM MELANTH
I.18 24.1 Geom. 2° (13) TYPVS AMICITIAE. Ex voto adscriptus Genio AMICITIAE
I.19 24.1. Geom. 2o (13) Der alten weisen Römer Artliche Abbildung
I.20 IE 24 MEDITATIO DIV [lies: DIE] Noctvqve exercenda
I.21 IE 25 Ein schöne nutzliche Vnderweisung
I.22 31.8 Aug. 2°, foi. 296 Das gülden A. B. C. Für jederman
I.23 31.8. Aug. 2°, fol. 187 Das gulden A. B. C. Für Jedermann
I.24 38.25. Aug. 2°, fol.387 Bericht: wie es gehe / Gar nach dem A, B, C
I.25 31.8 Aug. 2°, foi. 408 Wie ein jeglicher Haußvater vnd Haußmutter
I.26 38.25. Aug. 2°, fol. 464 Für ein jeden Burger oder Haußwirt
I.27 IE 30 Spiegel einer Christlichen vnd friedsamen Haußhaltung
I.28 IE 28 Hauß Segen
I.29 IE 29 Christlicher Haus- und Rais-segen
I.30 IE 27 Ein schöner Christlicher Hauß Segen
I.31 IE 26 Dein Brot dem Armen brich [Incipit]
I.32 IE 137 SPECVLVM BESTIALITATIS Das ist: Der ... Narrenspiegel
I.33 37.9 Aug. 2°, fol. 826 Geitzwagen. Eigentliche beschreibung deß schnöden Laster
I.34 39.7 Aug. 2°, fol. 825 Ein schöne Histori von dem Neydigen vnd Geytzigen
I.35 37.32 Aug. 2°, fol. 201 (d) Wie der Reich den Armen frißt
I.36 31.8 Aug. 2° ,foi. 385 Der Reichman spricht. Hie ist Gutt/
I.37 IE 60 Ein fast lustig Gesprech zweyer Personen
I.38 IE 59 Kurtzweilige Vnterredung Eines grossen Riesens
I.39 IE 57 Warhafftiger vnd Eygentlicher Bericht vom Stamm
I.40 IE 56 Ein newes stuck von dem Hochmuth
I.41 IE 70 Der Stoltz Esel/ Ein Schöne Emblematische Figur
I.42 IE 58 Der großmächtige/ dickprächtige/ Nasen Monarch
I.,43 IE 53 Traw/ Schaw Wem
I.44 IE 61 Der Lentz nimbt knecht an
I.45 IE 54 Rebus du Monde
I.46 IE 55 Rhebus de Champagne
I.47 95.10 Quodi. 2° Ein schön Labyrinth oder Wunderburg
I.48 IE 139 Der Niemand. OYTIZ. Nemo
I.49 IE 140 Der NIEMANTZ so bin ich genant
I.50 IE 136 ICH LAVFF GESCHWIND MIT DER LEIMSTANGEN
I.51 IE 135 Sich lieber sich Wie Jagen sie Mich
I.52 IE 141 Herzuo jr kauffer all zuo sammn
I.53 39.7 Aug. 2°, fol. 819 Le Medecin guarissant Phantasie Purgeant ... la folie
I.54 39.7 Aug. 2°, fol. 530 Tis verloren, wat sal ich gaen beginnen [Incipit]
I.55 IE 51 CVRRVS CVRSVS MVNDI. Der Welt Lauff.
I.56 IE 50 DER WELT SCHNELER LA VF VND LEB
I.57 39.7 Aug. 2°, fol. 199 Diese Figur vns klaerlich leert [Incipit]
I.58 39.7 Aug. 2°, foi. 268 IL MONDO ALLA RIVERSA
I.59 IE 138 Ey Stuirman du mein frummer knecht
I.60 IE 142 Jetz=und thu ich auff den Marek Lauffen
I.61 39.7 Aug. 2°, fol.821 Eenen nieuwen wereltlicken Heeren Coninck Brief
I.62 39.7 Aug.2°,foi.820 Coninck. Ick ghonue in mijn open hoff ...
I.63 38.25 Aug. 2°, fol. 466 Der heilig König Ludouicus in Franckreich
I.64 36.10 Aug. 2°, fol. 12 Regenten-Haupt: Daß ist: Christliche Nothwendige Betrachtung
I.65 IE 39 Nürnberg bleibet doch erhöhet
I.66 IE 37 TYPVS IVDICIS & IVRISCONSVLTI
I.67 IE 38 Gluck zu Hans mit der lange nasen
I.68 IE 186 Es ist ein Sprichwort ... Advocaten vnd Juristn [Incipit]
I.69 IE 6 EDVCATIO LIBERORVM
I.70 39.7 Aug. 2°, fol. 21 DESCRITTICENE DEL GRAN PAESE DE CVCCAGNA
I.71 IE 82 Magengifft: Das ist/ Eines alten Schlemmers Klage
I.72 39.7 Aug. 2°, fol. 264 FO DE FAGIOLI SI GROSSI [Incipit]
I.73 IE 83 Frew dich Magen, es Schneiet Feiste Krieben
I.74 IE 84 Duck dich Seel
I.75 39.7 Aug. 2", fol. 547 Des Bachi Bruderschafft
I.76 IE 130 Tred all her by seht wer der schönst sy
I.77 IE 143 WER NICHT VEXIERN KAN LEIDEN
I.78 68.3 Aug. 2°, fol. 38/39 Ein gut Recepì für das getruncken Kopffwehe
I.79 39.7 Aug.2°,fol.551 EBRIETAS. Wem Trunckenheit gefeit
I.80 39.7 Aug. 2°, fol. 549 Bewerdt Recept / auß allen meinen Büchern
I.81 IE 86 DER TRINCKER
I.82 IE 87 Ein kurtzweilig Gedicht: Von den ... Weintrinckern
I.83 38.2. Aug. 2°, vor fol. 134' Der teutsche Taback-trincker
I.84 IE 91 Lobspruch deß edlen / hochberühmten Krauts Petum
I.85 IE 35 REPRAESENTATIO ICONICA ET DESCRIPTIO FACETA
I.86 IE 80 Kurtzweilige Beschreibung des Baurn=volcks
I.87 IE 92 Die Buichen Klingn bin ich genant [Incipit]
I.88 3 9 . 7 Aug. 2°, fol. 2 0 0 Och lieue moeder beureest lijdic ... [Incipit]
I.89 IE 133 DER BVLER SPIGELL
I.90 IE 134 Der Jungfrauen Narrenseil
I.91 IE 131 Einer Jungfrauen Hertz ist gleich einem Dauben Hauß
I.92 IE 132 Mitt Fußtretten Handt drucken vnnd Lachen
I.93 IE 102 Spanneuer geflochtener Freyerkorb / Allen Jungen-Gesellen ...
I.94 IE 100 Hiebey kan man abnehmen frey
I.95 IE 105 Wunderbarlich er Mangel des Manns: Hertzlicher Wunsch ...
I.96 IE 104 Wan ich alzeit bleib zu haus [Incipit]
I.97 IE 126 Wer Eyffern wil der schaw [Incipit]
I.98 IE 119 REPRESENTATION DV COQVV IALOVX
I.99 IE 120 Chat Chah
I.100 IE 121 DER WIRT. Heut wird werden [Inc.]
I.101 IE 122 LE CONQVERANT POVR NICHER SON COCQ
I.102 IE 123 WEHR MVOTTER WEHR: DER HAN WILL MIR VBERS NEST
I.103 IE 124 Wer dise Fiichslin fangen will
I.04 IE 125 The Swimming Lady
I.105 IE 117 Freundlicher/ wolthätiger/ freygebiger Auffzug/ Deß Herrn/ Uber-Sie
I.106 IE 101 Neweröffneter Ernsthaffter / hochstraffwürdiger vnd vnverbrüchlicher Männerbefehlich
I.107 38.25 Aug. 2°, fol. 376 INSIGNIA AQUARIOLORUM
I.108 IE 21 Histoire facecieuse de la Bigorne
I.110 IE 114 Kurtzweilige Erzehlung einer Frawen in Elsaß
I.111 IE 103 Lustiges Gespräch Eines alten Greißen
I.112 IE 103.1 Der Hochverdient und Wolbelohnte Greise
I.113 IE 107 Unartigen Weiber Haupt Schmid
I.114 38.25 Aug. 2°, fol. 375 Ein köstlich gutes bewertes Recept
I.115 IE 111 Offt Probiertes und Bewährtes Recept
I.116 37.32 Aug. 2°, fol. 202 a Ein newes AuffschneidMesser / Allen Plätzmachern
I.117 IE 151 Modell des grossen Messers der Schwappenhawern
I.119 IE 150 ALA MODO MONSIERS. Die Newe vmbgekehrte Welt
I.120 IE 154 A LA MODO MONSIERS. Oder Chartell
I.121 IE 162 Chartell Stutzerischen Auffzugs / Der Dursichtigen / ... A la modo Monsiers
I.122 IE 155 Wie sich ein Teutscher Monsieur
I.23 IE 160 Wie sick een Munsiur alla mode Kleeden soli
I.124 IE 157 Wie sick een Munsiur a la mode kleeden sal
I.125 IE 161 Winter Alla modo Meßieurs
I.126 IE 159 Alia modo Meßieurs
I.127 IE 158 Wie sich ein Teütscher Monsier Kleiden soll
I.128 IE 163 Wie sich ein All'modo Monsieur
I.129 IE 172 Was für ein gesangk ein Teutscher frantzhoß ... können soll
I.130 IE 165 Monsierisch Gespräch: Auch trawrige vnd erbärmliche Klag
I.131 IE 166 Trauer-Gesang/Vber den all zu früe tödtlichen abgang
I.132 IE 167 Allmodo, vnnd seiner Daemen Leichbegengnuß
I.134 IE 164 Gantz New eröffneter Bartkram/ Darinnen
I.136 IE 168 [Chartel Stutzerischen vnd halb oder offt gantz Frantzösischen Auffzugs
I.137 IE 169 Eigentliche Abbildung/Wie sich etiliche Dama
I.138 IE 170 Eigentliche Abbildung/Vnderschidlicher Hoch=vnd Niderstands WeibsPersohnen
I.139 IE 152 Der Newe Allamodische Baum aller Jungen Cavallieren
I.140 IE 153 Der Newe Allamodische Baum aller Jungen DAMOISELLEN
I.141 39.7 Aug. 20, fol.746 LA LOVANGE DV VERTVGADIN DES DAMES
I.142 IE 108 LACONICE. Sat sapienti Gnueg mann kennt di'
I.143 IE 112 Zur Zeitvertreibung/ Kurtzweiliger Aderlaß/ Wie auch
I.144 IE 113 Eigene Schuldbekäntnüß Einer So genandten Jungfraw Aderlässerin
I.145 IE 110 SchawPlatz/ Aller Schnadrigen/ Vielschwätzigen/ Bapplerin
I.146 38.25 Aug. 2°, fol. 377 Die faule Haußmagd
I.147 IE 34 Neue Zeitung. Ein Rahtschluß der DienstMägde
I.148 IE 106 Satyrisches Gesicht/ zu Nichtburg in Vtopia
I.149 IE 33 Die Weiber-Treu Der Frauen zu Weinsberg
I.152 IE 115 Von Einem Bößen Weib
I.153 IE 116 Warhaffte Historische Abbild: vnd kurtze Beschreibung
I.154 38.2 Aug. 2°, fol. 36/37 Sih, wie die Teüfflisch hexen rott [Incipit]
I.155 31.8 Aug. 2°, fol. 398 Hort an new schrecklich abenthewr [Incipit]
I.156 IE 180 Geld/ regirt die Welt
I.157 IE 181 Da kommet der Karren mit dem Geld
I.158 IE 182 Grosse Klag Deß Trostlosen ... KunstManns
I.159 IE 183 Trawige Klag/ Vber meinen Seckhel
I.160 IE 184 Des Seckeis Jämmerlich Heulen/ vnnachlessig weh
I.161 IE 189 Der Wucherische Müntzmeister
I.162 IE 185 Trawrige Klage der Armen/ wegen der vbermachten Geltsteigerung
I.163 IE 190 Epitaphium oder deß guten Geldes Grabschrifft
I.164 IE 191 Trawrige Klag/ Vber den erbärmlichen Abschied/ deß ... Crédits
I.165 IE 187 Ein Newe Rähterschafft
I.166 IE 188 Ein newes Gespräch von dem... Gelt auffsteigen
I.167 IE 193 Geitz- vnd WucherSpiegel. In welchem...
I.168 m 194 Der Jüdische Kipper vnd Auffwechßler
I.169 IE 192 Engeländischer Bickelhäring/ welcher jetzund als ... Händler
I.170 38.2 Aug. 2° unpag. Der Wein Jud
I.171 IE 195 DER IVDEN BADSTVB
I.172 IE 210 Aller Heyl: vnnd Herrnlosen/Baurenschinderischer MarterHansen
I.173 IE 211 Algemeiner Bauren Vatter Vnser Wieder die ... Sollthaten
I.173 IE 211 Algemeiner Bauren Vatter Vnser Wieder die ... Sollthaten
I.175 38.25 Aug. 2°, fol. 288 O mein Volck/die dich weisen
I.175 38.25 Aug. 2°, fol. 288 O mein Volck/die dich weisen
I.177 IH 134 Extrat zweyer ParticularSchreiben/ Eins an Signor Pladis
I.177 IH 134 Extrat zweyer ParticularSchreiben/ Eins an Signor Pladis
I.179 IP 5 Newe zeytung. Die würckung der Coniunction
I.180 95.10 Quodi. 2°, fol. 243 DE ECLIPSI LVNAE, SOLI OPPOSITAE
I.181 95.10 Quodl. 2°, fol. 242 DESCRIPTIO CONSTITVTIONIS Coeli ad tempus mediae Eclipsis LVNAE
I.182 IP 1 Warhafftige Beschreibunge des Gesichts / welchs
I.183 IP 2 Ein warhafftige / doch wunderseltzame geschieht
I.184 IP 3 Dieses erschreckliche Zeichen/ist am Himmel gesehen worden
I.185 95.10 Quodl. 2°, fol. 27 Inn disem M.D.LXXI. Jar am XXVI. tag
I.186 95.10 Quodl. 2°, fol.26 Ein Warhafftige vnd Erschröckliche newe Zeitung
I.187 52.1 Aug. 2°, fol. 131 Newe Zeitung/ Was massen der Himmel
I.188 38.25 Aug.2°,fol.799 Beschreibung der am 3.4.5. vnd 6. Julii [...] erschienenen [...] Wunderzeichen
I.189 36.13 Aug. 2°, fol. 635 Aigentliche designatio dess erschröcklichen Wunderzaichens
I.190 38.25 Aug. 2°, fol. 805 Zwo warfftige vnd erschröckliche Newe Zeitungen
I.191 38.25 Aug. 2°, fol. 798 Warhafftige/ doch traurige newe Zeitung
I.192 38.25 Aug. 2°, fol. 802 Drey gewisse warhafftige Neue Zeitung
I.193 IP6 Spiegel Göttliches Zorns/ vber die sünde ...
I.194 IP 4 Dieser ungewöhlichr (!) stern ist im anfang ... [Inc.]
I.195 IP 10 Abbildung deß Neuen Comet- und Wunder-Sterns
I.196 45.4 Astr. 4° (4) POURTRAICT Of the New Wonderful Blazing Star
I.197 IP 8 Warhaffter und glaubwürdiger Bericht/ eines [...] Wunderzeichen
I.198 42.2 Astr. (11) OBSERVATION Deß Cometens/ Gehalten Zu Straßburg
I.199 42.2 Astr. (8) TABVLA URANOGRAPHICA
I.199a 45.4 Astr. 4° (9) Iter cometae anni 1664... Romae observatum
I.200 42.2 Astr. 4° (27) Die newe Cometen Seyn gwisse Propheten
I.201 45.4 Astr. 4°(5) Im Jahr Christi, 1664. den 16/26 Decemb
I.202 IP 9 Figur deß Comet=Sterns / wie solcher gewendet
I.203 IP 15 Wunderbare Wieder=Erscheinung eines Neu=geschwantzten COMETENS
I.204 42.1 Astr. 4°(23) Beschreibung Deß sehr nachdencklichen Comet=Sterns
I.205 42.1 Astr. 4°(24) Cometa Orientalis Caudatus in Pegaso observatus
I.206 IP 13 Eine deutliche Abbildung des neuligsten und Oesterlichen Cometen
I.207 IP 11 Abzeichnung Dessen allhie zu Altdorff I ... erschienenen Cometen
I.208 IP 12 Eine abgebildete Beschreibung Von dem wunderbarlichen Stralsundischen Lufft=Kriege
I.209 Nx 19(19) Dunckeler Abriß / Und Kurtze Beschreibung Des ... Cometens
I.210 Nx 19(3/4) Eigentlicher abriß deß Schröcklichen Cometsterns
I.211 98.25 Aug. 2°, fol. 809 Warhafftige vnd erschröckliche Newe Zeittung
I.212 IP 18 Warhaffte abbildung deß fläckens PLVRS
I.213 IP 16 Wahrhaffter Bericht / vnd eigentliche Contrafactur / der ... Erdbidem
I.214 IP 17 Eygentlicher Abriß vnd Beschreibung Deß grossen Erdbebens
I.215 38.25 Aug. 2°, fol. 804 Newe / doch Laidige Zeittung. Was
I.216 38.25 Aug. 2°, fol. 801 Ein vnerhörtes Wunderzeichen Von einem ... Fisch
I.217 IP20 LETTRE ESCRITE A MADAME DE NANVAILLE
I.218 118.4 Quodi.4°(11) Als man zeit. xv. hundert, xxiij. iar [Incipit]
I.219 IP 22 Das dreyförmigte und unerhörte Spanische MONSTRVM
I.220 IP 30 Wundergewächs zweyer Trauben / So hierunden zusehen
I.221 6.6 Aug. 2°, fol. 229 Ware ab Contrafetung eines weißen Traubens [Incipit]
I.222 6.6 Aug. 2°, fol. 300 Abbildung einer Wunderlichen vilfeltigen Khorn-äheren
1,223 IP 29 abgewidieses blatt oder gewechse eines [Incipit]
I.224 IP 26 Diese Figur ist in der groß [Incipit]
I.225 6.6 Aug. 2°, fol. 301' WARE EIGENTLICHE CONTERFATTVR DER ZWEIEN
I.226 IP 35 Ein warhafftige vnd Erschreckliche Newe zeittung
I.227 49.1 Poet. (28) ELEGIA DE PVERO BIFRONTE, QVI IN PAGO
I.228 38.25 Aug. 2°, fol. 780 Warhafftige Contrafactur oder abbildurig der wunderbarlichen ... geburt
I.229 31.8 Aug. 2°, fol. 25v Wahre vnd Eygentliche Contrefactur einer wunder geburt
I.230 95.10 Quodl. 2°, fol.29 HAns de Moer geboren aus Brabant [Incipit]
I.231 52.1 Aug. 2°, Innendeckel Die Länge der Spann Jacob Damman
I.232 IP 40 Symbolum Oenipontanum, Ynßprügger Warzaichen
I.233 QuN. 205 (24) Warhafftige und glaubwürdige Vorstellung der Geschieht
I.234 39.7 Aug. 2°, fol.811 Nothwendige Vorbetrachtunge der Aderlass / Darinnen ...
I.235 IP 45 Eigentlicher bericht Von Aderlassen in der zeit der Pestilentz
I.236 IP 46 Christliche Erinnerung/ neben kurtzer Historischer Verzaichnus
I.237 95.10 Quodl. 2°, fol. 23 Warhafftige Beschreibung eines grausamen erschröcklichen [...] Wurms
I.238 95.10 Quodl. 2°, fol. 24 Vvarachtighe Conterfeytinghe ende beschrijuinghe van [...] Worm
I.239 38.25 Aug. 2°, fol. 119 Ein schöne Betrachtung/ von dem edlen Vogel Phenix
AUSWAHLLISTE

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DEUTSCHE ILLUSTRIERTE FLUGBLÄTTER DES 16. UND 17. JAHRHUNDERTS Herausgegeben von Wolfgang Harms

Bandi Wolfenbüttel Teil 1

DEUTSCHE ILLUSTRIERTE FLUGBLÄTTER DES 16. UND 17. JAHRHUNDERTS Herausgegeben von Wolfgang Harms

Bandi

Die Sammlung der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel Teill

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1985

DIE SAMMLUNG DER HERZOG AUGUST BIBLIOTHEK IN WOLFENBÜTTEL Kommentierte Ausgabe Teil 1: Ethica. Physica

Herausgegeben von Wolf gang Harms und Michael Schilling zusammen mit Barbara Bauer und Cornelia Kemp

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1985

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. [sechzehnten] und 17. Jahrhunderts / hrsg. von Wolfgang Harms. Kommentierte Ausg. - Tübingen : Niemeyer Bd. 2 im Verl. Kraus Internat. Publ., München NE: Harms, Wolfgang [Hrsg.] Bd. 1. Die Sammlung der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel. Teil 1. Ethica, Physica / hrsg. von Wolfgang Harms u. Michael Schilling zusammen mit Barbara Bauer u. Cornelia Kemp. - 1985. NE: Herzog-August-Bibliothek (Wolfenbüttel) ISBN 3-484-10486-4 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1985 Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus photomechanisch zu vervielfältigen. Printed in Germany. Fotographische Arbeiten: Wolfgang Winkler, Bielefeld Reproduktionen: Rudolf Künstle, Tübingen Satz und Druck: Sulzberg-Druck GmbH, Sulzberg im Allgäu Einband: Sigloch, Künzelsau

,

STAATSBIBLIOTHEK ZU BERLIN

Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG I. Das illustrierte Flugblatt des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet a. Terminologie in der Zeit und in der Forschung

VII

VII VIII

b. Traditionen der Verbindung von Bild und Text c. Benachbarte Publikationsformen und vom illustrierten Flugblatt vermittelte Gattungen d. Die Situationsbezogenheit des illustrierten Flugblatts . . .

XI XIII XV

II. Gegenstand und Ziele der Reihe .Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts' a. Eingrenzung des Gegenstandes

XX XX

b. Die Ordnung nach Sammlungen

XXIII

c. Die Aufgaben der kommentierenden Teile

XXIV

III. Die Sammlung illustrierter Flugblätter der Herzog August-Bibliothek in Wolfenbüttel a. Der Sammlungscharakter b. Zu den drei Wolfenbütteler Bänden dieser Reihe IV. Spezielles zum vorliegenden Band I der Wolfenbütteler Sammlung: Ethica. Physica EDITION Ethica Physica AUSWAHLBIBLIOGRAPHIE

XXV XXV XXIX

XXX 1 2 366 500

Einleitung

I. Das illustrierte Flugblatt des 16. u n d 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet Das einseitig bedruckte Einzelblatt hatte von Anfang an Vorteile der Kürze für sich1: Seine Inhalte sind Uberschaubar und einprägsam, seine Herstellung erforderte geringen Zeit- und relativ geringen Kostenaufwand. Die knappe, komprimierte Mitteilung konnte der Information wie der Meinungssteuerung dienen, doch ließ der eng bemessene Raum eine breite, komplizierte argumentative oder narrative Entfaltung nicht zu. Die mehrblättrige Flugschrift stellt höhere Anforderungen an die Geduld des Lesers oder Zuhörers, bildet bereits den Übergang vom Flugblatt zum Buch. Nimmt das Textflugblatt Graphiken auf, die über einen vignettenhaften Dekor hinaus eigenes Gewicht neben und mit dem Text erhalten, wandelt sich der Charakter und die Leistungsmöglichkeit des Einzelblattes: Zwar bleibt beim illustrierten Flugblatt die Eigenschaft der Kürze und damit der Handlichkeit erhalten, doch gelangt über das Auge eine Wahrnehmungsmöglichkeit hinzu, die auch die verbalen Verständigungsmöglichkeiten verändert. Neben das Schlagwort tritt hier das „Schlagbild" 2 , neben die verbale Beschreibung die visuelle Vergegenwärtigung, mit der Wirkung der Rhetorik des Worts verbindet sich die persuasive Kraft des Bildes. Mit der Verquickung von Wort und Bild als prinzipiell gleichrangigen Bestandteilen, von denen keines ohne Aussageverlust getilgt werden kann, also keines nur subsidiär-additiven Charakter hat, hat das illustrierte Flugblatt als ein bewegliches Instrument der Publizistik durch seine praktische Wirkung eine relativ feste Form gefunden, nicht aber durch eine spezielle Theorie oder Poetik, nicht einmal durch eine einheitliche Benennung oder Begrifflichkeit. Daß dem bedruckten Einzelblatt unabhängig von seinen vielen praktischen Aufgaben etwas Gemeinsames, Charakteristisches zu eigen war, wurde wohl erst aus der historischen Distanz bewußtgemacht, etwa durch die früher Johann Gottfried Herder zugeschriebene 3 Wortprägung vom fliegenden Blatt und Flugblatt oder schon durch Lessings, am 10. Januar 1779 in Wolfenbüttel in einem Brief an Herder formulierte Rechtfertigung einer Hochschätzung des illustrierten Flugblatts: Unter Bilderreimen versteh ich die Gedichte, welche sich am Ende des löten Jahrhunderts, bis gegen die Mitte des folgenden, so häuffig auf einzeln fliegenden Kupferstichen oder Holzschnitten, satyrischmoralischen, und satyrischpolitischen Inhalts, befinden, deren ich eine ziemliche Menge gesammelt habe, und die zum Theil, selbst von der Seite der Kunst, nichts weniger als zu verachten sind4. Lessing hatte sich seit neun Jahren als Bibliothekar mit der Wolfenbütteler Bibliothek

vertraut gemacht, als er in diesem Brief von seiner Überlegung spricht, durch eine Ausgabe alter Fabeln und Erzählungen dem poetischen Genie unsrer Vorfahren Ehre zu machen, daneben aber den neuen Plan stellt, alte deutsche Gedichte zu edieren, und zwar mittelhochdeutsche Priameln, die er gern das ursprüngliche deutsche Epigramm nennen möchte, und im Anschluß an sie die in den oben im Zitat umschriebenen Verse auf Flugblättern jener Sammlung, die in den ersten drei Bänden unserer kommentierten Ausgabe erschlossen wird. Konzentrierte Lessings Interesse sich auf die Wiederentdeckung poetischer Texte und daneben auf die Graphiken, sehen wir in poetischen wie in prosaischen, in satirischen wie in deskriptiven und deutenden, in weltlichen wie in religiösen Texten illustrierter Flugblätter Gegenstände, die die Aufmerksamkeit mehrerer akademischer Disziplinen verdienen. Konnte der gelehrte Bibliothekar und vielfältig tätige Autor Lessing noch aus der Universalität seiner Interessen Zugang zu diesem Gegenstand finden, gelang den partikularisierten, spezialisierten Fächern der philosophischen Fakultäten im 19. Jahrhundert kaum noch in hinreichendem Maße der Blick auf diese in ihrer ästhetischen Qualität und in der Leistung höchst vielfältigen Blätter. Lebhafter glückte zunächst noch der Zugriff dann, wenn eher ein Literat als ein wissenschaftlicher Sammler und Interpret tätig war: Achim von Arnim und Clemens Brentano, die jungen Sammler, Verfasser und Herausgeber von ,Des Knaben Wunderhorn', weisen in 84 Fällen Fliegendes Blat als Herkunft eines Textes aus 5 , knüpfen aber nicht eigentlich an enge Verbindungen von Wort und Bild an. Um dieses Hauptcharakteristikum des illustrierten Flugblatts der frühen Neuzeit aber würdigen und in seinen Voraussetzungen und Leistungen erkennen zu können, müßten Vertreter unterschiedlicher Interessen und Kenntnisse in jenem „Laboratorium kulturwissenschaftlicher Bildgeschichte an einem gemeinsamen Arbeitstisch zusammenfinden", wie es Aby Warburg für seine umfassend historisch fundierte Ikonologie gefordert hat 6 . Im illustrierten Flugblatt finden auf unterschiedlichem ästhetischen Niveau, in leichter oder schwerer dechiffrierbarer Verrätselung, in Wort und Graphik zugleich, ältere Konventionen literarischer und graphischer Gattungen wie auch neuere, situationsgebundene Abwandlungen und Kombinationen zu einprägsamen, memorierbaren Aussagen und Vorstellungen zusammen, die zeigen, wie eine Kultur auf Ängste, Sorgen, Gewohnheiten und Hoffnungen zu antworten wußte. Nicht in der Sprache von Urkunden des Historikers, wohl aber als interpretierbare, komplexe Gebilde aus Vorwissen und neuer Information, vorgefaßter Meinung und Meinungsbildung, Andeutung und Überredungskunst, Erbauung und Verheißung können illustrierte Flugblätter den Zugang zu den offen oder latent wirksamen Normen und

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s. K. SCHOTTENLOHER, F l u g b l a t t u n d Z e i t u n g . E i n W e g w e i s e r d u r c h d a s g e d r u c k t e T a g e s s c h r i f t t u m ( B i b l i o t h e k f ü r K u n s t - u n d A n t i q u i t ä t e n s a m m l e r , 2 1 ) , B e r l i n 1 9 2 2 , S. 1 6 f .

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A . M . WARBURG, H e i d n i s c h - a n t i k e W e i s s a g u n g in W o r t u n d Bild zu L u t h e r s Z e i t e n ( z u e r s t H e i d e l b e r g 1 9 2 0 ) , a b g e d r u c k t in: A . M . WARBURG, A u s g e w ä h l t e S c h r i f t e n u n d W ü r d i g u n g e n , hg. v o n D . WUTTKE in V e r b i n d u n g mit C . G . HEISE, B a d e n - B a d e n 1 9 7 9 , S. 1 9 9 - 3 0 4 , h i e r S. 2 3 2 .

' J o h a n n G o t t f r i e d H e r d e r , V o l k s l i e d e r T h e i l 2 ( 1 7 7 9 ) , S ä m m t l i c h e W e r k e , hg. v o n B . SUPHAN, B d . 2 5 , B e r l i n 1 8 8 5 , S. 3 2 0 f f . s. F. LEONARD VON SOLTAU ( H g . ) , E i n h u n d e r t d e u t s c h e historische V o l k s l i e d e r , L e i p z i g 1 8 3 6 , S. V I I ; vgl. u n t e n A n m . 18. 4

G o t t h o l d E p h r a i m L e s s i n g , S ä m t l i c h e S c h r i f t e n , hg. v o n K . LACHMANN/F. MUNCKER, B d . 18, L e i p z i g 1 9 0 7 , N a c h d r u c k 1 9 6 8 , S. 3 0 1 - 3 0 4 , Brief N r . 6 2 9 , b e r e i t s zitiert bei W . A . COUPE, T h e G e r m a n I l l u s t r a t e d B r o a d s h e e t in t h e S e v e n t e e n t h C e n t u r y , 2 B ä n d e ( B i b l i o t h e c a B i b l i o g r a p h i c a A u r e l i a n a , 17 u. 2 0 ) , B a d e n - B a d e n 1 9 6 6 / 6 7 , S. 5. Z u v e r w a n d t e m S p r a c h g e b r a u c h bei L e s s i n g (fliegende

B o g e n , 1 7 5 4 ; flüchtige

B l ä t t e r , 1 7 7 3 ; fliegende B l ä t t e r , 1 7 7 8 ) s. die B e l e g e b e i R . W . BREDNICH, D i e L i e d p u b l i z i s t i k im F l u g b l a t t d e s 15. bis 17. J a h r h u n d e r t s . 2 B ä n d e ( B i b l i o t h e c a

B i b l i o g r a p h i c a A u r e l i a n a , 5 5 u. 6 0 ) , B a d e n - B a d e n 1 9 7 4 / 7 5 , 1 , S. 17. 5

s. D e s K n a b e n W u n d e r h o r n . A l t e d e u t s c h e L i e d e r , g e s a m m e l t v o n L . A . v o n A r n i m u n d C l e m e n s B r e n t a n o , S t u d i e n a u s g a b e , hg. v o n H . RÖLLEKE, B a n d 9, S t u t t g a r t u . a . o . J., K o m m e n t a r s . 7 7 5 .

6

A . WARBURG, W e i s s a g u n g in W o r t u n d Bild (wie A n m . 2), S. 2 6 8 .

VII

Werten einer Zeit, zu dem Beitrag von Literatur und Kunst zur Bewältigung von politischen und privaten Ängsten und Enttäuschungen eröffnen. a. Terminologie in der Zeit und in der Forschung Formen und Funktionen des illustrierten Flugblatts lassen sich annäherungsweise erkennen, wenn man zeitgenössische und auch die uneinheitlich gebliebenen modernen Versuche, größere oder kleinere Teile dieses aus seiner erfolgreichen Wirkung zu festeren Konturen gelangenden Mediums der frühen Neuzeit zu bestimmen, als einander ergänzende Angaben über Möglichkeiten des Flugblatts versteht. Wiederum ergänzend können zeitgenössische Angaben über Verwendungszusammenhänge, über Sammlerinteressen und über Affinitäten zu Gattungen der Literatur und der bildenden Künste und zu anderen Formen der Publizistik die spezifischen und die potentiellen Eigenschaften illustrierter Flugblätter erhellen. Der Versuch, das illustrierte Flugblatt' der frühen Neuzeit allzu präzise auf bestimmte Inhalte festzulegen und damit von seinen Nachbarphänomenen bzw. deren Bezeichnungen scharf abzugrenzen, wäre nicht sachgemäß 7 . Mit dem modernen Terminus ,Einblattdruck' ist nicht nur in technischem Sinne eine wichtige Eingrenzung auch des Flugblatts erzielt: Das einseitig bedruckte Blatt ist gekennzeichnet durch die Kürze des Inhalts, durch die leichte und schnelle Herstellbarkeit und damit durch die relativ geringen Kosten sowie durch die Möglichkeit einer plakativen Verwendung, die die Augen des Betrachters, der erst als Käufer und Leser gewonnen werden soll, zu erreichen vermag 8 . Dieses sind Eigenschaften, die das Flugblatt als wichtige Voraussetzungen nutzt. Innerhalb des großen Bereichs der Einblattdrucke sind durch den Terminus .Flugblatt' (,broadsheet') 9 nicht miterfaßt der quantitativ kaum überschaubare Bereich der obrigkeitlichen Bekanntmachung (Patente) 10 sowie der Kalender, Porträts, Städteansichten, Landkarten und des kleinformatigen Andachtsbildes. Unter den dann noch verbleibenden Flugblättern gibt es auch Textblätter ohne Graphik, die sich in den Dienst der Verbreitung sehr unterschiedlicher literarischer Gattungen 1 1 stellen; die Mitteilung einer Neuigkeit, ein Lied weltlicher oder geistlicher Art, ein Rezept, ein Gebet, ein Brief usw. können Inhalt derartiger Flugblätter sein. Weitaus regelmäßiger als bei Textblättern wird in Blättern mit Graphiken, den illustrierten Flugblättern, eine Appellstruktur erreicht, die beim Leser eine raschere Aufmerksamkeit hervorruft, auch den Leseunkundigen direkt ansprechen kann 12 , mit Suggestion und Memorierbarkeit stärker und nachhaltiger auf Glaubens- und Meinungsinhalte einzuwirken vermag als ein Textblatt. Auf den Anteil des graphischen Bildes und auch der verbalen Bildlichkeit im illustrierten Flugblatt wird unten näher einzugehen sein. Mit dem Terminus .Flugblatt' wird heute das einzeln verfügbare Blatt bezeichnet, das als .fliegendes Blatt' für Herder besonders als Träger von Liedtexten interessant war und von Wieland und Schubart in Analogie zum

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französischen .feuille volante' (nach lateinischem folium volans) verstanden wurde' 3 . Rabener meint 1755 im Zusammenhang von satirischen Schriften unperiodisch erscheinende Publikationen, wenn er von fliegenden Blaettern spricht, und auch Campes Wörterbuch hält noch 1808 für .Flugblatt' außer der Bedeutung .Einzelblatt' die Möglichkeit .Kleine Schrift' fest 14 . Die Metapher des Fliegens vermittelt auch etwas von der Vorstellung, daß ein Flugblatt schnell hergestellt und vor allem leicht vertrieben werden und daher schnell zu vielen Lesern gelangen konnte. Die moderne Erfahrung, daß Flugblätter kostenlos verteilt werden, widerspricht dem, was in der frühen Neuzeit üblich war: Ein Flugblatt erreichte nur dann viele Leser und Betrachter, wenn es sich gut verkaufen ließ, wenn es also durch sein Thema, oft vermittelt durch sichtbares Aushängen und weithin vernehmbares Ausrufen oder -singen, Käufer anzulocken vermochte 15 . In modernen Definitionsversuchen wurde das Flugblatt bzw. das illustrierte Flugblatt oft auf wenige seiner vielen möglichen Funktionen eingeengt. Karl d ' E s t e r " sieht im Flugblatt „eine kämpferisch abgefaßte Gelegenheitsdruckschrift, die mit der Absicht größtmöglicher Streuwirkung im Umfang von einem oder zwei Blättern handlichen Formats verbreitet wird"; sowohl die religiöse und moralische Thematik vieler Blätter, die unabhängig von datierten Gelegenheiten oder Anlässen erscheinen 17 , wie auch die nichtkämpferischen Formen der gelegenheitsgebundenen Blätter bleiben hier unbeachtet. Wichtig dagegen ist d'Esters Hinweis, daß mit dem Flugblatt „das sog. ,Räsonnement'" in die Presse gelangte, wobei er die ,Neuen Zeitungen' vom .Flugblatt' abhebt. Das illustrierte Flugblatt hat, wohl regelmäßiger noch als das nichtillustrierte, in der Entwicklung zum und im 17. Jahrhundert tatsächlich - im Kontrast zu den ersten Zeitungen - eher der Meinungssteuerung als der ersten Information gedient. In der Bezeichnung ,Flugblatt' sieht Dovifat 18 hervorgehoben, daß das Blatt „aus innerer Triebkraft und äußerer Aufmachung ,fliegt'..., zwingt, gelesen, besprochen und von Hand zu Hand weiter gereicht zu werden (laufzeitelein das sich selbst auf die Beine bringt, 15. Jahrh.)". Wenn dort 19 auch der besondere Fall des illustrierten Flugblatts beschrieben wird, wird mit den „Hauptmerkmalen .Billigkeit und Aktualität'" wiederum sehr kurz gegriffen. Denn die Illustration, insbesondere ein Kupferstich eines vielgefragten Graphikers, wird den Verkaufspreis spürbar erhöht haben, und die Wirkung moralischer und religiöser Blätter konnte unabhängig von Datum und Anlaß lange anhalten. Wichtig ist aber der Hinweis 20 , daß der graphische Teil des Flugblatts unterschiedliche Aufgaben erfüllen konnte, so neben dem persuasiv eingesetzten „Tendenzbild" 21 das eher deskriptive „Nachrichtenbild", das z.B. Belagerungs- und Schlachtendarstellungen oder Sternkarten zeigen kann. Der begleitende Text kann diese Leistungen des Bildes steuern, wie umgekehrt das Bild dem Text Ausrichtung und Akzentuierung mitgeben kann. In allen diesen Fällen reicht die Leistung des illustrierten Flugblatts über die bloße Information hinaus, besteht sogar oft allein in der Deutung einer als schon bekannt vorausgesetzten Information,

s. H. URBAN, Rezension zu W. A. COUPE, Broadsheet, Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 95 (Frankfurt 1968) 3 0 7 6 - 3 0 7 9 ; W. HARMS/M. SCHILLING, Zum illustrierten Flugblatt der Barockzeit, in: W. HARMS/J. R. PAAS/M. SCHILLING/A. WANG, Illustrierte Flugblätter des Barock. Eine Auswahl (Deutsche Neudrucke, 30), Tübingen 1983, S. V I I - X V I , bes. S. Vllf.; R. W. BREDNICH, Art. .Flugblatt, Flugschrift', in: Enzyklopädie des Märchens, IV, Berlin/New York 1984, Sp. 1339-1358. * s. W. BRÜCKNER, Massenbilderforschung 1968-1978, 1. Teil, Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 4 (1979) 1 3 0 - 1 7 8 , hier S. 139ff.; zuvor derselbe, Populäre Druckgraphik Europas, Deutschland vom 15. bis zum 20. Jahrhundert, München 1975 (zuerst 1969), S. 87. I vgl. W. A. COUPE, Broadsheet (wie Anm. 4), S. 7ff. vgl. hierzu K. VOCELKA, Die politische Propaganda Kaiser Rudolfs II (1576-1612), Wien 1981, S. 23 f. und 28; zu Patent für .Flugblatt 1 s. unten Anm. 50. " vgl. hierzu Beobachtungen auf benachbartem Feld von J. SCHWITALLA, Deutsche Flugschriften 1460-1525. Textsortengeschichtliche Studien (Germanistische Linguistik, 45), Tübingen 1983, S. 13 ff.; H.-J. KÖHLER, Fragestellungen und Methoden zur Interpretation frühneuzeitlicher Flugschriften, in H.-J. KÖHLER (Hg.), Flugschriften als Massenmedium der Reformationszeit. Beiträge zum Tübinger Symposion 1980, Stuttgart 1981, S. 1 - 2 7 . 12 vgl. MONIKA RÖSSING-HAGER, Wie stark findet der nicht-lesekundige Rezipient Berücksichtigung in Flugschriften?, in: H.-J. KÖHLER (Hg.), Flugschriften (wie Anm. 11), S. 7 7 - 1 3 7 , und R. W. SCRIBNER, For the Sake of Simple Folk: Populär Propaganda for the German Reformation, Cambridge 1981. 11 s. F. KLUGE/A. GÖTZE, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin H 1948, S. 168. 14 Gottlieb Wilhelm Rabener, Satiren, IV, Leipzig 1755, fol. a 3 b , und Joachim Heinrich Campe, Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Sprache, II, Braunschweig 1808, S. 117, beide Belege nach R. W. BREDNICH, Liedpublizistik (wie Anm. 4), I, S. 17 f. 15 s. R. W. BREDNICH, Liedpublizistik (wie Anm. 4), I, S. 285 ff. zum Flugblatt als Ware; einschränkend hierzu betont W. BRÜCKNER, Massenbilderforschung (wie Anm. 7), S. 145f., mit Recht den Aspekt des,Gebrauchs'. K. D ESTER, Flugblatt und Flugschrift, in: W. HEIDE (Hg.), Handbuch der Zeitungswissenschaft, Bd. I, Leipzig 1940, Sp. 1041-1052, bes. Sp. 1041. 17 vgl. z.B. A. SPAMER, Der Bilderbogen von der ,Geistlichen Hausmagd'. Ein Beitrag zur Geschichte des religiösen Bilderbogens und der Erbauungsliteratur im populären Verlagswesen Mitteleuropas, bearbeitet von MATHILDE HAIN, Göttingen 1970. II E. DOVIFAT, Handbuch der Publizistik, Bd. I, Berlin 1968, S. 2 6 9 - 2 7 4 „Flugblatt und Flugschrift", hier S. 270. G. HUHNDORF, Frühformen der Bildpublizistik, in: E. DOVIFAT, Handbuch der Publizistik, Bd. II, Berlin 1969, S. 5 6 - 6 4 , hier S. 57; vgl. dort auch zur Karikatur K. REUMANN, S. 6 5 - 9 0 , und zum Flugblatt G. HAGELWEIDE, S. 3 9 - 4 8 . 211 G. HUHNDORF, Bildpublizistik (wie Anm. 19), S. 62. 21 Zu meinungsbeeinflussenden illustrierten Flugblättern und Einblattdrucken schon des 15. Jahrhunderts s. A. TIMM, Zur Entwicklung der Publizistik im Spätmittelalter, Forschungen und Fortschritte 29 (1955) 2 6 3 - 2 6 5 , und H. KUNZE, Geschichte der Buchillustration in Deutschland. Das 15. Jahrhundert, Textband, Leipzig 1975, S. lOOf.

VIII

unterscheidet sich dann also erheblich von frühen Zeitungen. Dennoch sollten die inhaltlichen Leistungen des illustrierten Flugblatts der frühen Neuzeit zusammen mit den Leistungen von Textflugblatt, Zeitung, Flugschrift und zeitgenössischer Annalistik als ein Komplex gesehen werden; ähnliche Themen werden hier in einem Verbund verschiedener Medien und damit auch in unterschiedlicher Affinität zu literarischen Gattungen für vielfältige Leserschichten aufbereitet. Im Hinblick auf das illustrierte Flugblatt, das als Medium vielen literarischen Gattungen neue Verwendungs- und Wirkungszusammenhänge verschafft, wäre neben Aspekten der traditionellen Gattungspoetik auch zu ermitteln, welche Wirkung die Arten des Publizierens für einzelne Gattungen erhalten können. Zeitung, Relation und Aviso sind zeitgenössische Bezeichnungen, die im 16. Jahrhundert jeden Träger von Neuigkeiten meinen können, also sowohl das Flugblatt wie die mehrblättrige Flugschrift wie auch ab 1609 die periodisch erscheinenden Nachrichtenblätter. Kaspar Stieler, dessen erste große Monographie über die Publizistik 1695 erschien, versteht unter Zeitungen gegenwartsbezogene Benachrichtigungen und setzt sie den Avisen gleich, deren Wortbedeutung er mit anweisen/ anzeigen/ oder berichten/ was bey uns oder anderswo sich begibt22 umschreibt. Die beiden ersten Zeitungen im modernen Sinne des Wortes führen diese etablierte Terminologie im Titel: Die Straßburger ,Relation' und der Wolfenbütteler ,Aviso' 23 . Der Straßburger Verleger Johann Carolus hebt in seinem Vorwort zum ersten Heft der ,Relation' hervor, daß ihm der Übergang von der ausferrigung der Ordinarii avisa, die unregelmäßig schon länger erschienen waren, zum Continuiren Mühe gemacht habe, insbesondere weil das Verfassen und Corrigiren unter Termindruck bey der Nach eylend gefertigt werden muß 24 . Eine derartige Schnelligkeit der Herstellung wird für Blätter, die schon kurz nach einem Ereignis einen Bericht geben wollen, zu einem Qualitätsmerkmal; hierin dürften aber Textflugblatt und Zeitung in der Regel dem illustrierten Flugblatt, dessen Graphik längere Herstellungszeit benötigte und dessen Text nicht selten schon den informierten Leser voraussetzt, überlegen gewesen sein 25 . Jedenfalls geht die Mehrzahl der illustrierten Flugblätter des späteren 16. und des 17. Jahrhunderts — auch die politisch-historischen — auf Seiten des Lesers von einer Information aus anderer Quelle aus. Wenn auch die Bezeichnungen A viso, Relation und Zeitung, die auch auf illustrierten Flugblättern als Selbstbezeichnung erscheinen 26 , in der Regel die schnelle Berichterstattung hervorheben, ist hiermit doch nicht ein spezifisches Ziel des illustrierten Flugblatts generell benannt; denn außerhalb der Ereignisse in der Politik kennt das illustrierte Flugblatt eine andere Art von Aktualität, die nicht vom Datum abhängig ist, sondern von der Dringlichkeit, mit der sich der Leser Antworten auf religiöse und weltliche Sorgen erhofft 27 . Ein sach- und zeitgemäßer Propaganda-Begriff müßte für die frühe Neuzeit eine öffentlich, auf politisches Handeln zielende Propaganda

im engeren Sinne 28 von einem anderen, nicht auf Politik bezogenen ,Propaganda'-Begriff unterscheiden, der von einer propaganda fidei bis zu weltlichen Antworten auf eine vom Einzelmenschen gestellte Frage meinungssteuernde oder -befestigende Akte zwischen Gruppen oder einzelnen Personen umfaßt. Beide Auffassungen von Propaganda können vom illustrierten Flugblatt geleistet werden, wären insofern — doch mit Bedenken wegen der uneinheitlich gebrauchten Begrifflichkeit - für die Charakterisierung der Aufgaben sämtlicher Arten von illustrierten Flugblättern verwendbar. Nicht mehr sach- und epochengemäß wäre es, das Verhältnis von propaganda' und Religiosität so zu stilisieren, als könnten religiöse Normen, Werte und Motive instrumentalisiert in den Dienst propagandistischer Kalkulation gestellt werden: Religiöse Ziele von Aussagen illustrierter Flugblätter sind in jener Zeit für Autoren und Adressaten in gleicher Weise verbindlich. Derartige Antworten auf Bedürfnisse, die nicht in erster Linie von historischen Ereignissen abhängig sind, kündigt ein Flugblatt nicht unter Begriffen an, die eine Nachbarschaft zu Flugschrift und Zeitung markieren. Historische wie auch andere illustrierte Flugblätter können in einem Zusammenhang von ,Relationen' in einem komplexen Sinn von Berichterstattung die Aufgabe von Beweisen und Vergegenwärtigungen übernehmen, etwa wenn der Augsburger Kunstagent und Nachrichtenkorrespondent 29 Philipp Hainhofer von seinen Besichtigungs- und Einkaufsreisen durch Europa an mehrere europäische Fürsten handschriftliche Berichte über Politik, Kunst, Kultur und Landeskunde sendet und dabei illustrierte Flugblätter als Ergänzung seiner Berichte beifügt. Ein großer Teil der in Wolfenbüttel gesammelten illustrierten Flugblätter stammt aus diesem Nachrichtenzusammenhang. Wo ein illustriertes Flugblatt sich als neue Zeitung bezeichnet, wird die Behandlung eines neuen Ereignisses versprochen; doch der Begriff selbst macht nicht deutlich, ob es sich um eine Nachricht in einem Flugblatt oder in einem periodisch erscheinenden Nachrichtenblatt handelt 30 . Unspezifisch, aber relativ häufig wird in einem illustrierten Flugblatt mit neue Zeitung die Darstellung und Erläuterung eines besonderen Naturereignisses angekündigt 31 . Hierbei wie auch sonst im Gebrauch des Wortes Zeitung im Flugblatt wird nicht das andere Medium miteinbezogen, das im heutigen Deutsch als .Zeitung' bezeichnet wird und in seinen Anfängen im 17. Jahrhundert strikt auf Information ohne Kommentar — wenn auch von Informationspolitik abhängig - konzentriert war 32 . Mit Pasquill, Famoslibell, Schmachschrift und verwandten Wortbildungen 33 werden Flugblätter und Flugschriften bezeichnet, soweit sie im kalkulierten Schutz der Anonymität 34 den Ruf einzelner, nicht immer historisch bedeutsamer Personen zu schädigen suchten. Der Senat der Stadt Augsburg warnt am 13. Dezember 1661 vor Pasquínales und Famosschrifften, da sie zu Unfried, Aufruhr, auch Gefahr und Zerrüttung des gemainen bürgerlichen Wesens dienen35.

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K a s p a r Stieler, Z e i t u n g s L u s t u n d N u t z ( 1 6 9 5 ) , hg. v o n G . HAGELWEIDE, B r e m e n 1 9 6 9 , S. 2 5 ; v g l . / * 111,229.

23

D i e R e l a t i o n d e s J a h r e s 1 6 0 9 , hg. v o n W . SCHÖNE, L e i p z i g 1 9 4 0 ; D e r A v i s o d e s J a h r e s 1 6 0 9 , hg. v o n W . SCHÖNE, L e i p z i g 1 9 3 9 ; vgl. MARGOT LINDEMANN, D e u t s c h e P r e s s e bis 1 8 1 5 . G e s c h i c h t e d e r d e u t s c h e n P r e s s e , I, B e r l i n 1 9 6 9 , S. 8 6 f f . , u n d E . BLUHM, Z e i t u n g u n d l i t e r a r i s c h e s L e b e n im 17. J a h r h u n d e r t , i n : A . SCHÖNE ( H g . ) , S t a d t - S c h u l e - U n i v e r s i t ä t - B u c h w e s e n u n d d i e d e u t s c h e L i t e r a t u r im 17. J a h r h u n d e r t , M ü n c h e n 1 9 7 6 , S. 4 9 3 - 5 0 5 , vgl. d o r t S. 5 8 0 - 5 8 7 .

24 25

R e l a t i o n d e s J a h r e s 1 6 0 9 , 1. N u m m e r (wie A n m . 2 3 ) , u n g e z . B l . Z u m Z e i t a b s t a n d z w i s c h e n E r e i g n i s u n d p u b l i z i s t i s c h e r B e h a n d l u n g im 17. J a h r h u n d e r t vgl. G . RYSTAD, K r i e g s n a c h r i c h t e n u n d P r o p a g a n d a w ä h r e n d d e s D r e i ß i g j ä h r i g e n K r i e g e s , L u n d 1 9 6 0 , S. 4 2 u n d 1 6 0 f f . , zur K o n k u r r e n z g e s c h r i e b e n e r u n d g e d r u c k t e r Z e i t u n g e n in P r a g s. Z . SIMECEK, P o c ä t y n o v i n o v e h o z p r a v a d a j s t v i v c e s k y c h z e m i c h , S b o r n i k h i s t o r i c k y 18 ( 1 9 7 1 ) 5—38.

'' s. z . B . in d i e s e r A u s g a b e d i e B l ä t t e r e * 1,188, 2 7 8 , 2 9 3 , sowie I l l u s t r i e r t e F l u g b l ä t t e r a u s d e n J a h r h u n d e r t e n d e r R e f o r m a t i o n u n d d e r G l a u b e n s k ä m p f e , A u s s t e l l u n g s k a t a l o g C o b u r g , hg. v o n W . HARMS, b e a r b . v o n BEATE RATTAY, C o b u r g 1 9 8 3 , N r . 3 u n d A b b . S. I X , u n d B. WEBER, W u n d e r z e i c h e n u n d W i n k e l d r u c k e r 1 5 4 3 - 1 5 8 6 . E i n b l a t t d r u c k e a u s d e r S a m m l u n g W i k i a n a in d e r Z e n t r a l b i b l i o t h e k Z ü r i c h , D i e t i k o n / Z ü r i c h , 1 9 7 2 , S. 4 8 - 5 2 mit A b b . 5 f . 27

s. R . WOHLFEIL, . R e f o r m a t o r i s c h e Ö f f e n t l i c h k e i t ' , in: K . STACKMANN ( H g . ) , L i t e r a t u r u n d L a i e n k u l t u r im s p ä t e n M i t t e l a l t e r u n d im 16. J a h r h u n d e r t . W o l f e n b ü t t e l e r K o l o q u i u m 1 9 8 1 , S t u t t g a r t 1 9 8 4 , S. 4 1 - 5 2 , b e s . S . 4 2 f .

2

* vgl. die u m s i c h t i g e K r i t i k in d e r R e z e n s i o n v o n B . ROECK ( B l ä t t e r f ü r d e u t s c h e L a n d e s g e s c h i c h t e 1 1 9 [ 1 9 8 3 ] 4 8 9 - 4 9 3 ) zu K . VOCELKA, Politische P r o p a g a n d a (wie A n m . 1 0 ) , b e s . zu S. 1 3 - 2 0 . Z u m w e r t n e u t r a l zu v e r w e n d e n d e n P r o p a g a n d a - B e g r i f f im S i n n e d e r p r o p a g a n d a fidei s. D . - R . MOSER, V e r k ü n d i g u n g d u r c h V o l k s g e s a n g . S t u d i e n zur L i e d p r o p a g a n d a u n d - K a t e c h e s e d e r G e g e n r e f o r m a t i o n , B e r l i n 1 9 8 1 , S. 10, 6 6 ff. u. ö.

29

s. O . DOERING, D e s A u g s b u r g e r P a t r i c i e r s P h i l i p p H a i n h o f e r R e i s e n n a c h I n n s b r u c k u n d D r e s d e n ( Q u e l l e n s c h r i f t e n f ü r K u n s t g e s c h . u. K u n s t t e c h n i k d. M i t t e l a l t e r s u. d. N e u z e i t , 10), W i e n 1901. J. O . OPEL, D i e A n f ä n g e d e r d e u t s c h e n Z e i t u n g s p r e s s e 1 6 0 9 - 1 6 5 0 ( A r c h i v f ü r G e s c h i c h t e d e s D e u t s c h e n B u c h h a n d e l s , 3), L e i p z i g 1 8 7 9 , S. 2 7 , s i e h t ihn a l s e i n e n d e r h e r v o r r a g e n d s t e n Z e i t u n g s korrespondenten jener Zeit an.

3

" vgl. z . B . C h r i s t o p h e r u s B e s o l d u s , T h e s a u r u s p r a c t i c u s , e r w e i t e r t hg. v o n J o h a n n J a c o b S p e i d e l , N ü r n b e r g 1 6 4 1 , L i t e r a N , N r . 19 ( K ö l n , U B : S y n d . Bibl. 5 3 0 ) ; vgl. a u c h B e i s p i e l e in; 2 0 0 J a h r e T a g e s z e i t u n g in Ö s t e r r e i c h 1 7 8 3 - 1 9 8 3 . F e s t s c h r i f t u n d A u s s t e l l u n g s k a t a l o g , hg. v o n F. IVAN/H. W . LANG/H. PORER, W i e n 1 9 8 3 , S. 3 4 1 - 3 4 9 .

" Z . B . / I , 1 8 6 f „ 1 9 0 - 1 9 2 , 2 1 1 , III, 139, 1 4 2 ; vgl. W . HARMS/J. R . PAAS/M. SCHILLING/A. WANG, I l l u s t r i e r t e F l u g b l ä t t e r (wie A n m . 7 ) , N r . 5 0 ; vgl. P. ROTH, D i e n e u e n Z e i t u n g e n in D e u t s c h l a n d im 15. u n d 16. J a h r h u n d e r t , L e i p z i g 1 9 1 4 , s o w i e f e r n e r SANDRA CLARK, T h e E l i z a b e t h a n P a m p h l e t e e r s . P o p u l ä r M o r a l i s t i c P a m p h l e t s 1 5 8 0 - 1 6 4 0 , L o n d o n 1 9 8 3 , S. 8 6 - 1 2 0 . 32

s. zuletzt E . BLÜHM, D e u t s c h e r F ü r s t e n s t a a t u n d P r e s s e im 17. J a h r h u n d e r t , D a p h n i s 11 ( 1 9 8 2 ) 2 8 7 - 3 1 3 , b e s . S. 304F.; vgl. P. RIES, S t a a t u n d P r e s s e im 17. J a h r h u n d e r t in E n g l a n d , D a p h n i s 11 (1982)

351-375.

31

s. J. VOIGT, U b e r P a s q u i l l e , S p o t t l i e d e r u n d S c h m ä h s c h r i f t e n a u s d e r e r s t e n H ä l f t e d e s s e c h z e h n t e n J a h r h u n d e r t s , H i s t o r i s c h e s T a s c h e n b u c h 9 ( L e i p z i g 1 8 3 8 ) 3 2 1 - 5 2 4 , zu .Pasquill' S. 3 4 0 - 3 4 9 .

34

R e c h t l i c h k o n n t e n a u c h mit N a m e n g e z e i c h n e t e öffentlich

ausgestellte

oder verbreitete

schriftliche

Aufsätze,

Druckschriften,

Gemähide,

Kupferstiche

etc., die e i n e P e r s o n s c h m ä h t e n , d e n a n o n y m e n

Pasquillen g l e i c h g e s e t z t w e r d e n ; s. J o h a n n G e o r g K r ü n i t z , Ö k o n o m i s c h - t e c h n o l o g i s c h e E n c y k l o p ä d i e , C V 1 I , B e r l i n 1 8 0 7 , S. 6 8 3 - 6 8 6 (mit Lit. d e s 18. J a h r h u n d e r t s ) . 35

A u g s b u r g , S t a d t a r c h i v : C e n s u r a m t , , P a s q u i l l e u n d ö f f e n t l i c h a n g e h e f t e t e o d e r a u s g e b r e i t e t e Z e t t e l u n d S c r i p t e s o w o h l M a g i s t r a t als a u c h a u f e i n i g e R e l i g i o n s t e i l e , C o r p o r a u n d P r i v a t o s von 1 5 5 2 bis 1 7 9 5 ' . Z u r A u f f a s s u n g , d a ß P a s q u i l l e a u c h die O b r i g k e i t a n g r e i f e n k ö n n e n , s. T h e a t r u m E u r o p a e u m , I X , F r a n k f u r t a. M . 1 6 7 2 , S. 8 1 8 ( z u m J a h r 1 6 6 2 ) , g e g e n L e u t e , die Pasquillen und auff das gegenwärtige

Regiment

außstreueten/

stümpfften.

IX

Wiederholt wurden Schriften dieser Art von der Obrigkeit verboten, so von der kaiserlichen peinlichen Halsgerichtsordnung, auf die dann in regionalen Polizeiordnungen nur verkürzt hingewiesen wird 36 , und vom Reichstag zu Speyer 1570 37 , doch für die geringe Wirkung derartiger Erlasse ist es charakteristisch, daß z.B. der Rat der Stadt Frankfurt am Main Plakate gegen den Vertrieb solcher Famosschriften auf Vorrat drucken ließ, um sie zu jeder Messe anschlagen lassen zu können 3 8 . Die Rechtssprechung der Zeit verurteilt zwar diese Schmähliteratur (Pasquillorum et Famosorum libellorum crimen gravissimum esse)39, doch wird dann, wenn der Text einer Schrift mehrdeutig ist (verba dubia et ambigua) gelegentlich dazu geraten, den Wortsinn in benigniorem partem et ad delicti exclusionem zu interpretieren, auch wenn die Schrift in injuriam et dedecus alicujus verfaßt sei 40 . Jedoch in einem zusammenfassenden Uberblick, der vor allem die Zeitung beachtet, stellt Kaspar Stieler 1695 fest 41 : Sölten aber die Zeitungen mit Schänd- und Schmähworten angefüllet/ und also anders nichts/ als Paßquillen seyn; alsdann hat so wol der Pasquillant als Pasquillen-träger und Austeiler gleiche Strafe zu gewarten/ welche/ nach Gelegenheit der Sache/ auch auf Leib und Leben/ ja/ wenn es eine Majestäts- Verletzung wäret zugleich auf Verlust der Haabe und Güter erweitert werden kan. Bei Pasquill-Flugblättern waren von den Verfassern und Herstellern bis zu den Händlern und Käufern alle Beteiligten von Bestrafungen bedroht. Der Rat der Stadt Nürnberg gibt am 8. Juni 1538 dem Flugblattverleger Hans Guldenmund die Anweisung, sich hinfüro zu enthalten, allerlay schentlicher getruckter vnd gemalter Brief wider den bapst vnd annder nit mer herzupringen vnd fayl zu haben42. Das Mißtrauen des Nürnberger Rats blieb über lange Zeit lebhaft, besonders wach gegenüber Angriffen auf die Obrigkeit. Der Kupferstecher Peter Isselburg z.B. mußte 1622 sein Recht auf Inwohnung in Nürnberg aufgeben, nachdem ihn der Rat am 25. Februar dieses Jahres wegen der Herstellung aggressiver Flugblätter in einer straffliche(n) red hatte wissen lassen, das ime nitt gebärt, sich mit solchen pasqvillischen gemälen zu beflecken vnd ingedenck zu sein, wann seine vergunst zeit der inwonung zu end laufft, ime dieselbe Kupfer abschleifen zu lassen43. Der protestantische Theologe Johannes Cuno 4 4 klagt 1593 darüber, daß newe Zeitungen vor allem Gesangs oder Gemelds weise dem Publikum Unzuverlässiges bieten; so findet man auch wol Geldsüchtige Buchdrucker vnd Verleger! die mit der edlen Buchdruckerkunst... drucken/ Was jhnen auch von Basquillen/ Post vnd Hinckenden Boten/ Lotterbübischen Bossen/ vnd dergleichen lahmen Fratzen nur vorkommen/ dadurch dann nur das Pappir verderbet/ vnd thewer gemacht/ vnd manch vnschüldig Hertz dadurch geergert wird. A m Inhalt mißt hier polemisch ein Theologe, ob sich ein Drucker oder Verleger mit der Herstellung und dem Vertrieb von Flugblättern in Verruf bringen kann. Aber nicht nur diejenigen, die von ihrem Beruf her mit der Herstellung von Blättern und Schriften befaßt waren, mußten erfahren, wie gefährlich selbst

die bloße Absicht, ein Pasquill anzufertigen, sein konnte: Die Leipziger Richterbücher des Jahres 1589 berichten von einem Metzgergesellen, der seiner Meisterin angedroht habe, ehr wolte wohl etliche wort vff sie laßen drucken, und daraufhin ins Gefängnis geworfen worden sei 45 . Durch juristische und durch poetische Texte zieht sich bei der Rede von Pasquillen die Kenntnis des angeblichen Ursprungs des nächtlichen Anschlagens von Schmähblättern; in Rom sei es erlaubt gewesen, an der Statue des Pasquinus Blätter mit Beschuldigungen und Angriffen gegen Personen anzuheften, woraus sich die Bezeichnung pasquillus für Schmähschriften entwickelt habe 4 6 . Das illustrierte Flugblatt scheint diese Funktion eines befreienden Aktes eher in der Form des verdeckten Sprechens in der Satire, der Allegorie und der Fabel gefunden zu haben. Hierbei können die Grenzen zur Flugschrift fließend sein, wenn diese gleichartige Mittel der propagandistischen Deutung und Kritik nur breiter in Worten entfaltet 4 7 . Bei zeitgenössischen Nachweisen für die Terminologie von Flugblättern und benachbarten publizistischen Formen können auch solche Bezeichnungen in einen engen Zusammenhang miteinander geraten, die man sorgfältig glaubt unterscheiden zu können. Unter die Sammelbezeichnung schedlich gesindt reiht eine Buchdruckerordnung, die Erzbischof Kaspar von Wien im November 1578 entwirft 4 8 , ohne weitere Unterscheidung Neu Zeitungstecher, Liedl-singer, Briefträger, Hausierer, Landfahrer. Der Blick auf die besondere Wirkung eines Pasquills oder eines Flugblatts wird aufgelöst in einer allgemein umfassenden Warnung, die der Rat der Stadt Augsburg am 27. November 1618 beschließt; dort werden Buchdrucker und -führer gewarnt, diese Druckerzeugnisse herzustellen und zu vertreiben: ... schmachhaffte/ leichtfertige/ ärgerliche/ vnd allein zu Verbitterung vnd auffwiglung deß gemainen Mans raichende Büecher/ Lieder/ Schrifften/ Newe Zeitungen/ Zedul/ Gemähide und Kupfferstich49. Die letzten sechs Bezeichnungen könnten auch auf Flugblätter, die beiden letzten mit besonderer Wahrscheinlichkeit auf illustrierte Flugblätter bezogen werden, ohne daß deutlich würde, ob es in der Sprache des Erlasses genauere Unterscheidungen gebe. Das große Format vieler Flugblätter führte dazu, daß das Wort charta, Karte, dann auch Scharteke auf sie angewandt werden konnte. Konrad Gesner spricht wertneutral von einer charta quadam publicata, als er die Darstellung eines exotischen Tiers auf einem Flugblatt von 1551 zur wissenschaftlichen Dokumentation heranzieht 5 0 . Daß Scharteke gelegentlich auch speziell mit .Pasquill' gleichgesetzt wurde, könnte vom Anheften von Pasquill-Plakaten (oder -Karten) her nahegelegt gewesen sein; im 17. Jahrhundert hat sich aber auf breiter Front für Scharteke eine ausschließlich negative Bedeutung durchgesetzt: ein nichtswürdiges und daher auch sonderlich in denen Rechten bey Führung des Beweises untaugliches Stücke Papier50*. 1685 wendet sich ein kaiserliches Patent ohne Unterschied gegen vnzulässige, ärgerliche famosschrifften, Pasquills und Scarteken51.

''' s. z . B . BRIGITTE HEMPEL, D e r E n t w u r f e i n e r P o l i z e i o r d n u n g f ü r d a s H e r z o g t u m S a c h s e n - L a u e n b u r g a u s d e m J a h r e 1 5 9 1 , F r a n k f u r t a . M . / B e r n / C i r e n c e s t e r 1 9 8 0 , S. 2 4 1 : (Titel 4 8 ) Von schriften

und

Famos-

Gesengen.

" s. J. O . OPEL, A n f ä n g e d e r Z e i t u n g s p r e s s e (wie A n m . 2 9 ) , S. 3 3 ; F. KAPP, G e s c h i c h t e d e s D e u t s c h e n B u c h h a n d e l s bis in d a s s i e b z e h n t e J a h r h u n d e r t , L e i p z i g 1 8 8 6 , S. 5 4 7 f f . ; vgl. J o h a n n H e i n r i c h Z e d i e r , G r o s s e s v o l l s t ä n d i g e s U n i v e r s a l - L e x i c o n aller W i s s e n s c h a f t e n u n d K ü n s t e , I X , H a l l e / L e i p z i g 1 7 3 5 , Sp. 2 0 9 f . , mit H i n w e i s auf d e n R e i c h s t a g s b e s c h l u ß v o n 1 5 4 8 . " s. A . KIRCHHOFF, B e i t r ä g e z u r G e s c h i c h t e d e r P r e s s m a ß r e g e l u n g e n u n d d e s V e r k e h r s auf d e n B ü c h e r m e s s e n i m 16. u n d 17. J a h r h u n d e r t , II, A r c h i v f ü r G e s c h i c h t e d e s D e u t s c h e n B u c h h a n d e l s 4 (1879) 9 6 - 1 3 7 , h i e r S . 133. 3y 40 41

C h r . B e s o l d u s , T h e s a u r u s p r a c t i c u s (wie A n m . 3 0 ) , L i t e r a P . N r . 7. P e t r u s C a b a l l i n u s , R e s o l u t i o criminalis, zitiert bei C h r i s t o p h L u d w i g D i e t h e r r , O r b i s n o v u s sive C o n t i n u a t i o t h e s a u r i practici B e s o l d a n i , N ü r n b e r g 1 6 7 9 , S. 4 7 0 ( M ü n c h e n , S B : 2" Jur.is. 1 4 - 2 ) . K a s p a r Stieler, Z e i t u n g s L u s t u n d N u t z (wie A n m . 2 2 ) , S. 1 6 7 ; a u c h w e n n ein Z e i t u n g s t e x t mit S c h m ä h w o r t e n W a h r e s a u s s p r ä c h e , w ä r e d i e s e s n a c h Stieler zu v e r u r t e i l e n , d a e i n e Z e i t u n g n u r d e r I n f o r m a t i o n , nicht e i n e r M e i n u n g s b e e i n f l u s s u n g zu d i e n e n h a b e .

42

s. TH. HAMPE, N ü r n b e r g e r R a t s v e r l ä s s e ü b e r K u n s t u n d K ü n s t l e r im Z e i t a l t e r d e r S p ä t g o t i k u n d R e n a i s s a n c e , I, L e i p z i g 1 9 0 4 , N r . 2 3 3 9 ; vgl. a u c h LORE SPORHAN-KREMPEL, N ü r n b e r g als N a c h richtenzentrum zwischen 1400 u n d 1700, N ü r n b e r g 1968. D i e E r f o r s c h u n g von R e c h t s a k t e n wird unsere K e n n t n i s von Wirkungsmöglichkeiten und -grenzen d e r Flugblätter erheblich v e r ä n d e r n .

41

TH. HAMPE, R a t s v e r l ä s s e , II, N r . 3 0 4 1 ; vgl. N D B X , 2 0 1 f.

44

J o h a n n e s C u n o , H o f f a r t s W o l s t a n d . . . H o f f a r t s g r e w e l v n d v b e l s t a n d , M a g d e b u r g 1 5 9 3 , fol. B [ u n d B IT ( W o l f e n b ü t t e l , H A B : 4 4 8 . 6 . T h . [1]); d e n H i n w e i s v e r d a n k e ich, wie e t l i c h e a n d e r e , U l l a Britta Kuechen (München).

45

s. A . KIRCHHOFF, L e s e f r ü c h t e a u s d e n A c t e n d e s s t ä d t i s c h e n A r c h i v s zu L e i p z i g , II, A r c h i v f ü r G e s c h i c h t e d e s D e u t s c h e n B u c h h a n d e l s 10 ( 1 8 8 6 ) 1 1 7 - 1 5 8 , hier S. 1 2 7 .

46

s. z . B . E r a s m u s A l b e r u s , E i n t e D e u m l a u d a m u s v o n B a p s t P a u l o d e m D r i t t e n , in: O . SCHADE ( H g . ) , S a t i r e n u n d P a s q u i l l e a u s d e r R e f o r m a t i o n s z e i t , I, H a n n o v e r 1 8 6 3 , N a c h d r u c k H i l d e s h e i m 1 9 6 6 , N r . V I I , S. 4 4 - 4 7 ; G e o r g P h i l i p p H a r s d ö r f f e r , D e r g r o ß e S c h a u p l a t z L u s t - u n d L e h r r e i c h e r G e s c h i c h t e F r a n k f u r t a . M . / H a m b u r g 1 6 6 4 , N a c h d r u c k H i l d e s h e i m / N e w Y o r k 1 9 7 8 , I, S. 2 0 6 - 2 1 1 ; P s . - A b r a h a m a S a n c t a C l a r a , C e n t i - f o l i u m s t u l t o r u m In Q u a t r o o d e r H u n d e r t A u s b ü n d i g e N a r r e n In F o l i o , W i e n / N ü r n b e r g 1 7 0 9 , N a c h d r u c k D o r t m u n d 1 9 7 8 , S. 3 1 4 - 3 1 8 (PasquillNarr);

47

s. im e i n z e l n e n J. VOIGT, Ü b e r P a s q u i l l e (wie A n m . 3 3 ) , u n d M . BESSO, R o m a e il P a p a nei p r o v e r b i e nei m o d i di d i r e , R o m / F l o r e n z 197.1, S. 9 —15 u n d 2 4 - 2 8 .

vgl. die B e i s p i e l e v o n D . BRIESEMEISTER, , a l l e r h a n d i n i u r i e n s c h m e h k a r t e n p a s q u i l l v n d a n d e r e s c h a n d l o s e e h r e n r ü r i g e S c h r i f t e n v n d M o d e l ' . D i e a n t i s p a n i s c h e n F l u g s c h r i f t e n in D e u t s c h l a n d z w i schen 1 5 8 0 u n d 1 6 3 5 , W o l f e n b ü t t e l e r B e i t r ä g e 4 ( 1 9 8 1 ) 1 4 7 - 1 9 0 .

4ii

n a c h TH. WIEDEMANN, D i e k i r c h l i c h e B u c h e r - C e n s u r in d e r E r z d i ö c e s e W i e n , A r c h i v f ü r ö s t e r r e i c h i s c h e G e s c h i c h t e 5 0 ( 1 8 7 3 ) 2 1 3 - 5 2 0 , h i e r S. 2 3 2 ; vgl. u n t e n A n m . 1 6 4 .

4

® S t a d t a r c h i v A u g s b u r g , A n s c h l ä g e u n d D e c r e t e 1 5 2 2 - 1 6 8 2 , N o 1 - 1 0 0 , T o m 1.

i,:i

K o n r a d G e s n e r , A p p e n d i x H i s t o r i a e Q u a d r u p e d u m v i v i p a r o r u m , Z ü r i c h 1 5 5 4 , S. 14 f. ( / 1 , 2 3 7 ) . In ä h n l i c h e m S i n n e w i r d

l'aleni g e b r a u c h t

von J o h a n n G e o r g Schenck, W u n d e r - B u c h , Frankfurt

a . M . ! 1 6 1 0 , S. 6 0 f . ( / 1 , 2 2 8 ) . E i n B e i s p i e l v o n 1 7 2 7 , w o n a c h f r a n z . carte f ü r F l u g b l a t t o d e r K a r t e s t e h t , s. I l l u s t r i e r t e F l u g b l ä t t e r , C o b u r g ( w i e A n m . 2 6 ) , N r . 141, A n m . 9 . Z e d i e r , U n i v e r s a l - L e x i c o n ( w i e A n m . 3 7 ) , X X X I V ( 1 7 4 2 ) , 5 9 7 f. S1

X

A . KIRCHHOFF, P r e s s m a ß r e g e l u n g e n (wie A n m . 3 8 ) , S. 117.

Bezeichnungen wie bildniß, gemäl, gemalter brief, kunststück und kupfferstück können sich im Zusammenhang einer Rede über Druckerzeugnisse im 16. und 17. Jahrhundert mit großer Wahrscheinlichkeit auf illustrierte Flugblätter beziehen, können aber auch Graphiken mit geringem Textbestandteil meinen. Der Urheber dieser Graphiken, der Briefmaler, ist in manchen Fällen mit dem Verleger, Händler oder auch mit dem Drucker identisch 52 . Mit .Bilderbogen' hat man seit dem 19. Jahrhundert vor allem einen Typus illustrierter Flugblätter bezeichnet, der mit unkomplizierter Graphik (meist Holzschnitt) und einfach verständlichen volkssprachigen Texten populäre Themen religiöser und weltlicher Art behandelt und im 19. Jahrhundert selbst mit den Zentren Neuruppin, München, Weißenburg und Epinal eine breite Wirkung erzielte 53 . Wenn bisweilen ,Bilderbogen' seine Bedeutung zur Bezeichnung für illustrierte Flugblätter jedes, auch hohen ästhetischen Niveaus erweiterte 53 konnte damit die Annahme einer ,Volkstümlichkeit' aller illustrierten Flugblätter einhergehen, was Einseitigkeiten in der Forschung ermöglichte. Der Bildbestandteil des illustrierten Flugblatts hat jedoch vielfältigere Funktionen.

b. Traditionen der Verbindung von Bild und Text Der Anteil des graphischen Bildes ist mit der Bezeichnung ,illustriertes' Flugblatt eher mißverständlich als treffend charakterisiert. Die Graphik vermag den Text mit Akzenten und Deutungen zu versehen, kann selbständige bildgebundene Aussagen und Deutungen neben ihn stellen und kann den Betrachter und Leser zur Meditation herausfordern und das Memorieren des gesamten Blattes fundieren 54 . Eine so verstandene .Illustration' hat also neben und mit dem Text eigenständige und gleichrangige Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit des Lesers zu gewinnen und plausibel Inhalte zu vermitteln. Auf dem antikalvinistischen Blatt ,Extract Der Anhaltischen Cantzley' 55 wird 1621 eine alte Begründung für den kombinierten Einsatz von Text und Bild zitiert: Was Gierte durch die Schrifft verstahn/ Das lehrt das Gmähl den gmainen Mann. Das entspricht dem im Mittelalter verbreiteten Wort Gregors des Großen quod legentibus scriptura, hoc idiotis praestat pictura56. Dieses Wort konnte u.a. für die Beschreibung der Zwecke des ,Biblia pauperum'-Typus eingesetzt werden, in dem durch typologische Gruppierungen, die der alttestamentlichen Präfiguration die neutestamentliche Erfüllung zuordnen, in Bild und Text den nichtgelehrten Gläubigen bzw. den Laien ein Zugang zum heilsgeschichtlichen Bibelverständnis eröffnet wurde. Man würde aber die differenzierten mittelalterlichen Auffassungen von den möglichen Leistungen des Bildes unterschätzen, wollte man nur niedere, den Intellekt unterfordernde Vermittlungsleistungen dem Bilde Zubilligen. In nur leichter Abwandlung erscheint Gregors Dictum z.B. bei dem Regularkanonikerprior Hugo der Folieto (von Fouilloy, gest. nach 1172), der sich im Prolog zu seinem aus Bild und Text komponierten Vogelbuch an einen adligen Laien (illiteratus) wendet und den Einsatz des Bildes mit den Worten rechtfertigt: Quod enim doctioribus innuit scriptura, hoc simplicibus pictura. Sicut enim sapiens delectatur subtilitate scripturae,

sie simplicium animus detinetur simplicitate picturae57. Im weiteren Verlauf wird aber in Hugos Werk erkennbar, daß er der bildlichen Darstellung eine eigene, nicht durch das Wort zu ersetzende Möglichkeit, eine Sache zu erkennen, zuweist; durch contemplatio oder durch matura consideratio kann der Akt des Sehens zum Einblick in die Transparenz der im Bild vor Augen geführten Dinge gelangen 58 . Um die ausgeprägte Literarizität 59 des mittelalterlichen Bildes — seine an Text bzw. Schriftlichkeit gebundene Kulturtradition und -funktion - wenigstens skizzierend zu erklären, reicht aber eine nur polarisierende Vorstellung vom Einsatz des Bildes im Mittelalter, die Unterscheidung von didaktisch vereinfachenden und kontemplativ steigernden Erkennensvermittlungen, nicht aus. Seit dem 13. Jahrhundert kann die contemplatio vor Andachtsbildern zur Entwicklung einer Laien- und Privatandacht führen, ohne daß damit ältere Aufgaben des repräsentativen Andachtsbildes außer Kraft gesetzt würden 60 ; das spätmittelalterliche Andachtsbild mit seiner Einbeziehung des andächtigen, schutzsuchenden Betrachters war formal und funktional eine grundlegende Vorform für die frühen Einblattdrucke, die im 15. Jahrhundert Bild und Text zur Vermittlung geistlicher Inhalte anboten. Hierbei konnte vorausgesetzt werden, daß das .Lesen' in Bildern sehr viel größeren Teilen der Bevölkerung zugemutet werden konnte als ein Lesen von Texten 61 . Diese Fähigkeit wurde schon im Jahrhundert vor der Reformation auch für die Behandlung weltlicher Themen eingesetzt, behielt dabei aber oft eine an der Bibel oder ihrer Exegese orientierte Fundierung von Bild oder Text bei 62 . Als Luther, Melanchthon und Cranach 1523 mit ihren Papstesel- und Mönchskalb-Darstellungen und -Deutungen in Bild und Text ungewöhnlich wirkungsreiche Flugschriften- und Flugblätter-Erfolge begründeten, knüpften sie mit ihrer antipäpstlichen „Weissagungspolitik" 63 an weltlich erprobte und religiös fundierte Traditionen der Monstrenauslegung an, deren bewährte zentrale Annahme, ein Monstrum zeige Gottes Zorn an (/1,218,228,230), von ihnen gegen das Papsttum gelenkt wurde ( / I , 2 0 0 , 11,84). Wenn es von Luther auch prinzipielle Äußerungen der Skepsis und auch der Ablehnung gegenüber dem Wert bildlicher Darstellungen gibt 64 , sind er und seine Mitautoren doch Meister im publizistischen Einsatz des Bildes (/"II,2, 78—86), im konfessionellen Streit wie auch in der Bestätigung eigner dogmatischer Positionen 65 . Im bildlosen Flugblatt und in der Flugschrift mit deren Traktaten oder Sermones konnten die lutherische und kalvinistische reformatorische Publizistik wie ihre Gegner zwar durchaus die Vorzüge des klaren Informierens berücksichtigen. Doch wurde nicht die Information allein angeboten, um Überzeugung und Vertrauen zu bewirken. Wo z.B. die astrologisch fundierte Prognostik eingesetzt wurde 66 , war es nötig, den Reiz und die suggestive Kraft der Vieldeutigkeit, die aller prophetischen Literatur anhaftet, voll zu entfalten, also die stets erneuten Deutungsakte auch auf Seiten des Betrachters und Lesers zu ermöglichen; und für einen solchen Zusammenhang erwies sich der Einsatz des Bildes als

" s. W. A. COUPE, Broadsheet (wie Anm. 4), I, S. 16f. " s. W, BRÜCKNER, Druckgraphik (wie A n m . 8), bes. S. 5 f. und 9 - 1 1 ; fürs 19. Jahrhundert eine differenziertere Typologie bei ELKE HILSCHER, Die Bilderbogen im 19. Jahrhundert, München 1977. i3a s. H. ROSENFELD, Art. .Bilderbogen 1 , in: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, I, Berlin 1955, Sp. 174f. 14

Hierin liegt die Begründung für Coupes wichtigen ikonographischen Ansatz, mit dem er Fragestellungen der Warburg-Schule, vermittelt u. a. durch F. J. STOPP, zur Erschließung illustrierter Flugblätter eingesetzt hat. " Abgebildet bei MIRJAM BOHATCOVÄ, Irrgarten der Schicksale. Einblattdrucke vom Anfang des Dreißigjährigen Krieges, Prag 1966, Nr. 65. 51 57

s

Gregorius Magnus, Epistolarum liberXI,13 (Patrologia Latina, hg. von J.-P. MIGNE, 77), Paris 1896, Sp. U 2 8 C . Zitiert nach F. OHLY, Probleme der mittelalterlichen Bedeutungsforschung und das Taubenbild des Hugo de Folieto (zuerst 1968), in: F. OHLY, Schriften zur mittelalterlichen Bedeutungsforschung, Darmstadt 1977, S. 3 2 - 9 2 , hierS. 50, der gegenüber MIGNES Nachdruck aus der 1648 in Rouen erschienenen Ausgabe der Werke des Hugo von St. Victor Handschriften Ps.-Hugos (Hugo de Folieto, De quarumdam avium significatione mystica et morali) herangezogen hat.

* s. F. OHLY, Bedeutungsforschung, S. 5 0 f . und 85 f., und ANNA C. ESMEIJER, Divina Quaternitas. A Preliminary Study in the Method and Application of Visual Exegesis, Assen/Amsterdam 1978. Bei OHLY, S. 51, der Nachweis, daß es auch bereits im Hochmittelalter die Auffassung gegeben habe, die Natur der Tiere sei besser gemalt als beschrieben zu erkennen.

" s. M. SCHAPIRO, Wordsand Pictures. On the Literal and the Symbolic in the Illustration of a Text (Approaches to Semiotics, 11), D e n Haag/Paris 1973; CH. MEIER/U. RUBERG, Einleitung, in: Text und Bild. Aspekte des Zusammenwirkens zweier Künste in Mittelalter und früher Neuzeit, Wiesbaden 1980, S. 9 - 1 8 ; H. BELTING/DAGMAR EICHBERG, Jan van Eyck als Erzähler, Worms 1983. "" s. H. BELTING, Das Bild und sein Publikum im Mittelalter. Form und Funktion früher Bildtafeln der Passion, Berlin 1981, S. 9 2 - 9 4 , vgl. S. 69ff. vgl. K. HOFFMANN, Die reformatorische Volksbewegung im Bilderkampf, in: Martin Luther und die Reformation in Deutschland, Ausstellungskatalog Nürnberg 1983, S. 2 1 9 - 2 5 4 , hierS. 219. 62

vgl. W. STAMMLER, Wort und Bild. Studien zu den Wechselbeziehungen zwischen Schrifttum und Bildkunst im Mittelalter, Berlin 1962, passim; W. HARMS, Reinhart Fuchs als Papst und Antichrist auf dem Rad der Fortuna, Frühmittelalterliche Studien 6 ( 1 9 7 2 ) 4 1 8 - 4 4 0 . A. M. WARBURG, Heidnisch-antike Weissagung (wie Anm. 2), S. 246.

64

vgl. MARGARETE STIRM, Die Bilderfrage in der Reformation, Heidelberg 1977; vgl. dazu H. REINITZER, Aktualisierte Tradition (wie Anm. 66).

65

s. H. GRISAR/F. HEEGE, Luthers Kampfbilder, 1: Passional Christi und Antichristi, Freiburg 1921; K. REUMANN, Das antithetische Kampfbild. Beiträge zur Bestimmung seines Wesens und seiner Wirkung, Diss. FU Berlin 1967; K. HOFFMANN, Bilderkampf (wie Anm. 61), S. 2 4 5 f f . (jeweils mit Lit.). s. H. REINITZER, Aktualisierte Tradition. Uber Schwierigkeiten beim Lesen von Bildern, in: Geistliche Denkformen in der Literatur des Mittelalters, hg. von K. GRUBMÜLLER/RUTH SCHMIDT -

60

W I E G A N D / K . SPECKENBACH, M ü n c h e n 1 9 8 5 , S .

354-400.

XI

wichtig, damit das zu deutende Numinose in seiner Rätselhaftigkeit und Deutungsbedürftigkeit vor Augen treten konnte. Als Vermittlungsweg der Verkündigung zog die Reformation das Ohr dem Auge und damit das Wort dem Bild vor. Doch es wäre einseitig, wollte man die überpointierte These aufgreifen, mit und nach Luther hätten Kunst und Andacht nichts mehr miteinander gemeinsam 67 ; hier wirkt die Vorstellung von der schroffen Zäsur fort, mit der Luthers Reformation dem Mittelalter ein Ende gesetzt habe, während doch, wie auf manchen anderen Gebieten, in der Verwendung des Bildes in der lutherischen Publizistik bald eine Rückkehr zur alten Hochschätzung des Bildes zu beobachten ist 68 . Ältere Einschätzungen der erkenntnisvermittelnden Möglichkeiten des Bildes werden in illustrierten Flugblättern des 16. und 17. Jahrhunderts für variable Aufgaben des Bildes übernommen und abgewandelt. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Situationen und Zwecke, denen illustrierte Flugblätter dieser Zeit dienen sollen, wird auf ein uneinheitliches Vorverständnis von graphischen und mit ihnen verbunden auch sprachlichen Bildformeln (Metaphern, Vergleiche, Tropen, Allegorien) zurückgegriffen, wobei die sprachliche Bildlichkeit auf graphischen Vorformen fußen kann und umgekehrt. Zu den Leistungen sprachgebundener Bildlichkeit zählt es seit langem, daß Spirituelles sich durch Bilder leichter einprägen lasse, daß Bildliches erfreue und daß der Mensch „durch Bilder für Dinge, für die er sonst nicht recht aufnahmebereit ist, ansprechbar gemacht" werde 69 . Für die graphische Umsetzung derartiger Bildlichkeit dürften ähnliche Leistungen in verstärktem Maße gelten. Die Fähigkeit, Bilder zu lesen, bildgetragene Anspielungen nachzuvollziehen, auch Veränderungen konventioneller Bildformeln wahrzunehmen, war in der frühen Neuzeit gut ausgebildet 70 . Verwendbare, d.h. als bekannt vorausgesetzte Bildbedeutungen können aus spiritueller Bibelexegese oder aus weltlicher Fabeldeutung stammen, von Heiligenattributen oder von Herrscherheraldik ihren Ausgang nehmen, können aus poetischen Texten der Antike oder der jüngsten Vergangenheit entnommen sein, können auf naturkundlichen Schriften der Antike oder des Mittelalters basieren: Die verbalen und die graphischen Fundamente des großen Thesaurus an Bildern sind breit, sind nicht immer voll offenzulegen, waren aber tragfähig für konventionelle wie für neuerfundene und besonders oft neukombinierte Bilder in Text und Graphik. Wie ein Wort-Bild-Geflecht dann zwischen Autor und Adressaten eines illustrierten Flugblatts jener Zeit zu vermitteln vermochte, läßt sich nur bei einem größeren Einblick in das ikonographische Wissen durchschauen, das diesen Gebilden aus Andeutung, Suggestion, Information und Uberzeugungsversuchen zugrundelag. Doch erst wenn das ikonographische Detailwissen mit Berücksichtigung der histori-

schen Situation, der allgemeineren Erfahrung im Umgang mit Bildern und Deutungen wie auch der Eigentümlichkeiten von literarischen und graphischen Gattungen zu einer Synthese geführt wird, läßt sich, im Sinne Panofskys 71 , von Ikonologie reden oder die Hoffnung aussprechen, eine kommentierende Erschließung des Flugblatts könne den unterschiedlichen Möglichkeiten der Zeit wie den besonderen Bedingungen und Zielen des Einzelfalls vielleicht gerecht werden 72 . Die europäische Gemeinsamkeit an verstehbaren graphischen, auch literarisch fortsetzbaren Bildformeln war erheblich 73 und kann mit der mittelalterlichen literarischen Topos- und Metapherngemeinschaft 74 verglichen werden. Die Notwendigkeit, die ikonographische Tradition oder Bilderfahrung einer Zeit zur Grundlage einer Bildinterpretation zu machen, tritt nur dort ein wenig zurück, wo die neuen publizistischen Mittel neue Themen aufgreifen, wenn etwa im illustrierten Flugblatt militärische Ereignisse vorgestellt und vorwiegend von den historischen Hintergründen und der Einstellung der Verfasser zu erschließen sind 75 oder wenn Kometenerscheinungen auf einer mehr oder weniger exakten Sternkarte lokalisiert werden und dabei die Graphik die Aufgabe einer detaillierten Beschreibung des Kometenumlaufs übernimmt. Die prinzipiell gleichrangige, jeweils eigengewichtige Leistung von Bild und Text im illustrierten Flugblatt hat im 16. und 17. Jahrhundert nicht von einer theoretisch bewußten, sondern von einer praktischen Erfahrung her zu einer besonderen Form geführt, die in hohem Maße geeignet war, unterschiedliche literarische und graphische Gattungen und Traditionen überzeugungskräftig einzusetzen und im Dienste höchst unterschiedlicher Themen, Interessen und Ziele breite Wirkungen zu erreichen. Hierbei sind der Anteil des Bildes wie auch die inhaltlichen, über bloße Kommunikation hinausreichenden Leistungen des illustrierten Flugblatts bisher nicht genügend erkannt worden 76 . Die Ikonographie der Gegenreformation 77 , die sich im illustrierten Flugblatt katholischer Verfasser findet, vergegenwärtigt und erschließt in der Graphik und im sprachlich gefaßten Bild Bedeutungsdimensionen der Dinge auch für wenig erfahrene Leser ( / /I,20,69). Eine ähnlich spirituelle oder religiöse Verwendung von ding- oder geschehensdarstellender Bildlichkeit kennen auch protestantische illustrierte Flugblätter 78 . Es gibt in der frühen Neuzeit eine Konvention der Bilderfahrung, über die sich illustrierte Flugblätter mit breiten Publikumsschichten, auch literaturunkundigen Lesern oder Betrachtern verständigen können 79 . Hierfür wird auch im 17. Jahrhundert noch vorwiegend der Holzschnitt eingesetzt, während die Verwendung des Kupferstichs im illustrierten Flugblatt eher auf ein Publikum von Kennern schließen läßt, so daß etwa im Bereich naturkundlicher Blätter mit Hilfe des Kupferstichs und eines analog deskriptiv-anspruchsvollen Textes die - in der Forschung oft einseitig betonte — Tradition des Sensations- oder Marktschreier-Blatts verlassen wird. Es

67

S o n a c h W. HOFMANN, D i e Geburt der M o d e r n e aus dem Geist der Religion, in: W. HOFMANN (Hg.), Luther und die Folgen für die Kunst, Ausstellungskatalog Hamburg 1 9 8 3 , S. 2 3 - 7 1 , hier S. 4 9 , vgl. S. 4 6 f . ; kritische B e d e n k e n in der Rezension hierzu von H . ROSENFELD, A u s dem Antiquariat 1 9 8 4 , A 5 6 - A 6 0 , wären noch zu präzisieren.

6S

s. H . REINITZER, Zur Herkunft und zum Gebrauch der Allegorie i m , B i b l i s c h Thierbuch' des H e r m a n n Heinrich Frey. Ein Beitrag zur Tradition evangelisch-lutherischer Schriftauffassung, in: Formen und Funktionen der Allegorie. Symposion Wolfenbüttel 1 9 7 8 , hg. von W. HAUG, Stuttgart 1979. S. 3 7 0 - 3 8 7 ; derselbe, Biblia deutsch. Luthers Bibelübersetzung und ihre Tradition, Ausstellungskatalog Wolfenbüttel 1983; M. SCHARFE, Evangelische Andachtsbilder. Studien zu Intention und Funktion des Bildes in der Frömmigkeitsgeschichte vornehmlich des schwäbischen Raumes, Stuttgart 1968. s. D . SCHMIDTKE, Studien zur dingallegorischen Erbauungsliteratur des Spätmittelalters, am Beispiel der Gartenallegorese (Hermaea, 4 3 ) , Tübingen 1 9 8 2 , S. 4 2 0 , die letzte Beobachtung gestützt auf Vorzüge von aenigma und allegoria laut Gregor d. Gr., H o h e l i e d - K o m m e n t a r , Einleitung (Patrologia Latina, 79), Sp. 4 7 1 - 4 7 3 .

70

vgl. den Überblick bei R. WOHLFEIL, Einführung in die Geschichte der deutschen Reformation, M ü n c h e n 1982, S. 1 3 3 - 1 4 4 , dort auch die Forderung nach einer „Historischen Bilderkunde"; s. auch A n m . 75.

71

E. PANOFSKY, Ikonographie und Ikonologie. Eine Einführung in die Kunst der Renaissance (zuerst englisch 1 9 3 9 ) , in: E. P., Sinn und D e u t u n g in der bildenden Kunst, Köln 1975, S. 3 6 - 6 7 , hier S. 4 1 ; vgl. E. KAEMMERLING (Hg.), Bildende Kunst als Zeichensystem 1: Ikonographie und Ikonologie, Köln 1 9 7 9 .

72

vgl. H. REINITZER, Aktualisierte Tradition (wie A n m . 6 6 ) ; W. HARMS, B e m e r k u n g e n zum Verhältnis von Bildlichkeit und historischer Situation. Ein Glücksrad-Flugblatt zur Politik Kaiser Maximilians I. im Jahre 1513, in: Geistliche D e n k f o r m e n (wie A n m . 6 6 ) , S. 4 0 1 - 4 3 0 ; K.'HOFFMANN, T y p o l o g i e , Exemplarik und reformatorische Bildsatire, in: Kontinuität und Umbruch, hg. von J. NOLTE/H. TROMPERT/CHR. WINDHORST (Spätmittelalter und Frühe Neuzeit, 2), Stuttgart 1977, S. 1 8 9 - 2 1 0 , bes. S. 1 9 5 f f . zu Transpositionen.

73

Einen Überblick vermittelt hier die verdienstvolle R e i h e ,Populäre Druckgraphik'; zu den in A n m . 8, 1 3 6 und 1 9 2 genannten Bänden über Deutschland, Skandinavien und Frankreich vgl. hier besonders die Bände über die Niederlande v o n M. DE MEYER, über England von J. LAVER und Italien v o n P. TOSCHI; vgl. jetzt auch zur tschechischen populären Druckgraphik P. KNEIDL, Ceskä lidovä grafika v illustracich novin, letäku a pisnicek, Prag 1983, sowie grundsätzlich R. W. BREDNICH U. a., A r t . , B i l d q u e l l e n ' , in: Enzyklopädie des Märchens, II, B e r l i n / N e w York 1979, Sp. 3 2 9 3 7 3 (bes. 3 3 8 ff.).

74

s. E. R. CURTIUS, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, B e r n / M ü n c h e n 6 1 9 6 7 , bes. S. 142 ff.; zur Wirksamkeit einer solchen Metapherngemeinschaft auf unterschiedlichen ästhetischen E b e n e n und zu ihrer B e d e u t u n g für die Sinnvermittlung vgl. W. HARMS, H o m o viator in bivio. Studien zur Bildlichkeit des W e g e s (Medium aevum, 21), München 1970.

75

s. R. und TRUDL WOHLFEIL, Landsknechte im Bild. Ü b e r l e g u n g e n zur ,Historischen Bilderkunde', in: Bauer, Reich und Reformation. Fs. G . Franz, Stuttgart 1 9 8 2 , S. 1 0 4 - 1 1 9 ; vgl. ferner EWA CHOJECKA, Zur Stellung des gedruckten Bildes im 15. und 16. Jahrhundert. Zwischen Kunstwerk und .Massenmedium', in: S. HOYER (Hg.), R e f o r m - R e f o r m a t i o n - Revolution, Leipzig 1980.

7,1

D a ß sie die Leistung des Bildes ignoriert, verringert den Wert der Beobachtungen von GISELA ECKER, Einblattdrucke von den A n f ä n g e n bis 1555. Untersuchungen zu einer Publikationsform literarischer Texte, 2 Bde, Göppingen 1 9 8 1 ; s. die R e z e n s i o n e n von RUTH KASTNER, Arbitrium 2 ( 1 9 8 4 ) 4 6 f . , und W. HARMS, Wirkendes Wort 3 3 ( 1 9 8 3 ) 2 0 7 - 2 0 9 .

77

vgl. B. KNIPPING, D e iconografie van de contra-reformatie in d e Nederlanden, 2 B d e , Hilversum 1 9 3 9 / 4 0 .

* vgl. W. A . COUPE, Broadsheet (wie A n m . 4 ) , S. 2 1 - 3 7 , der auf diesem Gebiet relativ wenig Blätter seinen Ü b e r l e g u n g e n zugrundegelegt hat. D i e erbaulichen illustrierten Flugblätter ( / I I I , T h e o l o g i c a ) müssen nach ihrer Zielsetzung, ihrem Adressatenkreis und ihrer Nähe zur religiösen Dichtung und Graphik erst noch erschlossen werden, woran in M ü n c h e n gearbeitet wird. 7y

vgl, W. BRUCKNER, Druckgraphik (wie A n m . 8); N . - A . BRINGEUS, Volkstümliche Bilderkunde, München 1 9 8 2 (schwedisch Stockholm 1 9 8 1 ) , S. 2 0 f f .

XII

gibt in der frühen Neuzeit also auch bildgebundene Verständigungen anspruchsvoller Art, die auf Bildkonventionen stets auch neuautorisierte Inventionen von Bildern und deren Sinn und Funktion aufbauen. Es wäre etwa näher zu untersuchen, wieweit für Graphik und Text der Blätter gilt, daß auch auf diesem Feld in dieser Zeit eine Rhetorik, die mit dem Zeichencharakter der imagines arbeitet, erprobt werden konnte 8 0 . Ausgehend von dieser allgemeineren Frage nach der Bildlichkeit kann für einige Blätter erwogen werden, daß Text und Bild analog der zeitgenössischen Emblematik in Darstellung und Deutung miteinander verflochten sind 81 , doch ist aus der gelegentlichen Selbstbezeichnung Emblema (/"II,37f.,129) für diese Blätter nicht eine gezielte Annäherung an die Emblematik zu erschließen. In der Verbindung von Meditation und Vermittlung religiöser Inhalte scheinen nicht nur einfach strukturierte Blätter einem Betrachter Anlaß zu privater Andacht, zu Gebet und Reflexion gegeben zu haben. Der protestantische Prediger Johann Saubert, der in Emblemen wie auch in illustrierten Flugblättern Möglichkeiten bildgebundener Aussagen zu nutzen wußte, bezog sich auf seinem Sterbebett bei seiner Handandacht auf das Andachtsbild (seinem inventirten Kupfferstück) eines der von ihm verfaßten illustrierten Flugblätter 8 2 , ein A k t , der erkennen läßt, wie hoch die Wirkungsmöglichkeit vom Autor selbst eingeschätzt werden und wie weit das bildliche Element im illustrierten Flugblatt von einer angeblichen „Massenkunst" 8 3 entfernt sein konnte.

c. Benachbarte Publikationsformen und vom illustrierten Flugblatt vermittelte Gattungen Bei der Erörterung der zeitgenössischen Terminologie wurden bereits 8 4 einige Unterschiede zwischen dem illustrierten Flugblatt und der Zeitung sowie der Flugschrift hervorgehoben. Von der mehrblättrigen Flugschrift unterscheidet sich das Flugblatt vor allem durch den Umfang, die Beschränkung auf ein einziges Blatt. Damit ist die Flugschrift 85 , selbständig und nicht-periodisch publiziert wie das Flugblatt, in stärkerem Maße auf die Lesefähigkeit seiner Adressaten ausgerichtet, denen sie ein Verständnis für größere Mitteilungs- und Argumentationszusammenhänge zumutet. H.-J. Köhler rechnet zu den Kriterien, die generell der Flugschrift zuzusprechen seien, auch die Tatsache, daß sie „sich mit dem Ziel der Agitation (d.h. Beeinflussung des Handelns) und/oder der Propaganda (d.h. der Beeinflussung der Uberzeugung) an die gesamte Öffentlichkeit wendet". Ohne hier die strikte Anwendung auf die Flugschrift im Detail zu problematisieren — Köhler beansprucht nicht, daß seine Vorschläge für die nachreformatorische Zeit anzuwenden seien —, sei doch für das in vieler Hinsicht nahestehende illustrierte Flugblatt davor gewarnt, für jeden Einzelfall eine so weitgefaßte Adressatenschaft anzunehmen und .Agitation' und .Propaganda' (vgl. oben S. IX) ganz oder vorwiegend - was wohl auch nicht in Köhlers Sinn wäre - auf politische Wirkung zu beziehen. Die inhaltliche „Mannigfaltigkeit", die für die frühe Flugschrift gilt 86 , gilt für Flugschrift und Flugblatt in der frühen Neuzeit allgemein, gilt zugleich für die Mittel und Zielsetzungen der Flugschrift wie des Flugblatts, also auch für Unterschiede in der Aggressivität und in der Zurückhaltung gegenüber dem Leser wie für

m

Unterschiede in der weiten Skala vom Sinnangebot bis zur attackierenden Meinungsbeeinflussung (/"1,161 —171). Köhlers Definitionsversuche sind bereits auf Widerspruch gestoßen, nicht zuletzt, weil er die Flugschrift kategorisch zur ,, Massen kommunikation" rechnet und ihren Adressatenkreis mit „gesamte Öffentlichkeit" umschreibt. So weist Schwitalla u.a. zum Problem einer unbeschränkten Öffentlichkeit mit Recht darauf hin, daß es auch Flugschriften gebe, die sich an einen enger gefaßten Adressatenkreis wenden, etwa auf Lateinisch an die Gelehrten, im gedruckten Brief oder in einer gelehrten Abhandlung (wie in Reuchlins ,Augenspiegel') einerseits an eine zunächst begrenzte Publikumsschicht, aber dennoch mit weiterreichenden Ambitionen 8 7 . Auch müßte man, wenn der ,Propaganda'-Begriff nicht jede Kontur verlieren soll, bei religiösen und moralischen Blättern 88 , die das Angebot oder die Absicherung von Werten, die der Adressat als bedroht ansieht, zum Ziel haben, einen anderen (,Propaganda'-)Begriff einsetzen als bei der Beschreibung von Texten mit politisch-öffentlichen Zielsetzungen (s. oben S. V l l l f . ) . Hier müßte berücksichtigt werden, was gerade für die religiöse Flugschriften- (und auch Flugblatt-)Literatur des späteren 16. und des 17. Jahrhunderts gilt: Die Wirkung von Schriften dieser Thematik kann darin hegen, daß sie nicht so sehr die Aktivität äußeren Handelns, sondern die absichernde Reflexion über den eigenen Glauben zum Ziele haben, ohne daß hierauf zwangsläufig ein Handeln, das andere beträfe, folgen müßte. Insgesamt wären weitere Ergebnisse neuerer Flugschriftenforschung für eine Befragung des Flugblatts mitzubeachten, doch wäre eine Ubertragungsmöglichkeit auf das andere Medium .illustriertes Flugblatt' und nicht zuletzt auf spätere Zeiträume (spätes 16. und 17. Jahrhundert) näher zu prüfen. Einige weitere Beschreibungen von fließenden Grenzen oder Affinitäten von Flugblatt und illustriertem Flugblatt zu Flugschrift, Zeitung, Schmähschrift, Plakat, Bekanntmachung, Porträt und graphischem Blatt ergaben sich bereits, als die zeitgenössische Terminologie zu durchprüfen war 8 9 , die insgesamt zeigt, daß hier keine präzise Begrifflichkeit vorliegt oder benötigt wurde. Es ist also kein Bewußtsein von einer festen Gattung zu erkennen, wie sie für die Uterarischen Gattungen jener Zeit in Poetik und poetischer Praxis sehr deutlich ausgeprägt ist 90 . Das illustrierte Flugblatt ist selbst keine Gattung, weder eine literarische noch eine graphische, sondern ein Medium im Sinne einer Vermittlungsform, die einzelnen Gattungen neue Wirkungsmöglichkeiten eröffnet und dadurch auch kombinatorisch neue räumliche und funktionale Annäherungen einzelner Gattungen ermöglicht. Diese Beiträge des illustrierten Flugblatts zu formalen und funktionalen Veränderungen einzelner Gattungen sind für die Gattungsgeschichte insgesamt erst noch zu entdecken. In diesem Sinne sollen die hier folgenden knappen Hinweise nur auf einige Probleme aufmerksam machen, bei deren Lösung die einzelnen akademischen Disziplinen unter ihren besonderen Perspektiven zu einer erheblichen Differenzierung gelangen dürften. Beiträge des illustrierten Flugblatts zur Entwicklung der deutschen Metrik haben bereits gezeigt, wie sehr die Texte dieses Mediums Anteil an der formalen Entwicklung lyrischer Formen haben 9 1 ; analoge Fragen zur Me-

vgl. zu e n t s p r e c h e n d e m G e b r a u c h j e s u i t i s c h e r R h e t o r i k l e h r e n f ü r d a s geistliche Spiel j e n e r Z e i t BARBARA BAUER, D a s Bild als A r g u m e n t . E m b l e m a t i s c h e K u l i s s e n in d e n B ü h n e n m e d i t a t i o n e n F r a n c i s c u s L ä n g s , A r c h i v f ü r K u l t u r g e s c h i c h t e 6 4 ( 1 9 8 2 ) 7 9 - 1 7 0 , u . a . S. 8 6 ff. mit B e z u g a u f J a c o b M a s e n , S p e c u l u m i m a g i n u m v e r i t a t i s o c c u l t a e , K ö l n 1 6 5 0 .

h

s. u n t e n S. 3 2 .

*2 s. WALTRAUD TIMMERMANN, D i e i l l u s t r i e r t e n F l u g b l ä t t e r d e s N ü r n b e r g e r P r e d i g e r s J o h a n n S a u b e r t , B a y e r i s c h e s J a h r b u c h f ü r V o l k s k u n d e 1 9 8 3 / 8 4 , S. 1 1 7 - 1 3 5 , h i e r S. 1 3 2 . 83

s o H . FEHR, M a s s e n k u n s t im 16. J a h r h u n d e r t . F l u g b l ä t t e r a u s d e r S a m m l u n g W i c k i a n a ( D e n k m a l e d e r V o l k s k u n s t , 1), B e r l i n 1 9 2 4 ; vgl. a u c h o b e n A n m . 7 5 .

"* s. o b e n S. I X f f . ; z u m B e z u g auf . Ö f f e n t l i c h k e i t ' s. u n t e n S. X V - X 1 X . y,i

' s. H . - J . KÖHLER, D i e F l u g s c h r i f t e n . V e r s u c h d e r P r ä z i s i e r u n g e i n e s g e l ä u f i g e n B e g r i f f s , i n : F s . E . W . Z e e d e n , M ü n s t e r 1 9 7 6 , S. 3 6 - 6 1 , b e s . S. 5 0 ; d e r s e l b e , F r a g e s t e l l u n g e n u n d M e t h o d e n (wie A n m . 11), S. 3 f f . ; vgl. a b e r a u c h H . HOLECZEK, E r a s m u s v o n R o t t e r d a m als , A u t o r ' v o n R e f o r m a t i o n s f l u g s c h r i f t e n . E i n K l ä r u n g s v e r s u c h , in: H i s t o r i a i n t e g r a . F s . E . H a s s i n g e r , B e r l i n 1 9 7 7 , S. 9 7 - 1 2 4 .

86

K. SCHOTTENLOHER, F l u g b l a t t u n d Z e i t u n g (wie A n m . 1), S. 73.

""' s. J. SCHWITALLA, F l u g s c h r i f t e n (wie A n m . 11), S. 1 3 - 2 5 , a u c h v o n i h m n u r auf d i e F r ü h z e i t d e r F l u g s c h r i f t b e z o g e n . D i f f e r e n z i e r u n g s m ö g l i c h k e i t e n v e r s p r ä c h e es, KOHLERS H i n w e i s ( F r a g e s t e l l u n g e n , wie A n m . 8 5 , S. 10), a u f z u g r e i f e n , m a n m ü s s e Z e u g n i s s e ü b e r d e n A u t o r als L e s e r h e r a n z i e h e n ; d e r V e r s t e h e n s v o r g a n g d e s e i n z e l n e n h i s t o r i s c h e n L e s e r s w ä r e d a n n k a u m n o c h u n t e r , , M a s s e n k o m m u n i k a t i o n " zu s u b s u m i e r e n . vgl. e t w a a u c h HELLA TROMPERT, D i e F l u g s c h r i f t als M e d i u m r e l i g i ö s e r P u b l i z i t ä t , i n : K o n t i n u i t ä t u n d U m b r u c h ( S p ä t m i t t e l a l t e r u n d F r ü h e N e u z e i t , 2), S t u t t g a r t 1 9 7 8 , S. 2 1 1 - 2 2 1 . " s . o b e n S . IXff. w

vgl. z . B . J u l i u s C a e s a r Scaliger, P o e t i c e s l i b r i S e p t e m , L y o n 1 5 6 1 , N a c h d r u c k S t u t t g a r t 1 9 6 4 ; D a n i e l G e o r g M o r h o f , U n t e r r i c h t v o n d e r t e u t s c h e n S p r a c h e u n d P o e s i e ( 1 7 0 0 ) , hg. von H . BOETIUS, Bad Homburg/Berlin/Zürich 1969.

'' s. u. a. L. FORSTER, G e r m a n a l e x a n d r i n e s o n D u t c h b r o a d s h e e t s b e f o r e O p i t z , i n : G . SCHULZ-BEHREND ( H g . ) , T h e G e r m a n B a r o q u e , A u s t i n / L o n d o n 1 9 7 2 , S . 1 1 - 6 4 1 ; J . R . PAAS, T h e S e v e n t e e n t h C e n t u r y V e r s e B r o a d s h e e t : A S t u d y o f i t s C h a r a c t e r a n d its L i t e r a r y H i s t o r i c a l Significance, D i s s . B r y n M a w r 1 9 7 3 ; ELISABETH LANG, F r i e d r i c h V . , Tilly u n d G u s t a v A d o l f im F l u g b l a t t d e s D r e i ß i g j ä h r i g e n K r i e g e s , Diss. A u s t i n 1 9 7 4 ; d i e s e l b e , D a s i l l u s t r i e r t e F l u g b l a t t d e s D r e i ß i g j ä h r i g e n K r i e g e s - e i n G r a d m e s s e r f ü r die V e r b r e i t u n g d e r O p i t z i s c h e n V e r s r e f o r m ? D a p h n i s 9 ( 1 9 8 0 ) 6 5 - 8 7 und 6 6 9 - 6 7 5 .

XIII

trik lateinischer Verse im Flugblatt (/"I,7,55) wären noch zu klären. Die Form- und Wirkungsgeschichte des geistlichen und des weltlichen Liedes ist eng mit dem Flugblatt allgemein und auch mit dem illustrierten Flugblatt verbunden 92 . Daß mit der Aufnahme von Meistersangtönen und insbesondere des Knittelverses oft allgemein formale und thematische Rückgriffe auf frühere Flugblattformen, wie sie von Hans Sachs gepflegt worden sind, einhergehen, sei hier nur beiläufig in Erinnerung gerufen 93 ; hier liegt einer der Gründe dafür vor, daß illustrierte Flugblätter des 17. Jahrhunderts sich bisweilen zitathaft eng an illustrierte Flugblätter des 16. Jahrhunderts anlehnen können. Die Blätter, die unterschiedliche Versformen nebeneinanderstellen, also weder als Liedflugblatt noch innerhalb der narrativen Knittelvers-Blätter zu behandeln wären, sollten nach ihren speziellen Beiträgen zu spezielleren Gattungen oder lyrischen Formen (z.B. lateinische Distichen, deutsche Sprüche, lyrische Strophenformen) befragt werden. Mit dem Lehrgedicht konnte im illustrierten Flugblatt, z.B. von Sebastian Brant, eine Verbindung von Naturerklärung und politischer Prognostik erzielt werden 94 ; poetische Erklärungen von Naturereignissen im Flugblatt wären auf ihre Nähe zum Lehrgedicht noch näher zu untersuchen. Illustrierte Flugblätter in Prosa können mit dieser Form deutlich deskriptiv ausgerichteten literarischen Gattungen zuarbeiten oder sie fortsetzen, so z.B. gegenüber chronikartigen Berichten von Einzelereignissen aus Politik, Medizin, Naturkunde und Kriminalität; sie können anknüpfen an den Kanzleistil obrigkeitlicher Erlasse und Bekanntmachungen, an Predigt und Exegese oder briefähnliche Berichte über politische oder militärische Ereigniskomplexe. Hier können, auch in Form von zitierten Passagen, die Grenzen zur Zeitung und zur Annalistik (z.B. dem ,Theatrum Europaeum'), fließend sein 94a . Auf dem Gebiet der Chronik und in naturkundlichen Kompendien, spezieller noch in Prodigienwerken, kann das illustrierte Flugblatt als eine zitierfähige Grundlage dienen, vermag also selbst der großformatigen Gattung zuzuarbeiten 95 .

Verkürzungen ins illustrierte Flugblatt integriert, was in den wenigen Fällen, in denen es geschieht (/"I,41f.), durch die gattungsübliche Affinität von Text und Bild erleichtert worden sein dürfte. Ähnliches gilt für das Emblem, das auch in seinem Aufbau einigen illustrierten Flugblättern gleicht (/*I,10), jedoch ist das Verhältnis von Text und Bild hier nicht generell der besonderen Verflechtung im Emblem analog 98 . Das Thesenblatt im präzisen Sinne 99 gehört mit seinem großen Bildschmuck und dem anders ausgerichteten, den akademischen Zwecken dienenden Texten nicht zu den Formen der illustrierten Flugblätter, doch lassen sich die großen wissenschaftlichen Lehrtafeln, mit ihrer bildbezogenen Systematisierung von Lehrinhalten (z.B. /T,l—6) als Grenzfälle illustrierter Flugblätter verstehen. Blätter mit Heiligendarstellungen können verbal und graphisch Stationen aus der Vita des Heiligen vergegenwärtigen, ohne daß von einer bloßen Wiedergabe von Heiligenlegenden zu sprechen wäre. Auch Predigt und Gebet können hier im Zusammentreten mit anderen Texten und mit der Graphik Kurzformen besonderer Art entwickeln, deren Zielsetzungen gesondert nachzugehen wäre.

Prosa wie Verse können eingesetzt werden, um in knappen Bildlegenden eine dominierende Graphik mit Erklärungen sicherer verständlich zu machen. Dieses gilt für viele Blätter, in denen die graphische Kunst den Hauptwert ausmacht, wie in Blättern von Albrecht Dürer und Lucas Cranach d. Ä. (vgl. Abb. 2) bis zu den Sadelers und zu Matthäus Merian 96 ; hier kann die starke Reduzierung des Textteils Zweifel veranlassen, ob es sich hier noch in jedem Fall um illustrierte Flugblätter handle 97 .

Literarische oder auch graphische Sonderformen, die nicht Spezifikum einer Gattung sind, können einzelnen illustrierten Flugblättern einen besonderen Charakter, spezielle Legitimierungen oder eine besondere Einbeziehung des Lesers geben: so u. a. Traum und Traumdeutung, erfundene oder tatsächliche Heraldik und ihre positive oder negative Deutung, die Parodie, der Dialog (/"II,25,94,161) und andere Annäherung an das Drama, die Tischzucht und andere Verknappungen lehrhafter Traktate und verwandte, z.T. indirekt belehrende Dichtungen 100 . Eine besonders oft im Flugblatt eingesetzte Schreibart ist die Satire, die einem gelehrten wie einem ungelehrten Pubükum unterschiedlichste Themen kritisch darzustellen vermochte 101 . Mit der Satire schafft sich das illustrierte Flugblatt oft die Möglichkeit, konkurrierende Nonnen darzustellen und diese Antagonismen dadurch zu bewältigen, daß es sein Objekt in einer mehr oder minder fiktiven Situation „durch Verformung erkennbar" macht, so daß die Bestätigung der eignen moralischen Kategorien um so besser gesichert erscheint: die zu suggerierende negative Vorstellung der vom Gegner vertretenen Norm ist dann Bestandteil einer plausiblen Darstellung 102 , — ein zentrales Beispiel für die Mögüchkeiten des illustrierten Flugblatts, persuasive Leistungen dadurch über informative Bestandteile dominieren zu lassen, daß diese nur dem Anschein nach vorhanden sind.

Unabhängig von der Unterteilung nach Vers und Prosa sei auf einige literarische Gattungen hingewiesen, denen das illustrierte Flugblatt zu einem neuen Kontext oder neuen Situationen und Wirkungsmöglichkeiten verhilft. Die Tierfabel wird in voller Form oder auch in Zitaten und anderen

Näher zu erforschende Probleme der Gattungsgrenzen und zugleich der Verkaufsmöglichkeiten berühren sich in den Fällen, in denen illustrierte Flugblätter zwar einzeln verkauft worden sind 103 , andere Exemplare derselben Blätter aber (mit oder ohne Impressum) auch als Bestandteil anderer

92

s. v o r a l l e m R . W . BREDNICH, L i e d p u b l i z i s t i k (wie A n m . 4 ) , u n d d e r s e l b e , F l u g b l a t t , F l u g s c h r i f t (wie A n m . 7 ) ; vgl. a u c h R . WEHSE, S c h w a n k l i e d u n d F l u g b l a t t in G r o ß b r i t a n n i e n ( A r t e s p o p u l ä r e s ,

93

s. H . RÖTTINGER, D i e B i l d e r b o g e n d e s H a n s S a c h s ( S t u d i e n z u r d e u t s c h e n K u n s t g e s c h i c h t e , 2 4 7 ) , S t r a ß b u r g 1 9 2 7 .

3), F r a n k f u r t a . M . / B e r n / L a s V e g a s 1 9 7 9 . 94

s. D . WUTTKE, S e b a s t i a n B r a n t u n d M a x i m i l i a n I. E i n e S t u d i e zu B r a n t s D o n n e r s t e i n - F l u g b l a t t d e s J a h r e s 1 4 9 2 ; in: O . HERDING/R. STUPPERICH ( H g g . ) , D i e H u m a n i s t e n in i h r e r p o l i t i s c h e n u n d s o z i a l e n U m w e l t , B o p p a r d 1 9 7 6 , S. 1 4 1 - 1 7 6 ; d e r s e l b e , W u n d e r d e u t u n g u n d Politik. In d e n A u s l e g u n g e n d e r s o g e n a n n t e n W o r m s e r Z w i l l i n g e d e s J a h r e s 1 4 9 5 , in: L a n d e s g e s c h i c h t e u n d G e i s t e s g e s c h i c h t e . F s . O . H e r d i n g , S t u t t g a r t 1 9 7 7 , S. 2 1 7 - 2 4 4 ; zu B r a n t s ü b r i g e m F l u g b l a t t - O e u v r e vgl. J . - D . MÜLLER, P o e t , P r o p h e t , P o l i t i k e r : S e b a s t i a n B r a n t als Publizist u n d d i e R o l l e d e r l a i k a l e n Intelligenz u m 1500, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 10 ( 1 9 8 0 ) 1 0 2 - 1 2 7 .

94a 95

vgl. K . SCHOTTENLOHER, F l u g b l a t t u n d Z e i t u n g (wie A n m . 1), u. a. S. 1 5 2 ff. z . B . beim ,Theatrum E u r o p a e u m 1 , bei K o n r a d G e s n e r ( / 1 , 2 3 7 ) , J o h a n n G e o r g Schenck ( / l , 2 2 8 ) und K o n r a d Lycosthenes ( / l , 2 2 0 , 222). vgl. K . SCHOTTENLOHER, F l u g b l a t t u n d Z e i t u n g (wie A n m . 1), S. 1 2 8 ff., H . ZSCHELLEZSCHKY, D i e ,drei g o t t l o s e n M a l e r ' v o n N ü r n b e r g . S e b a l d B e h a m , B a r t h e l B e h a m u n d G e o r g P e n c z . H i s t o rische G r u n d l a g e n u n d i k o n o l o g i s c h e P r o b l e m e i h r e r G r a p h i k zu R e f o r m a t i o n s - u n d B a u e r n k r i e g s z e i t , L e i p z i g 1 9 7 5 , b e s . S. 1 6 8 ff., u n d d i e in R e p r o d u k t i o n e n z u g ä n g l i c h g e m a c h t e n B l ä t t e r bei M . GEISBERG, T h e G e r m a n S i n g l e - L e a f W o o d c u t 1 5 0 0 - 1 5 5 0 , 4 B d e . , hg. v. W . L . STRAUSS, N e w Y o r k 1 9 7 4 ; W . L. STRAUSS ( H g . ) , T h e G e r m a n S i n g l e - L e a f W o o d c u t 1 5 5 0 - 1 6 0 0 , 3 B d e . , N e w Y o r k 1 9 7 5 ; DOROTHY ALEXANDER/W. L . STRAUSS ( H g g . ) , T h e G e r m a n S i n g l e - L e a f W o o d c u t 1 6 0 0 - 1 7 0 0 . A P i c t o r i a l C a t a l o g u e , 2 B d e . , N e w Y o r k 1 9 7 7 . Z u d e n n u r e n g e n G r e n z e n , in d e n e n in d e n b e i d e n l e t z t e n W e r k e n e i n e w i s s e n s c h a f t l i c h e E r s c h l i e ß u n g d e r B l ä t t e r v e r s u c h t w i r d , s. u. a. M . SCHILLING, G e r m a n i s c h - r o m a n i s c h e M o n a t s s c h r i f t 6 4 ( 1 9 8 3 ) 1 1 1 — 116, u n d W . HARMS, Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 102 (Tübingen 1980) 4 7 9 - 4 8 5 .

97

vgl. u n t e n S. 6 0 ; h i e r z u g e h ö r e n g e n e r e l l K u n s t b l ä t t e r mit S t a d t p r o s p e k t e n , a u c h w e n n d i e G r a p h i k e n die R e a l i t ä t s w i e d e r g a b e n a c h I d e a l v o r s t e l l u n g e n stilisieren; s. M . SCHMITT/J. LUCKHARDT, R e a l i t ä t u n d A b b i l d in S t a d t d a r s t e l l u n g e n d e s 16. bis 19. J a h r h u n d e r t s . U n t e r s u c h u n g e n a m B e i s p i e l L i p p s t a d t , M ü n s t e r 1 9 8 2 .

" s. o b e n S. X I I I . 99

s. SIBYLLE APPUHN-RADTKE, T h e s e n b l ä t t e r d e s H o c h b a r o c k . E i n e U n t e r s u c h u n g a n h a n d d e r W e r k e B a r t h o l o m ä u s K i l i a n s ( 1 6 3 0 - 9 6 ) , Diss. F r e i b u r g 1 9 8 3 .

I0U

s. h i e r z u w e i t e r e s o z i a l g e s c h i c h t l i c h e B e h a n d l u n g e r ö f f n e n d M . SCHILLING, D a s F l u g b l a t t als I n s t r u m e n t g e s e l l s c h a f t l i c h e r A n p a s s u n g , in: W . BRÜCKNER ( H g . ) , L i t e r a t u r u n d V o l k im 17. J a h r -

101

s. G . HESS, D e u t s c h - l a t e i n i s c h e N a r r e n z u n f t . S t u d i e n z u m V e r h ä l t n i s v o n V o l k s s p r a c h e u n d L a t i n i t ä t in d e r s a t i r i s c h e n L i t e r a t u r d e s 16. J a h r h u n d e r t s ( M ü n c h e n e r T e x t e u n d U n t e r s u c h u n g e n z u r

h u n d e r t . K o n g r e ß W o l f e n b ü t t e l 1 9 8 2 , W i e s b a d e n 1 9 8 5 , S. 6 0 1 - 6 2 6 . d e u t s c h e n L i t e r a t u r d e s M i t t e l a l t e r s , 4 1 ) , M ü n c h e n 1 9 7 1 , b e s . S. 1 4 0 ff. zur „ K o n k u r r e n z v o n S p r a c h r o l l e n in d e r F l u g s c h r i f t e n l i t e r a t u r " ; vgl. M . SCHILLING, A l l e g o r i e u n d S a t i r e auf illustrierten F l u g b l ä t t e r n d e s B a r o c k , i n : W . HAUG ( H g . ) , F o r m e n u n d F u n k t i o n e n d e r A l l e g o r i e . S y m p o s i o n W o l f e n b ü t t e l 1 9 7 8 , S t u t t g a r t 1 9 7 9 , S. 4 0 5 - 4 1 8 . s. d e n Begriff d e r „ t r a n s p a r e n t e n E n t s t e l l u n g " bei W . PREISENDANZ, Z u r K o r r e l a t i o n z w i s c h e n S a t i r i s c h e m u n d K o m i s c h e m - N e g a t i v i t ä t u n d Positivität im S a t i r i s c h e n , in: W . PREISENDANZ/R. WARNING ( H g g . ) , D a s K o m i s c h e ( P o e t i k u n d H e r m e n e u t i k , 7), M ü n c h e n 1 9 7 6 , S. 4 1 1 - 4 1 6 , u n d J. SCHÖNERT, , W i r N e g a t i v e n ' . D a s R o l l e n b e w u ß t s e i n d e s S a t i r i k e r s K u r t T u c h o l s k y in d e r e r s t e n P h a s e d e r W e i m a r e r R e p u b l i k ( 1 9 1 8 - 1 9 2 4 ) , in: IRMGARD ACKERMANN ( H g . ) , K u r t T u c h o l s k y . S i e b e n B e i t r ä g e zu W e r k u n d W i r k u n g , M ü n c h e n 1 9 8 1 , S. 4 6 - 8 8 , b e s . S. 5 3 ff. z u r T h e o r i e d e r S a t i r e . 103

s. h i e r z u a u ß e r d e n B e r i c h t e n ü b e r d e n V e r k a u f i d e n t i f i z i e r t e r i l l u s t r i e r t e r F l u g b l ä t t e r a u c h N a c h w e i s e ü b e r e i n z e l n e B l ä t t e r in M e s s k a t a l o g e n , z . B . D i e M e s s k a t a l o g e G e o r g Willers, H e r b s t m e s s e 1 5 6 4 bis H e r b s t m e s s e 1 5 7 3 ( D i e M e s s k a t a l o g e d e s 16. J a h r h u n d e r t s , h g . von B. FABIAN, 1), H i l d e s h e i m / N e w Y o r k 1 9 7 2 , S. 4 4 3 ( F a s t e n m e s s e 1 5 7 2 ) Newe Figurn zwischen

XIV

dem Bapst/König

auß !¡¡Spanien

vnd Venedig

(vgl./11,28).

auff I.folio.

Als...

Der

Bund

Druckwerke angeboten wurden 104 . Hier gibt es Übergänge bzw. Austausch zwischen dem illustrierten Flugblatt und dem graphisch beherrschten Buchtitelblatt (/"II,138) 105 , zwischen dem Flugblatt, das historische Ereignisse darstellt, und der Buchillustration von Chroniken 106 , zwischen dem Einzelblatt und dessen Eingliederung in eine - oft durchnumerierte - zyklische Folge mehrerer Blätter 107 . Durch die Nachbarschaft zu Publikationstypen wie Kalendern, Rezeptblättern, u.a. und einen Vertrieb, der das Flugblatt mit Krämerwaren in engen Zusammenhang brachte, konnte sich eine negative Einschätzung des illustrierten Flugblatts wie des Flugblatts allgemein und auch der Neuen Zeitungen und Flugschriften weit verbreiten 108 . Immerhin zeigt die Liste der Druckwerke, die im Jahr 1600 ein wandernder Buchhändler feilbot 109 , eine Menge von illustrierten Blättern oder Kunstblättern (Fünf Pund, Allerlei gemalte bilder ... Sechzehn stuck allerlej gemalte bilder) neben krämerladenverdächtigen Druckwerken und anderen Artikeln (Zwej Pund loßtaffeln ... Funfzehen bund kleine Calender ... Sechs schiefferne Schreibtäffelgen u.a.) auch Literatur, die man nur wegen des Vertriebsweges, aber gewiß nicht unter dem Gesichtspunkt minderer Qualität unter diese Kolportage zu rechnen hat: z.B. Zwej Neue Testament Lutherj, Acht Catonis disticha moralia. Acht stuck, Epistolae Ciceronis. Zwey Quaestiones de primis rudimentis grammaticae. Die Situation des Vertriebs legt also nicht notwendig nur ein negatives Urteil über die inhaltliche oder ästhetische Qualität der illustrierten Flugblätter nahe; ebenso zeigt es die positive Möglichkeit, daß diese Blätter den potentiellen Käufern von Werken Luthers oder Ciceros mitvorgelegt wurden.

d. Die Situationsbezogenheit des illustrierten Flugblatts. Auf dem illustrierten Flugblatt »Fleuch wa du wilt Des todtes bild' des Kölner Verlegers Gerhard Altzenbach, das in ähnlichen Fassungen auch bei anderen Verlegern erschien 110 (/*III,125), wird der intendierte wie der tatsächliche Betrachter und Leser ganz konkret und unausweichlich ins Visier genommen: Der Tod richtet die gespannte Armbrust auf den Betrachter, und damit der Eindruck des Lesers, selbst Ziel des Todes wie der Aussage des Blattes zu sein, durch keinen ungünstigen Blickwinkel vermindert werde, gibt ein Nota bene im Text den Hinweis, wann das Blatt seine volle Wirkung erreiche: es solle höher stehen als ein man ist. An diesem Blatt wird deutlich, wie sehr die intendierte Rezeptionssituation eines illustrierten Flugblatts von der üblichen Lesesituation eines Buchlesers unterschieden sein kann: die doppelte Wirkung von Bild und Text kann — muß jedoch nicht in allen Fällen — nach einem Abstand verlangen, der eine volle Kombination der Wirkung aller Teile des Blattes ermöglicht. Von hier aus erklären sich besondere Situationen der Vermittlung, u.a. das moritatenähnlich vorgesungene oder vorgeführte Bildfelder-Blatt 111 , das plakatartig angeklebte Blatt an Häusern oder in Innenräumen unterschiedlicher Art 1 1 2 , die Kaufwerbung durch Aushang und Auslage in Analogie zur Darbietung von

1(14

Buchtitelblättern 113 . In allen Fällen ist die Möglichkeit gegeben, daß grundsätzlich jeder Rezipient - ob Betrachter, Leser, Käufer, Vorleser - in diese Situation, die nicht historisch spezifiziert wäre, geraten kann. Das illustrierte Flugblatt ,Emblema Auff das Erste Evangelische JubelJahr' (/'II,129), das 1617 in Stettin im Zusammenhang vielfältiger Publikationen aus Anlaß der Hundertjahrfeier von Luthers Thesenanschlag erschien, hat die Situation der Vermittlung und Wirkung des Blattes von Anfang an auch umgreifend historisch akzentuiert: Intendierter Adressat ist der Lutheraner, der neben Predigt, Lied und Drama auch das illustrierte Flugblatt als Bestandteil der anlaßgebundenen Publizistik jener Tage um den 31. Oktober 1617 in Stettin und an anderen lutherisch-protestantischen Orten zur Kenntnis nimmt und als Bestätigung seiner eignen Auffassung versteht 114 . Der Verfasser des Blattes, der Stettiner Superintendent Daniel Cramer, beschreibt später in seiner pommerschen Kirchengeschichte dieses Blatt in so engem Zusammenhang mit Heinrich Kielmanns Komödie ,Tetzelocramia', die während jener Reformationsfeierlichkeiten in Stettin aufgeführt worden ist, daß die Vermutung naheliegt, das inhaltlich bis ins Detail dem Bühnenwerk nahestehende Blatt sei in Verbindung mit diesen Aufführungen verkauft worden (/"II, 129). Daneben ist ein anderer, auf dieselbe historische Situation bezogener Vertriebs- oder Rezeptionsweg des Blattes bekannt: Es findet sich als illustrierende Beilage in dem Sammelband mit Predigten und anderen Texten der Stettiner Hundertjahrfeier ,Feyerliche Begängnus des Hochpreißlichen Ersten Evangelischen Jubel Jahres'. Stettin 1617 115 . Daß dieses Blatt wegen eines historischen Anlasses konzipiert und hergestellt worden ist, konnte zu unterschiedlichen Vermittlungssituationen führen, die jedoch die gesamte Gebrauchsfunktion des Blattes kaum verändert haben dürften. Diese beiden Einzelfälle mögen zeigen, wie unterschiedlich die äußere Rezipientensituation und die historische Situation eines illustrierten Flugblatts, die den Verstehensrahmen und den Grad der Aktualität bestimmt, ausfallen können. Eine Typologie der Situationsbezogenheit 116 des illustrierten Flugblatts müßte heterogene Fakten und Kriterien zu verbinden suchen: seine Vertriebsformen, sein ästhetisches Angebot an seinen intendierten Leser und Betrachter, die Vorkenntnisse und die Erwartungshaltung seines tatsächlichen Rezipienten, eine Soziologie der Lebens- oder Wirkungsbereiche seiner Themen und Aussagen und seine Affinität zu anderen publizistischen Formen und zu graphischen und literarischen Gattungen. Die Einschätzung oder Wertung der Leistungen des illustrierten Flugblatts wird in Relation zu seiner Situationsbezogenheit zu sehen sein. Wieweit die Leistungen von speziell literarischen oder speziell bildkünstlerischen Qualitäten eines Blattes abhängen, wird je nach Vermittlungssituation und je nach den Erwartungen und den Fähigkeiten des Rezipienten unterschiedlich ausfallen; jede Kommunikationssituation setzt einen anderen Verstehensrahmen 117 , so daß z.B. die Vermittlung eines illustrierten Flugblatts im Zusammenhang mit einer Theateraufführung anders ausfällt als

s. u n t e n S. X V I I I u n d X X I zu P r o b l e m e n d e r A b g r e n z u n g , u . a . a u c h z u r F r a g e , o b s e l b s t ä n d i g e D r u c k e i m S i n n e v o n i l l u s t r i e r t e n F l u g b l ä t t e r n als „ B u c h g a t t u n g e i g e n e r A r t " H . URBAN, R e z e n s i o n v o n J. BAHNS ( H g . ) , F l u g b l ä t t e r . A u s d e r F r ü h z e i t d e r Z e i t u n g , b e a r b . v o n SIGRID WECHSSLER ( 1 9 8 0 ) , A u s d e m A n t i q u a r i a t 1 9 8 0 , A 5 4 1 - A 5 4 3 zu g e l t e n h a b e n .

105

s. zwei k o n t r ä r e B e i s p i e l e mit W e r k e n von E r h a r d S c h ö n u n d D a v i d K a n d e l bei R . SCHLEIER, T a b u l a C e b e t i s , B e r l i n 1 9 7 3 , S. 3 6 f .

1116

z. B . viele B l ä t t e r v o n F r a n z u n d A b r a h a m H o g e n b e r g , d e r e n v e r b a l e A n t e i l e nicht s e l t e n ein e r h e b l i c h e s E i g e n g e w i c h t e r r e i c h e n (gut z u g ä n g l i c h in d e r A u s g a b e v o n F . HELLWIG, F. U. A . H o g e n -

/

b e r g , G e s c h i c h t s b l ä t t e r , N ö r d l i n g e n 1 9 8 3 ) o d e r viele I l l u s t r a t i o n e n b z w . B e i l a g e n d e s , T h e a t r u m E u r o p a e u m ' (/" 11,212). ' ' " s o z. B. bei D a n i e l S u d e r m a n n o d e r d i e F o l g e v o m P a p s t t u m mit s e i n e n G l i e d e r n , d e r e n a c h t E i n z e l b l ä t t e r ( / l l , 7 8 f f . ) a u c h als 2 2 b l ä t t r i g e F l u g s c h r i f t e r s c h i e n e n ; s. J. SCHWITALLA, F l u g s c h r i f t e n (wie A n m . 11), S. 15, A n m . 3. I1,K

s. o b e n z u , P a s q u i l l ' u n d . S c h a r t e k e ' S. I X ff.; vgl. u n t e n A b b . 1, d e r e n k a r i k i e r e n d e Ü b e r t r e i b u n g g e r a d e die U n v e r e i n b a r k e i t v o n a n s p r u c h s v o l l e r L i t e r a t u r e i n e r s e i t s u n d K r ä m e r w a r e n a n d e r e r seits, zu d e n e n h i e r N e u e Z e i t u n g e n g e h ö r e n , v o r a u s s e t z t .

109

L e t z t e r A b d r u c k bei S. TAUBERT, B i b l i o p o l a . B i l d e r u n d T e x t e a u s d e r W e l t d e s B u c h h a n d e l s , 2 B d e . , H a m b u r g 1 9 6 6 , h i e r II, S. 3 6 ; S. 25 - 4 5 d o r t m e h r e r e f r ü h e D a r s t e l l u n g e n a u s d e m B e r e i c h der Kolportage, z.T. auch des V e r t r i e b s von illustrierten Flugblättern, s. W . A . COUPE, B r o a d s h e e t , l l , 2 0 0 - 2 0 0 b .

111

s. R . W . BREDNICH, L i e d p u b l i z i s t i k (wie A n m . 4 ) , I, S. 3 4 f f . ; W . BRUCKNER, D r u c k g r a p h i k (wie A n m . 8 ) , S. 5 f . u. ö., d o r t sind S. 2 3 6 f . einige d e r v e r d i e n s t v o l l e n A r b e i t e n J. BÜLTES a u f g e f ü h r t .

112

vgl. u . a . W . TOBLER, H i e r w i r d nicht g e p u m p t , Z e i t s c h r i f t f ü r S c h w e i z e r V o l k s k u n d e 4 5 ( 1 9 5 5 ) 4 3 - 4 8 ; F . J. STOPP, D e r r e l i g i ö s - p o l e m i s c h e E i n b l a t t d r u c k . E c c l e s i a m i l i t a n s ' ( 1 5 6 3 ) d e s J o h a n n e s N a s u n d s e i n e V o r g ä n g e r , D V j s . 3 9 ( 1 9 6 5 ) 5 8 8 - 6 3 8 , h i e r S. 5 9 3 , A n m . 1 0 ; / I l , 1 9 f . ; / I , 7 3 .

m

s. W . HARMS/M. SCHILLING, Z u m i l l u s t r i e r t e n F l u g b l a t t d e s B a r o c k (wie A n m . 7), S. X I f.; vgl. W . HARMS, P r o g r a m m a t i s c h e s auf T i t e l b l ä t t e r n n a t u r k u n d l i c h e r W e r k e d e r B a r o c k z e i t , F r ü h m i t t e l alterliche S t u d i e n 12 ( 1 9 7 8 ) 3 2 6 - 3 5 5 .

114

s. im e i n z e l n e n RUTH KASTNER, G e i s t l i c h e r R a u f f h a n d e l . F o r m u n d F u n k t i o n d e r i l l u s t r i e r t e n F l u g b l ä t t e r z u m R e f o r m a t i o n s j u b i l ä u m 1 6 1 7 in i h r e m h i s t o r i s c h e n u n d publizistischen K o n t e x t

115

s. RUTH KASTNER, G e i s t l i c h e r R a u f f h a n d e l (wie A n m . 1 1 4 ) , S. 3 5 7 .

116

vgl. H . KUHN, E n t w ü r f e z u e i n e r L i t e r a t u r s y s t e m a t i k d e s S p ä t m i t t e l a l t e r s , T ü b i n g e n 1 9 8 0 , S. 7 8 - 8 5 , u n d d a z u die R e z e n s i o n v o n M . WEHRLI, B e i t r ä g e z u r G e s c h . d. d t . S p r a c h e u. Lit. 1 0 3 ( T ü -

( M i k r o k o s m o s , 11), F r a n k f u r t a . M . / B e r n 1 9 8 2 , S. 9 4 - 1 0 0 , 3 5 6 f . u n d 3 8 3 .

b i n g e n 1 9 8 1 ) 3 1 0 - 3 1 3 ; GISELA ECKER, E i n b l a t t d r u c k e (wie A n m . 7 6 ) , I, S. 1 2 6 f f . u . ö . ; W . HARMS, B e m e r k u n g e n z u m V e r h ä l t n i s v o n B i l d l i c h k e i t u n d h i s t o r i s c h e r S i t u a t i o n (wie A n m . 7 2 ) , S. 3 3 6 f . 1,7

vgl. RENATE VON HEYDEBRAND, A r t . . L i t e r a r i s c h e W e r t u n g ' in; R e a l l e x i k o n d e r d e u t s c h e n L i t e r a t u r g e s c h i c h t e I V , B e r l i n / N e w Y o r k 1 9 8 4 , S. 8 2 7 - 8 7 1 , h i e r S. 8 3 1 .

XV

beim Vorlesen in einer Wirtshausrunde, anders als illustrative Ergänzung zu einer Stadtchronik oder zu einem Reisebericht als etwa als einziger Schmuck im Innendeckel einer ärmlichen Gesindetruhe. Daß Flugschrift und Flugblatt oft durch Kolportage ans Publikum herangeführt wurden und dabei in die sachliche Nähe zu Utensilien des Kramladens gerieten (/TI,278), hat dazu beigetragen, den Respekt vor ihnen zu verringern. So konnte es auch gegen einen Autor - wie hier den als Jesuiten dargestellten Konvertiten Angelus Silesius (s. Abb. I 118 ) — gerichtet werden, wenn man ihn satirisch als Händler von Neuen Zeitungen, Büchern, Spielkarten und von Dingen, wie Brillen und Modeartikeln, darstellt, die ihrerseits in Flugblättern satirisch gewertet werden konnten ( / T , 5 4 ; 11,296).

Abb. l

Mit Berücksichtigung der übergreifenden historischen Situation, in der das Flugblatt konzipiert wurde und auf die es Antworten geben sollte, sowie der engeren Vermittlungssituation, in der es zu seinem Adressaten gelangte, mußte es die nötige Aufmerksamkeit, die eigene Autorität und die beabsichtigte Überzeugungskraft aus sich selbst heraus bewirken. Daß hierzu ein— nach Kenntnissen, Stand, Partei und Region breit gefächertes - Arsenal an rhetorischen Mitteln gehört, versteht sich von selbst 119 . Die auf anderen literarischen Feldern gültige Beobachtung, daß kein frühneuzeitlicher „Poet um sein Ansehen zu bangen (brauchte), wenn er sich in rhetorischer Zweckprosa versuchte" 120 , gilt für die Verfasser von Flugblatt-Texten in Vers und Prosa in der Regel nicht. Die Anonymität der Vielzahl dieser Autoren ist zum Teil aus Gattungstraditionen zu erklären 121 , nicht etwa nur aus Rücksicht gegenüber der Zensur, oft aber auch aus der Scheu, in einem

1111

meist - nicht aber im Fall des Gelegenheitsgedichts - niedriger gewerteten Genre als sonst sehr geschätzter Verfasser höher eingestufter literarischer Formen an einem nicht gemäßen Ort angetroffen zu werden; dieses erklärt das Verhalten berühmter Verfasser, wenn sie ihre Flugblatt-Texte anonym, ihre Bücher aber unter ihrem Namen publizieren (zu Harsdörffer / I I I , 8 8 ; zu von Birken / I , 8 4 , mit Initialen gezeichnet / I I , 3 2 3 f . ) l 2 l a . Es müßte noch geklärt werden, wieweit sich das Verhältnis von Verleger und Autor hierauf auswirken konnte, aber insgesamt wird das illustrierte Flugblatt als Gebrauchsform nicht voll von den sonst vorherrschenden Regeln der literarischen Praxis erfaßt; selbst die frühneuzeitliche Regelpoetik und Rhetorik, die sonst für verschiedene Kommunikationssituationen die angemessenen Aufgaben und Werte der einzelnen Gattungen festlegen 122 , sagen über das illustrierte Flugblatt hierzu nichts aus 123 . Da es eine zeitgenössische Theorie oder Anweisungspoetik speziell für Texte illustrierter Flugblätter nicht gibt, wäre eine Geschichte der Vermittlungs- und Rezipiersituationen des frühneuzeitlichen illustrierten Flugblatts um so wichtiger. Hierzu sind bisher jedoch nur so wenige verläßliche Dokumente oder indirekte Zeugnisse bekannt, daß derzeit nur eine Kasuistik ohne Anspruch auf die Qualität des Exemplarischen die Lücke füllen kann. Entscheidende Veränderungen dieses dürftigen Kenntnisstandes sind von einer systematischen Erforschung von Gerichtsakten zu erwarten, die in den Umgang mit Flugblättern auf Seiten der Verleger, Drucker, Händler, Käufer, Leser, Betrachter und der Obrigkeitsvertreter Einblicke geben 124 . Ein Beispiel für die relativ seltene kostenlose Verbreitung von Flugblättern, die hier im strengeren Sinne propagandistischen Zwecken dienen, also die Meinung der öffentlich Tätigen wohlkalkuliert beeinflussen wollen, gibt uns der Züricher Student Konrad Gesner, der später berühmte Polyhistor, in einem Bericht über seinen Pariser Universitätsaufenthalt. Er schreibt in seinem Brief vom 27. Dezember 1534 aus Straßburg an seinen Züricher Mentor Heinrich Bullinger 125 , was er in den Wochen zuvor in Paris bei der Unterdrückung des dort eindringenden Kalvinismus beobachtet habe. Es seien französische Flugblätter (libelli Gallice scripti) von Uneinsichtigen angeschlagen worden (fixi ab inconsultis quibusdam)\ die Blätter seien wohl in Neuchatel gedruckt und von Farellus und einem Augustinermönch verfaßt worden und richteten sich gegen zentrale Aussagen des Kalvinismus. In jener Nacht seien sie in Paris, Orléans und Genf angeschlagen worden, sogar an die Tür des königlichen Schlafgemachs (et in regii cubiculi ianua). Dieses sei der Beginn von (Kalvinisten-)Verfolgungen gewesen. Zwar ist von graphischen Bestandteilen dieser Anschläge nicht die Rede, doch ist dieser Beleg für die Verwendung von Flugblättern zu aktuellen politischen Zwecken für den Anschlag als solchen, unabhängig von seinen speziellen Bestandteilen, aufschlußreich 125 *. Umgekehrt konnte auch im Namen der Obrigkeit ein Flugblatt gegen obrigkeitsfeindliche Publizistik eingesetzt werden. So gibt sich das illustrierte Flugblatt ,Österreichischer bestendiger griener bäum Kaysers Ferdinand, des andern" 2 6 als Antwort auf protestantische Paßquill/ Zettel/ KupferstichÌ Tractätlein/ Büchlein zu erkennen, doch ist an diesem Beispiel nicht deutlich, ob dieses Blatt kostenlos zu seinem Publikum gelangt sei. Eine gelegentliche .Verteilung' eines Blattes, dessen Thema im Einzelfall eine gegen Einzelpersonen gerichtete Verwendung nahelegte, wird in einer Neufassung besonders vermerkt: Die deutsche Neuauflage des Blattes .Abbildung der hochmütigen Spanier' (o.O.o.J.;

A b b . 1: A n g e l u s Silesius ( D . J . S . = D o c t o r J o h a n n e s S c h e f f l e r ) , T i t e l k u p f e r d e r p r o t e s t a n t i s c h e n F l u g s c h r i f t W o l v e r d i e n t e s C a p i t e l , w e l c h e s n e u l i c h d i e b e y d e n w e i t b e s c h r i e n e n J e s u w i t e n J a c o b M a s e n i u s u n d V e i t E r b e r m a n n , D . J o h a n n S c h e f f l e r n . . . g e l e s e n , 1 6 6 4 ( B e r l i n , P r e u ß i s c h e S t a a t s b i b l i o t h e k : 3 2 5 7 1 5 R ) , n a c h f r e u n d l i c h e r V e r m i t t l u n g d u r c h E v a B l i e m b a c h , B e r l i n ; s. T . BRANDIS ( H g . ) , K o s t b a r e H a n d s c h r i f t e n u n d D r u c k e , b e a r b . v. G . ACHTEN, A u s s t e l l u n g s k a t a l o g B e r l i n , W i e s b a d e n 1 9 7 8 , N r . 8 5 , S. 1 9 0 f .

114

s. a u c h e i n e n H i n w e i s auf d i e s e s A n w e n d u n g s f e l d d e r R h e t o r i k b e i W . BARNER, B a r o c k r h e t o r i k . U n t e r s u c h u n g e n z u i h r e n g e s c h i c h t l i c h e n G r u n d l a g e n , T ü b i n g e n 1 9 7 0 , S. 8 1 .

1211

W . BARNER, B a r o c k r h e t o r i k (wie A n m . 1 1 9 ) , S. 79.

121

s. GISELA ECKER. E i n b l a t t d r u c k e (wie A n m . 7 6 ) , ], S. 1 3 2 ff.

I2la

vgl. M . SCHILLING, , D e r R ö m i s c h e V o g e l h e r d t ' u n d , G u v s t a v u s A d o l p h v s 1 . N e u e F u n d e z u r p o l i t i s c h e n Publizistik J u l i u s W i l h e l m Z i n c g r e f s , G e r m a n i s c h - R o m a n i s c h e M o n a t s s c h r i f t 31 ( 1 9 8 1 ) 2 8 3 - 3 0 3 ; W . HARMS, A n o n y m e T e x t e b e k a n n t e r A u t o r e n auf i l l u s t r i e r t e n F l u g b l ä t t e r n d e s 17. J a h r h u n d e r t s . Z u B e i s p i e l e n v o n L o g a u , B i r k e n u n d H a r s d ö r f f e r , W o l f e n b ü t t e l e r B a r o c k - N a c h richten 1 2 ( 1 9 8 5 ) .

1:2

RENATE VON HEYDEBRAND, L i t e r a r i s c h e W e r t u n g (wie A n m . 1 1 7 ) , S. 8 4 2 .

121

W o J o h a n n M a t t h ä u s M e y f a r t , T e u t s c h e R h e t o r i c a o d e r R e d e k u n s t . C o b u r g 1 6 3 4 , N a c h d r u c k hg. v o n E . TRUNZ ( D e u t s c h e N e u d r u c k e , 2 5 ) T ü b i n g e n 1 9 7 7 , S. 4 0 4 f., e t w a die F r a g e stellt, was die Communication

sey, s o v e r s t e h t e r h i e r u n t e r e i n e BerathscfllagungsFigur

im A u f g a b e n b e r e i c h d e r f o r e n s i s c h e n R h e t o r i k ; auf B e s o n d e r h e i t e n d e r F l u g b l a t t w i r k u n g a n w e n d b a r e E r ö r t e r u n g e n fin-

d e n sich n i c h t . 124

H i e r z u d e m n ä c h s t B e r i c h t u n d A n a l y s e v o n A u g s b u r g e r P r o z e ß a k t e n , in d e n e n i l l u s t r i e r t e F l u g b l ä t t e r als c o r p o r a delicti n o c h v e r w a h r t sind, v o n H . J. H e c k e r u n d M . Schilling, b e i d e M ü n c h e n .

125

J u d i t h S t e i n m a n n , Z ü r i c h , m a c h t e m i r d a n k e n s w e r t e r w e i s e e i n e a n n ä h e r n d z e i t g e n ö s s i s c h e A b s c h r i f t d i e s e s B r i e f e s z u g ä n g l i c h ( Z ü r i c h , Z e n t r a l b i b l i o t h e k : M s . F 4 4 , fol 2V, im T h e s a u r u s H o t t i n g e r i a n u s ) . G e d r u c k t gibt e s n u r die d e u t s c h e Ü b e r s e t z u n g v o n J o h a n n e s H a n h a r t , C o n r a d G e ß n e r , W i n t e r t h u r 1 8 2 4 , S. 3 6 f .

I25a 126

Z u r R ü c k f ü h r u n g d e s P a s q u i l l s a u f v e r g l e i c h b a r e A n s c h l ä g e s. o b e n S. I X f . m i t A n m . 4 6 . s. W . HAKMS/J R . PAAS/M. SCHILLING/A. WANG, I l l u s t r i e r t e F l u g b l ä t t e r (wie A n m . 7 ) . N r . 65.

XVI

Nürnberg, GNM: H B 24.840) 1 2 6 a trägt den gravierten Vermerk Diese Contrafactur ist zu Paris in des Marquis de Sancta Croce Kutschenwagen geworffen worden, als er daselbst durch gereiset. In der Art dieses Falles einer speziellen, vom Flugblattautor oder -Verleger zunächst nicht überblickten möglichen Verwendung dürfte auch manches andere Blatt in einen Gebrauchszusammenhang geraten sein, der eine besondere Initiative eines Händlers oder eines Käufers voraussetzt. Hierher gehört wohl auch die Verwendung von Blättern mit der Darstellung des Schwedenkönigs Gustav Adolf, wie sie aus dem katholischen Flugblatt ,Vlmer Wehklag vnd Augspurgische Warnung' 127 bekannt ist; es kritisiert, daß Gustav Adolf-Blätter an die Stelle geraten, die sonst Heiligenbildern vorbehalten ist: Ich sags vnd ist nur gar zu wahr/ Die Weber vnd ein jeder Narr Sein Bildniß hett an der K a m m e r T h ü r / Vnd betteten: Lieber Schwed hilff mir.

Die Sorge, daß ein Flugblatt das Überspringen fremder Meinungen und Wertvorstellungen ins eigne parteiliche Lager ermögliche, findet sich in etwa gleicher historischer Situation in einem zeitgenössischen Bericht, der in Kölner Akten die Wirkung des Blattes ,Der betrengten Christenheit CONSOLATION:/ und der Beraubten Teutschen Freyheit REPARATION ... 1632" 2 8 beschreibt. Dort wird mit Bezug auf das Restitutionsedikt von 1629 und die Landung der Schweden 1630 über die Situation in Köln 1632 berichtet, die Schweden setzen sogar Cöln an rhein in furcht, und hierauf ließen die Protestanten 1632. gegen-wärtiges Bild (d.h. das illustrierte Flugblatt) machen, so hier in Cöln am rhein zum Vorschein kamen, welches viele gährung (= Begehren der Käufer' 2 9 ) verursachte, die bannier-herren ihre bürger kaum in Ordnung halten konnten. Auch hier ist nicht klar erkennbar, ob oder wieweit das Blatt durch Kauf oder auch als gezielt verteiltes Propagandainstrument zu seinem Publikum gefunden hat. Es ist aber ein Beispiel für die wohl relativ seltenen Fälle, in denen Flugblätter der frühen Neuzeit eine parteilich festgefügte Bevölkerung, wie die katholischen Bewohner Kölns, gegenüber Auffassungen ihrer Gegner anfällig machen konnten. In der Regel sind Flugblätter und illustrierte Flugblätter wohl für die Stabilisierung schon vorhandener Auffassungen eingesetzt worden; auch polemisch aggressive Blätter, soweit es sich nicht um Pasquille im engeren Sinne handelte, konnten ihr Publikum ebenso unter Parteigängern, die sich von der aggressiven Behandlung des Gegners bestätigt fühlen konnten, wie unter den Angegriffenen finden, die sich aber als Käufer wohl nur dann erreichen ließen, wenn die parteiliche Tendenz des Blattes nicht auf den ersten Blick erkennbar war ( / " 1 , 1 5 6 - 1 7 0 passim, 11,93,183). Eine häufige Vermittlungs- und Wirkungssituation des illustrierten Flugblatts sind daher allgemein zugängliche Orte, wie z.B. Kirchentüren, Innenräume von Wirtshäusern oder Auslagen von Buchhändlern oder Schaustellern, allgemein bei vielbesuchten Ereignissen, wie Reichstagen, Messen und Märkten. Es scheint sich um das Anheften einzelner Liedtexte aus der Flugschrift ,ein gemeine bicht oder bekennung der Predicanten to Soest' zu handeln 130 , wenn aus Westfalen 1534 berichtet wird, ein Pamphlet (acerbissimum Scriptum) sei auf Straßen verbreitet und an Kirchentüren angeheftet worden (.. .per plateas dispersum et valvis templorum et portis affixum est... sub nomine pasquilli vel Danielis a Soist rythmis Germanicis exaratum). Der

Ingolstädter Franziskaner Johannes Nas äußert sich einmal über die beste mögliche Wirkung eines seiner illustrierten Flugblätter; er fordert den Käufer seines illustrierten Flugblatts ,Abcontrafeyhung vnd Außlegung etlicher seltzamer Figuren' (Tierprozession vom Straßburger Münster, / 1 1 , 4 5 ) , das zunächst als Bestandteil seines .Praeludium'-Buches von 1568 publiziert wurde, dazu auf, er möge das Blatt zusammen pappen/ vnd an ein Wandt kleyben. Hiermit dürfte er an eine ähnlich persuasive, nicht auf Dekorationszwecke beschränkte Wirkung gedacht haben, wie sie jene westfälischen Flugblattverteiler anstrebten. Als die von Vitus Jacobaeus verfaßte lateinische Version eines anderen polemischen illustrierten Flugblatts des Johannes Nas 1568 in Breslauer Kirchen angeschlagen wurde, hat es bei den Kirchgängern Unwillen erregt, wie Petrus Canisius berichtet (/"II, 17); hier dürfte der Fall eingetreten sein, wie er für gemischtkonfessionelle Stadtbevölkerungen charakteristisch ist: ein Flugblatt stößt hier leichter als sonst auf konfessionelle Gegner. Wo uns illustrierte Flugblätter in nicht-privaten profanen Räumen der frühen Neuzeit begegnen — oft nur in der Stilisierung durch Erzählungen oder durch Tafelbilder —, scheint das konfessionell oder politisch streitbare Blatt kaum vertreten zu sein. Erhard Schöns illustriertes Flugblatt mit der Eule erscheint im Hintergrund des Interieurs von Jan Steens ,Trunkenem Paar' (um 1660/70) im Amsterdamer Rijksmuseum 1 3 1 . In einer Bordellszene des Jan Sanders van Hemessen (,Lockere Gesellschaft', um 1540) in der Gemäldegalerie Berlin-Dahlem 1 3 2 ist eine Reihe von Blättern (Leporello?) mit Landsknecht- und Modedarstellungen an der Wand zu sehen. Näher auf die Wirkung derartiger illustrierter Flugblätter, die als Innenraumdekoration die Aufmerksamkeit eines Besuchers finden, geht Grimmelshausen ein. Im ,Ewigwährenden Calender' 1 3 3 findet Simplicissimus ein Kupfferstiick auff einem Bogen Papier, wobei zunächst das Problem entsteht, ob ihm mehr die Graphik des Blattes oder eine zur selben Zeit bemerkte liebliche Spinnerin stärker die Sinne verwirre (vernarrede). Deutlich siegt die Wirkung des Blattes: dann weil ich noch kein solches Exemplar gesehen/ nimmt er interessiert das Blatt von der Wand, lobte bey mir selbst die artliche Invention deß Authors in dem mich beduncte die verkehrte Welt könt sinnreicher kürtzer und besser nicht abgemahlet werden (als sie uff selbigem Brieff (d. i. das illustrierte Flugblatt) entworffen war). Anschließend träumt ihm sogar von diesem .Verkehrte Welt'-Blatt ( / l , 5 7 f . ) : die Wirkung des Blattes reicht weit über den Vorgang des Betrachtens und Lesens hinaus, Simplicissimus erkennt die Verkehrtheit der Welt bald lachend aus der Sicht Demokrits, bald weinend aus der Sicht Heraklits. Ähnlich wird 1689 in einem Roman von Ignatius Franciscus von Clausen ein Gemälde nach einem Blatt aus dem Verlag Paul Fürsts (/"I,90) betrachtet 1 3 4 oder wird von Aegidius Albertinus über ein Blatt räsonniert, auf dem der Wagen der Welt von Geld gezogen wird ( y i , 1 5 7 ) 1 3 5 . Das illustrierte Flugblatt erscheint auch hier als zugänglich, eindrucksvoll und wirksam, und zwar aus der Sicht einzelner, nicht einer Gruppe angehörender Betrachter und Leser. Noch weiter ins Private gewendet ist eine der dauerhaftesten Wirkungen von Bild und Text überhaupt: das illustrierte Flugblatt im engen Raum des kleinen Besitzes von Dienstboten, Knechten und Mägden. In den Innendeckel der Truhe geklebt, konnte ein - hier meist religiös-erbauliches Blatt — ein Leben lang christliche Werte und Regeln vergegenwärtigen und zu

\ a u c h D . L. PAISEY, I l l u s t r a t e d G e r m a n B r o a d s i d e s ( w i e A n m . 1 9 7 ) , S . 6 3 m i t A b b . 2 . 127

s. COUPE, B r o a d s h e e t ( w i e A n m . 4 ) , II, N r . 3 3 8 . - D a s p r o t e s t a n t i s c h e B l a t t ist a b g e b i l d e t u n d v o n M . SCHILLING e r l ä u t e r t in: H . GLASER ( H g . ) , U m G l a u b e n u n d R e i c h ( W i t t e l s b a c h u n d B a y e r n 1 1 , 2 ) , A u s s t e l l u n g s k a t a l o g M ü n c h e n 1 9 8 0 , N r . 6 3 4 ; s. COUPE, B r o a d s h e e t s ( w i e A n m . 4 ) , I, S . 7 8 .

I2

* E s h a n d e l t s i c h u m e i n e w e i t e r e F a s s u n g v o n 1 1 , 2 6 1 , d o r t d e r F a s s u n g d s e h r n a h e s t e h e n d . D a s B l a t t u n d d i e d a z u g e h ö r i g e z e i t g e n ö s s i s c h e N o t i z b e f i n d e n s i c h in K ö l n , S t a d t m u s e u m : K u l t u r . H i s t . 3 5 H . M . 1 9 0 9 / B 19. D e n H i n w e i s auf d e n K ö l n e r O b e r l i e f e r u n g s z u s a m m e n h a n g v e r d a n k e ich U l l a - B r i t t a K u e c h e n , M ü n c h e n . s. GRIMM, D e u t s c h e s W ö r t e r b u c h , I V , 1 , 2 5 5 1 ( u n t e r , g e h r e n ' ) , u n d J. MÜLLER, R h e i n i s c h e s W ö r t e r b u c h II, B e r l i n 1 9 3 1 , S p . 1 1 3 5 f. ( u n t e r . b e g e h r e n " u n d , G e h r ' ) . . G ä r u n g ' ( v o n . g ä r e n 1 ) ist in ü b e r t r a g e n e m S i n n e n i c h t v o r d e m E n d e d e s 1 8 . J a h r h u n d e r t s n a c h g e w i e s e n ; GRIMM, D e u t s c h e s W ö r t e r b u c h , I V , 1 , 1 4 2 5 f .

n

" H e r m a n n H a m e l m a n n , G e s c h i c h t l i c h e W e r k e , II, h g . v o n K . LÖFFLER, M ü n s t e r 1 9 1 3 , S . 3 9 9 m i t A n m . I u n d 2 .

n l

T o t L e r i n g e n V e r m a a k , A u s s t e l l u n g s k a t a l o g A m s t e r d a m 1 9 7 6 , N r . 6 5 , S . 2 4 7 ; k u r z d a z u a u c h P. HECHT, C a n d l e l i g h t a n d d i r t y f i n g e r s , o r r o y a l v i r t u e i n d i s g u i s e , S i m i o l u s 11 ( 1 9 8 0 ) 2 3 - 3 8 , h i e r S. 2 9 u n d 3 1 .

m

K a t a l o g d e r S t a a t l i c h e n M u s e e n P r e u ß i s c h e r K u l t u r b e s i t z , G e m ä l d e g a l e r i e , B e r l i n 1 9 6 8 , S . 5 6 ( N r . 5 5 8 ) ; s . d a z u K . RENGER, L o c k e r e G e s e l l s c h a f t . Z u r I k o n o g r a p h i e d e s v e r l o r e n e n S o h n e s u n d v o n W i r t s h a u s s z e n e n in d e r n i e d e r l ä n d i s c h e n M a l e r e i , B e r l i n 1 9 7 0 , A b b . 6 5 u n d 7 0 m i t S. 9 6 f . J o h a n n J a c o b C h r i s t o p h v o n G r i m m e l s h a u s e n , D e s A b e n t e u e r l i c h e n S i m p l i c i s s i m u s E w i g - W ä h r e n d e r C a l e n d e r ( 1 6 7 1 ) , h g . v o n K . HABERKAMM, K o n s t a n z 1 9 6 7 , S . 1 0 8 u n d 1 1 0 ; v g l . z u l e t z t A . W A N G , I l l u s t r i e r t e F l u g b l ä t t e r i m 1 7 . J a h r h u n d e r t , P h i l o b i b l o n 2 1 ( 1 9 7 7 ) 1 8 4 - 2 0 2 , b e s . S. 1 8 4 f . m i t A b b . 1.

134

s. J. BOLTE, B i l d e r b o g e n d e s 1 6 . u n d 1 7 . J a h r h u n d e r t s , Z e i t s c h r i f t f ü r V o l k s k u n d e 1 9 ( 1 9 0 9 ) 5 1 - 8 2 , h i e r S. 5 7 ; v g l . W . A . COUPE, B r o a d s h e e t ( w i e A n m . 4 ) , II, 9 0 m i t A b b . 2 3 . A e g i d i u s A l b e r t i n u s , L u c i f e r s K ö n i g r e i c h u n d S e e l e n g e j a i d t , h g . v o n R . VON LILIENCRON ( D e u t s c h e N a t i o n a l l i t e r a t u r , 2 6 ) B e r l i n / S t u t t g a r t , o . J., S. 1 3 5 ; v g l . W . A . COUPE, B r o a d s h e e t ( w i e A n m . 4 ) , II, N r . 8 1 3 m i t A b b . 3 4 , u n d A . W A N G , I l l u s t r i e r t e F l u g b l ä t t e r ( w i e A n m . 1 3 3 ) , S. 1 8 7 .

XVII

immer erneuter Wirkung bringen 136 . Hier erreicht das illustrierte Flugblatt auch Rezipienten, die in der Regel nicht lesefähig sind, aber mit Hilfe des Bildes und des Vorlesens einen dauerhaften Zugang zu diesem schmalen Anteil an Literatur erhalten. In diese Rezipientenschicht reicht umgekehrt auch eine auf einem Text-Flugblatt vermittelte Warnung vor negativen Inhalten von Büchern und illustrierten Flugblättern: Die ,Christliche Haußordnung für die Herrschaft vnd Eeleut' 137 rät, man solle kein böse/ ärgerliche/ sectische/ vnd verbotne schrifften/ Bücher/ oder Gemehl kauffen/ lesen/ oder im Hauß gestatten. Eine private, vom einzelnen Benutzer bestimmte Aufgabe konnten illustrierte Flugblätter in Einzelfällen auch gegenüber Buchexemplaren erhalten. So befindet sich in der Bibelsammlung der Wolfenbütteler Bibliothek ein weiteres Exemplar von 11,124 eingeklebt in ein Exemplar von Luthers Übersetzung des Alten Testaments von 1523/24 (Bibel-S. 4°197) 137a : Das Blatt aus dem Lutherjubiläumsjahr 1617, das Luther und Melanchthon zwischen sächsischen Kurfürsten zeigt, stellt zusammen mit anderen illustrierten Flugblättern, Porträtstichen und Autographen Beziehungen zur ersten Reformatorengeneration her und gibt damit dem bis 1619 als Familienbibel benutzten Band eine besondere Würde. Dieses illustrierte Flugblatt erhält in der Hand eines anderen Bücherbesitzers und -sammlers eine andere Aufgabe: Eine stark kolorierte Variante dieses Blatts von 1617 wurde um 1618 in Landshut in der Bibliothek der Familie von Donnersperg als Illustration einer annalistischen Darstellung neuester Ereignisse eingebunden, und zwar am Ende der Seiten, auf denen der Verfasser ein für das Lutherjubiläum von 1617 grundlegendes Dokument abdruckt 138 . Hier ist das Flugblatt Dokument und Resultat dessen, was das zeitgeschichtliche Werk als Forderung und Initiative des sächsischen Hofpredigers Matthias Hoe von Hoenegg darlegt. Es ist freilich nicht ganz auszuschließen, daß dieser Fall einer Ergänzung eines Buches durch ein Flugblatt nicht erst vom Sammler, sondern schon vom Verleger oder vom Händler herrührt. Die Verbindung von Flugblatt und Buch kann nämlich auch systematisch von Herstellern vorgenommen werden. So wie es die Umwandlung oder auch die direkte Verwendung von Buchillustrationen als illustrierte Flugblätter gab, kann auch umgekehrt das Blatt, das zunächst mit eigner Verleger- und Datumsangabe als selbständiges illustriertes Flugblatt erschienen war, als Illustration in ein Buch oder in eine Handschrift integriert werden. Neben vielen normalen Illustrationen und Falttafeln sind z.B. in Johannes Gradelehnus' ,Hungarische/ Sibenbürgische/ Moldau- Wallach- TürckTartar- Persian- und Venetianische Chronica' von 1665 139 auch zwei deutlich als illustrierte Flugblätter ausgewiesene Tafeln zur Behandlung von jüngsten Ereignissen des Jahres 1664 eingesetzt: ,Wahrhafftige Beschreibung was beede Herr Graff von Serin vnd Herr Graff von Hohenlohe ... außgericht' und ,Außführliche vnd warhafftige Beschreibung deß herrlichen Sieges' (/"II,368 f.). Diese Blätter deskriptiv-informativer Art rücken einen Teil des Gegenstandes dieser Chronik vors Auge des Buchlesers. Innerhalb privater Grenzen geschieht Ähnliches, wenn der Augsburger Bürger Georg

Kölderer seine mehrbändige handschriftliche Stadtchronik mehrfach mit illustrierten Flugblättern schmückt und in ihrer deskriptiven Leistung verbessert 139 , und auch wenn Philipp Hainhofer, wie unten näher ausgeführt wird, in seinen handschriftlichen Bericht neben anderen Graphiken auch illustrierte Flugblätter einfügt. Dieses ,Zitieren' und Montieren ganzer illustrierter Flugblätter steht als Form der Übernahme von Inhalten dem Verfahren nahe, mit dem andere Chroniken, wie das ,Theatrum Europaeum' (/*I,212), aus dem Text- und dem illustrierten Flugblatt wie aus der Flugschrift oft lange Textpassagen übernehmen, bisweilen ohne deren spezifische Elemente (z.B. den Bezug auf dort zugehörige Graphiken) zu tilgen. In Einzelfällen können sich illustriertes Flugblatt und Flugschrift (nur in Teilauflagen?) zu einem einzigen Handelsobjekt und Wirkungskomplex vereinigen 140 . Illustrierte Flugblätter können früh innerhalb von Büchern in einer Verbindung von historischem Rückblick und neuer Aktualisierung in neue historische Situationen, vor neue Adressaten und damit in neue Wirkungszusammenhänge geraten. Eher annalistisch-rekapitulierend verfährt z.B. Johannes Wolf im Jahr 1600 im Umgang mit Christ-Antichrist-,Antithesen', wie sie im Zeitalter der Reformation in Text und Bild und damit auch in illustrierten Flugblättern behandelt worden sind (/"II,40—42) 141 . Zu einer frischen Philippika gegen das Luthertum wird 1733 in einem theologisch-polemischen Werk des Katholiken Johannes Nicolaus Weißlinger 142 zurückgegriffen auf die beigebundene alte Graphik eines ursprünglich 1631/32 erschienenen, zugunsten Gustav Adolfs argumentierenden illustrierten Flugblatts (,Tugendt vnd Laster Kampff' 143 ). Dieses Blatt hat 1730 dadurch neue Aktualität erhalten, daß es, nach Weißlingers Worten, bey diesem heiligen Lutherischen Jubel Jahr (d.h. der Zweihundertjahrfeier der Confessio Augustana) unter öffentlichen Gemählden und Kupffern dasjenige sei, das schon zum Vorschein kommen/ zur Zeit! als der König in Schweden Gustavus Adolphus im Römischen Reich den Meister zimmlich gespielt. Dieses Blatt ist von dem Lutheraner Matthäus Jacobus Wahl 1730 innerhalb seines Bandes ,Das jubilierende Luthertum' erneut vorgelegt worden; ähnliche Wiederaufnahmen von illustrierten Flugblättern sind gerade aus den lutherischen Jubeljahren bekannt 144 . Um diesen Beitrag zum lutherischen Festjahr 1730 besser aufs Korn nehmen zu können, fügt Weißlinger das Flugblattkupfer seinem Original gleichförmig (d.h. in einem wirklich vorzüglichen Nachstich) bei und läßt den Text einschließlich aller Verweiszahlen auf den folgenden Buchseiten abdrucken. Diese Einbeziehung eines ganz auf die politischen Umstände von 1631/32 zielenden lutherischen Blattes in einen katholischen polemischen Traktatzusammenhang von 1733 dient dazu, Unglaubwürdigkeiten und Widersprüche im lutherischen Lager nachzuweisen, u. a. mit der Empfehlung, den Blatt-Text zu lesen, der ja, ironisch gesprochen, ohn allen Zweiffei dem Religions-Frieden gemäß geschmidet worden. Das lutherische Blatt von 1631/32 setzte kühn die ikonographische Tradition der ,Psychomachie' des Prudentius ein, um Gustav Adolf von Schweden und die protestantische Partei in der Rolle der siegreichen Tugenden gegen Tilly und die katholische Partei in der hoffnungslosen Posi-

vgl. V. E. CLAUSEN, Folkelig Grafik i Skandinavien, o. O. 1973, S. 11 ff. mit Abb. 9; W. BRÜCKNER, Druckgraphik (wie Anm. 8), S. 12 ff. mit Abb. 7; vgl. ferner H. DEITMER, Beispiele für konkrete Verwendung von Bilderbogen in Westfalen, in: Museum und Kulturgeschichte. Fs. W. Hansen, Münster 1978, S. 3 4 3 - 3 4 8 . Ob ein solcher Gebrauch der Blätter bereits fürs 17. Jahrhundert anzunehmen sei, ist umstritten. 137 Dillingen o. J. (um 1550) bei Sebold Mayer; 1. Spalte, Nr. VI (Augsburg, Staatsbibliothek: Einbl. nach 1500, Nr. 36). 137a s. REINITZER, Biblia deutsch (wie Anm. 68), S. 310. m .Christo soteri veritatis ...' eingebunden in: Sigismund Latomus alias Meurer, Relationis Historicae Semestrialis Continvatio, Warhafftige Beschreibung aller Fürnem- vnnd gedenckwürdigen Historien / so sich ... bis auff Fastenmeß dieses 1618. Jahrs verlauffen ..., Frankfurt a.M. 1618, gegenüber von S. 56, das Schreiben von Hoe von Hoenegg und anderen ab S. 49 (Skokloster, Schloßbibliothek: Wr hist 4:0 61); zu Hoe von Hoenegg und diesem Blatt vgl. KASTNER, Geistlicher Rauffhandel (wie Anm. 114), S. 261 ff. Frankfurt a.M. 1665, nach S. 710 und nach S. 744 (Wolfenbüttel, HAB: 180.9. Hist.); den Hinweis verdanke ich M. Schilling, München. I3ya Augsburg, Staatsbibliothek: 2°Cod S. 43; nach freundlichem Hinweis von B. Roeck, München. 140 So das Blatt 11,161, das im Exemplar der Häherlinschen Sammlung (XV, 8) in der T h u m - und Taxisschen Hofbibliothek in Regensburg verbunden ist mit der Flugschrift,EXPLAN A T I O HVIVS PICTVRAE AVFERRIBILITATEM F E R D I N A N D I II....', Prag, 1621. 141 Johannes Wolf, Lectiones memorabilium et reconditarum, Lauingen 1600, II, S. 711 - 7 4 7 (München, SB: 2°Var. 57), der auch weitere illustrierte Flugblätter, wie z. B . / l I , 4 5 , rezipiert. 142 Des allenthalben feindseligst angegriffenen Johannis Nicolai Weißlingers höchst-billig-und Gründlichen Antwort Zweyter Theil/Worinnen der Prädicanten unbefugte Klagen wider uns Catholische ... vorläuffig vernichtet werden, Capell unter Rodeck im Selbstverlag des Autors, zu haben bei Martin Wagner in Oberammergau 1733. Im Exemplar München, SB: Polem. 2913, fehlt das illustrierte Flugblatt; in meinem Exemplar ist es vorhanden (nach S. 570), doch fehlt hier auf dem Titelblatt der Oberammergauer Vertriebsvermerk. 141 o.O.o.J., abgebildet bei W. A. COUPE, Broadsheet (wie Anm. 4), II, Nr. 333, Abb. 138; eine Fassung mit gleichem Text, aber anderer Graphik bei A. WANG, Der ,miles christianus' im 16. und 17. Jahrhundert und seine mittelalterliche Tradition. Ein Beitrag zum Verhältnis von sprachlicher und graphischer Bildlichkeit (Mikrokosmos, 1), Bern/Frankfurt a.M. 1975, Abb. 19 mit S. 186 f. 144 vgl. z. B. die Fassungen von/11,212f., 124 und 126; weitere Nachweise bei RUTH KASTNER, Geistlicher Rauffhandel (wie Anm. 114), S. 3 4 4 - 3 5 9 . 4 Die Berechnungen der Erschwinglichkeit illustrierter Flugblätter sind, wenn man Zeitumstände und Regionen berücksichtigen möchte, sehr unsicher; gegenüber B. WEBER, Wunderzeichen (wie Anm. 26), S. 30 f., der für seinen Zeitraum von hohen Holzschnitt-Auflagen ausgehen kann, muß man für die teuren, meist mit Kupferstichen oder Radierungen illustrierten Flugblätter des 17. Jahrhunderts eine etwas erschwerte Erschwinglichkeit ansetzen: Für diese Zeit mag ein Blatt dem Viertel des Tagesverdiensts eines wohlsituierten Handwerksmeisters entsprechen, so daß schon für Handwerksgesellen ein illustriertes Flugblatt in dieser Zeit teuer, wenn auch nicht ganz unerreichbar gewesen sein dürfte; s. W. HARMS/M. SCHILLING, Zum illustrierten Flugblatt der Barockzeit (wie Anm. 7), S. XII, dort auch zur umstrittenen Berechnung der Auflagenhohe dieser Blätter.

XVIII

tion der Laster kämpfen lassen zu können. Die überspitzten Aussagen dieser alten Polemik werden von Weißlinger als abscheuliche Läster- Vers, so unter dem Lutherischen Paßquill-Kupfer stehen, eingestuft und zum Nachweis von Hochmut und Absurdität im lutherischen Lager genutzt. In diesem Zusammenhang von illustriertem Flugblatt und Buch wird bei Wahl wie bei Weißlinger die potentiell breite, auch in Kreise der Buchlosen und Leseunfähigen hineinreichende Wirkung des Mediums illustriertes Flugblatt paradoxerweise wieder reduziert auf den Kreis der Buchleser und -käufer; das Flugblatt im Buch wird dabei aber neue, andere Leser finden. Die charakteristische Eigenschaft des illustrierten Flugblatts ist jedoch seine gute Zugänglichkeit auch für den leseunfähigen Betrachter, der es in der Auslage oder im Aushang sehen kann, hören kann, wie es verlesen wird, und es dann memorieren kann, Zugänglichkeit auch für den lesefähigen zufälligen Betrachter, der über den Blickfang der Graphik zum Leser des Textes werden kann, Zugänglichkeit auch im Sinne einer relativen Erschwinglichkeit145: alles in allem hat das illustrierte Flugblatt auch andere — und insofern mehr - betrachtende und lesende Rezipienten erreicht als das Buch, auch wenn man wohl annehmen muß, daß das Publikum vorwiegend in der Stadt, weniger — jedenfalls schwer nachweisbar — in den Dörfern einem Flugblattangebot begegnet ist 146 . Dennoch läßt sich vom illustrierten Flugblatt sagen, daß es als Träger, Vermittler oder Medium graphische Sujets und literarische Gattungen zu jenen Teilen des Publikums gelangen läßt, die sonst nicht in dieser Weise an der Buch-, Graphik- und Textproduktion der Zeit Anteil gefunden hätten. Und auch dabei ist hervorzuheben, daß viele Flugblätter ganz oder in Teilen den Ansprüchen selbst des traditionellen Bücher-Publikums gerechtzuwerden vermögen. Wenn in dieser Weise durch das illustrierte Flugblatt auch der „gemeine Mann" 1 4 7 an Literatur direkt oder durch mündliche und visuelle Vermittlung teilhaben kann, ist eine Form von Öffentlichkeit erreicht, wie sie erstmals in der Reformation zustandegekommen war 148 . Der Grad dieser zuerst durch die Reformation hervorgerufenen, nicht von der Obrigkeit und nicht von einem einzigen Stand geprägten Öffentlichkeit eines Teils der literarischen Produktion hat im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts geschwankt 149 ; wirtschaftliche Krisen und wechselnde Betroffenheit gegenüber politischen und religiösen Ereignissen dürften hierbei mitgewirkt haben, was aber näher zu untersuchen wäre. Das illustrierte Flugblatt hat zu der „reformatorischen Öffentlichkeit" im Sinne Wohlfeils 150 am ehesten auch in späteren Zeitabschnitten beigetragen, weil es eine kombinierte Vermittlung von Visuellem und von gehörtem oder gelesenem Wort (und nach gemeinsamer Rezeption oft anschließendem Gespräch in der Gruppe) ermöglichte, also nicht für eine nur (buch-)literarisch interessierte Öffentlichkeit bestimmt war 151 . Ein Anzeichen dessen, was zur „reformatorischen Öffentlichkeit" gehörte, wirkte durch das illustrierte Flugblatt als ihm eigenes Merkmal auch weiterhin in politische, auch Moralisch-Ethisches umfassende Bereiche: „nicht Wissensvermittlung, sondern meinungsbildende Belehrung, nicht Verständnis für und Verständigung mit dem Gegner, sondern dessen Bekehrung" 152 waren das Ziel; daß es Ausnahmen gab, zumal im Bereich der Behandlung ethischer Themen und bei der deskriptiven Darstellung von Na-

turereignissen, sei aber hervorgehoben, und auch an die zumindest im 17. Jahrhundert häufige Möglichkeit, daß mehr die Affirmation der eignen Parteigänger als die Bekehrung der Gegner das Ziel war, sei erinnert. Weitere Beobachtungen zur Stellung des illustrierten Flugblatts in einer sich erweiternden Öffentlichkeit und damit auch zur Situationsbedingtheit dieses Mediums ergeben sich aus Einzelheiten seines Vertriebs einschließlich der Zensur. Bereits Gutenberg hat seine ersten Druckerzeugnisse, darunter als erstes ,Preßerzeugnis4 sein deutsches Flugblatt vom Weltgericht, an den Mainzer Kirchentüren feilgeboten 153 . Das Anbieten der Flugblatt-Ware an vielbesuchtem Ort war für die Verbreitung durch Kolportage die wichtigste Form des Vertriebs. Auch Verleger und Stecher selbst konnten es übernehmen, die Blätter ihrem Publikum auf diese Weise unmittelbar und außerhalb eines festen Geschäftshauses anzubieten. So wird die begehrte Verkaufsstelle unter dem rathaus 1617 einem Bewerber vom Nürnberger Rat mit der Begründung verweigert, daß dise stell albereit Peter Iselburger versprochen154 sei; der bekannte Graphiker und auch Verleger Peter Isselburg hat selbst mehrere illustrierte Flugblätter herausgebracht (z.B. / 1 I,16,82) und wohl an diesem Stand verkauft. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts war der Vertrieb von illustrierten Flugblättern und ähnlichen Druckerzeugnissen in den Städten wiederholt aus der Kontrolle geraten. In Nürnberg hatte einerseits der Rat der Stadt immer wieder Anlaß zu der Sorge, es könnten rechtlich und moralisch anstößige Inhalte verbreitet werden; so verlangt z.B. der Beschluß vom 25. September 1542: Die schendtlichen gemel am marckt bey den puch fürern besichtigen vnd aufheben, daneben auch erkundigen lassen, wer die form dazu geschnitten, vnd alles widerpringen155. Andererseits war auch den beteiligten ortsansässigen, zunftmäßig organisierten Druckern und Graphikern an klaren Ordnungen als Grundlage ihrer Tätigkeit gelegen, wie es aus dem Beschluß vom 14. Januar 1546 hervorgeht: Der prifmaler vnd illuministen supplication vmb gsetz vnd Ordnung bedencken, ob vnd was inen zugeben156. Aus mehrfachen Gründen wurden also die bestehenden Gesetze zur Kontrolle des Buchhandels durch den Reichstagsabschied zu Speyer 1570 verschärft, der sich u.a. darauf beruft, daß hin und wieder allerley schamlose Schmehschrifften, Bücher, Karten und Gemähide gedruckt und gemahlet, ohne alles straffen, zuvorab auf den gemeinen Jahrmärkten, Messen und in anderen Versammlungen umbgetragen, feil gegeben, verkaufet und ausgebreitet, darunter denn auch niemand, es sei Obrigkeit, Herr oder Unterthan verschonet werde157. Eine Regelmäßigkeit in den Kriterien, nach denen Inhalte von Flugblättern die Zensurbehörden zum Eingreifen veranlaßten, ist schwer zu erkennen. 1549 verbietet der Nürnberger Rat dem Briefmaler und Buchdrucker Stefan Hamer den Druck eines Blattes, das eine Mißgeburt zeigt, dweils gar ein abscheulich ding ist158. Es wäre zu klären, ob hier eine moralisch oder religiös verwirrende Wirkung befürchtet wird, wenn eine solche monströse Störung der göttlichen Ordnung gezeigt wird, ob hier die Furcht vor dem sogenannten Versehen der Schwangeren eine Rolle spielt (/"I,228), oder ob es ein generelles Kriterium gibt, das alles ästhetisch Unzulängliche ablehnen läßt. Eine vierfüßige Taube, die ebenfalls als

146

s. W. HARMS/M. SCHILLING, Zum illustrierten Flugblatt der Barockzeit (wie Anm. 7), S. X - X I I . s. R. H. LUTZ, Wer war der gemeine Mann? Der dritte Stand in der Krise des Spätmittelalters, München/Wien 1979; dazu präzisierend R. WOHLFEIL, Einführung (wie Anm. 70), S. 109-111. Im Sinne von O. GROTH, Die unerkannte Kulturmacht. Grundlegungen der Zeitungswissenschaft (Periodik), Band I, Berlin 1960, S. 209. 149 Man hat erwogen, ob der unterschiedliche Anteil, den die einzelnen Konfessionen an der Flugblattproduktion hatten, auf den Grad ihrer jeweiligen Gefährdung zurückzuführen seien: je mehr man sich öffentlich in der Defensive sah, desto lebhafter die publizistische Tätigkeit; s. E. EVERTH, Die Öffentlichkeit in der Außenpolitik von Karl V. bis Napoleon, Jena 1931, S. 169. R. WOHLFEIL, ,Reformatorische Öffentlichkeit' (wie Anm. 27), S. 4 1 - 5 2 . 151 Zur Kritik an der von J. HABERMAS, Strukturwandel der Öffentlichkeit, Darmstadt/Neuwied ID 1979,auf die frühe Neuzeit übertragenen Öffentlichkeitsauffassung s. P. UKENA, Tagesschrifttum und Öffentlichkeit im 16. und 17. Jahrhundert in Deutschland, in: Presse und Geschichte. Beiträge zur historischen Kommunikationsforschung, München 1977, S. 3 5 - 5 3 ; R. WOHLFEIL, .Reformatorische Öffentlichkeit' (wie Anm. 27), S. 45. 152 R. WOHLFEIL, .Reformatorische Öffentlichkeit' (wie Anm. 27), S. 48. 153 s. K. SCHORBACH, Eine Buchanzeige des Antwerpener Druckers Geraert Leeu in niederländischer Sprache (1491), Zeitschrift für Bücherfreunde 9 (1905/06) 1 3 9 - 1 4 8 , hier S. 139. 154 s. TH. HAMPE, Nürnberger Ratsverlässe über Kunst und Künstler im Zeitalter der Spätgotik und Renaissance, Wien/Leipzig 1904,11,2844 (vom 12. 2. 1617). Zuvor war auf Isseiburgs Antrag auf das Recht der Inwohnung die vorsichtige Gegenfrage gestellt worden, ob der aus Köln gekommene Künstler nitt päbstisch sey, was sein vnd seines weibs vermögen vnd was er für ein wändeI führe. Mit dem Recht der Inwohnung war er noch nicht Nürnberger Bürger, hatte er aber weitaus bessere Chancen auf Vertriebsmöglichkeiten als ein durchziehender Händler. TH. HAMPE, Nürnberger Ratsverlässe (wie Anm. 154), I, 2680 (vom 25. 9. 1542). 147 ,4K

TH. HAMPE, e b e n d a , I, 2 9 3 7 ( v o m 14. 1. 1 5 4 6 ) . 157

Nach F. KAPP, Geschichte des Deutschen Buchhandels, Bd. I, Leipzig 1886, S. 782; auch der Teil, der die Winkel-Drukereyen abzuschaffen zum Ziel hatte, betraf u.a. die Herstellung von illustrierten Flugblättern (ebenda). Dort S. 783 auch die Klage über die geringe Wirkung des Abschieds von 1570 und die verschärften Formulierungen der Kaiserlichen Polizeiordnung vom 9. November 1577, die sich an Truckereyen, Buchführer und Händler richten: es sollen keine Schmähschriften, Gemählds oder dergleichen öffentlich oder heimlich gedieht, gelruckt und feyl gehabt werden. 15,1 TH. HAMPE, Nürnberger Ratsverlässe (wie Anm. 154), 1,3165 (vom 4. 3. 1549). Derselbe Briefmaler darf wenig später ein Blatt mit der Darstellung siamesischer Zwillinge nicht nachdrucken, ohne daß das Verbot begründet würde (ebenda 1,3268, vom 29. 8.1550), und er wird im Juni 1550 in den Turm geworfen, weil er ohne Erlaubnis Wunderzeichen im Holzschnitt dargestellt und gedruckt hat (ebenda 1,3256, vom 36. 7. 1550; vgl. ebenda 1,3257).

XIX

monstrum oder wunderzeichen aufgefaßt werden kann, wird 1550 in Augsburg Gegenstand eines illustrierten Flugblatts 159 , und der Nürnberger Rat hat keine Bedenken, dem Briefmaler Hans Adam zu erlauben, dieses Blatt in Nürnberg zu verkaufen 160 . Das Kriterium der Glaubwürdigkeit oder die höhere Einschätzung von Faktenbeschreibung gegenüber Deutungen gehört zur Grundlage eines Beschlusses, in dem der Nürnberger Rat Stefan Hamer eine Druckerlaubnis erteilt: eine Erscheinung von fünf Sonnen in Leipzig dürfe er im Druck wiedergeben, weils vyl glaubwirdigpersonen also gesehen haben, jedoch mit der Einschränkung verbunden, es müsse on ainiche außlegung und allain die geschieht, wie mans gesehen hat geboten werden 161. Die Anonymität vieler Blätter ist nur zu geringem Teil mit einer Furcht vor Zensur zu erklären; es ist sogar möglich, daß die Obrigkeit die Anonymität zur Auflage macht: Stefan Hamer darf 1551 nur dann ein Blatt über die Belagerung Magdeburgs herausbringen, wenn er sein namen, wie er sich selbs erpoten, nit darzu setz162. Diese Einstellung ersparte dem Rat der Stadt eventuelle Auseinandersetzungen darüber, ob er bei seinen Zensurmaßnahmen auch hinreichend das Wohl anderer Stände des Reiches beachtet habe. Eine Regelmäßigkeit ist in der Sorgfalt zu erkennen, mit der der Nürnberger Rat jede Kritik am Kaiserhaus bzw. dem Kaiser als dem Oberhaupt des Reiches unterbindet. So geht er 1610 gegen den kramer unter dem rathaus vor, der ein gemäl von der Frankfurter Messe mitgebracht habe und feilbiete, in welchem erzherzog Leopoldus zu roß in einem hämisch, auff dem haubt ein Jesuitters hüetlein tragent, abgebildet, vor ime ettliche gaistliche sitzen und gelt zelen, soll man alle exemplar von ermeltem kremer abfordern und in die canzley lifern, ime aber verpieten, keim mehr hierher zu bringen, weil es das hauß Osterreich für eine schmach anziehen möchte163. Diese Hinweise sollen nur die Aufmerksamkeit darauf lenken, daß bei der Zensur des illustrierten Flugblatts in der frühen Neuzeit unterschiedliche Werte geschützt und unterschiedlich harte Eingriffe vorgenommen wurden. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Entwicklung der Bücherzensur' 64 im Reich müßte die spezielle Behandlung der illustrierten Flugblätter mit besonderer Berücksichtigung der einzelnen Städte unternommen werden; Kriterien für den Wert oder Unwert einzelner Blätter sollten mit einem allgemeineren Wertungssystem in Verbindung gebracht werden. Es könnte sein, daß in den Protokollen der Zensureingriffe ein leichter beweisbarer Rechtsbruch (z.T. Verstoß gegen ein Aufenthaltsverbot oder Fehlen der Gewerbeerlaubnis) erscheint, wo ein komplizierter begründbarer Anstoß an .schändlichen' Inhalten der eigentliche Anlaß zum Eingreifen gewesen ist. Zensur und Gewerbeaufsicht gehören zu den Bedingungen und damit zu der Situation, in der illustrierte Flugblätter ihre Wirkung entfaltet haben. Die Beschlüsse des Reichstags wie der territorialen und städtischen Obrigkeiten ließen sich gegen Flugblattverleger, -drucker, -händler und -käufer nur schwer durchsetzen, daher wurden generell im Reich und vor allem auch in einzelnen Städten und Territorien immer wieder Bemühungen um Erinnerung an längst erlassene Bestimmungen 165 und um erneute Präzisierung nötig. So wird 1578 in Wien darüber geklagt, daß jetzt viele völlig unkundige Leute Buchdrucker werden wollten, z.B. Buchhändler, Buchbindter, Briefmahler, Formschneider, khramer, hauer, bauernknecht etc.; es gebe

überhaupt leider vnleidlich vil Neu Zeitungstecher, Liedl-singer, Briefträger, Hausierer, Landfahrer, alles ein schedlich gesindt, daz man nit zigeln, haigen oder passieren soll lassenl66. Immer wieder wehren sich ortsansässige Verleger, Drucker und Händler gegen den Handel von fremden Kolporteuren, die sich der Aufsicht durch die Obrigkeit - und damit auch einer inhaltlichen Kontrolle der von ihnen angebotenen Blätter — leichter entziehen konnten und somit einen Wettbewerbsvorteil hatten. In einem Gesuch, das die Breslauer Buchhändler 1590 an den Rat der Stadt richteten, wird daran erinnert, daß man sich schon zuvor gewandt habe gegen die Hausirer vnnd Landstreicher, derer 7 oder 8 sich Jetziger Zeit in der Newstadt alhir aufhaltenn, welche ohnn alle schew, Bücher, Bilder, Calennder, vnnd anndere vnreiffe Zeittungen alhie inn dieser Stad inn vnnd außerhalb der Jarmärckte, inn die Weinn vnnd Bierheuser tragen167. Das illustrierte Flugblatt kam nahe an seine Adressaten heran, erreichte erfahrene Leser und Analphabeten und konnte mit variationsreichen Verlokkungen für Auge und Ohr das nötige delectare um dasprodesse legen. Dieses mag teils im Interesse des Rezipienten, teils im Interesse eines allgemeinen Wohls gelegen haben; beides werden die Autoren und ihre Auftraggeber oder Verleger mitbedacht haben. Ob das, was diese Blätter plakativ an ein nicht umgrenztes Publikum öffentlich herangetragen haben, auch über die Stunde des Sehens, Hörens und Lesens hinaus dauerhafte Wirkung erzielt hat, ist so unsicher zu beantworten wie bei anderer Literatur und anderer Graphik auch. So mag die vielfältige .Alamode'-Kritik auf illustrierten Flugblättern (etwa ab 1628) auch im Sinne einer flankierenden Verstärkung der Inhalte obrigkeitlicher Kleiderordnungen intendiert gewesen sein, und die Vielzahl dieser auch belustigend witzigen Blätter läßt auf eine gute Resonanz beim Publikum schließen. Ein Rückblick vom Ende des 17. Jahrhunderts her mag als Dämpfung für Hoffnungen gelten, es habe ein öffentlich zugängliches plakatives Blatt - im folgenden Beispiel ein Patent —, nur weil es jedermann zum Betrachten und Lesen zugänglich war, zwangsläufig eine breite Wirkung auf das Handeln der Zeitgenossen gehabt: Auf eine gewisse

kleider-ordnung

Man war zu meiner zeit in einer Stadt bedacht, den vielen kleider-stoltz nicht länger zu vertragen. Die Ordnung ward hiervon im druck bekannt gemacht, Und an ein jedes thor in kirchen angeschlagen; Man sah die blätter an, man laß/ man stund dabey, Doch pracht und Überfluß verblieb in allen orden, Und endlich merckte man, die kleider-ordnung sey Von kirchen-thüren nur allein gehalten worden168.

II. Gegenstand und Ziele der Reihe ,Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts' a. Eingrenzung des Gegenstandes. Illustrierte Flugblätter in dem Sinne, wie ich sie oben (S. VIII) aus dem Bereich der Einblattdrucke ausgegrenzt habe, sind für den Zeitraum vom 15. Jahrhundert bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nur in sehr unterschiedlicher

s. W. L. STRAUSS, S i n g l e - L e a f W o o d c u t (wie A n m . 9 6 ) , S. 6 6 1 ; das Blatt wird v o n d e m nur hierdurch b e k a n n t e n Sebastian H a n s m a n n verlegt (nicht Sebastian H a n s Man, wie STRAUSS, e b e n d a , verliest); s. J. BENZING, D i e deutschen V e r l e g e r d e s 16. und 17. Jahrhunderts, Archiv für G e s c h i c h t e d e s B u c h w e s e n s 18 ( 1 9 7 7 ) 1 0 7 7 - 1 3 2 2 , hier Sp. 1 1 5 8 . " ° T H . HAMPE, Nürnberger Ratsverlässe (wie A n m . 1 5 4 ) , 1 , 3 2 6 2 ( v o m 21. 8. 1 5 5 0 ) . 161

TH. HAMPE, e b e n d a 1,331 ( v o m 18. 4. 1 5 5 1 ) . D e m s e l b e n Briefmaler wird die W i e d e r g a b e einer vergleichbaren S o n n e n e r s c h e i n u n g in A n t w e r p e n 1 5 5 2 o h n e A n g a b e v o n G r ü n d e n abgelehnt ( e b e n d a 1 , 3 3 7 7 , v o m 26. 3. 1 5 5 2 ) ; vgl. ferner e b e n d a II, 1 0 3 0 ( 1 0 . 3. 1 5 9 0 ) . U n w a h r e s , w i e z . B . der v i e l b e h a n d e l t e Fall der angeblich großleibigen

Jungfrau v o n Eßlingen, darf nicht publiziert wer-

d e n ( e b e n d a 1,3295, v o m 2. 12. 1 5 5 0 ) . LH2

TH. HAMPE, e b e n d a 1,3341 ( v o m 25. 9. 1 5 5 1 ) . A m 12. 1. 1 5 5 7 beschließt der Nürnberger Rat, ein Blatt mit der Darstellung des W u n d e r z e i c h e n , das man in V e n e d i g g e s e h e n habe, dürfe nur o h n e A n g a b e des Druckorts Nürnberg publiziert w e r d e n ( e b e n d a 1 , 3 6 4 4 , v o m 12. 1 . 1 5 5 7 ) . Z u r Erörterung von N o r m e n in d e n Nürnberger Protokollen s. GISELA ECKER, Einblattdrucke (wie A n m . 7 6 ) , I, S . 8 2 - 8 4 .

163 IM

TH. HAMPE, e b e n d a 11,2372 ( v o m 14. 11. 1 6 1 0 ) . s. U. EISENHARDT, D i e Kaiserliche Aufsicht über Buchdruck, B u c h h a n d e l und Presse im H e i l i g e n R ö m i s c h e n R e i c h D e u t s c h e r N a t i o n ( 1 4 9 6 - 1 8 1 0 ) , Karlsruhe 1 9 7 0 ; W. BRÜCKNER, D i e G e g e n reformation im politischen Kampf um die Frankfurter B u c h m e s s e n . D i e kaiserliche Z e n s u r zwischen 1 5 6 7 und 1 6 1 9 , Archiv für Frankfurts G e s c h i c h t e und Kunst 4 8 ( 1 9 6 2 ) 6 7 - 8 6 ; A . MÜLLER, Zensurpolitik der Reichsstadt Nürnberg v o n der Einführung der Buchdruckerkunst bis zum E n d e der Reichsstadtzeit, Mitteilungen für die G e s c h i c h t e der Stadt Nürnberg 4 9 ( 1 9 5 9 ) 6 6 - 1 6 9 ; D . BREUER, G e s c h i c h t e der literarischen Z e n s u r in D e u t s c h l a n d , H e i d e l b e r g 1 9 8 2 , S. 2 3 - 8 6 .

11,5

s. z . B . R u d o l f Capel, Z u dieser Zeit h o c h n ö t i g e r Extract v o n Pasquillen und Pasquillanten/1. aus d e s H . R . R . A b s c h i e d e n / 2 , aus der P o l i c e y - O r d n u n g . . . , Jena 1 6 7 2 ( H a m b u r g , S U B : A 1 4 4 5 /

160

TH. WIEDEMANN, D i e kirchliche B ü c h e r - C e n s u r (wie A n m . 4 8 ) , S. 2 3 1 f.; nach d i e s e m bischöflichen Entwurf e i n e r Buchdruckerordnung sollten Buchhändler an d e m Ort, an d e m sie ansässig sind,

167

nach A . KIRCHHOFF, Hausirer und B u c h b i n d e r i n Breslau im 16. Jahrhundert, Archiv für G e s c h i c h t e d e s D e u t s c h e n B u c h h a n d e l s 4 ( 1 8 7 9 ) 3 5 - 5 3 , hier S. 37.

3 3 2 0 ) , nach freundlichem H i n w e i s v o n M. Schilling, M ü n c h e n . Khain haimbtichs

gewelb

oder buechladen

haben ( e b e n d a , S. 2 3 3 ) .

"H nach B e n j a m i n Neukirch, A n t h o l o g i e Herrn v o n H o f f m a n n s w a l d a u und andrer D e u t s c h e n auserlesener . . . G e d i c h t e , Vierdter Theil ( 1 7 0 4 ) , hg. v o n A . G . DE CAPUA/ERIKA ALMA METZGER, T ü b i n g e n 1 9 7 5 , S. 4 3 9 ; d e n Verfasser J. S. S. identifizieren die H e r a u s g e b e r mit Johann Sigismund Suschke.

XX

Weise registriert und erschlossen w o r d e n 1 6 5 . Blätter d e r I n k u n a b e l z e i t sind

g a b e f ü r uns k a u m noch zu bewältigen gewesen wäre. In u n s e r e r c h r o n o l o -

als b u c h - und druckgeschichtliche K o s t b a r k e i t e n sorgfältig b e a c h t e t wor-

gischen E i n s c h r ä n k u n g auf die Zeit von 1500 bis 1700 sehen wir es als

d e n ' 7 0 . Im Z u s a m m e n h a n g mit den stets l e b h a f t e n Interessen, die viele

dringliche u n d lösbare A u f g a b e an, B a n d f ü r Band dazu beizutragen, d a ß

F a c h g e b i e t e d e r R e f o r m a t i o n s z e i t w i d m e t e n , wurden auch illustrierte Flug-

die wenig erschlossenen B e r e i c h e des illustrierten Flugblatts in R e p r o d u k -

b l ä t t e r d e r J a h r e 1517 bis etwa 1530 nicht n u r gut registriert, s o n d e r n auch

tion u n d K o m m e n t a r zugänglich gemacht u n d erschlossen w e r d e n : vor al-

voll erschlossen, als literarische u n d graphische Leistungen e r k a n n t u n d

lem das religiös-erbauliche u n d das naturkundliche Blatt sowie das Blatt mit

auch als allgemein kultur- u n d sozialgeschichtliche D o k u m e n t e vielfältig

Casuallyrik, in g r ö ß e r e m A u s m a ß auch das Blatt ethisch-moralischen In-

analysiert. Ähnliches gilt f ü r das Flugblatt im R a h m e n d e r R e v o l u t i o n s p u -

halts, und schließlich auch das historisch-politische Blatt, dessen bibliogra-

blizistik u m 1848. V e r b r e i t e t e , z . T . sogar krasse U n k e n n t n i s des G e g e n -

phische, z . T . auch interpretatorische Erschließung aber traditionellerweise

stands betrifft deutsche illustrierte Flugblätter d e r Zeit zwischen etwa 1550

weiter fortgeschritten ist.

und 1806, a u s g e n o m m e n Blätter mit historisch-politischen T h e m e n d e r J a h r e 1617 1 7 1 , 1619 bis 1622 u n d 1630 bis 16 3 2 1 7 2 sowie mit einigen m o -

Es g ä b e G r ü n d e , z . B . von d e r Ähnlichkeit des Vertriebs, des G e b r a u c h s

ralsatirischen T h e m e n des s p ä t e r e n 16. u n d f r ü h e r e n 17. J a h r h u n d e r t s ' 7 3 .

und d e r W i r k u n g her, den Inhalt dessen, was als illustriertes Flugblatt zu

Einige M o n o g r a p h i e n reichen in die bisher s p ü r b a r e n L ü c k e n hinein, so

v e r s t e h e n ist, weiterzufassen, als es in u n s e r e r A u s g a b e geschieht: d e r un-

Brednichs Pionierarbeit z u m Liedflugblatt des 15. bis 17. J a h r h u n d e r t s

174

:

tertitelte Porträtstich, d e r Stadt- u n d G e b ä u d e p r o s p e k t mit L e g e n d e , das

Trotz d e r Berücksichtigung religiöser illustrierter Flugblätter in B r ü c k n e r s

Kunstblatt mit T e x t e l e m e n t e n , das K a r t e n b l a t t mit E r l ä u t e r u n g e n , das

g r o ß e r M o n o g r a p h i e ü b e r p o p u l ä r e D r u c k g r a p h i k 1 7 5 bleibt auf diesem G e -

kleinformatige A n d a c h t s b l a t t u n d das K a l e n d e r b l a t t k ö n n t e n dann, auch

biet noch vieles zu tun, a n g e f a n g e n b e i m A u f f i n d e n dieser G e g e n s t ä n d e , die

von a n n ä h e r n d vergleichbaren T e x t - B i l d - R e l a t i o n e n her, als Randerschei-

o f f e n b a r weitaus seltener als historisch-politische Blätter G e g e n s t a n d eines

n u n g e n des illustrierten Flugblatts v e r s t a n d e n w e r d e n . Wir berücksichtigen

f r ü h e n Sammlerinteresses g e w o r d e n sind; g r o ß e Teile einer nicht n u r .po-

sie in dieser R e i h e jedoch nicht. Bei K a r t e n , Porträts, S t a d t p r o s p e k t e n u n d

p u l ä r e n ' Flugblattpublizistik religiös-erbaulicher T h e m a t i k sind erst noch

vor allem K a l e n d e r n w ä r e d e r G e g e n s t a n d insgesamt nicht m e h r über-

d e r Forschung zugänglich zu m a c h e n ( / * I , 2 8 —30; 111,1 — 85). D e r Bereich

s c h a u b a r ; jedes dieser G e b i e t e h a t aber bereits g e s o n d e r t , o h n e Z u s a m -

d e r n a t u r k u n d l i c h e n illustrierten Flugblätter ist bibliographisch u n d inter-

m e n h a n g mit d e m Flugblatt, die A u f m e r k s a m k e i t von Forschung g e f u n d e n .

pretatorisch sehr unterschiedlich erschlossen: D i e A s t r o n o m i e g e s c h i c h t e

D a s Kunstblatt mit eigengewichtigen Textanteilen in V e r s o d e r Prosa ist

hat d e m Verständnis d e r Z i e l e u n d Inhalte von K o m e t e n f l u g b l ä t t e r n so

nicht klar v o m illustrierten Flugblatt zu u n t e r s c h e i d e n ; wir n e h m e n m e h r e r e

v o r g e a r b e i t e t ' 7 6 , d a ß diese in ihrem b e s o n d e r e n D o k u m e n t a t i o n s w e r t in ei-

solcher B l ä t t e r auf, u m diese Ü b e r g a n g s z o n e b e w u ß t zu m a c h e n (z.B.

nen Forschungsstand eingearbeitet w e r d e n k ö n n e n ( f l , 1 9 3 - 2 1 0 ) ; auch

1,101-103).

von d e r E r f o r s c h u n g d e r Prodigienliteratur sind a u s b a u f ä h i g e , von speziellen B e o b a c h t u n g e n z u m Flugblatt m o d i f i z i e r b a r e E r k e n n t n i s s e zu nutz e n 1 7 7 . J e d o c h die Erschließung n a t u r k u n d l i c h e r B l ä t t e r zu geologischen

Schwer e i n z u o r d n e n ist das historische Ereignisblatt, dessen G r a p h i k auf d e n ersten Blick deskriptiv-direkt zeitgenössische politische o d e r militäri-

medizinischen, zoologischen u n d b o t a n i s c h e n T h e m e n ist d u r c h frühzeitige

sche Ereignisse abzuschildern scheint u n d dessen T e x t sich oft ebenfalls re-

Klischeebildungen ( z . B . das v e r a l l g e m e i n e r n d e O d i u m des Marktschreieri-

lativ frei v o n d e u t e n d e r o d e r narrativer E n t f a l t u n g auf die Identifizierung

schen) erschwert w o r d e n ; so war es A u f g a b e d e r K o m m e n t a r e zu vielen

d e r dargestellten P e r s o n e n u n d H a n d l u n g e n k o n z e n t r i e r t , in Wirklichkeit

dieser Blätter, d e r e n N ä h e zu wissenschaftlichen B e m ü h u n g e n ihrer Z e i t zu

a b e r zu parteilichen Stilisierungen n e i g t ' 8 0 . Bei u n s e r e n B e r a t u n g e n d e r

zeigen u n d d a m i t nicht n u r ihren kulturgeschichtlichen, s o n d e r n z . T . auch

J a h r e 1975 u n d 1977 (s.u. S. X X I X ) neigten wir zunächst d a z u , diese Blät-

wissenschaftshistorischen W e r t e r k e n n b a r zu m a c h e n (/"1,211—241 pas-

ter nicht zu berücksichtigen, d a es k e i n e n n e n n e n s w e r t e n Forschungsstand

sim). Auf d e m G e b i e t d e r erst jüngst systematisch als Forschungsgegen-

gab, d e r zu e r k e n n e n g e g e b e n hätte, wieweit d e r Text n e b e n d e r G r a p h i k

stand e n t d e c k t e n und b e s c h r i e b e n e n G e l e g e n h e i t s d i c h t u n g 1 7 8 ist u n t e r illu-

hier ein wirkliches Eigengewicht erreicht h a b e o d e r wie hier eine gezielte,

strierten

doch f ü r u n s l a t e n t e parteiliche A b w e i c h u n g von z u g r u n d e l i e g e n d e n tat-

Flugblättern

mit

vielen

Funden

zu

rechnen

(/"I,227;

111,186-203).

sächlichen Ereignissen u n t e r s c h i e d e n w e r d e n k ö n n t e . I m Sinne eines K o m promisses folgten wir d e m R a t , diesen B l a t t - T y p u s wenigstens durch k n a p p

Diese Hinweise auf L ü c k e n in d e r Sichtung sowie bibliographischen u n d in-

u n t e r t i t e l t e R e p r o d u k t i o n e n d e r F o r s c h u n g — b e s o n d e r s von Seiten d e r Hi-

t e r p r e t a t o r i s c h e n Erschließung sind keinerlei E r s a t z f ü r einen Forschungs-

storiker — zugänglich zu m a c h e n , auch w e n n Einigkeit d a r ü b e r b e s t a n d , d a ß

b e r i c h t ' 7 9 . Sie d i e n e n hier dazu, auf e i n e n H a u p t z w e c k u n s e r e r R e i h e auf-

eine k o m m e n t a r l o s e D a r b i e t u n g n u r eine sehr unzulängliche F o r m d e r E r -

m e r k s a m zu m a c h e n : illustrierte Flugblätter auch in Hinblick auf solche

schließung ist. D a inzwischen zu diesen B l ä t t e r n Möglichkeiten d e r E r f o r -

G e b i e t e zu erschließen, w o sie d e r F o r s c h u n g nicht b e k a n n t , nicht biblio-

schung gezeigt w o r d e n sind 1 8 1 , w e r d e n wir k ü n f t i g bei d e r Erschließung an-

graphisch e r f a ß t , nicht in R e p r o d u k t i o n e n zugänglich o d e r in ihrem histori-

d e r e r F l u g b l a t t - S a m m l u n g e n m e h r u n d m e h r dazu ü b e r g e h e n , auch derar-

schen Z u s a m m e n h a n g nicht g e n ü g e n d verständlich w a r e n . D i e Einbezie-

tige historische Ereignisblätter mit K o m m e n t a r e n zu versehen, auch wenn

h u n g d e r völlig vernachlässigten Flugblattpublizistik des 18. J a h r h u n d e r t s

das Risiko d e r F e h l i n t e r p r e t a t i o n hier noch h ö h e r ist als bei den meisten

h ä t t e a b e r ein d e r a r t u m f a n g r e i c h e s A u f g a b e n g e b i e t a n g e f ü g t , d a ß die A u f -

a n d e r e n Blättern.

m

vgl, K . SCHOTTENLOHER, F l u g b l a t t u n d Z e i t u n g ( w i e A n m . 1), u n d W . BRÜCKNER, M a s s e n b i l d e r f o r s c h u n g (wie A n m . 8), d e r S. 131 „ p u n k t u e l l a u s g e r i c h t e t e F o r s c h u n g s i n t e r e s s e n e t w a auf 1 5 2 5 und 1848" bemerkt.

17(1

E i n b l a t t d r u c k e d e s X V . J a h r h u n d e r t s , hg. v o n d e r K o m m i s s i o n f ü r d e n G e s a m t k a t a l o g d e r W i e g e n d r u c k e , H a l l e 1 9 1 4 ; vgl. j e t z t u . a . W . SCHMITZ, D i e K ö l n e r E i n b l a t t d r u c k e d e s 15. J a h r h u n d e r t s ,

171

s. RUTH KASTNER, G e i s t l i c h e r R a u f f h a n d e l (wie A n m . 1 1 4 ) .

172

s. W . A . COUPE, B r o a d s h e e t (wie A n m . 4 ) ; MIRJAM BOHATCOVÄ, I r r g a r t e n (wie A n m . 5 5 ) ; ELISABETH LANG, F r i e d r i c h V . , Tilly u n d G u s t a v A d o l f (wie A n m . 9 1 ) ; vgl. a u c h H . URBAN, Z u r E r -

Köln 1979.

s c h l i e ß u n g d e r d e u t s c h e n D r u c k e d e s 17. J a h r h u n d e r t s , A u s d e m A n t i q u a r i a t 1 9 7 9 , 2, A 3 3 - A 4 5 . 173

s. b e s o n d e r s d i e z a h l r e i c h e n A r b e i t e n v o n J. BOLTE; W . A . COUPE, B r o a d s h e e t (wie A n m . 4 ) ; W . BRÜCKNER, D r u c k g r a p h i k (wie A n m . 8), ( R e g i s t e r u n d B i b l i o g r a p h i e ) .

174

R . W . BREDNICH, L i e d p u b l i z i s t i k (wie A n m . 4 ) .

175

W . BRÜCKNER, D r u c k g r a p h i k (wie A n m . 8), a u c h d e r s e l b e , A r t . . E r b a u u n g , E r b a u u n g s l i t e r a t u r ' , in: E n z y k l o p ä d i e d e s M ä r c h e n s , I V , B e r l i n / N e w Y o r k 1 9 7 9 , Sp. 3 2 9 - 3 7 3 , b e s . 3 3 8 ff.; u n t e r s e i n e n w e i t e r e n s p e z i e l l e n A r b e i t e n s. H a n d u n d H e i l im . S c h a t z b e h a l t e r ' u n d auf v o l k s t ü m l i c h e r G r a p h i k , A n z e i g e r d e s G e r m a n i s c h e n N a t i o n a l m u s e u m s 1 9 6 5 , N ü r n b e r g 1 9 6 5 , 6 0 - 1 0 9 , u n d e r g ä n z e n d D i e G e i s t l i c h e H a u s m a g d . E i n b e d e u t e n d e r F u n d z u r U b e r l i e f e r u n g s g e s c h i c h t e d e s p o p u l ä r e n H a u s s e g e n s , N e u ß e r J a h r b u c h 1 9 7 9 , N e u ß 1 9 7 9 , 2 2 - 2 7 ; s. j e t z t CORNELIA KEMP, E r b a u u n g u n d B e l e h r u n g im g e i s t l i c h e n F l u g b l a t t , i n : L i t e r a t u r u n d V o l k (wie A n m . 1 0 0 ) .

176

s. z. B. G . HELLMANN, D i e M e t e o r o l o g i e in d e n d e u t s c h e n F l u g s c h r i f t e n u n d F l u g b l ä t t e r n d e s 16. J a h r h u n d e r t s , e i n B e i t r a g z u r G e s c h i c h t e d e r M e t e o r o l o g i e ( A b h . d e r P r e u ß . A k a d . d. Wiss., p h y s . -

177

vgl. R . SCHENDA, D i e d e u t s c h e n P r o d i g i e n s a m m l u n g e n d e s 16. u n d 17. J a h r h u n d e r t s , A r c h i v f ü r G e s c h i c h t e d e s B u c h w e s e n s 4 ( 1 9 6 3 ) 6 3 7 - 7 1 0 ; H . SCHILLING, J o b Fincel u n d d i e Z e i c h e n d e r

m a t h . K l a s s e , 1), B e r l i n 1 9 2 1 . E n d z e i t , in: W , BRÜCKNER ( H g . ) , V o l k s e r z ä h l u n g u n d R e f o r m a t i o n , B e r l i n 1 9 7 4 , S. 3 2 6 - 3 9 2 . 7

' s. W . SEGEBRECHT, D a s G e l e g e n h e i t s g e d i c h t . E i n B e i t r a g z u r G e s c h i c h t e u n d P o e t i k d e r d e u t s c h e n L y r i k , S t u t t g a r t 1 9 7 7 .

m

D i e s e n w e r d e ich, s o b a l d d e r d r i t t e , a b s c h l i e ß e n d e B a n d d e r W o l f e n b ü t t l e r S a m m l u n g v o r l i e g e n w i r d , in e i n e m v o n J . - M . VALENTIN, P a r i s , v o r b e r e i t e t e n B a n d d e r Z e i t s c h r i f t D a p h n i s p u b l i z i e r e n .

1Klf

s. R . u n d TRUDL WOHLFEIL, L a n d s k n e c h t e im Bild (wie A n m . 7 5 ) ; vgl. a u c h M . SCHMITT/J. LUCKHARDT, R e a l i t ä t u n d A b b i l d in S t a d t d a r s t e l l u n g e n (wie A n m . 9 7 ) .

'*' R . u n d TRUDL WOHLFEIL, L a n d s k n e c h t e im Bild (wie A n m . 7 5 ) .

XXI

Mit unseren Kommentaren wollen wir Forschung erleichtern und einleiten, in keinem Fall abschließen. Eine gleichartig systematisierte Kommentierweise wäre weder dem einzelnen Blatt gerecht geworden, noch hätte sie die jeweilige Kompetenz des einzelnen Kommentators in allen Stärken nutzen können. Eine Ungleichartigkeit der Kommentierweise möge der Benutzer als relativ breites Angebot unterschiedlicher Zugangswege verstehen. So versuchen wir in vielen Fällen, deutlich zu machen, wie gut man Inhalt und Funktion eines illustrierten Flugblatts klären kann, wenn man es aus seiner Affinität zur Flugschrift zu verstehen sucht; das heißt aber nicht, daß wir für jedes Blatt mit gleichartiger Intensität versucht haben, alle situations- und themengleichen Flugschriften zu ermitteln. Entsprechendes gilt für den Nachweis von Ähnlichkeiten oder Affinitäten in der Chronik, in naturkundlichen Kompendien, in Emblembüchern, in Schwank und Satire, Predigt und Traktat usw. Aus dem Ausbleiben eines Hinweises auf das ,Theatrum Europaeum', auf Konrad Lycosthenes' ,Chronicon' oder Sebastian Münsters .Cosmographey', auf Filippo Picinellis ,Mundus symbolicus', auf Georg Philipp Harsdörffers ,Frauenzimmer Gesprächspiele' u.a. dürfte also nicht geschlossen werden, daß für diesen Fall dort kein nachschlagenswerter Beitrag zu finden sei. In jedem Kommentar alle von uns für ergiebig gehaltenen Hilfsmittel und sämtliche von uns für erforschenswert gehaltene Fragen zu berücksichtigen, hätte die Möglichkeit, diese kommentierende Erschließung zu beenden, unterbunden. Auch aus diesem Grunde erwies sich ein Rat, der in den Kolloquien von 1975 und 1977 ausgesprochen wurde, als ökonomisch und hilfreich, nämlich daß der Reproduktion eines Blattes ein Kommentar gegenübergestellt werden solle, dessen Grenzen vom Satzspiegel und nicht von inhaltlichen Aufgaben und Möglichkeiten festgelegt würden. Im Hinweis auf des illustrierten Flugblatts Affinitäten zu benachbarten Gattungen ist bereits ein Postulat enthalten, das wir - hier wie auch sonst ohne wertende Hierarchisierung - an die künftige Forschung richten: Unterschiede der Formen und Funktionen sollten erörtert und geklärt werden, wobei die präzise Festlegung von Grenzen nicht immer die sachgerechte Lösung sein müßte. Daß einige Flugblatt-Texte eine Vertrautheit mit zeitgenössischer Rhetorik erkennen lassen, machen einige Kommentare deutlich (u.a. / 1 , 6 8 , 1 6 1 ) ; hier wären weitere Differenzierungen nach Region, Anlaß, Thema und Adressaten u.a. zu wünschen. Die argumentative und legitimierende Funktion des Zitats, auch des sehr elastisch genutzten Bibelzitats, zu beobachten, wäre in Zusammenhang mit Fragen zur Rhetorik am Platze. Auch könnte die Beobachtung einzelner rhetorischer Figuren im illustrierten Flugblatt (einschließlich Text-Flugblatt und Flugschrift) die Ziele und Inhalte der Persuasion erhellen helfen. Hier könnte der Versuch, in der Graphik Analogien zur verbalen Rhetorik zu ermitteln, auf Besonderheiten gerade dieses Gegenstandes führen; die Frage nach der Entstehung der Karikatur aus den Konventionen von Laster-Darstellungen des ausgehenden Mittelalters könnte hierher gehören 1 8 2 . Vergleiche mit der zeitgenössischen Buch-, insbesondere Titelblattillustration, in aller Vorsicht gegenüber oberflächlichen Ähnlichkeiten auch mit der Emblematik 1 8 3 könnten hier mediumsspezifische Realismusprobleme klären helfen. Da der durchaus heterogene Gegenstand bibliographisch auch nicht annähernd vollständig erfaßt ist, jeder Bibliotheksbesuch neue Funde mit sich bringen kann und ganz allgemein die Erforschung wenig entfaltet ist, liefe eine verfrühte Systematisierung der Forschungspostulate Gefahr, sich vom noch unvertrauten Gegenstand zu entfernen. Eine Kasuistik scheint mir derzeit am ehesten geeignet, Möglichkeiten zu erkunden, Vermutungen

durch partielle Falsifizierung rechtzeitig auf ihren konstruktiven Teil zu reduzieren und den Schritt in die eventuell exemplarische Beobachtung vorzubereiten. Ansätze zur Erforschung der Sprache der Flugschrift der frühen Neuzeit 1 8 4 sollten auch auf das Flugblatt ausgedehnt werden. Die zahlreichen sprachschöpferischen Leistungen der für uns bisher noch weitgehend anonymen Flugblatt-Texte sind vom Deutschen Wörterbuch in der Regel nicht beachtet worden. Wenn sich die Reihe der Anonymi, die mit bekannten Autoren identifiziert werden konnten (so Brant, Sachs, Harsdörffer, von Birken, Logau, Kircher u.a.), durch die künftige Forschung erweitern läßt, dürften auch für die Erschließung des Wortschatzes neue Impulse zu erhoffen sein. Präzise dialektgeographische Analysen, die eventuelle Diskrepanzen von Autor- und Druckersprache zu berücksichtigen hätten, könnten den Entstehungsraum anonymer, auch ohne Verlagsangabe publizierter Blätter klären helfen, könnten auch Grundlage für sozialhistorische Beiträge sein. Sprachliche, insbesondere sprachbildliche Konventionen, Konventionskombinationen, -brüche und Neuerungen könnten von semiotischen Methoden her faßbar gemacht werden; Eigentümlichkeiten der Graphik gegenüber der Sprache wären dabei zu beachten. Bei der Ermittlung von Konventionsinhalten wären hier Kenner des späten Mittelalters im Vorteil. Bei der Erwägung, daß innerhalb eines konventionellen ikonographischen Rahmens der Text das graphische Bild und dieses den Text neu werten oder mit neuen Aussagefunktionen versehen kann, könnte etwa an Beobachtungen und theoretischen Folgerungen von Meier Schapiro 185 angeknüpft werden. Wenn es gelingt, gerade die Bildelemente des illustrierten Flugblatts in ihren faktenvermittelnden Leistungen einzuschätzen - was bisher wegen einer naiven Unterstellung von direkter Widerspiegelung oft versäumt wurde—, könnte hier eine vielfältige Möglichkeit kulturgeschichtlicher Dokumentation gewonnen werden. Hiermit wäre nicht jene Nachhilfe in der Vorstellung von Alltagswirklichkeit zu sehen, wie man sie dem Flugblatt - oft nur seinen vom Text isolierten Graphiken - in illustrierten Werken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts abzugewinnen sucht, was in manchen Ausstellungen der Gegenwart dann fortgesetzt wird, wenn nicht auf zeitspezifische Formen einer Realiendeutung oder Zeichensprache aufmerksam gemacht wird. Die Spannung zwischen .Information und Deutung' 1 8 6 dürfte so gut wie sämtliche Beiträge zur Erforschung illustrierter Flugblätter zu beschäf-

Alle an der Kommunikationssituation des illustrierten Flugblatts Beteiligten sind einer Erforschung wert und bedürftig, die vorsichtig von Kasuistik aus ein Fundament gewinnen müßte. Daß auch ein leicht verständliches, insofern ,populäres' Blatt in der Regel einen gebildeten, belesenen, schreiberfahrenen Autor hat, dürfte sich dabei wohl bestätigen. Wieweit die Autoren von Text und Graphik aber allgemeine oder spezifizierte Aufträge - etwa eines Verlegers wie Paul Fürst — erhielten oder ob die Initiative, den Inhalt eines Blattes zu bestimmen, oft bei den Autoren lag, wird schwer zu klären sein, solange nicht weitere ergiebige Verlags- und Gerichtsakten oder Briefwechsel gefunden werden 1 8 7 . Es spricht einiges für die Annahme, daß unter den anonym überlieferten Texten weitaus mehr von bekannten Autoren stammen, als bisher angenommen worden ist 1 8 7 a , des illustrierten Flugblatts Zugehörigkeit zur Dichtkunst, Fachliteratur und graphischen Kunst ist auch mit Blick auf die Autoren erst noch zu entdecken. Auf dem Sondergebiet der Figurengedichte und Bildtexte wurde in neuerer Zeit das

v g l . A . BLUM, L ' E s t a m p e S a t i r i q u e e n F r a n c e p e n d a n t l e s G u e r r e s d e R e l i g i o n . E s s a i s u r l e s O r i g i n e s d e l a C a r i c a t u r e P o l i t i q u e , P a r i s o . J. ( 1 9 1 7 ) ; d i e s e Z u s a m m e n h ä n g e b l e i b e n v e r d e c k t in n e u e r e n B e h a n d l u n g e n d e r K a r i k a t u r a u f F l u g b l ä t t e r n , z . B . in: E r e i g n i s k a r i k a t u r e n . G e s c h i c h t e in S p o t t b i l d e r n 1 6 0 0 - 1 9 3 0 , A u s s t e l l u n g s k a t a l o g M ü n s t e r 1 9 8 3 , d a z u d i e R e z e n s i o n v o n M . HASSE, Kunstchronik 37 (1984) 6 - 1 0 . s. D . SULZER, A r t . . E m b l e m ' , in: E n z y k l o p ä d i e d e s M ä r c h e n s , III, B e r l i n / N e w Y o r k 1 9 8 1 , S p . 1 3 7 9 - 1 3 9 1 ; vgl. W . HARMS, A r t . . E m b l e m , E m b l e m a t i k ' , i n : T h e o l o g i s c h e R e a l e n z y k l o p ä d i e , I X , B e r l i n / N e w Y o r k 1 9 8 2 , S. 5 5 2 - 5 5 8 . liw

s. I . SCHWITALLA, F l u g s c h r i f t e n ( w i e A n m . 1 1 ) ; HANNELORE WINKLER, D e r W o r t b e s t a n d v o n F l u g s c h r i f t e n a u s d e n l a h r e n d e r R e f o r m a t i o n u n d d e s B a u e r n k r i e g s , ( O s t - ) B e r l i n

1115

M . SCHAPIRO, W o r d s a n d P i c t u r e s ( w i e A n m . 5 9 ) ; v g l . a u c h H . BELTING, D a s B i l d u n d s e i n P u b l i k u m ( w i e A n m . 6 0 ) .

1975.

s. A . W A N G , I n f o r m a t i o n u n d D e u t u n g i n i l l u s t r i e r t e n F l u g b l ä t t e r n d e s D r e i ß i g j ä h r i g e n K r i e g e s . Z u m G e b r a u c h s c h a r a k t e r e i n i g e r B l ä t t e r d e s T h e m a s . S ä c h s i s c h C o n f e c t ' a u s d e n l a h r e n 1 6 3 1 u n d 1632, Euphorion 70 (1976)

97-116.

7

" V o r b i l d l i c h für d i e E r s c h l i e ß u n g e i n e s V e r l a g s p r o g r a m m s , d a s a u c h illustrierte F l u g b l ä t t e r u m f a ß t , B. WEBER, , D i e W e l t b e g e r e t allezeit W u n d e r ' , V e r s u c h e i n e r B i b l i o g r a p h i e d e r E i n b l a t t d r u c k e v o n B e r n h a r d l o b i n in Straßburg, G u t e n b e r g - I a h r b u c h 1 9 7 6 , 2 7 0 - 2 9 0 . '*7:1 z u r p o e t i s c h e n L e i s t u n g s. z u l e t z t M . SCHILLING, , D e r R ö m i s c h e V o g e l h e r d t ' ( w i e A n m . 1 2 1 a ) ; s . o b e n S . X V I .

XXII

hohe artistische Niveau auch der Flugblätter bemerkt 1 8 8 . Die nicht generel-

Kreise von Buchkäufern und -lesern hinaus zusätzliche Rezipientenkreise

le, aber oft nachweisbare Geringschätzung des Flugblatts kann als einer von

erreichten, gerieten sie auch in einfache Bereiche, wo Druckwerke übli-

mehreren Gründen zu ihrer Anonymität geführt haben (s. oben S. X V I ) , so

cherweise nicht zu einer Bibliothek zusammengestellt oder -gelegt verwahrt

daß dann wiederum die Tatsache, daß nach Hans Sachs nur wenige klang-

wurden, sondern wo den einzelnen Publikationen instrumentenähnlich ge-

volle Namen unter den bekannten Flugblatt-Textautoren offen vertreten

sonderte Orte im Bereich der geplanten und tatsächlichen Verwendung zu-

waren, die Annahme der Literaturwissenschaft des 19. und 20. Jahrhun-

gewiesen wurden 1 9 1 : wie das Medizin- und das Rezeptbuch auf einem Kü-

derts zu bestätigen schien, Flugblätter seien nicht zur eigentlichen Literatur

chenregal, das Hausvater- oder das Rechenbuch auf dem Tisch oder die Bi-

zu zählen 1 8 9 . Auch die Stellung der Flugblatt-Graphiken in der Geschichte

bel und die Postille auf dem würdigsten Möbelstück im Wohnzimmer, so

der Kunst müßte noch bestimmt werden; als ein Sonderfall wäre zu beach-

kann auch das Flugblatt mit moralischen Lebensregeln oder mit Heiligen-

ten, daß einige Graphiken Inhalte darstellen, die ähnlich auch in der zeitge-

darstellungen im würdigen Zusammenhang seinen Ort an der Wohnzim-

nössischen Tafelmalerei nachzuweisen sind 1 9 0 . Hinsichtlich des weiten Qua-

merwand erhalten. Eine solche Art von Verwahrung ist jedoch noch kein

litätsgefälles im illustrierten Flugblatt sind noch, vermutlich durch Einzel-

Akt des Sammeins.

studien, viele neue Einsichten zu gewinnen, die dazu führen könnten, am illustrierten Flugblatt die stufenreiche Schichtung literarischer Artikula-

Sammelgegenstand waren illustrierte Flugblätter im 16. und 17. Jahrhun-

tionsmöglichkeiten zu beobachten, die insgesamt unterschiedlichsten Er-

dert selten. Aus diesem Grunde und wegen ihres ungeschützten Zustandes

wartungen und Fähigkeiten gerecht werden können, von den Ansprüchen

sind nur sehr geringe Anteile der einst hohen Auflagen erhalten geblieben.

des kundigen, gelehrten Betrachters und Lesers bis hin zu den Möglichkei-

Das gezielte, auf ein Thema konzentrierte Sammeln zeitgenössischer illu-

ten eines literarisch unerfahrenen, aber an mündlichen Konventionen An-

strierter Flugblätter waren Sonderfälle, wie bei Wiek in Zürich und Pierre

teil habenden Betrachters und Hörers mit unterschiedlichsten Erwartun-

de PEstoile, der in Paris von 1589 bis 1594 eine von ihm kommentierte

gen. Das illustrierte Flugblatt ist ein zwar komplizierter, aber eben auch

Sammlung anlegte. Daß fürstliche oder andere vergleichbare Sammler von

aufschlußreich heterogener Gegenstand für eine historische

Leserfor-

Stand Interesse an diesen Blättern fanden, sich Zugang zu deren Vertriebs-

schung, die zwischen intendierten und tatsächlich erreichten Lesern zu un-

wegen verschafften und eine umfangreichere Sammlung anlegten, ist in

terscheiden versucht. Erschwert wird diese Forschung aber dadurch, daß in

Einzelfällen bekannt: Ein Spottblatt gegen Luther erwarb Kaiser Ferdinand

Tagebuch und Brief bisher kaum Aussagen hierzu gefunden werden konn-

II. im Jahr 1628 ( / I I , 168), und der Abt von Marolies kaufte um 1650/60

ten; zeitgenössische Leserspuren und Gerichtsprotokolle (die aber bisher

direkt im Straßenhandel illustrierte Flugblätter, legte Sammelbände für sie

mehr über Händler und Hersteller als über Leser ergeben) sind ein schwer

an und schuf damit einen wichtigen Teil der Sammlung illustrierter Flug-

zu analysierender Ersatz.

blätter im heutigen Cabinet des Estampes in Paris 1 9 2 . Die große Wolfenbütteler Sammlung an illustrierten Flugblättern ist wohl (s. u. S. X X V I ) , so weit

Illustrierte Flugblätter der frühen Neuzeit sind schwierig einzuschätzende, methodisch schwer erschließbare Zeugnisse ihrer Zeit. Mit ihrem thematischen Anteil an komplexen Bereichen wie Religiosität, Moralistik, Zeitgeschichte und Naturkunde eröffnen sie Zugänge zu den meisten Lebensbereichen. Da sie als ein breit, aber nicht etwa nur populär wirksames Medium vielen literarischen Gattungen neue Kombinationen ermöglichen und zu neuen Wirkungssituationen verhelfen, ist eine Erforschung der illustrierten Flugblätter auch als eine Ergänzung zur Geschichte literarischer Gattungen zu verstehen. Wie diese Blätter in Spiegelung und Deutung Wirklichkeiten erfassen sowie Normen und abweichende Erwartungen zeigen, sind sie ein Gegenstand der Kulturgeschichte, die von keiner einzelnen der akademischen Disziplinen der Neuzeit angemessen voll verwirklicht werden kann.

b. Die Ordnung nach Sammlungen Der materielle Zugang zu diesen Blättern ist auch dadurch erschwert, daß sie in jeweils nur wenigen Exemplaren überliefert sind; die Verluste dürften regelmäßig schon bald nach dem Erscheinen der Blätter sehr hoch gewesen sein, unvergleichlich höher als bei Büchern. Illustrierte Flugblätter wurden ungeschützt den Käufern angeboten, gingen beim Betrachten, beim Vorlesen und bei der Lektüre von Hand zu Hand, auch hierbei ohne Schutz vor Beschmutzung und Beschädigung, und selbst wenn ein Käufer das von ihm erworbene Blatt über den Tag hinaus verwähren wollte, war das Einzelblatt stärker von der Vernichtung bedroht als etwa ein gebundenes und insofern besser geschütztes Buch. D a illustrierte Flugblätter über die traditionellen

das enzyklopädische Interesse des herzoglichen Sammlers auch reichte, stärker als von ihm doch von seinem vielseitigen Kunstagenten Philipp Hainhofer initiiert worden. Bürgerliche Interessen an Zeitgeschichte und Welterschließung spiegeln sich in der Wickschen Sammlung in Zürich, auch wohl in der Sammlung der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek (dort Signatur Scrin C / 2 2 ) und in dem .Thesaurus picturarum' mit seinen vielen illustrierten Flugblättern, die der Heidelberger Kirchenrat Marcus zum Lamm Anfang des 17. Jahrhunderts sammelte 1 9 3 und die heute, soweit erhalten, eines der beiden Zentren der im vierten Band dieser Reihe erschlossenen Bestände der Darmstädter Landes- und Hochschulbibliothek sind. Ein besonderes Interesse an einheimischen Verlagsprogrammen spiegelt sich in der Holzschuherschen Sammlung im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, die große Teile von Paul Fürsts Produktion, dem wichtigsten Verlag von illustrierten Flugblättern des 17. Jahrhunderts, umfaßt, und in der Prager Sammlung des Vaclav Dobfensky, der im Zeitraum von 1571 bis 1606 innerhalb der Produktion des Verlegers Georgius Nigrinus besonders dessen Einblattdruck- bzw. Flugblattproduktion beachtet e 1 9 4 . Von der Günderrodeschen Sammlung des 18. Jahrhunderts, die das Hauptzentrum der in unserem vierten Band erschlossenen Darmstädter B e stände ist, bis zu den Flugblättern, um die Gustav Freytag seine große Flugschriftensammlung ergänzte 1 9 5 , zeigen sich in Flugblattsammlungen Zeichen einer Verbindung von historischer Distanz und Geschichtsinteresse, wie es sich analog schon in der ,Acta publica'-(Flugschriften-)Sammlung des Helmstädter Historikers Häberlin zeigt, die sich seit dem späten 18. Jahrhundert in Regensburg in der Thum- und Taxisschen Hofbibliothek

s. U . ERNST, D i e E n t w i c k l u n g d e r o p t i s c h e n P o e s i e in A n t i k e , M i t t e l a l t e r u n d N e u z e i t . E i n l i t e r a t u r h i s t o r i s c h e s F o r s c h u n g s d e s i d e r a t , G e r m a n i s c h - R o m a n i s c h e M o n a t s s c h r i f t 2 6 ( 1 9 7 6 )

379-385

(s. s e i n e K o m m e n t a r e i n / I I I ) ; MIRJAM BOHATCOVÄ, F a r b i g e F i g u r a l a k r o s t i c h e n a u s d e r O f f i z i n d e s P r a g e r D r u c k e r s G e o r g i u s N i g r i n u s ( 1 5 7 4 / 8 1 ) , G u t e n b e r g - J a h r b u c h 1 9 8 2 , S . 2 4 6 - 2 6 2 ; vgl. W . H A R M S / J . R . P A A S / M . SCHILLING/A. WANG, I l l u s t r i e r t e F l u g b l ä t t e r d e s B a r o c k ( w i e A n m . 7 ) , N r . 6 u n d 8 . D a ß in GRIMMS D e u t s c h e m W ö r t e r b u c h F l u g b l ä t t e r v o n S e b a s t i a n B r a n t u n d H a n s S a c h s z w a r r e g e l m ä ß i g , a n o n y m e a b e r n u r s e l t e n b e r ü c k s i c h t i g t s i n d , h a t u. a. a u c h z u r F o l g e , d a ß N a c h w e i s e d e r v i e l e n S p r i c h w o r t e u n d s p r i c h w ö r t l i c h e n R e d e n s a r t e n l a n g e u n b e k a n n t b l i e b e n ; J . B O L T E u n d b e s o n d e r s w i r k s a m L . RÖHRICH, L e x i k o n d e r s p r i c h w ö r t l i c h e n R e d e n s a r t e n , 4 B d e . , F r e i b u r g / Basel/Wien 1977, haben diesem Mangel entgegengewirkt. 11,11

v g l . / 1 1 , 1 2 3 u n d d a s T a f e l b i l d g l e i c h e n I n h a l t s v o n e t w a 1 6 1 0 i m H e r t f o r d C o l l e g e in O x f o r d s o w i e / 1 1 , 2 1 6 u n d d a s z u g r u n d e l i e g e n d e T a f e l b i l d in d e r G e o r g s k i r c h e in E i s e n a c h .

191

vgl. W . HARMS, E i n e S e n t e n z e n a n t h o l o g i e in d e r H a n d v o n s c h r e i b e n d e n L e s e r n d e s 1 8 . J a h r h u n d e r t s , in; B u c h h a n d e l u n d L i t e r a t u r . F s . H . G . G ö p f e r t ( B e i t r ä g e z u m B u c h - u n d B i b l i o t h e k s w e s e n , 2 0 ) , Wiesbaden 1 9 8 2 , S. 1 5 - 3 1 , hier S. 18. s. J . A n n l MAR, P o p u l ä r e D r u c k g r a p h i k E u r o p a s . F r a n k r e i c h v o m 1 5 . b i s z u m 2 0 . J a h r h u n d e r t , M ü n c h e n 1 9 6 8 , S . 7 . s. B . W E B E R , W u n d e r z e i c h e n ( w i e A n m . 2 6 ) , u n d M . SENN, D i e W i c k i a n a ( w i e A n m . 2 2 3 ) ; v g l . a u c h R . SCHENDA, P r o d i g i e n s a m m l u n g e n ( w i e A n m . 1 7 7 ) , u n d W . H A R M S / M . SCHILLING, Z u m illustrierten Flugblatt der B a r o c k z e i t (wie A n m . 7 ) , S. X V .

194

s. M . SCHILLING, U n b e k a n n t e G e d i c h t e J o h a n n M i c h a e l M o s c h e r o s c h s z u K u p f e r s t i c h f o l g e n P e t e r A u b r y s d. J . , E u p h o r i o n 7 9 ( 1 9 8 5 ) ; s. MIRJAM BOHATCOVÄ, D e u t s c h e E i n b l a t t d r u c k e d e s 1 6 . J a h r h u n d e r t s i m P r a g e r S a m m e l b u c h d e s V a c l a v D o b f e n s k y , G u t e n b e r g - J a h r b u c h 1 9 7 9 , S . 1 7 2 - 1 8 3 ; z u m i l l u s t r i e r t e n F l u g b l a t t in V e r l a g s p r o g r a m m e n vgl. B . W E B E R , B e r n h a r d J o b i n ( w i e A n m . 187).

195

s. P . HOHENEMSER, F l u g s c h r i f t e n s a m m l u n g G u s t a v F r e y t a g , F r a n k f u r t a. M . 1 9 2 5 .

XXIII

befindet. Auch die vielleicht größte aller Flugschriften- und Flugblattsammlungen, die sogenannte ,Graue Sammlung' in Straßburg, verbrannt 1870, hätte in diese Zusammenhänge gehört 195 a . Die Sichtung und Sammlung illustrierter Flugblätter im 19. und 20. Jahrhundert kann ich hier auch nicht annähernd vollständig darlegen, mache daher nur auf einige Beispiele aufmerksam; auf die bibliographische Erschließung, um die sich u.a. E. Weller früh verdient gemacht hat, werde ich erst in meinem Forschungsbericht (s. oben S. XXI) eingehen. Die Teilerschließung einzelner Sammlungen in Reproduktionen und — wenn auch oft kurzen — Kommentaren hat für die Flugblattforschung bisher am nachhaltigsten einen gewissen Überblick über den Gegenstand erleichtert. Dieses betrifft u.a. Bestände in Ulm durch Scheibles frühe Reproduktionsversuche und in Leipzig durch Drugulins großen Antiquariatskatalog' 96 , in Gotha durch ergiebige kürzere Kommentare und in Heidelberg, Coburg und Nürnberg durch kommentierte Ausstellungskataloge aufgrund eigener Bestände, in Berlin, Washington und London Angaben über Sammlungsschwerpunkte oder neuere Erwerbungen 197, in Prag vorwiegend bibliographisch von M. Bohatcovä und in Halle vorwiegend durch Reproduktionen von H. Wäscher erschlossen und nicht zuletzt in speziellen Privatsammlungen mit auf ihnen beruhenden Publikationen, z.B. durch die ehemals Berliner Sammlung medizinischer und naturkundlicher Blätter von E. Holländer, O. Planers ehemals Lützener, heute in der Universitätsbibliothek Uppsala befindliche Sammlung von vielfältiger Publizistik um die Kriegsereignisse des Jahres 1632 und die ihr entsprechenden Teile der Sammlungen in der Königlichen Bibliothek in Stockholm 198 . Die vollständige Erschließung einzelner Sammlungen, wie wir es zum Prinzip dieser Reihe machen, hat den Vorteil, daß das subjektive, zeitgebundene Element, das in jedem Auswahlverfahren läge, verringert wird und gleichzeitig die Möglichkeit offengehalten wird, über historisch gewachsene Sammlungen auch Beispiele für unterschiedliche historische Sammler- und Benutzerinteressen zu gewinnen. Dabei läßt auch unsere Eingrenzung auf Flugblattsammlungen, die von deutschsprachigen Fürsten, Gelehrten und Bibliothekaren angelegt wurden, deutlich erkennen, wie sehr sprachlich und thematisch eine Verflochtenheit deutscher und anderer europäischer Blätter besteht; sie müßte von der Forschung noch beachtet werden 198 ". Schließlich hat ein Verzicht auf eine schnelle Gesamterfassung des Gegenstands .illustriertes Flugblatt' den Vorteil, daß sich der Plan im Bereich dessen, was noch verwirklicht werden kann, bewegt und seine Verwirklichung sich nicht wegen eines jeden neuen Fundes erneut hinauszögert 199 . Und im geduldigen, möglichst aspektreichen Kommentieren lesbar reproduzierter Blätter sehen wir auf dem Weg zu einem nicht nur sammelnden Registrieren, sondern zu einer wissenschaftlichen Erschließung dieses Gegenstands einen wirksameren Schritt als in einer schnell erreichten, aber aufs Technische beschränkten Wiedergabe: der Benutzer soll hier fürs eigenständige Weiterarbeiten ausreichend vorbereitet werden, ohne erst einen speziellen Forschungsstand und Hauptbedingungen und -ziele des Blattes ermitteln oder sich gar erst eine lesbare Kopie nach einem Original beschaffen zu müssen. c. Die Aufgaben der kommentierenden Teile Die Kommentare haben die Aufgabe, einer Vielzahl akademischer Disziplinen die Voraussetzung für eine nähere Beachtung der illustrierten Flugblätter zu bieten: für eine intensivere Interpretation der einzelnen Blätter, für eine Klärung von Leistungen des illustrierten Flugblatts insgesamt und für eine Klärung übergreifender Fragen, zu denen das illustrierte Flugblatt

als Werk oder Dokument Aussagen ermöglicht. Die Kommentare ermitteln daher die Inhalte und möglichen Funktionen von verbalen und graphischen Anteilen und geben einen Überblick über den bisherigen Forschungsstand zum einzelnen Blatt, der freilieh in nicht wenigen Fällen erst mit diesen Kommentaren entsteht. Auch nach unseren Kommentierungen wird es aus der Sicht der einzelnen interessierten Fächer Lücken geben oder wird aus besonderen, sachlich oder methodisch begründeten Perspektiven eine offene Forschungsaufgabe erst voll erkennbar werden. Derartig anschließende Arbeiten erhoffen wir uns als Resultat unserer Bemühungen. Die Seite, die jeweils der Abbildung eines Blattes gegenübersteht, gliedert sich in drei Teile: Bibliographische und weitere Grundinformationen zum Blatt am Anfang, danach der eigentliche Kommentarteil einschließlich Standort- und Variantennachweisen, am Ende die Anmerkungen. Die obere Zeile enthält von links nach rechts unsere Zählung, angegeben durch Bandzahl und Kommentarnummer, danach die Wolfenbütteler Signatur, schließlich die Wiedergabe des Titels des Blatts. Die Wolfenbütteler Signaturen, die mit einem „I" beginnen (IE, IP, IH, IT, IQ), weisen auf die einzeln erhaltenen Blätter hin, von denen viele durch alte Foliierung als Bestandteil einer ehemals geschlossenen Sammlung zu erkennen sind. Signaturen mit dem Bestandteil „Aug." zeigen an, daß die Blätter im Zusammenhang einer Handschrift erhalten sind. Die übrigen Signaturen lassen erkennen, daß die Blätter in ein — oft mit Bedacht themenähnliches — Buch eingebunden sind. Der Titel des Blattes, der im übrigen anhand der gegenüberstehenden Abbildung genauer zu kontrollieren ist, wird in der Weise abgekürzt, daß stets seine ersten fünf Wörter wiedergegeben werden, darüber hinaus nur dann wenige weitere Wörter, wenn sonst das erste aussagefähige Substantiv fehlen würde; diese verkürzten Titel, die notfalls durch die erste Zeile links oben als Incipit ersetzt werden, werden dem Titelregister, das im dritten Band folgen wird, zugrundegelegt werden. Die folgenden Zeilen enthalten regelmäßig Raum für Angaben von Entstehungsjahr und -ort, Angaben zu Technik und Autorschaft des Bildes, Druckverfahren, literarische Form und Autorschaft des Texts sowie die Maße des Formats; Raum für Ort und Jahr wird auch dann ausgewiesen, wenn die Ermittlungsversuche ohne Resultat geblieben sind. Sofern Aussagen möglich sind, werden auch Zeilen für Angaben über Verleger und Drucker sowie zu Besonderheiten des Erhaltungszustandes des Blattes eingefügt. Nur erschlossene, nicht völlig gesicherte Angaben werden in runde Klammern gesetzt; sofern sich die Begründung hierfür nicht aus dem Kommentarteil ergibt, wird auf Anmerkungen mit entsprechenden Literaturangaben verwiesen. Die Formatangaben beziehen sich auf den Satzspiegel (bedruckte Papierfläche, Höhe vor Breite in cm), nicht auf das Papierformat, da dieses für die Identifizierung eines Druckes unerheblich wäre. Wo der Text in Typendruck erscheint, werden zusätzlich die Maße der gesondert gedruckten Graphik angegeben, bei Stichen von Plattenrand zu Plattenrand. Wenn die Graphik in einer Mischtechnik, z.B. aus Kupferstich und Radierung, hergestellt ist, wird nur die vorherrschende Technik angegeben. Die Angaben zum Erhaltungszustand können, z.B. bei Rissen und Falten, inzwischen insofern überholt sein, als viele der derartig beschädigten Blätter zur Vorbereitung der Reproduktion von der Herzog August-Bibliothek restauriert worden sind; von München aus ließ sich eine erneute Autopsie nicht immer ermöglichen. Wichtige interpretierbare Hinweise

s. J. ROTT, L ' A n c i e n n e B i b l i o t h è q u e d e S t r a s b o u r g D e t r u i t e e n 1 8 7 0 , in: R e f u g i u m a n i m a e b i b l i o t h e c a . F s . A . K o l b , W i e s b a d e n 1 9 6 9 , S. 4 2 6 - 4 4 2 . J. SCHEIBLE, D i e f l i e g e n d e n B l ä t t e r d e s 16. u n d 17. J a h r h u n d e r t s in sog. E i n b l a t t d r u c k e n mit K u p f e r s t i c h e n u n d H o l z s c h n i t t e n , S t u t t g a r t 1 8 5 0 , N a c h d r u c k H i l d e s h e i m 1 9 7 2 ; W . E . DRUGULIN, H i s t o r i s c h e r B i l d e r a t l a s . V e r z e i c h n i s e i n e r S a m m l u n g v o n E i n z e l b l ä t t e r n z u r C u l t u r - u n d S t a a t e n g e s c h i c h t e v o m 15. bis in d a s 19. J a h r h u n d e r t , 3 B d e . , L e i p z i g 1 8 6 3 / 6 7 , N a c h d r u c k H i l d e s h e i m 1964. 197

H . MEUCHE/INGEBORG NEUMEISTER ( H g g . ) , F l u g b l ä t t e r d e r R e f o r m a t i o n u n d d e s B a u e r n k r i e g e s , 2 B d e . , L e i p z i g 1 9 7 5 / 7 6 ; F l u g b l ä t t e r . A u s d e r F r ü h z e i t d e r Z e i t u n g ( H e i d e l b e r g ) (wie A n m . 1 0 4 ) ; I l l u s t r i e r t e F l u g b l ä t t e r ( C o b u r g ) (wie A n m . 2 6 ) ; G . B o r r ( H g . ) , Z e i c h e n a m H i m m e l , F l u g b l ä t t e r d e s 16. J a h r h u n d e r t s b e a r b e i t e t v o n A . JANECK, A u s s t e l l u n g s k a t a l o g N ü r n b e r g 1 9 8 2 ; EVA BLIEMBACH, H i s t o r i s c h e F l u g s c h r i f t e n u n d E i n b l a t t d r u c k e in d e r S t a a t s b i b l i o t h e k P r e u ß i s c h e r K u l t u r b e s i t z , M i t t e i l u n g e n d e r S t a a t s b i b l i o t h e k P r e u ß . K u l t u r b e s i t z 14 ( 1 9 8 2 ) 6 2 - 9 2 ; RENATA V, SHAW, B r o a d s i d e s of t h e T h i r t y Y e a r ' s W a r , T h e Q u a r t e r l y J o u r n a l of t h e L i b r a r y of C o n g r e s s 3 2 ( 1 9 7 5 ) 2 - 2 4 ; D . L. PAISEY, I l l u s t r a t e d G e r m a n B r o a d s i d e s of t h e 1 7 t h C e n t u r y , T h e British Library Journal 2 (1976) 5 6 - 6 9 .

''' MIRJAM BOHATCOVÄ, T s c h e c h i s c h e E i n b l a t t d r u c k e d e s 15. bis 18. J a h r h u n d e r t s , G u t e n b e r g - J a h r b u c h 1 9 7 8 , 2 4 6 - 2 5 2 , u n d d i e s e l b e , V z ä c n ä s b i r k a p u b l i c i s t i k y c h a p o r t r é t n i c h d o k u m e n t ü k p o c â t k u tricetileté välky, S b o r n i k n â r o d n i h o m u z e a v P r a z e 2 7 ( 1 9 8 2 ) 1 - 7 3 ; H . WÄSCHER, D a s d e u t s c h e illustrierte F l u g b l a t t , 2 B d e . , D r e s d e n 1 9 5 5 ( z u H a l l e , M o r i t z b u r g ) ; E . HOLLÄNDER, W u n d e r , W u n d e r g e b u r t u n d W u n d e r g e s t a l t in E i n b l a t t d r u c k e n d e s 15. bis 18. J a h r h u n d e r t s , S t u t t g a r t 1 9 2 1 ; O . PLANER, V e r z e i c h n i s d e r G u s t a v A d o l f S a m m l u n g mit b e s o n d e r e r R ü c k s i c h t auf d i e S c h l a c h t a m 6. N o v e m b e r 1 6 3 2 , L e i p z i g 1 9 1 6 ; G . E . KLEMMING, K o n g l . B i b l i o t e k e t s S ä m l i n g af s a m t i d a b e r ä t t e l s e r o m S v e r i g e s K r i e g , S t o c k h o l m 1 8 8 8 / 9 1 . Iyl4a

s. j e t z t a u c h R . W . BREDNICH, F l u g b l a t t , F l u g s c h r i f t ( w i e A n m . 7), S p . 1 3 4 7 . V o r t e i l e d e s Prinzips, d e n G e g e n s t a n d S a m m l u n g f ü r S a m m l u n g zu e r s c h l i e ß e n , b e s c h r e i b t b e r e i t s J. R . PAAS, V e r s e B r o a d s h e e t (wie A n m . 9 1 ) , S. 175 f.

XXIV

finden sich in dieser Zeile dann, wenn handschriftliche Spuren auf den oder die Sammler oder Leser zuführen können. Der Kommentarteil wird durch einen allgemeinen über das Blatt orientierenden Satz eröffnet. Im folgenden Abschnitt wird die Graphik, im anschließenden Abschnitt der Text beschrieben, was beides nicht selten bereits in eine Klärung der Bedeutungen übergehen kann. Im folgenden Abschnitt wird nach Möglichkeit die Bedeutung und Funktion des Blattes insgesamt dargelegt, wofür im Einzelfall unterschiedlich akzentuierte Klärungen von Voraussetzungen des Blatts und seiner verbalen und graphischen Elemente, insbesondere auch seiner Einbettung in eine historische Situation versucht werden. Bei Blättern, die in besonderem Maße erklärungsbedürftig sind, kann sich der durch den Satzspiegel gebotene Rahmen des Kommentars als zu eng erweisen. In wenigen Ausnahmefällen konnten wir durch das Entgegenkommen des Verlags übergroße und zugleich besonders detailreiche Blätter nicht nur im Großformat auf zwei Seiten abbilden, sondern auch mit einem Kommentar von zwei Seiten versehen. Die Kommentare wenden sich an eine Vielzahl von Fächern. Wir haben uns daher bemüht, auf eine allzu spezielle Terminologie eines Faches, die das Verständnis bei Vertretern anderer Fächer oder des interessierten Laien unnötig erschwert hätte, zu verzichten. Andererseits versuchten wir, die Tatsache, daß die Kommentarverfasser in unterschiedlichen Fächern zu Hause sind, so zu nutzen, daß eine Grundinformation für die Ansprüche wenn nicht aller denkbaren, so doch mehrerer Fachgebiete geboten wird. Daher hat bei jedem der Bände jeder der Herausgeber des einzelnen Bandes sämtliche Kommentare kritisch gelesen und durch Hinweise zu verbessern versucht. Dennoch sollte die Individualität des einzelnen Kommentarautors, der für das einzelne Blatt oft überhaupt erst einen ersten Forschungsstand erstellen mußte, gewahrt bleiben; ein allzu normiertes Kommentarmuster hätte der Aufgabe, zu weiterer Forschung anzuregen, das dabei benötigte Element der persönlichen Herausforderung entzogen. Der Kommentarteil wird abgeschlossen durch Hinweise auf Standorte desselben Blattes. Mittel für systematische Bibliotheks- und Archivreisen standen uns nicht zur Verfügung, so daß wir den von der Forschung vorgegebenen Angaben nur gelegentliche eigene Beobachtungen hinzufügen konnten. Mit ,anderen Fassungen' soll hier vor allem auf die Wirkung eines Blattes an Hand des Nachweises von Auflagen (Neusatz, Nachstich) und gezielten Abwandlungen aufmerksam gemacht werden. Da der Begriff der Variante nicht eindeutig ist und wir unsere Auffassung von .anderen Fassungen' erst durch das Wolfenbütteler Beratungsgespräch des Jahres 1977 gewonnen haben, sei eine Erläuterung angefügt. Unter ,anderen Fassungen' verstehen wir, bezogen auf das abgebildete Blatt, ähnliche, partiell abweichende Blätter, deren Abweichungen jedoch nicht auf Druckzufälligkeiten beruhen. Wenn die Graphik (identische Platte oder ähnlicher Nachstich bzw. -schnitt) oder der Text (vorwiegend wortgetreu) gleich sind, rechnen wir ein Blatt auch bei stark abweichendem anderen Teil (Graphik bzw. Text) noch zu den .anderen Fassungen'. Auch bei geringfügigen Anzeichen für einen Eingriff (z.B. Tilgung eines Stecherzeichens, Änderung einer Verlagsangabe, andere Drucktypen) sehen wir Merkmale einer .anderen Fassung' vorliegen. Dieser .andere Fassung'-Begriff ist also vorwiegend auf die Herstellung bezogen und ergibt Hinweise auf die Attraktivität eines Blattes, seines Themas oder seiner Ausführungen. Den Angaben über andere Fassungen und den Standortnachweisen fügen wir stets dann einen Literaturhinweis bei, wenn wir uns auf Beobachtungen anderer, nicht aber auf eigene Anschauung stützen; bei einer solchen Abhängigkeit von Informationen der Forschung setzen wir alle die andere Fassung charakterisierenden Angaben recte und in Anführungszeichen („"), übernehmen also nicht selbst die Gewähr für die Korrektheit der Angaben, müssen dabei auch in Kauf nehmen, daß fehlerhafte bibliographische Angaben anderer uns die irrtümliche Annahme weiterer Fassungen nahelegen könnten. Wo wir von eigenen Beobachtungen ausgehen, erscheint regelmäßig der Standort des nachgewiesenen Exemplars und wird ein zitierter Text kursiv gesetzt. 2(1(1

201

Die Anmerkungen werden in die Abteilungen A für Forschung, die sich auf das behandelte Blatt bezieht (einschließlich bloßer Erwähnungen oder Abbildungen), B für andere Anmerkungen zum Kommentar und gegebenenfalls C für generelle Literaturhinweise unterteilt. Fehlt die Abteilung A, ist das Blatt also, soweit wir ermitteln konnten, bisher weder bibliographisch noch in anderer Form von der Forschung beachtet worden. Standardwerke, auf die wir uns sehr häufig beziehen, zitieren wir stark verkürzt; die vollen Titel finden sich am Anfang der Bibliographie im dritten Band wie auch in Auswahl am Schluß des vorliegenden Bandes. Andere Kurztitel führen wir dann ein, wenn eine Arbeit in mindestens drei Kommentaren zitiert wird; auch dann findet sich der volle Titel in der Bibliographie des dritten Bandes und eventuell in der Auswahlliste des vorliegenden Bandes. Namen von Verfassern und Herausgebern nach etwa 1800 erscheinen in den Anmerkungen und in den Bibliographien in Kapitälchen. Auf der gesamten Textseite wird Kursivsatz für Zitate aus Quellen vor 1800 (einschließlich der Flugblätter selbst) benutzt. Doppelte Anführungszeichen weisen Zitate aus der Sekundärliteratur seit etwa 1800 aus, einfache Anführungszeichen dienen der Hervorhebung sowie — nur im Text — der Angabe von Werktiteln vor 1800, bei Flugblatt-Titeln durchweg. Petitsatz wird im laufenden Text für längere Zitate (kursiv) oder bei Platzmangel auch für längere Paraphrasen (recte) verwendet. Durch die Register am Schluß des dritten Bandes werden Blätter und Kommentare im einzelnen erschlossen. Auf ausgewählte Wörter des Sachregisters wird bereits in den Kommentaren durch waagerechte Pfeile (—») aufmerksam gemacht. Der schräge Pfeil (/") weist auf andere Blätter und Kommentare in Bänden dieser Reihe hin. III. Die Sammlung illustrierter Flugblätter der Herzog AugustBibliothek in Wolfenbüttel Das illustrierte Flugblatt des 16. und 17. Jahrhunderts ist nicht regelmäßig von fürstlichen Bibliotheken oder privaten großen Gelehrtenbibliotheken gesammelt und gepflegt worden. Herzog August d. J. von BraunschweigLüneburg, dessen Gelehrsamkeit alle akademischen Disziplinen umfaßte und folglich aus allen Sachgebieten Bücher, Gegenstände fürs Naturalienkabinett und andere Dokumente schätzte 200 , ließ in ungewöhnlicher Breite auch illustrierte Flugblätter sammeln. Innerhalb seiner Bibliothek gab er nicht wenigen Blättern einen sachlich-systematischen Ort. a. Der Sammlungscharakter. Illustrierte Flugblätter, die thematisch-sachlich dem Gegenstand eines Buches oder mehrerer Schriften nahestanden, ließ er mit diesen zusammenbinden. Derartige Blätter wurden im Wolfenbütteler Katalog nicht immer als bibliographisch selbständige Einheit erkannt, wohl weil sie leicht für Faltblätter gehalten werden könnten. Wir haben nur diejenigen Signaturen der Augusteerbestände sichten können, deren Thematik eine Affinität zu Flugblättern versprach 201 . Ergiebig war diese Suche nach Blättern in den Augusteer-Signaturen Politica, Geometrica, Theologica und besonders Astronomica. Auf diese Weise könnten einzelne weitere Blätter in der Bibliothek gefunden werden. Ein von Herzog August bereits als Sammlung übernommenes Konvolut von illustrierten Flugblättern und anderen Einblattdrucken befindet sich in der Abteilung Quodlibetica (95.10 Quodl. 2°). Auf sie gehe ich unten gesondert ein, da sie klarer als des Herzogs Sammlungen ein spezielles und systematisches Interesse an der Ordnung gesammelter Einblattdrucke erkennen läßt. Es ist möglich, daß über des Herzogs Agenten auch andere Sammlungen dieses Gebiets geschlossen aufgekauft worden sind und somit Akzente, die andere Sammler gesetzt hatten, in die Wolfenbütteler Sammlung gerieten. Von einem derartigen Ankauf schreibt dem Herzog sein wichtigster Bücher- und auch Einblattdruck-Käufer, Philipp Hainhofer, am 19.

s. P. RAABE (Hg.), Sammler, Fürst, G e l e h r t e r . H e r z o g zu Braunschweig u n d L ü n e b u r g 1 5 7 9 - 1 6 6 6 , Ausstellungskatalog W o l f e n b ü t t e l 1979, bes. S. 1 4 9 - 3 4 0 ; die nicht mehr erhaltene Kunst- und W u n d e r k a m m e r wird darin noch wenig einbezogen. Für f r ü h e Sucharbeiten in d e n J a h r e n 1974 bis 1976 habe ich hier R u t h K a s t n e r u n d Michael Schilling zu d a n k e n .

XXV

Juli 1618 von Augsburg nach Hitzacker, er habe von der Frau eines Herrn namens Haug, der sich an vielen Dingen delectiert, auch zümlich gestudiert, aber darneben ain Gottloß leben gefuert und dann seine Familie verlassen habe, in Augsburg eine Menge bucher vnd schrifften auf 44 Gulden herabgehandelt und für den Herzog erworben, darunder relationes, bedenken vnd andere geschriebne Sachen, vil kupferstuck, vnd aller hand tractetlen202, Bezeichnungen, die auch auf illustrierte Flugblätter hinweisen. Eine Wahrung des alten Sammlungscharakters ist uns jedoch nur in dem erwähnten Quodlibetica-Band bekannt, der um 1564 bis 1567 vor allem in Rostock von einem Studenten zusammengestellt worden war 2 0 3 . Aufgrund von Einzelentscheidungen von Philipp Hainhofer gelangten im Zusammenhang von dessen handschriftlichen Reiseberichten sowie in weiteren Konvoluten aus gedruckten und handschriftlichen Einzelschriften zahlreiche illustrierte Flugblätter in den Besitz des Herzogs. Die Herkunft aus derartigen Auswahlen, die auf Hainhofer oder auch auf von ihm aufgekaufte Konvolute zurückgehen, ist den von uns angegebenen AugusteerHandschriftensignaturen (mit dem Bestandteil ,Aug.') anzusehen. Hierzu gehören Hainhofers Berichte von seinen Reisen 1617 nach Stettin (23.2 Aug. 2°), 1630 nach Dresden (38.2 Aug. 2°, sowie 37.32 Aug. 2°), um 1636 nach München (68.3 Aug. 2°) und nach Innsbruck 1628 (6.6 Aug. 2°) 204 . Auch das Konvolut, das einige italienische Akzente in die Wolfenbütteler Sammlung bringt (39.7 Aug. 2°) — einer der Gründe für den Anteil fremdsprachiger Blätter in dieser Ausgabe —, ist auf Hainhofers Ankäufe zurückzuführen. Gelegentlich scheint es, als habe Hainhofer stärker als der Herzog selbst den Ankauf von illustrierten Flugblättern und verwandten Druckerzeugnissen forciert. In einem Brief vom 18./28. März 1619 aus Augsburg hat Hainhofer offenbar Anlaß, dem Herzog zu versichern, er werde nichts kauffen, was der Herzog nicht ausdrücklich begehre, ausser was newe tractetlen oder singularia sein, das ich mainen werde, daß der Herzog sie ganz gewiß noch nicht besitze 205 . Herzog August präzisiert diese Abmachung in seinem Brief vom 4. April 1619: Wegen allerhand tractätlein, wil ichs beym alten nochmaln bewenden lassen, und durffet ihr mir nichtes, ausser raritäten und singularia, auch was ich begehren möchte, nuhr zuschikken20''. Der Kunstagent Hainhofer, dem von Künstlern auch selbst illustrierte Flugblätter gewidmet wurden (z.B. /"III,204 und 240), stand diesen Erzeugnissen der Zeit näher als der Herzog. Blätter des 16. Jahrhunderts oder speziell der Reformationszeit scheint der Herzog nicht haben sammeln lassen. Die Blätter, die Hainhofer im Zusammenhang seiner Berichte oder in Konvolute anderer Art einfügte, stehen dort teils in einem durchdachten Zusammenhang, teils stehen sie thematisch isoliert in ihrer Umgebung, wofür ich hier nur einzelne Beispiele gebe. Wo in seiner Relation über die Münchener Reise von 1636 von Kruzifixen die Rede ist, ist ohne näheren Bezug das Kruzifix-Blatt ,Balsamus Vitae' (/"III,28) eingebunden. Bevor er von den Innsbrucker Kaisergräbern spricht, sind Blätter mit Vanitas- und Grabmal-Thematik zu sehen (fol. 24'): das illustrierte Flugblatt ,Speculum humanae vitae' (/"III, 118) sowie zwei Kupferstiche ohne Text (Castrum doloris Kaiser Rudolfs II. und Grabmal König Heinrichs von England). Wenn danach das Blatt ,Typus Ecclesiae' vor einem Porträt Kaiser Ferdinands I. eingeordnet ist, mag man an einen Zusammenhang von Kirche und Kaisertum denken, doch legt der Kontext dieses nicht eigens nahe (fol. 34 r ). Völlig ohne Zusammenhang mit dem fortlaufenden Bericht findet man dann (fol. 39 r und 40') die Blätter ,Ein gut Recept für das getruncken Kopffwehe' ( / I , 7 8 ) und .Christliche Dancksagung' ( / I I I , 2 7 ) . Diese drei Typen des ausdrücklichen, des assoziierbaren und des fehlenden Bezugs zwischen illustriertem Flugblatt und Bericht sind nebeneinander in Hainhofers Relationen vertreten. Das illustrierte Flugblatt konnte dabei dem Wert und der Illustrationsfunktion nach wie ein Kupferstich ohne Text eingesetzt werden, doch konnte es daneben auch gerade wegen der Entfaltung eines

21)2

Themas, die sein Text leistet, für die Bereicherung des Berichts verwendet werden. Ein Blatt konnte vom selben Berichterstatter in verschiedenen Zusammenhängen abgewandelte Aufgaben erhalten; so erscheint das eben erwähnte Blatt ,Speculum humanae vitae' auch in Hainhofers Relation von der Dresdner Reise zur Illustration seines Berichts über Epitaphien in einem Kreuzgang (37.32 Aug. 2°, vor fol. 66'). Ähnlich exakte, durch keine bloßen Texte ersetzbare Funktionen gibt Hainhofer illustrierten Flugblättern dort, wo er seinem fürstlichen Auftraggeber die singularia und raritäten schildert (6.6 Aug. 2°, fol. 299ff.), die er in der Kunst- und Wunderkammer auf Schloß Ambras sieht. Er zeigt seinem Auftraggeber in Form von Flugblättern, was dort einzigartig und unverkäuflich zu sehen ist, sieht also in diesen Flugblättern von ungewöhnlich gewachsenen Trauben und Ähren, die als Wundergewächse verstanden werden, einen respektablen Ersatz für die Gegenstände selbst und entspricht hiermit einer der Funktionen, die diese Blätter wahrnehmen konnten: als Anschauungsersatz in Naturalienkabinette aufgenommen zu werden (/"1,220—225). Hier vermag die Graphik des Blattes eine Vergegenwärtigung des kostbaren Berichtsgegenstandes zu leisten. Stärker in der Verbindung von Bild und Text setzt Hainhofer eine Gruppe von illustrierten Flugblättern ein, als er in der Relation seiner Dresdner Reise von einem Gespräch bei einem Essen bei Hof berichtet (38.2 Aug. 2°, fol. 153'ff.; vgl. 37.32 Aug., fol. 200'ff.). Als dort die Korn- und Weinjuden als Verursacher der gegenwärtigen Teurung bezeichnet werden, zeigt Hainhofer nicht nur die aggressiv-satirische Vergegenwärtigung des Sündenbocks auf dem illustrierten Flugblatt ,Der Wein Jud' (/"1,170), sondern gibt auch mit Hilfe anderer Augsburger Flugblätter eine moralisch deutende, nicht ökonomisch informierende Erklärung des Hintergrundes jener Teurung ( / I , 158—168), nämlich durch die beigegebenen Blätter ,Wie der Reich den Armen frißt' ( / I , 3 5 ) , ,Vom unnöttigen Kriegen' ( / I , 1 7 8 ) und ,Wie Gott vom Himell Jnn die Welt schawt' ( / I I I , 8 9 ) . Hainhofer scheint mit leichter Hand aus dem vollen zu schöpfen, wenn er aus den offenbar vielen illustrierten Flugblättern, die ihm erreichbar sind, das auswählt, was in seine Relationen paßt und diese ergänzt. Auf eine durchdachte Ausgewogenheit achtet er nicht, etwa wenn er als Ursache von Bränden in Reichenbach (Dresdner Reise, 38.2 Aug. 2°, fol. 36 v ) einerseits Soldaten erwägt, die bei der Quartiersuche abgewiesen worden seien und sich dann gerächt hätten, andererseits aber auch Hexen: von veneficiis, wie es dann dißes vnzifers vnd der schadenfroh hin vnd wider mehr gibt, als gut ist. Es folgt lediglich eine Vergegenwärtigung der verdächtigen Hexen in Form des illustrierten Flugblatts ,Teufflisch Hexen Rott' ( / I , 1 5 4 ) . Mit Hilfe des Flugblatts, insbesondere seiner Graphik, wird hier die bloße Erwägung ins Suggestive gesteigert. Diese Beispiele für Hainhofers Verwendung von illustrierten Flugblättern im Zusammenhang seiner Berichte sollen an anderem Ort systematisch untersucht werden; die Kommentare der drei Wolfenbütteler Bände gehen wiederholt auf Einzelfälle ein. Außerhalb dieser bewahrten Sammlungs- und Uberlieferungszusammenhänge fanden sich in der Wolfenbütteler Bibliothek zahlreiche einzelne illustrierte Flugblätter. Die meisten von ihnen lagen 1971, als ich sie zum ersten Mal sah, ungeordnet, meist mehrfach gefaltet zwischen Blättern anderer Art und anderer Epochen. Ein größerer Teil der illustrierten Flugblätter trägt durch eine Foliierung (wohl noch des 17. Jahrhunderts) ein Anzeichen dafür, daß sie einmal mindestens einer besonderen Sammlung angehört haben. Wann diese geteilt worden ist, ist unbekannt. Zwischen den graphischen Beständen des Herzog Anton Ulrich-Museums in Braunschweig und den Sammlungen der Wolfenbütteler Bibliothek hat es infolge der familiären Beziehungen zwischen weifischen Bücher- und Graphiksammlern auch

R. GOBIET, Der Briefwechsel zwischen Philipp Hainhofer und Herzog August d. J. von Braunschweig-Lüneburg (Forschungshefte des Bayerischen Nationalmuseums, 8), München 1984, Nr. 393, S. 247. ' s . unten S. XXVII f. 204 vgl. O. DOERING, Reisen (wie Anm. 29). 205 R. GOBIET, Briefwechsel (wie Anm. 202), Nr. 446, S. 274. 204 R. GOBIET, Briefwechsel (wie Anm. 202), Nr. 461, S. 284. 20

XXVI

sonst Besitzwechsel gegeben 207 ; 1928 sind mit der graphischen Sammlung der Herzog August-Bibliothek auch etliche illustrierte Flugblätter ins Herzog Anton Ulrich-Museum nach Braunschweig gelangt 208 . Wieweit illustrierte Flugblätter nach ihrem Erwerb zu einem so festen Bestandteil der herzoglichen Bibliothek wurden, wie es für Bücher gilt, wissen wir nicht genau. So kann Hainhofer, der sonst Flugblätter nur zu liefern pflegt, seinerseits von Herzog August mit Erfolg paßquill erbitten 209 , von denen ihm Herzog August zunächst nur eines angeboten hatte: Sofern ihr das teutsche paßquill, von dem letzten Reichstage 1613 so reymens weise verfasset, noch nicht gesehen, so kans euch vielleicht, zu geschaffen werden210. Ob es sich hierbei um ein illustriertes Flugblatt handelte, ist unklar. Als Hainhofer, wie oben zitiert, am 19. Juli 1618 den Ankauf einer größeren Sammlung von relationes, bedenken, kupferstuck, tractetlen usw. meldet, rechnet er damit, daß es in der herzoglichen Bibliothek Doubletten geben könne, und er rät dem Herzog, solche seien etwan wider zuuertauschen oder den räthen zuschenken211. Selten macht Hainhofer über einzelne Blätter genauere Angaben, die mit einiger Wahrscheinlichkeit eine Identifizierung erlauben, z.B. nennt er in einer Liste höchst heterogener, soeben erworbener Gegenstände das Blatt II mondo alla roverscia, Illuminiert ( / % 5 8 , überliefert in 39.7 Aug. 2°, fol. 268); vielleicht weist dieselbe Liste auch mit diesen Angaben auf illustrierte Flugblätter: widerteuf er aufruehr zu amsterdam, in kupfer gestochen, und der Calvinisten sect in kupfer gestochen212. Der Begründer der großen Wolfenbütteler Flugblattsammlung, Herzog August d.J., ist nicht mit dem Züricher Hans Jacob Wiek (1522—1588) zu vergleichen; der Züricher Patrizier sammelte in spezieller Konzentration „die Zeichen der Endzeit: Nachrichten, Gerüchte und Sensationen, Flugschriften und Flugblätter, Newe Zeitungen" 213 , der Herzog in Hitzacker und ab 1635 als Regent in Wolfenbüttel sammelte auf höchstem Niveau Bücher und andere Zeugnisse aus einem enzyklopädischen Wissen und Interesse heraus. Von der Sehweise des Sammlers und von dem von ihr geprägten Sammlungszusammenhang her können auch gleiche Blätter in jeder Sammlung andere Funktionen und Zeugniswerte übernehmen. Gesetzt den Fall, die Wikiana verdanke ihr Zustandekommen tatsächlich vor allem einem Interesse an Sensationen, könnten doch gleiche Blätter, die Monströses oder Prodigiöses zeigen, in anderen Sammlungen wissenschaftlichen Zielen naturkundiger Sammler dienen. Das illustrierte Flugblatt verändert mit jedem Sammlungszusammenhang seine Aussageakzente und seinen Dokumentationswert. Auch deswegen ist es nur selten möglich, das einzelne Blatt eindeutig einem bestimmten Sachgebiet zuzuordnen. Herzog August selbst hat kaum Aussagen oder Leserspuren hinterlassen, die uns seine spezielle Einschätzung einzelner Flugblätter erkennbar werden ließen. In zwei Wolfenbütteler Exemplaren von Rebusblättern gibt es von etwa zeitgenössischer Hand eingetragene Auflösungen (,Schriftliche Supplication' /"II, 145; ,Die drei Blinden aus Böhmen' / I I , 183); während es in diesen Fällen nicht sicher ist, ob diese von des Herzogs Hand stammen, stammt die Glosse auf einem ihm von Athanasius Kircher gewidmeten Kometenblatt eindeutig von ihm (/'1,199a). Unsicher ist die Zuschreibung bei

21,7

anderen Eintragungen, die einen kundigen Leser verraten, z.B. wenn ein korrupter Text handschriftlich emendiert wird ( / % 8 1 ; Fassung a: IE 85). Einmal bezieht sich der Herzog in seiner Korrespondenz mit Hainhofer relativ deutlich auf ein bestimmtes Blatt, als er vom Wundervogel zu Amgemita in Hispanien gefangen, spricht. Er hält dieses Blatt für Rabelaische Invention, mag wol ein hyeroglyphicum seyn214, und als er ein (sein einziges?) Exemplar des Blatts dem Erzherzog Leopold geschickt hatte, hielt dieser es für ain Calvinisches gedücht und nahm die Zusendung unfreundlich auf, alß wan es Hispannien zum spottgeschehe2'5. Ein solches Blatt fand sich nicht in der Wolfenbütteler Sammlung. Gemeint sein könnte das Blatt ,Warhafftige Abcontrafactur/ eines großen Wunder Vogels1 (Nürnberg, GNM: 25068/1283). Konkreter als durch Äußerungen von Herzog August werden innerhalb der Wolfenbütteler Sammlung illustrierter Flugblätter Gesichtspunkte und Ordnungskriterien von der Hand eines älteren Sammlers kenntlich gemacht. Im Sammelband 95.10 Quodl. 2° ist in Wolfenbüttel die Einblattdrucksammlung des Franz von Domsdorff (Dumsdorff; vor 1548— nach 1587 216 ) im originalen Einband erhalten. Dieser Sohn des Bremer Patriziers Johann von Domsdorff und spätere Hofmeister am Pfälzer Hof studierte laut Matrikeleintrag von Juni 1564 bis Mai 1567 in Rostock und war zu Michaelis 1569 in den Matrikeln von Jena, zu Michaelis 1573 in denen von Erfurt verzeichnet 217 . Die Erscheinungsjahre der von ihm gesammelten Blätter konzentrieren sich auf die Zeit von 1560 bis 1571, doch finden sich vereinzelt auch andere Blätter, so von 1551 ,De origine Monachorum' ( / I I , 7 ) . Auf einem Schaustellerblatt des Jahres 1564 trug Domsdorff ein, daß er das dargestellte Krokodil in Rostock selbst gesehen habe ( / I , 2 3 7 ) . Es spricht vieles dafür, daß Domsdorff seine Blattsammlung während des Studiums angelegt hat, besonders während seines Aufenthalts in Rostock. Eine gelehrte Zielsetzung dieser Sammlung ist an vielen Einzelheiten zu erkennen, so an dem hohen Anteil lateinischer Blätter, auch an einem Interesse an gelehrter Gelegenheitsdichtung, die an Formen akademischer persönlicher Bindungen Melanchthonscher Prägung erinnert ( / \ , \ 1 ) . Wie dieser Sammelband in die Wolfenbütteler Bibliothek gelangt ist, ist nicht bekannt; die Domsdorffsche Bibliothek scheint in Norddeutschland verkauft worden zu sein, wie aus Exemplaren aus dem Besitz dieses Sammlers in Kiel, Hamburg und Bremen erschlossen werden kann 218 . Die heute nicht mehr vollständige Anzahl der Blätter dieser Sammlung läßt sich an Hand der Aufnahme der Titel und Erscheinungsorte und -jähre im Bücherradkatalog des Herzog August 219 überblicken; es wurden dort 607 gezählte Blätter, darunter auch mehrblättrige Schriften, registriert. Mehrere dieser Blätter wurden kürzlich in der Graphischen Sammlung des Herzog Anton Ulrich Museums in Braunschweig wiederaufgefunden; zwei von ihnen bilden wir ab (Abb. 2 und 3) 220 , um so hervorzuheben, daß hier weitere Exemplare zu berücksichtigen wären, wollte man den älteren Wolfenbütteler Sammlungsbestand voll rekonstruieren. Besonders wichtig für eine Annäherung an die Perspektive des ersten Sammlers ist der systematische Index, den dieser auf den vorderen Innendeckel eintrug. Die von ihm dort verwendete Blattzählung entspricht der Foliierung von alter Hand auf den Blättern, ist aber nicht identisch mit der neuzeitlichen Zählung. Bei der Angabe der von den einzelnen Blatt-Typen vertretenen Anzahl von Blättern

s. CHR. v o n HEUSINGER, B i b l i o t h e c a A l b e r t i n a . N o t i z e n z u m w i e d e r a u f g e f u n d e n e n K a t a l o g d e r B i b l i o t h e k H e r z o g F e r d i n a n d A l b r e c h t s zu B r a u n s c h w e i g u n d L ü n e b u r g , W o l f e n b ü t t e l e r N o t i z e n zur B u c h g e s c h i c h t e 4 ( 1 9 7 9 ) 5 5 - 6 2 , b e s . S. 5 8 - 6 0 .

i

s. J. BOLTE, F a h r e n d e L e u t e in d e r L i t e r a t u r d e s 15. u n d 16. J a h r h u n d e r t s ( S i t z u n g s b e r i c h t e d e r p r e u ß i s c h e n A k a d e m i e d e r W i s s e n s c h a f t e n , p h i l . - h i s t . KI., 3 1 ) , B e r l i n 1 9 2 8 , S. 6 2 5 - 6 5 5 , hier S. 6 4 9 .

™ R . GOBIET, B r i e f w e c h s e l (wie A n m . 2 0 2 ) , N r . 2 7 8 , S. 184 f. 2111

R . GOBIET, B r i e f w e c h s e l (wie A n m . 2 0 2 ) , N r . 2 6 5 , S. 1 7 8 ; vgl. N r . 2 7 2 s o w i e N r . 2 7 3 , w o H e r z o g A u g u s t a n k ü n d i g t , d a s z u e r s t g e n a n n t e P a s q u i l l v o n 1 6 1 3 a u c h s e i n e m S c h w a g e r , d e m H e r z o g v o n Pommern-Stettin, zuzusenden.

2

" R . GOBIET, B r i e f w e c h s e l (wie A n m . 2 0 2 ) , Nr. 3 9 3 , S. 2 4 7 .

2,2

R . GOBIET, B r i e f w e c h s e l (wie A n m . 2 0 2 ) , N r . 1 3 5 1 , S. 7 2 0 ( E r w e r b s l i s t e v o m 1 5 . / 2 5 . D e z e m b e r 1 6 4 2 a u s A u g s b u r g ) .

213

B. WEBER, W u n d c r z e i c h c n (wie A n m . 2 6 ) , S. 13F.; vgl. M . SENN, D i e W i c k i a n a (wie A n m . 2 2 3 ) .

214

R . GOBIET, B r i e f w e c h s e l (wie A n m . 2 0 2 ) , N r . 9 3 9 , S. 5 0 6 .

215

R . GOBIET, B r i e f w e c h s e l (wie A n m . 2 0 2 ) , N r . 9 4 5 , S. 5 1 0 .

216

s. die A n g a b e n zu s e i n e m S t a m m b u c h : S t a m m b ü c h e r ( A u k t i o n s k a t a l o g 3 v o n H ä r t u n g u n d F a b e r ) , M ü n c h e n 1 9 7 3 , N r . 7, u n d r e i c h h a l t i g e r W . KLOSE ( H g . ) , C o r p u s A l b o r u m A m i c o r u m d e s 16. J a h r h u n d e r t s ( e r s c h e i n t c a . 1 9 8 6 ) , C o d e 5 7 . D O M . F R A , w o f ü r d e n Z e i t r a u m v o n 1 5 5 7 bis 1 5 8 7 S t a m m b u c h e i n t r ä g e n a c h g e w i e s e n sind.

217

F ü r f r e u n d l i c h e E r m i t t l u n g e n d a n k e ich U . K o p p , W o l f e n b ü t t e l .

21,1

s. O . WALDE, B ü c h e r - u n d b i b l i o t h e k s g e s c h i c h t l i c h e F o r s c h u n g e n in a u s l ä n d i s c h e n B i b l i o t h e k e n , N o r d i s k T i d s k r i f t f ö r B o k - vel B i b l i o t e k s v ä s e n 17 ( 1 9 3 0 ) 1 - 1 4 8 , hier S. 9 8 .

zl !

' B ü c h e r k a t a l o g , S. 3 0 5 8 - 3 0 6 4 . E i n e spezielle B e h a n d l u n g d i e s e r S a m m l u n g ist e i n e r b e s o n d e r e n A r b e i t v o r b e h a l t e n .

2211

D e m L e i t e r d e r B r a u n s c h w e i g e r S a m m l u n g , C h r . v o n H e u s i n g e r , v e r d a n k e ich die F o t o s u n d die P u b l i k a t i o n s e r l a u b n i s .

XXVII

A D IM A G I N E M

CHKTKTOPHOIU.

Bursalis (Bursenordnung): 1. Homicidialis (? Bericht über einen Mord): 1. Hiernach wird im Index auf 449 Blätter (bzw. 449 Drucke, vorwiegend aus einem Blatt bestehend) hingewiesen. Einige schon im Katalog nachweisbare und erhaltene Blätter werden jedoch vom Index nicht erschlossen, z.B. fol. 184 ,Origo Monachorum 1 .

DIVI

«frfM'f«

IN IMAGINEM DIVI CHRISTQJ*HORT.

beziehe ich mich auf diese Angaben Domsdorffs auf dem Innendeckel seiner Sammlung, bei denen aber nicht immer, z.B. nicht bei Zusammenfassungen, zwischen der Anzahl von Seiten und der Anzahl selbständiger Drucke zu unterscheiden ist. Die Kategorien oder Gattungen, nach denen dieser junge gebildete Sammler seine Blattsammlung einteilt, sind uneinheitlich; sie heben großenteils die Funktion der Blätter hervor, teils das Thema oder den Inhalt, teils die Form der Darbietung. Ich folge hier der Reihenfolge der Einträge im Index, Symbola (persönliche Motti oder Devisen): 3 Nachweise in der Sammlung. Insinuationes (Vorlesungsankündigungen einzelner Professoren, in den Texten auch als intimatio bezeichnet): 107 Blätter. Iritima: (tiones) funebrae (vorwiegend akademische Einladungen zu Bestattungsfeiern): 14. Epitaphia (Grabgedichte): 9. Propemptica (Abschiedsgedichte): 23. Sacra (religiöse Texte): 76. Gratulatoria (Gratulationsblätter, vor allem Gedichte zu Ehren von Gelehrten): 42. Natalicia (Geburtstagsgedichte): 2. Picturae (illustrierte Flugblätter und Porträts, sämtlich mit Einzelstichwörtern jeweils vor der Blattangabe): 29 (hierzu gehört das in Braunschweig wiederaufgefundene Christophorus-Blatt; Abb. 2 221 ). Epithalamia (Hochzeitsgedichte): 72 (unleserlich, laut Katalog fol. 185-257). Miracula (Wunderzeichen wie Kornregen, Himmelserscheinungen, Mißgeburten u.a., überwiegend illustrierte Flugblätter): 13 (hierzu gehört das in Braunschweig wiederaufgefundene Blatt mit dem doppelköpfigen Kalb; Abb. 3 2 2 2 ). Eclipses (Sonnen- und Mondfinsternis-Beschreibungen, z.T. illustriert): 6. Es folgt ohne Angabe einer Kategorie eine Gruppe, die man als Quodlibetica umschreiben könnte und bei der Einzelstichwörter vor der Blattangabe stehen (u.a. Darstellung einer Klepsydra, Tafeln historischer Ereignisse, Genealogien): 30. Propositiones (akademische Thesen): 16. Pasquilli (Schmähschriften): 24. Jocosa (Scherzgedichte): 4. Regula 221

222

223 224

Insgesamt zeigt sich, daß es sich um Einzelblätter handelt, die in den meisten Fällen einseitig bedruckt sind, kürzere Texte und relativ oft graphische Darstellungen umfassen. Inhaltlich sind die meisten Blätter mehr oder minder eng auf das Studium und das akademische Leben insgesamt, nicht aber auf ausgewählte Fächer bezogen. Auch die Miracula mit ihren Beschreibungen ungewöhnlicher, nicht aber phantastischer Naturerscheinungen sowie die Pasquilli mit ihrem Bezug auf theologische Auseinandersetzungen der Zeit, z.B. um Matthias Flacius Illyricus, sind zum engeren akademischen Umkreis zu rechnen. Illustrierte Flugblätter — auf zahlreiche Grenzfälle gehe ich hier nicht ein - sind sehr zahlreich unter den Gruppen Picturae, Eclipses und Miracula, vereinzelt unter Epitaphia, Gratulatoria und Pasquilli. In den illustrierten Flugblättern überwiegen, anders als bei der Mehrzahl der anderen Blätter, Verbindungen von Darstellungen und Deutung. Mit den übrigen Blättern der Sammlung Domsdorffs haben sie aber die Gemeinsamkeit, daß die gelegenheitsgebundenen Texte vorherrschen und daß historisch-politische Blätter völlig fehlen. Die Domsdorffsche Sammlung — sofern sie nicht einen weiteren Band umfaßte — weist damit andere Proportionen als die Flugblatt-Sammlung Herzog Augusts insgesamt oder als die etwa zur selben Zeit entstandene Sammlung Wieks in Zürich 223 auf. Scharfe Grenzen des illustrierten Flugblatts läßt auch dieser Blick in die Sammlerpraxis des späten 16. Jahrhunderts nicht erkennen, aber hier wird ein weiteres Mal die Vermutung bestärkt, daß in der Kürze und Überschaubarkeit des Einzelblatts nicht nur äußerlich technische Merkmale eines vermittelnden Mediums liegen, sondern doch wohl auch inhalts- und funktionsbestimmende Möglichkeiten der durch dieses Medium vermittelten literarischen und einiger bis dahin zum Teil nur mündlich überlieferten Gattungen 224 , auch in ihrer besonderen Verflechtung mit bildlichen Bestandteilen. Die Sammlung illustrierter Flugblätter in der Herzog August-Bibliothek geht fast ausschließlich auf Sammlertätigkeit in der Zeit ihres Gründers zurück. Dabei fällt auf, daß viele der Blätter bereits vor ihrem Erwerb durch Herzog August d. J. von Braunschweig-Lüneburg in kleineren Sammlungen zusammengefaßt waren; so sind es vorwiegend illustrierte Flugblätter in der Sammlung des Franz von Domsdorff und illustrierte Flugblätter neben anderen Drucken und vor allem Handschriften in mehreren von Philipp Hainhofer zusammengestellten Konvoluten. Die Provenienz einer durchgezählten Sammlung illustrierter Flugblätter, die 1971 vermischt mit unterschiedlichsten einzelnen Blättern anderer Art vorgefunden wurden, ist unklar. Auch Herzog Augusts Erwerb von Einzelblättern scheint vorwiegend durch die Vermittlung und oft durch die Initiative Hainhofers zustandegekommen zu sein. Dabei fiel das Interesse wiederholt auch auf Blätter anderer Volkssprachen bzw. außerdeutscher Herkunft. Italienische, französische, niederländische und englische Blätter gehören zu diesem deutschen Sammlungszusammenhang und durften daher aus der Darbietung der Wolfenbütteler Sammlung nicht ausgegliedert werden. Da die illustrierten Flugblätter der Wolfenbütteler Bibliothek insgesamt nicht als eine einzige besondere Sammlung angelegt worden sind, sondern zum großen Teil Büchern und Handschriften unterschiedlicher Sachgebiete zugeordnet sind, haben wir in Anlehnung an historische Signaturen des Buchbestandes eine Einteilung in fünf thematisch und funktional geordnete Gruppen vorgenommen: Theologica, entsprechend der Büchersignatur ,Theol.'; Ethica, entsprechend der Signatur ,Eth.'; Physica, entsprechend den Signaturen ,Phys.' und ,Astron.'; Historica, entsprechend den Signaturen ,Hist.£ und ,Pol.'; Quodlibetica, entsprechend der Signatur ,QuodL' und

, A D IM A G IN EM DIVI CHRISTO PH ORT, lateinische Verse von Johannes Stigelius, Holzschnitt von Lucas Cranach d.Ä., 1554; vgl. alte Foliierung 36, in Domsdorffs Index Nr. 35; vgl. Anm. 219 u n d / 1 1 1 , 7 1 f., zu Stigelius/1,180. ,Ein warhafftige Conterfeytige eines Wunderbarliken Kalues', niederdeutsche Prosa, Holzschnitt von Hinrich Stadtlander, Hamburg 1567; alte Foliierung 79, in Domsdorffs Index Nr. 78; vgl. Anm. 219. s. B. WEBER, Wunderzeichen (wie Anm. 26); M. SENN, Die Wickiana. Johann Jakob Wieks Nachrichtensammlung aus dem 16. Jahrhundert, Küsnacht/Zürich 1975. s. GISELA ECKER, Einblattdrucke (wie Anm. 76), I, S. 86, wo sie als des Einzelblatts besondere Leistungen u. a. die sofortige Reproduktions- und Distributionsmöglichkeit sowie „die Freisetzung von Texten aus bisherigen Kontexten und Rezeptionszusammenhängen" herausstellt.

XXVIII

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Hauptaufgabe gerechtzuwerden, der Raum, der den Verfassern unserer Kommentare zur Verfügung stand, fast erschöpft, so daß eine präzisere Analyse, wie sie in den Arbeitsunterlagen erreicht war, nicht publiziert werden konnte. In einigen Fällen werden die Ergebnisse zu gesonderten, weiterführenden Publikationen der Herausgeber und Mitarbeiter führen, vor allem aber erhoffen wir uns die Weiterarbeit der Vertreter vieler Disziplinen.

b. Z u den drei Wolfenbütteler Bänden dieser Reihe An dem Ende 1980 erschienenen Band II waren als Mitherausgeber Michael Schilling und Andreas Wang beteiligt. Er enthält die Wolfenbütteler Historica-Blätter und hat in mehreren Fächern durch Rezensionen Aufmerksamkeit gefunden, die uns durch ihren kritischen Rat für die weitere Arbeit wertvoll wurden. Wir danken in diesem Sinne insbesondere den folgenden Rezensenten:

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Mirjam Bohatcová, Prag (Uméni 30, 1982), William A. Coupe, Reading (The Modern Language Review 77, 1982), Klaus Garber, Osnabrück (Germanistik 23, 1982), Clemens Köttelwesch, Frankfurt a. M. (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 31, 1984), Helmut W. Lang, Wien (Biblos. Österreichische Zeitschrift für Buchund Bibliothekswesen ... 30, 1981), Heinz Rölleke, Wuppertal (Wirkendes Wort 33, 1983), Rudolf Schenda, Zürich (Fabula 24, 1983), Marian Szyrocki, Breslau (Acta Germanica Wratislaviensia 56, 1984), Rainer Wohlfeil, Hamburg (Historische Zeitschrift 235, 1982).

Abb. 3

Zweifelsfällen. Damit sind als die vier hauptsächlichen Sachgruppen die Signaturen vertreten, die den vier Teilen der Enzyklopädie des Vinzenz von Beauvais entsprechen, deren drei in seiner Sammlung vorhandene Bände Herzog August die jeweilige Folio-Abteilung dieser Signaturen eröffnen ließ: Speculum doctrínale, morale, naturale und historíale verstanden sich im Untertitel als Imago Mundi225. Die Verteilung auf diese Sachgebiete macht die Wolfenbütteler Sammlung illustrierter Flugblätter zu einem komplexen Zeugnis zentraler Themen des Lebens in der frühen Neuzeit. Während andere zeitgenössische Sammlungen eher einzelne Akzente setzten (s. oben S. XXIIIf.), ist in Wolfenbüttel eher eine enzyklopädische Ausrichtung erkennbar; der theologisch-religiöse Bereich ist aber besonders stark vertreten, der in den bisher bekannten anderen Sammlungen, gemessen an der tatsächlichen Produktion, regelmäßig schwach oder gar nicht vorhanden und daher der Forschung weithin unbekannt geblieben ist. Wie es bei den historischen Wolfenbütteler Bibliothekssignaturen auch für die Einordnung der Bücher gilt, so besteht auch für einige der illustrierten Flugblätter die Möglichkeit, sie mehr als einem Sachgebiet zuzuweisen. So könnte die Reihe der Vanitas-Blätter (/"III, 112—123) auch der Abteilung Ethica angehören, doch da die Zeit sie als Ascética verstehen und damit jenseitsbezogenen Aussagen zuordnen konnte, haben wir sie unter die Theologica eingereiht. Blätter mit Beiträgen zu konfessionellen Auseinandersetzungen können zu den Theologica gezählt werden, dürften aber mit Berücksichtigung der Verflechtung mit den Glaubenskriegen der frühen Neuzeit eher zu den Histórica gehören. Prognostische Blätter, die auch oder vorwiegend politische Inhalte haben, könnten zu den Histórica gerechnet werden, doch haben wir sie, soweit sie in der Naturdeutung ihr Fundament haben, zu den Physica gezählt. Blätter, die die Mode und die Geldentwertung im Dreißigjährigen Krieg kritisieren, könnten eventuell auch zu den Histórica geordnet werden, haben aber wegen der Dominanz moralischer Wertung und Kritik ihren angemesseneren Platz unter den Ethica. Es gibt weitere Grenzfälle, und bisweilen hätten wir nach dem Abschluß einer gründlichen Interpretation noch anders entscheiden wollen, wenn dieses noch möglich gewesen wäre. Vorherrschendes Thema und hauptsächliche Funktion eines illustrierten Flugblatts zu gewichten, setzt einen Einblick in sein historisches Umfeld voraus, wie wir ihn nach Möglichkeit den Benutzern unserer Reihe vermitteln wollen. Oft war mit dem Versuch, dieser 22i

Für fachlichen Rat und bereitwillige Hilfe haben wir von Anfang an Kollegen mehrerer Fächer und vieler Bibliotheken und Archive zu danken. Am Beginn des gesamten Plans stand die fachkundig fundierte Ermunterung durch Paul Raabe in Wolfenbüttel. Den zahlreichen Mitarbeitern der Herzog August-Bibliothek, die im Laufe der Jahre unseren Arbeiten wohlwollend entgegenkamen, sei hier insgesamt gedankt. Die Abgrenzung des Gegenstandsbereichs und die Anlage der Kommentare ging aus Überlegungen mit den Teilnehmern zweier speziell veranstalteter Beratungskolloquien hervor, die in Wolfenbüttel im Januar 1975 und im September 1977 stattfanden. Teilnehmer dieser für uns hilfreichen Gespräche waren: Eva Bliembach, Berlin; Elger Blühm, Bremen; Rolf Wilhelm Brednich, Göttingen; Manfred Briegel, Bonn; Wolfgang Brückner, Würzburg; Annemarie Deegen, Wolfenbüttel; Ulla Ehrensvärd, Stockholm; Leonard Forster, Cambridge; Christian von Heusinger, Braunschweig; Konrad Hoffmann, Tübingen; Monika Hueck, Wolfenbüttel; Gerhard Langemeyer, Dortmund; David Paisey, London; Paul Raabe, Wolfenbüttel; Peter Ukena, Hamburg; Bruno Weber, Zürich; Rainer Wohlfeil, Hamburg. In den Jahren seither, in denen wir uns wiederholt auch an Teilnehmer dieser Kolloquien mit der Bitte um Rat wenden durften, waren uns vielfache Kontakte zu vielen weiteren Einzelpersonen wichtig, unter denen hier nur einige stellvertretend genannt seien: Mirjam Bohatcová, Prag; William A. Coupe, Reading; Ulrich Ernst, Wuppertal; Dietz-Rüdiger Moser, München; Ottfried Neubecker, Wiesbaden; Richard Landwehrmeyer, Tübingen; Beate Rattay, Bamberg; Heinz Rölleke, Wuppertal; Conrad Wiedemann, Gießen. Bei der Suche nach Materialien für unsere Kommentare — weitere Flugblätter, Flugschriften, Zeitungen, andere alte Drucke und Handschriften wurde uns seit 1975 von vielen Bibliotheken und Archiven geholfen, an denen wir nur einige der uns persönlich hilfreichen Forscher, Bibliothekare und Archivare namentlich erwähnen: in Augsburg an der Staats- und Stadtbibliothek Josef Bellot, am Stadtarchiv Wolfram Baer und Hans-Joachim Hecker; in Bamberg an der Staatsbibliothek Bernhard Schemmel; in Berlin an der Preußischen Staatsbibliothek Eva Bliembach; in Braunschweig am Herzog Anton Ulrich-Museum Christian von Heusinger; in Bremen an der Presseforschungsstelle der Universität Elger Blühm; in Coburg an den Kunstsammlungen der Veste Joachim Kruse, an der Landesbibliothek Jürgen Erdmann; in Darmstadt an der Hessischen Landes- und

vgl. CHRISTEL MEIER-STAUBACH. Grundzüge der mittelalterlichen Enzyklopädik. Z u Inhalten, Formen und Funktionen einer problematischen Gattung, in: Literatur und Laienbildung (wie A n m . 27), S. 4 6 7 - 5 0 0 .

XXIX

Hochschulbibliothek Yorck-Alexander Haase, Kurt Hans Staub und Gerhard Haass; in Erlangen an der Universitätsbibliothek Alice Rößler; in Frankfurt a. M. an der Stadt- und Universitätsbibliothek Carl Paschek; in Hamburg am Germanischen Seminar der Universität (auch mit der Bibliothek des Deutschen Bibelarchivs) Heimo Reinitzer, sowie an der Staatsund Universitätsbibliothek Eva Horväth und Hildegard Sachse; in Köln an der Universitäts- und Stadtbibliothek Wolfgang Schmitz, Walburga Deermann und Stefan Becker sowie am Stadtmuseum Lisel Franzheim und Günter Grosch; in Krakau an der Biblioteka Jagielloriska Jan Pirozyriski, Elisabeta Burda und Piotr Hordyriski; in München an der Bayerischen Staatsbibliothek Hans-Georg Kaltwasser, Karl Dachs, Hermann Hauke, Elmar H e n rich und Helmut Urban, an der Universitätsbibliothek Gerhard Schott und Hermann Wiese; in Nürnberg am Germanischen Nationalmuseum Elisabeth Rücker, Leonie von Wilckens und Axel Janeck, an der Stadtbibliothek Elisabeth Beare; in Regensburg an der Thum und Taxisschen Hofbibliothek Max Piendl und Erwin Probst; in Skokloster an der Schloßbibliothek Arne Losman; in Stockholm an der Königlichen Bibliothek Ulla Ehrensvärd; in Straßburg an der National- und Universitätsbibliothek Mlle. L. Greiner, Mme. Zehnacker und Jean Rott; in Uppsala an der Universitätsbibliothek Thomas Anfällt; in Ulm an der Stadtbibliothek Bernd Breitenbruch; in Wien an der Österreichischen Nationalbibliothek Helmut W. Lang; in Zürich an der Zentralbibliothek Judith Steinmann und Bruno Weber. Als besonders hilfreiche Institution insgesamt sei das Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München, dankbar hervorgehoben. Mittelpunkt und entscheidende Voraussetzung der Arbeiten seit dem Herbst 1979 ist für uns das Institut für Deutsche Philologie der Münchner Universität mit seinen vielen interessierten, fachkundigen und sehr hilfsbereiten Kolleginnen und Kollegen, unter denen sich mehrere zur aktiven Mitarbeit als Verfasser von Kommentaren bereitfanden. Diese sind in den speziellen Einleitungen zu den einzelnen Bänden namentlich genannt (s. diese Seite). Andere Formen beratender oder redaktioneller Mitarbeit verdanken wir am Germanischen Seminar der Universität Hamburg Annemarie Hübner, Ruth Kastner, Ralf Kulschewskij, Christa Schlumbohm und Andreas Wang, am Institut für Deutsche Philologie der Universität München über den Kreis der einzelnen Bandherausgeber hinaus Peter Frenz, Carel ter Haar, Albrecht Juergens, Ulla-Britta Kuechen, Alois Schneider und Waltraud Timmermann sowie nicht zuletzt Herbert G. Göpfert als dem Ratgeber des Herausgebers.

IV. Spezielles z u m vorliegenden Teil I der Wolfenbütteler Sammlung: Ethica, Physica. Der Band enthält in der Abteilung ,Ethica' 178 Blätter moralisch-lehrhaften Charakters, darunter viele satirisch-kritische Blätter, in der Abteilung

XXX

.Physica' 66 Blätter naturbeschreibender, oft auch naturdeutender Art. Wegen nachträglich notwendig gewordener Umgruppierungen blieben die Nummern I, 109, 118, 133, 135, 150 und 151 unbesetzt, während die Nummern I, 15a, 41a, 44a, 66a, 171a, 199a, 201a und 232a eingefügt wurden. Die Kommentare wurden in den Jahren 1980 bis 1984 von mehreren Autoren geschrieben; der Redaktionsschluß für die einzelnen Blätter fiel in die Zeit vom Sommer 1983 bis Mai 1984, so daß nicht immer gleichmäßig ein neuester Forschungsstand eingearbeitet werden konnte.

Dank der Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft konnte Cornelia Kemp 1980/81 hauptamtlich an der Kommentierung dieser Blätter arbeiten und konnten Gabriele Bach und Hermann Redl bei allgemeinen Vorbereitungen an der Entstehung dieses Bandes mitwirken. Die persönliche Unterstützung durch Paul Raabe in Wolfenbüttel, die technische Verbesserung eines Teils der Manuskripte durch Merlin Holland in London und nicht zuletzt das verständnisvolle Engagement von Robert Harsch-Niemeyer in Tübingen waren wichtige Voraussetzungen für die Fertigstellung. Der Dank an Ratgeber und hilfreiche Institutionen, der oben (S.XXIXf.) für die Wolfenbütteler Bände insgesamt auszusprechen war, sei hier nur für diesen Band verkürzt wiederholt. Das Institut für Deutsche Philologie der Münchener Universität bot die erfreulichen Möglichkeiten, zusammen mit Mitarbeitern des Instituts und auch innerhalb von Lehrveranstaltungen die Arbeiten an dieser Ausgabe mit nicht erlahmender Einsatzbereitschaft und Freude fortzusetzen. Die meisten Kommentare stammen daher von Münchener Verfassern. Auch wenn die vier Bandherausgeber über die redaktionelle Tätigkeit hinaus die Entstehung aller Kommentare mitverfolgt haben, gaben doch die Autoren den von ihnen verfaßten einzelnen Kommentaren ihr individuelles, von jeweils anderer Fachkompetenz geprägtes Profil und zeichnen daher verantwortlich mit ihren Initialen. Außer den Herausgebern (BB, WH, CK und MSch) schrieb eine große Gruppe von Kommentaren, besonders im naturkundlichen Bereich, Ulla-Britta Kuechen (UBK). Waltraud Timmermann (WT) und Gabriele Bach (GB) verfaßten eine größere Anzahl von Kommentaren. Mehrere einzelne Beiträge stammen von Eva-Maria Bangerter (EMB), Stefan Fisch (StF), Carel ter Haar (CtH), Renate Maria Hoth, Hamburg (RMH), Heimo Reinitzer, Hamburg (HR) und Hans Unterreitmeier (HU), einen Kommentar steuerte Elisabeth Lang (EL) bei. Für redaktionelle Hilfe haben wir vier Bandherausgeber Susanne Paß und Waltraud Timmermann zu danken, für Sorgfalt bei der Herstellung von Manuskripten Ingrid Femmig. Die vielfältige Unterstützung durch Bibliothekare besonders in München und Wolfenbüttel sei auch beim Rückblick auf die Entstehung dieses Bandes dankbar betont. München, Herbst 1984

Wolfgang Harms

ILLUSTRIERTE FLUGBLÄTTER Kommentierte Edition

iE3 ARTIFICIOSA TOTIVS LOGICES DESCRIPTIO Ort Jahr Bild Text Verleger Drucker Format

D a s Blatt, auf dem die Thesen des aristotelischen O r g a n o n in Gestalt eines G a r t e n s präsentiert werden, wurde als Grundlage f ü r die Disputationen der Logiker im Minoritenkonvent in Paris konzipiert. Ein R u n d b o g e n p o r t a l , das von zwei toskanischen Säulen gerahmt und von einem Segmentgiebel bekrönt ist, eröffnet den Z u g a n g zu einer Gartenanlage, deren Symmetrie durch die frontal auf den Betrachter zulaufende Mittelachse betont wird. Fünf Stufen f ü h r e n zu einer Brunnenanlage, die mit einer M a u e r umgeben ist. A u s der mittleren Brunnenschale, die von einer auf einer Kugel thronenden Frauengestalt (Fortuna?) beherrscht wird, ergießen sich Fontänen in zehn kleine im Kreis a n g e o r d n e t e Brunnenschalen. Verschiedene G a t t u n g e n von Lebewesen sowie Gott und Engel - sind entsprechend ihrer biologischen Stufe und ontologischen Vollkommenheit innerhalb oder außerhalb der Brunnenanlage dargestellt. Zwei Palmen, unter deren Zweigen eine Frauengestalt sitzt, bilden den Eingang zu einem mit einer niedrigen H e c k e eingefaßten Areal hinter der u m m a u e r t e n Brunnenanlage. Links außerhalb des umzäunten Bereichs sind drei E r d g r u b e n ausgehoben. Zwei Jünglinge setzen ein mannshohes R a d in Bewegung, um ein an der R a d w i n d e befestigtes Seil aus einer der G r u ben hochzuziehen. Zwei M ä n n e r , möglicherweise Spielleute, knien vor der rechten Seite der Beetanlage. Drei O b s t b ä u m e bilden den oberen A b schluß der G r a p h i k . Eine Frau mit vier Brüsten deutet auf die beiden Früchte des Logikstudiums hin, die Beherrschung der Syllogistik. Ein Vogel fliegt auf die bärtige Gestalt des Aristoteles zu, der ein Buch in der einen H a n d hält und den Vorhang hinter sich zur Seite zieht. Auf der gegenüberliegenden Seite sitzt der Franziskaner Duns Scotus im Ordensgewand in seiner Schreibzelle an einem Pult. Das Ordensgewand der Franziskaner trägt auch Martin Meurisse vor der Eingangspforte und lädt mit einem Buch in der H a n d d i e f r a t r e s logici.zum Eintritt ein.

Die Aufschrift am unteren Blattrand neben der Gestalt Meurisses kennzeichnet das Blatt als Disputationsblatt, das den fratres logici der Franziskanerminoriten von Juni bis August 1614 zur Responsion vorgelegt wurde. Meurisse, der logicorum regens, verspricht denen, die den G a r t e n der Logik betreten, eine reichhaltige Quelle, grüne Palmen und heilbringende Frucht. Die lateinischen Texte, die die Eingangspforte, die T r e p p e n s t u f e n , das Wasserbecken, B e e t e und B ä u m e zieren, fügen sich zu einem Kompendium z u s a m m e n , das den Studenten auf übersichtliche und einprägsame Weise die Grundzüge der aristotelischen Logik vermittelte. Das Kompendium beginnt auf der Toreinfassung mit der Definition der Dialektik als ars disserendi und ihrer Funk2

Paris 1614 Kupferstich graviert; Exzerpte aus d e m O r g a n o n des Aristoteles (384—322) und d e m Aristoteles-Kommentar des Johannes D u n s Scotus ( 1 2 6 6 - 1 3 0 8 ) von Martin Meurisse ( 1 5 8 4 - 1 6 4 4 , B 1) Jean (Joannes) Messager (tätig u m 1615, gest. 1649, B 2) L é o n a r d Gaultier ( 1 5 6 1 - 1 6 4 1 , B 3) 48,3 x 37,0

tionsbestimmung. Fünf Universalienarten — genus, species, differentia, proprium und accidens — bilden bei Meurisse die Vorstufen zur Kategorienlehre. Universalien sind die O b j e k t e , auf die sich die erste Verstandesoperation vermittels der zehn aristotelischen Kategorien richtet. Die Leistung der prima mentis operado ist die deffinitio, d . h . die Erklärung des Wesens eines Dings ( D e f finitio oratio explicans naturam rej). Die Substantia wird zusammen mit den übrigen neun Kategorien (Quantitas, Ad aliquid, Qualitas, Agens, Pati, Vbi, Quando, Situs, Habitus) auf den B r u n n e n schalen erläutert (,Categoriae' 1,5—9; ,Tópica' I, 9). Meurisse betrachtet die aristotelische Kategorienlehre als grundlegend zur ontologischen Bestimmung von sechs Oppositionspaaren. Die Beziehung zwischen diesen wird auf der linken und rechten B r u n n e n m a u e r jeweils als eine A r t des Mangels (carentia) gekennzeichnet. Die vollkommenste Erscheinungsform des ens wird durch die Eigenschaften Infinitas, Prioritas, Simplicitas charakterisiert. G o t t repräsentiert das Ens infinitum, dem die Engel und der Himmel als entia finita gegenübergestellt werden (,Metaphysica' A 16, 1 0 2 1 b - 1 0 2 2 a ) . D a r u n t e r veranschaulicht Meurisse die Beziehung der entia imcompleta zu den entia completa anhand menschlicher Körperteile, die den Menschen als vollständigen G a n z e n gegenübergestellt werden (,Met.' A 25f.). Die entia per accidens, repräsentiert durch H ä u s e r und Steine, stehen als carentia perseitatis in Opposition zu den entia per se, die durch Kinder exemplifiziert sind. Die U n t e r scheidung zwischen Aequivoca ([Homonyma) und Univoca (Synonyma), mit der Aristoteles seine Kategorienschrift eröffnet, ist graphisch in der rechten oberen Ecke der Brunneneinfassung und außerhalb der Einfassung veranschaulicht. Hinzu k o m m e n , als weitere entia-Gattung, die nicht in den Kategorien berücksichtigten Analoga, die bei identischem N a m e n unterschiedliche Wesensdefinitionen haben k ö n n e n . In der unteren rechten Brunnenecke sind nackte Menschen als entia incomplexa einer G r u p p e bekleideter Menschen als entia complexa gegenübergestellt. Die Leistung der secunda mentis operado ist die divisio, die Meurisse als oratio definiert, wodurch der Satz in seine Teile, nämlich nomen, verbum und copula, zerlegt wird. Ihr Gegenstand, die Urteilslehre, wird auf der Grundlage von Aristoteles' ,De Interpretatione' auf den Palmzweigen und den Beeten erläutert. Das Urteil (enuntiativa, propositio) wird als Wahrheitsfunktion definiert, deren Teile, N o m e n und V e r b , für sich allein schon etwas b e d e u t e n (,De Interpretatione' II—IV). Auf den Zweigen der rechten Palme wird das Verhältnis von V e r b u m , N o m e n und der Kopula in d e n p r o p o s i d o n e s spezifiziert (,De Int.' IV u n d XI). Im linken Beet der o b e r e n Reihe wird der Gegenstand der zweiten Verstandestätigkeit, die enuntiatio, vom T h e m a der Kategori-

en- und Seinslehre, der prima simplicium apprehensio, und dem Gegenstand der Syllogistik, dem discursus, abgegrenzt. In den beiden Beeten an der rechten Heckenseite werden die futura condngenda und die verschiedenen Typen der Verneinung von Urteilen (oppositio, repugnando, aequipollenda, conversio) gestreift ( , D e Int.' VII und IX). Im Vorfeld der aristotelischen Syllogistik werden auf der linken und rechten Seite der Heckeneinfassung die aristotelische Topik und die Sophistik behandelt. Die Topik stellt den dialectici die argumentativen Mittel bereit, um Wahrscheinlichkeitsargumente zu finden, die sich von den apodiktischen Syllogismen unterscheiden. Das Ziel der Sophisten ist es, einen Gegner mit Hilfe von fünf verschiedenen Trugschlüssen (redargutio, falsum, paradoxum, soloecismus, nugatio) zu betrügen (,De sophisticis elenchis' III). D e r Inhalt der tertia mentis operado, die Schlußlehre, die Aristoteles in den beiden Analytiken vorstellt, ist auf dem mittleren O b s t b a u m zusammengefaßt. D e r Syllogismus als Mittel des Beweises zur Begründung von Wissen (,Analytica posteriora' I, 2, 7 1 b ) wird auf dem mittleren B a u m s t a m m vom Syllogismus topicus, der die rhetorische Überwältigung des Gegners bezweckt (linker Stamm), und vom Syllogismus sophisticus unterschieden, der zu einem Fehlschluß (error) f ü h r t (rechter Stamm). Meurisse zitiert die aristotelische Syllogismusdefinition in lateinischer Übersetzung (,Analytica priora' I, 1, 24 b 19f; ,Tópica' I, 1, 100a). In A n l e h n u n g an Aristoteles differenziert Meurisse die Syllogismen hinsichtlich ihrer drei Figuren und ihrer 29 modi, o h n e jedoch auf deren logische A n o r d n u n g und Gültigkeit einzugehen (,An. pr.' I, 4—7). Die beiden Äste, in die sich der mittlere Stamm teilt, kennzeichnen jeweils zwei verschiedene Schlußweisen, A priori (linker Ast) und A posteriori (rechter Ast) (,An. Post.' I, 2, 7 1 b ) . Der Zirkelschluß ist ungültig (,An. pr.' I, 5, 5 7 b 18ff.); der regressus, die methodische R ü c k f ü h r u n g der conclusiones zu ihren primae causae, wird zugelassen. D e r Hauptast des linken T o p i k b a u m s enthält die rhetorische Definition des argumentum als probabile Judicium ad faciendam fidem (Cicero, ,Partitiones oratoriae' 6; ,Tópica' 8). D e r Sophistenbaum auf der rechten Seite gabelt sich in die fallaciae, die sich auf verba und res beziehen. Meurisse stellt die beiden logischen Autoritäten Aristoteles und D u n s Scotus gleichberechtigt gegenüber. Die Quellen f ü r Meurisses Blatt sind Aristoteles' O r g a n o n in der Ubersetzung des Boethius (ca. 4 7 0 - 5 2 0 ) u n d J o h a n n e s Duns Scotus' logische Schriften, die ,Super universalia Porphyrii quaestiones acutissimae' und die ,In universam Aristotelis logicam exactissimae quaestiones' (B 4). Boethius begründete die Reihenfolge, in der das aristotelische Organon und die Universalienlehre des Porphyrios (ca. 2 3 3 - 3 0 5 ) bis zur Neuzeit

studiert wurden. Vom Einfachen, der definido der Begriffe, stieg man über die divisio der U r teile schließlich zum Zusammengesetzten, nämlich der demonstratio, auf (B 5). Charakteristisch für Duns Scotus ist die doppelte Betrachtungsweise der Universalien und Kategorien logicé als praedicabilia bzw. praedicamenta und metaphysicé als entia. Da Duns Scotus die Logik weder als scientia realis noch als scientia sermocinalis versteht, sondern ihren Gegenstand als conceptus begreift, der zwischen res und vox liegt, gelingt es ihm, zugleich einen metaphysischen Realismus und einen logischen Nominalismus parallel zu vertreten (B 6). In A n l e h n u n g an Duns Scotus definiert Meurisse z . B . d a s g e n u s metaphysicé als Universales, das in vielen hinsichtlich ihrer species verschiedenen Dingen enthalten sein kann, logicé als den Teil der Substanz, der der Materie entspricht und Bestandteil einer Prädikation ist (B 7). Auch Meurisses Abgrenzung des göttlichen Ens infinitum von den übrigen entia gründet auf Duns Scotus* L e h r e vom ens infinitum (B 8). Bemerkenswert ist, daß Meurisse zwar D u n s Scotus 1 Unterscheidung in eine theoretische und eine praktische, angewandte Logikdisziplin übernimmt, aber mit Rücksicht auf den Schulbetrieb anstatt Logik Dialéctica setzt (Datur dialéctica, eaque duplex, naturalis et artificialis; haec Herum duplex, docens et vtens). Die Dialektik rückt als ars disserendi, d e r e n officium nach Meurisse die Vermittlung der regulae disserendi ist, in die Nähe der ciceronischen Dialektikdefinition, in der die rhetorische ratio disserendi ebenfalls o h n e B e z u g n a h m e auf den Wahrheitsbegriff bestimmt wird (Cicero, ,'Tópica' 6f.). D e r Unterricht sollte den Studenten für die Disputationen nicht nur die Regeln des formalen Schließens, sondern auch diejenigen der rhetorischen Vortragskunst vermitteln, weswegen Ciceros rhetorische Schriften seit dem 16. J a h r h u n d e r t auch im Philosophieunterricht benutzt wurden (B 9). Die relative Vernachlässigung der Syllogistik und Beweislehre zugunsten der f ü r die Theologie wichtigen Fragen nach dem ontologischen Status der Universalien und Kategorien ist ein Kennzeichen der theologischen Logikschule Spaniens, die die Logik als Propädeutik der Theologie lehrte und im Z u g e der G e g e n r e f o r m a t i o n seit 1570 auch in Frankreich rezipiert wurde (B 10). Das wissenschaftliche Studium galt als vorzüglichstes Anliegen der Franziskanerminoriten (B 11). 1219 errichteten die Fratres minores ihre erste französische Niederlassung in Paris, wo sie alsbald mit den Professoren der Universität Kontakt a u f n a h m e n und, angeregt durch Papst Innozenz III. ( 1 1 9 8 - 1 2 1 6 ) , eine Lehrtradition begründeten, in die sich Alexander von Haies (ca. 1 1 8 5 - 1 2 4 5 ) , Bonaventura ( 1 2 1 7 - 1 2 7 4 ) , Roger Bacon (ca. 1220—1292) und Johannes Duns Scotus einreihten. Die Philosophie gehörte mit der Theologie zu den G r u n d f e s t e n der Ausbildung der Franziskaner. Ein G r u n d s t u d i u m der Philosophie und Theologie ging der Priesterweihe voraus, an die sich ein zwölfjähriges Studium in vier Kursen zu je drei J a h r e n anschloß. Nach Absolvierung des obersten Kurses und der öffentlichen Verteidigung wissenschaftlicher Thesen wurden die Kollegiaten vom Ordensgeneral zu Magistri promoviert. Die Nachbarschaft der Universität in der Pariser Ordensniederlassung bot dem begabten Ordensnachwuchs die Möglichkeit, neben dem ordensinternen Generalstudium Vorlesungen an der Sorbonne zu hören. Meurisses Blatt mit seiner programmatischen Hinwendung zum Doctor subtilis erschien zu einer Zeit, als die scotistische Aristotelesexegese

bei den Konventualen und Observanten des Franziskanerordens einen Aufschwung erlebte. Die philosophischen u n d theologischen Werke, die Meurisse neben seinen Thesenblättern (/*I,2) während seiner Pariser Lehrtätigkeit verfaßte, bezeugen schon im Titel seine Abhängigkeit von D u n s Scotus (B 12). 1593 und 1633 empfahl die Generalkongregation der Minoriten den Lektoren der Theologie und Philosophie, allein der Lehre des D u n s Scotus zu folgen, wohingegen in der vergangenen Lehrtradition der Franziskaner auch die übrigen Scholastiker einen Platz hatten. In die zahlreichen Lehrbücher zur aristotelischen Logik und Naturphilosophie ad mentem Scoti, die in Frankreich, England, Spanien und Italien bis ins 18. Jahrhundert erschienen, drangen erst gegen E n d e des 17. J a h r h u n d e r t s vereinzelt Fragestellungen der modernen Erkenntnistheorie und Physik ein. In der R a u m - und Bewegungslehre blieben die scotischen Exegeten in Opposition zu Pierre Gassendi ( 1 5 9 2 - 1 6 5 5 ) und Isaac Newton (1642—1727) der aristotelischen Tradition treu ( S I , 2 ; B 13). Eine Frucht der franziskanischen Duns-Scotus-Renaissance des 16. und 17. Jahrhunderts waren die Gesamtausgaben von Lucas Wadding (1588-1657) (erschienen Lyon 1639ff.) und H u g o Cavellus ( 1 5 7 5 - 1 6 2 6 ) (erschienen 1620 und 1625) (B 14).

Weitere Standorte:

Versucht man, den spezifischen Beitrag der Disputationsblätter von Meurisse zur Philosophiegeschichte zu bestimmen, so wird man sie einer Entwicklungsstufe z u o r d n e n , die die scholastische Darstellung der aristotelischen Philosophie in F o r m der Quaestiones hinter sich läßt. Franz Suarez SJ (1548—1619) gelang erstmals in seinen .Disputationes metaphysicae' (1597) eine systematische, problemorientierte Darstellung, die sich von der Abhandlungsweise der aristotelischen Metaphysik löste (B 15). Die originelle bildliche Systematisierung des traditionellen philosophischen Lehrgebäudes auf den Blättern von Meurisse und seinem römischen Kollegen Philander Colutius (nachweisbar 1603—1627; / 1 , 5 f.) weisen auf die selbständigen philosophischen Systeme von R e n é Descartes (1596—1650) oder Gottfried Wilhelm Leibniz ( 1 6 4 6 - 1 7 1 6 ) voraus.

B

D e r locus classicus f ü r die G a r t e n - und Pflanzenbildlichkeit, die in der pädagogischen und didaktischen Literatur des 16. und 17. J a h r h u n derts beliebt war, ist eine Stelle aus Quintilians ,Institutiones oratoriae', wo die Tätigkeit des Lehrers mit der Arbeit des Gärtners verglichen wird, dessen Pflege den jungen Bäumen gilt (B 16). D e r —»Baum wurde seit Porphyrs ,Isagoge' zur graphischen Veranschaulichung schematischer Begriffsdichotomien benutzt (B 17). Die Palme als Zeichen des Sieges für die Mühen des Studiums oder als Zeichen der Tugend, mit deren Früchten diejenigen, die zu ihr emporkletterten, belohnt wurden, hat in der Emblematik ihren festen Platz (B 18). Die Darstellung der Kategorien als fontes war inspiriert durch die inventioLehre der zeitgenössischen Rhetorik, in der die loci am Leitfaden der Kategorien als fontes argumentorum vorgestellt wurden (B 19). Die Vergegenwärtigung der methodus des Logikstudiums durch T r e p p e n und abgegrenzte loci (Brunnen, Beete, B ä u m e ) erinnert an das mnemotechnische V e r f a h r e n , auf der Grundlage der antiken memoria-Lehre dem zu memorierenden Begriff oder Satz einen locus in einem imaginierten R a u m einzurichten.

Ulm, StB: Einbl. 1117. A n d e r e Fassungen: a) Coburg, Veste: Kp. B 119a [ohne A n g a b e des Verlegers]. A 1

J.-B. K A I S E R , Martin Meurisse OFM.Évêque de Madeure, suffragant de Metz 1 5 8 4 - 1 6 4 4 , Annuaire de la Société d'histoire et d'archéologie de la Lorraine 32 (1923), hier S. 3 und 96.

Das aristotelische Organon (,Categoriae', ,De Interpretatione', ,Analytica priora', .Analytica posteriora', .Topica', ,De Sophisticis Elenchis') werden zitiert nach: Aristotle, The Organon, 2 Bde., hg. und übers, von H. P. C O O K E et al. (The Loeb Classical Library), London/Cambridge/Mass. 1955. Die Metaphysik wird zitiert nach: Aristotelis Metaphysica, hg. von W. J A E G E R , Oxford s 1975. Die rhetorischen Schriften Ciceros werden zitiert nach: M. Tullii Ciceronis Rhetorica, Bd. II, hg. von A . S. WILKINS, Oxford B 1970. B 1

Dictionnaire de Théologie catholique, X/2, Sp. 1629f.; K A I S E R , Martin Meurisse, S. 1 - 1 1 9 . T H I E M E / B E C K E R XXIV, 430. J E A N N E D U P O R T A L , Études sur les livres en France de 1601 à 1660 (Revue des bibliothèques, Suppl. 13), Paris 1914, S. 156. 4 Die logischen und sprachphilosophischen Schriften des Johannes Duns Scotus sind in den ersten beiden Bänden der ,Opera omnia' enthalten, die in 26 Bänden in Paris 1 8 9 1 - 1 8 9 5 nach der Ausgabe von Lucas Wadding O F M (Lyon 1639ff.) gedruckt worden sind. Zu Boethius' Aristotelesübersetzung und Porphyrios' .Isagoge' vgl. Aristoteles latinus, hg. von L. M I N I O P A L U E L L O , I - V I , Brügge/Paris/Leiden 1961 ff. 5 C. P R A N T L , Geschichte der Logik im Abendlande, III, Leipzig 1927, S. 6 7 9 f f . 6 J. O W E N S , C o m m o n Nature. A Point of Comparison between Thomistic and Scotistic Metaphysics, Mediaeval Studies 1 9 ( 1 9 5 7 ) , 1 - 1 4 . Die Parallelität der sprachlogischen und realontologischen E b e n e thematisiert Meurisse mit Verweis auf die Autorität des Duns Scotus auch in seinem .Tractatus de SS. Trinitate', Paris: Carolus Rovillard 1631 (London, BL: 702 b 8 ) , Kap. XII, S. 395. In hac sanctissimae Trinitatis recondita materia, non solum res ipsa summa religione inspicienda est, sed etiam modus loquendi acuratissime considerandus, ne tum ex re ipsa tum ex verbis vel lividissima oriatur erroris occasio. 7 Als Quellen kommen f ü r Meurisse in Frage: Duns Scotus, Super universalia Porphyrii quaestiones acutissimae, Ou. I V - X I I , und ,In librum praedicamentorum quaestiones', Q u . II, In Duns Scotus, Opera omnia, I. 8 S. B E L M O N D , Études sur la philosophie de Duns Scotus, Bd. I: Dieu. Existence et cognoscibilité, Paris 1913, S. 131 ff. und 193 ff. 9 RISSE, Die Logik der Neuzeit, I, S. 14ff. 10 Ebd., S. 3 1 1 - 3 5 7 und 4 1 7 f .

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B B B

B 11 Vgl. im folgenden H . H O L Z A P F E L , Handbuch der Geschichte des Franziskanerordens, Freiburg i.Br. 1909. bes. S. 5 6 0 - 6 0 6 , und H. F E L D E R , Geschichte der wissenschaftlichen Studien im Franziskanerorden bis um die Mitte des 17. Jh., Freiburg i.Br. 1904, bes. S. 1 5 9 - 2 5 4 und 4 4 7 - 4 9 0 . B 12 K A I S E R , Martin Meurisse, S. 1 - 7 und 96ff. B 13 B. J A N S E N SJ, Z u r Philosophie der Scotisten des 17. Jh., Franziskanische Studien 23 (1936), H e f t 1, 2 8 - 5 8 , Heft 2, 1 5 0 - 1 7 5 ; H O L Z A P F E L , Handbuch der Geschichte, S. 5 5 6 f . B 14 D. D E C A Y L U S , Merveilleux épanouissement de l'École Scotiste au X V I I e siècle. Études Franciscaines 24 (1910) 5 - 2 1 ; 25 (1911) 3 5 - 4 7 ; 26 (1911) 2 7 6 - 2 8 8 ; zu Wadding und Cavellus (Mac Caughwell): Dictionnaire de théologie catholique X V / 2 , Sp. 3 4 9 5 - 3 4 9 7 ; II/2, Sp. 1045f. B 15 M. G R A B M A N N , Die .Disputationes metaphysicae' des Franz Suarez in ihrer methodischen Eigenart und Fortentwicklung. In: P. Franz Suarez SJ. Gedenkblätter zu seinem 300. Todestag. Beiträge zur Philosophie des P. Suarez, Innsbruck 1917, S. 2 9 - 7 4 , bes. 4 7 - 5 0 . B 16 M. Fabius Quintiiianus, Institutio oratoria, hg. von L. R A D E R M A C H E R , I, Leipzig ' 1 9 7 1 , II, 4, 7 - 9 . B 17 LChrlk I, 266; jetzt auch K.-A. W I R T H , Von mittelalterlichen Bildern und Lehrfiguren im Dienste der Schule und des Unterrichts, in: B. M O E L L E R / H . P A T Z E / K . S T A C K M A N N (Hgg.), Studien zum städtischen Bildungswesen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, Göttingen 1983, S. 2 5 6 - 3 7 0 , bes. 2 7 8 - 2 9 4 und die Forschungsliteratur auf S. 281. B 18 Picinelli, Mundus symbolicus, IX, 26, 356; H E N K E L / S C H Ö N E , Emblemata, 197 f. B 19 M. B E E T Z , Rhetorische Logik. Prämissen der deutschen Lyrik im Übergang vom 17. zum 18. Jh. (Studien zur deutschen Literatur, 62), Tübingen 1980, S. 1 2 0 - 1 3 6 . B 20 L. V O L K M A N N , Ars memorativa (Jahrbuch der kunsthistor. Sammlungen in Wien, N.F. 3), Wien 1929; F R A N C I S A. YATES, The Art of Memory, London 2 1972, bes. S. 8 2 - 1 2 8 . BB

3

CLARA TOTIVS PHYSIOLOGIAE SYNOPSIS

1,2

Ort Jahr Bild Text Verleger Format Zustand

E x z e r p t e aus d e n , Q u a e s t i o n e s ' des J o h a n n e s D u n s Scotus z u r aristotelischen N a t u r p h i l o s o p h i e sind in e i n e s y s t e m a t i s c h e O r d n u n g g e b r a c h t , aus d i d a k t i s c h e n G r ü n d e n mit I l l u s t r a t i o n e n v e r s e hen und den Studenten der Pariser Franziskan e r m i n o r i t e n zu Pfingsten 1615 z u r R e s p o n s i o n vorgelegt w o r d e n . A u f d e r u n t e r e n B l a t t h ä l f t e s t e h e n sich d e r f r a n ziskanische G e l e h r t e M a r t i n M e u r i s s e u n d sein philosophischer G e w ä h r s m a n n Johannes Duns Scotus g e g e n ü b e r . D a s f r a n z ö s i s c h e u n d englische K ö n i g s w a p p e n in d e n u n t e r e n E c k e n spielen auf die L e h r t ä t i g k e i t des D u n s Scotus in P a r i s und Oxford an. Aus der dunklen Wolkenschicht (PRIVATIO), in d e r die MATERIA (zwei K u g e l n ) eingehüllt ist, e r h e b t sich d i e FORMA , e i n e F r a u e n g e s t a l t , d e r e n e r n s t e s A n t l i t z u n d H ä n d e an d e n a u s g e s t r e c k t e n A r m e n schon in vollem Licht e r s c h e i n e n , währ e n d d e r K ö r p e r bis auf die d u r c h die b e i d e n K u geln a n g e d e u t e t e n B r ü s t e n o c h im D u n k e l n bleibt. I n e i n e m H a l b r u n d , das die o b e r e E r d h e m i s p h ä r e n a c h b i l d e t , sind L e h r s ä t z e d e r aristotelischen Physik szenisch dargestellt ( y i , 5 ) . A u s e i n e m mit e i n e m D r e i e c k s g i e b e l ü b e r d a c h t e n T o r tritt ein b ä r t i g e r M a n n in k u r z e m , g e g ü r t e t e n O b e r r o c k h e r v o r . E r b e w e g t sich auf zwei geflügelten K u g e l n (res mobiles). Ein überdimensionales S t u n d e n g l a s in d e r linken H a n d weist d a r auf hin, d a ß die B e w e g u n g ( m o t u s ) des M a n n e s d e r D a u e r (duratio) u n t e r w o r f e n ist. D i e A t t r i b u t e ( W ü r f e l , Kugel) d e r Natura, e i n e r s i t z e n d e n Frauengestalt, und ihre unmittelbare U m g e b u n g v e r d e u t l i c h e n die Z u s a m m e n s e t z u n g d e r N a t u r aus den E l e m e n t e n (B 3 ) . E i n M a l e r v o r e i n e r Staffelei v e r k ö r p e r t die K u n s t , die die N a t u r nachahmt und perfektioniert (Selbstporträt Gaultiers?). Wachstum, Vermehrung, Erhaltung des L e b e n s , G e b u r t u n d T o d h ä n g e n v o m Z u s a m m e n w i r k e n u n d v o n d e r richtigen M i s c h u n g d e r vier E l e m e n t e ab, die im s i e b t e n A b s c h n i t t a m r e c h t e n R a n d d e r H a l b k u g e l v o n allegorischen G e s t a l t e n r e p r ä s e n t i e r t w e r d e n (B 4 ) . D i e E r k e n n t n i s t h e o r i e u n d Psychologie des D u n s Scotus ist im Bild d e r allegorischen S e e l e n reise z u s a m m e n g e f a ß t : D i e virtutes motivae, die als n i e d e r e S e e l e n v e r m ö g e n auch den v e r n u n f t l o sen L e b e w e s e n eigen sind, bilden die R ä d e r des S e e l e n w a g e n s . M e u r i s s e h a t die anima rationalis et sensitiva, die im K ö r p e r wie in e i n e m G e f ä n g n i s eingeschlossen ist, als h a l b n a c k t e F r a u e n g e s t a l t mit l a n g e m H a a r dargestellt, die, in D ä m p f e eingehüllt u n d an H ä n d e n u n d F ü ß e n mit E i s e n k e t ten gefesselt, im S e e l e n w a g e n sitzt. D i e D r e i e r g r u p p e d a v o r r e p r ä s e n t i e r t die d r e i S e e l e n k r ä f t e memoria, intellectus u n d voluntas. Memoria f ü h r t eine U h r an e i n e m B a n d , die auf e i n e m geflügelten S t u n d e n g l a s s t e h t ; d e r Intellectus-Personifik a t i o n sind e i n e W a a g e , ein S c h w e r t u n d ein B u c h als A t t r i b u t e b e i g e g e b e n . D i e j a n u s k ö p f i g e Voluntas s t e h t f ü r den f r e i e n Willen (B 5). A l s W a g e n l e n k e r e r s c h e i n e n V e n u s mit d e m P a r i s a p 6

Paris 1615 K u p f e r s t i c h auf 2 P l a t t e n v o n L é o n a r d G a u l t i e r ( 1 5 6 1 - 1 6 4 1 ; / I , l ) g r a v i e r t ; lateinische P a r a p h r a s e n a c h A r i s t o t e l e s ( 3 8 4 - 3 2 2 ) u n d J o h a n n e s D u n s Scotus (1265— 1 3 0 8 ) von M a r t i n M e u r i s s e ( 1 5 8 4 - 1 6 4 4 , B 1) J e a n ( J o a n n e s ) M e s s a g e r (tätig u m 1 6 1 5 , gest. 1649, B 2) 33,5 x 46,5 (obere Platte); 31,3 x 46,3 (untere Platte) F o l i i e r u n g v o n alter H a n d o b e n rechts: 142

fel u n d ihr G e m a h l M a r s . Sie r e p r ä s e n t i e r e n die b e i d e n v o l u n t a t i v e n S e e l e n v e r m ö g e n , das b e g e h r e n d e u n d d a s e r z ü r n e n d e V e r m ö g e n . D e r sensus communis, d e r f ü r die W a h r n e h m u n g u n d K o o r dinierung komplexer Sinneseindrücke zuständig ist, ist als n a c k t e r Jüngling ins J o c h g e s p a n n t . V o n s e i n e m f ü n f z a c k i g e n Stern g e h e n f ü n f Seile aus, die i h n mit d e n Z u g t i e r e n u n d d e n P e r s o n i f i k a t i o n e n d e r fünf S i n n e v e r b i n d e n . D i e tactusP e r s o n i f i k a t i o n schreitet v o r a n ; ihr f o l g e n die P e r s o n i f i k a t i o n e n des G e h ö r s , G e s i c h t s , G e r u c h s u n d G e s c h m a c k s mit i h r e n jeweiligen T i e r - u n d D i n g a t t r i b u t e n ( B 6). D u r c h e i n e n O b s t b a u m get r e n n t , sind die P e r s o n i f i k a t i o n e n d e r anima vegetativa mit c h a r a k t e r i s t i s c h e n T ä t i g k e i t e n b e schäftigt. D i e f ü r die F o r t p f l a n z u n g z u s t ä n d i g e Seele (anima generativa) sät auf e i n e m A c k e r ; die f ü r d a s W a c h s t u m z u s t ä n d i g e S e e l e (augmentativa) ist mit d e n G a b e n d e r N a t u r b e l a d e n , die z u r E r h a l t u n g des m e n s c h l i c h e n L e b e n s nötig sind. D i e f ü r die E r n ä h r u n g v e r a n t w o r t l i c h e Seele (nutritiva) greift nach e i n e r F r u c h t . Die Himmels- und Witterungserscheinungen sind o b e r h a l b des T r i u m p h z u g e s dargestellt. U b e r d e n W o l k e n w ö l b t sich in d e r M i t t e ein R e g e n b o g e n . D a r ü b e r b r e i t e t die T a u b e des Heiligen G e i s t e s i h r e Schwingen aus, h i n t e r d e n e n F e u e r f l a m m e n e m p o r z ü n g e l n , welche d e r antik e n u n d m i t t e l a l t e r l i c h e n K o s m o l o g i e z u f o l g e die Sphäre oberhalb der Luftregion erfüllen (/"I,4). E i n i g e H i m m e l s e r s c h e i n u n g e n , die hier e n t s t e h e n , sind rechts u n d links a n g e d e u t e t . W ä h r e n d die irdische Seele des allegorischen —»Triumphzugs von d e r göttlichen S p h ä r e d u r c h d e n irdischen H i m m e l , d e n F e u e r h i m m e l u n d die F i x s t e r n s p h ä r e g e t r e n n t ist, ist n a c h d e r L e h r e d e s D u n s Scotus die v o l l k o m m e n e Seele (anima beata) mit d e r anima separata, d e r W e s e n f o r m d e r E n g e l , auf e i n e r S t u f e a n g e s i e d e l t , auf d e r beide Gott schauen können. Die überirdische Glückseligkeit d e r Seele, d e r e n A t t r i b u t e S z e p t e r u n d K r o n e sind, wird bildlich d e r irdischen beatitudo g e g e n ü b e r g e s t e l l t , zu d e r M u s i k i n s t r u m e n t e u n d ein G e l d s a c k g e h ö r e n . D i e T ä t i g k e i t d e r anima separata, die S c h a u d e r T r i n i t ä t (vgl. das D r e i e c k in i h r e r H a n d ) , k o n t r a s t i e r t mit d e m Z u s t a n d d e r irdischen Seele, die im K ö r p e r wie in e i n e r F e s t u n g gefesselt (vgl. d e n z i n n e n b e k r ö n t e n T u r m mit d e r v e r s c h l o s s e n e n T ü r ) u n d d e n N a t u r k a t a s t r o p h e n wie z . B . E r d b e b e n (vgl. die Spalte im Stein) ausgesetzt ist. M e u r i s s e s ,PHYSIOLOGIA' t h e m a t i s i e r t das V e r hältnis zwischen irdischem K o s m o s u n d göttlic h e m B e r e i c h , e n t s p r e c h e n d d e m A n l i e g e n des D u n s Scotus, eine I n t e r p r e t a t i o n d e r aristotelis c h e n N a t u r p h i l o s o p h i e zu l i e f e r n , die mit d e n christlichen D o g m e n , v o r allem d e m S c h ö p f u n g s g l a u b e n , b e s s e r ü b e r e i n s t i m m t als die A r i s t o t e lesinterpretation des Thomas von Aquin ( 1 2 2 4 / 2 5 - 1 2 7 4 , B 7). D e r theologische B e z u g s r a h m e n wird graphisch d u r c h G o t t v a t e r u n d die H e i l i g - G e i s t - T a u b e a n g e d e u t e t . Z w e i Z i t a t e aus

G e n 1,2 — tenebrae super faciem abyssi u n d spiritus Domini ferebatur super aquas — stellen die V e r b i n d u n g d e r L e h r e von M a t e r i e u n d F o r m z u m göttlichen S c h ö p f u n g s w e r k h e r . D i e L e k t ü r e d e s B l a t t e s f ü h r t v o n u n t e n nach o b e n ( / " l , l u n d 1,5). M e u r i s s e u n t e r s c h e i d e t zwischen materia prima u n d secunda u n d greift d a m i t auf D u n s S c o t u s ' D i f f e r e n z i e r u n g zwischen Materia primo prima z u r ü c k , die vor d e r unio mit e i n e r F o r m G o t t bei s e i n e r S c h ö p f u n g z u r V e r f ü g u n g s t a n d , u n d d e r M a t e r i e , die in d e r S c h ö p f u n g imm e r an eine b e s t i m m t e F o r m g e b u n d e n erscheint ( B 8). D i e M a t e r i e g e h ö r t d e r K a t e g o r i e d e r Substanz an u n d ist S u b s t r a t (primum subiectum) eines j e d e n D i n g e s , d a s sich bei d e s s e n corruptio zuletzt v e r ä n d e r t . D a n n s c h n e i d e t M e u r i s s e d a s P r o b l e m d e r a k t u e l l e n E x i s t e n z d e r M a t e r i e vor d e r V e r e i n i g u n g mit e i n e r F o r m an, d a s D u n s Scotus in , D e r e r u m p r i n c i p i o ' in A u s e i n a n d e r setzung mit T h o m a s ' L e h r m e i n u n g e r ö r t e r t . A u s d e r unitas d e r M a t e r i e im g e s a m t e n K o s m o s folgt in d e r P h i l o s o p h i e des Doctor subtilis d e r hylem o r p h e A u f b a u des U n i v e r s u m s , mithin auch die m a t e r i a l e B e s c h a f f e n h e i t d e r intelligibilia. In V e r b i n d u n g mit d e m G e n e s i s z i t a t ( G e n 1,2) int e r p r e t i e r t M e u r i s s e die privatio als Z u s t a n d v o r d e r E r s c h a f f u n g d e r W e l t . D i e F o r m wird als substantieller, e i n f a c h e r A k t d e f i n i e r t , d e r d e r M a t e rie o d e r d e m K ö r p e r e i n e G e s t a l t verleiht: [Forma] daturque actus substantialis simplex, materiam vel corpus informans ac simul cum ea corpus naturale essentialiter componens (B 9). J e d e substantielle F o r m e n t s p r i n g t a u s d e m S c h o ß d e r M a t e r i e , a u s g e n o m m e n die r a t i o n a l e Seele, die i n t e n t i o n a l e n u n d ü b e r i r d i s c h e n W e s e n , die dir e k t von G o t t g e s c h a f f e n w e r d e n . D i e aus M a t e rie u n d F o r m b e s t e h e n d e N a t u r ist Prinzip d e r Bewegung und Ruhe. In d e n s i e b e n A b s c h n i t t e n a m R a n d d e r H a l b kugel wird die L e h r e v o m E n t s t e h e n u n d V e r g e h e n aus d e r aristotelischen Physik skizziert, von d e r generatio (links) bis z u r corruptio (rechts). M e u r i s s e zitiert die aristotelische B e w e g u n g s d e finition in d e r seit d e r Scholastik üblichen, auch v o n D u n s Scotus b e n u t z t e n Ü b e r s e t z u n g : Motus est actus entis in potentia ut in potentia (B 10). A u c h in d e r R a u m - u n d Z e i t l e h r e auf d e m T o r folgt M e u r i s s e d e r A r i s t o t e l e s e x e g e s e d e s D u n s Scotus (B 11), im G e g e n s a t z zu A r i s t o t e l e s u n d s e i n e m scholastischen I n t e r p r e t e n läßt M e u r i s s e a b e r die Möglichkeit eines V a k u u m s a u f g r u n d d e r A l l m a c h t G o t t e s zu (B 12). Der Abriß der scotischen Seelen- und Erkenntnislehre liest sich wie ein Kommentar zu den Teilen des allegorischen Seelenzuges. Die Seele wird als erster substantieller Akt eines natürlichen organischen Körpers definiert, der kraft ihres Vermögens lebt, oder als Prinzip, durch das wir leben, empfinden, uns bewegen und erkennen. Während diese Definition auch auf die nichtrationalen animalia zutrifft, ist die rationale Seele eine von Gott geschaffene Form, die zusammen mit dem Körper den Menschen konstituiert und unteilbar ist (unde est tota in tola et tota in qualibetparle corporis, B 13). Die anima intetlectiva ist von der sensitiva und vegetativa nicht der Form nach, sondern nur der Vollkommenheit nach unterschieden. Die Per-

sonifikationen des V e r s t a n d e s , des Gedächtnisses und des Willens veranschaulichen die augustinische L e h r e der facultates animae rationalis (Text ü b e r d e n drei Personifikationen; / * I , 4 ) . D e r Intellekt bedarf zur E r k e n n t n i s der species intelligibiles, die er hervorbringt, indem er phantasmata, nichtbegriffliche subjektive Vorstellungen, erzeugt (Text ü b e r d e m Wagen). D a s primum cognitum des Intellekts ist nicht das k o n k r e t e Individuum — in D u n s Scotus' Terminologie, die haeccitas - , sondern das Wesen einer res sensibilis, das durch seine A r t z u g e h ö rigkeit zu den entia konstituiert wird, die quiddilas. Diese ist aber nicht das vom Singulären a b s t r a h i e r t e Universale, sondern jedes Singulare schließt die höchste entitas quidditaliva aktuell in sich. D a s aloma singulare ist zwar seiner N a t u r nach e r k e n n b a r , aber nicht f ü r uns (pro isto statu proprio), d e n n die individuellen Substanzen sind in ihrer Singularität nicht u n t e r bloß quidditativem A s p e k t e r k e n n b a r , welcher f ü r die menschliche Erkenntnisweise typisch ist (Text ü b e r dem W a g e n ; B 14). Wille und Intellekt beeinflussen sich wechselweise. D e r Wille steuert den appetitus sensitivus u n d wird gleichzeitig von diesem stimuliert. D i e Tätigkeit der memoria (unterste T e x t zeile ü b e r d e m W a g e n ) beschränkt sich nicht auf die bloße Vergegenwärtigung v e r g a n g e n e r E i n d r ü c k e , sondern setzt in der E r k e n n t n i s einer vergangenen Vorstellung als vergangener einen selbstreflektierenden A k t voraus. D i e sinnliche W a h r n e h m u n g ist T h e m a des Textstückes ü b e r den fünf W a g e n f ü h rerinnen. D a s Z u s t a n d e k o m m e n einer E m p f i n d u n g , d e r auch G o t t e s Allmacht zugänglich ist, setzt nach D u n s Scotus und Meurisse ä u ß e r e O b j e k t e , g e n a u e r gesagt, d e r e n species sensibiles, u n d die Existenz der sensus externi voraus. D i e sensibilia communia als O b j e k t e des sensus communis sind e h e r der G e f a h r der T ä u s c h u n g ausgeliefert als die sensibilia proprio (B 15).

Die Witterungsphänomene sind auf die lufterfüllten Regionen oberhalb der sublunaren Feuerzone beschränkt (B 16). Die Wörter auf den Flammenzungen hinter der Taube fügen sieh zu einer knappen Begründung der Wirkung Gottes als causa efficiens der Schöpfung zusammen. Diese Wirkweise erweist sich als zentral für die Erklärung der futura contingentia und der menschlichen Freiheit. Die Leserichtung der Flammenschrift ist von rechts unten nach rechts oben und von links unten nach links oben. Die Gott untergeordneten Dinge handeln selbsttätig. Nach fortuna und casus, den causae secundae per accidens, behandelt Meurisse das Fatum als Disposition der Dinge im Einklang mit der göttlichen Providentia. Die logische Beziehung zwischen kontingenten Ereignissen und der menschlichen Willensfreiheit wird graphisch durch die voluntas bifrons hervorgehoben (B 17). Die Feststellung, daß der überirdische Himmel aus derselben Materie besteht wie die sublunaren Dinge, verrät den Einfluß des scotistischen Hylemorphismus. Als causa particularis bewirken die Sterne Naturkatastrophen und Krankheiten, haben aber keinen Einfluß auf den menschlichen Willen (B 18). Die Zahlenangaben zum Fixsternhimmel und die geodätischen Daten orientieren sich an antiken Lehrautoritäten, die Anfang des 17. Jahrhunderts infolge neuer geodätischer Messungen und besserer astronomischer Instrumente überholt waren (Textzeile oberhalb des Zodiakus und Textband auf dem Rand der Erdhemisphäre) (B 19). Höchstes Ziel allen menschlichen Handelns und Strebens ist Deus optimus maximus (Text zu beiden Seiten Gottvaters). Auf der obersten Stufe des Universums genießen die Seelen die Glückseligkeit, welche die Tätigkeit des Verstandes notwendig voraussetzt. Die anima rationalis erfährt ihre Trennung vom Körper nicht als Unvollkommenheit, sondern als Befreiung aus dem Kerker, die sie zur Erkenntnis der intelligibilia befähigt (B 20). In der Widmung an den vierzehnjährigen Ludwig XIII. ( 1 6 0 1 - 1 6 4 3 ) benutzt Meurisse die Natur- und Gotteslehre des Duns Scotus als Fundquelle absolutistischen Herrscherlobs (vgl. Texttafel in der Mitte der beiden Wappen auf der

unteren Blatthälfte). Als altissimus fortunae nostrae princeps erhält der französische Regent einen mit Gottes Stellung vergleichbaren Rang.

und X X V I : Ouaestiones quodlibetales. Z u r Zitierweise der Aristotelestexte / " I , 5 .

Der Höhepunkt der schriftstellerischen Tätigkeit von Meurisse fällt erst in die Jahre seines Bischofsamtes in der Diözese Metz, als er sich die Bekämpfung der Reformierten zum Ziel setzte, während die Disputationsblätter (^"1,1) offenbar zu Unterrichtszwecken zur Zeit seiner Pariser Lehrtätigkeit entstanden sind (B 21). In den Ordensgeschichten aus dem 18. Jahrhundert wird Meurisse als Vertreter der scotistischen Philosophie und Theologie gewürdigt, die nach Pariser Lehrtradition im cursus Parisiensis gelehrt wurde (B 22). Ein Künstler und Gelehrter, der Anfang des 17. Jahrhunderts die Naturphilosophie in ein graphisches System bringen wollte, konnte auf ein ikonographisches Grundrepertoire zurückgreifen, das z.B. die Darstellung der vier Elemente, der fünf Sinne, der Natur, Kunst und der Seele umfaßte (B 23). Eine dem Seelenzug von Meurisse vergleichbare Stellung im Rahmen eines enzyklopädisch-kosmologischen Gesamtprogramms hat der Triumphzug der Seele auf dem Deckengemälde im Benediktbeuerner Klosterfestsaal, das um 1675 nach den Illustrationen in einer zeitgenössischen Dillinger Dissertation geschaffen wurde ( / I , 1 5 ; B 24).

B 2 B 3

Die Physiologia-Darstellung ist ikonographisch mit einer Illustration aus der Kosmologie Robert Fludds ( 1 5 7 4 - 1 6 3 7 ) und einer Darstellung aus Heinrich Khunraths (1560—1605) ,Amphitheatrum Sapientiae Aeternae Solius Verae' verwandt (B 25). Bei Fludd sind die meteorologischen Phänomene ebenfalls auf der Grundlage der aristotelischen Lehre in die obere Hemisphäre des Universums eingetragen. Im Weltbild Khunraths ist unter dem Stein der Weisen und der kugelförmigen Materia prima die Erdkugel über dem von Wasser umgebenen Creatum chaos Triunum zu sehen.

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Zu einer Zeit, als das aristotelische Organon von den Philosophen des Port Royal unter dem Eindruck neuer naturwissenschaftlicher Erkenntnisse in Frage gestellt und in Italien das aristotelische Naturstudium einerseits durch eine neuplatonisch inspirierte Naturlehre (/"I,4) und andererseits durch neue empirische Entdeckungen (/"1,199a) inspiriert wurde, erscheint Meurisses Rekurs auf die Aristotelesexegese des Duns Scotus antiquiert.

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Weitere Standorte: London, BL: 1865 c.18 (52); München, GS: Flugbl. 178946 (Kasten 11).

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Andere Fassungen:

Al

J. B. K A I S E R , Martin Meurisse O F M . É v ê q u e de Mad e u r e , suffragant d e M e t z 1 5 8 4 - 1 6 4 4 , A n n u a i r e de la Société d'histoire et d'archéologie de la L o r r a i n e 32 (1923), hier S. 3, 96 u n d 1 1 1 - 1 1 3 (Beschreibung des Blattes).

Im f o l g e n d e n wird J o h a n n e s D u n s Scotus nach der N e u a u f l a g e der ursprünglich von Lucas W a d d i n g O F M (Lyon 1639ff.) h e r a u s g e g e b e n e n , O p e r a o m n i a ' (26 B ä n d e , Paris 1 8 9 1 - 1 8 9 5 ) zitiert. Bd. II: O u a e s t i o n e s in libros I—III Physicorum Aristotelis; Bd. III: O u a e s t i o n e s in libros I V - V I I I Physicorum Aristotelis; In libros Aristotelis de A n i m a ; Bd. IV: O u a e s t i o n e s Meteorologicae; O u a e s t i o n e s de R e r u m Principio; Bd. X X V

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K A I S E R , Martin Meurisse O F M ; Dictionnaire de T h é o logie catholique, X / 2 , Paris 1930, Sp. 1629f. T H I E M E / B E C K E R X X I V , 430. K. P O P I T Z , D i e Darstellung der E l e m e n t e in der niederländischen G r a p h i k von 1 5 6 5 - 1 6 3 0 , Diss. München 1965, S. 6; W. K E M P , Natura. Ikonographische Studie zur Geschichte und Verbreitung einer Allegorie, Diss. Tübingen 1973, S. 90. Z u r Tradition der Elementedarstellungen vgl. P O P I T Z , D i e Darstellung der E l e m e n t e ; A r t . .Elemente' in: R D K IV, 1 2 5 6 - 1 2 8 8 . Z u r Tradition vgl. Ripa, Iconologia, S. 139: Intelligenza ; S. 2 5 0 : Volontà. M A R I E L E N E P U T S C H E R , D i e fünf Sinne, in: Fs. W. Krönig, A a c h e n e r Kunstblätter 4 1 (1971) 1 5 3 - 1 7 3 ; H. K A U F F M A N N , D i e fünf Sinne in der niederländischen Malerei des 17. Jh., in: Kunstgesch. Studien. Fs. D, Frey, Breslau 1943, S. 1 3 3 - 1 5 7 . Z u den von Meurisse b e h a n d e l t e n L e h r e n des D u n s Scotus vgl. im folgenden die Forschungsliteratur: M. S C H N E I D , D i e K ö r p e r l e h r e des J o h a n n e s D u n s Scotus und das Verhältnis zum T h o m i s m u s u n d Atomismus, Mainz 1879; K. W E R N E R , J o h a n n e s D u n s Scotus, Wien 1881; C. R . S. H A R R I S , D u n s Scotus, 2 Bde., Oxford 1927; É. G I L S O N , Jean D u n s Scot. Introduction à ses positions f o n d a m e n t a l e s ( É t u d e s de philosophic m é diévale, 4 2 ) , Paris 1952; J. K. R Y A N / B. M. B O N A N S E A (Hg.), J o h n D u n s Scotus. 1 2 6 5 - 1 9 6 5 , Washington 1965. D u n s Scotus, D e r e r u m principio, Q u . VII, A r t . I; O u . V i l i , A r t . III, n. 1 9 f f „ Scholium. D u n s Scotus, D e rer. princ., Q u . V i l i , A r t . I, n. 3; Q u . IX, A r t . II, Scholium, n. 53; Physicorum Liber I, O u . X I X , n. 1 - 1 3 . Aristoteles, Phys. 111,1, 2 0 0 b 2 6 f f . ; D u n s Scotus, Phys. Lib. III, Q u . VII. Z u m R a u m b e g r i f f : Aristoteles, Phys. IV, 2, 2 0 9 a 3 I f f . und 4, 2 1 2 a 19f.; D u n s Scotus, Phys. Lib. IV, Q u . III. Z u m Zeitbegriff: Aristoteles, Phys. IV, 11, 2 1 9 b 1; D u n s Scotus, Phys. Lib. IV, Q u . X V I I , n. 8; D e rer. princ., Q u . X V I I I , A r t . II (Realität der Zeit) und Q u . X X I I , A r t . I, n. 7 (Ewigkeit). D u n s Scotus lehnt in Phys. Lib. IV, Q u . V I I Utrum omne ens sit in loco die Möglichkeit eines V a k u u m s ab. Z u m anschließend bei Meurisse b e h a n d e l t e n continuum vgl. D u n s Scotus, Phys. Lib. VI, Q u . I—III; D e rer. princ. Q u . X X I , A r t . I. D u n s Scotus, D e rer. princ. Q u . IX, A r t . II, Sectio 2 und 3. Z u r E r k e n n t n i s t h e o r i e u n d Individuationslehre vgl. D u n s Scotus, D e a n i m a , bes. O u a e s t i o n e s XIX—XXII. D u n s Scotus, D e a n i m a , Q u . I—V, IX und X ; Ouaestiones quodlibetales, bes. Q u . X V , A r t . I. H . K L U G E , Die sinnliche E r k e n n t n i s nach d e m seligen J o h a n n e s D u n s Scotus, Franziskanische Studien 11/4 (1924) 2 3 7 - 2 5 7 . Aristoteles, Meteorologica 1,7; 11,4 u n d 6; 111,1; D u n s Scotus, M e t e o r . Lib. I, Q u . V I (über die elementarische N a t u r der D ä m p f e ) , Q u . X V I I - X I X ( K o m e t e n ) ; Lib. III, Q u . I ( W i n d e ) . Z u r causa efficiens: D u n s Scotus, D e rer. princ. Q u . II, A r t . IV, n. 3 2 ; Q u . IV, A r t . II, n. 18; Phys. Lib. II, Q u . V I I I ; zu den causae per accidens: D u n s Scotus, Phys. Lib. II, Q u . IX—XII; zum indifferenten Willen: ebd., Lib. II, Q u . X I I , n. 5. Z u r Willensfreiheit: Ouaest. quodlibetales, Q u . X V I . W. H O E R E S , D e r Wille als reine V o l l k o m m e n h e i t nach D u n s Scotus (Salzburger Studien zur Philosophie, 1), M ü n c h e n 1962; H . S C H W A M M , D a s göttliche Vorherwissen bei D u n s Scotus u n d seinen A n h ä n g e r n (Philosophie und Grenzwissenschaften, 5), Innsbruck 1934. D u n s Scotus, M e t e o r . Lib. I, O u . III, A r t . II und III; O u . I V ; D e rer. princ. Q u . VIII, A r t . IV, n. 24. P. S T E L L A , L ' i l e m o r f i s m o di G . D u n s Scoto (Pontificium a t h e n a e u m salesianum Fac. Philos. Theses ad lauream, 20), Turin 1955. R . W O L F , H a n d b u c h der A s t r o n o m i e , ihrer Geschichte und Literatur, 2 Bde., Zürich 1892, I, S. 4 0 5 - 4 1 1 ; §§ 1 8 2 f f . ; II, S. 1 6 7 - 1 7 5 , §§ 4 1 3 f f . G I L S O N , J e a n D u n s Scot, S. 3 9 1 - 3 9 7 . K A I S E R , Martin Meurisse O F M . Fr. J o a n n e s a S. A n t o n i o , Bibliotheca universa Franciscana, sive A l u m n o r u m T r i u m o r d i n u m S. P. N. Francisci . . . . II, Madrid 1732, S. 337 ( M ü n c h e n , U B : 2° Doli. 13127); Lucas Wadding, Scriptores ordinis minorum . . . editio novissima, R o m 1978 (Nachdruck der Ausgabe 1906; Erstausgabe 1650), S. 169. Ripa, Iconologia, S. 1 2 0 - 1 2 6 und 4 4 7 - 4 4 9 : die vier E l e m e n t e ; S. 21: Anima ragionevole beata. Vgl. Literatur in B 3 —B 7. H . B A U E R , D a s P r o g r a m m der Deckenbilder im alten Festsaal von Kloster B e n e d i k t b e u e r n , Zs. f. bayer. Landesgesch. 35 (1972) 1 2 4 - 1 3 4 . Z u r Darstellung Fludds vgl. S. K. H E N I N G E R , The Ctosmographical Glass, Renaissance Diagrams of the Universe, San Marino, Calif. 1977, S. 1 5 4 - 1 5 7 , A b b . 92, zu K h u n r a t h s Darstellung W. P A G E L , D a s medizinische Weltbild des Paracelsus, seine Z u s a m m e n h ä n g e mit Neupiatonismus u n d Gnosis (Kosmosophie, I), Wiesbaden 1962, S. 140, A b b . 2. BB

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SCALA DESCENSIONIS VIRTUTUM OCCULTARUM IN INFERIORA

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Ort Jahr Bild Text Drucker Format Zustand

In seinem kosmologischen Entwurf aktualisiert Jung die neuplatonische Tradition unter Rückgriff auf die Theosophie der Rosenkreuzer.

Straßburg 1662 Kupferstich nach einer Vorlage von Jacob van der Heyden (ca. 1573—1645, B 1) graviert; lateinische Prosa von Joannes Fridericus Jungius (nachweisbar 1558—1617, B 2) S. H. A. T. (nicht nachweisbar) 34,5 X 28,6 foliiert von alter Hand: 97.

Paracelsus (Theophrastus Bombastus von Ho- b) Bamberg, SB: VI. G. 161; Braunschweig, henheim, 1493—1541) eingeführten chemischen HAUM: FB XIII [Sc A F.A DESCENSIONIS ... Grundprinzipien Salz, Schwefel, Quecksilber mit AVTHORE IOHANNE FRIDERICO IVNGIO, SeKörper, Seele, Geist und den vier Elementen niori Ciui Argenlinensi ... picturä elaborare fecit ANNO M. DC. XVII. Jacob ab Heyden Die ,SCALA DESCENSIONIS' stellt die Hierarchie scheint von Marsilio Ficinos (1433 — 1499) Lehre Excudebat, bis auf unwesentliche Einzelheider Seinsbereiche in der überirdischen und mate- der geistigen Mittelwesen zwischen Körper und ten identisch mit der Fassung von 1662] riellen Welt sowie im menschlichen Mikrokosmos Seele beeinflußt zu sein (B 7). dar. Die —»Lichtquelle, aus der alles Existierende Johann Friedrich Jung gehörte zum Freundeshervorgeht, ist der göttliche Archetypus, die Tri- kreis, den Johann Valentin Andrea (1586—1654) nität (Dreieck mit Tetragramm). Im Strahlenbe- während seiner Tübinger Studienzeit und seiner B 1 T H I E M E / B E C K E R VII, 17; B E N Z I N G , Verleger, 1168. reich der Lvx IN ACCESA bilden sieben geflü- peregrinatio academica von 1602—1614 um sich B 2 Im Bewerbungsbrief um die A u f n a h m e in die Brudergelte Köpfe einen Halbkreis. Unter ihrem Ein- scharte. Der damals 57jährige Straßburger gab schaft der Rosenkreuzer von 1615 schreibt Jung, er sei 57 Jahre alt (s. B 9). Der N a m e eines Juristen seines fluß stehen die sieben Planeten. Von der ANIMA Andrea die Anregung, die ,Chymische Hochzeit' Namens taucht 1600 in den A k t e n des Straßburger MVNDI führen Linien zu den vier Elementen, 1614 in Straßburg drucken zu lassen (B 8). Aus Stadtarchivs auf (Freundliche Mitteilung des Archivars zwei weitere weisen auf die vier VIRTVTES, Trok- einem Brief Jungs an die Fratres der Societas RoM. F O E S S E L ) . kenheit, Kälte, Feuchtigkeit und Wärme, hin. In seae Crucis 1615 geht hervor, daß das kosmologi- B 3 R D K IV, 4 1 4 - 4 4 5 , bes. Sp. 415. u dieser Tradition grundlegend: W. P A G E L , Das meder mittleren Bildzone sind die Naturreiche ANI- sche Gebäude, das Jung zwei Jahre später gra- B 4 Zdizinische Weltbild des Paracelsus. Seine ZusammenMALIA, VEGETABILIA, MINERALIA repräsentiert. phisch in der SCALA DESCENSIONIS darstellte, hänge mit Neuplatonismus und Gnosis (Kosmosophie, 1), Wiesbaden 1962, S. 3 3 - 4 5 . Für wertvolle Hinweise Rechts blickt man ins Erdinnere, wo Minera- von der theosophischen Lehre geprägt sei, die in zur Einordnung des Blattes danke ich J. T E L L E , Heilien abgebaut und verarbeitet werden. Gefäße, der ,Fama Fraternitatis' allegorisch vorgestellt delberg, und W. K Ü H L M A N N , Freiburg. Schmuck, Münzen, ein Ofen und Destilliergefäße werde (B 9). Jung spielt auf die Schilderung der B 5 W. HESS, Ein kabbalistischer Einblattdruck naturwissenschaftlichen Gepräges, Archiv für Geschichte der deuten darauf hin, daß die Tätigkeit der Bergar- Begräbnisstätte des Christian Rosenkreuz an, ein Naturwissenschaften und der Technik 7 (1916) beiter metallurgisch-alchemistischen Zwecken in mehrere Dreiecke unterteiltes universi com1 1 5 - 1 2 8 , hier bes. S. 118 und 1 2 4 - 1 2 6 ; W.-E. dient. In der unteren Bildhälfte veranschaulicht pendium, das sich nach Jungs Meinung auf die P E U C K E R T , Pansophie. Ein Versuch zur Geschichte der schwarzen und weißen Magie, Berlin 2 1956, ein Dreieck gemäß augustinischer Tradition Lehren des Ordensgründers Christian RosenS. 1 4 5 - 1 5 6 . (Z'IA) die Analogie des Menschen als MICRO- kreuz, der Kabbala und auf die theosophische SiB 6 D. D O N A T , Comenius-Studien 1. Sakrale Formeln im COSMOS TRIN-UNVS zur göttlichen Trinität (B 3). gnaturenlehre stütze (B 10). Jungs Anspielung Schrifttum des 17. Jh., in; D. T S C H I Z E W S K I J (Hg.), Slavische Barockliteratur I (Forum slavicum, 23), Münauf die drei Grundprinzipien des Paracelsus verchen 1970, S. 6 1 - 7 2 . stößt nicht gegen die Auffassung der RosenkreuB 7 P A G E L , Das medizinische Weltbild, S. 1 0 5 - 1 0 8 . Die beiden unteren Ecktafeln erläutern die Dyzer, da die paracelsischen Schriften zur Ausstat- B 8 R. V A N D Ü L M E N , Die Utopie einer christlichen Genamik des Auf- und Abstiegs. Die Form geht von sellschaft. Johann Valentin A n d r e a e ( 1 5 8 6 - 1 6 5 4 ) , Teil tung der allegorischen Grabstätten des Christian überirdischen Wesen aus, von der Idea, den lntel1 (Kultur und Gesellschaft. N e u e historische ForschunRosenkreuz gehörten und unter dem Einfluß der gen, 2,1), Stuttgart/Bad Cannstatt 1978, S. 2 8 - 4 2 , ligentiae, den Konstellationen der Sterne und den Paracelsusrenaissance, die Anfang des 17. Jahr4 3 - 1 1 2 , zu Jung S. 67, 77 und 222. Elementen. Gott als Ziel allen Strebens, als Urhunderts mit der Herausgabe der Opera Theo- B 9 ,Ad venerandos . . . viros, Dnn. Fratres S. Roseae Crucis sprung der Ideen, regiert die Intelligenzen. Diese coniunctissimos, Theosophiae ac syncerioris Philosophrasts von Hohenheim in Straßburg ihren Höheübertragen die ihnen anvertrauten Dinge den phiae investigatores ac instauratores fidelissimos . . . Epipunkt fand, im Freundeskreis Andreäs rezipiert stola', in; Iudicia clarissimorum aliquot ac doctissimoSphären und Sternen, welche die materia veranrum virorum . . . gravissima de Statu & Religione Fraterwurden (B 11). Jung erhoffte sich von der Auflassen, eine von Gott bestimmte Form anzunehnitatis celebratissimae ac Roseae Cruce, Frankfurt a . M . nahme in die Bruderschaft die Intensivierung 1616 (München, SB: H. g. hum. 59), S. 19. Die vermen (Tafel oben rechts). seiner theosophischen Studien mit dem Ziel, zur schlüsselte Unterschrift /. Eiprivalog /. A. löst Jung im Text auf. unlösbaren Einheit von spiritus, anima und corDie Vorstellung eines Universums als einer Stu- pus zu gelangen, grenzte aber sein Streben nach B 10 Iudicia clarissimorum . . . virorum, S. 12; Allgemeine vnd General R E F O R M A T I O N , der gantzen weiten Welt. fenleiter lebendiger Emanationen, auf der der dem Philosophicum & Spirituale aurum von der Beneben der F A M A F R A T E R N I T A T I S , Kassel 1614, Mensch in einer Analogiebeziehung zum Makro- schnöden Suche der Alchemisten nach dem falin: Joh. Valentin Andreae, Fama fraternitatis. Confessio kosmos und zur göttlichen Trinität steht, stammt schen Gold ab (B 12). Fraternitatis. Chymische Hochzeit: Christiani Rosencreutz. A n n o 1459, hg. von R. V A N D Ü L M E N (Quelaus der Tradition der christlichen Gnosis, die len und Forschungen zur Württemberg. Kirchengeschichneuplatonisches und hermetisch-kabbalistisches Johann Valentin Andrea, den seit 1640 bis zu te, 6), Stuttgart 3 1981, S. 25 f. Gedankengut in sich vereint (B 4). Bei der seinem Tod ein freundschaftlicher Briefwechsel B 11 Z u r Paracelsusrezeption der Rosenkreuzer vgl. W.-E. P E U C K E R T , Die Rosenkreutzer. Z u r Geschichte einer Zuordnung der von Gott abhängigen Intelligen- mit Herzog August von Wolfenbüttel Reformation, Jena 1928, 2. Auflage hg. von R. C H R . zen, den Engeln, zu den Gestirnsgeistern, die als (1579-1666) verband, mag in seiner Rolle als Z I M M E R M A N N als 3. Teil der Pansophie, Berlin ihre dienstbaren Dämone verstanden wurden, Bücheragent des Herzogs oder im Zusammen1973; P E U C K E R T , Pansophie. Ein Versuch, S. 372; V A N D Ü L M E N , Die Utopie, S. 50 ff. hielten sich die neuzeitlichen Autoren meist an hang mit Plänen zur Gründung einer christlichen Iudicia clarissimorum . . . virorum, S. 23 —25. Die Abdie von Agrippa von Nettesheim (1487-1535) Sozietät seinem Wolfenbütteler Korresponden- B 12 grenzung von den alchemistischen Goldsuchern ist ein aufgestellten Analogiereihen, da er synkretistisch ten ein Exemplar der Erstfassung unseres Blattes Gemeinplatz in den Rosenkreuz-Schriften Andreäs. Vgl. V A N D Ü L M E N (Hg ), Fama Fraternitatis. Die kosmovergangene kabbalistische, mystische und astro- zugeschickt haben (B 13). logische Stufenordnung, die ein anderes Mitglied aus nomische Uberlieferungen auf einen Nenner Andreäs Freundeskreis, Daniel Mögling alias Theophil brachte (B 5). Die dreigliedrige paulinische ForSchweighardt (geb. um 1600) 1618 graphisch darstellte und beschrieb, geht vermutlich auf dieselbe rosenkreumel Ab uno omnia, per unum omnia, ad unum zerische Quelle zurück wie Jungs ,SCALA'. Vgl. R. omnia (Rom 11,26; I Kor 8,6; Eph4,6; Kol 1,16; V A N D Ü L M E N , Daniel Mögling. „Pansoph" und RoHebr 2,10) wurde seit dem Hellenismus in der Weitere Standorte: senkreuzer, Blätter für Württemberg. Kirchengeschichte 72 (1972) 4 5 - 7 0 ; P E U C K E R T , Die Rosenkreutzer, pansophisch-alchemistischen Literatur häufig als S. 1 5 2 - 1 5 5 . Beleg für die Entsprechung von Makro- und MiB 13 V A N D Ü L M E N , Die Utopie, S. 154f.; zur Korresponkrokosmos zitiert (B 6). Das Denken in analogen Andere Fassungen: denz Herzog Augusts mit A n d r e a vgl. J. J. B E R N S in: Sammler, Fürst, Gelehrter, S. 349 und 3 6 6 - 3 6 9 . Trichotomien ist ebenfalls gnostisch-neuplatonia) ehem. Antiquariat Drugulin, Leipzig (B 14) B 14 D R U G U L I N II, 2876. sches Gemeingut. Die Verbindung der drei von [Scala descensionis ... 1619. Jac. v. Heyden] 10

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39.7 Aug. 2°, fol. 22

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Auf der Grundlage neuplatonischer Kosmologie stellt Andreas Bacci den ORDO VNIVERSI dar, in der Absicht, fürstlichen Studenten einen Überblick über die Wissensgebiete zu vermitteln. Das Universum wird als Abbild des göttlichen Archetypus in seinen beiden Erscheinungsformen des Makrokosmos (rechts) und des menschlichen Mikrokosmos (links) interpretiert ( / T , 3 ) . Die Beziehungen zwischen Gottvater, Sohn und Heiligem Geist hat der Künstler des Blattes in Gestalt dreier miteinander verschlungener Ringe wiedergegeben, die in einem von Flammen umgebenen Kreis eingeschlossen sind (B 3). Zwischen Vater und Sohn besteht ein GeneratioVerhältnis; der Heilige Geist geht ex utroque hervor (B 4). Die Darstellung der neun Engelchöre folgt der mittelalterlichen Überlieferung auf der Basis der pseudo-dionysischen Engellehre (B 5). Die Darstellung des Mikrokosmos als menschlicher Kopf ist durch Piatons Vergleich seiner Form mit der Kugelgestalt der Erde vorgegeben (,Timaios', 4 4 d ; B 6). Der Profildarstellung ist auf der rechten Seite des Blattes das aristotelische Weltmodell konzentrischer Sphären zugeordnet (B 7). Die sieben Schrifttafeln unterhalb der Weltdarstellung beziehen sich auf die graphische Darstellung. Den Rahmen des ,ORDO VNIVERSI' bilden an den vier Seiten zehn reich verzierte Vignetten. Acht der Rahmenvignetten enthalten einen Abriß der Ontologie, die der kosmologischen Ordnung zugrundeliegt. Die Dreiteilung der Kosmologie in Deus, der zugleich Initium, Vnum und Omne ist, Mundus, der sowohl die unvergänglichen Himmelskörper als auch die aus den vier Elementen bestehenden natürlichen Körper der sublunaren Sphäre enthält, und Anima als Mittlerin zwischen Gott und Welt geht auf die neuplatonische Überlieferung zurück, die wesentlich von Plotin ( 2 0 3 / 4 - 2 6 9 / 7 0 ) und der hermetischen Tradition geprägt ist (B 8). Die Tafel links neben der Überschrift des Blattes deutet an, wie die Darstellung zu lesen ist. A n der Spitze der Hierarchie unterhalb des göttlichen Archetypus befinden sich der Fixsternhimmel, die Welt der Planeten und die Elemente. Es folgen die Anima intellectiva und die übrigen natürlichen Substanzen des Mikrokosmos. Die zahlreichen Zuordnungen von Begriffstriaden in Baccis System verdeutlichen die Rolle der Zahlensymbolik (B 9). Bacci setzt die göttliche Trinität in den drei Kreisen zu den drei hebräischen Götternamen Elohim, Iehoua und Saddai sowie den in drei Stufen angeordneten Engelchören in Beziehung. Alle entia naturalia als Bestandteile des Mikro- und Makrokosmos sind den zehn aristotelischen Kategorien ( f \ , \ und 1,6) unterworfen. Diese bilden einen Kreis unter den Engelchören, in dessen Innerem die natürlichen Substanzen entsprechend ihrer ontischen Hierarchie aufgezählt werden, vom Himmel bis zu den unterirdischen Mineralien. Rechts neben dem Kategorienzirkel folgt in Anlehnung an Piatons ,Timaios L eine Beschreibung des 12

DE ORDINE VNIVERSI ET DE PRINCIPIIS (Siena oder Rom) (letztes Viertel des 16. Jahrhunderts) Kupierstich von Matteo Florimi aus Siena (tätig 1580—1603, B 1) graviert; lateinische Prosa von Andreas Bacci (1529—1600, B 2) 62,6 x 42,8

Weltalls zusammen mit dem Vergleich der Umlaufgeschwindigkeiten und des Umfangs der Planeten (B 10). Die Zuordnung der vier durch die Konstellation von drei Sternzeichen bestimmten Jahreszeiten zu den vier menschlichen Temperamenten (die vier großen Kreise außerhalb des Zodiakus) stellt eine seit der vorsokratischen Astrologie und Physik geläufige Beziehung zwischen Mikro- und Makrokosmos her (B 11). Diese Analogie wurden von alchemistischen Philosophen der frühen Neuzeit wiederholt zum Gegenstand mystischer Spekulationen gemacht und in populären Darstellungen der vier Temperamente aktualisiert ( / I , 3 , 81, 234f., B 12). Die Anordnung der vier Elemente unter den sieben Planetentafeln entspricht der Beschreibung im ,Timaios' ( 3 2 b und c, B 13). Die Lehre von den fossilia und den Stoffen unter der Erde, die Bacci nur streift (Sockel über dem Kreis mit der Erdbeschreibung), fußt auf Aristoteles ^Meteorológica', Buch III, / T , 5 ) . Baccis Einteilung der Seele und Erklärung ihrer verschiedenen Funktionen stützt sich auf die aristotelische Seelenlehre. Auf der Grundlage von Aristoteles' Unterscheidung des vegetativen, empfindenden und rationalen Seelenteils (,De Anima', II, 2 - 4 ; B 14) schreibt Bacci der Seele fünf Fähigkeiten zu, die potencia vegetativa, sensitiva, svvm locvm motiva, appetitiva und intellectiva. Die anima rationalis wird entsprechend ihrer Affinität zum Archetypus in der linken oberen Ecke des Blattes über der anima sensitiva und vegetativa vorgestellt. Die vernünftige Seele umfaßt intellectus und volvntas, einen aufs Theoretische und einen aufs Praktische bezogenen Seelenteil. Die Wahrnehmungs- und Erkenntnislehre, die Bacci am menschlichen Kopf demonstriert, hat ihre Voraussetzungen in der traditionellen Sinnenlehre im Anschluß an ,De Trinitate' von A u relius Augustinus ( 3 5 4 - 4 3 0 ) in Verbindung mit der aristotelischen Psychologie (B 15). V>zt intellectus hat im Gegensatz zu den sensus exteriores kein selbständiges Körperorgan. Seine Objekte sind die entia intelligibilia. Nachdem Sinneseindrücke vermittels des Sensus communis und der Phantasia empfangen worden sind, werden die entia intelligibilia von den sensibilia abstrahiert, vom Verstand bearbeitet und schließlich im Gedächtnis aufbewahrt (Abschnitt Intellectvs im oberen linken Viertel des Blattes). Diepotentiae sensitivae steuern im menschlichen Gehirn die Wahrnehmung. Den sensus exteriores (in Piatons Reihenfolge Visvs, AVDITVS, GVSTVS, ODORATVS und TACTVS) stehen die sensus interiores (SENSVS

COMMVNÍS,

IMAGINATIVA,

PHANTASIA,

EXTIMATIVA und MEMORIA) gegenüber, die im Gehirn lokalisiert werden. Die fünf Wahrnehmungstypen (fünf senkrecht angeordnete Kreise) werden durch Linien mit dem jeweiligen für sie zuständigen Organ, gleichsam den media, durch die sie wirken, verbunden. Die Sinneseindrücke werden vermittels der sensus exteriores in den drei Gehirnkammern bearbeitet. Analog zu den drei aristotelischen Seelenteilen unterteilt Bacci die potentia appetitiva unterhalb der potentia intellectiva und sensitiva in den APPETITIVS NA-

TVRALIS, SENSITIVVS und RATIONALIS (die drei Tafeln unter dem Kragen). Die natürliche Anlage zum Wachstum, zur Ernährung und Fortpflanzung ist allen Lebewesen gemeinsam. Das sensitive Streben beinhaltet bei Menschen und Tieren die Empfindungen von Lust und Schmerz. Das rationale Streben des Menschen nach dem Guten heißt Wille. Der SENSITIVVS APPETITVS äußert sich entweder als begehrendes oder erzürnbares Verlangen (CONCVPISCIBILIS-IRASCIBILIS), aus denen elf passiones abgeleitet werden (B 16), welche, je nach Beschaffenheit des Willens, Triebfedern der Tugenden oder Laster sind. In seinem VOTVM DEO CREATORI AD PIOSAC STVDIOSOS LECTORES unterstellt Bacci die menschliche Wissenschaft mit der Anspielung auf das sokratische Hoc VNVM SCIO quod nihil scio der göttlichen Macht, A quo, per quem et ad quem omnia (/*I,3). Aufschlußreich für das Traditionsverständnis Baccis ist seine Autoritätenreihe. Sie beginnt mit Pythagoras (floruit 532/1 v. Chr.), der die Wissensgesetze in brevibus responsis, ac per symbola tradierte. Piaton wählte zur Darstellung der Kosmologie die mythologische Einkleidung des .Timaios', der wiederum Vorbild für Aristoteles' ,De Mundo' gewesen ist. Eine Variante des Blattes (Fassung a von 1581) enthält anstelle der Widmung an die christlichen Leser eine dedicatio an Iacopo (Giacomo) Boncampagni ( 1 5 4 8 - 1 6 1 2 ) , den natürlichen Sohn und Nepoten Papst Gregors XIII. ( = Ugo Boncampagni, 1 5 0 2 - 1 5 8 5 , Papst seit 1572; B 17). Die Darstellung ,DE ORDINE VNIVERSI' weist Andreas Bacci als Vertreter eines christlichen Piatonismus aus. Zunächst auf außeruniversitäre Kreise in Italien beschränkt, machte sich der Einfluß Piatons gegen E n d e des 16. Jahrhunderts auch im Curriculum der italienischen Universitäten geltend (B 18). Die Ontologie der drei hierarchischen Seinsbereiche — Deus, Mundus, Anima — orientiert sich an der neuplatonischen Seinslehre, die den Renaissancegelehrten Marsilio Ficino ( 1 4 3 3 - 1 4 9 9 ) und Giovanni Pico della Mirandola (1463 — 1494) vor allem durch die Schriften der spätantiken Platonexegeten Iamblichos (2. Jh.) und Proklos ( 4 1 1 - 4 8 5 ) und die ,Enneades' Plotins bekannt wurde (B 19). Im Werke Baccis, von dem nur pharmakologische und hygienische Schriften überliefert sind, läßt sich eine Parallele zu seiner Kosmologie in ,DE. ORDINE VNIVERSI' finden. Im Vorwort zu ,Le XII Pietre pretiose' (Rom 1587) bezieht Bacci, über die Autoritätenreihe in seiner Dedicatio des vorliegenden Blattes hinausgehend, explizit Hermes Trismegistos zusammen mit Piaton in die Reihe der Philosophen ein, die eine anima del mondo, einen spirito vivifícente oder eine mente divina angenommen haben (B 20). Wie konventionell die kosmologische Darstellung ,DE ORDINE VNIVERSI' ist, verdeutlichen strukturelle und terminologische Übereinstimmungen mit Picos .Heptaplus', mit der ,Nova de universis Philosophia' von Franciscus Patricius ( 1 5 2 9 - 1 5 9 7 ) , mit ,De Occvlta Philosophia' von Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim

( 1 4 8 6 - 1 5 3 5 ) und der ,Utriusque Cosmi Maioris scilicet et Minoris Metaphysica, physica atque technica Historia' von Robert Fludd ( 1 5 7 4 - 1 6 3 7 ) . D i e enria-Hierarchie auf Baccis Darstellung ist dieselbe wie in Picos Kosmogonie ,Heptaplus' von 1489 ( B 21). Patricius erhielt 1578 den ersten Lehrstuhl für platonische Philosophie in Ferrara und wurde 1591 von Clemens V I I I . ( 1 5 3 6 - 1 6 0 5 , Papst seit 1592) an die römische Universität berufen, den H o r t der aristotelischen Tradition, w o auch der Medizinprofessor Bacci lehrte ( B 22). Ein Vergleich mit dem astronomischen Teil der ,Nova de universis Philosophia', der ,Pancosmia', zeigt, wie anachronistisch Baccis Beschreibung des Weltalls zu einer Z e i t war, als bereits italienische Gelehrte die Theorien von Nikolaus Kopernikus (1473— 1543) und T y c h o Brahe ( 1 5 4 6 - 1 6 0 1 ) diskutierten. Patricius' Offenheit gegenüber den neuen astronomischen Lehrmeinungen und die Skepsis gegenüber der aristotelischen Tradition trugen dazu bei, daß seine ,Nova de universis Philosophia' kurz vor seinem T o d auf den Index gesetzt wurde ( B 23). Baccis Zergliederung und Beschreibung des rationalen, sensitiven und vegetativen Seelenteils stimmt mit der mittelalterliche Überlieferungen verarbeitenden Seelenlehre Agrippas von N e t tesheim überein ( B 24). D i e L e h r e von den drei Gehirnzentren, die Bacci zur Erklärung der Wahrnehmungs- und Denkprozesse skizziert, ist im wesentlichen noch dieselbe, die im Mittelalter auf der Grundlage von Augustins Traktat ,De Trinitate' verbreitet war: memoria, intellectus und voluntas sind A b b i l d der Trinität. In A n l e h nung an ,De Trinitate' zeigten die Naturphilosophen der frühen Neuzeit in triadischen Schemata Analogien zwischen M a k r o - und Mikrokosmos und der transzendenten göttlichen Sphäre auf ( / I , 3 ; B 25). D i e Profildarstellung auf der vorliegenden Graphik und das Schema der Gehirnzentren in Verbindung mit der Trinitäts- und Engeldarstellung stimmt bis auf Einzelheiten der Physiognomie mit einer Illustration T h e o d o r de Brys (1528—1598) aus Fludds .Utriusque Cosmi Maioris scilicet et Minoris Metaphysica' überein (B 26). Auch Fludds erläuternde Beschreibung, wie ein Eindruck aus der phänomenalen W e l t verarbeitet wird, könnte der Darstellung Baccis unterlegt werden ( B 27). Für die Langlebigkeit der theologisch fundierten Auffassung von den drei Gehinzentren zeugt auch ihre A u f n a h m e ins Anatomielehrbuch des zeitweise in Padua lehrenden Mediziners Andreas Vesalius (1514— 1564; B 28). Dasselbe Schema der inneren und äußeren Sinne und dieselbe graphische Darstellung am menschlichen Profil begegnen noch im 18. Jahrhundert in zwei emblematischen Lehrbüchern der Augsburger Karmeliter und in einer Dissertatio eines Ettaler Benediktinergelehrten ( B 29). D i e Vorsicht vor umstrittenen neuen Lehren und Zurückhaltung gegenüber den hermetischen Schriften, die seit Ficinos' Textausgaben zur Stützung der neuplatonischen Kosmologie und T h e o l o g i e hinzugezogen wurden, verbinden den römischen Professor Bacci mit seinen Kollegen Philander Colutius (nachweisbar 1603 — 1627; /I,5) und Martin Meurisse (1584-1644; /1,1t). Baccis vorsichtige Piatonanspielungen sind sicher durch die aristotelisch geprägte Lehrtradition an der römischen Sapienza bedingt. Vermutlich erschien es auch angesichts der angesprochenen Zielgruppe fürstlicher Studenten im Umkreis der Päpste angebracht, die kirchlicherseits unbestrittenen Autoritäten zu W o r t kom-

men zu lassen. D i e A f f i n i t ä t Baccis zum Platonismus ist vielleicht aufgrund der Tradition der römischen Medizinlehre erklärbar. Während sich die Professoren der theoretischen Medizin wie Colutius mit Aristotelesexegese beschäftigten und für ihre medizintheoretischen Abhandlungen noch die traditionelle Quaestio wählten, beschränkten sich Lehre und Forschung der sogenannten medici practici auf Heilkunde, Pharmakologie und T o x i k o l o g i e . Baccis Sympathie mit dem Piatonismus ist vielleicht Ausdruck seiner Opposition gegenüber den höher angesehenen medici theoretici, deren Vertreter in R o m auf der Abgrenzung der theoretischen Medizin von den Tätigkeiten der Praktiker bestanden (/%5; B 30).

Weitere Standorte: Ehemals Antiquariat Drugulin, Leipzig ( A 1).

A n d e r e Fassungen: a) L o n d o n , B L : 1856g 16 ( 4 ) [Ordo vniversi et humanarum scientiarum prima monumenta ... Romae Kai. Januarij MDLXXXI; V e r w e i s auf den ,Timaios' fehlt; neben dem Tetragramm: TÒ axrjlia x a i QT^a; Widmung unter dem I H S - M o n o g r a m m an Iacobus Boncampagnus], b ) München, GS: Thesenblätter: Philosophie [ORDO VNIVERSI ... sculpsit Adrianus Hubertus An0 /5S5]. c) Wolfenbüttel, H A B : I E 1.1 [Minimale A b weichungen; A n g a b e des Stechers M a t t e o Fiorimi fehlt.] d ) ( B 3 1 ) [„Tabula in qua O r d o vniversi et Humanarum Scientiarum prima monumenta continentur"].

A 1 A 2

D R U G U L I N II, 2875 (Datierung auf ca. 1570). B A R B A R A B A U E R , Jacob Pontanus SJ, ein oberdeutscher Lipsius, Zs. für bayer. Landesgesch. 47 (1984), nach S. 120 A b b . 2. B 1 T H I E M E / B E C K E R X I I , 121. B 2 Dizionario biografico degli Italiani V , 29f.; L. T H O R N D I K E , A History of Magic and Experimental Science, N e w York '1959, V , S. 484f., V I , S. 315f.; Joseph Carafa, De Gymnasio Romano et de eius professoribus, R o m 1751 (München, SB: 4° H . lit. p. 42), S. 211 und 358. B 3 Lchrlk. I, 5 2 8 - 5 3 7 ; R D K I V , 4 1 4 - 4 4 5 , bes. 415f. B 4 Dictionnaire de théologie catholique, XV/2, bes. Sp. 1684-1692, 1743 und 1780f. B 5 Dictionnaire de théologie catholique, I, Sp. 1189-1222, bes. 1206-1210. B 6 F. M A C D O N A L D C O R N F O R D , Plato's Cosmology. The Timaeus of Plato translated with a Running Commentary, London 4 1956. B 7 P A U L Y / W I S S O W A , R E II/2, Sp. 1832-1836; P. D U H E M , L e système du monde, I, Paris o. J. Zu den Weltalldarstellungen in der Renaissance vgl. S. K. H E N I N G E R , The Cosmographical Glass. Renaissance Diagrams of the Universe, San Marino/California 1977, bes. Kapitel 2, S. 3 1 - 4 4 . B 8 A . H. A R M S T R O N G , The Architecture of the Intelligible Universe in the Philosophy of Plotinus, Amsterdam 1967; A . O L E R U D , L'idée de macrocosme et de microcosme dans le Timée de Platon, Uppsala 1951. B 9 H E N I N G E R , The Cosmographical Glass, Kap. 4, S. 81 - 1 4 3 ; ders., Some Renaissance Versions of the Pythagorean Tetrad, Studies in the Renaissance 8 (1961) 7-35. B 10 C O R N F O R D , Plato's Cosmology, S. 7 5 - 9 3 . B 1 1 R . K L I B A N S K Y / E. P A N O F S K Y / F. S A X L , Saturn and Melancholy, London 1964, Teil I, bes. S. 3 - 1 5 . B 12 H E N I N G E R , The Cosmographical Glass, Kap. 5, S. 141-158; J. G O D W I N , Robert Fludd. Hermetic Philosopher and Surveyor of T w o Worlds, Shembala 1979. B 13 Zur Elementelehre der Renaissance s. H E N I N G E R , The Cosmographical Glass, S. lOOff. B 14 Aristotle, On the Soul, hg. und übers, v. W. S. H E T T (The Loeb Classical Library), London, Cambridge/

Mass. 1964. D. ROSS, Aristotle, London s 1971, S. 129-153. B 15 Sancti Aurelii Augustini de trinitate libri X V , hg. von W . J. M O U N T A I N / F . G L O R I E (Corpus Christianorum Series Latina, L A ) , Turnhout 1968, liber X , 1,17 und X I , I - X ; Dictionnaire de théologie catholique I, Sp. 1003f., 1025f.; É. G I L S O N , Introduction à l'étude de St. Augustin, Paris 1949, S. 7 3 - 8 7 . Zur aristotelischen Tradition s. Aristotle, De Sensu and D e Memoria, übers, und kommentiert von G. R. T. ROSS, N e w York 1973. B 16 Zur platonischen Seelenlehre; Plato, The Republic, hg. von J. A D A M , Cambridge 1905, bes. Buch IX. Zur passiones-Lehre; Aristoteles, Rhetorik, in: Aristoteles, Die Lehrschriften, hg. von P. G O H L K E , Paderborn 1959, Buch II; M . Tullius Cicero, Gespräche in Tusculum, Lateinisch-deutsch, hg. und übers, von O. G I G O N , München 2 1970, liber III, cap. X X I V f . ; liber I V , cap. X. B 17 L. P A S T O R , Geschichte der Päpste, IX, Freiburg i. Br. 1923, S. 2 3 - 2 6 ; Dizionario biográfico degli Italiani, X I , 689-692. B 18 P. O. K R I S T E L L E R , Piatonismus in der Renaissance, und ders.. Die Platonische Akademie von Florenz, in: Ders., Humanismus und Renaissance, hg. von E. KESSL E R , 2 Bände (Uni-Taschenbücher 914/915), München o. J., I, S. 5 0 - 6 9 ; II, S. 101-114; CH. B. S C H M I T T , L'introduction de la philosophie platonicienne dans l'enseignement des Universités à la Renaissance, in: Platon et Aristote à la Renaissance. X V I e colloque international de Tours ( D e Pétrarque à Descartes, 32), Paris 1976, S. 9 3 - 1 0 4 . Zur aristotelischen Lehrtradition an italienischen Universitäten s. CH. B. S C H M I T T , Critical Survey and Bibliography of Studies on Renaissance Aristotelianism 1958-1969, Padua 1971. B 19 R. K L I B A N S K Y , The Continuity of the Platonic Tradition during the Middle Ages, London 1939; R. A L L E R S , Microcosmos from Anaximander to Paracelsus, Traditio 2 (1944) 3 1 9 - 4 0 7 ; PH. M E R L A N , From Platonism to Neoplatonism, Den Haag 2 1960; H. J. K R Ä M E R , Der Ursprung der Geistesmetaphysik, Amsterdam 2 1967, bes. S. 2 9 2 - 3 1 1 ; C. Z I N T Z E N (Hg.), Die Philosophie des Neuplatonismus ( W e g e der Forschung, 436), Darmstadt 1977. B 20 Andreà Bacci, L e X I I Pietre pretiose, R o m 1587 (München, U B : 4°Med. 203.6), Vorwort S . 4 f . B 21 Giovanni Pico della Mirandola, De Hominis dignitate, Heptaplus. De ente et uno, hg. von E. G A R I N , Florenz 1942. B 22 Zu Patricius s. P. O. K R I S T E L L E R , Eight Philosophers of the Renaissance, S. 110-123; T H O R N D I K E , A History of Magic, V I , S. 3 7 3 - 3 7 7 . B 23 Francisais Patricius, Nova de universis Philosophia, Ferrara 1591 (München, SB: 2°Ph. U. 58), bes. Tomus I V : Pancosmia, fol. 104"-107', 114 v -117 r . Zur Aristoteleskritik s. Franciscus Patricius, Aristoteles Exotericus und Mystica Aegyptiorum, Ferrara 1591 (München, SB: 2°Phil. U. 58). B 24 Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim, De Occvlta Philosophia libri I I I , Leyden o. J. (erstmals Köln 1535), liber I, cap. L X I f . (München, SB: 8°Phys. m. 6). B 25 H E N I N G E R , The Cosmographical Glass, S. 171 f.. A b b . 101 (aus Athanasius Kirchers .Arithmologia'). B 26 Robert Fludd, Utriusque Cosmi Maioris scilicet et Minoris Metaphysica ..., Tomus Secundus, Oppenheim 1619 (München, SB: 2°Phys. m. 6 7 2 ) , S. 216f. A b b . auch in G. D E G I V R Y , L e Musée des sorciers, mages et alchimistes, Paris 1929, S. 268, A b b . 204. B 27 Fludd, Utriusque Cosmi Metaphysica. Tomus Secundus, S. 6 0 - 6 6 und 188-213. Erläuterung zur Abb. auf S. 216 und 218. B 28 Andreas Vesalius. De Humani corporis fabrica libri V I I . Basel 1555 (München, SB: 2°Rar. 2252), liber V I I , S. 7 7 2 - 8 0 7 ; liber I V , S. 5 0 7 - 5 1 1 . Zu Vesalius s. A D B X X X I X , S. 6 3 9 - 6 4 8 . B 29 Subsidium oculorum, seu elenchus Symbolorum, nec non textuum S. Scripturae, aliorumque lemmatum in imaginibus positorum ... Publicae Disputationi proposita a FF. Discalceatis Ord. B V Mariae de Monte Carmelo Collegii Augustani, Augsburg 1738, hier Nr. 11 (München, SB: Res. L. eleg. m. 753); Ichnographia emblemática ... a patribus Carmelitis discalceatis provinciae Bavaricae adornata, Augsburg 1779, Nr. 5: Typus hominis interioris (München SB: Res. 4 C L. eleg. m. 105); Philosophia peripatetico-thomistica ad Methodum, & Normam inclyti illustrium studij Ettalensis ... Authore, & Praeside P. Marcellino Reischl, OSP. Benedicti, Kempten 1734, S. 1 (München, SB: 2°Diss. 26). Diese Hinweise verdanke ich M I C H A E L S C H I L L I N G und C O R N E L I A K E M P . B 30 Carafa, D e Gymnasio romano, S. 210ff. und 327-352; Marsilius Cagnatus, Collegii Aromatariorum almae urbis Nominis Pharmacopolae ... pro defensione animadversio, R o m 1603 (München, SB: 4°M. med. 296.20). B 31 Dizionario biografico degli Italiani, V, S. 30. C 1

K . - A . W I R T H , Von mittelalterlichen Bildern und Lehrfiguren im Dienste der Schule und des Unterrichts, in: B. M O E L L E R / H . P A T Z E / K . S T A C K M A N N (Hgg.), Studien zum städtischen Bildungswesen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, Göttingen 1983, hier bes. 2 9 4 - 3 1 0 und Abb. 18-29.

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Illinc e c c e falit d i v i n a M A T H E S E O S u n d a , A f t r o r u m q u e n o t a n s m o t u s , n u m c r i ì m q u c valorcs. H i n c f a c e r h u m a n o s i e i è d i f t u n d i t i n a g r o s V i r t u t u m fluvius , vicini u m ftrennus hoftis: J u r a m a g i f t r a c ù figens & c i v i b u s .-equa, Q u S q u e m o d o f u n d a n d a d o m u s r^cis a n x i a m o n f t r a n s . I n d e fluunt a l i ) tres h i s d e f o n t i b u s a m n e s , n u m e n h a b e n t , n u m é n q n e fitim r e f t i n g u e r e d o m e . I i l e i a l u t i f e r a s a n i m a r : (ed c o r p o r i s ille f u n d i r a q u a s : f a m a m , b o n a c u n & a q u e certius a u g e t . Irrigum fontein ! Primus deductor a q u a i u m q u e m facit cunnigena rerum ditione b e a t u m , A r g y r o p é n q u e Tuo m a n a n t e m r o r e p e r u r b e m . Q u : M t u a n o ' o i l i b u s B a u M B A C H I p r o l a t e a v i t i s : Q u e m t u a , P E T R E , p a t e r patriae n d i f i l m e , S I O R C X i : q u e m t u a K o i o r. F F E I E , rigar c a r i f l i m a M a l i s , D e s t e r à , ne c a p i a t virion) ; ne g u r g l t e a b i m > A r e a t , ingratam m o v e a t vel l a m a m e p h i t i m . E i a l ì t i b u n d i , i ì t i e n s u t c e r v u s a d u n d a s , F e f t i n a t e viri j u v e n e s , n à m q u e i p f e p e r e n n i s V T A L L I S S E R U S h o n o r S o p h i c i , f u l c r u m q u e l i q u o r i s , Q u i velut an tè o m n e s ( v o s m o r u m publica fcripta, V o s p r i v a t a v o c o t e f t e s c o l l e g i a ) m e n t e p n d j ù c t u e r u d i j t : ite n u n c q u o q u e f r u g e c e l e b r i Plena d i d « a q u a s u r n a : n a m c l a r a peritiregula B E U T H E R I certis regit o m n i a lirjs: N a m i a c r a B E C H T H O I . D i g r a v i t a s i f o l e r t i a B I T S C H I I : S A I T . Z M A.N N I c a n d o r : d i v i n u m p r o r f u s a c u m e n H A V V E N R E U T E R I : Tulli facundia F I O R I : Judicium R I X I N G E R I : ftudiumque peritum M A L L E O L I t e n t a i , t i t u l i s d e c o r à t q u c p r o b a t u m : N a m q i e ali) P a u l i , B a l d i , H i p p o c r a t c ì q u e , P l a t o n c l q u c A r d i c a folerti vigilantes A i g o r a c u r a , Sicci & tela canis d i f e n d a n e ignea fonti. F e l i c e m n i m i r u m n o f t n t e f o n t i s o c e i l u m , A N T O N I , m e a M a l a v o c a t : n ä m q u e o r a fluenti Sicca S q u o r e prius geftas p e r f u s a f o p h o r u m , pectus & ingcnuar f a t u r u m virtutis h o n o r e . T e m p o r a t a n g e m a n u : q u i d ibi d i c i n o n n e r u b e n t e n i tangis ibi c y c l u m ? d i g i t o s adverte : q u i d i U u c ? Fulvo rara mìcat circumlita g e m m a m e t a l l o , q u x funt perdocti m o n u m e n t a verenda MACISIRI, N o m i n e q u o donatus abis hoc nettare potus. H i c c e tibi profit potus : decus h o c c e M A G IST R I A d decus hortetur majus f i e r a verba b i b e n t e m . S i c , cui vita tcnax j u f t i , cui c o n f i l a veri C o r d a , c u u s g e n i t o r : c l a r o i ì c S a n g u i n e j u n f t i : J U S T U S p r x c i p u è M EI E R U S , p r i m a L y c e i G l o r i a , J u r i s a p e x , & n o f t r x p r o r a C a m a r i u r : l p i e e t i a m q u o f a iv a v i g e t R e f p u b l i c a ( a l v o , S e il MI D IU s , a u g u f t a : T h e m i d o i l e g u m q u e p e r i t u s : N e e m i n u s & l a n ö i f p a r g e n t i s d o g m a t a v e r b i C a n i t i e s L I P n i » m e r a p c f t o r e g a u d i a volvent. Interea A NTO N I n o f t r u m , tua g a u d i a , f o n t e m » M e n t e b o n a q u a ductus h a b e , n a m g u t t u r a f e m p e r p o c a n d i u r e t a m o r , p o t u licet a n t è rigata.

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SCHOLA GENTILIUM. Der Heyden Schul

1,8

Ort Jahr Bild Text Verleger Format Zustand

Das Flugblatt will den christlichen Betrachter im Glauben bestärken, indem es die Existenz und das Wirken Gottes durch Beobachtungen in dieser Welt beweist. Die Graphik zeigt die rechte Hand Gottes (B 3), die mit dem Jahwe-Tetragramm beschriftet ist und einen geozentrischen Kosmos umfaßt. In seiner Mitte ist der Mensch vor der aufgeschlagenen Bibel abgebildet. Ihn umgeben Vertreter der pflanzlichen und tierischen Kreatur sowie Gegenstände, die auf Aktivität und Geschichte des Menschen verweisen. Die die Erde umschließende Atmosphäre ist erfüllt mit Vögeln, Wolken, Winden und Gestirnen; ein Komet und ein Flammenschwert stehen für himmlische Wunderzeichen. Göttliche Segnungen des Menschen in seinem Erdenleben werden durch das Füllhorn angezeigt, strafende Plagen durch einen herabstürzenden Insektenschwarm und einen Hagel von Totenschädeln und -gebein. Über die Zahlen 1 bis 10 sind die einzelnen Teile der Graphik mit den Abschnitten des FlugblattTextes verbunden, in dem der Nürnberger Theologe Johann Saubert traditionelle Argumente und Beweise für die Existenz und das Wirken eines einigen, gütigen und gerechten Gottes aufführt, wie den aristotelischen Bewegungsbeweis und Formen des teleologischen und moralischen Gottesbeweises (B 4). Die Argumente sind so beschaffen, daß sie allein auf Beobachtungen und rationaler Analyse von visibilia und allgemein anerkannter Tatsachen basieren und jeden Menschen, selbst einen Heiden, von der Wahrheit der Lehre vom einigen Gott überzeugen können sollen. Darüber hinaus sind sie Staffelweiß angeordnet, damit durch sie die Leser schrittweise zur Erkenntnis Gottes aus der Natur und von dort aus weiter zur Anerkennung der geoffenbarten Religion geführt würden. Bis an die Schwelle zur höchsten Einsicht in die Wahrheit der christlichen Religion reicht das 10. der vorgetragenen Argumente: In ihm will Saubert die Glaubwürdigkeit der Heiligen Schrift auch dem Zweifelnden nach dem Grundsatz antiquissimum quodque verissimum verdeutlichen; die Wahrhaftigkeit des Alten Testaments und seiner Christusprophezeiungen sei durch das Alter der hebräischen Sprache gesichert, die, wie Saubert im Anschluß an den ,Liber radicvm sev lexicon ebraicvm' des Johann Avenarius (Habermann, 1516—1590, B 5) argumentiert, der Ursprung der griechischen, der lateinischen und auch anderer Sprachen sei. Zudem betrachtet Saubert auch inhaltlich die alttestamentlichen Vorstellungen als die ursprünglichen, die von den Heiden rezipiert und dabei korrumpiert worden seien. Als dritten Aspekt nennt der Nürnberger Prediger, daß für

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Nürnberg 1627 Kupferstich (von Johann Hauer, 1 5 8 6 - 1 6 6 0 , B 1) Typendruck in 3 Spalten; Prosa von Johann Saubert ( 1 5 9 2 - 1 6 4 6 , B 2) Johann Hauer 53,5 x 35,4; 25,8 x 31,7 2 aneinandergeklebte Blätter mit alter Foliierung auf der Rückseite: 60 (oben) und 61 (Mitte)

die Wahrheit der biblischen Lehren auch die offenkundige Erfüllung der alttestamentlichen Verheißungen im Leben Jesu spreche. — Saubert schließt seinen Traktat mit einer moralisierenden Zusammenfassung und Ermahnung zum rechten Glauben, wobei er besonders auf die Bedeutung der eifrigen Bibellektüre hinweist. Ganz deutlich wird hier auch, daß er sich mit seinen Ausführungen an die Christen, nicht, wie der Titel zunächst glauben machen könnte, an Heiden wendet. Über weite Strecken (Argument 2 bis 9) ist der Saubertsche Text nichts anderes als eine Übersetzung von Exzerpten aus dem zweiten Teil des .Opvscvlvm theologicvm' des Johann Schröder ( 1 5 7 2 - 1 6 2 1 , B 6), eines persönlichen Förderers Sauberts (B 7). Hinzugefügt wurde das 1. Argument, das den aristotelischen Bewegungsbeweis nach der Darstellung des Thomas von Aquin (ca. 1225 — 1274) in dessen ,Compendium Theologiae' (bes. cap. 3ff., 7ff., 14) zusammenfaßt, und das 10. Argument. Durch letzteres gibt Saubert der gesamten Reihe eine rein moralisierende Tendenz. Hatte Schröder noch, ganz im Sinne der orthodoxen Theologie (B 8), die Begrenztheit der natürlichen Gotteserkenntnis diskutiert und ihren Stellenwert allein in Hinordnung auf die Offenbarung in der Schrift bestimmt, so läßt Saubert nun diesen wissenschaftlich-theologischen Kontext der von ihm referierten Überlegungen weg; denn für die Seelsorge, der das Flugblatt dienen soll, scheinen ihm die theologischen Reflexionen offenbar nicht passend. Widmungsadressat der SCHOLA GENTILIUM ist der österreichische Kaufmann Heinrich Kielmann, der 1628 zum kaiserlichen Rat ernannt und „mit dem Prädikate ,von Khielmannss E c k h ' " geehrt wurde (B 9). Da in der Dedikation jeder Hinweis auf diese gesellschaftliche Auszeichnung fehlt, ist für das Flugblatt ein Erscheinungsdatum vor 1628 anzunehmen, was die handschriftliche Datierung auf dem Ulmer Exemplar des Blattes ¡627 bestätigt (vgl. A 3).

Weitere Standorte: Nürnberg, G N M : 24900/1337; Ulm, StB: Einbl. 886

Andere Fassungen:

A 1 A 2

A 3 A 4

B 1 B 2 B 3

B 4

B 5 B 6

B 7 B 8

B 9

G e o r g A n d r e a s Will, Nürnbergisches G e l e h r t e n - L e x i con, III, S. 464. R. V A N D Ü L M E N , Orthodoxie und Kirchenreform. Der Nürnberger Prediger Johannes Saubert ( 1 5 9 2 - 1 6 4 6 ) , Zeitschrift f. bayerische Landesgeschichte 3 3 (1970) 6 3 6 - 7 8 6 , hier S. 783. Weitere Flugblätter Sauberts: / I I I , 9 1 , 98. Illustrierte Flugblätter des B a r o c k , S. 5 - 7 . Dazu W A L T R A U D T I M M E R M A N N , Die illustrierten Flugblätter des N ü r n b e r g e r Predigers J o h a n n Saubert, Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 1983/84, S. 1 1 7 - 1 3 5 . T H I E M E / B E C K E R X V I , 127. vgl. zu Saubert bes. V A N D Ü L M E N , O r t h o d o x i e , S. 6 3 6 - 7 8 6 ; Will. G e l e h r t e n - L e x i c o n , S. 4 2 8 - 4 6 5 . Z u r Tradition vgl. LchrIK II, Sp. 2 1 1 - 2 1 4 ; M. K I R I G I N , La m a n o divina nell'iconografia cristiana (Studi di antichità cristiana, 31) R o m 1976; W. S T E C H O W , A n Early W o o d c u t With the H a n d of G o d , Allen Memorial A r t M u s e u m Bulletin 14 ( 1 9 5 6 ) 7 - 1 5 . In Sauberts ,AY£2AEKA£ Emblematum sacrorum' (Nürnberg 1 6 2 5 - 1 6 3 0 , N a c h d r u c k H i l d e s h e i m / N e w York 1977), S. 32, findet sich eine Version in mülam partem, die den Kosmos in der G e w a l t des Teufels zeigt. vgl. dazu bes. D . S C H L Ü T E R , A r t . .Gottesbeweis', in: J. R I T T E R (Hg.), Historisches W ö r t e r b u c h der Philosophie, III, D a r m s t a d t 1974, Sp. 8 1 8 - 8 3 0 . W i t t e n b e r g 1568 ( M ü n c h e n , SB: 2°L. As.32); vgl. das nicht paginierte V o r w o r t . Opvscvlvm Theologicvm de principio theologiae, et natvrali noticia Dei, Schweinfurt 1605 ( M ü n c h e n , SB: Th.U.470w). V A N D Ü L M E N , O r t h o d o x i e , S. 641 f. vgl. bes. H . E . W E B E R , R e f o r m a t i o n , O r t h o d o x i e u n d Rationalismus, I: V o n der R e f o r m a t i o n zur Orthodoxie, 2. H a l b b d . , G ü t e r s l o h 1940, S. 2 6 8 f f . ; zur Tradition der natürlichen G o t t e s e r k e n n t n i s a u ß e r d e m : K. H . MISK O T T E , A r t . .Natürliche Religion u n d Theologie', in: R G G IV, Sp. 1322ff.; W. P A N N E N B E R G / G . S Ö H N G E N , A r t . .Natürliche Theologie', in: L T h K VII, Sp. 811 ff. Familien-Chronik der H e r r e n , F r e i h e r r e n u n d G r a f e n von Kielmansegg, 2. erg. u. verb. Aufl., hg. von E. G r a fen von K I E L M A N S E G G , Wien 1910, S. 81. WT



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STATVA NABVCHODONOSORIS. Das grosse Bild

Ort Jahr Bild

Dresden 1611 Kupferstich von Jan Diricks (1. Viertel d. 17. Jhs., B 1) nach Giovanni Maria Nosseni (1544-1620, B 2) Typendruck; Prosa von Giovanni Maria Nosseni; 3 lateinische Distichen von Caspar Fugerus (gest. 1617) Giovanni Maria Nosseni Hieronymus Schütz (1552—1616) 89,6 x 60,9; 40,8 x 27,8 der Kupferstich ist aufgeklebt.

Text Verleger Drucker Format Zustand

Der von Nebukadnezar geträumte Koloß (Dan 2, 31—45) wurde von Nosseni in Holz nachgebildet und in mehreren Schriften ausgelegt.

wurde das nebenstehende Blatt als Beilage hinzugefügt (B 5), doch spricht die Uberlieferung dafür, daß es auch als Einzelblatt vertrieben wurde. Die ,CHRONOLOGIA' erläutert einige Details der graphischen Darstellung, die auf dem Blatt selbst nicht erwähnt werden:

Auf einer Kugel, auf der in Gestalt des Löwen, Bären, Panthers und Adlers die vier Weltreiche abgebildet sind, erhebt sich das von NebukadneDEr Regenbogen in den Henden dieser Figur bedeutet die zar geträumte und von Daniel gedeutete Standvergangene Sündflut / nach welcher Gott dem Noe den Rebild, dessen Monumentalität durch die bildfülgenbogen gegeben zum Zeichen /das die Welt nicht mehr mit lende Größe und die von unten nach oben fühWasser / sondern mit Fewer ein Ende haben solle / Sind derhatben die Fewerflammen in die hende des Bildes angeordrende Perspektive betont wird. Die Haltung im net / welche das zukünfftige Jüngste gericht bedeuten. Kontrapost und das antikisierte Gewand orientieren sich an römischen Plastiken wie dem Au... Der Engel mit der kayserliehen vnd königlichen Krone / in der Lufft schwebend / bedeutet ! das alle Regiment von gustus von Primaporta (Vatikanische Museen) GOtt geordnet werden / vnd vom Himmel herab auff Erden und unterstreichen die Statuarik der Figur. Zwigesendet / Vnd das dieselben durch das Menschliche geschen zwei Flammenbüscheln, die die jünglingsschlecht erhalten werden / wie zu sehen an des Weibes Bild / hafte Gestalt in den Händen hält, spannt sich ein welches in der Rechten Hand ein Hertz mit Fewerflammen Regenbogen. Neben bzw. unter den Füßen der helt. Vnd in der Lincken ein Stäblein / darauff ein halber Mondschein gesetzt. Figur befinden sich das Papstwappen, ein Turban und eine in einen weiblichen Oberkörper über... Neben dem Globo zur rechten ist die zeit Figuriert mit dergehende Schlange. Vom Himmel schwebt ein geselben zeichen / anzuzeigen der Menschen leben sampt allen Regimenten / welche eine kleine zeit auff Erden weren / vnd flügelter Putto herbei und bringt zwei Kronen. In allein durch Gottes willen gegeben vnd erhalten werden symmetrisch aufeinander bezogener Haltung sit(B 6). zen neben der Kugel links der greise Chronos, rechts die Personifikation der Caritas mit der un- Der Vergleich mit dem herkömmlichen Bildtypus typischen Beigabe der auf einen Stab gesetzten der ,Statua Nabuchodonosoris' (B 7) gibt zusätzMondsichel. liche Aufschlüsse über Anspielungen und Aussagen des Standbilds. Im Gegensatz zu sonstigen Die um das Bild angeordneten Texte beziehen Darstellungen hat die Statue Nossenis einen judie Körperteile der Statue im Unterschied zur bi- gendlichen bartlosen Kopf, dessen blondes Haar blisch-traditionellen Weltalter-Deutung auff der nicht von einem Helm bedeckt ist. Dieses MerkMenschen Leben vnd Wandel. Als Grundlage mal und die gleichfalls ungewöhnlichen Flamdieser moralischen Interpretation dienen die menbüschel in den Händen rücken das Standbild proprietates der Metalle, aus denen die Statue be- in die Nachbarschaft von Darstellungen des Apsteht. Erst mit der Applikation der Beine auf das pollo-Sol (B 8) und geben auf diese Weise nicht Römische und Byzantinische Reich und durch die nur Bezüge zum als Sol Justitiae erscheinenden Herrschaftsinsignien von Papst und Türke geht Weltenrichter Christus zu erkennen (B 9), sondie Auslegung auf den Ablauf der Geschichte dern erlauben auch alchemistische Deutungen. ein. Der Text schließt mit einer Mahnung an den Apollo-Sol galt nämlich als Symbol des Goldes, günstigen Leser, über den irdischen und somit so daß die Anspielung auf seine Ikonographie als vergänglichen Dingen (dazu auch die Distichen) Rückbezug auf den goldenen Kopf der Statue nicht die Himmlischen schätze zu vergessen und gewertet werden könnte. Der Mondstab der Carisein Leben so einzurichten, daß man seinem tas verweist auf ähnliche Zusammenhänge, da Glauben treu bleibe, sich ein gut Gewissen er- Luna das Silber repräsentierte, somit also das halte und der Nachwelt in guter Erinnerung blei- Element, dem die Caritas explizit in der Auslegung der Statue zugeordnet wird. Das Standbild be. erhält auf diese Weise Ansätze zu einer umfassenden Kosmologie. Die Weltkugel als StandNosseni, italienischer Architekt und Bildhauer in platz der Statue erinnert an die Fortuna-Ikonosächsischen Diensten, fertigte 1601 für seine eigraphie, wie auch der Regenbogen kompositiogene Kunstkammer in Dresden die auf dem nell an das Fortuna-Segel anschließt (B 10). SoFlugblatt abgebildete Statue aus Holz, Edelsteimit steuert schon die Bildstruktur mit ihren vernen und den erforderlichen Metallen an (B 3). In deckten ikonographischen Korrespondenzen die mehreren Veröffentlichungen beschäftigte sich Aussage auf das Thema der Unbeständigkeit alNosseni mit dem Thema der Danielsvision, auf les Irdischen zu, das in der Figur des Chronos und das er durch die Schrift ,Anatomia Statuae Daim Text als wichtige Lehre der Darstellung aufnielis' des sächsischen Pfarrers Lorenz Faust scheint. (gest. 1626) (B 4) aufmerksam wurde. Der umfänglichsten und aufwendigsten dieser PublikaDie Originalstatue und vergleichbare Darsteltionen, der ,CHRONOLOGIA vnd Beschreibung', lungen an der Straßburger Münsteruhr (/"IV, 28

310) oder in der großen Ratsstube des Lüneburger Rathauses (B 11) demonstrieren in ihren jeweiligen Kontexten vornehmlich repräsentative Gelehrsamkeit. Format und Aufmachung des Blattes mit der doppelten Druckerbordüre und dem rahmenden Text lassen vermuten, daß die Käufer des Blattes, etwa nach der Besichtigung der Originalstatue, einen Abglanz jener Repräsentativität erhalten sollten oder wollten.

Weitere Standorte: London, BL: FH 1611; München, SB: Res. 2°Chron. 56 (eingebunden); ehemals Antiquariat Drugulin, Leipzig (B 12)

Andere Fassungen:

B 1 B 2

T H I E M E / B E C K E R IX, 3 2 6 f . Ebd. XXV, 522; A D B LH, 6 5 9 - 6 6 3 ; W. M A C K O W S KY, Giovanni Maria Nosseni und die Renaissance in Sachsen, Berlin 1904. B 3 D a ß Nosseni die Statue 1612 Kaiser Rudolf II. in Prag gezeigt haben soll, ist vom Zeitpunkt her zweifelhaft, da Rudolf bereits am 20. Januar 1612 starb ( M A C K O W S KY, Nosseni, S. 106). B 4 Dresden 1585 (München, SB: 4°H.un. 53); J Ö C H E R II, 533. B 5 Giovanni Maria Nosseni, C H R O N O L O G I A Vnd Beschreibung des grossen Bildes ..., Dresden 1612 (München, SB: Res.2°Chron. 56). B 6 Ebd., fol. 2 v - 3 v . B 7 / I I , 1 ; S T R A U S S 190; E. M A R S C H , Biblische Prophetie und chronographische Dichtung. Stoff- und Wirkungsgeschichte der Vision des Propheten Daniel nach Dan. VII (Philol. Studien u. Quellen, 65), Berlin 1962, Abb. 20 f. B 8 Zu diesem Typus vgl. E. P A N O F S K Y , Dürers Stellung zur Antike, in: ders., Sinn und Deutung in der bildenden Kunst, Köln 1975, S. 2 7 4 - 3 5 0 , hier S. 2 8 5 - 2 9 1 . B 9 Ebd.; auch Nossenis Erläuterungen legen ja die Flammenbüschel als Zeichen des Jüngsten Gerichts aus. B 10 vgl. die Abbildungen bei K I R C H N E R , Fortuna, außerdem Fortvne, Ausstellungskatalog Lausanne 1982. B 11 H . R A M M , Rathaus zu Lüneburg (Bildmonographien niederdt. Kunst u. Landschaft, 3), Kollmar o. J., S. 12 (Abb.) B 12 D R U G U L I N II, 1224 (mit abweichender, vermutlich ungenauer Angabe des Stechers: „J. Dierichsen sc."). MSch

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