Der urheberrechtliche Schutz von Mikrochips [1 ed.] 9783428477227, 9783428077229

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Der urheberrechtliche Schutz von Mikrochips [1 ed.]
 9783428477227, 9783428077229

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Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft

Band 73

Der urheberrechtliche Schutz von Mikrochips

Von

Antje Wippermann

Duncker & Humblot · Berlin

ANTJE WIPPERMANN

Der urheberrechtliche Schutz von Mikrochips

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr. Helmut Kollhosser Dr. Jürgen Welp

Band 72

Der urheberrechtliche Schutz von Mikrochips

Von

Antje Wippermann

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Wippermann, Antje: Der urheberrechtliche Schutz von Mikrochips / von Antje Wippermann. - Berlin : Duncker und Humblot, 1993 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft ; Bd. 72) Zug!.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07722-9 NE:GT

D6 Alle Rechte vorbehalten © 1993 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-07722-9

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1992 von der Rechtswis­ senschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster als Dissertation angenommen. Später veröffentlichte Rechtsprechung und Literatur sind bis September 1992 berücksichtigt. Meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Heinrich Dörner, danke ich für seine verständnisvolle fachliche und persönliche Förderung, Herrn Prof. Dr. Wilfried Schlüter für die Mühe der Zweitkorrektur. Für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe danke ich den Herausge­ bern, Prof. Dres. Helmut Kollhosser, Hans-Uwe Erichsen und Jürgen Welp.

Münster, im Januar 1993

Antje Wippermann

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 §1

Technische Grundlagen und wirtschaftliche Bedeutung der Halbleiterindustrie 1.

Physikalische und chemische Prozesse in der Halbleitertechnologie ............... 18

II.

Entwurf und Fertigung eines Halbleiterbauelements .......................... 20 1. Der Konstruktionsentwurf ......................................... 20 2. Gate arrays und Standardzellen ..................................... 22 3. Herstellung von Masken und Fertigung eines Halbleiterbauelements ........... 23 4. Vervielfältigung eines Halbleiterbauelements ........................... 24

5. Reverse engineering ............................................. 24 III. Wirtschaftlicher Hintergrund .......................................... 25

§2 Gesetzessystematischer Kontext 1.

Patentrecht ...................................................... 28 1. Gegenstand ................................................... 28 2. Begriff der Erfindung ............................................ 29

H.

Gebrauchsmusterrecht .............................................. 3 r

III. Urheberrecht ..................................................... 32 1. Gegenstand ............................................ ....... 32 2. Das Persönlichkeitsrecht .......................................... 33 N. Geschmacksmusterrecht ............................................. 35 1. Ästhetischer Gehalt ............................................. 36 2. Neuheit und Eigenart ............................................ 36

8

Inhaltsverzeichnis

V. Recht zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb ............................ 37 1. Überblick .................................................... 37 2. Generalklausel ................................................. 38 VI. Internationale Abkommen zum Urheberrechts- und Patentschutz ................. 40 1. Die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und der Kunst ... 40 a) "Mindestrechte" und Inländerbehandlung ........................... 41 b) Computerprogramme und Reformbestrebungen ....................... 42 2. Das Welturheberrechtsabkommen ................................... 43 3. Die Pariser Verbandsübereinkunft ................................... 44 §3

Schutzgesetze ,,sui generis" und internationale Abkommen zum Schutz von Mikrochips 1.

Der Semiconductor Chip Protection Act (SCPA) von 1984 ..................... 46 1. Das Gesetzgebungsverfahren ....................................... 47 2. Die Festschreibung materieller Reziprozität ............................ 48

II.

Das Gesetz Japans zum Schutz von Mikrochips von 1985 ..................... 51

III. Das Gesetz Schwedens zum Schutz von Mikrochips von 1986 .................. 51 N. Die EG-Richtlinie über den Rechtsschutz der Topographien von Halbleitererzeugnissen von 1986 ....................................................... 52 V. Das deutsche Halbleiterschutzgesetz vom 22. Oktober 1987 ................... . 52 VI. Die Konvention der World International Property Organization .................. 54 §4

Überblick über die wesentlichen Regelungen des Halbleiterschutzrechts I.

Schutzobjekt ..................................................... 56

II. ,,Eigenart" als Voraussetzung des Schutzes ................................ 58 III. Schutzrechtsinhaber ................................................ 60 IV. Anmeldung ............... . ...................................... 60 V. Schutzdauer ..................................................... 61

Inhaltsverzeichnis

9

VI. Umfang und Wirkungen des Schutzes .................. ................. 62 §5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte bei der Herstellung von Mikrochips I.

Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen ..................... 65 1. Der Schaltungsentwurf als Schutzobjekt des § 2 UrhG ................. . ... 65 a) Darstellung wissenschaftlicher Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG . . . . . . . .... 65 b) Die Konstruktionszeichnung als persönliche geistige Schöpfung nach § 2 Abs.2 UrhG ............................................... 66 aa) Die persönliche Leistung ................................... 67 bb) Die geistige Schöpfung ..... ............................ ... 69 (1) Der belehrende Zweck bei Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art ....................................... 70 (2) Berücksichtigung des Inhalts bei der Feststellung einer eigenpersönlichen Leistung .................. . ................ . ... 71 (3) Idee und Ausdruck, Gemeingut und individuelle Züge eines Werks . . 74 (4) Die ,,kleine Münze" des Urheberrechts .............. . .... ... 78 (a) Die ,,kleine Münze" bei Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art und bei Schriftwerken .................... 79 (b) Anforderungen des Bundesgerichtshofs an die persönliche geistige Schöpfung bei Computerprogrammen ....... . ........ 81 (c) Konsequenzen für die Beurteilung der Schöpfungshöhe von Kon­ struktionszeichnungen für Mikrochips . . ...... . . . . .. . ..... 82 (d) Vergleich mit den Anforderungen des Halbleiterschutzgesetzes .. 85 (e) Exkurs: Die Maßstäbe der Rechtsprechung und die EG-Richtlinie zum Softwareschutz ................................. 86 c) Ergebnis .................................................. 87 2. Die Urheberrechtsfähigkeit der Konstruktionszeichnungen von gate arrays und Standardzellen . . .... . ... . . . . . ... . . . .. . ..... . . . . . .. . ...... . ...... . . 88

II. Die Urheberrechtsfähigkeit von Masken .................................. 89 1. Schutz von Masken in Halbleiterschutzgesetzen ....... . ................ . 89 2. Schutz von Masken nach dem Urheberrechtsgesetz ............... ..... ... 90 a) Schutz von Lichtbildern im Urheberrechtsgesetz ...................... 90 b) Masken als Lichtbilder ........................................ 92 III. Die Urheberrechtsfähigkeit von Mikrochips ............... . ............... 93 IV. Ergebnis .......................................... • ............. 94

10

Inhaltsverzeichnis §6

Schutz vor Vervielfältigungen (,,Raubkopien") durch das Urheberrecht

1.

Anforderungen an einen urheberrechtlichen Halbleiterschutz .................... 95

II.

Schutzumfang des Urheberrechts ....................................... 95 1. Das Problem der „Dimensionsvertauschung" .......................... . . 95 2. Die Vervielfältigung i.S.d.Urheberrechts .............................. 97 a) Die Vervielfältigung bei ,,klassischen" Werken des Urheberrechts .......... 97 b) Die Vervielfältigung beim Herstellungsprozeß eines Mikrochips ........... 99 aa) Die Kopie der Konstruktionszeichnung als Vervielfältigung ........... 99 bb) Zwischenstadien beim Kopierverfahren als Vervielfältigungen ........ 100 c) Unterschiede zwischen der Kopie eines Mikrochip-Layouts und der Herstellung einer Maschine nach einer Konstruktionszeichnung ............... 101 d) Die Lehre vom Gebrauchsgegenstand (,,useful article doctrine") im amerika­ nischen Urheberrecht ........................................ 103 e) ,,Verlassen des urheberrechtlich relevanten Bereichs"? ................. 104 3. Ergebnis ..................................................... 106 §7 Reverse engineering als besonderes Problem beim Schutz von Halbleiterbauelementen durch das Urheberrecht

1.

Regelungen des reverse engineering in Halbleiterschutzgesetzen ................ 107 1. Reverse engineering im amerikanischen Recht ......................... 107 2. Reverse engineering in der EG-Richtlinie und im Halbleiterschutzgesetz ....... 109

II. Reverse engineering im Urheberrecht .. . ................................ 110 1. Reverse engineering bei Computerprogrammen ..•...................... 110 a) Zulässigkeit der Vervielfältigung nach § 53 UrhG .................... 112 b) Teleologische Reduktion des § 16 Abs.1 UrhG .................•... 112 2. Reverse engineering bei Halbleiterbauelementen ........................ 113 a) Übertragung der Vorschläge zur Rechtfertigung von reverse engineering bei Software auf reverse engineering bei Erzeugnissen der Mikroelektronik ..... 113 aa) Die ,,Idee" als allgemein verfügbares Gut ....................... 113 bb) Beteiligung des Urhebers am wirtschaftlichen Erfolg seiner geistigen · Leistung ........ • ..............•....•................. 114 cc) Exkurs: Dekompilierung von Computerprogrammen in der EG-Richtlinie zum Softwareschutz vom 14.Mai 1991 ......................•. 115 b) Vervielfältigung zum wissenschaftlichen Gebrauch und freie Benutzung .... 116

Inhaltsverzeichnis

11

aa) Vervielfältigung zum wissenschaftlichen Gebrauch nach§ 53 Abs.2 Nr.1 UrhG ............................................ 116 (1) Wissenschaftlicher Gebrauch ...... ...................... 117 (2) Sinn und Zweck des§ 53 Abs.2 Nr.1 UrhG ................. 117 bb) Freie Benutzung nach§ 24 Abs.1 UrhG ....................... 118 (1) Abgrenzung zur unfreien Benutzung ....................... 119 (2) Die Feststellung der freien Benutzung im Einzelfall ............ 120 III. Ergebnis: reverse engineering nach den Grundsätzen des Urheberrechts ........... 122 §8

Sanktionen bei der Verletzung von Rechten 1.

Regelungen im Halbleiterschutzrecht ................................... 124 1. Ansprüche im Halbleiterschutzrecht ................................. 124 2. ,,lnnocent infringement" ......................................... 125 a) Der Tatbestand des ,Jnnocent infringement" ........................ 125 b) Entschädigungspflicht bei Verlust des guten Glaubens ................. 126

II. Regelungen im Urheberrecht ......................................... 127 1. Ansprüche im Urheberrecht ...................................... 127 a) Ansprüche nach§§ 96 Abs.1, 97 UrhG ........................... 127 aa) Der Anspruch auf Unterlassung, Beseitigung und Vernichtung ........ 128 (1) Die Verletzungshandlung ............................... 128 (a) Die Verbreitung .................................. 129 (b) Der Erwerb als Teilnahmehandlung ..................... 129 (2) Der Inhalt des Anspruchs ............................... 130 (a) Der Anspruch auf Unterlasssung ....................... 130 (b) Der Anspruch auf Beseitigung und Vernichtung ............ 131 bb) Der Anspruch auf Schadensersatz ............................ 133 (1) Verletzungshandlung und Verschuldensmaßstab ............... 133 (2) Der Umfang des Anspruchs ............................. 134 b) Ansprüche aus anderen Vorschriften

135

2. ,,lnnocent infringernent" im Urheberrecht? ............................ 136 a) Gutgläubiger Erwerb nach§§ 929, 932 BGB ....................... 136 b) Der Erschöpfungsgrundsatz nach§ 17 Abs.2 UrhG .................. 137

12

Inhaltsverzeichnis §9

Die Durchsetzung von Ansprüchen im Prozeß 1.

Die Darlegungs- und Beweislast im Zivilprozeß ......... . ..... . ........... 139

II. Die Rechtslage nach den Halbleiterschutzgesetzen .......................... 139 III. Das Verfahren nach dem Urheberrechtsgesetz .........................• ... 140 1. Die Beweis- und Darlegungslast im Urheberrechtsverletzungsprozeß .......... 140 2. Umfang der Darlegungslast bei Software ............................. 141 3. Die Darlegungslast bei Prozessen um die Verletzung von Mikrochip-Layouts .... 143 4. Beweisfragen bei reverse engineering nach Halbleiterschutzrecht und Urheberrecht 143 § 10 Schutzdauer 1.

Die Schutzdauer in Halbleiterschutzgesetzen .............................. 146

II. Die Schutzdauer im Urheberrecht .................................• ... 147 § 11

Die arbeitsvertragliche Einräumung von Nutzungsrechten 1.

Die Rechtslage nach den Halbleiterschutzgesetzen .......................... 149

II. Regelungsmöglichkeiten im Urheberrecht ................................ 150 1. Voraussetzungen des § 43 UrhG ..................... • ... • ........ • 151 2. Die Einräumung von Lizenzen an den Arbeitgeber ...................... 152 a) Die stillschweigende Einräumung von Nutzungsrechten ................ 153 b) Umfang der Lizenzeinräumung - Die Zweckübertragungstheorie ......... 154 c) Begrenzung der Nutzung durch persönlichkeitsrechtliche Befugnisse des Urhebers ....................................• ............. 155 aa) Anerkennung der Urheberschaft ............................. 155 bb) Änderungsrecht ...........................• ............. 155 cc) Zugang zu Werkstücken und Rückforderungsrecht ................ 156 dd) Lizenzen für noch nicht bekannte Nutzungsarten .................. 156 d) Zeitpunkt der Einräumung von Nutzungsrechten ..................... 157 aa) Vorausverfügung oder Ablieferungstheorie ...................... 157 bb) Schriftformerfordernis ................ • ..... • ............. 158 e) Ergebnis ......... . ....................... • . • . • ........... I 59

Inhaltsveneichnis

13

§ 12 Verfahrensrechtliche Vora�tzung: Registrierung - Konflikt mit der Formfreiheit des Urheberrechts 1.

Registrierung in den Halbleiterschutzgesetzen ............................. 161

II. Registrierung und Urheberrecht ....................................... 163 § 13 Weitere Lösung.,ansätze für urheberrechtlichen Halbleiterschutz 1.

Schutz des Mikrochips über das Mikroprogramm ......................... . 164 1. Urheberrechtsschutz in den Vereinigten Staaten - der Fall NEC v.Intel ....... 164 2. Rechtsschutz für das Mikroprogramm nach deutschem Urheberrecht .......... 165

II. Schutz des Mikrochips über die firrnware ..... . .......................... 166 III. Lichtbildschutz für Bildschirrnzeichnungen ............................... 167 1. Schutz als Lichtbild ........... . ..... . . . .............. . . . ....... 167 2. Schutz als lichtbildähnliches Erzeugnis ............. . ................ 169 § 14 Zusammenfassung und Ausblick 1.

Zusammenfassung

171

II. Ausblick ................................ . ... . .... . .......... . . . 173 1. Möglichkeiten der Reaktion des Urheberrechts auf technologische Herausforderungen ..................................................... 173 2. ,,Reinventing the wheel" ........... . ........ . . ......... . ......... 175 GIOMar ................................................... . ....... 177 Literaturverzeichnis .......................................... . ....... 181

Abkürzungsverzeichnis Übersicht über die abgekünt zitierten Zeitschriften: AMI

Tijdsrift voor auteurs-, media- en informatierecht

CR

Computer und Recht

DdA

Le Droit d'auteur

EIPR

European Intellectual Property Review

FuR

Film und Recht

ICLA

International Computer Law Adviser

IIC

International Review of Industrial Property and Copyright Law

IPIB

Intellectual Property in Business

iur

Informatik und Recht

ÖBI.

Österreichische Blätter für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht

recht

Informationen des Bundesministers der Justiz

SMI

Schweizerische Mitteilungen über Immaterialgüterrecht

SJZ

Schweizerische Juristen-Zeitung

WIPR

World lntellectual Property Report

ZUM

Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht

Im übrigen richten sich die Abkünungen nach Kirchner, Hildebert, Abkünungsverzeichnis der Rechtssprache, 3. Aufl. Berlin 1983.

Einleitung Seit dem 1 . November 1 987 werden in Deutschland Mikrochips durch das Gesetz über den Schutz der Topographien mikroelektronischer Halbleitererzeug­ nisse (Halbleiterschutzgesetz) geschützt. Drei Gesichtspunkte rechtfertigen es, sich dennoch mit einer möglichen Urheberrechtsfähigkeit von Mikrochips aus­ einanderzusetzen und nach der Wirksamkeit des halbleiterschutzrechtlichen Instrumentariums zu fragen: Zum einen schließt das neue Schutzrecht den Schutz nach anderen V orschrif­ ten, wie insbesondere auch den nach dem Urheberrechtsgesetz nicht aus, soweit dessen Voraussetzungen gegeben sind. 1 Zum anderen ist es angesichts der Hast, mit der die neuen Schutzgesetze entwickelt worden sind, noch nicht zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Frage gekommen, ob nicht nur die Ziele2 , die das Urheberrecht verfolgt, sondern möglicherweise auch die Mittel, die es bereitstellt, für einen Schutz von Mikrochips angemessen sind.3 Drittens stellt sich die Frage nach dem praktischen Wert eines vielstimmig und nach­ drücklich geforderten Gesetzes, das in den vier Jahren seiner Existenz noch nicht zu einer einzigen Gerichtsentscheidung geführt hat. Eine unbefangene Auseinandersetzung mit dem Problem, ob das Urheberrecht Mikrochips schützen kann, verhindert der Gedanke, daß Vorschriften, die ur­ sprünglich zum Schutz künstlerischen Schaffens entwickelt wurden, nun auf neue Errungenschaften der Technik angewandt werden sollen. So bestehe die Gefahr, alteingeführte Begriffe des Urheberrechts im Wege der Interpretation

1 So ausdrücklich Begr. des Regierungsentwurfs BT-Drs. l l / 454, S. 14. Ausdrücklicher Aus­ schluß der Anwendbarkeit urheberrechtlicher Vorschriften dagegen z.B. im schwedischen Halbleiter­ schutzgesetz, Kamell, ICLA 1987, 26. 2 Nach der Begr. des Regierungsentwurfs, BT-Drs. l l / 454, S. 14, soll das neue Schutzrecht, ähnlich wie das Urheberrecht, die Wirkung eines Nachbildungs- und Verwertungsverbots haben. 3 So auch Kolle, GRUR Int. 1985, 32. Auch Meijboom, ICLA 1988, 16, meint, die Frage eines urheberrechtlichen Schutzes sei immer noch (trotz der Entscheidung für einen sui generis-Schutz) interessant. Anders Dreier, IIC Studies, S. 74, der den Versuch, den Schutz für Mikrochips in das Recht zum Schutz des geistigen Eigentums einzuordnen, für einen „idealistic approach" hält.

16

Einleitung

übermäßig auszudehnen und sie damit ,, ... auch für die ihnen noch heute unter­ fallenden traditionellen Schöpfer auszuhöhlen". 4 Ein Gesetz zum Schutz der Kunst wird als mit Anforderungen der Technik unvereinbar erklärt. Bilden Technik und Kunst einen unüberwindlichen Gegensatz mit der Folge, daß das Urheberrechtsgesetz, als Regelungsort für künstlerische Werke, nicht geeignet für den Schutz „technischer Schöpfungen" sein kann? Eine Berührung von Technik und Kunst hat stets Fragen bezüglich der Schutzfähigkeit durch das Urheberrecht aufgeworfen. Genannt sei hier nur die Entwicklung der modernen Kunst, in der überkommene Kategorien und Maßstä­ be der Ästhetik und Harmonie an Bedeutung verlieren und verdrängt werden durch die Verwendung mathematischer Formeln und technischer Mittel. Erin­ nert sei z.B . an Komponisten zeitgenössischer Musik, für die Computer und Synthesizer zum Arbeitsinstrumentarium gehören. 5 Technik und Kunst wirken also in der Weise zusammen, daß sich die Kunst der elektronischen Technik bedient. Aber auch die Werke selbst sind nicht mehr immer eindeutig der Technik oder der Kunst zuzuordnen. Von Seiten der Tech­ niker und Naturwissenschaftler wurden bereits Parallelen aufgedeckt: Im Fe­ bruar / März 199 1 wies das Forschungsinstitut für diskrete Mathematik der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn in der Ausstellung ,,Ma­ thematik, Realität und Ästhetik"6 eine ästhetische Komponente der Mikrochip­ entwicklung nach. Werke konstruktivistischer Kunst von u.a. Mondrian, Albers und Lohse wurden vergrößerten Layouts aus dem Herstellungsprozeß von Mi­ krochips gegenübergestellt. Die verblüffend große Ähnlichkeit läßt die Grenze zwischen Technik und Kunst zerfließen. 7

4

Dreier, GRUR lnt. 1 987, 663.

5

Dazu vgl. Weissthanner, S. 62 ff. und GRUR 1974, 377 ff.; Haller, ZUM 1 985, 427 ff.; Fromm, GRUR 1 964, 304 ff.; Fabiani, GRUR Int. 1 %5, 422 ff.; Hoeren, GRUR 1989, 12 f.; Tenschert, ZUM 1987, 6 1 2 ff.; zum Urheberrechtsschutz von Computerkunst als Werke bildender Kunst vgl. Schlatter-Krüger in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 95 ff., Rn. 54 ff. 6 Ausstellungskatalog: Forschungsinstitut für Diskrete Mathematik der Rheinischen Friedrich­ Wilhelms-Universität (Hrsg.), Mathematik, Realität und Ästhetik, Springer-Verlag, Berlin, Heidel­ berg, New York 199 1 . Auf den folgenden Seiten sind einige Abbildungen des Katalogs wiedergege­ ben. Dabei wurden Bildern von Josef Albers und Max Bill Ausschnitte von Layouts eines Telekom­ munikationsmikrochips (,,ZORA") gegenübergestellt. 7 Dabei darf natürlich nicht außer acht gelassen werden, daß die Ästhetik des Mikrochip-Layouts zufällig, als solche nicht beabsichtigt ist. Allerdings könnte die Schönheit der Designbilder als Ergebnis eines wissenschaftlich-technischen Schöpfungsakts interpretiert werden und der Schönheit des Kunstobjekts als Ergebnis eines künstlerischen Schöpfungsakts gegenübergestellt werden. Vgl.

Kunst Wissenschaft

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-■■

Josef Albers ( 1 888 - 1 976), Gebündelt, 1 926, Glas transparent, gesandstrahlt, 3 1 ,3 x 30,3 cm © VG Bild-Kunst, Bonn I 992



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Ausschnitt aus einem Routing Plot (Entwurfsbild der Verdrahtung) von ZORA

Max Bill ( 1 908) Konstruktion mit 1 0 Vierecken, 1 940 - 43, Öl auf Leinwand, 75 x 90 cm, Bern, Kunstmuseum © VG Bild-Kunst, Bonn 1992

NAND-Gatter, Layout-Geometrie

Einleitung

17

Möglicherweise kann eine eindeutige Trennung zwischen Technik - die nicht in urheberrechtliche Kategorien einzuordnen ist - und urheberrechtsfähiger Kunst nicht mehr kompromißlos gezogen werden. Man muß vielmehr erwägen, ob nicht auch der Anwendungsbereich und die Begriffe des Urheberrechtsge­ setzes der Interpretation zugänglich sein müssen und flexibel auf neue (oder nur vermeintlich neue) Entwicklungen der Zeit zu reagieren haben. Wenn Produkte der Halbleitertechnologie schon äußerlich Werken moderner Kunst ähneln, soll­ te man daran denken, ob nicht das gleiche rechtliche Instrumentarium beides schützen kann. 8 Aufgabe der Untersuchung ist es nun, die Urheberrechtsfähigkeit einzelner Arbeitsergebnisse bei der Entwicklung von Halbleiterbauelementen bis hin zum fertigen Mikrochip zu erörtern. Weiter muß das Instrumentarium des Urheber­ rechtsgesetzes daraufhin geprüft werden, ob es Halbleitererzeugnissen einen Schutz gewährt, der mit dem Schutz durch das Halbleiterschutzgesetz vergli­ chen werden kann. Dazu sollen einige urheberrechtliche Vorschriften den Rege­ lungen des Halbleiterschutzgesetzes und den darin zum Ausdruck gekommenen Zielen des Halbleiterschutzes gegenübergestellt werden. Abschließend wird die Frage beantwortet, ob das Urheberrecht nicht nur vom Instrumentarium, son­ dern auch von seiner Stellung im System der Immaterialgüterrechte der ge­ eignete Rahmen für den Schutz von Mikrochips ist.

die Überlegungen im Ausstellungskatalog des Forschungsinstituts, S. 57 ff. Dieser Ansatz soll mit seinen möglichen Konsequenzen für die urheberrechtliche Einordnung von Mikrochip-Layouts je­ doch hier nicht weiter verfolgt werden. 8 In diesem Sinne auch Woodson I Safreno, Computer & High Technology Law Journal 1 ( 1985),

8: ,,Since Masks often resemble works of modern art, the inforrnation fixed in a mask might seem to be protected by copyright law." (Einschränkend allerdings: ,,On the other band, because a mask is a tool used in the production of integrated circuits, it may be considered a "functional„ work ... ", Woodson I Safreno a.a.0.). 2 Wippomumn

§ 1 Technische Grundlagen und wirtschaftliche Bedeutung der Halbleiterindustrie I. Physikalische und chemische Prozesse in der Halbleitertechnologie

Konventionelle elektronische Bauteile setzen sich aus einzelnen Elementen wie Elektronenröhren, Kondensatoren, Spulen und Widerständen zusammen, die auf eine Platine aufgesteckt und verlötet werden (,,komponierte" Schaltung). Mikrochips sind Grundbausteine der Mikroelektronik. Diese Technik macht sich für die Darstellung, Speicherung und Übertragung von Informationen Zustände und Zustandsveränderungen von Elektronen zunutze. Der Elektronen­ fluß kann mit Hilfe von Schaltern verändert werden: Elektronenmangel verleiht einer Substanz eine positive, Elektronenüberschuß eine negative Ladung. 1 Transistoren haben als Schalter- und Verstärker-Bauelemente eine große Be­ deutung für die Mikroelektronik. Die Entwicklung des Transistors, der elektrische Ströme nicht mehr, wie bisher, aufgrund des Elektronenverhaltens im Vakuum einer Röhre verstärkte, sondern diesen Effekt innerhalb eines Halb­ leiters erreichte, veränderte daher die Elektrotechnologie grundlegend. Die Entwicklung der ersten Halbleiterschaltung mit mehreren Transistoren auf einem Stück Silizium Ende der 50er Jahre wird als die Geburtsstunde der Mi­ kroelektronik bezeichnet.2 Halbleiter sind Materialien, deren Elektronenleit­ fähigkeit von äußeren Faktoren wie z.B. Temperatur, Lichteinfall und gezielt zugesetzten Verunreinigungen mit Fremdstoffen abhängt. 3 Der in der Industrie am häufigsten eingesetzte Halbleiter ist Silizium. Dieses Element zeichnet sich dadurch aus, daß es in einer vollkommen gleichmäßigen, einkristallinen Form hergestellt werden kann.4 Die Struktur dieser Atomanordnung, in der alle Elek-

1 Vgl.Ems/, S.19; Zum Thema Mikroelektronik, S. 5. Die technischen Begriffe, die im Verlauf der Untersuchung verwendet werden, sind, auch wenn sie im Text erläutert werden, im Glossar kurz erklärt. 2 Emst, S. 9; Zum Thema Mikroelektronik, S. 3; zur technischen Entwicklung seit 1959 auch Meindl, Spektrum der Wissenschaft, Dezember 1987, 64. 3 Vgl. Paul. S. 12 f.; Feichtinger, S. 147. 4 Vgl. Weil, S.119 ; Paul, S.15.

1. Physikalische und chemische Prozesse in der Halbleitertechnologie

19

tronen gebunden sind, gleicht einem Gittermuster. In diesem stabilen Zustand leitet das Material keinen Strom und verhält sich damit wie ein Isolator.5 Die Leitfähigkeit wird dadurch hergestellt, daß die Bindungen mit Hilfe von Licht oder Wärme aufgebrochen werden6 : Es bilden sich freie Elektronen oder Lö­ cher im Gittermuster. Verbinden sich an diesen Stellen Atome anderer Elemen­ te, z.B. Phosphor, Arsen, Indium oder Bor, mit dem Silizium, entsteht ein Überschuß oder ein Mangel an freien Elektronen. Dadurch wird die gewünschte negative oder positive Leitfähigkeit im Halbleiter erzeugt. 7 Diese Verunreini­ gung des Siliziums wird als ,,Dotierung" bezeichnet. Sie kann in einem kosten­ aufwendigeren Verfahren auch dadurch herbeigeführt werden, daß radioaktive Strahlung (Neutronenstrahlung) gezielt einzelne Siliziumatome direkt in Atome anderer Elemente umwandelt. Mit dieser Methode ist eine besonders gleich­ mäßige Dotierung möglich. 8 Durch den Zusatz von Fremdstoffen können elektronische Bauelemente wie Transistoren, Kondensatoren und Widerstände innerhalb eines Materials auf kleinster Fläche nebeneinander plaziert werden (,,integrierte" Schaltung). Ein Transistor entsteht z.B., indem zwei Zonen mit Elektronenüberschuß durch eine Zone mit Elektronenmangel getrennt werden. 9 Der vollständige integrierte Schaltkreis hat eine Größe, die mit der des Ner­ vensystems einer Biene verglichen wird. 10 Etwas weniger wissenschaftlich, jedoch mindestens ebenso treffend, kann man einen Mikrochip auch beschreiben als ,, ... eine Wabe aus einer halben Million pfiffig verbundener winziger Siliziumzellen, Quarzsand sozusagen, deren einzige Leistung darin besteht, mal elektrisch geladen zu sein und mal nicht, und denen es völlig egal ist, ob sie aus dem einen in den anderen Zustand umgepolt werden". 1 1

5 Paul, S. 17; vgl. auch Meindl, Spektrum der Wissenschaft Dez. 1987, 65. Paul, S. 12. 7 Vgl. Ernst, S. 103; Schlachetzki l v. Münch, S. 10; Zum Thema Mikroelektronik, S. 33. 8 Ernst, S. 103. • Vgl. Ernst, S. 22 f.; Schlachetzki l v. Münch, S. 9; Large, S. 3 1 ; Meindl, Spektrum der Wissen­ schaft Dez. 1 987, 65. 10 Ernst, S. 14. 11 Dieter E. Zimmer, Das Ding, das Wörter prozessiert, in: Die Zeit Nr. 17, 19. April 1985, S. 80 Sp. 4. 6

2•

20

§ 1 Technische Grundlagen und wirtschaftliche Bedeutung der Halbleiterindustrie

II. Entwu,f und Fertigung eines Halbleiterbauelements

1 . Der Konstruktionsentwurf Im Prozeß der Konstruktion und der Fertigung eines Mikrochips lassen sich folgende Arbeitsschritte unterscheiden 12 : - Entwurf eines abstrakten Logikplans, - Entwicklung eines Schaltungsentwurfs, - Anfertigung einer konkreten Konstruktionszeichnung, - Herstellung des Maskensatzes, - Belichtung des Halbleiterträgers. Zu Beginn des Konstruktionsprozesses wird der Logikplan entworfen. Diese „abstrakte" Konstruktionszeichnung bildet die Elementarschaltungen und ihre Verbindungen ab, die für die gewünschten Funktionen notwendig sind. Sie ist deshalb eine abstrakte Zeichnung, weil in ihr noch kein direkter Bezug auf die technische Anordnung der Transistoren, Kondensatoren und Widerstände, auf die physikalische Darstellung der Signale und auf die konkrete Ausführung der Signalverbindungen genommen wird. 13 Bei speziell auf einen Kunden zuge­ schnittenen Mikrochips wirkt der Anwender entscheidend an der Entwicklung des Logikplans mit, indem er dem Schaltungsentwickler genaue Vorgaben be­ züglich der vom fertigen Schaltkreis auszuführenden Funktionen macht. Des­ halb fordert dieser Arbeitsschritt eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Schaltungsentwickler und dem Schaltungsanwender. 1 4 Die abstrakte Konstruktionszeichnung wird in einem nächsten Schritt in den elektronischen Schaltungsentwurf umgesetzt. Hier erscheinen die Transistoren und anderen Bauteile als geometrische Strukturen, die auf dem Plan der Chip­ fläche plaziert und untereinander verbunden werden müssen. 15 Diese Konstruk-

12 Nach Ernst, S.31 ff. Hier sollen nur die wesentlichen angeführt werden; weitere Arbeitsschritte nennen Dreier, GRUR Int. 987, 646 und Kitagawa, UFITA 114 (1990), 63. Eine anschauliche Darstellung des Entwicklungsprozesses findet sich bei Hilberg, S, 20. 1 3 Ernst, S.31.Zu den Schritten beim Entwurf des Layout auch Hilberg, S.21 ff.; Cioaca / Keß­ ler in Höfflinger, Großintegration, S. 190 ff. 14 Dazu Cioaca / Keßler in Höfflinger, Großintegration, S.191. 15 Ernst, S. 33. Zu den physikalisch und fertigungstechnisch dabei zu berücksichtigenden De­ signregeln vgl. Zimmer in Höfflinger, Großintegration, S.208 ff.; Cioaca / Keßler in Höfflinger, Großintegration, S.194 ff.

II. Entwurf und Fenigung eines Halbleiterbauelements

21

tionszeichnung stellt also - in vergrößertem Abbild - Lage und Größe der Schaltungselemente auf der Oberfläche des Mikrochips dar. Dabei muß berücksichtigt werden, daß sich die elektronische Funktion eines Mikrochips aus der Kombination mehrerer dotierter Schichten zusammensetzt. Der Ingenieur hat sie zunächst einzeln zu entwickeln, so daß für jede Ebene eine Konstruktionszeichnung angefertigt wird. Übereinandergelegt ergeben die Skizzen das vollständige Abbild des integrierten Schaltkreises (Gesamtlayout). Die Zeichnung, die das Gesamtlayout wiedergibt, kennzeichnet die Zugehörig­ keit der Strukturen zu den unterschiedlichen Schichten durch gestrichelte Linien, Schraffuren etc. 1 6 Das Ende der Entwicklung eines solchen Entwurfs bildet die ,,reale" Kon­ struktionszeichnung, die in der Mikrochipfertigung anschließend verkleinert auf das Silizium „übertragen", das heißt, in ein physikalisches Design umgesetzt wird. Sie übernimmt also auf dem Siliziumscheibchen (,,Wafer") mit ihren mikroskopisch kleinen Strukturen die physikalisch funktionierende Ausführung des Logikplans. 1 7 In den Anfangszeiten der Mikrochipentwicklung wurde das Design von Hand auf Karton aufgezeichnet, photographiert und anschließend auf die erforderliche Größe verkleinert. Die Zeichnung sollte in Bleistift auf Millimeterpapier oder -folie ausgeführt werden. 1 8 Inzwischen entwickelt der Ingenieur das Layout des Mikrochips am Bildschirm und mit computergestützten Zeichenverfah­ ren. 1 9 In den nächsten Jahren erwartet man den Einsatz sog. Silicon-Compiler, die nach Eingabe bestimmter Daten den Entwurfsprozeß bis hin zur Herstellung der Fertigungsunterlagen automatisieren. Mit Hilfe des Rechners wird das Layout auch auf Fehler überprüft. Das Design wird dann als Ganzes oder in Teilen über eine Zeichenmaschine (Plotter) ausgegeben und eine letztes Mal kontrolliert, wobei allerdings mit dem Auge nur noch grobe Fehler aufgedeckt werden können. Danach wird der auf Magnetband gespeicherte Layoutentwurf der integrierten Schaltung zur Herstellung von Masken verwendet2°, die als

16 Sibbert in Höfflinger, Großintegration, S. 1 83; anschauliches Beispiel bei Hilberg, S. 25. 17 Vgl. Ernst, S. 33. 18

Vgl. Sibbert in Höfflinger, Großintegration, S. 183; Large, S. 34.

19

Zum rechnerunterstützten Zeichnen mit Hilfe von sog. CAD-(Computer Aided Design-)Ver­ fahren vgl. Walter, CR 1 987, 804 ff. 20

Hilberg, S. 29.

22

§ 1 Technische Grundlagen und wirtschaftliche Bedeutung der Halbleiterindustrie

technische Hilfsmittel bei der Belichtung der einzelnen Schichten des Silizi­ umwafers dienen.2 1 2. Gate arrays und Standardzellen Beim Anfertigen des Layouts kann sich der Designer sogenannter arrays be­ dienen. Arrays sind regelmäßige Anordnungen von gleichartigen Bauelementen oder Schaltungskomplexen22 , die besonders in standardisierten Schaltkreisen eingesetzt werden können. Sie müssen nur noch zu „Gattern" (gates) verschaltet werden. Die arrays bilden Grundbausteine für den Schaltungsentwickler, der nur noch zu bestimmen braucht, wie die Transistoren zu Gattern verbunden und auf diese Weise die Funktionen der Grundstrukturen und damit die Funktionen des Mikrochips festgelegt werden. In einer letzten Phase kann der Anwender eine individuelle Verdrahtung der Bauelemente vorschreiben. 23 Er kann auch selbst ein Verbindungsnetz so in eine vorbereitete Maskenzeichnung eintragen, daß die miteinander verbundenen elementaren Schaltungen die gewünschte Gesamt­ schaltung ergeben. Vorteile der Verwendung von gate arrays liegen also auch darin, daß der Anwender sein ,,know how" nicht an den Halbleiterhersteller preisgeben muß. Er erhält eine maßgeschneiderte hochintegrierte Schaltung und braucht auf die fertigen Mikrochips nicht lange zu warten. Für die nächsten Jahre wird vorausgesehen, daß Integrationsgrad und Umsatz der gate array­ Chips exponentiell ansteigen.24 Das Herstellungsverfahren wird noch mehr von der Verwendung standardisier­ ter Bauteile geprägt, wenn der Designer in größerem Umfang sog. Standardzel­ len einsetzt. Dabei handelt es sich um entwickelte und erprobte Grundstrukturen von (im wesentlichen) Transistoren, die Grundfunktionen einer Schaltung verkörpern.25 So erhält der Entwickler wieder Grundbausteine, die vom Com­ puter in einer ,,2ellenbibliothek" gesammelt werden und bei Bedarf einzeln oder kombiniert abrufbar sind.26

21

Ausführlich noch zur Funktion der Masken unten, § 1 II. 3. 22 Weil, S. 10. 23

24

Ernst, S. 36.

Vgl. Hilberg, S. 26 1 / 262, 265. 25 Ernst, S. 36; vgl. auch Wagner / Klomp in Höfflinger, Großintegration, S. 276 f. 26 Ernst, S. 36; Werum, S. 5.

II . Entwurf und Fertigung eines Halbleiterbauelements

23

3. Herstellung von Masken und Fertigung eines Halbleiterbauelements Zur Fertigung von Mikrochips werden Masken benötigt, für deren Herstellung sich verschiedene Wege anbieten. Beim konventionellen Verfahren wird die geometrische Anordnung der Schaltungselemente vergrößert auf Spezialfolien übertragen. Durch anschließende photographische Verkleinerung entsteht eine Zwischenvorlage (reticle) und endlich die sog. Muttermaske, von der die für den Produktionsprozeß erforderlichen Arbeitsmasken mit Kopierverfahren hergestellt werden. 27 Bei einem anderen Verfahren, das wegen hoher Kosten einstweilen nur bei extrem kleinen Strukturen wirtschaftlich ist, entfallen die Verkleinerungsschritte. Ein Elektronenstrahl zeichnet die Strukturen direkt auf die endgültige Maske.28 In der Phase der Fertigung integrierter Schaltkreise werden Siliziumscheibchen in der oben dargestellten Weise gezielt dotiert, so daß der Wafer elektronenlei­ tende und isolierende Bahnen erhält. Durch ein photolitographisches Verfahren entstehen integrierte Transistoren, Kondensatoren und Widerstände. 29 Die Oberfläche eines Siliziumwürfels wird dazu mit einer Oxidschicht und einem lichtempfindlichen Photolack versehen. Eine Maske, die die Strukturen auf­ weist, welche durch den Konstruktionsentwurf vorgegeben sind30, wird als Schablone darübergelegt. Lichteinwirkung durch die freien Stellen der Maske und eine anschließende Entwicklung des belichteten Photolacks lassen Fenster entstehen, in denen die Oxidschutzschicht weggeätzt wird, so daß die dann vortretenden Siliziumflächen mit Fremdatomen „verunreinigt" werden können. Für die Anfertigung einer nächsten Schicht wiederholt man den Vorgang: Auf diese Weise können mehrere Ebenen eines Wafers mit integrierten Schaltungen versehen werden. Bei dieser Technik hängt die Präzision der Arbeit weitgehend von der Art des Lichts ab. Obwohl das Verfahren der konventionellen optischen Litographie sehr weit entwickelt ist und sich sogar mit kurzwelligem Licht feinste Struktu­ ren von 0,5, möglicherweise sogar 0,3 Mikrometern zeichnen lassen, wird

27 Vgl. Schlachetzki I v. Münch, S. 26. 28 Schlachetzki I v.Münch, S. 27 / 28 ; Ernst, S. 106. 29 Vgl. zur Maskentechnik Ernst, S. 106; Hilberg, S.14 ff.; l.arge, S. 35 f. 30 Ernst (S. 106) bezeichnet die Maske als einen ,,Auszug aus der Konstruktionszeichnung der Schaltung für den jeweiligen Herstellungsschritt".

24

§ 1 Technische Grundlagen und winschaftliche Bedeutung der Halbleiterindustrie

erwartet, daß es auf absehbare Zeit von der Litographie mit Röntgenstrahlen abgelöst wird.3 1

4. Vervielfältigung eines Halbleiterbauelements Wenn das Halbleiterprodukt nach zeit- und kostenaufwendiger Entwicklung auf dem Markt ist, kann es jeder erwerben, und, zum Leidwesen der Industrie, kopieren. Dies stellt den „Chip-Piraten" nicht vor große Probleme: Die Technik, die die Herstellung zunächst ermöglicht, hält auch die Mittel bereit, die Produk­ te zu kopieren. 32 Ein Mikrochip wird vervielfältigt, indem er zunächst mit Hilfe von Ätzver­ fahren in seine Schichten zerlegt wird. Vor dem Ätzen jeder neuen Schicht wird ihre Struktur photographiert und die Aufnahmen der einzelnen Ebenen werden vergrößert. Anhand dieser Vorbilder ist es möglich, das vollständige Layout des Halbleiterbauelements zu rekonstruieren und danach einen mit dem ersten übereinstimmenden zweiten Mikrochip herzustellen. Die Aufnahmen können aber auch unmittelbar ohne den Zwischenschritt der Vergrößerung in Masken umgesetzt werden, so daß anschließend ein kompletter Maskensatz zur Her­ stellung einer identischen integrierten Schaltung vorliegt. 33 5. Reverse engineering Mit reverse engineering wird ein Verfahren bezeichnet, das einige Arbeits­ schritte mit der Vervielfältigung gemeinsam hat. Es unterscheidet sich dadurch von der Kopie, daß die Analyse des Halbleiteraufbaus nur zur Kenntnis der Funktionsweise führen soll. Mit diesem Wissen wird dann ein neuer Mikrochip entwickelt; insbesondere zur Herstellung kompatibler Mikrochips wird das Ver-

31 Vergleich der Verfahren bei Mierzowski, Frankfuner Allgemeine Zeitung v. 4. 10.1 990, Nr. 23 1 , S. N I / N2. Vgl. auch !Arge, S. 37. Ein Mikrometer entspricht einem tausendstel Millimeter. 32 Steup / Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwenung von Computerprogrammen, S. 1 86, Rn. 4; vgl. auch Grünbuch über Urheberrecht und die technologische Herausforderung, Kap. 1 .2., UFITA Bd. 1 1 0 ( 1 989), 1 20. 33 Vgl. Steup / Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwenung von Computerprogrammen, S. 1 86, Rn.

5.

III . Wirtschaftlicher Hintergrund

25

fahren für wichtig gehalten. 34 Reverse engineering vollzieht sich also in zwei Schritten35 : Zunächst wird die Entwicklung des Halbleiterschaltkreises auf einem zur Herstellung umgekehrten Weg zurückverfolgt, anschließend fließen die gewonnen Erkenntnisse in die Konstruktion eines neuen Produkts mit ein. Zwischen einer Kopie und reverse engineering liegt also kein technischer Unterschied36, vielmehr werden Kopien während des Verfahrens zwangsläufig angefertigt. Verschieden sind allein die Ergebnisse: Reverse engineering führt nicht zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken des Vorbildes zum Zweck der Verbreitung, sondern zur Entwicklung und industriellen Fertigung von an­ deren Layouts. Das sog. ,,clean room"-Verfahren ist dabei eine Möglichkeit, die ein Unter­ nehmen besitzt, um sich gegen den Vorwurf der Raubkopie zu verteidigen. Die­ se Methode gestattet nur einem eng begrenzten Kreis von Fachleuten des be­ treffenden Unternehmens, Halbleiterschaltkreise aus einem Mikrochip „zu­ rückzuentwickeln", um die Ideen, die der Konstruktion zugrundeliegen, her­ auszufiltern. Diese Ideen müssen nun in einer Weise umschrieben werden, die keinen Rückschluß auf den konkreten Ausdruck zuläßt, den sie im Original­ schaltkreis gefunden haben. Eine zweite Gruppe von Fachleuten, die mit der ersten keinen Kontakt gehabt hat, sollte jetzt in der Lage sein, aufgrund der Be­ schreibung der Funktionsweise einen neuen Schaltkreis zu entwerfen, der das Original nicht kopiert. 37

II/. Wirtschaftlicher Hintergrund

Der Bedarf an Halbleiterbauelementen und deren Produktion wachsen bestän­ dig. 1983 wurde der weltweite Markt auf ein Volumen von 1 6 Mrd. US$ ge­ schätzt. Für 1992 wird ein Umsatz von 60 Mrd. US$ erwartet'8 , im Jahr 2000 soll der Handel mit Mikrochips über 80 Mrd. US$ hinausgehen. Der Bedarf an

34 Vgl. Dreier, GRUR Int. 1987, 658; Meijboom, GRUR I nt. 1988, 928. Ein Fallbeispiel findet sich bei Stern, in: IEEE Micro Law Aug. 1986, 59 ff. 35 Vgl.Massaguer-Fuentes / Perez-Frias, CR 1988, 375 f.; mit Bezug auf Computerprogramme

vgl. Schnell / Fresca, CR 1990, 157: ,,reverse analysis" und „forward programrning". 36

So aber Massaguer-Fuentes / Perez-Frias, CR 1988, 376.

37

Suclrer,

CR 1989, 4 7 1 zum „clean room"-Verfahren bei Software. Zum „clean room"-Verfahren im Fall NEC v.Intel vgl. MacPherson, Software Protection Nov 1986, 9; Pearson, Computer Law & Practice Nov./ Dec. 1986, 73 . 38 De Almeida, Copyright World 1989, 42 .

26

§ 1 Technische Grundlagen und wirtschaftliche Bedeutung der Halbleiterindustrie

integrierten Schaltungen steigt weiter an, und die Nachfrage der Welt nach Halbleitern wuchs von 1 950 bis 1990 jährlich um durchschnittlich 15%. 39 Die Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts auf diesem Gebiet ist besonders groß40, die Industrie zeichnet sich durch Investitionsfreudigkeit und Entwicklungseifer aus und muß sich in scharfem Wettbewerb national und in­ ternational behaupten. Eine Rangliste der 20 weltweit größten Halbleiterunter­ nehmen führen Firmen aus den USA an; unter den 40 umsatzstärksten Herstel­ lern der Welt finden sich lediglich fünf europäische Firmen. Gemessen an Umsatz und Marktanteil im Jahr 1 990 stehen an der Spitze NEC (Marktanteil 8,4% ), Toshiba, Hitachi, Motorola und Intel. Erst an neunter Stelle wird Philips (Marktanteil 3,5% ), an sechzehnter Stelle wird Siemens (Marktanteil 2, 1 % ) genannt.4 1 Sie sind die einzigen Unternehmen, die größenmäßig einigen füh­ renden amerikanischen Herstellern entsprechen. Der Anteil der europäischen Halbleiterindustrie am Weltmarkt fiel dagegen von 1980 bis 1 990 von 16% auf 1 1 %42 ; der Anteil der USA und Japans zusammen beträgt rund 80%.43 Die Bedeutung, die die Halbleitertechnologie in der Bundesrepublik hat, sei ebenfalls anhand einiger Zahlen verdeutlicht: Hersteller von integrierten Schaltungen konnten ihre Produktion zwischen 1 982 und 1989 von ca. 465 Mio DM auf ca. 1 ,6 Mrd DM mehr als verdreifa­ chen, wobei der für den Eigenverbrauch produzierte Anteil an Halbleiterbau­ elementen noch nicht mit enthalten ist. Der tatsächliche Wert der inländischen Produktion übersteigt damit den statistisch ermittelten, angegebenen Wert. Wichtigster Handelspartner der Bundesrepublik bei der Ausfuhr sind die Länder der EG mit knapp 60%, dagegen ist der Export in die Vereinigten Staaten mit

39

Santucci, XIII Magazine 1991 (Nr. 3), S. 26 f. "' Um die rasante Entwicklung auch im Hinblick auf die Veränderung der Preise schon in der Vergangenheit zu veranschaulichen, sei ein Beispiel von Oxman, Jurimetrics Journal 1980, S.405, gegeben: 1980 konnte man einen durchschnittlichen Taschenrechner für 5 US$ kaufen, im April 1971 war der einzige Rechner zu einem Preis von 345 US$ und nur von einem Hersteller zu haben. Vgl.zur Entwicklung von den Anfängen der Halbleiterindustrie bis 1982 in den Vereinigten Staaten Large, S.40 ff. 41 Nach Santucci, XIII Magazine 1991 (Nr. 3), S. 26, 28.Vgl.auch Nachweise im BMWi-Bericht, s. 19. 42 Santucci, XIII Magazine 1991 (Nr. 3), S. 26. 43 Aktuelle Informationen, GRUR Int. 1989, 597.

III.Wirtschaftlicher Hintergrund

27

knapp 7% vergleichsweise gering; die Exporte nach Japan haben mit 0,9% kaum Bedeutung.44 Die Entwicklung eines neuen Produkts verursacht hohe Kosten und fordert einen großen Zeitaufwand. 45 Dem Hersteller ist daran gelegen, die Früchte der Arbeit wenigstens so lange zu ernten, bis die Entwicklungskosten gedeckt sind. Das gelingt ihm nicht, wenn ein anderer Hersteller den Aufbau des Mikrochips, der inzwischen auf dem Markt ist, systematisch rekonstruiert, ihn geringfügig verändert und dann die „neue" Entwicklung seinerseits verkauft. Dadurch, daß der Aufwand an Zeit und Kosten für die Entwicklung eines neuen Mikrochips durch das Kopieren auf einen Bruchteil gesenkt wird, ent­ steht ein Wettbewerbsvorteil für den, der sich die Erfahrungen eines anderen ohne eigenen Forschungsaufwand zunutze macht und deshalb sein Produkt zu einem geringeren Preis anbieten kann. Der Kopierprozeß nimmt nur sechs Wo­ chen bis neun Monate in Anspruch, was dazu führt, daß die Kopien schneller auf dem Markt sind, als die Entwicklungskosten für den Originalchip verdient werden konnten.46

44

B MWi-Bericht, S.16 f. 45 Die Angaben über Dauer und Kosten der Entwicklung und Produktion sind uneinheitlich: In den Anhörungen, die vor der Verabschiedung des SCPA durchgeführt wurden, berichteten Vertreter der Industrie von mehreren Jahren Dauer für die Entwicklung einer „Chip-Familie" und von Kosten bis zu 100 Mio US$ (nach Senate Report, S. 5). Zur Dauer eines Entwurfs von kundenspezifischen Schaltungen auch Hilberg, S. 31. 46 Chesser, University of Westem Ontario Law Review 22 (1984), 213.Dreier, GRUR lnt.1987, 645, spricht von einem geschätzten Kopieraufwand von nur 1 % der Entwicklungskosten des Originalchips. Nach Werum, S. 6, kann eine Kopie schon in drei bis fünf Monaten angefertigt werden.

§ 2 Gesetzessystematischer Kontext

1987 verabschiedete der Bundestag das Gesetz zum Schutz von Topographien mikroelektronischer Halbleitererzeugnisse (Halbleiterschutzgesetz). 1 In den beratenden Gremien waren vorher auch andere Möglichkeiten eines Rechts­ schutzes erörtert worden. Die gewerbliche Anwendbarkeit und der Einsatz innerhalb technischer Prozesse führten zu der Diskussion, ob der !;ewerbliche Rechtsschutz ein angemessener Regelungsort für Halbleiterbauelemente sein könnte. Wegen der Eigenschaft als Geschäftsgeheimnis kam auch ein wettbe­ werblicher Schutz in Betracht. Ein Schutz durch das Urheberrecht wurde eben­ falls erwogen; Anknüpfungspunkt war dabei die geistige Leistung, mit der die Entwicklung eines neuen Halbleiterbauelements verbunden ist. Für die anschließende ausführliche Erörterung eines urheberrechtlichen Schut­ zes von Mikrochips ist es hilfreich, den Halbleiterschutz zunächst in das System des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts einzuordnen. Dazu soll ein kurzer Überblick über die Rechtsgebiete gegeben werden, die für einen Schutz von Erzeugnissen der Mikroelektronik grundsätzlich in Betracht kom­ men.

I. Patentrecht

1 . Gegenstand Das Patentrecht2 schützt gewerblich anwendbare Erfindungen, vorausgesetzt, daß sie neu sind und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. 3 Für die Er­ teilung des Patents und als Voraussetzung für den Schutz muß die Erfindung beim Patentamt angemeldet werden.4 Obwohl für den Beginn der Schutzdauer

1

Zur Gesetzgebungsgeschichte unten, § 3 V. Patentgesetz in der Fassung der Bekanntmachung v. 16. Dez.ember 1980 (BGBI.1981 I S.1). 3 § 1 Abs.1 PatG. 4 § 35 Abs.1 S.1 PatG. 2

I. Patentrecht

29

von 20 Jahren der Tag nach der Anmeldung der Erfindung maßgeblich ist\ be­ steht zu diesem Zeitpunkt noch kein effektiver Schutz gegen Verletzungen des Patents. Er setzt erst ein, wenn das Patentamt mit einem Hinweis auf die Möglichkeit der Einsicht im Patentblatt die Offenlegung der Patentanmeldung bekanntgibt. 6 Die Anmeldung selbst muß die Erfindung ausreichend beschrei­ ben7 und bestimmte formelle Anforderungen für das Erteilungsverfahren er­ füllen. 8 Dazu gehört auch die Entrichtung einer Gebühr.9 Weitere Gebühren werden vom dritten Jahr der Anmeldung w für jedes weitere Jahr fällig. Die nach der Höhe für die einzelnen Jahre gestaffelten Beträge 1 1 sollen den An­ melder zu einer regelmäßigen Prüfung veranlassen, ob es sich lohnt, die Anmel­ dung aufrecht zu erhalten. 12

2. Begriff der Erfindung Zentrale Bedeutung im Patentrecht hat der Begriff der Erfindung, den das Gesetz selbst nicht definiert. Aus den unterschiedlichen Bemühungen um eine Definition in Rechtsprechung und Literatur läßt sich herauslesen, daß die Erfindung eine „Lehre zum technischen Handeln" darstellen muß. 1 3 Entschei­ dend ist weiterhin, daß sich die Erfindung für den Fachmann nicht in nahelie­ gender Weise aus dem Stand der Technik ergibt 14, die gefundene Lösung muß ,,Erfindungshöhe" besitzen und damit den Erfinder durch „technische Kreativi-

5 § 16 Abs. I S. I PatG. 6

Vgl. § 33 Abs. I PatG. 7 § 35 Abs. 1 , 2 PatG. 8

9

Vgl. §§ 42 Abs. 1, 44 Abs. 1, 45 Abs. I PatG. Antragsgebühr, § 44 Abs. 3 PatG, Erteilungsgebühr, § 57 Abs. I S. I PatG.

10

§ 17 Abs. 1 PatG. 1 1 Vgl. Benkard / Schäfers, Rn. 4 zu § 1 7 ; Nm. 1 1 2 1 00- 1 12 120 des Gebührenverzeichnisses zum PatGebG. 1 2 Vgl. Hubmann, S. 1 25.

13 Vgl. die grundlegende Entscheidung des BGH, Beschl. v. 27.3.1 969 „Rote Taube", BGHZ 52, 74, 79: ,, ... gewerblich verwertbare neue, fortschrittliche und erfinderische Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges"; weiter Benkard / Bruchhausen, Rn. 43 zu § 1 mit einer Übersicht über verschiedene Definitionsansätze in der Literatur. 14

§ 4 S. 1 PatG.

30

§ 2 Gesetzessystematischer Kontext

tät" auszeichnen. 1 5 Die Rechtsprechung versteht dieses Kriterium als Erfor­ dernis einer „das Können eines Durchschnittsfachmanns übersteigenden schöp­ ferischen Leistung". 1 6 Das Erfordernis des technischen Charakters der Erfindung wird als wesentli­ ches Abgrenzungskriterium zu anderen geistigen Leistungen angesehen. Ent­ deckungen, ästhetische Formschöpfungen und nichttechnische Handlungsanwei­ sungen sollen keinen Patentschutz erhalten. 1 7 Die Begrenzung des Patentschut­ zes auf das Gebiet der Technik kann dazu führen, daß wesentliche geistige Leistungen von hohem wirtschaftlichen Wert unberücksichtigt bleiben 18 , wenn ihnen kein technischer Charakter zuerkannt wird. Insbesondere in bezug auf Computerprogramme 19 ist daher erörtert worden, ob auf dieses Erfordernis nicht verzichtet werden könne. Die Rechtsprechung hielt zwar an der Voraus­ setzung des technischen Charakters einer Erfindung fest, vertrat aber auch die Auffassung, daß Programme als solche nicht stets untechnisch seien. 20 Eine mögliche Patentfähigkeit von Halbleitererzeugnissen21 kann hier nur an­ gedeutet werden; sie wurde in der Literatur zurückhaltend beurteilt und ins­ besondere mit dem Einwand der unzureichenden Erfindungshöhe bezweifelt. 22

15

Vgl. Benkard / Bruchhausen, Rn. 1 f. zu § 4 PatG; Hubmann, S. 88; Bernhardt / Kraßer,

s. 140, 164 f.

16 Grundlegend BGH, Urt. v. 23.6.1 959 ,,Elektromagnetische Rühreinrichtung", GRUR 959, 532, 536; zum Vergleich mit dem Können eines Durchschnittsfachmanns auch Bernhardt / Kraßer, S. 1 69; Trüstedt, GRUR 1958, 309; Wink/er, GRUR 1 958, 1 53; Papke, GRUR 1 980, 1 47. 17

Vgl. Bernhardt / Kraßer, S. 90 ff.

18

Bernhardt / Kraßer, S. 97.

19

Sie sind seit der Neufassung v. 16. Dezember 1 980 (BGB!. 1981 I S. 1 ) gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 PatG ausdrücklich vom Patentschutz ausgenommen. Nachweise zur vorausgegangenen Diskussion in der Literatur bei Benkard / Bruchhausen, Rn. 104 zu § 1 PatG. 20 BGH, Beschl. v. 1 3.5.1 980 ,.Antiblockiersystem", GRUR 1 980, 849, 851 . Zur Frage des techni­

schen Charakters und des Verhältnisses von Schaltungsanordnungen zu der einer solchen Anord­ nung zugrundeliegenden Programmform nach den Prüfungsrichtlinien des Deutschen Patentamts vgl. Kraßer in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 1 25 Rn. 62. 21 Zur Patentierung eines komplexen Mikrochips (eines Chips mit ROM-, RAM- und Mikro­ prozessorbestandteil) in den Vereinigten Staaten vgl. Klipstein, VDI nachrichten rnagazin 11 / 1 991 , 38 ff. 22 Vgl. Dreier, GRUR Int. 1987, 646; Steup / Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 1 87 Rn. 7; Werum, S. 28 ff.; Auer, iur 1 987, 443; Holzinger, EDV & Recht 1988, 14 f.; Kalle, GRUR Int. 1 985, 32; Lucas, S. 268 f.; Junker, S. 63 f. Rn. 68. Zur Patentfähigkeit von Mikroprozessoren Witte, GRUR 1978, 51 1 ff.

II. Gebrauchsmusterrecht

31

II. Gebrauchsmusterrecht

Das Gebrauchsmusterrecht23 schützt Erfindungen, die neu sind, auf einem erfinderischen Schritt beruhen und gewerblich anwendbar sind24 . Gegenstand des Gebrauchsmusterrechts sind Arbeitsgerätschaften oder Ge­ brauchsgegenstände oder Teile davon, z.B . Maschinen; für die Schutzfähigkeit genügt die Möglichkeit einer Verkörperung durch ein Modell. Auch Ver­ brauchsgegenstände (Kerze, Radiergummi, Briefumschlag, Streichholz) gehören zu den Gebrauchsgegenständen. 25 Schutzfähig sind auch räumlich konkretisier­ te Schaltelemente, nicht hingegen Schaltschemata und Schaltprinzipien, weil der erfinderische Gedanke in einer Raumform verkörpert sein muß. 26 Gebrauchs­ muster setzen eine geringere erfinderische Leistung voraus als Patente. 27 Ebenso wie das Patent verlangt der Gebrauchsmusterschutz eine Anmeldung des Gegenstands beim Patentamt.28 Das Patentamt prüft für die Eintragung in die Gebrauchsmusterrolle nur, ob die formellen Voraussetzungen vorliegen und ob der Gegenstand dem Gebrauchsmusterschutz zugänglich ist. 29 Es untersucht dagegen nicht Neuheit, das Vorliegen eines erfinderischen Schritts und die gewerbliche Anwendbarkeit.30 Daher ist das Gebrauchsmuster einfacher zu erlangen als das Patent. 31

23 Gebrauchsmustergesetz in der Fassung der Bekanntmachung v. 28. August 1986, BGB!. I s. 1455. 24 § 1 Abs. 1 GebrMG. 25 Benkard / Bruchhausen, Rn. 14, 16 zu § 1 GebrMG. 26 BGH, Beschl. v. 30.1 .1964 „Spannungsregler", GRUR 1965, 234, 236; Benkard I Bruchhausen, Rn. 25 zu § 1 GebrMG. 27 Vgl. schon RG, Urt. v. 15.1.1898, RGZ 40, 143, 144; Urt. v. 12.6. 1920, RGZ 99, 2 1 1 , 212; BGH, Urt. v. 2. 1 1 .1956 „Unfall-Verhütungsschuh", GRUR 1957, 270, 271 (Erfindungsgedanke: Ausstattung des Schuhrückens mit elastischen Schaumgummieinlagen zum Schutz des Mittelfußes); Urt. v. 3.10.1968 ,,Lotterielos", GRUR 1969, 184 (Erfindungsgedanke: Bedrucken eines Loses mit löslicher Farbe); Benkard I Bruchhausen, Rn. 35 zu § 1 GebrMG; kritisch Trüstedt, GRUR 1980, 878, 880 f. 28 § 4 Abs. 1 GebrMG. 29 Vgl. BGH, Beschl. v. 30.1.1964 „Spannungsregler", GRUR 1965, 234, 236. 30 § 8 Abs. 1 S. 2 GebrMG. 31 Vgl. zur Bedeutung des Gebrauchsmusterschutzes aus diesem Grund Benkard I Bruchhausen, Rn. 3 Vorbern. zum GebrMG; Hubmann, S. 133 ff., S. 188.

32

§ 2 Gesetzessystematischer Kontext

Ist das Gebrauchsmuster eingetragen, darf ausschließlich der Inhaber des Rechts das Muster nutzen. 32 Wird das gesetzliche Verbot verletzt, kann der Inhaber des Gebrauchsmusters den Verletzer auf Unterlassung, und, bei schuldhaftem Verhalten, auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. 33 Wegen der insgesamt geringeren Anforderungen und dem im wesentlichen gleichen Schutzinhalt im Vergleich zum Patentrecht hat das Gebrauchsmuster­ recht in der Praxis große Bedeutung trotz der verhältnismäßig kurzen Schutz­ dauer. 34 Die Möglichkeit, auch Schaltungen als Gebrauchsmuster anzumelden, hat in der Literatur zur Erörterung eines solchen Schutzes für Mikrochips geführt. 35 Ill. Urheberrecht

1 . Gegenstand Bis zum Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes 36 am 1 . Januar 1966 waren Werke der Literatur und der bildenden Kunst in verschiedenen Gesetzen ge­ schützt37. Das geltende Urheberrechtsgesetz regelt zusammenfassend die Rech­ te der Urheber an Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst38 und die Rechte, die an weniger schöpferische Leistungen anknüpfen. 39 Schöpfungen, die typischerweise Gegenstand des Urheberrechts sind, werden beispielhaft

32 § 1 1 Abs. 1 S. 1 GebrMG. 33 Vgl. § 24 GebrMG. 34 Die Schutzdauer beträgt drei Jahre mit der Möglichkeit der Verlängerung um weitere drei und noch einmal zwei Jahre (§ 23 Abs. 1 , 2, S. 1 GebrMG). 35 Vgl . Werum, S. 35 ff.; Schlenk, GRUR 1 985, 757 ff.; v. Falckenstein, in Lehmann, Rechts­ schutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 1 77 f.; Steup / Koch in Lehmann, Rechts­ schutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 1 87 Rn. 7; Dreier, GRUR Int. 1 987, 646 und SMI Heft 1 / 2 ( 1 988), 40. 36 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 9. September 1 965, BGB!. I

s. 1 273.

37 Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst vom 19. Juni 1 90 1 , RGBI. S. 227 (LUG) und Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 9. Januar 1 907, RGBI. S. 7 (KUG). 38 § 1 UrhG.

39 Sog. verwandte Schutzrechte oder Leistungsschutzrechte, vgl. Schricker / Schricker, Ein!. Rn. 28. Vgl. z.B. Schutz der ausübenden Künstler (§§ 73 ff.); Schutz der Tonträgerhersteller (§§ 85 f.).

III. Urheberrecht

33

aufgeführt40; im Zusammenhang mit der zweiten Novelle des Urheberrechts­ gesetzes vom 23. Mai 1985 41 sind durch eine Ergänzung Programme für die Datenverarbeitung als grundsätzlich urheberrechtsfähige Schöpfungen ausdrück­ lich gesetzlich anerkannt.42 Die Urheberrechtsfähigkeit setzt voraus, daß das Werk eine persönliche geisti­ ge Schöpfung des Urhebers ist. 43 In Rechtsprechung und Literatur herrschen teilweise unterschiedliche Auffassungen über die Maßstäbe, mit denen das Vorliegen der Voraussetzungen beurteilt werden soll.44 Deshalb liegt hier der Schwerpunkt jeder Urheberrechtsprüfung und die Antwort auf die Frage der Urheberrechtsfähigkeit im Einzelfall. 2. Das Persönlichkeitsrecht Die heute in Rechtsprechung und dem überwiegenden Teil der Literatur ver­ tretene Auffassung versteht das Recht des Urhebers als ein einheitliches Recht, aus dem sich vermögensrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Befugnisse er­ geben. 45 Insbesondere das Veröffentlichungsrecht46 , das Recht auf Anerken­ nung der Urheberschaft47 , und auf Verbot der Entstellung des Werks48 sind Ausgestaltungen des Urheberpersönlichkeitsrechts. Die beispielhaft aufgeführten Verwertungsrechte konkretisieren die vermögensrechtlichen Befugnisse des Schöpfers49 ; wirtschaftlich bedeutsam ist dabei vor allem das Recht zur Ver­ vielfältigung50 und das Recht zur Verbreitung des Werks. 51 Der Urheber soll

'° § 2 Abs. 1 UrhG. 41

In Kraft getreten am 1.7.1985, vgl. Materialien in UFITA 102, 1 1 3 ff. Änderungsgesetz vom 24.6.1.985, BGB!.I S.1 1 37. 42 § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. 43 § 2 Abs. 2 UrhG. 44 Dazu noch ausführlich unten, § 5 1. 1. b) 45 Zur herrschenden sog.monistischen Theorie vgl. BGH, Urt. v. 18.5.1955 „Grundig Reporter", BGHZ 17, 266, 278; Fromm / Nordemann / Nordemann, Rn. 2 zu § 1 1 ; v. Gamm, Einführung Rn. 28; Möhring / Nicolini, Anm.5 c) zu § l ; Ulmer, S. 109 ff., 1 14 ff.; Hubmann / Rehbinder, S. 1 15. 46 § 12 UrhG. 41 § 13 UrhG. 48 § 14 UrhG. 49 Vgl.§ 15 UrhG. so §§ 15 Abs. l Nr. 1 , 16 UrhG. 51 §§ 15 Abs. l Nr. 2, 17 UrhG. 3 Wippcnnann

34

§ 2 Gesetzessystematischer Kontext

darüber hinaus auch solche Verwertungsmöglichkeiten nutzen können, die sich, etwa. durch eine Fortentwicklung der Technik, erst künftig ergeben.5 2 Es kann im Interesse des Urhebers liegen, anderen die Verwertung seines Werks zu ermöglichen. Da auch die Verwertungsrechte urheberpersönlichkeits­ rechtliche Komponenten enthalten, ist die Möglichkeit der Übertragung urhe­ berrechtlicher Befugnisse vom Verständnis des Persönlichkeitsrechts geprägt. Nach dem LUG von 1901 und im KUG von 1907 war noch die Übertragung des Urheberrechts insgesamt vorgesehen.53 In der Folgezeit legten Rechtspre­ chung und Literatur dem Urheberpersönlichkeitsrecht immer größere Bedeutung bei. 54 Dies führte dazu, daß im Urheberrechtsgesetz von 1965 der Gedanke der Unübertragbarkeit des Persönlichkeitsrechts aufgenommen wurde55 , der heute das Urheberrechtsverständnis entscheidend prägt. Auch Verwertungsrechte sind daher wegen ihres persönlichkeitsrechtlichen Gehalts nicht insgesamt übertrag­ bar.s6 Das Gesetz sieht eine Verfügung des Urhebers über die Verwertungsrechte in der Weise vor, daß er anderen Nutzungsrechte einräumt.57 Diese Überlassung zur Ausübung ist keine Form der echten Rechtsübertragung: Der Erwerber er­ hält kein absolutes Recht, sondern nur eine obligatorische Berechtigung. Der Überlassende ist verpflichtet, sich die Ausübung gefallen zu lassen58 , der persönlichkeitsrechtliche Kern bleibt beim Urheber. 59 Das Verhältnis von Nut­ zungs- und Verwertungsrechten ist so zu verstehen, daß Nutzungsrechte selb­ ständig sind, jedoch inhaltlich nur mit den Verwertungsrechten übereinstimmen können.6() Auf diese Weise stellen die Nutzungsbefugnisse anderer eine Art Belastung des Urheberrechts dar, wobei umstritten ist, ob der Urheber darüber

52 Vgl.Hubmann I Rehbinder, S. 1 26. 53 § 8 S. 3 LUG, § 10 S. 3 KUG. 54 Vgl.schon Voigtländer / Elster, S. 105: ,,Die vom geltenden Gesetz noch zugelassene Übertra­

gung des Urheberrechts unter Lebenden gilt nach heutiger Auffassung bereits als eine Anomalie gegenüber dem persönlichkeitsrechtlichen Kern des Urheberrechts." 55 Vgl. § 29 S. 2 UrhG. 56 Vgl.z.B. v. Gamm, Rn.3 zu § 29 ; Rn. 7 zu § 1 1 ; Hubmann I Rehbinder, S. 189. 57 § 31 Abs. 1 S. 1 UrhG. 58 Zur dogmatischen Abgrenzung ausführlich Leßmann, S. 27 ff., 32. 59 Ulmer, S. 379. 60 Hubmann / Rebinder, S. 189.

IV. Geschmacksmusterrecht

35

hinaus einzelne persönlichkeitsrechtliche Befugnisse übertragen61 oder zur Wahrnehmung überlassen62 kann. 63 Das Urheberrecht entsteht im Zeitpunkt der Schöpfung eines urheberrechts­ fähigen Werks, eine Registrierung wird nicht vorausgesetzt. Das Recht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. 64

N. Geschmacksmusterrecht

Das Geschmacksmustergesetz65 schützt Muster und Modelle. Ihre Schutz­ fähigkeit setzt voraus, daß die Erzeugnisse neu und eigentümlich sind. 66 Erfül­ len sie diese Erfordernisse, sind sie gegen Nachbildung geschützt. 67 Der Schutz kann nur geltend gemacht werden, wenn das Muster oder Modell beim Patentamt zur Eintragung ins Musterregister angemeldet worden ist68 ; zur Anmeldung wird eine Gebühr erhoben. 69 Die Schutzdauer beträgt fünf Jahre und kann auf bis zu zwanzig Jahren verlängert werden.70 Der Verletzer des Nachbildungsrechts kann auf Unterlassung und, bei Ver­ schulden, auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. 7 1

61 So vereinzelt Meinungen in der Literatur, vgl. v. Gamm, Rn. 7 zu § 11: Übertragbarkeit bestimmter Berechtigungen aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht. 62 So z.B. Fromm / Nordemann / Hertin, Rn . 3 vor § 12; Ulmer, S. 379 f. 63 Ulmer, S.359, vergleicht die Einräumung von Nutzungsrechten mit der Bestellung beschränkter dinglicher Rechte als Belastung des Eigentums im Sachenrecht; auch Hubmann / Rehbinder, S. 189, 193. Bedenken gegen dieses Verständnis von Schricker I Schricker, Rn.43 vor §§ 28 ff.; Leßmann, S. 93.Zur Übertragung von Nutzungsrechten in bezug auf Urheberrechte an Konstruktionszeichnun­ gen für Halbleiterbauelemente unten, § 11 II. 64 § 64 Abs. 1 UrhG, Ausnahme bei nachgelassenen Werken (§ 64 Abs.2 UrhG). 65 Gesetz betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen vom 11. Januar 1876 (RGBI.S. 11) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Geschmacksmustergesetzes vom 18. Dezember 1986 (BGBI. I S.2501). 66 § 1 Abs. 2 GeschrnMG. 67 Vgl. §§ 5, 6 GeschmMG. 68 § 7 Abs. 1; zur Anmeldung einzureichende Unterlagen sind in § 7 Abs.3 GeschrnMG aufgeführt. @ § Sc GeschrnMG. 70 § 9 Abs. 1, 2 GeschmMG. 7 1 § 14a Abs. 1 GeschmMG.

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§ 2 Gesetzessystematischer Kontext

1 . Ästhetischer Gehalt Das Geschmacksmusterrecht, das für den Rechtsinhaber den Begriff des Urhe­ bers wählt72 , wird auch als „kleines Urheberrecht"73 oder als „gewerbliches Schutzrecht auf urheberrechtlicher Grundlage"74 bezeichnet. Überwiegend wird die Ansicht vertreten, die Verwandtschaft mit dem Urheberrecht zeige sich darin, daß das Geschmacksmusterrecht solche Flächen- und Raumformen schütze, die ,, ... sich an den Farben- und Formensinn des Menschen wenden, also ein ästhetisches Bedürfnis befriedigen". 75 Das Merkmal der Ästhetik ist jedoch auch für den Urheberrechtsschutz nicht in jedem Fall zur Bestimmung der Werkqualität tauglich76 , und auch für das Geschmacksmusterrecht wurde Kritik an der Formel des ästhetischen Überschusses oder des ästhetischen Gehalts geäußert.77 2. Neuheit und Eigenart Die Formulierung, das Erzeugnis müsse neu und eigenartig sein78 , läßt die Frage offen, welchen Anforderungen es eigentlich genügen muß. Der Begriff der Neuheit wird nach Ansicht der Rechtsprechung entscheidend vom Gesichtspunkt der gewerblichen Funktionalität geprägt.79

72 Diese Bezeichnung wird vereinzelt kritisiert: Strunkmann-Meister, UFITA 58 (1970), 32, hält sie für systemwidrig. 13 Schricker / Schricker, Ein!. Rn. 28. 14 V. Gamm, Einf. Rn. 133. 75 So Hubmann / Rehbinder, S. 58 ; vgl.auch Schricker / Schricker, Ein!. Rn. 34; v. Gamm, Einf. Rn. 133. Anhand des ästhetischen Gehalts wurde auch von der Rechtsprechung die Ge­ schmacksmusterfähigkeit geprüft, seit RG, Urt. v. 10.6.1911, RGZ 76, 339, 344 (,,ästhetischer Überschuß"); BGH, Urt. v. 30.5.1958 „Candida-Schrift", BGHZ 27, 351, 358 ; Urt. v. 27.1.1983 .,Brombeer-Muster", GRUR 1983, 377, 378; OLG Schleswig, Urt. v. 12.2.1985 „Tonfiguren", GRUR 1985, 289, 290. 76 Dazu vgl. unten, § 5 I. 1.b) bb) (1) 77 Vgl. Ulmer, S. 150; Nordemann, UFITA 50 (1967), 909. 78 § 1 Abs.2 GeschmMG. 79 Ausführliche Erörterungen zum Maßstab der Neuheit finden sich im grundlegenden Urteil des BGH v. 8.5.1968 ,,Rüschenhaube", BGHZ 50, 340 ff. Ausführlich dazu Strunkmann-Meister, UFITA 58 (1970), 13 ff.

V. Recht zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb

37

Beim Merkmal der Eigenart zog die Rechtsprechung80 zwar mit der Forde­ rung, vorausgesetzt werde eine „selbständige schöpferische Leistung"8 1 , Par­ allelen zur Schutzhöhe des Urheberrechts. Das Gericht stellte allerdings fest, an die Schutzhöhe im Geschmacksmusterrecht seien „erheblich geringere" Maßstä­ be anzulegen. In diesem Sinne wurde in der Literatur die Ansicht vertreten, für den Geschmacksmusterschutz genüge ,, ... der ( ... ) geringere Grad einer schöp­ ferischen Leistung, die aber über das Können eines Durchschnittsgestalters auf dem betreffenden Gebiet und damit über das rein Handwerksmäßige hinausge­ hen" müsse82 . Diese Formulierung deutet an, wie schwierig die Abgrenzung von (Kunst-)Urheberrecht und Geschmacksmusterrecht anhand der Merkmale der persönlichen geistigen Schöpfung und der Eigenart im Einzelfall ist. 83

V. Recht zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb

1 . Überblick Die im Grundgesetz84 statuierte „allgemeine Handlungsfreiheit" umfaßt die Freiheit jedes einzelnen, sich im wirtschaftlichen Wettbewerb zu betätigen. Sie endet bei der Verletzung von Rechten anderer, beim Verstoß gegen die verfas­ sungsmäßige Ordnung und das Sittengesetz. 85 Der unlautere Wettbewerb ist deshalb gekennzeichnet durch einen „Verstoß gegen objektive Verhaltensnor­ men, die den lauteren Wettbewerb im Interesse der Mitbewerber, der Ver­ braucher und der übrigen Marktbeteiligten sowie der Allgemeinheit schüt­ zen". 86 Den freien Wettbewerb, bei dem sich der redliche Teilnehmer allein durch seine Leistung auszeichnen und beteiligen kann, sichert das Gesetz zum

80 Urteil des BGH v. 8.5. 1968 ,,Rüschenhaube", BGHZ 50, 340 ff. 81 BGH „Rüschenhaube", BGHZ 50, 340, 350. 82

V. Gamm, Einf. Rn. 133. Zum besonders problematischen Verhältnis des Geschmacksmusterrechts zur ,,kleinen Münze" im Urheberrecht vgl. Beil, UFITA 79, 7. 84 Art. 2 Abs. 1 GG. 85 Diese Schranken des Grundrechts werden in Art. 2 Abs. I GG genannt. 86 Baumbach / Hefermehl, Einl. UWG, Rn. 50. 83

§ 2 Gesetzessystematischer Kontext

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Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb87 mit den Mitteln des Privat­ rechts. 88 Das Gesetz enthält einige Spezialtatbestände, an deren Verletzung es unter­ schiedliche Sanktionen knüpft: Beim Verstoß gegen das Verbot irreführender Werbung89 und gegen weitere Einzelverbote90 steht Gewerbetreibenden, eini­ gen rechtsfähigen Verbänden, den Industrie- und Handelskammern und Hand­ werkskammern ein Anspruch auf Unterlassung zu91 ; bei bestimmten vorsätzli­ chen oder fahrlässigen Handlungen können die Berechtigten vom Verletzer Schadensersatz verlangen. 92 Einige Wettbewerbsverstöße werden strafrechtlich geahndet.93

2. Generalklausel Besonders geprägt wird das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb durch eine Generalklausel94, die als wettbewerbliche Ausprägung der im Grundgesetz gewährleisteten allgemeinen Handlungsfreiheit verstanden wird95 • Sie knüpft an Handlungen, die im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs vorgenommen werden und dabei gegen die guten Sitten verstoßen, die Rechts­ folgen des Anspruchs auf Unterlassung und Schadensersatz.

87 Gesetz vom 7. Juni 1 909, RGBl S. 499 in der Fassung vom 17. Dezember 1 990, BGB!. I S. 2840. Zur geschichtlichen Entwicklung und zum Vergleich mit dem Recht zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb im Ausland vgl. Baumbach I Hefennehl, Ein!. UWG, Rn. 1 ff. 88 Seinem Schutz wird der mit Mitteln des öffentlichen Rechts durch das Gesetz gegen Wettbe­ werbsbeschränkungen (Gesetz vom 27. Juli 1 957, BGB!. I S. 1081 in der Fassung der Bekannt­ machung vom 20. Februar 1990, BGB!. I S. 235) zur Seite gestellt, vgl. Nordemann, S. 32 Rn. 15. 89

§§ 3-5 UWG. 90 §§ 6-8 UWG.

91 Vgl. im einzelnen die Bestimmungen des § 13 Abs. 1 -5 UWG; dazu Baumbach / Hefennehl, Ein!. UWG, Rn. 54. 92 Vgl. § 13 Abs. 6 UWG. 93 Vgl. §§ 4, 6c, 1 2, 1 5, 17, 1 8, 20 UWG. 94 § 1 UWG. Zur Verfassungsmäßigkeit der Generalklausel vgl. Beschl. d. BVerfG v. 8.2. 1 972, NJW 1 972, 573 f.: Das Gericht führt aus, langjährige Konkretisierung des Rechtsgehalts der Generalklausel durch die Rechtsprechung wiege den Nachteil mangelnder Berechenbarkeit gericht­ licher Entscheidungen und damit der Rechtsunsicherheit auf (S. 573). 95

Nordemann, S. 49 Rn. 46.

V. Recht zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb

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Die Interpretation der Tatbestandsvoraussetzungen „im geschäftlichen Ver­ kehr"96 und „zu Zwecken des Wettbewerbs"97 beeinflußt auch die Auslegung der Spezialnormen. Als das Kernproblem des Rechts zum Schutz gegen unlau­ teren Wettbewerb gilt die Bestimmung der wettbewerblichen Verhaltensnormen nach dem Maßstab der guten Sitten.98 Das Ausfüllen des Begriffs der guten Sitten durch die Gerichte hat zu einer reichhaltigen Kasuistik geführt, deren einzelne Fälle systematisch unter bestimmte Oberbegriffe zusammengefaßt werden können: Beim Verhalten des Wettbewerbers gegenüber dem Marktteil­ nehmer (Kunden) und dem Mitbewerber können Kundenfang, Behinderung, Ausbeutung; Rechtsbruch und Marktstörung unterschieden werden.99 Der Verstoß gegen die guten Sitten setzt kein Verschulden voraus, der Ver­ letzer braucht nur die Tatumstände zu kennen, die bei objektiver Würdigung die Sittenwidrigkeit seiner Wettbewerbshandlung begründen. 1 00 Das Wettbewerbsrecht kommt als ergänzender Schutz auch bei Handlungen im Zusammenhang mit Software in Betracht, die Anfertigung von Raubkopien kann eine Ausbeutung in der Form der unmittelbaren Leistungsübernahme darstellen. 101 Die Möglichkeit eines Schutzes von Mikrochips über die Mittel des Wettbewerbsrechts ist in der Literatur vereinzelt angedeutet worden. 1 02

96 Vgl. §§ 1, 3, 5, 6a-6e, 12, 16, 18 UWG ; dazu Baumbach I Hefermehl, Einl.UWG, Rn. 208 ff.; Volker Emmerich, S.25 f.; Nordemann, S. 38 f ., Rn. 25. 97 Vgl.§§ 12, 3, 6b, 12, 14, 18, 20 UWG; dazu Baumbach / Hefermehl, Einl. UWG, Rn. 214 ff.; Volker Emmerich, S. 25 ff.; Nordemann, S. 40 ff., Rn. 26 ff. 98

Baumbach / Hefermehl, Einl. UWG, Rn.53. So Baumbach I Hefermehl, Einl. UWG, Rn. 169 ff.; die Systematik ist nicht immer einheitlich, vgl. Volker Emmerich, S. 71: lrreleitungen, Feindseligkeiten, ungehörige Ausnutzung von Kon­ kurrenten. 100 Vgl. Baumbach / Hefermehl, Einl. UWG, Rn. 125 f. 101 Vgl. Baumbach / Hefermehl, Rn.519 zu § 1 UWG; zum wenbewerbsrechtlichen Schutz von Computerprogrammen vgl. aus der Rechtsprechung: OLG Frankfurt, Urt.v. 21.7.1983 ,,Donkey Kong Junior !'', GRUR 1983, 757, 758 (betr. Videospiele); LG München, Urt. v. 12.7.1983, CR 1986, 332 f. m.Anm. v.Brandi-Dohm; aus der Literatur Baums, DB 1988, 429 ff.; Lehmann, in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S.230 ff. 102 Vgl. Werum, S.48 ff.; Junker, S. 64 f., Rn. 70; Steup / Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Vetwertung von Computerprogrammen, S. 187 f., Rn. 9; Dreier, GRUR lnt. 1987, 647 ; Kinder­ mann I Körber I Kalle, G RUR Int. 1986, 331 f . 99

40

§ 2 Gesetzessystematischer Kontext

VI. Internationale Abkommen zum Urheberrechts- und Patentschutz Das deutsche Urheberrecht schützt dem Grundsatz nach nur deutsche Staatsan­ gehörige 1 03 , wobei es gleichgültig ist, ob und wo ihre Werke erschienen sind. Ausnahmsweise genießen ausländische Staatsangehörige urheberrechtlichen Schutz für ihre im Geltungsbereich des Urheberrechtsgesetzes erschienenen Werke. 104 Im übrigen erhalten sie urheberrechtlichen Schutz, wie er nach Staatsverträgen verbürgt ist 105 , und, falls die Staaten nicht internationalen Abkommen beigetreten sind, nach Maßgabe der Gegenseitigkeit. 106 Sonderre­ gelungen gelten für die sog. verwandten Schutzrechte. 1 07 Als internationale Abkommen auf dem Gebiet des Urheberrechts existieren die Berner Übereinkunft und das Welturheberrechtsabkommen. Die Pariser Über­ einkunft wurde zur einheitlichen Ausgestaltung des gewerblichen Rechtsschut­ zes geschlossen.1 08

1 . Die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und der Kunst Die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und der Kunst (RBÜ) 109 wurde am 9. September 1 886 in Bern verabschiedet und in der Fol­ gezeit mehrfach geändert. Die meisten Nationen sind ihr inzwischen beigetre­ ten 1 1 0 , die Bundesregierung hat zuletzt durch Gesetz vom 1 7 . August 1 973 1 1 1 dem Beitritt der Pariser Fassung der Übereinkunft zugestimmt. Die USA hatten bis zum 1. März 1989 einen Beitritt abgelehnt. Begründet wurde

1 03

§ 120 Abs.1 UrhG. 1 04 § 121 Abs. 1 UrhG. 105 § 121 Abs. 4 S. 1 UrhG. 106 § 121 Abs. 4 S. 2 UrhG. 107 §§ 124-128 UrhG. Vgl. zum Schutz des ausländischen ausübenden Künstlers Bundesver­ fassungsgericht, Beschl. v. 23.1.1990, 1 BvR 306 / 86. 108 Eine Übersicht über den Stand der internationalen Vertriige auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts vom 1. Januar 1992 findet sich in GRUR Int. 1992, 374 ff. 109 Sie wird seit ihrer ersten Revision in Berlin 1908 allgemein Revidierte Berner Übereinkunft (RBÜ) genannt. 1 10 Aufstellung der Staaten bei Fromm / Nordemann / Nordemann, Rn. 1 f. zu § 121. Aktuelle Übersicht nach dem Stand vom 1. Januar 1992 in GRUR Int.1992, 381. III BGB!. 1973 II S. 1069.

VI. Internationale Abkommen zum Urheberrechts- und Patentschutz

41

diese Haltung insbesondere mit dem formlosen Schutz der RBÜ, der dem Er­ fordernis der Anmeldung beim Urheberrechtsregister in den Vereinigten Staaten widerspreche. 1 1 2 Am 1 . März 1989 wurde die RBÜ erstmals auch für die Ver­ einigten Staaten verbindlich, nachdem sie am 16. November 1988 ihre Bei­ trittsurkunde als 80. Mitgliedsstaat hinterlegt hatten. 1 1 3

a) ., Mindestrechte " und lnländerbehandlung

Die Berner Verbandsübereinkunft hat zwar für die Verbandsländer kein inhalt­ lich übereinstimmendes Urheberrecht geschaffen, ebensowenig vereinbarten die Mitgliedstaaten ein Mustergesetz. Dennoch sichert die Konvention einen ver­ gleichsweise hohen Standard für einen Urheberrechtsschutz dadurch, daß be­ stimmte Mindesterfordernisse in der Konvention selbst festgelegt werden, die an die Ausgestaltung des Urheberrechts in den Verbandsstaaten hohe Anforde­ rungen stellen. Sachnormen der Übereinkunft verpflichten die Verbandsländer zu gesetzlichen Lösungen in einem bestimmten Sinn oder ersetzen nationale Gesetze durch konventionseigene Regelungen, die einen Mindestschutz gewäh­ ren 1 14 und von Urhebern in den Verbandsländern unmittelbar und in jedem Fall geltend gemacht werden können. 1 1 5 Gewährt das inländische Recht dem Urheber einen größeren Schutz, kann er sich zusätzlich auch darauf beru­ fen. 1 1 6 Die Vorschriften der Konvention sind dabei zwingend; von einigen Sonderfällen abgesehen dürfen die Verbandsländer bei der Anwendung der Übereinkunft im nationalen Bereich nicht davon abweichen. 1 17 Die RBÜ schützt „Werke der Literatur und Kunst" 1 1 8 ; die Bezeichnung um­ faßt alle Erzeugnisse auf dem Gebiet der Literatur, Wissenschaft und Kunst, u.a. auch Pläne, Skizzen und Darstellungen plastischer Art auf den Gebieten der Geographie, Topographie, Architektur oder Wissenschaft. Vorausgesetzt wird

1 12

Vgl. Nordemann / Vinck / Herrin, Einl. Rn. 5. 113 GRUR lnt. 1989, 78. 114 Masouye, S. 1 ; Nordemann / Vinck / Herrin, Rn.4 zu Art.5 RBÜ. m Nordemann I Vinck / Herrin, Einl. Rn.2 1. 1 16 Vgl. Nordemann / Vinck / Herrin, Rn. 4 zu Art.5 RBÜ. 1 11

Masouye, S. 1. 1 18 Art. 2 Abs. 1 RBÜ.

42

§ 2 Gesetzessystematischer Kontext

ebenfalls, daß es sich um persönliche geistige Schöpfungen handelt. 1 19 Der konventionsrechtliche Schutzanspruch beschränkt sich auf den Katalog 120 der Werkarten: Für eine neue Schöpfung, die keiner der herkömmlichen Werkgat­ tungen zugerechnet wird, kann der Urheber Schutz nur unter dem Gesichtspunkt der Inländerbehandlung beanspruchen, d.h. nur dann, wenn das inländische Recht ihm bereits Schutz gewährt. 1 2 1 Für den Urheber, der Angehöriger eines Verbandslandes ist, hat die Ausgestal­ tung des Werkbegriffs durch das Recht und durch die Gerichte des Schutzlan­ des folgende Konsequenzen: Falls einem Erzeugnis die Werkqualität durch die Rechtsprechung versagt wird, kann sich der Urheber nicht auf das Konventions­ recht berufen, auch wenn die Gerichte in seinem Ursprungsland weniger streng sind. In bezug auf die Gesetzeslage kann er den ihm jeweils günstigeren Schutz in Anspruch nehmen: Der Verbandsurheber kann sich auf die RBÜ unmittelbar berufen, wenn das Recht des Schutzlandes eine im Katalog der RBÜ aufgeführ­ te Werkart generell nicht als schutzfähig ansieht. Er kann hingegen Inländer­ gleichbehandlung verlangen, wenn das Recht des Schutzlandes großzügiger ist als das Konventionsrecht.

b) Computerprogramme und Reformbestrebungen

Dadurch, daß Computerprogramme - nunmehr ausdrücklich - im Urheber­ rechtsgesetz aufgenommen sind, genießen nicht nur inländische Urheber, son­ dern auch Angehörige von Mitgliedstaaten der RBÜ bei Verletzung von Wer­ ken in der Bundesrepublik Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Auch in Bezug auf das Vertragswerk der RBÜ zeichnen sich Reformbestre­ bungen ab. Das Internationale Büro der World Intellectual Property Organiza­ tion (WIPO) 122 erarbeitete ein Memorandum, das der Diskussion der ersten

1 19 Nordemann / Vinck / Hertin, Rn. 1 zu Art.2 RBÜ: die ausdrückliche Aufnahme des Erforder­ nisses einer persönlichen geistigen Schöpfung im Text der Übereinkunft sei nicht für nötig gehalten worden. 120 Art. 2 Abs. 1 RBÜ. 121 Art. 19 RBÜ; vgl. Nordemann / Vinck / Hertin, Art. 2 Rn.2. 122 Die Weltorganisation für geistiges Eigentum erfüllt Verwaltungsaufgaben des Berner und des Pariser Verbandes (dazu sogleich, § 2 VI.3.). Das Übereinkommen über die Enichtung der WIPO wurde am 14. Juli 1 %7 in Stockholm unterzeichnet (BGBI 1970 II S. 295) und ist für die Bundes­ republik am 19. September 1970 in Kraft getreten (Bekanntmachung vom 12.10.1970, BGBI II s. 1070).

VI. Internationale Abkommen zum Urheberrechts- und Patentschutz

43

Sitzung des Expertenkommittees vom 4. bis 8. November 199 1 in Genf als Grundlage diente. Es ist vorläufig als ,,Protokoll" bezeichnet worden, wobei noch unklar ist, in welcher Beziehung zur RBÜ es stehen und in welcher Form es die Regelungen des Vertragswerks modifizieren soll. 1 23 Die Vorschläge betreffen u.a. Computerprogramme, Datenbanken und Expertensysteme als mögliche Schutzobjekte der Berner Übereinkunft. Es ist beabsichtigt, die Ver­ tragsstaaten zu einem Schutz von Computerprogrammen zu verpflichten, der dem Schutz der literarischen und künstlerischen Werke entspricht. 1 24 2. Das Welturheberrechtsabkommen Das Welturheberrechtsabkommen (WUA) wurde am 6. September 1952 in Genf geschaffen, vor allem um die USA in eine multilaterale Urheberrechtskon­ vention einbeziehen zu können. 1 25 Danach wurde es am 24. Juli 197 1 , zeit­ gleich mit der Revision der RBÜ, in Paris revidiert. Der revidierten Fassung hat die Bundesrepublik durch Gesetz vom 17. August 1973 126 zugestimmt. Das WUA enthält ein anderes Konzept als die RBÜ: Die Vertragsstaaten übernehmen lediglich die völkerrechtliche Verpflichtung, das nationale Recht in bestimmter Weise zu regeln. Erfüllt ein Staat diese Pflicht nicht, verletzt er zwar das Abkommen, so daß andere Vertragsstaaten berechtigt sind, deswegen den internationalen Gerichtshof anzurufen. Der einzelne Angehörige eines Ver­ tragsstaats kann aus einer solchen Verpflichtung aber keine unmittelbaren indi­ viduellen Rechte herleiten. 127 Auch das WUA stellt für seine Mitglieder den Grundsatz der Inländerbehand­ lung auf. 1 28 Aus ihm folgt nicht nur die Regel, daß Werke, die ihren Ursprung in einem Vertragsstaat haben, in anderen Vertragsstaaten zu schützen sind. Er bedeutet zugleich, daß sich Bestand und Wirkung des Urheberrechts nach der Rechtsordnung des Staates bestimmen, für dessen Gebiet der Schutz in An-

123 Vgl. WIPO Doc. BCP / CE / 1 / 2, S. 3. 124 Vgl. WIPO Doc. BCP / CE / I / 2, S. 9. Zu den Ergebnissen der Sitzung vgl. Hoeren, CR 1992, 243 ff. 125 Vgl. zur geschichtlichen Entwicklung Nordemann / Vinck I Hertin, Ein!. Rn. 5. 126 BGB!. 1973 II S. 1069. 127 Nordemann / Vinck / Hertin, Ein!. Rn. 20. 1211 Art. II Abs. l WUA; dazu vgl. Troller, S. 138 f.

44

§ 2 Gesetzessystematischer Kontext

spruch genommen wird. 129 Urheber, die einem Verbandsland eines internatio­ nalen Abkommens angehören, stehen also in Deutschland den deutschen Urhe­ bern gleich. 3. Die Pariser Verbandsübereinkunft Die Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) ist ein völkerrechtlicher Vertrag zum Schutz des gewerblichen Eigentums. 1 30 Nach der Verabschiedung vom 20. März 1 883 und mehreren Änderungen ist für die Bundesrepublik jetzt im Verhältnis zu den meisten Nationen die Stockholmer Fassung vom 14. Juli 1967 maßgeblich. 13 1 Die PVÜ bezweckt den Schutz von Patenten, Gebrauchs­ mustern, Modellen und Marken sowie den Schutz gegen unlauteren Wettbe­ werb. 1 32 Das Prinzip der Inländerbehandlung hat auch die PVÜ maßgeblich geprägt. Angehörige eines Verbandsstaats können danach in jedem anderen Verbands­ staat Patente unter den gleichen Voraussetzungen erlangen wie die jeweiligen Inländer. 1 33 Zusätzlich enthält die Übereinkunft Mindestrechte, die der Erfin­ der unmittelbar geltend machen kann. Im Unterschied zur RBÜ sind sie al­ lerdings eng begrenzt, und die Verbandsländer besitzen einen großen Spielraum zur freien Ausgestaltung der nationalen gewerblichen Schutzrechte. Darauf ist es zurückzuführen, daß die Schutzniveaus in den gewerblichen Schutzrechte der Länder unterschiedlich sind. 1 34 Dagegen bietet das in der Konvention selbst statuierte Prioritätsrecht 135 ei­ nen besonderen Schutz für den Erfinder. 136 Es entsteht für einen Verbands­ angehörigen, sobald er ein Patent oder eine Marke erstmals formgerecht ange-

1 29 Ulmer, S. 82 / 83. 1 30 Art. 1 PV Ü .

131 Zustimmung des Bundestags durch Gesetz vom 5. Juni 1 970 (BGBI. II S. 293 f.), in Kraft getreten am 19. September 1 970 (Bekanntmachung vom 13. Oktober 1 970, BGBI. II S. 1 073). 132 Art. 1 Abs. 2 PV Ü . 133 Vgl. dazu Bernhardt / Kraßer, S. 62. 134 Vgl. Bernhardt / Kraßer, S. 63; Troller, S. 35. 135 Art. 4 PV Ü .

136 Zum Prioritätsrecht vgl. Benkard / Ullmann, Ein!. Rn. 10 ff.; Bernhardt / Kraßer, S. 62; Troller, S. 39 ff.; Hubmann, S. 72 f.; zur geschichtlichen Entwicklung ausführlich Schricker, GRUR Int. 1 967, 86 f.; zu Wesen, Entwicklung und Bedeutung Trüstedt, GRUR lnt. 1 959, 573 ff.

VI. Internationale Abkommen zum Urheberrechts- und Patentschutz

45

meldet, ein gewerbliches Muster oder Modell erstmals hinterlegt hat. Das Prioritätsrecht bewirkt, daß der Anmelder in allen anderen Verbandsländem 137 den Schutz genießt, der ihm bei einer dortigen Anmeldung zugebilligt würde.

1 37 Für zwölf Monate bei Patenten und Gebrauchsmustern, für sechs Monate bei gewerblichen Mustern, Modellen und Marken.

§ 3 Schutzgesetze ,,sui generis" und internationale Abkommen zum Schutz von Mikrochips I. Der Semiconductor Chip Protection Act (SCPA) von 1984

Die führende Rolle bei den Vorbereitungen eines Gesetzes zum Schutz von Mikrochips übernahmen die Vereinigten Staaten. Nach Anhörung von Vertre­ tern der betroffenen lndustrie 1 und ausführlicher Diskussion von Vorschlägen des House of Representatives2 und des Senats3 wurde der Semiconductor Chip Protection Act (SCPA) vom 8. November 1 984 verabschiedet.4 In gewissem Widerspruch zur seinerzeit geltend gemachten, angeblich dringenden Notwen­ digkeit eines Schutzes steht die Tatsache, daß es unter Berufung auf den SCPA in den Vereinigten Staaten in einem Zeitraum von zwei Jahren erst zu zwei Verfahren gekommen ist, von denen das erste nicht zu einer Entscheidung durch den Gerichtshof führte. 5

1 98th Congress, I st Session ( 1 983), Hearings on H.R. 1028 before the Subcommittee on Courts, Civil Liberties, and the Administration of Justice of the Committee on the Judiciary, im folgenden zitiert als Hearings. 2 United States 98th Congress, 2nd Session ( 1 984), House Report 98-78 1 , Semiconductor Chip Protection Act of 1984: Report to accompany H.R. 5525, im folgenden zitiert als House Report. 3 United States 98th Congress, 2nd Session ( 1 984), Senate Report 98-425, Semiconductor Chip Protection Act of 1984: Report to accompany S. 1 20 1 , im folgenden zitiert als Senate Report. 4

Semiconductor Chip Protection Act, Public Law 98-620, Nov. 8, 1 984, Chapter 9, Sec. 901-914 - Protection of Semiconductor Chip Products - of Title 1 7 - Copyrights - United States Code 1 7, 98 Stat. 3335 ff., 3347-3356, in deutscher Übersetzung abgedruckt in BlPMZ 1 985, 1 3 1 - 1 35. 5 Apple Computer Company v. Relax Technologies; Brooktree Corp. v. Advanced Micro Devices lnc. (Southem District of Carolina Court, Civil No. 88- 1750-E (CM), 13 December 1 988), in deutscher Übersetzung abgedruckt in GRUR lnt. 1 989, 594 ff.; vgl. Schrader, WIPR 1989, Vol. 3, No. 3, p. 90). Zweifelnd zur Notwendigkeit eines Chipschutzgesetzes aus diesem Grund auch Grant, S. 45.

1. Der Semiconductor Chip Protection Act von 1984

47

1. Das Gesetzgebungsverfahren Aus der Gesetzgebungsgeschichte der Vereinigten Staaten ist das Bemühen erkennbar, neue regelungsbedürftige Sachverhalte entweder dem Patent- oder dem Urheberrecht zuzuordnen.6 Dieser Tradition folgend, machte das Senate Committee (Subcomrnittee of Patents, Copyrights and Trademarks) den Vor­ schlag, den Schutz von Mikrochips in einem Zusatz zum Copyright zu regeln. 7 Es setzte sich dafür ein, den Katalog der urheberrechtlich geschützten Werke durch die Aufnahme von Mikrochips oder Maskenwerken zu ergänzen. Die mit diesem „Copyright bill"8 beabsichtigte Integration des Halbleiterschutzes in das amerikanische Urheberrecht fand beim House Committee (Judiciary Committee of the House of Representatives) keine Zustimmung; dort wurde vielmehr der Gegenvorschlag gemacht, Mikrochips mit einem eigens darauf zugeschnittenen Gesetz zu schützen. Dieser Vorschlag wurde letztlich angenommen und das Gesetz als Semiconductor Chip Protection Act verabschiedet. 9 Die Literatur wertete den SCPA. obgleich er formal als neuntes Kapitel an den amerikanischen Copyright Act anschließt, übereinstimmend als „sui generis approach". 1 0 Der Schutz sui generis wurde mit der Sorge verteidigt, das Recht zum Schutz des geistigen Eigentums sei nicht fähig, das - für die Halbleiterindustrie bedeu­ tende - Innovationsinteresse zu unterstützen 1 1 , das geltende Recht biete nur unzureichenden Schutz der Investitionen. 12 Hinter dieser Begründung steht die Furcht der maßgebend an den Vorbereitungen zum SCPA beteiligten amerika-

Samuelson, Minnesota Law Review 70 ( 1986), 472. 7 Argumente, die vom Senat zur Begründung angeführt wurden, sind im einzelnen erläutert im Senate Report, S. 12-14 und bei Samuelson, Minnesota Law Review 70 ( 1986), 48 1-484. 8 Er wird allerdings von Samuelson, Minnesota Law Review 70 (1986), 480, Fn.35, auch schon als Entwurf eines Gesetzes sui generis bezeichnet. • Der Vorschlag des House of Representatives wurde nach Stewart I Sandison, S. 335, ,,in a bitterly fought last minute compromise" angenommen. 10 Der Ansicht, der SCPA sei kein Gesetz sui generis, war dagegen der District Court for the Southern District of California in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 1988: Es basiere vielmehr auf aus dem Urheberrecht abgeleiteten Prinzipien (vgl.Übersetzung des Urteils in GRUR Int. 1989, 594, 595. 11 Chesser, University of Western Ontario Law Review 22 ( 1984), 203. 12 Massaguer-Fuentes / Perez-Frias, CR 1988, 368. De Almeida, Copyright World 1989, 44, gibt dabei angesichts des Drängens der Vertreter der Industrie auf eine gesetzliche Regelung zu beden­ ken, daß die Halbleiterindustrie von einer begrenzten Z.ahl multilateraler Konzerne beherrscht werde, die einen besonders oligopolistischen Sektor des internationalen Handels bildeten. 6

48

§ 3 Schutzgesetze „sui generis"und internationale Abkommen

nischen Halbleiterunternehmen vor der japanischen Konkurrenz, die den ameri­ kanischen Markt mit billig produzierten Mikrochips zu überschwemmen droh­ te. 1 3

2. Die Festschreibung materieller Reziprozität Dieses Bestreben der amerikanischen Industrie, sich vor Konkurrenz zu schüt­ zen, hat im Gesetz 14 Ausdruck gefunden: Ausländische Unternehmen haben nur dann einen Anspruch auf Schutz ihrer Halbleiterprodukte, wenn ihr Hei­ matland einen dem SCPA im wesentlichen gleichwertigen Schutz für US-Unter­ nehmen gewährt. Sehr differenzierte Vorschriften regeln im einzelnen, wann Mikrochiphersteller ausländischer Staaten in den Genuß des Schutzes durch das neue Gesetz kommen: Der SCPA sieht zunächst einen Schutz für die Angehöri­ gen eines Staates vor, der Mitglied eines Abkommens zum Schutz von Mikro­ chips ist, dem die Vereinigten Staaten ebenfalls angehören. 15 Der Präsident der Vereinigten Staaten kann einen endgültigen Schutz unter der Voraussetzung ein­ räumen, daß das Erfordernis materieller Reziprozität erfüllt ist. 1 6 Der Antrag­ steller muß einem Staat angehören, der seinerseits Halbleiterbauelemente schützt. Vorausgesetzt wird außerdem, daß dieser Schutz im wesentlichen dem des SCPA entspricht. Ein vorläufiger Schutz kann durch eine Anerkennung des Handelsministers garantiert werden. Dazu wird verlangt, ,, ... that the foreign nation is making good faith efforts and reasonable progress toward (A) entering into a treaty described in section 902 (a) ( 1 ) (A); or (B) enacting legislation that would be in compliance with subparagraph (A) or (B) or section 902 (a) (2) ... ". 1 7 Dieser Schutz wurde nach und nach allen Staaten gewährt, die sich darum bewarben, wobei die Niederlande und England besonders darauf hinwiesen, daß

13 Vgl. Dreier, GRUR Int.1987, 647; Arckens / Keustermans, RIW 1985, 282; Hoeren, S. 6, ver­ tritt die Auffassung, der sui generis-Schutz von Mikrochips beruhe im wesentlichen nicht auf Schutzlücken des hergebrachten Immaterialgüterrechts, sondern auf dem „protektionistischen Lobby­ Druck" der Halbleiterindustrie; in diesem Sinne auch de Almeida, Copyright World, Issue Two, Jan. 1989, 44. 14 § 902 (a) 1. SCPA. 15 Vgl. § 902 (a) 1. (A) SCPA. 16 Vgl. § 902 (a) 2. SCPA. 17 § 914 (a) ( 1 ) SCPA.

I. Der Semiconductor Chip Protection Act von 1 984

49

das nationale Urheberrecht - zumindest bis zur Entwicklung eines Gesetzes Mikrochips ausreichend schütze 18 • Die Frist für die Zusage eines Interimsschutzes sollte zunächst am 8. 1 1. 1 987 ablaufen 19 ; danach sollte der Grundsatz der materiellen Reziprozität gelten. Die Frist wurde dann aber doch schrittweise bis zum 1 . Juli 1991 verlängert. 20 Das Erfordernis der Reziprozität und seine zeitliche Vorreiterstellung haben dem SCPA Modellcharakter verliehen. 21 Kritiker bemerkten, die Vorausset­ zung der materiellen Gegenseitigkeit habe den Trend unterstützt, ,,allen Be­ fürchtungen der Aufsplitterung des Systems der gewerblichen Schutzrechte für integrierte Schaltungen zum Trotz" einen Sonderschutz zu wählen. 22 Weiter wurde die Auffassung vertreten, das Gesetz bestimme nicht nur einen neuen Gegenstand des gewerblichen Rechtsschutzes, sondern es lege mit Bedacht den Standort des Schutzes integrierter Halbleiterschaltkreise außerhalb der inter­ nationalen Vereinbarungen über gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht fest23, um den Grundsatz der Inländergleichbehandlung zu umgehen. Dieser Vermutung wurde allerdings mit der Ansicht widersprochen, der SCPA sei Teil des gewerblichen Rechtsschutzes und damit Gegenstand der Pariser Konvention von 1 883 geworden, die ebenfalls Inländergleichbehandlung vorsehe. 24 Die Verabschiedung des SCPA löste eine Lawine von Gesetzgebungsverfahren in der ganzen Welt aus.25 Der Präsident des Patent- und Markenamtes des Vereinigten Staaten betonte zwar, die Gewährung des - endgültigen - Schut-

18 Meijboom, ICLA 1988, 23; Jehoram, EIPR 1 987, 37; ders. , WIPR 1 989, 9 1 ; Prins, Computer Law & Practice, May / June 1 987, 1 68; Sa:xby, Encyclopedia, Rn. 2.259. 19 § 914 (e) SCPA. 20 GRUR Int. 1 988, 532. Das Patent and Trademark Office (PTO) verlängerte den Interimsschutz Anfang 1991 trotz der Bedenken in bezug auf ,,... the unacceptual level of protection provided by the WIPO treaty", WIPR Vol. 5 p. 14, Jan. 1 99 1 . 21 Dreier, GRUR Int. 1 987, 648; Stauder, GRUR 1 987, 346. 22 Vgl. Dreier, GRUR Int. 1 987, 645. 23 Dreier, IIC Studies, S. 70. Zu den internationalen Abkommen RB Ü , WUA und PV Ü s.o., § 2 VI. 24 Jehoram, EIPR 1 987, 36.

25 Stauder, GRUR 1 987, 346. Deutlicher Jehoram, WIPR 1 989, 9 1 : ,, ... one wanted to incite and press the whole industrialized world to follow the American example"; Stewart / Sandison, S. 334: .,extraordinary hurst of legislative activity throughout the industrialized world ... "; Hart, IPIB vol. 1 issue 4 July / August 1 989, 1 2 : ,,this reciprocity requirement has created shock waves throughout the international semiconductor industry ... ". Ebenso de Almeida, Copyright World, Issue Two, Jan. 1 989, 42; vgl. auch Junker, S. 67 Rn. 75. Positive Stellungnahme von Schulze, GRUR 1 987, 778. 4 Wippennann

50

§ 3 Schutzgesetze ,,sui generis"und internationale Abkommen

zes durch eine Proklamation des Präsidenten hänge nicht von der Verabschie­ dung eines Spezialgesetzes ab, es sei grundsätzlich möglich, daß der Schutz in die Patent- und Urheberrechtsgesetze eingeschlossen werde. 26 Dabei wurde aber ausdrücklich vorausgesetzt, daß der Schutz mit dem des SCPA vergleich­ bar sein müsse und damit i.d.R. über bestehende nationale Schutzrechte hin­ ausgehe. 27 Mit diesem Erfordernis wurde keine Rücksicht darauf genommen, daß die Urheberrechtsgesetze verschiedener Länder auch unterschiedliche Schutzmaßstäbe enthalten können und dadurch womöglich auch das Urheber­ recht in einigen Staaten schon den Schutz von Mikrochips sichert.28 Die Ge­ setzgebungsgeschichte des SCPA läßt allerdings vermuten, daß bloße Bekräfti­ gungen anderer Staaten, Schutz sei schon durch bereits existierendes Urheber­ recht vorgesehen, wenig Aussicht auf Erfolg haben würden. 29 Der Vorstoß der Vereinigten Staaten hat in einem Teil der nicht-amerikani­ schen Literatur Ablehnung hervorgerufen, weil die Bedingung der Reziprozität den Grundsätzen des gewerblichen Rechtsschutzes wie des Urheberrechts ent­ gegenstehe30 und dazu diene, das Prinzip der Inländergleichbehandlung im Welturheberrechtsabkommen31 zu umgehen. 32 Hätten die Vereinigten Staaten die Auffassung vertreten, daß das Welturheber­ rechtsabkommen Schutz für Halbleiterbauelemente (oder deren Teile) gewähre, wäre die Folge gewesen, daß das Abkommen Inländergleichbehandlung in den USA für die Halbleiterprodukte aller Vertragsstaaten bestimmt hätte.33 Wichtiger Beweggrund für die Vereinigten Staaten, sich nicht für einen Schutz von Mikrochips durch Copyright zu entscheiden, scheint tatsächlich die Furcht der US-Industrie gewesen zu sein, daß ihre Produkte unter den Gesetzen 26 Bodewig, GRUR Int. 1 987, 204 über den Bericht des Präsidenten des Patent- und Markenamtes der Vereinigten Staaten; Ladd / Leibowitz / Joseph, S. 16. 21 Werum, S. 9 f.; Meijboom, ICLA 1 988, 18. 28 Vgl. Jehoram, WIPR 1989, 91. 29

Dreier, IIC Studies, S. 71; vgl. auch Jehoram, AMI 1986, 25.

30

Koch, CR 1 987, 78; Steup / Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computer­ programmen, S. 1 90 Rn. 15; Jehoram, EIPR 1 987, 36; Krieger / Dreier, GRUR Int. 1 989, 729. 31

Vgl. Art. II WUA.

32

Massaguer-Fuentes / Perez-Frias, S. 368; Huet / Mais/, S. 372. Sehr drastisch Jehoram, WIPR

1 989, Vol. 3, 92: ,,The rough American technique of tuming the national treatment rule inside out in order to pressure other countries into a national protection system nobody really cares for is one such curious feature." Huet / Mais/, S. 369: ,,Etablir un regime particulier pennettait d'imposer une condition de reciprocite." 33

So auch Ladd / Leibowitz / Joseph, S. 15.

II. Das Gesetz Japans zum Schutz von Mikrochips von 1 985

51

zum Schutz des geistigen und gewerblichen Eigentums anderer Staaten nicht geschützt sein könnten, während sie selbst nach den Vereinbarungen des Welt­ urheberrechtsabkommens gezwungen gewesen wären, ihrerseits fremden Her­ stellern den eigenen umfassenden Chipschutz zu gewährleisten. 34 Die ,,Privile­ gien" der Berner Übereinkunft hätten die Vereinigten Staaten dagegen, wie erörtert, als Nichtmitglied zur Zeit der Verabschiedung des SCPA 1987 nicht erhalten.35 II. Das Gesetz Japans zum Schutz von Mikrochips von 1985

Den Vereinigten Staaten folgte Japan mit einem Spezialgesetz zum Schutz von Mikrochips am 3 1 . Mai 1985.36 Es übernahm im wesentlichen die Rege­ lungen des SCPA, verlangte jedoch keine Reziprozität für den Schutz ausländi­ scher Halbleiterprodukte in Japan und folgte damit den Prinzipien der Gesetze zum Schutz geistigen Eigentums. III. Das Gesetz Schwedens zum Schutz von Mikrochips von 1986

Schweden verabschiedete am l 0. Dezember 1986 als erstes europäisches Land ein Gesetz zum Schutz von Plänen für Halbleiterschaltkreise37 , nachdem ein

34 In diesem Sinne auch Schrader, WIPR Vol. 3 1 989, 89; vgl. auch Kastenmeier, House Report S. 7; Kastenmeier erkennt dabei an, der Wortlaut des Welturheberrechtsabkommens lasse den Schluß zu, daß die Vereinigten Staaten Vergeltungsmaßnahmen ergreifen könnten, falls andere Nationen ihnen einen Schutz von mask-works veiweigerten. Auch ohne die Einführung der Re­ ziprozität hätten demnach die USA ihrem Schutzverlangen auch in anderen Staaten Rechnung tragen können. 35 Dreier, IIC Studies 1989, 70; diese Vermutung über den eigentlichen Beweggrund der USA für die Entwicklung eines Schutzes sui generis haben auch die Delegationen Ghanas und Indiens auf der 3. Sitzung der Expertenkommission am 30. April 1 987 geäußert (WIPO Doc. IPIC / CE / III / 1 1 , S. 8, 1 6). 36 ,,Act conceming the circuit Layout of Semiconductor Integrated Circuits of 1 985", Gesetz Nr. 43 vom 3 1 . Mai 1 985, in engl. Übersetzung abgedruckt in Industrial Property 9 / 1 985, Japan Text 1 -00 1 , S. 1 - 1 1 , in deutscher Übersetzung BIPMZ 1 986, 356 ff. 37 ,,Act on the Protection of the Layout-Design of the Circuitry in Semiconductor Products"; in

engl. Übersetzung in Industrial Property, Monthly Review of the WIPO, Industrial Property Law and Treaties, 10 / 1987, Sweden - Text 1 -002. Dazu Kamel/, ICLA 1 987, 26 f.; Dreier, GRUR Int. 1 987, 648 f.

52

§ 3 Schutzgesetze „sui generis"und internationale Abkommen

Vorhaben, Vorschriften über den Schutz von Schaltkreismustern in das schwe­ dische Urheberrechtsgesetz einzugliedern, verworfen worden war. 38

N. Die EG-Richtlinie über den Rechtsschutz der Topographien von Halbleitererzeugnissen von 1986

Am 16. Dezember 1986 verabschiedete der Rat der EG, insbesondere gestützt auf Art. 100 Abs. 1 EWG-Vertrag, eine ,,Richtlinie ( . . . ) über den Rechtsschutz der Topographien von Halbleitererzeugnissen". 39 Die außergewöhnlich zügige Verabschiedung der Richtlinie wurde nicht vor­ behaltlos begrüßt. Eine Harmonisierung des Halbleiterschutzes in den Mitglied­ staaten, so hieß es, erreiche die Richtlinie nicht in zufriedenstellender Weise, weil ihre Vorgaben weitgehende Wahlmöglichkeiten bei der Ausgestaltung des Schutzes ließen.40 Vor allem bleibe es den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie den Schutz für Halbleitererzeugnisse durch ein gewerbliches Schutzrecht sui generis mit der Pflicht zur Registrierung oder urheberrechtsähnlich (ohne Registrierung) erreichten. 4 1 Damit stelle sich die Frage, ob die Richtlinie nicht Art. 100 EWG-Vertrag, auf den sie sich doch stützte, widerspreche, weil eine Harmonisierung auf diese Weise angesichts der Freiheit der Mitgliedsländer zur Ausgestaltung des Schutzes nicht erreicht werde.42 V. Das deutsche Halbleiterschutzgesetz vom 22. Oktober 1987

Am 1 . November 1987 trat in der Bundesrepublik das Gesetz über den Schutz der Topographien mikroelektronischer Halbleitererzeugnisse (Halbleiterschutz-

38 Dazu ausführlicher Kamel/, ICLA 1 987, 26. 39 87 / 54 / EWG, ABI. Nr. L 24 vom 27.1.1 987, S. 36 - abgedruckt auch in GRUR lnt. 1 987, 156, und CR 1987, 149 ff. Ausführliche Erläuterungen zur Richtlinie von Koch, CR 1987, 77 ff. 40

41

Hoeren, S. 1 0; vgl. auch Koch, CR 1987, 78.

Nach Steup / Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 192 f, Rn. 21, scheiterte eine Einigung u.a. an England, das keine Registrierung einführen wollte: Das Urheberrecht des Vereinigten Königreichs gewähre einen Rechtsschutz für derartige technische Entwicklungen wie Topographien von Halbleitereri.eugnissen. 42 Jehoram, EIPR 1 987, 38.

V. Das deutsche Halbleiterschutzgesetz vom 22 . Oktober 1987

53

gesetz [HlSchG]) in Kraft. Auch seinem Erlaß ging ein zügig durchgeführtes Verfahren voraus: Die Bundesregierung leitete ihren Gesetzentwurf vom 15. Mai 1987 als „besonders eilbedürftige Vorlage nach Art. 76 Abs. 2 S. 2 GG" dem Präsidenten des Bundesrats zu, auf eine Stellungnahme des Bundesrats vom 5. Juni 198743 folgte der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 9. Juni 1987.44 Schon im September gab der Rechtsausschuß des Bundestags eine Beschlußempfehlung ab45 , die zweite und dritte Beratung des Entwurfs im Bundestag schloß sich am 17. September 1987 an. Am 22. Oktober 1987 wurde das Halbleiterschutzgesetz im Bundestag verabschiedet.46 Diese Schnelligkeit wurde mit der Feststellung begründet, das Halbleiter­ schutzgesetz habe spätestens am 7. November 1987 in Kraft treten müssen, um deutschen Herstellern die Möglichkeit des Schutzes für Mikrochips in den Vereinigten Staaten zu erhalten.47 Es hat sich allerdings gezeigt, daß Eile aus diesem Grund nicht geboten war, denn die Möglichkeit für die Gewährung eines Interimsschutzes der Vereinigten Staaten wurde über den 7. November 1987 hinausgehend zunächst bis zum Dezember 1989, dann bis zum Dezember 1990, dann bis zum 1 . Juli 199 1 verlängert.48 Am 6. November 1990 beschei­ nigte das Patent and Trademark Office (PTO) der USA den Regierungen von 19 Ländern, darunter auch der Bundesrepublik Deutschland, sich redlich um einen Schutz für Maskenwerke aus den Vereinigten Staaten bemüht zu ha­ ben.49 Es scheint so, als erkenne das PTO auch das immerhin seit November 1987 geltende Halbleiterschutzgesetz nur als „gutgläubige und angemessene fortschreitende Anstrengung"50 und nicht als dem SCPA ebenbürtig an.

43 BR-Drs.201 / 87. 44

BT-Drs. 1 1 / 454 . 45 Beschlußempfehlung vom 1 . September 1987, BT-Drs. 1 1 / 754. 46 BGB!. I , S. 2294-2302. Die am 4. November 1987 verabschiedete Verordnung über die An­ meldung der Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen (Halbleiterschutz­ anmeldeverordnung) trat am 7. November 1987 in Kraft (BGB!.I S. 236 1 f.). 47 Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. l l / 454 , S. l ; Geissler, S. 1; Kinkel, ,,recht" 1986, 39 f. 48 GRUR I nt. 1988, 532.

49 Bericht in WI PR, Jan. 199 1 , vol. 5, p.24 . 50 Vgl. § 9 14 (a) 1. SCPA.

54

§ 3 Schutzgesetze ,,sui generis"und internationale Abkommen

VI. Die Konvention der World International Property Organization

Die WIPO begann schon 1985, eine internationale Konvention zu erarbeiten, deren Ziel es insbesondere auch war, durch die Gewährleistung der Inländer­ gleichbehandlung die Reziprozitätsklausel abzulösen. Die letzte Expertensitzung im November 1988 bereitete die Diplomatische Konferenz in Washington vor, der der Entwurf 1 vom 8. bis 26. Mai 1989 vorlag. 52 Das Abkommen wurde mit 49 Stimmen gegen zwei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen beschlos­ sen. 53 Bemerkenswert ist, daß den Mitgliedstaaten freigestellt wird, ob sie den gefor­ derten Schutz durch ein Spezialgesetz oder im Rahmen eines Gesetzes über die gewerblichen Schutzrechte und die Gesetze zum Schutz des geistigen Eigen­ tums sicherstellen. 54 Die Konvention sieht Inländergleichbehandlung vor. 55 Das WIPO-Abkommen scheint nicht den Vorstellungen aller Beteiligten zu entsprechen: Die Vereinigten Staaten und Japan stimmten gegen den Vertrag. Ihre Vorbehalte richteten sich gegen die Vereinbarung über Zwangslizenzen56, gegen die gutgläubige Benutzung des geschützten Halbleitererzeugnisses durch Dritte57, die Schutzdauer58 und gegen Streitbeilegungsvorschriften.59

51 WIPO Doc. IPIC / CE / I / 2. 52 Zur Konferenz der WIPO vgl. Aktuelle Informationen in GRUR Int. 1 989, 597; Krieger / Dreier, GRUR lnt. 1 989, 729 ff.; zum Entwurf des Abkommens auch Kindermann I Körber / Kolle, GRUR Int. 1 986, 332 f.; Steup I Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Com­ puterprogrammen, S. 1 90 f.; Hamburger, ÖBI. Juli / August 1 986, 89 f.; ausführlich zu den Verhandlungen in Genf, Juni 1 986, Hart, Computer Law & Practice, Sept. / Oct. 1 986, 19 ff. und zur Arbeit der Sachverständigenausschüsse Dreier, GRUR lnt. 1 987, 649. 53 „Treaty on Intellectual Property in respect of integrated circui1s" (Diplomatie Conference for the Conclusion of a Treaty on the Protection of lntellectual Property in respect of lntegrated Circuits, Draft Treaty prepared under Rule 1 ( 1) of the Draft Rules of Procedure, by the Director­ General of WIPO, Washington DC, 8 to 26 May, IPIC / DC / 3). Dazu vgl. Correa, EIPR 6 Vol. 12 Issue 6 ( 1 990), 1 96 ff. ; Hart, IPIB vol. 1 issuue 4 July / August 1 989, 1 4 ff. 54 Art. 4 WIPO-Abkommen.

55 Art. 5 WIPO-Abkommen. 56 An. 6 Abs. 3 WIPO-Abkommen. 57 Art. 6 Abs. 4 WIPO-Abkommen. 58 Acht Jahre (Art. 8 WIPO-Abkommen) - dieser Zeitraum war in einem Kompromiß zwischen der Forderung der USA (zehn Jahre) und Entwicklungsländern (drei Jahre) bestimmt worden. 59 Art. 14 WIPO-Abkommen. Vgl. dazu Krieger / Dreier, GRUR lnt. 1 989, 73 1 ; Aktuelle Informationen, GRUR lnt. 1 989, 597; Correa, EIPR Vol. 12 lssue 6 ( 1 990), 1 96.

VI. Die Konvention der World International Property Organization

55

Kritische Stimmen vertraten schon angesichts des Vertragsentwurfs die Auf­ fassung, eine grundsätzlich ,,reizvolle schöpferische", auf Hannonisierung gerichtete Gesetzgebungstätigkeit habe unter einschränkenden Bedingungen gelitten, wie z.B. der Bindung an amerikanisches Recht.6()

60 Steup / Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 1 9 1 Rn.

17.

§ 4 Überblick über die wesentlichen Regelungen des Halbleiterschutzrechts

/. Schutwbjekt

Der Schutzgegenstand wird in Gesetzen zum Halbleiterschutz im internationa­ len Vergleich verschieden bezeichnet 1 : ,,mask-work" (USA) ,,circuit-layout" (Japan) ,,layout-design" (Schweden, WIPO-Abkommen) ,,Topographie" (EG-Staaten, Halbleiterschutzgesetz). Aus diesen Bezeichnungen allein kann der Anwender des Gesetzes, der kein Techniker, sondern Jurist ist und meist keinen technischen Sachverstand besit­ zen wird, die Eigenart des Schutzgegenstandes nicht erkennen. Auch die Erläu­ terungen der Begriffe in den Gesetzen selbst und in deren Kommentierungen haben zu Mißverständnissen geführt. So herrschte schon Unklarheit über den Schutzgegenstand des SCPA, der in diesem Gesetz2 als „mask-work" bezeichnet wird. In der Begründung zum Ge­ setzesvorschlag des Senats wurde das „mask-work" mit einer ,,Folge zusam­ menhängender Bilder" erklärt und eine Parallele zur Definition des „audiovisual work" und der „motion pictures", also zu Werken der Photographie und des Films, im amerikanischen Urheberrecht gezogen.3 Der Begriff ,,mask work" erscheint in der Übersetzung4 als ,,Maskenwerk". Der Maske ist bei der Her­ stellung von Mikrochips eine ganz bestimmte Funktion zugewiesen: es handelt sich um eine Schablone, durch die hindurch der Wafer belichtet wird. 5 Diese Schablonen sind auch im SCPA mit der Bezeichnung ,,Maskenwerk" gerade 1 Dreier, GRUR Int. 1987, 645, 656, weist allerdings auf eine weitgehende inhaltliche Überein­ stimmung hin; ebenso Lucas, S. 264 / 265; Kitagawa, UFITA 1 1 4 (1 990), 65; Meijboom, ICLA 1 988, 1 6.

2

§ 901 (a) (2) SCPA.

3

Vgl. Senate Report, S. 15, zum „copyright bill".

4

BIPMZ 1985, 1 32. 5 Zur Bedeutung von Masken im Prozeß zur Herstellung eines Mikrochips s.o., § 1 II. 3.

1.Schutzobjekt

57

nicht gemeint6, vielmehr wird zwischen dem „mask-work" als Schutzobjekt und den „masks" als Schablonen zur Belichtung der Wafer ausdrücklich unter­ schieden. 7 Das Halbleiterschutzgesetz8 schützt „dreidimensionale Strukturen von mikro­ elektronischen Halbleitererzeugnissen (Topographien) ... ". Zur Erklärung des­ sen, was unter „Halbleitererzeugnis" gemeint ist, greift die Begründung des Regierungsentwurfs9 auf die Definition der EG-Richtlinie 10 zurück, die als ,,'Halbleitererzeugnis' die endgültige Form oder Zwischenform eines Erzeug­ nisses... " versteht, ,,das aus einem Materialteil besteht, der eine Schicht aus halbleitendem Material enthält und mit einer oder mehreren Schichten aus leitendem, isolierendem oder halbleitendem Material versehen ist, die nach einem vorab festgelegten dreidimensionalen Muster angeordnet sind und das [gemeint ist: das Erzeugnis] ausschließlich oder neben anderen Funktionen eine elektronische Funktion übernehmen soll." Diese Definition zeigt, wie umständlich es war, den Schutzgegenstand mög­ lichst genau zu bestimmen und andererseits durch eine weite Fassung eine An­ passung an die weitere technische Entwicklung bei der Herstellung von Mikro­ chips zu ermöglichen. Daher wurde vorgeschlagen, den Begriff und die Defini­ tion des Halbleiterelements aus den Schutzgesetzen zu entfernen, um auch in­ tegrierte Schaltkreise zu schützen, die im Zuge der technologischen Entwick­ lung ohne Halbleiter hergestellt werden. 1 1 Zusätzlich zur gesetzlichen Legalde­ finition erläutert die Begründung 12 , was unter einer Topographie zu verstehen ist: Es handelt sich um eine ,, ... Reihe in Verbindung stehender Bilder [ ... ], die ein festgelegtes dreidimensionales Muster der Schichten darstellen, aus denen ein Halbleitererzeugnis besteht, und so miteinander in Verbindung stehen, daß jedes Bild das Muster einer Oberfläche des Halbleitererzeugnisses aufweist."

• Vgl. Def.des „mask-work" in § 901 (a) 2. SCPA. 7 Senate Report, S. 15.Vgl. auch Woodson I Safreno, Computer & High Technology Law Journal Vol. 1 (1985), 7: ,,... Thus, a mask is a sort of stencil; it is a tool used to produce an integrated circuit but it also carries the chip's design." § 1 Abs. 1 S. 1 HlSchG. BT-Dr. 1 1 / 454, S. 15. 10 Art. 1 Abs. 1 Buchst.a) EG-Richtlinie. 11 Kitagawa, UFITA 1 14 (1990), 71. 12 Nach Dreier, GRUR Int. 1987, 656, soll die Definition in die Begründung aufgenommen worden sein, um als Orientierungshilfe bei der Anwendung des Gesetzes zu dienen. 8

9

58

§ 4 Überblick über die wesentlichen Regelungen des Halbleiterschutzrechts

In einer Interpretation der Begründung wird vermutet, gemeint seien die ver­ schiedenen Maskierungsebenen bzw. Prozessierungsschichten, aus denen ein Mikrochip bestehe. 13 Die von der Begründung des Regierungsentwurfs erwähnten ,,Bilder" der verschiedenen Maskierungsebenen stellten jeweils das ,,Muster einer Oberfläche" des nach und nach aufgebauten Mikrochips dar. Eine Topographie sei „nach dem derzeitigen technischen Sachverhalt die konkrete räumliche Erscheinungsform der Gesamtheit der miniaturisierten Funktionsein­ heiten des Kristallplättchens, in dem elektronische Schaltkreise integriert sind ... ". 14 Die unterschiedliche Bedeutung der Begriffe ,,Bild" und ,,Muster" trägt allerdings letztlich auch nicht dazu bei, den Schutzgegenstand eindeutig zu charakterisieren.

II. ,,Eigenart" als Voraussetzung des Schutzes

Das Halbleiterschutzgesetz 15 fordert für einen Schutz der Topographie, daß sie ,,Eigenart" aufweist. Nach der entsprechenden Vorschrift des SCPA 16 muß der Schutzgegenstand „original" sein. Mit dem Begriff der Eigenart sollte bewußt ein dem deutschen Recht des geistigen Eigentums fremder Begriff gewählt werden, um den Charakter des neuen Schutzrechts als Gesetz sui generis zu betonen 1 7 , er entspreche weder dem der Eigentümlichkeit im Geschmacksmustergesetz, noch dem des erfinde­ rischen Schritts des Gebrauchsmustergesetzes 18 • Das Gesetz 19 bemüht sich um eine genauere Beschreibung der geforderten Eigenart: die Topographie muß Ergebnis geistiger Arbeit, darf nicht durch bloße Nachbildung einer anderen Topographie hergestellt und nicht alltäglich sein.

13 Werum, S. 63. Anders drückt es Junker, S. 62 Rn. 65 aus: dreidimensionale Strukturen der Siliziumchips. 14 Werum, S. 63. 15 § 1 Abs. 1 S. HISchG. 16 § 902 (b) ( l ) SCPA. 17 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 11 / 454, S. 15. Nach der Ansicht Junkers, S. 70 Rn. 85, hat der Gesetzgeber den Begriff der ,,Eigenart" in sprachlicher Anlehnung an die ,,Eigen­ tümlichkeit" in§ 1 GeschmG gewählt. 18 Merkblatt für Topographieanmelder (Ausgabe 1987) des Deutschen Patentamts unter I. (Schutz der Topographie) 2. (Eigenart). 1 9 § 1 Abs. 2 HlSchG.

II. ,,Eigenart" als Voraussetzung des Schutzes

59

Das Erfordernis der eigenen geistigen Leistung erinnert an die „persönliche geistige Schöpfung", die das Urheberrechtsgesetz20 für eine Schutzfähigkeit des Werks verlangt. Die Begründung des Regierungsentwurfs hat besonders darauf hingewiesen, der Begriff der Eigenart decke sich nicht mit den her­ kömmlichen Schutzmaßstäben des gewerblichen Rechtsschutzes und des Imma­ terialgüterrechts, insbesondere nicht mit der Voraussetzung der „persönlichen geistigen Schöpfung". 2 1 Auch in der Literatur wird die Ansicht vertreten, der Begriff der geistigen Leistung sei keine selbständige Schutzvoraussetzung und dürfe keinesfalls als ,,Einfallstor für vom Gesetzgeber nicht gewollte Erwägun­ gen in Anlehnung an traditionelle Schutzrechte mißbraucht werden". 22 Die deutliche Abgrenzung zum Urheberrecht sei so zu verstehen, daß nicht die hohen Maßstäbe angelegt werden sollten, die das Urheberrecht an Werke stelle. 23 Es scheint allerdings fraglich, ob eine Anlehnung an den Maßstab des Urhe­ berrechts vermieden werden konnte: Die Ableitung der Originalität als Schutz­ voraussetzung eines Werks aus dem Urheberrecht wird von anderer Seite für offensichtlich gehalten, obgleich es nicht unumstritten sei, ob das Merkmal beim Rechtsschutz von Topographien dasselbe bedeuten müsse. 24 Es stellt sich das Problem, den unbestimmten Begriff der ,,Eigenart" mit Kriterien auszufüllen und einen Maßstab herauszubilden, der bei der Über­ prüfung der Topographien auf ihre Schutzfähigkeit auch von Nicht-Technikern angelegt werden kann. Dabei muß berücksichtigt werden, daß im Zusammen­ hang mit einer derart technischen Materie der Richter allein die Schutzhöhe einer Topographie nicht mehr feststellen kann.25 Der Maßstab sollte außerdem möglichst auch im internationalen Bereich verbindlich sein. 26

20

§ 2 Abs. 2 UrhG. 21 BT-Drs. 11 / 454, S.16. 22 Werum, S.67 / 68. 23 Steup / Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S.201; Werum, S. 85. Ob die Maßstäbe des Urheberrechts tatsächlich so hoch sind, daß sie das Urheber­ rechts als ungeeignet zum Schutz von Mikrochips erscheinen lassen, soll unter dem Gesichtspunkt der ,,kleinen Münze" (unten, § 5 1.1. b) bb) (4)) zur Diskussion gestellt werden. 24 Massaguer-Fuentes / Perez-Frias, CR 1988, 372. 25 Werum, S. 67, fordert in diesem Sinne „technisch und fachlich entsprechend sachkundige Personen". 26 Auch Hoeren, BB J 988, J905, weist auf die Schwierigkeit hin, einen verbindlichen Standard herauszuarbeiten. Die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 11 / 454, S. 16, scheint allerdings davon auszugehen, daß es einen solchen Standard bereits gibt.

60

§ 4 Überblick über die wesentlichen Regelungen des Halbleiterschutzrechts

Es scheint, als würde es sich - schon mangels anderer Kriterien - nicht ver­ meiden lassen, auch im Rahmen des Halbleiterschutzes die Grundsätze zu be­ rücksichtigen, die für die „persönliche geistige Schöpfung" des Urheberrechts­ gesetzes herausgearbeitet worden sind. III. Schutzrechtsinhaber

Das Halbleiterschutzgesetz27 bestimmt, daß Schutzrechtsinhaber derjenige ist, der die Topographie geschaffen hat. Damit folgt die Vorschrift dem Grundsatz des Urheberrechts28 . In dem Fall, daß die Topographie im Rahmen eines Arbeits- oder Auftrags­ verhältnisses erstellt worden ist, weist das Gesetz29 das Schutzrecht dem Ar­ beit- oder Auftraggeber und damit demjenigen zu, der die hohen Forschungs­ und Entwicklungskosten aufwendet.30 Hier zeigt sich der Zweck des Gesetzes, den finanziellen Einsatz von Unternehmen der Halbleiterindustrie zu belohnen. Hinter ihm tritt die Persönlichkeit des Schöpfers zurück, die wesentliche Bedeu­ tung für das Konzept des Urheberrechts besitzt. 3 1 IV. Anmeldung

Damit der Hersteller einer Topographie einen Schutz seines Erzeugnisses gel­ tend machen kann, muß er seine Topographie beim Patentamt schriftlich an­ melden. 32 Das Patentamt prüft, ähnlich wie beim Gebrauchsmuster, nicht die materiellen Voraussetzungen, insbesondere nicht die Eigenart der Topogra­ phie33 , sondern verfügt schon eine Eintragung in die Rolle für Topographien, wenn die Anmeldung den formellen Erfordernissen34 entspricht. Das Halblei-

27 § 2 Abs.1 HISchG. 28 Vgl. § 7 UrhG. 29

§ 2 Abs.2 HISchG. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. l l / 454, S.17. 31 Vgl.oben, § 2 III.2. 32 § 3 Abs. 1 S. 1 HISchG. Zu den Voraussetzungen einer Anmeldung vgl. im einzelnen die Vorschriften der Halbleiterschutzanmeldeverordnung v.4. November 1987, BGBI. I S.2361 f. 33 § 4 Abs. 1 HISchG. 34 Vgl.§ 3 HISchG. 30

V. Schutzdauer

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terschutzgesetz35 verlangt nicht eine Beschreibung des Gegenstandes, sondern das Einreichen von Unterlagen, die die Topographie identifizieren oder ver­ anschaulichen. Sie müssen die Topographie exakt genug wiedergeben, um sie identifizieren zu können, sollten aber andererseits möglichen Konkurrenten nicht zu viele Einzelheiten über die Gestaltung des Mikrochips verraten. Die Erläuterung dieser Vorschrift damit, erforderlich sei „einfach eine eindeutige Identifizierbarkeit der geschützten Topographie"36, verkennt die Schwierigkeit, einerseits die Topographie genau genug zu beschreiben, andererseits ihre Konstruktion nicht für Konkurrenten vollständig offenzulegen. 37 Die Voraussetzung der Anmeldung und Eintragung ist nicht in allen nationa­ len Gesetzen zum Schutz von Mikrochips enthalten, sie fehlt im Halbleiter­ schutzgesetz Schwedens38 und Englands39 • V. Schutzdauer

Die Schutzdauer beträgt 10 Jahre vom ersten Tag der geschäftlichen Verwer­ tung oder dem Tag der Anmeldung beim Patentamt an.40 Sie ist damit deutlich kürzer als die im Urheberrechtsgesetz41 vorgesehene Schutzdauer von 70 Jah­ ren nach dem Tode des Urhebers.

35 § 3 Abs. 2 Nr. 2 HISchG i.V.m. § 4 HlSchAnmeldeVO. Vgl. auch das vom Deutschen Patentamt herausgegebene ,,Merkblatt für Topographieanmelder (Ausgabe 1 987)". 36 Geissler, S. 44. 37 Zum Erfordernis der Anmeldung auch Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 11 / 454, S. 18 f.; kritisch Hoeren, S. 24 ff. 38 Vgl. dazu Kamel/, ICLA 1987, 26.

Semiconductor Products (Protection of Topographies) Regulations 1987 (SI87 / 1497), ver­ abschiedet am 1 . September 1987, in Auszügen übersetzt in iur 1 / 1 988, 37 f.; neue Fassung als Design Right (Semiconductor Topographies) Regulations, August 1, 1 989 ; vgl. dazu Saxby, Encyclopedia, Rn. 2.272 ff. 40 § 5 Abs. 1 Nr. 1 , 2, Abs. 2 HISchG. 39

41 § 64 Abs. 1 UrhG.

62

§ 4 Überblick über die wesentlichen Regelungen des Halbleiterschutzrechts

VI. Umfang und Wirkungen des Schutzes

Das Halbleiterschutzgesetz enthält ein Verbot, die Topographie nachzubil­ den42 und sie durch Anbieten, Inverkehrbringen und Importieren zu verwer­ ten.43 Dieser Schutz des Inhabers der Topographie vor einer Nachbildung ist dadurch begrenzt, daß das sog. ,,reverse engineering•M erlaubt wird. 45 Im Unterschied zu den meisten anderen Staaten hielt Schweden die ausdrück­ liche Aufnahme einer reverse engineering-Vorschrift nicht für erforderlich.46 Eine weitere Grenze des Schutzes zieht das Halbleiterschutzgesetz47 damit, daß es die Verwertung einer Topographie gestattet, wenn der Erwerber eines Halbleitererzeugnisses nicht wußte, daß es eine geschützte Topographie enthält. Die entsprechende Vorschrift des SCPA48 bestimmt, daß der Erwerber eines ,,infringing semiconductor chip product" nicht für eine Weiterverbreitung haftet, wenn er die rechtsverletzende Natur weder kannte, noch sie hätte kennen müssen. Ziel dieser Regelung war es, die Verkehrsfähigkeit von Produkten, die Halbleiterbauelemente enthalten, zu gewährleisten. Rechtsverletzende, in Geräte eingebaute Erzeugnisse der Mikroelektronik sind für den Handel nicht oder nur mit großem Aufwand zu erkennen. Ohne diese Vorschrift sähe sich der Händler von Mikrochipprodukten daher dem Risiko ausgesetzt, ein Halbleiterbauelement mit raubkopierten Teilen notfalls aus einem Gerät auszubauen oder sich andern­ falls schadensersatzpflichtig zu machen.49 Der Wortlaut des Halbleiterschutzgesetzes50 ist deshalb ungenau: Um den Er­ werb einer geschützten Topographie geht es nicht. Jedes, auch das nicht ,,raub­ kopierte" Halbleiterbauelement enthält geschützte Topographien. Für die Zu­ lässigkeit einer Weiterverbreitung kann nur entscheidend sein, ob damit die Rechtsverletzung perpetuiert wird. Ist schon dies nicht der Fall, bedarf es keines 42

§ 6 Abs. I Nr. I HISchG. § 6 Abs. I Nr.2 HISchG. 44 Zur Technik des reverse engineering und dem Unterschied zur Kopie s.o., § 1 II.5. 45 § 6 Abs. 2 HISchG.Vorbild dieser Norm ist § 902 (a) (2) SCPA. 46 Vgl. Begründung der schwedischen Delegation auf der WIPO-Konferenz, WIPO Doc. IPIC / CE / III / 11 Nr.31, S. 13. Dazu auch Dreier, GRUR lnt. 1987, 649. 47 § 6 Abs.3 S. 1 HISchG. 48 § 907 (a) (1) SCPA. 49 Steup / Koch, in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 189 Rn. 14 ; vgl. auch Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. l l / 454, S. 23. 50 Ebenso Art. 5 Abs. 6 S. 1 EG-Richtlinie zum Topographienschutz. 43

VI. Umfang und Wirkungen des Schutzes

63

Gutglaubensschutzes. Die Vorschrift des Halbleiterschutzgesetzes ist also in dem Sinn zu lesen, daß derjenige ungehindert verletzende Halbleiterbauelemen­ te weiterverbreiten darf, der beim Erwerb nicht wußte, daß die Mikrochips mit Hilfe von "raubkopierten" Topographien hergestellt wurden.5 1 Sobald der Erwerber erkennt, daß er eine kopierte Topographie erworben hat, muß er dem Schutzinhaber für eine weitere geschäftliche Verwertung eine Entschädigung zahlen.52 Eine Nachbildung der Topographie ist demgegenüber auch dem gutgläubigen Erwerber nicht gestattet.

5 1 So auch Werum, S. 76; Geiss/er, S. 58. 52 § 6 Abs. 3 S. 2 HISchG.

§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte bei der Herstellung von Mikrochips Schutzobjekt des Halbleiterschutzgesetzes ist die „Topographie". 1 Erwägt man einen Schutz von Mikrochips in einer anderen Form, wie z.B. durch das Urheberrechtsgesetz, kommen außer der Topographie zunächst auch Zwischenergebnisse aus dem Entwicklungsprozeß eines Mikrochips als Schutz­ objekte in Betracht. Thre Schutzfähigkeit setzt voraus, daß sie § 2 Abs. I UrhG zugeordnet werden können und außerdem nach § 2 Abs. 2 UrhG persönliche geistige Schöpfungen sind. Bei dem Katalog des § 2 Abs. 1 UrhG handelt es sich nach dem Wortlaut (,,insbesondere") und allgemeiner Ansicht nicht um eine abschließende Aufzählung2, daher ist eine genaue Subsumtion unter eine spezielle Werkkategorie nicht erforderlich. So soll sichergestellt werden, daß neue Werkformen auch ohne Gesetzesänderung geschützt sind. 3 Die besonders genannten Werkgattungen gelten aber als Beispiele, die für die Auslegung der Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst bedeutsam sind.4 Rechtsprechung und Literatur haben dafür bestimmte Grundsätze entwickelt, nach denen sie die Werkqualität beurteilen. Um zu ermitteln, ob diese Maßstäbe auch auf neue Werkkategorien angewendet werden können, ist es daher zweckmäßig, die neuen den traditionellen Werkformen möglichst präzise zuzuordnen.

1 Der Begriff „Topographie" soll, verstanden als dreidimensionales Muster der Schichten, aus denen ein Halbleitererzeugnis besteht, im folgenden nur zur Bezeichnung des Schutzgegenstandes des Halbleiterschutzgesetzes verwendet werden. 2 Z.B.Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 1; Schricker / Loewenheim, Rn.1 zu § 2; Ulmer, S. 126; Hubmann / Rehbinder, S. 8 1. 3 Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs.IV / 270, S. 37. 4 Ulmer, S. 126.

I. Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen

65

I. Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen

Der Entwurfsprozeß eines Mikrochips ist bereits im Überblick erklärt worden. Die vom Plotter ausgedruckte Zeichnung5 soll im folgenden unter der Bezeich­ nung „Konstruktionszeichnung", ,,Layout" oder „Schaltungsentwurf' als Dar­ stellung wissenschaftlicher oder technischer Art gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG auf seine Urheberrechtsfähigkeit überprüft werden. Es ist auch erwogen worden, die Bildschirmdarstellung, zumindest in den Fällen, in denen nur mit dem Bild­ schirm gearbeitet und auf Ausdrucke verzichtet werde, als das eigentlich urhe­ berrechtsfähige Werk beim rechnergestützten Entwurf technischer Konstruktio­ nen anzusehen6, weil die Bildschirmwiedergabe immer mehr die herkömmliche Papierzeichnung verdränge. Da nach dem augenblicklichen Stand der Technik die durch den Plotter ausgedruckte Zeichnung nicht nur ,,Prüfungsunterlage"7 ist, sondern ihr vielmehr eine entscheidende Bedeutung auch als Beweismittel im Verletzungsprozeß zukommt, soll sie für die folgende Untersuchung maß­ geblich sein. Der Begriff „Topographie" wird hier bewußt vermieden, weil er den Gegen­ stand des Schutzes durch das Halbleiterschutzgesetz bezeichnet. 1. Der Schaltungsentwurf als Schutzobjekt des § 2 UrhG a) Darstellung wissenschaftlicher Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG

§ 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG schützt Darstellungen in Fläche oder Raum8 , die nicht, wie Kunstwerke, einen ästhetischen, sondern einen wissenschaftlichen oder technischen Inhalt ausdrücken und veranschaulichen.9 Als Beispiele wer­ den Zeichnungen, Pläne, geographische, topographische Karten und Konstruk­ tionszeichnungen genannt. 10 Nicht unumstritten ist dabei die Zuordnung sog.

5 6

S.o., § 1 II. 1 . Ausführlich dazu unten, § 1 3 lll. 2.

7 Vgl. Schulze, CR 1988, 1 88.

• Hubmann / Rehbinder, S. 94.

Nach Schricker / Loewenheim, Rn. 123 zu § 2, ist eine Unterscheidung zwischen den Begriffen der Wissenschaft und Technik nicht erforderlich, weil mit ihnen nur die Abgrenzung zu rein künstlerischen Zielen verdeutlicht werden soll. 10 Ulmer, S. 1 38. 9

5 Wippennann

66

§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

DIN-Zeichnungen. 1 1 Bei ihnen handelt es sich um nach DIN-Normen an­ gefertigte Zeichnungen, in denen Werkstücke so eindeutig festgelegt werden, daß sie nach diesen ohne Rückfragen hergestellt werden können. 12 Sie sind absolut verbindlich, was dazu führt, daß der technische Zeichner, der sich exakt an die Vorgaben halten muß, eine sehr geringe gestalterische Freiheit besitzt. Es wird sogar die Meinung vertreten, daß eine DIN-Zeichnung desto weniger ihren Zweck erfüllen könne, je individueller und schöpferischer sie sei. Die in diesem Bereich geforderte Sorgfalt und Genauigkeit könnten nicht als Indiz für eine schöpferische Leistung herhalten. 13 Es liegt nahe, im Layout für den Schaltkreis eines Mikrochips Parallelen zu den anerkannten Schutzgegenständen zu erkennen 14 ; der nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG vorausgesetzte technische Inhalt einer solchen Zeichnung ist ebenfalls gegeben: Der Schaltungsentwurf legt die physikalische Anordnung der Schal­ tungen auf dem Wafer fest und bestimmt damit, auf welche Weise das Halblei­ terbauelement dotiert werden muß, damit es die ihm zugedachte Funktion er­ füllt. Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG rechtfertigt es, den Schaltungs­ entwurf als Darstellung technischer oder wissenschaftlicher Art in den Katalog der urheberrechtlich schutzfähigen Werke nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG ein­ zubeziehen. b) Die Konstruktionszeichnung als persönliche geistige Schöpfung nach § 2 Abs. 2 UrhG

Die Schutzfähigkeit eines Werks des § 2 Abs. 1 UrhG setzt eine persönliche geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG voraus. Diese Eigenschaft wird dem Schaltungsentwurf vor allem mit zwei Einwänden abgesprochen: Zum einen wird eingewandt, die Konstruktionszeichnung · werde mit Hilfe computergestützter Designverfahren 15 erstellt, deshalb weise die Darstellung nicht die geforderten eigenen persönlichen Züge auf16 , das Layout Design

11

Dazu Moser, S. 95 ff., 223 ff.; auch Schulze, CR 1 988, 193. 12 Moser, S. 95. 1 3 Moser, S. 225 m.w.N. 14 Meijboom, GRUR Int. 1 988, 925, vergleicht die Konstruktions:zeichnung mit einem Stadtplan, wenn er Parallelen zu „Sttaßen, Plät:zen, Gebäuden einer großen Metropole" zieht. 1 5 Zur Mikrochipentwicklung mit Hilfe von CAD-Verfahren s.o., § 1 II. 1 . 16 Junker, S. 64, Rn. 69; Massaguer-Fuentes / Peres-Frias, CR 1 988, 373.

I. Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionsreichnungen

67

beruhe nicht mehr auf der geistigen Arbeit eines Menschen, sondern wesentlich auf den Fähigkeiten des CAD-Systems. 17 Zum anderen wird die Urheberrechtsqualität des Schaltungsentwurfs mit der Überlegung bezweifelt, es sei fraglich, ob die Zeichnungen einfacher Kon­ struktionen die Schutzhöhe der Originalität erreichen, wie sie vom Urheberrecht gefordert werde. 1 8

aa) Die persönliche Leistung Das Erfordernis der persönlichen Schöpfung ist ein Hinweis darauf, daß Schöpfer i.S.d. Urheberrechts nur ein Mensch sein kann. Eine Parallele zu den bisher nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG geschützten technischen Zeichnungen ist im Hinblick auf den Schutzgegenstand als Darstellung technischer Art bereits gezogen worden. Um festzustellen, ob es sich bei Schaltungsentwürfen für Mikrochips um persönliche geistige Schöpfungen i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG han­ delt, soll versucht werden, die Layout-Zeichnungen mit Kriterien zu beurteilen, die bisher zur Qualifizierung „klassischer" technischer Zeichnungen herangezo­ gen worden sind. Die „schöpferische" Leistung des Ingenieurs, der ein Layout nach mathemati­ schen und physikalischen Regeln entwirft, besteht, vereinfachend geschildert, darin, Aufbau, Anordnung und Verbindung der Transistoren, Kondensatoren und Widerstände in den verschiedenen Schichten des Siliziumchips graphisch zu beschreiben. Das ist angesichts der steigenden Komplexität der Bausteine ohne die Mittel der graphischen Datenverarbeitung nicht mehr möglich. 19 Fraglich ist jedoch, ob wegen dieses Verfahrens notwendig der Konstrukteur nicht mehr als Schöpfer des Schaltungsdesigns anzusehen ist. Der Einsatz des Computers bei der Schöpfung von Werken der Tonkunst, der bildenden Kunst und von Sprachwerken hat schon in der jüngeren Vergangen­ heit dazu geführt, daß der Mensch als Urheber solcher Werke in Frage gestellt wurde.20 17 Hoeren, S. 1 8. 18 Z.B. Dreier, GRUR Int. 1 987, 647; Massaguer-Fuentes / Peres-Frias, CR 1 988, 372 f.; Steup / Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 1 87, Rn. 8.

19 E'mst, S. 25. 20 Vgl. Ulmer, S. 128 m.w.N.; zur Frage der Urheberrechtsfähigkeit von Werken, die mit dem Einsatz von Computern geschaffen wurden, vgl. die Nachweise oben, Einleitung, Fn. 5.

s•

68

§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

Bei der Erörterung dieses Problems werden grundsätzlich zwei Methoden der Anwendung des Computers unterschieden: Im ersten Fall produziert ein ,,Elek­ tronengehirn"21 ein Ergebnis mittels eines fest installierten Arbeitsprogramms und zufällig gewählter Daten. Charakteristisch ist hier die vollständige Automa­ tion des Herstellungsprozesses, wenn das Programm einmal festgelegt ist. 22 Bei der zweiten Möglichkeit des Computereinsatzes bedient sich der Mensch des Rechners als eines Werkzeugs, das Ergebnis ist nicht Frucht des Zufalls.23 Allein umstritten ist, ob auch im ersten Fall der Mensch als Schöpfer den Schutz des Urheberrechts für sein Werk in Anspruch nehmen darf.24 Einigkeit herrscht demgegenüber bei der Beurteilung des Einsatzes des Computers als Hilfsmittel. Nutzt der Mensch elektronische Geräte als Werkzeuge, ist das Er­ gebnis nicht durch den Zufall, sondern durch den menschlichen Willen be­ stimmt. Dieser Unterschied führt dazu, daß der mit Hilfe des Computers schaf­ fende Mensch als Schöpfer anzusehen ist. 25 Ein solches Hilfsmittel ist der Computer auch beim Entwurf eines Schaltungs­ layouts für einen Mikrochip. Der Einsatz von CAD-Systemen bildet die kon­ ventionelle Arbeitsweise des Zeichners mit dem Mittel der elektronischen Simulation nach26 : Der Umgang mit dem traditionellen Zeichenbrett, Zeichen­ stift und Lineal wird ersetzt durch die Bedienung vergleichbarer Hardwarekom­ ponenten wie Bildschirm, Zeichenmaschine, elekronischem Zeichenstift, die über Befehle mit entsprechender Software gesteuert werden. Das Arbeitsergeb­ nis als Zeichnung oder Mikrofilm wird auf Plottern ausgegeben. 27 Diese Zeichnung, die bei der Entwicklung eines Mikrochips das Schaltungs­ layout wiedergibt, hat der Ingenieur zwar nicht eigenhändig am Zeichenbrett mit Lineal und Zeichenstift erstellt, er hat sich dazu des CAD-Systems als eines Werkzeugs bedient. Seine eigene für den Konstruktionsentwurf wesentliche 21 Fabiani, GRUR Int. 1965, 424. 22 Risset, DdA 92 ( 1979), 245, Fn. 3: ,, ... en fait, I'ordinateur, machine deterministe, simule l'aleatrice." 23 Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 12 zu § 2; Möhring, UFITA 50, 835; Risset, DdA 92 ( 1979), 247.

24 Bejahend Fromm, GRUR 1 964, 304, Bsp. Fotoautomatenaufsteller. Dagegen die wohl über­ wiegende Literatur: Ulmer, S. 1 28; Fabiani, GRUR Int. 1 965, 424; Fromm I Nordemann I Vinck, Rn. 12 zu § 2. 25 So Fromm / Nordemann / Vinck. Rn. 1 2 zu § 2; Möhring, UFITA 50, 835; Fabiani, GRUR Int.

1 965, 424; vgl. auch Ulmer / Kolle, GRUR Int. 1 982, 489; Kindermann, ZUM 1 987, 227. 26

Walter, CR 1987, 805. 27 Walter, CR 1987, 806.

1. Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen

69

Leistung besteht aber nach wie vor darin, die erforderlichen Informationen zusammenzustellen, die speziell auf den zu konstruierenden Mikrochip abge­ stimmt sind. Ebenso wird der Einsatz von CAD-Verfahren teilweise in der Literatur gewer­ tet: Ein aufwendiges Programm sei das Werkzeug des heutigen Schöpfers von Schaltkreisen, das computergestützte Konstruieren am Bildschirm entlaste den Konstrukteur von zeitraubenden Detailzeichnungen und von Routinearbeiten und gebe ihm mehr Zeit für kreatives Nachdenken. Dies könne durch CAD nicht ersetzt, sondern nur erleichtert werden. 28 CAD / CAM-Systeme hielten so zwar Zeichen und zeichnerische Vorgänge bereit; was gezeichnet werden soll, entscheide jedoch der Zeichner.29 Der Einsatz von CAD-Verfahren und des Computers als „Werkzeug" schließt daher die nach § 2 Abs. 2 UrhG verlangte persönliche Leistung nicht aus, denn ein ,,Zufallsprodukt" wird das Chip-Layout dadurch in keinem Fall. bb) Die geistige Schöpfung Fraglich ist nun, ob technische Zeichnungen wie die hier in Frage stehenden Schaltungsentwürfe persönliche geistige Schöpfungen i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG sind und, falls dies bejaht wird, ob alle Layout-Zeichnungen die erforderliche Schutzhöhe der Originalität erreichen. In bezug auf die Schöpfungshöhe ist möglicherweise die Herstellung von Standardchips, die unter Verwendung von Zellen und gate arrays30 gefertigt werden, anders zu beurteilen, als die Kon­ struktion eines sog. full-custom-Entwurfs. Er ist speziell und ausschließlich auf die Wünsche des Anwenders zugeschnitten und wird mit erheblich größerem Aufwand und weniger Standardelementen angefertigt. Die Urheberrechtsfähigkeit von Mikrochips ist besonders mit dem Argument bezweifelt worden, daß die Zeichnungen einfacher3 1 Konstruktionen die hohen

28 Vgl. Geissler, S. 28; Werum, S.5; Walter, CR 1987, 804; Zum Thema Mikroelektronik, S.13; Ernst, S.34; allgemein für das „Hilfsmittel" Computer so auch Kindennann, ZUM 1987, 227 / 228. 29 Schulze, CR 1988, 191; skeptischer Moser, S. 211 f. und auch Schulze, CR 1988, 192. 30 Erläuterung der technischen Funktion und des Einsatzes von Zellen und gate arrays s.o., § 1 II 2.und Glossar. 31 Mit „einfachen" Kostruktionen sind Mikrochips gemeint, zu deren Herstellung gate arrays ver­ wendet werden können und Zellenbibliotheken zur Verfügung stehen.

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§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

Anforderungen, die das Urheberrecht in § 2 Abs. 2 UrhG an die Gestaltungs­ höhe stelle, in der Regel nicht erfüllen werden.32 ( 1 ) Der belehrende Zweck bei Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art Schon der Schutz herkömmlicher technischer Zeichnungen ist in der Literatur nicht unumstritten.33 So wird verlangt, auch die Erzeugnisse des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG müßten eine geistig-ästhetische Wirkung ausüben und zur Literatur, Wissenschaft oder Kunst gehören.34 Die geistig-ästhetische Wirkung sei dabei allerdings nicht auf den Schönheitssinn begrenzt, sondern äußere sich bei Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art in einem veranschauli­ chenden, belehrenden oder unterrichtenden Zweck35 und liege vor, wenn zu der bloßen Wiedergabe von Fakten und Wissen eine anschauliche Darstellung ihrer wissenschaftlichen und technischen Zusammenhänge komme.36 Dem Er­ fordernis des belehrenden Zwecks sollte allerdings nicht zu viel Bedeutung beigemessen werden; die Rechtsprechung beurteilt es im Einzelfall großzügig: Scho.n das Reichsgericht stellte klar, die beabsichtigte Verwendung einer techni­ schen Zeichnung als Vorlage für die Ausführung eines Baus lasse den belehren­ den Charakter nicht entfallen, es reiche aus, daß die Zeichnung bei einer Ver­ öffentlichung als Anschauungsmaterial diene. 37 Das Erfordernis eines wie auch immer ausgelegten ästhetischen Gehalts darf also bei Werken der Wissenschaft keine Geltung beanspruchen, vielmehr unter­ liegen diese Schöpfungen eigenen Beurteilungskriterien38 • 32 Z.B. Dreier, GRUR Int. 1 987, 647 ; Massaguer-Fuentes / Peres-Frias, CR 1 988, 372 f. ; Steup / Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 1 87, Rn. 8. 33 Abgesehen vom Problem der ,,kleinen Münze" - hierzu siehe unten, § 5 1. 1 . b) bb) (4).

Troller, SJZ 1964, 375 und ders., Immaterialgüterrecht S. 389, lehnt einen Schutz technischer Zeichnungen im Urheberrecht bis auf einige Ausnahmefälle ab. Er vertritt die Ansicht, daß das Ko­ pieren technischer Zeichnungen unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs zu beurteilen sei. 34 Z.B. Schulze, S. 245. 35 Schricker / Loewenheim, Rn. 1 23 zu § 2 ; Schulze, S. 245 ; Ulmer, S. 1 38. 36 Schulze, S. 246; zum Begriff der Ästhetik und seiner Bedeutung für das Urheberrecht auch Ulmer / Kolle, GRUR Int. 1 982, 492 f. 37 38

RG, Urt. v. 8.3. 1 887, RGSt 1 5, 405, 407 f.

Vgl. Buchmüller, S. 1 32 ; Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 80; Möhring / Nicolini, Anm. 9 c) zu § 2.

1. Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen

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(2) Berücksichtigung des Inhalts bei der Feststellung einer eigenpersönlichen Leistung Bei technischen Zeichnungen wird von einer Ansicht in der Literatur aus­ drücklich darauf hingewiesen, nicht das Dargestellte, z.B. wissenschaftliche Lehren und technisch-schöpferische Konstruktionsgedanken, sondern nur die Art und Weise, wie etwas dargestellt werde, d.h. seine Form sei geschützt, dagegen könne der geistige Gehalt der technischen Darstellung einen Schutz nicht begründen.39 Der Bundesgerichtshof hat mit uneinheitlicher Tendenz40 einmal ausschließ­ lich die Form, ein anderes Mal zusätzlich auch den Inhalt eines Werks für die Beurteilung der individuellen Eigenart herangezogen: Bei der Prüfung der Ur­ heberrechtsfähigkeit eines Bebauungsplans stellte er fest, ob ein Werk als eigenpersönliche Leistung anzusehen sei, entscheide sich „nicht allein" danach, ob der dargestellte Gegenstand als solcher neu und eigenartig sei.41 Außerdem würdigte er auch das in dem strittigen Plan zum Ausdruck kommende Ideengut mit Bezug auf die individuelle Eigenart.42 In einer Entscheidung über die Urheberrechtsfähigkeit von Plänen zum Bau eines Flughafens führte das Gericht aus, die persönliche geistige Schöpfung müsse in der Darstellung selbst, also in der Formgestaltung liegen. Auf den schöpferischen Gehalt des wissenschaft­ lichen oder technischen Inhalts der Darstellung komme es dagegen nicht an43 • Der von der Rechtsprechung verwendete Begriff der Formgestaltung ist für viele Fälle kein brauchbares, zumindest jedoch ein mißverständliches Abgren­ zungskriterium. Das Ausdrucksmittel i.S.d. verwendeten Materials kann damit nicht gemeint sein, denn die Materialien sind vorgegeben, ihre Zahl und Vielfalt ist beschränkt. Die Verwendung der für eine bestimmte Darstellung typischen Form läßt keine individuelle Eigenart zu, deshalb kann die Wahl eines (indivi­ duellen) Ausdrucksmittels für einen Urheberrechtsschutz nicht ausschlaggebend sein. Die Tatsache, daß beim Schreiben eines Buchs Papier, Tinte und Wörter

39 Schricker / Lcewenheim, Rn. 125 zu § 2; Schulze, S.246 ; ders., CR 1988, 185; Erdmann, CR 1986, 253. 40 Nachweise zur wechselnden Tendenz der Rechtsprechung bei Moser, S. 241 ff.; ausführlich auch Buchmüller, S. 31 ff. 41 BGH, Un.v.25.10.1955 ,,Bebauungsplan", BGHZ 18, 319, 322. Das Gericht bedient sich hier mit dem Ausdruck ,,neu" eines Begriffs, der aus dem Patentrecht stammt, vgl. § 1 Abs. 1 PatG. 42 BGH, ,,Bebauungsplan", BGHZ 18, 319, 323. 43 BGH, Un. v. 15. 12.1978 ,,Aughafenpläne", GRUR 1979, 464, 465.

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verwendet werden, hat nicht zur Folge, daß wegen der Verwendung des glei­ chen Materials ein anderes Buch keinen Urheberrechtsschutz erlangen könnte. Bestünde man auf einer eigenpersönlichen Gestaltung in diesem Sinne, müßte man so gut wie jeder Konstruktionszeichnung den Urheberrechtsschutz ver­ sagen, denn Materialien und etwa geometrische Zeichen, Symbole, sind i.d.R. bekannt und gebräuchlich. Eine von vornherein feststehende Schutzlosigkeit die­ ser Werke kann nicht beabsichtigt sein, was von Rechtsprechung44 und Litera­ tur45 auch erkannt wird. Das Beharren auf dem Erfordernis der individuellen Formgebung allein ist also unglücklich und führt zu Mißverständnissen.46 Es stellt sich dann nämlich die Frage, ob man die Verfasser von technischen Darstellungen auf diese Weise zwingen soll, ihre Gedanken statt in bekannter, herkömmlicher Form, nun ge­ waltsam kompliziert und gekünstelt festzuhalten, um die in der Rechtsprechung geforderte eigene Formgebung zu erreichen.47 Insbesondere bei der Beurteilung von Schriftwerken gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG hat die ältere Rechtsprechung ausgeführt, die erforderliche schöpferische Eigenart des Werks brauche nicht auf einer individuellen Prägung der sprachli­ chen Ausdrucksform zu beruhen, sie könne sich auch aus einem auf individuel­ le Geistestätigkeit zurückzuführenden Gedankeninhalt ergeben.48 Da technische Zeichnungen und wissenschaftliche Darstellungen des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG systematisch zur Kategorie der Schriftwerke zu zählen sind49, ist

44 Deutlich BGH, Urt. v. 20.9. 1955 „Nachschlagewerk", BGHZ 18, 175, 177: Die vom Inhalt losgelöste, äußere Formgebung eines Schriftwerks ist nicht Gegenstand des Urheberschutzes. 45 Z.B. Fromm / Nordemann / Vinck, Rn.24 zu § 2: Ein allgemeiner Schutz des Stilmittels findet nicht Statt. Jedermann kann die Technik eines berühmten Malers anwenden, solange er ein selb­ ständiges Werk schafft; auch Erdmann, CR 1986, 253; für wissenschaftliche Sprachwerke auch Haberstumpf, S.4. 46 Auch eine Unterscheidung zwischen äußerer und innerer Form, wie sie z.B.von Hubmann / Rehbinder, S.25, getroffen wird, ist nicht hilfreich, kritisch dazu Fromm I Nordemann I Vinck, Rn. 23 f.zu § 2; Ulmer, S. 120. 41 Reimer, GRUR 1980, 580; ihm zustimmend Haberstumpf, S.52. 43 RG, Urt.v. 18. 12.19 12 „Kochrezepte", RGZ 8 1, 120; RG, Urt.v.30.6.1928 ,,Rechentabelle", RGZ 12 1, 357; RG, Urt. v. 17.2.1934 ,,Buchhaltungsformulare", RGZ 143, 4 16; BGH, Urt. v. 20.9.1955 „Werbeidee", BGHZ 18, 175, 177; zur technischen Zeichnung BGH, Urt.v.25.10.1955 ,,Bebauungsplan", BGHZ 18, 3 19, 323; BGH, Urt.v. 16.3.1956 ,,Rheinmetall Borsig", G RUR 19S6, 284, 28S.Gegenüberstellung der in der Rechtsprechung vertretenen unterschiedlichen Ansichten zu technischen Zeichnungen bei Schricker I Loewenheim, Rn.125 zu § 2. 49 Vgl . Haberstumpf, S.40 m.w.N.; Reimer, GRUR 1980, 579, weist auf die historische Entwick­ lung hin.

I. Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen

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nich� einzusehen, weshalb an Konstruktionszeichnungen ein anderer Maßstab als an Schriftwerke angelegt und an der Voraussetzung einer individuellen Form festgehalten werden soll, obwohl die Abgrenzungsprobleme gleich sind. Bei der Beurteilung der Urheberrechtsfähigkeit von Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art ist auf inhaltliche Elemente schöpferischer Qualität ebenso abzustellen wie auf die individuelle Formgebung. 50 Deshalb ist ein Werk sowohl dann geschützt, wenn das Schöpferische in der Art der Präsentation bekannter Gegenstände und damit in der Neuheit der Form liegt, als auch dann, wenn schöpferisches Ideengut in traditioneller Form dargestellt wird.5 1 Die urheberrechtliche Gestaltung kann so auch aus dem Inhalt deutlich werden, falls dieser wiederum aus der Darstellung erkennbar ist. 52 Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Schutzfähigkeit von Software durch das Urheberrecht wurde die Parallele zwischen Computerprogrammen und technischen Zeichnun­ gen gezogen: Bei beiden Darstellungen bestimme der Wissensgehalt zwingend den erscheinenden Vordergrund und damit die Form des Mitteilungsträgers53 • Die Ansicht, die auf dem Standpunkt beharrt, die individuelle schöpferische Leistung könne sich nur in der Formgestaltung zeigen, übersieht, daß auch die Begründung des Regierungsentwurfs54 die Erzeugnisse als persönliche geistige Schöpfungen anerkennt, die durch ihren Inhalt oder ihre Form etwas Neues und Eigentümliches darstellen. So könnte z.B. die Schutzfähigkeit eines Werks der Literatur oder Musik nur schwer begründet werden, berücksichtigte die Ur­ heberrechtsprüfung nicht auch seinen Inhalt. Unzutreffend wäre es allerdings, den Inhalt mit der Idee gleichzusetzen. Das Problem des Urheberrechtsschutzes einer Idee ist von der Frage zu trennen, ob inhaltliche Elemente bei der Schutzfähigkeit eines Werks berücksichtigt werden

50 Reimer, GRUR 1980, 579; zu wissenschaftlichen Sprachwerken so auch Haberstumpf, S. 60 f.; vgl. auch Ulmer / Kolle, GRUR lnt. 1 982, 497 für die Beurteilung der Schutzfähigkeit von Compu­ terprogrammen. 51 Reimer, GRUR 1980, 580. 52

Nach Hubmann / Rehbinder, S. 29, kann das Individuelle im Inhalt oder in der Form oder in beidem liegen. Auch Landkarten, Pläne und wissenschaftliche Zeichnungen seien schutzwürdig, wenn sie die wissenschaftliche oder technische Auffassung des Urhebers zum Ausdruck bringen, obwohl die Formgebung weitgehend vom Stoff her bestimmt sein werde. Vgl. auch Moser, s. 214 f.

53 So Troller, UFITA 50 ( 1967), 415, der allerdings im Ergebnis schon dem Schutz technischer Zeichnungen durch das Urheberrecht grundsätzlich kritisch gegenübersteht, vgl. auch Troller, SJZ 1 964, 369 ff. 54

BT-Drs. IV / 270, S. 38.

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§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

können: Einsteins Relativitätstheorie ist nicht urheberrechtsfähig, mit der Folge, daß sie von jedem zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Darstellung ge­ macht werden kann.55 Die Unterscheidung von Inhalt und Idee ist hingegen an anderer Stelle von Bedeutung: Es handelt sich um die Frage des Schutzum­ fangs, d.h. die Frage, ob der Urheberrechtsschutz sich auf das Werk als solches oder auch auf die in ihm verkörperte Idee oder wissenschaftliche Lehre er­ streckt. Nicht zwingend ist nach diesen Ausführungen auch der Schluß des Bundesgerichtshofs56 : ,,Das wissenschaftliche und technische Gedankengut eines Werkes - die wissenschaftliche und technische Lehre als solche - ist nicht Gegenstand des Urheberrechtsschutzes und kann daher ( !) auch nicht zur Begründung der Urheberrechtsfähigkeit von Skizzen, die die technische Lehre wiedergeben, herangezogen werden." Die Frage von Inhalt und Umfang des Ur­ heberrechtsschutzes ist zu unterscheiden von der Frage der Kriterien, die herangezogen werden können, um zunächst die Schöpfungshöhe und damit die Schutzfähigkeit festzustellen.57 Auch in bezug auf die Urheberrechtsfähigkeit von Software wurde festgestellt, allein aus der Tatsache, daß einem Programm oder einer Programmbeschreibung ein vorgegebener, als solcher nicht geschütz­ ter Algorithmus zugrundeliege, dürfe nicht auf fehlende Individualität des fraglichen Softwareprodukts geschlossen werden58 • Als Zwischenergebnis ist deshalb festzuhalten, daß grundsätzlich Konstruk­ tionszeichnungen, auch solche von Mikrochips, als Darstellungen wissenschaft­ licher und technischer Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 2 Abs. 2 UrhG Ur­ heberrechtsschutz genießen können. Man kann ihnen den Schutz nicht von vornherein mit dem Vorwutf absprechen, die Form der Darstellung sei nicht originell, d.h. nicht von schöpferischer Eigenart. (3) Idee und Ausdruck, Gemeingut und individuelle Züge eines Werks Sowohl dem deutschen als auch dem amerikanischen Urheberrecht liegt das Prinzip der Trennung von Idee und Ausdruck zugrunde. Nur der Ausdruck ist

55 Mit diesem Beispiel Ulmer / Kolle, GRUR lnt.1982, 497. BGH, Urt. v.15.12.1978 ,,Flughafenpläne", GRUR 1979, 464, 465; vgl. auch Urt. v.9.5.1985 .,Inkassoprogramm", CR 1985, 22, 30. 51 Zur unzutreffenden Gleichsetzung von Idee und Inhalt auch Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 25; Schricker I Loewenheim, Rn. 29 zu § 2; Moser, S. 248 ff., 251 ; Emmerich, S. 49. 58 Denkschrift, GRUR 1979, 304. 56

I. Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen

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einem Schutz durch das Urheberrecht zugänglich, Ideen, Lehren und wissen­ schaftliche Theorien sind Gegenstände freier geistiger Auseinandersetzung.59 Die amerikanische Literatur setzte sich während der Vorberatungen zum SCPA besonders mit der ,,idea-expression doctrine" auseinander, die fordert, daß die einem Werk zugrundeliegende Idee für den allgemeinen Gebrauch ver­ fügbar sein muß.60 Dadurch, daß nur der Ausdruck für urheberrechtsfähig erklärt wird, soll verhindert werden, daß der Inhaber des Urheberrechts ein Monopol über die Idee erhält.6 1 Wenn es daher nur eine begrenzte Anzahl von Ausdrucksmöglichkeiten einer Idee gebe, könne dafür kein Urheberrechtsschutz verliehen werden.62 Der Urheberrechtsschutz soll demnach ausgeschlossen sein;wenn Idee und konkrete Ausdrucksform gar nicht getrennt werden können, also der Ausdruck der Idee in einer anderen Form nicht denkbar ist. Die für Werke der Literatur entwickelte63 „idea-expression doctrine" wurde auf integrierte Schaltkreise übertragen. Dabei wurde die Ansicht vertreten, in einem Halbleiterbauelement werde mit der Ausdrucksform zugleich die zugrun­ deliegende Idee geschützt. 64 Die ,,Idee" liege dabei in den speziellen elek­ tronischen Kennzeichen, die durch Diagramme der Zeichnung mitgeteilt wür­ den. Da die zugrundeliegende Idee für die Allgemeinheit verfügbar sein müsse und die einzige Methode, die ,,Idee" des Mikrochips auszubeuten, darin bestehe, den gesamten Abdruck zu kopieren, gehöre das Muster von Zeichen und Linien auch der Allgemeinheit. 65 Nach dieser Ansicht würde der Schutz des Layouts zum Schutz der Idee führen und so gegen Grundsätze des amerikanischen Urheberrechts verstoßen. Diese Meinung verkennt, daß ein Unterschied zwischen der Idee i.S.d. wis­ senschaftlichen Lehre und dem Inhalt eines Werks besteht. Die Idee muß für die Allgemeinheit verfügbar bleiben. Die in einer bestimmten Form erkennbare

59 Vgl. dazu BGH, Urt. v. 20.9.1955 „Werbeidee", BGHZ 18, 175, 1 83 f.; Urt. v. 22. 1 . 1 952 ,,Hummelfi guren 1", BGHZ 1, 4; Schricker / Loewenheim, Rn. 26 zu § 2; Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 25 zu § 2; Möhring / Nicolini, Anm. 2 c) zu § l ; Ulmer, S. 1 19; kritisch zum Postulat der Freiheit wisenschaftlicher Lehren Hubmann / Rehbinder, S. 27 m.w.N. ,;o Vgl. Senate Report, S. 7; House Report, S. 8; Giller, Southwestern Law Review 14 (1984), 70 l . 61

62

Chesser, University of Western Ontario Law Review 22 ( 1984), 2 1 8. Kidwell, Minnesota Law Review 70 ( 1986), 553.

63 Vgl. Petraske, Journal of the Patent Office Society 65 (1983), 415. " Vgl. Chesser, University of Western Ontario Law Review 22 ( 1984), 2 1 8. M

Chesser, University of Western Ontario Law Review 22 ( 1984), 218.

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§

5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

individuelle Nutzung der wissenschaftlichen Lehre dagegen, die das Werk in­ haltlich prägt, unterliegt dagegen dem Urheberschutz.66 Für den Entwurf eines Halbleiterbauelements bedeutet dies, daß z.B. die Möglichkeit, elektronische Funktionen durch Hintereinanderschalten von Transi­ storen zu verwirklichen und diese Realisation bildlich darzustellen, als ,,Idee" nicht schutzfähig ist. Jedermann kann sich dieser Technik bedienen, um einen bestimmten Schaltkreis zu entwerfen, wie er sich auch der Relativitätstheorie bedienen darf, um etwa einen wissenschaftlichen Aufsatz über das Verhältnis von Raum, Zeit und Masse zu dem Bewegungszustand eines Beobachters abzu­ fassen, der selbst urheberrechtsfähig sein kann. Ist eine Funktion dann in einer bestimmten Weise im Halbleiterbauelement fixiert, muß die Urheberrechts­ fähigkeit unter Berücksichtigung des Inhalts, d.h. der Art und Weise der kon­ kreten Anordnung der „Schaltelemente", der Veränderung gegenüber Vorbeste­ hendem u.ä. festgestellt werden. Auch aus anderen Gründen führen die in der amerikanischen Literatur auf­ grund der „idea-expression doctrine" vorgebrachten Bedenken nicht zur Schutz­ losigkeit von Layoutentwürfen nach dem Urheberrecht. Zum einen ist festzuhalten, daß es mehrere Möglichkeiten gibt, eine bestimm­ te Funktion eines Mikrochips festzulegen. So kann auch das Layout variie­ ren.67 Zum anderen ist die Sorge vor einem Monopol des Urhebers unberechtigt. Wenn das Layout in seiner konkreten Form geschützt wird, hindert das andere Konstrukteure nicht, unabhängig davon das gleiche oder ein ähnliches Layout zu entwerfen. Anders als im Patentrecht gilt im Urheberrecht nicht der Grund­ satz der Priorität dessen, der eine Erfindung früher macht. Der urheberrechtliche Schutz des Designs hindert ferner auch nicht, innerhalb der Grenzen und nach den Grundsätzen des Urheberrechts das geschützte Werk bei der Entwicklung anderer Werke miteinzubeziehen. 68 Auch in der deutschen Literatur ist die Ansicht vertreten worden, Schutz genieße nur die Form, der Inhalt sei dagegen Gemeingut. Daher seien Form und

66 Vgl. schon oben, § 5 1. b) bb) (2). 67 Vgl. Senate Report, S. 17 Fn. 7: ,, ... a vast number of different ways to express the layout of a semiconductor chip in order to achieve a desired funclion"; Hearings, S. 1 45. 68

Zum reverse engineering s.u., § 7 II.

1. Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen

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Inhalt streng voneinander zu trennen. 69 Von der Gegenansicht wird zugestan­ den, daß sich insbesondere bei wissenschaftlichen Werken der Umfang des Ge­ meinguts erweitere, weil nicht nur die Sachverhalte einbezogen seien, die der Natur angehörten, sondern auch Lehren, die das Werk enthalte, in ihrem Sinn­ gehalt frei seien. Dies gelte aber nicht für den Inhalt schlechthin, bei dem den Lehren und Theorien ,,... die wissenschaftliche Begründung in der Vielheit der gewählten Beispiele, der inneren Bezüge und der Schlußfolgerungen' 00, gegen­ überstehe. Hinzu kommt, daß auch ein Bedürfnis des Wissenschaftlers anzuer­ kennen ist, in der Verwertung seiner Gedanken und Werke, deren wesentliche persönliche Leistung sich im Inhalt ausdrückt, geschützt zu sein.7 1 Das Urheberrechtsgesetz selbst bestimmt, daß allein das Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung über Schutzfähigkeit und Schutzunfähigkeit eines Werks entscheidet (§ 2 Abs. 2 UrhG). Daher ist es sinnvoll, an die Stelle der älteren Unterscheidung zwischen Form und Inhalt, die die Probleme der Abgrenzung zwischen schutzfähigem und nicht schutzfähigem Gehalt nicht lösen kann72, die Unterscheidung zwischen den individuellen Zügen des Werks und dem in ihm enthaltenen Gemeingut treten zu lassen73, denn sie findet ihre Stütze im Gesetz. Die Individualität eines Werks ist normativ zu ermitteln: Je mehr die eigene geistige Leistung in die Schöpfung eingeht, desto mehr wird der dem Gemeingut zuzurechnende Anteil überlagert von der individuellen Gestaltung und desto mehr wird bei einer Vervielfältigung das persönliche Werk des Urhebers reproduziert und allge­ meingültige Lehren bleiben unberührt. Die Lehren und technischen Regeln, die physikalischen, chemischen, elek­ trischen und elektronischen Prinzipien, die der Konstruktion von integrierten Schaltkreisen zugrunde liegen, bleiben weiterhin frei verfügbares Gemeingut.

fH Das Gegensatzpaar „Inhalt" und ,,Form" ist hier im Sinne der treffenderen Begriffe „Idee" und ,,Ausdruck" zu verstehen. 70 Ulmer, S. 1 21 / 1 22.

7 1 Vgl. Loewenheim in bezug auf Computerprogramme, ZUM 1985, 29; Buchmüller, S. 45. 72 So im Ergebnis auch Hubmann / Rehbinder, S. 26; Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 25 zu § 2; Möhring / Nicolini, Anm. 2 b) zu § 1; in bezug auf Computerprogramme Buchmüller, S. 52; Loewenheim, ZUM 1 985, 29. 73

Ulmer, S. 1 22.

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§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

(4) Die „kleine Münze" des Urheberrechts Schwerer fällt eine Antwort auf die Frage, welcher Maßstab bei der Prüfung einer urheberrechtlichen Schutzhöhe im Einzelfall • anzulegen ist. Es wird be­ zweifelt, daß die Zeichnungen einfacher Layouts, also der Mikrochips, die unter Verwendung von gate arrays und Zellen hergestellt werden, die im Urheber­ recht erforderliche „Schutzhöhe der Originalität" erreichen.74 Der Entwurf solcher Konstruktionszeichnungen verlangt vom Ingenieur teilweise eine weni­ ger aufwendige Arbeit, weil er durch den Einsatz der vorgefertigten Standard­ bauteile erleichtert wird. Das Problem der Schutzhöhe oder Gestaltungshöhe, d.h. der Anforderungen, die an ein Werk zu stellen sind, damit es als eine persönliche geistige Schöp­ fung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG Urheberrechtsfähigkeit erlangt, ist eine unter der Bezeichnung „kleine Münze" verborgene Abgrenzungsfrage, die in der Wissen­ schaft nach wie vor zu Kontroversen führt. Auch die Praxis wird mit diesem Problem beschäftigt: Häufig sind es gerade industrielle Erzeugnisse, deren Cha­ rakter als persönliche geistige Schöpfung fraglich ist, deren Herstellern es aber wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Produkte auf einen Urheberrechts­ schutz ankommt. Mit dem Begriff der „kleinen Münze"75 bezeichnet die Rechtsprechung „ein­ fache, aber gerade noch geschützte geistige Schöpfungen".76 Ihre Berechtigung als Schutzobjekte des Urheberrechts ist seit langem umstritten. Der noch über­ wiegende Teil der Literatur nimmt an, daß auch Werke der ,,kleinen Münze" nicht nur schutzbedürftig, sondern auch urheberrechtlich schutzfähig sind77 , nach anderer Ansicht soll der Schutz solcher Schöpfungen dem Wettbewerbs­ recht7 8 oder einem zu schaffenden Leistungsschutz79 überlassen bleiben.

74 Z.B. Dreier, GRUR Int. 1987, 647; Massaguer-Fuentes / Perez-Frias, CR 1 988, 372 f.; Steup I Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 1 87, Rn. 8. 75 Er wurde wahrscheinlich von Elster im Jahre 1 92 1 (Gewerblicher Rechtsschutz, S. 40) erstmals verwendet. 76 BGH, Urt. v. 26. 10.1 980 „Dirlada", GRUR 1 98 1 , 267 / 268. n Vgl. Schricker / Loewenheim, Rn. 19; v. Gamm, Rn. 16 zu § 2; Ulmer, S. 1 36; Reimer, GRUR 1 980, 574; Loewenheim, GRUR 1987, 761 ff. 78 Hubmann / Rehbinder, S. 30. 79 Vgl. Schulze, S. 68 ff. und GRUR 1 987, 769 ff.

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Da auch die Rechtsprechung Werke der ,,kleinen Münze" noch als Schutz­ objekte des Urheberrechtsgesetzes behandelt, soll hier auf die Auseinanderset­ zung nicht weiter eingegangen werden.

(a) Die ,,kleine Münze" bei Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art und bei Schriftwerken Werke der ,,kleinen Münze" gibt es in jeder Kategorie der vom Gesetz bei­ spielhaft als schutzfähig angeführten Erscheinungen der Literatur, Wissenschaft und Kunst. 80 Uneinigkeit herrscht darüber, ob für die Ermittlung der persönli­ chen geistigen Schöpfung bei allen Werken der ,,kleinen Münze" der gleiche Maßstab anzulegen ist, und, falls diese Frage bejaht wird, ob dieser Maßstab hoch8 1 oder niedrig82 sein soll. Bei Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, die häufig keine besonders herausragende schöpferischer Leistung aufweisen und damit einen großen Anteil an den Werken der ,,kleinen Münze" besitzen, verfuhr die Recht­ sprechung mit der Zubilligung des Urheberrechtsschutzes teilweise großzügig. So führte des Bundesgerichtshof aus, nur die rein schablonenmäßige, auch nach der Art der Darstellung keinerlei besondere Prägung aufweisende Abbildung werde nicht geschützt. 83 An anderer Stelle84 machte das Gericht einen Schutz davon abhängig, ob der Urheber einen Plan nur als Vorlage für eine selbständi­ ge schöpferische Leistung benutzte, oder ob er das Vorbild bis auf Weglassun­ gen und Vergröberungen in der zeichnerischen Darstellung nahezu unverändert übernommen habe. Auch bei nur unwesentlichen Veränderungen oder Zusätzen lehn�e der Bundesgerichtshof eine eigenpersönliche Leistung noch ab. Er bejahte aber die Möglichkeit, grundsätzlich auch .dann noch genügend Raum für eine selbständige Darstellung zu finden, wenn eine Bindung an die wieder-

80 Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 19 zu § 2; Schulze, S. I und GRUR 1987, 769; vgl. auch Loewenheim, GRUR 1987, 762 / 763, der die ,,kleine Münze" im Bereich der angewandten Kunst durch das Geschmacksmusterrecht schützen will. 81 So z.B. v. Gamm, Rn. 24 Anm. c) zu § 2; Hubmann I Rehbinder, S. 30; Schulze, GRUR 1 987, 770, 773. 82 Vgl. Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 20 zu § 2 (unter dem Vorbehalt: falls die ,,kleine Münze" unter das Urheberrechtsgesetz eingeordnet werde); Reimer, GRUR I 980, 574. 83 BGH, Urt. v. 25.10.1955 ,,Bebauungsplan", BGHZ 1 8, 319, 322 beruft sich dabei auf die ständige Rechtsprechung des Reichsgerichts. 84

Urt. v. 3.7.1964 „Stadtplan", GRUR 1 965, 45 ff.

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zugebende Wirklichkeit und an bestimmte Darstellungsmittel gewisse Ähn­ lichkeiten mit Vorbestehendem bedinge. 85 Diese Tendenz behielt das Gericht bei, als es trotz der Begrenzung in der Wahl der verfügbaren Mittel die Mög­ lichkeit einräumte, insbesondere durch eine individuelle Auswahl und Kom­ bination bekannter Methoden, insgesamt eine ausreichend eigentümliche Form­ gestaltung zu erzielen. 86 Sprachwerke beurteilte der Bundesgerichtshof unterschiedlich. Im Fall der Konzeption eines Registers zu einer Sammlung mittelalterlicher Briefe verlangte er für eine Urheberrechtsfähigkeit nur, daß die Eigentümlichkeit in der schöpfe­ rischen Anordnung, Sammlung und Darbietung des dargestellten wissenschaftli­ chen Materials liege. 87 Ebenso milde waren die Anforderungen bei einer Sammlung von Prüfungsfragen, die in Anlehnung an ein Lehrbuch zusammen­ gestellt worden waren: Dort handelte es sich schon um eine mehr als routi­ nemäßige Leistung, als neben einem Verständnis des Lehrstoffs auch die Fähigkeit bedeutsam war, ,,zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unter­ scheiden".88 In späteren Entscheidungen forderte das Gericht bei Sprachwer­ ken mit wissenschaftlichem Inhalt, daß die Eigenart das durchschnittliche Schaffen, das Alltägliche, Handwerksmäßige deutlich übersteige. 89 Eine bestimmte Tendenz läßt sich daraus aber nicht ablesen: In einer jüngeren Entscheidung90 erläutert das Gericht, daß (nur) das rein Handwerksmäßige, die mechanisch-technische Aneinanderreihung und Zusammenfügung des Materials außerhalb der Schutzfähigkeit liege.91 Falls sich Eigenheiten feststellen ließen, seien diese dem Schaffen eines Durchschnittsgestalters gegenüberzustellen.92

85 BGH, .,Stadtplan", GRUR 1 965, 45, 48. 86 BGH, Urt. v. 20. 1 1 . 1 986 „Werbepläne", GRUR 1 987, 360, 36 1 . 87 BGH, Urt. v . 7 . 1 2 . 1 979 ,,Monumenta Germaniae Historica", GRUR 1 980, 227, 230. 88 BGH, Urt. v. 27.2. 1981 ,,Fragensammlung", GRUR 1 9 8 1 , 520, 522.

89 BGH, Urt. v. 29.3. 1 984 ,,Ausschreibungsunterlagen", GRUR 1 984, 659, 66 1 ; Urt. v. 17.4. 1 986 ,,Anwaltsschriftsatz", GRUR 1 986, 739, 741 . 90 Urt. v. 1 2.3. 1 987 „Warenzeichenlexika", GRUR 1 987, 704 ff. 91

Vgl. dazu Loewenheim, GRUR 1 987, 767. 92 BGH „Warenzeichenlexika", GRUR 1 987, 704, 706.

I. Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen

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(b) Anforderungen des Bundesgerichtshofs an die persönliche geistige Schöpfung bei Computerprogrammen Seit 198593 sind Computerprogramme unter § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG in das Urheberrechtsgesetz aufgenommen. Ihre Schutzfähigkeit ist damit aber noch nicht für jeden Fall festgestellt; ebenso wie alle anderen Werke des § 2 Abs. 1 UrhG müssen sie als persönliche geistige Schöpfungen im Einzelfall anerkannt werden, um den Schutz des Urheberrechts zu erhalten.94 Zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage haben Aufsehen erregt. In der sog. Inkassoprogramm-Entscheidung95 setzte das Gericht Maß­ stäbe, mit denen das erforderliche Maß an Individualität zu ermitteln sei. Als Kriterium zog es dabei zunächst den geistig-schöpferischen Gesamteindruck der konkreten Gestaltung heran, der mit vorbestehenden Gestaltungen zu verglei­ chen sei; ferner seien die mechanisch-technischen Vorgegebenheiten und Erfor­ dernisse zu berücksichtigen. Ließen sich danach schöpferische Eigenheiten des Werks feststellen, seien diese dem Schaffen eines Durchschnittsprogrammierers gegenüberzustellen.96 Die urheberrechtliche Schutzfähigkeit beginne erst, wenn die durchschnittliche Gestaltung deutlich überragt werde.97 Erklärend fügte das Gericht hinzu, diese an der üblichen urheberrechtlichen Diktion ausgerichtete Formulierung enthalte keine gegenüber den allgemeinen urheberrechtlichen Grundsätzen verschärften Anforderungen für Datenverarbeitungsprogramme. Der Vergleich beruhe nicht auf einer - für das Urheberrecht unerheblichen Neuheitsprüfung, sondern beantworte die Frage, ob der konkreten Formge-

93 Gesetz vom. 24. Juni 1985, BGBI. I S. 1 1 37. 94 Die Fülle der Stellungnahmen zur Frage der Urheberrechtsfähigkeit von Computerprogrammen

ist kaum mehr überschaubar. Vgl. nur v. Gamm, WRP 1969, 96 ff.; Ulmer, S. 140 f.; Ulmer / Kolle, GRUR Int. 1982, 489, 494 ff.; Nordemann, FS Roeber, S. 297 ff. Dabei lassen sich Differenzie­ rungen ausmachen: v. Gamm, WRP 1969, 98 f.: Urheberrechtsschutz nur in seltenen Fällen; Norde­ mann, FS Roeber, S. 304: Urheberrechtsschutz in der Regel zu bejahen. Gegen Urheberrechtsschutz von Software: Emmerich, Standardsoftware, S. 80 ff.; Tro/ler, FS Roeber, S. 4 1 3 ff.; Schulze, GRUR 1 987, 778; Röttinger, iur 1987, 17; Loewenheim, GRUR 1987, 767 ff.; König, CR 199 1 , 588 ff. 95 Urt. v. 9.5. 1 985, BGHZ 84, 279 = CR 1 985, 30 = GRUR 1985, 1041 = NJW 1986, 192 = IuR 1 986, 1 8. Vorinstanzen: OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.2. 1983, GRUR 1 983, 300 ff., LG Mannheim, Urt. V. 1 2.6. 1 98 1 , BB 1 98 1 , 1 543 f. 96

BGH „Inkassoprogramm", CR 1985, 22, 3 1 . 97 BGH „lnkassoprogramm", C R 1 985, 22, 3 1 ; dieser Formulierung folgend BGH, Urt. v. 4. 10. 1 990 ,,Betriebssystem", CR 1 99 1 , 80, 84: Die Gestaltung muß jedenfalls das handwerkliche Durchschnittskönnen erheblich überragen. 6 Wippermann

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§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

staltung gegenüber den vorbekannten Gestaltungen individuelle Eigenheiten zukämen.98 Diese Ansicht des Gerichts rief in der Rechtslehre eine lebhafte Diskussion hervor. Sowohl die Aussagen zur Freiheit der wissenschaftlichen Lehre und Einbeziehung des Inhalts bei der Bewertung der Urheberrechtsfähigkeit99 als auch zum Maßstab der individuellen Leistung wurden ausführlich kommentiert. Nicht alle Kritiker nahmen die Anforderungen, die der Bundesgerichtshof an die Schutzhöhe von Software gestellt hatte, zum Anlaß, nach ihrer Verein­ barkeit mit dem System des Urheberrechts und der bisherigen Rechtsprechung zu fragen. Es wurde vielmehr gefolgert, nach dieser „grundsätzlichen Bejahung und praktischen Verneinung des Urheberrechtsschutzes für Computerprogram­ me" 100 sei ein Sonderschutz für Software unentbehrlich. 1 01 Von anderer Seite wurden dagegen Bedenken angemeldet, ob sich die Formu­ lierung des Bundesgerichtshofs zur persönlichen geistigen Schöpfung mit den Grundsätzen in Übereinstimmung bringen lasse, die die Rechtsprechung bisher für andere Werke des Urheberrechts entwickelt habe, weil in vielen Bereichen des Urheberrechts kein deutliches Überragen über das Können des Durch­ schnittsgestalters verlangt werde. 102

(c) Konsequenzen für die Beurteilung der Schöpfungshöhe von Konstruktionszeichnungen für Mikrochips Mit der Forderung, handwerkliches Können müsse deutlich überragt werden, beschreitet der Bundesgerichtshof neue Wege. 1 03 Er erklärt aber nicht, worin die mehr als überdurchschnittliche Gestaltungstätigkeit bestehen soll. 1 04 Es wird vermutet, daß mit dem „durchschnittlichen" das typische Schaffen von 98

BGH „Inkassoprogramm", CR 1985, 22, 31 und „Betriebssystem", CR 1991, 80, 84. Dazu ausführlich Haberstumpf, GRUR 1986, 222 ff.; vgl.zur Diskussion Inhalt-Form oben, § 5 I.1.b) bb) (2). 100 Bauer, CR 1985, 10. 1 01 Vgl. z.B. König, CR 1991, 588; Röttinger, iur 1986, 17; Schulze, GRUR 1987, 776, 778. 102 Vgl.Loewenheim, GRUR 1987, 766. 1 03 Vgl.uhmann, CR 1991, 150; Röttinger, iur 1986, 15 ; 1/zhöfer, CR 1988, 423; a.A.allerdings Kalle, GRUR 1985, 1017: ganz auf der Linie der früheren Rechtsprechung des I. Senats zum Urheberrechtsschutz von Werken mit wissenschaftlichem oder technischem Inhalt; Schulze, GRUR 1987, 747. 104 Vgl.auch Bauer, CR 1985, 10; Holländer, CR 1991, 716. 99

I. Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen

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Programmierern gemeint sei, das keine urheberrechtlich geschützten Werke hervorbringe. 105 Die Forderung nach einer deutlich überdurchschnittlichen Leistung erinnert eher an Maßstäbe der Neuheit aus dem Patentrecht als an eine individuelle Schöpfung des Urheberrechts. 1 06 Von Komponisten, Malern, Autoren oder Bildhauern hat der Bundesgerichtshof nicht verlangt, daß ihre Werke eine deutlich überdurchschnittliche Leistung aufweisen. Ob Computerprogramme eine Sonderstellung innerhalb der Sprachwerke einnehmen, die höhere Anforde­ rungen an die Schöpfungshöhe rechtfertigt, ist zweifelhaft. Die Voraussetzung, Software müsse Ergebnis einer überdurchschnittlichen Leistung sein, wird mit dem Argument verteidigt, bei bestimmten Werken sei die durchschnittliche Gestaltung noch keine schöpferische Leistung. Dort, wo das Durchschnittsschaffen im Bereich des rein Handwerklichen, des Alltägli­ chen, des mechanisch-technischen Aneinanderreihens von Material bleibe, könne nur ein überdurchschnittliches Schaffen urheberrechtliche Schutzfähigkeit begründen. 107 Diese Behauptung erklärt noch nicht, warum nur ein weit überdurchschnittli­ ches Werk Originalität besitzen soll. Außerdem ist sie nur dann als Maßstab zur urheberrechtlichen Einordnung von Software geeignet, wenn der durchschnitt­ liche Programmierer tatsächlich stets nur ,,Material mechanisch-technisch aneinanderreiht". Die Arbeit eines Entwicklers von Software besteht darin, ein Computerprogramm zu schaffen, das mehreren Anforderungen gerecht wird: Es muß zuverlässig arbeiten, darüber hinaus aber auch für den Anwender leicht bedienbar, für spezielle Bedürfnisse unkompliziert abzuändern und problemlos zu warten sein. Diese Aufgabe setzt nicht nur besonderes Fachwissen, sondern auch Einfallsreichtum und planerisch-konstruktives Denken qualifizierter Infor­ matiker und Programmierer voraus. 108 Der Entwickler kann eine Aufgabe im­ mer auf verschiedene Weise lösen, so daß er allein aufgrund der Vielfalt der zur Verfügung stehenden Lösungswege kein „Material mechanisch-technisch

105 Bauer, CR 1985, 10 Fn.36. 106 Zum Patentrecht und seinen Schutzvoraussetzungen s.o., § 2 I.Vgl. auch Ilzhöfer, CR 1988, 423; Kalle, GRUR 1985, 1017. 107 Loewenheim, GRUR 1987, 767. 108 Vgl. Ulmer / Kalle, GRUR Int.1982, 494 ; Haberstumpf in Lehmann, Rechtsschutz und Ver­ wertung von Computerprogrammen, S.47 Rn.83; Bray I Lehmann, GRU R 1992, 423 ,,...indivi­ duelle, schöpferische Tätigkeit eines Programmierers ..." bei nicht lediglich trivialer Software.

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§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

aneinanderreiht". 1 09 Die Arbeit auch eines durchschnittlichen Programmierers wird also nur in seltenen Fällen unterhalb dieses Bewertungsmaßstabs einzu­ ordnen sein. Daher muß dem durchschnittlichen Softwareentwickler ebenso wie dem durchschnittlichen Schriftsteller der Urheberrechtsschutz für sein Werk grundsätzlich offenstehen. Ebenso ist die Leistung des Entwicklers von Layout-Zeichnungen für Mikro­ chips zu bewerten. 1 10 Der Grad der eigenpersönlichen Leistung hängt hier von der Komplexität, von der Möglichkeit und dem Umfang des Einsatzes standar­ disierter Bauteile und der speziellen Funktion des zu entwerfenden Halbleiter­ bauelements ab. CAD-Verfahren sollen den Anwender von Routinearbeiten entlasten und ihm mehr Zeit und Gelegenheit für die Verwirklichung neuer Ideen geben. 1 1 1 Daher schmälert auch der Einsatz computergesteuerter Zei­ chenverfahren die Leistung des Entwicklers nicht. Die Urheberrechtsfähigkeit der Konstruktionszeichnung für einen Mikrochip wird im Einzelfall festgestellt. Im gerichtlichen Verfahren muß ein Sachver­ ständiger die Gestaltungsindividualität einer Konstruktionszeichnung beurteilen. Es bietet sich an, die Schöpfungshöhe so zu überprüfen, wie dies der Bundesge­ richtshof bei Computerprogrammen vorgeschlagen hat: Danach ist der Grad der Eigentümlichkeit nach dem geistig-schöpferischen Gesamteindruck im Vergleich zu vorbestehenden Gestaltungen zu bemessen. 1 1 2 Welche Tatsachen konkret zur Begründung der Eigentümlichkeit herangezogen werden können, erklärt das Gericht dabei allerdings nicht, es gibt vielmehr nur solche Beispiele von Tatsa­ chen an, die gerade eine Urheberrechtsfähigkeit nicht begründen können. Das Vergleichsverfahren ist auch bei Konstruktionszeichnungen anzuwenden. Das zu beurteilende Layout muß anderen Schaltungsentwürfen gegenübergestellt werden. Die gestellte Aufgabe ist zu berücksichtigen, ebenso der Einsatz von Standardschaltungen und ihre Verbindung, weiterhin der Grad der Abweichung von vorbestehenden Layouts. Auch die Grundsätze, die die Rechtsprechung zur

109 Vgl. Nordemann in Festschrift für Roeber, S. 303: ,,zahllose Lösungsmöglichkeiten"; ableh­ nend König, CR 1 99 1 , 587 / 588. 1 10 Vgl. Senate Report, S. 17 Fn. 7 und Hearings, S. 145: ,,... there are usually a vast number of different ways to express the layout of a semiconductor chip in order to achieve a desired function." 111

Walter, C R 1 987, 804. Zur Qualifikation eines Layout-2.eichners auch 1979 House Hearings, zitiert nach Raskind, Minnesota Law Review 70 ( 1 985), S. 410 Fn. 1 06: ,, ... creative persons and not just draftsmen ... ". Zu den Methoden des Designverfahrens und den Entwurfshilfsmitteln vgl. auch Weinerth, S. 65 f., 168 ff. 1 12 BGH, Urt. v. 9.5 . 1 985 „Inkassoprogramm", CR 1 985, 22, 30.

I . Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen

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persönlichen geistigen Schöpfung bei Stadtplänen 1 1 3 entwickelte, könnten auf Konstruktionszeichnungen von Mikrochips übertragen werden. In diesem Fall ist maßgeblich, ob der Urheber ein Layout nur als Vorlage für eine selbständige schöpferische Leistung benutzt hat, oder ob er das Vorbild fast unverändert übemahm. 1 1 4 Bei dieser Interpretation würden die Maßstäbe, die der Bundesgerichtshof an Werke der ,,kleinen Münze" bei Sprachwerken und Darstellungen wissenschaft­ licher und technischer Art angelegt hat, auch für Konstruktionszeichnungen von Halbleiterbauelementen gelten. Eine solche Übertragung ist um so mehr ge­ rechtfertigt, als die schöpferische Leistung eines Entwicklers von Software und von Layout-Entwürfen für Mikrochips nicht hinter der Leistung zurückbleibt, die bei der Ausarbeitung eines Stadt- oder Bebauungsplans erbracht wird. (d) Vergleich mit den Anforderungen des Halbleiterschutzgesetzes Das Halbleiterschutzgesetz verlangt, daß eine Topographie, für die ein Schutz beansprucht wird, nicht nur durch bloße Nachbildung einer anderen Topogra­ phie hergestellt und nicht alltäglich ist. 1 15 Die Vorschrift wird unterschiedlich interpretiert. Zum Teil wird ein niedriger Maßstab für die Prüfung der Eigenart gefordert. 1 1 6 Nach anderer Ansicht sei das Urheberrechtsgesetz für den Schutz von Mikrochips gerade deshalb nicht geeignet, weil für die ,,kleine Münze" eine geringe Schöpfungshöhe anerkannt sei. Aus diesem Grund müßten nach dem Halbleiterschutzgesetz höhere Anforderungen an die Eigenart von Halbleiterbau­ elementen gestellt werden. 1 17 Die Anforderungen des Halbleiterschutzgesetzes gleichen denen, die der Bun­ desgerichtshof an die Urheberrechtsfähigkeit eines einfachen Stadtplans gestellt hat: Entscheidend war, ob der Urheber einen schon bekannten Plan nahezu un­ verändert nachgebildet oder ob er ihn als Vorlage für eine selbständige Leistung benutzt hatte.1 1 8

1 13

BGH, Urt. v. 3 .7.1964 „Stadtplan", GRUR 1965, 45 ff.

1 14

Vgl. die Anforderungen des BGH „Stadtplan", GRUR 1965, 45, 48.

1 15

§ 1 Abs. 2 H!SchG.

1 16

Geissler, S. 26.

1 17

Vgl. Massaguer-Fuentes / Perez-Frias, CR 1988, 3 72 / 3 73 .

1 18

BGH, Urt. v. 3.7.1964 „Stadtplan", GRUR 1965, 45, 48.

§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

86

Bisher hatten Gerichte noch keine Gelegenheit, sich zur Frage der Prüfungs­ maßstäbe im Halbleiterschutzrecht zu äußern. Mit Skepsis ist aber nach den aufgezeigten Parallelen die in der Begründung des Gesetzentwurfs 1 19 ausgesprochene Mahnung aufzunehmen, die von der Rechtsprechung zu den Anforderungen der Schöpfungshöhe im Urheberrecht entwickelten Grundsätze könnten nicht auf den Begriff der Eigenart nach dem Halbleiterschutzgesetz übertragen werden. Eher erscheint sie wie die Recht­ fertigung eines Gesetzes, dessen Bewährung in der Praxis zweifelhaft ist. (e) Exkurs: Die Maßstäbe der Rechtsprechung und die EG-Richtlinie zum Softwareschutz Am 14. Mai 199 1 ist die EG-Richtlinie zum Softwareschutz verabschiedet worden. 120 Sie bestimmt, daß Computerprogramme geschützt werden, ,,wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind". 121 Aus Vorarbeiten der EG-Kom­ mission wird die Absicht der Richtlinienverfasser herausgelesen, die unter­ schiedlichen Maßstäbe verschiedener Länder bei der Beurteilung von Software anzugleichen und vor allem das hohe Niveau der Anforderungen zu senken, die der Bundesgerichtshof seit der lnkassoprogramm-Entscheidung aufgestellt habe. 122 Das Ziel der Harmonisierung von Rechtsvorschriften und ihrer Aus­ legung durch die Rechtsprechung ist im Hinblick auf Art. 1 00 EWG-Vertrag und die internationale Rechtssicherheit erstrebenswert. Ob es sich allerdings durch die Richtlinie verwirklichen läßt, bleibt fraglich. Das nach der Richtlinie einzig heranzuziehende Kriterium für die Schutzfähig­ keit eines Computerprogramms ist das Erfordernis einer „eigenen geistigen Schöpfung" des Urhebers. Der Wortlaut unterscheidet sich kaum von der „persönlichen geistigen Schöpfung" des Urheberrechts. Der Bundesgerichtshof

1 19 BT-Drs. 1 1 / 454, S. 16. 120 ABI. der EG Nr. L 1 22 / 42 vom 17. Mai 1 99 1 ; in deutscher Übersetzung in CR 1991, 382 ff. Dazu Vinje, GRUR Int. 1 992, 250 ff.; zur Entstehungsgeschichte Dreier, CR 1 99 1 , 577 und Moritz, GRUR Int. 1 99 1 , 698 f. 12 1

Art. 1 Abs. 3.

122 Vgl. Dreier, CR 1 99 1 , 578; Moritz, GRUR Int. 1 99 1 , 700 Fn. 36; zum Maßstab in bezug auf die Schöpfungsleistung auch Broy / Lehmann, GRUR 1 992, 419 ff.; zum Entwurf der Richtlinie auch Lehmann, CR 1 99 1 , 3 16: Auch die ,,kleine Münze" der Computerprogramme werde geschützt.

1. Die Urheberrechtsfähigkeit von Konstruktionszeichnungen

87

braucht sich also nach der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht nicht veranlaßt zu sehen, seine Rechtsprechung zu ändern; die Grundsätze, die er zu den gesetzlichen Voraussetzungen entwickelt hat, kann er auch bei der Inter­ pretation der (umgesetzten) Richtlinie beibehalten. 1 23 Nach anderer Ansicht weicht die Richtlinie, unter Berücksichtigung der Präambel, vom bisherigen Verständnis der zu § 2 Abs. 2 UrhG ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ab. Das deutsche Recht genüge der Richt­ linie ohne eine Änderung der durch die Inkassoprogramm-Entscheidung des Bundesgerichtshofs geprägten Rechtslage nicht mehr. 124 Folglich müsse sich die Rechtsprechung ändern, um die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes richtlinienkonform auszulegen. 1 25

c) Ergebnis

Die Schutzfähigkeit der Konstruktionszeichnungen von Mikrochips nach dem Urheberrechtsgesetz setzt das Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung im Einzelfall voraus. Bei der Prüfung dürfen keine zu hohen Maßstäbe angelegt werden; die Anforderungen der Rechtsprechung aus den Entscheidungen ,,In­ kassoprogramm" und ,,Betriebssystem" sind nicht auf Darstellungen wissen­ schaftlicher und technischer Art zu übertragen, sondern herabzusetzen, so daß auch im Bereich der Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art die ,,kleine Münze" ausreichend berücksichtigt wird. In diesem Fall können Layouts von Halbleiterbauelementen urheberrechtlich schutzfähig sein.

123 Vgl. Lesshaft / Ulmer, GRUR Int. 1991, 524; zur Frage, ob die Berücksichtigung der Präambel zu einem anderen Ergebnis führt, Hoeren, CR 1991, 464 f. 124 Erdmann / Bomkamm, GRUR 1 99 1 , 878. 125 Erdmann / Bomkamm, GRUR 199 1 , 880. A.A. Emsthaler, GRUR 199 1 , 890 f.; Wenzel,

GRUR 1991, l lO: Umsetzung der Richtlinie durch Schaffung eines Leistungsschutzrechts für Programmierer; ebenso Stellungnahme der Bundesregierung im Bericht über die Auswirkungen der Urheberrechtsnovelle 1985 und Fragen des Urheber- und Leistungsschutzrechts, BT-Drs. 1 1 / 4929, s. 43 f.

88

§ S Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

2. Die Urheberrechtsfähigkeit der Konstruktionszeichnungen von gate arrays und Standardzellen Die Funktion und der Einsatz von gate arrays und Standardzellen wurde be­ reits erläutert 126 ; ihr Schutz ist auch im Halbleiterschutzgesetz vorgese­ hen_ 121 Diese Bausteine für die Herstellung von Mikrochips werden mit den gleichen Entwicklungsschritten angefertigt wie komplexe Halbleiterschaltkreise, das Ergebnis des Entwurfsprozesses ist die Konstruktionszeichnung. Wie beim Ent­ wurf von komplexen Mikrochips kommt daher eine Urheberrechtsfähigkeit der Zeichnung nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG in Betracht. Bezüglich der Fragen, die in Rechtsprechung und Literatur zur Schutzfähigkeit von Form und / oder Inhalt erörtert werden, kann auf die bereits genannten Stellungnahmen 128 verwiesen werden. Festzuhalten ist damit, daß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG grundsätzlich auch als Zeichnungen festgehaltene Layoutentwürfe von gate arrays schützt. Problematisch ist demgegenüber, wann diese Konstruktionszeichnungen die Anforderungen an eine persönliche geistige Schöpfung gemäß § 2 Abs. 2 UrhG erfüllen und damit im Einzelfall Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz erhalten. Dadurch, daß die Strukturen weniger komplex sind, erfordern die Bausteine eine geringere Entwicklungsleistung. Andererseits zeichnet es die Vorprodukte gerade aus und bestimmt einen Teil ihrer Qualität, daß sie in möglichst vielen Fällen eingesetzt werden können, was der Ingenieur beim Entwurf berücksichti­ gen muß. Bei Konstruktionszeichnungen von Standardbauteilen wird es sich hauptsächlich um Erzeugnisse der ,,kleinen Münze" handeln. Es wurde bereits ausgeführt 129, daß ihre Maßstäbe auch im Bereich der technischen Zeichnun­ gen nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG anzulegen sind. Layoutentwürfe von gate arrays erfüllen möglicherweise auch die Anforderungen an die ,,kleine Münze" nicht, wenn ihnen eine geringe, routinemäßige Arbeitsleistung zugrundeliegt. Je geringer der Spielraum für eine neue Kombination von Schaltungselementen ist, desto eher wird man eine eigene persönliche Schöpfung anzweifeln.

126 S.o., § 1 II. 2. 127 Vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 HISchG und Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 1 1 / 454, s. 15 / 1 6. 128 � 5 I. 1. b) bb) (2). 129 S.o., § 5 I. 1. b) bb) (4).

II. Die Urheberrechtsfähigkeit von Masken

89

Die Prüfung im Einzelfall kann daher eher als bei komplexen Layouts erge­ ben, daß Konstruktionszeichnungen dieser Standardbauteile nicht die Schutz­ höhe des Urheberrechts erreichen. II. Die Urheberrechtsfähigkeit von Masken

1 . Schutz von Masken in Halbleiterschutzgesetzen Das Halbleiterschutzgesetz 130 schützt ,,Darstellungen zur Herstellung von Topographien". Die Vorschrift soll dafür sorgen, daß nicht nur endgültige Formen, sondern auch Zwischenformen von Halbleitererzeugnissen vom Schutz erfaßt werden und daher den Schutz auch auf ,,Aufzeichnungen in Masken und Herstellungsbändem" 1 3 1 erstrecken. Da Masken keine Aufzeichnungen enthal­ ten, sondern nach solchen hergestellte Schablonen sind 132, ist der Wortlaut der Erklärung (,,Aufzeichnungen in Masken") ungenau. Außerdem ist unklar, ob ein Schutz schon für jede einzelne Maske, oder nur für den ganzen Maskensatz gewährt wird. 1 33 Ferner ist fraglich, ob auch den Masken als technischen Hilfsmitteln bei der Herstellung die nach dem Halblei­ terschutzgesetz 1 34 geforderte Eigenart zukommen muß. Masken werden exakt nach den Vorgaben der Layoutzeichnungen für den Mikrochip entwickelt, sie besitzen also keine Eigenart unabhängig von der Eigenart der Topographie. Es stellt sich daher die Frage, warum ein doppelter Schutz für zwei Ausdrucksfor­ men einer Schaltung beabsichtigt sein soll.

130

§ 1 Abs.1 S. 2 HISchG. Begr.des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 11 / 454, S. 16, verweist dabei auf die Definition des Art. 1 Abs.1 Buchst. a) und auf das Ziel der EG-Richtlinie. 132 Zu Funktion und Herstellung von Masken s.o., § 1 II.3. 133 Diese Zweifel deutet Geissler, S.26, an. 134 § 1 Abs.1 S.1 HISchG. 131

90

§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

2. Schutz von Masken nach dem Urheberrechtsgesetz

a) Schutz von Lichtbildern im Urheberrechtsgesetz § 72 Abs. 1 UrhG schützt Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Licht­ bilder hergestellt werden. An die Unterscheidung zwischen Lichtbildern und Lichtbildwerken werden erst seit der Urheberrechtssnovelle von 1 985 auch verschiedene Rechtsfolgen geknüpft; bis dahin war für alle Erzeugnisse der Photographie einheitlich eine Schutzdauer von 25 Jahren vorgesehen. 1 35 Da­ durch wurden Lichtbildwerke anders behandelt als die übrigen Werke des § 2 Abs. 1 UrhG. 1 36 Um diese sachlich nicht gerechtfertigte Einordnung zu kor­ rigieren, wurden Erzeugnisse der Photographie in Lichtbildwerke und Lichtbil­ der unterschieden mit der Folge, daß für Lichtbildwerke nach § 2 Abs. 2 UrhG die Voraussetzungen der persönlichen geistigen Schöpfung erfüllt sein müssen. Lichtbilder sind dagegen alle nicht künstlerischen photographischen Erzeugnis­ se 1 37 ; nach der Systematik des Urheberrechtsgesetzes handelt es sich um ein dem Urheberrecht verwandtes Schutzrecht. 1 38 Wegen dieser geringeren Anforderungen an die Leistung des Lichtbildners ist es bei der Prüfung der Schutzfähigkeit eines Lichtbilds nicht notwendig, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit ihren wechselnden Anforderungen an die Gestaltungshöhe einer persönlichen geistigen Schöpfung zu berücksichti­ gen. Der Schutz durch das Urheberrechtsgesetz ist deshalb leichter zu erlangen. Lichtbilder entstehen, wenn eine Strahlungsquelle durch chemische Verände­ rungen Abbildungen auf strahlenempfindlichen Schichten hervorruft. 1 39 Als Beispiele für Lichtbilder nach § 72 UrhG werden „einfache Liebhaberaufnah­ men" und solche Aufnahmen genannt, die „in Gewerbebetrieben routinemäßig gemacht werden". 140 Der Bundesgerichtshof hat die Leistung eines Lichtbild­ ners mit ,,handwerksmäßigem Können" umschrieben und sie so vom schöpferi-

135 136

Vgl. § 72 UrhG i.V.m. § 68 UrhG a.F.

Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken vgl. Fromm / Nordemann / Vinck, 6. Aufl. Stuttgart 1 986, Rn. 3 zu § 68.

137 Vgl. BGH, Urt. v. 2 1 .4. 1 953 ,,Lied der Wildbahn !", BGHZ 9, 262, 264; Urt. v. 28.3 . 1 961 ,,Autohochhaus", GRUR 1 96 1 , 489, 490; Mühring / Nicolini, Anm. 2; Fromm / Nordemann / Hertin, Rn. 2 zu § 72; Ulmer, S. 5 1 0; Hubmann / Rehbinder, S. 253. 138 Dazu s.o., § 2 III. 1 . 139 140

Möhring / Nicolini, Anm. 7 c ) z u § 2. Ulmer, S. 510 I 5 1 1 ; Hubmann / Rehbinder, S. 253.

II. Die Urheberrechtsfähigkeit von Masken

91

sehen Werk abgegrenzt. 141 Die Literatur stellt noch geringere Anforderungen, wobei umstritten ist, ob die Anfertigung eines Lichtbildes ein Mindestmaß an persönlicher Leistung erfordere 142 oder nicht. 143 Die Rechtsprechung hat den Lichtbildschutz von solchen Fällen abgegrenzt, in denen die Photographie nur als technisches Hilfsmittel zur Herstellung von Erzeugnissen diene. 144 Der Bundesgerichtshof bezweifelte das Entstehen eines photographischen Leistungsschutzrechts in einem Fall, in dem eine photogra­ phische Vorlage für ein Kunstledermuster auf eine Druckwalze aufgebracht worden war. Dazu war das Filmnegativ auf die mit einer lichtempfindlichen Schicht versehene Walze gelegt und das Bild durch Belichtung auf die Unter­ lage übertragen worden. In einer anderen Entscheidung wurde betont, daß reine Kopien von Lichtbildern nicht unter den Schutzbereich des § 72 UrhG fielen, der insoweit einschränkend auszulegen sei. 145 Für diese Abgrenzung spricht, daß die Dauer des Schutzes eines Lichtbildes andernfalls durch erneutes Photographieren der Vorlage beliebig verlängert werden könnte, wenn jede Aufnahme den Schutz von neuem begründete. 146 Daneben spricht noch ein weiteres Argument gegen die Anerkennung einer Kopie als Lichtbild: Die identische Reproduktion ist eine Vervielfältigung i.S.d. § 16 UrhG. Erhielten bloße Reproduktionen Lichtbildschutz nach § 72 UrhG, käme derjenige, welcher die Vorlage vervielfältigt hat, als Lichtbildner in den Genuß des Schutzes nach § 72 UrhG. 147

141 Vgl. BGH, Urt.v.4.1 1.1966 ,,skai cubana", GRUR 1967, 3 15, 3 18; Urt. v. 28.3.1961 ,,Auto­ hochhaus", GRUR 1961, 489, 490. 142

Dies erwägt Ulmer, S. 5 1 1 .

Vgl. Fromm / Nordemann / Hertin, Rn. 2 Anm. a) zu § 72. Begründung des Regierungsent­ wurfs, BT-Drs. IV / 270, S. 88: Es handle sich um eine rein technische Leistung, die nicht einmal besondere Fähigkeiten voraussetze. 144 BGH, Urt. v. 4.1 1.1966 ,,skai cubana", GRUR 1967, 3 15 ff.; zustimmend Reimer, GRUR 143

1 %7, 3 1 8; Nordemann, GRUR 1987, 16. 145

BGH, Urt. v. 19.7.1985 ,,Lichtbildkopien", GRUR 1987, 42.

146

Vgl. Fromm / Nordemann / Hertin, Rn. 2 Anm. a) zu § 2; Nordemann, GRUR 1987, 18.

147

Nordemann, GRUR 1987, 18.

92

§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

b) Masken als Lichtbilder

In der Literatur 148 ist die Möglichkeit angedeutet worden, daß Masken als Lichtbilder nach § 72 UrhG Schutz erlangen könnten. Da Masken Schwarz­ Weiß-Diapositiven ähnelten, ließen sie sich problemlos nach § 72 UrhG einord­ nen. 149 Masken werden in einem photolitographischen Verfahren hergestellt. Nach der empfohlenen einschränkenden Auslegung des § 72 UrhG erhalten sie aber nur dann Lichtbildschutz, wenn sie keine reinen Kopien von Vorlagen sind. Das Verfahren der Herstellung von Masken ist automatisiert. Außer Präzi­ sionsarbeit, die zum großen Teil mit Computereinsatz erledigt wird, verlangt es keine geistige Leistung, schon gar keine schöpferische Anstrengung. Vielmehr muß die Maske mit der Konstruktionszeichnung als Vorlage absolut überein­ stimmen, so daß jede auch nur geringe individuelle Gestaltung ausgeschlossen ist. Eine solche Herstellung von Kopien kann keinen Lichtbildschutz beanspru­ chen. Weiterhin ist zu bedenken, daß die Produktion der Masken in einem photogra­ phischen Verfahren von der Notwendigkeit diktiert ist, auf technischem Weg kleine Strukturen abzubilden. Das Herstellen des Lichtbildes ist daher kein Selbstzweck, vielmehr bietet es nach dem heutigen Stand der Technik die einzige Möglichkeit, die Schablonen anzufertigen. Die nach dem Zweck des Urheberrechts zu schützende Leistung, die persönliche geistige Schöpfung, ist nicht in der Maske, sondern im Entwurf des Layouts enthalten. Die Maske ist demgegenüber nur ein industrielles Fertigungszwischenstadium 150 und eine vollständige Kopie der Vorlage. Ein Lichtbildschutz von Masken kann deshalb mit Hilfe von § 72 Abs. UrhG nicht begründet werden. Dieses Ergebnis ist zusätzlich dadurch gerechtfertigt, daß neue Entwicklungen der Halbleitertechnologie 151 mittlerweile dazu führen, den Wafer nicht mehr mit Hilfe einer Schablone zu belichten, sondern diesen Zwischenschritt durch 148 Dreier, GRUR lnt. 1987, 647; Hoeren, S. 34; Auer, iur 1987, 442. Auch der Vorschlag von Röttinger, iur 1987, 445, die Anwendung des Lichtbildschutzes in einem Halbleiterschutzgesetz ausdrücklich auszuschließen, deutet die grundsätzliche Möglichkeit eines solchen Schutzes an. 149 Vgl. Holzinger, EDV & Recht 1 988, 14. 150 Vgl. auch Kastenmeier, House Report, S. 6. is, Sie waren schon zur Zeit der Beratungen zum SCPA bekannt: Vgl. die Erläuterungen zum SCPA im Senate Report, S. 3.

III. Die Urheberrechtsfähigkeit von Mikrochips

93

die unmittelbare Belichtung der Chipoberfläche durch Laserstrahl einzuspa­ ren.1 52 Stellt man diese Weiterentwicklung in Rechnung, erscheint es, abgese­ hen von den Zweifeln an der Schutzqualität, nicht sinnvoll, Masken urheber­ rechtlich zu schützen. 1 53 /II. Die Urheberrechtsfähigkeit von Mikrochips

Bis jetzt sind die Ergebnisse einzelner Entwurfs- und Verfahrensschritte auf ihre Urheberrechtsfähigkeit untersucht worden. Darüber hinaus könnte aber auch der Mikrochip urheberrechtsfähig sein. Diese setzt voraus, daß es sich auch bei dem fertigen Halbleiterbauelement um eine persönliche geistige Schöpfung nach § 2 Abs. 2 UrhG handelt. Hilfreich, wenn auch wegen des bei­ spielhaften Charakters nicht unbedingt erforderlich wäre es, wenn sich der Mikrochip einer der Werkarten des Urheberrechtskatalogs zuordnen ließe. In Betracht kommt die Kategorie der Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG, zu denen auch plastische Erschei­ nungsformen gehören. Als Beispiele dreidimensionaler Darstellungen werden Modelle von Maschinen, Bauten und technischen Anlagen genannt 154 • Aus­ schließlich technisch verwertbare Produkte sind nicht aufgeführt - ob Mikro­ chips sich unproblematisch an die Beispiele anschließen, ist zweifelhaft. Diese Frage soll hier dahingestellt bleiben. Entscheidend ist vor allem, ob das Halbleiterbauelement eine persönliche geistige Schöpfung ist. Der Mikrochip setzt sich aus verschiedenen dotierten Ebenen zusammen, deren Aufbau auf die Konstruktionsleistung eines Designers zurückgeht. Bei der Herstellung des Endprodukts wird das Layout nur noch in vollständig automatisierten Verfahren in chemische und physikalische Prozesse umgesetzt. Zwischen der Entwicklung des Layouts und der Fertigung des Mikrochips ist also, ähnlich wie bei der

1 52

Dazu s.o., § 1 II. 3. So auch Holzinger, EDV & Recht I / 88, 14. Die Delegation Ghanas hat auf der 3. Sitzung der Expertenkommission im April 1987 Zweifel am Schutzobjekt der Masken, die als Schutzobjekt des SCPA angesehen wurden, geäußert und die Frage nach dem Schutz in den Fällen gestellt, in denen das Silizium direkt durch einen computerkontrollierten Strahl belichtet werde (WIPO Doc. IPIC / CE / III / 11, S.20).Es ist allerdings festzuhalten (s.o., § 4 1.), daß Masken nicht Schutz­ objekt des SCPA sind und nur durch den mißverständlichen Ausdruck ,,mask-work" Schutzgegen­ stand zu sein scheinen. 154 Schricker / Loewenheim, Rn.112 zu § 2. 1 53

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§ 5 Urheberrechtliche Einordnung der Zwischenprodukte

Herstellung der Masken, kein Akt geistigen Schaffens mehr erforderlich. Aus diesem Grund scheidet die Urheberrechtsfähigkeit von Mikro-chips aus.

N. Ergebnis

Sowohl Konstruktionszeichnungen von komplexen Mikrochips als auch von einzelnen gate arrays können Urheberrechtsqualität besitzen. Masken als Zwischenprodukte bei der Fertigung und Halbleiterschaltkreise als Endprodukte sind dagegen keine Objekte eines Urheberrechtsschutzes.

§ 6 Schutz vor Vervielfältigungen (,,Raubkopien") durch das Urheberrecht I. Anforderungen an einen urheberrechtlichen Halbleiterschutz

Die Feststellung, daß Konstruktionszeichnungen für Mikrochips nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 2 Abs. 2 UrhG geschützt sein können, reicht nicht aus, um die Eignung des Urheberrechts zum Schutz von Mikrochips zu begründen. Ent­ scheidend ist vielmehr, ob mit den Mitteln des Urheberrechtsgesetzes unrecht­ mäßiges Kopieren verhindert werden kann. Im folgenden soll vor der Entwicklung eines Lösungsansatzes ein Überblick über die zu diesem Problem vertretenen Meinungen gegeben werden. II. Schutzumfang des Urheberrechts

1 . Das Problem der ,,Dimensionsvertauschung" Ohne ausdrückliche Berufung auf spezielle urheberrechtliche Grundsätze und Vorschriften wird angeführt, anders als etwa in Großbritannien bestehe nach deutschem Recht kein Schutz gegen die ,,Dimensionsvertauschung", das heißt der Schutz zweidimensionaler Zeichnungen verhindere nicht den dreidimensio­ nalen Nachbau des in der Zeichnung Angelegten. 1 Das Urheberrecht schütze die Darstellung als solche, nicht den gemäß der Darstellung hergestellten Gegenstand2 , es gewähre also auch keinen Schutz gegen die Verwertung der anhand von Zeichnungen oder anderen graphischen Vorlagen in dreidimensio­ naler Form realisierten Topographien und Masken und der mit ihrer Hilfe ge­ fertigten Halbleitererzeugnisse selbst. 3 Zumindest sei es nicht sicher, ob das

Dreier, GRUR lnt.1987, 647; Werum, S.12; Reimer, G RUR 1980, 581 ; Junker, S. 64 Rn. 69. Kullmann, S.95 ; Hubmann / Rehbinder, S. 95. 3 Kindermann / Körber / Kolle, GRUR Int. 1986, 331; Kolle, GRUR Int. 1985, 33; Koch, CR 1987, 77. 1

2

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§ 6 Schutz vor Vervielfältigungen ("Raubkopien") durch das Urheberrecht

Urheberrecht gegen die Verwendung der graphischen Vorlagen bei der Herstel­ lung von Masken oder Chips schütze.4 In anderen Stellungnahmen findet sich ein Argument, das versucht, die Vor­ gänge bei der Mikrochip-Piraterie mit den Kategorien des Urheberrechts zu er­ fassen. So wird von den Gegnern eines Urheberrechtsschutzes angeführt, ein Mikrochip sei nicht eine Kopie der „mask works", die er enthalte. Das Halblei­ terbauelement sei nicht als Vervielfältigung im urheberrechtlichen Sinne anzu­ sehen, ebenso, wie auch Zeichnungen von Kleidern andere nicht hinderten, Kleider danach herzustellen.5 Die Frage, ob nur die zeichnerische Darstellung als solche oder auch der nach ihr hergestellte Gegenstand geschützt sein sollte, wurde schon in der Vergan­ genheit insbesondere anhand des Falls diskutiert, daß eine Maschine nach einer Zeichnung gebaut wird. Es bestand weitgehende Übereinstimmung darüber, daß das Urheberrecht nicht verletzt wird, wenn Gestaltungspläne durch die Ausfüh­ rung des dargestellten Gegenstandes realisiert werden. 6 Anders ist es bei der Herstellung eines Bauwerks nach Architektenzeichnungen: Der Bau nach frem­ den Plänen verstößt gegen § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG und verletzt das Urheberrecht an der Zeichnung7 ; schon in einer Kommentierung des LUG8 findet sich aus­ drücklich die Erläuterung: ,,Auch die unschöpferische Ausführung von Bauplä­ nen und Bauentwürfen ( ... ) ist Vervielfältigung ... ".9 Die gleichen Gründe für Zweifel an der Wirksamkeit eines Urheberrechts­ schutzes wurden auch in Stellungnahmen zum Gesetzgebungsverfahren vor dem Erlaß des SCPA vorgetragen. Nachdem die Möglichkeit zugestanden worden war, den Katalog der urheberrechtlich geschützten Werke um die Kategorie der „mask works" zu ergänzen, falls ihr Schutz als technische Zeichnung nicht von vornherein klar sei, gab man zu bedenken, ein solcher Zusatz verhindere nicht die Herstellung eines Mikrochips aus der Maske, wenn er auch das Herstellen

Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 11 / 454, 13. 5 Senate Report, S. 1 9 ; House Report, S. 8; a.A. allerdings eine Meinung, die von Henty, ICLA 1 987, 14, mit der Überlegung zitiert wird, die Frage, ob im Chip eine Reproduktion der Maske vor­ liege, sei vom Grad der Übereinstimmung zwischen Maske und Chip abhängig zu machen. 4

6 Vgl. BGH, Urt. v. 1 0.5.1984 ,,Elektrodenfabrik", FuR 1984, 652, 654; Schricker I Loewenheim, Rn. 124 zu § 2; U/mer, S. 1 39. 7 BGH, Urt. v. 29.3.1 957 ,,Ledigenheim", BGHZ 24, 55, 69. 8

Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst vom 19. Juni 1901 i.d. Fassung vom 22. Mai 1910. 9

Voigtländer / Elster, S. 122.

II. Schutzumfang des Urheberrechts

97

anderer Masken verhindere. 1 0 Ebenso wie das deutsche macht auch das ameri­ kanische Urheberrecht in den Fällen eine Ausnahme vom Grundsatz, daß das Urheberrecht an einer Zeichnung nicht vor der Herstellung des abgebildeten Gegenstands schützt, in denen es sich um den Bau eines Hauses nach Architek­ tenzeichnungen handelt. 1 1

2. Die Vervielfältigung i.S.d. Urheberrechts Die Frage eines urheberrechtlichen Halbleiterschutzes wird also entscheidend durch die Auslegung des Vervielfältigungsbegriffs bestimmt. Nach §§ 1 5 Abs. 1 Nr. 1 , 1 6 Abs. 1 UrhG steht dem Urheber das ausschließliche Recht zu, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten, insbesondere Vervielfältigungsstücke davon herzustellen. 1 2 Es ist von einer Auslegung des Begriffs der Vervielfälti­ gung abhängig, ob das Urheberrecht eine „Chip-Piraterie" wirksam verhin­ dert. 1 3 Fraglich ist in diesem Zusammenhang vor allem, ob der Vorwurf, das Urheberrecht schütze nicht gegen „Dimensionsvertauschung", entkräftet werden kann. Dazu ist die Bedeutung der Vervielfältigung als Verwertungsrecht inner­ halb der Konzeption und geschichtlichen Entwicklung des Urheberrechts zu würdigen. Anschließend muß geprüft werden, ob sich die urheberrechtlichen Grundsätze auf die Technik der Halbleiterentwicklung anwenden lassen. a) Die Vervielfältigung bei „ klassischen " Werken des Urheberrechts

Eine Vervielfältigung ist eine körperliche Festlegung, die das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise mittelbar oder unmittelbar wahr­ nehmbar machen kann. 14 Wie die weite Fassung dieser Definition erkennen läßt, spricht eine Dimensionsänderung nicht grundsätzlich gegen eine Ver-

1

° Kidwell, Hearings, S. 298.

11

Vgl. Barker, South Texas Law Journal 24 ( 1 983), 840, (mit Hinweis auf den vom U.S. Court entschiedenen Fall „Imperial Hornes v. Lamont"). 12 Eine offensichtliche Verwandtschaft dieses Vervielfältigungsrechts mit dem Nachbildungsverbot des SCPA wurde von Massaguer-Fuentes / Perez-Frias, CR 1 988, 373, festgestellt. 13 So auch Barker, South Texas Law Journal 24 ( 1 983), 845; Schrader, Hearings, S. 78; Keuster­ mans, paper, presented at the Congress „Information Law towards the 2 1 st Century", S. 5. 14 Begründung, BT-Drs. IV / 270, 47. Diese Definition wird zurückgeführt auf das Urteil des BGH v. 1 8.5. 1 955 ,,Magnettonband", BGHZ 17, 266, 269 / 270.

7 Wippennann

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§ 6 Schutz vor Vervielfältigungen ("Raubkopien") durch das Urheberrecht

vielfältigung; die Kopie muß nicht in derselben Fonn körperlich festgelegt werden, wie das (Original-)Werk. 1 5 Eine Steinskulptur kann auch durch eine Holzkopie vervielfältigt werden, das Material des Vervielfältigungsstücks muß also nicht mit dem des Originals übereinstimmen. Ebenso ist unerheblich, ob Größe oder Fonnat verändert werden. 16 Da die Definition unmittelbare oder mittelbare Wahrnehmbarkeit voraussetzt, wird eine Vervielfältigung schon bei der Herstellung von Masterbändem 17 , Druckstöcken, Fonnen, Negativen und Matrizen angenommen 18 , die nur Zwischenfonnen zum endgültigen Produkt sind. Auf die Zahl der Kopien kommt es gemäß § 1 6 Abs. 1 UrhG nicht an; auch durch eine einzige Kopie wird ein Werk vervielfältigt. In der Literatur ist die Ansicht vertreten worden, eine Darstellung nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG könne auch dadurch vervielfältigt werden, daß ein anderer das Objekt entsprechend dem Vorbild herstelle. Als Beispiel dient das Anferti­ gen eines Kleides nach einer Modezeichnung, der Bau einer Maschine nach der Konstruktionszeichnung. 1 9 Auch wird darauf hingewiesen, daß der Besitz von Zeichnungen und Plänen erforderlich sei, um den dargestellten Gegenstand an­ zufertigen, so daß mit dem Schutz an technischen Zeichnungen und Plänen in­ direkt ein Schutz gegen Nachbau verfolgt werde.20 In diesem Sinne ist mögli­ cherweise auch die Überlegung zu verstehen, das Urheberrecht an einer Zeich­ nung lasse nur einen Nachbau der Konstruktion „ohne Benutzung der Zeich­ nung" zu. 2 1 Die Rechtsprechung hat die Abbildung einer Plastik in einer Zeitung als Ein­ griff in das Vervielfältigungsrecht des Urhebers gewertet. Das Gericht begrün­ dete seine Entscheidung damit, einer Urheberrechtsverletzung stehe der Um­ stand nicht entgegen, daß das Werk nicht in seiner plastischen Körperfonn,

1 5 Schricker / Loewenheim, Rn. 3; Möhring / Nicolini, Anm. 3 zu § 16; v. Gamm, Rn. 1 0 zu § 1 6, spricht von ,,Materialvertauschung". 16 Vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1 955 ,,Fotokopie" für den Fall der Mikroverfilmung; Schricker /

Loewenheim, Rn. 3 zu § 16.

17 Vgl. BGH, Urt. v. 3.7. 1981 ,,Masterbänder'', GRUR 1 982, 1 02, 1 03. 18 Schricker / Loewenheim Rn. 5; Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 1 ; a.A. Möhring / Nicolini, Anm. 2 zu § 16. 1 9 Möhring / Nicolini, Anm. 9 b) zu § 2; a.A. dagegen Reimer, GRUR 1 980, 58 1 . 20 Schulze, CR 1 988, 1 82. 21 Vgl. Witte, GRUR 1 964, 538; Schricker / Loewenheim, Rn. 1 24 zu § 2.

II. Schutzumfang des Urheberrechts

99

sondern als Flächenabbildung vervielfältigt sei. 22 Die ,,Dimensionsverände­ rung" hinderte also die Beurteilung als Kopie nicht. Diese Ansicht wird durch die historische Entwicklung der Vorschriften über die Verwertungsrechte unterstützt: Noch das KUG23 beurteilte ausdrücklich ,,... die Nachbildung eines Werkes der zeichnenden oder malenden Kunst durch die plastische Kunst, oder umgekehrt"24 nicht als Vervielfältigung. Damit stellte das Gesetz die „Dimensionsvertauschung" in diesem Bereich frei. 25 Eine sol­ che ausdrückliche Ausnahme ist im Urheberrechtsgesetz von 1 965 nicht mehr enthalten. Daher kann angenommen werden, daß ein Werk nach dem geltenden Urheberrechtsgesetz auch durch eine Materialveränderung vervielfältigt wird. 26

b) Die Vervielfältigung beim Herstellungsprozeß eines Mikrochips aa) Die Kopie der Konstruktionszeichnung als Vervielfältigung Es stellt sich die Frage, ob eine urheberrechtlich geschützte Konstruktions­ zeichnung im Verlauf des Herstellungsprozesses eines Mikrochips vervielfältigt wird und ob es dabei zu einer Dimensionsveränderung kommt. Falls dies bejaht wird, ist weiter zu klären, ob die Dimensionsveränderung auch in diesem Be­ reich als unberechtigte Verwertung angesehen werden kann. Das für einen Urheberrechtsschutz in Betracht kommende Werk ist die reale Konstruktionszeichnung, so, wie sie vom Plotter ausgedruckt worden ist. Die Zeichnung enthält einen Entwurf der Anordnung leitender und nichtleitender Elemente auf dem Wafer. Beim Zurückverfolgen des Aufbaus eines Mikrochips werden die einzelnen Schichten des Halbleiterbauelements quasi abgetragen. Am Ende dieses Prozesses stehen die Muster jeder Ebene, die in ihrer Gesamt­ heit das vollständige Layout des Mikrochips ergeben. Die komplette Anordnung des Schaltkreises tritt hervor, weil das Layout der Schaltung nicht die Vorlage oder Anweisung zur Herstellung des Halbleiterbauelements ist, sondern als

22 BGH, Urt.v. 1.7.1982 ,,Bronze-Plastik", GRUR 1983, 28, 29. 23 Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste vom 9. Januar 1876, Reichsgesetzblatt 1876, 4 ff. 24 § 6 Nr. 2 KUG. 25 Vgl. BGH ,,Bron:ze-Plastik", GRUR 1983, 28, 29. 26 Vgl.Schricker / Loewenheim, Rn.3; Möhring I Nicolini, Anm.2, 3; v. Gamm, Rn. 10 zu § 16; Ulmer, S.230; Hubmann / Rehbinder, S. 131. 1•

1 00

§ 6 Schutz vor Vervielfältigungen ("Raubkopien") durch das Urheberrecht

solches im Mikrochip selbst verkörpert vorliegt. 27 Die durch diese Rekon­ struktion „wiederentdeckte" Schaltkreisanordnung wird in der Regel in einem Rechner festgehalten, so daß sie wiederum über einen Plotter ausgedruckt werden kann. In diesem Fall liegt ein mit der ursprünglichen Konstruktions­ zeichnung (,,Original") identischer Plan vor. Bei dieser Annahme ist es betrachtet man das Ergebnis des Kopierprozesses - nicht zu einer Dimensions­ veränderung gekommen. Unbestritten ist ein millimetergetreues, maßstabsgerechtes Abzeichnen eines Plans eine Vervielfältigung i.S.d. § 16 Abs. 1 UrhG. Auf das Verfahren, mit dem die Reproduktion mechanisch, elektrisch oder elektronisch hergestellt wird, kommt es nicht an.28 Deshalb handelt es sich auch dann um eine körperliche Festlegung, die geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen wahrnehmbar zu machen, wenn die Zeichnung erst über mehrere Durchgangsstadien, wie z.B. die Einspeicherung in einem Rechner, die endgültige Form erlangt. Auch die Anzahl der Vervielfältigungsstücke ist nach § 16 Abs. 1 UrhG unerheblich. Daher kann der Annahme einer Vervielfältigung im o.g. Beispiel nicht entge­ gengehalten werden, im Verlauf des Kopierverfahrens komme es nur einmal, quasi als Nebenprodukt, zur Anfertigung der Zeichnung. Eine Vervielfältigung ist daher jedenfalls in der durch den Plotter ausgedruck­ ten Zeichnung zu sehen, die das Layout des Halbleiterbauelements wiedergibt. bb) Zwischenstadien beim Kopierverfahren als Vervielfältigungen Nimmt man nun an, eine solche Zeichnung müsse beim Kopierprozeß nicht unbedingt entstehen, könnte eine Vervielfältigung zweifelhaft sein. In diesem Fall müssen die in den notwendigen Verfahrensschritten entstehenden Zwi­ schenstadien auf ihre Eigenschaft als Vervielfältigungsstücke des Layouts überprüft werden. Das Layout eines Mikrochips wird in jedem Fall im Programm des Rechners festgelegt, der beim ,,Zurückentwickeln" des Aufbaus eingesetzt wird. In jedem Programm ist am Ende des Kopierprozesses ein genaues Abbild der ursprüng­ lichen Konstruktionszeichnung enthalten, zwar nicht schwarz auf weiß und als

21 Steup / Koch in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 1 86 Rn. 5; vgl. auch Kindermann / Körber / Kolle, GRUR lnt. 1 986, 330.

,. V. Gamm, Rn. 10; Möhring / Nicolini, Anm. 3; Schricker / Loewenheim, Rn. 3 zu § 16.

II.Schutzumfang des Urheberrechts

101

Zeichnung auf Papier, sondern in codierter Form. Aber es handelt sich auch hier wieder um eine Festlegung des Werks, nur mit dem Unterschied, daß das Werk für die menschlichen Sinne nur mittelbar wahrzunehmen ist. Die Defi­ nition der Vervielfältigung setzt voraus, das Werk müsse den menschlichen Sinnen „auf irgendeine Weise mittelbar oder unmittelbar" wahrnehmbar sein29 ; daher erfaßt sie auch eine Festlegung des Werks im Rechner. Unterstützt wird diese Annahme durch das weite Verständnis vom Zeitpunkt des Beginns der Verwertungshandlung, nach dem die Vervielfältigung schon mit vorbereitenden Handlungen beginnt. Bei Druckwerken im klassischen Sinne kann dies die An­ fertigung von Drucksatz, Fahnen und Klischees sein, bei Tonträgern ist es die Herstellung von Matrizen.30 Auch Zwischenstadien, die das Werk verkörpern, aber nach ihrem Zweck kei­ ne Kopien sein sollen, können daher Vervielfältigungen sein. Dementsprechend sind auch die vorübergehend ermittelten und gespeicherten Zeichnungen im Computer Vervielfältigungen des Layouts. Mit Hilfe der gespeicherten Zeichnung werden dann - auch beim Kopierver­ fahren, dessen Technik mit dem Vorgehen beim erstmaligen Entwickeln und Herstellen des Mikrochips übereinstimmt - wiederum Masken angefertigt. Bei einem anderen technischen Produktionsprozeß werden die Halbleiterbauelemen­ te direkt belichtet. Auch die Strukturen auf dem Halbleiterbauelement sind so Abbilder des in der Zeichnung festgehaltenen Layouts, wenn auch in anderem Material.

c) Unterschiede zwischen der Kopie eines Mikrochip-Layouts und der Herstellung einer Maschine nach einer Konstruktionszeichnung

Zur Anfertigung einer Maschine dient die Zeichnung als Vorbild, die Struktur eines Mikrochips dagegen ist ein Abbild des Layouts, eine andere Art der Fi­ xierung des Layouts, so daß es sich bei der Struktur des Mikrochips nicht um einen ,,Nachbau" handelt. Beim Design eines Halbleiterbauelements geht das Konstruktionsmodell vollständig und unmittelbar in die Realität über.

29

Vgl. BGH, Un. v. 18.5.1955 ,,Magnettonband", BGHZ 17, 266, 269 / 270. Vgl. BGH, Urt. v. 3.7.198 1 „Masterbänder", GRUR 1982, 102, 103; Urt. v. 18. 12.1964 ,,Cavalleria rusticana", GRUR 1965, 323, 325 ; Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 2; Schricker / Loewenheim, Rn. 5 zu § 16. 30

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§ 6 Schutz vor Vervielfältigungen ("Raubkopien") durch das Urheberrecht

Beim Bau der Maschine nach Bauplänen tritt eine weitere (geistige) Leistung hinzu, die darin besteht, die Zeichnung in anderes Material mit anderen Maßen umzusetzen. Beim Mikrochip wird das Werk selbst nur noch durch verschiede­ ne technische Verfahren kopiert, vergrößert und verkleinert. Eine Denkarbeit, die zwischen die Schöpfung des Werks und die Vervielfältigung treten würde, ist nicht mehr erforderlich. Es ist also gerechtfertigt, die Konstruktion einer Maschine nach einer Zeichnung urheberrechtlich anders zu bewerten als die Herstellung eines Mikrochips. In einer Stellungnahme aus der amerikanischen Literatur3 1 wird die unmittel­ bare Entwicklung vom „Original"32 über die Vervielfältigung zum Endprodukt deutlich vorgeführt: Das, was auf dem Mikrochip fixiert vorliege, sei der Schaltkreis, der zum Design einer Maske verkleinert wurde. In diesem Sinne ist auch die Ansicht zu verstehen, Schutzobjekt sei das Layout, das sich zunächst in der Schablone darstelle, mit der die einzelnen Schichten des Siliziumchips im photographischen Verfahren bedruckt werden; anschließend sei das Design im fertigen Halbleiterbauelement „verkörpert". 33 In ähnlicher Weise wird das Verhältnis von Zeichnung und Mikrochip beur­ teilt: Das photographische Verfahren, mit dem das Schaltkreismuster auf die Halbleiterscheibe aufgetragen werde, spreche dafür, den Mikrochip selbst nicht nur als einen nach einer bildlichen Darstellung ausgeführten technischen Gegen­ stand zu verstehen, sondern dem Begriff der bildlichen Darstellung wissen­ schaftlicher Art zu unterstellen. 34 Sowohl der Vorgang als auch das Ergebnis seien vergleichbar mit der Übertragung der graphischen Vorlage auf Mikrofilm, ein Vorgang, der unbestreitbar eine dem Urheberrecht unterfallende Vervielfälti­ gung der Vorlage sei. Dementsprechend handele es sich bei Mikrochips um Vervielfältigungsstücke der ihnen zugrundeliegenden graphischen Darstellun­ gen. 3s

31

Giller, Southwestem University Law Review 14 ( 1 984), 724.

32

Es ist nach Ansicht Gillers, Southwestern University Law Review 14 (1984), 724, im Objektprogramm zu sehen, mit dessen Hilfe der Schaltkreis entworfen wird. 33 So Hein, GRUR Int. 1 985, 8 1 . 34 Auer, EDV & Recht 2 / 1 987, 2 1 , nach § 2 Z . 3 österr. UrhG. 3s Auer, EDV & Recht 2 / 1 987, 2 1 . In diesem Sinne auch Wang, Journal of the Patent and Trademark Office Society 67 / 10 (1985), 546. Für die Einordnung von mask works als „dreidi­ mensionale Reproduktionen von Werken der Literatur'' Rush, Journal of the Copyright Society of the USA 33 ( 1 986), 1 69.

II. Schutzumfang des Urheberrechts

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d) Die Lehre vom Gebrauchsgegenstand (,, useful artic/e doctrine ") im amerikanischen Urheberrecht

In der Diskussion um einen Schutz von Halbleiterbauelementen durch das amerikanische Urheberrecht wurde angeführt, insbesondere die sog. ,,useful article doctrine" verhindere einen Urheberrechtsschutz für Mikrochips. 36 Die „useful article doctrine" kann als Reaktion auf eine Entscheidung des Supreme Court aus dem Jahr 195437 angesehen werden38 , in der das Gericht zu beur­ teilen hatte, ob eine als Lampenfuß verwandte Figur urheberrechtsfähig sei. Der Oberste Gerichtshof hielt die Statuette für schutzfähig, ungeachtet der Tatsache, daß sie in großer Anzahl hergestellt wurde und obwohl sie Bestandteil der Lampe, damit eines nützlichen (,,utilitarian") Gegenstandes war. Die Rechtsprechung entwickelte in nachfolgenden Urteilen die Ansicht, so­ lange und soweit die Möglichkeit bestehe, künstlerische Elemente von den nützlichen zu trennen, könne wegen der künstlerischen Aspekte dem gesamten Gegenstand ein Urheberrechtsschutz nicht versagt werden. 39 Diese als „useful article doctrine" bezeichnete Stellungnahme fand Aufnahme im 1976 erlassenen US Copyright Act.40 Danach ist ein „useful article", ein Gegenstand, dem eine Gebrauchsfunktion eigen ist, die sich nicht darin erschöpft, die Erscheinung des Gegenstandes nur darzustellen oder Informationen zu vermitteln. Er wird in be­ zug auf seine Form, nicht hinsichtlich der Gebrauchsaspekte, vom Urheber­ rechtsschutz erfaßt. Voraussetzung dafür ist die Möglichkeit, die künstlerischen Merkmale, also z.B. ein Design als Werk der Malerei oder Bildhauerei, von der Gebrauchsfunktion zu trennen, wobei in jüngeren Entscheidungen eine „con­ ceptual separability" zugestanden wird.41 Diese Grundsätze wurden nun auf Halbleiterbauelemente übertragen, indem man fragte, ob von dem Gebrauchsgegenstand Mikrochip oder Maske ein kün­ stlerischer Bestandteil von den nützlichen Aspekten vollkommen getrennt wer-

36 Vgl. Oxman, Jurimetrics Journal 1980, 460; Giller, Southwestern Law Review 1 984, 732. 37 ,,Mazer v. Stein", 347 U. S. 201 ( 1954). 38 Oxman, Jurimetrics Journal 1980, 438; Bark.er, South Texas Law Journal 24 ( 1 983), 826. 39 Z.B. Giller, Southwestern Law Review 1984, 702 f.

40

41

17

u.s.c. § 1 0 1 .

Nachweise be i Giller, Southwestern Law Review 1 984, 705 f.; vgl. auch Kullmann, S. 1 30 f.

1 04

§ 6 Schutz vor Vervielfältigungen ("Raubkopien") durch das Urheberrecht

den könne. 42 Die Frage wird, soweit ersichtlich, in der amerikanischen Diskus­ sion einhellig vemeint.43 Mikrochips selbst können nach dieser Auffassung nicht urheberrechtlich ge­ schützt sein, weil sie ausschließlich Gebrauchsgegenstände sind und keine kün­ stlerischen Elemente enthalten, die von der Funktion losgelöst existieren.44 Die Überzeugungskraft dieses Arguments ist fraglich. Das Medium, in dem ein Werk verkörpert ist, der Werkträger, ist notwendig ein Gebrauchsgegen­ stand. Auch eine Schallplatte und eine Musikkassette sind „useful articles", Papier, das ein Werk der Literatur oder bildenden Kunst aufnimmt, ist als solches ein nützlicher Gegenstand. Dies hindert jedoch nicht daran, den ver­ körperten Werken Urheberrechtsschutz zuzubilligen. 45 Das Medium, in dem ein Werk körperlich festgelegt ist, darf nicht mit der persönlichen geistigen Schöpfung verwechselt werden, die es enthält. 46

e) ., Verlassen des urheberrechtlich relevanten Bereichs " ?

Die „useful article doctrine" als solche existiert im deutschen Urheberrecht nicht. Die Zweifel an einem Urheberrechtsschutz von Mikrochips und Masken, die in der amerikanischen Diskussion mit der „useful article doctrine" begründet wurden, weisen aber Parallelen zu anderen in der Literatur geäußerten Beden­ ken auf. Die Frage, wann und wieweit eine Vervielfältigung nicht nur vom Wortlaut der Definition erfaßt wird und damit den Tatbestand des § 1 6 UrhG erfüllt, sondern dieser Vervielfältigungsbegriff auch mit den Grundgedanken des Urheberrechts zu vereinbaren ist, hat sich auch in der Vergangenheit für Werke wie Konstruktionszeichnungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG gestellt. Mit Bezug

42 Oxman, Jurimetrics Journal 1 980, 444. Oxman verfolgt dabei ausdrücklich die Möglichkeit nicht weiter, daß Masken einen ästhetischen Aspekt haben könnten, S. 444 Fn. 224. 43 Vgl. Giller, Southwestem Law Review 1 984, 732; Schrader, Hearings S. 78; Chesser, Univer­

sity of Western Ontario Law Review 22 ( 1 984), 220; Wang, Journal of the Patent and Trademark Office Society vol. 67 no. 10 ( 1 985), 547 ist der Ansicht, daß Chipdesigns keine ästhetischen Elemente aufweisen. Diese Auswirkungen der useful article doctrine werden von Knight, ICLA Dec. 1 986, 6 bedauen. Knight betont, daß die Einschränkung der Urheberrechtsfähigkeit für „useful articles" im Rechtswesen Australiens nicht bestehe; ebenso für das niederländische Urheberrecht Prins, Computer Law & Practice May / June 1 987, 1 68. 44 45

Vgl. House Repon, S. 8; Kullmann, S. 1 43. Vgl. auch Lunney, Stanford Law Review 42 ( 1 989), 1 82.

� Vgl. auch Kortas, GRUR lnt. 1 99 1 , 307.

II. Schutzumfang des Urheberrechts

1 05

auf die „klassischen" Werke des Urheberrechts wurde anerkannt, daß eine ur­ heberrechtlich unzulässige Vervielfältigung auch vorliegen könne, wenn ein zweidimensionales Werk in dreidimensionaler Form wiedergegeben werde und umgekehrt.47 Dies sei z.B. dann der Fall, wenn eine in einer als Kunstwerk geschützten Zeichnung dargestellte Figur als Plastik ausgeführt werde. Ein deut­ licher Unterschied wird allerdings beim Bau einer Maschine nach der geschütz­ ten Konstruktionszeichnung gesehen. Diese differenzierte Betrachtungsweise wird damit begründet, daß im ersten Fall der urheberrechtsrelevante Bereich im erwähnten Beispiel der ästhetisch-künstlerische Bereich - nicht verlassen werde. Die Konstruktionszeichnung des zweiten Falls wird hingegen dem gei­ stig-literarischen Bereich zugeordnet, der beim Ausführen des dargestellten Gegenstandes nicht mehr gewahrt bleibe mit der Folge, daß der Urheberrechts­ schutz versage.48 Es ist nicht sicher, ob die Einordnung in einen geistig-literarischen Bereich der Werkkategorie der technischen Zeichnung überhaupt gerecht wird. Eher er­ scheint es sinnvoll, auf die Charakterisierung als Darstellung wissenschaftlicher und technischer Art Bezug zu nehmen, die vom Gesetzgeber ausdrücklich ge­ wählt wurde, um die Prüfung einer künstlerischen oder gar ästhetischen Qualität zu vermeiden. Die Bezeichnung als geistig-literarisches Werk scheint die Dar­ stellung technischer Art wieder in die Nähe der literarischen Werke zu rücken und Anforderungen in künstlerisch-ästhetischer Hinsicht zu stellen.49 Dabei soll nicht außer acht gelassen werden, daß die Voraussetzungen der persönli­ chen geistigen Schöpfung, die § 2 Abs. 2 UrhG für alle Werkkategorien ver­ bindlich fordert, auch bei Darstellungen im wissenschaftlich-technischen Be­ reich erfüllt sein müssen, um die Urheberrechtsfähigkeit zu gewährleisten. Das allein macht jedoch aus einer technischen Zeichnung noch kein geistig-literari­ sches Werk, was auch vom Schöpfer eines Chip-Layouts nicht beabsichtigt sein wird. Auf den Gebrauchszweck des Vervielfältigungsstücks kann es dabei nicht an­ kommen. Zum Vergleich kann das Festlegen eines Werks der Musik auf einem Tonträger, wie z.B. das Pressen einer Schallplatte herangezogen werden: Dieser Vorgang ist nach § 16 Abs. 2 UrhG ausdrücklich als Vervielfältigung aner­ kannt. Die Rechtsprechung hat - bezogen auf die Werke der Tonkunst und die 41 Reimer, GRUR 1980, 58 1 ; vgl. oben, § 6 II. 2. a).

48 Reimer, GRUR 1 980, 58 1 ; für die Entwicklung vom Objektprogramm zur „Topographie" so auch Giller, Southwestem Law Review 14 ( 1984), 725. 49

Was Reimer selbst, GRUR 1980, 576, als nicht maßgeblich ansieht.

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§ 6 Schutz vor Vervielfältigungen ("Raubkopien") durch das Urheberrecht

Vorschrift des § 1 6 Abs. 2 UrhG - ausdrücklich festgestellt, auf den Ge­ brauchszweck der Vervielfältigung komme es nicht an. 50 Es kann also nicht entscheidend sein, ob der ästhetisch-künstlerische Gehalt eines Werks (z.B. eines Musikstücks) oder der belehrende und unterrichtende Charakter einer technischen Zeichnung sich auch als Hauptinhalt der Vervielfäl­ tigung darstellt. Auch wenn das Vervielfältigungsprodukt ein dem Bereich der Technik zugehörender Gegenstand ist, spricht dies nicht dagegen, daß der Tat­ bestand der Vervielfältigung i.S.d. § 1 6 UrhG erfüllt ist.

3. Ergebnis Die Layoutzeichnung für ein Halbleiterbauelement ist gegen Vervielfältigung geschützt. Zur Vervielfältigung gehört dabei nicht nur ein identischer Ausdruck dieses Konstruktionsentwurfs durch den Plotter, sondern auch das Abbild der Schaltungen auf der Mikrochipoberfläche.

50 BGH, Urt.v. 3.7.81 ,,Masterbänder'', GRUR 1982, 102, 103.Im der Entscheidung z ugrunde­ liegenden Fall waren Masterbänder, d.h. Zwischenprodukte zur Herstellung von Tonträgern, als Vervielfältigungen der Musikstücke beurteilt worden.

§ 7 Reverse engineering als besonderes Problem beim Schutz von Halbleiterbauelementen durch das Urheberrecht

Beim reverse engineering wird der Mikrochip in seine Schichten zerlegt, die Strukturen der einzelnen Ebenen werden für eine Analyse vergrößert und pho­ tographiert. 1 Damit entstehen Vervielfältigungsstücke des Werks. 2 Da die Nachbildung nach dem Halbleiterschutzrecht dem Schutzinhaber3 und nach dem Urheberrecht dem Urheber4 vorbehalten sein soll, muß die Vervielfälti­ gung durch einen Dritten besonders erlaubt sein. Die in die Halbleiterschutzgesetze aufgenommene Vorschrift über reverse engineering wird teilweise als „ungewöhnliche'0 Norm verstanden, die die Ausgestaltung des Schutzes als Schutz sui generis maßgeblich beeinflußt habe6 und eine Neuigkeit im europäischen Rahmen des Immaterialgüterrechtsschutzes darstelle.7

I. Regelungen des reverse engineering in Halbleiterschutzgesetzen

1 . Reverse engineering im amerikanischen Recht Dei: SCPA gestattet es, die im Maskenwerk verkörperten Konzepte und Tech­ niken für Zwecke der Analyse, Lehre oder Auswertung zu vervielfältigen oder diese Analyse vorzunehmen und später ihre Ergebnisse in einem originalen Maskenwerk einzubeziehen, ohne daß ausschließliche Rechte des Inhabers eines

1 Zur Technik des reverse engineering ausführlicher oben, § 1 II. 5. Zur Definition und Erläuterung des Vervielfältigungsbegriffs s.o., § 6 II. 2. a). 3 Vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 HISchG; § 905 Nr. 1 SCPA. 4 Vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. 5 Geissler, S. 54. 6 Dreier, GRUR Int. 1987, 658. 7 Massaguer-Fuentes / Perez-Frias, CR 1 988, 375. 2

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§ 7 Reverse engineering

Maskenwerks verletzt werden. Das zweite, selbständig entwickelte Maskenwerk darf zur Verbreitung vervielfältigt werden, vorausgesetzt, daß es „original" ist. 8 In der Diskussion, die in den Vereinigten Staaten mit der Entwicklung des SCPA als Schutzrechts sui generis endete, wurde diese Anerkennung des reverse engineering als deutliche Abkehr vom traditionellen Urheberrechtsschutz gewertet.9 Der Gesetzgeber wollte damit ,, ... die unautorisierte Schöpfung eines mask work ermöglichen, dessen Layout in einem wesentlichen Teil dem ge­ schützten mask work ähnelt - falls das zweite das Ergebnis einer echten Analyse und nicht einer reinen Nachahmung ohne Analyse ist". 10 Bevor der SCPA in Kraft trat, wurde der Begriff reverse engineering im Ur­ heberrecht nicht verwandt. Es stellte sich aber die Frage, ob Handlungen, die heute als reverse engineering bezeichnet werden, urheberrechtlich erlaubt waren. 1 1 Nach amerikanischem Urheberrecht besteht eine Verteidigungsmög­ lichkeit gegen den Vorwurf der Rechtsverletzung in der Berufung auf sog. ,,fair use". Das Urheberrechtsgesetz 12 bestimmt, daß eine Vervielfältigung zu be­ stimmten Zwecken, wie Unterrichtung, Kommentierung und Forschung, das Ur­ heberrecht beim Einhalten der Regeln des fair use nicht verletzt. Bestimmte Kriterien sollen zur Beurteilung herangezogen werden, ob es sich um „fair use" handelt: Die Natur des urheberrechtlich geschützten Werks ist mit einzubezie­ hen, weiter der Wert, die Bedeutung des vervielfältigten Teils in bezug auf das gesamte Werk und der Zweck des Gebrauchs, insbesondere ob dieser Zweck wirtschaftlicher Natur ist oder für „nonprofit educational purposes". In der Literatur wird eine Ähnlichkeit der reverse engineering-Verteidigung zur fair use-Verteidigung gesehen, soweit sie die Vervielfältigung zum Zweck der Analyse, Unterrichtung oder Weiterentwicklung von Techniken erlaubt. 1 3

8

Vgl. § 906 SCPA. • Vgl. Raskind, Minnesota Law Review 70 (1986), 396; Han, Software Protection Vol. V Nr. 10 (March 1987), 6 / 7; Stewan I Sandison, S.336. 10 Vgl. die Begründung im House Report, zitiert von Stern, Minnesota Law Review 70 (1986), 329, Fn.210. 11 Keustermans, paper, presented at the Congress „Information Law towards the 21st Century", s. 13. 12 Vgl. 17 U. S.C. § 107. 13 Vgl.Keustermans, paper, presented at the Congress „Information Law towards the 21st Cen­ tury", S. 13; Stern, Minnesota Law Review 70 (1986), 328 f.; Raskind, Minnesota Law Review 70 (1986), 387, 389.

1. Regelungen des reverse engineering in Gesetzen eigener Art

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Die fair use doctrine als Verteidigung des reverse engineering wurde abge­ lehnt. Die Vertreter der Halbleiterindustrie kritisierten, daß ein Urheberrechts­ schutz nicht wirkungsvoll sei, weil mit der fair use doctrine die Praxis des reverse engineering nicht erfaßt werden könne. 14 Auf der anderen Seite ver­ zerre und entstelle eine Anwendung der fair use-Grundsätze das Urheber­ recht. 1 5 Weiter wurde die Ansicht vertreten, daß das erlaubte Einfügen der aus der Analyse gewonnenen Erkenntnise in ein eigenständiges, ,,original mask­ work" über das nach der fair use doctrine im Urheberrecht Erlaubte hinausge­ he. 1 6 Als „dramatisch" wird der Unterschied zwischen SCPA und Copyright bezeichnet, der darin bestehe, daß reverse engineering die Verwendung der Erkenntnisse aus zerlegten Mikrochips für wirtschaftliche Zwecke gestatte. 17 Fair use ziele auf die private Verwendung des Werks, reverse engineering auf die kommerzielle Nutzung und akzeptiere damit das Kopieren als eine Form des industriellen Wettbewerbs. 18 Vor allem die Mikrochipindustrie war der An­ sicht, fair use passe besser zu Büchern und den traditionellen Schöpfungen des Urheberrechts als zu Mikrochips und anderen Ergebnissen der Industrie. 19 Aus diesem Grund sahen die Vereinigten Staaten keine Möglichkeit, das für wichtig erklärte Konzept des reverse engineering mit dem Urheberrecht in Ein­ klang zu bringen. 20 2. Reverse engineering in der EG-Richtlinie und im Halbleiterschutzgesetz Die EG-Richtlinie über den Rechtsschutz der Topographien von Halbleiter­ erzeugnissen übernimmt fast wörtlich die Regelung des SCPA. 2 1 Bei den Be-

14

15

Raskind, Minnesota Law Review 70 ( 1986), 393.

Raskind, Minnesota Law Review 70 ( 1986), 395, zitiert damit Vertreter der „organized publi­ shers". 16 Vgl. Keustermans, paper, presented at the Congress „Information Law towards the 2 1st Century", S. 14; vgl.auch Stern, Minnesota Law Review 70 ( 1986), 340. 1 7 Kastenmeier, Journal of the Copyright Society of the USA 33 (Jan. 1986), 145. 18 Rilskind, Minnesota Law Review 70 ( 1986), 39 1 . 19 So Raskind, Minnesota Law Review 70 ( 1986), 393. 20 Nach Schrader, WIPR Vol. 3 No. 4 (April 1989), 89, war dies einer der Gründe, aus denen eine Reform des amerikanischen Urheberrechts mit dem Ziel der Aufnahme von Mikrochips schei­ terte; vgl.auch Bauer, CR 1990, 93. 21 Vgl.Art.5 Abs. 3, 4 der Richtlinie mit § 906 SCPA und § 6 Abs. 2 Nr.3 HISchG mit Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie.

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§ 7 Reverse engineering

ratungen eines Halbleiterschutzes nahm man nicht dazu Stellung, ob das Urhe­ berrechtsgesetz vielleicht eine dem reverse engineering vergleichbare Vorschrift enthält - das amerikanische Vorbild wurde auch hier ohne ernsthaften Gegen­ vorschlag übernommen. Die Wirkung des Schutzes nach dem deutschen Halbleiterschutzgesetz er­ streckt sich nicht auf die geschäftliche Verwertung einer Topographie, die das Ergebnis einer Analyse oder Bewertung einer anderen Topographie ist und die Eigenart besitzt.22 Die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung23 erklärt die Vorschrift mit einem Verbot der reinen Nachbildung. Einern Dritten sei es aber gestattet, die geschützte Topographie ,,zurückzuentwickeln" und die dabei gefundenen Erkenntnisse zu benutzen, um eine eigene Topographie zu schaffen. II. Reverse engineering im Urheberrecht

1 . . Reverse engineering bei Computerprogrammen Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Schutz von Konstruktionszeichnungen für Erzeugnisse der Mikroelektronik im Urheberrecht auch reverse engineering zufriedenstellend regelt, erweist sich möglicherweise ein Blick auf die urheber­ rechtliche Behandlung des reverse engineering bei Computerprogrammen als hilfreich. Die Entwicklung von Software läßt sich in mehrere Arbeitsschritte einteilen. Auf eine Definitionsphase, in der die Anforderungen an das Programm festge­ legt werden, folgt die Entwicklung einer softwaretechnischen Lösung in der Entwurfsphase. Zuletzt wird in der Implementierungsphase das Programm ge­ schrieben, das dann i.d.R. als Quellencode vorliegt. Diese Programmiersprache muß, mit Hilfe von sog. Kompilierern oder Assemblierern24 in eine maschi­ nenlesbare Sprache „übersetzt" werden.25

22 Vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 3 HISchG. 23 BT-Drs. 1 1 / 454, 23. 24 Die Begriffe sind eher behelfsmäßige Übernahmen der englischen Bezeichnungen „compiler" und ,,assembler''. 25 Vgl.Kindermann, ZUM 1985, 2 f.; Ilzhöfer, CR 1990, 578.Eine auf technische Aspekte einge­ hende Erläuterung findet sich bei König, GRUR 1989, 560 f .

II. Reverse engineering im Urheberrecht

1ll

Reverse engineering verfolgt diesen Weg in umgekehrter Richtung. Aus dem Maschinenprogramm wird das Assemblerprogramm und aus dem Quellenpro­ gramm werden die Arbeitsergebnisse der Implementierungs- oder Entwurfspha­ se mit Hilfe von Disassemblierern oder Dekompilierern erschlossen. 26 Durch diese sog. ,,reverse analysis" gewinnt der Benutzer Aufschlüsse über die Kon­ struktion, Funktionen, Arbeitsweise und Lösungsschritte des Originalpro­ gramms, die er zum „forward programming" nutzen kann. Dieser Bestandteil des reverse engineering hat zum Ziel, die gewonnenen Informationen in ein neues Programm einfließen zu lassen.27 Abgesehen von persönlicher Neugier und privatem Forschergeist bestimmen wirtschaftlich bedeutsame Motive das Interesse am reverse engineering. Genannt sei hier nur die Erforschung von Fehlerursachen, die Entwicklung kompatibler Programme oder die Untersu­ chung von Schnittstellen zur Anpassung an eigene Software.28 In der Literatur hat die Frage zu Meinungsverschiedenheiten geführt, ob es in den verschiedenen Stadien des reverse engineering regelmäßig zu Vervielfälti­ gungen29 oder Bearbeitungen30 kommt und ob das Verfahren unter diesem Gesichtspunkt urheberrechtlich zulässig ist. Für die Fälle, in denen beim reverse engineering von Software das Originalprogramm vervielfältigt wird, stellt sich die Frage, ob der Benutzer in das Vervielfältigungsrecht des Urhebers nach § 1 6 UrhG eingreift.

26

Vgl. llzhlJfer, CR 1 990, 579. Unabhängig von der Technik, mit deren Hilfe diese ,,reverse analysis" durchgeführt wird, entstehen dabei immer Vervielfältigungen des untersuchten Pro­ gramms, Vinje, GRUR lnt. 1 992, 253. 27 Vgl. aus der reichhaltigen Literatur zu diesem Thema z.B. Schnell / Fresca, CR 1 990, 1 57;

Harte-Bavendamm, GRUR 1 990, 658; Haberstumpf, CR 199 1 , 1 29 ; Bauer, CR 1990, 89; Kinder­ mann, CR 1 990, 639. 28

Dazu vgl. Kindermann, CR 1 990, 639; Haberstumpf, CR 199 1 , 1 29; Schnell / Fresca, CR 1 990, 1 57 ; weitere Beweggründe nennt Harte-Bavendamm, GRUR 1 990, 659, darunter auch Diebstahl von Know-how und Beseitigung von Kopierschutzvorrichtungen als weniger gerecht­ fertigte Ziele. Ilzhöfer, CR 1 990, 5 8 1 , hält dagegen reverse engineering für die Entwicklung kompatibler Programme nicht für unbedingt notwendig. 29 So Schnell / Fresca, CR 1 990, 1 58; llzhöfer, CR 1990, 580; Röttinger, iur 1 988, 243; Haber­ stumpf, CR 1 99 1 , 1 35 ; Lehmann, CR 1 989, 1059.

30 König, GRUR 1989, 563 f.; Hoeren, Softwareüberlassung, Rn. 254 f.; Bauer, CR 1 990, 90.

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§ 7 Reverse engineering

a) Zulässigkeit der Vervielfältigung nach § 53 UrhG

Das Vervielfältigungsverbot wird nicht verletzt, wenn Nachbildungen zum privaten Gebrauch hergestellt werden (§ 53 Abs. 1 S. 1 UrhG ). Seit der Urhe­ berrechtsreform 1985 ist allerdings die Vervielfältigung eines Programms für die Datenverarbeitung oder von Teilen davon stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig (§ 53 Abs. 4 S. 2 UrhG). Falls der Berechtigte also sein Einverständnis nicht erklärt hat, verstößt die Nachbildung gegen § 16 Abs. 1 UrhG. Beweggrund für diese Regelung war eine verstärkte Tendenz zum un­ erlaubten Vervielfältigen. Der Bildung eines Marktes für solche Raubkopien sollte durch das generelle Einwilligungserfordernis begegnet werden. 3 1 Unter Berücksichtigung dieses gesetzgeberischen Motivs wurde vorgeschlagen, das Erfordernis der Einwilligung auf die Fälle zu beschränken, bei denen sich die Vervielfältigungsergebnisse für diesen illegalen Markt eignen. Bei der Vervielfältigung eines Programms durch die Wiedergabe des Objektprogramms auf Papier sei dies praktisch auszuschließen; anders dagegen sei die Verviel­ fältigung ganzer Programme zum Zweck gewerblicher Nutzung zu werten. 32 Nach dieser Ansicht handelt es sich bei § 53 Abs. 4 S. 2 UrhG um eine Aus­ nahmevorschrift zur Vervielfältigungsfreiheit des § 53 UrhG, was eine enge Auslegung der Ausnahmeregelung rechtfertige.33 b) Teleologische Reduktion des § 16 Abs. 1 UrhG

Weiterer Anknüpfungspunkt für die Rechtfertigung von reverse engineering ist der Grundsatz, daß das Urheberrecht nur den Ausdruck, nicht aber die Idee schützt. 34 Ideen, Lehren und wissenschaftliche Theorien sind frei, von jeder­ mann verwertbar und Gegenstände freier geistiger Auseinandersetzung.35 Während ein Buch von - nahezu - jedermann gelesen werden kann und sich dadurch jedem die Idee unmittelbar erschließt, setzt die Analyse von Software voraus, daß das Computerprogramm zunächst in eine lesbare Form umgesetzt wird, bevor seine Konzeption zutage tritt. Um den Programmschöpfer nicht 31

Bericht der Abgeordneten Saurin und Stieg/er, BT-Drs. 10 / 3360, S. 19.

32

Haberstumpf, CR 199 1 , 136 f.

33

Haberstumpf, CR 199 1 , 137.

34

Dazu und zur Unterscheidung von Inhalt und Idee schon oben, § 5 I. 1. b) bb) (2). 35 Vgl. Ulmer, S. 1 19.

II. Reverse engineering im Urheberrecht

1 13

besser oder schlechter als andere Urheber zu stellen, wird deshalb eine teleolo­ gische Reduktion und eine auf die speziellen Bedürfnisse der Software zu­ geschnittene Interpretation des Vervielfältigungsbegriffs der §§ 1 6, 53 UrhG empfohlen. 36 Bei dieser Auslegung sei vor allem das Ziel der ausschließlichen Verwertungsrechte zu berücksichtigen, den Urheber am wirtschaftlichen Erfolg seines Werks angemessen zu beteiligen. Wo dieser Zweck nicht gefährdet sei, dürfe der freie Zugang zu den urheberrechtlich nicht schützbaren Ideen nicht versperrt werden. 37 Nach dieser Ansicht ist eine Vervielfältigung gemäß §§ 1 6, 53 UrhG erlaubt, wenn die Verwertungshandlung die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers nicht berührt. 2. Reverse engineering bei Halbleiterbauelementen a) Übertragung der Vorschläge zur Rechtfertigung von reverse engineering bei Software auf reverse engineering bei Erzeugnissen der Mikroelektronik

aa) Die ,,Idee" als allgemein verfügbares Gut Sowohl bei Computerprogrammen aus auch bei Mikrochips führt erst eine Analyse, die mit Vervielfältigungen verbunden ist, zur Kenntnis der Idee, die der Form zugrundeliegt. Die ,,Idee" eines Halbleiterbauelements erschließt sich nur über den zur Herstellung des Mikrochips umgekehrten Weg mit Hilfe des Einsatzes photographischer und anderer technischer Verfahren. Ein Werk der Literatur braucht dagegen zum Entdecken der hinter dem Inhalt stehenden all­ gemeingültigen Idee nicht kopiert zu werden. Schon die Verbreitung ermöglicht den Zugang. Dagegen wird eingewandt, nicht in jedem Fall gewähre die Verbreitung den Zugang zur Idee. Auch bei komplexen Kompositionen sei es nicht ohne weite­ res möglich, die ,,Idee" durch bloßes Hören bis ins Detail zu entschlüsseln. Vielmehr werde dazu die Lektüre einer zusätzlich, mit oder ohne technische Hilfsmittel, erstellten Partitur vorausgesetzt. 38

36 Vgl. Sucker, CR 1989, 47 1 ; Lehmann, CR 1 989, 1 060. 37 Lehmmm, CR 1 989, 1 062. 38 Bauer, CR 1 990, 93. 8 Wippennann

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§ 7 Reverse engineering

Diese Ansicht verkennt, daß die Fähigkeit, Aufnahmen von Kompositionen für große Orchester39 beim Hören schon zu analysieren, von der musikalischen Bildung des Hörers abhängt. Grundsätzlich kann jedoch das Abspielen eines Tonträgers den Zugang zur Kompositions„idee" vermitteln. Das Konzept eines Computerprogramms oder des Layouts eines Mikrochips kann jedoch ohne Hilfe von Kopierverfahren schon nicht wahrgenommen, erst recht nicht erschlossen werden. Der Grundsatz der freien Verfügbarkeit des Gemeinguts kann deshalb reverse engineering rechtfertigen, wenn nur über eine Verwertungshandlung die ,,Idee" eines Halbleiterschaltkreises entdeckt werden kann. bb) Beteiligung des Urhebers am wirtschaftlichen Erfolg seiner geistigen Leistung Ein weiterer Gesichtspunkt ist bei der Interpretation des Vervielfältigungs­ begriffs zu berücksichtigen: Das Recht, über die Art und Weise der Vervielfäl­ tigung seines Werks zu entscheiden, steht dem Urheber zu, damit er am wirt­ schaftlichen Erfolg seiner geistigen Leistung beteiligt wird.40 Dieser Gedanke ist bei der Interpretation des Vervielfältigungsbegriffs zu berücksichtigen41 mit der Folge, daß ein Eingriff in das Vervielfältigungsrecht des Urhebers nicht gegeben sein muß, wenn die Nachbildung nicht mit dem Ziel der weiteren wirt­ schaftlichen Verwertung hergestellt wird, sondern wenn sie quasi als ,,Neben­ produkt" entsteht. Diese Auslegung wird unterstützt von der Wwertung des § 23 S. 1 UrhG. Die Vorschrift bestimmt, daß Bearbeitungen eines Werks nur mit Einwilligung des Urhebers des Originals veröffentlicht oder verwertet werden dürfen. Der Wort­ laut gestattet nach h.M. das - erlaubnisfreie - Herstellen einer Bearbeitung, solange sie nicht verwertet wird. 42 Da auch die Festlegung eines Werks in

39 Beispiel von Bauer, CR 1990, 93. 40 Vgl. BGH, Un. v. 3.7.1981 ,,Masterbänder", GRUR 1982, 102, 103 m.w.N .; Schricker l v. Ungern-Sternberg, Rn. 2 zu § 15; v. Gamm, Rn. 3 zu § 15; Ulmer, S. 226; Hubmann / Rehbinder, S. 127. 41 Vgl. Lehmann, CR 1990, 94 und CR 1989, 1062. 42 Vgl. BGH, Un. v. 2.11.1962 ,,Mit Dir allein", G RUR 1963, 441, 443; Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 4; v. Gamm, Rn. 10; Möhring I Nicolini, Anm.5 a) zu § 23; differenzierend aber Ulmer, s. 270 f.

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einer bearbeiteten Fonn als Vervielfältigung angesehen wird43, kann die Wer­ tung des § 23 S. l UrhG bei der Interpretation des Vervielfältigungsbegriffs nach § 1 6 UrhG berücksichtigt werden.44 Übertragen auf die Kopien, die bei reverse engineering von Halbleiterbauele­ menten als Nebenprodukte entstehen, bedeutet der Gedanke des § 23 S. 1 UrhG, daß ihre Herstellung ohne Einwilligung des Urhebers solange nicht in das Vervielfältigungsrecht eingreift, m.a.W.: gestattet ist, wie die Nachbil­ dungsexemplare nicht verwertet werden.

cc) Exkurs: Dekompilierung von Computerprogrammen in der EG-Richtlinie zum Softwareschutz vom 14. Mai 199 1 Dieser Grundgedanke läßt sich auch aus den Vorschriften über die Dekompi­ lierung von Software in der EG-Richtlinie zum Softwareschutz45 herauslesen . Danach soll die Zustimmung des Rechtsinhabers nicht erforderlich sein, ,,wenn die Vervielfältigung ( . . . ) unerläßlich ist, um die erforderlichen lnfonnationen zur Herstellung der Interoperabilität eines unabhängig geschaffenen Computer­ programms mit anderen Programmen zu erhalten", sofern bestimmte Bedingun­ gen erfüllt sind.46 Die Verwendung der gewonnenen lnfonnationen insbeson­ dere für die Entwicklung, Herstellung oder Vennarktung eines Programms mit im wesentlichen ähnlicher Ausdrucksfonn oder für andere, das Urheberrecht verletzende Handlungen ist nicht gestattet.47 Die Richtlinie beschreibt auf diese Weise mit softwaretechnischen Begriffen die oben vorgeschlagene Interpretation der §§ 16, 23 UrhG48 : Das Verbot der Vennarktung des Programms mit im wesentlichen ähnlicher Ausdrucksfonn weist Parallelen zu § 23 S. 1 UrhG auf, der auch nur die Herstellung einer Kopie, nicht aber ihre Verwertung erlaubt. Dadurch, daß Kopien zur Herstel43

Vgl. BGH, Urt. v. 2.11.1962 ,,Mit Dir allein", GRUR 1963, 441, 443; Fromm I Nordemann I Rn. l ; Schricker l Loewenheim, Rn.8'zu § 16. 44 Hoeren, Softwareüberlassung, Rn. 263; Lehmann, CR 1990, 94. 45 Abi. der EG vom 17. Mai 1991, Nr. L 122 / 24, abgedruckt in CR 1991, 383 f. und GRUR Int. 1991, 545 f. -46 Vgl. Art.6 Abs. 1 der Richtlinie. 47 Vgl. Art.6 Abs. 2 der Richtlinie. 48 Zu den Fragen, die durch die differenzierenden Vorschriften aufgeworden werden könnten vgl. Dreier, CR 1991, 582 f.; Moritz, GRUR Int. 1991, 701 f., insbesondere zum Problem der Beweis­ lastverteilung. Vinck,

8*

1 16

§ 7 Reverse engineering

Jung der Interoperabilität von Programmen zustimmungsfrei angefertigt werden dürfen, wird dem Bedürfnis des Zugangs zu urheberrechtlich ungeschützten Ideen Rechnung getragen. 49 b) Vervielfältigung zum wissenschaftlichen Gebrauch und freie Benutzung

aa) Vervielfältigung zum wissenschaftlichen Gebrauch nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 UrhG Die Vorschriften über reverse engineering in Halbleiterschutzgesetzen erklären die Kopie unter bestimmten Voraussetzungen für rechtmäßig. Verlangt wird im­ mer, daß die Vervielfältigung zum Zweck der Analyse, Ausbildung, Unterrich­ tung oder Bewertung hergestellt wird.50 Damit sind alle nichtkommerziellen51 Versuchs- und Forschungshandlungen an Topographien von der Schutzwirkung ausgenommen. Das Urheberrechtsgesetz enthält eine Vorschrift, die - zumindest vom Wort­ laut her - diese Fälle des reverse engineering möglicherweise regelt. § 53 Abs. 2 Nr. 1 UrhG gestattet das Herstellen von Vervielfältigungsstücken eines Werks für den eigenen wissenschaftlichen Gebrauch, wenn und soweit die Vervielfälti­ gung zu diesem Zweck geboten ist. In der Begründung52 wird dazu ausgeführt, daß wissenschaftliche Institute und Wissenschaftler in ihrer Tätigkeit nicht dadurch behindert sein sollen, daß sie vor der Herstellung von Abschriften geschützter Werke jedesmal die Erlaubnis der Urheber einholen müssen. Eine Abwägung ergibt, daß es den Urhebern zugemutet werden kann, zugunsten von Wissenschaft und Forschung auf ihr Verbotsrecht zu verzichten.53

49

Dieses Ziel wird ausdrücklich in Art. 1 Abs. 2 unterstrichen; vgl. auch Dreier, CR 1991 , 581 . 50 Vgl. § 906 (a) 1 SCPA; Art. 5 Abs. 3 EG-Richtlinie; § 6 Abs. 2 Nr. 2 HISchG. 51 So ausdrücklich Hoeren, BB 1988, 1 906. Zur Frage, ob die Absicht, die Analyseergebnisse

letztlich in einer neuen Topographie zu verwerten, die Kopie nicht mehr als nur zum Zweck der Analyse hergestellt erscheinen läßt, Dreier, GRUR Int. 1987, 658; vgl. auch Massaguer-Fuentes / Perez-Frias, CR 1 988, 376. BT-Drs. IV / 270, 73. 53 Vgl. Begründung, BT-Drs. IV / 270, 73. 52

II. Reverse engineering im Urheberrecht

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( 1 ) Wissenschaftlicher Gebrauch Wissenschaftlicher Gebrauch ist als ,, ... jede Verwendung eines Vervielfälti­ gungsstücks im Rahmen einer wie auch immer gearteten privaten, akademi­ schen, beruflichen und auch industriell gebundenen Tätigkeit" beschrieben worden. 54 Wissenschaft und Industrie sind nicht unabhängig, sondern leben vom gegenseitigen Einfluß. Deshalb kann es keinen Unterschied machen, ob das Labor einer Hochschule eine Analyse zu wissenschaftlichen Zwecken anfertigt und die Ergebnisse veröffentlicht, so daß sie anschließend von der Industrie verwertet werden oder ob in industrieeigenen Einrichtungen geforscht wird. Der Anspruch des wissenschaftlichen Gebrauchs beschränkt sich daher nicht auf den Bereich der Hochschulen. 55

(2) Sinn und Zweck des § 53 Abs. 2 Nr. 1 UrhG Ein weiterer Gesichtspunkt ist bei der Interpretation des § 53 Abs. 2 Nr. 1 UrhG zu berücksichtigen: Fortschritt der Wissenschaft und Entwicklung von Technologien sind nur möglich, wenn ein Zugang zu Informationen gewährt wird, die nicht einfach in Schriftform niedergelegt sind. Information und Doku­ mentation werden als unentbehrliche Voraussetzungen für Wirtschaft, Wissen­ schaft und Technik angesehen mit der Konsequenz, daß die dafür erforderlichen Vervielfältigungsvorgänge nicht von der Zustimmung des Urhebers abhängen können. 56 Es liegt nahe zu erwägen, ob nicht die von § 53 Abs. 2 Nr. 1 UrhG gestattete Vervielfältigung zu wissenschaftlichen Zwecken die gleiche Schutzbegrenzung zum Ziel hat, wie die reverse engineering-Vorschriften, die die Vervielfältigung zum Zweck der Analyse, Unterrichtung und Untersuchung erlauben. Reverse engineering dient dazu, den Aufbau des Mikrochips zu untersuchen. Die Ver­ vielfältigung ist damit nicht das Ziel des Verfahrens, sondern sie entsteht als Nebenprodukt, weil es nicht möglich ist, das Konzept, das der Konstruktion des Halbleiterbauelements zugrundeliegt, auf andere Weise zu ermitteln.

54

Bruhn, UFJTA 52 (1969), 1 2 1 / 122. Vgl. Bruhn, UFITA 52, 122; v. Gamm, Rn.9 zu § 54; a.A. Fromm / Nordemann / Nordemann, Rn. 9 zu § 53. 56 Schricker / Loewenheim, Rn. 1 zu § 53. 55

1 18

§ 7 Reverse engineering

Um § 53 UrhG systematisch korrekt auszulegen, muß die Vorschrift in Bezie­ hung zum Vervielfältigungsrecht des § 16 UrhG gesetzt werden, dessen Schranke sie bildet. Das Vervielfältigungsrecht wahrt u.a. die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers an der Nutzung seines Werks. § 53 UrhG schränkt dieses Recht in­ soweit ein, als eine Abwägung zu anderen Interessen den Verzicht des Urhebers vertretbar erscheinen läßt. Eine Abwägung im Falle des reverse engineering verlangt, daß der Zweck der wissenschaftlichen Analyse am ausschließlichen Verwertungsrecht des Urhebers gemessen wird. Das Zurückentwickeln des Mi­ krochips und die Untersuchung der Strukturen daraufhin, auf welche Weise die geforderten Funktionen realisiert wurden, ist für den Fortschritt auf diesem Gebiet der Wissenschaft und Technologie wichtig. Kopien des Originals ent­ stehen dabei nur, weil es nicht möglich ist, die gesuchte Infonnation wie in einem Buch zu lesen. Die Infonnationen, die ein Mikrochip über die Gestaltung des Layouts der Halbleiterebenen birgt, müssen vielmehr zuerst entschlüsselt werden. Durch die Analyse der Zusammensetzung allein erleidet der Rechts­ inhaber keine Einbuße in der Kontrolle über die körperliche Verwertung seines Werks. Deshalb werden die Rechte des Urhebers nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt, wenn dabei zwangsläufig Nachbildungen der Konstruktions­ zeichnung entstehen. Das Vervielfältigungsrecht des Urhebers wird also nicht unverhältnismäßig stark eingeschränkt, wenn man eine Untersuchung des Mikrochips zu wissen­ schaftlichen Zwecken als durch § 53 Abs. 2 Nr. 1 UrhG gestattet ansieht. Die­ ser Gesichtspunkt des reverse engineering wird daher auch mit dem Instrumen­ tarium des Urheberrechts berücksichtigt. bb) Freie Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG Mit der rechtmäßigen Analyse zu wissenschaftlichen Zwecken allein wäre den Bedürfnissen der Halbleiterindustrie nicht ausreichend gedient. Der wirtschaft­ lich wichtige Aspekt des reverse engineering ist die Verwertung der Erkennt­ nisse aus dem alten Layout bei der Entwicklung eines neuen. Gemäß § 24 Abs. 1 UrhG darf ein selbständiges Werk, das in freier Benut­ zung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, ohne dessen Zustim­ mung verwertet werden. Falls die „freie Benutzung des Werks eines anderen" mit der Entwicklung eines Layouts aus einem zuvor analysierten Mikrochip

II. Reverse engineering im Urheberrecht

1 19

gleichgesetzt werden kann, besteht die Möglichkeit, mit § 24 Abs. 1 UrhG die zweite Komponente des reverse engineering urheberrechtlich anzuerkennen. ( 1) Abgrenzung zur unfreien Benutzung Fraglich ist, mit welchen Kriterien bei „klassischen" Werken des Urheber­ rechts und bei Konstruktionszeichnungen für Mikrochips eine freie Benutzung festgestellt wird. Insbesondere ist die freie Benutzung von der unfreien Benut­ zung und von der Bearbeitung i.S.d. § 23 S. 1 UrhG abzugrenzen. Ein Werk wird nach § 24 Abs. 1 UrhG benutzt, wenn es „als Ganzes oder in einzelnen Teilen zum Ausgangspunkt oder Gegenstand eines neuen Werks ge­ macht oder in dessen Rahmen verwendet wird".57 Immer, wenn ein Werk als Vorlage für ein anderes dient, kann die Abhängigkeit des neugeschaffenen Werks von dieser Vorlage unterschiedlich groß sein. Im Falle des § 24 Abs. 1 UrhG hat die eigene Tätigkeit des ,,Benutzers" einen so hohen Anteil am neu­ geschaffenen Werk, daß ein selbständiges Werk entsteht. Lehnt sich das neue Werk erkennbar eng an das Vorbild an, und besitzt die Schöpfungsleistung des Benutzers kein großes Gewicht, so ist von einer unfreien Benutzung oder sog. abhängigen Nachschöpfung auszugehen. Diese unfreie Benutzung kann als „an­ dere Umgestaltung" unter § 23 S. 1 UrhG eingeordnet werden58 ; ihre Ver­ öffentlichung und Verwertung setzt die Einwilligung des Urhebers voraus (§ 23 S. 1 UrhG). Teilweise wird angenommen, daß im hier diskutierten Zusammenhang die Ab­ grenzung zwischen freier Benutzung und abhängiger Nachschöpfung leicht falle: Es sei ökonomisch nicht sinnvoll, nur einen kleinen Teil eines Mikro­ chiplayouts zu kopieren, so daß es sich entweder um eine vollständige Über­ nahme oder eindeutig nicht um eine Kopie handele. 59 Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden . Vielmehr sind die Grenzen verschiedener Benutzungshandlungen fließend, von der identischen Übernahme des Originals - in dem Fall liegt eine Vervielfältigung vor - über die Umge­ staltung und Bearbeitung hin zur freien Benutzung. Die Frage, wann eine Vor-

57 Möhring / Nicolini, Anm. 2.b) zu§ 24; vgl. auch Schricker / Loewenheim, Rn. 8 zu§ 24. 58 So Möhring / Nicolini, Anm. 2 b) zu§ 24; v. Gamm, Rn. 2 zu§ 24. Etwas abweichende, das

Ergebnis aber nicht beeinflussende Einordnung bei Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 2 zu§ 24. 59 Senate Report, S. 17.

1 20

§ 7 Reverse engineering

Jage beim Schaffen eines neuen Werks vom Urheber „frei" i.S.d. § 24 Abs. 1 UrhG benutzt wurde, kann nicht pauschal, sondern nur im Einzelfall beantwor­ tet werden. (2) Die Feststellung der freien Benutzung im Einzelfall Hilfreich können hierbei die Kriterien sein, die Rechtsprechung und Literatur zur Beurteilung heranziehen. Der Bundesgerichtshof hat zunächst verlangt, Wesenszüge des Originals müß­ ten hinter dem neuen Werk völlig zurücktreten.60 In späteren Entscheidungen wurde diese Anforderung abgemildert. Nun setzte die Rechtsprechung voraus, das neue Werk müsse so eigentümlich sein, daß ,, ... demgegenüber die Wesens­ züge des Originals verblassen."6 1 Das bloße Weglassen einzelner Teile oder das Anbringen unschöpferischer Änderungen reicht dazu nicht aus. 62 Zu ver­ gleichen sind dabei nicht die entlehnten Stellen, sondern die Werke oder Teile, denen Werkcharakter zukommt, im ganzen. 63 Die Rechtsprechung läßt sich beim Vergleich der beiden Werke von der Über­ legung leiten, daß einerseits dem Urheber nicht die für ihn unentbehrliche Möglichkeit genommen werden soll, Anregungen aus vorbestehendem fremdem Werkschaffen zu übernehmen, andererseits soll er sich auch nicht auf diese Weise eigenes persönliches Schaffen ersparen.64 Die Höhe der Anforderungen, die im einzelnen an das neue Werk zu stellen sind, wird von der Gestaltungs­ höhe des als Vorlage benutzen Werks abhängig gemacht65 : Je auffallender die Eigenart des Vorbilds schon dem Gegenstand nach sei, desto zurückhaltender

60

Urt. v. 15. 1 1 .1 957 „Sherlock Holmes", GRUR 1 958, 354, 356.

61

BGH, Urt. v. 4.2.1958 „Lili Marleen", GRUR 1 958, 402, 404; Urt. v. 30.1.1959 „Gasparone", GRUR 1959, 379, 381 ; Urt. v. 1 2.6.1981 „WK-Dokumentation", GRUR 1982, 37, 39; Urt. v. 21.11 .1 980 „Staatsexamensarbeit", GRUR 1 981, 352, 353. 62 BGH, Urt. v. 3.7.1964 „Stadtplan", GRUR 1965, 45, 47; Schricker I Loewenheim, Rn. 10 zu § 24. 63 Möhring / Nicolini, Anm. 2. c) zu § 24; insbesondere für die freie Benutzung wissenschaftlicher Werke so auch Hubmann / Rehbinder, S. 1 67 64 BGH, Urt. v. 26.10.1 980 „Dirlada", GRUR 1981, 267, 269; Urt. v. 3.7.1964 „Stadtplan", GRUR 1965, 45, 47. 65

BGH, Urt. v. 26.10.1 980 „Dirlada", GRUR 1 981 , 267, 269.

II. Reverse engineering im Urheberrecht

121

werde man bei der Bewertung einer Nachbildung als einer freien Benutzung sein müssen. 66 Das Vorhaben, ein neu hergestelltes Layout, in das Ergebnisse der Analyse eines „alten" Mikrochips eingeflossen sind, als freie Benutzung anzuerkennen, ist mangels objektiver Maßstäbe ebenso schwierig, wie die Bestimmung einer Konstruktionszeichnung als persönliche geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG. 67 In beiden Fällen sind ähnliche Erwägungen ausschlaggebend: Die freie Benutzung verlangt im Ergebnis nichts anderes, als daß ein neues Werk gestaltet wird, das den Anforderungen des § 2 Abs. 2 UrhG genügt. Im Streitfall ist festzustellen, welche Strukturen einer Konstruktionszeichnung in ein neues Layout übernommen worden sind, welche Funktionen und welche daraus resultierende Bedeutung für die Qualität des Halbleiterbauelements sie haben. 68 In die Abwägung kann auch das Verhältnis der Mikrochips zueinan­ der einfließen. So kann z.B. berücksichtigt werden, daß die Übernahme von Teilen bei nicht kompatiblen eher erlaubt sein mag als bei kompatiblen Mikro­ chips. 69 Weiter ist zu beachten, ob und in welcher Zahl Zellen und gate arrays übernommen werden. Gerade bei Zellen und gate arrays, die nicht in jedem Fall urheberrechtsschutzfähig sind und deren Layouts an der unteren Grenze schüt­ zenswerter Darstellungen technischer Art liegen, ist wegen der geringen Gestal­ tungshöhe eine zurückhaltende Bewertung einer Nachbildung als einer freien Benutzung geboten. In diesem Zusammenhang ist auch zu würdigen, daß ein­ zelne Strukturen der Konstruktionszeichnung durch die zu realisierende Funkti­ on vorgegeben sein mögen, in anderen Bereichen ist die Kombination der lei­ tenden und isolierenden Elemente auf den Einfallsreichtum und die geistige Leistung des Entwicklers zurückzuführen. Wenn diese Teile ohne Veränderun­ gen übernommen werden, kann es sich um „needless" oder „slavish copy­ ing"70 handeln, das den Schluß auf geringes Bemühen um eine abweichende Anordnung der Elemente zuläßt.

66 BGH, Urt. v. 1 .4. 1 958 ,,Mecki-Igel", GRUR 1 958, 500, 502; vgl. auch Schricker I Loewenheim, Rn. 9 zu § 24. 67 Dazu schon oben, § 5 1. 1 . b) bb) (4). 68 Hart, Software Protection 5 (March 1 987) No. 1 0, 3. 69 Dreier, GRUR lnt. 1 987, 659. 70 Stern, Minnesota Law Review 70 ( 1 986), 302.

1 22

§ 7 Reverse engineering

Es wird eingewandt, bei diesem Vergleich sei zu berücksichtigen, kein Inge­ nieur habe ein Interesse daran, eine Lösung, die sich einmal bewährt habe, abzuändern. 7 1 Diese Überlegung ist m.E. nur in bezug auf solche Konstella­ tionen berechtigt, die durch die Funktion vorgegeben sind. Immer wenn Varia­ tionen möglich sind, sollte das Ziel von Urheberrechtsgesetz und Halbleiter­ schutzgesetz im Vordergrund stehen: Nach beiden Gesetzen muß es dem Schöp­ fer gestattet sein, auf der Leistung anderer aufzubauen. Er darf sich aber da­ durch nicht eigene Leistung ersparen. Sobald also Strukturen aus ,,Bequemlich­ keit" übernommen werden, ist die Handlung nach dem Schutzzweck beider Ge­ setze nicht gerechtfertigt. III. Ergebnis: reverse engineering nach den Grundsätzen des Urheberrechts

Die Unterscheidung der Raubkopie vom durch freie Benutzung entstandenen Werk war und ist auch im Urheberrecht schwierig. Selbst Kriterien, so all­ gemein sie formuliert sein mögen, bewahren auch bei den ,,klassischen" Gegen­ ständen des Urheberrechts nicht davor, die fraglichen Werke miteinander zu vergleichen und dann eine Abwägung im Einzelfall zu treffen. Bei der Entwick­ lung eines Halbleiterschutzrechts gab man sich Mühe, Maßstäbe zu finden, die das Feststellen der Raubkopie und des gerechtfertigten reverse engineering beim Vergleich zweier Layouts erleichtern sollten. In bezug auf das amerikanische Urheberrecht und den SCPA wird betont, es solle auf das im Urheberrecht allgemein geltende Prinzip der wesentlichen Ähnlichkeit (,,substantial similarity") zurückgegriffen w.erden, um zulässiges Kopieren von Teilen des Mikrochips vom unzulässigen Reproduzieren des Ge­ samtdesigns abzugrenzen.72 Nach anderer Ansicht ist für den Bereich des Halbleiterschutzrechts der Begriff „substantial identity" bewußt gewählt worden, um deutlich zu machen, daß die unterschiedlichen Begriffe auch verschiedene Maßstäbe beinhalten. 73 Wenn der einer Raubkopie Verdächtige beweisen kön­ ne, daß er einen neuen Mikrochip mit reverse engineering entwickelt habe, reiche es nicht aus, wenn der Inhaber des Schutzrechts „substantial similarity" nachweise. Um einen Fall der Verletzung darzutun, müsse er „substantial

71

Vgl. Stern, Minnesota Law Review 70 (1986), 302.

72

Hein, GRUR Int. 1 985, 82.

73

Stern, IEEE Micro Law Aug. 1 986, 75 und Minnesota Law Review 70 (1986), 302.

III. Ergebnis: reverse engineering nach den Grundsätzen des Urheberrechts

123

identity" zwischen den beiden Mikrochips beweisen.74 Ob allerdings die Gren­ zen zwischen „total identity, substantial identity, substantial similarity, insub­ stantial similarity, no similarity"75 exakt bestimmt werden können, erscheint zweifelhaft, so daß die ausdrückliche Forderung nach unterschiedlichen Maß­ stäben von Urheberrecht und Halbleiterschutzrecht kaum praktisch nachvollzieh­ bar und zu verwirklichen ist.76 Wie der Blick auf das Urheberrecht gezeigt hat, bediente sich der deutsche Gesetzgeber - bewußt oder unbewußt - bei der Formulierung des Halbleiter­ schutzgesetzes der Begriffe aus diesem Rechtsgebiet, der Maßstäbe der freien Benutzung (§ 24 UrhG) und der Ausnahmen des Nachbildungsverbots zu wis­ senschaftlichen Zwecken (§ 53 UrhG). Bezüglich eines Teils des reverse engineering, der Analyse zu wissenschaftlichen Zwecken, wird die Parallele zu bestehenden Gesetzen zugestanden. 77 So ist es erklärbar, daß die Bewertung der Layouts zweier Mikrochips von gleichen Problemen gekennzeichnet ist, wie der Vergleich von Werken der Lite­ ratur, bildenden Kunst und Musik. Das Halbleiterschutzgesetz hat in dieser Beziehung die Rechtslage nicht in der Weise verbessert, daß etwa der Vergleich und die Entscheidung zwischen Nachahmung und unabhängiger Benutzung er­ leichtert würden. Auch deshalb fehlt jede Rechtfertigung für die Entwicklung dieser angeblich neuen Rechtsfigur. Es scheint so, als habe den Gesetzgeber der Ausdruck ,,reverse engineering" geblendet, so daß er versäumte, ihn mit den Begriffen „Vervielfältigung zu Analysezwecken" und „freie Benutzung" zu übersetzen.78 Die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes bieten bei einer Interpretation, die den Zweck des Vervielfältigungsverbots berücksichtigt, hinreichenden Schutz für reverse engineering. 79 74

Stern, Minnesota Law Review 70 ( 1986), 302. 15 Stern, Minnesota Law Review 70 (1986), 333. 16 Stern, Minnesota Law Review 70 (1986), 333 Fn. 235, gibt selbst zu, daß ,,substantial similari­ ty" auch in einem Sinn gebraucht werde, der ,,substantial identity" einschließe. 77 Z.B.Lucas, S. 284 (,,...rien de revolutionnaire".) 78 Auch für das amerikanisches Recht wird angedeutet, daß das angeblich neue Rechtsinstitut des reverse engineering seine Vorbilder im Urheberrecht habe (Stewart / Sandison, S.342). 79 Auf die Möglichkeit der ergänzenden Anwendung von Vorschriften des Gesetzes zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb soll hier nur hingewiesen werden.In bezug auf Computerprogramme ist bereits erörtert worden, ob durch reverse engineering in sittenwidriger Weise Betriebsgeheim­ nisse erlangt werden; dazu vgl. Harte-Bavendamm, GRUR 1990, 660 ff.). Diskutiert wurde dabei insbesondere die Eigenschaft von Software als Geschäftsgeheimnis, der entgegenstehen könnte, daß

§ 8 Sanktionen bei der Verletzung von Rechten /. Regelungen im Halbleiterschutzrecht

1 . Ansprüche im Halbleiterschutzrecht Jemand, der das Recht verletzt, die Topographie nachzubilden, zu verbreiten und einzuführen, das ausschließlich dem Inhaber des Schutzrechts zusteht 1 , kann vom Verletzten auf Unterlassung und, bei Verschulden, auf die Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen werden. 2 Die Schadensersatzpflicht setzt voraus, daß die Topographie schuldhaft nachgebildet, verwertet oder zu diesem Zweck eingeführt wird. Durch einen Verweis auf das Gebrauchsmuster­ recht' wird die Verjährung der Ansprüche geregelt: Sie beträgt drei Jahre vom Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von der Verletzung und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt, und 30 Jahre von der Verletzung ohne Rück­ sicht auf diese Kenntnis. 4 Auch nach Vollendung der Verjährung unterliegt der

der Geheimnischarakter beseitigt ist, wenn das Programm der Allgemeinheit zugänglich gemacht wird. Da nicht der Mikrochip und ebensowenig das Layout auf solche Weise offenkundig werden, ergibt sich dieses Problem für Halbleiterbauelemente nicht. Falls die Eigenschaft als Betriebs­ geheimnis bejaht wird, verstößt derjenige gegen § 17 Abs. 2 UWG, der sich durch die in § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG aufgeführten Handlungen ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis unbefugt verschafft. Das Verfahren des reverse engineering könnte dabei als Anwendung technischer Mittel (Nr. 1 lit. a) oder als Herstellung einer verkörperten Wiedergabe des Geheimnisses (Nr. l lit. b) § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG zugeordnet werden. Vgl. weiter Moritz, GRUR lnt. 1991 , 702 zur Vereinbarkeit mit Vorschriften der EG-Richtlinie und zur Kollision urheber- und wettbewerbsrechtlicher Vorschriften; Wiebe, CR 1992, 1 37 f. 1

Vgl. § 6 Abs. 1 HISchG.

2

§ 9 S. !, 2 HISchG.

3 § 9 S. 4 HISchG verweist auf § 24 Abs. 3 GebrMG, der heute (Gesetz v. 7.3.1990) § 24c GebrMG ist. Die Begründung (BT-Drs. 1 1 / 454, S. 24) verweist auf die zum Gebrauchsmusterrecht entwickelten Rechtsgrundsätze. 4

§ 24c S. 1 GebrMG.

I. Regelungen im Halbleiterschutzrecht

125

Verpflichtete den Ansprüchen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Be­ reicherung.5

2. ,,lnnocent infringement" a) Der Tatbestand des „ innocent infringement "

Wer ein Halbleitererzeugnis erwirbt, ohne zu wissen oder wissen zu müssen, daß es eine geschützte Topographie enthält, darf das Produkt ohne Zustimmung des Schutzrechtsinhabers weiterverwerten, auch wenn es sich um ein mit uner­ laubter Kopie gefertigtes Layout handelt.6 Dieser Schutz gutgläubiger Dritter wurde für sinnvoll gehalten, weil das Schutzrecht „nicht recherchierbar" sei. 7 Jemand, der einen Mikrochip zur weiteren Verarbeitung erwirbt, kann kaum nachprüfen, ob er ein Halbleiterprodukt mit einem Originallayout oder einer Kopie erhalten hat. Noch weniger wird ein Endabnehmer, der etwa Personal­ computer kauft und wieder verkauft, den Rechner auseinandernehmen, um sich davon zu überzeugen, daß sich unter den Bestandteilen seines Steuerungsme­ chanismus' kein Mikrochip mit einem geschützten Layout verbirgt. Die Wahl des Gesetzeswortlauts „weiterverwerten" scheint auf die Vorschrift zu verweisen, die als Verwertungsarten die Nachbildung, das Anbieten, Inver­ kehrbringen, Verbreiten und Einführen zu diesen Zwecken beschreibt. 8 Dem­ nach müßte es dem gutgläubigen Erwerber auch gestattet sein, das Layout eines Mikrochips zu vervielfältigen. Eine gegenteilige Erklärung gibt allerdings die Begründung des Gesetzentwurfs9 : Die Topographie ist vor Nachbildung auch gegenüber gutgläubigen Dritten geschützt. Die Vervielfältigung ist demnach, unabhängig von Kenntnis und Unkenntnis des Erwerbers, in keinem Falle er­ laubt 10 und der Verweis ist ungenau.

5

§ 24c S. 3 GebrMG verweist auf §§ 812, 818 BGB, die unmittelbar anzuwenden sind.Vgl. dazu Rn. 14 zu § 24 GebrMG; BGH, Urt. v. 30.11.1976 „Kunststoffhohlprofil !", BGHZ 68, 90 ff.; Urt. v. 24.1.1981 „Kunststoffhohlprofil II", BGHZ 82, 299 ff.mit grundlegenden Entscheidungen zur Berechnung des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB. 6 Vgl.§ 6 Abs. 3 S. I HISchG. 7 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. I I / 454, S.23. 8 Vgl. § 6 Abs. I Nr. !, 2 HISchG. 9 BT-Drs. 1 I / 454, S.23. 10 Eine Ausnahme bildet reverse engineering. Benkard / Rogge,

1 26

§ 8 Sanktionen bei der Verletzung von Rechten

Es wird die Ansicht vertreten, ebenso wie die Zulässigkeit des reverse engi­ neering weiche auch das „innocent infringement" deutlich von anderen Schutz­ rechten ab. 1 1 Die Vorschrift über „innocent infringement" versucht, die Inter­ essen von Hersteller einerseits und Verbraucher andererseits auszugleichen. Die Anstrengungen des Herstellers von Halbleiterbauelementen sollen geachtet wer­ den, um einen Anreiz zu Investitionen zu geben und das Engagement für den Fortschritt der Technologie auf diesem Gebiet zu belohnen. Zum anderen sollen gutgläubige Dritte, die in Chipprodukte investieren, ihre Erwerbungen nicht wegen unvorhersehbarer Eigentümerrechte gefährdet sehen. 1 2 b) Entschädigungspflicht bei Verlust des guten Glaubens

Sobald jemand, der zur Zeit des Erwerbs gutgläubig war, weiß oder wissen muß, daß in dem Halbleitererzeugnis eine unerlaubt kopierte Topographie enthalten ist, muß er für eine weitere geschäftliche Verwertung auf Verlangen des Schutzinhabers eine angemessene Entschädigung zahlen. 13 Es fällt auf, daß der vormals gutgläubige Erwerber der Produkte unter den in § 6 Abs. 3 S. 2 HlSchG genannten Umständen bei einer weiteren Verwertung der Mikrochip­ erzeugnisse den Tatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 2 HlSchG verletzt, indem er be­ wußt und vorsätzlich Kopien verbreitet. Damit ist wiederum § 9 S. 2 HlSchG erfüllt. Ein Widerspruch ergibt sich nun daraus, daß § 6 Abs. 3 S. 2 HlSchG im Gegensatz zu § 9 HlSchG keinen Anspruch auf Unterlassung enthält. Ob der Gesetzgeber eine bestimmte Absicht damit verband, daß er bei gleichen Voraus­ setzungen unterschiedliche Rechtsfolgen anordnete, geht aus der Begründung zum Gesetzentwurf nicht hervor und ist auch in der Literatur, soweit ersichtlich, noch nicht erörtert worden. Es bleibt ebenfalls unklar, nach welchen Kriterien zu beurteilen sein soll, wann ein - bösgläubiger - Verletzer den Ansprüchen nach § 9 S. 1 HlSchG, also auch dem Anspruch auf Unterlassung ausgesetzt sein soll, und wann er nach § 6 Abs. 3 S. 2 HlSchG das Produkt weiterverbrei­ ten darf und dafür lediglich eine Vergütung zahlen muß. Da unter den Voraus­ setzungen des § 6 Abs. 3 S. 2 HlSchG auch § 9 S. 2, 3 HlSchG eingreift und

1 1 Vgl. Stern, IIC Vol. 17 No. 4, 493 ; Meijboom, GRUR 1 988, 928. 1 2 Kastenmeier / Remington, Journal of the Copyright Society of the USA 33 (Jan. 1 986), 1 47. 13 Vgl. § 6 Abs. 3 S. 2 HISchG.

II . Regelungen im Urheberrecht

1 27

dessen Rechtsfolgen weiter gehen, kann nur gefolgert werden, daß § 6 Abs. 3 S. 2 HISchG überflüssig ist. 1 4 Der Erwerber verliert den guten Glauben bereits dann, wenn er fahrlässig nicht weiß, daß ein Schutzrecht besteht. Wann ein Erweber vom Bestehen eines Schutzrechts weiß oder es hätte wissen müssen, hängt dabei vom Einzelfall ab. 15 An die Sorgfaltspflichten des Erwerbers von Mikrochips, eines Zwi­ schenhändlers etwa, der die Halbleitererzeugnisse verarbeitet (z.B. in Computer einbaut) werden in diesem Zusammenhang andere Maßstäbe anzulegen sein, als an die Aufgaben eines Endvertreibers von Geräten, in die Mikrochips eingebaut sind. 1 6 Welche Entschädigung nach den Umständen angemessen ist, wird sich nach ersten Erfahrungen der Praxis erst herausstellen müssen. Ein Vorschlag geht dahin, als Vergleichswert die Höhe einer üblichen Lizenzgebühr anzulegen, wobei allerdings Schwierigkeiten eingestanden werden, wenn frei ausgehandelte Lizenzen für vergleichbare Mikrochips noch fehlen. 1 7

II. Regelungen im Urheberrecht 1 . Ansprüche im Urheberrecht a) Ansprüche nach §§ 96 Abs. /, 97 UrhG Die Ansprüche des Berechtigten bei Rechtsverletzungen im Urheberrecht er­ geben sich aus den § § 97 ff. UrhG. Gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG kann der, dessen Rechte verletzt werden, den Verletzer auf Beseitigung der Beeinträchti­ gung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung und bei Verschulden des Ver­ antwortlichen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Mit den Ansprüchen auf Unterlassung und auf Schadensersatz bei Vorsatz und Fahrlässigkeit ergeben sich Parallelen zu den Rechten des Verletzten im Halbleiterschutzrecht. 1 8

14

So auch Hoeren, S. 24. 15 Begriindung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 1 1 / 4 54 , S. 23.

16

Dreier, GRUR I nt. 1987, 660. 17 Dreier, GRUR I nt. 1987, 660. Vgl. zur '.Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr beim An­ spruch auf Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB BGH, Urt. v.24 . 1 1.1981 „Kunststofthohlprofil II ", BGHZ 82, 299, 305 ff., 308. 18 Vgl. § 9 S. 1 HISchG.

128

§ 8 Sanktionen bei der Verletzung von Rechten

Nach § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG kann der Verletzte Unterlassung verlangen, wenn das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz ge­ schütztes Recht widerrechtlich verletzt wird. Damit sind vor allem die aus­ schließlichen Nutzungsrechte des Urhebers, wie das Vervielfältigungsrecht nach § 1 6 UrhG und das Verbreitungsrecht nach § 1 7 Abs. 1 UrhG, gemeint. 19 § 96 Abs. 1 UrhG stellt klar, daß rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke nicht verbreitet werden dürfen. 20 Rechtswidrig hergestellt sind alle Vervielfälti­ gungsstücke, deren Anfertigung weder von einer Erlaubnis des Berechtigten, noch durch die urheberrechtlichen Schranken der §§ 45 bis 61 UrhG gedeckt ist. 21 Diese Vorschriften rechtfertigen die Herstellung von Kopien zu bestimm­ ten Nutzungshandlungen. 22 Raubkopien von Mikrochips dürfen demnach als unberechtigt hergestellte Ver­ vielfältigungen nicht verbreitet werden. Nach § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG können bei Zuwiderhandlung die genannten Ansprüche geltend gemacht werden. aa) Der Anspruch auf Unterlassung, Beseitigung und Vernichtung ( 1 ) Die Verletzungshandlung Die Verletzungshandlung, die den Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung auslöst, muß in einem widerrechtlichen Eingriff liegen; schuldhaft braucht das Verhalten demgegenüber nicht zu sein23 , d.h. zur Tatbestandsmäßigkeit gehört zwar die Kenntnis vom Vorhandensein fremden Geistesguts, nicht aber von der Rechtsverletzung. 24

19 Vgl. Fromm / Nordemann / Nordemann, Rn. 4; Schricker / Wild, Rn. 1 f. zu § 97. 20 Unerheblich ist die dogmatische Einordnung des § 96 UrhG als eigener Verletzungstatbestand (so Schricker / Wild, Rn. 3 zu § 96) oder als Norm, die die Rechtswidrigkeit bestimmter Verwer­ tungshandlungen lediglich klarstellt (so Möhring / Nicolini, Anm. 1 b) zu § 96). 21 Möhring / Nicolini, Anm. 3.; Schricker / Wild, Rn. 4 zu § 96; allgemein zur Einwilligung des

Urhebers Schricker / Wild, Rn. 27 vor §§ 28 ff.

22 Vgl. z.B. § 45 UrhG: Vervielfältigung zur Verwendung in Gerichtsverfahren und bei Behörden; § 47 UrhG: Vervielfältigungen durch Übertragung auf Bild- oder Tonträger für den Gebrauch in Schulen; zu § 53 UrhG: Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen Gebrauch s.o., § 7 II. 2. b) aa). 23 Fromm / Nordemann / Nordemann, Rn. 16 zu § 97.

24 KG, Urt. v. 28. 1 1 . 1 970, Schulze, KGZ 56, 12 f.; Schricker / Wild, Rn. 35 zu § 97.

II. Regelungen im Urheberrecht

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(a) Die Verbreitung Es verstößt demnach derjenige gegen § 96 Abs. 1 UrhG, der kopierte Mikro­ chips oder Produkte mit unerlaubt hergestellten Mikrochips verbreitet und dem dabei bewußt ist, daß es sich um Gegenstände handelt, die Produkte fremder geistiger Leistung enthalten. Wer dagegen noch nicht einmal weiß, daß er Erzeugnisse der Mikroelektronik verbreitet, handelt nicht „bewußt" und verletzt deshalb keine Rechte des Schutzinhabers. Daher ist bezüglich der Anforderungen an gutgläubiges, bzw. bewußtes Ver­ breiten und damit der Sorgfaltsanforderungen bei der Verletzung zu unter­ scheiden zwischen der Verbreitung von Halbleiterbauelementen und der Ver­ breitung von Erzeugnissen, die Mikrochips enthalten. Wer Waschmaschinen veräußert, ist sich möglicherweise nicht der Tatsache bewußt, daß sie Halblei­ terbauelemente enthalten, die das Ergebnis fremder geistiger Leistung sind; eine Rechtsverletzung kann hier verneint werden. Der Hersteller, der Mikrochips unmittelbar weiterverarbeitet und die Produkte anschließend verbreitet, kennt die Eigenschaft der Elektronikbauteile als ge­ schützte Werke fremder Leistung. Er verstößt daher gegen § 96 Abs. 1 UrhG, wenn er Produkte mit Kopien verbreitet.

(b) Der Erwerb als Teilnahmehandlung Nach den Regeln von Täterschaft und Teilnahme, die bei der Ermittlung des Verletzers auch im Urheberrecht gelten25 , ist sogar die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß nicht nur die Verbreitung der Produkte Rechte des Urhebers ver­ letzt, sondern daß schon der Erwerb vom „Chip-Piraten" unter dem Gesichts­ punkt der Beihilfe zu dessen unerlaubter Verwertung Ansprüche nach § 97 UrhG für den Berechtigten eröffnet. Nach richtiger Ansicht muß bei dieser Be­ teiligungsform aber verlangt werden, daß der Gehilfe vorsätzlich handelt und daß sich der Vorsatz auch auf die besonderen Umstände der Verletzungshand­ lung bezieht. 26 Außerdem definiert § 17 Abs. 1 UrhG die Verbreitungshand­ lung als „anbieten" und „in Verkehr bringen" und spricht vom Wortlaut her

25 Vgl. Schricker / Wild, Rn. 35 zu § 97. 26 Schricker / Wild, Rn. 35; Fromm / Nordemann / Nordemann, Rn. 17; v. Gamm, Rn. 20; Möh­ ring I Nicolini, Anm. 2.a) zu § 97. 9 Wippermann

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§ 8 Sanktionen bei der Verletzung von Rechten

dagegen, daß der private Käufer Beteiligter ist, obwohl er beim rechtswidrigen Absatz als Erwerber mitwirkt. 27 Wer daher, von der Verletzung von Rechten nach dem Urheberrechtsgesetz nicht wissend, ein Halbleitererzeugnis nur erwirbt, verstößt nicht als Gehilfe einer unerlaubten Verbreitung gegen § 96 Abs. I UrhG und ist nicht den An­ sprüchen aus § 97 UrhG ausgesetzt. Anders als nach der entsprechenden Vorschrift des Halbleiterschutzgesetzes28 kann also jemand, der ein Halbleitererzeugnis erwirbt, es schon dann nicht wei­ terverwerten, wenn er nur weiß, daß es sich überhaupt um ein Produkt fremden Geistesguts, d.h. um einen Mikrochip handelt.

(2) Der Inhalt des Anspruchs (a) Der Anspruch auf Unterlassung Dem Berechtigten steht gegen den Verletzer nach § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG und analog § 1004 Abs. 1 BGB 29 ein Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung rechtswidrig hergestellter Vervielfältigungsstücke zu. Der Berechtigte kann also etwa von einem Erwerber von Halbleiterbauelementen, der Mikrochips in Pro­ dukte einbaut und diese dann veräußert, verlangen, deren Vertrieb einzustellen. Auch eine bloße Gefährdung des Rechts durch ein Verhalten, aus dem auf ei­ nen bevorstehenden Eingriff zu schließen ist, reicht anstelle der bereits einge­ tretenen Verletzung für den vorbeugenden Unterlassungsanspruch aus.30 Eine andere Auslegung würde dem vorbeugenden Zweck nicht gerecht.3 1 Dieser Anspruch auf Unterlassung stimmt mit dem Anspruch überein, den das Halbleiterschutzgesetz32 dem Berechtigten gegen den zubilligt, der die Topo­ graphie nachbildet oder - wissentlich - das Halbleitererzeugnis verbreitet.

27 So auch Schricker / Wild, Rn. 1 1 zu § 98. 28 § 6 Abs. 3 HISchG. 29 Vgl. BGH, Urt. v. 1 8.5. 1 955 „Grundig-Reporter", BGHZ 1 7, 266, 29 1 ; Schricker / Wild, Rn. 41 zu § 97; Hubmann / Rehbinder, S. 28 1 . 30 BGH, Urt. v . 1 8.5. 1955 „Grundig-Reporter", BGHZ 1 7, 266, 29 1 ; nach Schricker / Wild, Rn. 43 zu § 97 gefestigte Rechtsprechung. Vgl. auch Fromm / Nordemann / Nordemann, Rn. 23 zu § 97; Ulmer, S. 547 / 548. 31 MüKo / Medicus, Rn. 80 zu § 1 004. 32 Vgl. § 9 S. 1 HISchG.

II. Regelungen im Urheberrecht

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(b) Der Anspruch auf Beseitigung und Vernichtung § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG enthält einen weiteren Anspruch, der im Halbleiter­ schutzgesetz nicht enthalten ist: Der Berechtigte kann nach der Verletzung des Urheberrechts vom Verletzer verlangen, daß dieser die Beeinträchtigung besei­ tigt. Die Beseitigung bezieht sich dabei auf die Ursache der Störung, nicht auf deren Folgen, die nur im Wege des Schadensersatzes ausgeglichen werden kön­ nen.33 Es wurde festgestellt, mit dem Beseitigungsanspruch des § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG werde z.B. ein Rückruf rechtswidrig hergestellter Ware aus dem Verkehr geschuldet, soweit dies noch möglich sei.34 Von einem Verleger, der Nach­ drucke über den Buchhandel verbreite, könne mit der Beseitigungsklage ver­ langt werden, daß er sie aus dem Verkehr ziehe35 , allerdings ebenfalls unter der Einschränkung, nur soweit noch die Möglichkeit des Rückrufs bestehe. Dies könnte für den Hersteller, der Halbleiterprodukte erwirbt und weiterverarbeitet, indem er sie etwa in die Steuerungselektronik von Computern und Waschma­ schinen einbaut, bedeuten, daß er sich um einen Rückruf der Geräte bemühen muß. Für die Wahl der Maßnahme, die dem Beseitigungsanspruch gerecht wird, ist jedoch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten: Die Maßnahme muß notwendig, zur Beseitigung der Störung geeignet und dem Verletzer zumutbar sein. 36 Die Interessen von Urheber und (unvorsätzlichem) Verletzer sind dabei gegeneinander abzuwägen. Eine bestimmte Maßnahme kann nur verlangt wer­ den, wenn keine andere in Frage kommt. 37 In diesem Zusammenhang sollte berücksichtigt werdem, ob der Aufwand, den es den Verletzer kostet, die Störung zu beseitigen, in angemessenem Verhältnis zur Verletzung und zum Interesse des Urhebers steht. Sind vermögensrechtliche Interessen, wie das Verbreitungsrecht, betroffen, stellt sich die Frage, ob und in wieweit der Rück­ ruf als actus contrarius zur Verbreitung notwendig und geeignet zur Beseitigung der Störung ist. Ferner muß untersucht werden, ob ein Rückruf, auch wenn er theoretisch möglich ist, dem Verletzer zugemutet werden kann. 33 MüKo / Medicus, Rn. 59 zu § 1 004. 34 Schricker / Wild, Rn. 48 zu § 97. 35 Ulmer, S. 548.

36

Schricker / Wild, Rn. 47 zu § 97. 37 Vgl. BGH, Urt. v. 12.3.1954 „Radschutz", GRUR 1 954, 337, 342; Urt. v. 1 2.7. 1 963 ,,Lese­ ring", GRUR 1964, 82, 87. 9•

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§ 8 Sanktionen bei der Verletzung von Rechten

Befinden sich unrechtmäßig hergestellte Drucke beim Buchhändler, kann mit Mitteln des vorläufigen Rechtsschutzes schnell und wirksam eine weitere Verbreitung verhindert und damit die Gefahr einer Störung beseitigt werden. Sind dagegen Exemplare schon an einzelne Käufer veräußert worden, so ist es dem Nachdrucker nicht möglich, alle Drucke aus dem Verkehr zu ziehen. Über­ tragen auf Erzeugnisse der Mikroelektronik bedeutet das: Sobald der Verbrau­ cher ein Halbleiterprodukt erworben hat, kann nicht mehr vom Verletzer ver­ langt werden, daß er die Exemplare lückenlos aus dem Verkehr zieht. Darüber hinaus ist es zweifelhaft, ob der Urheber einen Rückruf von Geräten mit mikroelektronischen Bauteilen verlangen kann, die sich beim Händler be­ finden, ähnlich den Druckexemplaren, die der Buchhändler noch auf Lager hat. Bei Halbleiterbauelementen ist zu berücksichtigen, daß sie eingebaut sind. Müßten sie aus den Geräten entfernt werden, würde dies zur Zerstörung der wichtigsten Bestandteile der Elektronik führen. Diese Maßnahme greift in unverhältnismäßiger Weise in Rechtsgüter Dritter ein und ist mit dem Rückruf von Büchern aus Lagerbeständen des Buchhändlers nicht mehr zu vergleichen. Sind also Kopien von Mikrochips einmal in die Elektronik anderer Geräte in­ tegriert, kann der Verletzer die Kopien nicht mehr aus dem Verkehr ziehen. Der Beseitigungsanspruch des § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG hat daher für den Bereich der Halbleiterbauelemente keine Bedeutung. Unter ähnlichen Einschränkungen steht der ebenfalls verschuldensunabhängi­ ge38 Anspruch des Verletzten auf Vernichtung und ähnliche Maßnahmen nach § 98 UrhG, der bei Raubkopien, wie insbesondere heute bei Computerpro­ grammen, Bedeutung hat. 39 Auch hier muß der Einzelfall ergeben, welche Maßnahme den Verletzer am wenigsten belastet (§ 98 Abs. 3 UrhG). Betroffen sind nur solche Vervielfältigungsstücke, die Eigentum der am Rechtsverstoß Beteiligten oder deren Erben sind (§ 98 Abs. 4 S. 1 UrhG). Wie auch schon beim Beseitigungsanspruch ist bei der Auswahl der Maßnahmen zu berücksich­ tigen, daß aufgrund kopierter Konstruktionszeichnungen hergestellte Mikrochips in Geräte eingebaut sein können, so daß das Verlangen eines Ausbaus der Elek­ tronik unverhältnismäßig wäre. Auch die Ansprüche nach § 98 UrhG werden daher bei Halbleiterbauelemen­ ten kaum Bedeutung haben.

38

Begr. d. Regierungentwurfs, BT-Drs. IV / 270, S. 104; Schricker / Wild, Rn. 2 zu § 98.

39

Schricker / Wild, Rn. 2 zu § 98.

II . Regelungen im Urheberrecht

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bb) Der Anspruch auf Schadensersatz ( 1 ) Verletzungshandlung und Verschuldensmaßstab Auch im Urheberrecht verpflichtet der schuldhafte Eingriff in absolute Rechte zum Schadensersatz; § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG stimmt mit § 823 Abs. l BGB im wesentlichen überein.40 Verschulden setzt dabei vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten voraus. Abgesehen vom Fall des ,,Mikrochip-Piraten", der ein Halb­ leitererzeugnis vorsätzlich zurückentwickelt, um das Layout der einzelnen Schichten zu vervielfältigen, löst vor allem auch fahrlässiges Verhalten Scha­ densersatzansprüche nach § 79 Abs. 1 S. 1 UrhG aus. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt (§ 276 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen, um so mehr dann, wenn der potentielle Verletzer mit dem Industriebereich vertraut ist. So forderte der Bundesgerichtshof in einem Musterschutzverfahren, ein führendes Hersteller­ unternehmen müsse über Kenntnisse der gesamten Entwicklung der industriellen Fonngestaltung in diesem Geschäftszweig im Inland verfügen. 4 1 Ein strenger Maßstab ist im Bereich des Halbleiterschutzes ebenfalls sinnvoll. Das Halbleiterschutzgesetz sieht eine Registrierung beim Patentamt vor. Die Sorgfaltspflicht besteht hier darin, Erkundigungen über eingetragene Topogra­ phien einzuziehen. Für den urheberrechtlichen Schutz von Halbleiterbauelemen­ ten empfiehlt sich eine Abstufung der Sorgfaltspflichten, denn die an der Verwertung von Mikrochips Beteiligten kommen z. T. unmittelbar (Verarbei­ tung von Mikrochips oder Vorprodukten), z. T. aber auch nur mittelbar (Ver­ arbeitung von Geräten, in deren Mikroelektronik Halbleiterbauelemente mit geschützten oder kopierten Layouts eingebaut sind) mit den rechtsverletzeneden Gegenständen in Berührung. Erwirbt ein Hersteller Halbleiterbauelemente, auch z.B. gate arrays, um diese weiterzuverarbeiten und / oder in Geräte einzubauen, ist ihm eine besondere Erkundigungspflicht aufzuerlegen. Das Ausmaß der an­ zuwendenden Sorgfalt kann auch dadurch beeinflußt werden, daß von einem bestimmten Mikrochip bekanntennaßen häufig kopierte Exemplare erhältlich sind. Andererseits ist ebenso zu berücksichtigen, ob der Erwerber vom Schutz eines bestimmten Layouts schon Kenntnis haben konnte. 40 Vgl. Schricker / Wild, Rn. 50 zu § 97. 41

BGH, Un. v. 30.9 . 1964 „Küchenmaschine", GRUR 1965, 198, 202 ; vgl.auch zu den Sorgfalts­ pflichten un. v. 18. 12 . 1959 „Cherie", GRUR 1960, 256, 2 60; Un. v. 18.3 . 1960 ,,Eisrevue II ", GRUR 1 960, 606, 609; un. V. 2 7.2.1963 ,,Plastikkorb", GRUR 1963, 640, 642 .

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§ 8 Sanktionen bei der Verletzung von Rechten

(2) Der Umfang des Anspruchs Im Rahmen des Halbleiterschutzgesetzes richtet sich der Umfang der Scha­ densersatzleistung nach den §§ 249 ff. BGB42, deren Grundsätze ebenfalls im Urheberrecht gelten.43 Die Naturalrestitution nach § 249 S. 1 BGB hat gegen­ über der Entschädigung in Geld nach § 249 S. 2 BGB keine Bedeutung. Zur Berechnung des Schadensersatzes sind für das Urheberrecht drei Methoden entwickelt worden.44 Es kann der konkrete Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns be­ rechnet werden. Dabei hält § 252 S. 2 BGB zwar eine Beweiserleichterung bereit, dennoch bleibt das Problem, daß dem Gericht eine tatsächliche Grundla­ ge unterbreitet werden muß, die eine wenigstens ungefähr zutreffende Schät­ zung des entgangenen Gewinns erlaubt.45 Vom Reichsgericht ist in ständiger Rechtsprechung zum Patent- und Waren­ zeichenrecht die Berechnung einer angemessenen Lizenzgebühr entwickelt wor­ den; später wurde sie wegen der vergleichbaren Interessenlage auf das Urhe­ berrecht übertragen.46 Danach wird der Abschluß eines Lizenzvertrags zu an­ gemessenen Bedingungen fingiert. Hinter dieser Fiktion, die auch in Betracht kommt, wenn Lizenzverträge in der Branche nicht üblich sind, das verletzte Recht aber vermögensmäßig genutzt werden kann47 , steht der Gedanke, daß der schuldhaft handelnde Verletzer nicht besser gestellt werden soll, als derje­ nige, der das Schutzrecht als vertraglicher Lizenznehmer rechtmäßig nutzt.48 Angemessen ist die übliche Vergütung, oder, falls diese sich nicht feststellen läßt, die Lizenzgebühr, die bei objektiver Betrachtung ein vernünftiger Lizenz-

42 Werum, S. 79. 43 Vgl. Fromm / Nordemann / Nordemann, Rn. 37 ff.; Möhring / Nicolini, Anm. 10; v. Gamm, Rn. 33 zu § 97.

44 Vgl. Schricker I Wild, Rn. 56 ff. ; v. Gamm, Rn. 33 ff.; Fromm / Nordemann / Nordemann, Rn. 37 ff. zu § 97. Für den Schadensersatz nach dem Halbleiterschutzgesetz werden von Werum, S. 79, ganz ähnliche Berechnungsarten angeführt.

45 46

Vgl. BGH, Urt. v. 6.3.1980 „Tolbutamid", BGHZ 77, 16, 19; Schricker / Wild, Rn. 59 zu § 97.

Vgl. Schricker / Wild, Rn. 60; Fromm / Nordemann / Nordemann, Rn. 37 zu § 97. 47 Vgl. BGH, Urt. v. 26.6.1 981 „Carrera", BGHZ 81, 75, 82; Urt. v. 1 6.2.1973 ,,Miss Petite", BGHZ 60, 206, 21 1 . 48 BGH, Urt. v . 26.6.1 981 „Carrera", BGHZ 81 , 75, 82; ,,Miss Petite", BGHZ 60, 206, 209.

II. Regelungen im Urheberrecht

1 35

geber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer bewilligt hätte.49 Schwie­ rigkeiten können, wie auch für das Halbleiterschutzgesetz eingeräumt wird, ebenfalls im Urheberrecht daraus entstehen, daß einstweilen Lizenzen auf die­ sem noch recht jungen Technologiezweig nicht immer für vergleichbare Mikro­ chips ausgehandelt sein werden, so daß man auf sie bei der Berechnung einer Entschädigung nicht zurückgreifen kann.so Die dritte Möglichkeit besteht für den Berechtigten darin, die Herausgabe des Reingewinns zu verlangen, ohne daß es darauf ankommt, ob ihm selbst ein ent­ sprechender Gewinn entgangen ist.s 1 Der von der Rechtsprechung anerkannte Ersatz des immateriellen Schadens bei der Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts hat dagegen seine Berechti­ gung bei ,,klassischen" Werken des Urheberrechts; die Beziehung eines Inge­ nieurs zum von ihm geschaffenen Konstruktionsentwurf eines Mikrochips ist demgegenüber nicht so ausgeprägt, als daß bei der Verletzung eines Verwer­ tungs- oder Vervielfältigungsrechts eine Urheberpersönlichkeitsverletzung mit Schmerzensgeld ausgeglichen werden müßte. Um die Höhe des Schadens ermitteln und den Ersatzanspruch beziffern zu können, ist dem Berechtigten der im Urheberrecht anerkannte Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gegen den Verletzer zuzugestehens2, § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG führt den Anspruch auf Rechnungslegung für den Fall aus­ drücklich auf, daß der Berechtigte Herausgabe des Gewinns verlangt. b) Ansprüche aus anderen Vorschriften

Nach § 97 Abs. 3 UrhG bestehen neben den Ansprüchen auf Unterlassung und Schadensersatz aus § 97 Abs. 1 UrhG Ansprüche aus anderen gesetzlichen

49 Vgl. BGH, Urt. v. 24.1 . 1 975 „Geflügelte Melodien", GRUR 1975, 323, 324; Urt. v. 16.2. 1973 ,,Miss Petite", BGHZ 60, 206, 210; zur Berechnung einer angemessenen Lizenz im Rahmen des Anspruchs auf Wertersatz nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 8 1 8 Abs. 2 BGB BGH, Urt. v. 24. 1 1 . 1 981 ,,Kunststoffhohlprofil II", BGHZ 82, 299, 307 / 308. 50 Vgl. Dreier, GRUR 1987, 660. 51 Beispiele bei Schricker / Wild, Rn. 67 zu § 97; vgl. auch Fromm / Nordemann I Nordemann, Rn. 40 zu § 97; Ulmer, S. 559. 52 Schricker / Wild, Rn. 81 ff. zu § 97.

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§ 8 Sanktionen bei der Verletzung von Rechten

Vorschriften; insbesondere kommen Ansprüche wegen ungerechtfertigter Berei­ cherung nach den §§ 812 ff. BGB in Betracht. 53 Auf den in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Bereicherungsanspruch im Urheberrecht soll jedoch an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Die dogmatischen Probleme, die sich schon bei der Frage nach dem ,,Erlangten" i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB stellen, bis hin zur Frage, was der Berechtigte vom Verletzer verlangen kann: die tatsächlich ersparte Lizenzgebühr oder den möglicherweise viel höheren Reingewinn des Verletzers54, erforderten eine umfassende Diskussion der in Rechtsprechung und Literatur dazu vertretenen Auffassungen, die den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.55

2. ,Jnnocent infringement" im Urheberrecht? a) Gutgläubiger Erwerb nach §§ 929, 932 BGB

Das Prinzip der Abwägung zwischen den Interessen des Eigentümers und der Verkehrsfähigkeit einer Sache, das dem „innocent infringement" im Halbleiter­ schutzrecht innewohnt findet eine Parallele in den Vorschriften der § § 929, 932 BGB über den gutgläubigen Erwerb vom Nichteigentümer. Sie sollen den redli­ chen Geschäftspartner von Nachforschungen nach der wirklichen Rechtslage entlasten und sein Vertrauen in die Wirksamkeit abgeschlossener Geschäfte schützen.56 Das Halbleiterschutzgesetz hat ebenso der Verkehrsfähigkeit der Sache den Vorzug vor den Rechten des Eigentümers eingeräumt. Fraglich ist nun das Verhältnis der Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb vom Nichteigentümer im Bürgerlichen Recht zu den Grundsätzen des Urheber­ rechts. Die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs begrenzt die Rechte des Ei­ gentümers. Nach den Grundsätzen des gutgläubigen Erwerbs kann unter den Voraussetzungen der §§ 932-935 BGB auch ein Nichtberechtigter Eigentum übertragen.

53 Fromm / Nordemonn / Nordemonn, Rn. 56; Schricker / Wild, . Rn. 86 f. zu § 97; ausführliche Auseinandersetzung mit der Frage der Bereicherungshaftung im Immaterialgüterrecht BGH, Urt. v. 30. 1 1 . 1976 „Kunststoffhohlprofil", BGHZ 68, 90 ff. 54 Dazu z.B. Fromm / Nordemonn / Nordemonn, Rn. 57 zu § 97 m.w.N. 55 Vgl. BGH Urt. v. 24. 1 1 . 1 98 1 „Kunststoffhohlprofil II", BGHZ 82, 299 ff.; mit Angabe kritischer Stellungnahmen auch BGH, Urt. v. 30. 1 1 . 1 976 „Kunststoffhohlprofil", BGHZ 68, 90 ff. 56 MüKo / Quack, Rn. 1 zu § 932.

II. Regelungen im Urheberrecht

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Eigentum (an einem Mikrochip) und Urheberrechte (am Layout der Schal­ tungselemente) sind aber voneinander zu trennen: Bei der Veräußerung eines Werkstücks erlangt zwar der Erwerber unter den Voraussetzungen der §§ 932935 BGB auch dann Eigentum, wenn der Veräußerer Nichteigentümer ist. Ur­ heberrechtliche Befugnisse können dagegen nicht gutgläubig vom Nichtbe­ rechtigten erworben werden. 57 Verwertungsrechte, wie das Vervielfältigungs­ und das Verbreitungsrecht, kann der Urheber nach § 3 1 UrhG als Nutzungs­ rechte übertragen. Mangels besonderer Vorschriften sind auf die Einräumung von Nutzungsrechten die Vorschriften über die Übertragung von Rechten an­ zuwenden.5 8 Ebenso wie bei der Abtretung von Forderungen fehlt es bei der Einräumung von Nutzungsrechten an einem Anknüpfungspunkt für Gutglaubens­ schutz wie z.B. der Übergabe bei beweglichen oder der Registereintragung bei unbeweglichen Sachen. 59 Selbst wenn der Erwerber an die wirksame Über­ tragung eines Verwertungsrechts glaubt, scheidet ein Schutz dieser Vorstellung im Urheberrecht aus. b) Der Erschöpfungsgrundsatz nach § 17 Abs. 2 UrhG

Eine Schutzgrenze im Bereich des Urheberrechts ist der Erschöpfungsgrund­ satz nach § 1 7 Abs. 2 UrhG. Er läßt eine Weiterverbreitung unter der Voraus­ setzung zu, daß das Original oder ein Vervielfältigungsstück des Werks mit Zustimmung des Berechtigten im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden ist. Das Vervielfältigungsrecht nach § 1 6 UrhG bleibt unberührt60, das Recht des Urhebers, eine weitere Verbreitung zu untersagen, erschöpft sich.6 1 § 1 7 Abs. 2 UrhG erfaßt nicht die Fälle, in denen jemand Vervielfältigungs­ stücke, die unerlaubt hergestellt wurden, weiterveräußert, denn hier liegt gerade keine Zustimmung des Berechtigten vor. Unterstützt wird diese Auslegung von 57 BGH, Urt. v. 12.2. 1 952 ,,Parkstraße 1 3", BGHZ 5, 1 1 6, 1 1 9; Schricker / Schricker, Rn. 44 zu §§ 28 ff. 58 Ulmer, S. 360; Hubmann / Rehbinder, S. 193. 59 Vgl. MüKo / Roth, Rn. 20 zu § 398; Schricker / Schricker, Rn. 63 vor §§ 28 ff. 60

Dieses System der Erschöpfung zwar des Rechts, die Verbreitung zu untersagen, nicht aber des Vervielfältigungsrechts, leitete möglicherweise den Gesetzgeber bei der Formulierung des § 6 Abs. 3 HISchG, so daß die Erklärung des Geseti.entwurfs (BT-Drs. 1 1 / 454, S. 23, dazu schon oben, § 8 I. 2. a), zwar gegen den Wortlaut der Vorschrift gerichtet, aber dennoch folgerichtig ist. 61 Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 8 zu § 17, machen zu Recht darauf aufmerksam, daß sich nicht das Verbreitungsrecht des Urhebers erschöpft, sondern das Recht, die weitere Verbreitung zu verbieten.

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§ 8 Sanktionen bei der Verletzung von Rechten

§ 96 Abs. 1 UrhG, der anordnet, daß rechtswidrig hergestellte Nachbildungen weder verbreitet, noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden dürfen. Das Halbleiterschutzgesetz62 beabsichtigt dagegen, unberechtigt hergestellte und vertriebene Kopien verkehrsfähig zu erhalten. Daher findet der Schutz des gutgläubigen Erwerbs keine entsprechende Vorschrift im Erschöpfungsgrundsatz des § 1 7 Abs. 2 UrhG.63

62

§ 6 Abs. 3 HISchG. Eine Aufnahme des Erschöpfungsgrundsatzes findet sich im amerikanischen Halbleiterschutz­ recht in§ 906 (b) SCPA. 63

§ 9 Die Durchsetzung von Ansprüchen im Prozeß

/. Die Darlegungs- und Beweislast im Zivilprozeß

Das Zivilprozeßrecht fordert die bestimmte Angabe von Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs.' Es richtet sich nach dem Einzelfall, wie umfangreich diese Angaben sein müssen (sog. Darlegungslast2), hohe Anfor­ derungen sind nicht zu stellen. Das Gericht muß in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die ge­ setzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. 3 Die Darlegungslast folgt grundsätzlich der Beweislast und damit auch der all­ gemeinen Regel des Zivilprozesses, daß jede Partei alle Voraussetzungen einer von ihr in Anspruch genommenen Norm beweisen muß. 4

II. Die Rechtslage nach den Halbleiterschutzgesetzen

Der SCPA beschreibt Umstände, unter denen ein Maskenwerk keinen Schutz nach dem Gesetz erlangen kann. 5 Diese negative Formulierung läßt darauf schließen, daß die Schutzfähigkeit eines Maskenwerks zunächst zu vermuten ist.6 Der Gegner hat die Aufgabe, darzulegen und notfalls zu beweisen, daß das Maskenwerk alltäglich7 oder in der Halbleiterindustrie üblich ist und es deshalb nicht die erforderliche Originalität besitzt.

1

Vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; Baumbach / Hartmann, Anm. 4 B zu § 253.

2

Zur Behauptungs- oder Darlegungslast vgl. auch Rosenberg I Schwab, § 1 1 8 IV (S. 724 f.).

3 Vgl. BGH, Urt. v. 1 2.7. 1984, NJW 1 984, 2888, 2889; Baumbach I Hartmann, Anm. 4 B zu § 253. 4 Vgl. BGH, Urt. v. 1 7.2. 1970 ,,Anastasia", BGHZ 53, 245, 250; Rosenberg I Schwab, § 1 1 8 II. 2. (S. 7 1 7).

s § 902 (b) SCPA. 6

So auch Geissler, S. 9.

7

Vgl. § 902 (b) (2) SCPA.

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§ 9 Die Durchsetzung von Ansprüchen im Prozeß

Das Halbleiterschutzgesetz8 beschreibt dagegen die Voraussetzungen, die für eine Eigenart und damit für die Schutzfähigkeit einer Topographie erfüllt sein müssen. Für das Verfahren ergibt sich daher, daß der Kläger, der die Verlet­ zung einer eigenen Topographie geltend macht, die Beweislast für deren Schutzfähigkeit trägt. Ebenso muß er das Gericht davon überzeugen, daß der Grad der Übereinstimmung zwischen den fraglichen zwei Mikrochips ausreicht, um eine Rechtsverletzung anzunehmen. Das Halbleiterschutzrecht folgt damit den Grundsätzen des Zivilprozeßrechts. Ein Verteidigungsmittel des Beklagten, dem eine unerlaubte Vervielfältigung vorgeworfen wird, ist die Berufung auf rechtmäßiges reverse engineering.9 Er hat dann darzulegen und zu beweisen, daß der Mikrochip nicht von einem Vor­ bild nur kopiert, sondern mit eigenem Forschungs- und Entwicklungsaufwand entworfen wurde. Eine weitere Verteidigungsmöglichkeit wird dem Beklagten dadurch eingeräumt, daß er sich mit „innocent infringement" 10 rechtfertigen kann. In diesem Fall muß er seine Gutgläubigkeit zur Zeit des Erwerbs von unerlaubt kopierten Mikrochips darlegen. 1 1

III. Das Verfahren nach dem Urheberrechtsgesetz

1 . Die Beweis- und Darlegungslast im Urheberrechtsverletzungsprozeß Der Grundsatz des Zivilprozeßrechts, daß eine Partei die Voraussetzungen einer von ihr in Anspruch genommenen Norm beweisen muß, gilt auch im Ur­ heberrechtsverletzungsprozeß. Die Beweislast für das Vorliegen der tatsäch­ lichen Voraussetzungen einer Rechtsverletzung trägt also der Verletzte; Zweifel gehen zu seinen Lasten. 12 Für die Beurteilung, ob ein Erzeugnis Kunstschutz genießt, hat die Rechtsprechung verlangt, es seien ,, ... diejenigen Formen auf­ zuzeigen und zu beschreiben, in denen die ästhetische Wertung ihre Gundlage

8

§ 1 Abs.2, 3 HISchG. Dazu s.o., § 7 I. rn Dazu oben, § 8 I. 11 Die Beweislast ist insoweit anders als beim gutgläubigen Erwerb beweglicher Sachen nach § 932: Dort muß derjenige, der den Eigentumsübergang auf den Erwerber bestreitet, beweisen, daß der Veräußerer Nichteigentümer und der Erwerber bösgläubig war. 12 Vgl. Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 63 zu § 97. 9

IJI. Das Verfahren nach dem Urheberrechtsgesetz

141

hat, auf denen daher der rechtliche Schutz beruht und in deren Nachbildung allein eine Urheberrechtsverletzung erblickt werden kann"Y Der Urheber oder Schutzrechtsinhaber braucht aber in einem Verletzungsprozeß nicht zu bewei­ sen, daß sein Werk eine persönliche geistige Schöpfung ist: Behauptet der Verletzer, der Urheber habe seinerseits auf bekanntes, gemeinfreies Formengut zurückgegriffen, so trägt er die Beweislast dafür. 14 Der Richter muß sich durch eigene Anschauung ein Bild von der Urheber­ rechtsqualität des fraglichen Gegenstands machen. Die Feststellung der erfor­ derlichen schöpferischen Eigenheiten setzt voraus, daß er einen Gesamtver­ gleich mit dem Vorbekannten anstellt; die Grundlage für diesen Vergleich muß der Prozeßbeteiligte schaffen, der die Darlegungslast für die Originalität des Werks hat. Der Kläger hat dazu nach Ansicht der Rechtsprechung nicht nur das Werk selbst vorzulegen, sondern auch nachzuweisen, daß der gebotene Abstand zum vorbekannten Formengut eingehalten ist. 1 5 Macht demgegenüber der Be­ klagte geltend, die Schutzfähigkeit entfalle, weil der Urheber auf vorbekannte Formen zurückgegriffen habe, muß er diesen Vorwurf durch Vergleich mit einem älteren Werk darlegen und beweisen. 1 6 Wo der Richter allerdings keinen ästhetischen Gesamteindruck beurteilen kann, reicht die Vorlage des Werks nicht aus. Dies betrifft vor allem Werke der „kleinen Münze" und Objekte, bei denen funktionale und technische Aspekte berücksichtigt werden müssen. 1 7 2. Umfang der Darlegungslast bei Software Bei der Beurteilung der Schöpfungshöhe von Computerprogrammen kann sich das Gericht nicht durch Betrachtung des Werks und Vergleich mit vorbekannter Software einen Gesamteindruck von der konkreten Formgestaltung verschaffen. Der Richter ist daher auf verständliche Programmbeschreibungen angewiesen, 13 BGH, Urt. v. 10.10.1973 ,,Sessel", GRUR 1974, 740, 741; vgl. auch Urt. v. 30.9.1964 ,,Küchenmaschine", GRUR 1965, 198, 200 zum Geschmacksmusterschutz. 14 BGH, Urt. v. 27.5.1981 „Stahlrohrstuhl II", G RUR 1981, 820, 822; Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 63 zu § 97. 15 BGH, ,,Stahlrohrstuhl II", GRUR 1981, 820, 822; RG, Urt.v.17.4.1929, RGZ 124, 68, 71. 16 BGH, ,,Stahlrohrstuhl 11", GRUR 1981, 820, 822; Urt. v. 4.10.1990 ,,Betriebssystem", CR 199 1, 80, 84. Zum Vergleich mit dem Vorbekannten beim Geschmacksmuster auch BGH, Urt. v. 30.9.1964 „Küchenmaschine", GRUR 1965, 198, 199 ff. 17 Vgl. Schulze, CR 1986, 782.

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§ 9 Die Durchsetzung von Ansprüchen im Prozeß

die die schöpferischen Elemente erkennen lassen. Der darlegungspflichtige Kläger hat die schwierige Aufgabe, ,,... die formgestalterischen Strukturen seines Programms, dessen Beurteilung ( ... ) in gewissem Umfang sogar ein Ver­ ständnis der Technik der Hardware voraussetzt, auch für den Nichtfachmann nachvollziehbar zu umschreiben" . 1 8 Das Gericht muß sich das notwendige Verständnis erforderlichenfalls mit Sachverständigenhilfe verschaffen. 1 9 Vielfach wird schon zur Erläuterung von Hilfsmitteln wie z.B. Programmlisten und Datenflußplänen das Gutachten eines Sachverständigen beigebracht werden. 20 Dieses Privatgutachten sollte minde­ stens belegen, wie die Aufgabenstellung des Programms üblicherweise zu lösen ist und wie sie bislang bewältigt wurde, welche Gestaltungsvarianten überhaupt offenstehen und durch welche Darstellungsweise davon Gebrauch gemacht wur­ de.2 1 Für das substantiierte Klagevorbringen ist es dabei nicht erforderlich, daß eine ,, ... der sinnlichen Wahrnehmung zugängliche Synopse der konkreten und vorbekannten Formgestaltungen"22 angefertigt wird. 23 Der Bundesgerichtshof hielt es für ausreichend, daß der Kläger, nach der Er­ läuterung von allgemeiner Bedeutung, Struktur und Funktion des Betriebssy­ stems einer Datenverarbeitungsanlage, darlegte, wo ein Gestaltungsspielraum bei der Schaffung eines solchen Programms besteht. Dazu führte er konkrete Beispiele für unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Form und Art der Sammlung, Auswahl und Gliederung der zur Steuerung des Computers und der mit ihm verbundenen Anschlußgeräte erforderlichen Befehle vor. Weiter stellte der Kläger Vergleiche zu Betriebssystemen anderer Hersteller mit anderen Schwerpunkten an und lieferte umfangreiche Systembeschreibungen ab.24

18 BGH, Urt.v.4.10.1990 ,,Betriebssystem", CR 1991, 80, 83. 19 BGH „Betriebssystem", CR 1991, 80, 83.Vgl.auch LG Braunschweig, Urt. v.5.11.1985, CR 1986, 805, 807; Fromm / Nordemann / Vinck, Rn.44 zu § 2. 20 Kritisch Schulze, CR 1986, 784. Zu Sachverständigengutachten, die zur Ausfüllung unbe­ stimmter Rechtsbegriffe wie „Stand der Technik" und „Regeln der Technik" z.B. im Bereich des Immissionsschutzrechts in veiwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden, weil die Gerichte selbst nicht sachkundig genug sind, um die wissenschaftlich-technischen Fragen be­ antworten zu können vgl. Vieweg, NJW 1982, 2473. 21 Fromm / Nordemann / Vinck, Rn.44 zu § 2. 22 OLG Hamm, Urt. v.27.4.1989, CR 1989, 592, 594. 23 BGH ,,Betriebssystem", CR 1991, 80, 84 gegen die Forderung des Berufungsgerichts OLG Hamm, Urt.v. 27.4.1989, CR 1989, 592, 594. 24 BGH ,,Betriebssystem", CR 1991, 80, 83 f.

III. Das Verfahren nach dem Urheberrechtsgesetz

143

Ausdrücklich wurde festgestellt, daß es unbeachtlich sei, mit welchem Auf­ wand und welchen Kosten ein Programm konzipiert wurde. 25

3. Die Darlegungslast bei Prozessen um die Verletzung von Mikrochip-Layouts Diese Maßstäbe müssen in ähnlicher Form auch bei Prozessen gelten, die eine Verletzung von Rechten an Mikrochip-Konstruktionszeichnungen zum Gegen­ stand haben. In einem Mikrochipdesign-Verletzungsprozeß muß die Lösung eines Problems auf neuem Wege, die Anordnung von Schaltelementen in ver­ änderter Form zunächst durch schriftliche Dokumentationen belegt werden können. Da der Richter diesen Entwicklungsbeleg aber nicht ohne weiteres als Unterscheidungsnachweis zu vorbestehenden Mikrochiplayouts beurteilen kann, wird in vielen Fällen schon in diesem Stadium die Erklärung eines Gutachters erforderlich sein. Zwar wird für den Bereich der Computerprogramme erwartet, daß die Gerich­ te mit zunehmender praktischer Erfahrung in der Lage sein werden, Kriterien für eine vereinfachte Prüfung von Software zu entwickeln26, ob dies aber angesichts der geringen Zahl von Verfahren - auch in bezug auf Mikrochips so sein wird, darf bezweifelt werden.

4. Beweisfragen bei reverse engineering nach Halbleiterschutzrecht und Urheberrecht Die Abgrenzung von freier und unfreier Benutzung im Einzelfall ist schwie­ rig. Daraus entsteht das Problem, im Prozeß erlaubtes reverse engineering oder die freie Benutzung i.S .d. § 24 Abs. 1 UrhG zu beweisen und sich damit gegen den Vorwurf der unbefugten Kopie zu verteidigen. Auf dem Gebiet des Halbleiterschutzes wurde nach einem Verfahren gesucht, um reverse engineering vom widerrechtlichen Kopieren zu unterscheiden. Man

25 BGH ,,Betriebssystem", CR 1 991, 80, 85; vgl. auch Erdmann, CR 1 986, 255. 26 Erdmann, CR 1986, 255.

144

§ 9 Die Durchsetzung von Ansprüchen im Prozeß

fand, daß dem sog. ,,paper trail" dabei eine bedeutende Aussagekraft zukom­ me. 27 Bei dieser ,,Papierspur" handelt es sich um Zeichnungen, Diagramme, Skizzen und rechnergestützte Simulationen, die als Entwurfsmaterial entstehen. Sie führen zum Verständnis der Schaltung und ihrer Strukturen und können zum Entwurf eines neuen Layouts herangezogen werden.28 Maßgeblich auf die Vorlage einer solchen ,,Papierspur" stützte auch der Be­ klagte im einzig bis jetzt bekanntgewordenen Rechtsstreit seine Verteidigung gegen den Vorwurf der unrechtmäßigen Kopie eines Mikrochips.29 Die Aussicht, mit dem „paper trail" ein sicheres Beweismittel zu erhalten, ließ in der Diskussion die Schwierigkeit der Unterscheidung des reverse engineering von der „abgekupferten"3° Kopie zunächst übersehen31 : ,,Whenever there is a true case of reverse engineering, the second firm will have prepared a great deal of paper - logic and circuit diagrams, trial layouts, computer simulations of the chip, and the like; it will also have invested thousands of hours of work. All of these can be documented by reference to the firm's ordinary business records. A pirate has no such papers, for the pirate does none of this work. The paper trail of a chip tells a discerning observer whether a chip is a copy or embodies the effort of reverse engineering. Hence, cases will rarely arise that are in a grey zone between clear copying and clearly legitimate reverse engi­ neering, since most actual fact situations in this field are either at one end or the other of the spectrum. "32 In der Literatur wurde zwar zugegeben, daß der Übergang zwischen eindeutig feststellbarer Kopie und legitimiertem reverse engineering fließend sei. Dennoch könne darauf vertraut werden, daß der „paper

27 „The many schematic and layout diagrams in which transistors are connected to perform specific electronic functions, and the computer simulations of their operations, are the basis of the design process. They would serve both to illustrate the differences between the earlier and later chips, and to reflect the cost of the layout designer's time", Raskind, Minnesota Law Review 70 (1986), 409 / 410. Vgl. auch Senate Report, S. 22; Kastenmeier, Journal of the Copyright Society of the USA 33 (Jan. 1986), 146. Auch Stern, IEEE Micro, August 1986, 61, stellt im angeführten Fallbeispiel entscheidend auf die „wheelbarrow füll of paper trail" ab. 28 Vgl.Senate Report, S. 22; Massaguer-Fuentes / Perez-Frias, CR 1988, 376. 29 Entscheidung des U.S. District Court for the Southem District of Califomia v. 13.12.1988 „Brooktree Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., teilweise in deutscher Übersetzung abgedruckt in GRUR Int. 1989, 594 ff. 30 Begr.zum Entwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 11 / 454, S. 16. 3 1 Raskind, Minnesota Law Review 70 (1986), 405: .,The idea that legitimate reverse engineering would have a 'paper trail' of probative evidence of conduct within acceptable industry norm cap­ tivated the legislators." 32 Senate Report, S. 22.

III . Das Verfahren nach dem Urheberrechtsgesetz

145

trail" und das Zeugnis von Experten schon für eine ausreichende Zuordnung des fraglichen mask work sorge.33 Der „paper trail" als Lösung aller Beweisprobleme fand dennoch auch Kriti­ ker: Es wurde angenommen, daß es einfach sei, den „paper trail" nachträglich anzufertigen und auf diese Weise aufwendige Entwicklungs- und Analysearbeit vorzutäuschen. Der amerikanische Gesetzgeber allerdings war überzeugt, daß Mikrochip-,,Piraten" Zeit und Anstrengungen nicht würden aufwenden wollen, um eigens einen „paper trail" herzustellen. 34

33 Vgl. Stern, Minnesota Law Review 70 ( 1986), 337 f. 34 Vgl. Ladd / Leibowitz I Joseph, S. 39.

10 Wippennann

§ 10 Schutzdauer /. Die Schutzdauer in Halbleiterschutzgesetzen Die Schutzfrist für Mikrochips nach dem Halbleiterschutzgesetz endet nach dem Halbleiterschutzgesetz mit dem Ablauf des zehnten Kalenderjahres nach dem Jahr des Schutzbeginns. 1 In den Gesetzentwürfen, die zur Entwicklung des SCPA führten, wurde in be­ zug auf Mikrochips einheitlich eine kürzere Schutzfrist als die für klassische Werke des Urheberrechts für angemessen gehalten. Man war der Ansicht, daß die 75-jährige Dauer des Urheberrechtsschutzes bei Halbleiterbauelementen nicht erforderlich sei, vielmehr erscheine eine Dauer von zehn Jahren als aus­ reichend, um Investitionen zu sichern und die Kosten für Forschung und Ent­ wicklung zu decken.2 Da das „kommerzielle Leben"3 von Mikrochips mit zwei bis fünf Jahren relativ kurz sei, genüge ein Zeitraum von zehn Jahren, um Her­ steller von Halbleiterbauelementen anzuspornen, in Forschung und Entwicklung neuer Designs zu investieren.4 Außerdem verfolge das Urheberrecht das Ziel, dem Urheber eine begrenzte Zeit des Schutzes gegen Vervielfältigung zu ge­ währen und dafür als „Gegenleistung" zu fordern, daß nach Ablauf der Zeit das Werk der Allgemeinheit gehöre, wo es neue Früchte tragen solle.5 Das dem Immaterialgüterrecht innewohnende Prinzip dieser Bereicherung des Allgemein­ guts; nachdem der Schöpfer die Möglichkeit gehabt habe, aus der Verwertung seines Werks Nutzen zu ziehen, solle auch für den Schutz von Mikrochips gel-

1

§ 5 Abs. 2 HISchG.; ebenso Art. 7 Abs. 3 EG-Richtlinie; § 904 (b) SCPA; vgl. zur Schutzdauer Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 1 1 / 454, S. 22. 2 Senate Report, S. 22. 3 Kullmann, S. 158. 4

Barker, South Texas Law Journal 24 (1983), 850; Samuelson, Minnesota Law Review 70

( 1 986), 492.

5 Zum „public domain"-Prinzip im amerikanischen Copyright vgl. Brown, Minnesota Law Review 70 ( 1 986), 593.

II. Die Schutzdauer im Urheberrecht

1 47

ten; in der verkürzten Schutzfrist wurde ein wesentlicher Aspekt für dieses Ziel gesehen.6

II. Die Schutzdauer im Urheberrecht

Die Schutzfrist des Urheberrechts beträgt mit wenigen Ausnahmen 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers (§ 64 Abs. 1 UrhG). Nach dem Ablauf dieser Zeit werden die Werke gemeinfrei, die vom Urheberrecht gewährten Verwertungs­ rechte erlöschen und das Werk kann von jedermann, insbesondere auch dem gewerblich Tätigen, verwertet werden, ohne daß er die Zustimmung des Urhe­ bers oder dessen Rechtsnachfolger einholen müßte. 7 Die Länge der Schutz­ dauer führte zu Zweifeln an der Tauglichkeit des Urheberrechts als Instrument der Investitionsförderung: Vor allem komme dem Urheberrecht eine belohnen­ de, nicht eine die Schaffung neuer Werke anspornende Wirkung zu. Nach ökonomischen Grundsätzen müsse davon ausgegangen werden, daß die bis nach Lebensende gesicherten hohen Einkommen eher zu einer Minderung als zu einer Steigerung der Tätigkeit etwa eines erfolgreichen Autors führten. Die Gewährung eines langen Urheberrechtsschutzes führe dazu, daß das Urheber­ recht sich nicht als Instrument der Entwicklungsförderung eigne. 8 Es war das erklärte Ziel aller Gesetzgebungsvorhaben, Entwicklung und Investition auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie zu fördern. An diesem Anspruch muß sich auch das Bestreben messen lassen, das im Urheberrecht einen wirksamen Schutz für die Erzeugnisse der Mikrochipindustrie sieht. Schon in der Vergangenheit entzündete sich, gerade an Werken der ,,kleinen Münze", wie z.B. auch Konstruktionszeichnungen, die Diskussion, ob die lange Schutzdauer solchen Werken angemessen sei. Es wurde vorgeschlagen, die Schutzfrist für unschöpferische, bloß „technische" Konstruktionszeichnungen zu verkürzen, denn Streitfälle dürften wegen der sich schnell fortentwickelnden Technik nach zehn Jahren kaum noch vorkommen.9 Dieses nur kurzfristige Interesse der Allgemeinheit ist allen Erzeugnissen der „kleinen Münze" eigen.

6

Vgl. Samuelson, Minnesota Law Review 70 ( 1986), 493. 7 Schricker / Katzenberger, Rn. 5 zu § 16; Ulmer, S. 347; Hubmann / Rehbinder, S. 1 85. 1 Kullmann, S. 67 / 68.

9

10•

Witte, GRUR 1 964, 538.

148

§ 10 Schutzdauer

Es führt dazu, daß die lange Dauer des Schutzes i.d.R. nicht ausgenutzt wird 10, das heißt, daß schon nach Ablauf von weit weniger als 70 Jahren die Bedeu­ tung des Werks so gering geworden ist, daß eine Vervielfältigung oder Ver­ breitung wirtschaftlich uninteressant wäre. Das Argument der zu langen Schutz­ dauer dürfte deshalb bei den kurzlebigen Erzeugnissen der „kleinen Münze" nicht so schwer wiegen. 1 1 Auch für die Förderung von Forschung und Ent­ wicklung scheint die Schutzfrist in der Vergangenheit eher eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben: So wurde festgestellt, daß auch Novellen, die die Entwicklung eines wirtschaftsunterstützenden Schutzrechts fördern sollten, an den langen Schutzfristen des alten, persönlichkeitsgeprägten Urheberrechts festhielten. 1 2 Parallelen können auch zu Konstruktionszeichnungen von Mikrochips gezogen werden. Ist z.B. ein bestimmter Mikroprozessor einmal durch eine Neuentwick­ lung technisch überholt, wird er zwar noch eine zeitlang in Billigprodukten eingesetzt, danach aber hat er so an Bedeutung verloren, daß schon nach zehn Jahren seine Verfügbarkeit für die Allgemeinheit nicht zu einem schwunghaften Handel mit - nun erlaubt hergestellten - Kopien führen würde. Geht es nur um die Vermittlung der Kenntnisse seines Aufbaus, kann darauf verwiesen wer­ den, daß schon während der ,,Lebenszeit" des Chips mit dem rechtmäßigen Ver­ fahren der wissenschaftlichen Analyse und der freien Benutzung (,,reverse engineering") die Möglichkeit besteht, die verkörperten Informationen zur Fortentwicklung der Technik zu nutzen. Die lange Schutzdauer für Konstruktionszeichnungen von Mikrochips ist daher zwar unnötig, aber weder für den Schöpfer, noch für die Allgemeinheit nach­ teilig und zu den Zielen des Urheberrechts widersprüchlich. 13

1 0 So auch Reimer, GRUR 1980, 575. Für die Urheberrechtsfähigkeit von Computerprogrammen mit diesem Argument vgl. auch Ulmer / Kolle, GRUR Int. 1 982, 500; Reformentwurf zur Berner Konvention, BCP / CE / I / 2, S. 9. 1 1 Schricker / Schricker, Ein!. Rn. 30. Kritisch dagegen Dietz, S. 1 1 5.

1 2 Vgl. Dietz, S. 1 1 5. Auch der Vorschlag des Rats der Europäischen Gemeinschaften zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter veiwandter Schutzrechte vom 23.3. 1992 (GRUR Int. 1 992, 452-454) sieht eine Schutzdauer von grundsätzlich siebzig Jahren nach dem Tod des Urhebers vor. 1 3 So zu Recht Reimer, GRUR I 980, 575, mit Bezug auf Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art.

§ 11 Die arbeitsvertragliche Einräumung von Nutzungsrechten

Die Entwicklung einer nur mit großem technischen Aufwand zu schaffenden Topographie ist außerhalb eines Arbeitsverhältnisses kaum vorstellbar. 1 Die Gesetze, die einen Sonderschutz für Halbleitererzeugnisse vorsehen, haben dieser Situation in einer besonderen Weise Rechnung getragen, die z.T. Par­ allelen mit dem Urheberrecht aufweist, z.T. aber auch von urheberrechtlichen Grundsätzen abweicht. I. Die Rechtslage nach den Halbleiterschutzgesetzen

Der SCPA sieht vor, daß die Rechte an einem schutzfähigen Maskenwerk des­ sen Inhaber gehören, der sie insgesamt übertragen oder Teillizenzen erteilen kann. 2 Unter dem Inhaber eines Maskenwerks ist derjenige zu verstehen, der das Maskenwerk geschaffen hat. Falls das Maskenwerk im Rahmen eines Be­ schäftigungsverhältnisses entwickelt wurde, soll allerdings Rechtsinhaber der Arbeitgeber sein. 3 An diesem Konzept orientiert sich die EG-Richtlinie: Sie bestimmt, daß der Anspruch auf Schutz grundsätzlich für Personen gilt, die Schöpfer der Topographien von Halbleitererzeugnissen sind.4 Eine Ausnahme besteht für Topographien, die im Rahmen eines Arbeits- oder Auftragsverhält­ nisses entwickelt wurden. Ihr Schutzanspruch soll dem Arbeit- oder Auftragge­ ber zustehen, solange die Beteiligten nichts anderes vereinbart haben. 5 Eine beinahe gleichlautende Regelung trifft das Halbleiterschutzgesetz. 6 In der Begründung des Regierungsentwurfs wird erklärt, die Vorschrift entspreche dem Grundsatz der Rechte zum Schutz geistigen Eigentums, nach dem das

1

2

Dreier, GRUR Int.1987, 657; Meijboom, GRUR Int. 1988, 925.

§ 903 (a), (b) SCPA. 3 § 901 (a) 6. SCPA. 4 Art. 3 Abs.1. 5 Art. 3 Abs.2 Buchst. (a), (b). 6 § 2 Abs. l, 2 HISchG.

1 50

§ 1 1 Die arbeitsvertragliche Einräumung von Nutzungsrechten

Schutzrecht dem Schöpfer oder Erfinder der geschützten Leistung zustehe. 7 Be­ fremdlich wirkt dabei, daß der Gesetzgeber in seiner Begründung wie selbst­ verständlich auf den Begriff des Schöpfers zurückgreift, obwohl dies im Wider­ spruch zu seinem erklärten Ziel steht, ein Schutzrecht sui generis zu entwik­ keln. 8 Wenn ein Ingenieur im Arbeits- oder Auftragsverhältnis das Layout eines Mi­ krochips entwirft, entstehen die Rechte also in der Person des Arbeitgebers. Dies wird allgemein mit der Sachgerechtigkeit begründet: Der Rechtsschutz sei grundsätzlich demjenigen zuzusprechen, der hohe Forschungs- und Entwick­ lungskosten aufwende. Dahingegen erscheine es zumutbar, die Rechte des Er­ finders oder Schöpfers dem Recht auf Investitionsschutz des Arbeit- oder Auf­ traggebers nachzuordnen.9 Es wird allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es bei den Regelungen des Urheberrechts bleibe, falls die entwickelte Topographie urheberrechtliche Schutzhöhe erreiche. 1 0

II. Regelungsmöglichkeiten im Urheberrecht

Nach § 7 UrhG entsteht das Urheberrecht am Werk grundsätzlich in der Per­ son des Schöpfers, der es als solches nicht übertragen kann (§ 29 S. 2 UrhG). Der Urheber hat aber die Möglichkeit, einem anderen ausschließliche oder ein­ fache Rechte zur Nutzung des Werks (Lizenzen) einzuräumen, die sich auf ein­ zelne, aber auch auf alle Nutzungsarten erstrecken können (§ 3 1 Abs. 1 S. 1 , 2 UrhG). Im Ergebnis kann damit die Nutzung ausschließlich in der Hand eines oder mehrerer Berechtigten liegen 1 1 , beim Urheber bleiben nur die Befugnisse, die aus dem unübertragbaren Persönlichkeitsrecht fließen. Die Einräumung von Nutzungsrechten kann nicht mit der Übertragung von Sachgütern, auch nicht mit der Verfügung über Forderungen verglichen werden. 1 2 Da das Stammrecht beim Urheber bleibt, der durch die Nutzungsrechte in seinen ausschließlichen

7 BT-Drs. 1 1 / 454, S. 17. 8 Dementsprechende Skepsis äußert auch Werum, S. 68; vgl. auch Dreier, GRUR Int. 1987, 657. 9 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. I I / 454, S. 17; Dreier, GRUR lnt. 1987, 657. 10 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 1 l / 454, S. 17; zum Verhältnis zum Arbeitnehmererfindungsgesetz vgl. Geissler, S. 32. 11 Fromm / Nordemann / Hertin, Rn. 3 vor § 3 1 . Vgl. zur Abgrenzung von Nutzungs- und Ver­ wertungsrechten schon oben, § 2 III. 2. 12 Ulmer, S. 359.

II . Regelungsmöglichkeiten im Urheberrecht

151

Befugnissen beschränkt wird, wird eher eine Parallele in der Belastung eines Grundstücks mit einer Dienstbarkeit gesehen. 1 3 Der Grundsatz der Unübertrag­ barkeit des Urheberrechts 14 steht den Interessen der Halbleiterindustrie ent­ gegen: Während Kosten für Forschung und Entwicklung von Halbleiterbauele­ menten durch die Industrie als Arbeitgeber aufgebracht werden, spricht das Urheberrecht Nutzungsrechte und damit die wirtschaftliche Verwertung dem als Arbeitnehmer angestellten Ingenieur / Urheber zu. Die Frage nach der Übertragbarkeit von Nutzungsrechten stellt sich nicht erst im Zeitalter von Computerprogrammen und Mikrochips. Schon länger gibt es in Büros angestellte Graphiker, Zeichner und Architekten, die nicht als Unter­ nehmer selbständige Partner eines Werkvertrags, sondern für den Entwurf be­ stimmter, im Einzelfall urheberrechtsfähiger Zeichnungen und Pläne angestellt sind. Sogar die meisten der ,,klassischen" technischen Darstellungen werden im Rahmen von Arbeitsverhältnissen entwickelt. 15 Auch Journalisten, Übersetzer, Werbetexter, Photographen schaffen innerhalb ihrer Tätigkeit als Angestellte urheberrechtsfähige Werke. Immer in diesen Fäl­ len sollen die Arbeitsergebnisse Erwerbszwecken des Arbeitgebers dienen, da­ her ist er darauf angewiesen, daß ihm die wirtschaftliche Verwertung ermög­ licht wird. 16

1 . Voraussetzungen des § 43 UrhG § 43 UrhG bestimmt für Werke, die von Urhebern in Erfüllung von Verpflich­ tungen aus Arbeitsverhältnissen geschaffen wurden, daß auch auf sie die §§ 3 1 ff. UrhG für die Einräumung von Nutzungsrechten anwendbar sind, soweit sich nicht aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeitsverhältnisses etwas anderes ergibt.

13 Fromm / Nordemann / Henin, Rn. 4 vor § 3 1 ; Hubmann / Rehbinder, S. 193. Kritisch Schriclcer Schricker, Rn. 43 vor §§ 28 ff.; vgl. auch Ulmer, S. 358 ff.; Leßmann, S. 93 . 14 Zum anderen System des amerikanischen Urheberrechts vgl. Braveman, UATA 61 ( 1978), 77 ff. 15 16

Moser, S. 270. Vgl. Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 3 zu § 43.

152

§ 1 1 Die arbeitsvertragliche Einräumung von Nutzungsrechten

Voraussetzungen des § 43 UrhG sind die Angestellteneigenschaft des Schöp­ fers und das Schaffen von Werken innerhalb des Arbeitsverhältnisses. 17 Der typische Schöpfer eines Schaltungsentwurfs arbeitet als abhängiger Urheber. Zu den vertraglich festgelegten Arbeitspflichten des angestellten Urhebers muß es i.S.d. § 43 UrhG gerade gehören, Werke mit Urheberrechtsqualität zu schaf­ fen. 1 8 Ein enger innerer Zusammenhang mit den arbeitsvertraglichen Pflichten reicht aus. Er ist nicht gegeben, wenn der Urheber nur bei Gelegenheit der Erfüllung arbeitsrechtlicher Verpflichtungen schöpferisch tätig wird oder wenn der Arbeitnehmer ein Werk außerhalb seiner betrieblichen Obliegenheiten im privaten Bereich erstellt. 19 In dieser Untersuchung soll von der typischen Situation eines angestellten Ingenieurs ausgegangen werden, der gerade die ar­ beitsvertraglich festgelegte Aufgabe besitzt, Layouts von Halbleiterbauelemen­ ten zu entwerfen. 2. Die Einräumung von Lizenzen an den Arbeitgeber Entwirft der angestellte Ingenieur eine Konstruktionszeichnung, die die Vor­ aussetzungen einer eigenen persönlichen Schöpfung erfüllt, so entsteht das Ur­ heberrecht am Werk in seiner Person. Wirken mehrere zusammen und leisten Einzelbeiträge, die für sich selbst genommen nicht urheberrechtsfähig sind, aber gemeinsam ein Werk i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG entstehen lassen, sind sie nach § 8 Abs. 1 UrhG Miturheber. In diesem Fall müssen alle Miturheber auch bei der Einräumung von Nutzungsrechten zusammenwirken.20 Der Arbeitgeber ist interessiert, die Ergebnisse der Arbeitsleistungen geschäft­ lich zu verwerten. Vervielfältigen und verbreiten kann er sie aber erst, wenn er dazu berechtigt ist, d.h. wenn ihm Nutzungsrechte (Lizenzen) eingeräumt wor­ den sind.

17 Gemäß § 43 UrhG gelten die §§ 31 ff.UrhG auch für Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst; vgl.Schricker I Rojahn, Rn. 10 zu § 43. I n der vorliegenden Untersuchung soll dieser Be­ reich vernachlässigt werden, weil nur der Fall des im privaten Verhältnis angestellten Urhebers in der Praxis von Bedeutung ist. 18 Fromm / Nordemann / Hertin, Rn. 2; Schricker / Rojahn, Rn. 2 1 ff. zu § 43 ; Sack, BB 1991, 2 1 66. 19

Vgl. Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 2 zu § 43; Ulmer, S. 402; Hubmann / Rehbinder, S. 1 1 I ; mit Bezug auf Computerprogramme Kindermann, GRUR 1985, 1 009; Henkel, BB 1987, 833 f.; Sack, BB 199 1 , 2 1 66 f. 20

Für Computerprogramme vgl. Kalle, GRUR 1985, 1019 f.; Denkschrift, GRUR 1979, 3 02.

II. Regelungsmöglichkeiten im Urheberrecht

153

Lizenzen werden i.d.R. nach §§ 3 1 ff. UrhG formfrei eingeräumt, eine Aus­ nahme sieht § 40 UrhG für künftige Werke vor. Sowohl schriftliche als auch mündliche ausdrückliche Vereinbarungen sind möglich. Treffen Arbeitgeber und angestellter Urheber im Arbeitsvertrag ausdrückliche Regelungen, können sie nach ihren individuellen Vorstellungen Nutzungsrechte einräumen, Beschrän­ kungen vorsehen und damit die Verwertungsrechte auf die speziellen Bedürf­ nisse für den erstrebten Zweck anpassen. 2 1 a) Die stillschweigende Einräumung von Nutzungsrechten

Wenn ausdrückliche schriftliche oder mündliche Lizenzeinräumungen nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags sind, stellt sich die Frage, ob und wie die Einräumung in diesen Fällen konstruiert werden kann. Eine stillschweigende Einräumung von Nutzungsrechten durch den Arbeitnehmer kann angenommen werden, wenn der Zweck des Arbeitsverhältnisses sie erfordert, d.h. wenn auf andere Weise der Arbeitgeber das Werk nicht in angemessener Weise verwerten kann. 22 Eine ausdrückliche Vereinbarung wird gerade dann für überflüssig gehalten, wenn beide Vertragsparteien eine Verpflichtung zur Rechtseinräumung nach dem Vertragszweck als selbstverständlich zugrundelegen. 23 Hier fließt der arbeitsrechtliche Gedanke ein, daß der Arbeitnehmer das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis geschaffen hat und daher verpflichtet ist, dem Arbeitgeber die Nutzung des Werks zu ermöglichen. 24 Für angestellte Urheber im Bereich der Mikrochipentwicklung existieren noch keine Untersuchungen; hier werden deshalb Parallelen zur Situation bei ange­ stellten Programmierern im Softwarebereich gezogen, die schon Gegenstand von Erörterungen waren.25 Für die Einräumung von Lizenzen bei Computer­ programmen wurde angenommen, bereits aus dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses könne i.d.R. eine stillschweigende Übertragung der Rechte

21

Zu Vor- und Nachteilen stillschweigender und ausdrücklicher Nutzungseinräumung Kinder­ mann, GRUR 1985, 1012- 1016. 22 Vgl. z.B. Fromm / Nordemann / Hertin, Rn.8 vor § 3 1 ; für Computerprogramme Sack, BB 199 1 , 2 167 f. 23 BGH, Urt. v. 22.2 . 1974 ,,Hummelrechte", GRUR 1974 , 480, 483 ; LAG München, Urt. v. 16.5. 1986, BB 1987, 837 (LS). 24 Vgl. für Computerprogramme Kalle, GRUR 1985, 102 1 ; Sack, BB 199 1 , 2 167.

25 Vgl. z.B. Buchmüller, S.86 ff.; Kindermann, GRUR 1985, 1008 ff.; Kalle, GRUR 1985, 1016 ff.; Koch, CR 1985, 86 ff.; Henkel, BB 1987, 833 ff.; Sack, BB 199 1 , 2 165 ff.

154

§ 1 1 Die arbeitsvertragliche Einräumung von Nutzungsrechten

an den in seiner Erfüllung geschaffenen Werken abgeleitet werden.26 Die An­ nahme einer stillschweigenden Rechtseinräumung wird damit gerechtfertigt, der unselbständige Werkschöpfer wisse, daß er letztlich für seinen Dienstherrn tätig sei.27 b) Umfang der Lizenzeinräumung - Die Zweckübertragungstheorie

Heftig umstritten ist, in welchem Umfang der Arbeitgeber das Werk nutzen darf und welche Rechte der Urheber behält. Der Urheber räumt einem Dritten Nutzungsrechte an seinem Werk ein, damit dieser es wirtschaftlich verwertet. Dazu besteht insbesondere die Möglichkeit, es gemäß §§ 16, 17 UrhG zu vervielfältigen und zu verbreiten.28 Die Vertrags­ parteien können die Rechte ausdrücklich und speziell bezeichnen. Treffen sie in einem Vertrag keine Abreden darüber, muß durch Auslegung ermittelt werden, welche Nutzungsmöglichkeiten der Urheber dem Arbeitgeber übertragen hat. Eine Hilfe bei der Interpretation bietet die sog. ,,Zweckübertragungstheorie"29, die die Rechtsprechung entwickelte und die in § 31 Abs. 5 UrhG Ausdruck ge­ funden hat. Sie stellt bei der Frage nach dem Umfang der eingeräumten Rechte auf den vertraglich verfolgten Zweck ab. Nach h.M. sind dem Arbeitgeber die Nutzungsrechte insoweit einzuräumen, wie er sie für seine betrieblichen Zwecke benötigt. 30 Für die Entscheidung, ob dem Arbeitgeber ein ausschließliches oder einfaches Nutzungsrecht eingeräumt wird, führt die Zweckübertragungstheorie zur Annahme, daß es sich im Zweifel um eine ausschließliche Lizenz han­ delt.3 1 Nur diese Interpretation wird den Interessen der Beteiligten gerecht: Der Nutzungsberechtigte kann das Werk nur in angemessener Weise vervielfäl­ tigen und verbreiten, wenn alle anderen, auch der Urheber selbst, von der

26 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. IV / 270, S. 62. 27 Buchmüller, S. 70. 28 Die anderen in § 15 UrhG aufgeführten Verwertungsarten sollen hier nicht erörtert werden, weil nur die Vervielfältigung und die Verbreitung für die Praxis der Halbleiterindustrie bedeutsam sind. 29 Ausführlich zu Geschichte und dogmatischer Einordnung Fromm / Nordemann / Hertin, Rn. 12 ZU §§ 31, 32. 30 OLG Koblenz, Urt. v. 13.8. 198 1 , BB 1983, 992, 993 / 994 für Computerprogramme; Schri­ cker / Rojahn, Rn. 5 1 ff. zu § 43. 31 Vgl. Ulmer, GRUR 1984, 433.

II. Regelungsmöglichkeiten im Urheberrecht

155

Nutzung ausgeschlossen sind. 32 Nur so wird der Arbeitgeber auch in angemes­ sener Weise an der Nutzung des in die Arbeit eingeflossenen betrieblichen know-hows beteiligt. 33

c) Begrenzung der Nutzung durch persönlichkeitsrechtliche Befugnisse des Urhebers

Die Nutzungsrechte enthalten auch persönlichkeitsrechtliche Bestandteile. Bei der Einräumung von Lizenzen ist deshalb fraglich, ob und inwieweit die Aus­ übung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse eingeschränkt wird.

aa) Anerkennung der Urheberschaft Der Anspruch des Urhebers nach § 13 UrhG darauf, daß seine Urheberschaft anerkannt, insbesondere sein Name genannt wird, ist an den branchenüblichen Gepflogenheiten zu messen. 34 Ein Recht auf Namensnennung wird anerkannt, soweit es dem betrieblichen Zweck nicht zuwiderläuft. 35 Das Interesse des Arbeitnehmers an der Bezeichnung des Werks mit seinem Namen wird im Bereich der Mikrochipentwicklung nicht besonders groß sein, denn für eine vorteilhafte wirtschaftliche Verwertung des Layouts, vor allem für seine Verbreitung, gibt der Name des Unternehmens den Ausschlag. Ein still­ schweigender Verzicht des Ingenieurs kann daher angenommen werden. 36 bb) Ä nderungsrecht Außerdem stellt sich die Frage, wie weit sich der Urheber die Einwilligung zur Verwertung eines geänderten Werks nach § 23 S. 1 UrhG vorbehalten darf. 32 So Rupp, ZUM 1986, 14 für Computerprogramme; ebenfalls Henkel, BB 1987, 833 : uneingeschränktes Recht des Arbeitgebers zur Nutzung und Verwertung der Software. 33

Vgl. Rupp , ZUM 1986, 14.

34

Schricker / Rojahn, Rn. 81 zu § 43 ; Fromm / Nordemann / Hertin, Rn. 2 Anm. b) zu § 13.

35 Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 3 Anm. d) zu § 43 ; mit Bezug auf Software vgl. Sack, BB 1 99 1 , 2170; HolUJnder, CR 1 992, 281. 36 Für Computerprogramme so Kalle, GRUR 1985, 1 023 ; ebenso Schricker / Rojahn, Rn. 86 zu

§ 43.

156

§ 1 1 Die arbeitsvertragliche Einräumung von Nutzungsrechten

Entwicklungen in der Halbleitertechnologie sind besonders schnellebig, und es kann vorkommen, daß geringfügige Änderungen eines Werks, die es nur nach § 23 UrhG umgestalten, nicht aber eine freie Benutzung nach § 24 UrhG dar­ stellen, zur Aktualisierung erforderlich sind. Falls es sich um eine zweckent­ sprechende Fortentwicklung des Werks handelt, darf der Urheber seine Zustim­ mung dazu nicht versagen.37 Nach anderer Ansicht ist der Arbeitgeber nicht aufgrund der stillschweigend eingeräumten Nutzungsrechte berechtigt, das Werk zu ändern. Seine Weisungsbefugnis gestatte es aber, Änderungen anbringen zu lassen.38

cc) Zugang zu Werkstücken und Rückforderungsrecht Der Urheber kann nach § 25 UrhG verlangen, daß der Besitzer ihm das Origi­ nal oder ein Vervielfältigungsstück seines Werks zugänglich macht, wenn nicht berechtigte Interessen des Besitzers entgegenstehen. Dieses Recht des Urhebers auf Zugang zu Werkstücken ist daher entsprechend dem Zweck des Werkschaf­ fens auszulegen: Beim Entwurf von Konstruktionszeichnungen für Mikrochips ist dafür kein Raum. Ebenso wie bei Software steht das Interesse des Besitzers (Arbeitgebers) an der Wahrung seines Betriebsgeheimnisses dem Verlangen des Urhebers entgegen. 39 Gleiches gilt für die Befugnis nach §§ 4 1 , 42 UrhG, das Nutzungsrecht unter bestimmten Voraussetzungen zurückzufordern.40 dd) Lizenzen für noch nicht bekannte Nutzungsarten Bedenken werden in bezug auf die Anwendung des § 3 1 Abs. 4 UrhG geäu­ ßert: Die einem Arbeitgeber nach der Einräumung tatsächlich zustehenden

37 Für Software so OLG Koblenz, Urt. v. 13.8. 1981, BB 1983, 992, 994; Schricker / Rojahn, Rn. 86 f. zu § 43, mit dem Hinweis auf mangelnde ideelle Interessen des Programmierers; ebenso Kolle, GRUR 1985, 1023; Sieber, BB 1983, 983; Sack, BB 199 1 , 2171. 38 Für Computerprogramme so Koch, CR 1985, 87 / 88. 39 Vgl. Holländer, CR 1992, 283; Kolle, GRUR 1985, 1024. 40 So für Computerprogramme auch Kolle, GRVR 1985, 1024; vgl. auch Möhring / Nicolini, Anm. 4 zu § 43; Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. IV / 270, S. 62.

II. Regelungsmöglichkeiten im Urheberrecht

157

Rechte seien begrenzt, weil solche Nutzungsmöglichkeiten, die sich erst später ergeben, nicht von der ursprünglichen Nutzungseinräumung erfaßt seien.4 1 Dieser Einwand überzeugt nicht. Die Schutzvorschrift soll den Urheber davor bewahren, Rechte an solchen Nutzungsarten einzuräumen, deren wirtschaftli­ chen Wert er nicht beurteilen kann, weil er sie nicht kennt. 42 Sie ist daher in erster Linie wichtig für die Verwertung künstlerischen Schaffens. 43 Nutzungs­ arten bei der Verwertung von Layoutentwürfen für Mikrochips sind nicht nur nach dem gegenwärtigen Stand der Technik, sondern auch für die nähere Zu­ kunft überschaubar. 44 d) Zeitpunkt der Einräumung von Nutzungsrechten

aa) Vorausverfügung oder Ablieferungstheorie Die Frage, in welchem Zeitpunkt der Arbeitgeber die Nutzungsrechte erwirbt, wird verschieden beantwortet: Zum einen kann die Übereinkunft dahin verstan­ den werden, daß der Urheber im Augenblick der Ablieferung des Werks dem Arbeitgeber die Nutzungsrechte daran einräumt. 45 Aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt sich dann nur eine Verpflichtung des Urhebers, dem Arbeitgeber Lizenzen einzuräumen.46 Der Zeitpunkt der Einräumung von Nutzungsrechten kann auch schon im Abschluß des Arbeitsvertrags gesehen werden, in der Form, daß der Urheber eine Vorausverfügung über die Rechte an den künftig zu erstellenden Werken trifft.47 In diesem Fall spaltet sich mit der Entstehung des Urheberrechts, also dem Augenblick, in dem das Werk als eine persönliche geistige Leistung urheberrechtsfähig ist, das Nutzungsrecht ohne weitere Über­ tragungshandlung ab.48

41

Kullmann, S.82.

42

Fromm / Nordemann / Herrin, Rn.8 zu §§ 31 / 32. 43 Bsp.bei Fromm / Nordemann / Hertin, Rn. 8 zu §§ 31 / 32: Verwertung von Filmkopien durch

die Veräußerung an die Allgemeinheit, eine bis etwa 1978 unbekannte Nutzungsart. 44 Für Computerprogramme so auch Kindermann, GRUR 1985, 1011. 45 Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 3 Anm. a) zu § 43 erklären diese Vereinbarung für den Regelfall. 46 Ulmer, S. 402. 47 Ulmer, S. 402; Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 3 Anm. a) zu § 43. 411 V. Gamm, Rn. 7 zu § 31.

158

§ 1 1 Die arbeitsvertragliche Einräumung von Nutzungsrechten

Der Zeitpunkt, in dem das Werk entsteht, kann beim Entwurf von Layouts für Mikrochips nicht exakt bestimmt werden. Es ist möglich, daß schon das Pro­ dukt eines Zwischenschritts auf dem Weg zum vollständigen Konstruktions­ entwurf eine persönliche geistige Schöpfung darstellt. Wegen der schlecht kontrollierbaren Werkqualität der Zwischenschritte wird man keine besondere Übertragung der Nutzungsrechte für jedes einzelne Werk durch spezielle Ablie­ ferungshandlungen verlangen. Andernfalls muß man sich mit Konstruktionen behelfen, um die Übergabe zu fingieren, durch die der Arbeitgeber die Möglich­ keit zur Verwertung der Werke erhält.49 Ein weiteres Problem birgt die sog. ,,Ablieferungstheorie'.so dadurch, daß die Verpflichtung zur Einräumung der Nutzungsrechte und die Verfügung zeitlich auseinanderfallen. Wenn der Arbeit­ nehmer es sich zwischendurch anders überlegt und den Vertrag nicht erfüllt, etwa_ ein Werk nicht oder nur mit Einschränkungen abliefert, muß der Arbeitge­ ber seinen Anspruch aus der Verpflichtung des Urhebers gerichtlich durch­ setzen. 51 Praxisnäher ist daher die Lösung, mit dem Abschluß des Arbeitsvertrags eine Vorausverfügung des Arbeitnehmers über die Nutzungsrechte zukünftig entste­ hender Werke anzunehmen.

bb) Schriftformerfordernis Diese Konstruktion hat in der Literatur die Diskussion ausgelöst, ob § 40 Abs. 1 S. 1 UrhG eine Schriftform für solche Vereinbarungen fordert. Für eine analoge Anwendung des § 40 Abs. 1 S. 1 UrhG auch auf Verfügungen wird vorgebracht, der Schutzzweck der Vorschrift verlange eine Schriftform auch für Verfügungen, weil der Urheber gerade dabei in der Freiheit seines Schaffens eingeengt werde. 52 Dagegen wird eingewandt, § 40 UrhG erfasse ausschließ­ lich Verpflichtungsgeschäfte. Wegen ihrer andersartigen Voraussetzungen er­ gänze die Bestimmung nicht die gegenwärtige Verfügung über künftige Rech-

49 So Kalle, GRUR 1 985, 1 023 für Computerprogramme. 50 So Kalle, GRUR 1 985, 1 023. 51 Kritisch in diesem Sinne auch Kalle, GRUR 1 985, 1 023 für Software. 52 Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 3 Anm. a) zu § 43; Fromm / Nordemann / Hertin, Rn. 4 Anm. c) zu § 40. Wegen der Einheit von Verpflichtung und Verfügung fordert auch Ulmer, S. 398, die Schriftform für eine Verfügung über künftig entstehende Nutzungsrechte.

II. Regelungsmöglichkeiten im Urheberrecht

159

te. 53 Zweck der Vorschrift ist es, durch den Fonnzwang den Werkschöpfer auf die weitgehende Verpflichtung und damit Bindung hinzuweisen. Einer entspre­ chenden Schutzfunktion bedarf es jedoch i.d.R. für den im Arbeitsverhältnis tätigen Urheber nicht: Er weiß, welche Aufgaben er im Rahmen seiner Arbeits­ pflicht zu erfüllen hat. 54 Der Streit muß jedoch an dieser Stelle nicht entschieden werden. § 40 Abs. 1 S. 1 UrhG verlangt für das Schriftfonnerfordernis, daß die künftigen Werke, an denen Nutzungsrechte eingeräumt werden, nicht näher oder nur der Gattung nach bestimmt sind. Im Fall des Entwurfs für Konstruktionszeichnungen von Mikrochips ist eine nach § 40 Abs. 1 S. 1 UrhG geforderte Bestimmung getrof­ fen. Eine genauere Eingrenzung des Arbeitsbereichs ist nicht nötig, denn der Ingenieur als angestellter Urheber geht nicht das Risiko ein, sich auf Dauer in einem Bereich zu binden, den er noch nicht überblicken kann. Ihm ist bekannt, welche Werke durch den Arbeitgeber auf welche Weise genutzt werden. Der Zweck der Vorschrift, den Urheber vor unüberlegten, langfristigen Bindungen zu schützen, muß auch im Hinblick auf Inhalt und Wesen des Arbeitsverhält­ nisses ausgelegt werden (§ 43 UrhG): Der Arbeitnehmer, der als Urheber mit regelmäßiger Entlohnung eingestellt wird, ist nicht in dem Maße gefährdet, wie ein freischaffender Urheber, der seine Werke allein und selbständig verwerten und daraus seinen Lebensunterhalt bestreiten muß. Die Übertragung von Nutzungsrechten im voraus durch den Arbeitnehmer-Ur­ heber wird also nicht dadurch gehindert, daß die Einräumung künftiger Rechte nicht im Arbeitsvertrag schriftlich fixiert ist. 55 e) Ergebnis Berücksichtigt man den Inhalt des Arbeitsverhältnisses, wird die Interpretation der stillschweigend eingeräumten Nutzungsrechte und der Befugnisse des Ur­ hebers in den Fällen der zur Mikrochipentwicklung angestellten Ingenieure zu

53 V. Gamm, Rn. 5 zu§ 40; gegen die Anwendung des§ 40 UrhG auf Verfügungen auch Hub­ mann / Rehbinder, S. 201 . 54

Schricker / Rojahn, Rn. 4 3 zu§ 43. 55 Eine andere Deutung würde im übrigen auch Sinn und Zweck des§ 43 UrhG nicht gerecht. Da Arbeitsverträge mit angestellten Urhebern gerade das Schaffen künftiger Werke zum Inhalt haben, wäre die Annahme stillschweigender Einräumung von Nutzungsrechten nicht möglich, wenn man eine Schriftfonn verlangte.

160

§ 1 1 Die arbeitsvertragliche Einräumung von Nutzungsrechten

für beide Vertragsparteien akzeptablen Ergebnisse führen. In die Abwägung muß darüber hinaus der Schutzzweck der genannten Vorschriften einfließen: Sie sind vor allem zum Schutz freischaffender Künstler gedacht, die kein festes Gehalt beziehen, sondern auf die Erträge aus der selbständigen Verwertung ihrer Werke für den Lebensunterhalt angewiesen sind. Der angestellte Arbeit­ nehmer trägt dagegen nicht das Risiko für die wirtschaftliche Nutzung seines Schaffens und benötigt den Schutz durch das Urheberrechtsgesetz nicht in die­ sem Umfang.56 Der Umfang der Befugnisse der Beteiligten ist aber auch hier wieder im Ein­ zelfall zu bestimmen, wobei es durchaus denkbar ist, daß § 36 UrhG dem Ur­ heber eine Änderung des Vertrags mit dem Ziel einer besonderen Vergütung gewährt.57 Falls daher Arbeitgeber und angestellter Urheber keine ausdrücklichen Abre­ den über Nutzungsrechte getroffen haben58 , ist die Annahme stillschweigender Nutzungseinräumung mit den erörterten Modifikationen möglich. Sie schließt auch die Erlaubnis zur weiteren Einräumung von Nutzungsrechten an Dritte ein. 59 Wenn es auch nicht vom typischen Fall des angestellten Urhebers aus­ geht, so sieht das Urheberrecht doch diese Konstruktion der stillschweigenden Nutzungseinräumung vor, ohne daß sie „umständlich und gekünstelt" wäre. 60

56 Vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. I V / 2 70, S. 62 . 57 Für Computerprogramme so Kolle, GRUR 1985, 1024 ; Sack, BB 199 1 , 2 1 7 1 ; vgl. auch Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 4 zu § 43 ; Für eine Differenzierung zwischen lohnrechtlicher und urheberrechtlicher Vergütung Wandtke, GRUR 1992 , 142 ff. 58 Nach Denkschrift, GRUR 1979, 303 , sind ausdrückliche Vereinbarungen in der Praxis der

Datenverarbeitungssoftware in den Anstellungsverträgen die Regel. 59 60

So für Computerprogramme Denkschrift, GRUR 1979, 303 . So aber Kullmann, S. 97.

§ 12 Verfahrensrechtliche Voraussetzung: Registrierung - Konflikt mit der Formfreiheit des Urheberrechts I. Registrierung in den Halbleiterschutzgesetzen Der SCPA 1 sieht vor, daß die zehnjährige Schutzfrist an dem Tag beginnt, an welchem das Maskenwerk entweder beim Register of Copyrights eingetragen, oder an welchem das Maskenwerk erstmals gewerblich genutzt wird, wobei der Ort der erstmaligen Nutzung unerheblich ist. Für den Inhaber eines Masken­ werks ist es aber noch aus einem weiteren Grund empfehlenswert, sein Produkt registrieren zu lassen: Er muß die Eintragungsbestätigung vorweisen, wenn er Klage bezüglich der Verletzung eines Maskenwerks erheben will. 2 Auch wenn daher die Registrierung nicht die einzige Möglichkeit darstellt, den Schutz und die zehnjährige Frist in Gang zu setzen, wird der Berechtigte immer diesen Weg wählen, damit er seine Rechte notfalls im Prozeß durchsetzen kann. Diese Beweiskraft einer Registereintragung im Verletzungsprozeß hat die Entschei­ dung, eine Registrierungspflicht aufzunehmen, mitbeeinflußt. 3 Ein weiterer indirekter Zwang zur Registrierung besteht darin, daß der Schutz zwei Jahre nach der ersten geschäftlichen Verwertung erlischt, wenn das Mas­ kenwerk nicht innerhalb dieser Zeit registriert wurde.4 Die EG-Richtlinie5 stellt die Wahl der Voraussetzungen für einen Fristbeginn zur Disposition der beteiligten Staaten: Falls die Eintragung zum Erfordernis gemacht wird, beginnt die Schutzfrist am Tag der ersten geschäftlichen Ver­ wertung an einem beliebigen Ort der Welt oder am Tag, an dem die Eintragung ordnungsgemäß beantragt wurde. Falls die Registereintragung keine Voraus­ setzung ist, soll der Tag der ersten geschäftlichen Verwertung oder der Tag der

' § 904 (a) SCPA. 2

§ 910 (b) 1 . SCPA.

3

Auer, EDV & Recht 2 / 1 987, 23.

4 § 908 (a) SCPA. Eine solche Pflicht war im „Copyright Bill" des Senats, im ersten Gesetz­ entwurf, noch nicht enthalten (vgl. Senate Report, S. 22).

5

Art. 7 Abs. 1 EG-RL.

11 Wippennann

162

§ 12 Verfahrensrechtliche Voraussetzung

ersten Fixierung oder Kodierung der Topographie maßgeblich sein. Das Ent­ stehen des Schutzes mit dem Zeitpunkt der Fixierung oder Kodierung deutet an, daß neben der Ausgestaltung des Schutzes als gewerbliches Recht durch Ein­ führung einer Registrierungspflicht ebenso die Möglichkeit der Wahl eines urheberrechtsähnlichen Schutzrechts bestand. 6 Keine Registrierung ist z.B. im schwedischen Chipschutzgesetz 7 vorgesehen. Nach dem Halbleiterschutzgesetz beginnt der Schutz am Tag der ersten nicht nur vertraulichen geschäftlichen Verwertung der Topographie, unter der Bedin­ gung, daß sie innerhalb von zwei Jahren nach dieser Verwertung beim Patent­ amt angemeldet wird. 8 Die Schutzfrist kann weiterhin an dem Tag beginnen, an dem die Topographie beim Patentamt angemeldet wird, wenn sie zuvor noch nicht oder nur vertraulich verwertet worden ist.9 Das Schutzrecht entsteht also weder zwingend mit der Schöpfung noch mit der Eintragung und weicht damit sowohl vom Urheberrecht, als auch von der Systematik der gewerblichen Schutzrechte ab. Die neue Lösung wurde mit dem Argument befürwortet, diese „Systemwidrigkeit" sei durch die Richtlinie vorgegeben, die sich insoweit am US-Recht orientiere. 10 Einen hinter dem Argument der Publizität liegenden erwünschten Effekt ver­ mutete man darin, daß die heimische Industrie daraus Nutzen ziehen könnte. Das Erfordernis der Registrierung im Inland würde Ausländer den Schutz schwer erreichen lassen; mangels Registrierung bliebe wohl vieles ungeschützt, was bei einem formlosen Schutz kraft Gesetzes geschützt wäre. 1 1 Sollte hier tatsächlich einer der Beweggründe für die Einführung einer Registrierungs­ pflicht liegen, ist der Vorwurf, daß protektionistische Tendenzen Einfluß auf das Gesetzgebungsverfahren hatten, auch aus diesem Gesichtspunkt gerechtfer­ tigt.

6

Vgl. Lucas, S. 276. 7 Es sei daran erinnert, daß Schweden zunächst die Halbleiterbauelemente ins Urheberrecht integrieren wollte, vgl. Kamel/, ICLA June 1987, 26. 8 § 5 Abs.1 Nr. 1 HlSchG. 9 § 5 Abs. 1 Nr.2 HISchG. 10 Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 11 / 454, S. 21. 11 Auer, EDV & Recht 2 / 1987, 23.

II. Registrierung und Urheberrecht

163

II. Registrierung und Urheberrecht

Das Urheberrecht an einem Werk entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die ma­ teriellen Schutzvoraussetzungen für die konkrete Formgestaltung vorliegen. Dabei ist eine Veröffentlichung oder das Erscheinen eines Werks nicht von Bedeutung. 1 2 Auf die Erfüllung und Einhaltung bestimmter Förmlichkeiten kommt es grundsätzlich weder für das Entstehen, noch für den Fortbestand des Urheberrechts an. Bei Software hielt man es nicht für erforderlich, den Urheberrechtsschutz von der Erfüllung bestimmter Förmlichkeiten abhängig zu machen. Diese Entschei­ dung wurde mit dem Hinweis begründet, Computerprogramme wiesen im Ver­ gleich zu anderen urheberrechtlich geschützten Werken nicht derart spezifische Besonderheiten auf, daß es geboten oder gerechtfertigt wäre, ihren Schutz oder dessen Durchsetzung an die Erfüllung solcher Voraussetzungen zu knüpfen. 1 3 Verfolgt man den hier vorgeschlagenen Weg, Konstruktionszeichnungen für Halbleiterbauelemente über das Urheberrecht zu schützen, ist für eine Regi­ strierungspflicht kein Raum. Führte man die Pflicht einer Registrierung im Ur­ heberrecht für bestimmte Werke ein, verließe man die Systematik dieses Imma­ terialgüterrechts. 1 4

12 BGH, Beschl. v. 27.2.1962 ,,AKI", BGHZ 37, 1, 7; v. Gamm, Rn. 3; Fromm / Nordemann /

Nordemann, Rn. 2 zu § 64. 13

Kolle, GRUR Int. 1 985, 3 1 .

I m amerikanischen Urheberrecht ist dagegen die Möglichkeit (früher: Pflicht) einer Registrie­ rung vorgesehen. 14

§ 13 Weitere Lösungsansätze für urheberrechtlichen Halbleiterschutz Damit die vorliegende Untersuchung einen annähernd vollständigen Überblick der Ansätze gibt, die einen Schutz des Mikrochips mit Mitteln des Urheber­ rechts gewährleisten wollen, seien abschließend kurz zwei weitere Möglichkei­ ten vorgestellt. I. Schutz des Mikrochips über das Mikroprogramm

1 . Urheberrechtsschutz in den Vereinigten Staaten - der Fall NEC v. Intel Ein weiterer Anknüpfungspunkt für einen Urheberrechtsschutz neben dem Konstruktionsentwurf ist das sog. Mikroprogramm (microcode) eines Mikropro­ zessors. Unter einem Mikroprogramm versteht man ein Bündel von Befehlen, die mit dem bereits erörterten Verfahren 1 in das Silizium eingeätzt werden und den Mikroprozessor steuern. 2 Das Mikroprogramm wird auch als das „innere Design"3, als „computer program stored in a piece of hardware•'4 oder als „ge­ frorene lntelligenz"5 bezeichnet. Die Frage seiner Urheberrechtsfähigkeit war in den Vereinigten Staaten bereits Gegenstand eines Rechtsstreits.6 Im Fall .,NEC v. Intel" ging es dabei wesentlich um die Fragen, ob das Mikropro­ gramm der Mikroprozessoren 8086 und 8088 von Intel nach amerikanischem Urheberrecht schutzfähig war und ob NEC Rechte von Intel durch die Herstellung von Mikroprogrammen verletzte.

1 S.o., § 1 II. 3. 2 Vgl. Wynkoop, EDV & Recht 1 989, 14; Lunney, Stanford Law Review, Vol. 42 ( 1 989), 1 65; Saxby, Encyclopedia, Rn. 2. 139; zur Erläuterung der technischen Vorgänge König, CR 1991, 756. 3 Wynkoop, EDV & Recht 1 989, 14.

Stern, EIPR 5 ( 1 989), 173. 5 Ernst, S . 37. 4

6 District Court, Northem District of Califomia, Entscheidung vom 6.2 . 1 989 NEC Corp. v. Intel Corp., No. C-84-20799-WPG, Partial Findings of Fact and Conclusions of Law, Software Protection Vol. V No. 6, Nov. 1986. Die Entscheidung ist zusammengefaßt und übersetzt in GRUR lnt. 1990, 396 ff.

1. Schutz des Mikrochips über das Mikroprogramm

1 65

Gegen einen Urheberrechtsschutz wurde vorgebracht, das Mikroprogramm sei Teil einer „Maschine", nämlich des Mikroprozessors selbst. Ein Urheberrechts­ schutz des Mikroprogramms verstoße deshalb gegen die „useful article doc­ trine".7 Von anderer Seite wurde in diesem Zusammenhang der sich allgemein abzeichnende Trend mißbilligt, den Urheberrechtsschutz auf alles auszudehnen, was als Computerprogramm bezeichnet werden könne und ihn so auf ein Gebiet zu verlagern, das vormals Domäne des Patentrechts gewesen sei. 8 Weiteres Argument gegen einen Urheberrechtsschutz des Mikroprogramms war die „idea-expression doctrine".9 NEC verteidigte sich gegen den Vorwurf der unrechtmäßigen Kopie damit, man habe in einem „clean room"-Verfahren ein Mikroprogramm entwickelt, das nahezu mit Intels Mikroprogramm überein­ stimme. Idee und Ausdruck seien daher offensichtlich so eng miteinander ver­ bunden, daß zugleich mit dem Ausdruck die Idee geschützt werde und man der Idee damit unzulässigerweise ein Monopol verleihe. 1 0 Das Gericht war der Ansicht, die Definition des Mikroprogramms erfülle exakt die Voraussetzungen, die an ein Computerprogramm gestellt würden. Dessen Definition, die der Gesetzgeber dem Copyright Act 1980 hinzugefügt hatte, gehe aus von „einer Reihe von Anweisungen oder Befehlen, welche direkt oder indirekt in einem Computer Gebrauch finden sollen, um ein be­ stimmtes Ergebnis herbeizuführen." 2. Rechtsschutz für das Mikroprogramm nach deutschem Urheberrecht § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG hat ,,Programme für die Datenverarbeitung" als Schutzobjekte ausdrücklich aufgenommen. Auf eine Definition hat der Gesetz­ geber allerdings verzichtet; sie wäre im Hinblick auf die schnelle Entwicklung der Technologie auch nicht zweckmäßig. In der Literatur wird das Datenver­ arbeitungsprogramm häufig als ein Satz von Anweisungen an ein informations-

1 Pearson, Computer Law & Practice, November / December 1 986, 73. Zur „useful article doctrine" s.o., § 6 II. 2. d). 8 MacPherson, Software Protection, November 1986, 8. Diesen Trend sieht auch Pearson, Computer Law & Practice, November / December 1 986, 73, der ihn aber begrüßt: Schutz von Ein­ fallsreichtum und kreativen Anstrengungen sei wünschenswert auf allen Gebieten, insbesondere in bezug auf die Hochtechnologie. 9

Dazu schon oben, §

10

5 I.

1 . b) bb) (3 ).

Dunlap, Software Protection, November 1 986, 7.

166

§ 13 Weitere Lösungsansätze für urheberrechtlichen Halbleiterschutz

verarbeitendes Gerät und den mit diesem Gerät arbeitenden Menschen verstan­ den. 1 1 Diese Definition gleicht der Interpretation im amerikanischen Recht. Sie bezieht auch das Mikroprogramm mit ein, so daß es ebenfalls nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschützt sein kann. Fraglich ist allerdings, ob der Satz von Befehlen eines Mikroprogramms die Anforderungen erfüllt, die § 2 Abs. 2 UrhG an eine persönliche geistige Schöp­ fung stellt. Dies ist wieder im Einzelfall zu prüfen, wobei berücksichtigt werden muß, daß nach dem hier vorgeschlagenen Prüfungsmaßstab die Anforderungen der ,,Inkassoprogramm"-Entscheidung 1 2 den Grundsätzen über die ,,kleine Münze" auch bei Software weichen sollten. Weiterhin ist problematisch, ob ein Schutz des Mikroprogramms den Mikro­ chip vor unrechtmäßiger Kopie schützt. Auch zur Antwort auf diese Frage liegt der Schlüssel im Begriff der Vervielfältigung. Ausgangspunkt und Schutzobjekt ist das Mikroprogramm, als ein „Satz von Anweisungen ... ", wie es vom Programmierer entwickelt wird. Unklar ist aber, ob das An-Aus-Schaltbild des Halbleiterbauelements die Vervielfältigung des „Satzes von Anweisungen" darstellt, obwohl ein Schaltkreis die Reihe von Anweisungen repräsentiert, die ihn geschaffen haben. 13 II. Schutz des Mikrochips über die firmware

Halbleiterbauelemente, die nicht Mikroprozessoren sind, können sog. ROM­ Chips sein, die die Funktion haben, Software zu speichern. Sie enthalten kein Mikroprogramm und können deshalb auch nicht darüber Urheberrechtsschutz erlangen. Hier bietet sich allenfalls ein Schutz über die „finnware" an. 1 4 Dabei handelt es sich um die in einem ROM-Chip festgelegte Software, die ein Objektpro­ gramm in der Fonn einer integrierten Schaltung darstellt. 1 5 Der Kanadische

11 Vgl. Kindermann, ZUM 1985, 2; ihm folgend Schricker / Loewenheim, Rn. 75 zu § 2; Fromm / Nordemann / Vinck, Rn. 43 zu § 2. 12 Dazu schon oben, § 5 1. 1.b) bb) (4) (b). 1 3 Lunney, Stanford Law Review, Vol.42 (1989), 178. 14 Dazu vgl. Lunney, Stanford Law Review 42 (1989), 165. 15 Ableitung des Begriffs „finnware" und Erldärung bei Kullmann, S. 32; zur Abgrenzung von Finnware und Mikroprogramm KlJnig, CR 1991, 757 f.; Ernst, S. 37.

III. Lichtbildschutz für Blitzschinnzeichnungen

1 67

Oberste Gerichtshof16 hielt die „firmware" für urheberrechtsfähig und wertete das Schaltmuster eines Mikrochips als Nachbildung eines Computerprogramms. Ein Schutz der „firmware" durch das Urheberrechtsgesetz könnte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG gegeben sein, wenn die „firmware" als „Programm für die Datenverarbeitung" eingeordnet werden kann. Die Urheberrechtsfähigkeit im Einzelfall hängt wiederum von der Qualifizierung als persönliche geistige Schöpfung nach § 2 Abs. 2 UrhG ab. Die Frage einer Urheberrechtsfähigkeit sowohl der firmware als auch des Mi­ kroprogramms hängt also mit dem Problem der Urheberrechtsfähigkeit von Software zusammen. Da Ausgangspunkt der Diskussion in dieser Arbeit die Konstruktionszeichnung eines Mikrochip-Layouts ist, soll die Möglichkeit eines Schutzes über die Software hier nur angedeutet werden. Ihre Vertiefung bleibt der Erörterung der Reichweite eines urheberrechtlichen Softwareschutzes vor­ behalten. lll. Lichtbildschutz für Bildschirmzeichnungen

1 . Schutz als Lichtbild Der Ingenieur, der die Konstruktionszeichnung für einen Mikrochip entwik­ kelt, setzt dabei als Werkzeuge Software, insbesondere CAD-Zeichensysteme, und die erforderliche Hardware ein. Beim rechnergestützten Entwurf eines Layouts erscheint die Zeichnung auf dem Bildschirm und gibt dort die Ober­ flächenstruktur eines Halbleiterbauelements ,graphisch wieder. 1 7 Es liegt daher nahe, an einen Schutz des Konstruktionsentwurfs über die Bildschirmzeichnung zu denken, falls das Urheberrecht solche Darstellungen schützt. In Frage kommt dabei der Schutz von Lichtbildwerken und ähnlichen Werken nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG und ein Schutz der Lichtbilder nach § 72 UrhG. An dieser Stelle soll nur die Möglichkeit eines Leistungsschutzes nach § 72 UrhG angedeutet werden. Der Lichtbildschutz zeichnet sich dadurch aus, daß

16 Supreme Court of Canada, Entscheidung v. 21 .6.1990 ,,Apple Computer lnc. v. Mackintosh Computers Ltd.", zusammengefaßt und übersetzt in GRUR Int. 1991 , 304 ff. 1 7 Nach Schulze, CR 1 988, 1 82, sind die exakten, mit Hilfe von DIN-Vorschriften angefertigten technischen Zeichnungen von z.B. Maschinenteilen das „Spiegelbild der sie darstellenden techni­ schen Produkte".

1 68

§ 13 Weitere Lösungsansätze für urheberrechtlichen Halbleiterschutz

nur geringe Anforderungen an die Schöpfungshöhe gestellt werden 18 , weil die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG entfallen. Keine Bedeutung hat daher die Diskussion, ob die Maßstäbe der Rechtsprechung aus der ,,Inkassoprogramrn"­ Entscheidung 1 9 oder die Grundsätze über die ,,kleine Münze" in bezug auf Konstruktionszeichnungen des Mikrochips angewendet werden. § 72 Abs. 1 UrhG schützt Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Licht­ bilder hergestellt werden. Rechtsprechung2° und Literatur2 1 verlangen nicht, daß das Lichtbild dauerhaft körperlich, etwa auf Film, Platte oder Magnetband festgelegt ist. So genießt auch das unmittelbar ausgestrahlte einzelne Fernseh­ bild einer Livesendung urheberrechtlichen Schutz.22 Die menschlichen Sinne können zwar das im Kamerainnern elektrisch gespeicherte Bild als solches nicht wahrnehmen, es wird aber auf dem Bildschinn eines Empfangsgeräts durch elektronische Projektion sichtbar.23 Mit dieser Bildschirmwiedergabe beim Fernsehen läßt sich die mittels CAD-Verfahren hergestellte Bildschirmzeich­ nung insofern vergleichen, als (elektronische) Energie die Lichtquelle bildet.24 Ein Unterschied liegt demgegenüber darin, daß der Wiedergabe des Fernsehka­ merabildes auf dem Bildschirm eine Aufnahme vorausgeht, die mit den Mitteln der Optik hergestellt wird.25 Die Rechtsprechung sah es nicht nur im Hinblick auf den Lichtbildwerkschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG, sondern auch auf den wesensverwandten Leistungsschutz für die rechtliche Burteilung als ausschlag­ gebend an, daß eine vollendete Bildaufnahme das Ergebnis des fraglichen Schaffensvorgangs ist.26 Eine solche Aufnahme wird während der Entwicklung eines Layouts nicht angefertigt: Beim rechnerunterstützten Zeichnen werden die Vorgänge programmiert, die der Benutzer dann mit seinen Befehlen in Gang setzt. 27 Das Herstellungsverfahren weicht damit von dem der Lichtbilder im klassischen Sinne ab.

18 S.o., § 5 II. 2. a), vgl. auch Schulze, CR 1 988, 1 93. 1 9 BGH, Urt. v. 9.5 . 1 985, CR 1 985, 22 ff., dazu oben, § 5 1. 1. b) bb) (4) (b).

20

BGH, Beschluß vom 27.2. 1962 „AKI", BGHZ 37, 1, 7. 21 Z.B. Ulmer, S. 5 1 1 . 22 BGH, Beschluß vom 27.2. 1962 „AKI", BGHZ 37, 1 , 9. n BGH, ,,AKI", BGHZ 37, 1, 9. 24 Schulze, CR 1 988, 190.

25 Schulze, CR 1 988, 1 90. 26 BGH, Beschluß vom 27.2. 1 962 ,,AKI", BGHZ 37, 1, 8. 27 Schulze, CR 1 988, 190.

III. Lichtbildschutz für Bildschirmzeichnungen

169

2. Schutz als Iichtbildähnliches Erzeugnis Die Schutzfähigkeit Iichtbildähnlicher Erzeugnisse setzt nicht voraus, daß die Bilder durch Einwirkung von Licht-, Infrarot- oder sonstiger hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung auf photochemischen Schichten erzeugt werden. Es genügt ein Verfahren, das in Wirkungsweise und Ergebnis der Photographie ähnelt, entscheidend ist allein, daß das Bild unter Benutzung „strahlender Energie" erzeugt worden ist. 28 Für den am ehesten mit Bildschirmzeichnungen vergleichbaren Sachverhalt der Computer- und Videospiele betonte das OLG Frankfurt, ein Laufbildschutz nach § 95 UrhG29 komme nicht in Betracht. Laufbilder im Sinne des Urheber­ rechtsgesetzes resultierten aus dem Erfassen eines natürlichen Handlungsablaufs durch ein Aufzeichnungs- und dem anschließenden Sichtbarmachen dieses Handlungsablaufs durch ein Wiedergabegerät. Kennzeichnend sei das Merkmal der Wiedergabe, das bei Videospielen fehle. Dort werde nichts wiedergegeben, sondern nur ein Ergebnis graphisch dargestellt. 30 Auch der Bundesgerichts­ hoP 1 hat festgestellt, eine Schutzfähigkeit der ,,Ausgabe des Programms auf dem Bildschirm" scheide aus, weil insoweit nur eine unkörperliche Wiedergabe vorliege. Die weite Definition des lichtbildähnlichen Erzeugnisses und der Gesichts­ punkt, daß damit neue Entwicklungen der Technik einbezogen werden sol­ Ien32, steht den Anforderungen der Gerichte entgegen. Es ist deshalb zwei­ felhaft, ob an der Voraussetzung einer ,,körperlichen Wiedergabe" festgehalten werden kann. ,,Strahlende Energie" ist dagegen auch die Eigenemission zum Leuchten angeregter Kristalle in der Schicht unter einer Bildschirmoberfläche.

28 BGH, Beschl. v. 27.2. 1962 „AKI", BGHZ 37, 1, 6; Schricker / Loewenheim, Rn. 1 14 ; v. Gamm, Rn. 22 zu § 2 . 29 Er läßt sich i n bezug auf die hier maßgebliche Frage der technischen Herstellung der einzelnen Bilder mit dem Lichtbildschutz nach § 72 UrhG vergleichen.

30 OLG Frankfurt / M., Urt. v. 4.8. 1983 ,,Donkey Kong Junior II", FuR 1984 , 4 1 , 45; OLG Frankfurt / M., Beschluß v. 13.6.1983 ,,Pengo", GRUR 1983 , 753 , 756. 3 1 BGH, Urt. v.4 . 10. 1990 ,,Betriebssystem", CR 199 1 , 80, 86.

32 Vgl. Schricker / Loewenheim, Rn. 1 14 zu § 2.

1 70

§ 1 3 Weitere Lösungsansätze für urheberrechtlichen Halbleiterschutz

Deshalb werden auch Darstellungen durch Flüssigkristallbildschinne von einem Lichtbildschutz erfaßt.33 Wird auf diese Weise ein Schutz der Bildschinndarstellung einer Konstruk­ tionszeichnung bejaht, müssen die im Verlauf des Vervielfältigungsverfahrens entstehenden Abbildungen als Kopien der ursprünglichen Bildschinnzeichnung angesehen werden.Bei der unrechtmäßigen Kopie eines Halbleiterbauelements stellt dann schon die (,,wiederentdeckte") Bildschinndarstellung einen unrecht­ mäßigen Eingriff in das Vervielfältigungsrecht des Urhebers dar. Auch der Ausdruck der Zeichnung mit Hilfe eines Plotters ist als Vervielfältigung zu bewerten.

33

So Koch, GRUR 1 991 , 1 84; gegen die Auffassung des OLG Frankfurt auch OLG Köln, Urt. v. 1 8.10.1991 , CR 1 992, 1 51 und zuletzt Bay ObLG, Urt. v. 12.5.1992, CR 1 992, 479, 480 mit insoweit zustimmender Anmerkung von Syndikus, S. 481 f.; Sch/atter / Krüger in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 83 Rn. 26.

§ 14 Zusammenfassung und Ausblick I. Zusammenfassung

Das Urheberrecht schützt Konstruktionszeichnungen für die Anordnung von Schaltelementen auf Mikrochips. Die Arbeit hat versucht zu belegen, daß auch das Instrumentarium des Urheberrechts für den von der Halbleiterindustrie re­ klamierten Schutz ausreicht. Diese Auffassung vertraten auch Beteiligte an den Beratungsverfahren, die den Gesetzentwürfen zu einem Schutz sui generis für Mikrochips vorangingen. Die Ansicht setzte sich nicht durch - auch Länder, die zu Beginn ernsthaft das Urheberrecht zum Halbleiterschutz für geeignet hielten, entwickelten Spezialgesetze. Dadurch, daß neue Rechtsinstitute schnell geschaffen werden, fallen zunächst Konflikte nicht auf, die sich aus der Überlagerung verschiedener Schutzrechte für den gleichen Gegenstand ergeben können; ebenso treten Probleme in den Hintergrund, die sich aus unterschiedlichen nationalen Regelungen im Hinblick auf die angestrebte einheitliche Behandlung gleicher Rechtsmaterien ergeben. 1 Zog man bei der Entwicklung eines Halbleiterschutzes zwar einen Schutz durch das Urheberrecht zunächst in Betracht, wurde der Gedanke daran schnell wieder verworfen, weil man ein Gesetz eigener Art für international zweckdienlicher hielt. 2 Auch bei einem Schutz von Software berücksichtigte man dieses Argu­ ment der international möglichst übereinstimmenden Regelung. Es führte aber, ganz im Gegensatz zur Diskussion um Halbleiterbauelemente, dazu, daß man einheitlich eine Einordnung ins Urheberrecht befürwortete. 3 Auch Konstruktionszeichnungen der Schaltungsanordnung von Halbleiterbau­ elementen sind nach deutschem Urheberrecht schutzfähig. Die Layouts sind deshalb gemäß dem Grundsatz der Inländergleichbehandlung4 in den Verbands­ staaten der Urheberrechtskonventionen nach Maßgabe der nationalen Urheber-

1 Vgl. Hein, GRUR Int. 1985, 82. 1 Vgl. Jehoram, WIPR Vol. 3 No. 4 (April 1989), 92; ders., GRUR lnt. 1 99 1 , 693. 3 Vgl. auch Jehoram, GRUR Int. 199 1 , 693.

4

Art. 3, 5 RBÜ, Art. 11 WUA.

172

§ 14 Zusammenfassung und Ausblick

rechtsgesetze geschützt. Das bedeutet, daß Urheber und anderweitig Nut­ zungsberechtigte als Angehörige von Verbandsstaaten auch in Deutschland den Schutz des Urheberrechtsgesetzes erhalten, wenn ihre Werke hier widerrechtlich kopiert und vertrieben werden.In den Genuß dieses Schutzes gelangen auch Hersteller aus den Vereinigten Staaten, seitdem die USA der RBÜ beigetreten sind. Erfahrungen existieren bereits mit Software. Gerichte in Deutschland und Frankreich haben schon mehrfach den urheberrechtlichen Schutz von Compu­ terprogrammen erörtert, die in anderen Verbandsländern entwickelt worden waren. Sie beurteilten die fraglichen Werke dabei mit dem Inländerbehand­ lungsgrundsatz der Konventionen nach innerstaatlichem Urheberrecht. 5 Das Urheberrechtsgesetz kann durch den Schutz von Layoutzeichungen für Halbleiterbauelemente gegen Vervielfältigung den Schutz für Mikrochips gewähren, der von der Industrie gefordert wurde. Dazu ist es erforderlich, daß insbesondere § 2 Abs. 2 UrhG der urheberrechtlichen Tradition entsprechend ausgelegt und die ,,kleine Münze" auch in der Rechtsprechung des Bundesge­ richtshofs berücksichtigt wird. Sind Konstruktionszeichnungen so als urhe­ berrechtsfähige Werke anerkannt, hält das Urheberrechtsgesetz ein Instrumen­ tarium bereit, das sie wirkungsvoll schützt, ohne daß das Gesetz „zurechtgebo­ gen" würde.6 ,,Reverse engineering" wird gewährleistet, die Sanktionen bei Rechtsverletzung entsprechen denen, die bei der Konzeption des Halbleiter­ schutzgesetzes für effektiv gehalten wurden. Die lange Schutzdauer ist nicht erforderlich, hindert aber auch den Schutz durch das Urheberrechtsgesetz nicht. Stimmen, die sich schon gegen eine Ausdehnung des Urheberrechts auf Com­ puterprogramme wandten, machten geltend, insbesondere die persönlichkeits­ rechtlichen Ausprägungen des Urheberrechts paßten nicht auf neue technische Errungenschaften. Die vielfältigen Regelungen des Urheberrechtsgesetzes über die Möglichkeit der Einräumung von Nutzungsrechten zeigen aber, daß auch materiellen Interessen im Gesetz schon immer eine umfangreiche Bedeutung zugestanden wurde. Die Tatsache, daß materielle Interessen im Vordergrund stehen, lassen den angestellten Programmierer / Urheber also nicht als einen Fremdkörper im Urheberrecht erscheinen. 7

5 So Kalle, GRUR lnt. 1985, 32. So aber Röttinger, iur 1987, 149, mit Bezug auf den Urheberrechtsschutz von Computerpro­ grammen. 7 So aber Emmerich, S. 90 ff. 6

II. Ausblick

1 73

II. Ausblick

1 . Möglichkeiten der Reaktion des Urheberrechts auf technologische Herausforderungen Stellungnahmen, die sich gegen einen Urheberrechtsschutz für Mikrochips wenden, drücken häufig nicht nur Zweifel bezüglich der Wirksamkeit einzelner Rechtsinstitute des urheberrechtlichen Instrumentariums aus. Sie betonen dar­ über hinaus ein Unbehagen gegenüber der zunehmend durch die Technik beein­ flußten Entwicklung dieses Rechtsgebiets. Die Integration von Werken, die nicht unmittelbar mit den herkömmlichen Kategorien der Literatur und Kunst zu ermessen sind, scheint das im traditionellen Sinne verstandene Urheberrecht zu sprengen. Die Geschichte des Urheberrechts ist „weithin ein Prozeß rechtlicher Reaktion auf die Herausforderungen der Technik". 8 Die Technik beschäftigte das Urhe­ berrecht nicht nur mit den vielfältigen Möglichkeiten, Werke zu verwerten, insbesondere zu vervielfältigen, es kamen auch immer neue Werkarten hinzu. 9 § 2 Abs. 1 UrhG ist - vor allem auch im Hinblick auf technische Neuerungen - für die Aufnahme neuer Werkarten offen. Der Bezug eines Werks zur Tech­ nik kann daher kein Grund sein, Urheberrechtsschutz zu versagen. 1 0 Trotz die­ ser Vorsorge des Gesetzgebers scheint es Rechtsprechung und Literatur schwer­ zufallen, eine neue Werk- oder Verwertungsart systematisch ins Urheberrecht einzubeziehen. 1 1 Diese Unentschlossenheit sollte einer klaren, überschaubaren Tendenz wei­ chen. Zwei Möglichkeiten der zukünftigen Ausrichtung des Urheberrechts sind denkbar 12 : Zum einen ist dies die Rückführung auf ein von aller Technik gereinigtes Recht der Künstler. 1 3 In eine andere Richtung führt die Öffnung des Urheberrechts, indem man als einziges für eine Urheberrechtsqualität entscheidendes Kriterium das der „persönlichen geistigen Schöpfung" gelten

• Schricker / Schricker, Ein!. Rn. 1 .

Kindermann, Z UM 1987, 22 1 f. gibt einen anschaulichen Überblick über technische Erfindungen und deren Auswirkungen auf Werkarten und / oder Verwertungsformen des Urheberrechts. 10 Ulmer / Kolle, GRUR Int. 1 982, 492 mit Bezug auf Computerprogramme. 9

11 Kindermann, ZUM 1 987, 221 mit dem Beispiel der Computerprogramme. 12 Vgl. dazu auch Wadle, UFITA Bd. 1 06 ( 1 987), 203 ff. 13

Schricker / Schricker, Ein!. Rn. 2 nennt diesen Versuch anachronistisch.

174

§ 14 Zusammenfassung und Ausblick

läßt, unabhängig vom gewerblichen Nutzen, technischen Charakter oder künst­ lerischen Ausdruck des Werks. Der erstgenannte Weg birgt nicht nur das Problem, Technik (gerade in bezug auf Vervielfältigungsmöglichkeiten und -geräte) und Kunst voneinander trennen zu müssen. Darüber hinaus ist eine sichere Vorstellung von dem gefordert, was Kunst ist, beziehungsweise von dem, was bestimmt nicht Kunst ist. Diese Ent­ scheidung wird zum einen dadurch erschwert, daß nach dem heute geltenden Kunstverständnis und wegen der Schwierigkeit einer Definition von Kunst alles das Kunst ist, was dazu erklärt wird. Zum anderen ließe man, gelänge denn eine Abgrenzung von Kunst und Nicht-Kunst 14, viele Werke ungeschützt, die zwar nicht „hohe Kunst" sind, die aber, nicht nur wegen ihres mengenmäßigen Anteils am Urheberrechtsschaffen, das Ansehen des Urheberrechts prägen. Die Unvereinbarkeit mit den Urheberrechtskonzepten anderer Länder und inter­ nationaler Abkommen ist dabei noch gar nicht in Rechnung gestellt worden. Es ist daher ratsam, sich der Alternative zuzuwenden und damit dem Gedan­ ken Rechnung zu tragen, daß das Urheberrecht das Recht der Kulturwirtschaft ist und vielfältigen Produktionsformen und Marktbedingungen gerecht werden muß 15 : ,,The extensions of Copyright Protection to the mask work may be somewhat unique, but it does not conflict philosophically with the purpose of the Copyright law, which is to protect the author of a work while providing wide dissemination and use of the product. " 1 6 Damit wird anerkannt, daß es keinen meßbaren Unterschied in der Kreativität oder dem Schaffensprozeß zwischen der Schöpfung eines Werks der Literatur und einem Werk der Technologie gibt. 1 7 Das Urheberrecht muß sich daher an den Wandel der kulturellen Produktion anpassen, ,, ... das effiziente Schutz­ instrument des Urheberrechts sollte neuen Kategorien individueller Geistes­ schöpfungen nicht versagt werden, auch wenn Poeten, Maler und andere her­ kömmliche Urheberberufe sie als fremd empfinden mögen". 18

14 Vergleiche dazu Rau, Antikunst und Urheberrecht, UFITA-Schriftenreihe, Bd. 58. 15 So Schricker / Schricker, Ein!. Rn.2; vgl. auch Kindermann, ZUM 1987, 224. 16 Mineta, Hearings, S. 6, während der Diskussion eines Rechtsschutzes für Maskenwerke in den Vereinigten Staaten. 1 7 Vgl.Lunney, Stanford Law Review 42 (1989), 198 ; Windisch, GRUR 1980, 588. 18 Schricker, GRUR 1992, 244.

II. Ausblick

1 75

2. ,,Reinventing the wheel" Der Vorschlag, den Schutz von Mikrochips durch das Urheberrecht zu ge­ währleisten, wurde mit der Begründung unterstützt, jeder sui generis-Schutz würde unvermeidbar umfangreiche Anleihen bei Urheberrechtsprinzipien erfor­ derlich machen. Es sei sinnvoller, Maskenwerke in den Rahmen des Urheber­ rechts mit einigen Anpassungen einzubeziehen, als „das Rad wiederzuerfin­ den" 19, indem die bekannten urheberrechtlichen Grundsätze in einem neuen Gesetz letztendlich nur wiederholt würden. Die Gesetzgeber bemühten sich zwar, durch anderslautende Formulierungen Unterschiede von Halbleiterschutzgesetzen zu Urheberrechtsgesetzen hervor­ zuheben. Dabei wurden z.B. bewußt die Begriffe „persönliche geistige Schöp­ fung" und „Originalität" aus dem Urheberrecht durch die Formulierungen ,,Er­ gebnis geistiger Arbeit" und ,,Eigenart" im Halbleiterschutzrecht ersetzt. Da nach einhelliger Ansicht der spezialgesetzliche Schutz von Halbleitererzeugnis­ sen im Ergebnis aber urheberrechtsähnlich ausgestaltet ist2°, führt die Ähn­ lichkeit der Formulierungen zu dem Problem, urheberrechtliche Terminologie ohne Übernahme des Urheberrechts selbst zu interpretieren.2 1 ,,Reverse engineering" wurde als völlig neue Form der Nutzung vorgestellt. Es ist allerdings im Verlauf dieser Arbeit als neue Bezeichnung für eine bisher in der urheberrechtlichen Praxis gebräuchliche Übung enttarnt worden. Es scheint also tatsächlich so, als sei mit den Halbleiterschutzgesetzen alter Wein in neuen Schläuchen präsentiert worden. Die Anwendbarkeit der Gesetze zum Schutz von Erzeugnissen der Halbleiter­ industrie auf neue Entwicklungen ist darüber hinaus äußerst zweifelhaft22, auch wenn die Anpassung an weitere Entwicklungen durch eine weit gefaßte Defini­ tion gewährleistet sein soll. 23 Die Vermutung liegt daher nahe, daß ähnliche Gesetzgebungsaktivitäten einsetzen, wenn neue Technologien den Markt er­ obern. Wurde das erste „sui generis"-Experiment noch mit dem Kompliment

19 Senate Report, S. 14. 20 Vgl.mit Aussagen zum SCPA Hart, I PI B Vol. 1 I ssue 4, July / August 1989, 12; Hein, GRUR I nt. 1985, S I ; Dietz, S. 1 1 1 , FN 1; Stewart / Sandison, S.342 ; Huet / Mais/, S. 372 , 374 ; zum Halbleiterschutzgesetz vgl. Begr. des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 1 1 / 454 , S. 14 . 21 Knight, I CLA Dec. 1989, 1 1 .

22 Vgl. Woodson / Safreno, Computer & High Technology Law Journal 1 ( 1985), 1 1. 23 Vgl. für das Halbleiterschutzgesetz Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 1 1 / 454 , S. 15.

176

§ 14 Zusammenfassung und Ausblick

bedacht, die Verabschiedung eines Gesetzes eigener Art für diese dynamische Industrie habe den zeitweise angestaubten Bereich des Rechts bereichert24, könnte eine Fortsetzung dieser Tendenz zu einer Lawine immer speziellerer, kurzlebiger Rechtsnormen führen. 25 Unter diesen Umständen empfiehlt sich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Tauglichkeit bereits vorhandener Normen zur Regelung neuer Sach­ verhalte, bevor eilfertig Gesetze „eigener Art" gezimmert werden.

24 Raskind, Minnesota Law Review 70 ( 1 988), 415. 25 Vgl. Brown, Minnesota Law Review 70 ( 1 985), 609; positive Stellungnahme dagegen von Kaste11meier / Remington, Journal of the Copyright Society of the USA 33 (Januar 1986), 159.

Glossar Erläuterung einiger Fachausdrücke aus dem Bereich der Mikroelektronik und der Datenverarbeitung:

Algorithmus

Rechenregel, Lösungsvorschrift, die in einer endli­ chen Zahl von Schritten ausgeführt werden kann. Computerprogramme bestehen aus mehr oder weni­ ger umfangreichen Algorithmen.

Array

Regelmäßige Anordnung von gleichartigen Elemen­ ten (in der Mikroelektronik: Schaltungsbausteine) in einem System.

CAD

Computer Aided Design: Rechnerunterstützte Ent­ wicklung eines Layouts am Bildschirm. Bei diesem Verfahren, das den Ingenieur bei der Entwicklung und Überprüfung eines Schaltkreises unterstützt, zeichnet sich die Tendenz ab, möglichst viele Schrit­ te im Arbeitsprozeß zu automatisieren.

Compilerprogramm

„Übersetzungs"programm, mit dessen Hilfe aus dem Quellenprogramm das entsprechende Objektpro­ gramm erstellt werden kann.

Dotierung

Gezielte Verunreinigung des in reinem Zustand nicht leitenden Basismaterials Silizium mit Fremdatomen (z.B. Phosphor oder Bor) unterschiedlicher Konzen­ tration, wodurch man die feste Gitterstruktur des Basismaterials durch zusätzliche Elektronen verän-

12 Wippennenn

178

Glossar

dert. Der Halbleiter wird dann durch negative oder positive Ladungsträger leitfähig. Firmware

In einem ROM-Chip festgelegte Software (Mikro­ und Objektprogramme).

Gate Array

Standardisiert hergestellte Schaltkreise, auf denen arrays nur noch zu Gattern (gates) verschaltet wer­ den müssen. Der Anwender kann eine individuelle Verdrahtung der Bauelemente vorschreiben oder selbst vornehmen.

Halbleiter

Materialien (z.B. Silizium, Germanium oder Galli­ um-Arsen-Verbindungen), die in reinem Zustand nicht leitfähig sind. Ihre Leitfähigkeit ist abhängig von Temperaturveränderung, Lichteinwirkung und Dotierung.

Integrierte Schaltung

(IS oder IC - integrated circuit): Elektronisches Bauelement, in dem viele Schaltungselemente (meist Transistoren) in einem einzigen Halbleiterkristall zusammengefaßt (integriert) werden. Nach der Funk­ tion, die integrierte Schaltungen im Umgang mit In­ formation ausüben, können Logik- und Speicherbau­ steine unterschieden werden. Die Schaltungen kön­ nen fest „verdrahtet" oder programmierbar sein (Mikroprozessor). Standardschaltungen haben ein breites Anwendungsspektrum; kundenspezifische Schaltungen werden nach den Erfordernissen eines Anwenders für einen bestimmten Anwendungsfall entwickelt und gefertigt.

Maske

Glasplatte mit dünner Metallschicht, in die die Strukturen der einzelnen Schaltungselemente einge­ ätzt sind. Masken sind die ,,Photonegative", die zur Übertragung der Schaltungsstrukturen auf das Halb­ leitermaterial dienen. Durch die Maske hindurch wird ein Photolack auf dem Siliziumkristall belich­ tet.

Glossar

1 79

Mikrochip

Halbleiterkristall, auf dem sich eine integrierte Schaltung befindet. Der Mikrochip wird in ein Kera­ mik- oder Kunststoffgehäuse eingebaut.

Mikroprogramm

Folge von elementaren Befehlen, die auf einen Mi­ krochip eingeätzt sind. Die Gesamtheit des Mikro­ programms wird in einem besonderen Speicher des Rechners abgelegt und als Firmware bezeichnet. Das Mikroprogramm soll einen Teil der fest„verdrahte­ ten" Logik durch gespeicherte Strukturen ersetzen.

Mikroprozessor

Zentraler Baustein in einer Mikrocomputerschaltung, der die Steuer- und Rechenfunktionen wahrnimmt. Bei größeren Computern auch CPU (central proces­ sing unit - Zentraleinheit).

Objektprogramm

(Objectcode) Software, die die maschinenlesbare Version des Quellenprogramms darstellt. Das Ob­ jektprogramm besteht nur aus den Symbolen O und 1 . Dieser sog. binäre Code wird im Computer durch entgegengesetzte elektromagnetische Impulse darge­ stellt.

Photolitographie

,,Konventionelles" (im Gegensatz zur Elektronen­ strahlbelichtung) Verfahren, mit dem man zunächst Masken herstellt, die die geometrische Anordnung der Schaltung wiedergeben. Das Muster der Masken wird dann durch Belichtung der mit Photolack be­ schichteten Halbleiterscheibe auf die Scheibe über­ tragen. Je nach der Eigenschaft des Lacks lassen sich die unbelichteten oder die belichteten Stellen mit Lösungsmitteln entfernen; die stehengebliebene Lackstruktur ermöglicht es, die oberste Schicht der Siliziumscheibe selektiv zu ätzen.

Quellenprogramm

(Sourcecode) In einer aus Abkürzungen, Zahlen und Symbolen bestehenden Sprache geschriebenes Pro­ gramm. Das Quellenprogramm wird mit Hilfe eines Compilers in das Objektprogramm umgesetzt.

12•

1 80

Glossar

ROM

Read Only Memory: Speicher, dessen Information bereits bei der Herstellung, z.B. nach Angabe des Anwenders, unlöschbar eingeschrieben wird.

Siliziumkristall

Reines Silizium, in dem durch einen speziellen Prozeß die Anordnung der Atome perfekt regelmä­ ßig gestaltet worden ist. Nur solch einkristallines, hochreines Silizium ist für mikroelektronische Schaltungen geeignet.

Transistor

Halbleiterbauelement, dem die Funktionen „Verstär­ ken" und „Schalten" zugeteilt werden können. Nach der physikalischen Wirkungsweise kann man bipola­ re Transistoren und unipolare Transistoren (,,Feldef­ fekttransistoren") unterscheiden.

Wafer

Die oberste, im Herstellungsprozeß mit lichtemp­ findlichem Lack bedeckte Schicht einer Halbleiter­ scheibe.

Zellen

Schaltungen geringer Komplexität, die in derselben Form in mehreren Mikrochips verwendet werden können, weil sie standardisierte Grundfunktionen einer Schaltung ausführen.

Zellenbibliothek

Datenträger, auf dem die unterschiedlichen Zellen gespeichert sind. Aus der Zellenbibliothek werden die Zellen beim Entwurf eines Mikrochips ausge­ wählt und miteinander verschaltet.

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