Der Ton in kleinen Städten, oder Revolutionen im Städtchen *** drei Meilen von Berlin: Teil 1 [Neue Auflage, Reprint 2021] 9783112465486, 9783112465479

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Der Ton in kleinen Städten, oder Revolutionen im Städtchen *** drei Meilen von Berlin: Teil 1 [Neue Auflage, Reprint 2021]
 9783112465486, 9783112465479

Table of contents :
Erstes Kapitel. Worin der geneigte Leser in einem Miltagsmal einges laden wird
Zweites Kapitel. Dient zum Wegweiser
Drittes Kapitel. Einige Bekanntscaften. Der Hauptmann und feilte Trau
Viertes Kapitel. Der Maler Hagellin, eine Originalmännchen
Fünftes Kapitel. Fräulein Vechten, ein dito etwas feiner
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel. Wie viel darauf ankommt die Sprache zu verftehn
Achtes Kapitel. Das Fräulein .leirer ihren Anschlag ein
Neuntes Kapitel. Die Sache kömmt zum Spruch
Zehntes Kapitel Sprüchwörter
Elftes Kapitel. Sie verstummen
Zwölftes Kapitel. Ein Vorschlag zur Güte
Dreizehntes Kapitel. Etwas vom Pastor Hell
Vierzehntes Kapitel. Der Maler sucht seinen Fehler wieder gut zu machen
Fünfzehntes Kapitel. Das Geburtsfest
Sechszehntes Kapitel. Eine wunderseltsame Komödie
Siebzehntes Kapitel. Schöne Raritäten
Achtzehntes Kapitel. Die Ueberraschung
Neunzehntes Kapitel. Das Spiel
Zwanzigstes Kapitel. Wobei gebeten wird, nicht zu vergessen, Saß von einem kleinen Städtchen die Rede sei
Einundzwanzigstes Kapitel. Eine Geistergeschichte
Zweiundzwanzigstes Kapitel. Der Morgen in Freimann's Hause
Dreiundzwanzigstes Kapitel. Dem Freimann wird das Rathsel gelöst
Vierundzwanzigstes Kapitel. Ein Versuch Etende glüklich zu machen
Fünfundzwanzigstes Kapitel. Bader Liborius als Arzt
Sechsundzwanzigstes Kapitel. Von Invitiren
Siebenundzwanzigstes Kapitel. Was der Pastor ferner versehen
Achtundzwanzigstes Kapitel, Das freundschaftliche Gastmahl
Neunndzwanzigstes Kapitel. Geschichte des Pastors Dampfig
Dreissigstes Kapitel. Der Leser wird auf die Burg geführt
Einunddreissigstes Kapitel. Eine Abendgesellschaft
Zweiunddreissigstes Kapitel. Ein konditionirter Svasvogel
Dreiunddreissigstes Kapitel. Ein Originalmännchen
Vierunddreissigstes Kapitel. Eine andre Figur
Fünfunddreissigstes Kapitel. Ein Reformationeplan

Citation preview

Ton

Der

in kleinen Städten, oder

Nevo lutionen im

Städtchen * *.e drei Meilen von Berlin.

Eine k o m i s ch e Geschichte,

Erster Theil. Neue Auflage. Berlin, bei Arnold Wever.

1 7 9 7.

Erstes Kapitel. Worin -er geneigte Leser in einem MiltagSmal elnges laden wird.

(V ^Zn der Kurmark Brandenburg liegt ein kleines Städtchen (sein Name thut ja wohl

nicht« zur Sache?) voll niedriger, baufälliger Hauser, ungrader Strassen, selten von Rei,

senden besucht, und in dieses — freilich so wenig sich empfelende Sertchen, will ich Dich,

lieber Leser, führen.

Mache keine so finstre

Stirn, biedrer Greestädter, Dir,

ich verspreche

Deine Gefälligkeit soll Dich nicht

reuen, denn Du findest hier eine herrliche, reizende Gegend und wenigsten« ein Paar

wakre Metischen.

Und sieh, da« will im,

mer bei einer Volkszahl von höchstens zwei, lausend Seelen viel sagen, von denen der

grösste Theil Zahr aus Jahr ein unter sei, nem Vieh lebt nnd webt und durch diesen beständigen Umgang viel von dessen Art

Elftes DiinSch.

2l

und Weise «»nimmt. Topp! Du folgst mir? Nun so nimm meine Anweisung wahr. Er/

laubt es Deine Lunge und 'S« gehst per pedes von Berlin aus, so darfst Du nur

im schönen Lenz mit Sonnenaufgang den Stab ergreifen, und Du wirst, wenn Du

ein etwa« geübter Fuewandrer bist. Dein Mitkagsmal bei mir einnemen können, frei/

lich ganz schlecht und

recht, ein Gericht

Kohl oder Kartoffeln, oder was sonst die Jahreszeit giebt.

Allein denke nur nicht,

daß Du dieser

Einladung wegen mein Büchlein lesen sollst, nein, lieber Bewohner der Grosstädte, ich

möchte Dich

nur gern etwas besser nut

unsern Freuden und Leiden bekannt machen. Mancher unter Euch macht sich eine so fürch­ terliche Vorstellung von den kleinen Stad/ teil, daß er eine Verweisung in dieselbe für sein Todesnrtheil halten würde.

Schade

nur, daß dieser Widerwille auch auf un­ arme Kleinstädter den »achtheiligstcn Ein-

Kus hat.

Freilich fehlen uns Maskeraden

[

3

]

und Balle, Opern und Komödien, grosse

Konzerte u. d. gl. und was ebenfalls nicht zu läuguen und um so schlimmer ist, wir Vermissen nicht einmal alle diese schöne Sa,

chey.

Hieraus schliesst denn mancher sehr

scheinbar, es mangle uns Armen an Sinn

für schönere Vergnügungen und unsre Ner, ven wären zu stumpf, um feineren Freuden.

Geschmak abgewinnen zu können.

Zhr be,

trachtet uns daher oft mit einem Mr klei­

den, das manchen braven Provinzialen zurükfthrekt und kränkt.

Hierzu kommt noch

unsre wenige Bekanntschaft mit den bei Euch

Vielgeltenden Kleinigkeiten des guten Tons, und die verzweifelte Langsamkeit, mir der

wir uns dem ehernen Arm Eurer flatter­ haften

Mode

unterwerfen.

Nun,

hebe

Leset aus der Hauptstadt, Euch wollt' ich

uur in diesem Büchlein zeigen, daß es uns Kleinstädtern nicht an Gefühl und nicht an

Gelegenheit fehlt, feinere und edlere Freu­

den zu schmekken, daß

wir warlich nicht

blos Sinn für Essen, Trinken und Ruhe A 2

[ 4 J habe« und mithin so wenig Eures Mitten dens, als Eurer Geringschäzung wert sind.

Aber ich traf auch hin und wieder un­ ter Tuch nicht Wenig«/ denen das Ländle,

den über alles reizend schiel», dene»» wir Provinziale»» die glüklichsten Mensche»» zu

sein bäuchten. „Gottes reine Lust athmend, immer den Anblik der ofiie» herrlichen Na, tue geniessend, verleben sie In unschuldiger

Vertraulichkeit friedfertig ihre Tage. Hier weis man nichts von beleidigendem Stolz; Falschheit mit glatter Zunge vergiftet hier keine Freuden, sondern Unschuld, Offenheit,

Treuherzigkeit

und

Wohlwollen

schlingen

ihr festes Band um den kleinen Kreis der Einwohner."

Ach, edle Seelen! daß ich'6

sagen muS, Ihr irrt! Wir sind Menschen

wie Zhr; alles ist bei uns, wie bei Euch,

nur die äussere Schale anders. Endlich

auch Euch, Zhr Mitgenossen

der ländlichen Freude»» und Leiden, Euch andre Kleinstädter labe ich ein, lest dieses

Büchlein und beherziget es.

Zch war schon

C

5

]

an manchem kleinen Orte und überall fand

jch dieselben Uebel, überall waren sie brüf> fenfc, und überall—dachte man nicht daran

sie zu heben. Möchte sich doch bei Euch auch litt Hell und ein Fr ei mann finden, die

mit eben so viel Schonung, als Beharrlichkeit

gegen sie ankämpften, wie manche Thräne würde dann bei

Euch

weniger verweint,

wie manches Gute, das bisher Uneinigkeit

und Misgunst hinderte, eingeführt werden

und Seegen über Euch und Eure Enkel ver, breiten.

Zweites Kapitel. Dient zum Wegweiser.

Nun, Leser, wer Du auch bist Gros,

»der Kleinstädter, komm, ich will Dich in

unsre Thore einführen. Angenommen, Du

schlendertest auf der Berliner Strasse zu une, so würd' ich Dir den Rath geben:

trink auf der Hälfte des Weges Deinen

Kaffee und ie ein Stük Brod dazu, aber

A;

[

6

1

weiter nichts, sonst mtttr ich zu lang war»

teil und meine Aartoffeln fthmekkcn Dir nicht.

Noch eine kleine Warnung : verlier

bei der kezten Meile nicht Deine Geduld,

Du verlängerst sie sonst,

üNd, wenn Da

kannst, so fasse den Fussteig, der Dich durch Wiesen und Fruchtfelder dem lezten Dorfe

zuführt.' Zezt lieber Gast, sind wir schon ziemlich nahe beisammen,

noch eine kleine

Stunde und — ich schüttle Dir die Hand. Wandre nur gemächlich dem sanft sich heben­

den Hügel hinan,

und — wenn Du mir

und Dir eine» Gefallen thun willst —> so

zähle die Steine, die Dir im. Wege liegen, sieh nicht auf, bis Du merkst, daß es berg­ unter geht.

Halt! da warst Du und nun

den Kopf in dieHöh! — Was hier zu sehen ist? — Das will ich herzlich gern sagen, so gut sich so etwas sagen lasst. ÄZendcst Du Dich gegen Abend,

so schrekt Dich der

Grospapa von allen den übrigen Bergen, womit die ganze Gegend schier eingefasst ist.

Dunkle Föhren find sein Schmuk vom Schen

r ? ] tel bis zum Fus. Hier machen schimmer«»,

de Birken mit ihren langhaarichten Zweigen die Scheidewand zwischen ihm und einem

kleinen, friedlichen Dörfchen, da« seinen Namen dem Berge leiht. Wiesen voll bu»,

«en Klees und weidender Thiere schliessen -sich dem Dörfchen an, wechseln mit Frucht, selbem roth und gelb und grün und weis

ab, und ziehn sich so in traulicher Mischung bis zu Deinem Hügel hin.

de aus gegen Mittag,

Siehst Du gra«

so ärgre Dich nur

nicht über den schnurgeraden Dach, der mir

nichts, Dir nichte alle die Wiesen und Fel,

der- queer

durchschneidet,

ohne auch: nur

ein einziges Mal eine kleine Krümmung zu

»nachen.

Es »st freilich sehr starrköpfig und

was noch schlimmer scheint, sehr altmodisch so stramm und steif seinen Weg fortzusezen,

aber viel •—das ist nicht zu läugnen —•

viel erspart man doch, mungen vermeidet.

Weidenallee,

wenn man Krüm­

Vergieb es auch dec

die von Deinem Hügel an­

hebt, daß sie Dich so ziemlich grade auf

A 4

[

8

1

die zwei Windmühlen znführt, die vor un­ serm Städtchen Wache halten, Du kommst

ja desto eher zu uns. Aber eh' Du Deinen Stab weiter fort, sezest, blikke auch einmal links gegen Mvr,

gen und freue Dich der unter Dir weiden,

den Hecrdcn,

und weiterhin der ämstgen

und' frohen Arbeiter und sich nur, wie sich

jene Tandhügel so trozig und neidisch.in den Weg ziehen,, als ginnten sie Dir den schönen Anblik nicht.

Sie rauben Dir in

der That »les, aber das liebe, neugebaule

Dörfchen mit dem schönen Kirchthurm und der noch schöneren Kirche können sie doch

nicht verstekken.

Da ist ein wakrer Pa,

stör, zu dem ich Dich auch bei Gelegenheit führen will.

Drittes Kapitel. eiHige DekannliLafren. Der Hauptmann und feilte

Trau.

Mit unsrer Gegend wärest Du nun ziem,

sich bekannt, und

so unvollkommen

meine

t

9

]

Beschreibung Immer war, so wirst Du doch

so viel daraus ersehn, daß sich die liebe

Natur nicht ganz stiefmütterlich gegen uns bewiesen hat.

Nun käme die Reihe an die

Menschen, und auch diese will ich Dir nach

der Reihe vorführen.

Freilich kann ich sie

nicht alle vom Bürgermeister an bis zu den Hirten herab zeichnen, ich weis. Du wirst

herzlich gern zufrieden sein, wenn ich Dich nur mit denen bekannt mache, die mittel­ öder unmittelbar auf das allgemeine Wohl

oder Weh unsers Städtleins Einflus hatten. Leider kann ich Dir nicht versprechen, daß

Du lauter liebliche Gesichter sehen wirst — welches Dlumenbeetchen

ohne alles

wäre

Unkraut? — aber ganz verzerrte werden Dich wenigstens nicht schrekken und manche ofne

und grade Stirn wird Dir das Verschrobne der andern erträglich machen. Durch eine sonderbare Verirrung waren in diesem Stäbchen Menschen zusammenge,

kommen, pon denen einige gar ihrem rechten Plaz standen. A 5

nicht auf

Da saß ein

[

10

I

alter verabschiedeter Hauptmann Herr von

Erkrat

auf

seinem

kleinen

Rittergute,

kommandirte Kälber und Hüner, musterte die Enten, führte mit den Fliegen blutige

Kriege und fluchte und, argette sich, so ost er in den Zeitungen las, daß der Russe den

Türken geschlagen habe. Er war im Dienst um sein-rechtes Auge gekommen; dies und das inständige Bitten seiner stetigen Fran Mama hatte ihn bewogen, wider Neigung

den Abschied zu nemen.

Der Verlust die­

ses Zluges war freilich kein geringes Unglük für t^ti,

denn natürlich blieb nun alles,

was rechts lag, seinem Dlik verborgen, und

wehe dem, der da was sah-, wo er nichts oder etwas anders sah.

Schon als Junker

Hänschen hatte seine gnädige'Frau Mama

dafür gesorgt, daß der junge Herr jederzeit Recht haben musste, und weit er. nun so lange im ausschliessenden Besiz der Unfehl­ barkeit gewesen war, so lies er sich ganz

natürlich nie oder doch sehr'' schwer daraus verdrängen.

[

II

J

Nur feine Frau, der es nicht an te des Herzens und an Verstand gebrach, wusste mit ihm fertig zu werden. Du hast Recht, Papachen, sing sie jederzeit ihre Widerlegung an. Du hast Recht, ich mer, ke nun selbst wohl, daß wir uns geirrt haben, aber sieh nur — Hier gab sie ihm eine so gefchikte, aber ««merkliche Wen­ dung, daß sein gesundes Auge auf die rem qnastienis fiel — sieh nur, wenn man die Sache so betrachtet, wie leicht kann man da nicht getäuscht werden. — Da stand nun der alte biedre Hauptmann, ward ein wenig roth und rief im sanftem Tone: Nun, da hast Du'auch nicht ganz Unrecht, aber sag' ich doch, wenn----- komm her, liebes Weib und gieb mir einen Kus. Nach dem abgebrochnen wenn, sollte eigentlich folgen: wenn das rechte Au­ ge blind ist, so kann auch rechts nichts da fein. — aber er hielt es ent­ weder nicht für nöthig Mehreres zu Ver­ folgung seines Sieges hinzu zu sezen, oder

C

12

]

w.'s wahrscheinlicher ist, er schämte sich de«

falschen Schluffes, dessen Nachsaz freilich hätte heissen sollen: so kann i ch auch rechts

nicht sehen.

Doch,

lieber Hauptmann,

Du bist nicht der Einzige, der so schliesst, und nicht jeder hat eine Gattin, die seine

blinde Seite dreht.

Viertes Kapitel. Der Maler Hagcllln, eine OriginalmLnnchen.

Ein Unglük war's Immer, wie gesagt,

daß der arme Hauptmann sein rechtes Au­ ge verloren hatte.

Das war die Quell?

aller seiner Streitigkeiten und machte ihn um so hartnäkkiger, je mehr er vermuten muffle,

mall hielte ihn für einen Mann,

der nur die Sachen Halo sähe. Es war da, her sehr schwer für ihn eine neue Bekannt^

schäft zu machen, denn gewöhnlich gerieth er mit jedem Fremden schon bei dem ersten

Besuche in

solche Zänkereien, daß beiden

Theilen die Lust verging, einander wieder

[ zu sehen.

13

]

Sein ganzer Umgang blieb also

auf sehr wenige eingeschränkt, die ihn sämt/ lich zu handhaben verstanden, nur freilich

jeder auf seine eigene Art. Wir wollen unsre Leser in diesem Kapitel wenigstens mit ei/ hem bekannt machen,

dem am häufigsten

die langweiligen Stunden

unsers gestren,

gen Junkers auszufüllen die Gnade ward. Es war der Maler Hagelün, ein Mann chen,

das gleichfalls nicht auf seinem rech/

ten Plaz stand.

Er hatte für seinen Pin/

sei und für seinen unstaten Geist hier zu wenig Beschäftigung. Indessen verstand er meisterlich die Kunst vom Morgen bis zum

Abend höchst thätig zu scheinen. Seine über/ triebne und oft übelangebrachte Dienstfer, tigkeit, sein unersättlicher Durst nach Neu­

igkeiten und sein heftiger Drang immer in Gesellschaft zu sein, «amen ihm die meiste

Zeit des Tages weg.

Freilich

war seine

liebe Ehehälfte gar nicht damit zufrieden

und empfing ihn gewöhnlich bei jeder Nach/ hausekunft mit den artigsten

Vorwürfen-

[

14

]

die er dann mit Aufzälung aller der kleinen Dienstleistungen erwiderte, welche er dem Gevatter N- und dem Nachbar N. und der

Frau Muhme N. habe thun müssen. Sei, ne Frau, übrigens ein fleissiges und ordent, lichee Weib, hatte viel Aehnlichkeit mit der

Gattin des Weisesten der Griechen und ge,

riech natürlich über diese Entschuldigungen

in noch grössere Wut.

„So? also Frau

und Kind hnngern lassen? bei andern kannst Du arbeiten, nur zu Hause willst Du nichts

thun, liederlicher

ruhig,

Schlingel!" Kind, sei

nun soll es desto rascher gehn! —

und damit wusch er die Pinsel

aus, rei,

nigtr die Tablette oder rieb Farben.

Aber

länger, als eine halbe Stunde war es ihm

durchaus nicht möglich, in seinen vier Pfä, len zu bleiben. —• Poz Wetter! rief er dann ängstlich aus, hätt' ich's doch bald vergess sc», der Hauptmann wird sehnlichst auf

mich warten, ich habe versprechen müssen zu ihni zu kommen — und husch schlüpfte da«

qucksilberne Männchen zur Thür hinaus»

c 15 i Herr Hagelün war übrigens

der et#

kärmlichste Maler im ganzen heiligen Teut­ schen Reich und hatte überdies eine unüber­

windliche Abneigung gegen jede ernste und

anhaltende Beschäftigung.

Allein im-Stok/

schnizeln, Fischangeln, Hünersezen- Stie­

felwichsen und

Frisiren

suchte er seinen

Meister. Ausserdem gab es noch eine Men,

ge andrer kleiner Künste, die Niemand im ganzen Orte so gut verrichtete, als unser

Hayelün. Sein Dienstfertigkeiteeifer dräng­

te sich jedem auf und mau war unbillig ge,

nug, nur zu oft davon Gebrauch zu machen. Hatte sich eine Gaus verlaufen, so hies e«:

Herr Hagelun wird sie uns schon wieder schaffen, und Herr Hagelün, der in fein..!

eigenen

Angelegenheiten

nicht

gern

zwei

Schritte that, lief stundenlang herum und

spionirte sie aus. Das that er freilich nicht eben darum, andern nüzlich zu fein, son­

dern wie es allen Anschein hatte,

sich ge,

fällig zu machen und aufkleine Gegengefal,

ligkeiten Anspruch zu

haben.

Wenigstens

r

16

j

rmterlies er niemals, so oft er unbemerkt eine offenstehende Gartenthür zugemacht hat,

re, es dem Besizer anzuzeigen, daß er ihm

dies zu verdanken habe.

Indessen erreichte

er seinen Zwek, man sah ihn überall gern und selbst der Hauptmann,

der sich über

seine Unwissenheit in politischen Dingen und seine herzlich winzige Urtheilskraft oft nicht

wenig ereiferte, konnte doch ohne den Ma,

ler keinen Tag hinbringen.

Wirklich musst*

er auch seine Gesellschaft nicht unangenem zu unterhalten, kein Reisender konnte vor

ihm unbemerkt durchwandern, keine Kuh kalben, kein Zwist unter Mann und Frau Vorfällen, Herr Hagelün erfuhr es gewis

auf frischer That.

Freilich grif er alles auf

was sich ihm darbot, Gutes mit) Böses, von Lreurrd und Feind, und er hätte sicher

seines eigenen Vaters nicht geschont, wä,

re ihm eine skandalöse Geschichte von ihm zu Ohren gekommen; aber, eben so unbefan,

gen berichtete er auch, von seinem bittersten Feinde

(

17

]

Feinde die edelsten Anekdoten.

Ihm war

es genug, wenn er nur unterhalten konnte.

Seme Begierde sich angenem zu ma­

chen, lies es hrerbei nicht bewenden, son­

dern er suchte sich auch in die Lieblingsneigung eines .Jeden so tief einzuschmiegen, als es ihm immer glükken wollte.

War

sein Gesellschafter ein Blumenfreund,

so

schäzte Niemand die Tulpen und Hiaein-

een und Aurikeln und Nelken mehr, Herr Hagelnn.

als

Der ^anptmann hasste

die Russen von ganzem Herzen und Herr Hagelün schwor, sie waren ihm unauesteh,

lich.

Kurz es ging so weit- daß er nur

-inen schnarren oder lispeln hören durfte,

um acht Tage lang selbst zu schnarren oder zu lispeln.

Bei der Leerheit seines Kopfs

und seiner unbeschreiblich regen- Phantasie,

machte alles Neue einen angenemen Eindruk auf ihn, weil

es erstere etwas aus­

füllte und leztere wenigstens eine Zeitlang

beschäftigte.

Erstes Döndcp.

B

t 18 ] Fünftes Kapitel. Fräulein Dechren, ein dito etwaS feiner. Daß sich dieses gelenkige Männchen in

die Launen und Eigenheiten unsers barschen

Hauptmanns leicht habe zu schikken wis­ sen, darf ich wohl nicht erst sagen.

Er sah

nur das, was der Hauptmann sah, und

fand es auf ein Haar so, wie der gnädi­ ge Herr beliebte.

Gingen sie den Garten

auf und meder, so dlSputirte der Haupt-

mann bei dem Gange nach dem Garren-

Häuschen pro und bei der Rükkehr contw, je nachdem sein gesundes oder fern blindes

Auge dem Streitpunkt zugekehrt war. Der friedfertige Maler drükte gewöhnlich beide Augen fest zu und stimmte jeder Behaup­

tung

des

Edelmanns mit

allerdings,

ganz natürlich u. s. w, bei. Und doch,so gern auch unser Hauptmann Recht halte

mio so wenig

er

Widerspruch

vertragen

konnte, befriedigte ihn Herr Hagelün'o Ge­ schmeidigkeit gar nicht.

Es war ihm eben

E

19

]

so schimpflich ohne Widerspruch, als ohne

Kampf xu siegel». sern Maler

Er verachtete daher un­

herzlich und doch

war ihm

eben -derselbe so unentbehrlich, daß er e# keine» Tm; ohne ihn aushalten konnte.

Nicht so gefällig gegen unsern Junker war Fräulein Selgard von Vechten, eine Verwandte des Haupttnan-i's.

Sie

zählte eben ein halbes Säkulum und hatte

alle die Fehler, Hie' einer erzwungenen Ehe/

lssigkeit natürlich ankleben, in nicht gemei-

nem" Grade.

Eine alte Jungfer mus von

Seiten ihres Herzens und Verstandes gut verwahrt sein, wenn sie nicht von Mann/ sucht und

soll.

Menschenhae - befallen werden

Was Fräulein Oelzard betrift, -so

kann man nicht läugnen, daß sie ausseror­

dentlich viel Scharfsinn

besas, wenn es

drauf ankatn/die geheimen Schwächen ih­

res Nächsten auSzUspähen, oder wenn sie irgend einen Plan dürchsezen wollte.- Auch fehlte re ihr nicht an Wiz, der-freilich, weil

er'zu stumpf war,, nicht rizte, aber doch B r

[

20

3

Waue Flehen gab. Ueberdies verstand sie meisterlich die Kunst stundenlang hinter einander sortzuplappern, so daß sie jedes, mal, wenn auch nicht ihre Gegner wider, legte und überzeugte, doch sie wenigstens ermüdete und betäubte. Sie hatte sich da, durch so furchtbar im ganzen Städtchen ge-, macht, daß des Gewürzkrämers Frau, ei» ne nicht schlechte Rednerin, öffentlich ge­ stand: mit Fraulein Oelgard möchte sie selbst nicht anbinden, die hatte ein verteu­ feltes Schandmaul. Diese sonderbare Lobprelsung erregte überall keine geringe Mei­ nung von dem Verstände des Fräuleins, und wenn wir nur ihre eigene vielfache Aeusserungen dazu »enteil, so ergiebt sich freilich, daß ihr diese Ueberlegenheit nicht abgesprochen werden könne. Von Seiten ihres Herzens müssen wir uns bei ihren alleinigen Aussagen beruhi­ ge», da ich bei der mühsamsten Nachforschung doch auch kein einziges günstiges Ur­ theil von irgend einer Seele habe anfipure»

r

-i

]

sinnen. Selbst'der alte Hauptmann Hab ihr

oft .das Assugms, daß sie ein erzkiatjchiges, neidisches und boshaftes Affenaeschöpf seu

Doch, aufrichtig und unparteufch wie wir sind, wollen wir auch nicht übergehn, wie

Fräulein von ‘Fechten sehr oft von Men­ schenliebe sprach,

wie sie bisweilen ihren

Gesell schaftcrn im Vertrauen gestand, daß die erste Ursache, warum sie nicht tn den Stand der Ehe trete, die Besorgnis fei, ihr zu theilnemendes, zu gefühlvolles Herz

würde nicht vermögend sein, die Leiden und

Unannemlichkeiten dieses Standes zu ertragen; ja sie warf sich sogar nicht selten zur Ver­

theidigerin von ziemlich offenbaren Schur­ ken auf,

zog mit

der ihr eignen Bered­

samkeit'auf die Lästerzungen los und eiferte

mit frommer Wut gegen die wenige Men­

schenliebe.

Bei solchen Gelegenheiten zeig­

te sie sich allemal in . vollem Glanze. Mit

einem

allerliebsten

und

unbeschreiblichen

Hohnlächeln trat sie auf und sah dre Ger feüschaft, ihres Sieges gewis, mmriphirentz B 3

[ non eher.

In der That kann der?r'reLmaiin eine kleine Demüthigung nichts schaden, und ich bin eine

zu grosse Freundin von Sprüchwörtern, als

daß ich glauben sollte, das bekannte: Gleich uiib gleich gesellt sich gern! sollte hier ganz und gar seine Kraft verloren Habern Dock­

ich will nicht richten und findet man in Zukunft, wenn sie die Noth etwas Tirre gemacht hat, daß sie rursers Mitleids nicht ganz unwert sei, so kann man ja noch im,

wer etwas für sie thun. Frau Firlich. Ja wohl, und der Herr

Hauptmann könnten sich wahrhaftig grausamlich prosterniren, wenn der Afzier sähe,

daß sich Ihr Gnaden der Frau eines Lands,

perräthers annamen thäten, Frau

[

6‘iv.u Deihel.

49

Jh!

]

Kehl» doch Zhr

Gnade», iS ja an dem Weibe noch nix dran.

Der Hauptmann warf einen verächtli­

chen Blik auf alle diese Geschöpfe und wollte fort, da stürzte stch ihm ferne mit Vorschnelle eilte er davon. „Thor­ gen bring' ich'6, rief er noch im Wcggc-

hen, und llebermorge» ist Probe. —" Schoi; gut! entgegnete die Gervürzkramerin und kam mit einer geheimnisvollxir Mine in die Wohnstube zurük.

Zhr fflicwu, der in der That nicht Her schlauste war, hatte sich schon nicht wenig

den- Kops zerbrochen, was sie woh-l auszu, führen gedachten.

Daß es etwas

sein

müsse,

hatte er schon glüklich herausge­

bracht.

Allein hierbei blieb sein-unermüde­

ter Geist nicht stehen, er wollte auch wis­ sen, w a 6. es sei. Nach langem vergeblichen

Grübeln ging ihm endlich mit Einemmal

ein Licht auf. „Mir kommt nicht, rief er plözlich und

brach in ein wieherndes Triumphgelächter

«ue, ich habe den Braten gerochen. Müsst Eyre Sache» klüger anstellen, wenn ich

[

76

]

nichts merken soll. — Was? entgegnete sei/

ne Fran, was, Mann! Du wüsstest's? — Srehst Du, ich will mich im Mörser klein

stampfen lassen, wenn Du nur so viel bw

von weg hast, das will ich! „Geh' doch,

Heh, versezte ihr pfiffiger Gatte, mich macht Ahr nicht dumm, da müsse Ahr früher auf/

stehn. — So sprich doch, Dummbart, fuhr die aufgebrachte Hälfte fort und stemmte

beide Aenne in die Seiten, he? was weisst Du denn?' Firlich -(ittlr schalNschen kacheln-) Soll ich? — Ma! Herr' Hagelün mus auf das Geburts­

fest des Hauptmanns was malen — Da hast Du düs'-ganze Geheimnis. aachr sE-

zu frieden.) Frau Firlich stand schier nute mit ofnem Munde,

eine Mb

ehe sie:

Poz

Gimpel über alle Gimpel, wenn Du mei, ter nichts weisst, heran--brachte.

Sieht,

daß der Maler Farben und Papier mit,

nimmt und zerbricht sich

noch den Kopf,

ehe cr's vausknegt, daß was gemalt wer­

den soll.

Hast nicht gehört, was der Ma,

[

77

3

ler beim Abschied sprach? — Nichts von Probe?

Siehst,

daß Du dumm bist und

Vichts weisst. Herr FirlLch

schnitt ein

Gesicht, al§

hatt' er in einen sauern Apfel gebissen und

ward unwillig.

„Bekümmre mich viel uni

Eure Narrenpossen, hörst Du's, mag der Henker wissen, was Jhrvorhabr!" Seine sonst wortreiche Frau begnügte sich statt

aller Antwort ein Siegsgelachter 'anzuheben. Am andern Tage stellte sich Herr

gelün nur einem beschriebenen Dogen City fradjte semen sechsjährigen Buben mit uni> begab sich mit Frau Firlich nebst ihrem

Knaben von

Stübchen.

gleichem Alter in das kleine

Was sie hier gemacht haben,

kann uns selbst Herr Firlich nicht verra­ then, der,

so sorgfältig er auch sein Ohr

dem Schlüsselloch andrütte, doch nichts wei, ter vernam, als daß man den Kindern ei­ nen Spruch vorsagte, wie er sich ausdrük,

te; aus welchem Liede, konnte er nicht Her­

ausbringen. Der Maler entfernte sich sodann

c 78 j mit der Erinnerung: Fran Firlichen, für meines steh' ich, der

mus es morgen kön-

ne», geben Sie Sich ja alle Mühe, dann will ich den Kindern noch die Aktion bei­ bringen.

„Nun,

da haben wir's,

die Knaben

sollen dem Junker ein Wunschsprüchclchm sagen, rief Herr Firlich. Ueber die Heim­ lichkeit! Fehlgeschossen, mein Freund! mehr

erwiderte seine kluge Gattin nicht. Zch übergehe die übrigen Tage der Zu­

rüstungen, die von Seite» des Malers so

geheimnisvoll und verstekt betrieben

wur­

den, daß das ganze Städtchen zulezt auf­ merksam darauf ward.

Ma» merkte end­

lich wohl, daß eine Komödie solle gespielt werden,

besonders da am" Vorabend Herr

Hagelüu mit einem

grosse» Barte

Kiehnrus und einem langen

von

Schwerte um

seine Lenden über die Strasse zur General­ probe ging.

Endlich erschien der so sehr gewünschte Tag. Herr Hagelün war mit seiner Arbeit

[

79

]

fertig, die Komödie cinftutirt, und die edl^ Luise lud die sämtlichen Honoratioren des

Ovts, bie wir schon kennen, zum Mittages

mal. Fünfzehntes Kapitel. DaS GeburtSfest.

Der Hauptmann war heute ungemein

heiter, er empfing ferne Gäste mit der sicht­ barsten Freude und schien allen Unwillen

wegen des lezten Vorfalls abgelegt zu ha­

ben.

Selbst dem Maler drükte er recht

herzlich die Hand.

Pastor Hell,

Frei­

mann und d-ie edle Luise sahen sich wech, selöweis an und jeder las in des Andern

Augen die heissesten Wünsche für ihren edel, wüthigen Freund.

Selbst Fraulein X)ed;,

ten war heute — gar nicht Fräulein X>ecb,

ten, so viel

Theilrrame

und unverstellte

Freude fand man auf ihrem Gesicht.

Sie

schien heute etwas Wichtiges im Schilde 511

führen, denn oft (taub sie in tiefen Gcdan,

E

So

3

Een, wendete die Augensiarr nach der Dek

ke und bewegte sprachlos ihre Lippen, bis

sie dann, wieder aus dieser Betäubung mit einiger Bestürzung erwachte.

Indessen da

sie sich selbst mit nichts vor der Hand aus«

lies, so kommt es mir noch weniger zu,

Mutmaassungcn darüber anzustellen.

Nie,

mand aber zeigte seine Freude nachdrükli, chcr, als unser Hagelün.

Alles lebte an

ihm, wenigstens dreimal schon hatte er dem

alten Zöllner auf den Fus getreten, indem er wie der Wind bei ihm vorbei hüpfte, um

ein verlornes Schnupftuch oder eine Nadel

ihrem Vesizer ausheben zu können. Wirk­ lich hatte auch der Maler alle Ursache sich

zu 'freuen, denn er fand heute nicht nur eine

erwünschte Gelegenheit, sich die Gnade deS Hauptmanns wieder zu erwerben, sondern auch seine Geschiklichkcit und Erfindung«,

kraft an den Tag zu legen. Kurz alles war;

froh, nur der gefühllose Zöllner mit seiner

gleichgestimmten Ehehälfte nicht, die ohne

die

r st ] Sie geringste merkliche Theilname in ihren Alltagsgesichtern erschienen waren.

Die

Tiftbe,

Gesellschaft fejte nachdem man

sich endlich zu

sich diesmal kaum

eine kleine Viertelstunde um die Pläze ge­

stritten hatte, und wobei eben weiter nichts fonderltches vorfiel, als daß der allzudienst, fertige Maler feine Frau Nachbarin, die

der Gefahr

Gewürzkranreri»,

aussezte,

rükwärts zu Boden zu fallen, indem er ihr den Stuhl, mehrerer Bequemlichkeit we­

gen, zu weit zurük geschoben hatte.

Zum

Glük hielt sich Fra» Firlich lwch zu rech­ ter Zeit an dem Tische fest, bevor sie das

Uebergewlcht bekam.

Einige Gläser gingen

freilich bei dieser Erschütterung zu Grunde, doch waren sie noch leer, weswegen denn

auch der Maler mit einem kleinen Verwei­ se davon kam.

Die Speisen so wohl, als

die Tischgespräche

übergehen wir, so gut

auch beide sein mochten, und schreiten so­

gleich zum Kuchen. Wie dieser aufgetragen ward, erschienen zwei alte Manner in ihEriicr Diinvkh.

F

ren bäurischen

Feierkleidern.

WaS wollt

Ihr Kinder? fragte der Hauptmann.

„Unserm guten Vater und Wohlthäter Glük wünschen.

Leben Sie lange, Herr

Hauptmann, und sein Sie noch unsern

Kindern, was Sie uns waren!/z -r Die Thränen liefen dabei den Greisen von den Wangen.

Länger konnte sich Herr Hage-

lün nicht hatten, er

sprang von seinem

Stuhl auf, ergrif sein Glas und krähte

im ausgelassensten Zubelton: Vivat! es (ex be unser gnädiger Herr Hauptmann! -Alle folgten der Aussoderung, die grämliche Zöllnerin selbst nicht

unserm Maler gegen

ausgenommen, die

über sa6.

Vivat!

wiederholte dieser noch einmal und reichte der Frau Deihel das Glas zum Anstos,

die das ihrige ebenfalls emporhob.

Allein

Herr Hagelün raunte mit dem feinigen so

kräftig dagegen, daß

ihr der ganze Wein

auf die stoffene Andrienne geschüttet ward. Wer beschreibt den Verdrus der Zöll­

nerin, wer schildert die Angst des

Ma-

lero?

1

83

[

— „Ist Er

des Henkers, Hage,

Iün ? schrie der Hauptmann, als er von einem Paar Knaben

unterbrochen

ward,

von denen sich jeder'eirrer von seinen Handen

bemächtigte und sie in ländlicher Einsalt derb abherzte.

Was

wollt Ihr Kinder?

wer

seid Zhr? — „Der armen Wittwe Söhne

sind wir, der Zhr Gnaden erzeigen.

so viel Gut'6

Die neue Zakken hatt" uns die

gnäd'ge Fran machen lassen zu Zhrem Eh­

rentage. Gott segne Sie, lieber Herr, und lass' es Ihnen noch lange wohl gehen." Der

Kleinste

von

ihnen

harre einen

Straus von Feldblumen gebunden und.siekte ihn dem

Hauptmann

in

die Hand.

Der edle Junker fühlre etwas ganz Frem­

des in sich, es war ihm so heis, so wohl und doch so peinlich, daß er, wenn er nicht

Soldat gewesen wäre, gern ein Thränchen geweint hätte. „Dank' Euch, liebe Kinder, dank' Euch. Geht man da in die Nebenstube, sollt was

zu

essen

haben.

Und Zhr, alter Eürge,

L r

[

ß4

J

und Merten, kommt her und trinkt eins

auf meine „Gott

und

aller

Gäste Gesundheit.

lange unsern Wohlthäter

erhalte

und seine Freunde!" sagten die Männer,

scharrten weit zurük, neigten sich tief, tram

ken und gingen davon, nachdem sie dem Hauptmann

die

Hand

Was ich sagen wollte,

geküsst

hatten.

Kinder, morgen

kommt doch einmal zu mir, rief der Jun, ker ihnen noch nach und ward ein wenig rot.

-Hell lächelte Freimann zu, Leztrer

ergrtf sein Glas: Nun Herr Hauptmann,

lange glüklich sein und lange glüklich mar chen! Alle wiederholten es und tranken ihre Glaser aus.

Sechszehntes Kapitel. Eine wunderseltsame Komödie. Sobald man

von Tische aufgestandeii

war, entfernte sich Herr Hagelün, Heu

Liborius und die Frau Sirlid), nachdem Erstrer den Herrn Freimann auf die Sei»

[

85

]

tc gezogen und ihm eröfnet hatte: er habe ein kleines Lustspiel: der Sieg

Miner­

vene über den Mare betitelt, verferti­ get.

Ane Mangel eines bessern Orte wer­

de es auf dem Scheuriflur aufgeführt wer­

den. Herr Fremrann möchte doch indessen den Herrn Hauptmannu nterhallen, damit

er ihn nicht mitten in der Zubereitung über­

rasche.

Sobald

die Hörner sich

hören

liessen, könne die Gesellschaft erscheinen und grade ihren

Gang

nach dem Scheunthor

nemen, wiewohl solches dem Anschein nach

verschlossen sein

würde.

Unser Freimann richtete sein Geschäft

treulich aus und unterhielt sich

nebst dem

Pastor Hell mit unserm Junker und

sei­

ner Luise eine Stunde lang so wohl, daß

sie beinahe das Geschmetter der Waldhörner ganz überhört hätten, wenn nicht der-alte Zöllner wie .aus citiern Traum aufgefah­ ren wäre: „Hml was ist das?" — Eine

Freude Dir zu Ehren, mein Theurer, sag-

F 3

[

86

]

te Luise, kommen Sie allerseits und nr>

men Theil. Indes

der

Hauptmann,

Hell

und

Freinrann mit ihren drei Frauen und Herrn

und Frau Deihe! den

langen Gang zur

Hinterthür hi'nanswandern, will ick meinen Leseyr ein wenrg die Lage des Schlosses be­

schreiben.

Die herrschaftlichen Gebäude bil­

deten ein fast gleichseitiges Vierek, von dem

das

Schlos die Fronte, dre

Ställe und

Scheunen aber die Selten und den Hinter­

grund machten.

Der freie Plaz innerhalb

dieser Gebäude war mehr für die Wirt­ schaft, als für Lustbarkeiten der Art einge­ richtet.

Ausser eirrem schmalen Wege/ der

rings an den Seiten herum ging, war das übrige meist unter Wasser gesezt oder we-

nigstenö sehr sumpfig, was den Gänsen und

Entenund Schweinen des Edelhofs sehr wohl behagte,

worüber man aber nicht anders,

als mittelst herübergelegter Bretter kommen

konnte. Nun hatte der Maler die mittelste Scheune, der Hinterthür grad gegenüber.

[

]

8?

zum Theater gewählt. Vor dem Thor berfeb

bem war in eitriger Entfernung, ein küustli, cher Wald von Dirken gestekt, hinter welchem

die Srze für die zuschauenden Herrschaf­ ten verborgen waren.

Zn der Mitte des

Hofes standen zwei papierne Statüen, wo­ von eine die Gerechtigkeit, die andre die

Tapferkeit vorstellte. Naher am Schloe sah man die Venns und Minerva. Dies waren die Anstalten des Malern, der dadurch die grösste Ueberraschung bewir­

ken wollte, daß, wenn der Junker mit sei, ner Gejelljchaft bis zum Birkenwald würde gekommen sein,.plözlich und mit Geräusch

die Thorflügel der Scheune geösnet werden sollten.

Allen; mit nicht weniger Geschik-

lichkeit hatte Fräulein rechten es veranstal, tet, dem Hauptmann Freude zu machen.

eine unerwartete

Sie hatte zwischen der

Venus und Minerva auf den Brettern

Posto gefasst, hielt in einer Hand einen Blumenkranz und in der andern einen zier,

lichen seidener; Tabaksbeutel, beides mit ge,

$4

[

88

J

bogenem Arm ,unb so vieler Grazie, als ih­ re Figur unb ihre Jahre nur erlaubte»«. Der Hauptmann kam mit seiner Be­

gleitung an. Seho» stiegen ste den Damm hinunter,

da that das entschlossene Fräu­

lein drei Schritte mit Majestät vorwärts und ; rief:

„Empfange



Puf!



brrr! r— Puf! —> brrr!— und plumps!

fiel die Nednerir» in bei» Kot.

Holl und

Freimann spränge», hinzu -und hoben sie

auf, indes der Hauptmann „Bravo! rief; bravo! noch einmal aus den Flek."

Unsern Lesern mi'isse»» wir die Sache er­ klären: Herr Hagelün halte, um beit Glanz des Festes zu vermehren, die Knechte mit

Flinten versehe» und sie ans beide Seite»

des Schlosses postirt, mit bem Bedeuten, sobald

sie den Hauptmann

gewahrten,

eine Salve zu geben. Das arme Fraulein wustre davon so wenig etwas, als der Ma-

lev von ihrem Borsaz, eine Rede zu hal­

te». Zum Unglük hatte sie eine solche Angst vor allem Schiesgewehr, daß sie selbst eine

[

«9

J

ungeladene Flinte nicht ohne Schändern er-

blikkcn konnte.

Der Hanptnrann, Sol,

bat wie wer ar, freute sich herzlich über die Schüsse und da Fräulein Vechten nach

seiner rechte» Seite hinpurzelte,. so ward

er nnfange ihres Unfalls gar nicht gewahr. Indessen war sie mit einigen Schmuzflckken

davon gekommen und sie lies sich, so un­ gehalten sie zuvor war,

doch bald durch

das Versprechen besänftigen, daß nicht mehr geschossen werden sollte, wozu denn auch

sogleich Befehl gegeben ward. Der Zug sezte nach dieser kleinen Stö­ rung seine» Marsch weiter fort unter dem

beständigen Gedröhne der Hörner.

Dies

Konzert kam von niemand anders, als un­

serm Hagelün, der nebst dem Herrn Li­ borius sich vor das Scheunthor mit diesen

Instrumenten gestellt hatte. man

dem künstlichen

Schon war

Birkenhain

liahe,

als die Hörner durch ein lebhaftes Schmer,

tern das Zeichen der Ankunft gaben, wo»

auf ein Paar handfeste Stallknechte mit F $

E 9° ] aller Gewalt die beiden Flügel des Scheun-

thoro aufstiessen.

Zum Unglük harre Herr

^agelün vergesse», dem Herrn Liborius Nachricht davon zu geben, dieser ward also

von dem rechten Flügel ergriffen und ziem­ lich unfeinst nebst seinem Horn in die na­

he Pfüze geschleudert zur grössten Belusti­ gung dce Hauptmanns, der ihm wieder­ holt znrief: „Sicht Er, Bader, hat man­ chen ehrlichen Mann schon eingeseift, nun ist an Ihn auch mal die Reihe gekommen!"

Hagelün, der etwas weiter ab stand, rette­

te steh glüklich durch einen

und schlich

Seitenspriing

durch- eine Oefnung

in das

Theater.

Siebzehntes Kapitel. Schöne Raritäten.

Die Bühne stellte itri Hintergründe die

Stadt Troja vor, wie die Ueberschrift be­ sagte.-, Sie war auf das. beste befestigt,

harre Pallisaden, Mauern und Wälle, auf

I 9i. I denen es nicht an Kanonen fehlte, so toe# ntg als an einer zahlreichen Besazung, die

ittit anfaepflanztem Bajonek Wacke hielt. Meiler vor waren zwei Zelte anfgeschlagc» von Graotüchern verfertigt lind urit blauem

Papier oben eingefasst.

Auf jeder Seite

stand ein Stalirnecdt'in Preussischer Uni# form wit einer aus Holz geschnitten Flin# te.

Statt der Kulissen waren die Wände

nur Papier bekleidet, wo ant der .einen Sei# te das Scbloö des Junkers, auf der an# dern fein Wappen sehr schiklich angebracht

war.

Nach einer kleinen Pause kam hin­

ter Troja ein Tambour im leinenen Kit#

tel mit blauen Aufschlagen hervor und trom#

melke die Neveille.

Nachdem er einigemal

auf dem ThSater auf und nieder gewirbelt

hatte, zog er sich wieder zurüL. Hierauf riefen Die Schiidwachen: abgelöstl

allein

aus Mangel an Spielern wechselten beide

Knechte nur ihren Standort. Dem Haupt­ mann gefiel der Anfang ungemein.

[ 92 3 Endlich trat Herr Hagelün in der Gestalt des Kriegsgottes Mars auf, Sem Anzug war wirklich zu sonderbar, als daß er nicht ein wenig naher beamlizt zu wer­ den verdiente. Er hatte nemlich eine alte Uniform des Hauptmanns angezogen, un­ ter welcher der kurze, rote Friesrok des Stubenmädchens sich ganz vortrefllch ausnam. Auf feut Gesicht schien er die mei­ ste Sorgfalt verwendet zu haben. Augen­ braunen und Stuzbart waren pechschwarz, die Wange mit dem dlksten Rötel, das Kinn mit dem schönsten Blau betüncht. Ueberdies hatte noch der schlaue Maler ei­ nen breiten grünen Streif auf der rechten Bakke anaebracht, der eine Marbe und so§ nach ein Zeichen der Bravour des unverlezlichen Kriegsgottes anzeigen sollte. Auf diesem allerliebsten Köpfchen sas ein Helm von Goldpapier und, um das Kostüm durch nichts zu verlezen, erschien er mit blossen Füssenz die mit rothem Bande umwikkelt waren, ausser Bühne. Zn der rechten

1

93

C

Hand hielteinen blanken Husarensäbe^ die Linke w-r mit Les. Junkers Voqelfiim

te bewafnet.

Nachdem er einigemal sehr

gravitätisch auf und abgegarrgen war, be­ gann er also: Ich bin der Kriegsgott Mars genannt, Wohl in der gamcn Welt bekannt.

Von mir kriegt mancher Erdensohn

Ob seiner Tapferkeit die Kron.

Hier wollte er dem Alexander dem Gros, fen,

der rechte unter dem Zelt lag,

Zeichen geben,

daß

er

auftreten

ein

sollte.

Dieser Alexander war niemand andere,

als sein kleiner Karl, der eben auf allen Vieren hervorzukriechen im Begrif stand.

Allein unser Gott Mare war so unglük-

lich dies Merkzeichen mit dem Fue ein we­ nig zu nachdrüklich auf die Hand des Bu­ ben zu drükken, und nun erhob Alexan­

der Magnus, statt vorzukommen, ein gar klägliches

Geheul.

Nach

vielem Zureden

entschlos er sich endlich das Zelt zu verlassen.

ü

94

]

war aber nicht vermögend Ein Wort «njifc

bringen.

Gott Mars gab sich elfe dir

Mühe eü ihm vorzusagen. Ich bil» der grosse Alexander, Mir gleicht an Tapferkeit kein ander,

Ich stürme Euch in Troja ein

Mit diesem SpieS und Schwerte mein.

Mars verftzte hierauf: Du hast zwar oftmals Vie! gethan,

S3üv Troja bist Du nicht mein Mann Da muS ich einen andern ha'n

Der besser noch bestürmen kann.

Drauf erhob sich unter

dem linken Zelt

Karl der Grosse, des Gewürzkrämers Söhnlein, der das Merkzeichen nicht ab*

warten wollte und pipte mit vielem Mut: Ich Karl der Grosse bin gar groS,

Ich stosse Euch durch Emen CtoS Die ganze Mauern Troja'S ein

So wahr ich bin, mit Einem Vein.

Hier machte der Zunge die vom Maler erlernte Aktion mit ein wenig zu viel Nach,

r 95

7

bruk und purzelte auf die Nase.

Mars

lies sich das nicht anfechten und fuhr fort: Der mud noch lange auf die Mast,

Bevor er so viel Kräfte har, AlS Troja braucht, die grosse Last

lind nur der Herr VON Erkrat hat.

PlSzlich erschien Minerva, die rvürzkramerin,

eine dikke,

Ge,

kleine Figur.

Ihr rothseid'ner Rok war künstlich in zwei lange Beinkleider umgestaleet worden,

ihrer linken

in

hielt sie ein Pfeffersieb statt

des Schildes, in der rechten einen vom Nacht­

wächter entlehnten langen Spies, auf dem Kopf prunkte ein Helm von

Silberpapier.

Sie begann so: Was willst Du doch. Du dummer Wicht!

Du kriegst den Hans von Erkrat nicht

Fort pakke Dich auf mein GeheiS Sonst kriegst Du eins auf Deinen Sreis.

Nach diesem

starken Stük getrau' ich

mir nicht meinen Lesern mehr von der romv

ü er seltsam en Komödie des Herrn Hagelrm

[ anfzurtscherr.

96

J

Kurz, nach einem äusserst pk

helhaften Streit der beiden Götter, jagt Minerva glüklich den Mare davon,und

nun fallt

Troja im Hintergründe nieder

und eine Landschaft mit Schnittern und Hirten kommt zum Vorschein. Mare und Alexander und Karl der Grosse, wie

auch die Schildwachten werfen ihre Waf­ fen weg, Minerva ihren Nachwächter-

spiee und ihr Sieb.

Götter und Helden

und Soldaten machen drei Paare, Libo­

rius stösst in'e Horn, der Hirte, ein abge,

dankter Tambour, rührt die Trommel und

Las Lustspiel beschliesst sich mit einem aller­ liebsten

Tanz

und wiederholtem Rufen:

Es lebe unser gnädiger Herr Hauptmann hoch!: -

Acht-

[

97

3

Achtzehntes Kapitel. Die Ueverraschung.

Na Maler, rief der frohe Junker,

hat Seine Sache recht gut gemacht! Aber

sieht Er, Recht hat Er denn doch nicht, wenn Er

sagt. Unsereins würde da die

-Mauern allein einstürmen thun, und mehr

als Karl der Grosse und der andre, der

da vorkroch,

ausrichten.

Indessen weis

wohl, das ist man so gesagt.

Und Sie

Frau Firlichen haben sich brav gehalten, dacht'ö gleich, daß Sie würden mit dem

Maler fertig werden. Na dank' Euch, lie# be Kinder, dank' Euch! Und nun nam man den Nükzug auf

eben die Art,

wie man gekommen war.

Hier fiel dem Junker das Bildnis der Ge­

rechtigkeit in sein gesundes Auge: Sich! über

den Bliz.-Maler, hat er nicht die Frau Ge, rvürzkramerin, wie sie leibt und lebt, ge,

konterfeit!" — Zu diesem Irrthum derlei,

tete ihn die Wage, die jene ui der linke» Erstes Diinrch.

G

c 98 j Hand hielt:

Begierig blinzle ihr schlauer

Gemahl, Herr Firlich, die Skatüe an und

versezte mit dem schallendsten

Gelächter:

Ei Herr Hauptmann! sehen Sie nicht die

Ueberschrift, ist ja Ihre Jungfer Auegeberin Justine.

Diesen Namen hatte Herr

Firlich aus

Jnstit.

(Justitiar

buchstabirt.

Nickt doch, rief Bader Liborius, kennen

Sie nicht die Judith aus den alten heidnir

scheu Zeiten, Herr Gevatter? — Auf mei­

nen Reisen-------- Um Vergebung, schrie Gott Mars, der den Zug beschlos und

aus Besorgnis, man möchte seine Erklärung nicht recht vernemen, herab in den

Morast

von den Brettern

sprang und

dem

Hauptmann näher zu kommen eilte, wobei denn ganz

natürlich die Gesellschaft nicht

wenig besprizt ward. Um Vergebung, Herr Hauptmann, wiederholte er nun, da er dem Hauptmann zur Seite war, es ist

Justitia, zu Teutsch die Gerechtigkeit." Maler! ist Er des Henkers, rief der erstaunte Junker, ein Ferkel mag Er sei»,

[

99

]

geh Er uns vom Leibe oder — Hier ward

der Haupmann von Freimannen unter­ brochen, der sich früher als die übrigen zu-

rükbegeben hatte und nun an jeder Hand

mit einem armen, zerlumpten Knaben, de­ nen schüchtern eine abgezehrte, nur halbbeklei­

dete Frau nachschllch, kam.

Ihr

dem Zuge entgegen

Glüklichen vergesst

es

nicht,

war Freimann's Anrede, vergesst es nicht,

daß hier die Menschheit weint.

Diese Kin­

der haben keinen Vater, kein Brot, keine Kleidung und jenes Bild des Todes, ihre

Mutter,

hat

nicht Kräfte sie zu nähren.

Sollten diese trauren, da wir so froh sind? Edler Mann, erlauben Sie uns gemein­ schaftlich das Elend dieser Unglüklichen et­ was erträglicher zu machen, damit auch sie diesen uns so festlichen Tag segnen.

So­

gleich nam er seinen Hut, warf einige Gro­ schen hinein, reichte ihn dem Hauptmann,

der nicht mit der heitersten Mine eine Klei­ nigkeit beitrug.

Luisen standen die Thrä­

nen im Auge und sie ersezte unvermerkt G 2

[

lOO

J

die karge Gabe ihres Gatten reichlich. Mit der edelsten Bescheidenheit drükte das Frau,

lein so verborgen * als möglich schen zur Masse.

einen Gro-

Der Zöllner sah sich ge,

fangen, zog endlich mit vieler Anstrengung

seinen Beutel und that, nach langem Su­ chen, einen Dreier dazu.

Starr sah ihm

Freimann in's Gesicht,

seufzte

tief und

schwieg. Der Maler nnzre den Befehl des

Hauptmanns sich zu

entfernen und der

Gewürzkrämer konnte mit Herrn Liboriuo nicht satt werden auf der Mitte des Ganges die Statuen zu besichtigen. Pastor

Hell war der

lezre,

freudig reichte ihm

Freimann den Hut entgegen und er legte einen Sechser ein.

Wenig fehlte, so hätte

der unerwartete Schrek den Doktor eben so gut, als kurz zuvor das Fraulein, in

den Pful gestrekt. Der Prediger sezt? un­ befangen seinen Weg fort und Freimann stand noch lange mit ausgestrektem Arm, be­ vor er wieder zu sich kam.

Ihr sollt nicht

dabei leiden! rief er endlich mit dem lebhaft

r roi ] testen Unmut und war eben im Begrif feb nett Deutel auszuleeren, als Pastor Hell mit ernster aber liebreicher Stimme: Svev tnann! sprach. Sogb ich stekte dieser seine Börse wieder ein und übergab, mit Thränen im Auge, das Gesammelte der armen Wittwe, die bei dem Aublik des vielen Geldes nahe beim Junker zur Erde stürze te. Weib! was soll das? sprach dieser mit donnernder. Stimme. „Gott danken will ich, gnädiger Herr, und Ihnen Allen Seegen erflehen." Sanftmütiger sezte der Hauptmann hinzu: das mag sie, habe nichts dann, der.

Neunzehntes Kapitel. Das Spiel.

Verstimmt trat nun die ganze Gesell, schäft in das Schlvö und jeder brachte sei, ne eigne Mine und seine eigne Gedanken mit, selbst der Pastor war ein wenig ern, G 3

[

102

]

(ter, als gewöhnlich. Nun, wo (lest beim der Maler? unterbrach endlich der Jun»

ker die allgemeine Stille, als das huttige

Männchen eben umgekleidet ins Zimmer hüpfte. Na Maler, fuhr der Hauptmann

fort, thn Er mir mal den Gefallen und

besorg' Er die Spieltische. Allgemach stellte sich die vorige Lustigkeit wieder ein, nur Areimann blieb finster

und

*>ell ernst.

Sie machen doch heute ein Spielchen mit, lieber Pastor? fragte der Junker.

Bra,

vo, rief Luise und streichelte ihrem Man»

ne die Bakken, bravo! Du wirbst doch noch für mich.

Unser Freimann und ich brau,

cheu höchst nöthig den dritten Mann zum Tarok und, liebes Männchen, zu Deinem

Spiel taugt der Herr Pastor doch nicht. Du weisst ja — Hauptmann.

Weis wohl,

hat's vor,

redt um Geld zu spielen und ich mag nicht

Ursache sein, daß er sein Wort bricht.

Pastor. Verredet, lieber Hauptmann?

[ io3 1 Hauptmann. Nun, oder wie Sie fa« gen thun,

Zhre Grundsaze leidens nicht

und was die nicht leiden, das ist

so gut,

wie verrcdt.

Pastor.

Nur, daß jenes gewisse Ein­

schränkungen erlaubt,

lezteres aber nicht.

Auch ich spiele um Geld, wenn es nicht anders fein kann und (bedachtsam) wenn das Vergnügen der Gesellschaft nicht dabei lei­ det.

Fräulein Vechtcu.

Ich sollte meinen,

wem« ein Spiel so niedrig gespielt wird, wie es bei uns geschieht, so könnte das

Vergnügen der Gesellschaft nie dadurch ver­ mindert, sondern vermehrt werden.

Pastor, (lächelnd) Lassen Sie uns das Ende Ihres Spiele abwarten, mein Fräulein, und wenn der Ausgang Zhren Ausspruch

rechtfertiget, so werd' ich mich herzlich gem

für überwunden erkennen. So zuverlässig konnte unser Hell spre­

chen, weil er zu oft Augenzeuge von den

schädlichen Wirkungen des Spiels gewesen

G 4

C

war.

104

]

Immer stand der grösste Theil bet

Spieler ziemlich mismütig auf und dies konnte nach der gemischten Gesellschaft, wie sie es

denn gewöhnlich in

allen kleinen

Städten ist, nicht anders sein.

Der Bader so wohl, wie Herr Hage-

lun waren em Paar arme Teufel, die der

Verlust weniger Groschen zu sehr ernsthaf­

ten Betrachtungen veranlasste. ner und

Gewürzkramer

Der Zöll­

konnten

ihrer

Vermögensumstände wegen sehr leicht eine mässige Summe diesem Vergnügen aufop-

fern, allein

des Erstem äusserst geiziger

und des zweiten kaufmännischer Geist mach­

ten sie bei der kleinsten Einbusse trübsinnig.

Der Hauptmann noch einmal

hingegen

so viel

würde gern

verschleudert haben,

wenn es die Gesellschaft als ein freiwilli­

ges Geschenk hätte annemen wollen, aber verloren zu

haben — das schien ihm so

gut, als besiegt zu sein und dem Sieger

die Deute zu überlassen, mithin war auch er nach jedem, auch dem kleinsten Verlust

t

105

7

Fräulein Rechten,

unzufrieden.

die keine

geringe-Meinung von ihrem Verstände hat,

U, schien allezeit auf das empfindlichste ge, demütiget zu sein, wenn sie im Spiel un-

Natürlich bewirkte

glükllch gewesen war.

dies nicht die

bei

angenemste Stimmung

ihr, luib sie stand, so oft sie nach ihrem Aus-

druk maiheur gehabt hatte, mit vielem Un, muth auf.

Was das

schlimmste bei

der

Sache war, so fand man die Zahl der Un­ zufriedenen immer grösser, als die der Zu, friedenen und selbst diese Leztern vermehrten

durch ihre Lustigkeit den Verdrus der Er­

stem..

Daö Spiel begann, es war Ome und alle Therlnemer versicherten,

demi daß ein

so geringer Verlust, wie er sie nach Maasga­

be ihres Spiels treffen könnte, einen üblen Einflus

Spieler haben würde. Pastors

Wirklich schien des

Weissagung für heute

zu bleiben,'

kein

unmöglich

auf irgend einen der

unerfüllt

unzufriedenes Wörtchen

entwischte den Verlierenden lange Zeit

G 5

und

[

TO 6

1

selbst der Hauptmann scherzte noch, nach­ dem er sich dreimal hinter hatte.

gekauft

Nur der

schon ein sehr betrübtes

immer chen,

mehr

einander todt

Dader Ichmtt

Gesicht auf sem

einschrumpfendes

Geldhauft

allein desto froher war Herr Hage,

lün, dessen freilich ganz geringe Kasse sich

fast zur Hälfte verdoppelt hatte. Er erhöh, te seinen Saz, fuhr bei jedem Gewinst mit

den posslrltchsten Geberden vom Stuhl auf, brach, so oft der Bankspieler sich todt kauft

Le, in das ausgelassenste Gelächter aus und kurz — ward fo ziemlich unausstehlich. Dem Zöllner rann der Angstschweis vom Ange,

sicht, denn eben

Groschen. dächte,

verlor er seinen zehnten

Tief ersenfzte er und rief: Ich

er wäre heute sehr heis!

Errtsez,

lief) heis, wiederholte Hcrr Liborius. Fräulein Oelgar r übergab nunmehr die

Bank, die sie bisher und zwar mit Vor, theil, gehabt hatte, dem Hauptmann und

sezte mit einem Seitenblik auf den Pastor hinzu: „noch, dacht' ich, hatte unser Ver,

[

io?

]

-trügen nicht gelitten, ich sollte vielmehr,

meinen, eö hätte gewonnen, nicht wahr Herr Deihel-

Sie sind troz Ihrem klei­

nen Verluste so vergnügt, wie zuvor? —

O ja! stotterte dieser mühsam heraus und rieb sich die Thränen aus den Augen. — Und Sie mon eher? foderte das Fräulein

den Hauptmann auf, der bedachtsam sei­ ne Pfeife aus dem Munde nam, ein zwei­ deutiges Hum! Hum! brummte und dann

die Karte mischte.

Froh wie ein König bin ich,

fiel der

seelenvergnügte Maler ein und wer sollte es nicht, mein Fräulein? o! so ein Spiel­

chen ist ganz was Vortrefliches. Herr Haupt­ mann,

ich verdoppele

noch

einmal den

Saz. Sehn Sie Sich vor. Sie haben es mit einem scharfen Gegner zu thun!

So sehr hatte sich Hagelün noch nie vergessen, aber trunken von der Freude über

den Gewinn bedachte er

nicht,

daß der

Junker dies für eine drohende Auffoderung annemen müsse, eine Sache, die er selbst

io8

[

]

nicht im Scherze vertragen konnte.

iYT&

die Karte weg und

ler! rief dieser, legte

sah ihn gar grimmiglich an, Maler! plagt ihn der Henker? Fräulein Drehten, die um alles in der

Welt willen die

Prophezeihung des

Pa­

stors zu nichte macken wollte, hielt es für ratsamer,

dem

Streite vorzubeugen,

so

gern sie auch dem Maler eine gute Lektion gegönnt hatte.

Noch konnte sie ihm den

Schrek nicht vergeben, bett er ihr

durch

die Flintenschüsse verursacht hatte, als wo/

durch ihre zierliche Oration schmälich unter­

brochen

ward.

Erinnern Sie sich,

fiel

sie schnell ein mon eher, daß dies nicht der Maler Herr Hagelün, sondern der Kriegs­

und was vermögen

gott Mars sprach,

die Allgewalt der

sterbliche Hände gegen

Götter? (lachend) Ich rathe selbst, rremen

Sie Sich in Acht.

Der Hauptmann,

daran gelegen war,

dem nicht weniger

die

gute Sache des

Spiels gegen den Pastor zu vertheidigen,

[

109

]

Ward ruhiger, dock konnte .er sich nicht ent­ halten, mit polternder Stimme htnzuzuse-

zen: Hör' Er mal, Herr Hagelün, und

wenn Er auch zehnmal

der Gott Mars

wäre, so wollt' ich mich weder vor ihm,

noch vor seinen beiden Dengeln/dem Ale-

xander und Karl dem Grossen fürch­ ten thun. Hört' Er's? Der Hauptmann zwang tief) dabei zu lächeln, wodurch der ganz ausgelasiene Maler noch mehr ange­

Was steht die Wette Herr

feuert ward:

Hauptmann, rief er mitfrolvkkendemUeber-

tnut. Sie müssen Sich gleich zum ersten­ mal todt kaufen! — Der Junker konnte

sich kaum massigen, Hasenfus! brummte er und gab Karte.

Fräulein

Oelgart

befürchtete Unheil

und wollte den Maler wohlweislich war,

neu, sie strekte demnach ihr linkes Fuschen so weit,

als sie vermochte, über Herrn

Airlich's Beine weg, glaubte nun in des

Malers Region zu fein und drükte ihr spizes

AbsLzchen ziemlich kräftig auf-Herrn

[

HO

]

, a

[ zuthun.

116 ]

Herr Liborius und Herr Der,

fort zu versichern,

Hel fuhren

nach solchen Vorfällen

würden»

nie

daß

sie

mehr spielen

Herr Lirlich ward indes nicht

müde, die Parteien aussöhnen zu wollen «nd strengte so viel möglich alle Kräfte an,

um Iseiirer Stimme und sinnen Gründen Eingang zu verschaffen.

Kurz der Lerm

war ganz fürchterlich. Der Hauptmann geriet in die grösste Hize, schön fünfmal hatte er mit einem

„Bliz und der Donner!"

durchzudringen

gedacht, aber eben so oft erfuhr er, daß seine Lunge vergebens sich anstrengte. Voll

Aergernis sprang er auf und schrie: „Hol

der Teufel daö verdammte Spiel! Pastor Sie haben

Recht!'•

Thür hinaus.

und marschirte zur

Hierdurch ward zuerst der

Maler zum Schweige:» gebracht, dem bald Herr Dethel und Herr Liborius nach,

folgten, indem sich Beide in eine entfernte Ekke des Zimmers fezten. Der Maler war

«egen der Folgen besorgt, strich sein Gelb

[ ein,

H7

J

und schlich sich hinter Freimaimett,

bei dem er vor dem Angrif dee Haupt­ mann» sicher zn sein glaubte.

Der Gewürzkramer gab endlich alle Hofnung auf, das Spiel wieder hergestellt

zu sehn, unmutig erhob er sich also und versicherte, daß er nie wieder spielen wer, de. Fräulein

Vechten räumte .zulezt den

Pla; und schwor auf ihre Ehre,

daß sie

unter Menschen von so weniger Politesse keine Karte mehr anrühren würde.

Ich

gebe Ihnen Recht, Herr Prediger, hier leidet das

Vergnügen beim Spiel

sezte

sie hinzu und zerrte das Wort hier so lang sie konnte. Am zweiten Tische war wenig Erheb, liches vorgefallen.

Beide Männer waren

anfangs ernst, fv sehr Luise sie auch zn

erheitern

suchte.

Pastor,

rief

endlich

Freimantt und ergrif seine Hand, sagen Sie mir, war die arme Frau eine Unwürdige? — Das fürcht' ich nicht, antworte­

te Jener.

Nicht?

fuhr Freimann fort,

H 3

[ stB 3 und koch — Männl warum wollest Die mir rin Rätsel sein? — Morgen, lieber Freimann, versezte

Hell liebreich tatauf

und drükte seine Hand, morgen wird sich'ü

lösen.

Freimann ward

ruhiger und

die

poffirlichen Auftritte am ersten Tische brach­ ten

endlich

die vorige -Heiterkeit zurük.'

Auch sie endigten nun, jedoch mit allgemein her Zufriedenheit ihr Spiel.

Zwanzigstes Kapitel. Wobei gebeten wird, nicht zu vergessen, Saß von einem kleinen Städtchen die Rede sei.

Nach und nach fand sich die Gesellschaft wieder zusammen.

Der aufbrausende Zorn

hatte sich zwar bei

allen gelegt,

aber

in seine Stelle war ein empfindlicher Um-

mut getreten, den die Scham, sich zu sehr übereilt Man

zu

haben,

wünschte

einen

nicht

von

verminderte. der

Gesell«

schäft finden zu können, auf den inan die ganze Schuld an diesem Zwist laden und

feinen Unwillen werfen dürfte, allein zum

C US 3 Unglük öder Glük waren

die

sämtliche«»

Spieler in zwei Parteien getheilt und man musste bei- jedem eiirzelnen deir ganzen An­

hang

wider

sich

aufziiregcn

befsirchtem

Endlich fiel der Unmut Aller auf das Spiel

und sie versicherten sämtlich feierlich, diest Anreizung zu uiiangencmen Vorfällen gänz­ lich tn Zukunft zu vermeiden. Aber sagt mir nur, -Ihr Herren, 6e#

gaim

null der

Hauptmann utib stopfte

sich eine frische Pfeife, wie das zugeht? — Es ist doch man ein kleines,

lnmpiges

S-pielchen? Freimann^

Sie meinen, fder .Verlust

dabei könne nur unbedeutend sein, Allerdings l • Gesiezt nun

^auptmamt.

auch, ich verlöre einen Gulden oder Tha­ ler, nun, was thäte das?

Freimann.

Ihnen mchts, aber mir

zum Beispiel viel.

Hagelün.

Allein,

Herr Freimann«

man verliert auch nicht immer.

H 4

[

12»

3

Gut Herr Hagelün, Sit

Freimann.

werdm uns am besten sagen können, oh Sie mehr gewonnen oder grösser« Schaden

erlitten haben. Hagelün.

Die Wahrheit zu gestehen,

war wohl der Verlust grösser. Pastor Hell.

Und was das Schlimm­

ste dabei ist, so sezte Sie dieser Verlust gtt

wis oft in die Verlegenheit,

einen nüzli,

chen Vorsaz unausgeführt zu lassen.

Mir

wenigstens ging es einmal so auf der Universi­ tät, wo ich das zu einem sehr vortreflichen Buche bestimmte Geld im Spiel verlor.

Hagelün. -iger.

Wohl wahr,. Herr predi,

Ging es

mir doch vor drei Wo­

chen auf kein Haar anders.

Lassen

Sie

.Sich dienen, da hatt' ich eben vier Thaler

zusammengebracht, um.mir ein Schweinchen

dafür in die Wirthschaft anzukaufen,,

es

war auch schon gehandelt und alles richtig; Was geschieht? wir -kommen, hier zusam­ men, ich habe mein Geld bei mir, wir ma­

chen ein Spielchen und stehe da, ich verlte-

[

121

J

re netto achtzehn Groschen von meiner Dar, schäft.

Ein verteufelter Streich! Aue dem

Kauf konnte nun vor der Hand nichts wer­ den. — Hauptmann.

Bliz noch einmal! Na

Maler, Er hat heute gewonnen, mach Er

die vier Thaler wieder voll und

kauf Er

Sein Schwein. Hagelun. -Die vier Thaler? — Za,

ja Herr Hauptmann, wo sind die hinge­

wandert, über alle Berge! wenn so was einmal angerissen ist,

da

verfliegt's wie

Spaniol.

Hauptmann.

Donner und das Wet-

ter! Maler, ich will nicht Hans von Erkrat

heissen, wenn Er mir noch einmal in mei­ ner Gegenwart eine Karte anrühren soll.

Fräulein Vechten der dies Gespräch zu

langweilig schien, Gesellschaft,

entfernte sich von der

nachdem sie zuvor noch ein­

mal ihre Ehre zum Unterpfand gesezt Har­ le, nie sich wieder bei so bewandten Um­

ständen in ein Spiel einzulassen.

H S

[

122

J

Schade ist's immer, versezte der Hauptr

mann, daß man dies Vergnügen so ganj entbehren soll. igelt

Sic meinen also wirklich,

daß

das Spiel ein Vergnügen sei? Hauptmann. Sie fragen thun.

igelt

Alle Welt, Pastor, wie

Was wär'« denn?

Nach meiner Meinung, das aU

lerlezte Hülfsmittel die lästige Zeit zu tödten und die Langeweile z» verscheuchen, das,

wa« bas Schlimmste ist, erst den Eigennuz

aufregen muö, um Theilname zu verschaft

fcn.

Sagen Sic mir, lieber Hauptmann,

warum verursacht ein Spiel, das umsonst

oder sehr gering gespielt wird, den meisten

Menschen Ekel und wird ihnen unertragi» lich? Hauptmann,

(Nachdenkens» Hm! hm!

da haben Sie nicht ganz Unrecht.

Abet

ein Vergnüge» ist es denn doch.

Hell. Sie meinen doch nicht überhaupt? Freilich macht es dem, der glüklich spielt Vergnügen, aber der unglükliche Spieler,

k

123

J

Ker so oft sich getäuscht sieht, dessen sicher,

pe Hofnungen zu

Grunde gehen, dessen

-estansgedachten Plane mLslingen, der, wär'

er auch der gelassenste und verträglichste Mann, verliert doch nicht selten seine Ge,

duld oder wenigstens seine Heiterkeit, und wird auf die übrige Zeit gewöhnlich

der

Gesellschaft unbrauchbar. Hcnrptmann.

Wohl wahr, Pastor.

Und mit dem Gewinnen könunt es auch nur selten.

AelL Wenigstens kann man rechnen, daß im Durchschnitt eben

so oft verloren als

gewonnen wird. Und geschehe auch das lezte

häufiger,

so ist schon der Gedanke, wem

Vergnügen mit dem Misvergnügen anderer

erkauft zu haben, wirklich nicht der angeuemste, ohne die Störung der allgemeinen Freude, die notwendig bei dem Unmut eu Niger Freunde enrssehen mus, in Anschlag zu bringen.

Hauptmann.

Na, Pastor, es bleibt

[

124 ]

dabei. Kürfftig fein Spiek mehr, oder ich will nicht-----Plözlich entstand auf dem Hausflur ein fürchterlich Angstgcschrei. „Was ist das?" rief der erschrokrre Bader und prallte sor schnell und so weit als möglich von der Stubenthür ab. Der alte Zöllner, der indessen, nach seiner beliebten Sitte, ein Schläfchen gemacht hatte, fuhr darüber mit einem lauten Schrei vom Stuhle auf. Die Idee von Verlust, womit er eingeschlum­ mert war, hatte ihm den fürchterlichsten Traum erzeugt. Seine Klasse ward nemlich befreien, die wehklagende Stimme vom Hausflur schien ihm das Hülfgeschrei sei­ ner von den Räubern gemarterten Haus­ ehre zu sein. Er erwachte eben, da der ge­ ängstigte Bader vorbei eilte und hielt foicz fen für den fliehenden Dieb. Mit-einer ungewohnten Munterkeit sprang er auf, ergrif Herrn Liborius beim Kragen und schrie aus Leibeskräften: Hülfe! Hülfe! hier ist der Räuber! Dieser, der bei dem

[

125

]

Zöllner einen Zufluchtsort gesucht hatte, fuhr eben so geschwind, als er gekommen war, wieder zurük und hinterlies dem wü,

renden Deihel seinen dikkeu falschen Pu, dsrzopf, an den er sich angeklammert har,

re.

E§ kostete viele Mühe den Zöllner von

(einem Irrthum zurükzubringen,

beson­

ders da das Klageheul noch fortdauerte.

Indessen waren der Hauptmann, und Freimattri zufrieden,

dies

Hell

komische

Handgemenge geendigt zu sehen und über,

liessen es den beiden Herren selbst, sich zu

weil das beständige Nothge,

verständigen, (chrei auf dem

Flur ihren Beistand

vor,

langte.

Einundzwanjigstes Kapitel. Eine Geistergeschichte.

Hier fanden sie nun den armen Ma­

ler lang auögestrekt mit dem Gesicht auf der Erde liegen.

Sultan stand neben ihm

und zerrte, so viel er vermochte, an seinem Kleide, ihn wieder m die Höh zu bringen.

[

136

]

allein HerrHagelün gab, ausser einem ängst­

Zeichen des Lebens

lichen Krächzen, kein von sich.

Maler, rief endlich der Haupt­

mann, nachdem er ihn von oben bis un­ ten beleuchtet hatte, plagt Zhn der Hen­

ker? so red' Er doch.

Dieser flies einen

tiefen Seufzer aus, wollte jedoch sein Ant-

l!z nicht erheben, sondern rief mit Zittern

und Beben : Zst Er noch da? Wer denn? fragte der Junker.

Der Geist, versezte

Dieser, der mich verfolgte und erbärmlich

gezwikt hat.

Ach! ich bin des Todes! —

So steh Er man auf,

fuhr1 der Haupt­

mann fort, der Geist ist niemand anders,

als Sultan. Er mag mir ein schöner Gott Mars fein! „Bei meiner armen

Seele,

gnädiger

Herr, erwiderte der Maler, ich hab' ihn gesehn, leibhaftig gesehn — eine weisse lan­

ge Gestakt mit funkelnden Augen bei der Scheune.

Mehr konnte der arme Hage-

luit nicht hervorbringen- ein heftiger Fie­

bersrost unterbrach seine Rede. Unterdessen

[

127

]

hatte sich die übrige Gesellschaft eingestellt Herr Liborius, der nun gern einen auf,

fallenden Beweis feiner Herzhaftigkeit ab,

legen wollte, um sein vorige« furchtsame« Betragen vergessen zu machen, glaubte über, zeugt zu sein,

daß nichts weiter als der

Zagdhmrü dem feigen Maler den Schrek verursacht habe, er erbot sich daher, dies«

bedenkliche Sache sogleich zu uirtersuchen und gradeöwege rwch der Scheune zu ge, her«.

Der Hauptmann, dem eö nicht ein# mal einfiel, daß dazu Mut gehören könne, hatte nichts dagegen eiiizuivenden.

„Blei,

ben Sie alle hier, sezte der beherzte Ba, der noch hinzu, ich allein will dem Geist

nachspüren.

Sein Sie übrigens meinetwe,'

wegen ohne alle Sorgen!" und so ging er

festen Trittes zur Hinterthür hinaus. In­ dessen daß man den halbiodren Maler mit

Gewalt von der Erde aufhob und in die

Stube zu schleppen bemüht war, entschloS

sich der neugierige Herr Firlicl), dem Abem

[

128

1

teuer des Laders näher zu zuschauen. Da dieser sich bis in

den Hof gewagt hatte,

so glaubte er nicht viel wagen zu dürfen,

wenn er an der Hinterthür eilten Zuschauer

«bgäbe.

Kaum hatte er aber seinen Plaz

eingenommen, als Herr Liborius mit fol, cher Gewalt auf ihn losrannte, daß sie bei#

de in dieselbige Lage versezt wurden, in der

man kurz zuvor den Maler gefunden hat, te.

Schmerzen und Angst pressten diese»

zwei Helden ein so fürchterliches Brüllen aus, daß die Gesellschaft von neuem nicht

wenig bestürzt ward. Man brachte den Maler geschwind auf

ein Bette und eilte den Nothleidenden Hül, fe zu leisten.

'so

Hier fand man denn einen daß der sonst so

komischen Auftritt,

ernste Hauptmann in das unmäßigste Ge, lachtet auszubrechen sich

gezwungen sah.

Der Bader, war auf Herrn Firlich gefal­

len, dieser dem dadurch alle Gelegenheit zur

Flucht benommen war,

Dekke. recht herzlich.

freute sich seiner

Er betrachtete den Herrn

f

129

]

Herrn Liborus als eine Vormauer gegen

des Gottseibeiuns,

tue 'Anläufe

und um­

schlang ihn daher mit beiden Fäusten kräftig, daß der Bader wider Dillen

so

sick­

gezwungen sah, in dieser äußerst unbehag­ lichen Lage zu bleiben.

das, wie

man

sich

Sein kurzes Haar, erinnern

schlaftrunkne Zöllner aus

wird,

der

seinem Gefäng­

nis, dem falschen Zopfe befreit hatte, stroz, te fürchterlich empor,

und vermehrte da6

Lächerliche dieser Scene um vieles. Zn aller Welt, hub endlich der Jun­

ker an und hielt sich noch immer den Bauch vor Lachen,

sagt mit nur Leute,

prügelt

Ihr Euch oder habt Ihr Euch so lieb? Ach, der Geist l der Geist!

schrie der

geängstigte Gewürzkramer unter dem Ba­

der hervor. Gnädiger Herr, fiel Liborius ein, der Maler hat Recht, ich hab' ihn selbst gese­

hen, den Geist, mit funkelnden Augen ver, folgte er mich. kommen,

Kaum war er so weit ge­

als eine weisse Gestalt sich der

Ech.es Bändchen.

I

[ Thür näherte.

I3Q Dem

]

Zöllner,

der

sich

weislich am entferntesten gehalten, wiewohl

immer starr feine Augen auf die Thür gerichtet hatte, fiel die Erscheinung zuerst in die Augen.

Gott sei mir Sünder

dig, da kömmt der Geist leibhaftig!

gnä­

rief

er erschrokken aus, fasste seine alte Ehehälf­ te beim Arm und stolperte so

gehen wollte,

dem

schnell es

Zimmer zu.

Man

weis nicht, ob der Gewürzkrämer durch

de» Zuspruch des Hauptmanns die um, fchlungeuen und mit Riesenkraft geschloss-

nen Hande schon vorher aufgelöst hatte,

oder ob chieö eben der neue Schrek bewirk­ te, oder endlich ob der Bader durch de« Ausruf des Zöllner'» so erschüttert ward,

daß er selbst vermögend war, diese Baude zu durchbrechen, kurz -er sprang, wie ein Bliz auf und drängte sich mit der gröss­

ten Schnelle durch das fliehende alte Ehe­ paar durch, welches so gewaltsam geschah,

daß die alte Zöllnerin rechts und ihre be­ tagte Stüze links, jedoch ohne Schaden,

[ Boden

zu

]

IZI

geworfen

würzkrämer merkte

wurden.

Der

gar schlau,

bei dem Aufsteheu zu viel

Ge,

daß er

Zeit verlieren

würde, er kroch demnach auf allen Vieren

mit ungemeiner Behendigkeit unter die Nökke seiner beherztem Gattin.

Zndeö kam die Gestalt naher und siehe — es war niemand andere als Fräulein Nech, ten.

Die ganze Gesellschaft empfing

sie

mit einem lauten Gelächter und war eben

im Begrif, ihr dle komische Geschichte mitzutheilen, als die stolze Dame in einem hohen und aufgebrachten Ton so begann:

Es scheint, meine Herren, als hätten Sie

Sptelwerk der

mich dazu ausersehn, das

Gesellschaft zu sein.

Vielleicht

ist es Zh,

nen allerseits unbegreiflich, wie ein zärtli, ches und gefühlvolles Herz die Einsamkeit suchen und tm schaurigen Dunkel am An,

bltk des silbernen Mondes sich erlaben kann, allein wahrhaftig,

dafür

verdienen

Mitleid, ich aber nicht Spott.

I r

Sie

E

iZ2

]

— Du liebliche Schdne des Himmels Lustbemandleriu, Dunkelerleucheerin, SrernregenliN Nimmer-----

Hier ward die mit Kosegarten sich aufschwingende Rednerin auf das unange-

nemste unterbrochen.

Herr Firlich, der

die Stimme des Fräuleins bald erkannte,

glaubte nun ohne alle Gefahr feine höchst unangeneme Stellung verändern zu können

und kroch daher eben so,

doch rükwarts

hervor und verursachte dadurch dem Fräu­ lein einen Schrek, der dem nicht viel nach­

gab, den sie dem Maler und Bader ein­ gejagt hatte. Poz!

über die Luftwandlerin! rief der

Hauptmann, sind ja erschrokken, wie der

arme Maler. Kommen Sie, sollen die gan­ ze Komödie hören,

ist zum Todtlachen.

Sehn Sie da den Gewürzkrämer, den haben Sie auch in'6 Mauseloch getrieben.

Fräulein Oelgart, die nach einem Schrek

gewöhnlich

allen

konnte sich

zwar aus dem Hauptmann

Unwillen

fahren

lies,

133

[

«licht finden,

aber doch

folgte

zen Gesellschaft in's

Zimmer.

ker fort,

sollen

sehn.

der gan­ Der Ma­

fuhr der

sterben thun,

ler will

liegen

J

Jun­

man den armen Teufel

Mit

Worten nahte

diesen

man sich dem Bette, ans dem man Herr» ^egehtn gelassen hatte.

Allein wie gro«

war ihr Erstaunen, als man dasselbe leer antraf.

.Der Maler

durch die Lap­

ist

pen gegangen, rief der Hauptmann, Bliz

«och einmal! und war doch so schachmatt, daß er weder Hand noch FuS regen konn­ te.

Alsobald vernam man einen gar kläg­

lichen Seufzer der hinter dem Ofen vor­ kam.

Ein Theik der Anwesenden war ein­

mal aufgeschrekk wenig

da?

zusammen.

und

fuhr darüber nicht

Sizt

das

Vögelchen

verscztr der Junker lachend,

na?

komm Er man vor, Maler, ist doch ein Allerweltehasenfus! - Zitternd

und bebend

drängte sich Herr Hagelün aus seiner en­

gen Oefnung hervor und versicherte

mit

schwacher Stimme, er habe fürchterlich ausI 3

s

*34

]

gestanden, während daß man ihn allein ge­

lassen, der Geist habe ihn endlich aus dem

Bette gerissen und hinter den Ofen gewor­ fen. Der Hauptmann

entdekte nun dem

beschämten Maler, wer das vermeinte Ge­ spenst gewesen sei, und Freimann gab sich

die Mühe,

dem

immer noch

erstaunten

Fräulein befriedigenden Ausschlus -u ge­

ben. Hierdurch ward die Ruhe wieder her­ gestellt und die Gesellschaft begab sich am

Ende dieses,

an sonderbaren Vorfällen so

reichen Tages auegesöhnt und vergnügt nach

Hause.

Zweiundzwanzigstes Kapitel. Der Morgen in Freirnann's Hause.

ES tagte; da erhub sich die Magd aus

ihrem Kämmerlein, die Küchenthür knarrte

Und bald draug das Pinken des abgenuzten Stahls zum Ohre

der Schlafenden,

aber Freimann strebte »««bekümmert nur

[

135

J

desto weiter seine ruhenden Glieder aus, indes seine Gattin, ihm zur Seite, den Kopf munter erhob, das Auge prüfend er-

öfnete und die Stunde des Tages ahnend,

sanft wieder zurüksank, nachdem sie zuvor eine lästige Fliege vom Kopf des ihr lie­ ben Schläfers verjagt hatte.

Ein sanfter

Schlummer wiegte sie wieder ein, täuschen­ de Bilder gaukelten unstät und flüchtig ih­

rer Seele vor, aber keines, auch schlafend ihren Pflichten getreux konnte ihr Verges­

senheit des Entschlusses einzaubern,

das Bette zu verlassen.

Schon

bald

dampfte

auf dem Heerde das trokne Reis, gierig grif die Flamme nach der festem Nahrung,

die Marien'sHände sorgsam und künst, lich anfschichteten,

prasselnd

brauste

die

Glut in die Höhe und so oft es knitterte,

scholl ein Ruf in der lauschenden Hausfrau Ohr: wach' auf zu neuen Freuden! Endlich erhob die geschäftige Magd, ih­

rer Pfiegvertrauten sich erinnernd, rüstig

das plumpe Stampfeisen und zermalmte 3 4

r 'ZS J die verworfene Kartoffel und die dem Kohl etimipften Blätter. Schnell und leise schlich

sich sofort die von

ihres

wirtschaftliche Frrderike

Gatten Seite,

raubte dem

Schläfer verstolen einen Kus und freute sich

der kleinen Nekkerei,

ihm nun den Vor­

wurf machen zu können, unerwidert ihn

gegeben zu haben.

Schlummernde

2(6er der zum Schein

hatte ihr leisestes Nahen

gewahrt, umsing sie mit schalkischen Han­

den und gab ihr das Empfangene doppelt zurük.

„Las mich Lieber und ruhe noch ew

Weilchen, kalt ist der Morgen, ich bereite

Dir indes cm heimliches Feuer auf dem

Kamin." Eilig entfloh sie und er zog noch einmal die wärmende Dekke fest über sich

und

nach.

lauschte dem

lokkenden Schlummer

Aber ihr muntrer Dube kroch schnell

von seinem Lager und folgte der Mutter

mit einem freundlichen Morgengrus. Bald trug nun Marie die rauchenden Bränder vom Heerd auf den Kamin und den dam,

pfenden Kaffeetopfund die sprudelnde Milch/

r 137 ] indes sieb Mutter und Sokn am Wasche

tisch beschäftigten. Darauf räumte Lrtderike im Zimmer umher,- wies jeder Sache

ihren bestimmten Pia; an,

säuberte hier

und wischte dort den gesammelten Staub ab, nur bei dem Pult des L'neherrn ging

die behutsame Gattin mit schonender Ehrt furcht vorüber. Dann nam sie zwei reinliche

Tassen von der Kommode herab, fasste je,

den Oberkopf am Henkel und drehte ihn behutsam nm.

Doch

erklang das hell­

tönende Porzellan ; mitunterdrüktemQlhem,

zug horchte sie, ob ihr Fretmann sich rüh, re und lächelte dann über den tiefen Schlä, fer.

Darauf ergrif sie den angefangcncn

Strumpf, feste sich an den Kamin und

wehrte klüglich der aufschäumenden Milch

den Aussius, harrend

und.blikre von Zeit zu Zeit

nach dem

Schlafgemach.

Zum

dritten Mal sah sie nun nach der pikken, den Uhr und rief dem spielenden Wilhelm;

Geh, Kind,

wekke Deinen Vater, schon

ist's sechs Uhr.

Hurtig eilt» der Rnabs 3 f

[

*38

J

den airgenemen Befehl zu vollziehen, öfne, te leise die Thür und fasste deö Schlafen­

den Hand: „Ei, wie bist Du so lauge im

Bett, Vater!" — Und dieser dehnte sich mächtig und rief gähnend: was willst Du, Dube? —„Dich wekken Vater, es ist spät."—

Hab' ich schon etwas versäumt ? — //Sie schwarze Henne war schon einmal an der

Thür und federte ihr Futter." —* Und Du

liessest sie hungrig wieder gehn? — „Was Ich noch von meinem Morgenbrot hatte,

gab ich ihr, aber es war wenig — Komm,

Vater, gieb mehr." — Bube geh, ich kamme.

Der Knabe ging und Freimann kleide­

te sich an.

Zu feinem Morgeüschlummer

hatte er die Vorfälle des vergangenen Ta­

ges noch einmal verlebt, hatte noch einmal die arme Witwe mit ihren beiden Kindern beweint, noch einmal über den Dreier des

Zöllners geseufzt und die unerklärbar kar­ ge Gabe des sonst so edlen pastor's hatte

noch einmal sein höchstes Staunen erregt.

rZ9

[

]

Abwechselnd

brummte er

i£el[, ^ell!

bald:

mm

bald: 0

Nur sechs Pfennige!

bald: Drei arme Leidende!

Ernst und fast

mehr als ernst trat er in die Wohnstube,

aber sein vorsichtiges,

zärtliches Weib sah

seine umwölkte Stirn nicht,

lächelnd um,

fing sie ihn: „Nun, Langschläfer, hast Du

Dich satt geruht? sieh, da steht schon Dein Stuhl am Kamin, komm und wärme Dich."

Schweigend erwiderte er die Umarmung, trat zum Waschtisch und folgte dann der

Einladung seiner Gattin. Armes Männchen! hast heute keine Obst,

begann

nun Friderike.

Ich kann entbehren, liebes Weib, ver-

fezte Freimann.

Friderike.

Das sollst Du wenigstens

für heute und morgen nicht.

Sieh zwei

schöne Birnen von unserm kleinen Bäum, chen.

Freimann.

(nimt fa, flill; nach einer Pause)

Du thust gern Gutes, liebes Werb. Dank Dir!

(

I4o

Spötter!

Ariderike.

]

was könnt' ich

wohl bei dem besten Willen.

Freimann.

Ist der genug, aber Du

Ich und Du und der Bettier

kannst auch.

und der König wir können alle, können viel,

wenn wir nur wollen.

Wilhelm.

Vater, die schwarze Henne!

Areimann ging mit seinem Knaben «nd futterte die Hüncr.

Da kamen sie weis

und schwarz und bunt herbcigeflogen und

kakelten vor Freude auf. Knabe.

Ach! wie sie froh sind, die gu«

ten Puttchen!

Pater.

Gefallt Dir das?

Knabe! S! wie sollt' es nicht! Vater,

gieb ihnen mehr. Vater,

(vor iw» So dachtest Du, Pa,

stör, gestern nicht. «s«m «nahen.) Merk' Di«

das, Sohn r Du kannst Dir selbst kein grös­

seres Vergnügen verschaffen, als wenn Du

andre froh machst. Sie gingen drauf Beide zurük zur Mutt ter, die bas kleine Mittagsmahl mit rein*

[

r4i

]

lichen Handen selbst bereitete. Komm, Steh

mann: rief sie ihm entgegen/ und spiele UNS ein Morgenlied. Dieser trat zum

vier und begann: Lu deinem Preis und Ruhm erwacht re. Mutter und Sohn stimmtei> ein. Beim Schluö des vierten Verses

ösnete sich (ctse die Thür, Pastor 'Zeil schlich

herein, nikte der FreLmannin zu, sezte sich in aller Stille und begleitete den fünften Vers mit einem angenemen Bae:

Gieb, daß ich fern von Müssiggang Sn meinem Stande treu Und, wenn ich kann, mein Lebelang Bereit ru dienen sei. Hier drehte sich Freimann um, bewMommre den Pastor.

und

[

142

]

Dreiundzwanzigstes Kapitel. D.em Freimann wird daS Rarhsel gelöst. Areimann.

So früh, lieber Pastor?

das ist mir lieb. Pastor,

Sollt' ich nicht? — Wir ha­

ben ja heute einen Festtag, von dem roi