Der Staatsmann 9783205157632, 9783205782148

146 85 15MB

German Pages [528] Year 1965

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Der Staatsmann
 9783205157632, 9783205782148

Citation preview

MAX BRAUBACH · P R I N Z E U G E N VON SAVOYEN BAND IV

Prinz Eugen von Savoyen

MAX BRAUBACH

Prinz Eugen von Savoyen Eine Biographie

Band IV

Der Staatsmann

VERLAG FÜR GESCHICHTE UND POLITIK · WIEN

© 1965 by Verlag für Gesdiidite und Politik, Wien Schutzumschlag und Einband: Maria Wessely, Wien Druck: R. Spies & Co., Wien

INHALTSVERZEICHNIS Verzeichnis und Nachweis der Abbildungen Dreizehntes Kapitel: KRISEN

.

9

.

11

Ein „Porträt des Prinzen Eugen"

13

1. Wetterecken im Norden und Süden — Sorge vor der russisehen Machtausdehnung — Elisabeth Farnese und Alberoni — Saint-Saphorin als englischer Gesandter in Wien — Verhandlungen über Italien — Spanischer Angriff — Abwehr oder Angriff in Italien? — Zusammenstöße der deutschen Minister mit dem Spanischen Rat — Verhandlungen mit England — Savoyische Intrigen — Entstehung und Abschluß der Quadrupelallianz — Eugen, Bonneval und Dubois — Ende Karls X I I . von Schweden — Wiener Allianz

14

2. Der Ungar Klement — Beziehungen zwischen Eugen und Klement — Klement in Brüssel — Klements Fälschungen — Erfolg des Fälschers in Berlin — Skandal in Berlin — Empörung Eugens — Hinrichtung Klements

40

3. Krieg um Sizilien — Vorbereitung des Feldzugs — Unbefriedigender Verlauf des Krieges — Zwistigkeiten zwischen den Führern in Sizilien — Langsame Fortschritte — Beitritt Spaniens zur Quadrupelallianz — Neuordnung in Italien

55

4. Vorwürfe gegen den Prinzen — Kaiser Karl und Prinz Eugen — Althann und die spanische Partei — Intrigen gegen den Prinzen — Um die Heiraten der Töchter Josephs I. — Savoyische Intrige — Die Affäre Nimptsdi-Tedeschi — Protest des Prinzen — Bestrafung der Intriganten — Machteinbuße Eugens

67

5. Konflikte um die Friedenseinrichtung des Heeres — Todesfälle und Personaländerungen — Tod des Favoriten Althann — Keine Verbesserung der Lage f ü r Eugen

87

6. Lockerung der Beziehungen zu England — Beendigung des Nordischen Krieges — Zwischen England-Hannover und Rußland — Der Religionsstreit im Reich — Vergebliche Versudie der Beilegung des Religionsstreits — Auseinanderfall der Quadrupelallianz — Bemühungen Eugens um die Seemächte

95

6

Inhaltsverzeichnis

Vierzehntes Kapitel: G E N E R A L S T A T T H A L T E R B E L G I E N S

.

113

Prinz Eugen und die Innenpolitik

115

1. Eugen als Generalgouverneur Mailands — Bemühungen und

117

Mißerfolge in Mailand 2. Um die Regierung der Niederlande — Berufung Eugens zum Generalstatthalter — Generalstatthalter und Flandrischer Rat — Der Prinz bleibt in Wien — Regierung aus der Ferne — Eugens Stellvertreter Prié — Vertrauensleute des Prinzen in Belgien — Mac Neny und Jaupain

121

3. Verhandlungen über die holländische Barriere — Provinzen und Stände — Einfluß des Adels auf die Regierung — Aufruhrbewegungen in den Städten — Hinrichtung Anneessens' — Militärische Einrichtung — Um die Verbesserung der Finanzen — Mißtrauen Eugens gegen Finanzprojekte

137

4. Der Seehandel von Ostende — Begünstigung der Seefahrer durch Eugen — Konflikte mit den Seemächten — Die Gründung der Ostendekompanie — Bedenken des Prinzen — Erfolge der Ostendekompanie — Bruch mit den Seemächten

150

5. Förderung von Justiz und Bildung — Der Jansenismus in Beigien — Beschwerden der Jansenisten gegen die Bischöfe — Eugen für „totale Indifferenz" — Gegen Verfolgung der Jansenisten — Das Sendschreiben der Pariser Universität an Eugen — Eugen und der Jansenismus — Staatspolitische Gründe seines Verhaltens

163

6. Konflikte mit dem belgischen Adel — Beziehungen der feudalen Opposition zum Kaiserhof — Vorgehen gegen den Marquis von Merode-Westerloo — Der Fall Merode-Westerloo und seine Folgen — Bonneval in kaiserlichem Dienst — Der Paladin des Prinzen Eugen — Ursachen der Entfremdung zwischen Eugen und Bonneval — Konflikt Bonnevals mit den Referendaren — Bonneval in Brüssel — Schilderhebung Bonnevals gegen Prié — Festsetzung Bonnevals — Bonnevals Angriff gegen Eugen — Verbringung Bonnevals auf den Spielberg — Krise um Prié — Intrigen in Wien — Des Prinzen Rüdetritt als Generalstatthalter — Ursathen der Resignation — Abschluß der Arbeiten als Generalstatthalter — Kriegsgerichtsentscheidung gegen Bonneval — Beteiligung Eugens an dem Verfahren gegen Bonneval — Bonnevals Flucht in die Türkei — Achmet Pascha — Ausgang Bonnevals

177

Inhaltsverzeichnis

7

Fünfzehntes Kapitel: P O L I T I S C H E VERWIRRUNG. AUFBAU E I N E R GEHEIMDIPLOMATIE

217

Maditverlust und neuer Anlauf des Staatsmanns

219

1. Zusammenschluß Sinzendorf s mit Perlas-Rialp — Kongreß von Cambrai — Wendung der Politik Spaniens — Ripperda in Wien — Wiener Bündnis zwischen Österreich und Spanien — Gegenallianz von Hannover — Eugen vertritt die Politik des Kaisers — Unsicherheit und Verwirrung in Europa — Kriegsvorbereitungen — Beteiligung Eugens am Pariser Präliminarvertrag — Wiedereintritt Eugens in die außenpolitische Führung

220

2. Ansätze zu einem „Secret du Prince" — Außenpolitische Geheimkorrespondenzen Eugens — Technik der Geheimdiplomatie — Die Geheimsekretäre — Ignaz Koch — Die beteiligten Diplomaten — Mittel der Geheimdiplomatie — Hohe „Konfidenten" im Ausland — Seckendorf! und Grumbkow — Manteufiel und seine Freunde — Plettenberg — Kosten der Geheimdiplomatie des Kaisers

240

3. Pragmatische Sanktion und Außenpolitik — Das Bündnis mit Spanien — Vergebliche Bemühungen um Portugal und Sardinien — Lage im Reich — „Herbeibringung" der Wittelsbacher — Annäherung an Preußen — Rabutin und Seckendorf in Berlin — Jülich-bergische Erbfrage — Vertrag von Wusterhausen — Verhandlungen und Bündnis mit Rußland — Persönliche Einwirkung Eugens — Bemühungen um Sachsen-Polen — Mißerfolg in Skandinavien — Erfolge im Reich — Hoffnungen auf einen Umschwung in England

262

4. Neue Zuspitzung der europäischen Krise — Abfall Bayerns — Vergebliche Vermittlungsversuche zwischen Preußen und Pfalz — Berliner Bündnis mit Preußen — Das nordische Allianzsystem Eugens — Preußisdi-hannoversdier Zwist — Festigung des Bündnisses mit Rußland — Mißerfolg in SachsenPolen — Scheitern von Sinzendorfs Westpolitik — Abfall Spaniens — Neue schwere Krise in Europa

290

Sechzehntes Kapitel: ERFOLGE DES STAATSMANNS

. . .

313

Ende der Ära Sinzendorf-Rialp, Eugen am Steuer der Außenpolitik

315

1. Kriegsgefahr — Politische Aktivität Eugens — Sdiwankungen in Berlin — Des preußischen Königs Reise nach Süddeutsdiland — Die Österreicher und Kronprinz Friedrich — Unfreundliche Beziehungen zu Sachsen-Polen — Veränderungen im Reich — Verhandlungen mit den Westmächten

317

8

Inhaltsverzeichnis 2. Das Verhältnis zu England — Eugens Bemühungen um Versöhnung mit England — Enttäuschungen — Umschwung in London — Verhandlungen mit Robinson in Wien — Französisches Angebot an Eugen — Option für das alte System — Das Wiener Bündnis mit England

335

3. Beitritt Hollands — Abmachungen mit Spanien — Beibehaltung Preußens — Seckendorfs Erfolge in Mitteldeutschland — Bemühungen um Hessen-Kassel und Württemberg — Harradi in Regensburg und die Vettern Plettenberg — Verhandlungen und Vertrag mit Kurköln — Haltung der anderen Kurfürsten — Reichsgarantie der Pragmatischen Sanktion

350

4. Der Plan eines soliden Systems — Große Instruktion f ü r Seckendorf — Der Dreibund Österreich-Rußland-Preußen — Verlobung des preußischen Kronprinzen — Friedrich Wilhelm I. in Böhmen — Aufträge Settendorfs im Norden — Vertrag mit Dänemark — Subsidienverträge mit deutschen Fürsten — Um die „Beibringung" der Pfalz — Die Löwenwoldesche Konvention — Tod Augusts des Starken — Philippi in Turin — Aktion in Korsika — Das Werk des Staatsmanns

365

Anmerkungen Zum dreizehnten Kapitel

389

Zum vierzehnten Kapitel

412

Zum fünfzehnten Kapitel

446

Zum sechzehnten Kapitel

477

VERZEICHNIS UND NACHWEIS DER ABBILDUNGEN 1

Prinz Eugen, Gemälde von Johann Gottfried Auerbach

2

Elisabeth Farnese, Königin von Spanien, Stich von Anton Fritz nach einem Gemälde von Giovanni Maria della Piane . . .

32

3

Giulio Alberoni, Stich unbekannter Herkunft

33

4

François Louis de Pesme, Marquis de Saint-Saphorin, Kopie des Gemäldes eines unbekannten Malers

48

5

Charles, Viscount Townshend, Gemälde von Gottfried Kneller

49

6

Graf Michael Johann Althann, Stich von Andreas Schmutzer nach einem Gemälde von Gabriel Matthaei

80

7

Graf Philipp Ludwig Sinzendorf, Stich von François Chereau nach einem Gemälde von Hyazinth Rigaud

81

8

Graf Gundaker Starhemberg, Gemälde von Hyazinth Rigaud

96

9

Graf Friedrich Karl von Schönborn, Gemälde von Johann Gottfried Auerbach

97

10

Hercules Joseph Turinetti Marquis de Prié, Stich unbekannter Herkunft

192

11

Claude Alexandre Bonneval als Achmet Pascha, Stich von J o hann Jakob Haid

193

12

Herzog Ferdinand Albredit von Braunsdiweig-Bevern, mälde von Antoine Pesne

208

13

Graf Friedrich Heinrich von Seckendorf!, Stich von Johann Jakob Haid

209

14

Friedrich Wilhelm Lisiewski

256

von

Grumbkow,

Gemälde

von

Titelbild

Ge-

Georg

15

Ernst Christoph von Manteuffel, Gemälde von David Matthieu

257

16

Graf Joseph Lothar Königsegg, Stich unbekannter Herkunft

.

272

17

Graf Philipp Joseph Kinsky, Stich unbekannter Herkunft

.

.

273

18

König Friedrich Antoine Pesne

von

19

August der Starke von Sachsen-Polen, Stich von Johann Martin Bernigeroth nach einem Gemälde von Antoine Pesne . . . .

321

20

Kardinal André Hercule de Fleury, Stich von François Chereau nach einem Gemälde von Hyazinth Rigaud

336

21

Sir Robert Walpole, Schabkunstblatt von John Simon nach einem Gemälde von Gottfried Kneller

337

Wilhelm

I.

von

Preußen,

Gemälde

320

22

Graf Friedrich August Harradi, Gemälde von François de Troy

352

23

Graf Ferdinand Plettenberg, Stich von Johann Stenglen nach einem Gemälde von Martin Meytens

353

24

Prinz Eugen, Gemälde von Johann Gottfried Auerbach oder Johann Kupezky

368

25

Erzherzogin Maria Theresia, Gemälde unbekannter Herkunft

369

Vorlagen für die

Abbildungen:

Albertina, Graphische Sammlung, Wien: Abb. 19; Amalthea Verlag, Wien: Abb. 10; Berliner Schlösserverwaltung: Abb. 1, 18; Bildarchiv der Nationalbibliothek, Wien: Abb. 2, 3, 6, 7, 9, 13, 16, 17, 20, 23, 24, 25; Briefe Friedrichs des Großen, in deutscher Übersetzung, 1914, Bd. I, Tafel S. 48: Abb. 14; Gräflich Harrachsche Gemälde-Galerie, Wien: Abb. 22; Historisches Bildarchiv Lolo Handke: Abb. 21; Kupferstich-Kabinett, Bibliothèque Royal, Brüssel: Abb. 8; Mainfränkisches Museum, Würzburg: Abb. 11; National Portrait Gallery, London: Abb. 5; Pesne Antoine, hrsg. v. d. Verwaltung der ehemaligen Schlösser und Gärten, Berlin 1958: Abb. 12; Schweizer Botschaft, Wien: Abb. 4; Seydewitz Thea v., Ernst Christoph Manteuffel, 1926: Abb. 15.

Dreizehntes Kapitel KRISEN

Dem Feldherrn, der das französische Eliteheer überwunden und die ungestümen türkischen Massen zertrümmert hatte, dem Staatsmann, der es verstanden hatte, den Krieg im Westen zu einem ehrenvollen und den im Osten zu einem glorreichen Abschluß zu bringen, gehörte die Bewunderung Europas. Was war das für ein Mann, der da neben dem Kaiser, dem ersten Monarchen der Welt, stand, glänzend in seinem Ruhm und, wie es schien, alles lenkend und gebietend? Man rätselte wohl, was diese Maske, diese Schweigsamkeit und diese kühle Haltung verbargen. In jener Zeit, nach den Triumphen von Belgrad und Passarowitz, da Maler wie Johann Kupezky und Jakob van Schuppen das äußere Bild des Prinzen für Gegenwart und Nachwelt festhielten, hat ein Mann, dessen Namen wir nicht kennen, der aber offensichtlich manches über ihn wußte, versucht, ein „Porträt des Prinzen Eugen", d. h. seines Wesens und Strebens, zu entwerfen 1 ). Da wollte man hinter der Gemessenheit seines Auftretens, hinter dem Hochmut, mit dem er den Menschen zu begegnen scheine, Leidenschaft und Ehrgeiz entdecken, man wollte wissen, daß er, der in seiner Jugend die Laster kennengelernt hatte, gerade auf Grund dieser Erfahrungen zu dem vollendeten „honnête homme" geworden sei, der vor allem auch das stete Bemühen um Bildung und Wissen als Aufgabe ansehe und der aus dieser „recherche de savoir" gerade jene Überlegenheit des Geistes gewinne, die ihn mit Gleichmut alle Widerwärtigkeiten ertragen lasse. Da war wohl die Neigung betont, seine Aufmerksamkeit nur den großen Fragen zuzuwenden, das Detail anderen zu überlassen, was sich nicht immer günstig auswirken mochte. Aber was hatte das zu bedeuten neben dem Genie des brillanten Heerführers und des klugen Politikers, dessen Integrität und unbedingte Loyalität unbestreitbar waren. „Die Natur", so heißt es zu Schluß dieses Charakterbildes, „hat ihn mit den schönsten Anlagen ausgestattet und er hat sie großartig entwickelt, sein Verdienst und die Vorsehung werden ihn gegen Neid und Eifersucht am Ruder halten." Mußte er nicht in der Tat nach allem, was er geleistet hatte, als unangreifbar gelten, als der unverrückbare Mittelpunkt des von ihm weit emporgehobenen Habsburgerreidis, dem sein kaiserlicher Herr voll Dank-

14

Krisen

barkeit folgen und dessen Autorität alle Hof- und Staatsdiener sich willig beugen würden? Und doch sind jenen Taten, die ihn auf den Gipfel des Ruhmes geführt haben, sehr rasch Krisen politischer und persönlicher Art um den Prinzen gefolgt, die erwiesen, daß es Grenzen seines Einflusses gab, daß es draußen und drinnen opponierende und rivalisierende Kräfte wagen konnten, ihm entgegenzutreten, und er in Zeiten, in denen man nicht zur Beschwörung schwerer Gefahren seines Schwertes bedurfte, nicht unverletzlich war. 1. Am Kaiserhof in Wien und auch im Hauptquartier des Prinzen Eugen hat man während des Türkenkrieges immer wieder voll Sorge die anderen Wetterecken Europas beobachtet, den Norden, wo der große Krieg um das Schicksal der schwedischen Besitzungen in Norddeutschland, um die Vorherrschaft in der Ostsee und um den Ausgleich zwischen den skandinavischen Mächten seinen Fortgang nahm, und den Süden, wo der eigene Gegensatz zu dem bourbonischen Spanien und auch zu dem zum König von Sizilien gewordenen Savoyer noch nicht geschlichtet war. Daß man sich mit den Holländern im November 1715 über die Barriere in den Niederlanden verständigt und mit England im Juni 1716 ein Defensivbündnis geschlossen hatte, war eine Voraussetzung für den Bruch mit der Pforte gewesen, und so wenig man darüber erfreut war, daß sich die beiden Seemächte dann mit dem Regenten Frankreichs zu einer Tripelallianz zusammenfanden, so konnte man doch nicht verkennen, daß eine ungehinderte Durchführung des Kampfes mit den Osmanen durch eine beschwichtigende Einwirkung dieser Union auf Kräfte der Unruhe oder gar des Umsturzes im Norden und im Süden erleichtert wurde. Es war die Zeit, in der hier wie dort abenteuerliche Gestalten durch kühne Intrigen und überraschende Aktionen die in den großen kriegerischen Auseinandersetzungen der verflossenen Jahre aus ihrer europäischen Machtstellung verdrängten Staaten wieder erheben wollten. Für den Kaiserstaat bedeuteten die Kombinationen des dem schwedischen König zur Seite tretenden holsteinischen Barons von Görtz, der Schwedens Heil statt von Hannover-England von der Verständigung mit Rußland erwartete, eine gefährliche Steigerung

Wetterecken im Norden und Süden

15

fremden Übergewichts im Reich. Auf der anderen Seite sah man sich unmittelbar bedroht durch die Ränke, mit denen Alberoni, der italienische Vertraute der jungen spanischen Königin Elisabeth Farnese, Spaniens Einfluß auf der Apenninhalbinsel wieder aufrichten wollte. Gegenüber diesen Vorgängen hat der Prinz Eugen konsequent den Standpunkt vertreten, daß es in erster Linie des Kaisers Aufgabe sein müsse, den Krieg im Südosten zum erfolgreichen Abschluß zu bringen, man sich daher, solange dies nicht der Fall war, an jenen anderen Fronten mit Sicherungsmaßnahmen und politisch-diplomatischer Einwirkung zwecks Abwendung oder Eindämmung von Konflikten begnügen sollte. Ihm selbst hatte der Kaiser wohl im Oktober 1716 einmal geschrieben, er wolle ihm nichts von den laufenden Verhandlungen berichten, „da ich weiß, daß Euer Liebden ohnedem nur zu viel zu tun haben" 2 ). Aber weder hat der Habsburger dies Versprechen lange gehalten, nodi war der Prinz selbst gewillt, sich eines Teils der ihm zugefallenen politischen Verantwortung zu begeben. In allem oft verwirrenden Hin und Her von Überlegungen, Verhandlungen und Maßnahmen, auf das man in diesen Jahren, wie in der kaiserlichen Politik, so auch in seinen eigenen Äußerungen und Ratschlägen trifft, läßt sich das Vordringen der Überzeugung erkennen, daß man noch immer am besten fahren werde, wenn man das Zusammenwirken mit dem England König Georgs I. und Lord Stanhopes anstrebte, mochte man deren hannoverscher und europäischer Politik auch noch so kritisch und mißtrauisch gegenüberstehen. Was zunächst den Norden betraf, so zwang hier zwar gerade der Türkenkrieg zur Rücksichtnahme auf den Zaren, mit dem man ja auch verschiedentlich über eine Allianz verhandelt hat, womit man ihn zugleich von der weiteren Verfolgung seiner norddeutschen Pläne ablenken wollte. Doch das mißlang, und schon in seiner Eigenschaft als Reichsoberhaupt war der Habsburger genötigt, gegen Peter Front zu nehmen, der in gebieterischer Weise in innere Wirren in Mecklenburg zugunsten des Herzogs eingriff, den er sich ebenso wie dann das Haus Holstein verwandtschaftlich verbunden hatte: schien damit und mit der Ausbreitung russischer militärischer Macht auch an den westlichen Ufern der Ostsee ein Rivale für Österreich aufzustehen, der gefährlicher werden konnte, als es einst Schweden gewesen war, hieß es nicht gar schon, daß Schlesien von ihm bedroht sei3)? Die eigenen dynastischen Bezie-

16

Krisen

hungen zu dem Zarenhaus, die 1711 durch die Heirat des Zarewitsch Alexei mit einer inzwischen freilich verstorbenen Schwester der derzeitigen Kaiserin geknüpft worden waren, wurden zu einer Belastung, als der in schweren Konflikt mit seinem Vater geratene Prinz im November 1716 plötzlich in Wien auftauchte und um Asyl bat 4 ). Man hat ihn heimlich in ein Tiroler Schloß gebracht, aber im März 1717 kamen ihm russische Späher dort auf die Spur: „La scena è aperta und unser Gefangener ist offenbar", hat damals der Kaiser Eugen die Entdeckung mitgeteilt 5 ). Man hat ihn dodi zunächst weiter nach St. Elmo bei Neapel geführt und sich erst nach längerer Verzögerungstaktik dazu verstanden, der Rückfahrt des Unglücklichen nichts mehr in den Weg zu legen. All das und auch das Strafgericht über den Prinzen, der immerhin des Kaisers Schwager war, war gewiß nicht geeignet, die Beziehungen zu St. Petersburg zu verbessern, aber für die wachsende Spannung war nicht das Barbarentum des großen Peter maßgebend, sondern das unheimliche Gewicht, das er seinem Reich zu geben vermochte. Es hatte ja den Wiener Hof mit dazu bestimmt, bei allem Mißtrauen, das man gegen Schweden und seinen König hegte, Karl X I I . die Rückkehr nach Norden zu ermöglichen. Aber wenn ein schwedischer Bewunderer Eugens, der General Sparre, ihn nadi seinen Türkenkriegen beschwor, nun in den nordischen Krieg zugunsten seines von allen Seiten bedrängten Herrn einzugreifen, so mochte die kühle Antwort auch von der Erkenntnis beeinflußt sein, daß Schwedens Einsatz gegen Rußland unsicher geworden war, seitdem Görtz das Zusammenfinden der beiden Todfeinde zum Mittelpunkt seiner Intrigen gemacht hatte 6 ). War aber von Schweden keine Abwendung des russischen Aufstiegs zu hoffen, so auch nicht von Preußen, das im Gegenteil gewillt schien, sich der Hilfe des Zaren zu bedienen, um die eigenen Vergrößerungswünsche und Machtansprüche zu verwirklichen und damit gleichfalls zur Verdrängung reichsoberhauptlichen und habsburgischen Einflusses aus dem Norden beizutragen. So ist denn audi eine Konferenz, die Prinz Eugen Mitte Mai 1717, kurz vor seinem zweiten Aufbruch nach Ungarn, leitete, hinsichtlich der nordischen Dinge zu der unerfreulichen Feststellung gelangt, daß eine Wiedererrichtung der schwedischen Macht nicht mehr möglich, von dort aber auch kein Vorteil für Österreich zu hoffen, daß der Zar mehr als jede andere Macht für Kaiser und Reich zu fürchten, daß zudem die im Gang befind-

Sorge vor der russisdien Machtausdehnung

17

liehe Verstärkung der ohnedem schon allzu mächtig gewordenen Fürsten des niedersächsischen Kreises höchst mißlich und von ihnen vor allem Preußen gefährlich sei, „weil desselben Absichten mit den diesseitigen Principiis ganz unterschieden und dieser Hof eben derjenige ist, welchen man am meisten in die Schranken zu bringen trachten müsse". Gewiß mußte auch die territoriale und politische Expansion Hannover-Englands beunruhigen, aber von allen Übeln, zwischen denen man zu wählen hatte, war es doch vielleicht das geringste, den Rückhalt an dieser Macht audi unter Zugeständnissen zu gewinnen und vielleicht noch unter Zuziehung Dänemarks und Sachsen-Polens eine Balance herzustellen, ohne die der Kaiser ganz aus dem Norden verdrängt wurde7). Der Prinz selbst hatte schon Ende 1716 dem damals zum erstenmal im englischen Auftrag in Wien erschienenen Saint-Saphorin mit einer bei ihm ungewohnten Lebhaftigkeit von seiner Sorge vor dem russisdien Vordringen, das man abwehren müsse, und von seinem Mißtrauen gegen Preußen gesprochen8). Es hatte zwar im Laufe des Jahres 1717 wieder Schwankungen gegeben: sollte man nicht doch russische Allianzangebote annehmen, um jede Bedrohung von dort abzuwenden? Schien nicht die Tatsache, daß der Zar auf energische Vorhaltungen des Reichsoberhauptes sich bereit zeigte, seine Truppen vom deutschen Boden zurückzuziehen, darauf hinzudeuten, daß man audi auf diesem Wege Ansehen und Einfluß wahren konnte? Indessen Kaiser und Prinz stimmten schließlich doch wieder darin überein, daß ein solches Bündnis mehr schädlich als nützlich sein würde, schon weil man damit diesem undurchsichtigen und eigennützigen Herrscher das Mitspracherecht bei dem Frieden mit den Türken einräumen mußte 9 ). War das nötig, jetzt, „da uns Gott so wider den Erbfeind gesegnet hat" 1 0 )? Und würde der Zar nicht trotz eines Vertrags seine Bestrebungen auf Zusammenschluß mit Preußen und, wie man wissen wollte, auch mit Frankreich fortsetzen? So kehrte man doch wieder zu der Wahl jenes „geringeren Übels" zurück. Man müsse sich vor Rußland vorsehen, so schrieb der Kaiser am 25. September 1717 an Eugen, und er unterrichtete ihn zugleich davon, daß Pendterriedter zu einer neuen Mission bestimmt sei, „um zu sehen, ob nicht eine Allianz (wie sie selbst Verlangen zeigen) mit Frankreich und England zu machen, auf welche sich zwar nie zu verlassen sein wird, doch gut sei, um sie in etwas zu binden" 11 ). 2 Braubadi, Prinz Eugen

18

Krisen

Es ist indessen weniger der Blick nach der Ostsee als der nach dem Mittelmeer gewesen, der den Anschluß des Kaiserstaates an die mit Frankreich verbundenen Seemächte als notwendig erscheinen ließ und damit die Erweiterung der Tripel- zur Quadrupelallianz herbeiführte 12 ). Das Bild, das man von der Entwicklung und den sich vielfach überschneidenden Beziehungen und Verhandlungen auf diesem Felde europäischer Politik gewinnt, ist wohl nodi vielschichtiger und verwirrender als der Verlauf der nordischen Händel. Den sachlichen Untergrund boten hier die Unordnung und Unsicherheit, die sich aus fehlender Anerkennung der in Utrecht gefällten Entscheidungen und aus bevorstehenden weiteren Änderungen in Italiens bunter Staatenwelt ergaben. Wenn der Habsburger noch immer dem Bourbonen in Madrid das Recht auf die spanische Krone absprach, so wollte man dort von dem Verzicht auf Italien nichts wissen. Würde der Savoyer wirklich das ferne Sizilien behaupten können, dessen Besitz ihm selbst wohl eher eine Belastung dünkte? Und was sollte aus dem Herzogtum Parma werden, wenn die beiden letzten männlichen Sprosse des Hauses Farnese, die Brüder Franz und Anton, aus dem Leben schieden, was aus Toskana, wenn der letzte Medici starb. Der Akteure in dem Spiel um so viele ungelöste Fragen gab es viele: die auf den spanischen Thron gelangte Tochter der Farnese, die spanische Machtpolitik mit dem dynastischen Wunsche verband, ihren in Spanien hinter Philipps V. Söhnen aus erster Ehe zurückstehenden Kindern jene mittelitalienischen Herzogtümer zu sichern, und neben ihr jener Emporkömmling aus Piacenza, Alberoni, der vom Geistlichen zum Kardinal, vom Vertrauten der Königin zum Staatslenker aufsteigend, sich Eugens Großonkel Mazarin vergleichen mochte, freilich dessen Fähigkeit zum Maßhalten nicht besaß, in Italien selbst der unruhige, in diplomatischen Schachzügen und in Frontwechseln erfahrene Savoyer, in Wien der um Schein und Sein seines Ranges und seiner Macht eifersüchtig bemühte Kaiser Karl, der sich auf den Rat seines siegreichen Feldherrn und erfolgreichen Staatsmannes zu stützen schien, hier nun aber auch die Männer seines Spanischen Rates hören wollte, dann der Regent von Frankreich, voll Sorge über Umtriebe von Anhängern des zur katholischen Majestät gewordenen Anjou gegen seine Thronansprüche, von seinem „Alberoni", dem Abbé Dubois, geschickt mit den Seemächten verbunden, um sowohl den ehrgeizigen persönlichen

Saint-Saphorin als englischer Gesandter in Wien

19

Plänen des Orleans den Weg zu bereiten als auch der Stimme Frankreichs im europäischen Konzert wieder stärkeres Gewicht zu geben. Und eigentlich über allen, eingreifend, regelnd, ordnend, alle Fäden im Interesse von Macht und Wirtschaft des eigenen Landes, aber auch der Ruhe Europas zusammenfassend, die Engländer, weniger, so unbestritten seine politischen Fähigkeiten waren, der erste König aus dem Hause Hannover, dem die Erhöhung seines Kurfürstentums voranstand, als Lord Stanhope, den man mit Fug und Recht als den Schöpfer jener Quadrupelallianz und als den Dirigenten des damit aufgerichteten europäischen Konzerts bezeichnen kann. Es gab auch Mitspieler zweiter und dritter Ordnung, die Aufmerksamkeit beanspruchen dürfen. Wenn wir den Blick auf den Mann wenden, dem von Stanhope in besonderem Maße die Aufgabe zugewiesen war, seine Ordnungspolitik in Wien zum Erfolge zu führen, so begegnen wir einer in der Lebensgeschichte des Prinzen Eugen schon mehrfach hervorgetretenen Persönlichkeit, dem vom Genfer See, aus dem schweizerischen Waadt stammenden François Louis de Pesme, Seigneur de Saint-Saphorin 1 3 ). Dem früheren Vizeadmiral der Donauflotte, der als kaiserlicher Oberst seit 1702 Werbungen und Politik Österreichs bei den protestantischen Kantonen gefördert hatte, hat der Prinz 1705 bezeugt, daß er „einen sehr ruhmwürdigen Eifer gezeigt und viel stattliche Dienste prästiert" und damit die Erhebung zum Generalwachtmeister verdient habe, womit man ihn zugleich zu des Kaisers Dienst weiter aufmuntern und für ihn in seinem Land größeren Kredit gewinnen werde 14 ). Er schien dann doch in eine Rolle in seiner Heimat hineinzufinden, als er 1709 im Auftrag Berns an deutschen Höfen und im H a a g erschien15). Doch wenn er 1715 vom Berner R a t nach Wien gesandt wurde, um den Kaiser von einer Begünstigung der katholischen Kantone abzuhalten 16 ), so mochte sich da erwiesen haben, daß solche Aufträge ihn doch nicht zu einer Stellung in der Schweiz führten, wie sie etwa einem freilich aus altem Berner Geschlecht stammenden kaiserlichen General wie Hieronymus von Erlach zufiel, und andererseits schien sich ihm auch keine Aussicht auf Verwendung im kaiserlichen Dienst mehr zu bieten: möglich, daß die damals im Gang befindlichen Bestrebungen einer Union der beiden katholischen Großmächte den Protestanten und erbitterten Widersacher Frankreichs zur Resignation veranlaßten. Aber da war 2*

20

Krisen

das protestantische England: in Wien traf er auf einen anderen Schweizer, den jungen Lukas Schaub aus Basel, der als englisdier Botschaftssekretär eine diplomatische Laufbahn begann, die auf Grund seiner Fähigkeiten, Verbindungen und Erfahrungen doch auch ihm erreichbar sein mußte. Er hat sich mit Schaub eng zusammengeschlossen — ein Vierteljahrhundert später sollte der Baseler seine verwitwete Schwiegertochter heiraten — aber möglicherweise ist es nicht erst dessen Vermittlung, sondern eine schon früher geschlossene Bekanntschaft zwischen Saint-Saphorin und dem Hugenotten Robethon, dem Sekretär Georgs von HannoverEngland, gewesen, die ihm nebst einer englischen Pension den Auftrag verschaffte, Berichte nach London zu schicken. Und wer war wohl besser geeignet, zuverlässige Einblicke in Stimmung und Pläne des Wiener Hofes zu vermitteln, als ein Mann, der bisher mit dem ersten Soldaten und Staatsmann des Kaisers freundschaftlich verbunden war und mannigfache Beziehungen auch zu den anderen Ministern unterhielt! Noch hatte er zunächst im Schatten des Ende 1716 als Botschafter Englands nadi Österreich entsandten Abraham Stanyan zu wirken, der ihm als ehemaliger Vertreter Londons in der Schweiz gewiß kein Unbekannter war 17 ), aber wenn er schon da manche Sonderaufträge durchzuführen hatte, so fielen ihm nach dessen Abgang im Frühjahr 1718 zwar nicht der Rang, wohl aber Autorität und Last des einzigen Bevollmächtigten Großbritanniens bei der Hofburg zu, die bis zum Frühjahr 1727 bei ihm liegen sollten. Und es waren in der Hauptsache jene zwei Schweizer, Schaub und Saint-Saphorin, mit deren Hilfe Stanhope die Quadrupelallianz zusammenfügte 18 ). Schon in den Anfängen des großen englischen Ordnungsversuchs hat der Edelmann vom Genfer See eine Rolle gespielt: noch vor Eintreffen Stanyans hat er im Herbst 1716 in Wien Projekte eines Vergleichs des Habsburgers mit Spanien und Savoyen vorgelegt, die der Botschafter dann bestätigte: da war von der Anerkennung des Bourbonen in den ihm in Utrecht zugesprochenen Teilen der spanischen Monarchie und der Königswürde des Savoyers, dafür aber eines Tausches von Sardinien mit Sizilien, der zukünftigen Verfügung des Reichsoberhaupts über Toskana bei Anfall des Reichslehens Parma an einen Sohn der Elisabeth Farnese, im übrigen von gegenseitiger Garantie von Besitz und Thronfolgeordnungen — also auch gegen jakobitische Umtriebe — die Rede. Man zeigte sich

Verhandlungen über Italien

21

im kaiserlichen Lager Verhandlungen darüber nicht abgeneigt, die mit König Georg und Stanhope in Hannover aufgenommen werden sollten, wohin sich Pendterriedter und Saint-Saphorin begaben. Der Schweizer hat dort die Vorschläge der Engländer zu Papier gebracht, mit denen sich dann unter dem Vorsitz Eugens die Geheime Konferenz, erweitert um den Erzbischof von Valencia, Stella und Perlas, am 5. Januar 1717 beschäftigte19): es war kaum ernst gemeint, wenn die darauf an Pendterriedter gehende Instruktion Ansprüche auf Mexiko und Peru anmeldete, aber schon die Einschränkung der Anerkennung Philipps V. auf die Formel, daß man ihn und seine Nachkommen im ruhigen Besitz Spaniens lassen wolle, und die Forderung des Verzichts Victor Amadeus' nicht nur auf Sizilien, sondern auch auf seine mailändischen Gewinne und das Montferrat mußten einer Einigung Schwierigkeiten bereiten. Pendterriedter konnte den von Hannover bereits abgereisten Engländern diese Mitteilungen nur nachsenden, um dann selbst, ebenso wie Saint-Saphorin, nach Wien zurückzukehren. Doch hier fanden sie eine sehr veränderte Lage vor: die Kunde von der Bildung der Tripelallianz der Seemächte mit Frankreich hatte Bestürzung und Verstimmung hervorgerufen, man fürchtete nun unter Druck gesetzt zu werden 20 ). Daß in diesem Augenblick aus Turin geheime Anfragen und Angebote kamen — erste Sondierungen erfolgten durch einen von Victor Amadeus an Eugen entsandten Kanonikus Coppier im April 1717, als Vermittler fungierte dann ein aus Piémont stammender österreichischer Hofkammerrat mit Namen Salvai 21 ) — schien die Möglichkeit zu bieten, in unmittelbarer Verständigung vorteilhafter abzuschneiden. Die Mitteilung über Salvais Eröffnungen, die ihn an manche Gespräche mit Eugen über eine Aussöhnung mit dessen Vetter erinnerten, verband der Kaiser in einem Schreiben an den vor Belgrad liegenden Feldherrn vom 25. Juli 1717 mit dem nachdrücklichen Hinweis, „daß in allem wo möglich besser für mich, tête à tête midi mit anderen zu vergleichen, als durch andere Mittels-Mediation und gleichsam Gnade dazu zu gelangen, absonderlich durch England und Holland, welche ohnedem in allem gar zu sehr die arbitros spielen wollen und einmal nötig, daß wir uns endlich einmal aus ihrer Vormundschaft ziehen und ihnen nicht allezeit zu Gnaden gehen müssen, umsomehr als sie nur gedenken, ihren Nutzen dadurch zu machen, auch wohl gar mir dann und wann einige Avan-

22

Krisen

tage hindern, in der Furcht, daß ich dadurch ihrer Meinung nach nicht zu mächtig und ihnen Ombrage geben könnte" 22 ). Wenn er sich hierzu und zu seiner Antwort an Salvai, über die ihn Stella unterrichten werde, die Meinung des Prinzen erbat — „auf welche mich allezeit am meisten verlasse" — so mochte er mit Recht annehmen, daß Eugen, der ja auch von der seemächtlichen Vermittlung im Türkenkrieg wenig hatte wissen wollen und der bald darauf der spanischen Umgebung Karls vorwarf, aussichtsreiche Verhandlungen mit Madrid verhindert zu haben 23 ), ihm zustimmte. So war denn alles noch offen, als durch überraschende Aktionen Spaniens eine ganz neue Lage entstand. Natürlich hatte man auch in Wien erfahren, daß in Spanien erstaunliche Dinge vor sich gingen, seitdem die junge Italienerin aus Parma als Königin neben Philipp V. getreten war und ihrem Landsmann Alberoni entscheidenden Einfluß auf die Staatsgeschäfte verschafft hatte, daß sie eifrig bestrebt waren, durch innere Reformen und mit Hilfe der aus den Kolonien kommenden Schätze die Kräfte der Monarchie zu heben, vor allem aber die Armee zu verstärken und eine Flotte zu schaffen, die in der Lage war, weitreichende Operationen durchzuführen. Aber wenn sich dann seit Beginn des Jahres 1717 auch die Gerüchte häuften, wonach man in Madrid einen Angriff vorbereitete, so hat man insbesondere im Feldlager des Prinzen Eugen daran nicht glauben wollen. Zwar hatte der Prinz schon im Januar dem Feldmarschall Daun, der als Vizekönig in Neapel wirkte, „mißtrauische Obachtsamkeit" gegenüber den spanischen Rüstungen empfohlen24), aber nodi im Laufe des August hat er sowohl gegenüber seinen Wiener Korrespondenten als auch in Briefen an Daun und den Mailänder Generalgouverneur Fürst Löwenstein seine Uberzeugung zum Ausdruck gebracht, daß „das Anjousdie Schiffs-Armament" sich nicht gegen die kaiserlichen Lande ridite: Spanien allein, so schrieb er unmittelbar vor der Belgrader Schlacht an Perlas, könne es doch nicht wagen, die von Frankreich und England garantierte Neutralität Italiens zu verletzen; vielleicht, so meinte er, wolle der soeben zum Kardinal erhobene Alberoni durch eine Fahrt in die Levante die Bedeutung Spaniens demonstrieren25). Offensichtlich hatte er die Wiener Kolonie aus dem romanischen Süden, die ja immer des Kaisers Politik und Heer gegen Westen statt gegen Osten hatte einsetzen wollen, im Verdacht, daß sie ihn durch Schreckgespenste an der plan-

Spanischer Angriff

23

mäßigen Durchführung und Beendigung des Türkenkrieges hindern wollte: es ist bezeichnend, daß er Mitte August Perlas erklärte, es könne sich, wenn man in Mailand die volle Kriegsbereitschaft der dortigen Truppen herstelle, nicht um die Bildung einer Offensivarmee, sondern nur um Sicherungsmaßnahmen handeln 26 ). Vollends erhoffte er von der Kunde seines Sieges eine Verminderung von unsinnigen Kriegsabsichten, und noch als ihn dann der Kaiser auf Grund des Erscheinens der spanischen Flotte vor Sardinien zur Aufstellung eines militärischen Systems für Italien unter Abzug von Regimentern aus Ungarn aufforderte, hat er geantwortet, er vermöge ein solches Projekt „auf pure Mutmaßung mit der erforderlichen Solidität nicht abzufassen" — „in Unwissenheit, wo die Intention sotanen Armaments eigentlich abzielen möchte, welches mir annoch also fremd und außerordentlich scheint, daß über die mit Frankreich und England bekannte Garantie der Neutralität in Welschland, welcher derlei Entreprisen immediate zuwider laufen, nicht wahrnehmen kann, was man anjouscherseits, ohne sich auf eine ordentliche Liga in Welschland verlassen zu können, wozu es doch bis dato noch kein Ansehen hat, vorhaben und unternehmen mag" 27 ). Doch als er dies schrieb, war sein Optimismus bereits widerlegt: am 20. August waren 8000 bis 9000 Mann spanischer Truppen in Sardinien gelandet, denen die auf der Insel befindlichen kaiserlichen Streitkräfte nicht gewachsen waren, so daß der Vizekönig Marquis Rubi nach einigen Wochen den Widerstand einstellen mußte 28 ). Den doch wohl betroffenen Prinzen erreichten nun im Lager von Semlin Alarmrufe aus Wien. Es sei, so versicherte ihm der Kaiser, gewiß nicht nur auf Sardinien abgesehen, „um desto mehr, als nicht ohne Ursache zu glauben, daß Parma und Savoyen, wohl audi (für welchen keinen ich schwören möchte) Florenz und der Papst unter der Decke liegen" 29 ). Wie aber sehe es mit der eigenen Abwehrbereitschaft aus, seien die Truppen nicht zu schwach und könne man bei den führenden Offizieren, Visconti in Mailand und dem kränkelnden Daun in Neapel, mit der nötigen Energie rechnen? „Euer Liebden erkennen selbst die Importanz des welschen Werks, also habe ich nichts beizusetzen und werden Euer Liebden sich ohnedem angelegen sein lassen, was Sie am besten für meinen Dienst finden." Auch hinsichtlich der Haltung der übrigen Mächte äußerte der Habsburger sich skeptisch: man habe natürlich England und Frankreich an die Garantie der Neutralität erinnert, „sie

24

Krisen

versprechen alles mit Worten, auf die Werke aber, glaube ich, wird sich von beiden nicht viel zu verlassen sein, denn auf des Regenten Charakter idi gar nicht traue, und England sich nicht leicht wird wider Spanien, wegen ihres Commercii und Nutzen einlassen". Immerhin hatte er — audi angesichts der Besorgnisse, die er damals wegen russisch-preußischer Umtriebe im Reich hegte — sich entschlossen, Pendterriedter „in Gottes Namen noch diesen Monat nach England zu schicken, wo auch der Abbé Dubois eintreffen soll, wo sich dann nachher bald zeigen wird, was zu hoffen oder ob was daraus werden wird". Damit war Eugen gewiß ganz einverstanden. Aber ihm, der unter keinen Umständen zugeben wollte, daß man durch Entblößung der Front im Südosten die dort winkenden Gewinne zuletzt doch noch sich entgehen ließ, schien auch jetzt die von den Spaniern drohende Gefahr nicht so groß, wie man sie in Wien hinstellte. Daß der Anjou außer in Sardinien viel Übles ausrichten könne, halte er für unwahrscheinlich, schrieb er am 17. September an Sinzendorf, und am gleichen Tage hat er sidi Perlas-Rialp gegenüber zugleich beschwichtigend und ironisch über die Aussichten weiterer spanischer Aktionen ausgesprochen: „Sicher muß man, wenn der Krieg sich in Italien wieder entzündet, die dortigen Truppen verstärken, aber zur Zeit sieht man nicht, wie der Anjou mit so unzureichenden Streitkräften nach der Besetzung von Sardinien im Hafen von Spezia landen, Parma und Piacenza besetzen, das Schloß von Mailand angreifen und sich dann gegen das Königreich Neapel wenden kann. Derartige Operationen erfordern nicht nur eine sehr viel größere Zahl von Truppen, sondern auch Zeit und umfassende Vorbereitungen" 30 ). War diese ganze Aufregung aber vielleicht nur in Szene gesetzt, um den Kaiser in ein Unternehmen zu stürzen, das seiner Überzeugung nach für ihn verhängnisvolle Folgen im Westen und im Osten haben würde? Mit Befremden mag der Prinz gelesen haben, daß Karl selbst in jenem Brief dem Hilferuf mit dem Ersuchen um strenge Geheimhaltung kühne Ofiensivpläne folgen ließ — wenn man in Welschland stark genug sei, könne man als Repressalie Parma und Piacenza besetzen, den dortigen Herzog nach Mailand führen, von Toskana zur Sicherheit den Hafen Livorno begehren, überhaupt dann „allen nach Belieben Gesetze vorschreiben: „wie es scheint, daß uns Gott die Gelegenheit in die Hand spielt, welche also nicht

Abwehr oder Angriff in Italien?

25

auszulassen ist und von derselben so viel als möglich zu profitieren ist". Erneut hat Eugen einem seiner Vertrauten im Hofkriegsrat erklärt, „daß man mit einer Armee zwei Kriege nicht führen kann, es wäre denn, daß hier der Friede, wozu es doch den Anschein noch nicht hat, sich äußern sollte" 31 ). So war er denn auch, als er im Oktober 1717 nach Wien zurückkehrte, entschlossen, seine ganze Autorität in die Waagschale zu werfen, um das militärische Aufgebot für Italien auf die zur erfolgreichen Abwehr von Angriffen notwendigen Kräfte zu beschränken und Kriegshandlungen, die zugleich die mit der Tripelallianz eingeleiteten politischen Verhandlungen stören oder gar vereiteln konnten, nicht zuzulassen. Es hatte seit längerer Zeit Gegensätze und Auseinandersetzungen zwischen den deutschen und den spanisch-italienischen Beratern Kaiser Karls gegeben. Schon dabei hatten die Konferenzminister wohl durchweg in Übereinstimmung mit ihrem Präsidenten gehandelt, der aber zugleich gewissermaßen als unparteiische Instanz beschwichtigend auf den Spanischen Rat eingewirkt zu haben scheint. Doch nun ergriff er entschieden gegen ihn Partei. Zu den sachlichen Differenzen über den Vorrang von Osten oder Westen für die österreichische Politik kam wohl die Empörung des Siegers von Belgrad über die Versuche, in seine Befugnisse über Bestimmung und Zuteilung von Regimentern einzugreifen und mitten während des Feldzugs ihn zur Abgabe eines Teils seiner Truppen zu bewegen, was, wie er voll Schärfe dem Kaiser erklärte, „eine pure Unmöglichkeit" war und audi nach dem Sieg angesichts der Strapazen eines weiten Marsches zum „Ruin und Untergang" der ermatteten und dezimierten Regimenter geführt hätte. Wenn man nun wegen seiner Meinung gegen ihn Vorwürfe erhob, so ging er seinerseits zum Gegenangriff über. Weshalb war Sardinien so rasch gefallen, warum herrschte in den italienischen Besitzungen und in dem für ihre Erhaltung verantwortlichen Spanischen Rat eine solche Panik? Schon in seinen Briefen an Perlas aus dem Feldlager hatte er daran erinnert, daß er, als er noch Generalgouverneur von Mailand war, immer wieder auf die Notwendigkeit der Beibringung der Mittel für die Instandsetzung der Festungen und der Rekrutierung und Ausstattung der Truppen hingewiesen und wie wenig Erfolg er damit gehabt hatte 32 ). Nun nahm er, nachdem es anscheinend in einer gemeinsamen Konferenz der deutschen und der spanischitalienischen Minister am 8. November 1717 zu heftigen Zusammen-

26

Krisen

Stößen gekommen war, audi dem Kaiser gegenüber kein Blatt mehr vor den Mund 38 ). In dem langen Bericht, den er nach der Konferenz vorlegte, behauptete er, daß die Zustände in Sardinien den Bourbonen zum Angriff geradezu „invitiert", daß der Hofkriegsrat und die Generalgouverneure zwar seit Jahren für Mailand und Neapel mit kaiserlicher Approbation immer wieder bei dem Spanischen Rat die Unterlagen für den Ausbau der Festungen eingereicht, man aber „den Effekt bis auf diese Stunde nicht erhalten" hätte — „aus welcher Unterlassung Eurer Kaiserliche Majestät und dem Publikum folgender Undienst zuwächst, daß und weil in obgedachten Ländern keine Festung vorhanden, welche den Feind aufhalten und dadurch so viel Zeit (um einen Sukkurs zu schicken) gewinnen machen könnte, man ganze Armaden aufrichten und mit zehnfachen Unkosten unterhalten muß". Überhaupt würden die für das Militär bestimmten Gelder von den dortigen Kammern „oder vielmehr derselben Vorstehern" für ganz andere Zwecke verwendet, so daß „Euer Kaiserlichen Majestät Truppen und alles, was in das Militare einläuft, seine Gebühr nicht bekommen, per Konsequenz eine allgemeine Zerrüttung und Unordnung entspringen, diese audi daraufhin unterschiedliche böse und höchst schädliche Sequellen nach sich ziehen wird". Wohl war es nun auch nach Meinung der deutschen Minister nötig, schleunigst das Versäumte nachzuholen, und sie stimmten auch darin mit den Herren des Spanischen Rats überein, daß man die Truppen in der Lombardei und Neapel auf je 20 000 Mann bringen müsse, aber nicht dadurch, daß man sofort Regimenter aus Ungarn abziehe, sondern durch Ausfüllung der bestehenden Lücken und durch Aufrichtung neuer Formationen. Zu Schluß seiner Ausführungen betont der Prinz, wie schwer, ja unmöglich es bei der Erschöpfung der kaiserlichen Erblande fallen werde, „zwei so dispendiose und kostbare Kriege auf einmal bestreiten, nodi weniger aber kontinuieren zu können" ; schon vorher aber hatte er als seine und, wie er hoffe, auch des Kaisers Überzeugung herausgestellt, „daß dermal summa rei von dem glücklichen Ausschlag des Türkenkrieges (als worauf das ganze Absehen aller europäischen Potenzen gerichtet ist) dependieren tue". Weder darauf noch auf jene Vorwürfe ist Karl in seiner Resolution zu dem Vortrag eingegangen, vielmehr hat er nur „ad punctum principale" der Konferenz zugestimmt, „die unanimiter nötig findet, Truppen in Welschland zu schicken, um dem feindlichen

Zusammenstöße der deutschen Minister mit dem Spanischen Rat

27

Einfall sich zu widersetzen", und gemäß den ihm vorgelegten Berechnungen über die Abgänge an den 40 000 Mann die Entsendung von 2300 Mann nach Mailand und 8600 Mann nach Neapel angeordnet, „welche zu unterhalten der Fundus richtig, auch scharf befohlen wird, denselben nicht zu distrahieren". Wenigstens hatte Eugen die Genugtuung, daß sich seine Vorhersage, wonach vorerst mit weiteren feindlichen Vorstößen nicht zu rechnen war, als richtig erwies: nach der Eroberung Sardiniens fuhr die spanische Flotte wieder zurück. Während des Winters hat er sich dann bemüht, entsprechend den kaiserlichen Befehlen Truppen bereitzustellen und in Marsch zu setzen, um die vorgesehene Stärke der Streitkräfte in den beiden italienischen Besitzungen zu erreichen34). Auch hierbei glaubte er sich freilich gerade von denen nicht genügend unterstützt, die so eifersüchtig auf ihrer alleinigen Zuständigkeit für den aus dem spanischen Erbe gewonnenen Besitz bestanden. Das ganze Werk, so klagte er in einem Bericht an den Kaiser vom 24. Januar 1718, hänge einzig und allein davon ab, „daß der nervus rerum gerendarum, nämlich zulängliche Geld-Fundi, ausgesonnen und richtiggestellt werden, welcher Punkt aber dem königlich Spanischen Rat (als von dem in obbesagten Ländern die Provincialia und Cameralia dirigiert werden) hauptsächlich obliegen tut" 35 ). Im Februar hat es zwischen Hofkriegsrat und Spanischem Rat unter Zuziehung des Generals Zumjungen und des Grafen Visconti, die von Mailand nach Wien gekommen waren, darüber Beratungen gegeben, aber das Ergebnis faßte der Prinz Anfang März dahin zusammen, daß zwar viel „elaboriert" worden, es ihm aber noch unbekannt sei, was in dem Hauptpunkt, nämlich der Erschließung der erforderlichen Mittel, seitens des Spanischen Rates geschehen sei36). Der Kaiser hat freilich dazu erklärt, daß alles längst befohlen und an der Durchführung nicht zu zweifeln sei und man nun gemeinsam alles ohne Zeitverlust anwenden müsse, „was zu solcher Meinem Hause so importierenden und mit so viel Unkosten und Blut eroberten Länder Defensión erforderlich ist". In der Tat sind denn auch im Frühjahr Regimenter, die zum Teil bei deutschen Fürsten gemietet worden waren, über die Alpen gezogen37). Solange der Friede mit den Türken nicht geschlossen war, hat Eugen ein kriegerisches Engagement an anderer Stelle möglichst vermeiden wollen. Wenn er so die militärischen Maßnahmen auf

28

Krisen

die Vorbereitungen ausreichender Verteidigung für die bedrohten Lande beschränkte, so drang er andererseits auf politische Aktivität, um Angriffe auf sie zu unterbinden. Darin sah er den Sinn von Pendterriedters Mission nach London, durch die England ermuntert werden sollte, die von ihm selbst ja schon angebotene Rolle als Ordnungsmacht wie im Norden, so im Mittelmeerraum zu spielen und nicht nur den Extravaganzen der beiden Italiener in Madrid ein gebieterisches Halt entgegenzurufen, sondern auch die bei der Verteilung des spanischen Besitzes in Italien begangenen Fehler zu verbessern und künftigen Konflikten vorzubeugen 88 ). Der kaiserliche Bote sollte für seinen Herrn Sizilien fordern, wogegen man dem Savoyer seine Grenzerwerbungen und das Montferrat belassen könnte; wenn in einem Zusatz zu seiner Instruktion auch nodi von Mallorca und dem letzten bourbonischen Stützpunkt auf italienischem Boden, Porto Longone, die Rede war, so ging er auf den Habsburger persönlich zurück und brauchte wohl nicht allzu wichtig genommen werden. Doch mehr nodi. als es der Prinz selbst erwartet hatte, erwiesen sich seine in jenem großen Referat vom 12. November geäußerten Zweifel an „einem sicheren Ausschlag" dieser Verhandlung als berechtigt. Zunächst erklärten die Engländer, nicht ohne die Partner der Tripelallianz handeln zu können, von denen die Holländer die Beilegung von Zwistigkeiten über die Exekution des Barrierevertrages und die Franzosen zum mindesten den endgültigen Verzicht des Habsburgers auf Spanien fordern würden. Wie sehr gerade Eugen an der Überwindung der hier sich bietenden Schwierigkeiten lag, zeigen die wiederholten Weisungen, die er, vom Kaiser bereits 1716 zum Generalgouverneur der ehemals spanischen Niederlande ernannt, dem von ihm mit seiner Vertretung betrauten Marquis de Prié im Dezember 1717 und Januar 1718 zukommen ließ, sich mit den Generalstaaten zu verständigen, ihnen entgegenzukommen, um den Weg frei zu machen für wichtigere Dinge 39 ). Dodi dann muß auch er durch weitere Antworten und Vorschläge der Engländer sich schwer enttäuscht gefühlt haben. Da erfuhr man, daß sie zwar einem Tausch Sardiniens mit Sizilien nicht abgeneigt schienen, dafür aber nicht nur die feierliche Verzichtleistung auf Spanien, gegen die sich Karl bisher heftig gesträubt hatte, sondern auch die künftige Überlassung der mittelitalienischen Fürstentümer an bourbonische Prinzen forderten. Diesmal waren in einer unter Eugens Vorsitz statt-

Verhandlungen mit England

29

findenden Konferenz deutsche und spanische Minister einig, daß eine solche Grundlage für das geplante Konzert „weder in materialibus nodi in formalibus" annehmbar war 40 ). Nodi wollte man vor einer Entscheidung die Ankunft von Lukas Sdhaub abwarten, der im Auftrag von Stanhope in Paris mit dem Regenten über das englische Projekt verhandelt hatte. Er kam am 4. März 1718 in Wien an und überreichte den mit wenig Änderungen audi von den Franzosen angenommenen Entwurf, der den Zusammenschluß der Tripelallianz mit Österreich an eine Regelung der spanisch-italienischen Dinge knüpfte, die der Kaiser und seine Berater in einer Reihe von Punkten ablehnten 41 ). Es war vergebens, daß sich Schaub, unterstützt von Saint-Saphorin, an den Prinzen wandte, daß ihm auch Dubois durch Bonneval Botschaften zukommen ließ, in denen er ihm persönlich schmeichelte, ihm die großen Vorteile der Allianz für den Kaiser vorstellte und die geforderten Zugeständnisse bagatellisierte42). Wieder schien der Anlauf zu scheitern. Und die beiden Schweizer im englischen Dienst ebenso wie der französische Geschäftsträger du Bourg und der noch immer wie in den letzten Jahren des Spanischen Erbfolgekrieges unter dem Namen Pastor heimlich nach Paris berichtende Schwede Stiernhööck waren zeitweise geneigt, die Schuld daran nicht zum wenigsten dem Mann zu geben, der dodi bisher entschieden für die Befriedung des Westens und Südens eingetreten war. Sie haben diesen angeblichen Umfall Eugens mit neuen savoyischen Intrigen in Zusammenhang gebracht43). In der Tat hat Victor Amadeus, voll Sorge, schließlich das Opfer des Ausgleichs zwischen den großen Mächten zu werden, wieder Vorstöße in Wien unternommen, wobei er nicht nur an eine Verständigung in den territorialen Fragen, sondern audi an eine dynastische Verbindung durch eine Ehe seines ältesten Sohnes mit einer der Töchter Kaiser Josephs dachte. Es ist möglich, daß er den Grafen von Ussolo, der Anfang 1718 in Wien auftauchte und durch seine gemeinsam mit seinem in kaiserlichen Diensten stehenden Bruder unternommenen Schritte einen Wirbel von Gerüchten auslöste44), an den Vetter gewiesen hat, und es mag audi sein, daß Eugen sich ihm gegenüber nicht unfreundlich verhielt: schmeichelte ihm wirklich, wie die beobachtenden Diplomaten annahmen, der Gedanke, seine Familie enger mit dem vornehmsten Hause Europas zu verknüpfen? Seine anfängliche Meldung, daß dies überhaupt seine Idee gewesen sei

30

Krisen

und er nun unter Abwendung von den Seemächten seinen Einfluß für einen Erfolg der savoyischen Anträge einsetze, hat du Bourg selbst freilich bald als kaum zutreffend bezeichnet, und SaintSaphorin, der Gundaker Starhemberg über Zusammenhänge und Ergebnisse ausholte, erhielt von diesem die Versicherung, daß der Prinz die Gefahren der Vorschläge seines Vetters erkannt und sich beim Kaiser gegen sie ausgesprochen habe 45 ). Volle Klarheit über sein Verhalten in dieser Angelegenheit läßt sich nicht gewinnen, da sich in seinen Korrespondenzen kein Hinweis darauf findet: gerade in diesem Fall mag seine oft bezeugte Zurückhaltung und Undurchsichtigkeit zu Kombinationen Anlaß gegeben haben, die der Wirklichkeit nicht entsprachen. War er überhaupt umgefallen? Oder wollte er vielleicht nur auf Engländer und Franzosen einen Druck ausüben, um sie zu größerem Entgegenkommen gegen die kaiserlichen Wünsche zu bewegen? Stand nicht doch er hinter dem überraschenden Beschluß der Konferenz von Anfang April 1718, daß man auf der Grundlage des englisch-französischen Projekts weiter verhandeln wolle, wenn nur England angesichts neuer drohender Vorbereitungen von spanischer Seite sofort eine Flotte in das Mittelmeer entsandte? Daß dies von London zugesagt wurde, mochte ihm als wichtige Rückendeckung gelten, als er sich Anfang Juni nach Belgrad begab, um entweder Frieden mit den Türken zu schließen oder zu einem letzten Waffengang gegen sie anzutreten. Noch waren zu diesem Zeitpunkt die in Wien wieder in Gang gebrachten Verhandlungen mit den Westmächten nicht abgeschlossen, aber schon schien sich eine Einigung abzuzeichnen, wenn es auch noch manche Differenzen zu beheben galt. Wir haben bereits gesehen, daß der Prinz keineswegs auf Fortsetzung des Türkenkriegs aus war, daß er vielmehr von Belgrad aus die kaiserlichen Botschafter in Passarowitz immer wieder zum Abschluß des Friedens antrieb, der dann am 21. Juli 1718 unterzeichnet werden konnte. Damit war auch für ihn die Möglichkeit geschaffen, seine ganze Aufmerksamkeit dem Westen zuzuwenden: nunmehr war er es, der den Standpunkt vertrat, daß der Kaiser „aus mißtrauischer Vorsorge bei wirklich aufgehendem und anhaltendem Kriegsfeuer in Italien sich nicht allein mit zulänglichen, sondern solch überlegenen Kräften zeitlich dahin wenden sollte, um dem Übel in seinem Anfang zu steuern, ja die Oberhand der Waffen zu gewinnen, mithin nebst der Allerhöchsten Kaiserlichen

Entstehung und Abschluß der Quadrupelallianz

31

Autorität auch Dero durchlauchtigsten Erzhauses unstreitbares Recht und Gerechtigkeiten verfechten und aufrechterhalten zu können" 46 ). Vorbereitungen für die bisher von ihm abgelehnte Entsendung von Truppen seiner Armee nach Mailand hatte er bereits seit seinem Eintreffen im Lager getroffen, da es „sowohl ex ratione belli quam statu politica et oeconomica" geboten sei, dort eine ansehnliche Armee zu sammeln, mit der man dem anscheinend unmittelbar bevorstehenden spanischen Angriff entgegentreten konnte. Schon Anfang Juli waren Befehle zum Abmarsch eines Artilleriedetachements und eines Husarenregiments gegeben worden, ihnen folgten in den nächsten Wochen ein Kürassier- und zwei Infanterieregimenter mit den Generälen Sedkendorff und Prinz Max von Hessen, während weitere vier Reiter- und vier Infanterieregimenterbereitgestellt wurden, um sofort abrücken zu können. Es war in der Tat höchste Zeit, sich zu wappnen: auf der eigenen Rückfahrt nach Wien erfuhr Eugen, daß Spanien zum neuen Schlag angesetzt hatte. Man hatte im kaiserlichen Lager vor allem Mailand für bedroht gehalten. Als dann Ende Juni Daun das Aufkreuzen einer spanischen Flotte vor Süditalien meldete, reclínete auch Prinz Eugen mit dem Angriff auf Neapel 47 ). Doch Elisabeth Farnese und Alberoni sorgten für eine neue Überraschung Europas: sie griffen Sizilien an, das in Utrecht dem Herzog von Savoyen zugesprochen worden, dessen Schicksal aber trotzdem, wie die Verhandlungen über einen Austausch zeigten, in der Schwebe geblieben und in dem schon deshalb kein starker Widerstand zu erwarten war 48 ). Als jene Flotte am 1. Juli vor der Hauptstadt Palermo erschien, räumte der von Victor Amadeus eingesetzte Vizekönig die Stadt, deren sich die Spanier nach kurzer Beschießung bemächtigten. Militärisch mochte ihnen bei dem daran anschließenden Versuch, die ganze Insel zu unterwerfen, Erfolg winken, politisch aber war es ein Abenteuer, das den Zusammenschluß der übrigen Mächte befördern und ihnen auch Victor Amadeus zuführen mußte, der nicht, wie der Kaiser zunächst noch angenommen hatte, in geheimem Einverständnis mit Madrid stand 49 ). Nach dem Frieden mit der Türkei kam nun als weitere Klärung im Gewirr der europäischen Beziehungen und Auseinandersetzungen das von Lord Stanhope seit Jahren geplante Konzert zustande, das den in London erarbeiteten Plan der Befriedung und Ordnung verwirklichen sollte, und wenn Passarowitz dem Habsburgerreich größere Macht

32

Krisen

und wichtige Entlastung gab, so mußte auch die Allianz mit den Westmächten ihm eine erwünschte Sicherung verschaffen, so schmerzlich Karl selbst und mandie seiner Berater die Zugeständnisse empfanden, die man ihnen dabei zumutete 50 ). Schon in der zweiten Junihälfte war man sich in Wien mit den Vertretern der Westmächte im wesentlichen einig geworden 51 ), dodi „Gegenbemerkungen" zu der daraus entstandenen Fassung des Bündnisentwurfs aus Paris, wo der Regent und Dubois den starken Sympathien für den spanischen Bourbonen in Frankreich Rechnung tragen mußten, schufen neue Hemmnisse, zu deren Ausräumung Stanhope selbst an die Seine eilte. Noch am 28. Juli hat der Kaiser in dem gleichen Brief an Eugen, in dem er ihm zum Friedenswerk mit der Pforte gratulierte und zugleich über die spanische Landung in Sizilien berichtete, Zweifel geäußert, ob Stanhope „mit all seinem Feuereifer" sein Ziel erreichen werde, ja ob England, von dessen Flotte im Mittelmeer man noch nichts gehört habe, wirklich „bona fide" handele. Doch dann waren nicht nur die Schiffe des Admirals Byng zur Stelle, sondern es gelang auch den vereinten Bemühungen Stanhopes und Dubois, die letzten Bedenken Philipps von Orléans und des Regentschaftsrats zu überwinden, und am 2. August 1718 unterzeichneten in London Pendterriedter und der alte Resident Hoffmann den Vertrag, der von Anfang an als Quadrupelallianz bezeichnet wurde, obgleich der vierte Partner, Holland, erst anderthalb Jahre später beitrat 52 ). Ñadí ihren Bestimmungen sollte die endgültige Befriedung des Mittelmeerraums auf der Grundlage des Verzichts des Habsburgers auf Spanien, des Austausche Siziliens und Sardiniens zwischen ihm und dem Savoyer und des Anfalls Toskanas und Parmas an Elisabeth Farneses ältesten Sohn Don Carlos bei Aussterben der Medici und Farnese erfolgen. Nun galt es, die Zustimmung von Victor Amadeus und vor allem von König Philipp von Spanien zu erlangen und so auch sie in das Ordnungssystem der Allianz einzufügen. Angesichts des feindseligen Verhaltens der Spanier gegen seine Regierung und Besatzung von Sizilien war an der Unterwerfung des Savoyers unter das Diktat der Großmächte nicht zu zweifeln, während von vornherein damit gerechnet werden mußte, daß der Hof von Madrid nur mit Waffengewalt zur Annahme zu bringen war. In London hoffte man wohl, ihn durch eine scharfe Demonstration festen Willens rasch zur Aufgabe seines abenteuerlichen Alleingangs bewegen zu kön-

Elisabeth Farnese, Königin von Spanien

I V I J V S A J . B E H O N V S ABBAS P l . A l ' K N T l N V S S R. C . I ) l . U ' O X V S CARÌ11NAI.IS R E A T V S E T l ' V B U C A T V S Á S S M O UNO N Í O C U . M K N T E PAPA X I . | I N C O N S I S T O R I O S E C R E T O H A B I T O I N q V I R I N A T J PALATIO D I E XII I V J J J M1>CCX\ I t .

Giulio Alberoni

Entstehung und Abschluß der Quadrupelallianz

33

nen: entsprechend dem Befehl, neue kriegerische Handlungen der Spanier zu ahnden, griff die in das Mittelmeer eingelaufene Flotte des Admirals Byng die spanische Armada am 22. August 1718 bei Kap Passaro an der Südspitze Siziliens an und vernichtete sie. Indessen die politische Wirkung blieb aus, und so wurde es nun dem Kaiser übertragen, seine zum Schutz von Mailand und Neapel bestimmten Truppen in Süditalien einzusetzen und mit der Vertreibung der Spanier aus dem ihm zugesagten Sizilien das Gebot Europas zu vollstrecken. Nur schweren Herzens und mit inneren Vorbehalten hatte der Kaiser die Quadrupelallianz geschlossen. Er war von vornherein gewillt, die Ausstellung der Verzichtsurkunde solange als möglich zu verzögern und den tatsächlichen Übergang der mittelitalienischen Fürstentümer an einen Bourbonen dodi noch zu verhindern, wozu gerade die Widerspenstigkeit der Spanier Gelegenheit und Grund bieten konnte. Was für Gedanken ihn bewegten, zeigt die Frage in seinem Brief an Eugen vom 28. Juli 1718, ob nicht die nach Welschland in Marsch zu setzenden Verstärkungen »etwa gegen Parma, etwa auch Florenz unserer mehreren Sicherheit halber zu extendieren sein werden, welches aber bis Euer Liebden Anherokunft wird ausgestellt und alsdann weiter überlegt werden kann". Daß auch dem Prinzen an einer Verstärkung des kaiserlichen Einflusses in Oberitalien lag und ihm daher die sich auf Parma und Toskana beziehenden Artikel der Allianz unsympathisch waren, ist gewiß, aber man gewinnt den Eindruck, daß er weit mehr als sein Herr das Zustandekommen des Vertrages begrüßte und gewillt war, die österreichische Politik auf ihn, auf das Zusammengehen mit den Seemächten und auch mit Frankreich, auszurichten. Wenn er schon im September 1717 in einem Brief an Sinzendorf die Verbindung mit England als nützlich und notwendig bezeichnet hatte 53 ), so hat Pendterriedter im April 1718 ausdrücklich ihm bezeugt, daß man das erhoffte Gelingen des Werks seiner „darüber gehaltenen Hand und Vermögen" zuschreiben müsse64). Dementsprechend zog auch in der Folgezeit Saint-Saphorin hauptsächlich aus seinem Verhalten und seinen Äußerungen den Schluß, daß der Wiener Hof seine Verpflichtungen ehrlich erfüllen und an dem Bunde festhalten werde 55 ). Eigene Briefe Eugens an den Reichsvizekanzler Schönborn und an den Herzog Ferdinand Albrecht von BraunschweigBevern, der uns als einer seiner Unterführer in der Belgrader 3 Braubach, Prinz Eugen

34

Krisen

Schlacht begegnet ist, lassen erkennen, mit welcher Zuversidit er — im Gegensatz zu dem Kaiser — das Eingreifen der englischen Flotte erwartete und mit welcher Befriedigung ihn deren Sieg erfüllte — wie er dann auch bei der Vorbereitung und Durchführung des Feldzugs in Sizilien die Generäle immer wieder zu vertrauensvoller Zusammenarbeit mit Admiral Byng ermahnte 59 ). Seinerseits hat er im Frühjahr 1719, als spanische Pläne zur Landung von Jakobitenscharen in England und zur Erregung von Aufständen zum Sturz der hannoverschen Dynastie bekannt wurden, sofort die Bereitstellung von 7 bis 8 Bataillonen und seines eigenen Dragonerregiments in den Niederlanden angeordnet, die im Ernstfall, gemäß einer von dem nach London entsandten Grafen Khevenhüller mit der englischen Regierung zu treffenden Regelung, auf die Insel überführt und eingesetzt werden sollten — da, wie er an Pendterriedter schrieb, Seine Kaiserliche Majestät es für ihre vornehmste Sorge und ihren angelegentlichsten Dienst halten, „Ihre Freunde und Alliierten, besonders aber Ihre Königliche Majestät von Großbritannien, als mit welcher Sie ein gemeinsames Interesse haben, den vornehmsten Ihrer Freunde und Alliierten in allem, was immer nur tunlich, die willige und kräftige Hand in entstehendem Notfall zu bieten" 57 ). Aber erstaunlicher noch als diese Maßnahmen zur Stützung des Thrones eines Mannes, dem der Prinz seit den Tagen gemeinsamer Kriegführung während des Ringens um die spanische Erbschaft persönlich gewiß keine Sympathie entgegenbrachte, war es, daß er wieder, wie schon einmal in den Jahren 1714/15, am Wiener Hof zum Träger der Idee einer aufrichtigen Versöhnung mit Frankreich zu werden schien. Den Anstoß zu der Herstellung eines vertraulichen politischen Gedankenaustausche zwischen dem vornehmsten Berater des Kaisers und dem ersten Minister des französischen Regenten hat freilidi nicht er gegeben, sondern Dubois, der sich dabei der Vermittlung seines Landsmanns aus dem Limousin bediente, des Grafen Bonneval, dem er bei seiner Rehabilitierung in Frankreich behilflich gewesen war und der zur Zeit als einer der Favoriten des Prinzen von Savoyen galt 58 ). Durch ihn hatte der Abbé, wie wir sahen, schon während der Krise der Bündnisverhandlungen im Frühjahr 1718 Eugen zu beeinflussen gesucht. Nun, da die Allianz zustande gekommen war, was nach Bonnevals Versicherungen auf kaiserlicher Seite hauptsächlich der Prinz bewirkt hatte, bat Dubois den

Eugen, Bonneval und Dubois

35

„Helden von Peterwardein", seinem Chef zur Eröffnung einer geheimen Korrespondenz einen Brief zu übergeben, in dem er den kaiserlichen Feldherrn, vor dem einst Frankreich gezittert hatte, seiner unerschütterlichen Verehrung und Ergebung versicherte: „Ich wage mich zu rühmen, daß ich um das Verdienst großer Menschen weiß und daß idi es mit einer Wärme und einer Leidenschaft sdiätze, die sehr verschieden sind von der kühlen Bewunderung der meisten Menschen. Wer midi kennt, weiß, Durchlaucht, daß Sie immer mein Heros gewesen sind, und das schon zu einer Zeit, da Ihr Ruhm uns teuer zu stehen kam und man schon ganz von den eigenen Interessen absehen mußte, um Ihnen wirklich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Jetzt haben sich die Dinge glücklicherweise geändert, und es bedarf keiner Anstrengung der Selbstzucht mehr, um dem Besieger der ottomanischen Heere die ganze ihm gebührende Begeisterung zu widmen. Sie selbst, Durchlaucht, haben den Hauptanteil an diesem Wechsel"59). Wie darauf Bonneval, der selbst sich dabei des vollen Vertrauens des Prinzen rühmte, Mitte November 1718 Dubois berichtete, war jener auch wirklich bereit, die Hand, die ihm der Franzose bot, zu ergreifen. Durch den General ließ er versichern, daß er nicht nur alle Verpflichtungen der Allianz zur prompten Ausführung bringen werde, sondern audi die Ehre der Freundschaft des Ministers mit der gleichen Lebhaftigkeit erstrebe, wie dieser sich um die seine bewerbe, und ihm die respektvollsten Grüße entbiete: „das sind", so fügt Bonneval hinzu, „wörtlich seine Erklärungen" 60 ). Diese Antwort Bonnevals enthielt dann sofort sachliche Mitteilungen über die von kaiserlidier Seite getroffenen Maßnahmen und die weiteren Anweisungen zur Bekämpfung der spanischen Invasion in Sizilien. Es blieb nicht dabei. Wenn Dubois die Entdeckung von Umtrieben von Gegnern des Regenten in Frankreich, in die audi der spanische Botschafter Cellamare verwickelt war, auf der einen Seite die Möglichkeit bot, die eigene Politik entschiedener auf den Kurs gegen Madrid einzustellen, auf der anderen ihn ein engeres Zusammengehen mit den Partnern der Quadrupelallianz wünschen ließ, so mußte es angesichts der Schwierigkeiten, die sich bei der Liquidation der spanischen Unternehmungen in Italien zeigten, im kaiserlichen Interesse liegen, sich die Unterstützung Frankreichs zu sichern, das zum Bundesgenossen geworden war. Voll Befriedigung konnte Bonneval am 1. Februar 1719 dem Abbé mit erneuten Beteuerungen der un3»

36

Krisen

bedingten Treue des Prinzen zu den Allianzabmachungen und seines Willens zur Förderung der Interessen des Regenten das Angebot des Savoyers verbinden, mit Dubois sich in einer persönlichen Korrespondenz ähnlich auszusprechen, wie er es einst mit Marlborough und Heinsius getan habe, und auf diese Weise zu vermeiden, daß die Affären durch viele Hände liefen und man damit wertvolle Zeit verliere 61 ). Dem gleichen Ziel würde es nach seinen Äußerungen zu Bonneval auch dienen, wenn man französischerseits wieder einen Botschafter nach Wien schickte, der zudem manche von anderen Diplomaten ausgehende Verwirrung rasch beheben könnte. Welche Genugtuung dann für den eifrigen Vermittler, als er Anfang März ein erstes eigenhändiges Schreiben Eugens an Dubois als Antwort auf einen Brief des Franzosen aus dem Januar nach Paris übermitteln durfte, wobei er um Entschuldigung bat, daß der Prinz, der seit zwei Monaten infolge der Masse der auf ihm liegenden Geschäfte nicht einen Augenblick Ruhe gefunden habe, nicht früher dazu gekommen war: „Sie wissen, daß er als erster Minister in diesem Lande mit allem und jedem belastet ist." Jene mit den charakteristischen großen Sdiriftzeidien des Feldherrn bedeckten Seiten enthalten nach Äußerungen des Dankes und aufrichtiger Verbundenheit Bekundungen seiner festen Absicht, „diese Union, die mir so notwendig für die beiden Kronen und für die Ruhe der Christenheit erscheint, zu verewigen" 62 ). Es ist das Vokabular, dessen man sich von beiden Seiten schon vor fünf Jahren bei und nach den Friedensschlüssen von Rastatt und Baden bedient hatte, und man wird aus solchen Sätzen auch jetzt nicht mehr schließen dürfen, als daß der Prinz in nüchterner Einschätzung der derzeitigen politischen Konstellation aus der Verbindung mit dem Regenten und seinem Mentor Sicherung und Vorteil für Österreich zu erreichen hoffte. Er hat dementsprechend auch den Marquis de Prié in den Niederlanden davor gewarnt, den Angeboten eines Agenten Alberonis Glauben zu schenken und sich auf Besprechungen mit ihm einzulassen, da dies Mißtrauen bei den Verbündeten wecken würde 63 ). Und du Bourg hatte schon recht, wenn er im März seinen Eindruck über die Einstellung des Kaisers und seiner Konferenzminister dahin wiedergab, daß man sie sich nicht günstiger wünschen könne 64 ). Wenn der Kaiserhof sich zur Quadrupelallianz entschloß und nun gerade auch das Mißtrauen zwischen Paris und Wien auszu-

Ende Karls XII. von Schweden

37

räumen suchte, so geschah dies nicht nur, um Spanien zu isolieren, sondern auch um einer weiteren unerquicklichen Entwicklung im Norden vorzubeugen. Die geheimnisvollen diplomatischen Aktionen von Karls X I I . Berater Görtz, der in Übereinstimmung mit Alberoni mit Hilfe der Jakobiten in England einen Umsturz herbeiführen und dem Besiegten von Poltawa mit Hilfe des russischen Siegers zur Wiederherstellung seiner Macht verhelfen wollte, haben auch in Wien besorgte Überlegungen veranlaßt. Es war indessen nicht mehr Schweden, das Gang und Ergebnis der nordischen Wirren bestimmte. Sein König führte zwar, unerschütterlich in seinem Stolz und in seinem Kampfwillen, nach seinem Entweichen aus Stralsund in Skandinavien einen wechselvollen Kampf mit dem dänischen Nachbarn, dem er Norwegen entreißen wollte, aber da kam die Nachricht, daß er in den Gräben vor der Festung Fredrikshald am 11. November 1718 den Tod gefunden hatte: ob er wirklich von einem feindlichen Geschoß getroffen worden oder, wie man später zu beweisen suchte, einem Attentat zum Opfer gefallen ist, wird mit letzter Sicherheit wohl nie zu entscheiden sein65). Wie Eugen war er ein Soldat gewesen, kühn und fähig, und den Zug zum Abenteuerlichen, der ihm anhaftete, gab es auch im Wesen und Wirken des Sohns der Olympia Mancini. Aber wie verschieden waren sie doch, der königliche Condottiere, der das Unmögliche zu erzwingen suchte, und der zu strenger Selbstzucht und kühlem Maß gelangte Feldherr und Staatsmann! Oft hatte sich seit bei Beginn des Jahrhunderts der Prinz mit K a r l X I I . beschäftigen müssen, der in seiner Unberechenbarkeit in den Tagen seines Triumphes im Norden wie des türkischen Exils eine Bedrohung und Gefahr für Österreich dargestellt hatte, dem er dann aber doch bei der Rückkehr aus dem Süden zu neuem Kampf um Schwedens Geltung behilflich gewesen ist. Jetzt hat er ihm in einem für ihn charakteristischen Brief an Friedrich von Hessen-Kassel, der einst als Erbprinz in den Feldzügen in Italien und Belgien unter ihm kommandiert hatte und jetzt an der Seite von Karls Schwester Ulrike Eleonore auf den Thron Schwedens gelangte, einen ehrenvollen Nachruf gewidmet: „Der unerwartete Tod Seiner Majestät des Königs von Schweden hat mich sehr ergriffen, obwohl ich nicht die Ehre hatte, ihn kennenzulernen, seine großen Taten und seine Festigkeit hätten ein glücklicheres Los verdient"6®). Eine der hervorragenden Figuren in dem nordischen Drama war abgetreten,

38

Krisen

und mit ihm verschwand der Alberoni des Nordens, der Minister Görtz, den die Rachsucht seiner Widersacher in Schweden aufs Schafott brachte. Aber nodi war das Spiel nicht zu Ende, wobei es nicht mehr so sehr um das nun in seiner Kraft erst recht erschütterte skandinavische Reich ging, sondern um Aufstieg oder Begrenzung neuer nach dem Erbe des Gestürzten greifender Gewalten in Nordeuropa. Immer unheimlicher war den kaiserlichen Staatsmännern der einstige Bundesgenosse gegen die Osmanen, der russische Zar, geworden, der sich zudem mit dem jungen preußischen Militärstaat zu gemeinsamem Auftrumpfen in jenen Teilen des Reichs zusammenzuschließen schien, und kaum etwas hatte bei den Konferenzberatungen in Wien „in nordicis" in den letzten Jahren größere Befürchtungen geweckt, als die mehrfadi schon für sicher gehaltene Verbindung von Paris mit Berlin und St. Petersburg. Diese Gefahr war durch die Quadrupelallianz beschworen worden, die vor allem aber die schon seit einiger Zeit als notwendig erachtete Anlehnung an Hannover-England bekräftigte. Und wieder traf man sich mit König Georgs hannoverschem Ehrgeiz und Stanhopes europäischen Ordnungsideen, wenn man die Neutralisierung Frankreichs nocii nicht als ausreichend hielt, um den Zaren und seinen preußischen Freund im Zaum zu halten. Da gab es noch einen weiteren Teilnehmer an der großen Auseinandersetzung, nicht allzu stark mehr, aber doch nodi gewichtig genug, um die Waage auf der einen oder der anderen Seite sinken zu lassen. Wie der Weife Hannover mit England, so hatte der Wettiner Sachsen mit Polen verbunden, durch den Schwedenkönig war er zeitweise von dort verjagt worden, aber dessen Niederlage hatte August den Starken nach Warschau zurückgeführt, doch Dank konnte er dem Zaren, der dies bewirkt hatte, nicht wissen, da er sich durch dessen Übermacht bedrückt fühlen mußte. Die Initiative zur Errichtung eines kaiserlich-sächsisch-hannoverschen Bundes gewissermaßen als Ergänzung der Quadrupelallianz lag wieder in London und Hannover, von wo man schon im Frühjahr 1718 Saint-Saphorin entsprechende Direktiven gegeben hatte 87 ). Aber auch in Wien war man, so wenig man Anlaß hatte, dem unzuverlässigen Wettiner zu trauen, von dem Nutzen dieses Zusammenschlusses rasch überzeugt, und wenn August den Starken die Sorge vor russischer Vergeltung zaudern ließ, so wußten Engländer und Österreicher durch Versicherung militärischer Hilfe seine Bedenken wohl mit Unterstützung seines

Wiener Allianz

39

ersten Beraters zu überwinden: dieser aus Pommern stammende Jakob Heinrich von Flemming, einst ausführendes Organ des sächsischen Kurfürsten bei der Erwerbung der polnischen Krone, im Heere dann Rivale Schulenburgs, den er zu verdrängen wußte, seitdem zum Feldmarschall und Premierminister geworden, war dem Prinzen Eugen wohl sympathischer als sein launenhafter Herr, und Flemming hat seinen Einfluß in Dresden oder Warschau audi meist für die Verständigung mit Wien eingesetzt 68 ). In der Kaiserstadt fand noch vor Eintreffen der Nachricht von Karls X I I . Tod am 5. Januar 1719 die Unterzeichnung der Allianz durch Eugen und Sinzendorf, Saint-Saphorin und den nach Wien gekommenen Flemming statt®9). An den Verhandlungen sind auch Starhemberg, Schönborn und, wie es scheint, der angeblich widerstrebende Schlick beteiligt gewesen70), aber es wird wohl nicht nur der Respekt vor dem vornehmsten der kaiserlichen Paladine gewesen sein, der Flemming nach seiner Rüdekehr veranlaßte, ihm den Dank seines Königs für den guten Willen und das Geschick auszusprechen, womit er die den natürlichen Interessen beider Teile so entsprechende Vereinigung zwischen dem Habsburger und dem Wettiner zustande gebracht hatte 71 ). Die Wiener Allianz war ein Defensivvertrag, darauf berechnet, Schwedens Umtriebe und Ausbrüche, wie sie in der Ära Görtz Europa in Unruhe versetzt hatten, zu durchkreuzen, vor allem aber der russischen Expansion Halt zu gebieten. Wenn schon im Sommer 1718 Baron Manteuffel, ein gleichfalls in sächsischen Diensten stehender pommerscher Landsmann Flemmings, in Berlin vertraulich mitteilen ließ, daß sich unter Umständen eine österreichischhannoversche Armee von 50 000 Mann unter der Führung des Siegers von Belgrad bilden werde, um in Mecklenburg Ordnung zu schaffen72), so sollte damit Preußen wohl eingeschüchtert und zur Lösung seiner Bindung an den Zaren veranlaßt werden. Das mochte auch das Ziel Eugens sein, als er, wie Bonneval Ende November Dubois mitteilte, in einer Konferenz mit dem preußischen Gesandten Knyphausen diesem angesichts der Widerspenstigkeit des Berliner Hofes in Reichsangelegenheiten mit scharfen Worten erklärte, der Kaiser fürchte niemand, er sei aber überzeugt, der König von Preußen sei klug genug, nicht gegen die Verpflichtungen zu verstoßen, die für ihn wie für alle deutschen Fürsten aus dem Reich herflössen, dessen Chef der Kaiser sei73). Erfolg hatte man freilich

40

Krisen

damit nicht, vielmehr ist es unmittelbar darauf zu einer erheblichen Verschlechterung in den Beziehungen zwischen Berlin und Wien gekommen: sie erreichten gerade jetzt mit Vorgängen, in denen sich der Prinz persönlich in seiner Ehre getroffen fühlte, einen Tiefpunkt, wie er zu seinen und des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. Lebzeiten weder vorher noch nachher erreicht worden ist. So hat denn das über ganz Europa gebreitete Bündnis- und Befriedungssystem, das man wohl als das gemeinsame Werk Lord Stanhopes und des kaiserlichen Staatsmannes bezeichnen kann, zunächst an dieser Stelle keine Wirkung ausgeübt. Noch hatte das keine Krise im Gefolge, noch schien es, als ob das aus den Seemächten, Frankreich, Österreich und Sachsen-Polen gebildete Konzert in der Lage wäre, die Unruhestifter an den Rändern des Kontinents zur Raison zu bringen und die Liquidation der noch ungeklärten Reste aus den großen kriegerischen Verwicklungen der beiden ersten Dezennien des Jahrhunderts nach den Grundsätzen der „Konvenienz" vorzunehmen.

2.

Ein Einschub sei hier gestattet, in dem wenigstens in großen Zügen vom Leben, Wirken und Ende eines rechten „Malefizkerls" berichtet werden soll, der es damals mit seinen Hochstapeleien fertiggebracht hat, die europäischen Kabinette für kurze Zeit zu beschäftigen und zu verwirren: diesen kleinen, didken, schnurrbärtigen Ungarn in einer Biographie des Prinzen Eugen auftreten zu lassen, dürfte doch wohl berechtigt sein, nicht nur weil er mit dem Savoyer nachweislich in Beziehungen gestanden und ihm durch die mit seinen Fälschungen bewirkte Auslösung jenes Konflikts zwischen dem Feldherrn und dem preußischen König großen Verdruß bereitet hat, sondern auch weil er als in mancher Beziehung typische Randfigur einer Zeit gelten kann, die einen Alberoni und einen Görtz, aber auch den einstigen „Abbé de Savoie" hervorgebracht und emporgeführt hat 74 ). Johann Michael Klement wurde 1689 im ungarischen Neusohl als Sohn eines protestantischen Richters geboren, der ihn zur Ausbildung an die brandenburgischen Universitäten Frankfurt und Halle sandte. Anfang 1708 nach Ungarn zurückgekehrt, schloß er

Der Ungar Klement

41

sich dem Aufstand gegen die Herrschaft des Hauses Habsburg an: im Auftrage Rákóczis, der an dem sprachgewandten, geschickten und politisch unterrichteten jungen Mann offenbar Gefallen fand, tauchte er in den nächsten Jahren an manchen Höfen und politischen Zentren auf, vor allem in Berlin, wo der Hofprediger Jablonski sein besonderer Gönner wurde, im Haag und in London, eifrig bestrebt, seinem Herrn die Unterstützung Preußens und der Seemächte zu verschaffen. Mannigfache Beziehungen hat er dabei angeknüpft; mit König Friedrich von Preußen und seinen Ministern, mit Heinsius und anderen Regenten der Generalstaaten, mit Marlborough, Townshend und Lord Raby hat er, der sich als Kämmerer des ungarischen Fürsten bezeichnete, mitunter aber auch unter dem Decknamen Rosenau auftrat, persönlich gesprochen75). Ihren Höhepunkt erreichte diese diplomatische Tätigkeit während des Utrechter Kongresses, bei dem er die Interessen des inzwischen aus Ungarn vertriebenen Rákóczi zur Geltung zu bringen suchte. Nicht zu zählen sind die Konferenzen, die er vom Januar bis Oktober 1712 in Utrecht mit den französischen, englischen, holländischen und preußischen Deputierten hielt, im Herbst ist er dann Raby-Strafford nach London nachgereist, wo er in Denkschriften an die Königin und die Toryminister für die Anerkennung seines Herrn wirkte, die er endlich zusammen mit diesem in Paris verfocht. Aber es war alles vergebens gewesen. Und als es sich herausstellte, daß weder die Seemächte noch Frankreich die Friedensverhandlungen an den Forderungen des Rebellenführers scheitern lassen würden, entschloß sich Klement, der sich anscheinend in Paris mit Rákóczi überworfen hatte, das sinkende Schiff zu verlassen. Er hatte wohl von vornherein weniger der Sache gedient, als selbst eine Rolle spielen wollen vielleicht nicht einmal so sehr aus politischem Ehrgeiz, als um seinen Hang, das Leben eines großen Herrn zu führen, befriedigen zu können. Wenn er sich nun um Amnestie bei dem Kaiser bemühte, so war sein Ziel kaum, nach Ungarn zurückzukehren, vielmehr hoffte er dadurch, daß er aus der Unterwerfung ein Geschäft machte, sowohl zu Geld zu kommen als auch die Möglichkeit zur Fortführung jenes aufwendigen Lebens in der politisch-diplomatischen Gesellschaft zu erhalten, an das er sich gewöhnt hatte. Zu diesem Zweck suchte er einen neuen Protektor, und er glaubte, daß er bei keinem besser fahren würde als bei dem Prinzen Eugen: er hatte ihn wohl

42

Krisen

mehrfach in den letzten Jahren im Haag und in Utrecht gesehen76), wahrscheinlich auch mit Männern aus seiner engeren Umgebung persönliche Beziehungen angeknüpft, die er nun auszunutzen dachte, um aus dem Diener des gescheiterten Empörers zum Agenten des offensichtlich vom Glück begünstigten großen Feldherrn und Staatsmannes zu werden. Schon im Laufe des Jahres 1713 hatte er sich an einen der engsten Vertrauten des Prinzen, den Baron von Hohendorff, gewandt, der, wie wir uns erinnern, damals sich trotz des noch nicht beendigten Krieges zeitweise in Paris aufhielt 77 ). Ihm folgte er, dem angeblich in Frankreich auf Betreiben seines früheren Herrn Verhaftung und Verfolgung drohten, 1714 nach Holland, und durch Hohendorffs Vermittlung erhielt er, der sich anbot, alle seine Korrespondenzen mit Rákóczi auszuliefern und damit dem kaiserlichen Hofe wertvolle Einblicke in geheime Vorgänge der jüngsten Vergangenheit und bedeutsames Material für den politischen Kampf der Folgezeit zu verschaffen, im Sommer 1715 einen Paß und die Genehmigung, sich nach Wien zu begeben. Wir können feststellen, daß er hier im September eine Denkschrift für den Kaiser mit einem Uberblick über seine verflossene Tätigkeit verfaßte und daß jene von ihm in Holland an sidierem Ort deponierten Dokumente von einem anderen Überläufer aus dem ungarischen Rebellenlager, Ladislaus von Vetes, zugleich mit seinem eigenen Briefwechsel nach Wien gebracht wurden. Sicher hat er auf Grund jenes Verrates die erbetene Amnestie bekommen; wie er dann von österreichischer Seite verwandt worden ist, läßt sich nicht feststellen. Er selbst hat sich später guter Beziehungen zu einflußreichen Persönlichkeiten wie Perlas-Rialp, dem Reichsvizekanzler Schönborn, dem kaiserlichen Beichtvater P. Tönnemann, vor allem aber zu Eugen und seinem Kreis gerühmt. Des Prinzen Geheimsekretär Brodehausen will er in Freundschaft verbunden gewesen sein und freien Zugang zu dessen Bureau gehabt haben, wo er nach seiner Behauptung in viele geheime Briefschaften, wie z. B. mehrere chiffrierte Schreiben des Marschalls Villars, Einsicht zu nehmen vermochte. Wenn nun diese Hinweise auch in Zusammenhängen erscheinen, die sie verdächtig madien, so kann doch nicht bezweifelt werden, daß Eugen, der ja von jeher der Verwendung von geheimen Agenten zur Aushorchung und Überwachung anderer Mächte besonderes Interesse entgegenbrachte, zeitweise in ihm ein

Beziehungen zwischen Eugen und Klement

43

nützliches Instrument für die kaiserliche Politik gesehen hat. Wir kennen den Inhalt einer Reihe von Schreiben, die der Prinz mit Fragen und Aufträgen an jenen anderen aus Rákóczis Lager übergewechselten Ungarn, Vetes, gerichtet hat 78 ). Immerhin hat sich auch ein Brief erhalten, den er im September 1716 aus dem Lager bei Temesvar an Klement sandte: er dankte ihm da für Mitteilungen über die derzeitigen Pläne Rákóczis, wies ihn bis zur Zeit seiner Rückkehr nadi Wien an den Minister Starhemberg und stellte ihm Belohnungen seines Eifers in Aussicht79). Selbst hat der Prinz dann audi, als es auf Grund von Klements Umtrieben zu der schweren Auseinandersetzung mit Preußen kam, nicht geleugnet, daß er ihm mehrfach Aufträge gegeben und er gute Dienste geleistet habe, und zu gleicher Zeit soll er zu dem sächsischen Minister Flemming geäußert haben, es sei schade, daß ein so geschickter Mensch derart auf die schlechte Bahn geraten sei80). Er habe, so stellte damals der schwedische Resident Stiernhöök in einem seiner Berichte nach Paris fest, ein gewisses Ansehen in Wien gehabt 81 ). Warum er es eigentlich verloren hat, läßt sich mit Sicherheit nicht sagen. Ob er, der bei seiner leichtsinnigen Lebensart dauernd mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, sich auch noch an anderen Höfen Geldquellen zu erschließen suchte und man in Wien gegen ihn Mißtrauen gefaßt hat? Jedenfalls ließ man ihn fallen, und in der ersten Hälfte des Jahres 1717 hat er Wien verlassen. Er wandte sich zunächst nach den österreichisch gewordenen Niederlanden, und hier erschien er bei dem Marquis de Rossi, der Frankreichs Interessen in Brüssel vertrat, behauptete, von dem Prinzen Eugen mit besonderen Aufträgen in dessen Generalgouvernement entsandt worden zu sein, beklagte sich dann aber bitter, daß man ihm von österreichischer Seite für alle geleisteten Dienste mit Undank gelohnt habe und ihn geradezu hungern lasse und bot sich endlich an, geheime Pläne, um die er auf Grund seines engen Vertrauensverhältnisses zu dem Savoyer wisse und deren Kenntnis für Frankreich und besonders für den Regenten von unschätzbarem Wert seien, zu enthüllen, wofür er eine Erkenntlichkeit fordere, die man selbst bestimmen solle; wenn man es übrigens vermeiden wolle, daß er sich selbst nach Paris begebe, könne er ja weiterhin im Dienst Eugens bleiben und dann den Franzosen laufend Nachricht zugehen lassen82). Rossi hielt sich natürlich zunächst zurück, als aber in den nächsten Tagen der Ungar ihn mit

44

Krisen

Billets überschüttete, in denen er dringende Bitten um sofortige Zahlung von 50 Talern mit einigen politischen Informationen verband, die dem Diplomaten nicht unwichtig dünkten, glaubte er es verantworten zu können, ihm einige Louisdor zu schicken, was sich denn audi sofort belohnt machte: Klement versicherte, im Besitz eines Originaldokuments mit Eugens eigenhändiger Unterschrift zu sein, in dem das ganze Geheimnis der derzeitigen kaiserlichen Politik enthalten sei, das er gegen entsprechende Honorierung überliefern werde. Von Paris erhielt Rossi nun tatsächlich die Ermächtigung, dafür bis zu 50 Pistolen zu zahlen. Eine entsprechende Mitteilung an Klement veranlaßte diesen zunächst einmal, dem Marquis die Bedeutung vor Augen zu führen, die seine Enthüllungen gerade jetzt angesichts der soeben eingetroffenen Nachricht von Eugens Sieg bei Belgrad gewinne, da nun gewiß die Verwirklichung jener Geheimpläne betrieben werde: seine eigene Hilfe zur Beschwörung der dadurch Frankreich drohenden Gefahren werde aber um so wichtiger, als er selbst offenbar in die ganze Aktion von kaiserlicher Seite eingeschaltet werden sollte. Wie leicht werde es ihm zudem fallen, unter Ausnutzung seiner Verbindungen in Wien zu dem Sekretär Brockhausen, aber audi zu Perlas, der den Prinzen tödlich hasse, die französische Regierung ständig über alle Vorhaben auf dem laufenden zu halten, zudem Informationen über die Verhältnisse in Ungarn und Siebenbürgen und über die ihm genau bekannten kaiserlichen Verbindungen im Norden und im Reich zu übermitteln, ja selbst Teile der von den Österreichern im diplomatischen Verkehr benutzten Chiffre beizubringen — wogegen wohl eine Zahlung von 3000 Talern und eine jährliche Pension von 1000 Talern nicht zuviel verlangt seien. Und am 6. September kam er dann wirklich — „im Vertrauen auf die Generosität des Regenten" — nicht nur mit jenem Geheimdokument, das die Unterschrift Eugens trug, sondern auch mit einer Art „Porträt" des Wiener Hofes, das die Entwicklung seit der Thronbesteigung Karls VI. schilderte und einen detaillierten Bericht über die angeblich zur Zeit um Macht und Einfluß ringenden Parteien enthielt; ihm waren dann noch eigene Bemerkungen Klements über zu erwartende Maßnahmen des Kaisers und Hinweise auf mögliche Gegenminen angefügt 83 ). Rossi hielt dies alles für so bedeutsam, daß er seinen Sekretär mit dem ganzen Paket nach Paris schickte.

Klement in Brüssel

45

Es lohnt sich nicht, auf den Inhalt dieser Schriften näher einzugehen. Manches, was der Ungar über Vorgänge und Menschen in Wien erzählte, traf wohl zu : er war ja immerhin einige Jahre dort gewesen und hatte mancherlei gesehen und gehört. Aber wie stand es um jenes „Original"? Nach ihm schlug Eugen zwecks Revision der Friedensverträge enge Verbindung des Kaisers mit Bayern, Savoyen und dem bourbonischen Spanien vor mit dem Ziel, dem Anjou die Nachfolge in Frankreich zu verschaffen, während Victor Amadeus den Thron Spaniens besteigen, Sizilien und Piémont an Österreich, Savoyen gegen Verzicht auf das Elsaß an Frankreich fallen, der bayrische Kurfürst nach Heirat seines Kurprinzen mit der ältesten Erzherzogin wieder die Statthalterschaft der Niederlande übernehmen sollte. Konnte ein so phantastischer Vorschlag wirklich von dem Prinzen ausgegangen sein? Gab es da nicht auch einige besondere Angaben, die sofort stutzig machen und Verdacht erregen mußten? War es nicht auffallend, daß in dem Dokument ausgeredinet Persönlichkeiten erwähnt wurden, mit denen der Dieb und Vermittler in näherer Beziehung gestanden hatte, wie Hohend o r f , der als Kronzeuge für die Verbindung des französischen Adels mit Philipp V. angeführt wird, oder wie Rákóczi, der durch Rückgabe seiner Güter und Belehnung mit der Markgrafschaft Burgau zu Umtrieben gegen den Regenten gewonnen werden sollte und für dessen hohe Einschätzung sich der Autor auf den Herrn von Klement und die von ihm einst ausgelieferten Korrespondenzen berief? Aber da stand nun doch die eigenhändige Unterschrift des Prinzen. Nun, in Paris, wo man genügend Vergleichsmaterial hatte, erkannte man sofort, daß diese Unterschrift nachgeahmt, daß das Ganze eine Fälschung war 84 ). Mußte nun nicht ein Donnerwetter den kühnen Betrüger treffen oder zum mindesten jede Beziehung mit ihm abgebrochen werden? Überraschenderweise, aber im Grund bezeichnend für die diplomatischen Gepflogenheiten jener Zeit, geschah das nicht. Gewiß, so sagte man sich wohl in Paris, das war ein Halunke, aber besaß er nicht doch Verbindungen und Kenntnisse, die sich verwerten ließen? Vielleicht war er wirklich mit einem Mann wie Brockhausen befreundet, vielleicht wußte er doch manche Geheimnisse, besaß er Zugang zu wichtigen Persönlichkeiten, war er mit anderen Worten als Spion, natürlich mit der nötigen Vorsicht, zu verwenden. So kam die neue Instruktion an Rossi zu dem Ergebnis, daß, wenn man auch gegen alle seine

46

Krisen

Behauptungen mißtrauisch sein müsse, es dodi angebracht ersdieine, ihm dies nicht zu zeigen und ihn zu ermuntern, über Erkundungen bei der von ihm angekündigten Rückreise nach Deutschland zu berichten, wofür ihm Rossi als Anzahlung auf die geforderte Pension bis zu 1000 Livres geben könnte. Mit den 750 Livres, die der Gesandte ihm Ende September 1717 wirklich zukommen ließ, war nun zwar Klement nicht zufrieden, er merkte wohl, daß man ihm nicht recht glaubte, worauf er sich bemüßigt fühlte, mit einem neuen „Original" aufzuwarten, diesmal mit einem an ihn selbst gerichteten Schreiben Eugens aus dem Feldlager vor Belgrad vom 29. August, das ihm angeblich des Prinzen Brüsseler Sachwalter Mandacher ausgehändigt hatte: da war ihm unter Belobung seiner Treue und Beständigkeit u. a. der Auftrag erteilt, in Frankfurt sich ein versiegeltes Dokument mit geheimen Instruktionen geben zu lassen und dann eine Mission bei dem bayrisdien Kurfürsten in München zu erfüllen 85 ). Natürlich war auch diese Weisung, in der nodi allerlei Nachrichten über gefährliche Unruhen in Ungarn und über verschiedene geheime Verbindungen ausgebreitet waren, eine Fälschung, bei der Klement möglicherweise edite bei Mandacher eingesehene Mitteilungen aus Belgrad benutzt hat. Und Phantasie oder kühne Kombinationen lagen dann audi den Meldungen zugrunde, die er im Herbst aus verschiedenen Städten des Reichs seinem Brüsseler Auftraggeber zukommen ließ, zuerst aus Frankfurt — wieder mit einem vom 10. September datierten Schreiben Eugens — dann aus München, um die Jahreswende aus Wien, im Januar 1718 aus Koblenz und Kassel und Anfang April aus Dresden 86 ). Doch in Paris kam man mehr und mehr zu der Überzeugung, daß hier alles Lug und Trug war und es keinen Zweck hatte, sein Geld an diesen Hochstapler zu verschwenden. Als er immer drängender die Zahlung des zweiten Quartals der ihm zugesagten Pension forderte, ließ man ihm durch Rossi kühl zu verstehen geben, daß er kein Entgelt für offenbare Fälschungen erhalten werde 87 ). Damit fand diese Beziehung ihr Ende. Freilich im Herbst 1718 flatterte nochmals eines jener berühmten „Originale" auf den Schreibtisch des Marschalls d'Huxelles in Versailles, das diesmal der Geschäftsträger Frankreichs in Berlin, Havard, einsandte, ein Projekt, das Prinz Eugen im November 1717 dem Kaiser vorgelegt haben sollte: es kam, wie der Diplomat versicherte, von vertrauenswürdiger Seite, aber es war sofort zu

Klements Fälschungen

47

erkennen, daß es von Klement stammte, da in ihm die gleichen Vorschläge der Erhebung des Anjou auf den Thron Frankreichs, der Versetzung des Savoyers nach Spanien, des Rückfalls von Straßburg an das Reich usw. erschienen, die in jenem ersten Schriftstück dem Prinzen angedichtet worden waren. So wurde denn H a v a r d von den früheren Streichen des Ungarn unterrichtet und die Vermutung geäußert, daß dieser ihm wohl dies Gewebe von Fälschungen und Absurditäten überreicht habe 88 ). Klement war damals in der Tat in Berlin, und H a v a r d sollte bald darauf Zeuge von aufregenden und dramatischen Ereignissen werden, in deren Mittelpunkt jener Bursche stand. Seitdem er auf die schiefe Ebene geraten war, scheint das Fälschen und Intrigieren bei Klement zur Manie geworden zu sein. Die französischen Diplomaten sind gewiß nicht die einzigen gewesen, an die er sich heranmachte und denen er mit seinen Kenntnissen geheimster Vorgänge und Pläne zu imponieren suchte. Wenn das wichtigste Motiv, das ihn antrieb, gewiß materieller Natur war, so mochte anderes mitwirken: die Sucht, eine Rolle zu spielen, die Freude daran, Verwirrung zu stiften, auf Grund seiner frechen Erfindungen wohl gar die H ö f e gegeneinander zu hetzen, den Gang der Ereignisse in der großen Welt zu beeinflussen, nicht zum wenigsten aber auch der H a ß gegen Wien, das ihm seinen Verrat an Rákóczi nicht entsprechend gelohnt hatte, vor allem gegen den Prinzen Eugen, auf den sich alle seine Verleumdungen letztlich konzentrierten. Was ihm in Paris nicht gelungen war, das schien ihm nun an anderer Stelle zu glänzendem Erfolge zu gedeihen: er erreichte es, daß er im Mittelpunkt einer Haupt- und Staatsaktion stand, sein Name in aller Munde war. Die Reaktion auf seine Umtriebe aber war so stark, daß in dem entstehenden Strudel er selbst zunächst in die Höhe geworfen und dann in den Abgrund gezogen wurde. Er konnte für sich in Anspruch nehmen, eine gefährliche Krise in Preußen, im Reich, ja in Europa herbeigeführt zu haben, aber als der Nebel um unverständliche Vorgänge am Berliner Hof und um bittere Auseinandersetzungen zwischen Preußen, Sachsen-Polen und Österreich sich zerteilte, fiel das volle Licht auf den „Urheber dieser merkwürdigen Szenen"8®), der nun den Zorn derer entgelten mußte, die er zum Narren gehalten hatte 90 ). In Dresden, wo sich Klement seit dem Frühjahr 1718 unter dem Namen Kleeberg aufgehalten hatte, war es ihm gelungen, Zugang

48

Krisen

zu dem Minister Flemming zu finden, dem er offenbar ähnliche „Originale" über Pläne des Prinzen Eugen und Denkschriften über den Wiener Hof übergab wie vor Jahresfrist Rossi91). Es hat den Anschein, daß Flemming auf die Schwindeleien zunächst hereingefallen ist. Auf des Ungarn Behauptung, daß er von Eugen den Auftrag zu einer Reise nach den Niederlanden erhalten habe, den Weg dorthin aber über Berlin nehmen wolle, wo er über ausgezeichnete Verbindungen verfüge, leicht Erkundigungen über Hof und Politik Preußens einziehen und darüber — wie sich versteht, gegen angemessene Belohnung — berichten könne, soll sich der Minister bereit gefunden haben, ihm 600 Taler Reisegeld zuzustecken. Nun besaß Klement in Berlin in der Tat einige Freunde, vor allem den Hofprediger Jablonski, mit dem er vor einem Jahrzehnt im Dienste Rákóczis zusammengearbeitet hatte und der offenbar ihm den Abfall von seinem früheren Herrn nicht nachgetragen hat. An der Grenze in Baruth traf er sich Ende August 1718 mit ihm, und Jablonski hörte sich gläubig alles an, was ihm da von den neuesten gefährlichen Umtrieben in Europa und von der großen Rolle, die Klement selbst dabei spiele, erzählt wurde: daß er nach erfolgreichen Verhandlungen mit Alberoni in Madrid von Eugen nach Dresden entsandt worden sei, um den sächsischpolnischen Hof für eine Frontstellung gegen Preußen zu gewinnen, daß Flemming nunmehr nach Wien reise, um dort den bereits ausgemachten Vertrag zum Abschluß zu bringen, daß er, Klement, aber auch den Auftrag habe, in Berlin über die Möglichkeit einer Verständigung Preußens mit dem Kaiserhof zu sondieren, daß andererseits aber, da man an einen Gesinnungswandel des preußischen Königs nicht glaube, Maßnahmen vorgesehen seien, diesen persönlich unschädlich zu machen. Nach seiner Rückkehr nach Berlin säumte der Hofprediger nicht, den Kabinettsrat von Marschall über diese wichtigen Eröffnungen zu unterrichten, der seinerseits Friedrich Wilhelm I. in Kenntnis setzte. Und der König, dem von „Originalen" gesprochen wurde, mit denen der Ungar seine Mission und seine Beziehungen ausgewiesen habe, war in dem ihm eigenen Mißtrauen gegen alle Welt geneigt, gerade diesem Menschen Vertrauen zu schenken, zumal dessen warnende Hinweise auf ein von Flemming ausgedachtes und von Eugen gebilligtes, mit Hilfe von Hofkoterien in Berlin durchzuführendes Attentat gegen seine Person mit Beobachtungen über verdächtige Bewegungen in seiner

François Louis de Pesme, Marquis de Saint-Saphi

Charles, Viscount Townshend

Erfolge des Fälschers in Berlin

49

Umgebung übereinzustimmen schienen. Auf seine Veranlassung trafen sich Marschall und der Minister Knyphausen am 12. September mit Klement in Lübben; dringend forderten sie ihn auf, zu persönlicher Besprechung mit dem König nach Berlin zu kommen, und er ließ sich nicht lange bitten. Schon am Abend des 13. hatte er, dessen Ankunft und Aufenthalt streng geheim gehalten wurden, in einem Garten bei dem Oranienburger Tor eine Zusammenkunft mit dem König, der am nächsten Abend eine zweite folgte. Hierbei muß er Einzelheiten über das angebliche Komplott, das u. a. die Entführung des Königs und die Einsetzung einer Vormundschaft für den kleinen Kronprinzen zum Ziel haben sollte, berichtet, zum Beweis Schreiben Eugens und Flemmings vorgewiesen und die UnZuverlässigkeit mancher Freunde und Berater Friedrich Wilhelms behauptet haben. Daß er erklärte, aus protestantischer Gesinnung dies aufzudecken, und sich gegenüber finanziellen Angeboten zunächst ablehnend verhielt — um dann doch 1000 Dukaten anzunehmen — mag den König besonders beeindruckt haben. Er war tief betroffen, in düsterer Stimmung grübelte er über das nach, was ihm hier enthüllt worden war. Und während der Hochstapler wieder abreiste, um, wie er behauptete, in Dresden und Wien neue Unterlagen über das Komplott zu sammeln, entschloß er sich, Knyphausen an den Kaiserhof zu schicken, um der Sache auf den Grund zu gehen. Er sollte zunächst einmal dort dem Prinzen Eugen eine Deklaration zustellen, wonach Preußen entsprechend den im Namen des Prinzen gemachten Anträgen Klements die Bereitschaft zu einer Verständigung mit Österreich zu erkennen gab»2). Wohl zum erstenmal ist damit der Mann, über dessen politische Ideen und Ziele der kleine Ungar die merkwürdigsten Behauptungen verbreitete, auf dessen Treiben aufmerksam geworden. Als ihm Knyphausen von seinem Auftrag an einen nach Berlin abgeordneten Agenten sprach, versicherte er erstaunt, daß er davon nicht das Geringste wüßte: es müsse sich bei dem angeblichen Sendboten um einen Abenteurer handeln, den man am besten festnehme 93 ). Knyphausens Bericht machte zwar in Berlin einigen Eindruck, aber noch ist der Glaube des Königs an die Richtigkeit von Klements „Enthüllungen" nicht zerstört worden. Dieser war wohl in Dresden gewesen — wo er nun übrigens wieder in die Rolle des Spions für Sachsen schlüpfte und mit Nachrichten über die Zu4 Braubadi, Prinz Eugen

50

Krisen

stände in Preußen eine Denkschrift voll scharfer Urteile über den Preußenkönig vorlegte — er hatte sich dann aber wohl gehütet, nach Wien weiterzureisen, sondern sich nach den Niederlanden gewandt, wo er angeblich wieder hochpolitische Aufträge Eugens auszuführen hätte: anscheinend ist man nun auch in Wien aufmerksam geworden, da der Prinz am 12. November jenen anderen einst amnestierten Diener Rákóczis, Vetes, anwies, seinen ehemaligen Genossen bei seinem Auftaudien in Holland zu überwachen und über seine Schritte die kaiserlichen Vertreter im Haag, in Paris und in London auf dem laufenden zu halten 94 ). Von Wesel aus hatte sich der Betrüger inzwischen wieder in Berlin gemeldet. Neue Details des „Komplotts" wußte er beizubringen: man wolle kaiserlicherseits bei einem Übereinkommen mit Preußen die Einräumung einer Festung oder auch die Person des Kronprinzen als Sicherheit fordern, führe jedoch zugleich eifrige Korrespondenzen mit Berliner Kreisen über die Überrumpelung des Königs und das dann einzurichtende Regiment. Die Verräter anzugeben und Beweisstücke zu liefern, erklärte er sich bereit, wofür er aber nun die runde Summe von 12 000 Dukaten forderte. Für den Austausch von Nachrichten und Geld schlug er die Sendung von Jablonski und Marschall nach Amsterdam vor, und der König ist in der Tat darauf eingegangen, wobei er freilich den beiden Männern Befehl gab, den Ungarn entweder auf gütlichem Wege zur Rückkehr nach Berlin zu bewegen oder, falls er sich weigerte, die Hilfe der holländischen Polizei in Anspruch zu nehmen: er fürditete wohl, daß jener sich mitsamt seinen wichtigen Papieren ihm entziehen könne. Nach einigem Zögern hat Klement sich dazu verstanden, den beiden Boten, die ihn in Amsterdam trafen, zu folgen, am 9. November stand er wieder vor dem König. Doch nun behauptete er, die alles beweisenden Dokumente, die man von ihm forderte, an sicherer Stelle in Holland deponiert zu haben. Ob er sich eine Möglichkeit sichern wollte, wieder zu entkommen? Es wurde ihm in der Tat geradezu befohlen, die Papiere zu holen, aber man gab ihm einen Offizier mit, der ihn nicht aus den Augen lassen durfte. Von dieser neuen Hollandreise traf er am 1. Dezember wieder in Berlin ein. Und nun wurden die Berliner und darüber hinaus die politisch interessierten Kreise Europas Zeugen sich überstürzender Ereignisse, die einem Skandal großen Ausmaßes zuzusteuern schienen 95 ). Man erfuhr, daß ein in Marschalls Haus untergebrachter

Skandal in Berlin

51

Fremder, dessen Name bald mit Klement angegeben wurde, nach ständigem Kommen und Gehen zwischen der Wohnung des Kabinettssekretärs und dem Kabinett des Königs festgenommen und nach Spandau gebracht worden war, wo der Minister Ilgen und der Generalauditor Katsch ihn mehrfach verhörten, daß dann in den nächsten Tagen weitere Verhaftungen, so des Kammerjunkers von Troschke und der Frau von Blaspeil, Gemahlin eines Ministers und Oberhofmeisterin der Königin, ja selbst des Ministers K a m e à e stattfanden und die Papiere des sächsisch-polnischen Residenten Wilhelmi beschlagnahmt worden waren. Was war da vor sich gegangen? Man wollte wissen, daß die Festnahme Klements auf Forderung des Wiener Hofes erfolgt war: in der Tat hatte wohl Knyphausen darauf gedrängt, der selbst von seiner Wiener Mission am 9. Dezember zurückgekehrt war und dann an den Verhören des Ungarn teilnahm. Noch scheint der König anfangs geneigt gewesen zu sein, den vorbeugenden Erklärungen Klements gegenüber Marschall und Jablonski Glauben zu schenken, wonach Eugen sicherlich auf Anfrage ihn desavouieren werde, da er das stets tue und gerade, um nicht festgelegt zu werden, zur Einleitung wichtiger Verhandlungen Personen ohne Rang und Charakter wähle. Man wurde indessen mißtrauischer, als der Ungar von der zweiten, erzwungenen Reise nach Holland die versprochenen Dokumente nicht mitbrachte. Daß er, der erklärt hatte, Korrespondenzen der preußischen Minister Grumbkow und Alvensleben über das Projekt der Entführung des Königs gesehen zu haben, nun die ihm mit anderen Schriftstücken vorgelegte Handschrift Grumbkows nicht erkannte, mußte ihn belasten. Noch blieb er bei seinen Aussagen, ja er erweiterte sie in einem Verhör am 5. Dezember noch wesentlich: Flemming habe den Entführungsplan in Wien vorgebracht, Eugen habe sich darauf durch seinen in den Niederlanden weilenden Vertrauten Hohendorff mit jenen Ministern in Verbindung gesetzt und alles für den Uberfall vorbereiten lassen. Das alles schien nun dem König nicht nur plausibel, sondern auch mit gewissen Stellen in ihm zu Händen gekommenen Briefen der Frau von Blaspeil an den sächsischen Diplomaten Manteuffel und mit Äußerungen der Blaspeil selbst übereinstimmend, die ihrerseits, zur Rede gestellt, offenbar Kamecke belastet hat. So war es zu den Verhaftungen gekommen. In Wirklichkeit bestand zwischen den Klementschen Umtrieben und jenen 4*

52

Krisen

Hofkreisen, die wohl nicht ohne eigene Schuld den Zorn Friedrich Wilhelms auf sich gezogen hatten, überhaupt keine Verbindung, was sich denn auch bald herausstellte. Das brüske Vorgehen gegen sie war vielleicht bis zu einem gewissen Grade gerechtfertigt, unverständlich und viel folgenschwerer war dagegen, daß der König noch in diesem Stadium der Angelegenheit sich verleiten ließ, am 10. Dezember an den Prinzen Eugen persönlich einen Brief zu richten, in dem er das schwere Mißtrauen, das er auf Grund der Aussagen des Schwindlers gegen den ruhmgekrönten Feldherrn und ersten Staatsmann des Kaisers gehegt hatte und offenbar nodi immer hegte, deutlich zum Ausdruck brachte 96 ). „Obschon idi", so schrieb er da nach Anführung der eidlich bekräftigten Behauptungen Klements über den angeblichen Entführungsplan, „weit entfernt bin, solchen Denunziationen Glauben zu schenken, und mich nie werde überzeugen lassen, daß Ihre Kaiserliche Majestät zu einem solchen Verfahren gegen mich schreiten oder Eure Durchlaucht etwas so Unwürdiges unternehmen wollen, so werden Sie es dodi nicht mißbilligen, wenn ich diese Sache zu ergründen wünsche." Hohendorff, so meinte er, möchte nach Berlin kommen, um, wie Klement es gefordert hatte, mit diesem konfrontiert zu werden. Hätte der König mit diesem unglücklichen Brief doch nur noch wenige Tage gewartet! Denn seit dem 12. Dezember begann Klement, der wohl die Ausweglosigkeit seines Spiels erkannte, Geständnisse abzulegen. Am 17. gab er zu, die Briefe Eugens, auf die er sich berufen hatte, gefälscht zu haben, und gegen Ende des Jahres lag es offen zutage, daß alles, was er vorgebracht hatte, auf Lug und Trug beruhte. Der Stein, den der Hochstapler ins Rollen gebracht hatte, war so leicht nicht aufzuhalten. „Es ist nicht zu glauben", so stöhnte Ilgen, „was die verruchten Angaben dieses Menschen und der daraus überall entstandene Eclat Seiner Majestät Interessen für Schaden tun und was man für Fleiß und Mühe anwenden muß, solches zu reparieren und die auf den höchsten Grad gereizten Gemüter wieder zu besänftigen." Bittere Auseinandersetzungen gab es mit Dresden und mit Wien. Der sächsische Hof erhob scharfen Protest wegen der Haussuchungen bei seinem Residenten und wegen der Vorwürfe gegen Flemming und Manteuffel. In beiden Fällen mußte Friedrich Wilhelm sich entschuldigen. Peinlicher noch war das, was er sich von Wien sagen lassen mußte. Prinz Eugen

Empörung Eugens

53

hatte schon bei einer Abendgesellschaft bei dem damals in der kaiserlichen Hauptstadt weilenden sächsischen Kurprinzen Flemming gegenüber mit Bitterkeit und Spott von dem komischen Brief gesprochen, den er aus Berlin erhalten habe. Offenbar fühlte er sich in seiner Ehre durch die Tatsache, daß man ihm überhaupt eine solche Handlungsweise zutraute, tief verletzt. Daß er, nach Flemmings Urteil „der kühlste Mensch der Welt, der andern nicht leicht mitteilt, was ihm mißfällt", so in Zorn geraten konnte, hatte der Sachse kaum für möglich gehalten: „Gottverdammt", so hatte er schließlich ausgerufen, „ich bin nicht König, aber es gibt wahrhaftig keinen, dem ich an Adel und Ehre nachstehe" 97 ). Wie schon bei dieser Gelegenheit, so hat er dann auch dem preußischen Residenten Burchard erklärt, er führe Armeen gemäß den Befehlen des Kaisers und sei kein Räuberhauptmann. Wenn er zeitweise wirklich daran gedacht hat, Hohendorf nach Berlin zu schicken, um das ganze Lügengespinst zu zerstören 98 ), so sollte das gewiß kein Entgegenkommen gegen den König sein. Diesem erteilte er vielmehr in einem Schreiben vom 28. Dezember eine scharfe Lektion 99 ). Mit größter Verwunderung, so hieß es da, habe er erfahren, wie der König „durch die Halsstarrigkeit und Maliz" eines verstockten Menschen „nicht allein zu einem Zweifel, als ob ich kapabel wäre, ein Komplott aufzustellen, Sie aus Ihrem Lande aufzuheben und ein weit mehreres anzustiften, ja sogar dahin veranlaßt worden, zu Erweisung des Widrigen und Beglaubung meiner sonst bekannten Ehrenhaftigkeit einiges Zeugnis und Erläuterung abzufordern" ; er habe gehofft, es würden sowohl der Kaiser als er selbst, der die Ehre gehabt habe, in vielen Jahren preußische Truppen gegen die Feinde zu führen, „von derlei empfindlichem Argwohn und Zumutungen bei der ehrbaren Welt, besonders Eurer Königlichen Majestät, von der persönlich bekannt zu sein die Ehre habe, gänzlich befreit und umsomehr entübrigt sein, als ich in obgedaditem meinem vielfältigen Kommando und all übrigen Operationen also, wie es die jura gentium und die Gesetze eines ehrliebenden Feldherrn mit sich bringen, auf das genaueste zu beobachten mich beeifert, mithin die mir fast zumuten wollende Aktion, als welche mehr einem Chef der Banditen zustehen will, zu gedenken, vielweniger Ihre Kaiserliche Majestät zu befehlen, nodi ich zu vollziehen fähig, denn ob idi schon ein particularis, so bin ich doch von solchem Geblüt und Gemüt, daß ich audi einem König an der

54

Krisen

wahren Glorie und Ehre, nach welchen idi durch den rechten Weg allzeit gestrebt, im Geringsten nicht weichen tue." Unerfindlich, so hatte er festgestellt, sei es ihm, daß Menschen wie Klement, vor dem er doch schon Knyphausen gewarnt habe, „in so wichtigen Anbringen so schlechterdings Glauben und Assistenz finden, ja sogar zwischen gekrönten Häuptern Verdacht erwecken können; ich lasse die Ursache dahingestellt sein, muß aber billig glauben, daß diejenigen, welche ihm seine Unterhaltung und vormals in Holland hinterlassene Schulden so reichlich bezahlen, dennoch ein Absehen darunter führen müssen". War hier der Spieß nun umgedreht? Entschuldigungen und Angebote, kaiserliche Vertreter an den Verhören mit dem Fälscher zu beteiligen, konnten die böse Stimmung, die bei Eugen gegen Preußen herrschte, nicht so bald aus der Welt schaffen: kein Gespräch, so berichtete Burchard im Februar 1719 nach Berlin, führe er mit dem Prinzen, ohne harte Worte zu hören. Man scheint dann auch mit dem Verhalten des Berliner Hofes bei dem über ein Jahr sich hinziehenden Verfahren gegen Klement nicht zufrieden gewesen sei. Im April 1719 beklagte sich der kaiserliche Resident Vossius bei Eugen darüber, daß man ihm nicht Einsicht in die bei dem Halunken gefundenen Schriften gewähre — „der gottlose Klement soll ein ganzes Konvolut voller Erdichtungen zusammengeschrieben haben, darin vieles wider den kaiserlichen Hof mag enthalten sein" 100 ). War es dann eine ausreichende Genugtuung, als der kleine Ungar im Januar 1720 zum Tode durch Henkershand verurteilt wurde und am 18. April auf dem Neuen Markt in Berlin an den Pranger gestellt, von dort in einem Schinderkarren nach dem Richtplatz außerhalb der Stadt gefahren und hier „an dem Galgen mit dem Strange vom Leben zum Tode gebracht" wurde? Im Zeichen der „Klementschen Händel", der Wiener Allianz, unter die Eugen wenige Tage nach Absendung jenes schroffen Briefes an den preußischen König seine Unterschrift setzte, und des damals anhebenden Religionsstreites im Reich haben die Beziehungen zwischen Österreich und Preußen einen Tiefpunkt erreicht. Sollte „Klément de pendable mémoire", wie ihn der spöttische Manteuffel später bezeichnete101), für immer zwischen dem Prinzen und dem Fürsten stehen, der dodi einst als Kronprinz zu den glühendsten Bewunderern des großen Feldherrn gehört hatte? Nun, gerade jener wie Flemming aus Pommern stammende sächsische

Krieg um Sizilien

55

Diplomat und Minister hat einige Jahre später im Dienste Eugens daran mitgearbeitet, Preußen wieder fest mit dem Kaiser zu verbinden, und es kam die Zeit, wo Friedrich Wilhelm keinen besseren Freund in der Welt zu haben glaubte als den Savoyer, der seinerseits ein von ihm geschaffenes neues Allianzsystem nicht zum wenigsten auf diese Freundschaft gründete.

3. Eine Krise für Stellung und Ansehen des Siegers von Belgrad in Österreich und in Europa haben die Umtriebe Klements und der daraus erwachsene Zusammenstoß mit dem preußischen König nicht hervorgerufen: sie haben den „honnête homme" in einen vielleicht übersteigerten Zorn versetzt, aber er konnte bei der stolzen Zurückweisung von Verleumdungen, die nach dem Urteil des französischen Diplomaten du Bourg zu seinem Charakter und seiner Herkunft absolut nicht paßten 102 ), des Beifalls der überwiegenden Mehrheit seiner Zeitgenossen gewiß sein. Doch zur gleichen Zeit waren in der unmittelbaren Umgebung seines eigenen Herrn Kräfte am Werk, die ihm trotz der überschwenglichen Dankes-, Vertrauens- und Freundschaftserklärungen, die er von dem Habsburger gerade in letzter Zeit erhalten hatte, weit gefährlicher werden sollten. Die Anfänge dieser wirklichen Krise reichen zurück in die Zeit vor dem Passarowitzer Frieden, da er sich gegen die Abziehung von Regimentern seiner Armee nach Italien ausgesprochen und heftige Vorwürfe gegen die schweren Versäumnisse bei Einrichtung und Sicherung der dem Kaiser zugefallenen italienischen Lande gerichtet hatte. Was sidi dann dort abspielte, als er sich auf Grund des spanischen Einfalls in Sizilien und des Auftrags der Quadrupelallianz genötigt sah, einen neuen Krieg zu organisieren und zu führen, hat am Wiener Hofe Stimmungen der Unzufriedenheit und des Unbehagens gefördert, die überraschend sdinell die Erinnerung an die großen Erfolge gegen die Türken und das Gefühl des Dankes an den, der sie bewirkt hatte, verdrängten. Es war der erste Krieg, in dem der Prinz nicht persönlich ein Kommando übernahm, sondern sich damit begnügte, von Wien aus Anweisungen für die Operationen zu geben. Im Juli 1718, als

56

Krisen

an dem bevorstehenden Abschluß des Türkenkrieges nidit mehr gezweifelt werden konnte, hatte man zwar in diplomatischen Kreisen Wiens noch angenommen, daß er auch diesmal den Oberbefehl nicht in andere Hände legen werde 103 ). Bei seinem Eintreffen in Wien Mitte August wäre er freilich zunächst gar nicht dazu imstande gewesen: auf der Rückfahrt aus Ungarn hatte er sich, wie schon erwähnt, wohl eine Grippe zugezogen, die ihm erheblich zugesetzt haben muß. Als er am Tage seiner Ankunft sich bei dem Kaiser meldete, war dieser über sein Aussehen entsetzt und bat ihn, „aus der Liebe, die Sie gegen mich haben", doch sofort einen Arzt zuzuziehen. Aber gegen Doktoren hat Eugen offenbar sein ganzes Leben lang eine Abneigung gehabt. Einige Tage später hat Karl ihn in einem Handbillett an seine Bitte erinnern müssen: „Ich sehe aber, daß es nicht ausgegeben hat, und bin gar wohl mit meiner Betrübnis informiert, daß Euer Liebden leider sich gar nicht wohl befinden, bitte Sie also nochmals, und so dies nicht ausgebte, befehle idi Ihnen mit allem Ernst, besser Obsorge auf Sie selbst zu tragen und also gleich einen Doktor zu rufen, auf den Euer Liebden selbst mehr vertrauen" 104 ). Noch am 24. August hat der Patient dem Marquis de Prié nach Brüssel geschrieben, daß der schlechte Stand seiner Gesundheit ihm bisher nicht erlaubt habe, sich viel um Geschäfte zu kümmern, und erst gegen Ende des folgenden Monats konnte er dem Prinzen von Bevern mitteilen, daß er Gott sei Dank wieder ganz hergestellt sei106). Aber auch ohne diese Behinderung wäre er nicht nach Italien gegangen: der Kampf mit den wenig geachteten Spaniern schien ihm wohl seinen Einsatz nicht zu fordern, mit ihnen mochten doch auch andere tüchtige Generäle fertig werden, zumal wenn er ihnen die nötigen Ratschläge zuteil werden ließ. Da sollte er indessen manche Enttäuschungen erleben. Was seine eigene Einwirkung von Wien aus betraf, so hatte er ja selbst einst sich oft gegen diese Strategie vom grünen Tisch gewandt, und schon bald mußte er jetzt den Führern an Ort und Stelle gestehen, daß „in einer Distanz von 200 Meilen in Sachen, worin sich die Umstände in einem Tage ändern mögen, sich nichts mit Verläßlichkeit anordnen läßt" 100 ). Andererseits machte er mit jenen Männern, denen das Kommando anvertraut wurde, teilweise die betrübliche Erfahrung, „daß diejenigen, welche gute Subalterne sind und die höheren Befehle wohl und geschickt zu vollziehen

Vorbereitungen des Feldzuges

57

wissen, nicht allemal in dem Kommando reüssieren und die dazu gehörigen Geschäfte von sich anzuordnen oder von der Beschaffenheit der Umstände zu profitieren und eine Resolution a tempo zu nehmen fähig sind" 107 ). Gab es denn aber neben ihm im kaiserlichen Heer keinen Feldherrn von Format, der selbständig und in großem Stil eine Armee zum Sieg zu führen vermochte? Gewiß, da war Guido Starhemberg, an dessen Befähigung kein Zweifel bestehen konnte, und als der Kaiser Anfang Juni dem noch in Belgrad weilenden Prinzen die Frage vorgelegt hat, wen man als „capo in Welschland" nehmen könne, war von dem Habsburger audi nicht bestritten worden, daß dazu der Guido geschickt wäre, um sofort hinzuzufügen, sie beide kennten ihn leider gar zu gut, und er glaube, daß man auch wegen seines Alters und seiner Gebrechlichkeit nicht an ihn denken solle108). Nun waren in Italien ja bereits zwei Feldmarsdiälle, Visconti in Mailand, nach des Kaisers Meinung „ein guter, ehrlicher Mann", aber nicht viel mehr 109 ), in Neapel Daun, den man jedoch anscheinend als Vizekönig nicht zugleich als Armeeführer verwenden wollte. In jenem Brief an Eugen hatte Karl dann Pálffy, Alexander von Württemberg, Mercy und den bereits in Italien befindlichen Feldzeugmeister Zumjungen genannt und beurteilt: „Der erste dünkt mich kein Kopf, zu kommandieren, um desto mehr, als er sehr hitzig und audi ziemlich um sich greift. Der Württemberg ist nodi jung, hat audi nicht Experienz genug, glaube also für mich, daß oder der Mercy, wo es anders seine Gesundheit, audi mein Dienst in Ungarn zulassen, oder nach ihm der Zumjungen selbst der beste wäre" 110 ). Diesem Urteil hat sich offenbar audi Eugen angeschlossen. Als mit der Landung der Spanier in Sizilien die Gefahr für Mailand geschwunden war, wurde Zumjungen von dort nadi Süditalien beordert, um unter der Oberleitung Dauns die Operationen gegen den Feind zu beginnen 111 ). Zur Enttäuschung des Generals entschloß man sich indessen Anfang 1719 dodi, ihm Mercy vorzusetzen: er galt als des Prinzen besonderer Günstling, der wohl dessen volles Vertrauen besaß, sich indessen, wie wir sehen werden, nicht so bewährte, wie man wohl erwartet hatte 112 ). Daß man endlich auch noch zur Führung eines besonderen, zunächst zur Rüdeeroberung Sardiniens bestimmten Korps den eigenwilligen Bonneval nach Süden schickte, hat die Befehlsverhältnisse besonders kompliziert und das Zusammenwirken der verschiedenen Ge-

58

Krisen

neräle erschwert. Es kam hinzu, daß man sich auch noch mit Victor Amadeus militärisch und politisch auseinandersetzen und verständigen mußte, da die Spanier ja in Sizilien zunächst auf seine Truppen getroffen waren und man ihm nach den Abmachungen der Quadrupelallianz nach der eigenen Festsetzung in Sizilien Sardinien verschaffen sollte. Es hat manche Schwierigkeiten und Mißverständnisse gegeben, bevor der Marchese San Tommaso als neuer Gesandter des nunmehrigen Königs in Wien den Beitritt seines Herrn zu dem europäischen Konzert ankündigte 113 ), dieser dann in London am 8. November vollzogen wurde und Sinzendorf und San Tommaso am 29. Dezember einen Vertrag unterzeichneten, in dem das Zusammenwirken der beiderseitigen Truppen in Sizilien und die Entsendung eines kaiserlichen Korps gegen Sardinien vereinbart wurden 114 ). Der Feldzug hat nicht den raschen Verlauf genommen, den man wohl allgemein nach der Vernichtung der spanischen Flotte bei Passaro und der seit dem Frühsommer 1718 im Gang befindlichen Entsendung starker kaiserlicher Streitkräfte aus Ungarn nach Italien erwartet hatte 115 ). Einmal hat man offensichtlich die Stärke und Tapferkeit des Gegners unterschätzt: in diesem im Grunde aussichtslosen Krieg hat der spanische Soldat noch einmal eine Bravour gezeigt, die ihn einst in der ganzen Welt berühmt und gefürchtet gemacht hatte. Andererseits kamen die kaiserlichen Regimenter und später ihre Rekruten und Remonten nicht so rasch und vollzählig heran, wie es die Heerführer und auch die verbündeten Mächte wünschten und forderten. Wie oft hatte in den verflossenen Zeiten Eugen bittere Klagen über mangelnde Unterstützung nach Wien gesandt, nun langten sie bei ihm an, machte man ihn verantwortlich für Fehler und Unzulänglichkeiten in Organisation und Dispositionen. Er hat sicher getan, was in seiner Macht stand, um Truppen und Mittel aufzubringen, und voll Empörung hat er Vorwürfe und immer größere Forderungen der Alliierten zurückgewiesen. „Mit der größten Lebhaftigkeit" hat der sonst so verhaltene Mann einmal Saint-Saphorin als Vertreter des englischen Königs entgegengehalten, daß er 18 Infanterie- und 8 Kavallerieregimenter über die Alpen dirigiert habe, daß sich dort jetzt ein Stamm von 50 000 Mann befände und er die ganze Welt urteilen lasse, ob dies nicht für die Unternehmung in Sizilien ausreichen müsse: freilich, weder habe er den Ausbruch von Krank-

Unbefriedigender Verlauf des Krieges

59

heiten verhindern können noch dürfe man ihm die Saumseligkeit der Länder bei Beschaffung des Nachschubs zur Last legen, „das ist nicht mein Fehler, idi habe fortdauernd in dieser Beziehung gedrängt" 118 ). Und er war eben selbst nicht dort, es wurden Fehler begangen und traten Unglücksfälle ein, die sicher bei niemand größeren Unwillen hervorriefen als bei ihm. Als im Sommer 1718 vom kaiserlichen Neapel aus die ersten Maßnahmen gegen den spanischen Überfall getroffen wurden, befanden sich in Sizilien nur noch die Städte Syrakus, Trapani und Milazzo sowie die Zitadelle von Messina in der Hand der Savoyer. Kaiserliche Truppen wurden nach Messina geworfen; daß die Zitadelle trotzdem Ende September kapitulierte, rief bei Eugen scharfe Kritik hervor 117 ). Von Reggio aus waren dann einige Regimenter unter dem General Carafa nach Milazzo übergesetzt, aber sein Versuch, durch Angriff gegen die auf die Feste vorrückenden Spanier am 15. Oktober die Wiedereroberung der Insel einzuleiten, scheiterte, statt dessen sah Carafa sich in Milazzo belagert. Auch als Zumjungen an seine Stelle getreten war, konnte, zum Teil wegen der durch Stürme verursachten Verzögerung der Überfahrt von Verstärkungen, an eine Offensive nicht gedacht werden, und es blieb ein frommer Wunsch, wenn der Prinz gegen Ende des Jahres Daun beschwor, „dem bereits wider Vermuten länger anhaltenden Kriege so schleunig als möglich ein erwünschtes Ende zu machen". Vielleicht war es ein Fehler Dauns, daß er die ankommenden Regimenter verzettelt eingreifen ließ, vielleicht trug man auch selbst Schuld daran, daß man in Milazzo in Not geriet: „Ich meines Orts, insoviel von weitem sich judizieren läßt", äußerte Eugen zu dem Vizekönig, „begreife nicht» warum man anfänglich kein weiteres Terrain vor der Festung hinaus okkupiert und mit Anlegung guter Redouten und einer Kommunikations-Linie von einem Meer zum anderen, als wozu die Situation vorteilhaftig und die beiden Flanken gesichert waren, befestigt, mithin durch die beigehabten Bataillone bis zur Anlangung der übrigen zu soutenieren getrachtet habe, da doch bekannt und das Absehen war, die erwartenden Truppen alldort zusammen und in ein Korps zu formieren. Nachdem aber dieses ist verabsäumt gewesen oder vielleicht nicht hat geschehen können, hätte man doch wenigstens dem Feind seine Arbeit und andurch die Festung mit dem Korps also einzusperren verhindert sollen, daß dieser auch mit einer an der

60

Krisen

Zahl wenigstens gleichen und in der Güte überlegenen Macht dermalen durchzudringen sich nicht getraut" 118 ). Aber was geschehen war, ließ sich nicht mehr ändern, man mußte sehen, im Frühjahr 1719 nach gründlichen Vorbereitungen mit neuen Kräften zum entscheidenden Stoß anzusetzen. Pläne dafür wurden in einem Kriegsrat in Neapel, an dem auch der englische Admiral Byng teilnahm, entworfen, zu ihrer Durchführung erschien in der zweiten Hälfte April Mercy — „also daß hoffentlich sich die Sachen dortiger Enden bald anders anlassen werden" 119 ). Voll Ungeduld wartete der Prinz nun auf gute Nachrichten über die Landung und die weiteren Unternehmungen seines Freundes 120 ). Und seine Hoffnungen schienen sich in der Tat zu erfüllen. Byngs Flotte landete am 28. Mai 10 000 Mann zu Fuß und 3000 zu Pferd westlich Milazzo, worauf die Spanier sofort die Belagerung der Feste aufhoben und sich in das Gebirge zurückzogen. In den folgenden Tagen bemächtigte sich ein Detachement unter Seckendorf der Liparischen Inseln. „Die glückliche Landung in Sizilien und die Einnahme von Lipari sind Anfänge, die mich günstige Folgen für die Hauptoperation gegen die Feinde hoffen lassen", schrieb Eugen gratulierend und zugleich mahnend an Mercy 121 ). Doch dieser hatte es versäumt, die Überraschung der Spanier auszunutzen, sie traten ihm, als er endlich den Vormarsch begann, am 20. Juni in der Ebene von Francavilla entgegen und vermochten ihn, der selbst in dem Kampf erheblich verwundet wurde, aufzuhalten, so daß er sich damit begnügte, sich zwischen das feindliche Feldheer und Messina zu schieben. Von einer Hauptoperation war so zunächst keine Rede mehr, Mercy selbst hielt sie nur für durchführbar, wenn auch noch jenes inzwischen in Mittelitalien gesammelte Korps Bonnevals statt gegen Sardinien nach Sizilien geleitet und ihm unterstellt wurde 122 ). Selbst hat ihn dann am 11. Juli eine Wiederholung jenes Anfalls, der ihn vor zwei Jahren bei Belgrad getroffen hatte, zeitweise außer Aktion gesetzt 123 ). Zumjungen, der das Kommando übernahm, wandte sich auf Drängen der Engländer gegen Messina: die Stadt vermochte er am 9. August zu nehmen, gegen die Zitadelle aber machte der Angriff nur langsame Fortschritte. Noch schien man so von einer Entscheidung weit entfernt. Würde es anders werden, wenn auch Bonneval mit seinen frischen Truppen auf der Insel landete? Denn zu diesem Wechsel von deren Bestimmung hatte man sich in der Tat entschlossen. Was lag dem Kaiser schließlich jetzt noch

Zwistigkeiten zwischen den Führern in Sizilien

61

an Sardinien? Daß über die allgemein gehaltene Zusage der Unterstützung des bisherigen Königs von Sizilien bei der Eroberung von Sardinien hinaus der kaiserliche Botschafter Königsegg zu Beginn des Jahres in Paris Verpflichtungen zur Vornahme dieser Operation eingegangen war, hatte man in Wien sehr mißfällig aufgenommen 124 ), und so begann man nicht ungern auf Grund jener auch von englischer Seite unterstützten Forderungen Mercys Verhandlungen mit den Verbündeten über einen vorläufigen Aufschub der sardinischen Expedition. Schon in einem Brief an Mercy von Ende Juli konnte der Prinz von der glücklich erreichten Übereinstimmung mit den Alliierten berichten, wonach man zuerst die Unternehmung in Sizilien beenden und dann erst sich gegen Sardinien wenden wollte 125 ). Er ahnte nicht, wieviel Ärger diese von ihm so begrüßte Entscheidung verursachen würde. Voll Energie und Ehrgeiz hatte Bonneval, dem hier zum erstenmal ein größeres selbständiges Kommando übertragen worden war, sich seit seiner Ankunft in Mailand bemüht, sein Korps zusammenzubringen und auszurüsten, wobei er durch seine persönlichen Beziehungen zu dem französischen Regenten und Dubois ausreichende und rechtzeitige Zuführung von Munition zu erwirken wußte12®). Gleichzeitig hatte es freilich scharfe Zusammenstöße zwischen ihm und dem kaiserlichen Generalgouvernement der Lombardei gegeben. Schon mochte sich bei dem reizbaren Mann der Unwillen über die Zurückweisung seiner Klagen durch den Hofkriegsrat mit der Enttäuschung darüber verbinden, daß Eugen, wie seinen Bemühungen um die französische Unterstützung, so auch den von ihm unaufgefordert eingereichten Entwürfen für die weitere Kriegführung in Sizilien zwar freundliches Lob erteilte, zugleich aber erklärte, daß das System für den Feldzug bereits festliege und er sich nach Ankunft auf der Insel an die Dispositionen Mercys halten solle 127 ). Und aus diesen Dispositionen sollte ein neuer Konflikt erwachsen. Das Ende September in Genua eingeschiffte Korps traf nach stürmischer Fahrt Anfang Oktober im kaiserlichen Lager bei Messina ein, wo sein Führer den Befehl des inzwischen wieder an die Spitze der Armee getretenen Mercy erhielt, seine Regimenter in das Heer einzugliedern und entsprechend der Anciennität die Parole von Zumjungen zu nehmen. Bonneval erhob sofort Einspruch: das sardinische Korps, so erklärte er, müsse zusammenbleiben, schon um nicht bei den Alliierten den Argwohn zu erwecken, daß man gar nichts gegen Sardinien unter-

62

Krisen

nehmen wolle, er selbst aber könne nur von dem Oberbefehlshaber selbst die Parole erhalten. Von Wien aus suchte man zu vermitteln, indem man bestimmte, daß Bonneval zwar Mercys Anordnungen gehorchen müsse, dieser jedoch die neu angekommenen Truppen für sich halten und, falls die Operationen die Abtrennung eines Korps erheischten, dessen Kommando Bonneval übertragen sollte. Eugen, der diese kaiserliche Entscheidung weitergab, hat auf der einen Seite Mercy gebeten, größtes Entgegenkommen zu zeigen, auf der andern aber Bonneval nicht verhehlt, daß er sein Verhalten nicht billige, und „als guter Freund" ihn gemahnt, sich an Befehle und Dienstregeln zu halten 128 ). Dodi der General hatte es inzwischen schon vorgezogen, sich krank zu melden und nach Reggio zurückzuziehen. Es war der Beginn eines Bruchs, der für beide Teile verhängnisvolle Folgen haben sollte. Wenn nun wenigstens nach Eintreffen dieser letzten Verstärkung der erwartete rasche Abschluß des sizilischen Unternehmens erreicht worden wäre! Es war immerhin ein Fortschritt, daß am 18. Oktober, dem Geburtstag Eugens, die Zitadelle von Messina kapitulierte. Aber noch war der westliche Teil Siziliens mit der Hauptstadt Palermo in spanischer Hand. Aus dem Lager wußte man zunächst nur von Schwierigkeiten zu berichten, die sich weiteren Operationen entgegenstellten. Im November wurde dann der Beschluß gefaßt und ausgeführt, den Feind durch eine Landung bei dem noch von einer piemontesischen Besatzung gehaltenen Trapani im Rücken zu fassen. Auf dem Seewege gelangte Zumjungen mit 7500 Mann nach dort, ihm folgte, als die spanische Armee ihrerseits sich gegen Westen wandte, Mercy selbst mit weiteren Truppen. Doch auch dies Jahr verging, ohne daß abzusehen war, wann man endlich zum Ziel gelangen werde. In Wien scheinen den Prinzen dies und die ständigen Beschwerden über den finanziellen Notstand der Armee immer mehr erbittert zu haben: als er Mercy im Januar 1720 eine größere Summe zusandte, äußerte er zugleich die Erwartung, daß er davon nun aber auch profitieren möge, um den Krieg zu beenden, und einen Monat später beklagte er sich bei dem Feldmarschall, daß man seit längerer Zeit keine Berichte von ihm erhalte, während andere Briefe aus dem Lager ankämen: „Euer Exzellenz können die üblen Folgen und den darob entstehen kommenden Nachteil, auch die hohe Ärgernis, wenn die Particulares mit der Korrespondenz besser als Ihre Kai-

Beitritt Spaniens zur Quadrupelallianz

63

serliche Majestät selbst bedient sein sollen, vernünftig ermessen und sicherlich glauben, daß ich meinesorts und der löbliche kaiserliche Hofkriegsrat auch keine Zufriedenheit darüber bezeigen können" 129 ). Immerhin hatte Mercy zur gleichen Zeit den Vormarsch angetreten, und nach einigen Erfolgen schien man vor einer entscheidenden Schlacht zu stehen. Da bot die politische Lage Halt: das isolierte Spanien beugte sich dem von allen Seiten auf es ausgeübten Druck. Die Halsstarrigkeit, mit der Elisabeth Farnese und Alberoni trotz der Bildung des europäischen Konzerts an ihrer abenteuerlichen Politik festgehalten hatten, war im Grunde in Wien gar nicht ungern gesehen worden, denn sie hatte nicht nur England, Frankreich und Sardinien-Savoyen genötigt, dem Bourbonen in Madrid den Krieg zu erklären, sondern sie ließ es auch als möglich erscheinen, die in dem Ordnungsprogramm der Quadrupelallianz enthaltenen Angebote der Erbschaften in Toskana und Parma an Spanien, denen man höchst ungern zugestimmt hatte, wieder zurückzuziehen 130 ). Während der Kaiser sich lange sträubte, bis er sich zu der von Franzosen und Engländern geforderten Ausstellung seines Verzichts auf Spanien verstand, drängte er bei den Partnern der Allianz auf möglichst kurzfristige Ultimaten an Madrid auf Annahme jenes Programms, um es bei spanischer Ablehnung als überholt bezeichnen zu können. Gerade die Tatsache, daß man wegen des sich immer länger hinziehenden Kampfes um Sizilien auf die Unterstützung der Alliierten, vor allem der englischen Flotte angewiesen blieb, hat den Wiener Hof jedoch genötigt, den in London und Paris gewünschten Fristverlängerungen zuzustimmen. Endlich hatten die drei Mächte sich dann im November 1719 auf eine Erklärung geeinigt, wonach das Erbrecht der spanischen Infanten hinfällig würde, wenn ihr Vater nicht innerhalb von drei Monaten der Quadrupelallianz beitrete. Dodi da fand in Madrid der schon längst fällige Umschwung statt: Alberoni wurde gestürzt, und zu Beginn des Jahres 1720 leitete der König seine Unterwerfung unter das Diktat Europas ein. Mit seinem am 17. Februar im Haag erfolgenden Beitritt zur Quadrupelallianz verzichtete er auf Sizilien und Sardinien, über deren Räumung durch seine Truppen Anfang Mai 1720 vor Palermo Konventionen der militärischen Führer geschlossen wurden 131 ). So kam Sizilien nicht durch Eroberung und Kapitulation, sondern durch ein europäisches Überein-

64

Krisen

kommen in den Besitz des Kaisers. Daß der Habsburger dann seine Rechte auf Sardinien an Victor Amadeus abtrat, war kein Opfer, um so mehr aber sah man in Wien mit Enttäuschung und Mißvergnügen auf die Aussichten, die den Bourbonen in Mittelitalien zugesichert worden waren. Der Kaiser selbst und viele seiner Berater waren keineswegs gewillt, sich damit abzufinden. Konnte man es aber wagen, sich gegen die „Konvenienz" Europas zu erheben und so das durch die Unterwerfung Spaniens zur Quintupelallianz gewordene Bündnis zu sprengen? Noch wollten nach den Beobachtungen der westmächtlichen Diplomaten in Wien die Konferenzminister unter der Führung des Prinzen Eugen an dem bisherigen System, für dessen Errichtung er ja in besonderem Maße sich eingesetzt hatte, festhalten. Aber saßen sie noch fest im Sattel? Schon im Februar 1719 hat Saint-Saphorin in einem Bericht an Lord Stanhope Zweifel daran geäußert: „Solange die deutschen Minister ihre Autorität in den öffentlichen Geschäften behaupten, wird, wie ich glaube, dieser Hof fortfahren, dem guten System zu folgen, aber wenn der Kaiser einmal dazu neigen sollte, sich ihren Grundsätzen in der Außenpolitik ebenso zu entziehen, wie er es bereits im Innern tut, wird weder ich noch ein anderer, mag er auch hundertmal geschickter sein, etwas Gutes mehr hier wirken" 132 ). Es war das erstemal, daß das kaiserliche Heer, seitdem seine Leitung Eugen anvertraut war, aus einem Kriege nicht mit vermehrtem Ansehen hervorgegangen war. Daß im Gegenteil die „Reputation" der Truppen, die noch wenige Jahre zuvor alle Welt gepriesen hatte, erschüttert war, hat in einem Rückblick Saint-Saphorin wohl nicht mit Unrecht behauptet: „Man hat das Kommando Generalen anvertraut, die Fehler auf Fehler begingen, die sich die Zitadelle von Messina, fast ohne sich zu verteidigen, entreißen, sich bei Milazzo und Francavilla schlagen ließen und endlich sich derart aufgeführt haben, daß der Kaiser trotz eines Aufgebots von 70 000 Mann die Spanier nur durch einen Vertrag aus Sizilien zu vertreiben vermochte" 183 ). Und hatte sich der ganze Aufwand wirklich gelohnt? Offenbar ist der Prinz nicht dieser Meinung gewesen. In einem Vortrag an den Kaiser über die militärische Einrichtung des neuen Erwerbs hat er zwar erklärt, daß es sich bei dem Königreich Sizilien um eine Vormauer der übrigen italienischen Provinzen handele und man daher sehr

Neuordnung in Italien

65

sorgfältig zu Werk gehen müsse, zugleich aber auch darauf hingewiesen, daß die Insel „gegen Orient sowohl als gegen Okzident offen, mithin völlig exponiert, auch von den heraussigen deutschen Erblanden dergestalt weit entfernt ist, daß selbige bei einem innerlichen oder äußerlichen Anstoß gar beschwerlich, wie zumalen auch gar langsam, bevorderst zur Winterszeit oder anderen auf dem Meer obhandenen konträren Witterungen, sukkuriert werden kann, zu geschweigen, daß der sizilianische Adel sowohl als die dasige Popolace nodi zur Zeit gegen die deutschen Waffen wissentlich eine große Abneigenheit hat, daher umso vielmehr erforderlich sein will, gegen diese ebenfalls die nötigen Praecautiones zu nehmen" 134 ). Mit anderen Worten: ein neuer Außenposten war gewonnen worden, eher belastend als fördernd für die Machtstellung des Habsburgerstaates. Und fiel die Verwaltung des Landes nicht wieder unter die Verantwortung des Spanischen Rats, dem der Prinz Vernachlässigung der Gesamtinteressen und Mißwirtschaft vorwarf? Dessen Einfluß war ohnedem, wie ja auch Saint-Saphorin festgestellt hatte, während des italienischen Krieges gewachsen. Es war das vor allem darin deutlich geworden, daß der Kaiser in der gleichen Zeit, in der wegen des Feldzugs in Sizilien sehr viel auf ein enges Zusammenwirken der militärischen Leitung und der höchsten Posten in Mailand und Neapel ankam, dorthin neue Männer berief, die nicht das Vertrauen des Prinzen besaßen. In Mailand war Ende 1718 Fürst Maximilian Löwenstein, der dort zwei Jahre zuvor Eugens Nachfolger geworden war, als diesem die Generalstatthalterschaft der Niederlande übertragen wurde, gestorben 135 ). Wie schon 1716, hätte Eugen wohl am liebsten gesehen, wenn Daun von Neapel nach der Lombardei versetzt worden wäre, auch von einem anderen bewährten Soldaten, dem Grafen Königsegg, war die Rede, ernannt aber wurde der bisherige Landeshauptmann von Mähren Graf Hieronymus Colloredo, nach Saint-Saphorins Behauptung ein Mann ohne Erfahrung, der seine Karriere den Spaniern in Wien verdankte 136 ). Ihnen wurde dann aber vor allem der im Sommer 1719 erfolgende Wechsel in Neapel zugeschrieben. Hier war der Vizekönig Feldmarschall Daun, der angeblich bestrebt gewesen war, das Volk gegen Ausbeutung durch die großen Herren zu schützen und der Verschleuderung der Gelder zugunsten von Freunden der spanisch5 Braubadi, Prinz Eugen

66

Krisen

italienischen Kolonie in Wien entgegenzuwirken, mit dem ihm als Finanzdirektor beigegebenen Spanier Mauleon in Konflikt geraten, den er erheblicher Unterschlagungen anklagte 187 ). Doch in Wien scheint Mauleon in Stella einen mächtigen Beschützer gefunden zu haben, und obwohl der Prinz und die deutschen Minister sich mit Entschiedenheit hinter den Vizekönig stellten, wurde dieser nodi vor Ablauf des Trienniums, für das der Posten jeweils übertragen wurde, abberufen und der derzeitige kaiserliche Botschafter in Rom, Graf Gallas, zu seinem Nachfolger ernannt. Nach den Mitteilungen des französischen Vertreters in Wien sind die entsprechenden Schreiben an Daun und Gallas herausgegangen, ohne daß die Geheime Konferenz beteiligt worden wäre 138 ). Hatte Eugen schon bei der dem Hofkriegsrat befohlenen Ausfertigung des Patents als Generalkapitän für Colloredo in Mailand, das diesen über den die Truppen befehligenden Feldmarschall setzte, Bedenken erhoben, so ließ er jetzt seinen Unwillen über die entsprechende Weisung erkennen, die ihm nicht etwa durch den Herrscher selbst, sondern mündlich durch Perlas-Rialp und Stella zugekommen war, wobei er zugleich warnend auf „alle bei Anfang der Operationen in Sizilien aus allerhöchsten Orts erfolgender Abänderung entstehen könnende Verwirrungen" hinwies 139 ). Es hat alles nichts genützt. Als Gallas schon Ende Juli 1719, unmittelbar nachdem er die Geschäfte in Neapel übernommen hatte, starb, wurde wohl wieder ohne Eugens Beteiligung mit dem soeben in Rom mit der Nachfolge von Gallas betrauten Kardinal Schrattenbach ein Mann zum neuen Vizekönig von Neapel ernannt, der dafür kaum die nötige Fähigkeit und Erfahrung besaß 140 ). War es ein Wunder, daß diese ganzen Vorgänge sich auf Organisation und Leitung des Nachschubs für das sizilianische Unternehmen nachteilig auswirkten! Gegenüber den von Mercy deswegen erhobenen Klagen hat der Prinz Mitte Oktober dem Feldmarschall nur bestätigen können, „daß die verschiedenen in dem Königreich Neapel eingetretenen Änderungen, verbunden mit manchen Meinungsverschiedenheiten und gewissen anderen Gründen, Verzögerungen und Verwirrung verursacht" hätten 141 ). Seine Widersacher in Wien hatten Daun zu Fall gebracht. Würden sie, ermutigt durch diesen Erfolg, weitergehen, würden sie es wagen, ihn selbst anzugreifen? Schon im Sommer 1719 erfuhr man von einer die kaiserliche Hauptstadt in nicht geringe Aufregung

Vorwürfe gegen den Prinzen

67

versetzenden „Affäre", die zum mindesten bewies, daß des Prinzen Macht schon zwei Jahre nach dem Triumph von Belgrad und nur ein Jahr nach dem Passarowitzer Siegfrieden, die sie für alle Zeiten fest zu begründen schienen, nicht mehr unerschütterlich war, ja ein Verzicht auf alle seine Ämter von ihm selbst nicht für unmöglich gehalten wurde. 4. Lag der Grund dafür, daß es zu einer schweren höfischen Krise um und für ihn kommen konnte, in des Prinzen eigener Person, seinem Charakter und seinem Auftreten? Wir haben bereits Teile jenes bewundernden Porträts kennengelernt, das ein unbekannter Beobachter gegen Ende 1718 von ihm entworfen hatte 142 ). Es war da doch auch schon angedeutet, daß seine Schweigsamkeit und seine kalten Manieren, die man dann als Hochmut auslegte, ihm Gegner schaffen mußten, und daß auch die großzügige Art, mit der er sich für alle Details der Geschäfte auf subalterne Bürokraten verließ, Angriffsflächen bot. Derartige Hinweise auf Schwächen und Fehler des großen Mannes finden sich in verstärktem Maße in anderen Berichten aus jener Zeit 143 ). Zwar wird auch in ihnen immer wieder seine Integrität und Loyalität betont, die ihn absolut unfähig erscheinen lasse, gegen seine Pflicht zu handeln oder sich statt von Ehre und wahrem Ruhm von der Aussicht auf irgend einen persönlidien Vorteil leiten zu lassen. „Ich halte", so heißt es in einer der großen Relationen Saint-Saphorins, in denen er dem Londoner Hof ein Bild über Zustände und Persönlichkeiten in Wien zu geben suchte, „den Prinzen nicht für fähig, dem Kaiser jemals etwas zu raten, was gegen Treue und Glauben verstößt, denn da er unter keinen Umständen im eigenen Interesse unredlich handeln will, wird er auch niemals seinen Herrn einen Weg leiten, den er selbst nicht gehen möchte" 144 ). Aber wenn der Schweizer auch weiter der Überzeugung ist, daß Eugen in den Konferenzen sich stets für eine verständige und maßvolle Politik einsetze, so wirft er ihm zugleich vor, daß er durch die schroffe, kurzangebundene und unbestimmte Art seiner Äußerungen gegenüber den Vertretern anderer Mächte genau den entgegengesetzten Eindruck hervorrufe: er sei kein guter Redner, es falle ihm schwerer, etwas klar und deutlich auseinanderzusetzen, als richtig über die Argumente der Gesprächspartner zu 5*

68

Krisen

urteilen, doch auch da widerspreche er oft ganz vernünftigen Vorschlägen und zudem sage er fast nie etwas mit Sicherheit zu, so daß man ihn meist sehr unbefriedigt verlasse 145 ). Dies Verhalten rührte dann wohl gar bei anderen Menschen, die ihn nicht so gut kannten, zu der Meinung, daß man ihm nicht trauen könne: „Ich glaube", so heißt es in einer französischen Denkschrift aus dem März 1719, „daß es schwer sein dürfte, ein wahres und solides Urteil über die Ansichten und Pläne des Prinzen Eugen zu gewinnen, sein Geheimnis ist bis zu einem Grade undurchdringlich, daß man bei allen seinen unbestreitbaren heroischen Qualitäten als die ihn beherrschende Eigenschaft eine tiefe Verstellung auch seinen besten Freunden gegenüber bezeichnen kann" 1 4 6 ). Und dazu kam auch nach Saint-Saphorin eine zunehmende Lässigkeit, die ihn meist nur in den Vormittagsstunden sich mit den Geschäften befassen lasse, was ihn aber immer abhängiger von den Vorschlägen seiner Sekretäre und Referendare mache, die ihrerseits mit der bekannten Freundin des Savoyers, der Gräfin Batthyány, eng verbunden sein sollten. Überhaupt klagte man über den ungünstigen Einfluß der ihn in den der Entspannung und dem Spiel gewidmeten Stunden des Nachmittags und Abends umgebenden Gesellschaft — wir werden von ihr später zu sprechen haben — durch den er sich zu manchen unbedachten Schritten verleiten ließe. „In einem W o r t " , so meint der Schweizer zusammenfassend, „das ist auf Grund seiner großen Fähigkeiten einer der ersten Männer Europas, aber in kleinen Dingen zeigt er viele Schwächen." Diese Schwächen, die schon in diesen Schilderungen von aus menschlichen und politischen Gründen zu kritischem Raisonnement neigenden Diplomaten übertrieben sein mochten, konnten sich natürlich eifersüchtige Widersacher des stolzen und mitunter rücksichtslosen Mannes zunutze machen, aber weder hatten sie wirkliche Bedeutung, noch durfte der Kaiser jemals vergessen, was er dem Prinzen verdankte und wie wertvoll und nötig es für ihn und sein Reich war, ihn an seiner Seite zu haben. Weniger die Eigenart Eugens als die des Herrschers, dem er zweifellos in hingebender Treue dienen wollte und diente, hat es zu Krisen in ihrem Verhältnis und damit im Staate kommen lassen. Von Karl V I . haben jene Diplomaten einhellig gerühmt, daß er Verstand, ja Geist besitze und vom besten Willen beseelt sei, alle Kraft für den Glanz seines Hauses, für die Stärke Österreichs, für die Blüte seiner Lande und für das Wohl

Kaiser Karl und Prinz Eugen

69

seiner Untertanen einzusetzen. Dieser Habsburger, der zum letzten seines Geschlechts werden sollte, gab zudem in seiner Lebensführung ein gutes Beispiel: hier glich er seinem Vater Leopold, von dem er sich jedoch durch eine gemäßigtere Religiosität unterschied, während sein Bruder und Vorgänger nach der ironischen Bemerkung des Kalvinisten Saint-Saphorin Bigotterie mit Ausschweifungen verbunden habe. All das erweisen auch seine Tagebücher und vor allem die mit eigener Hand eng beschriebenen Seiten der zahlreichen Briefe und Billets, die er an seine Minister und Generäle, seine Freunde und Berater aussandte 147 ). Mußte bei einem solchen Herrscher nicht alles vorzüglich gehen? Aber das war nach der übereinstimmenden Meinung der zeitgenössischen Beobachter keineswegs der Fall. Auf den guten Anlagen lasteten bei allem Eigenwillen und Selbstbewußtsein Unsicherheit und mangelndes Vertrauen in seine Einsicht, die es dazu kommen ließen, daß „er lieber den Einfällen von Personen, die nicht den zehnten Teil seines Urteilsvermögens und seiner Kenntnisse haben, als seinen eigenen folgt". Dabei war er leicht zugänglich für Schmeicheleien und amüsante Erzählungen von Menschen, die ihn zu nehmen und sein im Grunde schweres Gemüt aufzulockern wußten, folgte er dann wohl audi oft deren Ratschlägen, zumal wenn es sich um Genossen aus seiner unvergessenen spanischen Zeit handelte, war er dagegen argwöhnisch und mißtrauisch „bis zum Exzeß" gegen andere, denen er sich unterlegen fühlte, war er auch von Eifersucht nicht frei. Und diese Empfindungen haben sich gerade in seinem Verhältnis zu dem Prinzen Eugen bei aller Achtung, die er ihm zollte, und bei aller sicher aufrichtigen Dankbarkeit ausgewirkt. Wie hatte er ihn in den Jahren von Peterwardein und Belgrad mit Versicherungen seiner Freundschaft und Liebe, seines unerschütterlichen Vertrauens geradezu überschüttet, wie sehr hat er auch später immer wieder seiner Sorge um dies kostbare Leben, um die Gesundheit des sich allzusehr allen Gefahren aussetzenden und die ärztliche Kunst mißachtenden Prinzen Ausdruck gegeben! Und doch wollte man allgemein wissen, daß die Beziehungen zwischen den beiden Männern sehr kühl waren. „Man sollte meinen", so heißt es in dem erwähnten französischen Gutachten aus dem März 1719, „daß die Dienste, die der Prinz Eugen dem Hause Österreich geleistet hat, seinen Kredit gesichert und seine Autorität am Wiener Hofe gefestigt hätten, es steht indessen fest, daß sie ihm nicht die Zuneigung und

70

Krisen

das Vertrauen Seiner Kaiserlichen Majestät gewonnen haben, die, sei es aus Eifersucht auf die Reputation dieses Prinzen, sei es aus Mißtrauen gegen die Selbstlosigkeit seiner Absichten, für gewöhnlich seinen Ratschlägen nicht folgt." Da mag aus wirklichen Vorgängen und aus Klatsch zuviel geschlossen worden sein, aber auch Saint-Saphorin hat mehrfach betont, daß der Kaiser im Grunde keine große Sympathie für seinen ersten Paladin empfinde und daß es umgekehrt genauso liege. Möglich, daß Karl sich verletzt fühlte, weil Eugen seinen Herzensergüssen mit der ihm eigenen Sprödigkeit begegnete, möglich aber auch, daß die beiden Menschen einander einfach nicht lagen. Es gewinnt den Anschein, als ob der Kaiser seinen ersten Feldherrn und Minister besonders umworben hat, wenn er in der Ferne war, daß er ihn und seinen unmittelbaren sachverständigen Rat dann wirklich vermißte. Vielleicht wäre es nicht zu der Krise von 1719 wie später von 1724 gekommen, wenn der Prinz sich seit 1718 nicht ständig am Hof lager oder in dessen Nähe aufgehalten hätte. Mußten aber nicht der tiefe Respekt auf der einen, die unbedingte Loyalität auf der anderen Seite und vor allem der gemeinsame Wille, aus jeder Lage das Beste für Österreich herauszuholen, die aufsteigenden Gefahren für seine Sicherheit zu beschwören und die sich bietenden Möglichkeiten für seine Machterweiterung zu nutzen, sie zusammenhalten oder immer wieder zusammenführen? Sie haben in der Tat einen vollen Bruch verhindert, und wir werden sehen, daß über schwere Erschütterungen hinweg später wirklich für längere Zeit eine Brücke zwischen den beiden Männern errichtet wurde, auf der sie sich wohl kaum zu menschlichem Verstehen, wohl aber zu engster politischer Verbindung trafen. Zu jenen Erschütterungen wäre es wohl kaum gekommen, wenn der Kaiser sich nicht seit den Auseinandersetzungen über die Fortsetzung des Türkenkrieges oder die Aufnahme des Kampfes in Italien in den Jahren 1717/18 ständig zwischen die widerstreitenden Vorschläge der Konferenz, d. h. Eugens und der deutschen Minister, und des Spanischen Rats gestellt gesehen hätte. Ein Gegensatz zwischen den beiden Kreisen hatte von Anfang an bestanden, er war indessen längere Zeit hintangehalten worden, da es, wie wir sahen, dem Prinzen zunächst gelungen war, gute persönliche Beziehungen mit Stella und Perlas-Rialp herzustellen. Aber diese Verbindung war zerrissen über den Forderungen der Spanier auf

Althann und die spanische Partei

71

Schwächung seiner Armee und seinen Anklagen gegen ihre Mißwirtschaft in Italien, die sie mit Angriffen gegen seine Günstlinge unter den Generälen wegen angeblicher Plünderungen und Räubereien und gegen das ganze System des Hofkriegsrates beantworteten: nicht der Präsident, so wußten sie dem Kaiser beizubringen, regiere dort, sondern untergeordnete Menschen, die nur ihre eigene Bereicherung zum Ziel hätten, hinter denen aber niemand anders stehe als die Gräfin Batthyány! Von da aus bis zu der Behauptung, daß diese eigennützige Dame bei ihrem engen Verhältnis mit dem Prinzen Eugen auch dessen politische Haltung bestimme, war es nicht weit, und auf den Habsburger mußte es besonderen Eindruck machen, als sich auch die Persönlichkeit aus seiner Umgebung, die ihm menschlich am nächsten stand, zum Wortführer aller Kritiker an Konferenz und Hofkriegsrat aufwarf. Mit Sicherheit läßt sich nicht sagen, welche Motive den Grafen Althann bewogen haben, aus der bisher beobachteten politischen Zurückhaltung herauszutreten und das Kommando der Opposition gegen die leitenden Minister zu übernehmen. Natürlich haben ihn die Spanier, mit denen er ja befreundet war, dazu gedrängt, es mag auch Rivalitäten der Gesellschaften gegeben haben, die sich in der Himmelpfortgasse und in seinem Palais trafen, zudem mag ihm der Savoyer ebensowenig gelegen haben, wie seinem Herrn: er fühle sich, wie man wissen wollte, durch seine Überlegenheit, durch den Stolz, mit dem er seine Würde und seine „Reputation" bekunde, bedrückt und geärgert 148 ). Saint-Saphorin ebenso wie du Bourg, die beide von seinen Fähigkeiten wenig hielten — „un esprit médiocre" — meinten, daß er im Grunde kein schlechter Mensch sei, sich aber eine Menge nichtsnutziger Glücksjäger um ihn drängten, die sich seiner bedienten, um das Ansehen aller Minister zu untergraben und den Kaiser zu Beschlüssen zu bewegen, die Streit und steigende Verwirrung entstehen ließen 149 ). Aber was auch immer es damit auf sich hatte, jedenfalls wurde es vor allem seit Beginn des Jahres 1719 deutlich, daß von den verschiedensten Seiten Vorstöße unternommen wurden, um den Weg für „Reformen" zu ebnen und damit die Macht der bisher in der großen Politik maßgebenden Männer zu untergraben, und daß Karl nicht abgeneigt war, darauf einzugehen. Die Opposition gegen die Konferenzminister hatte ihren Rückhalt am Spanischen Rat, der eifersüchtig darüber wachte, daß seine

72

Krisen

Verfügungsgewalt über die italienischen Besitzungen nicht beeinträchtigt wurde. Sie besaß audi bereits Einfluß in der Hofkammer, seitdem Starhemberg deren Präsidium wegen der Begründung der Bankalität niedergelegt und sich auf die Leitung der Stadtbank zurückgezogen hatte. Hofkammerpräsident war 1716 Graf Walsegg geworden, aber nicht er führte hier das Regiment, sondern der zum Kreise um Althann gehörende Hof kammerrat Mikosch160). Jetzt tauchte das Projekt auf, die Hofkanzlei wieder, wie es einst vor dem Tode Seilerns gewesen war, zu teilen, Sinzendorfs Macht zu beschneiden, indem man neben ihn als zweiten Hofkanzler den Grafen Stürgkh setzte. Sinzendorf hat sich in einer Denkschrift zur Wehr gesetzt, in der er nachzuweisen suchte, daß schon damals aus der Teilung Verwirrung entstanden sei, dodi der Kaiser entschied in einem Handschreiben vom 31. Mai 1719, daß man Instruktionen für einen neuen „operandi modum" ausarbeiten solle, nach dem Sinzendorf die Publica, Stürgkh die Provincialia zugeteilt wurden 151 ). So geschah es denn auch, wobei man freilich den finanziellen Forderungen Sinzendorfs weitgehend Rechnung trug, indem der Kaiser ihm zu einem Gehalt von 30 000 Gulden nodi als besondere Gnadenbezeugung 15 000 weitere Gulden zulegte: ob man den eigennützigen Mann damit sich verpflichten wollte 152 )? Denn der Hauptangriff galt dem Prinzen Eugen, dessen Macht sowohl als Hofkriegsratspräsident wie audi als Chef der großen Politik die „Kabale" zu untergraben suchte. Und es gewann in der Tat den Anschein, als ob der Kaiser entschlossen war, dabei mitzuwirken. Damals wurde, wie wir schon sahen, gegen den Willen Eugens der Feldmarschall Daun aus Neapel abberufen; zur gleichen Zeit fand ein Wechsel auf dem wichtigen Botschafterposten in Paris statt, der seinen Wünschen sicher nicht entsprach: sein Waffengefährte und Anhänger Graf Königsegg wurde abgelöst und mit dem bedeutungslosen Posten des Obristhofmeisters bei der älteren Tochter Kaiser Josephs abgefunden, sein Nachfolger in Frankreich aber wurde Pendterriedter, einst der Sekretär Eugens in Rastatt, der indessen nunmehr Anschluß an den Kreis um den Favoriten Althann gefunden haben sollte158). Weit empfindlicher aber war Eugen der Versuch, seine Autorität als oberste Instanz für das Heer zu schmälern. Er hatte in den letzten Jahren einen erbitterten Kampf geführt, um die alleinige Verfügung über alle Fonds und Gelder zu erhalten, die für militärische Zwecke bestimmt waren,

Intrigen gegen den Prinzen

73

jetzt forderten die Spanier, unterstützt von der Hofkammer, daß umgekehrt dem Hofkriegsrat jeder Eingriff in finanzielle Dinge verboten wurde, überhaupt aber eine gründliche Umgestaltung in ihm und im gesamten Kriegswesen vorgenommen wurde. In manchem, so meinte Saint Saphorin, wäre die Kritik, die an den derzeitigen Zuständen auf militärischem Gebiet geübt wurde, nicht unberechtigt, da es wirklich Mißstände gebe und die Referendare des Hofkriegsrates sich vieles zuschulden kommen ließen, „aber das Ziel der Feinde des Prinzen ist nicht so sehr, durch Reformen die Dinge zu verbessern, als vielmehr an die Spitze des Hofkriegsrates einen anderen, schwachen Menschen zu bringen" 154 ). Und zeitweise schien es so, als wenn sie Erfolg haben würden. Während Äußerungen des Kaisers verbreitet wurden, daß er zwar stets gern den Rat des Prinzen annehmen würde, wenn er eigenem Antrieb und eigener Erkenntnis und nicht der ihm durch die Gräfin Batthyány und die Referendare suggerierten Meinung folge, fühlte sich Eugen durch die in aller Öffentlichkeit gegen sein Regiment als Chef des Heeres erhobenen Vorwürfe in seiner Ehre in unerträglicher Weise gekränkt: er war entschlossen, keine Zugeständnisse zu machen, sondern eher seine Ämter niederzulegen. Schon Ende Februar 1719 teilte Saint-Saphorin entsprechende Äußerungen nach London mit 155 ); eine Zeitlang schien es dann so, als ob er durch Abreise in sein niederländisches Generalgouvernement sich vorläufig allen Verdrießlichkeiten entziehen wollte, wovon er dann aber wieder abkam 158 ), doch spitzte sich die Lage Anfang Juni derart zu, daß man ernsthaft mit seiner Demission rechnete. Er war offenbar nicht nur überzeugt, daß die Intrigen seiner Widersacher den Kaiser völlig gegen ihn eingenommen hatten, sondern auch, daß Sinzendorf und Starhemberg von ihm abgefallen waren, du Bourg wußte nach Paris zu berichten, daß er mit dem Kaiser nur noch über dienstliche Angelegenheiten spreche, die unbedingt zur Entscheidung gebracht werden müßten, und daß er Sinzendorf gegenüber — wohl mit einem ironischen Unterton — geäußert hatte, man könne auch mit einer anständigen Rente leben, die große oder weniger große Zahl von Dienern, die man unterhalte, mache nicht das Glück aus157), und Saint-Saphorin fand diese Stimmung in einer persönlichen Unterredung mit dem Prinzen voll bestätigt: „Die Beredsamkeit ist nicht sein größtes Talent, aber die Entrüstung verlieh sie ihm in einem solchen Maße, wie ich es in meinem

74

Krisen

Leben noch nicht gehört habe, wobei sich als Schluß ergab, daß es sich durchaus mit seinem Ruhm vereinbare, wenn er sich zurückziehe und hier nicht mehr sich Beleidigungen und Verdruß aussetze, mit 10 000 Gulden Rente, sagte er, kann ich meine Tage ruhig und ohne Ärger beschließen und ich besitze eine genügend große Zahl von Büchern, um mich nicht zu langweilen" 158 ). Der Schweizer, der sich ihm persönlich verbunden fühlte, vor allem aber audi aus politischen Gründen im Interesse Englands und um der Aufrechterhaltung der Quadrupelallianz willen das Verbleiben Eugens als erster und einflußreichster militärischer und politischer Berater des Kaisers wünschte, hat alles getan, um ihn zum Ausharren zu bewegen. Er stellte ihm vor, daß er es sich selbst und ganz Europa schuldig sei, seinen Platz zu behaupten, er bemühte sich anscheinend mit Erfolg, seinen Argwohn gegen Starhemberg und Sinzendorf zu zerstören und wieder volle Einigkeit zwischen den drei Ministern herzustellen — „ich bin", so behauptete er, „ihr intimer Berater geworden und vermittle zwischen ihnen in allen Streitigkeiten" — er war beteiligt an einer gemeinsamen Aktion von Freunden und Anhängern des Prinzen, die ihm am 8. Juni das Versprechen abnahmen, nichts zu überstürzen, und die ihm zuredeten, den Kampf um die Macht aufzunehmen 159 ). Dabei sollte er sich keineswegs auf Kompromisse einlassen, vielmehr, wie es ja auch seiner eigenen Einstellung entsprach, Festigkeit zeigen, dann, so prophezeite Saint-Saphorin, „wird er sich halten und, wenn das geschieht, wird er seinen Gegnern furchtbarer werden als jemals, während, wenn er nachgeben würde, sein Kredit so sinken dürfte, daß er hier nichts mehr bedeuten wird" 160 ). Natürlich kam es auf den Kaiser an, auf den man nun übrigens audi von verschiedenen Seiten zugunsten Eugens einzuwirken suchte161). „Es ist sicher", so urteilte der Sdiweizer, „daß der Kaiser ihn nicht liebt und daß er ihn ganz gern entfernt sehen würde, aber aus mehreren Umständen schließe ich, daß es ihm doch sehr schwer fallen wird, sich entschieden gegen den Prinzen Eugen auszusprechen, vor allem wenn dieser ihm durch sein Verhalten dazu keinen Grund bietet." In diese ganze Krise hat von Anfang an noch eine politische Frage hineingespielt, deren Entwicklung der Fronde gegen den Savoyer einen Bundesgenossen zugeführt hat, von dem man eigentlich eine feindliche Handlung gegen ihn am wenigsten hätte erwarten sollen. Und doch haben gerade Umtriebe von dieser Seite die

Um die Heirat der Töchter Josephs I.

75

Entladung des angesammelten Sprengstoffes verursacht, der dann freilich eine Klärung und vorläufige Beruhigung folgten. Eigentlich schon seit Beginn der Regierung Karls VI. hatte die Frage, an wen einmal seine Erbschaft fallen würde, immer wieder die Kabinette und Fürstenhöfe Europas beschäftigt. Die Geburt eines Sohnes des Kaisers im April 1716 schien alle Zweifel zu lösen, aber er war nodi im selben Jahre gestorben. Dann hatte die Kaiserin, wie wir schon sahen, am 13. Mai 1717, in denselben Tagen, in denen Prinz Eugen Wien verließ, um Belgrad anzugreifen, ihrem Mann eine Tochter geschenkt182), die am Leben blieb, und nach den ja bereits vier Jahre zuvor als Pragmatische Sanktion festgelegten Hausbestimmungen sollten, falls es nicht doch noch zur Geburt eines Prinzen kam, dieser Erzherzogin Maria Theresia nach dem Tode ihres Vaters vor den beiden Töchtern Kaiser Josephs alle habsburgischen Lande, Rechte und Ansprüche zufallen. Wer wußte freilich, ob sie diesen Zeitpunkt wirklich erleben würde! Und so wandte man die Aufmerksamkeit doch auf jene bereits heiratsfähigen anderen jungen Damen des Wiener Hofes, die josephinischen Erzherzoginnen Maria Josepha und Maria Amalia: konnte eine Verbindung mit ihnen nicht in jedem Falle irgendwelche Ansprüche begründen? Damit rechneten vor allem zwei katholische Fürsten des Reiches, die von jeher in wetteiferndem Ehrgeiz nach jeder Möglichkeit zur Erhöhung von ihrer und ihres Hauses Macht gespäht und gegriffen hatten, August der Starke von Sachsen-Polen, dessen gleichnamiger Sohn dem Beispiel des Vaters folgend katholisch geworden war, und Max Emanuel von Bayern, dessen ältester Sohn Karl Albert ebenso wie der sächsische Kurprinz im Alter zu den Erzherzoginnen paßte. Wenn später behauptet worden ist, daß zunächst der Dresdener Hof auf dem Wege über die von ihm gewonnene Gräfin Batthyány sich nicht ohne Erfolg bemüht habe, den nach Rastatt ja als erster Berater des Kaisers geltenden Eugen für seine Werbung günstig zu stimmen, so suchte weit energischer noch seit Beginn des Jahres 1717 der Wittelsbacher den Prinzen zur Förderung, ja Vermittlung des Eheprojekts für seinen auch aus diesem Grunde mitsamt seinen Truppen in den Türkenkrieg entsandten Sohn zu bewegen — „wie ich mir denn", wie er in einem seiner Briefe ihm schrieb, „aus dem alten Vertrauen und naher Verwandtschaft freund vetterlich nicht allein ein solches, sondern auch dieses ausgebeten haben will,

76

Krisen

Dieselbe geruhen mir zu erlauben, hierinfalls wie auch in allen anderen Begebenheiten mein beständiges Vertrauen in Ihnen zu setzen" 183 ). Und der Sieger von Höchstädt, der doch wohl die ihm in jungen Tagen in München und Venedig und in den Feldlagern vor Ofen und Belgrad zuteil gewordene Hilfe nicht vergessen hatte, hat sich nicht nur des Kurprinzen und seines Bruders während ihrer Besuche in Wien und bei der Armee freundlich angenommen, sondern er versprach auch dem Kurfürsten, das Werk, das übrigens bei dem Kaiser auf wohlwollende Geneigtheit stoße, mit seinem ganzen Kredit zu unterstützen 164 ). Das Bewerbungsschreiben, das Max Emanuel darauf Ende Oktober 1717 an den Kaiser richtete, sandte er an den Prinzen, dem er es überließ, es selbst zu überreichen oder zurückzuhalten, bis der zu den weiteren Verhandlungen bestimmte Graf Törring-Jettenbach in Wien eingetroffen war 165 ). Offenbar hat sich Eugen, der doch in solchen Familienangelegenheiten sich nicht zu stark exponieren wollte, für die letzte Alternative entschieden, aber es kann kein Zweifel sein, daß er, aus was für Gründen immer, den bayrischen Plänen gewogen blieb166). Doch da meldete sich nodi ein weiterer Bewerber. Seit Beginn des Jahres 1718 hatte, wie wir bereits sahen, der damalige König von Sizilien, der nach dem Geheiß der Quadrupelallianz dann König von Sardinien werden sollte, gerade am Wiener Hofe eine lebhafte diplomatische Tätigkeit entfaltet. Nacheinander sind dort als savoyische Gesandte der Graf von Ussolo, der Graf Fontana und — im August 1718 — der aus der bekannten Turiner Ministerfamilie stammende Marchese Carrón di San Tommaso, in den Akten der Zeit meist in der französischen Namensform SaintThomas aufgeführt, erschienen167). Schon Ussolo hat den Auftrag gehabt, die Aussichten für eine Verbindung einer Erzherzogin mit dem Prinzen von Piémont, dem Sohne von Victor Amadeus, zu erkunden, wirklich aktiv scheint aber erst Saint-Thomas geworden zu sein168). Man hätte annehmen können, daß Eugen im Interesse seiner eigenen Familie nun sofort von der bayrischen auf die savoyische Seite überschwenken würde. Aber das war nicht der Fall. Er mochte sich einmal durch seine Zusagen an den Wittelsbacher gebunden fühlen, zudem war er ja stets ängstlich bedacht, den Eindruck zu vermeiden, als wenn er in seinen Ratschlägen an den Kaiser irgendwie Vorteile für sich und seine Familie im Auge hätte, endlich aber mag er auf Grund seiner Kenntnisse von Per-

Savoyisdie Intrige

77

sönlichkeiten und Tendenzen des Turiner Hofes überzeugt gewesen sein, daß diese Heirat für Österreich besonders schwere Gefahren in sich barg. Nun scheint er auch noch mit Saint-Thomas wegen dessen widerspenstiger Haltung in der Frage des Zusammenwirkens von Kaiserlichen und Piemontesen in Sizilien heftig zusammengestoßen zu sein. Saint-Saphorin wußte im Februar 1719 nach London zu berichten, daß es zur Zeit niemanden in Wien gebe, den solcher Zorn gegen die Savoyer erfülle, wie den Prinzen, der dementsprechend Saint-Thomas mit einer selbst bei ihm ungewöhnlichen „Trockenheit" begegne: „Dieser Mensch da", so äußerte er eines Tages zu dem Schweizer, „ist mit einer Aufgabe betraut, die über seine Kräfte geht; er ist hierhin gekommen, um uns zu düpieren, aber man muß viel geschickter sein als er, um lange Zeit sich zu halten" 169 ). Wenn nun auf der anderen Seite natürlich der Gesandte, zumal er in den meisten strittigen Fragen hatte zurückweichen müssen, erbittert über die ihm zuteil werdende Behandlung war, so hoffte er wenigstens in der Heiratsangelegenheit zum Ziele zu gelangen, denn hier fand er ermunternden Zuspruch zwar nicht von dem Vetter seines Herrn, wohl aber von sehr einflußreichen Persönlichkeiten aus der Umgebung des Kaisers: vielleicht hat gerade die Tatsache, daß Eugen und seine deutschen Kollegen von der italienischen Heirat nichts wissen wollten, Althann und Stella veranlaßt, sich energisch für sie einzusetzen. Schon wollte man von einem bevorstehenden Erfolg der gemeinsamen Bemühungen des Marquis und der Favoriten wissen170), doch da erklärte im April 1719 Karl, daß er in Würdigung der ihm von seinen Ministern vorgetragenen Gründe seine beiden Nichten für die Kurprinzen von Sachsen und Bayern bestimme, wobei zunächst noch offen gelassen wurde, wer die ältere heimführen solle: hier hat dann dodi der Wettiner das Rennen gemacht171). Nach der Behauptung Saint-Saphorins hat gerade diese Niederlage Althann und seinen spanisch-italienischen Freunden den letzten Anstoß zu den in den nächsten Monaten erfolgenden Angriffen auf die deutschen Minister und den Prinzen Eugen gegeben, bei denen ihnen Saint-Thomas in jeder Beziehung — etwa bei dem Kesseltreiben gegen Daun — sekundierte 172 ). Zugleich aber haben sich Menschen, die mit dem sardinischen Gesandten und dem Favoriten in mehr oder weniger enger Verbindung standen, zu einer Intrige zusammengefunden, durch die dem Kaiser Material zugetragen werden

78

Krisen

sollte, das seine Minister belastete: offensichtlich war die Absicht, ihn zum Bruch mit ihnen zu treiben und so auch in der Heiratsfrage eine andere Entscheidung zu erzielen. Sie wurde durch Verrat entdeckt und damit vereitelt, zugleich aber in der Öffentlichkeit ein Skandal ausgelöst, der über die Verleumder ein Strafgericht brachte, im Grunde aber auch für ihre Opfer keine volle Wiederherstellung ihres Prestiges zur Folge hatte 178 ). An einem Tage in der zweiten Augusthälfte 1719 gelang es nach mehrfachen vergeblichen Versuchen einem Diener des kaiserlichen Kammerherrn und Reichshofrats Graf Nimptsch, den sich in seinem Garten vor der Stadt aufhaltenden Prinzen anzusprechen und ihn um Gehör für sehr wichtige Mitteilungen zu bitten. Für den nächsten Morgen zu ihm bestellt, wußte der Mann von dem merkwürdigen Verhalten seines Herrn zu berichten, der seit einiger Zeit ganz gegen seine Gewohnheit viel schreibe und Pakete mit Korrespondenzen empfange, vor allem aber heimlich mit einem italienischen Geistlichen lange Unterredungen sowohl in seinem Hause als auch an anderen Orten habe, wohin er sich, in einen langen schwarzen Mantel gehüllt, schleiche. Oft seien sie mehrere Stunden zusammengeblieben, und da hatte der neugierig gewordene Diener einmal an der Tür gelauscht und er wollte dabei die Worte Alberoni und Spanien gehört haben, woraus er auf eine politische Verschwörung geschlossen habe. Der Prinz soll ihn auf diese ersten Eröffnungen vor leichtfertigen Denunziationen gewarnt und Beweise gefordert haben, ohne die man gegen einen Mann von Stand wie Nimptsch nicht vorgehen könne 174 ). Und da war jener nach einigen Tagen mit Briefen wiedergekommen, die er im Kabinett des Grafen an sich gebracht hatte: sie scheinen einwandfrei erwiesen zu haben, daß Nimptsch, der ein Schwager Althanns war, sich von jenem Geistlichen, bei dem es sich um den bei Saint-Thomas ein- und ausgehenden Abbé Tedeschi handelte, Unterlagen hatte geben lassen, wie man die Minister gewinnen oder verderben könne, und daß da Behauptungen über Eugen aufgestellt waren, wonach er einmal ganz von der Batthyány, die von allen Seiten Geld nehme, und von den Referendaren, die einen schamlosen Handel mit den militärischen Chargen trieben, abhängig sei, weiter aber sich für die bayrische Heirat einsetze, um die Wittelsbacher und zugleich sich selbst zur Herrschaft in Österreich zu führen. Auch von angeblichen Schwächen und Verfehlungen der anderen Minister war da

Die Affäre Nimptsdi-Tedeschi

79

die Rede: wie Gundaker Starhemberg sich in allem von seiner habgierigen Frau leiten lasse, wie Sinzendorf skrupellos Geld zu raffen suche, um ein großes Haus halten und üppige Gastmähler geben zu können, wie Trautson auf beiden Schultern trage usw. 175 ). Es war wohl gewiß, daß Nimptsch, der häufig bei Hofe war und zu dem Kaiser Zutritt hatte, dort alle diese Erzählungen eifrig ausbreitete. Und deuteten nicht die für den Prinzen und seine Freunde so betrüblichen und empfindlichen Vorgänge der letzten Wochen darauf hin, daß er keineswegs ab- und zurechtgewiesen worden war, sondern daß man ihm glaubte und dementsprechend handelte? Für den in seiner Ehre angegriffenen Eugen brachte diese Enthüllung das Faß zum Uberlaufen: er war überzeugt, daß diese schändliche Intrige eine Verschwörung darstellte, an der Saint-Thomas, vielleicht auch Althann und einige der Spanier beteiligt waren. Am 25. August erschien er vor dem Kaiser, legte ihm die Schriftstücke vor, aus denen das Zusammenspiel des Kammerherrn mit dem Abbé hervorging, und erklärte, daß er an keinen Sitzungen mehr teilnehmen und keine Tätigkeit auf Grund der ihm anvertrauten Ämter ausüben werde, bevor ihm nicht volle Genugtuung für die ihm angetanen Beleidigungen geleistet worden sei176). Wie ein Lauffeuer ging die Kunde von diesem Schritt und dem Komplott, das ihn verursacht hatte, durch Wien und drang von hier aus in die politischen Zentren Europas. Aus der Fülle von Informationen und Kombinationen, die damals von den Diplomaten in der Kaiserstadt eingeholt, gesammelt und an ihre Höfe geschickt wurden, und aus bekanntwerdenden Aktenstücken und Prozeßaussagen lassen sich zwar viele Details dieser Affäre erkennen, und dodi sind die Hintergründe mit letzter Sicherheit nicht zu klären. Der aus Castiglione in dem Großherzogtum Toskana stammende Giovanni Prospero Tedeschi scheint eine ähnliche zwielichtige Figur gewesen zu sein wie Klement. Er nannte sich Abbé und er trug sich dementsprechend, aber man wollte wissen, daß er sich nur so maskiert habe, weil er auf diese Weise leichter seine Absicht zu erreichen hoffte, „per fas et nefas sein Glück zu machen". Nach Aussagen des florentinischen Gesandten zu dem Bayern Mörmann sollte er immerhin in Rom juristische Studien getrieben haben, dann aber auf die schiefe Bahn geraten und zeitweise in Florenz inhaftiert gewesen und, wie übrigens von fast allen Beobachtern behauptet wurde, ohne alle Mittel nach Wien

80

Krisen

gekommen sein: „Es dürfte mit ihm", so meinte anzüglich der H e r r aus Florenz, „gleichwie öfters mit anderen, so aus Welschland anhero gekommen, gegangen sein, als welche, wenn sie nur gegen die italienischen Fürsten und dergleichen hier schmälen und allerhand Dinge vorgeben, sich damit angenehm machen und introduzieren." Merkwürdig, daß dagegen in keinem dieser Diplomatenberichte von dem Schwindel die Rede ist, der dann ihm in dem über ihn gefällten Urteil angekreidet wird, nämlich daß er „ f ü r einen Grafen sich ausgegeben, auch eine falsche Abschrift eines Kaiserlichen Diploma, damit er für einen Kaiserlichen Reichshofrat gehalten werde, verfertigt" habe. Wer aber hatte es ihm ermöglicht, rasch zu Geld und Ansehen zu kommen, ja, wie wenigstens in verschiedenen Relationen angegeben wird, ein Appartement zu mieten, eine Karosse und Lakaien zu unterhalten, in Gesellschaften aufzutreten, dabei freilich zugleich durch eine hübsche Frau vom Trödelmarkt Juwelen und andere Wertgegenstände zu vertreiben? N u n , d a wurde erzählt, er sei vor seiner Reise nach Österreich in Turin gewesen, er habe dann schon dem Grafen Ussolo seine H i l f e bei der Betreibung des Heiratsprojekts angeboten, und während er mit ihm, wie später mit Saint-Saphorin, oft zusammengewesen sei 1 7 7 ), habe er zugleich unmittelbar mit Turin korrespondiert, von wo ihm zunächst 100 Pistolen und bald weitere Gelder zugeflossen wären. Wenn er auch mit den Mitgliedern des Spanischen Rats, besonders mit Stella, Beziehungen angeknüpft haben soll, so bewies ja dann die Aufdeckung des Komplotts seine enge Verbindung mit einer nach Herkunft und R a n g so hochstehenden Persönlichkeit wie dem aus schlesischem Geschlecht stammenden Grafen Johann Friedrich Nimptsch. Dieser war nun freilich nach dem übereinstimmenden Urteil Saint-Saphorins und Mörmanns ein noch junger Mensch „von geringem judicio und unanständiger Conduite" 1 7 8 ), der trotz einer nicht unerheblichen väterlichen Rente oft in Geldnöten war, aber er war immerhin Kämmerer und Reichshofrat und zudem mit einer Schwester des Grafen Althann verheiratet, und vor allem hatte offenbar der Kaiser an ihm einen gewissen Gefallen gefunden, da er es verstand, ihn durch Erzählungen von Schnurren, aber auch von Vorfällen, die f ü r diesen oder jenen aus der Wiener Gesellschaft kompromittierend waren, zu unterhalten. So war er denn in besonderem Maß geeignet, jene Anschuldigungen gegen die Minister, die ihm Tedeschi an die H a n d gab, unmittel-

Graf Michael Johann Althann

Graf Philipp Ludwig Sinzendorf

Protest des Prinzen

81

bar dem Herrscher zur Kenntnis zu bringen. Es wurden wohl noch Mitschuldige an dieser Intrige genannt, so ein Abbé Cini, der schon unter den Vorgängern Karls VI. eine Rolle als Agent gespielt und dem Grafen Ussolo Anfang 1718 als Vermittler zum Kaiser gedient hatte, dann aber im April 1719, als er von Turin nach der Lombardei gekommen war, in der Zitadelle von Mailand inhaftiert worden war 1 7 9 ), ferner ein Jude türkischer Herkunft namens Pisani, der sowohl dem Erzbisdiof von Valencia als auch Saint-Thomas Dienste geleistet, mit diesem freilich sich überworfen haben sollte, eine übel beleumdete Marquise Cusani, die angeblich die Verbindung zwischen Tedeschi und dem Ehepaar Nimptsch hergestellt hatte, eine im Hause Sinzendorf verkehrende Gräfin Königsegg, Schwägerin des Generals und bisherigen Pariser Botschafters, und ein schlesischer Baron Roth, von dem man sagte, er sei Nimptsch bei der Abfassung seiner Briefe behilflich gewesen 180 ). Aber es können das doch höchstens Randfiguren gewesen sein, da sie in das eingeleitete Verfahren entweder gar nicht oder nur vorübergehend einbezogen wurden. Mußte es aber nicht mächtige Hintermänner geben, wiesen auf sie nicht Tedeschis Turiner und Wiener Beziehungen und Nimptschs Verwandtschaftsverhältnisse hin, waren die eigentlichen Drahtzieher nicht in der spanisch-savoyischen „Kabale" zu suchen, die nun schon seit Monaten die Front der Konferenzminister zu sprengen und den Prinzen mattzusetzen suchte? Es muß für den Kaiser sehr peinlich gewesen sein, als der Mann, den er so häufig als seinen einzigen Freund und seinen besten Berater bezeichnet hatte, vor ihm seine Anklagen erhob und Genugtuung forderte. Hatte er selbst, wie Saint-Saphorin nicht mit Unrecht meinte, Tedeschi und Nimptsch in ihrem Vorhaben nicht geradezu unterstützt, indem er den Schwätzer nicht sofort, als er ehrenrührige Dinge über seine Minister vorbrachte, hinauswarf, sondern reden und wiederkommen ließ? Wenn er im Grunde wohl immer davor zurückgescheut wäre, sich von dem Prinzen wirklich zu trennen, so haben ihn diese üble Affäre und das Auftreten Eugens davon überzeugt, daß er einlenken müsse. So hat er denn sofort beteuert, daß er an Verleumdungen, wie sie da gegen seinen Feldherrn und Staatsmann erhoben worden sein sollten, nie geglaubt hätte und nie glauben würde, ihn seines vollen Vertrauens versichert und scharfes Vorgehen gegen die Schuldigen zugesagt. So wurde denn zunächst Tedeschi verhaftet und seine Papiere 6 Braubadi, Prinz Eugen

82

Krisen

beschlagnahmt und, während er in das Gefängnis überführt wurde, der Graf Nimptsdi unter Hauarrest gestellt, der nach einiger Zeit durch Einlegen von Wachen in seine Zimmer verschärft wurde. Eine Deputation zur Untersuchung wurde „auf Andringen und Klagen Dero Herrn Generalleutnant Prinzen Eugen von Savoyen Durchlaucht 0 gebildet, bestehend aus dem Reichshofratspräsidenten Windischgrätz mit dem Reichshofrat Blümegen und dem Hofkanzler Stürgkh mit dem Referendar Dolberg. Ende September fanden die ersten Verhöre statt, die dann im Oktober bis Anfang November fortgesetzt wurden, wobei auch Gegenüberstellungen der beiden Delinquenten vorgenommen wurden. Da sie anscheinend ihre Papiere nicht vernichtet oder weggeschafft hatten — sie hätten dazu, wie du Bourg behauptet, durchaus Zeit gehabt, sich aber wohl, weil sie auf „eine hohe Protektion" rechneten, sidier gefühlt — war an Leugnen nicht zu denken, zumal nachdem Tedeschi die Folter angedroht wurde. Prinz Eugen scheint auf Anordnung des Kaisers durch Windischgrätz und Stürgkh über die Verhandlungen auf dem laufenden gehalten worden zu sein. Gemäß den Vorschlägen der Deputation ergingen dann am 7. Dezember die kaiserlichen Urteile. Nimptsch wurde „wegen der von ihm verübten Verbrechen" nach Abnahme der Kammerschlüssel und der Reichshofratsstelle zu schriftlicher Abbitte und zu zweijähriger Festungshaft in Graz sowie ewigem Verbot des Erscheinens bei Hof und des Betretens der Residenzstadt Wien verurteilt. Am 9. Dezember wurden in seiner Wohnung die Reichshofratsdiplome durch einen Sekretär dieser Behörde und der Kammerherrenschlüssel durch den Kammerfurier beschlagnahmt, der Graf selbst einige Tage darauf durch eine Eskorte nach Graz gebracht 181 ). Um einiges schlimmer erging es Tedeschi. Von ihm hieß es ausführlicher in der Verfügung, daß er „nicht allein von diesem Kaiserlichen Hof und diesem Kaiserlichen Ministerium die schmählichsten Sachen nach einem auswärtigen Hof geschrieben, sondern auch vielfältige Diskurse, als wenn sie von Ihro Geheiligt-Kaiserlichen Majestät und Dero Ministerium geflossen, aus bösem Betrug fälschlich verfaßt und solche als wahre, wissentlich aber falsche zu diesem Ende anderen wieder erzählt, damit er diese aus einem erdachten Sinn hintergehe, und unter diesem falschen Schein von denselben nicht eine geringe Summa Geldes herausgelockt". Deshalb wurde „anderen zum Exempel und Abscheu" angeordnet, daß er „nach der gewöhnlich geschworenen Urfehde

Bestrafung der Intriganten

83

auf dem öffentlichen Markt der Stadt, Neumarkt genannt, an den Pranger gebracht und allda zwei Stunden lang nebst einem beigefügten Zettel ausgestellt, sodann mit einem Schilling von dem Strafrichter abgestraft, folgends aus Ihrer Kaiserlich- und Königlichen Majestät Erb-Königreich- und Ländern verwiesen werden solle". Wie dies am Vormittag des 12. Dezember vor sich ging, darüber hat der bayrische Resident Mörmann seinem Herrn genauen Bericht erstattet: da war zunächst vor dem Gerichtshaus, der „Schranne", das Urteil publiziert, darauf der Verurteilte auf einem Malefizwagen unter Zulauf einer großen Volksmenge vom Neuen Markt zum sogenannten Weidenmarkt gebracht worden, wo er an das auf einer Bühne erriditete Kreuz gebunden wurde und eine Stunde stehen blieb, sodann bis auf die Hosen ausgezogen und ihm 30 Rutenstreiche auf den entblößten Rücken versetzt wurden, „worunter er sich sehr gewunden und geschrieen" ; schließlich war er auf dem Karren durch das Kärntner Tor vor die Stadt geführt, dort in eine Landkutsche umgeladen worden, die unter Bewachung von einigen „Rumorknechten" an die österreichische Grenze bei Trient fuhr, über die er „nach geschworener Urfehde weggestoßen" wurde 1 8 2 ). Er war immerhin noch besser davongekommen als jener andere Verleumder des Prinzen, der einige Monate später in Berlin eine ähnliche schmachvolle Prozedur über sidi ergehen lassen mußte, um dann aufgehangen zu werden. H a t der Prinz die Genugtuung, die ihm mit der Bestrafung von Nimptsch und Tedeschi zuteil wurde, für ausreichend gehalten? Daß der Kaiser nicht gegen seinen Favoriten vorgehen würde, ist ihm wohl von vornherein klar gewesen: von Althann und seiner Frau hieß es, daß sie über die schlechte Aufführung ihres Schwagers sehr bestürzt gewesen seien und sie entschieden mißbilligten, womit natürlich nodi nicht gesagt war, daß hier gar keine Schuld vorlag. Es hieß dann, daß man in den Papieren der beiden Intriganten auch Verdächtigungen Althanns gefunden habe, und in der Sentenz gegen Nimptsch wurde er denn auch verurteilt, nicht nur an Eugen, sondern auch an seinen Schwager ein Abbitteschreiben zu richten, womit in aller Öffentlichkeit die völlige Unschuld des Favoriten dokumentiert wurde 1 8 3 ). Aber wie stand es mit Saint-Thomas? Daß er der Auftraggeber Tedeschis war, davon war der Prinz überzeugt, und er hat, nachdem er sich anfangs wohl auf Bitte des Kaisers gegenüber den Diplomaten über die ganze Affäre in Schwei6*

84

Krisen

gen gehüllt hatte, nach der Verhaftung Tedeschis in einem erregten Gespräch mit Saint-Saphorin erklärt, daß es mit der Festnahme dieses „coquin" nicht getan sei, sondern man gegen Saint-Thomas und seinesgleichen vorgehen müsse: „Das sind Ehrabschneider, vor denen man sich nicht genug vorsehen kann." Aber sollte der Kaiser wirklich gemäß der anscheinend zunächst von Eugen erhobenen Forderung Saint-Thomas ausweisen und von Victor Amadeus Rechenschaft verlangen? Natürlich leugnete der Gesandte jede Beteiligung an den Umtrieben Tedeschis, wenn er auch nicht bestreiten konnte, dem „fripon" Aufträge und Geld gegeben zu haben: wenn er in der Tat, so meinte du Bourg dazu, keine bösen Absichten damit verfolgte, so hat er sich dodi allzu lange auf Leute verlassen, durch die ein einigermaßen vernünftiger Mensch nicht acht Tage lang sich hätte täuschen lassen. Es gelang dann immerhin, den Turiner Hof zur Abberufung des mißliebig gewordenen Diplomaten zu veranlassen: Anfang Februar 1720 hat Saint-Thomas Wien verlassen, er wurde durch den inzwischen eingetroffenen Marchese Solaro di Breglio abgelöst, der nach dem Urteil Saint-Saphorins sich im Gegensatz zu seinem schroffen Vorgänger eines sanften und liebenswürdigen Auftretens befleißigte. Freilich soll Eugen wieder sehr ungehalten gewesen sein, als er bei seinem ersten Besuch kein Wort der Mißbilligung und Entschuldigung für das fand, was vorgefallen war 184 ). Der Prinz hatte dem Kaiser in jener Unterredung vom 25. August 1719 angekündigt, daß er sich um keine Geschäfte mehr kümmern werde, bevor er nicht Satisfaktion erhalte. Er scheint sich daran bis Mitte September gehalten zu haben, sodaß in dieser Zeit keine Konferenzen stattfanden und alles liegen blieb185). Vom 20. September ist indessen ein Vortrag des Hofkriegsratspräsidenten an den Monarchen über italienische Angelegenheiten datiert 186 ): offenbar hat ihn das Vorgehen gegen Tedeschi und Nimptsch bestimmt, die Arbeit wieder aufzunehmen. Was hatte er erreicht? Gewiß, er hatte einen Sieg über seine Widersacher errungen, sie sahen sich genötigt, vorerst ihre Angriffe gegen ihn abzubrechen. Der Kaiser zeigte ihm eine gnädige Miene, selbst Althann schien sich um seine Freundschaft zu bemühen, man war nun wohl bereit, sich nicht nur mit seinem Verbleib in allen seinen Ämtern und seinem Einfluß auf die große Politik abzufinden, sondern ihm auch die volle Autorität auf den Gebieten zuzugestehen, die unter seiner

Machteinbuße Eugens

85

Leitung standen. Das hatte er, wie Saint-Saphorin zugab, durchgesetzt, weil er mit Festigkeit aufgetreten war. Und dodi war der Schweizer nicht zufrieden, waren auch andere Beobachter der Meinung, daß von einem vollen Sieg nicht gesprochen werden, daß es sehr rasch zu neuen Krisen kommen konnte. Man glaubte nicht, daß die Zuneigung des Habsburgers zu ihm durch die unerfreulichen Vorgänge, in denen er selbst alles andere als eine großartige Rolle gespielt hatte, gewachsen war, daß in ihm vielmehr ein Stachel geblieben war, weil man ihn zu etwas gezwungen hatte. Hätte nicht, nachdem der Feldzug der Verleumdungen zusammengebrochen war, die Partei, von der er doch zum mindesten begünstigt worden war, jeden Kredit verlieren müssen? Das Gegenteil war der Fall. Ostentativ zeigte sich der Kaiser in den Tagen des Verfahrens gegen Nimptsdi in Haus und Gärten Althanns, überhäufte er ihn weiter mit Gnaden, erhob er auf sein Andringen den Hofkammerrat Mikosch, der weniger als Werkzeug denn als Mentor des Favoriten galt, zum Reichsfreiherrn und Mitglied für alle Konferenzen, die sich mit Finanzen beschäftigten187). Und von einem Ende dessen, was man dann wohl als „espagnolisme" bezeichnete, war dementsprechend nicht die Rede, die Spanier und Italiener umdrängten wie vordem den Thron, auf ihre Meinung schien Karl weit mehr zu geben, als auf den Rat seiner Minister. Wenn wenigstens unter diesen volle Einigkeit bestanden hätte und sie mit Energie gemeinsam ihre Auffassung vertreten und ihre Forderungen gestellt hätten! Gerade die Diplomaten, die mit ihnen sympathisierten, weil sie nur bei ihrem Übergewicht eine vernünftige Politik des Kaiserhauses gemäß dem bisherigen Bündnissystem erwarteten, haben an ihnen scharfe Kritik geübt 188 ). Da war Sinzendorf, klug und erfahren, aber von erstaunlicher Schwäche—«d'une faiblesse extrême» — ein selbstsüchtiger Opportunist, stets bemüht, sich die Gunst des Kaisers, der ihm gewogener war als seinen Kollegen, zu bewahren, damit aber auch auf die einflußreichen Menschen in dessen Umgebung Rücksicht zu nehmen, daher oft bereit, für eine Politik einzutreten, die gar nicht seiner eigentlichen Meinung entsprach. Weit zuverlässiger war gewiß Starhemberg, dabei fähig und geradlinig, freilich auch selbstbewußt und sogar einem Manne wie dem Prinzen gegenüber, mit dem er in der Verachtung gegen die höfische Kabale wie auch in den politischen Überzeugungen übereinstimmte, mitunter anmaßend, so daß es auch zwischen ihnen zu Verstimmungen

86

Krisen

kam, die dann nicht immer leicht auszuräumen waren. U n d Eugen selbst? Er hätte, so meinte Saint-Saphorin, mit seinen Talenten ein Richelieu werden und aus K a r l V I . einen Ludwig X I I I . machen können. Aber dafür war er nicht skrupellos, nicht herrschsüchtig genug. Er konnte wohl aufbegehren, wenn er sich in seiner „Ehre und Reputation" gekränkt glaubte, aber sein Ehrgeiz hatte Grenzen. Man mochte, wie es etwa Stanhope tat, seinen Charakter bewundern, die stolze Selbstbescheidung, mit der er nach der Überzeugung der meisten Beobachter aus jenen Monaten durchaus bereit gewesen wäre, sich zu seinen Büchern und Liebhabereien zurückzuziehen, wenn ihm nicht die seinem Ruhm entsprechende Behandlung zuteil wurde. Den Sieg auszunutzen und seine Machtstellung planmäßig auszubauen, das erwartete man vergebens von ihm. Warum nahm er, der die richtige Einsicht in das, was nötig und möglich war, ein ausgezeichnetes Gespür für die Erfordernisse des Augenblickes und einen klaren Blick für die Aufgaben der Zukunft hatte, die politische Leitung nicht fest in seine H a n d , warum erhob er nicht die Konferenz durch häufigere Sitzungen und mindestens wöchentlichen Vortrag vor dem Kaiser wirklich in den Mittelpunkt des Staates 1 8 9 ), warum ergriff er nicht die Initiative, um unverantwortliche Einflüsse auszuschalten, warum begnügte er sich mit der Defensive gegen Widersacher, denen er doch weit überlegen war? War es nicht so, daß er selbst da, wo er eifersüchtig seine alleinige Zuständigkeit herausstellte und behauptete, im Heerwesen, nicht mehr die Energie und den Willen zu Verbesserungen zur Geltung brachte, die ihn einst erfüllt hatten, als er das Präsidium des Hofkriegsrates übernommen hatte? Es mochte dodi etwas Richtiges an jener von seinen Feinden ins Verleumderische vergröberten und aufgebauschten Kritik sein, daß, wie Starhemberg seiner eigennützigen Frau zu großen Einfluß gestatte, so Eugen sich von dem durch die Gräfin Batthyány und ihre Schwägerin Stratmann dirigierten gesellschaftlichen Kreis, der sich um ihn gebildet hatte, zu sehr ablenken lasse. D a ß diese Damen ihm großen Schaden zufügten, hat Saint-Saphorin immer wieder behauptet 1 9 0 ), andere, wie etwa der Reichsvizekanzler Schönborn, der sich mit ihnen gut stand und anscheinend durch sie dem Prinzen menschlich näher trat, sind da wohl anderer Meinung gewesen. Vielleicht aber war es gar nicht äußerer Einfluß, der bei ihm eine gewisse Lässigkeit verursachte, sondern sein physischer Zustand, vielleicht machten

Konflikte um die Friedenseinrichtung des Heeres

87

sich bei ihm die Anstrengungen des letzten Krieges und die Folgen jener Erkrankung, die ihn im Sommer 1718 bei der Rückkehr aus Belgrad befallen hatte, bemerkbar und führten zeitweise zu Abspannung und Ruhebedürfnis. Er war noch keine 60 Jahre alt, im Frühjahr 1720 waren indessen Besucher von seinem Anblick überrascht: sie fanden es unglaublich, wie sehr er seit zwei Jahren gealtert sei191).

5. Wenn man die Schwankungen der kaiserlichen Politik nach dem Abschluß des Kampfes mit Spanien und der gleichzeitigen Beendigung des großen nordischen Krieges und die Unsicherheit in der Haltung des Prinzen Eugen in den großen europäischen Fragen während der ersten Jahre eines allgemeinen, freilich sehr labilen, immer wieder durch ungelöste oder neu entstehende Streitfragen bedrohten Friedens begreifen will, wird man sich stets der Abhängigkeit des außenpolitischen Handelns von der Gestaltung der inneren Verhältnisse am Hof und in der inneren Regierung des Kaiserstaates bewußt bleiben müssen. Es soll daher hier zunächst der Gang der Ereignisse in Wien selbst weiter verfolgt werden. Der Ausgang der Affäre hatte keine wirkliche Entscheidung gebracht, Parteiungen und Gegensätze waren unvermindert bestehen geblieben, sie mußten immer wieder zu Zusammenstößen führen. Die Konflikte haben sich im Frühjahr 1720 entzündet an den Fragen der Umstellung vom Kriegs- auf den Friedensstand. Wenn der Hofkriegsratspräsident einen neuen Plan für den Militärstatus vorlegen sollte, so sah er dabei die ihm vom Kaiser gestellte Aufgabe darin, „wie tempore pacis Dero sämtliche deutschen und ungarischen, wiezumalen auch die von der Krone Spaniens übergekommenen Königreiche und Provinzen, samt den darin befindlichen festen Plätzen, nicht allein nach Notdurft besetzt, sondern auch eine solche Anzahl an Mannschaft übrig sein möge, um auf etwa unverhofft ausbrechende Widrigkeiten gefaßt zu sein, solchen in primo orto vigorose zuvorkommen und abhelfen zu können" 192 ). Deshalb sträubte er sich gegen eine zu weit gehende „Reform", wandte er sich gegen die von der Gegenseite dem Kaiser angeratene Auflösung von mindestens zwölf Regimentern, forderte er eine sichere

88

Krisen

finanzielle Grundlage für das Militär, die endliche Festsetzung der Fonds dafür, über die dann nur der Hofkriegsrat das Verfügungsrecht haben sollte. Hiermit stieß er nun wieder auf den heftigen Widerstand des Spanischen Rats, der seinerseits seine Beteiligung an der Regelung auch der militärischen Angelegenheiten in den italienischen Landen verlangte. Und es wurde dann keineswegs in allem Eugens Vorschlägen gefolgt. Manches wurde angeordnet, was seiner Meinung nach die Schlagkraft des Heeres verminderte, und anderes blieb zum Schaden der Sache in der Schwebe. Er erhob Einspruch und warnte, aber er unterwarf sich, sobald der Kaiser seine Entscheidung getroffen hatte. „Wenn ich", so hat er später einmal voll Bitterkeit geäußert, „die Methode der anderen Minister befolgt hätte, dann wäre diese große, gegen meinen Rat bei den Truppen angesetzte Reform nie zustande gekommen, denn ich hätte so viele Zwischenfälle entstehen lassen können, daß alles bis zum Ausbruch eines neuen Krieges verzögert worden und damit hinfällig geworden wäre, da es aber meine Pflicht ist, nach den Befehlen des Kaisers zu handeln, sobald er mir seine Entschließung eröffnet hat, audi wenn sie meiner Meinung widersprechen, so habe ich sie ausgeführt: wenn die anderen meinem Beispiel folgen würden, so würde wenigstens irgendetwas, ob nun gutes oder schlechtes, geschehen, aber in der Art, wie sie alles zu umgehen wissen, wird gar nichts vollbracht" 193 ). Wohl begegnete man ihm nach den Vorfällen des Sommers und Herbstes 1719 mit Achtung und Höflichkeit, wohl rief ihn auch der Kaiser immer wieder zu mündlicher Besprechung zu sich, gab er nach außen zu erkennen, welches Vertrauen er auf den Prinzen setzte. Das konnte aber nach dem übereinstimmenden Urteil der beobachtenden Diplomaten nicht darüber hinwegtäuschen, daß nicht er es war, der Sonnenschein und Regen an diesem Hofe machte. Er besaß nicht mehr die Autorität, die man ihm in der Zeit zwischen den Friedensschlüssen von Rastatt und Passarowitz zuerkannt hatte, selbst aber schien er nicht mehr mit dem gleichen Eifer bei der Sache zu sein wie damals 194 ). Dabei traten Ereignisse ein, die ihm eigentlich den Weg zur Wiedererringung der vollen Macht ebnen mußten: das Schicksal selbst schien zu seinen Gunsten eingreifen zu wollen, da der Tod in kurzen Intervallen gerade die Persönlichkeiten hinwegriß, die als seine gefährlichsten Rivalen und Widersacher galten. Zunächst starb nach längerer Krankheit am 15. Oktober 1720 Stella 195 ). Daß

Todesfälle und Personaländerungen

89

er Fähigkeiten besaß, hat auch der ihm wenig freundlich gesinnte Saint-Saphorin zugegeben, wenngleich er ihn einen im Grunde kleinen, konfusen Geist nannte, der durch ein mysteriöses Gehabe imponierte und mit Listen und Finessen operierte 1 9 6 ). Bei dem Kaiser hatte er indessen viel gegolten, wie der Eintrag in sein Tagebuch aus Anlaß seines Todes zeigt: „Stella (ge)storben, Minister treu, auf den midi meist verlassen, vertraut auch in fr(emden) Sachen" 1 9 7 ). Es war ein schwerer Schlag für Althann, der sich eng an ihn angeschlossen hatte, und für die spanische Partei, deren bester Kopf er doch wohl gewesen war. Wenn der bayrische Vertreter meinte, daß viele an ihm einen Feind verloren hätten, so mochte er dabei auch an Eugen denken, da der anfänglichen Verständigung zwischen den beiden Männern Verstimmung und schließlich Gegnerschaft gefolgt waren. Freilich, war für ihn viel gewonnen, wenn der Favorit sich, wie man vermutete, stärker als bisher Mikosch und dem Erzbischof von Valencia zuwandte? Zwischen ihnen und Stella soll es zuletzt manche Mißhelligkeiten gegeben haben 1 9 8 ). In Wirklichkeit dürfte freilich in der Hauptsache Perlas-Rialp das Erbe des Italieners angetreten haben. E r sdieint sich immerhin bei den Angriffen gegen Eugen zurückgehalten zu haben, ja er sollte dem Kaiser damals zu scharfem Vorgehen gegen Nimptsch und Tedeschi geraten haben 1 9 9 ), und jedenfalls mochte mit ihm für den Prinzen ein Auskommen eher möglich sein als mit Stella. Weniger bedeutsam war ein zweiter Todesfall, der fast genau ein Jahr später eintrat, aber auch hierbei konnte von günstigen Folgen für den Savoyer gesprochen werden. Der Fürst Anton Liechtenstein, der am 11. Oktober 1721 starb, hatte zwar als Obristhofmeister den vornehmsten Posten des Hofstaates bekleidet, aber sowohl seine nur durchschnittliche Begabung als auch die geringe Achtung des Kaisers für seinen ehemaligen Erzieher hatten ihn seit den Tagen von Innsbruck, da er von dem zum Kaiser gewordenen spanischen König in seinem Amt bestätigt worden war, keine große Rolle spielen lassen. Entgegen der früheren Gepflogenheit war er nicht Mitglied der Geheimen Konferenz geworden, in der er sonst wohl den Anspruch auf den Vorsitz hätte erheben können 2 0 0 ). Die Frage war, wie man es damit bei seinem Nachfolger halten würde, was wieder weitgehend von der Persönlichkeit dessen abhing, dem Karl den Posten anbot. Schon vor Liechtensteins Tod scheint Sinzendorf das Erbe angestrebt zu haben, dann ist auch von Starhemberg

90

Krisen

die Rede gewesen: die Ernennung des einen wie des anderen hätte dem Prinzen angesichts jenes damit verbundenen Ranganspruchs kaum behagt 201 ). Der Kaiser fand hier einen Ausweg, den auch Eugen billigte, indem er sich für einen dritten entschied, zwar audi einen der Konferenzminister, aber einen Mann, der das gleiche Amt schon einmal innegehabt und es mit Takt versehen hatte und von dem man annehmen konnte, daß er willig Vorrecht und Überlegenheit Eugens anerkennen werde. Gerade in diesem Fall hat der Habsburger sich geflissentlich bemüht, seine Rücksichtnahme und sein Vertrauen dem Prinzen zu zeigen: „Ich habe Euer Liebden", so schrieb er ihm, „das letztemal geredet wegen des Obristhofmeisters, und weil idi (aus sonder Konfidenz gegen ihn) keinen publizieren will ohne Dero Vorwissen und Meinung, bin ich bei mir auf den Fürsten Trautson gefallen und werde ihn audi dieser Tage publizieren"; ausdrücklich fügt er hinzu, daß wegen der Leitung der Konferenzen kein Anstand sein werde, „denn ich in Euer Liebden Eifer und Treue eine solche sonder Konfidenz habe, daß, solange mir Gott Euer Liebden gibt, ich keinen anderen in directorio will noch verlangen kann" 202 ). So nahm denn Trautson wieder den Platz ein, den er 1711 verlassen hatte, und das konnte der einheitlichen Willensbildung in der Konferenz nur zugute kommen. Der Favorit aber erlitt wenige Monate später einen zweiten Verlust: am Weihnachtstage 1721 starb Bernhard Georg von Mikosch203). Er war eine umstrittene Figur gewesen, ein Mann, der durch die Gunst Althanns zu hohen Würden und großem Einfluß gelangt war, doch wohl, trotz allem, was die Kreise um den Prinzen und den mit seiner Hilfe aus der Hofkammer verdrängten Starhemberg gegen ihn zu sagen wußten, nicht ohne Fähigkeiten und Verdienste. Der Franzose du Bourg, der ihm zwar keinen überlegenen Geist zuerkannte, wußte zu berichten, daß der Kaiser in ihm einen Diener betrauerte, zu dem er viel Vertrauen hatte und dessen Treue und gute Absichten er kannte. Nach Saint-Saphorin soll Karl in seiner Erschütterung sogar zeitweise dem Gerücht einer Vergiftung Glauben gesdienkt haben. Wieder war damit eine Lücke in der Reihe der Widersacher der Konferenzminister entstanden, freilich eine Ausweitung ihres Einflusses war daraufhin kaum zu erwarten. Gerade die Finanzbehörden waren mehr und mehr unter den Einfluß der „Kabale" geraten, in der Verfügung über sie und damit

Todesfälle und Personaländerungen

91

über das Geld sahen Althann und seine Hintermänner das Bollwerk ihrer Macht: Saint-Saphorin war überzeugt, daß sie dem im November 1719 an die Stelle Walseggs getretenen Hofkammerpräsidenten Graf Dietrichstein, der offenbar nicht mehr bedeutete als sein Vorgänger, wieder eine ihrer Kreaturen zur Seite setzen würden. Überhaupt aber war von einer Verminderung des Einflusses des Favoriten nicht das mindeste zu spüren, im Gegenteil, der Kaiser, der ständig mit ihm zusammen war, war nicht nur bereit, ihm alles zuliebe zu tun, sondern es schien für ihn auch in politischen Dingen keinen besseren Ratgeber zu geben. Der Graf hatte einen seiner Schwäger opfern müssen und das doch wohl dem Prinzen Eugen nicht vergessen, ein anderer, Bruder seiner Frau, brauchte nur in Wien zu erscheinen, um mit hohem militärischem Rang und entsprechenden Einkünften beehrt zu werden 204 ). Die Diplomaten der anderen Mächte wußten, daß er ihnen jederzeit ihre Konzepte verderben konnte. Es ist bezeichnend, daß Saint-Saphorin ernsthaft überlegte, ja selbst mit Eugen besprach und schließlich in London anriet, ihn durch Zuwendungen oder das Angebot sonstiger Vorteile den englischen Interessen günstiger zu stimmen 205 ). Das mochte um so nötiger erscheinen, als gerade nach dem Tode von Mikosch das Konferenzministerium völlig auseinanderzufallen schien, da Sinzendorf offenbar entschlossen war, in das feindliche Lager überzugehen: schon sollte er es durch die Rücksicht, die er geflissentlich auf Althanns Wünsche und Meinung nahm, erreicht haben, daß der ihm vorher wenig geneigte Kaiser ihn in einer Weise auszeichnete und bevorzugte, die Eugen und Starhemberg in wachsende Unruhe versetzte 206 ). Doch was konnten sie noch ausrichten gegen das Übergewicht des Favoriten! Die alte und neue Geschichte, so urteilte Saint-Saphorin, biete kein Beispiel einer so ausgedehnten herrscherlichen Gunst, wie sie Althann zuteil werde, sie sei bis zu einem Grade gestiegen, daß es jede Einbildung übersteige. Und der Schweizer malte Ende Februar 1722 ein ungemein pessimistisches Bild über diesen unruhigen und zugleich untätigen Wiener H o f , wo der Herr mit Italienern und Spaniern die Karnevalsveranstaltungen und Komödien besuche und nicht mehr arbeite, dabei seinen Ministern mißtraue, die ihrerseits unter sich eine fatale Uneinigkeit zeigten, und wo es einen allmächtigen Günstling gebe, der dem Kaiser das Verhalten des Ministeriums verhaßt mache, ohne selbst etwas auf sich zu nehmen 207 ).

92

Krisen

Dodi da schlug es wie ein Blitz in dieses Treiben, der Tod forderte das nächste Opfer: zum Entsetzen des Kaisers starb am 16. März 1722, erst 43 Jahre alt, Graf Johann Michael Althann — niemand war in den intimen Aufzeichnungen Karls so oft erwähnt worden, meist mit Beifügungen wie lieb, herzlich lieb, ewig Freund bis in den Tod, jetzt gab er seinem Schmerz ergreifenden Ausdruck: „Mein Trost, mein treuester Diener, mein Herzensfreund, der midi, wie ich ihn, 19 Jahre inniglich geliebt in wahrer Freundschaft", und audi in der Folgezeit erinnert er sich immer wieder an ihn, den er „ewig im Herzen" halten und „nie vergessen" werde 208 ). Er ließ ihm eine großartige Trauerfeier richten, die sich über drei Tage hinzog und an der alle Mitglieder des Hofes und die ganze Stadt teilnahmen — sei es nun, wie du Bourg etwas maliziös schrieb, aus Devotion, sei es aus Politik 209 ). Reich wurden die Witwe und die Söhne bedacht. Tiefe Niedergeschlagenheit hat lange Zeit den Kaiser unzugänglich gemacht, so daß er sich kaum mehr zu Arbeit und Beschlüssen aufzuraffen vermochte. Natürlich fragte man sich allgemein, wem er nun wohl seine Gunst zuwenden würde, aber es waren reine Kombinationen, wenn man von dem Vetter des Verstorbenen, dem zum Freundeskreis Eugens gehörenden Gundaker Althann oder von dem spanischen Grafen Savalla sprach, von dem man behauptete, daß Karl seine Scherze gern gehört hatte. Man hielt es zeitweise wohl audi für möglich, daß die Kaiserin Elisabeth Christine, die zu Lebzeiten des Favoriten keinen Einfluß auf ihren Mann gehabt hatte, stärker hervortreten würde. Doch es erwies sich, daß der Kaiser nirgends neuen menschlichen Anschluß suchte, der sich politisch auswirken konnte. Wurde damit der Weg frei für eine vernünftigere Einrichtung von Hof und Regierung und vor allem für den Wiederaufstieg des unzweifelhaft bedeutendsten Dieners, den das Haus Österreich damals besaß? Es war, wie sich rasch zeigte, nicht der Fall. Nacheinander, so stellte Saint-Saphorin nach einigen Wochen mißmutig fest, starben Stella, Mikosch und Althann, denen man die ganze heillose Verwirrung zuschrieb, man hätte denken sollen, daß man sich in der Konferenz nach dem Verschwinden des Drucks, der durch des Favoriten unglaubliche Machtstellung auf ihr gelastet und zugleich ihre Glieder veruneinigt hatte, zusammenschließen und die durch den Verlust ihres Protektors schwer getroffenen Spanier in ihre Schranken zurückweisen, damit in die Politik wieder Einheitlich-

Tod des Favoriten Althann

93

keit, Konsequenz und einen großen Zug bringen würde, statt dessen aber verzehre man sich in gegenseitigen Animositäten, während auf der anderen Seite die Fremden von der Trauer des Monarchen um den toten Freund ebenso zu profitieren wußten wie vordem von seiner Abhängigkeit von dem lebenden 210 ). In seinem Bericht vom 1. Mai 1722 wollte der Resident Großbritanniens drei Parteien erkennen, einmal der Prinz und Starhemberg, zu denen sich Schönborn hielt, vom Kaiser wenig geschätzt, zumal verbreitet worden war, daß Freunde Eugens sich befriedigt über den Tod Althanns geäußert hätten, dann Sinzendorf mit Windischgrätz, von denen der erste es geschickt verstände, sich bei dem Kaiser einzuschmeicheln, und endlich die Spanier, bei denen sich zwar der Erzbischof von Valencia und Perlas-Rialp früher oft bekämpft hatten und weiterhin voll Mißtrauen beobachteten, nun aber doch zusammenwirkten — und in den kaiserlidien Gemächern war der „espagnolisme" noch immer Trumpf 211 ). So konnte es Erzbischof Folch gegen Ende Mai in einer gemeinsamen Sitzung der Konferenz und des Spanischen Rats wagen, den Prinzen mit der Behauptung anzugreifen, daß man in Mailand für weit mehr Truppen bezahle als wirklich vorhanden waren: Eugen nahm es zunächst schweigend hin, um dann Unterlagen beizubringen, mit denen er die Angaben des Spaniers widerlegte, und vor dem Kaiser über die Ignoranz und die Böswilligkeit seines Widersachers Klage zu führen. Nach den Informationen, die du Bourg erhielt, soll Karl darauf Trautson beauftragt haben, Folch einen Verweis zu erteilen, was aber keineswegs bedeutete, daß der Einfluß des Erzbischofs einen Stoß erlitten hätte 212 ). Hatte der Vorgang immerhin wieder gezeigt, daß der Prinz, wenn er energisch auftrat, seinen Willen wohl durchzusetzen vermochte, so erwies sich die daran geknüpfte Erwartung, daß ihm doch wieder die beherrschende Stellung im kaiserlichen Rat zufallen werde, bald als Illusion. Während sich im Laufe der folgenden Monate Sinzendorf und Perlas zu einer Koalition zusammenfanden, von der in zunehmendem Maße die Schritte des Kaisers vor allem in der Außenpolitik gelenkt wurden, kam es auch noch über der Frage einer Neuordnung der Unterhaltung der Truppen in Ungarn zu Mißhelligkeiten zwischen Eugen und Starhemberg: es scheint, daß dieser ohne Beteiligung des Hofkriegsratspräsidenten Vorschläge für eine Herabsetzung des Soldes gemacht hat, die Eugens erregten Einspruch hervorriefen 213 ). Ihm aber maß man

94

Krisen

die Schuld an Ausschreitungen von Soldaten und anderen deutlich werdenden Mißständen in Ungarn zu. Und während er auch mit Starhemberg haderte, machten die Gnadenbeweise, die der Herrscher Sinzendorf und Perlas zuteil werden ließ, deutlich, daß sie es waren, die aus dem Verschwinden Althanns Nutzen gezogen hatten 214 ). Merkwürdigerweise sind dem Favoriten in dieser Zeit nodi weitere hochstehende Persönlichkeiten in das Grab gefolgt, die dem Savoyer während ihres Lebens manchen Kummer bereitet hatten, aber auch dies hat die Situation für ihn nicht verbessert. Es hatte freilich für Zusammenspiel und Gegensätze am Wiener Hofe überhaupt nicht mehr viel zu bedeuten, als der böhmische Oberste Kanzler Graf Schlick am 8. April 1723 einem Schlaganfall erlag: einst war er einmal einer der Hauptopponenten des Prinzen gewesen, aber schon länger war er, obwohl er noch zu manchen Konferenzen zugezogen worden war, nicht mehr hervorgetreten 215 ). Wichtiger war gewiß, daß mit dem Tode des Erzbischofs von Valencia, Antonio Folch de Cardona, am 20. Juli 1724 der Spanische Rat seinen Präsidenten und die spanische Partei ihr Haupt verlor 216 ). Sein Stern war bereits, nachdem er unmittelbar nach dem Tode Althanns im Zenit gestanden und als der eigentliche Herrscher des habsburgischen Italien gegolten hatte, seit einiger Zeit verblaßt. Er war in scharfen Konflikt mit dem Kardinal Michael Friedrich von Althann geraten, der im Juni 1722, nachdem der Kardinal Schrattenbach sich ein Jahr zuvor in sein Bistum Olmütz zurückgezogen hatte, Vizekönig von Neapel geworden war, und sich mit einem Mitglied der Familie von Karls unvergessenem Freund anzulegen, bekam niemandem gut 217 ). Die ihm aufgezwungene Abschiebung seines vertrauten Sekretärs im Frühjahr 1723 war bereits von vielen als Vorbote seines eigenen Sturzes gedeutet worden 218 ), und auf dem Todesbett hat er tatsächlich um seine Entlassung gebeten, die aber nicht mehr ausgesprochen zu werden brauchte. Fähig und rücksichtslos war er für Eugen ein entschlossener und gefährlicher Gegner gewesen, aber ihm, der manche Schwächen besaß, war eher beizukommen gewesen, als dem an sich achtbaren Perlas-Rialp, der nun im Spanischen Rat unter dem neuen Präsidenten, dem Grafen von Monte Santo, allein den Ton angab 219 ). Zwischen ihm und dem Prinzen bestand zwar keine offene Feindschaft, politisch aber stimmten sie kaum noch mitein-

Keine Verbesserung der Lage für Eugen

95

ander überein, der Kaiser aber folgte dem Spanier und dem mit ihm am gleichen Strang ziehenden Sinzendorf, dessen Zerwürfnis mit seinem ehemaligen Chef und Freund in diesen Jahren unheilbar zu werden schien. So hatten denn alle Veränderungen, durch die das Schicksal in der Zeit zwischen 1720 und 1724 dem Wiener Hof ein anderes Aussehen gegeben hatte, nicht vermocht, dem Prinzen das Übergewicht wiederzugeben, das er zwischen 1714 und 1718 besessen hatte. Die Beziehungen zwischen ihm und dem Kaiser waren loyal und respektvoll von seiner, korrekt, ja geflissentlich freundlich von der anderen Seite: nach den Beobachtungen Saint-Saphorins sollten sie freilich 1724 wieder kühler, ja gespannt geworden sein, weil Forderungen der Gräfinnen Batthyány und Stratmann auf Anerkennung gewisser Rangvorrechte bei Empfängen der Kaiserin auf Widerstand gestoßen waren 220 ). Der Schweizer glaubte übrigens zu dieser Zeit erneut feststellen zu können, daß es mit des Prinzen Gesundheit nicht zum Besten stehe und daß er sich nur ungern Anstrengungen aussetze, während er andererseits auf den „Geschmack des Lukullus" gekommen sei. Und doch zeigen seine eigenen Berichte ebenso wie die erhaltenen Kopialbücher mit den zahlreichen von dem Savoyer ausgehenden Schreiben, daß der Chef der Konferenz, der Hofkriegsratspräsident und der Generalstatthalter der Niederlande in diesen Jahren sidi ständig mit den Geschäften befaßte und doch wohl mehr Zeit und auch Energie aufwandte, als es wohl nach außen den Anschein hatte, daß er im Grunde unentwegt bestrebt war, die Aufgaben, die ihm gestellt waren, zu lösen und der Politik Österreichs die Richtung zu geben, die er für die riditige hielt. Das Ergebnis hat allerdings oft nicht seinen Wünschen entsprochen. 6. Quadrupelallianz und Wiener Allianz, an deren Zustandekommen und Abschluß der Prinz beteiligt gewesen war, entsprachen seinen politischen Vorstellungen und Absichten, wenn ihm gewiß auch die von österreichischer Seite dabei gemachten Zugeständnisse und eingegangenen Verpflichtungen nicht in jeder Beziehung erwünscht waren. Aber er bekannte sich zu der Konzeption des englischen Ministers Stanhope, der Ordnung Europas auf der

96

Krisen

Grundlage eines Gleichgewichts der Kräfte, wodurch auf der einen Seite ein gefährlicher Störenfried, wie es das bourbonische Spanien geworden war, zur Einfügung in das System genötigt, auf der anderen das Vordringen einer in ihrer Kraft und in ihrem Ehrgeiz unberechenbaren und daher unheimlichen Macht wie des russischen Zarenreiches gebremst werden sollte. Er war persönlich kein Freund des Hannoveraners auf dem englischen Throne, aber in ihm hatte sich erneut die Erkenntnis gefestigt, daß der Kaiser am besten fuhr, wenn er mit den Seemächten in gutem Einvernehmen blieb, und wenn er deren gleichzeitige Freundschaft mit Frankreich wohl nicht ohne Mißtrauen beobachtete, so hielt er doch auch für Österreich ein Zusammengehen mit dieser Macht für möglich, solange dort der Regent und Dubois, aus was für Gründen immer, nicht den Traditionen von Eroberungen und Hegemonie folgten. Der Mann vom Genfer See, der zum Sachwalter der englischen Interessen am Wiener Hof geworden war, selbst ein energischer Verfechter des englisch-österreichischen Bündnisses, hat in dieser Zeit in seinen Berichten nach London immer wieder betont, daß es am Throne des Kaisers keinen Berater mit besseren Grundsätzen für das europäische Konzert gebe als den Savoyer, den er deshalb auch gegen die Intrigen der in ihren Ideen und Zielen davon abweichenden und daher gefährlichen spanischen Partei zu stützen suchte221). Der Ratspensionär Heinsius starb 1720, ihm folgte 1722 der Herzog von Marlborough in den Tod, aber der Überlebende des großen Triumvirats schien entschlossen, ganz im Sinne der alten Gemeinschaft weiterzuwirken. Mit Befriedigung konnte SaintSaphorin im Sommer 1722 von einem vertraulichen Gespräch mit ihm berichten, in dem er an Bemerkungen über die Notwendigkeit der Festigung der hannoverschen Dynastie und Regierung in England und über die Möglichkeit, Holland durch die Erhebung eines neuen Generalstatthalters wieder größere Kraft zu geben, das Bekenntnis zu dem Zusammenstehen der drei Mächte anschloß, die dann imstande wären, „das wahre System Europas aufrechtzuerhalten" 222 ).Und doch waren zu diesem Zeitpunkt schon erhebliche Einbrüche in dieses System erfolgt. Dazu haben nicht nur die Verhältnisse am Wiener Hof beigetragen. Ein nicht geringer Teil der Schuld für das Auseinanderbrechen jener Allianzen, für deren Bestand Eugen und seine Freunde gegen ihre inneren Widersacher fochten, lag bei England. So wenig der Tod so vieler Gegner seiner

Graf Gundaker Starhemberg

Graf Friedrich Karl von Schönborn

Lockerung der Beziehungen zu England

97

Person und seiner Ansichten im eigenen Land dem Prinzen bei jenem Kampf genützt hat, so schwer ist die auch von ihm vertretene Sache durch das frühe Dahinscheiden eines Mannes in London getroffen worden: erst 48 Jahre alt, starb am 5. Februar 1721 James Stanhope, keine glänzende Erscheinung wie Marlborough, einst als General auf spanischem Boden wenig glücklich, aber nicht nur ein gewandter Diplomat, sondern ein wirklicher Staatsmann, der mit dem selbstverständlichen Wirken für Englands Größe eine europäische Orientierung verbunden hatte. Mit Recht hat man in Wien den Verlust des Ministers, an dessen Sympathie für Österreich nicht zu zweifeln war, tief bedauert 223 ). Auf der Insel begann nun die Ära Robert Walpoles, des bedeutenden Parlamentariers und Innenpolitikers, der aber die Außenpolitik zunächst seinem Schwager Charles Townshend überließ. Mit seinem Vorgänger war Townshend an Charakter und Weitblick nicht zu vergleichen. Auch er kam zwar aus dem Lager der Whigs, aber am Kaiserhofe mochte sein Name an den fatalen ersten Barrierevertrag erinnern, den er einst hinter dem Rücken der Verbündeten mit den Holländern geschlossen hatte, und es sollte sich rasch zeigen, daß man von ihm wenig Rücksicht zu erwarten hatte 224 ). Freilich hatte es schon zu Zeiten Stanhopes die ersten Enttäuschungen und Auseinandersetzungen zwischen den Alliierten gegeben. Wenn man entsprechend den Verabredungen des Vierbundes gemeinsam gegen Spanien Front nahm und es zur Unterwerfung unter die Konvenienz Europas nötigte, so hat im Norden die Wiener Allianz nicht die Folgen gehabt, die ihre Schöpfer erhofft hatten. Preußen ließ sich nicht aus der Verbindung mit Rußland drängen, und wenn es dann König Georg und Stanhope nach eigenem Friedensschluß mit Schweden dodi gelang, sowohl Preußen als auch Dänemark zur Verständigung mit der Stockholmer Regierung zu bewegen, die nach Karls XII. Tod ihr Heil in engem Anschluß an London-Hannover bei Fortsetzung des Kampfes gegen den Zaren sah, so hat diesen die drohende Isolierung nicht eingeschüchtert. Das wäre vielleicht möglich gewesen, wenn die Partner der Wiener Allianz mit bewaffneter Macht an die Seite Schwedens getreten wären. Österreich dafür zu gewinnen, haben sich seit Herbst 1719 gemeinsam mit Saint-Saphorin die Schweden Sparre und Bielke bemüht 225 ), und an ihre Seite trat Ende April 1720 Eugens alter Freund Cadogan, der bis zum Oktober in Wien 7 Braubadi, Prinz Eugen

98

Krisen

blieb22®). Nun war man, wie Saint-Saphorin immer wieder feststellte, im allgemeinen am Kaiserhof sehr schlecht auf den Zaren zu sprechen, sah man mit Besorgnis auf die Ausdehnung seiner Macht an der Ostsee, befürchtete man böse Folgen der verwandtschaftlichen Beziehungen, die er mit kleineren Reichsfürsten wie Mecklenburg und Holstein angeknüpft hatte, wünschte man, wie es Eugen und Sinzendorf im Dezember 1719 in einer Unterredung mit dem englischen Residenten ausgedrückt hatten, „die Russen in das Innere ihres Moskowiens zurückzuschicken"227). Aber waren die kaiserlichen Interessen hier im Norden wirklich so tangiert, daß man sich in einen Krieg mit dem Sieger von Poltawa einlassen sollte, was hatte man davon, wenn man anderen die Kastanien aus dem Feuer holte und sich selbst damit unnötig in Gefahr brachte? So hat denn auch die Konferenz zu Beginn des Jahres 1720 dem Kaiser vorgestellt, „daß weder die Konvenienz noch auch die Possibilität zulasse, daß Eure Kaiserliche Majestät derzeit in diesen Krieg wider den Zaren sich einflechten", da man davon keinen Nutzen hoffen, bei mißlichem Ausschlag aber sich in schlimmste Lage versetzen könnte 228 ). Wenn der Prinz zu den Kriegsprojekten Sparres die Achseln zuckte und sie für undurchführbar erklärte, so lag der Grund dafür dodi wohl nicht nur in dem Veto der seinem Einfluß entzogenen Hofkammer, auf das er hinwies, sondern in eben jenen nüchternen Erwägungen über Vorund Nachteile eines Eingreifens, das über diplomatische Schritte und die Gestaltung einer Konstellation, die Rußland unter Druck setzte, hinaus ging. Wieder suchte man den berühmten Braunschweiger Kongreß zu beleben, der einst berufen worden war, um das Reich aus dem Kriege herauszuhalten, und jetzt dem Reichsoberhaupt die Möglichkeit zur Ausübung seines Mittler- und Richteramts bei Herstellung eines vernünftigen Friedens geben sollte. Durfte man bei allem Mißtrauen sich ablehnend verhalten, als darauf der russische General von Weissbach die Zustimmung des Zaren zu Verhandlungen in Braunschweig und zugleich das Angebot zur Wiederaufnahme der seit einiger Zeit unterbrochenen diplomatischen Beziehungen überbrachte229)? Vielleicht war Eugen wirklich, wie die Engländer meinten, weniger einer Verständigung mit den Russen geneigt als etwa der Reichsvizekanzler Schönborn, dem in seiner Reichspolitik eine Abwendung Moskaus von den protestantischen Fürsten Norddeutschlands erwünscht sein mochte. Und doch wird es auch seiner

Zwischen England-Hannover und Rußland

99

Meinung entsprochen haben, wenn er als der zuständige Minister im Namen des Kaisers dem Zaren den Dank für die Mission Weissbachs und das Einverständnis zur Aufnahme eines Botschafters zwecks Wiederaufrichtung der alten Freundschaft aussprach230). Schon Anfang Mai 1720 ist darauf der Russe Jaguzinsky in der Kaiserstadt eingetroffen, der offensichtlich den Auftrag hatte, alle Differenzen auszuräumen 231 ). Immer wieder hat der Prinz dem mißtrauischen Cadogan und seinem Schweizer Begleiter versichert, daß man weder ein Abkommen mit ihm vereinbart habe noch daran denke, sich an Rußland anzuschließen, ja daß man gern Schweden helfen möchte, aber eine eigene Initiative dazu lehnte er weiterhin ab, und wenn er sich auch in Diskussionen über gegen den Zaren gerichtete Truppenkonzentrierungen in Polen einließ, war das Ergebnis stets, daß es Österreich unmöglich sei, aktiv zu werden 282 ). So verließ der Engländer sehr wenig befriedigt Wien, und zu Beginn des Jahres 1721 mußte auch Saint-Saphorin endgültig die Hoffnung begraben, eine Frontstellung des Kaisers gegen Rußland zu erreichen: zum erstenmal ist es damals zwischen ihm und seinem früheren Vorgesetzten und bewunderten Freund zu gereizten Auseinandersetzungen gekommen 233 ). Schweden hatte schließlich die Zeche dafür zu zahlen, daß es im Vertrauen auf die ihm von England in Aussicht gestellte europäische Unterstützung den Abschluß des Krieges mit dem stärksten seiner Feinde hingezogen hatte. Durch russische Einfälle schwer geschädigt, beugte es sich im September 1721 den Forderungen des Zaren, mit dem Frieden von Nystadt fand der große nordische Krieg sein Ende. Der Kaiser hatte dabei wahrhaftig keine großartige Rolle gespielt, und Österreich hatte aus dem Zusammenbruch der ihm einst so gefährlichen und verhaßten schwedischen Großmachtstellung keinen Vorteil gezogen. Daß mit dem Anfall der Herzogtümer Bremen und Verden an Hannover und der Odermündungen mit Stettin an Preußen diese großen norddeutschen Reichsstände an Gewicht noch zunahmen, war für das Reichsoberhaupt gewiß nicht erfreulich, und wenn der Kaiser die eigene Bedeutung dadurch zu wahren und zu festigen trachtete, daß er die Investitur der neuen Herren von der Erfüllung gewisser reichsrechtlich begründeter Bedingungen abhängig machte, so schuf das nicht nur Verstimmung, sondern mußte auf die Dauer ebenso wirkungslos bleiben wie das verflossene Theater um den Braunschweiger Kongreß, den man 7*

100

Krisen

Ende 1721 auflöste. Und konnte das um Ingermanland, Estland und Livland vergrößerte und so in breiter Front in die Ostsee vorgestoßene Zarenreich nicht wie für ganz Deutschland, so auch für die habsburgische Macht weit gefährlicher werden als Schweden? Saint-Saphorin hat in seinen zusammenfassenden Rückblicken resigniert alle Erfahrungen und Erkenntnisse aufgeführt, die den Wiener Hof in den letzten Jahren mit schwerer Sorge über den russischen Vormarsch erfüllt hatten: des Zaren Verbindung mit Rákóczi, sein rücksichtsloses Strafgericht über den Zarewitsch, sein Eingreifen in Mecklenburg, überhaupt sein Auftreten im Reich, die sich zeitweise ankündigende Kombination einer Verbindung mit Preußen, die unverkennbare Aufrichtung russischen Einflusses in Polen 234 ). Was gerade in dieser Beziehung nun für „gefährliche Propositionen" auftauchen konnten, das zeigte ein im Sommer 1721 über den braunschweigischen Vater der Kaiserin nach Wien gelangendes Projekt einer Teilung Polens, über das sich Polens eigener König mit dem preußischen König und dem Zaren verständigt haben sollte; die Zustimmung des Kaisers wollte man angeblich durch dessen Beteiligung gewinnen, und Karl fand die Angelegenheit immerhin für so wichtig, daß er den Prinzen Eugen um Äußerungen darüber bat, ob es „konveniere", Polen zugrunde zu richten, und dies großen Nutzen bringen werde, auch man dabei angesichts der Verträge ehrlich handele, weiter aber, wenn es nicht „konveniere", was für Mittel man ergreifen müsse, um das Ganze zu hintertreiben 235 ). Wir kennen die Antwort des Prinzen, der diese „wichtige und häkliche" Sache der Konferenz ohne Zuziehung von Referendaren vorlegen sollte, nicht, aber gerade von ihm berichtete Saint-Saphorin, daß er mit der Gestaltung der Dinge im Norden sehr unzufrieden sei, daß er im Gespräch immer wieder seinem Unwillen gegen den Zaren und seine weiteren Umtriebe im Reich Ausdruck gebe und daß er ein Konzert der Mächte, die ein gemeinsames Interesse an der Eindämmung dieses Volks aus dem Osten hätten, für notwendig halte. Der Beteuerung, daß er an seinem Teil dazu mitwirken wolle, war freilich die Bemerkung angefügt, man müsse dabei mit großer Vorsicht zu Werke gehen, weil man manchmal, wenn man einem Übel zuvorkommen wolle, es gerade begünstige 236 ). Und war diese Vorsicht, die ja schon in der Zurückhaltung gegenüber den schwedischen und englisch-hannoverschen Anträgen auf Kriegsbeteiligung deutlich geworden war, nicht doch

Der Religionsstreit im Reich

101

berechtigt? Trotz der Äußerungen des Prinzen fand die durch die Sendungen Weissbadis und Jaguzinskys eingeleitete diplomatische Wiederanknüpfung zwischen Moskau und Wien im Herbst 1721 mit der Bestellung von Peters Kammerjunker Lanczinski und des Grafen Stephan Kinsky zu ständigen Gesandten ihre Bekräftigung 2 3 7 ). War es nicht doch möglich, Rußland zu zähmen oder wohl gar aus seinem Machtanstieg für sich selbst Nutzen zu ziehen? Das scheint vor allem die These Schönborns gewesen zu sein, der dabei auf an anderen Fronten entstandene Konflikte hinweisen mochte, durch die das gesamte bisherige Bündnissystem brüchig zu werden drohte. Wenn der Prinz in der nordischen Politik an dem Grundsatz des Zusammengehens mit England festgehalten wissen wollte, es aber selbst billigte, daß man sich nicht von London und Hannover auf gefährliche Wege leiten ließ und damit dort Enttäuschungen und Verärgerung hervorrief, so zeigt seine Haltung gegenüber dem konfessionellen Streit, der im Reich ausgebrochen war, ganz ähnliche Züge. Auch hier entsprach der Verlauf der Auseinandersetzung, in der das Reichsoberhaupt in Gegensatz zu Preußen, aber auch zu Hannover geriet, seinen Wünschen gewiß nicht, hat er zu beschwichtigen und zu vermitteln gesucht, um schließlich doch an die Seite des in diesem Bereich federführenden Reichsvizekanzlers zu treten, als er Würde und Ansehen des Kaisers von der anderen Seite in unerträglicher Weise angegriffen glaubte. Daß ein Jahrhundert nach dem Dreißigjährigen Krieg der Geist des Konfessionalismus sich erneut streitbar erheben und zu erbittertem politischem Kampf führen konnte, mochte ihm als ein Anachronismus erscheinen, aber wenn er das Vorgehen des katholischen Kurfürsten von der Pfalz, Johann Wilhelms Bruders und Nachfolgers Karl Philipp, gegen protestantische Rechte in Heidelberg mißbilligte, so hatte er doch auch kein Verständnis für die Repressalien, die Friedrich Wilhelm von Preußen gegen katholische Institutionen und Menschen in seinen Landen ergriff, und vor allem verurteilte er entschieden, daß der König kaiserliche Ermahnungen mit Aufforderungen an die protestantischen Stände zur Bildung eines Konzerts am Reichstag und in einem durch Druck verbreiteten Schreiben an den Kaiser mit Vorwürfen beantwortete, wobei die Vereinbarkeit der Wahrung der katholischen Interessen mit dem oberrichterlichen Amt im Reich bezweifelt wurde 2 3 8 ). In Konferen-

102

Krisen

zen vom 29. und 30. Januar 1720 war darauf eine scharfe Zurechtweisung beschlossen worden: seinerseits beschuldigte der Kaiser Preußen, unter dem Vorwand einer Bedrohung des Protestantismus eine Nebenregierung im Reich bilden und die kaiserliche Autorität untergraben zu wollen. Eugen war zu jener Zeit nach den Vorgängen um Klement auf den Berliner Hof persönlich gewiß nicht gut zu sprechen, Saint-Saphorin behauptete sogar, daß es keinen Minister in Wien gebe, der dem König so abgeneigt sei. Aber er besaß, wie der Schweizer hinzufügte, eine nicht hoch genug zu schätzende „Integrität der Seele", die es ihm verbiete, auf Grund von Ressentiments politische Ratschläge zu geben239). Seiner Meinung nach war mit jener Zurechtweisung Friedrich Wilhelms der beleidigten Ehre der Kaiserlichen Majestät, die eigentlich zu Bruch und Krieg berechtigt gewesen wäre, genug getan, weitere Maßnahmen, wie sie Schönborn forderte, widerriet er 240 ), und in seinen Gesprächen mit Saint-Saphorin und dem damals ja in Wien weilenden Cadogan hat er immer wieder betont, daß man diese fatalen Auseinandersetzungen durch unparteiische Untersuchung der Beschwerden und friedlichen Ausgleich beenden sollte241). Man wollte wissen, daß es in der Konferenz zu heftigen Debatten gekommen war, in denen der Prinz und Sinzendorf sich für eine Politik der Verständigung eingesetzt hatten, wie sie auch dafür eintraten, daß der Kaiser in der Frage der Investituren Preußens und Hannovers in Vorpommern und Bremen-Verden guten Willen und Entgegenkommen zeigte. Aber wenn sich im Spätsommer 1720 eine Beruhigung anzubahnen schien und Cadogan Ende Oktober Wien in dem Glauben verließ, wenigstens in diesen Fragen etwas erreicht und damit das alte Bündnissystem befestigt zu haben, so ergaben sich bald darauf erneute heftige Spannungen, da der Weife immer entschiedener an die Seite des Hohenzollern trat, ja sein leidenschaftlicher Vertreter am Reichstag, Baron Wrisberg, dort die Führung der evangelischen Opposition übernahm 242 ). Während er und Saint-Saphorin den Reichsvizekanzler beschuldigten, das Reich in einen Religionskrieg stürzen zu wollen, hat dieser in Wien eine feste Haltung audi gegenüber Hannover-England gefordert. Seine Berichte an seinen Onkel, den Kurfürsten von Mainz, aus der Zeit der Jahreswende 1720/21 lassen erkennen, wie widerwillig sich die anderen Minister seinen Argumenten beugten: „O Gott, was habe ich auszustehen gehabt, bis ich den terrorem panicum aus den

Vergebliche Versuche der Beilegung des Religionsstreites

103

Köpfen und Herzen gebracht, die katholischen Vorrechte aber et veram pacem Westphalicam ac constitutiones Imperii wiederum eingepredigt habe, indem die verfluchten akatholischen Schreiereien auch bei unseren hiesigen Leuten passim die ganz falschen principia der teutsdien Wesenheit eingeschlichen hatten. Caesar ist der erste gewesen, der sich begriffen hat. Hiernadi habe in 5 Konferenzen predigen, studieren, rufen und schreien müssen, als ein Paulus politicus, bis endlich ein oder anderer sich begriffen hat" 248 ). Endlich, so triumphierte er Ende Januar, erkenne man „die falschen Freunde und den Mutwillen sonderlich des Königs in England". Als seinen Gegner betrachtete er vor allem Sinzendorf und die ja schon immer mit der Reichskanzlei rivalisierende Hofkanzlei, aber waren die „liederlichen principia", die er ihnen vorwarf, nicht die Grundsätze einer österreichischen Staatsräson, die auch Eugen verfocht? Der Prinz hat in der Tat weiterhin zu beschwichtigen, die Erregung zu dämpfen, auch in einem persönlichen Zwischenfall zwischen SaintSaphorin und einem katholischen Priester zu vermitteln gesucht, und der englische Resident hat seinerseits im Juni 1721 erneut betont, daß er und Sinzendorf dem Kaiser immer wieder die üblen Folgen einer Verschärfung des Religionsstreits vorstellten 244 ). Vielleicht hätten sie mit ihrer Befriedungspolitik Erfolg gehabt, wenn nicht auch von der anderen Seite in das Feuer geblasen worden wäre. Da mußte sich Schönborn durch Äußerungen des preußischen Residenten Kanngiesser beleidigt fühlen, was zu dessen vorläufigem Ausschluß von Verhandlungen und seinem Protest in Berlin führte. Daß man dort dessen Annahme ablehnte und seinerseits dem kaiserlichen Residenten Vossius den Zutritt zum Hof sperrte, war auch nach Meinung Eugens eine Beleidigung des Kaisers, die mit der Abberufung von Vossius und der Zustellung der Pässe an Kanngiesser, also dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen, beantwortet wurde 245 ). Nochmals ist im Laufe des Jahres 1722 unter maßgebender Beteiligung des Prinzen der Versuch unternommen worden, den Religionsstreit beizulegen, eine Grundlage für die Erteilung der Investituren zu finden und so vor allem die Freundschaft zwischen Österreich und England aufrechtzuerhalten. In Wien wurde ein neues Dekret an den Reichstag ausgearbeitet, das an beide Parteien die Mahnung zur Abstellung der gegenseitigen Beschwerden richtete 246 ). Zugleich wurde beschlossen, den Grafen Konrad Starhem-

104

Krisen

berg, einen Neffen des Ministers, als Botschafter an den Hof König Georgs zur Bereinigung aller Differenzen zu schicken247). Während sich dessen Abreise auch zum Ärger Eugens länger verzögerte, hat dieser persönlich einen seiner Generäle, der zugleich ein deutscher Fürst war, den damals in seiner braunschweigischen Heimat sich aufhaltenden Ferdinand Albrecht von Bevern, eingesetzt, um Starhembergs Mission vorzubereiten und ihr zu sekundieren. Wiederholt hat er dem Herzog, der den in Hannover erwarteten KurfürstenKönig besuchen und mit ihm und seinen Ministern verhandeln sollte, von seiner Treue zu dem alten Bündnissystem, seiner Hoffnung auf Verständigung, die er von ganzem Herzen wünsche, von dem aufrichtigen Willen des Kaisers zur Erteilung der Investitur von Bremen-Verden und zu einem vernünftigen Ausgleich in den Religionsfragen geschrieben. Nach Erlaß jenes Dekrets an den Reichstag hat er unter Hinweis auf die Abwendung auch vieler Protestanten von der hitzigen Methode Wrisbergs feststellen zu können geglaubt, daß jetzt alle Aussichten vorhanden seien, um die Differenzen zur vollen Genugtuung aller Beteiligten beizulegen 248 ). Doch der Optimismus, den er noch Anfang September 1722 bekundete, wich schon am Ende desselben Monats schwerer Enttäuschung. Die Hoffnung, daß man sich um der Herstellung des Friedens und der Bewahrung der kaiserlichen Freundschaft willen von einem „boutefeu" wie Wrisberg trennen würde, erfüllte sich nicht: „Wenn der Hof von Hannover fortfahren will, sich unruhiger und turbulenter Geister in den Religionsfragen zu bedienen, so muß er es sich selbst zuschreiben, wenn die Beendigung allen Streites nicht so bald erfolgt, wie es Seine Kaiserliche Majestät wünschte", so gab Eugen in einem Brief an Bevern seiner Verärgerung Ausdruck 249 ). Sie wurde noch stärker und führte zu seinem Einschwenken auf die von Schönborn vertretene Linie, als um die Jahreswende 1722/23 ein von Wrisberg entworfenes Projekt einer protestantischen Antwort auf das kaiserliche Dekret bekannt wurde, das nicht nur dessen Vorschläge zurückwies, sondern auch unter schwersten persönlichen Anschuldigungen gegen Schönborn gewissermaßen dessen Absetzung forderte 250 ). Es mag sein, daß bei der damals sich vollziehenden persönlichen Annäherung zwischen dem Prinzen und dem Reichsvizekanzler und dem Bruch zwischen ihm und Sinzendorf der Einfluß der Gräfinnen Batthyány und Stratmann eine Rolle gespielt hat 251 ), entscheidend dafür, daß er sich in den Kon-

Vergebliche Versuche der Beilegung des Religionsstreits

105

ferenzen nun ganz auf die Seite Schönborns stellte und entsprechenden Erklärungen in Regensburg zustimmte, war dodi wohl die Überzeugung, daß audi Ansehen und Madit Österreichs unerträgliche Einbuße erlitten, wenn der Kaiser einer solchen Sprache und derartigen Forderungen eines Reidisstandes nicht entgegentrete 252 ). Immer noch, so bestätigte er Saint-Saphorin in einer Unterredung in der zweiten Maihälfte 1723, erscheine ihm nichts wichtiger, als Bündnis und gegenseitiges Vertrauen zwischen Wien und London, aber, so fügte er „in sehr unfreundlichem Ton" hinzu, „es ist nicht möglich, daß dieses Vertrauen sich wiederfinde und bestehen bleibe, solange man von Seiten des Königs als Kurfürst so auftritt und die Religionsangelegenheiten so betreibt, wie es zur Zeit geschieht, denn es scheint, daß man ganz andere Absichten verfolgt als die einer Abstellung der protestantischen Beschwerden" 253 ). Im Grunde hielt er an seiner Auffassung fest, und SaintSaphorin war nach neuen Gesprächen, die er während des Aufenthalts des von Hof, Regierung und diplomatischen Korps begleiteten Kaisers in Prag mit dem Savoyer hatte, der Meinung, daß er auch jetzt noch Sdiönborns Politik nidit ohne Mißtrauen und Bedenken folge 254 ). Aber offenbar konnte und wollte er nichts tun, was das Bündnis wieder zu kitten vermochte, solange die Gegenseite nicht von sich aus dazu die Hand bot. Die Sondierungen des seit dem Herbst 1722 am englischen Hofe weilenden Konrad Starhemberg ließen indessen kein wirkliches Einlenken erkennen, und Graf Metsch, der von Prag aus zu dem wieder in sein Kurfürstentum gekommenen Weifen abgeordnet wurde, berichtete Mitte Oktober 1723 aus Hannover dem Prinzen, daß man dort glaube, durch festes Beharren auf dem eigenen Standpunkt schließlich alles erreichen zu können 255 ). Sollte man es aber wirklich wegen der Differenzen zwischen Reichsoberhaupt und protestantischen Kurfürsten zu einem Bruch zwischen Österreich und England kommen lassen? Daran hat man wohl weder in London noch in Wien gedacht, und wenn die auf diesem Felde sich ergebende Entfremdung auch sicher zu dem Auseinanderfall der Quadrupelallianz beigetragen hat, so lag der eigentliche Grund dafür doch in der Entwicklung der großen Politik in Europa. Hier waren bald nach der im Frühjahr 1720 erfolgten Unterwerfung Spaniens innerhalb des damit erweiterten europäischen Konzerts Spannungen über die Durchführung der in

106

Krisen

dem Bündnisvertrag vorgesehenen Regelung für die italienischen Territorien entstanden, die schon bald die bisherige Koalition des Kaisers mit den Seemächten und Frankreich zu sprengen drohten. Wenn die Spanier darauf drangen, daß der ihnen zugesicherte künftige Anfall von Parma und Toskana an Don Carlos, den ältesten Sohn König Philipps aus seiner zweiten Ehe, schon jetzt gesichert werde, und sie damit bei Frankreich und auch bei England Unterstützung fanden, so hoffte man in Wien, diese Errichtung einer bourbonischen Sekundogenitur in Italien doch nodi vereiteln zu können. Sicher hätte auch Prinz Eugen eine dem Kaiser günstigere Entscheidung über die an die Lombardei angrenzenden Fürstentümer lieber gesehen, aber er wäre dodi um der Aufrechterhaltung der Allianz willen zur Ausführung von deren Bestimmungen bereit gewesen, dodi hier machte sich das Vordringen der Spanier und Italiener in der Umgebung Karls VI. weit mehr bemerkbar als in dem Religionsstreit im Reidi, in dem sie sidi offenbar zurückhielten. Man hatte sich in den europäischen Gremien geeinigt, auf einem Kongreß alle noch ungelösten Fragen im westlichen und südlichen Europa zu behandeln und zu entscheiden, und nach einigen Einwänden hatte man in Wien auch zugestimmt, daß diese Versammlung in Cambrai stattfinden sollte 256 ). War zunächst als Termin des Zusammentritts der Herbst 1720 vorgesehen, so zeigten sich bei der Vorbereitung bereits so starke Gegensätze, daß die Eröffnung immer wieder hinausgeschoben wurde. Sdion die zu Beginn des Jahres 1721 erfolgende Bestimmung der kaiserlichen Botschafter ist offenbar unter dem Einfluß der spanischen Partei in Wien erfolgt, denn von ihnen galt Graf Leopold Windischgrätz, ein jüngerer Bruder des Reichshofratspräsidenten, als Kreatur des Favoriten Althann 257 ), und in dem ihm beigeordneten Pariser Gesandten Pendterriedter sah man im Lager des Prinzen und der deutschen Minister einen Überläufer 258 ). Beide, so prophezeiten die westlichen Residenten in der Kaiserstadt, würden nichts tun und nichts berichten, was der „Kabale" mißfallen könnte, und bei deren Einstellung war an eine rasche Einigung über die Sicherung von Ansprüchen und Rechten des Don Carlos und in anderen Streitfragen kaum zu denken. Es ist indessen keineswegs so gewesen, daß der Auseinanderfall der Quadrupelallianz allein auf eine sich gegen den Willen Eugens vollziehende Neuorientierung der kaiserlichen Politik zurückzuführen ist. Er hing ebenso mit dem Wieder-

Auseinanderfall der Quadrupelallianz

107

aufleben alter und der Entstehung neuer Gegensätze zwischen ihren Partnern zusammen, die auch den Prinzen mehr und mehr gegen die nicht mehr von Stanhope überlegen geleiteten Westmächte Stellung nehmen ließen. Wir erinnern uns der Bestrebungen, die schon nach dem Frieden von Rastatt erwogene und verfolgte Idee einer „Union" zwischen Österreich und Frankreich im Rahmen der Quadrupelallianz zu verwirklichen : sie schienen in dem von Bonneval vermittelten persönlichen Briefwechsel zwischen Eugen und Dubois im Frühjahr 1719 bereits weit gediehen zu sein. Man ist auch in der folgenden Zeit in vertraulichem Benehmen miteinander geblieben. Als Dubois im Sommer 1720 zum Erzbischof von Cambrai erhoben wurde, hatte der Prinz seinen Glückwünschen die Versicherung hinzugefügt, daß er alles daransetzen werde, die von der Freundschaft und den Lebensinteressen der beiden Staaten geforderte gute Harmonie mit dem so würdigen Kirchenfürsten zu pflegen259). Von der anderen Seite ist man zu gleicher Zeit mit Entrüstung Gerüchten entgegengetreten, als wenn der Regent unter dem Einfluß des berühmten Finanzkünstlers John Law, der damals durch merkwürdige Praktiken Frankreich aus allen Wirtschaftssdiwierigkeiten zu reißen schien, eine Annäherung an Spanien suchte: durch du Bourg ließ Dubois dem Prinzen versichern, daß Law nicht die geringste Einwirkung auf die Außenpolitik gestattet werde und daß der Regent als sicherste Garantie für Ruhe und Ordnung in Europa die guten Beziehungen zu dem Kaiser ansehe260). Und dodi war man hier wie dort wohl nicht ganz aufrichtig: es sind in der Hauptsache taktische Gesichtspunkte, vor allem die Anpassung an die englische Politik gewesen, die beide Mächte damals zusammengeführt hatten, nicht etwa der Wille, eine wirkliche Gesinnungs- oder auch nur Interessengemeinschaft herzustellen 261 ). In Paris standen nicht nur die „spanische" Partei der Anhänger des Anjou und ein Großteil der öffentlichen Meinung dem Zusammengehen mit Österreich voll Mißtrauen und Abneigung gegenüber. Auch Dubois war, wie wir feststellen können, weit davon entfernt, die Freundschaft mit dem Kaiser zu dem Grundstein seiner vielversdilungenen Geheimpolitik zu machen: wichtiger ist ihm stets die Verbindung mit England gewesen. Vertraulich ließ er den Ministern italienischer Staaten versichern, daß Frankreich nicht daran denke, Österreichs Geschäfte zu besorgen, daß es vielmehr an seiner traditionellen Politik

108

Krisen

festhalte 2 6 2 ). Entsprechend hat man dann auch wieder Fäden nach Madrid geknüpft, nachdem man dort mit dem Beitritt zur Q u a d r u pelallianz den Verzicht auf die französische Krone erneuert hatte, zudem aber auch mit dem Heranwachsen Ludwigs X V . ein baldiger Thronwechsel immer unwahrscheinlicher wurde. D a s verbündete Österreich hat zunächst nichts davon erfahren, daß bereits Ende M ä r z 1721 ein französisch-spanischer Vertrag zustande gekommen war, in dem man sich gegenseitig Unterstützung zusagte und auch die Besetzung der festen Plätze in P a r m a und Toskana durch spanische Truppen in Aussidit genommen wurde, und daß sich Townshend im Juni bereit fand, Englands Beitritt dazu zu vollziehen 2 9 8 ). War man in Wien schon einigermaßen befremdet, als die Franzosen in einem Grenzstreit um eine Po-Insel zwischen der Lombardei und P a r m a für die Gegenseite Partei ergriffen 2 6 4 ), so konnte man sich dann nicht mehr verhehlen, daß innerhalb des Konzerts eine f ü r den Kaiser gefährliche Umschichtung im Gange war, als im Herbst 1721 die Doppel Verlobung Ludwigs X V . mit einer freilich erst vierjährigen Toditer König Philipps und des spanischen Thronfolgers mit einer Tochter des Regenten bekanntgegeben wurde. Die vertrauliche Korrespondenz zwischen Dubois und Eugen war wohl schon seit längerer Zeit eingeschlafen, jetzt bekundete auch der Prinz offen sein Mißtrauen gegen den alten Widersacher im Westen : von Frankreich, so äußerte er A n f a n g 1722 zu Saint-Saphorin, erwarte er nichts Gutes mehr 2 6 5 ). Schon im Oktober 1721 hatte er der Mitteilung des Friedens von N y s t a d t und jener Doppelverlobung an seinen Stellvertreter in Brüssel Prié die besorgte Bemerkung angefügt, daß man sich überlegen müsse, wie man üblen Folgen dieser Ereignisse vorbeugen könne: „Man wird hier das tun, was die Lage der Dinge erlaubt; die gute Harmonie mit England und H o l l a n d wäre sehr zu wünschen, aber die Zeitumstände scheinen dies nicht mehr zu erleichtern oder zu fördern" 2 6 6 ). D a s war in der T a t weit schlimmer, als die offensichtliche Erkaltung der Freundschaft mit Frankreich: man konnte sich auch auf die Seemächte nicht mehr verlassen, seitdem in London Townshend an die Stelle Stanhopes getreten war. Saint-Saphorin, der bei aller Kritik an der seiner Meinung nach störrischen und vertragwidrigen Haltung des Kaiserhofes in der Frage der italienischen Herzogtümer doch das Bündnis mit ihm aufrechterhalten wissen wollte,

Auseinanderfall der Quadrupelallianz

109

mochte noch so oft beschwichtigend von der Aufrichtigkeit und Uneigenniitzigkeit Englands sprechen, auch Eugen war mißtrauisch geworden, seitdem jene Sonderabkommen zwischen Madrid, Paris und London bekanntgeworden waren. England, so schrieb er am 24. Januar 1722 an den Herzog von Braunschweig-Bevern, gehe ohne Wissen des Kaisers Verträge nach allen Seiten ein und verstoße damit gegen die einer alten Freundschaft und engen Union entsprechenden Gesetze des Vertrauens. Durch den mit ihm eng verbundenen Herzog hat er damals unabhängig von der offiziellen Politik einen Vorstoß unternommen, um die sowohl im Reich als auch in Europa erschütterte Grundlage dieses Vertrauens wiederherzustellen: „Sie wissen", so heißt es in jener Instruktion an Bevern, „daß eine der ersten Voraussetzungen für eine gute Harmonie besonders zwischen den Mächten die Gegenseitigkeit des Vertrauens ist und daß, wenn man sich davon entfernt hat, es überzeugender Beweise bedarf, um es wieder aufzurichten. Ich zweifle nicht, daß man das einsieht und Gelegenheit geben wird zur Rückkehr dieses Vertrauens, um die alte Freundschaft und gute Verbindung zu erneuern und zu befestigen, die im allgemeinen Interesse liegen" 267 ). Doch des Herzogs Besuche in Hannover blieben, wie wir schon sahen, ohne positives Ergebnis, und schon im Sommer 1722 hatte es eine Zeitlang den Anschein, als ob das ganze Konzert auseinanderbrechen würde. Bitter hatte sich der Prinz bei Saint-Saphorin darüber beschwert, daß man in London dem kaiserlichen Residenten Hoffmann keine Gelegenheit zu Gesprächen und Verabredungen über den Kongreß gebe, während der König und seine Minister den Vertreter Frankreichs zu langen Konferenzen empfingen, erregt hatte er Einspruch erhoben, daß man von einer französisch-englischen Vermittlung spreche, wo man doch bisher gemeinsam gegen Spanien gestanden hätte 288 ). Und dann hörte man, daß der Hof von Madrid noch vor Eröffnung des Kongresses die Zusicherung der Aufnahme spanischer Truppen in Parma und Toskana und der Unabhängigkeit dieser Fürstentümer vom Reich forderte und angeblich bereits Regimenter in dem noch im spanischen Besitz befindlichen Porto Longone auf der Insel Elba zusammenziehe. Vor einem Bruch scheute man indessen dodi auf allen Seiten zurück, und so fand man sich bereit, den Kongreß zu ermöglichen, indem auf der einen Seite Spanien darauf verzichtete, sowohl Soldaten als auch Don Carlos selbst in den ihm zugedach-

110

Krisen

ten Landen erscheinen zu lassen, auf der anderen der Kaiser versprach, bei Eintreten des Erbfalls den Regierungsantritt des Infanten nicht zu verhindern. Die Nachgiebigkeit in dieser Frage wie dann audi die Erfüllung der Forderung der übrigen Mächte auf die Ausstellung einer die „Exspektanz" des jungen Bourbonen auf Parma und Toskana anerkennenden Urkunde durch Kaiser und Reich hat der Prinz gebilligt, er war auch weiterhin für die Ausführung der in der Quadrupelallianz übernommenen Verpflichtungen und er wandte sich gegen die Verzögerungstaktik, die zur Folge hatte, daß die seit dem Herbst 1722 in Cambrai endlich versammelten Kongreßbevollmächtigten doch erst im Januar 1724 zur offiziellen Eröffnung des Kongresses schritten26"). Und dodi hat er den Zerfall des Konzerts und die zunehmende Isolierung Österreichs nicht zu verhindern vermocht. Während des Aufenthalts des Hofes in Prag im Sommer 1723 ist noch einmal eine rege diplomatische Tätigkeit von kaiserlicher Seite entfaltet worden, um den nach Hannover gekommenen englischen König wieder für das alte System zu gewinnen. Neben Konrad Starhemberg und dem Grafen Metsdi war dabei von neuem Ferdinand Albrecht von Bevern als persönlicher Bote Eugens beteiligt, aber das Ergebnis war, daß, wie der Kaiser Anfang November dem nach Wien zurückgekehrten Prinzen mitteilte, „wenig oder nichts von selbem Hof und König zu hoffen und sie mal bei ihrem alten dictato modo bleiben wollen" 270 ). Wenn der Savoyer dies auch jetzt noch nicht als endgültig ansehen wollte 271 ), so mußte es ihn dann besonders kränken, daß man in Hannover und London seine Aufrichtigkeit bei seinen Bemühungen um die Erneuerung von Harmonie und Freundschaft zu bezweifeln schien: es sei ihm, so schrieb er am 29. Dezember 1723 an Bevern, „sehr leid, daß man an bewußten Hof von mir eine so ungleidie Meinung führen mag, umsomehr als denjenigen, die midi sonst kennen, wohl wissend ist, daß ich zu aller Zeit und Gelegenheit in meinem Tun und Lassen ohne Passion und Einseitigkeit zu handeln und vorzugehen gewohnt bin, und gleichwie idi auf diese Weise jederzeit nichts anderes als die Beförderung des allerhöchsten und des Publici Dienst hauptsächlich vor Augen habe, also lasse midi auch durch Intrigen oder Hofkabalen von diesem principio niemals abwendig oder irre machen" 272 ). Vielleicht wäre es dodi nodi möglich gewesen, in den deutschen und italienischen Differenzen „Temperamente" zu finden, durch die

Bemühungen Eugens um die Seemächte

111

nicht nur der Fortbestand des Friedens gesichert, sondern auch die Mächtegruppierung gewahrt worden wäre, in der Eugen die beste Garantie für die richtige Gewichtsverteilung in Europa sah. Aber da gab es noch einen anderen Konflikt, hinter dem der Religionsstreit im Reich und die Auseinandersetzung um die Anwartschaft in Italien immer mehr zurüdstraten, und in ihm standen sich nicht mehr der Kaiser und die Bourbonen gegenüber, die beide um Englands Unterstützung warben, vielmehr stießen hier Österreich und die Seemächte unmittelbar aufeinander. Er erwuchs aus dem Wunsch des Kaisers, aus den ihm zugefallenen südlichen Niederlanden wirklichen Nutzen für sein gesamtes Reich und dessen Wirtschaft durch Gründung einer Handelskompagnie in Ostende zu ziehen. So ist gerade aus einem Bereich, für den der von der Notwendigkeit des alten Bundes mit London und dem Haag überzeugte Prinz Eugen als Generalstatthalter Belgiens die Verantwortung trug, der stärkste Anstoß für das Zerbrechen jenes Systems ausgegangen.

Vierzehntes Kapitel GENERALSTATTHALTER BELGIENS

Wir sind dem Prinzen Eugen bisher in der Hauptsache als Soldaten und als Diplomaten, als Feldherrn und als einem der hervorragendsten außenpolitischen Berater der Kaiser begegnet. Freilich hatte er sdion als Hofkriegsratspräsident ständig mit der Verfassung und Verwaltung der habsburgischen Lande zu tun, mit der Aufbringung der Mittel für das Heer in Krieg und Frieden, und erst recht forderte man von dem Mitglied und vor allem dem Vorsitzenden der Geheimen Konferenz seine Mitwirkung, sein Votum, ja seine Entscheidung auch in allen Fragen der Innenpolitik, der Finanzen und der Wirtschaftslenkung und -förderung. Wie oft audi Detailangelegenheiten dieser Ressorts an ihn herangetragen und von ihm aufgegriffen wurden, zeigt etwa sein Briefwechsel mit dem zum Regierungshaupt von Bern gewordenen General Hieronymus von Erladi aus den Jahren 1724/25, in dem er ihm mehrfach zusagt, wegen der Zollerhöhungen in Österreich mit dem Kaiser zu sprechen1). Seine Stellung an der Spitze des Ministeriums hätte ihm sicher erlaubt, maßgebenden Einfluß auch auf die innere Gestaltung des Staats, auf die Auseinandersetzungen mit den Ständen, auf Auswahl und Arbeit der Behörden usw. zu beanspruchen und auszuüben. Und doch scheint hier seine Einwirkung sehr begrenzt geblieben zu sein: keineswegs ist er ein alle Zweige der Staatsverwaltung leitender oder kontrollierender Premierminister gewesen. Der Grund dafür lag nicht nur in den Hindernissen, die sich wegen der gesamten Organisation des Habsburgerreiches der Aufriditung einer solchen Autorität entgegenstellten, oder in dem Mißtrauen und dem Widerstand des Monarchen und der anderen Minister, sondern auch in ihm selbst: er wollte wohl über alles informiert sein und audi mitsprechen, die Entscheidung in diesen innenpolitischen Dingen aber hat er, der sich doch auch in der späteren Zeit nodi als ein „Fremder" in Österreich fühlte, nicht erstrebt. Wir sahen schon, daß er an dem wichtigsten Vorgang für die Formung eines österreichischen Staats in jener Zeit, an der Abfassung und Verkündung der nicht nur die Erbfolge bestimmenden, sondern auch die Länder zusammenfassenden Pragmatisdien Sanktion nicht beteiligt gewesen ist. Wohl 8*

116

Generalstatthalter Belgiens

hat er gemeinsam mit Sinzendorf und Starhemberg in einer Konferenz im Januar 1726 es dem Kaiser gegenüber als unumgänglich bezeichnet, „daß man, so viel möglich ist, ein totum aus Eurer Kaiserlichen und Katholischen Majestät weitläufigen und herrlichen Monarchie mache", das war indessen nicht etwa die Ankündigung eines großen Reformprogramms; den Beratungen lag die Feststellung zugrunde, daß die für das Heer bestimmten Gelder unzureichend waren und je nach den einzelnen Ländern unterschiedlich eingingen, und der Vorschlag der Minister beschränkte sich darauf, daß die Konferenz künftig zusammen mit dem Spanischen und dem Flandrischen Rat wöchentlich einmal zusammentreten sollte, um die von den Ländern zu beziehenden Einkünfte festzulegen, unnötige Ausgaben und Abzweigungen abzustellen und alles anzuwenden, „was zu Auslangung in der gegenwärtigen Crisi einigermaßen vorträglich sein könnte" 2 ). Sehr viel herausgekommen ist dabei wohl kaum, immer wieder begegnen audi später die gleichen Klagen über finanzielle Fehlleistungen, die ihre Ursache in der Unübersichtlichkeit und Gegensätzlichkeit der nodi allenthalben von dem alten feudalen System beherrschten Verwaltungsorganisation hatten. Und man wird nicht sagen können, daß in der Zeit, in der Eugen wenigstens dem äußeren Schein nach an der Spitze der Regierung stand, wirklich ernsthafte und tiefgreifende Eingriffe in das innere Gefüge der Monarchie erfolgt sind. Ja, angesichts seiner offensichtlichen Zurückhaltung in der Innenpolitik hat man bei ihm in manchen Kreisen nicht nur Abneigung gegen jede Art von Reformprojekten, sondern sogar allzugroße Vorliebe für das Althergebrachte finden wollen 3 ). Und doch hat es Jahre gegeben, in denen er sich fast täglich mit Geschäften aus dem gesamten Bereich innerer Regierung, mit Verfassung und Ständen, territorialer und kommunaler Verwaltung, Steuern und Ausgaben, Finanzgebarung und Wirtschaftsregelung, Industrie und Handel, Kirchen und Klöstern, Unterricht und Gesundheitswesen zu befassen hatte. Fast ein Jahrzehnt lang war er als Stellvertreter des Kaisers verantwortlich für eine große Provinz des Habsburgerreichs, die schon durch ihre Lage unabhängiger gestellt war als die alten, einen zusammenhängenden Block bildenden Erblande und durch ihre geschichtliche Entwicklung die Regierung weit schwieriger machte. Man kann nur staunen über die Masse von Korrespondenzen und Akten, die für die Tätigkeit des Prinzen

Eugen als Generalgouverneur Mailands

117

als Generalstatthalter der in den Friedensverträgen Österreich zugesprochenen südlichen Niederlande in den Jahren 1716 bis 1724, für seine persönliche Anteilnahme an allem, was dort vor sich ging und angeordnet wurde, Zeugnis ablegt. Wenn daraus erneut Pflichtbewußtsein und Leistungsfähigkeit hervorgehen, so werden freilich gerade audi hier die Grenzen seiner Begabung und Leistung als Staatsmann deutlich. 1. Belgien ist nidit das erste Land gewesen, das des Prinzen Leitung unterstellt war. Wir erinnern uns, daß ihm nach dem Sieg bei Turin im Herbst 1706 das Generalgouvernement der Lombardei, des Stato di Milano, übertragen wurde und daß er nach festlidiem Einzug in Mailand im Winter 1706/07 dort die Regierung einrichtete. Freilich, seitdem er sich nadi der Rückkehr aus dem mißglückten Feldzug gegen Toulon im November 1707 einige Wochen in Mailand aufgehalten hatte, war er nidit mehr nadi dort zurückgekehrt, und wenn er auch in den folgenden Jahren in ständiger Verbindung mit dem von ihm als Großkanzler an die Spitze der lombardischen Verwaltung gestellten Marchese Pirro Visconti stand und auf Grund seiner Korrespondenz mit ihm und den mailändischen Behörden Berichte, Vorschläge und Rechtfertigungen nadi Wien und zunädist auch nach Barcelona sandte, so ist er dodi bis 1714 allzusehr mit der Kriegführung in den Niederlanden und am Rhein und mit den Friedensverhandlungen beschäftigt gewesen, als daß er persönlich mit Energie und Konsequenz die Regierung hätte führen können. Zeitweise hatte es ja geschienen, als ob er den Posten an den Herzog von Modena abgeben müßte, selbst hatte er sich schon darauf eingestellt, und mehrfach hat er in den ersten Jahren geäußert, daß er in seiner Bestellung zum Generalgouverneur nur eine Übergangslösung sehe4). Von seiner Ablösung ist dann zwar seit der Ausschaltung der „modenesischen" Partei durdi den Rüdetritt des Fürsten Salm und den Thronwechsel von 1711 nidit mehr die Rede gewesen, aber auch dann scheint er kaum damit geredinet zu haben, nach Friedensschluß selbst die Zügel der Regierung in Mailand in die Hand zu nehmen. Er hat wohl, wie es seiner Art entsprach, pflichtgetreu die an ihn gelangenden Akten bearbeitet und dabei versucht, für Ruhe, Ordnung, Gerechtigkeit und für

118

Generalstatthalter Belgiens

Lenkung und Nutzung der Kräfte des Landes zum Vorteil der Bewohner, vor allem aber des kaiserlichen Dienstes zu sorgen; Antriebe zu grundlegenden Reformen des in mancher Beziehung verbesserungsbedürftigen Verwaltungssystems und zur Entwicklung von Wirtschaft und Kultur dürften aber kaum von ihm ausgegangen sein. Jedenfalls ist seine Einwirkung auf die Vorgänge in der Lombardei nicht derart gewesen, daß sich im Rahmen seiner Biographie eine Erschließung und Verarbeitung der Quellen, die zudem mit nicht geringen Schwierigkeiten und einem großen Zeitaufwand verbunden gewesen wären, als unbedingt geboten erwiesen hätten. Einige Hinweise auf Bedingungen, Arbeiten und Ergebnisse seines italienischen Generalgouvernements mögen genügen 5 ). Man hat in der Lombardei wohl anfangs von der Ablösung des spanischen durch das österreichische Regiment eine Wendung zum Besseren erhofft und gerade auch in der Berufung des selbst italienischem Geschlecht entstammenden und durch seine jahrelange militärische Verwendung in Italien mit dem Lande vertrauten Prinzen zum Nachfolger meist landfremder spanischer Gouverneure eine Bürgschaft dafür gesehen: der Jubel, mit dem man den berühmten Helden bei seinem Einzug in die Hauptstadt im April 1707 begrüßt hatte, dürfte daher echt gewesen sein. Ihm ist indessen die Enttäuschung rasch gefolgt. Eine schwere Hypothek lag von Anfang an auf diesem Beginn österreichischer Herrschaft durch die Abtretung wichtiger Randgebiete im Westen der Lombardei, zu der sich der Kaiser dem Herzog von Savoyen gegenüber verpflichtet hatte. Wenn diesem Alessandria, Valenza und einige andere Gebiete sofort eingeräumt wurden, so blieb das Schicksal weiterer Teile des Grenzgürtels bis zum Friedensschluß und darüber hinaus ungewiß. Von den schwierigen und oft unerquicklichen Verhandlungen zwischen Wien und Turin darüber mochte manches in die Öffentlichkeit dringen und beunruhigend auf die mailändische Bevölkerung wirken 6 ). Und auf ihr lasteten zugleich die finanziellen Anforderungen, die der Krieg mit sich brachte; solange er dauerte, war der Fiskalismus Trumpf, hat die Regierung ihr Hauptaugenmerk auf die Beibringung der Gelder gerichtet, um die Truppen unterhalten und neue Regimenter aufrichten zu können. Man mochte erkennen, daß eine gerechtere Verteilung der bestehenden Steuern notwendig war, aber ein Vorstoß in dieser Richtung hätte die schon bestehende Verwirrung nur vergrößert und die Erhebung

Bemühungen und Mißerfolge in Mailand

119

erschwert und verzögert, und so beschloß man, hinter diese Erhebung stärkeren Druck zu setzen, zugleich die Sätze zu erhöhen und neue Steuern zu dekretieren. Dabei scheiterten Versuche, Abgaben auf Luxusgegenstände zu legen, an dem Widerstand der die Behörden und Räte beherrschenden oberen Schichten, und einer stärkeren Heranziehung der geistlichen Güter legte die Kirche mit Erfolg Hindernisse in den Weg. Klagen über schwere Bedrückung durch Lasten aller Art und damit über Mangelerscheinungen und über den Verfall von Gewerbefleiß und Industrie, aber auch über Eigennutz und Unfähigkeit der leitenden Persönlichkeiten gelangten an den Generalgouverneur und wohl auch unter seiner Umgehung nach Wien und Barcelona. Der Prinz hat dies nicht wahrhaben wollen. Wenn er, wie früher schon erwähnt, zu Beginn seiner Statthalterschaft voll Stolz glaubte, behaupten zu können, daß Mailand noch nie besser regiert worden sei, so hat er sich 1710 entschieden hinter den Großkanzler Visconti gestellt, als dieser von dem Senat angegriffen wurde 7 ). Man hat Visconti nicht nur seine Treue gegen das Haus Habsburg nachgerühmt, die während der französischen Herrschaft zu der Verurteilung des nach der Schweiz geflüchteten Mannes zum Tode und der Einziehung seiner Güter geführt hatte, sondern ihm auch Klugheit und Rechtlichkeit zugesprochen, offenbar ist er aber nicht imstande gewesen, Ordnung und Einheitlichkeit in die Verwaltung zu bringen und sich gegenüber seinen zahlreichen Gegnern im Lande wirklich durchzusetzen. Es hat nicht an Anläufen von seiner und von anderer Seite gefehlt, Mißstände abzustellen, weit gelangt ist man indessen nicht. Und wenn der Generalgouverneur wohl bereit war, jeden ernsthaften Reformvorschlag zu unterstützen, durch den auf der einen Seite die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung verbessert, auf der anderen die ständige Ebbe in den Kassen beseitigt werden konnte, so haben Bedenken und Widerstand innerhalb der für das Land zuständigen mailändischen, österreichischen und spanischen Behörden und von seiten interessierter Kreise es zu einer Verwirklichung nicht kommen lassen. Es wurde nicht besser, als der Krieg sein Ende nahm: der Übergang in die Friedenswirtschaft bot neue schwierige Probleme, und wenn nun wenigstens die alleinige staatsrechtliche Unterstellung unter Wien geklärt war, so schuf hier die Bildung eines besonderen Spanischen Rats als Zentralorgan für die italienischen Provinzen neue Kompetenzkonflikte. Der Generalstatthalter,

120

Generalstatthalter Belgiens

der audi jetzt sich außerstande fand, über die Alpen zu fahren, um selbst nach dem Rechten zu sehen, hatte sich so für jede Verwaltungsmaßnahme mit jenem Gremium auseinanderzusetzen, das, von dem Erzbischof von Valencia rücksichtslos dirigiert, es nicht nur verstand, die Hand auf alle Einkünfte zu legen und bei der Vergebung von Stellen und Pensionen für die eigenen Freunde zu sorgen, sondern auch den Vertrauten des Prinzen im Lande durch Berufung von Spaniern in die Regierung und den Senat Aufseher und Gegenspieler zur Seite zu setzen. Eugen aber erwies sich dem gegenüber als machtlos. Er hat das später selbst offen zugegeben, als er bei seinen ersten scharfen Angriffen gegen den Spanischen Rat im Herbst 1717 daran erinnerte, daß er in der Zeit seiner mailändischen Statthalterschaft immer wieder die Befestigung und Ausstattung der dortigen festen Plätze gefordert, dies aber nicht erreicht habe, weil die dafür bestimmten Gelder für andere Zwecke verwandt worden seien8). Nachdem der Kaiser sich entschlossen hatte, ihm mit der Generalstatthalterschaft der Niederlande eine andere Aufgabe zu übertragen, hat der Prinz wohl ohne Widerstreben das Gouvernement des Stato di Milano niedergelegt. Schon im Mai 1715 hatte ihn der Habsburger um Vorschläge für seine Nachfolge gebeten, die dann dem Fürsten Löwenstein zufallen sollte9), aber erst mit einem Brief vom 28. Juni 1716 hat er den Mailändern den Wechsel bekanntgegeben und sich von ihnen verabschiedet10). Das sei, so hat er ihnen versichert, kein Abschied in jeder Beziehung von einem Staat, dem er immer besonders zugetan gewesen sei, und in der Tat hat er auch in der Folgezeit mancherlei Beziehungen nach dort unterhalten, wie andererseits die Mailänder, die über seine Abberufung keineswegs erfreut waren, offenbar nicht ihn für die Versäumnisse und Enttäuschungen der verflossenen Jahre verantwortlich machten, sondern von tiefer Bewunderung für den von Muratori gepriesenen „magnanimo eroe" erfüllt blieben 11 ). Als es 1722 einmal hieß, man wolle ihn wieder statt mit dem belgischen mit dem italienischen Amt betrauen, méinte ein ihn so gut kennender Beobachter wie Saint-Saphorin, das sei ihm selbst vielleicht bei seiner Zuneigung für die Mailänder ganz recht12). Er war gewiß audi, solange er an der Spitze des Stato di Milano gestanden hatte, gewillt gewesen, alles zu ihrem Besten einzurichten, aber nach dem Anlauf im Herbst und Winter 1706/07 hatten ihn die Umstände

Um die Regierung der Niederlande

121

daran gehindert, wirklich die Regierung zu führen, und so war seine Wirksamkeit ohne die günstigen Folgen geblieben, die man von ihr erwartet hatte. 2.

Weit nachdrücklicher hat der Prinz sich des zweiten Landes angenommen, das seiner Führung anvertraut wurde, und seine Tätigkeit hat hier wohl audi tiefere Spuren hinterlassen. Das ist um so merkwürdiger, als in seiner politischen Konzeption für Gestaltung und Zukunft des Habsburgerreiches der mailändische Staat eine weit wichtigere Rolle spielte als die Niederlande. In der Vereinigung der um Mantua erweiterten Lombardei mit Österreich hatte er von vornherein das erste Kriegsziel gesehen, den Griff nach der oberitalienischen Ebene gebot seiner Meinung nach die Staatsräson. Dagegen hatte er während der Kriegsjahre sich an einem Gewinn des belgischen Teils der großen spanischen Erbmasse nicht in gleichem Maße interessiert gezeigt. Wohl hatte er seine Kraft an seine Eroberung gesetzt, wobei jedoch das militärische Ziel der von hier aus am ehesten erhofften Niederwerfung Frankreichs ihn leitete, während er in der ständigen Beibehaltung dieses Landes bei seiner Entfernung vom Kern der Monarchie und bei der Abhängigkeit, in die der Besitzer von den mächtigen Nachbarn geraten konnte, eher eine Belastung als einen Nutzen für den Kaiser sah. Während der Utrechter Friedensverhandlungen hat er dem Grafen Sinzendorf verschiedentlich die Gründe entwickelt, aus denen das Angebot der spanischen Niederlande als ein Danaergeschenk angesehen werden müßte: nicht nur daß die Einkünfte nicht ausreichten, um für dies exponierte Gebiet eine ausreichende Armee zu unterhalten, werde man nicht einmal wirklicher Herr im Lande, da die Holländer ja auf dem Besatzungsrecht in einer Reihe von festen Plätzen bestehen würden und man zudem fürchten müsse, „daß sie von der ganzen Scheide und folglich audi von dem Commercio Meister sein werden" 1 3 ). Gut schien es ihm damals nur, um als Tauschobjekt gegen Bayern verwendet zu werden; selbst hat er ja dann in Rastatt versucht, ein entsprechendes Geschäft in die Wege zu leiten und es wenigstens erreicht, daß in einem Artikel des Friedensvertrags die Möglichkeit für die Zukunft offengehalten wurde. Nun aber fiel gerade ihm die Aufgabe zu, das,

122

Generalstatthalter Belgiens

was ihm in Mailand unter in mancher Beziehung günstigeren Bedingungen nicht wirklich gelungen war, nämlich die feste Verbindung mit dem Habsburgerreich, in diesem eigentlich gegen seinen Wunsch erworbenen Land zu erreichen. Schon seit seinem Erscheinen auf dem niederländischen Kriegsschauplatz hatte man davon gesprochen, daß ihm durch den damals in Spanien um die ganze Erbschaft kämpfenden Habsburger die Statthalterschaft über die bisher von den Verbündeten eroberten flandrischen und brabantischen Territorien übertragen werden sollte. Man hatte sie zunächst Marlborough angeboten, der aber abgelehnt hatte, und im Laufe des Jahres 1709 schien es eine Zeitlang schon so gut wie entschieden, daß der Prinz, den die „modenesische" Partei in Wien ja damals aus Mailand verdrängen wollte, dafür mit Rang und Einkünften aus Brüssel entschädigt werden sollte: nicht nur hat ihn im September dieses Jahres König Karl aus Barcelona gebeten, sich schon „um das arme Niederland, als wenn es unter Dero Guberno stehen sollte, anzunehmen", am 23. Oktober stellte er auch tatsächlich das entsprechende Patent für ihn aus14). Aber die Verhältnisse waren noch viel zu ungeklärt, als daß es hätte in Kraft gesetzt werden können, und so hat denn, solange der Krieg dauerte, über den örtlichen Gewalten in Flandern und Brabant eine englisch-holländische Kommission eine Art Besatzungsregime ausgeübt, während in Luxemburg und Namur der Bourbone bzw. der ehemalige spanische Generalstatthalter Max Emanuel von Bayern sich behauptete, der Hennegau von den Holländern und Limburg von den Österreichern verwaltet wurde 15 ). Doch dann war die Entscheidung von Utrecht, die ganz Belgien der Souveränität des Kaisers unterstellte, in Rastatt bestätigt worden, wobei er übrigens zugleich zur Wahrung der alten Rechte und Privilegien der Provinzen und Stände verpflichtet wurde. Nun galt es zunächst, jene voneinander getrennten Teile wieder miteinander zu vereinigen und zugleich sich mit den Holländern über die ihnen zugesprochenen Barriererechte zu verständigen. Mit dieser wahrhaftig nicht leichten Aufgabe wurde, wie wir schon in anderem Zusammenhang sahen, der General Graf Königsegg betraut. Möglicherweise ist die Auswahl gerade dieses dem Prinzen ergebenen Waffengefährten auf Eugen selbst zurückzuführen, dem wohl schon bald nach den Friedensschlüssen vom Kaiser die Übernahme des Generalgouvernements nach vorheriger An-

Berufung Eugens zum Generalstatthalter

123

erkennung seiner Herrschaft in allen Teilen angetragen worden war. In seinen uns erhaltenen Korrespondenzen treffen wir freilich erst im Frühjahr 1715 auf entsprechende Hinweise. Ende April bezeichnete er es in einem Brief an den Feldmarschall Daun nach Neapel als zutreffend, daß Karl VI. ihn gebeten habe, „das Niederländische nun zu besetzende Governo" zu akzeptieren: „Ich habe mich aber zu dato nodi nicht darüber erklärt, und mithin ist es auch noch gänzlich ungewiß, ob ich sogleich hineingehen werde oder nicht"1®). Ein Vierteljahr später erhielt dann Daun, der gern des Prinzen Nachfolge in Mailand angetreten hätte, aus Wien die Nachricht, daß Eugen zwar noch nicht ernannt, der Beschluß aber gefaßt sei und ausgeführt werde, sobald die in Antwerpen in Gang befindlichen Barriereverhandlungen mit den Holländern erfolgreich beendet wären 17 ). Das war im November der Fall, am 31. Januar 1716 wurden die Ratifikationen des Vertrags ausgewechselt, und in den folgenden Tagen übernahm Graf Königsegg im Namen des Kaisers aus den Händen jener englisch-holländischen Kommission die Regierungsgeschäfte in Brüssel18). Zu diesem Zeitpunkt war bereits in weiteren Kreisen bekannt, daß der Savoyer zum Herrn des Landes und der Marchese di Prié zu seinem Stellvertreter bestimmt waren. Schon nahm der Prinz faktisch die Funktionen seines neuen Amts wahr, als er Ende März in seinem Wiener Stadtpalais eine Deputation der Stände von Brabant und Flandern empfing, deren Proteste gegen die Bestimmungen des Barrierevertrags anhörte und ihr beschwichtigende Erklärungen gab 19 ). Es hat dann doch noch einige Zeit gedauert, bis das Dekret, das ihn zum Leutnant, Gouverneur und Generalkapitän der Niederlande erhob, vom Kaiser unterzeichnet wurde: es trägt das Datum des 25. Juni 171620). Es sei ihm, so hatte er schon im Januar an Königsegg geschrieben, leid, daß, falls ihn Seine Majestät mit der Statthalterschaft begnaden sollte, er bei den gegenwärtigen Konjunkturen nicht selbst sofort nach dort kommen könne 21 ). In der Tat hat er ja unmittelbar nach der Ausstellung des Patents sich nicht nach Westen, sondern nach Osten begeben, um den Krieg gegen die Türken zu eröffnen. Aus diesem Grunde war jene Stelle eines ihn vertretenden bevollmächtigten Ministers geschaffen worden, der von seinen Weisungen abhängig sein sollte: mit Erlaß vom 30. Juni wurde sie dem ja schon um die Jahreswende dafür vorgesehenen Prié übertragen, dessen Zuständigkeiten und Aufgaben

124

Generalstatthalter Belgiens

in einer Instruktion vom 15. Juli angegeben wurden. D a ß wenigstens er so bald als möglich sich in die Niederlande verfüge, um den zum Botschafter in Paris ernannten Königsegg abzulösen, hat der Prinz aus dem ungarischen Feldlager energisch gefordert 2 2 ). Prié hat dodi erst am 9. September aus Wien abreisen können und dann Brüssel, wo er am 16. eintraf, sofort wieder verlassen müssen, um weisungsgemäß im Haag mit den Generalstaaten neue Verhandlungen über Inhalt und Ausführung des Barrierevertrags zu führen, so daß es Mitte November 1716 wurde, ehe er in der belgischen Hauptstadt wirklich die Geschäfte übernahm 28 ). Welche Motive mögen den Kaiser, seine Berater und den Prinzen selbst bei diesen Entscheidungen und Ernennungen geleitet haben, was mag sich in Wien hinter den Kulissen abgespielt haben? Der erste französische Agent, der nach den Friedensschlüssen in der Kaiserstadt erschien, hat im März 1715 behauptet, daß der Spanische R a t Eugens Versetzung nach Flandern betrieben habe um seinen unmittelbaren Einfluß auf den Habsburger auszuschalten, und viele Jahre später hat Saint-Saphorin in einer seiner großen Relationen an den englischen H o f gleichfalls von der Einwirkung der „spanischen Kabale" berichtet, die auf diesem Wege in Italien freie Hand gewinnen wollte 2 4 ). Dagegen wußte der französische Botschafter du Luc Anfang Januar 1716 seinem Kollegen im Haag mitzuteilen, der Spanische R a t habe gegen des Prinzen Ernennung und die Bestellung Priés einen solchen Lärm vollführt, daß alles wieder fraglich geworden sei 25 ). Es war wohl so, daß den Spaniern und Italienern der kaiserlichen Umgebung ein Gegenspieler von der Bedeutung des großen Feldherrn in der ihnen zugewiesenen Direktion der italienischen Provinzen unerwünscht war und sie zwar wohl, da er irgendwie entschädigt werden mußte, die Überantwortung der Niederlande an ihn billigten, aber gehofft hatten, auch dort noch sich Einflußmöglichkeiten zu erhalten oder zu schaffen, und deshalb die wohl ohne ihre Beteiligung erfolgende Einsetzung Priés zu verhindern suchten. Auf der anderen Seite hat vielleicht der Wunsch, künftig nicht mehr bei jeder Maßnahme sich mit dem Spanischen R a t auseinandersetzen zu müssen, dem Prinzen den Entschluß erleichtert, dem Tausch zuzustimmen. Nach jener Relation Saint-Saphorins soll er sich ausdrücklich ausbedungen haben, seinen Vertreter in Brüssel selbst auswählen zu können, und hier wie überhaupt in der Unabhängigkeit des belgischen Gou-

Generalstatthalter und Flandrischer Rat

125

vernements von dem Spanischen Rat hat er auch seinen Willen durchgesetzt. Freilich mußte er sich damit abfinden, daß entsprechend der spanischen Tradition auch für diesen dem Habsburger verbliebenen Teil der Erbschaft an der Zentrale eine beratende Körperschaft gebildet wurde, die zwar in keiner Verbindung mit dem nur für Italien zuständigen Gremium des Erzbischofs von Valencia und Stellas stand, aber auch zu einem großen Teil aus ehemaligen Dienern der spanischen Monarchie sich zusammensetzte. Im Frühjahr 1717 ist dieser besondere Rat von Flandern ins Leben gerufen worden, wobei offenbar der Generalstatthalter dafür sorgen konnte, daß es sich bei den in ihn berufenen Persönlichkeiten um Männer handelte, mit denen eine loyale Zusammenarbeit möglich schien. Präsident wurde der Graf Joseph Cardona, ein Spanier, der aber nicht der „Kabale" angehörte, ein vornehmer, nicht sehr bedeutender Kopf. Als Räte wurden ihm zunächst der damals noch als getreuer Gefolgsmann des Savoyers geltende Pendterriedter und der aus den Niederlanden selbst stammende Thisquens beigegeben, zu denen im Laufe des Sommers 1717 noch der von allen spanischen Emigranten wohl am engsten mit Eugen verbundene Graf Oropesa und ein zweiter Belgier, Wynants, traten: das waren Menschen, von denen der Prinz selbst in Briefen aus jener Zeit bemerkte, daß er sie als „sehr würdige Subjekte" kenne oder sie ihm als fähig und zuverlässig empfohlen worden seien26). Nicht mit Unrecht hat man von diesem Flandrischen Rat gesagt, daß er im Grunde nur eine Fassade war, hinter der sich die österreichische Wirklichkeit verbarg 27 ). Wenn der Prinz Anfang 1719 befriedigt äußerte, daß der Rat sich mit Mäßigung und Bescheidenheit aufführe, so sorgte er zugleich dafür, daß ihm manches gar nicht bekannt wurde: Prié wurde von ihm angewiesen, wichtigere, geheimzuhaltende Fragen und Vorschläge nicht seinen regelmäßigen Berichten anzuvertrauen, sondern sie unmittelbar an ihn gerichteten Briefen vorzubehalten, die dann in der Geheimen Konferenz behandelt und von ihm dem Kaiser vorgelegt werden konnten 28 ). Ausdrücklich hat er denn auch drei Jahre später den Unterschied zwischen dem Regierungssystem für die Niederlande und für die habsburgischen Lande in Italien herausgestellt: während hier die Vizekönige von Neapel und Sizilien und der Gouverneur von Mailand vom Spanischen Rat „in despotischer Weise" behandelt würden, war der Oberste Rat von Flandern im Grunde nur

126

Generalstatthalter Belgiens

ausführendes Organ für das, was das von Eugen selbst geleitete Ministerium anriet und vom Herrscher auf seinen unmittelbaren Vortrag beschlossen wurde 29 ). Einem der Spanier hat der Prinz allerdings doch Einbilde und Mitwirkung zugestehen müssen, das war Perlas-Rialp, dem wohl seine Stellung als Staatssekretär für die Universalexpedition der einstmals spanischen Lande ein ihm von Karl VI. bestätigtes Anrecht dazu gab 8 0 ). J a , Eugen selbst hat, bevor er sich im Frühjahr 1717 nach Ungarn begab, Prié für die Zeit seiner Abwesenheit von Wien an Perlas als den zuständigen Minister verwiesen, wie er denn auch während des Feldzugs mit ihm in ständigem Gedankenaustausch über die belgischen Angelegenheiten stand 3 1 ). Zu jener Zeit war offenbar weitgehende Übereinstimmung zwischen den beiden Männern. Das ist dann allerdings im Laufe der Jahre anders geworden: schon Ende 1721 hat den Generalstatthalter einer seiner Agenten in Belgien darauf aufmerksam gemacht, daß der Staatssekretär sidi durch persönliche Briefe vor allem in die Wirtschafts- und Finanzpolitik einmische und es hohe Beamte gebe, die sidi nach seinen Weisungen richteten, und einige Zeit darauf hat sich der Prinz seinerseits veranlaßt gesehen, Prié zu mahnen, auf ihn zukommende Meinungsäußerungen des Spaniers kein Gewicht zu legen 32 ). Er mochte immerhin des Glaubens sein, durch die Ausschaltung des Spanischen Rats und die Besetzung und Machtbeschränkung des Flandrischen Rats die Grundlage geschaffen zu haben, auf der er in ganz anderer Weise die Verwaltung der Niederlande nach seinen eigenen redlichen Absichten zum Nutzen von Land und Herrschaft einrichten und leiten konnte, als ihm das in Mailand möglich gewesen war. Aber war es für eine wirklich fruchtbare Arbeit nicht nötig, daß er sich selbst nach Brüssel begab, an Ort und Stelle über Zustände, Aussichten und Mängel persönlich sich unterrichtete und die Zügel der Regierung in die eigene H a n d nahm, mußte er nicht wenigstens einige Monate im Jahr dort verbringen, um sein hohes Amt wahrzunehmen, mit seiner Erscheinung Autorität zu verbreiten und das Vertrauen der durch die Begleitumstände des Wechsels mit Recht beunruhigten Bevölkerung für den neuen Souverän zu gewinnen? Es scheint das zunächst auch seine Überzeugung gewesen zu sein, sofort nadi der Entscheidung über seine Ernennung hat er ja, wie wir sahen, Königsegg sein Bedauern darüber ausgesprochen, daß ihn die „Konjunkturen" vorerst hinderten, nach den Nieder-

Der Prinz bleibt in Wien

127

landen zu reisen. Durch den Ausbruch des Türkenkrieges war er in der Tat im Osten unabkömmlich, und es war verständlich, daß er, solange die letzte Entscheidung im Kampf nicht gefallen war, die immer wieder an ihn gelangenden Wünsche, ihn bald in dem Lande zu sehen, nicht erfüllen konnte. Nach dem großen Sieg von Belgrad hoffte man, daß es endlich soweit sei: „Alle Welt", so beschwor ihn im November 1717 ein ihm seit den Tagen der flandrischen Feldzüge treu ergebener Belgier, „sehnt sich mehr als je nach dem glücklichen Augenblick, wenn Eure Durchlaucht hier erscheint, und mehr und mehr ist man überzeugt, daß nichts eine Wendung der Dinge zum Bessern bewirken kann als Ihre Gegenwart" 33 ). Aber noch war der Friede nicht geschlossen, der ja erst im Sommer 1718 in Passarowitz unter des Prinzen Aufsicht zustande kam. Und während sich Gerüchte, daß er zum Vizekönig des nun um den Banat erweiterten Ungarn ausersehen sei, als falsch erwiesen34), hat er selbst seit Juli 1718 immer wieder seinen Korrespondenten in den Niederlanden seine bevorstehende Ankunft angekündigt 35 ). Vielleicht hat zunächst wirklich die Krankheit, die ihn damals auf der Rückreise von Belgrad befallen hatte und deren Rückwirkungen sich bis zum Herbst in Fieberanfällen bemerkbar machten, seine Absicht durchkreuzt 36 ). Er werde, so versicherte er am 1. Oktober jedoch dem Prinzen Rubempré, aufbrechen, sobald sich sein Gesundheitszustand wirklich gefestigt habe und er einige dringende politische Geschäfte erledigt habe 37 ). Ließ dieser letzte Hinweis nicht neue Verzögerungen befürchten? Schon wurde man in den Niederlanden skeptisch: Rossi, Frankreichs Vertreter in Brüssel, setzte der Mitteilung nach Paris von Mitte Oktober, daß man in diesem Monat das Erscheinen des Generalstatthalters vergeblich erwartet habe, die Bemerkung hinzu, es gebe manche Leute, die überhaupt nicht mehr damit rechneten, da es seinen Interessen widerspreche, sich von Wien zu entfernen 38 ). Die Skeptiker sollten in der Tat recht behalten. Es scheint zwar, daß er im Frühjahr 1719 einen ernsthaften Anlauf genommen hat, sein Versprechen auszuführen: vom Februar bis Anfang Mai berichteten die diplomatischen Beobachter in Wien von seinen Reisevorbereitungen, schließlich sogar von der Weisung an seine „Equipage", die Fahrt anzutreten 39 ). Aber wieder wurde nichts daraus. Während er selbst in einem Brief nach Brüssel noch von einem kurzen Aufschub wegen des bevorstehenden Eintreffens eines türkischen Botschafters schrieb,

128

Generalstatthalter Belgiens

erzählte man sich in den eingeweihten Kreisen am kaiserlichen H o f , daß die Reise wohl für lange Zeit abgeblasen sei 40 ). Übereinstimmend haben dafür der französische und der englische Gesandte die Gräfin Batthyány verantwortlich gemacht — eine Person, wie du Bourg schrieb, die zuviel zu verlieren fürchtete, wenn ihr Freund sie verließ 4 1 ). Angeblich haben der Kaiser und alle Minister ihm die Fahrt nahegelegt, aber nach der Behauptung Saint-Saphorins, der seinerseits aus Gründen der großen Politik ein Auftauchen Eugens im Westen wünschte, auf entsprechende Vorstellungen aber von ihm keine Antwort erhielt, erwiesen sich „die Kabalen der Frauen" als stärker. Nun, es war die Zeit der ersten großen Krise um den Prinzen, die mit der Nimptsch-Tedeschi-Affäre ihren Höhepunkt erreichen sollte, und er mag es auch ohne die Mahnungen seiner nächsten Umgebung für richtig gehalten haben, seinen Feinden am H o f den Weg nicht freizugeben. Als sich im Herbst die Wogen glätteten, erneuerte er den Getreuen in Belgien seine Versprechungen, bald zu kommen, doch hieß es da genau wie im Vorjahr, daß es noch einige Geschäfte von Bedeutung gäbe, deren Erledigung die Ausführung für kurze Zeit verzögerte 42 ). H a t er wirklich geglaubt, daß es einmal eine Zeit gesicherter Ruhe in Europa und politischer Übereinstimmung zwischen den mannigfachen Ratgebern des Kaisers geben werde, die es dem Chef des Ministeriums und dem Präsidenten des Hofkriegsrates erlaubte, seine Residenz in Brüssel aufzuschlagen? Immer wieder sind in den folgenden Jahren Hilferufe von dort an ihn gelangt: „Das ist hier", so las er im März 1722, „ein Chaos, wo es weder Verständigung noch Respekt gibt und allein Ihre Gegenwart der Unzufriedenheit steuern kann" 4 3 ). Neue Zusagen und neue Enttäuschungen folgten. Alles werde er stets für die Niederlande tun, so hat er noch im Frühjahr 1724 zu beschwichtigen gesucht, „ob ich nun hier bleibe oder ob ich im Laufe der Zeit dem eigenen Verlangen, mich nach dort zu begeben, genügen kann, nachdem mich bisher die Bedeutung der politischen Geschäfte verhindert hat, diese Reise auszuführen, die ich solange schon geplant habe" 4 4 ). Konnte die in der T a t hingebungsvolle Arbeit, die er in diesen Jahren in Wien für sein Generalgouvernement geleistet hat, das Fehlen seiner unmittelbaren Einwirkung ausgleichen? Für die Zeit vom Juli 1716 bis zum Juni 1723 haben sich die Kopialbücher erhalten, in die des Prinzen Sekretär Brockhausen den Inhalt der

Regierung aus der Ferne

129

Briefe eintrug, die von ihm an Minister, Beamte, Agenten und andere Persönlichkeiten in den Niederlanden ausgingen, und in den Archiven liegen weiter die ausführlichen Vorträge, die er von sich aus oder nach Beratungen in der Geheimen Konferenz dem Kaiser einreichte, und umfangreiche Korrespondenzen des Generalstatthalters, Zeugnisse einer unermüdlichen Beschäftigung mit allem und jedem, was dort in der Ferne vor sich ging, mit den großen Linien politischer Verwaltung und wirtschaftlicher Lenkung, mit der Regelung der Barrieregarnisonen und den mannigfachen Grenzauseinandersetzungen mit Frankreich, Holland, Lüttich und Kurtrier, mit den ständischen und kommunalen Verhältnissen, mit Gerichten und Rechtsprechung, mit den Bewilligungen und der Einbringung der Steuern, mit Zöllen und Wegebauten, mit Häfen und Schiffen, mit Geld- und Münzwesen, mit Festungen und Militär, mit der Kirchenpolitik und allen Zweigen der Erziehung, mit Ernennungen, Beförderungen, Verleihung von Pensionen und Pfründen — bis hin zu der Masse der einlaufenden, zu beurteilenden und zu entscheidenden Vorschläge, Bittschriften und Beschwerden von Körperschaften und Personen 45 ). Wenn man bedenkt, daß der Prinz zu gleicher Zeit die Konferenz zu leiten und für das gesamte Kriegswesen der Monarchie zu sorgen hatte, scheint es fast unglaublidi, wie er diese Fülle von Arbeit bewältigen und audi auf an ihn gebrachte Detailfragen Antwort und Entscheidung geben konnte. Selbst hat er Prié — der sich an die von ihm geforderte Regelmäßigkeit der Berichterstattung mitunter nicht hielt und seine Sendungen zu unförmlichen Paketen anschwellen ließ, bei deren Eintreffen sein Chef dann ins Gedränge und in Zeitdruck kam 46 ) — verschiedentlich ein Bild seines eigenen Vorgehens entworfen, nach dem auch er sich richten solle: ein Minister müsse sich die Zeit richtig einteilen, er müsse vor allem in allen wichtigen Dingen sich rasch entscheiden und auf die prompte Erfüllung seiner Weisungen achten, er könne unmöglich alles allein tun, brauche auch nur selten selb.n sich an den Schreibtisch zu setzen, vielmehr genüge es, wenn er seinen Sekretären auf Vorlage der Briefe und Depeschen seine Meinung kundtue, die darauf die Antwort zunächst im Entwurf und nach Durchsicht in Reinschrift zu unterbreiten hatten 47 ). War da nun freilich nicht die Gefahr vorhanden, daß die subalternen Schreiber einen der Sache abträglichen Einfluß gewannen? Daß er als Hofkriegsratspräsident sich allzusehr von den Referendaren 9 Braubad>, Prinz Eugen

130

Generalstatthalter Belgiens

leiten ließe, haben Feinde und audi Freunde dem Savoyer vorgeworfen. Daß dies audi für den Generalstatthalter zutraf, dafür läßt sich dodi nirgends ein Anhalt finden, aus allen jenen Verträgen und Erlassen scheint vielmehr die eigene Überlegung des Prinzen zu sprechen. Besaß er aber für diese Überlegungen die ausreichende Grundlage? Die hätte er sich wohl nur schaffen können, wenn er persönlich im Mittelpunkt des Landes sich befunden, von dort aus dessen verschiedene Provinzen aufgesucht und so wirklich regiert hätte. Eine Regierung aus weiter Ferne, bei der es Wochen und Monate dauern mußte, bis zu Erfordernissen des Augenblicks Stellung genommen und Anordnungen getroffen wurden, die dann unter Umständen schon überholt oder widersinnig geworden waren, stellte ein Experiment dar, dessen Gelingen von vornherein fraglich war. Vielleicht hätte es gelingen können, wenn der Mann, der den abwesenden Statthalter des Kaisers seinerseits als bevollmächtigter Minister vertreten sollte, ein staatsmännischer Kopf gewesen wäre, der Kenntnisse und Arbeitskraft mit Entschlußfähigkeit und Festigkeit verband. War es nicht schon ein Mißgriff, daß man das wichtige Amt einem Italiener gab, der bisher höchstens vorübergehend einmal in den Niederlanden gewesen war und den zudem weder seine Herkunft noch auch seine bisherige Tätigkeit zu einem in den politischen Stil und die Verwaltungsgrundsätze des Kaiserstaates eingeweihten und geschulten Minister gebildet haben konnten? Ercole Giuseppe Luigi Turinetti stammte aus Piémont, wo er 1658 in Chieri geboren und angeblich durch das aus einer Erbschaft ihm zufallende Lehen Priero zum Marchese di Prié geworden war 48 ). Bankiers und Diplomaten scheinen schon vor ihm aus seiner Familie hervorgegangen zu sein, die Anlage zu beiden Berufen war wohl auch bei ihm vorhanden. Seit Anfang der neunziger Jahre als Vertreter des Herzogs von Savoyen in Wien, hatte er nach dem Abfall Savoyens von der Allianz Ende 1696 von dort weichen müssen, um nach Friedensschluß zurückzukehren und nach dem neuerlichen Bruch zu Beginn des Spanischen Erbfolgekrieges mit Erfolg für das Bündnis zwischen dem Kaiser und seinem Herrn zu wirken, das er selbst im November 1703 in Turin mit untersdirieb. Wir sind ihm dann ja schon häufiger begegnet, seitdem er, der wohl auf Grund der von ihm am Kaiserhof angeknüpften guten Beziehungen bei der habsburgisdien Großmacht bessere Wirkungsmöglichkeiten sah, 1705 in kaiserliche Dienste getreten war 49 ). Bei

Eugens Stellvertreter Prié

131

den Feldzügen in Italien war er dem Prinzen Eugen zugeordnet worden, um durch Verhandlungen mit den kleineren italienischen Fürsten Mittel zur Unterhaltung von dessen Heer zu beschaffen. Einen großen diplomatischen Erfolg errang er 1709 durch den in Rom mit dem Papst geschlossenen Vertrag, der den bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Kaiser und Papst ein Ende setzte. Seitdem galt er als fähiger und wendiger Diplomat, und das ist er, der bis 1714 als Botschafter in Rom blieb, wohl wirklich gewesen. Was aber mag ihn Eugen so empfohlen haben, daß er ihn für die schwierige Aufgabe in den Niederlanden geeignet hielt — denn daß der Prinz seine Ernennung gefordert und durchgesetzt hat, unterliegt keinem Zweifel 50 ). Landsmannschaftliche Gefühle haben ihn dazu gewiß nicht bewogen, aber er wollte sicher unter keinen Umständen sich einen Spanier aufdrängen lassen, ein Belgier kam wegen der wahrscheinlichen Verbindung mit Gruppen und Interessen des Landes nicht in Frage 51 ), und gegen einen Deutschen wäre vielleicht der Widerstand der spanisch-italienischen „Kabale" zu stark gewesen. Vor allem aber muß er von Prié eine sehr hohe Meinung gehabt haben, brachte er ihm ein Vertrauen entgegen, das sich wohl nicht nur auf seine Bewährung als Diplomat, sondern auch auf die Uberzeugung gründete, daß dieser geistreiche, einsichtige und erfahrene Mann die gleichen moralischen und politischen Prinzipien vertrat, zu denen er selbst sich bekannte. Gegenüber den seit Priés Erscheinen in Brüssel sich von Jahr zu Jahr steigernden Vorwürfen hat er den Minister immer wieder in Schutz genommen und Zweifel an seiner Ehrenhaftigkeit und Integrität auf unerhörte Verleumdungen zurückgeführt. Wenn er dann auch selbst an Unregelmäßigkeiten und Verzögerungen in der Berichterstattung Kritik übte, so beeinträchtigte das doch nicht seinen Glauben an die Urteilskraft und an die Verdienste Priés um Staat und Land: daß man alles tun müsse, um das Leben eines so tüchtigen Staatsdieners zu erhalten, hat er bei Erkrankungen des Ministers nicht nur der Marquise, sondern auch anderen Korrespondenten besorgt geschrieben52). Er sah eben in ihm den richtigen Mann, um in einem Lande mit einer fleißigen, aufstrebenden aber unter dem schlaffen spanischen Regiment und im Gefolge dauernder Kriegswirren richtungslos und unruhig gewordenen Bevölkerung die Staatsmacht zur Geltung zu bringen und mit diplomatischem Geschick und Festigkeit zugleich unter Überwindung 9*

132

Generalstatthalter Belgiens

aller Sonderinteressen und der den Staatsapparat lähmenden übersteigerten Ansprüche von Provinzen und Ständen, Adel und Geistlichkeit, Magistraturen und Korporationen die Belgier zu Ordnung und Ruhe und damit zum richtigen Einsatz ihrer Kräfte zu bringen zu ihrem eigenen Nutzen und zum Vorteil des Herrn in finanzieller, wirtschaftlicher und politischer Beziehung. Aber hat der Prinz sich nicht dodi in dem Italiener getäuscht und zu lange an eine Selbstlosigkeit und Energie geglaubt, die in dem alternden und kränklichen Mann in Wirklichkeit nicht vorhanden waren? Sicher galt der Ansturm gegen ihn nicht nur der Person, sondern auch der Sache des Absolutismus, die auf verständlichen Traditionalismus, freilich auch auf Eigennutz stieß, deren Aufbauwille oft angesichts der daneben laufenden fiskalischen Anforderungen nidit erkannt wurde. Voll Unwillen hat Eugen einmal Saint-Saphorin gegenüber unter Hinweis auf wirkliche Erfolge Priés in der Regelung des durch die holländischen Auflagen belasteten Zahlungsund Schuldenwesens davon gesprochen, daß alles über ihn herfalle, nidit nur in Belgien, sondern auch am Hofe, wo die für die notorisch schlechte Verwaltung der italienischen Gouvernements verantwortlichen Spanier ausgerechnet dort mit ihrer Kritik ansetzten, wo wirklich etwas geschehe53). Audi der für England beobachtende Schweizer selbst hat in seinen Berichten den Minister verteidigt und festgestellt, daß sein Ausfall einen schweren Verlust für den Kaiser bedeuten würde 54 ). Er ist später allerdings anderer Meinung geworden, und es wird in der Tat kaum bestritten werden können, daß dem guten Willen und der Klugheit Priés manche Schwächen gegenüberstanden und er doch nicht der ihm hier gestellten Aufgabe gewachsen war. Er war sicher nicht der „Marquis de Pillé", wie boshafte Widersacher ihn in Umformung seines Namens bezeichneten, aber die unbedingte Rechtlichkeit, die den Generalstatthalter ein Sondergeschenk der Stände von 6000 Dukaten und das Angebot eines Gemäldes durch den Vater eines Brabanter Rats ablehnen ließ — weil er nicht gewohnt sei, das Geringste auf welchem Fuße immer anzunehmen 55 ) — war seinem Vertreter doch wohl kaum eigen, und sein und seiner Angehörigen Auftreten gab wohl manchen Anlaß zu Verdacht und Ärgernis 56 ). Schlimmer noch wirkte sich wohl die Unsicherheit aus, die ihn, vielleicht durch seine labile Gesundheit bedingt, je länger, je mehr erfaßte, der Glaube des Diplomaten, durch allerlei Umwege und Kunstgriffe sein Ziel

Vertrauensleute des Prinzen in Belgien

133

erreichen zu können, der häufige Wechsel in seiner Haltung, das Schwanken zwischen schroffem Hochmut und Nachgiebigkeit, zwischen hektischer Vielgeschäftigkeit und einer Apathie, die schließlich zu des Prinzen großem Ärger zu gefährlicher Stockung der Geschäfte führte 57 ). Er verzehrte sich in Aufregung und Gereiztheit über Unverständnis und bösen Willen, auf die er stieß, im Kampf gegen wirkliche und vermeintliche Intrigen, und er vermochte es nicht, dem Rat zu folgen, den ihm in der letzten Phase seines Wirkens Eugen immer von neuem gab: sich um Widrigkeiten und Geschwätz nicht zu kümmern, gerade seinen Weg zu gehen, ruhig und fest zu handeln und in dem Bewußtsein streng erfüllter Pflicht allen Ärger zu überwinden 58 ). Der Minister ist keineswegs der einzige gewesen, von dem Berichte an den Generalstatthalter kamen und an den Weisungen gingen. Natürlich werden in den militärischen Meldungen, die der Oberbefehlshaber der Truppen in den Niederlanden, der aus pfälzischen in kaiserliche Dienste übergewechselte und 1717 zum Feldmarschall erhobene Graf Vehlen 59 ), ihm erstattete, audi die Vorgänge im Land behandelt worden sein, aber Vehlen, der mehrfach mit Prié heftig zusammenstieß, konnte nidit als Vertrauensmann des Prinzen gelten. Das war sicherlich sein früherer Generaladjutant Hohendorf, dem er nach dem Krieg seine Dankbarkeit zu erkennen gab, indem er ihn zum Gouverneur von Courtrai ernannte und ihm im April 1718 ein Patent als Kommandeur einer Gardekompagnie ausstellte, das aber wohl erst rechtskräftig werden sollte, wenn der Generalkapitän selbst im Lande erschien90). Doch wenn der Oberst in Brüssel manche die große Politik betreffende Gespräche führte, so scheint Eugen ihm in der Hauptsache nur Aufträge zum Einkauf von Büchern und Kunstgegenständen gegeben zu haben, er war zudem von Krankheit geplagt, der er am 9. Mai 1719 erlag 61 ). Es ist dann wohl manchmal zu einem Briefwechsel zwischen dem Prinzen und einigen der Führer des niederländischen Adels, wie Ursel, Rubempré und Maldeghem, gekommen, aber da ging es meist um Austausch von Beschwerden und Rechtfertigungen. Wichtiger war die unmittelbare Verbindung, die der Generalstatthalter etwa seit 1718 mit dem als „Audiencier" Prié zur Seite stehenden François-Gaston Cuvelier herstellte: selbst hat er ihm gegenüber einmal für sich in Anspruch genommen, daß er ihn, überzeugt von seiner Fähigkeit und Integrität, in seine Charge, „sicher eine der

134

Generalstatthalter Belgiens

schönsten des Landes", gebracht habe 62 ). Er ließ sich von ihm Denkschriften über die verschiedensten Gegenstände der Verwaltung, vor allem über Reformen auf finanziellem und wirtschaftlichem Gebiet zusenden, zu denen er dann Stellung nahm, und als es zu Beginn des Jahres 1722 zu Mißhelligkeiten zwischen ihm und Prié kam, hat er sich eifrig bemüht, ihn zum Ausharren und zu loyaler Unterstützung des Ministers zu bewegen, was freilich wohl nur teilweise Erfolg hatte®8). Die wohl zunächst ihm zugedachte Rolle des geheimen Berichterstatters und zugleich des nach den besonderen Weisungen aus Wien dem Marquis helfenden, ihn antreibenden und berichtigenden Rates ist dann einem anderen zugefallen, dem aus Irland stammenden Patrick Mac Neny, der anscheinend in der Zeit des englisch-holländischen Interims als Finanz- und Domänenrat in die belgische Verwaltung gelangt war und sich als Unterhändler über den Ausgleich mit den Holländern im Haag sehr bewährt hatte®4). Das volle Vertrauen des Prinzen hat er dann wohl während eines Besuchs in Wien gewonnen, und in diesem Fall war es gewiß begründet. Seit 1721 entwickelt sich ein lebhafter Gedankenaustausch zwischen den beiden Männern, immer wieder flattern die ausführlichen Briefe des tüchtigen Iren in die geheime Kanzlei des Savoyers; in ihnen haben alle Vorgänge, Wirren, Projekte, Erfolge und Fehlschläge eine weit genauere und zuverlässigere Darstellung gefunden als in den Relationen Priés. Im Frühsommer 1723 ist Mac Neny erneut in Wien gewesen, wo er an den Verhandlungen über die vom Kaiser betriebenen großen Handelspläne teilnahm: daß dieser ungemein unterrichtete und brauchbare Mann beste Dienste leisten werde, hat der Generalstatthalter in einem Vortrag an Seine Majestät gerühmt 65 ), und der Tod des bisherigen Kriegssekretärs in Brüssel, des Spaniers Navarro, bot ihm die Möglichkeit, auf Mac Nenys Beförderung zu dringen, um ihn auch dem Rang nach zum zweiten Mann in der Verwaltung zu erheben'®). Bezeichnend ist die schroffe Abweisung von Einwänden, die man in Belgien gegen diesen Aufstieg eines Ausländers vorbrachte: der Ort seiner Geburt sei kein Grund gegen seine Berufung, da man doch wisse, wieviel Verdienste die irische Nation sich stets um die Niederlande erworben habe, überhaupt sei gerade ein Ausländer nötig, um das ihm zugedachte Amt erfolgreich auszufüllen, und seine Aufführung in der Vergangenheit garantiere seine Hingabe an den Dienst 67 ). Er hatte die Genugtuung, daß in der Krise,

Mac Neny und Jaupain

135

die zu Priés Sturz und seinem Rücktritt von der Generalstatthalterschaft führte, Mac Neny bei aller Kritik, die auch er an dem Minister übte, unerschütterlich zu ihnen stand, und er mochte hoffen, daß der neue Staats- und Kriegssekretär das Werk, das er trotz aller Mißerfolge zum allgemeinen Nutzen begonnen zu haben glaubte, in seinem Sinne fortsetzen werde. Gerade in der Art, wie der Prinz in diesen letzten Jahren seiner Generalstatthalterschaft seine persönliche Unterrichtung und Einwirkung durch diesen Iren einrichtete und sicherte, zeigt sich deutlich die Fortbildung eines Systems geheimer Politik und Diplomatie, für das sich schon Ansätze bei dem Feldherrn fanden und das er dann nach dem Verzicht auf das belgische Amt in großartiger Weise in der großen Politik zur Anwendung bringen sollte. Da hat er ihn zu Beginn des Jahres 1724 angewiesen, zukünftig seine Briefe aufzuteilen in einen „ostensibeln", der in den Konferenzen bekanntgegeben wurde, und einen geheimen, der nur zu seiner persönlichen Information bestimmt war, dabei in diesem, den er Prié nicht zeigen solle, genau anzugeben, was auf dessen Befehle und was auf seine eigene Auffassung zurückging: „Ich verlasse midi völlig auf Sie, daß Sie mich ohne jeden Rückhalt von allem, was zu Ihrer Kenntnis kommt, unterrichten, Sie aber dürfen versichert sein, daß ich, was für Änderungen audi eintreten mögen, stets für Sie jede Sorge aufbringe, die Sie verlangen können" 68 ). Hier wurde ein hoher Beamter zu einem Doppelspiel angehalten: der Sa voy er glaubte dazu kraft seiner übergeordneten Stellung und Verantwortlichkeit angesichts der auch bei ihm durchgedrungenen Erkenntnis der Unzulänglichkeit Priés und der Sorge vor unsachlichen Eingriffen von Ministern und Höflingen in Wien im Interesse der Sache berechtigt zu sein, zumal er wohl dem Kaiser kein Hehl daraus machte. Es gab daneben noch die Möglichkeit, Agenten anzusetzen, die nicht selbst handeln oder auf die Regierung einwirken, sondern Nachrichtenquellen erschließen sollten, die vielleicht den amtlichen Stellen nicht zugänglich waren, so daß durch diese Kanäle zum mindesten zusätzliche Erkenntnisse gewonnen wurden. Audi einen derartigen weiteren Informanten hat der Prinz in Belgien besessen. Wer konnte für diese Aufgabe geeigneter sein als eine leitende Persönlichkeit im Postwesen! Auch François Jaupain war, wie Mac Neny, während des Krieges mit Hilfe der Verbündeten zu Amt und Würden gelangt; gute Dienste, die er ihnen geleistet hatte, waren

136

Generalstatthalter Belgiens

mit seiner Erhebung zum Generaldirektor der Posten in den spanischen Niederlanden belohnt worden. Mit Nachdruck hat ihn Marlborough, nachdem er den Schauplatz seiner Ruhmestaten hatte verlassen müssen, dem Kaiser empfohlen: Jaupain, so berichtete er, hatte es fertiggebracht, allenthalben, sowohl in den vom Feind besetzten Städten als audi im eroberten Gebiet geheime Korrespondenten zu unterhalten, durch deren Mitteilungen rechtzeitig Pläne entdeckt und Anschläge vereitelt werden konnten 69 ). Aus dieser Zeit muß er audi mit Eugen bekannt gewesen sein, worauf audi seine Freundschaft mit HohendorfF hinweist. Trotzdem scheint er bei dem Übergang der Herrschaft in den Niederlanden auf den Habsburger um seine Zukunft sehr besorgt gewesen zu sein, da er nicht nur bei einigen großen Herren des Landes, wie dem Herzog von Ursel, schlecht angeschrieben war, sondern ihn audi der mit dem Monopol über die kaiserlichen Posten versehene Fürst von Taxis zu verdrängen suchte. Da er anscheinend bei dem Grafen Königsegg keinen Rückhalt fand, hat er sich im Frühsommer 1716 nach Wien begeben: es war wohl die Folge seiner hier getroifenen Verabredungen mit Eugen, daß dieser ihm dann aus dem Lager bei Futak ein kaiserliches Patent zu seinem Schutz zusandte und er ihn in der Folgezeit in den sich länger hinziehenden Auseinandersetzungen mit Taxis stützte 70 ). Jaupain blieb denn auch Direktor der Posten, und er hat zu deren Verbesserung und zur Erhöhung der aus ihnen fließenden Einkünfte dem Generalstatthalter Denkschriften und Vorschläge unterbreitet. Aber vielleicht waren dem Prinzen die Geheimberichte des klugen und unterrichteten Mannes und die „Interzepte", d. h. auf der Post geöffnete Briefe, wichtiger, aus denen er Einblicke in die Zustände und Vorgänge in den Niederlanden und in Verbindungen zwischen der dortigen feudalen Opposition und seinen eigenen Widersachern am Wiener Hof gewinnen konnte. Auf Prié war Jaupain nicht gut zu sprechen, rückhaltlos hat er häufig über ihn, seine unmögliche Tageseinteilung und „diese schreckliche Langsamkeit" Klage geführt, mit der er, der die Akten wie den Tod hasse, die Geschäfte erledige 71 ): er, der übrigens im Herbst 1718 wohl zu mündlicher Berichterstattung erneut in Wien war, ist jener Belgier gewesen, der immer wieder den Generalstatthalter beschworen hat, doch selbst nach Brüssel zu kommen. Seinerseits hat der Prinz die großen Verdienste des Postdirektors anerkannt, hat er den Minister ermahnt, ihn zu „menagieren" 72 ),

Verhandlungen über die holländische Barriere

137

und Mac Neny aufgefordert, mit ihm enge Verbindung zu halten. Nach seinem eigenen Rücktritt, der mit einem anscheinend auf Unvorsichtigkeiten Priés zurückgehenden Durchsickern von Jaupains Briefmanipulationen zusammenfiel, hat er dem vom Kaiser nach den Niederlanden entsandten Feldmarschall Daun vertraulich Kenntnis von der Nützlichkeit dieses Mannes und seinem persönlichen Interesse an ihm gegeben — ohne dabei, wie er Mac Neny schrieb, mehr zu enthüllen, als unbedingt nötig war 73 ). So fehlte es dem Generalstatthalter gewiß nicht an Informationen und damit an Unterlagen für die Regierungsführung. Und doch konnte das, was für das ihm anvertraute Land und vor allem für seine politische und geistige Verflechtung mit Österreich erreicht wurde, kaum befriedigen. 3. Von Anfang an hat diese Eingliederung Belgiens in das Habsburgerreich unter keinem günstigen Stern gestanden, und man wird feststellen können, daß daran nicht der Kaiser und seine Minister schuld trugen. Sie waren mit den Auflagen, die durch die Friedensverträge ja nicht nur dem Lande, sondern audi der eigenen Souveränität zugunsten der Holländer gemacht worden waren, ebensowenig einverstanden wie die Bevölkerung, es war ihnen aber nichts anderes übriggeblieben, als sie in dem im November 1715 geschlossenen Barrierevertrag anzuerkennen und zu regeln. Daß dem Nachbarn im Norden damit neben Grenzverbesserungen weitgehende Besatzungsrechte, finanzielle und wirtschaftliche Vorteile und damit Macht und Einfluß in Belgien gewährt wurden, wie sie bisher noch nie erreicht worden waren, mußte Mißstimmung hervorrufen, die sich gegen den neuen Herrscher richtete, der ohne Zuziehung von Vertretern der Bevölkerung sich auf diese Bedingungen eingelassen hatte: an die Stelle der Hoffnungen, die man anfangs auf das neue Regime gesetzt hatte, traten so rasch Enttäuschung und Kritik 74 ). Wir sprachen schon von jener Deputation der Stände von Brabant und von Flandern, die im Frühjahr 1716 in Wien erschien, um bei dem Kaiser gegen den Vertrag zu protestieren, in dem, wie sie behaupteten, kein Artikel nicht „arglistig" verfaßt sei zum schweren Schaden der katholischen Religion, der alten Privilegien und audi des „kaiserlichen Dekors und Interesses".

138

Generalstatthalter Belgiens

Was konnte der künftige Generalstatthalter, an den sie verwiesen worden waren, auf ihre „wehmütigen Klagen" anderes tun als ihnen die Notlage, in der man sich befunden hatte, und zugleich die Sicherungen und Erleichterungen für Religion und Wirtschaft vorzustellen, die man durchgesetzt habe! Selbst war er von der Berechtigung der „gravamina" überzeugt: es wäre freilich zu wünschen, so erklärte er in seinem Beridit an den Kaiser, „daß durch die gänzliche Abschaffung der Beschwerden Eurer Kaiserlichen Majestät eigenes Interesse und die Sicherheit des Landes besser besorgt, die Affektion der Stände fester beibehalten, das Commercium in mehreren Flor gebracht" würden 75 ). Andererseits war es ja zur Erhaltung und künftigen Bewahrung dieses Erwerbs nötig, Bündnis und gutes Vertrauen mit den Seemächten nicht aufzugeben. Immerhin sagte man den Ständen nicht nur Schutz gegen jede holländische Bedrückung zu, sondern es wurde audi Priés erster Auftrag, noch vor wirklicher Übernahme der Geschäfte in Brüssel neue Verhandlungen im H a a g über die Ausführung des Barrierevertrags aufzunehmen, wozu nunmehr audi Vertreter des Landes zugezogen werden sollten. Mit Zähigkeit und Geschick hat er im Herbst 1716 diese Verhandlungen geführt, und er glaubte sich zunächst großer Erfolge rühmen zu können, doch stellte es sich dann heraus, daß die Generalstaaten das Entgegenkommen, das ihre Unterhändler in der Tat in einer Reihe von Punkten gezeigt hatten, nicht billigten und auf der genauen Durchführung der Vertragsartikel bestanden 78 ). In den weiteren Besprechungen, die sich noch über längere Zeit hinzogen, wobei die finanziellen Fragen mehr und mehr in den Vordergrund traten, sind schließlich dodi einige Erleichterungen und Abstriche von den holländischen Forderungen erreicht worden: In der Exekutionskonvention, die am 22. Dezember 1722 unterzeidinet wurde, waren die Landabtretungen erheblich reduziert und die holländischen Schuld- und Subsidienforderungen verringert worden, so daß der Generalstatthalter Prié seinen Glückwunsch zu einem Ergebnis aussprach, das man in der Hauptsache ihm und seinen Mitarbeitern zu verdanken habe 7 7 ). An dem Kern der Abmachungen von 1715 hatte man freilich nicht rütteln können, es blieben die holländischen Garnisonen und die für deren Unterhaltung zu leistenden Zahlungen wie auch so manche schwerwiegende Beeinträchtigung des Handels und damit der wirtschaftlichen Aufstiegs- und Expansionsmöglichkeiten.

Provinzen und Stände

139

Jedenfalls wogen für die Bevölkerung die Verdienste, die sich Prié in diesen Auseinandersetzungen erworben hatte, nicht schwer gegenüber den Vorwürfen, die man schon bald gegen sein Regierungssystem erhob. Der Generalstatthalter und sein Vertreter sahen sich nicht einer in sich zusammenhängenden, einheitlich geordneten Provinz gegenüber, sondern da gab es mit eigenen Rechten und Privilegien die Grafschaft Flandern, das Herzogtum Brabant mit der Herrschaft Mecheln, die Grafschaften Hennegau und Namur und im Osten, durch das Fürstbistum Lüttich von diesem Hauptblock der Besitzungen getrennt, die Grafschaften Geldern, Limburg und Luxemburg, und wie die „Inauguration" des neuen Herrschers gesondert stattzufinden hatte, so hatte auch jedes Territorium, wie der Prinz einmal in einer Weisung an den Minister feststellte, seine verschiedenen Gesetze, Gebräuche und Verfassungen, in denen sich monardiisdie mit aristokratischen und demokratischen Bestandteilen mischten78). Allenthalben wachten Stände eifersüchtig über die Achtung ihrer Privilegien, ihrer „Freiheit", obwohl sie nach der Meinung Eugens durch ihr Verhalten, etwa durch die Verweigerung der Aufnahme und Unterhaltung von Truppen, gerade diese Freiheit gefährdeten. Wie Prié, der wohl am liebsten diese ganzen Provinzialinstitutionen beseitigt gesehen hätte, hielt auch sein Chef von ihnen nicht viel, dabei war er aber von dem Gedanken einer gründlichen Umformung zur Durchsetzung von Absolutismus und Zentralismus weit entfernt. Keine offenbare Verletzung der vom Kaiser bei der Übernahme der Herrschaft beschworenen Rechte, so erklärte er dem Minister: das würde dem guten Glauben, dem Völkerrecht und der Ehre des Souveräns widersprechen, bedeutete Ungerechtigkeit und Gewalt; man könne nur versuchen, die Mißbräuche, die mit den Privilegien getrieben würden, zu bekämpfen, dann aber auch auf die Zusammensetzung der Stände in ähnlicher Weise Einfluß zu gewinnen, wie das in England bei der Wahl der Parlamentsmitglieder geschähe79). Aber war eine Regierung, deren Glieder entweder von auswärts kamen und das Land und seine Menschen kaum kannten oder aber mit den alten Verhältnissen eng verbunden waren, dazu imstande? Der Prinz hat ein Indigenatsrecht bei den leitenden Posten und audi bei der Besetzung anderer Ämter nicht anerkannt: so hat er mit Schärfe Einsprüche gegen die Berufung des Iren Mac Neny und gegen die Bestellung des Generals von Wrangel zum Gouverneur von

140

Generalstatthalter Belgiens

Brüssel zurückgewiesen, da es des Herrschers Redit und Wille seien, bei der Austeilung seiner Gnaden nur Fälligkeit und Verdienst ohne Ansehen der Herkunft und Nation zu berücksichtigen80). Aber mußte das nicht böses Blut machen? Es rief vor allem die Opposition des Adels hervor. Und da man, um überhaupt die Verwaltung funktionsfähig zu gestalten, doch ihn ebenso wie die „Männer der langen Robe", die aus dem belgischen Bürgertum stammenden Beamten und Rechtsgelehrten, an der Regierung beteiligen mußte, konnte sich in ihr selbst eine Fronde bilden, die sicher manches Ungeschick zu verhindern, aber ebenso einer neuen, besseren Ordnung entgegenzuwirken und so lähmend und auflösend zu wirken vermochte. An der Zentrale, auf deren Weitsicht, Geschlossenheit und Festigkeit es hauptsächlich ankam, ist es in der Tat zu einem ständigen Kampf zwischen den von Prié vertretenen absolutistischen Bestrebungen und der in manchen Räten lebendigen ständischen Tradition gekommen. Der Minister hatte zunächst im Januar 1717 in eine provisorische Regierungsjunta Spitzen der Geistlichkeit und Generalität und Notabein aus Adel und Beamten berufen, dodi hatte er von Wien den Auftrag erhalten, möglichst bald einen Plan für die Bildung einer aktionsfähigen Regierung vorzulegen. Daß man rasch zu einer Ordnung kommen müsse, in der bei aller Rücksichtnahme auf Wünsche und Gefühle des Landes eine starke Autorität vorhanden war, ist offensichtlich die Meinung des Generalstatthalters gewesen, der zunächst Prié zu Beschleunigung dieser Arbeit anhielt, sie dann, als sie endlich unmittelbar vor seiner Abreise nach Ungarn in Wien anlangte, mitnahm, mit eigenem Gutachten an den Kaiser schickte und aus dem Lager vor Belgrad immer wieder auf Beendigung der Beratungen im Rat von Flandern und in der Ministerkonferenz drängte 81 ). Es ist so kaum seine Schuld gewesen, daß das entsprechende Edikt erst am 29. März 1718 erlassen wurde 82 ). Gemäß den von dem Prinzen gebilligten Vorschlägen Pries hatte man sich zur Zusammenlegung der drei höchsten Behörden, die in der Zeit der spanischen Herrschaft in den Niederlanden nebeneinander für Verwaltung und Finanzen bestanden hatten, zu einem einzigen Staatsrat entschlossen, womit man Kompetenzkonflikte zu unterbinden und eine schnelle Erledigung der Geschäfte zu erreichen hoffte. Wenn zugleich die Organisation der Finanzverwaltung unter einem dem Staatsrat angehö-

Einfluß des Adels auf die Regierung

141

renden Generaldirektor den Willen zu einer straffen Verwaltung von oben erkennen läßt, so war es freilich bei der Zusammensetzung des Staatsrats von vornherein fraglich, ob er sich wirklich als Staatsinstrument nach den Vorstellungen Eugens bewähren würde. In ihm war den vornehmen Seigneurs eine starke Vertretung eingeräumt worden, mit der wohl auch manche der übrigen Mitglieder, ja selbst der Beamten und Sekretäre, gemeinsame Sache gegen den landfremden Minister machen mochten. Schon bald nach der ersten Sitzung im Mai 1718 kam es denn auch schon zu Reibungen, aus der ein scharfer, grundsätzlicher Konflikt über die Frage erwuchs, ob der Rat nur eine beratende Funktion ausübe oder der Minister sich nach den Beschlüssen der Mehrheit zu richten habe. Nicht nur durch Prié, auch durch Cuvelier und Jaupain erfuhr der Prinz von der weithin Aufsehen erregenden Opposition der adeligen Staatsratsmitglieder, des Herzogs von Ursel, des Prinzen von Rubempré und des Grafen Maldeghem, die sich dem Italiener nicht unterordnen wollten und ihre Klagen auch nach Wien richteten und, wie in Brüssel nicht nur bei manchen ihrer Standesgenossen, sondern auch bei dem Feldmarschall Vehlen, so am Kaiserhof bei allen Widersachern Eugens Verständnis und Unterstützung fanden 83 ). Der Generalstatthalter war sachlich ganz der Meinung seines Vertreters. Von Belgrad aus hat er im Juli 1718 Perlas-Rialp erklärt, daß man unter keinen Umständen den Herren eine Entscheidungsbefugnis zubilligen dürfe, da dies für das, was man sich vorgenommen hatte, verhängnisvoll wirken und eine Regierung bei der Abhängigkeit von so leidenschaftlichen Leuten, die alles nach ihrer Konvenienz regeln wollten, nicht bestehen könnte 84 ). Wenn er auch Eingaben, die Ursel an ihn selbst richtete, mit einem Verweis beantwortete und einen Erlaß in Wien durchsetzte, der dem Minister die selbständige Entscheidung vorbehielt, so hat er andererseits die scharfe Reaktion Priés auf die Angriffe seiner Gegner mißbilligt und ihn gemahnt, mit Mäßigung zu handeln und jeden Verdacht persönlicher Leidenschaft zu vermeiden 85 ). Von beiden Seiten hat man sich den neuen, im Januar 1719 ergehenden kaiserlichen Reglements gefügt — auch Prié, der die Beratung über die Finanzfragen am liebsten dem Staatsrat entzogen hätte, war nicht voll befriedigt — aber der Gegensatz blieb und brach immer wieder durch, und der Prinz neigte schließlich auch der Meinung Priés zu, daß man einen vom Staatsrat unabhängigen Finanzrat errichten

142

Generalstatthalter Belgiens

und den Staatsrat selbst umbilden sollte89). N u r zum Teil sind diese Pläne noch verwirklicht worden. Durch den Befehl an den „Doyen" des Staatsrats, Ordonnanzen auch dann abzuzeichnen, wenn sie von der Mehrheit abgelehnt wurden, sollten neue Vorstöße der Fronde unwirksam gemacht werden. Aber angesichts des ständigen Haders in der leitenden Körperschaft vermochte die Regierung nicht die Kraft und Autorität zu gewinnen, um die ihr gestellten Aufgaben wirklich lösen zu können. Die Unzufriedenheit des um seine Vertreter im Staatsrat sich zusammenschließenden Adels ist schließlich für Prié und auch für seinen Chef in Wien gefährlicher geworden als die überraschenden Aufruhrbewegungen, denen sie sich zu Beginn ihrer Amtstätigkeit in einigen Städten, vor allem in der Hauptstadt Brüssel, gegenübergesehen hatten 87 ). Sie hatten damit begonnen, daß bei den ersten Geldanforderungen des Ministers zur Deckung der dringendsten Ausgaben die Städte im Gegensatz zu den beiden ersten Ständen die Bewilligung ablehnten. Aus dem Finanz- aber wurde ein Verfassungsstreit, als Prié, um den Widerstand zu brechen, die Neubildung des Brüsseler Magistrats anordnete: die Vorsteher der neun Zünfte, die hier als Nationen bezeichnet wurden, verweigerten zunächst die Aufstellung von Kandidatenlisten und, nachdem sie damit die Aufhebung eines ihre Rechte beschneidenden Edikts aus früherer Zeit erreicht hatten, erklärten die neuen Vorsteher, daß sie den vorgeschriebenen Eid nicht leisten würden, wenn nicht auch das 1700 von Max Emanuel von Bayern als Generalstatthalter erlassene, Rechte und Pflichten der Nationen festsetzende Reglement aufgehoben und die auf ihren Privilegien beruhende mittelalterliche Ordnung wiederhergestellt wurde. Erschreckt wohl durch Unruhen, die in Antwerpen und später auch in Mecheln ausbrachen, hat der Minister, wie vor ihm schon Königsegg, ein scharfes Durchgreifen vermieden, zumal ihm zunächst nur geringe Streitkräfte zur Verfügung standen. Daß man gerade in den Anfängen eigener Herrschaft die Gemüter durch Entgegenkommen und Milde gewinnen müsse, wurde ihm auch von Wien aus geraten: dem Prinzen gefiel zwar der „Geist der Meuterei", der sich hier zeigte, keineswegs, aber auch er schloß sich der Meinung an, daß man möglichst keine Gewalt anwenden und auf gütlichem Wege sich mit den Nationen verständigen und sie zu ihrer Pflicht zurückführen sollte88). Ein Abgehen von der Eidleistung auf das Reglement von

Aufruhrbewegungen in den Städten

143

1700 aber wollte er nicht bewilligen 88 ), und er war empört, als ihn im Juni 1718 im Lager von Belgrad die Nachricht erreichte, daß es, als Prié zu der Eidabnahme schreiten wollte, am 24. und 25. Mai zu schweren Ausschreitungen gekommen war und der Minister, gedrängt von dem Staatsrat, seine Forderung zurückgezogen hatte: er tadelte ihn und Vehlen, daß sie nicht rechtzeitig Vorkehrungen getroffen und dadurch die Ehre der Regierung aufs Spiel gesetzt hatten 90 ). Und mochte er zunächst auch damit einverstanden sein, daß man noch einige Zeit „dissimulierte", bis genügend Truppen in das Land gerückt waren, um jede Bewegung niederwerfen zu können, so wartete er ungeduldig auf den Augenblick, wo die volle Autorität aufgerichtet und mit Strenge gegen die Eidverweigerer und Unruhestifter vorgegangen wurde 61 ). Daß einem weiteren Zurückweichen des Ministers, der im Juli alle gegen die mittelalterlichen Privilegien gerichteten Dekrete für ungültig erklärte, ein neuer Aufstand folgte, hat ihn erst redit in dieser Absicht bestärkt 92 ). Daß „diese befremdende und skandalöse Gärung" nicht mehr so sehr von den Handwerkern als vielmehr von in die Stadt eingeströmten Banden lichtscheuer Elemente getragen wurde und die selbst darüber erschreckten Zünfte im September anstandslos die Steuern bewilligten, konnte ihn nicht mehr besänftigen. Um die Jahreswende hielt er die Stunde für den Rückschlag gekommen. Neue Meldungen über Unruhen in Gent und über Umzüge in Brüssel, bei denen man auf den spanischen König und den bayrischen Kurfürsten Hochrufe ausgebracht hatte, veranlaßten ihn zu der Weisung an Prié, mit Waffengewalt gegen „diesen unverschämten und kühnen Pöbel, der keine Rücksicht verdient und jedes Zeidien der Milde verachtet", vorzugehen 93 ). Und er, ebenso wie der Kaiser, waren durchaus damit einverstanden, daß Prié nicht nur mit aller Schärfe die Vagabunden und Plünderer unterdrückte, sondern auch an einigen der Zunftmeister ein Exempel statuierte, die mit ihren Forderungen auf Herstellung ihres alten Rechts die ganze Unordnung verursacht hatten. Während sich mit dem Einmarsch kaiserlicher Regimenter das Gewidit der herrscherlichen Macht auf das Land legte, wurden am 14. März 1719 fünf jener „Bootmeesters" oder „Doyens" verhaftet und in der Folgezeit vor Gericht gestellt. So kam es zu der Tragödie des François Anneessens, der als einziger von ihnen zum Tode verurteilt und am 17. September 1719 hingerichtet wurde: er war gewiß alles andere als der Typ eines Gewaltmenschen oder

144

Generalstatthalter Belgiens

eines Revolutionärs, sondern offenbar ein biederer, von der Gerechtigkeit seiner Sache überzeugter Bürger, der übrigens mit Mut und Würde in den Tod ging94). Man wird diesem Opfer seiner Überzeugung die Achtung nicht versagen. Und man wird sidi natürlich fragen, ob durch Anneessens Ende nicht ein Schatten auf das Bild des Prinzen Eugen fällt. Er hat sich in jenen Monaten für eine rasche Justiz eingesetzt, schon um die von Zeitungsschreibern verbreiteten Gerüchte einer Amnestie für die „Schuldigen von Brüssel" zu widerlegen, er hat auch scharf die Furchtsamkeit und die Sympathie mißbilligt, die einige Mitglieder des als Gerichtshof fungierenden Rates von Brabant für die Angeklagten zu zeigen schienen95). Als er wegen Anwendung der Folter befragt wurde, hat er sie in Fällen für erlaubt bezeichnet, in denen bei überführten und verurteilten Verbrechern der Verdacht bestehe, daß sie nicht allein gehandelt hätten 96 ). Wenn er von einem der Angeschuldigten meinte, er scheine nicht eigentlidi beteiligt gewesen zu sein, so hat er sicher nichts getan, um Anneessens, den er für einen der Rädelsführer hielt, zu retten, und er hat sich dafür ausgesprochen, daß alle, die den Eid verweigert hatten, verbannt werden sollten97). Er konnte hart und unerbittlich sein — das hatte er schon mehrfach, so etwa bei der Niederwerfung des bayrischen Volksaufstandes im Jahre 1705, gezeigt 98 ). Ein Despot aber war er deshalb nicht, vielmehr der gelassene Vertreter einer Staatsauffassung, die den Strömungen und Erfordernissen der Zeit eher entsprach als die rückwärtsgewandten Ideen der Brüsseler Handwerker. Auch er glaubte für das Recht zu kämpfen, für das Recht des Herrschers, dem er diente, das, wie er überzeugt war, durch „die Extravaganzen der Bürger der Faktion des enthaupteten Doyens Anneessens" bedroht gewesen war 99 ), und nicht nur dafür und für die Macht des Staates, sondern audi für das wahre Wohl der großen Masse des Volkes, das durch einige unruhige Köpfe in für es selbst schädliche Wirren gestürzt wurde. Wenn er dem Urteil Priés zustimmte, daß man durch Erweckung von Furcht und die Unterstützung einer strengen Justiz die Geister dieses Landes, „die nach ihrer Natur zur Neuerung und Bewegung geneigt sind" 100 ), zügeln könne, so hat er dodi keineswegs ein Regiment des Schreckens aufriditen wollen. Seine Berichte an den Kaiser und seine Weisungen nach Brüssel lassen deutlich erkennen, daß er zwar eine exemplarische Bestrafung der schuldigen Ver-

Hinriditung Anneessens'

145

führer forderte, dabei aber die Beachtung der Legalität und aller vom Kaiser anerkannten Rechte für unumgänglich hielt 101 ). Und noch im Oktober 1719 hat er entschieden, daß der harten Abrechnung, dieser notwendigen „Demonstration der Justiz" Maßnahmen folgen sollten, aus denen das verzeihende Wohlwollen, die gnädige Sorge des Monarchen gegenüber seinen Untertanen hervorging, daß man nun alles tun müsse, um die Gemüter zu beruhigen und für eine wetteifernde Zusammenarbeit zu gewinnen 102 ). Zu diesem Zwecke wurden nicht nur die militärischen Befehlshaber angehalten, sich um ein gutes Verhältnis zwischen Soldaten und Bürgern zu bemühen, es erging auch der Befehl, die Garnisonen in Brüssel und in den anderen Städten, in die sie zur Unterbindung von Unruhen eingerückt waren, rasch wieder zu vermindern, da ihre Einquartierung der Bevölkerung zur Last fallen und Gewerbefleiß und Handel beeinträchtigen würde. Wie er schon am 18. Oktober 1719 dem Kaiser vortrug, galt es jetzt, einen Schlußstrich unter das Geschehene zu ziehen, zwar dafür Sorge zu tragen, daß die Vorfälle von 1717/18 sich nicht wiederholten, dabei aber Wirtschaft und Kredit der Einwohner wiederherzustellen, sie von der überflüssigen Besatzungslast zu befreien und damit zugleich die Soldaten einer unerquicklichen Ausgabe zu entheben, sodann durch Milde und kluge Anleitung die Versöhnung zu vollenden. So ist denn auch im wesentlichen verfahren worden. Und mit Genugtuung glaubte der Generalstatthalter bald feststellen zu können, daß diese Methode sich bewährte. Ohne Murren wurden fortan die Eide gemäß den Vorschriften der neueren Reglements geleistet, man konnte es wagen, die Schriftstücke, in denen die Zugeständnisse an die Nationen von 1718 niedergelegt worden waren, den Archiven zu entnehmen und zu annullieren, und Prié, dessen klugem und geschicktem Verhalten in dieser Angelegenheit und in der Herbeiführung der Bewilligung der Steuern der Prinz seine volle Anerkennung aussprach, hat einige Jahre später befriedigt darauf hingewiesen, daß das Volk in den Städten dieses Landes und besonders in Brüssel, das zu allen Zeiten als unberechenbar und wenig respektvoll gegenüber der Regierung bekannt gewesen sei, vielleicht nodi nie so ruhig und fügsam sich verhalten habe 103 ). Der Absolutismus hat sich gegenüber einer Volksbewegung durchgesetzt, wirklich aber eine straffe Ordnung in seinem Sinne in einem Lande aufzurichten, in dem dafür eine sichere Grundlage 10 Braubadi, Prinz Eugen

146

Generalstatthalter Belgiens

noch nicht gelegt war, dazu war das aus der Ferne gesteuerte österreichisdie Regiment nicht imstande. Und der mit soviel anderen Aufgaben belastete Feldherr und Staatsmann, der dies ihm hier zugefallene neue Amt doch eigentlich nur mit der linken Hand versehen konnte, war weder darauf vorbereitet nodi auch gewillt, in diesem vielfach untergeteilten und in festen alten Bindungen und Vorstellungen verflochtenen Gebiet eine Revolution von oben durchzuführen, für die ja selbst in den kaiserlichen Erblanden noch kaum Ansätze vorlagen. Verfassung, Privilegien, ständische und sonstige Rechte waren beschworen, man konnte nicht daran rütteln, ohne ein Chaos herbeizuführen, man mußte sich mit den nun einmal vorhandenen Gewalten so arrangieren, daß jedenfalls kein Fußbreit von dem, was dem Landesherrn zustand, aufgegeben, ja durch Abstellung offensichtlicher Mißbrauche seine Autorität befestigt und hier und da erweitert wurde. Daß ihm das gegeben wurde, was er zur Sicherung und Nutzung der entlegenen Provinz brauchte, war die selbstverständliche Forderung, die der Generalstatthalter stellte und durchzusetzen hatte. War es ein Wunder, daß dem Soldaten und europäischen Politiker als einer der wichtigsten Punkte seines Regierungsprogramms die ausreichende Befestigung der Grenzen und die Unterhaltung eines zur Verteidigung ausreichenden Heeres erschien? Plätze wie Luxemburg oder Möns und wie die Seehäfen Ostende und Nieuport waren instand zu setzen104), in ihnen und im Lande aber galt es, Streitkräfte bereitzustellen, die dem großen Nadibarn im Süden im Ernstfall mehr imponieren würden als die holländischen Barrieregarnisonen und die zugleich diese in Schach hielten. Die aus der spanischen Zeit bestehenden oder im Kriege von habsburgfreundlichen Adeligen aufgestellten „nationalen" Formationen reichten da nicht aus, zu ihnen kamen nach Beendigung des Türkenkriegs einige deutsche Regimenter, jene aber wollte der Generalstatthalter, der hier zugleich als Hofkriegsratspräsident wirkte, fest in das österreichische Militärsystem einfügen: einen großen Teil seiner Korrespondenz mit Prié und Mac Neny hat vor allem seit Ende 1723 diese Frage der „Inkorporation" ausgefüllt, deren Lösung er immer wieder als die vordringlichste Aufgabe bezeichnete105). Eine befriedigende Gestaltung der militärischen Verhältnisse aber war nur möglich, wenn ausreichende Mittel dafür aufgebracht wurden: wie aber war das möglich, wenn bei Beginn der österreichischen Herrschaft eine Schuldenlast von 20 Millionen

Um die Verbesserung der Finanzen

147

Gulden vorhanden war und sich ein jährliches Defizit von über 2 Millionen ergab 106 ) ! Aber da galt es eben nach der Forderung, die der Prinz von Anfang an mit Nachdruck an seinen Vertreter und dessen Mitarbeiter stellte, gründlichen Wandel zu schaffen durch Unterdrückung oder wenigstens Verminderung überflüssiger oder überhöhter Ausgaben, durch zweckmäßigere Einrichtung der Finanzverwaltung und gute Wirtschaft, die dann auch die Bewilligungsfreudigkeit der Stände erhöhen würde 107 ). Er ist nicht müde geworden, Prié, Cuvelier und dem zum Direktor der Finanzen ernannten Fraula zu predigen, daß „eine gute Ordnung und eine weise Administration der Einnahmen und Ausgaben" die Grundlage für eine Sanierung bilde und der Ebbe in den Fonds Einhalt gebieten werde 108 ). Konzentrierung der Einkünfte aus den Domänen in einer General-, aus den ständischen Subsidien in einer Kriegskasse wurde vorgeschrieben, mit Verpachtung der Zölle und anderer Regalien wurden Versuche unternommen, und manches ist in der Tat wohl verbessert und erreicht worden. Aber noch im Mai 1720 klagte der Generalstatthalter in einem Brief an Perlas-Rialp bitter über die trotz aller Sparsamkeit verbleibende Überbelastung aller Fonds, über die hohen Zahlungen an Holland und die auf Grund der unvermeidbaren Ausgaben für Staatsverwaltung und Militär anhaltende Zerrüttung der Finanzen 109 ). Immerhin haben er und der als der beste Finanzkenner des Wiener Hofes geltende Graf Gundaker Starhemberg im folgenden Jahre Saint-Saphorin die Leistung Priés gelobt, der es fertiggebracht habe, 18 000 Mann Soldaten zu unterhalten, die Zahlungen an Holland zu leisten und noch einen Teil der Kapitalschuld abzutragen 110 ). Und gegen Ende 1721 wandte sich der Prinz empört gegen böswillige Gerüchte von einem bevorstehenden Staatsbankrott in den Niederlanden, die durch die für unmöglich gehaltene Besoldung der Truppen widerlegt würden: „Ich weiß, daß dies angesichts des Mißverhältnisses zwischen Einnahmen und Ausgaben wahrhaftig nicht leicht zu schaffen war, um so größer ist das Verdienst" 111 ). Man gewinnt in der Tat den Eindruck, daß die Verwaltung trotz unbestreitbarer Mängel nicht schlecht gearbeitet, daß sich Prié als ihr Chef besser bewährt hat denn als Politiker. Es war die ganze Struktur des Staates, an der man nicht rütteln wollte und konnte, es waren die ganzen Verhältnisse und die so leicht nicht zu überwindenden Folgen langer Kriegszeit, die dodi immer wieder zu Not und Unordnung führten. 10»

148

Generalstatthalter Belgiens

Der Prinz hat im Jahre 1724, als man von vielen Seiten gegen das Regime, für das er verantwortlich war, Sturm lief, von den großen Fortschritten gesprochen, die ein Vergleich mit der spanischen Zeit deutlich mache, von der großen Leistung der Bewältigung weit höherer finanzieller Anforderungen ohne höhere Belastung des Volkes112). Vielleicht hat er da die Lage günstiger dargestellt als sie in Wirklichkeit war. Lebte man nicht doch mehr oder weniger von der Hand in den Mund? Immerhin war auch das schon eine Leistung, daß es dabei ohne Katastrophe abging. Und dem Generalstatthalter selbst wird man nicht nur zuerkennen, daß er mit seinem ständigen Drängen auf ordentliche Haushaltung, auf regelmäßige Vorlage klarer Rechnungen, auf Verbesserung der Methoden der Verwaltung, auf sachgemäße Besetzung der Ämter, auf Ausarbeitung von festen Finanzierungsplänen usw. anspornend gewirkt und damit wohl auch manchen Erfolg erreicht hat. Dazu darf man ihm wohl noch ein anderes Verdienst zuschreiben: er hat verhindert, daß Belgien einen ähnlichen aus Spekulationsfieber erwachsenden Finanzskandal erlebte, wie er Frankreich damals an den Rand des Abgrundes brachte. Wie verlockend schien es, das Beispiel des Schotten John Law nachzuahmen, der in Paris nach einer Aktienbank eine Mississippikompanie zur Ausbeutung der Reichtümer Amerikas gegründet, darauf Aktien ausgegeben und nach Umwandlung seiner Bank in eine Staatsbank immer wieder Emissionen von Papiergeld vorgenommen hatte, dessen Kurs in der Annahme großer Gewinne in unerhörter Weise stieg! Waren damit nicht alle Finanznöte zu beheben und zugleich die Wirtschaft in großartiger Weise zu beleben? In den österreichischen Niederlanden sind es weder Prié und seine Finanzbeamten noch auch die Unternehmer und Bankiers gewesen, die eine so herrliche Entdeckung genutzt wissen wollten, sondern merkwürdigerweise der höchste Soldat in Brüssel, der Feldmarschall Graf Vehlen, der sich zum Fürsprecher von Plänen eines Franzosen namens Marseau auf Gründung einer Kompanie nach dem Vorbild in Paris machte118). In den ersten Tagen des Jahres 1720 sandte er dessen Projekt unter Berufung darauf, daß die Mississippi-Affäre die Bewunderung der ganzen Welt auf sidi ziehe und der beiliegende Vorschlag nicht so „chimerisch" scheine, wie man bisher wohl habe behaupten wollen, unmittelbar an Eugen: „Möge es Gott gefallen, daß sich für den Dienst Seiner Kaiserlichen Majestät ein zweiter Law fände, um diese schönen

Mißtrauen Eugens gegen Finanzprojekte

149

Lande in Blüte zu bringen: entsprechend der Ausdehnung des Königreichs Frankreich dürfte sich auch für hier ein kleines Peru finden lassen"114). In Eugens Umgebung hat es manche Männer abenteuerlichen Schlages gegeben, aber die Anziehung, die solche Gestalten auf ihn ausübten, hat seinen kühlen, nüchternen Sinn nicht beeinträchtigen können, und Glücksrittern ist er nur selten aufgesessen: so war er audi hier von vornherein mißtrauisch. Gewiß, so antwortete er dem Feldmarsdiall, wäre die bisherige Wirkung der Mississippi-Kompanie, „dieses fast unbegreiflichen Werks", für viele Private und das königliche Aerarium von vortrefflichem Nutzen gewesen und würde es vielleicht noch mehr sein, „wenn es also beständig dabei bleiben und immer mit Vorteil wirken sollte", müßte man auch wünschen, „wenn man in den zu vielen guten Einrichtungen wohl gelegenen und geschickten kaiserlichen Provinzen etwas dergleichen einführen, mithin nicht nur die entkräfteten Finanzen, sondern auch die durch verschiedene harte Unglücksfälle ganz erschöpften Provinzen in die vorige Aufnahme wieder bringen und erhalten könnte". Aber wenn einmal „nidit alle Projekte in einem jeden Land sich zu Werk richten lassen, und was in einem sehr gute, in einem anderen oft ganz widrige Effekten nach sich zieht", so sei einem Manne wie Marseau gegenüber Vorsicht am Platz: in Wien habe man ihn mit allerhand Gedanken umgehen und von vielen Millionen reden gehört, „da er doch bei seiner Abreise nicht einmal die Notdurft und mit harter Mühe 7—800 Gulden Kredit gefunden, so auch dem Vernehmen nach mit Gefahr des Creditoris bis anhero unbezahlt ausstehen" 115 ). Vehlen präsentierte indessen mit du Peray einen neuen, angeblich völlig zuverlässigen Finanzmann, doch dessen Weigerung, seine Pläne durch Sachverständige genau prüfen zu lassen, verstärkte nur das Mißtrauen Eugens: unmöglich könne man „die Ideen jedes ganz unbekannten und in keiner Weise beglaubigten Fremdlings in den Niederlanden blindlings annehmen und so die Ehre der Regierung und die Wohlfahrt der Untertanen der Ungewißheit preisgeben; in solchen Dingen kann nidit genug Vorsicht gebraucht werden, indem, wenn sie einmal vollzogen sind, eine Änderung gefährlich, ja oft gar nicht mehr zu bewerkstelligen ist" 116 ). Noch im selben Jahr kam es in Frankreich zu dem großen Krach, und im Dezember war Brüssel die erste Station der Flucht des berühmten Law, der hier von Prié noch ehrenvoll aufgenommen wurde, um einige Jahre später vergessen

150

Generalstatthalter Belgiens

und verarmt in Venedig zu sterben117). Der Feldmarschall hat sich freilich audi dann nodi nicht von seinem Ausflug in die große Finanzpolitik abbringen lassen. Neuen Empfehlungen von seiner Seite wurde im Herbst 1721 eine schroffe Abfuhr zuteil: wie könne man jedem unbekannten Projektanten trauen, „indem sie unter dem glänzenden Vorwande, ganze Völker zu bereichern, während sie selbst keinen Kreuzer im Vermögen haben und etwa gar entlaufene Banqueroutiers sind, nichts als Befriedigung ihres Eigennutzes suchen"! „Wenn man nach Ihrem Rate den damals so hochgerühmten Plänen du Perays und seinen Genossen gefolgt wäre, so würden die kaiserlichen Untertanen von demselben Unglück wie England und Frankreich betroffen worden sein. Es soll also jeder nach der allgemeinen Regel billig in seiner Sphäre bleiben und diese wohl besorgen, sonst aber seinen Vorgesetzten ungefragt nicht vorgreifen" 118 ). Der Prinz hat nicht die gleiche ablehnende Haltung gegenüber den Versuchen eingenommen, die Wirtschaft Belgiens und damit zugleich den finanziellen Ertrag für die kaiserliche Herrschaft durch Wiederherstellung und kühne Entwicklung des Fernhandels auf eine neue Grundlage zu stellen. „Das kaiserliche Absehen und dessen untergebenen Gouvernements pflichtmäßige Bearbeitung", so hat er ausdrücklich in einem jener Schreiben an Vehlen festgestellt, „zielt und beeifert sich, ein nicht nur der kaiserlichen Hoheit, Würde und Ehre anständiges, sondern auch den gesamten Untertanen vorträgliches und nützliches Commercium einzuführen und zu stabilisieren." Die in der Begründung der Ostende-Kompanie gipfelnden Anläufe in dieser Richtung haben in der ganzen Welt Aufsehen erregt und schwerwiegende politische Folgen gehabt. Es war in der Tat das wichtigste Unternehmen, das die Zeit der Generalstatthalterschaft Eugens in den südlichen Niederlanden entstehen ließ. War sein Anteil daran mehr als „pflichtmäßige Bearbeitung"?

4. Bei den Bestrebungen auf eine Belebung und Ausweitung des Seehandels von den belgischen Häfen, nunmehr statt unter spanischer unter kaiserlicher Flagge, sind private und staatliche Initiative zusammengetroffen 119 ). Angehörige anderer seefahrender Nationen,

Der Seehandel von Ostende

151

die ihr Vaterland aus politischen oder persönlichen Gründen verlassen hatten, flüchtige Jakobiten aus England wie der um Projekte jeder Art nie verlegene Schotte Ker de Kersland, kühne französische Seefahrer wie Gollet de la Merveille aus Saint-Malo und sein Sohn, ferner der aus Amsterdam nach Antwerpen übergesiedelte Bankier Cloots, glaubten wohl gerade auf Grund der Trennung Belgiens von Spanien hier die Möglichkeit zur Herstellung der unmittelbaren Verbindung mit den ostindischen Gewässern und Landen nach englischem und holländischem Vorbild und zur Heranbringung wertvoller Produkte von dort, damit zugleich zu eigenem Profit zu erkennen. Ihnen traten mit ähnlichen Ideen Kaufleute und Kapitäne aus dem Lande selbst zur Seite, wie Ray, Potter und die Brüder Malcamp. Sie stammten zumeist aus Ostende, das am günstigsten gelegen war, nachdem Antwerpen durch die von den Holländern erzwungene Scheidesperre ausgeschaltet war 120 ). Schon 1714 hatte man von der provisorischen Regierung Patente für die Ausrüstung von Schiffen und ihre Fahrt nach Indien erbeten, 1715 treffen wir einige Fahrzeuge auf dem Wege nach Bengalen, Surate, ja auch nach China, und als sie im folgenden Jahr mit reichen Ladungen nach Ostende zurückkehrten, brachte deren Verkauf guten Gewinn. Es waren Vorgänge, die auf die neuen Herren des Landes Eindruck machen mußten. Zu diesen konnte man Zugang finden durch Beamte wie Jakob Ernst Castillon, der, eigens zum Handelsreferent bestimmt, im Juli 1716 in einem Gutachten über Wirtschaftsmaßnahmen u. a. die Instandsetzung des Hafens von Ostende und die Errichtung von Verpflegungsstützpunkten in Übersee vorschlug121), und durch bei dem neuen Generalstatthalter gut angeschriebene Persönlichkeiten wie den Marquis del Campo, der Ende 1717 zum Gouverneur von Ostende ernannt wurde und seitdem seinem Gönner regelmäßig Berichte nicht nur über den Ausbau des Hafens, sondern auch über die aus- und einlaufenden Schiffe zukommen ließ122). Aber konnte man nicht auf lebhafte Unterstützung durch die höchsten Stellen des Reichs, an das man nun angegliedert war, rechnen, trafen die eigenen Vorstöße nicht mit Überlegungen und Absichten des Wiener Hofes zusammen? Der Kaiser hatte entscheidende Jahre seines bisherigen Lebens in Spanien verbracht, er hatte gehofft, dies Reich mit seinen Kolonien in der neuen Welt regieren zu können, das, was er dort erlebt und erfahren hatte, war unvergessen geblieben, damit auch alles, was mit der Seefahrt und dem Fernhandel zusammen-

152

Generalstatthalter Belgiens

hing. Es war kaum nötig, daß die Kauffahrer von Ostende mit der Namengebung ihrer Schiffe — „L'Empereur Charles I I I " , „Le Charles", „La Flandre Impériale", dann audi „Le Prince Eugène" — sich zu empfehlen suchten. Es war in der Tat K a r l VI. selbst, der seine Minister zu einer aktiven Handelspolitik anspornte. Und sein Interesse richtete sich nicht nur auf das Mittelmeer und die Levante, die er sich durch den Passarowitzer Handelsvertrag mit der geschlagenen Türkei, mit der Begründung eines eigenen Kommerzrates, der Modernisierung der Adriahäfen und der Schaffung einer Handelsmarine zu erschließen suchte — sehr zum Ärger der Venezianer, die mit einem weit mehr auf die Interessen seines Staates auch auf den Meeren bedachten Herrscher zu tun hatten als vordem 1 2 3 ). Spanische Tradition und merkantilistische Überzeugung von der Bedeutung der See- und Kolonialverbindungen für Wohlstand und Macht wiesen ihn gerade audi auf eine entsprechende Ausnutzung des ihm zugefallenen Anteils an den Küsten der Nordsee und damit des Atlantik. War die Hinlenkung der natürlichen Kräfte und Talente eines der See zugewandten Volkes nicht audi das beste Mittel, um seine berechtigte Unzufriedenheit über seine wirtschaftliche Einzwängung zu beschwichtigen und seinen unruhigen Sinn von manchen Mißständen abzulenken! Daß Seiner Majestät persönlich Organisation und Durchführung der niederländischen Seehandelsunternehmungen mehr am Herzen lägen als vieles andere, hat sein Statthalter mehrfach mahnend dem Marquis de Prié vorgehalten 124 ). Und der Prinz selbst? Er hat in allen seinen Korrespondenzen immer wieder seine sachliche Übereinstimmung mit dem Kaiser und dem von ihm wohl vor allem zu Rate gezogenen spanischen Staatssekretär Perlas-Rialp zum Ausdruck gebracht: die Wendung, daß allein durch die Entwicklung des Seehandels Belgien emporgehoben und eine Blüte erlangen werde wie in längst vergangenen Tagen, kehrt in seinen Vorträgen und Briefen oft wieder, und regelmäßig folgt dieser Feststellung die Versicherung, daß er alles tun wolle, um dazu beizutragen, und daß er von seinen Untergebenen das gleiche erwarte 125 ). War es Unsicherheit auf einem ihm nicht vertrauten Gebiete, die ihn trotzdem mitunter zögern ließ, auf die von den verschiedensten Seiten an ihn gelangenden Vorschläge einzugehen, zu kühnen Entschlüssen zu raten und die Hand zu bieten? Oder leiteten ihn dabei berechtigte Vorsicht und besorgte

Begünstigung der Seefahrer durch Eugen

153

Überlegungen über die Folgen leichtfertig begonnener Vorstöße, vor allem über ihre Wirkung in der großen Politik, die ihn Ende 1717 eine Ausnahme für die Verfolgung nodi so schöner und erfolgversprechender Projekte auf Grund einer „höheren Staatsräson" einräumen ließ126)? Er hielt es zunächst einmal für nötig, Unterlagen für Methoden und Aussichten der See-Expeditionen zu beschaffen: so bittet er Ende 1716 Prié um Angaben und Bedeutung der von ihm erbetenen Schifispässe, will er genau wissen, wer und was hinter den Forderungen von Ray und Potter, von den la Merveilles, von Cloots u. a. steht 127 ). Während er Anfang 1717 Vollmachten für die erstgenannten ausstellte, stand er den la Merveilles mit Mißtrauen gegenüber, um sie dann aber dodi zu ermuntern: es sei, so schrieb er im Mai 1718 an den Minister, manches Bizarre, aber audi viel Gutes in ihren Ideen, und man müsse sich ihre Erfahrung zur See zunutze machen128). Und wie er des Vaters Denkschriften, die sich ebenso auf die Ausrüstung einzelner Schiffe wie auf die Beteiligung am Fischfang, auf die Bildung von Kompanien für planmäßige Handelsfahrten wie auf die Errichtung von Kolonien bezogen, eifrig studierte und mit seinen oft zustimmenden Anmerkungen versah, so gab er dem Sohn das beantragte Kapitänspatent, während zugleich Cloots Pässe für eine Anzahl von Schiffen erhielt. Durch die Erfolgsmeldungen, die über die glückliche Rüdekehr der verschiedenen Fahrer, über aussichtsreiche, von ihnen angeknüpfte Verbindungen, über die Anlage von Faktoreien kamen, wurde die Einstellung des Prinzen immer positiver, zeigte er sich auch Plänen gegenüber aufgeschlossen, etwa von Ostende bewaffnete Kaper auszuschicken, um dem feindlichen Spanien Alberonis Schaden zuzufügen 129 ), oder einen Warenaustausch zwischen den Niederlanden und dem soeben in kaiserlichen Besitz gelangenden zweiten Außenposten, dem meerumflossenen Sizilien, in die Wege zu leiten: was ihm der auf der Insel stationierte General Freiherr von Sdimettau darüber vortrug, schien ihm wohlbegründet, denn schon sei von Ostende aus „das Commercium mit Indien in einen solchen Stand gesetzt, daß von daraus mit indischen und anderen Waren das Königreich Sizilien zulänglich wird können versehen werden" 130 ). Freilich, wenn er mehr und mehr zu der Erkenntnis gelangte, daß alle diese Unternehmungen sehr nützlich waren und von seiten des Staates gefördert werden sollten, so waren dabei seiner Meinung nach doch stets „die Konjunkturen der

154

Generalstatthalter Belgiens

Zeit" zu beachten. Es war die große Frage, die sich von Anfang an stellte, ob die Nationen, die bisher Seefahrt und Welthandel beherrscht hatten, sich die ihnen hier erwachsende Konkurrenz gefallen ließen, ob man auch gegen ihren Widerstand unbeirrt den eingeschlagenen Weg fortsetzte und sich damit gefährliche Gegner schuf. Man stieß hierbei, wie sich sofort herausstellte, weniger auf Spanier und Franzosen als auf die Mächte, mit denen man bisher politisch meist zusammengegangen war. Die ersten Einsprüche kamen von englischer Seite: auf Anweisung aus London erhob Saint-Saphorin seit Ende 1718 in Wien Einspruch gegen den Einbruch belgischer Kauffahrer unter kaiserlicher Flagge in den ostindischen Handel, forderte er die Einstellung der Ausgabe von Pässen zu diesem Ζ weds181). Er war wohl der Meinung, daß sich hier der Einfluß des Spanischen Rats geltend mache, den man durch Eugen bekämpfen könne, aber wenn der Prinz in den Besprechungen, die er mit ihm führte, auch insofern Entgegenkommen zeigte, als er den von den Engländern besonders gerügten Versuch, englische Untertanen und Schiffe für den kaiserlichen Dienst zu werben, verbieten wollte, so hielt er entschieden daran fest, daß es Österreich wie jedem anderen Staat erlaubt sein müsse, mit eigenen oder auch fremden Kräften die Meere zu befahren und Handel zu treiben, wo immer es sich davon Vorteil verspreche. Und Nachrichten von Übergriffen und Gewalttaten der Holländer gegen belgische Schiffe waren dann gewiß nicht geeignet, ihn zu größerer Nachgiebigkeit zu bestimmen. Noch hatte er im September 1719 dem Kaiser geraten, die Zahl der nach China und Indien segelnden Kauffahrer zu beschränken, einmal um den Profit, den man bei dem Absatz einer dem Bedürfnis entsprechenden Menge von Waren erzielte, durch eine zu große Quantität nicht zu verlieren, aber auch um die Eifersucht der Nachbarn nicht zu reizen 182 ). Daß die Holländer es dann wagten, das Schiff des jüngeren la Merveille am Kap der Guten Hoffnung zu belästigen und zwei weitere Fahrzeuge an der Westküste von Afrika und in den Gewässern von Guinea sogar aufzubringen und als Prisen wegzuführen, versetzte ihn jedoch in nicht geringen Zorn: derartige „Attentate", so trug er am 1. November dem Kaiser vor, verletzten zu sehr das Natur- und Völkerrecht und die kaiserliche Ehre, als daß nicht dagegen rasch und energisch aufgetreten werden müßte 188 ).

Konflikte mit den Seemächten

155

So erging der Befehl, jeden derartigen Oberfall mit gleichem zu vergelten, was denn auch dazu führte, daß von Ostende aus ein holländisches Schiff angegriffen und in den Hafen gebracht wurde. Freilich, so sehr er immer wieder betonte, daß man sich nicht einschüchtern lassen dürfe und im Bewußtsein des eigenen Redits die errungenen Vorteile festhalten und ausdehnen solle184), so war er im Grunde doch für eine Verständigung mit den Seemächten, deren Freundschaft er ja damals trotz aller Reibungen, die sich audi auf anderen Gebieten ergeben hatten, dem Kaiserstaat bewahren wollte. So erhielt Prié Anweisung, in Verhandlungen mit den in England und Holland bestehenden indischen Handelskompanien Auswege zu suchen, „um allen Schwierigkeiten seitens der benachbarten Mächte vorzubeugen", und später erhoffte er von dem Geschick des nach dem Haag entsandten Mac Neny die Aushandlung eines modus vivendi, am besten durch Abschluß eines Handelsvertrags, „nicht um ein neues Recht zu erwerben oder das, was dem Kaiser und seinen Untertanen aus dem jus gentium zusteht, zu vermehren, sondern um jeden Zusammenstoß mit einer befreundeten und alliierten Madit zu vermeiden und diesem aufblühenden Handel in den entfernten Zonen größere Sicherheit zu geben"1S5). Gerade waren neue große Projekte an ihn herangetragen worden: man sollte sich mit eigenen Schiffen an der ertragreichen Fischerei an den Küsten Grönlands, Schottlands und Neufundlands beteiligen. Aber verdarb man es dadurch nicht vollends mit Holländern und Engländern? So riet der Prinz denn davon ab, zumal er der Meinung war, daß dafür dodi genügend erfahrene und unternehmende Menschen und ausreichende Mittel fehlten 186 ). Doch die Hoffnung auf einen Vergleich mit den Nachbarn erfüllte sich nicht. Es war vergebens, daß man sich auf die von ihnen selbst einst verfoditene Freiheit des Handels für alle Nationen berief. Im Frühjahr 1721 kam man zu der Erkenntnis, daß Mac Nenys Mission gescheitert war und man weiter mit Schikanen und schlimmeren Gegenwirkungen rechnen mußte 187 ). Was nun? Trotz aller Schwierigkeiten und Zwischenfälle hatte sich der von Ostende aus in Gang gebrachte Handel gut entwickelt. Im Jahre 1720 waren acht Schiffe von weiten Fahrten glücklich zurückgekommen, deren Ladungen viele Käufer anzogen; neue Pässe wurden ausgestellt, neue Fahrzeuge Stadien in See, die in ihren Namen die Verbundenheit mit der neuen Landesherrsdiafl,

156

Generalstatthalter Belgiens

die Hoffnung auf den mächtigen Schutz des Kaisers und seiner Paladine und Vertreter kündeten: neben „Charles VI" „L'Impératrice" und „La Maison d'Autriche", neben dem „Prince Eugène" ein „petit Prince Eugène", dazu „Marquis de Prié" und „Marquis del Campo" und selbst ein „Comte de Starhemberg". Und da gab es draußen bereits Stützpunkte und Faktoreien, wie das von dem Kapitän de la Merveille in Besitz genommene Coblon oder Sadatpatnam an der Küste von Coromandel in Indien 138 ). Sollte man all das etwa aufgeben und damit nicht nur aussichtsreiche wirtschaftliche und finanzielle Möglichkeiten sich verschütten, sondern dem eigenen Prestige nicht nur in Belgien, sondern in der ganzen Welt schwersten Eintrag tun? Auch der Generalstatthalter war von einem solchen Gedanken weit entfernt. Und gerade die Unzugänglichkeit der anderen hat ihn bewogen, die Bedenken, die er ebenso wie Prié gegen eine feste, zusammenfassende Organisation der bisher von verschiedenen Kaufleuten und Schiffseigentümern getragenen Unternehmungen durch Gründung einer vom Kaiser privilegierten Kompanie gehegt hatte, aufzugeben. Zwar hatte er selbst bereits Ende 1717 einmal davon gesprochen, daß es vielleicht am günstigsten sei, nach dem Muster der in England und Holland bestehenden Kompanien eine Handelsgesellschaft für die Niederlande zu errichten, in die jeder eintreten könne 189 ). Die Idee ist jedoch kaum von ihm ausgegangen, vielmehr sind es der Kaiser und seine spanische Umgebung gewesen, die sie vorbrachten und verfochten. Noch hat der Prinz gerade in jenen Verhandlungen über einen Handelsvertrag einen Weg gesehen, um die Kompaniegründung zu vermeiden. Aber während er in seinem Widerstreben durch Prié und die den Minister wohl beeinflussenden belgischen Unternehmer wie Cloots und Malcamp bestärkt wurde, sah er sich in Wien einem wachsenden Druck der Hofkreise und der persönlichen Einwirkung des Kaisers ausgesetzt, die zudem die Meinung vertraten, daß die Seemächte sidi eher mit dem geregelten Geschäft einer Gesellschaft als mit den unberechenbaren Vorstößen einzelner Kapitäne abfinden würden. So hatte er sich schon Ende Oktober 1720 genötigt gesehen, Prié um „einen neuen und überzeugenden Beweis seines Eifers" durch baldige Übersendung eines genau überlegten Projekts für eine Kompanie zu bitten, „denn viele Leute sowohl hier als auch in den Niederlanden wie anderwärts halten eine solche Gründung für unbedingt nötig zu besseren Direktion und zum größeren Vorteil

Die Gründung der Ostendekompanie

157

für den Kaiser und seine Untertanen, die bei der bisherigen Praxis teils wenig Profit haben, teils sich sogar ruinieren, ganz abgesehen von den dauernden Schwierigkeiten bei den Gesuchen um Pässe, die man den einen gibt und den anderen verweigert" 140 ). Erneut hat er sich dann um die Jahreswende zum Obermittler jener Forderungen gemacht: „Ich muß Ihnen mit gewohnter Aufrichtigkeit sagen, daß der Kaiser, der Hof, ja die ganze Welt hier und überall der Meinung sind, die baldige Einführung einer gut geformten Kompanie sei eine unerläßliche Notwendigkeit. Denn die Mächte, die sich jetzt gegen uns eifersüchtig zeigen, werden es gegen einen geordneten Handel weniger sein als bisher. Und wenn sie schon jetzt kein Recht zu ihrem Vorgehen haben, so werden sie dies noch weniger zu begründen vermögen, wenn der Handel unter dem Schutz des Kaisers und nach geregeltem Plan stattfindet. Ist eine solche Kompanie da, so wird jeder sein Geld bei ihr vorteilhaft anlegen können und der Gewinn sich auf das ganze Land verteilen, die Manufakturen werden einen höheren Aufschwung nehmen als bisher, der Einkauf und die Veräußerung der Waren wird geschehen, ohne daß einer den anderen zu übervorteilen sucht, der Schutz der einzurichtenden Kolonien wird der Kompanie zufallen, die Sicherheit durch die Vereinigung der Kräfte vermehrt und endlich audi der Vorteil vergrößert werden, den der Kaiser und die Regierung daraus ziehen" 141 ). Im Grunde ist er wohl damit einverstanden gewesen, daß der Minister vorerst die Erledigung des Auftrags hinauszögerte. Das wurde erst anders, als Mac Neny mit leeren Händen aus dem Haag zurückkam: jetzt, so schrieb er am 19. April 1721 an ihn, bleibe niclits anderes mehr übrig, als zur Gründung der Kompanie zu schreiten. Kurz darauf sandte er einen Kurier an Prié mit der Aufforderung, ihn innerhalb von sechs Wochen, spätestens aber zwei Monaten zurückzuschicken mit Gutachten einmal über die zu errichtende Gesellschaft und dann über einen Vorschlag der Brüder Malcamp über die Anlage weiterer Faktoreien im Land des Großmoguls 142 ). Schon bei dieser Gelegenheit hat er dem Minister deutlidi zu verstehen gegeben, daß er von jetzt ab seine Verzögerungstaktik nicht mehr zu billigen vermochte: „Man darf diese Art von Geschäften nicht mehr hinausschieben, da daraus nicht mehr gutzumachender Schaden entsteht und Seine Majestät zu für das Gouvernement wenig rühmlichen Beschlüssen veranlaßt wird." Es waren

158

Generalstatthalter Belgiens

wohl nicht in erster Linie die laut werdenden Verdächtigungen Priés und seiner Helfer, denen vorgeworfen wurde, die Kompanie aus Eigennutz, wegen der ihnen dann entgehenden, angeblich unrechtmäßigen Einkünfte aus der Erteilung der Pässe, verhindern zu wollen, die den Generalstatthalter bewogen, in den nächsten Monaten immer wieder voll Ungeduld auf die Fertigstellung der Entwürfe für die Kompanie und die Zurücksendung des Kuriers zu dringen 143 ). Entscheidend dafür, daß er nun selbst mit Energie für das Zustandekommen des Plans sich einsetzte, dürfte vielmehr die Sorge gewesen sein, daß die ihm mißgünstig gesinnten Hofkreise ihn bei einem der wichtigsten Regierungsakte für die ihm unterstellte Provinz ausschalten wollten und dabei audi noch in ihrer Unkenntnis abenteuerliche Projekte durchzusetzen trachteten, deren Unsolidität keine guten Folgen versprach. Rasch, rasdi, so drängte er Anfang Juli 1721 durch Mac Neny den Minister, denn „die Pläneschmiede sind dabei, mit ihren Erfindungen Intrigen zu spinnen und mit ihren falschen Ideen vom Guten abzulenken" 144 ). Da hatte in Belgien ein Engländer von sich reden gemacht, der angeblich in Lissabon Bankrott gemacht und allenthalben Schulden hinterlassen hatte, ein „bubble", wie ihn Mac Neny mit dem englischen Ausdruck für Betrüger bezeichnete, ein „vendeur de fumée" oder Windmacher; dieser John Colebrook hatte es verstanden, nicht nur wie die Marseau und du Peray bei dem unternehmungslustigen Feldmarschall Vehlen Eingang zu finden, sondern audi einen besonderen Gönner in dem jüngeren Grafen Windischgrätz zu gewinnen, der als künftiger Botschafter am Kongreß in Cambrai von Prié in Brüssel freundlich aufgenommen worden war, sich dann aber an dessen adelige Gegner angesdilossen hatte 145 ). Von ihm lebhaft empfohlen, war der Mann in Wien aufgetaucht und von dem kaiserlidien Favoriten Althann und audi von dem Hofkanzler Sinzendorf mit offenen Armen aufgenommen worden. Zeitweise schien es, als ob er mit seinen Plänen, die nach dem Urteil Mac Nenys und seines Gewährsmannes Cloots nicht die Förderung des Handels, sondern Spekulationsgewinne anstrebten, sidi durchsetzen werde, doch dürfte Eugen ein so entschiedenes Veto ausgesprochen haben, daß audi der Kaiser es nicht wagte, sidi über diesen Protest seines Generalstatthalters hinwegzusetzen: Colebrook entschwand nach Triest, um dem Levantehandel Anregungen zu geben14®). Man hörte dann auch von Gutachten jenes Jakobiten Ker de Kersland: nichts

Die Gründung der Ostendekompanie

159

darin, so entrüstete sich Mac Neny, was nidit lächerlich, absurd und jedenfalls undurchführbar war 147 )! Seinerseits hat der Ire Prié verteidigt, dessen Einsieht und Geschicklichkeit die Aufrichtung des Seeverkehrs zu danken sei und der, wenn er audi der Kompaniegründung kritisch gegenüberstehe, dodi eifrig daran arbeite, wobei ihn zeitweise freilich eine Art Sdilaganfall aufgehalten habe 148 ). Und endlich war es dann wirklich so weit: aus Brüssel langten große Pakete an, und in den ersten Tagen des November 1721 konnte der Prinz dem Kaiser die Entwürfe überreichen, das gemeinsame Werk des Ministers und Mac Nenys, die dabei außer von Cloots noch von den Antwerpener Finanzleuten Proli und de Prêt sich hatten beraten lassen, während sie zugleich zu abweidienden Vorschlägen, die von dem ehemaligen Ostender Bürgermeister Bauwens, del Campo und den Brüdern Malcamp in Wien eingereicht worden waren, Stellung nahmen 149 ). Diese Arbeit ist dann in der Tat den Beratungen der Konferenz und den Beschlüssen des Kaisers zugrunde gelegt worden. Nachdem Kaiser Karl „dieses weitsdiiditige Werk, welches zwar ziemlich schon durchgegangen, unmöglich aber noch ganz habe lesen können", dem Prinzen zurückgereicht hatte, um es „in Zirk u l a t i o n 1 ^ geben und dann in „Deliberation" zu. nehmen 150 ), hat es noch viele Monate gedauert, bis man sich über die Einzelheiten einigte und dem Monarchen das abschließende Referat vorlegen konnte. Das geschah erst im Juni 1722, und nodi einmal verging ein halbes Jahr, bis gegen Ende Dezember das Statut der „Kaiserlichen und Königlichen Indischen Kompanie, errichtet in den österreichisdien Niederlanden unter dem Schutz des Heiligen Karl" veröffentlicht wurde 151 ). Wenn Eugen bei dieser Gelegenheit seinem belgischen Vertrauten Jaupain versicherte, daß es da „keine Ähnlichkeit mit den chimerischen Projekten derer gebe, die sich damit sehr zu Unrecht brüsten" 162 ), so läßt sich daraus schließen, daß er im ganzen mit der Gestaltung des Inhalts zufrieden war. Dieser Ostendekompanie, wie man sie dann genannt hat, war auf Grund des Souveränitätsrechts des Kaisers und des Natur- und Völkerrechts, auf die sich der Prinz ja stets berufen hatte, für 30 Jahre das Monopol des von Belgien ausgehenden Handels nach West- und Ostindien und ganz Afrika verliehen worden. Sie konnte Kriegsund Handelsschiffe ausrüsten, die unter kaiserlicher Flagge fuhren, konnte im Namen des Kaisers Verträge schließen und Kolonien

160

Generalstatthalter Belgiens

einrichten und genoß des Kaisers Schutz gegen jede Beeinträchtigung ihrer Freiheit in Handel und Schiffahrt. Das Kapital war auf 6 Millionen Gulden festgesetzt, das in 6000 Aktien zu 1000 Gulden aufgeteilt wurde und bis zu einem Drittel auch von Ausländern gekauft werden durfte, ohne daß sie aber Einfluß auf die Gesellschaft gewinnen sollten. An die Spitze der Selbstverwaltung wurden sieben Direktoren gestellt, deren Bestellung zur Begründung und Eröffnung der Subskription durch den Kaiser, später aber durch Wahl seitens der Versammlung der Aktionäre erfolgen sollte. Für die Erteilung des Privilegs war dem Kaiser ein goldener Löwe mit dem Wappen der Kompanie zu schenken, im übrigen an ihn 6 Prozent der bei den Verkäufen der Waren erzielten Summen abzuführen. Um die Besetzung der Direktorenposten und um die Ausgabe und Zuteilung der Aktien hat es noch manche Auseinandersetzungen gegeben, und Eugen hat sich im Frühjahr 1723 veranlaßt gesehen, einen neuen Vorstoß Colebrooks abzuwehren, der sich die Zusage der Überlassung eines großen Aktienanteils zu verschaffen gewußt hatte: mit ungemeiner Schärfe hat der Prinz in einem Vortrag vom 18. Mai gegen eine Beteiligung dieses Abenteurers protestiert, die jedes Vertrauen in die Schöpfung erschüttern müsse, und er scheint damit Erfolg gehabt zu haben 1 5 3 ). Um Mißhelligkeiten, die zwischen den ernannten Direktoren und Prié entstanden waren, beizulegen und zugleich Einigkeit über die weiteren Schritte und auch über das Verhalten gegenüber den anderen H a n delsmächten zu erzielen, sind zur gleichen Zeit der zum Direktorium gehörende Proli und Mac Neny in Wien gewesen 154 ). Nach Prolis Rückkehr wurde am 11. August 1723 in Antwerpen die Subskription eröffnet, die einen überraschenden Erfolg hatte, nach zwei Tagen war die ganze Summe gezeichnet: während Prié die größte Zeichnung mit 150 000 Gulden vornahm, begnügte sich der Generalstatthalter selbst mit der immerhin nicht unerheblichen Summe von 60 000, und er lehnte den Vorschlag des Ministers, sie auf 100 000 zu erhöhen, mit der Begründung ab, daß er nur so viel nehmen wolle, wie er wirklich zu decken vermöge, übrigens die Hoffnung auf irgendeinen Gewinn ihn nicht leiten könne 1 5 5 ). Erheblichen Gewinn glaubte man sich in der T a t versprechen zu können, zumal die Einzelfahrten während der Jahre 1722 und 1723 trotz einzelner durch Piraten und durch englische Eingriffe verursachter Unfälle gut verlaufen waren und nicht nur die Anlage la Merveilles

Bruch mit den Seemächten

161

an der Küste von Coromandel gehalten werden konnte, sondern sich auch Aussichten auf Faktoreien in Bengalen und — mit Hilfe von Missionaren — in China zu bieten schienen156). Im Februar 1724 verließen sodann die ersten Kauffahrer der Kompanie Ostende. Die Briefe, die der Prinz in diesen Jahren an Prié und Mac Neny richtete, zeigen nicht nur den Eifer, mit dem er die rasche Aufrichtung der Kompanie betrieb, sondern auch die Spannung, mit der er die Entwicklung des Fernhandels verfolgte, und die Genugtuung, die ihm jeder Erfolg bereitete. Wenn ihn etwa im Sommer 1724 die Nachricht erreichte, daß zwei Schiffe aus China in Ostende wieder eingelaufen waren und man mit der Rückkehr von zwei weiteren aus Mokka und Bengalen rechnete, so freute er sich, wie er Prié schrieb, daß dadurch das Interesse für die Kompanie steigen würde 1 5 7 ). Und dodi blieb in ihm die Überzeugung, daß man sich hier in gefährlicher Weise festgelegt hatte und es besser gewesen wäre, das kaiserliche Wort und damit die kaiserliche Ehre nicht so weit zu engagieren. Mehrfach hat er Prié mit Nachdruck bekundet, daß er nodi immer die Warnungen des Ministers für richtig halte: „Ich bin jeder Zeit Ihrer Meinung gewesen, daß es in jeder Beziehung angemessener gewesen wäre, den Handel durch selbständige Unternehmer fortführen zu lassen, ohne eine Kompanie zu errichten, die natürlicherweise die Wirkungen hervorrufen mußte, die wir jetzt sehen und die ich stets angekündigt habe. Ich habe das getan, weil es mir dem Dienst Seiner Majestät zu entsprechen schien, aber da Sie anders gedacht hat und die Kompanie auf Ihren Befehl errichtet worden ist, kann es nichts anderes geben, als daran zu denken, die Absicht Seiner Majestät mit allen nur möglichen Mitteln zur Ausführung zu bringen" 1 5 8 ). N o d i deutlicher hat er im Juni 1724 Mac Neny seinen Standpunkt klargelegt: „Ich war immer gegen die Errichtung der Kompanie, aber da Seine Majestät sie ungeachtet meiner Vorstellungen hat bilden wollen, führt es zu nichts, weiter davon zu sprechen, und es ist Pflicht eines guten und treuen Dieners des Herrn, zu überlegen, mit welchen Mitteln die von ihm übernommenen Verpflichtungen ausgeführt werden können" 1 5 9 ). Mit den bedenklichen Wirkungen, die man jetzt sehe, hat er wohl in erster Linie die scharfe Reaktion der anderen Mächte gemeint, die entgegen den optimistischen Behauptungen der Wiener Befürworter der Kompaniegründung zu verspüren war. Sie kam zunächst vor 11 Braubadi, Prinz Eugen

162

Generalstatthalter Belgiens

allem von den Holländern, aber ihren Protesten und Drohungen schlössen sich Engländer und Franzosen an, sie ließen keinen Zweifel daran, daß sie, wie Lord Townshend es schon Anfang 1723 angekündigt hatte, nicht ruhen und rasten wollten, bis die Kompanie suspendiert und vernichtet war 1 6 0 ). Natürlich haben sich Hamel Bruynincx, Saint-Saphorin und du Bourg in erster Linie an den ersten Minister und Generalstatthalter des Kaisers gewandt: er hat ihre Klagen und Forderungen zurückgewiesen, wie konnte man, so hielt er ihnen vor, beanspruchen, ausgerechnet die Untertanen des Kaisers allein von einem Recht auszuschließen, das dodi allen Menschen und Nationen zustehe, aber hinter Stolz und Zorn, womit er ihnen begegnete, verbarg sich die tiefe Sorge, wohin diese Entwicklung führen würde 161 ). Er hat nicht nur durch Denkschriften und Veröffentlichungen, an deren Abfassung auf seinen Wunsch Mac Neny beteiligt war, den kaiserlichen Standpunkt zu rechtfertigen und aufklärend und beruhigend auf die Welt zu wirken versucht 162 ), sondern setzte auch jetzt die Bemühungen fort, auf dem Verhandlungswege doch nodi zu einer Überbrückung der Gegensätze zu gelangen. An alte holländische Freunde aus den Tagen des Spanischen Erbfolgekrieges wie van der Dussen appellierte er, weiterhin sich für die Aufrechterhaltung einer Verbindung einzusetzen, die zur Zeit für die Ruhe und das Gleichgewicht Europas ebenso unerläßlich sei wie einst, und er gab zugleich dem Grafen Konrad Starhemberg für seine Mission an den englischen H o f Auftrag, den wachsenden Mißverständnissen entgegenzuwirken 163 ). Und wenn in einer Konferenzsitzung in Wien im Januar 1724 zwar Einstimmigkeit darüber herrschte, daß an einen Widerruf der kaiserlichen Zusicherungen an die Kompanie nidit gedacht werden könnte, so trat der Prinz zusammen mit Gundaker Starhemberg mit Nachdruck für Bemühungen um die Beibehaltung der Freundschaft mit den Seemächten ein, zu deren Preisgabe Perlas und audi Sinzendorf bereit zu sein schienen164). Mehr und mehr aber erwies es sich, daß die Gebieter der Meere keine Konkurrenz duldeten. Als nach den verheißungsvollen Anfängen der nunmehr von der Kompanie gesteuerten Fahrten zwei ihrer Direktoren, Proli und van Kessel, nach Wien kamen, um in feierlicher Audienz dem Kaiser jenen goldenen Löwen zu überreichen, hat den Generalstatthalter kaum große Genugtuung erfüllt. Aber auch er war, so wenig der Bruch mit den Alliierten von einst, dem man offensichtlich zutrieb, seinen

Förderung von Justiz und Bildung

163

politischen Vorstellungen und Wünschen entsprach, gegen eine Kapitulation vor einem Willen, der ja nicht nur die Kompanie, sondern den ganzen auch von ihm getragenen Versuch einer Beteiligung des ihm anvertrauten Landes am Welthandel zerstören wollte.

5. System der Regierung, Sicherung und Beruhigung des Landes, Ordnung der Finanzen, Entwicklung der Wirtschaft, das waren wohl die wichtigsten Aufgaben, die der mit weitgehenden Vollmachten ausgestattete Generalgouverneur eines im Grunde genommen eigenständigen, sein besonderes Leben führenden großen und volkreichen Territoriums anzupacken hatte. Er hat sich ihrer, wie wir sahen, mit unermüdlichem Eifer und mit Energie, wenn auch keineswegs immer mit Erfolg angenommen, und er hat darüber hinaus sich mit vielem anderen beschäftigt, was man ihm vorlegte und zusandte, worüber man seinen Rat oder seine Entscheidung forderte. Da finden sich in seinen Weisungen an seinen Vertreter in Brüssel mehrfach Mahnungen, die Gerichte zu einer raschen und unparteiischen Rechtsprechung anzuhalten, da nichts für eine Regierung übler sei, als wenn sie sich in der Handhabung der Gerechtigkeit saumselig zeige: „Idi kann Ihnen nicht genug sagen", so schrieb er im März 1721 an Prié, „wie empfindlich ich bei Klagen de non administranda justifia bin, da es sich da um die Ehre und das Gewissen derer handelt, die an der Macht sind" 165 ). Er hat sich auch einmal gegen die Käuflichkeit der Richterstellen gewandt, da sie dazu führe, daß deren Inhaber dann in erster Linie danach trachteten, die Ausgaben wieder einzubringen166). Freilich, hier wie bei dem ganzen System des Ämtererwerbs konnte er nicht viel mehr tun als grundsätzlich und in vielen Einzelfällen die Forderung aufzustellen, bei Vorschlägen und Berufungen auf Vorkenntnisse, Fähigkeit und Integrität der Kandidaten zu achten. Wenn er so audi einen Bewerber um eine Professur an der Universität Löwen mit Nachdruck darauf hinwies, daß Voraussetzung für die Beachtung seines Gesuchs „tiefe Gelehrsamkeit und lange Praxis" seien167), so läßt sich bei ihm überhaupt ein Interesse an der Entwicklung dieser Hochschule feststellen: keineswegs, so versicherte er einmal dem Rektor, wolle er den Rechten, Privilegien und guten Gewohnheiten der Universität Eintrag tun, sondern im 11*

164

Generalstatthalter Belgiens

Gegenteil „sie wieder mit ihrer alten Kraft ausstatten und so diese berühmte Körperschaft in allen ihren Teilen nodi mehr aufblühen lassen"168). Steckte hinter solchen Worten mehr als die Bekundung guter Absichten? Immerhin hat er gerade zu Vorgängen in Löwen mehrfach persönlich Stellung genommen, wobei es allerdings nicht um Förderung von Bildung und Wissenschaft ging, sondern um Verhütung von Unordnung und Wirren, die aus Gegensätzen in religiösen Fragen zu entstehen drohten. Gerade die kirchenpolitische Haltung des Generalstatthalters muß hier noch etwas eingehender betrachtet werden, da sich aus ihr immerhin einige Anhaltspunkte für die Erkenntnis von Denken und Wesen Eugens ergeben. Bei der in jener Zeit in allen europäischen Staaten bestehenden engen Verflechtung staatlicher und kirchlicher Rechte und Verwaltung hat sich der Vertreter des Landesherrn immer wieder mit Episkopat und Klerus, Abteien und Klöstern, kirchlichem Vermögen und Abgaben, Abgrenzung zwischen weltlicher und geistlicher Gerichtsbarkeit befassen müssen. Methode und Praxis bei der Wahl und Ernennung geistlicher Würdenträger, bei der Zulassung oder Einschränkung von deren Verbindung zur römischen Kurie oder zu ausländischen Kirchen- und Ordensobern, bei dem Zustandekommen der Beschlüsse über die von der Geistlichkeit zu leistenden Subsidien und deren Aufbringung waren wohl unter Anpassung an die Tradition der spanischen Zeit die gleichen wie in den kaiserlichen Erbländern 169 ). Man wird es sich daher ersparen können, im Rahmen einer Biographie des Prinzen auf seine Empfehlungen oder Beschlüsse in diesen Angelegenheiten einzugehen. Aber nun fand er sich in Belgien einer Bewegung und einem dadurch verursachten Streit innerhalb der Kirche gegenüber, von denen man in Österreich, Böhmen oder Ungarn nicht viel verspürte. Angesichts der Parteiungen und Unruhen, die sie in dem ihm anvertrauten Lande hervorriefen, sah der Generalstatthalter sich genötigt, dazu Stellung zu beziehen, was er in zwar vorsichtiger, aber doch bemerkenswerter und manches Aufsehen erregender Weise tat. Die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts aufgekommene, nach Cornelius Jansen, Bischof von Ypern, genannte Lehre, die mit einer Auffassung der Gnade, welche von den durch die Kirche festgelegten Grundsätzen abwich und von der römischen Kurie vor allem auf Verlangen der Jesuiten verurteilt wurde, den Ruf nach

Der Jansenismus in Belgien

165

einer Verinnerlichung des religiösen Lebens verband, hatte sich vor allem in Westeuropa verbreitet und in Frankreich nach dem Erlaß der gegen sie gerichteten päpstlichen Konstitution Unigenitus vom 8. September 1713 zu heftigen inneren Auseinandersetzungen geführt 170 ). Hatte sich die Regierung des Regenten Philipp von Orléans nach anfänglicher Begünstigung des Jansenismus zur Unterstützung der päpstlichen Verfügungen entschlossen, so verweigerte ein Teil des französischen Episkopats im Einvernehmen mit der Pariser Universität die Annahme der Konstitution und forderte die Berufung eines allgemeinen Konzils. Und dieser Streit schlug nun auch über die französischen Grenzen hinüber in die österreichisch gewordenen Niederlande. Der Jansenismus hatte hier, von wo er ja einst ausgegangen war, unter den Geistlichen und den Professoren der Universität Löwen eine nicht geringe Zahl von Anhängern, während der belgische Episkopat unter der Leitung des Erzbisdiofs von Mecheln, Thomas Philippe d'Alsace de Boussu, gewillt war, der kirchlichen Entscheidung bei Geistlichen und Gläubigen Gehorsam zu verschaffen 171 ). In den kaiserlichen Landen, wo es zwar am Wiener Hof einige überzeugte Jansenisten gab wie den kaiserlichen Leibarzt Garelli und den aus Neapel stammenden Fiskaladvokaten am Spanischen Rat Riccardi, Klerus und Volk aber wie in den anderen katholischen Staaten Deutschlands durchweg die Jansenisten, wenn sie überhaupt etwas von ihnen wußten, als gefährliche Neuerer ablehnten, hatte man dem ganzen Zwist unbeteiligt gegenübergestanden 172 ). Nodi hat man wohl in den ersten Jahren nach der Übernahme der Herrschaft in Belgien geglaubt, der Entwicklung ruhig zusehen zu können. In den Korrespondenzen des Prinzen Eugen nach seiner Erhebung zum Generalstatthalter finden wir zwar schon im September 1716 einen beiläufigen Hinweis auf den Jansenismus: nicht ohne Grund, so schrieb er da dem holländischen Historiographen Basnage, beschäftige man sich in Frankreich mit der Konstitution Unigenitus, denn solche religiöse Differenzen könnten sowohl für den Staat wie für die Kirche gefährliche Folgen haben 173 ). Aber erst zwei Jahre später begegnen wir einer weiteren Bemerkung, die immerhin die Besorgnis vor möglichen Konflikten durchscheinen läßt. Von dem römischen Cavaliere Rasponi, der ihm nach dem Sieg von Peterwardein den vom Papst verliehenen geweihten Degen und H u t überbracht hatte, war ihm die zur Bekräftigung der Konstitution erlassene Bulle Pastoralis

166

Generalstatthalter Belgiens

Officii vom 8. September 1718 zugesandt worden: „Ich bin überzeugt", so antwortete er Rasponi, „daß eine Deklaration von dieser Bedeutung vor ihrem Erlaß reiflich überlegt worden ist, dodi wird man erst durch die Wirkung erkennen, ob sie den Voraussetzungen und Umständen der Zeit richtig angepaßt ist, wie idi es mit all dem leidenschaftlichen Eifer, den ich für das Wohl der Kirche fühle, wünsche"174). Noch sprach hier der Beobachter, nicht der zu eigenem Handeln genötigte Staatsmann. Es sollte indessen nicht mehr lange dauern, daß ihn Berichte und Beschwerden aus Belgien erreichten, die ihn vor die Frage stellten, was zu geschehen hatte, um einer aus den Bestrebungen wider und für den Jansenismus in den Niederlanden entstehenden Gärung entgegenzuwirken. Es scheint eine von zwei Geistlichen des Oratoriums von Fumes gegen den Erzbisdiof von Mecheln gerichtete Klage wegen über sie verhängte kirchliche Zensuren gewesen zu sein, die ihn im Herbst 1718 zu einer ersten Äußerung dazu veranlaßte. „Ich bin der Ansicht", so begründete er in einem Brief an Prié die Aufforderung zur Untersuchung des Falls, „daß man Irrtümer nicht dulden und ausmerzen soll, aber man muß audi darüber wachen, daß man nicht gegen die durch Seine Majestät und die kanonischen Bestimmungen der Kirche vorgeschriebenen Regeln und Ordnungen auf Grund eines schlecht begründeten, von Übelwollenden erregten Verdachts verstößt" 175 ). In einem Nachsatz fügte er dann noch hinzu, der Kaiser wolle wegen der Konstitution Unigenitus sich ganz zurückhalten, könne aber dem Erzbisdiof nicht erlauben, deswegen Streitigkeiten zu erregen. Daß damit nun nicht etwa den Jansenisten freie Hand zur Verbreitung ihrer Lehren gegeben werden sollte, zeigt die eine Woche später ausgehende Weisung an den Minister, die Lehren des zu ihren Vorkämpfern gehörenden Löwener Kanonisten van Espen zu überwachen und aus ihnen erwachsende Auseinandersetzungen zu unterbinden 176 ). Als indessen der Erzbisdiof in einem Hirtenbrief vom 17. Oktober 1718 von allen Geistlichen die Anerkennung der päpstlichen Entscheidung forderte und damit eine Reihe von Protesten auslöste, nahm der Generalstatthalter gegen ihn Front 177 ). Jener Mitteilung an Prié entsprechend, hatte inzwischen der Kaiser den geistlichen Oberen in seinen Landen empfohlen, über die Konstitution Stillschweigen zu bewahren und zum mindesten keine Dispute über sie zuzulassen. Dementsprechend hat der Prinz in einem Erlaß an den Minister vom 23. November

Beschwerden der Jansenisten gegen die Bischöfe

167

das Vorgehen des Mechelner Oberhirten mißbilligt. Wider Erwarten habe er erfahren, daß der Erzbischof von seinem Kapitel und anderen Geistlichen die Annahme der Konstitution Unigenitus unter Androhung kirchlicher Strafen verlangt habe: „Man hätte darauf achten können und müssen, wie man in dieser Sache in Deutschland und anderswo verfährt, um auch in den Niederlanden Unruhen und Unordnung zu verhüten, die in Frankreich entstanden sind und dort unglückliche Folgen verursachten, deren Überschlagen in die Niederlande um so verhängnisvoller sein würde, als man hier in der Nähe von Häretikern wohnt. Warum in einer solchen Auseinandersetzung Partei nehmen und damit sich einem Unheil aussetzen, das unfehlbar wie in Frankreich eintreten wird, wenn man sich nicht völlig indifferent zeigt" 178 ). Aber schon war der gefürchtete Streit da. In den nächsten Wochen erreichten den Generalstatthalter Proteste und Hilferufe jansenistischer Kleriker und Berichte über Unruhen, wie etwa in Wevelghem in der Diözese Tournai, wo der zu den Verweigerern der Annahme gehörende Pfarrer von Mitgliedern seiner Gemeinde beschimpft und bedroht worden war 179 ). Ärgerlich äußerte sich der Prinz, daß daran allein der Erzbischof Schuld trage, der sich gemäß dem kaiserlichen Wunsch hätte indifferent verhalten und nicht Anlaß zu Wirren nach französischem Muster geben sollen180). Natürlich ist diese Haltung Eugens rasch bekannt geworden, und sie hat in jansenistischen Kreisen die Hoffnung geweckt, daß der berühmte Feldherr und Staatsmann mit ihnen sympathisierte. Schon Ende 1717 hatte einer der zu ihnen gehörenden Theologen von Löwen, François Martin, ihm die Widmung eines nach dem Titel die Bulle Unigenitus verteidigenden, in Wirklichkeit sie aber ironisch angreifenden Werks angetragen 181 ). Der Prinz hatte darauf zwar liebenswürdig erklärt, er könne den Eifer des Professors für die Reinerhaltung des katholischen Glaubens nur begrüßen und danke für die ehrenvolle Absicht, indessen wolle er bei der „Delikatesse" des behandelten Gegenstands und dem Aufsehen, das er in der ganzen Welt errege, nicht ohne genaue Information und Kenntnis aller Umstände sich dazu äußern, zumal es wegen dieser Fragen schon zu Diskussionen zwischen Martin und anderen Löwener Doktoren gekommen sei182). Er zeigte sich dann nicht wenig empört, als Martin im Laufe des Jahres 1720 die Schrift mit der Bemerkung veröffentlichte, daß der Generalstatthalter sie dank-

168

Generalstatthalter Belgiens

bar entgegengenommen habe: er sprach nicht nur dem Verfasser seine Mißbilligung aus, wobei er sich wieder darauf berief, die Widmung eines noch so guten Buchs niemals annehmen zu können, wenn er den Inhalt nicht genau kenne, sondern er wies auch Prié an, den Verkauf zu verhindern 1 8 3 ). D a m i t wollte er nun nicht etwa gegen die jansenistische Minderheit in den Fakultäten der Theologen und Artisten in Löwen Stellung nehmen, die schon Ende November 1718 gegen die ihnen von kirchlicher Seite auferlegte Unterwerfung unter die Konstitution protestiert hatte und sich erneut an ihn wandte, als ihr Einspruch von Prié auf Drängen des päpstlichen Internuntius in Brüssel statt dem höchsten weltlichen Gerichtshof von Brabant einer besonderen geistlichen Kurie zugewiesen wurde 1 8 4 ). Auf eine Beschwerde des das Rektorat führenden Mediziners Rega, der offensichtlich zu den Gegnern der von den meisten Theologen verfochtenen „ultramontanen Grundsätze" gehörte, gab er sofort die Versicherung, daß den Rechten der Universität kein Eintrag geschehen dürfe, woran er wieder den R a t anschloß, jede Einmischung in unruhestiftende Affären zu vermeiden und ihnen gegenüber in Vorlesungen und Disputationen „eine gänzliche und völlige Indifferenz" zu zeigen 1 8 5 ). Als bald darauf eine neue K l a g e des Rektors einlief, hat er sich ihm gegenüber begnügt, auf seine frühere Antwort zu verweisen, zugleich aber den Minister angewiesen, Übergriffe des Erzbischofs und der mit ihm verbundenen Professoren nicht zuzulassen, „die durch ihr Auftreten einen zu großen Einfluß auf das Volk zum Nachteil f ü r die Ruhe der Gewissen und der politischen Lage auszuüben suchten" 1 8 0 ). U n d erneut ist er im September 1720 hinter den Rektor getreten, als dieser von weiteren Bedrängungen durch geistliche Stellen berichtete: das sei nachteilig für die Hochschule, „die nach den Befehlen Seiner K a i serlichen Majestät und meinen Intentionen nicht nur erhalten und gegen alle Unruhestifter geschützt, sondern auch in allem gefördert werden soll, was für Künste und Wissenschaften nützlich sein kann, die man zum allgemeinen Wohl der Untertanen Seiner Kaiserlichen Majestät und aller fremden Besucher pflegen und fördern muß" 1 8 7 ). Aber war eine solche „totale Indifferenz" zu erzwingen? Der inzwischen zum Kardinal erhobene Mechelner Erzbischof und seine Suffragane von Tournai und Gent beharrten bei ihrem Willen, die Anerkennung der Konstitution durchzusetzen und die Verweigerer aus der kirchlichen Gemeinschaft auszuschließen 188 ). So nahmen die

Eugen für „totale Indifferenz"

169

Beschwerden der Betroffenen kein Ende, und der Prinz mußte voll Unwillen feststellen, daß gerade in einer Zeit, in der sich die Gemüter in Frankreich langsam beruhigten, der Streit in den Niederlanden immer heftiger wurde 189 ). Weiter hielt er an seinem Kurs fest, durch den allein, wie er mehrfach behauptete, zugleich die Einheit in der Religion und die Ruhe im Staate bewahrt werden könnten 190 ). Den jansenistischen Appellanten versprach er genaue Untersuchung und Schutz gegen unrechtmäßige Bedrückung und entsprechend wies er Prié an, sich genau über die Vorgänge zu informieren und gegen einen „unbesonnenen Eifer" der Bischöfe vorzugehen. Er zeigte sich auch nicht geneigt, den Forderungen des Kurfürsten-Erzbischofs von Trier auf Einschreiten gegen den Abt und die Mönche von Orval, die Jansenisten des trierischen Erzsprengeis Zuflucht gewährten, nachzukommen 191 ). Wenn er auch immer wieder an beide Seiten appellierte, Mäßigung zu zeigen und Frieden zu halten, so galten seine zornigen Mahnungen doch fast ganz dem Episkopat, zumal als ihm von der Verweigerung der Sakramente bei Sterbenden, die nicht vorher sich zu der päpstlichen Bulle bekannt hatten, berichtet wurde: das sei, so schrieb er an Prié, unerhört und skandalös, da damit viele Menschen zu einer ihr Gewissen belastenden Erklärung über eine Sache gezwungen würden, mit der sie sich bis dahin überhaupt nicht befaßt hatten 192 ). Der Generalstatthalter wußte sich in dieser Zeit in Übereinstimmung mit dem Kaiser und dessen Politik. Im Jahre 1721 war nicht nur auf Drängen eines nach Wien gekommenen Jansenisten aus der Lütticher Diözese in einem kaiserlichen Reskript dem Kölner Erzbischof und Lütticher Fürstbischof Joseph Clemens von Bayern verboten worden, einen Untertanen des Kaisers wegen der Ablehnung der Bulle Unigenitus zur Rechenschaft zu ziehen193), sondern auch eine dann durch holländische Zeitungen bekanntwerdende Instruktion Karls VI. an den mit der Vertretung seiner Interessen in Rom betrauten Kardinal Althann erlassen worden, wonach er gegen den „indiskreten Übereifer" von Bischöfen und die Belästigung des Volkes mit der „unglücklichen" Konstitution Einspruch erheben und den Papst auffordern sollte, den Prälaten Mäßigung zu empfehlen und die Unwissenden in ihrer Unkenntnis zu belassen. Es war ein vorgebliches Unterfangen. Die Kurie, längst von dem Erzbischof von Mecheln über die Vorfälle in Belgien unterrichtet, nahm nicht nur diesen in Schutz, sondern bestritt auch dem Kaiser

170

Generalstatthalter Belgiens

das Recht, sich in Glaubensfragen einzumischen194). Und in Wien, wo im Sommer 1722 der Kardinal Boussu persönlich erschien, um sich zu rechtfertigen und gegen Behinderung in der Ausübung seines kirchlichen Amtes zu klagen, begann man allmählich einzulenken. In Erlassen aus dem Februar und Mai 1723 erklärte der Kaiser, der Durchsetzung der Bestimmungen der Konstitution keinen Widerstand entgegensetzen, ja öffentliche Kundgebungen dagegen als Störung der Ordnung bestrafen zu wollen. Immerhin wurde daran festgehalten, daß die Bischöfe eine schriftliche Anerkennung nicht fordern und überhaupt mit aller Mäßigung vorgehen sollten195). Eugen hat diese Entscheidung am 29. Mai Prié mitgeteilt und ihn aufgefordert, gegen diejenigen Schritte zu unternehmen, die „öffentlich und mit Erregung von Skandal" den päpstlichen Bullen opponierten, wobei er aber betonte, daß niemand zur Annahme der Bulle gezwungen und verfolgt werden dürfe, der ihr nicht „publiquement et avec scandale" widerspreche196). Auch auf dieser Basis war, wie sich herausstellte, eine Beilegung des Zwistes nicht zu erzielen, und so ist es auch im folgenden Jahre, dem letzten von Eugens Generalstatthalterschaft, mehrfach zu Zusammenstößen zwischen ihm und dem Episkopat Belgiens gekommen. Persönliche Gründe mögen mitgesprochen haben, wenn er im August 1723 Mac Neny aufforderte, dem greisen Kanonikus Ruth d'Ans, der einst zu den Freunden Antoine Arnaulds, eines der Häupter des Jansenismus, gehört hatte, seinen Schutz angedeihen zu lassen: an ihm nahm er besonderes Interesse, weil der gelehrte Mann ihm literarische Auskünfte gab und ihm bei der Erwerbung von Büchern für seine Bibliothek behilflich war 197 ). Solche Gründe waren aber nicht vorhanden, als er im Frühjahr 1724 sich einschaltete, als dem Kanonikus Borrekens in Mecheln am Aschermittwoch die Austeilung der Asche untersagt und er öffentlich als aus der Kirche ausgeschlossener Schismatiker bezeichnet wurde: wenn, so schrieb der Prinz an Prié, sein Verbrechen nur darin bestehe, sich nicht der Konstitution unterworfen zu haben, ohne dagegen zu agitieren, so müsse das Vorgehen des Erzbisdiofs als gewalttätig, ungerecht und den kaiserlichen Ordonannzen widersprechend geahndet und ihm weitere derartige Schritte streng verboten werden 198 ). Nicht anders reagierte er auf e' .ie Besdiwerde des Mechelner Plebans van Rost, dem am Palmsonntag die Kommunion verweigert worden war: wieder begleitete er den Auftrag

Gegen Verfolgung der Jansenisten

171

an den Minister zur Untersuchung mit der Bemerkung, es sei unerhört, daß man Menschen als Häretiker behandle, die aus der Kirche nicht ausgeschlossen seien199). Und wenn er im Oktober 1724 sich auf Grund weiterer Proteste erneut gegen den Erzbischof wandte, der anscheinend seine Animosität immer mehr fühlen lasse und damit gefährliche Folgen für den Staat und einen völligen Zerfall des Klerus heraufbeschwöre 200 ), so hat er Anfang November, als bereits die Entscheidung über seinen Rücktritt vom Amt des Generalstatthalters gefallen war, eine ihm von belgischen Jansenisten zugekommene Denkschrift zum Anlaß genommen, um in einem Vortrag dem Kaiser die bedenkliche Entwicklung der kirchlichen Lage in den Niederlanden darzulegen und das Einschreiten der weltlichen Gewalt vorzuschlagen. Seine Majestät, so hieß es da, werde selbst ermessen, wie verhängnisvoll sich die in jener Schrift geschilderten Gewalttätigkeiten für die öffentliche Ruhe auswirkten und was man von dem den Klerus spaltenden Zwist zu befürchten habe, wenn nicht endlich für die strikte Befolgung der kaiserlichen Verfügungen gesorgt werde. Ja, noch mehr stand seiner Meinung nach auf dem Spiele: hinter dem Vorgehen der Bischöfe stecke nichts anderes als die Absicht, die Macht des Souveräns zu untergraben und eine Unabhängigkeit zu erringen, die für die fürstliche Autorität zu gefährlich und abträglich sei201). Das war sein letztes Wort zu dem Streit um den Jansenismus und die Bulle Unigenitus. Seit seiner Demission als Generalstatthalter lag für ihn kein unmittelbarer Anlaß mehr vor, sich mit diesen kirchlichen Fragen zu beschäftigen, und er scheint auch nicht mehr den Versuch gemacht zu haben, auf Entscheidungen über sie einzuwirken. Die Frage hat schon damals die Gemüter beschäftigt, ob der Prinz selbst Jansenist gewesen ist. Es gibt ein merkwürdiges Dokument, aus dem dies in der Tat hervorzugehen scheint. Am 26. März 1719 übersandte der Rektor der Universität Paris, Charles Coffin, eine öffentliche Deklaration, mit der die berühmte Sorbonne gegen die Konstitution Unigenitus und die sie bestätigende päpstliche Deklaration vom September 1718 protestierte, in lateinischer und französischer Ausfertigung an Eugen und er fügte diesen Schriftstücken einen feierlichen Appell bei — „christianis aeque et bellicis virtutibus percelebri, litterarum et litteratorum amantissimo" — in dem der Savoyer zur Unterstützung der Berufung an ein Konzil aufgefordert wurde. „Obwohl", so heißt es da, „wir von Ihnen

172

Generalstatthalter Belgiens

nodi mehr durch unseren Beruf und unsere Beschäftigung geschieden sind als durch die räumliche Entfernung, glaube ich, wenn es audi ungewöhnlich sein dürfte, nichts Falsches zu tun, wenn ich, der ich an der Spitze einer Armee von Schriftstellern stehe, mich an den berühmten Feldherrn wende. Sie wissen, daß unsere Universität, der alten, von den Vätern überkommenen Lehre getreu, an das künftige Konzil wegen der Konstitution Unigenitus appelliert hat, weil sie zu der Erkenntnis gekommen ist, daß die Konstitution die unveränderlichen Doktrinen der Kirdie wie des französischen Königreichs verletzt. So haben wir in einer öffentlichen Erklärung die wichtigen Gründe dargelegt, die uns zu diesem Appell bewogen haben und zu diesem Zwecke zwei Dokumente aufgesetzt, die wir hiermit Ihnen schicken, Ihnen, der Sie Franzose und ein gebildeter Fürst sind. Die Liebe, die Sie selbst inmitten des Schlachtgetümmels stets für die Religion gezeigt haben, und das Ansehen der Universität Paris werden Sie dies aus den Händen der Mutter der schönen Künste kommende Werk vielleicht bereitwillig aufnehmen und mit Vergnügen lesen lassen. Wir sind jedenfalls überzeugt, daß bei dem durchdringenden Geist, der Ihnen in allen Dingen eignet, Sie leidit ermessen werden, was man von jenem neuen Dekret befürchten muß, wenn man sich ihm nicht rechtzeitig widersetzt. Es wird das gewiß eine glorreiche und Ihrer anderen herrlichen Taten würdige Handlung sein, wenn Sie, nachdem Sie dem Reich den Frieden verschafft und den auf die Stärke seiner Truppen und den Vorteil seiner klug gewählten und tapfer verteidigten Stellungen stolzen, ewigen Feind des christlichen Namens besiegt und zerschmettert haben, sich mit wahrhaftig milderen, aber nicht weniger edlen Aufgaben befassen zum Wohl von ganz Deutschland. Die ultramontanen Anschauungen breiten sich täglich weiter aus; hier sind Feinde, die vielleicht den Kaisern und Königen nicht weniger gefährlich sind als Armeen von Soldaten. Fügen Sie daher den unsterblichen Lorbeeren um Ihr Haupt die Palme hinzu, die, eben weil sie nicht mit Blutvergießen verbunden ist, um so angenehmer ist. Mit anderen Worten, sorgen Sie dafür, daß diese innere Pest aus allen Seiner Kaiserlichen Majestät untergebenen Landen verscheucht wird: das fordert von Ihnen der glühende Eifer, den Sie immer für sein Wohl und seinen Ruhm bewiesen haben. Aber nichts kann Sie mehr dazu veranlassen als der Nutzen der Kirche, von der die Häretiker fälschlich behaupten, daß von ihr derartige im ganzen

Das Sendsdireiben der Pariser Universität an Eugen

173

Altertum unbekannte Dogmen ausgingen, die doch nur neue Anmaßungen des römischen Hofes darstellen, durch die jene immer mehr von der Kirche wie durch eine erzene Mauer getrennt werden, die anscheinend niemals niedergerissen werden kann. Inzwisdien darf man midi beglückwünschen, daß idi als derzeitiger Inhaber des Rektoramts die Gelegenheit habe, Ihnen ein Geschenk zu machen, das, wie ich hoffe, Ihnen nicht unangenehm sein wird, und meine Stimme zu einem in ganz Europa so berühmten Helden dringen zu lassen, der sich durch seine große Befähigung für den Frieden wie für den Krieg so verehrungswürdig gemacht hat. Möge Gott Sie erhalten, durchlauchtigster Prinz, und mögen Sie fortfahren, die schönen Künste, um die wir uns bemühen, zu lieben und zu schützen" 202 ). Der Sieger über die Türken als Vorkämpfer gegen den „Ultramontanismus" für ein im Sinne der Jansenisten gereinigtes Christentum — ein wahrhaft erstaunlicher Gedanke! Und die Pariser Professoren schienen doch offensichtlich überzeugt zu sein, daß die Gesinnung des Prinzen zu einer solchen kühnen Annahme berechtige. Traf diese Voraussetzung zu? Man wird indessen den Aussagewert dieses aus den leidenschaftlichen Wünschen einer Partei erwachsenen Schriftstücks für die wirkliche Einstellung Eugens nicht zu hoch schätzen dürfen. Wahrscheinlich ist es entstanden auf Grund von Mitteilungen niederländischer Jansenisten über die Haltung des Generalstatthalters gegenüber den Maßnahmen des belgischen Episkopats. Es ist bezeichnend, daß schon in einem ihm übersandten Protest von elf brabantisdien Pfarrern aus dem November 1718 sich ganz ähnliche Wendungen finden wie in dem Pariser Appell: indem er den bedrückten Priestern der Kirche zu Hilfe komme, werde er neuen Glanz seinem Ansehen und Ruhm zufügen, die er mit Recht durch seine furchtlose Tapferkeit bei der Führung von Armeen erworben habe 203 ). Selbst hat der Prinz am 31. Mai 1719 Prié mitgeteilt, er habe in der Angelegenheit der Konstitution ein durch das Verhalten des Erzbischofs von Mecheln veranlaßtes Schreiben der Universität Paris erhalten 204 ). So ist also wohl Coffins Vorstoß durch vage Hoffnungen bestimmt worden, die man im Kreise der Jansenisten aus den Zusammenstößen der durch Eugen repräsentierten weltlichen mit der kirchlichen Macht in Belgien zog. H a t er ihn überhaupt ernst genommen? In einer später von jansenistischer Seite herausgegebenen Veröffentlichung über die Vorgänge in den

174

Generalstatthalter Belgiens

Niederlanden findet sich zwar die Behauptung, daß er den Parisern sehr freundlich geantwortet habe 205 ). Eine Erwiderung hat sich indessen bisher weder im Original noch in dem seine Korrespondenzen aus jenen Jahren wiedergebenden Kopialbuch finden lassen. Und es ist kaum anzunehmen, daß der Staatsmann, dem im Zeichen der Quadrupelallianz an guten Beziehungen mit Frankreich liegen mußte, sich zu einer Bewegung bekannt hat, die von dem Regenten und seinem Berater Dubois scharf bekämpft wurde. Damit ist nun freilich noch nichts darüber gesagt, ob er Sympathien für den Jansenismus hatte. Es wird später, wenn wir zu der abschließenden, zusammenfassenden Würdigung seiner Persönlichkeit gelangen, audi von seinem Verhältnis zu Religion und Kirche zu sprechen sein. Hier handelt es sich nur darum, die Motive der Kirchenpolitik des Generalstatthalters zu ergründen, was aber einige vorläufige Hinweise auf dies Verhältnis nötig macht. Manches deutet darauf hin, daß der große Feldherr und Staatsmann sich wie für alle geistigen Strömungen seiner Zeit, so audi für die Bewegungen innerhalb der Kirche interessierte. Nach den Aufzeichnungen eines französischen Offiziers ist es während der Rastatter Friedensverhandlungen einmal zwischen ihm und dem Marschall Villars zu einer Diskussion über das Für und Wider der verschiedenen christlichen Konfessionen gekommen, das der über die Kenntnisse seines Gesprächspartners verwunderte Franzose mit der scherzhaften Warnung beendet haben soll, daß des Prinzen Wissen seinem Seelenheil schaden könne, während ihn, Villars, glücklicherweise seine Unwissenheit retten werde 206 ). Und der große Philosoph Leibniz hat nach einem Disput mit dem Savoyer über die von den Jesuiten befürwortete Zulassung der konfuzianischen Kultgebräuche bei Einführung des Christentums in China gemeint, der Prinz könne jedenfalls ungleich besser von der Theologie sprechen als er vom Kriegswesen207). H a t er nun aber wirklich die jansenistisdien Lehren gekannt und sie für richtig gehalten? Wohl scheint er in freundschaftlichen Beziehungen zu Männern gestanden zu haben, die als deren Verteidiger und Gönner gelten konnten. Aus den Tagen seiner in Frankreich verbrachten Jugend soll er mit dem späteren Bischof von Montpellier Colbert de Croissy bekannt gewesen sein, der als einer der hartnäckigsten „Appellanten" im französischen Episkopat galt, und der aus der Diözese Tournai stammende Abbé Lenglet, der sich aus nicht ganz durchsichtigen Gründen

Eugen und der Jansenismus

175

um die Jahreswende 1721/22 in Wien aufhielt, behauptete in dem mit ihm nach seiner Rückkehr nach Frankreich angestellten Verhör, daß der Bischof nodi mit dem Prinzen korrespondiere und ihm eine jansenistische Kundgebung von sieben französischen Bischöfen zugeschickt habe 208 ). Derselbe Lenglet hat jedoch ausgesagt, daß Eugen bei einer Unterhaltung mit Garelli, dem entschiedensten Vorkämpfer der Bewegung am Kaiserhofe, abwehrend ausgerufen habe: „Ich glaube, Sie wollen midi zum Jansenisten machen." Man mag die Wahrheit dieser Mitteilung bezweifeln, da der Abbé ein Interesse haben konnte, den Prinzen als zum mindesten indifferent hinzustellen, um dem Verdacht den Boden zu entziehen, er habe in jansenistischem Auftrag mit ihm verhandelt. Indessen auch aus den Berichten des französischen Diplomaten du Bourg geht hervor, daß der Generalstatthalter gerade in der Zeit, in der er dem Vorgehen der Bischöfe in Belgien sich entgegenstellte, ein eigenes Bekenntnis zum Jansenismus entschieden bestritt. Hatte er dem Franzosen im Januar 1722 versichert, daß er für dogmatische Fragen nicht zuständig sei und ihre Entscheidung den Theologen überlasse, so hat er einige Monate später konkreter die Ausstreuungen, wonach er an der Spitze einer jansenistischen Partei in Wien stehe, zurückgewiesen: „Ich weiß nicht allzuviel über das, was man Jansenismus nennt, und übrigens glaube ich, daß man an manchen anderen Stellen audi nicht mehr weiß, ich sehe nur, daß sich Religionsparteien bilden und ich wünsche, daß man üble Folgen davon verhindert, indem man den Auseinandersetzungen einen Dämpfer auflegt" 209 ). Als behauptet wurde, daß er sich der Annahme der Bulle Unigenitus widersetzen wolle, erklärte er dies Gerücht als unsinnig: „Ich möchte nur, daß man in diesen Dingen mit weniger Aufsehen und mehr Liebe vorgehe und nicht in einer Art, die dem Geist des Christentums widerspricht." Daß ihm in der Tat der Gedanke einer positiven Förderung des Jansenismus fernlag, zeigt eine Weisung an Prié, in der er sich mit besonderer Schärfe gegen den Brüsseler Internuntius wandte, weil er und sein geistlicher Anhang die Beförderung eines Beamten mit seiner Verdächtigung als Jansenist zu verhindern suchten, während nach dem Prinzen zugekommenen Informationen der Grund für die Ablehnung des Mannes nur darin lag, daß er stets die staatlichen Redite gegen kirchliche Ansprüche verteidigt hatte: „Obwohl ich selbst", so heißt es in Eugens Schreiben, „der Meinung bin, daß es nicht angängig

176

Generalstatthalter Belgiens

sein würde, einen ausgesprochenen Jansenisten auf einen solchen Platz zu setzen, so ist es andererseits bekannt, daß die Geistlichen oft diejenigen für Jansenisten ausgeben, die sich nicht blind ihrem Willen beugen, und man weiß genügend, bis wohin ihre Animosität gegen Menschen geht, die sich ihren Unternehmungen widersetzen" 210 ). Und damit gelangen wir zu der eigentlichen Erklärung für sein Verhalten in dem Streit um den Jansenismus in Belgien: Was ihn dabei leitete, war das Interesse des Staates. Er war nicht Jansenist und er war auch kein grundsätzlicher Gegner der römischen Kurie oder des Klerus, aber er war ihnen gegenüber ein unbedingter Verfechter der Hoheit und Autorität des Staates, der für Ruhe und Ordnung sorgen und keine Streitigkeiten aufkommen lassen, der vor allem keine Einmischung der Kirche und ihrer Organe in die seiner Meinung nach den Fürsten zustehenden Machtbefugnisse dulden wollte. Er stand, das wird nicht zu bestreiten sein, dem Papst, dem Episkopat und insbesondere dem Jesuitenorden mißtrauisch gegenüber, weil er von ihnen eine Beeinträchtigung von Rechten und Einflüssen des Staates zum Schaden von dessen Macht und Wirken befürchtete. Im Juni 1720 sprach er sich dementsprechend gegen ein Gesuch der Aachener Jesuiten um Erlaubnis zum Erwerb von Gütern durch Schenkung auf niederländischem Boden aus, weil man verhindern müsse, daß ganze Provinzen „ad manus mortuas" gelangten, und zwei Jahre später hat er erneut erklärt, er sei und werde immer der Meinung sein, daß es dem Staats- und allgemeinen Wohl schade, wenn die Kirche ihre schon so beträchtlichen Besitzungen noch vermehrte 211 ). Ausdrücklich hat er auch, als ihn im Dezember 1721 du Bourg auf das Schreiben des Kaisers an den Kardinal Althann wegen der Durchsetzung der Bulle Unigenitus ansprach, versichert, man wolle nicht irgendwie zu Glaubenslehren Stellung nehmen, man könne aber zu dem Vorgehen der Kurie und der Bischöfe nicht mehr schweigen, da damit weltliche Rechte berührt und Unruhen hervorgerufen würden 212 ). Weil er mehrfach erklärte, ein Ausgreifen Roms über seine kirchlichen Aufgaben hinaus nicht dulden zu wollen, gelangte man wohl zu dem Eindruck, daß er kein Freund des Papsttums war 213 ). Und weil er mitunter vor den Jesuiten warnte, weil sie Fürsten und Minister zu leiten suchten, hielt man ihn für einen Freund ihrer jansenistischen Gegner 214 ). Und doch gingen Mahnungen, wie er sie etwa im Sep-

Konflikte mit dem belgisdien Adel

177

tember 1727 dem ihm eng verbundenen Grafen Königsegg als Botschafter in Madrid zukommen ließ, niemals sich auf Männner der Kirche zu verlassen, da sie selten ein festes politisches System hätten und in ihrer Mehrheit sich entweder von persönlichen Interessen oder von ihrer Anhänglichkeit an den römischen Hof leiten ließen 215 ), nicht auf Zweifel an kirchlichen Lehren zurück, auch nicht auf eine grundsätzliche Abneigung gegen den Klerus, dem die besten Freunde seiner letzten Jahre, wie Friedrich Karl von Schönborn und der Wiener Nuntius Passionei angehörten, sondern eben auf das Vorherrschen der rein politischen, auf die Sicherung und Festigung des Staates gerichteten Gesichtspunkte in seinem Denken und Handeln. Deutlich steht er hier in der Linie, die in Österreich über Maria Theresia und Kaunitz zu Joseph II. führt.

6.

Das Klima in den Beziehungen zwischen dem ersten kaiserlichen Generalstatthalter Belgiens und weiten Kreisen von dessen Bevölkerung ist natürlich durch den Zwist mit den führenden Prälaten nicht günstig beeinflußt worden. Auf die Vorgänge, die im Jahre 1724 zu der großen Krise um seinen Stellvertreter Prié und nicht nur zu dessen Abberufung, sondern auch zu des Prinzen eigenem Verzicht auf sein Amt führten, hat er indessen nicht nennenswert eingewirkt. Hier stießen weniger Staat und Kirche, als vielmehr der Absolutismus und die Fronde einer Aristokratie zusammen, die auf Grund der hier vorliegenden besonderen Verhältnisse eines seit langer Zeit für sich lebenden und nicht der unmittelbaren Leitung des Herrschers unterworfenen Landes einen Erfolg davontragen konnte. Die Zusammenstöße sind nicht eigentlich aus Angriffen der Staatsdiener auf politische Vorrechte und ständische Privilegien des Adels erwachsen. Sicher hat sich der Prinz Eugen zu der nach seiner wie vieler Zeitgenossen Meinung durch die Vernunft, die Räson, gebotenen Anschauung von der Sammlung der Staatskräfte unter den Willen des Herrschers bekannt, aber er war kein Revolutionär von oben, kühne Gedanken politischer oder gar sozialer Umwälzung lagen ihm fern, er hielt Ausgleich und Zusammenarbeit mit jenen Zwischengewalten, die er sich aus der Vergangenheit, aber 12 Braubadi, Prinz Eugen

178

Generalstatthalter Belgiens

auch aus Gegenwart und Zukunft nicht fortdenken konnte, für möglich und nötig, es war sein Wunsch und sein Wille, den Adel durch Schonung, Entgegenkommen und Anerkennung seiner vermittelnden und beratenden Funktion für den Staatsdienst zu gewinnen und zu nutzen. Das schien ihm aber besonders geboten in den neuerworbenen Niederlanden, in denen seit jeher zahlreiche große Familien eine nicht geringe Rolle gespielt hatten. In Wien, so stellte der französische Geschäftsträger du Bourg im Sommer 1719 fest, sehe man die Notwendigkeit ein, sich den belgischen Adel zu verpflichten: das sei, so fügte er hinzu, „das Prinzip des Prinzen Eugen"21®). Und noch im Frühjahr 1724 hat er selbst Mac Neny geschrieben, er wünsche nichts mehr, als daß man „mit den Leuten des Landes und besonders mit dem Adel in guter Harmonie lebe", wie er zugleich auch einem Mitglied dieser Aristokratie versichern zu können glaubte, daß, wenn der Kaiser sich zu einer Nation hingezogen fühle, deren vornehmste Vertreter sich immer durch Anhänglichkeit und Treue gegen ihre Souveräne ausgezeichnet hätten, so auch er ihnen Achtung entgegenbringe und dies durch alle seine Aktionen gezeigt habe, die auf nichts als das Beste des Dienstes und den Vorteil des Landes gerichtet gewesen wären 217 ). Dabei war er nun freilich von vornherein entschlossen gewesen, sein Wohlwollen da ein Ende finden zu lassen, wo er zu der Überzeugung gelangte, daß eben jene Aktionen durchkreuzt wurden und man von der anderen Seite der Regierung des Souveräns nicht den gebührenden Gehorsam und Respekt zollte. Daß es nicht zu jener Harmonie kam, daran haben, wie schon erwähnt, Ungeschicklichkeiten und Hochmut des landfremden Ministers und das Fernbleiben des Prinzen selbst mit Schuld getragen. Aber zu Spannungen und Streit wäre es wohl auch bei anderem Verhalten von ihrer Seite gekommen auf Grund des Selbstbewußtseins und der politischen Ansprüche der vornehmen niederländischen Herren, die eben erheblich weiter reichten, als der Generalstatthalter zugestehen wollte. Und wenn es unter ihnen gewiß Persönlichkeiten gab, die stolz darauf waren, dem Kaiser zu dienen und den Weisungen des berühmtesten Feldherrn der Zeit zu folgen, und die es als ihre Pflicht betrachteten, in voller Loyalität auch dem von Wien bestimmten Minister zur Seite zu stehen, so traf bei anderen patrimoniale, ständische Staatsauffassung zusammen mit persönlichem Geltungsdrang und einem Hochmut, der den Stolz

Beziehungen der feudalen Opposition zum Kaiserhof

179

des als Emporkömmling verachteten Prié noch bei weitem übertraf. Verständlich, daß gerade die Männer, die in den Staatsrat berufen worden waren, mit dem Minister zusammenstießen, denn sie waren nicht ausgewählt worden auf Grund besonderer Fähigkeit, sondern weil sie rechtzeitig von der bourbonisdien Partei während des Krieges sich abgewandt hatten und dann als Wortführer des Landes gegenüber den Besatzungsmächten hervorgetreten waren, sich aber gerade auch jetzt dazu berufen glaubten, gegen jede wirkliche oder vermeintliche Beeinträchtigung der eigenen Interessen, die sie mit denen des Landes gleichsetzten, sich zur Wehr setzen und maßgebenden Einfluß auf die Regierung zu erstreben. D a war der erst kürzlich, angeblich durch die Gunst der Kaiserin-Witwe Amalie, zur Herzogswürde gelangte Ursel, der einst einmal am Türkenkrieg teilgenommen, dann in spanischen Diensten in Mailand und in seiner Heimat gewirkt und sich nach der Schlacht von Ramillies 1706 den Verbündeten zur Verfügung gestellt hatte; sie erkannten ihn als Deputierten von Brabant an und zogen ihn zu den Beratungen und Entscheidungen über die von ihnen eroberten Teile der Niederlande zu, weil sie, wie es in einem Bericht Eugens und Sinzendorfs aus dem November 1709 heißt, keinen besseren wußten, der, wie er, einiges Ansehen bei seinen Landsleuten, zudem ziemlich gute Mittel und auch genugsam Verstand besaß 218 ). Freilich waren schon damals Bedenken gegen einen Mann geäußert worden, der bei manchen Intrigen am Madrider Hof unter Karl II. wie unter dem Anjou die H a n d im Spiel gehabt haben sollte, und weder Marlborough noch Eugen haben ihm in den letzten Kriegsjahren volles Vertrauen geschenkt 219 ). Aber wie in Madrid, so scheint Ursel auch in Wien Beziehungen gefunden zu haben, die ihm bei der Einrichtung der Brüsseler Regierung im Jahre 1716 dienlich waren. Nur zu sehr erfuhr Eugen bald die Berechtigung seiner Feststellung aus dem Jahre 1712, daß dieser Belgier „zuweilen aus Passion reden tut"; hitzig rannte er gegen Prié an, geriet er auch mit dem Generalstatthalter aneinander, der sich veranlaßt sah, ihm für seine Eigenmächtigkeiten Verweise zu erteilen und ihn zur Mäßigung und pflichtgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben anzuhalten 220 ). Doch ebenso stand es mit den beiden anderen adeligen Mitgliedern des Staatsrats, einem Sproß der ahnenstolzen Familie Merode, der auf Grund seiner Heirat den Namen eines Prinzen von Rubempré angenommen hatte, und dem Grafen Maldeghem. Wenn Ursel vor 12*

180

Generalstatthalter Belgiens

allem in den ersten Jahren dem Minister Schwierigkeiten über Schwierigkeiten bereitete, so scheint später Rubempré die Führung der Opposition übernommen zu haben, so daß Eugen es Anfang 1724 in einem Bericht an den Kaiser für unbedingt erforderlich erklärte, ihn angesichts der „indezenten" Art, wie er seine Kritik an Prié in offener Ratssitzung zum Ausdruck brachte, in die Grenzen der Subordination zurückzuweisen221). Daß er an undurchsichtigen Intrigen, die durch Sendboten der Unzufriedenen in Wien gegen die Regierung angesponnen worden waren, beteiligt war, ging offenbar aus im Herbst des gleichen Jahres von Jaupain heimlich geöffneten Briefen Rubemprés hervor 222 ). Ebenso befand sich Maldeghem in häufigem Konflikt mit dem Minister, mußte auch ihm der Generalstatthalter Botmäßigkeit und ernsthafte, positive Anteilnahme an den Geschäften predigen 223 ). Zwar versicherte Eugen diesen Adeligen, daß er ihrer offenen Meinungsäußerung, der Protokollierung ihres Widerspruchs und selbst dessen Mitteilung an den Kaiser nicht entgegen sei und daß er wie sie, so auch seinen Stellvertreter zur Rücksichtnahme und „gegenseitiger Union" anweise. Die Spaltung im Staatsrat war nicht zu beheben, und aus ihm selbst kamen die Behauptungen von dem Eigennutz und dem bösen Willen Priés, der offen seinem Haß gegen die belgische Nation Ausdruck gebe und gewillt sei, alle Privilegien umzustoßen224). Und es war fast die ganze Aristokratie, die das glaubte, zumal sie darin wohl gar durch Standesgenossen aus dem kaiserlidien Heer wie den Feldmarschall Vehlen und aus der hohen Diplomatie wie den Grafen Windischgrätz bestärkt wurde und die Wiedergabe derartiger Gerüchte auch in der nächsten Umgebung des Kaisers verständnisvolle Aufnahme fand. Der Prinz ist wohl oft am Rande seiner Geduld gewesen, wenn er wieder einmal von kecken Reden erfuhr und von offensichtlicher Mißachtung der Vorschriften und des ihm und seinem Vertreter schuldigen Respekts, wenn etwa Maldeghem die niederländische Hauptstadt verließ oder der Herzog von Aremberg nach Wien reiste, ohne das Generalgouvernement davon unterrichtet zu haben225). Trotzdem hat er lange die Hoffnung nicht aufgegeben, diese Magnaten schließlich doch zur Einsicht und zur Verständigung bringen zu können. In einem Fall freilich glaubte er durchgreifen und, wie er selbst verschiedentlich zornig vermerkte, „ein Exempel statuieren" zu sollen. Aus der gleichen vornehmen Familie wie Rubempré stammte

Vorgehen gegen den Marquis von Merode-Westerloo

181

der Graf Johann Philipp Eugen von Merode, Marquis von Westerloo, ein Mann, der voll Stolz auf seine Abkunft und überzeugt von seiner Fähigkeit und Bedeutung es als selbstverständlich betrachtete, daß man ihm jede Achtung und Ehre, die er verlangte, zuteil werden und ihn dort, wo er sich auf Grund ererbter oder verliehener Besitzungen und Würden Herr dünkte, schalten und walten ließ, wie er es für richtig hielt 226 ). Den kriegerischen Taten der Vorfahren hatte er, der fast ein Dutzend Jahre jünger war als Eugen, zunächst im spanischen Dienst nacheifern wollen, und so schon in den Jahren des sogenannten Pfälzischen Krieges an Feldzügen in den Niederlanden und Italien teilgenommen 227 ) und in den Anfängen des Spanischen Erbfolgekrieges als General des zum spanischen König erhobenen Bourbonen bei Luzzara und bei Höchstädt gegen die Kaiserlichen gefochten. Aber dann scheint man ihm eine von ihm beanspruchte hohe Stellung nicht bewilligt zu haben, worauf er, wie so manche seiner Landsleute, die Partei wechselte; er wurde vom Wiener Hof in ehrenvoller Weise aufgenommen. Er hatte sich mit einer Prinzessin Monteleone aus dem Hause Pignatelli, also wohl mit einer Verwandten der Gräfin Althann, verheiratet, und so wandte ihm Kaiser Karl seine Gunst zu, seitdem er dem von Spanien nach Deutschland zurückkehrenden Habsburger in Innsbruck seine Aufwartung gemacht hatte 228 ). Er erhielt eines der Nationalregimenter, die man in Belgien in jenen Jahren errichtete, wurde Feldmarschall und Hauptmann der kaiserlichen Trabantengarde. Umsoweniger hat er, der seit längerer Zeit auch den Orden des Goldenen Vließes trug, verstehen können, daß ihm die beiden Eroberer der Niederlande nicht die Beachtung und Anerkennung zeigten, die ihm seiner Meinung nach als General und Magnaten des Landes zukamen. Mit Marlborough und dessen Vertrauten Cadogan will er wegen seines Einspruchs gegen deren Verwaltungsmethoden in Konflikt geraten sein, und von Eugen behauptete er, daß der Prinz ihm seine schroffe Ablehnung, nur als Volontär am Feldzug teilzunehmen, nie vergessen und ihn seitdem verfolgt habe 229 ). Anscheinend hat er nach Kriegsende dann die Übertragung des Gouvernements von Luxemburg erstrebt und erwartet und das Scheitern des Plans auf den Savoyer zurückgeführt 230 ). Daß dieser ihn in der Tat der Gnaden, die ihm der Kaiser zuwandte, für unwürdig hielt, zeigt der Zorn, mit dem er im Sommer 1717 auf eigenmächtige und regelwidrige Anordnun-

182

Generalstatthalter Belgiens

gen Merode-Westerloos in seinem Regiment reagierte: seine Extravaganzen, so schrieb er an Prié, würden mit der Zeit unerträglich, als Hofkriegsratspräsident wie als Generalstatthalter und Generalkapitän werde er sie nicht länger dulden, vielmehr wolle er die militärische Subordination auch ihm gegenüber aufrechterhalten, nachdem er zu lange schon der von ihm beliebten hochmütigen Verachtung jeder Vorschrift zugesehen habe 281 ). Er war dann keineswegs damit einverstanden, als der Kaiser Ansprüche des Marquis auf Zahlung von Bezügen als Staatsrat und General während der seemächtlichen Verwaltung anerkannte und trotz seines Einspruchs von den niederländischen Kassen die Aufbringung von über 100 000 Gulden dafür verfügte 232 ). Daß dieser Mann im Sommer 1721 Wien, wo er sich längere Zeit aufgehalten hatte, verließ und sich auf seine belgischen Güter zurückzog, mochte Eugen auf der einen Seite nicht unangenehm gewesen sein, aber würde er dort nicht neues Unheil stiften? Sofort hörte man denn auch, daß er Prié nicht seinen Besuch machte, ja, um nidit dazu genötigt zu sein, erklärte, Brüssel nicht betreten zu wollen, und seinen Vetter Rubempré und den Fürsten von Ligne veranlaßte, nach Schloß Westerloo zu kommen und dort aus seiner Hand die Insignien des ihnen verliehenen Goldenen Vließes entgegenzunehmen, was doch auch wohl eine Anmaßung war 238 ). Nodi schien dem Prinzen völlige Nichtachtung am besten: „Die Unverschämtheiten Westerloos", meinte er im Mai 1722 zu dem Minister, „sind hier und anderswo so berüchtigt, daß ich alles, was mich betrifft, als jeder Aufmerksamkeit und Ahndung unwürdig mit tiefer Verachtung betrachte und behandele; ich glaube, Sie sollten dort desgleichen tun" 234 ). Aber dann häuften sidi seit Beginn des Jahres 1724 Angriffe und willkürliche Akte seitens des Feldmarschalls derart, daß neben der eigenen Ehre auch die Hoheit und Autorität des Staates schweren Schaden nehmen mußten, wenn man dazu schwieg. Als der Marquis nun doch in Brüssel erschien, meldete er sich ostentativ nicht bei Prié. Schlimmer war, was sich auf seinen Gütern abspielte, wo er die durch Erlasse der Regierung vorgeschriebene Abrechnung von Einkünften und Steuern durch staatliche Kommissare mit Gewalt verhinderte, einen der Einnehmer, der mit den Kommissaren in Verbindung getreten war, festsetzen, außerdem einen Bauern, der sein Mißfallen erregt hatte, durch Soldaten seines Regiments, die er anscheinend als Diener verwandte, in sein Schloß führen ließ. Durch den Minister wurden

Der Fall Merode-Westerloo

183

die Gerichte eingeschaltet, die auch mit Mandaten gegen den gewalttätigen Mann vorgingen, der sie jedoch als für einen Ritter des Ordens vom Goldenen Vließ nicht zuständig erklärte und in seinem Trotz verharrte 235 ). Das waren, wie Eugen schon in einer ersten Eingabe an den Kaiser vom 29. Januar 1724 erklärte, Attentate gegen Herrschaft und Untertanen, die eine nachdrückliche Demonstration der staatlichen Gewalt unumgänglich machten. In weiteren Berichten stellte er vor, daß derartige skandalöse Exzesse die verderblichsten Folgen haben müßten, wenn sie nicht rasch geahndet wurden, widerlegte er die auch von dem obersten Brabanter Gerichtshof verworfenen Behauptungen Westerloos, nur von Ordensrittern abgeurteilt werden zu können, setzte er sich schließlich für die Vollstreckung der bereits gegen ihn gefällten Urteile ein, wonach er vorläufig zu verhaften und seine Güter einstweilen zu beschlagnahmen seien, wozu dann noch der Entzug seines Regiments kommen müsse. Inzwischen war, wohl mit Kenntnis des Prinzen, dem Marquis die kaiserliche Erlaubnis gegeben worden, sich zu persönlicher Verantwortung nach Österreich zu begeben236). Ihm ist, als er dort Anfang Juli eintraf, nicht der Empfang zuteil geworden, den er im Vertrauen auf die frühere Freundschaft des Kaisers wohl erhofft hatte: nachdem ihn ein Befehl, sich bis auf weitere Order in Neuhaus bei St. Pölten aufzuhalten, verfehlt hatte und er nach Wien weitergereist war, wurde nach seinem Eintreffen in der Hauptstadt Hausarrest über ihn verhängt 237 ). Schon Ende April hatte der Savoyer in einem Schreiben an Prié seiner Befriedigung darüber Ausdruck gegeben, daß sich in diesem Falle die Ohnmacht ihrer Gegner erweise238). Mit der Festsetzung des Empörers und der Einleitung einer Untersuchung gegen ihn war zunächst einmal seinem Verlangen und den Staatserfordernissen Genüge getan. Denn um diese ging es, wie er immer wieder betonte, nicht um das, was Merode-Westerloo nach den ihm aus Belgien zukommenden Nachrichten in den letzten Monaten gegen ihn persönlich verbreitet und angezettelt hatte: „Was mich betrifft", so hat er erneut versichert, „so steht Westerloo zu weit unter mir, und habe ich zu viel Verachtung für ihn, als daß ich mir das Geringste aus seinen schlechten Redereien und Verleumdungen mache. Er ist in aller Welt als Narr bekannt genug und meine Reputation, wie idi mir schmeichle, zu gefestigt, als daß ein Mensch wie er imstande wäre, ihr auch nur den geringsten Eintrag zu tun" 239 ).

184

Generalstatthalter Belgiens

War die Zuversicht, die er hier bekundet, wirklich berechtigt? Schon im August mußte er Prié einen Erlaß zusenden, durch den Maßnahmen gegen Gefolgsleute Westerloos rückgängig gemacht wurden: man ersehe daraus, „bis wohin man die Animosität und Kabale treibt, die nodi nie so weit gegangen ist, wie jetzt, und daß es Leute gibt, die bemüht sind, allem, was man Gutes bewirkt, eine schlechte Auslegung zu geben" 240 ). Er ist dann wohl auch kaum mit dem offensichtlich sehr milden Ausgang des Verfahrens gegen den Marquis zufrieden gewesen, dem nach einer Haft von immerhin sechs Monaten anscheinend Würden und Güter belassen wurden. Eine politische Rolle hat er freilich nicht mehr gespielt, die Muße bis zu seinem 1732 erfolgenden Tode aber dazu benutzt, um seine Memoiren zu schreiben, in denen er Gift und Galle gegen den verhaßten Savoyer spritzt 241 ). Wenn er vielleicht gehofft hat, daß dereinst ihre Veröffentlichung den Ruhm des „edlen Ritters" verdunkeln würde, so war das ein Irrtum. Daß es sich aber bei jenem energischen Schlag gegen ihn um einen Pyrrhussieg gehandelt hatte, das sollten der Generalstatthalter und sein Vertreter unmittelbar darauf schon erkennen. In den Niederlanden trat, gestützt von der Sympathie der adeligen Opposition, ein neuer Gegner gegen sie in die Schranken, und wenn sie auch seiner zunächst wieder Herr zu werden wußten, so ging aus diesem neuen Skandal die Autorität des Ministers doch so geschwächt hervor, daß der Prinz sich für ihn wie auch für sich selbst zur Resignation entschloß. Der Graf Alexander von Bonneval ist uns schon mehrfach begegnet. Mit dem um ein Jahr älteren Merode-Westerloo hatte der 1675 geborene Sproß eines altadeligen Geschlechtes aus dem französischen Limousin den unbändigen Stolz auf seine vornehme Abstammung und den leidenschaftlichen Trieb zu ungebundener, großartiger Betätigung gemeinsam, doch war er wohl weit befähigter und gebildeter als sein belgischer Standesgenosse242). Seine Laufbahn hatte er in der französischen Flotte begonnen, um dann in ein vornehmes Regiment des Heeres überzutreten. Tapferkeit und militärische Talente schienen ihm hier den Weg in die Reihen der ersten Soldaten Frankreichs zu bahnen. Zu Beginn des Spanischen Erbfolgekrieges zeichnete er sich in der Schlacht bei Luzzara so aus, daß man von ihm auch im feindlichen Hauptquartier des Prinzen Eugen rühmend sprach. Doch dann führte seine Aufführung in der von ihm eroberten savoyischen Stadt Biel zu Konflikten mit den

Bonneval in kaiserlichem Dienst

185

Armeeintendanten, und als ihn auf seine Beschwerden bei dem Kriegsminister Vorwürfe wegen Verschleuderung von Geldern und Verweigerung der Rechnungslegung erreichten, hat er in hitzigen Schreiben nicht nur seiner tiefen Verachtung für die Federfuchser Ausdruck gegeben, sondern dem Minister und damit Ludwig X I V . selbst den Handschuh hingeworfen. Bevor er für diesen unerhörten Protest belangt werden konnte, setzte er sich nach dem neutralen Venedig ab, und von hier aus bot er, nachdem Versuche, ein Kommando im Heer des spanischen Bourbonen zu erhalten, gescheitert waren, dem österreichischen Kriegsgegner Frankreichs seine Dienste an. Es war der Bruch mit seinem Vaterland: am Ende der ersten Etappe im Leben dieses Mannes, dem nichts höher galt als seine Ehre, der dabei aber in feudalem Selbstbewußtsein seinen Ehrenkodex sich selbst setzte, stand die Diffamation; nach peinlichem Verfahren vor dem Pariser Parlament wurde er im Januar 1707 in contumaciam zum Tode verurteilt und sein Bild durch den Henker auf dem Grèveplatz aufgehängt. Er aber jagte inzwischen im kaiserlichen Heere des Prinzen, der ja auch einst Frankreich den Rücken gekehrt hatte, dem Ruhme nach. In der Schlacht bei Turin war er bereits seinen Kameraden von gestern furchtbar geworden: die Fama wollte wissen, daß er im Getümmel einem französischen Kürassierobersten das Leben gerettet habe, der niemand anderer war als sein älterer Bruder. Man ernannte ihn, von dem der Feldherr anerkennend berichtete, daß er alles tue, „was man von einem braven und rechtschaffenen Soldaten immer verlangen kann" 2 4 8 ), zum Generalwachtmeister und übertrug ihm, nachdem er 1707 den Zug über die französische Grenze gegen Toulon mitgemacht hatte, im folgenden Jahr die Aufgabe, Comacchio, das Streitobjekt zwischen Kaiser und Papst, zu besetzen. Dann berief ihn Eugen wieder zu sich nach dem Norden, wo er in den Feldzügen in den Niederlanden und am Oberrhein sich erneut bewährte und auch, kaiserlicher Feldmarschall-Leutnant und Inhaber eines Infanterieregiments, im Gefolge des ihm wohlgesinnten Prinzen bei den Friedenskongressen in Rastatt und Baden auftauchte. Und weiter schienen ihn auf gleichen Bahnen, wie vordem Eugen, seine Unerschrockenheit, seine Tüchtigkeit und sein Ehrgeiz zu leiten. Wir hörten von seinen Heldentaten in der Schlacht von Peterwardein, nach der ihn der Poet Rousseau als den neuen Achilles besang, und kaum von den hier empfangenen schweren Wunden wiederher-

186

Generalstatthalter Belgiens

gestellt, führte er vor Belgrad das erste Treffen des linken Flügels zum Sieg. Inzwischen war auch die Schande, die ihm in Frankreich widerfahren, getilgt, hatte sich der Regent bereit gefunden, ihn zu rehabilitieren, hatte er selbst den Aufenthalt in Paris benutzt, um sich Hals über Kopf mit der Tochter des Herzogs von Biron zu verheiraten: eine merkwürdige Ehe allerdings, da der Bräutigam ohne die Frau nach Wien zurückkehrte und sich seitdem um sie, die ihm in rührender Liebe anhing, nicht mehr kümmerte. Der Kaiserstaat bot ihm mehr als das erschütterte Frankreich, der zur Weltgeltung aufgestiegene Prinz Eugen mehr als die Frau an der Seine. Auch zu politischen Taten glaubte er sich berufen: wir sahen, wie er durch seinen Einfluß auf den Savoyer und auf Dubois die beiden Mächte, die sich so oft bekämpft hatten, zu versöhnen hoffte, wir fanden ihn in militärischer und politischer Aktion bei deren Zusammenwirken gegen das Spanien Alberonis in Italien 244 ). Und was für eine Stellung hatte er sich in Hof, Gesellschaft und literarischen Kreisen Wiens errungen! Nicht nur daß Diplomaten wie der Graf du Luc und Saint-Saphorin si kjit.- -ack.ï, ! /tMMWt r » 0KW* INTIMI·.·« m >m„MOI κ u> NAM OH AT OR

G r a f Ferdinand Plettenberg

Beibehaltung Preußens

353

seinen Beratern nunmehr, nach der Versöhnung mit EnglandHannover, die Stunde gekommen, und wir sehen in der Zeit vor und nach Abschluß des Wiener Vertrages den Prinzen Eugen und seine diplomatischen Gefolgsleute sich der Aufgabe widmen, unter den Reichsständen die alten Freunde sich zu bewahren und noch fester an sich zu ketten und neue zu gewinnen. Es war durchaus möglich, daß die Wiederherstellung des alten Systems gerade dort, wo man bisher treu zum Kaiser gestanden hatte, Verwirrung und Schwankungen hervorrief. Wie würde vor allem König Friedrich Wilhelm von Preußen, der auf Engländer und Hannoveraner nicht gut zu sprechen war und den man selbst in den vergangenen Jahren in dieser Stimmung ständig bestärkt hatte, die Wendung aufnehmen? Seit Beginn der Annäherung an die Seemächte hatte Eugen immer wieder den Standpunkt vertreten, daß darunter das gute Verhältnis mit Preußen unter keinen Umständen leiden dürfe. So hat er schon im Dezember 1730 Seckendorff angewiesen, dem König zu versichern, daß bei der im Interesse des Reiches und der allgemeinen Wohlfahrt liegenden Verständigung mit dem Weifen dodi „Seine Kaiserliche Majestät nimmer vergessen werden, was für einen aufrichtigen, treuen Freund in den vorgewesten schweren Zeiten Sie an dem König gehabt, mithin Sie Ihr größtes und wahres Vertrauen in ihn setzten und die bisherige Freundschaft unzertrennlich zu erhalten auf das äußerste sich würden angelegen sein lassen" 124 ). Der Berliner Hof wurde in den folgenden Monaten über die Fortschritte der Verhandlungen auf dem laufenden gehalten, man teilte ihm die hannoverschen Forderungen mit und bat um Stellungnahme dazu, und wenn man dann audi eine Verwahrung preußischer Rechte in der Mecklenburgischen Kommissionsangelegenheit nicht in den Vertrag zu bringen vermochte, so wußte man anscheinend den König doch davon zu überzeugen, daß man sidi gegenüber dem Bundesgenossen völlig loyal verhielt: Friedrich Wilhelm versicherte nach dem Abschluß zwischen Österreich und England, daß er es ewig mit dem Erzhaus halten werde, und er sandte an den Prinzen Glückwünsche zu dem Werk, an dessen Gelingen dieser einen so großen Anteil habe1®5). War man von Wien aus nun bemüht, Preußen gewissermaßen in das alte System einzufügen, so sollte Seckendorff freilich dodi verhindern, daß sich dabei eine zu enge Verbindung zwischen Berlin und England-Hannover ergab. Wie wichtig auch — so heißt es in einem Brief Eugens an 23 Braubadi, Prinz Eugen

354

Erfolge des Staatsmanns

den Gesandten — das künftige Zusammenwirken der drei H ö f e sei, da dann „niemand so leicht was gegen dieselben zu unternehmen sich anmaßen würde", so müsse doch „alle dem vorgebaut werden, so die preußische und englische Verständnis allzu eng, folglich dem kaiserlichen Interesse nachteilig werden könnte". Weiterhin beobachtete Seckendorff voll Mißtrauen die Versuche der Königin, doch noch die Prinzessin Wilhelmine und den Kronprinzen mit den Kindern ihres englischen Bruders zu vermählen, und in Wien war der Savoyer sehr befriedigt, als der König im Mai 1731 dem Gesandten eröffnete, er werde seine älteste Tochter mit dem Erbprinzen von Bayreuth verheiraten: „So wird sich wohl das ganze englische Heiratsgeschäft von selbst zerschlagen, ohne daß man einigen passum diesseits zu tun nötig gehabt" 126 ). D a ß nun auch die Verbindung Friedrichs mit der Prinzessin von Bevern zustande komme, blieb sein Wunsch und Aufgabe Seckendorfs, der, seit langem von der Königin und ihrem Anhang unerhörter Einmischung in die „domestiken Affären" bezichtigt, freilich sehr vorsichtig operieren, nicht selbst hervortreten, sondern seine Freunde, zu denen neben Grumbkow und Thulemeyer der von Friedrich Wilhelm hochgeschätzte Holländer Ginckel gehörte, handeln lassen sollte 127 ). Obwohl er nun ja England gegenüber eine freundliche Haltung zu zeigen hatte, blieb ihm die Königin, die ihrerseits eine Stütze an dem mit Grumbkow zerfallenen Fürsten von AnhaltDessau fand 1 2 8 ), feindlich gesinnt, doch politisch hatte das wenig zu bedeuten, da der König seiner Entschlossenheit, sich an den Kaiser zu halten und seinen Ratschlägen zu folgen, immer wieder unzweideutig Ausdruck gab: „Ich bin ein ehrlicher Deutscher, tut Frankreich etwas gegen den Kaiser und das Reich, schlage ich es auf den Kopf", war einer seiner Aussprüche zu Seckendorff, und ein andermal erklärte er ihm „ipsissimis verbis", daß man ihm bei wirklichem Anschluß Sachsens an Versailles nur einen Wink zu geben brauche, um es innerhalb von 24 Stunden zu entwaffnen 129 ). Bei Preußen war, wie der Prinz dem Herzog von Bevern versichern konnte, „angesichts des Königs ehrlichem und aufrichtigem Gemüt" keine Änderung zu besorgen 130 ), seiner Stimmen am Reichstag war man sicher, und als Ergebnis einer von Friedrich Wilhelm dringend gewünschten persönlichen Zusammenkunft zwischen ihm und dem Kaiser, zu deren Vorbereitung Seckendorff sich im Dezember 1731 nach Wien begab, rechnete man mit dem Vollzug der Bevern-

Seckendorfs Erfolge in Mitteldeutschland

355

sehen Heirat, durch die man den Hohenzollernstaat für lange Zeit zu binden hoffte181)· Nach den Anweisungen Eugens haben sich Seckendorf und der Herzog von Bevern zugleich mit Erfolg bemüht, andere Reichsstände in Nord- und Mitteldeutschland der kaiserlichen Partei zuzuführen. Wenn in den vergangenen Jahren von Wolfenbüttel, dem Hauptsitz der braunschweigischen Linie des Weifenhauses, kaum weniger scharf gegen den Wiener Hof agitiert worden war wie von Hannover 182 ), so trat hier fast gleichzeitig mit der Verständigung zwischen Österreich und England eine ganz neue Lage ein, indem Herzog August Wilhelm am 23. März 1731 starb und seine Nachfolge seinem Bruder Ludwig Rudolf von Blankenburg zufiel, der als Vater der Kaiserin in enger Verbindung mit der Hofburg stand. Mit Genugtuung konstatierte Eugen, daß nun das Regiment der Stein und Schleinitz, die einst den verstorbenen Fürsten zum Abfall vom Kaiser bewogen und Braunschweig der Herrenhausener Allianz zugeführt hatten, sein Ende fand und unter Mithilfe seines Freundes Ferdinand Albrecht von Bevern — jetzt der nächste Thronanwärter in dem Herzogtum — ein Ministerium die Geschäfte übernahm, auf dessen guten Willen man sich verlassen konnte133). Das wurde ihm von Seckendorfi bestätigt, der im August in Braunschweig erschien, und am 19. November 1731 wurde in Wien ein Erbverein zwischen dem Kaiser und Ludwig Rudolf unterzeichnet, in dem man sich gegenseitig seine Sukzessionsordnungen garantierte 134 ). Braunschweig war damals erste Station einer Reise Seckendorfs gewesen, die ihn dann weiter nach Kassel führte, das ebenso wie Braunschweig bisher im feindlichen Lager gestanden hatte. Die hessische Landgrafschaft war ja zu jener Zeit mit der Krone Schweden in Personalunion verbunden, wobei König Friedrich — einst als Erbprinz Befehlshaber der hessischen Subsidientruppen in den Heeren Eugens — sich in seiner deutsdien Heimat meist durch seinen jüngeren Bruder Wilhelm vertreten ließ. Der kaiserliche Gesandte traf aber diesmal auch den König selbst an, von dem er freilich abfällig dem Savoyer schrieb, daß er „noch weit weniger Penetration als in vorigen Zeiten, da Eure Hochfürstliche Durchlaucht selbigen gekannt, zeigt" 135 ). Auf ihn kam es nach dem Eindruck, den Seckendorf gewann, nicht an, weder für Schweden, da er sich vor dem dortigen Senat wie „ein Schüler vor dem Praeceptor" fürchte, noch für Hessen, da er hier alles dem Bruder überlasse. 23*

356

Erfolge des Staatsmanns

An diesen, der als Freund Georgs II. und holländischer General in engen Beziehungen zu den Seemächten stand, hat der Diplomat denn sich auch hauptsächlich gehalten. Wenn der Landgraf manche Beschwerden vorbrachte, so ist Seckendorff nach einem über einen Monat sich erstreckenden Aufenthalt Anfang Oktober dodi befriedigt von Kassel geschieden. Beide Brüder erklärten sich für die Garantie der Pragmatischen Sanktion, und sie waren bereit, über einen Unionsvertrag mit Wien zu verhandeln 138 ). Wenn der Prinz am 3. November dem Gesandten hierfür Vollmacht erteilte, so entwickelte er ihm zugleich den Plan einer umfassenderen Verständigung mit den fürstlichen Häusern, so außer mit Hessen und Württemberg mit Ansbach und Bayreuth, Gotha und den anderen ernestinischen Fürsten in Thüringen 137 ). Bei den meisten dieser Höfe war schon vorgearbeitet worden, und Seckendorff war überzeugt, daß man mit den fränkischen Markgrafen und den Ernestinern sich leicht einigen werde, wenn man ihnen in Reichsprozeßangelegenheiten Entgegenkommen zeige und vor allem ihre finanziellen Wünsche erfülle 138 ). Jedenfalls war von ihnen schon jetzt kein Widerstand gegen einen Reichsbeschluß über die Pragmatische Sanktion zu erwarten. Weniger sicher war man in dieser Beziehung bei Württemberg gewesen, obwohl die österreichische Diplomatie seit längerer Zeit sich bemüht hatte, den Herzog Eberhard Ludwig mit Hilfe der ihn beherrschenden Gräfin Würben und ihres zum Minister emporgestiegenen Bruders Grävenitz an sich zu ketten 139 ). Sowohl Seckendorff, der mit Grävenitz in Korrespondenz stand und zugleich durch den preußischen König auf den Herzog einzuwirken suchte, als auch Graf Kuefstein, der mehrfach in Stuttgart erschien, vermochten zunächst nur die Zusicherung zu erlangen, daß man allen Lockungen der Franzosen und ihrer Anhänger widerstanden und die Hände noch frei habe — was Grävenitz als sein und seiner Schwester Verdienst hinstellte 140 ). Man hatte dann wohl schon 1730 Vertragsprojekte ausgetauscht, doch erst im Sommer 1731 wurden wirkliche Fortschritte gemacht, und im September brachte tatsächlich ein Sohn des Ministers die württembergische Zustimmung zur Pragmatischen Sanktion nach Wien. Daß gerade zu diesem Zeitpunkt die Gräfin Würben in Ungnade fiel und auf Befehl des Herzogs verhaftet wurde, hat an dieser Zusage, die als Grundlage für Verhandlungen über einen Subsidienvertrag gedacht war, nichts mehr geändert. Wenn man sie vorher umworben und

Bemühungen um Hessen-Kassel und Württemberg

357

gar die Erhebung in den Fürstenstand in Aussicht gestellt hatte, so hat nun Eugen Eberhard Ludwig auf dessen Bericht versichert, daß er zu seinem Vorgehen gegen sie wohl berechtigt gewesen sei und man zur Beilegung von „Weitläufigkeiten", die sich aus ihrer Anhaltung nicht auf württembergischem, sondern auf reichsritterschaftlichem Gebiet ergeben könnten, alles dienliche tun werde 141 ). Den überraschendsten Erfolg aber hatte die von dem Prinzen organisierte und dirigierte Geheimdiplomatie inzwischen an einer anderen noch weit wichtigeren Stelle errungen. Was nützte die „Beibringung" jener Mitglieder des deutschen Fürstenstandes, so notwendig und erfreulich sie audi war, wenn es nicht gelang, die Opposition eines starken Blocks der mächtigeren Kurfürsten gegen die kaiserliche Politik zu überwinden oder wenigstens zu spalten! Da war die Union der Wittelsbacher, nicht weniger als vier Kurfürsten umfassend, und wenn von ihnen audi der Pfalzgraf Franz Ludwig, der 1729 von dem Trierer auf den bedeutenderen Mainzer Erzstuhl übergewechselt war, den antihabsburgischen Kurs seines Bruders in Mannheim und seiner Vettern in München und Bonn nicht mitmachte, so verfügten Bayern, Pfalz und Köln mit ihren Stimmen im Kur- und im Fürstenkolleg des Reichstages über ein Gewicht, das, verstärkt durch das offenbar ganz unter französischen Einfluß geratene Sachsen, den Wünschen des Kaisers trotz der Verständigung mit England-Hannover gefährlich werden konnte. Niemand wußte das besser als Prinz Eugen und der zu seinen besonderen Anhängern und Schutzbefohlenen gehörende Graf Friedrich Harrach, dem er Ende 1728 die Nachfolge des nach dem Haag versetzten Franz Wenzel Sinzendorf als kurböhmischer Gesandter am Reichstag in Regensburg verschafft hatte 142 ). Man mochte in der Welt über das altersschwache Reich und besonders auch über die Schwerfälligkeit seiner Repräsentation in Regensburg spotten, aber hier war doch ein Platz, an dem man nach allen Seiten Beziehungen anknüpfen und von allen deutschen Höfen Mitteilungen entgegennehmen konnte, ohne daß dies Aufsehen und Unruhe erregte. Und hier ist denn auch eigentlich schon von dem Erscheinen Harrachs an über Jahre hindurch eine geheime Verhandlung gelaufen, an deren Ende der Übertritt des über nicht weniger als fünf geistliche Territorien und damit über weite Gebiete Nordwestdeutschlands gebietenden Kurfürsten Clemens August von Köln zur kaiserlichen Partei erfolgte 143 ).

358

Erfolge des Staatsmanns

Die Initiative ging von der anderen Seite aus. Während der ersten Monate des Jahres 1729 ließ der kölnische Reichstagsgesandte anscheinend durch seine Frau Harrach mitteilen, daß er mit ihm in einen geheimen Gedankenaustausch über politische Möglichkeiten zu treten wünsche, wenn er die Gewißheit habe, daß davon in Wien nur der Prinz Eugen und der Kaiser etwas erführen. Es war derselbe Friedrich Christian von Plettenberg, der schon bei dem Wiener Bündnisvertrag zwischen seinem Herrn und dem Habsburger im Jahre 1726 im Auftrag seines Vetters Ferdinand Plettenberg, des Wahlmachers, Mentors und Ministers Clemens Augusts, die Verhandlungen geführt hatte. Wieder sprach er für ihn, von dem er bedeutungsvoll behauptete, daß es einerseits nur von ihm abhänge, ob die Wittelsbacher und andere Reichsfürsten sich völlig an die Westmächte bänden, er andererseits aber entscheidend zu dem Gelingen der wichtigsten kaiserlichen Absichten, nämlich der Reichsgarantie der Pragmatischen Sanktion und der Sicherung der Kaiserkrone für den künftigen Gemahl der ältesten Erzherzogin, beitragen könne 144 ). Aber, so fragten sich auf Harrachs Mitteilungen Prinz und Kaiser in Wien, sollte man sich wirklich auf Gespräche mit einem Manne einlassen, der das frühere Bündnis hatte in die Brüche gehen lassen und der seitdem ebenso wie sein bayrischer Kollege Törring sich ganz der Leitung des Franzosen Chavigny anvertraut zu haben schien? Nun wußte man freilich von dem hochfliegenden Ehrgeiz des westfälischen Kavaliers, der, wie er schon 1726 angedeutet hatte, gern den Ministerposten bei einem Reichsstand mit der Reichsvizekanzlerwürde vertauscht hätte und nun, da der ihm wohlgesinnte Pfalzgraf Franz Ludwig Kurfürst von Mainz und der bisherige Inhaber des Amts, Friedrich Karl von Schönborn, Bischof von Bamberg geworden war, Möglichkeiten sah, seine Pläne zu verwirklichen. Doch ganz abgesehen davon, daß Schönborn gar nicht gewillt war, ihm Platz zu machen, dachte der Kaiser nicht daran, ihn, der bisher stets die Geschäfte des Hauses Wittelsbach besorgt hatte, in sein Ministerium aufzunehmen, und der Prinz zweifelte, ob ihm andere Angebote „in honorífico et utile" genügen würden, um die Front zu wechseln. Er hat wohl Harrach angewiesen, dem Vetter freundliche Worte zu geben und ihn weiter auszuhorchen, dabei aber „mit aller Behutsamkeit" vorzugehen, um nicht auf gefährliche Intrigen hereinzufallen. Die Nachrichten, die man im Sommer 1729 von der

Harrach in Regensburg und die Vettern Plettenberg

359

Reise Plettenbergs nach Hannover und seinen dortigen Verhandlungen mit den Verbündeten von Herrenhausen erhielt, schienen der Skepsis redit zu geben: wie man in vorigen Zeiten wenig Gutes von ihm vernommen habe, so urteilte Eugen gegen Ende des Jahres, sei er auch jetzt „immerdar in vertrauter Freundschaft mit den hannoverschen und französischen Ministris gewesen, deren principia er auch anderen beizubringen gesucht" habe 145 ). Doch der Zwischenträger in Regensburg ließ nicht locker, er wies Briefe seines Vetters vor, wonach gerade er einen wirklichen Zusammenschluß der Wittelsbacher mit den Westmächten verhindert habe 146 ), und er begann zugleich Harrach geheime Korrespondenzen des Ministers mit Bayern und anderen Höfen vorzuweisen. War es vielleicht wirklich so, daß Plettenberg „die bisher bezeigte Hitzigkeit zu Fleiß vor der Welt affektiert, um sich so mehr außer Verdacht eines mit hiesigem Hof heimlich habenden Verständnisses zu setzen", war er in der Tat, sei es aus Eifersucht gegen Törring oder aus anderen Ursachen, „auf andere principia nun verfallen"? Der Prinz hielt es jetzt jedenfalls für nötig, den Mitteilungen aus Regensburg seine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Teilweise durch besondere Kuriere gingen seit Anfang 1730 Harrach doppelte Weisungen zu, die einen dazu bestimmt, dem kölnischen Gesandten gezeigt zu werden, mit Beschwerden über die feindselige Haltung der wittelsbachischen Brüder, Warnungen vor einer Fortsetzung dieser Politik, Äußerungen des Zweifels an der Aufrichtigkeit der Umkehr, Aufforderungen, durch Enthüllung der Machenschaften der Gegner des Wiener Hofes Beweise dafür zu liefern, und Zusicherungen der Erkenntlichkeit und persönlicher Sicherstellung für die beiden Vettern bei ehrlicher Erfüllung ihrer Angebote, die anderen Geheiminstruktionen für Harrach mit Angaben, was er fordern und in Aussicht stellen und welche Ziele er anstreben sollte: „Auf Euer Excellenz Geschicklichkeit kommt es jetzt an, nach dieser kaiserlichen Intention die Sache weiter zu führen" 147 ). Die Plettenbergs begrüßten nun zwar lebhaft die daraufhin in Harrachs Eröffnungen zum Ausdruck kommende Verhandlungsbereitschaft der anderen Seite, sie hielten auch nicht mit weiteren „Konfidenzen" zurück, die — wir sprachen davon schon in anderem Zusammenhang 148 ) — für die Österreicher von nicht geringer Bedeutung waren; die Tatsache freilich, daß Eugen zunächst die vorgeschlagene unmittelbare Korrespondenz mit dem Minister ablehnte und der kurböhmische

360

Erfolge des Staatsmanns

Gesandte ihnen gegenüber eingedenk der Weisung „daß sie alles Vertrauen gegen sich daraus abnehmen, aber nichts, wovon sie üblen Gebrauch machen könnten", doch oft auswich und mit konkreten Zusagen sehr vorsichtig und zurückhaltend war, ließ sie ihrerseits mißtrauisch werden. In erregten Briefen an den Vetter, der sie vorwurfsvoll Harrach zeigte, hat Ferdinand Plettenberg mehrfach seiner tiefen Sorge Ausdruck gegeben, daß man sie nur „amüsieren" wolle und sie schließlich die Geprellten bei dem verwegenen Spiel sein würden, das sie ja in der Tat spielten 149 ). Harrach suchte ihnen wohl das Ausbleiben unmittelbarer Äußerungen des Prinzen mit dessen Überlastung zu erklären, daß am Wiener Hof — so gibt er selbst in einem seiner Berichte seine Argumentation wieder — die Geschäfte „unmöglich so geschwind als an den kleinen Höfen, wegen der Vielheit der Geschäfte, geendigt werden können, besonders bei jetzigen so wichtigen als häklichen Konjunkturen, absonderlich aber bei dem Kanal, durch den wir zu gehen hätten, nämlich Eure Durchlaucht, welche nicht allein mit publicis überhäuft wären, sondern bekanntermaßen die völligen Kriegsanstalten zu machen hätten". Daß dann der Kaiser doch nodi einen anderen Kanal benutzte, indem er durch den damals auf einer Rundreise durch Süd- und Westdeutschland befindlichen Grafen Kuefstein Ferdinand Plettenberg großartige Entschädigung für das Reichsvizekanzleramt in Aussicht stellen, dafür aber die Festlegung aller wittelsbachischen Kurfürsten auf die Pragmatische Sanktion fordern ließ, führte zu neuen Mißverständnissen und Vorwürfen 150 ). Der Prinz hat schließlich dafür gesorgt, daß die Verhandlungen nur über Harrach und Friedrich Christian Plettenberg liefen und daß sie sich auf den Abschluß eines Vertrags zwischen Österreich und Kurköln konzentrierten. Die während des Sommers 1730 nicht recht vom Fleck gekommenen Regensburger Gespräche wurden im Herbst durch die Weisung an Harrach vorangetrieben, „auf alle Weise die baldige Verfassung des von den Plettenbergs verlangten Allianzprojekts zu betreiben und nebstdem darauf zu dringen, was sie denn eigentlich in ihrem particulari wollen" 151 ). Denn jetzt, daman aussichtsreiche Verhandlungen mit England begonnen hatte, wurde es für eine Reichsgarantie der Pragmatischen Sanktion von großer Bedeutung, daß man sich neben der von Hannover noch einer weiteren Kurstimme versicherte und damit die „Superiorität" im ersten Kolleg des Reichstags gewann. Seinem schwachen Herrn hatte der

Verhandlungen und Vertrag mit Kurköln

361

kölnisdie Minister inzwischen die Zustimmung zum Ausbruch aus der Front der Wittelsbacher abgerungen, beiden galt indessen als Voraussetzung die Erfüllung weitgehender Forderungen wie der Gewinn des Hoch- und Deutschmeistertums und weiterer Fürstbistümer für Clemens August und seinen jüngeren Bruder Theodor sowie die Zahlung hoher Subsidien oder wenigstens ansehnlicher „Spielgelder" für den baueifrigen, verschwenderischen und daher oft dem Bankerott nahen Kurfürsten 152 ). Wenn es nicht im kaiserlichen Interesse lag, das Haus Bayern im Reich noch mächtiger werden zu lassen, so erweckten auch die auf viele Jahre vorgesehenen finanziellen Leistungen in ihrer Höhe und ihrer Ausdehnung in Wien starke Bedenken. Man ist daher doch noch mit EnglandHannover eher einig geworden als mit Kurköln. Selbst hat Eugen im Dezember 1730 in Bemerkungen zu dem Plettenbergschen Projekt erhebliche Abstriche an diesem vorgenommen. Nur bei einer künftigen Bewerbung um Lüttich wollte man Clemens August unterstützen und mäßige Subsidien nur bis zu dem Zeitpunkt des Anfalls dieses Stifts an ihn zahlen, wofür man neben Garantie der Erbfolgeordnung auch die kölnische Stimme für den vom Kaiser gewünschten Kandidaten bei einer römischen Königswahl im Reich erwartete 163 ). Harrach hat sich darauf bittere Klagen der Plettenbergs anhören müssen154). Sie waren indessen schon zu weit gegangen, um noch zurück zu können. Angesichts des Fortschreitens der Verhandlungen mit England hat der Prinz seinen Vertrauten in Regensburg zu einer Taktik des Hinhaltens bestimmt, um zu sehen, „wie die Konjunkturen anderer Orten sich anlassen und ob man folglich des dasigen Hofes mehr oder weniger nötig habe oder Graf Plettenberg sich leidentlicher herausläßt" 155 ). Nach längerem Feilschen ist man dann jedoch im Laufe des Frühjahres 1731 doch zu einer grundsätzlichen Übereinstimmung über den Inhalt des Vertrages gelangt. Während die Zustimmung zu der Pragmatischen Sanktion und damit die Ablehnung anderer, d. h. bayrischer Ansprüche sowie das Versprechen hinsichtlich der Königswahl nur in einem Handschreiben des Kurfürsten an den Kaiser erfolgen sollten, wurden ihm der Gewinn von Lüttich oder des Hoch- und Deutschmeistertums und jährliche Zahlungen von 200 000 Gulden zugesagt. Noch mußten in Wien Konferenz und Hofkanzlei eingeweiht werden, bevor Harrach Vollmacht zum Abschluß erhielt, der nicht in Regensburg, sondern bei einem Besuch des Gesandten in Bonn vor-

362

Erfolge des Staatsmanns

gesehen wurde. Hier haben er und Ferdinand Plettenberg am 29. August 1731 das auf den 26. datierte Bündnis unterzeichnet 156 ). Schon längst hatte der Minister seine Wünsche auf das Reichsvizekanzleramt zurückgestellt: unzweideutig hat man ihm zu erkennen gegeben, daß man das größte Interesse daran hatte, ihn dort zu lassen, wo er war, da man ja nur dann der Treue seines H e r r n sicher und er von Bonn aus vielleicht imstande war, noch andere Fürsten auf die kaiserliche Seite zu führen. D a f ü r wurden ihm und seinem Vetter nicht nur feste Zusicherungen auf Übernahme in kaiserliche Dienste bei einem Systemwedisel in Bonn gegeben, sondern er erhielt einmal als „honorificum" den Orden des Goldenen Vließes und als „utile" den Donationsbrief der schlesischen H e r r schaft Kosel. Eugen beglückwünschte Harrach „zu dem bei Schließung dieses wichtigen Werks sich erworbenen Verdienst, so ihm den Weg bahnt, zu mehr auch importanten und geheimen Sachen gebraucht zu werden" 1 5 7 ). Ein gut Stück war die von dem Prinzen geleitete kaiserliche Politik im Reidi mit der vertraglichen Verpflichtung des H e r r n über Köln, Münster, Paderborn, Hildesheim und Osnabrück weiter gekommen. Zur gleichen Zeit hat man sich auch der Unterstützung der beiden anderen geistlichen Kurfürsten endgültig versichert. Von Bonn hat sich Harrach im September 1731 nach Koblenz begeben und im nahen Kärlich mit dem Trierer Erzbischof Franz Georg von Schönborn gesprochen. Ihm konnte man voll vertrauen, aber nach dem Beispiel seines Kölner Kollegen wollte auch er belohnt werden, und warum sollte man diesem wohlgesinnten Fürsten nicht bei einer Erweiterung von Macht und Einfluß behilflich sein? Auf Harrachs Bericht hat Eugen, dem audi der Reichsvizekanzler die Wünsche seines Bruders vorgetragen hatte, die kaiserliche Protektion bei Vakanzen im Fürstbistum Augsburg oder in Worms und Ellwangen — über sie gebot zur Zeit der kränkelnde Kurfürst von Mainz — versprochen 158 ). Gerade mit Franz Ludwig von Mainz hatte es in letzter Zeit manche Verstimmung gegeben, wozu audi beigetragen haben mag, daß man auf seine Wünsche, das Reichsvizekanzleramt von dem ihm verhaßten Schönborn auf seinen Freund Plettenberg zu übertragen, nicht eingegangen war. An seinem „Patriotismus" aber war nicht zu zweifeln, und gerade durch Plettenberg hoffte man, ihn wieder fester in den Griff zu bekommen 159 ). Es ist dann bei einem Besuch des Kurfürsten in

Haltung der anderen Kurfürsten

363

Wien im September 1731 zu einer Ausräumung jener Differenzen gekommen 160 ). Ob man über die beiden geistlichen Wittelsbacher nicht auch ihre Brüder erreichen und sie aus der Verbindung mit Frankreich lösen konnte? In den Verhandlungen Harrachs mit den Plettenbergs ist davon immer wieder die Rede gewesen, und wenn es sich rasch herausstellte, daß Karl Albrecht von Bayern, geleitet von seinem Minister Törring, nicht gewillt war, Ansprüche, die er selbst auf das Erbe des Habsburgers zu haben glaubte, durch die Zustimmung zu der Pragmatischen Sanktion zu entwerten, so gab man dagegen einem Versuch, Karl Philipp von der Pfalz wieder für die kaiserliche Partei zu gewinnen, einige Chancen. Man hat in Mannheim dieselben Mittel angewandt wie in Bonn, indem man sich um die Minister Sickingen und Kageneck, den Kanzler Hallberg und die morganatische Gemahlin des Kurfürsten, Violanta von Taxis, bemühte 181 ), aber man mußte erkennen, daß Aussicht für einen Frontwechsel des Pfälzers nur bestand, wenn ihm und seinem sulzbadiischen Erben feste Zusagen über das künftige Schicksal von Jülich und Berg gegeben wurden. Wie aber war das möglich, ohne die so wichtige Bundesgenossenschaft Preußens zu gefährden? Ob nicht doch, so schrieb Eugen im September 1731 an Seckendorff, unter Mithilfe des Mainzer Kurfürsten und Plettenbergs ein Vergleichsplan entworfen werden konnte, „nach welchem bei Kurpfalz und Preußen zu arbeiten und beide Teile durch anständige und nachdrucksame Vorstellungen zu Annehmung billiger, mäßiger Bedingungen anzumahnen sein werden" 162 )? Zu diesem Zweck regte er eine Zusammenkunft des soeben zum Kommandeur der Reichsfestung Philippsburg erhobenen Gesandten mit Plettenberg und dem zu neuer Fahrt an die süddeutschen Höfe bestimmten Grafen Kuefstein in Philippsburg an. Doch schon die Nachricht von dem fast gleichzeitigen Eintreffen Franz Ludwigs und des früheren pfälzischen Gesandten Franken in Wien hat offenbar Friedrich Wilhelm I. zu so argwöhnischen Äußerungen veranlaßt, daß der Prinz Seckendorff statt an den Rhein zu sich an die Donau beorderte, um gemeinsam zu überlegen, ob sich ein Ausweg finden ließ, der die preußische Zustimmung fand 163 ). So war vorerst auf die pfälzische Stimme in Regensburg nicht zu rechnen164). Und wie Bayern und Pfalz, so verharrte auch Sachsen in unfreundlicher Opposition. Hier hatte sich zwar inzwischen der von Manteuffel und Seckendorff als Urheber allen Übels angesehene Hoym bei seinem Herrn

364

Erfolge des Staatsmanns

mißliebig gemacht, und seine ungnädige Entlassung im März 1731 weckte wohl hier und da die Hoffnung, wie mit London-Hannover und Bonn, so auch mit Dresden zu einer Verständigung zu gelangen. Jetzt, so schrieb der gemeinsam mit dem jungen Brühl für diese Verständigung mit Wien eingenommene Feldmarschall Wackerbarth an seinen Freund Grumbkow, hat der „Patron" das Hindernis der Wiederherstellung des Vertrauens zu dem kaiserlichen und dem preußischen Hof aus dem Wege geräumt 185 ). Doch weder dachte August der Starke an eine Rückberufung Manteuffels noch an eine Änderung seiner auf das Zusammengehen mit Frankreich eingestellten und damit habsburgfeindlichen Politik. So mußte man in Wien auch das Verteidigungsbündnis zwischen Sachsen und Hannover, das der Wettiner mit dem noch ganz in den Vorstellungen der Allianz von Herrenhausen sich bewegenden englischen Gesandten Schaub Anfang August 1731 vereinbarte, nicht als eine Annäherung an das alte System auffassen, sondern eher als Versuch, neuen Zwist zwischen dem Kaiser und dem englischen König zu erregen 166 ). Man werde Sachsen, so stellte Eugen fest, „niemals in der Güte und nicht anders als mittels eines ihm weisenden Ernstes" umstimmen, und Manteuffel war der gleichen Meinung 167 ). Doch mochte es noch so ärgerlich sein, daß drei mächtige Kurfürsten keine Geneigtheit erkennen ließen, der Garantie der Pragmatischen Sanktion durch das Reich zuzustimmen, man verfügte nun im Kurfürsten- und erst redit im Fürstenrat über die Majorität und glaubte nicht länger warten zu sollen, um die Entscheidung des Reichstags herbeizuführen 168 ). Schon am 12. April 1731, als der Vertrag mit England abgeschlossen war und man auf ein gutes Ende der Verhandlungen mit Köln rechnen konnte, hatte die Geheime Konferenz in Wien den Zeitpunkt für gekommen erachtet, die Aktion einzuleiten. Es bedurfte dazu mannigfacher Überlegungen, die während der Monate Mai und Juni die Staats- und Reichsbehörden in Anspruch nahmen und vorerst in einem ausführlichen Vortrag der von Eugen präsidierten Geheimen Konferenz vom 25. Juni zum Abschluß gebracht wurden 169 ). Jene Reisen, auf denen wir danach Seckendorf, Harrach und Kuefstein trafen, hatten den Zweck, an den kurfürstlidien und vornehmsten fürstlichen Höfen das kaiserliche Anliegen vorzutragen und sie zu dessen Unterstützung aufzufordern. Im Oktober konnte der kaiserliche Prinzipalkommissar Fürst Fürstenberg in Regensburg den Reichstags-

Reichsgarantie der Pragmatischen Sanktion

365

kollegien das Kommissionsdekret zur Beratung und Beschlußfassung übermitteln, wobei er die Sicherung der Erbfolge in den habsburgischen Landen als weitere Bürgschaft für die durch den Vertrag mit England begonnene Beruhigung und Befriedung im Reich bezeichnete. Gegen die Stimmen von Sachsen, Pfalz und Bayern wurde am 11. Januar 1732 die Übernahme der Garantie der Pragmatischen Sanktion durch das Reich beschlossen. Harrach fiel die Aufgabe zu, das Reichstagskonklusum nach Wien zu überbringen, wo Karl VI. es am 3. Februar sanktionierte 170 ). Er glaubte damit, Verwirrung und Kriegsgefahr überwunden und das Hauptziel, das er in den letzten Jahren seiner Politik gesetzt hatte, erreicht zu haben. 4. Wir wissen nicht, welche Bedeutung Eugen der Reichsgarantie der Pragmatischen Sanktion wirklich beimaß. Bei der ihm eigenen nüchternen Betrachtungsweise dürfte er sie kaum überschätzt oder als ein jede Krise bei dem Ubergang der Herrschaft von Karl auf seine Tochter ausschließendes Instrument angesehen haben. Aber sie mochte ihn mit Befriedigung erfüllen als ein sichtbares Zeichen für die derzeitige Konsolidierung der kaiserlichen Machtstellung in Deutschland und Europa, die Österreich nicht zum wenigsten seiner geschickten diplomatischen Vorarbeit in den Zeiten der Verwirrung und dann der Entschlossenheit und Konsequenz zu danken hatte, mit denen er nach Übernahme der eigentlichen Leitung der außenpolitischen Geschäfte in den letzten Jahren eine Neuordnung des Staatensystems erstrebt und erreicht hatte. Es war keineswegs so, daß er diese Arbeit für abgeschlossen hielt, vielmehr war er davon überzeugt, daß noch keineswegs alle Gefahren für den Frieden gebannt waren, daß es nodi immer starke Kräfte in der Welt gab, die das mühsam errichtete Gebäude von Ausgleich, freundschaftlichen Beziehungen und Bündnissen erschüttern oder gar zum Einsturz bringen konnten, daß es daher galt, ständig auf der H u t zu sein und möglichst noch weitere Streben, Stützen und Sicherungen ein- und anzufügen. Der sich der Vollendung seines siebenten Lebensjahrzehnts nähernde Staatsmann ließ in der Tat weiterhin seine vertraulichen Mitteilungen und geheimen Instruktionen an seine Freunde und Agenten hinausgehen und er hat auf

366

Erfolge des Staatsmanns

dem Wege zu einem allseitigen „soliden Systema" weitere Erfolge erzielt. Wir erinnern uns, daß er gegen Ende des Jahres 1731 den wohl wichtigsten unter seinen diplomatischen Helfern, den Grafen SeckendorfF, zu eingehender mündlicher Aussprache nach Wien beordert hatte. In derselben Zeit, in der in Regensburg die Reichstagskollegien „löbliche" Beschlüsse faßten, hat man in Wien den Plan für die politische Campagne bis zum Frühjahr und Sommer 1732 entworfen, der in umfangreichen Schriftstücken niedergelegt wurde. Um einen Einblick in Konzeptionen und Arbeitsleistung des Prinzen zu geben, sei hier etwas näher auf den Inhalt des Briefes eingegangen, der Ende Januar dem bereits sich wieder auf dem Wege über Leipzig nach Berlin befindlichen Gesandten nachgesandt wurde 171 ). „Nachdem", so lautet der Beginn, „Ihre Kaiserliche Majestät an Eure Excellenz zwei andere Instruktiones, die eine durch die Hofkanzlei über die in der Konferenz mit Ihnen vorgenommenen Punkte, die andere durch den geheimen Weg über diejenigen, so im Beisein mit Graf Starhemberg allein vorgenommen worden, ausfertigen lassen, so lassen Sie nun auch über jene Punkte dieselbe anmit bescheiden, die Eure Excellenz mir in particulari überreicht und worüber idi sofort meine Vorstellung zu Erholung Dero allerhöchsten Befehls an Kaiserliche Majestät gemacht habe." Dieses über viele Seiten sich erstreckende Schreiben enthielt nicht weniger als 19 Punkte. Da war zunächst von dem Zusammenwirken mit Rußland die Rede, über das man unter Beiziehung Seckendorfs mit dem von der Zarin nach Wien entsandten und nun nach Rußland zurückkehrenden Grafen Karl Gustav Löwenwolde eingehende Beratungen gepflogen und Verabredungen über die künftige Gestaltung der Dinge in Polen und in Kurland getroffen hatte 172 ). Hierzu sollte durch Seckendorf und den seinen Weg über Berlin nehmenden Löwenwolde gemeinsam die Zustimmung des preußischen Königs nachgesucht werden, damit er in „das gemeinschaftliche Conzerto" hineingenommen und die bewährte Freundschaft zwischen den drei Höfen erneut befestigt wurde. Was Polen betraf, so hatte man die Hoffnung, August den Starken zum Anschluß an jenes Konzert zu bewegen, begraben, aber man gab ihm kein langes Leben mehr, und für den Fall seines Todes war in den Wiener Besprechungen in Aussicht genommen worden, die Wahl seines Nachfolgers weder auf seinen

Der Plan eines soliden Systems

367

Sohn noch auf einen polnischen Adeligen, sondern auf den mit dem Kaiserhaus verwandten Infanten Emanuel von Portugal zu lenken, einen Mann „von einem friedfertigen und so beschaffenem Gemüt, der seinen Nachbarn weniger Unruhe verursachen wird" 173 ). Das bei dem bald zu erwartenden Tode des letzten Fürsten aus dem Hause Kettler frei werdende Herzogtum Kurland hatte der Prinz ursprünglich dem Holsteiner zugedacht, nicht um ihn, den Schwiegersohn Peters des Großen, für die Übergehung seiner Ansprüche in Rußland zu entschädigen, sondern als Äquivalent für sein Territorium in Schleswig, welches ihm von dem Dänenkönig streitig gemacht wurde. Die Überlassung dieses Gebietes an Dänemark hätte dann als Grundlage für die schon seit längerer Zeit erstrebte Verständigung mit dieser nordischen Macht dienen können. Dodi hier hatte Löwenwolde erklärt, daß die Zarin den Herzog nicht in unmittelbarer Nachbarschaft Rußlands wissen wollte, und so waren die Überlegungen über das Schicksal Kurlands in andere Richtung gegangen: davon sollte in einem späteren Punkt der Instruktion noch einiges gesagt werden. Zunächst waren in ihr noch Sicherung und Ausbau der Freundschaft mit Rußland behandelt, für die man neben Ostermann gerade in Löwenwolde eine wertvolle Stütze gewonnen zu haben glaubte: Seckendorf wurde angewiesen, vertraulich mit ihm umzugehen, mit ihm eine geheime Korrespondenz zu verabreden, von der außer dem Prinzen nur der Kaiser etwas erfahren würde, ihn für die Zukunft — ähnlich wie es mit Grumbkow, Manteuffel und Plettenberg geschehen war — des kaiserlichen Schutzes zu versichern und ihm vor allem beizubringen, daß „sein und des ganzen deutschen Ministerii Konservation von der unzertrennlichen Einigkeit unter sich, dann von der Zarin fortwährender Freundsdiaft mit dem Kaiser und Preußen abhänge", und daß es hierfür wie für die Fortdauer der engen Beziehungen zwischen St. Petersburg und Wien keine bessere Garantie gebe als die Heirat von Annas mecklenburgischer Nichte mit Ferdinand Albrechts von Braunsdiweig-Bevern Sohn Anton Ulrich174). Was der Zarin besonderen Günstling Biron betraf, so war der Kaiser bereit, ihn mit einer Herrschaft im Wert von 60 000 bis 70 000 Talern zu „begnadigen", wenn er bei jener Vermählung und in anderen wichtigen Angelegenheiten die kaiserlichen Absichten unterstützte 175 ). Seckendorfs Hauptaufgabe bestand jedoch darin, die feste Bindung Preußens an

368

Erfolge des Staatsmanns

Österreich aufrechtzuerhalten und nodi zu verstärken: den König „beständig beizubehalten", so betont der Prinz, sei des Kaisers ernstlicher Wille, weshalb er auch seinem Wunsch, sich mit ihm zu treffen, entsprechen wolle, falls es ohne Zeremoniell, etwa im böhmischen Karlsbad bei einer Jagd, geschehen könnte. Wenn, wie Löwenwolde behauptet hatte, Friedrich Wilhelm auch von einer Zusammenkunft mit der Zarin in Riga gesprochen hatte, so war der Kaiser nicht dagegen, doch sollte ihn Seckendorff begleiten und sich dabei „mit solcher Bescheidenheit benehmen, daß die Jalousie bei England nicht vermehrt und die Aussöhnung mit Preußen schwer gemacht werde". Einverstanden war man auch damit, daß der junge Herzog Franz Stephan von Lothringen, der sich damals zu Besuch bei den Schwiegereltern des Kaisers in Wolfenbüttel aufhielt, einer Einladung Friedrich Wilhelms Folge leistete: es war ein offenes Geheimnis, daß Karl VI. ihm, der einst an seinem H o f e erzogen worden war, die H a n d seiner ältesten Tochter zugedacht hatte. Es konnte nur erwünscht sein, wenn er das Vertrauen des Königs gewann und vielleicht auch mit dem um drei Jahre jüngeren Kronprinzen Friedrich sich anfreundete. Als Voraussetzung dafür bezeichnete es der Prinz, daß er sich der besonderen Lebensart dieses Hofes anpaßte, sich vornehmlich alles dessen sorgfältig enthielt, „so einer französischen Mode gleich sehe, als wider welche der König aus einem gegen Frankreich angeborenen H a ß einen Abscheu trage", andererseits aber eine besondere Liebe und Neigung zum Soldatentum zeigte 176 ). Nächstes zu erreichendes Ziel war im übrigen auch in Berlin eine „bevernsche Heirat", die ja von dem König bereits zugesagte Verbindung des Kronprinzen Friedrich mit Ferdinand Albrechts Tochter Elisabeth Christine. Noch weniger als in St. Petersburg durften hierbei Mitwirkung und Drängen des Kaisers bekannt werden: er könne die noch immer von London betriebenen englisch-preußischen Heiratspläne „unmöglich gern sehen", wolle aber England „nicht vor den Kopf stoßen". War hier also „äußerste Vorsichtigkeit" angebracht, so erst recht bei dem Auftrag, „den jetzt auf gutem Wege befindlichen Kronprinzen beständig herbeizuziehen", wofür sich „in seiner dermaligen Bedürftigkeit" die beste Gelegenheit bot. Seckendorff konnte zu diesem Zweck über eine Summe von 2000 bis 2500 D u katen verfügen, die von Friedrich zur Anwerbung von langen Kerls f ü r seinen Vater oder anderweitig verwandt werden moch-

Prinz Eugen von Savoyen

Erzherzogin Maria Theresia

Große Instruktion für Seckendorf

369

ten; was sein angebliches Interesse für eine Reise nach Wien betraf, so könnte das zwar ein Mittel sein, ihn ganz zu gewinnen, andererseits gab es da manche Bedenken, so daß man die Angelegenheit besser dilatorisch behandelte. Ausführliche Erwägungen wurden in dem Schriftstück dann angestellt, ob man nicht Kurland, nachdem es infolge des russischen Widerspruchs nicht zum Ausgleich mit Dänemark in Frage kam, benutzen konnte, um dem preußischen König einen Gefallen zu tun und ihn dadurch zu Zugeständnissen in der bergischen Frage zu bewegen, wodurch man doch noch Kurpfalz zu einer Revision seiner Politik zu bewegen hoffte. Als Kandidaten für den kurländischen Herzogshut waren bereits neben dem Holsteiner ein brandenburgischer Markgraf und der mit der preußischen Prinzessin Charlotte verlobte älteste Sohn Beverns genannt worden, Seckendorff scheint aber während seines Wiener Aufenthaltes die Möglichkeit erörtert zu haben, das Herzogtum dem Prinzen August Wilhelm, Friedrich Wilhelms zweitem Sohn, zuzuwenden, dem der König weit mehr als dem Kronprinzen zugetan war, und Eugen griff diesen Gedanken in der Erwartung auf, daß der König durch diesen für sein Haus so vorteilhaften Erwerb dazu gebracht werden konnte, in dem ihm versprochenen bergischen Land wenigstens auf Stadt und Distrikt Düsseldorf zu verzichten, dann würden „die daherum liegenden Stände (denen es nicht so viel um das Herzogtum Berg als um Beibehaltung von Düsseldorf als des einzigen in dasiger Gegend habenden festen Platzes zu tun ist)" alles tun, um Pfalz und Sulzbach zu einem Vergleich zu bestimmen und damit das Kriegsfeuer von dort abzuwenden, „wiezumalen niemand mehr als Kaiserlicher Majestät daran gelegen, beide Häuser Brandenburg und Sulzbach wegen der Jülichschen Erbfolge in Güte auseinander zu setzen", weil sie sonst auf Grund ihrer Verbindlichkeit gegen Preußen in einen schweren Krieg im Reich hineingezogen und dabei einen großen Teil der katholischen Stände vor den Kopf stoßen würde. Die nächsten Punkte der Instruktion betreffen Kursachsen, dessen feindselige Haltung gemäß dem Rat von Manteuffel und den Vorschlägen des ehemaligen sächsischen Geheimen Referendars Seydewitz durch strenge Verfahren in Reichs- und Rechtssachen beantwortet und geahndet werden sollte. Vielleicht daß der Kurfürst-König doch durch Schaden klug wurde und sich um Vermittlung an seinen preußischen Nachbarn wandte, dem aber zu raten war, sich auf 24 Braubadi, Prinz Eugen

370

Erfolge des Staatsmanns

nichts einzulassen, bevor nidit Augusts des Starken Kabinettssekretär Thioli und sein französischer Anhang aus den Geschäften entfernt und an ihre Stelle Männer gesetzt worden waren, „auf deren teutsche Redlichkeit man Staat machen könne". Inzwischen war Manteuffel zur Fortführung seiner Korrespondenz mit Wackerbarth und Brühl anzuhalten, um durch den einen auf den Kurprinzen, durch den anderen auf den König einzuwirken 177 ). Als wirksames Mittel, diesen „in die Enge zu treiben", wird sodann „die Herbeiziehung der vornehmeren fürstlichen, vor allem der ernestinischen Häuser" bezeichnet, einmal durch ihre Verpflichtung, insgesamt 25 000 bis 27 000 Mann zur Disposition des Kaisers zu halten, wofür dieser 300 000 Gulden jährlich aufwenden wollte, weiter durch einen „perpetuierlichen Unionspakt", zu dem auch der preußische König als Markgraf von Brandenburg einzuladen war. Ebenso galt es, sich Hessen-Kassels zu versichern und dabei den schwedischen König und seinen Bruder Wilhelm dahin zu bringen, auch an den Kaiser sich zu halten, wenn ein neues Zerwürfnis mit England eintreten sollte 178 ). Der Prinz hatte damit in umfassender Weise die Richtlinien für die kaiserliche Politik vor allem in Nordeuropa und im Reich aufgestellt, und es ist erstaunlich, wieviel von diesem Programm noch im Laufe des Jahres 1732 verwirklicht worden ist. Den eigentlichen Kern des Systems bildete der Dreibund Österreich-RußlandPreußen, als dessen Schöpfer und Haupt Eugen betrachtet werden konnte. Was zunächst Rußland betrifft, so hatte er hier in Ostermann und Löwenwolde sichere Helfer, mit denen auf Grund der ihm angebotenen „Avantagen" auch Biron zusammenwirkte, um die Zarin Anna an der Seite des Kaisers zu halten. Im Oktober 1732 wünschte der Prinz dem Herzog von Bevern Glück für die Reise seines Sohnes nach Rußland 179 ), und wenn es dann audi noch Jahre dauerte, bis er die mecklenburgische Nichte der Zarin heiratete, so galt er doch schon bald als der Verlobte des jungen Mädchens. Sowohl für die Bündnistreue des Hofs von St. Petersburg als auch für die Verehrung, die man dem Savoyer hier zollte, ist der Brief bezeichnend, den Ostermann genau ein Jahr nadi jener Instruktion für Seckendorf! an den Prinzen richtete. Da bekennt er sich zu der allgemein verbreiteten Meinung, daß man den großen Prinzen Eugen niemals genug respektieren und bewundern könne, um dann fortzufahren: „Es ist bekannt, wie sehr Eure Durchlaucht für die

Verlobung des preußischen Kronprinzen

371

Bewahrung der glücklichen und engen Union eingestellt ist, die zwischen den beiden kaiserlichen Höfen besteht, und wenn ich nicht den Verdacht der Eitelkeit fürchten müßte, würde ich mir zu schmeicheln wagen, daß Eure Durchlaucht davon weiß, daß idi meinerseits weder Mühe noch Eifer gespart habe, um darin Ihre ruhmwürdigen Intentionen zu unterstützen, zumal nach meinem unmaßgeblichen Dafürhalten es nichts Vorteilhafteres f ü r den einen wie den anderen Staat geben kann als diese Union" 1 8 0 ). Eine nodi größere Bedeutung als Rußland kam in des Prinzen politischem System indessen Preußen zu. Zugleich mit jener Instruktion war Seckendorff ein eigenhändiger Brief Eugens zur Ubergabe an den König zugegangen, der nach Dankesbezeugungen f ü r dessen Vertrauen zu dem Gesandten mit der Versicherung schloß, daß der Kaiser in Friedrich Wilhelm den besten seiner Freunde sehe, der ihm Ruhe und Sicherheit f ü r sich und seine Sukzession gebe 181 ). Seckendorff und ebenso der in der zweiten Februarhälfte am preußischen Hof eintreffende Herzog von Lothringen sahen sich nun freilich dort einer für sie und auch f ü r die kaiserliche Politik sehr unangenehmen Lage gegenüber. Der König hatte sich plötzlich entschlossen, seinen Sohn mit der Prinzessin von Bevern zu verloben, er hatte zu diesem Zweck den Kronprinzen von Küstrin nach Berlin zurückkommen lassen und die Bevernsdie Familie eingeladen, dem jungen Lothringer aber hatte er die Rolle -des Brautwerbers zugedacht 182 ). N u n wurde ja mit jener Entscheidung ein Ziel erreicht, das man in Wien schon seit längerer Zeit sich gesetzt und eben noch Seckendorff als besonders wichtig hingestellt hatte. Aber einmal erfuhr dieser von seinem Freunde Grumbkow, daß der überrumpelte Kronprinz voll Erbitterung war über die ihm aufgezwungene Verbindung und über alle, die er als deren Förderer ansah. Obwohl er, so meinte der kaiserliche Gesandte nun besorgt, nidit nachweisen könne, daß man kaiserlicherseits dazu geraten und geholfen habe, so sei doch zu befürchten, daß, wenn Gott nicht sein H e r z ändere, man schließlich mehr Böses als Gutes von dieser Vermählung zu erwarten habe 188 ). Würde das aber nicht erst recht der Fall sein, wenn ausgerechnet der künftige Schwiegersohn des Habsburgers eine so auffallende Rolle bei dem Akt spielte! Dies verbot sich vor allem aber audi mit Rücksicht auf England. H ä t t e man in Wien schon lieber gesehen, daß die Entscheidung Friedrich Wilhelms gegen die englisdien Heirats24*

372

Erfolge des Staatsmanns

Projekte nicht so brüsk erfolgt wäre, weil man dadurch größere Schwierigkeiten haben mußte, die beiden verbündeten Mächte zusammenzuführen, so galt es vor allem, nicht auch noch in London den Verdacht eigener maßgebender Beteiligung zu nähren und damit die Verstimmung des englischen Königs gegen Wien zu richten 184 ). Franz Stephan, der zudem eben erst England besucht und dort sehr freundlich aufgenommen worden war, lehnte denn auch höflich, aber entschieden das Ansinnen des Königs ab, und in Wien glaubte man schließlich mit Genugtuung feststellen zu können, daß es bei der am 10. März 1732 bekanntgegebenen Verlobung zu keiner Kompromittierung der österreichischen Politik gekommen war. Der Öffentlichkeit blieb ja verborgen, daß der Herzog von Bevern in einem Billet an Seckendorff den teuersten Freund, der so viel zum Vorteil seiner Tochter beigetragen habe, mit tausend Umarmungen bedachte und daß Eugen dem glücklichen Vater seine tiefe Befriedigung über das glückliche Ereignis und die Hoffnung aussprach, daß in kürzester Frist das Beilager folgen könnte 185 ). Waren dann die Mitteilungen aus Berlin richtig, wonach der Kronprinz sich mit seiner Verlobung abgefunden habe und ganz glücklich sei? Jedenfalls sah man wieder beruhigter in die Zukunft, zumal nachdem Seckendorff Friedrich Anfang April 500 Dukaten hatte zukommen lassen und ihm bald darauf 2000 Gulden für die Beschaffung von fünf großen Rekruten vorstreckte: er wisse schon, daß man das Geld nicht zurückverlange 186 ). Überhaupt aber konnte man mit Preußen zufrieden sein. Lebhaft begrüßte es Eugen, daß der König zum Nachfolger des preußischen Gesandten am Kaiserhof Brandt den Baron Gotter bestimmte, der bisher den Herzog von Sachsen-Gotha vertreten und dabei dem Prinzen und der österreichischen Politik schon mandie Dienste geleistet hatte: niemand, so schrieb er an Seckendorff, hätte „zur Unterhaltung der zwischen beiden Höfen obwaltenden engen Freundschaft anständiger" sein können 187 ). Ein deutliches Zeichen dieser Freundschaft war es auch, daß zu Verstärkungen für ein damals auf der Insel Korsika operierendes kaiserliches Korps — es wird bald davon zu berichten sein — zwölf preußische Offiziere abgestellt wurden. Seinerseits hat der Prinz die zuständigen kaiserlichen Generäle in Italien angewiesen, diesen Herren ganz besondere Rücksichten und Auszeichnungen zuteil werden zu lassen188).

Friedrich Wilhelm I. in Böhmen

373

Vor aller Welt mußte ja nun die geplante Zusammenkunft zwischen Kaiser und König das Bündnis herausstellen und bekräftigen. In Wien waren inzwischen freilich Bedenken aufgetaucht, ob man damit nicht wieder bei dem neuen englischen Freund Mißtrauen und Verstimmung auslösen und, wie auch Eugen fürchtete, allzu „großes Aufsehen und Jalousie" erregen würde, die sich für das große politische Spiel ungünstig auswirken könnten 189 ). Aber durfte man andererseits den dies Treffen geradezu enthusiastisch wünschenden Hohenzollern enttäuschen, zumal sich dafür mit der seit einiger Zeit feststehenden Reise des kaiserlichen Hofes nach Böhmen eine besonders günstige Gelegenheit bot? „Ich wünschte nur", so schrieb mit deutlicher Beziehung auf die Engländer Seckandorff, „daß andere Freunde so redlich und beständig es mit Seiner Kaiserlichen Majestät meinten, als der König von Preußen" 190 ). Vielleicht brachte eine solche Demonstration auch gerade die Seemächte zu größerer Bereitwilligkeit, die in den Wiener Verträgen festgelegten Wege zu gehen. Noch von Prag aus, wohin Kaiser Karl Ende Mai 1732 aufgebrochen und ihm der Prinz einige Tage darauf gefolgt war, hat dieser Anfang Juni bei Seckendorf angefragt, ob man nicht doch, ohne Verdacht zu erregen, den König von der Fahrt abbringen könne 191 ). Die verneinende Antwort hatte er wohl erwartet, und so erschien nun Anfang Juli der Gesandte bei dem nach Karlsbad übergesiedelten kaiserlichen Hoflager, um die Vorschläge für Zeitpunkt, Ort und Art der Zusammenkunft zur Weiterleitung an Friedrich Wilhelm entgegenzunehmen 192 ). Sie wurden von diesem sofort genehmigt, und der Prinz, der Mitte Juli einige Tage vor seinem Herrn wieder in Prag eingetroffen war, hat sich dort um die weiteren Vorbereitungen für den Besuch des Königs gekümmert, der am Mittag des 31. Juli von Glatz kommend in dem kaiserlichen Gut und Gestüt Kladrup bei Jaromer mit dem Kaiserpaar speisen und sich danach noch vom 1. bis 5. August inkognito in der böhmischen Hauptstadt aufhalten sollte193). Das Wiedersehen mit dem Sieger von Malplaquet ist ihm kaum weniger wichtig gewesen als die Begegnung mit der Kaiserlichen Majestät 194 ), und seinerseits wollte ihn Eugen in Kladrup als erster empfangen und ihn dann dem Kaiser zuführen: „Ihrer Königlichen Majestät entgegenzukommen", so unterrichtete er am 23. Juli Seckendorff, „ist ohne das meihe Schuldigkeit und mache ich mir eine ungemeine Freude daraus, je eher meine gehorsame Aufwartung Deroselben

374

Erfolge des Staatsmanns

machen tue, schätze es mir audi für die größte Gnade, den ersten August mittags Seine Majestät in Prag bei mir zu bedienen" 195 ). Wie hier angekündigt, ist denn auch alles vor sich gegangen196). Wir wissen nicht, was bei dem Essen in Kladrup, nach dem man sich bald wieder trennte, und in den folgenden Tagen in Prag, wo der Prinz den hohen Gast wieder empfing und ihn nach seiner Etablierung im Palast des Grafen Nostitz auf der Kleinseite ein glänzendes Mittagsmahl mit 30 Gedecken gab, es auch noch mehrfach zu Begegnungen zwischen den beiden Monarchen kam, politisch verhandelt worden ist. Der König, so teilte Eugen nach dessen Abreise dem Herzog von Bevern mit, dünke ihm in der besten Disposition zu sein, er habe wiederholt versichert, daß die Hochzeit des Kronprinzen unfehlbar im künftigen Mai stattfinden werde und er das junge Paar dann gern nach Wien schicken wolle, jedenfalls sei die „Entrevue sehr vergnüglich" abgelaufen, wie man denn auch nicht unterlassen habe, dem Gast zu zeigen, wie aufrichtig und ehrlich man es mit ihm meine 197 ). Wenn dann Seckendorff bestätigte, daß Friedrich Wilhelm über den Besuch „ungemein vergnügt" sei, so glaubte der Prinz am 24. August von Linz aus, wo der Kaiser auf der Rückreise nach Wien für mehrere Wochen Aufenthalt nahm, in zusammenfassender Würdigung des politischen Ertrags die sichere Hoffnung aussprechen zu können, „es werde die beiderseitige Freundschaft zu des Reiches allgemeinem und beider Höfe Bestem unzertrennlich sein" 198 ). Schon vor dem Prager Treffen hatte Seckendorff einen anderen der ihm zu Jahresbeginn in Wien erteilten Aufträge ausgeführt. Daß sich in der Zeit der großen politischen Verwirrung nach 1725 sowohl Schweden als auch Dänemark der Herrenhausener Allianz angeschlossen hatten, war für die kaiserliche Politik sehr ärgerlich gewesen, und man hatte immer wieder Überlegungen angestellt, wie man die eine oder die andere der beiden skandinavischen Mächte, wenn nicht beide, aus diesen Verbindungen lösen und in das eigene Lager führen könnte. Mit schwedischen Kreisen, die mit dem Regiment und damit auch der frankophilen Politik des Ministers Horn unzufrieden waren, stand man über den schwedischen Gesandten in Berlin Klinckowström in Verbindung, der schon im Frühjahr 1729 Seckendorff auf Möglichkeiten und Voraussetzungen eines Umschwungs in Stockholm hingewiesen hatte 199 ). In Dänemark war einst Manteuffel sächsischer Gesandter gewesen,

Aufträge Seckendorfs im Norden

375

und er besaß wohl seitdem dort in den Brüdern Plessen gute Freunde. Als sie nach der Thronbesteigung König Christians VI. im Jahre 1730 in den königlichen Rat berufen wurden, scheint sich Manteuffel angeboten zu haben, mit ihrer Hilfe in Kopenhagen einen Kurswechsel herbeizuführen 200 ). Während in Schweden seit jeher Frankreich starken Einfluß ausübte, war Dänemark eher nach England orientiert, und so mochte sich vor allem hier mit der Verständigung zwischen Wien und London die Möglichkeit erfolgreicher Verhandlungen für die kaiserliche Diplomatie ergeben. So kam es denn auch schon Ende März 1731 zwischen Seckendorf und Eugen zu Erwägungen, ob man nun nicht etwa Manteuffel nach Kopenhagen schicken sollte, da, wie der Prinz urteilte, „eine aus dem hiesigen, russischen, preußischen und dänischen Hof bestehende Partei, wo diese sich recht vereinigten, eine allerseits nützliche und anständige Sache" sei, womit übrigens — noch fühlte man sich des neuen Bundesgenossen nicht ganz sicher — Hannover und damit England am besten im Zaum gehalten würden 201 ). Freilich mußte man sich vorher klar werden, auf welcher Grundlage man die Interessen der beteiligten Mächte miteinander in Einklang bringen und damit einen Zustand der Ruhe im Norden schaffen könnte. Manteuffel ebenso wie der preußische Staatssekretär Thulemeyer haben dazu Projekte entworfen, in deren Mittelpunkt die Beilegung des alten Streits zwischen Dänemark und dem Herzog von Holstein um ihre Territorien in Schleswig stand. Konnte man ihn, für dessen Rechte auch der Kaiser in dem Bündnis mit Rußland einzutreten versprochen hatte, zum Verzicht auf Schleswig bewegen gegen Anfall des dänischen Delmenhorst oder dadurch, daß man ihm zur Nachfolge des kinderlosen Hessen-Kasselers in Schweden verhalf? Eugen hat in „vorläufigen Anmerkungen" diesen Ideen im allgemeinen zugestimmt und seinerseits einen Plan entworfen, wie man dem möglicherweise widerstrebenden Schweden diese Lösung aufzwingen könnte 202 ). Doch weder schien man in Kopenhagen bereit, den Holsteiner durch Land zu entschädigen, noch waren die Meinungen und Forderungen der verschiedenen Verbündeten des Kaisers in der nordischen Frage so leicht auf einen Nenner zu bringen. Wenn so Manteuffels Reise unterblieb 203 ), so hat das Problem der Koalitionsbildung im Norden den Prinzen im Laufe des Jahres 1731 doch immer wieder beschäftigt. Auf der einen Seite ergab sich aus den Gesprächen, die Seckendorf während seines

376

Erfolge des Staatsmanns

Besuchs in Kassel im September mit dem schwedischen König und seiner Umgebung führte, daß man in Schweden zu Verhandlungen bereit sei204), während zugleich nun auch die dänische Regierung ihren Wiener Gesandten Berkentin anwies, die Möglichkeiten für einen Vertrag zu erkunden. In seiner Korrespondenz mit Seckendorff aus diesen Monaten hat Eugen es als wünschenswert bezeichnet, „mit beiden Kronen zugleich sich zu setzen" und die beiden Handlungen zu kombinieren, doch hielt er einen derartigen Versuch zur Zeit für aussichtslos, man müsse daher genau überlegen, welche Freundschaft wichtiger sei, und da gelangte er zu der Überzeugung, daß nicht nur Preußen und Rußland die Verbindung mit Dänemark vorzögen, sondern sie auch für den Kaiser „dauerhafter und natürlicher" sei205). Zeitweise hat er erwogen, den Grafen Friedrich Harrach, der soeben ja die Verhandlungen mit Kurköln zu einem erfolgreichen Abschluß gebracht hatte, nach Kopenhagen zu senden, „nicht allein um Dänemark in die hiesige Allianz zu ziehen, sondern auch das verwirrte holsteinische Wesen vornehmlich wegen Schleswig auseinanderzusetzen, folglich ein festes Systema im Norden einzuführen" 206 ). Nach jenen Beratungen in Wien um die Jahreswende 1731/32 ist dann doch wieder Seckendorf dazu bestimmt worden, auf Grund der bisher mit Berkentin und Löwenwolde ausgetauschten Meinungen zunächst noch in Berlin den Rat des preußischen Königs einzuholen und dann in Kopenhagen den erstrebten Vertrag abzuschließen. Der Erfolg hing im wesentlichen davon ab, zu welchem Äquivalent für den Verzicht des Holsteiners auf Schleswig sich der dänische König verstand und ob die Russen mit dieser Abfindung ihres bisherigen Schützlings zufrieden waren. Am preußischen Hof fand Seckendorf die Zustimmung Friedrich Wilhelms zu der ihm übertragenen Mission, und als er am 7. Mai in der dänischen Hauptstadt eintraf, stellte er fest, daß die Dänen trotz französischer und, wie er wenigstens behauptete, auch englischer Gegenwirkung gewillt waren, das Bündnis einzugehen, wobei sie jedoch jede territoriale Entschädigung des Herzogs ablehnten 207 ). Es erwies sich jedoch, daß dessen Interessen von russischer Seite nicht mehr mit dem gleichen Nachdruck vertreten wurden wie vordem, und so konnte am 26. Mai 1732 ein österreichisch-russisch-dänischer Vertrag unterzeichnet werden, durch den sich die drei Mächte ihre Lande und Rechte garantierten, wobei Dänemark der Besitz von ganz Schleswig zugesichert wurde gegen

Vertrag mit Dänemark

377

Zahlung von einer Million Reichstaler an den Holsteiner, falls dieser innerhalb von drei Jahren zustimmte 208 ). Es war kaum anzunehmen, daß er sich dazu bereitfinden würde, und es war die Frage, ob der Kaiser bei diesem Handel nicht frühere Verpflichtungen und auch in Form und Inhalt das Reichsrecht verletzte. Seckendorf! selbst suchte sich denn audi von vornherein gegen Vorwürfe zu verteidigen, indem er versicherte, daß, wenn er nicht sofort zugegriffen hätte, die ganze Aktion gescheitert wäre. Es hat offenbar audi in Prag, wo Eugen seinem Herrn das Dokument vorlegte, zunächst einige Anstände gegeben, die den Prinzen veranlaßten, der Mitteilung der durdi ihn erreichten kaiserlichen Billigung des Vertrags und des Verhaltens Seckendorfs die vertrauliche Warnung anzufügen, „künftig ohne äußerste N o t nicht so geschwind zum Schluß zu eilen" 209 ). Die Hauptsache war jedoch für ihn, daß nun auch eine der beiden nordischen Mächte sich zum Schutz der Pragmatischen Sanktion verpflichtet hatte und die erstrebte Erweiterung des Bündnisblocks erreicht war, „wodurch der Ruhestand im Norden befestigt, die übelgesinnten, besonders Sachsen, im Zaume gehalten und Frankreich alle Gelegenheit zu fernerer Unruhe der Orten benommen wird". Ende September hat sich Seckendorf mit der kaiserlichen Ratifikation erneut auf den Weg nach Dänemark gemacht, wo er nach einer Audienz bei König Christian am 8. Oktober und der Auswechslung der Ratifikationen Verhandlungen über Ausführungskonventionen zu dem Bündnis aufnahm. Sie haben sich bis zum 12. November 1732 hingezogen, an welchem Tage zwei Vereinbarungen über die Art der gegenseitigen militärischen Hilfeleistung und über die Modalitäten der vorgesehenen Verzichtleistung und Entschädigung des Holsteiners unterzeichnet wurden 210 ). Durch das Geschäft mit Dänemark und den preußisdien Besuch in Böhmen hatte die zunächst schon für das Frühjahr vorgesehene Rundreise Seckendorfs in Mitteldeutschland sich verzögert. Im August 1732 hat er dann einen Teil der ernestinischen Höfe besucht. Trotz sächsischer Gegenwirkung konnte er am 28. August mit dem Herzog von Weimar, am 1. September mit dem Herzog von Eisenach Bündnis und Erbverein unterzeichnen, durch die sie neben der Garantie der Pragmatischen Sanktion die Verpflichtung zur Stellung von Truppen zu kaiserlicher Verfügung gegen Zahlung von Subsidien übernahmen 211 ). Wichtiger waren wegen der Stärke

378

Erfolge des Staatsmanns

der von ihnen unterhaltenen Soldaten Gotha und vor allem HessenKassel, und gerade hier boten sich manche Schwierigkeiten. Sie hat Seckendorf! erst im Frühjahr 1733 überwinden können. Am 9. Mai hat er in Friedenstein bei Gotha einen Unionstraktat auf sechs Jahre mit Herzog Friedrich von Gotha geschlossen, der gegen die Zusicherung erheblicher Subsidien im Ernstfall ein größeres Hilfskorps dem Kaiser zur Verfügung zu stellen versprach, und zwei Tage später kamen in Schmalkalden Verträge mit König Friedrich von Schweden als Landgraf von Hessen-Kassel zustande, durch die man sich gegenseitig in seinen Erbrechten und Erbordnungen politisch und militärisch zu unterstützen zusagte und der König dem Bündnis des Kaisers mit England vom März 1731 beitrat 212 ). Über Hessen-Kassel war so auch Schweden an das alte System angegliedert worden. Inzwischen suchte die kaiserliche Diplomatie auch in Süd- und Westdeutschland die bereits gewonnenen Stützpunkte zu sichern und neue hinzuzugewinnen. In Wien hat man mit dem nicht nur Gotha und neuerdings Preußen, sondern auch Württemberg vertretenden Gotter über die Übernahme eines württembergischen Korps in kaiserliche Dienste verhandelt. Mit Herzog Eberhard Ludwig vermochte man sich nicht zu einigen, aber durch seinen plötzlichen Tod am 31. Oktober 1733 fiel das Herzogtum an seinen Vetter Karl Alexander, den alten Waffengefährten und Freund Eugens, der bereits auf der Durchreise aus dem ihm übertragenen Generalgouvernement in Belgrad nach Stuttgart in der kaiserlichen Hauptstadt am 21. November die Union unterzeichnete, die audi württembergische Truppen zur Verfügung Österreichs stellte 213 ). Ebenso günstig hatte sich der schon im Vorjahre erfolgte Regierungswechsel in dem wichtigsten geistlichen Reichsfürstentum ausgewirkt. Am 18. April 1732 war der Mainzer Kurfürst Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg in Breslau gestorben. In allen Wirren hatte er, wie man in Wien anerkennen mußte, sich „patriotisch" erwiesen und zum Reichsoberhaupt gehalten, aber er war nicht leicht zu lenken gewesen und seiner Zugehörigkeit zum Hause Wittelsbach war er sich stets bewußt geblieben. Nun konnte man einmal die dem Kölner Kurfürsten gegebene Zusage einlösen und ihn durch die Unterstützung seiner Wahl zu des Neuburgers Nachfolger als Hochmeister des deutschen Ordens noch enger an sich binden. Von den übrigen Fürstentümern, über die Franz Ludwig regiert hatte, fielen Worms und Ellwangen dem Trierer Schönborn

Um die „Beibringung" der Pfalz

379

zu, und wenn der Traum seines Bruders Friedrich Karl, vom Reichsvizekanzler zum Reichserzkanzler aufzusteigen, auch nicht in Erfüllung ging, so war der aus der Mainzer Wahl am 9. Juni hervorgehende Philipp Karl von Eitz nach dem Urteil des kaiserlichen Wahlkommissars Graf Kuefstein nicht nur ein vernünftiger, kluger und unterrichteter, sondern audi dem Kaiser ganz ergebener Mann 214 ). Bereits am 12. August hat Kuefstein mit dem neuen Kurfürsten ein umfassendes Bündnis schließen können, das ihn gegen Subsidienzahlungen auf Zusammenwirken mit dem Kaiser in allen strittigen Fragen und nicht nur auf Verteidigung der Pragmatischen Sanktion, sondern auch auf die Unterstützung der Wahl eines Sohnes oder Schwiegersohnes des Habsburgers zum römischen König festlegte 215 ). Hier im Süden und Westen des Reichs blieben so als Bastionen der Opposition eigentlich nur Bayern und Pfalz. Daß man in München den Protest gegen die Pragmatische Sanktion fallen lassen würde, daran war nicht zu denken, und so hat die kaiserliche Diplomatie auch kaum noch ernsthafte Versuche unternommen, den Kurfürsten Karl Albrecht auf den Weg zu bringen, den sein Bruder Clemens August unter dem Einfluß Plettenbergs gegangen war. Um so mehr hat man in Wien Erwägungen angestellt, wie man doch noch den Pfälzer in das eigene Lager ziehen und damit zugleich die Gefahr eines kriegerischen Zusammenstoßes wegen der jülichbergischen Erbschaft bannen könnte. Daß die Möglichkeit bestehe, Karl Philipp umzustimmen, ihn der Verbindung mit Bayern und dem Bündnis mit Frankreich zu entziehen und zur Anerkennung der Pragmatischen Sanktion zu bewegen, das hat seit dem Frühjahr 1732 ein in pfälzischen Diensten stehender Kavalier in geheimen Briefen und Denkschriften dem Prinzen Eugen immer wieder versichert. In diesem Friedrich August von Schleinitz, merkwürdigerweise einem Sohne jenes braunschweigischen Ministers Schleinitz, der dem Prinzen und Seckendorff als einer der gefährlichsten Widersacher Österreichs gegolten hatte, begegnet uns wieder ein Agent der Geheimdiplomatie des Savoyers, der seine Dienste wohl selbst angeboten hat, von Wien aber sofort ermuntert worden ist, Nachrichten zu übermitteln und die Wege aufzuzeigen, auf denen man den Mannheimer Hof beeinflussen konnte 216 ). Und wenn man von dem über viele Seiten sich erstreckenden Entwurf einer Note an den Kurfürsten über die Gründe und Vorteile, die ihn

380

Erfolge des Staatsmanns

zur Annahme der Pragmatischen Sanktion bestimmen müßten, keinen Gebrauch machte, so nahm man um so aufmerksamer die Hinweise auf, wie man mit Hilfe von pfälzischen Ministern wie Sickingen und Hallberg, vor allem aber durch Eingehen auf die Standeserhöhungswünsche der Gräfin Taxis Karl Philipp zu einem Wechsel seiner Politik zu bringen vermochte. Es müsse zwar, so teilte der Prinz dem Agenten mit, nach der zweimaligen Abweisung des Grafen Kuefstein „der erste passus" von der anderen Seite ausgehen, es könne aber mit ihm, „welchen man sicherlich ohne Grund der Gehässigkeit gegen den dasigen Hof und Fräulein von Taxis beschuldigt", an einem dritten Ort eine Unterredung stattfinden, bei der sich zeigen werde, wie gut und aufrichtig man es kaiserlicherseits meine217). Kuefstein hat sich denn auch mit Hallberg auf dessen Gut bei Worms getroffen, wobei ein neuer Versuch zu einer Verständigung verabredet wurde, von dessen Erfolg Sdileinitz überzeugt war, seitdem er der Taxis ein Schreiben Eugens mit der Zusicherung ihrer Erhebung in den Reichsfürstenstand gezeigt hatte 218 ). Als Kuefstein indessen Ende August in Schwetzingen erschien, fand er den Zwischenträger, dessen geheime Korrespondenz anscheinend entdeckt worden war, in Ungnade, und wenn die Gräfin, Sickingen und Hallberg ihm audi immer wieder beteuerten, daß sie den Vergleich zustande bringen würden, so kam man bei den Verhandlungen doch nicht weiter 219 ). Mit allen Mitteln der Geheimdiplomatie war eben in diesem Fall nichts zu erreichen, wenn man dem Kurfürsten und seinem sulzbachischen Erben nicht eine Garantie gegen die preußischen Ansprüche auf Berg bot. Wir sahen, daß man in Wien hoffte, Friedrich Wilhelm durdi Zuwendung von Kurland zum Verzicht auf den niederrheinischen Erwerb bewegen zu können und daß man ihn dann bestimmen wollte, wenigstens Düsseldorf aufzugeben, aber alle Vorstellungen SeckendorfFs scheinen ihm nur das Zugeständnis abgerungen zu haben, bei Anfall Bergs an Preußen Düsseldorf zu entfestigen 220 ). Nach der Zusammenkunft in Böhmen war Seckendorf etwas optimistischer021), eine wirkliche Zusage, Düsseldorf dem Sulzbacher zu überlassen, vermochte er aber nicht zu erlangen. In Mannheim aber wollte man nichts opfern, und so mußten alle Vergleichsverhandlungen scheitern. Da blieb auch der Eifer, den, wie wir feststellen können, Eugen nach beiden Seiten entwickelte, vergeblich. Da gerade er aber die Bewahrung der Freundschaft mit Preußen als eines

Die Löwenwoldesdie Konvention

381

der wichtigsten Anliegen der kaiserlichen Politik ansah, war es ihm unmöglich, die Voraussetzung für die „Beibringung" des Pfälzers zu schaffen. Vielleicht gab es aber doch noch einen Ausweg, wenn es nämlich gelang, jenes kurländische Projekt durchzusetzen. In merkwürdiger Weise haben sich die bergische und die kurländische Frage damals verquickt mit Überlegungen und politischen Aktionen, deren Ziel die Einfügung der dritten, neben Bayern und Pfalz noch oppositionellen, mit Frankreich verbundenen Madit im Reich und im nördlichen Europa in das große politische System war. Weder durch Lockungen nodi durch Drohungen war es gelungen, den Wettiner, der über Sachsen und Polen gebot, zu fesseln. Aber war die Lebenskraft des wegen seiner körperlichen Stärke wie wegen seines überschäumenden Ehrgeizes berühmten und berüchtigten KurfürstenKönigs nicht im Schwinden? Konnte man nicht jetzt schon Vorsorge für den Fall seines Todes treffen, um den Unberechenbarkeiten und der Unruhe, die immer wieder von Dresden und Warschau ausgegangen waren, ein Ende zu setzen? Der sächsische Kurprinz Friedrich August besaß offenbar weder die ausschweifende Phantasie noch die Fähigkeit seines Vaters, es schien durchaus möglich, ihn zu gewinnen, zudem aber würde kaum größere Gefahr von ihm drohen, wenn die Verbindung zwischen Sachsen und Polen ihr Ende fand. Deshalb war man ja schon um die Jahreswende 1731/32 in Wien auf den Gedanken gekommen, Vorsorge zu treffen, um beim Tode Augusts des Starken die Wahl des dem Kaiserhause eng verbundenen Infanten Emanuel von Portugal zum König von Polen zu erreichen. Löwenwolde, der damals zu den Beratungen zugezogen worden war, hatte zugestimmt und sich anheischig gemacht, die Zustimmung der Zarin herbeizuführen und dann gemeinsam mit Seckendorff mit dem preußischen König eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. In St. Petersburg war man einverstanden, und als Anfang September 1732 Löwenwolde von dort nach Deutschland zurückgekehrt war 222 ), wurden er, Seckendorff und Friedrich Wilhelm I. sich rasch über eine Punktation einig, die festsetzte, daß die drei Mächte im Erledigungsfall „mit zusammengesetzten Rat und Kräften" dem Infanten zu der polnischen Krone verhelfen, zu diesem Zweck ihre Gesandten in Warschau mit Geld versehen und, „um bedürfenden Falls den Ernst zu zeigen", Truppen bereithalten wollten, deren Zahl angegeben

382

Erfolge des Staatsmanns

war, daß ferner Kurland nach dem Tode des derzeitigen Herzogs dem zweiten Sohne des preußischen Königs zuzuwenden war, während endlich die Zarin sich noch verpflichtete, den Prinzen Anton Ulrich von Braunschweig-Bevern in ihre Dienste zu nehmen 223 ). All das entsprach wohl den Instruktionen, die Seckendorf! zu Beginn des Jahres erhalten hatte, Inhalt und Form der Punktation haben dann aber doch in Wien große Bedenken erregt, da sie Aktionen in Polen vorsah, die nicht nur dort wegen Verletzung der Wahlfreiheit große Entrüstung hervorrufen mußten, und bei der kurländischen Übertragung eine Sicherheit über ein Zurückweichen Friedrich Wilhelms in der bergischen Frage nicht gegeben war. Wir werden von der Wirkung der Auseinandersetzungen am Hof des Kaisers und in den von ihm berufenen Ministerkonferenzen über die Punktation und das Verhalten Seckendorfs auf die Verhältnisse am Kaiserhof und die Machtstellung des Prinzen noch in anderem Zusammenhang zu sprechen haben 224 ). War der Gesandte hier nicht in der Tat zu weit vorgeprescht? Wie schon bei dem dänischen Vertrag, so hat sich Eugen auch in diesem Fall veranlaßt gesehen, ihm eine Art Verweis zu geben: als guter Freund warne er ihn, „nicht so geschwind hinfüro in derlei von der größten Importanz seienden Sachen und noch weniger zu einiger Unterschrift mehr ohne vorläufige eingeholte allerhöchste Befehle mit jemand zu kommen" 225 ). Wenn Seckendorf! sich damit verteidigte, daß er die Unterschrift für nötig gehalten habe, um nicht bei dem König und Löwenwolde den Argwohn zu verstärken, „als ob Ihre kaiserliche Majestät die russische und preußische Freundschaft nicht mehr achteten, nachdem Dieselbe mit England und Holland das gute Einvernehmen hergestellt", so gab ihm der Prinz zwar nicht in dem bei ihm immer wieder durchbrechenden Mißtrauen gegen London, wohl aber in der Forderung weiteren engen Zusammengehens mit St. Petersburg und Berlin recht, und mit Nachdruck setzte er sich dafür ein, an dem Kern der Punktation festzuhalten 226 ). Entsprechend seinem Vorschlag, die auch von ihm nicht bestrittenen Fehler und Bedenklichkeiten des Vertrags durch einige „Abänderungen, Mäßigungen und Linderungen" zu beheben, wurde der damals zur Auswechslung der Ratifikationen des Bündnisses mit Dänemark und zum Abschluß der Ausführungskonvention in Kopenhagen sich aufhaltende Seckendorf! mit Instruktionen für neue Verhandlungen mit den preußischen Ministern

Tod Augusts des Starken

383

und Löwenwolde nach Berlin zurückbeordert227). Am 25. November 1732 war er wieder dort, wo er zu seiner und sicher auch des Prinzen großer Erleichterung die Partner bereit fand, ein neues Instrument zu entwerfen, das den kaiserlichen Einwänden Rechnung trug228). Aus dem Vertrag wurden alle Sätze, aus denen man auf eine Beeinträchtigung der Wahlfreiheit der Polen und der Rechte und Privilegien der kurländischen Stände schließen konnte, herausgenommen und die Absicht der Erhebung des Infanten und der Ausstattung des preußischen Prinzen in zwei geheime Separatartikel gebracht. In dieser veränderten Form haben die preußischen Minister Podewils und Thulemeyer das Schriftstück am 13. Dezember unterschrieben, während es Löwenwolde mit nach St. Petersburg nahm, von wo er Ende Januar 1733 die Zustimmung der Zarin meldete229). In Wien, wo man vor allem noch die erstrebte Regelung der bergischen Frage vermißte, war eine Entscheidung noch nicht gefallen, als nun doch schließlich überraschend und vorzeitig jenes Ereignis eintrat, um dessen Folgen die Überlegungen gegangen waren. Noch haben Äußerungen Augusts des Starken bei einem Treffen mit Grumbkow in Krossen vor Mitte Januar 1733 bei Friedrich Wilhelm die Hoffnung geweckt, daß man doch mit dem „Patron" selbst zu einer Versöhnung gelangen könne: „Wollte Gott nur, daß ich das Werkzeug davon wäre, wollte idi sehr viel darum geben, denn ich halte für Seiner Kaiserlichen Majestät größtes Interesse, daß Pfalz und Bayern die größte Stütze verlieren"230). Als er diese Sätze an Seckendorf schrieb, war indessen der Wettiner schon nicht mehr am Leben: am 1. Februar 1733 war er in Warschau gestorben. Wie oft hatte er in den verflossenen vier Jahrzehnten den Lebensweg Eugens im Guten und im Bösen gekreuzt. Achtung hat er ihm noch kurz vor seinem Tode bezeugt indem er, als man bei jener Krossener Zusammenkunft mit Grumbkow auf Nachrichten über eine Erkrankung des Savoyers zu sprechen kam, erklärte, es würde ein unersetzlicher Verlust für den Kaiser sein, wenn der Prinz ausfallen sollte, was man erst nach seinem Tode voll erkennen würde281). Nun war er selbst vor dem um sieben Jahre älteren Prinzen ins Grab gesunken, und in Wien mochte man aufatmen, daß man eines unruhigen und gefährlichen Nachbarn ledig geworden war. Wenn jene Abmachungen über seine Nachfolge in Polen auch noch keine Rechtskraft besaßen, so glaubte man doch auf ein Zusammengehen der drei beteiligten

384

Erfolge des Staatsmanns

Mächte bei der Wahl und damit auf eine Festigung und Erweiterung des eigenen Bündnissystems rechnen zu können. Über dem Norden Europas und dem Reich hat die Politik des Prinzen Eugen in diesen Jahren den Süden, den Mittelmeerraum, nicht vergessen. Hatte man es nicht verhindern können, daß die spanischen Bourbonen mit dem Regierungsantritt des Don Carlos in Parma und der Sicherung seiner Nachfolge in Toskana auf der Apenninhalbinsel wieder festen Fuß faßten, so hatte man dafür die Garantie der Seemächte auch für die italienischen Besitzungen des Hauses Österreich, also für Mailand, Neapel und Sizilien gewonnen. Schon vorher hatte Eugen im Rahmen seiner Geheimdiplomatie Anstalten getroffen, eine stärkere Front gegen bourbonische Machttendenzen durch Verständigung mit dem zum Königreich Sardinien gewordenen Savoyen aufzubauen 232 ). Dazu war ja schon 1726 Friedrich Harrach nach Turin gesandt worden, aber er hatte bei Victor Amadeus und seinen Ministern eine so wenig freundliche Aufnahme gefunden, daß er im August 1727 abberufen und ihm vorerst kein Nachfolger gegeben wurde. Ob der Prinz schon von dem bevorstehenden Thronwechsel in Sardinien etwas wußte, als er im Juni 1730 einem seiner engsten Vertrauten, dem selbst aus Piémont stammenden General Grafen Viktor Philippi, den Auftrag erteilte, wegen der Regelung des Nachlasses seines verstorbenen Neffen Emanuel sich an den Turiner Hof begeben?233) Jedenfalls wurde aus dem persönlichen Sachwalter sehr rasch ein Gesandter des Kaisers, als am 3. September 1730 König Victor Amadeus zu Gunsten seines Sohnes abdankte, der als Karl Emanuel III. die Macht in dem Staat übernahm. Der nunmehr entthronte Vetter hatte einst eine große Rolle in Eugens Leben gespielt, in seinen Anfängen hatte der Flüchtling bei ihm Unterstützung gefunden, politisch und militärisch hatten die beiden Savoyer lange Zeit zusammengewirkt, dodi dann war zwischen sie eine tiefe Entfremdung getreten. Jetzt, da der bei allen Fehlern bedeutende Fürst resignierte, ließ er dem Prinzen durch Philippi eine merkwürdige Botschaft zukommen: „Versichern Sie ihm, daß ich ihn immer geliebt und geachtet habe, sagen Sie ihm, daß ich ihn bitte, mich zu beklagen, wo ich zu beklagen bin, und mir Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, wo ich es verdiene; ich empfehle ihm meinen Sohn, und möge er sich erinnern, daß wir alle vom gleichen Blut sind" 234 ). Der Prinz aber sah nun die Zeit zu einer diplomatischen

Philippi in Turin

385

Offensive gekommen. Im Oktober wies er Philippi an, den jungen König vor den Bourbonen zu warnen: sie seien die gefährlichsten Feinde des Hauses Savoyen, während es bei dem Anschluß an den Kaiser gut fahren werde®35). Zur großen Befriedigung Eugens gewann Philippi im Laufe der nächsten Monate den Eindruck, daß Karl Emanuel und sein Minister Ormea dem Wiener Hof weit freundlicher gegenüberstanden als der alte König und dessen letzte Berater. Der junge Monarch ließ den Prinzen nicht nur seiner besonderen Zuneigung versichern, sondern auch sagen, daß er nichts ohne seine Billigung tun werde, und von Ormea wollte der Gesandte wissen, daß er seinen ganzen Einfluß für das Zustandekommen einer Union mit Habsburg einzusetzen bereit sei23·). Eugen beeilte sich darauf, diese Union als das einzige Mittel zu bezeichnen, das Frankreich und Spanien von gefährlichen Aktionen in Italien abhalten könnte, zugleich auch darauf hinzuweisen, daß, wenn es trotzdem zu einem Krieg kommen würde, sich für Sardinien die Aussicht auf den Gewinn von Parma und Piacenza böte. Nun gab es freilich noch aus der Zeit des Spanischen Erbfolgekrieges territoriale und sonstige Ansprüche und Streitigkeiten, die der Aufstellung eines Vertrages große Schwierigkeiten bereiten mußten. Doch wenn Philippi im Frühsommer 1731 ohne feste Abmachung nach Wien zurückkehrte, so war man dort auf Grund seines Berichts überzeugt, „daß der turinische Hof in gutem Prinzip dermalen sei". Dieser Mitteilung an den Mailänder Generalgouverneur Feldmarschall Daun fügte der Prinz hinzu, daß man bald einen neuen Gesandten nach Piémont senden werde, „um den König bei seiner wohlgesinnten Neigung zu erhalten, denn in der Zeit jetzt, wo das Haus Bourbon auch in Italien festen Fuß hat, beider Höfe nahes Interesse ist, sich enger als niemals gegen einen so gefährlichen Nachbarn zu vereinigen, annebst sich beiderseits in zulänglichem Defensionsstand jederzeit zu erhalten" 237 ). Philippi war bereits für diese neue Mission bestimmt 238 ), als alarmierende Nachrichten von Turin kamen. Anscheinend hatte Victor Amadeus versucht, sich wieder des Thrones zu bemächtigen, jedenfalls war es am 29. September 1731 zu seiner Festsetzung gekommen. Eugen hielt es durchaus für möglich, daß die Drahtzieher des gescheiterten Staatsstreichs in Paris saßen, ja daß sogar August der Starke seine Hand im Spiel hatte 239 ). Der ihm durch seinen Sekretär Koch übermittelten Meinung Philippis, daß man, um weiteren Um25 Braubach, Prinz Eugen

386

Erfolge des Staatsmanns

trieben vorzubeugen, den jungen König zu stützen und möglichst zu fester Verbindung mit Österreich zu bewegen, ihn schleunigst abfertigen sollte, stimmte er sofort zu, und so begab sich der General erneut nach Turin, diesmal mit dem Auftrag, einen gegenseitigen Garantievertrag zustandezubringen 240 ). Entwürfe dafür wurden in Wien ausgearbeitet und sowohl durch Philippi als audi durch den damals nach Turin zurückgerufenen sardinischen Gesandten am Kaiserhof Solaro di Breglio Karl Emanuel und Ormea unterbreitet 241 ). Die Hoffnungen auf eine rasche Einigung erfüllten sich indessen nicht. „Da dieser Vertrag", so begrenzte der Prinz die Verhandlungsvollmacht f ü r Philippi, „nur der beiderseitigen Sicherung gilt, wird man, solange der Frieden dauert, dem König keine reellen Vorteile ausmachen können, aber wenn es zum Krieg kommen sollte, wird man mit Vergnügen ihm alle möglichen Gewinne verschaffen" 242 ). Das aber genügte den Sardiniern offenbar nicht, und Eugen war zeitweise recht ungehalten, daß sie keine Eile zeigten, zum Abschluß zu gelangen 243 ). Doch wenn so auch das Jahr 1732 verging ohne daß der Turiner Hof auf Garantie der Pragmatischen Sanktion und Bündnis festgelegt wurde, so lauteten Philippis Berichte über Stimmung und Ziele des Königs weiter optimistisch: er habe die beste Absicht, sich mit Wien zusammenzuschließen, und beteuere dies mit Nachdruck, so versicherte der Gesandte in einem Schreiben an den Prinzen vom 22. November 173 2 244 ). Es sind nicht zum wenigsten die guten Beziehungen zu Sardinien gewesen, die dem Kaiser in jenen Jahren es erleichterten, im Mittelmeerraum eine militärische Aktion durchzuführen, die zum mindesten eine Demonstation von Ansehen und Macht des Reichsoberhauptes auch im Süden darstellte. Auf der zur Republik Genua gehörenden Insel Korsika waren Unruhen ausgebrochen, deren die Genuesen nicht H e r r zu werden vermochten 245 ). Ende April 1731 hatten sie den Kaiser um Hilfe gebeten, und er hatte sie in der Tat zugesagt, „um andurch in der Tat zu zeigen, daß jene sich in der geschöpften Hoffnung nicht irren, welche zu mir ihre Zuflucht nehmen und um meine Gnade und Beihilfe sich bewerben". Während der mit der Vorbereitung des Unternehmens betraute Feldmarschall Daun den Einsatz von zwölf Bataillonen f ü r nötig hielt, begnügte man sich auf Wunsch der Genuesen, die die Höhe der von ihnen zu tragenden Unterhaltskosten scheuten, mit noch nicht

Aktion in Korsika

387

der Hälfte, fünf Bataillonen in Stärke von je 700 Mann. Mit ihnen landete der Oberst Freiherr von Wachtendonk im August in Korsika, entsetzte das von den Rebellen belagerte Bastia und nahm San Fiorenzo. Es stellte sich indessen heraus, daß sie nicht ausreichten, um die Korsen zu unterwerfen. In Wien drang der Prinz auf ihre Verstärkung, um „die kaiserlichen Waffen keinem Risiko eines disreputierlichen Streichs auszusetzen"248), zugleich aber auf den Versudi einer Beilegung des Streits, für den nach Dauns von Anfang an geäußerter Meinung die falsche Behandlung der Bevölkerung durch Genua eine der Hauptursachen war. „Das Beste sonder Zweifel", so schrieb Eugen am 12. September an Wachtendonk, „wäre, wofern die Republik nach den bereits statuierten und ein und anderem etwa noch zu statuierendem Exempel die clémence vorwalten und die Leute teils durch Erteilung eines wohl gesicherten und iiiimitierten Generalpardons, teils mittels billigmäßiger Abstellung verschiedener, von den dasigen Einwohnern sehr hoch aus schreienden Beschwerden dieselben vollkommen zu beruhigen sich entschließen, andurdh die Gemüter wieder zu besänftigen und an sich zu ziehen suchte"247). Doch ein Ende Oktober vereinbarter Waffenstillstand wurde vom Senat in Genua verworfen, so daß gegen Ende des Jahres die Kämpfe wieder begannen und man sich zu einer Verstärkung der Streitmacht bis auf fast 12 000 Mann genötigt sah, über die im April 1732 der Feldzeugmeister Prinz Ludwig von Württemberg das Kommando übernahm. Nun brach der Widerstand rasch zusammen, bereits im Mai kam es zu einem Vergleich, durch den die Insel sich unterwarf, wobei von kaiserlicher Seite eine allgemeine Amnestie und Abstellung der korsischen Beschwerden durchgesetzt und garantiert wurde. Es gab noch manchen Ärger mit Genua, das sich über die Bestimmungen des Vertrags hinwegzusetzen suchte, und als im Juni 1733 die letzten österreichischen Truppen Korsika verließen, war von einer wirklichen Beruhigung auf der Insel keine Rede. Von korsischer Seite war einmal der Vorschlag gemacht worden, dem Habsburger oder, falls er ablehnte, dem Prinzen Eugen die Souveränität über das Land zu übertragen248), doch in Wien hat man in diesem Fall an keinen territorialen Erwerb gedacht. Man glaubte es als Erfolg buchen zu können, daß man durch das eigene Eingreifen Spanier und Franzosen, von deren Beteiligung an der Erhebung man überzeugt war, deutlich gewarnt und gerade auch durch 25*

388

Erfolge des Staatsmanns

den Nachdruck, mit dem man f ü r Milde und Reform eingetreten war, das kaiserliche Ansehen in Italien erhöht hatte. „Gegen Ende des Jahres 1732", so hat Bartenstein in einem 30 Jahre später niedergeschriebenen historischen Rückblick festgestellt, „schien das Erzhaus in größtem Flor und Aufnahme und des höchstseligsten Kaisers Ruhm und Glorie auf das höchste angestiegen zu sein". Das alte System der Vereinigung mit den Seemächten, so führte er dann aus, war mehr als je befestigt, das kaiserliche Ansehen im Reich so groß, daß man auf die Mehrheit der Stimmen am Reichstag im voraus rechnen konnte, von Seiten der mit dem Persischen Krieg beschäftigten Türkei war nichts zu fürchten, Schweden konnte nicht schaden, mit Dänemark stand man in Freundschaft und Bündnis, ebenso mit Rußland und Preußen, in Italien war weder von Spanien noch von Sardinien eine Ruhestörung zu erwarten 249 ). Ganz ähnlich hat sich um die Jahreswende 1732/33 der venezianische Gesandte in Wien, Daniel Bragadin, in seiner Finalrelation an die Signoria von San Marco geäußert: Seit Karl V., so meinte er, habe sich kein Fürst des Hauses Österreich einer so imposanten Machtstellung erfreut wie der derzeitige Kaiser. Er hat dabei zugleich Verdienst und Bedeutung des Prinzen Eugen rühmend hervorgehoben, dessen Tapferkeit und Feldherrnkunst ebenso weltbekannt seien wie sein Geist, seine Milde und die Rechtlichkeit seines Charakters, der als die Seele und das Haupttriebrad der Regierung angesehen werden müsse 250 ). War ihm nicht in der Tat die Errichtung des umfassenden Bündnissystems und damit eine so günstige Gestaltung der Lage, wie sie noch vor kurzer Zeit unvorstellbar gewesen wäre, zu danken? Wäre der Siebzigjährige damals aus dem Leben geschieden, so wäre er wohl nicht nur als einer der größten Feldherrn, sondern auch als einer der erfolgreichsten Staatsmänner in die Geschichte eingegangen. Doch das Schicksal hatte diesem so oft und so lange von den Strahlen des Glücks beleuchteten Leben einen wahrhaft tragischen Abschluß vorbehalten.

A N M E R K U N G E N Z U K A P I T E L 13 *) Portrait du Prince Eugène, 1. X I I . 1718, W, Κ 28/957 (Kopie ohne Angabe von Verfasser und Herkunftsort). 2 ) Karl VI. an Eugen, 21. X. 1716, W, SA, G K 90b, F E XVI, S. 371/72. 8 ) Vgl. HANTSCH, Schönborn, S. 228—238, F. PILSS, Die Beziehungen des kaiserlichen Hofes unter Karl VI. zu Rußland bis zum Nystädter Frieden (1711—1721), Wiener Dissertation 1949 (Maschinenschrift), S. 141—144. *) Vgl. jetzt R. WITTRAM, Peter I. Czar und Kaiser, Zur Geschichte Peters des Großen in seiner Zeit, II, 1964, S. 372—384,394—396, 592—595. 6 ) Karl VI. an Eugen, undatiert, W, SA, G K 90b; darin berichtete der Kaiser von dem Besuch des russischen Residenten, der sich beschwerte, daß man sich unwissend gestellt, während er n u n durch ausgesandte Kuriere den Zarewitsch in Ehrenberg entdeckt habe, „der dort von mir und frei ausgehalten werde"; er habe darauf einen Brief des Zaren übergeben und die Auslieferung des Prinzen verlangt, worauf der Kaiser nur geantwortet, daß er sich informieren wolle. In einem Postskript heißt es dann: „Heute habe ich erst die Expedition für die weitere Abreise des Zarewitsch bekommen, also erneut Euer Liebden Meinung, ob selbe fortzugeben oder bis auf weitere Deliberation aufzuhalten, erbitte." In einem Brief an Eugen vom 18. IX. 1717, F E X V I I , S. 433, unterrichtet der Kaiser den Prinzen von neuen Schritten des Zaren wegen des inzwischen nach Neapel gebrachten Zarewitsch, wobei er „einige starke termini" gebraucht habe; es komme nun darauf an, ob Alexei sich zur Rückkehr bereden lasse, „welches ich gar gern sehen würde, aber dabei klar zu bedeuten, daß, da sich der Prinz in meine Hand geworfen, ich nie zugeben würde, daß ihm Gewalt geschähe". «) Sparre an Eugen, Zweibrücken, 1. X I . 1717, W, SA, KA 287. Eugen an Sparre, 22. X I . 1717, W, SA, Β 32: «Pour ce qui est des intérêts du Roi de Suède et de la pacification des troubles du Nord, vous savez qu'il n'a pas tenu à S. M . I. qu'elles ne soient terminées il y a quelque temps. S. M . continue dans les mêmes sentiments et n'oublira de son côté pour y parvenir par une juste et équitable paix, il serait seulement à souhaiter que de tout côté on voulait y concourir. » ') Vortrag Eugens für den Kaiser, 19. V. 1717, W, SA, KPuR 50. ®) Saint-Saphorin an Robethon, 25. XI. 1716, J. G. DROYSEN, Die Wiener Allianz vom 5. I. 1719, Abhandlungen zur neueren Geschichte, 1876, S. 290. ") Karl VI. an Eugen, 30. VI., 25. VII. 1717, F E XVII, S. 400,406/07. 10 ) Karl VI. an Eugen, 18. IX. 1717, ebenda S. 433. " ) Karl VI. an Eugen, 25. IX. 1717, ebenda S. 438/39.

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 18—22

390 la

) Vgl. z u m Folgenden WEBER, Quadrupelallianz, BAUDRILLART I I ,

S. 258—302, MICHAEL I, S. 747—812. «) Vgl. über Saint-Saphorin (1668—1738) Bd. I, S. 420 (Anm. 19), für seine diplomatische Tätigkeit nach dem Spanischen Erbfolgekrieg vor allem Th. GEHLING, Ein europäischer Diplomat am Kaiserhof zu Wien, François Louis de Pesme, Seigneur de Saint-Saphorin, als englischer Resident am Wiener Hof von 1718—1727, Bonner Historische Forschungen 25, 1964. " ) Eugen an Kaiser Joseph, 24. VII., an den Hofkriegsrat, 2. X. 1705, FE VII, Suppl. S. 290, 412. 1δ ) Vgl. Bd. II, S. 314. Der kaiserliche Resident Heems berichtete am 2. VII. 1709 aus dem Haag nach Wien, W, SA, Holl 3, daß Saint-Saphorin angekommen und bei ihm gewesen sei, um ihn „von seiner Verrichtung am preußischen und hannoverschen Hof" zu unterrichten. LE

) MASSINI S . 17.

" ) Über Abraham Stanyan (1669—1732) vgl. Rep. I, S. 198, 204, II, S. 145, B. BUCHER, Abraham Stanyan 1705—1714, Die englische Diplomatie in der Schweiz zur Zeit des Spanischen Erbfolgekrieges, 1951, A. ZEERLEDER, Die politische und literarische Mission des englischen Gesandten Abraham Stanyan in der Schweiz 1705—1713, Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, 1942, D. B. HORN, British Diplomatie Representatives 1689—1789, Camden Third Series Vol. XLVI, 1932, S. 12, 32, 34, 146. " ) V g l . WEBER, Q u a d r u p e l a l l i a n z , S . 28, LÄTT S . 1 3 1 — 1 4 3 .

" ) Referat des Staatsreferendars Buoi, 9. I. 1717, W, SA, KPuR 50. V g l . F E X V I I I , S . 42, MICHAEL I , S . 7 7 8 — 7 8 2 , PRIBRAM I , S . 3 5 1 / 5 2 , BAUDRILLART I I , S . 2 7 0 / 7 1 , WEBER, Q u a d r u p e l a l l i a n z , S . 2 9 — 3 3 . ao

) E b e n d a S 3 5 / 3 6 . BAUDRILLART I I , S . 2 7 3 / 7 4 . A m 9. X . 1716 h a t t e

sich Eugen bei Saint-Saphorin für Mitteilungen über die englisch-französische Allianz bedankt, W, SA, Β 32, deren Zustandekommen er damals bezweifelte. al ) Vgl. A. TALLONE, Vittorio Amedeo II e la Quadruplice Alleanza, Studi su Vittorio Amedeo II, Biblioteca della Società Storica Subalpina 140, 1933, S. 195—198, BARAUDON S. 248—250. Danach hätte Eugen seinerseits in einem Brief Victor Amadeus vor einer Verbindung mit Spanien gewarnt und ihm die Vorteile, die ihm Österreich bieten könne, vorgestellt. Salvai, «un ancien maître d'hôtel du Marquis de Prié», sei mit Vorschlägen Perlas' nach Piémont gekommen. „Derweil ist schon längst der Salvai weg", heißt es in des Kaisers Brief an Eugen vom 18. IX. 1717, FE XVII, S. 436. aa ) Ebenda S. 407/08. Am Rand des Briefs hat der Prinz den Inhalt mit Bleistift zusammengefaßt: «Le Duc de Savoye fait des projets à nous par Salvai et un juif, plus ayant agents soi-même que par médiation d'Angleterre et Hollande. » Der Kaiser teilte ihm dann übrigens noch mit, daß der Großherzog von Toskana durch seinen Wiener Gesandten die Regelung seiner Nachfolge zugunsten des Herzogs von Modena angeregt habe, was er höchst nützlich finde, „da der Herzog von Modena ein mir allezeit ergebener Fürst und der Zweck dadurch erhalten wird, daß diese

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 22—25

391

Länder in keine verdächtigen oder gar feindlichen [Hände] fallen, auch dadurch ein mit der Zeit sonst daraus entstehender blutiger Krieg verhindert wird, denn ich nie zulassen könnte, daß diese Länder in andere mir nicht gefällige oder suspekte Hände fallen könnten" (Eugens Zusammenfassung am Rand: «Le Grand-Duc pour la succession en faveur de Modène, Stella m'en aura écrit, il attend ma réponse; que ces pays ne sont pas en mauvaises mains et qu'il pourra avoir quelque chose pour la maison»). 2 ») Eugen an den Kaiser, 12. XI. 1717, FE XVIII, Suppl. S. 18: der Ausschlag von Verhandlungen könnte wohl nicht so gut erhofft werden, „als selbiger vielleicht gewesen wäre, wenn man vor einigen Jahren die ziemlich favorablen Anjou'schen Propositionen hätte anhören mögen". M ) Eugen an Daun, 23. I. 1717, ebenda S. 5. ») Eugen an Löwenstein, 9., 13. VIII., an Daun, 20. VIII. 1717, ebenda S. 7—9. Eugen an Perlas-Rialp, 13. VIII. 1717, W, SA, Β 32: «Quoiqu'on doit croire qu'on ne voudra pas rompre ou altérer la neutralité d'Italie laquelle intéresse tant de puissances, il importe cependant d'être sur ses gardes... Je suis pourtant toujours de sentiment que l'armement d'Anjou regarde plutôt le Levant, comme un effet de la promotion d'Alberoni ou quelqu'autre vue, que l'attaque des pays de Sa Majesté. » M ) Eugen an Perlas-Rialp, 16., 20. VIII. 1717, ebenda. ") Karl VI. an Eugen, 25. VIII. 1717, FE XVIII, S. 357. Eugen an den Kaiser, 3. IX. 1717, FE XVII, Suppl. S. 152/53. " ) Vgl. F E X V I I I , S. 11—30, BENEDIKT, N e a p e l , S. 182—187.

") Karl VI. an Eugen, 18. IX. 1717, FE XVII, S. 433—436. Auch Victor Amadeus traute er nun nicht mehr: „Wegen Savoyen weiß ich nicht, ob er nicht unter der Hand mit dem Duc d'Anjou einverstanden ist, um etwa das Mailändische ihm zuzueignen, und glaube ich, daß er auch Sizilien dem Anjou zurückgibt, damit er ihm das Mailändische bekommen hilft. Mit einem Worte glaube ich, daß sich außer Modena auf keinen welschen Fürsten zu verlassen, glaube aber auch, daß es Savoyen zu arg, die Maske abzuziehen, bis er nicht sieht, daß er es mit Sicherheit tun kann." ,0 ) Eugen an Sinzendorf, 17. IX. 1717 (eigenhändig in Französisch), W, SA, KA 287. Eugen an Perlas-Rialp, 17. IX. 1717 (in Französisch), W, SA, Β 32. Vgl. auch Eugen an Daun, 17. IX., an den Botschafter in Rom Gallas, 17. IX. 1717, FE XVIII, Suppl. S. 9—11. 81 ) Eugen an den Agenten Koch, 20. IX. 1717, ebenda S. 10. Eugen an den Hofkriegsrat, 20. IX. 1711, ebenda S. 11 : so muß bekennen, daß wir wohl recht unglückselig wären, wenn derlei 5—6000 Anjouiner Sardinien, Neapel und endlich Mailand miteinander wegzunehmen imstande sein sollen." ") Eugen an Perlas-Rialp, 24. IX. 1717, W, SA, Β 32. Vgl. auch sein Schreiben an den Hofkriegsrat aus dem Lager bei Semlin, 20. IX. 1717, FE XVIII, Suppl. S. 12: „Ich habe vermeint, in der Zeit als das Guberno über den mailändischen Staat verwaltet, es dahin zu bringen, womit doch die festen Plätze nach Notdurft mit den Erfordernissen

392

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 25—30

versehen und besorgt werden möchten; gleichwie aber das Glück nicht gehabt, es ungeachtet all angewendeter Mühe bewirken zu können, also zweifelt mir nicht, daß auch der dermalige Herr Gubernator Fürst von Löwenstein als auch der Herr Vicekönig Graf von Daun hierunter nicht geringere Diffikultäten finden und zu reüssieren unvermögend sein werden, solange die Sachen keinen anderen Gang nehmen mögen, welches I. Κ. M. in der Konferenz selbst pflichtgemäß anzuzeigen gar kein Abscheu trage." ss ) Eugen an den Kaiser, 12. X I . 1717, F E X V I I I , Suppl. S. 13—27. M ) Eugen an Daun, 14.1., an den Kaiser, 24.1.1718, ebenda S. 29—31. ») Ebenda S. 31. 3e ) Eugen an den Kaiser, 5. I I I . 1718, mit Resolution des Kaisers, ebenda S. 31—33. *') Eugen an den Feldmarschall-Leutnant Graf Wallis, 7. V. 1718, ebenda S. 34. Vgl. F E X V I I I , S. 64—66. S8 ) Vgl. W E B E R , Quadrupelallianz, S. 55—77, PRIBRAM I, S. 352—359. s ') Eugen an Prié, 4., 8. X I I . 1717 («Je dois vous dire que la souveraine volonté est de terminer le mieux que faire se peut pour le bien de son service le traité de Barrière, et si la condition de sûreté demandée par les États Généraux en dernier lieu ne saurait être meilleurée que vous l'acceptiez en ce cas aussi et finissiez par la levée de cet accroc une affaire dont la termination importe dans les circonstances où l'on se trouve»), 15. I. 1718 («Sa Majesté veut absolument voir la fin d'une affaire dont les longueurs causent du préjudice à ses intérêts »), W, SA, Β 32, 33. Vgl. ν. SRBIK, Niederlande, I, S. 532—551. 40 ) Referat des Staatssekretärs Buoi, o. D., W, SA, K P u R 50. Siehe auch das Referat vom 11. I. 1718 über eine Konferenzsitzung vom 31. X I I . 1717, in der man sich scharf gegen die ersten durch Pendterriedter übermittelten englisch-französischen Forderungen aussprach, trotzdem aber im Hinblick auf den drohenden Einfall der Spanier in Italien, die Unzuverlässigkeit Frankreichs und Hollands, die russisch-schwedischen Vergleichsverhandlungen und die Unsicherheit über die Beendigung des Türkenkrieges sich für weitere Besprechungen mit den Engländern entschied: W E B E R , Quadrupelallianz, S. 55—57, PRIBRAM I, S. 355, B A U DRILLART I I , S . 2 9 3 — 2 9 5 . 41

) WEBER, Q u a d r u p e l a l l i a n z , S . 59.

" ) V g l . BOURGEOIS I , S . 3 0 7 / 0 8 .

" ) Schaub an Stair, 23. III., Saint-Saphorin an Robethon, 26. III., an Stanhope, 26. I I I . 1718, L 80/36, du Bourg an Huxelles, 16. III. 1718, P, Autr 127. Hamel Bruynincx an Fagel, 2. IV. 1718, W G II, S. 706/07. Vgl. BARAUDON S. 2 4 4 — 2 6 4 .

" ) In den Berichten der Diplomaten und bei BARAUDON erscheint der savoyische Emissär unter dem Namen Dussol oder d'Ussol, sein Bruder als Graf du Bras. Es handelt sich um Odoardo Conte di Ussolo, vgl. T A L L O N E (siehe oben Anm. 21), S. 217—220. du Bourg an Huxelles, 2., 5., 27. IV., Bericht Stiernhöök-Pastors, 6. IV. 1718, P, Autr 127. Bericht Saint-Saphorins, 13. IV. 1718, ebenda 131: «Starhemberg nous a servi à merveille dans cette affaire, et il est

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 30—34

393

également sûr que le Prince Eugène a parlé à l'Empereur contre les propositions des Savoyards, comme il est certain que dans son âme il aurait souhaité qu'elles eussent réussi, pourvu qu'il y eût opéré en rien. » Bericht Saint-Saphorins und Schaubs, 22. V. 1718, L 80/36, unter Berufung auf Mitteilungen Starhembergs: « . . . quoique le Prince Eugène lui en ait parlé comme d'une chose en tout sens dangereuse à l'Empereur et qui ne devrait jamais se faire, il ne laisse pas de soupçonner que ce Prince y travaille sous main avec ardeur et que c'est même lui qui y entraîne Sinzendorf. » Noch am 1. VI. 1718 meinte Stiernhöök-Pastor, Ρ, Autr 128, daß die savoyische Intrige auf Grund des Einflusses Eugens zunächst Aussicht auf Erfolg gehabt habe: «On ajoute que le Prince Eugène est dans un grand chagrin de n'avoir pas pu réussir dans cette affaire qu'il a pris à cœur. » Vgl. das Urteil von BARAUDON S. 252, wonach der Prinz zwischen den Parteien geschwankt habe, mit seiner Meinung aber nicht hervortreten wollte, obwohl er den Erfolg der Verhandlung gewünscht und sie in ihren Anfängen gefördert hätte. " ) Eugen an den Kaiser, 15. VII. 1718, FE XVIII, Suppl. S. 35. Über die bereits eingeleiteten Maßnahmen Bericht an den Kaiser vom gleichen Tage ebenda S. 36/37 und FE XVII, Suppl. S. 265/66. «) Eugen an Daun, 22. VII. 1718, FE XVIII, Suppl. S. 37/38, an Perlas-Rialp, 25. VII. 1718, W, SA, Β 15—17. « ) V g l . F E X V I I I , S . 3 1 — 4 0 , BENEDIKT, N e a p e l , S . 1 8 8 — 1 9 0 .

«) Karl VI. an Eugen, 28. VII. 1718, W, SA, GK 90b. 50 ) Ein Jahrfünft später hat der Prinz in einer Konferenz vom 3. I. 1724 daran erinnert, mit welchem Widerwillen der Kaiser der Quadrupelallianz beigetreten sei. Vgl. MECENSEFFY S. 11. 51 ) Bericht Saint-Saphorins und Schaubs, 22. V. 1718, L 80/36. Vgl. PRIBRAM I , S . 3 5 8 / 5 9 . M

) Abdruck ebenda S. 359—384. ) Eugen an Sinzendorf, 17. IX. 1717 (eigenhändig), W, SA, KA 287. M ) Pendterriedter an Eugen, London, 19. IV. 1718, ARNETH, Eugen, III, S. 507: man erkenne, so heißt es weiter, „Dero Großmütigkeit umsomehr, als verschiedene Umstände E. D. billig hätten zurückhalten können" — wohl eine Anspielung auf die savoyischen Angebote. K ) Saint-Saphorin an Lord Stair (englischer Botschafter in Paris), 10. V. 1718, P, Autr 131. 5e ) Eugen an Schönborn, Grocka, 8. VII. 1718, W, ASchön: „Es steht zu hoffen, es werde die nunmehr in das Mediterraneum abgesegelte englische Flotte und das anscheinende allhiesige Friedenswerk sowohl die in Italien als im Römischen Reich immer mehr hervorbrechenden Gefährlichkeiten in etwa vorbiegen und abändern." Eugen an Ferdinand Albrecht von Bevern, 28. IX. 1718, W, SA, Β 33. Eugen an Daun, 28. IX. 1718, an Byng, 6. V. 1720, FE XVIII, Suppl. S. 38, 142. " ) Eugen an Pendterriedter, 1. IV. 1719, ebenda S. 62, an Prié, 1., 19. IV. 1719, W, SA, Β 34, an Cadogan, 1. IV. 1719, ebenda: «L'Empereur toujours attentif aux intérêts de ses alliés particulièrement ceux de Sa Majesté de la Grande-Bretagne étroitement unis avec les siens . . . » 63

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 34—44

394 ")

V g l . BOURGEOIS I , S . 2 9 4 , BRAUBACH, G U A , S . 2 9 6 — 2 9 8 ,

VuW

S . 1 3 6 / 3 7 , BENEDIKT, B o n n e v a l , S . 3 6 .

"·) Bonneval an Dubois, 12. X., Dubois an Bonneval, 28. X., Dubois an Eugen, 28. X . 1718, P, Autr 129. i0 ) Bonneval an Dubois, 16. XI. 1718, Ρ, Autr 132. β1 ) Bonneval an Dubois, 1. II. 1719, P, Autr 133. ®2) Bonneval an Dubois mit Brief Eugens an Dubois, 4. I I I . 1719, ebenda, Eugens Brief abgedruckt bei BRAUBACH, GuA, S. 298. " ) Eugen an Prié, 8. I I . 1719, W, SA, Β 34. Es handelte sich u m den als Vertreter Spaniens und Parmas in Holland befindlichen Beretti-Landi, R e p . I I , S . 2 6 9 , 3 9 0 . V g l . BAUDRILLART I I , S . 2 7 1 / 7 2 , 2 8 4 , 2 8 6 , 3 0 4 / 0 5 . M

) Bericht du Bourgs, 18. I I I . 1718, P, Autr 133.

•6) V g l . HAINTZ I I I , S . 2 8 8 — 3 1 0 .

··) Eugen an Friedrich von Hessen-Kassel, 8. IV. 1719, W, SA, B. ARNETH, E u g e n , I I I , S . 5 0 7 .

" ) J. G. DROYSEN, Die Wiener Allianz vom 5. I. 1719, Abhandlungen zur neueren Geschichte, 1876, S. 299. Vgl. jetzt auch WITTRAM (S. O. Anm. 4), II, S. 406—410. •8) Ü b e r

Flemming

(1667—1728)

vgl. N D B

V,

S. 239/40,

HAAKE

S. 1 1 9 — 1 2 2 u n d Sächsische L e b e n s b i l d e r I I , 1938, S. 149—160. «») V g l . DROYSEN a . a . O . S . 2 8 5 — 3 0 5 , H A I N T Z I I I , S . 2 2 6 / 2 7 , BRRR-

NER, Staatsverträge, I, S. 136. ,0 ) Nach dem Bericht Stiernhöök-Pastors nach Paris vom 31. X I I . 1718, P, Autr 129, wäre Sinzendorf der eigentliche Unterhändler gewesen, während Eugen, Starhemberg und Schönborn dem schon vor 2 Monaten aufgestellten Projekt zugestimmt und Schlicks Zuziehung eine Verzögerung verursacht hätte. n ) Flemming an Eugen, Dresden, 2. II. 1719, W, SA, G K 85b. N

) DROYSEN a . a . O . S . 3 0 0 .

™) Bonneval an Dubois, 29. XI. 1718, P, Autr 129. " ) V g l . BRAUBACH, G u A . S . 2 1 8 — 2 7 4 .

" ) Vgl. Klements Korrespondenzen aus dieser Zeit bei FIEDLER, Aktenstücke, II. ">) Vgl. Bd. I I I , S. 400 (Anm. 268). " ) Vgl. Bd. I I I , S. 186/87. 78 ) Eugen an Vetes, 11. IX. 1716, 26.1., 16. III., 13., 27. IV., 8. VIII., 7. IX. 1718, W, SA, Β 32, 33. " ) Eugen an Klement, 11. IX. 1716, ebenda 32. 80 ) Äußerungen Eugens zu dem preußischen Minister Knyphausen und in einem Schreiben nach Berlin XI., X I I . 1718, DROYSEN IV, 2, S. 241,246, ferner zu Flemming nach K. v. WEBER, Aus vier Jahrhunderten, I, 1857, S. 172: «C'était un homme adroit et que c'était dommage qu'il se fût tourné en mal. » M ) Bericht Stiernhöök-Pastors nach Paris, 19. I. 1719, P, Autr 135. 82 ) Bericht Rossis, 8. V i l i . 1717, P, PB 75. ω ) Bericht Rossis, 7. IX. 1717, ebenda, angebliches Schreiben Eugens, P, Autr 124, Denkschrift Klements, Brüssel, 30. VIII., und Denkschrift über den Wiener Hof, 5. IX. 1717, ebenda 125, 126.

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 45—53

395

M

) Weisung an Rossi, 25. IX. 1717, Ρ, PB 76. " ) Bericht Rossis, 29. IX. 1717, mit angeblichem Brief Eugens, P, PB 76, französische Übersetzung des letzteren in P, Autr 125. Über Eugens Sekretär Mandacher siehe Bd. V. Er muß wirklich in Verbindung mit Klement gestanden haben, da der Prinz, nach v. WEBER a. a. O. S. 225, später erklärte, er habe seinem Sekretär in Brüssel einen scharfen Verweis „wegen des commerciums mit Klement" gegeben. 8i ) Berichte Rossis, 22., 27. X . 1717, Klement an Rossi, Frankfurt, 12., München, 27. X., 4., 7. X I I . 1717, P, PB 76, Klement an Rossi, Wien, 22. X I I . 1717, P, Autr 126, Wien, 29. X I I . 1717, P. PB 76, KoblenzKassel, 15. I. 1718, ebenda 78, Berichte Rossis, 4., 22. II., 22., 25. III., 12. IV. 1718 mit Briefen Klements aus Dresden, 23., 26. I., 9. II., 9., 12. III., 2., 6. IV. 1718, P, PB 78. ·') Huxelles an Rossi, 24. I., 15. IV. 1718, P, PB 77. 88 ) Berichte Havards, Berlin, 27. IX., 1. X. 1718, Weisung an Havard, 24. X. 1718, P, Prusse 61. 89 ) Bericht Stiernhöök-Pastors nach Paris, 14. I. 1719, P, Autr 135. ,0 ) Vgl. zum folgenden die eingehendere Darstellung bei BRAUBACH, GuA, S. 259—274, und die dort angegebene Literatur, dazu noch deren Zusammenfassung bei F. V. OPPELN-BRONIKOWSKI, Abenteurer am Preußischen Hofe 1700—1800, 1927, S. 46—70. Dazu die Berichte Havards aus Berlin, P, Prusse 61, du Bourgs aus Wien, 24. X I I . 1718, P, Autr 129, Stiernhöök-Pastors aus Wien, 14. I. 1719, ebenda 135. M ) Nach v. WEBER a. a. O. S. 174—176 übergab er Flemming eine «Pièce pour faire connaître la Cour de Vienne dans la situation présente » und «Sentiments du Prince Eugène sur la situation des affaires de Sa Majesté Impériale». " ) Zur außerordentlichen Mission des Freiherrn Friedrich Ernst von I n n - und Knyphausen zur „Wiederherstellung guten Einvernehmens" (23.

bis

IX.

b i s 2. X I I .

1718)

Rep.

II,

S. 292,

DROYSEN

IV,

2,

S.

236

238. M

) Das Gespräch fand am 15. X. 1718 statt. " ) Eugen an Vetes, 12. XI., 10. X I I . 1718, W, SA, Β 33. •5) Berichte Havards, 3., 6., 13., 20., 27. X I I . 1718, 3., 7., 14. I. 1719, P, Prusse 61. · · ) DROYSEN I V , 2, S . 2 4 1 — 2 4 7 .

·') Bericht Flemmings an August den Starken, 19. X I I . 1718, v. WEBER a. a. O . S. 214/15: «Mort Dieu,'ajouta le Prince, je ne suis pas Roi, mais, ma foi, il n'y en a point à qui je le cède en noblesse de sentiment, d'honneur. Je ne suis pas homme à agir autrement qu'à la tête d'une armée par ordre de l'Empereur. » ββ ) Eugen an HohendorfF, 21. X I I . 1718, W, SA, Β 33: « . . . vous instruira amplement de ce que l'on m'accuse à la Cour de Berlin par les intrigues de Klément qui vous est connu . . .; . . . en secret pour votre préalable connaissance jusqu'à ce que j'ai informé S. M . I. et reçu ses ordres sur le voyage qu'on exige de vous pour ma justification. » ·') Eugen an Friedrich Wilhelm I., 28. X I I . 1718, hier nach einer Kopie, die der Prinz zur Unterrichtung des französischen Regenten mit

396

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 53—58

einem Begleitschreiben vom 31. XII. 1718 an den Botschafter in Paris Graf Königsegg sandte, W, SA, GK 40. 10 °) Vossius an Eugen, Berlin, 18. IV. 1719, W, SA, GK 149. 101

) v. SEYDEWITZ S . 6 4 .

102

) Bericht du Bourgs, 24. XII. 1718, a. a. O.: «Jugez de la colère, où est le Prince Eugène d'une imposture aussi ingénieuse qu'elle est opposée au caractère de ce Prince, à sa naissance et aux intérêts même de l'Empereur. » 10S ) du Bourg an Dubois, 24. VII. 1718, Ρ, Autr 128 u. Suppl. 8. 1M ) Undatiertes Billet Karls an Eugen, W, SA, GK 90b. 105 ) Eugen an Prié, 24. VIII. 1718, W, SA, Β 33, an Ferdinand Albrecht von Braunschweig-Bevern, 28. IX. 1718, ebenda. Noch am 5. Χ. 1718 schreibt er an Passionei, W, SA, Β 33: «J'ai été incommodé d'un accès de fièvre. » loe ) Eugen an den Kaiser, 27. II. 1719, ähnlich schon an Daun, 24. XII. 1718, FE XVIII, Suppl. S. 59, 46. 107 ) Eugen an Daun, 1. II. 1719, ebenda S. 53. 10β ) Karl VI. an Eugen, 2. VI. 1718, W, SA, GK 90b. Vgl. auch Saint-Saphorin an Stanhope, 14. I. 1719, L 80/36: sicher wäre Starhemberg der beste, aber der Kaiser, dessen Favoriten und die Gräfin Batthyány seien gegen ihn, so daß Eugen ihn nicht vorgeschlagen habe. loe ) Über den Marquis Hannibal Visconti (F 1750) vgl. Graf THÜRHEIM, T r a u n , S . 2 8 4 / 8 5 . 110 ) Über Johann Hieronymus Freiherrn Zumjungen (1660—1732) ebenda S. 20, ARNETH, Eugen, III, S. 12/13. m ) Eugen an Daun, 15. VIII. 1718, FE XVIII, Suppl. S. 39. u «) Saint-Saphorin an Stanhope, 14. I. 1719, L 80/36: Mercy habe zunächst solche Bedingungen gestellt, daß man die Verhandlungen mit ihm abgebrc;hen habe. Vgl. FE XVIII, S. 144/45. lla ) Darauf nimmt ein undatiertes Billet des Kaisers an Eugen, W, SA, GK 90b, Bezug: „Die verlangten Rollen für Mailand habe ich nicht heute früh unterschrieben, weil sich zugleich der St. Thomas bei mir um eine Audienz angemeldet, und da er in selber erklärt, daß der Herzog dem Traktat akzediert und selben in England zu unterschreiben befohlen habe, so habe nötig befunden, die Expedition zurückzuhalten. Habe auch geglaubt, der Hofkanzler (der just bei mir war) wird Euer Liebden schon von dieser Neuigkeit berichtet haben."

NI) BITTNER, S t a a t s v e r t r ä g e , I , S . 134, 136. V g l . BARAUDON S . 321.

Eugen an den Kaiser, 13. XII. 1718, 4. II. 1719, FE XVIII, Suppl. S. 43/44, 54: In dem letzten Schreiben bittet der Prinz angesichts der noch immer sich ergebenden Schwierigkeiten mit den Vertretern des Königs von Sardinien in Sizilien, Sinzendorf Befehl zu geben, mit San Tommaso „dieses schon so lang dauernde Werk dermaleinst also sicher und verläßlich zu stellen, damit kein weiterer Aufschub mehr geschehe, sondern nach den abgesendeten Traktaten das Königreich Sizilien mit den festen Plätzen, so noch im sardinischen Besitz seien, eingeräumt und übergeben werden möge".

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 58—65

397

115 ) Vgl. f ü r den Kampf um Sizilien F E X V I I I , S. 93—239, T H Ü R HEIM, Traun, S. 19—30, BENEDIKT, Neapel, S. 190—198. Siehe auch die ironische Schilderung bei MÉRODE-WESTERLOO II, S. 241/42. lle ) Saint-Saphorin an Stanhope, 9. V I I I . 1719, L 80/39. " ' ) Eugen an Wetzel, 2. X I . 1718, F E X V I I I , Suppl. S. 39/40. 118 ) Eugen an Daun, 7., 24., 28. X I I . 1718, ebenda S. 42/43, 46—50. n ») Eugen an Seckendorf^ 8. IV. 1719, ebenda S. 62. 120 ) Eugen an Mercy, 3. VI. 1719, ebenda S. 67/68: «Je souhaite un heureux débarquement et réussite de vos entreprises, dont je suis impatient d'apprendre bientôt quelque bonne nouvelle. » m ) Eugen an Mercy, 1. VII. 1719, ebenda S. 70. 122 ) Bericht Mercys, 14. VII. 1719, ARNETH, Eugen, I I I , S. 508. 123 ) Eugen an Mercy, 11. V i l i . 1719, F E X V I I I , Suppl. S. 74. 1M ) du Bourg an Dubois, 25. I I I . 1719, P, Autr 133. Saint-Saphorin an Stanhope, 15. I I I . 1719, L 80/36. 125 ) Eugen an Mercy, 28. V I I . 1719, F E X V I I I , Suppl. S. 73. 12e ) Vgl. zum folgenden BRAUBACH, G U A , S. 305—308, BENEDIKT, Bonneval, S. 36—39. 12 ') Eugen an Bonneval, 16., 23. V I I I , 6., 7. IX. 1718, F E X V I I I , Suppl. S. 75 , 78/79, 84—86. In dem Zwist mit dem Generalgouverneur Colloredo scheint Eugen übrigens eher Bonneval recht gegeben zu haben; siehe sein Schreiben an Colloredo, 5. X. 1719, ebenda S. 182: „ N u n auf die Beschwerden zu kommen, welche F M L . Bonneval einzuschicken mehrmals veranlaßt hat, wäre wohl zu wünschen gewesen, wenn solche abgehindert und die Vorfallenheiten des Dienstes mit Zulegung und Beobachtung der Gebühr hätten vollzogen und verrichtet werden können." 12S ) Eugen an den Kaiser, 3. XI., an Bonneval, 8. XI. 1719, 3. 1.1720, ebenda S. 101—103, 118/19. 12 ») Eugen an Mercy, 18. I., 14. II. 1720, ebenda S. 123, 126/27. 1S0 ) Vgl. zum folgenden PRIBRAM I, S. 400—418. LAL

) BITTNER, S t a a t s v e r t r ä g e , I , S . 138/39. Vgl. BAUDRILLART I I , S.

395—402. 132 ) Saint-Saphorin an Stanhope, 18. II. 1719, L 80/38. 133 ) Saint-Saphorin an Townshend, Relation secrète de la Cour de Vienne, expédiée par un courier, 6. VI. 1721, SS. IM ) Eugen an den Kaiser, 28. X. 1720, F E X V I I I , Suppl. S. 184. 186 ) Vgl. STORIA DI M I L A N O X I I , S . 127, 132. Karl VI. an Eugen, 2. I. 1719, W, SA, G K 9 0 b : der Kaiser teilt darin den T o d Löwensteins mit, „welcher mir um so betrüblicher, als mit seiner Aufführung sehr zufrieden und absonderlich jetzt höchst schädlich, das Herzogtum Mailand ohne wirkliches Governo auch nur wenige Zeit zu sehen", weshalb er den Prinzen ebenso wie alle übrigen Minister „der welschen Konferenz" aufforderte, ohne Zeitverlust „drei Subjecta" vorzuschlagen. 18e ) Saint-Saphorin an Stanhope, 4. II. 1719, L 80/38: «Comme le Prince Eugène n'avait embrassé Königsegg qu'en second s'étant engagé au Comte de Daun de lui procurer le gouvernement de Milan, et que Sinzendorf était entièrement pour Königsegg, faute que les Ministres

398

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 65—71

Allemands aient sû s'entendre entre eux et agir de concert, les Espagnols l'ont procuré à un homme sans expérience et qui même n'est pas né sujet de l'Empereur, car Colloredo est vénitien de naissance et n'a des biens dans les pays de l'Empereur que par un héritage. » 1S7 ) Vgl. BENEDIKT, Neapel, S. 202, 273. Relation secrète Saint-Saphorins, 5. VI. 1721, SS. 188 ) du Bourg an Dubois, 29. X. 1718, 9. V I I I . 1719, P, Autr 129,134. »») Eugen an den Kaiser, 2. ( ?) I., 9. VI. 1719, F E X V I I I , Suppl. S. 50/51, 69. Vgl. ARNETH, Eugen, I I I , S. 15/16. "") Vgl. BENEDIKT, Neapel, S . 2 0 6 — 2 0 9 . 1U ) Berichte Mercys an Eugen, 29. V I I I . , 14. IX. 1719, ARNETH I I I , S. 509, Eugen an Mercy, 14. X. 1719, F E X V I I I , Suppl. S. 96. Auch die schon Anfang 1719 erfolgte Besetzung des Postens des Vizekönigs von Sizilien mit dem Herzog von Monteleone aus der Familie Pignatelli war kaum nach dem Wunsche Eugens. Vgl. über Monteleone das Urteil Mercys in einem Schreiben an den Prinzen vom 19. VI. 1720, A R N E T H , Eugen, I I I , S. 510: «Le Viceroi est u n bon vieux Seigneur mal gouverné, obsédé par quatre ou cinq Espagnols, qui lui mêlent toute sorte de choses en tête, la parenté qu'il a ici cherche de profiter de son règne, son âge lui ôte la vivacité du jugement aussi bien que la mémoire. » Siehe auch ebenda S. 13, 26, 310, BENEDIKT, Neapel, S. 199/200. Saint-Saphorin hat in seinen Berichten die drei Vizekönige Colloredo, Schrattenbach und Monteleone als «des imbéciles» bezeichnet. 142

) Vgl. oben S. 13. ) Vgl. HANTSCH, Relationen, S. 632, 634/35. "*) Saint-Saphorin, Relation de la situation interne de la Cour de Vienne, 12. IX. 1719, L 80/39: «Il [le Prince Eugène] est attaché à son devoir d'une manière qui ne peut pas être assez estimé. » 14δ ) Saint-Saphorin an Stanhope, 3. IV. 1720, L 80/40: «Il est vrai que, si le Prince est le plus modéré de tous dans le Conseil, il est en échange le plus négatif dans les conversations particulières. » Siehe auch Saint-Saphorin, Relation sur l'Interne de la Cour Impériale, 10. II. 1720, ebenda: «Certainement il [le Prince Eugène] a bien du grand. Je ne parle pas de ses actions militaires, car elles sont connues, mais ses principes sont presque toujours justes et équitables. Et quoique les réponses qu'il fait à presque tous les Ministres étrangers ne leur donnent pas lieu de le croire, je suis persuadé qu'aucun Ministre de l'Empereur n'a des principes plus modérés que lui. Et il est attaché scrupuleusement à son devoir, sans qu'aucune considération dans ce qui le regarde puisse l'en détourner en aucune manière. » " · ) Mémoire sur la Cour de Vienne, 25. I I I . 1719, Ρ, Autr 133. U7 ) REDLICH, Tagebücher. Von seinen Briefen sind, wie wir sahen, viele an Eugen erhalten, W, SA, G K 90 b ; über die gleichfalls erhaltenen Schreiben an Bartenstein vgl. HRAZKY. Zur Beurteilung Karls in den großen Relationen Saint-Saphorins vgl. HANTSCH, Relationen, S. 627. 118 ) Relation Saint-Saphorins, 12. IX. 1719, L 80/39. "») Saint-Saphorin an Stanhope, 7. V. 1719, L 80/38. du Bourg an Dubois, 7. VI. 1719, P, Autr 134. Vgl. ARNETH, Eugen, I I I , S. 37—41. lö

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 72—73

399

15 ° ) F E L L N E R - K B E T S C H M A Y R I, 1 , S. 1 2 7 — 1 3 4 , 2 8 6 . Siehe auch die Relation Saint-Saphorins vom 12. IX. 1719, nach der Walsegg, «un imbécile », nur dem Namen nach Präsident sei und Mikosch, eine Kreatur des Favoriten, die Kammer regiere, obwohl er «un génie très médiocre» sei und nur wenig Erfahrung besitze ; übrigens behauptete der Schweizer, daß der Kaiser ohne den Kredit der Stadtbank die Kriege gegen die Pforte und in Italien finanziell nicht durchgestanden hätte.

151 ) Vgl. das Gutachten Sinzendorfs, das Handschreiben des Kaisers und weitere Aktenstücke über die dann am 26. I I I . 1720 in Kraft gesetzte neue Ordnung der Hofkanzlei bei F E L L N E R - K R E T S C H M A Y R I, 3, S. 347 bis 397, dazu Bericht Saint-Saphorins an Stanhope, 3. IV. 1720, L 80/40. In seiner Relation vom 12. IX. 1719 weist Saint-Saphorin noch darauf hin, daß wie Stürgk neben Sinzendorf, so in der böhmischen Kanzlei Graf Kolowrat neben Schlick gesetzt worden sei: «Ainsi voilà l'interne des pays, qui est absolument gouverné par l'influence du Comte d'Althann. » 1M ) In der Relation vom 12. IX. 1719 tadelt Saint-Saphorin Sinzendorf, «qu'il s'est cru dans la nécessité de s'humilier devant ces gens». In seinem Bericht vom 3. IV. 1720 begrüßt er dann das «arrangement» in der Hofkanzlei, wonach Sinzendorf wenigstens die gesamte Außenpolitik behielt und seine Bezüge auf 45 000 Gulden erhöht wurden, denn bevor darüber die Entscheidung gefallen war, «il avait des ménagements pour tout le monde et n'osait prendre son parti sur rien. » 15s ) Vgl. Rep. II, S. 60/61, wonach Königsegg sich am 16. V I I . 1719 in Paris verabschiedete und Pendterriedter am 8. X I . 1719 seine Beglaubigung als Botschafter überreichte. Saint-Saphorin an Stanhope, 7. V. 1719, L 80/38: «Le pauvre Comte Königsegg va être réduit à être GrandMaître de l'Archiduchesse qui se marie à Saxe, poste, qui, sans être en aucune manière lucratif, sera rempli de mille épines et difficultés . . . Je ne sais pas comment Pendterriedter s'y est pris ; mais je sais qu'il est fort avant dans la faveur du Comte d'Althann, si bien même qu'il l'avait proposé pour l'Ambassade de Constantinople, et l'on soupçonne que le Comte d'Althann le soutient dans le dessein de l'attacher, pour se servir de lui dans les affaires étrangères, lorsqu'il voudra s'en mêler. » Über Pendterriedters Berufung nach Paris du Bourg an Dubois, 16., 27. V I I I . 1719, P, Autr 134: danach hätte der Kaiser, bei dem er in besonderer Gunst stand, ihn zu Vorträgen über die Außenpolitik verwenden wollen, was die Konferenzminister als Versuch, sie auszuschalten, beargwöhnt hätten; Pendterriedter «a connu le danger où il était exposé, et je ne doute pas qu'il n'ait considéré sa destination en France comme un moyen de se tirer d'intrigues. » 1M ) Aus der Relation Saint-Saphorins vom 12. IX. 1719. 15S ) Saint-Saphorin an Stanhope, 22. II. 1719, L 80/36. 1δβ ) Über die Pläne zu der Reise, deren Vorbereitungen schon weit gediehen waren, du Bourg an Dubois, 25. II., 18. III., 22. IV., 13., 20. V. 1719, P, Autr 133/34, Saint-Saphorin an Stanhope, 18. II., 19. IV. 1719, L 80/36. " ' ) du Bourg an Dubois, 7. VI. 1719, P, Autr 134.

400

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 74—76

15S ) Aus der Relation Saint-Saphorins vom 12. IX. 1719. SaintSaphorin an Stanhope, 3. VI. («On inquiète tellement le Prince Eugène dans les fonctions de sa charge du Président du Conseil de guerre que, dépité comme il l'est, on est dans le péril d'apprendre à chaque jour qu'il aura résigné tous ses emplois. Et les Ministres bien intentionnés sont dans les conférences perpétuelles pour voir s'ils pourront détourner une chose qui causerait ici une confusion effroyable»), 7. VI. 1719 («Tout va de mal en pire . . . et à l'heure qu'il est, on pousse le Prince Eugène, à qui on en a voulu le plus. Il ce croit abandonné par tous ses amis, et il est vrai qu'ils témoignent peu de vigueur, et comme ils sentent qu'il se défie d'eux, ils n'osent pas lui parler. Dans l'état où sont les choses, on ne devrait pas être surpris si avant qu'il soit sept jours, on apprenait qu'il eût résigné toutes ses charges. »), L 80/38. 15e

) Saint-Saphorin an Stanhope, 10. VI. 1719, PS, ebenda. ) Saint-Saphorin an Stanhope, 14. VI. 1719, PS, ebenda: «Les affaires du Prince Eugène sont toujours dans une grande crise. On voudrait le disposer à se défaire de sa charge de Président de guerre, car le Comte d'Althann et sa cabale voudraient avoir dans ce poste un homme faible et qui est entièrement dans leur dépendance. Le Prince Eugène paraît entièrement résolu non seulement de ne pas quitter ce poste sans renoncer à tous ses emplois, mais même à ne pas souffrir qu'c ι donne aucune atteinte aux prérogatives qu'a eues jusqu'à présent cette charge, et il n'est pas un homme à entendre aucune capitulation dans ce où il croit que sa gloire est intéressée. » m ) Nach der Relation Saint-Saphorins vom 12. IX. 1719 hatte sich der Reichshofratspräsident Windischgrätz bereit gefunden, dem Kaiser den Beschluß Eugens mitzuteilen, bei geringster Änderung im Hofkriegsrat ohne seine Zustimmung alle seine Ämter niederzulegen. lea ) In dem Kopialbuch Eugens, W, SA, Β 32, findet sich die Wiedergabe eines Schreibens an seinen Stellvertreter in Belgien Prié mit dem Datum des 13. V. 1717 mit der Nachricht von der Geburt der Erzherzogin: «et comme on me dit, que c'est la coutume que les Princes des Pays-Bas en ces sortes d'occasion envoient les linges, j'en informe V. E. pour qu'en ce cas Elle fasse là-dessus des dispositions. » — In P, Autr 124, liegt die Anzeige Kaiser Karls an den Regenten: „Serenissime Princeps Consanguinee diarissime I Quod Dilectissima Domina Conjux Mea Romanorum Imperatrix heri circa tempus matutinum Regiam Principem Archiducissam Austriae, cui nomen in sacro fonte Maria Theresia datum, feliciter enixa sit, de eo Dilectionem Vestram eo lubentius certiorem facio, quo magis id laetum sibi jucundumque fore, pro singulari suo in Me Augustamque Dornum Meam affectu comprobatum habeo. Faciant nunc Superi, ut ista Nativitas Universo Christianitatis bono cedat. Cui de reliquo omnem apprecor felicitatem. Datum Vienne die 14. Maji 1717. Dilectionis Vestrae Benevolus Consanguineus Carolus." les ) Max Emanuel an Eugen, 16. III. 1717 (Antwort auf nicht erhaltene Briefe Eugens vom 12. I. und 3. II. 1717), Κ. TH. HEIGEL, Die 1β0

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 76—78

401

Gefangenschaft der Söhne des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern 1705—1714, Sitzungsberichte der Bayrischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, 1888, S. 76; ders., Briefwechsel zwischen Kurfürst Max Emanuel von Bayern, Kurprinz Karl Albertvon Bayern und Prinz Eugen von Savoyen 1717—1724, Quellen und Abhandlungen zur neueren Geschichte Bayerns, Neue Folge 1890, S. 269—271. 1M ) Eugen an Max Emanuel, 12. IX. 1717, S. I. 1718, ebenda S. 277—279. 1β6 ) Max Emanuel an Eugen, 25. Χ. 1717, mit beiliegendem eigenhändigem Schreiben Max Emanuels an Karl VI. vom gleichen Tag, Kurprinz Karl Albert an Eugen, 22. X. 1717, W, SA, GK 90b. 1M ) du Bourg an Dubois, 4. III. 1719, P, Autr 133: danach hätten sich Eugen und Sinzendorf für die Annahme der bayrischen Werbung eingesetzt, während Starhemberg sich mit der Begründung dagegen gewandt habe, «qu'il n'était non seulement de l'intérêt du pays de l'Empereur, mais encore de celui de l'Empire de ne pas marier les Archiduchesses ses nièces à deux Princes d'Allemagne, dont les prétentions pourraient un jour plonger ce pays dans de longues et fâcheuses guerres. » le7 ) Über die Mission vor allem Fontanas, der die Möglichkeit eines Tauschs Savoyen-Neapel erkunden sollte, siehe TALLONE (siehe Anm. 21) S. 234—239. Giuseppe Gaetano Marchese Carrón di San Tommaso, R e p . I I , S . 3 6 2 . V g l . BARAUDON, S . 2 5 3 — 2 6 9 , 3 1 8 — 3 2 1 , TALLONE S . 239/40, 246/47. 198 ) V g l . BARAUDON, S . 3 4 1 — 3 4 8 .

"») Saint-Saphorin an Stanhope, 18. II. 1719, L 80/38. Von einem neuen Zusammenstoß wegen der Expeditionen in Sizilien und gegen Sardinien berichtet Saint-Saphorin am 2. VIII. 1719, L 80/39: «Je sais que le Prince Eugène est ensuite entré dans la chambre, où les autres Ministres l'attendaient pour tenir une conférence, plein de colère et en se récriant contre l'impertinence de M. de Saint-Thomas. » 17 °) Saint-Saphorin an Stanhope, 11. II., 15. III. 1719, L 80/28; du Bourg an Dubois, 25. I., 11. II. 1719, P, Autr 133. m ) S a i n t - S a p h o r i n a n S t a n h o p e ,19. I V . 1 7 1 9 , L 8 0 / 3 8 . V g l . DOEBERL I I , S. 172/73.

172

) Saint-Saphorin an Stanhope, 19. VIII. 1719, L 80/39. ) Zu der Affäre Nimptsch-Tedeschi Saint-Saphorin an Stanhope bzw. Craggs, 27. VIII., 2., 6., 13., 16. IX. (mit Relation de la situation interne de la Cour de Vienne du 12. IX. 1719), 4., 7., 11., 14., 21., 30. X., 16., 20. XII. 1719, L 80/39, du Bourg an Dubois, 30. VIII., 13., 20., 27., 30. IX., 4., 9., 11., 18., 25. X., 4., 8., 25. XI., 13. XII. 1719, Ρ, Autr 134, Mémoire de la Cour de Vienne, joint à la lettre de M. de Senneterre du 23. X. 1719, ebenda 135 (Wiedergabe des Berichts Saint-Saphorins vom 4. Χ. 1719, den dieser wohl nach Hannover geschickt hatte, wo Senneterre seit Juni 1719 als französischer Vertreter war, Rep. II, S. 109, 111), Beschreibung der Wienerischen Conspiration, 7. X., Berichte Mörmanns, 25. X., 13. XI. 1719, M. K. schw. 16/9, Kopie eines Berichts in französischer Sprache, ebenda 16/8. Vgl. FOSCAHINI S. 54/55, ARNETH, Eugen, III, S. 4 7 ^ 9 . 1?3

26 Braubach, Prinz Eugen

402

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 78—81

1M ) Diese Einzelheiten berichten d u Bourg und Saint-Saphorin übereinstimmend am 11. X. 1719. Nach Saint-Saphorin hätte Eugen dem Diener eine Pension gegeben und ihn zu seiner Sicherheit nach der Schweiz reisen lassen. 17e ) Starhemberg und Sinzendorf sollten ebenso wie die Batthyány von Bayern Geld erhalten haben, erwähnt worden seien ferner auch Schönborn, Schlick und Windischgrätz, wobei die ersten beiden als hochmütig hingestellt und von Windischgrätz gesagt worden sei, man müsse einen Narren zu ihm schicken, u m sich damit zu „divertieren". Nach Saint-Saphorin war auch er selbst angegriffen worden «comme séduisant les Ministres sachant les engager à faire même contre les intérêts de l'Empereur tout ce que je trouvais à propos»; da man wisse, daß er die Batthyány nur selten sehe, habe man behauptet, daß er durch den Sekretär Koch die Gräfin und durch sie den Prinzen f ü r das englische Interesse gewonnen habe. 17e ) Am 26. V I I I . berichtet Saint-Saphorin zum erstenmal von einem Komplott gegen Eugen, «qui s'étend ensuite aux affaires publiques de la manière du monde la plus dangereuse », am 2. IX. kann er dann mitteilen, daß der Prinz am 25. V I I I . eine lange Audienz bei dem Kaiser hatte: «Je sais que depuis lors le parti opposé a été dans des mouvements extrêmes et qu'il a paru très inquiet. » 177 ) Nach den Informationen du Bourgs wäre Tedeschi Saint-Thomas behilflich gewesen, den Grafen Dussol und seinen Bruder du Bras aus den Verhandlungen zwischen Wien und T u r i n auszuschalten. "*) Saint-Saphorin: «Un assez jeune homme fort déréglé dans sa conduite et mal dans ses affaires.» Vgl. v. GSCHLIESSER S. 3 8 9 . " · ) Uber ihn vgl. M É R O D E - W E S T E R L O O II, S. 243—245, BARAUDON S. 344/45, T A L L O N E (siehe oben Anm. 21) S. 217—219, 228/29. I n der von Mörmann nach München gesandten „Beschreibung der Wienerischen Conspiration" wird berichtet, daß Cini, der unter Joseph I. sogar zum Rat ernannt worden sei, von Wien verwiesen wurde und sich nach Italien begab, sich dort an verschiedenen Höfen aufhielt und in T u r i n „auf Begehren Kaiserlicher Majestät arretiert und folgende nach Mailand in daselbige Zitadelle abgeführt worden" war. Nach der gleichfalls nach München gelangten Kopie eines französischen Briefes habe er dort richtige Angaben über Tedeschi gemacht. In einem Bericht des bayrischen Agenten Essig vom 30. X I . 1720, M, K. schw. 16/12, heißt es, daß Monsignore Cini, der vor längerer Zeit im Schloß von Mailand festgesetzt worden sei, jetzt auf Verwenden von Stella freigelassen wurde und in Wien sich bald einfinden sollte. l8 °) „Beschreibung der Wienerischen Conspiration", 7. X. 1719, a. a. O. : „Nächstdem solle man auch einen gewissen schlesischen Baron namens Roth, so gelehrt sein soll und lutherisch ist und ihm, Nimptsch, einige Briefe oder Schriften verfaßt haben soll, allhier mit Arrest, worüber aber noch Konfirmation zu erwarten, belegen haben lassen." Nach einem Bericht Saint-Saphorins vom 9. IX. 1724, L 80/53, war Prinz Eugen zu diesem Zeitpunkt sehr verstimmt, weil der Kaiser trotz seines Einspruchs einen Baron Roth, der in der Nimptsch-Affare gegen ihn

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 81—86

403

tätig gewesen, zum Reichshofrat gemacht habe. Es handelt sich um den Freiherrn Johann Friedrich von Roth, der nach v. GSCHLIESSER S. 396 auf Grund eines Anwartsdiploms vom 19. XII. 1719 am 6. VII. 1724 in den Reichshofrat eingeführt wurde. 181 ) Bericht Mörmanns, 13. XII. 1719 mit Urteil auf gedrucktem Blatt, K. schw. 16/9. Bericht du Bourgs, 13. XII. 1719, Saint-Saphorins, 16. XII. 1719, a. a. O. Vgl. ARNETH, Eugen, III, S. 52—54, 518. 1M ) Urteil gegen Tedeschi in Wienerisches Diarium Num. 1707 (9—12. XII. 1719). „Auf welche Weise", so heißt es zu Schluß von Mörmanns Bericht vom 13. XII. 1719, „dieser Bösewicht, welcher Euer Kurfürstlichen Durchlaucht, Dero Durchlaucht Kurprinzen und sämtlichem D. Kurhaus vieles Üble zuziehen helfen wollen, scharf, doch billigerweise abgestraft worden." Am 16. XII. sprach der Resident die Besorgnis aus, daß Tedeschi jetzt möglicherweise mit einem Manifest an die Öffentlichkeit treten würde, und meinte, es wäre besser gewesen, „daß man diesen bösen Menschen auf die Galeeren oder ad perpetuas carceres kondemniert" hätte. 1M ) Dagegen sprach Saint-Saphorin nach Abschluß der Affäre am 16. XII. 1719 seine Überzeugung aus, «que ces gens-là n'ont rien fait que par la connaissance du Favori qui se tenant derrière le rideau faisait jouer les autres.» Schon am 30. Χ. 1719 hatte er davon berichtet, daß von einer Machteinbuße des kaiserlichen Günstlinge keine Rede sein konnte: «Le Comte d'Althann avait para d'abord extrêmement déconcerté de l'aventure de son beau-frère, mais à l'heure qu'il est il paraît plus fier et plus hautain que jamais, son ascendant surpasse tout. » 1M ) Saint-Saphorin an Stanhope, 10. II. 1720, L 80/40: «Le Prince savait bien qu'il [Saint-Thomas] n'avait rien fait que par les ordres spécifiques et même doit en avoir des preuves authentiques. Il s'attendait pourtant que l'on tâcherait d'adoucir l'amertume qu'un procédé si inoui doit avoir formé dans son cœur.» du Bourg an Dubois, 17. II. 1720, P, Autr 136. Vgl. Rep. II, S. 362. l8í ) Saint-Saphorin an Stanhope, 13. IX. 1719: «Comme le Prince se fixe à ne se plus mêler d'affaires, jusqu'à ce qu'il ait satisfaction de Saint-Thomas et de ses complices, et que depuis qu'il a demandé cette satisfaction, il n'a plus été vers l'Empereur, tout demeure pendant ce temps-là suspendu et il ne se tient plus de conférences. » "«) FE XVIII, Suppl. S. 88—90. 187 ) Saint-Saphorin an Stanhope, 7. X. 1719, L 80/39. du Bourg an Dubois, 15. XI. 1719, P, Autr 134. 1ββ ) du Bourg an Dubois, 4. X. 1719, ebenda. Relationen SaintSaphorins, 10. II. 1720, L 80/40, 6. VI. 1721, SS. Vgl. zu diesen Relationen außer HANTSCH, Relationen, auch MICHAEL III, S. 184—186. " · ) Am 12. IX. 1719 hatte Saint-Saphorin die Hoffnung ausgesprochen, daß nach einem Siege Eugens die bisherige Methode bei den Konferenzen geändert werden könnte. Bis dahin fanden alle Konferenzen bei dem Prinzen statt, worauf die Referate an den Kaiser gingen, wo sie zunächst jedoch in die Hände Althanns fielen: viel besser wäre es, wenn die Konferenzen zweimal in der Woche bei dem Kaiser gehalten würden, 26»

404

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 86—89

der dann alle Gründe hören und sofort seine Entscheidung geben könnte. Doch im Grunde sei gerade der Prinz f ü r das alte Prinzip, weil er dann die anderen Minister anzuhören und nur den Schluß zu ziehen brauchte, während er im anderen Falle selbst viel sprechen müßte, was ihm nicht liege. leo ) «Les femmes avec qui il est si faufilé lui font beaucoup de tort, mais devrait-on y faire attention à l'égard d'un Prince à qui l'on doit tant et qui est si grand homme dans tout le reste ? » lel ) Saint-Saphorin an Stanhope, 16. I I I . 1720, L 80/40. " 2 ) Eugen an den Kaiser, 19. VI. 1720, F E X V I I I , Suppl. S. 150 bis 158. "») Saint-Saphorin an Townshend, 1. V. 1722, L 80/46. Zu den Vorschlägen und Auseinandersetzungen um die Heeresreform Eugen an den Kaiser, 2. III., 19. VI., 4. IX. 1720, F E X V I I I , Suppl. S. 132/33,150—158, 172—175, Berichte Saint-Saphorins, 5., 25., 28. VI., 2., 9., 23. VII. 1720, L 80/43, 80/44, ferner zusammenfassende Darstellung in Bericht du Bourgs, 31. V. 1721, Ρ, Autr 138: «Il parait présentement que la réforme dans les troupes de l'Empereur aura lieu, de moins on a repris le projet qui était sur le tapis depuis un an; l'Empereur ordonna alors au Prince Eugène de lui donner ses conseils sur cette réforme et sur la suppression des doubles emplois militaires en Hongrie et dans les autres pays héréditaires. Les amis du Prince Eugène lui avaient conseillé de proposer à Sa Majesté Impériale de choisir parmi les Généraux les plus entendus d u détail pour examiner ce que serait le plus à propos de faire et d'en rendre compte au Prince Eugène qui ensuite en informerait l'Empereur, mais il n'a pas suivi ce conseil et il a cru plus propre de laisser aux Référendaires le soin de dresser les projets du tout. Ceux qui ne chérissent pas la réforme dans les troupes ni dans les emplois ont fait leurs plans si lentement et si peu convenables au but que la Cour s'était proposé, que la chose est demeurée jusqu'ici sans exécution, le parti opposé au Prince Eugène n'a pas manqué de se prévaloir de cette occasion et a fait entendre que c'était lui qui était opposé à la réforme. » 1M

) Aus dem Bericht du Bourgs vom 31. V. 1721, ebenda: «Je sais bien que le Prince Eugène diminue en crédit et qu'il n'a plus ni la même application aux affaires ni la même autorité. » 1M ) du Bourg an Dubois, 16. X. 1720, P, Autr 136. Bericht des bayrischen Agenten Essig, 16. Χ. 1720, Μ, Κ. schw. 16/12. " · ) Relation secrète Saint-Saphorins, 6. VI. 1721, SS. " ' ) REDLICH, T a g e b ü c h e r , S . 146. IM ) du Bourg an Dubois, 11. IX. 1720, P, Autr 136, zur Erkrankung Stellas: «Ce serait une grande perte pour tous et particulièrement pour le Ministère espagnol, car outre son rare mérite il a un grand pouvoir dans l'esprit de M. le Comte Althann. M. Mikosch gagnerait par là la première faveur auprès de ce Comte et je crois que l'Archevêque de Valence y gagnerait aussi, car, si l'on m'a dit vrai, Stella, piqué de ce qu'il a appris que cet' Archevêque de Valence fait sa cour à M . Mikosch, a résolu la perte du Prélat, et il est certain qu'il tient son sort entre ses mains. »

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 89—92 1M

405

) Berichte Essigs, 19., 26. X. 1720, M, K. schw. 16/12. Vgl.

ARNETH, E u g e n , I I I , S . 5 1 . 200 ) Saint-Saphorin an Townshend, 6. V I I I . 1721, L 80/44: «D'ordinaire le Grand-Maître est en même temps le premier Ministre et il préside à toutes les conférences. L'extrême incapacité du Prince de Liechtenstein et l'éloignement personel de l'Empereur pour lui ont empêché qu'on ne l'ait mis à la tête de la Conférence secrète et on ne l'a laissé entrer comme Président que dans les affaires de Rome et Ratisbonne. » Über Anton Florian Liechtenstein (1656—1721), vgl. Bd. I I I , S. 409 (Anm. 2), J. V. FALKE, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein, I I I , 1882, S. 9—78. 201 ) Saint-Saphorin an Townshend, 15. X. 1721, ebenda. In seinem Bericht vom 6. V I I I . 1721 hatte Saphorin auch von angeblichen Absichten Althanns auf das Amt des Obristhofmeisters gesprochen, «mais on m'assure qu'il ne la veut pas, parcequ'il aime mieux influer dans les affaires sans être responsable de rien et sans y donner que le temps qu'il veut. » 202 ) Karl VI. an Eugen, 15. X. 1721, W, SA, G K 90b. Der Kaiser, der den Brief schrieb, als der Prinz gerade im Begriff stand, Wien f ü r einen kurzen Aufenthalt auf dem Land zu verlassen, fährt dann fort: „Es hat mir auch der Perlas gesagt, daß er Ihnen wegen Konferenz in Romanis geredet in Meinung, daß ich zuvor mit Ihnen geredet, welches auch gewollt, aber vergessen habe, ist aber nicht so nötig, daß Sie Ihre Reise und so nötige Divertierung aufschieben, und werde es darüber dem Trautson anbefehlen. Das ist, was noch heute Euer Liebden erinnern wollen, und wünsche, daß auch das Wetter dem sonst erfrorenen Prinzen nicht kalt sei und sich wohl divertieren mögen." 20S ) du Bourg an Dubois, 27. X I I . 1721, Ρ, Autr 138. Saint-Saphorin an Townshend, 27. X I I . 1721, L 80/44: «Le célèbre Comte de Mikosch est mort, il y a deux jours, d'une éthésie que son application aux affaires a rendue incurable. Comme il avait le génie au dessous du médiocre et qu'ayant néanmoins voulu former de nouveaux plans touchant l'administration des finances, il avait sû les mettre dans la plus grande confusion. Il cherchait de les redresser, et les lumières pour cet effet lui manquant, il n'est parvenu, sinon à se tuer, mais non à redresser les affaires de la Chambre. L'Empereur est extrêmement touché de cette mort, et même son médecin a eu beaucoup de peine à le convaincre qu'il n'avait pas été empoisonné ce qu'on lui avait insinué pour lui rendre ses Ministres odieux, car on supposait que le coup était venu de quelqu'un d'eux. » 2M ) du Bourg an Dubois, 12. X., 16. XI. 1720, P, Autr 136. S05 ) Saint-Saphorin an Townshend, 31. V I I I . 1721, L 80/44. Danach wäre die erste Anregung dazu schon zwei Jahre zuvor von Pendterriedter ausgegangen. 20e ) Saint-Saphorin an Townshend, 21. I I . 1722, L 80/46. du Bourg an Dubois, 18. I I I . 1722, P, Autr 140. 207 ) Saint-Saphorin an Townshend, 21. II. 1722, L 80/46. 208 ) REDLICH, Tagebücher, S. 147/48. Vgl. auch Saint-Saphorins Relation secrète vom 1. V. 1722, L 80/46: «Il fallait d'abord après sa mort

406

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 92—94

saigner l'Empereur, et je sais que rien n'a été plus touchant que ses lamentations douloureuses sur la perte de ce cher et unique ami, qu'il avait au monde et en qui seul il pouvait se confier. » 2t >») du Bourg an Dubois, 28. I I I . 1722, Ρ, Autr 140. al °) Saint-Saphorin an Townshend, 3. IV. 1723, L 80/49. m ) Saint-Saphorin, Relation secrète, 1. V. 1722, L 80/46. m ) d u Bourg an Dubois, 30. V. 1722, P, Autr 140. 21 ») du Bourg an Dubois, 22. V. 1723, ebenda 143: «Les Ministres de la Conférence ne sont occupés que des affaires d'Hongrie qui sont d'autant plus embarrassantes pour eux que la mésintelligence à laquelle elles ont donné lieu les empêche de trouver des tempéraments. La réduction de 2 Cretzers [sic! Kreuzer] par jour sur chaque soldat s'est fait sans la participation du Prince Eugène et à la seule instigation du Comte de Starhemberg, qui par là s'est brouillé avec le Prince Eugène et a mis la confusion dans ces affaires, car ce changement n'a pas fait cesser les plaintes des Hongrois, et les troupes se trouvant dans l'impossibilité de subsister non seulement désertent par bandes, mais encore on a craint qu'elles ne se mutinent généralement . . . On propose d'envoyer en Hongrie u n administrateur général pour ne rendre compte qu'à l'Empereur et être indépendant du Conseil de Guerre. Jugez, si le Prince Eugène, jaloux comme il est des droits de sa charge, s'opposera comme il faut à cette nouveauté qui non seulement renverserait les lois et mettrait à rien l'autorité du Conseil de Guerre, mais qui serait très préjudiciable au service de l'Empereur. » Auf diese Angelegenheit bezieht sich offenbar auch ein Handbrief des Kaisers an Eugen aus Laxenburg vom 22. V. 1723, W, SA, G K 9 0 b : „Hier schicke ich Euer Liebden beikommende Erinnerung des Starhemberg, welche ziemlich weitläufig und auch meinem Dünken nach ziemlich pikant ist und doch, wer einen Rat und Opinion geben soll, nichts konkludiert. Euer Liebden werden sehen und mir (nachdem Sie es gelesen) Ihre Meinung geben, ob dies völlig den anderen Ministris in der Konferenz zu kommunizieren oder nur davon einen Extrakt ihnen zu geben, und ob es nachher nochmal ohne oder mit dem Starhemberg in einer Konferenz zu überlegen sein wird. Denn das gewiß ist, daß es nicht so bleiben kann und ein Mittel m u ß gefunden werden, den Abgang des aerarii in currenti zu ersehen. PS. Weil mir der . . . [unleserliches Wort] der Starhemberg gesagt, daß sie von Seiten der Kommission in Ungarischen Sachen fertig und nötig, daß sie wieder hinabgehen, so wird wohl gut sein, daß Euer Liebden womöglich noch morgen die Konferenz darüber halten wollen, damit die Commissarii wieder zurückgehen können." Siehe dazu die Relation secrète Saint-Saphorins vom 20. IX. 1723, L 80/50: «Le Prince Eugène qui était autrefois ami intime du Comte de Starhemberg est maintenant entièrement aliéné de lui, ce à quoi l'Empereur a assez contribué. » 2

") du Bourg an Dubois, 14. VI. 1723, P, Autr 143: «L'Empereur vient de donner à Perlas une terre en Hongrie qui vaut 15 mille livres de rente. La faveur de ce Ministre augmente toujours, il est dans une intelligence parfaite avec le Comte Sinzendorf, et ce sont les seuls Ministres qui doivent accompagner l'Empereur pendant le voyage pour

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 94—97

407

se rendre à Pragues. » Diese letzte Meldung war nicht richtig: Eugen hat nicht nur an einer Reise des Hofes nach Preßburg im Juli 1722 teilgenommen, sondern war auch mit in Prag, als der Kaiser sich dort mehrere Monate des Sommers und Herbstes aufhielt, doch berichtet Saint-Saphorin am 22. IX. 1723 von dort, daß der Prinz den Kaiser nur selten sehe, während Sinzendorf und Perlas ihn fast keinen Augenblick verließen. Uber deren enge Verbindung vgl. auch die Relation secrète Saint-Saphorins vom 20. IX. 1723, L 80/50: «Il est sûr que maintenant . . . il n'y a qu'eux deux seuls qui aient une véritable part à la confiance de l'Empereur. Il leur résulte pour leurs intérêts particuliers des avantages très réels, car c'est par les offices de Rialp que l'Empereur répand beaucoup de grâces sur Sinzendorf et sa famille et c'est par ceux de Sinzendorf qu'il en répand sur Rialp. » — Der älteste Sohn Perlas heiratete übrigens eine Gräfin Sinzendorf aus dem Ernstbrunner Zweig der Familie, SCHMID S . 57. 215 ) Saint-Saphorin an Townshend, 10. IV. 1723, L 80/49. Schlicks Nachfolger als Oberster Böhmischer Kanzler wurde Graf Franz Ferdinand Kinsky, nach Saint-Saphorin ein mit Sinzendorfverbundener « bon homme ». Politisch ist er, der das Amt bis 1735 innehatte, nicht hervorgetreten. 2le ) Saint-Saphorin an Tilson, 28. VI., an Townshend, 28. VII. 1724,

L 8 0 / 5 2 . V g l . ARNETH, E u g e n , I I I , S . 55, BENEDIKT, N e a p e l , S . 2 2 9 . 217

) Über die Berufung Althanns berichtet Saint-Saphorin am 1. V. 1722, L 80/46, «quoique ce soit un homme fougueux et incapable; c'est une suite de l'affection de l'Empereur pour son oncle.» Vgl. ARNETH, Eugen, III, S. 306, BENEDIKT, Neapel, S. 262—276. 218 ) du Bourg an Dubois, 20. III. 1723, Ρ, Autr 141: «L'affaire du secrétaire de l'Archevêque de Valence [Don Jeronimo] a été une espèce de signal pour réveiller les ennemis de ce Prélat . . . Le nombre est si grand que la disgrâce du confident pourrait bien être un avertissement de celle du maître, il a trop d'esprit pour ne s'en point apercevoir, il parle de se retirer à Rome. » 21 ') Über Joseph Marqués de Villasor Conte de Monte Santo vgl. BENEDIKT, N e a p e l , S . 2 3 7 / 3 8 , FOSCARINI S . 67, QUAZZA, P r o b l e m a S . 103. ωο ) Saint-Saphorin an Townshend, 9. IX. 1724, L 80/53: «Le Prince Eugène est plus froid avec l'Empereur qu'il ne l'a été dès longtemps, parce qu'il s'est inutilement échauffé à procurer les petites entrées vers l'Impératrice à Madame la Comtesse de Stratmann et les grandes à Madame la Comtesse de Batthyány. » M1 ) Saint-Saphorin an Townshend, 18. VII. 1722, L 80/47: «J'ai toujours vu le Prince Eugène dans les meilleurs principes du monde par rapport au système de l'Angleterre, et l'intérêt que Sa Majesté a pris en son particulier en égard aux persécutions qu'il a souffertes, l'a ensuite attaché personellement à Sa Majesté. » 222 ) Saint-Saphorin an Townshend, 2. VIII. 1722, ebenda. 22

») V g l . WEBER, Q u a d r u p e l a l l i a n z , S . 114, MICHAEL I I I , S . 2 0 8 / 0 9 .

Β. WILLIAMS, The Wigh Supremacy 1714—1760, second Edition rev. b. C. H. STUART, The Oxford History of England, ed. b. Sir G. Clarke, 1 9 6 2 , S . 1 7 8 / 7 9 . S a i n t - S a p h o r i n s B e r i c h t , 8. I I I . 1721, L 8 0 / 4 3 .

408

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 97—100 224

) Über Townshend (1674—1738) vgl. DNB 57, S. 109—116, ferner MICHAEL III, S. 216/17, der urteilt, daß auf einen großen Staatsmann ein Routinier folgte. m ) Rep. II, S. 372. Es handelte sich um den General Baron Erik Sparre und um Graf Thure Gabriel Bielke. Von dem schwedischen Residenten Stiernhöök, dem wir als Berichterstatter für Paris unter dem Decknamen Pastor begegneten, ist der letzte Bericht nach Stockholm vom 22. III. 1719 datiert, P, Autr 134. 22e ) Rep. II, S. 146. D. B. HORN, British Diplomatie Representatives 1689—1789, Camden Third Series XLVI, 1932, S. 34/35. Gemeinsame Berichte Saint-Saphorins und Cadogans an Stanhope, 27. IV., 9., 22., 25., 29. V., 5., 12., 19., 22., 26. VI., 13. VII. (nur von Cadogan), 3., 10., 24. VIII. (nur von Saint-Saphorin, da Cadogan erkrankt), 10. IX., 9., 13., 2 6 . X . 1 7 2 0 , L 8 0 / 4 0 , 8 0 / 4 1 . V g l . MICHAEL I I I , S . 1 3 2 / 3 3 , 1 3 6 — 1 3 9 , 155, 1 6 8 — 1 9 1 . 22

') Saint-Saphorin an Stanhope, 2. XII. 1719, L 80/39.

" ' ) V g l . PILSS (s. o. A n m . 3) S . 184. 229 ) V g l . R e p . I I , S . 3 1 6 , NAUMANN S . 37, HANTSCH, S c h ö n b o r n , S . 2 5 0 / 5 1 , PILSS S . 1 8 7 — 1 8 9 . V g l . j e t z t WITTRAM (S. O. A n m . 4), I I , S. 435/36, 602. 2S0

) Eugen an Zar Peter, 6. III. 1720, W, SA, GK 84b.

m

)

Rep. II,

S. 316.

Vgl.

NAUMANN

S. 4 3 — 4 5 ,

WITTRAM a. a.

O. II, S. 436. Saint-Saphorin und Cadogan an Stanhope, 29. V. 1720, L 80/41. m ) Berichte Saint-Saphorins und Cadogans, 5. VI., 10. VIII., 10. IX., 9., 26. X. 1720, L 80/41. 23S ) Berichte Saint-Saphorins, 2. XI. 1720, 9., 23., 26. IV. 1721, L 80/42, 80/43. 2M ) Saint-Saphorin an Townshend, Lettre secrète, 5. VI. 1721, SS: « Us avaient ci-devant pour le Zar la haine la plus marquée. Ils n'ignoraient aucun des projets qu'il avait fait contre eux et surtout ses intelligences avec les Hongrois pendant la rebellion de Rákóczi. Ils ne le virent entrer dans l'Empire pour pousser la guerre contre la Suède qu'avec beaucoup de douleur, et disaient ouvertement que l'on ne pourrait rien faire de plus fatal àl' Allemagne que d'y attirer ces barbares, lesquels dès qu'une fois ils y auraient pris goût, voudraient toujours y revenir, que les inondations de ces peuples du nord avaient déjà renversé l'Empire Romain et qu'ils ne manqueraient pas de renverser l'Empire présent, si on ne prenait pas de justes mesures pour l'empêcher. L'autorité que le Zar s'est arrogé ensuite en Pologne, ses liaisons étroites avec la Cour de Prusse et les fortes présomptions . . . que ces deux Cours méditaient ensemble de s'aggrandir en partagant la Pologne . . . joint à la protection du Zar au Duc de Mecklenbourg . . . tous ces faites avaient tellement aigri l'Empereur et ses Ministres hormis le Vicechancelier contre le Zar qu'ils ne pouvaient pas en parler sans horreur. » 2S5 ) Karl VI. an Eugen, 15., 27. VIII. 1721, W, SA, GK 90b. ,Be ) Berichte Saint-Saphorins, 9. VII., 6. XII. 1721, (?) V. 1722, L 80/44, 80/46.

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 101—104

409

28 ') Rep. II, S. 78, 316. Sehr scharfe Kritik an der Wiener Politik gegenüber Rußland in jener Zeit übt P I L S S a. a. O. S. 198—202. Vgl. auch zur Haltung des Kaiserhofes in der Frage der Anerkennung des Kaisertitels Peters W I T T R A M a. a. Ο. II, S. 461, 467—474, 607—609. as8 ) Zu dem Religionsstreit vgl. B O R G M A N N , BIEDERBICK S. 3 5 — 4 4 , N A U M A N N S. 2 2 — 1 0 0 , M I C H A E L , III, S. 1 5 9 — 1 6 8 , H A N T S C H , Schönborn, S . 2 3 9 — 2 6 4 , K. S C H M I D T , Kurfürst Karl Philipp von der Pfalz als Reichsfürst, Forschungen zur Geschichte Mannheims und der Pfalz, N . F. II, 1 9 6 4 , S. 1 1 4 — 1 4 9 , A. BERGER, Karl VI. und Friedrich Wilhelm I., Vom Konflikt zur Bundespolitik, Wiener Dissertation 1935 (Maschinenschrift). " · ) Saint-Saphorin an Schaub, 4. III., an Stanhope, 18. I I I . 1720, L 80/40. M0 ) du Bourg an Dubois, 16. I I I . 1720, P, Autr 136: «C'est le Prince Eugène qui a le plus opiné pour la douceur, cependant il avait le plus marqué de ressentiment du procédé du Roi de Prusse jusque-là qu'il dit un jour que s'il était Empereur il lui ferait la guerre pour en avoir satisfaction, mais qu'il se garderait bien de la conseiller. » Die gleiche Äußerung berichtete Saint-Saphorin am 4. I I I . 1720 Schaub. M1 ) Saint-Saphorin und Cadogan an Stanhope, 5., 19., 26. VI., Cadogan an Stanhope, 13. V I I . 1720, L 80/41. 2t2 ) Über den Freiherrn Rudolf Johann von Wrisberg, hannoverschen Gesandten in Regensburg von 1714 bis 1726, vgl. Rep. S. 175, ADB 44, S. 5 5 6 — 5 5 8 , BIEDERBICK S. 4 , H A N T S C H , Schönborn, S. 2 5 7 , N A U M A N N S. 2 7 .

·*·) HANTSCH, S c h ö n b o r n , S . 2 6 2 .

· " ) Berichte Saint-Saphorins, 5. II., 9. IV., 18. VI. 1721, L 80/43, Lettre secrète 5. VI. 1721, SS. 245 ) Vgl. D R O Y S E N IV, 2 , S. 3 2 7 — 3 3 4 , H A N T S C H , Schönborn, S. 3 2 7 — 3 3 4 . Saint-Saphorin an Townshend, 3 . X I . 1 7 2 3 , L 80/50: «Le Prince est de tous les Ministres de l'Empereur celui qui a le plus constamment déclamé contre la Cour de Prusse, et il a soutenu avec la plus grande hauteur le Vicechancelier dans l'affaire Kanngiesser. » 2

" ) V g l . NAUMANN S . 7 6 .

" ' ) Über Konrad Starhemberg (1689—1727) ν. W U R Z B A C H 37, S. 167, v. GSCHLIESSER S. 375, Rep. II, S. 54, 57, 59, 65. Nach dem Bericht SaintSaphorins vom 2. VII. 1721, L 80/44, war er durch die Heirat seiner Schwester mit einem Neffen der Gräfin Stratmann in nähere Beziehungen zu der Gesellschaft um den Prinzen getreten. Über die Verzögerung seiner Ernennung und Abreise berichtet Saint-Saphorin am 30. VII., 19. X I . 1721 und am 25. IV. 1722, ebenda 80/44, 80/46. ·*') Eugen an Ferdinand Albrecht von Braunschweig-Bevern, 24. I., 4., 28. III., 15., 25. IV., 27. V., 6. VI. 1722, W, SA, G K 82a. M ») Eugen an Bevern, 8. V I I I . , 2., 26. IX. 1722, ebenda. Vgl. H A N T S C H , Schönborn, S. 2 8 1 — 2 8 4 , BIEDERBICK S. 6 2 — 6 7 , NAUMANN S . 7 8 — 8 6 .

*") Saint-Saphorin an Georg I., 26. III., an Townshend, 7. IV. 1723, L 80/49.

410

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 105—106

a5i ) Votum Eugens in der Konferenz vom 20. IV. 1723, HANTSCH, Schönborn, S. 421 : „rem eo devenisse, ut aut leges ab acatholicis accipere oporteat aut jura armis vindicare." Zu dem scharfen kaiserlichen Re-

skript vom 24. IV. 1863 vgl. HANTSCH, Schönborn, S. 287, BIEDERBICK S . 6 7 / 6 8 , NAUMANN S . 8 7 / 8 8 . a5S

) Saint-Saphorin an Townshend, 27. V. 1723, L 80/49. ) Saint Saphorin an Townshend, Relation secrète, 20. IX. 1723, L 80/50: «Le Prince Eugène qui autrefois ne parlait presque jamais du Vicechancelier sans marquer un extrême mépris pour lui, n'a plus de liaisons intimes qu'avec le même Vicechancelier, non pas qu'il l'estime davantage que ci-devant, il le regarde toujours comme très dangereux, souverainement imprudent et plein de fourberies, et même il ne peut pas souffrir que l'on croie qu'ils sont amis ensemble, tant il sent que les liaisons avec M. de Schönbom lui font peu d'honneur. Cependant il n'est que trop vrai qu'il s'en laisse mener, surtout dans les affaires qui regardent les expéditions du Vicechancelier, vu que celui-ci sait toujours se prévaloir de peu d'application du Prince, ce qu'il fait qu'il ne possède presque jamais à fond aucune des matières que l'on traite, pour lui en imposer et pour lui faire accroire que la gloire de l'Empereur est intéressée à soutenir tel ou tel système. Or rien n'est plus difficile que de ramener le Prince lorsqu'il est prévenu, et il fera vingt fois la même objection sur une matière, quoiqu'à chaque fois qu'il l'a employée, on l'ait parfaitement réfutée, sans qu'il ait eu rien à répliquer. » S54

**) Graf Johann Adolf Metsch an Eugen, Hannover, 26. Χ. 1723, W, SA, GK 100 b. 25e ) du Bourg an Dubois, 7. VIII. 1720, P, Autr 136, über Unterredung mit Eugen, dem er die Genugtuung des Regenten über die kaiserliche Zustimmung zur Wahl Cambrais zum Verhandlungsort aussprach. V g l . PRIBRAM I , S . 4 3 3 — 4 3 6 . 2 ") du Bourg an Dubois, 26. II. 1721, Ρ, Autr 138, bezeichnet Windischgrätz als «créature et livré au Comte d'Althann: il se peut qu'il ait une correspondance particulière avec l'Empereur, et ses lettres dans ce cas passeront par la voie du favori. » Vgl. Über Leopold Victorin Windischgrätz (1686—1746) ADB 43, S. 415/16, v. GSCHLIESSER S. 386/87. MICHAEL III, S. 238/39, und die Aufzeichnungen des Fürsten Khevenhüller zu seinem Tod, R. Graf KHEVENHÜLLER-METSCH und H. SCHÜTTER, Aus der Zeit Maria Theresias, 1745—1749, 1908, S. 77, 133/34: „bei seiner bekannten großen Lebhaftigkeit, welche ihm in jungen Jahren den Namen des tollen Windischgrätz zugezogen". 2se ) du Bourg an Dubois, 18. III. 1722, P, Autr 140, über Tod Althanns, durch den Pendterriedter in üble Lage komme: «Le Prince Eugène ne l'aime ni l'estime, Starhemberg le hait et le Comte de Sinzendorf n'a pas laissé le sentir combien il est peu louable d'avoir quitté ses bienfaiteurs.» Vgl. Saint-Saphorin an Townshend, 1. V. 1722, L 80/46: mit Windischgrätz und Pendterriedter sei nicht auf Errichtung eines vernünftigen Plans zu hoffen, «car outre que le premier en est entièrement incapable, l'un et l'autre auront tant de ménagement pour la cabale espagnole d'ici qu'ils n'oseront ni ne voudront jamais rien proposer à

Anmerkungen zu Kapitel 13, Seite 106—110

411

l'Empereur qui soit contre les idées de cette cabale, et les Ministres allemands sont de même que moi dans la même persuasion ». 25i ) Eugen an Dubois, 29. VI. 1720, P, Autr 136. 2 0 ' ) Weisung an du Bourg, 9. V I I I . 1720, ebenda. 2β1

) V g l . BRAUBACH, V U W , S .

136—138.

2β2

) Auftrag an seinen Vertrauten Chavigny nach dessen Memoiren, J. DURENG, L e Duc de Bourbon et l'Angleterre 1723—1726,1912, S. 51. V g l . BOURGEOIS I I I , S . 1 8 4 . 2ES ) PRIBRAM I, S. 434/35. Am 31. V I I I . 1721 dankt Saint-Saphorin Townshend f ü r die Mitteilung des Vertrags, der in Wien streng geheimgehalten werden müsse. Vgl. BAUDRILLART II, S. 433—468. 2el ) Saint-Saphorin an Townshend, 9. V I I . 1721, L 80/44. 2β5 ) Saint-Saphorin an Townshend, 2 3 . I . 1 7 2 2 , L 8 0 / 4 6 . Uber die Doppelverlobung BAUDRILLART I I , S. 4 6 9 — 5 1 2 . 2 " ) Eugen an Prié, 15. X. 1721, W, SA, Β 36. 2β ') W, SA, G K 82a, ebenda Eugen an Bevern, 4. I I I . 1722: «Il ne s'agit que d'un pareil retour de réciprocité pour confirmer ou rétablir l'ancienne confiance, union et amitié de part et d'autre, utile et nécessaire dans la conjoncture présente. » 2ββ ) Saint-Saphorin an Townshend, 24. II. 1722, L 80/46. s " ) Saint-Saphorin an Townshend, 10. VI., 2. V I I I . 1722, L 80/46, 80/47. du Bourg an Dubois, 9. V I I . 1722, Ρ, Autr 140. Vgl. PRIBRAM I, S. 435—442, BAUDRILLART II, S. 513—531. 270 ) Karl VI. an Eugen, Iglau, 3. X I . 1723, W, SA, G K 90b. 271 ) Eugen an Bevern, Wien, 3. X I . 1723, W, SA, G K 82a. 2 2 ' ) Eugen an Bevern, 29. X I I . 1723, ebenda.

A N M E R K U N G E N ZU K A P I T E L 14 Eugen an Erlach, 16. IX. 1724, 29. VIII. 1725, Bern a. a. O. Konferenzprotokoll, 27. I. 1726, ARNETH, Eugen, III, S. 547. Vgl. ebenda S. 184, BRAUBACH, 18. Jahrhundert, S. 294. 3 ) Vgl. ARNETH, Eugen, III, S. 35, dann auch die Bemerkung von HAUSSHERR S. 69: „Prinz Eugen hat als Präsident des Hofkriegsrats empfinden müssen, wie abhängig er auch bei dringendsten Anforderungen von den anderen Hofstellen blieb. Durch das Gewicht seiner Persönlichkeit hat er manches erreicht, was anderen nicht gelang, aber das Entscheidende, die Last der Kompetenzen, hat er als beinahe Unabänderliches hinnehmen müssen." «) Vgl. Bd. II, S. 173—179. 6 ) Zu dem Mailänder Generalgouvernement Eugens siehe ARNETH, Eugen, II, S. 3 6 9 — 3 7 5 , 5 1 6 / 1 7 , QUAZZA, Problema, S. 1 0 0 / 0 1 , vor allem A . ANNONI in Storia di Milano XII, S. 9 8 — 1 1 4 . Ebenda findet sich S. 16/17 das Faksimile eines italienischen Schreibens Eugens aus dem Lager von Michelsberg vom 25. XI. 1713. Daß die Regierung Karls VI. der Lombardei doch manche wirtschaftlichen Vorteile brachte, betont H . BENEDIKT, Finanzen und Wirtschaft unter Karl VI., Der Donauraum, Zeitschrift des Forschungsinstituts für den Donauraum 9 , 1 9 6 4 , S. 4 6 / 4 7 . ') Über die Verhandlungen mit Savoyen und die Abtretungen mailändischen Gebiets Storia di Milano XII, S. 7, 12,19, 42—52, MORANDI S. 5—10, F. VALSECCHI, L'Italia nel Settecento dal 1714 al 1788, Storia d'Italia VII, 1959, S. 330—342. 7 ) Vgl. Bd. II, S. 264 f. Uber Pirro Visconti, den Präsidenten des Senats Marchese Giorgio Clerici und den Generalkriegskommissar für Mailand Marchese Giulio Visconti Arese vgl. ARNETH, Eugen, II, S. 370/71, Storia di Milano XII, S. 104/05. 8 ) Eugen an Perlas, 24. IX. 1717, W, SA, Β 32. Siehe oben S. 25. ·) Karl VI. an Eugen, 4. V. 1715, W, SA, GK 90b: „. . . daß auch (wenn das Barriere-Werk zu Ende geht) auf das Gouverno von Mailand wird zu gedenken sein, um gleich resolvieren zu können und nicht von Prätendenten vorderst der Kaiserin Amalie überlaufen zu sein." Über das Gouvernement des Fürsten Maximilian Löwenstein-Wertheim Storia di Milano XII, S. 124—127. 10 ) Ebenda S. 124: Der Prinz versprach, «non è un totale abbandono che faccia dello stesso, che è stato sempre da me considerato con tenerissima distinzione, per lo che più mi rincresce, ma conviene obbedire alle superiori disposizioni delle M. S. ». " ) Vgl. OEHLER S. 213/24, 277—281. " ) Saint-Saphorin an Townshend, 17. VI. 1722, L 80/46: «On tâche d'engager M. le Prince Eugène à reprendre le Gouvernement de Milan s)

413

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 120—124

et à se défaire de celui des Pays-Bas en faveur du Prince Électoral de Bavière, et vu les canaux dont on se sert et son inclination pour les Milanais on en viendrait peut-être à bout. » " ) Eugen an Sinzendorf, 1. VIII., 18., 23. IX. 1712, FE XIV, Suppl. S. 226, 248/49, 254/55. " ) Karl III. an Eugen, Barcelona, 14. IX. 1709, ARNETH, Eugen, II, S . 1 0 6 / 0 7 . V g l . a u c h z u m F o l g e n d e n VAN KALKEN S . 1 8 9 — 2 0 6 , SCHMID i n BITTNER, G e s a m t i n v e n t a r , S . 2 5 1 — 2 6 1 . 15

O.

) Vgl. PIRENNE V, S. 179, L . VAN DER ESSEN, Atlas de Géographie

Historique de la Belgique, Carte VIII/IX, La Belgique au XVII. Siècle (1648—1713), mit Erläuterung von F.-L. GANSHOF, 1927 (ich verdanke die Zusendung dieser Karte Herrn Prof. Dr. Ganshof, Bruxelles). " ) Eugen an Daun, 27. IV. 1715, W, SA, GK 145. 17 ) Schreiben eines Unbekannten («serviteur connu») an Daun, ebenda. Da in ihm die Reise des Grafen Königsegg nach England erwähnt wird, die im Juli 1715 stattfand — v. SRBIK, Niederlande, I, S. 456 — muß der Brief kurz danach geschrieben sein. le ) V g l . GACHARD, B e l g i q u e , S . 2 3 5 — 2 8 6 , v . SRBIK, I , S . 4 3 0 — 4 7 0 , PRIBRAM I , S . 2 8 6 — 3 2 6 .

Niederlande,

" ) Vortrag Eugens an den Kaiser, 16. IV. 1716, W, SA, B, Vorträge 1 : Auf Grund der Resolution des Kaisers auf das von der geheimen Ministerial-Konferenz erstattete Gutachten vom 13. III., wonach er die aus den Niederlanden gekommenen Abgeordneten wegen der Beschwerden gegen den Barrierevertrag anhören, deren Beschaffenheit untersuchen und darüber berichten solle, habe er am 26. III. den Bischof von Antwerpen, den Grafen von Ursel und den Bürgermeister von Antwerpen als Vertreter von Brabant und am 27. und 30. III. den Bischof von Gent, den Generalvikar von Brügge und andere Deputierte aus Flandern in seiner Behausung empfangen. Vgl. das in Maetschappy der Vlaemsche Bibliophilen, 2. Serie Nr. 10 (1841) abgedruckte Journal ofte Dagregister van onze Reyze naer de keyzerlyke Stadt van Weenen ten Jare 1716, S. 33 (über den Empfang am 27. III.). 20 ) Vgl. Gh. DE BOOM, Les Ministres Plénipotentiaires dans les PaysBas Autrichiens, principalement Cobenzl, Académie royale de Belgique, Classe des Lettres, Mémoires XXXI, 1, 1932, S. 14/15. al ) Eugen an Königsegg, 11. I. 1716, W, SA, GK 40. M ) Eugen an Sinzendorf, Peterwardein, 11. VIII. 1716, W, SA, KA 269 (eigenhändig): «Quant à ce qui regarde le Marquis de Prié il est absolument nécessaire qu'il parte, et j'ai déjà écrit il y a longtemps ma pensée touchant le militaire. J'ai déjà la réponse qu'il a les ordres et résolutions de Sa Majesté. » Eugen an Prié, Lager vor Temesvar, 4. IX. 1716, W, SA, Β 32: Er sei sehr überrascht, «que son séjour continue toujours à Vienne dans le temps que sa présence est plus que nécessaire aux Pays-Bas pour remédier aux désordres qui y sont. Cette même raison me fait espérer qu'elle [Votre Excellence] sera au plutôt dépêchée pleinement instruite sur tout ce qui concerne sa négociation en Hollande et sa direction aux Pays-Bas. » 23

) GACHARD, B e l g i q u e , S . 4 2 4 / 2 5 .

414

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 124—126

M ) Vigier an du Luc, 6. I I I . 1715, P, Autr 105. Saint-Saphorin, Relation secrète, 18. II. 1725, L 80/54. JS ) du Luc an Châteauneuf, 4. I. 1716, Ρ, Autr 118: «On prétend que malgré la résolution prise au Conseil de l'Empereur de donner le Gouvernement de Flandres au Prince Eugène sans résidence et d'y envoyer le Marquis de Prié avec la qualité de Président, le Conseil d'Espagne, qui détermine le cours des astres, fait u n si furieux tapage qu'il est question aujourd'hui de suspendre toute résolution, et vraisemblablement demain les Espagnols auront raison, si vous connaissiez l'animal qui fixe notre Mercure » (gemeint ist Stella). 2β ) Über den Conde Joseph Folch de Cardona y Eril (f 1729), in Spanien von Karl zum Vizekönig von Valencia und Obersthofmeister seiner Gemahlin erhoben, vgl. LANDAU, Karl, S. 284, 315, 411, 484, 674, ARNETH, Eugen, I I I , S. 106/07, BENEDIKT, Neapel, S. 243/44, über Jean Remacle de Thisquens, der 1723 wegen Krankheit ausschied (Eugen an Prié, 27. I I I . 1723, W, SA, Β 37) und über Goswin Arnold de Wynants (1661—1752) GACHARD, Documents, I, S. 18, Belgique, S. 427, über Pedro Vicente Oropesa LANDAU, Karl, S. 433. Eugen sandte am 21. V. 1717 aus dem Lager bei Futak an Prié den kaiserlichen Erlaß über die Errichtung des «Conseil Supérieur des Pays-Bas», am 13. V I I I . gratuliert er Oropesa zu seiner Ernennung «sous le titre de Garde du grand sceau», zu der er habe beitragen können, während er am gleichen Tage in einem Brief an Perlas-Rialp seiner Befriedigung über die Berufung Oropesas, «sujet très digne», und Wynants, «qu'on m'a loué pour homme capable et intègre », Ausdruck gibt, am 6. IX. wünscht er auch Wynants Glück («j'ai contribué avec plaisir pour vous faire placer au Conseil Supérieur des Pays-Bas à la Cour»), W, SA, Β 32.

« ) PIRENNE V , S . 1 7 5 . 28 ) Eugen an Prié, 8. II. 1719, ebenda 34: «. . . toutes ces pièces aient été mûrement examinées et déterminées dans des conférences ministeriales, lesquelles traitent toutes les matières les plus importantes, même sans que le Conseil Suprême de Flandres en ait connaissance, lequel d'ailleurs se tient dans des bornes de modération et modestie.» In einem Vortrag vom 13. IX. 1719, W, SA, Β, Vorträge 1, weist Eugen den Kaiser darauf hin, daß die eingegangenen Berichte einiges enthielten, was den «Conseillers nationaux» nicht mitgeteilt werden solle; Prié sei übrigens schon angewiesen, «de séparer les matières et mettre en des lettres particulières ce qui n'est pas ostensible ». 2e ) Eugen an Prié, 19. IX. 1722, W, SA, Β 37: «Il y a bien des résolutions que Votre Excellence suppose de venir de la bonne ou mauvaise disposition du Conseil Suprême des Pays-Bas, au moins de l'influence de quelqu'un de ses conseillers, lorsque cependant il est certain que souvent il n'y a aucun autre part que celle d'exécuter les décrets . . . Les matières les plus importantes des Pays-Bas passent par la délibération de la Conférence ministérielle et les résolutions sont intimées à ce Conseil pour l'exécution de la dépêche lorsqu'on croit qu'elle le concerne. Je n'ai avec ce corps en général ni avec personne d'icelui en particulier aucune autre liaison que celle que la convenance exige. »

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 126—128 ao

415

) Vgl. BENEDIKT, N e a p e l , S. 230, G h . DE BOOM, L ' A r c h i d u c h e s s e

Marie Elisabeth et les Grands Maîtres de la Cour, Revue Beige de Philologie et d'Histoire, V, 1926, S. 496. Danach war das spanische Staatssekretariat Hilfsorgan f ü r die Geheime Konferenz. S1 ) Eugen an Prié, 22. V. 1717, W, SA, Β 32: «Perlas qui est le ministre et canal ordinaire en mon absence.» Eugen an Perlas, Camp près de Peterwardein, 29. V., S., 13. VI., Camp de Belgrade, 25. VI., 2., 5., 16. VII., 6., 13., 16., 20., 27. VIII., 6., 13., 17., 24., 27. IX., 1., 10. X. 1717, ebenda. *a) Jaupain an Eugen, 4. X I . 1721, W , SA, Β 136b 1/2. Eugen an Prié, 6. X. 1723, W, SA, G K 103a. " ) Jaupain an Eugen, 29. X I . 1717, W, SA, Β 135. Schon ein Jahr zuvor, am 16. X I . 1716, hatte Jaupain die gleiche Forderung gestellt: «Sa présence seule établira le respect dû et la dépendance convenable et mettra fin à toutes les cabales. » M ) du Bourg an Dubois, 18. V. 1718, P, Autr 128. Das Gerücht, daß der Prinz Vizekönig von Ungarn werde, während Sinzendorf Absichten auf die Generalstatthalterschaft in Belgien habe, taucht wieder in einem Bericht Saint-Saphorins an Stanhope vom 13. I I I . 1720 auf, L 80/40. 86 ) Eugen an Jaupain, 11. V I I . 1718, W, SA, Β 135, an den Herzog von Ursel, 24. V I I I . , an la Merveille, 7. IX., an Ursel, 17. IX. 1718, W, SA, Β 33. 8β ) Vgl. Bd. I I I , S. 463 (Anm. 257), oben S. 396 (Anm. 105). " ) Eugen an Rubempré, 1. X. 1718, W, SA, Β 33. Weitere A n kündigungen seiner Reise an Davenish, 5. XI., an Cuvelier, 23. X I . 1718, an Vetes, 7. I., an Cuvelier 28. I. 1719, ebenda (Davenish und Vetes, die ihn in Wien aufsuchen wollten, riet er daher, ihn in den Niederlanden zu erwarten). 38 ) Bericht Rossis nach Paris, 11. X. 1718, P, PB 79. '·) du Bourg an Dubois, 18. III., 22. IV. 1719, P, Autr 133, 134. Saint-Saphorin an Stanhope, 18. II., 19. IV. 1719, L 80/38. Berichte Rossis aus Brüssel nach Paris, 9. X I I . 1718, 3., 31. I I I . 1719, P, PB 79, über Mitteilungen von Eugens Vertrautem Hohendorff über die bevorstehende Ankunft Eugens, der in Wien nur noch die Fertigstellung der Instruktionen f ü r Feldmarschall Mercy (s. o. S. 57, 60) abwarte. Selbst schrieb der Prinz am 1. IV. 1719 an Stanhope, daß er nach Fertigstellung der Dispositionen f ü r den Feldzug in Sizilien nach den Niederlanden reisen werde, und am 22. IV. sprach er dem Grafen Wackerbarth von der Möglichkeit, den Weg über Dresden zu nehmen, W, SA, Β 34. 40 ) Eugen an Cuvelier, 13. V. 1719, ebenda, du Bourg an Dubois, 13. V. 1719, P, Autr 134: «Le départ de M. le Prince Eugène paraît reculé pour longtemps malgré le besoin que l'on aurait de sa présence aux Pays-Bas où tout va de travers. » u ) du Bourg an Dubois, 20. V. 1719, ebenda: «Les spéculatifs en cherchent la cause et ne manquent point de trouver quelques grandes négociations sur le tapis qui demandent que ce Prince reste encore à Vienne. Pour moi qui donne plus dans le simple, je crois pouvoir assurer Votre Grandeur que le Prince de Savoye est retenu ici uniquement par

416

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 128—130

une personne qui aurait trop à perdre s'il s'en éloignait. On lui fait envisager que sa présence à la Cour peut seule y soutenir son crédit.» Noch genauer hat es Saint-Saphorin schon in einem Schreiben an Stanhope vom 14. I. 1719, L 80/36, wissen wollen: «L'Empereur et tous les Ministres souhaitent son départ, mais les cabales de femmes l'arrêtent et Dieu sait quand il partira. La Batthyány craint qu'il ne fasse une autre maîtresse aux Pays-Bas et cela alarme i n f i n i m e n t . . . » Eugen an Jaupain, 18. X., an Cuvelier, 29. XI. 1719, W, SA, Β 35. «) Jaupain an Eugen, 24. I I I . 1722, W, SA, Β 136. " ) Eugen an Maldeghein, 29. IV. 1724, W, SA, G K 98 a. Uber die 6 großen Folianten des Kopialbuchs, W, SA, Β 32—37, vgl. BRAUBACH, Geheimdiplomatie, S. 16, 43. Es liegen Vorträge Eugens von 1716 bis 1723 in W, SA, B, Vorträge 1, 2, Korrespondenzen Priés und Mac Nenys mit Eugen in W, SA, G K 103 a und 101a, weiteres reiches Material, darunter vor allem die Berichte Jaupains an Eugen, in W, SA, B, D D , Abt. Β 135, 136, 136a 1/2, 136b 1/2, sowie ebenda 92a und b, 93 a und b. Der Inhalt von Schreiben des Prinzen an den Kaiser nach dem Register in dem Königlich Belgischen Staatsarchiv in Brüssel, österreichische Kanzlei der Niederlande, 36, 37, wird wiedergegeben von A. SPRUNCK, Prinz Eugen als Generalstatthalter der österreichischen Niederlande, Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs, 15, 1962, S. 144—180. Bisherige Darstellungen der Tätigkeit Eugens als Generalstatthalter: ARNETH, Eugen, I I I , S. 104—162, GACHARD, Belgique, S. 421—446. PIRENNE V, S. 167—202 (illustrierte Ausgabe, I I I , 1958, S. 95—112), Gh. DE BOOM, Les Ministres Plénipotentiaires dans les Pays-Bas Autrichiens, principalement Cobenzl, 1932, S. 11—30, NIESSEN, SANDNER.

" ) Eugen an Prié, 11. V. 1718, W , SA, B 33. *') Eugen an Prié, 8. X. 1721, ebenda 36: «La correspondance n'est pas une affaire du Ministre, il ordonne les lettres ou dépêches, les secrétaires selon leur resp. département les minutant et mettant au net, et dèsqu'elles ont l'approbation, elles se dépêchent sur le champ, il n'y a que quelques-unes qui de temps en temps peuvent être de l'importance que le Ministre les dicte ou écrit lui-même, cela arrive rarement et ne peut faire aucune diversion aux affaires particulièrement quand on les ainsi qu'on doit expédie . . . ; si les relations ou lettres ne sont pas toujours de la même politesse ou avec toutes les réflexions que le Ministre ferait s'il écrivait lui-même, cela n'empêche pas que la matière ne soit pas bien ou assez expliqué pour l'information de la Cour. » Ähnlich an Mac Neny, 29. I I I . 1724, W, SA, G K 101a, wegen der langen Verzögerung einer Sendung Priés, die nicht eingetreten wäre, «s'il avait voulu charger quelque autre du soin de minuter la relation et s'il s'était contenté de lui communiquer ses pensées et de recevoir ensuite la minute . . .; tant que M . le Marquis de Prié ne périra sa coutume de vouloir lui-même travailler aux relations il sera impossible que les affaires se pourront dépêcher avec la vitesse nécessaire. » " ) Ü b e r P r i é ( 1 6 5 8 — 1 7 2 6 ) v g l . ARNETH, E u g e n , I , S . 3 9 5 — 3 9 8 , LANDAU, W i e n , S . 3 9 1 — 3 9 3 , KRAMER S . 7 6 / 7 7 , REUMONT, P r i é , S . 2 1 3

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 130—133

417

bis 242, BRAUBACH, G U A , S. 190/91, BENEDIKT, Bonneval, S. 48—54. Ein Bild Priés ist wiedergegeben in der illustrierten Ausgabe von P I R E N N E , I I I , S. 108. Nach Rep. I, S. 476/77, war ein Conte Giovanni Antonio T u r i n e t t i di Portengo 1650 u n d 1680/81 savoyischer Gesandter in London. Bonneval hat in einem Schreiben an den Kaiser vom 27. X . 1724 behauptet, Prié sei der nobilitierte Sohn eines reichen Arztes u n d der Neffe u n d Erbe eines berüchtigten Bankiers, P, P B 94. " ) Vgl. Bd. I I , S. 171/72, 437 (Anm. 325). 50 ) E r stellt das selbst in einem Schreiben an Perlas vom 11. V I I . 1718 fest, W , SA, Β 33: «Je conviens q u e j e l'ai proposé au poste.» 51 ) I n Belgien scheint m a n auch mit der Berufung eines Ausländers einverstanden gewesen zu sein, wie die bei GACHARD, Belgique, S. 438, mitgeteilten Äußerungen des später zu den erbittertsten Feinden Priés zählenden Herzogs von Ursel vom 8. u n d 15. X. 1716 zeigen: «Nous sommes fort heureux que l ' E m p e r e u r nous ait donné u n Ministre aussi éclairé que M . le Marquis de Prié. » M ) Eugen an die Marquise de Prié, 22. IX. 1723, W , SA, G K 103 a. Siehe auch M a c N e n y an Eugen, 5. V I I I . 1721, W , SA, Β 136b 1/2, über einen Schlaganfall Priés: «Sa Majesté perdrait certainement u n habile et zélé Ministre, s'il venait à mourir. » 5S ) Berichte Saint-Saphorins, 30. V I I . , 2. V I I I . 1721, L 80/44. 51 ) Saint-Saphorin an T o w n s h e n d , 2. IX. 1721, ebenda: «Je crains que ce pauvre h o m m e qui est âgé, valétudinaire et à qui on a fait tant de chagrins, ne vienne à manquer. » Eugen an Prié, 10., 13. X I . , an Jaupain, 8. X I I . 1717, W , SA, Β 33. 5β ) Verheiratet war Prié seit 1684 mit Diana di Saluzzo Cardé. Seine T o c h t e r Carlotta hatte den Grafen Joseph von Aspremont geheiratet, der Anfang 1720 starb, von seinen Söhnen trug einer den Titel eines Grafen von Castiglione, u m dann d u r c h die Heirat mit einer Spanierin Prince d'Esquilache zu werden, ein anderer den eines Marquis von Pancalier. Von diesen wußte Jaupain am 8. V I I . 1721 an Eugen zu berichten, daß sie in Aachen beim Bassette-Spiel 12000 Pistolen verloren hatten u n d es zwischen ihnen u n d deutschen Prinzen wegen ihres anmaßenden Auftretens zu Mißhelligkeiten gekommen war, W , SA, Β 136b 1/2. Vgl. BRAUBACH, G U A , S. 316, GACHARD, Documents, I I , S. 4. " ) Eugen an Prié, 1. IV. 1722, W , SA, Β 37: «C'est bien malgré moi que je dois dire à V. E. que l'administration du Gouvernement des PaysBas ne saurait continuer sur le pied de nulle correspondance avec la Cour, d ' u n e lenteur extrême dans l'expédition des affaires et des plaintes universelles à ce sujet tant d'étrangers que d'ici et des gens d u pays. Il ne suffit pas de faire les affaires, mais il faut que cela soit à temps et d ' e n informer. Je m e suis jusqu'ici fait u n plaisir d'excuser toutes ces irrégularités. » 5S ) Eugen an M a c Neny, 13. I X . 1724, W , SA, G K 101a: «Toutes ces mauvaises cabales qui augmentent d ' u n j o u r à l'autre ne peuvent naturellement que causer d u chagrin à M . le Marquis. J'en ai aussi peu de plaisir que lui, mais cela ne m ' e m p ê c h e entier en vie de songer à remplir m o n devoir comme je l'ai toujours fait, et M . le Marquis doit 27 Braubadi, Prinz Eugen

418

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 133—135

faire le même sans témoigner d'en être embarrassé. U n Ministre de sa capacité et expérience qui connait depuis si longtemps les intrigues de la Cour ne doit pas se rebuter de ces sortes de travers et il doit montrer sa grandeur d'âme en les méprisant et en s'attachant uniquement à ce que le service et sa réputation demande sans s'en laisser détourner. » 5 ») Über Graf Alexander von Vehlen (f 1727) Graf THÜRHEIM, Traun, S. 287, DE BOOM S. 16/17, 26, 389. eo ) Eugen an Prié, 23. IV., 25. V I I . 1718, Patent f ü r Hohendorff, 30. IV. 1718, W, SA, Β 33. β1 ) Bericht Rossis nach Paris, 29. X I . 1718, P, Autr 79, über eine U n terredung mit Hohendorff, der in vertraulicher Verbindung mit Eugen stehe: «La manière presque soumise avec laquelle M . le Marquis de Prié le voit aussi bien que tous les Allemands qui sont ici, en est une nouvelle preuve. » Zu seinem Tod Eugen an Prié, 27. V. 1719, W, SA, Β 34: «L'estime que j'avais pour les bonnes qualités de feu M . de Hohendorff et la perte que Sa Majesté a faite d'une personne de mérite me font beaucoup regretter sa mort.» Vgl. BRAUBACH, G U A , S. 130/31, 154—158. M ) Über Cuvelier, der vorher Pensionär der Stadt Möns war, GACHARD, Belgique, S. 431, DE BOOM S. 26/27. Eugen an Cuvelier, 11. II. 1722, W, SA, Β 37. ,a ) In den Bänden des Kopialbuchs, ebenda 32—37, sind Briefe Eugens an Cuvelier wiedergegeben vom 28. X I I . 1718, 28. I., 18. II., 13. V., 28. VI., 29. X I . («Vous ferez très bien de continuer vos mémoires sur le rétablissement des finances, dont le dérèglement et l'insuffisance me sont trop connus. ») 1719, 10. II., 10. X . 1722. Siehe das Schreiben Eugens an Mac Neny vom 20. I. 1725 (also nach seinem Rücktritt), W, SA, G K 101a: «C'est dommage que l'audiencier [Cuvelier] laisse aussi s'entraîner dans des cabales, lui qui est homme d'esprit. Je ne sais presque plus ce que je dois croire de lui toutes ses lettres étant rempli de plus fortes protestations. » M ) Über Mac Neny vgl. H U I S M A N S. 1 9 0 — 1 9 2 , 3 9 5 , DE B O O M S. 1 4 5 . Jaupain an Eugen, 3. I. 1718, W, SA, Β 135, über Verhandlungen mit Prié, der ihn an Mac Neny verwies, « fiscal des finances qu'il lui paraissait un homme entendu: V. A. S. doit savoir que Neny est un Anglais intrus dans sa charge par Mylord Orrery.» Siehe über Orrery GACHARD, Belgique, S. 3 7 1 — 4 0 2 . β6 ) Vortrag Eugens, 18. V. 1723, W, SA, Β, Vorträge 2. ,β ) Über Francisco Antonio Navarro vgl. VAN KALKEN S. 205/06, 220, DE BOOM S. 14, 145. Danach war Navarro «âgé, infirme et peu au courant des affaires des Pays-Bas » ; jedenfalls hat er, von dessen T o d in Briefen Eugens an Prié aus dem IX. 1723 die Rede ist, keine große Rolle gespielt. Die fortwährenden Bemühungen Eugens, Mac Neny die Stelle zu verschaffen, haben erst am Schluß seiner Statthalterschaft Erfolg gehabt, obwohl er schon am 17. V. 1724 Prié ein kaiserliches Dekret übersandte, wonach Mac Neny alle Navarro zugestandenen Rechte «tant dans l'honorable que dans l'utile » erhalten sollte, W , SA, G K 103 a. ·') Eugen an Prié, 15. IV. 1724, ebenda. ββ ) Eugen an Mac Neny, 19. I., 12., 23. II. 1724, W, SA, G K 101a.

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 136—139

419

·») Marlborough an Kaiser Karl, 15. II. 1712, M U R R A Y V, S. 576. ">) Eugen an Jaupain, 31. VII. 1716, W, SA, Β 32. Ebenda 32—37 weitere Schreiben Eugens an ihn, so vom 5. IX. 1716: «Les intrigues que vous appréhendez au sujet des postes ne vous doivent faire aucune peine, parceque je suis persuadé que S. M . I. soutiendra la résolution une fois prise et qu'on ne fera rien sans me le communiquer, de sorte qu'il y aura toujours lieu de les prévenir»; 18. X. 1719, 30. V I I . 1721. Zahlreiche Berichte Jaupains an Eugen in W, SA, Β 135, 136, 136a 1/2, 1 3 6 b 1 / 2 . V g l . SANDNER S . 5 7 , S P R U N C K S . 1 6 3 .

Jaupain an Eugen, 27. V., 4. VII. 1721, W, SA, Β 136b 1/2. '») Eugen an Prié, 18. V I I I . 1723, W, SA, G K 103 a: «Vous rendez justice à Jaupain en disant qu'il a rendu des bons services, personne ne doit le mieux savoir que moi, et il est juste de l'en récompenser ou en le laissant dans la direction ou en lui donnant une charge également lucrative et honorable. » Uber eine Unterbringung Jaupains im Finanzrat oder in der Rechenkammer, falls er auf Grund einer Krankheit von seinem Amt als Postdirektor zurücktreten sollte, ist in Briefen Eugens an Prié vom 1. I I I . und 20. V. 1724 die Rede. Am 4. X I I . 1734 betont der Prinz in einem Schreiben an den damaligen kaiserlichen Minister Harrach, W , AHar586, daß der verstorbene Postdirektor Jaupain in allen Gelegenheiten soviel Eifer gezeigt, daß er seiner Familie gern helfen wolle. '») Eugen an Mac Neny, 3., 7., 10., 14. II. 1725, W, SA, G K 101a. Auch nach seinem Rücktritt hat er die Verbindung mit Mac Neny und Jaupain zunächst aufrechterhalten, von denen er weiterhin sich geheime Informationen geben ließ. Siehe sein Schreiben an Mac Neny vom 17. II. 1725, ebenda: «N'oubliez pas de vous entendre avec Jaupain pour que vos lettres et les siennes ne sont pas exposés à être ouvertes. » 71

7l

) V g l . GACHARD, B e l g i q u e , S . 4 4 7 — 4 8 4 , P I R E N N E V , S .

172—174.

) Vortrag über die von den sämtlichen Niederländischen Ständen angebrachten Beschwerden gegen den Barriere-Traktat, 16. IV. 1716, W, SA, B, Vorträge 1. ™) Vgl. v. S R B I K , Niederlande, I, S . 531—573, PRIBRAM I, S . 385 bis 399. Siehe auch die Berichte des holländischen Gesandten in Wien, Hamel Bruynincx, 27. IV., 2., 23. X I . 1718, 18. I. 1719, W G II, S. 708, 712/13, 719. " ) Eugen an Prié, 7. I. 1719, W, SA, Β 34. An den Verhandlungen im Haag war auch Jaupain beteiligt, der darüber am 26. VII., 12. VIII., 9., 30. IX., 10. X. 1718 an Eugen berichtet, W, SA, Β 135. 78 ) Eugen an Prié, 5. V I I . 1719, W, SA, Β 34, ARNETH, Eugen, I I I , S. 530/31: «Les réflexions générales que V. E. a fait . . . sur la constitution interne des Pays-Bas catholiques sont très judicieuses, car il est très constant qu'un Gouvernement composé de plusieurs Provinces, dont chacune a ses lois et coutumes différentes de l'autre et toutes tiennent du monarchique mêlé de l'aristocratique et du démocratique rencontre des grandes difficultés dans l'exercice d u pouvoir qui convient au Souverain, et que le sujet appréhende et veut limiter par l'opposition de ses privilèges et de la liberté, dont le seul nom et l'imagination lui coûte souvent fort cher, et l'engage à donner ses subsistances pour con27*

420

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 139—141

server ce que véritablement il ne possède point. L'Hollande en fournit un exemple sans contestation et devrait servir de réflexion aux sujets des Pays-Bas, dont la situation exige indispensablement un nombre des troupes pour conserver le repos en dedans, protéger les gens de bien contre le mauvais ou turbulent, et assurer leur conservation contre ses voisins. Le subside qu'on leur demande fera ce qui le fait le plus récrier, et cependant ils ne sauraient être conservés dans ce qu'ils aiment le plus savoir une véritable liberté et leurs privilèges sans ce secours qui est l'entretien des troupes, leur unique défense, de sorte qu'on peut quasi dire: quam habent oderunt libertatem. » Vgl. SANDNER S. 23/24. " ) Eugen an Prié, 7. I. 1719, W, SA, Β 34: «C'est au Gouvernement de ménager les élections des membres des états pour y placer des personnes affectionnées ainsi qu'on fait au Parlement d'Angleterre. » 80 ) Eugen an Prié, 17. IX., 22. X. 1718, ebenda 33, wegen Ernennung Wrangeis: «Je suis aussi du sentiment qu'il ne faut pas s'attacher à la qualité des Brabançons pour s'habiliter à ce Gouvernement, les mérites et les services doivent être le seul motif à exciter à des pareilles grâces sans restriction en faveur de l'une ou autre nation. » Eugen an Mac Neny, 22. IX. 1723, W, SA, GK 101a, zur Neubesetzung der Stelle des Kriegssekretärs: «Je suis du sentiment du Marquis de Prié que la raison d'état ne veut pas que l'on mette des gens du pays dans ce bureau, que par la même raison je crois aussi que ceux que l'on y mette ne doivent pas être tous Espagnols et que Sa Majesté a assez des sujets de ses autres pays que l'on y pourra utilement employer. » 81 ) Eugen an Prié, 7., 24. IV., 12. V., an Perlas-Rialp, 29. V., 24. VI., 5., 27. VIII., 6., 13., 24. IX. 1717, W, SA, Β 32. 82 ) V g l . GACHARD, B e l g i q u e , S . 4 2 7 — 4 3 1 , PIRENNE V , S . 183, SANDNER S . 18/19, SPRUNCK S . 117.

8S ) Jaupain an Eugen, 12. VIII. 1718, W, SA, Β 135. Vgl. über Ursel, Rubempré und Maldeghem unten Anm. 218. 81 ) Eugen an Perlas, 22. VII. 1718, an Ursel, 17. IX., 23. XI. 1718, W, SA, Β 33. In dem letzten Brief an Ursel erklärt er, daß er die «mortification», die sein früheres Schreiben bei dem Herzog erregt habe, nicht verstehe: «Je suis fâché de ne pas être assez connu de vous, pour me croire capable des préventions, vous assurant que je n'en ai aucune contre personne, qu'autant que je suis fondé de l'avoir sur des raisons solides»; die erbetene Erlaubnis zu einer Reise nach Wien hinge von Seiner Majestät ab, «laquelle pourrait peut-être ne la point agréer dans la circonstance des affaires qui exigent la présence des Ministres au lieu ordinaire pour y travailler avec subordination et harmonie pour les intérêts communs. » Eugen an Prié, 11. I., 8. II., 4. III. 1719, ebenda 34: Prié hatte Ursel, weil er sich ohne Erlaubnis entfernt hatte, aus dem Staatsrat ausgeschlossen, was ihm den Befehl eintrug, ihn wieder in seine Funktionen einzusetzen, und die Mahnung, sich vorsichtiger zu verhalten, der Kaiser wolle zwar Beachtung seiner Erlasse, «mais non pas tenir les gens de qualité sur le pied des écoliers et par-là les dégoûter d'ambitionner les emplois ».

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 142—143

421

8e ) Vortrag Eugens an den Kaiser, 12. II. 1724, W, SA, G K 93b. Eugen an Prié, 26. IV. 1724, W, SA, G K 103a: eine Änderung des Staatsrats müsse bei günstiger Gelegenheit durchgeführt werden, wobei man anstreben müsse, «de tenir autant qu'il se peut la noblesse hors du dit Conseil pour la raison que l'on trouvera toujours plus d'application dans les gens de robe et que l'on se pourra aussi se promettre 4e leur part plus d'affection au service et plus de déférence aux volontés du gouvernement, mais il n'est pas encore temps de toucher cette corde». Vgl. DE B O O M S. 19—23, NIESSEN S . 159/60, SANDNER S . 27. 8? ) Vgl. dazu vor allem die bei GACHARD, Documents, I u. I I , abgedruckten Berichte Priés an Eugen und Eugens an den Kaiser, ferner A R N E T H , Eugen, III, S . 112—117, GACHARD, Belgique, S . 445/46, P I R E N N E V, S . 185—190, NIESSEN S . 158/59, SANDNER S . 68—70, S P R U N C K S . 120, 141—148, L. VERNIERS, Bruxelles, Esquisse Historique, 1941, S. 182—185. 88 ) Eugen an Prié, 21. V. 1717, W, SA, Β 32: «Je conviens avec vous qu'il est également dangereux de dissimuler et souffrir que de réprimer et châtier les principaux auteurs, il faudra cependant se résoudre à ce dernier dès que tous les remèdes de douceur seront sans effet. » Dagegen teilte er ihm am 29. V. 1717 aus dem Lager bei Peterwardein mit, daß der Kaiser seiner Meinung zugestimmt habe, «de n'user d'aucune violence ou faire marquer le moindre ressentiment envers les nations opiniâtres, l'intention étant de les ramener par la douceur et remission des deux vingtièmes pour éviter tout engagement dangereux. » Siehe auch seine Schreiben an den Kaiser vom gleichen Tag, GACHARD, Documents, II, S. 281—285: «Le service de Votre Majesté exige, dans cette occasion, de dissimuler tout ressentiment, d'user de bénignité et d'employer la douceur pour ramener les esprits égarés à leur devoir, non seulement par rapport aux dangereux engagements que le remède opposé entraînerait infailliblement avec un peuple accoutumé, dans ces sortes de rencontres, de prétexter la violation de ses privilèges, dont de génie il est naturellement jaloux . . ., mais aussi par rapport aux malheurs et confusions qui ont régné parmi eux. » 89 ) Eugen an den Kaiser, 29. X I I . 1717, 2. II. 1718, ebenda II, S. 285—287, Schreiben Eugens an die beiden ersten Stände Brabants, 5. II. 1718, ebenda I, S. 162/63. 90 ) Eugen an den Kaiser, Belgrad, 13., 16. VI. 1718, ebenda II, S. 290/91, an Vehlen, 20. VI. 1718, ebenda I, S. 223, Eugen an Hohendorff, Belgrad, 20. VI. 1718, W, SA, Β 33: «Je ne saurais juger du loin de ce qui est arrivé à l'occasion du tumulte de Bruxelles, s'il y a eu de la malice ou malentendu dans la disposition des troupes, il me paraît pourtant qu'il y a de quoi tenir une inquisition pour venir au fond d'une affaire honteuse au gouvernement. » 81 ) Eugen an Prié, 5. X. 1718, ebenda: «L'intention n'est point d'opprimer ou faire tort aux bons sujets, mais de les défendre et assurer contre l'insolence et mauvais desseins des malintentionnés, réprimer leur audace et les contenir dans les bornes de leur devoir. » 8i! ) Bericht Priés, 25. VII. 1718, ebenda I, S. 281—325. Eugen an den Kaiser, 7. IX. 1718, ebenda II, S. 291.

422

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 143—147

·») Prié an Eugen, 2. II. 1719, ebenda II, S. 3—8. Eugen an Prié, 15. II. 1719, W, SA, Β 34. M ) So PIRENNE V, S. 189. Berichte Priés, 16., 20. III., 13. IV., 8., 15., 2 5 . V . , 8., 2 6 . V I . , 31. V I I . , 7. V I I I . , 18., 2 1 . I X . 1719, GACHARD,

Documents, II, S. 35—191. Vgl. L. GALESLOOT, Procès de François Anneessens, Doyen du Corps de Métiers à Bruxelles, 2 Bde., 1862/63, S. TASSIER, Anneessens, Le Flambeau, 1935. •5) Eugen an Prié, 17. V., 1. VII., 19. V i l i . 1719, W, SA, Β 34. ··) Eugen an den Kaiser, 7. VI. 1719, GACHARD, Documents, II, S. 302/03 : «Je me suis remis, en réponse au Marquis de Prié, pour ce qui regarde la torture à donner, sur ce qu'il croira convenir sur le lieu avec ses instructions, la justice et le bien du service de Votre Majesté. » Eugen an Prié, 30. IX. 1719, W, SA, Β 34: «Il me paraît que des coupables convaincus et condamnés peuvent être mis à la torture, lorsqu'il y a des indices suffisants qu'ils n'ont pas commis seuls ou sous instigation le crime, dont ils sont accusés, sans qu'ils aient découvert les complices, car en ce cas elle ne se donne pas par rapport au propre crime mais à la découverte des autres. » ·') Eugen an den Kaiser, 27. IX. 1719, GACHARD, Documents, II, S. 304/05. ··) Vgl. Bd. II, S. 128. ·») Eugen an Prié, 18. X. 1719, W, SA, Β 34. Vgl. ARNETH, Eugen, I I I , S. 533. 10

°) So Prié in seinem Bericht an Eugen, 15. XII. 1717, GACHARD,

Documents, I, S. 134/35. 101

) Eugen an Prié, 29. X. 1718, W, SA, Β 33: er billigt die «bonne réprimande aux maîtres drapiers de Gand qui ont demandé tumultuairement les remèdes à leurs griefs. Il faut absolument remédier par la rigueur, si les moyens doux n'ont pas lieu à des pareilles démarches contre le bon ordre de l'obéissance et l'honneur du gouvernement . . . l'on ne prétend pas de violer en aucune manière les justes droits et coutumes, mais aussi on ne peut pas permettre des tumultes à chaque plainte. » loa ) Eugen an den Kaiser, 18. X. 1719, GACHARD, Documents, II, S. 305/06. Eugen an Wrangel, 11. X. 1719, W, SA, Β 34: «J'ai vu la disposition des troupes . . . pour le jour de l'exécution des criminels de Bruxelles. Je souhaits que la démonstration de justice faite soit suivie d'une parfaite tranquillité et de toutes les grâces que S. M. est accoutumée de répandre sur tous ses bons sujets. » 103

) PIRENNE V , S . 190. E u g e n a n d e n K a i s e r , 2 4 . I I . 1720, GACHARD,

Documents, II, S. 306—308, an Prié, 21. II. 1720, W, SA, Β 35. 1M ) Anweisungen an den Ingenieur de Beauffe, 17. XI., 29. XII. 1717, an Prié, 2., 19. III. 1718, ebenda 32, 33. 105 ) Eugen an Prié, 9. II., 26. IV., 14. VI. 1724, W, SA, GK 103a, an Mac Neny, 22. XII. 1723, 29. I., 22. II., 21. III., 8. IV., 27. V., 1., 12., 19., 29. VII., 15., 22., 25. XII. 1724, ebenda 101a. 10β

10

) V g l . HUISMAN S . 9 8 / 9 9 , SANDNER S . 6 4 / 6 5 .

') Eugen an Prié, 5. V. 1717, W, SA, Β 32: «Ayant commençé à examiner les états de revenus et dépenses aus Pays-Bas . . . j'ai trouvé

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 147—150

423

effectivement que celle-ci excède de plus de 2 millions les fonds qu'on a. Comme cependant il y a une bonne partie de la dépense que l'on peut ou entièrement supprimer ou au moins diminuer et qu'il faut espérer une meilleure économie et augmentation des revenus par le bon établissement à faire dans les finances, je crois qu'il y aura des moyens de pouvoir mettre les affaires sur un pied de suffisance pour le payement ponctuel de la milice et autres besoins indispensables de l'état. » 108 ) Eugen an Cuvelier, 23. XI. 1718, ebenda 33: «Je crois qu'une bonne règle et une sage administration des revenus et dépenses rétablira les affaires des finances. » 10 ») Eugen an Perlas-Rialp, 10. V. 1720, ebenda 35. 110 ) Saint-Saphorin an Townshend, 30. VII. 1721, L 80/44, über Äußerungen Eugens und Starhembergs: «Si Prié nous aurait promis d'avance d'entretenir aux Pays-Bas au delà de 18000 hommes, de payer régulièrement le subside aux Hollandais de même que les intérêts des dettes énormes . . . et d'acquitter mêmes les capitaux, nous l'aurions pris pour un fanfaron . . . Il ne nous l'a pas promis, mais il le fait réellement. » Vgl. A R N E T H , Eugen, III, S. 155, NIESSEN S. 160. m ) Eugen an Prié, 10. X I I . 1721, W, SA, Β 36. lla ) Vortrag Eugens, 12. II. 1724, W, SA, Β, Vorträge 2. Eugen an Prié, 26. IV. 1724. 113 ) Vgl. A R N E T H , Eugen, I I I , S . 118—124, S P R U N C K S . 159. 114 ) Vehlen an Eugen, 4. I. 1720, ARNETH, Eugen, III, S. 533/34. 116 ) Eugen an Vehlen, 20. I. 1720, ebenda S. 534. lle ) Eugen an Vehlen, 5. VI. 1720, ebenda S. 122. Siehe auch ebenda S. 535 seinen Brief an Vehlen vom 1. V. 1720: „Meines Erachtens kann dasjenige, was aus Gelegenheit der eingeführten Mississippischen Kompagnie in Frankreich vorgegangen ist und zu Aufrechterhaltung des genommenen impegni despotice schon wirklich angekehrt worden und noch weiter zu verordnen kommen dürfte, anderwärtig beförderst in Niederland um so weniger Platz greifen, als Ihre Kaiserliche Majestät gewisse harte, unanständige principia anzunehmen ein billiges Bedenken tragen, solches auch in Exekution sowohl propter genium et privilegia nationis als anderer Umstände wegen die große Beschwerlichkeit und Weitläufigkeiten finden dürfte, zumal da die Situation dieser Länder und daher rührende Besorgung eines Krieges den Kredit bei auswärtigen allzeit verdächtig machen und abhindern wird, fremde Gelder alldort anzulegen oder gegen Papiere zu verwechseln." Vgl. den Vortrag Eugens für den Kaiser, 17. IX. 1720, W, SA, B, Vorträge 1, mit «réflexions sur les projets chimériques, intéressés et pernicieux des nommés Marseau et du Peray ». 117 ) Eugen erfuhr durch ein Schreiben Jaupains vom 24. X I I . 1720, W, SA, Β 136, «que le célèbre Mr. Law est arrivé ici dimanche au matin incognito» und von Prié aufgesucht und beschenkt worden sei. Am 8. I. 1721 beklagt der Prinz sich bei Prié, daß er von ihm noch nichts von dem Erscheinen Laws und seines Sohnes in Brüssel, von dem die Zeitungen berichteten, gehört habe, und die gleiche Klage wiederholt er am 29. I., W, SA, Β 36.

424

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 150—152

118 ) Eugen an Vehlen, 15. X., 10. XI. 1721, ARNETH, Eugen, III, S. 123/24, 535/36. lle ) Zum Folgenden vor allem das Werk von HUISMAN, ferner AR-

NETH, E u g e n , I I I , S . 1 2 5 — 1 3 6 , NIESSEN S . 1 6 1 — 1 6 4 , PIRENNE V, S . 191 b i s 2 0 1 , SANDNER S . 9 1 — 1 0 6 , H . BENEDIKT, F i n a n z e n u n d W i r t s c h a f t

unter Karl VI., Der Donauraum 9, 1964, S. 51—53. 12 °) Sowohl Thomas Ray und Pieter de Potter als auch vor allem Vater und Sohn Gollet oder Jollet de la Merveille begegnen häufig in den Korrespondenzen des Generalstatthalters. Von Paul Jakob Cloots heißt es in dem Bericht Eugens an den Kaiser vom 22. V. 1720, W, SA, B, Vorträge 1, daß dieser «négotiant fort riche et habile d'Anvers, où il est venu depuis quelques années d'Amsterdam se rétablir», um die Verleihung des Titels eines Hofrats und die Gnade eines Porträts des Kaisers gebeten habe, und er, Eugen, der Meinung Priés zustimme, «que c'est l'unique et le plus capable qui pourra donner une direction aux affaires du commerce dans les Pays-Bas, qu'il a assisté le gouvernement avec sa bourse sans intérêt et qu'il continue de le faire encore à 4% au lieu de 4%% qu'on a toujours payé ci-devant. » Vgl. HUISMAN S. 115. m

) V g l . HUISMAN S . 9 3 / 9 4 , NIESSEN S . 163. I n W , S A , Β 33 ist e i n

Schreiben Eugens an Jacques Ernest de Castillon, Conseiller commis pour les affaires des droits royaux et du commerce aux Pays-Bas, wiedergegeben, in dem ihm für einen Bericht an den Finanzrat über die Ladung eines von China nach Ostende zurückgekehrten Schiffes la Merveilles und über dessen Reise gedankt wird: «On fera attention à temps et lieu sur les remarques . . . et tâchera en temps de paix avec les Turcs de procurer aux Pays-Bas tous les plus grandes avantages qui se pourront pour les remettre dans un état florissant du commerce, l'unique moyen de procurer le bien du service et général et d'un chacun en particulier. » m ) Über André de Solaris Marquis del Campo vgl. VAN KALKEN S. 207. Eugen an del Campo, 1. XII. 1717, W, SA, Β 32, über dessen Einsetzung in das Gouvernement von Ostende, «que S. M. I. vous a accordé et vous fera assigner la garnison qui de temps à temps y sera»: «J'attendrai avec plaisir les éclaircissements . . . sur les 7 ou 8 frégattes que vous croyez pouvoir armer sans qu'il en coûte aux finances de S. M. » Weitere Briefe des Prinzen an del Campo vom 6. IV., 1., 11. VII., 8. Vili., 14. IX., 1. XI. 1718, 11. I. 1719, 10. VII. 1720, 20. XII. 1721, ebenda 32—36, zahlreiche Berichte del Campos an Eugen aus den Jahren 1 7 1 9 bis 1 7 2 1 in W, SA, Β 136a 1/2, b 1/2. 1M ) Berichte Stiernhöök-Pastors nach Paris, 6. IV., 7. V. 1718, P, Autr 127, 128. 124 ) Unter anderen Eugen an Prié, 8. III. 1721, W, SA, Β 36. la5 ) So schon an Prié, 23. XII. 1716, ebenda 32. Eugen an den Kaiser, 9. IX. 1719, W, SA, B, Vorträge 1: «Je conviens et renouvelle en suite des mes représentations précédentes que c'est une nécessité indispensable et une utilité évidente de remettre le commerce et la navigation des Pays-Bas, dont la situation est propre et les génies des habitants aptes à pouvoir se promettre une heureuse réussite, laquelle ne doit aucunement retardée. »

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 153—154

425

12e ) Eugen an Prié, 17. XI. 1717, W, SA, Β 32: «Il n'y a plus sûr que le rétablissement du commerce peut remettre dans peu les Provinces des Pays-Bas dans leur premier lustre et que la jalousie des autres ne doit pas engager à oublier les propres avantages hormis qu'il n'y ait une raison d'état supérieure. » 12? ) Eugen an Prié, 23. XII. 1716, ebenda: «Je désire de savoir si les passeports de mer, soit pour les Indes, soit pour les autres endroits du monde, ont été ci-devant expédiés par la Cour ou les Gouverneurs Généraux et en quelle manière ou avec quelles observations et circonstances pour être valables et respectés par les nations étrangères. » 128 ) Uber die Bewilligungen von Pässen für die Ostender Kaufleute und Schöffen Thomas Ray und Pierre de Potter « avec trois pleinpouvoirs pour le Grand Mogul, moyennant lesquels ils pourront expédier les vaisseaux marchands . . . en toute sûreté et négotier suivant la coutume » Eugen an Prié, 27. II., 21. V. 1717, ebenda. Am 24. III. 1717 dankt Eugen la Merveille für ein Mémoire über die Errichtung einer Kolonie in Madagaskar, während er zugleich Prié davon unterrichtet: «Quoique je ne fasse pas grands fonds sur des certains projets, je dois cependant dire à V. E. qu'un certain de la Merveille à Bruxelles m'a donné un sujet du commerce de l'île de Madagascar . . . pour que vous y fassiez l'attention que vous jugerez sur le lieu de mériter. » Am 4. XII. 1717 dankt er la Merveille für eine neue Denkschrift über den Handel und fordert gleichzeitig Prié um Auskunft über ihn auf, « étant bien aise de favoriser les gens de mérite et capables à faire refleurir le commerce». Anfang 1718 legte dann la Merveille Pläne für Ausbau und Befestigung des Hafens von Ostende vor und bat um Ausstellung des Kapitänpatents für seinen Sohn Godefroi, wozu Eugen am 19. I. Stellung nimmt. Ausführlich äußert er sich dann in einem Schreiben an Prié vom 14. V. 1718 über ihre Anforderungen, ebenda 33. "·) Eugen an Prié, 19. I., 2. III., 23. V. 1718, an del Campo, 6. IV. 1718, ebenda. 130 ) Eugen an den General-Feldwachtmeister Freiherrn von Schmettau, 9. X. 1720, FE XVIII, Suppl. S. 183. Eugen an Prié, 9. X. 1720, W, SA, Β 35: hier bezeichnet er Schmettau als «homme assez entendu et versé » und sein Projekt «assez bien imaginé ». — Siehe auch die Äußerung zu Prié am 17. II. 1719, ebenda 34, über Hinweise, die der den Zaren auf seiner Reise nach Frankreich begleitende dänische Resident über einstige Verträge zwischen Kaiser Karl V. und Dänemark gemacht haben sollte: «J'attends d'être informé . . . d'autant plus qu'un pareil traité pourrait à cette heure servir utilement par rapport aux Pays-Bas fort avantageusement situés pour ce commerce du Nord. » m ) Saint-Saphorin an Stanhope, 7., 24. XII. 1718, 4., 8., 11. II.

1 7 1 9 , L 8 0 / 3 8 . V g l . HUISMAN S . 1 1 8 — 1 2 4 , PRIBRAM I , S . 4 4 4 . 132

) Eugen an den Kaiser, 9. IX. 1719, W, SA, B, Vorträge 1. Eugen an Prié, 6. IX. 1719, W, SA, Β 34. 133 ) Eugen an Prié, 10. VI., 22. VII., 2. XII. 1719, ebenda, an den Kaiser, 1. XI. 1719, W, SA, B, Vorträge 1.

426

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 155—158

1M ) Eugen an Prié, 30. X I I . 1719, W, SA, Β 34: «Il ne faut aucunement douter que les deux Compagnies des Indes d'Angleterre et d'Hollande s'uniront sur leur intérêt commun. Je ne vois cependant pas, comme ils puissent prétendre d'empêcher aux sujets de S. M. I. la jouissance et usage d'une liberté donnée à tous peuples par le droit de la nature, autant qu'il n'est pas limitée par les traités. » 186 ) Eugen an Prié, 2., 16., 23. X I I . 1719, 28. II., 22. V. 1720, ebenda 34, 35, an Mac Neny, 8. I. 1721, ebenda 36. lse ) Eugen an Prié, 1. I I I . 1721, ebenda: «Il me paraît qu'une des plus grandes difficultés sera, si on doit l'établir avant d'être convenu avec la Hollande d'un traité de commerce en général . . . Je crois que pour ne pas trop pousser la jalousie de notre commerce et navigation naissante la pêche des harengs aux côtes d'Écosse et de la morue à Terre Neuf . . . peut encore être différée. » " ' ) Eugen an Mac Neny, 12., 26. III., 19. IV. 1721, ebenda, "β) Vgl. HUISMAN S. 142—153. In einem Schreiben an Prié vom 3. V I I I . 1720, W, SA, Β 35, bittet der Prinz um Prüfung einer Mitteilung des Mailänder Großkanzlers Visconti «au sujet d'un établissement de commerce que le Père Joseph Agosti, Théatin, depuis 12 ans missionaire en Asie, est chargé de proposer», wobei zugleich das beachtet werden solle, was der auf der Rückfahrt von Indien befindliche Kapitän de la Merveille dort inzwischen erreicht habe. A m 23. IX. spricht er von der Ankunft des «Père Augusti» aus Indien und dem «établissement» la Merveilles an der Küste von Coromandel: «Il faudra bien risquer quelque chose pour obtenir un établissement solide, d'autant plus que ce que la Merveille a fait et obtenu est assez conforme avec les projets du Père Augusti et confirme la bonne disposition du Grand Mogul et de ses Ministres.» Am 16. X I . berichtet er, daß die Ministerkonferenz über eine Supplik des Kapitäns de la Merveille auf Ersatz der aufgewandten Kosten f ü r die Besitznahme des Forts Sadatpatnam beschlossen habe, «qu'on doit examiner et voir sur le lieu, si et comment cet établissement nouveau peut être regardé et soutenu d'engagement qu'il a pris avec le Nabob de ce pays, dont l'inexécution pourrait être à l'avenir préjudiciable au commerce des sujets et pavillons de Sa Majesté. » " · ) Eugen an Prié, 8. X I . 1717, SANDNER S. 95. 140 ) Eugen an Prié, 30. X. 1720, W, SA, Β 35: «Il faudra un jour venir à une Compagnie et on mettra cette matière dans peu de jours dans une conférence ministériale. » m ) Eugen an Prié, 21. X I I . 1720, AHNETH, Eugen, I I I , S. 128 und 129, 537. Eugen an Prié, 6. V. 1721, W, SA, Β 36. "») Eugen an Prié, 23. V I I I . 1721, ebenda: « . . . que S. M. I. et le Ministère est ici au bout de la patience qu'on a eu jusqu'ici à attendre le retour du courier . . . L'on dit publiquement que le retardement se fait en vue d'intérêt particulier que la prédilection dans les passeports vaut annuellement 100000 fl. . . . Je sais bien que le soupçon ne saurait être mal fondé. » "*) Eugen an Mac Neny, 5. V I I . 1721, ebenda.

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 158—161

427

1U ) Mac Neny an Eugen, 22. VII., 10. VIII. 1721, W, SA, Β 136b 1/2. Saint-Saphorin an Townshend, 30. VIII., 2. IX., an Leathes (Brüssel), L 80/44, du Bourg an Dubois, 7. I. 1722, Ρ, Autr 140. Vgl. ARNETH, Eugen, III, S. 132, HUISMAN S. 197—200. "») Eugen an Prié, 2., 19. IX. 1722, W, SA, Β 37, ARNETH, Eugen, III, S. 538. Siehe auch Eugens Urteil über Colebrook in Schreiben an Mac Neny, 17. III. 1723, ebenda: «Il est à ce qu'on m'a dit homme d'esprit, intrigant et fort taciturne. » " ' ) Mac Neny an Eugen, 2. XII. 1721, W, SA, Β 136b 1/2. "") Berichte Mac Nenys an Eugen, 5., 10., 26. VIII. 1721, ebenda. "») Eugen an Prié, 1., 5. XI. 1721, W, SA, Β 36. Eugen an den Kaiser, 5. XI. 1721, W, SA, B, Vorträge 2. uo ) Karl VI. an Eugen, o. D. (eigenhändig), ebenda. Zum Datum Eugen an Prié, 22. XI. 1721, W, SA, Β 36: «S. M. I. m'a renvoyé le plan de commerce avec un billet de sa main en réponse de ma consulte . . . qu'Elle en avait lu une bonne partie, mais que pour gagner du temps je pouvais la mander dans la circulation du Ministère pour ensuite être examinée dans une Conférence Ministériale. » 151 ) Eugen an Prié, 10., 20. VI., 22. VII. 1722, W, SA, Β 37.

V g l . HUISMAN S . 2 0 0 — 2 6 6 , PRIBRAM I , S . 4 4 5 / 4 6 , PIRENNE V , S . 1 9 4 und 195. 152

) Eugen an Jaupain, 30. XII. 1722, W, SA, Β 37. ) Eugen an den Kaiser, 18. V. 1723, W, SA, B, Vorträge 2. Am Schluß dieses Angriffs auf Colebrook heißt es : « Sire, je ne veux inculper personne, mais seulement accomplir les obligations de ma conscience en lui représentant avec une entière réserve et soumission que des pareilles dispositions ne sauraient établir la confiance qui partout est l'âme de pareilles établissements de commerce. Je justifie par-là la conduite que j'ai tenue ci-devant et tiendrai à l'avenir à l'égard du dit Colebrook, la connaissance que j'ai de toutes ses intrigues ne permettant pas d'en agir autrement.» Saint-Saphorin an Townshend, 13. II. 1723, L 80/49: «Quoique le Prince Eugène ait eu la satisfaction de faire échouer Colebrook, il n'est cependant pas content de tout ce qui s'est fait à cet égard. » 1M ) Über die Wiener Reise Prolis und Mac Nenys Eugen an Prié, 15., 19. V., 5. VI. 1723, W, SA, Β 37. Über den aus Italien stammenden, seit 1684 in Belgien ansässigen Bankier und Großkaufmann Pierre Proli ( t 1733) Biographie Nationale de Belgique 18, S. 278—282. ls5 ) Eugen an Mac Neny, 15. IX. 1723, W, SA, GK 101a, ARNETH, Eugen, III, S. 133/34, 538/39. 15e ) Eugen an Prié, 2., 16., 20. I. 1723, W, SA, Β 37. Die Fragen der Behauptung von Sadatpatnam oder Coblon und der Entschädigung des Kapitäns de la Merveille für die von ihm dort aufgewandten Kosten haben den Prinzen und Prié während der Jahre 1722 und 1723 immer wieder beschäftigt. 157 ) Eugen an Prié, 2. VIII. 1724, W, SA, GK 103 a. Über die ersten Expeditionen der Kompanie vgl. HUISMAN S. 267—307. 168 ) Eugen an Prié, 2. X. 1723, W, SA, GK 103 a. "») Eugen an Mac Neny, 17. VI. 1724, ebenda 101a. 15S

428

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 162—165

18 °) Vgl. MECENSEFFY S. 15/16. Zur Haltung Hollands und Englands siehe A. GOSLINGA, Slingelandt's Efforts towards European Peace, 1915, G. Β. HERTZ, England and the Ostend Company, T h e English Historical Review 22, 1907, S. 255—279, M I C H A E L III, S. 371—399. lel ) Eugen an Prié, 10. IV. 1723, W, SA, Β 37. Berichte du Bourgs nach Paris, 1. V., 10. VI. 1723, P, Autr 143: in dem Bericht vom 10. VI. teilt du Bourg folgende Antwort Eugens auf seine Vorstellungen mit: «Vous ne devez pas douter des grands égards que l'Empereur aura aux propositions du Roi votre Maître, mais vous m'avouerez qu'il est bien triste pour nous de voir qu'on prétende que les sujets de l'Empereur soient seuls exclus du commerce qui de tout temps a été commun et permis à toutes les nations.» Saint-Saphorin an Townshend, 15. V., 17. V I I . 1723, L 80/49. 16a

) Eugen an den Kaiser, 18. V. 1723, W, SA, B, Vorträge 2. ) Eugen an Prié, 19. V. 1723, W, SA, Β 37: «M. van der Dussen avait dans mon temps de fort bons principes pour la cause commune. Je suis bien aise qu'il continue encore dans ces sentiments, qui méritent d'être cultivé pour nous d'autant plus que l'on ne doit pas douter que l'Espagne et la France emploieront ouvertement ou secrètement tous les moyens imaginables pour rendre la domination de la Maison d'Autriche aux Pays-Bas odieuse. » Über van der Dussen vgl. Bd. II, S. 476/77 (Anm. 227). Zu den Aufträgen f ü r Konrad Starhemberg Eugen an Prié, 26. II., an Mac Neny, 17. VI. 1724, W , SA, G K 103 a, 101 a. 16S

1M

) MECENSEFFY S . 16/17.

m

) Eugen an Prié, 6. VII. 1718, 21. I I I . 1721, W, SA, Β 33, 36. " ' ) Eugen an Prié, 13. VI. 1717, ebenda 32. I " ) Eugen an Nicolas Prunier, 24. II. 1720, ebenda 35. 168 ) Eugen an den Rektor von Löwen, 3. II. 1720, ebenda 35. Einen Vorschlag f ü r eine Ausweitung der Lehre in der juristischen Fakultät übersandte er am 6. I. 1723 Prié, ebenda 37: «Pour rendre peu à peu à l'Université de Louvain son ancien lustre, une leçon en droit public n'y contribuerait pas peu. » lel> ) Vgl. S P R U N C K S . 134—139. 1, °) Z u m Jansenismus und der Konstitution Unigenitus die Werke von G A Z I E R , S C H I L L , D E I N H A R D T , V. PASTOR X V , ferner E . P R É C L I N , L'Influence du Jansénisme français à l'Étranger, Revue Historique 172, 1938, S. 29—43. m ) Für den Jansenistenstreit in den Niederlanden siehe die anonym v o n d e m J a n s e n i s t e n G . DU PARC DE BELLEGARDE h e r a u s g e g e b e n e n M é -

moires Historiques sur l'Affaire de la Bulle Unigenitus dans les Pays-Bas Autrichiens, 3 Bde., 1750, ferner ARNETH, Eugen, I I I , S. 137—140, 539/40. Über den Erzbischof von Mecheln d'Alsace de Boussu (1679 bis 1759) vgl. L. JADIN, Le Cardinal Thomas-Philippe d'Alsace, Archevêque de Malines et le Saint-Siège 1703—1759, 1953. m ) Vgl. BRAUBACH, G U A , S . 373—388. Noch im Februar 1717 hatte der Dichter Rousseau in Wien festgestellt, daß man hier unbeteiligter Zuschauer des Zwistes in der Kirche sei, B O N N E F O N I, S. 90. l " ) Eugen an Basnage, 26. IX. 1716, W, SA, Β 32.

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 166—168

429

174

) Eugen an Rasponi, 28. IX. 1718, ebenda 33. ) Eugen an Prié, 12. X. 1718, und vom gleichen T a g an Jérôme Zegers zu dessen «représentation et pièces y annexées de respective non observata et denegata justitia par l'Archevêque de Malines et l'Internonce du Pape sur le Jansénisme, dont on vous veut rendre suspect », ebenda. " · ) Eugen an Prié, 19. X . 1718, ebenda. Nach S P R U N C K S . 140 übersandte der Prinz am 19. IV. 1719 dem Kaiser einen Bericht über van Espen, den man in Rom der Lehre von Ketzereien verdächtige. Uber Zeger-Bernard van Espen (1646—1728) vgl. BOUUAERT S. 287—295. " ' ) Mémoires Historiques I, S. 105—110. 178 ) Eugen an Prié, 23. X I . 1718, W, SA, Β 33. Zu der kaiserlichen Verfügung Bericht Stiernhöök-Pastors nach Paris, 23. VII. 1718, Ρ, Autr 131: «Je sais d'ailleurs qu'il y a du temps déjà que l'Empereur a fort recommandé aux principaux prélats et supérieurs des cloîtres dans tous ses Pays Héréditaires d'avoir bien soin que les ecclésiastiques gardent le silence au sujet de cette Constitution ou que du moins il ne s'élève point de disputes sur ce sujet. » "») Mémoires Historiques I, S. 151—153, 488—492, I I I , S. 205—213, 272—284. 18 °) Eugen an Prié, 31. V. 1719, W, SA, Β 34. 1β1 ) Uber François Martin (1652—1722) BOUUAERT S. 263—265. Die Arbeit trug den Titel Motivum Juris pro bulla Unigenitus orthodoxia. Vgl. Catalogue générale des Livres imprimés de la Bibliothèque Nationale 108, 1931, S. 229. "») Eugen an Martin, 11. X I I . 1717, W, SA, Β 32. 18S ) Eugen an Martin, 28. X I I . 1720, an Prié, 1. I. 1721, ebenda 35,36. Offenbar war der Prinz schon Anfang 1720 über die Absicht Martins von dem Kanonikus Ruth d'Ans (siehe unten Anm. 197) unterrichtet worden, dem er am 31. I. 1720 schrieb: «Je ne sais rien du dessein qu'un certain Dr. de Louvain Martin put avoir de me dédier un livre avec la préface Prologus Galeatus, et je ne saurais croire qu'il l'entreprendra sans ma permission avec laquelle je suis assez réservé et circonspect particulièrement dans des matières de cette nature et délicatesse », ebenda 3 5. 1M ) Vgl. Mémoires Historiques I , S. 1 8 5 — 2 8 0 , D E I N H A R D T S. 3 6 / 3 7 , l,s

BOUUAERT S . 1 7 2 — 1 7 7 . 18ä ) Eugen an Prié, 3. II. 1720, W, SA, Β 35: « . . . l'intention de S. M. I. est de garder une exacte indifférence sur la matière de la Constitution, V. E. doit exactement tenir la main pourqu'on l'exécute ainsi particulièrement dans la doctrine de cette Université et pour cet effet aussi terminer ou supprimer le plutôt possible sans bruit la querelle, dont il s'agit, suscitée par l'Internonce peut-être avec des vues indirectes, afin qu'on ne puisse pas profiter de cette occasion pour entrer dans des engagements, dont les suites entraîneront les mêmes maux aux Pays-Bas qui affligent les voisins. » 1M ) Eugen an den Rektor von Löwen, 9. I I I . 1720, Mémoires Historiques I, S. 278, an Prié, 9. I I I . 1720, W, SA, Β 35. 187 ) Eugen an Prié, 18. IX. 1720, ebenda.

430

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 168—173

188 ) Seinem Schreiben an Prié vom 3. II. 1720 legte Eugen die Kopie einer Denkschrift von Pfarrangehörigen der Metropolitankirche von Mecheln bei, «par laquelle ils demandent la restitution de leur pléban et font connaître la crainte qu'ils ont que le chapeau de Cardinal ne fasse de nouveau agir contre les non acceptants». Er greift dann am 20. VI. 1720 selbst diese Besorgnis auf: «Il paraît que le mal augmente dans le temps qu'il cesse chez les voisins, particulièrement depuis la promotion de l'Archevêque de Malines au Cardinalat. » »») Eugen an Prié, 8. I. 1721, W, SA, Β 36. 1 *°) Eingabe des jansenistischen Staatsrats de Tombeur, 7. III., Antwort Eugens, 22. III. 1721, Mémoires Historiques I, S. 359—362. 1M ) Über die Auseinandersetzung mit Trier wegen des Jansenismus in Orval vgl. L. JUST, Das Erzbistum Trier und die Luxemburger Kirchenpolitik von Philipp II. bis Joseph II., Die Reichskirche vom Trienter Konzil bis zur Auflösung des Reiches, hrsg. v. M. Spahn, I, 1931, S. 107/08, L. JUST, Der Trierer Weihbischof Johann Matthias von Eyss im Kampf gegen den Jansenismus (1714—1729), Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte XI, 1959, S. 160—184. Zur Haltung Eugens Mémoires Historiques I, S. 588—592, mit Abdruck eines Schreibens des Prinzen vom 15. VI. 1720. "») Eugen an Prié, 12. IV. 1722, W, SA, Β 36, ARNETH, Eugen, III, S. 139.

"») Vgl. Mémoires Historiques I, S. 348—358, 365—375, I I I , S. 284 b i s 288, DEINHARDT S . 3 8 . 1M

1,s

) Vgl. M é m o i r e s Historiques I, S. 592—602, DEINHARDT S. 38/39. ) Vgl. Mémoires Historiques I I , S. 8—30, DEINHARDT S. 40.

" · ) W, SA, Β 37. " ' ) Eugen an Mac Neny, 4. VIII. 1724, W, SA, GK 101a. Uber Paul-Erneste Ruth d'Ans (1653—1728) Biographie Nationale de Belgique I, S. 319—322. 1ββ ) Eugen an Prié, 29. III. 1724, W, SA, GK 103 a. Vgl. Mémoires Historiques II, S. 49—53. 1M ) Der Pleban Guillaume van Rost hatte schon 1718/19 im Mittelpunkt der Konflikte gestanden. Μ ») Eugen an Prié, 4. X. 1724, W, SA, GK 103 a. 201 ) Eugen an den Káiser, 1. XI. 1724, W, SA, GK 93 b, ARNETH, Eugen, III, S. 540. Im gleichen Sinne Eugen an Prié, 4. XI. 1724, W, SA, GK 103 a, wo er um Geheimhaltung der Namen von Verfassern neuer Beschwerdeschriften gegen die kirchlichen Stellen bittet, «afin que ni l'Archevêque ni aucun autre les viennent à savoir à cause des persécutions qu'ils auraient à en souffrir ». 202 ) Das Schreiben ist in Ρ, Autr 135, in einer Kopie überliefert, die der Marschall Villeroy am 19. VIII. 1719 an Dubois mit einem Begleitschreiben folgenden Wortlauts sandte: «Êtes vous instruit, Monsieur, d'une lettre que le Recteur de l'Université de Paris a écrit à M. le Prince Eugène, il y a déjà quelque temps, comme je l'ai reçue dans un paquet sans être accompagné d'aucune lettre. Ceux qui me l'ont adressé ont cru peut-être que j'en pourrai faire quelque usage. Son Altesse Royale [der Regent Philipp von Orléans] est-Elle informée que cette lettre a

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 173—176

431

écrite, qui me paraît bien criminelle ? Demain matin je vous demanderai votre sentiment sur l'usage que vous croirez que je l'en dois faire. » — Uber Charles Coffin (1676—1749), dessen 1755 in 2 Bänden von Lenglet herausgegebenen Werke unter anderem lateinische Poesien enthalten, der aber vor allem als entschiedener Jansenist von sich reden machte, vgl. D B F IX, S. 124/25. aos ) Mémoires Historiques I, S. 181. ÎM ) Eugen an Prié, 31. V. 1719, PS, W, SA, Β 34: «J'ai reçu sur cette matière de la Constitution une lettre de l'Université de Paris attirée par la conduite de l'Archevêque de Malines, elle s'intéresse entre autre contre cette procédure dans son Archevêché, que V. E. doit connaître par-là la nécessité qu'il y a de se tenir dans une entière indifférence et remédier aux abus passés.» Ob es sich hier um ein anderes Schreiben aus Paris gehandelt hat, das auf die Vorfälle in den Niederlanden einging ? S05 ) Mémoires Historiques I, S. 150: «LePrince Eugène venait d'écrire une lettre très obligeante à l'Université de Paris qui avait pris la liberté de lui envoyer, comme à l'un des plus illustres membres de son corps, u n exemplaire de sa fameuse déclaration au sujet de l'appel qu'elle avait interjetée de la bulle Unigenitus. » AOE

) DE Q U I N C Y I I I , S . 2 8 2 .

*°7) Leibniz an Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, 18. II. 1713, E. BODEMANN, Leibnitzens Briefwechsel mit dem Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen 1888, S. 225. aoe ) Bericht des Generals Graf du Bourg aus Straßburg an Dubois, 16., 21. V I I . 1722, mit Protokoll des Verhörs Lenglets, P, Autr 140. Über den Aufenthalt des Abbé Nicolas Lenglet d u Fresnoy (1674—1755) in Wien vgl. BRAUBACH, G U A , S. 354—362. Über Charles Joachim Colbert de Croissy und seine Rolle in der jansenistischen Bewegung siehe GAZIER I , S . 2 5 5 , 2 7 0 , I I , S . 2 , 1 2 , 8 4 . s

°») du Bourg an Dubois, 24. I., 20. VI. 1722, P, Autr 140. ) Eugen an Prié, ohne Datum (VII. 1724), W, SA, G K 103 a, über die Besetzung des Platzes eines « Audiencier» mit dem Fiskal Charlier auf Grund seines Eifers und seiner Fähigkeit: «ce même zèle pourrait bien être la cause que l'Internonce s'est donné tant de mouvements pour le décrier comme Janséniste, afin d'attribuer à ce prétexte la haine que lui et les ecclésiastiques pourront avoir contre Charlier pour avoir soutenu selon les devoirs de sa charge les droits de Sa Majesté. Je ne saurais cacher à V. E. que je suis fort surpris que l'Internonce se soit avisé d'entrer dans une affaire qui ne l'intéresse nullement, et il convient en toute manière de ne pas souffrir qu'il se mêle à l'avenir de ce qui ne regarde pas son ministère, car quoique je sois de moi-même de sentiment qu'il ne conviendrait pas d'un côté de mettre u n Janséniste déclaré dans u n poste semblable, il n'en est pas moins vrai de l'autre que les ecclésiastiques font d'abord passer pour Jansénistes ceux qui ne veulent pas plier aveuglement selon leurs volontés, et l'on sait assez jusqu'où va leur animosité contre ceux qui opposent à leurs entreprises. » su ) Eugen an Prié, 5. VI. 1720, 14. XI. 1722, W, SA, Β 35, 37. 210

432

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 176—180

" 2 ) du Bourg an Dubois, 20. X I I . 1721, Ρ, Autr 138. 213 ) So Saint-Saphorin an Stanhope, 14. VI. 1719, L 80/38. 2U ) Saint-Saphorin an Townshend, 21. I. 1722, L 80/46: der Prinz habe ihm gesagt, daß er nichts Gutes mehr von Frankreich hoffe, weil Dubois sich ganz den Jesuiten ergeben habe, er kenne aber zu gut die Prinzipien dieser Gesellschaft, «pour n'espérer aucune droiture d'un Gouvernement sur lequel elle a tant d'influence ». 215 ) Eugen an Königsegg, 18. IX. 1727, W, SA, G K 53: Es sei gut, daß Königsegg gute Beziehungen zu dem Beichtvater der spanischen Königin angeknüpft habe, «mais je ne conseillerais pas à V. E. de se fier ni à lui ni à aucun autre ecclésiastique, dans lesquels il est rare de trouver un système fixé, le moindre intérêt personnel étant capable de les éblouir et de les faire changer des principes, outre que pour la plupart ils sont trop attachés à la Cour de Rome qui doit toujours être suspecte ». 2le ) du Bourg an Dubois, 2. IX. 1719, P, Autr 134. «») Eugen an Mac Neny, 5. IV. 1724, W, SA, G K 101 a, an Maldeghem, 29. IV. 1724, ebenda 98a. 2le ) Über Conrade Albert Charles D u c d'Ursel (1655—1738) Biographie Nationale de Belgique 25, S. 924—926. Eugen und Sinzendorf an den Kaiser, 16. XI. 1709, W, SA, Holl 2. Daß ihm die Kaiserin Amalie den Herzogstitel verschafft habe, behauptet Jaupain in Schreiben an Eugen, 16. X I . 1716, W, SA, Β 135, dagegen will Saint-Saphorin in seinem Geheimbericht nach London vom 18. II. 1725, L 80/54, wissen, daß dieser «homme séditieux» ihn der Protektion Stellas zu danken hatte. 21 ») Vgl. Marlborough an Heinsius, 4. V. 1711, VAN 'T HOFF S. 542: " I hear Comte de Ursel is gone to T h e Hague in hopes of prevailing upon Prince Eugene's good nature, but I hope you will not forget, that the Comte de Ursel is the chief man, which occasions all the disorders at Bruxelles." Dem Kaiser hatte Sinzendorf am 30. I. 1711 von seinen Bemühungen berichtet, Ursel von einer Reise nach London abzuhalten, um dort Anklagen gegen Marlborough zu erheben, W, SA, Holl 6. Siehe auch Eugen an den Kaiser, 16. X. 1712, F E XIV, S. 371. 22 °) Eugen an Ursel, 17. IX., 23. X I . 1718, W, SA, Β 33. 221 ) Eugen an den Kaiser, 12. II. 1724, W, SA, G K 93 b. Vgl. über Philipp Franz von Merode Prinz von Rubempré (F 1742) GACHARD, Doc u m e n t s , I, S. 114, DE BOOM S. 17/18, BENEDIKT, Bonneval, S. 57. 222 ) Eugen an Mac Neny, 30. IX., an Prié, 21. X. 1724, W , SA, G K 103 a, 101a. 2aa ) Eugen an Maldeghem, 29. IV. 1724, W, SA, G K 98a. Uber Johann Dominik Graf von Maldeghem (1662—1747) Biographie Nationale de Belgique X I I I , S. 206—209, Graf THÜRHEIM, Traun, S. 330,

DE BOOM S . 17/18. 224

) Cuvelier an Eugen, 7. XI. 1718, DE BOOM S. 26. ) Eugen an Prié, 29. VIII., 20. IX. 1724, W, SA, G K 103a: «Je ne doute pas que le Duc d'Aremberg ne soit du nombre des mécontents. » Über den späteren Feldmarschall Herzog Leopold Philipp von Aremberg (1690—1754) Graf THÜRHEIM, Traun, S. 230/31, H. NEU, Das Herzogtum Aremberg, Geschichte eines Territoriums der Eifel, 1938, S. 21/22. 225

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 181—183

433

*·•) Ü b e r Merode-Westerloo (1674—1732), seinen Konflikt mit Eugen u n d seine Memoiren vgl. Biographie Nationale de Belgique X I V , S. 539 bis 545, A D B 21, S. 451—+53, Graf THÜRHEIM, T r a u n , S. 286, ARNETH, Eugen, I I I , S . 142—149, 541/42, OEHLER S . 369—375. 22? ) In seinen Memoiren, MÉRODE-WESTERLOO I , S . 1 1 2 / 1 3 , schildert er ein Zusammentreffen u n d Gelage mit Eugen u n d Commercy in T u r i n gegen E n d e des Pfälzischen Krieges. 228 ) U b e r sein Zusammentreffen mit Eugen auf der Rückreise von Innsbruck siehe Bd. I I I , S. 77. 229

) MÉRODE-WESTERLOO I I , S . 4 8 .

"») Ebenda I, S. 128, vgl. SPRUNCK S. 132. m ) Eugen an Perlas, 2., 5. V I I . 1717, W , SA, Β 32, u n d Β 15—17. 2M ) Eugen an den Kaiser, 1. X I . 1721, W , SA, Β 246, an Prié, 13. V. 1722, W , SA, Β 37. 2SS ) Vgl. MÉRODE-WESTERLOO I I , S. 291, wonach der Marquis E n d e August 1721 wieder in Belgien eingetroffen war u n d die Ordensverleihung a m 24. I I I . 1722 stattfand. Dazu chiffrierter Bericht Jaupains, 24. I I I . 1724, W , SA, Β 136, mit Klagen gegen Westerloo, «qui n e veut pas mettre le pied à Bruxelles et qui par caprice a obligé ces deux cavaliers [Rubempré u n d Ligne] de venir chez lui à Westerloo p o u r n e vouloir point paraître ici, où il n'est pas encore entré depuis son départ de Vienne, et on dit qu'il est sans exemple que cette cérémonie se soit jamais faite chez u n particulier». 2S1 ) Eugen an Prié, 13. V. 1722, W , SA, Β 37. 235 ) Eugen an Prié, 29. I., 4., 18., 25. I I I . , 1. IV., an M a c Neny, 4. I I I . 1724, W, SA, G K 103 a, 101a, an den Kaiser, 29. I., 18. I I I . 1724, W, SA, Β 246, G K 93 b. a3e ) Eugen an den Kaiser, 4., 9. V I I . 1724, ebenda. A m 25. I I I . 1724 hatte Eugen Prié mitgeteilt, daß ein Dekret an Westerloo gegangen sei, sofort nach Wien zu kommen. 237 ) Eugen an Prié, 5. V I I . 1724, W, SA, G K 103a: «Sa Majesté a paru fort indignée de la conduite de Westerloo, dont Elle lui avait donné des marques dès le premier m o m e n t de son arrivée, lui ayant fait ordonner l'arrêt dans la maison, où il est logé. » Das Aufsehen, das die Festsetzung erregte, zeigt ein Bericht des bayrischen Residenten M ö r m a n n vom 15. V I I . 1724, M , Κ . schw. 17/3, der gehört haben wollte, daß Westerloo „sich des Nassauischen Schlosses Hadamar bemächtigt u n d allda einige Sachen hervorgegangen, darunter m a n ihn des criminis fractae pacis beschuldigt". Westerloo hatte 1721 in zweiter Ehe Charlotte von NassauH a d a m a r geheiratet. 238 ) Eugen an Prié, 26. IV. 1724, W, SA, G K 103 a. 28e ) Aus dem Schreiben an Prié vom 5. V I I . 1724. Siehe auch die Antwort Eugens an den Feldmarschall Vehlen, 9. V I I I . 1724, W , SA, G K 148 a, auf die Mitteilung der Verbreitung eines Briefes durch Westerloo, in dem der Prinz persönlich verunglimpft w u r d e : «Je n'ai pas reçu u n e semblable . . . ; si Westerloo s'était émancipé de faire ce dont il se doit avoir vanté, j'aurais bien su trouver les moyens de m ' e n faire avoir satisfaction, sans que j'aurais eu porté une plainte à Sa Majesté, et je suis 28 Braubach, Prinz Eugen

434

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 183—187

content qu'un chacun le sache. » Mörmann berichtet am 30. VIII. 1724, M, Κ. schw. 17/3, daß Westerloo ihn zum Besuch in seinem Arrest aufgefordert, er es aber abgelehnt habe, „weil seine Art ohne das bekannt" sei. 2«) Eugen an Prié, 23. VIII. 1724, W, SA, G K 103a. 2 ") Nach Graf THÜRHEIM, Traun, S. 396, wären im Jahre 1725 die beiden wallonischen Dragoner-Regimenter Westerloo und Ferdinand de Ligne zu einem Regiment zusammengelegt und dem Feldmarschall Mérode-Westerloo verliehen worden. Erwähnt wird Westerloo noch einmal in einem Bericht des Herzogs von Richelieu aus Wien vom 28. X I I . 1726, P, Autr 152, wonach die Bestellung des Herzogs Alexander von Württemberg zum Gouverneur von Luxemburg durch seinen Einspruch verhindert worden sei: ihm habe der Kaiser seinerzeit den Posten zugesagt, er habe ihn aber nicht erhalten infolge der Opposition Eugens, «avec qui il est brouillé». 242 ) Vgl. über Bonneval P R I N C E DE L I G N E , Mémoire sur M. le Comte de Bonneval, Œuvres du Prince de Ligne, I, 1 8 6 0 , S. 5 5 — 2 0 2 , C. A. SAINTE-BEUVE, Le comte-Pacha de Bonneval, Causeries du lundi V, 1852, S. GORCEIX, Bonneval Pacha à trois Queues, Une Vie d'Aventures au XVIII. Siècle, 1 9 5 3 , BENEDIKT, Bonneval, BRAUBACH, G U A , S. 2 7 5 — 3 5 3 , A R N E T H , Eugen, III, S. 1 4 9 — 1 5 4 , 5 4 2 / 4 3 , BENEDIKT, Bonneval und Prinz Eugen, M I Ö G 5 8 , S. 4 7 8 — 5 0 2 , S. S T E L L I N G - M I C H A U D , Bonneval et Saint-Saphorin d'après une Correspondance inédite, Revue d'Histoire Diplomatique 5 1 , 1 9 3 7 , S. 2 7 9 — 3 0 6 , O E H L E R S. 4 0 — 4 8 , H Y R V O I X DE LANDOSLE, Bonneval, A. DE BOISLISLE, Les Aventures du Marquis de Langalerie ( 1 6 6 1 — 1 7 1 7 ) , Revue Historique 6 6 , 1 8 9 8 , S. 3 4 / 3 5 , GACHARD, Analectes. 213 ) Eugen an den Kaiser, 9. XII. 1706, F E VIII, Suppl. S. 315. 2 ") Siehe oben S. 34/35, 61. 24S ) Saint-Saphorin an Christoph von Steiger, 28. IV. 1716, S T E L L I N G MICHAUD, Bonneval, S. 285: «De tous les officiers de l'Empereur, M. de Bonneval est celui qui a le génie le plus naturel et le plus beau, outre une grande littérature.» Siehe auch den S. 413 (Anm. 19) angeführten Bericht der belgischen Deputation in Wien S. 33 über einen Empfang bei Sinzendorf am 25. III. 1716, bei dem Prié und Bonneval, „een zeer geestig man", beteiligt waren. Me ) Lady M O N T A G U S . 9 0 . 247 ) Über die Beziehungen und den Briefwechsel zwischen Leibniz und Bonneval vgl. BRAUBACH, GuA, S. 301—304. MS ) Bonneval an Saint-Saphorin, 3. XI. 1715, STELLING-MICHAUD, Bonneval S. 284/85. 2ω ) Saint-Saphorin an Stanhope, 24. XII. 1718, L 80/36: es sei damals zu einer Verstimmung zwischen dem Feldherrn und dem General gekommen, «parce que Bonneval a vu trop impatiemment que le Prince après les batailles de Peterwardein et Belgrade n'avait distingué dans ses relations les généraux qui s'étaient distingués dans ces deux batailles ». In einem Brief an Bonneval vom 22. IX. 1716, W, SA, Β 32, dankt ihm Eugen für ein Schreiben und mahnt ihn «que vous tâchiez avant toute chose de vous bien guérir et remettre de la blessure ».

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 187—188 2S

435

°) du Luc an du Bourg, 21. I. 1718, Ρ, Autr 130. ) Vgl. oben S. 34/35,61. Saint-Saphorin hat sich in dem in Anm. 249 angeführten Bericht entschieden f ü r Bonnevals Entsendung eingesetzt, « car du consentement unanime de toute l'armée l'Empereur a peu d'officiers qui entendent mieux l'infanterie que lui, outre que son désintéressement et sa douceur feront qu'il sera plus propre qu'aucun autre à se concilier l'affection des Sardes et à bien vivre avec les troupes Savoyardes et aucun aussi ne saurait avoir l'œil plus ouvert sur toutes leurs démarches ». 2M ) Siehe oben S. 61/62. Ausdrücklich hat Bonneval selbst in einem rückblickenden Brief an Sinzendorf ohne Datum (Ende X. 1724), W, SA, G K 63, den Zusammenstoß mit Colloredo als erste Affäre bezeichnet, die ihn in Gegensatz zu Eugen gebracht habe. Über den Gegensatz zu Mercy vgl. unten Anm. 255, 288. 25S ) Es handelt sich um Georg Olivier Wallis, über den sich Bonneval in einem Brief an Saint-Saphorin vom 24. X. 1719 sehr abfällig äußerte, STELLING-MICHAUD, Bonneval, S. 293. Vgl. Graf THÜRHEIM, Traun, 5. 88/89. **) Eugen an den Kaiser, 28. X. 1720, F E X V I I I , Suppl. S. 185. Vgl. BENEDIKT, Bonneval, S. 39. Siehe auch Bonneval an Saint-Saphorin, 6. V. 1720, STELLING-MICHAUD, Bonneval, S. 297: «Il ne dépend donc que du Prince de me placer actuellement en attendant une nouvelle guerre, soit en Sicile, soit aux Pays-Bas, soit en Hongrie. » 25S ) Siehe dazu das in Anm. 252 angeführte Schreiben Bonnevals an Sinzendorf: «Ma seconde affaire a été avec le Référendaire ûttel, dont tout le monde a connu les pillages et qui n'osa pas me faire un procès d'injure, sachant bien que j'avais de quoi le faire perdre, quoiqu'il fût soutenu par le Prince Eugène, à qui je dis, que, si ce Référendaire était honnête homme comme il le disait, on le saurait dans peu, puisqu'il m'attaquerait bientôt, l'ayant déclaré et chanté fripon par toute la ville de Vienne. Son silence a fait voir que j'avais raison. » Vgl. du Bourg an Dubois, 31. V. 1721, P, Autr 138: «Dans cet état il arrive une affaire entre M. le Comte de Bonneval et le Référendaire de guerre . . . Celui-ci a joué fort vilainement M. le Comte de Bonneval au sujet de la demande qu'il a faite du Gouvernement d'Esseg. M . de Bonneval piqué comme de raison en a voulu avoir satisfaction, il a accusé par écrit M . Öttel de vendre la justice et a réclamé 3 cent ducats qu'il avait prêtés de lui»; ferner Saint-Saphorin an Schaub, 20. V I I I . 1721, ebenda (Kopie), L I G N E a. a. O. S. 260—262: «Vous savez ses brouilleries avec Mercy, duquel il a certainement mille sujets légitimes de se plaindre. Cette brouillerie lui a attiré pour ennemis tous les gens de plume du Conseil de guerre, qui tous sont clients de Mercy, et ces messieurs lui ont joué de très mauvais tours par rapport à la demande qu'il a faite du Gouvernement d'Esseg. Le Référendaire öttel surtout l'a joué avec effronterie. » Nach freundlicher Auskunft des Österreichischen Kriegsarchivs in Wien wurde Joseph Anton öttel 1699 Feld-Kriegs-Auditor, 1707 Hofkriegsrat, wo er 1710 das Referat für Zeugamts- und Artilleriesachen erhielt, 1712 geheimer Referendar wurde; Dr. jur. und 1722 in den ungarischen Freiherrnstand erhoben, ist er u m die Jahreswende 1722/23 gestorben. 2δ1

28*

436

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 188—191

25e

) „Was, der Franzose Esseg! Dreck, und nicht Esseg." " ) Nach dem in Anm. 255 angeführten Brief Saint-Saphorins an Schaub. Das Gedicht ist im Wortlaut wiedergegeben bei LIGNE a. a. O., 2

BRAUBACH, G U A , S . 3 1 0 , BENEDIKT, B o n n e v a l , S . 4 5 . 25β ) Bonneval an Eugen, 1. IV. 1720, ARNETH, Eugen, III, S. 535: «Nous avons gagné au Mississippi ma femme et moi cinq cent mille livres qui sont actuellement dans nos coffres. » 259 ) Nach dem in Anm. 249 angeführten Bericht Saint-Saphorins vom 24. X I I . 1718, der damals Bedenken im englischen Interesse gegen eine Tätigkeit Bonnevals in den Niederlanden äußerte, «car comme c'est un homme facile, il a déjà été séduit à diverses fois par les brouillons des Pays-Bas, qui l'auraient jeté dans de très dangereux systèmes, et s'il les embrasse de nouveau, il pourra d'autant plus nous causer de l'embarras, qu'il a comme l'assurance d'être fait Admirai des dits Pays-Bas. Or s'il a cette charge, il mettra toute son imagination en usage pour y établir un commerce, et ardent comme il l'est dans ses idées, il ne s'embarrassera pas qu'il nous soit avantageux ou non. » 2β0 ) Eugen an Prié, 19. II. 1719, W, SA, Β 36: «Il y a ici une personne de qualité, qui possède le secret de faire l'acier, elle propose d'établir ses ouvriers aux Pays-Bas et d'en fournir non seulement la quantité nécessaire pour l'usage et la consommation du pays, mais autant qu'il faut pour le commerce et les besoins de la Hollande, l'Angleterre et la France qui n'en ont point, moyennant un octroi de 50 ans à lui accorder. » Eugen an Prié, 3. X I I . 1721, ebenda: «S. M. I. ayant consenti d'accorder à M. de Bonneval l'octroi qu'il a demandé de fabriquer pendant 50 ans de l'acier aux Pays-Bas exclusivement des tous autres . . . » 2el ) Saint-Saphorin an Townshend und an Schaub, 23. X. 1723, L 80/50. Nach BENEDIKT, Bonneval, S. 46/47, hat der Kaiser in Prag Bonneval in den Rang eines Feldzeugmeisters erhoben. 2β2 ) Bonneval an Sinzendorf, 13. V I I . 1724, W, SA, G K 63. Vgl. BENEDIKT, Bonneval, S. 48. Nach dem in Anm. 261 angeführten Bericht Saint-Saphorins ist Eugen gegen die Entsendung Bonnevals nach Paris gewesen, «ne le croyant pas avec raison assez prudent pour ménager une pareille chose», im Grunde sei freilich auch Bonneval selbst gar nicht sehr auf die Reise erpicht gewesen, da er gar keine Lust habe, seine Frau wiederzusehen. 2es ) Eugen an Mac Neny, 26. V I I I . 1724, W, SA, G K 101a: «Je lui [Bonneval] ai dit moi-même avant son départ qu'il ne devrait pas espérer d'être placé aux Pays-Bas. » Siehe jedoch unten Anm. 268. 2 " ) Saint-Saphorin an Schaub, 23. X. 1723, L 80/50. 2es ) Bonneval an Sinzendorf, 13. V I I . 1724, W, SA, G K 63. 2ββ ) Aus dem schon erwähnten Bericht Saint-Saphorins vom 24. X I I . 1718: «Il débite fort souvent des pensées républicaines.» 2 " ) So in dem in Anm. 265 angeführten Brief an Sinzendorf. Vgl. BENEDIKT S. 48. Uber den holländischen Residenten in Brüssel Ernst Pesters (1717 bis 1728) Rep. II, S. 247. 2β8 ) Eugen an Bonneval, 29. I. 1724, W, SA, G K 76b, an Rousseau, 16. II. 1724, ebenda 104b, BENEDIKT S. 48: «Je suis fâché de l'indis-

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 191—193

437

position de M. le Comte de Bonneval souhaitant qu'il en puisse être bientôt rétabli. Pour ce qui est de la demande qu'il fait d'être fixé aux Pays-Bas il faudra attendre les occasions qui pourraient se présenter à l'avenir, n'en sachant aucune à présent, et je verrai alors ce qui se pourra faire pour lui suivant la considération du service et la courtresse des finances où nous sommes. » 2ββ ) Daß die Priés früher mit Bonneval gut gestanden hatten, zeigt ein Brief der Marquise an Saint-Saphorin vom 12. XII. 1721, SS: «Permettez que je vous demande, s'il est vrai que M. le Comte de Bonneval viendra dans ce pays-ci. Je vous prie, Monsieur, de vouloir bien lui faire mes très humbles compliments et lui dire que nous serions charmés à l'avoir ici. » Siehe auch ihren Bericht an den Schweizer nach dem Zusammenstoß, 1. XII. 1724, ebenda: «Jamais histoire ni surprise a été égale à la mienne, puisque depuis le premier jour qu'il est arrivé dans ce Pays-ci tant mon mari que moi nous n'avons songé qu'à lui donner toutes les marques d'amitié et d'estime. » Über die gesellschaftlichen Beziehungen Priés und Bonnevals im Frühjahr 1716 siehe oben Anm. 245. ,7 °) Eugen an Mac Neny, 13. IX. 1724, W, SA, GK 101a: «Pour Bonneval il n'a pas véritablement tort d'être piqué s'il est vrai que M. le Marquis n'a pas accompli la promesse qu'il lui a faite. » 271 ) Äußerung des Grafen Lagnasco über Bonneval: «un véritable Don Quichote», Κ. v. WEBER, Eine Königin von Spanien in Arrest, Aus 4 Jahrhunderten, Neue Folge, I, 1861, S. 179. Vgl. HYRVOIX DE LANDOSLE, Rousseau, Revue d'Histoire diplomatique 25, 1911, S. 127. 272 ) Vgl. zu den Vorgängen in Madrid ebenda und BAUDRILLART III, S. 51—58. Darstellung der Vorgänge in Brüssel am Abend des 12. VIII. 1724 bei GACHARD, Analectes, S. 148—150. Brief vom 1. X I I . 1724,

siehe oben Anm. 269. 273 ) Ausführliche Schilderung der Vorfälle nach Mitteilungen Priés und Bonnevals in dem Bericht des französischen Residenten Rossi nach Paris, 3. IX. 1724, P, PB 98, Wortlaut der „Libelle" bei GACHARD, Analectes, S. 124. Vgl. BENEDIKT, Bonneval, S. 55—57. 27t ) «Enfin cet homme indigne a trouvé ici le moyen de faire une cabale déclarée contre le Gouvernement par des inventions qu'il a débitées du crédit et de l'appui qu'il a à notre Cour, et cela avec telles circonstances, que son parti grossissait tous les jours et allait si loin que la populace s'en mêlait aussi, puisqu'il la faisait chercher pour venir chez lui, où ils buvaient et mangaient ensemble. » 275 ) Saint-Saphorin an Tilson, 30. IX. 1724, L 80/53. ,7e ) Nach Priés Bericht hat Bonneval einen Franzosen namens la Roque nach Wien gesandt. Von diesem la Roque, über den dann die Briefe Bonnevals an den Prinzen und an den Hofkriegsrat gegangen seien, spricht auch Eugen in einem Schreiben an Mac Neny, 16. IX. 1724, W, SA, GK 101a. 277 ) Zum Folgenden außer der Relation Priés die Berichte Rossis, 3., 12., 13., 20. IX. 1724, mit zahlreichen Beilagen, vor allem der Kopie eines Briefes des Grafen Launoy an seinen Schwager Königsegg, P, PB 94.

438

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 194—198

2 8 ' ) LIGNE a. a. O.: «Le Duc d'Aremberg, les Comtes de Launoy, de Calemberg, de Bournonville, le Prince de Salm, mon oncle, Colonel de son régiment, le Prince Ferdinand de Ligne, autre oncle à moi, et mon père chez qui il fut arrêté, lui étaient si attachés qu'ils l'accompagnèrent à sa portière une partie du chemin quand on le conduisit à Anvers, et s'embarrassèrent très peu de la mine que leut fit le Marquis de Prié à leur retour. » Über den Menschenauflauf bei der Abfahrt berichtet auch Prié selbst, GACHARD, Analectes, S. 181 : «Il partit fort tard à la vue d'une grande quantité de peuple, qui était accourue de toute part, et de la plupart de la noblesse, qui se trouvait pour lors à la promenade. »

Von Rossi nach Paris gesandter Auszug des Briefes Kochs an Latour, 16. IX. 1724, P, PB 94: «Les affaires font de l'éclat, S. A. S. le Prince Eugène en a aussitôt fait le rapport à Sa Majesté Impériale et il n'est que trop certain que le procédé de M. le Général vient tout à fait mal interprété ici. Il joue un grand jeu et il est à voir comment la chose se finira et si elle restera assoupie avec l'arrêt auquel M . de Prié l'a fait conduire. » 28 °) Bonneval an Eugen, 30. IX., 24. X., an den Kaiser, 24. X. 1724, Kopien, Ρ, PB 94. 281 ) Berichte Rossis, 14., 19., 21. Χ. 1724, ebenda. 2β2 ) Bonneval an den Kaiser, 27. X. 1724, Kopie, ebenda, 31. X. 1724, BENEDIKT, Bonneval, S. 68/69. 283 ) Bonneval an Sinzendorf, o. D., Ende X. 1724, W, SA, G K 63. Vgl. BENEDIKT, Bonneval, S. 67/68. Vgl. Bd. V. «") Bonneval an Sinzendorf, 17. XI. 1724, W , SA, G K 63. Vgl. BENEDIKT, B o n n e v a l , S. 70. 2e5

) Bonneval an Sinzendorf, Regensburg, 5. XII., Linz, 13. X I I . 1724, W, SA, G K 63. 28e ) Eugen an Mac Neny, 13., 20. IX., an Prié, 16., 20. IX. 1724, W, SA, 101a, 103 a. 287 ) Aus dem Schreiben Eugens an Prié vom 20. IX. 1720: «J'ai lu avec attention tout ce que vous m'avez marqué au sujet de l'affaire de Bonneval. J'ai fait le jour suivant un rapport circonstancié à Sa Majesté ayant cru mieux faire de lui en parler incessamment de vive voix pour donner d'autant plus de poids. » 288 ) Saint-Saphorin an Townshend, 15. X. 1724, L 80/53. Siehe auch die Wiedergabe eines Schreibens aus Wien an den sächsischen Minister Flemming, 11. X. 1724, über Bonneval bei v. WEBER, Aus 4 Jahrhunderten, N. F. I, S. 179: „Er hat dergleichen Schwatzhändel bereits zu zweimalen mit dem General Mercy, einmal zu Belgrad und das andere mal in Sizilien, auch sonst mehr gehabt, da er allemal des Prinzen Eugen Durchlaucht vorbeigegangen und die Sachen entweder sogleich an den Kaiser unmittelbar gebracht oder sonst mal à propos Feuer darüber angeblasen." 28E

290

) BENEDIKT, B o n n e v a l , S. 71.

) Das Kriegsgericht, das am 4. X I I . 1724 eingesetzt wurde, bestand außer aus Daun aus den Generälen der Kavallerie Veterani und Hamilton, den Feldmarschall-Leutnants Jörger und Locatelli, den General-Feldwachtmeistern Traun und Neipperg, den Obersten Philippi und Mollart,

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 198—200

439

dem Generalauditor Krammer und als Protokollführer dem Feldkriegssekretär Weingarten; ebenda S. 71/72. Nach der Relation secrete SaintSaphorins, 18. II. 1725, L 80/54, hätte es sich durchweg um Kreaturen Eugens gehandelt, die er selbst vorgeschlagen hatte. 291 ) Angeblich soll der Prinz erklärt haben, daß, wenn Bonneval zum einen Tore von Wien hereinfahre, er zum anderen hinausfahren werde. 2β2 ) Bericht du Bourgs nach Paris, 23. II. 1725, P, Autr 147: «Je ne fus pas dans cette ville [Prag] sans m'appercevoir qu'il s'était concerté quelque chose contre Prié. Il fallait une occasion pour éclater et l'on a saisi celle de son démêlé avec Bonneval. » 293 ) Zitiert bei H Y R V O I X DE LANDOSLE, Rousseau, Revue d'Histoire diplomatique 25, 1911, S. 129: «quel'Empereur s'est déclaré en cachette pour moi et me l'a fait écrire par le Prince de Cardona, Président du Conseil de Flandres, qui m'encourage, de sa part, à pousser le vilain». Uber Cardona oben S. 414 (Anm. 26). m ) Eugen an Mac Neny, 19. VII. 1724, W, SA, G K 101 a: «Je sais très certainement qu'il y a un parti qui se donne de grands mouvements sous main et qui est occupé à faire des représentations des plus fortes contre M . le Marquis. . . . PS. J'ajoute . . . que c'est le Conseil d'ici qui travaille aux fortes représentations. » Aus einem Vortrag Sinzendorfs an den Kaiser aus dem Dezember 1724, W, SA, Β, Vorträge 2, ergibt sich, daß der Rat von Flandern am 31. V I I . einen Vortrag über den schlimmen Zustand vor allem der Finanzen in den Niederlanden eingereicht hat. M6 ) Von dem Herzog von Aremberg berichtete der bayrische Resident Mörmann am 23. X I I . 1724 nach München, M, K. schw. 17/3, daß er sich ebenso unanständig aufgeführt habe wie Bonneval. Bitter beschwert sich auch die Marquise de Prié in ihrem Brief an Saint-Saphorin vom 1. X I I . 1724, SS, über Aremberg, dem ihr Mann die größten Dienste geleistet, der aber nach dem Verlust seines Prozesses gegen seine Mutter sich in unerhörter Weise gegen Prié gewandt habe. Vgl. über das damalige Auftreten Arembergs in Wien H Y R V O I X DE LANDOSLE, Rousseau, Revue d'Histoire diplomatique 35, S. 129, 133. 2,e ) Eugen an die Herzogin-Witwe von Aremberg, 27. IX. 1724, W, SA, G K 75 b : « Ce que vous me marquez du tort que l'on fait à ce Ministre [Prié] et à ceux qui lui appartiennent, me confirme dans le sentiment que j'en avais toujours.» Eugen an Mac Neny, 23. IX. 1724, ebenda 101a: «La lettre de la Duchesse d'Aremberg est venue fort à propos et je la produirai où il faut. » Es handelt sich um Marie Henriette Carretto di Grana, Witwe des 1691 bei Slankamen tödlich verwundeten Herzogs Philipp Karl Franz von Aremberg; vgl. NEU a. a. O. 2 " ) Handschreiben des Kaisers an Eugen, Neustadt, 26. V I I I . 1724, W, SA, G K 90 b. «X) Eugen an Mac Neny, 2., 6., 30. IX. 1724, W, SA, G K 101a. Über den Arzt, Ulmer oder Ulmo, der sich bei Bestallungsurkunden angeblich Provisionen bezahlen ließ, vgl. BENEDIKT, Bonneval, S. 51/52. Auch Eugen hat in seinen Schreiben an Mac Neny mehrfach seinem Ärger darüber Ausdruck gegeben, daß Prié den Arzt, entgegen mehrfachen Zusagen, nicht aus seinem Hause gewiesen habe.

440

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 201—203

SM ) Saint-Saphorins Relation secrète vom 18. II. 1725, L 80/54. Von den Mitgliedern des flandrischen Rates scheint sich nur Oropesa an dem Angriff nicht beteiligt zu haben; von ihm schreibt Eugen am 10. I. 1725 an Mac Neny, W, SA, G K 101a, er habe sich während der ganzen Dauer dieser Kabale « avec honneur et dignité » betragen. 800 ) Siehe den von Sinzendorf unterzeichneten Vortrag der Kommission über die Sitzungen vom 22. X I . und 10. X I I . 1724, W, SA, B, Vorträge 2. 3C1 ) Eugen an Prié, 4. XI. 1724, W, SA, G K 103a, mit P S : «Ce que je marque à V. E. du changement vient des conjonctures fort apparentes que j'aurais voir pour cela, et dans la même confiance je vous dirai qu'il se tiendra dans peu une conférence sur l'affaire de Bonneval et pour examiner l'administration du gouvernement. » In den Briefen an Mac Neny findet sich die Ankündigung erst am 15. X I . : « . . . comme il se pourrait qu'il y aura bientôt quelque changement. » 80a ) Bericht du Bourgs, 22. X I . 1724, P, Autr 145: «. . . les tracasseries qu'il y a eues et qui durent encore entre les Ministres de l'Empereur. Je vous dirai seulement que le Prince Eugène voyant qu'il y avait un fort parti pour tâcher de l'éloigner d'ici sous prétexte que sa personne était nécessaire aux Pays-Bas, fut jeudi chez l'Empereur, avec qui il eut un éclaircissement dont le dénouement a été de se démettre du Gouvernement des Pays-Bas. L'Empereur a fort pressé le Prince Eugène de le garder, mais il a persévéré à ne le vouloir. On parle d'envoyer une Archiduchesse aux Pays-Bas. » 8 3 ° ) W, SA, G K 103 a. 8M ) Eugen an Prié, 6. X I I . , an Mac Neny, 6. X I I . 1724, ebenda 103a, 101a. 805 ) Eugen an Mac Neny, 30. X I I . 1724, ebenda. Eugen an die Marquise de Prié, 23. X I I . 1724, ebenda: «Tant que j'ai cru entrevoir quelque espérance que la Cour remédierait à cette indigne cabale, j'ai fait de mon mieux pour lui résister, mais comme j'ai remarqué que toute espérance était perdue et que loin de diminuer elle augmentait toujours plus, j'ai d'autant moins hésité à remettre à Sa Majesté le Gouvernement, puisqu'un chacun sait que je n'ai eu aucune vue ou intérêt particulier, et que je n'ai pris ce parti qu'à cause que j'ai vu que dans l'état où les affaires étaient il n'y aurait plus moyen de les faire avec honneur. » 80e ) Berichte Mörmanns, 18., 26., 29. X I . 1724, M, Κ. schw. 17/3. 80 ') Nach der Relation secrète Saint-Saphorins vom 18. II. 1725, L 80/54. Damit inhaltlich weitgehend übereinstimmend Bericht du Bourgs nach Paris, 23. II. 1725, P, Autr 147: «Il y a beaucoup d'apparence que M. le Prince Eugène se flatta que l'Empereur ne s'attendant point à cette démarche serait surpris, qu'il le presserait de garder son Gouvernement et que les explications auxquelles ceci donnerait lieu ne pourraient pas manquer d'être avantageuses à Prié. Mais bien loin que l'Empereur ait été surpris, il était informé, sans doute par la personne à qui le Prince Eugène s'était confié, du jour, de l'heure à laquelle il lui devait parler et de ce qu'il lui dirait, et il avait eu le temps de concerter ses réponses. »

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 203—205

441

,oe ) Uber die Schenkungen Saint-Saphorin an Townshend, 22. X I . und 6. X I I . 1724, L 80/53: «Le 18., jour de Saint Eugène, l'Empereur envoya le Comte de Sinzendorf chez le Prince Eugène, pour lui dire que, comme il savait qu'il aimait la chasse et qu'il n'avait aucun endroit à portée de Vienne pour y prendre ce divertissement, il lui donnait une terre fort remplie de gibier, propre à cela, qui doit être à trois milles d'ici, du côté de Laxembourg . . . Ce don, qui n'est pas fort considérable par rapport au Prince, et cela dans un temps où l'Empereur vient d'en faire un beaucoup plus grand à Rialp, est la suite de la promesse du Prince de se démettre du Gouvernement des Pays-Bas ou même de sa démission réelle qui doit avoir précédé le don. Je sais qu'on lui a offert de lui conserver les mêmes appointements qui sont attachés au Gouvernement des Pays-Bas; quelques-uns m'assurent qu'il les a acceptés, mais autres disent que non. » — « Le Prince Eugène, qui n'a pas voulu avoir comme pension les mêmes gages qui étaient attachés au Gouvernement des Pays-Bas, les recevra dans la qualité de Vicaire Général en Italie. C'est une charge qui avait été créée en Espagne en faveur du dernier Don Juan d'Autriche et qui n'a été possédée que par lui. Pendant que le Prince est ici, elle ne lui donne pas grande autorité, seulement les ViceRois et les Gouverneurs seront été obligés de lui relater les principales choses qui arriveront. Mais s'il y a guerre en Italie et qu'il y alla, alors ils ne recevraient des ordres de l'Empereur que par lui et lui seraient tous subordonnés. » In seiner Relation secrète vom 18. II. 1725 nennt SaintSaphorin das Generalvikariat «un vain nom». Ähnlich berichtete du Bourg, 12. X I I . 1724, P, Autr 145, Mörmann, 29. XI., 13. X I I . 1724, M . K. schw. 17/3. 809 ) Saint-Saphorin an Townshend, 20. X I I . 1724, L 80/53. S1 ») Bericht Mörmanns, 13. X I I . 1724, M, Κ. schw. 1703. >u ) Bericht Mörmanns, 16. X I I . 1724, ebenda. 312 ) Berichte Mörmanns, 23. X I I . 1724, 6., 10. I. 1725, M, Κ. schw. 17/3, 17/11, Saint-Saphorin an Townshend, 30. X I I . 1724, L 80/53. 313 ) Referat Sinzendorfs, siehe oben Anm. 294. Eugen an Prié, 16. X I I . 1724, W, SA, G K 103a, an Mac Neny, 16., 27. X I I . 1724, 10., 13., 17., 24. I., 14. II., 7. I I I . 1725, ebenda 101 a; aus dem Schreiben vom 24. I. 1725 : «M. le Marquis ne saurait sans doute finir plus glorieusement son ministère qu'en payant avant son départ tous les arrérages dus aux troupes. » »") Karl VI. an Daun, 29. I. 1725, W, SA, Β 246. a16 ) Eugen an Mac Neny, 14. II. 1725, W, SA, G K 101a. 8le ) Eugen an Mac Neny, 10. I. 1725, ebenda: «Je crois qu'il est temps désormais qu'il [Prié] commencera de se tranquilliser . . . pour ne pas donner de plaisir à ses ennemis . . . puisque c'est dans le malheur qu'un homme de cœur et d'esprit doit se faire connaître en témoignant la même fermeté et grandeur d'âme dans les bons et mauvais événements et plus encore dans les derniers, étant bien plus facile de se trouver dans les prospérités. » Zu dem Zustand, in dem Prié sich befand, Briefe der Marquise an Saint-Saphorin, 9., 26. I. 1725, SS: «Je dois vous dire avant de finir, que j'ai reçu line lettre en réponse d'une des miennes de Son

442

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 205—207

Altesse le Prince, qui est la lettre d u monde la plus gracieuse et la plus polie que l'on puisse écrire . . . il me marque toutes les peines qu'il se donne sans discontinuation pour faire connaître à l'Empereur et à tout le Ministère en même temps les services importants que M. de Prié a rendus tant ici que d'ailleurs, et je vois bien que j'ai lieu d'espérer qu'il ne sortira pas d'ici sans avoir quelque marque de la justice et de l'équité de l'Empereur. Je vous avouerai cependant confidemment que je voudrais pour sa réputation, et celle du Prince même, que cela se fût avant qu'il sortit d'ici, car en vérité si la Cour ne donne pas des marques publiques de sa satisfaction des grands services qu'il a rendus, lesquels on connaîtra quand il ne sera plus ici, je ne sais si mon mari, qui se trouve accablé de chagrin, de dettes malgré tout ce qu'on en peut dire, qui ne nous inquiète pas infiniment néanmoins, aura assez de santé pour soutenir un pareil choque, sa santé diminuant tous les jours, son âge fort avancé; tout cela ensemble m'accable et à ne vous rien déguiser me désole véritablement, et vous ne pouvez vous imaginer combien je souffre et suis à plaindre. » »") Eugen an Mac Neny, 11. IV. 1725, W, SA, G K 101a. 818 ) Eugen an die Herzogin von Aremberg, 25. IV. 1725, W, SA, G K 75 b. S19 ) Drängen Eugens auf seine Abreise, an Mac Neny, 9., 23., 25., 30. V., 9. VI. 1725, W, SA, G K 101a. Saint-Saphorin an Townshend, 30. VI. 1725, L 80/55 : «Prié est ici depuis 4 ou 5 jours. Le Prince Eugène n'omet rien pour le faire entrer dans la Conférence secrète. Je doute qu'il l'obtienne. » Vgl. R E U M O N T , Prié, S. 238/39, S C H M I D in B I T T N E R , Gesamtinventar IV, S. 260—262. 320 ) Saint-Saphorin an Townshend, 12. I. 1726, L 80/57: «Le Marquis di Prié est mort la nuit passée d'un nouveau coup d'apoplexie n'ayant depuis sa première attaque jusqu'à sa mort parlé d'autre chose que de l'ingratitude de cette Cour avec lui. » m ) Saint-Saphorin an Townshend, 22. X I . 1724, L 80/53: «Le pauvre Prié sera rappellé, sans que, vraisemblablement, on lui fasse aucune douceur en récompense des services pénibles que jamais un homme ait pu rendre. Quoiqu'il ait eu ses faiblesses, cependant il était tel que, s'ils ne l'avaient pas eu à la main, ils auraient dû le chercher et lui faire quel parti il aurait voulu pour l'engager à prendre le poste qu'il occupe au delà, maintenant qu'il est au fil des affaires et qu'il les possède, ils le rappellent. » m ) Der sächsische Gesandte Wackerbarth an August den Starken, 1. VI. 1729, Archiv Schnurbein. Priés Sohn, Giovanni Antonio Marchese di Prié e Pancalieri, der es im kaiserlichen Militärdienst zum Feldmarschall-Leutnant gebracht hatte, erscheint seit Anfang 1734 als kaiserlicher Vertreter in der Schweiz, von wo er regelmäßig Berichte an den Prinzen Eugen sandte, W, SA, G K 103b, und wo er bis 1746 blieb; von 1747 bis 1753 war er Botschafter in Venedig (f 1757); vgl. Rep. II, S . 74, 84, 88, 257, 259, REUMONT, P r i é , S. 240. 82S

) Eugen an den Grafen Ernst Baillet, 9. I. 1725, W, SA, G K 76a. ) Bericht Mörmanns, 29. XI. 1724, M, K. schw. 17/3. 325) Eugen an Mac Neny, 9., 13. X I I . 1724, W, SA, 101a. 3M

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 207—210

443

32e ) Vgl. BENEDIKT, Bonneval, S. 72. Eugen an Prié, 20. X I I . 1724, W, SA, G K 103a: «Le Conseil de guerre impartial qui a été assemblé sur Bonneval est fini, dont j'attends incessamment la relation, et comme Bonneval par une suite de son désobéissance aux ordres de Sa Majesté a osé venir jusqu'à un endroit situé proche d'ici, où il s'est arrêté quelques jours, Sa Majesté a trouvé bon d'ordonner qu'il soit conduit à Spielberg ce qui a été aussi exécuté sous l'escorte d'un capitain et de 40 dragons. » 3 " ) Nach der Relation secrète Saint-Saphorins vom 18. II. 1725. 82β ) Bericht du Bourgs, 23. II. 1725, Ρ, Autr 147, abgedruckt bei H Y R V O I X DE LANDOSLE, Bonneval, S. 182/83: «Le Prince Eugène, en cette occasion, s'est mis dans la nécessité de forcer la raison, la justice et l'inclination de son maître ou de quitter lui-même le service, si l'Empereur refusait de signer. On a cru pendant trois semaines que ce Prince l'a gardé, qu'il ne signerait pas. » — Über die Unsicherheit, was mit Bonneval geschehen würde, sind die Briefe der Marquise de Prié aus Brüssel an Saint-Saphorin vom 9. und 26. I. 1725, SS, bezeichnend, aus denen zugleich die Bedeutung hervorgeht, die sie ihm für den Sturz ihres Mannes beimaß: «Il est certain qu'il n'est jamais arrivé une affaire de cette nature que celle de Bonneval, qui a fait tout au monde pour nous perdre tant dans le temps qu'il y a toute apparence qu'il se perde lui-même, et cela sans la moindre raison ni le moindre sujet, de gaieté de cœur, il s'abîme lui-même par tant d'endroits que le moindre est la conduite extraordinaire qu'il a tenue depuis le commencement de cette maudite affaire jusqu'au moment qu'il a été conduit dans le château de Spielberg. Tout le monde écrit ici diversement sur la sentence donnée par le Conseil de guerre; les uns prétendent qu'elle est très mauvaise pour lui, les autres disent que l'Empereur gardera pour lui seul cette résolution prise, et qu'il en sera quitte pour deux ans de prison. Je vous avoue que je ne lui souhaite aucun mal et cela sur ma parole d'honneur, je ne souhaite autre chose si ce n'est que le public soit persuadé de notre innocence et que l'on reconnaisse l'extravagance et l'indignité d'un pareil homme» (9. I. 1725); «On parle ici continuellement de la sentence du Comte de Bonneval. Les uns prétendent qu'elle soit très rigoureuse, et les autres disent qu'il en sera quitte pour une année de prison. Je ne souhaite lui aucun mal malgré celui qu'il nous a fait, et je désire qu'il en soit quitte à si bon marché» (26. I. 1725). 329 ) W, NB XIV, 61. Das Billet hat folgenden Wortlaut: «Le 8 janvier 1725 à 2 h. et demi aprèsmidi. Dans ce moment S. M. me renvoie le référât de Bonneval, j'ai bien compris sa résolution, mais n'en ayant pas pu lire toutes les paroles, je vous l'envoie, Monsieur, et son billet copié d'une écriture lisible, et me l'envoyez d'abord avec le billet original, surtout que qui ce puisse être n'en puisse rien pénétrer jusqu'à ce que je vous ai ordonné ce qu'il y aura à faire. » ®ao) Abgedruckt bei BENEDIKT, Bonneval, S. 73. sal ) Copia resolutionis, W, SA, G K 90b. m ) Bericht Mörmanns, 17. I. 1725, M, Κ. schw. 17/11. Die Instruktion des französischen Hofes f ü r den neuen Botschafter in Wien Ri-

444

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 210—214

chelieu von Ende März 1725 stellte fest, daß der Kaiser von dem Prinzen gewissermaßen gezwungen worden sei, die Verurteilung zu unterschreiben, R d l I, S. 228/29. M ) H Y R V O I X DE LANDOSLE, Rousseau, Revue d'Histoire diplomatique 35, S. 129. 3M ) Bonneval an Sinzendorf, 25. I. 1725, W, SA, G K 63. 335 ) Rousseau an Boutet, 10. X I . 1725, H Y R V O I X DE LANDOSLE, Rousseau a. a. O. S. 138. 33e ) Berichte Richelieus, 12. I., 26. II. 1726, P, Autr 150. Bericht Mörmanns, 17. I. 1726, M , K . schw. 18/1. S3 ') Bonneval an Villeneuve, 29. VI. 1729, A. VANDAL, Une Ambassade en Orient sous Louis XV, la Mission du Marquis de Villeneuve 1728 à 1741, 2 1887, S. 134/35. Vgl. zu Bonnevals Aufenthalt in Venedig, Ragusa und Sarajewo BRAUBACH, GuA, S. 330—337, BENEDIKT, Bonneval, S. 78—87. 33E ) VOLTAIRE, Œuvres, pubi. p. M. BEUCHOT, 48, S. 338—341. Vgl. BRAUBACH, GuA, S. 338—340, BENEDIKT, Bonneval, S. 88—90. »··) Wackerbarth an August den Starken, 27. V i l i . 1729 (Entwurf), Archiv Schnurbein: «Il suffit d'avoir connu la manière de penser de Bonneval pour ne pas être surpris que ce scélérat ait donné dans les visions de Mahomet; mais ce qu'il a de plus étonnant est, que friand comme il était pour la bonne chère et ennemi de toute souffrance du corps et de l'esprit, il ait pris la résolution de s'accoutumer depuis deux ans de propos délibéré à s'abstenir du vin et à se faire martyriser par une opération aussi douloureuse que la circoncision et à mettre son esprit à la torture pour apprendre la langue turque. Il s'est contraint encore davantage, car tout raisonneur qu'il était dans les discours et ses manières, rien ne lui est échappé durant son séjour à Venise, qui ait pu faire naître le moindre soupçon contre lui, et il y fait bien de la réserve et du secret, pour tromper la vigilance d'un gouvernement aussi ombrageux que celui des Vénitiens. Ce sont là des prodiges de la vengeance et d'une ambition démésurée. » M0

) Seckendorff an Eugen, 20. XI. 1729, Manteuffel an Seckendorff, Dresden, 24., 29. X I . 1729, W , SA, G K 110a. *") Stephan Kinsky an Eugen, Paris, 25. II. 1730, W, SA, G K 95a. ««) Eugen an Seckendorff, 17. X I I . 1729, W, SA, G K 110a. *") Über das Grab Priés mit seiner Büste REUMONT, Prié, a. a. O. · " ) Eugen an Mac Neny, 12., 19. IV., 24. V. 1730, W, SA, G K 101a S16 ) Bericht des französischen Geschäftsträgers in Wien, Bussy, 24. VI. 1730, mit «Sentence du 23 juin qui condamne le livre intitulé Relation des démêlés entre M. de Bonneval et M . de Prié à être brûlé par la main d u bourreau», P, Autr 166. Eugen an Mac Neny, 27. VI. 1730, W, SA, G K 101a. Vgl. KEYSSLER II, S. 1251, GACHARD, Analectes, S. 123, BRAUBACH, G u A , S . 3 2 9 , BENEDIKT, B o n n e v a l , S . 7 4 . M

») Eugen an Seckendorff, 7. X I I . 1729, W, SA, G K 110a.

" ' ) BENEDIKT, B o n n e v a l , S . 87. Me

) Ebenda S. 95—98. "») Ebenda S. 108—113.

Anmerkungen zu Kapitel 14, Seite 214—215

445

"Ό Vgl. BRAUBACH, G U A , S. 348—352, BENEDIKT, Bonneval, S. 186 bis 193. 551 ) Vgl. F. W. BARTHOLD, Die geschichtlichen Persönlichkeiten in Jacob Casanovas Memoiren, I, S. 101, Correspondance littéraire, philosophique et critique par Grimm, Diderot, Raynal, Meister usw. pubi, p. M. T O U R N E U X IV, S. 378/79. Zum Folgenden BRAUBACH, G U A , S. 352/53. 552 ) Schreiben Schulenburgs vom 2. IV. 1732, SCHULENBURG I, S. 522. 35a ) Vgl. TouRNEux a. a. Ο . I V , S. 375—379, BARTHOLD I , S. 102—108, v. H A M M E R VIII, S. 4 9 1 ^ 9 6 .

A N M E R K U N G E N Z U K A P I T E L 15 x

) Bericht Mörmanns nach München, 14. I I I . 1725, M, K.schw. 17/11. ) Eugen an Mac Neny, 13. IX. 1724, W, SA, G K 101a. ») Bericht du Bourgs, 23. II. 1725, P, Autr 147. 4 ) Saint-Saphorin an Townshend, 21. X. 1724, L 80/53. Bericht Mörmanns, M, K. schw. 17/3, 23. X. 1724. Vgl. über Trautson Bd. II, S. 207, 446, Anm. 84. 5 ) Über den Grafen Sigmund Rudolf Sinzendorf-Thannhausen (1670—1747), der 1703 mit Karl nach Spanien fuhr und 1709 sein Obristkämmerer wurde, vgl. v. WURZBACH 35, S. 23/24, F E L L N E R - K R E T S C H MAYR I, 1, S . 277, R. Graf K H E V E N H Ü L L E R - M E T S C H U. H . SCHLITTER, Aus der Zeit Maria Theresias, Tagebuch des Fürsten Johann Josef Khevenhüller-Metsch 1742—1776, 1745—1749, 1908, S. 137/38: «Ein Mann mittelmäßiger Einsicht, in den Hofsachen aus vieljähriger Erfahrenheit ziemlich findig, dabei ein ehrlicher alter Teutscher, ohne viele Lebensart und Höflichkeit, ein trefflicher Wirt. » e ) Über Juan Antonio Boxador Conde de Savalla ARNETH, Relationen, a

S . 71, BENEDIKT, N e a p e l , S. 243.

') Großer Bericht du Bourgs über den Wiener Hof, 23. II. 1725, P, Autr 147: «L'on doit regarder ce Marquis [Perlas] comme le seul des Ministres, en qui l'Empereur a de la confiance et par qui passent toutes les affaires secrètes. L'Empereur lui fait tous les jours de nouvelles grâces, il en fait à sa famille et c'est assez d'être recommandé par lui pour obtenir quelque chose. Le Marquis de Perlas est un fort bon homme, je le crois même un fort honnête homme, et avec raison attaché à son maître; son génie est médiocre, il est toujours ou dans le petit ou dans une élévation qui lui fait enfanter des projets si visionnaires qu'ils l'auraient tourné en ridicule ailleurs. » Von Starhemberg behauptet du Bourg, er habe gesagt, « que l'on était à la veille de voir l'Empire gouverné par deux Catalans ou par deux femmes, il voulait parler de Perlas et Savalla, et de la Batthyány et sa sœur ». Über Perlas-Rialp siehe Bd. I I I , S. 244, 435 (Anm. 37). s ) Der älteste Sohn von Perlas Francisco heiratete eine Sinzendorf aus dem Ernstbrunner Zweig, S C H M I D S . 57. Vgl. über Sinzendorf du Bourgs großen Bericht vom 23. II. 1725, a. a. O.: «Il semble être fait pour la société, il est paresseux, gourmand, voluptueux et il a un talent admirable pour mettre ceux qui sont avec lui à leur aise. Sa conversation est enjouée, spirituelle, et il se serait fait généralement aimer s'il avait été capable d'aimer autre chose que lui-même; mais son amour propre, sa faiblesse quand il s'est agi de soutenir ses amis et même sa facilité à les sacrifier à ses vues particulières l'ont fait abandonner par les ministres de sa nation et l'ont exposés dans les commencements aux vexations des

Anmerkungen zu Kapitel 15, Seite 221—225

447

Espagnols. Il n'est ni ferme ni soutenu dans sa conduite et il a toujours des hauts et des bas, il est tracassier dans les affaires, point sincère, et il fait peu de cas de la vérité. Il s'est uni d'intérêt avec Perlas et cette union qui l'a fait mépriser de sa nation l'a mis dans les bonne grâces de l'Empereur; mais comme il n'y est pas encore assez bien pour s'y maintenir sans le secours de Perlas, il faut qu'il adopte ses sentiments et il ne paraît pas être que son premier commis ou l'exécuteur de ses visions. Mais comme il m'a toujours paru que le Chancelier ne s'embarrassait pas beaucoup des affaires de son maître, que son principal objet est de raccommoder celles de sa maison et d'avancer solidement ses enfants, le chemin qu'il tient le conduit à ce but et je conclus que c'est un grand ministre. » ") V g l . MECENSEFFY S . 1 1 — 1 8 . 10

) Eugen an Prié, 26. IV. 1724, W, SA, GK 103 a. Nach dem Bericht du Bourgs vom 26. II. 1724, Ρ, Autr 145, wies er auf dessen Vorstellungen wegen französischer Ansprüche auf Revin und Fumay auf alle seine Bemühungen zur Verständigung über diese Grenzfragen hin, die jedoch von Frankreich unter allerlei Vorwänden verhindert worden sei. Vgl. über diese Grenzverhandlungen J. VAN VOLXEM, Die Ardennen als Grenzland des Reiches im 18. Jahrhundert, Rheinisches Archiv 38, 1941, S. 69—100. n ) Saint-Saphorin an Townshend, lettre secrète, 22. VI. 1724, über lange vertrauliche Unterredung mit Eugen, L 80/52. 12 ) Eugen an Mac Neny, 21. I. 1725, W, SA, GK 101a, mit Ausdruck des Dankes für die Kundgebungen der Holländer: «autant qu'il dépendra de moi je contribuerai toujours à la conservation d'une bonne harmonie avec eux et à l'exécution du traité de Barrière. » 13 ) Vgl. zum Folgenden die Arbeit von SYVETON über Ripperda, f e r n e r BAUDRILLART I I I , S . 1 3 6 — 1 4 1 , MICHAEL I I I , S . 4 0 0 — 4 1 5 , J . D U -

RENG, L e D u c de Bourbon et l'Angleterre (1723—1726), 1911, S. 275—279, 2 8 3 , ARNETH, E u g e n , I I I , S . 1 7 0 — 1 7 8 , MECENSEFFY S . 1 3 — 3 6 , NAUMANN S . 1 0 1 — 1 0 3 , BRAUBACH, V u W , S . 1 4 2 — 1 4 9 .

" ) Saint-Saphorin an Townshend, 18. II. 1725, L 80/54, Bericht du Bourgs, 23. II. 1725, P, Autr 147. Nach du Bourg sollte Petkum für den Kaiser nach dem Haag gehen, um dort wegen der Ostendekompanie zu verhandeln, doch hielt der Franzose es für möglich, daß er, der mit einer Spanierin verheiratet sei, weiter nach Madrid sich begeben werde. Vgl. über Petkum Bd. II, S. 275, 463, Anm. 62. 15 ) Saint-Saphorin an Townshend, 28. II. 1725, L 80/54, über Unterredung mit Eugen am 26. II.: «Les termes généraux dont il se servit ont été tels que je n'ai pu démêler au juste s'il en avait une connaissance exacte. Mais ils ont été propres à me faire voir qu'il ne favoriserait pas ces idées. » Nähere Einzelheiten über dieses Gespräch gibt Saint-Saphorin in einem gemeinsamen Bericht mit du Bourg, den dieser am 11. V. 1725 nach Paris schickte, P, Autr 147: «Je le tâtai sur cette négociation, en lui parlant des lettres, que diverses personnes avaient reçues ici sur ce sujet. Il me répondit de telle manière que je ne pûs pas démêler au juste s'il était au fait de ce qui se traitait entre Ripperda et Sinzendorf.

448

Anmerkungen zu Kapitel 15, Seite 225—228

Car il me dit simplement: