Der Vorteilsbegriff im Sinne des § 257 StGB [1 ed.] 9783428588794, 9783428188796

Der Tatbestand der Begünstigung (§ 257 StGB) ist hinsichtlich des objektiven Tatbestands – insbesondere bezogen auf das

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Der Vorteilsbegriff im Sinne des § 257 StGB [1 ed.]
 9783428588794, 9783428188796

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Strafrechtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 311

Der Vorteilsbegriff im Sinne des § 257 StGB Von

Anna Heil

Duncker & Humblot · Berlin

ANNA HEIL

Der Vorteilsbegriff im Sinne des § 257 StGB

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Begründet von Dr. Eberhard Schmidhäuser (†) em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Hamburg

Herausgegeben von Dr. Dres. h. c. Friedrich-Christian Schroeder em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Regensburg

und Dr. Andreas Hoyer ord. Prof. der Rechte an der Universität Kiel

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 311

Der Vorteilsbegriff im Sinne des § 257 StGB Von

Anna Heil

Duncker & Humblot · Berlin

Zur Aufnahme in die Reihe empfohlen von Professor Dr. Jan Zopfs, Mainz Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Jahre 2022 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI Books GmbH, Leck Printed in Germany

ISSN 0720-7271 ISBN 978-3-428-18879-6 (Print) ISBN 978-3-428-58879-4 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2022/2023 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Rechte angenommen. Sie entstand während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Univ.-Professor Dr. Jan Zopfs von Oktober 2018 bis Oktober 2021. Für die Drucklegung konnte Rechtsprechung und Literatur bis einschließlich Januar 2023 berücksichtigt werden. Mein ganz besonderer Dank gebührt meinem Doktorvater Herrn Univ.-Professor Dr. Jan Zopfs, der mich bei der Entstehung dieser Arbeit in jeder Hinsicht unterstützt und gefördert hat. Während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl ließ er mir alle Freiheiten, derer es bedurfte, um diese Arbeit fertigzustellen. Mein Dank gilt darüber hinaus auch dem gesamten Lehrstuhl-Team, sowohl den Mitarbeitern als auch dem Sekretariat, für die jahrelange gute Zusammenarbeit. Herrn Univ.-Professor Dr. Jörg Scheinfeld danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens sowie die Aufnahme als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl während meines Referendariats. Im Rahmen meiner Tätigkeit als Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl gewährte er mir, insbesondere während meines Referendariats, große Freiheiten. Auch hier gilt mein Dank ihm und dem gesamten Lehrstuhl-Team. Entscheidenden Anteil daran, dass ich überhaupt den Mut aufbrachte mit dieser Arbeit zu beginnen, hatte Herr Dr. Sebastian Sobota, dem ich dafür ebenfalls auf diesem Weg danken möchte. Besonders dankbar bin ich all meinen lieben Kolleginnen und Kollegen an der Universität Mainz, die über die Jahre zu meinen Freunden wurden, vor allem Sarah, Sophie, Leon und Jana. Sie haben mich während meiner Promotion nicht nur durch den wissenschaftlichen Austausch unterstützt, sondern auch durch viele schöne gemeinsame Aktivitäten außerhalb der Universität für den nötigen Ausgleich gesorgt. Weiterhin danke ich der Alfred Teves-Stiftung für die Auszeichnung mit dem Dissertationspreis für das Jahr 2022 und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz für den großzügigen Druckkostenzuschuss im Rahmen der inneruniversitären Forschungsförderung. Schließlich danke ich von Herzen meinen Eltern dafür, dass sie mich während der Entstehung dieser Arbeit sowie während meines Studiums und Referendariats stets

4

Vorwort

unterstützt und immer an mich geglaubt haben. Zuletzt möchte ich mich bei Mario Ober bedanken, dafür dass er Teile dieser Arbeit Korrektur gelesen und mich beim Schreiben jederzeit ermutigt und auf jede erdenkliche Weise unterstützt hat. Mainz, im März 2023

Anna Heil

Inhaltsübersicht 1. Teil Zum Verständnis des Vorteilsbegriffs der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

21

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. II.

Die Bedeutung des Vorteilsbegriffs für den Tatbestand der Begünstigung und zugleich Darstellung des Gangs der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Die Bedeutung des Tatbestands der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

B. Der Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur . . . . 26 I. Das Bestehen des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 II.

Der Inhalt des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

III. Die Unmittelbarkeit des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2. Teil Die Auslegung des Vorteilsbegriffs als Tatbestandsmerkmal der Begünstigung 113 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Die vier Auslegungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 II.

Das Verhältnis der Auslegungsmethoden zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

III. Das Auslegungsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 IV. Das Verhältnis von Auslegungsziel und Auslegungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . 120 V.

Die Gültigkeit der gefundenen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

VI. Konkretes Auslegungsziel der vorliegenden Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 VII. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 B. Wortlautauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 II.

Die Feststellung der Bedeutung eines Gesetzesbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

III. Die Bedeutung des Vorteilsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 IV. Beurteilung der gefundenen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 C. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 II.

Zum Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

III. Die Entwicklung des Begünstigungstatbestands bis zum Erlass des RStGB 1871 155

6

Inhaltsübersicht IV. Die Entwicklung des Begünstigungstatbestandes nach Erlass des RStGB 1871 V.

208

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

D. Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 I.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

II. Die Schutzrichtung der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 E. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II.

Der Vorteilsbegriff im Gesamtgefüge des Tatbestands der Begünstigung . . . . . . 264

III. Der Vorteilsbegriff und seine Stellung im 21. Abschnitt des Strafgesetzbuches 268 IV. Der Vorteilsbegriff und seine Stellung im Strafgesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 V.

Der Vorteilsbegriff und seine Stellung im Nebenstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

3. Teil Zusammenfassung der Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

302

A. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 I. Die Auslegung des Vorteilsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 II.

Zur Notwendigkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums und dessen Inhalt . . . . . . . 303

B. Anwendung auf die unterschiedlichen Fallgruppen des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 I.

Ersatzvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

II. Nutzungswert als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 III. Tatlohn und Versprechen auf Tatlohn als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 IV. Früchte des erlangten Gegenstands als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 V.

Zusammenfassendes Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337

Inhaltsverzeichnis 1. Teil Zum Verständnis des Vorteilsbegriffs der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

21

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. II.

Die Bedeutung des Vorteilsbegriffs für den Tatbestand der Begünstigung und zugleich Darstellung des Gangs der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Die Bedeutung des Tatbestands der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1. Die Bedeutung der Begünstigung für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2. Die Bedeutung der Begünstigung für die Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

B. Der Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur . . . . 26 I.

Das Bestehen des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Das Vorliegen des Vorteils in objektiver und zeitlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . 26 a) Vorteil bereits vorhanden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 aa) Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 bb) Vorgeleistete Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 cc) Dauerdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 b) Vorteil noch vorhanden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Der Vortäter als Vorteilsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3. Die Entziehbarkeit des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

II.

Der Inhalt des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1. Vermögensvorteile und Nichtvermögensvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 a) Die Bedeutung der Vortat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 b) Die Häufigkeit von Vermögens- und Nichtvermögensvorteilen . . . . . . . . . . 35 c) Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Körperliche und unkörperliche Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

III. Die Unmittelbarkeit des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Die Erforderlichkeit einer Begrenzung des Vorteilsbegriffs durch das Unmittelbarkeitskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 aa) Erfassen mittelbarer und unmittelbarer Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 bb) Erfassen nur unmittelbarer Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 (1) Vorliegen eines unmittelbaren Vorteils nur bei Sicherung der erlangten Tatbeute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

8

Inhaltsverzeichnis (2) Vorliegen eines unmittelbaren Vorteils bei Sicherung des wirtschaftlichen Wertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 (3) Vorliegen eines unmittelbaren Vorteils bei gleichbleibendem bestimmungsgemäßem nächsten Verwendungszweck . . . . . . . . . . . . . 43 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2. Die Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums anhand einer Systematisierung der im Bereich der Unmittelbarkeit diskutierten Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 a) Ersatzvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 aa) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 bb) Rechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 (1) Verkaufserlös als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 (a) Entscheidung des Reichsgerichts vom 21. 05. 1920 . . . . . . . . . 47 (b) Entscheidung des Reichsgerichts vom 17. 04. 1924 . . . . . . . . . 48 (c) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. 04. 2008 . . . . . 48 (d) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. 01. 2011 . . . . . 50 (e) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 (f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 (2) Eingetauschter Gegenstand als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 (a) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 (b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (3) In Bankguthaben, Wertpapiere oder andere Währungen umgewandeltes Bargeld als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (a) Umwandlung von Bargeld in Bankguthaben oder Wertpapiere 54 (aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 15. 01. 1942 . . . . . . 54 (bb) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. 06. 1971 . . 55 (cc) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. 08. 1986 . . 56 (dd) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. 10. 1989 . . 58 (ee) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 (ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (b) Umwandlung von Bargeld in solches einer anderen Währung oder in eine andere Stückelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 20. 03. 1924 . . . . . . 62 (bb) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. 04. 1998 . . 63 (cc) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (c) Umwandlung von Konto- bzw. Sparbuchguthaben in Bargeld

65

(aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 30. 10. 1906 . . . . . . 65 (bb) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

Inhaltsverzeichnis

9

(4) Umwandlung von durch die Vortat erlangtem Bargeld in einen Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (a) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (5) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 b) Nutzungswert als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 aa) Angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (1) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (2) Rechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 (a) Veräußerung an einen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 (aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 27. 03. 1924 . . . . . . 72 (bb) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. 05. 1952 . . 72 (cc) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 01. 04. 1953 . . 75 (dd) Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 29. 05. 1995 . . . 77 (ee) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. 04. 2008 . . 78 (ff) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (b) Rückveräußerung an den Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 22. 02. 1907 . . . . . . 83 (bb) Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 22. 03. 1979 . . . . . 86 (cc) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (b) Der Fall „Volkacher Madonna“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 bb) Verarbeiteter, verbundener, vermischter Gegenstand bzw. Verarbeitungs-, Verbindungs- oder Vermischungsprozess als Vorteil . . . . . . . . . 94 (1) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (2) Rechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (a) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 05. 10. 1894 . . . . . . 95 (bb) Entscheidung des Reichsgerichts vom 05. 03. 1943 . . . . . . 96 (b) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 cc) Verbrauch eines Gegenstands als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Tatlohn und Versprechen auf Entlohnung als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 aa) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 bb) Rechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (1) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 03. 11. 2011 . . . . . . . . . 99 (2) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (a) Aus der Vortat stammender Tatlohn als Vorteil . . . . . . . . . . . . 102 (aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

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Inhaltsverzeichnis (bb) Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (b) Nicht aus der Vortat stammender Tatlohn als Vorteil . . . . . . . . 109 (c) Versprechen auf Tatlohn als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 d) Früchte der erlangten Sache als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 aa) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 bb) Rechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

2. Teil Die Auslegung des Vorteilsbegriffs als Tatbestandsmerkmal der Begünstigung

113

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. II.

Die vier Auslegungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Das Verhältnis der Auslegungsmethoden zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

2. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 III. Das Auslegungsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 IV. Das Verhältnis von Auslegungsziel und Auslegungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . 120 V. Die Gültigkeit der gefundenen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 VI. Konkretes Auslegungsziel der vorliegenden Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 VII. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 B. Wortlautauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 I.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

II.

Die Feststellung der Bedeutung eines Gesetzesbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Mögliche Ansatzpunkte zur Bedeutungsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Der allgemeine Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Zulässigkeit der Zugrundelegung eines allgemeinen Sprachgebrauchs . . . . 125 b) Möglichkeiten zur Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs . . . . . . . . 126 c) Probleme bei der Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs . . . . . . . . . 128 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Die Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Semantische Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 aa) Das semantische Dreieck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 bb) Die Gebrauchstheorie der Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 cc) Differenzierung zwischen Begriffskern und Begriffshof . . . . . . . . . . . . 133

Inhaltsverzeichnis

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c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4. Analyse von Gegenbegriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 5. Berücksichtigung von Kontext und Syntax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 6. Gesetzgeberwille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Untersuchung ähnlicher Formulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Heranziehung der Gesetzesmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 7. Die Wortherkunft (Etymologie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 III. Die Bedeutung des Vorteilsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Vorliegen einer Gesetzesdefinition bzw. eines spezifischen Sprachgebrauchs 138 2. Die Bedeutung nach dem juristischen Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3. Die Bedeutung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4. Semantische Analyse des Vorteilsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 a) Analyse des Morphems „Vor“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Analyse des Morphems „Teil“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 5. Kontext und Syntax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 6. Gesetzgeberwille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 7. Wortherkunft (Etymologie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 8. Bedeutung der gewonnenen Erkenntnisse für das Auslegungsziel . . . . . . . . . . 145 9. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 IV. Beurteilung der gefundenen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 C. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 I.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Gründe für eine historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 b) Kritik an der historischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 2. Quellen historischer Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Gesetzesentwurf und Gesetzesbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Sonstige im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens entstandene Aufzeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 c) Außerhalb des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens entstandene Aufzeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 3. Arten der historischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

II. Zum Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 III. Die Entwicklung des Begünstigungstatbestands bis zum Erlass des RStGB 1871 155 1. Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Die Begünstigung im antiken römischen Recht, 5. Jhd. v. Chr. – 5. Jhd. n. Chr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

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Inhaltsverzeichnis bb) Frühzeit (753 – 509/510 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 cc) Zeit der Republik (509 – 27 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (1) Geschichtliche Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (2) Der Tatbestand der Begünstigung in der Zeit der Republik . . . . . . . 157 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 dd) Kaiserzeit (27 v. Chr. – 395 n. Chr.) und Spätantike (395 – 568 n. Chr.) 160 (1) Geschichtliche Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 (2) Der Tatbestand der Begünstigung in der Kaiserzeit . . . . . . . . . . . . . 160 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2. Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 a) Die Begünstigung im Germanischen Recht des Früh- und Hochmittelalters, 5. – 13. Jhd. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 b) Die Begünstigung im Germanischen Recht des Spätmittelalters, 14. – 16. Jhd. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Die Begünstigung in der Constitutio Criminalis Carolina von 1532 . . . . . . 166 aa) Der „Begünstigungstatbestand“ in Art. 177 und anderen Vorschriften der Constitutio Criminalis Carolina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 bb) Die Begünstigung als Teilnahme oder als eigenständiges Delikt? . . . . 169 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Partikulargesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 aa) Gesetzgebung ab dem 16. Jhd. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 bb) Gesetzgebung ab dem 18. Jhd. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (1) Regelung der Begünstigung als Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (a) Codex Juris Bavarici von 1751 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (b) Preußisches Allgemeines Landrecht von 1794 . . . . . . . . . . . . . 172 (2) Erste Ansätze des Ausscheidens der Begünstigungshandlung aus dem Bereich der Teilnahme und eigenständige Normierung des Begünstigungstatbestands in einzelnen Partikulargesetzen . . . . . . . 174 (a) Constitutio Criminalis Theresiana von 1768 . . . . . . . . . . . . . . . 175 (b) Allgemeines Gesetzbuch über Verbrechen und derselben Bestrafung von 1787 (Josephinisches Strafgesetzbuch) . . . . . . . . 177 (c) Bayrisches Strafgesetzbuch von 1813 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (d) Entwurf eines Strafgesetzbuchs für Baden von 1836/1839 . . . . 179 (e) Sächsisches Strafgesetzbuch von 1838 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 (f) Braunschweiger Strafgesetzbuch von 1840 . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (g) Hannoveraner Strafgesetzbuch von 1840 . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (h) Hessisches Strafgesetzbuch von 1841 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (i) Badisches Strafgesetzbuch von 1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (j) Strafgesetzbuch Sachsen Weimar Eisenach von 1850 . . . . . . . 184

Inhaltsverzeichnis

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(k) Preußisches Strafgesetzbuch von 1851 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (aa) Die Stellung der Begünstigung im Preußischen Strafgesetzbuch von 1851 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (bb) Der Begriff des Vorteils im Preußischen Strafgesetzbuch von 1851 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (cc) Die Hehlerei im Preußischen Strafgesetzbuch und ihr Verhältnis zur Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (a) Die Hehlerei im Preußischen Strafgesetzbuch . . . . . . 188 (b) Vergleich von Hehlerei und Begünstigung im Preußischen Strafgesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (l) Sächsisches Strafgesetzbuch von 1855 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 (m) Bayrisches Strafgesetzbuch von 1861 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (n) Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund von 1870 . . . . . 194 (aa) Die Entwicklung des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 (bb) Der Begünstigungstatbestand und der Vorteilsbegriff im Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund . . . . . . . . . . 195 (cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (o) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (aa) Die Entwicklung der Begünstigung in den Partikulargesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (bb) Die Entwicklung der Hehlerei in den Partikulargesetzen und die Bedeutung für die Auslegung der Begünstigung und ihrer Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (a) Ausgliederung der Hehlerei aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (b) Bedeutung der Ausgliederung für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 cc) Der Begriff der Begünstigung in der Literatur ab dem 16. Jhd. . . . . . . 202 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 aa) Ausgliederung der Begünstigung aus dem Allgemeinen Teil . . . . . . . . 206 bb) Bedeutung des Vorteilsbegriffs und der Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . 207 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 IV. Die Entwicklung des Begünstigungstatbestandes nach Erlass des RStGB 1871 208 1. Der Begünstigungstatbestand in der Fassung von 1871 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 a) Der Begünstigungstatbestand gem. § 257 RStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 b) Besonderheiten des Begünstigungstatbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 aa) Geregelte Fälle der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 bb) Begrenzung der Strafdrohung auf die Vortatstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 cc) Regelung im Besonderen Teil des RStGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 c) Das Verhältnis der Begünstigung zur Hehlerei gem. §§ 258, 259 RStGB 211

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Inhaltsverzeichnis d) Die Auslegung des Vorteilsbegriffs der Begünstigung gem. § 257 RStGB

212

2. Reformbemühungen bzgl. des Begünstigungstatbestandes nach 1871 . . . . . . . 213 a) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 b) Frühe Entwürfe von 1909 und 1913 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 c) Die Entwürfe zur Zeit der Weimarer Republik ab 1919 . . . . . . . . . . . . . . . . 217 aa) Entwurf von 1919 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 bb) Entwurf von 1922/1925 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 cc) Entwurf von 1927 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 d) Entwürfe zur Zeit des Nationalsozialismus ab 1933 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 aa) Erste Ansätze und erster Entwurf 1933 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 bb) Entwurf eines Deutschen Strafgesetzbuchs von 1936 . . . . . . . . . . . . . . 221 cc) Weitere Entwicklungen bis 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 e) Entwürfe der Nachkriegszeit ab 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 aa) Rechtsbereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 bb) Beratungen der Großen Strafrechts- und der Länderkommission sowie der Entwurf eines Strafgesetzbuchs von 1962 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (1) Entstehung des Entwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (2) Normierung des Begünstigungstatbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (a) Zum Regelungsstandort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (b) Zum Inhalt der Begünstigungsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 (3) Rezeption durch die Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 3. Der Begünstigungstatbestand in der Fassung vom 01. 01. 1975 . . . . . . . . . . . . 230 a) Die Neustrukturierung der Anschlussdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 b) Inhaltliche Änderungen des Tatbestandes der Begünstigung durch das Reformgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 aa) Das Verhältnis von Begünstigung und Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 bb) Die Begrenzung der Akzessorietät zur Vortat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 cc) Die Abgrenzung von Hehlerei und Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 c) Der Vorteilsbegriff in § 257 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 a) Zum Begünstigungstatbestand im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 b) Zum Vorteilsbegriff im Besonderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 V.

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 1. Zusammenfassung der zeitlichen Entwicklung des Begünstigungstatbestands 236 2. Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse der historischen Auslegung 237 a) Die Entwicklung der Begünstigung aus der Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . 237 b) Das heutige Verhältnis von Begünstigung und Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . 238 c) Das Verhältnis der Anschlussdelikte zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 3. Die Bedeutung der Erkenntnisse der historischen Auslegung für den Vorteilsbegriff der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

Inhaltsverzeichnis

15

D. Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 I.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 2. Ermittlung des Sinn und Zwecks eines Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 3. Differenzierung nach subjektiv- und objektiv-teleologischer Auslegung . . . . . 243

II.

Die Schutzrichtung der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 1. Ansatzpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 a) Positive Schutzrichtung der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 aa) Individualrechtsgüterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 (1) Schutz des Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 (2) Schutz des Restitutionsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 (3) Konsequenzen für die Auslegung des Vorteilsbegriffs . . . . . . . . . . . 248 bb) Allgemeinrechtsgüterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 (1) Schutz der Rechtspflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 (2) Schutz des öffentlichen Restitutionsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (3) Konsequenzen für die Auslegung des Vorteilsbegriffs . . . . . . . . . . . 251 cc) Schutz des jeweiligen von der Vortat geschützten Rechtsguts . . . . . . . . 252 (1) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 (2) Konsequenzen für die Auslegung des Vorteilsbegriffs . . . . . . . . . . . 253 b) Generalpräventive Schutzrichtung der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 aa) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 bb) Konsequenzen für die Auslegung des Vorteilsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . 256 c) Duale Schutzrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 aa) Vertretene Ansätze im Bereich der dualen Schutzrichtung . . . . . . . . . . 256

bb) Konsequenzen für die Auslegung des Vorteilsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . 257 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 1. Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse der teleologischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 2. Die Bedeutung der Erkenntnisse der teleologischen Auslegung für den Vorteilsbegriff der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 E. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 I.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 1. Inhalt der systematischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 2. Grundannahmen der systematischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

II.

3. Ansatzpunkte der systematischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Der Vorteilsbegriff im Gesamtgefüge des Tatbestands der Begünstigung . . . . . . 264 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

16

Inhaltsverzeichnis 2. Die Bedeutung des Vorteilsbegriffs im Gesamtgefüge des Tatbestands der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 a) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 aa) Die Vortat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 (1) Der Begriff der Vortat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 (2) Das Verhältnis der Vortat zum Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 bb) Das Hilfeleisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 (1) Der Begriff des Hilfeleistens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 (2) Das Verhältnis des Hilfeleistens zum Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 b) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 III. Der Vorteilsbegriff und seine Stellung im 21. Abschnitt des Strafgesetzbuches

268

1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 a) Gemeinsamkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 b) Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 2. Das Verhältnis der Begünstigung zur Strafvereitelung, § 258 StGB . . . . . . . . . 270 3. Das Verhältnis der Begünstigung zur Hehlerei, § 259 StGB . . . . . . . . . . . . . . . 270 a) Tatobjekte Sache und Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 aa) Unmittelbarkeitserfordernis i. S. d. § 259 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 bb) Übertragbarkeit des Unmittelbarkeitserfordernisses auf § 257 StGB . . 272 b) Auslegung der Tathandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 IV. Der Vorteilsbegriff und seine Stellung im Strafgesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 1. Die Bestechungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 a) Die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 aa) Der Vorteilsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 (1) Besserstellung als Kern des Vorteilsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 (2) Kein rechtlicher Anspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 (3) Grenzen des Vorteilsbegriffs bei sozialadäquaten Zuwendungen . . 279 (4) Kategorien der Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 (a) Materielle und immaterielle Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 (b) Unmittelbare und mittelbare Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 (5) Die Unrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 b) Die Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen, §§ 299a, b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 aa) Der Vorteilsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

Inhaltsverzeichnis

17

bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 c) Die Bestechlichkeit und Bestechung von Amtsträgern, §§ 331 – 334 StGB 286 aa) Der Vorteilsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 bb) Arten und Grenzen des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 d) Die Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern, § 108e StGB . . 288 aa) Der Vorteilsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 bb) Grenzen des Vorteilsbegriffs gem. § 108e Abs. 4 StGB . . . . . . . . . . . . 289 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 e) Die Wählerbestechung, § 108b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 bb) Der Vorteilsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 2. Der Sportwettbetrug und die Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben, §§ 265c, d StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 3. Die Betrugsvorschriften, §§ 263, 263a StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 a) Der Vermögensvorteilsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 b) Die Stoffgleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 c) Anwendung der Maßstäbe der Stoffgleichheit auf § 257 StGB? . . . . . . . . . 293 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 4. Der Wucher, § 291 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 5. Die Zuhälterei, § 181a StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 6. Die Geldwäsche, § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 V.

7. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Der Vorteilsbegriff und seine Stellung im Nebenstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 1. Der Steuervorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

2. Relevanz für den Vorteilsbegriff i. S. d. § 257 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 1. Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse der systematischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 2. Die Bedeutung der Erkenntnisse der systematischen Auslegung für den Vorteilsbegriff der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300

3. Teil Zusammenfassung der Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

302

A. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 I. Die Auslegung des Vorteilsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 II.

Zur Notwendigkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums und dessen Inhalt . . . . . . . 303 1. Notwendigkeit der Begrenzung auf unmittelbare Vorteile? . . . . . . . . . . . . . . . 303

18

Inhaltsverzeichnis 2. Schutzzweckerwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 3. Ist die Unmittelbarkeit im Sinne einer Sachidentität zu verstehen? . . . . . . . . . 305 4. Kriterien zur Bestimmung der Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 a) Vortatbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 b) Restitutionsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 5. Zusammenfassung der für die Auslegung der Unmittelbarkeit relevanten Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309

B. Anwendung auf die unterschiedlichen Fallgruppen des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 I.

Ersatzvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 1. Verkaufserlös als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 2. Eingetauschter Gegenstand als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 3. In Bankguthaben, Wertpapiere oder andere Währungen umgewandeltes Bargeld als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 a) Umwandlung von Bargeld in Bankguthaben oder Wertpapiere . . . . . . . . . . 312 b) Umwandlung von Bargeld in solches einer anderen Währung oder in eine andere Stückelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 c) Umwandlung von Konto- bzw. Sparguthaben in Bargeld . . . . . . . . . . . . . . . 313

II.

4. Umwandlung von durch die Vortat erlangtem Bargeld in einen Gegenstand 314 Nutzungswert als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 1. Angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 2. Verarbeiteter, verbundener bzw. vermischter Gegenstand als Vorteil . . . . . . . . 316 a) Endprodukt der Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung als Vorteil 316 b) Sicherung eines wirtschaftlichen Wertes im Rahmen des Verarbeitungs-, Verbindungs- oder Vermischungsvorgangs als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

3. Verbrauch als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 III. Tatlohn und Versprechen auf Tatlohn als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 1. Tatlohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 2. Versprechen auf Tatlohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 IV. Früchte des erlangten Gegenstands als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 V.

Zusammenfassendes Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. F. ALR Alt. Anm. Art. BA BeckRS Begr. BGB BGBl. BGH BGHSt BR-Drucks. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE bzw. CCC ders./dies. EGStGB f. ff. Fn. FS GG ggf. ggü. H/H i. d. F. i. d. R. i. H. v. IntBestG i. R. d. i. S. d. JA JR Jura JuS JZ KRABl.

andere Ansicht alte Fassung Allgemeines Preußisches Landrecht Alternative Anmerkung Artikel Bundesarchiv Beck-Rechtsprechung Begründung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Bundesratsdrucksache Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Constitutio Criminalis Carolina derselbe/dieselbe Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch folgende fortfolgende Fußnote Festschrift Grundgesetz gegebenenfalls gegenüber von Heintschel-Heinegg Strafgesetzbuch Kommentar in der Fassung in der Regel in Höhe von Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung im Rahmen der/des im Sinne des Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland

20 LG LK L/K MüKo m. w. N. NJW NK NStZ NStZ-RR OLG RGBl. Rn. RStGB SK S/S S/S/W StGB StV u. a. vgl. Vor z. B. ZStW z. T.

Abkürzungsverzeichnis Landgericht Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch Lackner/Kühl/Heger Kommentar zum Strafgesetzbuch Münchner Kommentar zum Strafgesetzbuch mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Strafrecht Rechtsprechungs-Report Oberlandesgericht Reichsgesetzblatt Randnummer Reichsstrafgesetzbuch Systematischer Kommentar Schönke/Schröder Kommentar zum Strafgesetzbuch Satzger/Schluckebier/Widmaier Kommentar zum Strafgesetzbuch Strafgesetzbuch Strafverteidiger unter anderem vergleiche Vorbemerkungen zum Beispiel Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft zum Teil

Im Übrigen wird verwiesen auf die Abkürzungen bei Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 10. Auflage, Berlin 2021.

1. Teil

Zum Verständnis des Vorteilsbegriffs der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur A. Einleitung I. Die Bedeutung des Vorteilsbegriffs für den Tatbestand der Begünstigung und zugleich Darstellung des Gangs der Arbeit Der Straftatbestand der Begünstigung (§ 257 StGB) verbietet es, dem Vortäter, durch Sicherung der rechtswidrig erlangten Vorteile, Hilfe zu leisten. Somit ist zentraler Begriff des Begünstigungstatbestands der Vorteil. Ausgangspunkt einer Arbeit zum Vorteilsbegriff muss die Auseinandersetzung mit der Frage sein, ob es überhaupt einer solchen bedarf. Hierauf liefert schon ein kurzer Blick in die einschlägige Rechtsprechung und Literatur eine eindeutige Antwort: „Einen Vorteil im Sinne des § 257 StGB stellt vielmehr auch der (vorab) an einen Tatbeteiligten […] gezahlte Tatlohn dar.“1 „Die Einbeziehung von Vorteilen, die hingegen, wie im Grundsatz der Tatlohn, nur einen tatsächlichen und keinen rechtlichen Bezug zum Tatbestand der Vortat aufweisen, überschreitet die der Auslegung einer die Strafbarkeit begründenden Norm durch den Bestimmtheitsgrundsatz gemäß Art. 103 II GG gesetzten Grenzen.“2

Diese beiden Stellungnahmen zur Frage, ob der Tatlohn als Vorteil i. S. d. § 257 StGB angesehen werden kann, verdeutlichen die existierenden Unsicherheiten bei der Definition des Vorteils i. R. d. Tatbestands der Begünstigung. Zur Klärung dieser Unsicherheiten soll diese Arbeit beitragen. In einem ersten Teil wird zunächst der aktuelle Stand des Vorteilsbegriffs in Rechtsprechung und Literatur herausgearbeitet und im Anschluss daran eine Systematisierung der aktuell vertretenen Positionen vorgenommen. Auf dieser Grundlage wird mithilfe der gängigen Auslegungsmethoden der Vorteilsbegriff gem. § 257 StGB bestimmt und die gefundenen Ergebnisse schlussendlich zusammengefasst und auf ausgewählte Beispielsfälle aus der Rechtsprechung angewendet.

1 2

BGHSt 57, 56 (58). Cramer, in: NStZ 2012, 445 (446).

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

II. Die Bedeutung des Tatbestands der Begünstigung Ebenso wie sich die Frage nach der Notwendigkeit einer Untersuchung des Vorteilsbegriffs stellt, muss zu Beginn nach der Relevanz des Tatbestands der Begünstigung sowohl für die Praxis, sprich den Alltag der Strafverfolgungsbehörden, als auch die Theorie, d. h. die juristische Ausbildung, gefragt werden. 1. Die Bedeutung der Begünstigung für die Praxis Ein erster Eindruck der Relevanz des Begünstigungstatbestandes für die Praxis lässt sich durch einen Blick in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) gewinnen: In der PKS sind für das Jahr 2020 insgesamt 23.817 Fälle unter dem Schlüssel 630000 erfasst, welcher die Straftaten der Begünstigung, Strafvereitelung, Hehlerei und Geldwäsche beinhaltet.3 Damit macht diese Gruppe der Straftaten einen Anteil von 0,4 % an der Gesamtkriminalität aus.4 Hierbei entfallen auf die Begünstigung 99 Fälle, wobei die Anzahl der Begünstigungstaten in der PKS von 2020 erstmals einzeln ausgewiesen wurde.5 In den Vorjahren enthielt die Tabelle lediglich Fallzahlen für Begünstigungs- und Strafvereitelungstaten, ohne jedoch den Anteil des jeweiligen Delikts auszuweisen.6 Daher existierten früher zu der Verteilung von Begünstigungstaten und Strafvereitelungen in der Gruppe 630000 lediglich Schätzungen: So nahm Ellerkmann für die Jahre 1945 – 1954 an, dass 50 % der registrierten Taten den Begünstigungstatbestand erfüllen7, während Toelle 1970 von einem Verteilungsverhältnis von 2:1 zugunsten der Begünstigung ausging.8 Betrachtet man die Tabelle von 2020, so ergibt sich jedoch aus den Zahlen für die Begünstigung (99) und für die Strafvereitelung (2.624)9 ein deutliches Überwiegen der letzteren. Insgesamt lässt sich aus den Angaben schließen, dass die Begünstigung mit 99 registrierten Fällen ggü. der Gesamtzahl der registrierten Straftaten i. H. v. 5.310.621 3

PKS 2020 Bund Tabelle 01 – Grundtabelle Fälle, https://www.bka.de/DE/AktuelleInfor mationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2020/PKSTabellen/BundFall tabellen/bundfalltabellen.html?nn=145506), abgerufen am 01. 01. 2023. 4 PKS 2020 Bund Tabelle 01 – Grundtabelle Fälle, https://www.bka.de/DE/AktuelleInfor mationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2020/PKSTabellen/BundFall tabellen/bundfalltabellen.html?nn=145506), abgerufen am 01. 01. 2023. 5 PKS 2020 Bund Tabelle 01 – Grundtabelle Fälle, https://www.bka.de/DE/AktuelleInfor mationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2020/PKSTabellen/BundFall tabellen/bundfalltabellen.html?nn=145506), abgerufen am 01. 01. 2023. 6 PKS – Jahrbuch 2019, Bd. 4, S. 131 Tabelle 01, https://www.bka.de/DE/AktuelleInforma tionen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2019/PKSJahrbuch/pksJahr buch_node.html, abgerufen am 01. 01. 2023. 7 Ellerkmann, S. 96 f. 8 Toelle, S. 100; Geerds, in: GA 1988, 243 (251). 9 PKS 2020 Bund Tabelle 01 – Grundtabelle Fälle, https://www.bka.de/DE/AktuelleInfor mationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2020/PKSTabellen/BundFall tabellen/bundfalltabellen.html?nn=145506), abgerufen am 01. 01. 2023.

A. Einleitung

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Fällen10 nur einen verschwindend geringen Anteil ausmacht, sodass die Bedeutung des Begünstigungstatbestandes in der Praxis zunächst scheinbar eher gering ist.11 Dieses Ergebnis wird bestätigt, wenn man die Zahl der Begünstigungs- und Strafvereitelungsstraftaten über die Jahre hinweg vergleicht: Wurden 2008 noch 4.236 Fälle von Begünstigung und Strafvereitelung in der PKS registriert, so wurden zwölf Jahre später lediglich 2.723 Fälle und damit ca. 35 % weniger Straftaten in diesem Bereich verzeichnet.12 Insgesamt ist die Zahl der Begünstigungs- und Strafvereitelungsstraftaten damit rückläufig.13 Eine andere Einschätzung der praktischen Relevanz könnte sich jedoch ergeben, wenn man die Dunkelziffer in die Bewertung miteinbezieht.14 Die genaue Ermittlung der Dunkelziffer ist naturgemäß unmöglich, jedoch gibt es gewisse Anhaltspunkte für eine ungefähre Ermittlung der existierenden Dunkelziffer: Zunächst kann man zur Ermittlung der Dunkelziffer die Aufklärungsquote heranziehen. Einerseits gibt es Delikte wie beispielsweise Mord, bei denen die Aufklärungsquote bei 91,4 %15 liegt, was daraus resultiert, dass die bekannt gewordenen Morde aufgrund der gravierenden Rechtsgutsverletzung von den Strafverfolgungsbehörden mit viel personellem Einsatz und Nachdruck ausermittelt werden.16 Dem steht das Delikt der

10 PKS 2020 Bund Tabelle 01 – Grundtabelle Fälle, https://www.bka.de/DE/AktuelleInfor mationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2020/PKSTabellen/BundFall tabellen/bundfalltabellen.html?nn=145506), abgerufen am 01. 01. 2023. 11 Zum gleichen Ergebnis kommt bereits Jahn/Reichart für das Jahr 2007: Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (310). 12 PKS 2020 Bund Tabelle 01 – Grundtabelle Fälle, https://www.bka.de/DE/AktuelleInfor mationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2020/PKSTabellen/BundFall tabellen/bundfalltabellen.html?nn=145506), abgerufen am 01. 01. 2023. 13 Diese Feststellung trifft auch schon Walter für die Jahre vor 2008, vgl. LK-Walter12, § 257 Rn. 3; ebenso LK-Walter, § 257 Rn. 3. Der Rückgang der verzeichneten Begünstigungsund Strafvereitelungstaten hängt jedoch möglicherweise auch mit der Rückläufigkeit der Straftaten allgemein zusammen, vgl. 5.555.520 Straftaten in 2018 (PKS – Jahrbuch 2018, Bd. 1, S. 23), 5.436.401 registrierte Straftaten in 2019 (PKS – Jahrbuch 2019, Bd. 1, S. 23) sowie 5.310.621 registrierte Straftaten in 2020 (PKS 2020 Bund Tabelle 01 – Grundtabelle Fälle, https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKrimi nalstatistik/PKS2020/PKSTabellen/BundFalltabellen/bundfalltabellen.html?nn=145506), abgerufen am 01. 01. 2023. 14 LK-Walter, Vor § 257 Rn. 5. Zur Bedeutung des Dunkelfelds für die PKS im Allgemeinen vgl. PKS – Jahrbuch 2019, Bd. 1, S. 6, https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/ StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2019/PKSJahrbuch/pksJahrbuch_node. html, abgerufen am 01. 01. 2023. 15 PKS – Jahrbuch 2019, Bd. 4, S. 11, https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/Sta tistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2019/PKSJahrbuch/pksJahrbuch_node. html, abgerufen am 01. 01. 2023. 16 So etwa Meyer, S. 11, der noch weitere Gründe für die hohe Aufklärungsquote im Bereich der Totschlagsdelikte nennt.

24

1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

Begünstigung mit einer fast identischen Aufklärungsquote von 94,3 % gegenüber.17 Aufgrund der eher geringen Rechtsgutseinbuße wird in solchen Fällen von den Strafverfolgungsbehörden aber viel weniger intensiv ermittelt, es handelt sich insgesamt um ein Delikt mit geringerer Relevanz auf deren Prioritätsskala.18 Eine mit dem Mord vergleichbar hohe Aufklärungsquote muss daher im Fall der Begünstigung eine andere Ursache haben, als bei den Morddelikten: Die hohe Aufklärungsquote im Bereich der Begünstigungsdelikte ergibt sich u. a. daraus, dass die in der Kriminalstatistik verzeichneten Fälle der Begünstigung solche sind, bei denen die Polizei von Amts wegen ein Verfahren eingeleitet hat. Da die Polizei bei der Einleitung von Amts wegen i. d. R. schon gewisse (mehr oder weniger sichere) Anhaltspunkte für die Aufklärung der relevanten Straftat hat, ist die Aufklärungsquote folglich auch sehr hoch.19 Eine Mithilfe der Bevölkerung, bei der Anzeige und Aufklärung des Sachverhalts, ist dagegen für die Fälle der Begünstigung nur selten zu verzeichnen.20 Wenn nun aber die in der PKS registrierten Begünstigungsstraftaten in erster Linie auf Ermittlungen von Amts wegen zurückgehen und die Anzeigebereitschaft der Bevölkerung gering ist, so bleiben viele Delikte unentdeckt21, denn die Polizei ist in erster Linie für ihre Ermittlungen auf Anzeigen aus der Bevölkerung angewiesen.22 Gerade bei Delikten mit geringen Rechtsgutseinbußen wie der Begünstigung unterbleiben aber Anzeigen sehr häufig, da die Bürger bei nur geringen Rechtsgutseinbußen ein weniger großes Interesse an der Erstattung einer Strafanzeige haben.23 Dies spricht wiederum dafür, dass in diesem Bereich eine hohe Dunkelziffer besteht. Im Ergebnis ist daher die hohe Aufklärungsquote bei den Begünstigungsdelikten gleichzeitig ein Indiz für eine hohe Dunkelziffer.24 Will man nun über diese Feststellung hinaus eine ungefähre Dunkelziffer im Bereich der Begünstigung ermitteln, so bietet sich eine Heranziehung der Daten zur Diebstahlskriminalität an.25 Da das Anschlussdelikt Begünstigung typischerweise 17 PKS – Jahrbuch 2019, Bd. 4, S. 131, https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/Sta tistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2019/PKSJahrbuch/pksJahrbuch_node. html, abgerufen am 01. 01. 2023. 18 Meyer, S. 72. 19 Insofern ergeben sich Parallelen zum Ladendiebstahl: Auch in diesem Bereich der Kriminalität gelangen i. d. R. nur die aufgeklärten Fälle überhaupt in die PKS, d. h. die Fälle, in denen der Dieb erwischt wurde. 20 Toelle, S. 107; Wehner, S. 72. 21 Meyer, S. 72. 22 Dies zeigt sich auch daran, dass die in der PKS registrierten Straftaten zu 95 % auf eine Anzeige zurückgehen, und nur 5 % aller Registrierungen auf Ermittlungen von Amts beruhen, vgl. Dörrmann, S. 382; Schwind, § 2 Rn. 34. 23 Zur Erstattung einer Strafanzeige ist gem. § 158 StPO jeder, d. h. nicht nur der Verletzte, berechtigt. 24 Toelle, S. 104, 107. 25 Toelle, S. 107.

A. Einleitung

25

nach Diebstählen26 verwirklicht wird, liefert die Diebstahlskriminalität einen ersten Anhaltspunkt für die Dunkelziffer in diesem Bereich. Geht man mit Toelle davon aus, dass sich in 3 % der Diebstahlsfälle eine Begünstigung anschließt, so ergibt sich im Verhältnis zu den wegen sachlicher Begünstigung ausgesprochenen Verurteilungen im Jahr 1966 ein Verhältnis von 85 unentdeckten Fällen zu einem in der PKS registrierten Fall, also ein Verhältnis von 85:1.27 Im Ergebnis kann damit für die Begünstigungsdelikte von einer Dunkelziffer von 1:80 – 100 ausgegangen werden.28 Diese ermittelte hohe Dunkelziffer revidiert nun in Teilen das zunächst gezeichnete Bild der weitgehenden Bedeutungslosigkeit der Begünstigung für die Praxis. Bezieht man die Dunkelziffer der Begünstigungsstraftaten mit ein, ergibt sich ein anderes prozentuales Verhältnis dieser Delikte bezogen auf die Gesamtzahl der in der PKS registrierten Straftaten. Zwar ändert sich durch Einbeziehung der Dunkelziffer aller Straftaten in die Statistik das Gesamtbild, jedoch darf nicht vergessen werden, dass die Dunkelziffer bei der Begünstigung vergleichsweise hoch ist. So wird bei Tötungsdelikten etwa von einer Dunkelziffer von 1:3 bzw. 1:1029 und beim Raub von einem Verhältnis von 1:430 ausgegangen, während beim Betrug eine Quote von 1:20 angenommen wird31. Mithin bleibt es bei dem Ergebnis, dass unter Einbeziehung der Dunkelziffer, die Begünstigung im Alltag eine weitaus größere Rolle spielt, als ihr in der PKS zugeschrieben wird. 2. Die Bedeutung der Begünstigung für die Theorie Darüber hinaus spielt der Straftatbestand der Begünstigung auch für die universitäre Praxis eine nicht unerhebliche Rolle, wobei sich die Prüfungsrelevanz schon an der Nennung des § 257 StGB in den verschiedenen Prüfungsordnungen der Länder erkennen lässt.32 Darüber hinaus zeigt bereits ein Blick in die einschlägige Ausbildungsliteratur, dass der Straftatbestand der Begünstigung in eigentums- bzw. vermögensstrafrechtlichen Klausuren und Hausarbeiten häufig als Anschlussdelikt geprüft wird.33 Schließlich ist die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Be-

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Toelle, S. 114, wobei die Häufigkeit des Diebstahls als Vortat der Begünstigung mit 95 % angegeben wird; Geerds, in: GA 1988, 243 (251). 27 Toelle, S. 107. 28 Toelle, S. 108; nach Berechnungen Wehners ist dagegen von einer Dunkelziffer von 1:6 auszugehen, vgl. Wehner, S. 72. 29 Wehner, S. 32 f.; Meyer, S. 19. 30 Meyer, S. 48. 31 Meyer, S. 53. 32 Beispielhaft: Anlage zur JAPO-RLP B. II. Nr. 8; § 8 Abs. 2 Nr. 4 JAPO-Bayern; § 11 Abs. 2 Nr. 7 JAG-NRW. 33 Beispielhaft Ladiges, in: JuS 2014, 1095 ff.; Schumann, in: JuS 2010, 529 ff.; Rönnau/ Golombek, in: JuS 2007, 348 ff.; Ceffinato/Kalb, in: JuS 2015, 808 ff.; zur Relevanz der Anschlussdelikte in der Fallbearbeitung allgemein Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (309).

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

günstigungstatbestands hochrelevant für die problematische Abgrenzung von Begünstigung und Beihilfe.34 Die Untersuchung der Relevanz des Begünstigungstatbestands hat damit sowohl für die strafrechtliche Praxis als auch für die juristische Ausbildung eine nicht zu unterschätzende Bedeutung des § 257 StGB ergeben.

B. Der Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur Den Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet die derzeitige Auslegung des Vorteilsbegriffs, also die Anforderungen, die von Rechtsprechung und Literatur an das Vorliegen eines Vorteils gestellt werden.

I. Das Bestehen des Vorteils 1. Das Vorliegen des Vorteils in objektiver und zeitlicher Hinsicht Unumstritten ist im Bereich des Vorteilsbegriffs nur wenig, allerdings besteht Einigkeit dahingehend, dass der Vorteil überhaupt vorhanden sein, d. h. objektiv vorliegen, muss.35 Darüber hinaus werden an das Vorliegen des Vorteils Anforderungen in zeitlicher Hinsicht gestellt: Der Vorteil muss beim Vortäter zum Zeitpunkt der Vornahme der Begünstigungshandlung bereits36 bestehen und noch37 vorhanden sein.

34 Vgl. hierzu etwa Przybyla, Beihilfe und Begünstigung; Vahrenbrink, Vorgeleistete Begünstigung; Wolff, Begünstigung, S. 66 ff.; Furtner, in: MDR 1965, 431 ff.; Geppert, in: Jura 1994, 441 ff. sowie in: Jura 2007, 589 ff.; Laubenthal, in: Jura 1985, 630 ff. 35 Fischer, § 257 Rn. 6; L/K-Heger, § 257 Rn. 2; Maurach/Schroeder/Maiwald, Bd. 2, § 101 Rn. 9; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 10. 36 Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (311), die darauf abstellen, dass die Vortat bereits abgeschlossen sein muss, mithin also der Vorteil auch bereits vorhanden ist. 37 Vgl. etwa BGHSt 24, 166 (167 f.); BGHSt 36, 277 (281); ähnlich BGH NStZ 2011, 399 (400), dort wird als Anforderung an den Vorteil formuliert, dass dieser „bereits oder noch“ vorliegt – im Endeffekt macht es aber keinen Unterschied, ob man fordert, dass der Vorteil „bereits und noch“ oder „bereits oder noch“ besteht, da es in beiden Fällen auf das Vorliegen des Vorteils im engen Zeitkorridor zwischen Entstehung des Vorteils („bereits“) und dessen Entfallens („noch“) ankommt.

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

27

a) Vorteil bereits vorhanden aa) Regelfall Um zwischen Begünstigung und Beihilfe sicher abzugrenzen, ist erforderlich, dass aus der abgeschlossenen Vortat38 – ausreichend ist hierfür auch ein Versuch39 – ein Vorteil bereits hervorgegangen ist.40 Die grundsätzliche Reihenfolge bei der Begehung einer Begünstigung ist somit die folgende: Die Vortat wurde begangen, hieraus wurde ein Vorteil erlangt und daran anschließend erfolgt die vom Begünstigungstäter geleistete Hilfeleistungshandlung. Dass es sich hierbei um den von § 257 Abs. 1 StGB erfassten Regelfall handelt, ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Norm, der fordert, dass der Vortäter die Vortat „begangen hat“.41 Damit ist allerdings noch nicht die für die Abgrenzung zwischen Begünstigung und Beihilfe relevante Frage geklärt, in welchem Zeitraum der Begehung der Vortat, der Vorteil entstanden und die Hilfeleistungshandlung vollzogen worden sein muss. Betrachtet man das Hilfeleisten im Bereich zwischen Vollendung und Beendigung der Vortat, sind drei mögliche Konstellationen zu unterscheiden42: Handelt der Hilfeleistende vor Vollendung der Vortat und vor der Entstehung eines Tatvorteils,

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Mitsch, BT II, S. 746. Geppert, in: Jura 1980, 269 (273), wobei dieser anmerkt, dass die Vortat wohl nur selten ein Versuch sein wird; Mitsch, BT II, S. 741, 746, der folgendes Beispiel liefert: „Zur Überführung der des Diebstahls verdächtigen Mitarbeiterin M legt E, der Inhaber einer privaten Rehabilitationsklinik ist, mehrere chemisch präparierte Geldscheine an strategisch günstigen Orten aus. E hofft, dass M die Gelegenheit wahrnehmen und wenigstens einen der Scheine an sich nehmen wird. Die chemische Substanz würde dann alsbald dunkle Verfärbungen auf der Haut der M entstehen lassen. Tatsächlich geht M in die gestellte Falle. Sie nimmt einen Hundertmarkschein und steckt ihn in die Tasche ihres Kittels. Als sich kurze Zeit später die Haut an der rechten Hand der M dunkel verfärbt, wendet diese sich hilfesuchend an ihren Freund F. Dieser ist ebenfalls Mitarbeiter des E und hat zufällig von der Aktion mit den präparierten Geldscheinen erfahren. Um der M zu helfen, hat sich F ein Mittel besorgt, mit dem die dunklen Flecken schnell entfernt werden können. Dieses Mittel gibt er der M, die damit die verräterischen Spuren an ihrer rechten Hand sofort beseitigt. Die Besitzergreifung an dem Geldschein durch M war kein vollendeter Diebstahl, da M das Tatbestandsmerkmal „Bruch fremden Gewahrsams“ nicht erfüllt hat. Wegen des Einverständnisses des E mit der Tat konnte die Verschaffung der Banknote keine Wegnahme i. S. d. § 242 I sein […]. Da M von dem Einverständnis des E aber keine Kenntnis hatte, handelte sie mit Wegnahmevorsatz und beging somit einen untauglichen Diebstahlsversuch. Der Besitz der Banknote ist der Vorteil, den M aus ihrer Tat erlangt hat. Der versuchte Diebstahl ist also eine taugliche Vortat. Durch die dem Diebstahlsversuch nachfolgende Zurverfügungstellung des Reinigungsmittels hat sich F also wegen Begünstigung strafbar gemacht.“ 40 BGH NStZ 2011, 399 (400); Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (311). 41 Mitsch, BT II, S. 746. 42 Zu allem vgl. Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (311); Mitsch, BT II, S. 746; Rengier, BT I, § 20 Rn. 18; Seelmann, in: JuS 1983, 32 (33). 39

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

kommt nur eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Vortat in Betracht.43 Erfolgt dagegen die Hilfeleistung nach Beendigung der Vortat und Entstehung des Vorteils, so ist wegen Begünstigung zu bestrafen.44 Einzig umstritten ist der Fall einer Hilfeleistung im Zeitraum zwischen formeller Vollendung und materieller Beendigung. Die Beurteilung einer solchen Hilfeleistung hängt davon ab, ob man die sukzessive Beihilfe anerkennt. Ein Teil der Literatur45 lehnt eine (sukzessive) Beihilfe für den Zeitraum zwischen Vollendung und Beendigung ab und kommt daher lediglich zu einer Strafbarkeit wegen Begünstigung. Die Rechtsprechung46 und die übrige Literatur47 erkennen dagegen die Möglichkeit einer sukzessiven Beihilfe an und bejahen daher sowohl eine Strafbarkeit wegen Beihilfe als auch wegen Begünstigung. Die Abgrenzung zwischen beiden Strafbarkeiten wird dann von der Rechtsprechung anhand der inneren Willensrichtung des Hilfeleistenden vorgenommen48 ; hiergegen spricht jedoch die Praktikabilität in der Praxis.49 Demgegenüber wollen andere § 257 Abs. 3 S. 1 StGB zur Abgrenzung heranziehen und folglich die Begünstigung hinter die Beihilfe zurücktreten lassen.50 Je nachdem welcher Ansicht man folgt, ergibt sich das Verhältnis von Begünstigung und Beihilfe somit in der einen oder anderen Weise. bb) Vorgeleistete Begünstigung Von der genannten Reihenfolge Vortatbegehung – Vorteilsentstehung – Hilfeleistungshandlung weichen die Fälle der vorgeleisteten bzw. antizipierten Begünstigung ab.51 Hier übt der Täter die Hilfeleistungshandlung schon vor der Vollendung der Vortat aus, jedoch tritt der Hilfeleistungserfolg erst nach Beendigung der Vortat und somit nach Vorteilsentstehung ein.52 Zur Verdeutlichung soll folgender Beispielsfall dienen: A plant einen Einbruch in eine Kunstgalerie. Seine Ehefrau E bittet vor Ausführung der Tat ihren Bruder B dem A seine Gartenhütte zur Lagerung der Beute zur Verfügung zu stellen, 43

Etwa Geppert, in: Jura 1994, 441 (442); Laubenthal, in: Jura 1985, 630 (631). Neben der Möglichkeit an den Zeitpunkt des Hilfeleistens anknüpfen, kommt auch eine Anknüpfung an den Zeitpunkt der Auswirkung der Hilfeleistungshandlung in Betracht. 44 Etwa Geppert, in: Jura 1994, 441 (442); Laubenthal, in: Jura 1985, 630 (631). 45 Etwa Joecks/Jäger, § 257 Rn. 8 ff.; LK-Roxin11, § 27 Rn. 35; L/K-Heger, § 257 Rn. 9; Mitsch, BT II, S. 750; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 854. 46 Etwa BGHSt 4, 132 (133). 47 S/S/W-Jahn, § 257 Rn. 12; Bosch, in: Jura 2012, 270 (272); Geppert, in: Jura 1994, 441 (443); Seelmann, in: Jus 1983, 32 (33). 48 RGSt 58, 13 (14); BGHSt 4, 132 (133). 49 Bosch, in: Jura 2012, 270 (272); Geppert, in: Jura 1994, 441 (443). 50 S/S/W-Jahn, § 257 Rn. 12; Bosch, in: Jura 2012, 270 (272); Seelmann, in: Jus 1983, 32 (33); kritisch Laubenthal, in: Jura 1985, 630 (632). 51 Mitsch, BT II, S. 750; Geppert, in: Jura 1980, 269 (273); zum Ganzen Sefzig, Vorgeleistete Begünstigung und Vahrenbrink, Vorgeleistete Begünstigung. 52 Blei, BT, S. 430; Mitsch, BT II, S. 750; Seelmann, in: JuS 1983, 32 (34); Sefzig, S. 19.

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

29

wobei A hiervon nichts weiß. B willigt ein und übergibt E den Schlüssel, woraufhin E kurz vor Ausführung des Einbruchs dem A mitteilt, er könne seine Beute aus dem Kunstraub in der Gartenhütte verstecken und ihn zudem darüber aufklärt, dass sie im Besitz des Schlüssels ist. A wird durch diese Mitteilung dazu veranlasst mehr Kunstwerke zu stehlen, als er ursprünglich vorhatte. Nach Abschluss des Einbruchsdiebstahls verstaut A die Gemälde in der Gartenhütte des B. Eine im Anschluss durchgeführte Durchsuchung der Polizei in den Wohnräumen des A bleibt deshalb erfolglos.53

Für die vorgeleistete Begünstigung stellt sich zunächst die Frage, ob die Fälle, in denen eine Hilfeleistungshandlung vor Vollendung der Vortat geleistet wird, überhaupt mit dem Wortlaut des § 257 StGB in Einklang zu bringen sind, da dieser ja gerade fordert, dass der Vortäter eine Vortat begangen hat. Wenn die Hilfeleistung vor der Vollendung der Tat geleistet wird, so hat der Vortäter noch keine Vortat begangen, allerdings ist entscheidend, dass der Hilfeleistungserfolg erst nach Abschluss der Vortat eintritt und somit zu einem Zeitpunkt, in dem die Vortat schon begangen wurde. Der Zeitpunkt des Eintritts des Hilfeleistungserfolgs nach Abschluss der Vortat rechtfertigt es somit, diesen Fall grundsätzlich als Begünstigung zu erfassen.54 Darüber hinaus besteht aber auch in den Fällen der vorgeleisteten Begünstigung das Abgrenzungsproblem zwischen Begünstigung und Beihilfe. Da hier nicht – wie zuvor geschildert (aa))55 – der Zeitraum zwischen Vollendung und Beendigung betroffen ist, sondern der Zeitpunkt der Hilfeleistung immer vor dem Vollendungszeitpunkt liegt, stellt sich für den erstgenannten Zeitraum die Abgrenzungsproblematik zwischen Begünstigung und Beihilfe nicht. Vielmehr kommt es auf eine Abgrenzung zwischen Beihilfe und Begünstigung in einem anderen zeitlichen Bereich an, nämlich in dem Zeitraum vor der Vollendung. Eine vor der Vollendung erfolgte Hilfeleistungshandlung kann als Begünstigung und/oder als Beihilfe behandelt werden. Für eine Begünstigungshandlung spricht, dass der Hilfeleistungserfolg sich in Fällen der antizipierten Begünstigung erst nach der Vortat entfaltet. Jedoch lässt sich die Hilfeleistungshandlung vor Vollendung der Vortat auch als Beihilfe bewerten: Sollte der Vortäter in dem Wissen handeln, dass ihm nach der Vortatbegehung bei der Sicherung der Beute geholfen wird und erleichtert ihm diese Kenntnis sodann die Tatbegehung, so liegt auch eine psychische Beihilfe vor.56 Bejaht man unter den genannten Voraussetzungen neben der Begünstigung eine 53

Angelehnt an den Beispielsfall bei Mitsch, BT II, S. 751. Es ist hier abzugrenzen zwischen einer Beihilfe und einer Begünstigung, wobei eine physische und eine psychische Beihilfe des B daran scheitert, dass die Übergabe des Schlüssels die Vortat nicht förderte. Allerdings hat die Schlüsselübergabe eine beutesichernde Wirkung, denn das Zuverfügungstellen der Gartenhütte hat dem A geholfen nach Abschluss des Diebstahls. Damit wurde die Hilfe vor der Vortatbegehung (Diebstahl) geleistet, entfaltete sich aber erst nach Erlangung der Vortatvorteile. 54 Vgl. zu dieser Argumentation Mitsch, BT II, S. 750. 55 Vgl. aber zum Regelfall 1. Teil, B. I. 1. a) aa). 56 Geppert, in: Jura 1980, 269 (273); Mitsch, BT II, S. 750; Seelmann, in: JuS 1983, 32 (34).

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

psychische Beihilfe, so sind beide Strafbarkeiten nebeneinander gegeben und § 257 Abs. 3 S. 1 StGB lässt sodann die Begünstigung hinter die Beihilfe zur Vortat zurücktreten.57 Den oben dargestellten Regelfall (aa)) und den hier vorgestellten Sonderfall der vorgeleisteten Begünstigung (bb)) unterscheidet maßgeblich der Zeitpunkt der Hilfeleistungshandlung. Während diese im Regelfall ab Vollendung der Vortat bis zur Beendigung geleistet wird, liegt dagegen bei der vorgeleisteten Begünstigung der Zeitpunkt der Hilfeleistungshandlung immer vor dem Vollendungszeitpunkt. Gleich bleibt jedoch in beiden Fällen die Anforderung, dass der Vorteil bereits vorhanden sein muss, im Regelfall zum Zeitpunkt der Vornahme der Hilfeleistungshandlung, im Fall der vorgeleisteten Begünstigung spätestens zum Zeitpunkt des Eintritts des Hilfeleistungserfolgs. cc) Dauerdelikt Eine weitere Abweichung vom Regelfall stellen die Dauerdelikte dar. Hier ist mit Vollendung des Dauerdelikts ein Vorteil entstanden, sodass eine Hilfeleistungshandlung als Begünstigung gewertet werden kann. Solange aber das Dauerdelikt fortdauert und noch nicht beendet ist, stellt eine Hilfeleistung während dieses Zeitraums auch eine Beihilfe zum Dauerdelikt dar. Hier fällt die rechtliche Bewertung analog den oben genannten Fällen der vorgeleisteten Begünstigung aus: Es liegen sowohl Begünstigung als auch Beihilfe zur Vortat vor und es greift somit die Rechtsfolge des § 257 Abs. 3 S. 1 StGB.58 Zur Verdeutlichung soll folgender Fall dienen: O ist obdachlos und hat sich im Haus des E einquartiert. Hiervon erfährt die sozial engagierte Tochter (T) des E. Als ihr Vater E verkündet, er müsse in dem Haus mal nach dem Rechten sehen, bietet sich T an, dies für ihn zu übernehmen. Sie will damit die Entdeckung und Vertreibung des O verhindern. E überlässt seiner Tochter T die Kontrolle und diese berichtet ihm am drauffolgenden Tag, es sei alles in Ordnung.59

In diesem Beispielsfall hat O das Dauerdelikt des Hausfriedensbruchs (§ 123 Abs. 1 Alt. 1 StGB) begangen und sich hierbei als Vorteil die kostenlose Unterkunft in dem Haus verschafft. Indem T die Inspektion des E abwendete, beging sie eine Hilfeleistung, die es O ermöglichte, das Dauerdelikt des § 123 Abs. 1 Alt. 1 StGB fortzusetzen und machte sich damit wegen Beihilfe strafbar. Gleichzeitig erhielt sie durch ihr Handeln dem O den Vorteil der kostenlosen Unterkunft in dem Haus und beging somit auch eine Begünstigung.60

57

Mitsch, BT II, S. 750. Mitsch, BT II, S. 748 f.; vgl. 1. Teil, B. I. 1. a) bb). 59 Der Beispielsfall wurde leicht abgewandelt übernommen von Mitsch, BT II, S. 748 f. 60 Mitsch, BT II, S. 748 f.

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B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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b) Vorteil noch vorhanden Dass der Vorteil zum Zeitpunkt der Vornahme der Begünstigungshandlung auch noch vorliegen muss, wird ebenfalls durchweg gefordert.61 Dieses Erfordernis ergibt sich wiederum aus dem Schutzzweck der Begünstigung: Nur wenn noch ein Vorteil vorhanden ist, kann dessen Sicherung auch eine gegen das Opfer der Vortat gerichtete Restitutionsvereitelung darstellen.62 Ein Vorteil in Form einer Sache ist noch vorhanden, wenn der Vortäter unmittelbarer oder mittelbarer Besitzer der Sache ist,63 bei nicht körperlichen Gegenständen kommt es dagegen auf die freie Verfügungsmöglichkeit des Täters an.64 Am Vorhandensein des Vorteils fehlt es dagegen etwa, wenn der Vortäter den Besitz bereits verloren hat, etwa indem er das durch die Vortat erlangte Geld ausgegeben65 bzw. verschenkt hat66 oder aber die Tatbeute von der Polizei sichergestellt wurde.67 Beispielhaft hierfür steht der folgende vom BGH entschiedene Fall68 : A hatte über Jahre hinweg Gelder veruntreut, wobei er diese Gelder auf sein Bankkonto überwies. Einen Teil des Geldes hob er sodann von dem Konto ab und übergab dieses schenkweise seiner Frau B, die dieses – in Unkenntnis der Herkunft des Geldes – auf ihr eigenes Konto einzahlte und einen Teil zur Begleichung von Rechnungen verwendete. Als sie später von A erfuhr, woher das Geld stammte, hob sie sogleich den auf ihrem Konto noch vorhandenen Restbetrag ab und übergab diesen A in der Absicht, dieser möge das Geld entweder für sich selbst verwenden oder es in sonstiger Weise in Sicherheit bringen. Das Landgericht hatte die Angeklagte B wegen sachlicher Begünstigung gem. § 257 StGB verurteilt. Dem trat der BGH jedoch entgegen und lehnte eine Verurteilung nach dieser Strafnorm ab. Durch die Annahme des Geldes konnte sich B schon deshalb nicht wegen Begünstigung strafbar machen, da sie zum Zeitpunkt der Entgegennahme des Geldes und Einzahlung auf das Konto hinsichtlich des Vorliegens eines rechtswidrig erlangten Vorteils keinen Vorsatz hatte. Eine Begünstigungshandlung könnte nun lediglich noch die Rückgabe des Geldes an A darstellen, jedoch lag zu diesem Zeitpunkt kein tauglicher Vorteil beim Vortäter mehr vor, da nicht mehr A, sondern B im Besitz des Geldes war. Mangels Nochvorhanden-seins des Vorteils beim Vortäter scheide somit eine Strafbarkeit wegen § 257 StGB durch die Rückgabe des Geldes aus.69 61 BGHSt 24, 166 (167 f.); BGHSt 36, 277 (281); BGH NStZ 1999, 187 (188); BGH NStZ 2008, 516; H/H-Ruhmannseder, § 257 Rn. 13; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 13; NK-Altenhain, § 257 Rn. 17; SK-Hoyer, § 257 Rn. 13; Geppert, in: Jura 1980, 269 (271); Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (311); a. A. LK-Walter, § 257 Rn. 26, der lediglich ein Vorliegen des Vorteils zum Zeitpunkt des Eintritts des Hilfeleistungserfolgs der Begünstigungshandlung verlangt. 62 Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (311); Rengier, BT I, § 20 Rn. 6; BGHSt 24, 166 (168). 63 M/R-Dietmeier, § 257 Rn. 11; NK-Altenhain, § 257 Rn. 17; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18. 64 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 13; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18. 65 Ein Beispiel hierzu findet sich bei Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 142 (147). 66 BGHSt 24, 166 (168); NK-Altenhain, § 257 Rn. 17. 67 BGH NJW 1985, 814; LK-Walter, § 257 Rn. 26, der jedoch eine nur vorläufige Sicherung der Beute nicht als Verlust wertet. 68 BGHSt 24, 166 ff. 69 BGHSt 24, 166 (168).

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

2. Der Vortäter als Vorteilsinhaber Liegt ein Vorteil objektiv vor, stellt sich darüber hinaus die Frage, wer Inhaber dieses Vorteils sein muss. Hier gilt, dass der Vortäter selbst den Vorteil aus der rechtswidrigen Tat erlangt haben muss70, dagegen sind Vorteile, die ein anderer als der Vortäter aus einer rechtswidrigen Vortat erlangt hat – sog. Drittvorteile – keine tauglichen Vorteile.71 Sofern also der Vortäter i. R. d. Begehung seiner rechtswidrigen Tat ausschließlich zugunsten eines Dritten gehandelt hat und nur diesem Dritten Vorteile erwachsen sind, handelt es sich hierbei um keinen für den Begünstigungstatbestand tauglichen Vorteil.72 Sucht man nach einem Beleg für diese Auslegung genügt schon ein Blick auf den Wortlaut des § 257 Abs. 1 StGB73 : Dort ist die Rede von ihm, dem die Vorteile gesichert werden, wobei Bezug genommen wird auf die Formulierung „einem anderen, der eine rechtswidrige Tat begangen hat“ gem. § 257 Abs. 1 HS. 1 StGB. Somit sind also nur diejenigen Vorteile von dem Begünstigungstatbestand erfasst, die auch gerade dem Vortäter infolge der rechtswidrigen Tat erwachsen sind. Problematisch ist an dieser Auslegung jedoch, dass sie zu einem Widerspruch bei solchen Delikten führt, die als Vortat der Begünstigung in Betracht kommen und sowohl eigennützig als auch fremdnützig begangen werden können, etwa §§ 242, 246, 249 StGB.74 Bei gleicher Vortat, welche einmal eigennützig und einmal fremdnützig begangen wird, ist die Begehung einer Begünstigung als Anschlusstat in dem einen Fall möglich, in dem anderen dagegen nicht. Dieses Ergebnis ist nicht nur in sich widersprüchlich, sondern hat möglicherweise auch Strafbarkeitslücken zur Folge. Der Entstehung von Strafbarkeitslücken kann allerdings entgegengehalten werden, dass in den Fällen der Sicherung von Drittvorteilen, in denen eine Strafbarkeit wegen Begünstigung ausscheidet, eine Bestrafung wegen Hehlerei oder Geldwäsche möglich ist.75 Darüber hinaus wird jedoch kritisiert, dass durch die dargestellte Auslegung auch der Schutzzweck der Begünstigung beeinträchtigt werde, da eine Solidarisierung mit dem Vortäter unabhängig davon stattfinde, ob es sich um eigene Vorteile des Vortäters oder um Drittvorteile handle, jedoch das

70 NStZ-RR 1999, 184 (185): „rechtswidrige Vortat […], aus der ein anderer als Vortäter unmittelbar Vorteile gezogen hat“; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 12. 71 H/H-Ruhmannseder, § 257 Rn. 12; LK-Walter, § 257 Rn. 25; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 12; NK-Altenhain, § 257 Rn. 16. Ein solcher Drittvorteil läge beispielsweise vor, wenn A in Drittzueignungsabsicht dem B eine Sache wegnimmt (Vortat § 242 StGB), um sie sodann C zu übergeben. Der aus der Vortat erwachsene Vorteil (Besitz an der Sache) liegt damit nicht mehr bei A, sondern bei C und eine Begünstigung durch Sicherung der Sache für C wäre nicht möglich. 72 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 12. 73 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 12. 74 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 12. 75 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 12.

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Handeln nur in einem der beiden Fälle durch eine Strafbarkeit wegen Begünstigung geahndet werde.76 Trotz genannter Kritik kann jedoch keine andere Auslegung hinsichtlich des Vorteilsinhabers vertreten werden, da dies entgegen dem eindeutigen Wortlaut erfolgen würde.77 Nur eine Änderung des bestehenden Wortlauts des Begünstigungstatbestands durch den Gesetzgeber könnte bzgl. genannter Kritik Abhilfe schaffen.78 3. Die Entziehbarkeit des Vorteils Weiterhin muss der Vorteil dem Vortäter entziehbar sein, d. h. entweder vom Geschädigten selbst, seinem Rechtsnachfolger oder dem Staat herausverlangt werden können, in dem Moment, in dem sich die Hilfeleistung auswirkt.79 Hierbei kann sich die Entziehbarkeit sowohl nach Öffentlichem Recht als auch nach Zivilrecht richten.80 An der Entziehbarkeit fehlt es zunächst, wenn sich nach der Vorteilserlangung durch den Vortäter ein Rechtsgrund zum Besitz ergeben hat81, etwa weil der Vortäter das Opfer beerbt hat82 oder durch Eigentumserwerb mittels Verarbeitung83. Darüber hinaus scheidet eine Entziehung des Vorteils auch aus, wenn die Ansprüche des Vortatgeschädigten verjährt sind und die Verjährungseinrede erhoben wurde.84 Die Entziehbarkeit des Vorteils ist eine notwendige Voraussetzung aufgrund des Schutzzwecks des Begünstigungstatbestands. Sofern der Vorteil nämlich nicht entziehbar ist, läuft eine Sicherung des Vorteils durch den Begünstigungstäter dem Restitutionsinteresse des Opfers nicht entgegen85, vielmehr wird durch die Sicherungshandlung ein rechtmäßiges Herrschaftsverhältnis geschützt.86 Auch eine wei76

MüKo-Cramer, § 257 Rn. 12. LK-Walter, § 257 Rn. 25; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 12; NK-Altenhain, § 257 Rn. 16. 78 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 12. 79 LK-Walter, § 257 Rn. 28 f.; NK-Altenhain, § 257 Rn. 17; SK-Hoyer, § 257 Rn. 13; S/SHecker, § 257 Rn. 18. Während die überwiegende Meinung in der Literatur dahin geht, dass die Frage der Entziehbarkeit im Tatbestand i. R. d. Prüfung des Vorliegens eines Vorteils relevant wird, vertritt Mitsch die Ansicht, dass es sich hierbei erst um ein Problem der Rechtswidrigkeit der Begünstigung handelt, vgl. Mitsch, BT II, S. 765 ff. 80 L/K-Heger, § 257 Rn. 2; LK-Walter, § 257 Rn. 28; SK-Hoyer, Vor §§ 257 ff. Rn. 2; S/SHecker, § 257 Rn. 4; Geppert, in: Jura 2007, 589 (592). 81 SK-Hoyer, § 257 Rn. 13. 82 LK-Walter, § 257 Rn. 26; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 16; NK-Altenhain, § 257 Rn. 17; vgl. hierzu auch die Beispielsfälle bei Mitsch, BT II, S. 765 und Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 142 (148). 83 NK-Altenhain, § 257 Rn. 17; LK-Walter, § 257 Rn. 27. 84 LK-Walter, § 257 Rn. 29; NK-Altenhain, § 257 Rn. 17. 85 Bosch, in: Jura 2012, 270 (276); Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 142 (148). 86 Mitsch, BT II, S. 765. 77

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

tere Schutzzweckerwägung spricht dafür, dass die Entziehbarkeit für das Vorliegen eines Vorteils entscheidend ist: § 257 StGB wird geprägt von der Vortatnorm und deren generalpräventiver Wirkung, die es erfordert, dass durch ein Verbot der nachträglichen Hilfeleistung der Täter isoliert und von der Begehung der Vortat abgeschreckt wird.87 Ist jedoch der Vorteil dem Vortäter nicht (mehr) entziehbar, d. h. darf er ihn behalten, so greifen diese Überlegungen nicht und es bedarf somit auch keiner generalpräventiven Wirkung durch eine Strafbarkeit wegen Begünstigung.88

II. Der Inhalt des Vorteils Nachdem nun zunächst die „Rahmenbedingungen“ für das Vorliegen eines Vorteils geklärt wurden, gilt es in einem nächsten Schritt zu untersuchen, wie der Vorteil in inhaltlicher Hinsicht beschaffen sein muss. Definiert wird der Vorteil als „jede Verbesserung der rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Lage des Vortäters, die im Widerspruch zu den Rechten des Vortatopfers steht“89 bzw. als „irgendein durch die Vortat geschaffener, dem Vortäter günstiger, vom Recht missbilligter Zustand“90. Schon an diesen beiden Definitionen zeigt sich die Weite des Vorteilsbegriffs, erfasst sind einerseits Vermögens- sowie Nichtvermögensvorteile91 andererseits aber auch körperliche und unkörperliche92 Gegenstände. Darüber hinaus verdeutlicht die Weite dieser Definition auch bereits die Ungenauigkeit des Begriffs. 1. Vermögensvorteile und Nichtvermögensvorteile a) Die Bedeutung der Vortat Die Weite des Vorteilsbegriffs, die dazu führt, dass einerseits Vermögens- aber andererseits auch Nichtvermögensvorteile vom Tatbestand der Begünstigung erfasst sind, ist unter anderem eine Konsequenz der weit verstandenen Vortat der Begünstigung. Gegenüber dem Wortlaut des Hehlereitatbestands, der eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Vortat – also ein Vermögensdelikt – verlangt, reicht für eine Begünstigung eine beliebige rechtswidrige Vortat aus. Somit kommen als 87

Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 142 (148, Fn. 36). Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 142 (148, Fn. 36). 89 H/H-Ruhmannseder, § 257 Rn. 12; ähnlich auch NK-Altenhain, § 257 Rn. 16; SKHoyer, § 257 Rn. 12; S/S/W-Jahn, § 257 Rn. 20. 90 LK-Walter, § 257 Rn. 25; so auch schon RGSt 54, 132 (135). 91 BT-Drucks. 7/550, S. 248; RGSt 54, 132 (135); Fischer, § 257 Rn. 6; Joecks/Jäger, § 257 Rn. 3; MüKo-Cramer2, § 257 Rn. 10; Küper/Zopfs, Rn. 346; Maurach/Schroeder/Maiwald, Bd. 2, § 101 Rn. 9; Mitsch, BT II, S. 725; Stree, in: JuS 1976, 137 (138); Sturm, in: JZ 1975, 6 (11); Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 853; a. A. nur Welzel, S. 394. 92 MüKo-Cramer2, § 257 Rn. 11. 88

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Vortaten der Begünstigung sowohl Vermögens- als auch Nichtvermögensdelikte in Betracht, die wiederum Vermögens- und Nichtvermögensvorteile hervorbringen können.93 Klassische Fälle der Vermögensdelikt-Vortaten sind der Diebstahl gem. § 242 StGB, die Unterschlagung gem. § 246 StGB oder der Betrug gem. § 263 StGB. Bei den Nichtvermögensdelikten kommen u. a. der Verwahrungs- und Verstrickungsbruch gem. §§ 133, 136 StGB, die Geldfälschung gem. § 146 StGB, die Zuhälterei gem. § 181a StGB, die Entziehung Minderjähriger gem. § 235 StGB, Urkundendelikte gem. §§ 267 ff. StGB oder Delikte des Betäubungsmittelstrafrechts in Betracht.94 Ist die Vortat ein Vermögensdelikt, ergibt sich im Regelfall hieraus ein Vermögensvorteil, mit einem Nichtvermögensdelikt korrespondiert hingegen häufig ein Nichtvermögensvorteil. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings auch Ausnahmen: So kann etwa aus dem Nichtvermögensdelikt des Mordes gem. § 211 StGB ein Vermögensvorteil in Form der Auszahlung aus einer Lebensversicherung95 hervorgehen, wobei sodann noch zu klären wäre, ob es sich hierbei auch um einen unmittelbaren Vorteil handelt. Ebenso denkbar ist, dass aus der Begehung des Nichtvermögensdelikts der Zuhälterei gem. § 181a StGB oder aus der Begehung eines Betäubungsmitteldelikts Vermögensvorteile entstehen, die sodann im Rahmen einer nachfolgenden Begünstigung gesichert werden. De lege lata ist sowohl nach dem Willen des Gesetzgebers96 als auch nach unbestrittener Meinung in Rechtsprechung und Literatur97 anerkannt, dass Vorteile i. S. d. § 257 StGB Vermögens- und Nichtvermögensvorteile sein können, allerdings gibt es Stimmen in der Literatur98, die eine Beschränkung de lege ferenda auf Vermögensdelikte und damit auch weitgehend auf Vermögensvorteile durchsetzen wollen. b) Die Häufigkeit von Vermögens- und Nichtvermögensvorteilen Will man ein zahlenmäßiges Verhältnis zwischen Vermögens- und Nichtvermögensvorteilen ermitteln, so muss man den Blick auf die Vortaten richten: Vergleicht man die Fälle, in denen die Vortat ein Vermögensdelikt ist, mit den Fällen, in denen es sich um ein Nichtvermögensdelikt handelt, so kommt man zu einem deutlichen Übergewicht der Vermögensdelikte. Toelle schätzt in seiner Untersu93

Stree, in: JuS 1976, 137 (138); SK-Hoyer, § 257 Rn. 2. Zu allen Beispielen S/S-Stree/Hecker, § 257 Rn. 4; vgl. auch Geppert, in: Jura 1980, 269 (271). 95 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 11. 96 BT-Drucks. 7/550, S. 284; so auch schon zuvor der Gesetzgeber in der Begr. zum E 1962, S. 460. 97 RGSt 54, 132 (135); Blei, BT, S. 429; Kindhäuser/Hilgendorf, § 257 Rn. 6; Küper/Zopfs, Rn. 346; LK-Walter, § 257 Rn. 25; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 10; S/S-Stree/Hecker, § 257 Rn. 18; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 853. 98 Bosch, in: Jura 2012, 270 (272); Geerds, in: GA 1988, 243 (262 f., 267); Toelle, S. 187. 94

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

chung der Vortaten der Begünstigung den Anteil der Diebstähle auf 95 %, die verbleibenden 5 % entfielen auf Fälle der Unterschlagung.99 Für Nichtvermögensdelikte bliebe nach seiner Untersuchung somit gar kein Raum mehr. Da im Regelfall ein Vermögensdelikt mit einem Vermögensvorteil korrespondiert, lässt sich daher im Ergebnis ein deutliches Überwiegen der Vermögensvorteile ggü. den Nichtvermögensvorteilen feststellen.100 c) Beispiele Die gängigsten Beispiele für Vermögensvorteile sind die Diebesbeute, etwa in Form eines erbeuteten Gegenstands oder Bargelds, oder aber aus einem Betrug erlangtes Geld. Allerdings lassen sich auch für Nichtvermögensvorteile zahlreiche Beispiele finden: Etwa die durch Bestechung rechtswidrig erlangte Baugenehmigung101, der verbotene Waffenbesitz102, die Erschleichung einer Approbation als Arzt mittels Urkundenfälschung103, die physische Gewalt über ein Kind104, die kostenlose Unterkunft in einem Haus105 oder aber die rechtswidrig herbeigeführte Freistellung vom Wehrdienst106. Es handelt sich bei den dargestellten Nichtvermögensvorteilen jedoch eher um theoretische Beispiele, die in der Praxis, wie bereits festgestellt107, nur eine geringe Relevanz haben. 2. Körperliche und unkörperliche Gegenstände Die in Betracht kommenden Vorteile gem. § 257 StGB lassen sich auch nach der Körperlichkeit unterscheiden. Es kann sich bei dem Vorteil einerseits um einen körperlichen Gegenstand – also eine Sache – handeln, andererseits sind auch unkörperliche Gegenstände wie Rechte (z. B. Forderungen) oder eine Erbschaft108 vom Vorteilsbegriff erfasst. Dies ergibt sich schon aus einem Vergleich des Wortlauts des § 259 StGB, der eben gerade eine Sache fordert, mit dem Wortlaut des § 257 StGB, der nur von Vorteilen spricht und damit als umfassenderer Begriff auch unkörperliche 99

Toelle, S. 114. Toelle, S. 114; Wessels/Hillenkamp/Schuhr43, Rn. 803. 101 A/W/H/H-Heinrich, § 27 Rn. 2; H/H-Ruhmannseder, § 257 Rn. 14.1; Bosch, in: Jura 2012, 270 (271); Maurach/Schroeder/Maiwald, Bd. 2, § 101 Rn. 9; Rengier, BT I, § 20 Rn. 5a; kritisch Bosch, in: Jura 2012, 270 (271). 102 Kindhäuser/Hilgendorf, § 257 Rn. 6. 103 Kindhäuser/Hilgendorf, § 257 Rn. 6; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 853. So auch die Bundesregierung in ihrem Entwurf E 1962, BT-Drucks. IV/650, S. 460. 104 SK-Hoyer, § 257 Rn. 2. 105 Mitsch, BT II, S. 748. 106 Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 142 (145). 107 Vgl. 1. Teil, B. II. 1. b). 108 MüKo-Cramer2, § 257 Rn. 11. 100

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Gegenstände einschließt.109 Die körperlichen bzw. unkörperlichen Gegenstände können wiederum sowohl Vermögens- als auch Nichtvermögensvorteile sein.

III. Die Unmittelbarkeit des Vorteils Die bislang erörterten Punkte, die sich auf das Bestehen eines Vorteils beziehen, sind vergleichsweise unproblematisch und auch in Literatur und Rechtsprechung nur wenig umstritten. Interessant wird es nun jedoch, wenn man einen Schritt weitergeht und die Anforderungen an den Vorteil genauer betrachtet. In Kommentaren, Aufsätzen und in Urteilen liest man durchweg, dass der Vorteil auch unmittelbar aus der Vortat stammen müsse. Was dieses vielfach postulierte Unmittelbarkeitserfordernis dann aber beinhaltet, wird oft nur fragmentarisch und in unklarer Art und Weise dargestellt. Dies ist vor allem deshalb problematisch, weil die Unmittelbarkeit der ausschlaggebende Punkt dafür ist, ob der zu prüfende Vorteil ein tauglicher i. S. d. Begünstigungstatbestands ist oder eben nicht. Dem derzeit unklaren Verständnis soll die nachfolgende Darstellung entgegenwirken, indem zunächst anhand der aktuellen Auslegung von Rechtsprechung und Literatur die Notwendigkeit des Unmittelbarkeitskriteriums geklärt und im Anschluss daran eine klare Systematisierung der i. R. d. Unmittelbarkeit relevanten Fallgruppen vorgenommen wird. 1. Die Erforderlichkeit einer Begrenzung des Vorteilsbegriffs durch das Unmittelbarkeitskriterium a) Meinungsstand Dass die Auslegung des Vorteilsbegriffs einer Begrenzung durch das Unmittelbarkeitskriterium bedarf, ist heute in Literatur und Rechtsprechung unumstritten. Um die Meinungsvielfalt rund um dieses Tatbestandsmerkmal darzustellen, bedarf es jedoch auch eines Blickes in die Vergangenheit. aa) Erfassen mittelbarer und unmittelbarer Vorteile Betrachtet man die Auslegung des Tatvorteils zu Beginn des 20. Jahrhunderts, finden sich zahlreiche Belege dafür, dass zu dieser Zeit von einigen Vertretern der Literatur kein Unmittelbarkeitskriterium für die Eingrenzung des Begünstigungstatbestands gefordert wurde. Das Vorliegen eines nur mittelbaren Vorteils war hiernach ausreichend für die Verwirklichung einer Begünstigung.110 Sieht man sowohl unmittelbare als auch mittelbare Vorteile vom Begünstigungstatbestand als erfasst an, so hat dies zur Folge, dass jegliche Form von Umwandlung, die Taug109 110

Fischer, § 257 Rn. 6. Hegler, in: JW 1923, 931; Schaffstein, in: ZAkDR 1942, 173 (173 f.).

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

lichkeit des aus der Vortat stammenden sicherungsfähigen Vorteils unberührt lässt. Somit sind Surrogate bzw. Ersatzvorteile erfasst und – in der Konsequenz – der Anwendungsbereich des Begünstigungstatbestands sehr weit. Als eine mögliche Begründung für diese weite Auslegung werden Schutzzweckerwägungen angeführt: Die Strafwürdigkeit des Hilfeleistens bei der Sicherung des Vortatvorteils liege allgemein gesprochen in der Sozialschädlichkeit dieses Verhaltens, genauer gesagt liege das zu bestrafende Unrecht darin, dass durch die Sicherungshandlung die Wiederherstellung des vor Begehung der Vortat bestehenden Zustands verhindert werde.111 Ein Verhalten, das nicht den unmittelbar aus der Vortat stammenden Vorteil, sondern ein Surrogat und damit einen nur mittelbaren Vorteil sichere, sei aber ebenso strafwürdig, schließlich werde auch bei der Sicherung eines Surrogats mittelbar die Wiederherstellung des Ursprungszustands verhindert. Sofern der ursprünglich erlangte Vorteil umgewandelt wurde, befinde sich nun der mittelbare Vorteil im Vermögen des Vortäters. Der Geschädigte könne sich aber gegenüber dem Vortäter sowohl mittels Naturalrestitution – also mittels direkten Zugriffs auf den unmittelbar aus der Vortat erlangten Vorteil – als auch mittels Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs – und damit Zugriffs auf das gesamte Vermögen des Vortäters – schadlos stellen. Letztere Möglichkeit stehe ihm offen, wenn er aufgrund einer Umwandlung des ursprünglich erlangten Vorteils nur auf den mittelbaren Vorteil zugreifen könne.112 Weiterhin wird hier noch die Möglichkeit in Betracht gezogen, sich direkt aus dem mittelbaren Vorteil zu befriedigen, dies wird jedoch als zivilrechtlich umstritten bewertet.113 Im Ergebnis bedeute dies, dass auch durch eine Sicherung eines mittelbaren Tatvorteils die Wiederherstellung des Ursprungszustands und damit eine Restitution des Geschädigten verhindert und somit gleichsam, wie bei der Sicherung eines unmittelbaren Vorteils, strafbares Unrecht begründet werde.114 Darüber hinaus spreche für diese Ansicht, dass der Wortlaut des § 257 RStGB a. F. einer Erfassung mittelbarer Vorteile nicht entgegenstehe.115 Der geäußerten Kritik, dass Konsequenz einer Einbeziehung von auch mittelbaren Vorteilen die Uferlosigkeit des Tatbestands sei, wird entgegnet, dass einer Ausuferung des Tatbestandes durch eine Begrenzung auf Ebene des subjektiven Tatbestandes entgegengewirkt werden könne.116 Die dargestellte weite Auslegung wurde auch noch Mitte des 20. Jahrhunderts partiell vertreten. So wurde etwa zur Zeit des Nationalsozialismus § 257 RStGB a. F. über den damaligen § 2 RStGB a. F.117 (sog. Volksempfindens-Klausel) dahingehend 111

Hegler, in: JW 1923, 931. Vgl. zur gesamten Argumentation Hegler, in: JW 1923, 931. 113 Hegler, in: JW 1923, 931. 114 Hegler, in: JW 1923, 931. 115 Hegler, in: JW 1923, 931. 116 Hegler, in: JW 1923, 931. 117 RStGB in der Fassung vom 28. 06. 1935, RGBl. 1935 I Nr. 70, S. 839.

112

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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ausgelegt, dass auch mittelbare Vorteile von dem Begünstigungstatbestand erfasst sind.118 Andere Stimmen wollten dagegen, ohne den Umweg über § 2 RStGB a. F. und damit direkt über § 257 RStGB a. F., die Sicherung mittelbarer Vorteile für die Verwirklichung des Begünstigungstatbestand als ausreichend anerkennen.119 Einer Erfassung auch mittelbarer Vorteile trat jedoch schon damals die Rechtsprechung entgegen, indem sie in verschiedenen Entscheidungen betonte, dass vom Tatbestand der Begünstigung nur die Sicherung unmittelbarer Vorteile erfasst sei.120 Dennoch hielt sich die Ansicht, dass auch mittelbare Vorteile vom Begünstigungstatbestand erfasst sind, bis in die 1970er Jahre. Eine einzelne Stimme in der Literatur griff diese Theorie wieder auf und entwickelte sie weiter121: Eine Sicherung von mittelbaren Vorteilen sei möglich und erfasse sowohl die Sicherung von Surrogaten als auch des Wertes des Tatvorteils.122 Während der Wert des erlangten Tatvorteils uneingeschränkt als tauglicher Tatvorteil i. S. d. Begünstigungstatbestands angesehen werde, müsse für die Fälle der Sicherung von Surrogaten eine Einschränkung beachtet werden.123 Ein Surrogat sei nur dann ein sicherungsfähiger Vorteil, wenn der Geschädigte Ansprüche auf dieses erhebe und der Begünstigungstäter hiervon Kenntnis habe.124 Grund für diese Einschränkung sind ähnliche Überlegungen, wie sie schon Anfang des 20. Jahrhunderts zur Frage der Erfassung mittelbarer Vorteile angestellt wurden125 : Falls der aus der Vortat stammende unmittelbare Vorteil noch vorhanden sei, müsse sich der Geschädigte mittels Naturalrestitution aus diesem Gegenstand befriedigen. Wurde dagegen der unmittelbare Tatvorteil umgewandelt, so bestehe in erster Linie ein Wertersatzanspruch des Geschädigten auf den Wert des aus der Vortat ursprünglich erlangten Gegenstands. Folglich könne eine taugliche Begünstigungshandlung nur darin bestehen, dass dem Vortäter dieser Wert gesichert und in der Konsequenz, dem Geschädigten vorenthalten werde. Die Sicherung des Surrogats selbst komme dagegen nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sich der Geschädigte hieraus befriedigen wolle, weil auch nur gerade dann die Sicherung des Surrogats seinem Restitutionsanspruch entgegenwirke.126 Diese weite Auslegung und die Erfassung mittelbarer Vorteile sei insbesondere aufgrund des weiten Wortlauts des Begünstigungstatbestands möglich.127

118

So die Vorinstanz in RGSt 76, 31 (31 f.). Schaffstein, in: ZAkDR 1942, 173 (173 f.). 120 Beispielhaft RGSt 55, 18 (19); RGSt 58, 154 (155). 121 Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 120 f.). 122 Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 120). 123 Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 120 f.). 124 Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 120). 125 Vgl. Hegler, in: JW 1923, 931. 126 Zur Begründung vgl. Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 117 f., 120). 127 Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 120). 119

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

bb) Erfassen nur unmittelbarer Vorteile Demgegenüber wird nunmehr weit überwiegend ein unmittelbarer Tatvorteil für die Verwirklichung des Begünstigungstatbestands gefordert.128 Rechtsprechung129 und Literatur130 begründen die Erforderlichkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums damit, dass ein Verzicht auf das Unmittelbarkeitserfordernis zur Uferlosigkeit des Tatbestands führen würde und dies nicht mit dem Bestimmtheitsgebot gem. Art. 103 Abs. 2 GG zu vereinbaren sei.131 In erster Linie wird aber mit Gesichtspunkten des Schutzzwecks der Begünstigungsnorm argumentiert132: Die Auslegung eines Tatbestandsmerkmals müsse auch den Schutzzweck des Tatbestands berücksichtigen und dieser sei bei der Begünstigung durch die Vortat und ihre Strafbarkeitsvoraussetzungen insofern beschränkt, als dass der Vorteil ein Resultat aus der Vortat sein müsse und ein Verbot der Sicherung des Vorteils auch mittelbar die durch die Vortat geschützten Rechtsgüter schützen solle.133 Eben diese Beschränkung und der Bezug auf die durch die Vortat geschützten Rechtsgüter ginge verloren, würde man den Begünstigungstatbestand auf jegliche nur irgendwie mittelbar mit der Vortat zusammenhängenden Vorteile anwenden.134 Darüber hinaus wird als weitere Schutzzweckerwägung für die Notwendigkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums angeführt, dass § 257 StGB auch das Restitutionsinteresse des Opfers schützen soll und dieses eben gerade nur bei der Sicherung unmittelbarer Vorteile beeinträchtigt sei, nicht aber bei der Sicherung nur mittelbarer Vorteile.135 Letztlich ist der hinter all diesen Überlegungen stehende Grundgedanke, dass es Sinn und Zweck des Unmittelbarkeitskriteriums ist, den Schutzzweck des § 257 StGB zu wahren, somit also die Restitutionsvereitelung durch den Hilfeleistenden zu verhindern. Diese Restitutionsvereitelung sei aber nur bezüglich solcher Vorteile möglich, die nicht aus dem sonstigen Vermögen des Vortäters, sondern gerade aus der Vortat stammen. Kurz gesagt sei Aufgabe des Unmittelbarkeitskriteriums die Unterscheidbarkeit des Vorteils im Vermögen des Vortäters zu sichern.136 128 Exemplarisch BGH NStZ 1987, 22; BGH NStZ 2011, 399 (400); LK-Walter, § 257 Rn. 31; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 11; S/S-Stree/Hecker, § 257 Rn. 18; SK-Hoyer, § 257 Rn. 13. 129 Etwa RGSt 55, 18 (19); BGHSt 24, 166 (168); BGHSt 36, 277 (280 f.); BGH NStZ 1987, 22; BGH NStZ 2011, 399 (400). 130 Anstatt vieler H/H-Ruhmannseder, § 257 Rn. 14; Fischer, § 257 Rn. 6; LK-Walter, § 257 Rn. 31; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 11; S/S-Stree/Hecker, § 257 Rn. 18; SK-Hoyer, § 257 Rn. 13; Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 142 (146); Geppert, in: Jura 1980, 269 (272). 131 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 11; Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (311). 132 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 11; Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (311). 133 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 11; zu dieser Herleitung des Schutzguts vgl. auch Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 109). 134 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 11. 135 NK-Altenhain, § 257 Rn. 18; Eisele, BT II, Rn. 1088 ff.; Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (311); Mitsch, BT II, S. 759; Rengier, BT I, § 20 Rn. 8. 136 LK-Walter, § 257 Rn. 32.

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Eine von der generellen Notwendigkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums zu trennende Frage ist diejenige nach der Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums. Über die Grenze des Vorliegens eines noch unmittelbaren Vorteils wird kontrovers diskutiert. Eine grobe Systematisierung lässt sich lediglich hinsichtlich dreier sich hervorhebender Positionen vornehmen: Während einige Vertreter das Unmittelbarkeitskriterium nur dann als gewahrt ansehen, wenn die erlangte Vortatbeute selbst gesichert wird137, beurteilen andere die Unmittelbarkeit als gegeben, wenn der wirtschaftliche Wert des ursprünglich erlangten Tatvorteils gesichert wird.138 Nach der weitesten Ansicht wird die Unmittelbarkeit bejaht, sofern das Umwandlungsprodukt dem bestimmungsgemäßen nächsten Verwendungszweck des ursprünglichen Tatvorteils entspricht.139 (1) Vorliegen eines unmittelbaren Vorteils nur bei Sicherung der erlangten Tatbeute Nach der denkbar restriktivsten Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums ist die Unmittelbarkeit nur dann gewahrt, wenn die ursprünglich aus der Vortat erlangte Tatbeute gesichert wird.140 Erforderlich sei mithin eine Substanzidentität zwischen aus der Vortat erlangtem und gesichertem Gegenstand. Somit sei tauglicher sicherungsfähiger Vorteil ausschließlich der Sachbesitz, der erhalten bleibt.141 Eine solche Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums ermöglicht eine eindeutige Abgrenzung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Vorteilen. Allerdings haftet ihr auch der Nachteil an, dass aufgrund der engen Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums einige Fälle nicht als Begünstigung erfasst werden können, sodass es zu Strafbarkeitslücken kommen kann.142 (2) Vorliegen eines unmittelbaren Vorteils bei Sicherung des wirtschaftlichen Wertes Eine andere Ansicht legt das Unmittelbarkeitskriteriums weiter aus und stellt auf den wirtschaftlichen Wert des Vortatvorteils und dessen Sicherung ab.143 Als Bei137

RGSt 55, 18 (19); Hruschka, in: JR 1980, 221 (225). BGHSt 36, 277 (281 f.); OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2320 f.); H/H-Ruhmannseder, § 257 Rn. 14; Kindhäuser/Hilgendorf, § 257 Rn. 8; LK-Walter, § 257 Rn. 31; Kollenberg, S. 198; Sauer, BT, S. 500; Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 174 f.); Zipf, in: JuS 1980, 24 (27). 139 Küper/Zopfs, Rn. 346; LK-Ruß11, § 257 Rn. 11; L/K-Heger, § 257 Rn. 5. 140 RGSt 55, 18 (19); Hruschka, in: JR 1980, 221 (225). 141 So ausdrücklich RGSt 55, 18 (19). 142 Dies gilt etwa für den Fall der Hilfeleistung durch Absatzhilfe, sofern § 259 StGB mangels Bereicherungsabsicht ausscheidet. Hier wird ja gerade nicht die Sache selbst gesichert, sondern ein sich aus dem Absatz ergebender Wert, sodass nach dieser Ansicht kein sicherungsfähiger unmittelbarer Tatvorteil vorliegt und § 257 StGB dementsprechend ausscheidet. Vgl. hierzu Hruschka, in: JR 1980, 221 (225). 143 Anstatt vieler BGHSt 36, 277 (281 f.); OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2320 f.); H/H-Ruhmannseder, § 257 Rn. 14; Kindhäuser/Hilgendorf, § 257 Rn. 8; LK-Walter, § 257 138

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

spiele für die Sicherung des wirtschaftlichen Wertes werden einerseits die Absatzhilfe und andererseits die Umwandlung von Bargeld in Kontoguthaben bzw. in Wertpapiere genannt.144 Entscheidend komme es für die Bestimmung, ob ein noch unmittelbarer Vorteil vorliegt, auf eine konkret wirtschaftliche Betrachtung an.145 Obwohl durch die Vortat faktisch der Gegenstand selbst erlangt wurde, sei der wirtschaftliche Wert entscheidend, der hierdurch vom Vortäter erworben wurde. Da es nur auf die Erlangung dieses Wertes ankomme, sei in der Konsequenz auch die Hilfe beim Absatz des Gegenstands noch eine taugliche Hilfeleistung zur Sicherung eines unmittelbaren Vorteils.146 Dies ließe sich etwa damit begründen, dass es dem Vortäter oft gerade nicht auf die Erlangung des Gegenstands selbst ankomme, sondern auf die Erzielung und Verwertung des Erlöses.147 Dem vielfach angeführten Argument148, durch den Verkauf begebe sich der Vortäter des Vorteils, könne außerdem entgegengehalten werden, dass er sich zwar des Gegenstands begebe, sich jedoch gerade dessen wirtschaftlichen Wert zueigne und es nur hierauf entscheidend für eine Strafbarkeit wegen Begünstigung ankomme.149 Für diese Auslegung spreche letztlich, dass nur sie dem hinter der Vorteilssicherung stehenden Gedanken gerecht werde: Bei der Vorteilssicherung gehe es entscheidend darum, den Vortäter vor der Entziehung des Vorteils zu sichern, eine solche Sicherung vor Entziehung könne aber nicht nur bzgl. der Sachsubstanz, sondern auch bzgl. dessen wirtschaftlichen Wertes stattfinden. Beispielsweise werde durch eine Hilfe beim Verkauf des Gegenstands, vor Entziehung des Vorteils gesichert, indem der Verkaufserlös – also der wirtschaftliche Wert des Vorteils – gewahrt werde.150 Neben der Betrachtung des Begünstigungstatbestands aus der Täterperspektive, kann auch eine Beleuchtung des Schutzzwecks, ausgehend vom Opfer, vorgenommen werden: Sinn und Zweck des Begünstigungstatbestands sei es gerade auch, die Ermöglichung der Wiederherstellung des Ursprungszustands zu sichern und dies werde erschwert oder sogar verhindert, wenn der aus der Vortat erlangte Gegenstand weitergegeben werde und somit beim Vortäter nur noch der wirtschaftliche Wert des Vorteils vorhanden sei. Somit sei aufgrund verschiedener Schutzzweckerwägungen die Sicherung des wirtschaftlichen Wertes, durch Mitwirkung beim Absatz, als vom Rn. 31; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18; Kollenberg, S. 198; Maurach, in: JZ 1952, 661 (662 f.); Sauer, BT, S. 500; Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 174 f.); Zipf, in: JuS 1980, 24 (27). 144 H/H-Ruhmannseder, § 257 Rn. 14. 145 H/H-Ruhmannseder, § 257 Rn. 14. 146 OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2320 f.); Geppert, in: Jura 1980, 327 (328 f.); Zipf, in: JuS 1980, 24 (27). 147 OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2320). 148 So etwa RGSt 58, 129 (129). 149 OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2320). 150 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 174).

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Schutzzweck des Begünstigungstatbestands erfasstes strafbares Unrecht anzusehen.151 Allerdings streitet gegen diese Ansicht, dass die Bestimmung der Unmittelbarkeit des Vorteils mithilfe des Kriteriums des wirtschaftlichen Wertes ungenau ist, da auch der Begriff des wirtschaftlichen Wertes einer eigenen Auslegung bedarf. Was genau als wirtschaftlicher Wert des Ursprungsvorteils bewertet wird, kann je nach Verständnis dieser Begrifflichkeit wiederum sehr unterschiedlich ausfallen.152 (3) Vorliegen eines unmittelbaren Vorteils bei gleichbleibendem bestimmungsgemäßem nächsten Verwendungszweck Während der natürliche Wortsinn des Begriffs „unmittelbar“ vermuten lässt, dass zwischen dem aus der Vortat erlangten Vorteil und demjenigen Vorteil, der Objekt der Begünstigungshandlung ist, Substanzgleichheit bestehen muss, bestreitet dies eine Meinung in der Literatur und legt den Unmittelbarkeitsbegriff sehr weit aus: Erfasst seien alle Vorteile – demnach auch umgewandelte Vorteile – deren bestimmungsgemäßer nächster Verwendungszweck gegenüber dem Verwendungszweck des ursprünglich erlangten Vorteils, identisch sei.153 Als Beispiel für das Gleichbleiben des bestimmungsgemäßen Verwendungszwecks wird die Umwandlung eines mittels Betrugs erlangten Schecks in Kontoguthaben, in Wertpapiere und in Bargeld genannt.154 Uneinigkeit besteht jedoch bei den Vertretern dieser Teilansicht bzgl. der Behandlung des Handelsgewinns. Während ein Vertreter den Handelsgewinn als unmittelbaren Vorteil aufgrund gleichbleibenden bestimmungsgemäßen Verwendungszwecks wertet155, lehnt ein anderer Vertreter die Unmittelbarkeit des Vorteils für einen solchen umgewandelten Vorteil ab.156 Schon die dargelegte Diskrepanz in der Anwendung dieser Unmittelbarkeitsdefinition auf konkrete Fälle zeigt, dass sie für eine Anwendung auf sämtliche in Betracht kommende Fälle zu ungenau ist, denn was genau der bestimmungsgemäße nächste Verwendungszweck eines Gegenstands ist, unterliegt wiederum der Auslegung.

151

Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 174 f.). So auch LK-Walter, § 257 Rn. 31. 153 Küper/Zopfs, Rn. 346; LK-Ruß11, § 257 Rn. 11; L/K-Kühl, § 257 Rn. 5. 154 Küper/Zopfs, Rn. 346 unter Verweis auf BGH NStZ 2013, 583 (584). 155 Den Handelsgewinn unter den bestimmungsgemäßen nächsten Verwendungszweck subsumierend LK-Ruß11, § 257 Rn. 11. 156 Küper/Zopfs, Rn. 346 lehnt dagegen die Unmittelbarkeit für den Handelsgewinn bzw. Verkaufserlös – unter Zugrundelegung der gleichen Definition der „Unmittelbarkeit“ wie Ruß – ab. 152

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

b) Ergebnis Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass die Beschränkung des Vorteilsbegriffs auf unmittelbare Tatvorteile heute in Literatur und Rechtsprechung nahezu unumstritten ist. Lediglich über Auslegung und Grenzen des Unmittelbarkeitskriteriums herrscht noch Uneinigkeit: Während einerseits die Unmittelbarkeit sehr restriktiv ausgelegt wird157, vertreten andere eine weitere Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums und schlagen als begrenzendes Kriterium das Gleichbleiben des bestimmungsgemäßen nächsten Verwendungszwecks158 bzw. den wirtschaftlichen Wert des Ursprungsvorteils vor.159 Betrachtet man die letzten beiden vorgeschlagenen Abgrenzungskriterien jedoch genauer, so zeigt sich, dass es sich hierbei eigentlich nicht mehr um unmittelbare Vorteile im eigentlichen Sinne handelt, sondern um solche, die erst durch Umwandlung erlangt wurden und die eigentlich mittelbarer Natur sind. Diese eigentlich mittelbaren Vorteile werden lediglich als unmittelbare Vorteile bezeichnet160, eine solche Bezeichnung ändert jedoch nichts daran, dass sie letztlich erst mittels Zwischenschritten (etwa durch Umwandlung) erlangt wurden und demnach mittelbarer Natur sind.161 Somit ist zwar grundsätzlich die Notwendigkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums unbestritten, allerdings wird es z. T. in der Weise ausgelegt, dass auch mittelbare Vorteile erfasst werden bzw. die Unmittelbarkeit unterschiedlich weit aufgefasst. Die Unmittelbarkeit ist daher im Ergebnis ein noch weitgehend ungeklärtes Kriterium zur Bestimmung des Vorteilsbegriffs i. S. d. § 257 StGB. Versucht man sich der Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums zu nähern, so ist einerseits denkbar, eine generelle Systematisierung zur Auslegung der Unmittelbarkeit vorzunehmen, wie sie im vorherigen Abschnitt erfolgte. Allerdings birgt eine solche Auslegung die Gefahr, dass sie zu ungenau ist und über die hier untersuchte Frage der Auslegung der Unmittelbarkeit nur in sehr begrenztem Maße Aufschluss bietet.162 So hat sich diese Ungenauigkeit bereits in den vorherigen Ausführungen gezeigt, nämlich an dem Punkt, wo ein von der Literatur vorgeschlagenes, die Unmittelbarkeit begrenzende Kriterium, unterschiedlich ausgelegt wurde.163 Somit ist es im Ergebnis zielführender für die Auslegung der Unmittelbarkeit des Tatvorteils die einzelnen Fallgruppen zu beleuchten, in denen die Unmittelbarkeit jeweils problematisch ist.

157

1. Teil, B. III. 1. a) bb) (1). 1. Teil, B. III. 1. a) bb) (3). 159 1. Teil, B. III. 1. a) bb) (2). 160 Bockelmann, BT I, S. 173; Schmidhäuser, BT, S. 248. 161 Schmidhäuser, BT, S. 248. 162 So auch Keller, in: JR 1990, 480 (480), der feststellt, dass ein „Patentrezept für die Feststellung, wann diese Unmittelbarkeit anzunehmen ist“, nicht existiert; Bosch, in: Jura 2012, 270 (275); Rengier, BT I, § 20 Rn. 7. 163 1. Teil, B. III. 1. a) bb) (3). 158

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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2. Die Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums anhand einer Systematisierung der im Bereich der Unmittelbarkeit diskutierten Fälle164 Die Frage nach der Unmittelbarkeit eines Tatvorteils wird in verschiedenen Konstellationen relevant: So kann ein aus der Vortat erlangtes Objekt durch den Vortäter umgewandelt werden, sodass sich nach erfolgter Umwandlung die Frage stellt, ob noch ein unmittelbarer Tatvorteil vorliegt oder aber ein für die Verwirklichung des Begünstigungstatbestands nicht mehr ausreichender Ersatzvorteil. Darüber hinaus können aus der durch die Vortat erlangten Sache Früchte hervorgehen, für die wiederum entschieden werden muss, ob es sich insofern noch um einen unmittelbaren Tatvorteil handelt. Weiterhin wird diskutiert, ob es sich bei der Sicherung eines Nutzungswertes eines Gegenstands um einen Vorteil handelt. Ein solcher Nutzungswert kann vorliegen in Form einer angemaßten Eigentümerstellung – beim Hilfeleisten im Rahmen eines Verkaufs – sowie bei der Verarbeitung, Verbindung, Vermischung oder beim Verbrauch eines Gegenstands. Ebenso scheiden sich bei der Beurteilung einer Zahlung eines Tatlohns bzw. eines Versprechens auf Tatlohn als unmittelbarer Tatvorteil die Geister. Im Folgenden soll daher für jede Fallgruppe untersucht werden, wie aktuell von Rechtsprechung und Literatur die Unmittelbarkeit des Vortatvorteils beurteilt wird. a) Ersatzvorteile aa) Problemaufriss Ausgangspunkt der Systematisierung soll die am kontroversesten in Rechtsprechung und Literatur diskutierte Fallgruppe der Sicherung eines Ersatzvorteils bzw. Surrogats sein. Beide Begriffe werden in der aktuellen Diskussion synonym verwendet. Zur Verdeutlichung der sich hier stellenden Problematik soll zunächst folgender Beispielsfall dienen: A bricht in das Haus der Millionärin M ein und entledigt sie bei dieser Gelegenheit ihrer teuren Diamantohrringe sowie einer seltenen Vase aus dem antiken Griechenland. Außerdem nimmt er noch Bargeld i. H. v. 5.000 Euro mit. Da A mit den Ohrringen selbst nichts anfangen kann, verkauft er sie an den Juwelier J, der mit gebrauchtem Schmuck handelt und ihm für die Ohrringe 1.500 Euro zahlt. Die gestohlene Vase gefällt A nicht, jedoch ist er sich deren hohen Wertes bewusst. Er kommt daher mit dem Kunstliebhaber K darüber überein, dass er sie gegen ein Bild des Künstlers Banksy tauscht, welches er sodann bei sich zu Hause aufhängt. Von dem erbeuteten Bargeld zahlt A 4.000 Euro auf sein Konto ein, von den restlichen 1.000 Euro erwirbt er eine Armbanduhr. 164

In diesem Kapitel geht es zunächst um eine Darstellung der aktuell zur Frage der Unmittelbarkeit und deren Auslegung vertretenen Positionen, anhand der Untersuchung verschiedener Entscheidungen, sowie den hierzu vertretenen Literaturansichten. Eine kritische Auseinandersetzung mit den hier gefundenen Ergebnissen findet dann erst im zweiten Kapitel dieser Arbeit statt.

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur Im Zuge der Ermittlungen hinsichtlich des Einbruchsdiebstahls bei M gerät auch A nach einiger Zeit in Verdacht. Um durch das bei ihm noch vorhandene Barvermögen i. H. v. 1.500 Euro, das teure Gemälde und die Armbanduhr nicht aufzufallen, bittet er seinen Bruder B, alles für ihn aufzubewahren. B, der den A schon immer für seine Einbrüche und sein hieraus erlangtes Vermögen bewundert hat, tut seinem Bruder diesen Gefallen gerne und bewahrt, wie von A gewünscht, in Kenntnis der Herkunft der Gegenstände, sowohl das Geld als auch das Gemälde und die Uhr in seiner Wohnung auf. Bezüglich des auf A’s Konto eingezahlten Bargeldes erklärt er sich darüber hinaus bereit, sein Konto zum vorübergehenden „Zwischenlagern“ des Geldes zur Verfügung zu stellen. Hat sich B gem. § 257 StGB strafbar gemacht?

Bei Ersatzvorteilen handelt es sich um solche Vorteile, die zum Zeitpunkt der Hilfeleistung nicht mehr in der gleichen Form vorliegen, in der sie ursprünglich aus der Vortat hervorgegangen sind. Sie wurden also im Anschluss an die Vortat, aber noch vor der Begünstigung durch den Vortäter, umgewandelt. Grundsätzlich ist jedoch eine Umwandlung nicht bei allen aus der Vortat erlangten Vorteilen denkbar. Bei Nichtvermögensvorteilen wird ein Umtausch nur selten vollzogen, zum einen, weil hier ein solcher Umtausch teilweise schon praktisch gar nicht möglich ist und zum anderen, weil die Wahrscheinlichkeit, dass eine andere Person den Nichtvermögensvorteil erlangen möchte, relativ gering ist – eben aufgrund der fehlenden Vermögensrelevanz. Man denke etwa an das zuvor gebildete Beispiel der Erlangung einer Baugenehmigung als Nichtvermögensvorteil165, bei der nicht ersichtlich ist, inwiefern sie gegen einen anderen Gegenstand getauscht werden kann. Somit stellt sich hier das Problem des Ersatzvorteils nicht. Relevant ist die Frage der Umwandlung eines Vorteils aber immer dann, wenn durch die Vortat ein Vermögensvorteil, entweder in Form eines materiellen Gegenstands oder aber als Barvermögen erlangt wurde, eine Umwandlung bietet sich hier nämlich häufig an. In Betracht kommen folgende vier Fallkonstellationen: (1) Ein durch die Vortat erlangter Gegenstand wird durch Verkauf in Geld umgewandelt. (2) Ein durch die Vortat erlangter Gegenstand wird durch Tausch in einen anderen Gegenstand umgewandelt. (3) Ein durch die Vortat erlangtes Barvermögen wird in eine andere Form von Vermögen umgewandelt, etwa durch Einzahlung auf ein Konto, durch Umwandlung in eine andere Währung oder durch Umwandlung in Wertpapiere. (4) Mit durch die Vortat erlangtem Barvermögen wird ein Gegenstand erworben. Mit diesen Fallgruppen korrespondiert jeweils ein im Beispielsfall von A erlangter und sodann umgewandelter Vorteil: Das aus dem Verkauf der Ohrringe erlangte Geld stellt einen Ersatzvorteil i. S. d. ersten Fallgruppe dar, wohingegen das durch Tausch der Vase erlangte Banksy-Gemälde zur zweiten Fallgruppe zählt. Die Einzahlung der 4.000 Euro Bargeld auf das Konto des A stellt eine Umwandlung 165

Vgl. 1. Teil, B. II. 1. c).

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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gemäß der dritten Fallgruppe dar und der Kauf der Armbanduhr mit den restlichen 1.000 Euro erfüllt die Anforderungen der Fallgruppe vier. bb) Rechtliche Behandlung Richtet man nun den Blick von der Systematisierung der Ersatzvorteile auf deren rechtliche Behandlung, wird schnell klar, dass zu dieser Frage nicht einerseits vertreten wird, dass Ersatzvorteile generell mit dem Unmittelbarkeitskriterium vereinbar sind und andererseits Ersatzvorteile als hiermit unvereinbar abgelehnt werden. Vielmehr lassen sich die unterschiedlichen in diesem Bereich vertretenen Positionen nur anhand der einzelnen Fallgruppen systematisieren, was nun im Folgenden geschehen soll. (1) Verkaufserlös als Vorteil Zunächst wird der Fall untersucht, in dem ein durch die Vortat erlangter Gegenstand durch den Vortäter verkauft wird und der erlangte Verkaufserlös sodann Gegenstand einer Begünstigungshandlung ist. Es stellt sich nach erfolgter Umwandlung des ursprünglich erlangten Gegenstands in Bargeld die entscheidende Frage, ob der Verkaufserlös noch als unmittelbarer aus der Vortat stammender Vorteil und damit als tauglicher Vorteil i. S. d. § 257 StGB anzuerkennen ist. (a) Entscheidung des Reichsgerichts vom 21. 05. 1920 In der frühen Entscheidung des Reichsgerichts RGSt 55, 18 wurde eine solche Sachverhaltskonstellation untersucht: Der Vortäter nutze die sich im Rahmen seiner Beschäftigung bietende Möglichkeit, Frachtbriefe zurückzuhalten und gab diese an seinen Komplizen weiter, der sie wiederum verwendete, um sich die Frachtgüter aushändigen zu lassen. Die erlangten Waren wurden sodann vom Komplizen verkauft und ein Teil des Erlöses gelangte an den Vortäter zurück. Dieser zahlte das Geld wiederum auf sein Konto ein. Nachdem der vermeintliche Begünstigungstäter im Anschluss von dem Konto des Vortäters Geld abgehoben hatte, in der Absicht, es für diesen zu sichern, stellte sich dem Reichsgericht die Frage, ob es sich bei dem abgehobenen Geld – also dem Verkaufserlös – noch um einen unmittelbar aus der Vortat erlangten Vorteil handelt.166 Das Reichsgericht lehnte das Vorliegen eines noch unmittelbaren Vorteils in Form des Verkaufserlöses ab und begründete seine Entscheidung mit dem Schutzzweck der Begünstigung: § 257 StGB a. F. diene dem Schutz der Rechtspflege, ein Täter, der eine Begünstigungshandlung vornehme, hemme somit die Rechtspflege. Dies geschehe dergestalt, dass der Begünstigungstäter durch Vornahme seiner Sicherungshandlung verhindere, dass derjenige Zustand wiederhergestellt werde, der vor Begehung der Vortat bestanden habe. Daraus ergäbe sich wiederum als zwingende 166

Zum gesamten Sachverhalt vgl. RGSt 55, 18 f.

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

Anforderung an den zu sichernden Vorteil, dass dieser unmittelbar aus der Vortat stammen müsse. Nur dann würde durch die Sicherungshandlung verhindert, dass der vor der Vortat bestehende Zustand wiederhergestellt werde. Für den zu untersuchenden Fall seien aber unmittelbar aus der Vortat (§ 133 StGB a. F.167) nur die Frachtbriefe und die mit ihnen verbundene Möglichkeit der Einlösung erlangt worden. Der aus einer Umwandlung durch Verkauf der Frachtgüter erlangte Verkaufserlös stamme dagegen nicht mehr unmittelbar aus der Vortat und seine Sicherung verhindere somit nicht die Wiederherstellung des Ursprungszustands, sodass der Schutzzweck des § 257 StGB a. F. nicht berührt sei und damit eine Strafbarkeit wegen Begünstigung ausscheide.168 Bereits in dieser frühen Entscheidung wurde somit die Umwandlung einer aus der Vortat erlangten Sache in Bargeld als mit dem Unmittelbarkeitskriterium unvereinbar angesehen. (b) Entscheidung des Reichsgerichts vom 17. 04. 1924 Die in der soeben dargestellten Entscheidung begründete Rechtsprechungslinie wird vom Reichsgericht in einer nachfolgenden Entscheidung bestätigt. RGSt 58, 154 lag der Fall zugrunde, dass aus einem Betrug zunächst eine Sache erlangt und diese sodann verkauft wurde. Der Verkaufserlös wurde wiederum vom vermeintlichen Begünstigungstäter beim Ankäufer abgeholt und anschließend an den Vortäter ausgehändigt. Diese Handlung wertete das Landgericht als taugliche Begünstigungshandlung und nahm somit eine Strafbarkeit gem. § 257 Abs. 1 StGB a. F. an.169 Das Reichsgericht trat dem entgegen, in dem es, mangels Vorliegens eines sicherungsfähigen unmittelbaren Tatvorteils, eine taugliche Beistandsleistung i. S. d. § 257 Abs. 1 StGB a. F. ablehnte. Der Begünstigungstatbestand erfordere ein Handeln des Begünstigungstäters, das die unmittelbar aus der Vortat erlangten Vorteile sichere, hierunter falle aber gerade nicht die bloße Sicherung des Erlöses, welcher aus dem Verkauf der aus der Vortat erlangten Sache erzielt wurde.170 (c) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. 04. 2008 Auch der Bundesgerichtshof musste sich mit der Frage befassen, ob der Verkaufserlös noch einen unmittelbaren Tatvorteil darstellt. In der Entscheidung des BGH vom 29. 04. 2008 – 4 StR 148/08171 wurde die strafrechtliche Behandlung der Überlassung eines ebay-Accounts zum Verkauf gestohlener Sachen sowie die anschließende Weitergabe des Verkaufserlöses verhandelt. Nach den Feststellungen der Vorinstanz waren, sowohl aus einem Diebstahl als auch aus einer Hehlerei, durch den 167

RStGB in der Fassung von 01. 01. 1872, RGBl. 1871 Nr. 24, S. 127. Zur Begründung vgl. RGSt 55, 18 f. 169 Zum Sachverhalt vgl. RGSt 58, 154 ff. 170 RGSt 58, 154 (155). 171 Vgl. BGH NStZ 2008, 516. 168

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Vortäter mehrere Sachen erlangt worden, welche er über den ebay-Account des vermeintlichen Begünstigungstäters verkaufte. Dieser hatte ihm seinen Account zur Nutzung zwecks Absatzes überlassen und sorgte im Anschluss dafür, dass der auf sein Girokonto überwiesene Verkaufserlös für die Ware an den Vortäter gelangte.172 Das Landgericht wertete sowohl die Förderung des Absetzens durch Überlassen des ebay-Accounts als auch das Weiterleiten des Verkaufserlöses an den Vortäter als Begünstigung i. S. d. § 257 Abs. 1 StGB. Dieser Auslegung trat der Bundesgerichtshof jedoch entgegen: Zwecks rechtlicher Beurteilung differenzierte er zunächst zwischen den beiden möglichen Begünstigungshandlungen, zum einen komme als Hilfeleistung das Überlassen des Accounts in Betracht, zum anderen das Abheben des Verkaufserlöses und die Weitergabe an den Vortäter. Bezüglich der rechtlichen Beurteilung des Überlassens der Nutzungsmöglichkeit des Accounts urteilte der BGH, dass eine Strafbarkeit wegen Begünstigung schon daran scheitere, dass dem Täter vorliegend nicht nachgewiesen werden konnte, dass er in der Absicht gehandelt habe, den Vortäter vor der Wiederentziehung der erlangten Sache zu bewahren mangels bevorstehender Ermittlungstätigkeit der Polizei. Für die hier zu klärende Frage der Beurteilung der Unmittelbarkeit des Vorteils nach erfolgter Umwandlung spielt dieser Teil der Entscheidung jedoch keine Rolle, da zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Umwandlung stattgefunden hatte. Erst die zweite mögliche Begünstigungshandlung durch Abheben des Verkaufserlöses von dem Girokonto und Weitergabe des Geldes an den Vortäter ist für die Frage des Vorliegens eines unmittelbaren Vorteils relevant. Für die rechtliche Beurteilung kommt es nach Ansicht des BGH entscheidend darauf an, dass ein unmittelbarer Vorteil vorliegt, und ein solcher liege gerade dann nicht mehr vor, wenn nur ein wirtschaftlicher Wert gesichert werde, der sich aus dem ursprünglich erlangten Vorteil ergeben habe. Gerade so stelle sich der vorliegende Fall jedoch dar, denn der Verkaufserlös sei kein unmittelbar aus der Vortat stammender Vorteil, sondern bloß sein wirtschaftlicher Wert, sodass im Ergebnis auch für die zweite mögliche Hilfeleistungshandlung eine Strafbarkeit wegen Begünstigung ausscheide.173 Anders wäre der Fall nur dann zu behandeln, wenn der Verkauf durch den Vortäter über den ebay-Account des vermeintlichen Begünstigungstäters wieder mittels einer Straftat erfolgt wäre, etwa durch einen Betrug. In diesem Fall wäre der Verkaufserlös nämlich dann ein unmittelbar aus der Vortat Betrug erlangter Vorteil.174

172

BGH NStZ 2008, 516. Zur gesamten rechtlichen Beurteilung vgl. BGH NStZ 2008, 516; insofern zustimmend Kudlich, in: JA 2008, 656 (656 f.). 174 BGH NStZ 2008, 516. 173

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

(d) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. 01. 2011 Am Rande äußerte sich der BGH auch in einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 (Entscheidung des BGH vom 20. 01. 2011 – 3 StR 420/10175) zur Frage der Unmittelbarkeit des Tatvorteils bei Vorliegen eines Verkaufserlöses. Durch einen vom Vortäter begangenen Betrug gelangten Telefonnetzkapazitäten in die Verfügungsgewalt des vermeintlichen Begünstigungstäters, der diese über seine eigene Firma an eine vom Vortäter beherrschte Firma weiterleitete, von wo aus sie wiederum an unbeteiligte Dritte veräußert wurden. Der vermeintliche Begünstigungstäter stellte sodann Scheinrechnungen an die vom Vortäter beherrschte Firma und nahm die daraufhin erfolgten Zahlungen entgegen und leitete sie im Anschluss an den Vortäter weiter. Der Transfer über verschiedene Firmen diente hierbei der Verschleierung der Transaktion.176 Der BGH entschied, dass die zunächst in Betracht kommende Begünstigungshandlung durch Entgegennahme und Weiterleitung der Telefonnetzkapazitäten schon deshalb nicht ausreichend für eine Verwirklichung des § 257 StGB sei, da zu diesem Zeitpunkt beim Vortäter selbst noch gar kein Vorteil bestanden habe, der hätte gesichert werden können. Erst die Weiterleitung durch den Begünstigungstäter habe dazu geführt, dass der Vortäter Besitz an den Telefonnetzkapazitäten und somit am Vorteil erlangt habe.177 Darüber hinaus war aber auch das Stellen der Scheinrechnungen und die Entgegennahme und Weiterleitung des aufgrund der Rechnungen an den Begünstigungstäter gezahlten Geldes als Begünstigungshandlung in Betracht zu ziehen. Hier lehnte der BGH nun eine Strafbarkeit gem. § 257 Abs. 1 StGB mangels Vorliegens eines sicherungsfähigen unmittelbaren Vorteils ab, da die erlangten Gelder nicht mehr unmittelbar aus der Vortat stammen, schließlich sei ein Veräußerungserlös nicht mehr vom Unmittelbarkeitskriterium erfasst.178 Der BGH verneinte somit im Ergebnis eine Begünstigungsstrafbarkeit für die in Rede stehenden Handlungen und wertete sie letztlich als Beihilfe.179 Somit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass an der durch das Reichsgericht begründeten Rechtsprechung zur Beurteilung der Unmittelbarkeit für Fälle des Verkaufserlöses vom Bundesgerichtshof auch heute noch festgehalten wird. (e) Meinungsstand in der Literatur Ausgehend von der gefundenen Rechtsprechungslinie muss der Blick nun auf die Literatur gerichtet werden. Überwiegend wird dort die Unmittelbarkeit des Vorteils

175

Abgedruckt in BGH NStZ 2011, 399 f. Vgl. zum gesamten Sachverhalt BGH NStZ 2011, 399 (399). 177 BGH NStZ 2011, 399 (400). 178 Vgl. BGH NStZ 2011, 399 (400). 179 BGH NStZ 2011, 399 (400).

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B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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für den Verkaufserlös ebenfalls abgelehnt180, lediglich eine einzelne Stimme in der Literatur will den Verkaufserlös als unmittelbaren Tatvorteil anerkennen.181 Wendet man sich zunächst den Stimmen zu, die übereinstimmend mit der Rechtsprechung die Unmittelbarkeit für den aus einem Verkauf erzielten Erlös ablehnen, so stützen sich diese Vertreter in erster Linie auf die bereits durch die Rechtsprechung hervorgebrachten Argumente: Entscheidend für die Bestimmung und Reichweite des Unmittelbarkeitskriteriums sei der Schutzzweck des § 257 StGB.182 Dieser bestehe darin, das Restitutionsinteresse zu schützen, dessen Schutz nur dann verwirklicht werden könne, sofern der Vorteil auch wirklich unmittelbar aus der Vortat resultiere.183 Der Verkaufserlös stamme jedoch gerade nicht unmittelbar aus der Vortat184, sondern sei lediglich ein Resultat des Umwandlungsprozesses, sodass der Schutzzweck des § 257 StGB durch die Vornahme einer Sicherungshandlung nicht mehr berührt werde.185 Dieser Auslegung der Unmittelbarkeit könnte man entgegenhalten, dass sie im Widerspruch zur Behandlung der Fälle der Absatzhilfe steht, in denen weitgehend unstreitig eine Begünstigung bejaht wird.186 Gemeinsam ist beiden Fallkonstellationen, dass jeweils nicht die durch die Vortat erlangte Sache, sondern im Ergebnis nur der durch die Veräußerung erzielte Erlös dem Vortäter gesichert werden soll.187 Auf den ersten Blick scheint somit eine Gleichbehandlung dieser Fälle hinsichtlich der Unmittelbarkeit, und in der Konsequenz auch bezüglich einer Strafbarkeit wegen Begünstigung, angebracht. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass beide Fällen ein entscheidender Unterschied trennt: Einmal wird tatsächlich die eigentümerähnliche Stellung beim Verkauf188 gesichert189, nämlich gerade durch die Hilfe beim Absatz. Im zweiten Fall hingegen, wird nur noch der durch den Vortäter mittels Verkaufs erzielte Erlös, der eben gerade nicht mehr den Sachwert darstellt, gesi180 Fischer, § 257 Rn. 6; H/H-Ruhmannseder, § 257 Rn. 14.2; Joecks/Jäger, § 257 Rn. 15; LK-Walter, § 257 Rn. 37; NK-Altenhain, § 257 Rn. 18; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18; S/S/WJahn, § 257 Rn. 20; Eisele, BT II, Rn. 1089; Küper/Zopfs, Rn. 346; Rengier, BT I, § 20 Rn. 8; Welzel, S. 394; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 863. 181 LK-Ruß11, § 257 Rn. 11. 182 Eisele, BT II, Rn. 1088 f.; Rengier, BT I, § 20 Rn. 8. 183 Eisele, BT II, Rn. 1088 f.; Rengier, BT I, § 20 Rn. 8. 184 Eisele, BT II, Rn. 1089; Rengier, BT I, § 20 Rn. 8. 185 Eine Mindermeinung in der Literatur lehnt den Verkaufserlös als unmittelbaren Tatvorteil zwar generell ab, lässt eine Ausnahme jedoch für die Fälle zu, in denen mit Betäubungsmitteln Handel getrieben wird. Dass es sich bei dem Verkaufserlös aus Betäubungsmittelgeschäften um einen unmittelbaren Tatvorteil handelt, wird damit begründet, dass die rechtliche Bewertung des Vorteils unverändert bleibe, wenn der sich aus dem Besitz an Betäubungsmittel ergebende Gewinnvorteil mit dem Verkaufserlös aus dem Vertrieb der Betäubungsmittel verglichen werde, vgl. MüKo-Cramer, § 257 Rn. 14. 186 LK-Walter, § 257 Rn. 37. 187 LK-Walter, § 257 Rn. 37. 188 Gemeint ist die angemaßte Eigentümerstellung, vgl. hierfür 1. Teil, B. III. 2. b) aa). 189 LK-Walter, § 257 Rn. 37; Küper/Zopfs, Rn. 347.

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

chert.190 Im Ergebnis kann daher der oben dargestellten Auslegung auch kein Widerspruch zur Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums in einer anderen Fallgruppe vorgeworfen werden. Entgegen der vorherrschenden Ansicht will eine Gegenstimme in der Literatur den Verkaufserlös noch als unmittelbaren Vorteil werten.191 Dahinter steht eine Auslegung, welche die Unmittelbarkeit allgemein als gewahrt ansieht, wenn ein Vorteil gesichert wird, der dem bestimmungsgemäßen nächsten Verwendungszweck des ursprünglich erlangten Vorteils entspricht.192 Dieser bestimmungsgemäße nächste Verwendungszweck läge aber gerade bei einem Verkaufserlös vor, der aus der Veräußerung eines aus der Vortat erlangten Gegenstands stamme.193 Darüber hinaus wird diese Auslegung damit begründet, dass der Wortlaut des Gesetzes – anders als bei § 259 StGB – weiter gefasst sei, und daher nicht nur die aus der Vortat erlangte Sache, sondern eben gerade der Vorteil erfasst sei.194 Als Konsequenz des weiten Wortlauts seien neben dem ursprünglich aus der Vortat stammenden Vorteil auch unmittelbare Ersatzvorteile, wozu der Verkaufserlös zu zählen sei, erfasst.195 (f) Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass nach Ansicht der Rechtsprechung und überwiegender Meinung in der Literatur ein Erlös aus dem Verkauf des durch die Vortat erlangten Gegenstands keinen unmittelbaren Tatvorteil mehr darstellt. Allerdings muss in solchen Fällen immer die Möglichkeit bedacht werden, dass durch den Verkauf selbst eine weitere rechtswidrige Tat begangen wurde, aus der sich wiederum der Verkaufserlös als neuer Vorteil ergeben hat. In solchen Fällen kann dann unproblematisch ein sicherungsfähiger Vorteil bejaht werden.196 Eine Mindermeinung in der Literatur will hingegen den Verkaufserlös generell als unmittelbaren Tatvorteil anerkennen.197 (2) Eingetauschter Gegenstand als Vorteil Sofern aus der Vortat ein Gegenstand erlangt wurde, ist neben der Umwandlung in Geld auch denkbar, dass er durch den Vortäter in einen anderen Gegenstand umgetauscht wird. Wenn im Anschluss an die Umwandlung der eingetauschte Gegenstand von einem Dritten gesichert werden soll, kann dieser nur dann wegen

190

LK-Walter, § 257 Rn. 37. LK-Ruß11, § 257 Rn. 11. 192 LK-Ruß11, § 257 Rn. 11. 193 LK-Ruß11, § 257 Rn. 11. 194 LK-Ruß11, § 257 Rn. 11. 195 LK-Ruß11, § 257 Rn. 11. 196 Vgl. etwa BGH NStZ 2008, 516. 197 LK-Ruß11, § 257 Rn. 11. 191

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Begünstigung bestraft werden, wenn noch ein unmittelbar aus der Vortat erlangter Vorteil besteht. (a) Meinungsstand in der Literatur Höchstrichterlich wurde bislang nicht über einen Fall entschieden, in dem ein eingetauschter Gegenstand gesichert werden sollte, sodass mangels einschlägiger Rechtsprechung für diese Fallgruppe nur der aktuelle Meinungsstand in der Literatur untersucht werden kann. Die Literatur lehnt das Vorliegen eines unmittelbaren Vorteils für diese Fallgruppe durchweg ab.198 Entscheidend für diese rechtliche Beurteilung sei der Schutzzweck des § 257 StGB, denn es gehe dem Begünstigungstatbestand darum zu verhindern, dass eine im Widerspruch zu den Rechten des Geschädigten bestehende Lage gesichert wird. Anders ausgedrückt gehe es also darum zu verhindern, dass ein Widerspruch zum Eigentumsrecht des Geschädigten weiter vertieft werde.199 Betrachte man nun aber den umgetauschten Gegenstand, so stehe das Eigentum hieran nicht mehr im Widerspruch zu den Rechten des ursprünglich durch die Vortat Geschädigten, dieser war schließlich niemals Eigentümer der eingetauschten Sache.200 Somit sei für den Fall der Sicherung des eingetauschten Gegenstands der Schutzzweck des § 257 StGB nicht betroffen, sodass ein unmittelbarer Tatvorteil abgelehnt werden müsse und eine Strafbarkeit wegen Begünstigung ausscheide. Eine ähnliche Überlegung wird der Ablehnung der Unmittelbarkeit zugrunde gelegt, wenn argumentiert wird, dass im Gegensatz zum unmittelbar aus der Vortat erlangten Gegenstand, der eingetauschte Gegenstand nicht entziehbar sei.201 Er stehe vielmehr lediglich im Eigentum des Vortäters und sei somit Teil seines Vermögens, das wiederum als Haftungsmasse für Ansprüche des Geschädigten diene.202 Somit ist der eingetauschte Gegenstand zwar mittelbar auch entziehbar, aber eben gerade nicht unmittelbar, so wie es § 257 StGB und dessen Schutzzweck verlangen.203 Wiederum ähnlich argumentiert eine weitere Stimme in der Literatur, wenn sie sich zur Ablehnung der Unmittelbarkeit des Vorteils bei einem eingetauschten Gegenstand auf die Aufgabe des § 257 StGB beruft, Sicherungshandlungen Dritter zu unterbinden, die darauf abzielen, die Wiederherstellung des vor Begehung der Vortat bestehenden Zustands zu verhindern.204 Eine Sicherung des eingetauschten Gegenstands wirke nämlich gerade nicht der Wiederherstellung des Ursprungszu-

198 LK-Walter, § 257 Rn. 38; SK-Hoyer, § 257 Rn. 14; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18; Kindhäuser/Böse, BT II, § 47 Rn. 3; Rengier, BT I, § 20 Rn. 8. 199 SK-Hoyer, § 257 Rn. 14. 200 SK-Hoyer, § 257 Rn. 14. 201 LK-Walter, § 257 Rn. 38. 202 LK-Walter, § 257 Rn. 38. 203 LK-Walter, § 257 Rn. 38. 204 Rengier, BT I, § 20 Rn. 8.

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

stands entgegen, weil auch vor Begehung der Vortat dieser Gegenstand nicht im Besitz des Geschädigten stand.205 Letztlich komme daher in einer solchen Umtauschkonstellation das Vorliegen eines unmittelbaren Tatvorteils nur dann in Betracht, wenn das Tauschgeschäft an sich eine neue Straftat darstelle.206 Der hieraus erlangte Gegenstand stamme schließlich wieder unmittelbar aus einer strafbaren Vortat, nämlich der mittels Tauschgeschäfts begangenen Straftat.207 (b) Zwischenergebnis Ein eingetauschter Gegenstand wird aufgrund von Schutzzweckerwägungen nicht mehr als unmittelbarer Vorteil gewertet. (3) In Bankguthaben, Wertpapiere oder andere Währungen umgewandeltes Bargeld als Vorteil Wurde aus der Vortat Bargeld erlangt, so ist zunächst dessen Umwandlung in Bankguthaben, Wertpapiere oder eine andere Form von Bargeld denkbar – allgemein gesprochen geht es also um Vorteilsumwandlungen im Rahmen finanztechnischer Vorgänge.208 Hier sind wiederum verschiedene Konstellationen möglich, die sich in ihrer rechtlichen Beurteilung unterscheiden: Zum einen kann erlangtes Bargeld in Bankguthaben oder Wertpapiere (1), in eine andere Währung oder eine andere Stückelung (2) oder aber – in umgekehrter Reihenfolge ggü. der ersten Konstellation – erlangtes Spar- oder Kontoguthaben in Bargeld umgewandelt werden (3). (a) Umwandlung von Bargeld in Bankguthaben oder Wertpapiere (aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 15. 01. 1942 Als einer der ersten in diesem Bereich relevanten Fälle soll die Entscheidung RGSt 76, 31 untersucht werden, der folgender Sachverhalt zugrunde lag: Aus Preiswuchergeschäften hatte der Vortäter Bargeld erlangt, welches er entweder in dieser Form beließ und es in einer Kassette versteckte oder aber es zwischenzeitlich auf sein Konto einzahlte, später wieder abhob und es erst im Anschluss daran in besagter Kassette versteckte. Ermittlungen hinsichtlich der Frage, auf welche der beiden möglichen Arten sich der Sachverhalt zugetragen hat, stellte das erstinstanzliche Gericht nicht an, da es hierauf seiner Ansicht nach nicht ankam: Gemäß § 2 RStGB i. d. F. vom 28. 06. 1935 seien auch in der möglichen Fallkonstellation, dass das Bargeld zwischenzeitlich auf das Konto eingezahlt und anschließend wieder vom Vortäter abgehoben wurde, die Anforderungen an den Vorteilsbegriff gewahrt, da § 257 StGB auch die Sicherung mittelbarer Vorteile aus Gründen des gesunden 205

Rengier, BT I, § 20 Rn. 8. LK-Walter, § 257 Rn. 38; SK-Hoyer, § 257 Rn. 14; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18. 207 LK-Walter, § 257 Rn. 38; SK-Hoyer, § 257 Rn. 14; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18. 208 LK-Walter, § 257 Rn. 33.

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B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Volksempfindens und aufgrund des Grundgedankens der Begünstigungsnorm erfasse.209 Das Reichsgericht erteilte dieser Auslegung jedoch eine Absage: Auf die Anwendung des § 2 RStGB a. F. komme es im vorliegenden Fall schon deshalb nicht an, da in jeder der beiden möglichen Sachverhaltskonstellationen ein Vorteil unmittelbarer Art vorliege. Sollte das in der Kassette gelagerte Bargeld aus den Preiswuchergeschäften stammen, wäre dies unproblematisch ein unmittelbarer Vorteil, da insofern keine Umwandlung stattgefunden habe, welche die Unmittelbarkeit hätte unterbrechen können. Aber auch wenn das Bargeld zwischenzeitlich auf ein Konto des Vortäters eingezahlt und anschließend wieder abgehoben worden wäre, handle es sich bei dem in der Kassette aufbewahrten Bargeld um einen unmittelbaren Tatvorteil, da in dem abgehobenen Geld der strafbar erlangte Übererlös aus der Vortat stecke. Schließlich sei das aus dem Preiswucher erlangte Bargeld, durch eine etwaige Einzahlung auf das Konto, dem Vermögen des Vortäters zugeflossen und auch trotz späterer Abhebung Bestandteil dieses Vermögens geblieben. Dies sei für die Annahme eines unmittelbaren Vorteils ausreichend.210 Im Ergebnis wird daher schon in dieser frühen Entscheidung eine finanztechnische Umwandlung von Bargeld in Kontoguthaben und eine anschließende Rückumwandlung in Bargeld als mit dem Unmittelbarkeitskriterium vereinbar angesehen, sofern gewährleistet ist, dass in dem abgehobenen Bargeld der aus der Vortat erlangte Übererlös steckt. (bb) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. 06. 1971 Ausgehend von der Entscheidung des Reichsgerichts muss auf der Suche nach einer verallgemeinerungsfähigen Aussage, zur Beurteilung der Unmittelbarkeit bei finanztechnischen Umwandlungen, der Blick auf weitere Fälle gerichtet werden, in denen ebenfalls ein Umwandlungsprozess von Bargeld in Bankguthaben oder Wertpapiere stattgefunden hat. Im BGHSt 24, 166 zugrundeliegenden Sachverhalt wurden aufgrund zahlreicher Untreuetaten Gelder durch den Vortäter erlangt, auf ein Bankkonto eingezahlt, anschließend wieder abgehoben und sodann schenkweise an den vermeintlichen Begünstigungstäter übergeben. Dieser zahlte sie dann wiederum auf sein eigenes Bankkonto ein. Erst im Anschluss hieran erlangte der vermeintliche Begünstigungstäter Kenntnis von der Herkunft der Gelder, hob daraufhin einen Teil wieder ab und versprach dem durch die Untreue Geschädigten die Rückzahlung dieses Geldes. Hierzu kam es allerdings nicht, vielmehr übergab der vermeintliche Begünstigungstäter dem Vortäter die Gelder.211 Sucht man nach einer tauglichen Begünstigungshandlung, so kommt mangels Begünstigungsvorsatzes zum Zeitpunkt der erstmaligen Erlangung der Gelder durch den Begünstigungstäter, als taugliche Begünstigungshandlung erst das Versprechen an den Geschädigten, die Gelder zu209

RGSt 76, 31 (31 f.). Zur gesamten Argumentation vgl. RGSt 76, 31 (32 f.). 211 Zum gesamten Sachverhalt vgl. BGHSt 24, 166 (167). 210

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

rückzuzahlen, in Betracht.212 Hierfür müsste es sich aber bei den Geldern zu diesem Zeitpunkt noch um einen unmittelbaren Tatvorteil handeln. Der BGH geht in der Entscheidung auf die Frage der Unmittelbarkeit des Vorteils, im Moment der Zusicherung der Rückgabe des Geldes, nicht ein, da die Strafbarkeit der Begünstigung hier nämlich im Ergebnis schon an einem anderen Punkt scheitere: Es liege in zeitlicher Hinsicht kein sicherungsfähiger Vorteil mehr vor, denn der relevante Vorteil war zum Zeitpunkt dieser möglichen Begünstigungshandlung nicht mehr im Verfügungsbereich des Vortäters, sondern bereits in den des Begünstigungstäters gelangt, es fehlt somit am „Noch-Vorhandensein“213 des Vorteils214. Betrachtet man unabhängig von diesem Ergebnis die Frage der Unmittelbarkeit des Vorteils trotz finanztechnischer Umwandlung, so wird in der Literatur für diesen Fall vertreten, dass die Einzahlung des Geldes auf das Konto durch den Vortäter und das spätere Wiederabheben des Geldes die Unmittelbarkeit nicht beeinträchtige.215 Somit wäre nach dieser Literaturansicht trotz finanztechnischer Umwandlungen, in Form der Einzahlung von Bargeld auf ein Konto und späterer Wiederabhebung, die Unmittelbarkeit des Vorteils gegeben. Für die zu untersuchende Regelhaftigkeit hinsichtlich der Erheblichkeit finanztechnischer Umwandlungen im Hinblick auf die Unmittelbarkeit lässt sich also festhalten, dass auch hier – zumindest nach Ansicht der Literatur216 – eine finanztechnische Umwandlung durch Einzahlung von Bargeld auf ein Konto und späterer Abhebung die Unmittelbarkeit des erlangten Tatvorteils unberührt lässt. (cc) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. 08. 1986 Häufig wird im Zusammenhang mit der finanztechnischen Umwandlung von Bargeld in Kontoguthaben und Wertpapiere auch die Entscheidung des BGH vom 27. 08. 1986 – 3 StR 256/86217 angeführt. Im zugrundeliegenden Fall hatte der Vortäter Bargeld als Tatbeute erlangt, das er im Anschluss dem vermeintlichen Begünstigungstäter zur Verwahrung übergab. Dieser zahlte das Geld zunächst auf sein eigenes Postscheckkonto ein, überwies es später auf sein Konto bei der Sparkasse, um im Anschluss das Guthaben auf einen Bausparvertrag zu überweisen. Es erfolgte eine Zurücküberweisung des Geldes auf das Konto und eine Anlage in Wertpapieren. Auf Wunsch des Vortäters wurde ein Teil des Geldes später wieder abgehoben und

212 Dies stellt der BGH in der Entscheidung nicht klar, anders dagegen Anmerkung Maurach, in: JR 1972, 70 (70). 213 BGHSt 24, 166 (168). 214 Vgl. 1. Teil, B. I. 1. b). 215 Diese Auslegung in Betracht ziehend Maurach, in: JR 1972, 70 (70 f.). 216 Maurach, in: JR 1972, 70 (70). 217 Abgedruckt in BGH NStZ 1987, 22.

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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dem Bruder des Vortäters übergeben, ein weiterer Teil gelangte über verschiedene Konten auf das Konto des in Haft sitzenden Vortäters.218 Bei genauerer Betrachtung ergibt sich, dass anders als in allen bisher untersuchten Fällen hier der Tatvorteil nicht aus der Vortat erlangt und anschließend durch den Vortäter umgewandelt wurde, sondern die Umwandlung erst im Rahmen der Begünstigungshandlung durch den Begünstigungstäter stattfand. Zu untersuchen war durch den BGH daher nicht – wie in den bisher behandelten Fällen – ob ein Vorteil nach mehreren nacheinander erfolgenden Umwandlungen noch als unmittelbarer Vorteil bestand, in dem Zeitpunkt des Gelangens zum Begünstigungstäter und der Vornahme der Begünstigungshandlung. Vielmehr ging es hier darum zu beurteilen, ob in jedem Moment, in dem der Begünstigungstäter eine Umwandlung und damit eine Begünstigungshandlung vornahm, noch ein unmittelbarer Vorteil vorlag oder ob die Unmittelbarkeit bereits durch eine seiner vorhergehenden Umwandlungen verloren gegangen ist. Für den dargestellten Fall nahm der BGH einen unmittelbaren Vorteil an für: (1) Das aus der Raubtat erlangte Bargeld und (2) das auf das Postscheckkonto eingezahlte und somit in Kontoguthaben umgewandelte Bargeld.219 Bezüglich des im Anschluss auf das Sparkassenkonto überwiesene Guthaben ließ er offen, ob es sich um einen noch unmittelbaren Vorteil handelt – spätestens mit der Überweisung auf den Bausparvertrag verliere der Vorteil nämlich seine Unmittelbarkeit, da er durch diese Überweisung eine andere Gestalt annehme: Ein solches BausparvertragGuthaben sei nach der Verkehrsanschauung nicht mehr als bargeldgleich anzusehen, aufgrund der zahlreichen Einschränkungen, denen Bauspargelder im Hinblick auf ihre Anlage unterliegen.220 Durch die Einzahlung auf das Bausparkonto sei damit nur ein aus der Verwertung des Tatvorteils sich ergebender wirtschaftlicher Wert gesichert worden, nicht aber der ursprüngliche Tatvorteil selbst.221 Bedeutung erlangt diese Entscheidung somit im Hinblick auf die Beurteilung der Grenze der zulässigen Umwandlungen für Bargeld in Kontoguthaben und Wertpapiere. Sobald es nicht mehr um eine Sicherung des ursprünglich erlangten Guthabens geht, sondern nur um dessen wirtschaftlichen Wert, wird die Unmittelbarkeit vom BGH verneint. Ein solcher lediglich wirtschaftlicher Wert wird in solchen Fällen gesichert, in denen der Vorteil derart umgewandelt wurde, dass er seine ursprüngliche Gestalt verloren hat. Dies wiederum ist der Fall, wenn der zunächst in Form von Bargeld erlangte Vorteil nach der Umwandlung nicht mehr „bargeldgleich“ ist.222 Eine solche Beurteilung verlangt dann nach einer Einzelfallbetrachtung für den jeweiligen zu untersuchenden Fall. 218 Zum gesamten Sachverhalt vgl. BGH NStZ 1987, 22; Besprechung Sonnen, in: JA 1987, 51 (52). 219 BGH NStZ 1987, 22. 220 BGH NStZ 1987, 22. 221 BGH NStZ 1987, 22. 222 Zur gesamten Argumentation vgl. BGH NStZ 1987, 22.

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

(dd) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. 10. 1989 Zuletzt muss der Blick noch auf BGHSt 36, 277 gerichtet werden, ein Fall, in dem das durch die Vortat erlangte Vermögen zahlreiche finanztechnische Umwandlungen erfuhr: Nachdem der Vortäter durch Betrugstaten Schecks erlangt hatte, wandelte er diese in Kontoguthaben um und erwarb hiermit wiederum Wertpapiere. Diese verkaufte er anschließend und erhielt hierfür eine Gutschrift auf seinem Konto, welche im Anschluss vom Begünstigungstäter mit der Intention abgehoben wurde, diese für den Vortäter zu sichern. Der BGH sah in diesem Fall das Unmittelbarkeitskriterium für das abgehobene Bargeld, trotz der verschiedenen Umwandlungsschritte, die es erlebt hatte, als gewahrt an. Die Unerheblichkeit solcher Zwischenschritte begründete er damit, dass es für das Vorliegen eines unmittelbaren Vorteils allein darauf ankomme, dass der Vorteil wirtschaftlich noch im Tätervermögen vorhanden sei und somit der Vortatgeschädigte hierauf Zugriff nehmen könne. Unerheblich sei dagegen, in welcher Gestalt der Vorteil vorliege. Eine solche Auslegung erfordere der Schutzzweck des § 257 StGB, wonach durch die Strafnorm der Begünstigung das Restitutionsinteresse des Vortatgeschädigten geschützt werden soll. Dieses werde aber auch dann noch geschützt, wenn ursprünglich aus der Vortat vom Geschädigten erlangtes Bargeld nur finanztechnisch in eine andere Form umgewandelt wurde.223 Dieser Fall weist gegenüber den zuvor behandelten Fällen zwei Besonderheiten auf: Zum einen war hier durch die Vortat nicht Bargeld, sondern Geld in Form von Schecks erlangt und anschließend umgewandelt worden. Zum anderen war die Vortat ein Betrug, was zur Folge hatte, dass sich die Entscheidungsgründe primär auf die Rechtsnatur der Vortat stützten. Dass durch die Vortat in BGHSt 36, 277 kein Bargeld, sondern Geld in Form eines Verrechnungsschecks erlangt wurde, ist für die rechtliche Beurteilung unerheblich und stellt keine solche Besonderheit dar, die eine Einordnung dieser Entscheidung in eine andere Kategorie finanztechnischer Umwandlungen erfordern würde. Zwar kommt dem Verrechnungscheck im alltäglichen Leben nicht die gleiche Funktion wie Bargeld zu, jedoch wird in beiden Fällen ein materieller Gegenstand in Buchgeld umgewandelt, sodass letztlich der gleiche Umwandlungsvorgang vorliegt und die Beurteilung einer finanztechnischen Umwandlung in beiden Fällen nicht anders ausfallen kann. Anders verhält es sich jedoch für die Besonderheit des Falls, dass Vortat der Begünstigung ein Betrug ist. Der BGH zieht in seiner Begründung primär die Vortat und deren Rechtsnatur heran: Die Vortat Betrug sei dadurch gekennzeichnet, dass der durch die Begehung des § 263 StGB erlangte Vermögensvorteil aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung zu ermitteln sei. Diese wirtschaftliche Betrachtung sei dann wiederum aber auch für die sich anschließende Beurteilung des Vorliegens

223 Vergleiche zur Sachverhaltsdarstellung und Begründung BGHSt 36, 277 mit Anmerkung Keller, in: JR 1990, 480 f.

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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eines unmittelbaren Vorteils zugrunde zu legen.224 Da die Entscheidung für die Begründung maßgeblich auf den Betrug abstellt, bleibt letztlich offen, ob bei jeder beliebigen Vortat eine Umwandlung finanztechnischer Art als unerheblich für die Unmittelbarkeit des Vorteils angesehen werden kann. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass diese Entscheidung zwar in Übereinstimmung mit den bisher untersuchten Entscheidungen des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs steht, jedoch BGHSt 36, 277 keine verallgemeinerungsfähige Aussage für alle Fälle finanztechnischer Umwandlungen von Bargeld in Kontoguthaben oder Wertpapiere liefert. Nichtsdestotrotz kommt dieser Entscheidung mittelbar eine besondere Bedeutung zu: In vielen nachfolgenden Entscheidungen des BGH und anderer Gerichte wird auf die in BGHSt 36, 277 entwickelte Rechtsprechungslinie zur Unerheblichkeit finanztechnischer Umwandlungen von Bargeld in Kontoguthaben oder Wertpapiere abgestellt und die dort entwickelte Begründung auf andere Fälle übertragen. Da es sich hierbei aber häufig um Fälle handelt, in denen die Vortat eben gerade kein Betrug war, wird die zunächst nicht verallgemeinerungsfähige Aussage aus BGHSt 36, 277 mittelbar zu einer solchen, die für alle Fälle finanztechnischer Umwandlungen von Bargeld in Kontoguthaben oder Wertpapiere – unabhängig von der Vortat – Geltung beanspruchen kann. Beispielhaft sollen zwei dieser Entscheidungen kurz beleuchtet werden. Der Entscheidung des BGH vom 26. 10. 1998 – 5 StR 746/97225 lag ein Fall zugrunde, in dem zu untersuchen war, wie die Umwandlung eines mittels Steuerhinterziehung erlangten Vorteils zu beurteilen ist. Dabei hatte sich ein Tatvorteil aus einer Steuerhinterziehung dergestalt ergeben, dass zunächst gegenüber dem Finanzamt Einnahmen verheimlicht wurden, was zu einer niedrigeren Gesamtsteuerfestsetzung führte. In dem verheimlichten Betrag waren auch die „ersparten“ Steuern enthalten, worin wiederum der erlangte Tatvorteil aus der Steuerhinterziehung bestand.226 Wird nun der verheimlichte Betrag – der eben gerade auch den Tatvorteil beinhaltet – durch verschiedene Überweisungen über Rechtsanwaltsanderkonten und Domizilgesellschaften umgewandelt, so ist auch hier wieder problematisch, ob nach Vornahme der Umwandlungen noch ein unmittelbarer Tatvorteil anzunehmen ist. Zu dieser Frage nahm der BGH Stellung, indem er erklärte, dass die Unmittelbarkeit des Tatvorteils durch solche Umwandlungen nicht berührt sei, da es ausreiche, dass zum Zeitpunkt der Vornahme der Begünstigungshandlung, unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die Steuerersparnisse noch im Vermögen des Vortäters vorhanden seien.227 Dies sei aber gerade der Fall bei einer Überweisung der Gelder auf Rechtsanwaltsanderkonten und Domizilgesellschaften, 224

BGHSt 36, 277 (281 f.); LK-Walter12, § 257 Rn. 33. Vgl. BGH NStZ-RR 1999, 184 ff. 226 BGH NStZ 1999, 184 (185). 227 BGH NStZ 1999, 184 (185). 225

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

wie es vorliegend geschehen war.228 Darüber hinaus sei auch der Schutzzweck des § 257 StGB betroffen, da die Vorschrift der Restitutionsvereitelung durch den Begünstigungstäter entgegenwirken wolle – hier also konkret der Restitution in Form der Verwirklichung des Steueranspruchs – und diese vorliegend durch die Hilfeleistungshandlung erschwert oder unmöglich gemacht werde.229 Somit wird hier im Ergebnis mit der gleichen Begründung wie schon in BGHSt 36, 277 die Unerheblichkeit finanztechnischer Umwandlungen begründet. Auch in BGHSt 46, 107 stammte der erlangte Tatvorteil, in Form einer Steuerersparnis, aus einer Steuerhinterziehung und wurde vom Angeklagten durch Überweisung der Gelder auf ausländische Konten gesichert (Hilfeleistungshandlung). Der BGH führte hier aus, die Unmittelbarkeit des Vorteils in Form der Steuerersparnis sei vorliegend nicht berührt, da es insofern ausreiche, dass die Steuerersparnis überhaupt noch im Vermögen des Vortäters vorhanden sei, auf eine bestehende Sachidentität käme es dagegen nicht an (insofern auch mit Verweis auf BGHSt 36, 277).230 Daraus ist also zu schließen, dass eine ggf. vorher stattgefundene Umwandlung der Gelder durch Transfer zwischen verschiedenen Konten der Vortäter oder aber auch durch Abhebung und Wiedereinzahlung der Gelder als unerheblich für die Unmittelbarkeit bewertet wird. Mittels Verweises auf BGHSt 36, 277 wird auch hier die Unerheblichkeit finanztechnischer Umwandlungen begründet. Das Ausgeführte lässt somit die Schlussfolgerung zu, dass BGHSt 36, 277 auch für die Fälle, in denen die Vortat kein Betrug ist, Bedeutung zukommt.231 (ee) Meinungsstand in der Literatur In der Literatur werden die besprochenen Entscheidungen durchweg aufgegriffen und bestätigt, mit dem Ergebnis, dass nach allgemeiner Auffassung Bargeld, das durch die Vortat erlangt und auf Konten überwiesen oder in Wertpapiere angelegt wurde, nur eine unerhebliche finanztechnische Umwandlung erfahren hat und somit weiterhin einen unmittelbaren Tatvorteil darstellt.232 Die Literatur begründet dies – insoweit über die Ausführungen der Rechtsprechung hinausgehend – mit dem

228

BGH NStZ 1999, 184 (185). BGH NStZ 1999, 184 (185). 230 BGHSt 46, 107 (117). 231 Durch die Bezugnahme auf BGHSt 36, 277 wird deutlich, dass dem BGH in der Nachfolgeentscheidung BGHSt 46, 107 die Vorgängerentscheidung und deren Beschränkung auf den Betrug als Vortat bewusst war. Die Ausführungen in BGHSt 36, 277 ebenfalls bestätigend: BGH NStZ 2013, 583 (584 f.) und OLG Frankfurt a. M., NJW 2005, 1727 (1734) jedoch jeweils bezogen auf einen Betrug als Vortat. 232 Bosch, in: Jura 2012, 270 (276); Eisele, BT II, Rn. 1090; Fischer, § 257 Rn. 6; H/HRuhmannseder, § 257 Rn. 14 f.; Kindhäuser/Hilgendorf, § 257 Rn. 8; Küper/Zopfs, Rn. 346; LK-Walter, § 257 Rn. 33 f.; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 11; M/R-Dietmeier, § 257 Rn. 12; NKAltenhain, § 257 Rn. 18; Rengier, BT I, § 20 Rn. 9; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18; S/S/W-Jahn, § 257 Rn. 20. 229

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Wertsummengedanken233: Sofern ein Vorteil in Form von Bargeld erlangt worden sei, käme es für das Vorliegen eines unmittelbaren Vorteils nicht auf den konkreten Geldschein an, sondern auf den im erlangten Geld verkörperten Wert. Das Einzahlen auf ein Konto oder der Erwerb von Wertpapieren ändere aber an dem Wert des ursprünglich erlangten Bargelds nichts.234 Somit sei für das Vorliegen eines unmittelbaren Vorteils zum Zeitpunkt der Hilfeleistungshandlung nicht erforderlich, dass hinsichtlich des ursprünglich erlangten Geldes Sachidentität bestehe.235 Es komme – insoweit die Rechtsprechung bestätigend – alleine darauf an, dass am Ende des Umwandlungsprozesses der Vorteil unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise noch im Tätervermögen vorhanden sei.236 Die Grenze der Unerheblichkeit solcher finanztechnischen Umwandlungen wird in Übereinstimmung mit dem BGH überwiegend dort gezogen, wo die Umwandlung eine Anlage des Geldes darstellt237 und das Geld nicht mehr bargeldähnlich vorhanden ist.238 Als Beispiel für eine solche Grenzüberschreitung wird der Fall der Einzahlung des Bargelds auf Bausparguthaben angeführt,239 allerdings ist dies nicht unbestritten. So gibt es auch Stimmen, die einen eingezahlten Geldbetrag noch als unmittelbaren Vorteil anerkennen wollen.240 Entscheidend komme es für die Frage der Unmittelbarkeit eines Vorteils darauf an, ob dieser noch kausal aus der Vortat hervorgegangen sei241, dies wiederum sei zu ermitteln, indem man sich bei einem von Bargeld in Kontoguthaben umgewandelten Vorteil frage, ob die aus dem Kontoguthaben getätigte Zahlung hätte geleistet werden können, ohne dass zuvor ein entsprechendes Guthaben – aus der Vortat erlangtes Bargeld – eingezahlt wurde. Wird die Kausalität zwischen der Zahlung und dem Guthabenzufluss aus der Vortat bejaht, so sei Unmittelbarkeit anzunehmen. Diese Überlegungen gelten aber nach dieser Ansicht analog für Kontoguthaben wie für eingezahltes Bausparguthaben, sodass die Unmittelbarkeit bei einer Einzahlung von Geld auf ein Bausparkonto nicht pauschal zu verneinen sei.242

233 Bosch, in: Jura 2012, 270 (276); Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 142 (146); Eisele, BT II, Rn. 1090; Rengier, BT I, § 20 Rn. 9. 234 Dies ist die ganz überwiegende Meinung, vgl. die Nachweise in Fn. 143, dagegen für die Umwandlung von Bargeld in Wertpapiere an der Unmittelbarkeit zweifelnd: A/W/H/HHeinrich, § 27 Rn. 3. 235 Bosch, in: Jura 2012, 270 (276); Eisele, BT II, Rn. 1090; Rengier, BT I, § 20 Rn. 9. 236 So etwa NK-Altenhain, § 257 Rn. 18. 237 Insbesondere Fischer, § 257 Rn. 6, der Bezug nimmt auf BGH NStZ 1987, 22. 238 Bosch, in: Jura 2012, 270 (276); Rengier, BT I, § 20 Rn. 9; H/H-Ruhmannseder, § 257 Rn. 14. 239 Anstatt vieler Fischer, § 257 Rn. 6; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 13. 240 LK-Walter, § 257 Rn. 35. 241 LK-Walter, § 257 Rn. 34 f., 32. 242 Zu den gesamten Überlegungen LK-Walter, § 257 Rn. 34 f., 32.

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

(ff) Zwischenergebnis Die untersuchten Entscheidungen ergeben für die Behandlung finanztechnischer Umwandlungen von Bargeld in Kontoguthaben oder Wertpapiere und deren Einfluss auf die Unmittelbarkeit des Vorteils ein einheitliches Bild: Als wegweisend ist wohl BGHSt 36, 277 anzusehen, da hier anders als in allen anderen besprochenen Entscheidungen eine klare verallgemeinerungsfähige243 Rechtsprechungslinie zur Frage der Beurteilung der Unmittelbarkeit in der untersuchten Fallgruppe begründet wurde. Konkret ergibt sich die Verallgemeinerungsfähigkeit nicht aus der Entscheidung an sich, da diese einen Betrug als Vortat zum Gegenstand hatte und sich daher die Begründung auch primär auf den Charakter der Vortat stützt. Vielmehr resultiert die grundlegende Bedeutung der in BGHSt 36, 277 begründeten Rechtsprechungslinie aus der Heranziehung von BGHSt 36, 277 durch den Bundesgerichtshof in nachfolgenden Entscheidungen.244 Zudem steht die in BGHSt 36, 277 entwickelte Rechtsprechungslinie auch in Einklang mit den zuvor untersuchten Entscheidungen RGSt 76, 31 sowie BGHSt 24, 166, in denen eine finanztechnische Umwandlung von Bargeld in Kontoguthaben als mit dem Unmittelbarkeitskriterium vereinbar angesehen wurde. Somit ist nach den untersuchten Entscheidungen und der in der Literatur vertretenen Ansicht sowohl eine Umwandlung von Bargeld in Kontoguthaben als auch in Wertpapiere mit dem Unmittelbarkeitskriterium vereinbar, die Grenze einer zulässigen Umwandlung ist jedoch – nach überwiegender Ansicht – dann erreicht, wenn die Gestalt des ursprünglich erlangten Bargelds derart verändert wird, dass der neue Vorteil nicht mehr als bargeldgleich angesehen werden kann und mithin nur der wirtschaftliche Wert der ursprünglich erlangten Bargelds gesichert wird. (b) Umwandlung von Bargeld in solches einer anderen Währung oder in eine andere Stückelung Sofern aus der Vortat Bargeld erlangt wurde, ist neben einer Umwandlung in Kontoguthaben und Wertpapiere auch ein schlichter Austausch in andere Geldscheine oder Geld einer anderen Währung durch den Vortäter denkbar. Diese Konstellation ist ebenfalls im Hinblick darauf zu untersuchen, ob nach erfolgter Umwandlung noch ein unmittelbarer Vorteil vorliegt. (aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 20. 03. 1924 Zu entscheiden hatte das Reichsgericht in RGSt 58, 117 einen Fall, in dem durch eine Untreue „rumänisches Okkupationslei“245 – also Bargeld in Gestalt rumänischer Währung – erlangt und durch den Vortäter in deutsche Banknoten umgewechselt wurde. Eine anschließende Verwahrung des Geldes durch eine andere Person wertete 243

Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (3) (a) (dd). Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (3) (a) (dd). 245 RGSt 58, 117 (118). 244

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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das Reichsgericht nicht als Begünstigung, da aufgrund der Umwandlung des rumänischen Bargeldes in eine andere Währung kein unmittelbarer Vorteil mehr vorläge. Die Notwendigkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums sei dem Wortlaut des § 257 StGB zu entnehmen. Kein unmittelbarer Tatvorteil sei etwa das Entgelt aus dem Verkauf einer aus der Vortat erlangten Sache, das Gleiche müsse aber auch für umgetauschtes Bargeld gelten, da eine „Stellvertretung der Sachen“246 allgemein nicht zulässig sei. Sofern also keine Sachidentität zwischen dem ursprünglich erlangten und dem weitergegebenen Bargeld bestehe, sei die Sicherung eines unmittelbaren Tatvorteils und somit eine Begünstigung nicht möglich.247 (bb) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. 04. 1998 Die in der dargestellten Reichsgerichtsentscheidung entwickelte Rechtsprechungslinie zur Unmittelbarkeit eines Vortatvorteils, nach erfolgtem Austausch von Bargeld in solches einer anderen Währung, wird durch den Bundesgerichtshof in BGH Urteil v. 29. 04. 1998 – 2 StR 65/98248 inzident bestätigt. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Durch einen Betrug war es dem Vortäter gelungen, 15 Millionen DM in Bargeld in seinen Besitz zu bringen, welches – nach den Feststellungen der Vorinstanz – vom Vortäter in eine andere Bargeldstückelung umgetauscht und sodann zur weiteren Sicherung an den vermeintlichen Begünstigungstäter übergeben wurde. Aufgrund des erfolgten Umtausches des Bargelds lehnte die Vorinstanz eine Begünstigung ab, schließlich lasse der Umtausch die Unmittelbarkeit des Vorteils entfallen. In der Revisionsentscheidung hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf und kritisierte die unzureichende Beweiswürdigung, insbesondere der von der Vorinstanz angenommene Umtausch von „Geld gegen Geld“249 wurde als unwahrscheinlich bewertet. Ob ein solcher Umtausch von aus der Vortat erlangtem Bargeld in Bargeld einer anderen Stückelung tatsächlich stattgefunden hat, sei für den hier zu entscheidenden Fall aber entscheidungserheblich. Wenn eine Umwandlung zweifelsfrei festgestellt werde – was hier jedoch durch das Tatgericht bislang nicht geschehen sei – liege kein unmittelbarer sicherungsfähiger Tatvorteil mehr vor. Sofern jedoch keine Umwandlung des aus der Vortat erlangten Bargelds stattgefunden habe, wäre eine Begünstigung durch die Entgegennahme des Geldes verwirklicht. Für den hier zu entscheidenden Fall stellte der BGH fest, dass kein Grund dafür ersichtlich sei, warum ein Vortäter bereits aus der Vortat erlangtes Bargeld umtauschen sollte, um erst im Anschluss an den Umtausch das wiederum erlangte Bargeld als Tatbeute unter den Beteiligten zu verteilen. Ein solches Handeln des Vortäters läge vielmehr fern, viel wahrscheinli-

246

RGSt 58, 117 (118). Zum gesamten Sachverhalt und der Begründung vgl. RGSt 58, 117 f. 248 Veröffentlicht in BGH NStZ-RR 1998, 275 (275 f.). 249 BGH NStZ-RR 1998, 275 (275). 247

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

cher sei es, dass keine solche Umwandlung stattgefunden habe und somit der Vorteil noch ein unmittelbarer sei.250 Der Bundesgerichtshof hat somit für den vorliegenden Fall keine abschließende Entscheidung über die Beurteilung des zugrundeliegenden Sachverhalts getroffen, vielmehr hat er den Fall zur erneuten Beurteilung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Aus der Entscheidung lässt sich aber für die hier untersuchte Frage der Unmittelbarkeit ableiten, dass nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die Unmittelbarkeit eines Vorteils nicht mehr gegeben ist, wenn aus der Vortat erlangtes Bargeld in eine andere Stückelung umgewandelt wurde. (cc) Meinungsstand in der Literatur Konträr zu dieser Rechtsprechungslinie beurteilt die Literatur die Unmittelbarkeit in den Fällen einer Umwandlung von Bargeld in eine andere Währung oder eine andere Stückelung. Für Geld, das umgewechselt wird, vertritt die Literatur durchweg, dass der Vorgang des Umwechselns die Unmittelbarkeit des Vorteils unberührt lasse.251 Dies liege daran, dass es bei Bargeld entscheidend auf dessen Funktion als Wertsummenträger252 ankomme und damit keine Sachidentität zwischen dem ursprünglich erlangten und dem weitergegebenen Bargeld erforderlich sei.253 In anderen Worten also: Gesichert werde die aus der Vortat erlangte Bereicherung, welche sich durch das Umwechseln des erlangten Bargelds nicht ändere.254 Konkret bedeute dies, dass sich der durch die Vortat Geschädigte hinsichtlich seiner Ausgleichsansprüche gegenüber dem Vortäter genauso aus dem umgewechselten Geld, wie auch aus dem ursprünglich aus der Vortat erlangten Geld bedienen kann, sodass auch die Sicherung des eingewechselten Geldes den Restitutionsanspruch des Vortatopfers vereitelt.255 Darüber hinaus stehe der Wortlaut nicht entgegen: Anders als bei § 259 StGB, wo der Wortlaut eine Sache fordert, und damit einer Auslegung entgegensteht, die auf den Sachwert abstellt, verlangt § 257 StGB lediglich das Vorliegen eines Vorteils und schließt damit die Einbeziehung des Wertes nicht aus.256 Somit wird von der Literatur mit derselben Begründung, wie schon bei der Umwandlung von Bargeld in Kontoguthaben oder Wertpapiere – nämlich dem

250

Zum gesamten Sachverhalt und der Begründung vgl. BGH NStZ-RR 1998, 275 f. Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 142 (146); Fischer, § 257 Rn. 6; Kollenberg, S. 205 f.; Kindhäuser/Böse, BT II, § 47 Rn. 3; LK-Ruß11, § 257 Rn. 11; Mitsch, BT II, S. 760 f.; M/RDietmeier, § 257 Rn. 12; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 14; NK-Altenhain, § 257 Rn. 18; Rengier, BT I, § 20 Rn. 9; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18; S/S/W-Jahn, § 257 Rn. 20. 252 Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 142 (146); Kollenberg, S. 206; M/R-Dietmeier, § 257 Rn. 12; Rengier, BT I, § 20 Rn. 9. Insofern mit instruktivem Beispiel Mitsch, BT II, S. 760 f. 253 NK-Altenhain, § 257 Rn. 18; Rengier, BT I, § 20 Rn. 9. 254 Mitsch, BT II, S. 760 f. 255 SK-Hoyer, § 257 Rn. 14. 256 Kollenberg, S. 203 ff. 251

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Abstellen auf eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise – die Unmittelbarkeit des Vorteils nach erfolgter Umwandlung bejaht.257 (dd) Zwischenergebnis Die Unmittelbarkeit eines Tatvorteils, bei einer Umwandlung von Bargeld in eine andere Währung oder Stückelung, wird somit im Ergebnis von Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beurteilt: Während die Literatur sie unter Berufung auf den Wertsummengedanken als mit dem Unmittelbarkeitskriterium vereinbar wertet, lehnt die Rechtsprechung die Unmittelbarkeit des Tatvorteils nach erfolgter BargeldUmwandlung ab. (c) Umwandlung von Konto- bzw. Sparbuchguthaben in Bargeld In den bisher untersuchten Konstellationen wurde jeweils erlangtes Bargeld in eine andere Form umgewandelt, denkbar ist aber auch, dass durch die Vortat Buchguthaben – etwa als Konto- oder Sparbuchguthaben – erlangt wurde, welches sodann durch Abhebung in Bargeld umgewandelt wird. Hier stellt sich dann ebenfalls die Frage ob nach Abhebung des Geldes noch ein unmittelbarer Tatvorteil vorliegt. (aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 30. 10. 1906 Die Umwandlung von Konto- bzw. Sparbuchguthaben in Bargeld wird von der Rechtsprechung lediglich in RGSt 39, 236 thematisiert. Nach dem vom Reichsgericht geschilderten Sachverhalt hatte der Vortäter ein Sparkassenbuch gestohlen und dieses anschließend dem Begünstigungstäter übergeben, der sich damit zur Sparkasse begab und – in der Absicht, dem Vortäter die Vortatvorteile zu sichern – dort einen Großteil der Ersparnisse abhob. Die Abhebung des Geldes wertete das Reichsgericht vorliegend als taugliche Begünstigungshandlung, die den aus der Vortat erlangten unmittelbaren Vorteil sichere. Durch die Vortat erlangter Vorteil sei nämlich nicht das Buch selbst, sondern die Gebrauchsmöglichkeit des Sparbuchs, die sich durch Abhebung der Einlage realisieren lasse.258 Indem aber der Begünstigungstäter die Einlage von dem Sparbuch abhebe, sichere er gerade diese Gebrauchsmöglichkeit und damit den unmittelbaren Vorteil.259 Vorliegend war also vom Reichsgericht zu beurteilen, worin der unmittelbare Vorteil besteht, wenn durch die Vortat ein Sparbuch erlangt wurde. In der Entscheidung ging es somit weniger um eine Umwandlung des Sparbuchguthabens in Bargeld und eine Beurteilung der Unmittelbarkeit des Vorteils nach dieser Umwandlung, als um eine Bestimmung des unmittelbaren Vorteils, der aus der Vortat erlangt wurde. Somit ist diese Entscheidung und die hieraus gewonnene Erkenntnis 257

Diese beiden Fallgruppen insofern gleichsetzend etwa M/R-Dietmeier, § 257 Rn. 12; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18. 258 Insofern handelt es sich um die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil, vgl. hierzu 1. Teil, B. III. 2. b) aa). 259 Zur gesamten Begründung vgl. RGSt 39, 236 (237).

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

auch nur sehr eingeschränkt für die eigentlich untersuchte Fragestellung verwertbar, nämlich wie eine Umwandlung von Spar- bzw. Kontoguthaben in Bargeld sich auf die Unmittelbarkeit des aus der Vortat erlangten Vorteils auswirkt. Ungeklärt bleibt die Beurteilung der Unmittelbarkeit des Vorteils durch die Rechtsprechung in folgenden Fallkonstellationen: (1) Nachdem der Vortäter das Sparbuch durch die Vortat erlangt hat, hebt dieser das angesparte Geld ab und übergibt das erlangte Bargeld dem Begünstigungstäter zur weiteren Sicherung. (2) Der Vortäter hat – beispielsweise auf betrügerischer Art und Weise – die Verfügungsmöglichkeit über ein Konto erlangt, hiervon Geld abgehoben und übergibt dieses Bargeld dem Begünstigungstäter zur Sicherung. In beiden Fallkonstellationen wurde für die im Anschluss an die Erlangung des Bargelds vorgenommene Begünstigungshandlung noch nicht gerichtlich entschieden, ob zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch ein unmittelbarer Tatvorteil vorliegt. Die rechtliche Behandlung der Frage, ob sich die Umwandlung von aus der Vortat erlangtem Spar- bzw. Kontoguthaben in Bargeld auf die Unmittelbarkeit des Vorteils auswirkt, soll daher im Verlaufe dieser Arbeit erarbeitet werden. (bb) Meinungsstand in der Literatur Ausgehend von der ergebnislosen Untersuchung der Rechtsprechung im Bereich der Umwandlung von Konto- oder Sparguthaben in Bargeld ist der Blick auf die Literatur zu richten. Die Entscheidung RGSt 39, 236 wurde in der Literatur vielfach aufgegriffen und in diesem Zusammenhang festgestellt, dass ein unmittelbarer Vorteil noch vorliegt, wenn Geld von einem Sparbuch abgehoben wurde.260 Hierbei wird die Umwandlung von Sparguthaben in Bargeld durch eine Abhebung des Begünstigungstäters gleichgestellt, mit einer Umwandlung von durch die Vortat erlangtem Bargeld in Kontoguthaben durch den Vortäter.261 Es wird also für die Beurteilung der Unmittelbarkeit des Vorteils nicht danach differenziert, wer das Geld umgewandelt hat. Hierauf muss es jedoch entscheidend ankommen, denn einmal geht es lediglich um die Frage, worin genau der aus der Vortat erlangte Vorteil besteht und ob die Umwandlung selbst eine taugliche Begünstigungshandlung darstellt, im zweiten Fall wurde dagegen eine Umwandlung durch den Vortäter vorgenommen und zu fragen ist danach, ob im Anschluss daran noch ein unmittelbarer Vorteil anzunehmen ist, der durch den Vortäter gesichert werden kann. Somit wird auch durch die Literatur die zu Beginn dieses Abschnitts aufgeworfene Frage, wie sich eine durch den Vortäter vorgenommene Umwandlung, von aus der Vortat erlangtem Spar- bzw. Kontogut260 LK-Ruß11, § 257 Rn. 11; NK-Altenhain, § 257 Rn. 18; SK-Hoyer, § 257 Rn. 14; S/SHecker, § 257 Rn. 18; S/S/W-Jahn, § 257 Rn. 20. 261 NK-Altenhain, § 257 Rn. 18.

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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haben in Bargeld, auf die Unmittelbarkeit des Vorteils auswirkt, überwiegend nicht beantwortet. Die Literatur stellt lediglich fest – insoweit übereinstimmend mit der Rechtsprechung – dass der Vorteil bei einem erlangten Sparbuch darin besteht, Geld von diesem abheben zu können. Es gehe insofern um den in der Sache verkörperten Wert, konkret also um die Möglichkeit Guthaben vom Sparbuch abzuheben.262 Einzig Hoyer äußert sich explizit zu der hier untersuchten Frage, indem er feststellt, dass trotz Umwandlung einer Geldforderung in Bargeld, die Unmittelbarkeit bestehen bleibe.263 Dies ließe sich damit begründen, dass wie auch beim Einwechseln von Bargeld in eine andere Stückelung oder eine andere Währung, beim Umwandeln einer Forderung in Bargeld, die Bereicherung des Vortäters bestehen bleibe, sodass sich der Vortäter auch aus ihr befriedigen könne.264 (cc) Zwischenergebnis Sowohl Rechtsprechung als auch die ganz überwiegende Literatur haben bislang nicht entschieden, wie eine Umwandlung von Spar- oder Kontoguthaben in Bargeld hinsichtlich des Vorliegens eines unmittelbaren Vorteils zu beurteilen ist. Herausgearbeitet wurde lediglich, worin der Vorteil bei einem aus der Vortat erlangten Sparbuch liegt – nämlich gerade nicht in dem erlangten Buch selbst, sondern in der Gebrauchsmöglichkeit des Sparbuchs, die sich durch Abhebung der Einlage realisieren lässt.265 (d) Ergebnis Die Untersuchung des bisherigen Meinungsstands zur Relevanz finanztechnischer Umwandlungen für die Unmittelbarkeit eines Vorteils liefert folgende Ergebnisse: (1) Eine Umwandlung von durch die Vortat erlangtem Bargeld in Kontoguthaben oder Wertpapiere lässt die Unmittelbarkeit des Tatvorteils unberührt.266 (2) Eine Umwandlung von Bargeld in solches einer anderen Währung oder in eine andere Stückelung wird vom BGH als nicht mit dem Unmittelbarkeitskriterium vereinbar angesehen, wohingegen die Literatur in solch einem Fall die Unmittelbarkeit als gewahrt ansieht.267

262

S/S-Hecker, § 257 Rn. 18. SK-Hoyer, § 257 Rn. 14. 264 SK-Hoyer, § 257 Rn. 14. 265 RGSt 39, 236 (237). 266 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (3) (a). 267 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (3) (b). 263

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

(3) Die Unmittelbarkeit nach einer Umwandlung von Spar- oder Kontoguthaben in Bargeld wurde bislang nicht abschließend geklärt.268 (4) Umwandlung von durch die Vortat erlangtem Bargeld in einen Gegenstand Zuletzt ist noch der Fall denkbar, dass der Vortäter aus der Vortat Geld erlangt hat, das er sodann in einen Gegenstand umwandelt. Soll nun der umgewandelte Gegenstand durch einen Begünstigungstäter gesichert werden, ist hierfür wiederum Voraussetzung, dass es sich bei dem Gegenstand noch um einen unmittelbaren Tatvorteil handelt. (a) Meinungsstand in der Literatur Da die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher noch nicht über einen solchen Umwandlungsfall entschieden hat, kann lediglich der Meinungsstand in der Literatur untersucht werden. Die Unmittelbarkeit des Tatvorteils wird nach erfolgter Umwandlung von Geld in einen Gegenstand von sämtlichen Stimmen in der Literatur abgelehnt.269 Zur Begründung wird der Schutzzweck des § 257 StGB ins Feld geführt: Da der Begünstigungstatbestand davor schützen soll, dass durch die Begünstigungshandlung die Wiederherstellung des Ursprungszustands verhindert wird, müsse der zu sichernde Vorteil auch unmittelbar aus der Vortat stammen.270 Für einen Gegenstand, der mittels aus der Vortat stammendem Geld erworben wurde, sei dies nicht mehr der Fall, da insofern der Gegenstand rechtmäßig erlangt wurde und nun im Eigentum des Vortäters stehe. Eine Sicherung dieses Gegenstands würde mithin nicht die Wiederherstellung des vor Begehung der Vortat bestehenden Ursprungszustands verhindern.271 Nach allgemeiner Ansicht der Literatur ist daher die Sicherung des erworbenen Gegenstands nicht als Begünstigung strafbar. Grundsätzlich bleibt jedoch in solchen Konstellationen ein unmittelbarer Vorteil denkbar, wenn die Umwandlung des erlangten Geldes in den Gegenstand erneut eine Straftatbegehung darstellt und dieser somit unmittelbar aus der durch Veräußerung begangenen Straftat erlangt wurde.272 Denkbar ist etwa, die Begehung eines Betrugs zu Lasten des Verkäufers beim Kauf eines Gegenstands mit rechtswidrig erlangtem Geld.273 Allerdings scheidet hier eine Strafbarkeit wegen Betrugs regelmäßig aus, weil der Verkäufer an dem durch den Vortäter rechtswidrig erlangten Geld Eigentum

268

Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (3) (c). A/W/H/H-Heinrich, § 27 Rn. 3; Bockelmann, BT I, S. 173; Bosch, in: Jura 2012, 270 (275); M/R-Dietmeier, § 257 Rn. 12; Rengier, BT I, § 20 Rn. 8; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18. 270 Rengier, BT I, § 20 Rn. 8. 271 Rengier, BT I, § 20 Rn. 8. 272 S/S-Hecker, § 257 Rn. 18. 273 Geppert, in: Jura 1980, 269 (271). 269

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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gem. §§ 932, 935 Abs. 2 BGB gutgläubig erwerben kann und der Verkäufer insofern jedenfalls keinen für den Betrug notwendigen Vermögensschaden erleidet.274 (b) Zwischenergebnis Nach unbestrittener Ansicht kann ein Gegenstand, der mittels aus der Vortat erlangtem Geld erworben wurde, keinen unmittelbaren Tatvorteil mehr darstellen. (5) Ergebnis Für die rechtliche Behandlung von Ersatzvorteilen nach aktuellem Stand in Rechtsprechung und Lehre lassen sich folgende Ergebnisse festhalten: (1) Bei einer Umwandlung eines aus der Vortat erlangten Gegenstands in Geld, d. h. bei der Erlangung von Verkaufserlös, wird die Unmittelbarkeit des Vorteils abgelehnt.275 (2) Eine Umwandlung eines aus der Vortat erlangten Gegenstands in einen anderen Gegenstand unterbricht den Unmittelbarkeitszusammenhang.276 (3) Wurde aus der Vortat Bargeld erlangt und dieses sodann in eine andere Form von Geld umgewandelt, etwa in Bankguthaben, Wertpapiere oder eine andere Währung ist für die Beurteilung der Unmittelbarkeit zu differenzieren: (a) Eine Umwandlung von durch die Vortat erlangtem Bargeld in Kontoguthaben oder Wertpapiere berührt die Unmittelbarkeit des Tatvorteils nicht.277 (b) Eine Umwandlung von Bargeld in solches einer anderen Währung oder eine andere Stückelung wertet der BGH als nicht mit dem Unmittelbarkeitskriterium vereinbar, die Literatur sieht jedoch in einem solchen Fall die Unmittelbarkeit als gewahrt an.278 (c) Bislang nicht abschließend geklärt wurde die Unmittelbarkeit des Tatvorteils nach einer Umwandlung von Spar- oder Kontoguthaben in Bargeld.279 (4) Sofern durch die Vortat Bargeld erlangt und damit ein Gegenstand erworben wurde, wird für diesen Gegenstand die Unmittelbarkeit abgelehnt.280 Allgemein ist für alle Fallgruppen der Ersatzvorteile immer zu bedenken, dass im Fall der Ablehnung eines unmittelbaren Vorteils das Umwandlungsgeschäft selbst wieder eine rechtswidrige Vortat darstellen kann, aus der dann wiederum ein unmittelbarer Vorteil in Form des umgewandelten Objekts hervorgegangen ist. 274

Geppert, in: Jura 1980, 269 (271). Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (1). 276 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (2). 277 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (3) (a). 278 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (3) (b). 279 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (3) (c). 280 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (4). 275

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

b) Nutzungswert als Vorteil Neben den Ersatzvorteilen wird in Rechtsprechung und Literatur auch diskutiert, ob der Nutzungswert einer Sache einen sicherungsfähigen Vorteil darstellen kann. Dieser Begriff wird so allerdings nicht verwendet, vielmehr beschränkt man sich auf die Darstellung und Diskussion verschiedener Fallgruppen, in denen ein solcher Nutzungswert potentieller Tatvorteil ist. Es handelt sich bei dem Nutzungswert um einen dem Gegenstand immanenten Wert, der ausdrückt, dass der Gegenstand eine gewisse Verwendungsmöglichkeit beinhaltet bzw. ein gewisser Umgang mit ihm möglich ist. Denkbare Fälle, in denen ein solcher Nutzungswert potentiell gesichert wird, sind die Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung eines Gegenstands, sein Verbrauch sowie der Verkauf eines durch die Vortat erlangten Gegenstands. Im letzteren Fall liegt der Nutzungswert in der angemaßten Eigentümerstellung, die der Vortäter durch die Veräußerung beansprucht. Gemeinsam ist all diesen Fällen, dass im Rahmen des jeweiligen Prozesses der Gegenstand verwendet wird und dadurch auf die eine oder andere Weise verschwindet. Was bleibt, ist der Umgang mit der Sache, also die Nutzung. Sofern bei dem Prozess Hilfe geleistet wird, ist es gerade die Nutzungsmöglichkeit bzw. der Nutzungswert, die bzw. der dem Vortäter gesichert wird. Im Folgenden sollen nun die genannten Fälle im Hinblick darauf untersucht werden, ob von Rechtsprechung und Literatur ein Vorteil angenommen wird. aa) Angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil (1) Problemaufriss Während einerseits im Rahmen der Fallgruppe der Ersatzvorteile diskutiert wird, ob ein umgewandelter Gegenstand noch einen Vorteil darstellt, lässt sich andererseits darüber streiten, ob für den Fall, dass als Vorteil der Besitz an einer Sache erlangt wurde, nur die Erhaltung dieses Besitzes oder auch die Sicherung einer Verwertung des Besitzes eine taugliche Vorteilssicherung i. S. d. Begünstigungstatbestands darstellen kann. Diese Frage wird im Rahmen der Unmittelbarkeit unter dem Stichwort der Sicherung der angemaßten Eigentümerstellung281 diskutiert, zum Teil ist hier die Rede von einer „indirekten Vorteilssicherung“282. Erfasst sind somit also Fälle, in denen eine Hilfeleistung bei der Verwertung des Sachbesitzes erfolgt, wobei der gesicherte Vorteil die vom Vortäter angemaßte Eigentümerstellung bzgl. der durch die Vortat erlangten und nun verwerteten Sache sein soll. Auf den ersten Blick scheint diese Konstellation eine starke Ähnlichkeit zu der bereits i. R. d. Ersatzvorteile 281

Küper/Zopfs, Rn. 347. Küper/Zopfs, Rn. 347. Die Fälle der Sicherung der angemaßten Eigentümerstellung machen laut Toelle 10 % der insgesamt verzeichneten Begünstigungsfälle aus, vgl. Toelle, S. 120; Ellerkmann, S. 101. 282

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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diskutierten Frage des Vorliegens eines unmittelbaren Vorteils aufzuweisen. In beiden Konstellationen findet ein Umwandlungsprozess statt: Bei den Ersatzvorteilen kann dieser auf verschiedenen Arten bzw. in verschiedene Richtungen stattfinden283, i. R. d. angemaßten Eigentümerstellung dagegen werden ausschließlich die Fälle diskutiert, in denen ein Gegenstand entgeltlich oder unentgeltlich abgesetzt wird. Gemeinsam ist beiden Fällen der stattfindende Umwandlungsprozess, der entscheidende Unterschied liegt jedoch in dem, was als Vorteil jeweils angesehen bzw. diskutiert wird. Während es in der Fallgruppe der Ersatzvorteile immer darum geht, inwiefern das Umwandlungsprodukt als solches einen sicherungsfähigen Vorteil darstellt, ist es in Fällen der angemaßten Eigentümerstellung nicht das Endprodukt der Umwandlung, sondern eben die vermeintliche Stellung des Vortäters als Eigentümer, die möglicherweise als sicherungsfähiger Vorteil angesehen werden kann. Daher muss neben den Ersatzvorteilen auch noch diese weitere Fallgruppe daraufhin untersucht werden, ob ein sicherungsfähiger unmittelbarer Vorteil vorliegt. Nicht nur zu Fällen der Sicherung eines Ersatzvorteils bestehen gewisse Ähnlichkeiten, bei genauer Betrachtung erinnern die Fälle, die unter dem Stichwort der angemaßten Eigentümerstellung diskutiert werden, an die Absatzhilfe gem. § 259 Abs. 1 StGB. Im Folgenden wird daher auch zu klären sein, in welchem Verhältnis § 257 StGB und § 259 StGB in diesen Fällen zueinanderstehen.284 Eine Sicherung einer angemaßten Eigentümerstellung ist in zwei unterschiedlichen Fällen denkbar: Zunächst kann eine durch die Vortat erlangte Sache an einen Dritten veräußert und im Rahmen dieser Veräußerung dem Vortäter Hilfe geleistet werden, zum anderen ist eine Rückveräußerung an den ursprünglichen Eigentümer möglich. Beide in Betracht kommenden Fälle sollen zunächst anhand eines Beispiels verdeutlicht werden: Variante 1 A hat aus der Vortat eine seltene Designer-Lampe erlangt. Diese will er an B verkaufen, wobei er den befreundeten C damit beauftragt, die Lampe am vereinbarten Termin zu übergeben, den von B bezahlten Kaufpreis entgegenzunehmen und diesen im Anschluss an A zu übergeben. C handelt wie von A geplant. Variante 2 A hat aus der Vortat eine seltene Designer-Lampe erlangt. Diese will er an den E – den ursprünglichen Eigentümer der Lampe – zurückveräußern. Hierzu beauftragt er den befreundeten C damit, die Lampe am vereinbarten Termin zu übergeben, den von E bezahlten Kaufpreis entgegenzunehmen und im Anschluss an A zu übergeben. Das Geschehen spielt sich genauso ab, wie von A geplant.

283

Vgl. oben 1. Teil, B. III. 2. a) bb). Das Verhältnis der beiden Tatbestände wird hier nur knapp thematisiert, eine weitergehende Untersuchung erfolgt dann i. R. d. systematischen Auslegung. 284

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

(2) Rechtliche Behandlung (a) Veräußerung an einen Dritten Zunächst ist zu untersuchen, ob für den Fall der Veräußerung einer Sache an einen Dritten, von Rechtsprechung und Literatur ein Vorteil in Form der angemaßten Eigentümerstellung angenommen wird. (aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 27. 03. 1924 In der frühen Entscheidung RGSt 58, 129 lehnte das Reichsgericht eine angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil ab.285 Der Vorteil bestehe bei einer aus der Vortat erlangten Sache nur aus der Sache selbst, sodass durch eine Hilfe beim Absatz diese nicht gesichert, sondern vielmehr dem Vortäter entzogen würde.286 Damit könne für die Fälle einer Hilfe beim Absatz von einer Sicherung eines Vorteils nicht die Rede sein und eine Strafbarkeit wegen Begünstigung scheide dementsprechend aus.287 Einschränkend führt das Reichsgericht jedoch an, dass eine Begünstigung dann angenommen werden könne, wenn zugleich Maßnahmen zur Besitzerhaltung getroffen würden, d. h. wenn mit der Hilfe bei der Veräußerung auch die Sicherung der Sache vor Auffinden oder Beschlagnahmung bezweckt werde, es also nicht nur um die reine Veräußerung gehe.288 Dieser Zweck wurde auch im zu entscheidenden Fall verfolgt, sodass eine Begünstigung hier angenommen werden konnte.289 (bb) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. 05. 1952 Dieser differenzierten Rechtsprechung des Reichsgerichts trat der Bundesgerichtshof schon in einer frühen Entscheidung entgegen. In BGHSt 2, 362 wurde erstmals entschieden, dass auch die Mitwirkung am Absatz der Beute eine Vorteilssicherung i. S. d. Begünstigungstatbestands darstellen kann und hierbei ein Vorteil in Form der angemaßten Eigentümerstellung dem Vortäter gesichert wird. Dieser wegweisenden Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem der Vortäter zunächst ein Fahrrad erlangt hatte und der vermeintliche Begünstigungstäter im Anschluss den Kontakt mit dem Abnehmer des Rades vermittelte.290 Während das Landgericht in der Hilfe beim Absatz keine Vorteilssicherung erblickte und daher eine Strafbarkeit wegen Begünstigung ablehnte, bejahte der zur Entscheidung berufene Senat des BGH die Vorteilssicherung und positionierte sich damit entgegen der zu dieser Zeit in Rechtsprechung und Lehre herrschenden Meinung. In der Begründung seiner Entscheidung stellte der Bundesgerichtshof zunächst klar, dass nicht schon grundsätzlich bestimmte Ausführungshandlungen 285

Diese Entscheidung bestätigend RG HRR 1934, Nr. 1725; RG DR 1943, Nr. 15, 581 f. RGSt 58, 129 (129). 287 RGSt 58, 129 (129). 288 RGSt 58, 129 (129 f.). 289 RGSt 58, 129 (129 f.). 290 BGHSt 2, 362 (362).

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B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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von der Anwendung der Begünstigungsnorm ausgeschlossen seien, für die Verwirklichung des § 257 StGB müsse lediglich ein Verhalten vorliegen, das die Sicherung der Vortatvorteile zum Ziel habe.291 Darüber hinaus schließe auch das Vorliegen einer Handlung, die gleichzeitig den Hehlereitatbestand erfülle, eine Begünstigung nicht aus; vielmehr könnten beide Delikte tateinheitlich verwirklicht werden.292 Vielfach werde zwar von der Gegenposition angeführt, ein Verschieben der Beute entziehe – rein äußerlich betrachtet – dem Vortäter den Vortatvorteil und könne daher schon denknotwendig kein Sichern eines Vorteils darstellen.293 Dieser Argumentation widerspricht allerdings der Bundesgerichtshof, indem er klarstellt, dass es in den Fällen der Absatzhilfe dem Vortäter darauf ankomme, sich den wirtschaftlichen Wert zu sichern und sich außerdem durch das Lossagen von dem erlangten Gegenstand davor zu schützen, dass ihm der Vortatvorteil zugunsten des Eigentümers wieder entzogen wird.294 Da aber gerade eine solche Sicherung des Vortäters durch den Begünstigungstatbestand verhindert werden solle – schließlich ziele § 257 StGB darauf ab, das Wiederherstellungsinteresse des Vortatgeschädigten zu schützen – müsse die Begünstigung für diese Fälle greifen.295 Zwar wäre eine Auslegung, welche die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil verneint, mit dem Wortlaut vereinbar, jedoch würde sie nach Ansicht des Bundesgerichtshofs dem Sinn und Zweck der Strafnorm zuwiderlaufen.296 Zuletzt wird für die Einbeziehung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil noch angeführt, dass die Nichteinbeziehung zu einer nicht tragbaren Ungleichbehandlung zweier vom Unrecht her vergleichbarer Fälle führen würde: So wäre nach Auffassung der Gegenansicht eine taugliche Tathandlung darin zu erblicken, dass ein durch die Vortat erlangter Gegenstand zur Aufbewahrung an einen Dritten übergeben wird und somit eine Begünstigung zu bejahen. Sofern dagegen Zweck der Übergabe die Eigenbesitzerlangung des Dritten ist – wie eben im Fall einer Veräußerung – würde die Gegenansicht eine Vorteilssicherung ablehnen und käme somit im Ergebnis auch nicht zu einer Strafbarkeit wegen Begünstigung. Nur wenn man der Ansicht des Bundesgerichtshofs folge und die angemaßte Eigentümerstellung als tauglichen Vortatvorteil ansehe, könne eine gegen das Gerechtigkeitsgebot verstoßende Ungleichbehandlung vermieden werden.297 Aufgrund der dargestellten Rechtsprechungsänderung lag es nahe, dass sich auch die Literatur mit dem Vortatvorteil in Form der angemaßten Eigentümerstellung beschäftigen würde. Zuspruch findet die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in 291

BGHSt 2, 362 (363). BGHSt 2, 362 (363). 293 BGHSt 2, 362 (363). 294 BGHSt 2, 362 (363). 295 BGHSt 2, 362 (363). 296 BGHSt 2, 362 (363). 297 Zur gesamten Argumentation vgl. BGHSt 2, 362 (363 f.). 292

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

einer Urteilsanmerkung von Maurach298, der sich intensiv mit der hier relevanten Frage des Vorliegens eines Vorteils im Fall der Absatzhilfe auseinandersetzt. Während das Landgericht auf Grundlage der zuvor ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Begünstigung für den vorliegenden Fall noch ablehnte, bejahte der BGH – nach Ansicht des Verfassers zu Recht – eine Begünstigung.299 Die bisherige Rechtsprechung, welche von der Unvereinbarkeit der Sicherung einerseits und dem Absatz der Beute andererseits ausging, sei nicht nur widersprüchlich, sondern genüge auch den Anforderungen an eine differenzierte Auslegung nicht.300 Dies ergebe sich insbesondere aus einem Vergleich mit den Eigentumsdelikten, bei denen die Rechtsprechung mittlerweile von einer reinen Substanzbetrachtung zu einer Einbeziehung des Sachwertes übergegangen ist. Die Übertragung dieser Rechtsprechung auf den Begünstigungstatbestand sei aber dann nur konsequent gewesen.301 Zuletzt würden auch schon frühere reichsgerichtliche Entscheidungen für die hier untersuchte Rechtsprechung des BGH sprechen. Schon in RGSt 40, 15 sei entschieden worden, dass nicht nur eine Besitzerhaltung eine taugliche Vorteilssicherung darstelle, sondern auch eine Handlung, die dem Vortäter die Möglichkeit gebe, die im erlangten Gegenstand vorhandenen Vermögensvorteile auszunutzen bzw. zu verwerten.302 Damit wurde aber bereits klargestellt, dass die Sicherung eines Vorteils auch einen endgültig restitutionsfeindlichen Akt darstellen könne303 und in der Konsequenz habe der Bundesgerichtshof somit auch zwingend die Absatzhilfe als sachliche Begünstigung werten müssen.304 Diese tatbestandlich weite Auslegung des Vorteilsbegriffs bei der Begünstigung habe letztlich zur Folge, dass es entscheidend auf den subjektiven Tatbestand für die Abgrenzung von Hehlerei und Begünstigung ankomme.305 Verfolge der Täter vorwiegend restitutionsfeindliche Absichten, so komme eher eine Begünstigung in Betracht, wenn er hingegen kommerzielle Absichten verfolge, sei nach dem Hehlereitatbestand zu bestrafen.306 Etwaige Schwierigkeiten bei der Abgrenzung seien in Kauf zu nehmen, da die Nichterfassung der Absatzhilfe als Begünstigung zur Folge hätte, dass in Fällen, in denen Hehlerei mangels Vorliegens einer Bereicherungsabsicht beim Täter ausscheide, das vom Täter verwirklichte Unrecht gar nicht erfasst werden könne und somit Strafbarkeitslücken entstünden.307

298

Maurach, in: JZ 1952, 662 (662). Maurach, in: JZ 1952, 662 (662). 300 Maurach, in: JZ 1952, 662 (662). 301 Maurach, in: JZ 1952, 662 (662). 302 RGSt 40, 15 (19). 303 Maurach, in: JZ 1952, 662 (663). 304 Maurach, in: JZ 1952, 662 (663). 305 Maurach, in: JZ 1952, 662 (663); Maurach/Schroeder/Maiwald, Bd. 1, § 39 Rn. 7. 306 Maurach, in: JZ 1952, 662 (663); Maurach/Schroeder/Maiwald, Bd. 1, § 39 Rn. 7. 307 Maurach, in: JZ 1952, 662 (663).

299

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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(cc) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 01. 04. 1953 Ein Jahr nach der Entscheidung BGHSt 2, 362 und der damit durch den 4. Strafsenat begründeten neuen Rechtsprechungslinie schloss sich der 3. Strafsenat dieser Rechtsprechung an (BGHSt 4, 122). Er hatte dabei über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Der Vortäter hatte eine größere Menge Tabak als Diebstahlsbeute erlangt und übergab einen Teil des Tabaks an seine Mutter, die diesen in seinem Auftrag, schenkweise an einen Dritten übergab. Die Vorinstanz wertete diese Handlung als Begünstigung, da sie es als erwiesen ansah, dass Handlungsmotivation der Angeklagten nicht die Verhinderung der Strafverfolgung ihres Sohnes war – dieser war zum Zeitpunkt der Übergabe der Tabakwaren bereits verhaftet worden –, sondern es ihr vielmehr darum ging, die aus der Vortat erlangten Gegenstände dem Zugriff der Polizei zu entziehen und damit dem Vortäter zu sichern.308 Die rechtliche Bewertung des Landgerichts bestätigte der Bundesgerichtshof und trat damit der Rechtsansicht des 4. Senats (BGHSt 2, 362) bei. Wie schon in BGHSt 2, 362 klargestellt, komme es für die Verwirklichung des § 257 StGB nicht entscheidend darauf an, dass die Hilfeleistung den Täter im Besitz des Vorteils erhalte, sodass auch die Hilfe beim Absatz oder der sonstigen Weitergabe der Beute309 von der Strafnorm erfasst sein müsse.310 Während der 4. Senat in BGHSt 2, 362 entscheidend darauf abstellte, dass nicht zwei sehr ähnliche Hilfeleistungshandlungen unterschiedlich behandelt werden können und dafür Gerechtigkeitsgesichtspunkte bemühte, argumentierte der 3. Strafsenat anders. Der Rechtsprechungswandel sei damit zu erklären, dass sich die Auffassung, ein Vorteil bestehe immer in der Sache und ihrem Besitz, dahingehend gewandelt habe, dass darüber hinaus als Vorteil auch die angemaßte Eigentümerstellung anerkannt werde.311 Unter angemaßter Eigentümerstellung verstehe man die Möglichkeit, über die aus der Vortat erlangte Sache gleich einem Eigentümer zu verfügen.312 Eine solche weitergehende Auslegung des Vorteilsbegriffs sei auch insbesondere deshalb notwendig, da die in BGHSt 2, 362 entwickelte Rechtsprechung nur auf Fälle einer entgeltlichen Verwertung der Vortatbeute anwendbar sei313, insofern wurde als ausreichendes Ziel des Hilfeleistens anerkannt, dass die Sicherung des wirtschaftlichen Wertes angestrebt wurde.314 Im Fall einer Schenkung dagegen – wie in der vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Konstellation (BGHSt 4, 122) – könne diese Rechtsprechung keine An-

308

Zum gesamten Sachverhalt vgl. BGHSt 4, 122 (122 f.). Die sonstige Weitergabe meint hier die Fälle einer unentgeltlichen Übertragung der Beute. Geht man davon aus, dass Absetzen keine entgeltliche Veräußerung voraussetzt, wäre hier der Oberbegriff des Absatzes ausreichend, vgl. hierzu Küper/Zopfs, Rn. 11. 310 BGHSt 4, 122 (122 f.). 311 BGHSt 4, 122 (123). 312 BGHSt 4, 122 (123). 313 BGHSt 4, 122 (124). 314 BGHSt 2, 362 (363). 309

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

wendung finden, sodass eine weitergehende Auslegung und die Erfassung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil notwendig sei. Dass die Anerkennung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil richtig sei, bestätige zuletzt eine Kontrollüberlegung, die das gefundene Ergebnis unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten überprüfe: Würde man im streitgegenständlichen Sachverhalt die Tathandlung des Verschenkens der Ware an den Dritten durch ein Verstecken der Ware – mit der Absicht, diese aufzubewahren, um sie demnächst an den Dritten verschenken zu können – ersetzen, so käme man für diese Handlung unstreitig, und zwar auch nach der alten Rechtsprechung des Reichsgerichts, zu einer strafbaren Begünstigung. Wenn aber schon das Verstecken eine strafbare Begünstigung darstelle, so könne ein weitergehendes Handeln, in Form der unmittelbaren unentgeltlichen Weitergabe der Ware, nicht straflos bleiben315, zumal durch diese Handlung das zu restituierende Rechtsgut nachhaltiger geschädigt werde als durch das bloße Verstecken. Die Anerkennung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil sei darüber hinaus auch mit dem Wortlaut der Norm sowie deren Sinn und Zweck vereinbar.316 Letztlich liegt die entscheidende Weiterentwicklung der in BGHSt 2, 263 begründeten Rechtsprechung darin, dass in BGHSt 4, 122 der Begriff der angemaßten Eigentümerstellung entwickelt und erstmals ausdrücklich als potentieller Vorteil i. S. d. § 257 StGB anerkannt wurde.317 Darüber hinaus wurde hier zum ersten Mal die Problematik der angemaßten Eigentümerstellung an der richtigen Stelle verortet, und zwar nicht beim Begriff des Hilfeleistens, wie zuvor durch Reichsgericht und Bundesgerichtshof vertreten, sondern beim Vorteilsbegriff.318 Aufgrund der Fortentwicklung der Rechtsprechung, war auch für diese Entscheidung eine Besprechung durch die Literatur naheliegend. Wiederum setzte sich Maurach319 mit BGHSt 4, 122 im Rahmen einer Urteilsanmerkung auseinander, wobei die Bundesgerichtshofs-Entscheidung jedenfalls hinsichtlich des gefundenen Ergebnisses Zustimmung von ihm erfährt, schließlich sei aufbauend auf der vorhergehenden Entscheidung das in BGHSt 4, 122 Entschiedene nur folgerichtig.320 Außerdem entspreche die Entscheidung einem materiellen Gerechtigkeitsbedürfnis, insbesondere mit Blick auf gebildete Vergleichskonstellationen: Es könne nicht angehen, dass die leihweise Übergabe an einen Dritten im Auftrag des Vortäters als Begünstigung (unstrittig) strafbar sei, während die Übergabe zur Eigenbesitzerlangung dagegen straflos bliebe, da man letztere Tathandlung als exklusiv von § 259

315

BGHSt 4, 122 (124 f.). BGHSt 4, 122 (124). 317 Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur angemaßten Eigentümerstellung bestätigend BGH NJW 1971, 62. 318 BGHSt 4, 122 (124). 319 Maurach, in: JZ 1953, 605 ff. 320 Maurach, in: JZ 1953, 605 (605). 316

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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StGB erfasst ansehe.321 Im Ergebnis stimmt der Verfasser daher der objektiv tatbestandlichen Erfassung der Absatzhilfe unter den Tatbestand der Begünstigung zu.322 Kritisch bewertet er jedoch die Prüfung des subjektiven Tatbestands, hierzu seien die Ausführungen des Bundesgerichtshofs nicht ausreichend, allerdings bleibt es auch bei dieser knappen Feststellung.323 Ausführlich beschäftigt sich Maurach letztlich noch mit dem Begriff der angemaßten Eigentümerstellung und dessen Auslegung, wobei er von einer problematischen Mehrdeutigkeit des Begriffs ausgeht: Einerseits könne man ihn als Ausdruck der Restitutionsfeindlichkeit der Hilfeleistungshandlung verstehen. Der gesicherte Vortatvorteil wäre dann die Schaffung eines Umstandes, der den Rückforderungsanspruch vereitelt bzw. erschwert – von Maurach bezeichnet als die „Unrestituierbarkeit des Geschehenen“. Dieses Verständnis wiederum sei sehr gut vereinbar mit dem Tatbestand der Begünstigung und dessen Sinn und Zweck.324 Darüber hinaus stellte auch schon der 4. Strafsenat in BGHSt 2, 362 bereits das Wesen der Begünstigung als restitutionsfeindlichen Akt in den Vordergrund.325 Auf der anderen Seite stehe die Entscheidung des 3. Strafsenats, die mit der Sicherung des Vorteils der angemaßten Eigentümerstellung eher einen Ersatzvorteil beschreibe, wobei die angemaßte Eigentümerstellung als Teil des Sachwertes angesehen werde, der auch noch nach Verlust des Sachbesitzes erhalten bleibe.326 An zuletzt genannter Auslegung der angemaßten Eigentümerstellung stört sich der Verfasser der Urteilsanmerkung insbesondere deshalb, weil sie die Grenzen zwischen Begünstigung und Hehlerei wieder verwische.327 Unabhängig von diesen verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten des Begriffs lässt sich jedoch abschließend festhalten, dass Maurach die Anerkennung der angemaßten Eigentümerstellung durch den Bundesgerichtshof als positiv bewertet. (dd) Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 29. 05. 1995 Zuletzt soll hier noch eine Entscheidung Erwähnung finden, die sich hinsichtlich der Sachverhaltskonstellation von den bisher thematisierten Fällen deutlich unterscheidet. Der zu untersuchenden Entscheidung des OLG Zweibrücken lag folgendes Geschehen zugrunde: Durch Dritte waren zwei Verrechnungsschecks erlangt worden, die sodann dem Vortäter überlassen und von diesem wiederum an den vermeintlichen Begünstigungstäter – einen Rechtsanwalt – zwecks Einziehung übergeben wurden. Die Schecks wurden sodann durch den Rechtsanwalt bei der Bank

321

Maurach, in: JZ 1953, 605 (605 f.); so auch schon BGHSt 2, 362 (363). Maurach, in: JZ 1953, 605 (606). 323 Maurach, in: JZ 1953, 605 (606). 324 Zu allem vgl. Maurach, in: JZ 1953, 605 (606). 325 BGHSt 2, 362 (363). 326 Maurach, in: JZ 1953, 605 (606). 327 Maurach, in: JZ 1953, 605 (606).

322

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

eingereicht und anschließend der aus der Auszahlung erlangte Betrag – abzüglich des Rechtsanwalts-Honorars – an den Vortäter überwiesen.328 Für die Einreichung der Schecks zog das OLG Zweibrücken neben einer Strafbarkeit wegen Hehlerei auch eine Strafbarkeit wegen Begünstigung in Betracht.329 Hierfür entscheidend sei das Vorliegen einer tauglichen Begünstigungshandlung, was wiederum erfordere, dass der Vortatvorteil gesichert werde vor einer Entziehung zugunsten des durch die Vortat Geschädigten. Durch das Einlösen des Schecks sichere der Täter gerade die Position des Vortäters, da hierdurch die Gefahr gebannt werde, dass der Verlust des Schecks entdeckt und dieser im Anschluss gesperrt werde oder aber die Auszahlung des Schecks aus einem anderen Grund scheitere.330 Mithin liege in der zeitnahen Einlösung des Schecks eine Sicherung des Vortatvorteils.331 Obwohl das Urteil des OLG Zweibrücken den vom Bundesgerichtshof entwickelten Terminus der Sicherung der angemaßten Eigentümerstellung nicht erwähnt, kann auch hier dieser Gedanke bemüht werden: Die angemaßte Eigentümerstellung des Vortäters bezogen auf den Scheck wird durch dessen Einlösung und die damit einhergehende Verwertung vor dem drohenden Verlust gesichert. (ee) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. 04. 2008 Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die oben bereits in einem anderen Zusammenhang thematisiert wurde, muss an dieser Stelle noch einmal aufgegriffen werden.332 In der Entscheidung des BGH vom 29. 04. 2008 – 4 StR 148/08 hatte der vermeintliche Begünstigungstäter dem Vortäter beim Absatz der durch die Vortat erlangten Gegenstände geholfen, u. a. mittels zur Verfügung Stellens seines ebayAccounts.333 Hierin könnte man die Sicherung eines Vorteils in Form der angemaßten Eigentümerstellung an den durch die Vortat erlangten Gegenständen erblicken. Allerdings äußerte sich der BGH im Urteil dazu nicht, da es bereits auf subjektiver Seite an einer entsprechenden Vorteilssicherungsabsicht fehlte, dem Inhaber des ebay-Accounts sei es nämlich nicht darauf angekommen, den Vortäter davor zu bewahren, dass ihm die durch die Vortat erlangten Gegenstände wieder entzogen werden.334 (ff) Meinungsstand in der Literatur Nachdem zur Frage der Erfassung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil bereits im Rahmen der Urteilsanmerkungen eine Literaturstimme Erwähnung fand, 328

Vgl. zum Sachverhalt OLGStE § 257 StGB Nr. 1, S. 1. OLGStE § 257 StGB Nr. 1, S. 2 ff. 330 OLGStE § 257 StGB Nr. 1, S. 3. 331 OLGStE § 257 StGB Nr. 1, S. 3. 332 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (1) (c). 333 BGH NStZ 2008, 516. Für eine detailliertere Sachverhaltsschilderung vgl. 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (1) (c). 334 BGH NStZ 2008, 516. 329

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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soll nun noch untersucht werden, wie sich die Literatur ansonsten zur untersuchten Fragestellung positioniert. Unabhängig davon, welcher Meinung man folgt, muss zunächst klargestellt werden, dass die hier thematisierte Problematik von der Literatur anhand unterschiedlicher Tatbestandsmerkmale diskutiert wird. Während einige das Problem am Bestehen eines Vorteils festmachen335 – und dann entweder die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil anerkennen oder ablehnen – lokalisieren andere das Problem wiederum bei der Frage des Vorliegens einer geeigneten Hilfeleistungshandlung.336 Der Einfachheit halber werden die hier relevanten Fälle des Absatzes bzw. der Absatzhilfe unter dem Aspekt der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil diskutiert und die jeweiligen Argumente zusammengefasst, auch wenn einige Autoren das Problem an einem anderen Tatbestandsmerkmal festmachen wollen. Einen Beitrag zu dieser Diskussion liefert zunächst Schröder337, der sich in einem Festschriftenbeitrag grundsätzlich mit dem Verhältnis zwischen Hehlerei und Begünstigung beschäftigt und hierbei auch Entscheidendes zur Anerkennung der angemaßten Eigentümerstellung als Vortatvorteil feststellt. Der Auffassung, dass in den Fällen einer wirtschaftlichen Verwertung des Vortatvorteils durch Veräußerung, eine Sicherung des Vortatvorteils schon denknotwendig ausscheiden müsse, da der Besitz am erlangten Gegenstand übertragen und damit dem Vortäter – wenn auch mit dessen Einverständnis – entzogen werde338, tritt Schröder entgegen.339 Letztlich schränke lediglich der Schutzzweck des Begünstigungstatbestands die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Vortatvorteile ein, da jedoch dieser lediglich erfordere, dass eine Verbesserung der Position des Vortäters erfolge und damit eine Verschlechterung der Stellung des Geschädigten einhergehe, stelle eine wirtschaftliche Verwertung des durch die Vortat erlangten Vorteils eine taugliche Vorteilssicherung i. S. d. Begünstigungstatbestands dar.340 Die Sicherung der Sachsubstanz werde dagegen vom Tatbestand her nicht gefordert, lediglich die Sicherung des Vorteils sei normiert. Eine Sicherung des Vortatvorteils liege aber auch dann noch vor, wenn die erlangte Sache in ihrer wirtschaftlichen Möglichkeit genutzt werde, etwa durch Veräußerung, da auch diese wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit entfiele, wenn der Vorteil dem Täter entzogen würde.341 Für diese Auslegung des Vorteilsbegriffs spreche auch, dass es für die Verwirklichung der Begünstigung nicht entscheidend darauf ankomme, dass der Vortäter eine Besserstellung erlange – daher sei auch nicht zwingend die Erhaltung der Sachsubstanz erforderlich. Vielmehr sei der entscheidende Aspekt die Verschlechterung der Restitutionsaussichten durch die stattfin335

Etwa Küper/Zopfs, Rn. 347. NK-Altenhain, § 257 Rn. 24; Stoffers, in: Jura 1995, 113 (122 f.). 337 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 – 191. 338 RGSt 58, 129 (129). 339 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 174 ff.). 340 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 174). 341 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 174).

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

dende Sicherungshandlung und eben solch eine Verschlechterung sei den Fällen der wirtschaftlichen Verwertung durch Veräußerung und der damit einhergehenden Weitergabe des Gegenstands an einen Dritten immanent.342 Sofern die Weitergabe zudem mit der notwendigen Vorteilssicherungsabsicht erfolge, stehe einer Bestrafung wegen Begünstigung nichts im Wege.343 Die Sicherung der Sache selbst gleiche damit der Sicherung ihres Wertes, in beiden Fällen liege ein tauglicher sicherungsfähiger Vorteil vor.344 Hiermit erkennt Schröder implizit die angemaßte Eigentümerstellung als tauglichen Vorteil an345, ohne jedoch diese Begrifflichkeit zu gebrauchen, die erst Jahre später durch die Rechtsprechung in BGHSt 4, 122 erstmals verwendet wurde.346 Darüber hinaus erkennen auch weitere Literaturstimmen347 die Möglichkeit des Hilfeleistens durch Hilfe beim Absatz an und akzeptieren damit die angemaßte Eigentümerstellung als unmittelbaren Vorteil. Bei Vorliegen entsprechender Vorteilssicherungsabsicht könne eine Hilfe beim Absatz oder das Verschenken einer Sache als Sicherung des Vortatvorteils in Form der angemaßten Eigentümerstellung angesehen werden348 : Zur Begründung werden die bereits von der Rechtsprechung in BGHSt 2, 362 und BGHSt 4, 122 genannten Argumente angeführt: Ausreichend für eine Vorteilssicherung sei die Sicherung des Wertes des durch die Vortat erlangten Gegenstands, auf den Wert der Sache komme es dem Vortäter schließlich in aller Regel bei Begehung der Vortat auch an. Während die Gegenansicht auf eine reine Wortlautauslegung abstellt, sei der Fokus maßgeblich auf Sinn und Zweck des Tatbestands zu richten und dieser erfordere die Erfassung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil, mit der Hilfe beim Absatz gehe nämlich auch der Schutz des Vortäters vor Entzug des Vorteils einher, es werde also die Restitution vereitelt. Darüber hinaus sei auch die Erfassung der angemaßten Eigentümerstellung mit dem Wortlaut des § 257 StGB vereinbar. Zuletzt sei noch zu bedenken, dass die Nichterfassung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil Strafbarkeitslücken zur Folge hätte und zur Ungleichbehandlung vergleichbarer strafwürdiger Fälle führen würde.349 In der Literatur wird diese Form der Vorteilssicherung teilweise als indirekte Vorteilssicherung, als Sicherung der Sachverwertung, bezeichnet.350 342

Zum gesamten Argument vgl. Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 174). Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 174 f.). 344 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 174 f.). 345 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 174 ff.); zustimmend Kollenberg, S. 198. 346 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. b) aa) (2) (a) (cc). 347 LK-Walter, § 257 StGB Rn. 37, 53; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 22; S/S-Hecker, § 257 Rn. 19; Küper/Zopfs, Rn. 347; Rengier, BT I, § 20 Rn. 11; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 863; Toelle, S. 120; Zieschang, in: FS Küper, S. 733 (S. 735); Stoffers, in: Jura 1995, 113 (122 f.). 348 Küper/Zopfs, Rn. 347; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 863; Stoffers, in: Jura 1995, 113 (122). 349 Vgl. zu sämtlichen genannten Argumenten zusammenfassend Stoffers, in: Jura 1995, 113 (122). 343

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Zuletzt wird der scheinbar existierende Widerspruch zwischen der Anerkennung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil einerseits und der Ablehnung des Verkaufserlöses als Vorteil andererseits von Vertretern der Literatur aufgelöst351: Zwar verliere der Vortäter in beiden Fällen den ursprünglich durch die Vortat erlangten Vorteil durch Weggabe, allerdings werde bei der Sicherung der angemaßten Eigentümerstellung durch Absatz oder Absatzhilfe ein dem Gegenstand immanenter Sachwert gesichert, während beim Verkaufserlös352 lediglich ein Ersatzvorteil als Sicherungsobjekt einer weiteren Begünstigung in Betracht komme.353 Dieser Unterschied rechtfertige es aber, die angemaßte Eigentümerstellung als Vortatvorteil anzuerkennen, während der Verkaufserlös keinen Vortatvorteil mehr darstellen könne.354 Demgegenüber schließen sich jedoch auch einige Literaturstimmen, der alten reichsgerichtlichen Rechtsprechung an355, so etwa Hruschka, der die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil ablehnt356, wobei hinter dieser Position grundsätzliche Überlegungen zu dem in BGHSt 2, 362 entschiedenen Fall und damit einhergehend zum Verhältnis von Begünstigung und Hehlerei stehen: In der Entscheidung BGHSt 2, 362 wurde dem Täter die Mitwirkung am Verkauf eines durch Diebstahl erlangten Vorteils vorgeworfen und dies als Begünstigung gewertet, wobei der Vorteil in Form der angemaßten Eigentümerstellung gesichert werde.357 Eine Hehlerei schied dagegen im vorliegenden Fall aus, da dem Täter keine Bereicherungsabsicht nachgewiesen werden konnte. Auch in einer darauf folgenden Entscheidung des OLG Düsseldorf wurde mit der gleichen Begründung die Hehlerei abgelehnt und eine Begünstigung angenommen.358 Hruschka wendet sich gegen diese Rechtsprechung, die für Fälle der Absatzhilfe, in denen § 259 StGB an der Bereicherungsabsicht scheitert, den Begünstigungstatbestand heranzieht.359 Zwar sei nach allgemeinem Sprachgebrauch ein Absatz von Vortatvorteilen als Vorteilssicherung i. S. d. § 257 StGB erfasst, immerhin werde durch den Absatz der Vortäter in seiner Position insofern gestärkt, als dass dann nicht mehr die Gefahr der Entziehung der Vortatbeute bestehe und die durch die Veräußerung erlangte Gegenleistung 350

Küper/Zopfs, Rn. 347. LK-Walter, § 257 Rn. 37. 352 Zur Frage der Anerkennung des Verkaufserlös als Vorteil vgl. die Ausführungen unter 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (1). 353 LK-Walter, § 257 Rn. 37. Der Sachwertgedanke wird auch von Küper/Zopfs, Rn. 347 bemüht. 354 LK-Walter, § 257 Rn. 37. 355 NK-Altenhain, § 257 Rn. 24; M/R-Dietmeier, § 257 Rn. 16; Hruschka, in: JR 1980, 221 ff. 356 Hruschka, in: JR 1980, 221 (224 f.). 357 Vgl. BGHSt 2, 362 ff. sowie die ausführliche Darstellung des Sachverhalts unter 1. Teil, B. III. 2. b) aa) (2) (a) (bb). 358 OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2321). 359 Hruschka, in: JR 1980, 221 (224 f.). 351

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

immer schwerer zu entziehen sei.360 Dennoch setze die Sicherung des Vortatvorteils in Fällen des Absatzes eine Änderung im Verständnis des Vorteilsbegriffs voraus: Der unmittelbare aus der Vortat erlangte Gegenstand und die hierfür erlangten Surrogate müssten gleichgesetzt werden. Erreichen könne man dies über das Herausfiltern des ihnen gemeinsamen Elements, das auch bei einem stattfindenden Austausch gleichbleibe, also dass was über den eingetauschten Gegenständen stehe und somit ihr Substrat bilde. Nur wenn man den durch § 257 StGB zu sichernden Vorteil so verstehe, könne man bei der Absatzhilfe von einer Sicherung des Vortatvorteils sprechen.361 Dieser Auslegung erteilt Hruschka jedoch eine Absage aufgrund systematischer Erwägungen: Würde man der dargestellten Auslegung folgen, so wäre jede Mitwirkung beim Absatz, bei der die Zustimmung des Vortäters bzgl. des Absatzes besteht, als taugliche Sicherung eines Vortatvorteils anzusehen. Diese weitgehende Erfassung des Absatzes durch § 257 StGB hätte zur Folge, dass für alle Fälle, in denen § 259 StGB an der Bereicherungsabsicht scheitert, der § 257 als Auffangtatbestand eingreifen würde. Dies wiederum sei aber nicht mit der Systematik der §§ 257, 259 StGB zu vereinbaren: Da beide Straftatbestände einen identischen Strafrahmen aufweisen, würde dies im Ergebnis bedeuten, dass bei Vorliegen einer Bereicherungsabsicht der Absatz der Vortatbeute nach § 259 StGB bestraft würde und bei fehlender Absicht § 257 StGB als Auffangtatbestand mit dem gleichen Strafrahmen zur Anwendung käme. Damit würde aber die Straflosigkeit des Absatzes ohne Bereicherungsabsicht nach § 259 StGB umgangen.362 Diese Problematik bestehe nicht nur für die Alternative des Absatzes und der Absatzhilfe, sondern ebenso beim Verschaffen.363 Im Ergebnis führe die weite Auslegung des Vorteilsbegriffs, die auch die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil i. S. d. Begünstigungstatbestands erfasst dazu, dass der Hehlereitatbestand seine eigenständige Bedeutung verliere.364 Somit sei eine Auslegung des Vorteilsbegriffs dahingehend geboten, dass nicht jegliche wirtschaftliche Möglichkeit des Vortatvorteils gesichert werden könne, sondern nur die aus der Vortat erlangte Beute selbst und auch nur diese einen Vorteil i. S. d. Begünstigungstatbestands darstelle.365 Etwaige hierdurch entstehende Strafbarkeitslücken seien nicht durch die Gerichte, sondern vielmehr durch den Gesetzgeber zu schließen.366 Diese Auffassung vertritt auch Altenhain367, der den Absatz (etwa Verkaufen und Verschenken) sowie die Absatzhilfe als taugliche Hilfeleistungshandlungen aus360

Hruschka, in: JR 1980, 221 (224). Vgl. zur gesamten Argumentation Hruschka, in: JR 1980, 221 (224). 362 Vgl. zur gesamten Argumentation Hruschka, in: JR 1980, 221 (224 f.). 363 Hruschka, in: JR 1980, 221 (224). 364 Hruschka, in: JR 1980, 221 (225). 365 Hruschka, in: JR 1980, 221 (225). 366 Hruschka, in: JR 1980, 221 (225). 367 NK-Altenhain, § 257 Rn. 24.

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B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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schließt und damit auch die angemaßte Eigentümerstellung nicht als Vorteil anerkennt.368 Eine Vorteilssicherung könne schon deshalb nicht angenommen werden, da dem Vortäter der Sachbesitz durch den Absatz entzogen und daher nicht gesichert werde.369 Im Ergebnis divergieren daher die Meinungen in der Literatur sehr stark hinsichtlich der Bewertung der angemaßten Eigentümerstellung als Vortatvorteil. (b) Rückveräußerung an den Eigentümer Neben den Fällen der Veräußerung der Sache an einen Dritten ist denkbar, dass der durch die Vortat erlangte Gegenstand an den Eigentümer zurückveräußert wird. Zu klären ist daher, ob durch eine Rückveräußerung ebenfalls die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil gesichert wird. (aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 22. 02. 1907 Das Reichsgericht befasste sich schon früh mit der Frage, ob eine Sicherung der angemaßten Eigentümerstellung im Rahmen einer Rückveräußerung an den Eigentümer einen sicherungsfähigen Vorteil i. S. d. § 257 StGB darstellen kann. In RGSt 40, 15 hatte das Reichsgericht über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Detektivbüro eine Bekanntmachung veröffentlichte, mit Hilfe derer es sich versprach, gestohlene Gegenstände für den Eigentümer und Auftraggeber wiederzuerlangen.370 Die Bekanntmachung enthielt zudem ein Versprechen auf entsprechende Entschädigung für den Fall der Zurückführung der gesuchten Gegenstände.371 Zu diesem Zweck hatte der Auftraggeber mit dem Inhaber des Detektivbüros sowohl eine Vorabzahlung eines bestimmten Geldbetrags, als auch die Zahlung einer Prämie für die erfolgreiche Wiederbeschaffung der gestohlenen Gegenstände vereinbart.372 Nachdem die Vorinstanz eine Strafbarkeit wegen Begünstigung abgelehnt hatte, wurde der Fall dem Reichsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses entschied im Sinne der Vorinstanz, dass dem Inhaber des Detektivbüros sowie seinem im Fall ermittelnden Mitarbeiter – beiden waren wegen Begünstigung angeklagt worden – nicht vorzuwerfen sei, dass sie beabsichtigt hätten, ein Interesse des Vortäters zu wahren bzw. zu sichern, vielmehr sei es ihnen darauf angekommen, die Gegenstände für ihren Auftraggeber – den Eigentümer – zu sichern.373 Für die Verwirklichung der Begünstigung sei es aber gerade entscheidend, dass es dem Täter auf die Sicherung der Vorteile für den Vortäter ankomme, nicht ausreichend sei es dagegen, wenn der Hilfeleistende bloße Kenntnis davon habe, dass seine Hilfe auch zu einer Sicherung 368

NK-Altenhain, § 257 Rn. 24. NK-Altenhain, § 257 Rn. 24. 370 RGSt 40, 15 (16). 371 RGSt 40, 15 (16). 372 RGSt 40, 15 (16). 373 RGSt 40, 15 (17). 369

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

des Vorteils beim Vortäter führen könne bzw. führe.374 Im zu entscheidenden Fall ergäbe sich aber aus den Handlungen der Angeklagten, dass der Zweck ihres Handelns eben nicht auf die Sicherung des Vorteils für den Vortäter – wenn dies auch als Zwischenziel bzw. zwingende Folge gebilligt wurde – gerichtet war, sondern es ihnen vielmehr darauf ankam, dass der Gegenstand an den ursprünglichen Eigentümer zurückgeführt wird.375 Eine Bezahlung, die die Angeklagten hiervon vom Eigentümer und Auftraggeber erhalten sollten, und die ebenfalls Motivation für ihr Handeln war, stehe dieser Bewertung nicht entgegen.376 Es fehle im Ergebnis die notwendige Vorteilssicherungsabsicht der Täter. Betrachte man die Entschädigung, die dem Vortäter versprochen wurde, für den Fall der Zurückerlangung des Gegenstands, so könne man noch fragen, ob es sich insofern möglicherweise um die Sicherung eines Tatvorteils handle.377 Allerdings stelle die Entschädigung einen neuen Vorteil dar, der weder von den Vortätern bei der Vortatbegehung angestrebt wurde, noch im Zeitpunkt der vermeintlichen Hilfeleistungshandlung derart zu ihrem Vermögen zugeordnet werden konnte, als dass eine Sicherungshandlung hieran möglich gewesen wäre.378 Bei der gezahlten Entschädigung handle es sich lediglich um eine freiwillige Leistung an den Vortäter, nicht dagegen um die Sicherung eines bereits vorhandenen Tatvorteils beim Vortäter, wie es für § 257 StGB erforderlich wäre.379 Über diese konkreten Ausführungen zum Fall hinaus stellt das Reichsgericht jedoch fest, dass ein Sichern i. S. d. Begünstigungstatbestands nicht notwendigerweise darin bestehen müsse, dass der Vortäter im Besitz, der durch die Vortat erlangten Sache, gehalten werde.380 Auch eine Hilfe bei der Ausnutzung oder Verwertung der durch die Vortat erlangten Sache könne eine Vorteilssicherung darstellen.381 Hiermit wird umschrieben, was Jahre später von der Literatur als die Sicherung des Vorteils der angemaßten Eigentümerstellung bezeichnet werden wird. Für den vorliegenden Fall bedeute dies, dass der Ankauf eines durch die Vortat rechtswidrig erlangten Gegenstands durchaus den Tatbestand der Begünstigung erfüllen könne, nämlich indem der Vorteil des Vortäters, in Form der angemaßten Eigentümerstellung an dem zuvor rechtswidrig erlangten Gegenstand, durch den Ankauf gesichert werde.382 Allerdings komme eine Begünstigungsstrafbarkeit im hier zu entscheidenden Fall deshalb nicht in Betracht, weil der Ankäufer – hier das Detektivbüro – nicht das Ziel verfolgte, den Vortäter in seiner Position zu sichern, 374

RGSt 40, 15 (17 f.). RGSt 40, 15 (18 ff.). 376 RGSt 40, 15 (18). 377 RGSt 40, 15 (18 f.). 378 RGSt 40, 15 (18 f.). 379 RGSt 40, 15 (18 f.). 380 RGSt 40, 15 (19). 381 RGSt 40, 15 (19). 382 RGSt 40, 15 (19). 375

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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sondern vielmehr anstrebte, ihm das aus der Vortat Erlangte zu entziehen und dem Eigentümer wieder zukommen zu lassen.383 Nach Ansicht des Reichsgerichts scheitert eine Strafbarkeit im zu entscheidenden Fall daher – wie oben bereits festgestellt – am Vorliegen der nötigen Vorteilssicherungsabsicht.384 Zuletzt werden noch Schutzzweckerwägungen angeführt, die dafür sprechen sollen, eine Rückveräußerungskonstellation, wie die vorliegende, nicht als Begünstigung zu erfassen: § 257 StGB solle nach dem Willen des Gesetzgebers dem Schutz des Vermögens des Einzelnen dienen und zwar zusätzlich zu dem vom Bürgerlichen Gesetzbuch ohnehin gewährten Schutz.385 Zu dem bezweckten Schutz, der Vermögensinteressen des Einzelnen, würde es jedoch in Widerspruch stehen, wenn man Handlungen des Eigentümers oder etwaiger Mittelsmänner, die zum Ziel haben, den durch die Vortat erlangten Gegenstand wiederzuerlangen und somit den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen, mit Strafe gem. § 257 StGB belegen würde.386 Diese Ausführungen stehen scheinbar im Widerspruch zu der bereits im vorhergehenden Teil des Urteils klargestellten Anerkennung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil387, zielen sie doch gerade darauf ab, Fälle der Rückveräußerung aus dem Tatbestand der Begünstigung auszuscheiden. Die Ausführungen zum Schutzzweck der Norm lassen sich aber durchaus auch dahingehend verstehen, dass in solchen Fällen der Rückveräußerung die angeführten Schutzzweckerwägungen in besonderem Maße zu berücksichtigen sind und eben wie auch im Urteil formuliert nicht ohne weitere Prüfung von einer Begünstigungsstrafbarkeit ausgegangen werden könne.388 Dies zeigt aber, dass nach Ansicht der Rechtsprechung für eine Strafbarkeit wegen Begünstigung nicht generell alle Fälle der Rückveräußerung an den Eigentümer ausscheiden. Im Ergebnis verneinte das Reichsgericht daher für den vorliegenden Fall die Verwirklichung einer Begünstigung mangels Vorteilssicherungsabsicht, allerdings wurde die Möglichkeit der Sicherung eines Vorteils in Form der angemaßten Eigentümerstellung grundsätzlich anerkannt.389

383

RGSt 40, 15 (19). RGSt 40, 15 (19). 385 RGSt 40, 15 (20). 386 RGSt 40, 15 (20). 387 RGSt 40, 15 (19). 388 RGSt 40, 15 (20). 389 Aufgrund fehlender subjektiver Tatbestandsmerkmale wurde auch im Fall des Volkacher Kirchenräubers eine Begünstigung abgelehnt (Erdsiek, in: NJW 1963, 1048 (1049)): Es fehle insofern ebenfalls an der nötigen Vorteilssicherungsabsicht des Täters, da dieser seine Hilfeleistungshandlung im Interesse des durch die Vortat Geschädigten ausführte und die objektiv stattfindende Begünstigung dabei nur als zwingende Folge seiner Handlung hinnahm. Für eine Strafbarkeit wegen Begünstigung sei aber gerade erforderlich, dass der Täter eine auf Sicherung des Vorteils für den Vortäter gerichtete Absicht aufweise. Vgl. zu diesem Fall 1. Teil, B. III. 2. b) aa) (2) (b) (cc) (a). 384

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

(bb) Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 22. 03. 1979 Interessant für die hier untersuchte Konstellation ist auch die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 22. 03. 1979390, der folgendes Geschehen zugrunde lag: Nachdem der Vortäter einen Ring von einem Juwelier gestohlen hatte und er diesen anschließend seiner Verlobten zwecks Veräußerung übergab, vermittelte der vermeintliche Begünstigungstäter den Rückkauf des Ringes durch einen Dritten, der im Auftrag des Juweliers handelte. Hierbei wurde er im Auftrag der Verlobten des Vortäters tätig und handelte dabei sowohl im Interesse des Vortäters als auch des durch die Vortat Geschädigten. Zum Rückkauf kam es letztlich nicht, da sich die Parteien bzgl. des Rückkaufpreises nicht einig wurden.391 Das Oberlandesgericht zog für den vorliegenden Fall zwei Strafbarkeiten in Betracht, wobei der zunächst in Frage kommende § 259 StGB schon an der fehlenden Bereicherungsabsicht scheitere, insofern fehle es an von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen hinsichtlich eines Willens des Täters, sich selbst oder einen Dritten zu bereichern.392 Die darüber hinaus in Betracht kommende Strafbarkeit gem. § 257 StGB wurde sodann vom OLG ausführlich diskutiert.393 Der Klarstellung bedurfte zunächst die Tatsache, dass der Absatz der Vortatbeute durchaus eine Begünstigung darstellen könne, wie auch bereits zuvor vom Bundesgerichtshof entschieden wurde (BGHSt 2, 362 sowie BGHSt 4, 122). Der Annahme einer Begünstigung könne nicht entgegengehalten werden, dass sich der Vortäter durch den Absatz des Vorteils begebe, vielmehr finde durch den Absatz die Zueignung des wirtschaftlichen Wertes des Vortatvorteils statt und darin könne ebenfalls eine Sicherung des Vortatvorteils liegen.394 Ohne die Begrifflichkeit im Urteil zu nennen, geht das Oberlandesgericht hier also auch von einer Sicherung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil aus. Anders als in den bisher vom Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang untersuchten Fällen sei jedoch hier die Besonderheit zu beachten, dass ein Fall der Rückveräußerung an den Eigentümer und kein Fall der Veräußerung an einen Dritten vorliege.395 Für die rechtliche Bewertung und die Möglichkeit der Sicherung eines Vortatvorteils könne es jedoch keinen Unterschied machen, ob an einen Dritten oder den ursprünglichen Eigentümer abgesetzt werde. Die hinter beiden Fällen stehende Überlegung der Sicherung des wirtschaftlichen Wertes und der Sicherung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil verbiete eine Ungleichbehandlung beider Fälle.396

390

Veröffentlicht in NJW 1979, 2320 f. Vgl. zum gesamten Sachverhalt OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2320). 392 OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2320). 393 OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2320). 394 OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2320). 395 OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2320). 396 Vgl. zur Argumentation OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2320).

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B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Im vorliegenden Urteil wird nach Anstellen dieser grundsätzlichen Erwägungen noch der subjektive Tatbestand thematisiert.397 Hier liege letztlich auch die Problematik des Falls, denn das Handeln sowohl im Interesse des Vortäters als auch des Geschädigten führe zur problematischen Frage, ob eine für die Verwirklichung des § 257 StGB notwendige Vorteilssicherungsabsicht vorliege. Grundsätzliche reiche es aus, dass es dem Begünstigungstäter auch auf die Hilfeleistung gegenüber dem Vortäter ankomme – so war es auch im vorliegenden Fall. Allerdings erfordere die Begünstigungsabsicht aufgrund des Sinn und Zwecks des Begünstigungstatbestands darüber hinaus noch ein Handeln in dem Wissen und mit dem Willen, durch das eigene Handeln die Restitution gegenüber dem Geschädigten zu erschweren. Hierzu seien durch die Vorinstanz keine ausreichenden Feststellungen getroffen worden, der lediglich festgestellte Wille hinsichtlich der Sicherung des Vortäters und seiner Interessen reiche damit nicht für die Annahme einer Begünstigungsabsicht aus. Folglich konnte aufgrund fehlender Feststellungen im Bereich des subjektiven Tatbestands keine Verurteilung wegen Begünstigung erfolgen, sodass die Sache zur Neuverhandlung zurückverwiesen wurde.398 Für die hier entscheidende Frage des Vorliegens eines Vorteils ist das Urteil dennoch aufschlussreich, indem es klarstellt, dass auch im Fall der Rückveräußerung an den Eigentümer eine Begünstigung in Form der Sicherung des Vorteils der angemaßten Eigentümerstellung grundsätzlich in Betracht kommt. Diese Klarstellung bezüglich der Auslegung des Vorteilsbegriffs durch das OLG Düsseldorf hatte zur Folge, dass auch die Literatur sich mit der Problematik des Rückerwerbs eines Vortatvorteils durch den Geschädigten in mehreren Veröffentlichungen auseinandersetzte399: Während sich einige Darstellungen darin erschöpfen, die Entscheidung darzustellen und eine rechtliche Bewertung durch den Verfasser vermissen lassen400, bespricht Geppert die Entscheidung ausführlicher und stimmt hierbei der Auslegung des Vorteilsbegriffs durch das OLG Düsseldorf zu.401 Da die Begünstigung zum Ziel habe, die Vereitelung der Restitution zu bestrafen, müsse im Fall der Zurückerlangung des durch die Vortat entzogenen Gegenstands durch den Geschädigten der Straftatbestand eingreifen. Schließlich werde die Restitution in diesem Fall vereitelt, denn der Rückkauf durch den Geschädigten stelle

397

OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2321 f.). Vgl. zur ausführlichen Problematisierung der Vorteilssicherungsabsicht OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320 (2321). 399 Geppert, in: Jura 1980, 327 (327 ff.); Hassemer, in: JuS 1980, 231 (231 f.); Zipf, in: JuS 1980, 24 (24 ff.). 400 Hassemer, in: JuS 1980, 231 (231 f.) gibt lediglich die Entscheidung wider; Zipf, in: JuS 1980, 24 (24 ff.) beleuchtet neben der Entscheidung noch Rechtsgut und einzelne Tatbestandsmerkmale genauer. Sowohl bei Zipf als auch bei Hassemer bleibt unklar, wie sie die Entscheidung bewerten. 401 Geppert, in: Jura 1980, 327 (328 f.). 398

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

nicht die nach dem Gesetz vorgesehene Art der Restitution dar, mithin finde auch keine Restitution statt.402 Darüber hinaus wurde die Entscheidung des OLG Düsseldorf einige Jahre später durch das OLG Hamm Urteil vom 21. 05. 2013 bestätigt.403 Die Mithilfe bei der Veräußerung des erlangten Gegenstands an den Vortatgeschädigten wurde als taugliche Hilfe i. S. d. Begünstigungstatbestands anerkannt und somit auch implizit die angemaßte Eigentümerstellung als sicherungsfähiger Vorteil gewertet.404 Es könne insofern für die rechtliche Wertung keinen Unterschied machen, ob der aus der Vortat erlangte Gegenstand an einen Dritten, an den durch die Vortat Geschädigten oder aber an eine im Lager des Geschädigten stehende Person oder Einrichtung veräußert werden soll.405 In allen drei Fällen werde durch den Begünstigungstäter das gleiche strafwürdige Unrecht verwirklicht, nämlich die Sicherung des wirtschaftlichen Wertes für den Vortäter.406 (cc) Meinungsstand in der Literatur (a) Allgemeines Schon wenn man die zur Rückveräußerung an den Eigentümer ergangene Rechtsprechung betrachtet, fällt auf, dass vorwiegend auf subjektiver Seite die Vorteilssicherungsabsicht problematisiert wird.407 Ein Blick auf die zu diesem Thema existierende Literatur bestätigt diesen Eindruck408, darüber hinaus wird die Problematik aber auch i. R. d. Hilfeleistens diskutiert.409 Nichtsdestotrotz soll wie schon zuvor erläutert, die sich hier stellende Problematik, ausschließlich anhand des Tatbestandsmerkmals des Vorteils diskutiert werden.410 Die Wertung des OLG Düsseldorf, dass auch die Rückveräußerung an den Eigentümer als taugliche Vorteilssicherung anzuerkennen ist, findet in der Literatur breite Zustimmung.411 Worin genau in diesem Fall der gesicherte Vorteil besteht, wird jedoch kontrovers beurteilt: Während die Mehrheit sich der Rechtsprechung anschließt und die angemaßte Eigentümerstellung am zu veräußernden Gegenstand

402

Geppert, in: Jura 1980, 327 (329). OLG Hamm BeckRS 2013, 11326. 404 OLG Hamm BeckRS 2013, 11326. 405 OLG Hamm BeckRS 2013, 11326. 406 OLG Hamm BeckRS 2013, 11326. 407 RGSt 40, 15; OLG Düsseldorf NJW 1979, 2320. 408 NK-Altenhain, § 257 Rn. 32; Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 248 (249). 409 NK-Altenhain, § 257 Rn. 24. 410 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. b) aa) (2) (a) (ff). 411 Fischer, § 257 Rn. 10; Kindhäuser/Hilgendorf, § 257 Rn. 18; Küper/Zopfs, Rn. 347; Maurach/Schroeder/Maiwald, Bd. 2, § 101 Rn. 9; Rengier, BT I, § 20 Rn. 11; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 863; Stoffers, in: Jura 1995, 113 (123 f.); Janson, S. 153 ff., 174. 403

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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als Vorteil ansieht412, wollen andere den Vorteil in dem der Sache immanenten Wert sehen.413 Zum Teil lassen die Ausführungen auch nicht erkennen, was als zu sichernder Vortatvorteil gewertet wird414 und einige lehnen die Vorteilssicherung für Fälle der Rückveräußerung generell ab.415 Zunächst soll der Blick auf diejenigen Vertreter der Literatur gerichtet werden, die Fälle der Rückveräußerung als Begünstigung werten: Ausgehend vom Sinn und Zweck des Begünstigungstatbestands, dem Schutz vor Restitutionsvereitelung, müsse der Fall der Rückveräußerung an den Eigentümer von § 257 StGB erfasst sein. Eine augenscheinlich durch den Rückkauf stattfindende Restitution erfolge gerade nicht, da trotz Bestehens eines zivilrechtlichen Anspruchs auf Herausgabe des Gegenstands nur eine entgeltliche Herausgabe erfolge und damit keine Restitution – in Form der unentgeltlichen Rückerlangung des Gegenstands – stattfinde. Vielmehr handle es sich um eine Restitutionsvereitelung, da die Wiederherstellung des Ursprungszustands, in dem der Geschädigte sowohl Besitzer des relevanten Gegenstandes als auch des gezahlten Geldbetrages ist, dauerhaft vereitelt wird.416 Abgesehen von der grundsätzlichen Anerkennung einer Strafbarkeit wegen Begünstigung in Fällen der Rückveräußerung an den Eigentümer, werden unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der Art des gesicherten Vorteils vertreten.417 Sofern für Fälle der Rückveräußerung des Gegenstands an den Eigentümer eine Begünstigung angenommen und hierbei die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil angesehen wird, gleicht die Begründung derjenigen der Rechtsprechung.418 Zwecks Vermeidung von Wiederholungen soll es hier bei einem Verweis auf die bereits oben angeführten Argumente bleiben.419 Demgegenüber ist die Position Jansons hervorzuheben420, der zwar befürwortet, dass Absatz bzw. Absatzhilfe als Begünstigung erfasst werden421, allerdings einen Vorteil in Form der angemaßten Eigentümerstellung ablehnt und als sicherungsfähigen Vorteil für Fälle des Absatzes bzw. der Absatzhilfe einen Wert annimmt, der 412

Küper/Zopfs, Rn. 347; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 863. Janson, S. 170 f. 414 Kindhäuser/Hilgendorf, § 257 Rn. 18; Maurach/Schroeder/Maiwald, Bd. 2, § 101 Rn. 9; Rengier, BT I, § 20 Rn. 11; Stoffers, in: Jura 1995, 113 (123 f.). 415 NK-Altenhain, § 257 Rn. 24, 32, der für den Fall einer Hilfeleistung bei der Rückveräußerung an den Geschädigten eine Begünstigung ablehnt; SK-Hoyer, § 257 Rn. 32 f.; Bosch, in: Jura 2012, 270 (276); Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 248 (249 ff.); Geppert, in: Jura 2007, 589 (594), der unter Bezugnahme auf den Fall der Volkacher Madonna seine noch zuvor in Jura 1980, 327 (329) vertretene Ansicht aufgibt, vgl. Fn. 401 f.; Hruschka, in: JR 1980, 221 (225); Schumann, in: JuS 2010, 529 (535). 416 Vgl. zur gesamten Argumentation Stoffers, in: Jura 1995, 113 (123). 417 Vgl. Fn. 412 f. 418 Küper/Zopfs, Rn. 347; nur ganz knapp Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 863. 419 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. b) aa) (2) (b) (bb). 420 Janson, S. 153 ff. 421 Janson, S. 153 ff., 174. 413

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

dem aus der Vortat erlangten Gegenstand innewohnt.422 Dagegen sei die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil abzulehnen, da es andernfalls zu einer Ausuferung des Tatbestandes kommen würde: Man müsste sonst für jeden Fall eines Vortäterhandelns, das Ausdruck der angemaßten Eigentümerstellung ist und durch einen Dritten gesichert wird, eine Begünstigung annehmen. Das gelte beispielsweise auch für den Fall, dass ein Vortäter sich dafür entscheidet, den erlangten Gegenstand zu zerstören und ihm hierbei Hilfe geleistet wird.423 Dies sei aber nicht Zweck des Begünstigungstatbestands und daher sei als sicherungsfähiger Vorteil im Fall der Rückveräußerung der Vortatbeute an den Geschädigten nur der wirtschaftliche Wert eben dieses Gegenstands anzusehen.424 Zuletzt muss noch die Position derjenigen beleuchtet werden, die eine Rückveräußerung an den Eigentümer nicht als Begünstigung werten.425 Während sich einige Vertreter der Literatur darauf beschränken, knapp festzustellen, dass der Rückverkauf an den Eigentümer gerade zur Restitution führe und folglich nicht vom Schutzzweck des § 257 StGB (Schutz vor Restitutionsvereitelung) und damit auch nicht vom Straftatbestand erfasst sei426, lehnen andere eine Vorteilssicherungsabsicht ab und lassen aus diesem Grund eine Strafbarkeit gem. § 257 StGB scheitern.427 Eine darüber hinausgehende Argumentation legen Dehne-Niemann428 und Hruschka429 ihren Ausführungen zugrunde. Ausgangspunkt Dehne-Niemanns ist die Auslegung der wohl überwiegend vertretenen Ansicht in der Literatur, die einen der Sache immanenten Wert oder aber die angemaßte Eigentümerstellung als sicherungsfähigen Vorteil ansieht und damit für Fälle des Rückverkaufs an den Geschädigten eine strafbare Begünstigung bejaht.430 Diese Auslegung könne nicht bereits mit dem vielfach angeführten Argument widerlegt werden, dass es in Fällen der Rückveräußerung gerade zu einer Restitution der Besitzverhältnisse komme und daher eine Begünstigung vom Schutzzweck her bereits ausscheide.431 Vielmehr bestehe Klärungsbedarf gerade dahingehend, warum es für eine Vorteilssicherung nur auf die Sicherung des Sachbesitzes, nicht aber auch auf die Sicherung des wirtschaftlichen Wertes des erlangten Gegenstands ankommen könne.432 Die Notwendigkeit einer solchen Differenzierung ergebe sich aus systematischen Erwä422

Janson, S. 153 ff., 171 f. Zu diesem Argument vgl. Janson, S. 153 ff., 171 f. 424 Janson, S. 153 ff., 174. 425 NK-Altenhain, § 257 Rn. 24, 32; SK-Hoyer, § 257 Rn. 32 f.; Geppert, in: Jura 2007, 589 (594); Hruschka, in: JR 1980, 221 (225); Otto, § 57 Rn. 11. 426 SK-Hoyer, § 257 Rn. 32 f. 427 NK-Altenhain, § 257 Rn. 32. 428 Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 248 (250). 429 Hruschka, in: JR 1980, 221 (225). 430 Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 248 (250). 431 Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 248 (250). 432 Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 248 (250). 423

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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gungen, die neben Erwägungen zum Schutzzweck der Norm immer anzustellen seien.433 In systematischer Hinsicht sei § 257 StGB im Zusammenhang mit § 259 StGB zu untersuchen: Fragt man für den Fall einer Rückveräußerung an den Eigentümer nach einer Strafbarkeit des hierbei Hilfe Leistenden gem. § 259 StGB, so komme man entweder zu dem Ergebnis, dass der Hehlereitatbestand gar keine Anwendung findet oder aber nur dann anzuwenden ist, wenn nicht nur ausschließlich der Vortäter bereichert werden soll, schließlich ist der Vortäter kein von § 259 StGB geforderter Dritter. Sofern aber aus den eben genannten Gründen eine Hehlerei für den Fall der Rückveräußerung an den Eigentümer ausscheide, könne eben auch keine Begünstigung subsidiär herangezogen werden. Damit würde der Hehlereitatbestand gerade unterlaufen, da trotz Fehlens eines Merkmals des § 259 StGB eine andere Strafnorm eingreifen würde. Dies sei insbesondere deshalb problematisch, weil Hehlerei und Begünstigung den gleichen Strafrahmen aufweisen.434 Weiterhin hätte das Tatbestandsmerkmal der Bereicherungsabsicht eine eigenständige Bedeutung nur noch für die Anwendung des § 260 StGB, insofern muss nämlich § 259 StGB mit all seinen Tatbestandsmerkmalen als Grundtatbestand vorliegen, § 257 StGB reicht dagegen als Grundtatbestand für die Qualifikation des § 260 StGB nicht aus.435 Die angestellten systematischen Erwägungen zeigten somit, dass es notwendig sei, § 257 StGB so auszulegen, dass eine Vorteilssicherung für Fälle der Rückveräußerung an einen Eigentümer abgelehnt und somit auch die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil nicht anerkannt werde. Eventuell auftretende Strafbarkeitslücken, die sich aus einer Nichtanwendbarkeit von sowohl § 257 StGB als auch § 259 StGB ergäben, seien hinzunehmen.436 (b) Der Fall „Volkacher Madonna“ Schließlich soll an dieser Stelle noch ein Fall Erwähnung finden, der aufgrund des in Rede stehenden Vortatvorteils Bekanntheit erlangt hat, jedoch von der Rechtsprechung nie entschieden wurde, da bereits das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde.437 Nachdem das Kunstwerk „Madonna im Rosenkranz“ aus der Volkacher Wallfahrtskirche gestohlen worden war, wendet sich der damalige Chef des „Stern“, Henri Nannen, mit einer Auslobung an die Öffentlichkeit, in der den Tätern für eine Rückgabe des Kunstwerks 100.000 Euro sowie die Nichtpreisgabe ihrer Identität an die Behörden, versprochen wurde. Aufgrund der Auslobung kam es zur Rückgabe des Werks und zur Zahlung der versprochenen Summe an die Täter438, die Identität 433

Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 248 (250). Vgl. zur gesamten Argumentation Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 248 (250); Hruschka, in: JR 1980, 221 (224). 435 Zur Argumentation vgl. Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 248 (250). 436 Hruschka, in: JR 1980, 221 (225). 437 Erdsiek, in: NJW 1963, 1048 (1049). 438 Zum Sachverhalt vgl. Erdsiek, in: NJW 1963, 1048 (1049); Bosch, in: Jura 2012, 270 (276); Geppert, in: Jura 2007, 589 (594); knapp Seibert, in: NJW 1963, 142 (143). 434

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

der Diebe konnte dagegen nicht ermittelt werden. Gegen den Auslobenden wurde im Anschluss an die Rückgabe des Kunstwerks Strafanzeige gestellt, das Verfahren jedoch eingestellt.439 Trotz des kurzen Verfahrens ist es dieser Fall, der in der Literatur immer wieder aufgegriffen und als Beispiel für eine Rückveräußerung an den Eigentümer sowie für die Frage nach einer Strafbarkeit wegen Begünstigung herangezogen wurde. Schon zum Zeitpunkt des tatsächlichen Geschehens 1963, lehnte Seibert eine Strafbarkeit wegen Begünstigung für den Auslobenden – unter Bezugnahme auf RGSt 40, 15 ab.440 Auch Erdsiek ging in seinen Ausführungen zwar vom Vorliegen des objektiven Tatbestands, aber von einer fehlenden Vorteilssicherungsabsicht des Auslobenden aus: Ihm sei es nur auf die Wiederbeschaffung des Kunstwerks angekommen, nicht dagegen auf die Sicherung der Position des Vortäters.441 Viele Jahre später setzten sich auch Bosch442 und Geppert443 nochmals mit diesem Fall auseinander. Bosch bezeichnet einen solchen Fall der Rückveräußerung zunächst pauschal als eine nicht von § 257 StGB erfasste mittelbare Vorteilssicherung.444 Eine solche liege vor, da an der Sache hier keine – wie vom Schutzzweck des § 257 StGB geforderte – Restitutionsvereitelung vorgenommen werde, schließlich gelange der durch die Vortat erlangte Gegenstand, also der Sachbesitz, an den Geschädigten zurück. Eine Vorteilssicherung könne dann höchstens noch in der Sicherung der angemaßten Eigentümerstellung zu sehen sein, diese Konstruktion eines Vorteils lehnt Bosch jedoch ab. Der unmittelbare Tatvorteil liege ausschließlich im Sachbesitz selbst, eine erweiternde Auslegung des Vorteilsbegriffs würde dem Unrechtsgehalt und Schutzzweckgedanken des § 257 StGB nicht gerecht und sei daher abzulehnen.445 Ähnlich argumentiert auch Geppert446 im Fall der Volkacher Madonna: Einerseits liege schon der objektive Tatbestand nicht vor, da es für eine taugliche Hilfeleistungshandlung i. S. d. Begünstigungstatbestands schon an einer Restitutionsvereitelung fehle, es würden nämlich keine bestehenden rechtswidrigen Besitzverhältnisse zu Gunsten des Vortäters gesichert, sondern vielmehr das durch die Vortat Erlangte an den Geschädigten zurückgeführt und damit ja gerade Restitution betrieben.447 Darüber hinaus scheitere eine Strafbarkeit auf subjektiver Seite an der notwendigen Vorteilssicherungsabsicht, da es dem Auslobenden auf die Sicherung der Interessen des Geschädigten ankomme, nicht auf diejenigen des Vortäters.448 439

Erdsiek, in: NJW 1963, 1048 (1049). Seibert, in: NJW 1963, 142 (143). 441 Erdsiek, in: NJW 1963, 1048 (1049). 442 Bosch, in: Jura 2012, 270 ff. 443 Geppert, in: Jura 2007, 589 (589 ff.). 444 Bosch, in: Jura 2012, 270 (276). 445 Zur gesamten Argumentation vgl. Bosch, in: Jura 2012, 270 (276). 446 Geppert, in: Jura 2007, 589 (594). 447 Geppert, in: Jura 2007, 589 (594). 448 Geppert, in: Jura 2007, 589 (594).

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B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Dass das Verhalten des Auslobenden schließlich quasi zwingend auch immer dem Vortäter diene, sei nur eine notwendige Folge, die der Auslobende in Kauf nehme, beabsichtigen würde er dies aber keinesfalls.449 Hervorzuheben ist hier noch die Tatsache, dass sich Geppert damit von seiner ursprünglich geäußerten Beurteilung von Fällen der Rückveräußerung an den Eigentümer distanziert, nach der sowohl objektiv eine Hilfeleistungshandlung als auch subjektiv eine Vorteilssicherungsabsicht – sofern der Auslobende im Vortäterinteresse handelt – in Betracht zu ziehen waren.450 Letztlich lässt sich hier speziell für den Fall der Volkacher Madonna als Ergebnis festhalten, dass die Vertreter der Literatur hier sowohl einerseits das Vorliegen des objektiven Tatbestands verneinen, entweder mangels tauglichen sicherungsfähigen Vorteils oder aber mangels geeigneter Hilfeleistungshandlung, welche die Restitution erschwert. Andererseits wird die Ablehnung einer Strafbarkeit gem. § 257 StGB mit dem Nichtvorliegen des subjektiven Tatbestands in Gestalt einer notwendigen Vorteilssicherungsabsicht begründet. (3) Ergebnis Nach der vorangehenden Analyse von Rechtsprechung und Literatur, hinsichtlich der Bewertung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil i. S. d. § 257 StGB, lassen sich folgende Zwischenergebnisse festhalten: (1) Für den Absatz bzw. die Absatzhilfe an einen Dritten: (a) Die Rechtsprechung erkennt die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil an und bejaht damit für die Fälle des Absatzes bzw. der Absatzhilfe die Möglichkeit einer Strafbarkeit wegen Begünstigung. (b) In der Literatur ist die Anerkennung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil weiterhin umstritten, wobei die Mehrheit für die Anerkennung als Vortatvorteil plädiert. (2) Für den Absatz bzw. die Absatzhilfe an den Eigentümer (sog. Rückveräußerung): (a) Die Rechtsprechung erkennt auch für Fälle der Rückveräußerung die angemaßte Eigentümerstellung als Vortatvorteil an, sodass beim Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen eine Strafbarkeit wegen Begünstigung anzunehmen ist. (b) Die Literatur ist wiederum geteilter Ansicht, wobei auch hier die Mehrheit der Stimmen dahingeht, dass ein sicherungsfähiger Vortatvorteil in Form der angemaßten Eigentümerstellung vorliegen kann.

449

Geppert, in: Jura 2007, 589 (594). So explizit Geppert, in: Jura 2007, 589 (594, Fn. 48); zur vorherigen Auffassung vgl. Geppert, in: Jura 1980, 327 (329). 450

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

Darüber hinaus lässt sich noch Folgendes zusammenfassend festhalten: In der Argumentation stehen sich eine Auslegung nach Sinn und Zweck des Tatbestands und nach der Systematik des Gesetzes gegenüber. Insbesondere das Verhältnis zu § 259 StGB spielt in dieser Fallgruppe eine entscheidende Rolle für die Bewertung des Vorliegens eines Vortatvorteils, zum einen aus systematischen Gesichtspunkten, zum anderen aufgrund entstehender Strafbarkeitslücken für die Fälle in denen § 259 StGB mangels Bereicherungsabsicht ausscheidet. Abgesehen von den inhaltlichen Differenzen bei der Beurteilung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil, stellt sich als die weitere Schwierigkeit, dass die gesamte Problematik von Rechtsprechung und Literatur immer wieder anhand anderer Tatbestandsmerkmale diskutiert wird, etwa i. R. d. Vorteilsbegriffs, anhand der Tauglichkeit der Hilfeleistungshandlung sowie bei der Vorteilssicherungsabsicht.451 bb) Verarbeiteter, verbundener, vermischter Gegenstand bzw. Verarbeitungs-, Verbindungs- oder Vermischungsprozess als Vorteil (1) Problemaufriss Als Vorteilssicherung ist grundsätzlich auch eine Verarbeitung eines durch die Vortat erlangten Gegenstands oder die Verbindung oder Vermischung des Gegenstands mit einem anderen denkbar. Hier muss man sodann wiederum danach fragen, ob ein Tatvorteil gesichert wird. Zu untersuchen sind zwei Fälle: Ein tauglicher unmittelbarer Tatvorteil kann einmal in dem verarbeiteten, verbundenen oder vermischten Gegenstand selbst – also im Endprodukt – liegen oder aber eine Vorteilssicherung findet im Rahmen des Verarbeitungs-, Verbindungs- oder Vermischungsprozesses statt, sodass man auch hier wieder als sicherungsfähigen Vorteil einen dem Gegenstand immanenten Wert ansehen könnte.452 (2) Rechtliche Behandlung (a) Rechtsprechung Ausgangspunkt der Untersuchung soll hier erneut die Rechtsprechung sein. Mangels höchstrichterlicher Entscheidungen zu Fällen der Vermischung und Verbindung muss es hier zunächst bei einer Untersuchung zweier Fälle zur Verarbeitung bleiben. 451

Vgl. 1. Teil, B. III. 2. b) aa) (2) (a) (ff) sowie 1. Teil, B. III. 2. b) aa) (2) (b) (bb) (a). Genau genommen handelt es sich nur bei der Frage, ob die Vorteilssicherung im Rahmen des Verarbeitungs-, Verbindungs- oder Vermischungsprozesses stattfindet um einen solchen Fall, der in die Fallgruppe Nutzungswert als Vorteil fällt. Die andere i. R. d. Verarbeitung, Verbindung und Vermischung diskutierte Konstellation passt gerade nicht in diese Fallgruppe, da hier das Endprodukt, also wiederum ein Gegenstand als Vorteil diskutiert wird. Aufgrund des Zusammenhangs dieser in Betracht kommenden Konstellationen sollen diese jedoch zusammen an dieser Stelle der Arbeit diskutiert werden. 452

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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(aa) Entscheidung des Reichsgerichts vom 05. 10. 1894 Die Rechtsprechung setzte sich erstmals in der Reichsgerichtsentscheidung RGSt 26, 119 mit der Frage der Vorteilssicherung durch Verarbeitung auseinander. Im zugrundeliegenden Fall wurden durch den Vortäter Stoffe entwendet, welche die vermeintliche Begünstigungstäterin sodann für sich selbst, den Vortäter und das gemeinsame Kind verarbeitete.453 Als Vorteil waren hier nicht die fertigen aus dem Stoff hergestellten Produkte in Betracht zu ziehen, denn für deren Sicherung lieferte der Sachverhalt keine Anhaltspunkte. Vielmehr hatte sich das Gericht mit der Frage zu beschäftigen, ob der Verarbeitungsprozess als Vorteil anzuerkennen ist, ob also ein wirtschaftlicher Wert im Rahmen der Verarbeitung sicherungsfähig ist. Diese Art der Vorteilssicherung lehnte das Reichsgericht jedoch – entgegen der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanz – mit folgender Begründung ab: Es sei nicht schlichtweg jede Handlung erfasst, die der Erhaltung bzw. Verwertung des Gegenstands beim Vortäter diene. Für eine Begünstigung sei vielmehr eine Handlung erforderlich, die dazu geeignet und auch bestimmt sei, den Vortäter vor einer Entziehung der Vortatvorteile zu schützen. Sofern die Tätigkeit des Hilfeleistenden dagegen in einer Verarbeitung bestehe und damit auf Verwendung und Verbrauch des Gegenstands gerichtet sei bzw. ein solches Verwenden des erlangten Gegenstands dem Täter erleichtert werden soll, könne nicht von einer Sicherung vor Entziehung der Vortatvorteile die Rede sein. Mithin scheide schon auf objektiver Seite eine Sicherungshandlung aus, weiterhin fehle es auch auf subjektiver Seite an der erforderlichen Vorteilssicherungsabsicht.454 Das Reichsgericht stellt letztlich noch – unabhängig vom zu entscheidenden Fall – fest, dass eine Verarbeitung grundsätzlich auch zu dem Zwecke erfolgen könne, den Vortäter vor Entziehung des Vortatvorteils zu schützen. Für diesen Fall aber sei sodann eine Strafbarkeit wegen Begünstigung nicht ausgeschlossen.455 Im Ergebnis steht im Fokus der Entscheidung lediglich die Frage nach der Tatbestandsmäßigkeit der Handlung, nicht aber nach dem tauglichen Tatobjekt. Das Reichsgericht geht in der Entscheidung auf den in Betracht kommenden Vorteil – also den möglicherweise sicherungsfähigen, der Sache i. R. d. Verarbeitung immanenten Wert – nicht ein. Daraus ließe sich zunächst schließen, dass man aus RGSt 26, 119 keine Erkenntnis hinsichtlich der Bewertung des Vorteils für Fälle der Verarbeitung gewinnen kann. Allerdings wäre diese Schlussfolgerung so nicht zutreffend, denn gerade indem das Reichsgericht anerkennt, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, eine Vorteilssicherung im Wege der Verarbeitung vorzunehmen, wird implizit bejaht, dass ein der Sache immanenter Wert durch Verarbeitung gesichert werden kann.

453

RGSt 26, 119 (119). Vgl. zur gesamten Argumentation RGSt 26, 119 (120). 455 Vgl. hierzu RGSt 26, 119 (120). 454

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

(bb) Entscheidung des Reichsgerichts vom 05. 03. 1943 Fast fünfzig Jahre später musste sich das Reichsgericht erneut mit der Frage der Möglichkeit einer Vorteilssicherung durch Verarbeitung beschäftigen.456 In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt wurden durch den Vortäter mehrere Flaschen Weingeist unterschlagen und diese sodann einem Dritten zur Verfügung gestellt, der daraus Likör zubereitete. Die Herstellung des Likörs wertete das Landgericht als Begünstigungshandeln.457 Das Reichsgericht wiederum schloss sich dieser rechtlichen Bewertung an: Eine für diese Begünstigung erforderliche Hilfeleistungshandlung liege hier in der Verarbeitung, da auch sie dazu geeignet sei, den Vortäter vor der Entziehung der Vorteile zu schützen. Durch eine Verarbeitung werde nämlich der ursprünglich erlangte Gegenstand umgebildet, hierdurch in seinem Wesen verändert und letztlich eine Identifikation des ursprünglich erlangten Gegenstands zwecks Restitution erschwert oder vereitelt. Der Vortäter werde durch die Verarbeitung vor einer Entziehung des Vorteils geschützt, sodass der Schutzzweck des Begünstigungstatbestands erfüllt sei.458 Wie schon in der zuvor besprochenen Entscheidung des Reichsgerichts geht das Gericht auch hier nicht auf den Vorteilsbegriff ein und begründet die Verwirklichung des Begünstigungstatbestands ausschließlich mit dem Vorliegen einer tauglichen Begünstigungshandlung. Dennoch wird auch hier implizit durch die Ausführungen des Gerichts die Sicherung eines der Sache immanenten Wertes im Rahmen einer Verarbeitung als mögliche Vorteilssicherung anerkannt. (b) Meinungsstand in der Literatur Im Anschluss an die Untersuchung der Rechtsprechung muss nun auch die Literatur beleuchtet werden. Möglicherweise finden sich hier Kriterien hinsichtlich der Beurteilung einer Sicherungsfähigkeit von Vorteilen im Rahmen einer Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung. Betrachtet man zunächst das Endprodukt von Verarbeitung, Verbindung sowie Vermischung und fragt nach dem Vorliegen eines unmittelbaren Tatvorteils, so ergibt sich hierfür durchweg eine Ablehnung des Tatvorteils.459 Das mittels Verarbeitung erworbene Eigentum sei schlichtweg nicht mehr unmittelbar durch die Vortat erlangt.460 Man könne höchstens noch in Betracht ziehen, einen unmittelbaren Tatvorteil insofern anzunehmen, als dass das Endprodukt der Verarbeitung, der Vortat einer Unterschlagung entstammt – zumindest für den Fall, dass man die Möglichkeit der Zweitzueignung anerkennt.461 Selbst wenn man dieser Argumentation folgen 456

RG DR 1943, 581 Nr. 15. RG DR 1943, 581 Nr. 15. 458 Zur gesamten Argumentation vgl. RG DR 1943, 581 Nr. 15. 459 LK-Walter, § 257 Rn. 27; M/R-Dietmeier, § 257 Rn. 16; NK-Altenhain, § 257 Rn. 17; SK-Hoyer, § 257 Rn. 13. 460 SK-Hoyer, § 257 Rn. 13. 461 LK-Walter, § 257 Rn. 27; NK-Altenhain, § 257 Rn. 17; SK-Hoyer, § 257 Rn. 13. 457

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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sollte, wird jedoch das Endprodukt der Verarbeitung von keinem Vertreter der Literatur als unmittelbarer Tatvorteil aus der ursprünglichen – zwecks Erlangung des Ausgangsprodukts begangen – Vortat angesehen. Weiterhin wird für den Prozess der Verarbeitung, Verbindung und Vermischung das Vorliegen eines sicherungsfähigen Vorteils in Betracht gezogen. Analog zu den Fällen der angemaßten Eigentümerstellung könnte man hier annehmen, dass ein sicherungsfähiger Vorteil in dem der Sache immanenten Wert besteht, der durch den Verarbeitungs-, Verbindungs- oder Vermischungsprozess selbst gesichert wird. In der Literatur wird dies, wenn überhaupt, nur sehr knapp thematisiert, so etwa durch Hoyer, der diesbezüglich lediglich feststellt, dass durch die Verarbeitung dem Vortäter sein Vorteil nicht erhalten bleibt.462 Hiermit erteilt er der Sicherung eines der Sache immanenten Wertes durch den Prozess der Verarbeitung, Verbindung und Vermischung eine Absage. Darüber hinaus finden sich jedoch in der Literatur keine eindeutigen Stellungnahmen zu einer möglichen Vorteilssicherung gerade durch den Prozess der Verarbeitung, Verbindung und Vermischung. Allerdings lassen sich mittelbar Erkenntnisse gewinnen, wenn man diejenigen Stimmen in der Literatur untersucht, welche die Problematik der Vorteilssicherung durch Verarbeitung, Verbindung und Vermischung erst im Rahmen der Vorteilssicherungsabsicht thematisieren.463 Die Annahme einer Vorteilssicherungsabsicht in den hier untersuchten Fälle, hat zur Folge, dass implizit auch die Möglichkeit der Sicherung eines Vorteils, in Form eines der Sache immanenten Wertes, durch Verarbeitung464 bzw. Verbindung und Vermischung465, anerkannt wird. Würde man nämlich keinen sicherungsfähigen Vorteil im Rahmen der Verarbeitung, Verbindung und Vermischung anerkennen, würde sich die Frage nach dem Vorliegen einer Vorteilssicherungsabsicht nicht mehr stellen. (3) Ergebnis Als eindeutige Ergebnisse lassen sich an dieser Stelle festhalten: (1) Die Sicherung des Endprodukts von Verarbeitung, Verbindung und Vermischung wird von der Literatur nicht als unmittelbarer Vortatvorteil gewertet, während sich die Rechtsprechung hierzu nicht äußert. (2) Die Sicherung eines der Sache immanenten Wertes im Rahmen der Verarbeitung, Verbindung und Vermischung wird von der Rechtsprechung anerkannt.

462 SK-Hoyer, § 257 Rn. 33; im gleichen Sinne Geppert, in: Jura 2007, 589 (593), der allerdings eine taugliche Hilfeleistungshandlung für Ausnutzung bzw. Verwertung der Vorteile – und damit auch für die Verarbeitung, Verbindung, Vermischung einer Sache – ablehnt und dies mit der fehlenden Restitutionsfeindlichkeit des Handelns begründet. 463 S/S-Hecker, § 257 Rn. 19; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 22. 464 S/S-Hecker, § 257 Rn. 19; MüKo-Cramer, § 257 Rn. 22. 465 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 22.

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

Die Literatur lehnt diese Art der Sicherung zum Teil ab, überwiegend wird sie aber befürwortet. cc) Verbrauch eines Gegenstands als Vorteil Den soeben besprochenen Fällen ähnlich ist der Fall, dass ein durch die Vortat erlangter Gegenstand verbraucht wird. Es stellt sich nun wiederum die Frage, ob auch im Rahmen eines solchen Verbrauchs möglicherweise ein Vorteil gesichert wird. Eine solche Vorteilssicherung wäre auch hier wieder ausschließlich in Form der Sicherung eines wirtschaftlichen (Nutzungs-)Wertes des ursprünglich durch die Vortat erlangten Gegenstands denkbar. Mangels einschlägiger Rechtsprechung kann hier nur untersucht werden, wie sich die Literatur zu diesem Problem positioniert. Wie auch schon in den zuvor besprochenen Fallgruppen wird die hier eigentlich beim Tatbestandsmerkmal des Vorteils zu verortende Problematik i. d. R. nicht an dieser Stelle, sondern vielmehr bei der Tauglichkeit der Hilfeleistungshandlung bzw. der Begünstigungsabsicht thematisiert. Während einerseits für Fälle des Verbrauchs das Vorliegen einer tauglichen Hilfeleistungshandlung abgelehnt wird466, wird andererseits das Bestehen einer Begünstigungsabsicht für den Verbrauch bejaht.467 Bezüglich der hier untersuchten Frage des Bestehens eines sicherungsfähigen Vorteils, im Rahmen eines Verbrauchs, liefern somit weder Rechtsprechung noch Literatur befriedigende Antworten, sodass die Frage nach dem Vorliegen eines Vorteils in dieser Fallgruppe zunächst offenbleiben muss. c) Tatlohn und Versprechen auf Entlohnung als Vorteil aa) Problemaufriss Neuerdings werden im Bereich der Unmittelbarkeit auch Fälle diskutiert, in denen der Tatlohn einen sicherungsfähigen unmittelbaren Tatvorteil darstellen soll. Zur Verdeutlichung der hier fraglichen Fallkonstellation folgender Beispielsfall: A hat 5.000 Euro Bargeld aus einem Geschäftsraum gestohlen, wobei B als Gehilfe mitwirkte, indem er Schmiere stand. Im Anschluss an die Begehung des Diebstahls zahlte A dem B einen Tatlohn von 500 Euro, wobei nicht geklärt werden konnte, ob dieser Betrag aus dem erbeuteten Vermögen oder dem sonstigen Vermögen des A stammte. B nahm das Geld an sich, befürchtete aber, dass eine solch hohe Bargeldmenge, im Zuge der Ermittlungen aufgrund der Diebstahlstat, Aufsehen erregen könnte und übergab das Geld seinem Cousin C zur Verwahrung. Strafbarkeit des C gem. § 257 StGB? 466 467

M/R-Dietmeier, § 257 Rn. 16. MüKo-Cramer, § 257 Rn. 22.

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Im Bereich dieser Fallgruppe werden Fälle untersucht, in denen ein Tatlohn aufgrund einer Beteiligung an der Vortat gezahlt wurde und dieser anschließend vom vermeintlichen Begünstigungstäter gesichert wird. Zu unterscheiden sind hier im Wesentlichen drei mögliche Konstellationen: (1) Der gezahlte Tatlohn stammt aus dem durch die Vortat erlangten Vermögen. (2) Der gezahlte Tatlohn stammt aus dem sonstigen Vermögen des Vortäters. (3) Es wurde bislang kein Tatlohn gezahlt, es existiert lediglich ein Versprechen gerichtet auf die Zahlung eines Tatlohns. In allen genannten Konstellationen stellt sich die Frage, ob der gezahlte Tatlohn bzw. das Versprechen auf Tatlohn einen sicherungsfähigen unmittelbaren Vorteil darstellt. Im Folgenden sollen daher die von Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage vertretenen Ansichten untersucht werden. bb) Rechtliche Behandlung (1) Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 03. 11. 2011 In der bisher einzigen höchstrichterlichen Entscheidung (BGHSt 57, 56)468 zur Frage, ob ein Tatlohn einen unmittelbaren Tatvorteil darstellen kann, wurde über alle drei in Betracht kommenden Fallgruppen geurteilt. Folgender zweigeteilter Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde: Im ersten Teil zahlte der gesondert verfolgte Vortäter P. zwecks Begehung der Betrugsvortat 50.000 Euro an einen weiteren an der Vortat Beteiligten Pu., damit dieser eine Scheinfirma gründete und hierfür einen Scheingeschäftsführer – den O. – anwarb. Einen Teil des Geldes (15.000 Euro) verwendete der Pu. zur Durchführung dieser Aufgaben, den Rest des Bargeldes (35.000 Euro) sowie weiteres Vermögen wollte er in der Schweiz verstecken. Zu diesem Zwecke engagierte er einen Rechtsanwalt, der ihm bei der Gründung einer Holding AG zwecks Sicherung des Geldes behilflich sein sollte. Nach erfolgreicher Gründung der Holding AG zahlte Pu. das zu sichernde Geld zunächst auf ein Schweizer Konto ein und überwies es im Anschluss auf ein Konto der Holding AG als Stammkapital. Das Landgericht bewertete die Vorbereitung der Gründung der Holding AG durch den Rechtsanwalt als eine taugliche Begünstigungshandlung zur Sicherung eines unmittelbaren Tatvorteils, nämlich des Tatlohns (Fallgruppe: aus der Vortat/nicht aus der Vortat stammender Tatlohn). Hierdurch habe der Rechtsanwalt eine Begünstigung zugunsten des Pu. verwirklicht.469 Leider ist die Sachverhaltsschilderung des BGH an einer entscheidenden Stelle unklar: Zunächst wird geschildert, dass die 35.000 Euro zu sichernder Tatlohn schon vor Tatbegehung gezahlt wurden und somit denknotwendig aus dem sonstigen Vermögen des Vortäters 468

Besprochen in: Adick, in: ZWH 2012, 321 (322 f.); Altenhain, in: JZ 2012, 913 ff.; Cramer, in: NStZ 2012, 445 f.; Jahn, in: JuS 2012, 566 ff.; Schröder, in: FD-StrafR 2012, 328875. 469 Vgl. zum Sachverhalt BGHSt 57, 56 (56 f.).

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

stammen müssen.470 Später ist dann davon die Rede, dass dieser Geldbetrag aus dem Betrug stammt und damit aus der Vortat.471 Darüber hinaus musste der Bundesgerichtshof auch einen zweiten sich anschließenden Sachverhalt im Hinblick auf eine Begünstigungsstrafbarkeit untersuchen: Über die zuvor beschriebene Tätigkeit hinaus wirkte der angeklagte Rechtsanwalt außerdem als Vermittler zwischen dem Beteiligten Pu. und dem ebenfalls an der Vortat Beteiligten O. mit, indem er eine Geldzahlung i. H. v. 500 Euro, die dem O. von Pu. für seine Dienste versprochen worden waren, an O. vermittelte (Fallgruppe: aus der Vortat/nicht aus der Vortat stammender Tatlohn). Im Zuge dessen versprach er außerdem dem O. im Namen des Pu. weitere lebenslange Zahlungen (Fallgruppe: Versprechen auf Tatlohn). Beide Handlungen zielten darauf ab, den O. in Abhängigkeit von Pu. zu halten und ihn daran zu hindern den Verbleib der 35.000 Euro bzw. die Straftaten des Pu. aufzudecken. Das Landgericht wertete die Mittlertätigkeit des Rechtsanwalts als Begünstigung in zwei Fällen: Zum einen läge eine Begünstigung zugunsten des Pu. in Form der mittelbaren Sicherung des von ihm versteckten Tatlohns i. H. v. 35.000 Euro vor, indem O. ein Teil des ihm versprochenen Tatlohns (500 Euro) übergeben wurde. Gesichert werde auch hier wieder, wie schon im ersten Teil des Sachverhalts, der Tatlohn des Pu. als unmittelbarer Vorteil. Darüber hinaus wurde die Übermittlung des Versprechens auf weitere lebenslange Zahlungen von Pu. an O. als Begünstigung zugunsten des O. gewertet, denn durch das Versprechen zukünftiger Zahlungen werde der O. in Abhängigkeit zu Pu. gehalten und damit zugleich verhindert, dass dieser die Straftaten sowie den Verbleib des Geldes gegenüber den Ermittlungsbehörden offenbare.472 Der Vorteil läge hier im Versprechen auf Tatlohn.473 Für die zunächst im ersten Teil des Sachverhalts in Frage stehende Begünstigungshandlung des Rechtsanwalts, die der Sicherung des Tatlohns des Pu. dienen sollte, entschied der BGH in Übereinstimmung mit dem Landgericht, dass eine Begünstigung anzunehmen sei.474 Entscheidend komme es hier darauf an, ob ein sicherungsfähiger Vorteil vorliege. Aufgrund des weit gefassten Wortlauts „Vorteile“ seien alle Arten von Vorteilen erfasst, zwischen Vorteilen aus und für die Tat müsse nicht unterschieden werden.475 Infolge dieser Auslegung sei es daher für gezahlten Tatlohn unerheblich, ob er Teil der Tatbeute sei oder aber schon vorab an den Beteiligten geleistet wurde und somit denknotwendig aus dessen sonstigem Vermögen stamme.476 Diese Auslegung stehe insbesondere im Einklang mit dem Schutzzweck des Tatbestands der Begünstigung, wonach die Rechtspflege das zu schützende 470

BGHSt 57, 56 (56, Rn. 2). BGHSt 57, 56 (57, Rn. 3). 472 BGHSt 57, 56 (59). 473 BGHSt 57, 56 (59 f.). 474 BGHSt 57, 56 (58 f.). 475 BGHSt 57, 56 (58). 476 BGHSt 57, 56 (58). 471

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Rechtsgut darstelle.477 Die Rechtspflege werde durch die Vornahme einer Begünstigungshandlung insofern gehemmt, als dass der Täter hierdurch die Wiederherstellung des vor Begehung der Vortat bestehenden Zustands verhindere. Eine solche Wiederherstellung werde aber auch gerade dann verhindert bzw. gehemmt, wenn Tatlohn gesichert werde, da insofern der Geschädigte in seiner Möglichkeit, Schadensersatz zu verlangen bzw. Gewinnabschöpfung zu betreiben (§ 73 StGB a. F.478), beeinträchtigt werde.479 Darüber hinaus stehe der hier vorgenommenen Auslegung nicht das Unmittelbarkeitserfordernis entgegen, da dieses nur den Zweck habe, Ersatzvorteile auszuklammern, es sich bei dem Tatlohn aber nicht um einen solchen Ersatzvorteil handle.480 Für die im zweiten Sachverhaltsteil in Betracht kommenden Begünstigungshandlungen differenzierte der BGH: Während er in der ersten Handlung des Rechtsanwalts, nämlich der Weiterleitung des Tatlohns von Pu. an O. eine Begünstigung zugunsten des Pu. sah, reichte ihm das an O. übermittelte Versprechen der zukünftigen Zahlung von Tatlohn für eine Strafbarkeit gem. § 257 StGB nicht aus.481 In der Weiterleitung des Tatlohns i. H. v. 500 Euro von Pu. an O. könne eine Sicherung der 35.000 Euro Tatlohn des Pu. gesehen werden, die dieser zuvor in der Schweiz deponiert hatte. Insofern sei aus den gleichen Gründen wie bereits im ersten Sachverhaltsteil der an Pu. gezahlte Tatlohn als unmittelbarer Tatvorteil anzusehen.482 Dagegen sei die bloße Übermittlung eines Zahlungsversprechens nicht als taugliche Begünstigung zu werten, insofern handle es sich bei dem Zahlungsversprechen nicht um einen unmittelbaren Tatvorteil. Ein solcher setze voraus, dass er dem Vortäter entziehbar sei und durch seine Sicherung dem Geschädigten die Restitution erschwert werde. Ein bloßes Zahlungsversprechen sei jedoch gerade nicht entziehbar und beinhalte in der Konsequenz auch keine Aussicht auf Wiederherstellung des Ursprungszustands, die durch die Sicherung des Zahlungsversprechens behindert oder erschwert würde. Somit spreche der Schutzzweck des Begünstigungstatbestands gegen das Vorliegen eines unmittelbaren Vorteils.483 Als Zwischenergebnis lässt sich somit festhalten, dass die Rechtsprechung einen gezahlten Tatlohn – unabhängig davon, ob er nachweisbar aus der Vortatbeute stammt oder nicht – als tauglichen unmittelbaren Tatvorteil ansieht. Ein bloßes Versprechen auf Tatlohn dagegen reicht für das Vorliegen eines unmittelbaren Tatvorteils nicht aus.

477

BGHSt 57, 56 (58 f.). StGB in der Fassung vom 06. 03. 1992, BGBl. I 1992 Nr. 10, S. 374. 479 BGHSt 57, 56 (59). 480 BGHSt 57, 56 (58). 481 BGHSt 57, 56 (59 f.). 482 BGHSt 57, 56 (59). 483 BGHSt 57, 56 (60). 478

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

(2) Meinungsstand in der Literatur Die Anerkennung des Tatlohns als Vortatvorteil wird auch in der Literatur in jüngster Vergangenheit häufig diskutiert. Anlässlich der BGH-Entscheidung haben sich zu den drei denkbaren Fallgruppen differenzierte Ansichten zur Frage des Vorliegens eines unmittelbaren Tatvorteils gebildet. (a) Aus der Vortat stammender Tatlohn als Vorteil (aa) Grundsatz Zum Teil wird als unmittelbarer Vorteil nur der Tatlohn anerkannt, der auch tatsächlich aus der Vortatbeute gezahlt wurde.484 Zwar sei eine weitergehende Erfassung des Tatlohns – also eine Einbeziehung sowohl von solchem Tatlohn, der aus der Vortat stammt, als auch von solchem, der aus dem sonstigen Vermögen des Vortäters resultiert – noch mit dem Wortlaut vereinbar, sämtliche sonstige Auslegungsmethoden stünden jedoch einer solchen Auslegung entgegen.485 Insbesondere eine historische Betrachtung des Begünstigungstatbestands zeige, dass die vom Bundesgerichtshof der Auslegung zugrunde gelegte Gleichsetzung von Vorteilen für und aus der Tat so nicht haltbar sei.486 Nach dem aktuellen Gesetzeswortlaut werde eine Sicherung der „Vorteile der Tat“ verlangt, wobei die Formulierung auf „Vortheile des Verbrechens oder Vergehens“ (§ 37 preußisches StGB487) zurückgehe.488 Vor dieser erstmaligen Normierung der Begünstigung im preußischen Strafgesetzbuch wurde die Begünstigung allgemeiner als Förderung der bereits vollbrachten Tat bezeichnet.489 Die Neufassung in § 37 preußisches StGB490 wiederum sollte nicht die in zahlreichen Partikulargesetzen vorherrschende Gestalt der Begünstigung als nachtatliche Hilfe abändern, sondern lediglich die an die Hilfe zu stellenden Voraussetzungen präzisieren sowie „die Verbergung oder Wegschaffung der Gegenstände des Verbrechens“ erfassen.491 Dem Verständnis des Begünstigungstatbestands lag damit zu dieser Zeit die entscheidende Vorstellung zugrunde, dass es sich bei der Begünstigung um ein Hilfeleisten nach der Tat handle, was wiederum zur Folge hatte, 484 NK-Altenhain, § 257 Rn. 16a; Altenhain, in: JZ 2012, 913 (914); Cramer, in: NStZ 2012, 445 (445 f.); SK-Hoyer, § 257 Rn. 15 ff., allerdings mit Ausnahme; Adick, in: ZWH 2012, 322 (322 f.) positioniert sich nicht eindeutig, meldet aber zumindest Zweifel an einer Einbeziehung eines solchen Tatlohns an, der nicht aus der Vortatbeute gezahlt wurde; ähnlich auch Schröder, in: FD-StrafR 2012, 328875; wohl auch A/W/H/H-Heinrich, § 27 Rn. 3. 485 NK-Altenhain, § 257 Rn. 16a; Altenhain, in: JZ 2012, 913 (914). 486 NK-Altenhain, § 257 Rn. 16a; Altenhain, in: JZ 2012, 913 (914). 487 § 37 PreußStGB in der Fassung von 1851. 488 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (914). 489 Beispielsweise Art. 89 württ. StGB von 1893: „nach vollbrachter That den Urhebern oder Gehülfen in Beziehung auf das begangene Verbrechen oder Vergehen wissentlich beförderlich“ oder Art. 74 hannov. StGB von 1840: „dem Thäter […] in Beziehung auf das begangene Verbrechen oder Vergehen wissentlich beförderlich“. 490 § 37 PreußStGB in der Fassung von 1851. 491 Schubert/Regge, Quellen zur preußischen Gesetzgebung, Abt. I, Bd. 5, S. 397.

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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dass sich das Hilfeleisten gegen dasselbe Rechtsgut richten musste wie die Vortat.492 Ziel des Begünstigungstäters sei es somit, durch die Hilfe die Rechtsgutsverletzung der Vortat aufrechtzuerhalten.493 Dies sei jedoch bezogen auf den gezahlten Tatlohn nur dann möglich, wenn ein solcher aus dem durch die Vortat erlangten Vermögen geleistet wurde. Sofern dagegen der Tatlohn aus dem sonstigen Vermögen des Vortäters stamme, könne die Sicherung desselben niemals das durch die Vortat geschützte Rechtsgut beeinträchtigen.494 Auch in gesetzessystematischer Hinsicht sprechen nach dieser Ansicht gewichtige Argumente für die Einbeziehung nur eines solchen Tatlohns, der aus dem Vortatvermögen stammt. Der BGH stützte in der Entscheidung BGHSt 57, 56 seine Begründung auf die Gleichsetzung von Vorteilen für und aus der Tat, wie sie auch in § 73 StGB a. F.495 zu finden war, hier war bis zum 1. Juli 2017 der Verfall geregelt. Dieser Argumentation wird allerdings entgegengehalten, dass § 73 StGB a. F.496 zeitlich nach § 257 StGB erlassen wurde, infolgedessen könne die in § 73 StGB a. F.497 vorgenommene Differenzierung nicht auf § 257 StGB übertragen werden, da sie bei Erlass der Begünstigungsnorm noch nicht existierte.498 Bei der Schaffung der Verfallsvorschriften wiederum sei die Formulierung der Begünstigung Vorteile der Tat nur bezogen auf die Vorteile aus der Tat verstanden worden.499 Darüber hinaus sei eine Gleichsetzung von Vorteilen aus und für die Tat für die Begünstigung auch deshalb nicht zielführend, da mit der Strafvorschrift des § 257 StGB andere Zwecke als mit dem Verfall nach § 73 StGB a. F.500 verfolgt würden: Während die Verfallsvorschrift aufgrund ihrer präventiven Zielrichtung einer Gleichsetzung von aus und für die Straftat erlangten Vorteilen zugänglich sei, verfolge der Tatbestand der Begünstigung nur sekundär präventive Zwecke, primär gehe es um die Sicherung der Restitution beim Vortatgeschädigten. Aufgrund dieser verschiedenartigen Schutzrichtungen sei somit eine Übertragung der weiten Tatbestandsvoraussetzungen des Verfalls auf den tatbestandlich enger gefassten Begünstigungstatbestand nicht möglich.501 Letztlich müsse noch im Rahmen der teleologischen Auslegung danach gefragt werden, ob die Einbeziehung von Tatlohn mit dem durch die Begünstigung zu 492 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (914); in den Motiven zum Entwurf von 1828 wurde etwa gefordert, dass sich die Begünstigung „auf das Object des Verbrechens“ beziehen muss, vgl. Schubert/Regge, Quellen zur preußischen Gesetzgebung, Abt. I, Bd. 2, S. 107. 493 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (914). 494 Dies klarstellend NK-Altenhain, § 257 Rn. 16a. 495 StGB in der Fassung vom 06. 03. 1992, BGBl. I 1992 Nr. 10, S. 374. 496 StGB in der Fassung vom 06. 03. 1992, BGBl. I 1992 Nr. 10, S. 374. 497 StGB in der Fassung vom 06. 03. 1992, BGBl. I 1992 Nr. 10, S. 374. 498 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (914 f.). 499 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915). 500 StGB in der Fassung vom 06. 03. 1992, RGBl. 1992, S. 374. 501 Cramer, in: NStZ 2012, 445 (446).

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

schützenden Rechtsgut zu vereinbaren sei.502 Nach der Rechtsprechung schützt § 257 StGB die Rechtspflege, diese werde nämlich durch Vornahme einer Hilfeleistungshandlung gestört, indem die angestrebte Restitution zugunsten des durch die Vortat Geschädigten behindert oder vereitelt werde.503 Die Sicherung des Tatlohns berühre aber genau diesen Schutzzweck, da es hierdurch dem durch die Vortat Geschädigten unmöglich gemacht bzw. erschwert werde, Restitution mittels Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs (§§ 823 ff. BGB) oder aber im Wege der Gewinnabschöpfung gem. § 73 StGB a. F.504 zu betreiben.505 Dem wird zunächst entgegnet, dass ein Vorgehen mittels § 73 StGB a. F.506 nicht möglich sei, da ein Verfall nach dieser Vorschrift nur dann in Betracht komme, wenn der Geschädigte selbst keinen Anspruch geltend machen könne (§ 73 Abs. 1 S. 2 StGB a. F.).507 Somit sei eine Restitution mittels § 73 StGB a. F.508 durch den Geschädigten schon nach dem Wortlaut der Norm unmöglich und könne daher durch eine Sicherungshandlung auch nicht vereitelt werden.509 Darüber hinaus liefere der § 73 Abs. 1 S. 2 StGB a. F.510 einen Anhaltspunkt dafür, auf was der Geschädigte nach dem Willen des Gesetzgebers ausschließlich einen Anspruch haben soll: Indem dort nur vom aus der Tat Erlangten die Rede ist, solle klargestellt werden, dass der Geschädigte auf das für die Tat Erlangte keinen Anspruch habe, d. h. also auf den Tatlohn – zumindest dann nicht, wenn er nicht auch gleichzeitig aus dem Vortatvermögen stamme.511 Andererseits gehe auch die Berufung auf §§ 823 ff. BGB fehl: § 257 StGB schütze nur vor der Entziehung solcher Vorteile, auf die das Opfer der Vortat einen Anspruch habe, ein solcher Anspruch bestehe aber ausschließlich auf den gerade durch die Vortat erlangten Gegenstand.512 Mithin könne durch eine Hilfeleistungshandlung i. S. d. § 257 StGB auch nur ein solcher Schadensersatzanspruch vereitelt werden, der sich gegen die Wiederherstellung des Ursprungszustands durch Rückgewähr des unmittelbaren Tatvorteils richte.513 Nicht erfasst seien dagegen solche Hilfeleistungshandlungen, die einen Schadensersatzanspruch vereiteln, der aus dem sonstigen Vermögen des Täters – welches entweder gar nicht oder nur mittelbar aus der Vortat stammt – bedient werden soll.514 Unter Zugrundelegung dieser Auslegung 502

Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915). BGHSt 57, 56 (58 f.). 504 StGB in der Fassung vom 06. 03. 1992, BGBl. I 1992 Nr. 10, S. 374. 505 BGHSt 57, 56 (59). 506 StGB in der Fassung vom 06. 03. 1992, BGBl. I 1992 Nr. 10, S. 374. 507 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915); NK-Altenhain, § 257 Rn. 16a. 508 StGB in der Fassung vom 06. 03. 1992, BGBl. 1992 Nr. 10, S. 374. 509 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915). 510 StGB in der Fassung vom 06. 03. 1992, BGBl. I 1992 Nr. 10, S. 374. 511 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915). 512 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915). 513 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915). 514 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915); NK-Altenhain, § 257 Rn. 16a.

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bestehe auf den Tatlohn ein Anspruch des Geschädigten nur dann, wenn er unmittelbar aus dem durch die Vortat erlangten Vermögen gezahlt werde.515 In allen anderen Fällen bestehe dagegen kein solcher Anspruch des Geschädigten auf den gezahlten Tatlohn und seine Sicherung könne somit auch keinen Schadensersatzanspruch des Geschädigten vereiteln.516 Auf den aus dem sonstigen Tätervermögen gezahlten Tatlohn könne der Geschädigte erst mittels Zwangsvollstreckung zugreifen.517 Würde man aber mit dem BGH auch solche Hilfeleistungshandlungen von § 257 StGB als erfasst ansehen, die lediglich das nicht aus der Vortat stammende Tätervermögen sichern sollen, auf das sonst erst im Wege der Zwangsvollstreckung zugegriffen werden kann, so würde das bisherige Verständnis einer Restitutionsvereitelung überschritten.518 Zudem müsse man sich die Frage stellen, warum dann nicht schlicht jedes Handeln, das sich gegen den Zugriff des Opfers auf das Tätervermögen richtet und somit die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs behindert, von § 257 StGB erfasst ist.519 Auch unter Zugrundelegung anderer Schutzguterwägungen, etwa des Schutzes des Restitutionsanspruchs des Opfers, sei die Auslegung des BGH nicht haltbar: Sofern man als Schutzgut des § 257 StGB den Wiederherstellungsanspruch des Opfers ansehe, beziehe sich dieser – wie soeben bereits dargelegt – auch nur auf dasjenige, was durch die Vortat dem Geschädigten unmittelbar entzogen werde. Diese Anforderung erfülle der Tatlohn aber nur, wenn er aus dem unmittelbar durch die Vortat erlangten Vermögen gezahlt werde, nicht dagegen, wenn er aus dem sonstigen Vermögen des Täters stamme. Somit sei auch unter Zugrundelegung dieses Schutzguts der Tatlohn, der nicht aus dem durch die Vortat erlangten Vermögen stamme, kein sicherungsfähiger Vorteil i. S. d. § 257 StGB.520 Andere wiederum sehen das Rechtsgut der jeweiligen Vortat als Schutzgut des Begünstigungstatbestands an. Ein gezahlter Tatlohn sei jedoch – sofern er nicht unmittelbar aus der Vortat erlangt wurde – kein Bestandteil des Rechtsguts der Vortat.521 Will man als Schutzgut des Begünstigungstatbestands die Stärkung der Generalprävention und damit die Bestätigung der Geltung des Rechts ansehen (sog. Rechtsgeltungstheorie), so greift dieser Schutzzweck im Fall des aus dem sonstigen Tätervermögen gezahlten Tatentgelts ebenfalls nicht. Dem für die Tatbegehung 515 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915); Cramer, in: NStZ 2012, 445 (446); SK-Hoyer, § 257 Rn. 16. 516 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915); Cramer, in: NStZ 2012, 445 (446). 517 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915). 518 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915). 519 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915); NK-Altenhain, § 257 Rn. 16a. 520 Zur gesamten Argumentation vgl. Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915). 521 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915).

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

gezahlten Tatlohn und hieraus entstandenen Vorteil solle nach dem Willen des Gesetzgebers durch den Verfall und nicht durch den Begünstigungstatbestand entgegengewirkt werden. Falls der gezahlte Tatlohn gesichert würde, sei darin wiederum eine Vereitelung des Verfalls zu erblicken, hiervor sei der Verfall jedoch durch § 258 StGB geschützt.522 Somit diene im Ergebnis nicht § 257 StGB, sondern § 258 StGB der Bestätigung des Rechts für die Fälle der Sicherung des Tatlohns.523 Darüber hinaus zeige sich auch anhand einer weiteren Überlegung, dass in Fällen von nicht aus der Vortat stammendem Tatlohn eine Bestrafung über § 258 StGB der richtige Weg sei: Sofern der Staat nach der Verfallsvorschrift auf das erlangte Tatentgelt zugreife, könne der Vortäter nicht einwenden, dass er das Tatentgelt zur Erfüllung des Schadensersatzanspruchs des durch die Vortat Geschädigten benötige. Diesen Anspruch habe er vielmehr mithilfe des tatsächlich aus der Tat Erlangten (Naturalrestitution) oder durch Verwendung seines eigenen Vermögens und somit durch eine Wiederherstellung in Form einer Geldleistung zu erfüllen. Das Gesetz verlange somit einerseits die Abführung des Tatlohns (gesichert über die Verfallsvorschriften sowie § 258 StGB) und andererseits die Wiederherstellung der Vermögenslage gegenüber dem Opfer der Vortat (gesichert durch § 257 StGB).524 Im Ergebnis ergäbe daher die Prüfung sämtlicher Schutzzweckerwägungen, dass ein gezahlter Tatlohn nur dann ein tauglicher Vorteil sein kann, wenn er unmittelbar aus der Vortat geleistet wurde, in allen anderen Fällen wird dagegen ein für die Begünstigung taugliches Tatobjekt abgelehnt und eine Bestrafung über § 258 StGB befürwortet.525 Darüber hinaus hätte eine Auslegung, wie sie der BGH vornimmt, zur Folge, dass es zu Unstimmigkeiten im Hinblick auf die Abgrenzung zu anderen Tatbestandsmerkmalen des Begünstigungstatbestands komme. Neben dem Erfordernis des Vorliegens eines unmittelbaren Tatvorteils verlange der Tatbestand, dass eine rechtswidrige Tat begangen wurde. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass eine Hilfeleistungshandlung vor Begehung der Vortat erfolgt und der Sicherungserfolg dann erst im Anschluss an die Vortat eintritt (Fälle der vorgeleisteten Begünstigung526). Bei der Sicherung von Tatentgelt sei dagegen für die Fälle, in denen der Tatlohn aus dem sonstigen Vermögen des Täters stamme, denkbar, dass dieser bereits vor Vortatbegehung geleistet und gesichert werde. Hier trete nun aber der Sicherungserfolg bereits zu einem Zeitpunkt ein, in dem noch keine rechtswidrige Tat begangen wurde. Somit fehle es an einem für die Annahme von § 257 StGB notwendigen Tatbestandsmerkmal und damit an einer Strafbarkeit.527 Die Annahme einer psychischen Beihilfe scheide für diesen Fall ebenfalls aus, da hierfür eine 522 Zur gesamten Argumentation vgl. Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915 f.); SK-Hoyer, § 257 Rn. 16. 523 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915 f.). 524 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915 f.). 525 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (915 f.); NK-Altenhain, § 257 Rn. 16a. 526 Vgl. 1. Teil, B. I. 1. a) bb). 527 Zur gesamten Argumentation vgl. Altenhain, in: JZ 2012, 913 (916).

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

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Bestärkung des Tatentschlusses nötig wäre, die jedoch im Fall der Sicherung eines Tatlohns nicht zwingend eintrete.528 Auch wenn man das Tatbestandsmerkmal der Vorteilssicherungsabsicht in Fällen der Sicherung von Tatlohn betrachte, ergäben sich widersprüchliche Ergebnisse. Denkbar sei zum einen eine Sicherungshandlung in der Form, dass der Tatlohn an den Vortäter überbracht werde. Hierin sei jedoch ein bloßes Verschaffen, nicht dagegen ein Sichern zu erblicken, mit der Folge, dass der Überbringer des Tatlohns nicht in Vorteilssicherungsabsicht handle und damit nicht wegen Begünstigung strafbar sein könne. Zum anderen sei aber auch denkbar, dass ein Dritter dem Vortäter bei der Sicherung des erhaltenen Tatentgelts helfe, dies wiederum sei ein taugliches Handeln in Vorteilssicherungsabsicht und damit gem. § 257 StGB zu bestrafen.529 Mithin würden im Ergebnis zwei vom Unrechtsgehalt identische Handlungen unterschiedlich hinsichtlich einer Strafbarkeit gem. § 257 StGB behandelt.530 Letztlich würden auch beim Merkmal des Vorteils Widersprüche auftreten, wenn man der BGH-Auslegung folgt: Hiernach wird der tatsächlich erlangte Tatlohn als Vorteil erfasst, nicht dagegen ein Anspruch auf Tatentgelt. Begründet wird diese Differenzierung damit, dass ein Anspruch auf Tatlohn gem. § 134 BGB nichtig und wirtschaftlich wertlos sei.531 Dem sei jedoch entgegenzuhalten, dass zunächst eine Strafbarkeit wegen Begünstigung nicht voraussetze, dass ein Vorteil rechtswirksam erlangt wurde und darüber hinaus aus der Nichtigkeit einer Forderung nicht deren wirtschaftliche Wertlosigkeit folge. Die Schwierigkeit einer solchen Auslegung zeige auch ein Vergleich eines allgemein als Begünstigung anerkannten Falls mit der Konstellation der Sicherung eines Anspruchs auf Tatentgelt: Wenn jemand verhindere, dass das Betrugsopfer, welches dem Vortäter eine Forderung eingeräumt habe, über den Betrug aufgeklärt werde, so läge unstreitig eine Vorteilssicherung gem. § 257 StGB vor. Warum aber der Fall anders zu behandeln sei, wenn dem Vortäter eine Chance auf Erlangung des Tatentgelts gesichert werde, sei nicht verständlich. Letztlich grenze der BGH das Versprechen auf Tatlohn aus den unmittelbaren Vorteilen deshalb aus, da der durch die Vortat Geschädigte keinen Anspruch auf Abtretung eines solchen Tatlohnversprechens habe; das Gleiche gelte aber auch für den tatsächlich erlangten Tatlohn. Mithin sei es nur konsequent, sowohl bei dem Versprechen auf Tatentgelt als auch bei dem Tatengelt selbst keinen sicherungsfähigen unmittelbaren Vorteil anzunehmen.532 Zuletzt wird für diese Auslegung der Unmittelbarkeit im Hinblick auf die Einbeziehung von Tatlohn noch angeführt, dass die Einbeziehung eines nicht aus der 528

Altenhain, in: JZ 2012, 913 (916). Zur gesamten Argumentation vgl. Altenhain, in: JZ 2012, 913 (916). 530 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (916). Dieses Argument richtet sich – im Gegensatz zu den sonstigen an dieser Stelle genannten Argumenten – gegen eine Anerkennung der Sicherung jeglichen Tatlohns, d. h. unabhängig von dessen Herkunft. 531 BGHSt 57, 56 (60). 532 Zur gesamten Argumentation vgl. Altenhain, in: JZ 2012, 913 (916). 529

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1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

Vortat stammenden Tatlohns die Grenzen des Bestimmtheitsgrundsatzes überschreiten würde.533 Es sprechen somit im Ergebnis nach dieser – gegenüber der Auslegung des Bundesgerichtshofs – restriktiveren Ansicht534 zahlreiche Argumente für eine Erfassung nur desjenigen Tatlohns, der unmittelbar aus dem durch die Vortat erlangten Vermögen gezahlt wurde, nicht dagegen des Tatentgelts, welches aus dem sonstigen Tätervermögen stammt. Für die Fälle der Sicherung von Tatlohn, der aus dem sonstigen Tätervermögen stammt, wird z. T. eine Strafbarkeit wegen Strafvereitelung vorgeschlagen.535 (bb) Ausnahme Hervorzuheben ist an dieser Stelle noch eine Ansicht, die sich grundsätzlich auf der hier dargestellten Linie bewegt, jedoch eine wesentliche Ausnahme vorsieht536: Als tauglicher Tatvorteil wird auch hiernach grundsätzlich nur derjenige gezahlte Tatlohn erfasst, welcher aus der Vortatbeute stammt, nicht dagegen derjenige, der aus dem sonstigen Tätervermögen gezahlt wurde.537 Die Herkunft des gezahlten Tatlohns sei jedoch immer dann unbeachtlich, wenn der Tatlohn als Geldzahlung geleistet werde. In diesem Fall handle es sich sowohl dann um einen sicherungsfähigen unmittelbaren Tatvorteil, wenn das als Tatlohn gezahlte Geld aus der Vortatbeute stamme, als auch wenn es aus dem sonstigen Vermögen des Täters geleistet wurde.538 Dies sei damit zu begründen, dass im Falle eines Zugriffs des Vortatgeschädigten auf das geleistete Geld, um seine bestehenden Schadensersatzansprüche durchzusetzen, keine rechtswidrige Zueignung i. S. d. Diebstahlstatbestands vorläge – und zwar unabhängig davon, welche Herkunft das Geld aufweise.539 Entscheidend sei nämlich, dass die im Geld verkörperte Wertsumme dem Vortatgeschädigten materiell-rechtlich zustehe, sodass schon aufgrund dessen eine rechtswidrige Zueignung i. S. d. § 242 StGB ausscheide.540 Dieser Auslegung wird jedoch entgegengehalten, dass der Wertsummengedanke auf den Tatbestand der Begünstigung nicht anwendbar sei.541 Schon die hinter dem Wertsummengedanken stehende Idee, dass ein Wert, nicht aber ein konkreter Gegenstand gesichert werde, sei mit dem hinter § 257 StGB stehenden Gedanken, einer Sicherung solcher Gegenstände, die der Geschädigte vom Vortatbeteiligten vindi533

Cramer, in: NStZ 2012, 445 (446). Altenhain, in: JZ 2012, 913 ff.; Cramer, in: NStZ 2012, 445 f. 535 Altenhain, in: JZ 2012, 913 (916). 536 SK-Hoyer, § 257 Rn. 15 ff. 537 SK-Hoyer, § 257 Rn. 16. 538 SK-Hoyer, § 257 Rn. 17. 539 SK-Hoyer, § 257 Rn. 17. 540 SK-Hoyer, § 257 Rn. 17. 541 NK-Altenhain, § 257 Rn. 16b.

534

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

109

zieren kann, nicht in Einklang zu bringen.542 Konkret bedeute dies also, dass es für eine Verwirklichung des Begünstigungstatbestands nicht auf die Sicherung eines etwaigen Wertes ankomme, sondern auf die Sicherung eines konkret aus der Vortat erlangten Gegenstands, für die hier diskutierte Fallgruppe des Tatlohns also auf das konkret aus der Vortat erlangte Geldwertzeichen.543 Die Sicherung nur irgendeines Geldwertzeichens könne dagegen aufgrund der dargestellten Konzeption des Begünstigungstatbestands keinesfalls ausreichen.544 Außerdem bedeute die zu Recht geltend gemachte fehlende Diebstahlsstrafbarkeit des Geschädigten in der vorliegenden Konstellation nicht, dass dem Geschädigten umgekehrt ein Anspruch zustehe, auf genau die Geldmittel, die nicht aus der Vortatbeute stammen.545 Ein solcher Anspruch sei aber gerade erforderlich, damit die Sicherung von Geldmitteln, die als Tatlohn gezahlt wurden, eine Strafbarkeit wegen Begünstigung begründen könne. Somit ist im Ergebnis der Tatlohn in Form einer Geldleistung genauso zu behandeln wie die Zahlung des Tatlohns in Form einer Sachleistung, sodass die vorgeschlagene Ausnahme vom oben dargestellten Grundsatz von der Gegenansicht abgelehnt wird.546 (b) Nicht aus der Vortat stammender Tatlohn als Vorteil Eine weitere Auslegung will auch einen solchen Tatlohn als Vorteil erfassen, der nicht aus dem durch die Vortat erlangten Vermögen stammt.547 Diese Literaturansicht, die jegliche Art von gezahltem Tatlohn als unmittelbaren Tatvorteil anerkennt, befindet sich auf einer Linie mit dem Bundesgerichtshof548 und stützt sich auch im Wesentlichen auf die gleichen Argumente wie der BGH: Zunächst wird ebenfalls der Wortlaut der Norm geltend gemacht, der nicht zwischen Vorteilen aus und für die Tat differenziere und insofern einer weiten Auslegung, die beide Arten von Tatlohn einbezieht, nicht entgegenstehe.549 Darüber hinaus stehe eine solche Auslegung auch in Einklang mit dem allgemein anerkannten Strafgrund der Begünstigung, dem Schutz des Restitutionsanspruchs des Vortatgeschädigten. Durch die Sicherung des Tatlohns werde der Geschädigte in seiner Möglichkeit, Schadensersatz gem. §§ 823 ff. BGB zu verlangen bzw. im Wege der Gewinnabschöpfung gem. § 73 StGB a. F. vorzugehen, beschränkt, sodass eine Bestrafung wegen Begünstigung angemessen sei.550 Zwar stoße diese weite Auslegung an die Grenzen des

542

NK-Altenhain, § 257 Rn. 16b. NK-Altenhain, § 257 Rn. 16b. 544 NK-Altenhain, § 257 Rn. 16b. 545 NK-Altenhain, § 257 Rn. 16b. 546 NK-Altenhain, § 257 Rn. 16b. 547 Jahn, in: JuS 2012, 566 ff. 548 Jahn, in: JuS 2012, 566 ff. 549 Jahn, in: JuS 2012, 566 (567). 550 Jahn, in: JuS 2012, 566 (567) unter Verweis auf BGHSt 57, 56. 543

110

1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

Unmittelbarkeitskriteriums, sei in dieser Form aber noch überzeugend.551 Über die bereits vom BGH angeführten Argumente hinaus wird noch angeführt, dass § 257 StGB gerade keine Sachidentität fordere, sodass deren Fehlen einer Erfassung des Tatlohns nicht entgegengehalten werden könne.552 Auch um ein von § 257 StGB anerkannterweise nicht erfasstes Surrogat handle es sich bei dem Tatlohn nicht.553 (c) Versprechen auf Tatlohn als Vorteil Die weiteste in diesem Rahmen vertretene Auslegung möchte über die Einbeziehung von aus jeglichen Quellen stammenden Tatlohns hinaus, auch das Versprechen auf Tatlohn als unmittelbaren Tatvorteil anerkennen.554 Entgegen der vom BGH getroffenen Bewertung, dass ein solches Versprechen auf Tatlohn nicht als Vorteil zu werten sei, aufgrund der Nichtigkeit des Tatlohnversprechens gem. § 134 BGB und der damit einhergehenden fehlenden Möglichkeit einer Vereitelung einer Restitution beim Geschädigten durch Sicherung des Versprechens, wird auch das Versprechen auf Tatlohn als tauglicher unmittelbarer Vorteil i. S. d. § 257 StGB angesehen. Hierbei wird die zivilrechtliche Nichtigkeit des Versprechens von Vertretern dieser Ansicht als irrelevant bewertet.555 Entscheidend sei vielmehr, dass ein solches Versprechen die Eignung aufweise, einen Vortatbeteiligten zum Schweigen zu bringen, und hierdurch letztlich die Möglichkeit der Restitution für den Geschädigten erschwert werde. Hierdurch sei aber dann der Schutzzweck des Begünstigungstatbestands betroffen, was eine Bestrafung wegen Begünstigung auch für Fälle der Sicherung eines Versprechens auf Tatlohn rechtfertige.556 Für die Annahme, dass es auf die fehlende Einklagbarkeit des Zahlungsversprechens aufgrund seiner Nichtigkeit nicht ankomme, spreche insbesondere, dass für die Verwirklichung des § 257 StGB der Eintritt eines Sicherungserfolgs entbehrlich sei.557 Zudem verdeutliche § 40 AO, dass auch ein gegen die guten Sitten oder eben ein gesetzliches Verbot verstoßendes Verhalten der Besteuerung unterliege und dieser Rechtsgedanke damit auch für den Begünstigungstatbestand und den sicherungsfähigen Vorteil Geltung beanspruchen könne und müsse.558 (3) Ergebnis Als Ergebnis lässt sich somit festhalten, dass die wohl herrschende Meinung in der Literatur als unmittelbaren Tatlohn nur denjenigen Vorteil ansieht, der aus dem 551

Jahn, in: JuS 2012, 566 (567). Jahn, in: JuS 2012, 566 (567). 553 Jahn, in: JuS 2012, 566 (567). 554 Jahn, in: JuS 2012, 566 ff. 555 Jahn, in: JuS 2012, 566 (567). 556 Jahn, in: JuS 2012, 566 (567). 557 Jahn, in: JuS 2012, 566 (567). 558 Jahn, in: JuS 2012, 566 (567). 552

B. Vorteilsbegriff nach derzeitiger Auslegung in Rechtsprechung und Literatur

111

Vortatvermögen gezahlt wurde. Der BGH geht jedoch weiter und sieht auch den aus dem sonstigen Tätervermögen gezahlten Tatlohn als Vorteil an. Eine Literaturansicht bewertet darüber hinaus auch das Versprechen auf Tatlohn als sicherungsfähigen Vorteil. d) Früchte der erlangten Sache als Vorteil aa) Problemaufriss Als unmittelbarer Vorteil kommen auch die Früchte eines aus der Vortat erlangten Gegenstands in Betracht.559 Ob dieser Ertrag des Gegenstands einen unmittelbaren Tatvorteil darstellen kann, soll hier untersucht werden. bb) Rechtliche Behandlung Über die Möglichkeit der Sicherung einer Frucht als Vortatvorteil wurde bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden, so dass nur die Literatur, im Hinblick auf diese Frage, untersucht werden kann. Einerseits wird eine differenzierte rechtliche Behandlung nach Art der Frucht vorgeschlagen560 : Sofern die Frucht in einer Sache heranreife, beispielsweise die Frucht an einem Obstbaum oder das Junge in einem Muttertier, handle es sich bei dem Ertrag dieser ursprünglich durch die Vortat erlangten Sache noch um einen unmittelbaren Tatvorteil.561 Anders liege es dagegen etwa bei Erträgen aus der Vermietung einer durch die Vortat erlangten Sache: Die Unmittelbarkeit liege dann bezogen auf die Vortat, aus der die Sache erlangt wurde, nicht mehr vor. Allerdings komme in solchen Fällen immer auch eine Unterschlagung der Mieterträge als weitere taugliche Vortat in Betracht, die Miete wiederum stamme dann aber unmittelbar aus der Vortat gem. § 246 StGB.562 Letzteres gelte allerdings nur, sofern man eine Zweitzueignung als tatbestandsmäßig i. S. d. § 246 StGB ansehe.563 Auf der anderen Seite wird für die Beurteilung von Früchten als Tatvorteil ein einheitlicher Maßstab zugrunde gelegt564 : Für die Ermittlung, ob es sich bei einer Frucht noch um einen unmittelbaren Tatvorteil handelt, müsse festgestellt werden, ob der Vorteil einerseits unterscheidbar im Vortätervermögen vorhanden sei und andererseits dem Vortäter aufgrund der Vortat entzogen werden könne.565 Für die 559

Zum Beispiel die Milch einer mittels Diebstahls erlangten Kuh. SK-Hoyer, § 257 Rn. 13. 561 SK-Hoyer, § 257 Rn. 13. 562 SK-Hoyer, § 257 Rn. 13. 563 LK-Walter, § 257 Rn. 36; vgl. zum Meinungsstand hinsichtlich der Zweitzueignung anstatt vieler MüKo-Hohmann, § 246 Rn. 41 ff. 564 LK-Walter, § 257 Rn. 36. 565 LK-Walter, § 257 Rn. 28, 32, 36. 560

112

1. Teil: Vorteilsbegriff der Begünstigung in Rechtsprechung und Literatur

Unterscheidbarkeit im Vermögen des Vortäters sei danach zu fragen, ob der in Rede stehende Vorteil eindeutig aus der Vortat stamme, also die Vortat für gerade diesen Vorteil kausal geworden ist.566 Entziehbar sei der Vorteil immer dann, wenn er dem Vortäter aufgrund öffentlichen Rechts oder Zivilrechts entzogen werden könne.567 Sofern beide Voraussetzungen erfüllt seien, könnten die Früchte unproblematisch als unmittelbare Tatvorteile erfasst werden.568 Für den Fall, dass aus einer durch die Vortat erlangten Sache als Frucht ein Mietzins erlangt wurde, könne dieser entweder über die dargestellte Definition erfasst werden oder dadurch, dass man die Zweitzueignung als tatbestandsmäßig i. S. d. § 246 StGB ansehe und damit die Unterschlagung als taugliche Vortat – des dann unmittelbaren Tatvorteils Mietzins – werte.569 cc) Ergebnis Die Möglichkeit der Sicherung einer Frucht als unmittelbaren Tatvorteil wird derzeit in der Literatur kontrovers diskutiert, wobei unterschiedliche Maßstäbe zur Beurteilung der bestehenden Unmittelbarkeit einer Frucht vertreten werden. e) Ergebnis Neben den bereits für jede Fallgruppe gebildeten Zwischenergebnissen lässt sich als Gesamtergebnis für die aktuelle Auslegung des Vorteilsbegriffs durch Rechtsprechung und Literatur Folgendes festhalten: Unumstritten ist bzgl. der Frage der Unmittelbarkeit des Tatvorteils nur sehr wenig und eine einheitliche Auslegung des Vorteils sowie eine Definition der Unmittelbarkeit in den unterschiedlichen Fallgruppen, existiert nicht. Während etwa die Sicherung eines wirtschaftlichen Wertes in einigen Fällen strikt abgelehnt wird, ist die ausschließliche Sicherung eines wirtschaftlichen Wertes in anderen Fallgruppen als taugliche Hilfeleistung anerkannt. Insgesamt betrachtet besteht daher eine erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der Auslegung des Vorteilsbegriffs sowie des Unmittelbarkeitskriteriums. Diese Erkenntnis erfordert eine Untersuchung des Vorteilsbegriffs fernab von Fallgruppen und Einzelfällen. Geboten ist vielmehr eine grundlegende Analyse des Vorteilsbegriffs und damit einhergehend des Begriffs der Unmittelbarkeit, ausgehend von den üblichen juristischen Auslegungsmethoden. Erst eine hierdurch ermittelte in sich konsequente Auslegung des Vorteilsbegriffs vermag sodann auf die in diesem Kapitel untersuchten Fallgruppen des Vorteils angewendet zu werden.

566

LK-Walter, § 257 Rn. 32. LK-Walter, § 257 Rn. 28. 568 LK-Walter, § 257 Rn. 36. 569 LK-Walter, § 257 Rn. 36. 567

2. Teil

Die Auslegung des Vorteilsbegriffs als Tatbestandsmerkmal der Begünstigung A. Einführung Eine Auslegung von Gesetzen wäre nicht notwendig, sofern jeder Begriff genau definiert und somit jedes Gesetz immer eindeutig zu verstehen wäre. Dass unsere Gesetzesrealität anders aussieht, wird nicht zuletzt anhand der aktuellen Auslegung des Begriffs Vorteil i. S. d. § 257 StGB deutlich. Das bereits Ausgeführte verdeutlicht einmal mehr, wie eng bzw. weit ein und derselbe im Gesetz verwendete Begriff von verschiedenen Juristen ausgelegt werden kann. Die Notwendigkeit einer Auslegung ergibt sich damit in erster Linie aus der fehlenden Begriffsdefinition im Gesetz. Denkbar wäre etwa, zum Verständnis des Gesetzesbegriffs, die Bedeutung des Begriffs in der Umgangssprache heranzuziehen, jedoch haben viele Begriffe im alltäglichen Sprachgebrauch verschiedene Bedeutungen, sodass hieraus der Gehalt der meisten Gesetzesbegriffe nicht einfach abgeleitet werden kann.1 Insbesondere bei sehr weit gefassten Begriffen ist eine Bestimmung des Inhalts, aufgrund des weiten Interpretationsspielraums, nur schwer möglich. Erforderlich ist somit eine Analyse der Gesetzesbegriffe anhand eines eigenen Systems2, die Rechtswissenschaft bedient sich hier der vier, zum Teil von Savigny3 entwickelten Auslegungsmethoden: Der Wortlautauslegung, der historischen, systematischen4 und teleologischen Auslegung.5

1

Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 200. Puppe spricht insofern von verschiedenen Instanzen, die den richtigen Gebrauch des Begriffs bestimmen müssen. Diese Instanzen sind der Gesetzgeber (historische Auslegung), der allgemeine Sprachgebrauch (Auslegung nach dem Wortlaut) oder der Rechtsanwender (systematische sowie teleologische Auslegung), vgl. Puppe, S. 122. 3 Vgl. hierzu Savigny, Bd. 1, S. 206 ff. 4 Die drei genannten Auslegungsmethoden sind Teil des von Savigny entwickelten Auslegungskanon, vgl. Savigny, Bd. 1, S. 214. 5 Alle vier genannten Auslegungsmethoden bilden heute den allgemein anerkannten Auslegungskanon, vgl. etwa Bydlinski, S. 437; Bydlinski/Bydlinski, S. 27 ff.; Engisch, S. 112; Simon, S. 23; Wessels/Beulke/Satzger, Rn. 84. 2

114

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

I. Die vier Auslegungsmethoden Betrachtet man zunächst diese vier allgemein anerkannten Methoden der Auslegung, so ist nach Savigny Ausgangpunkt einer jeden Auslegung der Wille des Gesetzgebers, d. h. man müsse sich als Rechtsanwender „in Gedanken auf den Standpunkt des Gesetzgebers versetzen, und dessen Tätigkeit in sich künstlich wiederholen“6. Somit muss der Inhalt des Gesetzes in der Weise erfasst werden, wie sie der Gesetzesautor vermitteln wollte, und dies geschieht im Rahmen der historischen Auslegung, indem untersucht wird, inwiefern das Gesetz zum Zeitpunkt seiner Entstehung in den bestehenden Zustand eingreifen sollte.7 Demgegenüber beinhaltet die Auslegung nach dem Wortlaut nach Savigny die „Darlegung der von dem Gesetzgeber angewendeten Sprachgesetze“8. Die systematische Auslegung wiederum ermittle den „inneren Zusammenhang“9, der die unterschiedlichen Rechtsgebiete verknüpfe.10 Als vierten möglichen Ansatzpunkt einer Auslegung nennt Savigny das logische Element. Hier werde untersucht, in welchem logischen Verhältnis die einzelnen, im Gesetz enthaltenen Teile des Gesetzgebergedankens zueinanderstehen.11 Bei diesen verschiedenen Ansatzpunkten für eine Auslegung handelt es sich nach Savigny nicht um vier voneinander unabhängige Auslegungsmethoden, unter denen der Rechtsanwender auswählen kann, welche er im konkreten Auslegungsfall anwendet.12 Vielmehr sei für eine gelungene Auslegung eine Gesamtschau aller Auslegungsmethoden geboten, wobei jedoch eine Methode für eine konkrete Auslegung von besonderer Bedeutung sein kann und auch häufig sein wird.13 Entscheidend für jede Auslegung sind nach Savigny immer zwei Aspekte: Einmal die Vergegenwärtigung und Berücksichtigung des hinter dem auszulegenden Gesetz stehenden Gedankens und auf der anderen Seite die Einbeziehung des historischen Kontextes der Gesetzesentstehung.14 Während heute in der Literatur Savignys Auslegungsmethoden durchweg – und zwar zu Recht – als Grundlage unseres modernen Auslegungskanons dargestellt werden15, ist diese Darstellung dennoch etwas verkürzt. Savigny stellt ausdrücklich

6

Savigny, Bd. 1, S. 213. Savigny, Bd. 1, S. 214; Bd. 3, S. 244. 8 Savigny, Bd. 1, S. 214. 9 Savigny, Bd. 1, S. 214. 10 Savigny, Bd. 1, S. 214. 11 Savigny, Bd. 1, S. 214. 12 Savigny, Bd. 1, S. 215. 13 Savigny, Bd. 1, S. 215. 14 Savigny, Bd. 1, S. 215. 15 Busse, Juristische Semantik, S. 24 f.; Bydlinski, S. 436 f.; Engisch, S. 112; Krüper-Sauer, § 10 Rn. 17; Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 699 f. 7

A. Einführung

115

fest, dass die von ihm vorgeschlagenen Auslegungsmittel nur angewendet werden können, sofern ein „gesundes“ Gesetz ausgelegt wird.16 Die moderne Auslegung orientiert sich heute an den von Savigny entwickelten Methoden, hat jedoch den Auslegungskanon auch weiterentwickelt: Nach Wortlaut, System und Historie wird nach wie vor ausgelegt, die Auslegung nach der Logik ist dagegen durch die teleologische Auslegung – die Auslegung nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes – verdrängt worden.17 Das logische Element der Auslegung wiederum ist in der systematischen Auslegung aufgegangen.18

II. Das Verhältnis der Auslegungsmethoden zueinander 1. Meinungsstand Wendet man die vier Auslegungsmethoden auf einen Rechtsbegriff an, hat dies nicht selten zur Folge, dass sich eine uneinheitliche Auslegung ergibt, sodass vorab geklärt werden muss, in welchem Rangverhältnis die einzelnen Auslegungsmethoden zueinanderstehen. Ein grundsätzlicher Vorrang der einen Auslegungsmethode vor der anderen wird nicht angenommen19, allerdings gibt es für alle vier Auslegungsmethoden Tendenzen, der jeweils einen oder anderen den Vorrang einzuräumen. Am weitesten verbreitet ist wohl die Annahme einer durchschlagenden Wirkung des Ergebnisses der teleologischen Auslegung.20 Bezeichnet als „Krone der Auslegung“21, sei nur sie auf das eigentliche Auslegungsziel, die Ermittlung des Gesetzessinnes, ausgerichtet.22 Alle anderen Auslegungsmethoden stellen dagegen nur Möglichkeiten dar, sich dem Gesetzessinn anzunähern, fragen jedoch nicht so unmittelbar und direkt danach, wie die teleologische Auslegung.23 Diesem Verständnis ähnelt die Vorstellung, von der teleologischen Auslegung als Ziel der Auslegung, zu dessen Ermittlung wiederum die übrigen Auslegungsmethoden dienen.24 Infolge16 Savigny, Bd. 1, S. 222. Für ein „mangelhaftes Gesetz“ sei die Auslegung mit Hilfe von drei weiteren Auslegungsmethoden, nämlich dem inneren Zusammenhang der Gesetzgebung, dem Grund für die Entstehung des Gesetzes und dem inneren Wert des Resultates der Auslegung, vorzunehmen, vgl. Savigny, Bd. 1, S. 222 ff. 17 Anstatt vieler Busse, Juristische Semantik, S. 24 f.; Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 702. 18 Busse, Juristische Semantik, S. 24 f.; Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 702. 19 Puppe, S. 162; Wessels/Beulke/Satzger, Rn. 84. 20 Jescheck/Weigend, § 17 IV 1b. Insoweit wohl auch Wessels/Beulke/Satzger, Rn. 84, die der teleologischen Auslegung eine besondere Bedeutung zuschreiben; Murmann, § 20 Rn. 12; Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 728; feststellend auch Puppe, S. 162. 21 Jescheck/Weigend, § 17 IV 1b. 22 Jescheck/Weigend, § 17 IV 1b. 23 Jescheck/Weigend, § 17 IV 1b. 24 Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 726 f.

116

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

dessen hat die Auslegung nach dem Normzweck unmittelbaren Vorrang vor allen anderen Auslegungsmethoden und somit auch gegenüber dem Wortlaut.25 Andere wiederum wollen der teleologischen Auslegung ihre besondere Bedeutung zwar nicht absprechen, begründen diese hervorgehobene Stellung aber lediglich damit, dass es sich bei ihr um die anspruchsvollste aller Auslegungsmethoden handle.26 Ein zwingender Vorrang gegenüber den anderen Auslegungsmethoden ergebe sich hieraus jedoch nicht.27 Neben einem Vorrang der teleologischen Auslegung wird zum Teil auch der Gesetzgeberwille als höchstes Auslegungsziel angesehen28 und damit der subjektivhistorischen Auslegung der größte Stellenwert beigemessen. Auf den Willen des Gesetzgebers komme es entscheidend an, da aus Respekt vor dem Gesetzgeber immer möglichst viel von dem, was er ursprünglich mit dem Gesetz bezwecken wollte, aufrechterhalten werden müsse.29 Früher wurde zum Teil vertreten, dass die Wortlautauslegung Vorrang vor allen anderen Auslegungsmethoden genießt, hieraus entwickelten sich die strengere SensClaris-Doktrin30 und die weniger strenge Andeutungstheorie31. Beide Theorien verbindet, dass sie in einigen Fällen dem Wortlaut eine herausgehobene Stellung beimessen. Nach der Sens-Claris-Doktrin gibt es gewisse Normen, die keiner Auslegung zugänglich sind, da die Gesetzesformulierung derart klar und eindeutig ausgefallen ist, dass eine Auslegung überhaupt nicht mehr möglich ist.32 Einer solchen Auffassung ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Klarheit und Bestimmtheit einer Norm immer erst Ergebnis einer Auslegung sein, nie jedoch schon zuvor eindeutig feststehen kann.33 Somit geht bereits der Ausgangspunkt dieser Theorie fehl. Darüber hinaus ist der Wortlaut einer Norm auch niemals zeitungebunden gleichbleibend, sodass auch über die Zeit hinweg diese Theorie widerlegt wird.34 Die gemäßigtere Andeutungstheorie will immer dann, wenn sich verschiedene Auslegungsergebnisse ergeben, nur dasjenige Ergebnis zulassen, das im Wortlaut irgendeinen Ausdruck gefunden hat, also angedeutet wurde.35 Dass dem Wortlaut auch in dieser gemäßigteren Ausprägung kein Vorrang gewährt werden kann, zeigt sich 25

Hierzu Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 728. Puppe, S. 162. 27 Puppe, S. 162. 28 BVerfGE 133, 168 (205 f.); BVerfGE 90, 263 (274 f.). 29 BVerfGE 90, 263 (275). 30 BVerfGE 4, 331 (351); BGHZ 4, 369 (375); Ramm, in: ArbuR 1962, 353 (356); ansatzweise BGH NJW 1956, 1553. 31 RGZ 52, 334 (342 f.); sehr deutlich Siebert, S. 39. 32 Ramm, in: ArbuR 1962, 353 (356). 33 Larenz, S. 343. 34 Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 732. 35 RGZ 52, 334 (342 f.); Siebert, S. 39; eingeschränkt der Andeutungstheorie folgend Wank, S. 33; darstellend Bender, in: JZ 1957, 593 (594 f.) m. w. N. 26

A. Einführung

117

schon anhand der Fälle, in denen aus Versehen eine gewisse Formulierung ins Gesetz gelangt ist, die nur eine bestimmte Auslegung noch zulässt, der Gesetzgeber jedoch – wie sich etwa aus den Gesetzesmaterialien ergibt – dem Gesetz eine ganz andere Bedeutung beimessen wollte.36 Aufgrund der zahlreichen Kritikpunkte an den beiden Theorien, die dem Wortlaut eine unbedingte Vorrangstellung einräumen wollen, werden sie heute nicht mehr vertreten. Unabhängig von dem soeben Festgestellten wird weitgehend übereinstimmend vertreten, dass äußere Auslegungsgrenze der Wortlaut ist, somit wird dem Wortlaut zwar keine Vorrangstellung, aber eine eingrenzende und somit bedeutsame Funktion beigemessen.37 Diese Annahme muss jeder Auslegung schon deshalb zugrunde gelegt werden, da in Deutschland ein Gesetzes- und kein Präjudizienrecht gilt.38 Darüber hinaus gilt sie im Strafrecht insbesondere auch aufgrund der Geltung des Bestimmtheitsgebots gem. § 1 StGB sowie Art. 103 II GG. Während es Stimmen gibt, die der Auslegung nach dem Wortlaut, sowie der Auslegung nach Teleologie und Historie den Vorrang gewähren, wird ein Durchschlagen der systematischen Auslegung nicht vertreten. Zudem wird von Esser39 ein gegenüber den soeben dargestellten Vorrangregeln grundlegend verschiedenes Konzept vorgeschlagen: Die Auslegungsmethoden seien für die Entscheidungsfindung im Einzelfall nicht von ausschlaggebender Bedeutung, denn in der Praxis erfolge die Auslegung in der Weise, dass der Rechtsanwender entscheide, welche Auslegung des Begriffs Anwendung finde und erst dieses gefundene Ergebnis dann mit der passenden Auslegungsmethode begründet werde.40 Allerdings handelt es sich bei einer solchen Anwendung der Auslegungsregeln nicht um ein methodisches Vorgehen, sodass es auf diese Ansicht nicht weiter ankommen kann.41 2. Ergebnis Schon die Mannigfaltigkeit der hier angedeuteten Ansichten, die wiederum nur einen Bruchteil der zu dieser Frage tatsächlich vertretenen Positionen abbildet, zeigt, wie schwierig es ist, eine allgemeingültige Aussage zu einer Rangfolge i. R. d. Auslegung zu treffen. Somit ist Ergebnis dieser knappen Untersuchung, dass es die klare Vorrangregel nicht gibt42, am ehesten ist wohl noch richtig, dass sich im Konfliktfall diejenige Auslegung durchsetzt, deren Ergebnis am eindeutigsten ist.43 Bei derselben Eindeutigkeit muss der Richter zwischen den verschiedenen in Be36

RGSt 40, 191 (191 f.); Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 735. Anstatt vieler Larenz, S. 343; Puppe, S. 166; Zippelius, § 9 S. 39. 38 Puppe, S. 166. 39 Esser, S. 124 ff. 40 Esser, S. 124 ff. 41 Puppe, S. 163. 42 So auch bereits Puppe, S. 163; Engisch, S. 143; Esser, S. 124 ff. 43 Puppe, S. 166. 37

118

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

tracht kommenden Auslegungsmethoden wählen.44 Im Übrigen ergänzen sich die unterschiedlichen Auslegungsmethoden gegenseitig zu einer Einheit, sodass das Auslegungsergebnis am Ende einer Gesamtschau aller oder mehrerer Auslegungsmethoden entstammt.45 Einigkeit herrscht außerdem über den Wortlaut als äußere Grenze der Auslegung.46 Letztlich kommt es auf eine Entscheidung, welche Auslegungsmethode Vorrang hat, überhaupt nur dann an, wenn die unterschiedlichen Methoden zu verschiedenen sich widersprechenden Ergebnissen kommen, sodass sich die Relevanz für diese Untersuchung erst nach der konkreten Auslegung des Vorteilsbegriffs zeigen wird.

III. Das Auslegungsziel Neben der Frage nach der maßgeblichen Auslegungsmethode stellt sich noch eine weitere Schwierigkeit i. R. d. Auslegung, da diskutiert wird, was das Auslegungsziel ist. Die Frage nach dem Auslegungsziel überlagert hierbei den oben dargestellten Katalog der Auslegungskriterien.47 Als Auslegungsziel wird einerseits vertreten, dass es auf die Ermittlung des Gesetzessinnes ankomme48 (sog. objektive Theorie49 bzw. objektive Auslegung50). Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass der Normtext den Willen des Gesetzgebers beinhaltet, eine für die jeweilige Zeit passende Regelung zu schaffen.51 Eben diese, für die jetzige Zeit angemessene Regelung zu ermitteln, ist dann Aufgabe der Auslegung.52 Andere wollen dagegen als Auslegungsziel die Erforschung des historischen Gesetzgeberwillens ansehen53 (sog. subjektive Theorie54 bzw. subjektive

44

Puppe, S. 166. Puppe, S. 163; Savigny, Bd. 1, S. 215. 46 Puppe, S. 166; Zippelius, § 9 S. 39; a. A. Wank, S. 44. 47 So formuliert Busse, in: Untersuchungen zur Rechtslinguistik, S. 97; zustimmend Simon, S. 24. 48 Vgl. etwa BVerfGE 1, 299 (312); BVerfGE 133, 168 (205 f.); BVerfGE 90, 263 (274 f.); BGHZ 46, 74 (74); Jescheck/Weigend, § 17 IV 2; Wessels/Beulke/Satzger, Rn. 85. 49 Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 204; Muthorst, in: JA 2013, 721 (724); Wessels/Beulke/ Satzger, Rn. 84. 50 Puppe, S. 124. 51 Muthorst, in: JA 2013, 721 (724). 52 Muthorst, in: JA 2013, 721 (724); Simon spricht insofern von der Ermittlung des „objektiven, gegenwärtigen Sinn[s]“, vgl. Simon, S. 209; im gleichen Sinne auch RGSt 77, 176 (177 f.). 53 Rüthers, in: JZ 2006, 53 (57 ff.); wohl auch Krüper-Sauer, § 10 Rn. 31 f., 34; eingeschränkt der subjektiven Theorie folgend Engisch, S. 142 f. 54 Larenz, S. 204. 45

A. Einführung

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Auslegung55) und das Gesetz sei hiernach immer so zu verstehen, wie der Gesetzgeber es zum Zeitpunkt der Erschaffung verstanden wissen wollte.56 Es bleibt die Frage, welches der beiden Auslegungsziele das Maßgebliche ist. Mit Larenz muss man wohl konstatieren, dass beide Methoden einen richtigen Teilgehalt aufweisen57, so spricht für den Gesetzgeberwillen als Auslegungsziel (subjektive Theorie), dass das Gesetz von Menschen entwickelt wurde, die den Willen hatten, eine für die damalige Zeit passende Regelung zur Ordnung der Gesellschaft zu entwickeln.58 Dieser Wille muss daher zunächst für die Auslegung eines jeden Gesetzesbegriffs zugrunde gelegt werden.59 Zudem streitet ein fundamentaler Aspekt unseres Rechtsstaates, nämlich die Gewaltenteilung, für die Anwendung der subjektiven Theorie: Aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung ergibt sich, dass der Richter im Rahmen seiner Auslegung maßgeblich den gesetzgeberischen Willen berücksichtigen muss.60 Allerdings ist zu bedenken, dass ein Gesetz bereits im Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung – eigenständig – eine gewisse Wirksamkeit entfaltet, die entweder viel weitergehender oder aber schlicht anders ist, als die vom Gesetzgeber angedachte Wirkung.61 Aufgrund der Vielfalt der von einem Gesetz erfassten Lebenssachverhalte unterliegt die jeweilige, im Gesetz gebrauchte Begrifflichkeit selbst Wandlungen in der Auslegung.62 Man kann insofern von einer Wechselbezüglichkeit von Begriff und Anwendung sprechen, die zur Folge hat, dass der Begriff durch seine Anwendung neu definiert wird und sich die Anwendung wiederum durch den neu definierten Begriff verändert. Somit streiten auch bedeutende Argumente für die objektive Theorie. Darüber hinaus muss man wohl mit Murmann63 auch noch danach differenzieren, wie alt das jeweils untersuchte Gesetz ist. Hat man es mit einem Gesetz neueren Datums zu tun, so ist eher auf die subjektive Theorie abzustellen und damit auf den Gesetzgeberwillen, als wenn das Gesetz schon älteren Datums ist.64 Dann kommt es in höherem Maße auf die objektive Theorie und damit auf eine Auslegung nach dem Gesetzessinn an, da sich in der Zwischenzeit die Verhältnisse, unter denen das Gesetz ursprünglich erlassen wurde, möglicherweise verändert haben.65 55

Puppe, S. 124. Muthorst, in: JA 2012, 721 (724). 57 Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 204; ebenso Simon, S. 210. 58 Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 204 f. 59 Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 204 f. 60 Simon, S. 210 f. 61 Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 205. 62 Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 205; Muthorst, in: JA 2013, 721 (724). 63 Murmann, § 20 Rn. 9. 64 Murmann, § 20 Rn. 9. 65 Murmann, § 20 Rn. 9. Zwar ist auch denkbar, dass der Gesetzgeber auch die Gesetzesgeltung in der Zukunft bedacht hat, aber ein Wandel der Verhältnisse ist immer nur schwer 56

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Letztlich kann ein Gesetz nur „richtig“ verstanden werden, wenn man sowohl das Subjektive – also den Gesetzgeberwillen – berücksichtigt als auch das Objektive, nämlich rechtliche Zwecke und gewisse Sachzwänge, die der Gesetzgeber so nicht berücksichtigt hat oder berücksichtigen konnte.66 Dieses Ergebnis ist gewissermaßen zwingend, wenn man sich vergegenwärtigt wie Gesetze entstehen und wie sie funktionieren: Wird ein Gesetz entwickelt, so geschieht dies immer aus der Zeit heraus und spiegelt damit zwingend wieder, mit welchen Problemen sich der Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Schaffung des Gesetzes befasst hat.67 Allerdings unterliegt das Gesetz eben auch gerade mit der Zeit einem ständigen Wandel, da sich die Relevanz eines Gesetzes für die Menschen ändert und unter Umständen ganz andere Lebenssachverhalte von ihm erfasst werden müssen, als ursprünglich vom Gesetzgeber geplant.68 Jedoch darf dabei der ursprüngliche Gesetzeszweck nie aus den Augen verloren werden.69 Den weiteren Ausführungen ist daher nicht ausschließlich die subjektive oder die objektive Theorie als Auslegungsziel zugrunde zu legen, sondern immer beide Theorien.

IV. Das Verhältnis von Auslegungsziel und Auslegungsmethoden Unabhängig davon, wie man sich hinsichtlich der Frage des für die Auslegung maßgeblichen Ziels entscheidet, gilt es zu klären, in welchem Verhältnis Auslegungsziel und die Auslegungsmethoden70 zueinanderstehen.71 Ob es sich bei den Auslegungszielen um selbstständige, weitere Methoden der Auslegung oder aber um Unterformen der Auslegung nach Wortlaut, Systematik und Telos handelt, wird kontrovers diskutiert.72 Folgt man der Ansicht, die zwei selbstständige Methoden der Auslegung annimmt, ergibt sich ein kompliziertes System und Verhältnis der einzelnen Auslegungsmethoden zueinander. Will man dagegen subjektive und objektive Auslegung jeweils als Unterkategorie der anderen, anerkannten Auslegungsmethoden ansehen, so kann die jeweilige Auslegung nach Wortlaut, Historie, Syste-

vorauszusehen, sodass ein solches „Mitbedenken der sich verändernden Verhältnisse“ auch immer nur in gewissen Grenzen möglich ist. 66 Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 206. 67 Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 206. 68 Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 206. 69 Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 206. 70 Zum Teil werden diese auch als Auslegungsmittel bezeichnet, vgl. etwa Rüthers/Fischer/ Birk, § 22 Rn. 725. 71 Hierzu Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 725 f. 72 Für die Selbstständigkeit der Auslegungsmethoden NK-Hassemer/Kargl, § 1 Rn. 108; Otto, AT, § 2 Rn. 44; nicht ganz eindeutig Wessels/Beulke/Satzger, Rn. 84 f. Puppe dagegen beurteilt objektive und subjektive Theorie als Unterformen der Auslegung nach dem Wortlaut, der Systematik und dem Telos, vgl. Puppe, S. 124; ebenso Engisch, S. 145 und Simon, S. 24.

A. Einführung

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matik und Telos sehr stark variieren, je nachdem welches der beiden Auslegungsziele man zugrunde legt.73 Für die Einordnung der subjektiven und objektiven Theorie als Unterkategorie der vier Auslegungskriterien Wortlaut, Historie, Systematik und Telos spricht, dass hierdurch eine wesentlich differenziertere Analyse ermöglicht wird, als dies der Fall wäre, würde man einfach nur isoliert nach dem Gesetzeswillen (objektive Theorie) und dem Gesetzgeberwillen (subjektive Theorie) fragen. Somit ist also für die vier genannten Auslegungskriterien jeweils nach den genannten zwei Aspekten bei der Auslegung zu differenzieren, sofern es sich anbietet. Hierbei kommt der Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Theorie die größte Bedeutung i. R. d. historischen Auslegung zu.74 Zuletzt muss an dieser Stelle noch darauf hingewiesen werden, dass die Problematik rund um das Verhältnis von Auslegungsziel und Auslegungsmethoden auch eng verknüpft, wenn nicht sogar in Teilen identisch ist mit dem bereits oben i. R. d. Rangfolge der Auslegungsmethoden Diskutierten.75

V. Die Gültigkeit der gefundenen Auslegung Wurde letztlich mithilfe der verschiedenen Auslegungsmethoden ein Ergebnis gefunden, so gilt diese Auslegung des Begriffs sodann nur für die jeweilige Zeit, darüber hinaus unterliegt sie Wandlungsprozessen aufgrund der stetigen Veränderung der Gesellschaft und ihrer Lebensverhältnisse.76 Veränderungen in der Gesellschaft, die die Auslegung eines Begriffs beeinflussen können, sind beispielsweise technische Neuerungen, die neuartige Begehungsweisen ermöglichen und das Erfassen bestimmter Fälle notwendig machen, die bei Erlass des Gesetzes noch nicht mitbedacht werden konnten. Neben dem Hinzutreten solcher neuen Fälle, kann es aber auch umgekehrt aufgrund technischer Veränderungen zum Wegfallen bestimmter Begehungsmöglichkeiten kommen. Jedoch sind nicht nur auf technischer Ebene Veränderungen möglich, die zum Wegfall oder Hinzutreten neuer Begehungsmöglichkeiten eines Straftatbestands führen. Auch auf gesellschaftlicher Ebene kann es zu sozialen Veränderungen kommen (z. B. Reduzierung sozialer Not durch Ausbau des Sozialstaats), die eine Entstehung neuer Begehungsmöglichkeiten oder aber den Wegfall zur Folge haben.

73

Zur Konsequenz für die jeweilige Auslegung vgl. Puppe, S. 124. Vgl. Simon, S. 210. 75 Simon, S. 24 f.; Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 726 f. 76 Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 202.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

VI. Konkretes Auslegungsziel der vorliegenden Untersuchung Zu klären bleibt was das konkrete Auslegungsziel der vorliegenden Untersuchung ist. Gegenstand dieser Arbeit ist zunächst nur das Tatbestandsmerkmal Vorteil des § 257 StGB. Wie bereits im 1. Kapitel77 angedeutet, wird im Rahmen der Auslegung des Vorteils kontrovers diskutiert, ob es sich bei dem zu sichernden Vorteil um einen unmittelbaren handeln muss oder aber auch ein nur mittelbarer Vorteil ausreicht. Daran anknüpfend stellt sich die Frage, wo die Grenze für einen noch unmittelbaren Vorteil zu ziehen ist. All die genannten Aspekte sind Gegenstand der folgenden Untersuchung, sodass neben der Auslegung des Vorteils an sich in diesem Kapitel auch zu klären sein wird, ob der Begünstigungstatbestand für den Vorteil ein Unmittelbarkeitskriterium als einschränkendes Merkmal erfordert. Sollte dies bejaht werden, bleibt im Rahmen der Auslegung noch zu klären, wie dieses Merkmal konkret auszulegen ist bzw. welcher Maßstab an die Unmittelbarkeit angelegt werden muss.

VII. Zwischenergebnis Folgende Punkte lassen sich zunächst als Zwischenergebnis sowie als Grundlage für die folgende Untersuchung festhalten: (1) Als Auslegungsmethoden sind die Wortlautauslegung, die systematische Auslegung, die Auslegung nach dem Telos sowie die historische Auslegung anzuwenden. (2) Innerhalb von Wortlautauslegung, Auslegung nach Historie, Systematik sowie nach Telos ist wiederum zwischen einer objektiven und einer subjektiven Herangehensweise zu differenzieren. (3) Ergibt die Anwendung der unterschiedlichen Auslegungsmethoden verschiedene Auslegungsergebnisse, so gibt es keine allgemeingültige Rangfolge, vielmehr ist der Vorrang der einen oder der anderen Auslegungsmethoden anhand einer wertenden Betrachtung zu bestimmen. (4) Die jeweils ermittelte Auslegung gilt nur für die jeweilige Zeit, aus der sie stammt. (5) Auszulegen ist hier in erster Linie der Begriff des Vorteils. Im Rahmen dieser Auslegung stellt sich sodann die Frage nach der Notwendigkeit eines eingrenzenden Unmittelbarkeitskriteriums. Sollte sich dieses Merkmal als notwendig herausstellen, so ist danach zu fragen, wie die Unmittelbarkeit auszulegen ist.

77

1. Teil, B. III.

B. Wortlautauslegung

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B. Wortlautauslegung78 I. Einführung Ausgangspunkt einer jeden Auslegung muss der Wortlaut sein.79 Dies gründet maßgeblich darauf, dass der erste Zugang zum Gesetz hierüber erfolgt, denn mithilfe des Wortlauts versucht der Rezipient des Gesetzes, sich die dort aufgeführten Begrifflichkeiten zuerst zu erschließen. Die Ermittlung des Wortlauts bzw. genauer gesagt, der Bedeutung des Wortes, stellt den Auslegenden jedoch vor größere Probleme als man zunächst annehmen könnte. Im Folgenden sollen verschiedene Ansatzpunkte dargestellt werden, die einen ersten Zugang zur Ermittlung des Wortlauts ermöglichen: Neben der Heranziehung des allgemeinen Sprachgebrauchs bzw. der Wortbedeutung nach der Fachsprache muss auch ein Blick auf eine Nachbarwissenschaft der Rechtswissenschaft, die Sprachwissenschaft, geworfen werden. Darüber hinaus lässt sich das einzelne Wort nicht immer ohne den Kontext und die sonstige Formulierung in der jeweiligen Norm verstehen, sodass auch die Syntax beleuchtet werden muss. Schließlich sind bereits hier historische Aspekte wie der Gesetzgeberwille und die Wortherkunft zu berücksichtigen. Die genannten Hilfsmittel werden nach einer kurzen theoretischen Darstellung und Diskussion auf den Begriff Vorteil angewendet.

II. Die Feststellung der Bedeutung eines Gesetzesbegriffs 1. Mögliche Ansatzpunkte zur Bedeutungsermittlung Auf den ersten Blick erscheint die Ermittlung des Inhalts des einzelnen Wortes nicht weiter problematisch, da man schließlich auf den allgemeinen Sprachgebrauch abstellen kann.80 Dass dieser erste Eindruck trügt, wird jedoch bereits schnell deutlich. Es stellen sich an dieser Stelle mehrere Probleme: Zunächst gibt es den allgemeinen Sprachgebrauch nicht für jede Begrifflichkeit, da ein Begriff nach allgemeinem Sprachgebrauch durchaus unterschiedliche Bedeutungen haben kann, entweder schon in der gesamten Gesellschaft oder aber für den einzelnen Bürger.81 Weiterhin unterliegt der allgemeine Sprachgebrauch über die Zeit hinweg immer 78

Die Auslegung nach dem Wortlaut wird auch als „grammatische Auslegung“ bezeichnet, etwa Jescheck/Weigend, § 17 IV 1a; Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 731; Savigny, Bd. 1, S. 213; Wessels/Beulke/Satzger, Rn. 84. 79 Vgl. etwa BGHSt 14, 116 (118); BGHSt 18, 151 (152); Busse, Juristische Semantik, S. 23; Krüper-Sauer, § 10 Rn. 23; Wank, S. 41; Wank, Begriffsbildung, S. 19; Wessels/Beulke/ Satzger, Rn. 84; Zippelius, § 9 S. 38; anders etwa für die Auslegung des Hilfeleistens i. R. d. § 257 StGB, Weisert, S. 98. 80 Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 738. 81 Herzberg, in: JuS 2005, 1 (4); Depenheuer, S. 5; Zippelius, § 9 S. 38.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

einem Wandel, sodass danach zu fragen ist, ob der aktuelle oder der zum Zeitpunkt der Schaffung der Norm relevante Sprachgebrauch zugrunde zu legen ist.82 Neben den bereits angestellten Erwägungen muss noch geklärt werden, ob es wirklich die Umgangssprache ist, die man einem Begriff zugrunde legen sollte, oder ob vielmehr auf den Expertensprachgebrauch83 bzw. die juristische Fachsprache84 abzustellen ist. Der Versuch, die aufgezeigten Probleme zu lösen, ergibt Folgendes: Aus rein logischen Gründen muss Ausgangspunkt der Auslegung die Wortbedeutung zum Zeitpunkt der Gesetzesentstehung sein.85 Erst nach der Analyse der früheren Wortbedeutung darf sich die Auslegung der aktuellen umgangssprachlichen Wortbedeutung zuwenden. Von der zeitlichen Komponente unabhängig ist die Frage nach einer Reihenfolge der unterschiedlichen – oben bereits im Ansatz dargestellten – möglichen Auslegungsansätze. Denknotwendig beginnt jede Wortlautauslegung mit einer Legaldefinition86, sofern das Gesetz eine solche verwendet.87 Die Existenz einer Legaldefinition im Gesetz führt jedoch, anders als man vermuten könnte, nicht zwingend zu einem eindeutigen und abschließenden Ergebnis der Wortlautauslegung. Sehr häufig wird durch die Legaldefinition gerade keine Klarheit, sondern die Notwendigkeit weiterer Definitionen und Auslegungen geschaffen.88 Wenn sich das Gesetz der Verwendung von Legaldefinitionen enthält, ist zunächst der spezifische Sprachgebrauch des Gesetzes zugrunde zu legen, sofern ein solcher existiert.89 Erst im Anschluss daran ist nach allgemeiner Meinung auf die Bedeutung des Begriffs in der juristischen Fachsprache abzustellen und nur, sofern im juristischen Sprachgebrauch keine Bedeutung des Begriffs zu ermitteln ist, darf auf den allgemeinen Sprachgebrauch zurückgegriffen werden.90 Insbesondere bei Gesetzen aus neuerer Zeit hat der allgemeine Sprachgebrauch einen höheren Stellenwert, da

82

Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 739. Nach Wessels/Beulke/Satzger, Rn. 85 ist Ausgangspunkt der Auslegung nach dem Wortlaut immer der allgemeine Sprachgebrauch bzw. das allgemeine Sprachverständnis, nicht dagegen der Expertensprachgebrauch. 84 In diesem Sinne Jescheck/Weigend, § 17 IV 1a; Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 740 ff.; Wank, S. 41 f. 85 Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 741; Larenz, S. 323. 86 Hiervon hat der StGB-Gesetzgeber nur in geringem Maße Gebrauch gemacht, sodass eine Auslegung im Strafrecht i. d. R. mit der Untersuchung des spezifischen Sprachgebrauchs des Gesetzes beginnt. 87 Simon, S. 45. 88 Simon, S. 45. 89 Wank, S. 43. 90 Wank, S. 43; Wank, Begriffsbildung, S. 19 f.; Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 741; a. A. Wessels/Beulke/Satzger, Rn. 85, die direkt und ausschließlich auf den allgemeinen Sprachgebrauch abstellen. 83

B. Wortlautauslegung

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hier eher naheliegt, dass der jeweils gewählte Begriff sich an dem aktuellen allgemeinen Sprachgebrauch orientiert, als dies bei älteren Gesetzen der Fall sein wird.91 Neben der Rückgriffsfunktion kommt dem allgemeinen Sprachgebrauch im Rahmen der Wortlautauslegung noch eine weitere Funktion zu: Der allgemeine Sprachgebrauch – häufig ist auch die Rede von der Umgangssprache92 – bildet die Grenze der zulässigen Wortlautauslegung.93 Sofern also einem Begriff nach der juristischen Fachsprache eine bestimmte Bedeutung zukommt, muss diese Begriffsdeutung auch so in der Umgangssprache vorkommen, damit eine zulässige Auslegung nach dem Wortlaut angenommen werden kann (sog. Theorie der Wortsinngrenze).94 Eine Begriffsdeutung, die diesen Rahmen nicht einhält, stellt keine zulässige Auslegung, sondern eine Rechtsfortbildung dar.95 Da eine solche Rechtsfortbildung im Strafrecht zu Ungunsten des Täters gem. § 1 StGB sowie Art. 103 II GG unzulässig ist, kommt der Frage der Abgrenzung zwischen noch zulässiger (Wortlaut-)Auslegung sowie Rechtsfortbildung ganz entscheidende Bedeutung zu.96 Letztlich ist somit der Wortlaut einerseits der Ausgangspunkt, andererseits die äußerste Grenze einer jeden Auslegung von strafrechtlichen Begriffen.97 2. Der allgemeine Sprachgebrauch a) Zulässigkeit der Zugrundelegung eines allgemeinen Sprachgebrauchs Hinterfragen muss man zunächst, ob sich der allgemeine Sprachgebrauch für die Auslegung eines juristischen Begriffs nach dem Wortlaut überhaupt eignet. Dies hängt davon ab, inwiefern es tatsächlich einen zwingenden Bezug zwischen Umgangssprache und der Fachsprache „Recht“ gibt.98 Nur sofern nämlich ein solcher tatsächlich existiert, hätte dies zur Folge, dass man auf die Bedeutung des Wortes in der Umgangssprache zu Auslegungszwecken zurückgreifen müsste.99 91

Wank, Begriffsbildung, S. 22. Etwa Wank, S. 44. 93 Etwa BVerfGE 73, 206 (235); Herzberg, in: JuS 2005, 1 (2); Murmann, § 20 Rn. 2; Roxin/Greco, AT I, § 5 Rn. 28; Zippelius, § 9 S. 39; Depenheuer, S. 5; a. A. Herzberg, in: JuS 2005, 1 (2); Wank, S. 44. 94 Etwa Zippelius, § 9 S. 39; anders dagegen Wank, S. 44, der die Theorie der Wortsinngrenze ablehnt, da sie auf einer falschen Grundannahme beruhe, nämlich der Vorstellung, dass jeder juristische Fachbegriff in der Umgangssprache vorkommen müsse. Nach Wank folgt die Grenze der Auslegung nicht aus dem Wortlaut, sondern aus dem Sinn des Gesetzes (sog. Gesetzessinntheorie), vgl. Wank, S. 44. 95 Zippelius, § 9 S. 39; ebenso Wank, S. 44 f. für die von ihm vertretene Theorie des Gesetzessinnes. 96 Wank, S. 45; Puppe, S. 166 f. 97 Larenz, S. 343; Meier-Hayoz, S. 42; Puppe, S. 166 f. 98 Wank, Begriffsbildung, S. 19. 99 Insofern auch Wank, Begriffsbildung, S. 19. 92

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

In der juristischen Methodenlehre findet sich durchweg die Annahme, die Umgangssprache sei entscheidend oder zumindest mitbestimmend für die Wortlautauslegung.100 Zunächst sei der juristische Sprachgebrauch zu ermitteln, subsidiär sodann der allgemeine Sprachgebrauch zu bemühen.101 Diese Behauptung bestätigt jedoch noch nicht die Richtigkeit der Heranziehung des allgemeinen Sprachgebrauchs für die Wortlautauslegung. Vielmehr wird dies erst deutlich, wenn man auf die Entwicklung der einzelnen Fachsprachen blickt. Jede Fachsprache hat sich mehr oder weniger stark aus der Sprache des Alltags entwickelt, folglich ist die Umgangssprache Fundament einer jeden fachsprachlichen Verwendung von Begriffen.102 Insbesondere die Sprache der Rechtswissenschaft ist den im allgemeinen Sprachgebrauch verwendeten Begriffen besonders nahe, da alle Gesetze für den Bürger verständlich formuliert sein sollen103, damit er klar erkennen kann, an welche Ge- und Verbote er sich halten muss. Letzteres gilt insbesondere im Strafrecht, wo an die Nichtbefolgung von Geboten bzw. die Missachtung von Verboten Strafen und damit die empfindlichsten aller Rechtsfolgen geknüpft sind. Darüber hinaus ist die Heranziehung des allgemeinen Sprachgebrauchs insbesondere bei neueren Gesetzen notwendig, da die Formulierungen im Gesetz durch den Gesetzgeber gewählt wurden und davon auszugehen ist, dass er bei Verwendung eines umgangssprachlichen Begriffs diesen so verstanden wissen wollte, wie er aktuell im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet wird – ansonsten hätte er schließlich einen juristischen Fachbegriff gewählt oder aber einen neuen Begriff geschaffen.104 Die Heranziehung des allgemeinen Sprachgebrauchs zur Auslegung von Gesetzesbegriffen nach dem Wortlaut ist damit nicht zu beanstanden bzw. stellenweise sogar zwingend. b) Möglichkeiten zur Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs Schwieriger gestaltet sich dagegen die Bestimmung des allgemeinen Sprachgebrauchs. Zur Ermittlung werden in der juristischen Praxis – anders als man erwarten könnte – nicht die sprachwissenschaftlichen Methoden bemüht105, vielmehr werden drei verschiedene Ansatzpunkte zur Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs vorgeschlagen: Die wohl naheliegendste Methode ist zunächst die Heranziehung eines Wörterbuchs106, genauso häufig bietet jedoch auch die eigene (Umgangs-)

100 Bydlinski, S. 439 f.; Wank, Begriffsbildung, S. 19 f.; beispielhaft für die Rechtsprechung BGH NJW 1978, 697 f.; BVerfGE 12, 45 (54 f.). 101 Anstatt vieler Bydlinski, S. 439; Larenz, S. 320. 102 Wank, Begriffsbildung, S. 17. 103 Larenz, S. 320. 104 Wank, Begriffsbildung, S. 22. 105 Wank, Begriffsbildung, S. 20 f. 106 Vgl. Wank, Begriffsbildung, S. 20 mit zahlreichen Nachweisen zu Entscheidungen, in denen ein Wörterbuch zu Rate gezogen wurde (Fn. 19); Busse, Juristische Semantik, S. 25 f.

B. Wortlautauslegung

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Sprache des Norminterpreten Orientierung.107 Ein weiterer möglicher Ansatzpunkt ist der Rückgriff auf die Verkehrsanschauung.108 Während sich die erste und letzte Methode durchaus eignen, um einen ersten Zugang zur Bestimmung des Wortlauts der Norm zu gewinnen, darf die zweite Methode nicht ohne weiteres angewandt werden. Im Gegensatz zu den anderen Methoden lässt die Heranziehung der eigenen Sprache des Norminterpreten eine objektive Komponente vermissen.109 Vielmehr ist diese Methode zur Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs subjektiv geprägt und kann zur Folge haben, dass der einzelne Jurist schlicht seine Rechtsauffassung in der Wortlautauslegung zur Geltung bringt und diese Auslegung dann mithilfe des (angeblich) allgemeinen Sprachgebrauchs rechtfertigt.110 Daher ist die eigene Sprache des Norminterpreten nur subsidiär, zwecks Auslegung eines Wortes nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, heranzuziehen. Auch die Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs mittels der Verkehrsanschauung ist nicht frei von Kritik, denn eine eindeutige Verkehrsanschauung für jeden Begriff gibt es nicht111, somit kann die Verkehrsanschauung entweder gar nicht herangezogen werden oder aber sie kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis. Weiterhin fehlen in der Praxis i. d. R. Feststellungen dazu, was die Verkehrsauffassung im jeweiligen Fall genau erfasst, vielmehr behauptet das jeweilige Gericht schlicht, ein gewisser Begriff sei nach der Verkehrsauffassung so und nicht anders zu verstehen.112 Die Ermittlung einer Verkehrsanschauung würde den Rückgriff auf Sprachbücher bzw. Sprachuntersuchungen oder etwa Meinungsbefragungen innerhalb der Bevölkerung voraussetzen.113 Sofern auf diese Weise die Verkehrsanschauung ermittelt wurde, steht einer Heranziehung zwecks Wortlautauslegung nichts mehr im Wege, solange das jedoch nicht der Fall ist, sollte auf die Verwendung der Verkehrsanschauung zur Bestimmung des Wortlauts verzichtet werden. Die Heranziehung eines oder mehrerer Wörterbücher114 zur Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs hat den entscheidenden Vorteil, dass eine objektive Quelle verwendet wird. Wie bereits oben festgestellt, ist die Verwendung der Umgangssprache des einzelnen Norminterpreten und die Heranziehung der Verkehrsanschauung in aller Regel deshalb ungeeignet, weil sie subjektiv geprägt ist, durch die Vorstellungen der auslegenden Person. Greift man dagegen auf ein Wörterbuch 107

Busse, Juristische Semantik, S. 25 f. Wank, Begriffsbildung, S. 20 m. w. N. in Fn. 20 für Beispiele zu entsprechender Rechtsprechung. 109 Im Ansatz auch Busse, Juristische Semantik, S. 26; Wank, S. 21 f. 110 Wank, Begriffsbildung, S. 22. 111 Wank, Begriffsbildung, S. 21. 112 Wank, Begriffsbildung, S. 21. 113 Wank, Begriffsbildung, S. 21. 114 Vgl. hierzu mit vielen Beispielen zu bereits durch den BGH verwendeten Wörterbüchern und Lexika Simon, S. 64. 108

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

oder ein Lexikon zurück, bedient man sich einer Quelle, die vor Auftreten der aktuellen Auslegungsfrage und damit unabhängig hiervon, eine Definition oder Umschreibung des Begriffs nach dem allgemeinen Sprachgebrauch entwickelt und festgelegt hat. Grundlage ist somit allein die Umgangssprache und das Sprachverständnis der Bevölkerung, sodass es sich hierbei um die reinste Form der Bestimmung des allgemeinen Sprachgebrauchs handelt. In erster Linie sollte daher der erste Zugang zur Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs eines Begriffs über das Wörterbuch oder ein Lexikon erfolgen, alternativ kann die Begriffsbedeutung nach der Verkehrsanschauung bestimmt werden – zumindest in solchen Fällen, in denen eine entsprechende Anschauung besteht und eine entsprechende Untersuchung der Verkehrsanschauung durch das Gericht stattgefunden hat. Die Umgangssprache des Norminterpreten hat dagegen außen vor zu bleiben. Trotz dieser möglichen und zulässigen Ansatzpunkte zur Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs, darf sich weder das Gericht noch ein sonstiger Norminterpret schlicht auf den ermittelten allgemeinen Sprachgebrauch zur Auslegung eines bestimmten Begriffs berufen, vielmehr muss zunächst geprüft werden, inwiefern der allgemeine Sprachgebrauch für die Auslegung des vorliegenden Gesetzes überhaupt von Bedeutung sein kann bzw. sein soll.115 Hierbei kommt es auch entscheidend auf den Willen des Gesetzgebers an, den dieser etwa in Gesetzgebungsmotiven oder sonstigen Gesetzgebungsmaterialien geäußert hat. c) Probleme bei der Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs Die Heranziehung des allgemeinen Sprachgebrauchs kann jedoch auch zu widersprüchlichen Ergebnissen führen. So ist es zwar einerseits unstrittig möglich und teilweise sogar zwingend notwendig, dass derselbe Begriff – im gleichen Gesetz aber in unterschiedlichen Normen – anders ausgelegt wird, andererseits kann es jedoch nicht richtig sein, diese unterschiedliche Auslegung beide Male auf den allgemeinen Sprachgebrauch zu stützen. Ein Begriff kann nicht nach dem allgemeinen Sprachgebrauch einmal die eine und andererseits eine völlig andere Bedeutung haben. Zur Veranschaulichung soll folgendes kurzes Beispiel dienen, das sich bei Simon findet.116 In beiden BGH-Entscheidungen ging es um die Auslegung des Begriffs verläßt, wobei beide Male der allgemeine Sprachgebrauch bemüht wurde. Im ersten vom BGH zu entscheidenden Fall stand eine Strafbarkeit wegen Fahnenflucht (§ 16 I WStG) im Raum, auszulegen war die Tathandlung des Verlassens der Truppe.117 Hierzu stellte der Bundesgerichtshof fest, dass der Begriff des Verlassens nicht so zu verstehen sei, dass er eine räumliche Entfernung von der Truppe 115

Hegenbarth, S. 132 ff.; Wank, Begriffsbildung, S. 21. Simon, S. 66 f. 117 BGHSt 22, 14. 116

B. Wortlautauslegung

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erfordere. Vielmehr werde der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch nicht nur als wegbewegen oder entfernen verstanden, sondern auch im übertragenen Sinne, etwa wenn davon die Rede sei, dass jemand sein Elternhaus verlässt.118 Somit sei der Begriff des Verlassens im allgemeinen Sprachgebrauch einer extensiven Auslegung zugänglich. Der § 16 I WStG verwende den Begriff auch nicht in einem engeren Sinne, sodass eine extensive Auslegung des Begriffs geboten sei.119 Im Ergebnis sei daher der Fall, dass sich ein Soldat während seines Urlaubs entschließt, nicht mehr zur Gruppe zurückzukehren, auch als Verlassen der Truppe erfasst.120 Um die gleiche Tathandlung des Verlassens ging es ebenfalls in BGHSt 38, 78, allerdings war hier eine Strafbarkeit wegen Aussetzung gem. § 221 Abs. 1 Alt. 2 StGB a. F. zu prüfen. Das Gericht hatte zu klären, ob der Vater sein Kind in hilfloser Lage verläßt, wenn er sich in einen Zustand der Bewusstlosigkeit versetzt und das Kind infolgedessen unbeaufsichtigt auf dem abgelegenen Gelände umherirrt. Wie im vorherigen Fall wurde auch hier zur Auslegung der allgemeine Sprachgebrauch bemüht, allerdings ergab eine Heranziehung des Dudens, dass vorrangig das räumliche Sichentfernen als Verlassen anzusehen ist.121 Folglich ist die Begriffsauslegung hier eine restriktive. In beiden Fällen wird somit der allgemeine Sprachgebrauch zur Auslegung herangezogen (samt Rückgriffs auf Wörterbücher) jedoch ist dieser, als allgemein bezeichnete Sprachgebrauch, jeweils ein anderer und damit unterscheidet sich auch die Begriffsauslegung. Es muss zwar nach wie vor möglich bleiben, dass ein Begriff in verschiedenen Normen jeweils anders ausgelegt wird, dies muss dann aber Folge der Auslegung nach den anderen Auslegungsmethoden (Historie, Systematik und Sinn und Zweck) sein. Die Wortlautauslegung ein und desselben Begriffs nach dem allgemeinen Sprachgebrauch kann nicht eine jeweils andere sein. Dies würde der Annahme der Existenz eines allgemeinen Sprachgebrauchs zuwiderlaufen. Einmal mehr verdeutlicht das aufgezeigte Beispiel und die sich daraus ergebende Problematik rund um die Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs, was bereits oben kurz angedeutet wurde122 : Die Heranziehung des allgemeinen Sprachgebrauchs ist zulässig und notwendig für die Auslegung des Wortlauts, allerdings ist in der praktischen Anwendung die Ermittlung dieses allgemeinen Sprachgebrauchs – sogar mit der wohl objektivsten Methode, der Verwendung eines Wörterbuchs – schwierig und nicht immer konsistent. Dies muss i. R. d. weiteren Untersuchung und der konkreten Wortlautauslegung des Vorteilsbegriffs berücksichtigt werden. Letztlich bleibt noch darauf hinzuweisen, dass nicht für jeden Begriff ein allgemeiner Sprachgebrauch ermittelt werden kann, jedoch kann auch die Erkenntnis, 118

Vgl. zur gesamten Argumentation BGHSt 22, 14 (16). BGHSt 22, 14 (16). 120 BGHSt 22, 14 (17). 121 BGHSt 38, 78 (79). 122 2. Teil, B. II. 1. 119

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

dass es den allgemeinen Sprachgebrauch eines Begriffs nicht gibt, relevant für den Auslegungsprozess sein.123 d) Ergebnis Grundlage der Auslegung nach dem Wortlaut ist – neben der Heranziehung einer Legaldefinition, eines spezifischen Sprachgebrauchs des Gesetzes und der Ermittlung des juristischen Sprachgebrauchs – der allgemeine Sprachgebrauch. Um die Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs möglichst objektiv zu halten, sollten in erster Linie Wörterbücher und Lexika als Grundlage herangezogen werden, sekundär sodann die Verkehrsanschauung, wobei hierbei ebenfalls ein Rückgriff auf Sprachbücher bzw. Sprachuntersuchungen erforderlich ist. 3. Die Semantik a) Einführung Neben der Möglichkeit, über den juristischen und allgemeinen Sprachgebrauch Erkenntnisse hinsichtlich der Auslegung eines Begriffs nach dem Wortlaut zu gewinnen, kommt man nicht umhin, sich auch mit der Wissenschaft zu befassen, die sich maßgeblich mit Begriffen und deren Bedeutung beschäftigt – die Rede ist von der Sprachwissenschaft (Linguistik).124 Die Wortlautauslegung bewegt sich unmittelbar an der Schnittstelle zwischen Sprach- und Rechtswissenschaft. Während sich die Linguistik mit unterschiedlichen, auf Sprache bezogenen Fragestellungen beschäftigt, ist für die vorliegende Untersuchung ausschließlich der Teilbereich der linguistischen Semantik von Interesse. Aufgabe dieser Teildisziplin ist die Analyse der Bedeutung von sprachlichen Zeichen125, also von solchen Ausdrücken, bei denen ein Laut mit einer Bedeutung verbunden ist. Bei einem sprachlichen Zeichen kann es sich hierbei sowohl um einen Wortteil, ein ganzes Wort, ein Satzglied, einen Teilsatz bzw. einen ganzen Satz oder Text handeln.126 Sucht man nach der Bedeutung eines Begriffs, so richtet sich der Blick somit einerseits auf das Wort selbst als sprachliches Zeichen, aber insbesondere auch auf die einzelnen sprachlichen Zeichen, aus denen sich der jeweilige Begriff zusammensetzt. Bei Letzteren spricht man von Morphemen, wobei es sich um die kleinste Einheit von mit Bedeutung versehenen Zeichen handelt.127 Ein einfaches Beispiel für die Untergliederung in verschiedene Morpheme bietet bereits der Vorteilsbegriff, dieser lässt sich in die beiden Bestandteile Vor und Teil untergliedern. 123

Simon, S. 68. Busse, Juristische Semantik, S. 25. 125 Busse, Semantik, S. 13; Wank, Begriffsbildung, S. 9. 126 Busse, Semantik, S. 13. 127 Busse, Semantik, S. 19. 124

B. Wortlautauslegung

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b) Semantische Modelle Wie auch anderen Geisteswissenschaften, ist der sprachwissenschaftlichen Teildisziplin der Semantik die Problematik immanent, dass sie verschiedene Modelle zur Analyse von Begriffsbedeutungen bereitstellt.128 Die Analyse eines konkreten rechtswissenschaftlichen Begriffs erfordert daher zunächst die Auswahl der passenden semantischen Methode. aa) Das semantische Dreieck Ein erstes semantisches Modell konzentriert sich bei seiner Untersuchung auf die sog. referentielle Bedeutung, gemeint ist das Verhältnis von Worten zur Außenwelt, wobei neben der Wortgestalt auch der Wortsinn Berücksichtigung findet.129 Vereinfacht dargestellt wird dieses Modell mithilfe des sog. semantischen Dreiecks130: Hiernach ist zwischen drei Faktoren zu unterscheiden, die jeweils zueinander in Bezug stehen: Bedeutung, Zeichen/Symbol und Bezugsobjekt.131 Zwischen Bezugsobjekt und Symbol besteht ein Verhältnis dergestalt, dass das Bezugsobjekt in der Wirklichkeit durch das Symbol dargestellt wird, dagegen weisen Symbol und Bedeutung keine natürliche Beziehung zueinander auf.132 Die Beziehung zwischen Bedeutung und Bezugsobjekt wiederum stellt die zentral zu klärende Frage dar, die von der Sprachwissenschaft noch nicht abschließend geklärt ist.133 Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die Ermittlung der Bedeutung eines juristischen Begriffs – also eines Symbols. Somit ist unter Zugrundelegung des semantischen Dreiecks die Beziehung zwischen Symbol und Bedeutung von entscheidender Bedeutung, da hier jedoch keine natürliche Beziehung besteht, ist dieses Modell nicht hilfreich für die Untersuchung des Wortlauts. bb) Die Gebrauchstheorie der Bedeutung Einen weiteren Ansatz zur Ermittlung der Bedeutung eines Begriffs stellt die sog. Gebrauchstheorie der Bedeutung dar, wonach die Wortbedeutung aus der Verwendung des Wortes im Sprachgebrauch ermittelt wird. Somit kennt man die Begriffsbedeutung immer dann, wenn einem die allgemeinen Gebrauchsregeln bekannt sind.134 Es wird also auf die Umgangssprache zurückgegriffen und der Wortgebrauch 128

Wank, Begriffsbildung, S. 9. Blanke, S. 74 ff.; Wank Begriffsbildung, S. 10. 130 Vgl. für eine ausführliche Darstellung mit Bebilderung Ogden/Richards, S. 18; Blanke, S. 77; Brekle, S. 58; Wank Begriffsbildung, S. 10 f.; Busse Semantik, S. 24. 131 Ogden/Richards, S. 18; Wank, Begriffsbildung, S. 10. 132 Wank, Begriffsbildung, S. 11. 133 Wank, Begriffsbildung, S. 11. 134 Wank, Begriffsbildung, S. 12. 129

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

in unterschiedlichen Lebenssituationen untersucht.135 Allerdings haftet der Gebrauchstheorie ein entscheidender Nachteil an, insbesondere im Hinblick auf die hier untersuchten juristischen Begriffe: Für die Ermittlung der Bedeutung juristischer Begriffe kann die Umgangssprache teilweise gar nicht oder nur in begrenztem Maße zugrunde gelegt werden. Maßgeblich ist vielmehr häufig die juristische Fachsprache, die sich von der Umgangssprache insofern unterscheidet, als dass eine Begrifflichkeit in der Fachsprache eine ganz andere Bedeutung als in der Umgangssprache haben kann. Darüber hinaus ist die Gebrauchstheorie auch deshalb für die Auslegung juristischer Begriffe nur begrenzt anwendbar, weil sie nicht berücksichtigt, wer die Definitionsmacht über die jeweils zu definierende Begrifflichkeit inne hat.136 Gerade im Fall eines Konflikts zwischen mehreren möglichen Bedeutungen muss verbindlich festgelegt sein, ob etwa der aktuelle oder der historische Gesetzgeber die Definitionsmacht über den zu untersuchenden Begriff ausübt.137 Letztlich spricht aus juristischer Sicht noch gegen die Gebrauchstheorie, dass das Recht einzelne Sachverhalte des täglichen Lebens regeln soll und hierfür eine Bedeutungsermittlung, die nur auf den innersprachlichen Gebrauch abstellt, nicht praktikabel ist. Vielmehr muss Teil der Bedeutungsermittlung immer auch das Bezugsobjekt in der Realität sein.138 Neben der Gebrauchstheorie erweisen sich auch andere Bedeutungslehren als unbrauchbar für die juristische Auslegung. Die sprachphilosophischen Bedeutungslehren etwa tragen nichts zur Bedeutungsfestsetzung bei, einer der entscheidenden Fragen der juristischen Auslegung. Auch die rein sprachlichen Bedeutungsermittlungs-Methoden sind für die juristische Auslegung unbrauchbar, da sie rein auf die Wortschreibung abstellend die Begriffsbedeutung untersuchen.139 Letztlich kann keine der dargestellten Theorien zur Bedeutungsermittlung für die Wortlautauslegung i. R. d. Rechtssprache überzeugen, da sie nicht die für die juristische Auslegung maßgeblichen Aspekte untersuchen. Während einerseits die Sprachwissenschaft die Umgangssprache analysiert, will die Rechtswissenschaft in erster Linie herausfinden, wie und warum Sprache gezielt in den Gesetzesbegriffen eingesetzt wird. Aufgrund der unterschiedlichen Erkenntnisziele von Sprachphilosophie und Rechtswissenschaft eignen sich somit die dargestellten semantischen Methoden nicht für die hier relevante und untersuchte Rechtssprache. Im Ergebnis können daher die dargestellten Theorien nicht auf die Analyse der Beziehung zwischen Bedeutung und Bezugsobjekt angewendet werden und somit können auch keine Erkenntnisse hinsichtlich der Wortlautauslegung gewonnen werden.

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Wank, Begriffsbildung, S. 12. Wank, Begriffsbildung, S. 12. 137 Wank, Begriffsbildung, S. 14. 138 Zu diesem Argument vgl. Wank, Begriffsbildung, S. 14 f. 139 Vgl. zu allem Wank, Begriffsbildung, S. 15.

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cc) Differenzierung zwischen Begriffskern und Begriffshof Ein weiterer möglicher semantischer Ansatzpunkt zur Ermittlung des Begriffsinhalts basiert auf einer Unterteilung des Gesamtbegriffs in zwei Teile, in den sog. Begriffskern und den Begriffshof.140 Zum Begriffskern gehören all diejenigen Fälle, die ohne jeden Zweifel vom Begriff erfasst sind bzw. erfasst sein sollen.141 Für diejenigen Begriffe dagegen, die sich im Begriffshof befinden, ist die Zugehörigkeit zum Begriff zwar möglich, allerdings nicht zwingend.142 Schließlich gibt es noch Fälle, die sich außerhalb des Begriffshofs befinden und die unzweifelhaft nicht vom Begriff erfasst sind (Außenbereich).143 Ein Beispiel für eine Differenzierung nach Begriffskern und Begriffshof ist etwa die Auslegung des Begriffs „nachts“. Zum Begriffskern gehört hierbei etwa die Zeit von 22 – 23 Uhr, zum Begriffshof die Zeit von 19 – 20 Uhr. Außerhalb des Begriffskerns steht dagegen die Zeitspanne von 18 – 19 Uhr. Im Bereich des Begriffskerns stehen der Wille des Gesetzgebers einerseits sowie andererseits die sprachliche Formulierung und auch das unmittelbare Bedeutungsverständnis derart in Einklang, dass dieser Fall unzweifelhaft vom Gesetzesbegriff erfasst ist.144 Der Begriffskern bereitet damit keinerlei Interpretationsprobleme145, allerdings stellt sich die Lage bereits dann anders dar, wenn man sich an der Grenze zwischen Begriffskern und Begriffshof bewegt, denn hier ist für jeden Begriff gesondert zu bestimmen und häufig unklar, wo die Grenze zwischen beiden Bereichen verläuft.146 Auch in dem Grenzbereich zwischen Begriffshof und Außenbereich stellt sich die gleiche Problematik, wie schon bei der Abgrenzung Begriffskern/Begriffshof. Aufgrund der aufgezeigten Unsicherheiten, sowohl im Bereich der Grenzziehung zwischen den einzelnen Bereichen als auch innerhalb des Begriffshofes, bringt im Ergebnis die Differenzierung zwischen Begriffskern und Begriffshof die Wortlautauslegung nicht weiter. Im Rahmen der konkreten Wortlautauslegung wird daher keine Anwendung dieses Modells auf die Auslegung des Vorteilsbegriffs erfolgen. c) Ergebnis Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass neben der Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs auch die Semantik für die Ermittlung des Wortlauts herangezogen werden muss. Für die vorliegende Untersuchung ergibt sich aus dem 140 Jesch, in: AöR 1957 (82), 163 (171 f.); vgl. darstellend auch Busse, Juristische Semantik, S. 54 ff. und Simon, S. 42. 141 Jesch, in: AöR 1957 (82), 163 (182); Busse, Juristische Semantik, S. 56. 142 Simon, S. 42. 143 Simon, S. 42. 144 Jesch, in: AöR 1957 (82), 163 (182); Busse, Juristische Semantik, S. 56. 145 Jesch, in: AöR 1957 (82), 163 (182). 146 Busse, Juristische Semantik, S. 57; Jesch, in: AöR 1957 (82), 163 (182 f.).

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Dargestellten nur ein verwertbarer Ansatzpunkt der Semantik, der auf die Analyse rechtswissenschaftlicher Begriffe anwendbar ist: Der rechtswissenschaftliche Begriff kann in seine sprachlichen Zeichen unterteilt werden, die dann für sich auf ihre umgangssprachliche Bedeutung hin untersucht werden. Die Anwendung des semantischen Dreiecks auf den jeweiligen rechtswissenschaftlichen Begriff hat ebenso wenig einen Mehrwert ergeben wie die Analyse von Begriffshof und Begriffskern. 4. Analyse von Gegenbegriffen Ein weiterer denkbarer Ansatzpunkt zur Ermittlung der Wortlautbedeutung eines Gesetzesbegriffs ist die Analyse von Gegenbegriffen.147 Dem liegt die Vorstellung zugrunde, mithilfe des Gegenbegriffs einen Rahmen abstecken zu können, in den der untersuchte Begriff fällt und einen zweiten gegenläufigen Bereich zu bestimmen, den der Gegenbegriff abdeckt. Während sich dieses Vorgehen auf den ersten Blick noch als praktikabel und zielführend darstellt, zeigt sich jedoch bei genauerem Hinsehen, dass die Heranziehung des Gegenbegriffs ein elementares Problem birgt: Die Grenzen des Begriffs mittels des Gegenbegriffs abzustecken, kann denknotwendig nur funktionieren, wenn die Bedeutung des Gegenbegriffs sicher feststeht. Dies ist jedoch wiederum in aller Regel nicht der Fall, der Gegenbegriff ist ebenso auslegungsbedürftig wie der Begriff um dessen Auslegung es eigentlich geht. Somit ist im Ergebnis der Gegenbegriff kein geeignetes Hilfsmittel zur Auslegung eines Rechtsbegriffs. 5. Berücksichtigung von Kontext und Syntax Die Systematik, die strenggenommen erst i. R. d. systematischen Auslegung relevant wird, kann auch bereits innerhalb der Auslegung nach dem Wortlaut Bedeutung erlangen, nämlich immer dann, wenn der Aufbau der einzelnen Norm oder ihr Verhältnis und Zusammenspiel mit anderen Normen Rückschlüsse auf die Wortbedeutung zulassen.148 Dies erfolgt über eine Analyse des Kontextes der Begriffsnormierung und der Syntax der jeweiligen Vorschrift. Bezogen auf die Syntax einer Vorschrift kann z. B. unklar sein, inwiefern sich eine Formulierung im Nebensatz auf nur eine davor genannte Alternative oder aber auf beide bezieht. Beispielsweise ist in § 30a II Nr. 2 BtMG eine Strafschärfung für den Täter normiert, der eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind. Der Bundesgerichtshof hatte in BGHSt 43, 266 für einen Täter, der ein Multifunktionsmesser mit sich führte und jederzeit zum Gebrauch bereithielt, zu entscheiden, ob sich ihrer Art nach nur auf die Eignung oder auch die Bestimmung bezieht. Aus entste147 148

Im Ansatz Wank, Begriffsbildung, S. 5. Simon, S. 69 ff.

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hungsgeschichtlichen Gründen sowie aufgrund von Zweckerwägungen folgerte er, dass es hier nicht auf eine generelle Zweckbestimmung ankomme, sondern vielmehr auf eine durch den Täter vorgenommene Funktionsbestimmung. Somit war die Begrifflichkeit ihrer Art nach nur auf die Eignung, nicht dagegen auf die Zweckbestimmung bezogen.149 Die Heranziehung von Kontext und Syntax einer Norm kann Ergebnisse für die Auslegung nach dem Wortlaut hervorbringen, zwingend ist dies jedoch keinesfalls. 6. Gesetzgeberwille Neben der Berücksichtigung der Systematik i. R. d. Wortlautauslegung kann auch der Gesetzgeberwille für die Ermittlung des Wortlauts relevant werden.150 Dazu kann es stellenweise zum Vorgriff auf die Erwägungen kommen, die bei der historischen Auslegung anzustellen sind. a) Untersuchung ähnlicher Formulierungen Der Gesetzgeberwille lässt sich auf mehrere mögliche Arten für die Ermittlung des Wortlauts heranziehen: Einerseits kann man Sicherheit hinsichtlich einer vom Gesetzgeber gewählten Formulierung erlangen, indem man in vergleichbaren Situationen gewählte Ausdrücke heranzieht und diese der gewählten Formulierung gegenüberstellt. Sofern mit der gewählten Formulierung gerade ein anderer Begriff als sonst gewählt wurde, legt dies den Schluss nahe, dass der Gesetzgeber sich gerade in diesem Fall von den sonstigen Fällen abheben wollte und deshalb absichtlich so und nicht anders formuliert hat.151 Ein Vergleich unterschiedlicher vom Gesetzgeber gewählter Formulierungen, wurde beispielsweise in BGHSt 29, 129 bemüht. Im Raum stand hier eine Strafbarkeit gem. § 303 StGB wegen des Beklebens eines Stromkastens mit einem Plakat. Der BGH lehnte die Verwirklichung einer der genannten Tathandlungen des § 303 StGB ab. Eine Heranziehung des § 134 StGB zeige, dass diese Norm ebenso wie § 303 StGB den Begriff des Zerstörens enthält, die weiteren Tathandlungen dagegen unterschiedlich umschrieben werden. Wenn nun aber das Kleben die Tathandlung des Verunstaltens gem. § 134 StGB unstreitig verwirkliche, könne nicht gleichzeitig ein Beschädigen i. S. d. § 303 StGB vorliegen. Durch die unterschiedliche Begriffswahl – im Gegensatz zur zweimaligen Verwendung des Begriffs Zerstören –

149

Vgl. zu den gesamten Ausführungen Simon, S. 69. Hier findet sich auch ein weiteres Beispiel, in dem der BGH die Vorschrift dahingehend ausgelegt hat, dass das Adverb sich auf beide Alternativen des nachfolgenden Halbsatzes bezieht. 150 Simon, S. 73; Wank, Begriffsbildung, S. 6. 151 Zum Gesamten vgl. Simon, S. 73.

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habe der Gesetzgeber ausdrücken wollen, dass er unter Verunstalten und Beschädigen unterschiedliche Fälle erfassen will.152 b) Heranziehung der Gesetzesmaterialien Andererseits kann auch ein Blick in die Gesetzesmaterialen ergeben, dass der Gesetzgeber gerade einen bestimmten Begriff und eben keinen anderen, ebenfalls in Betracht kommenden Ausdruck, gewählt hat.153 Die Gesetzgebungsmaterialien können auf verschiedene Art und Weise Aufschluss über den Gesetzgeberwillen geben: Zum einen kann in den Gesetzgebungsmaterialien – also etwa in der Gesetzesbegründung oder auch in den Protokollen zur Beratung des Gesetzes – der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck kommen, gerade einen Begriff des allgemeinen Sprachgebrauchs oder aber einen Begriff der juristischen Fachsprache verwenden zu wollen.154 Dies kann entweder explizit so vom Gesetzgeber festgelegt sein oder aber sich aus dem Kontext der Gesetzesbegründung ergeben. Zum anderen bieten vom Gesetzgeber in den Materialien genannte Beispiele für von der Norm erfasste Fälle, Anhaltspunkte für die Auslegung der Norm bzw. einzelner verwendeter Begriffe.155 Neben der direkten Heranziehung des genannten Beispiels für einen Vergleich mit dem zu entscheidenden Fall können auch auf anderem Weg die genannten Beispiele zwecks Auslegung herangezogen werden156 : Der Gesetzgeber nennt in der Begründung Beispiele, um zu verdeutlichen, welche abstrakte Vorstellung hinter seiner gesetzlichen Normierung generell oder aber hinter der Verwendung einzelner Begrifflichkeiten steht. Diesen Prozess der Abstrahierung kann der Auslegende anhand der genannten Beispiele nachvollziehen, um zu einer Definition des jeweiligen untersuchten, gesetzlichen Begriffs zu gelangen. Die Definition ermöglicht wiederum die Prüfung des streitgegenständlichen Falles auf dessen Erfassung durch die Norm bzw. den Begriff.157 Klärungsbedürftig bleibt jedoch für jeden Einzelfall, inwiefern die vom Gesetzgeber genannten Beispiele überhaupt im konkreten Fall die abstrakte hinter der Norm stehende Idee erfassen und infolgedessen eine Bindungswirkung für den Auslegenden zur Folge haben.158

152

BGHSt 29, 129 (133). Simon, S. 73. 154 Simon, S. 93 ff. Beispielhaft hierfür die Gesetzesbegründung zu § 243 StGB n. F., die der Große Senat in BGHSt 1, 158 (163 f.) herangezogen hat, für die Begründung, dass dem Begriff des umschlossenen Raumes der allgemeine Sprachgebrauch zugrunde zu legen ist. 155 Simon, S. 96 ff. 156 Beispiele nennt der Gesetzgeber z. B. in der Gesetzesbegründung zu § 100c StPO, wo er für den Gesetzesbegriff des technischen Mittels Peilsender explizit nennt, vgl. BT-Drucks. 12/ 989, S. 39 und insofern BGHSt 46, 266 (272), der dieses Beispiel zur Begründung seines Urteils heranzieht. 157 Zu diesem Vorgehen i. R. d. Auslegung Simon, S. 97. 158 Simon, S. 97. 153

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Schließlich bleibt noch darauf hinzuweisen, dass die Heranziehung des Gesetzgeberwillens voraussetzt, dass man sich als Gesetzesausleger sicher sein kann, dass der Gesetzgeber jeden Begriff im Gesetz bewusst gewählt und die Alternativen bedacht bzw. aufgrund von differenzierten Erwägungen verworfen hat.159 Nur wenn man einen derart agierenden Gesetzgeber unterstellt, ist es überhaupt möglich, einen hinter dem Gesetz stehenden Willen für die Wortlautauslegung zu berücksichtigen. 7. Die Wortherkunft (Etymologie) Ein letzter möglicher Ansatzpunkt für die Wortlautauslegung kann die Wortherkunft sein, die sogenannte Etymologie. Diese Teildisziplin der Sprachwissenschaft befasst sich mit der Herkunft sowie der geschichtlichen Bedeutung von sprachlichen Zeichen (Wörter oder Morpheme)160. Hierbei wird zum einen die Entwicklung der einzelnen Wörter bzw. Morpheme untersucht und zum anderen die Veränderung der jeweiligen Bedeutung über die Zeit hinweg. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dieser Ansatzpunkt sei ähnlich dem zuvor Behandelten auch ein Teil der historischen Auslegung. So ist es jedoch gerade nicht, denn die historische Auslegung meint die Untersuchung der Gesetzesentstehung. Im Rahmen der Wortherkunft dagegen gilt es zu analysieren, wo das einzelne Wort seinen Ursprung hat, und zwar unabhängig von einem Gesetz schlicht sprachwissenschaftlich betrachtet. Ähnlichkeiten hat die Etymologie auch mit der Semantik. In beiden Fällen werden ein oder mehrere sprachliche Zeichen auf ihre Bedeutung hin untersucht. Allerdings unterscheiden sich die beiden Ansätze insofern, als dass die Semantik die aktuelle Bedeutung des sprachlichen Zeichens untersucht, während die Etymologie den Fokus auf die Herkunft und Entwicklung des jeweiligen Zeichens legt. Die Wortherkunft lässt sich durch einen Blick in ein etymologisches Wörterbuch ermitteln161, ob jedoch die dort hinsichtlich der Wortherkunft gelieferten Informationen einen Beitrag zur Wortlautauslegung liefern können, muss für jeden Einzelfall beurteilt werden.

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In diesem Sinne auch Simon, S. 73. Birkhan, S. 20; https://www.dwds.de/wb/Etymologie, abgerufen am 01. 01. 2023. 161 Beispielhaft Duden, Das Herkunftswörterbuch oder Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 160

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

III. Die Bedeutung des Vorteilsbegriffs 1. Vorliegen einer Gesetzesdefinition bzw. eines spezifischen Sprachgebrauchs Wie bereits oben erläutert, ist der potentiell erste Zugangspunkt zur Wortbedeutung die Heranziehung einer Definition des Begriffs im Gesetz bzw. eines spezifischen Sprachgebrauchs des Gesetzes. Mangels Legaldefinition des Vorteilsbegriffs in § 257 StGB und mangels feststehenden Sprachgebrauchs des Gesetzes, kann auf diesem Weg jedoch die Wortbedeutung nicht abschließend geklärt werden. Es ist daher in einem zweiten Schritt weiter nach der Wortbedeutung zu suchen und zwar unter Heranziehung des juristischen Sprachgebrauchs. 2. Die Bedeutung nach dem juristischen Sprachgebrauch Zur Ermittlung eines spezifisch juristischen Sprachgebrauchs lässt sich an zweierlei anknüpfen: die Definition sowie Verwendung des Vorteilsbegriffs in der Literatur – gemeint ist damit dessen Verwendung in Kommentaren und Lehrbüchern – sowie den Gebrauch des Begriffs durch die Rechtsprechung162. Vieles von dem, was an dieser Stelle relevant wird, wurde bereits im ersten Kapitel diskutiert163, in dem der Vorteilsbegriff nach aktuellem Verständnis in Rechtsprechung und Literatur ausführlich beleuchtet wurde. Daher soll an dieser Stelle auf den Vorteilsbegriff nach juristischem Sprachgebrauch nur knapp und zusammenfassend eingegangen werden. Die Kommentarliteratur begnügt sich weitgehend mit der Umschreibung der Beschaffenheit des Vorteils, ohne diesen jedoch zu definieren.164 Ganz vereinzelt findet man eine Definition, die dann jedoch zum Teil von der Rechtsprechung übernommen wurde: Als Vorteil wird „jede Verbesserung der wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Situation, die dem Täter nach der Rechtsordnung nicht zusteht“165, bezeichnet. Alternativ wird der Vorteil auch als „irgendein durch die Vortat geschaffener, dem Vortäter günstiger, vom Recht missbilligter Zustand“166 umschrieben. Gemeinsamer Gehalt beider Definitionen ist das Positive, das erlangt wurde bzw. das jemand nun innehat. Darüber hinaus tritt als weiterer Aspekt noch hinzu, dass der Vorteil einen Bezug zum Vortäter aufweist und gerade für ihn den genannten positiven Effekt hat. Neben diesem positiven Gehalt weist der Vorteil jedoch auch nach allen Definitionen einen negativen Gehalt auf: Die Erlangung des Vorteils schafft einen Zustand, der der Rechtsordnung widerspricht. 162 Die Frage, was alles zum juristischen Sprachgebrauch gehört, wirft Busse, auf, vgl. Busse, Juristische Semantik, S. 27. 163 Vgl. 1. Teil, B. 164 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 10 ff.; S/S-Hecker, § 257 Rn. 18. 165 NK-Altenhain, § 257 Rn. 16. 166 LK-Walter, § 257 Rn. 25; so auch schon RGSt 54, 132 (135).

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Die Rechtsprechung verwendet für den Vorteilsbegriff in den allermeisten Fällen keine Definition. Wenn sie stellenweise eine Definition heranzieht, ist es jedoch keine einheitliche. Einer der seltenen Fälle, in denen eine Definition im Ansatz bemüht wurde, ist RGSt 54, 132. Dort wurde die Sicherung des Vorteils als „Festhaltung und Ausnutzung irgendeines, durch das vorausgegangene Verbrechen oder Vergehen geschaffenen, dem Vortäter günstigen, vom Recht mißbilligten Zustandes“167 bezeichnet. Trotz des soeben festgestellten, vorhandenen juristischen Sprachgebrauchs für den Vorteilsbegriff muss darüber hinaus auch noch der allgemeine Sprachgebrauch herangezogen werden. Dies ist zum einen Folge der Tatsache, dass es nicht die eine allgemeingültige juristische Definition des Vorteilsbegriffs i. S. d. Begünstigungstatbestands gibt168, und zum anderen beruht die Heranziehung des allgemeinen Sprachgebrauchs darauf, dass die Auslegung nach dem juristischen Sprachgebrauch nicht allumfassend ist und somit noch Fragen offenlässt. So ist zum Beispiel nach Untersuchung des juristischen Sprachgebrauchs unklar, in welchem Zeitraum der Vorteil entstanden sein muss bzw. inwiefern Umwandlungen das Vorliegen eines sicherungsfähigen Vorteils beeinflussen.169 3. Die Bedeutung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch Ein erster Ansatzpunkt, um einen Zugang zur Wortbedeutung des Vorteilsbegriffs nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zu finden, kann die Heranziehung von Synonymen des Vorteilsbegriffs sein: Solche Synonyme sind etwa Wert, Interesse, Einnahme, Gewinn, Frucht, Ertrag, Verdienst, Profit, Nutzen, Plus, Vorzug, Ausbeute oder Erlös.170 All diese Begrifflichkeiten eint auf den ersten Blick, dass sie eine Bezeichnung für etwas Positives beinhalten, das erlangt wurde oder das jemand innehat. Keinen Aufschluss geben diese Begrifflichkeiten jedoch darüber, zu welchem Zeitpunkt dieses Positive erlangt wurde bzw. woraus es entstammt. Die Heranziehung von synonymen Begriffen kann somit nur einen kleinen Teil des Inhalts des Vorteilsbegriffs bestimmen, lässt jedoch viele weitere Fragen offen. Gegenüber diesem ersten, noch sehr vage bleibenden Ergebnis zur Ermittlung der Wortbedeutung könnte ein weiterer Ansatz der Blick in den Duden sein.171 Richtet man den Fokus hierbei zunächst auf den historischen Begriff des Vorteils, so ergibt sich, dass im Mittelhochdeutschen der Vorteil als das verstanden wurde, „was jemand 167

RGSt 54, 132 (135). Vgl. 1. Teil, B. I. 169 Vgl. zu dieser Frage schon 1. Teil, B. III. 2. a). 170 Vgl. hierzu https://synonyme.woxikon.de/synonyme/vorteil.php, abgerufen am 01. 01. 2023 sowie https://www.openthesaurus.de/synonyme/vorteil%20, abgerufen am 01. 01. 2023. 171 Insofern etwa auch BVerfGE 73, 206 (243), in dieser Entscheidung zieht das Bundesverfassungsgericht den Duden zur Ermittlung des Gewaltbegriffs heran; Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 738. 168

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vor anderen im Voraus bekommt“.172 Hieraus lässt sich eine mögliche Antwort auf die Frage entnehmen, in welchem Zeitraum der Vorteil entstanden sein muss, denn hiernach muss der Vorteil ganz klar im Voraus entstanden sein, was für den hier untersuchten Fall der Begünstigung nur bedeuten kann, dass der Vorteil vor der Begünstigungstat entstanden sein muss. Heute dagegen versteht man unter Vorteil „etwas (Umstand, Lage, Eigenschaft o. Ä.), was sich für jemanden gegenüber anderen günstig auswirkt, ihm Nutzen, Gewinn bringt“ oder „(finanzieller, geschäftlicher) Gewinn“, wobei letztere Bedeutung im Duden als veraltet bezeichnet wird.173 Letztlich kann man aus dieser Umschreibung des Vorteilsbegriffs im Duden ebenfalls entnehmen, dass der Vorteil einen positiven Gehalt hat. Darüber hinaus wird aber auch noch deutlich, dass es sich bei dem Vorteil um einen Zugewinn handelt, der zu einer Besserstellung des Empfängers führt. 4. Semantische Analyse des Vorteilsbegriffs Nachdem bereits oben in einem ersten Schritt die für die Rechtswissenschaft relevante semantische Methode ermittelt wurde174, muss diese nun auf den Vorteilsbegriff angewendet werden. Hierbei sollen die einzelnen sprachlichen Zeichen (Morpheme) des Vorteilsbegriffs analysiert werden. Wie bereits erläutert ist sowohl eine semantische Analyse des Begriffs Vorteil als auch der beiden sprachlichen Zeichen vor und Teil möglich. Da allerdings der Begriff des Vorteils bereits im Rahmen der Untersuchung der Bedeutung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ausführlich untersucht wurde und diese Untersuchung einer semantischen Analyse dieses sprachlichen Zeichens gleicht, kommt es an dieser Stelle nur auf die Analyse der einzelnen Morpheme vor und Teil an. a) Analyse des Morphems „Vor“ Unter Zugrundelegung das Begriffsverständnis unserer Alltagssprache, hat das sprachliche Zeichen vor sowohl eine räumliche als auch eine zeitliche Bedeutung.175 In räumlicher Hinsicht meint vor eine „vorwärts gerichtete Bewegung“ oder eine „räumliche Beziehung der Handlung zu einer Sache“176 bzw. „auf der Vorderseite, auf der dem Betrachter oder dem Bezugspunkt zugewandten Seite einer Person,

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Vgl. Duden, https://www.duden.de/rechtschreibung/Vorteil, abgerufen am 01. 01. 2023. Vgl. Duden, https://www.duden.de/rechtschreibung/Vorteil, abgerufen am 01. 01. 2023. 174 Vgl. 2. Teil, B. II. 3. c). 175 https://www.dwds.de/wb/vor-, abgerufen am 01. 01. 2023; https://www.duden.de/recht schreibung/vor_bevor_aus_gegen_heraus, abgerufen am 01. 01. 2023. 176 https://www.dwds.de/wb/vor-, abgerufen am 01. 01. 2023. 173

B. Wortlautauslegung

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Sache“.177 In zeitlicher Hinsicht hat vor dagegen folgende Bedeutungen: „einstweilige, noch nicht endgültige Handlung, die der eigentlichen Handlung in der zeitl. Abfolge vorausgeht“178, „bereits vorher“179 bzw. „früher als“180. Es handelt sich bei dem Wortteil vor zudem um ein Präfix, dass adjektivisch bzw. substantivisch eingesetzt werden kann und etwas beschreibt, das „zeitlich vor dem im Basiswort Genannten“ liegt bzw. das „unmittelbar davor liegt“181. Zunächst soll die zeitliche Betrachtung des sprachlichen Zeichens vor untersucht werden. Das Morphem vor umschreibt, dass etwas zeitlich betrachtet zuerst stattfindet, bevor ein anderes Ereignis eintritt. Dies kann für den hier untersuchten Vorteilsbegriff des Begünstigungstatbestands so verstanden werden, dass der Vorteil bereits zeitlich vor einem anderen Ereignis entstanden sein muss, wobei es sich bei dem nachgelagerten Ereignis um die Hilfeleistung handelt, die zur Sicherung des Vorteils vorgenommen wird. Somit kann ein sprachliches Zeichen des Vorteilsbegriffs dahingehend verstanden werden, dass der Vorteil erlangt worden sein muss, bevor es zu einem im Rahmen des Begünstigungstatbestands strafbaren Hilfeleisten kommt. Zudem kann das sprachliche Zeichen vor auch eine räumliche Beziehung ausdrücken (z. B. Vorraum). Für den Begriff des Vorteils ist nicht ersichtlich, inwiefern dieses räumliche Verständnis Bedeutung erlangen kann, sodass es insoweit auf diese mögliche Bedeutung von vor für die vorliegende Untersuchung nicht ankommt. Darüber hinaus kann durch das sprachliche Zeichen vor eine Reihenfolge oder Rangfolge angegeben bzw. eine höhere Stufe in einer Rangfolge verdeutlicht werden.182 Bezogen auf ein solches Rangverhältnis kann der Vorteil als eine Verbesserung eines bisherigen Zustand verstanden werden. Konkret verbessert wird im Fall der Begünstigung der Bestand des Vortäters. b) Analyse des Morphems „Teil“ Neben der Erkenntnis über den zeitlichen Faktor des Vorteilsbegriffs kann die Analyse des zweiten sprachlichen Zeichens ebenfalls zum Begriffsverständnis nach dem Wortlaut beitragen. Das sprachliche Zeichen Teil kann folgende Bedeutungen haben: „Abschnitt, Glied, Stück von einem Ganzen“, „an etw. beteiligte Person oder 177 https://www.duden.de/rechtschreibung/vor_bevor_aus_gegen_heraus, zuletzt abgerufen am 01. 01. 2023. 178 https://www.dwds.de/wb/vor-, abgerufen am 01. 01. 2023; https://www.duden.de/recht schreibung/vor_bevor_aus_gegen_heraus, abgerufen am 01. 01. 2023 179 https://www.dwds.de/wb/vor-, abgerufen am 01. 01. 2023. 180 https://www.duden.de/rechtschreibung/vor_bevor_aus_gegen_heraus, abgerufen am 01. 01. 2023. 181 Duden, Das Bedeutungswörterbuch, S. 1015. 182 https://www.dwds.de/wb/vor-, abgerufen am 01. 01. 2023; https://www.duden.de/recht schreibung/vor_bevor_aus_gegen_heraus, zuletzt abgerufen am 01. 01. 2023.

142

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Gruppe von Personen“, „Anteil an etw.“, „als selbstständig betrachtetes, für sich allein bestehendes Stück eines Ganzen, Einzelstück, Einzelteil“183, „Stück, das zwar auch zu einem Ganzen gehört, dem aber eine gewisse Selbstständigkeit zukommt“184 bzw. „was mit anderem zusammen ein Ganzes bildet oder ausmacht“185. Bestandteil aller Bedeutungen ist, dass es sich um einen Anteil an einer großen Einheit handelt und dieser Einheit ein gewisses Maß an Selbstständigkeit zukommt. Im Kontext des hier untersuchten Begünstigungstatbestands kann diese Einheit als das gesamte Vermögen des Vortäters aufgefasst werden, aus dem er nun eine kleinere Einheit dem Begünstigungstäter zwecks Sicherung überlässt. Ebenfalls denkbar ist es, als Einheit das Vermögen des Vortatgeschädigten anzusehen und als Teil hiervon das durch die Vortat Erlangte zu werten. Der zweite Ansatz kommt jedoch in denjenigen Fällen zu einem unvertretbaren Ergebnis, wo dem Vortatgeschädigten sein gesamtes Vermögen durch die Vortat entzogen wird und anschließend gesichert werden soll, denn in solchen Fällen ist kein bloßer Teil des Gesamtvermögens des Tatopfers betroffen, sondern eben das ganze Vermögen. Dass der Gesetzgeber aber auch solche Fälle als Vorteil erfassen wollte, liegt auf der Hand, schließlich ist derjenige, dessen gesamtes Vermögen entwendet und gesichert wird, mindestens genauso schützenswert, wenn nicht noch schützenswerter als derjenige, der nur einen Teil seines Vermögens verliert. Mithin muss hier das Begriffsverständnis zugrunde gelegt werden, das als Teil einen Anteil am Gesamtvermögen des Vortäters wertet. Die Untersuchung der einzelnen sprachlichen Zeichen liefert damit sowohl eine Erkenntnis bzgl. des zeitlichen Faktors des Vorliegens eines Vorteils als auch einen Hinweis bzgl. der Beschaffenheit des Vorteils im Verhältnis zum Gesamtvermögen des Vortäters. 5. Kontext und Syntax Möglicherweise lassen sich aus dem Kontext der Normierung des Vorteils Erkenntnisse hinsichtlich der Wortlautauslegung gewinnen. Der Vorteilsbegriff ist im gleichen Nebensatz wie der Begriff der Tat normiert. Dies legt schon auf den ersten Blick den Schluss nahe, dass eine Verbindung zwischen beidem bestehen muss. Bestätigt wird dies dadurch, dass beide Begriffe dergestalt miteinander verbunden sind, dass es sich laut Formulierung des Gesetzgebers um die Vorteile der Tat handeln muss, die der Begünstigungstäter sichert. Hieraus lässt sich entnehmen, dass zwischen dem Vorteil und der Vortat ein gewisser Bezug bestehen muss, wobei es sich möglicherweise um eine solche Beziehung 183

https://www.dwds.de/wb/Teil, abgerufen am 01. 01. 2023. https://www.duden.de/rechtschreibung/Teil, abgerufen am 01. 01. 2023; Duden, Das Bedeutungswörterbuch, S. 883. 185 https://www.duden.de/rechtschreibung/Teil, abgerufen am 01. 01. 2023. 184

B. Wortlautauslegung

143

zwischen Vortat und Vorteil handelt, die ein unmittelbares Resultieren des Vorteils aus der Vortat erfordert. Eindeutig wäre die Frage nach der Notwendigkeit eines unmittelbaren Tatvorteils zu beantworten, hätte der Gesetzgeber die Formulierung Vorteile aus der Tat gewählt. Durch die Wahl einer solchen Formulierung würde unzweideutig ausgedrückt, dass die Vorteile tatsächlich unmittelbar aus der Vortat stammen müssen und Umwandlungen vor der Sicherung des Vorteils daher unzulässig sind. Indem der Gesetzgeber jedoch die weitere Formulierung Vorteile der Tat wählte, lässt er an dieser Stelle offen, ob es sich bei tauglichen Tatvorteilen i. S. d. § 257 StGB nur um solche handelt, die unmittelbar aus der Vortat erlangt wurden, oder ob auch mittelbare Vorteile in Betracht kommen. Hierin erschöpft sich sodann aber auch bereits die auslegungsrelevante Information, die sich aus dem Kontext der Formulierung gewinnen lässt. Da die Gesetzesformulierung insbesondere über die Art der Vortat des § 257 StGB keinen Aufschluss gibt, können auch keine weiteren Erkenntnisse hinsichtlich der Beschaffenheit des Vorteils erlangt werden. Somit liefert die Heranziehung des Kontextes der Begünstigungsnorm für die Wortlautauslegung nur geringfügig relevante Ergebnisse. 6. Gesetzgeberwille Möchte man zur Ermittlung des Wortlauts den Willen des historischen Gesetzgebers heranziehen, so bietet sich als erster Zugangspunkt ein Blick in die Gesetzgebungsmaterialien der aktuellen Fassung der jeweiligen Norm an, für § 257 StGB ist das die Fassung vom 01. 01. 1975.186 In der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 257 StGB macht der Bundestag nur eine entscheidende Feststellung zum Vorteilsbegriff: So stellt er ausdrücklich fest, es müsse sich bei dem Vorteil nicht um einen Vermögensvorteil handeln.187 Weitere Anhaltspunkte für die Wortlautauslegung liefert die Gesetzesbegründung nicht.188 Insbesondere nennt die Gesetzesbegründung keine Beispiele für von der Norm erfasste Vorteile. Eine Idee vom Gesetzgeberwillen lässt sich außerdem gewinnen, wenn man den auszulegenden Begriff mit ähnlichen Begriffen in benachbarten Normen vergleicht. Mit der Begünstigungsnorm im gleichen Abschnitt wurden die Strafvereitelung und die Hehlerei geregelt. Während bei der Strafvereitelung keine vergleichbare Formulierung existiert, ist der Begriff der Sache und der Kontext der Normierung in der Hehlereivorschrift dem Vorteilsbegriff ähnlich und kann daher zum Vergleich herangezogen werden. Der Begriff der Sache umfasst alle körperlichen Gegenstände. 186

BGBl. I 1974 Nr. 22, S. 469 ff. BT-Drucks. 7/550, S. 248. 188 Zwecks Vermeidung von Dopplungen wird an dieser Stelle nur auf die aktuelle Gesetzesfassung sowie die hierfür einschlägige Gesetzesbegründung eingegangen. Alle anderen vorherigen Fassungen werden erst i. R. d. historischen Auslegung thematisiert. 187

144

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Dass der Gesetzgeber für die Begünstigung einen anderen Begriff wählte, zeigt, dass es ihm darauf ankam, mit der Begünstigungsnorm gerade nicht nur körperliche Gegenstände zu erfassen. Daher wählte er den weiteren Begriff des Vorteils, der im Gegensatz zum Sachbegriff auch unkörperliche Gegenstände erfasst. Darüber hinaus ist auch denkbar, dass neben körperlichen und unkörperlichen Gegenständen auch weitere aus der Vortat erlangte Positionen i. R. d. Begünstigung sicherungsfähig sind. So kommt etwa der sich aus der Sache ergebende Nutzungswert als sicherungsfähiger Vorteil in Betracht. Auch hierbei handelt es sich schließlich um etwas Positives und der gegenüber dem Sachbegriff weitere Begriff des Vorteils lässt eine solche Auslegung zu. Der Nutzungswert beinhaltet hierbei den sich aus dem jeweiligen Gegenstand ergebenden Wert, der durch unterschiedliche Arten der Nutzung (z. B. Verkauf, Verbrauch o. ä.) verwendet werden kann. Im Ergebnis legt daher der Wortlaut die Erfassung von körperlichen und unkörperlichen Gegenständen sowie des Nutzungswertes eines solchen Gegenstands nahe, ob dieses Ergebnis jedoch auch durch die anderen Auslegungsmethoden bestätigt werden kann oder gar widerlegt wird, werden die folgenden Kapitel zeigen. 7. Wortherkunft (Etymologie) Als letztes muss noch ein Blick auf die Wortherkunft des Begriffs Vorteil geworfen werden. Zieht man das Wörterbuch der Etymologie heran und sucht nach dem Vorteilsbegriff, so findet man zunächst nur einen Verweis auf die Wortherkunft des Begriffs Teil.189 Dieser Begriff wurde ausweislich des etymologischen Wörterbuchs bereits im gemeingermanischen Wortgebrauch, wie auch im Althochdeutschen und im Mittelhochdeutschen verwendet. Als bereits früh verwendete Ableitungen des Wortes Teil werden die Begriffe teilen, Teilbar und Teilung genannt. Eine Erkenntnis hinsichtlich der Auslegung des Begriffs lässt sich dem Dargelegten nicht entnehmen, insbesondere hat das Alter des Begriffs erstmal keine Aussagekraft für seine Bedeutungsauslegung. Somit bleibt noch die die etymologische Analyse des Begriffs vor. Gemeinsam mit verwandten Wörtern in anderen indogermanischen Sprachen beruht der Begriff auf der gemeinsamen Wurzel per, deren Bedeutung mit über etwas hinaus umschrieben werden kann.190 Gleichzeitig besteht eine Verwandtschaft mit dem griechischen pará, das wiederum an etwas entlang, über etwas hinaus bedeutet.191 Hieraus lässt sich ableiten, dass Vorteil bedeutet, dass etwas über das hinaus erlangt wird, was der Vortäter zuvor schon hatte. Insofern greift hier wiederum der bereits oben gewonnene Gedanke der Besserstellung des Vortäters durch den Vorteil.192 189

Duden, Das Herkunftswörterbuch, S. 904. Duden, Das Herkunftswörterbuch, S. 903; Bluhme, Etymologisches Wörterbuch, S. 622. 191 Duden, Das Herkunftswörterbuch, S. 903. 192 Vgl. 2. Teil, B. III. 4. a); 2. Teil, B. III. 3. 190

B. Wortlautauslegung

145

In einem anderen etymologischen Wörterbuch wird anstatt der Einzelteile des Begriffs der Gesamtbegriff des Vorteils historisch beleuchtet. Danach wurde im Mittelhochdeutschen der Begriff Vorteil umschrieben mit den Begriffen Teil voraus, Vorausempfang und Vorrecht193. Diese Bedeutung des Begriffs in früherer Zeit deckt sich mit der bereits im Rahmen der semantischen Analyse gewonnenen Erkenntnis, dass der Vorteil zeitlich vor einem bestimmten Ereignis – hier dem Hilfeleisten – erlangt worden sein muss. Weiterhin liefert die Etymologie die Erkenntnis, dass sich der Begriff des Vorteils aus dem althochdeutschen Begriff forateila entwickelt hat, der sich wiederum mit dem Begriff der Belohnung übersetzen lässt.194 Zudem sei eine historische Bedeutung des Vorteils „das, was man bei der Teilung voraus (also: dazu) bekommt“.195 Aus beidem lässt sich – in Übereinstimmung mit der bereits oben im Rahmen der Auslegung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch gewonnenen Erkenntnis – ableiten, dass es sich bei dem Vorteil um etwas Positives handelt. 8. Bedeutung der gewonnenen Erkenntnisse für das Auslegungsziel Wie bereits im einführenden Teil zur Auslegung dargestellt, werden als Auslegungsziel sowohl ein objektiver Ansatz (Ermittlung des Gesetzessinnes) als auch ein subjektiver Ansatz (Ermittlung des Gesetzgeberwillens) vertreten196, für eine differenzierte Auslegung ist die Berücksichtigung beider Ansätze notwendig. Im Rahmen der hier vorgenommenen Wortlautauslegung wurde dem objektiven Auslegungsziel Rechnung getragen, indem die einzelnen Morpheme auf ihre Bedeutung hin untersucht wurden und damit aus objektiver Sicht auf das Gesetz und den hier relevanten Begriff des Vorteils geblickt wurde.197 Der subjektive Ansatz dagegen wurde berücksichtigt, indem der Gesetzgeberwille beim Gesetzeserlass in die Wortlautauslegung einbezogen wurde.198 9. Ergebnis Aus der Anwendung der verschiedenen Methoden zur Ermittlung des Wortlauts lassen sich folgende Erkenntnisse gewinnen: (1) Beim Vorteil handelt es sich um etwas Positives für den Vortäter, genauer gesagt handelt es sich um einen Zugewinn199 bzw. um eine Besserstellung des Vortäters im Vergleich zu einem vorherigen Zustand.200 193

Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, S. 1422. Kluge, Etymologisches Wörterbuch, S. 964. 195 Kluge, Etymologisches Wörterbuch, S. 964. 196 Vgl. 2. Teil, A. III. 197 Vgl. 2. Teil, B. III. 4. 198 Vgl. 2. Teil, B. III. 6. 199 2. Teil, B. III. 2.; 2. Teil, B. III. 3.; 2. Teil, B. III. 7. 200 Vgl. 2. Teil, B. III. 4. a).

194

146

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

(2) Die Vorteilserlangung beinhaltet gleichzeitig die Schaffung eines durch die Rechtsordnung missbilligten Zustandes und damit weist der Vorteil auch einen negativen Gehalt auf.201 (3) Der Vorteil muss nicht in einem Vermögensvorteil bestehen.202 (4) Es handelt sich beim Vorteil um einen Anteil am Gesamtvermögen bzw. dem nichtvermögensrelevanten Besitz des Vortäters.203 (5) Der Vorteilsbegriff umfasst körperliche und unkörperliche Gegenstände (Forderungen). Darüber hinaus ist auch der sich aus einer Sache ergebende Nutzungswert vom Vorteilsbegriff erfasst.204 (6) Der Vorteil muss erlangt worden sein, bevor es zum strafbaren Hilfeleisten kommt.205 (7) Der Vorteil muss zwingend aus der Vortat stammen.206

IV. Beurteilung der gefundenen Ergebnisse Die Auslegung nach dem Wortlaut konnte vereinzelt zu verwertbaren Ergebnissen bzgl. der Auslegung des Begriffs Vorteil führen. So konnte der Vorteilsbegriff sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in inhaltlicher Hinsicht eingegrenzt werden: Während auf inhaltlicher Ebene der positive Gehalt des Vorteils festgestellt wurde, der allerdings auch mit der Hervorrufung eines für die Rechtsordnung negativen Zustands verbunden ist und bei dem es sich weder um einen Bestandteil des Vermögens des Vortatopfers noch um einen körperlichen Gegenstand handeln muss, wurde für den Zeitraum der Vorteilserlangung die Zeit bis zum Beginn des strafbaren Hilfeleistens festgestellt. Für die weitere Untersuchung bleibt festzuhalten, dass das Ergebnis der Wortlautauslegung keinen Vorrang vor den anderen Auslegungsmitteln hat, sondern die grammatische Auslegung nur ein Auslegungsmittel unter vielen ist.207

201

2. Teil, B. III. 2. 2. Teil, B. III. 6. 203 2. Teil, B. III. 4. 204 2. Teil, B. III. 6. 205 2. Teil, B. III. 4. a). 206 2. Teil, B. III. 5. 207 Rüthers/Fischer/Birk, § 22 Rn. 734. 202

C. Historische Auslegung

147

C. Historische Auslegung I. Einführung 1. Allgemeines Nachdem es i. R. d. Wortlautauslegung in erster Linie darum ging, welchen Sinn der Gesetzesausleger aus heutiger Sicht dem Begriff beimisst, muss im Anschluss der Fokus auf den historischen Gesetzgeber und die Entwicklung der Norm über die Zeit hinweg gelegt werden. Aus den Normvorstellungen des Gesetzgebers und aus der gesellschaftlichen und politischen Situation zum Zeitpunkt des Normerlasses lassen sich ggf. Erkenntnisse hinsichtlich der Bedeutung des Tatvorteils i. S. d. § 257 StGB gewinnen. a) Gründe für eine historische Auslegung Die Notwendigkeit einer historischen Auslegung ist in Literatur und Rechtsprechung mehrheitlich anerkannt.208 Dies liegt maßgeblich daran, dass bei allen übrigen Auslegungsmethoden, die Auslegung alleine auf dem Rechtsanwender, beispielsweise auf dem Richter oder Verwaltungsbeamten beruht, wohingegen nur die historische Auslegung ihre Legitimation daraus bezieht, dass sie den Willen eines demokratischen Organs als Grundlage hat.209 Die Berücksichtigung eines erkennbaren Gesetzgeberwillens ist zudem denknotwendige Konsequenz unseres demokratischen Verfassungsstaates, dessen Grundlage u. a. die Gewaltenteilung ist.210 b) Kritik an der historischen Auslegung Neben der breiten Anerkennung, die die historische Auslegung erfährt, äußern sich jedoch auch einige Vertreter der Literatur und die Rechtsprechung kritisch gegenüber der Anwendung der historischen Auslegung, indem sie diese etwa als „Hilfsmittel letzten Ranges“211 oder aber als „von sehr zweifelhaftem Wert“ bezeichnen.212 Die allgemeine Kritik an der historischen Auslegung wird flankiert von der speziellen Kritik daran, dass zwar einerseits die besondere Legitimation der historischen Auslegung propagiert wird, auf der anderen Seite jedoch auch solche Äußerungen Berücksichtigung finden, die gerade nicht vom Parlament, also einem demokratisch legitimierten Organ stammen, sondern etwa von Parlamentsaus208 Bydlinski, S. 449; Larenz/Canaris, Studienbuch, S. 216 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rn. 778 ff.; Wank, S. 67, 70. 209 Puppe, S. 125; BVerfG NJW 2018, 2542 (2548). 210 BVerfG NJW 2018, 2542 (2548). 211 Maurach, AT4, S. 101. 212 LK-Jagusch8, § 2 Anm. I 3 a; LK-Tröndle10, § 1 Rn. 44.

148

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

schüssen und Parlamentariern, die jeweils nur einen Teil des demokratisch legitimierte Bundestages darstellen.213 Zudem werden auch Äußerungen nicht demokratisch legitimierter Personen berücksichtigt, etwa von Sachbearbeitern der Ministerien.214 Dieser Kritik wird jedoch mit folgender Überlegung begegnet: Mit Abstimmung über das Gesetz würden die Parlamentarier auch gleichzeitig über sämtliche Gesetzgebungsmaterialien abstimmen, diesen gleichzeitig zustimmen und sie hierdurch demokratisch legitimieren, sodass sie Grundlage einer Auslegung sein könnten.215 Zudem hat die Rechtsprechung nach wie vor ein gespaltenes Verhältnis zur historischen Auslegung und deren Bedeutung für die Auslegung von Gesetzesbegriffen. Das BVerfG etwa hat der historischen Auslegung in BVerfGE 1, 299 folgenden Wert beigemessen: „Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder u¨ ber die Bedeutung der Bestimmung. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt fu¨ r deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsa¨ tzen ermittelten Auslegung besta¨ tigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgera¨ umt werden ko¨ nnen.“216

Dass diese Ansicht des Bundesverfassungsgerichts heute überholt ist, zeigt eine neuere Entscheidung; so heißt es in BVerfGE 105, 135: „Maßgebend fu¨ r die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist […]. Hierbei helfen alle herko¨ mmlichen Auslegungsmethoden in abgestimmter Berechtigung. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen.“217

Nachdem BVerfG und BGH bereits früh an der historischen Auslegung Kritik geäußert haben218, bedienen sie sich nunmehr ständig dieser Auslegungsmethode.219 Das problematische Verhältnis der Rechtsprechung zur historischen Auslegung fasst etwa BGHZ 46, 74 zusammen: 213 Nicht maßgeblich für die Auslegung sei es, wenn eine „Meinung in einem Unterausschuß eines Ausschusses des Bundesrats und dessen Mitgliedern und vom Vertreter der Bundesregierung geäußert worden ist, sofern nicht diese Meinung dem Wortlaut und dem Sinn der Vorschrift entnommen werden kann“, vgl. BVerfGE 20, 238 (253). 214 Vgl. zu allem Puppe, S. 125 f. 215 Walter, in: ZIS 2016, 746 (748); darstellend, diese Überlegung aber ablehnend Puppe, S. 126. 216 BVerfGE 1, 299 (312). 217 BVerfGE 105, 135 (157); vgl. insofern auch Simon, S. 219 f., 232. 218 BVerfGE 1, 299 (312); BVerfGE 10, 234 (244); BVerfGE 20, 238 (253). 219 Etwa BVerfGE 90, 263 (274 f.); BVerfGE 133, 168 (205 f.); BGHSt 45, 131 (133); BGHSt 45 211 (217 f.); vgl. hierzu auch Simon, S. 205 f., der eine genaue Analyse bzgl. der Häufigkeit der Verwendung verschiedener historischer Argumentationsmuster in der BGHRechtsprechung vornimmt.

C. Historische Auslegung

149

„Welche Bedeutung der Entstehungsgeschichte bei der Auslegung einer Gesetzesvorschrift zukommt, scheint in der ho¨ chstrichterlichen Rechtsprechung nach den dort wiederholt als grundsa¨ tzlich formulierten Sa¨ tzen allerdings widerspru¨ chlich beurteilt zu werden. Oft ist der Entstehungsgeschichte nur ein bedingter Wert oder u¨ berhaupt kein Wert fu¨ r die Auslegung einer Gesetzesnorm beigemessen worden. […] Trotz mancher gegenteilig klingender Sa¨ tze hat die ho¨ chstrichterliche Rechtsprechung denn auch in der Tat die Entstehungsgeschichte immer wieder dann maßgeblich herangezogen, wenn aus ihr […] Wesentliches fu¨ r die Auslegung einer Gesetzesvorschrift zu entnehmen war.“220

c) Zwischenergebnis Die historische Auslegung hat, ebenso wie die anderen Auslegungsmethoden, ihre Berechtigung. Bei der Auswahl der zwecks Auslegung herangezogenen Materialien muss allerdings kritisch beleuchtet werden, welchen Wert die jeweilige Quelle für die historische Auslegung haben kann. Hierfür entscheidend ist, inwiefern der demokratisch legitimierte Gesetzgeber selbst oder aber nur ein Teil hiervon als Urheber angesehen werden kann. 2. Quellen historischer Auslegung a) Gesetzesentwurf und Gesetzesbegründung Nachdem oben bereits die Kritik an einzelnen Quellen historischer Auslegung dargelegt wurde, soll nun ein umfassender Blick auf die unterschiedlichen Materialien geworfen werden, die zwecks historischer Auslegung herangezogen werden können. Das Bundesverfassungsgericht erkennt als Quellen zur Ermittlung des Gesetzgeberwillens an: „die Begründung eines Gesetzentwurfs, der unverändert verabschiedet worden ist, die darauf bezogenen Stellungnahmen von Bundesrat […] und Bundesregierung […] und die Stellungnahmen, Beschlussempfehlungen und Berichte der Ausschüsse“.221 Erster und naheliegendster Zugang zu einer historischen Auslegung ist damit der Gesetzesentwurf und mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Entwürfe eines Gesetzes.222 Besondere Bedeutung für die Auslegung kann der Gesetzesentwurf erlangen, der unverändert Gesetz wurde, aber auch aus anderen vorhergehenden Fassungen können – etwa mittels eines Gegenschlusses aus den gerade nicht Gesetz gewordenen Formulierungen – Erkenntnisse gewonnen werden. Wichtigster Teil des Gesetzesentwurfs ist wohl die amtliche Gesetzesbegründung. Hierbei kann diejenige Begründung des schließlich Gesetz gewordenen Entwurfs im Hinblick auf die für die Auslegung relevante Frage analysiert werden; es wird hier 220

BGHZ 46, 79 f.; vergleiche hierzu auch die Ausführungen von Simon, S. 231. BVerfG NJW 2018, 2542 (2548). 222 Simon, S. 317. 221

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

schlicht unterstellt – sofern keine anderweitigen Hinweise vorliegen – dass der Gesetzgeber sich die Begründung des Entwurfs zu eigen gemacht hat223 (sog. Paktentheorie224). Diese Vermutung des Willens des Gesetzgebers wird durchaus kritisch bewertet225, zum Teil wird gefordert, dass nur unter bestimmten Voraussetzungen die Gesetzesbegründung zwecks historischer Auslegung herangezogen werden kann. So wird etwa verlangt, dass für eine Berücksichtigung von Gesetzesentwürfen, sonstigen Gesetzesmaterialien und Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren erforderlich ist, dass der jeweiligen Äußerung nicht an anderer Stelle widersprochen wurde.226 Die Aufstellung dieser Anforderung ist jedoch insofern problematisch, als dass diese Feststellung nicht immer eindeutig getroffen werden kann. Eine Äußerung kann etwa als unwidersprochen gelten, weil sie am Ende des Verfahrens getroffen wurde und ein Widerspruch schlicht nicht mehr möglich war, ob sie in tatsächlicher Hinsicht unwidersprochen war, bleibt hierbei allerdings offen.227 Außerdem kann es vorkommen, dass eine tatsächlich vorliegende Widersprüchlichkeit von verschiedenen Stellungnahmen in einem komplexen Gesetzgebungsverfahren schlicht übersehen wurde.228 Aufgrund der dargelegten Schwierigkeiten ist die Forderung des Nichtbestehens von Widersprüchen für die Verwertbarkeit einer Quelle abzulehnen. Neben der Heranziehung des Gesetz gewordenen Entwurfs und der entsprechenden Gesetzesbegründung kann auch die Analyse vorheriger Gesetzesentwürfe und deren Begründung Aufschluss über ein auszulegendes Gesetz oder einen auszulegenden Begriff geben. Hierbei ist zwischen den Entwürfen zu unterscheiden, welche die Basis des letztlich erlassenen Gesetzes waren und zwischen solchen, für die feststeht, dass sie kein Gesetz mehr werden bzw. gegebenenfalls höchstens in Zukunft in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren zu gültigem Recht transformiert werden. Letztere sind i. R. d. Auslegung des streitgegenständlichen Gesetzes nicht zu berücksichtigen.229 Die Vorgängerentwürfe dagegen können auf unterschiedliche Art berücksichtigt werden230 : Zunächst ist eine rein informative Heranziehung des jeweiligen Entwurfs inklusive Begründung denkbar, die einerseits der Problemverdeutlichung und andererseits dem Erkennen alternativer Lösungsmöglichkeiten dienen kann.231 Der Vergleich der im Gesetz gewählten Lösung mit den übrigen Lösungsvarianten kann wichtige Erkenntnisse liefern. Darüber hinaus ermöglicht der Vergleich unter223

Str., vgl. Engisch, S. 142; a. A. Larenz, S. 329. Bydlinski, S. 432; Engisch, S. 142; Koch/Ru¨ ßmann, S. 211 ff.; Simon, S. 317. 225 Larenz, S. 329. 226 Simon, S. 262. 227 Simon, S. 262 f. 228 Als Beispiel vgl. BGHSt 31, 226, wiedergegeben und erläutert bei Simon, S. 262 m. w. N. 229 Vgl. zur gesamten Argumentation Simon, S. 317 f. 230 Vgl. für die Unterteilung in verschiedene Fallgruppen Simon, S. 318 ff. 231 Simon, S. 320. 224

C. Historische Auslegung

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schiedlicher Fassungen des Gesetzes den Entstehungsprozess ebendieses nachzuvollziehen und u. U. auch die Motivation des Gesetzgebers zu erkennen.232 Eine besondere Bedeutung kann ein zeitlich früherer Gesetzesentwurf erlangen, wenn der letzte Gesetzesentwurf hierauf Bezug nimmt.233 In solchen Fällen wird oft besonders deutlich, welche Motivation der Gesetzgeber verfolgt hat und warum er eine gewisse Formulierung geändert hat. Man kann hier noch hinterfragen, ob auch auf die Begründung des vorhergehenden Gesetzesentwurfs damit automatisch Bezug genommen wird.234 Dies bleibt wohl eine Entscheidung des Einzelfalls, sodass die jeweilige Gesetzesbegründung durchaus in dem Verweis einbezogen sein kann. Als Faustregel bleibt für den Auslegenden zu beachten, dass der vorherige in Bezug genommene Gesetzesentwurf nicht zeitlich und thematisch zu abwegig sein sollte.235 b) Sonstige im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens entstandene Aufzeichnungen Weiterhin entstehen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens Aufzeichnungen, die als Quellen der historischen Auslegung dienen können: Stellungnahmen von Abgeordneten, Äußerungen von Regierungsvertretern, Protokolle der Ausschüsse bzw. Unterausschüsse, die über das Gesetz beraten, Entwurfsbegründungen etc.236 Hier muss bei der Auslegung kritisch geprüft werden, welche Äußerungen in welchem Umfang Bedeutung erlangen können. Der einzelne Abgeordnete oder auch der Ausschuss und deren Mitglieder sind zwar demokratisch legitimiert, repräsentieren in ihrer Einzelstellung aber keinesfalls das Parlament. Somit sind ihre Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren mit Vorsicht zu genießen, folgendes Vorgehen ist daher empfehlenswert: Die einzelne Äußerung ist mit dem Willen des Parlaments (sog. Kollektivwille237) abzugleichen und sofern sich Diskrepanzen zwischen dem zu Tage tretenden Willen des Einzelnen oder des Ausschusses zum Willen des Gesetzgebers (entnommen aus der Gesetzesbegründung) ergeben, ist eine Abwägung zu treffen, welcher Wille dem tatsächlichen Gesetzgeberwillen entspricht.238 Über diesen Abgleich von konkreter Einzeläußerung und dahinterstehendem Willen mit dem Kollektivwillen des Gesetzgebers fordert Simon auch noch eine Überprüfung der Übereinstimmung von Kollektivwillen mit abstrakter Gesetzeszielsetzung.239 Für den Fall, dass zwischen Kollektivwille und abstrakter Geset232

Simon, S. 322. Simon, S. 325. 234 Simon, S. 325. 235 Simon, S. 327. 236 Simon, S. 259; Redeker/Karpenstein, in: NJW 2001, 2825 (2826 f.). 237 Simon, S. 265. 238 Simon, S. 265 ff.; vgl. diese Fundstelle auch zu einer ausführlichen Aufarbeitung der BGH-Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Einzeläußerungen i. R. d. historischen Auslegung. 239 Simon, S. 272. 233

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

zeszielsetzung eine Diskrepanz besteht, sei ein Motivirrtum des Gesetzgebers zu erwägen und das Gesetz ggf. in einer nicht gewollten Form erlassen worden. Vorrang habe in solchen Fällen die abstrakte Zielsetzung des Gesetzgebers.240 c) Außerhalb des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens entstandene Aufzeichnungen Neben den Materialien des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens kann unter Umständen auch auf die Materialien eines vorherigen Gesetzgebungsverfahrens zurückgegriffen werden241, das ist etwa möglich, wenn eine identische Vorläufernorm existierte242 oder aber in den aktuellen Gesetzgebungsmaterialien auf die Auslegung eines anderen Gesetzes Bezug genommen wird.243 Wenn ältere Gesetzgebungsmaterialien zur Ermittlung des Willens des Gesetzgebers herangezogen werden, erfolgt dies denknotwendig immer bezogen auf denjenigen Gesetzgeber, der Urheber des Gesetzes ist. Das kann der Landes- oder Bundesgesetzgeber sein, bei älteren Gesetzen etwa auch der nationalsozialistische oder aber der preußische Gesetzgeber.244 Für den nationalsozialistischen Gesetzgeber ist die Besonderheit zu beachten, dass seine Erwägungen nur herangezogen werden können, wenn sie kein spezifisch nationalsozialistisches Gedankengut enthalten bzw. mit dem Grundgesetz und dessen Wertvorstellungen vereinbar sind.245 Zuletzt stellt sich noch die Frage, ob die Möglichkeit besteht, nach Gesetzeserlass getätigte Äußerungen des Gesetzesverfassers heranzuziehen. Mit Verabschiedung des Gesetzes wird das Gesetzgebungsverfahren beendet, alle danach getätigten Äußerungen finden somit außerhalb des vom Grundgesetz festgelegten Verfahrens statt und können für sich keine besondere Legitimation beanspruchen.246 Es handelt sich vielmehr um Einzelmeinungen, die genauso zu berücksichtigen sind, wie jede andere Meinung, die außerhalb des Verfahrens geäußert wird.247 Darüber hinaus kann eine spätere (möglicherweise klarstellende) Äußerung zu einem Gesetzesentwurf schon deshalb keine Bedeutung als Quelle für die historische Auslegung haben, da sie nicht zwangsläufig von den im Gesetzgebungsverfahren Beteiligten stammt.248 240

Vgl. zum Ausgeführten Simon, S. 272 ff. Simon, S. 258 f. 242 BGHSt 30, 98 (102). 243 BGHSt 17, 149 (151). 244 Vgl. Simon, S. 258. 245 Simon, S. 279 f.; abgelehnt wurde durch den BGH etwa die Begründung des nationalsozialistischen Gesetzgebers, eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Norm sei geboten wegen „dem autoritären Gemeinwesen angemessenen Grundgedanken“, vgl. BGHSt 7, 256 (258). 246 Simon, S. 277 f.; vgl. etwa BGHSt 14, 116 (123). 247 Simon, S. 277. 248 Simon, S. 278 f. 241

C. Historische Auslegung

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3. Arten der historischen Auslegung Neben den verschiedenen möglichen Quellen dieser Auslegungsmethode werden für die historische Auslegung unterschiedliche Ansatzpunkte vertreten, die hier kurz beleuchtet werden sollen. Je nachdem welcher Literaturstimme man folgt, variiert zudem die Unterteilung in die verschiedenen Ansätze der historischen Auslegung. Eine mögliche Differenzierung unterscheidet einerseits zwischen der historischen Auslegung im weiteren Sinne und der genetischen Auslegung: Die historische Auslegung im weiteren Sinne erschließt hiernach die Vorgeschichte, den gesellschaftlichen Kontext der Normsetzung sowie verschiedene Interessen und Konfliktsituationen, die die Entstehung der Norm beeinflusst haben. Die genetische Auslegung wiederum beleuchtet die Entstehungsgeschichte im engeren Sinne, Berücksichtigung finden hier die Gesetzesbegründungen, die Bundestagsdrucksachen und die Protokolle der einzelnen Beratungen im Bundestag.249 Ein zweiter Ansatz möchte zwischen genetischer und historischer Auslegung im engeren Sinne differenzieren. Die genetische Auslegung fragt hiernach lediglich nach den Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten, die historische Auslegung im engeren Sinne dagegen nach der Entwicklung des Rechts an sich, unter Heranziehung von Vorgängernormen der untersuchten Norm.250 Wiederum einen anderen Ansatz stellt die Differenzierung nach historischsprachlicher und historisch-teleologischer Auslegung dar.251 Die historischsprachliche Auslegung untersucht das vorhandene historische Material darauf, welche Absichten bzw. Vorstellungen dem Gesetzeserlass zugrunde lagen, insbesondere im Hinblick auf die Erfassung des fraglichen Sachverhalts von der Norm. Hierbei steht die Untersuchung des verwendeten spezifischen Sprachgebrauchs im Vordergrund. Dagegen fragt die historisch-teleologische Auslegung danach, welche Zwecke oder Werte dem Gesetzeserlass zugrunde liegen und welche der verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten eines Begriffs diese Zwecke am besten verfolgen.252 Bereits dieser kurze Überblick zeigt, dass die verwendete Terminologie uneinheitlich und unübersichtlich ist. Aus dem Dargestellten lässt sich jedoch als gemeinsame Grundlage entnehmen, dass die historische Auslegung objektive und subjektive Ansätze aufweist.253 Dies entspricht dem, was unter den Begriffen objektive oder subjektive Theorie diskutiert wird254, strittig ist hier, ob es bei der historischen Auslegung maßgeblich auf den Willen des historischen Gesetzgebers (subjektive Theorie) oder aber auf den im Gesetz objektiv zum Ausdruck kom249

Zur Differenzierung NK-Hassemer/Kargl, § 1 Rn. 108. Brugger, in: AöR 1994, 1 (26). 251 Bydlinski, S. 450 f. 252 Bydlinski, S. 450 f. 253 Vgl. hierzu Simon, S. 208 Fn. 21 m. w. N. 254 Vgl. 2. Teil, A. III. 250

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

menden, gegenwärtigen Gesetzeswillen (objektive Theorie) ankommt. Dass man hier einen Mittelweg gehen und i. R. d. Auslegung beide Ansätze gleich berücksichtigen muss, wurde oben bereits dargelegt.255 Der vorliegenden Untersuchung soll daher keiner der aufgeführten Ansätze zur Unterscheidung verschiedener Arten der historischen Auslegung zugrunde gelegt werden, sondern der Tatbestand der Begünstigung schlicht unter Zugrundelegung objektiver und subjektiver Kriterien untersucht werden. 4. Ergebnis Als Ergebnis dieser Einführung in die historische Auslegung lässt sich festhalten, dass sie einen wichtigen Beitrag zur Auslegung von Gesetzesbegriffen leisten kann. Es besteht jedoch die Notwendigkeit einer genauen Auswahl der Quellen, die zwecks Auslegung herangezogen werden, sowie einer kritischen Überprüfung der zugrunde gelegten Materialien. Im Folgenden werden der Tatbestand der Begünstigung und der Begriff des Vorteils historisch untersucht. Hierbei gilt das im vorherigen Abschnitt Ausgeführte nur für diejenigen Zeitabschnitte, in denen überhaupt Gesetzesmaterialien ausgearbeitet wurden. Im Übrigen beschränkt sich die Analyse des Tatbestands in der jeweiligen Epoche auf eine darstellende Zusammenfassung der historischen Rechtslage und den Versuch, hieraus Erkenntnisse für die Entwicklung des Begünstigungstatbestands, die Auslegung der heutigen Strafnorm der Begünstigung und insbesondere für die Auslegung des Vorteilsbegriffs zu gewinnen.

II. Zum Gang der Untersuchung Die nachfolgende Untersuchung hat die Entwicklung des Begünstigungstatbestands in den vergangenen Jahrhunderten zum Gegenstand. Da der Begriff des Vorteils erst spät im Gesetz verwendet wurde, kann es hier auch nur peripher um die Verwendung des Begriffs Vorteil in den einzelnen Entwürfen und Strafgesetzbüchern vergangener Zeiten gehen. Vielmehr geht es im nachfolgenden Kapitel in erster Linie um die Untersuchung des Ursprungs der Begünstigung und darum, wie sich die Strafbarkeit eines solchen Verhaltens über die Jahrhunderte hinweg verändert hat. Aus dieser Entwicklung wiederum sollen Rückschlüsse auf den Tatbestand der Begünstigung und die Auslegung des Vorteilsbegriffs gezogen werden. Hierbei sind für die Begünstigung zwei Aspekte von entscheidender Bedeutung: Ihr Ursprung in der Teilnahme und ihre Verselbstständigung über die Jahre hinweg. Dies liegt insbesondere darin begründet, dass sich aus dieser Entwicklung Rückschlüsse auf die Auslegung des Vorteilsbegriffs ziehen lassen: Denn eine Zugehö255

Vgl. 2. Teil, A. III.

C. Historische Auslegung

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rigkeit der Begünstigung zur Teilnahme spricht dafür, dass der Vorteil, der im Anschluss an die Vortat gesichert wird, einen starken Bezug zur Vortat aufweist und ggf. sogar körperlich identisch mit dem aus der Vortat erlangten Objekt sein muss. Dieses enge Verhältnis von Vortat und Begünstigung legt nahe, dass jegliche Arten von Umwandlungen und Änderungen des aus der Vortat Erlangten das Vorliegen eines Vorteils ausschließen. Eine Normierung der Begünstigung als eigenständiger Tatbestand ermöglicht dagegen eine großzügigere Auslegung des Vorteilsbegriffs: Sofern die Begünstigung als selbstständiger Tatbestand normiert ist, reicht es für das Vorliegen eines Vorteils aus, dass er auf irgendeine Art und Weise aus der Vortat ableitbar ist, eine zwingende Identität mit dem aus der Vortat Erlangten ist dagegen nicht erforderlich. Somit hat die Entwicklung des Tatbestands der Begünstigung erheblichen Einfluss auf die Auslegung des Vorteils, die Frage nach einer Notwendigkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums sowie der Bestimmung der Grenzen dieser Unmittelbarkeit.

III. Die Entwicklung des Begünstigungstatbestands bis zum Erlass des RStGB 1871 1. Antike a) Die Begünstigung im antiken römischen Recht, 5. Jhd. v. Chr. – 5. Jhd. n. Chr. aa) Einführung Ausgangspunkt der historischen Auslegung ist das römische Recht als älteste Rechtsquelle. Da der Fokus des römischen Rechts auf dem Privatrecht lag, hatte das Strafrecht nur eine sehr untergeordnete Bedeutung, sodass die Dogmatik der strafrechtlichen Vorschriften wesentlich weniger ausdifferenziert war als die der zivilrechtlichen Vorschriften. Dennoch kennt das römische Strafrecht bereits den Tatbestand der Begünstigung sowie die weiteren heute noch relevanten Anschlussdelikte, die Hehlerei und die Strafvereitelung.256 Als Problem der Anschlussdelikte wurde hauptsächlich diskutiert, ob die geleistete Hilfe auf die Vortat selbst bezogen war (Hilfe bei der Vortat) oder aber ein von der Straftat unabhängiges, nachfolgendes Geschehen darstellte (Hilfe nach der Vortat).257 Dem römischen Strafrecht ist es allerdings nicht gelungen, dieses Problem zu lösen und ein schlüssiges Prinzip zur Abgrenzung aufzustellen258, 256

Weisert, S. 99. Weisert, S. 99. 258 von Buri, in: GS 1877 (29), 14 (14). 257

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

sodass Juristen bis heute diese Abgrenzungsfrage i. R. d. Begünstigungstatbestands diskutieren.259 Zum besseren Verständnis der Begünstigungs-Regelungen wird im Folgenden nach den unterschiedlichen Zeitepochen des Römischen Rechts unterteilt, sodass die Veränderung der Norm über die Zeit hinweg und ihr jeweiliges Verhältnis zu anderen Begehungsformen des Strafrechts am besten untersucht werden kann. bb) Frühzeit (753 – 509/510 v. Chr.) Da ein kodifiziertes Recht in der Frühzeit des römischen Reiches nicht existierte260 und zudem aus dieser Zeit nur wenig gesichert überliefert ist261, lässt sich nicht ermitteln, ob die Rechtsordnung des Römischen Reichs zu dieser Zeit den strafrechtlichen Tatbestand der Begünstigung kannte und damit die nachtatliche Hilfe bestrafte. cc) Zeit der Republik (509 – 27 v. Chr.) (1) Geschichtliche Hintergründe Gegenüber der Frühzeit, die für die Entwicklung des römischen Rechts eher von untergeordneter Bedeutung ist, wurde in der Zeit der Republik das römische Recht entscheidend weiterentwickelt. Prägend dafür war die Entwicklung der Zwölf-TafelGesetze, die eine grundlegende Neustrukturierung der römischen Rechtsordnung beinhaltete und die erstmalige Aufzeichnung von Normen des Römischen Rechts darstellte.262 Die Zwölf-Tafel-Gesetze entstanden aufgrund der anhaltenden Ständekämpfe zwischen Plebejern und Patriziern 451/450 v. Chr263 und setzten die Forderung der Plebejer nach einem kodifizierten Recht und sich daraus ergebender Rechtssicherheit und Rechtsklarheit um.264 Jedoch enthielten die Zwölf-Tafel-Gesetze keinesfalls eine umfassende Gesetzessammlung wie wir sie aus unserer heutigen Rechtsordnung kennen, vielmehr fanden auf einigen Rechtsgebieten die bisher geltenden Regeln

259

Vgl. etwa die Dissertationen von Przybyla (1999) und Wolff (2002) zur Frage der Abgrenzung von Beihilfe und Anschlussdelikten. 260 Kunkel/Schermeier, S. 31; Manthe, S. 13; nach a. A. existierten in dieser Zeit die sog. leges regiae, ob diese tatsächlich aus dieser Zeit stammen, ist historisch nicht abschließend geklärt, vgl. hierzu Söllner, S. 24 f. und Waldstein/Rainer, S. 45. 261 Waldstein/Rainer, S. 45. 262 Manthe, S. 13; Waldstein/Rainer, S. 46. 263 Söllner, S. 33; ausführlich zur Lage im Römischen Reich vor Schaffung der ZwölfTafel-Gesetze Manthe, S. 40 f.; vgl. auch zu den Zwölf-Tafel-Gesetzen: Düll, Das Zwölftafelgesetz. 264 Manthe, S. 41.

C. Historische Auslegung

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weiter Anwendung, andere Gebiete blieben weiterhin ungeregelt.265 Der Schwerpunkt der Regelungen in den Zwölf-Tafeln lag zudem auf dem Zivilrecht, weniger auf dem Strafrecht. Für das Strafrecht entwickelte die Zwölf-Tafel-Gesetzgebung allerdings die Unterscheidung in crimina (Straftaten) und delicta (unerlaubte Handlungen).266 (2) Der Tatbestand der Begünstigung in der Zeit der Republik Für die Begünstigung ist umstritten, ob ein solches strafbares Handeln bereits in den Zwölf-Tafeln-Gesetzen kodifiziert wurde. Während etwa Weisert davon ausgeht, dass die Regelung der Begünstigung in den Zwölf-Tafel-Gesetzen ungeklärt ist267, wollen andere die Begünstigung unter dem Begriff des furtum conceptum verorten.268 Zur Klärung dieser Zweifelsfrage ist das furtum conceptum269 der Zwölf-TafelGesetze und dessen Anwendungsbereich zu untersuchen. Ausgangspunkt muss hierbei zunächst der Tatbestand des sogenannten furtum sein, der ein Handeln umfasst, das wir heute als Diebstahl bezeichnen würden.270 Möglich waren sowohl eine Mittäterschaft als auch eine Anstiftung und Beihilfe zum furtum.271 Hiervon unterschieden wurde erstmals in den Zwölf-Tafel-Gesetzen das Verbergen und Verwerten des Gutes als Anschlusshandlung, das sogenannte furtum conceptum.272 Diese Differenzierung ist deshalb bedeutend, weil es sich hierbei um den Ausgangspunkt unserer heutigen Dogmatik der Unterscheidung zwischen der Teilnahme/Täterschaft am Delikt und der zu bestrafenden Anschlusshandlung nach vollendetem Delikt handelt. Zum ersten Mal wurde also im römischen Recht der ZwölfTafel-Gesetze ein Unterschied zwischen der gegenüber der Täterschaft gleich zu bestrafenden Mittäterschaft273 und der Anschlusstat gemacht. Konkret umfasste das furtum conceptum die Fälle, in denen das gestohlene Gut im Rahmen einer Hausdurchsuchung aufgefunden wurde274, unklar ist jedoch, welche Auswirkungen die Existenz des furtum conceptum schließlich in der Praxis hatte: Zum Teil wird vertreten, dass furtum conceptum hätte lediglich eine Beweisregel dargestellt, die auf die Täterschaft hindeutete275, ganz überwiegend wird dagegen 265

Waldstein/Rainer, S. 49. Waldstein/Rainer, S. 56, 60; das Strafrecht war auf Tafel 8 geregelt, vgl. Düll, S. 91 ff. 267 Weisert, S. 99 f. 268 Lohmeyer, S. 5; Mommsen, S. 747, 750; Przybyla, S. 5; Wolff, S. 18. 269 Zwölftafeln 8, 14 = Gai. Inst. III, § 186, übersetzt in Manthe, Institutionen, S. 301; vgl. auch Düll, S. 93. 270 Mommsen, S. 733 ff. 271 Mommsen, S. 746. 272 Mommsen, S. 747, 101. 273 Mommsen, S. 101. 274 Mommsen, S. 747. 275 Weisert, S. 100; Mezger, in: ZStW 1940 (59), 549 (552). 266

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

angenommen, dass es sich um ein eigenständiges Delikt handelte.276 Da Fälle des Verbergens und Verwertens erfasst waren, spricht Mommsen beim furtum conceptum von Hehlerei.277 Diese Umschreibung der Tathandlung ist unter der heutigen Gesetzesfassung, die in drei verschiedene Anschlusstaten differenziert, jedoch nicht korrekt, vielmehr würde man heute für das Verbergen den Tatbestand der Begünstigung und für das Verwerten die Hehlerei als einschlägigen Tatbestand heranziehen. Ein weiterer Hinweis bzgl. der Existenz eines Begünstigungstatbestands kann der in den Zwölf-Tafel-Gesetzen geregelten actio furti concepti (übersetzt etwa „Klage wegen Entdeckung des Diebesguts“278) entnommen werden.279 Es handelte sich hierbei um eine Klage auf Zahlung des dreifachen Wertes der gestohlenen Sache, die gegen denjenigen erhoben werden konnte, bei dem die gestohlene Sache gefunden worden war (etwa im Rahmen der oben bereits angesprochenen Hausdurchsuchung).280 Da das Verstecken der gestohlenen Sache verboten war und somit ein Begünstigungshandeln geahndet wurde, liegt die Annahme nahe, hierin eine eigene Deliktskategorie zu sehen. Dem lässt sich jedoch entgegengehalten, dass die Klage lediglich für den Fall der nachtatlichen Hilfe eine Haftung des Helfenden auslöst, ohne jedoch darüber zu entscheiden, ob eine Teilnahme an der Vortat oder ein eigenständiges Delikt vorliegt.281 Zudem wird die Begünstigungsstrafbarkeit noch in einer weiteren Regelung aus der Zeit der Republik, nämlich im Senatus Consultum de Bacchanalibus von 186 v. Chr. angedeutet. Dort wurde das Verbot ausgesprochen, jemandem, der sich infolge des Bacchanalienskandals282 auf der Flucht befand, etwas abzukaufen oder für ihn etwas zu verkaufen sowie den Flüchtigen aufzunehmen, zu verstecken oder anderweitig zu unterstützen.283 In der heutigen Terminologie waren verboten: Die Hehlerei (Ankauf, Unterstützung beim Verkauf), die Strafvereitelung (Aufnahme oder Verstecken des Flüchtigen, sog. recipere bzw. celare) und die Begünstigung (sonstige Unterstützung). Aufgrund dieser Regelung wird ebenfalls von einer eigenständigen Regelung des Delikts – und eben nicht von einer bloßen Teilnehmerstrafbarkeit des Begünstigers – ausgegangen.284 276

Lohmeyer, S. 5; Mommsen, S. 747. Mommsen, S. 747. 278 Manthe, Institutionen, S. 301. 279 Vgl. insofern Wolff, S. 18; Gai. Inst. III, § 186. 280 Gai. Inst. III, § 186. 281 Weisert, S. 101. 282 Hierbei handelt es sich um die Unterdrückung des Bacchus-Kultes zur Zeit der Römischen Republik im Jahr 186 v. Chr. 283 Vgl. Livius, Römische Geschichte, Buch XXXIX–XLI, S. 40, Z. 3 – 5: „Edixerunt deinde, ne quis quid fugae causa vendidisse neve emisse vellet; ne quis reciperet, celaret, ope ulla iuvaret fugientes.“; ins Deutsche übersetzt von Hillen, in: Livius, Römische Geschichte, S. 41, Z. 6 – 9. 284 Lohmeyer, S. 5. 277

C. Historische Auslegung

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Ein letzter möglicher Ansatzpunkt zur Bestimmung der Selbstständigkeit bzw. Unselbstständigkeit der Begünstigung im Römischen Recht stellt die Heranziehung der in den Zwölf-Tafel-Gesetzen begründeten Dogmatik der Unterscheidung in crimina und delicta dar. Bei den hier relevanten Handlungen des furtum und des furtum conceptum handelte es sich nicht um crimina und damit auch nicht um eine öffentliche Straftat, vielmehr um Privatklagedelikte (sog. delicta). Nach Weisert hat diese Einordnung zur Folge, dass lediglich eine Aussage darüber getroffen wird, ob eine Haftung des nachträglich Helfenden besteht. Folglich haftet derjenige, der eine Begünstigungs-, Hehlerei- oder Strafvereitelungshandlung begeht, zwar „als Dieb“, das Bestehen einer solchen Haftung sagt jedoch noch nichts darüber aus, dass er tatsächlich strafrechtlich ein Dieb ist.285 Diese Auslegung lässt sich durch verschiedene Fundstellen aus den Digesten stützen, in denen ausdrücklich auf eine Haftung als Dieb286 abgestellt wird. Allerdings wird an anderer Stelle derjenige, der etwas verbirgt, gerade ausdrücklich als Dieb bezeichnet.287 Beispielhaft hierfür steht auch Cod. 9, 12, 9, wo es übersetzt heißt: „Einander nicht unähnliche Verbrechen sind zu rauben, und, um das Verbrechen wissend, die geraubte Sache fu¨ r den Ra¨ uber aufzubewahren.“288, hieraus ergibt sich gerade die Gleichwertigkeit beider Verbrechen als selbstständige Taten. Somit kann im Ergebnis der Verweis auf die bloße Haftungszuweisung und die damit verbundene Ablehnung der Selbstständigkeit des furtum conceptum nicht durchgreifen. (3) Zwischenergebnis Für die Zeitepoche der Republik bleibt letztlich die Erkenntnis, dass eine systematische Regelung des Begünstigungstatbestands und der weiteren Anschlussdelikte in den Zwölf-Tafel-Gesetzen nicht existierte.289 Es sind lediglich Spuren von Begünstigung, Strafvereitelung und Hehlerei in den Zwölf-Tafel-Gesetzen und anderen aus dieser Zeit stammenden Regelungen zu finden, allerdings ohne, dass einer dieser Begriffe Verwendung findet oder eine der heutigen Differenzierung entsprechende Unterscheidung zwischen den einzelnen Tatbeständen vorgenommen wird.290 Aus den nicht allumfassenden Regelungen der Zwölf-Tafel-Gesetze und der eben gerade enthaltenen Regelung der Nachtathilfe lässt sich jedoch schließen, dass diese Form der Tatbegehung wohl schon damals eine besondere Bedeutung hatte, die eine Regelung erforderlich machte. Darüber hinaus sprechen die besseren Argumente dafür, dass bereits in dieser Zeit der Tatbestand der Begünstigung nicht als 285 Vgl. zur gesamten Argumentation Weisert, S. 100 unter Berufung auf Abegg, § 77 S. 122 und Platner, in: AdC 1843, 170 (182 f.). 286 Cod. 6, 2, 14 und Cod. 9, 20, 12. 287 Dig. 47, 2 und Dig. 48, 3. 288 Cod. 9, 12, 9: „Crimen non dissimile est rapere et ei qui rapuerit rapta scientem delictum servare“, übersetzt von Haller, in: Corpus Iuris Civilis – Codex Justinianus. 289 Vgl. hierzu auch Przybyla, S. 5. 290 Wolff, S. 17 f.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Teilnahme angesehen, sondern bereits als selbstständiger Tatbestand anerkannt wurde.291 dd) Kaiserzeit (27 v. Chr. – 395 n. Chr.) und Spätantike (395 – 568 n. Chr.) (1) Geschichtliche Hintergründe Prägende Gesetzesquelle für die Zeit der Spätantike ist die zwischen 528 und 534 n. Chr. entstandene Gesetzessammlung des Corpus Iuris Civilis, die auf Basis vieler über Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte zurückreichender Gesetze entstanden ist. Die Unterteilung des Corpus Iuris Civilis in vier Teile ist Resultat des Vorgehens bei der Zusammenstellung dieser Gesetzessammlung und gibt Aufschluss über den Entstehungszeitpunkt der einzelnen gesammelten Fragmente. Den ersten Abschnitt bildeten die Institutionen, ein juristisches Anfängerlehrbuch, das als Einführung in die weiteren zwei Teile des CIC – die Digesten und den Codex – dienen sollte. Die Digesten wiederum stellten eine Zusammenfassung und Auswahl verschiedener Juristenschriften der Vergangenheit dar, der Codex sammelte die noch gültigen Kaisergesetze. Den Abschluss bildeten die Novellen, eine Zusammenfassung der ab 534 n. Chr. erlassenen Kaisergesetze.292 Sowohl aus den Digesten als auch aus dem Codex lassen sich somit Erkenntnisse hinsichtlich der Rechtsordnung der Kaiserzeit gewinnen. Sie sollen daher im Folgenden im Hinblick auf den Begünstigungstatbestand und die weiteren Anschlussdelikte untersucht werden. (2) Der Tatbestand der Begünstigung in der Kaiserzeit In der Kaiserzeit entstand das sog. crimen receptorum bzw. das receptatorum293, welches sowohl in den Digesten (Dig. 47, 16294) als auch im Codex (Cod. 9, 39, 1295) Erwähnung fand. Bestraft wurden diejenigen gleich dem Täter, die „sich mit anderen verbünden, indem sie die, die eines Verbrechens schuldig sind, verstecken“296, also eine Handlung vornehmen, die wir heute als Strafvereitelung bezeichnen würden. 291

Vgl. 2. Teil, C. III. 1. a) cc) (2). Zur Systematik des Codex Iuris Civilis vgl. Söllner, S. 135 f. 293 Ein begrifflicher Unterschied besteht hierbei nicht, vgl. Platner, in AdC 1843, 170 (178 f.). 294 Dig. 47, 16: „Pessimum genus est receptatorum, sine quibus nemo latere diu potest: et praecipitur, ut perinde puniantur atque latrones. In pari causa habendi sunt, qui, cum adprehendere latrones possent, pecunia accepta vel subreptorum parte dimiserunt.“. 295 Cod. 9, 39, 1: „Eos, qui se cum alieni criminis reo occultando eum sociarunt, par ipsos et reos poena expectet. Et latrones quisquis sciens susceperit vel offerre iudiciis supersederit, supplicio corporali aut dispendio facultatum pro qualitate personae et iudicis aestimatione plectatur.“. 296 Cod. 9, 39, 1, übersetzt von Haller, in: Corpus Iuris Civilis – Codex Justinianus. 292

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Zudem wurde auch das Handeln desjenigen geahndet, der die durch Diebstahl oder ein anderes Verbrechen erlangten Sachen aufnahm, dies kann als Handeln eines Begünstigungstäters gewertet werden.297 Die nachträgliche Hilfe musste zudem nicht an eine solche Vortat anknüpfen, die gegen das Eigentum gerichtet war, vielmehr war als Vortat jede Tat denkbar.298 Die Strafe für denjenigen, der sich der Straftat des crimen receptorum bzw. das receptatorum schuldig gemacht hatte, entsprach hierbei der Strafe des Vortäters299, eine geringere Strafe war jedoch möglich für receptatores abigeorum300 (Empfänger des Viehdiebs301) und receptatores raptorum302 (Empfänger des Räubers), außerdem auch sofern mildernde Umstände vorlagen, z. B. eine Verwandtschaft mit dem Vortäter.303 Mit der Bestrafung des receptatores sollte eine der Vortat nachfolgende Unterstützung verhindert werden, um für den Vortäter die Begehung der Vortat unattraktiver zu machen.304 Eine entscheidende Frage bleibt jedoch auch in der Kaiserzeit weiterhin ungeklärt: Es lässt sich den verschiedenen Rechtsquellen nicht eindeutig entnehmen, ob es sich nun bei der receptatio um ein selbstständiges Anschlussdelikt oder lediglich um eine Teilnahme an der Vortat handelt.305 Betrachtet man zunächst ausschließlich die gesetzliche Regelung der receptatio in Codex und Digesten, so spricht für deren Unselbstständigkeit und damit das bloße Vorliegen einer Teilnahmeform, dass der Handelnde dem Vortäter gleich bestraft wird.306 Andererseits wird die Selbstständigkeit des Delikts dadurch nahegelegt, dass es für eine bloße Bestrafung als Teilnehmer nicht der Schaffung des crimen receptatorum bedurft hätte.307 Zudem findet sich in den Digesten noch an anderer Stelle ein Hinweis auf das crimen receptatorum und dessen Selbstständigkeit. In Dig. 47, 9, 3, 3 heißt es „receptores non minus delinquunt quam adgressores“, übersetzt „die Empfänger (re297

Dig. 47, 16; Mommsen, S. 775. Cod. 9, 39, 1; Weisert, S. 103. 299 Cod. 9, 39, 1, übersetzt von Haller, in: Corpus Iuris Civilis – Codex Justinianus; Dig. 47, 16, 1. 300 Dig. 47, 14, 3, 3; Rein, S. 351. 301 Vgl. Rein, S. 323. 302 Cod. 9, 13, 3. 303 Dig. 47, 16, 2. 304 Dig. 47, 16, 1; Wolff, S. 18 f. 305 In diesem Sinne Przybyla, S. 5 und Wolff, S. 19; Binding, BT II, Abt. 2, S. 632 Anm. 3; Ghan, S. 3 und Köhler, in: GS 1902 (61), 44 (49) gehen davon aus, dass es sich beim receptatorum um ein eigenständiges Delikt handelt. Gretener, S. 12, hält dagegen und betrachtet die selbstständige Regelung der receptatio als rein zufällig. 306 Dig. 47, 9, 3, 3: „quia receptores non minus delinquunt, quam aggressores“; zitiert nach Plümer, S. 12. 307 Köhler, in: GS 1902 (61), 44 (49). 298

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

ceptores) sind mindestens genauso schuldig wie die Vortäter“. Diese Formulierung weist auf eine Selbstständigkeit der Begünstigungstat hin.308 Der Charakter einer selbstständigen Anschlusstat wird auch dadurch belegt, dass in Cod. 9, 13, 1, 3 ausdrücklich vom Helfer bei der Vortat die Rede ist: „Die vorerwähnten Strafen, das sind die des Todes und des Vermögensverlustes, so verordnen Wir, sind nicht nur gegen die Räuber sondern auch gegen deren Begleiter bei Vorbereitung und Raub auszusprechen.“309 Dies wiederum verdeutlicht die vom Gesetzgeber gewollte Unterscheidung zwischen crimen receptatorum und Hilfe bei der Vortat. Letztlich gibt es somit gute Gründe für die Annahme einer bloßen Teilnahme, die besseren und gewichtigeren Argumente sprechen jedoch wohl für eine bereits zu dieser Zeit anerkannte Selbstständigkeit der Begünstigung. (3) Zwischenergebnis Es bleibt festzuhalten, dass sich mit Einführung des crimen receptatorum die Eigenständigkeit der Anschlusstat deutlicher herausbildete, jedoch blieb es bei einer undifferenzierten Zusammenfassung aller Anschlusstaten unter eben diesem einen Begriff. Von Bedeutung ist zudem, dass sich das Römische Recht erstmals zum Sinn und Zweck der Bestrafung einer solchen Tat äußerte: Die nachtatliche Hilfe sei strafbar, zwecks Verhinderung zukünftiger Vortaten, indem durch die Bestrafung der nachtatlichen Hilfe eben diese Vortaten unattraktiv gemacht werden. ee) Ergebnis Die Untersuchung des Römischen Rechts im Hinblick auf den Tatbestand der Begünstigung und die übrigen Anschlussdelikte zeigt, dass bereits in den ZwölfTafel-Gesetzen eine Differenzierung zwischen der Beteiligung an der Vortat und einer eigenständigen Anschlusstat stattfand. Die Eigenständigkeit der Anschlusstat wurde sodann in der Weiterentwicklung des Römischen Rechts im Corpus Iuris Civilis noch eindeutiger herausgearbeitet. Erstmals wurde dort auch auf den Strafzweck solcher Anschlusstaten hingewiesen, nämlich die Vortat für den Vortäter unattraktiver zu machen.310 Eine Differenzierung zwischen den einzelnen Anschlusstaten nimmt das Römische Recht dagegen an keiner Stelle vor, vielmehr wurden Begünstigungshandlungen immer mit Hehlerei- und/oder Strafvereitelungshandlungen zusammen geregelt. Somit liegt der Fokus des Römischen Rechts auch an keiner Stelle auf der Be308

Vgl. Weisert, S. 102. Cod. 9, 13, 1, 3: „Poenas autem, quas praediximus, id est mortis et bonorum amissionis, non tantum adversus raptores, sed etiam contra eos qui hos comitati in ipsa invasione et rapina fuerint, constituimus.”, übersetzt von Haller, in: Corpus Iuris Civilis – Codex Justinianus. 310 Dig. 47, 16, 1. 309

C. Historische Auslegung

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günstigung, sondern schlicht auf der Bestrafung der Anschlusstat an sich, die in verschiedenen Formen der Hilfeleistung ggü. dem Vortäter in Erscheinung treten kann. Hierdurch zeigt sich jedoch der gemeinsame Kern aller Anschlusshandlungen, nämlich die Hilfe ggü. dem Vortäter im Anschluss an die Vortat. Letztlich bleibt noch auf die Besonderheit des Römischen Rechts hinzuweisen, dass es sowohl im Zwölf-Tafel-Recht als auch im Corpus Iuris Civilis den Römischen Rechtsgelehrten in vielen Fällen um die Regelung von privater Haftung ging, sodass mitunter nicht immer einfach festzustellen ist, ob eine getroffene Regelung eben nur diese private Haftung oder aber eine konkrete Straftat umfassen soll. Die besseren Argumente sprechen hier im Bereich der Anschlussdelikte für die Regelung jeweils einer eigenständigen Straftat, es bleibt jedoch die Möglichkeit bestehen, dass es dem Römischen Recht lediglich um eine private Haftungsregelung ging. Betrachtet man die nur rudimentäre Regelung der Anschlussdelikte und insbesondere der Begünstigung, könnte man leicht zum Schluss kommen, dass diesen Taten nur eine untergeordnete Bedeutung im Römischen Recht zukam. Dies wäre jedoch zu kurz gedacht, denn die explizite Regelung solcher Taten in den nicht allumfassenden Gesetzeswerken der Römer zeigt vielmehr, dass diese Taten wohl eine besondere praktische Relevanz hatten, die eben gerade eine Regelung erforderlich machte. 2. Mittelalter a) Die Begünstigung im Germanischen Recht des Früh- und Hochmittelalters, 5. – 13. Jhd. Auch das frühe mittelalterliche Recht bestrafte, neben Hehlerei- und Strafvereitelungshandlungen, ein Verhalten, durch das ein Vortäter begünstigt wird311, jedoch mangelte es in dieser Zeitepoche – wie auch bereits im Römischen Recht – an allgemeingültigen Begrifflichkeiten für solche strafbaren Verhaltensweisen.312 Im Fokus der Regelungen standen zudem die Strafvereitelungshandlungen und weniger die Begünstigungshandlungen,313 was wohl auf eine höhere praktischere Relevanz der Fluchthilfe bzw. Fluchtunterstützung zurückzuführen ist. Von zentraler Bedeutung war im Zusammenhang mit der Strafbarkeit der Anschlussdelikte im germanischen Recht die Höhe der Strafe, die den Beteiligten erwartete.314 Maßstab war i. d. R. die Strafe, die dem Vortäter drohte315, so ist auch der 311

Rose, S. 3. Przybyla, S. 6 f.; Rose, S. 3. 313 Przybyla, S. 6 f.; Weisert, S. 104. 314 Przybyla, S. 7; Rose, S. 3. 315 Köhler, in: GS 1902 (61), 44 (49); Rose, S. 3; Wolff, S. 19; vgl. etwa im Sachsenspiegel: „Wer dube adir roub verburget, adir imande mit hulfe dar zu sterkit, werden se des ubirwun312

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Ursprung einiger Sprichwörter wie „Der Hehler ist wie der Stehler“ oder „der Hehler ist so gut wie der Stehler, denn wenn nicht wäre der Hehler, so wäre auch nicht der Stehler“ zu erklären.316 Ein möglicher Grund für das identische Strafmaß von Vortäter und Begünstiger könnte gewesen sein, dass die Strafverfolgung in dieser Zeit maßgeblich von der Beteiligung der Bevölkerung abhing und demnach die Behinderung der Strafverfolgung durch nachträgliche Unterstützung des Täters als besonders strafwürdig angesehen wurde. Derjenige, der nicht bei der Aufdeckung der Straftat half, verdiente demnach die gleiche Strafe wie der Vortäter, da er ja quasi seine Straftat und deren Folgen auf sich genommen hatte.317 Das identische Strafmaß für Vortat und Anschlusstat lässt die Frage aufkommen, ob hieraus Schlussfolgerungen für das Verhältnis der beiden strafrechtlichen Begehungsformen bzw. die Einordnung der Anschlussdelikte gezogen werden können. Konkret stellt sich für die Begünstigung wiederum die schon im römischen Recht aufgeworfene, aber unbeantwortet gebliebene Frage, ob es sich bei der Begünstigung um eine Form der Teilnahme an der Vortat oder aber um ein selbstständiges Delikt handelt. Zum Teil wurde trotz Gleichbehandlung beim Strafmaß die Eigenständigkeit der Anschlusstat als Straftat betont.318 Für die persönliche Begünstigung (Strafvereitelung) ließe sich die Selbstständigkeit maßgeblich auf den Strafgrund zurückführen: Die Strafbarkeit der persönlichen Begünstigung beruhe auf der Idee, dass für jede Schuld ein Ausgleich erbracht werden müsse. Sofern dieser Ausgleich aber nicht vom ursprünglichen Täter erlangt werden könne, weil dieser sich der Bestrafung durch Flucht entziehen konnte, müsse der Fluchthelfer – also der Täter der persönlichen Begünstigung – den Schuldausgleich stellvertretend erbringen. Die Erbringung dieses Ausgleichs erfolge sodann durch Verhängung der gleichen Strafe gegen den Täter der persönlichen Begünstigung, wie sie der Vortäter zu tragen gehabt hätte.319 Der Gedanke eines stellvertretenden Schuldausgleichs zeige, dass durch die persönliche Begünstigung eigenständiges Unrecht verwirklicht wird und gerade kein bloßes Teilnahmeunrecht.320 Da jedoch diese Argumentation auf dem speziellen Strafgrund der persönlichen Begünstigung beruht und dem Tatbestand der sachlichen Begünstigung gerade nicht der Strafgrund einer stellvertretenden Bestrafung für den Vortäter zugrunde gelegt werden kann, können aus der Begründung der Selbstden, man sal ubir se richten, alse ubir ienen.“, Sachsenspiegel II, 13, 6, zitiert nach Ebel, Sachsenspiegel, S. 81. 316 Vgl. Elvers, in: ZStW 1911 (31), 893 (893); Rose, S. 3. 317 Vgl. zum Argument Weisert, S. 104. 318 Etwa Binding, BT II, Abt. 2, S. 630 f.; Elvers, in: ZStW 1911 (31), 893; Przybyla, S. 7 Fn. 27 m. w. N.; Wilda, S. 637 bezogen auf die Befreiung eines Strafgefangenen als Anschlusstat. 319 Vgl. zum gesamten Argument darstellend: Przybyla, S. 7 f.; Weisert, S. 104; Binding, BT II, Abt. 2, S. 630. 320 Przybyla, S. 7.

C. Historische Auslegung

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ständigkeit der persönlichen Begünstigung (Strafvereitelung) auch keine Schlüsse hinsichtlich der sachlichen Begünstigung gezogen werden. Für die Selbstständigkeit wird weiterhin angeführt, dass im germanischen Recht z. T. auch von der Haupttat unabhängige Strafen ausgesprochen wurden.321 Zudem wurde der Begünstigung eine doppelte Angriffsrichtung attestiert, sie richte sich einerseits gegen das Opfer der Haupttat – durch Manifestation seiner verletzten Rechtsposition – zum anderen gegen die öffentliche Ordnung. Aufgrund dieser doppelten Angriffsrichtung – hierbei handelt es sich um einen wesentlichen Unterschied zur Beihilfe – wurde der Begünstigung eine Selbstständigkeit zugesprochen.322 Vielfach wurde die Begünstigung aber auch als bloße Sonderform der Teilnahme angesehen.323 Diese Wertung beruht maßgeblich auf der im germanischen Recht verwendeten Gesetzesbezeichnung (lottakaerae), die den Täter einer Begünstigung als Teilnehmer an der Vortat bezeichnet.324 Problematisch ist die Heranziehung des Gesetzeswortlauts jedoch schon deshalb, weil klare Begriffsbestimmungen zu dieser Zeit nicht existierten und daher aus der Verwendung des Begriffs Teilnehmer auch keine Rückschlüsse auf eine bewusste und mit Bedeutung versehene Begriffswahl gezogen werden können.325 Letztlich bleibt, trotz der angestellten Überlegungen zur Selbstständigkeit der Begünstigung im germanischen Recht des Früh- und Hochmittelalters, unklar, ob die Begünstigung als Form der Teilnahme oder als eigenständiges Delikt angesehen wurde, dies änderte sich erst in einem späteren Zeitabschnitt des Mittelalters. b) Die Begünstigung im Germanischen Recht des Spätmittelalters, 14. – 16. Jhd. Ansätze einer Systematisierung bzw. strukturierten Auseinandersetzung mit den Anschlussdelikten werden erstmals im Spätmittelalter deutlich.326 Die Aufarbeitung des römischen Rechts durch die Postglossatoren brachte eine erste Einteilung der verschiedenen Formen der Teilnahme und der Anschlussdelikte in drei Arten der Beihilfe zur Tat: Die vorhergehende (auxilium ante delictum), die zeitgleiche (auxilium in delicto) und die nachfolgende Beihilfe (auxilium post delictum)327, wobei

321

Przybyla, S. 9. Plümer, S. 19; Przybyla, S. 9 f. 323 Köhler, in: GS 1902 (61), 44 (49); Lohmeyer, S. 8 f.; Rose, S. 3. 324 Vgl. Wilda, S. 636. 325 Przybyla, S. 9. 326 Przybyla, S. 9; Rose, S. 3; Toelle, S. 81; Weisert, S. 107. 327 Clarus, Liber V der Opera omnia, qu. 20 „Praesuppono, quod tripliciter est praestari auxilium delinquenti. Primo, ante delictum. Secundo in ipso delicto. Tertio, post delictum consummatum.“, zitiert nach Toelle, S. 81; Neumann, S. 6. 322

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

letztere Art der Beihilfe gegenüber den anderen Formen geringer bestraft wurde.328 Solche Hilfeleistungen, die man heute unter die drei Anschlussdelikte subsumiert, ordnete man als nachfolgende Beihilfe (auxilium post delictum) ein, es handelte sich also um eine Teilnahme nach der Tat. Von dem Begriff der nachfolgenden Beihilfe nicht erfasst waren jedoch dem Täter vor der Tat geleistete Versprechen, ihn nach der Tat zu unterstützen.329 Eine solche vorversprochene Begünstigung (auxilium ad maleficium) wurde zur echten Teilnahme gezählt und entsprechend bestraft.330 Folge dieser Systematisierung war einerseits die Verselbstständigung der nachträglichen Hilfe ggü. den Vortaten Diebstahl und Raub331, gleichzeitig wurde aber mit der Herausbildung dieser Begrifflichkeiten auch die Zugehörigkeit der Begünstigung zur Teilnahme eindeutig festgelegt. Lediglich die geringere Bestrafung ggü. den andere Formen der Beihilfe ließ erahnen, dass es sich beim auxilium post delictum tatsächlich nicht um eine „echte“ (Bei-)Hilfe zur Tat, sondern um anderes, nachgelagertes und von der Vortat unabhängiges Unrecht handelte.332 Zwar bildete diese Differenzierung nach echter Teilnahme und der Teilnahme im weiteren Sinne333 bzw. uneigentlicher Beihilfe334 eine tatsächliche Weiterentwicklung ggü. der bisherigen Lehre, gleichzeitig verhinderte sie aber die Herausbildung der Anschlussdelikte als eigenständige Delikte.335 Diese Vorstellung von der Begünstigung als nachfolgender Teilnahme am Delikt sollte das deutsche Strafrecht die nächsten Jahrhunderte dominieren und die Verselbstständigung der Anschlussdelikte noch über lange Zeit hinweg verhindern.336 c) Die Begünstigung in der Constitutio Criminalis Carolina von 1532 aa) Der „Begünstigungstatbestand“ in Art. 177 und anderen Vorschriften der Constitutio Criminalis Carolina Eine erstmalige verbindliche und für das Deutsche Reich einheitlich geltende gesetzliche Regelung des Strafrechts wurde mit der Peinlichen Gerichtsordnung (Constitutio Criminalis Carolina) von 1532 getroffen. Ob die Begünstigung als eigenständige Straftat in der CCC geregelt werden sollte, ist stark umstritten, da sie nicht ausdrücklich normiert, in einzelnen Vorschriften jedoch (vermeintlich) angedeutet wurde. 328

Neumann, S. 6; Toelle, S. 81; Weisert, S. 107. Rose, S. 3. 330 Rose, S. 3; Weisert, S. 107. 331 Toelle, S. 81. 332 Toelle, S. 82; Wolff, S. 21. 333 Plümer, S. 8; Rose, S. 4. 334 Gretener, S. 25; Przybyla, S. 11. 335 Ebenso Przybyla, S. 11; Rose, S. 4. 336 Przybyla, S. 11; Rose, S. 4. 329

C. Historische Auslegung

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Zur Klärung dieser Frage muss zunächst Art. 177 CCC in den Blick genommen werden. Entsprechend der Unterteilung der CCC in einen strafprozessualen Teil und einen materiell rechtlichen Teil – letzterer wiederum ist nach der Art seiner Regelungen unterteilt in einen (unvollkommenen) Allgemeinen und einen Besonderen Teil337 – wird die Teilnahme in Art. 177 CCC und damit im Allgemeinen Teil der Constitutio Criminalis Carolina geregelt: „Von straff der fu¨ rderung, hilff vnd beistand der mißtha¨ tter Item so jemand eynem mißtha¨ tter zu u¨ bung338 eyner mißthatt, wissentlicher vnd geuerlicher weiß339 einicherley340 hilff, beistandt oder fu¨ rderung, wie das alles namen hat, thut, ist peinlich zu straffen, als aber vorsteht, inn eynem fall anderst dann inn dem andern, darumb sollen inn disen fellen, die vrtheyler mit berichtung der verhandlung341, auch wie solchs an leib oder leben soll gestrafft werden, als obsteht radts pflegen.“342

Die in dieser Vorschrift verwendeten Begriffe Hilfe, Beistand und Förderung stellen typische Bezeichnungen von Beihilfehandlungen einerseits und von Begünstigungshandlungen andererseits dar. Die Vermutung, dass i. R. d. Teilnahme auch die Begünstigung geregelt wird, liegt daher erstmal nahe. Zudem existierte mit dem Art. 216 CCC eine Norm, die den Sonderfall der Begünstigung nach einer Beleidigung regelte. Hiernach durfte derjenige, der sich einer Beleidigung schuldig gemacht hatte, im Anschluss an seine Tat, von niemandem beschützt oder beherbergt werden: „So aber eyn solcher u¨ berfarer bestimpter geldt peen nicht vermo¨ cht, der soll imm kercker als lang gestrafft werden biß er dem verletzten nottu¨ rfftig entschuldigung thuet, daß er jne an seinen ehren, damit nit woll geschmecht haben, vnd sich verpflicht fu¨ rter dergleich schmach zuuermeiden, solcher u¨ berfarer soll auch dawider von niemandt beschu¨ tzt oder gehandthabt werden, bei verlierung obgemelter peen eyner marck goldts.“343

Die Regelung eines Spezialfalls der Begünstigung in dieser Vorschrift zeigt, dass gerade nicht der allgemeine Fall der Begünstigung geregelt wird. Sie gibt darüber hinaus jedoch keinen Aufschluss, ob es eine andere Regelung im Gesetz gibt, die den allgemeinen Fall erfasst oder ob die Regelung des Spezialfalls der einzige geregelte Fall bleiben soll.

337

Eine solche Differenzierung war den damaligen Rechtswissenschaftlern jedoch fremd, Bechtel, in: ZJS 2017, 641 (646); Geppert, in: Jura 2015, 143 (146 f.). 338 Ausübung; Übersetzung der Begrifflichkeiten nach Bechtel, in: ZJS 2017, 641 (646). 339 Vorsätzlich; Übersetzung der Begrifflichkeiten nach Bechtel, in: ZJS 2017, 641 (646) und Kaufmann/Radbruch, Carolina, S. 152. 340 Irgendeine; Übersetzung der Begrifflichkeiten nach Bechtel, in: ZJS 2017, 641 (646). 341 Fehlhandlung, Verbrechen; Übersetzung der Begrifflichkeiten nach Bechtel, in: ZJS 2017, 641 (646). 342 Kaufmann/Radbruch, Carolina, S. 111. 343 Kaufmann/Radbruch, Carolina, S. 128.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Ein letzter Hinweis auf die Strafbarkeit von Begünstigungshandlungen findet sich in Art. 40 CCC und damit im Prozessrecht der Constitutio Criminalis Carolina. Hiernach war es möglich, jemanden peinlich zu befragen, d. h. zu foltern344, bei Vorliegen eines der genannten Folterindizien: „Von gnugsamen verdacht der jhenen so raubern oder dieben helffen Item so eyner wissentlich vnd geuerlicher weiß von geraubtem oder gestolnem gut, beut oder theyl nimbt, oder so eyner die thetter wissentlich und geuerlicher weiß etzt oder drenckt, auch die thetter oder obgemelt vnrecht gut gar oder zum theyl wissentlich annimpt, heymlich verbirgt, beherbergt, verkaufft oder vertreibt, oder so jemant den thettern, sunst in andere dergleichen weg, geuerlich fu¨ rderung, radt oder beistandt thut, oder inn jren thatten vnzimlich gemeynschafft mit jn hette, Ist auch eyn anzeygung peinlich zufragen […].“345

Voraussetzung der Folter sind grundsätzlich eine Anzeige (Art. 20 CCC) und das Vorliegen abstrakter bzw. konkreter Folterindizien, letztere wurden formuliert mit Blick auf das jeweilige Delikt.346 Vorliegend handelt es sich bei dem strafbaren Verhalten um die Hilfe ggü. Dieben bzw. Räubern (vgl. Überschrift des Art. 40 CCC)347, wobei die folgenden Folterindizien zu einer Folter zwecks Bestätigung dieses Verdachts berechtigten: „Das Teilnehmen an der Beute“, „das Versorgen der Täter“, „die Aufnahme bzw. das Verstecken der Täter“ sowie „sonstige Förderung, Rat oder Beistand“.348 Für die vorliegende Untersuchung sind hier die Formulierungen „Förderung, Rat und Beistand“ entscheidend, da diese wiederum auf die Regelung von Beihilfehandlungen bzw. Begünstigungshandlungen hindeuten und der Formulierung in Art. 177 CCC ähneln. Es bleibt schließlich zu klären, inwiefern diese Normen Hinweise auf eine Regelung der Begünstigung – ob nun als Teilnahme oder als selbstständiger Tatbestand – in der Constitutio Criminalis Carolina geben. Für die Nichtregelung der Begünstigung in der CCC349 wird in erster Linie der Wortlaut bemüht: Die in Art. 177 CCC verwendete Formulierung zu übung eyner mißthatt erfasse gerade nicht den Fall der nachträglichen Hilfe, den die Begünstigung im Blick habe, vielmehr sei diese Formulierung auf den klassischen Fall der Hilfe bei der Tat, mithin auf die Beihilfe bezogen.350 Dem lässt sich jedoch, wie bereits oben kurz angedeutet, die ebenfalls in Art. 177 CCC verwendete Formulierung hilff, beistandt oder fu¨ rderung entgegenhalten, die begrifflich gerade auch Begünstigungshandlungen erfasst. 344

Sieverts, Handwörterbuch der Kriminologie, Bd. 1, S. 374. Kaufmann/Radbruch, Carolina, S. 50. 346 Bechtel, in: ZJS 2018, 20 (25). 347 Hierbei bezieht sich diese prozessuale Vorschrift möglicherweise auch auf die materielle Strafvorschrift des Art. 177 CCC, die allgemein die Strafbarkeit einer Förderung der Haupttat bestimmt und damit allgemeiner ist als der Art. 44 CCC. 348 Vgl. zu den Folterindizien und der allgemeinen Systematik der CCC, erläutert am Beispiel des Zaubereitatbestands, Bechtel, in: ZJS 2018, 20 (21). 349 Mittermaier, Feuerbach Lehrbuch, S. 57 f. 350 Zum Argument Geib, Bd. 2, S. 340; a. A. Mezger, in: ZStW 1940 (59), 549 (556). 345

C. Historische Auslegung

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Gegen die Regelung der Begünstigung in der CCC wird zudem Art. 40 CCC angeführt, da in dieser Vorschrift nur gewisse Begünstigungshandlungen als Folterindizien genannt würden, sie seien gerade für sich genommen nicht ausreichend, eine Strafe (wegen Begünstigung) zu begründen.351 Andererseits verwendet die strafprozessuale Vorschrift die Begriffe fu¨ rderung, radt oder beistandt und konkretisiert damit das in der Überschrift genannte helffen ggü. Räubern und Dieben. Erfasst werden also typische Fälle der nachträglichen Unterstützung der Tat. Die Formulierung ähnelt zudem stark den in Art. 177 CCC verwendeten Begriffen, sodass durch die Verwendung der gleichen Formulierung klargestellt wird, dass die Fälle der nachträglichen Hilfe auch von Art. 177 CCC erfasst sind und somit Begünstigungshandlungen als eine Form der Beihilfe strafbar sind.352 Auch die Entstehungsgeschichte der Constitutio Criminalis Carolina, insbesondere der Einfluss der durch die Postglossatoren begründeten Lehren, spricht für die Regelung der Begünstigung in Art. 177 CCC353, sodass im Ergebnis daher von einer Regelung der Begünstigung in der Carolina auszugehen ist. bb) Die Begünstigung als Teilnahme oder als eigenständiges Delikt? Nachdem im vorhergehenden Abschnitt untersucht wurde, ob die Begünstigung überhaupt in der CCC geregelt ist, muss es im Anschluss nun um die Frage gehen, ob sie nur als unselbstständige Form der Teilnahme oder aber als selbstständiges Delikt geregelt wurde. Dass die Begünstigung als eine Form der Teilnahme und damit nicht als eigenständiges Delikt geregelt war354, ergibt sich schon aus dem Regelungsstandort in Art. 177 CCC im „Allgemeinen Teil“ der CCC. Die Regelung der Begünstigung im Zusammenhang mit der Teilnahme ist Folge der im Spätmittelalter durch die Postglossatoren begründeten Teilnahmelehre, die Begünstigungshandlungen zur Teilnahme zählte.355 Allerdings wurde die im Spätmittelalter begründete Dreiteilung in auxilium ante-, auxilium in- und auxilium post delictum in der CCC nicht mehr verwendet. Weisert weist noch auf eine weitere Besonderheit hin, die man aus den in Art. 40, 177 CCC gewählten Formulierungen entnehmen könne: Die Regelung der Anschlussdelikte in der Nähe und im Zusammenhang von den typischen Vortaten Raub und Diebstahl, zeige deren Abhängigkeit von der Vortat. Zudem ergebe sich aus der Regelung im Zusammenhang mit den Vortaten, dass primäres Ziel des Gesetzgebers 351

Darstellend Wolff, S. 23. Zum Argument Bauer, Bd. 1, S. 481 ff.; Lohmeyer, S. 14; Toelle, S. 83 Fn. 59 m. w. N.; Weisert, S. 109; a. A. Mittermaier, Feuerbach Lehrbuch, S. 57 f. 353 Rose, S. 4. 354 So auch Lohmeyer, S. 14; Mezger, in: ZStW 1940 (59), 549 (556); Przybyla, S. 12; Rose, S. 4; Wolff, S. 23. 355 Vgl. 2. Teil, C. III. 2. b). 352

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

nicht die Bestrafung des Anschlusstäters, sondern vielmehr die Ermittlung und Bestrafung des Vortäters war. Dies wiederum spricht ebenfalls für eine fehlende Selbstständigkeit der Anschlussdelikte und schließlich für deren Abhängigkeit von der Vortat sowie deren Behandlung als bloße Teilnahme.356 d) Ergebnis Für das Früh- und Hochmittelalter lassen sich, mangels gesetzlicher Regelung und Ausformulierung der Anforderungen an den Begünstigungstatbestand, keine wesentlichen Erkenntnisse für die Auslegung des § 257 StGB gewinnen. Entscheidend ist jedoch die im Spätmittelalter durch die Postglossatoren erfolgte Einordnung der Begünstigung als Teilnahme. Die Entscheidung, die Begünstigung und die anderen Anschlussdelikte unter den Begriff der Teilnahme zu fassen, wird die Auslegung des Tatbestands noch die nächsten Jahrhunderte begleiten, so war auch etwa in der bedeutenden Constitutio Criminalis Carolina die Begünstigung als Unterform der Teilnahme geregelt. Entscheidend für die vorliegende Arbeit ist jedoch, welche Erkenntnisse für die Tatbestandsmerkmale des § 257 StGB, den Vorteil und die Unmittelbarkeit, gewonnen werden können. Die Regelung der Begünstigung und der anderen Anschlussdelikte im Rahmen der Teilnahme zeigt, wie weit der Begriff der Teilnahme verstanden wurde. So wertete das Strafrecht des Mittelalters und der frühen Neuzeit, im Gegensatz zu unserem heutigen Verständnis von der Teilnahme, auch der Tat nachgelagerte Verhaltensweisen als Teilnahme an der bereits abgeschlossenen Tat. Zusätzlich zu dieser zeitlichen Weite der Teilnahme ist sie auch in inhaltlicher Hinsicht in dieser Epoche sehr weit gefasst, als Hilfe wurden zahlreiche verschiedene, z. T. auch in der Regelung explizit genannte357, Verhaltensweisen gewertet. Was wiederum durch diese Hilfe gesichert werden konnte, war nicht näher spezifiziert. Infolgedessen lässt das Recht des Früh- und Hochmittelalters eine Eingrenzung auf unmittelbare Tatvorteile vermissen, sodass eine Hilfeleistungshandlung bzw. -sicherungshandlung vielmehr jede Art von Vorteil sichern konnte.

356

Vgl. zu allem Weisert, S. 109. Vgl. insofern den Wortlaut der oben angeführten Regelungen der Constitutio Criminalis Carolina. 357

C. Historische Auslegung

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3. Neuzeit a) Partikulargesetzgebung aa) Gesetzgebung ab dem 16. Jhd. Mit der Herausbildung der Territorialstaaten im Laufe des 16. Jahrhunderts, entstanden nach und nach die ersten Partikulargesetze, die neben der Constitutio Criminalis Carolina Gültigkeit erlangten. Die Möglichkeit der Territorialstaaten, strafrechtliche Regelungen trotz Existenz der CCC zu treffen, ergab sich aus der Vorrede der CCC und der dort enthaltenen salvatorischen Klausel, die den Vorrang von Landesrecht vorsah.358 Trotz großer Unterschiede zwischen den verschiedenen Einzelregelungen in den Partikulargesetzen bildete sich bei der Begünstigung eine weitgehend einheitliche Linie heraus: Überwiegend wurde das nachträgliche Helfen – die heutige Begünstigung – als nach der Tat geleistete Beihilfe gewertet.359 Wesentliche Unterschiede zeigten sich lediglich bei der Strafdrohung: Während überwiegend der Begünstiger gleich dem Haupttäter bestraft wurde360, war die Bestrafung des Begünstigers in einigen Partikulargesetzen dem Ermessen des Richters überlassen (arbitrarische Strafe).361 Schließlich ist in dieser Zeit erstmals eine Trennung einzelner Anschlussdelikte zu verzeichnen, so wurde etwa im preußischen Landrecht von 1620 in Sachhehlerei (6. Buch, 7. Titel, Art. 15 § 1) und Begünstigung (6. Buch, 7. Titel, Art. 16 § 1) getrennt.362 Nach wie vor wurden zudem auch in dieser Zeit sowohl Sachhehlerei als auch Begünstigung zur Teilnahme gezählt.363 bb) Gesetzgebung ab dem 18. Jhd. Der Beginn des 18. Jahrhunderts stellt den Ausgangspunkt einer Entwicklung dar, die im Ausscheiden der Begünstigung aus dem Bereich der Teilnahme enden sollte. Zunächst wurde jedoch auch in dieser Epoche die bisherige Zuordnung der Begünstigung zur Teilnahme sowie die durch die italienischen Praktiker begründete Dreiteilung der Beihilfe beibehalten.

358

Kaufmann/Radbruch, Carolina, S. 30. Lohmeyer, S. 14; Wolff, S. 25. 360 Anstatt vieler Bayrisches Landrecht von 1616, 6. Teil 5. Buch 11. Titel; Hamburger Stadtrecht von 1603, Art. 34; Lohmeyer, S. 14 f. m. w. N. 361 Hessische Halsgerichtsordnung von 1535, Art. 123 (die Norm stimmte wörtlich mit der Regelung des Art. 177 CCC überein); Böhmische (Verneuerte) Landesordnung Ferdinands II. von 1627, Lit. T Ziff. 32. 362 Lohmeyer, S. 16; Wolff, S. 25 f. 363 Lohmeyer, S. 16. 359

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

(1) Regelung der Begünstigung als Teilnahme (a) Codex Juris Bavarici von 1751 Exemplarisch für die Fortführung der bisherigen Einordnung der Begünstigung als Teilnahme steht der Codex Juris Bavarici (CJB) aus dem Jahr 1751 und dessen Regelung der Begünstigung in 1. Teil 12. Kapitel § 8: „§ 8 – Wer nach vollbrachter That wissentlichen Antheil davon nimmet, oder denen Thätern Unterschleiff giebet, oder sonst aushilffet, wird nicht mit der ordentlichen Straff, sondern nur arbitrarisch bestraffet, es wäre dann, daß er mit denen Thätern deswegen schon vor verübter That verstanden gewesen, und sie durch sothane verabredete Theilnehmung und Aushülf, zur That nur destomehr verleitet hätte. Welchen Falls gegen dergleichen Helffer, mit der ordentlichen Straff Richterlichen Befund nach, wohl verfahren werden mag.“364

Bereits die Überschrift des Kapitels „Zwölftes Capitul, Von Straff der Wissenschaft, Bemühung, Beyhülf, oder Verdacht eines peinlichen Verbrechens“ zeigt, dass die Begünstigung im Zusammenhang mit der Teilnahme geregelt wurde. Bezogen auf das Strafmaß differenzierte der Codex Juris Bavarici danach, ob die Hilfe vor der Tat zugesagt wurde oder nicht. Sofern die Hilfe bereits vor der Tat zugesagt war, fiel die Strafe höher aus, als bei bloß nachträglicher Hilfe. Weitere Strafzumessungserwägungen finden sich in 1. Teil 12. Kapitel § 9 CJB. Da die Begünstigung weiterhin bei der Teilnahme geregelt wurde, verblieb es auch bei einer Normierung der Begünstigung im Allgemeinen Teil des Codex Juris Bavarici.365 Neben den Regelungen der Begünstigung i. R. d. Allgemeinen Teils fanden Begünstigung und Hehlerei auch Erwähnung im Zusammenhang mit einzelnen Delikten, so etwa beim Diebstahl und beim Raub. Im 1. Teil 2. Kapitel §§ 14, 15 CJB wird für den Begünstigenden nach einem Diebstahl festgelegt, dass er mit der gleichen Strafe zu belegen sei wie der Dieb selbst. Gleiches gilt gem. 1. Teil 2. Kapitel § 20 CJB für denjenigen, der den Räuber begünstigt. Zudem enthält der Codex Juris Bavarici eine Regelung zur Begünstigung im Zusammenhang mit Wildschützen (1. Teil 10. Kapitel §§ 13, 14 und 17 CJB). (b) Preußisches Allgemeines Landrecht von 1794 Auch im Preußischen Allgemeinen Landrecht (ALR) von 1794 wurde die Zuordnung der Begünstigung zur Beihilfe und damit zur Teilnahme sowie die Dreiteilung der Beihilfe zunächst noch beibehalten.366 Die Regelungen zur Teilnahme finden sich im 2. Teil 20. Titel 1. Abschnitt §§ 64 – 84, die Regelungen zur Begünstigung in den §§ 83, 84: 364 1. Teil 12. Kapitel § 8 CJB, zitiert nach Schmid, Codex Iuris Bavarici Criminalis, S. 67 f. 365 Als „Allgemeiner Teil“ können einzelne Kapitel des 1. Teils des CJB bezeichnet werden, so etwa das 1. Kapitel sowie das 12. Kapitel. In den übrigen Kapiteln sind die einzelnen Straftatbestände geregelt. 366 Rose, S. 5; Weisert, S. 111.

C. Historische Auslegung

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„§ 83 – Hat jemand an den Vortheilen eines Verbrechens, nach dessen Ausführung, wissentlich und freywillig, jedoch ohne vorgängige Abrede, Theil genommen: so trifft ihn eine solche Ahndung, die der ordentlichen Strafe desjenigen Verbrechens, von welchem er Nutzen gezogen hat, am nächsten kommt.“367 „§ 84 – Wer Verbrecher, oder deren unrechtmäßigen Gewinn, zu verheimlichen sich zum Gewerbe macht, wird nach der Regel eben so, wie die Verbrecher selbst, bestraft.“368

Bereits die Normierung der Begünstigung unter dem Titel „Teilnehmung an den Verbrechen anderer“369 zeigt, dass nach wie vor die Begünstigung zur Teilnahme gerechnet wurde. Dass in § 83 die Rede davon ist, dass jemand Theil genommen hat, verdeutlicht dies nochmals. Zudem spricht für die Unselbstständigkeit der Begünstigung und damit für deren Abhängigkeit von der Haupttat die identische Strafdrohung, die den Vortäter und den nachträglich Helfenden trifft. Die Begünstigung war somit nach wie vor als ein Unterfall der Teilnahme im Allgemeinen Teil des Strafrechts des ALR (2. Teil 20. Titel 1. Abschnitt) geregelt.370 Abgesehen von den Regelungen der Begünstigung im Zusammenhang mit der allgemeinen Teilnahmelehre des ALR ist die Begünstigung auch im Besonderen Teil des Strafrechts, im Abschnitt zur Teilnahme an Raub und Diebstahl (2. Teil 20. Titel 14. Abschnitt) normiert. Hier werden sowohl der Begriff Begünstigung als auch der Begriff des Vorteils erwähnt: „§ 1226 – Eben diese Strafe findet statt, wenn jemand einem dergleichen Mordräuber zu Begünstigung künftiger Räubereyen einen Zufluchtsort verstattet.“371 „§ 1218 – Wer an den Vortheilen eines Diebstahls Theil nimmt, ist, in Ansehung der mit dem Thäter vorher verabredeten Handlungen, als Miturheber anzusehn.“372

Die Verwendung beider Begriffe entspricht jedoch nicht dem heutigen Verständnis von Begünstigung und Vorteil. Im Allgemeinen Preußischen Landrecht umschreibt der Terminus Begünstigung die Hilfe ggü. einem Mordräuber, die dazu dienen soll, dass dieser künftige Raubtaten begehen kann. Hier spricht das Gesetz ausdrücklich von einer Hilfe durch Verstecken des Täters, nach der heutigen Doktrin zählen solche Fälle jedoch zur Strafvereitelung. Auch die in § 1218 ALR genannten Vorteile beschränken sich auf das durch eine bestimmte Vortat (Diebstahl) Erlangte, damit ist die Norm wesentlich enger gefasst als der heutige § 257 StGB. Konträr zur heutigen Regelung steht auch die Bestrafung desjenigen, der an den erlangten Vorteilen Theil nimmt und sich vorher hierzu mit

367

2. Teil 20. Titel 1. Abschnitt § 83, zitiert nach Hattenauer, S. 675. 2. Teil 20. Titel 1. Abschnitt § 84, zitiert nach Hattenauer, S. 675. 369 2. Teil 20. Titel 1. Abschnitt Überschrift §§ 64 ff., zitiert nach Hattenauer, S. 674; Lohmeyer, S. 20. 370 In diesem Sinne auch Neumann, S. 20; Weisert, S. 111. 371 2. Teil 20. Kapitel 14. Abschnitt § 1226, zitiert nach Hattenauer, S. 720. 372 2. Teil 20. Kapitel 14. Abschnitt § 1218, zitiert nach Hattenauer, S. 720. 368

174

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

dem Täter verabredet hat: Er wird als Miturheber, d. h. nach heutigem Begriffsverständnis als Mittäter373, bestraft. Der Begriff des Vorteils taucht aber nicht nur in den speziellen Teilnahmevorschriften bei Raub und Diebstahl auf, sondern auch bereits im Allgemeinen Teil des Strafrechts im ALR. In § 83 ALR ist die Rede von Vortheilen eines Verbrechens. Im Unterschied zu § 1218 ALR sind hier die Fälle der Vorteilssicherung ohne vorherige Abrede normiert, bei deren Verwirklichung das Strafmaß des Begünstigers nur an das Strafmaß des Vortäters angelehnt ist. In beiden Fällen, in denen der Vorteilsbegriff im Allgemeinen Preußischen Landrecht relevant wird, ist die notwendige Tathandlung der Teilnahme am Vorteil des Verbrechens bzw. des Diebstahls noch sehr weit gefasst. Zwar wird durch die Normierung der Notwendigkeit des Vorliegens eines Vorteils eine gewisse Begrenzung erreicht, die in Richtung der heute vom Tatbestand erfassten Fälle geht. Dennoch ist der Begriff der Teilnahme so weit, dass zahlreiche unterschiedliche und über den Anwendungsbereich des heutigen § 257 StGB hinausgehende Fälle als Begünstigung strafbar sind. Zuletzt erlangt noch die Regelung der Hehlerei im Allgemeinen Preußischen Landrecht Bedeutung für den Tatbestand der Begünstigung. Die Strafbarkeit der Hehlerei an durch die Vortat erlangten Sachen wird im Rahmen der Regelung der Teilnahme an Raub und Diebstahl (2. Teil 20. Titel 14. Abschnitt §§ 1218 – 1247) geregelt. Hierdurch wird einerseits die bereits im preußischen Landrecht von 1620 angedeutete Ausgliederung der Sachhehlerei (Partiererei)374 aus der allgemeinen Teilnahme verdeutlicht und andererseits die Abgrenzung der Hehlerei zur Begünstigung verstärkt. (2) Erste Ansätze des Ausscheidens der Begünstigungshandlung aus dem Bereich der Teilnahme und eigenständige Normierung des Begünstigungstatbestands in einzelnen Partikulargesetzen Nachdem lange Zeit die Begünstigung in einzelnen Partikulargesetzen ausschließlich i. R. d. Teilnahme geregelt wurde, begann Ende des 18. Jahrhunderts die Entwicklung hin zu einer Normierung des Begünstigungstatbestands als eigenständiges Delikt. Obwohl die Selbstständigkeit der Begünstigung nun weitgehend anerkannt war, blieb es jedoch oftmals bei einer Regelung der Begünstigung im Allgemeinen Teil, es handelte sich insofern um ein Teilnahmevergehen375 bzw. ein Nebendelikt376. Teilweise wurde auch die akzessorische Natur der Begünstigung377 373 Dass es sich bei dem „Miturheber“ um den heutigen Mittäter handelt, wird aus 2. Teil 20. Kapitel 1. Abschnitt § 64 und der Festlegung der gleichen Strafe für alle Urheber deutlich: „Haben mehrere an Ausführung eines Verbrechens unmittelbar Theil genommen: so trifft jeden von ihnen, als Urheber, die im Gesetze bestimmte Strafe.“, vgl. Hattenauer, S. 674. 374 Vgl. preußisches Landrecht von 1620, 2. Teil, C. III. 3. a) aa). 375 Schütze, S. 391. 376 Sander, in: ACR 1838, 431 (448); Schütze, S. 391.

C. Historische Auslegung

175

betont. Neben der Frage nach der Selbstständigkeit der Begünstigung beschäftigten sich zahlreiche Partikulargesetze nun erstmals mit der Frage nach dem Verhältnis von Begünstigung und Hehlerei (Partiererei).378 (a) Constitutio Criminalis Theresiana von 1768 Einen ersten wichtigen Schritt in Richtung Ausscheiden der Begünstigung aus der Teilnahmelehre und Begründung eines selbstständigen Delikts, ging die österreichische Constitutio Criminalis Theresiana (CCT). Auf den ersten Blick scheint es, als würde auch die Theresiana keine nennenswerte Weiterentwicklung im Hinblick auf das Ausscheiden der Begünstigung aus der Teilnahme beinhalten. In Art. 3 § 10 CCT wird weiterhin zwischen den drei möglichen Arten der Hilfe vor, bei und nach der Tat unterschieden und damit die Dreiteilung der Beihilfe, die einige Jahrhunderte zuvor begründet wurde, weitergeführt: „§ 10 – Zuvörderist ist dahin zu sehen: ob die Vorschubleist- und Mitwirkung vor- in- oder nach der Missethat beschehen seye? Ersteren Falls: wenn eine wissentliche, und gefährliche Vorschubgebung vorhergegangen, welche Anlaß, und Ursach zur erfolgten Missethat gegeben; ist solcher Vorschub als eine wahre Zuthuung, und Mitwirkung zur Missethat anzusehen.“379

Betrachtet man ausschließlich diese Vorschrift und die Überschrift des dritten Artikels „Auf was Weis, von wem, oder wider wen eine Uebelthat begangen werde?“380 liegt der logische Schluss nahe, dass die Begünstigung weiterhin als Hilfe nach der Tat und als Teilnahme geregelt werden sollte. Blickt man jedoch zwei Vorschriften weiter, so zeichnet die Theresiana ein anderes Bild von der Begünstigung: „§ 12 – Im dritten Falle, wenn Jemand nach bereits vollbrachter Missethat wissentlich, und gefährlicher Weise dem Thäter mit Hulff, und Beystand beförderlich wäre, und wie immer erst nachfolglich daran Theil nähme, kann derselbe zwar als ein Mitwirker zu der schon vorhin beschehenen That nicht angesehen werden; er machet sich jedoch einer besonderen Missethat schuldig. Wäre es aber, daß zwischen dem Hülffleister, und dem Missethäter schon vor der That eine Einverständniß wegen gestattenden Aufenthalts, wegen Durchhelffung mit der Flucht, Verbergung des entfremdeten Guts, oder dessen Theilung, und dergleichen gepflogen worden, so ist ein solcher Helffer, Beförderer, oder Theilnehmer, wie im ersten und anderten Falle für einen wahren Mitwirker, und Lastergespann zu halten.“381

Durch die Formulierung „er machet sich jedoch einer besonderen Missethat schuldig“ betont die Theresiana als erstes Gesetz die Selbstständigkeit der nach377

Geib, Bd. 2, S. 384 f. Neumann, S. 9. 379 Art. 3 § 10 CCT. 380 Art. 3 CCT. 381 Art. 3 § 12 CCT.

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176

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

folgenden Beihilfe (Begünstigung) und hebt gleichzeitig ihre Verschiedenheit von der Teilnahme hervor.382 Die Selbstständigkeit der nachfolgenden Beihilfe beschränkt sich jedoch auf solche Fälle, in denen die Hilfe nicht vor der Tat zugesagt wurde („und immer erst nachfolglich daran Theil nähme“). Fälle der vor der Tat versprochenen und später geleisteten Hilfe zählten nach wie vor zur echten Teilnahme.383 Trotz Anerkennung einer gewissen Selbstständigkeit der nachfolgenden Beihilfe (Begünstigung), ist sie weiterhin im Allgemeinen Teil des Strafrechts der Constitutio Criminalis Theresiana geregelt. Ein weiterer Fortschritt der Theresiana ist bei der Abgrenzung zwischen Teilnahme und Personen- und Sachhehlerei zu verzeichnen. Im Besonderen Teil findet sich unter dem Titel „Von Verheelern, und Aufhaltgebern lasterhafter, und verdächtiger Leuten“384 in Art. 102 § 1 CCT folgende Regelung: „§ 1 – Es ist vorläufig anzumerken, wienach zwischen Helffern, und Heelern der nöthige Unterschied in Acht zu nehmen seye. Die Helffere der Missethätern sind jene, welche zur Missethat selbst beywirken; durch die Heelere und Unterschleiffgebere aber werden hier eigentlich diejenige verstanden, die zur Bewerkstelligung der Übelthat selbst keine Beyhülff leisten, sondern nur lasterhafte, und verdächtige Leute mit oder ohne habende Wissenschaft ihrer entweder schon verübt oder verüben wollenden Übelthat bey sich aufhalten, beherbergen, und Unterstand geben, oder denselben, damit sie nicht zur gefänglicher Haft gebracht werden mögen, fürsetzlich durchhelffen; oder auch wissentlich und gefährlicher Weise entweder ermordete Körper heimlich verthun, verbergen, vergraben, oder aber gestohlenes, und geraubtes Gut verheelen, vertuschen, kauffen, verkauffen, vertragen, oder wie immer zu Begünstigung der Übelthätern auf die Seiten bringen.“385

Die Gesetzesnorm enthält die Kriterien zur Unterscheidung von Teilnahme und Hehlerei. Auf der einen Seite steht der Teilnehmer – bezeichnet als Helffere –, dieser wirkt bei der Straftat selbst mit. Auf der anderen Seite steht der Heeler und Unterschleiffgebere und leistet entsprechend dem Wortlaut der Norm gerade keine Beihilfe zur Tat, sondern beherbergt den Vortäter – vor oder nach der Tat –, vertuscht die Vortat oder verkauft das durch die Tat erlangte Gut. Als Hehlereihandlungen werden somit einerseits klassische Handlungen der heutigen Strafvereitelung (Beherbergung und Vertuschung) sowie der heute in § 259 StGB normierten Hehlerei (Kaufen, Verkaufen) genannt. Auffällig ist hier, dass das Handeln des Heelers gerade keine Beyhülff ist. Dies zeigt, dass die Handlungen, die vorliegend unter der Hehlerei erfasst wurden, gerade nicht mehr zur Beihilfe gezählt wurden und sich bereits zu dieser Zeit die Hehlerei zu verselbstständigen begann. Die Begünstigung findet in Art. 102 § 1 CCT auch Erwähnung, allerdings nicht als eigenständiger Tatbestand, vielmehr wird durch die Formulierung „oder wie immer zu Begünstigung der Übelthätern auf die Seiten bringen“ ein Unterfall der 382

Wolff, S. 32. Art. 3 § 12 S. 2 CCT. 384 Art. 102 CCT. 385 Art. 102 § 1 CCT.

383

C. Historische Auslegung

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Hehlerei beschrieben. Damit war die Begünstigung in der CCT ausschließlich in § 12 CCT als besondere Missethat geregelt und wurde eben gerade durch diese Formulierung mit einer gewissen Selbstständigkeit versehen und in Abgrenzung von der Teilnahme normiert. (b) Allgemeines Gesetzbuch über Verbrechen und derselben Bestrafung von 1787 (Josephinisches Strafgesetzbuch) Die österreichische Constitutio Criminalis Theresiana wurde zwanzig Jahre später abgelöst durch das von Joseph II. erlassene Strafgesetzbuch. Die Regelung von Hehlerei und Begünstigung ähnelte derjenigen in der CCT, die Selbstständigkeit beider Anschlussdelikte wurde hier jedoch noch stärker in den Vordergrund gerückt: „§ 8 [Begünstigung] – Wer aber nur erst nach vollbrachter Missethat dem Thäter mit Hilfe und Beistand beförderlich gewesen ist, oder von der ihm bekannt gewordenen Missethat Gewinn und Vortheil gezogen hat, macht sich zwar eines eigenen besonderen, aber nicht des begangenen Verbrechens schuldig, ausgenommen er wäre vor verübter Missethat mit dem Thäter wegen künftiger Hilfeleistung oder Theilnehmung einverstanden gewesen.“386

(c) Bayrisches Strafgesetzbuch von 1813 Von großer Bedeutung, für die weitere Entwicklung des Strafrechts im Allgemeinen und des Begünstigungstatbestands im Besonderen, war das von Paul Johann Anselm von Feuerbach verfasste Bayrische Strafgesetzbuch von 1813. Trotz vielfacher Behauptung, der Begriff der Begünstigung sei zum ersten Mal in gerade diesem Gesetzbuch verwendet worden387, wurde in der Tat der Begriff bereits im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794388 – wenn auch nicht in technischer Weise – verwendet und die Eigenständigkeit der Begünstigung als Tatbestand ebenfalls schon zuvor in der 1768 verfassten Constitutio Criminalis Theresiana389 festgehalten.390 Die wesentliche Leistung des Bayrischen StGB bestand somit nicht in der erstmaligen Erwähnung des Begriffs im Gesetz, sondern vielmehr darin, den Tatbestand der Begünstigung erstmals abstrakt in einem Gesetzestext391 zu umschreiben: „Art. 84. Wer nach vollbrachter Uebertretung einem Uebelthäter durch pflichtwidriges Thun oder Unterlassen, in Bezug auf die begangene Uebertretung, beförderlich ist, ohne ihm 386 § 8 Allgemeines Gesetzbuch über Verbrechen und derselben Bestrafung von 1787 (Josephinisches Strafgesetzbuch), abgedruckt bei Buschmann, S. 227. 387 Mezger, in: ZStW 1940 (59), 549 (559); Przybyla, S. 14; Rose erkennt zwar an, dass der Begriff „Begünstigung“ schon im ALR verwendet wurde, hierbei handle es sich aber nicht um eine technische Deliktsbezeichnung, Rose, S. 5. 388 Vgl. 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (1) (b). 389 Vgl. 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (a). 390 In diesem Sinne auch Weisert, S. 111 Fn. 343. 391 In der Literatur wurde der Begriff der Begünstigung bereits vor der Normierung im Bayrischen StGB von 1813 verwendet, vgl. Steltzer, § 135 S. 64.

178

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

jedoch vor Vollendung der That solche Unterstützung versprochen zu haben, macht sich der Begünstigung schuldig.“392

Die nachfolgenden Art. 85, 86 regelten sodann die gewerbsmäßige und die nicht gewerbsmäßige Begünstigung sowie das jeweilige Strafmaß. Zur Begünstigung zählte zudem im Bayrischen StGB auch die Hehlerei (vgl. Art. 85): „Art. 85. Wer Uebelthäter bei sich aufnimmt oder verbirgt, wer ihnen zur Flucht, zur Unterdrückung der Spuren oder Beweismittel ihres Verbrechens behülflich ist; wer die durch das Verbrechen gewonnenen Sachen wissentlich bei sich aufnimmt, verbirgt, an sich kauft, bei Andern durch Verkauf oder sonst unterbringt, der soll wenn er solche Begünstigungen wie ein Gewerbe betreibt, gleich den Gehülfen des zweiten Grades (Art. 77.) bestraft werden. Dieser gewerbsmäßigen Begünstigung ist für überwiesen zu achten: wer den Beweis gegen sich hat, daß er aus eigennütziger Absicht schon vorhin wenigstens bei zweien zu verschiedener Zeit begangenen Verbrechen oder Vergehen derselben oder ähnlicher Art sich einer solchen Begünstigung schuldig gemacht habe. Art. 86. Wer nicht gewerbsmäßig solche Begünstigung getrieben, soll gleich einem Gehülfen des dritten Grades (Art. 78. Nr. I.–III.) und, wenn auf der Uebertretung Gefängniß oder andere geringe Strafe steht, mit einer Geldstrafe von zehn bis hundert Gulden, oder mit Gefängniß auf vier bis vierzehn Tage bestraft werden.“393

Es bleibt die Frage, inwiefern die Regelung der Begünstigung in den Art. 83 ff. Bayrisches StGB Bedeutung hatte für die Abgrenzung der Begünstigung zur Teilnahme und die Festigung der Selbstständigkeit des Anschlussdelikts. Zwar wurde der Unterschied zwischen Begünstigung und Beihilfe – letztere wurde in Art. 74 – 77 normiert und war in drei Grade möglicher Beihilfe aufgeteilt – durch räumliche Trennung in verschiedenen Vorschriften deutlich. Dennoch waren beide Formen der Hilfeleistung gemeinsam unter dem Titel „Drittes Kapitel. Von dem Versuch, von der Fahrläßigkeit und von der Theilnahme.“394 geregelt, womit auch die Begünstigung nach wie vor ihren Platz im Allgemeinen Teil des bayrischen Strafgesetzbuchs hatte. Darüber hinaus wurden die Begünstigung sowie die besondere Form der gewerbsmäßigen Begünstigung als Beihilfe zweiten bzw. dritten Grades bestraft (vgl. Art. 85, 86) und damit die Begünstigung ebenfalls wieder in die Nähe der Teilnahme gerückt. Trotz der Erlangung einer gewissen Selbstständigkeit, bestand somit jedenfalls in erheblichem Maße noch eine Abhängigkeit der Begünstigung von der Teilnahme.395

392

Art. 84 Bayrisches Strafgesetzbuch, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 51. Art. 85, 86 Bayrisches Strafgesetzbuch, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 51 f. 394 3. Kapitel Bayrisches StGB, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 41. 395 In diesem Sinne auch Lohmeyer, S. 22. 393

C. Historische Auslegung

179

(d) Entwurf eines Strafgesetzbuchs für Baden von 1836/1839 Eine andere Formulierung als im zuvor dargestellten Entwurf, wählten dagegen die einige Jahre später veröffentlichen Entwürfe eines Badischen Strafgesetzbuchs von 1836 und 1839: „§. 120. Wer ohne vorheriges Einverständniß dem Verbrecher erst nach vollbrachter That in Beziehung auf das Verbrechen wissentlich Vorschub leistet, indem er ihm hinsichtlich der Erlangung oder des Genusses der Vortheile aus dem Verbrechen förderlich, oder ihm zur Vereitelung der gerichtlichen Verfolgung behülflich ist, wird des besonderen Vergehens der Begünstigung schuldig. Dahin gehört namentlich: 1) Wer wissentlich Verbrecher bei sich aufnimmt und verbirgt, oder ihnen zur Flucht behülflich ist; 2) Wer Verbrechern vorsätzlich durch Vertilgung der Spuren des Verbrechens oder der Beweismittel Hülfe leistet oder zu solcher Vertilgung mitwirkt; 3) Wer die durch das Verbrechen gewonnenen Sachen wissentlich in Bewahrung nimmt, verheimlicht, an sich bringt oder zu deren Absatz an Andere verhilft.“396

Trotz dieser Formulierung, die sich deutlich von den anderen Partikulargesetzen unterschied, blieb die Regelung der Begünstigung in ihrer Struktur gleich: Nach wie vor war sie im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs geregelt und daneben waren auch die persönliche und die sachliche Begünstigung weiterhin in einer Norm zusammengefasst. Sachliche und persönliche Begünstigung wurden durch die Aufzählung in § 120 S. 2 des Entwurfs jeweils spezifiziert397, wobei für die sachliche Begünstigung die Förderung der Erlangung und des Genusses der Vorteile als strafbar angesehen wurde. Hierzu gehörte die Aufbewahrung der durch die Vortat gewonnenen Sachen, deren Verheimlichung, das An-sich-bringen oder die Hilfe beim Absatz. Von besonderem Interesse ist die Formulierung in § 120 des Entwurfs, die als Begünstigung sowohl die Hilfe bei der Erlangung als auch beim Genuss der Vorteile bezeichnet. Während man die Hilfe bei der Erlangung der Vorteile nach unserem heutigen Verständnis als Beihilfe bewerten würde, umschreibt die Förderung des Genusses der Vorteile lediglich einen einzelnen Aspekt, der unter die Sicherung des Vorteils nach unserem heutigen Verständnis gefasst wird. Die Regelung der Begünstigung in § 120 des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs für Baden (1836) ist daher einerseits weiter als die heutige Norm, andererseits aber auch enger gefasst als die aktuelle Begünstigungsnorm des § 257 StGB.

396 § 120 Entwurf eines Strafgesetzbuchs für Baden von 1836; den gleichen Wortlaut wies § 124 des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs für Baden von 1839 auf. Abgedruckt in: Schubert/ Regge/Schmid/Schröder, Entwurf Strafgesetzbuch Baden 1836/1839, S. 28 f. und S. 34 f. 397 Nr. 1 und Nr. 2 beziehen sich hierbei auf die persönliche Begünstigung, lediglich Nr. 3 erfasst den Fall der sachlichen Begünstigung.

180

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Darüber hinaus verdeutlicht die Norm durch die Formulierung „besonderen Vergehens der Begünstigung“, dass die Begünstigung eine gewisse Selbstständigkeit aufweist. Demgegenüber steht die Normierung der Begünstigung im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs. Hierdurch wird einmal mehr die Position der Begünstigung zwischen Teilnahme und eigenständigem Tatbestand verdeutlicht. (e) Sächsisches Strafgesetzbuch von 1838 Auch im Sächsischen Strafgesetzbuch von 1838 waren die sachliche und persönliche Begünstigung in einer gemeinsamen Vorschrift im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs geregelt. Bezeichnet wurden die Begünstigungshandlungen hierbei als Beihilfe, es bestand also gerade in diesem Partikulargesetzbuch noch eine besondere Nähe der Begünstigung zur Teilnahme. Damit weist dieses Gesetz wiederum einen gewissen Rückschritt zu dem zuvor beschriebenen Beginn einer Verselbstständigung der Begünstigung auf: „Art. 38. Wer einem Verbrecher nach vollbrachter That durch Verhehlung oder Unterstützung zur Flucht, durch Verbergung oder Wegschaffung der Gegenstände des Verbrechens, durch Unterdrückung oder Vernichtung der Spuren oder Anzeichen der strafbaren Handlung Beihülfe leistet, ist als Begünstiger des verübten Verbrechens zu bestrafen. Begünstiger, welche die hier erwähnten Handlungen dem Verbrecher vor der That zugesagt haben, sind den ungleichen Theilnehmern gleich zu achten.“398

Als sachliche Begünstigung wurden die Tathandlungen des Verbergens oder Wegschaffens von Gegenständen des Verbrechens genannt. Zudem wird nicht der Begriff des Vorteils für die sicherungsfähigen Objekte gewählt, vielmehr ist nur von Gegenständen die Rede. Durch die genaue Benennung der Tathandlungen als alternativ Verbergen oder Wegschaffen der Gegenstände sind sämtliche andere Möglichkeiten der Sicherung des Gegenstands ausgeschlossen. Im Ergebnis erfasst diese Norm daher einen engeren Bereich an potentiellen Tathandlungen als die heutige Begünstigungsnorm. Die in Art. 38 gewählte Formulierung Verhehlung lässt vermuten, dass auch die Hehlerei in dieser Vorschrift gemeinsam mit der sachlichen und persönlichen Begünstigung geregelt war. Ein Blick in den Besonderen Teil des Sächsischen Strafgesetzbuchs zeigt jedoch, dass die Hehlerei in diesem Partikulargesetz als selbstständiger Straftatbestand im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs normiert wurde (Art. 239399). Damit bewegt sich das Sächsische Strafgesetzbuch in der Tradition zahlreicher anderen Strafgesetzbücher, die ebenfalls die Hehlerei als eigenständigen Tatbestand im Besonderen Teil regelten.400 Trotz dieser bereits teilweise auftretenden 398 Art. 38 Sächsisches Strafgesetzbuch von 1838, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 41. 399 Art. 239 Sächsisches Strafgesetzbuch von 1838, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 126. 400 Vgl. Art. 303 Hannoveraner Strafgesetzbuch von 1840, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 160; Art. 343, 350 Württemberger Strafgesetzbuch von 1839, in: Stenglein,

C. Historische Auslegung

181

Verselbstständigung der Hehlerei wurde dem Delikt in einigen Partikulargesetzbüchern noch kein eigener Strafrahmen zugebilligt, sondern vielmehr auf die Vorschriften der Begünstigung im Allgemeinen Teil des jeweiligen Strafgesetzbuchs401 bzw. auf die Bestrafung des Vortäters verwiesen.402 (f) Braunschweiger Strafgesetzbuch von 1840 Das Braunschweiger Strafgesetzbuch von 1840 regelte die persönliche, die sachliche Begünstigung sowie die Hehlerei in einer Vorschrift des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs. „§. 47. Wer ohne vorhergehende ausdrückliche oder stillschweigende Uebereinkunft dem Verbrecher erst nach begangener That in Beziehung auf dieselbe wissentlich Vorschub leistet, namentlich denselben wissentlich aufnimmt, verbirgt, zur Flucht oder zur Unterdrückung der Spuren oder Beweismittel des Verbrechens behülflich ist, oder die Gegenstände des Verbrechens wissentlich annimmt, verheimlicht, an sich bringt, an Andere absetzt oder absetzen hilft, soll, wenn er die Begünstigung von Verbrechen gewerbsmäßig betreibt, wie ein ungleicher Theilnehmer zweiten Grades, sonst statt mit der auf die That gesetzten Todes- oder Kettenstrafe, mit Zwangsarbeit nicht unter Ein Jahr, in anderen Fällen mit Gefängniß belegt werden. Wenn jedoch Gefängniß auf der verbrecherischen Handlung steht, so ist Gefängniß von der geringsten außerordentlichen Dauer an bis zu einem Drittheile der festgesetzten Strafe und zwar, wenn Gefängniß von seiner geringsten ordentlichen Dauer an der verbrecherischen Handlung angedrohet ist, solche Strafart von der geringsten außerordentlichen Dauer an, oder verhältnismäßige Geldstrafe zu erkennen.“403

Für die sachliche Begünstigung sind als Tathandlungen das Annehmen, Verheimlichen und An-sich-bringen der durch die Vortat erlangten Gegenstände normiert. Hierbei handelt es sich um solche Handlungsweisen, die ein Begünstigungshandeln im heutigen Sinne erfassen, allerdings enthält die Norm mit dem Absetzen und der Absatzhilfe auch typische Hehlereihandlungen. Zudem beziehen sich die vom Tatbestand genannten Handlungsformen alle auf die Gegenstände des Verbrechens, der Begriff des Vorteils wird dagegen in dieser Vorschrift nicht verwendet.

Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 136, 138; Art. 231 Strafgesetzbuch Sachsen Weimar Eisenach von 1850, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 167. Die übrigen Partikulargesetzbücher behandelten die Hehlerei dagegen wie die Begünstigung, Strohkendl, S. 230. 401 So etwa Art. 239 Sächsisches Strafgesetzbuch von 1838, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 126 sowie Art. 303 Hannoveraner Strafgesetzbuch von 1840, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 160. 402 Art. 343 Württemberger Strafgesetzbuch von 1839, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 136. Zu allem auch Neumann, S. 14. 403 § 47 Braunschweiger Strafgesetzbuch von 1840, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 33 f.

182

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Prägend für diese Vorschrift ist im Ergebnis die mangelnde Selbstständigkeit der Begünstigung ggü. den anderen Anschlussdelikten sowie die weiterhin bestehende Abhängigkeit zur Teilnahme. (g) Hannoveraner Strafgesetzbuch von 1840 Das Hannoveraner Strafgesetzbuch von 1840 folgte den anderen Partikularstrafgesetzbüchern, in dem es die Begünstigung im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs und damit in der Nähe der Beihilfe regelte. Zudem wurden auch hier sachliche und persönliche Begünstigung sowie Hehlerei weiterhin in einer Norm zusammengefasst. „Art. 74. Wer, nach vollbrachtem Verbrechen, dem Thäter mit rechtswidrigem Vorsatz in Beziehung auf die begangene Uebertretung beförderlich ist, ohne ihm jedoch vor Vollendung der That solche Unterstützung versprochen zu haben, macht sich der Begünstigung schuldig. Dahin gehört vorzüglich: wer Verbrecher, welche nicht seine Descendenten, Ascendenten, Ehegatten oder Geschwister, oder ihm in gleich nahem Grade verschwägert sind, wissentlich bei sich aufnimmt oder verbirgt; wer ihnen zur Flucht, zur Unterdrückung der Spuren oder Beweismittel ihres Verbrechens behülflich ist; wer die durch das Verbrechen gewonnenen Sachen wissentlich zu sich nimmt, verbirgt, an sich kauft, oder bei Anderen unterbringt. Auch gehören dahin öffentliche zur Anzeige begangener Verbrechen besonders verpflichtete Personen, welche diese Anzeige absichtlich unterlassen.“404

Für die sachliche Begünstigung wurden als Tathandlungen das Zu-sich-Nehmen, das Verbergen, An-sich-Kaufen und Unterbringen bei einem Anderen normiert. Auch hier werden solche Handlungsweisen zusammengefasst, die nach heutigem Verständnis sowohl als Begünstigung als auch als Hehlerei bestraft werden können. Anstatt des Vorteils wird zudem der engere Begriff der Sache verwendet. Sowohl anhand der Normierung der Begünstigung in einer einheitlichen Vorschrift mit den anderen Anschlussdelikten als auch an dem Standort der Regelung im Allgemeinen Teil, zeigt sich die nach wie vor bestehende mangelnde Selbstständigkeit der Begünstigung. (h) Hessisches Strafgesetzbuch von 1841 Auch das Hessische Strafgesetzbuch normierte alle drei Anschlussdelikte in einer gemeinsamen Norm im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs und bezeichnet dieses Handeln als Begünstigung. Damit erfasst die Norm in der Nr. 1 und Nr. 2 ein Handeln, das heute als Strafvereitelung gelten würde, in der Nr. 3 sind dagegen solche Handlungen enthalten, die nach unserem heutigen Verständnis eine Begünstigung oder eine Hehlerei darstellen würden. Damit wird die heutige Strafvereitelung getrennt von den anderen beiden Anschlussdelikten normiert, die Tathandlungen von Begünstigung und Hehlerei dagegen miteinander vermischt. Diese 404 Art. 74 Hannoveraner Strafgesetzbuch von 1840, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 43 f.

C. Historische Auslegung

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Vermischung der Tathandlungen führt die Entwicklung fort, die sich bereits in anderen Partikulargesetzen wie etwa dem Hannoveraner Strafgesetzbuch von 1840 oder dem Braunschweiger Strafgesetzbuch von 1840 abgezeichnet hatte: „Art. 87. Wer, ohne vorheriges Einverständniß, erst nach vollbrachter That dem Urheber oder Gehülfen in Beziehung auf das Verbrechen wissentlich Vorschub leistet, macht sich der Begünstigung schuldig. Dahin gehört namentlich: 1) wer wissentlich Verbrecher bei sich aufnimmt, verbirgt oder ihnen zur Flucht behülflich ist; 2) wer Verbrechern vorsätzlich durch Vertilgung der Spuren des Verbrechens oder der Beweismittel Hülfe leistet, oder zu solcher Vertilgung mitwirkt; 3) wer die durch das Verbrechen gewonnenen Sachen wissentlich in Verwahrung nimmt, verheimlicht, an sich bringt, oder zu deren Absatz an Andere verhilft. Art. 89. Die Begünstigung wird mit Rücksicht auf die Größe und Beschaffenheit des begangenen Verbrechens, sowie auf die Beweggründe und die durch die Begünstigung entstandenen Nachtheile, mit Correctionshaus bis zu Einem Jahre, Gefängniß oder Geldbuße bestraft.“405

Eine Besonderheit der Begünstigung im Hessischen Strafgesetzbuch von 1841 stellt die Regelung des Art. 89 dar. Hiernach wird die Begünstigung in Abhängigkeit von der „Größe und Beschaffenheit des begangenen Verbrechens“ bestraft. Damit stellt diese Vorschrift eine Beziehung zur Vortat her, die dann maßgeblich für die Strafe des Begünstigungstäters ist. Hierdurch wird wiederum die nach wie vor bestehende Abhängigkeit der Begünstigung von der Vortat verdeutlicht. (i) Badisches Strafgesetzbuch von 1845 Die Normierung der Begünstigung im Badischen Strafgesetzbuch von 1845 ist dem Art. 87 Hessisches Strafgesetzbuch an vielen Stellen sehr ähnlich. So werden auch hier alle Anschlussdelikte als Begünstigung bezeichnet und in einer Norm zusammengefasst, wobei wiederum die Strafvereitelung (persönliche Begünstigung) eine besondere Stellung einnimmt, indem ihre Tathandlungen getrennt von denen der Hehlerei und der Begünstigung normiert werden: „§. 142. (Begünstigung) Wer ohne vorheriges Einverständniß dem Verbrecher erst nach der That in Beziehung auf das Verbrechen wissentlich Vorschub leistet, indem er ihm hinsichtlich der Sicherung oder des Genusses der Vortheile aus dem Verbrechen förderlich, oder ihm zur Vereitelung der gerichtlichen Verfolgung behülflich ist, wird des besonderen Vergehens der Begünstigung schuldig. Unter dieser Voraussetzung gehört namentlich hierher: 1. wer wissentlich Verbrecher bei sich aufnimmt und verbirgt, oder ihnen zur Flucht behilflich ist; 405 Art. 87, 89 Hessisches Strafgesetzbuch von 1841, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 54 f.

184

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

2. wer Verbrechern vorsätzlich durch Vertilgung der Spuren des Verbrechens oder der Beweismittel Hülfe leistet, oder zu solcher Vertilgung mitwirkt; 3. wer die durch das Verbrechen gewonnenen Sachen wissentlich in Verwahrung nimmt, verheimlicht, an sich bringt, oder zu deren Absatz an Andere verhilft.“406

Trotz der Ähnlichkeit zur Regelung im Hessischen Strafgesetzbuch, weist die Begünstigung im Badischen Strafgesetzbuch eine Besonderheit auf: Erfasst sind nach § 142 Badisches Strafgesetzbuch die Sicherung und der Genuss der Vorteile. Während die Sicherung der Vorteile bereits die Formulierung der heutigen Normierung der Begünstigung in § 257 StGB aufgreift, handelt es sich bei dem Genuss der Vorteile um einen Fall, den das Strafgesetzbuch so heute nicht explizit normiert.407 Allerdings umfasst die Formulierung diejenigen Fälle, die heute unter dem Stichwort Nutzungswert diskutiert werden.408 Bei der Sicherung eines Nutzungswertes geht es um den Wert, der einem Gegenstand immanent ist und der durch die Hilfeleistungshandlung gesichert wird. Hierbei wird der Gegenstand vernichtet (Verbrauch), umgewandelt (Verarbeitung, Verbindung, Vermischung) oder verkauft (angemaßte Eigentümerstellung) und damit in gewisser Weise der Gegenstand genossen. Das Gesetz normiert heute nicht explizit, dass der Vorteilsbegriff auch den Nutzungswert eines Gegenstands umfasst, das Badische Strafgesetzbuch von 1845 gibt jedoch mit § 142 einen Hinweis darauf, dass die Sicherung des Nutzungswerts zu dieser Zeit gerade von der Begünstigung erfasst war. Darüber hinaus wird die Eigenständigkeit der Begünstigung in § 142 Badisches Strafgesetzbuch durch die gewählte Formulierung „besonderen Vergehens der Begünstigung“ betont und steht damit im Gegensatz zu der sich aus der Normierung im Allgemeinen Teil ergebenden Abhängigkeit der Begünstigung von der Teilnahme.409 (j) Strafgesetzbuch Sachsen Weimar Eisenach von 1850 Das Sächsische Strafgesetzbuch von 1850 führt ebenfalls die Tradition der zuvor besprochenen Strafgesetzbücher fort, indem es alle Anschlussdelikte gemeinsam im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs normiert.410

406

S. 54. 407

§ 142 Badisches Strafgesetzbuch von 1845, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2,

Im Vergleich dazu war im Entwurf eines Badischen Strafgesetzbuchs von 1836/1839 noch von der „Erlangung der Vorteile“ die Rede. 408 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. b). 409 Darüber hinaus zeigt sich die Nähe zur Teilnahme auch daran, dass § 143 Badisches Strafgesetzbuch eine gewisse Nähe zur Vortat nahelegt (vgl. Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 55). Insofern handelt es sich um eine ähnliche Regelung wie sie auch im Hessischen Strafgesetzbuchs von 1841 zu finden ist. 410 Für die Hehlerei war ein Spezialfall – die Diebeshehlerei – in Art. 231 geregelt, vgl. Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 167.

C. Historische Auslegung

185

„Art. 36 Wer einem Verbrecher nach Ausführung des Verbrechens wissentlich durch Verhehlung seiner Person oder Unterstützung zur Flucht Beihülfe leistet, oder Gegenstände des Verbrechens wissentlich aufnimmt, verheimlicht, annimmt, an sich bringt, an Andere absetzt oder absetzen läßt oder sonst wegschafft, oder von den Gegenständen des Verbrechens wissentlich einigen Nutzen zieht, ingleichen Spuren oder Anzeichen des Verbrechens unterdrückt oder vernichtet, ist als Begünstiger des Verbrechens zu bestrafen.“411

Für die Begünstigung werden als Tathandlungen das wissentliche Aufnehmen, Verheimlichen, Annehmen oder an An-sich-bringen von Gegenständen normiert bzw. das Ziehen eines Nutzens aus diesen Gegenständen. Letzteres ähnelt der bereits in anderen Partikulargesetzen gewählten Formulierung „Genusses der Vorteile“412 und verdeutlicht wiederum, dass nicht nur die Sicherung des durch die Vortat erlangten Gegenstands an sich als Hilfeleisten i. S. d. Begünstigungstatbestands angesehen wurde, sondern auch eine darüber hinausgehende Sicherung eines sich aus dem Gegenstand ergebenden Nutzens, insofern kann man von einem Nutzungswert des Gegenstands sprechen (k) Preußisches Strafgesetzbuch von 1851 (aa) Die Stellung der Begünstigung im Preußischen Strafgesetzbuch von 1851 Eine Fortführung der bereits durch die vorherigen Gesetzbücher begründeten Entwicklung hin zu einer Selbstständigkeit des Begünstigungstatbestands, stellte das Preußische Gesetzbuch von 1851 dar. Während § 37 die persönliche sowie die sachliche Begünstigung normierte, regelte § 38 die Strafbarkeit desjenigen, der selbst begünstigt wird.413 „§ 37 Wer nach Veru¨ bung eines Verbrechens oder Vergehens dem Tha¨ ter wissentlich Beistand leistet, um denselben der Bestrafung zu entziehen, oder ihm die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern, ist als Begu¨ nstiger mit Geldbuße bis zu zweihundert Thalern oder mit Gefa¨ ngniß bis zu Einem Jahre zu bestrafen. Diese Strafe tritt nicht ein, wenn die Begu¨ nstigung dem Tha¨ ter, um ihn der Bestrafung zu entziehen, von leiblichen Verwandten in auf- oder absteigender Linie, von Geschwistern oder von dem Ehegatten gewa¨ hrt worden ist. § 38 Der Begu¨ nstigte soll gleich demjenigen, welcher Hu¨ lfe leistet, bestraft werden, wenn die Begu¨ nstigung in Folge einer vor der That genommenen Abrede gewa¨ hrt worden ist.

411 Art. 36 Strafgesetzbuch Sachsen Weimar Eisenach von 1850, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 80 f. 412 § 142 Badisches Strafgesetzbuch von 1845, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 54. Außerdem § 120 Entwurf Strafgesetzbuch für Baden von 1836 und § 124 des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs für Baden von 1839, in: Schubert/Regge/Schmid/Schröder, Entwurf Strafgesetzbuch Baden 1836/1839, S. 28 f. und S. 34 f. 413 Strafbar ist der Begünstigte ausschließlich in Fällen der vorherigen Zusage nachträglicher Hilfe.

186

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Diese Vorschrift ist auch dann anzuwenden, wenn der Begu¨ nstiger zu den Angeho¨ rigen des Tha¨ ters geho¨ rt.“414

Für die in § 37 geregelte Begünstigung zeigt bereits die Überschrift „Dritter Titel. Von der Theilnahme an einem Verbrechen oder Vergehen“415 und der Regelungsstandort des § 37 im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs, dass das Preußische Strafgesetzbuch von 1851 an der Einordnung der Begünstigung unter den Begriff der Teilnahme festhielt. Über den Standort der Begünstigung wurde auch während der Beratungen des Vereinigten ständischen Ausschusses (1848) diskutiert, wobei geltend gemacht wurde, dass die Normierung im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs natürlicher und einfacher erscheine, dies insbesondere deshalb, da die Begünstigung einen Bezug zum Verbrechen aufweise, das ebenfalls im Allgemeinen Teil geregelt sei.416 Die Normierung der Begünstigung im Besonderen Teil wurde u. a. damit abgetan, dass sie die „Redaction sehr erschweren“ würde.417 Nach längerer Diskussion entschied man sich schließlich aus den genannten Gründen für die Beibehaltung des Standorts der Begünstigung im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs.418 Trotz der damit nach wie vor bestehenden Nähe zur Teilnahme, zeigt die selbstständige Strafdrohung für das Begünstigungshandeln, dass die Norm bereits „das Gepräge eines selbständigen Verbrechensbegriffs“419 aufweist und sich die Begünstigung in einem Übergangsstadium hin zu einem eigenständigen Tatbestand befindet.420 Ein weiteres Indiz für die Verselbstständigung der Begünstigung liefert einerseits die Differenzierung innerhalb des § 37 nach sachlicher und persönlicher Begünstigung421 sowie die separate Normierung der Hehlerei im Besonderen Teil des Preußischen Strafgesetzbuchs (§ 237)422. Beides verdeutlicht, dass zu dieser Zeit die

414 §§ 37, 38 Preußisches StGB von 1851, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 54 f. 415 Dritter Titel Preußisches StGB von 1851, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 53. 416 Bleich, Vereinigter ständischer Ausschuss, Bd. 2, S. 371. 417 Bleich, Vereinigter ständischer Ausschuss, Bd. 2, S. 371. 418 Vgl. allgemein zu den mehr als fünfzig Jahre andauernden Beratungen über ein Preußisches Strafgesetzbuch die ausführlichen Ausführungen bei Altenhain, S. 76 ff., Neumann, S. 20 ff. und Strohkendl, S. 13 ff. 419 Gretener, S. 53; Lohmeyer, S. 22; Przybyla, S. 15. 420 Gretener, S. 53; Lohmeyer, S. 22; Strohkendl, S. 153; Wolff, S. 44; a. A. Altenhain, der bereits von einem selbstständigen Delikt der Begünstigung ausgeht, vgl. Altenhain, S. 86. 421 Strohkendl, S. 153; erstmals wurde im revidierten Entwurf von 1845 zwischen dem Leisten von Beistand, um den Täter der Bestrafung zu entziehen (persönliche Begünstigung) und um ihm die Vorteile der Tat zu sichern (sachliche Begünstigung) unterschieden, vgl. Schubert/Regge, Quellen zur preußischen Gesetzgebung, Abt. I, Bd. 6, Teil 1, S. 14; Altenhain, S. 83. 422 Die selbstständige Regelung der Hehlerei wird von Strohkendl als fortschrittlich bezeichnet, Strohkendl, S. 230. Erstmals wurde die Hehlerei in Art. 231 des Strafgesetzbuchs

C. Historische Auslegung

187

Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen den verschiedenen Varianten einer strafbaren nachträglichen Hilfe erkannt wurde und sich damit die Dogmatik rund um die drei Anschlussdelikte auszubilden begann. Zuletzt lohnt noch ein Blick auf die Gesetzesfassung, die direkter Vorläufer des § 37 Preußisches Strafgesetzbuch war. Während die Begünstigungsnorm über die Jahre hinweg in den unterschiedlichen Entwürfen des Preußischen Strafgesetzbuchs verschiedene Gestalten aufwies423, ist es die Fassung des Entwurfs von 1851, die in ihrem Wortlaut fast identisch mit den später erlassenen §§ 37, 38 Preußisches Strafgesetzbuch ist. Die Begünstigung war in §§ 35, 36 des Entwurfs424 geregelt und wies hierbei lediglich einen kleinen Unterschied zu §§ 37, 38 Preußisches Gesetzbuch auf, indem Sie das Angehörigenprivileg sowohl auf sachliche als auch auf persönliche Begünstigung erstreckte. In den Motiven zum Entwurf wird sodann klargestellt, dass die Begünstigung als eigenes Delikt anerkannt ist.425 Da die Gesetzesfassung bis auf die angesprochene Änderung nicht mehr verändert wurde vor Erlass des Preußischen Strafgesetzbuchs von 1851, ist davon auszugehen, dass auch der Gesetzgeber zu diesem späteren Zeitpunkt die Begünstigung als eigenes Delikt anerkennen wollte.426 Es bleibt somit festzuhalten, dass sich die Begünstigung im Preußischen Strafgesetzbuch von 1851 weiterhin zwischen Teilnahme und Selbstständigkeit bewegte, hierbei jedoch starke Tendenzen in Richtung Selbstständigkeit zu verzeichnen sind. (bb) Der Begriff des Vorteils im Preußischen Strafgesetzbuch von 1851 In den Beratungen zum Preußischen Strafgesetzbuch wurde – wie oben bereits erwähnt – einerseits kontrovers über die Einordnung der Begünstigung in den Allgemeinen Teil bzw. die Normierung als Verbrechen im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs diskutiert427, andererseits wurde auch die Verwendung des Vorteilsbegriffs hinterfragt. Vorgeschlagen wurde, anstatt der Sicherung des Vorteils zu verlangen, dass „der beabsichtige Erfolg“ gesichert werden muss.428 Mit dieser Formulierung sollte dem Sinn des Gesetzes besser entsprochen werden.429 von Sachsen Weimar Eisenach (1850) selbstständig geregelt, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 167; Strohkendl, S. 230. 423 Im Entwurf von 1847 war die Begünstigung etwa in den §§ 45 ff. geregelt, vgl. Schubert/Regge, Quellen zur preußischen Gesetzgebung, Abt. I, Bd. 6, Teil 2, S. 747. 424 Schubert/Regge/Schmid/Schröder, Entwurf des Strafgesetzbuchs für die Preußischen Staaten, S. 9 f. 425 Schubert/Regge/Schmid/Schröder, Entwurf des Strafgesetzbuchs für die Preußischen Staaten (Motive), S. 17 f. 426 Die Materialien zum Erlass des Preußischen Strafgesetzbuchs von 1851 äußern sich nicht ausdrücklich zur Selbstständigkeit der Begünstigung, vgl. Goltdammer, Materialien zum Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, Bd. 1, S. 338 ff. Lediglich bezogen auf das bisherige System wird die Begünstigung als „besonderes Delikt“ bezeichnet, vgl. a. a. O. S. 338. 427 Bleich, Vereinigter ständischer Ausschuss, Bd. 2, S. 371. 428 Bleich, Vereinigter ständischer Ausschuss, Bd. 2, S. 370.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Im Vergleich zum Begriff des Vorteils ist der Begriff des Erfolgs – gemeint ist der durch die Vortat beabsichtige Erfolg – ein engerer Begriff.430 Gesichert werden kann hierdurch nur der konkret durch die Vortat hervorgebrachte Erfolg, sodass jede Form von Wandlungen und Veränderungen, des durch die Vortat erlangten Gegenstands oder sonstigen Objekts, unzulässig sind und für die Sicherung eines umgewandelten Objekts eine Strafbarkeit wegen Begünstigung ausscheidet. Dass der Vereinigte Ständische Ausschuss in seinen Gesetzesberatungen 1848 sich gerade gegen den Begriff des „beabsichtigten Erfolgs“ entschieden hat, zeigt einen der engen Auslegung des Tatobjekts entgegenstehenden Gesetzgeberwillen zu dieser Zeit. (cc) Die Hehlerei im Preußischen Strafgesetzbuch und ihr Verhältnis zur Begünstigung (a) Die Hehlerei im Preußischen Strafgesetzbuch Neben einer Betrachtung der Begünstigung im Preußischen Strafgesetzbuch lohnt auch ein Blick auf weitere Anschlussdelikte, da sich möglicherweise aus deren gegensätzlicher oder gleichlaufender Entwicklung Anhaltspunkte für die Auslegung des hier relevanten Begünstigungstatbestands bzw. des Vorteilsbegriffs ergeben. Im Gegensatz zur Begünstigung, die nach wie vor im Allgemeinen Teil und in gewisser Abhängigkeit zur Teilnahme geregelt war, wurde die Hehlerei im Preußischen Strafgesetzbuch von 1851 als eigenständiger Tatbestand des Besonderen Teils in den §§ 237 ff. normiert. Damit schloss sich das Preußische Strafgesetzbuch einer Entwicklung hin zur Verselbstständigung der Hehlerei an, die bereits in anderen Partikulargesetzbüchern ihren Ausgang genommen hatte.431 „§ 237 Wer Sachen, von denen er weiß, daß sie gestohlen, unterschlagen oder mittelst anderer Verbrechen oder Vergehen erlangt sind, ankauft, zum Pfande nimmt oder verheimlicht, ingleichen wer Personen, die sich eines Diebstahls, einer Unterschlagung oder eines a¨ hnlichen Verbrechens oder Vergehens schuldig gemacht haben, in Beziehung auf das ihm bekannte Verbrechen oder Vergehen um seines eigenen Vortheils willen begu¨ nstigt, ist mit Gefa¨ ngniß nicht unter Einem Monat und mit zeitiger Untersagung der Ausu¨ bung der bu¨ rgerlichen Ehrenrechte zu bestrafen; auch kann derselbe zugleich unter Polizei-Aufsicht

429

Bleich, Vereinigter ständischer Ausschuss, Bd. 2, S. 370. A. A. Neumann, S. 32, der davon ausgeht, dass die Ersetzung des „Vorteils“ durch den „beabsichtigen Erfolg“ eine weitere Auslegung der Norm zur Folge gehabt hätte. 431 Art. 239 Sächsisches Strafgesetzbuch von 1838, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 126; Art. 303 Hannoveraner Strafgesetzbuch von 1840, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 160; Art. 343, 350 Württemberger Strafgesetzbuch von 1839, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 136, 138; Art. 231 Strafgesetzbuch Sachsen Weimar Eisenach von 1850, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 167. Die übrigen Partikulargesetzbücher regelten die Hehlerei dagegen gemeinsam mit der Begünstigung im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs, Strohkendl, S. 230. 430

C. Historische Auslegung

189

gestellt werden. Wird festgestellt, daß mildernde Umsta¨ nde vorhanden sind, so kann die Strafe bis auf eine Woche erma¨ ßigt werden“432

Eine Besonderheit der Regelung im Preußischen Strafgesetzbuch gegenüber den meisten anderen Partikulargesetzen war die Normierung einer selbstständigen Strafe für die Hehlerei, bislang wurde für die Strafe häufig auf die Regelung der Begünstigung im Allgemeinen Teil verwiesen.433 Zudem lässt die Norm des § 237 Preußisches Strafgesetzbuch jede Art von Verbrechen und Vergehen als taugliche Vortat für die Sachhehlerei zu, in anderen Partikulargesetzbüchern dagegen war eine Sachhehlerei häufig nur nach Begehung einer bestimmten Vortat möglich.434 Neben diesen Neuerungen, die alle einen entscheidenden Schritt in Richtung Selbstständigkeit der Hehlerei gehen, enthielt die Norm jedoch auch eine Regelung, die nicht in dieses Konzept passte: Indem § 237 Preußisches Strafgesetzbuch sowohl die Sachhehlerei als auch die Personenhehlerei regelte, wurden zwei Delikte gemeinsam geregelt, die nichts verband435 : Während die Sachhehlerei tatsächlich einen Fall der Hehlerei darstellte, handelte es sich bei der Personenhehlerei um eine eigennützige Begünstigung und damit eigentlich um einen Spezialfall der Begünstigung.436 Das Gesetz forderte damit ausdrücklich für die Personenhehlerei ein eigennütziges Handeln, für die Sachhehlerei dagegen nicht, allerdings war hier allgemein anerkannt, dass der Charakter der Sachhehlerei ebenfalls verlangt, dass der Täter mit einer auf Eigennutz gerichteten Motivation agiert.437 Im Fall eines rein fremdnützigen Handelns war damit die Begünstigung gem. § 37 Preußisches Strafgesetzbuch einschlägig.438

432 § 237 Preußisches Strafgesetzbuch von 1851, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 116 f. 433 Art. 239 Sächsisches Strafgesetzbuch von 1838, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 126; Art. 303 Hannoveraner Strafgesetzbuch von 1840, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 160. Das Strafgesetzbuch von Sachsen Weimar Eisenach enthielt erstmals eine eigenständige Strafe für die Hehlerei, vgl. Art. 231 Strafgesetzbuch Sachsen Weimar Eisenach von 1850, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 167. 434 Im Strafgesetzbuch von Württemberg (1839) waren taugliche Vortaten ausschließlich Diebstahl, Unterschlagung und Betrug, im Strafgesetzbuch von Hannover (1840) war nur der Diebstahl erfasst und nach dem Strafgesetzbuch von Sachsen Weimar Eisenach (1850) musste als taugliche Vortat ein Diebstahl oder Raub begangen worden sein. 435 Neumann, S. 49. 436 Mezger, in: ZStW 1940 (59), 549 (565). 437 Goltdammer, Materialien zum Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, Bd. 2, S. 528; Altenhain, S. 87; Neumann, S. 44 f. Durch Gesetz vom 14. 04. 1856 wurde klargestellt, dass die Hehlerei nicht ausschließlich eigennütziges Handeln erfordert („es sei um seines eigenen Vortheils willen oder nicht“). Dieses Erfordernis lebte weiter im nachfolgenden Entwurf eines Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund, wurde allerdings in § 259 RStGB wieder abgeschafft. 438 Goltdammer, Materialien zum Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, Bd. 2, S. 528.

190

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Unterschiede zwischen Sach- und Personenhehlerei ergaben sich zudem auf Ebene der tauglichen Vortaten. Während die Sachhehlerei im Anschluss an jedes Verbrechen oder Vergehen möglich war, genügten als Vortat für die Personenhehlerei nur Diebstahl, Unterschlagung oder ähnliche Verbrechen oder Vergehen, d. h. ausschließlich Eigentums- oder Vermögensdelikte. (b) Vergleich von Hehlerei und Begünstigung im Preußischen Strafgesetzbuch Ein Vergleich der sachlichen Begünstigung und der Sachhehlerei im Preußischen Strafgesetzbuch ergibt auf Ebene der Gemeinsamkeiten zunächst die nicht (mehr) vorhandene Beschränkung auf bestimmte Vortaten, vielmehr waren sowohl Sachhehlerei als auch Begünstigung nach jedem Verbrechen oder Vergehen möglich. Zudem wiesen beide Vorschriften eine eigenständige Strafdrohung auf. Unterschiede ergeben sich jedoch bereits auf Ebene des Tatobjekts: Während die sachliche Begünstigung den Vorteil als sicherungsfähiges Tatobjekt nennt, bezieht sich die Sachhehlerei auf die aus der Vortat erlangten Sachen. Damit ist der Anwendungsbereich der Hehlerei bereits aufgrund des Tatobjekts enger als derjenige der Begünstigung. Neben der unterschiedlichen Weite der Tatobjekte stellt sich auch die weitergehende Frage, inwiefern die Objekte von Hehlerei und Begünstigung einer Umwandlung zugänglich sind vor Ausführung der jeweiligen Tathandlung. Indem die Hehlerei in ihrem Tatbestand die Formulierung enthält „Sachen, von denen er weiß, daß sie gestohlen, unterschlagen oder mittelst anderer Verbrechen oder Vergehen erlangt sind“439, wird klargestellt, dass es sich bei den zu hehlenden Sachen ausschließlich um die Gegenstände handeln kann, die unmittelbar aus der Vortat erlangt wurden, denn nur diese sind gestohlen, unterschlagen oder durch andere Verbrechen bzw. Vergehen erlangt. Insofern ist Sachidentität erforderlich. Dagegen verlangt die Begünstigung, das Beistandleisten, um „die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern“440 und ist damit einer Auslegung zugänglich, die über die sachidentitären Gegenstände hinaus auch umgewandelte Gegenstände in gewissem Maße zulässt. Inwiefern solche Umwandlungen begrenzt sind, kann der Formulierung in § 37 Preußisches Strafgesetzbuch jedoch nicht entnommen werden. Darüber hinaus unterscheiden sich die Delikte der Begünstigung und der Hehlerei auch in Bezug auf ihre Schutzrichtung, schließlich erfasst die sachliche Begünstigung als strafbares Unrecht den Fall, dass der Täter den Vortäter vor dem Verlust des aus der Vortat Erlangten schützen will, während die Sachhehlerei gerade die Hilfe bei der Übertragung des Sachbesitzes bestraft.

439

§ 237 Preußisches Strafgesetzbuch von 1851, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 116 f. 440 §§ 37, 38 Preußisches Strafgesetzbuch von 1851, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 54 f.

C. Historische Auslegung

191

Über den Vergleich der beiden Tatbestände hinaus, stellt sich noch die Frage, warum gerade die Hehlerei aus dem Begünstigungstatbestand des Strafgesetzbuchs ausgegliedert wurde. Den Ansatz einer Erklärung liefert bereits ein Blick in die Gesetzgebungsmaterialien. Wie bei der Begünstigung wurde i. R. d. Gesetzesberatungen auch über den Standort der Hehlerei lange Zeit diskutiert.441 Schließlich entschied man sich mit folgender Begründung für die Ausgliederung der Hehlerei in den Besonderen Teil: „Auf die Hehlerei lassen sich – so heißt es in dem Bericht – weder die Grundsätze von der Theilnahme an einem Verbrechen oder Vergehen, noch die von der Begünstigung solcher Handlungen anwenden. Denn die Theilnahme setzt eine Thätigkeit voraus, welche die Haupthandlung erst vorbereitet oder an der Ausführung derselben unmittelbar mitwirkt, die Mitwirkung des Hehlers tritt dagegen erst nach der Vollendung der Tat ein. Die Begünstigung soll nach der Theorie des Entwurfs lediglich den Vortheil des Thäters bezwecken, wogegen der Hehler in der Regel nur seinen eigenen Vortheil beabsichtigt.“442

In der Konsequenz sei daher die Hehlerei „als ein ganz selbstständiges Verbrechen oder Vergehen zu behandeln, und zwar um so mehr, weil nur unter dieser Voraussetzung der besonders gefährlichen gewohnheitsmäßigen Hehlerei eine entsprechende höhere Strafe angedroht werden kann.“443 Neben der hier dargestellten Unterschiedlichkeit von Hehlerei und Begünstigung/ Teilnahme in zeitlicher Hinsicht bzw. in Bezug auf die Vortat war ein weiterer Grund für die Ausgliederung der Hehlerei die in dem oben dargestellten Zitat angeklungene unterschiedliche Motivation des Täters, die hinter der Begünstigung einerseits und der Hehlerei andererseits steckt: Die Ausgestaltung der Sach- und Personenhehlerei als eigennützige Delikte444 stand dem fremdnützigen Handeln des Begünstigungstäters entgegen (vgl. § 37 „um denselben der Bestrafung zu entziehen, oder ihm die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern“).445 (dd) Ergebnis Im Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass das Preußische Strafgesetzbuch stellenweise bereits fortschrittlich ausgestaltet war, sich aber bezogen auf die Anschlussdelikte größtenteils auf der Linie der übrigen Partikulargesetze bewegte. Besondere Bedeutung erlangt es insbesondere deshalb, da es Grundlage für das Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes von 1870 sowie das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 wurde. Neben der nach wie vor bestehenden Zugehörigkeit der Begünstigung zur Teilnahme wird durch die Normierung einer eigenständigen Strafe für die Begünstigung 441

Mezger, in: ZStW 1940 (59), 549 (564); Neumann, S. 37. Zitiert nach Mezger, in: ZStW 1940 (59), 549 (564 f.). 443 Zitiert nach Mezger, in: ZStW 1940 (59), 549 (564 f.). 444 Goltdammer, Materialien zum Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten, Bd. 2, S. 528; Altenhain, S. 87. 445 Neumann, S. 47. 442

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

der Weg hin zu einem eigenständigen Tatbestand geebnet. Auch durch die zum Teil stattfindende räumliche Absonderung der Hehlerei gewinnt die Begünstigung eine gewisse Selbstständigkeit. Das Gleiche gilt für die in § 37 Preußisches Strafgesetzbuch normierte Differenzierung zwischen sachlicher und persönlicher Begünstigung. Im Ergebnis markiert daher das preußische Strafgesetzbuch einen entscheidenden Schritt in dem Prozess der Ausbildung der verschiedenen Anschlussdelikte und für die unterschiedliche Entwicklung insbesondere der Hehlerei und der Begünstigung. Auch hinsichtlich des Vorteilsbegriffs lassen sich in begrenztem Maße Erkenntnisse gewinnen. Indem der Gesetzgeber bewusst gerade den weiteren Begriff des Vorteils anstatt des engeren Begriffs des Erfolgs gewählt hat, entschied er sich für eine weitere Auslegung des Tatobjekts. Diese These wird bestätigt durch die Verwendung des engeren Sachbegriffs im Hehlereitatbestand. (l) Sächsisches Strafgesetzbuch von 1855 Gegenüber dem Preußischen Strafgesetzbuch von 1851, das die verschiedenen Anschlussdelikte schon ansatzweise differenzierte, normiert Art. 61 des Sächsischen Strafgesetzbuchs wieder viele unterschiedliche Anschlusshandlungen in einer Norm. „Art. 61 Wer einem Verbrecher nach vollbrachter That durch Verhehlung oder Unterstützung zur Flucht, durch Verbergung, Wegschaffung oder Vertrieb der Gegenstände des Verbrechens, durch Unterdrückung oder Vernichtung der Spuren oder Anzeigungen der strafbaren Handlung, Vorschub leistet, ist als Begünstiger des verübten Verbrechens mit einer Strafe zu belegen, welche bis auf ein Drittheil des Höchstbetrags der auf dieses Verbrechen gesetzten Strafe ansteigen kann. Hinsichtlich der Verschiedenheit persönlicher Verhältnisse und persönlicher Erschwerungs-, Milderungs- und Strafausschließungsgründe gilt von den Begünstigern dasselbe was im Art. 55. und 56. wegen der Gehülfen bestimmt ist. Begünstiger, welche die oben erwähnten Handlungen dem Verbrecher vor der That zugesagt haben, sind als Gehülfen bei der That zu beurtheilen.“446

Indem die Norm sowohl das Verhehlen des Verbrechers bzw. dessen Unterstützung bei der Flucht erfasst und daneben auch die Verbergung von Gegenständen sowie deren Vertrieb regelt, vereint sie Elemente aller Anschlussdelikte. Durch die Normierung des Art. 61 im Allgemeinen Teil sowie im 5. Kapitel „Von Theilnehmern (Urhebern, Anstiftern und Gehülfen) und Begünstigern eines Verbrechens, ingleichen von der unterlassenen Verhinderung und Anzeige eines solchen.“447 des Strafgesetzbuchs sowie durch die Abhängigkeit der Strafe der Begünstigung von der Strafe der Vortat, wird die Nähe der Norm zur Teilnahme deutlich. Dies legt die Vermutung nahe, dass aufgrund des engen Bezugs zur Vortat 446

Art. 61 Sächsisches Strafgesetzbuch von 1855, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 40. 447 1. Teil 5. Kapitel Sächsisches Strafgesetzbuch von 1855, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 35.

C. Historische Auslegung

193

eine besondere Nähe zu dieser besteht, die schließlich auch Auswirkungen auf die Auslegung der Tatbestandsmerkmale hat. Diese Auslegung wird bestätigt durch die Bestimmung der möglichen Tathandlungen einer Begünstigung, dem „Verbergen und Wegschaffen von Gegenständen“. Die Verwendung des gegenüber dem Vorteilsbegriff engeren Begriffs des Gegenstands deutet auf eine enge Auslegung der Norm hin. Im Übrigen weist die Norm keine weiteren erwähnenswerten Besonderheiten auf, vielmehr reiht sie sich durch die genannten Aspekte in die Reihe der übrigen Partikulargesetze ein. (m) Bayrisches Strafgesetzbuch von 1861 Ein letztes relevantes Partikulargesetz wurde 1861 vom Königreich Bayern erlassen und sah für die Begünstigung folgende Regelung vor: „Art. 58 Der Begünstigung macht sich schuldig, wer ohne vorheriges Versprechen oder Einverständniß erst nach begangener That in Beziehung auf dieselbe dem Thäter oder einem Theilnehmer wissentlich dadurch förderlich ist, daß er 1) um denselben der Bestrafung zu entziehen ihn verbirgt oder ihm zur Flucht beihilflich ist, oder 2) den Gegenstand oder die Spuren der That oder die Ueberführungsmittel beseitigt oder sonst eine Handlung zu dem Zwecke begeht, um dieselben der Kenntniß des Gerichts zu entziehen, oder 3) die durch die That gewonnenen Sachen bei sich aufnimmt, an sich bringt, zu deren Aufbewahrung oder Verwerthung verhilft oder dem Thäter oder einem Theilnehmer in anderer Weise Beistand leistet, um ihnen die bei der That beabsichtigten Vortheile zu sichern. Art. 59 Den Begünstiger trifft, wenn die That, auf welche sich die Begünstigung bezieht, ein Verbrechen ist, Gefängniß bis zu zwei Jahren, womit Geldstrafe bis zu vierhundert Gulden verbunden werden kann, und wenn diese That ein Vergehen ist, Gefängniß bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu zweihundert Gulden. Die Begünstigung einer Uebertretung wird nur bestraft, wo das Gesetz dieses besonders bestimmt.“448

Die Begünstigung wird hier nach wie vor im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs geregelt und weist insbesondere durch die in Art. 59 normierte Abhängigkeit der Strafe für die Begünstigung von der Vortatstrafe einen engen Bezug zur Vortat auf. Dies spricht für eine nach wie vor enge Auslegung des Vorteils und ein Verständnis der Unmittelbarkeit im Sinne einer Sachidentität. Allerdings spricht die Normierung einer eigenständigen Strafe auch dafür, dass sich langsam die Selbstständigkeit der Begünstigung herausbildete. Trotz der Regelung der Begünstigung im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs, gingen die Kommentatoren davon aus, dass es sich bei der Begünstigung um einen eigenständigen Tatbestand handelte.449 448 Art. 58, 59 Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern 1861, in: Weis, Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern, Bd. 1, S. 175 ff. 449 Weis, Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern, Bd. 1, S. 176.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Das soeben angesprochene enge Verständnis des Vorteilsbegriffs wird bestätigt durch die Formulierung „bei der That beabsichtigten Vortheile“. Hierbei handelt es sich nur um diejenigen Vorteile, die direkt aus der Tat erlangt wurden und ohne Umwandlung bis zur Sicherungshandlung bestehen geblieben sind. Letztlich wurde diese enge Formulierung jedoch nicht in dem nur wenige Jahre später ausgearbeiteten Entwurf eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund (1869) aufgenommen und erhielten somit auch keinen Einzug ins RStGB von 1871, sodass sie für die weitere Auslegung auch nur von geringer Bedeutung ist. Die Hehlerei war im Bayrischen Strafgesetzbuch von 1861 in den Art. 308 ff. geregelt.450 Hierzu heißt es in der Kommentierung, es handle sich bei der Hehlerei um einen Sonderfall der Begünstigung, der sich jedoch von der in Art. 58 geregelten Begünstigung dadurch unterscheide, dass diese fremdnützig geschehe, während der Hehler eigennützig handle.451 (n) Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund von 1870 (aa) Die Entwicklung des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund Mit dem am 31. 05. 1870 erlassenen Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund wurde ein einheitliches Strafgesetzbuch für die Staaten des Norddeutschen Bundes geschaffen. Dieses Gesetz stellte den Ausgangspunkt einer Entwicklung von einzelnen Partikularstrafgesetzbüchern hin zu einem überregionalen Strafgesetzbuch dar, die schließlich mit dem 1871 erlassenen Reichsstrafgesetzbuchs ihr Ende fand. Dem Erlass des Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund 1870 gingen verschiedene Entwürfe voraus, so etwa der Entwurf Johns von 1868452, der 1. Entwurf Friedbergs vom Juli 1869453 sowie der 2. Entwurf Friedbergs454, der schließlich 1870 450 „Wer Sachen, von denen er weiß, daß sie durch Raub, Diebstahl oder Unterschlagung erlangt worden sind, ankauft, eintauscht, zum Pfande nimmt oder sonst an sich bringt, desgleichen wer Personen, welche sich eines Raubes, Diebstahls oder einer Unterschlagung schuldig gemacht haben, in Beziehung hierauf wissentlich um seines eigenen Vortheils willen begünstigt, macht sich der Hehlerei schuldig.“, vgl. Art. 308 Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern 1861, in: Weis, Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern, Bd. 2, S. 191. 451 Weis, Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern, Bd. 2, S. 191 f. 452 John, Entwurf mit Motiven zu einem Strafgesetzbuche für den Norddeutschen Bund. 453 Die Regelungen der Begünstigung befanden sich in den §§ 43, 44 des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund von 1869: „§. 43. Wer nach Veru¨ bung eines Verbrechens oder Vergehens dem Tha¨ ter, Anstifter oder Gehu¨ lfen wissentlich Beistand leistet, um denselben der Bestrafung zu entziehen, oder ihm die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern, ist als Begu¨ nstiger mit Geldbuße bis zu zwei hundert Thalern oder mit Gefa¨ ngniß bis zu Einem Jahre zu bestrafen. Die Strafe darf jedoch, der Art oder dem Maaße nach, keine schwerere sein, als die auf die That selbst angedrohte. Diese Strafe tritt nicht ein, wenn die Begu¨ nstigung dem Tha¨ ter, Anstifter oder Gehu¨ lfen, um ihn der Bestrafung zu entziehen, von leiblichen Verwandten oder Verschwa¨ gerten, in aufoder absteigender Linie, oder von dem Ehegatten, von Geschwistern oder deren Ehegatten gewa¨ hrt worden ist.

C. Historische Auslegung

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als Gesetz angenommen wurde. Während des Entstehungsprozesses des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund wurden die einzelnen bereits existierenden Partikulargesetze verglichen und der Versuch unternommen, die jeweils beste Regelung für das Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes herauszufiltern. Hinsichtlich der Begünstigung standen hierbei insbesondere § 37 Preußisches StGB (1851) sowie Art. 58 Bayrisches StGB (1861) im Fokus.455 Schließlich orientierte man sich für die Begünstigung an der Regelung des Preußischen Strafgesetzbuchs von 1851 und versah das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund mit folgender Regelung: „§. 257. Wer nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens dem Thäter oder Theilnehmer wissentlich Beistand leistet, um denselben der Bestrafung zu entziehen oder um ihm die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern, ist wegen Begünstigung mit Geldstrafe bis zu zweihundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn er diesen Beistand seines Vortheils wegen leistet, mit Gefängniß zu bestrafen. Die Strafe darf jedoch, der Art oder dem Maße nach, keine schwerere sein, als die auf die Handlung selbst angedrohte. Die Begünstigung ist straflos, wenn dieselbe dem Thäter oder Theilnehmer von einem Angehörigen gewährt worden ist, um ihn der Bestrafung zu entziehen. Die Begünstigung ist als Beihülfe zu bestrafen, wenn sie vor Begehung der That zugesagt worden ist. Diese Bestimmung leidet auch auf Angehörige Anwendung.“456

Die Regelungen des Strafgesetzbuchs des Norddeutschen Bundes zur Begünstigung erhielten schließlich unverändert Einzug in das Reichsstrafgesetzbuch von 1871. (bb) Der Begünstigungstatbestand und der Vorteilsbegriff im Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund Eine der größten Besonderheiten der Regelung der Begünstigung im Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund stellt ihr Standort im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs dar, schließlich beendete dies die Jahrhunderte andauernde Diskussion über die Rechtsnatur der Begünstigung und deren Zugehörigkeit zur Teilnahme. §. 44. Der Begu¨ nstiger soll als Gehu¨ lfe bestraft werden, wenn die Begu¨ nstigung in Folge einer vor der That genommenen Abrede gewa¨ hrt worden ist. Diese Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn der Begu¨ nstiger zu den Angeho¨ rigen des Tha¨ ters geho¨ rt.“, vgl. Schubert, Motive zu dem Entwurf eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund, Bd. 1, S. 12 f. 454 Die Begünstigung war nunmehr in § 257 des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund geregelt und fand damit ihren Platz im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs. 455 John, Entwurf mit Motiven zu einem Strafgesetzbuche für den Norddeutschen Bund, S. 258 ff. 456 § 257 Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund vom 31. Mai 1870, in: Blum, Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, S. 363.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Zunächst wurde allerdings an dem Ursprung der Begünstigung in der Teilnahme noch festgehalten, so heißt es etwa in den Motiven zum Entwurf eines Strafgesetzbuchs des Norddeutschen Bundes von 1869: „Die Strafe der Begünstigung ist aus kriminalpolitischen Gründen selbstständig bestimmt. Die accesorische Natur des Vergehens wird aber insoweit Berücksichtigung finden müssen, als in keinem Falle die Strafe härter ausfallen darf, wie die des begünstigten Vergehens selbst.“457

Daraus ergibt sich das Bild einer primären Verletzung der Rechtsordnung durch den Vortäter, an die das Handeln des Begünstigers lediglich anknüpft. An der Einordnung der Begünstigung als unselbstständiges Vergehen im Allgemeinen Teil wurde im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens deutliche Kritik geübt, insbesondere von Binding und Hälschner.458 Bezogen auf den Entwurf eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund fragte Binding etwa: „Wann wird endlich die Zeit kommen, wo die Wahrheit, daß die Begünstigung eine Teilnahme an einem Verbrechen nicht enthalte und eine sog. subsequente Teilnahme ein Unding sei, in den Gesetzen volle Anerkennung findet?“459

Aufgrund dieser und noch weiterer geübter Kritik am ersten Gesetzesentwurf von 1869 wurde über den Entwurf weiter beraten460, bis er schließlich 1870 als Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund in Kraft treten konnte. Bezogen auf den Tatbestand der Begünstigung entschied sich der Gesetzgeber für eine eigenständige Regelung der Begünstigung im Besonderen Teil und hielt dazu in den Motiven fest: „In Anschluß an die in der Wissenschaft vertretene Ansicht, daß es sich bei der Begünstigung nicht um eine Teilnahme, sondern um ein selbstständiges Vergehen (delictum sui generis), wenn auch von accessorischer Natur, handele, und es daher angemessen sei, die Begünstigung aus der ihr herkömmlich zugewiesenen Verbindung mit den Bestimmungen über die Theilnahme am Verbrechen loszulösen und sie im besonderen Theile im Zusammenhang mit der Hehlerei zu behandeln, hat der Entwurf in dem vorliegenden Abschnitte die „Begünstigung“ und „Hehlerei“ gemeinsam behandelt und […] in Abweichung von dem Preußischen Strafgesetzbuche die Bestimmungen über die „Begünstigung“ nicht in den Allgemeinen Theil aufgenommen. Er glaubt dies um so mehr thun zu sollen, als sich die Begünstigung von der eigentlichen Hehlerei, d. h. der Hehlerei in Betreff von Personen, nur

457 Schubert, Motive zu dem Entwurf eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund, Bd. 1, S. 219 f. 458 Binding, Beurteilung des Entwurfs, S. 106; Hälschner, S. 67: „Da es sich aber bei der Begünstigung jedenfalls nicht um eine Theilnahme, sondern um ein eigenthümliches Delict, wenn auch von accessorischer Natur handelt, so würde es doch angemessener sein, die Begünstigung aus der ihr herkömmlich zugewiesenen, und auf früherer irriger Auffassung beruhenden Verbindung mit den Bestimmungen über die Theilnahme am Verbrechen zu befreien, und sie im besondern Theile in Verbindung mit der Hehlerei zu behandeln.“. 459 Binding, Beurteilung des Entwurfs, S. 106. 460 Ausführlich hierzu Neumann, S. 57 ff.

C. Historische Auslegung

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dadurch unterscheide, daß zwar nicht bei der Begünstigung, wohl aber bei der Hehlerei die Handlung um des eigenen Vorteils wegen geschieht.“461

In den Motiven zur letztlich Gesetz gewordenen Fassung des § 257 wurde zudem ausgeführt, die Begünstigung sei aus der Teilnahme ausgesondert worden, da die Handlung des Begünstigers der vollendeten Straftat erst nachfolge und daher mit ihr nicht unmittelbar verbunden sei und auf ihre Ausführung nicht einwirke.462 Mag dies auch so klingen, als würde der Gesetzgeber sich der Lehre anschließen und die Eigenständigkeit der Begünstigung uneingeschränkt anerkennen, so zeigt sich doch auf den zweiten Blick, dass der Gesetzgeber nach wie vor noch unsicher ist bzgl. der Rechtsnatur der Begünstigung.463 Zwar bezeichnet er sie einerseits als selbstständiges Vergehen und gerade nicht mehr als Teilnahme, die Begünstigung hat jedoch nach seiner Ansicht weiterhin eine accessorische Natur. Die Erwägungen in den Motiven zum Gesetzesentwurf entwerten damit in gewisser Weise die durch den Gesetzestext suggerierte, neu entdeckte Selbstständigkeit des Begünstigungstatbestands. Gleichzeitig wird durch die Abhängigkeit der Strafdrohung für die Begünstigung von der Vortatstrafe eine bestehende Verbindung der Begünstigung zur Vortat verdeutlicht. (cc) Ergebnis Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund ist für die Entwicklung des Begünstigungstatbestands von großer Bedeutung, da hier erstmals die Begünstigung aus der Teilnahme ausgegliedert und im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs geregelt wurde. Trotz Herauslösung aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs und damit räumlicher Trennung von der Teilnahme, blieb die akzessorische Natur der Begünstigung erhalten. Indem das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund Grundlage des 1871 erlassenen Reichsstrafgesetzbuchs wurde, reicht seine Bedeutung weit über seinen kurzen Geltungszeitraum von 1870 bis 1871 hinaus. (o) Ergebnis Nach Abschluss der vorhergehenden Untersuchung sollen an dieser Stelle die Erkenntnisse zur Entwicklung der Begünstigung in der Partikulargesetzgebung zusammengefasst und deren Bedeutung für die Auslegung des Vorteilsbegriffs dargestellt werden. In einem zweiten Schritt wird der Versuch unternommen, über einen Vergleich zum Hehlereitatbestand und dessen Entwicklung weitere Erkenntnisse hinsichtlich der Auslegung der Begünstigung und des Vorteilsbegriffs zu gewinnen.

461

Schubert, Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Bd. 2, S. 77. Schubert, Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Bd. 2, S. 53. 463 So auch Lohmeyer, S. 25; Rose, S. 9 f.; Weisert, S. 119. 462

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

(aa) Die Entwicklung der Begünstigung in den Partikulargesetzen Die Regelung der Begünstigung ist in den unterschiedlichen Partikulargesetzen sehr verschieden ausgestaltet, allerdings finden sich trotz dieser Unterschiedlichkeit einzelne Aspekte in verschiedenen Gesetzen wieder: So ist den meisten dargestellten Partikulargesetzen gemein, dass sie die Begünstigung im Allgemeinen Teil des jeweiligen Strafgesetzbuchs und damit in der Nähe der Teilnahme regelten. Trotz dieser Nähe zur Teilnahme markiert dieser Zeitabschnitt auch den Beginn der Verselbstständigung der Begünstigung, in dem einerseits die Begünstigung überwiegend in einer eigenen Norm und damit räumlich getrennt von der Beihilfe geregelt wurde und andererseits die Begünstigung vielfach auch mit einer eigenen Strafdrohung versehen wurde.464 In den Fällen, in denen die Begünstigung keine eigene Strafdrohung enthielt, war die Strafe in Abhängigkeit von der Strafdrohung der Beihilfe geregelt. Die Verselbstständigung der Begünstigung und die damit verbundene Loslösung von der Teilnahme erfolgte jedoch zu dieser Zeit noch nicht vollständig. Neben der beginnenden Verselbstständigung der Begünstigung gegenüber der Beihilfe begann auch ein Abgrenzungsprozess der Begünstigung von den anderen Anschlussdelikten. Während die sachliche und persönliche Begünstigung weiterhin gemeinsam in einer Norm geregelt blieben, war es das Anschlussdelikt der Hehlerei, das in dieser Zeit viel Aufmerksamkeit von Seiten des Gesetzgebers erfuhr und schließlich vereinzelt als eigenständiger Tatbestand in den Besonderen Teil ausgegliedert wurde. Zur Abgrenzung von persönlicher und sachlicher Begünstigung wurden die Tathandlungen innerhalb der Norm zum Teil räumlich voneinander getrennt. Im Ergebnis kann daher nicht von einer vollständigen Trennung aller Anschlussdelikte die Rede sein, aber von einer beginnenden Differenzierung der verschiedenen Handlungsformen im Anschluss an eine begangene Vortat. Als Tatobjekt der Begünstigung wurde in den unterschiedlichen Partikulargesetzen zum Teil der Begriff des Vorteils verwendet, alternativ wurden die Gegenstände der Vortat bzw. die Sachen als sicherungsfähig bezeichnet. Andere Partikulargesetze sahen als Begünstigung auch die Hilfeleistung beim Nutzen des aus der Vortat erlangten Gegenstands465 bzw. dem Genuss der Vorteile466 an. Von Interesse ist insbesondere die stellenweise Erfassung des Genusses der Vorteile, da dies einen Hinweis auf die Erfassung des Nutzungswertes als Vorteil gibt.467 464

Eine eigene Strafdrohung wies etwa § 37 Preußisches Strafgesetzbuch von 1851 auf. Art. 36 Strafgesetzbuch Sachsen Weimar Eisenach von 1850, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 54. 466 § 120 Entwurf eines Strafgesetzbuchs für Baden von 1836 sowie § 124 Entwurf eines Strafgesetzbuchs für Baden von 1839, in: Schubert/Regge/Schmid/Schröder, Entwurf Strafgesetzbuch Baden 1836/1839; § 142 Badisches Strafgesetzbuch von 1845, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 54. 467 Vgl. 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (i); 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (j). 465

C. Historische Auslegung

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Hier findet sich weder eine einheitliche Linie noch wird der Auslegung des Vorteils von den verschiedenen Gesetzgebern weiter Beachtung geschenkt. Nur vereinzelt ergeben sich aus den Gesetzgebungsmaterialien Ansätze einer Begründung für die Verwendung des Vorteilsbegriffs im Gegensatz zu einem anderen möglichen Begriff.468 (bb) Die Entwicklung der Hehlerei in den Partikulargesetzen und die Bedeutung für die Auslegung der Begünstigung und ihrer Tatbestandsmerkmale (a) Ausgliederung der Hehlerei aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs Die Entwicklung der Hehlerei wurde bereits stellenweise oben im Rahmen der Untersuchung der Entwicklung der Begünstigung kurz beleuchtet. An dieser Stelle soll es nun nochmal konkret um den Prozess der Verselbstständigung der Hehlerei in den Partikulargesetzen gehen. Eine Untersuchung der unterschiedlichen Entwicklung von Begünstigung und Hehlerei sowie der Gründe für diese Unterschiedlichkeit kann möglicherweise Aufschluss über die Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale der Begünstigung, insbesondere über den unmittelbaren Tatvorteil geben. Nachdem die Begünstigung und die Hehlerei lange Zeit gemeinsam in einer Norm geregelt und sowohl die Sachhehlerei als auch die Personenhehlerei als bloße Unterfälle der Begünstigung angesehen wurden, erfolgte insbesondere in der Partikulargesetzgebung eine Abspaltung der Hehlerei und eine Verschiebung dieses Delikts in den Besonderen Teil.469 Eine zunächst rein äußerliche Trennung der Hehlerei von der Teilnahme fand zunächst in Art. 239 des Sächsischen Strafgesetzbuchs von 1838 statt, indem die Hehlerei in den Besonderen Teil ausgegliedert wurde.470 Hier wurde jedoch hinsichtlich der Strafdrohung auf die Strafe der Begünstigung im Allgemeinen Teil verwiesen, sodass die Eigenständigkeit der Hehlerei hier nur mit Einschränkungen anerkannt werden kann.471 Ein weiterer Schritt in Richtung Selbstständigkeit ging sodann einige Jahre später das Preußische Strafgesetzbuch von 1851, indem es in § 237 die Strafbarkeit des Hehlers sowohl im Besonderen Teil regelte als auch eine eigenständige Strafe für das

468

Vgl. das Preußische Strafgesetz von 1851, das als Alternative zum Vorteilsbegriff den „beabsichtigten Erfolg“ erwog. Vgl. 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (k) (bb). 469 Etwa Art. 239 Sächsisches Strafgesetzbuch von 1838, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 126; Art. 303 Hannoveraner Strafgesetzbuch von 1840, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 160; Art. 343, 350 Württemberger Strafgesetzbuch 1839, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 136, 138; Art. 231 Strafgesetzbuch Sachsen Weimar Eisenach von 1850, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 167; § 237 Preußisches Strafgesetzbuch von 1851, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 116 f. 470 Vgl. 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (e). 471 Art. 239 Sächsisches Strafgesetzbuch von 1838, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 126.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Handeln des Hehlers bestimmte.472 Darüber hinaus „schaffte“ es die Hehlerei im Preußischen Strafgesetzbuch von 1851 sogar, einen eigenen Titel zu erlangen.473 Nach wie vor waren allerdings die Sach- und die Personenhehlerei noch gemeinsam in einer Vorschrift geregelt. Als maßgeblicher Grund für diese Trennung von der Begünstigung wird die unterschiedliche Motivation genannt, die beiden Handlungsweisen immanent ist: Während der Begünstiger (zumindest überwiegend) fremdnützig agiert, handelt der Hehler aus Eigennutz.474 Über weitere Gründe für die frühere Ausgliederung der Hehlerei lässt sich lediglich spekulieren. Möglicherweise war es auch die höhere praktische Bedeutung der Hehlerei, die den Gesetzgeber dazu veranlasste, sie aus dem Allgemeinen Teil auszugliedern und von der Teilnahme und den übrigen Anschlussdelikten getrennt zu normieren. Denkbar ist auch, dass dem Verkauf einer Sache im Anschluss an die Vortat mehr Eigenständigkeit beigemessen wurde als einem bloßen Hilfeleisten bei der Sicherung eines Vorteils. (b) Bedeutung der Ausgliederung für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale Von Bedeutung für die vorliegende Arbeit ist schließlich weniger die Entwicklung der Hehlerei an sich als die Auswirkungen, die diese Entwicklung auf die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Norm hat, sowie eine vergleichende Betrachtung mit der Begünstigung. Die Ausgliederung der Hehlerei aus der Teilnahme hatte zunächst zur Folge, dass der Tatbestand die Nähe zur Vortat verlor. Aus diesem Grund entfiel auch eine begrenzende Funktion, die die Teilnahme zunächst für die Hehlerei hatte: Durch den vor der Ausgliederung bestehenden Bezug zur Vortat war die Beschaffenheit des Tatobjekts denknotwendig eingegrenzt, daher konnte es sich bei dem zu hehlenden Objekt nicht um irgendein umgewandeltes oder getauschtes Objekt handeln, vielmehr musste es sich bei dem Hehlereiobjekt um einen solchen Gegenstand handeln, der aus der Vortat durch den Vortäter erlangt wurde. Entsprechende Formulierungen für das Tatobjekt waren etwa „die Gegenstände des Verbrechens“475 oder „die durch das Verbrechen gewonnenen Sachen“476.

472 § 237 Preußisches Strafgesetzbuch von 1851, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 116 f. 473 20. Titel Hehlerei Preußisches Strafgesetzbuch von 1851, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 116. 474 Neumann, S. 14. Er nennt als Grund für die Verselbstständigung der Hehlerei das Motiv des Eigennutzes bzw. der Gewinnsucht, das in der „Kategorie der Begünstigung nicht angemessen zu erfassen war und von daher zur Verselbstständigung drängte“, a. a. O.; Mezger, in: ZStW 1940 (59), 549 (564 f.). 475 § 47 Braunschweiger Strafgesetzbuch von 1840, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 33 f.; Art. 36 Strafgesetzbuch Sachsen Weimar Eisenach von 1850, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 80 f.; Art. 61 Sächsisches Strafgesetzbuch von 1855, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 3, S. 40.

C. Historische Auslegung

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Mit der Ausgliederung der Hehlerei aus der Teilnahme wurde der Zusammenhang zur Vortat aufgelöst, der die dargestellte eingrenzende Funktion auf das Tatobjekt der Hehlerei hatte. Um den Anwendungsbereich der Hehlerei nicht zu verändern, musste der Gesetzgeber daher für das Tatobjekt einen engen Begriff wählen und wählte zu diesem Zweck den Begriff der Sache. In § 237 Preußisches Strafgesetzbuch von 1851 wird das potentielle Tatobjekt umschrieben mit der Formulierung „Sachen, von denen er weiß, daß sie gestohlen, unterschlagen oder mittelst anderer Verbrechen oder Vergehen erlangt sind“, in § 259 des Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes von 1870 mit der Formulierung „Sachen […] mittels einer strafbaren Handlung erlangt“477. Gegenüber den oben aufgezählten Formulierungen, die für die Hehlerei als Bestandteil des Allgemeinen Teils gewählt wurden, sind die Umschreibungen der Hehlerei im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs enger gefasst: Während Gegenstände des Verbrechens grundsätzlich solche Gegenstände sein können, die durch das Verbrechen unmittelbar erlangt wurden, aber auch solche, die sich danach mittelbar aus dem erlangten Gegenstand ergeben haben, legt die Formulierung „Sachen, die mittelst einer strafbaren Handlung erlangt wurden“ einen engeren Zusammenhang zwischen Vortat und Hehlerei in Form einer Sachidentität zwischen erlangter und gehehlter Sache nahe. Im Ergebnis lässt sich daher festhalten, dass zum Zeitpunkt der Regelung der Begünstigung im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs eine Begrenzung des weiter gefassten Tatobjekts über den Bezug zur Vortat erreicht wurde. Für die Regelung im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs wurde dann der Begriff der Sache bzw. die Formulierung „mittels einer strafbaren Handlung erlangt“ gewählt, um den nicht mehr bestehenden Vortatbezug und dessen nunmehr fehlende umgrenzende Funktion zu kompensieren. Blickt man nun von der Entwicklung der Hehlerei ausgehend auf die Begünstigung, so fällt zunächst auf, dass die Begünstigung über eine längere Zeit hinweg als die Hehlerei ein Bestandteil der Teilnahme war. Solange dies der Fall war, wurde der Vorteilsbegriff – aufgrund der Zugehörigkeit der Begünstigung zur Teilnahme und der damit bestehenden Nähe zur Vortat – eng ausgelegt. Indem nach Ausgliederung der Begünstigung aus der Teilnahme der Begriff des Vorteils beibehalten wurde, zeigt sich, dass nun eine andere Auslegung des gleichen Begriffs angezeigt war. Hätte der Gesetzgeber die gleiche enge Auslegung beibehalten wollen, die noch bestand, während die Begünstigung als Teilnahme geregelt war, dann hätte er einen engeren Begriff für das Tatobjekt der Begünstigung wählen oder aber ein weiteres eingrenzendes Merkmal einfügen müssen. Indem dies unterblieben ist, zeigt sich, dass der Vorteilsbegriff nun nicht mehr im Sinne einer Sachidentität verstanden werden kann, 476

Art. 85 Bayrisches Strafgesetzbuch von 1813, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 51 f.; Art. 87 Hessisches Strafgesetzbuch von 1841, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 54 sowie § 142 Badisches Strafgesetzbuch von 1845, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 2, S. 54. 477 § 259 Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund von 1870, in: Blum, Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, S. 369.

202

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

sondern einer weiteren Auslegung zugänglich ist. Die konkrete Weite des Vorteilsbegriffs lässt sich an dieser Stelle nicht klären, lediglich negativ lässt sich bestimmen, dass der Vorteil gerade nicht sachidentitär gegenüber dem aus der Vortat erlangten Objekt sein muss. Im Ergebnis lässt sich daher anhand der Partikulargesetzgebung des 18. und 19. Jahrhunderts und der Entwicklung von Hehlerei und Begünstigung eine unterschiedliche Auslegung der Tatobjekte ableiten. Die Hehlerei verlangt für ihr Tatobjekt eine Sachidentität gegenüber dem durch die Vortat erlangten Gegenstand, während die Begünstigung keine solche Sachidentität erfordert. cc) Der Begriff der Begünstigung in der Literatur ab dem 16. Jhd. Wie in den einzelnen (Partikular-)Gesetzen, wird auch in der Literatur des 16. – 18. Jahrhunderts der Frage nach der Eigenständigkeit der Begünstigung entscheidendes Gewicht beigemessen. Im Laufe des 16. – 18. Jahrhunderts bildeten sich im Wesentlichen zwei Hauptströmungen heraus, auf der einen Seite wurde eine strikte Zuordnung der Begünstigung zur Teilnahme (weiterhin) vertreten, andererseits die Selbstständigkeit des Tatbestands betont. Abgesehen von den beiden Hauptströmungen wurden vielfach Varianten der Hauptströmungen mit unterschiedlichsten Einschränkungen entwickelt. Diejenigen Vertreter der Literatur, die weiterhin an der durch die Postglossatoren begründeten Dreiteilung der Beihilfe und der Zuordnung der Begünstigung zur Teilnahme festhielten, bildeten im 16. Jahrhundert noch die stärkste Strömung.478 Einen neuen Impuls erhielt die Diskussion rund um die Rechtsnatur der Begünstigung jedoch durch das Werk Pufendorfs479 Ende des 17. Jahrhunderts: Für die Teilnahme formulierte er als Mindestanforderung das Vorliegen eines kausalen Beitrags zu einer fremden Tat480, hiernach müsste konsequenterweise jegliche Form der nachträglichen Hilfe – und damit jegliches Begünstigungshandeln – aus der Teilnahme ausscheiden.481 Allerdings hatte das Kausalitätserfordernis nicht das sofortige Ausscheiden jeglicher nach Tatbegehung stattfindender Hilfeleistungen zur 478

Etwa Rauchdorn, Halsgerichtsordnung, S. 315: „Es tregt sich auch aus Bewilligung und Vorschub etlicher Leute ein totschlag zu und solch’s geschicht zu Zeiten vor jim und nach der that […]. Nach der that, wann sich einer nach begangenem mordt zu dem mordtheter geselt, mit jhme gemeinschaflich halt, jhme räth und hilfft, in sein hauss auffnimpt, heget und jhnen vorantwortet, als hette ers wol ausgerichtet oder weret, das er nicht gefangen werde.“ Ähnlich auch Rauchdorn, Halsgerichtsordnung S. 409, wonach der Begünstiger des Kirchendiebs als „der that und straff mit theilhafftig zu urtheilen“ ist. 479 Pufendorf, De jure naturae, Lib. I Cap. V § 5, S. 58 f.; ders., De officio, Lib. I Cap. I § 17 f., S. 116 ff.; Boldt, S. 151 ff. zur Imputationslehre Pufendorfs, wonach jedem Menschen nur sein eigenes Handeln zugerechnet werden kann. Die Zurechnung fremder Handlungen ist hiernach ausnahmsweise möglich, wenn durch Tun oder Unterlassen an der fremden Handlung mitgewirkt wurde. 480 Boldt, S. 300 f. 481 So auch Wolff, S. 29.

C. Historische Auslegung

203

Folge, so wurde etwa die Aufnahme und Beherbergung des Täters noch als eine solche Handlung angesehen, die eine Straftat mitbewirkt und damit als taugliche Teilnahme gewertet.482 Die Kausalitätslehre Pufendorfs wurde in der Literatur stellenweise aufgegriffen, allerdings mit unterschiedlichen Ergebnissen für die Abgrenzung der Teilnahme und der Anschlussdelikte. So grenzte Kress etwa zwischen den Delikten Begünstigung und Hehlerei einerseits und der Teilnahme andererseits ab, ein socius delicti (Teilnehmer) könne nur sein, wer am Verbrechen mitgewirkt habe.483 Somit schied er die beiden Anschlussdelikte Begünstigung und Hehlerei aus der Teilnahme aus – ohne dies jedoch explizit zu formulieren. Die receptatores criminorosum (Strafvereiteler) zählte er wiederum zu den Teilnehmern484, sodass dem dritten Anschlussdelikt weiterhin die Eigenständigkeit abgesprochen wurde. In ähnlicher Weise urteilte Böhmer, indem er das Verhältnis von Begünstigung und Teilnahme als gegensätzlich bewertete485: Die Begünstigung zeichne sich dadurch aus, dass sie im Gegensatz zur Teilnahme nur aus Handlungen bestehe, die nur zufällig mit einem anderen Verbrechen zusammenhängen.486 Ein vollständiges Ausscheiden der Anschlussdelikte aus dem Bereich der Teilnahme vollzog jedoch auch Böhmer nicht, er schuf vielmehr eigene Kategorien zur Differenzierung: Die Teilnahme im weiteren Sinne umfasse die Anschlussdelikte, während die Teilnahme im engeren Sinne die tatsächliche Mitverursachung des Verbrechens (Beihilfe) beinhalte.487 Die Strafdrohung für die Teilnahme im weiteren Sinne orientierte sich jedoch an der Handlung des nachträglich Helfenden und eben nicht wie zuvor vielfach vertreten an der Vortat.488 Dies wiederum zeigt die von Böhmer anerkannte Selbstständigkeit zumindest der Anschlussdelikte Begünstigung und Hehlerei, die Strafvereitelung (crimen receptatorum) wurde weiterhin gesondert erwähnt.489 Auch Quistorp erkannte die Notwendigkeit der Unterscheidung der Begünstigung von der Teilnahme: „Nach bereits vollbrachtem Verbrechen kann eigentlich keine Hülfeleistung statt finden. Denn das blosse Genehmigen und Billigen derjenigen Missethaten, die andere schon begangen haben, kann an sich keine eigentlich Theilnehmung wirken.“490

482

Pufendorf, De officio, Lib. I Cap. I § 27, S. 118 f. „antecedenter se ad crimen habuit tamquam concausa“, Kress, Art. 177 Anm. 2, S. 641. 484 Kress, Art. 177 Anm. 2, S. 643. 485 Böhmer, Art. 177 IX § 1, S. 57 f. 486 Böhmer, Art. 177 IX § 1, S. 57 f.; Toelle, S. 86. 487 Böhmer, Art. 177 IX § 1, S. 57 f.; vgl. auch Wolff, S. 30 f. 488 Böhmer, zitiert nach Gretener, S. 41 und Toelle, S. 87. 489 Toelle, S. 87. 490 von Quistorp, Bd. I, S. 69. 483

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Trotz dargestellter Ansätze zur Begründung einer Selbstständigkeit der Anschlussdelikte, wurde die Begünstigung durch viele Vertreter der Literatur auch noch im 18. Jahrhundert weiterhin der Teilnahme zugeordnet.491 Neben der Diskussion rund um die Rechtsnatur der Begünstigung wurde in der Literatur des 18. Jahrhunderts erstmals der Begriff „Begünstigung“ verwendet. Bereits von Quistorp nutzt den Ausdruck in seinen Grundsätzen des peinlichen Rechts von 1770: „Diejenigen Verbrechen aber, auf welche nach der Regel keine Strafe am Leib oder Leben stehet, nennet man geringe, oder Civil-Verbrechen, geringe Frevel, Begünstigungen.“492 Die relativ unspezifische Verwendung des Begünstigungsbegriffs für weniger schlimme Verbrechen wird flankiert durch die Verwendung des Begriffs durch Steltzer, der ihn 1793 ebenfalls sehr weit gefasst verwendete und sogar die Nichtunterdrückung von Verbrechen493 als Begünstigung erfasst sehen wollte.494 Im 19. Jahrhundert fand in der strafrechtlichen Literatur langsam ein Umdenken statt, sodass die Zuordnung der Begünstigung zur Teilnahme weitgehend aufgegeben und die Selbstständigkeit des Delikts fast durchweg anerkannt wurde. Einige wenige hielten an der Einordnung der Begünstigung als Teilnahme fest495, so etwa Feuerbach, der in der 11. Auflage seines Lehrbuchs (1832) den Begünstiger als denjenigen, der „erst nach vollendetem Verbrechen wissentlich an demselben Theil nimmt“496 bezeichnet und somit als Teilnehmer ansieht. Die Begünstigung werde begangen „durch freiwillige Theilnahme an den Vortheilen der That, durch Unterstützung des Verbrechers hinsichtlich der Erlangung oder des Genusses der Vortheile aus seiner Uebertretung (Verbergung oder wissentlichen Ankauf der durch das Verbrechen gewonnenen Sachen), und besonders durch solche Handlungen, oder auch, nach Umständen, Unterlassungen […], durch welche man den Thäter der strafenden Gewalt zu entziehen sucht“497. Von der Selbstständigkeit der Begünstigung ging dagegen die überwiegende Anzahl der Autoren im 19. Jahrhundert aus.498 Man zog als entscheidendes Unterscheidungsmerkmal die Kausalität heran, so etwa Henke, der davon spricht, dass die

491 Vgl. etwa Koch, § 43 c; Lohmeyer, S. 20 f. m. w. N.; Steltzer, § 135 S. 64; Wolff, S. 35 ff. m. w. N. 492 von Quistorp, Bd. I, S. 33. 493 Gemeint war wohl die unterlassene Verhinderung des Verbrechens. 494 Steltzer, § 135 S. 64. Steltzer spricht insofern von einer positiven Begünstigung („Beförderung des aus demselben für den Urheber und seine Gehülfen möglichen Nutzens“) und einer negativen Begünstigung („Nichtunterdrückung des Verbrechens“). 495 Bauer, Bd. 1, S. 411 ff., 466 f.; von Buri, in: GS 1877 (29), 14 (14 ff.); Wolff, S. 47 m. w. N. 496 Feuerbach, S. 42 f. 497 Feuerbach, S. 42 f. 498 Henke, Bd. 1, S. 278 ff.; Köstlin, S. 479 ff.; Martin, S. 158 ff.

C. Historische Auslegung

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Handlung, die ein Verbrechen (mit-)verursachen soll, wenigstens gleichzeitig mit diesem geschehen müsse.499 Auch Köstlin argumentiert ähnlich: „Da der Begriff der Beihilfe wesentlich in der Beförderung, d. h. mittelbaren Hervorbringung eines fremden Verbrechens besteht, so kann unter denselben die Begünstigung des Verbrechens, d. h. die erst nach vollendetem und in seinem Erfolg entwickelten Verbrechen eintretende, nicht zuvor versprochene Beistandleistung nicht fallen. Denn die hierunter gehörigen Akte schließen die Kausalität in Beziehung auf das bestimmte Verbrechen aus.“500

Eine andere Bewertung der Begünstigung nahm Sander vor, der weder die Selbstständigkeit der Begünstigung noch deren Zugehörigkeit zur Teilnahme vertrat, sondern die Begünstigung vielmehr als Nebenverbrechen501 bewertete. Für eine Teilnahme sei zwingend erforderlich, dass eine Handlung ausgeführt werde, die „auf irgend eine Weise zum Geschehen des Verbrechens mitwirkt und beihilft“502. Eine solche Hilfe und Teilnahme an einer bereits vollendeten Handlung sei aber schon „physisch unmöglich“503, sodass eine nachträgliche Hilfe denknotwendig keine Beihilfe sein könne, sondern als Begünstigung etwas hiervon Verschiedenes darstelle. Zudem seien Teilnahme und Begünstigung auch deshalb zu trennen, weil der jeweils Handelnde eine andere Art des Vorsatzes aufweise, so sei der Vorsatz des Teilnehmers gerichtet auf die Verwirklichung der Haupttat, der Begünstiger handle vielmehr, um den Vortäter und seine begangene Tat zu verheimlichen.504 Sander erwog, die Begünstigung als selbstständiges Verbrechen anzusehen, lehnte dies jedoch trotz seiner getroffenen Feststellungen ab, da die Begünstigung so nah mit der Vortat zusammenhänge, dass eine gänzliche Trennung nicht möglich sei.505 Im Ergebnis sei die Begünstigung dagegen ein neben das Hauptverbrechen tretendes Nebenverbrechen.506 b) Ergebnis Im Gegensatz zum römischen und germanischen Recht, wo der Begünstigungstatbestand wenig bis keine Veränderungen erfuhr, wurde die Begünstigung in der Zeit vom 18. bis ins 19. Jahrhundert sehr stark weiterentwickelt. Neben der Ausgliederung der Begünstigung in den Besonderen Teil, war es vor allem das Aufkommen der Idee eines eigenen Tatbestands, der diese Zeit maßgeblich prägte.

499

Henke, Bd. 1, S. 278 f. Köstlin, S. 479. 501 Sander, in: ACR 1838, 431 (448). 502 Sander, in: ACR 1838, 431 (444). 503 Sander, in: ACR 1838, 431 (444). 504 Sander, in: ACR 1838, 431 (446). 505 Sander, in: ACR 1838, 431 (447). 506 Sander, in: ACR 1838, 431 (448). 500

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

aa) Ausgliederung der Begünstigung aus dem Allgemeinen Teil Während zunächst noch allgemein übereinstimmend die Begünstigung weiterhin zur Teilnahme gezählt und damit die durch die Postglossatoren begründete Zuordnung beibehalten wurde, begann sowohl auf Ebene der (Partikular-)Gesetzgebung als auch im juristischen Schrifttum ein Umdenken, dass schließlich zur Ausgliederung der Begünstigung in den Besonderen Teil des Strafgesetzbuches und damit zur Anerkennung der Selbstständigkeit des Tatbestands führte. Bevor jedoch die Begünstigung als selbstständiger Tatbestand im Besonderen Teil normiert wurde, bestanden stellenweise Unsicherheiten bzgl. der Zuordnung der Begünstigung, so wurden etwa im Allgemeinen Preußischen Landrecht sowohl im Allgemeinen Teil507 als auch im Besonderen Teil508 Regelungen zur Begünstigung getroffen. Neben dieser doppelten Normierung der Begünstigung zeigte sich die Unsicherheit des Gesetzgebers auch darin, dass nach wie vor mehrere Anschlussdelikte in einer Norm zusammengefasst wurden. Im Preußischen Allgemeinen Landrecht etwa wurde in § 1226 ALR das Verstecken des Täters (nach heutigem Verständnis eine typische Strafvereitelungshandlung) unter den Begriff der Begünstigung gefasst und somit persönliche und sachliche Begünstigung noch nicht unterschieden. Vielfach wurde aber bereits zu dieser Zeit die Hehlerei als Anschlussdelikt ausgegliedert und von der Begünstigung getrennt geregelt.509 Einen Sonderfall der Begünstigung bildete nach wie vor das Versprechen nachtatlicher Hilfe bereits vor Begehung der Vortat. Zum Teil wurde hier ein solches Handeln als Teilnahme bestraft510 oder aber schlicht härter bestraft als die „normale“ Begünstigung. Mit der schrittweisen Ausgliederung in den Besonderen Teil ging auch die Abwendung von der Dreiteilung der Beihilfe einher. Im Josephinischen Gesetzbuch von 1787 ist etwa nur noch die Rede von Hilfe und Beistand „nach vollbrachter Missethat“511, auch Art. 84 Bayrisches StGB beschränkt das Begünstigungshandeln auf die Hilfe „nach vollbrachter Uebertretung“512.

507

2. Teil 20. Titel 1 §§ 83, 84 ALR. 2. Teil 20. Kapitel 14. Abschnitt §§ 1218, 1226 ALR. 509 So etwa im ALR, vgl. 2. Teil 20. Kapitel 14. Abschnitt §§ 1218 – 1247. Explizit zur Unterscheidung von Begünstigung und Hehlerei Art. 102 § 1 CCT. 510 Vgl. 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (n) (aa). 511 § 8 Allgemeines Gesetzbuch über Verbrechen und derselben Bestrafung von 1787 (Josephinisches Strafgesetzbuch), abgedruckt bei Buschmann, S. 227; vgl. 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (b). 512 Art. 84 Bayrisches StGB, in: Stenglein, Deutsche Strafgesetze, Bd. 1, S. 51; vgl. 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (c). 508

C. Historische Auslegung

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bb) Bedeutung des Vorteilsbegriffs und der Unmittelbarkeit Noch in der vorherigen Epoche, im Mittelalter, hatte der Vorteilsbegriff keine Bedeutung, da die Begünstigung noch nicht genügend ausdifferenziert geregelt wurde. Sie wurde durchweg mit den anderen Anschlussdelikten in einer Norm zusammengefasst, zur Verdeutlichung der einzelnen umfassten strafbaren Verhaltensweisen wurden dann die verschiedenen Tathandlungen jeweils einzeln benannt.513 Somit wurde die sachliche Begünstigung nicht als spezielles Delikt herausgearbeitet und der heute für den Tatbestand bedeutende Begriff des Vorteils nicht verwendet. Der Begriff des Vorteils tauchte im Zusammenhang mit der Begünstigung erstmals in der Neuzeit im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 auf: „Hat jemand an den Vortheilen eines Verbrechens, nach dessen Ausführung, wissentlich und freywillig, jedoch ohne vorgängige Abrede, Theil genommen […]“514 bzw. „Wer an den Vortheilen eines Diebstahls Theil nimmt […]“515. Hier wurde der Vorteilsbegriff noch sehr weitgefasst verwendet, die Notwendigkeit des Vorliegens eines unmittelbaren Vorteils bestand gerade nicht. 4. Zwischenergebnis Für die Entwicklung des Begünstigungstatbestands von der Antike bis zum Erlass des RStGB von 1871, lässt sich zusammenfassend Folgendes festhalten: (1) Im Römischen Recht wurde die Idee entwickelt, dass Begünstigungshandeln geahndet werden muss. Eine selbstständige Normierung erfolgte nicht, vielmehr wurde die Begünstigung im Zusammenhang mit den anderen Anschlussdelikten als strafbare nachfolgende Hilfe behandelt. Unklar bleibt, ob Begünstigungshandeln tatsächlich eine Strafbarkeit begründete oder nur eine private Haftung auslöste. (2) Im Spätmittelalter wurde die Begünstigung erstmals bewusst als strafbares Handeln wahrgenommen. Mit der Einteilung der Beihilfe in eine Hilfe vor, während und nach der Tat wurde die Begünstigung als nachfolgende Hilfe der Teilnahme zugeordnet. Die nachträgliche Hilfe war zu dieser Zeit nicht auf die Sicherung von Vorteilen beschränkt. (3) Die Partikulargesetzgebung ab dem 18. Jahrhundert beinhaltete verschiedene entscheidende Neuerungen für den Begünstigungstatbestand: (a) Zunächst ist die schrittweise Verselbstständigung des Begünstigungstatbestands zu verzeichnen. Dies lässt sich insbesondere an der Ausgliederung der Begünstigung aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches und an 513

Vgl. etwa die Regelung in der Constitutio Criminalis Carolina, Art. 40, 177 CCC. 2. Teil 20. Titel 1 §§ 83, 84 ALR. 515 2. Teil 20. Kapitel 14. Abschnitt §§ 1218, 1226 ALR. 514

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

der zum Teil eigenständigen Strafdrohung für das Begünstigungshandeln festmachen. (b) Daneben sind erste Versuche der Abgrenzung der Begünstigung zu den anderen Anschlussdelikten erkennbar. Insbesondere lässt sich aus der gegenläufigen Entwicklung der Hehlerei – diese war in den Partikulargesetzen bereits komplett verselbstständigt – ableiten, dass sich die Beziehungen der beiden Delikte zur Teilnahme und zur Vortat unterschied und dies in der Konsequenz auch eine unterschiedlich enge Auslegung der Tatbestandsmerkmale erforderte. (c) Der Begriff des Vorteils wurde erstmals verwendet, wenn auch in einer deutlich weiteren Form als im heutigen § 257 StGB. (d) Erfasst war z. T. auch der Genuss der Vorteile, dies deutet auf eine Anerkennung des Nutzungswertes als Vorteil zu dieser Zeit hin.516

IV. Die Entwicklung des Begünstigungstatbestandes nach Erlass des RStGB 1871 1. Der Begünstigungstatbestand in der Fassung von 1871 a) Der Begünstigungstatbestand gem. § 257 RStGB Nachdem bereits in vorherigen Gesetzen erste Ansätze der Ausgliederung der Begünstigung aus der Teilnahme zu finden waren, wurde zunächst im Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes von 1870 und dann auch im RStGB von 1871 die Begünstigung als selbstständiger Tatbestand im Besonderen Teil geregelt: „§ 257. (1) Wer nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens dem Thäter oder Theilnehmer wissentlich Beistand leistet, um denselben der Bestrafung zu entziehen oder um ihm die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern, ist wegen Begünstigung mit Geldstrafe bis zu zweihundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn er diesen Beistand seines Vortheils wegen leistet, mit Gefängniß zu bestrafen. Die Strafe darf jedoch, der Art oder dem Maße nach, keine schwerere sein, als die auf die Handlung selbst angedrohte. (2) Die Begünstigung ist straflos, wenn dieselbe dem Thäter oder Theilnehmer von einem Angehörigen gewährt worden ist, um ihn der Bestrafung zu entziehen. (3) Die Begünstigung ist als Beihülfe zu bestrafen, wenn sie vor Begehung der That zugesagt worden ist. Diese Bestimmung leidet auch auf Angehörige Anwendung.“517

Der nachfolgende § 258 RStGB regelte zwei Sonderfälle der Begünstigung, in denen der Begünstiger nach bestimmten Vortaten Hilfe leistet und seines eigenen 516 517

2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (o) (aa). § 257 RStGB von 1871, vgl. RGBl. 1871 Nr. 24, S. 175.

C. Historische Auslegung

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Vorteils wegen handelt, sog. Personenhehlerei.518 In diesen qualifizierten Fällen der eigennützigen Begünstigung sollte der Begünstiger wie der Hehler bestraft werden: „§ 258. (1) Wer seines Vortheils wegen sich einer Begu¨ nstigung schuldig macht, wird als Hehler bestraft, wenn der Begu¨ nstigte 1. einen einfachen Diebstahl oder eine Unterschlagung begangen hat, mit Gefa¨ ngniß, 2. einen schweren Diebstahl, einen Raub oder ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen begangen hat, mit Zuchthaus bis zu fu¨ nf Jahren. Sind mildernde Umsta¨ nde vorhanden, so tritt Gefa¨ ngnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. (2) Diese Strafvorschriften finden auch Anwendung, wenn der Hehler ein Angeho¨ riger ist.“519

Die zur Begünstigung erlassenen Vorschriften weisen einige Besonderheiten auf, die im Folgenden genauer beleuchtet werden sollen. b) Besonderheiten des Begünstigungstatbestands aa) Geregelte Fälle der Begünstigung Auffällig ist zunächst, dass das RStGB im Gegensatz zum heutigen StGB, unterschiedliche Fälle der Begünstigung regelt: Das Gesetz unterscheidet zunächst in § 257 RStGB zwischen der Begünstigung zugunsten des Vortäters und der mit schwererer Strafe bedrohten Begünstigung zugunsten des Begünstigungstäters (sog. eigennützige Begünstigung520 bzw. schwere Begünstigung521). Qualifizierte Formen der eigennützigen bzw. schweren Begünstigung finden sich zudem in § 258 RStGB, wo der begünstigende Helfer nach bestimmten Vortaten und nach eigennützigem Handeln als Hehler bestraft wird. Zudem wurde in Fortführung der bisherigen Tradition auch weiterhin die vorversprochene Begünstigung gesondert in § 257 RStGB geregelt und als Beihilfe bestraft. Teilweise wurde diese Regelung als überflüssig bewertet, da in den Fällen der Zusage einer Begünstigung vor Begehung der Haupttat und deren Mitursächlichkeit für die Haupttat ohnehin eine strafbare Beihilfe nach § 49 RStGB vorlag.522 Weiterhin ist die Regelung auch deshalb problematisch, da sie die (unwiderlegliche) Vermutung beinhaltet, jede vor der Haupttat zugesagte Begünstigung fördere die Haupttat und werde auch zwingend mit Gehilfenvorsatz ausgeübt.523 Unabhängig davon wie man die Norm generell bewertet, zeigt sich deutlich die zumindest in Teilen nach wie vor bestehende Bindung der Begünstigung an die Teilnahme. 518

Im Unterschied zur in § 259 RStGB geregelten Sachhehlerei, vgl. Neumann, S. 67. § 258 RStGB von 1871, vgl. RGBl. 1871 Nr. 24, S. 176. 520 Wolff, S. 55 Fn. 220. 521 Neumann, S. 67. 522 Neumann, S. 70 f. 523 Neumann, S. 71. 519

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Auffällig ist letztlich noch, dass in der Norm des § 257 StGB keine Differenzierung vorgenommen wird zwischen den beiden unterschiedlichen Handlungsformen der sachlichen und persönlichen Begünstigung, indem schlicht die Strafbarkeit desjenigen geregelt wird, der „Beistand leistet, um denselben der Bestrafung zu entziehen oder um ihm die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern“524. Hierdurch wird wiederum deutlich, dass der Gesetzgeber die Systematik der Anschlussdelikte noch nicht zu Ende gedacht hat. Die Gleichstellung der persönlichen und sachlichen Begünstigung ist bereits deshalb verfehlt, da beide Handlungen unterschiedliche Zielrichtungen haben. Während durch die persönliche Begünstigung der Täter vor Strafverfolgung geschützt wird, soll die sachliche Begünstigung vor der Entziehung der Vortatbeute sichern. Die persönliche Begünstigung richtet sich damit gegen die Rechtspflege, die sachliche Begünstigung kann sich dagegen zwar ebenfalls gegen die Rechtspflege aber auch gegen andere Rechtsgüter wie etwa das Restitutionsinteresse des Einzelnen richten.525 bb) Begrenzung der Strafdrohung auf die Vortatstrafe Die Strafe für ein Begünstigungshandeln wurde in § 257 RStGB auf die Vortatstrafe begrenzt, dies wiederum verdeutlicht die enge Verbundenheit zwischen der Vortat und der Begünstigungstat. Der Gesetzgeber bewertete somit die Begünstigung als maximal ebenso tiefgreifenden Rechtsgutseingriff wie die Vortat und daher auch als höchstens genauso strafwürdig. Der Gleichlauf der Strafe für Vortat und Begünstigung legt zudem nahe, dass durch beide Taten das jeweils gleiche Rechtsgut beeinträchtigt wird.526 Nur wenn dies der Fall ist, macht es Sinn, die Strafe für die Begünstigung in Abhängigkeit von der Vortatstrafe zu bestimmen. cc) Regelung im Besonderen Teil des RStGB Eine wesentliche und die wohl bedeutendste Neuerung, die das RStGB von 1871 für den Begünstigungstatbestand mit sich brachte, ist die Beförderung des Tatbestands in den Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs. Den Weg hierfür hatte bereits das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund von 1870 bereitet, dessen Wortlaut der § 257 RStGB unverändert übernahm. Der Entscheidung einer Ausgliederung aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs waren bereits im Gesetzgebungsverfahren des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund lebhafte Diskussionen vorausgegangen.527 Bereits hier wurde

524

§ 257 RStGB von 1871, vgl. RGBl. 1871 Nr. 24, S. 175. Vgl. hierzu den Abschnitt zur teleologischen Auslegung. 526 Ähnlich Neumann, S. 52 f.; Binding, Beurteilung des Entwurfs, S. 106. 527 Vgl. insofern den Abschnitt zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, insbesondere 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (n) (aa) und (bb). 525

C. Historische Auslegung

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deutlich, dass die Vorstellung von einer Akzessorietät der Begünstigung ggü. der Vortat und damit ein Bezug zur Teilnahme nach wie vor noch bestand.528 Auch die in § 257 RStGB verwendete Formulierung Beistand leisten deutet darauf hin, dass die Vorstellung von der Begünstigung als Teilnahme noch nicht komplett überwunden war.529 Den gleichen Schluss legt auch die identische Strafdrohung für Vortat und Begünstigung nahe, die nochmal mehr die akzessorische Natur der Begünstigung ggü. der Vortat betont, sowie die Normierung der vorversprochenen Begünstigung, die als Beihilfe bestraft wurde.530 Trotz der aufgezeigten Unsicherheiten des Gesetzgebers erkannte die Rechtsprechung die Selbstständigkeit der Begünstigung an, so stellte das Reichsgericht in RGSt 21, 375 fest: „Die Selbstständigkeit des Vergehens der Begünstigung im Verhältnisse zur begünstigten Strafthat, die nach dem Strafgesetzbuche durchaus zweifellos und in der Rechtsprechung des Reichsgerichts wiederholt anerkannt ist, spricht entschieden gegen die entgegenstehende Ansicht. Es handelt sich in dem unterstellten Falle nicht darum, dass der den anderen begünstigende Mitthäter durch diese Begünstigung seine Beteiligung an der Hauptthat fortsetze […], sondern vielmehr um die Verübung einer neuen selbstständigen Strafthat, die lediglich die vorherige Begehung einer anderen Strafthat zur Voraussetzung hat.“531

c) Das Verhältnis der Begünstigung zur Hehlerei gem. §§ 258, 259 RStGB Eine wichtige Neuerung im Zusammenhang mit den Anschlussdelikten bildete im Reichsstrafgesetzbuch von 1871 auch die Trennung von Sach- und Personenhehlerei. Die Sachhehlerei wurde in § 259 RStGB in ähnlicher Form wie im heutigen Strafgesetzbuch normiert und umfasste das Ansichbringen von Sachen. Dagegen erfasste die Personenhehlerei (§ 258 RStGB) Fälle, in denen jemand eine eigennützige Begünstigung begeht. Damit stellt der Tatbestand gem. § 258 RStGB eine Schnittstelle zwischen Begünstigung und Hehlerei dar, denn schwerere (qualifizierte) Formen der Begünstigung werden als (Personen-)Hehlerei bestraft.532 Trotz vermeintlich klarer Strukturierung und Trennung der einzelnen strafbaren Handlungsweisen in einzelne Delikte, fehlt es an einer Klarstellung des Gesetzgebers 528

Vgl. die Motive des Gesetzgebers eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund: „In Anschluß an die in der Wissenschaft vertretene Ansicht, daß es sich bei der Begünstigung nicht um eine Teilnahme, sondern um ein selbstständiges Vergehen (delictum sui generis), wenn auch von accessorischer Natur, handele, und es daher angemessen sei, die Begünstigung aus der ihr herkömmlich zugewiesenen Verbindung mit den Bestimmungen über die Theilnahme am Verbrechen loszulösen […]“, Schubert, Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, Bd. 2, S. 77. 529 Wolff, S. 56. 530 Vgl. auch 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (n) (aa). 531 RGSt 21, 375 (377). 532 Zur Differenzierung ausführlich auch Schwarze, Commentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 644 f.; Neumann, S. 67.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

zum Verhältnis von Personen-, Sachhehlerei und Begünstigung.533 Hier liegt daher einer der vielen Ansatzpunkte für Kritik und Reformvorschläge in den auf den Erlass des Reichsstrafgesetzbuchs folgenden Jahren. d) Die Auslegung des Vorteilsbegriffs der Begünstigung gem. § 257 RStGB Die Verwendung des Vorteilsbegriffs durch den Gesetzgeber in § 257 StGB eröffnet wiederum die Frage nach dessen Auslegung. Für den Vorteilsbegriff gab es keine allgemeingültigen Auslegungskriterien, vielmehr herrschte schon zu dieser Zeit Streit hinsichtlich der Weite dieses auslegungsbedürftigen Begriffs.534 Während man sich überwiegend einig war, dass der Begriff des Vorteils vom Vermögensvorteil verschieden war, legte man dennoch teilweise den Begriff des Vorteils in § 257 RStGB eng aus und forderte einen Vermögensvorteil.535 Dies wurde damit begründet, dass wenn man über Vorteile hinausgeht, die für den Begünstiger eine unmittelbare oder mittelbare vermögensrechtliche Bedeutung haben, der Begriff ins Unbestimmte zerfließt536 bzw. die „Strafbarkeit in das Schrankenlose fallen“537 würde. Die entgegengesetzte Ansicht will den Vorteilsbegriff auch auf Nichtvermögensvorteile erstrecken.538 Villnow etwa nennt für die Sicherung eines Nichtvermögensvorteils beispielhaft den Fall, dass jemand einem Vortäter, der Dokumente gestohlen hat, aus denen sich seine Beteiligung an einem anderen Verbrechen ergibt, bei der Sicherung dieser Dokumente behilflich ist.539 Schwarze wiederum stellt fest, dass es sich bei dem Vorteil um einen Vermögensvorteil handeln kann, dies aber nicht zwingend der Fall sein muss, er setzt für das Vorliegen eines sicherungsfähigen Vorteils einen „Gewinn im weiteren Sinne des Worts“ voraus.540 Auch aus der Art der Normierung der Begünstigung in § 257 StGB sowie der Strafdrohung lassen sich Rückschlüsse auf die Auslegung des Vorteilsbegriffs ziehen. Wie bereits oben aufgezeigt, bestand trotz Normierung der Begünstigung im Besonderen Teil des RStGB nach wie vor ein enger Zusammenhang zwischen der Begünstigung und der Teilnahme. Der Gesetzgeber sah die Begünstigung zwar als eigenständiges Delikt an, konnte sich aber von der Jahrhunderte zuvor entwickelten Dogmatik, die ein Begünstigungshandeln als Teilnahme wertete, noch nicht komplett lösen. Die noch bestehende Nähe der Begünstigung zur Teilnahme legt aber auch 533

Rose, S. 9. Vgl. für eine Übersicht der unterschiedlichen vertretenen Meinungen Lohmeyer, S. 26 m. w. N. 535 Etwa von Buri, in: GS 1877 (29), 14 (47); von Liszt, S. 618; Lohmeyer, S. 26. 536 Merkel, in: von Holtzendorff, Hdb. Deutsches Strafrecht, Bd. 3, S. 742. 537 von Buri, in: GS 1877 (29), 14 (47). 538 Villnow, S. 89; Frank, § 257 VI 3, S. 309 f. 539 Villnow, S. 89. 540 Schwarze, Commentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, geht davon aus, vgl. S. 644 f., 647. 534

C. Historische Auslegung

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nahe, dass der Gesetzgeber einen ebensolchen engen Zusammenhang zwischen Begünstigung und der Vortat annahm. Die Begrenzung der Strafdrohung in § 257 RStGB auf die Strafdrohung der Vortat bestätigt diesen Eindruck. Aus dieser Verbundenheit der Begünstigung zur Vortat wiederum lässt sich für den Begriff des Vorteils Folgendes schließen: Sofern § 257 RStGB ein enger Zusammenhang zwischen Vortat und Begünstigung entnommen wird, spricht dies für das Bestehen eines solchen Zusammenhangs bezogen auf durch die Vortat erlangtem Objekt und Tatobjekt des Begünstigungstatbestands. In anderen Worten ist daher von einer engen Auslegung der Unmittelbarkeit des Vorteils auszugehen, da nur bei einem unmittelbar aus der Vortat stammenden, zu sichernden Vorteil, ein solcher Zusammenhang zwischen Vortat und Begünstigung besteht, der im Einklang mit der Verbundenheit von Vortat und Begünstigung steht, die sich wiederum aus dem Gesetz ergibt. 2. Reformbemühungen bzgl. des Begünstigungstatbestandes nach 1871 a) Meinungsstand in der Literatur Trotz eindeutiger Formulierung des Gesetzgebers in § 257 RStGB und der dort festgelegten Selbstständigkeit der Begünstigung, setzte sich in den Folgejahren nach Erlass des RStGB die Diskussion rund um die Rechtsnatur der Begünstigung fort. Bereits kurz nach Erlass des Reichsstrafgesetzbuches bot insbesondere der 21. Abschnitt des RStGB, in dem die Begünstigung und die Hehlerei geregelt waren, Ansatzpunkte für Kritik und sich daraus ergebende grundlegende Reformvorschläge.541 Den Anstoß der Diskussion bot die nach wie vor im Gesetz angedeutete Zugehörigkeit der Begünstigung zur Teilnahme, etwa in § 257 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 RStGB. Einige Vertreter der Literatur folgten darauf aufbauend weiterhin der Lehre von der Begünstigung als Teilnahme542 : Nach von Buri etwa liegt die Zuordnung der Begünstigung zur Teilnahme darin begründet, dass jede Rechtsverletzung in zwei Teile aufgespalten werden kann, in ihre Entstehung sowie ihre Fortdauer. Bei der Entstehung der Rechtsverletzung wirken Täter und Teilnehmer am Verbrechen mit, der Begünstiger dagegen sei für die Fortdauer der Rechtsverletzung verantwortlich. Weil aber gerade ein Bezug zwischen der Mitwirkung an der Fortdauer der Rechtsverletzung und der originären Verursachung dieser besteht, sei eine Einordnung der Begünstigung in den Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches angezeigt.543 Andere begründen die Zugehörigkeit der Begünstigung zur Teilnahme damit, dass die durch Begehung eines Verbrechens begründete Schuld durch die Strafe ausgeglichen werden soll, der Begünstiger die Verhängung der Strafe durch sein Handeln aber 541 Toelle, S. 95; von Beling, in: Vergleichende Darstellung, S. 201 ff., beurteilt die §§ 257 ff. RStGB als die „am meisten verunglückten Bestimmungen des Gesetzbuches“. 542 von Buri, in: GS 1877 (29), 14 (34). 543 Vgl. zum gesamten Argument von Buri, in: GS 1877 (29), 14 (33 f.).

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

gerade zu verhindern versuche und hierdurch die ursprünglich begründete Schuld nicht getilgt, sondern gerade aufrechterhalten werde. Aufgrund dieses Vortatbezugs sei die Normierung der Begünstigung als eigener Tatbestand im Besonderen Teil nicht nachvollziehbar.544 Überwiegend wurde jedoch die Selbstständigkeit der Begünstigung in der Literatur anerkannt.545 Es ergebe sich bereits aus formalen Gründen, dass eine Begünstigung keine Teilnahme darstellen könne, schließlich sei die teilnahmefähige Vortat bereits abgeschlossen, die Möglichkeit einer Förderung bestehe somit nicht mehr.546 Das in § 257 StGB genannte Unterstützen könne höchstens im Sinne eines nachträglichen Beitritts zur Vortat verstanden werden, dafür müsste aber die Begünstigung von der Vortat tatbestandsmäßig abhängen, wie eben auch die Teilnahme.547 Voraussetzung für eine solche tatbestandsmäßige Abhängigkeit der Begünstigung zur Vortat wäre wiederum, dass sich der Unrechtsgehalt des Begünstigungshandelns unterscheidet, je nachdem welche Vortat vorliegt und sich somit der jeweilige Unrechtsgehalt der Vortat in der Begünstigung widerspiegelt. Da jedoch der Begünstigungstäter nicht einmal dem Vortäter gleichgestellt werden kann, immerhin ist es nicht mal notwendig, dass der Begünstiger überhaupt Kenntnis von der genauen Vortat hat, scheidet eine Gleichstellung des Unrechtsgehalts von Vortat und Begünstigung aus. Von einem nachträglichen Beitritt zur Vortat kann daher keine Rede sein und die Begünstigung somit nicht als Teilnahme gewertet werden, vielmehr weist sie eine selbstständige Natur auf.548 Eine vermittelnde Literaturansicht will der Begünstigung eine wiederum andere Rechtsqualität beimessen, die sich zwischen einer Selbstständigkeit und einer Wertung als Teilnahme bewegt. Nach Beling549 soll es sich bei der Begünstigung um eine sogenannte Nachtäterschaft550 handeln. Da die Begünstigung denjenigen Zustand fortsetze, der durch die Vortat geschaffen wurde551, habe sie das gleiche Schutzobjekt zum Gegenstand wie eben die Vortat (den Vorteil). Während durch die Vortat das Schutzobjekt verletzt werde, halte die Begünstigung den Zustand aufrecht, insofern handle es sich um „Modalitäten der Verletzung eines identischen Rechtsguts“.552 Diese Fortführung der Vortat durch Sicherung der geschaffenen Sachlage bewertet Beling sodann als Nachtäterschaft, die er im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs regeln will.553 544

Vgl. Villnow, S. 55 ff., insbesondere S. 66, 67. Binding, BT II, Abt. 2, S. 636 ff.; Gretener, S. 97 ff.; Lohmeyer, S. 46 ff.; Rose, S. 14 f. 546 Gretener, S. 98; Rose, S. 14. 547 Rose, S. 14 f. 548 Vgl. zum gesamten Argument Rose, S. 15. 549 von Beling, Lehre vom Verbrechen, S. 472 ff. 550 von Beling, Lehre vom Verbrechen, S. 487 f. 551 von Beling, Lehre vom Verbrechen, S. 475. 552 von Beling, in: Vergleichende Darstellung, S. 225 f. 553 von Beling, Lehre vom Verbrechen, S. 489.

545

C. Historische Auslegung

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Die in der Literatur geäußerte Kritik an den Strafvorschriften der §§ 257 ff. RStGB führte zur Ausarbeitung verschiedener Gesetzesentwürfe, die letztlich in der Strafrechtsreform von 1975 endeten und den Anschlussdelikten ihre heutige Gestalt gaben. Im Nachfolgenden sollen die wichtigsten Entwürfe des 20. Jahrhunderts beleuchtet und im Hinblick auf die jeweilige Auslegung des Vorteilsbegriffs untersucht werden. b) Frühe Entwürfe von 1909 und 1913 Im Anschluss an den Erlass des Reichsstrafgesetzbuchs von 1871 wurde 1906 erstmals eine Kommission zur Erarbeitung eines Gesetzesentwurfs einberufen. Sie sollte mit dem Entwurf u. a. eine strengere Systematik unter Hervorhebung der jeweils geschützten Rechtsgüter verfolgen.554 Unter dieser Prämisse erarbeiteten die eingesetzten Kommissionsmitglieder von 1906 bis 1909 den Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch, der auf dem Gebiet der Anschlussdelikte weitreichende Änderungsvorschläge mit sich brachte. In Anerkennung der bereits durch Vertreter der Literatur vorgeschlagenen Trennung beider Begehungsformen555, wurde die Verschiedenheit von persönlicher und sachlicher Begünstigung durch die Schaffung von zwei getrennten Tatbeständen betont.556 Neben der Regelung der Strafvereitelung und der Begünstigung in jeweils einem eigenen Tatbestand war auch die Hehlerei nach wie vor als selbstständiges Delikt ausgestaltet. Weitere Neuerungen des Vorentwurfs von 1909 waren die Streichung der jahrelang im Gesetz normierten sog. vorgeleisteten Begünstigung sowie die Abschaffung der Personenhehlerei.557 Nach dem Vorentwurf war wegen Begünstigung zu bestrafen, wer „einem anderen nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens Beistand leistete“558. Bedeutend für die hier untersuchte Auslegung des Vorteilsbegriffs ist die in der Begründung des Vorentwurfs getätigte Feststellung, man wolle die Begünstigung nicht als reines Vermögensdelikt ausgestalten, da auch Nichtvermögensvorteile, die beispielsweise aus Vortaten wie der Entführung, Nötigung und Urkundenfälschung erlangt wurden, als Gegenstand einer Begünstigung denkbar seien.559 Daran anknüpfend bewertete man die Begünstigung nicht deshalb als strafbar, weil sie zur Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustand beitrug, vielmehr liege der Strafgrund darin begründet, dass

554

Meyer, Reform, S. 5, 7. Gretener, S. 131. 556 Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch Begründung, S. 565. 557 Neumann, S. 95; zur Personenhehlerei vgl. 2. Teil, C. IV. 1. c). 558 § 280 Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch. 559 Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch Begründung, S. 777, insbesondere Fn. 1. 555

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

der Begünstiger den rechtlichen Ausgleich des Vortatopfers für die begangene Vortat verhindere.560 Der auf den Vorentwurf folgende Entwurf der Strafrechtskommission von 1913 brachte für den Bereich der Begünstigung keine wesentlichen Neuerungen mit sich. Es blieb bei der Trennung von Begünstigung und Strafvereitelung in den §§ 371, 372 Kommissionsentwurf (KE). Die Begünstigung wurde in § 371 KE wie folgt normiert: „(1) Wer einem anderen, der ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, in der Absicht Beistand leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern, wird mit Gefa¨ ngnis bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Soweit jedoch die fu¨ r das Verbrechen oder Vergehen angedrohte Strafe nach Art oder Maß milder ist, ist sie auch fu¨ r die Begu¨ nstigung maßgebend. (2) Die Begu¨ nstigung ist auch dann strafbar, wenn der andere wegen fehlender Zurechnungsfa¨ higkeit (§ 20 Abs. 1), jugendlichen Alters (§§ 21, 22) oder Taubstummheit (§ 23) nicht schuldhaft gehandelt hat. (3) Ist das Verbrechen oder Vergehen nur auf Antrag verfolgbar, so kann wegen der Begu¨ nstigung nur gestraft werden, wenn der Antrag vorliegt.“

Diskutiert wurde, während der Beratungen über den Wortlaut der Norm gem. § 371 KE, u. a. über den Begriff des Vorteils. Von Hippel wollte in Würdigung der verbreiteten Ansicht, dass es sich bei Vorteilen nur um Vermögensvorteile handeln könne, den Begriff auch derart im Gesetzeswortlaut spezifizieren.561 Die Beschränkung auf die Fälle der Sicherung von Vermögensvorteilen genüge zudem dem Strafbedürfnis, schließlich seien solche Fälle, in den Nichtvermögensvorteile gesichert werden, nur schwer denkbar und daher nicht praxisrelevant – so etwa eine Begünstigung durch Sicherung eines Nichtvermögensvorteils nach einer Urkundenfälschung oder die Sicherung von (Nichtvermögens-)Vorteilen nach einer Entführung.562 Weiterhin lasse sich nur so die Einordnung der Begünstigung bei den Vermögensdelikten im StGB rechtfertigen. Schließlich verlange die Artverwandtschaft der Begünstigung zur Hehlerei die Begrenzung auf Vermögensvorteile, da letztgenannter Tatbestand eben auch nur straft, sofern der Täter sich Vermögensvorteile verschaffen will.563 Dieser Ansicht wurde jedoch durch die Kommission eine Absage erteilt, es seien – wenn auch nur wenige – Fälle denkbar, in denen Nichtvermögensvorteile gesichert werden, solche Fälle seien genauso strafwürdig wie die Sicherung von Vermögensvorteilen. Die Notwendigkeit einer Verminderung des Strafschutzes bestehe ebenso wenig, wie ein systematischer Widerspruch der Ein560

Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch Begründung, S. 777 f. Strafrechtskommission, 177. Sitzung v. 28. Oktober 1912, in: Schubert, Protokolle der Kommission für die Reform des Strafgesetzbuches (1911 – 1913), Bd. 3, S. 346. 562 Strafrechtskommission, 177. Sitzung v. 28. Oktober 1912, in: Schubert, Protokolle der Kommission für die Reform des Strafgesetzbuches (1911 – 1913), Bd. 3, S. 346. 563 Strafrechtskommission, 177. Sitzung v. 28. Oktober 1912, in: Schubert, Protokolle der Kommission für die Reform des Strafgesetzbuches (1911 – 1913), Bd. 3, S. 346. 561

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ordnung der Begünstigung unter die Vermögensdelikte, schließlich handle es sich in der Mehrzahl der Begünstigungs-Fälle auch um Vermögensdelikte.564 Der Kommissionsentwurf von 1913 blieb eine rein theoretische Ausarbeitung, da aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs 1914 der Entwurf erst Jahre später veröffentlicht wurde und er weder öffentlich noch fachwissenschaftlich diskutiert wurde. Ebenso wenig fanden eine Diskussion in den entsprechenden gesetzgebenden Gremien sowie eine Verabschiedung als Gesetz statt.565 c) Die Entwürfe zur Zeit der Weimarer Republik ab 1919 aa) Entwurf von 1919 Nach Ende des Ersten Weltkriegs konnte der Entwurf von 1913 aufgrund der neuen sozialen Verhältnisse nicht mehr unverändert Gesetz werden. Vielmehr bot der Entwurf Anlass für eine Überarbeitung, auch um ihn dem aktuellen Zeitgeschehen, insbesondere den durch den Krieg veränderten Lebensverhältnissen und Gegebenheiten anzupassen.566 Aus der Arbeit der eingesetzten Kommission ging der Entwurf von 1919 (E 1919) hervor, der auf Ebene der Anschlussdelikte keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen mit sich brachte567, jedoch eine neue Systematik einführte, die auch in den Folgeentwürfen erhalten bleiben sollte. Während zuvor die Strafvereitelung im Abschnitt der Delikte gegen die Rechtspflege geregelt und Begünstigung sowie Hehlerei gemeinsam den Vermögensdelikten zugeordnet waren, ging der Entwurf von 1919 einen anderen Weg: Die Hehlerei wurde in einem eigenen Abschnitt geregelt, die Begünstigung gemeinsam mit der Strafvereitelung bei den Delikten gegen die Rechtspflege. Der Abschnitt „Vorbereitung von Straftaten. Begünstigung. Strafvereitelung“568 umfasste damit verschiedene Vorbereitungsdelikte sowie die beiden genannten Anschlussdelikte.569 Dieser Standortwechsel der Begünstigung von den Vermögensdelikten zu den Rechtspflegedelikten entspricht auch dem zu dieser Zeit bestehenden Verständnis der Vorteile der Tat als Vermögens- und Nichtvermögensvorteile.570

564 Strafrechtskommission, 177. Sitzung v. 28. Oktober 1912, in: Schubert, Protokolle der Kommission für die Reform des Strafgesetzbuches (1911 – 1913), Bd. 3, S. 346. 565 Neumann, S. 129. 566 Ebermayer, in: LZ 1918, 1297 (1299), zitiert nach Neumann, S. 130. 567 Der Wortlaut des § 234 E 1919 ist nahezu identisch – ausgenommen die angedrohte Strafe – mit dem des § 371 KE. 568 13. Abschnitt §§ 231 – 236 E 1919, zitiert nach Vormbaum/Rentrop (Hrsg.), Reform des Strafgesetzbuches, Bd. 1, S. 388. 569 Neumann, S. 131; § 234 E 1919 regelt die Begünstigung, § 235 E 1919 die Strafvereitelung. 570 Denkschrift zum E 1919, S. 181.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Mit dieser Neusystematisierung war auch gleichzeitig ein Wiederaufleben der Lehre von den Anschlussdelikten als Teilnahme verbunden. So heißt es etwa in der Denkschrift zum E 1919, dass den Tatbeständen des besagten Abschnitts gemeinsam ist, „daß sie Handlungen unter Strafe stellen, welche die Förderung anderer Straftaten zum Gegenstand haben.“571 bb) Entwurf von 1922/1925 Der nichtamtliche E 1919 sollte ursprünglich als Grundlage des Regierungsentwurfs von 1922 dienen, jedoch enthielt der Entwurf von 1922 letztlich weitreichende Änderungen gegenüber dem Vorgängerentwurf.572 Nach langen Beratungen im Kabinett wurde der, maßgeblich auf den damaligen Reichsjustizminister Radbruch zurückgehende, Entwurf gebilligt und 1925 veröffentlicht (sog. E 1925).573 Trotz zahlreicher Änderungen im E 1925, blieben die Anschlussdelikte Begünstigung und Strafvereitelung im gleichen Abschnitt, wie bereits im Vorgängerentwurf, geregelt. Auch inhaltlich wurde die Begünstigung in § 185 E 1925 in ähnlicher Form wie bereits in den vorausgegangenen Entwürfen normiert574, neu war allerdings Abs. 2, in dem es heißt „Die Strafbarkeit ist unabhängig von der Strafbarkeit dessen, der das Verbrechen oder Vergehen begangen hat.“575 Diese Formulierung zeigt wiederum, dass die Begünstigung nunmehr von der Teilnahme losgelöst war. Hinsichtlich des Vorteilsbegriffs legte der Entwurf – ebenfalls in Übereinstimmung mit den vorausgegangenen Entwürfen – fest, dass es sich nicht um einen Vermögensvorteil handeln muss, auch Nichtvermögensvorteile waren hiernach vom Tatbestand erfasst, dies ergebe sich bereits aus dem Zusammenhang, in dem der

571

Denkschrift zum E 1919, S. 178. Ausführlich hierzu Neumann, S. 138. 573 Amtlicher Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs, 1925, abgedruckt in: Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. I, Bd. 1, S. 199 ff. 574 § 185 E 1925: „Wer einen anderen, der ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, in der Absicht Beistand leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern, wird mit Gefängniß oder mit Geldstrafe bestraft. Die Strafe darf jedoch nach Art und Maß nicht schwerer sein als die für das Verbrechen oder Vergehen angedrohte Strafe. Die Strafbarkeit ist unabhängig von der Strafbarkeit dessen, der das Verbrechen oder Vergehen begangen hat. Ist das Verbrechen oder Vergehen nur auf Verlangen oder mit Zustimmung des Verletzten verfolgbar, so kann wegen der Begünstigung nur gestraft werden, wenn das Verlangen gestellt oder die Zustimmung erteilt worden ist.“, abgedruckt in: Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. I, Bd. 1, S. 220. 575 § 185 E 1925, abgedruckt in: Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. I, Bd. 1, S. 220. 572

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Ausdruck im Entwurf gebraucht werde.576 Ebenso wenig müsse es sich bei der Vortat um eine solche Straftat handeln, die gegen das Vermögen gerichtet ist.577 cc) Entwurf von 1927 Ein letzter Entwurf aus der Zeit der Weimarer Republik wurde bereits wenige Jahre später ausgearbeitet. Zwar kam es hier zu keinen wesentlichen Änderungen gegenüber den bereits im vorherigen Entwurf festgelegten Regeln bzgl. Begünstigung und Strafvereitelung578, von Interesse ist jedoch ein Antrag, der im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gestellt wurde und die Wiedereingliederung der Begünstigung in die Teilnahmedogmatik forderte579 : Die verschiedenen im Abschnitt „Vorbereitung von strafbaren Handlungen. Begünstigung. Strafvereitelung“ normierten Handlungen sollten im Gesetz umverteilt und damit der gesamte Abschnitt aufgelöst werden. Während die Vorbereitung von Verbrechen und Vergehen im Allgemeinen Teil im Zusammenhang mit dem Versuch geregelt werden sollte, würde die Strafvereitelung in den Abschnitt der Verbrechen gegen die Rechtspflege umgesiedelt. Die Begünstigung wiederum, sei in den Allgemeinen Teil zu verschieben. Dies sei auch nur folgerichtig, schließlich stehe die Begünstigung in einem „gewissen Accessorietätsverhältnis“580 zur Vortat, sodass eine Regelung in der Nähe der Teilnahmeregelungen angezeigt sei. Zur Rechtsnatur der Begünstigung wird zwar klargestellt, dass es sich gerade nicht um eine Teilnahme handle, die begriffliche Unterscheidung zwischen bloßer Teilnahme und selbstständigem Tatbestand einer Einordnung der Begünstigung bei den Teilnahmevorschriften jedoch nicht entge-

576 Begründung zu § 185 E 1925, abgedruckt in: Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. I, Bd. 1, S. 335. 577 Begründung zu § 185 E 1925, abgedruckt in: Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. I, Bd. 1, S. 335. 578 Die Begünstigung war nun in § 200 E 1927 geregelt: „Wer einem anderen, der ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, in der Absicht Beistand leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern, wird mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft. Die Strafbarkeit ist unabhängig von der Strafbarkeit des Begünstigten. Ist das Verbrechen oder Vergehen des Begünstigten nur auf Verlangen oder mit Zustimmung verfolgbar, so kann auch die Begünstigung nur verfolgt werden, wenn das Verlangen gestellt oder die Zustimmung erteilt worden ist. Dies gilt nicht, wenn das Verlangen oder die Zustimmung nur wegen der persönlichen Beziehungen des Verletzten zu dem Begünstigten erforderlich ist und diese persönlichen Beziehungen nicht auch zu dem Begünstiger bestehen. Würde der Begünstiger, wenn er das Verbrechen oder Vergehen selbst begangen hätte, nur auf Verlangen oder mit Zustimmung verfolgbar sein, so kann er auch wegen der Begünstigung nur unter derselben Voraussetzung verfolgt werden.“, abgedruckt in: Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. I, Bd. 1, S. 458. 579 Antrag Badens vom 22. 03. 1927 zur 2. Lesung des Entwurfs, abgedruckt in: Schubert/ Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. I, Bd. 2, S. 558 – 560. 580 Antrag Badens vom 22. 03. 1927 zur 2. Lesung des Entwurfs, abgedruckt in: Schubert/ Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. I, Bd. 2, S. 560.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

genstehe.581 Diese vorgeschlagenen Änderungen erhielten jedoch keinen Einzug in den Entwurf E 1927. Wie bereits in der Begründung des Entwurfs von 1925 wird auch in der Entwurfsbegründung von 1927 betont, dass der Vorteilsbegriff sowohl Vermögens- als auch Nichtvermögensvorteile erfasst.582 Mit dieser Auffassung stimmt die allgemeine Meinung in der Literatur überein. Auch Frank spricht in seinem Lehrbuch von 1931 davon, dass eine Sicherung von Nichtvermögensvorteilen, möglich ist.583 Sofern eine Sicherung von Vermögensvorteilen angestrebt werde, reiche die Sicherung des Handelsgewinns. Der zu sichernde Vorteil müsse aber in allen anderen Fällen unmittelbar aus der Vortat gewonnen werden, sodass die Sicherung des Erlöses gestohlener Sachen nicht ausreiche.584 Die im Anschluss an den Entwurf von 1927 stattfindenden Reichstagsverhandlungen brachten für den Begünstigungstatbestand keine Änderungen mit sich. Nach der über Jahre hinweg anhaltenden Diskussion über verschiedene Aspekte der Strafrechtsreform wurde diese 1932 für endgültig gescheitert erklärt, da schließlich keine der Fraktionen im Reichstag die Reform mehr fortführen wollte.585 d) Entwürfe zur Zeit des Nationalsozialismus ab 1933 aa) Erste Ansätze und erster Entwurf 1933 Die zunächst in der Zeit der Weimarer Republik gescheiterte Strafrechtsreform fand nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 neuen Aufschwung. Bevor jedoch die Reform des gesamten Strafrechts beginnen sollte, wurden durch einzelne Gesetze problematische Stellen im Reichsstrafgesetzbuch geändert, so etwa durch das Gesetz gegen gemeingefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung von 1933.586 Der Begünstigungsparagraph entsprach 1933 noch dem Wortlaut, den er bereits 1871 durch den Erlass des RStGB erhalten hatte587, persönliche und sachliche Begünstigung waren in einem Tatbestand vereint, die eigennützige Begünstigung war nach wie vor gesondert geregelt. Einen ersten Ansatz für eine Neuregelung des 581 Antrag Badens vom 22. 03. 1927 zur 2. Lesung des Entwurfs, abgedruckt in: Schubert/ Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. I, Bd. 2, S. 560. 582 Begründung zu § 200 E 1927, abgedruckt in: Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. I, Bd. 2, S. 583. 583 Frank18, S. 570. 584 Frank18, S. 570; Binding, BT II, Abt. 2, S. 667. 585 Neumann, S. 175. 586 RGBl. 1933 I Nr. 133, S. 995. 587 Tatsächlich handelte es sich nicht mehr um den ursprünglichen Wortlaut des Gesetzes von 1871, sondern um die Fassung vom 26. 02. 1876 (RGBl. 1876 Nr. 6, S. 39 – 120). Gegenüber der Fassung von 1871 wurde jedoch lediglich die Höhe der Geldstrafe verändert.

C. Historische Auslegung

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Strafrechts bot die Denkschrift Nationalsozialistisches Strafrecht588, die auf Ebene der Anschlussdelikte keine wesentlichen Änderungen vorschlug, Begünstigung und Strafvereitelung sollten bei den Rechtspflegedelikten verortet werden.589 Mit dieser Einordnung schloss sich die Denkschrift an die Entwürfe der Weimarer Republik an, im Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung der Anschlussdelikte wurde auf den Entwurf E 1927 verwiesen.590 Es folgte 1933 die Ausarbeitung eines Referentenentwurfs, der im Wesentlichen den Entwurf von 1927 übernahm. So war der Begünstigungstatbestand (§ 200) identisch zum Entwurf E 1927 formuliert, allerdings ohne die Möglichkeit der Verhängung einer Geldstrafe.591 Der Entwurf von 1933 sollte einer einberufenen Kommission zur Ausarbeitung des neuen Strafrechts dienen.592 bb) Entwurf eines Deutschen Strafgesetzbuchs von 1936 Nach knapp dreijähriger Beratung wurde Ende 1936 ein ausgearbeiteter Entwurf zu einem neuen Strafgesetzbuch im Reichskabinett eingebracht.593 Betrachtet man den Entwurf insgesamt, so zeigen sich schwerwiegende, den Rechtsstaat beeinträchtigende Veränderungen, etwa die Abschaffung des Analogieverbots (§ 1 E 1936) oder die identische Strafdrohung für Täterschaft und Teilnahme (§ 4 E 1936) sowie von Versuch und Vollendung (§ 7 E 1936).594 Auch auf Ebene der geschützten Rechtsgüter sind Änderungen gegenüber dem geltenden Recht zu verzeichnen, neu war etwa der Schutz der Rechtsgüter Volkstum, Rasse und Erbgut, bei der Rangfolge der Rechtsgüter stand zudem der Schutz des Volkes an erster Stelle.595 Trotz dieser tiefgreifenden Neuerungen für weite Teile des Strafrechts beinhaltete der neue Entwurf für die Begünstigung keine weitreichenden Änderungen gegenüber den Vorentwürfen: „§ 352 Begünstigung – Wer einem anderen, der eine mit Strafe bedrohte Tat begangen hat, in der Absicht Beistand leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern, wird mit Gefängnis bestraft. Der Täter ist auch strafbar, wenn der Begünstigte nicht schuldfähig ist. Besondere Vorschriften über die Verfolgung der Tat des Begünstigten gelten auch hier.“596 588

Kerrl, Denkschrift Nationalsozialistisches Strafrecht. Kerrl, Denkschrift Nationalsozialistisches Strafrecht, S. 40. 590 Kerrl, Denkschrift Nationalsozialistisches Strafrecht, S. 22, 40. 591 § 200 E 1933, zitiert nach: Vormbaum/Rentrop (Hrsg.), Reform des Strafgesetzbuchs, Bd. 2, S. 307. Zum Entwurf von 1933 allgemein Vormbaum, S. 192. 592 Vormbaum, S. 192. 593 Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. II, Bd. 1, Teil 1, S. XIII. 594 Hierzu ausführlicher Neumann, S. 211 f. 595 Neumann, S. 212. 596 § 352 E 1936, zitiert nach: Vormbaum/Rentrop (Hrsg.), Reform des Strafgesetzbuchs, Bd. 2, S. 307. 589

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Einzelne bedeutende Änderungen des Begünstigungstatbestands gegenüber den Vorentwürfen, sollen hier dennoch kurz Erwähnung finden: Die wohl bedeutendste Änderung enthielt § 352 Abs. 2 E 1936, der die Akzessorietät des Begünstigungshandelns zur Vortat gegenüber den Vorgängerregelungen deutlich ausweitete. Während in den Vorgängerentwürfen bislang durch die Formulierung „Die Strafbarkeit ist unabhängig von der Strafbarkeit des Begünstigten.“597 ausgedrückt wurde, dass eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Vortat ausreiche, es auf die Schuld des Vortäters dagegen für eine Strafbarkeit des Begünstigers nicht ankomme, wurde nun in E 1936 grundsätzlich ein schuldhaftes Handeln des Vortäters für eine Strafbarkeit des Begünstigers gefordert. Dies lässt sich aus einem Gegenschluss zu § 352 Abs. 2 E 1936 ableiten, der bestimmt, dass ausnahmsweise bei Schuldunfähigkeit des Vortäters eine Strafbarkeit des Begünstigers dennoch in Betracht kommt. Insofern handelt es sich bei der in § 352 E 1936 bestimmten Akzessorietät um eine gegenüber den Vorentwürfen ausgeweitete Akzessorietät zur Vortat. Eine strenge – dem § 352 E 1936 vergleichbare – Akzessorietät war bereits in den Entwürfen von 1913 und 1919 zu finden, hiernach waren auch Fälle der Begünstigung strafbar, in denen der Vortäter „wegen fehlender Zurechnungsfa¨ higkeit (§ 20 Abs. 1), jugendlichen Alters (§§ 21, 22) oder Taubstummheit (§ 23)“ (§ 371 KE 1913) nicht bestraft werden konnte.598 Weiterhin war § 352 E 1936 deutlich kürzer gefasst als in den Vorgängerentwürfen. Dies ergibt sich in erster Linie daraus, dass der sperrige Absatz 3, der die Verfolgbarkeit regelte, auf einen Satz gekürzt wurde. Neu war hier außerdem, dass durch die allgemein gehaltene Formulierung die strafrechtliche Verfolgung der Begünstigung nicht mehr nur vom Vorliegen eines Strafantrags für die Vortat abhängig war, sondern auch sämtliche weitere Prozesshindernisse der Vortat auf die Begünstigung durchschlugen.599 Schließlich wurde auch die Strafdrohung für die Begünstigung im E 1936 deutlich erweitert, indem nämlich das Gesetz nur noch eine Bestrafung mit Gefängnis vorsah, wurde der Strafrahmen auf maximal 10 Jahre ausgeweitet.600 Eine Geldstrafe – wie sie noch in einigen Vorentwürfen vorgesehen war – konnte nicht mehr alternativ verhängt werden. Ebenso wurde die Straflimitierung durch die Vortatstrafe, die einige Vorentwürfe noch vorsahen, gestrichen.601 Grund für die Abschaffung der Straflimitierung war, dass eine solche Limitierung nach Ansicht der Nationalsozialisten der Notwendigkeit einer Bewertung der Persönlichkeit des Täters für die

597

So etwa in § 200 E 1933. Ähnliche Formulierungen fanden sich aber auch in anderen Vorentwürfen. 598 Vgl. zum Ganzen Neumann, S. 214. 599 Neumann, S. 215. 600 § 27 Abs. 1 S. 1 E 1936; Neumann, S. 219. 601 Eine Ausnahme hierzu bildete die Regelung in § 254 E 1936, die ein Absehen von Strafe ermöglichte, sofern dies auch für die Vortat vorgesehen war.

C. Historische Auslegung

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Bestimmung der Strafe entgegenstehe.602 Über die Tat und ihre notwendige Bestrafung sei anhand des vom Täter geäußerten Willens zur Tatbegehung und dem darin liegenden Unrechtsgehalt zu urteilen, unter Würdigung seiner gesamten Persönlichkeit.603 Zuletzt ist noch der Regelungsstandort der Anschlussdelikte Begünstigung und Strafvereitelung im E 1936 von Bedeutung: Sie wurden im Abschnitt „Angriffe auf Rechtspflege und Verwaltung“ und damit getrennt von der Hehlerei geregelt. Diese Systematisierung knüpfte an die bereits in der Weimarer Republik vorgeschlagene Einordnung der Anschlussdelikte an und ordnete beide Delikte den Rechtspflegedelikten zu.604 Der Entwurf von E 1936 blieb zu seiner Zeit unveröffentlicht605, letztlich wurde er auch nie verabschiedet, da zunächst gegen den Entwurf zahlreiche Bedenken hervorgebracht wurden, die eine schnelle Verabschiedung hinderten. Nach Kriegsausbruch wiederum kamen die Reformbemühungen zum Erliegen, sodass der Entwurf endgültig scheiterte.606 Aufgrund der durch den Krieg veränderten Lebensverhältnisse galt der Entwurf E 1936 zudem bereits ab 1942/1943 als überholt.607 cc) Weitere Entwicklungen bis 1945 Nach Scheitern der Strafrechtsreform von 1936 sind noch einzelne erwähnenswerte Entwicklungen im Strafrecht bis zum Kriegsende 1945 kurz darzustellen. Von großer Bedeutung war zunächst das am 28. Juni 1935 erlassene Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs (sog. Analogienovelle).608 Hierbei brachte die größten Veränderungen für das Strafrecht die Änderung des § 2 RStGB mit sich, der nun lautete: „Bestraft wird, wer eine Tat begeht, die das Gesetz für strafbar erklärt oder die nach dem Grundgedanken eines Strafgesetzes und nach gesundem Volksempfinden Bestrafung verdient. Findet auf die Tat kein bestimmtes Strafgesetz unmittelbar Anwendung, so wird die Tat nach dem Gesetz bestraft, dessen Grundgedanke auf sie am besten zutrifft.“

602

Begründung des E 1936, in: Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. II, Bd. 1, Teil 2, S. 5. 603 Begründung des E 1936, in: Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. II, Bd. 1, Teil 2, S. 5. 604 Neumann, S. 212. 605 Neumann, S. 239. 606 Neumann, S. 250 ff. 607 BA Berlin, R 22 Nr. 857, Bl. 100, zitiert nach Neumann, S. 252. 608 Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs vom 28. 06. 1935, RGBl. 1935 I Nr. 70, S. 839 ff.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Die Norm enthält sowohl die Abschaffung des Analogieverbots als auch des Grundsatzes nulla poena sine lege, beides sollte für die kommenden Jahre und die Entwicklung des Strafrechts prägend sein. Wenn auch der Tatbestand der Begünstigung durch die Novelle von 1935 unverändert blieb, so schuf die Änderung des § 2 RStGB die Möglichkeit, die Strafbarkeit der Begünstigung auch über die vom Wortlaut des Gesetzes erfassten Fälle hinaus auszudehnen, sofern nach gesundem Volksempfinden Bestrafung für ein nicht vom Gesetz erfasstes Handeln erforderlich war.609 Letztlich ist noch die Strafrechtsangleichungsverordnung von 1943610 von Bedeutung. Nachdem im Zuge des Zweiten Weltkriegs Teile Europas von den Nationalsozialisten eingenommen worden waren, galt in den angegliederten Gebieten zum Teil das RStGB, in der „Ostmark“611 galt jedoch weiterhin österreichisches Strafrecht. Im Zuge der Angleichung des Strafrechts wurde am 29. 5. 1943 die Strafrechtsangleichungsverordnung erlassen. Während sie nach außen hin mit der Notwendigkeit der Angleichung des Strafrechts gerechtfertigt wurde, diente sie tatsächlich primär dazu, die zuvor gescheiterte Strafrechtsreform auf diesem Wege durchzusetzen. Für die Anschlussdelikte hatte die Verordnung – außer der Normierung der Versuchsstrafbarkeit der Hehlerei in Art. 4 VO – zunächst keine Bedeutung. Eine Regelung zur Teilnahme sorgte aber nach Erlass der Strafrechtsangleichungsverordnung für Diskussionen in Bezug auf die Übertragbarkeit dieser Teilnahmevorschrift auf die Anschlussdelikte des RStGB. Gemäß Art. 2 der Strafrechtsangleichungsverordnung sollte § 50 Abs. 1 RStGB dahingehend normiert werden, dass er für die Teilnahme anstatt einer strengen Akzessorietät eine nur limitierte Akzessorietät bestimmte. In Absatz 1 wurde normiert: „Sind mehrere an einer Tat beteiligt, so ist jeder ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld strafbar.“612 Die Notwendigkeit einer schuldhaften Haupttat bestand somit nicht, eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Haupttat reichte für eine Anstiftung oder Beihilfe aus. Im Vorentwurf E 1936 war für eine Strafbarkeit des Anschlusstäters noch ein volldeliktisches Handeln des Vortäters erforderlich, d. h. eben auch ein schuldhaftes Handeln. Sofern der Vortäter entschuldigt handelte, schied nach der Regelung im Entwurf E 1936 eine Strafbarkeit des Begünstigers aus. Diskutiert wurde nun, ob diese für die Teilnahme bestimmte Limitierung der Akzessorietät gem. § 50 Abs. 1 RStGB auch auf die Begünstigung übertragen werden konnte. Gegen eine Übertragung spricht zunächst die Normierung der limitierten Akzessorietät im „Dritten Abschnitt. Theilnahme“, eine Geltung für ein 609 Dass dies im Bereich der Anschlussdelikte vor allem ein Problem des Hehlereitatbestands war, erläutert Neumann, vgl. Neumann, S. 253 ff. 610 RGBl. 1943 I Nr. 57, S. 339 ff. 611 Freisler, in: DJ 1941, 478 (480 f.); Schmidt, in: DJ 1941, 723. 612 RGBl. 1943 I Nr. 57, S. 339.

C. Historische Auslegung

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Delikt des Besonderen Teils kann hieraus nicht abgeleitet werden.613 Zudem forderte § 50 Abs. 1 RStGB für die Anwendung der limitierten Akzessorietät, dass „mehrere an einer Tat beteiligt“ sind, aus einer Zusammenschau mit § 50 Abs. 2 RStGB614 ergibt sich, dass hiermit Täter und Teilnehmer gemeint sind.615 Dies spricht ebenso eindeutig gegen die Geltung des § 50 RStGB für den Begünstigungstatbestand. Einer Übertragung der Grundsätze des § 50 RStGB wird außerdem entgegengehalten, dass die Strafrechtskommission im Entwurf E 1936 eine andere Regelung als die limitierte Akzessorietät für die Anschlussdelikte plante, schließlich verfolgt sie nach wie vor die strenge Akzessorietät, mit einer Ausnahme für den Fall der Schuldunfähigkeit des Vortäters.616 Unabhängig von diesen zahlreichen Argumenten, die gegen eine Übertragung der Grundsätze der limitierten Akzessorietät auf die Begünstigung sprechen, wurde zum Teil vertreten, dass eine Anwendung des § 50 RStGB auf die Begünstigung gar nicht notwendig sei, da sich das gleiche Ergebnis jedenfalls über eine Anwendung des § 2 RStGB erzielen lasse.617 Im Ergebnis bestand jedoch nach dem Wortlaut des Gesetzes nach wie vor eine strenge Akzessorietät. Die Diskussion über die Art der Akzessorietät zwischen Vortat und Begünstigungstat sollte auch nach Ende des Nationalsozialismus in der Reformdiskussion der Nachkriegszeit eine wichtige Rolle spielen. e) Entwürfe der Nachkriegszeit ab 1945 aa) Rechtsbereinigung Nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945 untersuchten die Besatzungsmächte zunächst die deutschen Gesetze, darunter auch das Reichsstrafgesetzbuch, auf nationalsozialistisches Gedankengut und befreiten es hiervon (sog. Rechtsbereinigung). So wurde der § 2 RStGB, der eine Analogie zu Lasten des Täters ermöglichte, wieder aufgehoben, das in § 2 RStGB a. F. geregelte Analogieverbot wurde jedoch nicht wieder ins Gesetz implementiert.618 Zudem durften solche Strafschärfungen, die zur Zeit des Nationalsozialismus beschlossen worden waren, nun nicht mehr angewendet werden.619 Für den Begünstigungstatbestand ergaben sich durch die Rechtsbereinigung allerdings zunächst keine Änderungen.

613

Neumann, S. 269. RGBl. 1943 I Nr. 57, S. 339. 615 Neumann, S. 269. 616 Vgl. 2. Teil, C. IV. 2. d) bb). 617 Rietzsch, in: DJ 1943, 309 (311). 618 Kontrollratsgesetz Nr. 11, KRABl., S. 55. 619 Neumann, S. 275.

614

226

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

bb) Beratungen der Großen Strafrechts- und der Länderkommission sowie der Entwurf eines Strafgesetzbuchs von 1962 (1) Entstehung des Entwurfs Bereits in den fünfziger Jahren wurde weitgehend übereinstimmend eine Reform des Strafrechts gefordert620, bis zur Ausarbeitung und Präsentation eines ersten Entwurfs im Jahr 1962 dauerte es jedoch noch ein weiteres Jahrzehnt. Im Jahr 1954 begann eine Kommission mit der Ausarbeitung eines Entwurfs für ein neues Strafgesetzbuch, hierbei lag bewusst kein Referentenentwurf zugrunde, Grundlage der Ausarbeitungen waren vielmehr die Entwürfe E 1925/1930 sowie E 1936.621 Das Ergebnis jahrelanger Lesungen und Beratungen wurde 1959 als vorläufiger Entwurf der Länderkommission für die Große Strafrechtsreform vorgelegt und durch diese beraten, hierdurch sollte die Beteiligung der Bundesländer an der Entwurfsausarbeitung erreicht werden.622 Nachdem der Entwurf im Laufe dieser Beratungen nochmals einige Änderungen erfahren hatte, wurde der E 1962 schließlich durch das Bundeskabinett beschlossen und Bundesrat sowie Bundestag zugeleitet.623 (2) Normierung des Begünstigungstatbestands Für den Begünstigungstatbestand sah der Entwurf folgende Normierung vor: „§ 289 Begu¨ nstigung (1) Wer einem anderen, der eine rechtswidrige Tat begangen hat, in der Absicht Hilfe leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern, wird mit Gefa¨ ngnis bis zu fu¨ nf Jahren, mit Strafhaft oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Strafe darf nach Art und Maß nicht schwerer sein als die fu¨ r die Vortat angedrohte Strafe. (3) Wegen Begu¨ nstigung wird nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Dies gilt nicht fu¨ r denjenigen, der einen an der Vortat Unbeteiligten zur Begu¨ nstigung anstiftet. § 290 Besondere persönliche Merkmale und Verfolgungsvoraussetzungen (1) Das Gericht kann die Strafe wegen Begu¨ nstigung nach seinem Ermessen mildern (§ 64 Abs. 2) oder von Strafe absehen, wenn dies wegen besonderer perso¨ nlicher Merkmale (§ 14 Abs. 1), die beim Begu¨ nstiger vorliegen, ihm gegenu¨ ber als Ta¨ ter oder Teilnehmer der Vortat zula¨ ssig wa¨ re. (2) Der Begu¨ nstiger ist straffrei, wenn bei ihm besondere perso¨ nliche Merkmale vorliegen, die seine Straffreiheit als Ta¨ ter oder Teilnehmer der Vortat begru¨ nden wu¨ rden. 620 Dehler und Arndt, in: Deutscher Bundestag I. Wahlperiode, 133. Sitzung vom 11. 04. 1951, S. 5129D, 5137D. 621 Neumann, S. 282; Strauß, in: Große Strafrechtskommission, 1. Sitzung, Band 1, S. 16. 622 Neumann, S. 282 f. 623 Holtz, S. 11 f.

C. Historische Auslegung

227

(3) Die Begu¨ nstigung wird nur auf Antrag, mit Erma¨ chtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn der Begu¨ nstiger als Ta¨ ter oder Teilnehmer der Vortat nur auf Antrag, mit Erma¨ chtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden ko¨ nnte.“624

Die einzelnen Neuerungen, die der Gesetzesentwurf von 1962 mit sich brachte, sollen im Nachfolgenden beleuchtet werden. (a) Zum Regelungsstandort Blickt man auf den Begünstigungstatbestand im Gesetzesentwurf, so fällt als erstes der Regelungsstandort der Begünstigung im letzten Titel des Abschnitts bei den Straftaten gegen das Vermögen auf. Die Regelung bei den Vermögensstraftaten legt nahe, dass die Entwurfsverfasser von einer Einordnung der Begünstigung als Vermögensdelikt ausgingen. Dass jedoch gerade das Gegenteil der Fall ist, ergibt sich bereits aus den Motiven zum Entwurf: Hiernach muss es sich weder bei der Vortat um ein Vermögensdelikt handeln625, noch muss der zu sichernde Vorteil einen Vermögensvorteil darstellen626, daher kann von einer Einordnung der Begünstigung als Vermögensdelikt nicht die Rede sein. Zudem gibt der Gesetzgeber zu, dass die Regelung der Begünstigung tatsächlich den 3. Abschnitt, in dem sie geregelt ist, sprenge, allerdings sei eine Regelung im Zusammenhang mit der Hehlerei bei den Vermögensdelikten deshalb zu befürworten, da es sich bei der Begünstigung regelmäßig um ein Vermögensdelikt handle, bei dem ein Vermögensvorteil gesichert werde.627 Sofern man nur Vermögensdelikte als Vortaten zulassen und einen Vermögensvorteil fordern würde, entstünden zudem Strafbarkeitslücken, die eine Erfassung von Nichtvermögensdelikten als taugliche Vortaten, sowie Nichtvermögensvorteile als sicherungsfähige Vorteile, notwendig werden ließen.628 Bezogen auf den Regelungsstandort fällt außerdem auf, dass die Begünstigung mit der Hehlerei in einem gemeinsamen Abschnitt geregelt ist. Zwar steht diese Zuordnung in Einklang mit der Regelung des Reichsstrafgesetzbuchs, das ebenfalls die beiden Anschlussdelikte gemeinsam regelte. In dem zwischen Erlass des Reichsstrafgesetzbuchs und dem E 1962 liegenden Jahrhundert, entstanden jedoch, wie bereits dargestellt, zahlreiche Gesetzesentwürfe, von denen einige eine Trennung der Begünstigung und Hehlerei in eigenen Abschnitten vorsahen. Eine entscheidende Neuerung des E 1962, die bereits in vorherigen Entwürfen vorgeschlagen wurde, war die Aufspaltung von persönlicher und sachlicher Begünstigung in zwei verschiedene Vorschriften. Durch die Ausgliederung der per-

624

BT-Drucks. 4/650, S. 57 f. Vgl. Begründung des E 1962, in: BT-Drucks. 4/650, S. 460. Hier werden zahlreiche Beispiele genannt, bei denen es sich bei der Vortat um Nichtvermögensdelikte handelt. 626 BT-Drucks. 4/650, S. 460. 627 BT-Drucks. 4/650, S. 455. 628 BT-Drucks. 4/650, S. 460. 625

228

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

sönlichen Begünstigung (Strafvereitelung) in § 447 E 1962 wird der Entwurf der Unterschiedlichkeit beider Delikte gerecht.629 (b) Zum Inhalt der Begünstigungsnorm Bezogen auf die inhaltlichen Anforderungen an die Begünstigung stellt der Gesetzesentwurf nunmehr auch klar, dass eine rechtswidrige Vortat ausreicht, schuldhaft begangen worden sein, muss sie dagegen nicht.630 Damit waren Zweifel ausgeräumt, die noch in verschiedenen Entwürfen der NS-Zeit an der Qualität der Vortat geäußert wurden. Der Gesetzgeber betonte zudem in den Motiven zum Entwurf, dass es sich weder bei der Vortat um eine Vermögensvortat handeln muss, noch die zu sichernden Vorteile Vermögensvorteile darstellen müssen.631 Ansonsten stimmte der Entwurf weitgehend mit der Vorgängerregelung in § 257 StGB überein. Eine Neuerung stellte jedoch die Streichung der vorversprochenen Begünstigung gem. § 257 Abs. 3 StGB dar. Ihre Abschaffung wurde damit begründet, eine vor Begehung der Vortat zugesagte Unterstützung könne als Beihilfe bestraft werden, sodass eine spezielle Regelung in der Begünstigungsnorm überflüssig sei.632 Blickt man auf den Tatbestand der Begünstigung und dessen Verhältnis zur Beihilfe, so ist nach Neumann die Begünstigung im Entwurf von 1962 der Beihilfe nun ähnlicher, als sie das in den Vorgängerentwürfen jemals war.633 An verschiedenen Punkten der Begünstigungsnorm zeige sich diese Ähnlichkeit zur Teilnahme: Zum einen wurde nun der Vortatenkreis sehr weit gefasst, erforderlich war eine rechtswidrige Tat, das Gleiche fordert die Beihilfevorschrift. Die neue Normierung der Tathandlung des Begünstigungstatbestands (Hilfe leisten) erfolgte ebenfalls in Übereinstimmung mit der gewählten Wortwahl in der Beihilfevorschrift. Zuletzt verdeutlicht die Abhängigkeit der Strafe für ein Begünstigungshandeln von der maximal für die Vortat zu verhängenden Strafe, dass eine enge Beziehung zwischen Vortat und Begünstigung besteht und die Begünstigung einer nachtatlichen Beihilfe gleicht.634 Bestätigt wurde diese Auffassung durch den neu eingeführten Absatz 3 des Begünstigungstatbestands, der für den Vortatbeteiligten, der im Anschluss an die Vortat eine Begünstigungshandlung begangen hat, die Straflosigkeit normierte. Unter Zugrundelegung der Auffassung, die Begünstigung stelle zwar ein selbstständiges Delikt dar, es handle sich jedoch um eine „nachträgliche Unterstützung einer

629

So auch BT-Drucks. 4/650, S. 455. BT-Drucks. 4/650, S. 460. 631 BT-Drucks. 4/650, S. 460. 632 BT-Drucks. 4/650, S. 460 f. 633 Neumann, S. 302 ff. 634 Zu allem Neumann, S. 303.

630

C. Historische Auslegung

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fremden Tat“635, wird klar, warum in diesem Fall eine Straflosigkeit zwingend ist: Die Schuld desjenigen, der an der Vortat teilgenommen hat, ist mit der Strafe für die Vortatbeteiligung abgegolten, einer weiteren Bestrafung wegen anschließender Begünstigung bedarf es nicht, da es sich insofern ja auch bloß um eine Form (nachträglicher) Teilnahme handelt. Auch der neu eingefügte Tatbestand des § 290 E 1962, der keine Vorgängernorm im geltenden Recht hatte, verdeutlicht die Annäherung der Begünstigung an die Teilnahme. In dieser Vorschrift wurde die Begünstigung in mehrfacher Hinsicht an die Beteiligung an der Vortat angeglichen, aufgrund des „Wesens der Begünstigung als nachträgliche […] Unterstützung einer fremden Tat“.636 So wurde für die Begünstigung in der Vorschrift des § 290 E 1962 die Berücksichtigung besonderer persönlicher Merkmale sowie die Voraussetzungen der Strafverfolgung geregelt: Eine Milderung bzw. ein Absehen von Strafe wurde zugelassen, beim Vorliegen besonderer persönlicher Merkmale, die im Falle seines Handelns als Täter oder Teilnehmer zur Milderung, zum Absehen von Strafe oder zur Straffreiheit führen würden (§ 290 Abs. 1, 2 E 1962). Aus der gleichen Überlegung resultiert auch die in § 290 Abs. 3 E 1962 normierte Notwendigkeit einer Ermächtigung, eines Antrags bzw. eines Strafverlangens für den Begünstigungstäter, sofern dies erforderlich wäre, wenn er als Täter oder Teilnehmer der Vortat agiert hätte. Die Gleichstellung von Begünstiger und Vortatteilnehmer war jedoch nicht umfassend, so wurde der Fall des Vorliegens strafschärfender besonderer persönlicher Merkmale beim Begünstiger nicht geregelt in § 290 E 1962, ebenso wenig der Fall, dass der Vortäter besondere persönliche Merkmale aufweist, die beim Begünstiger fehlen.637 (3) Rezeption durch die Literatur Während der Entwurf E 1962 im Allgemeinen in der Literatur vielfach aufgegriffen und kritisiert wurde, hielt sich die zu den Anschlussdelikten stattfindende Diskussion in Grenzen. Die Normierung des Begünstigungstatbestands fand einhellig Zustimmung, diskutiert wurde lediglich das Schutzgut bzw. das Wesen von Begünstigung und den Anschlussdelikte im Allgemeinen.638 Entgegen dem zu dieser Zeit herrschenden Verständnis von einer gespaltenen Schutzrichtung der Anschlussdelikte – Begünstigung und Strafvereitelung wurden als Rechtspflegedelikte, die Hehlerei dagegen als Vermögensdelikt verstanden – plädierten Stimmen im Schrifttum für eine einheitliche Bestimmung aller Anschlussdelikte.639 Zum Teil wollte man sie vollumfänglich als Rechtspflegedelikte auffassen640, andere wiederum befürworteten eine einheitliche Bestimmung aller Anschlussdelikte als 635

Sturm, in: Große Strafrechtskommission, 61. Sitzung, Bd. 6, S. 110. BT-Drucks. 4/650, S. 461. 637 Vgl. hierzu Neumann, S. 307 f. 638 Neumann, S. 334, 340. 639 Neumann, S. 335. 640 Bahnsen, S. 90 ff., 120 ff.

636

230

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Vermögensdelikte.641 Nach der neu entwickelten Rechtsgeltungstheorie war dagegen gemeinsames Wesen aller Anschlussdelikte, dass sie die Anreizwirkung für die Begehung künftiger Taten verhindern sollten. Dies geschehe, indem durch die Bestrafung der Anschlussdelikte verhindert werde, dass dem Vortäter nach Tatbegehung geholfen wird, hierdurch verliere wiederum bereits die Vortat ihren Anreiz, da der Vortäter sich neben der Tatbegehung um im Anschluss entstehende Problematiken der Beutesicherung, Vertuschung der Tat sowie Verwertung der Beute selbst kümmern müsse.642 Insofern schützen hiernach die Anschlussdelikte alle Rechtsgüter, die die Strafrechtsordnung insgesamt schützt, sodass es sich um einen mittelbaren Rechtsgüterschutz handelt.643 Es soll an dieser Stelle bei diesen knappen Ausführungen zum geschützten Rechtsgut bleiben, da die Diskussion rund um die Bestimmung des Sinn und Zwecks des Begünstigungstatbestands – diese wird Gegenstand des nächsten Kapitels sein – nicht vorweggenommen werden soll. 3. Der Begünstigungstatbestand in der Fassung vom 01. 01. 1975 Auf Grundlage des E 1962 erfolgte in den nachfolgenden Jahren der Erlass mehrerer Strafrechtsreformgesetze, die das deutsche Strafrecht zum Teil grundlegend umgestalten sollten. Den Anfang machte das 1. Strafrechtsreformgesetz von 1969644, das solche Änderungen enthielt, die nicht bis zum Erlass der weiteren Strafrechtsreformgesetze warten konnten, kurz darauf folgte das 2. Strafrechtsreformgesetz645: Bedeutende Neuerung beider Strafrechtsreformgesetze war die Abschaffung der Zuchthaus-, Gefängnis- und Haftstrafe und die Einführung einer einheitlichen Freiheitsstrafe.646 Für die Anschlussdelikte hatte dies die Umwandlung der Gefängnis- zur Freiheitsstrafe zur Folge. Es folgten weitere Reformgesetze, entscheidend für die Umgestaltung der Anschlussdelikte war jedoch erst der Erlass des EGStGB von 1974647. Hierbei handelt es sich zwar nicht um ein „offizielles“ Strafrechtsreformgesetz, vielmehr sollte das Einführungsgesetz Anpassungs- und Übergangsregelungen treffen, in der Realität veränderte es jedoch viele Aspekte des materiellen Strafrechts und stellt daher faktisch ein Strafrechtsreformgesetz dar.648 Für die Anschlussdelikte brachte es nochmals weitreichende Änderungen mit sich, insbesondere für den § 257 StGB hat 641

Rose, S. 87 ff. Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 104 f.). 643 Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 104 f.). 644 BGBl. I 1969 Nr. 52, S. 645 ff. 645 BGBl. I 1969 Nr. 56, S. 717 ff. 646 Vgl. etwa BGBl. I 1969 Nr. 52, S. 646; BGBl. I 1969 Nr. 56, S. 722. 647 BGBl. I 1974 Nr. 22, S. 469 ff. 648 Neumann, S. 347. 642

C. Historische Auslegung

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die Reform nach wie vor Bedeutung, weil die dort eingeführte Gesetzesfassung die bis heute gültige ist: „§ 257 – (1) Wer einem anderen, der eine rechtswidrige Tat begangen hat, in der Absicht Hilfe leistet, ihm die Vorteile der Tat zu sichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die für die Vortat angedrohte Strafe. (3) Wegen Begünstigung wird nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Dies gilt nicht für denjenigen, der einen an der Vortat Unbeteiligten zur Begünstigung anstiftet. (4) Die Begünstigung wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn der Begünstiger als Täter oder Teilnehmer der Vortat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte. § 248a gilt sinngemäß.“649

Aufgrund der Aktualität eben dieser Gesetzesfassung haben die Gesetzgebungsmotive zum EGStGB650 für die historische Auslegung eine besondere Bedeutung. Sie sollen im Folgenden insbesondere im Hinblick auf Überlegungen des Gesetzgebers hinsichtlich des Vorteilsbegriffs und der Anforderungen an die Unmittelbarkeit untersucht werden. a) Die Neustrukturierung der Anschlussdelikte Die Umgestaltung der Anschlusstaten durch das EGStGB sah die weitgehende Übernahme der im E 1962 gemachten Vorschläge in die §§ 257 ff. StGB n. F. vor und vereinfachte damit das geltende Recht.651 Es erfolgte jedoch lediglich die Übernahme derjenigen Vorschriften aus dem E 1962, die keine grundlegende Änderung des bestehenden Rechts vorsahen. So wurde etwa auf die Regelung der Beteiligung an der Beute (§ 288 E 1962) sowie die berufsmäßige Hehlerei (§ 287 Abs. 2 E 1962) verzichtet und die Anschlussdelikte insgesamt bei den Eigentums- bzw. Vermögensdelikten geregelt.652 Kern der Neuregelung war die Herausarbeitung der Unterschiedlichkeit der drei Anschlussdelikte Begünstigung, Strafvereitelung und Hehlerei. Zum einen erfolgte dies durch die bereits im E 1962 vorgeschlagene Trennung von sachlicher und persönlicher Begünstigung in die beiden Tatbestände der (sachlichen) Begünstigung gem. § 257 StGB n. F. und der Strafvereitelung gem. § 258 StGB n. F.653 Hierin liegt das Ende der Entwicklung der Anschlusstatbestände vom einheitlichen auxilium post delictum zu mehreren selbstständigen Tatbeständen. Hinzu kam die Abgrenzung der 649

BGBl. I 1974 Nr. 22, S. 491. BT-Drucks. 7/550; BR-Drucks. 1/72. 651 Göhler, in: NJW 1974, 825 (833). 652 Neumann, S. 348. 653 Vgl. zu allem Neumann, S. 348 f. 650

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Anwendungsbereiche von sachlicher Begünstigung und Hehlerei durch die Streichung der schweren Begünstigung gem. § 257 Abs. 1 Alt. 2 StGB a. F., der Personenhehlerei gem. § 258 StGB a. F. sowie der Tathandlung des Verheimlichens bei der Hehlerei, die eine starke Ähnlichkeit zur Begünstigung aufwies.654 Trotz dieser Trennung der Anwendungsbereiche wurde die Zusammengehörigkeit der Anschlussdelikte durch die einheitliche Festsetzung der Höchststrafe auf jeweils fünf Jahre Freiheitsstrafe verdeutlicht.655 b) Inhaltliche Änderungen des Tatbestandes der Begünstigung durch das Reformgesetz Durch die weitgehende Übernahme der im E 1962 entwickelten Regelung der Begünstigung kann in Teilen auf die an dieser Stelle getätigten Äußerungen verwiesen werden.656 aa) Das Verhältnis von Begünstigung und Beihilfe Die bisherige Regelung in § 257 Abs. 3 a. F., die eine Bestrafung der Begünstigung als Beihilfe vorsah, sofern die Hilfe bereits vor der Tat zugesagt worden war (sog. vorversprochene Begünstigung), wurde mit der Neuregelung des EGStGB abgeschafft. Schließlich sei auch ohne die ausdrückliche Normierung dieses Falls ein solches Verhalten als Beihilfe strafbar.657 Nun könnte die Abschaffung dieser Regelung zur Annahme verleiten, dass damit die bestehende Verbindung zwischen Begünstigung und Beihilfe endgültig aufgehoben wurde. Dass dies jedoch nicht der Fall ist, zeigt bereits ein kurzer Blick in die übrigen Absätze des Begünstigungstatbestands.658 Die vermeintliche Abspaltung der Begünstigung von der Beihilfe wurde nicht konsequent durchgehalten, so normierte der Gesetzgeber etwa für die Begünstigung das Erfordernis einer rechtswidrigen Vortat – die Beihilfe stellt die gleiche Anforderung. Auch die Tathandlung des Hilfeleistens ist identisch mit der in § 27 StGB normierten Tathandlung, somit bestand im Ergebnis nach wie vor ein Bezug der Begünstigung zur Beihilfe. Der Wegfall der vorversprochenen Begünstigung gem. § 257 Abs. 3 a. F. StGB schuf Platz für die Regelung des generellen Zurücktretens der Begünstigung als mitbestrafte Nachtat, in den Fällen einer Vortatbeteiligung des Begünstigungstäters. Auch durch diese Entscheidung des Gesetzgebers wurde der Charakter der Begünstigung als nachträgliche Beihilfe manifestiert: Sofern die schwere Bege654

Neumann, S. 348 f. Neumann, S. 349. 656 2. Teil, C. IV. 2. e) bb). 657 BT-Drucks. 7/550, S. 248. 658 A. A. Janson, S. 17 f.

655

C. Historische Auslegung

233

hungsform der Teilnahme an der Vortat nachgewiesen werden konnte, erfolgte Bestrafung hieraus, in allen anderen Fällen wurde wegen der leichteren nachfolgenden Hilfe und damit wegen Begünstigung bestraft.659 Im Ergebnis besteht daher nach wie vor eine Beziehung zwischen dem eigenständigen Tatbestand der Begünstigung und der Beihilfe. bb) Die Begrenzung der Akzessorietät zur Vortat Von der in § 290 E 1962 geregelten Akzessorietät der Begünstigung ggü. der Vortat wurde nur ein Teilaspekt in den neuen § 257 StGB übernommen. Die in § 257 Abs. 4 StGB normierte Notwendigkeit eines Strafantrags, einer Ermächtigung oder eines Strafverlangens stellt die Übernahme des § 290 Abs. 3 E 1962 dar. Eine Regelung der Gleichstellung von Begünstiger und Vortatbeteiligten, hinsichtlich beim Begünstiger vorliegender strafmildernder und strafausschließender besonderer persönlicher Merkmale (§ 290 Abs. 1, 2 E 1962), lässt der neu geregelte Begünstigungstatbestand jedoch vermissen. Ein Bedürfnis für eine Normierung dieser Fälle wurde vom Gesetzgeber nicht gesehen.660 Die Regelung in § 257 Abs. 4 StGB verdeutlicht im Ergebnis die bestehende Abhängigkeit der Begünstigung von der Vortat und zeigt gleichzeitig, dass die Begünstigung nach wie vor einen Beihilfecharakter aufweist. Damit einher geht die Nähe der Begünstigung zur Vortat und schließlich auch eine engere Auslegung des Vorteilsbegriffs. cc) Die Abgrenzung von Hehlerei und Begünstigung Die im Zuge der Reformierung der Anschlussdelikte erfolgte Neufassung des Hehlereitatbestands gem. § 259 StGB diente letztlich auch der Abgrenzung zur Begünstigung.661 Durch das vom Gesetzgeber für die Hehlerei eingefügte Erfordernis der Erlangung einer Sache durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat, wurde klargestellt, dass es sich bei der Hehlerei – im Gegensatz zur Begünstigung – um ein Vermögensdelikt handelt.662 Hinzu kam die Abschaffung der Begehungsalternative des Verheimlichens, die aufgrund ihrer Ähnlichkeit zur Tathandlung bei der Begünstigung in der Vergangenheit zu Abgrenzungsproblemen geführt hatte.

659

Neumann, S. 350. Über die Richtigkeit des Zurücktretens der Begünstigung als mitbestrafte Nachtat lässt sich aufgrund der Verschiedenheit der durch die Begünstigung sowie durch die Vortat geschützten Rechtsgüter streiten, vgl. ausführlich hierzu Neumann, S. 351. 660 BT-Drucks. 7/550, S. 249; BR-Drucks. 1/72, S. 238. 661 BT-Drucks. 7/550, S. 252 f.; Altenhain, S. 219. 662 BT-Drucks. 7/550, S. 248, 252 f.

234

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

c) Der Vorteilsbegriff in § 257 StGB Neben der Entwicklung des Begünstigungstatbestands im Allgemeinen muss an dieser Stelle der Blick auf die Auslegung des Vorteilsbegriffs gerichtet werden. Die Gesetzgebungsmotive des EGStGB belassen es hinsichtlich des Vorteilsbegriffs dabei festzustellen, dass es sich nicht um einen Vermögensvorteil handeln muss.663 Zudem verdeutlicht auch der Wortlaut der Norm, dass weder ein Vermögensdelikt als Vortat noch ein Vermögensvorteil nötig sind. Zur Unmittelbarkeit des Vorteils nimmt der Gesetzgeber in den Motiven keine Stellung. Möchte man aus der übrigen Regelung der Begünstigung Rückschlüsse auf die Auslegung des Vorteilsbegriffs ziehen, so bietet sich als Anknüpfungspunkt der § 257 Abs. 2 StGB und die dort normierte Begrenzung der Strafe für Begünstigungshandeln auf die maximal für die Vortat angedrohte Strafe an. Der durch diese Regelung ausgedrückte enge Zusammenhang zwischen Vortat und Begünstigungstat legt eine enge Auslegung des Vorteils nahe, also die Notwendigkeit einer Identität von aus der Vortat erlangtem und dem gesicherten Vorteil.

4. Zwischenergebnis a) Zum Begünstigungstatbestand im Allgemeinen Die Zeit ab Erlass des RStGB ist geprägt von entscheidenden Neuerungen hinsichtlich des Charakters des Begünstigungstatbestands und einer verstärkten Fokussierung auf die Abgrenzung der einzelnen Anschlussdelikte zueinander. Mit Kodifizierung des Reichsstrafgesetzbuchs von 1871 wurde die Begünstigung erstmals als eigenständiges Delikt im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs normiert. Im Gegensatz zur heutigen Regelung der Begünstigung kannte das Gesetz jedoch zu dieser Zeit noch unterschiedliche Sonderformen der Begünstigung (schwere und vorversprochene Begünstigung) und trennte auch nicht zwischen persönlicher und sachlicher Begünstigung. Durch verschiedene Einzelregelungen wie etwa die Begrenzung der Strafe für Begünstigungshandeln auf die Vortatstrafe oder die Bestrafung der vorversprochenen Begünstigung nur als Beihilfe664, wird deutlich, dass trotz eigenständiger Normierung der Begünstigung der Bezug zur Beihilfe nach wie vor vorhanden war und die Begünstigung auch weiterhin einen beihilfeähnlichen Charakter hatte. Die Abgrenzung der einzelnen Anschlussdelikte zueinander war im RStGB zum Teil nicht klar geregelt. Die Normierung der Begünstigung im Reichsstrafgesetzbuch sah sich schon bald in hohem Maße Kritik ausgesetzt, insbesondere die eigenständige Normierung der Begünstigung als Tatbestand wurde kritisiert, da in der Literatur zum Teil nach wie 663

BT-Drucks. 7/550, S. 248; BR-Drucks. 1/72, S. 238. Eine vorversprochene Begünstigung kann überhaupt nur dann eine Begünstigung darstellen, wenn keine psychische Beihilfe bejaht werden kann. 664

C. Historische Auslegung

235

vor die Lehre von der Begünstigung als Teilnahme vertreten wurde. Mit der Zeit setzte sich allerdings die Ansicht durch, dass der Begünstigung ein selbstständiger Charakter zukomme. Die Zeit nach dem Erlass des RStGB war zudem geprägt von zahlreichen Entwürfen, die größtenteils ein Spiegel der politisch brisanten Zeit sind. Eine Forderung aus dieser Zeit war etwa die Trennung von persönlicher und sachlicher Begünstigung, die später auch im EGStGB von 1975 umgesetzt wurde. Zudem wurde die Abschaffung der vorversprochenen Begünstigung sowie der Personenhehlerei gefordert, beides wurde schließlich durch das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch abgeschafft. Von entscheidender Bedeutung für die Auslegung des Begünstigungstatbestands ist neben der bisher dargestellten Entwicklung die durch das EGStGB eingeführte Fassung des § 257 StGB. Die wichtigsten Entscheidungen des Gesetzgebers stellen hierbei zum einen die Manifestierung der Selbstständigkeit des Begünstigungstatbestands sowie das Bekenntnis zur nach wie vor bestehenden Beziehung von Begünstigung und Beihilfe dar. b) Zum Vorteilsbegriff im Besonderen Während zur Zeit des Erlasses des Reichsstrafgesetzbuchs für den Vorteilsbegriff noch über die Notwendigkeit des Vorliegens eines Vermögensvorteils bzw. das Ausreichen von Nichtvermögensvorteilen diskutiert wurde, setzte sich mit der Entwicklung verschiedener Gesetzesentwürfe über die nächsten Jahrzehnte hinweg die Vorstellung durch, bei dem Vorteil müsse es sich nicht um einen Vermögensvorteil handeln. Dem schloss sich schließlich 1975 der Gesetzgeber des EGStGB an und klärte diese Frage abschließend im Sinne der Mehrheitsmeinung. Allerdings bleibt es in den Gesetzesmotiven zum EGStGB auch bei dieser knappen Stellungnahme zum Vorteilsbegriff. Zu den Anforderungen an die Unmittelbarkeit des Vorteils äußern sich weder die einzelnen Entwürfe noch die Gesetzesmotive zum EGStGB ausdrücklich, es lassen sich lediglich Schlüsse aus einzelnen Teilregelungen ziehen. Wie bereits oben erwähnt, lässt die an verschiedenen Stellen der Begünstigungsnorm deutlich werdende Nähe der Begünstigung zur Vortat den Schluss zu, dass auch zwischen erlangtem und gesichertem Vorteil ein enges Verhältnis bestehen muss.665

665

Vgl. 2. Teil, C. IV. 3. b) aa).

236

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

V. Ergebnis 1. Zusammenfassung der zeitlichen Entwicklung des Begünstigungstatbestands Erste Ansätze einer Begünstigungsstrafbarkeit finden sich bereits im Römischen Recht, zu dieser Zeit existierte jedoch keine tatbestandliche Regelung der Begünstigung. Darüber hinaus kann nicht abschließend geklärt werden, ob die getroffenen Regelungen zur Begünstigung eine Strafbarkeit oder eine bloße private Haftung regeln sollten. Unabhängig von dieser Frage zeigt sich im Römischen Recht jedoch eindeutig, dass die Verschiedenheit des Begünstigungshandelns gegenüber der Teilnahme erkannt wurde. Demgegenüber wurde nicht wahrgenommen, dass unterschiedliche Möglichkeiten der nachträglichen Hilfeleistung existieren und damit auch die Existenz unterschiedlicher Anschlussdelikte verkannt. Auch im Früh- und Spätmittelalter mangelt es an einer gesetzlichen Regelung des Begünstigungstatbestands, allerdings ist eine entscheidende Weiterentwicklung zu verzeichnen, als im Spätmittelalter die Begünstigung mitsamt der anderen Anschlussdelikte zur Teilnahme zugeordnet wird. Diese Systematisierung hatte zur Folge, dass die Teilnahme sehr weit gefasst war, schließlich waren Hilfeleistungen vor, während und nach der Tat umfasst. Da die Zuordnung der Begünstigung zur Teilnahme schon bald in den Partikulargesetzen, die sich ab Beginn des 16. Jahrhunderts entwickelten, hinterfragt wurde, war es nur konsequent, dass schließlich im 18. und 19. Jahrhundert die Ausgliederung der Begünstigung und der weiteren Anschlussdelikte in den Besonderen Teil stattfand. Zudem kam es auch in dieser Epoche zur erstmaligen Normierung der Begriffe Begünstigung und Vorteil. Neben Sonderformen der Begünstigung blieb auch die Zusammenfassung der sachlichen und persönlichen Begünstigung, als Relikt der vorherigen gemeinsamen Regelung beider Formen nachtatlicher Hilfe als Teilnahme, erhalten. Das Anschlussdelikt der Hehlerei wurde zu dieser Zeit bereits weitgehend eigenständig im Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs normiert. Mit Erlass des RStGB von 1871 wurde die Begünstigung erstmals als eigenständiger Tatbestand normiert, nach wie vor waren sachliche und persönliche Begünstigung in einer Norm zusammengefasst. Die sich an den Erlass des RStGB anschließende Reform-Diskussion dauerte fast ein ganzes Jahrhundert und endete schließlich im Erlass des EGStGB von 1975 und der heutigen Fassung des Begünstigungstatbestands. Wesentliche Leistungen dieses Gesetzes waren die Trennung von sachlicher und persönlicher Begünstigung in die beiden Delikte Begünstigung und Strafvereitelung sowie die Entwicklung eines Systems der Anschlussdelikte, das eine Abgrenzung der einzelnen Fälle nachtatlicher Hilfe ermöglicht. Trotz der Normierung als selbstständiges Delikt bestehen nach wie vor Bezüge des Begünstigungstatbestands zur Beihilfe.

C. Historische Auslegung

237

2. Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse der historischen Auslegung Blickt man auf die gesamte historische Entwicklung des Begünstigungstatbestands der vergangenen Jahrhunderte, so lassen sich als Ergebnis folgende drei Erkenntnisse festhalten: (1) Die Begünstigung entwickelte sich aus der Teilnahme und erlangte erst spät eine eigenständige Bedeutung als Tatbestand. (2) Die Nähe zur Teilnahme zeigt sich auch heute noch an bestimmten Formulierungen und Regelungen im Begünstigungstatbestand. (3) Es besteht ein enger Zusammenhang der Begünstigung zu den anderen Anschlussdelikten Strafvereitelung und Hehlerei, welcher zu einer über Jahrhunderte hinweg andauernden Diskussion über das Verhältnis der Tatbestände zueinander führte. Diese drei Erkenntnisse sollen nun genauer beleuchtet werden und im Anschluss auf ihre Bedeutung für die Auslegung des Vorteilsbegriffs hin untersucht werden. a) Die Entwicklung der Begünstigung aus der Teilnahme Dass sowohl die Begünstigung als auch die anderen Anschlussdelikte lange Zeit als besondere Formen der Teilnahme angesehen und im Zusammenhang mit der Beihilfe geregelt wurden, hat zur Folge, dass zu dieser Zeit eine besondere Nähe der Anschlussdelikte zur Vortat gegeben war. Indem man Begünstigungshandeln als „Hilfe nach der Vortat“ und damit als Beihilfe bewertete, zeigt sich deutlich, dass ein enger Vortatbezug bestand: Die Bewertung eines Handelns als Beihilfe zur Vortat ist der engste Bezug, der zwischen einem Handeln und einer zuvor begangenen Straftat bestehen kann. Dieser enge Bezug zur Vortat, der dem Begünstigungshandeln in früherer Zeit zugesprochen wurde, kann wiederum ein Indiz für die Auslegung des Vorteilsbegriffs sein: Wenn eine vorgelagerte Vortat und eine nachgelagerte Hilfe in einem Verhältnis der Teilnahme zueinanderstehen, spricht dies dafür, dass Elemente, die beiden gemeinsam sind, auch gleicher Gestalt sein müssen. Ein solch gemeinsames Element ist der Vorteil allemal, er taucht nämlich in der jeweiligen Vortat als Taterfolg bzw. erlangtes Etwas auf und bei der Begünstigung wiederum als sicherungsfähiges Tatobjekt. Folgt man dieser Annahme, so bedeutet das für die Auslegung des Vorteils, dass nur ein solcher sicherungsfähig war, der tatsächlich unmittelbar aus der Vortat stammte und dass Sachidentität zwischen dem aus der Vortat Erlangtem und dem Vorteil bestehen musste. Ob sich diese Auslegung des Vorteils, die auf der Einordnung der Begünstigung als Teilnahme basiert und daher erstmal nur für diese Zeit

238

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Geltung beanspruchen kann, auf die heutige Auslegung des Vorteils übertragen lässt, soll im nächsten Abschnitt erörtert werden. Mit der Zeit wurde die Vorstellung der Begünstigung als Beihilfe aufgegeben, insbesondere deshalb da ein Begünstigungshandeln ein der Vortat nachgelagertes Handeln ist und damit keine Kausalität für die Haupttat mehr aufweisen kann.666 Diese Erkenntnis führte allerdings nicht zu einer vollständigen Loslösung der Begünstigung aus der Teilnahmelehre, vielmehr verblieb die Begünstigung vielfach im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs und wies durch ihren Standort im Strafgesetzbuch aber auch durch den vielfach normierten Bezug der Begünstigungsstrafe zur Vortatstrafe nach wie vor eine Nähe zu dieser auf. Der Charakter einer Teilnahme blieb der Begünstigung damit erhalten.667 Erst mit Erlass des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund 1870 bzw. mit der Übernahme dieser Regelungen in das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 erlangte die Begünstigung Eigenständigkeit, indem sie als Delikt im Besonderen Teil geregelt wurde. Trotz der Eigenständigkeit des Tatbestands bestand auch hier nach wie vor noch ein Bezug zur Teilnahme, indem etwa ein Vortatbezug durch die Abhängigkeit der Begünstigungsstrafe von der Vortatstrafe existierte. Indem nach wie vor § 257 Abs. 2 StGB regelt, dass die Strafe für die Begünstigung nicht schwerer sein darf als die für die Vortat angedrohte Strafe, besteht dieser Bezug zwischen Begünstigung und Vortat auch heute noch. b) Das heutige Verhältnis von Begünstigung und Teilnahme Heute ist man sich einig, dass die Begünstigung nicht zur Teilnahme zählt und, dass aus verschiedenen Gründen, die in der Vergangenheit erfolgte Zuordnung der Begünstigung und der übrigen Anschlussdelikte zur Teilnahme, einen Fehler darstellte.668 Trotz dieser Erkenntnis, besteht nach wie vor eine nicht zu leugnende Nähe der Begünstigung zur Teilnahme. Dies zeigt sich zum einen an Formulierungen, die sowohl im Tatbestand der Begünstigung als auch bei der Beihilfe verwendet werden: Beide Normen erfordern eine rechtswidrige Tat, zu der während bzw. nach der Tatbegehung Hilfe geleistet wird. Zum anderen wird die Nähe zur Beihilfe dadurch verdeutlicht, dass die Strafe für die Begünstigung auf die Vortatstrafe begrenzt ist. Diese Regelung ähnelt der Straflimitierung der Beihilfe in § 27 Abs. 2 StGB, die für die Strafe des Gehilfen eine Orientierung an der Strafdrohung des Haupttäters vorsieht, gegenüber der Strafe des Haupttäters jedoch zwingend zu mildern ist. In beiden Fällen ist somit die Strafdrohung des Helfenden in gewisser Weise an der Strafe des Haupttäters bzw. Vortäters orientiert. 666

Vgl. 2. Teil, C. III. 3. a) cc). Vgl. hierzu die Regelung der Begünstigung in den zahlreichen Partikulargesetzen des 18. und 19. Jahrhunderts, 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2). 668 In diesem Sinne auch Weisert, der die Zuordnung zur Teilnahme als lehrreichen Irrweg bezeichnet, vgl. Weisert, S. 122. 667

C. Historische Auslegung

239

Es stellt sich nun die Frage, welche Konsequenz die nach wie vor bestehende Nähe der Begünstigung zur Beihilfe für die Auslegung des Vorteilsbegriffs haben kann. Wichtig ist hierbei insbesondere zu sehen, dass in der Vergangenheit ein deutlich engeres Verhältnis zwischen Beihilfe und Begünstigung bestand, welches auch eine engere Auslegung des Vorteils erforderlich machte. Dass nunmehr gelockerte Verhältnis, dass eben gerade keine Einordnung der Begünstigung als Beihilfe mehr vorsieht und nur noch einen locker gefassten Zusammenhang beider Begehungsformen erkennen lässt, erfordert nunmehr auch nicht, dass durch die Vortat Erlangtes und durch die Begünstigung Gesichertes identisch sein müssen. Erforderlich ist jedoch – aufgrund des historischen Ursprungs der Begünstigung und der nach wie vor bestehenden Nähe der Begünstigung zur Vortat – für den Vorteil das eingrenzende Merkmal der Unmittelbarkeit einzuführen. Hierdurch wird ermöglicht, dass der Vorteil von dem Zeitpunkt der Erlangung bis zur Sicherung eine (gewisse) Wandlung durchleben kann, die sich im Rahmen dessen hält, was noch als unmittelbar angesehen werden kann. Welche Wandlung der Vorteil potentiell durchleben kann und wo die Grenze der Unmittelbarkeit zu ziehen ist, lässt sich mithilfe der historischen Auslegung nicht ermitteln und muss an anderer Stelle mit Hilfe der übrigen Auslegungsmethoden bestimmt werden. c) Das Verhältnis der Anschlussdelikte zueinander Zu Beginn der Entwicklung von Rechtsregeln wurde nicht nach den unterschiedlichen Formen des nachträglichen Helfens differenziert, vielmehr wurden sie aufgrund der Hilfe als gemeinsamer Wurzel aller Anschlussdelikte zusammen geregelt. Die Regelung der Anschlussdelikte erfolgte daher über Jahre hinweg durch schlichte Aufzählung verschiedener Hilfeleistungshandlungen in der jeweiligen Strafnorm, ohne den unterschiedlichen Charakter der verschiedenen Formen (nachträglicher) Hilfe herauszuarbeiten. Im Zuge der Abspaltung der einzelnen Anschlusstaten voneinander gelangte zuerst die Hehlerei in den Fokus und wurde bereits früh von den anderen Anschlussdelikten getrennt normiert.669 Die unterschiedliche Entwicklung von Hehlerei und Begünstigung in den Partikulargesetzen hatte auch bereits zu dieser Zeit Auswirkungen auf die Auslegung der beiden zentralen Tatbestandsmerkmale Sache und Vorteil.670 Dagegen bestand die gemeinsame Regelung der Begünstigung und Strafvereitelung noch jahrelang, bis mit Einführung des EGStGB schließlich die beiden Formen nachträglicher Hilfe endgültig voneinander getrennt wurden. Trotz der Trennung der Anschlussdelikte, hat die langjährige gemeinsame Regelung noch Auswirkungen auf die heutige Auslegung der Tatbestände: Es bestehen nach wie vor 669 670

Vgl. 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (k) (cc). Vgl. 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (o) (bb) (a).

240

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

zum Teil Unklarheiten bei der Abgrenzung der Anwendungsbereiche der einzelnen Normen zueinander, besonders deutlich wird das anhand eines bereits eingangs erwähnten Beispiels, nämlich den Fällen der Begünstigung durch Veräußerung an einen Dritten bzw. Rückveräußerung an den Eigentümer.671 Diese Fallkonstellationen bewegen sich an der Schnittstelle der Anwendungsbereiche von Begünstigung und Hehlerei und die Abgrenzungsfrage hat, wie bereits oben festgestellt, unmittelbare Auswirkung auf die Auslegung des Vorteilsbegriffs. Abgesehen von den bestehenden Abgrenzungsproblemen kann das Verhältnis der Anschlussdelikte zueinander noch anderweitig für die Auslegung fruchtbar gemacht werden: Dass alle drei Anschlussdelikte einer gemeinsamen Regelung entstammen und noch heute in einem gemeinsamen Abschnitt geregelt sind, spricht dafür, dass Gemeinsamkeiten und Abhängigkeiten der Tatbestände untereinander bestehen, die es zu untersuchen gilt. Darüber hinaus legt die separate Regelung von Begünstigung, Hehlerei und Strafvereitelung in drei Normen nahe, dass es drei unterschiedliche Anwendungsbereiche für die einzelnen Tatbestände gibt, sonst hätte man auch, wie bereits früher, alle Delikte gemeinsam in einer Norm oder als ein Delikt regeln können. Demnach besteht die Möglichkeit, dass aus der Auslegung der anderen Anschlussdelikte und ihrer Tatbestandsmerkmale Rückschlüsse auf die Auslegung der Begünstigung und des Vorteilsbegriffs gezogen werden können. Dies wird allerdings erst im Rahmen der systematischen Auslegung zu untersuchen sein. 3. Die Bedeutung der Erkenntnisse der historischen Auslegung für den Vorteilsbegriff der Begünstigung Nachdem die allgemeinen Erkenntnisse der historischen Auslegung zur Entwicklung des Begünstigungstatbestands zusammengefasst wurden, muss in einem letzten Schritt der Blick auf die Bedeutung der historischen Auslegung für den Vorteilsbegriff gerichtet werden. Dies erfordert zunächst die Durchsicht der verschiedenen Gesetzesentwürfe und -motive nach ausdrücklichen Äußerungen des Gesetzgebers zur Auslegung des Vorteils. Nur an wenigen Stellen gehen die Gesetzesmotive auf den Vorteilsbegriff ein und sofern das der Fall ist, wird allein diskutiert, ob es sich bei dem Vorteil um einen Vermögens- oder einen Nichtvermögensvorteil handeln muss.672 Mit der Zeit setzte sich hier eindeutig die Ansicht durch, dass auch Nichtvermögensvorteile vom Vorteilsbegriff erfasst sind. Darüber hinaus lässt sich den verschiedenen Entwürfen nicht entnehmen, wie der Vorteil beschaffen sein muss, ob an die Unmittelbarkeit des Vorteils bestimmte Anforderungen gestellt werden, ob Umwandlungen das Vorlie671

Vgl. 1. Teil, B. III. 2. b) aa). Vgl. etwa Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch Begründung, S. 777, insbesondere Fn. 1; Begründung zu § 200 E 1927, abgedruckt in: Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozessrechts, Abt. I, Bd. 2, S. 583; BT-Drucks. 4/650, S. 460; BTDrucks. 7/550, S. 248; BR-Drucks. 1/72, S. 238. 672

C. Historische Auslegung

241

gen eines Vorteils ausschließen etc. Von besonderer Bedeutung für die Auslegung des Vorteilsbegriffs sind zwei Gesetze: Einmal das Preußische Allgemeine Landrecht, hier wurde in §§ 83, 84 ALR673 erstmals der Vorteilsbegriffs im Gesetz verwendet, zum anderen ist das RStGB für die Auslegung bedeutend, da mit Einführung des Reichsstrafgesetzbuches von 1871 der Vorteilsbegriff im Gesetz verankert wurde. In den Motiven zu den genannten Gesetzen wird der Vorteilsbegriff jedoch ebenso stiefmütterlich behandelt, wie in den übrigen Gesetzen und Gesetzesentwürfen, sodass an dieser Stelle ein weiterer Erkenntnisgewinn ausgeschlossen ist. Mangels erschöpfender Äußerungen des Gesetzgebers zur Ausgestaltung des Vorteils, muss in einem zweiten Schritt versucht werden, aus den Erkenntnissen der historischen Auslegung zum Begünstigungstatbestand generell, Schlüsse hinsichtlich der Auslegung des Vorteilsbegriffs zu ziehen. Da hierauf bereits im vorherigen Abschnitt eingegangen wurde, soll es hier bei einer kurzen zusammenfassenden Darstellung der für die Auslegung des Vorteilsbegriffs gewonnenen Erkenntnisse bleiben. Aufgrund des Ursprungs der Begünstigung in der Teilnahmelehre bestand früher ein enger Zusammenhang zur Vortat, was eine Identität von aus der Vortat erlangtem und sicherungsfähigem Vorteil erforderlich machte, Umwandlungen waren somit zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Dieses enge Verhältnis zur Teilnahme wurde jedoch zum Teil aufgelöst, indem die Begünstigung als eigenständiger Tatbestand geregelt wurde. Die nach wie vor bestehende Beziehung zur Teilnahme hat allerdings nicht zur Folge, dass die Sicherung irgendeines aus der Vortat stammenden Vorteils ausreicht, d. h. beliebige Änderungen und Umwandlungen des aus der Vortat Erlangten sind nicht zulässig. Vielmehr muss das aus der Vortat Erlangte noch unmittelbar entstammen. Wie genau dieses Unmittelbarkeitskriterium zu verstehen ist, vermag die historische Auslegung nicht zu klären. Diese Auslegung des Vorteilsbegriffs wird auch bestätigt durch eine vergleichende Betrachtung der Entwicklung von Begünstigung und Hehlerei, wobei insbesondere die Zeitspanne zwischen 18. und 19. Jahrhundert (Partikulargesetzgebung) hierfür aufschlussreich ist. Während die Ausgliederung der Hehlerei aus der Teilnahme und die Verselbstständigung des Tatbestands im Besonderen Teil der jeweiligen Strafgesetzbücher maßgeblich auf der unterschiedlichen Motivation beider Handlungsformen beruht674, ist es schließlich der Prozess der Ausgliederung und die Veränderung des entscheidenden Tatbestandsmerkmals der Hehlerei (Sache), die hier von entscheidender Bedeutung sind: Indem die Hehlerei durch die Ausgliederung aus der Teilnahme die Nähe zur Vortat verlor, entfiel auch eine begrenzende Funktion, die die Teilnahme zunächst für die Hehlerei hatte. Damit einher ging die Notwendigkeit, ein begrenzendes Tatbestandsmerkmal einzuführen, und dieses wurde mit dem Begriff der Sache gefunden. In der Konsequenz wurde die 673

2. Teil 20. Titel 1. Abschnitt §§ 83, 84, zitiert nach Hattenauer, S. 675. Während der Begünstiger (zumindest überwiegend) fremdnützig agiert, handelt der Hehler aus Eigennutz. 674

242

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

erforderliche Eingrenzung des Tatbestands hierdurch erreicht und die Notwendigkeit einer Sachidentität für erlangten und verhehlten Gegenstand begründet. Indem die Ausgliederung der Begünstigung zu einem späteren Zeitpunkt auf andere Weise vollzogen wurde – der zuvor bereits benutzte Begriff des Vorteils wurde gerade beibehalten, nachdem die Begünstigung aus der Teilnahme ausgegliedert, im Besonderen Teil geregelt wurde und damit ihre Vortatnähe eingebüßt hatte –, zeigt sich der Wille des Gesetzgebers, die Begünstigung bezogen auf das Tatbestandsmerkmal nicht genauso eng wie die Hehlerei zu normieren und damit keine Sachidentität für den Vorteil zu verlangen.675 Letztlich bleibt noch darauf zu verweisen, dass das enge Verhältnis der drei Anschlussdelikte zueinander, das einerseits historisch gewachsen ist, andererseits auch heute durch die gemeinsame Normierung in einem Abschnitt noch besteht, es ermöglicht, aus der Regelung der anderen Anschlussdelikte und Tatbestandsmerkmale – insbesondere aus dem Merkmal der Sache des § 259 StGB Schlüsse hinsichtlich der Auslegung des Vorteilsbegriffs zu ziehen. Darauf wird diese Arbeit i. R. d. systematischen Auslegung vertiefter eingehen.

D. Teleologische Auslegung I. Einführung 1. Allgemeines „Der Maßstab des Rechts ist nicht der absolute der Wahrheit, sondern der relative des Zweckes.“676

Ihering misst mit diesem Zitat der Auslegung nach dem Sinn und Zweck eine besondere Bedeutung zu, entscheidend ist jedoch, welchen Zweck er meint, schließlich kann ein Gesetz grundsätzlich beliebige Zwecke bzw. Interessen von Einzelpersonen oder Personengruppen verfolgen. Bei dem Zweck des Gesetzes, den Jhering anspricht, handelt es sich um den vom Recht angestrebten, dessen Verwirklichung „für das Leben der Menschen in einer bestimmten Gesellschaft gerecht, nützlich oder gar notwendig ist“677. Die herausgehobene Stellung der teleologischen Auslegung wurde nicht nur von Jhering gesehen, auch heute hat sie im Auslegungskanon noch eine bedeutende Stellung678 und wird häufig am Ende einer Gesetzesauslegung bemüht, um noch

675

Vgl. zu diesem Aspekt 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (o). Jhering, S. 439. 677 Puppe, S. 145. 678 So wird sie etwa als „Krone der Auslegung“ bezeichnet, vgl. Jescheck/Weigend, S. 156. 676

D. Teleologische Auslegung

243

bestehende Unklarheiten auszuräumen oder aber um zwischen den verschiedenen Ergebnissen der anderen Auslegungsmethoden zu vermitteln.679 2. Ermittlung des Sinn und Zwecks eines Gesetzes Bevor die teleologische Auslegungsmethode auf die hier relevanten Gesetzesbegriffe anzuwenden ist, muss geklärt werden, auf welche Arten der Gesetzeszweck grundsätzlich bestimmt werden kann. Zunächst kann sich der Regelungszweck aus dem Gesetz selbst oder aus einer verwandten Norm ergeben, gemeint sind also Fälle, in denen der Gesetzgeber im Gesetz den Regelungszweck explizit festgeschrieben hat.680 Findet sich hier – wie in den meisten Fällen – nichts, so muss in den Gesetzgebungsmotiven nach einem Gesetzeszweck Ausschau gehalten werden. Sollte auch hier keine Hinweise auf den Sinn und Zweck der Norm zu finden sein, muss er schließlich aus der Regelung selbst erschlossen werden.681 Hierbei bildet, unabhängig von der Art der Bestimmung des Sinn und Zwecks, der Wortlaut die Grenze der teleologischen Auslegung.682 Von besonderer Bedeutung bei der Ermittlung des Sinn und Zwecks eines Gesetzes sind die Folgen der jeweiligen Auslegung.683 Konkret bedeutet das für die teleologische Auslegung einer Norm, dass das Auslegungsergebnis sowohl nützlich als auch gerecht sein muss und gleichfalls zu vermeiden ist, dass ein Auslegungsergebnis schädliche Effekte hat, „die den Nutzen der Zweckerreichung aufwiegen oder gar überwiegen“.684 Nach Abschluss der Ermittlung des Sinn und Zwecks einer Norm müssen daher immer zwingend die Folgen dieser Auslegung überprüft werden. 3. Differenzierung nach subjektiv- und objektiv-teleologischer Auslegung Insbesondere bei dieser Auslegungsmethode ist der Streit zwischen objektiver und subjektiver Auslegung von erheblicher Bedeutung685 : Für den subjektiv Auslegenden bestimmt sich der Sinn und Zweck des Gesetzes denknotwendig danach, was der Gesetzgeber mit seiner Regelung erreichen wollte, dagegen kann für den objektiv Auslegenden eine Norm auch einen vom Gesetzgeberwillen unabhängigen Sinn und Zweck haben. Die Bedeutung der subjektiv-teleologischen Auslegung hat bei der teleologischen Auslegung einen besonderen Stellenwert, der darin begründet liegt, dass aus679

Anstatt vieler etwa Bydlinski, S. 453 f. Wank, S. 71. 681 Wank, S. 71. 682 Puppe, S. 149. 683 Puppe, S. 158; ausführlich hierzu auch Weisert, S. 572 ff. 684 Puppe, S. 158. 685 Puppe, S. 146 ff.; Weisert, S. 474. 680

244

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

schließlich der Gesetzgeber, nicht aber der Richter demokratisch legitimiert ist und damit denknotwendig der durch den Gesetzgeber verliehenen Zweckbestimmung der höchste Stellenwert beizumessen ist.686 Daher wird z. T. die Ermittlung des tatsächlichen Willens des Gesetzgebers als das höchste Ziel der Auslegung bezeichnet.687 Allerdings lässt sich dieser Auffassung entgegengehalten, dass der Gesetzgeber nicht zu jeder einzelnen Rechtsfrage, die sich aus dem Gesetz ergibt, einen Willen gebildet hat.688 Die objektiv-teleologische Auslegung dagegen bietet dem Juristen die größtmögliche Freiheit bei der Auslegung, jedoch ist sie damit auch dem größten Maß an Kritik, von Seiten anderer Gesetzesinterpreten, ausgesetzt.689 Wie bereits zuvor erwähnt, sollen in dieser Arbeit beide Ansätze gleichwertig berücksichtigt werden.690

II. Die Schutzrichtung der Begünstigung 1. Ansatzpunkte Nach diesem kurzen Überblick über das Vorgehen im Rahmen einer teleologischen Auslegung und deren Besonderheiten soll es nun um die Ermittlung der Schutzrichtung des Begünstigungstatbestands gehen. Mangels expliziter gesetzlicher Regelung zum Schutzzweck der Begünstigung im Gesetz müssen zur Bestimmung des Sinn und Zwecks die Gesetzesmaterialien herangezogen und zudem der Versuch unternommen werden, den Gesetzeszweck aus der Regelung selbst zu erschließen. Unternimmt man den Versuch, die Schutzrichtung der Begünstigung zu bestimmen, so lassen sich im Wesentlichen zwei Ansatzpunkte unterscheiden, die sich dem Schutzgut von jeweils unterschiedlichen Seiten nähern. Zum einen wird eine positive Schutzrichtung der Begünstigung angenommen, hiernach schützt der Begünstigungstatbestand einzelne Rechtsgüter der Allgemeinheit bzw. des Einzelnen. Dem entgegen steht die Auffassung, die Begünstigung strebe einen generalpräventiven Schutz an und der Straftatbestand solle primär zukünftige Straftaten verhindern. Schließlich gibt es noch zahlreiche Varianten, die einen kombinierten Schutz der genannten Rechtsgüter annehmen. Im Folgenden sollen nun die verschiedenen gegensätzlichen Ansichten dargestellt und im Hinblick darauf untersucht werden, inwiefern sie Aufschluss über die Auslegung der Begünstigung und des Vorteilsbegriffs geben.

686

Puppe, S. 146 f.; Walter, in: ZIS 2016, 746 (747 f., 755). Walter, in: ZIS 2016, 746 (746 f., 754). 688 Puppe, S. 146 f.; BVerfGE 133, 168 (205). 689 NK-Hassemer/Kargl, § 1 Rn. 114b. 690 2. Teil, A. III. 687

D. Teleologische Auslegung

245

a) Positive Schutzrichtung der Begünstigung All diejenigen, die der Begünstigung eine positive Schutzrichtung zusprechen, attestieren ihr den Sinn und Zweck, ein bestimmtes Rechtsgut – insofern kann es sich um ein Individual- oder um ein Allgemeinrechtsgut handeln – positiv zu schützen. Um welches Individual- bzw. Allgemeinrechtsgut es sich hierbei handelt, wird allerdings kontrovers diskutiert. aa) Individualrechtsgüterschutz Ein möglicher Ansatzpunkt zur Bestimmung der Schutzrichtung der Begünstigung ist zunächst die Anknüpfung an den Individualrechtsgüterschutz. Betrachtet man den Schutz von Individualrechtsgütern als Schutzzweck eines Tatbestands, hat dies zwingend zur Folge, dass der Inhaber des Individualrechtsguts dispositionsbefugt691 ist, also autonom entscheiden kann, wie mit seinem Rechtsgut verfahren wird. Er kann daher auch in einen Rechtsgutseingriff einwilligen und somit eine Rechtsgutsverletzung ausschließen.692 Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu den Fällen, in denen ein Tatbestand ausschließlich Allgemeinrechtsgüter schützt, in diesen Fällen scheidet eine Einwilligung mangels Dispositionsbefugnis denknotwendig aus. Bezogen auf den Tatbestand der Begünstigung gibt es eine nicht unwesentliche Anzahl an Stimmen, nach denen der Tatbestand ausschließlich dem Schutz von Individualrechtsgütern dient, hierbei wird jedoch nicht einheitlich beurteilt, welche Rechtsgüter im Einzelnen geschützt sind. (1) Schutz des Vermögens Insbesondere früher wurde vielfach vertreten, dass die Begünstigung ausschließlich das Vermögen des Einzelnen schütze.693 Das Unrecht des Begünstigungstatbestands liege darin begründet, dass eine durch die Vortat herbeigeführte rechtswidrige Vermögenslage694 aufrechterhalten, d. h. perpetuiert werde zuungunsten des Geschädigten und zugunsten des Vortäters695 (sog. Perpetuierungstheorie696). Konsequenz dieser Bestimmung des Schutzzwecks ist, dass zwischen Vortat und Begünstigungstat ein enger Zusammenhang angenommen wird,

691

Janson, S. 24. S/S-Sternberg-Lieben, Vor §§ 32 ff. Rn. 33. 693 Binding, BT II, Abt. 2, S. 643; Bockelmann, in: NJW 1951, 620 (621), anders jedoch mittlerweile in Bockelmann, BT I, S. 171 f.; Geerds, in: GA 1988, 243 (263); Otto, § 57 Rn. 1; Welzel, S. 393. 694 Bockelmann, in: NJW 1951, 620 (621). 695 Binding, BT II, Abt. 2, S. 665 f. 696 Etwa Geerds, in: GA 1988, 243 (263). 692

246

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

schließlich werde durch die Vortat das Rechtsgut zum ersten Mal und durch die Begünstigungstat das gleiche Rechtsgut zum zweiten Mal verletzt.697 Einem reinen Vermögensschutz des Begünstigungstatbestands steht bereits der Wortlaut des § 257 StGB entgegen, der das Vermögen mit keinem Wort erwähnt, vielmehr lediglich eine rechtswidrige Vortat und einen hieraus erlangten Vorteil fordert.698 Der Begünstigungstatbestand ist daher nicht beschränkt auf Vermögensvortaten und verlangt ebenso wenig die Sicherung von Vermögensvorteilen699, sodass eine Beschränkung des Schutzzwecks auf das Vermögen nicht angezeigt ist. Zudem spricht gegen den reinen Vermögensschutz als Schutzzweck der Begünstigung, dass eine Verortung des Begünstigungsunrechts, bei der Perpetuierung der rechtswidrigen Vermögenslage, den Unterschied zwischen Begünstigung und Hehlerei verwischen würde.700 Schließlich widerspricht eine auf den Vermögensschutz reduzierte Bestimmung des Schutzzwecks noch aus einem weiteren Grund dem eindeutigen Wortlaut des Begünstigungstatbestands. So leuchte nicht ein, warum – unter Zugrundelegung eines auf Vermögensschutz reduzierten Schutzzwecks – der Tatbestand ausdrücklich nur die Sicherung solcher Vorteile bestrafe, die aus Straftaten erlangt wurden, nicht jedoch eine Sicherung von privatrechtlichen Ansprüchen, die aus nicht strafrechtlichen, d. h. sonstigen Verletzungen des Vermögens (etwa verbotene Eigenmacht) hervorgegangen sind.701 Eine Differenzierung sei insbesondere dann inkonsequent, wenn man von der Prämisse ausgehe, dass der Begünstigungstäter einen rechtswidrigen Vermögenszustand aufrechterhalte, dies geschehe nämlich durch beide genannten Handlungsweisen.702 Eine Beschränkung des Tatbestands auf die Fälle, in denen der Vermögenswert durch ein strafbares Handeln erlangt wurde, sei auch deshalb verfehlt, da das vermögensrechtliche Interesse des Geschädigten in solchen Fällen nicht höher sei.703 Um die Berechtigung der Existenz eines Straftatbestands der Begünstigung zu begründen, muss der Tatbestand daher einen anderen Schutzzweck erfüllen.

697

Janson, S. 26. Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (310); in diesem Sinne auch Amelung, in: JR 1978, 227 (229). 699 Vgl. hierfür auch die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 7/550, S. 248; Weisert, S. 262 f. 700 Dies erkennt auch Bockelmann, in: NJW 1951, 620 (621) an. 701 Janson, S. 59; Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 97). 702 Janson, S. 59. 703 Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 97). 698

D. Teleologische Auslegung

247

(2) Schutz des Restitutionsinteresses Als weiteres schutzfähiges Individualrechtsgut wird das Restitutionsinteresse des Einzelnen angesehen.704 Im Gegensatz zur angenommenen Vermögensschutzfunktion der Begünstigung ist das Restitutionsinteresse als Schutzgut weiter gefasst, das Unrecht liegt hier in der „Perpetuierung jeder strafrechtswidrig entzogenen Position“705. Mittelbar sind hier insbesondere all diejenigen Individualinteressen erfasst, die durch die Vortat verletzt wurden und an denen daher ein Restitutionsinteresse des Geschädigten besteht. Hierbei kann es sich – übereinstimmend mit der zuvor dargestellten Ansicht – um vermögensrechtliche Individualinteressen aber auch um sonstige Individualinteressen handeln. Folgt man dieser Ansicht, so schützt § 257 StGB vor der Sicherung jeglicher rechtswidrig erlangter Vorteile, sofern hiervon irgendein Individualrechtsgut betroffen ist.706 Eine solche Beschränkung auf den Schutz von Individualinteressen schöpft den Charakter der Begünstigung als Anschlussdelikt allerdings nicht aus.707 Taugliche Vortaten der Begünstigung können nach dem Willen des Gesetzgebers sowohl Vermögensdelikte, als auch Nichtvermögensdelikte und insbesondere auch Delikte sein, die entweder Individualinteressen schützen oder aber ausschließlich einen Allgemeinrechtsgüterschutz bewirken.708 Somit knüpft die Begünstigung als Anschlussdelikt nach dem Willen des Gesetzgebers an unterschiedliche Vortaten an. Man würde jedoch für Fälle, in denen kein Individualrechtsgut durch die Vortat verletzt wurde und folglich kein schutzfähiger Restitutionsanspruch des Einzelnen besteht, nach dieser Schutzgutbestimmung den strafrechtlichen Schutz für die Fälle verweigern, in denen durch die Vortat ausschließlich ein Allgemeinrechtsgut beeinträchtigt wurde, obwohl gerade auch Vortaten, die ausschließlich ein Allgemeinrechtsgut schützen, taugliche Vortaten i. S. d. § 257 StGB sind. Beurteilt man dies anders und wertet den Schutz des Restitutionsinteresses des Einzelnen als einziges Schutzgut des § 257 StGB, so missachtet man nicht nur den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers709, sondern lässt mit der Beschränkung des Begünstigungstatbestands auf den Schutz von Individualinteressen ungewollte Strafbarkeitslücken entstehen.710

704

SK-Samson6, § 257 Rn. 2, 5, zitiert nach Janson, S. 26; Heghmanns, BT, Rn. 1871. Ebenso SK-Hoyer, § 257 Rn. 1, der jedoch einen kumulativen Schutz gemeinsam mit dem Rechtsgut „Präventionseffekt“, also einen generalpräventiven Schutzzweck, vorschlägt. 705 Janson, S. 63; SK-Samson6, § 257 Rn. 5, zitiert nach Janson, S. 26. 706 Janson, S. 63. 707 Weisert, S. 263. 708 BT-Drucks. 7/550, S. 248; zum E 1962 vgl. BT-Drucks. 4/650, S. 460. Taugliche Vortaten sind hiernach der Muntbruch (heute: Entziehung Minderjähriger), die Preistreiberei, andere Wirtschaftsvergehen, Vergehen gegen das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften, Vergehen gegen das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. 709 BT-Drucks. 7/550, S. 248. 710 Janson, S. 63 f.; Weisert, S. 263.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Darüber hinaus steht die dargestellte Schutzzweck-Bestimmung in Widerspruch zu einer ausdrücklich in § 257 StGB normierten Tatbestandsvoraussetzung: Gemäß § 257 StGB müssen die Vorteile aus einer rechtswidrigen Straftat hervorgegangen sein. Für den Fall, dass man als Schutzzweck das Restitutionsinteresse des Einzelnen ansieht, ergibt diese Beschränkung jedoch keinen Sinn, da dieses Interesse genauso besteht bei sonstigen Rechtsgutsverletzungen, die nicht auf einer Straftat, sondern auf nur zivilrechtlichen Verletzungen beruhen.711 Diese Argumentation knüpft an das oben bereits i. R. d. Kritik gegen den ausschließlichen Schutz von Vermögensinteressen Dargestellte an. Gegen die Bewertung des Restitutionsinteresses des Einzelnen als Schutzzweck spricht letztlich noch, dass durch die ausschließliche Erfassung von Individualrechtsgütern und der damit stattfindenden Ausklammerung von Allgemeinrechtsgütern die Möglichkeit einer Einwilligung in eine Begünstigungstat besteht und somit Straffreiheit erlangt werden kann. Ob diese Beschränkung auf Individualrechtsgüter und die damit einhergehende Möglichkeit der Erlangung von Straffreiheit aufgrund einer Einwilligung, dem Willen des Gesetzgebers tatsächlich gerecht werden kann, ist fraglich. Letztlich hängt diese Frage aber davon ab, wie man den (vom Gesetzgeber angestrebten) Schutzzweck des § 257 StGB bestimmt, sodass ein Rückschluss auf den Schutzzweck zirkelschlüssig wäre. (3) Konsequenzen für die Auslegung des Vorteilsbegriffs Nach dieser Darstellung der unterschiedlichen im Bereich des Individualrechtsgüterschutzes vertretenen Ansichten und deren kritischer Beleuchtung, muss es in einem zweiten Schritt um die für diese Arbeit relevante Frage gehen, inwiefern sich aus dieser Variante der Schutzgutbestimmung Erkenntnisse für die Auslegung des Vorteilsbegriffs gewinnen lassen. Sieht man den Schutzzweck des Begünstigungstatbestands im Individualrechtsgüterschutz, hat dies entscheidende Bedeutung für die Auslegung des Vorteilsbegriffs: Das geschützte Individualrechtsgut zeichnet sich dadurch aus, dass es jeweils einen unmittelbaren Bezug zur Vortat und zu dem durch die Vortat beeinträchtigten Rechtsgut aufweist. Entweder ist es identisch mit dem bereits durch die Vortat geschützten Rechtsgut, so etwa in den Fällen, in denen das Vermögen durch Vortat und Begünstigungstat betroffen ist oder aber es weist einen mittelbaren Bezug zur Vortat auf, wenn man als Individualrechtsgut das Restitutionsinteresse des Einzelnen ansieht. Aufgrund dieses bestehenden Bezugs zur Vortat kann die Konsequenz für den Begünstigungstatbestand unter Zugrundelegung dieser Schutzerwägungen nur sein, dass der sicherungsfähige Vorteil der Vortat unmittelbar entstammen und gerade nicht umgewandelt worden sein darf. Es muss unter Zugrundelegung dieser Schutzgüter somit Sachidentität zwischen erlangtem und gesichertem Gegenstand bestehen. 711

Janson, S. 59 f., 64.

D. Teleologische Auslegung

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bb) Allgemeinrechtsgüterschutz Neben einem reinen Individualrechtsgüterschutz der Begünstigung wird vertreten, dass alleiniger Schutzzweck ein Allgemeinrechtsgut sei, entweder in Form der Rechtspflege oder aber als öffentliches Restitutionsinteresse. (1) Schutz der Rechtspflege Gerade in der früheren Literatur712 und Rechtsprechung713 wurde vielfach vertreten, der Tatbestand der sachlichen Begünstigung schütze die Vortatvorteile restituierende Rechtspflege714 : Aufgabe der Rechtspflege sei es, die durch Begehung der Vortat ausgelöste Ausgleichspflicht zugunsten des Geschädigten durchzusetzen und so wieder rechtmäßige Zustände herzustellen. Indem gerade diese Wiederherstellung durch den Begünstigungstäter verhindert werde, behindere er die Rechtspflege in ihrer Funktionsfähigkeit.715 Die Entstehung dieser Auffassung lässt sich mit der ursprünglich gemeinsamen Regelung von sachlicher und persönlicher Begünstigung erklären, erst 1975 wurden mit Einführung des EGStGB beide Handlungsformen als eigenständige Delikte der Begünstigung und Strafvereitelung anerkannt. Aus der ursprünglich gemeinsamen Regelung von sachlicher und persönlicher Begünstigung wurde geschlussfolgert, dass durch beide Handlungsformen nur ein einheitliches Rechtsgut geschützt sein könne. Da jedoch für das strafvereitelnde Handeln unzweifelhaft feststand, dass geschütztes Rechtsgut die Rechtspflege ist, war sogleich auch klar, welches Rechtsgut die sachliche Begünstigung schützt.716 Ein Unterschied wurde für sachliche und persönliche Begünstigung lediglich dahingehend gemacht, dass die persönliche Begünstigung eher die Strafrechtspflege, die sachliche Begünstigung dagegen die Zivilrechtspflege schützt.717 Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass diese Rechtsgutsbestimmung zu ungenau und zu kurz gedacht ist. Durch das Handeln des Begünstigungstäters wird nicht die Rechtspflege an sich angegriffen, es wird ausschließlich der Anspruch des Geschädigten auf Restitution vereitelt bzw. beeinträchtigt. Hierdurch ist aber nur mittelbar die Rechtspflege betroffen, da es gerade ihre Aufgabe ist, den Restitu-

712 Köhler, in: GS 1902 (61), 44 (47); Maurach, in: JZ 1952, 661 (662); Mezger, in: NJW 1947/48, 491 (491); Schmidt, in: von Liszt/Schmidt25, S. 843; darstellend Weisert, S. 255 Fn. 748 m. w. N. 713 RGSt 54, 132 (134); BGHSt 2, 362 (363); BGHSt 24, 166 (167); BGHSt 36, 277 (280). 714 Vgl. zur Formulierung Weisert, S. 255. 715 BGH NStZ 1987, 22; BGHSt 2, 362 (363); BGHSt 24, 166 (167); Maurach, in: JR 1972, 70 (70). 716 Vgl. zum gesamten Argument Weisert, S. 255 f. 717 Schmidt, in: von Liszt/Schmidt25, S. 846.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

tionsanspruch des Geschädigten durchzusetzen.718 Im Ergebnis stellt die Begünstigung daher kein echtes Rechtspflegedelikt dar, da sie – im Unterschied zu den Delikten gem. §§ 145d, 153 ff., 258 StGB – „lediglich eine ausführende Rolle bei der Durchsetzung potentieller Rückgewähransprüche des Verletzten“719 hat. Hieran anknüpfend zeigen sich bei genauerem Hinsehen auch weitere Schwächen dieser Rechtsgutsbestimmung: Es sind Fälle denkbar, in denen der durch die Vortat Geschädigte entweder auf die Restitution verzichtet oder aber diese für ihn unerreichbar ist, etwa wenn der Vorteil des Täters keinen Nachteil beim ursprünglichen Inhaber des Rechts ausgelöst hat. In solchen Konstellationen, in denen gerade kein Anspruch auf Restitution geltend gemacht wird, ist die Rechtspflege weder unmittelbar noch mittelbar gefährdet, sodass sie hier als solches auch durch die Begünstigung nicht geschützt werden kann.720 Widersprüchlich ist schließlich auch, dass einerseits der Tatbestand der Begünstigung einen aus einer Straftat stammenden Vorteil verlangt, die Zivilrechtspflege für ein Tätigwerden jedoch ausreichen lässt, dass der Täter den Vorteil auf unrechtmäßige Weise erlangt hat.721 Die Anforderungen an die Straftat der Begünstigung sind daher wesentlich enger gefasst, als es das Rechtsgut „(Zivil-) Rechtspflege“ verlangt. Im Ergebnis geht daher der Charakter der Begünstigung als gerade an ein strafbares Verhalten anknüpfende Anschlusstat verloren.722 (2) Schutz des öffentlichen Restitutionsinteresses Anknüpfend an die soeben geäußerte Kritik gegen die Verortung des Schutzzwecks der Begünstigung bei der Rechtspflege wird eine ähnliche jedoch leicht modifizierte Variante dieser Schutzzweckerwägung vertreten: Hiernach ist Schutzgut nicht die Rechtspflege, sondern das öffentliche Restitutionsinteresse, es bestehe nämlich ein schützenswertes Interesse der Allgemeinheit daran, den durch eine Straftat hervorgerufenen rechtswidrigen Zustand zu beseitigen.723 Angegriffen werde durch die Begünstigung also ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Entziehung der Tatvorteile beim Vortäter und damit ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Restitution.724

718 Amelung, in: JR 1978, 227 (230); Janson, S. 72; Weisert, S. 256 f.; Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 102); Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 164). 719 Jahn/Reichart, in: JuS 2009, 309 (310); die Rechtspflege als alleiniges Schutzgut der Begünstigung ebenfalls ablehnend L/K-Heger, § 257 Rn. 1. 720 Weisert, S. 256. 721 Janson, S. 71; Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 102); Weisert, S. 257. 722 Weisert, S. 257. 723 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 164 ff.); Schröder, in: MDR 1952, 68 (68, 70 f.); Stree, in: JuS 1976, 137 (138). 724 Schröder spricht insofern von „der Sicherung des öffentlich-rechtlichen Anspruchs auf Entziehung der Deliktsvorteile“, Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 164).

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Entscheidend spricht für diese Schutzgutbestimmung, dass sie im Einklang steht mit den in § 257 StGB normierten Tatbestandsvoraussetzungen: Der Begünstigungstatbestand verlangt für den Vorteil, dass er aus einer rechtswidrigen Straftat stammt. Diese Anforderung stand, wie bereits oben erläutert725, in Widerspruch zu einer auf Individualrechtsgüterschutz reduzierten Schutzgutbestimmung, da das Schutzgut Vermögen bzw. Restitutionsinteresse des Einzelnen ebenso betroffen ist, wenn der Vorteil auf zivilrechtswidrige Art und Weise, etwa durch verbotene Eigenmacht, erlangt wurde. Ein öffentliches Restitutionsinteresse besteht dagegen ausschließlich für Fälle der Vorteilserlangung durch eine rechtswidrige Vortat, nicht dagegen für Fälle bloßer zivilrechtswidriger Vorteilserlangung.726 Kritisch hinterfragen muss man jedoch die Existenz eines solchen öffentlichrechtlichen Anspruchs auf Restitution.727 So existieren zwar mit §§ 94 ff., 111a ff. StPO (Beschlagnahme) und §§ 73 ff. StGB (Einziehung) einzelne Vorschriften, die sich mit Ansprüchen auf Entziehung von Tatvorteilen beim Straftäter beschäftigen, es handelt sich hierbei jedoch um Normen, die nur Teilbereiche abdecken und aus denen sich kein umfassender öffentlich-rechtlicher Restitutionsanspruch ergibt.728 Weisert erwägt einen solchen Restitutionsanspruch aus dem Polizeirecht abzuleiten, kommt aber auch hier zum Ergebnis, dass dies nicht möglich sei729 und ein öffentlichrechtlicher Anspruch auf Restitution und damit ein öffentliches Restitutionsinteresse als Schutzzweck im Ergebnis abzulehnen ist. (3) Konsequenzen für die Auslegung des Vorteilsbegriffs Bewertet man Allgemeinrechtsgüter als Schutzgut der Begünstigung, so ist danach zu fragen, wie sich diese Schutzgutbestimmung auf die Auslegung des Vorteilsbegriffs auswirkt. Hierbei hängen die Konsequenzen für die Auslegung des Vorteilsbegriffs davon ab, welches der beiden Allgemeinrechtsgüter man als geschützt ansieht. Die Rechtspflege kann sowohl durch die Sicherung eines Vorteils in Form des tatsächlich aus der Vortat erlangten Gegenstands als auch durch die Sicherung eines bereits umgewandelten Gegenstands beeinträchtigt werden, denn in beiden Fällen wird die Rechtspflege in ihrer restituierenden Funktion gestört. In einem Fall wird der unmittelbar aus der Vortat erlangte Gegenstand weitergegeben und hierdurch ein Zurückgelangen an den Geschädigten erschwert. Im anderen Fall der Umwandlung des Gegenstands lässt sich die Hemmung der Rechtspflege damit begründen, dass die Restitution erschwert wird, da der Täter sein Vermögen durch Weitergabe des umgewandelten Gegenstands reduziert und so die Erfolgsaussichten des Geschädigten 725

Vgl. 2. Teil, D. II. 1. a) aa). Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 165). 727 Einen solchen Anspruch verneinend Amelung, in: JR 1978, 227 (230 f.); Janson, S. 79 f.; Weisert, S. 258. 728 Janson, S. 78 f.; Weisert, S. 258. 729 Weisert, S. 259. 726

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

auf Schadensersatz gemindert werden.730 Zwar kann der rechtmäßige Zustand hier nicht mehr vollständig wiederhergestellt werden, da schließlich nur ein Wertersatz geleistet wird, da jedoch auch die Leistung dieses Wertersatzes im Interesse der Rechtspflege erfolgt, ist die Reduzierung der Möglichkeiten der Leistung eines solchen Wertersatzes ebenfalls als Beeinträchtigung der Rechtspflege zu bewerten. Sofern man das öffentliche Restitutionsinteresse als Schutzgut ansieht, hat dies für die Auslegung des Vorteilsbegriffs die gleiche Konsequenz: Das Restitutionsinteresse der Öffentlichkeit beinhaltet das schützenswerte Interesse der Allgemeinheit daran, den durch eine Straftat hervorgerufenen rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands erfolgt entweder indem der durch die Vortat erlangte Gegenstand wieder an den Geschädigten zurückgelangt oder aber ein sonstiger Ersatzgegenstand bzw. Geld (Wertersatz) an diesen gezahlt wird.731 In der Konsequenz sind daher sicherungsfähige Vorteile unter Zugrundelegung dieses Schutzzwecks solche, die direkt aus der Vortat stammen aber auch solche, die bereits umgewandelt wurden, also sowohl unmittelbare als auch mittelbare Vorteile. cc) Schutz des jeweiligen von der Vortat geschützten Rechtsguts Schließlich wird noch ein variables Rechtsgut vertreten, dass sich anhand des durch die Vortat geschützten Rechtsguts bestimmt.732 Es kann somit je nach Einzelfall entweder ein Individual- oder ein Allgemeinrechtsgut geschütztes Rechtsgut der Begünstigung sein, da es sich in der Praxis bei den meisten Vortaten um Vermögensdelikte handelt, wäre nach dieser Ansicht häufig das Vermögen Schutzgut der Begünstigung.733 (1) Inhalt Die Identität des geschützten Rechtsguts der Begünstigung mit dem Rechtsgut der Vortat lässt sich damit begründet, dass durch die i. R. d. Begünstigung stattfindende 730

Zwar wird hierdurch nicht die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands, sondern nur die Leistung von Wertersatz verhindert, dies beeinträchtigt die Rechtspflege allerdings in gleichem Maße. 731 Hierdurch wird zwar der Ursprungszustands nicht wieder vollständig hergestellt – dies kann nur durch die Leistung des durch die Vortat erlangten Gegenstands erreicht werden – aber in einem gewissen Maße sorgt auch die Leistung von Wertersatz für einen teilweisen Ausgleich und damit die Wiederherstellung des Ursprungszustands. 732 von Beling, in: Vergleichende Darstellung, S. 62, 205. Er geht hier insofern von einem doppelten Schutzgut aus, das sich aus dem Restitutionsinteresse des Staates einerseits und dem Restitutionsinteresse des Einzelnen andererseits – also dem Schutzgut der Vortat – zusammensetzt; Schafheutle, in: Große Strafrechtskommission, 61. Sitzung, Band 6, S. 108; auch die Rechtsprechung erkennt diese Schutzgutbestimmung an, trotz ihrer sonstigen Neigung, auf die Rechtspflege als Schutzgut abzustellen, RGSt 54, 132 (135). 733 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 163).

D. Teleologische Auslegung

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Vorteilssicherung das Rechtsgut der Vortat erneut verletzt wird, indem sich der Begünstiger auf die Seite des Vortäters stellt und diesem Hilfe leistet.734 In gewisser Weise knüpft diese Art der Schutzgutbestimmung damit an die Vorstellung von der Begünstigung als nachträgliche Beihilfe an.735 Für diese Bestimmung des Schutzzwecks und gegen eine Anknüpfung an etwaige bestehende Restitutionsansprüche des Einzelnen oder der Öffentlichkeit spricht, dass nicht in jedem Fall ein Restitutionsanspruch als Anknüpfungspunkt besteht und somit eine hieran anknüpfende Schutzgutbestimmung nicht für alle Fälle bemüht werden kann.736 Allerdings lassen sich auch erhebliche Einwände gegen diese Schutzgutbestimmung finden: Eine Rechtsgutsbestimmung, die lediglich an die Schutzgutbestimmung eines anderen Tatbestands anknüpft, lässt die Frage aufkommen, ob ein solches Vorgehen, dem Charakter der Begünstigung als eigenständigem Tatbestand, gerecht werden kann.737 Bei dem Rechtsgut handelt es sich nach dieser Schutzgutbestimmung schließlich lediglich um ein variables bzw. akzessorisches Schutzgut, das mit der nunmehr allgemein anerkannten Eigenständigkeit der Begünstigung nur schwer zu vereinbaren ist.738 Neben den Unsicherheiten hinsichtlich der Eigenständigkeit der Begünstigung kommt noch hinzu, dass die Begünstigung eine eigenständige Angriffsrichtung aufweist, die nicht zwingend identisch mit der Angriffsrichtung der Vortat ist. Betrachtet man etwa den Fall, dass es sich bei der Vortat um ein Vermögensdelikt handelt, so richtet sich unproblematisch auch die hieran anschließende Begünstigungstat gegen das Vortatrechtsgut Vermögen. Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn Vortat beispielsweise ein Urkundendelikt ist: Durch die Sicherung eines Vorteils im Anschluss an eine Urkundenstraftat wird gerade nicht die durch die Vortat geschützte Sicherheit und Zuverlässigkeit des Beweisverkehrs gestört.739 Darüber hinaus ist in vielen Fällen die Rechtsverletzung durch die Vortat bereits abgeschlossen, bevor es zur Vorteilssicherung kommt, sodass die Begünstigung denknotwendig gar nicht das durch die Vortat geschützte Rechtsgut verletzen kann.740 (2) Konsequenzen für die Auslegung des Vorteilsbegriffs Bewertet man das jeweils durch die Vortat geschützte Rechtsgut als Schutzgut der Begünstigung, so kann dies nur eine zwingende Konsequenz für die Auslegung des 734

Weisert, S. 264 f. So etwa explizit Schafheutle, in: Große Strafrechtskommission, 61. Sitzung, Band 6, S. 108. 736 Weisert, S. 264. 737 Janson, S. 69 f.; Weisert, S. 265. 738 Janson, S. 69 f.; Weisert, S. 265. 739 Zum gesamten Argument Weisert, S. 265; Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 164); auf die Unterschiedlichkeit der Rechtsgüter weist bereits der Gesetzgeber i. R. d. E 1962 in BT-Drucks. 4/650, S. 460, hin. 740 Weisert, S. 266. 735

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Begünstigungstatbestands haben: Die Beziehung zwischen Vortat und Begünstigung ist durch den Schutz des jeweils gleichen Rechtsguts derart eng, dass Sachidentität zwischen dem aus der Vortat erlangten Gegenstand und dem sicherungsfähigen Vorteil bestehen muss. b) Generalpräventive Schutzrichtung der Begünstigung Neben der positiven Schutzrichtung, wird als zweiter wesentlichen Ansatzpunkt eine generalpräventive Schutzrichtung der Begünstigung vertreten.741 Damit schützt die Begünstigung kein bestimmtes Rechtsgut, sondern vielmehr alle von der Strafrechtsordnung umfassten Rechtsgüter742 bzw. die Geltung des Strafrechts schlechthin.743 Ihr Ziel ist es daher, die Gesellschaft vor der Begehung anderer Straftaten abzuschrecken und damit im Sinne einer negativen Generalprävention zu wirken.744 Zum Teil wird auch im Ansatz eine positive Generalprävention vertreten, wenn als Aufgabe der Begünstigung die Sicherung der „Geltung der durch die Vortat verletzten Strafnorm einschließlich aller dadurch gesicherten Rechtsgüter“ bezeichnet wird.745 aa) Inhalt Bereits in den Beratungen der Großen Strafrechtskommission wurde diese Schutzzweckbestimmung der Begünstigung angedeutet, indem Jescheck feststellte, Gedanke der sachlichen Begünstigung sei, dass „sich eine Handlung nicht rentieren darf“746, und Gallas den Strafgrund der Begünstigung darin sah, „daß niemand die Strafrechtsordnung dadurch diskreditieren darf, daß er dem Vortäter die Vorteile der Vortat sichert“747. Ausgearbeitet wurde sie letztlich jedoch erst einige Jahre später von Miehe: Die Strafdrohung der Begünstigung soll in der Weise wirken, dass nachtatliche Hilfe unattraktiv wird, sodass der Täter der Vortat für den Zeitpunkt nach Tatbegehung mit einer weniger hohen Wahrscheinlichkeit auf nachtatliche Hilfe hoffen kann. Dies soll ihn im Ergebnis bereits von der Begehung zukünftiger Straftaten abschrecken und damit gleichzeitig die Wirkung der für die Vortat angedrohten Strafe verstärken.748 Miehe bewertet die Strafdrohung der Begünstigung 741

Amelung, in: JR 1978, 227 (231 f.); Maurach/Schroeder/Maiwald, Bd. 2, § 101 Rn. 2; Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 105); Schroeder, S. 15; Vogler, in: FS Dreher, S. 405 (S. 413); teilweise wird auch vertreten, die Begünstigung diene u. a. auch generalpräventiven Zwecken, so etwa Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 852. 742 Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 105, 109). 743 Maurach/Schroeder/Maiwald, Bd. 2, § 101 Rn. 2. 744 Insbesondere Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 105). 745 Amelung, in: JR 1978, 227 (231). 746 Jescheck, in: Große Strafrechtskommission, 61. Sitzung, Band 6, S. 108. 747 Gallas, in: Große Strafrechtskommission, 61. Sitzung, Band 6, S. 108. 748 Vgl. zur gesamten Argumentation Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 105).

D. Teleologische Auslegung

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daher als mittelbaren Rechtsgüterschutz, da die Bestrafung des Begünstigers nicht wegen einer unmittelbaren Rechtsgutsverletzung erfolge, sondern vielmehr deshalb, weil ein solches Verbot missachtet werde, das dazu bestimmt ist, eine andere Person von der Begehung von Straftaten und der Verletzung von Rechtsgütern abzuhalten.749 Mittelbar geschützt werde damit durch die Begünstigung das Rechtsgut der jeweiligen Vortat.750 Diese Art der Schutzgutbestimmung betont die vermeintliche Nähe der Begünstigung zur Strafvereitelung.751 Die Bewertung der Generalprävention als Schutzzweck der Begünstigung kann – im Gegensatz zu den meisten anderen Schutzzwecktheorien – erklären, warum der Tatbestand der Begünstigung auf die Sicherung strafbar erlangter Vorteile beschränkt ist.752 Trotz dieses positiven Effekts bringt diese Art der Schutzgutbestimmungen auch zahlreiche Probleme mit sich: So lässt sich zunächst danach fragen, ob es für die Schutzgutbestimmung eines selbstständigen Straftatbestands ausreicht, einen allgemein anerkannten Strafzweck als alleiniges Schutzgut anzusehen oder ob darüber hinaus noch der Schutz eines Individual- oder Allgemeinrechtsguts notwendig ist.753 Unabhängig von dieser generellen Frage nach dem Ausreichen eines Strafzwecks als Schutzgut, überzeugt es nicht, einen Individualschutz der Begünstigung komplett außen vor zu lassen, da ein rein faktischer Schutz von Individualrechtsgütern durch den Begünstigungstatbestand sich nicht leugnen lässt.754 Zudem ist die Hauptbegründung dieser Schutzzweckbestimmung zweifelhaft: Generalpräventiv soll nach Miehe und Schroeder der Tatbestand der Begünstigung insbesondere dadurch wirken, dass durch die Strafdrohung für die nachträgliche Hilfe die Attraktivität der Vortat gemindert werde, indem der Täter mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit auf nachtatliche Hilfe hoffen könne und somit eher von der Vortat ablasse. Diese logische Schlussfolgerung wird jedoch bezweifelt, so sei es insbesondere nur in den Fällen möglich, von einem solchen Schluss auszugehen, in denen die Hilfe vor der Tat tatsächlich zugesagt wurde, etwa in Fällen, in denen der Ehepartner nachträglich hilft. In der Mehrheit der Fälle ergebe sich die Hilfe jedoch sowieso erst spontan nach Tatbegehung, sodass es auf die Entscheidung für eine Tatbegehung keinen Einfluss haben könne, wenn die nachträgliche Hilfe wohlmöglich ausbleibt.755

749

Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 105). Miehe, in: FS Honig, S. 91 (S. 103 ff.). 751 Amelung, in: JR 1978, 227 (231); Janson, S. 30 Fn. 57; Schroeder, S. 15. 752 Amelung, in: JR 1978, 227 (231). 753 Dies hinterfragt Weisert, vgl. Weisert, S. 267. Die Heranziehung der Generalprävention als Schutzgut hält Geerds für zu allgemein, Geerds, in: GA 1988, 243 (262). Stree bewertet diese Schutzgutbestimmung als mit der Eigenständigkeit der Begünstigung nicht vereinbar, S/S-Stree27, § 257 Rn. 2. 754 Amelung, in: JR 1978, 227 (231). 755 Zum gesamten Argument vgl. Hörnle, in: FS Schroeder, S. 477 (S. 490). 750

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

bb) Konsequenzen für die Auslegung des Vorteilsbegriffs Der generalpräventive Schutzzweckansatz kann nur eine klare Konsequenz für die Auslegung des Vorteilsbegriffs haben: Betrachtet man den Schutz der Rechtsordnung und die Verhinderung neuer Straftaten als Zweck des Begünstigungstatbestands, so legt dies eine möglichst weite Auslegung des Vorteilsbegriffs nahe, da man auf diese Art, dem Zweck zukünftige Straftaten zu verhindern, am ehesten gerecht werden kann. Wenn möglichst viele Arten des Vorteils, d. h. nicht nur die aus der Vortat erlangten Gegenstände, sondern auch umgewandelte, getauschte oder auf sonstige Art und Weise veränderte Objekte und auch der Nutzungswert eines Gegenstands, vom Begünstigungstatbestand erfasst sind, wird für zahlreiche Fälle eine Strafbarkeit des Begünstigungstäters begründet und damit auch für ebenso viele Fälle dem potentiell Helfenden eine mögliche Strafbarkeit vor Augen geführt, die ihn möglicherweise davon abhält, dem Vortäter seine Hilfe zuzusagen und zu helfen. Dies wiederum hätte nach den Vertretern dieser Schutzzweckerwägung eine ebenso große Anzahl an Fällen zur Folge, in denen der Vortäter, aufgrund der nicht zugesagten nachtatlichen Hilfe, von der Tatbegehung absehe. c) Duale Schutzrichtung Neben den dargestellten Positionen, die sich eindeutig für die Generalprävention bzw. einzelne Individual- oder Allgemeinrechtsgüter und deren Schutz durch die Begünstigung aussprechen, wird von der überwiegenden Lehre ein dualer Ansatz bzgl. der durch die Begünstigung geschützten Rechtspositionen vertreten.756 Während einige auf einen gemeinsamen Schutz von Individual- und Allgemeinrechtsgütern abstellen, wird zum Teil auch eine Kombination aus einem generalpräventiven Schutzzweck und einem Individual-/Allgemeinrechtsgüterschutz erwogen.757 aa) Vertretene Ansätze im Bereich der dualen Schutzrichtung Auf Ebene des dualen Schutzzwecks werden verschiedene Teilansichten vertreten, die jeweils in verschiedenen Kombinationsvarianten einen Schutz von Individual- und Allgemeinrechtsgütern sowie Generalprävention vorsehen. Die wohl überwiegende Lehre vertritt einen kumulativen Schutz des Allgemeinrechtsguts Rechtspflege und des Restitutionsanspruch des Geschädigten (Individualrechtsgut).758 Ähnlich bewerten diejenigen den Schutzzweck der Begüns756 Anstatt vieler L/K-Heger, § 257 Rn. 1; Geppert, in: Jura 1994, 441 (442); Rengier, BT I, § 20 Rn. 2; Stree, in: JuS 1976, 137 (138); Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 852; Zipf, in: JuS 1980, 24 (26). 757 Amelung, in: JR 1978, 227 (231). 758 A/W/H/H-Arzt, § 27 Rn. 1; Geppert, in: Jura 1994, 441 (442); L/K-Heger, § 257 Rn. 1; Laubenthal, in: Jura 1985, 630 (630 f.); LK-Walter11, § 257 Rn. 2; Rengier, BT I, § 20 Rn. 2; Seelmann, in: Jus 1983, 32 (33).

D. Teleologische Auslegung

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tigung, die von einem Schutz der Rechtspflege auf der einen Seite und einem gleichzeitigen Schutz des durch die Vortat geschützten Rechtsguts ausgehen.759 Eine weitere Variante des kumulativen Rechtsschutzes kombiniert als Schutzzweckerwägungen der Begünstigung den individuellen Restitutionsanspruch des Einzelnen mit der Generalprävention.760 Schließlich wird eine Kombination aller für die Begünstigung vorgeschlagenen Schutzzwecke vertreten und damit sowohl Individualinteressen als auch Allgemeinrechtsgüter, die durch die jeweilige Vortat verletzt wurden, sowie schließlich auch die Generalprävention als Schutzgut der Begünstigung gewertet.761 Zwar decken diese Auffassungen alle mehr oder weniger den gesamten möglichen potentiellen Unrechtsbereich der Begünstigung ab, jedoch hat die Kumulation der verschiedenen Schutzgüter nicht nur Vorteile. Wie bereits oben aufgezeigt, weisen alle Schutzgutbestimmungen Unstimmigkeiten auf, welche im Fall einer Kumulierung der Rechtsgüter zum Teil bestehen bleiben und somit die duale Schutzrichtung im Ergebnis zu der Schutzgutbestimmung mit den meisten Kritikpunkten machen.762 Von ihren Kritikern wird daher die Begünstigung auf Basis der dualen Schutzrichtung als „Schuß mit der Schrotflinte“763 bzw. „ein in Angriffs- und Schutzrichtung farbloses, weitgehend unbestimmtes und kriminalpolitisch in Teilbereichen überflüssiges Delikt“764 beurteilt. bb) Konsequenzen für die Auslegung des Vorteilsbegriffs Die Kombination eines Schutzes verschiedener Rechtsgüter hat zur Folge, dass unterschiedliche Auslegungen des Vorteils in Betracht kommen. Während der Schutz von Individualrechtsgütern eine enge Auslegung des Vorteilsbegriffs im Sinne einer Sachidentität nahelegt, sprechen der Schutz von Allgemeinrechtsgütern sowie der Generalprävention für eine weite Auslegung des Vorteilsbegriffs in dem Sinne, dass sowohl unmittelbare als auch mittelbare Vorteile anzuerkennen sind. Die beiden sich gegenüberstehenden Extrempositionen auf Seiten der Rechtsgüter wurden vermittelt durch die Anerkennung eines dualen Schutzzwecks. Hinsichtlich der Auslegung des Vorteilsbegriffs ist es daher nur konsequent auch hier einen Mittelweg zu gehen. Ein solcher Mittelweg besteht vorliegend darin, weder eine Sachidentität zu fordern, noch mittelbare Vorteile zuzulassen. Vielmehr ergibt sich hieraus das Erfordernis eines unmittelbaren Vorteils. 759

Mitsch, BT II, S. 725 f. SK-Hoyer, § 257 Rn. 1, spricht von einem „Präventionseffekt, der sich sonst aus einer Abschöpfung der Vortatvorteile für die Allgemeinheit ergäbe“ und meint damit wohl die Generalprävention. 761 Amelung, in: JR 1978, 227 (231). 762 Janson, S. 91, 93; Weisert, S. 260. 763 Weisert, S. 260. 764 Otto, § 57 Rn. 1. 760

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

III. Ergebnis 1. Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse der teleologischen Auslegung Die Auslegung des Vorteilsbegriffs hängt maßgeblich davon ab, welchen Schutzzweck man der Begünstigung zuschreibt. Nachdem oben bereits die verschiedenen Ansatzpunkte zum Schutzzweck der Begünstigung sowie ihre Schwächen dargelegt wurden, soll nun an dieser Stelle eine abschließende Bewertung vorgenommen und anschließend die Bedeutung des gefundenen Schutzzwecks für die Auslegung des Vorteilsbegriffs dargelegt werden. Die Bewertung des Individualrechtsgüterschutzes (Vermögen bzw. Restitutionsinteresse des Einzelnen) als Schutzzweck der Begünstigung hat zur Konsequenz, dass der Vorteilsbegriff sehr eng ausgelegt werden muss: Bei dem durch die Begünstigung zu sichernden Vorteil muss es sich um einen direkt aus der Vortat erlangten Gegenstand handeln, Umwandlungen jeglicher Art schließen das Vorliegen eines sicherungsfähigen Vorteils aus. Die Annahme, das Rechtsgut der Begünstigung sei das jeweilige Rechtsgut der Vortat, führt zum gleichen Ergebnis und fordert ebenfalls eine enge Auslegung des Vorteilsbegriffs. Sofern man dagegen ein Allgemeinrechtsgut (Rechtspflege oder das öffentliche Restitutionsinteresse) als Schutzgut der Begünstigung ansieht, hat dies eine entgegengesetzte Auslegung des Vorteilsbegriffs zur Folge: Vorteil ist dann nicht nur der aus der Vortat stammende Gegenstand, sondern auch jegliche Art von umgewandeltem Gegenstand, erfasst sind also unmittelbare sowie mittelbare Vorteile. Die Annahme eines generalpräventiven Schutzzwecks der Begünstigung hat ebenso eine weite Auslegung des Vorteilsbegriffs zur Folge, daher werden hiernach nicht nur aus der Vortat erlangte Gegenstände, sondern auch umgewandelte, getauschte oder auf sonstige Art und Weise veränderte Objekte vom Begünstigungstatbestand erfasst. Nimmt man dagegen eine duale Schutzrichtung an, so streiten die Individualrechtsgüter für eine enge Auslegung des Vorteils, während die Allgemeinrechtsgüter sowie die Generalprävention eine weite Auslegung fordern. Hier muss eine vermittelnde Lösung für die Auslegung des Vorteilsbegriffs gefunden werden. Im Ergebnis haben daher lediglich die Ansichten, die den Schutzzweck im Individualrechtsgüterschutz und im Schutz des Vortatrechtsgut sehen, eine enge Auslegung des Vorteilsbegriffs zur Folge. Eine Bestimmung des Schutzzwecks im Sinne eines reinen Schutzes von Rechtsgütern des Einzelnen wird aber der Gestalt des Begünstigungstatbestands nicht gerecht. So vermag diese Rechtsgutsbestimmung bereits nicht zu erklären, warum der Wortlaut des Tatbestands den Anwendungsbereich auf strafbar erlangte Vorteile beschränkt, die betroffenen Individualrechtsgüter sind schließlich in gleicher Weise betroffen, wenn nur zivilrechtswidrig ein Gegenstand erlangt wurde.765 Zudem ist eine Beschränkung, sowohl auf das 765

Vgl. 2. Teil, D. II. 1. a) aa) (1).

D. Teleologische Auslegung

259

Vermögen als auch auf den Restitutionsanspruch des Einzelnen als Rechtsgut, nicht mit den Gesetzesmotiven zum Erlass des EStGB vereinbaren, da dort ausdrücklich bestimmt ist, dass jegliche Arten von Vortaten also auch solche, die ein Allgemeinrechtsgut schützen, taugliche Vortaten i. S. d. § 257 StGB sein können.766 Gegen eine am Rechtsgut der Vortat orientierte Bestimmung des Schutzzwecks der Begünstigung spricht, dass es tatsächlich nicht in allen Fällen das gleiche Rechtsgut ist, das durch die Vortat und die Begünstigung verletzt wird. Die Rechtsgutsverletzung durch die Vortat ist zum Zeitpunkt der Hilfeleistung bereits abgeschlossen und es kann nun im Anschluss rein zufällig nochmal das gleiche Rechtsgut durch die Begünstigungshandlung verletzt werden767, dies ist jedoch nicht zwingend der Fall.768 Zudem wird eine solche am Vortatrechtsgut orientierte Rechtsgutsbestimmung der Eigenständigkeit der Begünstigung als Tatbestand nicht gerecht.769 Aus den genannten Gründen passen diese Arten der Schutzgutbestimmung nicht zum Tatbestand der Begünstigung und sind somit abzulehnen. Mit der Ablehnung dieser Schutzzwecke fällt gleichzeitig auch eine enge Auslegung des Vorteils in dem Sinne, dass eine Sachidentität zwischen erlangtem und gesichertem Objekt bestehen muss. Die Verneinung eines reinen Individualrechtsgüterschutzes und eines Schutzes angelehnt an das Rechtsgut der Vortat, löst jedoch noch nicht die eigentliche Frage nach dem Schutzgut der Begünstigung. Ob es sich hierbei um Allgemeinrechtsgüter, um die Generalprävention oder um eine Kombination aus verschiedenen Rechtsgütern handelt, bleibt zunächst noch offen. Für eine Bestimmung des Schutzgutes, das § 257 StGB tatsächlich zugrunde liegt, ist daher eine weitergehende Betrachtung notwendig. Sowohl gegen die einzelnen Ansätze eines Allgemeinrechtsgüterschutzes als auch gegen die Generalprävention lassen sich Einwände finden770 : Die im Rahmen eines Allgemeinrechtsgüterschutzes angedachten Schutzgüter Rechtspflege und öffentliches Restitutionsinteresse kön766

Vgl. 2. Teil, D. II. 1. a) aa) (2). Unterschiedliche Rechtsgüter werden etwa verletzt, wenn die Vortat eine Urkundenfälschung gem. § 267 StGB ist. Durch die Vortat beeinträchtigtes Rechtsgut ist dann nach h. M. die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs (Allgemeinrechtsgut), vgl. S/SHeine-Schuster, § 267 Rn. 1. Das Begünstigungshandeln in Form des Sicherns der erlangten Urkunde verletzt dagegen auch den Einzelnen und seine Vermögensinteressen (Individualrechtsgut), beispielsweise wenn dieser befürchten muss, dass die unechte Urkunde im Rechtsverkehr gegen ihn eingesetzt wird und aufgrund eben dieses Dokuments unberechtigte Forderungen gegen ihn gestellt werden. Hier sind somit durch die Vortat und durch das Begünstigungshandeln unterschiedliche Rechtsgüter beeinträchtigt. Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn man mit der m. M. auch den Schutz von Vermögensinteressen des Einzelnen als Rechtsgut des § 267 StGB wertet, vgl. Fischer, § 267 Rn. 2. 768 Vgl. 2. Teil, D. II. 1. a) cc) (1). 769 Vgl. 2. Teil, D. II. 1. a) cc) (1). 770 Vgl. 2. Teil, D. II. 1. a) bb) und 2. Teil, D. II. 1. b). 767

260

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

nen für sich genommen nicht überzeugen, da sie entweder nur mittelbar beeinträchtigt werden (Rechtspflege) bzw. das Bestehen eines solchen Anspruchs bereits fraglich ist (öffentliches Restitutionsinteresse). Die Generalprävention als alleiniger Schutzzweck kann dagegen nicht durchgreifen, da hierdurch ein Individualrechtsgüterschutz des Begünstigungstatbestands geleugnet wird, der diesem unstreitig zukommt.771 Bei Zugrundelegung einer dualen Schutzrichtung, die auf einen kombinierten Individual- und Allgemeinrechtsgüterschutz sowie die Generalprävention abstellt, können jedoch die Argumente entkräftet werden, die gegen die einzelnen Schutzgutbestimmungen hervorgebracht wurden. So wird etwa gegen einen reinen Vermögensschutz eingewandt, dass dies dem Gesetzgeberwillen widersprechen würde, der Gesetzgeber habe sich schließlich in der Gesetzesbegründung eindeutig dahingehend geäußert, dass sowohl Vermögens- als auch Nichtvermögensvorteile erfasst sind. Dieser Einwand kann jedoch nicht mehr durchgreifen, wenn neben einem Schutz des Individualrechtsguts Vermögen auch gleichzeitig Allgemeinrechtsgüter geschützt werden. Somit wird diese Bestimmung des Schutzgutes auf den ersten Blick dem Begünstigungstatbestand am ehesten gerecht. Betätigt wird dieses Ergebnis schließlich auch durch die Berücksichtigung der Stellung der Begünstigung im Abschnitt der Anschlussdelikte. Einerseits schützt die Hehlerei gem. § 259 StGB das Vermögen des Einzelnen und soll die Perpetuierung der rechtswidrigen Besitzlage verhindern772, angestrebt wird also ein Individualrechtsgüterschutz. Andererseits soll durch die Normierung der Strafvereitelung die Rechtspflege773 und damit ein Allgemeinrechtsgut geschützt werden. Die Annahme, die Begünstigung schütze sowohl Individual- als auch Allgemeinrechtsgüter, passt daher zur Stellung der Begünstigung im 21. Abschnitt des Strafgesetzbuchs und zu den dort geschützten Rechtsgütern. Der Begünstigung liegt damit eine duale Schutzrichtung zugrunde, die sich aus sämtlichen oben genannten Individual- und Allgemeinrechtsgütern zusammensetzt. Ebenso ist die Generalprävention als Schutzzweck erfasst, jedoch nur in Kombination mit Individual- und Allgemeinrechtsgütern, nicht dagegen als alleiniger Schutzzweck. 2. Die Bedeutung der Erkenntnisse der teleologischen Auslegung für den Vorteilsbegriff der Begünstigung Mit der Anerkennung einer dualen Schutzrichtung ist der Vorteilsbegriff im Ergebnis einer Auslegung zugänglich, die keine Sachidentität verlangt und eine großzügigere Auslegung des Begriffs möglich. 771

2. Teil, D. II. 1. b) aa). L/K-Heger, § 259 Rn. 1; S/S-Hecker, § 259 Rn. 1. 773 MüKo-Cramer, § 258 Rn. 3.

772

E. Systematische Auslegung

261

Da die Ablehnung einer Sachidentität als Merkmal des Vorteils schließlich noch nichts darüber aussagt, ob der Vorteil ein unmittelbarer sein muss oder ob auch ein mittelbarer Vorteil ausreicht, bleibt zu klären, wie weit die Auslegung des Vorteils tatsächlich geht. Legt man eine duale Schutzrichtung zugrunde, so setzt sich der Schutz aus unterschiedlichen Rechtsgütern zusammen, möglich ist eine Kombination aus Individual- und Allgemeinrechtsgütern sowie der Generalprävention. Die verschiedenen Schutzrichtungen weisen hier hinsichtlich der Auslegung des Vorteilsbegriffs in unterschiedliche Richtungen: Einerseits verlangt der Individualrechtsgüterschutz eine enge Auslegung des Vorteils, da die Individualrechtsgüter Vermögen und individuelles Restitutionsinteresse nur verletzt sein können, sofern ein Vortatbezug besteht und damit eine Restitution und eine Wiederherstellung der Vermögensverhältnisse möglich ist. In der Konsequenz erfordert diese Schutzgutbestimmung für den Vorteil daher eine Sachidentität. Andererseits ermöglichen die Allgemeinrechtsgüter sowie die Generalprävention eine weite Auslegung des Vorteilsbegriffs, möglich ist hiernach sowohl die Erfassung von unmittelbaren als auch von mittelbaren Vorteilen. Die beiden sich gegenüberstehenden Extrempositionen auf Seiten der Rechtsgüter wurden vermittelt durch die Anerkennung eines dualen Schutzzwecks. Hinsichtlich der Auslegung des Vorteilsbegriffs ist es daher nur konsequent auch hier einen Mittelweg zu gehen und damit das Erfordernis eines unmittelbaren Vorteils anzuerkennen.774 Im Ergebnis ist auch nach der teleologischen Auslegung ein den Vorteilsbegriff eingrenzendes Unmittelbarkeitskriterium notwendig. Wo hier die Grenze der Unmittelbarkeit gezogen werden muss und wann eine noch zulässige Umwandlung vorliegt, vermag die teleologische Auslegung jedoch nicht zu klären.

E. Systematische Auslegung I. Einführung 1. Inhalt der systematischen Auslegung Einzelne Normen treten nicht isoliert auf, sondern werden im Zusammenhang mit anderen Normen in verschiedenen Abschnitten und Kapiteln eines Gesetzes geregelt. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Betrachtung der auszulegenden Norm im Verhältnis zu denjenigen, die in der näheren Umgebung normiert sind, zwecks Ermittlung der Bedeutung einer Norm bzw. eines einzelnen dort verwendeten Begriffs. Systematische Erkenntnisse über die Auslegung eines Begriffs können hierbei auf unterschiedliche Weise gewonnen werden. Ein erster und offensichtlicher Ansatzpunkt ist die Ermittlung der Verwendung des untersuchten Begriffs an anderen Stellen des Gesetzes und die Analyse, in welchen Zusammenhängen der Gesetzgeber 774

Vgl. 2. Teil, D. II. 1. c) bb).

262

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

dem jeweiligen Begriff strafrechtliche Relevanz beigemessen hat. Hieraus können grundsätzlich Rückschlüsse bzgl. der Auslegung des gleichen Begriffs in einem anderen Kontext gezogen werden, allerdings gilt im gesamten Recht auch die Relativität der Rechtsbegriffe, d. h. Begriffe können in verschiedenen Normen, Gesetzen oder Rechtsgebieten durchaus sehr verschiedene Bedeutungen haben.775 Genauso kann aber aus der Verwendung einer bestimmten Formulierung in einer Norm und der bewussten Wahl einer anderen Formulierung in einer anderen Norm der systematische Schluss gezogen werden, dass nicht das Gleiche gemeint ist und die jeweiligen Normen sich in ihren Anwendungsbereichen unterscheiden. Schon dieser kurze Blick auf die systematische Auslegung zeigt wie viele Möglichkeiten diese Auslegungsmethode zur Ermittlung der Bedeutung eines Gesetzesbegriffs bietet. Gleichzeitig wird aber auch ein Kernproblem der systematischen Auslegung deutlich: Die systematische Auslegung beruht auf der Annahme, der Gesetzgeber überblicke bei der Schaffung neuer Normen immer das gesamte Gesetz sowie die Verwendung sämtlicher Begriffe und berücksichtige dieses Wissen immer umfassend, sodass er ein konsistentes System erschaffe, in dem alle Begrifflichkeiten widerspruchsfrei verwendet werden.776 Dass dies nicht zwingend der Fall ist, hat uns die Gesetzgebungsgeschichte auf sämtlichen Ebenen gelehrt, sodass man im Ergebnis den Erkenntnissen der systematischen Auslegung nicht blind vertrauen darf, sondern sie immer im Hinblick auf den wahren Willen des Gesetzgebers hinterfragen muss. 2. Grundannahmen der systematischen Auslegung Wie bereits im vorherigen Abschnitt angedeutet, liegen der systematischen Auslegung mehrere Annahmen zugrunde, deren Kenntnis und Verständnis unabdingbar ist für die Durchführung einer systematischen Auslegung einerseits und die Reflexion des gefundenen Ergebnisses andererseits. Nach Puppe777 beruht die systematische Auslegung auf fünf Postulaten: Das Postulat der Widerspruchsfreiheit, der Nichtredundanz, der Vollständigkeit, der systematischen Ordnung sowie der Einheit der Rechtsordnung. Das Postulat der Widerspruchsfreiheit ist hierbei fast schon selbsterklärend, es bedeutet schlicht und ergreifend, dass das gesamte Gesetz sich möglichst an keiner Stelle selbst widerspricht und dass für den Fall des dennoch auftretenden Widerspruchs Verdrängungsregeln existieren.778 Die Notwendigkeit dieser Anforderung an ein Gesetz ergibt sich bereits daraus, dass ein Gesetz an den Bürger sowie an

775

Simon, S. 453 f. Simon, S. 387, 398. 777 Puppe, S. 133 ff. 778 Puppe, S. 134. 776

E. Systematische Auslegung

263

staatliche Institutionen und Handlungsbefugte klare Anweisungen geben muss.779 Nichtredundanz bedeutet bezogen auf Gesetze, dass jede vom Gesetzgeber geschaffene Norm einen eigenen Anwendungsbereich hat und dementsprechend keine Norm überflüssig ist.780 Daraus ergibt sich wiederum, die Unzulässigkeit einer derart engen Auslegung, die zur Konsequenz hat, dass der komplette Anwendungsbereich der Norm verschwindet. Gleiches gilt für eine weite Auslegung, die dazu führt, dass der Anwendungsbereich einer anderen Norm komplett überlagert wird.781 Weiterhin darf das Gesetz keine Lücken aufweisen, das gebietet das Gebot der Vollständigkeit.782 Hier liegt das Problem aber weniger auf der Umsetzung dieses Gebots an sich als auf einer vorgelagerten Frage, nämlich auf der Feststellung, ob überhaupt eine vom Gesetzgeber ungewollte Lücke im Gesetz besteht oder ob dieser Fall bewusst nicht vom Gesetz erfasst werden sollte.783 Das Postulat der systematischen Ordnung wiederum fordert, dass eine Gesetzesordnung dergestalt eingehalten wird, dass der generelle Fall zuerst, der speziellere Fall danach geregelt wird.784 Schließlich liegt der systematischen Auslegung das Postulat der Einheit der Rechtsordnung zugrunde, wonach sich bestimmte Normen eines Rechtsgebiets nicht mit denjenigen eines anderen Gebiets in Widerspruch setzen dürfen und genauso wenig im Widerspruch zu übergeordneten Grundsätzen und Wertentscheidungen der Rechtsordnung stehen dürfen.785 3. Ansatzpunkte der systematischen Auslegung Nachdem nun die Grundlagen der systematischen Auslegung dargelegt wurden, muss vor Beginn der konkreten Auslegung noch ermittelt werden, wie man sich der systematischen Auslegung einer Norm bzw. eines Gesetzesbegriffs am besten nähert. Die systematische Auslegung bietet hierfür verschiedene Ansatzpunkte, die wiederum auf drei, der systematischen Auslegung zugrundeliegenden Vermutungen, beruhen. Hiernach entstammen alle in einer Norm enthaltenen Begriffe einem einheitlichen Normzweck, alle Normen einem einheitlichen, für den gesamten Normkomplex entwickelten Regelungsplan und schließlich existiert ein insgesamt in sich widerspruchsfreies Gesetz.786 Aus diesen Vermutungen lassen sich die drei verschiedenen Richtungen ableiten, aus denen die systematische Auslegung an die Bestimmung der Bedeutung eines 779

Puppe, S. 134. Puppe, S. 137 ff. 781 Puppe, S. 137. 782 Puppe, S. 140 f. 783 Puppe, S. 140. 784 Puppe, S. 142. 785 Puppe, S. 142 f. 786 Zu diesen Vermutungen vgl. Rüthers/Fischer/Birk, Rn. 746; im Ansatz auch Larenz, S. 328. 780

264

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Gesetzesbegriffs herantritt. Aufgrund der Vermutung, dass alle Merkmale einer Norm auf einem einheitlichen Normzweck beruhen, muss zunächst das Verhältnis des auszulegenden Begriffs zu den übrigen Tatbestandsmerkmalen der Norm untersucht werden. Die Annahme, dass alle Normen auf einem einheitlichen Regelungsplan eines Normkomplexes beruhen, verlangt zudem eine Untersuchung der Anschlussdelikte und ihres Verhältnisses zum Tatbestand der Begünstigung. Zuletzt muss noch – anknüpfend an die Vermutung der Widerspruchsfreiheit des Gesetzes – der Vorteilsbegriff im gesamten Strafgesetzbuch untersucht werden, wobei die Untersuchung des Vorteilsbegriffs im StGB flankiert wird von einer Betrachtung der nebenstrafgesetzlichen Normen im Hinblick auf die Verwendung des Vorteilsbegriffs. Die angesprochenen Ansatzpunkte der systematischen Auslegung zeigen einen Weg vom „Kleinen“ ins „Große“, also von der Analyse des einzelnen Tatbestands und seiner Merkmale hin auf das gesamte Gesetz. Diese Reihenfolge soll auch bei der folgenden Prüfung des Vorteils i. S. d. Begünstigungstatbestands eingehalten werden.

II. Der Vorteilsbegriff im Gesamtgefüge des Tatbestands der Begünstigung 1. Einführung Der naheliegendste Ansatzpunkt für die systematische Auslegung eines Gesetzesbegriffs ist die Untersuchung des zugehörigen Tatbestands und seiner sonstigen Tatbestandsmerkmale. Im Rahmen der nachfolgenden Betrachtung des Vorteilsbegriffs im Gesamtgefüge des Begünstigungstatbestands soll untersucht werden, ob sich der auszulegende Begriff in die vorgegebenen Sachstrukturen einfügt und in welchem Verhältnis er zu den anderen Tatbestandsmerkmalen steht. Darüber hinaus soll die Untersuchung der übrigen Tatbestandsmerkmale auch im Hinblick darauf erfolgen, wie die Unmittelbarkeit des Tatvorteils ausgelegt werden muss.787 2. Die Bedeutung des Vorteilsbegriffs im Gesamtgefüge des Tatbestands der Begünstigung a) Objektiver Tatbestand Neben dem Begriff des Vorteils enthält der objektive Tatbestand der Begünstigung noch zwei weitere Merkmale, die Vortat und die Tathandlung des Hilfeleistens bei der Sicherung der Vortatvorteile. Von entscheidender Bedeutung ist hier das Verhältnis der beiden Merkmale zum Vorteil. 787 Zur Notwendigkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums vgl. 2. Teil, C. V. 3. sowie 2. Teil, D. III. 2.

E. Systematische Auslegung

265

aa) Die Vortat (1) Der Begriff der Vortat Das Gesetz normiert in § 257 Abs. 1 StGB das Erfordernis einer tatbestandlichen und rechtswidrigen Vortat, die Ursprung des zu sichernden Vorteils sein muss. Die Begehung einer bloßen Ordnungswidrigkeit reicht dagegen nicht aus.788 Allerdings ist hier – im Gegensatz zu anderen Normen789 – die Art der Vortat egal, entscheidend ist lediglich, dass ihre Begehung einen Vorteil hervorgebracht hat.790 Im Übrigen muss die Vortat der Begünstigungshandlung zeitlich vorausgehen und einen Vorteil hervorgebracht haben.791 Die irrtümliche Annahme einer Vortat durch den Begünstigungstäter reicht demnach nicht aus.792 (2) Das Verhältnis der Vortat zum Vorteil Bedeutsam für die Auslegung des Vorteilsbegriffs und der Unmittelbarkeit des Vorteils ist das Verhältnis von Vortat und Vorteil. Aus der gesetzlichen Normierung, die den Vorteil als Resultat der Vortat beschreibt, lässt sich bereits etwas Entscheidendes zur Beschaffenheit des Vorteils und zum Kriterium der Unmittelbarkeit entnehmen: Zwischen Vortat und Vorteil besteht eine enge Verbindung in der Form, dass ein Merkmal des Tatbestands aus dem anderen resultieren muss. Folglich spricht diese Art der Beziehung für eine enge Auslegung des Vorteils, dergestalt, dass es sich bei dem zu sichernden Vorteil um genau das handeln muss, was auch aus der Vortat erlangt wurde, d. h. also Sachidentität bestehen muss. Dementsprechend läuft jede Art der Umwandlung, Tausch oder sonstiger Veränderung dem Gedanken der Sachidentität zuwider und schließt somit die Unmittelbarkeit aus. Im Ergebnis spricht somit dieses Merkmal des objektiven Tatbestands für eine enge Auslegung der Unmittelbarkeit. Etwas anderes könnte sich aber aus der Betrachtung weiterer Tatbestandsmerkmale ergeben. bb) Das Hilfeleisten (1) Der Begriff des Hilfeleistens Tathandlung der Begünstigung ist das nachtatliche Hilfeleisten zwecks Sicherung des Vorteils. Die Beschreibung des Handelns als Hilfeleisten erinnert an das gleichlautende Merkmal bei der Beihilfe gem. § 27 StGB, allerdings ist das Hilfeleisten i. S. d. § 257 StGB nicht gleichzusetzen mit dem Hilfeleisten i. S. d. Beihilfe. 788

MüKo-Cramer, § 257 Rn. 7. § 259 StGB verlangt beispielsweise als Vortat einen Diebstahl oder eine Vermögensstraftat. 790 S/S-Hecker, § 257 Rn. 4. 791 S/S-Hecker, § 257 Rn. 5, 9. 792 S/S-Hecker, § 257 Rn. 9. 789

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Zwar reicht für ein Hilfeleisten i. R. d. Begünstigungstatbestands grundsätzlich jede objektiv geeignete Form einer aktiven Hilfeleistung aus, jedoch muss das Hilfeleisten über das bloße Hervorrufen bzw. Bestärken des Entschlusses zur Selbsthilfe hinausgehen, denn die Selbstbegünstigung ist nach dem Gesetz nicht strafbar.793 Schließlich ist ein tatsächlicher Hilfeleistungserfolg nicht erforderlich, es reicht die objektive Eignung zur Beeinträchtigung der öffentlich-rechtlichen bzw. zivilrechtlichen Restitutionsmöglichkeiten.794 (2) Das Verhältnis des Hilfeleistens zum Vorteil Entscheidend für die Auslegung des Vorteilsbegriffs ist nun wiederum das Verhältnis der beiden Tatbestandsmerkmale Hilfeleisten und Vorteil. Wie schon beim zuvor untersuchten Verhältnis von Vortat und Vorteil, besteht auch zwischen dem Vorteil und dem Hilfeleisten eine enge Beziehung, weil sich das Hilfeleisten auf das Objekt des Vorteils beziehen muss. Allerdings ergibt sich aus dem Begriff des Hilfeleistens nicht, dass die Sicherung eines Vorteils begrenzt ist auf einen unmittelbar aus der Vortat hervorgegangenen Vorteil. Insbesondere muss das Hilfeleisten zur Sicherung des Vorteils geeignet sein und daraus ergibt sich bereits, dass vom Hilfeleisten grundsätzlich auch solche Verhaltensweisen erfasst sind, die letztlich nur ein Surrogat sichern. Im Ergebnis ist der Wortlaut des Begriffs Hilfeleisten daher so offen, dass er sowohl unmittelbare als auch mittelbare Vorteile zulässt. cc) Zwischenergebnis Das Tatbestandsmerkmal des Vorteils steht damit sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht zwischen der Vortat und dem Hilfeleisten. Auf zeitlicher Ebene ist dies der Fall, da die Vortat vor Entstehung des Vorteils begangen worden sein muss und das Hilfeleisten sich zeitlich nach Entstehung des Vorteils anschließt. Aber auch inhaltlich steht der Vorteil zwischen den beiden anderen objektiven Tatbestandsmerkmalen, da die jeweilige Beziehung des Vorteilsbegriffs zur Vortat und zum Hilfeleisten, in zwei verschiedene Richtungen zeigt: Die Vortat und ihr Verhältnis zum Vorteil sprechen für eine enge Auslegung des Vorteilsbegriffs, hier konkret in Form einer Sachidentität. Dagegen lässt das Hilfeleisten auch eine viel weitere Auslegung zu, grundsätzlich wären hiernach auch mittelbare Vorteile sicherungsfähig. Notwendig ist aus diesem Grund eine vermittelnde Lösung hinsichtlich der Auslegung des Vorteilsbegriffs, die der Beziehung des Vorteilsbegriffs zu beiden Tatbestandsmerkmalen gerecht wird. Konkret bedeutet dies, dass es einerseits zu eng ist für den Vorteil eine Sachidentität zu fordern, es auf der anderen Seite aber zu weit 793

MüKo-Cramer, § 257 Rn. 15. Für die Beihilfe reicht ein Bestärken des Tatentschlusses dagegen nach umstrittener Meinung aus (psychische Beihilfe), vgl. MüKo-Joecks/Scheinfeld, § 27 Rn. 5, 9. 794 MüKo-Cramer, § 257 Rn. 16.

E. Systematische Auslegung

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gehen würde, wenn man sowohl unmittelbare als auch mittelbare Vorteile zulassen würde. Der Mittelweg, der sich zwischen diesen beiden Extremen bewegt, muss daher den beiden Tatbestandsmerkmalen gerecht werden, die den Begriff des Vorteils einrahmen. Dies wird erreicht, indem für das Vorliegen eines tauglichen Vorteils gefordert wird, dass eine Unmittelbarkeit als notwendiges eingrenzendes Merkmal vorliegt. Es bleibt jedoch an dieser Stelle offen, wie die Unmittelbarkeit zu verstehen ist. b) Subjektiver Tatbestand Neben einer Untersuchung der objektiven Tatbestandsmerkmale zwecks systematischer Auslegung des Vorteilsbegriffs darf zuletzt auch ein Blick auf die Anforderungen des subjektiven Tatbestands der Norm und deren Bezug zum Vorteilsbegriff nicht ausbleiben. Auf subjektiver Ebene ist für die Verwirklichung des Begünstigungstatbestands zunächst erforderlich, dass der Täter sowohl Vorsatz bzgl. der rechtswidrigen Vortat als auch bzgl. des Vorteils hat.795 Daneben ist als besondere Absicht (dolus directus 1. Grades) eine sogenannte Begünstigungs- bzw. Vorteilssicherungsabsicht nötig, d. h. der Täter muss zielgerichtet mit dem Willen der Vorteilssicherung für den Täter und der Verhinderung einer Entziehung des Vorteils zugunsten des Opfers handeln.796 Dem Erfordernis des Vorsatzes hinsichtlich der Merkmale des objektiven Tatbestands kommt hier keinerlei besondere Bedeutung zu, insbesondere lässt sich hieraus nichts Relevantes für die Auslegung des Vorteilsbegriffs und des Unmittelbarkeitskriteriums ableiten. Anders verhält es sich dagegen mit der besonderen Absicht. Da diese sowohl den Willen zur Sicherung des Vorteils für den Täter als auch gleichzeitig die Absicht der Verhinderung der Entziehung des Vorteils zugunsten des Opfers zum Gegenstand hat797, bezieht sie sich auf zwei zentrale Elemente, die dem Tatbestand zugrunde liegen. Während die Absicht der Sicherung des Vorteils für den Täter keine Rückschlüsse auf die Auslegung des Vorteilsbegriffs und die Anforderungen an die Unmittelbarkeit zulässt, erfasst das zweite Element den Willen zur Verhinderung einer Entziehung des Vorteils zugunsten des Opfers und meint damit, dass der Begünstigungstäter mit Verhinderungswillen hinsichtlich einer Restitution zugunsten des Opfers handeln muss. Diese Restitutionsfeindlichkeit greift eine Schutzzweckerwägung auf, die bereits oben i. R. d. teleologischen Auslegung Erwähnung fand798 und als Element für die Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums herangezogen werden kann.

795

MüKo-Cramer, § 257 Rn. 21. MüKo-Cramer, § 257 Rn. 22; S/S-Hecker, § 257 Rn. 17, 19. 797 S/S-Hecker, § 257 Rn. 19. 798 Vgl. 2. Teil, D. II. 1. a) aa) (2). 796

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

3. Ergebnis Schon der erste Ansatz einer systematischen Auslegung hat hier zu verwertbaren Ergebnissen geführt. Anhand der Analyse der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale konnte für den Vorteil Folgendes festgehalten werden: (1) Der Vorteil bedarf des eingrenzenden Merkmals der Unmittelbarkeit. (2) Aufgrund der Position des Vorteils zwischen den objektiven Tatbestandsmerkmalen Vortat und Hilfeleistung ist eine Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums erforderlich, die diesen beiden Tatbestandsmerkmalen gerecht wird. (3) Die erforderliche Restitutionsfeindlichkeit des Handelns des Begünstigungstäters ist ebenfalls für die Auslegung der Unmittelbarkeit heranzuziehen.

III. Der Vorteilsbegriff und seine Stellung im 21. Abschnitt des Strafgesetzbuches 1. Einführung Der Begriff des Vorteils ist nicht nur Teil des Tatbestands gem. § 257 StGB, sondern über die Stellung des Begünstigungstatbestands auch Teil des 21. Abschnitts des Strafgesetzbuchs. Daher bedarf es der Untersuchung, ob sich der Vorteilsbegriff und der Begünstigungstatbestand in den 21. Abschnitt des StGB einfügen und einer Bestimmung des Verhältnisses der Anschlussdelikte der Hehlerei und der Strafvereitelung zur Begünstigung.799 a) Gemeinsamkeiten Ein erster Ansatzpunkt zur Herausarbeitung der systematischen Stellung des Begünstigungstatbestands im 21. Abschnitt ist die Untersuchung dieser Tatbestände des Strafgesetzbuchs auf Gemeinsamkeiten. Hierbei deutet bereits ein kurzer Blick auf die Tatbestände den gemeinsamen Charakter der drei Delikte an: Der Gesetzgeber hat hier für alle Delikte die Notwendigkeit einer rechtswidrigen Vortat normiert und damit den Delikten des 21. Abschnitts den Charakter von Anschlusstaten gegeben. Damit einher geht auch die nach dem Gesetz für alle Delikte des 21. Abschnitts zwingend erforderliche Existenz eines „anderen“ Beteiligten, der die rechtswidrige Vortat begangen hat, also eines Vortäters. Allerdings existieren nicht nur auf nur auf objektiver Ebene Gemeinsamkeiten, denn auch auf subjektiver Ebene stellen alle Delikte über den Eventualvorsatz 799 Zur Berücksichtigung des „äußeren Systems“ i. R. d. systematischen Auslegung Simon, S. 388 ff.

E. Systematische Auslegung

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hinausgehende Anforderungen, indem sie entweder dolus directus 1. Grades als Vorsatzform (§ 258 StGB) oder aber eine besondere Absicht in Form einer Vorteilssicherungs- bzw. Begünstigungsabsicht oder Bereicherungsabsicht800 fordern. Aus diesen gemeinsamen Anforderungen an alle drei objektiven Tatbestände ergibt sich schließlich der Charakter der Anschlussdelikte als Delikte mit Hilfeleistungscharakter: Strafbar ist in allen Fällen ein Handeln im Anschluss an eine Vortat, das dem Vortäter auf die eine oder andere Art hilft. Die Art der Hilfe unterscheidet wiederum die einzelnen Delikte voneinander und gibt ihnen ihren individuellen, prägenden Charakter. b) Unterschiede Anknüpfend an das zuvor Dargestellte sind es die verschiedenen Arten der Hilfeleistung und die jeweiligen Schutzzwecke der einzelnen Delikte, die den individuellen Charakter der Tatbestände ausmachen. Während die Hehlerei nach ganz überwiegender Meinung das Vermögen schützen soll, durch Verhinderung der Perpetuierung einer durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage (reiner Individualrechtsgüterschutz)801, schützt § 258 StGB die innerdeutsche Strafrechtspflege.802 Für die Begünstigung wurde eine ausführliche Analyse der Schutzzwecke bereits oben durchgeführt und festgestellt, dass § 257 StGB sowohl Allgemeinrechtsgüter als auch Individualrechtsgüter und die Generalprävention schützt. Damit sind die Schutzgüter der §§ 258, 259 StGB jedenfalls nicht komplett deckungsgleich mit den möglichen Schutzgütern der Begünstigung. Im Ergebnis weisen daher alle Delikte des 21. Abschnitts unterschiedliche, aber ähnliche Schutzrichtungen auf. c) Zwischenergebnis Allen Delikten des 21. Abschnitts ist gemeinsam, dass sie ein Hilfeleisten nach der Tat bestrafen wollen, jedoch verschiedene Rechtsgüter schützen und sich daher auch in der Art des Hilfeleistens unterscheiden. Es ergibt sich damit aus den genannten Verhaltensweisen ein umfassendes Hilfsangebot für den Vortäter im Anschluss an seine Tatbegehung, das der Staat als strafbar ansieht und dem er daher mit den Tatbeständen der Begünstigung, Strafvereitelung und Hehlerei begegnet.

800 § 257 StGB verlangt eine Vorteilssicherungsabsicht/Begünstigungsabsicht, § 259 StGB eine Bereicherungsabsicht. 801 L/K-Heger, § 259 Rn. 1; MüKo-Maier, § 259 Rn. 1, 2; S/S-Hecker, § 259 Rn. 1. 802 MüKo-Cramer, § 258 Rn. 3; S/S-Hecker, § 258 Rn. 1.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

2. Das Verhältnis der Begünstigung zur Strafvereitelung, § 258 StGB Die Ähnlichkeit von Strafvereitelung und Begünstigung ist heute auf den ersten Blick weniger deutlich sichtbar als das noch in früheren Gesetzesfassungen der Fall war. Während § 257 StGB ein Hilfeleisten durch Sicherung eines aus der Vortat erlangten Vorteils erfasst, bestraft § 258 StGB denjenigen, der durch sein Handeln verhindert, dass der Vortäter für seine rechtswidrige Tat bestraft wird bzw. dass die Vollstreckung verhindert wird. Beide Handlungen eint auf den ersten Blick erstmal nur die Art des Täterhandelns, das Hilfeleisten nach der Tat803 sowie die rechtswidrige Vortat. Dagegen gibt es gerade keine Verbindung auf Ebene des Tatobjekts, da bei § 257 StGB ein Vorteil – somit also ein Gegenstand oder der Nutzungswert eines Gegenstands – gesichert wird, bei § 258 StGB dagegen der Vortäter das zu sichernde Objekt darstellt. Bis 1975 waren beide Delikte noch gemeinsam als ein Delikt der Begünstigung geregelt, wobei das Beistandleisten „um denselben der Bestrafung zu entziehen oder um ihm die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern“804 mit der gleichen Strafe belegt wurde. Die gleiche Strafdrohung für beide Delikte wurde in der heutigen Gesetzesfassung beibehalten und auch die heutige Überschrift des 21. Abschnitts Begünstigung und Hehlerei erinnert noch an die frühere gemeinsame Regelung der sachlichen und persönlichen Begünstigung. Trotz dieses gemeinsamen Ursprungs weisen beide Delikte – insbesondere aufgrund der Verschiedenheit der Tatobjekte – keine Überschneidungen in ihren Anwendungsbereichen auf und darüber hinaus lässt sich aus dem Tatbestand der Strafvereitelung auch nichts für die Auslegung des Vorteilsbegriffs und der Unmittelbarkeit gewinnen. 3. Das Verhältnis der Begünstigung zur Hehlerei, § 259 StGB Im Gegensatz zu Strafvereitelung und Begünstigung sind sich Hehlerei und Begünstigung sowohl bezogen auf das Tatobjekt als auch die Tathandlung ähnlich. Zwar verlangt die Hehlerei gem. § 259 StGB als Tatobjekt eine Sache und ist damit enger gefasst als der Begünstigungstatbestand, der den weiteren Vorteilsbegriff verwendet, es handelt sich jedoch bei beidem zumindest auch805 um Gegenstände806 und damit um vergleichbare Tatobjekte. Auch auf Ebene der Tathandlungen eint beide Delikte die Art der Tathandlung, die jeweils in einem Hilfeleisten bei der nachtatlichen Verwendung der erlangten Gegenstände besteht: Während § 257 StGB die Hilfeleistung beim Sichern der Vorteile erfasst, konzentriert sich § 259 StGB mit 803

Weisert, S. 196. § 257 StGB a. F. in der Fassung vom 02. 09. 1969, BGBl. I 1969 Nr. 88, S. 1485. 805 Der Vorteilsbegriff ist nach der hier vorgenommenen Auslegung nicht auf den Gegenstand beschränkt, sondern erfasst auch dessen Nutzungswert. 806 Während die Hehlerei nur körperliche Gegenstände (also Sachen) erfasst, kann Tatobjekt der Begünstigung auch ein unkörperlicher Gegenstand – zum Beispiel eine Forderung – sein. 804

E. Systematische Auslegung

271

der Normierung des Ankaufens, des Absetzens, der Absatzhilfe und dem sich oder einem Dritten Verschaffen auf die Verwertung der erlangten Gegenstände nach der Tat. Neben diesen Ähnlichkeiten auf Tatbestandsebene ähneln sich auch die Schutzzwecke beider Tatbestände: Bei § 259 StGB ist primäres Schutzgut das Vermögen, bei § 257 StGB kann es ein potentielles Schutzgut unter mehreren sein. Zudem korrespondiert der Schutz des Restitutionsinteresses des Opfers als potentielles Schutzgut der Begünstigung mit dem zweiten Schutzzweck der Hehlerei, der Verhinderung der Perpetuierung einer rechtswidrigen Besitzlage. Auf subjektiver Ebene unterscheiden sich die beiden Delikte allerdings, da § 257 StGB den altruistisch Handelnden bestraft, während § 259 StGB den Täter bestraft, der eigennützig handelt. Schließlich handelt es sich bei beiden Delikten um solche mit einer überschießenden Innentendenz. Die aufgezeigten Ähnlichkeiten beider Delikte gilt es im Hinblick darauf zu untersuchen, ob sich verwertbare Erkenntnisse für die Auslegung des Vorteilsbegriffs finden lassen. a) Tatobjekte Sache und Vorteil In einem ersten Schritt soll das Tatobjekt der Hehlerei – die Sache – insbesondere im Hinblick darauf untersucht werden, ob sich aus der Auslegung dieses Begriffs Erkenntnisse für die Auslegung des Vorteils i. S. d. Begünstigungstatbestands gewinnen lassen. Der Begriff der Sache ist im Gesetz legaldefiniert und erfasst gem. § 90 BGB alle körperlichen Gegenstände. Da es sich bei der Vortat der Hehlerei häufig um ein Zueignungsdelikt handelt, ist Gegenstand der Hehlerei meist eine fremde bewegliche Sache, allerdings ist der Anwendungsbereich das § 259 StGB hierauf nicht begrenzt, vielmehr ist eine Hehlerei auch an unbeweglichen körperlichen Gegenständen und an solchen möglich, die zwar nicht fremd sind, an denen aber eine rechtswidrige Besitzlage besteht.807 Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch eigene Sachen des Hehlers oder Vortäters sowie herrenlose Sachen taugliches Tatobjekt.808 aa) Unmittelbarkeitserfordernis i. S. d. § 259 StGB Allerdings verlangt die Hehlerei auf Ebene des objektiven Tatbestands nicht nur, dass als Tatobjekt eine Sache vorliegt, sondern auch, dass diese durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat erlangt wurde und drückt damit aus, dass die Sache unmittelbar durch die Vortat erlangt worden sein muss.809 Mithilfe dieses ein807

L/K-Heger, § 259 Rn. 2; MüKo-Maier, § 259 Rn. 16. MüKo-Maier, § 259 Rn. 17. 809 Janson, S. 158; MüKo-Maier, § 259 Rn. 51. 808

272

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

schränkenden Merkmals werden die Fälle der sogenannten Ersatzhehlerei aus dem Tatbestand ausgeschlossen.810 Dass die Unmittelbarkeit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal nicht nur im Rahmen des Anschlussdelikts der Begünstigung auftaucht, sondern auch bei der Hehlerei Bedeutung erlangt, legt die Vermutung nahe, dass sich die Auslegung des gleichlautenden Merkmals in beiden Tatbeständen ähnelt oder sogar gleicht. Es bedarf daher einer Untersuchung des Unmittelbarkeitserfordernisses bei der Hehlerei und der anschließenden Prüfung einer Übertragbarkeit auf die Begünstigung. Die Unmittelbarkeit wird i. R. d. § 259 StGB verstanden als strenge körperliche Sachidentität811 und gilt auch bei vertretbaren Sachen, z. B. beim Geldwechsel.812 Diese enge Auslegung des Begriffs ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut des Tatbestands, der als Tatobjekt der Hehlerei eine Sache fordert, die ein anderer gestohlen oder durch eine sonstige gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat erlangt hat.813 Hierbei handelt es sich dann aber bloß um die Sachen, die tatsächlich auch aus der Vortat erlangt wurden und nicht etwa um umgewandelte, umgetauschte oder auf sonstigem Weg erlangte Gegenstände wie etwa den Erlös für eine aus der Vortat erlangte Sache.814 Zudem spricht der Schutzzweck des Hehlereitatbestands für eine solche Auslegung, denn es besteht nur an einer aus der Vortat erlangten Sache eine rechtswidrige Vermögenslage (unrechtmäßiger Besitz), deren Vertiefung die Hehlerei verhindern soll.815 Schließlich scheidet die Hehlerei nicht bei jeder Umwandlung in eine Ersatzsache aus, denn taugliches Objekt der Hehlerei kann sein, was im Rahmen des Umtausches erneut das Produkt einer rechtswidrigen Tat wurde.816 bb) Übertragbarkeit des Unmittelbarkeitserfordernisses auf § 257 StGB Es bleibt zu klären, ob die enge Auslegung der Unmittelbarkeit im Sinne einer Sachidentität gem. § 259 StGB, auf den Vorteilsbegriff der Begünstigung übertragbar ist. Dies richtet sich danach, inwiefern die beiden beschriebenen Tatsitua-

810

BGHSt 9, 137 (139); Fischer, § 259 Rn. 7; LK-Walter, § 259 Rn. 30; L/K-Heger, § 259 Rn. 8; MüKo-Maier, § 259 Rn. 51; S/S-Stree-Hecker, § 259 Rn. 13. 811 BGH NJW 1969, 1260 (1261); Fischer, § 259 Rn. 7; MüKo-Maier, § 259 Rn. 51. 812 Fischer, § 259 Rn. 7; LK-Walter, § 259 Rn. 30; L/K-Heger, § 259 Rn. 8; MüKo-Maier, § 259 Rn. 55; S/S-Stree-Hecker, § 259 Rn. 13; a. A. Roxin, in: FS Mayer, S. 467 (S. 472 ff.); Rudolphi, in: JA 1981, 1 (4). 813 MüKo-Maier, § 259 Rn. 51 spricht insofern von der „Nämlichkeit der Sache“; Stree, in: JuS 1961, 50 (50 f.). 814 MüKo-Maier, § 259 Rn. 51. 815 L/K-Heger, § 259 Rn. 8; MüKo-Maier, § 259 Rn. 51; S/S-Stree-Hecker, § 259 Rn. 12. Kritik an diesem Argument findet sich bei Stree, in: JuS 1961, 50 (51 f.). 816 Fischer, § 259 Rn. 7; LK-Walter, § 259 Rn. 30; MüKo-Maier, § 259 Rn. 52.

E. Systematische Auslegung

273

tionen vergleichbar sind, genauer gesagt danach, ob sich die Tatobjekte und die Schutzrichtung der Tatbestände gleichen. Auf Ebene der Tatobjekte normieren die beiden Anschlussdelikte zwei unterschiedliche Anforderungen, die sich jedoch in ihren Anwendungsbereichen überschneiden: Der legaldefinierte Begriff der Sache meint ausschließlich körperliche Gegenstände, während der Begriff des Vorteils unstreitig sowohl körperliche als auch unkörperliche Gegenstände erfasst.817 Damit umfasst der weitere Begriff des Vorteils vollständig den engeren Begriff der Sache und diese unterschiedliche Weite der Tatobjekte spricht bereits auf den ersten Blick dafür, dass eine Unmittelbarkeit in beiden Fällen nicht das Gleiche bedeuten kann. Entscheidend hängt die Übertragbarkeit der Auslegung der Unmittelbarkeit des § 259 StGB auf § 257 StGB jedoch davon ab, welche Rechtsgüter von beiden Normen jeweils geschützt werden: Die Hehlerei schützt das Vermögen sowie vor der Perpetuierung einer rechtswidrigen Vermögenslage, dagegen verfolgt die Begünstigung einen Individual- und Allgemeinrechtsgüterschutz sowie Generalprävention.818 Somit unterscheiden sich die Ansätze der Tatbestände bezogen auf den Schutzzweck deutlich: Die Hehlerei verfolgt einen reinen Individualrechtsgüterschutz, während dieser als alleiniger Schutzzweck von § 257 StGB gerade nicht möglich ist. Die enge Auslegung der Unmittelbarkeit bei der Hehlerei ist jedoch ein direktes Resultat sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem spezifischen Schutzzweck des § 259 StGB. Daher liegt auf der Hand, dass die Übertragung der Auslegung eines bestimmten Merkmals auf das gleichlautende Merkmal in einem anderen Tatbestand nicht in Betracht kommt, sofern sich die Schutzzwecke unterscheiden. So ist es aber gerade hier und damit scheidet bereits aus diesem Grund eine derart enge Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums, im Sinne einer Sachidentität, für § 257 StGB aus.819 Bestätigt wird dieses gefundene Ergebnis auch von der Unterschiedlichkeit der beiden Tatobjekte. Sofern der Gesetzgeber für einen Tatbestand bewusst einen weiteren Begriff und für einen anderen dagegen einen engeren Begriff wählt, spricht einiges dafür, dass er bei ungeschriebenen einschränkenden Merkmalen nicht in beiden Fällen eine gleiche Auslegung angestrebt hat, sondern auch hier differenzieren wollte. Dies wird auch durch die Ergebnisse der historischen Auslegung bestätigt.820 Schließlich spricht auch ein Vergleich des Wortlauts von Begünstigung und Hehlerei gegen eine Übertragung des engen Unmittelbarkeitskriteriums im Sinne einer Sachidentität. Für § 259 StGB ergibt sich das Erfordernis einer Sachidentität 817

Vgl. 1. Teil, B. II. 2.; 2. Teil, B. III. 6. Vgl. 2. Teil, D. III. 1. 819 So auch jedoch ohne Begründung Dehne-Niemann, in: ZJS 2009, 142 (146); Janson, S. 164. 820 Vgl. 2. Teil, C. V. 3. 818

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

aus der Formulierung, dass die Sache durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt worden sein muss. § 257 StGB spricht dagegen nur von Vorteilen der Tat und formuliert damit viel weiter als dies bei § 259 StGB der Fall ist.821 b) Auslegung der Tathandlungen Weitere Erkenntnisse für die Frage des Verhältnisses der Tatbestände und die Auslegung des Vorteilsbegriffs gem. § 257 StGB kann möglicherweise ein Vergleich der unterschiedlichen Tathandlungen bringen. Während die Begünstigung auf Ebene der Tathandlung ein Hilfeleisten bei der Sicherung der Tatvorteile fordert, stellt die Hehlerei mit dem Erfordernis eines Ankaufens, Absetzens, einer Absatzhilfe bzw. dem Sich oder einem Dritten Verschaffen spezifischere Anforderungen an das Täterhandeln. Gerade durch die auf die erlangte Sache beschränkten Tathandlungen des § 259 StGB wird das i. R. d. dieses Tatbestands geltende Unmittelbarkeitsprinzip gestärkt, während die unscharfe Tathandlung des Hilfeleistens für eine gelockerte Verknüpfung zwischen Vortat und Vorteil spricht und damit im Ergebnis für ein weniger strenges Unmittelbarkeitskriterium. Darüber hinaus ist an dieser Stelle eine Untersuchung der Fälle von Interesse, in denen es aufgrund der Ähnlichkeit der Tathandlungen zu Überschneidungen zwischen beiden Delikten kommt. Die Problematik der Abgrenzung zwischen Hehlerei und Begünstigung stellt sich ausschließlich in den Fällen einer Verwertung der Vortatbeute, da die Vornahme einer Verwertungshandlung grundsätzlich sowohl ein Hilfeleisten bei der Sicherung des Vortatvorteils als auch einen Absatz bzw. eine Absatzhilfe darstellen kann.822 Hinsichtlich dieser Fallkonstellationen ist nach wie vor vieles umstritten, so wird etwa diskutiert ob i. R. d. Begünstigung die angemaßte Eigentümerstellung als Tatvorteil anerkannt werden kann823 und für den Fall der Anerkennung dieses Vorteils danach gefragt, wie beim Vorliegen beider Delikte abzugrenzen ist.824 An dieser Stelle kann es nun allerdings nicht um die Anerkennung einer angemaßten Eigentümerstellung als Tatvorteil gehen, denn diese Frage gilt es ja mit Hilfe der gesamten Arbeit erst zu klären. Der Ansatz dieses Teils der systematischen Auslegung muss hier vielmehr sein, losgelöst von dieser Frage, die Fälle zu untersuchen, in denen sowohl § 257 StGB als auch § 259 StGB in Betracht kommen. Sofern man für den Fall der Verwertung von Vortatbeute eine angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil annimmt, liegen auf Ebene des objektiven Tatbestands 821

Janson, S. 165. Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 175). 823 Vgl. 1. Teil, B. III. 2. b) aa). 824 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 180 ff.). 822

E. Systematische Auslegung

275

die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen von §§ 257, 259 StGB unproblematisch vor, sodass sich die eigentliche Abgrenzungsproblematik auf Ebene des subjektiven Tatbestands stellt. Während § 257 StGB eine Vorteilssicherungsabsicht verlangt, fordert § 259 StGB, dass der Täter die Absicht hat, sich oder einen Dritten zu bereichern. Entscheidend ist also, ob der Handelnde beim Hilfeleisten eigennützig der Bereicherung wegen825 oder ob er fremdnützig zugunsten des Vortäters handelt.826 Anhand dieser sehr unterschiedlichen Gesinnung des Täters, lassen sich bereits die meisten praktischen Fälle lösen, in denen es zu Überschneidungen der Tatbestände kommt.827 Schwierigkeiten ergeben sich alleine dann, wenn beim Täter beide Absichten vorliegen.828 Hier bieten sich nun verschiedene Lösungsmöglichkeiten an: Zunächst ließe sich vertreten, dass § 259 StGB immer ausscheidet in den Fällen, in denen der Täter auch mit der Motivation der Vorteilssicherung für den Täter handelt, er also nicht ausschließlich eigennützig handelt.829 Dies hätte zur Folge, dass es gar kein Konkurrenzproblem gäbe und §§ 257, 259 StGB sich bereits auf Tatbestandsebene ausschließen würden. Andere wollen dagegen § 259 StGB auch für die Fälle anwenden, in denen nicht ausschließlich eine eigennützige Motivation vorliegt.830 Folglich würden im Ergebnis beide Tatbestände vorliegen und mangels Vorliegens von Konsumtion, Subsidiarität und Spezialität Tateinheit zwischen § 257 und § 259 StGB bestehen.831 Im Ergebnis lassen sich aus diesen Ausführungen jedoch für die Auslegung des Vorteilsbegriffs und insbesondere für die Frage der Anerkennung einer angemaßten Eigentümerstellung nur in sehr begrenztem Maße Erkenntnisse gewinnen: Die gesamten Überlegungen zum subjektiven Tatbestand und zum Konkurrenzverhältnis der beiden Tatbestände zueinander stellt sich schließlich überhaupt nur, wenn man die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil i. S. d. Begünstigungstatbestands anerkennt und dies wurde ja gerade bislang nicht abschließend geklärt. Würde man nun aus den Ausführungen zum potentiellen Konkurrenzverhältnis Rückschlüsse auf die Anerkennung einer angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil ziehen, so käme das einem Zirkelschluss gleich. An dieser Stelle lässt sich daher lediglich festhalten, dass die Anerkennung der angemaßten Eigentümerstellung als Vorteil nicht von vornherein ausgeschlossen ist, da potentielle Lösungsmöglichkeiten hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses von Begünstigung und Hehlerei existieren. 825

Entscheidender Antrieb oder Endzweck des Handelns braucht die eigene Bereicherung oder die eines Dritten nicht zu sein. Insofern reicht aus, dass die Bereicherung ein angestrebtes Zwischenziel ist, S/S-Hecker, § 259 StGB Rn. 40. 826 Es reicht, dass die Begünstigungsabsicht ein Mitmotiv ist, vgl. MüKo-Cramer, § 257 StGB Rn. 22. 827 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 181 f.). 828 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 181). 829 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 181 f.). 830 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 182 f.). 831 Schröder, in: FS Rosenfeld, S. 161 (S. 183).

276

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

4. Zwischenergebnis Die Untersuchung des Gesetzesabschnitts, in dem die Begünstigung geregelt ist, hat zunächst ergeben, dass allen Anschlussdelikten die Struktur als Hilfsdelikt gemeinsam ist, deren prägender Charakter darin besteht, dass nachtatliche Hilfe gegenüber dem Vortäter geleistet wird.832 Unterschiede bestehen dagegen in der Art der geschützten Rechtsgüter und hieran zeigt sich sodann die Unterschiedlichkeit aller drei Delikte. Während ein Vergleich der Begünstigung und Strafvereitelung ohne verwertbare Ergebnisse geblieben ist, konnten aus dem Vergleich der anderen beiden Anschlussdelikte verwertbare Erkenntnisse für die Auslegung des Vorteilsbegriffs gewonnen werden. Die Relevanz des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals der Unmittelbarkeit im Rahmen des Hehlereitatbestands legt zunächst eine Übertragbarkeit auf die Begünstigung nahe. Dass dies aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, wurde oben aufgezeigt und es bleibt somit die Feststellung, dass Begünstigung und Hehlerei jeweils unterschiedliche Tatobjekte sichern und der unmittelbare Vortatbezug zwar im Fall der Hehlerei im Sinne einer Sachidentität zu verstehen ist, bei der Begünstigung aber gerade keine Sachidentität, sondern eine weitere Auslegung des Merkmals angezeigt ist. Darüber hinaus hat eine Untersuchung der Tathandlungen ergeben, dass es durchaus eine Schnittmenge zwischen den Tatbeständen der Hehlerei und der Begünstigung gibt – allerdings auch nur, sofern man die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil anerkennt. Hinsichtlich der Auslegung des Vorteilsbegriffs konnte nichts Verwertbares gewonnen werden, lediglich, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil anzuerkennen, da bei Vorliegen beider Tatbestände ein entsprechender Ausgleich auf Konkurrenzebene bzw. auf Ebene des subjektiven Tatbestands geschaffen werden kann. Ob nun diese Art eines potentiellen Vorteils tatsächlich als solcher im Sinne des Tatbestands anerkannt werden kann bzw. es sich insofern um einen unmittelbaren Vorteil handelt, muss schließlich im letzten Kapitel mithilfe der zur Auslegung des Vorteils und der Unmittelbarkeit ermittelten Kriterien herausgefunden werden.

IV. Der Vorteilsbegriff und seine Stellung im Strafgesetzbuch Zuletzt soll der Vorteilsbegriff im gesamten Strafgesetzbuch untersucht werden, zwecks Ermittlung von Gemeinsamkeiten der verschiedenen Tatbestände, die den Vorteilsbegriff enthalten. Zu fragen ist danach, in welchen Zusammenhängen der Vorteil im Strafgesetzbuch relevant wird und wie er in diesen Zusammenhängen ausgelegt wird. Dies erfordert den Blick in verschiedene Normen des Strafgesetz832

Weisert, S. 209.

E. Systematische Auslegung

277

buchs, allerdings darf dabei nicht aus den Augen verloren werden, was das eigentliche Ziel dieser Arbeit ist. So soll es an dieser Stelle nicht darum gehen, eine endgültige und verbindliche Klärung der Vorteilsbegriffe anderer Normen vorzunehmen, sondern vielmehr ausschließlich die Bedeutung des Vorteilsbegriffs in den übrigen Normen des Strafgesetzbuchs, in dem für diese Untersuchung relevanten Umfang, ermittelt werden. 1. Die Bestechungsdelikte a) Die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB Den Anfang dieser systematischen Untersuchung sollen die Bestechungsdelikte machen, schließlich ist der Vorteil neben seiner Normierung in § 257 StGB auch im Rahmen der Bestechungsdelikte ein zentrales Tatbestandsmerkmal. Sowohl bei der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 StGB als auch der Amtsträgerbestechung gem. §§ 331 ff. StGB, der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitssystem gem. §§ 299a, b StGB, der Bestechung von Mandatsträgern gem. § 108e StGB sowie der Wählerbestechung gem. § 108b StGB taucht der Vorteil als Tatobjekt des jeweiligen Delikts auf: Der Täter muss einen Vorteil fordern, sich versprechen lassen oder annehmen bzw. alternativ einen Vorteil anbieten, versprechen oder gewähren. Ausgangspunkt der Betrachtung der Korruptionsdelikte soll die einfachste Form der Korruption nach § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr) sein. Diese Strafnorm wurde vom Gesetzgeber geschaffen, um das Allgemeinrechtsgut des freien, lauteren Wettbewerbs833 vor Verfälschung und Außerkraftsetzung834 zu schützen. Darüber hinaus ist umstritten, inwiefern auch die Vermögensinteressen der Mitbewerber unmittelbar835 oder mittelbar836 mitgeschützt werden und ob als mittelbares Rechtsgut des § 299 StGB auch das Interesse der Verbraucher an einem Schutz vor Verteuerung angesehen werden kann.837 Auf die verschiedenen in Betracht kommenden Schutzzwecke838 wird es später im Rahmen der Ermittlung der Bedeutung des Vorteilsbegriffs noch ankommen.

833

Fischer, § 299 Rn. 2; L/K-Heger, § 299 Rn. 1; MüKo-Krick, § 299 Rn. 18 f. Joecks/Jäger, § 299 Rn. 1. 835 Tiedemann, Rn. 822; Joecks/Jäger, § 299 Rn. 1. 836 Fischer, § 299 Rn. 2. 837 Ablehnend Nöckel, in: ZJS 2013, 50 (51); Wittig, § 26 Rn. 11. 838 Zum geschützten Rechtsgut ausführlich Vasilikou, S. 69 ff. 834

278

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

aa) Der Vorteilsbegriff Bis zur Gesetzesänderung durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. 8. 1997839 wurden die Bestechungsdelikte in § 12 UWG a. F. geregelt. Zwar sollte mit der Verschiebung des Straftatbestands ins Strafgesetzbuch keine inhaltliche Änderung der Bestechungsdelikte vorgenommen werden, allerdings geht aus der Gesetzesbegründung hervor, dass eine Orientierung des § 299 StGB an den bereits bestehenden §§ 331 ff. StGB angestrebt wurde und damit auch eine entsprechende Auslegung des Vorteilsbegriffs vom Gesetzgeber gewollt war.840 Damit stand für den Vorteil i. S. d. § 299 StGB fest, dass nicht nur materielle, sondern analog zu § 331 StGB auch immaterielle Vorteile erfasst sein sollten.841 Heute wird der Vorteil i. S. d. § 299 StGB allgemein definiert als etwas, was die Lage des Empfängers in wirtschaftlicher, rechtlicher oder persönlicher Hinsicht verbessert, worauf er keinen Anspruch hat842 und es sich nicht um eine bloß sozialadäquate Zuwendung handelt.843 Kernelement der Definition ist die Besserstellung des Empfängers, die im Nachfolgenden genauer beleuchtet werden soll. (1) Besserstellung als Kern des Vorteilsbegriffs Als entscheidendes Merkmal des Vorteilsbegriffs bedeutet die Besserstellung des Täters844 im Wesentlichen einen Zuwachs an Werten, den eine Person durch ein bestimmtes Ereignis erfährt845 und für dessen Ermittlung es auf einen Vergleich des Wertbestands vor und nach dem entscheidenden Geschehen ankommt.846 Der Wertzuwachs und damit die Besserstellung kann dabei persönlicher, wirtschaftlicher oder rechtlicher Art sein847, häufig werden gleichzeitig mehrere Arten der Besserstellung existieren.848

839

BGBl. I 1997 Nr. 58, S. 2038. BT-Drucks. 13/5584, S. 15; Vasilikou, S. 120. 841 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 331 StGB, BT-Drucks. 7/550, S. 271; Bauchrowitz, S. 86 ff. 842 Fischer, § 299 Rn. 8; Küper/Zopfs, Rn. 745; LK-Tiedemann, § 299 Rn. 25. 843 LK-Tiedemann, § 299 Rn. 28; MüKo-Krick, § 299 Rn. 147, 148. 844 Zum Teil wird der Begriff des Vorteils mit der Besserstellung gleichgesetzt und somit nur auf letzteren Begriff abgestellt, vgl. Schwieger, S. 31, 169; Selle, S. 25 ff. Diese Gleichsetzung wird jedoch kritisiert, da die Besserstellung das Ergebnis einer vorteilhaften Zuwendung darstelle und durch die Ersetzung des einen mit dem anderen Begriff komme es zu einem Austausch von Ergebnis (Besserstellung) und Voraussetzung (Vorteil), vgl. Vasilikou, S. 122. 845 Selle, S. 25; Schwieger, S. 159. 846 Schwieger, S. 159, 169. 847 Kindhäuser/Böse, BT II, § 46 Rn. 20; NK-Dannecker, § 299 Rn. 54; LK-Tiedemann, § 299 Rn. 25; MüKo-Krick, § 299 Rn. 180. 848 Vasilikou, S. 122. 840

E. Systematische Auslegung

279

In der Literatur wird die Besserstellung des Vorteilsempfängers umschrieben als positive Situation849 und damit gleicht die Umschreibung des Vorteils der bereits oben i. R. d. Wortlautauslegung des Vorteilsbegriffs gem. § 257 StGB ermittelten Bedeutung des Begriffs.850 (2) Kein rechtlicher Anspruch Neben der Besserstellung des Empfängers ist entscheidendes Merkmal des Vorteilsbegriffs in § 299 StGB das Nichtbestehen eines rechtlichen Anspruchs auf das Empfangene. Einigkeit besteht dahingehend, dass eine Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung ausscheidet, sofern ein rechtlicher Anspruch auf das Empfangene besteht. Uneinig ist man sich dagegen über die Begründung dieses Ergebnisses: Während teilweise vertreten wird, dass bereits kein Vorteil vorliege, wenn auf das Zugewendete ein rechtlicher Anspruch bestehe851, wollen anderen das Vorliegen eines Vorteils und das Bestehen eines rechtlichen Anspruchs voneinander trennen.852 Die Entscheidung dieses Meinungsstreits kann allerdings an dieser Stelle, mangels Erheblichkeit für die vorliegende Untersuchung, dahinstehen. (3) Grenzen des Vorteilsbegriffs bei sozialadäquaten Zuwendungen Neben dem Bestehen eines rechtlichen Anspruchs, schließt auch das Vorliegen einer sozialadäquaten Zuwendung853, d. h. einer Zuwendung geringen Umfangs, die sich im Rahmen der Verkehrssitte und der allgemeinen Höflichkeitsregeln bewegt854, das Vorliegen eines Vorteils i. S. d. § 299 StGB aus. Diese Einschränkung des Vorteilsbegriffs beruht auf dem Schutzzweck der Strafnorm, schließlich ist der freie lautere Wettbewerb überhaupt nur dann gefährdet, wenn eine Zuwendung erfolgt, die über das sozialadäquate Maß hinaus geht. Der Begriff der Sozialadäquanz scheint schon auf den ersten Blick ein unbestimmter zu sein. So verwundert es auch nicht, wenn es heißt, für die Beurteilung der Sozialadäquanz existiere keine starre Grenze, notwendig sei vielmehr eine Abwägung im Einzelfall.855 Hierbei sei aus Sicht eines objektiven Dritten zu beurteilen, ob eine sachwidrige Beeinflussung durch die Zuwendung hervorgerufen werde856, wobei als Maßstab das jeweilige Geschäftsfeld, die Höhe der Zuwendung857 und die 849

Selle, S. 25. Vgl. 2. Teil, B. III. 9. 851 Zieschang, in: StV 2001, 290 (291). 852 Ambos, in: JZ 2003, 345 (351); Rönnau, in: JuS 2003, 232 (235); Satzger, in: ZStW 2003 (115), 469 (475). 853 Anstatt vieler Fischer, § 299 Rn. 29; NK-Dannecker, § 299 Rn. 58. 854 Wittig, § 26 Rn. 42. 855 Nöckel, in: ZJS 2013, 50 (53). 856 NK-Dannecker, § 299 Rn. 58. 857 Zu den Wertgrenzen vgl. Vasilikou, S. 138. 850

280

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Lebensumstände der Beteiligten zugrunde zu legen seien.858 Zu den sozialadäquaten Zuwendungen zählen hiernach etwa die Einladung zum Geschäftsessen, Werbeartikel oder Trinkgelder.859 Die Grenze der Sozialadäquanz ist bei § 299 StGB höher angesiedelt, als dies in den Fällen der Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern gem. §§ 331 ff. StGB der Fall ist.860 Diskutiert werden etwa Wertgrenzen von 100 – 200 Euro.861 Wie auch bei der Voraussetzung des Nichtbestehens eines rechtlichen Anspruchs ist für das Merkmal der Sozialadäquanz umstritten, was die dogmatischen Folgen des Vorliegens einer sozialadäquaten Zuwendung sind.862 Während teilweise das Vorliegen einer unlauteren Unrechtsvereinbarung abgelehnt wird863, wollen andere bereits das Vorliegen eines Vorteils verneinen.864 Schließlich wird zum Teil auch eine teleologische Tatbestandsreduktion vorgenommen bzw. die Zurechnung verneint.865 Auch an dieser Stelle kann dieser rein dogmatische Streit dahinstehen, da er für die vorliegende Untersuchung keine Relevanz hat. (4) Kategorien der Vorteile Im Anschluss an die Untersuchung der einzelnen Merkmale des Vorteils sollen nun noch die unterschiedlichen Arten von Vorteilen beleuchtet werden, die i. R. d. § 299 StGB unterschieden werden. (a) Materielle und immaterielle Vorteile Beim Vorteil i. S. d. § 299 StGB handelt es sich in der Regel um materielle Zuwendungen – etwa um Geld, Sachgüter, die Finanzierung von Reisen.866 Kernelement des materiellen Vorteils ist hierbei der Vermögenswert der Zuwendung, der zu einer wirtschaftlichen Besserstellung des Empfängers führt.867 Dagegen unterfallen immaterielle Zuwendungen dem Vorteilsbegriff nur dann, wenn ihnen ein objektiv messbarer Inhalt innewohnt und sie den Vorteilsnehmer besserstellen.868 In diesem Zusammenhang geht es jedoch gerade nicht um eine wirtschaftliche Besserstellung, denn bei der Zuwendung eines immateriellen Vorteils 858

Wittig, § 26 Rn. 43. NK-Dannecker, § 299 Rn. 58; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Kap. 2 Rn. 36. 860 Nöckel, in: ZJS 2013, 50 (53). 861 Vasilikou, S. 138 f. 862 Vgl. Wittig, § 26 Rn. 41 m. w. N. 863 Fischer, § 299 Rn. 29. 864 SK-Rogall, § 299 Rn. 44; LK-Tiedemann, § 299 Rn. 28. 865 Rengier, BT II, § 60 Rn. 19. 866 Nöckel, in: ZJS 2013, 50 (53). 867 MüKo-Krick, § 299 Rn. 149; Vasilikou, S. 129. 868 BGHSt 31, 264 (279 f.); Küper/Zopfs, Rn. 747; Vasilikou, S. 129; Wittig, § 26 Rn. 38. 859

E. Systematische Auslegung

281

fehlt es am zugewendeten Vermögenswert.869 Die Besserstellung ist in diesen Fällen in der Regel persönlicher oder rechtlicher Art, so werden als immaterielle Vorteile etwa die Stärkung der Stellung im Unternehmen, die Förderung beruflichen Fortkommens, eine Auszeichnung zwecks Befriedigung des Ehrgeizes870 oder aber sexuelle Zuwendungen871 anerkannt. Im Einzelfall kann die Abgrenzung hier schwierig sein, da bisher noch keine einheitliche Linie für die Bestimmung des Vorliegens eines immateriellen Vorteils erarbeitet wurde.872 (b) Unmittelbare und mittelbare Vorteile Neben einer Differenzierung nach der Art des Vorteils anhand seines Vermögenswertes, ist auch eine Unterscheidung anhand des Vorteilsempfängers möglich.873 Während einerseits eine Zuwendung an den Empfänger derart geleistet werden kann, dass dieser einen unmittelbaren Nutzen erlangt, ist andererseits auch die Zuwendung an einen Dritten (sog. Drittvorteil)874 möglich. In letzterem Fall kann der eigentliche Vorteilsempfänger davon mittelbar profitieren, dies ist aber nicht zwingend notwendig für das Vorliegen eines Drittvorteils.875 Ein denkbarer Fall, in dem ein solcher Drittvorteil Bedeutung erlangt, wäre die Vereinbarung zwischen den Unternehmen A und B, dass ein Auftrag an das Unternehmen B nur vergeben wird, wenn es eine Spende an den gemeinnützigen Verein X leistet. Hierbei wird der Vorteil an den außenstehenden Dritten – den Verein X – geleistet, während der „wahre“ Vorteilsempfänger das Unternehmen B ist. Die Erfassung auch derjenigen Fälle, in denen die Zuwendung an einen Dritten erfolgt, liegt im Schutzzweck des § 299 StGB begründet, schließlich erfolgt eine Beeinträchtigung des lauteren Wettbewerbes sowohl im Fall des eigennützigen als auch im Fall des fremdnützigen Handelns.876 (5) Die Unrechtsvereinbarung Der Vorteil i. R. d. § 299 StGB kann unterschiedliche Gestalten haben, die unterschiedlichen Varianten eint jedoch das Erfordernis eines Zusammenhangs zwi-

869

Vasilikou, S. 130 f. NK-Dannecker, § 299 Rn. 57. 871 BGH NJW 1989, 914 (915); NK-Dannecker, § 299 Rn. 57. Keinen Vorteil stellt dagegen nach BGH NJW 1989, 914 (915) die bloße Gewährung der Gelegenheit zur sexuellen Betätigung dar. 872 Ulbricht, S. 74. 873 Vgl. zum Ganzen Vasilikou, S. 132 ff. 874 Küper/Zopfs, Rn. 749. Dritter kann ein Freund oder Angehöriger, eine Partei oder auch ein Verein sein, vgl. LK-Tiedemann, § 299 Rn. 26. 875 Küper/Zopfs, Rn. 749. 876 Ulbricht, S. 74; Vasilikou, S. 136. 870

282

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

schen dem Vorteil und der zukünftig erwarteten Bevorzugung des Vorteilsleistenden: Erforderlich ist eine sogenannte Unrechtsvereinbarung.877 Inhalt dieser Vereinbarung ist, dass die Zuwendung an den Vorteilsempfänger erfolgt, zwecks unlauterer Bevorzugung im inländischen bzw. ausländischen Wettbewerb (§ 299 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB) bzw. zwecks Vornahme einer Handlung oder Unterlassung, wodurch die Pflichten ggü. dem Unternehmer verletzt werden (§ 299 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB).878 Der Kern der Unrechtsvereinbarung liegt somit in der Vereinbarung eines Vorteils für eine entsprechende Gegenleistung.879 bb) Ergebnis Im Ergebnis lässt sich für den Vorteilsbegriff des § 299 StGB Folgendes festhalten: (1) Kernelement ist die Besserstellung des Täters, die sich durch einen Wertzuwachs ausdrückt, es handelt sich beim Vorteil also immer um etwas Positives. (2) Auf die Besserstellung darf der Vorteilsnehmer weder einen vertraglichen Anspruch haben, noch darf es sich um eine bloß sozialadäquate Zuwendung handeln. (3) Der Vorteil kann materieller oder immaterieller Natur sein. (4) Die Leistung des Vorteils ist an den Vorteilsnehmer (unmittelbarer Vorteil) oder an einen Dritten (Drittvorteil) möglich. (5) Der Vorteil muss Teil einer Unrechtsvereinbarung zwischen den beteiligten Parteien sein und als Gegenleistung eine unlautere Wettbewerbsbevorzugung oder Pflichtverletzung ggü. dem Unternehmer bzw. eine bestimmte Dienstausübung oder Dienstpflichtverletzung beinhalten. Ausgehend von diesem Ergebnis ist nun nach der Relevanz der einzelnen Erkenntnisse für den Vorteilsbegriff i. S. d. § 257 StGB zu fragen. Von Bedeutung für die Auslegung des Vorteilsbegriffs der Begünstigung ist bereits die erste Erkenntnis, dass der Begriff Vorteil i. S. d. § 299 StGB etwas Positives beinhaltet. Diese Feststellung bestätigt den bereits im Rahmen der Wortlautauslegung des § 257 StGB ermittelten Kerngehalt des Begriffs.880 Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Erfassung sowohl immaterieller als auch materieller Vorteile.881 Allerdings besteht ein we-

877

Anstatt vieler H/H-Momsen/Laudien, § 299 Rn. 45 ff.; NK-Dannecker, § 299 Rn. 64. NK-Dannecker, § 299 Rn. 64. 879 H/H-Momsen/Laudien, § 299 Rn. 46 f.; MüKo-Krick, § 299 Rn. 68; NK-Dannecker, § 299 Rn. 64; Nöckel, in: ZJS 2013, 50 (53). 880 Vgl. 2. Teil, B. III. 9. 881 Vgl. 1. Teil, B. II. 1. 878

E. Systematische Auslegung

283

sentlicher Unterschied darin, dass sich die Art des Vorteils882 bei § 257 StGB primär nach der Vortat richtet, während es einen solchen Indikator für § 299 StGB nicht gibt. Auch die Erfassung sowohl unmittelbarer als auch mittelbarer Vorteile durch § 299 StGB lässt zunächst vermuten, dass sich hieraus Erkenntnisse für den Vorteil i. S. d. Begünstigungstatbestands gewinnen lassen, schließlich ist die Frage nach der Erfassung nur unmittelbarer oder aber auch mittelbarer Vorteile zentraler Streitpunkt bei der Auslegung des Vorteilsbegriffs gem. § 257 StGB. Allerdings meinen die Bezeichnungen mittelbarer bzw. unmittelbarer Vorteil im Zusammenhang mit den beiden Tatbeständen jeweils unterschiedliche Fälle. Während es bei der Unmittelbarkeit i. S. d. § 257 StGB um das Nichtvorliegen von Zwischenschritten bzw. Umwandlungen im Zeitraum zwischen Vorteilserlangung durch den Vortäter und Sicherung durch den Helfenden geht, meint die Unmittelbarkeit des Vorteils bei § 299 StGB die Leistung direkt an den Vorteilsnehmer, während im Fall eines Drittvorteils nur an eine dritte Person geleistet wird, die außerhalb der Unrechtsvereinbarung steht.883 Es geht daher bei den i. R. d. § 299 StGB diskutierten unmittelbaren und mittelbaren Vorteilen mehr um direkte bzw. indirekte Vorteile. Somit lassen sich auch aus der Erfassung mittelbarer Vorteile durch § 299 StGB keine Rückschlüsse auf die Auslegung der Unmittelbarkeit des Vorteils i. R. d. § 257 StGB ziehen. Weiterhin ist danach zu fragen, ob das Nichtbestehen eines vertraglichen Anspruchs sowie das Nichtvorliegen einer sozialadäquaten Zuwendung für die Auslegung des Vorteilsbegriffs bei § 257 StGB von Bedeutung sein können. Die Existenz der beiden ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale des § 299 ff. StGB gründet im Schutzzweck des Tatbestands, dem Schutz des freien Wettbewerbs vor unlauterer Beeinflussung. Da der Tatbestand der Begünstigung aber den Schutz von Allgemeinund Individualrechtsgütern bezweckt, ist eine Übertragung der Merkmale aus § 299 StGB nicht ohne Weiteres möglich. Erforderlich wäre vielmehr, dass auch der Schutzzweck der Begünstigung eine Eingrenzung des Vorteils durch diese Merkmale fordert. Um zu ermitteln, ob der Schutzzweck des § 257 StGB eine solche Eingrenzung erfordert, muss nach dem Ursprung des Merkmals bei § 299 StGB gesucht werden. Die Anforderung des Nichtbestehens eines vertraglichen Anspruchs ist bei der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr von Relevanz, da hier ein do-ut-des-Verhältnis besteht, also ein Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Damit aber eine Strafbarkeit für dieses Leistungsverhältnis in Betracht kommt, darf hierfür gerade kein vertraglicher Anspruch bestehen. Somit resultiert die Anforderung des Nichtbestehens eines vertraglichen Anspruchs alleine aus dem bestehenden Gegenseitigkeitsverhältnis, bei der Begünstigung fehlt es jedoch gerade an einem solchen Verhältnis, schließlich geht es dort um die bloße Sicherung eines Vorteils, 882

Gemeint ist das Vorliegen entweder eines immateriellen oder eines materiellen Vorteils. Hierbei kann auch ein mittelbarer Vorteil für denjenigen, der die Unrechtsvereinbarung geschlossen hat, vorliegen. Zwingend ist dies jedoch nicht. 883

284

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

ohne dass eine entsprechende Gegenleistung für die Annahme des Vorteils erfolgt. Aus diesem Grund kann das Merkmal des Nichtbestehens eines vertraglichen Anspruchs keine Bedeutung für den Vorteilsbegriff nach § 257 StGB erlangen. Das Ausschlussmerkmal einer sozialadäquaten Zuwendung beruht primär auf dem Gedanken, dass ein Wettbewerbsschutz bei nur geringen Zuwendungen nicht erforderlich ist. Auch hier geht es mittelbar um das Austauschverhältnis von Leistungen: Auf der einen Seite steht die Leistung eines geringen, nur sozialadäquaten Vorteils, auf der anderen Seite dagegen die Bevorzugung beim Bezug von Leistungen. Aus den gleichen Gründen wie beim Nichtbestehen eines vertraglichen Anspruchs kann es für den Vorteil i. S. d. § 257 StGB nicht auf dieses Merkmal ankommen. Letztlich erfordern die § 299 StGB noch eine Unrechtsvereinbarung bzgl. der Leistung des Vorteils, da es sich hier jedoch ebenfalls um eine Besonderheit des dout-des-Verhältnisses der §§ 299 ff. StGB handelt, können hieraus wiederum keine Rückschlüsse für die Begünstigung und den Vorteilsbegriff gezogen werden. Es lässt sich als Ergebnis festhalten, dass sowohl aufgrund der unterschiedlichen Schutzrichtungen der beiden Tatbestände als auch der Bedeutung des Vorteils im jeweiligen Tatbestand, der Erkenntnisgewinn für die Auslegung des Vorteils i. S. d. § 257 StGB eher gering ist und lediglich einzelne Aspekte des Vorteils bestätigt werden, die bereits an anderer Stelle dieser Arbeit ermittelt wurden, so etwa, dass der Vorteil etwas Positives beinhaltet. b) Die Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen, §§ 299a, b StGB Eine spezielle Regelung für Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung in einem besonders anfälligen Bereich884 findet sich in den §§ 299a, b StGB. Der Bereich des gesamten Gesundheitswesens ist aufgrund der Entscheidungsbefugnisse, die ausschließlich bei bestimmten Angehörigen der Heilberufe liegen, in sehr starkem Maße der Gefahr einer unzulässigen Beeinflussung von Seiten der Pharmaindustrie ausgesetzt.885 Insbesondere die Verschreibungs- und Apothekenpflicht für Arzneimittel sowie die Verordnungspflicht für medizinische und sonstige Behandlungen trägt dazu bei, dass sowohl die Pharmaindustrie als auch die Hersteller medizinischer Produkte und die Angehörigen bestimmter Heilberufsgruppen in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Ärzten stehen. Letztere entscheiden über den Zugang der Patienten zu den jeweiligen Leistungen sowie die spezifische Verordnung einer bestimmten Leistung oder Arznei und damit über den wirtschaftlichen Erfolg der genannten anderen Berufsgruppen und Unternehmen.886 Folge dieser Abhängigkeit ist sodann 884

BT-Drucks. 18/6646, S. 11. BT-Drucks. 18/6646, S. 11. 886 BT-Drucks. 18/6646, S. 11.

885

E. Systematische Auslegung

285

die Einflussnahme auf die Entscheidungsträger durch die abhängigen Berufsgruppen, um den wirtschaftlichen Erfolg des jeweils vertriebenen Produkts oder einer spezifischen medizinischen Dienstleistung zu erhöhen. Die §§ 299a, b StGB verbieten daher den Angehörigen von Heilberufen das Fordern, Sich-Versprechen-Lassen bzw. Annehmen eines Vorteils für eine Bevorzugung im inländischen oder ausländischen Wettbewerb sowie allen sonstigen Personen das Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils ggü. dem Angehörigen eines Heilberufs für eine Bevorzugung im Wettbewerb. aa) Der Vorteilsbegriff Zentrales Element des Tatbestands ist wiederum das Merkmal des Vorteils. Die Auslegung des Vorteilsbegriffs i. R. d. §§ 299a, b StGB entspricht vollumfänglich der Auslegung des Vorteils im Rahmen der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr.887 Erfasst sind wiederum materielle und immaterielle Vorteile, wobei es sich bei den gewährten Vorteilen hier um solche handelt, die einen Bezug zum Gesundheitswesen aufweisen. Als materielle Vorteile sind z. B. Provisionen bzw. Prämien888, das kostenlose oder vergünstigte Bereitstellen von Geräten889 oder Rabatte890 denkbar. Daneben kommen auch wie schon bei § 299 StGB die Übernahme von Reise- und Übernachtungskosten oder Einladungen zu Geschäftsessen als materielle Vorteile etc. in Betracht. Bei den immateriellen Vorteilen wird gefordert, dass sie den Angehörigen des Heilberufs objektiv messbar besserstellen891, dies kann etwa der Fall sein, wenn verbesserte Arbeits- und Forschungsbedingungen geschaffen werden892, bestimmte Ehrenämter oder Auszeichnungen verliehen werden bzw. bei einer Aufnahme in ein Expertengremium.893 Entsprechend der Auslegung des Vorteils i. R. d. § 299 StGB sind auch bei der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen sozialadäquate Vorteile nicht vom Tatbestand erfasst.894 Die Grenze der Sozialadäquanz bestimmt sich danach, ob

887

MüKo-Hohmann, § 299a Rn. 22. NK-Dannecker/Schröder, § 299a Rn. 121; MüKo-Hohmann, § 299a Rn. 23. 889 BGH NJW 2001, 907 (907), zu einer Strafbarkeit nach § 332 StGB a. F., da die Entscheidung noch vor Erlass der §§ 299a, b StGB erging. 890 BGH NStZ 2001, 425 (426), zu einer Strafbarkeit nach § 332 StGB a. F., da die Entscheidung noch vor Erlass der §§ 299a, b StGB erging; MüKo-Hohmann, § 299a Rn. 23. 891 MüKo-Hohmann, § 299a Rn. 24. 892 MüKo-Hohmann, § 299a Rn. 24. 893 MüKo-Hohmann, § 299a Rn. 24; NK-Dannecker/Schröder, § 299a Rn. 121. 894 BT-Drucks. 18/6646, S. 17 f. 888

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

die Annahme des Vorteils im konkreten Fall den Eindruck erweckt, dass die unabhängige ärztliche Entscheidung beeinflusst wird.895 Ebenfalls analog zur Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verlangen §§ 299a, b StGB eine Unrechtsvereinbarung zwischen Vorteilsgeber und -nehmer. Die hierfür erforderliche Gegenleistung ist in § 299a Nr. 1 – 3 StGB bzw. § 299b Nr. 1 – 3 StGB geregelt. bb) Ergebnis Da sich die Auslegung des Vorteilsbegriffs i. R. d. §§ 299a, b StGB nicht von derjenigen des § 299 StGB unterscheidet, konnten hier keine neuen Erkenntnisse gewonnen werden, hinsichtlich derer sich die Frage nach einer Übertragbarkeit auf § 257 StGB stellen würde. c) Die Bestechlichkeit und Bestechung von Amtsträgern, §§ 331 – 334 StGB Eine Spezialregelung für Korruptionsfälle unter Beteiligung von Amtsträgern findet sich in den §§ 331 ff. StGB. Hier wird zwischen zwei strafbaren Formen korruptiven Verhaltens differenziert, die sich in der für den Vorteil zu erbringenden Gegenleistung unterscheiden: Während die §§ 331, 333 StGB die Annahme und Gewährung eines Vorteils für eine Dienstausübung erfassen, wird in §§ 332, 334 StGB die Strafbarkeit für die Fälle geregelt, in denen die Gegenleistung die Vornahme einer Diensthandlung inklusive Dienstpflichtverletzung ist. Gemeinsames Schutzgut aller Delikte im Bereich der Amtsträgerbestechung ist die Lauterbarkeit des öffentlichen Dienstes.896 aa) Der Vorteilsbegriff Entscheidend für die vorliegende Untersuchung ist wiederum der Begriff des Vorteils. Im Rahmen der §§ 331 ff. StGB wird der Vorteil definiert als jede Leistung, auf die der Amtsträger keinen rechtlichen Anspruch hat und die seine Lage in wirtschaftlicher, rechtlicher oder persönlicher Hinsicht verbessert.897 Damit gleicht die Definition derjenigen in §§ 299, 299a, 299b StGB, wobei dieser Gleichlauf der Definitionen darin begründet liegt, dass § 299 StGB auf Grundlage der bereits be-

895

BT-Drucks. 18/6646, S. 18; vgl. auch den Maßstab in § 32 MBO für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte. 896 BT-Drucks. 7/550, S. 269; BT-Drucks. 13/5584, S. 15; Küper/Zopfs, Rn. 746; MüKoKorte, § 331 Rn. 4. 897 MüKo-Korte, § 331 Rn. 4; S/S-Heine/Eisele, § 331 Rn. 13.

E. Systematische Auslegung

287

stehenden Tatbestände der Amtsträgerbestechung und -bestechlichkeit entwickelt wurde.898 Umstritten ist, inwiefern im Rahmen der Amtsträgerkorruption eine nur geringwertige Zuwendung das Vorliegen eines Vorteils ausschließen kann. Da es im Wortlaut keine Anhaltspunkte für einen solchen Ausschluss aus dem Tatbestand gibt, sind einzelne Vertreter der Literatur der Ansicht, dass auch solche Zuwendungen unter den Begriff des Vorteils fallen.899 Ganz überwiegend wird dagegen vertreten, dass bloß sozialadäquate Zuwendungen aus dem Tatbestand auszuschließen sind.900 Nimmt man in Einklang mit den übrigen Korruptionsdelikten ein Ausscheiden sozialadäquater Vorteile aus dem Bereich des Vorteils an, so stellt sich die Frage, wie die Sozialadäquanz im konkreten Fall zu bestimmen ist. Die Grenze der Sozialadäquanz ist hier ebenso wenig wie bei § 299 StGB eindeutig festgeschrieben, diskutiert werden etwa Werte von 30 – 50 Euro901, aber auch höherwertige Zuwendungen werden dann als noch sozialadäquat anerkannt, wenn sie aus Gründen der Höflichkeit bzw. mit Rücksicht auf bestimmte soziale Regeln angenommen werden sollten.902 Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Sozialadäquanz im Bereich der Amtsträgerkorruption enger gefasst wird, als dies bei § 299 StGB der Fall ist.903 Dies liegt insbesondere darin begründet, dass im Bereich der Kontaktpflege zwischen Bürgern und Bediensteten des Staates ein festgeschriebenes Regelwerk eingreift und dort folglich nur wenig Platz für sozialadäquate Zuwendungen ist.904 bb) Arten und Grenzen des Vorteils Als Vorteil werden wiederum sowohl materielle als auch immaterielle Vorteile anerkannt.905 Weiterhin lässt sich auch im Rahmen der Amtsträgerkorruption zwischen unmittelbaren und mittelbaren Vorteilen unterscheiden, wobei jedoch für die bloß mittelbaren Vorteile (bzw. Drittvorteile) umstritten ist, wer als Dritter in Frage kommt.906 Eine Besonderheit im Rahmen der Amtsträgerkorruption ist schließlich noch der Ausschluss der Strafbarkeit für die Fälle des § 331 Abs. 1 und § 333 Abs. 1 StGB, wenn der Amtsträger die Annahme des Vorteils durch die zuständige Behörde vor 898

BT-Drucks. 13/5584, S. 15. MüKo-Korte, § 331 Rn. 84. 900 S/S/W-Rosenau, § 331 Rn. 16; SK-Stein/Deiters, § 331 Rn. 42, 46; S/S-Heine/Eisele, § 311 Rn. 14, 40; Gribl, S. 146; Reinhold, S. 51 ff. 901 S/S-Heine/Eisele, § 311 Rn. 40; S/S/W-Rosenau, § 311 Rn. 16; Fischer, § 331 Rn. 26a. 902 S/S-Heine/Eisele, § 311 Rn. 40. 903 Vasilikou, S. 139; Nöckel, in: ZJS 2013, 50 (53). 904 Grützner/Helms/Momsen, in: ZJS 2018, 299 (308). 905 MüKo-Korte, § 331 Rn. 83 ff. 906 Ausführlich hierzu Vasilikou, S. 135 f. 899

288

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Annahme genehmigen lässt oder den Vorteil unmittelbar nach Annahme anzeigt und dieser sodann genehmigt wird. cc) Ergebnis Der Begriff des Vorteils ist wiederum identisch mit dem Vorteilsbegriff des § 299 StGB, einziger Unterschied ist die Möglichkeit einer Genehmigung, die im Rahmen der §§ 331 – 334 ff. StGB besteht. Die Frage, ob sich diese Voraussetzung auf den Vorteilsbegriff gem. § 257 StGB übertragen lässt, ist jedoch schnell beantwortet, schließlich spricht die ausdrückliche Normierung einer Voraussetzung in einer Norm dafür, dass sie nicht als ungeschriebene Voraussetzung in einer sonstigen Norm hinzugedacht werden kann. d) Die Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern, § 108e StGB Anknüpfend an die bereits dargestellten Korruptionsdelikte ist in § 108e StGB noch ein weiterer Sonderfall der Korruption geregelt: Die Bestechung von Volksvertretern auf Bundes- bzw. Landesebene. Auch diesen Amtsträgern ist es verboten, sich als Gegenleistung für ein bestimmtes Handeln in Ausübung ihrer Mandatsträgereigenschaft (§ 108e Abs. 1 StGB) einen Vorteil versprechen zu lassen, zu fordern oder anzunehmen. Gleichzeitig ist auch die Vorteilsgewährung ggü. einem solchen Amtsträger strafbewehrt (§ 108e Abs. 2 StGB). In beiden Fällen wird die Mandatsausübung „zur Ware erniedrigt“.907 Spezifisches Schutzgut des Tatbestands ist der Schutz der Integrität des parlamentarischen und demokratischen Meinungsbildungsprozesses vor unlauterer Einflussnahme sowie der Schutz des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit der Entscheidungen von Mandatsinhabern sowie die Sachbezogenheit ihrer Entscheidungen.908 aa) Der Vorteilsbegriff Im Wesentlichen ist der Tatbestand des § 108e StGB strukturell den übrigen Korruptionsdelikten nachgebildet: Er enthält als strafbares Unrecht die Gewährung eines Vorteils für eine bestimmte mandatsbezogene Gegenleistung, das Vorliegen von Leistung und Gegenleistung verlangt wiederum eine bestehende Unrechtsvereinbarung.909

907

BT-Drucks. 12/5927, S. 7; H/H-Heintschel-Heinegg, § 108e Rn. 3. BT-Drucks. 12/5927, S. 4; BT-Drucks. 18/476, S. 6; L/K-Heger, § 108e Rn. 1a; MüKoMüller, § 108e Rn. 1; Mayer, S. 23. 909 H/H-Heintschel-Heinegg, § 108e Rn. 18; MüKo-Müller, § 108e Rn. 36. 908

E. Systematische Auslegung

289

Daran anknüpfend gleicht auch der Vorteilsbegriff des § 108e StGB dem bereits bei den übrigen Bestechungsdelikten ermittelten Begriff.910 Es sind wiederum materielle und immaterielle Vorteile denkbar911, gleichzeitig ist sowohl die Leistung des Vorteils an den Beteiligten der Unrechtsvereinbarung als auch an einen Dritten möglich.912 Einzige Besonderheit gegenüber den übrigen Korruptionsdelikten ist die Forderung des Vorliegens eines ungerechtfertigten Vorteils. Wann ein solcher ungerechtfertigter Vorteil gegeben ist, wird wiederum nicht definiert, allerdings in § 108e Abs. 4 StGB durch negative Regelbeispiele umschrieben. bb) Grenzen des Vorteilsbegriffs gem. § 108e Abs. 4 StGB Das Gesetz bestimmt in § 108e Abs. 4 StGB, dass ein ungerechtfertigter Vorteil in bestimmten Fällen nicht vorliegt: Zum einen ist das der Fall, wenn die Annahme des Vorteils in Einklang steht mit den einschlägigen Vorschriften, die für den jeweiligen Amtsträger gelten (§ 108e Abs. 4 S. 1 StGB). Zudem stellen ein politisches Mandat oder eine politische Funktion bzw. eine nach dem Parteiengesetz oder entsprechendem Gesetz zulässige Spende (§ 108e Abs. 4 S. 2 StGB) nie einen Vorteil dar. Einzug ins Gesetz erhalten haben diese Ausschlusstatbestände aufgrund des Nichteingreifen des Schutzzwecks der Norm in den genannten Fällen. So wird die Integrität des parlamentarischen sowie demokratischen Meinungsbildungsprozesses nicht verletzt, wenn sich die Zuwendung in den Grenzen dessen hält, was in Rechtsvorschriften als zulässige Zuwendung bewertet wurde. Zudem wollte der Gesetzgeber im politischen Raum solche Zuwendungen erlaubt lassen, die im Rahmen der parlamentarischen Gepflogenheiten üblich sind.913 cc) Ergebnis Die Auslegung des Vorteils i. R. d. § 108e StGB schließt an die Auslegung des Vorteils in den übrigen Bestechungstatbeständen an, sodass sich hieraus keine neuen Erkenntnisse für § 257 StGB gewinnen lassen. Aus den gleichen Gründen wie bereits oben i. R. d. Auslegung des Vorteilsbegriffs bei §§ 331 – 334 StGB festgestellt914, lassen sich die Ausschlussgründe für das Vorliegen eines Vorteils gem. § 108e Abs. 4 StGB nicht auf § 257 StGB übertragen.

910 Der Vorteilsbegriff entspricht dem in § 331 StGB normierten Vorteil, vgl. H/H-Heintschel-Heinegg, § 108e Rn. 14. 911 BT-Drucks. 18/476, S. 7; S/S-Eser, § 108e Rn. 16. 912 MüKo-Müller, § 108e Rn. 25; S/S-Eser, § 108e Rn. 17. 913 BT-Drucks. 18/476, S. 7. 914 Vgl. 2. Teil, E. IV. 1. c) cc).

290

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

e) Die Wählerbestechung, § 108b StGB aa) Allgemeines Mit der Wählerbestechung gem. § 108b StGB enthält das Strafgesetzbuch einen weiteren Tatbestand, in dem der Begriff des Vorteils Bedeutung erlangt. Wegen Wählerbestechung ist strafbar, wer bestimmte Geschenke oder andere Vorteile annimmt, verspricht oder gewährt für die Nichtabgabe einer Stimme bzw. die Abgabe einer bestimmten Stimme bei einer Wahl (§ 108b Abs. 1 StGB). Mit der gleichen Strafe wird derjenige belegt, der für ein solches Handeln bei einer Wahl einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. bb) Der Vorteilsbegriff Im Unterschied zu den bisher untersuchten Vorschriften, steht der Vorteil in § 108b StGB nicht allein, sondern wird flankiert vom Begriff Geschenke. Hierbei wird durch die Formulierung Geschenke oder andere Vorteile verdeutlicht, dass der Vorteil als Oberbegriff für den spezielleren Fall der Geschenke gewählt wurde. Im Übrigen gleicht der Vorteilsbegriff i. S. d. Vorschrift allerdings dem in §§ 331 ff. StGB verwendeten915, sodass sich hinsichtlich der Auslegung des Begriffs keine neuen Erkenntnisse gewinnen lassen. 2. Der Sportwettbetrug und die Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben, §§ 265c, d StGB Den im vorhergehenden Abschnitt behandelten Tatbeständen ist gemeinsam, dass der Vorteil hier im Zusammenhang mit korruptem Verhalten in verschiedenen Lebensbereichen auftaucht. Daneben erlangt der Begriff des Vorteils aber auch noch Bedeutung im Rahmen eines speziellen Falls des Betrugs, nämlich beim Sportwettbetrug sowie der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben gem. §§ 265c, d StGB. Während man noch auf den ersten Blick davon ausgeht, dass es sich hierbei um strukturell andere Tatbestände als §§ 299 ff. bzw. §§ 331 ff. StGB handelt, wird schon bei einem genaueren Blick in die Vorschriften deutlich, dass diese Delikte sowohl von der Struktur als auch von den Tathandlungen sehr stark den Korruptionsvorschriften ähneln. Daher kann es nicht verwundern, dass hinsichtlich der Auslegung des Vorteilsbegriffs auf die §§ 299 ff., 331 ff. StGB verwiesen wird.916 Die Gesetzesbegründung stellt darüber hinaus lediglich klar, dass sowohl immaterielle als auch 915

BGHSt 33, 336 (338); H/H-Heintschel/Heinegg, § 108b Rn. 2; L/K-Heger, § 108b Rn. 2; MüKo-Müller, § 108b Rn. 7 f.; NK-Kargl, § 108b Rn. 2; S/S-Eser, § 108b Rn. 2. 916 BT-Drucks. 18/8831, S. 15, 21; H/H-Bittmann/Nuzinger/Rübenstahl, § 265c Rn. 34; MüKo-Schreiner, § 265c Rn. 16 f.

E. Systematische Auslegung

291

materielle Vorteile für den Täter oder einen Dritten erfasst werden und ebenso wie bei den Bestechungsdelikten sozialadäquate Zuwendungen nicht vom Vorteilsbegriff erfasst sind.917 Mangels inhaltlicher Verschiedenheit des Vorteilsbegriffs918 der §§ 265c, d StGB zu dem Begriff des Vorteils bei den bereits untersuchten Delikten lassen sich an dieser Stelle keine neuen auf § 257 StGB übertragbaren Erkenntnisse gewinnen. 3. Die Betrugsvorschriften, §§ 263, 263a StGB Während der Fokus zunächst auf denjenigen Vorschriften des Strafgesetzbuchs lag, in denen der Vorteilsbegriff als Tatbestandsmerkmal Bedeutung erlangt, soll nun in einem zweiten Schritt der Vermögensvorteil als ein dem Vorteil eng verwandter Begriff, im Hinblick auf seine Verwendung und Auslegung in Strafvorschriften des StGB untersucht werden. Da der angestrebte Vermögensvorteil gerade für den Tatbestand des Betrugs eine besondere Bedeutung hat und diese Vorschrift zudem von hoher praktischer Relevanz ist, wird es zunächst um die Auslegung des Vermögensvorteils i. R. d. § 263 StGB gehen. a) Der Vermögensvorteilsbegriff § 263 StGB bestraft denjenigen, der das Vermögen eines anderen durch die Vorspiegelung falscher oder Entstellung bzw. Unterdrückung wahrer Tatsachen und den hierdurch erzeugten Irrtum beschädigt und hierbei in der Absicht handelt, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Das Merkmal des Vermögensvorteils wird damit – anders als in den bisher untersuchten Fällen – erst auf Ebene des subjektiven Tatbestands i. R. d. sogenannten Bereicherungsabsicht relevant. Sucht man nach einer Definition des Vermögensvorteils, so findet sich häufig eine Umschreibung des Vorteils mithilfe des Vermögensschadens: Danach beinhaltet alles, was auf Seite des Opfers als Schaden gewertet werden kann, umgekehrt auf Seiten des Täters einen Vermögensvorteil919, andere sprechen vom Vermögensvorteil als Gegenstück zum Vermögensschaden.920 Schließlich wird der Vermögensvorteil auch noch als eine günstigere Gestaltung der Vermögenslage im Sinne einer Mehrung des wirtschaftlichen Wertes umschrieben.921 Dabei kann er sowohl in einer 917

BT-Drucks. 18/8831, S. 15. Zur Problematik eines einheitlichen Vorteilsbegriffs für alle Korruptionsdelikte Reinhart, in: ZJS 2018, 330 ff. 919 LK-Tiedemann, § 263 Rn. 255; MüKo-Hefendehl, § 263 Rn. 1107. 920 S/S-Perron, § 263 Rn. 167. 921 Rengier, BT I, § 13 Rn. 301. 918

292

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

Vermehrung des bestehenden Vermögens (Vermehrung der Aktiva) als auch in einer Verringerung der gegen ein Vermögen bestehenden Ansprüche (Verminderung der Passiva) bestehen.922 Außerdem kann er eigennützig oder fremdnützig erstrebt werden (vgl. „sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschaffen“). Der Vermögensvorteil ist ein gegenüber dem Vorteil engerer Begriff, der nur die Fälle erfasst, in denen etwas Geldwertes erlangt bzw. dessen Erlangung angestrebt wird. b) Die Stoffgleichheit Eine besondere, an den Vermögensvorteil anknüpfende Voraussetzung stellt die Notwendigkeit von Stoffgleichheit zwischen Vermögensschaden und -vorteil dar, d. h. der Täter muss die Erlangung des Vorteils unmittelbar aus dem Vermögen des Opfers anstreben, der Vorteil also die Kehrseite des Schadens sein.923 Es handelt sich bei der Stoffgleichheit um ein ungeschriebenes Merkmal, das aufgrund der Rechtsnatur des Betrugs als Vermögensschädigungsdelikt mit angestrebter Vermögensverschiebung notwendig ist, denn nur wenn die erstrebte Bereicherung unmittelbar aus dem verursachten Schaden resultiert, wird das Vermögen auch tatsächlich vom Opfer zum Täter verschoben. Mithilfe des Kriteriums der Stoffgleichheit werden solche Vorteile ausgeklammert, die außerhalb des Betrugsgeschehens stehen, wie etwa Belohnungen Dritter.924 Auf Seiten des Schadens werden mittelbare Schäden bzw. Folgeschäden ausgeklammert (z. B. die zum Abschluss eines Geschäfts erforderlichen Flugkosten).925 Stoffgleichheit erfordert nach allgemeiner Ansicht keine Sachidentität926, im Übrigen werden an die Stoffgleichheit jedoch verschiedene Anforderungen gestellt. Vielfach wird als Kriterium die Unmittelbarkeit herangezogen, diese dann jedoch wiederum in verschiedenen Ausprägungen vertreten: Einige fordern, dass Vermögensvorteil und -nachteil derart miteinander verbunden sein müssen, dass sie auf der gleichen Verfügung beruhen927, andere verlangen dagegen, dass der vom Täter erstrebte Vorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Opfers resultieren müsse.928 Schließlich wird auch noch eine Kombination beider Ansätze vertreten, d. h. Stoffgleichheit liegt hiernach vor, wenn der Vermögensvorteil und der -schaden auf 922

RGSt 73, 294 (296); BGHSt 42, 268 (271); MüKo-Hefendehl, § 263 Rn. 881. BGH 6, 115 (116); H/H-Beukelmann, § 263 Rn. 78; S/S-Perron, § 263 Rn. 168; Jäger, in: JuS 2010, 761 (765). 924 Rengier spricht insofern von externen Vorteilen, Rengier, BT I, § 13 Rn. 310; SKHoyer, § 263 Rn. 268. 925 NK-Kindhäuser, § 263 Rn. 364. 926 Rengier, BT I, § 13 Rn. 31; a. A. Gallas, in: FS Schmidt, S. 401 (S. 431). 927 BGHSt 6, 115 (116); BGHSt 21, 384 (386). 928 Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 618. 923

E. Systematische Auslegung

293

der gleichen Vermögensverfügung beruhen und der Vorteil zu Lasten des Vermögens des Geschädigten geht.929 c) Anwendung der Maßstäbe der Stoffgleichheit auf § 257 StGB? Nachdem der Vermögensvorteilsbegriff und die besondere Anforderung der Stoffgleichheit erarbeitet wurden, muss es nun in einem zweiten Schritt um die Übertragbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse auf den Vorteilsbegriff i. S. d. Begünstigungstatbestands gehen. Die Anforderung der Stoffgleichheit zwischen Vermögensvorteil und Vermögensschaden i. S. d. § 263 StGB erinnert stark an die Unmittelbarkeit des Vorteils, die auch für § 257 StGB gefordert wird. Insbesondere da die Stoffgleichheit häufig auch mit dem Begriff der Unmittelbarkeit umschrieben wird, ist es notwendig, dieses Merkmal der Bereicherungsabsicht nochmal genauer in den Fokus zu nehmen und im Hinblick auf seine Übertragbarkeit auf § 257 StGB zu untersuchen. Für die Stoffgleichheit wird zum Teil gefordert, dass Vermögensvorteil und -nachteil derart miteinander verbunden sind, dass sie auf der gleichen Verfügung beruhen930, wobei es sich um den wohl denkbar engsten Zusammenhang zwischen Vermögensvorteil und Vermögensschaden handelt. Die Übertragung der engen Interpretation der Stoffgleichheit auf den Vorteilsbegriff i. S. d. § 257 StGB hätte zur Konsequenz, dass der sicherungsfähige Vorteil unmittelbar aus dem Opfervermögen stammen muss, sodass jegliche Arten von Umwandlungen den Vorteil ausschließen würden. Wenn man dagegen davon ausgeht, dass der vom Täter erstrebte Vorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Opfers resultieren muss931, und diese Auslegung auf das Unmittelbarkeitskriterium des § 257 StGB überträgt, kommt man zum gleichen Ergebnis: Der Zusammenhang ist genauso eng definiert wie im Fall der zuvor dargestellten Auslegung der Stoffgleichheit und eine Anwendung auf den Vorteilsbegriff hätte zur Folge, dass auch in diesem Fall jegliche Art von Umwandlung ausgeschlossen wäre. Es bleibt zu klären, ob die Übertragung der Grundsätze der Stoffgleichheit auf den Vorteilsbegriff i. S. d. § 257 StGB überhaupt möglich und sinnvoll ist. Für die Frage der Übertragbarkeit der Auslegung bestimmter Merkmale eines Tatbestands auf einen anderen Tatbestand kommt es in erster Linie auf die Vergleichbarkeit der Tatbestände an, hier insbesondere auf die geschützten Rechtsgüter und den jeweiligen Schutzzweck. Nur wenn es Überschneidungen gibt oder sogar Identität besteht,

929 BGH 34, 379 (391); LK-Tiedemann, § 263 Rn. 260; NK-Kindhäuser, § 263 Rn. 360; S/S-Perron, § 263 Rn. 168. 930 BGHSt 6, 115 (116); BGHSt 21, 384 (386). 931 Wessels/Hillenkamp/Schuhr, Rn. 618.

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

kommt eine Übertragung überhaupt in Betracht. Eine hiervon zu unterscheidende, nachgelagerte Frage ist die nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Übertragung. Sowohl der einschränkende Begriff der Unmittelbarkeit als auch die Stoffgleichheit fußen in der Rechtsnatur und dem Schutzgut des Tatbestands und dienen der Erfüllung des jeweiligen Schutzzwecks. Bei dem hier gegenständlichen Tatbestand des Betrugs handelt es sich wie bereits oben festgestellt um ein Vermögensschädigungsdelikt mit angestrebter Vermögensverschiebung932, das als Schutzgut das Vermögen zum Gegenstand hat933, dagegen liegt das Schutzgut der Begünstigung nicht im reinen Individualrechtsgüterschutz, sondern in einem kombinierten Schutz von Individual- und Allgemeinrechtsgütern sowie der Generalprävention.934 Ausreichend für die hier zu klärende Frage der Übertragbarkeit der Grundsätze der Stoffgleichheit auf die Unmittelbarkeit i. R. d. § 257 StGB ist bereits die Feststellung, dass die Unmittelbarkeit bei § 257 StGB nicht auf den gleichen Schutzguterwägungen wie die Stoffgleichheit bei § 263 StGB beruht. Eine Übertragung der engen Anforderungen des § 263 StGB kommt somit nicht in Betracht, sodass der Vorteilsbegriff des § 257 StGB nicht aus diesem Grund eingeschränkt ist. d) Ergebnis Die differenzierende Verwendung der Begriffe Vorteil und Vermögensvorteil im Strafgesetzbuch zeigt, dass der Gesetzgeber einerseits den Unterschied zwischen beiden Begriffen erkannt hat und sich andererseits auch bewusst für die Verwendung des weiteren bzw. des engeren Begriffs, an der jeweiligen Stelle im Gesetz entschieden hat. Dass der weitere Begriff des Vorteils den Begriff der Vermögensvorteile (sowie Nichtvermögensvorteile) enthält wurde auch durch den Gesetzgeber nochmals ausdrücklich festgehalten.935 Eine Übertragung der Maßstäbe der Stoffgleichheit auf die Unmittelbarkeit des Tatvorteils i. R. d. § 257 StGB ist nicht möglich. 4. Der Wucher, § 291 StGB Das Strafgesetzbuch normiert in § 291 StGB eine Strafbarkeit desjenigen, der die Schwächesituation des Opfers ausnutzt und sich für bestimmte im Gesetz benannte Leistungen Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die wiederum in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung stehen. Demnach handelt es sich bei dem Vermögensvorteil – ähnlich wie auch bei den Bestechungsdelikten – um eine Gegenleistung für eine bestimmte vom Täter erbrachte Leistung. Strafgrund 932

2. Teil, E. IV. 3. b). MüKo-Hefendehl, § 263 Rn. 1. 934 2. Teil, D. III. 1. 935 BT-Drucks. 7/550, S. 248.

933

E. Systematische Auslegung

295

ist hier jedoch anders als bei § 299 StGB nicht die Verfälschung des Wettbewerbs durch die Erbringung der Leistung, sondern der Schutz des Vermögens des Opfers936 sowie die Freiheit der Willensentschließung und -betätigung.937 Der hier entscheidende Begriff des Vermögensvorteils wird umschrieben als jede günstigere Gestaltung der Vermögenslage938, in Betracht kommen sowohl Geld als auch Sach- und Dienstleistungen.939 Da jedoch für die Auslegung des Vermögensvorteils wiederum auf § 263 StGB verwiesen wird940, ergibt sich an dieser Stelle nichts Neues für die Auslegung des Vermögensvorteils und demnach lassen sich auch keine auf die Auslegung des Vorteils i. S. d. § 257 StGB übertragbaren Erkenntnisse erlangen. 5. Die Zuhälterei, § 181a StGB Zuletzt taucht der Begriff des Vermögensvorteils auch im Tatbestand der Zuhälterei auf, § 181a I Nr. 2 StGB. Strafbar ist hiernach die Überwachung und Bestimmung über die Ausübung der Prostitution einer anderen Person und das Unterhalten einer speziellen Beziehung zu der sich prostituierenden Person. Hinsichtlich der Auslegung des Begriffs des Vermögensvorteils wird auf § 263 StGB verwiesen941, sodass auch mittels dieser Norm nichts Neues für die Auslegung des Vorteilsbegriffs i. S. d. § 257 StGB gewonnen werden kann. 6. Die Geldwäsche, § 261 StGB Das Strafgesetzbuch normiert in § 261 StGB die Strafbarkeit desjenigen, der einen aus einer rechtswidrigen Vortat stammenden Gegenstand entsprechend der in § 261 Abs. 1 Nr. 1 – 4 StGB genannten Handlungen sichert und damit eine Geldwäsche begeht. Der Tatbestand der Geldwäsche ist auf Ebene des Tatobjekts enger als die Begünstigung, da die Geldwäsche einen Gegenstand voraussetzt. Allerdings gibt es durchaus Parallelen zur Begünstigung und der Problematik rund um die Bestimmung der Unmittelbarkeit des Vorteils: § 261 StGB bestimmt, dass der Gegenstand aus der Vortat herrühren muss und daran anknüpfend wird diskutiert, wie dieses Merkmal auszulegen ist, welche Arten von Gegenständen erfasst sind bzw. inwiefern Um936

MüKo-Pananis, § 291 Rn. 1. Scheffler, in: GA 1992, 1 (13 f.). 938 RGSt 20, 279 (286) unter Verweis auf die Auslegung des Begriffs bei § 263 StGB; H/HSchmidt, § 291 Rn. 10; MüKo-Pananis, § 291 Rn. 24; NK-Kindhäuser, § 291 Rn. 17; S/SHeine/Hecker, § 291 Rn. 10. 939 BGHSt 43, 53 (59); H/H-Schmidt, § 291 Rn. 10; MüKo-Pananis, § 291 Rn. 24; NKKindhäuser, § 291 Rn. 17; S/S-Heine/Hecker, § 291 Rn. 10. 940 LK-Wolff, § 291 Rn. 25; SK-Hoyer, § 291 Rn. 21; S/S-Heine/Hecker, § 291 Rn. 10. 941 S/S-Eisele, § 181a Rn. 11. 937

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2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

wandlungen das Vorliegen eines Gegenstands, der aus der Vortat herrührt, ausschließen. Dass der Gegenstand aus der Vortat herrührt meint, dass sich der Gegenstand kausal auf die Vortat zurückführen lassen muss.942 Hierbei kann der Gegenstand unmittelbar oder mittelbar auf die Vortat zurückzuführen sein.943 Bei unmittelbar aus der Vortat stammenden Gegenständen kann es sich um solche handeln, die für die Vortat (z. B. Lohn, Lösegeld) oder aus der Vortat (z. B. Tatbeute, Erlös aus dem Verkauf von Betäubungsmitteln) erlangt wurden.944 Weiterhin stammen auch solche Gegenstände unmittelbar aus der Vortat, die aus ihr hervorgebracht wurden (z. B. Falschgeld, Betäubungsmittel).945 Daneben sind auch mittelbar aus der Vortat stammende Gegenstände taugliches Tatobjekt der Geldwäsche: Es kann sich hierbei um Nutzungen oder Surrogate von unmittelbar durch die Vortat erlangten Gegenständen handeln.946 An dieser Stelle kann die Beurteilung schwierig sein, wann ein Gegenstand noch mittelbar aus der Vortat stammt und wann er keinen Bezug zur Vortat mehr aufweist und dementsprechend nicht mehr aus ihr herrührt. Entscheidend für die Abgrenzung ist die Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, d. h. solange der Gegenstand auch nach erfolgtem Austausch und erfolgter Umwandlung wirtschaftlich betrachtet noch an die Stelle des ursprünglichen Gegenstands tritt, liegt weiterhin ein solcher Gegenstand vor, der mittelbar aus der Vortat stammt und sich für die Geldwäsche eignet.947 Die Erfassung sowohl mittelbar als auch unmittelbar aus der rechtswidrigen Vortat stammender Gegenstände macht die Geldwäsche bezogen auf das Tatobjekt zu einem sehr weiten Tatbestand. Einer Übertragung dieser weiten Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums auf die Begünstigung steht jedoch entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal herrühren des § 261 StGB einer viel weiteren Auslegung zugänglich ist als das Merkmal Vorteile der Tat des § 257 StGB. Aus einer Vortat herrühren kann vieles – auch Gegenstände nach erfolgter Umwandlung – aber ein tatsächlicher Vorteil der Vortat liegt nur in bestimmten Fällen (noch) vor. Im Ergebnis lassen sich daher aus der Erfassung unmittelbarer und mittelbarer Vorteile i. R. d. Geldwäschetatbestands keine Rückschlüsse auf die Auslegung der Unmittelbarkeit i. S. d. § 257 StGB ziehen.

942

BGH NStZ 2009, 328 (329); H/H-Ruhmannseder, § 261 Rn. 15. H/H-Ruhmannseder, § 261 Rn. 16 f. 944 H/H-Ruhmannseder, § 261 Rn. 16. 945 H/H-Ruhmannseder, § 261 Rn. 16. 946 H/H-Ruhmannseder, § 261 Rn. 17. 947 Vgl. hierzu H/H-Ruhmannseder, § 261 Rn. 17. 943

E. Systematische Auslegung

297

7. Ergebnis Trotz der Normierung des Vorteilsbegriffs in zahlreichen Vorschriften des Strafgesetzbuchs kann aus der Analyse dieser Normen nur wenig für die Auslegung des Vorteils i. S. d. § 257 StGB gewonnen werden. Zusammenfassend lässt sich als Ergebnis dieses Teils der systematischen Auslegung Folgendes festhalten: (1) Der Vorteilsbegriff der Korruptionsdelikte beinhaltet als zentrales Element die Besserstellung des Täters, die sich durch einen Wertzuwachs ausdrückt. Diese Besserstellung beinhaltet ein solches positives Element, das auch bereits i. R. d. Wortlautauslegung948 des Vorteilsbegriffs gem. § 257 StGB ermittelt wurde, und bestätigt insofern das dort gefundene Ergebnis. (2) Die Verwendung sowohl des Begriffs des Vorteils als auch des Vermögensvorteils im Strafgesetzbuch zeigt, dass ein Bewusstsein des Gesetzgebers für die Verwendung der beiden Begriffe und die jeweils unterschiedlichen Anwendungsbereiche besteht und er den Begriff des Vorteils in § 257 StGB bewusst so und nicht anders gewählt hat. (3) Das den Vermögensvorteil i. R. d. Betrugs einschränkende Merkmal der Stoffgleichheit kann auf den Vorteil und das Unmittelbarkeitskriterium nicht übertragen werden, da beide Vorschriften eine unterschiedliche Schutzrichtung haben. Im Übrigen liefert die Untersuchung der Vorschriften des Strafgesetzbuchs keine weiteren relevanten Erkenntnisse, da die übrigen untersuchten Normen hinsichtlich der Auslegung des Vorteils bzw. Vermögensvorteilsbegriffs sich auf §§ 263, 299 ff. StGB berufen.

V. Der Vorteilsbegriff und seine Stellung im Nebenstrafrecht Nicht nur im Strafgesetzbuch erlangt der Begriff des Vorteils Bedeutung, auch im Nebenstrafrecht spielt er z. T. eine wichtige Rolle. Ein relevanter Fall soll hier im Hinblick auf seine Bedeutung für die Auslegung des Vorteilsbegriffs i. S. d. § 257 StGB hin untersucht werden.949 In der wohl bedeutendsten Vorschrift des Steuerstrafrechts, in § 370 AO, wird mit dem Begriff des Steuervorteils einer der möglichen Taterfolge umschrieben: Wegen Steuerhinterziehung ist derjenige strafbar, der durch die genannten Handlungen 948

2. Teil, B. III. 9. Der Begriff des Vorteils wird auch etwa in § 2 IntBestG verwendet, allerdings unterscheidet sich die Auslegung nicht von der im Rahmen der bereits i. R. d. Korruptionsdelikte erläuterten Auslegung des Vorteilsbegriffs, sodass es an dieser Stelle keiner genaueren Erörterung bedarf. 949

298

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

entweder Steuern verkürzt oder aber einen anderen nicht gerechtfertigten Steuervorteil erlangt. 1. Der Steuervorteil Zwar wird der Steuervorteil als zentrales Merkmal des § 370 AO im Gesetz nicht definiert, allerdings bietet die Vorschrift selbst einen ersten Anhaltspunkt dafür, wann ein solcher Vorteil vorliegt. In § 370 Abs. 4 S. 2 AO wird klargestellt, dass es sich jedenfalls bei einer Steuervergütung, die aufgrund eines steuerlich erheblichen Verhaltens dem Täter zu Unrecht gewährt oder belassen wurde, um einen Steuervorteil handelt.950 Neben dieser ausdrücklichen Normierung einer Fallkonstellation, in der ein Steuervorteil vorliegt, gibt es sowohl in Rechtsprechung als auch in Literatur verschiedene Ansätze zur Definition des Steuervorteils. So liegt etwa nach dem BGH ein Steuervorteil vor, „wenn dem Täter etwas gewährt oder belassen worden ist, was gegenüber der normalen, dem Gesetz entsprechenden Festsetzung oder Einziehung von Steuern eine Ausnahme bedeutet“951 bzw. bei einem „Vorteil spezifisch steuerlicher Art, der auf dem Tätigwerden der Finanzbehörde beruht“.952 Die Literatur verlangt für das Vorliegen eines Steuervorteils, dass dieser aus einer Schädigung des Steueraufkommens folgt953, weil der Ertrag einer Steuer gemindert wird und dass er auf der Anwendung eines Steuergesetzes beruht.954 Gemeinsames Element aller Definitionen sind damit die Minderung des Steueraufkommens beim Staat und das Beruhen auf einem Tätigwerden der aufgrund eines Gesetzes handelnden Steuerbehörde. Weiterhin muss der Steuervorteil ungerechtfertigt sein, was immer dann der Fall ist, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Vorteils nicht vorliegen.955 Entsprechend der ausdrücklichen gesetzlichen Normierung kann der Steuervorteil beim Täter oder aber einem Dritten entstehen. 2. Relevanz für den Vorteilsbegriff i. S. d. § 257 StGB Der Begriff des Steuervorteils erfasst ausschließlich Vermögenswerte, also steuerlich relevante Vorteile und ist damit im Vergleich zu den zuvor analysierten Begriffen des Vorteils und des Vermögensvorteils noch enger gefasst. Zu fragen ist an dieser Stelle nach einer Übertragbarkeit einzelner Aspekte der Auslegung des Steuervorteils auf den Vorteilsbegriff i. S. d. § 257 StGB. 950

Klein AO-Jäger, § 370 AO Rn. 120. BGHSt 25, 190 (202). 952 BGH NJW 2009, 381 (383). 953 Fuhrhop, S. 87. 954 MüKO-Schmitz/Wulf, § 370 AO Rn. 141. 955 Klein AO-Jäger, § 370 Rn. 125. 951

E. Systematische Auslegung

299

Mit dem Erlangen eines ungerechtfertigten Steuervorteils wird ein Taterfolg beschrieben, welcher auf einer der in § 370 Abs. 1 AO genannten Tathandlungen beruht. Bei den in § 370 Abs. 1 AO umschriebenen Fällen handelt es sich ausschließlich um solche, in denen der Staat dem Bürger zu Unrecht einen Steuervorteil gewährt, d. h. der Vorteil wird also nur vom Staat an den Bürger weitergegeben, ohne dass die Möglichkeit einer Umwandlung besteht. Dies hat dann aber zur Konsequenz, dass sich im Kontext des § 370 AO die Frage nach der Unmittelbarkeit des Vorteils und dem Nichtvorliegen des Vorteils nach erfolgter Umwandlung überhaupt nicht stellen kann und damit im Ergebnis für die Frage der Auslegung des Vorteils und des Unmittelbarkeitserfordernisses § 370 AO auch keine verwertbaren Erkenntnisse liefern kann.

VI. Ergebnis 1. Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse der systematischen Auslegung Die verschiedenen Ansatzpunkte der systematischen Auslegung haben unterschiedliche Erkenntnisse für die Auslegung des Vorteils und das Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums i. S. d. § 257 StGB hervorgebracht. Die zunächst untersuchte Stellung des Vorteils im Gesamtgefüge des Tatbestands hat ergeben, dass der Vorteil zeitlich und inhaltlich zwischen den Tatbestandsmerkmalen Vortat und Hilfeleisten zu verorten ist. Hinsichtlich der Auslegung der Unmittelbarkeit weisen die beiden den Vorteil flankierenden Merkmale jedoch in unterschiedliche Richtungen: Während das Merkmal der Vortat eine enge Auslegung der Unmittelbarkeit im Sinne einer Sachidentität nahelegt, verlangt das Hilfeleisten keinerlei Einschränkung der Unmittelbarkeit, sodass hiernach auch etwa die Sicherung mittelbarer Vorteile möglich wäre. Notwendig ist daher ein zwischen diesen beiden Extrempositionen vermittelnder Maßstab zur Bestimmung der Unmittelbarkeit. Darüber hinaus enthält der subjektive Tatbestand der Begünstigung das Merkmal der Restitutionsfeindlichkeit. Auch dieses ist von entscheidender Bedeutung für die Ermittlung der Unmittelbarkeit. Nachdem auf der untersten Ebene der systematischen Auslegung zunächst der Vorteilsbegriff und sein Verhältnis zu den übrigen Tatbestandsmerkmalen untersucht wurde, ging es in einem zweiten Schritt um die Analyse der Stellung des Begünstigungstatbestands im 21. Abschnitt des StGB. Die Begünstigung wurde vom Gesetzgeber gemeinsam mit den Anschlussdelikten Hehlerei und Strafvereitelung im 21. Abschnitt geregelt, auch aufgrund des gemeinsamen Charakters aller Delikte als Hilfsdelikte. Trotz dieses gemeinsamen Charakters der drei Delikte, schützen alle unterschiedliche Rechtsgüter und weisen damit auch verschiedene Schutzrichtungen auf. Dies hat etwa Auswirkungen auf die Übertragbarkeit von Merkmalen der Hehlerei auf die Begünstigung: Zwar verlangt

300

2. Teil: Auslegung des Vorteilsbegriffs

die Hehlerei als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal auch eine Unmittelbarkeit im Hinblick auf die Herkunft der Sache, allerdings lässt sich der hier angelegte Maßstab einer Sachidentität aufgrund der Unterschiedlichkeit der Schutzzwecke von Begünstigung und Hehlerei nicht auf letztere übertragen. Schließlich hat ein Vergleich der Tathandlungen ergeben, dass zwischen Hehlerei und Begünstigung eine gewisse Schnittmenge von Fällen besteht, sofern man die angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil anerkennt. Ob diese Fälle tatsächlich unter den Vorteilsbegriff zu subsumieren sind, wurde hier jedoch nicht abschließend geklärt und ist erst Gegenstand des folgenden Kapitels. Als letzter Ansatzpunkt der systematischen Auslegung wurden das Strafgesetzbuch und strafrechtliche Nebengesetze im Hinblick auf die Verwendung des Vorteilsbegriffs bzw. verwandter Begriffe untersucht. Hierbei erlangten zunächst die Bestechungsdelikte Bedeutung, bei denen der Begriff des Vorteils eine zentrale Bedeutung hat. Dass der Vorteil i. S. d. Delikte eine Besserstellung des Täters, ausgedrückt durch einen Wertzuwachs, also etwas Positives beinhaltet, ist eine wichtige Erkenntnis, die sich bereits im Rahmen der Wortlautauslegung für den Vorteilsbegriff i. S. d. § 257 StGB ergeben hat.956 Darüber hinaus erfasst § 299 StGB sowohl immaterielle als auch materielle Vorteile, dies entspricht dem Verständnis des Vorteils gem. § 257 StGB.957 Die sonstigen einschränkenden Merkmale des Vorteils sind dagegen nicht von den Bestechungsdelikten auf die Begünstigung übertragbar, insbesondere aufgrund der Unterschiedlichkeit der Schutzrichtungen der Delikte. Der dem Vorteil verwandte Begriff des Vermögensvorteils i. S. d. § 263 StGB fordert Stoffgleichheit zwischen Vermögensvorteil und -schaden, ausgelegt wird dieses Merkmal als Unmittelbarkeit. Zwar wird hierfür keine Sachidentität gefordert, aber dennoch der nötige Zusammenhang zwischen Schaden und Vorteil sehr eng ausgelegt. Mangels Identität der Rechtsgüter des Betrugs und der Begünstigung ist eine Übertragung dieser Auslegung auf § 257 StGB auch hier nicht möglich. 2. Die Bedeutung der Erkenntnisse der systematischen Auslegung für den Vorteilsbegriff der Begünstigung Es bleibt somit für die Auslegung des Vorteils i. S. d. § 257 StGB Folgendes festzuhalten: (1) Der Vorteil beinhaltet eine Besserstellung des Täters, ausgedrückt durch einen Wertzuwachs, und stellt damit etwas Positives dar. (2) Es bedarf einer Unmittelbarkeit als den Vorteil eingrenzendes Merkmal. (3) Die Unmittelbarkeit i. S. d. § 257 StGB ist nicht im Sinne einer Sachidentität zu verstehen. 956 957

Vgl. 2. Teil, B. III. 9. Vgl. 2. Teil, C. IV. 3. c); BT-Drucks. 7/550, S. 248; BR-Drucks. 1/72, S. 238.

E. Systematische Auslegung

301

(4) Aufgrund der Position des Vorteils zwischen den objektiven Tatbestandsmerkmalen Vortat und Hilfeleistung ist eine Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums erforderlich, die den anderen beiden Tatbestandsmerkmalen gerecht wird. (5) Die erforderliche Restitutionsfeindlichkeit des Handelns des Begünstigungstäters ist ebenfalls für die Auslegung der Unmittelbarkeit heranzuziehen.

3. Teil

Zusammenfassung der Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen A. Zusammenfassung der Ergebnisse Als Abschluss dieser Arbeit erfolgt eine Zusammenfassung und Systematisierung der mithilfe der verschiedenen Auslegungsmethoden gefundenen Ergebnisse. Im Anschluss daran, werden die ermittelten Kriterien zur Bestimmung des Vorteils und der Unmittelbarkeit, auf die im 1. Kapitel ausgearbeiteten Fallgruppen angewendet.

I. Die Auslegung des Vorteilsbegriffs Für die Beschaffenheit des Vorteils hat die Anwendung der vier juristischen Auslegungsmethoden folgende Ergebnisse geliefert: (1) Ein Vorteil ist immer etwas Positives und beinhaltet eine Besserstellung oder einen Zugewinn des Täters bzw. eine Besserstellung des Vortäters im Vergleich zu einem vorherigen Zustand.1 (2) Die Vorteilserlangung beinhaltet auch die Schaffung eines durch die Rechtsordnung missbilligten Zustands, sodass der Vorteil auch einen negativen Gehalt aufweist.2 (3) Als Vorteil i. S. d. § 257 StGB werden sowohl Vermögens- als auch Nichtvermögensvorteile erfasst3, zudem kann es sich bei einem Vorteil sowohl um körperliche als auch um unkörperliche Gegenstände (Forderungen) als auch um den Nutzungswert eines solchen Gegenstands handeln.4 (4) Der Vorteil muss zeitlich vor der Hilfeleistung erlangt worden sein.5 (5) Der Vorteil muss zwingend aus der Vortat resultieren. Dies ergibt sich zum einen aus der gesetzlichen Formulierung und zum anderen aus dem Ursprung des 1

2. Teil, B. III. 9.; 2. Teil, E. VI. 2. 2. Teil, B. III. 9. 3 2. Teil, B. III. 9.; 2. Teil, C. IV. 4. b); 2. Teil, E. IV. 7. 4 2. Teil, B. III. 9. 5 2. Teil, B. III. 9. 2

A. Zusammenfassung der Ergebnisse

303

Begünstigungstatbestands in der Teilnahmelehre.6 Wie eng dieser Zusammenhang zu bewerten ist und ob etwa Umwandlungen o. ä. möglich sind, ist eine Frage der Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums.

II. Zur Notwendigkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums und dessen Inhalt Durch die Gesetzesformulierung Vorteile der Tat wird eine besondere Verbindung der Tatbestandsmerkmale Vortat und Vorteil ausgedrückt, die schließlich in der Frage gipfelt, welcher Art diese Verbindung sein muss. Ganz überwiegend wird hier von der Notwendigkeit der Unmittelbarkeit des Vorteils ausgegangen, diskutiert wird jedoch auch die Zulassung von nur mittelbaren Vorteilen.7 1. Notwendigkeit der Begrenzung auf unmittelbare Vorteile? Bezogen auf das Unmittelbarkeitskriterium stellt sich zunächst die Frage nach dem Erfordernis eines solchen Kriteriums. Es ist nämlich – wie bereits im ersten Kapitel dieser Arbeit dargestellt – denkbar, jegliche Arten von Vorteilen zuzulassen, also auch mittelbare Vorteile anzuerkennen. Insbesondere da der Wortlaut nicht ausdrücklich eine Begrenzung auf unmittelbare Vorteile fordert (Vorteile der Tat)8, liegt es erstmal nicht fern, jegliche Arten von Vorteilen zuzulassen, sofern sie nur irgendeinen Bezug zur Vortat aufweisen. Entgegen dem weiten Wortlaut der Begünstigung, hat die Anwendung der übrigen Auslegungsmethoden jedoch ergeben, dass ein unmittelbarer Bezug zwischen Vortat und Tatvorteil notwendig ist. So spricht insbesondere der historische Ursprung der Begünstigung in der Teilnahme für einen zur damaligen Zeit bestehenden engen Vortatbezug, der auch heute nach Ausgliederung der Begünstigung aus der Teilnahme und damit verbundener Loslösung von der Vortat nach wie vor noch in gewissem Maße existiert. Gerade dieser Bezug zur Vortat verhindert eine Auslegung in dem Sinne, dass jegliche Arten von nur mittelbaren Vorteilen als solche i. S. d. § 257 StGB bewertet werden können und fordert damit ein den Vorteilsbegriff begrenzendes Unmittelbarkeitskriterium.9 Darüber hinaus sprechen auch die Ergebnisse der teleologischen Auslegung für die Notwendigkeit eines eingrenzenden Kriteriums des Vorteilsbegriffs. Die Zugrundelegung der dualen Schutzrichtung10 erfordert eine Begrenzung auf nur unmittelbare Vorteile. Dies liegt darin begründet, dass sich auf Ebene der Rechtsgüter 6

2. Teil, B. III. 9.; 2. Teil, C. V. 2. a); 2. Teil, C. V. 3. 1. Teil, B. III. 1. a). 8 2. Teil, B. III. 5. 9 2. Teil, C. V. 2. a); 2. Teil, C. V. 2. b). 10 2. Teil, D. III. 2.

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3. Teil: Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

die Individualrechtsgüter – diese fordern eine enge Auslegung des Vorteils und damit eine Sachidentität zwischen erlangtem und gesichertem Vorteil – und die Allgemeinrechtsgüter sowie die Generalprävention – hiernach sind mittelbare und unmittelbare Vorteile erfasst – gegenüberstehen. Eine vermittelnde Lösung zwischen diesen beiden Extrempositionen hat für den Vorteil das Erfordernis einer Unmittelbarkeit ergeben.11 Schließlich konnte auch im Rahmen der systematischen Auslegung die Erkenntnis gewonnen werden, dass ein den Vorteil eingrenzendes Merkmal der Unmittelbarkeit notwendig ist. Dies ergibt sich daraus, dass das Tatbestandsmerkmal des Vorteils zwischen den Merkmalen Vortat und Hilfeleisten steht und ersteres für eine enge Auslegung des Vorteilsbegriffs spricht, letzteres dagegen eher eine weite Auslegung nahelegt. Als Mittelweg zwischen beiden Extremen wird die Unmittelbarkeit als eingrenzendes Kriterium vorgeschlagen, da sie einerseits den notwendigen Vortatbezug herstellt und andererseits die notwendige Weite ermöglicht, die das Merkmal des Hilfeleistens erfordert.12 Damit ergibt sich aus der Auslegung des Vorteilsbegriffs ein Überwiegen der Aspekte, die für die Notwendigkeit eines eingrenzenden Unmittelbarkeitskriteriums sprechen, sodass ein Vorteil i. S. d. § 257 StGB nur ein unmittelbarer sein kann. 2. Schutzzweckerwägungen Der Schutzzweck der Begünstigung besteht jedenfalls nicht in Form eines reinen Individualrechtsgüterschutzes und umfasst auch nicht ausschließlich das Vortatrechtsgut als schützenswertes Rechtsgut. Von den übrigen in Betracht kommenden Rechtsgütern der Generalprävention, dem Allgemeinrechtsgüterschutz und einer Kombination aus Individual- und Allgemeinrechtsgüterschutz sowie Generalprävention ist eine duale Schutzrichtung vorzugswürdig. Diese kann sich zusammensetzen aus Individualrechtsgüterschutz, Allgemeinrechtsgüterschutz und der Generalprävention. Aufgrund der Stellung der Begünstigung zwischen den beiden Anschlussdelikten Hehlerei und Strafvereitelung – die Hehlerei schützt primär das Individualinteresse Vermögen13 und § 258 StGB das Allgemeinrechtsgut Rechtspflege – kann man auf diesem Weg der Stellung des § 257 StGB im Abschnitt der Anschlussdelikte gerecht werden. Eine Kombination aus Allgemein-, Individualrechtsgüterschutz und Generalprävention hat zur Folge, dass sowohl Individualrechtsgüter wie das Vermögen und das individuelle Restitutionsinteresse des Geschädigten, Allgemeinrechtsgüter wie das öffentliche Restitutionsinteresse und die Generalprävention als mögliche Rechtsgüter in Betracht kommen. Für die Auslegung der Unmittelbarkeit bedeutet 11

2. Teil, D. III. 2. 2. Teil, E. II. 2. a) cc). 13 Aber auch allgemeine Sicherheitsinteressen, vgl. MüKo-Maier, § 259 Rn. 1 ff.

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A. Zusammenfassung der Ergebnisse

305

das in der Konsequenz, dass die zur Bestimmung der Unmittelbarkeit ermittelten Kriterien diese Rechtsgüter widerspiegeln müssen. 3. Ist die Unmittelbarkeit im Sinne einer Sachidentität zu verstehen? Ausgehend von der festgestellten Notwendigkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums muss es nun um die konkrete Auslegung dieses ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals gehen. Hierbei ist ein erster möglicher Ansatz die Auslegung der Unmittelbarkeit im Sinne einer Sachidentität. Danach müssten aus der Vortat erlangter Vorteil und gesicherter Vorteil identisch sein. Eine solche Sachidentität könnte einerseits die Wortlautauslegung des Begriffs Vorteile der Tat nahelegen, danach könnte man nämlich dem Begriff die Bedeutung beimessen, dass die zu sichernden Vorteile gerade aus der Vortat stammen müssen und damit jegliche Arten von Umwandlungen unzulässig sind. Auch die historische Auslegung legt aufgrund der Entstehung der Begünstigung aus der Teilnahme nahe, dass eine enge Beziehung zwischen Vortat und Vorteil bestand, die eine Auslegung der Unmittelbarkeit in Form einer Sachidentität erforderlich machte. Aufgrund des nach wie vor bestehenden Bezugs der Vortat zur Begünstigung ist nunmehr immer noch eine gewisse Beziehung nötig, diese ist jedoch aufgrund des gewandelten Verhältnisses heute nicht mehr in Form einer Sachidentität zu verstehen. Die Ausgliederung der Begünstigung aus der Teilnahme hat vielmehr auch zur Konsequenz, dass die Unmittelbarkeit weiter verstanden werden kann, unter Berücksichtigung des notwendigerweise bestehenden Zusammenhangs zur Vortat. Eine Sachidentität wird damit nicht mehr vorausgesetzt. Schließlich können jedoch aus der historischen Auslegung keine Erkenntnisse hinsichtlich der Art des erforderlichen Zusammenhangs gewonnen werden.14 Darüber hinaus stützt dieses Ergebnis auch der im Rahmen der historischen Auslegung vorgenommene Vergleich der Entwicklung von Hehlerei und Begünstigung: Mit der unterschiedlichen Entwicklung von Hehlerei und Begünstigung in der Zeit der Partikulargesetzgebung – die Hehlerei wurde früher als die Begünstigung aus dem Allgemeinen Teil in den Besonderen Teil ausgegliedert – ging auch eine divergierende Entwicklung der Tatbestandsmerkmale einher. Infolgedessen entwickelte sich für die Hehlerei der enge Sachbegriff, der eine Sachidentität für aus der Vortat erlangter und gehehlter Sache verlangt. Für die Begünstigung blieb dagegen der Vorteilsbegriff bestehen, der grundsätzlich weiter ist und eben gerade keine Sachidentität fordert.15 Dieses Ergebnis der historischen Auslegung stützt auch die i. R. d. systematischen Auslegung gewonnenen Erkenntnisse: Die Stellung des Vorteilsbegriffs zwischen den übrigen Tatbestandsmerkmalen des Hilfeleistens und der Vortat hat eine Aus14 15

2. Teil, C. V. 3. Vgl. zu allem 2. Teil, C. III. 3. a) bb) (2) (o) (bb) (b); 2. Teil, C. V. 3.

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3. Teil: Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

legung des Vorteils im Sinne einer Unmittelbarkeit nahegelegt. Dies ergibt sich aus der weiten Auslegung des Vorteilsbegriffs, die der Begriff des Hilfeleistens ermöglicht (unmittelbare und mittelbare Vorteile erfasst) und der engen Auslegung, die das Tatbestandsmerkmal der Vortat nahelegt (nur sachidentitäre Vorteile erfasst). Ein Mittelweg zwischen beiden Extremen ist die Annahme einer Unmittelbarkeit des Vorteils, sodass zwar Sachidentität vorliegen kann, dies aber keine zwingende an den Vorteil gestellte Anforderung ist.16 Zudem stellte sich im Rahmen der systematischen Auslegung sowohl bei der Untersuchung des § 259 StGB als auch des § 263 StGB die Frage, ob eine Übertragung des Erfordernisses einer Sachidentität auf den Vorteil in Betracht kommt, und in beiden Fällen war eine Anwendung zu verneinen.17 Schließlich erfordert der für § 257 StGB ermittelte Schutzzweck eines Allgemein- und Individualrechtsgüterschutzes sowie der Generalprävention keine Auslegung der Unmittelbarkeit im Sinne einer Sachidentität.18 Lediglich der reine Individualrechtsgüterschutz und der Schutz des jeweiligen Vortatrechtsguts, verlangen eine enge Auslegung der Unmittelbarkeit in Form einer Sachidentität, allerdings wurden diese beiden Schutzgüter für § 257 StGB abgelehnt.19 Eine Deutung des Unmittelbarkeitserfordernisses im Sinne einer Sachidentität muss im Ergebnis aus systematischen, teleologischen und historischen Gründen abgelehnt werden. 4. Kriterien zur Bestimmung der Unmittelbarkeit Nachdem die Notwendigkeit eines Unmittelbarkeitskriteriums geklärt wurde und daneben die Unmittelbarkeit auch bereits negativ bestimmt wurde in dem Sinne, dass gerade keine Sachidentität erforderlich ist, muss es nun noch um die Ermittlung positiver Kriterien für die Unmittelbarkeit gehen. a) Vortatbezug Der Begriff des Vorteils wird – wie bereits i. R. d. systematischen Auslegung festgestellt – maßgeblich geprägt durch seine Stellung im objektiven Tatbestand zwischen den Merkmalen Vortat und Hilfeleisten. Während das Merkmal der Vortat für eine enge Auslegung des Vorteils im Sinne einer Sachidentität spricht, ermöglicht das Merkmal des Hilfeleistens eine sehr weite Auslegung, grundsätzlich könnten hiernach sowohl mittelbare als auch unmittelbare Vorteile erfasst sein. Der Mittelweg

16

2. Teil, E. VI. 1. 2. Teil, E. III. 3. a) bb); 2. Teil, E. IV. 3. c). 18 2. Teil, D. III. 2. 19 2. Teil, D. III. 1.

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A. Zusammenfassung der Ergebnisse

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zwischen beiden Extremen ist, wie bereits oben beschrieben wurde, die Anerkennung einer Unmittelbarkeit des Vorteils.20 Daneben ist jedoch zu ermitteln, wie dieses Merkmal der Unmittelbarkeit auszulegen ist. Ein entscheidender Anhaltspunkt für die Bestimmung der Unmittelbarkeit ist hierbei der im Rahmen der Auslegung mehrfach ermittelte Bezug des Vorteils zur Vortat. Dieser ergibt sich nicht nur aus der systematischen Auslegung – die Begriffe Vorteil und Vortat sind beide im objektiven Tatbestand der Begünstigung normiert21 –, sondern auch aus der historischen Auslegung und dem dort festgestellten Ursprung der Begünstigung in der Teilnahme.22 Daneben ergibt sich ein solcher Bezug auch aus der aktuellen Vorschrift des § 257 StGB, indem nach wie vor in § 257 Abs. 2 StGB die Begrenzung der Begünstigungsstrafe auf die Vortatstrafe normiert ist.23 Zu klären bleibt, was dieser abstrakte Begriff des Vortatbezugs beinhaltet und aus welcher Perspektive er zu beurteilen ist. Ein Bezug zur Vortat besteht, wenn er nicht durch einen Eingriff unterbrochen wurde. Bei einem solchen Eingriff kann es sich etwa um einen Tausch, eine finanztechnische Umwandlung, eine Verarbeitung o. ä. bezogen auf das durch die Vortat Erlangte handeln. Für die Beurteilung des Vorliegens eines solchen Vortatbezugs bietet sich an, die Sicht eines objektiven Beobachters zugrunde zu legen. Es muss somit für den objektiven Beobachter erkennbar sein, dass sich der zu sichernde Vorteil aus der Vortat ergeben hat. Allerdings handelt es sich bei der Beurteilung eines solchen Eingriffs nach wie vor um einen abstrakten Maßstab zur Bestimmung des Vortatbezugs. Daher bedarf es eines weiteren konkretisierenden Kriteriums hinsichtlich der Erheblichkeit eines Eingriffs und dem sich daraus ergebenden Vortatbezug. Bei der Bestimmung eines solchen Maßstabs ist es hilfreich, sich vor Augen zu führen, wer den Vortatbezug beurteilt. Der objektive Beobachter, der auf den zu sichernden Gegenstand oder sonstigen Vorteil blickt, muss erkennen können, dass dieses Objekt gerade aus der Vortat stammt. Dabei geht es nicht ausschließlich darum, dass das aus der Vortat erlangte Objekt vorliegt – dann würde man ja gerade eine Sachidentität als Maßstab anlegen – vielmehr richtet sich der Blick des objektiven Beobachters darauf, ob der ursprünglich durch die Vortat erlangte Wert fortbesteht oder ob er durch den Eingriff verändert wurde. Für das Vorliegen eines Vortatbezugs darf daher der jeweilige Eingriff die Wertidentität nicht verändert haben, d. h. der ursprünglich durch die Vortat erlangte Wert muss erhalten geblieben und für den objektiven Beobachter erkennbar sein. Zur Veranschaulichung dieses zugegebenermaßen auch noch etwas abstrakten Maßstabs sollen folgende zwei Beispiele dienen: Eine Wertidentität besteht etwa in 20

2. Teil, E. II. 2. a) cc). 2. Teil, E. II. 2. a) aa). 22 2. Teil, C. V. 2. a). 23 2. Teil, C. V. 2. b).

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3. Teil: Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

dem Fall, dass Bargeld in Kontoguthaben umgewandelt wurde, da in diesem Fall der gleiche Wert an Geld, der zunächst körperlich vorgelegen hat (Bargeld) in unkörperlicher Form als Kontoguthaben weiter existiert. Anders verhält es sich dagegen, wenn der Eingriff durch Verkauf eines Gegenstands erfolgt. Bei einem Verkauf wird ein Preis ausgehandelt auf Grundlage des bestehenden Angebots sowie der jeweiligen Nachfrage. Daneben fließen in die Verhandlungen verschiedene äußere Einflüsse ein, wie etwa das Verkaufsgeschick des Verkäufers bzw. das Verhandlungsgeschick des Käufers. All diese äußeren Einflüsse führen dazu, dass sich der Wert auch maßgeblich nach diesen genannten Faktoren bestimmt und damit nicht mehr allein der Wert des Gegenstands aus der Vortat erhalten bleibt, sondern vielmehr ein hiervon verschiedener Wert ausgehandelt wird. Nach dem Eingriff (Verkauf) kann daher von einer Wertidentität nicht mehr die Rede sein und im Ergebnis spiegelt sich in dem vorliegenden Objekt – hier konkret im Verkaufserlös – ein erkennbarer, messbarer und zu schützender Vorteil aus der Vortat nicht mehr wider. Ein Vortatbezug scheidet in diesem Fall denknotwendig aus. Im Ergebnis ist daher für das Vorliegen der Unmittelbarkeit zunächst ein Vortatbezug erforderlich, der sich aus Sicht eines objektiven Beobachters beurteilt und sich danach richtet, ob ein Eingriff den Vortatzusammenhang unterbrochen hat. Maßgeblich ist hierfür der Erhalt des ursprünglichen Wertes, des aus der Vortat Erlangten. b) Restitutionsinteresse Ein weiteres Kriterium zur Bestimmung der Unmittelbarkeit leitet sich sowohl aus der systematischen als auch aus der teleologischen Auslegung ab: Im Rahmen der systematischen Auslegung wurde bei der Analyse des Tatbestands festgestellt, dass auf Ebene des subjektiven Tatbestands, die Absicht des Täters darauf gerichtet sein muss, eine Restitution zugunsten des Opfers zu verhindern.24 Diese Restitutionsfeindlichkeit des Täterwillens greift eine i. R. d. teleologischen Auslegung ermittelte Schutzzweckerwägung – den Schutz des Restitutionsinteresses des Einzelnen – auf.25 Darüber hinaus hat die Einbeziehung des Restitutionsinteresses auch den Vorteil, dass das Opfer und seine Perspektive einbezogen werden. Da die Begünstigung auch Individualinteressen schützt26 ist eine Berücksichtigung der Opferperspektive für die Bestimmung der Unmittelbarkeit sinnvoll. Darüber hinaus bestätigt die Einbeziehung des Restitutionsinteresses auch eine i. R. d. Wortlautauslegung gewonnene Erkenntnis: Der Wortlaut des Begriffs Vorteil beinhaltet neben einem positiven Gehalt auch einen negativen Aspekt, nämlich die 24

Vgl. 2. Teil, E. II. 2. b). Der Begünstigungstatbestand verfolgt eine duale Schutzrichtung, d. h. eine Kombination von Individualgüterrechtsgüterschutz, Allgemeinrechtsgüterschutz sowie Generalprävention, vgl. 2. Teil, D. III. 1. 26 2. Teil, D. III. 1. 25

A. Zusammenfassung der Ergebnisse

309

Schaffung eines durch die Rechtsordnung missbilligten Zustands. Dieser Zustand spiegelt sich in dem Restitutionsinteresse wider, schließlich wird hiermit das Interesse an der Wiederherstellung des der Rechtsordnung widersprechenden Zustands beschrieben. Es muss daher zur Beurteilung der Unmittelbarkeit in einem zweiten Schritt danach gefragt werden, ob durch das Hilfeleisten das konkret bestehende Restitutionsinteresse des Opfers noch betroffen ist oder aber bereits eine derart andere Art des Vorteils gesichert wird, dessen Sicherung diesen Schutzzweck nicht mehr beeinträchtigt. Ob dies der Fall ist, lässt sich etwa daran festmachen, ob mithilfe des gesicherten Objekts eine Restitution beim Opfer eintreten kann oder jedenfalls auf einfachem Weg ein Rücktausch des umgewandelten Objekts erreicht und sodann hiermit restituiert werden kann. Hierbei reicht die Leistung von Wertersatz für eine Restitution nicht aus, da dies im Widerspruch stehen würde zu dem oben ermittelten Kriterium des Vortatbezugs: Der für das Vorliegen der Unmittelbarkeit erforderliche Vortatbezug verlangt eine Wertidentität für das aus der Vortat erlangte und das nach dem jeweiligen Eingriff vorliegende Objekt. Ein Wertersatz ergibt sich jedoch gerade aus einer Ermittlung des Wertes für ein Objekt durch Dritte. Hierbei werden Einschätzungen eines Wertes abgebeben, die von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängen aber nie vollständig identisch mit dem tatsächlichen Wert sein können. Somit ist im Ergebnis eine für § 257 StGB ausreichende Restitution nicht möglich durch die Leistung von Wertersatz. 5. Zusammenfassung der für die Auslegung der Unmittelbarkeit relevanten Kriterien Für die Ermittlung der Unmittelbarkeit konnten somit folgende Kriterien ermittelt werden: (1) Die Unmittelbarkeit ist nicht im Sinne einer Sachidentität zu verstehen. (2) Die den Unmittelbarkeitsbegriff prägenden Elemente sind die Vortat und der Schutzzweck des Delikts. Aus dieser Mitte ergibt sich der Maßstab für die Ermittlung des Vorliegens eines unmittelbaren Tatvorteils: (a) Es muss ein Vortatbezug bestehen und sich im zu sichernden Gegenstand widerspiegeln. Dieser ergibt sich aus einer Betrachtung des Wertes des zu sichernden Objekts und der Untersuchung auf Wertidentität gegenüber dem aus der Vortat Erlangten. Zu beurteilen ist dies aus Sicht eines objektiven Beobachters. (b) Gleichzeitig muss durch die Sicherung des Gegenstands noch ein konkret bestehendes Restitutionsinteresse des Geschädigten beeinträchtigt werden. Dies richtet sich danach, ob eine Restitution auf einfachem Weg möglich ist, etwa durch Rücktausch eines umgewandelten Objekts.

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3. Teil: Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

B. Anwendung auf die unterschiedlichen Fallgruppen des Vorteils In einem letzten Schritt dieser Arbeit werden die im 1. Kapitel dargestellten Fallgruppen des Vorteils aufgegriffen und mithilfe der ermittelten Kriterien zur Bestimmung des unmittelbaren Tatvorteils gelöst.

I. Ersatzvorteile Ersatzvorteile sind solche Vorteile, deren Gestalt sich zwischen der Erlangung aus der Vortat und der Hilfeleistung verändert hat. Hierbei sind vier verschiedene Arten der Umwandlung denkbar: Es kann aus einer Vortat ein Gegenstand erlangt worden sein, der in Geld oder in einen anderen Gegenstand umgewandelt wird. Außerdem kann aus der Vortat auch ein bestimmtes Barvermögen erlangt worden sein, dass eine andere Gestalt erfährt, durch Einzahlung auf ein Konto, Umwandlung in eine andere Währung bzw. Wertpapiere oder aber durch Verwendung zum Erwerb eines Gegenstands. 1. Verkaufserlös als Vorteil Die zum Vorteil und zur Unmittelbarkeit entwickelten Grundsätze sollen zunächst auf Fälle des Verkaufserlöses27 angewendet werden. Der Erlös aus dem Verkauf eines Gegenstands stellt etwas Positives dar, zudem handelt es sich um einen körperlichen Gegenstand mit Vermögenswert. Unter der Voraussetzung, dass der Verkaufserlös vor der Hilfeleistung erlangt wurde, sind zunächst alle an den Vorteil gestellten Voraussetzungen erfüllt. Darüber hinaus müsste der Verkaufserlös aber auch die an die Unmittelbarkeit gestellten Kriterien erfüllen. Das Nichtvorliegen von Sachidentität zwischen erlangtem und gesichertem Gegenstand steht der Unmittelbarkeit vorliegend nicht entgegen. Erforderlich ist jedoch, dass aus Sicht eines objektiven Beobachters ein Bezug zur Vortat besteht und sich im zu sichernden Gegenstand – hier im Verkaufserlös – widerspiegelt. Hierfür müsste wiederum eine Wertidentität zwischen erlangtem Gegenstand und Verkaufserlös bestehen und für den objektiven Beobachter erkennbar sein. Durch den Verkaufsprozess wurde eingegriffen und der ursprünglich durch die Vortat erlangte Gegenstand umgewandelt. Hierbei hat sich der zunächst bestehende Wert des Gegenstands durch die Verkaufsverhandlungen – diese sind insbesondere geprägt durch das bestehende Angebot sowie die Nachfrage und das Verkaufsgeschick des Verkäufers sowie das Verhandlungsgeschick des Käufers – verändert. Daher besteht keine Wertidentität des Verkaufserlöses gegenüber dem 27

1. Teil, B. III. 2. a) bb) (1).

B. Anwendung auf die unterschiedlichen Fallgruppen des Vorteils

311

durch die Vortat erlangten Gegenstand und es fehlt daher bereits der nötige Vortatbezug. Weiterhin müsste auch ein konkret bestehendes Restitutionsinteresse des Geschädigten beeinträchtigt sein durch die Sicherung des Verkaufserlöses. Zwar ist ein Rücktausch des Geldes in den ursprünglich erlangten Gegenstand grundsätzlich denkbar, in der Praxis jedoch unwahrscheinlich und wird primär daran scheitern, dass der Käufer des Gegenstands nicht mehr auffindbar ist oder aber sich weigert, den Kaufgegenstand gegen Rückzahlung der Kaufsumme herauszugeben. Daher fehlt es auch an der zweiten an die Unmittelbarkeit gestellten Voraussetzung, sodass im Ergebnis der Verkaufserlös nach der hier erarbeiteten Definition keinen unmittelbaren Vorteil i. S. d. § 257 StGB darstellt. 2. Eingetauschter Gegenstand als Vorteil Der Tausch eines aus der Vortat erlangten Gegenstands in einen anderen Gegenstand28 ändert zunächst nichts an der Vorteilseigenschaft des durch Tausch erlangten Gegenstands: Es handelt sich bei dem eingetauschten Gegenstand sowohl um etwas Positives, zudem sind sowohl körperliche als auch unkörperliche und Vermögens- sowie Nichtvermögensvorteile in dieser Konstellation denkbar. Unter der Voraussetzung, dass der eingetauschte Gegenstand vor der Hilfeleistung erlangt wurde, sind zunächst alle an den Vorteil gestellten Voraussetzungen erfüllt. Allerdings könnte der Tausch eines aus der Vortat erlangten Gegenstands gegen einen anderen Gegenstand den Unmittelbarkeitszusammenhang unterbrechen. Notwendig ist wiederum, dass aus Sicht eines objektiven Beobachters ein Bezug zur Vortat besteht und sich im zu sichernden Gegenstand – hier im eingetauschten Gegenstand – widerspiegelt. Aus den gleichen Gründen wie bereits in der vorherigen Fallgruppe des Verkaufserlöses dargestellt, fehlt es hier an der notwendigen Wertidentität zwischen erlangtem und gesichertem Gegenstand: Der Tauschprozess des einen Gegenstands in den anderen Gegenstand beinhaltet wiederum eine vorgelagerte Verhandlung der beiden Parteien, in der sich Angebot und Nachfrage sowie das jeweilige Verhandlungsgeschick der Beteiligten widerspiegelt und schließlich über den eingetauschten Gegenstand entscheidet. Somit fehlt es auch hier an einer Wertidentität und damit bereits am ersten Kriterium der Unmittelbarkeit, nämlich am Vortatbezug. Durch die Sicherung des eingetauschten Gegenstands müsste zudem das Restitutionsinteresse des Geschädigten beeinträchtigt werden. Eine Restitution zugunsten des Vortatgeschädigten ist mittels des eingetauschten Gegenstands nicht möglich. Zudem ist auch ein Rücktausch in den ursprünglichen aus der Vortat erlangten Gegenstand und eine Restitution mittels dieses Gegenstands nicht auf einfachem Wege möglich, da der Eigentümer des eingetauschten Gegenstands ggf. nicht auf28

1. Teil, B. III. 2. a) bb) (2).

312

3. Teil: Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

findbar oder aber nicht zum Rücktausch bereit ist. Im Ergebnis handelt es sich daher bei einem eingetauschten Gegenstand nicht um einen unmittelbaren Tatvorteil i. S. d. § 257 StGB. 3. In Bankguthaben, Wertpapiere oder andere Währungen umgewandeltes Bargeld als Vorteil Für die Umwandlung von aus der Vortat erlangtem Bargeld sind drei Fälle denkbar, die im Hinblick auf das Vorliegen eines unmittelbaren Tatvorteils untersucht werden müssen.29 a) Umwandlung von Bargeld in Bankguthaben oder Wertpapiere Zunächst ist eine Umwandlung von Bargeld in Bankguthaben oder Wertpapiere denkbar. Hierbei erfüllen zunächst sowohl Bankguthaben als auch Wertpapiere die an den Vorteil gestellten Voraussetzungen. Zu hinterfragen ist hier wiederum das Vorliegen der Unmittelbarkeit. Aus Sicht eines objektiven Beobachters müsste der Vortatbezug erkennbar sein. Der Eingriff liegt hier in der Umwandlung von Bargeld in Buchgeld, wobei jedoch der Wert erhalten bleibt. Weder bei einer Einzahlung auf ein Bankkonto noch bei einer Umwandlung in Wertpapiere verliert das aus der Vortat erlangte Bargeld in irgendeiner Form an Wert.30 Insbesondere existiert beim Eintausch von Bargeld in Buchgeld oder Wertpapiere auch kein weiterer Einflussfaktor, wie das Verhandlungsgeschick der beteiligten Parteien, das den Wert verändern könnte. Ein objektiver Beobachter würde die Identität des Wertes nach der Umwandlung auch ohne weiteres erkennen und damit liegt der notwendige Vortatbezug hier vor. Durch die Sicherung des Bankguthabens bzw. der Wertpapiere wird zudem ein konkret bestehendes Restitutionsinteresse des Geschädigten beeinträchtigt. Sofern ihm aufgrund der Vortat Barvermögen abhandengekommen ist, richtet sich sein Restitutionsinteresse auf die Wiedererlangung des Barvermögens. In einem solchen Fall geht es dem Geschädigten aber nicht darum, die konkreten Scheine bzw. das konkret aus der Vortat erlangte Barvermögen zurückzuerlangen. Vielmehr ist bei lebensnaher Betrachtung das Restitutionsinteresse des Opfers darauf gerichtet, den wirtschaftlichen Wert des Barvermögens wiederzuerlangen, wobei ihm die konkrete Gestalt des Vermögens egal ist. Es geht also um die Erlangung des in dem Barvermögen verkörperten Wertes und daher kann auch durch das Bankguthaben bzw. die Wertpapiere Restitution erlangt werden. Die Umwandlung von durch die Vortat 29

1. Teil, B. III. 2. a) bb) (3). Bei Wertpapieren ist das sicherlich schwerer zu erkennen, da diese ja ihren Wert schnell wieder verlieren können. Allerdings geht es bei der Beurteilung der Wertidentität ausschließlich um den Moment des Tausches und in diesem erhält man für das Bargeld den gleichen Gegenwert in Wertpapieren. 30

B. Anwendung auf die unterschiedlichen Fallgruppen des Vorteils

313

erlangtem Bargeld in Bankguthaben oder Wertpapiere unterbricht somit den Unmittelbarkeitszusammenhang im Ergebnis nicht. Dies trifft jedoch nicht auf den Fall zu, indem Bargeld auf einen Bausparvertrag eingezahlt wird. In dieser Konstellation stellt die Einzahlung von Bargeld eine Anlage dar und das Geld existiert im Anschluss an die Einzahlung nicht mehr individualisierbar, wie in dem Fall, in dem es auf ein Konto eingezahlt oder in Wertpapiere angelegt wurde. Daher ist bereits für einen objektiven Beobachter der Vortatbezug nicht mehr erkennbar und es fehlt bereits am ersten Merkmal des Unmittelbarkeitszusammenhangs. Im Ergebnis ist daher nach Einzahlung von Bargeld auf einen Bausparvertrag kein unmittelbarer Vorteil mehr gegeben. b) Umwandlung von Bargeld in solches einer anderen Währung oder in eine andere Stückelung Aus der Vortat erlangtes Bargeld kann auch in solches einer anderen Währung oder in eine andere Stückelung umgetauscht werden. Auch hier erfüllt das umgewandelte Bargeld einer anderen Währung oder einer anderen Stückelung unproblematisch die an den Vorteil gestellten Anforderungen. Genauer zu beleuchten ist wiederum das Vorliegen der Unmittelbarkeit. Ein objektiver Beobachter könnte hier erkennen, dass das Bargeld einer anderen Währung bzw. einer anderen Stückelung den gleichen Wert hat wie das aus der Vortat erlangte Bargeld, sodass der notwendige Vortatbezug gegeben ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass im Fall des Umtausches in eine andere Währung ein schwankender Kurs besteht und nicht immer der gleiche Betrag als Umtauschwert erlangt wird. Da der Umtausch nach objektiven Kriterien, nämlich anhand des aktuellen Wechselkurses erfolgt und nicht etwa von durch die Umtauschhandlung selbst beeinflussten Kriterien abhängt – wie etwa dem Verhandlungsgeschick der beteiligten Parteien – ist dies für das Vorliegen des notwendigen Vortatbezugs unschädlich. Darüber hinaus gilt bezogen auf das Restitutionsinteresse des Geschädigten das Gleiche wie in der zuvor untersuchten Fallgruppe: Das Opfer hat auch ein Interesse an der Wiedererlangung des Geldes in einer anderen Stückelung oder aber einer anderen Währung, da es auch auf diesem Wege, den dem Bargeld innewohnenden Wert zurückerhält.31 Trotz Umwandlung des Bargelds besteht damit ein unmittelbarer Tatvorteil. c) Umwandlung von Konto- bzw. Sparguthaben in Bargeld Schließlich ist noch eine Umwandlung von Konto- bzw. Sparguthaben in Bargeld möglich. Auch hier ist die Vorteilseigenschaft des Umwandlungsprodukts Bargeld unproblematisch. Zudem ist mit den gleichen Argumenten wie in den beiden vor31

Vgl. für diese Argumentation auch bereits 1. Teil, B. III. 2. a) bb) (3) (b) (cc).

314

3. Teil: Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

herigen Fallgruppen sowohl der notwendige Vortatbezug als auch das bestehende Restitutionsinteresse des Geschädigten zu bejahen. Gerade im Vergleich zu der ersten Fallgruppe, bei der die Umwandlung von Bargeld in Kontoguthaben diskutiert wurde, kann hier nichts anderes für die Unmittelbarkeit gelten, da es sich lediglich um den umgekehrten Fall handelt. Es besteht daher auch in dieser Fallgruppe der finanztechnischen Umwandlung ein unmittelbarer Tatvorteil. 4. Umwandlung von durch die Vortat erlangtem Bargeld in einen Gegenstand Als letzter Fall ist im Bereich der Ersatzvorteile denkbar, dass mit aus der Vortat erlangtem Bargeld, ein Gegenstand gekauft wird.32 Der gekaufte Gegenstand erfüllt zwar alle an den Vorteil gestellten Voraussetzungen, es müsste sich aber auch um einen unmittelbaren Vorteil handeln. Ein objektiver Beobachter kann nach einer Umwandlung von Bargeld in einen Gegenstand die Wertidentität nicht erkennen, da der Umwandlungsprozess wieder das Verhandlungsgeschick der beteiligten Parteien sowie die aktuelle Marktsituation (Angebot und Nachfrage) abbildet und damit einen anderen Wert als den ursprünglichen Wert als Umwandlungsprodukt beinhaltet. Insofern gleicht die Begründung hier derjenigen, die oben i. R. d. ersten Fallgruppe (Verkaufserlös) ausgeführt wird und mit der auch für diese Fallgruppe der Vortatbezug abzulehnen ist. Darüber hinaus besteht aber auch kein Restitutionsinteresse des Geschädigten am Gegenstand, da er das durch die Vortat erlangte Bargeld wiedererlangen möchte. Ein Rücktausch des Gegenstands in Bargeld ist wiederum unwahrscheinlich aufgrund der Notwendigkeit, den Verkäufer des Gegenstands zu finden, zudem müsste dessen Bereitschaft zum Rückkauf vorliegen. Somit scheidet für den Gegenstand, der mittels aus der Vortat erlangtem Bargeld erworben wurde, das Vorliegen eines unmittelbaren Tatvorteils aus.

II. Nutzungswert als Vorteil 1. Angemaßte Eigentümerstellung als Vorteil Das Vorliegen eines unmittelbaren Tatvorteils wird auch für die Fälle diskutiert, in denen bei der Veräußerung, des durch die Vortat erlangten Gegenstands, Hilfe geleistet wird. Als sicherungsfähiger Vorteil kommt hier die angemaßte Eigentümerstellung des Vortäters in Betracht, wobei es sich um einen Unterfall des Nut-

32

1. Teil, B. III. 2. a) bb) (4).

B. Anwendung auf die unterschiedlichen Fallgruppen des Vorteils

315

zungswertes handelt.33 Denkbar ist die Sicherung einer angemaßten Eigentümerstellung sowohl durch den Verkauf an einen Dritten als auch durch Rückverkauf an den Eigentümer. Die Möglichkeit der Sicherung einer angemaßten Eigentümerstellung wurde bereits i. R. d. systematischen Auslegung unter Vorbehalt anerkannt34, ob sie jedoch tatsächlich als unmittelbarer Vorteil in Betracht kommt, vermag erst hier, durch die Anwendung der ermittelten Kriterien zur Bestimmung des Vorliegens eines unmittelbaren Tatvorteils, geklärt zu werden. Die durch den Vortäter angemaßte Eigentümerstellung stellt zunächst etwas Positives dar. Zwar mangelt es am Vorliegen eines körperlichen oder unkörperlichen Gegenstands, allerdings liegt ein Nutzungswert vor – nämlich in Form des Wertes des jeweils zu veräußernden Gegenstands – und hierbei handelt es sich um einen tauglichen Vorteil. Unter der Voraussetzung, dass die angemaßte Eigentümerstellung vor der Hilfeleistung erlangt wurde, sind zunächst alle an den Vorteil gestellten Voraussetzungen erfüllt. Für die Unmittelbarkeit des Vorteils ist wiederum zunächst das Bestehen eines Vortatbezugs nötig. Ein objektiver Beobachter würde hier den Zusammenhang zwischen der angemaßten Eigentümerstellung des Vortäters und der Vortat ohne Weiteres erkennen, schließlich ergibt sich die Stellung des Vortäters direkt aus der Vortat und der Entwendung des jeweiligen Gegenstands. Zudem erfolgte in diesem Zusammenhang kein Eingriff, der den Wert der erlangten Position (angemaßte Eigentümerstellung) aus der Vortat hätte verändern können. Aufgrund bestehender Wertidentität ist damit der erforderliche Vortatbezug vorliegend gegeben. Durch die Sicherung der angemaßten Eigentümerstellung müsste darüber hinaus das Restitutionsinteresse des Opfers beeinträchtigt sein. Die Sicherung der angemaßten Eigentümerstellung beinhaltet gerade die Hilfe beim Verkauf des erlangten Gegenstands und dies entzieht dem Geschädigten den Zugriff auf den Gegenstand und verhindert bzw. erschwert ihm die Wiederherstellung des Zustands, der vor Begehung der Vortat bestanden hat. Ein unmittelbarer Tatvorteil liegt somit vor. Das soeben Festgestellte gilt für alle Fälle, in denen der Gegenstand an einen Dritten veräußert wird. Allerdings ist hinsichtlich der Beeinträchtigung des bestehenden Restitutionsinteresses des Opfers, für die Fälle der Rückveräußerung an den Eigentümer, die Frage des Bestehens eines Restitutionsinteresses genauer zu beleuchten. In Fällen der Rückveräußerung an den Eigentümer liegt es auf den ersten Blick nahe, eine Beeinträchtigung des Restitutionsinteresses des Geschädigten abzulehnen, da er ja gerade den Gegenstand zurückerlangt. Allerdings ist dieser Gedanke unzutreffend, denn das Restitutionsinteresse des Geschädigten bleibt durch die Rückveräußerung beeinträchtigt, schließlich erlischt der Anspruch auf Restitution 33 34

Vgl. 1. Teil, B. III. 2. b) aa). Vgl. 2. Teil, E. III. 3. b).

316

3. Teil: Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

durch die Wiedererlangung des Gegenstands und gleichzeitig verliert der Geschädigten den für den Gegenstand geleisteten Kaufpreis. Er hat somit keine Restitution auf dem vom Gesetz vorgesehenen Weg erlangt, sondern vielmehr seinen Anspruch und zusätzlich Vermögen an den Vortäter verloren. Daher bleibt sein Restitutionsinteresse auch nach Wiedererlangung des Gegenstands beeinträchtigt und somit sind auch für den Fall der Rückveräußerung an den Eigentümer die Voraussetzungen eines unmittelbaren Tatvorteils für die angemaßte Eigentümerstellung gegeben. 2. Verarbeiteter, verbundener bzw. vermischter Gegenstand als Vorteil Für die Fälle der Verarbeitung, Verbindung und Vermischung35 sind grundsätzlich zwei verschiedene Arten des Vorteils denkbar: Zum einen muss danach gefragt werden, ob das Endprodukt der Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung einen Vorteil darstellt und zum anderen könnte es sich bei einem dem Gegenstand immanenten Wert, der im Rahmen des Verarbeitungs-, Verbindungs- oder Vermischungsvorgang gesichert wird (Nutzungswert), um einen Vorteil handeln. a) Endprodukt der Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung als Vorteil Das Endprodukt einer Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung stellt etwas Positives und einen körperlichen Gegenstand dar. Zudem wird es sich regelmäßig um einen Vermögensvorteil handeln. Wenn das Endprodukt zum Zeitpunkt der Vornahme der Hilfeleistungshandlung vorliegt, sind alle an den Vorteil gestellten Voraussetzungen erfüllt. Nach Vornahme der Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung liegt ein derart umgewandelter Gegenstand vor, sodass für einen objektiven Beobachter nicht erkennbar ist, dass das Endprodukt seinen Ursprung in der Vortat hat. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass der Wert des verarbeiteten, verbundenen oder vermischten Gegenstands regelmäßig ein anderer sein wird, in dem sich etwa das Verarbeitungsgeschick des Verarbeiteten oder der Wert eines nicht aus der Vortat stammenden verbundenen bzw. vermischten Gegenstands widerspiegelt. Somit mangelt es bereits am Vortatbezug. Darüber hinaus fehlt es jedoch auch am notwendigen Restitutionsinteresse des Opfers, da sich dieses ausschließlich auf den ursprünglich durch die Vortat verlorenen Gegenstand bezieht und nicht etwa ein solches Endprodukt erfasst, das durch Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung entstanden ist und eine Wiederherstellung des ursprünglichen Gegenstands ist zudem nach diesen Prozessen häufig

35

1. Teil, B. III. 2. b) bb).

B. Anwendung auf die unterschiedlichen Fallgruppen des Vorteils

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nicht möglich. Damit scheidet das Endprodukt der genannten Verarbeitungsprozesse als unmittelbarer Vorteil aus. b) Sicherung eines wirtschaftlichen Wertes im Rahmen des Verarbeitungs-, Verbindungs- oder Vermischungsvorgangs als Vorteil Das Hilfeleisten im Rahmen eines Verarbeitungs-, Verbindungs- oder Vermischungsvorgangs sichert den wirtschaftlichen Wert des erlangten Gegenstands und damit etwas Positives, und einen Vermögensvorteil. Zudem handelt es sich bei dem gesicherten Wert um einen sogenannten Nutzungswert und sofern dieser vor der Hilfeleistung besteht, sind die Voraussetzungen des Vorteils gegeben. Der Vorteil müsste wiederum aber auch unmittelbar aus der Vortat stammen. Der Vortatbezug kann hier bejaht werden, da aus der Vortat ein Gegenstand erlangt wurde, dem ein bestimmter Wert immanent ist, der gerade auch durch die Hilfe bei der Sicherung dieses Wertes im Rahmen des Verarbeitungs-, Verbindungs- oder Vermischungsvorgangs gesichert wird. Für einen objektiven Beobachter ist im Rahmen des Verarbeitungs-, Verbindungs- oder Vermischungsprozesses daher erkennbar, dass der gesicherte Nutzungswert aus der Vortat stammt. Das Restitutionsinteresse des Geschädigten ist ebenfalls beeinträchtigt, da durch die Sicherung des wirtschaftlichen Wertes (Nutzungswert) im Rahmen des Umwandlungsprozesses, der ursprünglich erlangte Gegenstand eine derart andere – i. d. R. irreversible Gestalt – erlangt, die eine Restitution unmöglich macht. Im Ergebnis handelt es sich daher bei dem Nutzungswert in den Fällen der Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung um einen tauglichen Vortatvorteil. 3. Verbrauch als Vorteil Der zuvor besprochenen Fallgruppe ähneln die Fälle des Verbrauchs des aus der Vortat erlangten Gegenstands.36 Denkbar ist hier auch wiederum die Sicherung eines wirtschaftlichen Wertes durch den Verbrauch, der Vorteil könnte somit in einem solchen wirtschaftlichen Wert (Nutzungswert) bestehen. Bei dem zu sichernden wirtschaftlichen Wert des erlangten Gegenstands handelt es sich um etwas Positives, einen Nutzungswert und einen Vermögensvorteil, mithin also um einen Vorteil. Ein Vortatbezug besteht hier aus den gleichen Gründen wie bei der Verarbeitung, der Verbindung bzw. der Vermischung: Für einen objektiven Beobachters ist erkennbar, dass durch den Verbrauch ein der Sache immanenter wirtschaftlicher Wert gesichert wird, der sich aus dem aus der Vortat erlangten Gegenstand und damit aus der Vortat ergibt. Zudem wird das Restitutionsinteresse des Geschädigten beeinträchtigt, da durch den Verbrauch der Gegenstand endgültig verloren geht und eine 36

1. Teil, B. III. 2. b) cc).

318

3. Teil: Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

Restitution zugunsten des Vortatopfers endgültig unmöglich gemacht wird. Das Hilfeleisten bei der Sicherung eines wirtschaftlichen Wertes durch Verbrauch stellt somit die Sicherung eines unmittelbaren Tatvorteils dar.

III. Tatlohn und Versprechen auf Tatlohn als Vorteil In den letzten Jahren hat sich neben den Ersatzvorteilen und der angemaßten Eigentümerstellung eine neue Fallgruppe potentieller Tatvorteile herausgebildet. Diskutiert wird, ob der Tatlohn oder das Versprechen auf Tatlohn einen unmittelbaren Tatvorteil i. S. d. § 257 StGB darstellen kann.37 1. Tatlohn Bei einem gezahlten Tatlohn handelt es sich um etwas Positives sowie um einen Vermögensvorteil und sofern Bargeld gezahlt wurde auch um einen körperlichen Gegenstand. Der vor der Hilfeleistungshandlung gezahlte Tatlohn ist daher grundsätzlich als Vorteil zu qualifizieren. Das soeben Ausgeführte gilt grundsätzlich für den Tatlohn, der aus der Tatbeute gezahlt wurde sowie für den aus dem sonstigen Tätervermögen gezahlten Lohn. Hinsichtlich des Vorliegens von Unmittelbarkeit ist zwischen dem aus der Vortat und dem aus dem sonstigen Tätervermögen gezahlten Tatlohn zu differenzieren. Der notwendige Bezug zur Vortat aus Sicht eines objektiven Beobachters besteht für den Tatlohn, der aus dem Vortatvermögen erlangt wurde. Hier besteht mangels Eingriffs Wertidentität mit dem aus der Vortat erlangten Bargeld und für einen objektiven Beobachter ist auch erkennbar, dass der Tatlohn aus der Vortat stammt. Für den Tatlohn, der aus dem sonstigen Vermögen des Täters gezahlt wurde, fehlt es dagegen am notwendigen Vortatbezug. Insofern ergibt sich bereits kein Bezug des Tatlohns zur Vortat, denn der in Form des Tatlohns zu sichernde Wert ist ein vollkommen anderer als der durch die Vortat in Form der Tatbeute erlangte Wert. Schließlich müsste der gezahlte Tatlohn auch das Restitutionsinteresse des Geschädigten beeinträchtigen. Für den Tatlohn, der aus dem Vortatvermögen gezahlt wurde, ist das Restitutionsinteresse des Opfers unproblematisch beeinträchtigt, wenn ein solcher Tatlohn gesichert wird, schließlich wird Geld weitergegeben, dass aus der Vortat erlangt wurde und dadurch die Restitution zugunsten des Geschädigten erschwert. Der aus dem sonstigen Tätervermögen gezahlte Tatlohn – bei dem es bereits am Vortatbezug fehlt – beeinträchtigt hingegen das Restitutionsinteresse des Opfers nicht, da es aus diesem Vermögen keine Restitution erlangen kann, schließlich richtet sich der Restitutionsanspruch ausschließlich auf das durch die Vortat Erlangte.

37

1. Teil, B. III. 2. c).

B. Anwendung auf die unterschiedlichen Fallgruppen des Vorteils

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Somit fehlt es im Ergebnis für den Tatlohn, der aus dem Vortätervermögen gezahlt wurde, an beiden an die Unmittelbarkeit gestellten Voraussetzungen. Für den Tatlohn, der aus dem Vermögen gezahlt wurde, das aus der Vortat stammt, sind dagegen die Voraussetzungen der Unmittelbarkeit erfüllt. Einen unmittelbaren Tatvorteil stellt im Ergebnis nur der aus dem Vortatvermögen gezahlte Tatlohn dar. In der Praxis wird häufig das Problem auftreten, dass sich die Feststellung des Ursprungs des Tatlohns schwierig gestaltet und infolgedessen in dubio pro reo zugunsten des Begünstigungstäters davon ausgegangen werden muss, dass der Tatlohn aus dem sonstigen Tätervermögen gezahlt wurde und damit eine Begünstigung abzulehnen ist. 2. Versprechen auf Tatlohn Ein Versprechen auf Tatlohn stellt wie auch der Tatlohn selbst etwas Positives dar, zudem handelt es sich um einen Vermögensvorteil. Allerdings liegt weder ein körperlicher noch ein unkörperlicher Gegenstand – etwa in Form einer Forderung38 – vor. Daneben soll auch kein Nutzungswert, der einem spezifischen Gegenstand innewohnt, gesichert werden. Es scheitert somit bzgl. des Versprechens auf Tatlohn bereits an den Voraussetzungen des Vorteils, der Vollständigkeit halber sollen hier aber die übrigen Voraussetzungen auch noch kurz thematisiert werden. Zwar besteht ein gewisser Vortatbezug dergestalt, dass das Versprechen auf Tatlohn nur zustande kam aufgrund der Vortat und der hierfür geleisteten Hilfe, allerdings ist für einen objektiven Beobachter nicht erkennbar, dass das Versprechen auf Tatlohn aus der Vortat resultiert. Es wurde gerade nichts aus der Vortat erlangt, auf das sich das Versprechen bezieht, vielmehr existiert nur ein allgemeines Versprechen auf Tatlohn, das aus Sicht eines objektiven Beobachters nicht spezifisch mit der Vortat verknüpft ist. Darüber hinaus wird auch kein aus der Vortat erlangter Wert aufrechterhalten, sodass es im Ergebnis bereits am Vortatbezug fehlt. Zudem wird der Restitutionsanspruch des Geschädigten durch die Sicherung des Versprechens auf Tatlohn nicht beeinträchtigt, weil zum einen das Tatlohnversprechen nichtig ist gem. § 134 BGB und daher nicht durchgesetzt werden kann, in der Konsequenz also auch den Geschädigten von vornherein nicht beeinträchtigen kann. Zum anderen wäre zu klären, aus welchem Vermögen wiederum das Versprechen auf Tatlohn erfüllt werden soll, aus dem Vortatvermögen oder dem Vortätervermögen. Nur in ersterem Fall wäre überhaupt über die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Restitutionsinteresses des Geschädigten nachzudenken. Ein bloßes Versprechen auf Tatlohn kann somit im Ergebnis keinen sicherungsfähigen unmittelbaren Tatvorteil darstellen.

38 Das Versprechen auf Tatlohn stellt hier keine Forderung dar, da es insofern am schuldrechtlichen Anspruch fehlt.

320

3. Teil: Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

IV. Früchte des erlangten Gegenstands als Vorteil Ein aus der Vortat erlangter Gegenstand kann Früchte hervorgebracht haben, bei denen es sich um einen unmittelbaren Tatvorteil handeln könnte.39 Die Früchte eines Gegenstands stellen etwas Positives und einen körperlichen Gegenstand dar. In der Regel handelt es sich bei einer Frucht auch um einen Vermögensvorteil und sofern sie vor der Hilfeleistung entstanden ist, liegen die an einen Vorteil gestellten Voraussetzungen vor. Bei einer Frucht, die aus einem Gegenstand hervorgegangen ist, kann ein objektiver Beobachter erkennen, dass Ursprung dieser Frucht der aus der Vortat erlangte Gegenstand ist und damit die Frucht auch ein Resultat der Vortat ist. Damit ist sie auch bezogen auf ihren Wert ein Teil des aus der Vortat erlangten Wertes und ein für die Unmittelbarkeit erforderlicher Bezug zur Vortat liegt daher vor. Zudem besteht auch ein Restitutionsinteresse des durch die Vortat Geschädigten an der Frucht, da diese aus dem erlangten Gegenstand hervorgegangen ist und dieser Vorgang nicht das Werk des Vortäters war, sondern sich die Frucht auch aus dem Gegenstand ergeben hätte, wäre er nach wie vor im Besitz des Geschädigten. Damit ist die Frucht als Bestandteil des aus der Vortat erlangten Gegenstands vom Restitutionsinteresse des Geschädigten erfasst. Eine Frucht stellt somit einen sicherungsfähigen unmittelbaren Tatvorteil i. S. d. § 257 StGB dar.

V. Zusammenfassendes Gesamtergebnis Als Ergebnis dieser Arbeit lässt sich Folgendes festhalten: (1) Zentrales Tatbestandsmerkmal der Begünstigung ist der Vorteil. Dieser wird ergänzt durch das ungeschriebene Merkmal der Unmittelbarkeit. (2) Ein Vorteil ist gegeben, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: (a) Etwas Positives, d. h. eine Besserstellung oder ein Zugewinn für den Täter liegt vor.40 (b) Neben dem positiven Aspekt beinhaltet der Vorteil auch die Schaffung eines durch die Rechtsordnung missbilligten Zustands, also etwas Negatives.41 (c) Als Vorteil werden sowohl Vermögens- als auch Nichtvermögensvorteile erfasst42, zudem kann es sich bei einem Vorteil sowohl um körperliche als

39

1. Teil, B. III. 2. d). 2. Teil, B. III. 9.; 2. Teil, E. VI. 2. 41 2. Teil, B. III. 9. 42 2. Teil, B. III. 9.; 2. Teil, C. IV. 4. b); 2. Teil, E. IV. 7.

40

B. Anwendung auf die unterschiedlichen Fallgruppen des Vorteils

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auch um unkörperliche Gegenstände (Forderungen) und den Nutzungswert eines solchen Gegenstands handeln.43 (d) Der Vorteil muss zeitlich vor der Hilfeleistung erlangt worden sein.44 (e) Der Vorteil muss zwingend aus der Vortat resultieren.45 Wie eng dieser Zusammenhang zu bewerten ist und ob etwa Umwandlungen o. ä. möglich sind, ist eine Frage der Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums. (3) Das Merkmal der Unmittelbarkeit bestimmt sich anhand folgender Kriterien: (a) Unmittelbarkeit i. S. d. § 257 StGB ist nicht mit Sachidentität gleichzusetzen.46 (b) Für das Vorliegen von Unmittelbarkeit ist zunächst ein Vortatbezug nötig. Dieser besteht, sofern er nicht durch einen Eingriff unterbrochen wurde und dies ist wiederum der Fall, wenn der ursprünglich durch die Vortat erlangte Wert fortbesteht und nicht durch den Eingriff geändert wurde. Das Vorliegen dieser Wertidentität beurteilt sich aus der Sicht eines objektiven Beobachters.47 (c) Darüber hinaus muss danach gefragt werden, ob durch das Hilfeleisten das konkret bestehende Restitutionsinteresse des Opfers noch beeinträchtigt wird oder aber bereits eine derart andere Art des Vorteils gesichert wird, dessen Sicherung diesen Schutzzweck nicht mehr beeinträchtigt. Ob dies der Fall ist, lässt sich etwa daran festmachen, ob mithilfe des gesicherten Objekts eine Restitution beim Opfer eintreten kann. Durch Wertersatz ist eine Restitution nicht möglich.48 Für die Fallgruppen des Vorteils ergeben sich folgende Ergebnisse: (1) Die Fallgruppe der Ersatzvorteile zeichnet sich aus durch die Umwandlung des ursprünglich aus der Vortat Erlangten. Hierbei sind Ersatzvorteile in vier unterschiedlichen Formen denkbar: Als Verkaufserlös, als eingetauschter Gegenstand, als Bargeld, das in Bankguthaben, Wertpapiere oder andere Währungen umgewandelt wurde, sowie als Gegenstand, der mittels durch die Vortat erworbenen Bargelds erlangt wurde. Ein Vorteil liegt nur in der Konstellation, dass Bargeld in Bankguthaben, Wertpapiere oder eine andere Währung umgewandelt wurde, vor. Nach Durchführung der übrigen Umwandlungen mangelt es an der Unmittelbarkeit aufgrund fehlenden Vortatbezugs. 43

2. Teil, B. III. 9. 2. Teil, B. III. 9. 45 Dies ergibt sich zum einen aus der gesetzlichen Formulierung und zum anderen aus dem Ursprung des Begünstigungstatbestands in der Teilnahmelehre, 2. Teil, B. III. 9.; 2. Teil, C. V. 2. a); 2. Teil, C. V. 3. 46 3. Teil, A. II. 3. 47 3. Teil, A. II. 4. a). 48 3. Teil, A. II. 4. b). 44

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3. Teil: Ergebnisse und Anwendung auf ausgewählte Fallgruppen

(2) Weiterhin ist als Vorteil ein spezifischer einem Gegenstand innewohnender Nutzungswert denkbar. Hierbei kann sich dieser Nutzungswert als angemaßte Eigentümerstellung darstellen oder als Wert, der im Rahmen von Verarbeitung, Verbindung, Vermischung oder Verbrauch auftritt. Bei der Sicherung einer angemaßten Eigentümerstellung liegt sowohl im Fall einer Veräußerung an einen Dritten als auch bei einer Rückveräußerung an den Eigentümer ein unmittelbarer Tatvorteil vor. Für die Fälle der Verarbeitung, Verbindung und Vermischung ist ein unmittelbarer Tatvorteil ebenfalls zu bejahen, sofern die Sicherung eines wirtschaftlichen Wertes Gegenstand der Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung ist. Das Endprodukt dieses Vorgangs stellt jedoch mangels bestehenden Vortatbezugs und Restitutionsinteresses keinen unmittelbaren Tatvorteil dar. Dagegen wird i. R. d. Verbrauchs wiederum ein Nutzungswert als unmittelbarer Tatvorteil gesichert. (3) Als Vorteil kommt weiterhin der Tatlohn in Betracht, wobei zwischen dem aus dem Vortatvermögen stammenden und aus dem sonstigen Vermögen gezahlten Tatlohn zu unterscheiden ist. Daneben ist ein Versprechen auf Tatlohn als Vorteil denkbar. Der aus dem Vortatvermögen gezahlte Tatlohn erfüllt hierbei alle Kriterien eines unmittelbaren Tatvorteils, während es für den aus dem sonstigen Vermögen des Vortäters gezahlten Tatlohn am Vortatbezug sowie am Restitutionsinteresse fehlt. Das Versprechen auf Tatlohn erfüllt bereits nicht die an den Vorteil gestellten Voraussetzungen, daneben werden auch die Unmittelbarkeitskriterien nicht erfüllt, da weder ein Vortatbezug noch ein Restitutionsinteresse besteht. (4) Schließlich sind als unmittelbarer Tatvorteil noch die Früchte eines aus der Vortat erlangten Gegenstands denkbar, wobei es sich um einen unmittelbaren Tatvorteil handelt.

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Stichwortverzeichnis Auslegungsmethoden

114 ff.

Römisches Recht 155 ff. Rückveräußerung 71 ff., 83 ff., 315 f.

Bargeld 54 ff., 98 f., 308, 312 ff., 318, 321 Bestechung und Bestechlichkeit 277 ff. Constitutio Criminalis Carolina Duale Schutzrichtung

166 ff.

256 ff., 261 f., 304

Ersatzvorteile 45 ff., 310 ff. Etymologie 137 Früchte

111 f., 320

Generalprävention

254 ff., 273, 304

Hilfeleisten 27 f., 75 f., 102 f., 145, 265 f., 270, 274, 304 ff. Kontoguthaben 42 f., 54 ff., 66 ff., 308, 314 Nichtvermögensvorteil 34 ff. Nutzungswert 45, 70 ff., 114, 184 f., 198, 256, 270, 314 ff., 322 Rechtspflege 217, 249 ff. Reichsstrafgesetzbuch 208 ff., 234 f. Restitutionsinteresse 247 ff., 258 ff., 304, 308 ff.

Sache 36 f., 111 ff., 271 ff. Semantik 130 ff. Sparbuchguthaben 65 ff. Tatlohn

98 ff., 318 ff.

Unmittelbarkeit 37 ff., 45 ff., 207 ff., 271 ff., 303 ff. Verarbeiteter Gegenstand 94 ff., 316 f. Verarbeitungsprozess 94 ff., 316 f. Veräußerung 72 ff., 83 ff., 315 f. Veräußerungserlös 50 ff. Verbindungsprozess 94 ff., 316 f. Verbrauch 98, 317 Verbundener Gegenstand 94 ff., 316 f. Vermischter Gegenstand 94 ff., 316 f. Vermischungsprozess 94 ff., 316 f. Vermögen 34 ff., 245 ff. Vermögensvorteil 34 ff., 291 f. Versprechen auf Entlohnung 98 ff., 319 Vortat 34 f., 102 ff., 248, 254 f., 264 f., 295 f., 303 ff., 310 ff. Vortatbezug 201, 214, 233, 237 f., 252 f., 261, 276, 303 f., 306 ff. Währung

62 f., 312 f.