Der Parteiausschluß: Voraussetzungen, Verfahren und gerichtliche Überprüfung des Ausschlusses von Mitgliedern aus politischen Parteien [1 ed.] 9783428457519, 9783428057511

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Der Parteiausschluß: Voraussetzungen, Verfahren und gerichtliche Überprüfung des Ausschlusses von Mitgliedern aus politischen Parteien [1 ed.]
 9783428457519, 9783428057511

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 479

Der Parteiausschluß Voraussetzungen, Verfahren und gerichtliche Überprüfung des Ausschlusses von Mitgliedern aus politischen Parteien

Von

Johannes Risse

Duncker & Humblot · Berlin

Johannes Risse · Der Parteiausschluß

S c h r i f t e n zum ö f f e n t l i c h e n Band 479

Recht

Der Parteiaussehluß Voraussetzungen, Verfahren und gerichtliche Überprüfung des Ausschlusses von Mitgliedern aus politischen Parteien

Von

Dr. Johannes Risse

DUNCKER

&

HUMBLOT

/

BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Risse, Johannes: Der Parteiausschluss: Voraussetzungen, Verfahren u. gerichtl. Überprüfung d. Ausschlusses v o n M i t gliedern aus polit. Parteien / v o n Johannes Risse. — Berlin: Duncker u n d Humblot, 1985. (Schriften zum öffentlichen Recht; Bd. 479) I S B N 3-428-05751-1 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1985 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1985 bei Buchdruckerei A. Sayffaerth - E. L. Krohn, Berlin 61 Printed in Germany I S B N 3-428-05751-1

Meiner Mutter und dem Andenken meines Vaters gewidmet

Vorwort Das Thema dieser Arbeit, der Parteiausschluß, ist i n den letzten Jahren stärker als früher Gegenstand öffentlichen Aufsehens gewesen — man denke an den Ausschluß des Bundestagsabgeordneten Karl-Heinz Hansen aus der SPD und des Friedensforschers Alfred Mechtersheimer aus der CSU. Bedeutung hatte und hat die Frage, wann und wie ein Mitglied aus seiner Partei ausgeschlossen werden kann, freilich unabhängig von spektakulären Ereignissen und von konkret durchgeführten Verfahren stets für das Verhältnis zwischen Partei und Mitglied. Meine Beschäftigung m i t diesem Thema geht auf ein Ereignis vor etwa zehn Jahren zurück, als vier Kommilitonen, gegen die ein Parteiordnungsverfahren eingeleitet worden war, mich baten, als Beistand tätig zu werden. Die noch von Lengers (Rechtsprobleme bei Parteiausschlüssen, Diss. Bochum 1973) gemachte Erfahrung, daß die Parteien nicht bereit waren, Einsicht i n die Unterlagen parteischiedsgerichtlicher Verfahren zu gewähren, t r i f f t heute so nicht mehr zu. Für diese Arbeit konnten die Entscheidungen des Bundesparteigerichts der CDU, des Landesparteigerichts Nordrhein-Westfalen der FDP und die beim SPD-Bezirk Westliches Westfalen vorhandenen Entscheidungen vollständig berücksichtigt werden. Ferner stand m i r eine Auswahl von Entscheidungen der Bundesschiedskommission der SPD, die deren stellvertretender Vorsitzender zusammenstellte, zur Verfügung. Die Arbeit beruht auf einer Dissertation, die i m Wintersemester 1982/83 der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld vorgelegen hat. Für die Drucklegung wurden Teile des § 2 umgearbeitet und die vorläufige Maßnahmen und vorläufigen Rechtsschutz betreffenden Teile (§ 12 E und § 13), die zunächst als Aufsatz konzipiert waren, angefügt; i m übrigen wurden keine größeren Änderungen vorgenommen. Danken möchte ich an dieser Stelle Herrn Professor Dr. Jochen Abr. Frowein, der die Arbeit betreut und das Erstgutachten erstattet hat, sowie Herrn Professor Dr. Dieter Grimm, der ebenfalls das Vorhaben gefördert und das Zweitgutachten erstellt hat; der Universität Bielefeld für die Gewährung von Leistungen nach dem Graduiertenförderungsgesetz und der Friedrich-Ebert-Stiftung für die Unterstützung

8

Vorwort

durch ein Promotionsstipendium; stellvertretend für alle, die m i r Informationen und Unterlagen aus den politischen Parteien gaben, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Bundesschiedskommission der SPD, Herrn Staatsminister a. D. Dr. Johannes E. Strelitz, und dem Justitiar der Bundesgeschäftsstelle der CDU, Herrn Assessor Peter Scheib; Herrn Ministerialrat a. D. Professor Dr. Dr. h. c. Johannes Broermann für die Aufnahme dieser Arbeit i n die Reihe „Schriften zum Öffentlichen Recht" und der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses. Niederntudorf und Witten, am 8. September 1984 Johannes Risse

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung

31 Erster

Teil

Die Voraussetzungen des Ausschlusses § 2 Die Zulässigkeit von Ausschlußmaßnahmen

34

§ 3 Die Regelungen i n der Parteisatzung

61

§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

72

§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

123

§ 6 Das Ausschlußermessen

160 Zweiter

Teil

Das Verfahren des Ausschlusses § 7 Das schiedsgerichtliche Verfahren

165

§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren

171

§ 9 „ E i n gerechtes Verfahren"

193 Dritter

Teil

Die gerichtliche Überprüfung §10 Die

Zulässigkeit

einer

auf

gerichtliche

Überprüfung

Klage

zielenden 221

§11 Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung

232

§12 Das gerichtliche Verfahren

247 Anhang

§ 13 Vorläufige Maßnahmen i m Parteiausschlußverfahren

259

Literaturverzeichnis

273

Materialienverzeichnis

289

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung

31

Α . Der Gegenstand der Untersuchung

31

B. Eingrenzung des Themas

32

I. Politische Parteien

32

I I . Ausschluß

32

I I I . Mitglieder

33

Erster Teil Die Voraussetzungen des Ausschlusses § 2 Die Zulässigkeit von Ausschlußmaßnahmen A . Die Grundlage der Ausschlußbefugnis I. Vorschriften des Parteiengesetzes I I . Vereinsrechtliche Grundsätze B. Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4, 10 I V PartG I. Das verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen Partei u n d Mitglied 1. Die innerparteiliche Demokratie a) Der Begriff „Demokratie" b) Die Übertragung des staatlichen Demokratieprinzips auf die Parteien c) Der Ausschluß v o n demokratischen M i t w i r k u n g s rechten i m staatlichen Bereich aa) A r t . 16 I G G (1) Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit . . (2) Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit . . bb) Verlust des Wahlrechts d) Demokratische „Grundsätze" 2. Die M i t w i r k u n g bei der politischen Willensbildung des Volkes a) Die Präsentation politischer Programme b) Das Streben nach V e r w i r k l i c h u n g des Parteiprogramms c) Die Offenheit gegenüber Entwicklungen i m V o l k . . d) Die Transparenz innerparteilicher Vorgänge

34 34 34 34 35 36 36 36 36 37 37 38 39 39 41 42 42 42 44 45

12

nsverzeichnis 3. K o n f l i k t e zwischen verfassungsrechtlichen gen

Verbürgun-

I I . Die Voraussetzungen der §§ 6 I I Nr. 4, 10 I V PartG i m E i n zelnen

45 46

1. Die Anknüpfungspunkte für den Ausschluß a) Der Verstoß gegen die Satzung b) Der Verstoß gegen Grundsätze c) Der Verstoß gegen die Ordnung

46 46 46 47

2. Die einschränkenden Tatbestandsmerkmale a) Der Vorsatz beim Satzungsverstoß

47 47

b) Die Erheblichkeit des Verstoßes gegen Grundsätze u n d Ordnung

48

c) Der schwere Schaden

48

3. Die Bestimmung i n der Satzung

49

4. Gegenrechte des Mitglieds

49

I I I . Besondere Fallgruppen

49

1. Die Doppelmitgliedschaft a) Die Notwendigkeit einer Möglichkeit zur Beendigung der Mitgliedschaft b) Die rechtstechnischen Möglichkeiten zur Beendigung der Mitgliedschaft aa) Die F i k t i o n der Austrittserklärung bb) Die automatische Beendigung der Mitgliedschaft cc) Der Ausschluß c) Das Schadenserfordernis i n § 10 I V PartG 2. Die Kandidatur auf dem Vorschlag einer gegnerischen Partei

49 50 51 51 52 53 54 55

3. Die Beitragssäumigkeit

57

4. Verfassungswidriges

57

Verhalten

5. Sonstige Fallgruppen I V . Das Verhältnis zwischen Aufnahme- u n d Ausschlußregel u n g i m Parteiengesetz

58 58

1. Die Ungleichbehandlung

58

2. Die Bindung des Gesetzgebers an A r t . 3 I GG

59

3. Gründe für die Ungleichbehandlung

59

4. Der Aufnahmeanspruch

60

C. Die Voraussetzungen des Ausschlusses § 3 Die Regelungen in der Parteisatzung A . Die Parteisatzung I. DieGültigkeit der Satzung

60 61 61 61

nsverzeichnis I I . Die Satzung i m Sinne v o n § 6 I I PartG

61

1. Satzungen v o n Gliederungen

61

2. Nebenordnungen

62

B. Die Rechtsfolge Ausschluß

63

C. Die Voraussetzungen des Ausschlusses

63

I. Die Gesetzessystematik I I . Der Regelungsrahmen des § 10 I V PartG

63 63

I I I . Der Schutz der Mitglieder

63

I V . Die Bestimmtheit

64

1. Bestimmbarkeit

64

2. Die Verwendung bestimmter Tatbestandsfassungen

64

3. Die Verwendung unbestimmter Tatbestandsfassungen .

66

4. Die Möglichkeiten bestimmter Tatbestandsfassungen . .

68

D. Die A n w e n d u n g satzungsmäßiger Ausschlußregelungen I. Verstöße gegen § 10 I V PartG

69 69

I I . Die Auslegung

70

§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

72

A . Allgemeines

72

B. Der Verstoß gegen die Satzung

72

I. Satzung i. S. d. § 10 I V PartG

72

1. Satzungen v o n Gliederungen

72

2. Nebenordnungen

73

I I . Satzungsvorschriften über Grundsätze und Ordnung

74

I I I . Der Verstoß

74

I V . Der persönliche Geltungsbereich

74

C. Der Verstoß gegen Grundsätze I. Definition

75 75

1. Hergebrachte Auslegungen

75

2. Sprachliche Auslegung

75

3. Der Unterschied gegenüber Satzung u n d Ordnung

75

4. Beschränkung auf Programmatik a) Der Begriff Programmatik b) Die weitergehende Auffassung der Bundesschiedskommission

76 76 77

5. Programmatik u n d Grundsätze a) Der Begriff Programm

78 78

14

nsverzeichnis b) Programmatische Beschlüsse v o n Vorständen aa) Die Kompetenz des Parteitags bb) Die Auslegung v o n Parteitagsbeschlüssen cc) Veränderungen der maßgeblichen Umstände . .

78 78 78 79

c) Der „Kernbereich" der Programmatik aa) Der G r u n d der Beschränkung auf den Kernbereich bb) Der Umfang des Kernbereichs

80 80 80

d) Die Feststellbarkeit v o n Programmsätzen

81

6. Grundsätze v o n Gliederungen

81

I I . Die E r m i t t l u n g v o n Grundsätzen

82

I I I . Die praktische Bedeutung v o n Grundsätzen

83

I V . Umfang u n d Konsequenzen eines Grundsatzes

83

1. Existenz des Grundsatzes

83

2. Direkte Verstöße gegen den Grundsatz

83

3. Konsequenzen aus dem Grundsatz

83

D. Der Verstoß gegen die Ordnung I. Definition I I . Die E r m i t t l u n g v o n Ordnungssätzen I I I . Fallgruppen

85 85 87 89

1. Verstöße gegen staatliches Recht a) Beleidigungen b) Vermögensdelikte c) Verletzungen von Amtspflichten d) Weitere Beispiele

89 90 90 91 91

2. Rücksichtnahme auf das Parteiinteresse a) Parteiloyalität b) Interne Regelung v o n Differenzen c) Sachlichkeit der Auseinandersetzung

91 92 93 94

3. Sorgfaltspflichten bei „schadensgeneigten" Tätigkeiten

94

4. Einhaltung v o n Vergleichen

95

E. Der „erhebliche" Verstoß I. Erheblichkeit der Handlung I I . Der Zweck des Erheblichkeitserfordernisses F. Der schuldhafte Verstoß I . Der Vorsatz beim Satzungsverstoß

96 96 97 97 97

1. Der Begriff Vorsatz

98

2. Der Vorsatz hinsichtlich der Tatumstände

98

nsverzeichnis 3. Der Vorsatz hinsichtlich der Verbotsnorm

98

4. Die „verwerfliche Gesinnung"

99

5. Der Einfluß v o n I r r t ü m e r n auf den Vorsatz

100

I I . Vorsatz beim Verstoß gegen Grundsätze u n d Ordnung . . . 100 I I I . Das Verschulden beim Verstoß Ordnung

gegen Grundsätze

und

102

1. Der Zweck des § 10 I V PartG

102

2. Die Rolle des Verschuldens i m staatlichen Recht

102

3. Formulierungen anderer Gesetzesvorschriften

103

4. Definition v o n Vorsatz u n d Fahrlässigkeit

103

G. Das Verhältnis der drei A r t e n von Verstößen zueinander I. Günstigkeitsprinzip I I . Rangverhältnis

104 104 105

1. Der Vorrang der Satzung

105

2. Der Rang ungeschriebener Normen

106

3. Der Vorrang der Grundsätze gegenüber der Ordnung . . 106 H. Der schwere Schaden

106

I. Der Schaden

106

1. Materieller Schaden

106

2. Immaterieller

Schaden

107

3. Die Schadensermittlung

108

4. Die Abgrenzung zwischen materiellem u n d immateriellem Schaden 108 5. Die Abgrenzung zur Gefahr eines Schadens I I . Der „schwere" Schaden

108 109

1. Das Fehlen v o n Definitionen

109

2. Die Unterscheidung zwischen Schaden u n d Verstoß

109

3. Die Einmaligkeit eines Verstoßes

109

4. „Dauerdelikte"

109

5. Interessenlage u n d Selbstverständnis der Partei

110

6. Die Würdigung der Gesamtumstände

111

I I I . Die Kausalität

112

1. Kausalitätstheorien

112

2. Eingriffe anderer i n den Kausalablauf

112

I V . Das Verschulden i n bezug auf den Schaden

113

1. Verschulden u n d Schaden i m Z i v i l - u n d i m Strafrecht . 113 2. Die F u n k t i o n des § 10 I V P a r t G

114

3. I n h a l t des Verschuldens

114

16

nsverzeichnis J. Umfang u n d Grenzen des Geltungsbereichs des § 10 I V PartG .. 114 I. Die Beendigung der Mitgliedschaft k r a f t Gesetzes

durch A u s t r i t t

oder

I I . Verzicht auf das schiedsgerichtliche Verfahren I I I . Der Regelungsbereich des § 10 I V PartG

114 115 115

1. Pflichtenneutrale Regelungen

115

2. Die Anfechtung der Aufnahmeerklärung

116

I V . Verfassungsrechtliche Erfordernisse V. Der Zweck des § 10 I V PartG

116 117

1. Beitragssäumigkeit

117

2. Dauerdelikte

118

V I . Treu u n d Glauben

119

1. Mißbräuchliche Rechtsausübung

119

2. V e r w i r k u n g

120

V I I . Notstandsähnliche Situationen

120

1. Der Versuch einer ausschlußbegründenden Tat

120

2. Der Verdacht einer ausschlußbegründenden Tat

121

§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

123

A . Fehlende Rechtswidrigkeit aufgrund innerparteilicher Normen 123 B. Fehlende Rechtswidrigkeit aufgrund staatlicher Normen

123

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

124

I. Unmittelbare Geltung der Grundrechte I I . Innerparteiliche Demokratie

125 125

1. Teilhabe an der förmlichen Willensbildung

125

2. Meinungsfreiheit a) Informationsfreiheit b) Rein parteiinterne Meinungsäußerungen aa) Meinungsäußerungen vor u n d nach der Beschlußfassung bb) Verstoß gegen einen „ K e r n " v o n politischen Positionen der Partei cc) Unvereinbarkeit der Gesamtansichten dd) Beleidigungen u n d unsachliche persönliche A n griffe

126 127 127 128 129 130 130

c) Der Öffentlichkeit zugängliche Meinungsäußerungen 131 d) Meinungsäußerungen außerhalb der Partei 3. Vereinigungsfreiheit a) Internvereinigungen b) E x t e r n Vereinigungen

132 133 133 135

nsverzeichnis 4. Versammlungsfreiheit

135

5. Weitere Grundrechte

136

I I I . D r i t t w i r k u n g der Grundrechte 1. Unmittelbare u n d mittelbare D r i t t w i r k u n g

136 137

2. Gesichtspunkte für die A n w e n d u n g der Grundrechte . . 138 a) Vorrang spezieller Verfassungsnormen

139

b) Die verfassungsrechtliche Stellung der Parteien

139

c) Die Auslegung des einzelnen Grundrechts

139

d) Rechtsgeschäftliche Bindung

139

e) Widersprüchliche Wahrnehmung v o n Grundrechten 139 f) Die soziale Ubermacht der Partei

140

g) Wahlrechtliche Benachteiligungen kleinerer Parteien 140 h) K o l l i s i o n m i t anderen Interessen des Mitglieds I V . Die D r i t t w i r k u n g einzelner Grundrechte

140 141

1. Meinungsfreiheit (i. w . S.) a) Meinungsäußerungen außerhalb der Partei b) Pressefreiheit c) Freiheit der Wissenschaft

141 141 143 144

2. Vereinigungsfreiheit a) Andere politische Parteien u n d deren Neben- u n d Hilfsorganisationen b) Sonstige gegnerische Organisationen c) Die negative Vereinigungsfreiheit d) Die Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer e) Die Koalitionsfreiheit von Nichtarbeitnehmern

144 144 145 146 147 149

3. Berufsfreiheit a) Berufswahl b) Berufsausübung

149 149 150

4. Religions- u n d Weltanschauungsfreiheit

151

5. Allgemeine Handlungsfreiheit, insbesondere i m P r i v a t leben 152 V. Die Rechtsstellung des Abgeordneten 1. Schutz von parlamentarischem Verhalten

153

2. A r t . 38 I GG

153

3. A r t . 46 I GG

157

4. Die Praxis der Parteien

157

D. Freiheitsräume des Mitglieds aufgrund einfachen Rechts I. Spezielle Normen I I . Generalklauseln 2 Risse

152

158 158 159

18

nsverzeichnis

S 6 Das Ausschlußermessen

160

Α . Die Pflicht zur Ermessensausübung

160

I. Die Autonomie der Parteien

160

I I . Der Begriff „ k a n n "

160

I I I . Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

160

I V . Die Praxis der Schiedsgerichte

161

V. Das Selbstverständnis der Partei B. Ermessensgesichtspunkte

162 162

I. Wiederholungsgefahr

162

I I . Mitverschulden anderer Mitglieder

163

I I I . Schadensminderung u n d -behebung

163

I V . Schadensumfang

163

V. Motivation

163

V I . Jugendlichkeit

163

V I I . Besondere Verpflichtung der Partei

Zweiter

164

Teil

Das Verfahren des Ausschlusses § 7 Das schiedsgerichtliche Verfahren

165

A . Die gesetzliche A n o r d n u n g des schiedsgerichtlichen Verfahrens 165 B. Die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen A n o r d n u n g I. Die Parteienautonomie I I . Die Rechtsstellung des Mitglieds

165 165 167

I I I . A r t . 92 GG

167

I V . A r t . 101 I 2 GG

168

C. Ausnahmen v o m schiedsgerichtlichen Verfahren I. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz I I . Beitragssäumigkeit

168 169 169

I I I . Andere Fallgruppen, insbesondere Doppelmitgliedschaft .. 170 D. Die Anforderungen an das Verfahren § 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren A . Die Anforderungen aus dem Parteiengesetz I. Die Schiedsgerichtsordnung

170 171 171 171

nsverzeichnis I I . Die Organisation der Schiedsgerichtsbarkeit

172

1. § 14 I 1 PartG

172

2. Ausnahmen von § 14 I 1 PartG

172

I I I . Die Möglichkeit der Berufung

173

1. „Berufung"

173

2. „Schiedsgericht höherer Stufe"

173

3. Die Berufungsbefugnis

174

I V . Die W a h l der Mitglieder der Schiedsgerichte

174

1. Die Amtszeit

174

2. Das W a h l g r e m i u m

174

V. Die A n z a h l der Mitglieder der Schiedsgerichte

175

V I . Die I n k o m p a t i b i l i t ä t

176

V I I . Die Unabhängigkeit

177

1. Weisungsfreiheit

177

2. Verbot nachträglicher Sanktionen

178

3. Verbot der A b w a h l

178

V I I I . Die Ablehnung wegen Befangenheit

178

1. Die Besorgnis der Befangenheit

178

2. Besorgnisgründe

179

3. Die Ablehnungsbefugnis

180

I X . Das rechtliche Gehör

180

1. Die Gelegenheit zu tatsächlichem Vorbringen

180

2. Die Berücksichtigung tatsächlichen Vorbringens

180

3. Mündlichkeit

181

X . Die schriftliche Begründung

181

B. Die A n w e n d u n g eines staatlichen Prozeßgesetzes

182

C. Die A n w e n d u n g der §§ 1025 ff. ZPO

182

D. Die anwaltliche Vertretung

183

E. Grundrechte

185

I. Schweigepflichten u n d Meinungsfreiheit I I . Der Gleichheitssatz 1. Die Einleitung des Ausschlußverfahrens

185 187 187

2. Besondere Zuständigkeiten i m Anschluß an „Sofortmaßnahmen" 189 3. Besondere Zuständigkeiten für Verfahren gegen I n h a ber wichtiger Funktionen 189 I I I . Prozeßgrundrechte

190

20

nsverzeichnis F. Staatsrechtliche Erfordernisse I. Verfahren gegen Abgeordnete I I . Ausländer als Schiedsrichter I I I . Das Wahlgeheimnis

§ 9 „Ein gerechtes Verfahren" A . Allgemeines

190 190 190 191 193 193

I. Anforderungen an die Schiedsgerichtsordnung u n d an das Verfahren 193 I I . Definition

193

I I I . Maßstäbe

194

I V . Das Verhältnis zu anderen Generalklauseln

195

B. Einzelfragen

195

I. Das Schiedsgericht 1. Organisatorische Unabhängigkeit

195 195

2. Die Besetzung des Schiedsgerichts

196

3. Das Gebot des gesetzlichen Richters

196

I I . Beistände u n d Vertreter I I I . Die Einleitung des Verfahrens

198 199

1. Die Antragsbefugnis

199

2. Der Zeitpunkt der Antragstellung

200

3. Der

Antragsinhalt

202

I V . Verfahrenshindernisse

203

1. Materielle endgültige schiedsgerichtliche Entscheidung 203 2. Schiedsgerichtliche Entscheidung über die Zulässigkeit 204 3. Gütliche Beilegung v o r dem Schiedsgericht

204

4. Gütliche Beilegung ohne Beteiligung des Schiedsgerichts 204 5. Maßnahmen eines Vorstands V. Verfahrensgrundsätze 1. Untersuchungs- u n d Verhandlungsgrundsatz

205 205 205

2. Schriftlichkeit u n d Mündlichkeit

207

3. Öffentlichkeit u n d NichtÖffentlichkeit

208

4. Unschuldsvermutung

210

5. Beschleunigung

210

V I . Die Tatsachenfeststellung

211

1. Die Beweismittel

211

2. Mitwirkungspfliehten des Mitglieds

212

nsverzeichnis 3. Beweisbeschränkungen a) Schweigepflichten b) Zeugnisverweigerungsrechte aus persönlichen G r ü n den c) Die Nichtzulassung parteifremder Zeugen

213 213 213 214

4. Beweiserleichterungen a) — bei der Feststellung schweren Schadens

215 215

b) — bei der Qualifizierung gegnerischer A k t i v i t ä t e n 216 5. Die Beweislast

217

V I I . Die Entscheidung

218

1. Ne u l t r a petita

218

2. Reformatio i n peius

. . 219

V I I I . Die Rechtsmitteleinlegung

219

1. Rechtsmittelfristen

219

2. Rechtsmittelbelehrung

219

3. Vorlage des Mitgliedsbuchs

220

Dritter

Teil

Die gerichtliche Überprüfung § 10 Die Zulässigkeit einer auf gerichtliche Überprüfung zielenden Klage 221 A . Der Rechtsweg

221

I . „Strafsachen"

221

I I . „öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher A r t " 221 1. „Verfassungsrechtlich"

221

2. „Öffentlich-rechtlich"

222

I I I . „Bürgerliche

Rechtsstreitigkeiten"

B. Der Ausschluß des Rechtswegs I. — durch Gesetz I I . — durch Parteisatzung

223 224 224 224

C. Die Erschöpfung des parteiinternen Rechtswegs

225

D. Das Klagebegehren

226

I. Feststellungs- oder Aufhebungsklage I I . Das Feststellungsinteresse I I I . Aufhebungsklage nach § 1041 I ZPO E. Der Klagegegner

226 227 227 229

22

nsverzeichnis F. Die Zuständigkeit

230

I. Die sachliche Zuständigkeit

230

I I . Die örtliche Zuständigkeit

230

G. Die Klagefrist

231

H. Besondere Fallgestaltungen

231

I. Leistungsklage des Mitglieds

231

I I . Feststellungsklage der Partei

231

§11 Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung

232

A . Der Grundsatz vollständiger gerichtlicher Prüfung

232

B. Gründe u n d Maßstäbe eingeschränkter Uberprüfung

233

I. Die Vereinsautonomie 1. Das A r g u m e n t der Vereinsautonomie

233 233

a) — als verfassungsrechtlicher Gesichtspunkt

234

b) — als zivilrechtlicher Gesichtspunkt

234

c) Die Stellung des Mitglieds i m Verein

235

2. Die Qualität vereinsautonomer Regelungen

236

a) Religionsgemeinschaftliche A k t e b) Generelle Beschlußfassungen c) Individuelle Beschlußfassungen I I . Die Stellung der Parteien

236 237 237 238

1. Die Programmautonomie

238

2. Die innerparteiliche Demokratie

240

3. Die M i t w i r k u n g bei der politischen Willensbildung des Volkes 241 I I I . Die Schiedsgerichtsbarkeit u n d das materielle Ausschlußrecht 241 C. Die Gegenstände der gerichtlichen Überprüfung I. Das Ausschluß verfahren I I . Die Ausschlußentscheidung I I I . Die Ausschluß Voraussetzungen

242 242 242 243

1. Die Tatsachenkontrolle a) „Normale" Tatsachen b) Tatsachen politischer Beurteilung c) Einschätzungstatsachen

243 243 243 244

2. Die Subsumtionskontrolle

244

IV. Die dem Ausschluß entgegenstehenden Gründe

245

nsverzeichnis V. Das Ausschlußermessen

245

1. Zugrundelegung unrichtiger Tatsachen

245

2. Ermessensnichtgebrauch

245

3. Ermessensfehlgebrauch

245

4. U n b i l l i g k e i t

246

δ 12 Das gerichtliche Verfahren

247

A . Untersuchungs- u n d Verhandlungsgrundsatz

247

B. Die Beweislast

248

C. Die Entscheidung

249

I. Der Ausspruch zur Hauptsache

249

I I . Die Vollstreckbarkeit

250

D. Rechtsmittel

250

I. Die Berufung

250

I I . Die Revision 1. Die revisiblen Normen a) Bundes- u n d Landesrecht b) Parteisatzungen u n d Nebenordnungen c) Parteiprogramme u n d ungeschriebene sätze

250 250 250 251 Ordnungs-

2. Das Revisionsgericht E. Vorläufiger Rechtsschutz I. Die A r t e n einstweiliger Verfügungen

251 252 252 252

1. Die Sicherungsverfügung nach § 935 ZPO

252

2. Die Regelungsverfügung nach § 940 ZPO

253

3. Die Leistungsverfügung

253

I I . Die Bedeutung des § 10 V 3 PartG

253

I I I . Das zuständige Gericht

254

I V . Der Zeitpunkt der Antragstellung

254

V. Der Verfügungsanspruch

254

1. Das Entstehen der Mitgliedschaft

254

2. Die Beendigung der Mitgliedschaft

254

3. Die Rechtmäßigkeit der Ausschlußentscheidung

255

V I . Der Verfügungsgrund V I I . Der I n h a l t der Verfügung V I I I . Die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO

256 257 257

nsverzeichnis

24

Anhang § 13 Vorläufige Maßnahmen im Parteiausschlußverfahren

259

A . Die Voraussetzungen der vorläufigen Maßnahme

259

I. Die satzungsmäßige Grundlage

259

I I . Der Zusammenhang m i t einem Ausschlußverfahren

260

I I I . „Dringende u n d schwerwiegende Fälle, die sofortiges E i n greifen erfordern" 261 1. „Schwerwiegend"

261

2. Eilbedürftigkeit

263

3. „Erforderlichkeit"

263

B. Die vorläufige Maßnahme während des schiedsgerichtlichen V e r fahrens 265 I. Die Höchstdauer der Maßnahme

265

I I . Die Aufhebung durch den Vorstand

265

I I I . Die Aufhebung durch das Schiedsgericht

265

I V . Aufhebungsgründe

266

C. Vorläufige Maßnahmen u n d staatliche Gerichtsbarkeit

267

I. Die Zulässigkeit einer auf gerichtliche Überprüfung zielenden Klage 267 1. Rechtsweg u n d sachliche Zuständigkeit

267

2. Erschöpfung des parteiinternen Rechtsweges

267

3. Klageart

268

4. Die gemeinsame Geltendmachung m i t der gegen den Ausschluß erhobenen Klage 268 I I . Die Begründetheit einer auf gerichtliche Überprüfung zielenden Klage 269 I I I . Vorläufiger Rechtsschutz

270

1. Die Zulässigkeit 270 a) § 10 V 3 PartG 270 b) Vorläufiger Rechtsschutz durch die Schiedsgerichte 270 2. Das Verhältnis zwischen staatlichem u n d richtlichem vorläufigem Rechtsschutz

schiedsge-

270

3. Der Verfügungsanspruch

271

4. Der Verfügungsgrund

272

Literaturverzeichnis

273

Materialienverzeichnis

289

Abkürzungsverzeichnis (A) Abg. AbgabenO AcP a. F. AGB AGBG

= = =

= = = =

AGGVG

=

AGVwGO

=

AktienG A L Berlin AllgVerwR a.M. AöR ArbGG ASJ AStA AT AtomG Aug. AuR Az. (B) BAFÖG BAG BAGE BayObLG BayVBl BayVGH BBG BDHE BDiszO, BDO BeamtenG Begr. BeitragsrahmenO Bericht BetrVG BesVerwR BezSchG BezSchK BGB BGBl BGH

= =

= = =

= =

= = = = = =

= = = =

= = =

= = = = = = =

= = = =

= = =

Österreich Abgeordneter Abgabenordnung A r c h i v für die civilistische Praxis alter Fassung Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes u n d von Verfahrensgesetzen des Bundes Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung Aktiengesetz A l t e r n a t i v e Liste für Demokratie u n d U m w e l t schutz Allgemeines Verwaltungsrecht anderer Meinung A r c h i v des öffentlichen Rechts Arbeitsgerichtsgesetz Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen Allgemeiner Studentenausschuß Allgemeiner Teil Atomgesetz August A r b e i t u n d Recht (Zeitschrift) Aktenzeichen Belgien Bundesausbildungsförderungsgesetz Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Bundesbeamtengesetz Entscheidungen des Bundesdisziplinarhofes Bundesdisziplinarordnung Beamtengesetz Begründer Beitragsrahmenordnung Rechtliche Ordnung des Parteienwesens, Bericht der v o m Bundesminister des I n n e r n eingesetzten Parteienrechtskommission Betriebsverfassungsgesetz Besonderes Verwaltungsrecht Bezirksschiedsgericht (der CSU) Bezirksschiedskommission (der SPD) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof

26 BGHSt

Abkürzungsverzeichnis

BK Bl. BPersVG BPOrgSt BPtG BRAO BRRG BSchK BSchO BT BT Buchst. BVerfG BVerfGE BVertriebenenG BVerwG BVerwGE BVfGG BW BWahlG BWahlO BWG

= Entscheidungen des Bundesgerichtshofes i n Strafsachen = Entscheidungen des Bundesgerichtshofes i n Zivilsachen = Bonner Kommentar = Blatt = Bundespersonalvertretungsgesetz = Bundesparteiorganisationsstatut = Bundesparteigericht (der CDU) = Bundesrechtsanwaltsordnung = Beamtenrechtsrahmengesetz = Bundesschiedskommission (der SPD) = Bundesschiedsordnung = Deutscher Bundestag = Besonderer T e i l = Buchstabe = Bundesverfassungsgericht = Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts = Bundesvertriebenengesetz = Bundesverwaltungsgericht = Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts = Gesetz über das Bundesverfassungsgericht = Baden-Württemberg = Bundeswahlgesetz = Bundeswahlordnung = Bundeswahlgesetz

CDA (NL) CDU (CH) CSM CSU CSV (L)

= = = = = =

Β GHZ

CVP (B) CVP(CH)

D'66 (NL) DAG DB DBR DDR DGB DisziplinarO DJH DJT (DK) DKP DM DÖV DP DP (L) DRiG DRiZ DrucksBT DuR

Christen Democratisch Appèl Christlich Demokratische U n i o n Deutschlands Schweiz Christlich-Soziale M i t t e i n Augsburg e. V. Christlich-Soziale Union i n Bayern e. V. Chröschtlech-sozial Vollekspartei — Christlich-soziale Volkspartei — Parti chrétien-social = Christelijke Volkspartij = Christlichdemokratische Volkspartei der Schweiz — Parti démocrate-chrétien suisse — Partito democratico-cristiano svizzero

= = = = = = = = = = = = = = = = = =

Politieke P a r t i j Democraten '66 Deutsche Angestelltengewerkschaft Der Betrieb (Zeitschrift) Das Deutsche Bundesrecht Deutsche Demokratische Republik Deutscher Gewerkschaftsbund Disziplinarordnung Deutsches Jugendherbergswerk Deutscher Juristentag Dänemark Deutsche Kommunistische Partei Deutsche M a r k Die öffentliche V e r w a l t u n g Deutsche Partei Parti Démocratique Luxembourg Deutsches Richtergesetz Deutsche Richterzeitung Verhandlungen des Deutschen Bundestages, Anlagen zu den Stenographischen Berichten = Demokratie u n d Recht (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis

27

d. V. DVB1

der Verfasser Deutsches Verwaltungsblatt

EGGVG EGZPO EinkommenssteuerG ESVGH

Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung Einkommensteuergesetz Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg m i t Entscheidungen der Staatsgerichtshöfe beider Länder Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Europäische GRUNDRECHTE Zeitschrift Europäische Kommission für Menschenrechte Konvention zum Schutze der Menschenrechte u n d Grundf reiheiten Gesetz über die W a h l der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz) v o m 16. J u n i 1978 (BGBl I, S. 709) Eingetragener Verein

EuGMR EuGRZ EuKMR EuMRK EuWahlG

e. V. FAZ FDP, F.D.P. FGO FinBO FN FSchr Fußn. g. (GB) GemeindeO GeschO B T GenossenschaftsG GG GjS (GR) GRÜNE, Grüne GVG Halbs. HandwerksO HessBeamtenG HessGemeindeO HessSOG

Frankfurter Allgemeine Zeitung Freie Demokratische Partei Finanzgerichtsordnung Finanz- u n d Beitragsordnung Fußnote (bei Verweisen innerhalb der Arbeit) Festschrift Fußnote (bei Zitaten) gegen Großbritannien u n d Nordirland Gemeindeordnung Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages Genossenschaftsgesetz Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften Griechenland DIE GRÜNEN Gerichtsverfassungsgesetz

H GB h. M. HSchG HSchRG HVR

Halbsatz Gesetz zur Ordnung des Handwerks Hessisches Beamtengesetz Hessische Gemeindeordnung Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit u n d Ordnung Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Hochschulgesetz Hochschulrahmengesetz Handbuch des Verfassungsrechts

(I) i. d. F. i. d. R. i. E. (IRL) i. S. d. i. S.v. i . V . m.

Italien i n der Fassung i n der Regel i m Ergebnis Republik I r l a n d i m Sinne des, der i m Sinne von i n Verbindung m i t

28

Abkürzungsverzeichnis

JAG JGG JR JurBüro JuS JW JZ

Juristenausbildungsgesetz Jugendgerichtsgesetz Juristische Rundschau Das juristische Büro (Zeitschrift) Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

KBW KG KommunalwahlG KPV NW

Kommunistischer B u n d Westdeutschland Kammergericht Kommunalwahlgesetz Kommunalpolitische Vereinigung der ChristlichDemokratischen Union des Landes NordrheinWestfalen e. V. Kreisordnung Kündigungsschutzgesetz

KreisO KSchG

(L)

LAG LBG LD LDiszO LG LHV LOG LPersVG L S A P (L) LSchG LSchG B e r l i n LuftVG LV L Wahl G MDHS MDR m. E. Mskr. MünchKomm m. w . N.

Luxemburg Landesarbeitsgericht Landesbeamtengesetz Liberale Demokraten Landesdisziplinarordnung Landgericht Liberaler Hochschulverband Gesetz über die Organisation der Landesverwaltung Landespersonalvertretungsgesetz Letzebuerger Sozialistesch A r b e i t e r p a r t e i — Luxemburger Sozialistische Arbeiterpartei — Parti Ouvrier Luxembourgeois Schiedsgericht des FDP-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen Schiedsgericht des FDP-Landesverbandes B e r l i n Luftverkehrsgesetz Landesverfassung Landes Wahlgesetz ; Landtagswahlgesetz Maunz / D ü r i g / Herzog / Scholz (Kommentar) Monatsschrift für Deutsches Recht meines Erachtens Manuskript Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch m i t weiteren Nachweisen

(N)

Norwegen Niedersachsen Niedersächsisches Beamtengesetz Niedersächsische Gemeindeordnung Niedersächsisches Kommunalwahlgesetz Niedersächsisches Landtagswahlgesetz Northern Ireland Labour Party Neue Juristische Wochenschrift Niederlande Nationaldemokratische Partei Deutschlands Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfalen

OBG ÖTV, ötv

Ordnungsbehördengesetz Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport u n d Verkehr

Nds NdsBeamtenG NdsGemeindeO NdsKommunalwahlG NdsLWahlG N I L P (GB) NJW (NL) NPD NVwZ NW

Abkürzungsverzeichnis

29

österreichische Volkspartei ohne Jahresangabe Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte i n Z i v i l sachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Herausgegeben von August Deisenhofer u n d Paul Jansen Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Civilrechts, Herausgegeben von B. Mugdan u n d R. F a l k m a n n ohne Ortsangabe Organisationsstatut Oberverwaltungsgericht Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte für das Land Nordrhein-Westfalen i n Münster sowie für die Länder Niedersachsen u n d SchleswigHolstein i n Lüneburg m i t Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes Nordrhein-Westfalen u n d des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes, Amtliche Sammlung Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

ÖVP (A) o.J. OLG OLGZ

OLGZE o. O. OrgSt OVG OVGE

OWiG

Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) E n t w u r f eines Parteiengesetzes Πανελλήνιο Σ οσιαλιστικό Κίνημα (ΠΑ. ΣΟ. Κ . — Panellinio Sosialistiko K i n i m a — Allgriechische Sozialistische Bewegung) Parteigerichtsordnung Polizeigesetz perge, perge („fahre fort") Protokoll Partij v a n de A r b e i d Schiedskommission beim Parteivorstand der SPD (frühere Bezeichnung der Bundesschiedskommission) Partij voor V r i j h e i d en Vooruitgang

PartG PartGE P A S O K (GR) PGO PolizeiG PP. Prot. P v d A (NL) PVSchK PVV (B) RCDS RdA RG RGRK

= = = =

RGSt RGZ RuP RuStAG

= = = =

Ring Christlich-Demokratischer Studenten Recht der A r b e i t (Zeitschrift) Reichsgericht A l f f , Richard u. a., Das Bürgerliche Gesetzbuch ( „Reichsgerichtsrätekommentar" ) Entscheidungen des Reichsgerichts i n Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts i n Zivilsachen Recht u n d P o l i t i k (Zeitschrift) Reichs- u n d Staatsangehörigkeitsgesetz

S. (S) SAP (S) SchO SchuldR SchweizBG SDLP (GB) SDP (GB); S.D.P. (GB) Sec. (SF) SGG sog.

= = = = = = = = = = = =

Seite Schweden Sveriges Socialdemokratiska A r b e t a r p a r t i Schiedsordnung Schuldrecht Schweizerisches Bundesgericht Social Democratic and Labour Party Social Democratic Party Section Finnland Sozialgerichtsgesetz sogenannte(r)

30 SOG Nds Sp. SP (B) SPD SPÖ (A) SPS (CH) SSW StenBerBT StGB StHG StJ StPO StVG SVP (I) Tb TVG UBSchK UNO unv. u. U. VerwArch VG VGH VOB1 B r i t z W D (NL) VVDStRL VwGO VwVfG

Abkürzungsverzeichnis = = = = = = = = = —

= = = = — =

= = = = —

= = = =

=

= =

WahlO WehrpflichtG

=

ZaöRV

=

ZdK ZfA ZfP Ζ Pari ZPO ZRP ZZP

=

= = =

= = = =

Gesetz über die öffentliche Sicherheit u n d Ordnung, Niedersachsen Spalte Socialistische P a r t i j Sozialdemokratische Partei Deutschlands Sozialistische Partei Österreichs Sozialdemokratische Partei der Schweiz Südschleswigscher Wählerverband Verhandlungen des Deutschen Bundestages, Stenographische Berichte Strafgesetzbuch Staatshaftungsgesetz Stein / Jonas (Kommentar) Strafprozeßordnung Straßenverkehrsgesetz Südtiroler Volkspartei Teilband Tarifvertragsgesetz Unterbezirksschiedskommission (der SPD) United Nations Organization unveröffentlicht unter Umständen Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Verordnungsblatt für die Britische Zone Volkspartij voor V r i j h e i d en Démocratie Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Wahlordnung Wehrpflichtgesetz Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht u n d Völkerrecht Zentralkommittee der deutschen K a t h o l i k e n Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für P o l i t i k Zeitschrift für Parlamentsfragen Zivilprozeßordnung Zeitschrift f ü r Rechtspolitik Zeitschrift für Zivilprozeß

§1

Einleitung Α.

Der Ausschluß eines Mitgliedes aus seiner Partei ist i n mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Für das ausgeschlossene Mitglied ist er der Verlust einer wichtigen, wenn auch selten der einzigen Möglichkeit, sich politisch zu engagieren 1 . Für die Partei selbst und ihre Mitglieder erhalten Ausschlußentscheidungen über den Einzelfall hinaus Bedeutung, indem sie klarstellen, welches Verhalten die Partei hinnimmt und welches zum Ausschluß führen kann. Der Handlungsspielraum, den die Parteien damit haben oder auch nicht haben, kann nicht ohne Auswirkungen auf sie, ihre Programmatik und i h r politisches Verhalten bleiben 2 . Der Parteiausschluß ist deshalb in erster Linie für das Innenleben der Parteien bedeutsam 3 . Da die Parteien nach A r t . 21 I 1 GG bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, ist der Parteiausschluß schließlich auch für die A r t und Weise relevant, i n der die Parteien die ihnen zugedachte Funktion erfüllen. Daß diese dem Staat von Verfassungs wegen nicht gleichgültig ist, zeigt A r t . 2 1 1 3 GG: Die innere Ordnung der politischen Parteien muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Der Parteiausschluß berührt also Interessen des Mitglieds, der Partei und des Staates, und dem ist Rechnung zu tragen,wenn i m folgenden geklärt werden soll, unter welchem materiellen und verfahrensmäßigen Voraussetzungen ein Ausschluß erfolgen kann, und inwieweit er der Uberprüfung durch staatliche Gerichte unterliegt.

1 Bürgerinitiativen, Berufsorganisationen, Gewerkschaften, sozialpolitische Organisationen, Kirchen usw. bieten auch Möglichkeiten zu politischem E n gagement, so daß es selten richtig ist, i m Parteiausschluß ein „politisches Todesurteil" für den einzelnen zu sehen (so aber Heimann, politische Parteien, S. 98; ähnlich auch Reel, S. 325). 2 Z u r innerparteilichen Bedeutung von Parteiordnungsmaßnahmen siehe Hasenritter, S. 125 - 200. 3 Dazu näher: Hasenritter, in: Aus P o l i t i k u n d Zeitgeschichte, Heft Β 14 - 15/1982, S. 19 - 28.

32

Einleitung Β.

I. Die Begrenzung der T h e m a t i k auf politische Parteien schließt es aus, andere Organisationen, die zum T e i l ähnliche Probleme haben, zu behandeln 4 . Es soll hier auch keine Stellungnahme zum Begriff der politischen Partei abgegeben werden. Daß etwa SPD, CDU, CSU u n d FDP Parteien sind, bedarf keiner Erörterung. Ob andere Organisationen, die hier als Parteien bezeichnet werden, w i r k l i c h solche i. S. d. A r t . 21 I GG sind, u n d ob sie alle Voraussetzungen des § 2 PartG erfüllen 5 , k a n n für diese Betrachtungen dahinstehen 6 . I I . Der Ausschluß als Gegenstand dieser Untersuchung f ü h r t i n mehrfacher Hinsicht zu Beschränkungen. E r bezeichnet die Beendigung des M i t g l i e d schaftsverhältnisses durch einen A k t der Partei. Nicht erfaßt sind somit die Beendigung durch einen A k t des Mitglieds selbst (Austritt) 7 oder durch den E i n t r i t t gesetzlicher Tatbestände 3 . Ähnlichkeit m i t dem Ausschluß haben einige andere A r t e n der Beendigung der Mitgliedschaft, die hier ebenfalls nicht behandelt werden: Die Anfechtung des Aufnahmeaktes nach §§ 119, 123 B G B durch die Partei mag etwa i n Betracht kommen, w e n n ein Bewerber durch unwahre Angaben seine Aufnahme erreicht hat 9 . I n Parteisatzungen w i r d zum T e i l versucht, für bestimmte Fälle v o n Fehlverhalten vereinfachte Formen der Beendigung der Mitgliedschaft vorzusehen, etwa durch Normierung von Beendigungstatbeständen 1 0 oder durch fingierte Austrittserklärungen 1 1 . Dort ist das Problem, ob nicht die Voraussetzungen u n d das 4

Z u m Ausschluß von Gewerkschaftsmitgliedern siehe etwa B G H N J W 1973, 35; B G H N J W 1978, 1370; Popp JuS 1980, 798 ff.; O L G Celle N J W 1980, 1004. — Zur Abgrenzung der politischen Partei gegenüber anderen Vereinigungen siehe etwa Henke, S. 30 - 35; Seifert, S. 159 - 172; Grewe FSchr K a u f mann, S. 65 ff.; Leibholz DVB1 1951, 5; Scheuner DÖV 1967, 343; von der Heydte, Grundrechte I I , S. 462 - 467; Mühlen, S. 19; Tsatsos / Morlok, S. 20 - 24. 5 Z u m Verhältnis des Parteienbegriffs i n A r t . 21 I 1 GG zur Definition i n §2 PartG siehe etwa BVerfGE 24, 260, 263 ff.; H a m a n n / L e n z , A r t . 21, A n m . B l a ; B G H N J W 1974, 565; Bericht, S. 124; Reel, S. 33 f., MDHS-Maunz, A r t . 21, Rdnr.8 (1960); Tsatsos / Morlok, S . 2 2 - 2 4 ; Seifert / Hömig, A r t . 21, Rdnr. 4. — Vgl. ferner Kroppenstedt / Würzberger V e r w A r c h 1982, 318 f. 6 Die Parteieigenschaft der Grünen w i r d seit einiger Zeit für erörterungsbedürftig gehalten, vgl. Schmidt-Jortzig DVB1 1983, 776 f.; Stober ZRP 1983, 210-211; K i m m i n i c h DÖV 1983, 223 f.; G r i m m DÖV 1983, 540 f.; K i m m i n i c h DÖV 1983, 542. 7 Siehe dazu § 10 I I 3 PartG; § 4 I I OrgSt SPD; § 9 I Statut CDU; § 8 I, I I Satzung CSU; § 6 I Nr. 2 Satzung FDP; Wolfrum, S. 156; Reel, S. 336. 8 Ζ. Β . Verlust der Wählbarkeit oder des Wahlrechts infolge Richterspruchs nach § 10 I 4 PartG. 9 § 26 I I I Buchst, a Satzung SSW sieht allerdings „unwahre Angaben zum E r w e r b der Mitgliedschaft" als Ausschlußgrund vor. — Vgl. auch unten § 4 J I I I 2. 10 § 8 I I I Satzung CSU („Streichung" bei Nichtzahlung v o n Beiträgen); § 6 I Nr. 3 Satzung FDP (Beitritt zu gegnerischer Partei). Z u einem automatischen Verlust der Mitgliedschaft soll auch jeder Verstoß gegen § 6 I OrgSt SPD führen („Unvereinbar m i t der Mitgliedschaft i n der SPD ist die gleichzeitige Mitgliedschaft i n einer anderen politischen Partei. Das gleiche gilt für die Tätigkeit, Kandidatur oder Unterschriftsleistung für eine andere politische Partei."), vgl. BSchK v o m 13. X . 1977, g. G. K , Bl. 11; BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. B. W., Bl. 7; BSchK v o m 17. I I . 1977, g. A . J. u. a., Bl. 5; PVSchK v o m 26. V I . 1970, g. E. L., Bl. 2.

Einleitung Verfahren des Ausschlusses nach § 10 I V , V PartG unzulässig umgangen werden, nicht aber, ob überhaupt ein Auschluß i n Betracht k o m m t 1 2 . Ebenfalls unbehandelt, w e i l doch dem Aufnahmeverfahren näherstehend als dem Ausschluß, bleiben Probleme der „Kandidatenzeit" neuer Mitglieder 1 3 . Neben dem Ausschluß eines Mitglieds sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, auf Fehl verhalten m i t milderen Sanktionen zu reagieren, etwa durch eine Rüge oder den zeitweiligen Entzug v o n Rechten 14 . Viele Überlegungen, die f ü r den Ausschluß gelten, treffen auch auf diese Maßnahmen zu 1 5 . Die Beschränk u n g auf den Auschluß erfolgt aber, w e i l dieser am weitesten die Rechtsstellung des Mitglieds verändert u n d an die strengsten Voraussetzungen gek n ü p f t ist. Gesondert behandelt werden vorläufige Maßnahmen, die die Partei i m Zusammenhang m i t einem beabsichtigten Ausschluß gemäß § 10 I V 4 P a r t G treffen k a n n 1 6 , w e i l diese zwar zum Verfahren des Ausschlusses gehören, nicht aber über das Ob des Ausschlusses entscheiden. I I I . Da es hier u m den Ausschluß v o n Mitgliedern, also natürlichen Personen, geht, entfallen auch Betrachtungen über Maßnahmen, die sich gegen Gebietsverbände 17 , sonstige Gliederungen der Parteien 1 8 oder deren Organe 1 9 richten.

11 § 13 V 1 OrgSt SPD: „ Z a h l t ein M i t g l i e d trotz zweimaliger schriftlicher Mahnung durch den Vorstand des Ortsvereins länger als drei Monate keine Beiträge, so gilt nach A b l a u f eines Monats nach Zustellung der zweiten M a h nung die Nichtzahlung des Beitrags als E r k l ä r u n g des Austritts." 12 Siehe dazu u n t e n § 4 J sowie § 7 C; i m übrigen Β G H Z 73, 275, 278 ff.; Henke, S.95; Seifert, S.227f.; Hasenritter DVB1 1980, 559 - 561; Wolfrum, S. 152; Trautmann, S. 208, Fußn. 65, u n d S. 213 - 215; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 85 u n d S. 192; ders., politische Parteien, S. 35 f.; Schlicht, S. 74; Hahn, S. 37; ferner Schiedermair AöR 104 (1979), 207, der anscheinend den Ausschluß nach § 10 I V PartG auf Fälle abweichender politischer M e i nungen beschränkt wissen w i l l . 13 Vorschriften darüber finden sich n u r i n § 3 I I I , I V OrgSt SPD. U m s t r i t ten ist, ob Tatsachen, die Gegenstand eines Verfahrens auf Widerruf der Aufnahme waren, aber nicht zum Widerruf geführt haben, anschließend Gegenstand eines Ausschlußverfahrens sein können. Bejahend BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. B. W., Bl. 6 - 7 ; UBSchK Bielefeld v o m 24. I I I . 1977, g. B. W., Bl. 6; verneinend BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 8. X . 1977, g. B. W., Bl. 3 f. 14 § 10 I I I 2 PartG; § 48 I I Satzung CSU; § 10 I I Statut CDU; § 7 I Satzung FDP; § 35 I I OrgSt SPD; Seifert, S. 221 - 224; Heimann, politische Parteien, S. 39; Reel, S. 336 f. 15 Siehe etwa u n t e n § 5; soweit auch mildere Maßnahmen i m schiedsgerichtlichen Verfahren verhängt werden (z. B. §§ 34 I I Nr. 1, 35 OrgSt SPD; § 31 I I I PGO CDU), gelten auch dort die Anforderungen aus § 14 I V P a r t G (dazu u n t e n §§ 7 - 9). 16 Siehe unten § 13. 17 § 16 PartG; § 35 I I Satzung FDP (Auflösung v o n Landesverbänden); § 24 Satz 2 Statut CDU (Einsetzung von Beauftragten); siehe dazu Rabus AöR 78 (1952/53), 166; Wolfrum, S. 152 - 156; Kay, S. 138; Heimann, politische Parteien, S. 92; Reel, S. 288 f. u n d S. 342 (Fußn. 2). 18 Ziffer 1.7 Grundsätze für die Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaften i n der SPD; Oerter, S.61ff. 19 Vgl. § 47 I I Buchst, c Satzung CSU (Amtsenthebung v o n Organen).

3 Risse

Erster Teil

Die Voraussetzungen des Ausschlusses § 2 Die Zulässigkeit von Ausschlufimaßnahmen Die Erörterung einzelner Voraussetzungen eines Ausschlusses setzt voraus, daß die Frage, ob überhaupt ein Ausschluß eines Mitglieds aus einer Partei zulässig ist, bejaht wird.

A . D i e Grundlage der Ausschlußbefugnis I . Vorschriften des Parteiengesetzes

Als Grundlage der Ausschlußbefugnis kommen Vorschriften des Parteiengesetzes i n Betracht. § 10 I V PartG behandelt den Ausschluß, enthält aber nach seinem Wortlaut zunächst eine Begrenzung der Ausschlußbefugnis 1 . Andererseits setzt diese Vorschrift aber auch voraus, daß die Parteien die Befugnis haben, Mitglieder auszuschließen. Hinzu kommt, daß nach § 6 I I Nr. 4 PartG Bestimmungen über den Ausschluß i n der Satzung enthalten sein müssen; dasselbe gilt für andere Maßnahmen 2 gegen Mitglieder 3 . Π . Vereinsrechtliche Grundsätze Eine andere Überlegung wäre, die Grundlage f ü r die Ausschlußbefugnis nicht i m Parteiengesetz, sondern i m allgemeinen Vereinsrecht zu suchen. Politische Parteien sind begrifflich Vereine 4 · 5 , u n d nach allgemeinem V e r 1 Seifert, S. 224 u n d S. 226; Henke, S. 94; Zimmermann, S. 129 f.; Wolfrum, S. 151; Strunk JZ 1978, 87, Fußn. 4, m . w . N . ; Trautmann, S.209 u n d S.212; Lengers, S. 39; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 79 u n d S. 258; ders., politische Parteien, S. 86. 2 Die Terminologie des PartG unterscheidet zwischen „Ordnungsmaßnahmen" u n d „Ausschluß" (§ 6 I I Nr. 4 u n d 5, § 10 I I I - I V , § 16 I 1). Anders § 35 I , I I OrgSt SPD, § 7 I Satzung FDP, § 26 I Satzung SSW, wonach der Ausschluß die schärfste Ordnungsmaßnahme ist. Letztere Terminologie w i r d (im Anschluß an Hasenritter, S.4) hier zugrunde gelegt. Siehe i m übrigen hierzu Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 78; Henke, S. 94. 3 §§ 6 I I Nr. 4, 10 I I I PartG.

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4 , 1 0 I V PartG

35

einsrecht k a n n der Verein aus wichtigem G r u n d ein M i t g l i e d ausschließen 6 . Dieser Grundsatz k a n n hergeleitet werden aus der Vertragsfreiheit, soweit der Ausschluß i n der Vereinssatzung vorgesehen ist 7 , i m übrigen aus der Erwägung, daß auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse aus wichtigem G r u n d kündbar sein müssen 8 . Nach dieser Überlegung wären also die skizzierten Grundsätze des Vereinsrechts die Grundlage für eine Ausschlußbefugnis der Parteien, u n d §§ 6 I I Nr. 4, 10 I V P a r t G setzten diese n u r voraus. Dagegen bestehen aber Bedenken. Die Festlegungen, die i n §§ 6 I I Nr. 4, 10 I V P a r t G enthalten sind, k ö n n t e n zwar sämtlich als Einschränkungen der vereinsrechtlichen Grundsätze angesehen werden, jedoch sind sie so umfassend, daß diesen k e i n Regelungsgehalt mehr zukommen kann. A n die Stelle des „ w i c h tigen Grundes" treten die detaillierten Tatbestandsmerkmale des § 10 I V PartG, u n d aus § 6 I I Nr. 4 PartG ergibt sich das sonst i m Vereinsrecht v e r neinte Erfordernis einer Regelung des Ausschlusses i n der Satzung 9 — ganz abgesehen v o n dem Erfordernis eines schiedsgerichtlichen Verfahrens nach §§10 V, 14 PartG. Demgemäß sind als Grundlagen der Ausschlußbefugnis die Vorschriften des Parteiengesetzes anzusehen.

B. D i e Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I N r . 4 , 1 0 I V P a r t G D a m i t k ö n n t e d i e Z u l ä s s i g k e i t v o n A u s s c h l u ß m a ß n a h m e n n u r noch d a n n v e r n e i n t w e r d e n , w e n n d i e d e n Ausschluß e r m ö g l i c h e n d e n §§ 6 I I N r . 4, 10 I V P a r t G v e r f a s s u n g s w i d r i g w ä r e n . D i e V o r s c h r i f t e n des Grundgesetzes ü b e r d i e p o l i t i s c h e n P a r t e i e n b e i n h a l t e n s o w o h l A s p e k t e , die d i e R e c h t s s t e l l u n g des M i t g l i e d s schützen, als auch solche, d i e d i e Interessenlage d e r P a r t e i b e r ü c k s i c h t i g e n ; d a z u sogleich 1 0 . Des w e i t e r e n w i r d z u e r ö r t e r n sein, o b d i e r e l a t i v s t a r k e Rechtsposition, d i e §§ 6 I I N r . 4, 10 I V P a r t G d e m M i t g l i e d schaffen, m i t d e r schwachen P o s i t i o n , 4 BVerfGE 2, 1, 13, 71; Β GHZ 73, 275, 278; Β G H Z 75, 158, 159; Seifert, S. 11 u n d S. 16; Henke, S. 54 f., m. w . N.; Soergel / Schultze-von Lasaulx, Rdnr. 55 vor §21; Staudinger / Coing, Rdnr. 59 vor § § 2 1 - 5 4 ; Reel, S. 279 u n d S. 284; Schiedermair AöR 104 (1979), 204; vgl. auch § 37 PartG, der die Geltung der §§ 54 Satz 2, 61 - 63 B G B ausschließt, also die Anwendbarkeit anderer V o r schriften des Vereinsrechts für möglich hält. 5 Z u r Frage, ob die Parteien bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher N a t u r sind, vgl. u n t e n § 10 A . 6 Henke, S.94; Staudinger / Coing, §25, Rdnr. 23, u n d Rdnr. 40 vor §21; Soergel / Schultze-von Lasaulx, § 39, Rdnr. 8, m. w. N.; Reuter, in: MünchK o m m , § 38, Rdnr. 10; Reichert / Dannecker / K ü h r , S. 256. 7 Z u m Vertragscharakter des Beitritts: B G H Z 28, 131, 134; Seifert, S.209. Z u m Vertragscharakter der Vereinsgründung: Henke, S. 85; M a l y - M o t t a , S. 99; L u t t e r A c P 1980, 97. 8 Dazu B G H Z 29, 171, 172; B G H Z 41, 104, 108; B G H Z 50, 312, 315; Larenz, SchuldR A T , S. 30, m . w . N . ; Esser / Schmidt, SchuldR A T , T b 1, S.231; vgl. auch Staudinger/ Coing, Rdnr.40 v o r § § 2 1 - 5 4 ; Soergel/Schultze-von L a saulx, § 39, Rdnr. 8, m. w . N. 9 Staudinger / Coing, Rdnr. 40 v o r §§ 21 - 54; Soergel / Schultze-von Lasaulx, § 39, Rdnr. 8, m. w. N. 10 Unten I - I I I .

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§ 2 Die Zulässigkeit v o n Ausschlußmaßnahmen

die § 10 I 1 - 3 PartG dem einräumt, der sich u m Aufnahme i n eine Partei bewirbt, zu vereinbaren ist 11 . I . Das verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen Partei und Mitglied

1. Die innerparteiliche

Demokratie

Die verfassungsrechtliche Stellung von Partei und Mitglied zueinander w i r d zunächst durch A r t . 21 I 3 GG geregelt: Die innere Ordnung der politischen Parteien muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. a) „Demokratie" bedeutet begrifflich „Volksherrschaft" 12 , bezogen auf die Parteien also „Herrschaft der Mitglieder" 1 3 . A u f welche Gegenstände sich diese Herrschaft erstreckt, steht damit noch nicht fest; zu denken wäre an die Beschlußfassung über das Parteiprogramm, die Wahl der Vorstände und die Aufstellung der Kandidaten für allgemeine Wahlen 14 . Jedenfalls stellt der Ausschuß insofern ein Problem der innerparteilichen Demokratie dar, als er es dem bisherigen Mitglied verwehrt, weiterhin an dieser „Herrschaft" i n der Partei teilzuhaben. Wieweit ein Ausschluß von Verfassungs wegen erlaubt oder verboten sein muß, läßt sich dem Wortlaut von A r t . 2 1 1 3 GG allerdings nicht entnehmen. b) Demokratie i m Sinne des Grundgesetzes ist zunächst ein auf den Staat bezogener Begriff. Das ergibt sich aus seiner Verwendung i n anderen Bestimmungen des Grundgesetzes 15 . Die Bestimmung des Inhaltes des Demokratiegebotes des Art. 21 I 3 GG verlangt daher, festzustellen, was das Demokratieprinzip des Grundgesetzes i m staatlichen Bereich verlangt, und welche Gründe zu seiner Geltung für die Parteien i n A r t . 21 I 3 GG geführt haben. Das Demokratiemodell des Grundgesetzes beinhaltet unter anderem, daß „alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht" 16 , daß die Volksvertretung aus einer „allgemeinen" und „gleichen" Wahl hervorgeht 17 , daß sie die Gesetze beschließt 18 und die 11

Dazu u n t e n I V . Siehe ζ. B. Peters, in: Görres-Staatslexikon, Band I I , Sp. 560; Marcie, in: Katholisches Soziallexikon, Sp. 138; Friedrich, HDSW, Band 2, S. 560. 13 Leibholz DVB1 1951, 5; Reel, S. 276. 14 So das dem Gesetzesrecht zugrunde liegende Modell: §§ 9 I I I , 6 I V PartG; § 21 I - I I I B W a h l G ; § 33 I I 2, 3 L W a h l G N W ; § 33 I 2, 3 K o m m u n a l w a h l G N W ; § 24 I, I I L W a h l G Hessen; § 12 I, I I K o m m u n a l w a h l G Hessen; A r t . 25 I LWahlG BW; § 8 a I KommunalwahlG BW. 15 A r t . 10 I I 2, 11 I I , 18 Satz 1, 20 I, 21 I I 1, 28 I 1, 91 I GG; dazu auch Reel, S. 278. 16 A r t . 20 I I 2 GG. 17 A r t . 38 I 1 GG; A r t . 28 I 2 GG. 18 A r t . 77 I 1 GG. 12

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG

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L e g i t i m a t i o n f ü r d i e R e g i e r u n g b i l d e t 1 9 . O b u n d i n w e l c h e r W e i s e dieses M o d e l l a u f die i n n e r p a r t e i l i c h e D e m o k r a t i e z u ü b e r t r a g e n i s t , h ä n g t v o n d e n Z i e l e n ab, die d u r c h A r t . 2 1 1 3 G G v e r f o l g t w e r d e n . Innerparteiliche Demokratie w i r d v o n A r t . 21 I 3 GG u m der staatlichen Demokratie w i l l e n angeordnet 2 0 . Dahinter steht die Vorstellung, daß Parteien, die eine demokratische B i n n e n s t r u k t u r haben, weniger als andere zu einer Gefahr für die staatliche Demokratie werden, wohingegen Parteien, die selbst undemokratisch s t r u k t u r i e r t sind, dann, w e n n sie Gelegenheit haben, an der Willensbildung des Staates m i t z u w i r k e n , leicht zu einer Gefahr für die staatliche Demokratie werden können 2 1 . Demgemäß verlangt innerparteiliche Demokratie v o r allem, daß alle wesentlichen Regelungen der Partei auf den W i l l e n der Mitgliedschaft zurückgehen müssen 22 . Das bedeutet etwa, daß Delegierte zu Parteitagen (Vertreterversammlungen), Mitglieder v o n Vorständen u n d Kandidaten für allgemeine Wahlen von Mitgliederversammlungen (Parteitagen, Vertreterversammlungen) zu wählen sind 2 3 . Dasselbe gilt für Beschlüsse über das Parteiprogramm u n d Regeln der inneren O r d nung, vor allem der Satzung 24 . Ferner verlangt A r t . 21 I 3 GG, daß F u n k t i o näre der Partei n u r auf Zeit gewählt werden 2 5 , u n d daß die Parteimitglieder grundsätzlich gleiche Mitwirkungsrechte haben 2 6 . Dieses alles w i r d durch die Ausschlußregelung nach §§ 6 I I Nr. 4, 10 I V P a r t G auch nicht i n Frage gestellt. c) I n d e m aber d e r Ausschluß es d e m M i t g l i e d v e r w e h r t , w e i t e r h i n a n d e r W i l l e n s b i l d u n g d e r P a r t e i t e i l z u h a b e n , ist schon z u fragen, ob das m i t A r t . 21 I 3 G G v e r e i n b a r ist. Das g e l t e n d e Recht k e n n t M ö g l i c h keiten, einen Staatsbürger an der M i t w i r k u n g bei der W i l l e n s b i l d u n g i m Staate z u h i n d e r n . Diese s i n d a l l e r d i n g s n u r sehr b e g r e n z t a u f die i n n e r p a r t e i l i c h e D e m o k r a t i e u n d d e n Parteiausschluß ü b e r t r a g b a r . aa) Ä u ß e r l i c h s i n d d e m Parteiausschluß A k t e , die eine B e e n d i g u n g der S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t b e i n h a l t e n , a m ehesten ä h n l i c h . A r t . 16 I 1 G G u n t e r s a g t d e n „ E n t z u g " d e r deutschen S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t , A r t . 16 I 2 G G l ä ß t aber d e r e n „ V e r l u s t " 2 7 u n t e r b e s t i m m t e n V o r a u s s e t z u n g e n zu. 19 Vgl. A r t . 63 I, 67 Satz 1 GG. 20 Henke, S.49; Wolfrum, S. 18; Trautmann, S. 154 ff.; Stern I , S.472; Hesse, S. 68 f.; w o h l auch Maunz / Zippelius, S. 76; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 21, Rdnr. 9. 21 Wolfrum, S. 18; Seifert / Hömig, A r t . 21, Rdnr. 10; v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 43, m . w . N . ; w o h l auch Schmidt-Bleibtreu / K l e i n , A r t . 21, Rdnr. 9. 22 Vgl. A r t . 20 I I 1 GG: „ A l l e Staatsgewalt geht v o m Volke aus." 23 Henke, S.53; Wolfrum, S. 94 ff.; Stern I, S.334; Tsatsos / Morlok, S.47; vgl. auch v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 45 f.; § 9 I V PartG. 24 T s a t s o s / M o r l o k , S.47; Seifert, S. 191, m . w . N . ; § 9 I I I PartG. 25 Henke, S. 78; Wolfrum, S. 116; Seifert, S. 191, m. w . N.; vgl. § 111 1 PartG. 26 Tsatsos / Morlok, S. 52; Stern I, S. 334; Henke, S. 87; Wolfrum, S. 143; v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 2 1 , Rdnr.46; Seifert, S. 192, m . w . N . ; vgl. § 10 I I 1 PartG. 27 Begrifflich umfaßt „Verlust" auch den „Entzug", siehe Seifert DOV 1972, 671.

§ 2 Die Zulässigkeit von Ausschlußmaßnahmen (1) Entzug i. S. d. A r t . 16 I 1 GG bedeutet Verlust der Staatsangehörigkeit durch staatlichen Einzelakt 2 8 oder sonstige staatliche Maßnahme 2 9 . Diese Vorschrift w i l l vor allem Ausbürgerungen als Sanktionen gegen politisch Mißliebige verhindern 3 0 . Auch beim Parteiausschluß b i l d e n regelmäßig politische Differenzen zwischen der Organisation u n d dem M i t g l i e d den H i n t e r grund des Konflikts. I m Unterschied zum Parteiausschluß erschöpft sich die W i r k u n g des Entzugs der Staatsangehörigkeit jedoch nicht i m Verlust demokratischer Mitwirkungsrechte. Über das Recht, (aktiv u n d passiv) an W a h len teilzunehmen, i m Falle der W a h l Funktionen auszuüben, sowie i n Diskussion u n d A b s t i m m u n g an Sachentscheidungen teilzunehmen, hinaus begründet die Mitgliedschaft gegenüber der Partei keine wesentlichen Rechte 31 . Die deutsche Staatsangehörigkeit begründet aber nicht n u r das Wahlrecht 3 2 , sondern auch Ansprüche u n d Befugnisse gegenüber dem Staat, die v o n der M i t w i r k u n g bei der B i l d u n g oder Ausübung v o n Staatsgewalt zu unterscheiden sind. V o n Bedeutung sind die n u r „Deutschen" 3 3 zustehenden G r u n d rechte der Freizügigkeit (Art. I I I GG), der Berufsfreiheit (Art. 12 I GG) u n d des Auslieferungsverbots (Art. 16 I I 1 GG) 3 4 , aber auch die Vereinigungsfreiheit 3 5 des A r t . 9 I GG u n d — falls m a n einer umstrittenen Meinung folgt — die Versammlungsfreiheit, sofern sie zu „unpolitischen" Zwecken ausgeübt werden 3 6 . Die deutsche Staatsangehörigkeit k a n n auch Ansprüche auf Schutz 28

So w o h l Hesse, S. 177; Stein, S. 268; Makarov, A r t . 16 GG, A n m . I I , S. 225. So Hamann / Lenz, A r t . 16, A n m . Β 2; Schnapp, in: v o n Münch, GG, A r t . 16, Rdnr. 11; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 16, Rdnr. 6; Makarov, A r t . 16 GG, A n m . I I , S.225. 30 Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 16, Rdnr. 2; H a m a n n / L e n z , A r t . 16, A n m . A ; Schnapp, in: v o n Münch, GG, A r t . 16, Rdnr. 2; Hesse, S. 177; vgl. auch A r t . 15 Ziffer 2 der UNO-Menschenrechtserklärung v o m 10. Dezember 1948, sowie A r t . 3 I Prot. Nr. 4 zur E u M R K . 31 Vgl. dazu Seifert, S. 212 ff. — Ausnahme: § 6 I Satzung CSU (Anspruch auf Information durch Parteiorgane u n d Mandatsträger); u n k l a r § 4 Satzung Grüne B W („Jedes M i t g l i e d hat das Recht, . . . die Einrichtungen der Organisation zu beanspruchen."); vgl. auch § 25 I V OrgSt SPD ( „ K e i n Parteimitglied e r w i r b t aus seiner Parteizugehörigkeit ein klagbares Recht gegen die Partei, den Parteivorstand u n d die Kontrollkommission.") u n d §27 OrgSt SPD. 32 Siehe ζ. B. § 12 I B W a h l G ; § 1 Nr. 1 L W a h l G N W ; A r t . 8 I L W a h l G BW. — A u f Probleme der „Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit" soll hier nicht eingegangen werden (vgl. u n t e n F N 33). 33 „Deutsche" sind allerdings gemäß A r t . 116 I GG nicht n u r die deutschen Staatsangehörigen, vgl. dazu etwa Makarov / von Mangoldt, A r t . 116 GG, Rdnr. 5 - 8 u n d Rdnr. 16 ff.; Maunz / Zippelius, S. 26; Stein, S.269; Lichter, A r t . 116 GG, Rdnr. 1 - 16, S . 2 5 - 3 4 ; Stern I, S. 210 f.; ferner Frowein FSchr Mann, S. 373; Zieger FSchr Mann, S. 511 f.; Doehring, S. 92. 34 Siehe auch das Ausweisungsverbot gemäß A r t . 3 I Prot. Nr. 4 zur E u M R K u n d das Einreiserecht gemäß A r t . 3 I I Prot. Nr. 4 zur E u M R K . 35 Vgl. Hamann / Lenz, A r t . 9, A n m . Β 2; Hesse, S. 159; v o n Münch, i n : ders., GG, 2. Aufl., A r t . 9, Rdnr. 12; MDHS-Maunz, A r t . 9, Rdnr. 11 (1970). 36 A r t . 8 I GG. Streit besteht darüber, ob eine Versammlung n u r dann v o r liegt, w e n n es u m „öffentliche Angelegenheiten" geht. Bejahend: v o n M a n goldt / K l e i n , A r t . 8, A n m . I I I 2, m . w . N . ; Schmidt-Bleibtreu / K l e i n , A r t . 8, Rdnr. 3. Verneinend: Frowein N J W 1969, 1082, m . w . N . ; H a m a n n / L e n z , A r t . 8, A n m . Β 5; L A G H a m m N J W 1955, 1415 f. (für Betriebsversammlungen); v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 8, Rdnr. 12. — Z u der dieser ähnelnden Frage, ob eine Versammlung der Meinungsbetätigung dienen müsse, vgl. F r o w e i n N J W 1969, 1081; von Münch, in: ders., GG, A r t . 8, Rdnr. 12. 29

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG

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und Hilfe für Staatsangehörige begründen, die sich i m Ausland aufhalten 3 7 u n d sogar zu einer völkerrechtlichen Aufnahmepflicht i m F a l l der A u s w e i sung aus einem fremden Staat führen 3 8 . Schließlich gibt es durch einfache Gesetze begründete Rechte, bei denen die deutsche Staatsangehörigkeit v o n Belang ist, z.B. beim Anspruch auf Ausbildungsförderung 3 9 . A l l e diese Rechte würde also jemand, dem entgegen A r t . 16 I 1 GG die deutsche Staatsanghörigkeit entzogen würde, verlieren. Vergleichbar weitreichende Rechtsfolgen treten beim Parteiausschluß nicht ein. (2) I m Unterschied zum „Entzug" der deutschen Staatsangehörigkeit läßt A r t . 16 I 2 G G den E i n t r i t t ihres „Verlustes" zu. Diese Vorschrift hat — u n geachtet ihrer sonstigen Bedeutung — den Sinnn, einen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit etwa dann zu ermöglichen, w e n n der Betroffene es ausdrücklich w i l l 4 0 , oder w e n n er f r e i w i l l i g eine fremde Staatsangehörigkeit e r w i r b t 4 1 . Dem Verlust auf A n t r a g des Betroffenen entspricht beim Parteimitglied der jederzeit mögliche A u s t r i t t 4 2 . Ä h n l i c h k e i t m i t dem f r e i w i l l i gen Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit hat der E i n t r i t t i n eine gegnerische Partei, u n d diesen sehen auch die Parteien als G r u n d f ü r die Beendigung der Mitgliedschaft an 4 3 . Diese Parallele ist allerdings zu relativieren, denn der (regelmäßig m i t einer Auswanderung verbundene) freiwillige E r werb einer fremden Staatsangehörigkeit muß keineswegs eine A b l e h n u n g des Heimatstaates ausdrücken; den B e i t r i t t zu einer gegnerischen Partei k a n n m a n so nicht sehen. bb) Neben dem Verlust der Staatsangehörigkeit, der jedes Recht zur M i t w i r k u n g an der „Regierung" des Staates beseitigt, sind nach geltendem Recht bestimmte Staatsangehörige v o m Wahlrecht 4 4 ausgeschlossen 45 . Grundlagen dafür finden sich i n Verfassungen, Wahlgesetzen u n d Strafvorschriften. Stets w i r d die Ausübung des Wahlrechts v o n einem Mindestalter abhängig gemacht 4 6 . Eine Parallele zum Parteiausschluß liegt darin nicht 4 7 . Ferner w i r d 37 B V e r f G N J W 1981, 1499; B V e r w G JZ 1981, 390, 391; Stern I , S. 209; Doehring, diplomatischer Schutz, S. 46 u n d S. 94; Geck ZaöRV 17 (1956/57), 508 bis 519; zu den Einzelheiten siehe § § 5 - 7 KonsularG ( B G B l 1974, 2316-2322); ferner Ress ZaöRV 32 (1972), 451. 38 Doehring, S. 90, m. w . N.; vgl. ferner A r t . 3 Prot. Nr. 4 zur E u M R K . 39 § 8 I Nr. 1 BAFöG. Vgl. auch die Begriffsbestimmungen i n §§ 1 - 3 B V e r triebenenG. 40 Schnapp, i n : v o n Münch, GG, A r t . 16, Rdnr. 15; Seifert D Ö V 1972, 672; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 16, Rdnr. 8; v o n Mangoldt / K l e i n , A r t . 16, A n m . I I I 2 d; siehe dazu §§ 17 Nr. 3, 26 RuStAG. 41 Seifert D Ö V 1972, 672; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 16, Rdnr. 8; von Mangoldt / Klein, A r t . 16, A n m . I I I 2 d; siehe dazu §§ 17 Nr. 2, 25 RuStAG. 42 § 10 I I 3 PartG. 43 Vgl. § 6 I Nr. 3 Satzung FDP; § 12 Nr. 1 Statut CDU; § 8 I Ziffer e Satzung CSU; § 26 I I I Ziffer b Satzung SSW; § 6 I 1 OrgSt SPD u n d § 20 I SchO SPD. 44 I m Folgenden w i r d unter Wahlrecht auch das passive Wahlrecht v e r standen. 45 A l l g e m e i n dazu Spies, S. 14 - 162. 46 A r t . 38 I I GG; § 12 I Nr. 1 B W a h l G ; A r t . 31 I I L V N W ; § 1 Nr. 2 L W a h l G N W ; A r t . 4 I I L V Nds; § 2 Satz 1 Nr. 1 u n d § 6 I Nr. 1 L W a h l G Nds; näher dazu Spies, S. 41 - 54. 47 Die Parteisatzungen enthalten Mindestaltersgrenzen für die Aufnahme. 15 Jahre: §2 1 1 Satzung Grüne Niedersachsen u n d §3 1 Satzung SSW.

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§ 2 Die Zulässigkeit von Ausschlußmaßnahmen

n u r dem das Wahlrecht zuerkannt, der schon eine gewisse Zeit i m W a h l gebiet w o h n t oder sich gewöhnlich aufhält 4 8 . Auch hier besteht keine Parallele zum Parteiausschluß. Die Parteien stellen zwar Wohnsitzerfordernisse für die Aufnahme auf 4 9 , das Verlassen des Organisationsgebiets w i r d aber, soweit ersichtlich, v o n keiner Partei m i t Rechtseinbußen v e r k n ü p f t 5 0 . Außerdem sind bestimmte Personen wegen geistiger oder psychischer K r a n k h e i t v o m Wahlrecht ausgeschlossen 51 . Der G r u n d dafür ist, daß die betroffenen Personen — ähnlich den M i n d e r j ä h r i g e n — i h r Wahlrecht nicht sachgemäß ausüben können. Insofern besteht keine Parallele zu § 10 I V PartG, der j a die Folgen v o n Pflichtverletzungen des Mitglieds regelt. Soweit aber Parteien geistig oder psychisch K r a n k e v o n ihrer Willensbildung ausschließen wollen, dürfte die Zulässigkeit staatlicher Wahlrechtseinschränkungen ein A n h a l t s p u n k t dafür sein, daß vergleichbare Schranken bei der innerparteilichen Willensbildung nicht undemokratisch sind 5 2 . Auch der Ausschluß v o m Wahlrecht „infolge Richterspruchs" ist gesetzlich vorgesehen 53 . Er w i r d als Reaktion des Staates auf rechtswidriges Verhalten des Betroffenen angeordnet, u n d zwar i. d. R. bei größeren Verstößen gegen Strafvorschriften 5 4 . Er hat somit strafähnlichen Charakter 5 5 , auch soweit die Entscheidung i m Zusammenhang m i t der V e r w i r k u n g v o n Grundrechten ergeht 5 6 . Diese besondere A r t der Sanktion w i r d damit begründet 5 7 , daß, w e r 16 Jahre: § 2 Satz 2 OrgSt SPD; § 4 I Statut CDU; § 2 I 1 Satzung FDP; § 3 Satzung CSU; §3 1 Satzung Grüne BW. Siehe dazu Henke, S.89; Seifert, S.208. 48 § 12 I Nr. 2 B W a h l G ; A r t . 28 I I 2 L V B W ; A r t . 4 I I 1, I I I 2 L V Nds; § 2 I Nr. 3 u n d § 5 L W a h l G Hessen; § 2 Satz 1 Nr. 2 u n d § 6 Nr. 2 L W a h l G Nds; A r t . 8 I Buchst, b L W a h l G B W ; näher dazu Spies, S. 55 - 69. — Hinsichtlich des Wahlrechts der Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften u n d einer evtl. Änderungsbedürftigkeit v o n §12 B W a h l G siehe B V e r f G N J W 1982, 817-818. 49 Siehe insbesondere § 4 1 1 , 2 Satzung CSU (Wohnsitz i n Bayern); § 3 I I , I I I u n d § 1 Satzung SSW (Wohnsitz i n „Südschleswig einschließlich Helgoland"). 50 Die FDP unterhält für i m Ausland lebende Mitglieder sogar „Auslandsgruppen" (§§ 3 I, 9 I V , V Satzung FDP). 51 Siehe z . B . §13 N r . 2 - 4 B W a h l G ; § 2 Nr. 1 L W a h l G N W ; §8 Nr. 1 K o m m u n a l w a h l G N W ; § 3 Nr. 1 u n d § 4 L W a h l G Hessen. 52 Es spricht einiges dafür, daß § 10 I 4 P a r t G auch Entmündigungen u. ä. erfaßt. 53 § 13 Nr. 1 B W a h l G ; § 3 Nr. 1 L W a h l G Nds; A r t . 8 I I Buchst, c L W a h l G B W ; § 3 Nr. 2 L W a h l G Hessen; § 2 Nr. 2 L W a h l G N W ; speziell zum Verlust des passiven Wahlrechts siehe § 15 I I Nr. 2 BWahlG; § 6 L W a h l G Hessen; A r t . 1 I I L W a h l G B W ; § 6 I I Nr. 3 L W a h l G Nds; § 4 I I L W a h l G N W ; vgl. i m übrigen Spies, S. 87 - 116. 54 So §92 a i . V . m. §§ 80 ff. StGB; §101 i . V . m . §§ 93 ff. StGB; §102 I I , I StGB; § 108 c i . V . m . §§ 107, 107 a, 108, 108 a StGB; § 109 i i . V . m . §§ 109 e, 109 f StGB; speziell zum passiven Wahlrecht: §45 I - I V StGB. Ausnahme: § 39 I I B V f G G i. V. m. A r t . 18 GG. 55 Schönke / Stree, §45, Rdnr. 4; Dreher / Tröndle, §45, Rdnr. 7, 8 (Nebenstrafe); vgl. auch die Überschriften vor §44 StGB („Nebenstrafe") u n d §45 StGB („Nebenfolgen"); Spies, S. 89. 56 Zutreffend w i r d darauf hingewiesen, daß der Verlust des Wahlrechts über die bloße V e r w i r k u n g v o n Grundrechten hinausgeht, vgl. Geiger, § 39, A n m . 6; Leibholz / Rupprecht, §39, Rdnr. 3; Lechner, §39, A n m . zu Abs. 2; Spies, S. 87.

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG

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sich gegen den Staat gewendet habe 5 8 , auch eine Einbuße an M i t w i r k u n g s rechten i n diesem hinnehmen müsse 59 , oder daß von der Zulassung solcher Personen zur W a h l Gefahren für den Staat ausgehen k ö n n t e n 6 0 . 6 1 . A l l e i n diese Gruppe v o n Wahlrechtsbeschränkungen ist dem Parteiausschluß v e r gleichbar; auch dieser ist als eine Folge v o n Pflichtverletzungen ausgestaltet. Da sich die durch die Mitgliedschaft begründeten Rechte weitgehend i n Mitwirkungsrechten erschöpfen, sind auch die Inhalte beider Rechtsfolgen vergleichbar. Darüber hinaus zeigt der vorstehende Überblick, daß das Demokratieprinzip engbegrenzte Ausnahmen v o m Grundsatz der allgemeinen W a h l zuläßt. Das Prinzip der innerparteilichen Demokratie k a n n es also durchaus zulassen, für bestimmte Fälle pflichtwidrigen Verhaltens den A u s schluß vorzuziehen. d) Das g i l t umso mehr, als nach A r t . 211 3 GG demokratische „Grundsätze" gelten. Das bedeutet eine Modifizierung oder doch die Zulässigkeit v o n M o difizierungen bei der A n w e n d u n g dieses staatlchen Prinzips auf die Parteien 6 2 . Da das Grundgesetz auch den Ländern nicht vorschreibt, seine Ausgestaltung des demokratischen Staatswesens B u n d i n allen Einzelheiten zu übernehmen, sondern ihnen n u r „Homogenität" abverlangt 6 3 , da es ferner zahlreiche Änderungen seiner selbst zuläßt, ohne den demokratischen Charakter zu verlieren 6 4 , u n d da es sogar die Übertragung v o n Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen zuläßt 6 5 , deren Demokratiemodell v o n dem des Grundgesetzes abweichen kann 6 6 , stellt es an die Parteien keine strengeren Anforderungen als an den Staat selbst 67 . A r t . 21 I 3 GG enthält also k e i n absolutes Verbot des Parteiausschlusses.

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Detailliert zu den M o t i v e n der einzelnen Sanktionen Spies, S. 87 ff. Z . B . §81 StGB (Hochverrat); §94 StGB (Landesverrat); A r t . 18 GG (Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung); vgl. i m ü b r i gen die i n F N 54 genannten Vorschriften sowie Spies, S. 91 f. 59 Vgl. A.Esser, S.93; Spies, S. 89. 60 Vgl. Α . Esser, S. 92 f.; Spies, S. 88, S. 100 f. u n d S. 115 f. 61 Kritisch zu dieser Sanktionsart überhaupt: Baumann, S. 632 f. u n d S. 645 f. 62 Oerter, S. 54; v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 45, m . w . N . — Nach Föhr, S. 148, können u. U. dann höhere Demokratieanforderungen an Parteien oder Gewerkschaften zu stellen sein, w e n n Gründe für eine E i n schränkung des Demokratieprinzips i m staatlichen Bereich auf die nichtstaatlichen Organisationen nicht zutreffen. 63 BVerfGE 9, 268, 279 u n d BVerfGE 27, 44, 56 („nur eine gewisse Homogenität"); Model / M ü l l e r , A r t . 28, A n m . 1; H a m a n n / L e n z , A r t . 28, A n m . B l ; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 28, Rdnr. 1; Roters, in: v o n Münch, GG, A r t . 28, Rdnr. 3. 64 A r t . 79 GG. Dazu: Bryde, in: v o n Münch, GG, A r t . 79, Rdnr. 28 u n d 39, m . w . N . ; S t e m I, S. 141 f.; Hesse, S.261; MDHS-Maunz, A r t . 79, Rdnr. 47 (1960). 65 A r t . 24 I GG. 66 BVerfGE 37, 271, 280; Rojahn, in: von Münch, GG, A r t . 24, Rdnr. 31 ff., m. w. N.; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 24, Rdnr. 3, m. w . N.; Frowein FSchr BVerfG 1976, Band I I , S. 202. — Vgl. aber für den Grundrechtskatalog solcher Einrichtungen BVerfGE 37, 271, 280, m i t Sondervotum S. 291 ff.; dazu auch Frowein, aaO., S.203f. 67 Schlicht, S. 82; Lenz/Sasse JZ 1962, 239. 58

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§ 2 Die Zulässigkeit von Ausschlußmaßnahmen

2. Die Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes A r t . 2 1 1 1 GG normiert, daß die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken. Damit ist zunächst etwas über ihre Stellung gegenüber Staat und Gesellschaft gesagt. Allerdings können sich auch Folgerungen für das Verhältnis zwischen Partei und Mitglied ergeben. a) M i t w i r k u n g bei der politischen Willensbildung des Volkes bedeutet zunächst, daß die Parteien Konzepte zur Lösung politischer Probleme („Programme") erstellen und sie dem Volk "anbieten" 6 8 . Das Volk hat die Möglichkeit, vor allem durch seine Wahlentscheidungen solchen Konzepten Durchsetzungsmöglichkeiten zu eröffnen 69 . Soll eine Partei diese Aufgabe erfüllen, muß es ihr möglich sein, ihre politischen Ziele zutreffend den Wählern gegenüber darzustellen 70 . Für die Partei w i r d allerdings nur selten ein Anlaß bestehen, zu diesem Zweck ein Mitglied auszuschließen. Daß ein Mitglied unrichtige Angaben über die Ziele der Partei verbreitet, ist der Ausnahmefall. Von großer praktischer Bedeutung sind dagegen Fälle, wo Mitglieder Auffassungen propagieren, die von der beschlossenen Programmatik der Partei abweichen, ohne daß dieses Abweichen negiert wird. Da solches Verhalten den Wähler nicht hindern wird, sich Gewißheit über das gültige Parteiprogramm zu verschaffen 71 — falls i h m daran gelegen ist —, kann ein gegen das Propagieren abweichender Ziele gerichteter Parteiausschluß nur auf andere Gesichtspunkte gestützt werden. b) Die Funktion der Parteien erschöpft sich nicht darin, daß dem Volk Programme präsentiert werden. Das Grundgesetz geht von einer Mehrzahl von Parteien 72 aus, die Programme nicht nur als unverbindliche Vorschläge erarbeiten, sondern die bemüht sind, möglichst viel von ihrer Programmatik zu verwirklichen 7 3 . Parteien stehen somit zueinander i n Konkurrenz 7 4 . Diese verfassungsrechtlich gewollte Bedingung für die Tätigkeit der Parteien hat Auswirkungen auf die Stellung des M i t glieds. Mitgliedschaft ist dann nicht nur die Möglichkeit, auf die For68

Wolfrum, S. 85; G r i m m , in: H V R , S.323; vgl. auch Seifert, S . 8 4 - 9 4 . G r i m m , in: H V R , S. 324. 70 Dazu ist eine Einschränkung der Meinungsfreiheit notwendig (vgl. etwa Seifert, S. 394, m. w. N.); sie reicht aber nicht aus, vgl. v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 30. 71 Vgl. z . B . § 6 I I I 4 PartG. Bedeutsamer ist freilich die Unterrichtung durch Veröffentlichungen der Partei u n d durch die Massenmedien. 72 Siehe die Formulierung „Die Parteien" i n A r t . 21 I 1 GG. Dazu: von Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 22. 73 Vgl. G r i m m , in: H V R , S. 325; Tsatsos / Morlok, S. 19; Henke, S. 39. 74 G r i m m , in: H V R , S.320; Tsatsos / Morlok, S. 19; Seifert, S. 108. 69

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG

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mulierung politischer Konzepte Einfluß zu nehmen. Sie beinhaltet auch die grundsätzliche Bereitschaft, an der Durchsetzung der von der Partei beschlossenen Ziele mitzuwirken 7 5 . E i n Mitglied, das dazu nicht bereit ist, verhält sich widersprüchlich und kann darin nicht verfassungsrechtlich geschützt sein. Ferner verlangt die Konkurrenzsituation mehr, als daß das Volk eine theoretische Möglichkeit hat, die Programmatik der Partei zur Kenntnis zu nehmen; die Partei muß vielmehr effektive Möglichkeiten haben, auf eine Verwirklichung ihrer Ziele hinzuarbeiten, insbesondere diese gegenüber dem Volk zu propagieren 76 . Parteimitglieder, die andere als die gültigen Parteiziele propagieren, hindern die Effektivität der Parteiarbeit insofern, als sie inhaltlich gegen die Ziele der Partei arbeiten, den politischen Gegnern dabei sogar als „Kronzeugen" dienen können, und — was allerdings stark von der jeweiligen Situation abhängt — als sie i n der Wählerschaft Zweifel daran hervorrufen können, ob die Partei ihre beschlossenen Ziele wirklich verfolgen w i l l oder kann. Die Parteien können also grundsätzlich zu Recht von ihren Mitgliedern „Geschlossenheit" verlangen; sie sind darin verfassungsrechtlich geschützt 71 ' 7 8 . Die effektive Verwirklichung der Parteiziele kann nicht nur durch die Propagierimg abweichender Ziele, sondern auch durch andere Verhaltensweisen behindert werden. Diese können zum einen darin liegen, daß ein Mitglied ein tatsächliches Verhalten praktiziert, das i n Widerspruch zum Parteiprogramm steht; solches Verhalten ist grundsätzlich genauso zu beurteilen wie verbale Abweichungen vom Parteiprogramm 79 . Zum anderen gibt es Verhaltensweisen, die m i t politischer Programmatik wenig zu t u n haben, aber trotzdem die Durchsetzung der politischen Ziele beeinträchtigen, etwa Beleidigungen und Verleumdungen, die die sachliche Zusammenarbeit der Mitglieder untereinander 75 Siehe §§ 2, 5 I I Nr. 1 Satzung Grüne; § § 2 1 1 , 4 1 Satzung FDP; §§ 3 I, 25 I Satzung SSW; §§ 3, 6 I I I Satzung CSU; § 4 I Statut CDU; §§ 2 Satz 1, 5 OrgSt SPD; w o h l auch G r i m m , i n : H V R , S. 343. 76 Vgl. Seifert, S. 87. — Daher auch die Anforderung eines funktionierenden Kommunikationssystems, vgl. G r i m m , i n : H V R , S. 320; W o l f rum, S. 48. 77 Wolfrum, S. 139 ff.; vgl. auch Seifert, S. 214 - 219. — Das Problem liegt vor allem i n der Grenzziehung zur erlaubten Grundrechtsausübung. 78 A n dieser Stelle w i r d bereits deutlich, daß ein K o n f l i k t zwischen dem parteipolitischen Konkurrenzprinzip, das „Geschlossenheit" verlangt, u n d der innerparteilichen Demokratie, die ohne „Offenheit" nicht möglich ist, bestehen kann. Darauf w i r d noch einzugehen sein. 79 Z u beachten ist, daß das Parteiprogramm nicht unbedingt verlangt, daß das M i t g l i e d seine V e r w i r k l i c h u n g für sich persönlich vorwegnimmt. Eine Partei, die etwa für die Abschaffung des 624-DM-Gesetzes ist, w i r d nicht von ihren Mitgliedern verlangen, schon v o r dieser Abschaffung auf ihnen rechtlich zustehende Vermögensvorteile zu verzichten.

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§ 2 Die Zulässigkeit von Ausschlußmaßnahmen

behindern können, die aber auch Glaubwürdigkeit und Ansehen der Partei nach außen beeinträchtigen können 80 . Wenn Parteien von ihren Mitgliedern verlangen, derartiges Verhalten zu unterlassen, ist das verfassungsrechtlich legitim 8 1 . c) A r t . 21 G G beinhaltet rechtstechnisch eine Sonderstellung der Parteien. Diese (Sonderstellung dient — wie sich vor allem aus A r t . 21 I GG ergibt — der politischen Willensbildung des Volkes 82 . (Sie besteht also nicht u m der Parteien willen, sondern i m Interesse der Funktionsfähigkeit der Demokratie 83 » Demgemäß muß das Parteienrecht so ausgestaltet sein, daß die Parteien i n ihrer Tätigkeit ihre Funktion, der Willensbildung des Volkes zu dienen, erfüllen können 85 . Die Erfüllung dieser Funktion geschieht zunächst i n der Weise, daß die Parteien ihre Ziele nur dann verwirklichen können, wenn sie dafür genügend Unterstützung beim Wähler erhalten. Ziele, die dem Wähler nicht zusagen, finden entsprechend weniger Unterstützung und können also nicht verwirklicht werden. Dieses Modell verlangt nicht zwingend, daß die Parteien auch programmatisch i n der Weise offen sein müssen, daß sie politische Impulse aus der Wählerschaft aufnehmen, u m ihre Programmatik zu überdenken. Parteien, die das nicht tun, laufen j a Gefahr, künftig nicht mehr gewählt zu werden. Es gibt aber gute Gründe, eine Befugnis der Mitglieder, auf Änderungen der jeweils geltenden Parteiprogrammatik hinzuwirken, auf die M i t w i r k u n g der Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes zu gründen. Z u nächst spricht A r t . 21 I 3 GG dafür. Innerparteiliche Demokratie b e w i r k t ohnehin, daß sich die Programmatik der Partei ändern kann, w e i l sich der W i l l e der Mitglieder ändern kann. A r t . 21 I 1 G G würde dafür ein zusätzliches Argument liefern. F ü r die genannte Auslegung sprechen weiter die Defizite, die bislang bei der E r f ü l l u n g der durch A r t . 2 1 1 1 G G den Parteien zugewiesenen F u n k t i o n festzustellen sind. Die Stellung der Parteien f ü h r t dazu, daß diese nicht n u r dem V o l k bei der B i l d u n g u n d Durchsetzung seines Willens dienen, sondern daß sie auch darauf h i n w i r k e n , daß die unter ihrer Beteiligung i n den Organen des Staates gefällten Entscheidungen v o m V o l k akzeptiert werden 8 6 . Weitere Gesichtspunkte ergeben sich aus staatli80

Dazu i m einzelnen u n t e n § 4 D I I I l a . Vgl. Hasenritter, S. 52 f.; Seifert, S. 225 f. 82 Stern I, S. 328; w o h l auch v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 43. 83 Seifert / Hömig, A r t . 21, Rdnr. 3; von Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 43; vgl. § 1 I 1 PartG. Vgl. ferner betr. A r t . 21 I 3 GG oben I 1 b. 84 Anders ist es ζ. B. bei den Kirchen. Sie sind durch A r t . 140 G G p r i v i l e giert, w e i l dem Grundrecht der Religionsfreiheit u n d -ausübung ein besonderer Rang eingeräumt w i r d , vgl. Hesse, S. 180 f.; Hemmrich, in: v o n Münch, GG, A r t . 140, Rdnr. 22; M i k a t , in: HVR, S. 1078 f. 85 Trautmann, S. 40; Wolfrum, S. 27 ff.; v o n Münch, in: ders,, GG, A r t . 21, Rdnr. 30; vgl. auch G r i m m , in: HVR, S. 335; Hasenritter, S. 16. 86 Dazu näher: G r i m m , in: H V R , S. 326 f.; Tsatsos / M o r l o k , S. 174 f.; T r a u t mann, S.47 f.; Stern I , S.340. 81

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG

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chen Vorschriften, die i n ihren A u s w i r k u n g e n „etablierte" Parteien begünstigen. Solche Begünstigungseffekte benachteiligen nicht n u r die nichtetablierten Parteien, sie behindern auch das V o l k darin, seinen W i l l e n zutreffend kundzutun. So b e w i r k t die Fünf-Prozent-Klausel 8 7 zum einen, daß die für „Splitterparteien" abgegebenen Stimmen bei der Feststellung des eigentlichen Wahlergebnisses, der Sitzverteilung, nicht berücksichtigt w e r den, u n d zum anderen, daß m i t Rücksicht auf diese Regelung Stimmen anders abgegeben werden als v o m Wähler eigentlich gewollt. So geschieht es, daß einer kleineren Partei Stimmen v o n Anhängern einer größeren Partei gegeben werden, damit sie wieder ins Parlament k o m m t u n d der größeren Partei als Koalitionspartner dienen k a n n („Leihstimmen"), aber auch, daß für kleinere Parteien die Stimme erst gar nicht abgegeben w i r d , w e i l die Chance, daß die „Fünf-Prozent-Hürde" überwunden w i r d , als gering g i l t 8 8 . Regelungen wie die Staffelung von Rundfunksendezeiten 8 9 u n d die 0,5 % Klausel bei der Wahlkampfkostenerstattung 9 0 sind i n ihrer S t r u k t u r ähnlich problematisch, i n ihren A u s w i r k u n g e n aber w o h l weniger bedeutsam. Wenn u n d solange jedenfalls solche Regelungen als verfassungsmäßig 91 praktiziert werden, ist programmatische Offenheit der Parteien gegenüber dem V o l k auch aus Gründen des A r t . 2 1 1 1 G G nötig. d) D a m i t die F u n k t i o n d e r M i t w i r k u n g b e i d e r p o l i t i s c h e n W i l l e n s b i l d u n g des V o l k e s e r f ü l l t w i r d , m u ß das V o l k M ö g l i c h k e i t e n h a b e n , sich e i n z u t r e f f e n d e s B i l d v o n d e n P a r t e i e n z u machen. Es k a n n f ü r d e n W ä h l e r d u r c h a u s v o n B e l a n g sein, ob d i e v o n d e r P a r t e i aufges t e l l t e n K a n d i d a t e n sich i n n e r p a r t e i l i c h f ü r das beschlossene P r o g r a m m eingesetzt h a b e n oder n i c h t , o b das P r o g r a m m e i n m ü t i g o d e r m i t k n a p p e r M e h r h e i t beschlossen w u r d e , oder ob z. B . i n d e r P a r t e i e i n e h o f f nungsvolle Minderheit existiert, der zuliebe die Partei die Stimme bek o m m e n soll. E i n e P a r t e i a r b e i t , d i e sich insgesamt i m G e h e i m e n a b spielt, w ä r e also v e r f a s s u n g s w i d r i g . F ü r d i e R e c h t s s t e l l u n g des M i t glieds h a t das i n s o f e r n B e d e u t u n g , als G e h e i m h a l t u n g s p f l i c h t e n , d i e d i e P a r t e i d e m M i t g l i e d a u f e r l e g t , n u r b e g r e n z t v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h zulässig sind. 3. Konflikte

zwischen

verfassungsrechtlichen

Verbürgungen

Aus vorstehendem ergibt sich, daß die verfassungsrechtlichen Verbürgungen für das Verhältnis zwischen M i t g l i e d u n d Partei durchaus zu Z i e l k o n f l i k t e n führen können. Das gilt insbesondere für die Konkurrenzsituation 87 §6 I V 1 BWahlG; § 2 V I E u W a h l G (BGBl I 1978, S. 709, 710); § 33 I 2, 3 K o m m u n a l w a h l G N W ; §33 I I 2, 3 L W a h l G N W ; §36 I I L W a h l G Hessen; § 22 I I K o m m u n a l w a h l G Hessen; A r t . 3 I 2 L W a h l G BW. 88 Dazu Rowold, S. 9 9 - 103; Gegenwartskunde 1983, S. 187 f. 89 Dazu Tsatsos / Morlok, S. 92 f.; Henke, S. 246 f. 90 § 18 I I Nr. 1 PartG. 91 Z u r 5 °/o-Klausel siehe BVerfGE 1, 208, 256; 4, 375, 380; 51, 222, 233 - 257; zur Verteilung der Sendezeiten i m Rundfunk BVerfGE 7, 99, 107 - 109; 14, 121, 131 - 140; zur Wahlkampfkostenerstattung BVerfGE 24, 300, 344 f., 350 bis 352.

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§ 2 Die Zulässigkeit v o n Ausschlußmaßnahmen

der Parteien, die Geschlossenheit u n d Parteiloyalität verlangt, u n d für die M i t w i r k u n g s f u n k t i o n bei der Willensbildung des Volkes, die Offenheit für programmatische Änderungen erfordert. K o n f l i k t e zwischen verfassungsrechtlichen Normen sind so zu lösen, daß jede v o n diesen möglichst w i r k s a m werden k a n n 9 2 . Auch darauf ist die gesetzliche Regelung des Parteiausschlusses zu überprüfen. I I . Die Voraussetzungen der §§ 6 I I Nr. 4, 10 I V PartG i m Einzelnen

Damit ergibt sich die Frage, ob die Voraussetzungen, unter denen nach §§ 6 I I Nr. 4, 10 I V PartG ein Ausschluß erfolgen kann, m i t den dargestellten verfassungsrechtlichen Erfordernissen vereinbar sind. 1. Die Anknüpfungspunkte

für den Ausschluß

Anknüpfungspunkt für einen Ausschluß ist gemäß § 10 I V PartG ein Verstoß gegen „Satzung", „Grundsätze" oder „Ordnung" der Partei. Fehlt es daran, kann der Ausschlußtatbestand nicht vorliegen. a) Satzungen sind Rechtsnormen, die sich die Parteien — w i e andere V e r eine auch — selbst geben, u n d die ihre „Verfassung" bilden 9 3 . V o n der Rechtsstellung der Parteien aus gesehen läßt sich die Pflicht des Mitglieds, (gültige) Satzungsbestimmungen zu beachten, auf mehrfache Weise begründen: Parteisatzungen dienen, w i e die an sie gestellten gesetzlichen Anforderungen zeigen 9 4 , i n erster L i n i e der innerparteilichen Willensbildung 9 5 . Diese wiederum gehört zur inneren Ordnungi 96 , die gemäß A r t . 21 I 3 G G demokratischen Grundsätzen entsprechen muß. Daneben hat die Satzung auch den Zweck, dafür zu sorgen, daß die Partei i n effektiver Weise auf ihre politischen Ziele hinarbeiten kann, indem sie z . B . die Abgrenzung der Gebietsverbände regelt 9 7 oder die B i l d u n g v o n Arbeitsgemeinschaften vorschreibt oder zuläßt 9 8 . Daß die Parteien ihre potitischen Ziele bestimmen u n d verfolgen dürfen, gehört zu ihrer M i t w i r k u n g bei der politischen Willensbildung des Volkes, ist also gemäß A r t . 2 1 1 1 GG legitim. b) „Grundsätze" der Partei sind Bestimmungen ihrer politischen Ziele; sie gehören zu ihrer Programmatik 9 9 . Ohne Grundsätze könnte eine Partei nicht 92

„Prinzip praktischer Konkordanz", vgl. Hesse, S.27, m . w . N . Vgl. §§6 I, I I , 9 I I I PartG; §§25, 5 7 - 5 9 B G B ; Seifert, S. 181; Kay, S. 87. 94 Insbesondere § 6 I I Nr. 2 - 1 1 PartG. 95 See, S. 30 f.; Wolfrum, S. 83. 96 Henke, S.59f.; Seifert, S. 181; See, S.30f.; Wolfrum, S. 83 f.; Kay, S.87. 97 § 7 I 1 PartG; § 16 I Statut CDU; § 9 I - I I I Satzung FDP; § 17 I Satzung CSU; §8 I I , I I I OrgSt SPD; §6 Satzung Grüne; §§6 I , I I , 7 I, 8 Satzung SSW; Zeuner, S.48ff.; U . M ü l l e r , S.21 f.; S c h m i d t - B l e i b t r e u / K l e i n , A r t . 2 1 , Rdnr. 11. Z u den Gesichtspunkten, die bei der Gliederung der Parteien eine Rolle spielen, siehe Risse, Der Staat 1982, 252 - 257. 98 § 38 Statut CDU („Vereinigungen"); § 6 I I I Satzung SSW; § 26 Satzung CSU; vgl. auch § 10 OrgSt SPD u n d Ziffer 1.1 Grundsätze für die Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaften i n der SPD; allgemein hierzu: Oerter, S. 109 - 184; Kaack, S. 530 - 549. 93

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG

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an der politischen Willensbildung des Volkes m i t w i r k e n , w e i l sie dem Wähler ihre Ziele nicht nennen könnte 1 0 0 . W e n n n u n Mitglieder gegen diese G r u n d sätze verstoßen, behindern sie ihre Partei i n der V e r w i r k l i c h u n g ihrer Ziele. Gleichzeitig enthält der Begriff „Grundsätze" eine Beschränkung auf gewisse wichtige Teile der Programmatik; er umfaßt sie nicht insgesamt. V e r stöße gegen weniger bedeutsame Teile der Programmatik sind also k e i n A u s schlußgrund. Damit ist jedenfalls teilweise auch dem Erfordernis Rechnung getragen, daß die Mitglieder die Möglichkeit haben müssen, Vorschläge zur Veränderung der Programmatik einzubringen. c) Weniger k l a r ist der Begriff der Ordnung der Partei. I m allgemeinen werden darunter die (auch ungeschriebenen) Regeln verstanden, die ein M i t glied m i t Rücksicht auf die A r b e i t u n d den Erfolg der Partei beachten m u ß 1 0 1 , etwa andere Mitglieder nicht zu beleidigen 1 0 2 , öffentliche Ä m t e r nicht für den eigenen wirtschaftlichen V o r t e i l zu mißbrauchen 1 0 3 oder parteiinterne Auseinandersetzungen nicht i n die Öffentlichkeit zu tragen 1 0 4 ; soweit die Definition des Begriffs Ordnung weiter gefaßt w i r d , so daß es zu Überschneidungen m i t „Satzung" u n d „Grundsätze" k o m m t 1 0 5 , ist das für diese Fragestellung u n schädlich 106 . W i l l eine Partei ihre politischen Ziele erreichen, ist sie darauf angewiesen, daß ihre Mitglieder i h r Verhalten an den gemeinsamen Zielen orientieren 1 0 7 . Es ist also nicht verfassungswidrig, daß § 10 I V P a r t G einen Verstoß gegen Satzung, Grundsätze oder Ordnung zum Anknüpfungspunkt für einen Parteiausschluß n i m m t 1 0 8 .

2. Die einschränkenden

Tatbestandsmerkmale

Die weiteren Tatbestandsmerkmale schränken die Möglichkeiten des Ausschlusses ein: a) Gemäß § 10 I V P a r t G k a n n n u r ein vorsätzlicher Satzungsverstoß zum Auschluß führen. Mitglieder, die n u r fahrlässig gegen die Satzung verstoßen, sind j a zu ihrer Beachtung bereit; diese braucht eine Partei nicht auszuschließen, u m ihre Aufgaben wahrnehmen zu können. 99 Seifert, S. 225; Strunk, S.29f.; ders. JZ 1978, 89; Lengers, S.42; T r a u t mann, S. 209 f.; Zimmermann, S. 133, m. w. N.; ausführlich zu diesem Begriff unten § 4 C I. 100 Zimmermann, S. 133, m. w . N.; Seifert, S. 188; vgl. auch § 2 I I Satzung Grüne B W . 101 Lengers, S.43; Zimmermann, S. 134; Seifert, S.225; Strunk JZ 1978, 88. 102 Strunk JZ 1978, 88. 103 UBSchK Recklinghausen v o m 29. I X . 1971, g. G . K . , B1.4ff. 104 Strunk JZ 1978, 89; § 12 Nr. 4 Statut CDU. los V g l # Trautmann, S. 210 f. 106

Näher zum Begriff der Ordnung u n t e n § 4 D I u n d G. Vgl. auch Säcker / Rancke A u R 1981, 7: Die rechtliche Anerkennung v o n satzungsmäßigen (Gewerkschafts-)Ausschlußgründen sei i n der legitimen u n d notwendigen F u n k t i o n des Verbandsausschlusses als mehrheitssichernde Kontrolle zur Durchsetzung der mehrheitlich gewählten Zweckverfolgung u n d Aufgabenerledigung zu sehen. Ä h n l i c h Trautmann, S. 209 sowie Zöllner, Gewerkschaftsausschluß, S. 36. 108 So auch Strunk, S. 24 - 27. 107

48

§ 2 Die Zulässigkeit v o n Ausschlußmaßnahmen

b) Ferner müssen Verstöße gegen Grundsätze oder Ordnung „erheblich" sein. Da zur Ordnung der Partei vielerlei Verhaltensweisen gehören k ö n n e n 1 0 9 u n d da Grundsätze für das Verhalten i n zahlreichen Einzelfragen Bedeutung haben können, sind weniger bedeutsame Verstöße auch nicht als ein so illoyales Verhalten anzusehen, daß die Partei einen Auschluß vornehmen müßte, u m die Verfolgung ihrer Ziele zu sichern.

c) Das Erfordernis eines schweren Schadens i n § 10 I V PartG besagt, daß es nicht genügt, wenn etwa das Mitglied nur versucht hat, einen schweren Schaden herbeizuführen, oder wenn ein schwerer Schaden nur i n der Zukunft eintreten kann 1 1 0 . Außerdem ist bei „leichtem" oder „mittleren" Schaden kein Ausschluß möglich. Diese •Gesetzesfassung ist mehrfach Gegenstand politischer Diskussionen gewesen, und dabei hat sich gezeigt, daß die Parteien m i t ihr unzufrieden sind 1 1 1 . Das Erfordernis eines schweren Schadens wurde aufgenommen, u m durch eine Stärkung der Rechtsstellung des Mitglieds die innerparteiliche Demokratie zu sichern. Die dagegen i n Frage kommenden Interessen der Partei sind wiederum die Verwirklichung ihrer politischen Ziele und, soweit sich das Verhalten des Mitglieds dagegen gerichtet hat, die innerparteiliche Demokratie. Es gilt also, zwischen mehreren verfassungsrechtlich geschützten Interessen abzuwägen. Einzuräumen ist, daß es für die Partei ein Problem ist, ζ. B. ein Mitglied behalten zu sollen, das versucht hat, ihr schweren Schaden zuzufügen. Dabei ist zu beachten, daß ein Verhalten, welches aus der Sicht des Mitglieds Versuch geblieben ist, durchaus schon einen schweren Schaden herbeigeführt haben kann — etwa wegen seiner iFolgen für die Zusammenarbeit unter den Mitgliedern 112 . Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Partei i n solchen Fällen durchaus noch m i t anderen Sanktionen — z. B. der Enthebung von Parteiämtern gemäß § 10 I I I 2 PartG — eingreifen kann. Wichtig ist ferner der Umfang des Schadensbegriffs i n § 10 I V PartG. Nach allgemeiner Ansicht geht er über den des Vermögensschadens hinaus und kann jedes schutzwürdige Interesse der Partei erfassen 113 . Wenn der Gesetzgeber angesichts eines solch weiten Schadensbegriffs und angesichts anderer den Parteien zur Verfügung stehender Sanktionen den Ausschlußtatbestand nicht weiter gefaßt hat, ist nicht erkennbar, daß er den Konflikt zwischen den verfassungsrechtlich geschützten Interessen hier falsch gelöst hat.

109

Siehe unten § 4 D I I I . Zimmermann, S. 149; Trautmann, S. 208 ff. 111 Der Spiegel 1970, Nr. 40, S.46; F A Z v o m 30. J u l i 1971, S. 1 u n d 6; siehe i m übrigen Trautmann, S. 208 f. 112 Siehe dazu u n t e n § 4 H I 2. 113 Zimmermann, S. 148f., m . w . N . ; Trautmann, S.211; B u l l ZRP 1971, 197; Strunk JZ 1978, 87; siehe auch unten § 4 H I 2. 110

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG 3. Die Bestimmung

in der

49

Satzung

Daß den Parteien i n § 6 I I Nr. 4 PartG aufgegeben ist, Bestimmungen über den Ausschluß v o n Mitgliedern i n die Satzung aufzunehmen, k a n n verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden. Eine solche Satzungsregelung zu schaffen, stellt keine nennenswerte Schwierigkeit für die Parteien dar, u n d das Bestehen einer solchen Regelung behindert sie auch nicht i n ihrer Arbeit. 4. Gegenrechte

des

Mitglieds

Schließlich ist zu bedenken, daß § 10 I V PartG keineswegs i m m e r dann, w e n n sein Tatbestand erfüllt ist, der Partei die Möglichkeit des Ausschlusses garantiert. Er enthält Mindestvoraussetzungen ( „ n u r dann") u n d läßt damit zu, daß Gegenrechte, die einem M i t g l i e d ζ. B. aus seinen Grundrechten zustehen 1 1 4 , beachtet werden. Grundsätzlich ist die Ausschlußregelung der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG damit verfassungsgemäß 115 .

I I I . Besondere Fallgruppen Es k a n n aber F a l l g r u p p e n geben, d i e v o m gesetzlichen A u s s c h l u ß t a t b e s t a n d n i c h t erfaßt s i n d , u n d b e i d e n e n d e n P a r t e i e n v o n Verfassungs w e g e n e i n Ausschluß e r m ö g l i c h t w e r d e n m u ß . I n B e t r a c h t k o m m e n i n s besondere die F ä l l e d e r g l e i c h z e i t i g e n M i t g l i e d s c h a f t i n m e h r e r e n gegnerischen116 Parteien (Doppelmitgliedschaft) 117 u n d der K a n d i d a t u r für eine gegnerische P a r t e i 1 1 8 . 1. Die

Doppelmitgliedschaft

W e n n e i n M i t g l i e d g l e i c h z e i t i g e i n e r gegnerischen P a r t e i a n g e h ö r t , w i r d d a m i t i . d. R. d e r T a t b e s t a n d des § 10 I V P a r t G e r f ü l l t sein 1 1 9 . D e r 114

Dazu unten § 5 C I I I u n d I V . So auch Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 161; Strunk, S.27; Reel, S. 340; v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 46. 116 Die Beschränkung auf „gegnerische" Parteien muß vorgenommen w e r den, w e i l sich das Problem nicht stellt, w e n n eine Partei als Quasi-Dachverband mehrerer Parteien m i t deren B i l l i g u n g besteht, oder w e n n j e m a n d gleichzeitig einer politisch ähnlich orientierten ausländischen Partei (z.B. CDU u n d ÖVP) angehört. Vgl. § 18 V Satzung Grüne: „Die i n § 2 getroffene Regelung (Verbot der Doppelmitgliedschaft / d. V.) berührt nicht die M i t g l i e d schaft i n der A L Berlin, die den Zwängen des Berliner Wahlgesetzes folgend sich als Partei konstituieren mußte." — Z u m Bündnischarakter der A L Berl i n siehe etwa Ascheberg, in: Die Neue v o m 7. M a i 1982, S. 7. Z u r B i l d u n g der „Niederdeutschen Union" durch CDU u n d DP vgl. O V G Lüneburg OVGE 9, 344, 345; Uleer, aaO. — Allgemein: Oerter, S. 38. 117 Dazu sogleich 1. Der Ausdruck „Doppelmitgliedschaft" w i r d anderenorts auch verwendet, u m die mehrfache Mitgliedschaft i n derselben Partei durch Zugehörigkeit zu mehreren Gliederungen zu bezeichnen (§5 I I I Satzung CSU; § 3 V 4 OrgSt SPD). 118 Dazu unten 2. 115

4 Risse

50

§ 2 Die Zulässigkeit v o n Ausschlußmaßnahmen

schwere Schaden t r i t t spätestens dann ©in, wenn die 'Doppelmitgliedschaft bekannt wird; auf solche Vorgänge nicht zu reagieren, kann einer Partei nicht zugemutet werden. I n Ausnahmefällen wäre es allerdings vorstellbar, daß ein Fall der Doppelmitgliedschaft den Tatbestand des § 10 I V PartG mangels schweren (Schadens nicht erfüllt, etwa wenn ein Mitglied i n keiner „seiner" Parteien politische Aktivitäten entfaltet, und die Mitgliedschaft an verschiedenen, weit voneinander entfernten Orten besteht, so daß ein Bekanntwerden dieses Sachverhalts höchst unwahrscheinlich ist 1 2 0 . Daher fragt sich, ob der Partei von Verfassungs wegen die Möglichkeit gegeben sein muß, sich i n jedem Fall von einem solchen Mitglied zu trennen. a) Das Verhältnis der politischen Parteien zueinander ist durch Konkurrenz gekennzeichnet; diese ist auch verfassungsrechtlich notwendig 1 2 1 . Aus diesem Grund sind die Parteien auch verfassungsrechtlich darin geschützt, daß sie von ihren Mitgliedern loyales Verhalten verlangen 122 . /Bei einer Doppelmitgliedschaft ist sowohl die Illoyalität als auch die Widersprüchlichkeit des Verhaltens des Mitglieds evident. Gleichzeitig ist auch kein Rechtfertigungsgrund denkbar 123 . Sofern ein Mitglied gegen einzelne Punkte der Parteiprogrammatik verstößt, läßt sich immer noch fragen, wie der betreffende Grundsatz zu verstehen sei, oder ob etwa das Gebot der innerparteilichen Demokratie oder — bei Abgeordneten — d e r e n verfassungsrechtliche Stellung eine Ausnahme verlangen. Solche Rechtfertigungsgründe scheiden bei der Doppelmitgliedschaft von vornherein aus. Ein weiteres kommt hinzu: Wollen die Parteien miteinander konkurrieren, müssen sie voneinander unabhängig sein 124 . Wenn sie aber Personen i n ihren Reihen haben, die auch einer anderen Partei angehören, können sie gegnerischem Einfluß ausgesetzt sein, denn dann muß immer damit gerechnet werden, daß ein Mitglied i n Wirklichkeit Interessen der anderen Seite wahrnimmt. Som i t läßt sich sagen, daß die politischen Parteien „gegnerfrei" sein müssen 125 , zumindest aber, daß es ihnen ermöglicht werden muß, sich gegnerfrei zu halten 1 2 6 . 119 Weitergehend ASJ-Leitsätze, S. 7: Hier sei stets ein schwerer Schaden anzunehmen. 120 Α . M. w o h l Henke, S. 98. 121 Siehe oben I 2 b. 122 Siehe oben I 2 b. 123 So i m Ergebnis auch Hasenritter, S. 56 u n d S. 82; Zimmermann, S. 152. 124 Hamann / Lenz, A r t . 21, A n m . Β 2 a; Seifert, S. 109 ff.; Trautmann, S. 212. 125 I n Portugal verbietet staatliches Recht ausdrücklich die mehrfache M i t gliedschaft i n Parteien, siehe A r t . 47 I I Verfassung Portugal (in: Thomashausen, S. 384 ff., 407) sowie Thomashausen EuGRZ 1981, 8. 126 Seifert, S. 208 u n d S. 218; Zimmermannn, S. 152; Trautmann, S. 203 (als Aufnahmevoraussetzung) u n d S. 212; M a l y - M o t t a , S. 98; n u r auf § 10 I V P a r t G gestützt: Henke, S. 98.

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG

51

Dieses Ergebnis w i r d unterstützt durch die Auslegung, die A r t . 9 I I I G G für das Tarifvertragsrecht erfährt: Auch Koalitionen müssen, u m ihre A u f gaben erfüllen zu können, „gegnerfrei" sein 1 2 7 . Außerdem ist der Gedanke, daß jemand nicht gleichzeitig mehreren einander entgegenstehenden Interessen dienen kann, auch i n anderen Vorschriften enthalten, etwa i m Verbot des Selbstkontrahierens 1 2 8 u n d des Parteiverrrats 1 2 9 , i m Ausschluß v o n Arbeitgebern u n d leitenden Angestellten v o n der Betriebsrat s w ä h l 1 3 0 u n d v o n Beteiligten i m Verwaltungsverfahren als Vertreter der Behörde 1 3 1 sowie i m W e t t bewerbsverbot für kaufmännische Handlungsgehilfen 1 3 2 . b) D i e E r k e n n t n i s , daß d e n P a r t e i e n d i e M ö g l i c h k e i t gegeben sein m u ß , sich v o n e i n e m M i t g l i e d z u t r e n n e n , das auch e i n e r gegnerischen P a r t e i a n g e h ö r t , f ü h r t n i c h t o h n e w e i t e r e s d a z u , daß d i e T r e n n u n g n u r i m W e g e des Ausschlusses e r f o l g e n k a n n . V o n Verfassungs w e g e n w ä r e es auch zulässig, d e n E i n t r i t t i n eine gegnerische P a r t e i als E r k l ä r u n g des A u s t r i t t s aus d e r a l t e n g e l t e n z u lassen oder i h n als a u t o m a t i s c h e n V e r l u s t g r u n d anzusehen 1 3 3 . F e r n e r ist a n d i e M ö g l i c h k e i t z u d e n k e n , d e n A u s s c h l u ß t a t b e s t a n d , v o r a l l e m d e n B e g r i f f des s c h w e r e n Schadens, „ v e r f a s s u n g s k o n f o r m " so auszulegen, daß d e r ( E i n t r i t t i n e i n e g e g n e r i sche P a r t e i diesen stets e r f ü l l t 1 3 4 . V e r f a s s u n g s w i d r i g k e i t k a n n erst gegeben sein, w e n n das einfache Recht d e n P a r t e i e n k e i n e M ö g l i c h k e i t l ä ß t , sich i n j e d e m F a l l e v o n e i n e m solchen M i t g l i e d z u t r e n n e n . aa) Den E i n t r i t t i n eine andere Partei als Erklärung des A u s t r i t t s aus der bisherigen anzusehen, ist aus mehreren Gründen problematisch. Die A u s trittserklärung ist eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung 1 3 5 . I m bürgerlichen Recht g i l t Schweigen grundsätzlich nicht als Abgabe der erwarteten W i l lenserklärung, sondern als i h r Gegenteil 1 3 6 bzw. als Nichtabgabe einer sol127

BVerfGE 18, 18, 28; B A G E 12, 184, 187; B V e r w G E 15, 168, 172; SchmidtBleibtreu / Klein, A r t . 9, Rdnr. 4; von Münch, in: ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 38 bis 40; Dietz, Grundrechte I I I / l , S.428f., m . w . N . ; Löwisch Z f A 1970, 308; Schaub, S. 875; Zöllner, S. 82 u n d S.246; vgl. auch B A G E 20, 175, 205. 128 § 181 B G B ; vgl. auch § 1795 B G B ; Thiele, in: MünchKomm, § 181, Rdnr. 1 - 3; Soergel / Leptien, § 181, Rdnr. 3. 129 § 356 StGB; vgl. Schönke / Cramer, § 356, Rdnr. 1; Dreher / Tröndle, § 356, Rdnr. 1 u n d 5. 130 §§ 7, 8 i. V. m. § 5 B e t r V G ; vgl. auch § 14 I I I BPersVG; § 1 I I I LPersVG N W ; § 10 I V LPersVG Hessen. 131 § 20 V w V f G ; vgl. auch § 23 GemeindeO N W ; § 18 GemeindeO B W ; § 25 GemeindeO Hessen; vgl. ferner Kopp, V w V f G , § 20, Rdnr. 2; Meyer / Borgs, Rdnr. 1 u n d 2 vor § 20. 132 § 60 H G B . Siehe auch §§ 74 - 75 d H G B zum vertraglichen Wettbewerbsverbot nach Beendigung des Dienstverhältnisses. 133 So die BSchK unter Berufung auf § 6 I 1 OrgSt SPD (siehe dazu oben § 1 Β I I , F N 10); § 6 I Nr. 3 Satzung FDP; § 8 I Buchst, e Satzung CSU; vgl. auch § 10 I 4 PartG; Knöpfle, Der Staat 1970, 341. 134 So BezSchK Westliches Westfalen v o m 3. I I I . 1969, g. B. F.; w o h l auch §26 I I I Buchst, b Satzung SSW; vgl. ferner § 12 Nr. 1 Statut CDU. 135 Seifert, S. 228, m. w . N.; Henke, S. 92, m. w . N.; Reuter, in: MünchKomm, §39, Rdnr. 3; Staudinger / Coing, §39, Rdnr. 2. 136 Vgl. §§ 145 ff. BGB. So Lehmann / Hübner, S.207. *

52

§ 2 Die Zulässigkeit v o n Ausschlußmaßnahmen

chen 1 3 7 . Aus den Umständen des Einzelfalls k a n n sich zwar ergeben, daß Schweigen als Zustimmung g i l t 1 3 8 . Wenn aber der E i n t r i t t i n eine andere Partei als E r k l ä r u n g des A u s t r i t t s gegenüber der bisherigen Partei gelten soll, w i r d entgegen der Auslegungsregel des § 133 B G B nicht der w i r k l i c h e W i l l e des Mitglieds fingiert, sondern dessen Gegenteil: Wer „ h i n t e r dem Rücken" seiner bisherigen Partei einer anderen b e i t r i t t , w i l l gerade nicht aus der alten Partei ausscheiden, sondern zwei Parteien angehören 1 3 9 . Bedenken ergeben sich auch aus der Systematik des Parteiengesetzes. § 10 I I 3 PartG ermöglicht den jederzeitigen A u s t r i t t aus der Partei; i m allgemeinen Vereinsrecht sind dagegen Kündigungsfristen bis zu zwei Jahren möglich 1 4 0 . Das Ob u n d W a n n des Austritts soll allein v o m W i l l e n des Mitglieds abhängen. Das schließt es aus, Austrittsregelungen zum Nachteil des Mitglieds auszugestalten. Noch bedeutsamer ist i n diesem Zusammenhang § 10 I V , V 1 PartG. Die auf dem W i l l e n der Partei beruhende Beendigung der Mitgliedschaft darf jedenfalls dann, w e n n sie Reaktion auf pflichtwidriges Verhalten des Mitglieds ist 1 4 1 , n u r unter bestimmten materiellen Voraussetzungen u n d n u r aufgrund eines schiedsgerichtlichen Verfahrens geschehen. Diese Sicherungen werden u m gangen, w e n n bestimmte Pflichtverletzungen als Austrittserklärung angesehen werden 1 4 2 . bb) Problematisch ist es auch, den B e i t r i t t zu einer anderen Partei als G r u n d einer automatischen Beendigung der Mitgliedschaft gelten zu lassen. Denkbar wäre, das staatliche Recht so auszulegen oder aber Satzungsregelungen dieses I n h a l t s 1 4 3 für zulässig zu halten. E i n automatischer Verlust der Parteimitgliedschaft ist gesetzlich vorgesehen für den Verlust der W ä h l b a r keit oder des Wahlrechts 1 4 4 . Es w i r d auch die Ansicht vertreten, daß der V e r lust der Deutschen-Eigenschaft bei solchen Parteien, die n u r Deutsche aufnehmen 1 4 5 , zum automatischen Verlust der Mitgliedschaft führe 1 4 6 . Z u erwägen wäre, § 10 I 4 PartG als abschließende Regelung der Möglichkeiten eines automatischen Verlustes der Parteimitgliedschaft anzusehen. Dagegen spricht aber, daß sich § 10 I 4 PartG zwar auch, aber nicht einmal vorwiegend auf den Verlust der Parteimitgliedschaft bezieht; i n erster L i n i e ist, wie sich aus dem Zusammenhang m i t den übrigen Vorschriften des § 10 I P a r t G ergibt, an die Aufnahme v o n Mitgliedern gedacht. Auch die Konzeption des Parteiengesetzes, Mindestregelungen vorzunehmen u n d i m übrigen die Schaffung der n ö t i gen Regelungen den Parteien selbst zu überlassen, spricht gegen eine solche Sicht v o n 10 I 4 PartG. 137

So Flume, S. 64 ff.; Lehmann / Hübner, 139 Vgl. auch den i n § Kötz, in: MünchKomm, A G B G , A n m . 5 a. 138

140 141

§4 J. 142 143 144 145

CDU.

Larenz, A T , S. 346 f., m. w. N. S.208f.; Flume, S. 64 ff.; Larenz, A T , S. 346 ff. 10 Nr. 5 A G B G enthaltenen Rechtsgedanken, dazu §10 A G B G , Rdnr.21ff.; Palandt / Heinrichs, §10

§ 39 I I BGB. Vgl. zur Beendigung der Mitgliedschaft aus anderen Gründen unten Vgl. Trautmann, S. 214 f. Vgl. § 8 I Buchst, e Satzung CSU; § 6 I Nr. 3 Satzung FDP. § 10 I 3 PartG; vgl. auch Seifert, S. 228; Trautmann, S. 213. So §3 Satzung CSU; § 4 Abs. a Satzung NPD; vgl. auch § 4 I I Statut

146 Vgl. Seifert, S. 228; Trautmann, S. 213 ff. Diesem Problem soll hier nicht nachgegangen werden.

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG

53

Die Annahme einer automatischen Beendigung der Mitgliedschaft b i r g t auch die Schwierigkeit, zu klären, daß u n d w a r u m die bisherige M i t g l i e d schaft enden u n d die neue g ü l t i g sein soll. Es wäre auch denkbar, spätere Beitrittserklärungen wegen des Entgegenstehens einer vorhandenen M i t gliedschaft für u n w i r k s a m zu halten. Gesetzliche Regelungen, die p r i m ä r den Interessen dessen dienen, der eine Willenserklärung abgibt, sehen die G ü l tigkeit der zeitlich letzten E r k l ä r u n g vor, so insbesondere die zum Schutz der Testierfreiheit bestehenden §§ 2253 - 2258 B G B 1 4 7 . Dagegen nehmen Regelungen, die den Erklärenden an der abgegebenen E r k l ä r u n g festhalten, vor allem darauf Rücksicht, daß der Erklärungsempfänger sich auf die Gültigkeit der i h m zugegangenen E r k l ä r u n g verlassen können muß 1 4 8 . Werden an mehrere Empfänger Willenserklärungen gerichtet, die miteinander unvereinbar sind, so sind zumeist beide rechtswirksam 1 4 9 , u n d die Konfliktlösung besteht darin, daß der Erklärungsgegner gegenüber dem Erklärenden Rechte w i e Vertragskündigung, Rücktritt oder Anspruch auf Schadensersatz geltend machen kann 1 5 0 . Wer Willenserklärungen abgibt, durch die er gleichzeitig mehreren Parteien angehören w i l l , ist darin ohnehin nicht schutzwürdig. Allenfalls käme i n Betracht, darauf Rücksicht zu nehmen, daß jemand seine politischen Ansichten ändert. Dem ist aber bereits dadurch Rechnung getragen, daß das M i t g l i e d nach § 10 I I 3 PartG jederzeit zum sofortigen A u s t r i t t aus der Partei berechtigt ist. Es besteht also nicht einmal für eine übergangsweise Doppelmitgliedschaft ein Bedarf. Aus der Interessenlage der Parteien sprechen — trotz zum T e i l anders lautender Satzungsbestimmungen — vor allem p r a k t i sche Gründe dagegen, den E i n t r i t t i n eine zweite Partei die automatische Beendigung der Mitgliedschaft b e w i r k e n zu lassen. W e n n die Mitgliedschaft i n der gegnerischen Partei erst geraume Zeit nach ihrem Entstehen bekannt w i r d , steht die Partei vor der Frage, w i e sie die Fehlerhaftigkeit der Beschlüsse, an denen das „Doppelmitglied" i n der Vergangenheit m i t g e w i r k t hat, bewältigen w i l l . Sie w i r d u. U. nicht einmal feststellen können, ab w e l chem Zeitpunkt ihre Beschlüsse fehlerhaft sind, w e i l weder das ungetreue M i t g l i e d noch die gegnerische Partei A u s k u n f t über den Z e i t p u n k t der A u f nahme i n die zweite Partei erteilen. — Hingegen w ü r d e n die rechtsgrundlos geleisteten Mitgliedsbeiträge keine Probleme auf werf en: Einer Rückforderung stünde § 814 B G B entgegen. Dagegen käme es dem System der bereits vorhandenen gesetzlichen Regelungen am nächsten, die Mitgliedschaft i n einer gegnerischen Partei als einen G r u n d anzusehen, der es der Partei ermöglicht, die Mitgliedschaft des bisherigen Mitglieds zu beenden. cc) Hinzu kommen § 10 I V , V 1 PartG. Diese Vorschriften regeln zwar zunächst nur, w a n n u n d w i e die Partei einen Ausschluß vornehmen darf. Das M i t g l i e d soll davor geschützt werden, unter geringeren Voraussetzungen als denen des § 10 I V PartG u n d anders als i n dem parteischiedsgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen zu werden. Da die Mitgliedschaft i n einer gegnerischen Partei stets gegen Satzung u n d Grundsätze der eigenen Partei verstoßen w i r d , ist solches Verhalten nach § 10 I V P a r t G zu beurteilen u n d nach § 10 V 1 PartG zu verfolgen. Diese Vorschriften w ü r d e n umgangen, w e n n eine automatische Beendigung der Parteimitgliedschaft durch E i n t r i t t i n eine andere Partei angenommen würde. 147 P a l a n d t / Keidel, §2253, A n m . l ; B u r k a r t , Rdnr. 1. 148 So insbesondere § 145 BGB. 149 Vgl. ζ. B. § 137 BGB. 150 Vgl. etwa §§ 440 I, I I , 542 I BGB,

in:

MünchKomm,

§2253,

§ 2 Die Zulässigkeit von Ausschlußmaßnahmen

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c) Es bleibt zu untersuchen, ob die materiellen Voraussetzungen des Ausschlusses i n § 10 I V PartG den Parteien die Möglichkeit geben, sich stets von Mitgliedern zu trennen, die einer gegnerischen Partei beitreten. Das Problem ist, ob i n jedem solchen Fall ein „schwerer -Schaden" zu bejahen ist. Der Begriff des Schadens i n § 10 I V PartG ist sehr weit gefaßt 151 , vor allem ist nicht nur die Beeinträchtigung von Vermögensinteressen dazu zu zählen 152 . Er w i r d jedoch stets unter Bezugnahme auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls 153 bestimmt, etwa wenn gesagt wird, die Zusammenarbeit eines Sozialdemokraten m i t Kommunisten habe die SPD i n der Wählerschaft unglaubwürdig gemacht 154 , oder die Grundstücksspekulationen eines Mitglieds hätten das Ansehen der Partei gefährdet 155 . Einen „schweren Schaden" durch die Doppelmitgliedschaft als solche zu bejahen, ist schwierig. Ein Schaden mag darin bestehen, daß der gegnerischen Partei von einem Mitglied der eigenen Partei Beiträge zugeflossen sind. Falls aber etwa nur der Mindestbeitrag entrichtet wurde, ist der Schaden nicht „schwer" 156 . Bei einem M i t glied, das keine Aktivitäten entfaltet, kann man auch nicht sagen, das für die Zusammenarbeit nötige Vertrauen sei gestört, und darin liege der Schaden. Zwar kann die Doppelmitgliedschaft jederzeit publik werden 157 , aber wenn diese Gefahr gering ist, ist auch der Schaden noch kein schwerer. Sollte trotzdem ein schwerer Schaden bejaht werden, müßte von den tatsächlichen Umständen abgesehen und der schwere Schaden damit begründet werden, daß durch die /Doppelmitgliedschaft das verfassungsrechtliche Gebot der Gegnerfreiheit der Partei verletzt werde, und daß durch das Verhalten des Doppelmitglieds der Partei die ständige Duldung dieses verfassungswidrigen Zustands zugemutet werde. Bei einer solchen Argumentation läge der festzustellende Schaden nicht mehr i m Bereich des Tatsächlichen, sondern i n dem bloßen Verstoß gegen eine Norm. Damit würde der Zweck des Schadenserfordernisses i n § 10 I V PartG verfehlt, über den Normverstoß hinaus ein Erfordernis aufzustellen, u m Ausschlüsse zu erschweren. 151

Dazu näher unten § 4 H I. Vgl. z.B. Seifert, S.226; Trautmann, S.211; Zimmermann, S. 148. 153 Zimmermann, S. 148; Trautmann, S.211. 154 UBSchK Bielefeld v o m 24. I I I . 1977, g. B. W., Bl. 12. 155 UBSchK Recklinghausen v o m 29. I X . 1971, g. G. K., B l . 6. 156 So für die Nichtzahlung v o n Beiträgen an die eigene Partei: Z i m m e r mann, S. 95; Trautmann, S.213; Henke, S. 95; vgl. auch Knöpfle, Der Staat 1970, 341 f.; vgl. außerdem u n t e n § 4 J V 2. 157 Auch i m Straf recht w i r d j a eine Vermögensgefährdung u . U . als V e r mögensschaden angesehen, vgl. D r e h e r / T r ö n d l e , §263, Rdnr.31, m . w . N . ; Schönke / Cramer, § 263, Rdnr. 143 - 147. 152

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG

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Das würde bedeuten, daß § 10 I V PartG insofern, als er auch i n Fällen von Doppelmitgliedschaften einen schweren Schaden voraussetzt, den Anforderungen -des Grundgesetzes nicht genügt. Zu erwägen wäre, dieses Problem durch „verfassungskonforme Auslegung" des Schadenserfordernisses zu lösen. „Verfassungskonforme Auslegung" eines Gesetzes bedeutet, daß von mehreren Auslegungsmöglichkeiten diejenige die zutreffende ist, die einen mit dem Grundgesetz zu vereinbaren Gesetzesinhalt ergibt 1 5 8 . Zwei Wege sind denkbar, hinsichtlich des Schadensbegriffs i n § 10 I V PartG Verfassungskonformität zu bejahen. Entweder könnte überhaupt darauf verzichtet werden, einen i m Tatsächlichen liegenden schweren Schaden zu verlangen, oder dieses Tatbestandsmerkmal wäre nur für die Fallgruppe Doppelmitgliedschaft normativ, i m übrigen tatsachenbezogen auszulegen. Letzteres wäre zwar verfassungskonform, aber vom Inhalt der auszulegenden Norm nicht gedeckt. Der Schadensbegriff i n § 10 I V PartG gibt nichts dafür her, daß bei Doppelmitgliedschaften eine ganz andere A r t von Schaden gemeint sei als bei den sonstigen Pflichtverletzungen. Ein Inhalt des Schadensbegriffs, der auch einen nur normativen Schaden erfaßt, wäre von „erheblichen" Verstoß gegen Grundsätze oder Ordnung nicht zu unterscheiden; der Sinn des Schadenserfordernisses, zusätzlichen Schutz für das Mitglied zu bewirken, würde verfehlt. A u f die Fallgruppe der Doppelmitgliedschaft kann dieses Erfordernis also nicht angewendet werden 159 . 2. Die Kandidatur auf dem Vorschlag einer gegnerischen Partei E i n ähnliches Problem stellt die Kandidatur für eine gegnerische Partei dar. A u f tatsächlicher Basis w i r d der schwere Schaden k a u m zu bejahen sein, w e n n i n A b w a n d l u n g obigen Beispiels 1 6 0 die Kandidatur bei einer K o m m u n a l w a h l auf einem aussichtslosen Listenplatz erfolgt, u n d zwar an einem anderen Ort als dem, wo die Mitgliedschaft besteht. Es fragt sich wieder, ob es der Partei i n jedem solchen F a l l möglich sein muß, sich v o n dem M i t g l i e d zu trennnen. I m Organisationsstatut der SPD w i r d die Kandidatur für eine gegnerische Partei ausdrücklich als G r u n d für die Beendigung der Mitgliedschaft angesehen 161 ; andere Parteisatzungen schweigen dazu. I n dem Schweigen w i r d 158 Hesse, S.30; Stern I, S. 111 f.; BVerfGE 2, 266, 282; Maunz / Zippelius, S. 44. 159 Prozessual hätte ggf. eine Vorlage nach A r t . 100 I 1 GG zu erfolgen. Die Entscheidung nach § 78 Satz 1 B V f G G hätte § 10 I V PartG n u r insofern für nichtig zu erklären, als das Erfordernis schweren Schadens auch die Fälle der Doppelmitgliedschaft erfaßt, vgl. Skouris, S. 92 - 95; J. Ipsen, Rechtsfolgen, S.99 - 101. 160 Siehe oben 1 vor a. 161 § 6 I 2 OrgSt SPD. Ähnliche Regelungen i m Ausland: Rule 7 i v Constitution Fianna Fail (IRL); Sec. Β Clause 4 Constitution Liberal Party (GB); Ziffer 18 Satz 2 Constitution Fine Gael (IRL); A r t . 9 Buchst, d Statuten P v d A (NL). Noch strenger ist es, w e n n schon die Unterstützung eines gegnerischen

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§ 2 Die Zulässigkeit v o n Ausschlußmaßnahmen

m a n w o h l k a u m die B i l l i g u n g solcher Vorkommnisse sehen können. Eher hat m a n darauf verzichtet, etwas ausdrücklich zu regeln, was m a n für selbstverständlich h ä l t 1 6 2 , u n d was i n der Praxis w o h l selten v o r k o m m t .

Der Gedanke der Gegnerfreiheit, der die Unzulässigkeit von Doppelmitgliedschaften begründet 163 , trägt hier nicht ohne weiteres. Wer von einer Partei als Kandidat aufgestellt wird, ohne deren Mitglied zu sein, nimmt nicht aktiv an ihrer Willensbildung teil. 'Sein dort etwa vorhandener Einfluß ergibt sich nicht aus der Mitgliedschaft. Andererseits besteht aber auch ein Interessenkonflikt, ähnlich dem bei der Doppelmitgliedschaft: Der Kandidat repräsentiert nach außen eine andere Partei als die, deren Mitglied er ist. Diese Repräsentation ist allerdings eine eher faktische. Weder das Grundgesetz noch die Wahlgesetze schreiben vor, daß die Parteien nur ihre Mitglieder als Kandidaten aufstellen dürfen 164 . I m Falle der Wahl sind diese ohnehin bei der Ausübung des Mandats von ihren Parteien unabhängig 165 . I n den Augen der Öffentlichkeit mag jemand, der von einer Partei als deren Kandidat aufgestellt wird, mehr als i h r Repräsentant angesehen werden als einer, der „nur" i h r Mitglied ist. Zu bedenken ist aber, daß der Nur-Kandidat den A k t des Beitritts, der die grundsätzliche Identifikation mit der Partei ausdrückt, gerade nicht vollzogen hat. Auch gilt eine Kandidatur, wenn sie richtig verstanden wird, nicht einer Partei, sondern der Arbeit i n dem zu wählenden Gremium (ζ. B. Stadtrat). Die Bereitschaft, i n diesem bestimmten Gremium auf Zeit nach den Grundsätzen einer Partei oder auch nur nach ihrem Wahlprogramm zu arbeiten, ist etwas anderes als der auf unbestimmte Zeit erfolgende Beitritt zu einer Partei. Dem Grundsatz der Gegnerfreiheit läßt sich somit nicht entnehmen, daß die Parteien die Möglichkeit haben müssen, jede Kandidatur eines ihrer Mitglieder auf dem Vorschlag einer anderen Partei ohne Rücksicht auf den Eintritt schweren Schadens m i t dem Verlust der Mitgliedschaft zu ahnden.

Kandidaten einen Ausschlußgrund bildet, so A r t . X Abs. 4 Nr. 4 Constitution Ulster Unionist Party (GB) u n d briefliche Auskünfte der Conservative Party (GB) v o m 29. Sept. 1980 sowie der Northern Ireland Labour Party (GB) v o m 2. Jan. 1980. 162 Vgl. BSchK v o m 23. X . 1975, g. P. S., Bl. 2. 163 Siehe oben 1 a. 164 W o h l geben sich Parteien selbst solche Regelungen, etwa § 8 I X 5 Satzung Grüne B W ; § 13 I Buchst, a WahlO SPD. 165 Vgl. A r t . 38 I 2 GG; A r t . 30 I I L V N W ; A r t . 3 I 2 L V Nds; § 30 I GemeindeO N W ; §39 I GemeindeO Nds; A r t . 76, 77 L V Hessen; §35 I GemeindeO Hessen; A r t . 27 I I I L V B W ; § 32 I I I GemeindeO BW.

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG

3. Die

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Beitragssäumigkeit

Auch die Nichtentrichtung von Mitgliedsbeiträgen w i r d i n der Praxis der Parteien als Grund zur Beendigung der Mitgliedschaft angesehen 166 . Ob allerdings das Grundgesetz den Parteien die Möglichkeit garantiert, i n solchen Fällen ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen des § 10 I V PartG die M i t g l i e d schaft zu beenden, k a n n hier dahinstehen, da § 10 I V PartG für (bloße) Beitragssäumigkeit nicht g i l t 1 6 7 .

4. Verfassungswidriges

Verhalten

Das Argument, eine Partei müsse sich i m Wege der „Selbstreinigung" von antidemokratischen Kräften trennen können 168 , gibt Anlaß zu der Frage, ob verfassungswidriges Verhalten eines Mitglieds u. U. entgegen den Anforderungen des § 10 I V PartG einen Ausschlußgrund bilden kann. Zunächst sei klargestellt, daß nicht jeder Verstoß gegen eine Verfassungsnorm als eigener Ausschlußgrund i n Betracht kommen kann. Soweit eine Partei es für nötig hält, ihre Mitglieder besonders zur Beachtung des Grundgesetzes (oder auch der Landesverfassungen) anzuhalten, kann sie entsprechende Satzungsregelungen schaffen oder ihre Grundsätze entsprechend ausgestalten und bei Verstößen Maßnahmen ergreifen. Ein besonderes Problem stellt allerdings Verhalten dar, das die Partei i n die Gefahr eines Parteiverbots nach A r t . 21 I I GG i. V. m. § 46 I, I I I 1 BVfGG bringen kann. A r t . 21 I I 1 GG beschreibt den Tatbestand, der bei der Partei oder „ihren Anhängern" vorliegen muß, damit ein Verbot ausgesprochen werden kann. Daraus ist zu folgern, daß die Parteien Möglichkeiten haben müssen, Entwicklungen zu verhindern, die zu ihrem Verbot führen können 169 , denn es kann ja nicht 'Sinn von A r t . 21 I I 1, I 3 GG sein, eine verfassungswidrige Entwicklung der Partei zuzulassen, „damit" dann ein Parteiverbot ermöglicht wird. Zu be166 § 13 V OrgSt SPD; § 26 I I I Buchst, d Satzung SSW; § 7 I I 2 Satzung FDP i. V. m. § 3 I Beitragsrahmenordnung FDP; § 8 I I I Satzung CSU; § 13 i. V. m. §11 I, I I Statut CDU; ähnliche Regelungen kennen auch ausländische Parteien, z . B . §16 I OrgSt SPÖ (A); A r t . 5 I Buchst, a N r . 4 OrgSt L S A P (L); Clause 7 Constitution Scottish National Party (GB) (Amendment June 1981); §3 Stk. 4 Love Centrum-Demokraterne (DK); Ziffer 1 Abs. 4 Lovbestemmelser Socialistisk Folkeparti (DK); A r t . 9 Buchst, c Statuten P v d A (NL). 167 Dazu näher unten § 4 J V 2. 168 Strunk, S.61; ähnlich Hahn, S. 39/40; Wolfrum, S. 145. 169 Sorge vor einem Parteiverbot scheint i n den etablierten Parteien nicht zu bestehen. Vgl. aber § 9 I I Nr. 2 Satzung NPD: „Parteischädigend . . . v e r hält sich insbesondere, . . . wer . . . gegen die erklärte demokratische G r u n d einstellung der NPD Stellung n i m m t . " § § 3 0 - 3 3 Satzung NPD sehen N o t standsmaßnahmen für den F a l l vor, daß „die Partei i m Sinne einer i h r e n demokratischen Grundsätzen widersprechenden Richtung beeinflußt oder ihre Organisation unter die Vormundschaft parteifremder Elemente gebracht w e r den soll".

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§ 2 Die Zulässigkeit v o n Ausschlußmaßnahmen

denken ist aber, daß das Verhalten eines einzelnen Mitglieds kaum je geeignet ist, die Gefahr eines Parteiverbots heraufzubeschwören; das i m Widerspruch zur Gesamtpartei stehende Verhalten Einzelner ermöglicht kein Parteiverbot 170 . Sollte das gemeinsame Verhalten einer größeren Zahl von Mitgliedern aber zu einer solchen Gefahr führen, wäre darin schwerer Schaden i . S . d . § 10 I V PartG zu sehen, und ein Ausschluß könnte erfolgen. Verhalten, das dahinter zurückbleibt, w i r d zwar oft auch einen Ausschluß rechtfertigen. Ein verfassungsrechtliches Erfordernis, i n solchen Fällen stets das Mitglied ausschließen zu können, besteht aber nicht. 5. Sonstige

Fallgruppen

Weitere Fallgruppen, die bisweilen als „absolute" Ausschlußgründe angesehen werden, sind die Unterzeichnung eines gegnerischen Wahlvorschlags 1 7 1 und die Mitgliedschaft i n einer gegnerischen Organisation, die keine Partei ist 1 7 2 . Solche Fälle werden oft einen Ausschluß rechtfertigen. Daß die Parteien aber unabhängig v o n den Gegebenheiten des Einzelfalls die Möglichkeit haben müßten, das M i t g l i e d auszuschließen, läßt sich dem Grundgesetz nicht entnehmen 1 7 3 . §§ 6 I I Nr. 4, 10 I V PartG verletzen — m i t der für Fälle der Doppelmitgliedschaft geltenden Ausnahme — die Parteien nicht i n ihrer verfassungsrechtlichen Stellung.

I V . Das Verhältnis zwischen Aufnahme- und Ausschlußregelung im Parteiengesetz

Noch offen ist die Frage, ob das Verhältnis zwischen der Aufnahmeregelung i n § 10 I 1 - 3 PartG und der Ausschlußregelung der §§ 6 I I Nr. 4, 10 I V PartG verfassungsrechtlich zu beanstanden ist. 1. Diese gesetzlichen Regelungen machen der Partei die Ablehnung eines Aufnahmeantrags recht leicht, den Ausschluß eines bereits aufgenommenen Mitglieds aber erheblich schwerer 174 . Darin liegt eine Un170 BVerfGE 5, 85, 143; von Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 68, m. w. N.; MDHS-Maunz, A r t . 21, Rdnr. 112 (1960); w o h l a. M . Wolfrum, S. 145. 171 BSchK v o m 21. I V . 1977, g. J. R., Bl. 4, unter Bezugnahme auf § 6 I 2 OrgSt SPD; BesSchK Westfälisches Westfalen v o m 1. X I I . 1976, g. J. R. u.a., Bl. 2; UBSchK Rhein-Sieg v o m 12. V I I I . 1980, g. W. S., Bl. 2 (jedoch aufgehoben durch BezSchK M i t t e l r h e i n v o m 6. I I . 1981, g. W. S., Bl. 3). 172 PVSchK v o m 26. V I . 1970, g. E. L., Bl. 2, unter Bezugnahme auf § 6 I I 1 OrgSt SPD; UBSchK H a m m v o m 19. X . 1970, g. Η . Β., B1.4; w o h l auch UBSchK H a m m v o m 4. X I . 1969, g. J. B., Bl. 4; BezSchK Westliches Westfalen v o m 10. I V . 1970, g. M . V . u.a., Bl. 1; kritisch dazu Seifert, S.218; Z i m m e r mann, S. 136 u n d S. 144 ff. 173 Vgl. B G H Z 73, 275, 280. 174 Hierzu ausführlich Knöpfle, Der Staat 1970, 321 ff.; Trautmann, S. 193 ff.; M a l y - M o t t a , S. 12 f. u n d S. 61 ff.; ferner Seifert, S. 209 f.; Henke, S. 89 ff.

Β . Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 I I Nr. 4,10 I V PartG

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g l e i c h b e h a n d l u n g der B e w e r b e r gegenüber d e n M i t g l i e d e r n 1 7 5 , die a n A r t . 3 I G G z u messen ist. 2. Nach A r t . 3 I G G muß jedermann „vor dem Gesetz" gleichbehandelt werden. Das begründet zunächst eine Pflicht derer, die das Gesetz dem einzelnen gegenüber anzuwenden haben, also vor allem der Exekutive 1 7 6 . H i e r ist es jedoch der Gesetzgeber, der die Ungleichbehandlung v o r n i m m t . Nach heute h. M. richtet sich A r t . 3 I GG auch an den Gesetzgeber 177 , wofür v o r allem A r t . 1 I I I G G spricht. Die gegenteilige Auffassung, die sich auf den W o r t l a u t („ ,vor' dem Gesetz") beruft u n d darin eine Ausnahme („Änderung"!) v o n A r t . 1 I I I GG erblickt 1 7 8 , überzeugt dagegen nicht, vor allem, w e i l auch der Gesetzgeber gemäß A r t . 1 I I I GG u n d A r t . 93 I Nr. 4a GG an die Grundrechte gebunden ist 1 7 9 . Freilich b r i n g t die Auslegung, daß A r t . 3 I GG auch den Gesetzgeber bindet, die Gefahr m i t sich, daß das zur Kontrolle des Gesetzgebers berufene Bundesverfassungsgericht bei der Prüfung v o n Gesetzen am Gleichheitsgrundsatz seine Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle des Willens des Gesetzgebers setzt. Dem w i r d dadurch zu begegnen versucht, daß entweder A r t . 3 I GG den Gesetzgeber nicht i n der gleichen Intensität binde w i e die beiden anderen Gewalten 1 8 0 oder daß sich das Bundesverfassungsgericht bei der Überprüfung v o n Gesetzen an A r t . 3 I G G größere Zurückhaltung auferlegen müsse 1 8 1 . Die Konsequenz aus beiden Konstruktionen ist, daß ein V e r stoß gegen A r t . 3 I GG n u r dann feststellbar ist, w e n n die Ungleichbehandl u n g vergleichbarer Sachverhalte „ w i l l k ü r l i c h " ist 1 8 2 . 3. O b h i e r W i l l k ü r u n d d a m i t e i n Verstoß gegen A r t . 3 I G G festzus t e l l e n ist, h ä n g t v o n d e m G e w i c h t der G r ü n d e ab, d i e f ü r d i e U n g l e i c h b e h a n d l u n g sprechen k ö n n e n . G e m ä ß A r t . 21 I 2 O G ist d i e G r ü n d u n g v o n P a r t e i e n f r e i . D i e A u f n a h m e eines n e u e n M i t g l i e d s h a t m i t d e r G r ü n d u n g v o n P a r t e i e n i n s o f e r n z u t u n , als h i e r f ü r das e i n z e l n e M i t g l i e d n a c h g e h o l t w i r d , was d i e G r ü n d u n g s m i t g l i e d e r b e i d e r G r ü n d u n g g e t a n h a b e n . W e n n d e r Gesetzgeber sich b e i d e r R e g e l u n g d e r A u f n a h m e v o n M i t g l i e d e r n w e g e n d e r e n Sachnähe z u r P a r t e i g r ü n d u n g z u r ü c k 175

Z u diesem Problem: Trautmann, S. 198 f.; Knöpfle, Der Staat 1970, 345. Gubelt, in: von Münch, GG, A r t . 3, Rdnr. 8; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 3, Rdnr. 7; Doehring, S.292f.; H a m a n n / L e n z , A r t . 3, A n m . Β 3; B r i n k mann, A r t . 3, A n m . I I b . 177 BVerfGE 1, 14, 52; Gubelt, in: von Münch, GG, A r t . 3, Rdnr. 8; SchmidtBleibtreu / Klein, A r t . 3, Rdnr. 8; von Mangoldt / Klein, A r t . 3, A n m . I I I 2; H a m a n n / L e n z , A r t . 3, A n m . Β 3; MDHS-Maunz, A r t . 3 I (1973), Rdnr. 292. 178 So B r i n k m a n n , A r t . 3, A n m . I I b . 179 Grundlegend zur Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitsgrundsatz: Leibholz, Die Gleichheit vor dem Gesetz, insbes. S. 255 ff. 180 So w o h l BVerfGE 48, 281, 288 (Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers); BVerfGE 19, 354, 367; BVerfGE 50, 142, 161 f.; Hamann / L e n z , A r t . 3, A n m . Β 4 b u n d Β 4 c dd; von Mangoldt / Klein, A r t . 3, A n m . I I I 4 a. 181 M D H S - D ü r i g , A r t . 3 I, Rdnr. 297 (1973); Hesse, S. 169; Doehring, S. 293 ff. 182 So BVerfGE 18, 121, 124; BVerfGE 50, 142, 162; MDHS-Maunz, A r t . 3 I, Rdnr. 297 (1973); Hesse, S. 169; ähnlich H a m a n n / L e n z , A r t . 3, A n m . Β 4 a; von Mangoldt / Klein, A r t . 3, A n m . I I I 4 a; Doehring, S.294; vgl. auch BVerfGE 48, 281, 288; BVerfGE 19, 354, 367. 176

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§ 2 Die Zulässigkeit v o n Ausschlußmaßnahmen

gehalten hat — auch ohne unbedingt dazu verpflichtet zu sein —, er andererseits aber wegen der Bedeutung für die innere Ordnung der Parteien den Ausschluß detailliert geregelt hat, ist das unter W i l l k ü r gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Nur die Parteimitglieder sind verpflichtet, sich an Satzung, Grundsätze und Ordnung der Partei zu halten. Sie stehen i n Gefahr, dagegen zu verstoßen, weil ihre Aktivitäten daran gemessen werden können. Für Bewerber gilt das nicht, sie bedürfen insoweit auch keines besonderen Schutzes. Schließlich ist es eine Erfahrungstatsache, daß Parteiausschlüsse regelmäßig eine größere politische Bedeutung erlangen als Ablehnungen von Aufnahmeanträgen 183 ; Ausschlußverfahren sind häufig m i t innerparteilichen Machtkämpfen verbunden. Wenn der Gesetzgeber bei dieser Sachlage die Mitgliederaufnahme anders regelt als den Ausschluß, liegt darin keine W i l l k ü r . 4. Argumentationen, die eine Angleichung der Aufnahmevorschriften an die Ausschlußvorschriften deshalb wollen, weil sie dem Grundgesetz einen Aufnahmeanspruch entnehmen 184 , können nur zur Verfassungswidrigkeit von § 10 I 1 - 3 PartG, nicht aber von §§ 6 I I Nr. 4, 10 I V PartG führen 185 . Die Ausschlußregelung des Parteiengesetzes ist m i t A r t . 3 I GG vereinbar.

C. D i e Voraussetzungen des Ausschlusses

Somit sind nun die Voraussetzungen des Ausschlusses i m einzelnen zu untersuchen. Gemäß § 6 I I Nr. 4 PartG müssen Satzungsbestimmungen über den Ausschluß vorhanden sein; dazu sogleich 186 . § 10 I V PartG enthält materielle Anforderungen, die unabhängig von der Satzimgsregelung erfüllt sein müssen 187 . Danach werden (Probleme der Rechtswidrigkeit — insbesondere des Vorliegens von Rechtfertigungsgründen 188 — und des Ausschlußermessens 189 zu behandeln sein.

183

Dazu Reel, S. 338. Etwa Knöpf le, Der Staat 1970, 334 - 338; M a l y - M o t t a , S. 62 ff.; vgl. auch von Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 46; B u l l ZRP 1971, 198; vgl. zum Problem des „Schutzes gegen w i l l k ü r l i c h e Beitrittsverweigerung" schon Rabus AöR 78 (1952/53), 180 ff. 185 So Knöpfle, Der Staat 1970, 346. 186 U n t e n § 3. 187 Siehe u n t e n §4. 188 Siehe unten § 5. 189 Siehe u n t e n § 6. 184

§ 3 Die Regelungen in der Parteieatzung A . D i e Parteisatzung Nach § 6 I I N r . 4 P a r t G müssen die Parteisatzungen Bestimmungen e n t h a l t e n ü b e r zulässige O r d n u n g s m a ß n a h m e n gegen M i t g l i e d e r u n d ü b e r i h r e n Ausschluß. I . Die Gültigkeit der Satzung Das bedeutet zunächst, daß eine gültige Parteisatzung vorliegen muß, i n welcher die fraglichen Regelungen enthalten sind. Gemäß § 9 I I I PartG müssen Satzungen v o m Parteitag bzw. v o n der Mitgliederversammlung beschlossen sein; nach § 6 I 1 PartG bedürfen sie der Schriftform. Satzungen, die unter Verstoß gegen diese Vorschriften zustande gekommen sind, sind nach § 134 B G B u n g ü l t i g (unwirksam) 1 . Auch die sonstigen Vorschriften des Parteiengesetzes — z . B . § 10 I I 1 — sind bei der Beschlußfassung über die Parteisatzung einzuhalten. Parteieigenes Satzungsrecht ist zu beachten, w e n n eine Satzung geändert oder über die Satzung einer Gliederung beschlossen w i r d . Außerdem k a n n Vereinsrecht v o n Bedeutung sein, z. B. § 71 I 1 BGB, w e n n die Partei — w i e CSU 2 u n d FDP 3 — ein eingetragener Verein ist 4 . Die damit zusammenhängenden Fragen haben keine spezifische Bedeutung für den Parteiausschluß; deshalb w i r d ihnen hier nicht nachgegangen.

I I . Die Satzung i m Sinne von § 6 I I PartG B e s t i m m u n g e n ü b e r d e n Ausschluß m ü s s e n gemäß § 6 I I 1. H a l b s . P a r t G i n d e n S a t z u n g e n e n t h a l t e n sein. 1. E i n V e r g l e i c h m i t § 6 I 2 P a r t G u n d m i t a n d e r e n Gesetzesformulier u n g e n 5 w ü r d e d a f ü r sprechen, daß die R e g e l u n g n i c h t i n d e r S a t z u n g 1 So für Parteisatzungen: B G H Z 73, 275, 281; Henke, S. 102; Heimann, p o l i tische Parteien, S. 18; für Vereinssatzungen: Staudinger / Coing, § 25, Rdnr. 22. 2 Vgl. § 2 Satz 1 Satzung CSU. 3 § 37 I Satzung FDP. 4 Vgl. hierzu Henke, S. 61, m. w. N.; ferner § 37 PartG. — Z u r A n w e n d b a r keit vereinsrechtlicher Vorschriften des B G B auf nichteingetragene Vereine siehe etwa Reuter, in: MünchKomm, § 54, Rdnr. 2; Reichert / Dannecker / K ü h r , S. 399 f. 5 §§ 6 I 1, I I I Nr. 1; 7 I 2; 8 I 2, I I 1 u n d 2; 9 I I , I I I ; 10 I 1, I I 2, I I I ; 11 I I 1, I I I , I V 2; 12 I , I I 1; 13 Sätze 1 u n d 3; 14 I 1, I I I ; 15 I ; 16 I 2; 17 Satz 2 PartG.

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§ 3 Die Regelungen i n der Parteisatzung

des höchsten Gebietsverbandes 6 erfolgen muß 7 ; sie könnte grundsätzlich also auch i n der Satzung eines Ortsverbandes vorgenommen werden 8 . Andererseits zeigt die i n § 10 I V PartG enthaltene Formulierung, ein Mitglied könne „aus der Partei" ausgeschlossen werden, daß der Ausschluß zwischen dem Mitglied und der gesamten Partei — und nicht etwa nur gegenüber einzelnen Gliederungen — w i r k t . Es wäre eine merkwürdige Konstruktion, wenn eine Gliederung völlig autonom Ausschluß regelungen treffen könnte, die andere Gliederungen derselben Organisationsstufe gegen sich gelten lassen müßten; so etwas käme einem „Rechtsgeschäft zu Lasten Dritter" nahe. M i t h i n müssen Bestimmungen über den Ausschluß grundsätzlich i n der Satzung der Gesamtpartei enthalten sein. Zulässig ist es allerdings, wenn diese die materielle Regelung des Ausschlusses nicht selbst trifft, sondern Gliederungen dazu ermächtigt. Eine Ausschlußregelung, die auf einer solchen Ermächtigung beruht, haben alle Gliederungen zu akzeptieren, weil sie auf den Willen der Gesamtpartei zurückgeht. 2. Die weitere Frage ist, ob als Satzung i. S. d. § 6 I I PartG auch eine „Nebenordnung" 9 , etwa die i n § 14 I V PartG genannte Schiedsgerichtsordnung, genügt. § 9 I I I PartG verlangt, daß Satzungen vom Parteitag beschlossen werden. Damit sind jedenfalls Ausschluß regelungen i n solchen Nebenordnungen unwirksam, die nicht vom Parteitag beschlossen sind 10 . Allerdings haben nach § 9 I I I PartG auch die Beitragsordnung und die Sdiiedsgerichtsordnung die Qualität, vom Parteitag beschlossen zu sein. Das Gesetz stellt an diese also gleichhohe Anforderungen wie an die Satzung — m i t Ausnahme der nur für die Satzung der Gesamtpartei geltenden Vorlagepflicht nach § 6 I I I 1 Nr. 1 PartG. Andererseits hätte die unterschiedliche Zuweisung von Regelungsgegenständen — für die Satzung i n § 6 I I PartG, für die Schiedsgerichtsordnimg i n § 14 I V PartG — keinen Sinn, wenn diese Gegenstände austauschbar wären. Der Zweck dieser Bestimmungen ist (unter anderem), daß das Mitglied nur i n der Satzung nach Regelungen über seinen Ausschluß suchen müssen soll. Deshalb kann auch i n diesem Zusammenhang nicht darauf abgestellt werden, ob eine Norm materiell zur Satzung gehört 11 . Eine 6 Bundesverband bei SPD, CDU, FDP u n d Grünen; Landesverband bei CSU u n d SSW. 7 Α . M . anscheinend Reel, S. 286, Fußn. 3. 8 Z u beachten ist aber, daß das formelle Ausschluß recht ein zweiinstanzliches Verfahren verlangt (§ 10 V 2 PartG); dieses w i r d ein Ortsverband k a u m regeln können. 9 Vgl. dazu Seifert, S. 181 f.; Schlicht, S. 14 ff.; Reichert / Dannecker / K ü h r , S. 84; Staudinger / Coing, §25, Rdnr. 4; Palandt / Heinrichs, §25, A n m . 2 e. 10 Z u r Unterscheidung v o n Satzung u n d Nebenordnungen siehe Seifert, S. 181 f.; Staudinger /Coing, §25, Rdnr. 4; Lohbeck M D R 1972, 381 ff. 11 So aber w o h l Zimmermann, S. 130.

C. Die Voraussetzungen des Ausschlusses

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Ausschlußregelung außerhalb der eigentlichen Satzung ist also u n w i r k sam. B. Die Rechtsfolge Ausschluß Für die Regelung des Auschlusses i n der Parteisatzung besagt § 6 I I Nr. 4 PartG zumindest, daß die Rechtsfolge „Ausschluß" i n der Satzung vorgesehen sein muß. Ist das nicht der Fall, k a n n k e i n M i t g l i e d ausgeschlossen werden 1 2 .

C. Die Voraussetzungen des Ausschlusses I . Die Gesetzessystematik

Ob auch die (materiellen) Voraussetzungen des Ausschlusses i n der Parteisatzung geregelt sein müssen, ist zweifelhaft. § 10 I I I 1 Nr. 2 PartG verlangt nur, daß die Gründe für „Ordnungsmaßnahmen" (i. S. d. § 6 I I Nr. 4 PartG) 13 satzungsmäßig bestimmt sein müssen. Gründe, die zum Ausschluß berechtigen, sind dagegen durch § 10 I V PartG selbst bestimmt. I I . Der Regelungsrahmen des § 10 I V PartG

Berücksichtigt man die Bedeutung von § 10 I V PartG, w i r d -dieses Ergebnis unterstützt. I n § 10 I V PartG ist (auch) geregelt, unter welchen Voraussetzungen die Partei ihrem Mitglied den Ausschluß androhen kann. Diesen Rahmen „voll auszuschöpfen", kann ihr nicht verwehrt werden. Sie kann somit auch eine Satzungsregelung schaffen, die sich auf eine Wiedergabe von § 10 I V PartG beschränkt. Damit würde aber durch Parteisatzung nur etwas bestimmt, was kraft Gesetzes ohnehin gilt. I I I . Der Schutz der Mitglieder

Demgegenüber könnte nicht argumentiert werden, der Schutz der Mitglieder verlange, daß diese bzw. deren Vertreterversammlung nach § 9 I I I PartG auch die Voraussetzungen des Ausschlusses durch eine eigene Regelung bestimmten. § 10 PartG zeigt, daß der Gesetzgeber auf einen solchen Schutzmechanismus nicht vertraute, und bereits der Umstand, daß die Rechtsfolge Ausschluß eines Parteitagsbeschlusses bedarf, könnte eine „Warnfunktion" ausüben 14 . Außerdem ist es dem Parteitag 12

Heimann, politische Parteien, S. 18. Z u r Unterscheidung zwischen „Ausschluß" u n d „Ordnungsmaßnahme" siehe oben §2 A I, F N 2. 14 Wie wenig Parteitagsdelegierte an ihre Mitgliedsrechte denken, zeigt sich daran, daß Folgendes Satzung werden konnte: „Die vorliegenden Sat13

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§ 3 Die Regelungen i n der Parteisatzung

u n b e n o m m e n , a n e i n e n Ausschluß s t r e n g e r e M a ß s t ä b e z u setzen als § 10 I V PartG vorsieht15. I V . Die Bestimmtheit Es b l e i b t d i e Frage, ob n i c h t eine Ausschluß a n d r o h u n g , d i e als V o r aussetzungen n u r d i e des § 10 I V P a r t G h a t , d e m M i t g l i e d gegenüber z u u n b e s t i m m t i s t , u m „ B e s t i m m u n g " i. S. d. § 6 I I P a r t G z u sein 1 6 . 1. E i n z u r ä u m e n ist, daß § 10 I V P a r t G a u f d e n e r s t e n B l i c k recht u n b e s t i m m t w i r k t — v o r a l l e m aus der Sicht eines M i t g l i e d s . D i e A u s l e g u n g e r g i b t aber, daß d i e z e n t r a l e n B e g r i f f e „ S a t z u n g " , „ G r u n d s ä t z e " 1 7 u n d „ O r d n u n g " 1 8 durchaus b e s t i m m bar s i n d 1 9 . 2. Daneben ist zu bedenken, daß Bestimmtheitsanforderungen nicht ohne Rücksicht auf die Möglichkeiten, bestimmtere Regelungen zu schaffen, aufgestellt werden können. F ü r gewise typische Verstöße gegen Mitgliedspflichten sind eindeutige Verbotsnormen möglich. I n Parteisatzungen finden sich dementsprechend Vorschriften, wonach ein M i t g l i e d nicht gleichzeitig einer gegnerischen Partei angehören 2 0 oder sie unterstützen 2 1 darf. Vereinzelt f i n zungen sind so auszulegen u n d anzuwenden, daß die größtmögliche Handlungsfähigkeit der Parteiorgane gewährleistet ist. Interessen einzelner M i t glieder oder v o n Parteiorganen haben gemäß diesem Grundsatz vor dem höheren Interesse der Gesamtpartei zurückzutreten." (§24 OrgSt FPÖ [ A ] ) . 15 So § 8 I V 1 Satzung CSU: „ E i n M i t g l i e d k a n n ausgeschlossen werden, w e n n es vorsätzlich erheblich gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstößt u n d i h r damit schweren Schaden zufügt." 16 Z u r Geltung des nulla-poena-sine-lege-Satzes für Parteistrafen siehe Wolfrum, S. 148 f. 17 Dazu u n t e n § 4 C. 18 Dazu u n t e n § 4 D. 19 Vgl. auch Reel, S. 340, der den Tatbestand des § 10 I V PartG als „deutlich umrissen" ansieht. 20 §6 I 1 OrgSt SPD; §§ 3, 8 I Buchst, e Satzung CSU; §§4, 12 Nr. 1 Statut CDU; §§ 2 I I I 1, 6 I Nr. 3 Satzung FDP; §2 Satzung Grüne. — Ausland: A r t . 2 I Statuts DP (L); A r t . I I I 1 i i Constitution Ulster Unionist Party (GB); § 6 I V OrgSt FPÖ (A); §9 I Buchst, c BPOrgSt ÖVP (A); Rule 7 i u n d i v Constitution Fianna F a i l (IRL); A r t . 13 mom. 4 Satz 1 Partistadgar SAP (S); §3 mom. 3 Satz 1 Normalstadgar Moderata Samlingspartiet (S); §2 I 1 Stadgar Folkpartiet (S); A r t . 3 V Statuten SPS (CH); Clause I I Abs. 4 Buchst, b Constitution Labour Party (GB); § 11 OrgSt SPÖ (A); A r t . 4 I u n d 5 I Buchst, a Nr. 2 OrgSt L S A P (L); A r t . 2 I I Statuten CSV (L); Clause 4 (a) Constitution Plaid Cymru (GB); Clause 4 (d) Constitution Scottish National Party (GB); Ziffer 1.3 Statuten CVP (B); w o h l auch A r t . 7 I Statuten CVP (CH); Clause 3.2 Party Constitution SDLP (GB); § 4 Stadgar för Svenska folkpartiet i m e l lersta Vanda (SF); § 3 I Senterpartiets Lover (N); Stk. 5 Love for Socialdemokratiet (DK); §3 Stk. 5 Satz 1 Love Centrum-Demokraterne (DK). 21 §6 I 2 OrgSt SPD; §12 Nr. 2 Statut CDU. — Ausland: See. I I I Abs. I V Constitution Labour Party (IRL); § 15 I Buchst, a OrgSt SPÖ (A); §3 mom. 3 Satz 1 Normalstadga Moderata Samlingspartiet (S); vgl. auch Rule 7 (iv) Satz 1 Rules Fianna F a i l ( „ A n y member of Fianna F a i l who contests any election other t h a n as a duly ratified Fianna F a i l Candidate automatically ceases to be a member of all units of the organisation as from close of n o m i -

C. Die Voraussetzungen des Ausschlusses

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det sich auch das Gebot, sich i m Falle einer W a h l i n eine Volksvertretung der F r a k t i o n der eigenen Partei anzuschließen 22 . Ähnliches g i l t für das V e r bot der Mitgliedschaft i n sonstigen gegnerischen Organisationen dann, w e n n verbindlich bestimmt ist, welche Organisationen als gegnerisch g i l t 2 3 . Fehlt es daran, werden solche Klauseln unklar. Sicherlich w i r d m a n ζ. B. den „ R i n g Christlich-Demokratischer Studenten" aus SPD-Sicht als gegnerisch, w e i l der CDU nahestehend, ansehen können 2 4 . Ob aber für die CSU der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Humanistische Union oder der B u n d Demokratischer Wissenschaftler gegnerische Organisationen sind, u n d ob der Deutsche Bauernverband, der B u n d Freiheit der Wissenschaft oder die Römisch-Katholische Kirche „Vereinigungen, die gegen die SPD w i r k e n " 2 5 , sind, ist zweifelhaft, zumal gerade die Beispiele Katholische Kirche — SPD u n d DGB — CSU 2 6 zeigen, daß trotz zahlreicher politischer Kontroversen die Zulässigkeit der Mitgliedschaft i n beiden Organisationen unbestritten ist. Weitere Beispiele 2 7 dafür, w i e politische Parteien Ge- u n d Verbote an ihre Mitglieder konkretisieren 2 8 , v e r m i t t e l n eher den Eindruck, sie seien zufällig oder aus konkretem Anlaß i n die Satzung aufgenommen worden, nicht aber, das den Mitgliedern verbotene Verhalten solle umfassend beschrieben w e r den. U n d selbst dann ist es zum T e i l fraglich, ob m a n die N o r m als „bes t i m m t " ansehen kann. Einzig i n §§ 12 - 14 Statut CDU w i r d der Versuch gemacht, katalogartig darzustellen, was dem M i t g l i e d verboten sein soll 2 9 . M i t der SPD-Mitgliedschaft ist nicht n u r die Mitgliedschaft i n u n d die Tätigkeit oder Kandidatur für eine gegnerische Partei „unvereinbar", sondern auch die „Unterschriftsleistung" 3 0 , d. h. die Unterzeichnung eines Wahlvorschlags einer anderen Partei, u m dieser die Zulassung zur W a h l zu ermöglichen 3 1 . 3 2 . CDUnations."); A r t . 9 Buchst, d Statuten P v d A (NL); Stk. 5 Love for Socialdemokratiet (DK). 22 § 7 I I 2 Satzung FDP; § 12 Nr. 3 Statut CDU; A r t . 75 I I Nr. 2 Statuten CSV (L). 23 So §6 I I 2 OrgSt SPD; Clause 117 Constitution Scottish National Party (GB); A r t . 7 I I , I I I Statuten CVP (CH). Beispiele für Unvereinbarkeitsbeschlüsse der SPD: Flechtheim-Dokumente, Band 7, S. 156 ff. Die Regelung der SPD kennt allerdings keine Veröffentlichungspflicht, dazu schon Lenz/Sasse JZ 1962, 239. Ausführlich zu Unvereinbarkeitsbeschlüssen Zimmermann, S. 135 ff. 24 Z u m Verhältnis zwischen RCDS u n d CDU siehe etwa K a a c k / R o t h I, S. 137 f. (Höfling). 25 So § 6 I I 1 OrgSt SPD. 26 Die Anregung aus der CSU, die CDU möge die damalige stellvertretende Bundesvorsitzende des DGB, Maria Weber, wegen ihres Eintretens für die Gesamtschule ausschließen, w a r w o h l eine Einzelstimme, vgl. ötv-magazin, Heft 12/1979, S. 39. 27 Einen Uberblick über Parteiordnungsmaßnahmen bei typischen Einzelfällen gibt Hasenritter, S. 82 - 124. 28 Hier sind n u r solche Beispiele berücksichtigt, i n denen eine Sanktion, w e n n auch nicht unbedingt der Ausschluß, angedroht w i r d . 29 Die Regelungen der CDU sind z. T. wortgleich übernommen i n A r t . 75 I I Statuten CSV (L). 30 § 6 I 2 OrgSt SPD. 31 So müssen z . B . für einen Kreiswahlvorschlag zur Bundestagswahl 200 Unterschriften eingereicht werden, § 20 I I 2, I I I 1 B W a h l G ; vgl. auch § 27 I 2 B W a h l G ; §§ 19 I I 3, 20 I 3 L W a h l G N W ; A r t . 25 I I 2, 3 L W a h l G B W ; §§ 21 I I I 3, 22 I I I 2 L W a h l G Hessen; § 14 I I 1 L W a h l G Nds. 5 Risse

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§ 3 Die Regelungen i n der Parteisatzung

Mitglieder dürfen nicht „ i n Versammlungen politischer Gegner, i n deren Rundfunksendungen, Fernsehsendungen oder Presseorganen gegen die erk l ä r t e P o l i t i k der U n i o n Stellung" nehmen 3 3 , vertrauliche Parteivorgänge veröffentlichen oder an politische Gegner verraten 3 4 , Parteivermögen veruntreuen 3 5 oder die „besonderen Treuepflichten, welche für einen Angestellten der Partei gelten", verletzen 3 6 . Die F D P bedroht ausdrücklich die Verletzung der richterlichen Schweigepflicht 3 7 — w o h l n u r auf die Tätigkeit ihrer Schiedsgerichte bezogen 38 m i t dem Ausschluß, u n d der SSW w i l l „unwahre Angaben zum Erwerb der Mitgliedschaft" auf diese Weise ahnden 3 9 , eine Problematik, die w o h l eher zur Anfechtung nach §§ 119, 123 B G B gehört 4 0 . Die Liberalen Demokraten drohen den Ausschluß an „bei Annahme v o n Spenden u n d Vorteilen, die m i t einer politischen Gegenleistung v e r k n ü p f t sind, (und) bei Nichtweiterleitung v o n Spenden an die Partei" 4 1 . A b e r selbst solche Normen, denen mangelnde Bestimmtheit nicht nachgesagt werden kann, könnnen nicht ohne weiteres Ausschlußgrundlage u n d somit „Bestimmung" i. S. d. § 6 I I PartG sein. Z u m Beispiel f ü h r t nicht jede Unterstützung des politischen Gegners zu einem „schweren Schaden", u n d w e n n dieser nicht vorliegt, k a n n k e i n Auschluß erfolgen 4 2 . Die Möglichkeiten, ausschlußbegründendes Verhalten durch Einzeltatbestände zu erfassen, sind schon aus diesem Grunde begrenzt. 3. V o n diesen Beispielen abgesehen weichen Parteisatzungen fast i m m e r auf Normierungen aus, die eher unbestimmt sind 4 3 . Das extremste Beispiel der Verwendung unbestimmter Tatbestandsmerkmale findet sich bei der F o l k partiet, den schwedischen Liberalen. Dort bildet das Vorliegen eines „beson32 Der Begriff der „Unterschriftsleistung" wurde erst 1975 i n das Organisationsstatut aufgenommen, vgl. Hasenritter, S. 86, u n d ders. DVB1 1980, 561. H i n t e r g r u n d war, daß l i n k e Splitterparteien (z. B. der K B W , vgl. B G H Z 75, 158) an SPD-Mitglieder herantraten m i t der Bitte, ihnen durch die U n t e r schrift über eine formale Wahlhürde (vgl. B G H N J W 1980, 443 — i n B G H Z 75, 158 insoweit nicht abgedruckt) hinwegzuhelfen. Beispiele betr. D K P : BSchK v o m 21. I V . 1977, g. J. R., Bl. 2; BezSchK Westliches Westfalen v o m 1. X I I . 1976, g. J. R. u. a., Bl. 1; BezSchK M i t t e l r h e i n v o m 29. X I . 1980, g. W. S., Bl. 1 f. 33 § 12 Nr. 2 Statut CDU; ebenso A r t . 75 I I Nr. 1 Statuten CSV (L). (Art. 75 I I Nr. 1 - 4 Statuten CSV (L) stimmt fast w ö r t l i c h m i t § 12 Nr. 2 - 5 Statut CDU überein.) — Nach A r t . 51 Satz 2 Statuten Volksunie (B) 1979 können Personen bestraft werden, die „Stellingen verkondigen s t r i j d i n g met het part i j programma". 34 § 12 Nr. 4 Statut CDU. 35 § 12 Nr. 5 Statut CDU. 36 § 14 Nr. 2 Statut CDU. 37 § 7 I I 2 Satzung FDP. 38 Vgl. § 4 I I Satzung FDP. 39 § 26 I I I Buchst, a Satzung SSW. 40 Vgl. u n t e n § 4 J I I I 2. 41 § 4 I I 2 Satzung LD. 42 Dazu u n t e n § 4 H. 43 Die Satzung v o n Plaid C y m r u (GB) enthält überhaupt k e i n materielles Ausschlußrecht, w o h l aber eine detaillierte Verfahrensregelung. Vgl. auch § 5 I Buchst, b Satzung CSM Augsburg, wonach ein Ausschluß n u r die (formelle) Voraussetzung eines entsprechenden Beschlusses der Mitgliederversammlung hat.

C. Die Voraussetzungen des Ausschlusses

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deren Grundes" die einzige materielle Voraussetzung eines Ausschlusses 44 . Wenig k l a r e r ist die Regelung der britischen Sozialen Demokraten: Ausgeschlossen werden kann, wessen weitere Mitgliedschaft dem Parteiinteresse ernsthaft schädlich wäre 4 5 . I n anderen Parteisatzungen finden sich — zum T e i l kombiniert m i t bestimmteren Tatbestandsmerkmalen — Formulierungen w i e „parteischädigendes V e r h a l t e n " 4 6 oder ähnliche Begriffe 4 7 . Auch Begriffe, die bestimmte Bereiche von Schädigungen bezeichnen wollen, sind i. d. R. recht unbestimmt. So droht die flämische Volksunie Personen, die die A u t o r i tät eines Vorstandes untergraben, sowie solchen, die sich weigern, sich m i t endgültigen Vorstandsbeschlüssen abzufinden 4 8 , m i t dem Ausschluß. Die FPÖ k a n n ein M i t g l i e d ausschließen, „ w e n n dessen Verhalten geeignet ist, das A n sehen der Partei zu schädigen" 49 , „den Zusammenhalt der Partei zu gefährden" 5 0 oder „den Zielen der Partei Abbruch zu t u n " 5 1 . M i t ebenfalls eher 44 „När särskilda skäl föreligger mâ medlem uteslutas u r partiet." (§ 2 I I 1 Stadgar Folkpartiet [S]). Dem käme ein ohne weiteres möglicher Ausschluß „ i m Interesse der Partei" gleich, wie i h n Lagoni, S. 114, v o n der irischen Fine Gael unter Bezug auf deren Scheme of Organization berichtet. Sec. Β Clause 3 Constitution Liberal Party (GB) kennt neben „membership of or active support for another political party" als Ausschlußgrund „disagreement w i t h Liberal Party policy expressed i n such a w a y and to such an extent as seriously to t h r o w doubt on the person's support for the A i m s and Objects of the Party". — Vgl. auch § 5 I I I 1 Satzung K P V N W : „Mitglieder der K P V , die nicht Mitglieder der CDU sind, können aus wichtigen Gründen aus der K P V ausgeschlossen werden." 45 Chapter I I Sec. D Rule 2 Constitution SDP (GB) ( „ . . . i f . . . his or her continued membership w o u l d be seriously detrimental to the interest of the SDP..."). 46 So §11 I I Statut CDU; §47 Buchst, a BPOrgSt Ö V P (A); A r t . 75 I , I I Statuten CSV (L). 47 § 25 I 1 Satzung SSW ( „ . . . das Parteiinteresse s c h ä d i g t . . . " ) ; § 15 I I I Satzung Grüne B W („Schädigung der Partei"); Ausland: A r t . 6 I Buchst, b Statuts DP (L) („d'agissements contraires aux intérêts du P a r t i Démocratique"); A r t . X V Abs. 1 Satz 1 Constitution Ulster Unionists (GB) ( „ c o n d u c t . . . detrimental to the interests of Ulster Unionism or the Ulster Unionist Party or disadvantageous to the objects of the council"); A r t . 13 mom. 2 Satz 1 Partistadgar SAP (S) ( „ M e d l e m , . . . som pâ annat sätt uppenbart Skadar partiet och dess verksamhet); Sec. 3 Abs. 4 Satz 1 Constitution Labour Party (IRL) („that his or her activities are injurious to the party"); A r t . 67 I OrgSt L S A P (L) ( „ . . . oder durch i h r Verhalten die Interessen der Partei schädigen"); A r t . 5 I I Statuten SPS (CH) („die Parteiinteressen gefährdet"); A r t . 51 Satz 2 Statuten Volksunie (B) 1979 („Personen, die . . . door h u n gedrag of houding de p a r t i j i n opspraak brengen of schade b e r o k k e n e n . . . " ) ; § 5 Stadgar för Svenska folkpartiet i mellersta Vanda (SF) ( „ . . . medlem, som handlar i strid med folkpartiets i n t r e s s e n . . . " ) ; § 4 F Satz 1 Senterpartiets Lover (Ν) ( . . . m e d l e m . . . som opptrer t i l âpenbar skade for partiet, . . . " ) ; Ziffer 1 Abs. 6 Satz 1 Lovbestemmelser Socialistisk Folkeparti (DK) ( „ . . . gor sig skyldig i handlinger, der pâ anden vis k a n v i r k e belastende for partiet."); § 7 I I Statut S V P (I) („Die Mitglieder dürfen der Partei durch W o r t u n d Tat nicht schaden oder sie i n schlechten Ruf bringen."). 48 A r t . 51 Satz 2 Statuten Volksunie (B) 1979: „Personen, die het gezag v a n een bestuur ondermijnen, (of) die weigeren zieh neer te leggen b i j defini tie ve bestuursbeslissingen...". 49 § 6 I V Buchst, a OrgSt FPÖ (A); vgl. auch § 8 I I OrgSt FPÖ (A); § 12 I 1 Satzung Grüne; A r t . 7 Statuten D'66 (NL); A r t . 51 Satz 2 Statuten Volksunie (B) 1979. 50 § 6 I V Buchst, b OrgSt FPÖ (A).

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§ 3 Die Regelungen i n der Parteisatzung

unbestimmten Begriffen sollen Verstöße gegen „Grundsätze der Partei" 5 2 v e r hindert oder geahndet werden 5 3 . Weitere Formulierungen, m i t denen ausschlußbegründendes Verhalten bezeichnet w i r d , sind „ehrlose Handlungen" 5 4 u n d „Verstoß gegen die Satzung" 5 5 . Schließlich seien noch die i n einigen Satzungen verwendeten Ausschlußgründe des „unsolidarischen Verhaltens" 5 6 , des Verhaltens, das m i t den Aufgaben der Wahlkreisorganisation unvereinbar ist 5 7 u n d der Verletzung der Mitgliedspflichten 5 8 genannt.

4. Wenn also trotz Konkretisierung bestimmter Fallgruppen die Parteisatzungen stets auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen 59 , w i r d das kaum an mangelnder Bereitschaft zu klaren Regelungen liegen, sondern vor allem an der Schwierigkeit, die nötigen Regelungen i n der wünschenswerten Klarheit abzufassen 60. Schon dem Gesetzgeber war bei dem Versuch, die Ausschlußgründe möglichst genau zu normieren, kein 51 §6 I V Buchst, c OrgSt FPÖ (A); vgl. auch §3 mom. 3 Normalstadga M o derata Samlingspartiet („genom sitt handlande skadar förbundets syften"). 52 So § 26 I 1 Satzung SSW; § 8 I V 1 Satzung CSU; § 7 I 1 Satzung FDP; § 35 I, I I I OrgSt SPD; § 14 Nr. 1 OrgSt SPÖ (A); A r t . 4 I I u n d A r t . 67 I OrgSt L S A P (L); A r t . 75 I Statuten CSV (L). Z u bedenken ist, daß auch deutsche Parteien den Begriff „Grundsätze" nicht unbedingt i. S. d. § 10 I V PartG verstehen, vgl. unten D I I 1. 53 Ähnliche Formulierungen: A r t . 6 I Buchst, a Statuts DP (L) („d'infration grave . . . aux principes du P a r t i . . . " ) ; A r t . 3 Abs.4 Satz 1 Constitution L a bour Party (IRL) („that his . . . activities are . . . inconsistent w i t h its (Partei / d.V.) Principles or Objects"); A r t . 5 I I Statuten SPS (CH) ( „ E i n Mitglied, das wissentlich die i m Programm . . . u n d v o n Parteitagen festgelegten Richtl i n i e n verletzt"); § 12 I 1 Lover for det Norske Arbeiderparti (N) ( „ . . . som gjor brudd pâ partiets lover, program eile retningslinjer."); § 35 Satz 1 Vedtsegter for Venstres Landsorganisation (DK) ( „ . . . medlemmer, der modarbejder foreningens f ormài."). 54 §35 I OrgSt SPD; §14 Nr. 1 Statut CDU („ehrenrührige" Handlung); § 26 I I I Buchst, c Satzung SSW; § 15 I Buchst, c OrgSt SPÖ (A); A r t . 4 I I u n d A r t . 67 I OrgSt L S A P (L). 55 § 7 I 1 Satzung FDP; §§ 15 I Buchst, c, 14 Nr. 1 OrgSt SPÖ (A); § 3 mom. 4 Satz 1 Stadgar Centerpartiet (S) („Medlem, som b r y t e r mot dessa stadg a r . . . " ) ; A r t . 5 I I Statuten SPS (CH); A r t . 7 Statuten D'66 (NL) („indien het i n s t r i j d met de Statuten . . . handelt"); §§ 6 I 1, 32 Satz 1 Love Konservative Folkeparti (DK). 56 A r t . 13 mom. 2 Satz 1 Stadgar SAP (S) („Medlem, som uppträder osolidariskt mot partiet"). 57 Rule 20 Abs. 1 Satz 1 Model Rules Conservative Party (GB). I n der Conservative Party gibt es keine Mitgliedschaft natürlicher Personen i n der Gesamtpartei, sondern n u r die Möglichkeit, einer Wahlkreisorganisation (constituency association) beizutreten. Die Model Rules binden die W a h l kreisorganisation nicht, werden von i h r aber i. d. R. übernommen. (Schriftliche A u s k u n f t des Conservative and Unionist Central Office v o m 28. Sept. 1980). 58 A r t . 5 I I Statuten SPS (CH); § 6 V OrgSt FPÖ (A). 59 Die Feststellung v o n Reel, S. 341, seit Geltung des § 10 I V P a r t G enthielten die Satzungen der großen Parteien „regelmäßig konkrete Tatbestände", stimmt also so nicht. Ohne Generalklausel k o m m t keine aus. 60 Vgl. Hahn, S. 39; Scheuner DÖV 1967, 344; Rabus A ö R 78 (1952/53), 183; L u t h m a n n DVB1 1962, 170; Zimmermann, S. 132.

D. Die A n w e n d u n g satzungsmäßiger Ausschlußregelungen

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voller Erfolg beschieden61, und auch das staatliche Recht kommt i n zwei großen Bereichen, nämlich i m Polizei- und Ordnungsrecht 62 , sowie — was hier eher vergleichbar ist — i m Disziplinarrecht 63 , nicht ohne Generalklauseln aus. Bedenkt man ferner, daß »die Ausschlußregelungen der SPD i n Zeiten, i n denen sie unbestimmter waren als sie heute unter dem Parteiengesetz sind, für „vorbildlich" gehalten wurden 6 4 , so ist das ein Hinweis, daß Β estimmtheitsanf orderungen nicht überspannt werden sollten; Anforderungen, wie sie ζ. B. i m staatlichen S traf recht gelten, lassen sich i m Parteiausschlußrecht nicht verwirklichen 6 5 . § 6 I I PartG verlangt also über die Voraussetzungen des Ausschlusses keine Bestimmungen, die „bestimmter" als § 10 I V PartG gefaßt sind.

D. Die Anwendung satzungsmäßiger Ausschlußregelungen I . Verstöße gegen § 10 I V PartG

Selbstverständlich darf eine Satzungsregelung nicht die durch § 10 I V PartG gesetzten Grenzen überschreiten 66 . Eine Ausschlußregelung „Auch wer nur fahrlässig gegen die Satzung verstößt, w i r d ausgeschlossen" wäre unwirksam 6 7 . Nicht so rigoros lassen sich Probleme behandeln, die insbesondere die Unvereinbarkeitsregelungen der SPD 68 aufwerfen. Grundsätzlich ist nichts dagegen zu sagen, daß § 6 I, I I 1 OrgSt (SPD jede Tätigkeit für gegnerische Organisationen verbietet 69 . Ein Verstoß 61 Reel, S. 38, m . w . N . ; Schlicht, S. 114; DrucksBT III/1509, S.25; Abg. B ü h ling, StenBer B T V, S. 5808. 62 Vgl. z. B. § 14 I O B G N W ; § 8 I PolizeiG N W ; §§ 1 u n d 3 PolizeiG B W ; § 1 HessSOG; § 30 I SOG Nds. Z u m I n h a l t dieser Vorschriften vgl. Friauf, i n : BesVerwR, S. 207 ff.; W o l f f / B a c h o f I I I , S . 4 6 - 6 0 . Zur Verfassungsmäßigkeit: Friauf, aaO., S.208; W o l f f / B a c h o f I I I , S. 47 f.; Scholler / Β roß, Polizeirecht, S. 58. 63 Vgl. § 77 I B B G ; § 45 I BRRG; § 83 I L B G N W ; § 85 BeamtenG Nds; § 90 BeamtenG Hessen; §2 1 DisziplinarO Nds; §2 1 DisziplinarO Hessen; §95 L B G B W ; §§2, 3 DisziplinarO B W ; vgl. auch §113 BRAO. Z u m I n h a l t der Generalklausel vgl. W o l f f /Bachof I I , S. 540 ff.; Wiese, S. 133 ff.; Battis, §77, A n m . 1 ff. Zur Verfassungsmäßigkeit: BVerfGE 26, 186, 203 f.; BVerfGE 44, 105, 115-117; BVerwGE 33, 327, 328 f.; Wiese, S. 134; Battis, §77, A n m . 2. (Der Hinweis auf die Parallele zum Disziplinarrecht findet sich auch bei Schlicht, S. 114.) 64 So Rabus AöR 78 (1952/53), 183, über § 27 Nr. 1 OrgSt SPD damaliger Fassung. 65 So auch Schlicht, S. 115; Wolfrum, S. 151; ähnlich Strunk, S.8. 66 Vgl. Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 81; Reel, S. 341; Lengers, S. 39 u n d S. 46 f.; Henke, S. 94; Trautmann, S. 209 u n d S. 212; S t r u n k JZ 1978, 87, Fußn. 4; Zimmermann, S. 129 u n d S. 135; B u l l RuP 1974, 80. 67 Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 99 u n d S. 101; Lengers, S. 39; Z i m mermann, S. 129 u n d S. 135. 68 § 6 OrgSt SPD; § 20 SchO SPD,

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§ 3 Die Regelungen i n der Parteisatzung

gegen § 10 I V PartG liegt aber dann vor, wenn ohne Rücksicht auf dessen Voraussetzungen ein Ausschluß vorgesehen ist. So sieht § 6 I I 1 OrgSt /SPD i. V. m. § 20 I ScihO SPD für den Fall der Zugehörigkeit zu einer Vereinigung, die gegen die SPD w i r k t , einen Ausschluß unabhängig davon vor, ob durch diese Zugehörigkeit „schwerer Schaden" entstanden ist 70 . Derartige Regelungen als gänzlich unwirksam zu behandeln, wäre verfehlt. Auch ohne die unzulässigerweise zwingend vorgesehene Rechtsfolge des Ausschlusses haben solche Vorschriften den Sinn, Pflichten der Mitglieder zu normieren; insofern bleiben sie gültig. Das ist unproblematisch, wenn man Satzungen als Rechtsnormen ansieht 71 oder sie wie solche auslegt 72 . Aber selbst wenn Parteisatzungen nur als rechtsgeschäftliche Willenserklärungen anzusehen wären, bliebe die Nichtigkeit auf die rechtswidrigen Bestandteile der Satzung beschränkt, denn die i n §139 BGB als Ausnahme vorgesehene Möglichkeit, daß ein Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde, w i r d bei Parteisatzungen stets zutreffen.

I I . Die Auslegung

Für die Auslegung der Satzungsnormen lassen sich nur wenige allgemeine Regeln aufstellen: Häufig lehnen sich Formulierungen an § 10 I V PartG an 73 . Dann werden sie regelmäßig auch so wie die entsprechenden Formulierungen i n § 10 I V PartG auszulegen sein 74 . Anders kann es allerdings bei Begriffen sein, die eine Satzung schon vor Inkrafttreten des Parteiengesetzes enthielt 7 5 . Vorschriften, die Mitgliederpflichten begründen, sind zurückhaltend auszulegen 76 . Das folgt aus dem Zweck der Satzung, dem Mitglied stets Kenntnis von seinen Pflichten zu ermögli69 Gewisse Ausnahmen können sich aus der Vereinigungsfreiheit des M i t glieds ergeben, vgl. unten § 5 C I I 3 u n d § 5 C I V 2. 70 Daß anstelle des Ausschlusses eine A u s t r i t t s f i k t i o n vorgesehen ist, ändert am materiellen Problem nichts. Das ist vielmehr eine Frage der U m gehung des § 10 V 1 PartG, vgl. dazu u n t e n § 7 C. 71 So Reuter, in: MünchKomm, §25, Rdnr. 6. 72 So w o h l B G H Z 47, 172, 178 ff. Z u m Streit u m die Rechtsnatur v o n Satzungen siehe Reuter, in: MünchKomm, § 25, Rdnr. 5 - 10. 73 So §35 I I I OrgSt SPD; § 7 I I 1 Satzung FDP; § 8 I V 1 Satzung CSU; § 26 I I Satzung SSW; § 11 I Statut CDU; § 5 I I 1 Satzung Grüne BW. 74 So w o h l auch Henke, S. 95. Wie hier B A G , in: ötv-Magazin, Nr. 1, Januar 1978, Seite 30, für die Verwendung v o n Gesetzesbegriffen i n Tarifverträgen (Leitsatz). Die Vermutung, daß gleichlautende Vorschriften regelmäßig i n haltlich gleich auszulegen seien, liegt auch § 137 I Nr. 2 V w G O zugrunde, vgl. Eyermann / Fröhler, § 137, Rdnr. 1. 75 Vgl. zum Begriff der „Grundsätze" (§ 27 I OrgSt SPD 1966) u n t e n § 4 C I 4 b. 76 So für das Vereinsrecht Meyer-Cording, S. 115; speziell für das Parteienrecht: Hasenritter DVB1 1980, 559; Zimmermann, S. 130; Wolfrum, S. 148 f.

D. Die A n w e n d u n g satzungsmäßiger Ausschlußregelungen

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chen. Deshalb ist nicht nur bei der Satzung einer „Massenpartei" 77 anzunehmen, daß i h r 'Sinn für die Mitglieder offen zutage liegen soll. Für eine zurückhaltende Auslegung spricht auch der § 5 AGB G zugrunde liegende Gedanke: Ebenso wie der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat die Partei es gegenüber dem Mitglied i n der Hand, die Satzung so zu formulieren, daß die Interessen der Organisation gewahrt sind. Dieses Gebot zurückhaltender Auslegung kann allerdings nicht für Normen gelten, die nicht i n erster Linie der Begründung von Mitgliederpflichten dienen. Vorschriften, die etwa Kompetenzen zwischen Gliederungen und Organen abgrenzen, lassen sich so nicht zweckmäßig auslegen.

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B G H Z 73, 275, 279 (betr. SPD).

§ 4 Der Tatbestand des § 10IV PartG A . Allgemeines

§ 10 I V PartG begrenzt die Befugnis der Parteien, ein Mitglied auszuschließen1, wie sich aus der Formulierung „nur dann" ergibt, Diese Grenzen müssen nicht nur beim Erlaß von Satzungen beachtet werden 2 . Beim Ausschluß eines Mitglieds ist auch i n jedem Einzelfall die Feststellung erforderlich, daß der Tatbestand des § 10 I V PartG erfüllt ist 3 . Nach dieser Vorschrift muß ein Verstoß gegen die (Satzung4 oder gegen die Grundsätze 5 oder gegen die Ordnung 6 der Parteien vorliegen. Der Verstoß gegen Grundsätze oder Ordnung muß außerdem „erheblich" 7 sein, und Vorsatz ist jedenfalls für den Verstoß gegen die Satzung erforderlich 8 . Schließlich muß durch den Verstoß der Partei „schwerer Schaden" zugefügt werden 9 .

B. D e r Verstoß gegen die Satzung I . Satzung i. S. d. § 10 I V PartG

1. „Satzung der Partei" ist zumindest die Satzung der Gesamtpartei. Da aber hier nicht von Satzungen die Rede ist, kann die zu § 6 I I PartG gefundene Auslegung nicht unbesehen angewendet werden 10 . Die Satzung einer Gliederung hat idem Mitglied gegenüber grundsätzlich die1 Vgl. auch oben § 2 A I ; ferner Hahn, S.39; Heimann, politische Parteien, S. 86; ders., Schiedsgerichtsbarkeit, S. 258; Lengers, S. 39. Z u r Entstehungsgeschichte von § 10 I V PartG siehe Lengers, S. 40. 2 Dazu oben § 3 C I I . 3 Hasenritter N J W 1980, 445; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 258; Lengers, S. 39 u n d S. 42; a. M . B G H Z 75, 158, 159; a. M. auch UBSchK Rhein-Sieg v o m 12. V I I I . 1980, g. W. S., Bl. 2, unter Berufung auf § 6 I I I OrgSt SPD (deswegen aufgehoben durch BezSchK M i t t e l r h e i n v o m 29. X I . 1980, g. W. S., Bl. 3). 4 Dazu unten B. 5 Dazu u n t e n C. 6 Dazu unten D. 7 Dazu u n t e n E. 8 Dazu u n t e n F I. 9 Dazu unten H. 10 Vgl. oben § 3 A I I .

Β . Der Verstoß gegen die Satzung

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selbe Verbindlichkeit wie die des Oberverbandes 11 . Wären Verstöße gegen die Satzungen von Gliederungen nicht erfaßt, stände das Mitglied, das gegen eine solche 'Satzung verstößt, günstiger da, und die Partei würde dafür „bestraft", daß sie ihren Gliederungen iBefugnisse läßt 12 . Anhaltspunkte, daß dies Sinn des § 10 I V PartG sei, bestehen nicht, so daß auch ein Verstoß gegen die Satzung einer Gliederung den Anforderungen des § 10 I V PartG entspricht 1 3 · 1 4 . 2. „Nebenordnungen" können jedenfalls dann keine Satzung i. S. d. § 10 I V PartG sein, wenn sie den gesetzlichen Anforderungen an die Parteisatzung nicht entsprechen, also vor allem, wenn siie nicht nach § 9 I I I PartG vom Parteitag beschlossen sind. Allerdings t r i f f t gerade dieses auf die Schiedsgerichtsordnung und die Beitragsordnung zu; § 9 I I I PartG stellt an Satzung, Schiedsgerichtsordnung und Beitragsordnung dieselben formalen Anforderungen. Daß der Gesetzgeber aber einen Unterschied zwischen Satzung und Nebenordnung machen w i l l , ergibt sich aus § 6 I I I 1 PartG, wonach nur die Satzung dem Bundeswahlleiter mitzuteilen ist, aus der Unterscheidung zwischen der Satzung und zwei als besonders wichtig angesehenen Nebenordnungen i n § 9 I I I PartG 1 5 und aus den §§ 6 II, 14 I V PartG, wo bestimmt ist, welche Materie i n welchen Text gehört. Dem entspricht die i m Vereinsrecht gemachte Unterscheidung, die nur für die Satzung, nicht aber für Nebenordnungen die Einrelichung beim Registergericht verlangt 1 6 . § 17 PartG bestimmt, daß Regelungen über die Aufstellung v o n Wahlbewerbern i n den Satzungen enthalten sein können. Daraus folgert Hasenritter, daß auch Verstöße gegen separate Wahlordnungen den Satzungsverstoßen zuzurechnen seien 17 . Das ist nicht richtig. Wenn § 17 Satz 2 PartG n u r die Satzung i. S. v. §§ 6 I I , 9 I I I PartG meint, sind Wahlordnungen i n F o r m v o n Nebenordnungen u n w i r k s a m ; gegen sie k a n n dann niemand verstoßen. Enthält § 17 Satz 2 aber einen weiteren Satzungsbegriff, der auch Nebenordnungen erfaßt, dann sind wahlrechtliche Normen n u r dann Satzung i. S. v. § 10 I V 11

Reichert / Dannecker / K ü h r , S. 510. Vgl. § 6 I 2 PartG. Z u r föderativen Kompetenzstruktur i n den Parteien vgl. Risse, Der Staat 1982, 239 - 252. 13 So auch § 35 I I I OrgSt SPD, wo v o m Verstoß „gegen die Statuten" die Rede ist. 14 Daß Ausschlüsse auf die Verletzung der Satzung einer Gliederung gestützt werden, scheint allerdings selten zu sein. Einem Ausschlußantrag, der auf § 7 Ziffer 2 Satzung FDP N W (entspricht § 7 I I Satzung FDP) gestützt war, wurde stattgegeben, w e i l ein Verstoß „gegen die Ordnung" vorlag, LSchG v o m 4. V I . 1969, g. A . M., Bl. 2 u n d 12. 15 So auch Hasenritter, S.43. 16 Reichert / Dannecker / K ü h r , S. 8 4 - 8 6 ; Sauter / Schweyer, S. 89. (Hier sei unterstellt, daß die Nebenordnung keine Vorschriften enthält, die der Satzung vorbehalten sind.) 17 S.43. 12

§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

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PartG, w e n n sie i n der Satzungsurkunde enthalten sind. Anderenfalls würde die Schutzfunktion der Satzungsurkunde ausgehöhlt 1 8 . I I . Satzungsvorschriften über Grundsätze und Ordnung P r o b l e m a t i s c h ist die B e h a n d l u n g v o n iSatzungsvorschriften, d i e G r u n d s ä t z e d e r P a r t e i n o r m i e r e n 1 9 o d e r a u f N o r m e n B e z u g n e h m e n , die n u r z u r O r d n u n g d e r P a r t e i gehören. Verstöße gegen G r u n d s ä t z e o d e r gegen d i e O r d n u n g d e r P a r t e i k ö n n e n n ä m l i c h n u r d a n n z u m Ausschluß f ü h r e n , w e n n sie „ e r h e b l i c h " siind 20 . Dieses E r f o r d e r n i s w ü r d e u m g a n gen, w e n n d e r V e r s t o ß gegen G r u n d s ä t z e , d i e (auch) i n der S a t z u n g n o r m i e r t sind, g l e i c h z e i t i g als Verstoß gegen d i e S a t z u n g angesehen w e r d e n k ö n n t e , oder w e n n e i n Verstoß gegen d i e O r d n u n g d e r P a r t e i desh a l b e i n iSiatzungsverstoß w ä r e , w e i l eine S a t z u n g s v o r s c h r i f t a u f O r d nungssätze B e z u g n i m m t 2 1 . D e r V e r s t o ß gegen solche B e s t i m m u n g e n i s t stets als Verstoß gegen G r u n d s ä t z e b z w . gegen d i e O r d n u n g d e r P a r tei zu behandeln. I I I . Der Verstoß W a n n ein Verstoß gegen eine SatzungsVorschrift vorliegt, ist eine Frage der richtigen Auslegung der jeweiligen N o r m u n d damit k e i n spezifisches Problem des Parteiausschlusses. I V . Der personliche Geltungsbereich Die Satzung ist, ist an die der Aufnahme stoß gegen die

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regelt Pflichten der Parteimitglieder. Wer noch nicht M i t g l i e d Satzung nicht gebunden. S atzungs widriges Verhalten, das v o r liegt, k a n n also nicht berücksichtigt werden 2 2 . Soviel zum V e r Satzung.

Siehe oben § 3 A I I 2. So § 1 Satzung FDP; § 1 Satzung CSU; Präambel Satzung Grüne; § 1 Statut CDU. 20 Siehe dazu unten E. 21 Siehe z. B. § 34 V I I OrgSt SPD („Das Verfahren der Schiedskommissionen regelt eine Schiedsordnung, die v o m Parteitag als Bestandteil dieses Statuts [sie!] zu beschließen ist.") u n d § 14 I 1 WahlO SPD („Diese Wahlordnung ist Bestandteil des Organisationsstatuts der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands."). 22 So LSchG v o m 9. V I I . 1975, g. G. S., Bl. 25. M e r k w ü r d i g w a r dort, daß der Vorsitzende des später den Ausschlußantrag stellenden Gremiums bereits bei der Aufnahme v o n dem angeblichen Fehlverhalten wußte, Bl. 26. — Z u der Frage, ob es von obigem Grundsatz Ausnahmen gibt, vgl. unten J I I I 2. 19

. Der Verstoß gegen

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C. Der Verstoß gegen Grundsätze I . Definition

Schwieriger ist die Frage zu beantworten, wann ein Verstoß gegen Grundsätze der Partei vorliegt. 1. A n hergebrachte Auslegungen kann nicht angeknüpft werden, weil es diese gesetzliche Formulierung vor 1967 nicht gab. 2. Der Begriff „Grundsätze" legt es nahe, an etwas für die Partei Bedeutsames, besonders Wichtiges zu denken 23 . Er erinnert an den Begriff „Grundsatzprogramm". I n einem solchen legen Parteien ihre dauerhaften Ziele fest, i m Gegensatz zu Wahlprogrammen oder Aktionsprogrammen 24 . Dieser Gesichtspunkt läßt vermuten, daß Grundsätze etwas für die Identität der Partei Bedeutsames sind. 3. I m Tatbestand des § 10 I V PartG sind „Grundsätze" neben „Satzung" und „Ordnung" gestellt. Grundsätze dürften also typischerweise etwas anderes beeinhalten als Satzung und Ordnung 25 . Die Satzung der Partei ist eine von ihr selbst 26 gesetzte, geschriebene 27 Norm. I h r Inhalt ergibt sich vor allem aus § 6 I I PartG, aber auch aus anderen Vorschriften 28 . Sie kann „Grundsätzliches" enthalten 29 . Nach dem Katalog des § 6 I I PartG regelt sie allerdings eher praktische Fragen der Parteitätigkeit, wie den Aufbau und die Kompetenzabgrenzung. Ordnung bezeichnet — das kann an dieser Stelle vorweggenommen werden 3 0 — i m Sprachgebrauch meistens Regelungen, die m i t Rücksicht auf höherwertige Interessen eingehalten werden sollen: 'Die Prozeßordnung ist u m des gerechten Urteils w i l l e n einzuhalten, nicht etwa i m Interesse des Prozesses. Eine Hausordnung regelt nicht selbst ihre Ziele — ζ. B. ungestörtes Wohnen —, spricht aber Gebote aus, die diesem Ziel dienen, etwa ein Verbot nächtlichen Musizierens. Selbst der Begriff der Ordnung i n der polizeilichen Generalklausel w i r d definiert als die Summe 23

Hasenritter ZRP 1982, 93. Z u den unterschiedlichen A r t e n u n d Funktionen von Programmen siehe etwa Kaack, S. 401 -403. 25 Z u möglichen Überschneidungen m i t dem I n h a l t von Satzung und Ordnung siehe oben Β I I u n d unten G. 26 § 9 I I I PartG. 27 § 6 I 1 PartG. M Ζ. B. § 8 I I PartG; u. U. auch aus dem BGB, vgl. § 37 PartG. 29 Grundsätzlich programmatische Aussagen enthalten: Präambel Satzung Grüne; Präambel OrgSt DS; §§ 1 Sätze 4 u n d 5, 2 Satzungen des Bundes deutscher Nordschleswiger (DK); § 1 I 1 Statut S V P (I); Clause 2 Party Constitution SDLP (GB); §2 Stadgar för Svenska Folkpartiet i F i n l a n d r . p . (SF). 30 Ausführlich dazu unten D I. 24

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

der Regeln, die nach Meinung der Mehrheit der Bürger i m Interesse eines gedeihlichen Zusammenlebens eingehalten werden müssen 31 . Der Begriff der Ordnung betrifft eher das Verhalten von Personen, weniger ihre Einstellung 32 . 4. Steht soviel über die Inhalte von Satzung und Ordnung fest, so bleibt als Inhalt dessen, was m i t „Grundsätze" gemeint 'ist, die Programmatik der Partei 33 . Die Programmatik ist ein verfassungsrechtlich notwendiges Instrument der Parteientätigkeit; ohne sie könnten die Parteien ihre Funktion, dem Wähler Alternativen anzubieten, nicht erfüllen 3 4 . Sie ist somit wichtig genug, u m vom Gesetzgeber neben -Satzung und Ordnung gestellt zu werden. Wie wichtig der Gesetzgeber selbst die Programmatik nimmt, ergibt sich aus ihrer Hervorhebung i n § 1 I I I PartG, aus dem Schriftlichkeitserfordernis i n § 6 I 1 PartG, der Mitteilungspflicht i n § 6 I I I 1 Nr. 1 PartG und der Zuständigkeit des Parteitags für die Bestimmung ihres Inhalts nach § 9 I I I PartG. a) Der Begriff Programmatik meint dabei zunächst Aussagen, i n denen Parteien ihre politischen Absichten (Ziele) formulieren 35 . Diese können auf Beibehaltung eines bestimmten Zustandes 36 oder auf seine Veränderung 37 gerichtet sein. Zur Programmatik gehören darüber hinaus Argumentationen, m i t denen gegnerische Positionen abgelehnt werden 38 , die zur Begründung der eigenen Ziele dienen 39 oder die Wertvorstel31 Scholler/Broß, Polizeirecht, S. 66 f.; Götz, S.44; Friauf, in: BesVerwR, S. 213 f. 32 Vgl. Strunk JZ 1978, 88; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 82; UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K , Bl. 9. 33 H . M . ; vgl. M a l y - M o t t a , S. 103; Seifert, S.225; Strunk, S. 30; ders. JZ 1978, 89; Trautmann, S.209; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 82; ders., politische Parteien, S. 86 f.; LSchG v o m 26. I X . 1973, g. W. S., Bl. 7; Lengers, S. 42 f.; UBSchK Münster v o m 16.11.1976, g. A . K , Bl. 12; Hasenritter ZRP 1982, 93. 34 Dazu oben § 2 Β I I 1 b. 35 Siehe § 1 I I I PartG; auch Lengers, S. 86; Heimann, politische Parteien, S. 86. 36 Z . B . „Rundfunk u n d Fernsehen müssen ihren öffentlich-rechtlichen Charakter behalten." (Grundsatzprogramm SPD, S. 11) oder „Die Christlich Soziale U n i o n hält am Prinzip des Föderalismus fest." (Grundsatzprogramm CSU, S. 27). 37 Ζ. B. „ E i n Erziehungsgeld u n d die rentensteigernde Berücksichtigung v o n Erziehungsjahren sind daher unabdingbar." (Grundsatzprogramm CDU, S. 13) oder „Die Liberalen setzen sich für eine flexiblere Gestaltung der L a denöffnungszeiten ein." (Kieler Thesen FDP, S. 51). 38 Ζ. B. „Die einseitig betriebene ,Entspannungspolitik' hat die E r w a r t u n gen nicht erfüllt." (Grundsatzprogramm CSU, S. 68) oder „Die Kommunisten unterdrücken die Freiheit radikal." (Grundsatzprogramm SPD, S.27). 39 Ζ. B. „Die Soziale Marktwirtschaft hat nicht n u r mehr immateriellen, sondern auch mehr materiellen Wohlstand geschaffen als andere Ordnungsformen." (Grundsatzprogramm CDU, S. 26).

. Der Verstoß gegen

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lungen der Partei enthalten 40 . Wie wichtig Argumentationen sein können, mag folgendes Beispiel zeigen: Für die Arbeitnehmermitbestimmung kann eintreten, wer sich davon eine größere Stabilität der Betriebe verspricht, wer darin einen gerechten Ausgleich von Arbeitgeberund Arbeitnehmerinteressen sieht 41 , und, wer Mitbestimmung als Vorstufe einer Demokratisierung der Wirtschaft betrachtet 42 . b) Eine Definition, die über Programmatisches erheblich hinausgeht, v e r t r i t t die Bundesschiedskommission der SPD. Danach sind Grundsätze der Partei „nicht n u r die Thesen, die i n einem Grundsatzprogramm als langfristige politische Zielsetzung zusammengefaßt sind, sondern alle Beschlüsse, die durch die dazu berufenen Parteiorgane für die politische Verhaltensweise u n d für die über den Einzelfall hinausgehenden Normen gefaßt worden sind u n d nach innen die Einhaltung der Bestimmungen über die politische W i l l e n s b i l dung u n d nach außen das einheitliche u n d glaubwürdige B i l d der Partei garantieren sollen" 4 3 . Diese Definition ist problematisch. Sie verwischt U n t e r scheidungen zwischen bloßen Verhaltenspflichten der Mitglieder u n d den politischen Zielen der Partei 4 4 , etwa w e n n i n überzogener öffentlicher K r i t i k an Repräsentanten der Partei ein Verstoß gegen den „Grundsatz der Solidarität" gesehen w i r d 4 5 . 4 6 . Damit w i r d nämlich gleichzeitig die gesetzliche Unterscheidung zwischen Grundsätzen u n d Ordnung überspielt. Das wäre für sich genommen nicht schlimm, w e i l § 10 I V PartG für einen Verstoß gegen Grundsätze dieselben Rechtsfolgen vorsieht w i e für einen Verstoß gegen die Ordnung. Das Problem ist aber, daß Grundsätze u n d Ordnungssätze auf u n t e r schiedliche Weise entstehen können. Die Kreation v o n Programmsätzen ist gemäß § 9 I I I PartG dem Parteitag vorbehalten 4 7 ; nach der Definition der Bundesschiedskommission könnten auch andere Organe solche schaffen. Die vermutlich h i n t e r dieser Definition stehende (richtige) Überlegung, daß das praktisch-politische Verhalten v o n Mitgliedern nicht losgelöst v o n den Zielen der Partei beurteilt werden k a n n u n d daß die Ausführung v o n Grundsatzbeschlüssen oft weiterer Detailbeschlüsse bedarf, k a n n aber nicht zur A u f h e bung der gesetzlichen Unterscheidung führen. Es ist also der h. M. zu folgen, wonach die Grundsätze zur Programmatik der Partei gehören.

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Vgl. Lengers, S. 42 f.; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 86. So Grundsatzprogramm CSU, S. 50. 42 So Bundeskongreßbeschluß der Jungsozialisten 1974, in: Bundeskongreßbeschlüsse, S. 143 ff. 43 So BSchK v o m 20. I V . 1978, g. M. J., Bl. 15; BSchK v o m 20. I V . 1978, g. G.S., Bl. 13 f.; inhaltsgleich BSchK v o m 13. X . 1977, g. G. K., Bl. 11; BSchK v o m 16. I X . 1977, g. K . B., Bl. 24. 44 Ausführlich dazu Hasenritter, S. 46 ff. — Andererseits zeigen etwa die Ausführungen v o n Schröder, in: Gatzmaga / Piecyk, S. 55, w i e programmatische Inhalte u n d die Verhaltenspflichten eines Mitglieds voneinander abhängen. 45 PVSchK v o m 26. X . 1968, g. J. G., Bl. 10; ähnlich problematisch BezSchK Niederrhein in: Gatzmaga / Piecyk, S. 101, 107. 46 Der Terminus „Grundsätze" wurde von der SPD schon vor Erlaß des Parteiengesetzes verwendet (ζ. B. i n § 27 I OrgSt SPD 1966), u n d zwar ohne Zusammenhang m i t dem Begriff Ordnung. 47 Siehe dazu u n t e n 5 b. 41

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

5. Damit ist aber noch nicht geklärt, i n welchem Umfang die Programmatik zu den Grundsätzen gehört: etwa alle Parteiprogramme, alle programmatischen Beschlüsse (auch des Parteivorstandes?), nur das Grundsatzprogramm oder gar nur dessen „Kern"? a) Den Begriff Programm benutzt das Gesetz mehrfach 48 . Sollte unter „Grundsätzen" dasselbe verstanden werden, bestände kein Grund, i n § 10 I V PartG einen anderen Begriff zu verwenden. Die Grundsätze müssen also ein Mehr oder ein Weniger gegenüber der Summe der Parteiprogramme ausmachen. b) Programmatische Beschlüsse, die —entgegen § 9 I I I PartG — nicht vom Parteitag, sondern vom Parteivorstand oder einem anderen Organ 49 gefaßt werden, unter die Grundsätze zu zählen, wäre fragwürdig. aa) Aus Gründen der innerparteilichen Demokratie ist die Verfügung über das Programm dem Parteitag vorbehalten 50 . Zwar ist ein Vorstand faktisch nicht gehindert, über seine Kompetenzen nach § 11 I I PartG hinaus auch programmatische Beschlüsse zu fassen; aber solche Beschlüsse haben nicht dieselbe Dignität und Bindungswirkung wie Beschlüsse des Parteitags 51 . Wenn allerdings ein vom Inhalt her programmatischer Beschluß vom Parteitag gefaßt ist, ist er auch dann „Programm", wenn er etwa „Beschluß zur Wirtschaftspolitik" und nicht „wirtschaftspolitisches (Programm" heißt 52 . bb) Nach der Spruchpraxis der Bundesschiedskommission der SPD soll dann etwas anderes gelten, w e n n der Vorstand m i t seiner Beschlußfassung das Parteiprogramm verbindlich auslegt 53 . Die „ L e i t u n g der Partei", die dem Parteivorstand nach § 23 I 1 OrgSt SPD obliegt, erschöpfe sich „nicht i n einer formalen oder rein prozeduralen F u n k t i o n " ; der Vorstand sei ein „politisches Organ", u n d Leitung der Partei bedeute „politische Gestaltung" 5 4 . Solchen Vorstandsbeschlüssen als Grundsätzen i. S. d. § 10 I V P a r t G Verbindlichkeit zuzusprechen, ist bedenklich. Dabei können Vorstandsbeschlüsse außer acht bleiben, die m i t Programmbeschlüssen des Parteitags inhaltlich identisch sind; ein Verstoß gegen sie ist ohnehin notwendig ein Verstoß gegen das Parteiprogramm. Ähnliches gilt für Beschlüsse, die Parteitagsbeschlüssen z u w i 48

§§ 1 I I I , 6 I 1, I I 1 Nr. 1, 9 I I I PartG. Vgl. §8 I I 1 u n d §12 PartG; § § 3 0 - 3 2 Statut CDU (Bundesausschuß); §22 Satzung CSU (Parteiausschuß); § § 1 6 - 1 8 Satzung FDP (Bundeshauptausschuß); § § 2 8 - 3 0 OrgSt SPD (Parteirat); §8 a Satzung Grüne (Bundeshauptausschuß); § 18 Satzung SSW (Hauptausschuß). 50 Hasenritter, S.49; ders. ZRP 1982, 93. si Ä h n l i c h Hasenritter, S.49; Strunk JZ 1978, 91. 52 Vgl. Lengers, S. 42 f. 53 „ . . . a u s l e g t u n d m i t Leben e r f ü l l t " , so BSchK v o m 20. I V . 1978, g. M . J . , Bl. 14; BSchK v o m 20. I V . 1978, g. G. S., Bl. 13; ähnlich BSchK v o m 16. I X . 1977, g. K . B., Bl. 25. 54 BSchK v o m 16. I X . 1977, g. K . B., Bl. 25; BSchK v o m 20. I V . 1978, g. M. J., Bl. 14; BSchK v o m 20. I V . 1978, g. G. S., Bl. 13. 49

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derlaufen; zu solchen ist ein Vorstand nicht befugt 5 5 . Das Problem besteht dann, w e n n die Beschlußfassung des Parteitags eine gewisse Bandbreite politischer Absichten oder A k t i v i t ä t e n zuläßt u n d die Beschlußfassung des V o r stands jetzt einzelne davon für verbindlich erklärt u n d andere ausschließt. Parteitagsbeschlüsse enthalten oft weitgefaßte Formulierungen, ohne die sie überhaupt nicht mehrheitsfähig wären. Weitgefaßte Formulierungen werden auch verwendet, u m — etwa zur Demonstration politischer Geschlossenheit — große Mehrheiten oder einmütige Beschlüsse zustande bringen zu können 5 6 . E i n solcher Konsens würde beseitigt, w e n n ein Vorstand das Recht hätte, i h n nachträglich auf bestimmte Teilaspekte zu verengen. Bloße Vorstandsbeschlüsse können also nicht Grundsätze i. S. d. § 10 I V PartG sein 5 7 . cc) E i n besonderes Problem entsteht, w e n n sich die maßgeblichen Umstände seit der Beschlußfassung geändert haben 5 8 . T r i f f t ein beschlossener Programmsatz auf eine spätere Problemlage nicht mehr zu, k a n n er gegenstandslos geworden sein. Er würde dann aufhören, (gültiges) Programm zu sein — eine Problematik, die zivilrechtlich als „Wegfall der Geschäftsgrundlage" gelöst w i r d 5 9 . Das ist für ein v o m Ausschluß bedrohtes Parteimitglied unschädlich. Wichtiger ist die Frage, ob Vorstände (oder auch Organe nach § 12 PartG) n u n „wegen veränderter Sachlage notwendig gewordene" Beschlüsse m i t dem M i t g l i e d gegenüber verbindlicher Programmqualität fassen können. E i n Bedarf für eine solche Befugnis ist allenfalls für den Zeitraum bis zum nächsten Parteitag 6 0 anzuerkennen; dort können neue Programmsätze förmlich beschlossen werden. Geschieht das nicht, k a n n dem M i t g l i e d nicht vorgehalten werden, das nunmehr geltende Programm habe wegen der Neuartigkeit der Problemlage nicht v o m Parteitag beschlossen werden können 6 1 . Betreibt ein Vorstand ohne eine v o m Parteitag beschlossene programmatische Grundlage eine veränderte P o l i t i k , w i r d er sie gegenüber der Mitgliedschaft oft auch durchsetzen können. N u r k a n n dem opponierenden M i t g l i e d dabei nicht m i t dem Hinweis auf geltende Programmatik entgegengetreten werden. A b e r auch die Frage, ob Vorstände für die Zeit bis zum nächsten Parteitag Programme verbindlich festlegen können, k a n n für die Probleme des Parteiausschlusses letztlich dahinstehen: Die Grundsätze beinhalten — w i e noch zu zeigen sein w i r d 6 2 — einen „Kernbereich" der Programmatik. Daß so bedeutsame Fragen — etwa der Verzicht der CDU auf die Marktwirtschaft oder das Abrücken der SPD v o n der Mitbestimmung — ohne Parteitagsbeschluß geregelt werden könnten, wäre m i t innerparteilicher Demokratie nicht vereinbar. 55 Vgl. § 11 I I I 1 PartG; § 15 I 1 OrgSt SPD; §§ 12 I 1, 22 I 1 Satzung FDP; § 34 I 2 Statut CDU. 56 Vgl. etwa zur Beschlußfassung des SPD-Parteitags 1977 betr. K e r n energie Der Spiegel 1977, Nr. 48, S. 17 - 23. 57 UBSchK Münster v o m 16.11.1976, g. A . K., Bl. 12; Hasenritter, S.49; w o h l auch Seifert, S.225. 58 Z u m Beispiel können Aussagen zur Energiepolitik aufgrund starker Erhöhungen des Einfuhrpreises für Rohöl i n i h r e r Bedeutung verändert w e r den. 59 Dazu etwa Medicus, S. 72 - 76. 60 Vgl. §§ 8 I I , 9 V PartG: m a x i m a l 2 Jahre. 61 Diese restriktive Auslegung verhindert nicht die notwendige F l e x i b i l i t ä t der Leitungsorgane der Parteien: Die Durchsetzbarkeit v o n Vorstandsbeschlüssen hängt wesentlich von der politischen Lage i m Einzelfall u n d v o n ihrer Überzeugungskraft ab; auf die rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem einzelnen M i t g l i e d k o m m t es dabei k a u m an. 62 U n t e n c.

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

c) Wenn nun weder die gesamte vom Parteitag beschlossene Programmatik, noch darüber hinausgehende Vorstandsbeschlüsse die Grundsätze ausmachen, kann es sich demgegenüber nur u m weniger, also u m einen „Kernbereich" handeln 63 . aa) Das w i r f t die Frage auf, wie der Gesetzgeber dazu kommt, nur einem — noch näher zu bestimmenden — Kernbereich der Programmat i k den Schutz des § 10 I V PartG (und des § 16 I 1 PartG) zukommen zu lassen. Zur Demokratie, also auch zur durch Art. 2 1 1 3 GG angeordneten innerparteilichen Demokratie, gehört es, daß Mehrheiten sich ändern können 64 . Das gilt nicht nur für Personalentscheidungen, sondern auch für die politischen Inhalte, also die Programmatik. Damit die Möglichkeit von Mehrheitsänderungen gesichert bleibt, muß die gebietliche Gliederung „so weit ausgebaut sein, daß den einzelnen Mitgliedern eine angemessene M i t w i r k u n g an der Willensbildung der Partei möglich ist" 6 5 , und deshalb muß das Antragsrecht auch so gestaltet werden, daß „auch Minderheiten ihre Vorschläge ausreichend zur Geltung bringen können" 6 6 . M i t einer solchen Struktur innerparteilicher Demokratie ist es zu vereinbaren, wenn auch die Programmatik nur hinsichtlich eines Kernbereichs den besonderen Schutz des § 10 I V PartG erfährt 67 . bb) Die Frage ist, was i n diesem Sinne als Kernbereich der Programmatik anzusehen ist. Zunächst böte sich an, den Inhalt des jeweiligen Grundsatzprogrammes 68 als Grundsätze der Partei zu betrachten 69 . „Grundsatz" -(Programme sind solche, die die allgemeinen Ziele der Partei längerfristig festlegen. Sie sind also nicht, wie etwa Wahlprogramme, auf einen kürzeren Zeitabschnitt, oder, wie ζ. B. ein energie63 Vgl. UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K , Bl. 12 („Kerngehalt"); Strunk JZ 1978, 89 („politisch-programmatische Leitsätze"); Trautmann, S. 209 („politisch-programmatische Grundlagen"); Heimann, politische Parteien, S. 87 („Kerngedanken"); ders., Schiedsgerichtsbarkeit, S. 82 ( „ K e r n v o n Programm u n d Parteitagsbeschlüssen"); enger Hasenritter ZRP 1982, 93 (Die „längerfristigen, grundlegenden programmatischen Aussagen einer Partei" bildeten deren Grundsätze.); ähnlich ders., S.48. — Nach Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 82, Fußn. 2, verzichtete der Innenausschuß des Bundestags ausdrücklich auf einen Ausschlußgrund „Verstoß gegen Programme". 64 Stern I, S. 459 f.; BVerfGE 44, 125, 145; Hesse, S. 61 f. 65 § 7 I 2 PartG; vgl. dazu Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 162. 66 § 15 I I I 1 PartG. — § 2 I I I 8 Satzung Grüne B W ermöglicht es sogar einer Minderheit v o n wenigstens 20 °/o der Delegierten, ihre Meinungen i n „einem zweiten T e i l " des Programms förmlich festzustellen, vgl. dazu auch § 5 I I I Nr. 3 Satzung Grüne. 67 Hasenritter ZRP 1982, 93, weist auf Satzungsbestimmungen h i n , wonach n u r aufgenommen werden kann, wer sich zu den Grundsätzen der Partei bekennt; so § 2 Satz 1 OrgSt SPD; ähnlich § 3 Satzung CSU; § 2 I 1 Satzung FDP; § 2 Satzung Grüne; § 3 I Satzung SSW. 68 Vgl. oben 2. » So Hasenritter ZRP 1982, 93.

. Der Verstoß gegen

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politisches Programm, auf einen bestimmten Sachbereich ausgerichtet 70 . Würde man so vorgehen, ließen sich die Grundsätze der Partei leicht feststellen. Gleichzeitig wäre dem Interesse der Parteien, selbst zu bestimmen, was ihre Grundsätze sind, gedient. Problematisch wäre das aber, weil die Parteien dann vieles unter der Bezeichnung Grundsatzprogramm beschließen und damit ihre Grundsätze beliebig erweitern könnten. Sie könnten damit letztlich nicht nur bestimmen, was ihre Grundsätze sind, sondern auch, was Grundsätze i. S. d. Parteigesetzes sind. Deshalb ist an materiellen Kriterien zu entscheiden, was den Kernbereich der Programmatik bildet. Dazu gehören zunächst die Aussagen, die für das Selbstverständnis der Partei unverzichtbar sind, m. a.W., ohne die sie sich ihrer Identität beraubt fühlen würde 7 1 , ferner solche, die eine Partei wesentlich von anderen, konkurrierenden Parteien i n ihrer Programmatik unterscheiden 72 . Schließlich werden solche Sätze zu den Grundsätzen zu zählen sein, die aus anderen Gründen für die Programmatik der Partei bedeutsam sind. d) Zu ähnlichen Ergebnissen wie die hier vertretene „KernbereichsTheorie" führen Interpretationen, die die Programmatik nicht auf einen Kernbereich reduzieren, aber wegen der oft sehr weiten Formulierungen i n Parteiprogrammen besonders hohe Anforderungen an die Feststellung eines Verstoßes dagegen stellen 73 . Solche Überlegungen sind aber keine Frage der (Definition des Begriffs Grundsätze, sondern der Interpretation von Programmsätzen 74 . 6. „Grundsätze" kann sicher die Gesamtpartei haben. Angesichts der föderativen Organisation der Parteien 75 fragt es sich, ob auch Gliederungen eigene Grundsätze haben können. Sicher ist zunächst, daß es keine Grundsätze einer Gliederung geben kann, die zu Grundsätzen der Gesamtpartei i n Widerspruch stehen. Wenn Grundsätze der K e r n der Programmatik einer Partei, die für ihre Identität bedeutsamen Inhalte, sind, kann es aber auch keine Grundsätze einer Gliederung geben, die m i t Beschlüssen der Partei i n Widerspruch stehen. Der Gesichtspunkt der Identität schließt es auch aus, daß eine Gliederung der Partei Grundsätze entwickelt, die zu Grundsätzen einer anderen 70

Vgl. dazu Kaack, S. 401 ff. Das w i r d m a n bei vielen Parteien v o m Demokratieprinzip sagen können. 72 Vgl. z. B. die unterschiedlichen Positionen zur Marktwirtschaft, einerseits Grundsatzprogramm SPD, S. 16 ff.; andererseits Grundsatzprogramm CSU, S. 39 - 46; Grundsatzprogramm CDU, S . 2 4 - 4 4 ; ferner Kieler Thesen FDP, S. 27 ff. 73 M a l y - M o t t a , S. 103 f.; Seifert, S. 225; Strunk JZ 1978, 90; Trautmann, S. 210; vgl. auch Schlicht, S. 125. 74 Dazu unten I V . 75 Siehe § 7 PartG. Näher hierzu Risse, Der Staat 1982, 239 - 252. 71

6 Risse

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§ 4 Der Tatbestand des § 1 0 I V PartG

Gliederung i m Widerspruch stehen 76 . Theoretisch bliebe damit die Möglichkeit, daß i n der einen Gliederung als Grundsatz betrachtet wird, was i n der anderen nur als normaler Programmsatz gilt oder was dort gar kein Gegenstand der Willensbildung ist. Aber auch das kann nicht angehen. Wollte man solche eigenen Grundsätze der Gliederungen für möglich halten, käme man zu dem merkwürdigen Ergebnis, daß ein Grundsatz der Gliederung seine Grundsatzqualität dadurch verliert, daß eine andere Gliederung versucht, einen Grundsatz gegenteiligen Inhalts aufzustellen. Diese würde dann indirekt über Grundsätze anderer Gliederungen verfügen. Grundsätze i. S. d. § 10 I V PartG kann also nur die Gesamtpartei haben. I I . Die Ermittlung von Grundsätzen

U m i m Einzelfall einen Programmsatz als Grundsatz qualifizieren zu können, w i r d das Grundsatzprogramm häufig Anhaltspunkte liefern können. Inhalte, die besonders hervorgehoben sind, indem sie i n einer Präambel stehen, als „Grundwerte" bezeichnet werden 7 7 oder besonders ausführlich behandelt sind, werden oft Grundsätze sein. Ferner w i r d zu berücksichtigen sein, ob der Parteitag durch mehrfache Beschlußfassungen eine Aussage bekräftigt hat und ob Programmsätze zusätzlich i n die Satzung aufgenommen wurden 7 8 . Als weitere Gesichtspunkte kommen bekräftigende (oder relativierende) Äußerungen von Parteigremien oder Politikern i n Betracht 79 . Genaue Regeln für das Ermitteln von Grundsätzen lassen sich zwar nicht aufstellen, aber Anhaltspunkte sind damit gegeben. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß ein Grundsatz i. iS. d. § 10 I V PartG i n formeller Hinsicht auf einem Beschluß des Parteitags beruhen muß und daß er i n materieller Hinsicht zum Kernbereich der Programmatik der Partei gehören muß.

76 Vgl. auch das K r i t e r i u m „gleichgerichteter politischer Ziele" i n § 10 I 1 GeschO BT. 77 So „Freiheit, Gerechtigkeit u n d Solidarität", Grundsatzprogramm SPD, S. 7; „Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit", Grundsatzprogramm CDU, S. 7 - 12. 78 Vgl. Präambel Satzung Grüne (insbesondere Abs. 5); ferner § 1 Satz 1 Satzung CSU; § 1 Statut CDU; § 1 I 2, I I 1 Satzung FDP. 79 So zog die PVSchK (vom 24. I I I . 1975, g. C. B. u. a., Bl. 12 - 18) Äußerungen v o n W i l l y Brandt, Horst Ehmke, Erhard Eppler, Peter Glotz, Peter von Oertzen u n d Hans-Jochen Vogel heran, u m eine Liste v o n Grundüberzeugungen zu erstellen, die Sozialdemokraten v o n Kommunisten trennen. (Veröffentlicht: Butterwegge, S. 153, 158 - 161.).

C. Der Verstoß gegen Grundsätze

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Ι Π . Die praktische Bedeutung von Grundsätzen Die praktische Bedeutung v o n Verstößen gegen Grundsätze ist eher gering 8 0 . Das Landesschiedsgericht der nordrhein-westfälischen F D P prüfte (und bejahte) i n den Jahren 1969 bis 1980 zweimal einen Verstoß gegen G r u n d sätze: Es sah i n der Gleichsetzung v o n Liberalismus u n d sozialistischem Gedankengut einen Verstoß gegen die Grundsätze der „liberalen Grundeinstellung" u n d der „freien M a r k t w i r t s c h a f t 8 1 ; die Diskussion des jugoslawischen Modells der Arbeiterselbstverwaltung verstoße gegen Grundsätze der Partei, w e i l es sich u m ein antidemokratisches Modell handele 8 2 . Die sozialdemokratischen Schiedskommissionen bejahen — i n Übereinstimmung m i t der weiten Definition ihrer Bundesschiedskommission 83 — häufig die Anwendbarkeit v o n Grundsätzen 8 4 oder (undifferenziert) v o n „Grundsätzen u n d Ordnung" 8 5 . Unter Zugrundelegung der hier bejahten Definition w ü r d e n die meisten Fälle als Probleme der „Ordnung" der Partei zu behandeln sein.

I V . Umfang und Konsequenzen eines Grundsatzes Probleme der Auslegung eines Grundsatzes seien am Beispiel der A b g r e n zung der SPD gegenüber dem Kommunismus dargestellt 8 6 . Die Bundesschiedskommission bejaht, indem sie sich auf Aussagen des Godesberger Programms beruft 8 7 , die Existenz eines Grundsatzes, daß Sozialdemokraten keine Zusammenarbeit m i t Kommunisten praktizieren d ü r f e n 8 8 . 9 9 . 1. Einen Grundsatz der SPD, daß der Kommunismus abzulehnen sei, w i r d m a n bejahen müssen. Das Godesberger Programm enthält dazu eindeutige 80

So auch Trautmann, S.210. LSchG v o m 26. I X . 1973, g. W. S., Bl. 7. 82 LSchG v o m 27. I I I . 1971, g. D. B. u. a., Bl. 2 u n d 3 (allerdings etwas w i d e r sprüchlich formuliert). 83 Siehe dazu oben I 4 b. 84 Ζ. B. UBSchK Ennepe-Ruhr / W i t t e n v o m 26. I I I . 1977, g. R. K., Bl. 3 (öffentliche K r i t i k an der Partei); UBSchK Steinfurt v o m 13. I I I . 1977, g. L. T., Bl. 4 ( A k t i v i e r u n g eines Geheimdienstes gegen unliebsames Parteimitglied); UBSchK Minden-Lübbecke v o m 7. I I . 1980, g. G. D., Bl. 8 (Weitergabe v o n Informationen an gegnerische Fraktion); BezSchK Westliches Westfalen v o m 6. X I . 1974, g. G. H., Bl. 4 (Androhung beruflicher Nachteile für i n n e r parteiliches Verhalten). 85 UBSchK D o r t m u n d v o m 24. V I . 1977, g. J. B. u. a., Bl. 2 (Solidaritätserklärungen für v o n Parteiordnungsverfahren betroffenes Mitglied); PVSchK v o m 5. I I I . 1975, g. H. S., Bl. 5 (Gebrauch der Anrede „Genossen" gegenüber NichtSozialdemokraten); PVSchK in: Butterwegge, S. 153, 156 (kritischer ZeitSchriften-Aufsatz); BSchK v o m 16. I X . 1977, g. K . B., Bl. 19, stellt gar n u r einen „groben Verstoß" fest. 86 Ausführlich hierzu Hasenritter, S. 149 - 162. 87 Grundsatzprogramm SPD, S. 8 u n d S. 27. 88 BSchK v o m 13. X . 1977, g. G. K., Bl. 10; PVSchK v o m 21.1.1972, g. Β . M., Bl. 5; PVSchK v o m 22.1.1976, g. H. R., Bl. 4; ähnlich PVSchK i n : B u t t e r wegge, S. 153, 158 („Ablehnung jeder Gemeinsamkeit"). 89 Z u r Klarstellung: Die nachfolgenden Ausführungen betreffen nicht A k tivitäten, die Gliederungen oder sonstige Organisationseinheiten entfalten. Dort stellt sich zusätzlich das Kompetenzproblem. 81

6*

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

Formulierungen: „Die Sozialisten w o l l e n Freiheit u n d Gerechtigkeit v e r w i r k lichen, während die Kommunisten die Zerrissenhet der Gesellschaft ausnutzen, u m die D i k t a t u r ihrer Partei zu errichten 9 0 ." Und: „Die Kommunisten unterdrücken die Freiheit radikal. Sie vergewaltigen die Menschenrechte u n d das Selbstbestimmungsrecht der Persönlichkeit u n d der Völker 9 1 ." Diese A b lehnung des Kommunismus w i r d bestätigt durch Beschlußfassungen anderer Gremien der SPD 9 2 u n d durch die Praxis, gegen Mitglieder, die m i t K o m m u nisten zusammenarbeiten, Parteiordnungsverfahren einzuleiten 9 3 . 2. E i n Verstoß gegen diesen Grundsatz liegt jedenfalls dann vor, w e n n n durch Äußerungen oder Handlungen kommunistische P o l i t i k pauschal bejaht oder unterstützt w i r d , w e n n etwa ein SPD-Mitglied Flugblätter für eine kommunistische Gruppe v e r t e i l t 9 4 , den „realen Sozialismus" befürwortet 9 5 oder die Kommunisten zu den demokratischen K r ä f t e n z ä h l t 9 6 - 9 7 . 3. Dagegen unterfallen diesem Grundsatz nicht A k t i v i t ä t e n , bei denen Sozialdemokraten zur Erreichung partieller, i n Ansehung sozialdemokratischer Grundsätze nicht zu beanstandender Einzelziele m i t Kommunisten zusammenarbeiten. Beispiele dafür sind vor allem i m komunalpolitischen Bereich denkbar. Die Ablehnung des Kommunismus u n d spezifisch kommunistischer Inhalte als Parteigrundsatz schließt nicht aus, daß i n Angelegenheiten, die nicht dazu gehören, zusammengearbeitet w i r d : Wer zusammen m i t anderen eine A k t i o n zur Erreichung eines bestimmten Zieles betreibt, t u t dies regelmäßig nicht, w e i l er m i t diesen anderen „grundsätzlich" oder „ i m A l l g e m e i nen" übereinstimmt, sondern obwohl dies nicht der F a l l ist 9 8 . Die Konsequenz, m i t einem politischen Gegner, den m a n so grundsätzlich ablehnt, auch nicht hinsichtlich einzelner m i t der Parteiprogrammatik zu vereinbarender Ziele zusammenzuarbeiten, ist durchaus plausibel 9 9 ; zwingend ist sie aber nicht. So 90

Grundsatzprogramm SPD, S. 8. Grundsatzprogramm SPD, S.27. 92 Insbesondere Entschließung des Parteirats v o m 14. Nov. 1970, die das Verbot der „Aktionsgemeinschaft" m i t Kommunisten enthält, u n d die E n t schließung „ Z u m Verhältnis von Sozialdemokratie u n d Kommunismus" v o m 26. Febr. 1971, die die Begründung zu ersterem Beschluß enthält. 93 Vgl. Bericht der Schiedskommission beim SPD-Bezirk OstwestfalenLippe, in: Geschäftsbericht 1970/71, S. 47; vgl. auch die Beispiele i n F N 88. 94 Vgl. BezSchK Westliches Westfalen v o m 3. V I I . 1971, g. W. K., Bl. 2. 95 Vgl. PVSchK v o m 24. I I I . 1975, g. C . B . u.a., Bl. 11/12 (in: Butterwegge, S. 153, 157 f.). — Dahingestellt blieb die Bewertung eines Bekenntnisses zum Marxismus-Leninismus, nachdem sich der Antragsgegner davon distanziert hatte, vgl. PVSchK v o m 21.1.1972, g. Β . M., Bl. 4. 96 Vgl. BSchK v o m 20. I V . 1978, g. G. S., Bl. 16; BSchK v o m 20. I V . 1978, g. M. J., Bl. 10. — Z u beachten ist, daß es hier u m den Demokratiebegriff einer Partei u n d nicht u m den des Grundgesetzes geht. Als Beispiel für unterschiedliche Demokratiebegriffe gesellschaftlicher Gruppen vgl. einerseits Grundsatzprogramm SPD, S. 10 f., S. 18 u n d S. 22; andererseits die „Thesen gegen den Mißbrauch der Demokratie" des Z d K , insbes. S. 19 ff. 97 I n diesen Beispielen w i r d regelmäßig auch ein Verstoß gegen die Ordnung vorliegen. 98 Fälle, wo gemeinsame A k t i v i t ä t e n V o r w a n d sind, u m den Gegner zu unterstützen, sind ein Problem der Beweiswürdigung. Vermutlich hätten die sozialdemokratischen Schiedsgerichte viele Entscheidungen m i t dieser A r g u mentation überzeugender begründen können. 99 Vgl. die Argumentation PVSchK in: Butterwegge, S. 153, 157 ff.; BSchK v o m 16. I X . 1977, g. Κ . B., Bl. 22 ff. 91

. Der Verstoß gegen die

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w i r d i m zwischenstaatlichen Bereich diese Konsequenz von der SPD nicht gezogen; Bundespolitiker der SPD dürfen Verhandlungen m i t Repräsentanten kommunistischer Staaten führen 1 0 0 . Entsprechend erläuterte i m Jahre 1971 der Bezirksvorstand des SPD-Bezirks Ostwestfalen-Lippe gegenüber dem „Sozialdemokratischen Hochschulbund an der Universität Bielefeld", das V e r bot der Zusammenarbeit m i t Kommunisten beziehe sich nicht auf die A r b e i t i n gesetzlichen Organen w i e Studentenparlamenten oder Betriebsräten, u n d nicht auf die innergewerkschaftliche Arbeit. Es wäre n u n problematisch, die Beachtung aller „plausiblen" Konsequenzen eines Grundsatzes zu verlangen. Faktisch müßte das dazu führen, daß über die Grundsätze hinaus auch V e r stöße gegen einfache Programmsätze zum Ausschluß führen könnten, denn man w i r d zahlreiche einzelne Programmsätze als Konsequenzen v o n G r u n d sätzen ansehen können. I m Interesse der v o m Gesetz gewollten Beschränkung auf einen K e r n der Programmatik muß sich deshalb die Auslegung eines Grundsatzes auf einen Umfang beschränken, der sich bei restriktiver Auslegung der Beschlußfassung des Parteitags ergibt 1 0 1 . Das Verbot der Zusammenarbeit m i t Kommunisten besteht also als „Grundsatz" der SPD nicht i n dem von der Bundesschiedskommission angenommenen Umfang 1 0 2 .

D . D e r Verstoß gegen die Ordnung I . Definition A n h a l t s p u n k t e d a f ü r , w a s u n t e r O r d n u n g i. S. d. § 10 I V P a r t G z u v e r s t e h e n ist, ergeben sich b e r e i t s aus d e r D e f i n i t i o n des B e g r i f f s G r u n d s ä t z e 1 0 3 . B e t r e f f e n G r u n d s ä t z e d i e P r o g r a m m a t i k d e r P a r t e i , so geht es b e i d e r O r d n u n g u m das V e r h a l t e n d e r M i t g l i e d e r , das R e g e l n u n t e r w o r f e n w i r d , damit die Partei ihre Ziele erreichen kann104. Z u d e n k e n ist d a b e i zunächst a n d i e i m Parteiengesetz vorgesehenen N e b e n o r d n u n g e n , d i e n i c h t z u r S a t z u n g i . S. d. § 10 I V P a r t G g e h ö r e n 1 0 5 , w i e d i e Schiedsgerichtsordnung n a c h §§ 9 I I I , 14 I V P a r t G u n d d i e B e i t r a g s o r d n u n g n a c h § 9 I I I P a r t G . I n B e t r a c h t k o m m e n aber auch N e b e n o r d n u n g e n , die das Parteiengesetz z w a r n i c h t e r w ä h n t , aber auch n i c h t verbietet, w i e Geschäftsordnungen einzelner Organe, Satzungen nicht100

Vgl. BSchK v o m 16. I X . 1977, g. K . B., Bl. 23 f. Das Problem ist ein ähnliches wie das, ob ein Vorstand Programmbeschlüsse verbindlich auslegen kann, vgl. oben I 5 b bb. 102 E e r Grund, weshalb der Parteivorstand der SPD bisher nicht versucht hat, das Verbot der Zusammenarbeit m i t Kommunisten durch einen Parteitag bestätigen zu lassen, liegt vermutlich i n der unabsehbaren Diskussion u n d Beschlußfassung über die genauen Grenzen eines solchen Verbots. 101

103

Vgl. oben C I 1 - 3. Vgl. Strunk JZ 1978, 88; Trautmann, S. 211; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 82; UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K , Bl. 9; i m Grunde auch PVSchK v o m 22.1.1976, g. H. R., Bl. 4 (Beachtung v o n Hinweisen u n d Aufforderungen der Leitungsorgane); BezSchG Oberbayern v o m 30. X I . 1981, g. A . M., Bl. 5. 105 Dazu oben Β I 2. 104

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

territorialer Organisationseinheiten 106 und Wahlordnungen 107 . Außerdem wäre zu fragen, ob auch ungeschriebene Verhaltensregeln zur Ordnung gehören können. Wenn Verstöße gegen die Satzung nach § 10 I V PartG auch dann geahndet werden können, wenn sie „noch nicht erheblich" sind, ist es konsequent und aufgrund des Begriffs Ordnung naheliegend, Verstöße gegen Nebenordnungen dann durch § 10 I V PartG zu erfassen, wenn sie „erheblich" sind 1 0 8 . Für die Einbeziehung auch ungeschriebener Normen i n die Ordnung i. S. d. § 10 I V PartG spricht vor allem, daß der Begriff Ordnung i n der Rechtssprache üblicherweise eine weitgefaßte Bedeutung hat, etwa i n der polizeilichen Generalklausel 109 , i n § 7 I 2 GeschO BT 1 1 0 , i n § 36 I GemeindeO NW 1 1 1 , i n § 176 GVG oder i n dem Begriff „Ordnungswidrigkeit". Somit ist anzuerkennen, daß zur Ordnung der Partei auch ungeschriebene Sätze gehören können, die eine A r t Gewohnheitsrecht bilden 1 1 2 . Fraglich ist, ob auch die Satzung selbst zur Ordnung der Partei gehört. Vordergründig spricht dagegen, daß Satzungsverstöße i n § 10 I V PartG ausdrücklich und gesondert behandelt sind. Die Verschuldensregelung des § 10 I V PartG bringt es m i t sich, daß iSatzungsverstöße zwar nicht „erheblich" zu sein brauchen, aber vorsätzlich erfolgen müssen, u m zu einem Ausschluß zu führen 1 1 3 . Es wäre aber ein merkwürdiges Ergebnis, wenn der unvorsätzliche erhebliche 'Satzimgsverstoß i m Unterschied zum unvorsätzlichen erheblichen Ordnungsverstoß nicht zum Ausschluß führen könnte; das würde der Qualität, die die Satzung gegenüber den anderen Normen hat 1 1 4 , nicht gerecht. Außerdem enthält gerade die Satzung oft Vorschriften, die an sich so selbstverständlich sind, daß es kaum schwierig sein dürfte, sie als unbeschriebenen Bestandteil der Ordnung anzusehen 115 , etwa wenn Mitgliedern verboten 106 „Arbeitsgemeinschaften" (§ 10 Orgst SPD; § 26 Satzung CSU) u n d „ V e r einigungen" (§ 38 Statut CDU). 107 Selbst w e n n wegen § 17 Satz 2 P a r t G separate Wahlordnungen für die Aufstellung von Wahlbewerbern unzulässig wären, k ö n n t e n solche doch etwa die W a h l der Vorstände regeln. 108 Zimmermann, S. 134. 109 Z . B . § 14 I O B G N W ; siehe S c h o l l e r / B r o ß , Polizeirecht, S.66f.; Friauf, in: BesVerwR, S. 213 f.; Götz, S. 44 ff. 110 ( o e r Bundestagspräsident „ w a h r t die Ordnung i m Hause".) 111 (Der Bürgermeister „handhabt die Ordnung" i n den Sitzungen.) — Ä h n lich § 28 I KreisO N W ; § 58 I V 1 HessGemeindeO; § 44 I NdsGemeindeO. 112 Hasenritter ZRP 182, 94. Merkwürdigerweise scheint das Bundesparteigericht der CDU nur die ungeschriebenen Regeln der Ordnung zuzurechnen, vgl. B P t G v o m 7. X I I . 1977, Bl. 21. 113 ÏDazu u n t e n E u n d F. 114 Dazu auch u n t e n G I I 1. 115 Hasenritter ZRP 1982, 94, hält deshalb die Formulierung des § 10 I V PartG für mißglückt.

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ist, gleichzeitig einer gegnerischen Partei anzugehören 116 , oder wenn sie verpflichtet werden, die Ziele der Partei zu fördern 117 . Daher schließen die Begriffe Satzung und Ordnung nicht einander aus, sondern die Ordnung der Partei umfaßt auch deren Satzung. Darüber hinaus auch noch für die Parteien maßgebliches staatliches Recht — etwa A r t . 21 GG und das Parteiengesetz — der Ordnimg der Partei zuzurechnen 118 , ist unrichtig. Satzung, Grundsätze und Ordnung sind eigene Normen der Partei, wenn auch — das gilt vor allem für die Satzung — teilweise durch staatliches Recht beeinflußte. Damit läßt es sich nicht vereinbaren, wenn der Staat direkt die Ordnung der Partei bestimmt. Deshalb ist es eine Frage der Ermittlung der Ordnung, der einzelnen Partei, ob sie sich staatliche Gesetzesordnungen zu eigen macht. I I . Die Ermittlung von Ordnungssätzen

Die Bestimmung des Inhalts geschriebener Ordnungssätze geschieht weitgehend so wie die Prüfung und Auslegung der Satzung. Zu beachten ist, daß bestimmte Gegenstände nicht außerhalb der Satzung geregelt werden dürfen 1 1 9 und daß Nebenordnungen der Satzung nicht widersprechen dürfen. Die Ermittlung ungeschriebener Ordnungssätze ist i m Vergleich dazu schwierig. I n Anlehnung »an Definitionen des Gewohnheitsrechts 120 w i r d die Anforderung gestellt, daß i n der M i t gliedschaft die Überzeugung von der Notwendigkeit einer bestimmten Verhaltensregel allgemein verbreitet sein müsse 121 . A u f die Überzeugung i n der (gesamten) Mitgliedschaft abzustellen, ist angesichts des Prinzips der innerparteilichen Demokratie sinnvoll. I n der Praxis ist es aber ebensowenig wie beim Gewohnheitsrecht außerhalb der Parteien möglich, Ordnungsregeln etwa durch Umfragen i n der gesamten Mitgliedschaft zu ermitteln 1 2 2 . Beschlußfassungen von Vorständen und anderen Gremien sind deshalb wichtige Anhaltspunkte dafür, was Überzeugung der Mitgliedschaft ist, besonders dann, wenn sie m i t großen Mehrheiten 116 § 3 I Satzung SSW; § 8 I Buchst, e Satzung CSU; § 6 I Nr. 3 Satzung FDP; § 6 1 1 OrgSt SPD; §2 Satzung Grüne; § 4 I I I Statut CDU. 117 § 4 I Statut CDU; § 5 I I Nr. 1 Satzung Grüne; § 5 OrgSt SPD; § 4 I Satzung FDP; § 25 I Satzung SSW; § 6 I I I Satzung CSU. 118 So Hasenritter ZRP 1982, 94. 119 Siehe vor allem § 6 I I PartG. 120 Vgl. Dahm, S.37; Rehfeldt / Rehbinder, S. 105- 109; Baumann, E i n f ü h rung, S. 36 f.; B G H Z 22, 317, 328; BVerfGE 34, 293, 303 f.; B V e r w G E 8, 317, 321 f. 121 So UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K . f Bl. 9. 122 Z u r E r m i t t l u n g v o n Rechtsüberzeugungen allgemein vgl. Rehfeldt/ Rehbinder, S. 180.

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

erfolgen 123 . Relevant ist auch, ob sie hinsichtlich einer Verhaltensregel von einer größeren Gruppierung eine gegenteilige Ansicht vertreten w i r d oder ob gegen eine Regel nur häufig verstoßen wird. Präjudizien der Schiedsgerichte haben für die Feststellung von innerparteilichen Verhaltensregeln auch ihre Bedeutung. Zwar mögen die Ordnungssätze dadurch einen richterrechtlichen Charakter bekommen. Aber dieser ist hier weniger problematisch als beim Richterrecht i m staatlichen Bereich, denn die Mitglieder der Schiedsgerichte werden i. d. R. vom Parteitag direkt gewählt 1 2 4 , während die Zahl der Legitimationsstufen zwischen Wähler und staatlichem Richter größer ist 1 2 5 . Eine Tendenz zum Richterrecht ist bereits i n der gesetzlichen Anordnung, Schiedsgerichte zu schaffen, enthalten. Ein Gesetzgeber, der selbst die Existenz von Richterrecht durch die Unterscheidung zwischen Recht und Gesetz 126 und durch ein die „Einheitlichkeit der Rechtsprechung" 127 sicherndes Instrumentarium anerkennt oder doch begünstigt 128 , kann, wenn er gerichtsähnliche Einrichtungen i n den Parteien schafft, nicht davon ausgehen, daß sich dort kein „'Richterrecht" entwickelt. Anzumerken ist noch, daß Ordnungssätze — i m Gegensatz zu den Grundsätzen — nicht i n der Gesamtpartei identisch sein müssen. Da es bei der Ordnung u m Verhalten zur Durchsetzung von politischen Zielen geht, w i r d u. U. Rücksicht auf örtliche Gegebenheiten zu nehmen sein. „Eigenmächtige" Sondierungen beim politischen Gegner können auf dem Lande, „wo jeder jeden kennt", anders zu beurteilen sein als i n der Großstadt 129 . Die Formalisierung politischer Arbeit, die mancherorts nützlich sein mag, kann anderenorts falsch sein. Eindeutige Regeln, wie Ordnungssätze zu ermitteln sind, lassen sich also nicht aufstellen. 123 N u r a j s A n h a l t s p u n k t k a n n also gewertet werden, was der Parteivorsitzende auf einem Parteitag „unter großem Beifall" gesagt hat; insofern u n k l a r BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. H. L., Bl. 17 („authentische Interpretation"). 124 Das PartG schreibt dieses nicht vor, vgl. §§9 u n d 14. Es ist jedoch Praxis der Parteien, vgl. § 18 I I Buchst, g Satzung CSU (gilt dort n u r für die Bezirksschiedsgerichte); § 15 I I Nr. 6 Satzung FDP; § 17 Satz 2 Nr. 4 Satzung FDP N W ; § 12 I I Buchst, d, dd Satzung FDP Hamburg; § 20 I 2 Nr. 3 Buchst, b Satzung FDP Bayern; § 8 I I I 2 Nr. 2 u n d § 11 I I 2 Satzung Grüne; §29 I I I Statut CDU; § 6 I 1 PGO CDU; § 16 I Nr. 6 Satzung SSW; § 20 Nr. 2 u n d § 34 V OrgSt SPD. Ausnahme: § 22 I I Buchst, d Satzung CSU (Wahl des Landesschiedsgerichts durch den Parteiausschuß). Vgl. aber Reel, S. 343. 125 Vgl. A r t . 38 I 1, A r t . 63 I, A r t . 64 I, A r t . 54 I 1, A r t . 60 I, I I I GG; A r t . 30 I, A r t . 31 I, A r t . 52 I, I I I 1 L V NW. 126 A r t . 20 I I I GG. 127 A r t . 95 I I I 1 GG. 128 Vgl. §§546 I 3 Nr. 2 ZPO, 136, 137 GVG, 132 I I Nr. 1, 2 V w G O ; 45 I I , 72 I I , 92 I 2 A r b G G ; 42, 43, 160 I I Nr. 1, 2 SGG; 115 I I , 11 I V FGO; § 2 Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes. Z u m „Richterrecht" vgl. Vossen, S. 21 - 28, m. w . N.; K ä p p ier, S. 21 - 33, m. w. N.; Less, S. 59 ff.; J. Ipsen, Richterrecht, S. 63. 129 Vgl. BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 22. X I . 1980, g. G. D., Bl. 8.

D. Der Verstoß gegen die Ordnung

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Π Ι . Fallgruppen

Von Bedeutung ist jedoch, daß es Fallgruppen gibt, deren Geltung auch über die einzelne Partei hinaus offenbar allgemein anerkannt ist 1 3 0 . 1. Verstöße gegen staatliches Recht Erhebliche Bedeutung haben Fälle, in denen Mitgliedern der Verstoß gegen staatliches Recht zum Vorwurf gemacht wird, etwa wenn sie beleidigende Äußerungen von sich gegeben haben. Nach Ansicht von B u l l ist eine „zurückhaltende Wertung" geboten, wenn es u m „Verstöße gegen allgemeine Bürger- oder Berufspflichten" geht 131 . Dahinter w i r d die Sorge stehen, die Ordnung der Partei könnte dieser eine Gesamtkontrolle über das Verhalten ihrer Mitglieder ermöglichen. Bedenkt man aber, daß i n der Praxis regelmäßig berücksichtigt wird, ob durch das rechtswidrige Verhalten auch Parteiinteressen berührt werden — das Erfordernis schweren Schadens zwingt ja dazu —, so t r i f f t Bulls Argumentation nicht. Vom Mitglied zu verlangen, staatliches Recht auch i m Interesse seiner Partei zu beachten, erscheint vielmehr zweckmäßig, weil damit einerseits den Interessen der Partei gedient ist, andererseits dem Mitglied nichts abverlangt wird, was es nicht ohnehin t u n oder unterlassen müßte. Ein weiteres Argument ist, daß eine demokratische Partei, die den Anspruch erhebt, für den Staat und innerhalb des Staates Verantwortimg zu tragen, bei der Verfolgung ihrer politischen Ziele die Rechtsordnung beachten müsse und daß nur bei deren strenger Beachtung die demokratische Ordnung eines Staates Bestand haben könne 132 . Dieser Gesichtspunkt leuchtet ein, insbesondere weil „die Rechtsordnung" j a nicht nur ein Regelwerk ist, das dem Bürger Vorschriften macht, sondern weil sie, vor allem insofern, als sie „förmliches Gesetz" 133 ist, auch den Willen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers kundtut 1 3 4 . Es ist also unproblematisch, wenn die Parteien eine Norm dieses Inhaltes als Bestandteil ihrer Ordnung ansehen. 130

Schlicht, S. 126, spricht deshalb v o n einem „gemeinsamen Kernbereich von Verhaltensweisen, die ohne Ausnahme als Grund für eine Parteistrafe angesehen werden". Diese Gemeinsamkeit ist aber eher eine faktisch-zufällige als eine rechtliche. Es sind w o h l die weitgehend gleichen Arbeitsbedingungen, die bewirken, daß auch die Ordnungssysteme Parallelen aufweisen. Z u weitgehend Heimann, politische Parteien, S.87, wonach die Ordnung „notwendigerweise" v o n Partei zu Partei unterschiedlich ist. Vgl. auch Schlosser, S.67f. 131 B u l l ZRP 1971, 197; ähnlich Hasenritter, S. 115. 132 BSchK v o m 6. I I . 1981, g. R. K . u. a., Bl. 4. 133 Ablehnend zu dieser üblichen Terminologie Hesse, S. 192 f. 134 Vgl. Hesse, S. 193 ( „ I m Rahmen der demokratischen Ordnung ist Gesetzgebung F o r m politischer W i l l e n s b i l d u n g . . . " ) .

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§ 4 Der Tatbestand des § 1 0 I V PartG

a) Beleidigungen sind durch § 185 StGB verboten. Grundsätzlich besteht ein Interesse der Partei daran, daß zwischen i h r e n Mitgliedern bei politischen Auseinandersetzungen Beleidigungen unterbleiben 1 3 5 . Politische A r b e i t muß sich an sachlichen Gesichtspunkten orientieren, w e n n sie seriös sein soll, u n d dies w i r d durch Beleidigungen behindert 1 3 6 . Sofern solche Beleidigungen öffentlich geschehen, w i r d die beschriebene störende W i r k u n g noch stärker sein 1 3 7 , u n d darüber hinaus können Wähler u n d potentielle Mitglieder abgestoßen werden. Sie w i r k e n u. U. schlimmer als erhebliche sachpolitische D i f ferenzen, die i n fairer Weise ausgetragen werden 1 3 8 . Beleidigungen, die gegenüber dem politischen Gegner ausgesprochen w e r den, mögen auf den ersten Blick nicht die Interessen der Partei, der der Täter angehört, berühren; i n der Regel w i r d j a das Opfer selbst i n der Lage sein, sich zu wehren, u n d eine politische Partei braucht auch nicht die Interessen ihres Gegners wahrzunehmen. Solche Beleidigungen sind aber grundsätzlich geeignet, i n der Öffentlichkeit abstoßend zu w i r k e n 1 3 9 . Die Partei erscheint als eine, die ihre Ziele m i t Beleidigungen statt m i t Argumenten durchzusetzen sucht. Das zu vermeiden, liegt regelmäßig i n i h r e m Interesse. Daneben spielt eine Rolle, daß auch politische Gegner häufig darauf angewiesen sind, m i t e i n ander zusammenarbeiten zu können, ζ. B. als parlamentarische Koalitionen 1 4 0 . Durch Beleidigungen aus den eigenen Reihen w i r d solche Zusammenarbeit erschwert. Beleidigungen, die sonst geäußert werden, tangieren Parteiinteressen i. d. R. nicht. Dafür müssen vielmehr besondere Umstände hinzukammen, die bewirken, daß die Äußerung i n der Öffentlichkeit der Partei zugerechnet w i r d . Dieses mag dann der F a l l sein, w e n n die Äußerung v o n einem „Repräsentanten" der Partei, etwa einem Vorstandsmitglied oder Mandatsträger, stammt. b) Das Strafrecht u n d auch das bürgerliche Recht enthalten viele Vorschriften zum Schutz fremden Vermögens 1 4 1 . Delikte, die sich gegen das Vermögen der Partei richten, werden auch gegen deren Ordnung verstoßen 1 4 2 . Vermögensdelikte können auch zugunsten der eigenen Partei oder einer parteinahen Einrichtung begangen werden, ζ. B. w e n n durch manipulierte Abrech135 B u l l ZRP 1978, 198; Strunk JZ 1978, 88; ders., S.61; LSchG v o m 10. X I I . 1975, g. L. W., Bl. 4; BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 5. V I I . 1975, g. H. P., Bl. 6 u n d 7; UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. Α . Κ., Bl. 13; PVSchK v o m 7. V i l i . 1970, g. R. S., Bl. 13; PVSchK v o m 26. V I I . 1976, g. C. G., Bl. 8; UBSchK Gelsenkirchen v o m l l . V . 1974, g. G. H., Bl. 5; BezSchK Westliches Westfalen v o m 29. X I . 1974, g. P. L., Bl. 1 f.; Hasenritter ZRP 1982, 96. 136 Vgl. B u l l ZRP 1978, 198; Strunk, S. 83; LSchG v o m 4. V I . 1969, g. A . M . u. a., Bl. 13; LSchG v o m 24. I I I . 1973, g. J. G., Bl. 8; LSchG v o m 10. X I I . 1975, g. L . W . , B l . 4 ; UBSchK Gelsenkirchen v o m U . V . 1974, g. G.H., B1.5. 137 Vgl. UBSchK Münster v o m 16.11.1976, g. Α . Κ . , B1.9; PVSchK v o m 26. V I I . 1976, g. C. G., Bl. 8. 138 Ä h n l i c h LSchG v o m 4. V I . 1969, g. A . M. u. a., Bl. 14. 139 Vgl. § 1 I I 2 Wahlkampfabkommen 1980, w o r i n die Parteien „auf jede A r t v o n persönlicher Verunglimpfung u n d Beleidigung" verzichteten. 140 Vgl. BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 22. X I . 1980, g. G. D., Bl. 13. 141 Z. B. §§ 242 - 266 StGB; §§ 823, 824, 826, 829 ff. BGB. 142 Vgl. Seifert, S. 226. I m Unterschied dazu wurde ein Ordnungsverstoß verneint, wo ein Vorsitzender zahlreiche Runden auf Kosten des Ortsvereins ausgab, UBSchK Gelsenkirchen v o m l l . V . 1974, g. G. H., Bl. 6 („etwas leichtsinnig m i t dem Geld des Ortsvereins umgegangen . . . " ) .

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nungen überhöhte öffentliche Zuschüsse erlangt werden 1 4 3 oder w e n n Spenden, die steuerlich n u r begrenzt absetzbar sind 1 4 4 , als Leistungsentgelte getarnt werden u n d so den Anschein v o n Betriebskosten erwecken. Solche P r a k t i k e n beeinträchtigen zwar nicht die Vermögensinteressen der Partei, w o h l aber i h r Interesse an Glaubwürdigkeit. So sah sich die Bundesschiedskommission veranlaßt, deutlich zu machen, „daß n u r bei peinlichster Einhaltung der allgemein gültigen Rechtsordnung ein W i r k e n für die eigene Partei nach Auffassung der SPD zulässig i s t " 1 4 5 . c) Verletzungen von Pflichten durch Inhaber öffentlicher Ä m t e r werden n u r dann das Parteiinteresse berühren, w e n n die betreffende F u n k t i o n politischen Charakter hat, w i e bei Abgeordneten, Gemeinderats- u n d Kreistagsmitgliedern, M i n i s t e r n u n d Staatssekretären, aber auch bei politischen Beamten 1 4 6 u n d bei sog. Wahlbeamten 1 4 7 . Die für Träger solcher Funktionen bestehende Pflicht, sich am Gemeinwohl zu orientieren 1 4 8 , w i r d ζ. B. dann v e r letzt, w e n n das A m t zu persönlicher Bereicherung mißbraucht w i r d 1 4 9 . d) Gegen staatliches Recht w i r d es auch verstoßen, w e n n wegen eines i n nerparteilichen Verhaltens berufliche Nachteile angedroht oder herbeigeführt werden 1 5 0 oder w e n n U r k u n d e n der Partei gefälscht werden 1 5 1 . I n dem v o r stehend beschriebenen Umfang dürfte die Einhaltung des staatlichen Rechts bei den meisten Parteien Bestandteil der Ordnung i. S. d. § 10 I V PartG sein.

2. Rücksichtnahme

auf das Parteiinteresse

Eine zweite Gruppe von Verstößen gegen die Parteiordnung läßt sich unter die Regel fassen, daß ein Mitglied i n seinem Verhalten allgemein Rücksicht auf das Parteiinteresse zu nehmen habe 152 . Eine Norm dieses 143

Vgl. F A Z v o m 15. Aug. 1980, S. 5. Siehe § 10 b EinkommenssteuerG. 145 BSchK v o m 6. I I . 1981, g. R. K . u. a., Bl. 6. 146 Siehe § 31 I BRRG; § 36 I B B G ; § 38 I L B G N W ; § 47 I I NdsBeamtenG; §57 HessBeamtenG. 147 Siehe § 49 I I 1 GemeindeO N W ; § 38 I 1 KreisO NW. — So BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. H . B . , Bl. 7; UBSchK Warendorf v o m 17. V I I I . 1977, g. H . B . u.a., Bl.20. 148 Vgl. A r t . 38 I 2 GG; A r t . 64 I I G G i. V. m. A r t . 56 GG; § 35 I 2 u n d § 36 BRRG; § 52 I 2 u n d § 54 B B G ; § 55 I 2 u n d § 57 L B G N W ; § 39 I 1 NdsGemeindeO; §35 I HessGemeindeO. 149 Hasenritter, S. 116 f.; UBSchK Recklinghausen v o m 29. I X . 1971, g. G. K , Bl. 2 u n d Bl. 6; BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. H. B., Bl. 7. — Vgl. auch § 30 I GemeindeO NW. 150 Vgl. etwa § 240 StGB u n d § 826 BGB. — UBSchK Gelsenkirchen v o m U . V . 1974, g. G.H., Bl. 6; UBSchK Münster v o m 11. X I I . 1969, g. K . M . , B1.2; ähnlich UBSchK Steinfurt v o m 13. I I I . 1977, g. L. T., Bl. 4. 151 Vgl. §267 StGB. — BezSchK Westliches Westfalen v o m 23. V I . 1971, g. Η . Α., Bl. 6, bestätigt durch PVSchK v o m 8. I I . 1973, g. Η . Α., B l . 3 (nachträgliche Adressenänderung i n der Beitrittserklärung, u m Zugehörigkeit zu u n zuständigem Ortsverein herbeizuführen); UBSchK D o r t m u n d v o m 23. I I I . 1974, g. H. B. u. a., Bl. 3 (dort verneint, w e i l „schriftliche Lüge" vorlag). 152 Vgl. Seifert, S. 214, der dafür den Ausdruck „Sozialbindung" verwendet; Strunk JZ 1978, 89. 144

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

I n h a l t s i s t v o n i h r e r T e n d e n z h e r n i c h t z u beanstanden. W e r e i n e r P a r t e i b e i t r i t t u n d sich d a m i t z u i h r e n Z i e l e n b e k e n n t 1 5 3 , w ü r d e w i d e r s p r ü c h l i c h h a n d e l n , w e n n er d e r e n B e l a n g e i n s e i n e m V e r h a l t e n n i c h t b e r ü c k s i c h t i g e n w ü r d e . Das E r f o r d e r n i s d e r R ü c k s i c h t n a h m e e r m ö g l i c h t es d e m M i t g l i e d , a u c h eigene I n t e r e s s e n o d e r sonstige B e l a n g e z u b e r ü c k s i c h t i g e n ; eine V o r s t e l l u n g , das M i t g l i e d müsse stets d e n P a r t e i interessen d e n V o r r a n g v o r a n d e r e n B e l a n g e n e i n r ä u m e n , ist w o h l n i c h t allgemein verbreitet 154. a) Z u r Rücksichtnahme auf die Interessen der Partei gehört zunächst, daß ein M i t g l i e d bei seinem Verhalten — insbesondere bei Meinungsäußerungen — keinen Zweifel an der Loyalität zur Partei aufkommen lassen darf 1 5 5 . Deshalb darf ein M i t g l i e d nicht gegen die von der eigenen Partei aufgestellten Kandidaten agitieren 1 5 6 oder als Mandatsträger aus seiner F r a k t i o n austreten 1 5 7 , u n d es muß ein als Parteikandidat errungenes Mandat w a h r n e h men 1 5 8 . Meinungsäußerungen, die v o n der Mehrheitsmeinung abweichen, d ü r fen nicht zu einem Bekämpfen der eigenen Partei w e r d e n 1 5 9 oder gar die „ D i k t i o n e n des erklärten u n d fanatischen Gegners" bekommen 1 6 0 ; w e r die Mehrheitsmeinung nicht akzeptiert, muß sie jedenfalls respektieren 1 6 1 . Z w e i fel an der Loyalität w i r d auch erwecken, wer seine Partei i n Zeitschriften des politischen Gegners k r i t i s i e r t 1 6 2 , w e i l er sich sozusagen als deren Kronzeuge verwenden läßt, und, wer allgemeine Zuarbeit für eine gegnerische Zeitung leistet163'164. 153 Vgl. §3 Satzung CSU ( „ . . . bereit ist, ihre Ziele zu fördern . . . " ) ; §2 Satz 1 OrgSt SPD ( „ . . . sich zu den Grundsätzen der Partei bekennt . . . " ) u n d §5 OrgSt SPD (Pflicht, die Ziele der Partei zu unterstützen); § 4 1 Statut CDU ( ihre Ziele zu fördern bereit ist . . . " ) ; § 2 I 1 Satzung FDP ( „ . . . die Grundsätze u n d die Satzungen der Partei anerkennt . . . " ) u n d § 4 I Satzung FDP (Pflicht, die Zwecke der FDP zu fördern); §2 Satzung Grüne ( „ . . . der sich zu den Grundsätzen der Partei u n d ihrem Programm bekennt . . . " ) u n d § 5 I I Nr. 1 Satzung Grüne; § 3 I Satzung SSW ( „ . . . sich zu den Zielen der Partei bekennt."). 154 Anders UBSchK Minden-Lübbecke v o m 7. I I . 1980, g. G. D., Bl. 8. Vgl. aber § 24 OrgSt FPÖ (A), oben § 3 C I I I . 155 Hasenritter, S. 83; ASJ-Leitsätze, S. 7; UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K . , Bl. 13; BezSchG Oberbayern v o m 30. X I . 1981, g. A . M . , B l . 7 - 9 ; B P t G v o m l l . V . 1978, Bl. 7. 156 Strunk JZ 1978, 89; LSchG v o m 6. I I . 1980, g. A . B . , B1.3; LSchK H a m burg in: Lengers, S. 302 ff.; PVSchK in: Lengers, S. 317 ff. 157 Seifert, S. 225; BSchK v o m 5. I I I . 1979, g. A . B., Bl. 5; ähnlich B P t G vom l l . V . 1978, B l . 5 : Pflicht zum B e i t r i t t u n d zur Mitarbeit i n der Fraktion. 158 B P t G v o m l l . V . 1978, Bl. 5. 159 Vgl. Strunk JZ 1978, 89; BSchK in: Butterwegge, S. 153, 158. 160 PVSchK v o m 26. V I I . 1976, g. C. G., Bl. 18. 161 PVSchK v o m 27. X . 1968, g. E. B. u. a., Bl. 17; BezSchK OstwestfalenLippe v o m 22. X I . 1980, g. G. D., Bl. 8; BezSchK Westliches Westfalen in: B u t terwegge, S. 122, 129; B P t G v o m 1. X I I . 1981, Bl. 15. 162 Vgl. BezSchK Westliches Westfalen v o m 28. I V . 1975, g. B. M., Bl. 2; PVSchK v o m 21.1.1972, g. B. M., Bl. 5. 163 BezSchK Westliches Westfalen v o m 28. I V . 1975, g. B. M , Bl. 2; PVSchK v o m 23. X . 1975, g. B. M., Bl. 4 (dort als Verstoß gegen Grundsätze bezeichnet).

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b) Rücksichtnahme auf das Parteiinteresse w i r d häufig auch gebieten, D i f ferenzen unter Mitgliedern nicht außerhalb der Partei auszutragen 1 6 5 . Das g i l t jedenfalls für K r i t i k an Personen u n d deren Verhalten sowie für Differenzen u m einzelne Personalentscheidungen 166 . Abweichend hiervon meint die Schiedskommission beim SPD-Unterbezirk Münster, die Ordnung der Partei könne weder innerparteiliche noch öffentliche kritische Äußerungen verbieten, soweit diese nach F o r m u n d I n h a l t den Grundsatz der Solidarität nicht außer acht ließen 1 6 7 . Ob diese Passage die Auffassungen der S P D - M i t gliedschaft zutreffend wiedergibt, ist zweifelhaft. Der dort entschiedene F a l l betraf zwar K r i t i k an einer Person. Es handelte sich aber u m Themen, deren Diskussion keineswegs neu war, u n d es ging auch nicht u m Tatsachen, die bisher geheim waren. Ob die Schiedskommission bei anderem Sachverhalt genauso formuliert hätte, ist zweifelhaft. Für Differenzen u m sachpolitische Fragen bestehen unterschiedliche Standpunkte. Nach jüngeren Äußerungen der Bundesschiedskommission dürfen Sozialdemokraten ihre abweichenden Meinungen stets n u r parteiintern austragen 1 6 8 , wobei auch parteiinterne Rundschreiben, die i n größerer Auflage hergestellt werden, schon öffentlichen Äußerungen gleichgestellt werden 1 6 9 . Ob die Ordnung der SPD w i r k l i c h diesen Umfang hat, ist sehr zweifelhaft. Sachpolitische Debatten werden auch i n der SPD nicht unter Ausschluß der Öffentlichkeit geführt, u n d das ziemlich unangefochten. I n der Überzeugung der Mitgliedschaft der größeren Parteien w i r d es eher so sein, daß auch abweichende Meinungen zu politischen Sachfragen öffentlich geäußert werden dürfen, u n d daß n u r für die A r t u n d Weise Schranken gelten. Dem entspricht es, daß andere Schiedsgerichte m i t der Verhängung von Sanktionen wegen abweichender Meinungn w e i t zurückhaltender sind 1 7 0 , u n d die Vorstellung, daß i n einem demokratischen Staat u n d i n einer demokratischen Partei Meinungsfreiheit bestehen müsse, ist i n z w i schen w o h l auch unter den Mitgliedern von Parteien w e i t verbreitet 1 7 1 . 164 Unterschriftsleistungen für eine gegnerische Partei gehören auch h i e r her, werden aber von den Schiedskommissionen seit der Ä n d e r u n g von § 6 I OrgSt SPD vorwiegend als S atzungs verstoß erörtert, vgl. oben § 3 D I. 165 Henke N V w Z 1982, 84. 166 LSchG v o m 4. V I . 1969, g. A . M . u.a., Bl. 13; LSchG v o m 13. V. 1971, g. R.F., Bl. 6; LSchG v o m 10. X I I . 1975, g. L . W . , Bl. 3 u n d B1.4; LSchG v o m 6. I I . 1980, g. A . B . , Bl. 3; BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 5. V I I . 1975, g. H. P., Bl. 7 (Drohung m i t Veröffentlichung). Sehr zurückhaltend jedoch BezSchK Ostwestfalen-Lippe aaO., Bl. 6 f., für die A n r u f u n g staatlicher Gerichte. Dies könne grundsätzlich auch nicht aus Anlaß v o n Parteistreitigkeiten verwehrt werden. Anders anscheinend UBSchK Minden-Lübbecke als Vorinstanz. 167 UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K , Bl. 9. 168 PVSchK v o m 22.1.1976, g. H. R., Bl. 5 (betr. Kongreß für Frieden, A b rüstung u n d Zusammenarbeit); anders noch PVSchK v o m 26. X . 1968, g. J. G., Bl. 10. 169 BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. H. L., Bl. 16. — Anders die BSchK i n einer weiteren Entscheidung v o m selben Tag. Dazu Hasenritter, S. 102: „Es ist unverkennbar, daß die Bundesschiedskommission der SPD hier gegen L i n k s u n d Rechts m i t zweierlei Maß mißt." 170 Siehe dazu Hasenritter, S. 100-111. 171 LSchG v o m 12. I V . 1978, g. N. W. u. a., Bl. 4: „Die Kenntnisnahme der interessierten Öffentlichkeit von derartigen persönlichen u n d sachlichen M e i nungsverschiedenheiten läßt keinerlei schädigende Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit, die Einheit oder Schlagkraft einer Partei zu — i m Gegenteil. Die interessierte Öffentlichkeit geht heute davon aus, daß i n einer

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

c) Eine weitere Regel, die auch Allgemeingut der Parteien sein dürfte, ist, daß ein M i t g l i e d — auch unterhalb der Schwelle dessen, was etwa als Beleidigung oder Verleumdung verboten ist — keine unsachlichen Angriffe gegen seine Partei — u n d auch nicht, soweit es u m Parteiangelegenheiten geht, gegen andere Parteimitglieder 1 7 2 — führen darf. Wer etwa behauptet, die Partei habe i h r eigenes Grundsatzprogramm verlassen, muß dies durch Argumente untermauern 1 7 3 ; w e r sagt, sie lasse K o r r u p t i o n zu, muß dafür Tatsachen nennen 1 7 4 . Das erscheint plausibel. Wer seine Polemik nicht durch Tatsachen oder Argumente untermauern kann, hat sozusagen „gar keinen Grund" dafür, handelt also mißbräuchlich 1 7 5 ; solche Äußerungen werden „nicht mehr sachlich, sondern persönlich m o t i v i e r t " 1 7 6 sein. Gleichzeitig w i r d auch auf Gesichtspunkte der Meinungsfreiheit Rücksicht genommen, w e n n zugestanden w i r d , daß P o l i t i k e r i n gewissem Maß übertreiben dürfen 1 7 7 , u n d w e n n nicht etwa gefordert w i r d , daß eine polemische Äußerung aufgrund der zu i h r e r Begründung genannten Argumente oder Tatsachen „richtig" sein müsse, sondern daß es genüge, w e n n sie „vertretbar" erscheine 178 . Z u m Verbot unsachlicher Polemik gehört es auch, daß man sich über den Sachverhalt informieren müsse, bevor m a n jemanden politisch angreift 1 7 9 .

3. Sorgfaltspflichten

bei „schadensgeneigten"

Tätigkeiten

Weitere Fälle von Verstößen gegen die Ordnung der Partei können unter die Regel gebracht werden, daß, wer Aktivitäten entwickelt, die leicht zu einem Schaden für die Partei führen können, dafür Sorge tragen muß, daß dieser nicht eintritt. Solche Gefahren liegen bei Kontakten und erst recht bei Zusammenarbeit m i t dem politischen Gegner stets nahe, denn diesem geht es selbstverständlich i n erster Linie u m seine Ziele und Interessen. Deshalb darf m a n dem Gegner keine „ I n t e r n a " m i t t e i l e n 1 8 0 , u n d m a n hat Äußerungen zu vermeiden, die v o n i h m als ein A b r a t e n v o n einer K o a l i t i o n Partei u m Personal- oder Sachentscheidungen hart gerungen wird." — Z u m Umfang der durch staatliches Recht garantierten innerparteilichen Meinungsfreiheit siehe u n t e n § 5 C I I 2 u n d I V 1. 172 Seifert, S.226, auch Fußn.232; Strunk JZ 1978, 91; Hasenritter, S. 119 f. 173 UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K., Bl. 12/13; Strunk, S. 84; w o h l auch UBSchK Gelsenkirchen v o m 22. I I . 1975, g. K . W. u. a., Bl. 3; UBSchK Gelsenkirchen v o m 15. V I I . 1975, g. W. M., Bl. 3. 174 UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K., B l . 14; Strunk, S. 84; vgl. auch BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 5. V I I . 1975, g. H. P., Bl. 7 f.; PVSchK v o m 26. X . 1968, g. J. G., B l . 10; PVSchK v o m 7. V I I I . 1970, g. R. S., Bl. 12. 175 Vgl. Seifert, S.226: Gegen die O r d n i m g verstoßen „absolut grundlose oder provokatorische A n g r i f f e gegen die eigene Partei"; ferner B u l l ZRP 1978, 198: Unzulässigkeit v o n „extrem polemischen Äußerungen". 176 B u l l ZRP 1978, 198. 177 LSchG v o m 24.1.1977, g. I. M., Bl. 7; vgl. auch S t r u n k JZ 1978, 91 (Überzeichnende Äußerungen seien nicht w ö r t l i c h zu nehmen.). 178 Vgl. Strunk, S. 84 ( „ i n i h r e m Kerngehalt als sachlich vertretbar"). 179 So LSchG v o m 10. X I I . 1975, g. L. W., B l . 5; ähnlich UBSchK Gelsenkirchen v o m 4. X I I . 1971, g. J. P. u. a.: Bevor m a n schwerwiegende V o r w ü r f e erhebe, müsse m a n konkrete Anhaltspunkte haben.

. Der Verstoß gegen die

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m i t der eigenen Partei verstanden werden können 1 8 1 . Eine „schadensgeneigte" Tätigkeit k a n n auch darin liegen, daß ein Buch über einen Politiker der eigenen Partei i n einem Verlag erscheinen soll, der schon häufiger persönlichdiffamierende Schriften über Politiker dieser Partei publiziert h a t 1 8 2 . So sah eine Schiedskommission ein „leichtfertiges" Verhalten darin, m i t einem solchen Verlag eine Vertragsklausel zu vereinbaren, wonach der Verlag i n der Veröffentlichung (!) seine Auffassung zum Buchthema deutlich machen konnte 1 8 3 , einem solchen Verlag ein Originalmanuskript zu überlassen, ohne selbst ein Überstück zu behalten 1 8 4 , u n d es schließlich hinzunehmen, „daß i h m der Verlag trotz wiederholter Mahnungen keine Gelegenheit zur K o r r e k t u r gegeben h a t " 1 8 5 . U n d w e r weiß, daß sein Verleger einen eingereichten Text ändern w i l l , muß sicherstellen, daß dieser keine „fragwürdigen Formulierungen" einfügt 1 8 6 .

4. Einhaltung

von Vergleichen

Zur Ordnung der Partei kann es auch gehören, daß ein Mitglied Vergleiche, die «es i n einem schiedsgerichtlichen Verfahren geschlossen hat, einhält 1 8 7 . Dies verneint Hasenritter m i t dem Argument, durch Vergleiche könnten den Mitgliedern keine weitergehenden Pflichten auferlegt werden, als sich bereits aus dem Parteiengesetz ergäben 188 . Vergleiche sind für das bürgerliche Recht i n § 779 BGB und für das Verwaltungsrecht i n § 55 V w V f G vorgesehen; vergleichsähnliche Elemente weisen sogar strafprozessuale Einstellungsbeschlüsse auf, die von der Zustimmung des Angeschuldigten abhängen 189 . § 14 I 1 PartG weist den Schiedsgerichten nicht nur die Entscheidung, sondern auch die Schlichtung von 'Streitigkeiten zu, und Vergleiche sind, da sie auf gegenseitigem Nachgeben beruhen, ein typisches Mittel der Schlichtung. Das Gesetz läßt also Vergleiche zur Erledigung innerparteilicher Konflikte zu. Das aber heißt, daß solche Vergleiche grundsätzlich auch gültig sind. Einzuräumen ist nun, daß die Ordnung der Partei für alle Mitglieder gleich gelten muß und deshalb zwingendes Recht zu sein hat. Deshalb können jedenfalls durch einen Vergleich dem Mitglied keine Pflichten auferlegt 180 v g l . Seifert, S.226; LSchG v o m 4 . V I . 1969, g. A . M . u.a., B l . 12; LSchG v o m 9. V I I . 1975, g. G. S., B1.28; ferner LSchG v o m 10. X I I . 1975, g. L . W . , Bl. 4 (Weigerung, Vertraulichkeitsbeschluß einzuhalten). 181

UBSchK Minden-Lübbecke v o m 7.11.1980, g. G. D., Bl. 6. UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K., Bl. 10: der genannte Verlag habe sich „auf eine systematische personalisierte Diffamierung der deutschen Sozialdemokratie spezialisiert". 183 UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K., Bl. 11. 184 aaO. 185 aaO. — I m Grunde w i r d hier n u r etwas verlangt, was unter seriösen Verlegern u n d A u t o r e n ohnehin üblich ist. 186 BezSchK Westliches Westfalen, in: Butterwegge, S. 122, 128. 187 BezSchG Oberbayern v o m 30. X I . 1981, g. A . M., Bl. 4. 188 ZRP 1982, 95. 189 Z. B. §§ 153 I I 1, 153 a I, I I , 153 b I I StPO. 182

96

§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

werden, die offensichtlich nicht bestehen, ζ. B. „ i n Zukunft keine Leserbriefe mehr zu schreiben". Fraglich ist die Zulässigkeit von Mitgliedspflichten regelnden Vergleichen etwa da, wo „eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewißheit" 1 9 0 beseitigt werden soll. Wollte man i n solchen Fällen Vergleiche als unzulässig ansehen, wären den Schiedsgerichten viele Möglichkeiten des Schlichtens genommen. Gleichzeitig genössen damit parteiinterne Normen einen stärkeren Schutz ihrer Unabdingbarkeit als staatlichverwaltungsrechtliche. Die Pflicht zur Einhaltung von Vergleichen kann also durchaus zur Ordnung der Partei gehören.

E. Der „erhebliche" Verstoß Ein Verstoß gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei kann nur dann zu einem Ausschluß führen, wenn er „erheblich" ist. Eine Definition, die diesen Begriff ohne weiteres praktikabel machen würde, ist bisher nicht gelungen; sie kann auch hier nicht gegeben werden. Es ist aber auf einige Gesichtspunkte einzugehen, die bei der Anwendung dieses Begriffs zu beachten sind I . Erheblichkeit der Handlung

Aus dem Wortlaut des § 10 I V PartG ergibt sich, daß 'der Verstoß — nicht aber unbedingt der verletzte Grundsatz oder Ordnungssatz — erheblich sein muß; vom „Verstoß gegen erhebliche Grundsätze" ist ja nicht die Rede. Es muß also die Handlung selbst erheblich sein 191 ; es „ist auf die konkrete -Situation abzustellen" 192 . Für Äußerungen i n einer Presseerklärung w i r d man das ζ. B. eher sagen können als für solche i n einer Vorstandssitzung. Erheblichkeit w i r d aber auch dann häufig zu bejahen sein, wenn mehrere Vorfälle zusammenkommen, die einzeln betrachtet unerheblich wären 1 9 3 . Das gilt auch, wenn verschiedenartige Disziplinlosigkeiten zusammenkommen, etwa beleidigende Äußerungen, Trunkenheit i n der Sitzung und willkürliche Handhabung der Versammlungsleitung 194 . Das ist sozusagen die Konsequenz daraus, daß § 10 I V PartG i m Unterschied zum Strafrecht keine speziellen Vorschriften über Tatmehrheit kennt 1 9 5 . Unzutreffend ist allerdings die Ansicht, daß 190

So die Formulierung i n § 55 V w V f G . Vgl. auch Reel, S. 341 („objektive Schwere des Verstoßes"); Trautmann, S. 210 („sehr nachhaltige, weitreichende Verstöße"). 192 B P t G v o m 1. X I I . 1981, Bl. 15. 193 Hasenritter ZRP 1982, 94. 194 UBSchK Gelsenkirchen v o m 11. V. 1974, g. G. H., Bl. 5. 191

F. Der schuldhafte Verstoß

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ein einmaliger Verstoß „ i n der Hegel" nicht erheblich sei 196 , denn Einmaligkeit ist kein Indiz für Unerheblichkeit 197 . I I . Der Zweck des Erheblichkeitserfordernisses

Der Zweck des Erheblichkeitserfordernisses liegt nach Lengers und Heimann darin, daß Grundsätze oder Ordnung inhaltlich wesentlich schwieriger zu bestimmen seien als die Satzung und daß daher die Gefahr leichtfertiger Berufung der Partei auf diese Schutzgüter bestehe 198 . Ein weiterer Gesichtspunkt ist, daß Grundsätze und Ordnung auch bei Anwendung der hier bejahten einschränkenden Definitionen und Ermittlungsmethoden 199 sehr weitreichende Geltung haben können. Das Prinzip der Solidarität zählen 'SPD und CDU zu ihren „Grundwerten" 2 0 0 und wohl auch zu ihren Grundsätzen; aber wer kann schon sicher sein, daß er nicht trotz guten Willens bisweilen dagegen verstößt 201 . Das K r i terium der Erheblichkeit schützt also nicht nur vor unklarem Inhalt von Grundsätzen und Ordnung, sondern auch vor Problemen, die sich aus deren großer Reichweite ergeben können.

F. Der schuldhafte Verstoß I . Der Vorsatz beim Satzungsverstoß

Hinsichtlich der Frage, inwieweit der Verstoß gegen Satzung, Grundsätze oder Ordnung ein schuldbafter sein muß, ergibt der Wortlaut von § 10 I V PartG, daß jedenfalls der Satzungsverstoß vorsätzlich geschehen muß. 195 Vgl. §§ 53 - 55 StGB sowie § 20 OWiG; an speziellen Regelungen über „Tatmehrheit" fehlt es auch i m Disziplinarrecht, vgl. Behnke, S. 63; Scheerb a r t h / Höffken, S. 353 („Einheit des Dienstvergehens"). 196 So aber Trautmann, S. 210. 197 Die Frage, ob ein Vorgang einmalig w a r oder ob m i t seiner Wiederhol u n g zu rechnen ist, ist dagegen beim Ausschlußermessen beachtlich, vgl. u n ten 6 Β I. 198 Lengers, S.43; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 82 f.; ders., politische Parteien, S. 87. 199 Vgl. oben C I 4 u n d 5, C I V sowie D I I . 200 Vgl. Grundsatzprogramm SPD, S. 7; Grundsatzprogramm CDU, S. 7 u n d 9. 201 A u f einem ähnlichen Gedanken beruht die Einschränkung der A r b e i t nehmerhaftung bei schadensgeneigter Arbeit, vgl. Hanau / Adomeit, S. 152 ff.; B A G D B 1973, 1405; H . D ö r i n g , S. 17 f.; Schaub, S. 221: Da auch dem sorgfältigsten Arbeitnehmer Fehler unterlaufen, soll er m i t diesem Risiko nicht allein belastet werden. Vgl. auch zur Haftungsbeschränkung i m öffentlichen Dienst v o n Münch, in: BesVerwR, S. 71.

7 Risse

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

1. Der Begriff Vorsatz ist dem Straf recht u n d dem bürgerlichen Recht geläufig 2 0 2 . Er bedeutet zunächst „Wissen" u n d „Wollen" der rechtswidrigen Handlung 2 0 3 . Z u m Wissen u n d Wollen gehört auch der dolus eventualis: Dem Täter k o m m t es auf den rechtswidrigen Erfolg nicht an, er weiß aber, daß dieser eintreten k a n n u n d begeht die Tat gleichwohl ( „ i n Kauf nehmen") 2 0 4 . Diesen I n h a l t des Begriffs Vorsatz w i r d der Gesetzgeber auch i m § 10 I V PartG zugrundegelegt haben; u m den Vorsatz enger zu fassen, werden üblicherweise andere Formulierungen verwendet 2 0 5 . E i n weiteres Problem des Vorsatzes ist, ob sich das Wissen u n d W o l l e n n u r auf die Tatumstände beziehen m u ß 2 0 6 oder ob daneben auch die Kenntnis der Verbotsnorm nötig ist 2 0 7 . I m S traf recht w i r d k e i n Wissen u m die Verbotsnorm verlangt 2 0 8 ; die Unkenntnis v o n der Verbotsnorm k a n n zur M i l d e r u n g 2 0 9 , n u r bei ihrer Unvermeidbarkeit zur Straflosigkeit führen 2 1 0 . Nach der i m Zivilrecht h. M . gehört zum Vorsatz nicht n u r die Kenntnis der Tatumstände, sondern auch das „Bewußtsein der Pflichtwidrigkeit" 211. 2. E i n v o r s ä t z l i c h e r Satzungsverstoß e r f o r d e r t n u n j e d e n f a l l s , daß d e r T ä t e r b z w . das M i t g l i e d u m d i e m a ß g e b l i c h e n T a t u m s t ä n d e w e i ß u n d auch w i l l e n t l i c h h a n d e l t . F ü r e i n e n v o r s ä t z l i c h e n Verstoß gegen § 12 N r . 2 S t a t u t C D U m u ß das M i t g l i e d z . B . wissen, daß d e r Vorwärts eine s o z i a l d e m o k r a t i s c h e Z e i t u n g ist. D o l u s e v e n t u a l i s l ä g e v o r , w e n n es n i c h t sicher ist, ab d e r V o r w ä r t s eine s o z i a l d e m o k r a t i s c h e oder eine g e w e r k s c h a f t l i c h e Z e i t u n g i s t 2 1 2 , d e n k r i t i s c h e n A r t i k e l ü b e r d i e P o l i t i k d e r C D U aber g l e i c h w o h l d o r t a b l i e f e r t . 3. D e r W o r t l a u t v o n § 10 I V P a r t G l ä ß t n i c h t e r k e n n e n , ob z u m v o r sätzlichen Satzungsverstoß auch das W i s s e n u m d i e V e r b o t s n o r m geh ö r t , ob es also i n d e m g e n a n n t e n B e i s p i e l g e n ü g t , w e n n das C D U M i t g l i e d w e i ß , 'daß es f ü r e i n e gegnerische Z e i t u n g schreibt, oder ob es auch w i s s e n m u ß , daß das S t a t u t d e r C D U i h m dies v e r b i e t e t . F ü r das S t r a f r e c h t e n t h ä l t § 17 S t G B eine besondere R e g e l u n g f ü r das W i s s e n u m das V e r b o t ; es g e h ö r t d o r t also n i c h t z u m V o r s a t z 2 1 3 . E i n e solche 202 Vgl. § 15 StGB; § 10 OWiG; § 276 I 1 B G B ; §826 B G B ; vgl. ferner §46 I 2, I I BRRG. 203 Kötz, S. 60; Larenz, SchuldR A T , S. 230; ders., SchuldR BT, S. 594; Baumann, S. 400 ff.; Jescheck, S. 235. 204 So für § 10 I V PartG: Heimann, politische Parteien, S. 87; vgl. i m ü b r i gen Jescheck, S. 240 f., m . w . N . ; Baumann, S. 413 ff.; Larenz, SchuldR A T , S. 230; Esser / Schmidt, SchuldR A T , Tb 2, S. 31. 205 Vgl. Dreher / Tröndle, §15, Rdnr. 6 - 8, m . w . N . ; Schönke / Cramer, §15, Rdnr. 64 - 67, m. w. N. 206 („Ich nehme dem A die Geldbörse weg.") 207 („Ich weiß, daß das als Diebstahl strafbar ist.") 208 Vgl. Jescheck, S. 234 - 238; Baumann, S.403. 209 § 17 Satz 2 StGB. 210 § 17 Satz 1 StGB. 211 So Larenz, SchuldR A T , S. 230, m. w . N.; B G H Versicherungsrecht 1966, 875, 876; ähnlich Esser / Schmidt, SchuldR A T , T b 2, S. 32. 212 Eine Zeitschrift der „Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer u n d A n w ä r t e r " i m Deutschen Beamtenbund trägt den ähnlichen Namen „Voraus".

F. Der schuldhafte Verstoß

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Regelung enthält aber weder das BGB noch § 10 I V PartG. Deshalb ist für einen vorsätzlichen Satzungsverstoß auch die Kenntnis der Satzungsvorschrift zu verlangen. E i n weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu: I m Strafrecht wurde früher davon ausgegangen, daß der Bürger regelmäßig i n der Lage ist, u m das Verbotene seines Tuns auch ohne Kenntnis des Gesetzestextes zu wissen 214 . Das Strafrecht besteht i n seinem K e r n aus Verbotsnormen, die bestimmtes Verhalten wegen seines allgemein als schädlich angesehenen Charakters verhindern sollen; dieses w i r d i. d. R. jeder erkennen können. Satzungen enthalten neben echten Verbotsnormen auch Vorschriften ganz anderen Charakters, etwa Kompetenzzuweisungen an Organe und Gliederungen 215 . Der Inhalt solcher Satzungsvorschriften ist nicht i n solcher Weise „selbstverständlich" wie der Inhalt von Strafvorschriften. Seine Kenntnis kann also nicht einfach vorausgesetzt werden. Parteisatzungen sind auch nicht etwa so kurze und einfache Texte, daß der Gesetzgeber davon hätte ausgehen können, daß jedes Mitglied sie kennt; Satzung i. S. d. § 10 I V PartG ist ja nicht nur die Satzung der Gesamtpartei, sondern dazu gehören auch die Satzungen der Gliederungen, denen das Mitglied angehört 216 . Spricht somit alles dafür, daß der vorsätzliche Satzungsverstoß die Kenntnis der Satzungsnorm verlangt 2 1 7 , so bleibt die Frage, ob auch hinsichtlich der Satzungsnorm dolus eventualis genügt. Das Vorsatzerfordernis auch auf die Satzungsnorm zu beziehen, stellt schon recht hohe Anforderungen. Diese noch dadurch zu erhöhen, daß n u r die stärkeren Vorsatzformen gelten sollen, liefe auf eine Günstigerstellung des Rechtsignoranten hinaus: Wer sich nie die Mühe macht, i n einen Satzungstext hineinzuschauen, könnte auch nie vorsätzlich gegen i h n verstoßen. 4. Über den Vorsatz hinaus das Vorliegen einer „verwerflichen Gesinnung" zu verlangen 2 1 8 , ginge zu weit. I m Gesetz findet sich dafür keine Stütze, u n d dieses Erfordernis ist auch nicht nötig, u m unbestimmt gefaßter Tatbestände Herr zu werden 2 1 9 . Daß Unbestimmtheit v o n Ausschlußregelungen nicht zu Lasten des Mitglieds gehen darf, ist keine Frage des subjektiven Tatbestands. „Edle", also nicht-verwerfliche, Gesinnung ist k e i n Rechtfertigungsgrund, u n d eine Möglichkeit, die M o t i v e des Handelns zu berücksichtigen, mag innerhalb des Ausschlußermessens 220 bestehen. 213

Schönke / Cramer, § 15, Rdnr. 10 u n d 46; Lackner, § 15, A n m . I I 5 c, u n d § 17, A n m . 1. 214 Baumann, S. 437; auch Jescheck, S. 370 f. 215 Z. B. § 10 V, 15 Satzung FDP; §§ 24 I I , 15 I I I Satzung CSU; §§ 16 I I 2, 34 Statut CDU; §§ 20, 9 OrgSt SPD. 216 Siehe oben Β I 1. 217 So auch Trautmann, S. 209. 218 Strunk, S. 19. 219 So aber Strunk, S. 19. 220 Dazu unten 6 Β V. Ί*

100

§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

5. Offen ist noch die Frage, w i e sich I r r t ü m e r auf den vorsätzlichen Satzungsverstoß auswirken. Wer etwa annimmt, der Vorwärts sei eine Zeitschrift der Eisenbahner-Gewerkschaft, hat weder das Wissen noch den W i l len, für eine sozialdemokratische Zeitung zu schreiben 221 . Auch wer eine Satzungsvorschrift falsch auslegt u n d sich sicher glaubt, daß diese so zu verstehen sei, k a n n nicht das Wissen oder den W i l l e n haben, dagegen zu v e r stoßen. Wer dagegen Zweifel über ihre wirkliche Bedeutung hat, aber dieser ungeachtet handelt, n i m m t grundsätzlich i n Kauf, daß er gegen sie verstößt; er handelt also m i t dolus eventualis. Es wäre n u n problematisch, dem einzelnen M i t g l i e d das volle Risiko dessen aufzubürden, ob seine Auslegung richtig war, also eine rechtmäßige Handl u n g vorlag, oder ob sein Rechtsirrtum zum vorsätzlichen S atzungs verstoß f ü h r t 2 2 2 . M a n w i r d also — entsprechend dem Rechtsgedanken des § 17 StGB — darauf abzustellen haben, ob der I r r t u m vermeidbar war. A n die Vermeidbarkeit dürfen i n Anbetracht des Charakters v o n Parteiarbeit keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Die i m Strafrecht aufgestellte „Pflicht zur Gewissensanspannung" 2 2 3 w i r d k a u m weiterhelfen; n u r wenige Normen des Parteisatzungsrechts lassen sich so erschließen. Die Erkundigungspflicht w i r d m a n nicht so w e i t ziehen können w i e i m Strafrecht 2 2 4 . Berufsverbände, die es i n der Wirtschaft g i b t 2 2 5 , können i n Fragen des Parteisatzungsrechts nicht beraten. Berücksichtigt man, daß Parteiarbeit überwiegend v o n unentgeltlich tätigen Funktionären getragen w i r d , u n d daß diese es sind, die als erste i n der Gefahr stehen, gegen die Satzung zu verstoßen, k a n n man regelmäßig nicht verlangen, etwa einen Rechtsanwalt (gegen Entgelt) zu konsultieren 2 2 6 . Normalerweise muß es genügen, ein i n Satzungsangelegenheiten erfahrenes Parteimitglied oder einen hauptamtlichen Parteisekretär zu befragen.

I I . Vorsatz beim Verstoß gegen Grundsätze und Ordnung N a c h 'dem W o r t l a u t des § 10 I V P a r t G bestehen Z w e i f e l , ob das E r f o r d e r n i s des Vorsatzes auch f ü r d e n Verstoß gegen G r u n d s ä t z e u n d O r d n u n g g i l t . S a t z b a u u n d (Systematik sprechen eher d a f ü r , das V o r s a t z e r f o r d e r n i s n u r a u f die S a t z u n g u n d das E r h e b l i c h k e i t s e r f o r d e r m s n u r a u f G r u n d s ä t z e u n d O r d n u n g z u beziehen: A l l e d r e i A r t e n v o n V e r s t ö ß e n h ä t t e n d a n n eine i h n e n a d ä q u a t e E i n s c h r ä n k u n g 2 2 7 . E i n e E r s t r e c k u n g des Vorsatzes auf G r u n d s ä t z e u n d O r d n u n g w i r d v o r a l l e m m i t d e m Schutz d e r M i t g l i e d e r b e g r ü n d e t . Dieser w ü r d e d a d u r c h i n d e r 221 Ebenso i m Strafrecht § 16 I 1 StGB; w o h l auch LSchG v o m 27. I I I . 1971, g. D. B. u. a., Bl. 3. 222 K l a r h e i t würde j a u. U. erst nach drei Instanzen Schiedsgerichtsbarkeit (vgl. z.B. §34 I 1 OrgSt SPD) zusätzlich dreier Instanzen ordentliche Gerichtsbarkeit (vgl. ζ. B. B G H Z 73, 275; B G H Z 75, 158) bestehen. 223 Dazu Dreher / Tröndle, §17, Rdnr. 8; BGHSt 4, 1, 5; Schönke / Cramer, § 17, Rdnr. 12 ff.; kritisch dazu Baumann, S. 449. 224 Dazu Dreher / Tröndle, § 17, Rdnr. 9; Schönke / Cramer, § 17, Rdnr. 16. 225 Vgl. etwa BGHSt 18, 192, 197; K G JR 1964, 68, 71. 226 Vgl. Dreher, § 17, Rdnr. 9, m. w. N. 227 So w o h l Reel, S. 341; Henke, S. 94.

F. Der schuldhafte Verstoß

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Tat erweitert. Nicht überzeugend aber ist es, sich darauf zu berufen, daß i m staatlichen Disziplinarrecht das Verschuldensprinzip gelte 228 . Verschulden meint Vorsatz und Fahrlässigkeit 229 ; i n diesem Sinne w i r d es auch i m Disziplinarrecht verstanden 230 . Dieses Argument mag dazu führen, daß man für Verstöße gegen Grundsätze oder Ordnung eine von beiden Verschuldensformen für erforderlich hält und § 10 I V PartG dementsprechend auslegt 231 . Den Schritt vom Verschulden zum Vorsatz kann diese Argumentation nicht begründen; der Unterschied zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz ist zu groß, als daß man sich darauf stützen könnte, daß ja nur die Schuldform Vorsatz i n § 10 I V PartG erwähnt sei 232 . Ebenfalls nicht überzeugend ist ein Argument, das für die gegenteilige Ansicht angeführt wurde: A u f den Verstoß gegen Grundsätze sei das Vorsatzerfordernis nicht anwendbar, denn eine Partei müsse auch jemanden ausschließen können, der seine Überzeugung geändert habe, ohne daß i h m dies als „Schuld" vorzuwerfen sei 233 . Diese Argumentation verkennt den Begriff des Vorsatzes 234 . Die Feststellung, jemand habe vorsätzlich gegen Parteigrundsätze verstoßen, besagt ja nicht, daß er i n einem allgemeinen Sinne „unmoralisch" gehandelt habe; es geht j a nur u m eine „Verletzung der spezifischen Gruppenmoral der Partei" 2 3 5 . Z u bedenken ist schließlich, daß der Vorsatz sich beim Satzungsverstoß auch auf die Satzungsnorm beziehen muß 2 3 6 . Wollte man das Vorsatzerfordernis auch auf den Verstoß gegen Grundsätze und Ordnung beziehen, müßte man dort ebenso vorgehen. Das würde beim Verstoß gegen Grundsätze zu dem merkwürdigen Ergebnis führen, daß derjenige günstiger gestellt würde, dem die grundlegenden Ziele seiner Partei gar nicht bekannt sind. Wenn man auch nicht unbedingt verlangen kann, daß ein Mitglied den Inhalt aller einschlägigen Satzungen kennen muß: Die Grundsätze, den K e r n der Programmatik, sollte es ken228 Z u r Parallele zwischen Parteiordnungsrecht u n d staatlichem Disziplinarrecht siehe Wenzel ZfP 1983, 102. 229 Hanau, in: MünchKomm, §276, Rdnr. 2; E r m a n / Battes, §276, Rdnr. 5; Staudinger / Löwisch, §276, Rdnr. 11; R G R K - A l f f , §276, Rdnr. 8; Baumann, S. 384 f.; Haft, S. 102. 230 Vgl. §§ 45 I 1, 46 I 1 BRRG; §§ 77 I 1, 78 I 1 B B G ; § 113 I B R A O ; ferner Behnke / A r n d t , Einführung, Rdnr. 39, S. 79; Battis, §77, A n m . 4 d , m . w . N . , Scheerbarth / Höffken, S.351. 231 Dazu unten I I I . 232 So aber w o h l Lengers, S. 44 ff.; Heimann, politische Parteien, S. 87. 233 Luthmann, S. 113 f.; ders. DVB1 1962, 171; Scheuner D Ö V 1967, 344. 234 Lengers, S. 44 ff. 235 So Lengers, S.45; ähnlich Meyer-Cording, S.29; L u t h m a n n DVB1 1962, 171. Auch bei diesem Begriff ist Vorsicht geboten: Politische Ansichten, die m i t den Parteigrundsätzen unvereinbar sind, werden auch aus Parteisicht nicht unbedingt „unmoralisch" sein, sondera gf^ a y r „politisch falsch". 236 Vgl. oben I 3,

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

n e n . W e n n das n i c h t d e r F a l l i s t , k a n n seine M i t g l i e d s c h a f t k a u m a u f sachlichen G e s i c h t s p u n k t e n b e r u h e n 2 3 7 . S o m i t d ü r f t e n d i e G r ü n d e , die gegen d i e A n w e n d u n g des Vorsatzerfordernisses a u f d e n Verstoß gegen G r u n d s ä t z e u n d O r d n u n g sprechen, e h e r ü b e r z e u g e n 2 3 8 . N u r d e r V e r s t o ß gegen d i e S a t z u n g m u ß e i n v o r s ä t z l i c h e r sein.

Π Ι . Das Verschulden beim Verstoß gegen Grundsätze und Ordnung D a m i t b l e i b t d i e Frage, ob f ü r e i n e n Verstoß gegen G r u n d s ä t z e u n d O r d n u n g das V o r l i e g e n v o n V e r s c h u l d e n ü b e r h a u p t — also v o n V o r s a t z oder F a h r l ä s s i g k e i t — z u v e r l a n g e n ist. 1. I m allgemeinen Vereinsrecht ist ein Ausschluß auch wegen schuldlosen Verhaltens möglich 2 3 9 . Z u bedenken ist aber, daß den Vereinen des bürgerlichen Rechts eine innere demokratische Ordnung nicht oder n u r ausnahmsweise vorgeschrieben i s t 2 4 0 u n d daß dieser Gesichtspunkt also dort auch k e i nen besonderen Schutz des einzelnen Mitglieds erfordert. Ferner können Vereine des bürgerlichen Rechts auch juristische Personen als Mitglieder aufnehmen 2 4 1 ; Parteien können das gemäß § 2 1 2 PartG nicht. Subjektive Tatbestände bei juristischen Personen festzustellen, ist schwierig u n d k a n n zur ungleichen Behandlung v o n Mitgliedern führen. Dies mögen Gründe sein, auf das Erfordernis des Verschuldens i m Vereinsrecht zu verzichten 2 4 2 . M i t der Schaffung des § 10 I V PartG w o l l t e der Gesetzgeber zugunsten der Parteimitglieder v o m Vereinsrecht abweichen 2 4 3 . M i t dieser Absicht ginge es konform, hier das Verschuldenserfordernis zu bejahen. Andererseits ist es problematisch, zu Lasten der Parteien, denen j a durch § 10 I V P a r t G die Möglichkeiten des Ausschlusses stark beschnitten worden sind, noch ein u n geschriebenes Tatbestandsmerkmal einzufügen. 2. Z u b e d e n k e n ist aber, welche R o l l e das V e r s c h u l d e n i m (west-) deutschen Rechtssystem ü b e r h a u p t s p i e l t . Das gesamte staatliche S t r a f e n h a t V e r s c h u l d e n z u r V o r a u s s e t z u n g 2 4 4 ; das g i l t auch f ü r das D i s z i 237 Die „unsachlichen Gründe" müssen nicht unbedingt Karrierismus oder Opportunismus sein; auch weniger problematische Gründe wie die Suche nach Geselligkeit mögen bisweilen eine Rolle spielen. 238 So auch Trautmann, S. 209; Strunk J Z 1978, 88; Henke, S. 94; PVSchK v o m 23. X . 1975, g. P. S. Bl. 13; dahingestellt bei UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K., Bl. 12. 239 Staudinger / Coing, §35, Rdnr. 39; B G H Z 29, 352, 359; Reichert / Dann e c k e r / K ü h r , S.253f.; Sauter / Schweyer, S. 53; so auch für §10 I V PartG Breithaupt JZ 1967, 563. 240 Stein, S. 131; MDHS-Maunz, A r t . 9, Rdnr. 56 (1970). 241 Reichert / Dannecker / K ü h r , S.91; Sauter / Schweyer, S.42; B G H Z 29, 352, 359. 242 Vgl. die Argumentation B G H Z 29, 352, 359. 243 Seifert, S.226; Henke, S.94. 244 Vgl. §15 StGB; §10 OWiG; Haft, S. 102; Baumann, S. 367 ff.; B G H S t 2, 194, 200 f. Es w i r d sogar vertreten, das Schulderfordernis sei verfassungsrechtlich geboten, z. B. Baumann, S. 368; Sax, Grundrechte III/2, S. 934 - 938.

F. Der schuldhafte Verstoß

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plinarrecht 2 4 5 . Auch Nachteile, die das Zivilrecht auferlegt, gründen sich regelmäßig auf schuldhaftes Verhalten 2 4 6 . Verschuldensunabhängige Schadensersatzpflichten („Gefährdungshaftung") gibt es nur für bestimmte Problembereiche, insbesondere für das mit dem Betrieb einer gefährlichen Anlage verbundene Risiko 247 . M i t diesen Problembereichen und der dort bestehenden Interessenlage hat das Verhältnis zwischen Mitglied und Partei so wenig gemein, daß daraus nicht die Annahme begründet werden kann, § 10 I V PartG könne auch einen verschuldensunabhängigen Ausschluß ermöglichen 248 . 3. Schließlich ist zu berücksichtigen, wie Gesetzesformulierungen, die auf Verschulden abstellen — oder aber ausdrücklich nicht abstellen — formuliert sind. Vorschriften, die eine Gefährdungshaftung begründen, sind üblicherweise so formuliert, daß die Beschreibung der sich verwirklichenden Gefahr den Tatbestand bildet 2 4 9 . Vorschriften, die Verschulden zugrunde legen, pflegen das verbotene Verhalten zu beschreiben 250 . Auch dieser Gesichtspunkt spricht dafür, für einen Verstoß gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei das Vorliegen von Verschulden zu verlangen. 4. Die Auslegung des Begriffs Vorsatz hat beim Verstoß gegen Grundsätze und Ordnung nicht anders zu erfolgen als beim Satzungsverstoß 251 . I n der Rechtslehre gibt es jedoch zwei unterschiedliche Maßstäbe, nach denen F a h r lässigkeit festgestellt w i r d 2 5 2 . Der „objektive" Fahrlässigkeitsbegriff w i r d auf den Wortlaut von § 276 I 2 B G B gestützt. Maßstab ist die „erforderliche Sorgfalt". Dieser Begriff gilt i m Zivilrecht 2 5 3 . Wichtig ist hierbei, daß der Maßstab für die erforderliche Sorgfalt sich nicht auf die I n d i v i d u a l i t ä t des einzelnen bezieht 2 5 4 . I m Gegensatz dazu enthält die Feststellung fahrlässigen 245 Vgl. §§45 I 1 BRRG, 77 I 1 BBG, 83 I 1 L B G N W , 113 I B R A O ; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 83, m. w. N. 246 V o r allem § 276 I 1 B G B u n d § 823 I I 2 BGB. Vgl. i m übrigen Rehfeldt / Rehbinder, 3. Aufl., S. 174; Esser / Schmidt, SchuldR A T , Tb 1, S. 69; Larenz, SchuldR A T , S. 227. 247 Vgl. §§ 1 I, 2 I HaftpflichtG (i. d. F. der Bekanntmachung v o m 4. Jan. 1978, B G B l I, S. 145); §7 I StVG; § 33 I 1 L u f t V G ; §25 A t o m G ; ferner §833 Satz 1 BGB. Z u r Bedeutung der Gefährdungshaftung i m Unterschied zur Verschuldenshaftung siehe Rehfeldt / Rehbinder, 3. Aufl., S. 274 - 282. 248 Α . M. PVSchK v o m 23. X . 1975, g. P. S., Bl. 13, wo allerdings zusätzlich Verschulden geprüft w i r d ; a. M. auch Reel, S. 341, w e i l das Interesse der Partei dies erfordere. 249 Z . B . §833 Satz 1 B G B : „ W i r d durch ein Tier ein Mensch g e t ö t e t . . . " ; ähnlich die oben F N 247 genannten Beispiele. 250 Z.B. § 823 I B G B : „Wer . . . das Leben . . . eines anderen . . . verletzt . . . " (und nicht: „ W i r d jemandes Leben v e r l e t z t . . . " ) . 251 Dazu oben I. 252 Rehfeldt / Rehbinder, 3. Aufl., S. 177 f. 253 Rehfeldt / Rehbinder, 3. Aufl., S. 177 f. 254 Vgl. Palandt / Heinrichs, § 276, A n m . 4 b; Rehfeldt / Rehbinder, 3. Aufl., S.178.

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

Verhaltens i m Straf recht einen „subjektiv-persönlichen V o r w u r f " 2 5 5 . Es k o m m t dort auf die Sorgfalt an, zu der der Täter nach den Umständen u n d nach seinen persönlichen Fähigkeiten u n d Kenntnissen verpflichtet u n d i m stande w a r 2 5 6 . Dieser auf die I n d i v i d u a l i t ä t bezogene Fahrlässigkeitsbegriff g i l t auch i m Disziplinarrecht 2 5 7 . Diese unterschiedlichen Fahrlässigkeitsbegriffe beruhen auf dem unterschiedlichen Zweck verschiedener Rechtsmaterien. Strafrecht u n d Disziplinarrecht w o l l e n rechtmäßiges Verhalten sicherstellen. Jemanden über seine persönlichen Fähigkeiten hinaus dazu anhalten zu wollen, wäre sinnlos. Der zivilrechtliche Fahrlässigkeitsbegriff w i r d i m Zusammenhang m i t dem Ausgleich v o n Vermögensinteressen benutzt. Einem Geschädigten wäre wenig gedient m i t dem Hinweis, daß sein Schädiger zur erforderlichen Sorgfalt persönlich nicht imstande w a r 2 5 8 . So gesehen ist § 10 I V PartG eher dem Strafrecht verwandt. Nicht Ersatz für etwa eingetretene Schäden ist bezweckt, sondern die Einhaltung v o n Grundsätzen u n d Ordnung der Partei. Es g i l t also der subjektive Fahrlässigkeitsbegriff 2 5 9 .

G. Das Verhältnis der drei A r t e n von Verstößen zueinander Das V e r h ä l t n i s der d r e i A r t e n v o n V e r s t ö ß e n z u e i n a n d e r w i r f t k e i n e P r o b l e m e auf, solange sich Satzung, G r u n d s ä t z e u n d O r d n u n g n i c h t widersprechen. Stellt eine H a n d l u n g sowohl einen vorsätzlichen Satzungsverstoß als auch e i n e n e r h e b l i c h e n O r d n u n g s v e r s t o ß d a r , s i n d eben b e i d e N o r m e n b e r e i c h e v e r l e t z t 2 6 0 . I m U n t e r s c h i e d z u m S t r a f r e c h t besteht k e i n G r u n d , i n solchen F ä l l e n d e m e i n e n N o r m e n b e r e i c h d e n V o r r a n g v o r d e m a n d e r e n z u geben, u m e t w a F ä l l e d e r „ I d e a l k o n k u r r e n z " v o n F ä l l e n der „ G e s e t z e s k o n k u r r e n z " z u u n t e r s c h e i d e n 2 6 1 . I m S t r a f r e c h t h a b e n solche U n t e r s c h e i d u n g e n f ü r A r t u n d M a ß d e r S t r a f e B e d e u t u n g 2 6 2 . I n § 10 I V P a r t G geht es dagegen ausschließlich d a r u m , ob e i n Ausschluß e r f o l g e n k a n n o d e r n i c h t . I . Günstigkeitsprinzip Sofern zwischen den drei Normenbereichen Widersprüche bestehen, die nicht bereits nach den hergebrachten Regeln über den Vorrang höherrangiger 2 6 3 , neuerer u n d speziellerer N o r m e n 2 6 4 gelöst werden können, wäre daran 255

So Rehfeldt / Rehbinder, 3. Aufl., S. 177. Vgl. Dreher / Tröndle, §15, Rdnr. 13; Jescheck, S. 359; Baumann, S.462; RGSt 74, 195, 198, m. w. N.; BGHSt 3, 62, 64; Schönke / Cramer, § 15, Rdnr. 197. 257 Vgl. Wenzel, S. 25 f.; Schütz, T e i l C I , Rdnr. 24; Lindgen, S.403. 258 Esser / Schmidt, SchuldR A T , Tb 2, S. 35 f., m. w . N.; Jescheck, S. 459. 259 So w o h l auch BezSchK Niederrhein in: Lengers, S. 286, 292. 260 So anscheinend LSchG v o m 22. I I . 1978, g. R. S., Bl. 5. 261 Z u diesen Begriffen vgl. Haft, S. 223 ff.; Jescheck, S. 586; Baumann, S. 598 f. 262 Vgl. § 52 StGB; sowie Haft, S. 223 ff.; Jescheck, S. 591; Baumann, S. 689 f. 263 Speziell für die Parteien siehe §§ 6 I 2, 9 I 1 PartG. 264 Siehe dazu etwa Rehfeldt / Rehbinder, S.68. 256

G. Das Verhältnis der drei A r t e n von Verstößen zueinander

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zu denken, i n A n l e h n u n g an Regeln des Arbeitsrechts u n d des Strafrechts stets die für das v o m Ausschluß bedrohte M i t g l i e d günstigste Regelung zugrunde zu legen. Das „Günstigkeitsprinzip" i m Arbeitsrecht bedeutet, daß v o n mehreren Bestimmungen, die auf ein Arbeitsverhältnis anwendbar sind, die für den Arbeitnehmer günstigste g i l t 2 6 5 . I m Strafrecht ist gemäß § 2 I I I StGB das „mildeste Gesetz" anzuwenden, w e n n das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert w i r d . Würde hier so verfahren, wäre das M i t g l i e d der Schwierigkeit enthoben, zwischen mehreren Normen, die i h m m i t Gültigkeitsanspruch gegenübertreten, die „richtige" ausmachen zu müssen. Das arbeitsrechtliche Günstigkeitsprinzip u n d § 2 I I I StGB beruhen aber auf Gedanken, die zu der Problematik hier wenig Bezug haben. Das Günstigkeitsprinzip beruht auf dem Charakter des Arbeitsrechts als Sonderrecht u n d Schutzrecht der abhängig Beschäftigten 2 6 6 . Das parteieigene N o r mensystem ist jedoch k e i n Recht zugunsten der Mitglieder, sondern eines zugunsten der Partei: Es soll i h r die Erreichung ihrer Ziele ermöglichen. Die A n w e n d u n g des mildesten Gesetzes nach §2 I I I StGB ist eine „dauerhafte Ubergangsregelung", die keinen Zweifel daran läßt, daß an sich n u r das neuere Gesetz gilt. Wollte man aber ein Günstigkeitsprinzip zwischen Satzung, Grundsätzen u n d Ordnung zugunsten des einzelnen Mitglieds anerkennen, w ü r d e n sich widersprechende Normen als an sich gültig bestehen bleiben u n d n u r dem einzelnen M i t g l i e d gegenüber „relativ ungültig" sein.

I I . Rangverhältnis D e s h a l b ist z u e r w ä g e n , ob n i c h t e i n R a n g v e r h ä l t n i s z w i s c h e n d e n d r e i N o r m e n b e r e i c h e n besteht u n d ob dieses i n d e r L a g e ist, W i d e r s p r ü che z u lösen. 1. I m V e r e i n s r e c h t g i l t a l l g e m e i n , daß die S a t z u n g V o r r a n g gegenüber den schriftlich niedergelegten Nebenordnungen hat267. Da durch d i e d e t a i l l i e r t e n Regelungen, d i e v o r a l l e m § 6 P a r t G ü b e r die P a r t e i satzung e n t h ä l t , d e r e n B e d e u t u n g noch s t ä r k e r h e r v o r g e h o b e n w i r d , k a n n i m P a r t e i e n r e c h t nichts anderes gelten. G e g e n ü b e r ungeschrieben e n O r d n u n g s s ä t z e n h a t die P a r t e i s a t z u n g erst recht V o r r a n g . Gegenü b e r d e n G r u n d s ä t z e n der P a r t e i l ä ß t sich d e r V o r r a n g d e r S a t z u n g n i c h t so ohne w e i t e r e s b e j a h e n . D i e G r u n d s ä t z e s i n d B e s t a n d t e i l des P r o g r a m m s 2 6 8 , u n d f ü r dieses g e l t e n nach § § 6 1 1 , I I I 1 N r . 1, 9 I I I P a r t G gleiche f o r m a l e R e g e l u n g e n w i e f ü r die Satzung. Das P r o g r a m m h a t n u n i n s o f e r n besondere B e d e u t u n g , als es d e n Z w e c k , f ü r d e n die P a r t e i ü b e r h a u p t da ist, e r g i b t , n ä m l i c h die V e r w i r k l i c h u n g i h r e r p o l i t i schen Z i e l e 2 6 9 . V o n diesem G e s i c h t s p u n k t aus s i n d a l l e a n d e r e n R e g e l n 265 Hueck / Nipperdey I I / l , S. 232 f.; Söllner, S. 122 f.; Wiedemann / Stumpf, § 4, Rdnr. 214, m. w . N.; B A G E 17, 204, 207. 266 Söllner, S. 13 f.; Schaub, S.2; Schneider / Großmann, S . 3 9 - 4 1 . 267 Reichert / Dannecker / K ü h r , S. 84; Staudinger / Coing, §25, Rdnr. 4. 268 Dazu oben C I 4 u n d 5. 269 § 6 I I PartG verlangt i m Gegensatz zu § 57 I 1 B G B nicht die Angabe des Zwecks i n der Satzung. — Siehe auch A r t . 6 des Entwurfes der SPD-

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§ 4 Der Tatbestand des § 1 0 I V PartG

nur zweitrangig, weil diesem Zweck dienende Mittel. Andererseits ist aber zu bedenken, daß gemäß § 6 I I Nr. 3 PartG Rechte und Pflichten der Mitglieder i n der Satzung zu regeln sind. Grundsätze, die nach § 10 I V PartG auch von den Mitgliedern zu beachten sind, können demgegenüber jedenfalls keinen Vorrang haben. Wegen dieser Funktion hat die Satzung Vorrang gegenüber den Grundsätzen. 2. Eine stärkere Geltungskraft geschriebener Normen gegenüber ungeschriebenen läßt sich schwerlich begründen, wenn man ungeschriebene Normen als gültig anerkennt. Allerdings w i r d es selten möglich sein, trotz Bestehens einer geschriebenen Norm die Existenz einer ungeschriebenen Norm gegenteiligen Inhalts festzustellen. 3. Fraglich ist damit nur noch das Verhältnis zwischen den Grundsätzen und den nicht zur Satzung gehörenden Ordnungssätzen. Der gesetzlich angeordnete Primat der Satzung 270 kann hier nicht herangezogen werden. Für einen Vorrang der Ordnung könnte nur sprechen, daß diese i n stärkerem Maß als die Grundsätze dazu bestimmt sind, Verhalten von Mitgliedern zu regeln. Andererseits beruhen Grundsätze stets auf einer Beschlußfassung des Parteitags, was für die Ordnung der Partei nach § 9 I I I PartG nicht durchgängig gilt. Außerdem kommt hier das Argument zum Tragen, daß die Ziele der Partei Vorrang vor den Mitteln zu ihrer Verwirklichung haben müssen. Grundsätze der Partei haben also Vorrang gegenüber den nicht zur Satzung gehörenden Ordnungssätzen. H . D e r schwere Schaden

Der Verstoß eines Mitglieds gegen Satzung, Grundsätze oder Ordnung führt schließlich nur dann zum Ausschluß, wenn „ i h r damit schwerer Schaden" zugefügt wird. I. Der Schaden 1. Der Begriff Schaden meint üblicherweise zunächst materiellen Schaden, also Einbußen an Vermögen 271 . E i n solcher Schaden liegt etwa vor, wenn ein Mitglied Sachen gestohlen hat, die der Partei gehören, F r a k t i o n eines bayerischen Gesetzes über politische Parteien: „Die Satzung muß insbesondere Bestimmungen enthalten . . . über den Zweck (Programm) der politischen Partei." 270 Oben 1. 271 Vgl. §§ 249 - 252 B G B einerseits u n d § 253 B G B andererseits; ferner §§ 847 I 1, 1300 I BGB, § 7 I StHG.

H. Der schwere Schaden

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oder zuungunsten der Partei unrichtig abgerechnet hat 2 7 2 . 'Die zuweilen verwendete Formulierung, der Schadensbegriff i n § 10 I V PartG sei „nicht zivilrechtlich, sondern politisch" zu verstehen 273 , könnte η ahelegen, als Schaden nur den „politischen", also wohl immateriellen Schaden anzusehen. Ausdrücklich w i r d diese Konsequenz aber nirgends gezogen. Es wäre auch nicht einzusehen, warum die Vermögeixseinbuße, die sonst typischerweise dem iSchadensbegriff unterfällt, hinsichtlich des § 10 I V PartG überhaupt nicht zum Schaden gehören sollte. Auch Vermögensschaden gehört also zum Schaden nach § 10 I V PartG 2 7 4 . 2. I n der Praxis der Schiedsgerichte werden vorwiegend solche Beeinträchtigungen erörtert, die nicht materieller A r t sind, wie Verlust an Ansehen und Glaubwürdigkeit 2 7 5 , Störung der internen Zusammenarbeit 2 7 6 oder verminderte Wahlchancen 2 7 7 ' m . Wie sich aus § 253 BGB ergibt, gehören immaterielle Einbußen begrifflich durchaus zum Schaden 279 . Eine Auslegung, die immaterielle Beeinträchtigungen zum Schaden rechnet, weicht also durchaus nicht von der Terminologie des BGB ab 280 . Immaterielle Schäden müssen auch deshalb von § 10 I V PartG erfaßt sein, weil die Beeinträchtigungen, die durch Verstöße gegen Satzung, Grundsätze oder Ordnung entstehen, typischerweise immaterieller A r t sind 281 ; anderenfalls wäre die gesetzliche Regelung kaum sinnvoll.

272

Vgl. Strunk, S.31; Seifert, S.226; Zimmermann, S. 148 f. Ζ. B. BSchK v o m 6. I I . 1981, g. R. K . u. a., Bl. 4; BSchK in: Butterwegge, S. 153, 161; BezSchK Westliches Westfalen in: Butterwegge, S. 122, 129; PVSchK v o m 23. X . 1975, g. P.S., Bl. 12; BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. B . W . , Bl. 8; PVSchK v o m 26. V I I . 1976, g. C. G., Bl. 10. 274 B u l l ZRP 1971, 197; Strunk, S.31; Seifert, S.226; Zimmermann, S. 148 f. 275 BSchK v o m 20. I V . 1978, g. M. J., Bl. 16; BezSchG Oberbayern v o m 30. X I . 1981, g. A . M . , Bl. 10; UBSchK Paderborn-Büren v o m 15. V I . 1971, g. G. F. u.a., B l . 3 ; BezSchK Niederrhein in: Gatzmaga/ Piecyk, S. 101, 108. 276 Ζ. B. BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 5. V I I . 1975, g. H. P., Bl. 10. 277 Z. B. BSchK v o m 23. X . 1975, g. P. S., Bl. 13. 278 Wegen der Wahlkampfkostenerstattung (vgl. §§18 u n d 22 PartG) mögen Verluste an Wählerstimmen auch eine materielle Komponente enthalten. Die Zielsetzung einer Partei u n d die Zweckbestimmung der W a h l k a m p f kostenerstattung verbieten jedoch, der materiellen Komponente die größere Bedeutung zuzusprechen. 273

279 Palandt / Heinrichs, Vorbem. vor § 249, A n m . 2 a; Grunsky, in: MünchK o m m , Rdnr. 9 f. vor § 249, u n d § 253, Rdnr. 1, 2 u n d 4; Larenz, SchuldR A T , S. 355; Fikentscher, SchuldR, S. 260; Esser / Schmidt, SchuldR A T , T b 2, S. 130. 280 Α . M. Strunk JZ 1978, 87, u n d Trautmann, S. 211, die es aber versäumen, zwischen Schadensbegriff einerseits u n d den Anforderungen an Schadensfeststellung u n d Schadensersatzpflicht andererseits zu unterscheiden. Α . M. auch Soergel / Schmidt, 10. Aufl., §§249-253, Rdnr. 4. 281 Trautmann, S.211; Seifert, S.226; Zimmermann, S. 148; Hasenritter, S. 54; ders. ZRP 1982, 94.

108

§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

3. Ob eine Folge, die ein Verhalten des Mitglieds nach sich zieht, Schaden ist, ist aus der Interessenlage der Partei zu beurteilen; aus „objektiver" Sicht wären ζ. B. Verluste an Wählerstimmen irrelevant, sofern nur das Wahlergebnis m i t dem Wählerwillen übereinstimmt. Diese Interessenlage kann dabei auch vom speziellen Selbstverständnis einer Partei geprägt sein. Für eine Arbeiterpartei kann es deshalb auch ein (Schaden sein, wenn ihre Wählerschaft zwar zahlenmäßig gleichbleibt, sich i n ihrer Zusammensetzung aber zum Bürgertum h i n verschiebt. M i t der Berücksichtigung des Selbstverständnisses der Partei kommt ein besonderes wertendes Element i n die Schadensfeststellung2®2; dies kann problematisch sein. Wenn ζ. B. eine gegnerische Partei „vergrault" worden ist, so daß sie nicht mehr zur parlamentarischen Zusammenarbeit mit der eigenen Partei bereit ist, ist das dann kein Schaden, wenn die eigene Partei ohnehin nicht m i t ihr zusammenarbeiten w i l l . Wenn darüber unterschiedliche Ansichten bestehen — man denke an die Diskussion i n der SPD über eine Zusammenarbeit m i t den Grünen —, wäre es bedenklich, auf die jeweilige Ansicht der M i t glieder des Schiedsgerichts abzustellen. U m hier zufälligen Ergebnissen entgegenzuwirken, ist es nötig, nur solche Wertungen zuzulassen, die bereits i n den Normen enthalten sind, deren Nichtbeachtung zum Ausschluß führen kann: Satzung, Grundsätze und Ordnung. Wenn diese Regeln keine Aussagen über bevorzugte Koalitionspartner enthalten, kann der Schaden ζ. B. darin liegen, daß dem für Koalitionsentscheidungen zuständigen Gremium sein Entscheidungsspielraum eingeengt wurde. 4. Die Abgrenzung zwischen materiellem u n d immateriellem Schaden ist i m Zivilrecht wegen § 253 B G B bedeutsam. Da aber § 10 I V PartG bei V o r liegen eines Vermögensschadens keine anderen Rechtsfolgen vorsieht als bei einem Nichtvermögensschaden, ist es nicht erforderlich, die Unterscheidung i m Einzelfall zu treffen. 5. Da das Gesetz das Vorliegen eines Schadens verlangt, genügt es nicht, w e n n n u r die Gefahr eines solchen besteht 2 8 3 . Nachteilige Informationen, die die gegnerische Partei über ein M i t g l i e d hat, sind ζ. B. solange k e i n Schaden, w i e diese überhaupt keinen Gebrauch davon macht 2 8 4 . Das Gegenteil mag gelten, w e n n die Partei größere Vorbereitungen treffen muß, u m ggf. gegne282

Z u solchen Problemen i m Zivilrecht siehe etwa Grunsky, in: MünchK o m m , vor §249, Rdnr. 8, m. w . N.; i m Strafrecht etwa Schönke / Cramer, § 263, Rdnr. 102. 283 Zimmermann, S. 149; Trautmann, S. 211; a . A . BezSchK OstwestfalenLippe v o m 12. I X . 1981, g. K . D . , Bl. 11; w o h l auch Hahn, S.40. — Eine I n i t i a tive von SPD-Abgeordneten i m Deutschen Bundestag w o l l t e § 10 I V PartG u m die Formulierung, daß schwerer Schaden „hätte entstehen können", erweitern, vgl. F A Z v o m 30. J u l i 1971, S. 1. 284 Vgl. LSchG v o m 9. V I I . 1975, g. G. S., Bl. 25. (Dort w u r d e n Vorgänge, die die gegnerische Partei drei Jahre lang nicht verwendet hatte, schließlich nach fünf Jahren durch das Schiedsgerichtsverfahren bekannt!)

H. Der schwere Schaden

109

rischen A k t i v i t ä t e n entgegentreten zu können. Aus dem Straf recht ist j a bekannt, daß eine Schädigung i. S. d. § 263 I StGB oder ein Nachteil i. S. d. § 266 I StGB schon dann vorliegen kann, w e n n eine Vermögensposition zwar noch nicht zerstört, aber weniger sicher geworden ist 2 8 5 . I I . Der „schwere" Schaden 1. Gemäß § 10 I V P a r t G k a n n n u r „schwerer" Schaden zum Ausschluß führen. Eine brauchbare Definition dieses Begriffs gibt es bisher nicht 2 8 6 . Formulierungen, die „schwer" durch „schwerwiegend" 2 8 7 , „erheblich" 2 8 8 oder „nicht gering" 2 8 9 , oder die „Schaden" durch „Schädigung" 2 9 0 ersetzen, tragen nicht zur Auslegung bei. 2. Abzulehnen ist jedenfalls die Ansicht, ein Schaden sei i n aller Regel schwer, w e n n „grundlegende Fragen der politischen Sachaussagen der Partei oder ihrer inneren S t r u k t u r berührt" seien 291 . Dies würde die Unterscheidung zwischen dem Verstoß u n d dem Schaden verwischen. Der Schaden ist das E r gebnis 2 9 2 eines Verstoßes. Das Berührtwerden der Sachaussagen ist aber n u r eine Beschreibung des Verstoßes selbst. 3. Auch der Umstand, daß ein Verstoß ein einmaliger ist, besagt noch nichts darüber, ob der durch i h n entstandene Schaden schwer ist. Richtig ist dagegen, daß mehrere leichte Schäden zusammen schweren Schaden ausmachen können 2 9 3 , u n d auch, daß ein einmaliger Verstoß, bei dem keine W i e derholungsgefahr besteht, einen G r u n d bilden kann, trotz schweren Schadens v o m Ausschluß abzusehen 294 . 4. D i e Ü b e r l e g u n g , daß m e h r e r e l e i c h t e S c h ä d e n z u s a m m e n s c h w e r e n Schaden ausmachen k ö n n e n , f ü h r t z u d e r Frage, w i e V e r s t ö ß e z u b e h a n d e l n sind, d i e n i c h t d u r c h e i n z e l n e H a n d l u n g e n , s o n d e r n d u r c h s t ä n diges V e r h a l t e n b e g a n g e n w e r d e n ( „ D a u e r d e l i k t e " ) 2 9 5 . E i n B e i s p i e l ist die M i t g l i e d s c h a f t i n e i n e r gegnerischen O r g a n i s a t i o n oder die M i t a r b e i t i n e i n e r gegnerischen F r a k t i o n 2 9 6 . E i n e B e e i n t r ä c h t i g u n g , d i e ü b e r e i n e n l ä n 285 Schönke / Cramer, §263, Rdnr. 143, u n d Schönke / Lenckner, §266, Rdnr. 45; Dreher / Tröndle, §263, Rdnr. 31, u n d §266, Rdnr. 16. 286 v g l , z u dem ähnlichen Begriff „erheblich" oben E. 287

Trautmann, S. 211; Zimmermann, S. 148. UBSchK Warendorf v o m 1 7 . V I I I . 1977, g. H . B . u.a., B1.20; LSchG v o m 9. I I I . 1975, g. G.G., Bl. 25. 289 Zimmermann, S. 149. 290 Wolfrum, S. 151; LSchG v o m 24. I I I . 1971, g. Η . Ν., B1.4. 291 So BezSchK Westliches Westfalen in: Butterwegge, S. 122, 129. Α . M. B P t G v o m 29. V. 1980, Bl. 6: A l l e i n durch den A u s t r i t t aus der F r a k t i o n füge das M i t g l i e d der Partei noch keinen schweren Schaden zu. Es müßten besondere Umstände hinzukommen. 292 Seifert, S. 226 („Taterfolg"); Trautmann, S.211 („besondere A u s w i r k u n gen des konkreten Verstoßes"). 293 UBSchK Ennepe-Ruhr/Witten v o m 26. V I I . 1977, g. R. K., Bl. 3. 294 Dazu unten § 6 Β I. 295 Z u diesem strafrechtlichen Begriff vgl. Dreher / Tröndle, vor § 52, Rdnr. 41, m. w . N. 288

110

§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

geren Zeitraum andauert, w i r d i n ähnlicher Weise wie die Wiederholung schädigender Handlungen oft schweren Schaden ausmachen. A n derseits ist auch eine Beeinträchtigung, die dauernd erfolgt, nicht zwangsläufig schon deshalb eine schwere, wie § 906 I BGB zeigt. Bei Dauerdelikten kann die Situation so sein, daß das schädigende Verhalten noch i n dem Zeitpunkt besteht, i n dem über den Ausschluß zu entscheiden ist. Die Parteien sind insofern i n einer anderen Lage als staatliche Stellen: I n dem Zeitpunkt, i n dem jemand etwa wegen des Dauerdelikts Freiheitsberaubung 297 verurteilt werden soll, w i r d diese nicht mehr fortbestehen, weil das Opfer schon befreit ist. Eine Partei kann aber i h r Mitglied nicht zwingen, ζ. B. ein durch Kandidatur auf einer gegnerischen Liste erlangtes Stadtratsmandat niederzulegen. Die Präsens-Formulierung i m § 10 I V PartG — nicht „verstoßen hat" oder „zugefügt hat" 2 9 8 , sondern „verstößt" und „zufügt" — kann es ermöglichen, neben zurückliegenden auch feststehende künftige Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. Wenn also eine Zugehörigkeit zu einer gegnerischen Fraktion zu beurteilen ist, kann regelmäßig zugrunde gelegt werden, daß sie bis zum Ende der Wahlperiode andauert. Bei der M i t gliedschaft i n einer gegnerischen Vereinigimg ist die Zugrundelegung einer bestimmten Zeitdauer schwierig. Mitgliedschaften bestehen auf unbestimmte Zeit, denn das Mitglied kann aus Parteien nach § 10 I I 3 PartG jederzeit, aus anderen Vereinen nach § 39 I I BGB spätestens nach zwei Jahren austreten. Einen Erfahrungssatz, daß eine einmal zustande gekommene Mitgliedschaft regelmäßig während der gesamten Lebenszeit des Mitglieds fortbesteht, gibt es nicht. Das gilt erst recht für Personen, die Organisationen m i t einander widersprechenden Zielen angehören. Man ist also auf Mutmaßungen darüber angewiesen, wie lange der einzelne Delinquent sein Dauerdelikt fortsetzen wird 2 9 9 . 5. Interessenlage und Selbstverständnis der Partei, die für die E r m i t t lung des Schadens von Bedeutung sind 300 , sind auch für die Schwere des Schadens erheblich. Für eine Partei, die sich vorrangig u m die Belange einer bestimmten Personengruppe kümmern w i l l , ist es besonders schlimm, wenn sie gerade dort Vertrauen verliert 3 0 1 . 296 BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 12. I X . 1981, g. K . D., Bl. 2, hatte den F a l l zu entscheiden, daß ein M i t g l i e d sich auf Vorschlag einer gegnerischen F r a k t i o n i n einen Ausschuß des Stadtrats als sachkundigen Bürger wählen ließ. 297 Dreher / Tröndle, § 239, Rdnr. 2; B G H S t 20, 227, 228. 298 So aber, w o h l unbedachterweise, § 35 I I I OrgSt SPD. 299 Z u r Frage, ob bei Dauerdelikten eine Ausnahme v o n dem Erfordernis schweren Schadens gemacht werden kann, vgl. unten J V 2. 300 Oben I 3. 301 So für das Verhältnis der Arbeiterschaft zur SPD: PVSchK v o m 21.1. 1972, g. B. M., Bl. 4 u n d 5; BezSchK Westliches Westfalen in: Butterwegge, S.122, 128.

H. Der schwere Schaden

111

6. V o n den vorstehenden Gesichtspunkten abgesehen, k a n n die Beurteilung, ob schwerer oder weniger schwerer Schaden vorliegt, letztlich doch n u r aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls erfolgen 3 0 2 . Die Gesichtspunkte, die die schiedsgerichtliche Praxis dabei berücksichtigt, sind von Gesetzes wegen nicht zu beanstanden 3 0 3 . Für schädliche Meinungsäußerungen k a n n es darauf ankommen, ob sie eine große oder n u r eine geringe Verbreitung erfahren haben 3 0 4 , ob sie n u r ein spezielles, politisch ohnehin festgelegtes 3 0 5 oder ein weiteres P u b l i k u m erreicht haben, ob sie öffentlich oder n u r parteiöffentlich geschehen sind 3 0 6 , u n d ob sie öffentliches Aufsehen erregt haben 3 0 7 . Daß öffentliches Aufsehen einen Schaden vergrößert, gilt allerdings auch für andere Verstöße gegen die Parteidisziplin 3 0 8 . Durch den b a l d i gen W i d e r r u f einer schädigenden Handlung k a n n u. U. verhindert werden, daß der Schaden schwer w i r d 3 0 9 ; wo das zu verneinen ist, mag solches V e r halten i m m e r h i n bei der Ausübung des Ausschlußermessens bedeutsam sein 3 1 0 . Daß der entstandene Schaden schwer sei, wurde auch verneint, w e i l das schädigende Verhalten — Unterzeichnung v o n Wahlvorschlägen der D K P durch SPD-Mitglieder — auch von CDU- u n d F D P - M i t g l i e d e r n begangen worden w a r 3 1 1 , so daß es von diesen Parteien nicht zu Lasten der SPD „ausgeschlachtet" werden konnte.

302

Ä h n l i c h Trautmann, S.211. Daß hier n u r wenige Beispiele berücksichtigt v/erden, liegt daran, daß die meisten Entscheidungen schweren Schaden bejahen oder verneinen, ohne ausdrücklich zwischen Schaden u n d Schwere zu unterscheiden. 304 BezSchG Oberbayern v o m 30. X I . 1981, g. A . M., Bl. 10 f. — Große V e r breitung bejaht für Aufsatz i n „ B l ä t t e r für deutsche u n d internationale Polit i k " : BezSchK Westliches Westfalen in: Butterwegge, S. 122, 123, 130; v e r neint für ein örtliches Mitteilungsblatt der Jungsozialisten: UBSchK Bochum v o m 28. I X . 1971, g. B . D . , B1.2; verneint für Leserbrief i n Lokalzeitung: UBSchK Ennepe-Ruhr/Witten v o m 26. V I I . 1977, g. R. K., Bl. 2 u n d 3. 305 Verneint für „ B l ä t t e r für deutsche u n d internationale P o l i t i k " : BezSchK Westliches Westfalen i n : Butterwegge, S. 122, 130. (Zweifelhaft.) 306 Vgl. UBSchK D o r t m u n d v o m 24. V I . 1977, g. J. B. u. a., Bl. 2. — Kritisch zur Argumentation der BSchK Hasenritter, S. 102. 307 BSchK v o m 16. I X . 1977, g. Κ . B., Bl. 26; w o h l auch BezSchK Westliches Westfalen v o m 4. V I . 1975, g. R. S. u. a., Bl. 3; w o h l auch BezSchK Niederrhein in: Gatzmaga / Piecyk, S. 101, 110. 308 UBSchK Recklinghausen v o m 29. I X . 1971, g. G. K , Bl. 6 (betr. G r u n d stücksspekulation); w o h l auch BSchK v o m 6. I I . 1981, g. R . K . u.a., B l . 4 (betr. falsche Abrechnung öffentlicher Zuschüsse); vgl. ferner BSchK v o m 13. X . 1977, g. G. K., Bl. 12 (Die Stellung des Antragsgegners als Hochschullehrer sei geeignet, besondere Aufmerksamkeit i n der Öffentlichkeit hervorzurufen.); BezSchG Oberbayern v o m 3 0 . X I . 1981, g. A . M . , Bl. 10 (Stellung des Schiedsbeklagten „als Wissenschaftler u n d Forscher"). 309 So w o h l BezSchK Westliches Westfalen v o m 4. V I . 1975, g. H. V., Bl. 3 (Widerruf eines Wahlaufrufs zugunsten der D K P ) ; vgl. auch BezSchK Westliches Westfalen v o m 27. X . 1975, g. H. R., Bl. 6. 310 v g l . u n t e n § 6 Β I I I . 303

311

BezSchK Westliches Westfalen v o m 4. V I . 1975, g. R. S. u. a. f Bl. 3.

112

§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG I I I . Die Kausalität

Z w i s c h e n d e m Verstoß

gegen S a t z u n g , G r u n d s ä t z e oder

Ordnung

u n d d e m s c h w e r e n Schaden m u ß K a u s a l i t ä t bestehen, w i e sich aus d e m W o r t „ d a m i t " i n § 10 I V P a r t G e r g i b t 3 1 2 . 1. Z u r Bestimmung der Ursächlichkeit zwischen einem Ereignis u n d einem eingetretenen Schaden sind zwei Theorien entwickelt worden. Die „ Ä q u i valenztheorie" w i r d von der i m Strafrecht h. M . angewandt 3 1 3 . Nach i h r ist Ursache jede Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß der Erfolg entfiele (conditio sine qua non) 3 1 4 . Die „Adäquanztheorie" g i l t nach allgemeiner Meinung i m Zivilrecht 3 1 5 . Danach muß das Ereignis i m allgemeinen u n d nicht n u r unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen u n d nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden U m ständen geeignet sein, einen Erfolg dieser A r t herbeizuführen 3 1 6 . Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Formeln ist, daß die Adäquanztheorie gegenüber der Äquivalenztheorie zu einer Einschränkung des Kausalzusammenhangs f ü h r t 3 1 7 . Diese Einschränkung gilt i m Zivilrecht, w e i l hinsichtlich des Schadens dort häufig k e i n Verschuldenserfordernis besteht, u n d w e i l das Haftungsrisiko des Schädigers auf diese Weise eine Begrenzung erfahren soll 3 1 8 . Demnach hängt die Frage, ob i n § 10 I V PartG die Äquivalenz- oder die Adäquanztheorie anzuwenden ist, davon ab, ob neben dem Verstoß gegen Satzung, Grundsätze oder Ordnung auch der Schaden v o m Verschulden u m faßt sein muß. Hier sei vorweggenommen, daß dies zu bejahen ist 3 1 9 . Also ist die Äquivalenztheorie anzuwenden. 2. D i e F e s t s t e l l u n g des K a u s a l z u s a m m e n h a n g s z w i s c h e n H a n d l u n g u n d Schaden w i r f t a n sich k e i n e spezifisch p a r t e i e n r e c h t l i c h e n P r o b l e m e auf. E r ö r t e r t sei j e d o c h das E i n g r e i f e n w e i t e r e r P e r s o n e n i n d e n K a u s a l a b l a u f z w i s c h e n H a n d l u n g u n d E r f o l g , d a solche K o n s t e l l a t i o n e n i n der P r a x i s h ä u f i g a u f t r e t e n . F e h l v e r h a l t e n eines M i t g l i e d s w i r d h ä u f i g n i c h t d u r c h dieses selbst, s o n d e r n d u r c h a n d e r e Personen b e k a n n t 3 2 0 . K a u s a l i t ä t k a n n deswegen n i c h t v e r n e i n t w e r d e n : W e n n das M i t g l i e d k e i n F e h l v e r h a l t e n b e g a n g e n h ä t t e , h ä t t e dieses j a a u c h n i e 312

Zimmermann, S. 148. Jescheck, S.208, m . w . N . ; Baumann, S. 224 ff.; B G H S t 7, 112, 114; Haft, S. 43 ff. 314 So Palandt / Heinrichs, Vorbem. vor §249, A n m . 5 a; BGHSt 7, 112, 114; Haft, S.43; Jescheck, S.208 f. 315 Vgl. Palandt / Heinrichs, Vorbem. vor § 249, A n m . 5 b; Β GHZ 57, 25, 28. 316 So Palandt / Heinrichs, Vorbem. vor §249, A n m . 5 b a a ; RGZ 115, 155; Β GHZ 7, 204; B G H N J W 1976, 1144; E r m a n / Sirp, §249, Rdnr. 24 f., m . w . N . ; kritisch Esser / Schmidt, SchuldR A T , T b 2, S. 117 ff. 317 Palandt / Heinrichs, Vorbem. vor §249, A n m . 5 b aa; Haft, S.44f.; Erman / Sirp, § 249, Rdnr. 24; Esser / Schmidt, SchuldR A T , Tb 2, S. 177. 318 Palandt / Thomas, § 823, A n m . 3 a; Erman / Sirp, § 249, Rdnr. 23 f.; Esser / Schmidt, SchuldR A T , T b 2, S. 170 u n d S. 177 - 184. 319 Dazu u n t e n I V . 320 Siehe ζ. Β . Β G H Z 75, 158. 313

H. Der schwere Schaden

113

b e k a n n t w e r d e n k ö n n e n . S o f e r n das M i t g l i e d a n n a h m , sein F e h l v e r h a l t e n w e r d e n i c h t b e k a n n t w e r d e n , w e i l es g l a u b t , daß n i e m a n d d a v o n wisse, w e i l die d a r u m w i s s e n d e n S c h w e i g e n v e r s p r o c h e n h a b e n oder w e i l sie ( w i r k l i c h oder v e r m e i n t l i c h ) z u m Schwedgen v e r p f l i c h t e t sind, geht es i n W a h r h e i t u m F r a g e n des V e r s c h u l d e n s 3 2 1 . F a l l s d e r j e n i g e , d e r das F e h l v e r h a l t e n p u b l i k m a c h t , auch P a r t e i m i t g l i e d ist, m a g auch dieser gegen d i e P a r t e i d i s z i p l i n verstoßen. A m K a u s a l z u s a m m e n h a n g zwischen d e m ersten Verstoß u n d d e m Schaden ä n d e r t das nichts; es k a n n a l l e r d i n g s b e i m Ausschlußermessen b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n 3 2 2 .

I V . Das Verschulden in bezug auf den Schaden D i e Frage, ob V e r s c h u l d e n V o r a u s s e t z u n g f ü r e i n e n Ausschluß ist, w u r d e b i s h e r n u r f ü r d i e schädigende H a n d l u n g , n i c h t h i n s i c h t l i c h des Schadens, e r ö r t e r t 3 2 3 . A n e i n e r a u s d r ü c k l i c h e n R e g e l u n g f e h l t es. 1. Schadensersatzpflichten, die das Zivilrecht auferlegt, knüpfen grundsätzlich an schuldhaftes Verhalten an 3 2 4 , aber regelmäßig braucht sich das V e r schulden dort n u r auf die schädigende Handlung, nicht auch auf den Schaden zu beziehen 3 2 5 . I m Strafrecht besteht ein weniger einheitliches B i l d . Ob für das Entstehen des staatlichen „Strafanspruchs" auch ein Schaden vorliegen muß, hängt v o m I n h a l t der einzelnen Vorschrift ab. E i n Schaden ist z . B . nötig für eine Bestrafung wegen Untreue („Nachteil", §266 I StGB) oder Betruges („Vermögen . . . beschädigt", §263 I StGB). Andere Vorschriften enthalten einen Schadenstatbestand, ohne i h n als solchen zu bezeichnen, so § 242 I u n d § 271 StGB. Wieder andere — die „Gefährdungsdelikte" 3 2 6 — verzichten überhaupt auf ein Schadenserfordernis, etwa § 310 a I u n d § 315 a I StGB. I m Straf recht g i l t aber, daß die jeweiligen Tatbestandsmerkmale i n der jeweils gültigen Schuldform 3 2 7 v o m Verschulden umfaßt sein müssen 3 2 8 . Eine generelle N o r m enthält §46 I I StGB: Die verschuldeten A u s w i r k u n g e n der Tat — also eben nicht die unverschuldeten — kommen für die Strafzumessung namentlich i n Betracht. I m Strafrecht werden also n u r solche Schäden berücksichtigt, die v o m Täter verschuldet sind. Die Gründe für die unterschiedliche Bedeutung des Verschuldens i n bezug auf den Schaden entsprechen denen für die unterschiedlichen Fahrlässigkeit sbegriffe 3 2 9 : Ziel des zivilrechtlichen Schadensersatzes ist es, „den Z u 321

Dazu unten I V . Dazu unten § 6 Β I I . 323 Siehe oben F. 324 Vgl. oben F I I I 2. 325 Palandt / Thomas, § 823, A n m . 3 a; Erman / Drees, § 823, Rdnr. 126; M e r tens, in: MünchKomm, § 823, Rdnr. 42, m. w. N. 326 Dazu Jescheck, S. 211; Schönke / Lenckner, Vorbem. §§ 13 ff., Rdnr. 129. 327 Diese richtet sich nach § 15 StGB. 328 Bei bestimmten Delikten g i l t für das Handlungsunrecht eine andere Schuldform als für das Erfolgsunrecht, § 18 StGB. 329 Dazu oben F I I I 4. 322

8 Risse

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

stand herzustellen, der bestehen würde, w e n n der zum Ersätze verpflichtende Umstand nicht eingetreten w ä r e " 3 3 0 . Verschärfte Anforderungen, die dort für die Bejahung der Ersatzpflicht aufgestellt werden, also auch das Erfordernis des Verschuldens, stellen nicht n u r eine Rücksichtnahme auf den Schädiger u n d dessen u. U. geringes u n d n u r auf die rechtswidrige Handlung bezogenes Verschulden dar; sie b e w i r k e n auch, daß der Geschädigte, den überhaupt k e i n Verschulden t r i f f t 3 3 1 , den Schaden zu tragen hat. Es geht also u m einen gerechten Schadensersatz. I m Strafrecht dagegen w i r d Fehlverhalten geahndet; Grundlage der verhängten Strafe ist die „Schuld des Täters" 3 3 2 . Dort ist es konsequent, eingetretene Schäden n u r insofern zu berücksichtigen, als sie verschuldet sind 3 3 3 .

2. Der nach § 10 I V PartG mögliche Ausschluß stellt keine dem Schadensersatzrecht vergleichbare Regelung dar. Der Ausschluß bew i r k t keinen Schadensersatz; er mag allenfalls i n bestimmten Fällen geeignet sein, weiteren Schaden zu verhindern. Den zumeist immateriellen Schaden zu ersetzen, ist regelmäßig unpraktikabel. Der Ausschluß ist aber, ähnlich der staatlichen Strafe, eine Möglichkeit der Partei, auf Fehlverhalten zu reagieren. Wo es aber u m Fehlverhalten geht, ist es konsequent, dem Schädiger nur die Umstände anzulasten, hinsichtlich derer er sich anders verhalten konnte. So gilt der Grundsatz des Verschuldens hinsichtlich aller erheblichen Umstände denn auch nicht nur i m Strafrecht, sondern auch i n dem dem Parteiordnungsrecht näherstehenden Disziplinarrecht 334 . Nach alledem muß das Verschuldenserfordernis auch auf den schweren Schaden angewendet werden 335 . 3. Verschulden bedeutet Vorsatz oder Fahrlässigkeit 3 3 6 . Gründe, dies h i n sichtlich des Schadens anders zu sehen als hinsichtlich des Verstoßes, bestehen nicht.

J. Umfang und Grenzen des Geltungsbereichs des § 1 0 I V PartG I . Die Beendigung der Mitgliedschaft durch Austritt oder kraft Gesetzes

Der Ausschluß ist eine Beendigung der Mitgliedschaft, die auf dem Willen der Partei beruht. A n § 10 I V PartG sind also weder der auf den Willen des Mitglieds zurückgehende Austritt (§ 10 I I 3 PartG) noch die 330

So §249 Satz 1 BGB. Falls auch der Geschädigte den Schaden verschuldet hat, gilt § 254 BGB. 332 So §46 I 1 StGB. 333 Vgl. zur unterschiedlichen Lage i m Strafrecht u n d i m Schadensersatzrecht Rehfeldt / Rehbinder, 3. Aufl., S. 176 - 178. 334 Battis, §77, A n m . 3 d ; O V G Münster N J W 1965, 2021, 2023; Dienststrafhof in: B D H E 1, 186, 191. 335 LSchG v o m 22. I I . 1978, g. R. S., Bl. 7. 336 Siehe oben F I I I v o r 1. 331

J. Umfang u n d Grenzen des Geltungsbereichs des § 10 I V PartG

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Beendigung der Mitgliedschaft kraft Gesetzes — ζ. B. wegen des Verlustes der Wählbarkeit nach § 10 I 4 PartG — zu messen. Eine Beendigung, die sich aus der Parteisatzung ergibt, ist dabei als auf dem Willen der Partei beruhend anzusehen, weil die Satzung diesen Willen wiedergibt. I I . Verzicht auf das schiedsgerichtliche Verfahren

Bisweilen werden Probleme der Ausschlußvoraussetzungen des § 10 I V PartG und des schiedsgerichtlichen Verfahrens miteinander vermengt 337 . Ob die Nichtbefolgung einer bestimmten Aufforderung der Partei 3 3 8 als Erklärung des Austritts gelten kann, ist materiell ein Problem des § 10 I V PartG, weil 'dort geregelt ist, wann die Partei die Mitgliedschaft beenden kann; verfahrensrechtlich stellt sich die Frage, ob auf das schiedsgerichtliche Verfahren verzichtet werden kann, und es ist keineswegs zwingend, daß beide Fragen gleich zu beantworten sind 339 . I I I . Der Regelungsbereich des § 10 I V PartG

1. Der Regelungsbereich des § 10 I V PartG umfaßt Verstöße gegen Satzung, Grundsätze und Ordnung, also Pflichtverletzungen des M i t glieds. Es sind auch „Ausschlüsse" denkbar, die gar nicht auf Pflichtverletzungen beruhen, etwa wenn die Mitgliedschaft enden soll, falls das Mitglied unter Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit dauerhaft ins Ausland umsiedelt. § 10 I V PartG könnte nun bedeuten, daß ein Ausschluß nur wegen pflichtwidrigen Handelns möglich sein soll. Damit wäre ein sehr weitgehender Schutz des Mitglieds erreicht: Solange es nicht (schuldhaft) 340 seine Pflichten verletzt, könnte i h m nichts geschehen. Andererseits sind gerade i m pflichtenneutralen Bereich Beendigungsgründe denkbar, die kaum als politisches Disziplinierungsmittel taugen, und wo deshalb ein Schutz des Mitglieds nicht so dringend ist. Zu denken wäre neben dem genannten Beispiel daran, daß die M i t gliedschaft enden soll, wenn das Mitglied entmündigt wird 3 4 1 , oder daß, wer aus dem Organisationsgebiet der einen Partei i n das einer ande337

E t w a B G H Z 73, 275, 281. Siehe B G H Z 73, 275, 276. 339 Z u m Verzicht auf das schiedsgerichtliche Verfahren siehe unten § 7 C. 340 Siehe oben F I I I . 341 Ob dieser F a l l v o n § 10 I 4 PartG erfaßt ist, ist zweifelhaft, w e i l andere Gesetze zwischen dem Verlust der Wählbarkeit oder des Wahlrechts infolge Richterspruchs u n d vormundschaftlichen Entscheidungen unterscheiden (ζ. B. § 13 B W a h l G ; § 2 L W a h l G N W ; § 8 K o m m u n a l w a h l G N W ; § 3 NdsWahlG; § 3 L W a h l G Hessen). 338

8*

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

ren, befreundeten, umzieht, auch die Mitgliedschaft wechseln soll 342 . Pflichtenneutrale [Beendigungen der Mitgliedschaft sind also nach Sinn und Wortlaut von § 10 I V PartG nicht umfaßt; soweit solche Regelungen bedenklich erscheinen, wäre zu erwägen, sie etwa am Gebot der innerparteilichen Demokratie, an Grundrechten der Mitglieder oder an Generalklauseln wie § 138 und § 242 BGB zu messen 343 . 2. E i n anderes Problem ist, ob § 10 I V PartG der A n w e n d u n g der z i v i l rechtlichen Anfechtungsregeln auf die Aufnahmeerklärung entgegensteht. §119 B G B setzt k e i n Verschulden u n d auch keine sonstige Verantwortlichkeit des Anfechtungsgegners für den I r r t u m des Anfechtenden voraus. § 10 I V PartG gilt dort also nicht. Dagegen enthält § 123 I B G B tatbestandliche V o r aussetzungen, die als pflichtwidriges Verhalten der Partei gegenüber betrachtet werden können; Verhalten, das unter § 123 I B G B fällt, k a n n j a auch Ansprüche aus culpa i n contrahendo begründen 3 4 4 . Allerdings betrifft § 123 I B G B ein Verhalten, das das M i t g l i e d ggf. vor Beginn seiner Mitgliedschaft begangen hat, wo es zwar gewisse Rücksichten gegenüber der Partei nehmen muß, aber keineswegs die Pflichtenstellung hat, die für Mitglieder gilt. Es hat ζ. B. nicht die Pflicht, für die Ziele der Partei einzutreten oder den M i t gliedsbeitrag zu zahlen. § 10 I V PartG stellt aber auf diese Pflichtenstellung ab u n d regelt also nicht die Verletzung v o n Pflichten bei der Begründung der Mitgliedschaft. Er steht somit der A n w e n d u n g v o n § 123 I B G B nicht entgegen 3 4 5 . Damit ist auch zugleich die Grenze m a r k i e r t , innerhalb derer die Partei dem M i t g l i e d sein Verhalten vor Beginn der Mitgliedschaft zum V o r w u r f machen kann. Da vor Beginn der Mitgliedschaft keine Pflicht zur Beachtung v o n Grundsätzen, Satzung u n d Ordnung der Partei besteht, k a n n es nicht angehen, solche Vorgänge zum Gegenstand eines Ausschlusses zu machen 3 4 6 . Die Partei k a n n j a bei den Verhandlungen u m die Aufnahme durch Fragen deutlich machen, inwiefern sie das Vorleben des Bewerbers für relevant hält. W e n n sie „ b l i n d " Bewerber aufnimmt, ist i h r die Möglichkeit der Anfechtung genommen.

I V . Verfassungsrechtliche Erfordernisse Aus verfassungsrechtlichen Gründen g i l t das Schadenserfordernis des § 10 I V PartG nicht, w e n n ein M i t g l i e d ausgeschlossen werden soll, das gleichzeitig einer gegnerischen Partei angehört 3 4 7 .

342 F ü r CDU u n d CSU besteht eine solche Regelung nicht. Fortschreitende europäische Integration könnte aber auch über Staatsgrenzen h i n w e g an solche Regelungen denken lassen. 343 Ä h n l i c h Lengers, S.47. 344 Erman / Brox, § 123, Rdnr. 7; Kramer, in: MünchKomm, § 123, Rdnr. 30. 345 U n k l a r § 26 I I I Buchst, a Satzung SSW (unwahre Angaben zum Erwerb der Mitgliedschaft als Ausschlußgrund). 346 Α . M. Seifert, S. 226. 347 Dazu oben § 2 Β I I I 1.

J. Umfang u n d Grenzen des Geltungsbereichs des § 10 I V PartG

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V. Der Zweck des § 1 0 I V PartG

Außerdem ist zu fragen, ob nicht der Zweck des § 10 I V PartG es zuläßt, i n bestimmten Fällen von Pflichtverletzungen von einzelnen Voraussetzungen abzusehen 348 . 1. Die praktisch größte Bedeutung haben dabei die Fälle der Beitragssäumigkeit. Parteisatzungen sehen üblicherweise vor, daß ein M i t glied, das trotz Mahnungen längere Zeit keinen Beitrag zahlt, ungeachtet der Voraussetzungen des § 10 I V PartG aus der Partei ausscheidet 349 . Der Tatbestand des § 10 I V PartG w i r d i n Fällen des Beitragsrückstandes regelmäßig nicht erfüllt sein, weil es am schweren Schaden fehlt 3 5 0 . Eine Ausnahme von diesem Erfordernis könnte mit der Begründung bejaht werden, § 10 I V PartG solle nur u m der innerparteilichen Demokratie w i l l e n den Ausschluß erschweren; eis solle verhindert werden, daß die jeweilige Mehrheit mit dem Instrument des Ausschlusses gegen politisch Mißliebige vorgeht. Demgegenüber sei die Streichung eines Mitglieds wegen Nichtentrichtung seiner Beiträge ein „unpolitischer" A k t . Diese Argumentation dürfte m i t der sozialen Wirklichkeit weitgehend übereinstimmen 351 . Dagegen w i r d vorgebracht, aus § 10 I I 2 PartG ergebe sich, daß Beitragsverzug nur zum Ruhen des Stimmrechts, nicht aber zum Erlöschen der Mitgliedschaft führen könne 352 . § 10 I I PartG ist aber nicht nur eine Vorschrift, die Sanktionen gegen die Beitragssäumnis ermöglicht und so den Maßnahmen nach § 10 I I I , I V PartG verwandt ist; sie ermöglicht eine Ausnahme von dem ansonsten durch § 10 I I 1 PartG garantierten gleichen Stimmrecht der Mitglieder. Inwieweit die Beitragssäumnis zum Ausschluß führen kann, ist damit nicht gesagt 353 . E i n weiterer Gesichtspunkt läßt es angebracht erscheinen, für den Beitragsverzug eine Ausnahme von § 10 I V PartG zuzulassen: Es kann kaum sinnvoll sein, die Partei solange warten zu lassen, bis die aufgelaufene Beitragsschuld einen schweren Schaden darstellt, wenn ohnehin nicht mehr mit Zahlung zu rechnen ist. Noch merkwürdiger wären die Konsequenzen angesichts der nach Einkommen gestaffelten Mitgliedsbeiträge 354 : Wer ei348

Seifert, S. 227 f., verlangt „Distanz v o m Begriff des Ausschlusses". § 9 I I Statut CDU; § 8 I I I Satzung CSU; § 13 V OrgSt SPD; § 14 I Buchst, b Satzung FDP Bayern. 350 Nach Zimmermann, S. 149, k a n n Beit rags ver Weigerung gar nicht zu schwerem Schaden führen. 351 Risse N V w Z 1983, 530. 352 Trautmann, S. 213 f. 353 So w o h l Lengers, S.48. 354 Siehe § 6 I I I BeitragsrahmenO FDP; § 3 I Finanzstatut CSU; Ziffer 3 Beitragsregelung CDU; § 13 I OrgSt SPD, 349

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

nen hohen Beitrag zu zahlen hat, könnte schneller ausgeschlossen werden als jemand m i t niedrigem Beitrag 3 5 5 . Es ginge auch an, die Bereitschaft zur Zahlung des Beitrags als K r i t e r i u m für den ernsthaften Willen, Mitglied zu bleiben, anzusehen 356 . Anderenfalls würde die einmal vollzogene Aufnahme i n die Partei dem (inaktiven) 3 5 7 Mitglied ausschließlich gewisse Dienstleistungen verschaffen (z..B. regelmäßigen Erhalt von Rundschreiben), ohne daß sich das Mitglied auch nur irgendwie an den Kosten beteiligt, und ohne daß auch nur ein Interesse des M i t glieds an diesen Leistungen erkennbar ist. Alles dies spricht dafür, i n den Fällen der Nichtentrichtung von Mitgliedsbeiträgen Ausnahmen von dem Erfordernis des schweren Schadens zuzulassen 358 . 2. A n eine solche Ausnahme wäre auch dann zu denken, wenn ein Mitglied sein schädliches Verhalten auch i n der Zukunft fortsetzen w i l l 3 5 9 . Wenn die Partei bei einem „Dauerdelikt" keinen Ausschluß herbeiführen kann, kann sie praktisch gezwungen sein, das gültigen Parteinormen zuwiderlaufende Verhalten ihres Mitglieds zu dulden, ohne effektiv dagegen angehen zu können. Dieser Überlegung ist aber entgegenzuhalten, daß auch die Durchsetzbarkeit staatlichen Rechts gewisse Grenzen hat. So kann gemäß § 888 ZPO i m Fall der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht durch Zwangsgeld oder Zwangshaft vollstreckt werden. Die Zwangshaft darf nach § 913 ZPO grundsätzlich 360 sechs Monate nicht überschreiten 361 . A r t . 3 EuMRK verbietet den Einsatz von Foltertechniken selbst dann, wenn damit zur Rettung von Menschenleben Aussagen erzwungen werden sollen 362 . Angesichts dieses Befundes kann es nicht erforderlich sein, den politischen Parteien ein Abweichen vom Tatbestand des § 10 I V PartG i n solchen Fällen zu gestatten, i n denen ein Verstoß gegen Satzung, Grundsätze oder Ordnung nicht einmal unter Berücksichtigung eines lang andauernden Fehlverhaltens schweren Schaden herbeiführt. Soweit also ein Dauerdelikt nicht zu schwerem Schaden führt, müssen die Parteien sich m i t milderen Maßnahmen als dem Ausschluß begnügen 363 . 355

I n CDU u n d SPD hat ζ. B. ein Hochschullehrer ca. 50 D M , ein Student 3 D M pro Monat zu zahlen. 356 Vgl. auch v o n Beyme, S. 349, der — aus politologischer Sicht — die Beitragszahlung als Bestandteil der förmlichen Mitgliedschaft ansieht; ähnlich Reel, S. 342, Fußn.2. 357 Das sind die meisten! 358 LSchG v o m 19. V. 1971, g. K . K., Bl. 2; anscheinend auch Zimmermann, S.149. 359 Vgl. schon oben H I I 4. 360 Ausnahmen siehe § 914 ZPO. 361 Diese Beschränkung g i l t auch bei der unberechtigten Aussageverweigerung, § 390 ZPO u n d § 70 StPO. 362 E u G M R EuGRZ 1979, 149, 153.

J. Umfang u n d Grenzen des Geltungsbereichs des § 10 I V PartG

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V I . Treu und Glauben D e r T a t b e s t a n d des § 10 I V P a r t G i s t auch d a n n n i c h t a n z u w e n d e n , w e n n sich das F e s t h a l t e n des M i t g l i e d s a n seiner M i t g l i e d s c h a f t als Verstoß gegen T r e u u n d G l a u b e n d a r s t e l l t . F o r m u l i e r u n g e n i n Schiedsgerichtsentscheidungen, w o n a c h j e m a n d m i t b e s t i m m t e n p o l i t i s c h e n E i n s t e l l u n g e n n i c h t M i t g l i e d der P a r t e i sein k ö n n e 3 6 4 , m ö g e n a u f solchen Überlegungen beruhen. 1. Der Grundsatz v o n Treu u n d Glauben verbietet unzulässige, mißbräuchliche Rechtsausübung 365 . E r k a n n zu Beschränkungen i n der Ausübung v o n Rechten führen 3 6 6 , er k a n n aber auch den Wegfall des Rechtes selbst b e w i r ken 3 6 7 . Hier ist n u r letztere Möglichkeit v o n Bedeutung. Es erschiene durchaus plausibel, das Festhalten eines Mitgliedes an seiner Mitgliedschaft dann als mißbräuchlich anzusehen, w e n n seine politischen Ziele ganz u n d gar anders sind als die Grundsätze der Partei oder w e n n es ausschließlich aus solchen Gründen der Partei angehört, die m i t deren politischen Zielen nichts zu t u n haben, ζ. B. u m seine Karriere i m öffentlichen Dienst zu fördern oder u m Aufträge der öffentlichen Hand zu bekommen. Allerdings sind die aus dem Grundsatz v o n Treu u n d Glauben entwickelten oder i h m zugeordneten Rechtsinstitute n u r insoweit anwendbar, als keine speziellen Vorschriften bestehen 3 6 8 ; zumindest sind sie an solchen zu messen. Soweit mangelnde V e r e i n b a r k e i t der politischen Ziele der Partei u n d des M i t g l i e d s i n F r a g e steht, geht es auch u m d e n i n § 10 I V P a r t G ger e g e l t e n Verstoß gegen G r u n d s ä t z e . Z w a r k ö n n t e a r g u m e n t i e r t w e r d e n , i n dem bloßen H a b e n v ö l l i g k o n t r ä r e r politischer Ziele liege gar k e i n Verstoß i . S. d. § 10 I V P a r t G , u n d deshalb regele diese V o r s c h r i f t auch k e i n e sich d a r a u s e r g e b e n d e n Folgen. W e n n aber schon d e r V e r s t o ß 363 § 10 I I I PartG; § 7 I Nr. 1 - 4 Satzung FDP; § 25 I 2 Buchst, a - c Satzung SSW; § 12 I Satzung Grüne; §48 I I Satzung CSU; § 10 I I Statut CDU; §35 I I Nr. 1 - 3 OrgSt SPD. 364 Vgl. BSchK v o m 20. I V . 1978, g. G. S., Bl. 15: Wer i n seinen Meinungsäußerungen nicht mehr m i t den politischen Tendenzen (sie!) der SPD i m Einklang stehe, könne „schon aus diesem G r u n d nicht M i t g l i e d der SPD sein". — LSchG v o m 26. I X . 1973, g. W. S., Bl. 7 - 9 : Wenn ein M i t g l i e d Liberalismus m i t der Vertretung sozialistischen Gedankenguts gleichsetze, müsse es eigentlich selbst austreten; geschehe dies nicht, müsse die Partei die K o n sequenzen ziehen, sich v o n einem solchen M i t g l i e d zu trennen. — LSchG v o m 24. I I I . 1971, g. H. N., Bl. 5: Die Partei müsse sich v o n Mitgliedern trennen, die diese Ordnung „einfach nicht mehr wollen". — UBSchK PaderbornBüren v o m 15. V I . 1971, g. G. F. u.a., B1.3: Wer die Anrede „Liebe M i t b ü r ger" (statt des i n der SPD üblichen „Liebe Genossen" oder „Liebe Freunde") verwende, wolle „sich selbst außerhalb der Gemeinschaft der SPD stellen". 365 Palandt / Heinrichs, § 242, A n m . 4 C v o r a; Roth, in: MünchKomm, § 242, Rdnr. 236. 366 Palandt / Heinrichs, aaO.; Roth, in: MünchKomm, § 242, Rdnr. 229. 367 Palandt / Heinrichs, aaO.; Erman / Sirp, § 242, Rdnr. 96. 368 Roth, in: MünchKomm, § 242, Rdnr. 89; Soergel / Knopp, 10. Aufl., § 242, Rdnr. 44 ff. u n d Rdnr. 412; anders die Rechtsprechung, etwa RGZ 85, 108, 117; B G H Z 58, 146, 147.

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§ 4 Der Tatbestand des § 1 0 I V PartG

gegen Grundsätze nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen zum Ausschluß führen darf, besagt § 10 I V PartG damit auch, daß die bloße Disharmonie der Grundsätze nicht zum Ausschluß führen darf. I n den weiteren genannten Beispielen w i r d ein Konflikt miit den Grundsätzen der Partei darin liegen, daß das Mitglied diese nicht teilt, oft auch ein Konflikt m i t der Satzung, die Einsatz für die Ziele der Partei verlangt 3 6 9 . Auch hier liefe aber die Anwendung des Instituts der mißbräuchlichen Rechtsausübung darauf hinaus, daß i m Grunde nicht mehr der Verstoß gegen Mitgliedspflichten, sondern schon die bloße innere Einstellung zur Beendigung der Mitgliedschaft führte. Das wäre mit § 10 I V PartG nicht zu vereinbaren. Sicher ist unbefriedigend, daß dam i t nicht einmal die rein opportunistische Mitgliedschaft beendet werden kann. Das ist zu relativieren, denn die faktische Möglichkeit, rein opportunistische Motive der Mitgliedschaft je nachzuweisen, besteht so gut wie nie. 2. Ebenfalls auf den Grundsatz von Treu u n d Glauben w i r d das Rechtsi n s t i t u t der V e r w i r k u n g gestützt 3 7 0 . V e r w i r k u n g k a n n eintreten, w e n n ein Recht längere Zeit nicht mehr geltend gemacht worden ist u n d sich die Gegenseite darauf verläßt, daß dieses auch i n Z u k u n f t nicht geschieht 371 . Eine V e r w i r k u n g hinsichtlich der Mitgliedschaft mag vorliegen, w e n n ein M i t g l i e d mehrere Jahre lang keine Beiträge zahlt, auch nicht deswegen gemahnt w i r d , keine Einladungen zu Mitgliederversammlungen erhält, u n d auch nicht von sich aus an die Partei herantritt, w e n n m. a. W. die Mitgliedschaft beiderseits i n Vergessenheit gerät. Solche Umstände haben m i t den i n § 10 I V PartG normierten Ausschlußgründen nichts zu tun. Eine V e r w i r k u n g k a n n ohne Rücksicht auf sie eintreten. V I I . Notstandsähnliche Situationen

Es soll nicht prinzipiell ausgeschlossen werden, daß die Partei i n eine notstandsähnldche 'Situation kommen kann, wo der Ausschluß eines M i t glieds entgegen den Anforderungen des § 10 I V PartG unvermeidlich ist. I n Betracht kommen zwei Fallgruppen: Der Versuch einer Tat, die, wenn sie gelungen wäre, einen Ausschlußgrund bilden würde, und der dringende Verdacht auf eine ausschlußwürdige Tat. 1. I n Fällen auszuschließen, wo es beim Versuch geblieben, der schwere Schaden also nicht eingetreten ist, widerspräche dem Wortlaut des § 10 I V PartG, aber auch seinem Zweck. M i t dem Erfordernis schweren Schadens soll der Ausschluß ja gerade erschwert werden. Praktisch bedeutsam ist, daß eine Handlung, die den Täter nicht zu seinem Ziel ge369 370 371

Z. B. § 5 OrgSt SPD; § 6 I I I Satzung CSU. Palandt / Heinrichs, § 242, A n m . 9; Erman / Sirp, § 242, Rdnr. 84. Palandt / Heinrichs, § 242, A n m . 9 a u n d d; Erman / Sirp, aaO.

J. Umfang u n d Grenzen des Geltungsbereichs des § 10 I V PartG

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bracht hat und für i h n somit nur Versuch war, trotzdem einen i. d. R. immateriellen Schaden für die Partei herbeiführen kann. Wer ζ. B. bei dem Versuch betroffen wird, unberechtigten Personen die Teilnahme an einer Wahl zu ermöglichen, schädigt seine Partei dadurch, daß öffentliches Mißtrauen auf sie fällt. Ein besonderes Interesse der Partei, eine Versuchshandlung mit dem Ausschluß zu ahnden, kann dann bestehen, wenn eine Wiederholung zu befürchten ist. Aber Fälle, i n denen dem Parteiinteresse nicht anders als durch einen Ausschluß entsprochen werden kann, sind kaum denkbar. Es gibt schädigende Handlungen — wie die Absicht, das Parteibüro i n '.Brand zu setzen —, die durch einen Ausschluß nicht verhütet werden können. I n anderen Fällen kann sich die Partei auch ohne Ausschluß vor Wiederholungen schützen: Gegen befürchtete Veruntreuungen von Parteivermögen kann dem Funktionär die Kontovollmacht entzogen werden; einen Pressereferenten, von dem man unhaltbare /Stellungnahmen befürchtet, kann man seines Amtes entheben und den Medien davon Mitteilung machen. 2. Ein Verdacht — auch ein dringender — kann grundsätzlich keinen Ausschluß begründen 372 . Bevor unter Notstandsgesichtspunkten ein Verdachtsausschluß zugelassen wird, gelten folgende Überlegungen: Ein solcher Ausschluß kann solange nicht erforderlich sein, wie noch mit einer Klärung der Tatsachen gerechnet werden kann. Deshalb müssen ggf. die Ergebnisse eines vor einem staatlichen Gericht i n derselben Sache anhängigen Verfahrens abgewartet werden 373 . E t w a erforderliche vorläufige Maßnahmen 374 muß das Mitglied dann während dieser Zeit hinnehmen. Sofern m i t Rücksicht auf das Interesse der Partei Aufklärungsmöglichkeiten unterbleiben 3 7 5 , kann dies nicht zu Lasten des M i t glieds gehen. I n diesen Fällen darf jedenfalls kein Verdachtsausschluß erfolgen. Ferner kann es i m Zusammenhang m i t dem Ausschluß verfahren zu Verstößen des Mitglieds gegen Satzung, Grundsätze und Ordnung kommen, die selbst einen schweren Schaden bewirken; dann aber würde darin der Ausschlußgrund liegen. Satzung oder Ordnung der Partei können — auch ohne daß vorläufige Maßnahmen verhängt sind — u. U. gebieten, daß ein von einem Verdacht Betroffener sich während des Verfahrens politisch zurückhält, und der Betroffene kann die Pflicht haben, an der Aufklärung des Verdachts mitzuwirken, soweit 372

Heimann, politische Parteien, S. 107. § 15 I I I 1 SchO SPD sieht i n solchen Fällen das Ruhen des Parteiordnungsverfahrens ausdrücklich vor. 374 Vgl. § 10 V 4 PartG; § 48 V 2, V I I Satzung CSU; § 18 SchO SPD; § 11 I V Statut CDU; § 36 PGO CDU; § 25 I V Satzung SSW; § 15 V Satzung Grüne B W ; § 17 Satzung FDP Bayern; § 26 V I Satzung FDP NW. 375 Vgl. § 7 I I 3 SchGO CSU: „Nichtmitglieder der CSU sollen (als Zeugen / d. V.) n u r gehört werden, w e n n dies für die Entscheidung unerläßlich ist und der Partei i n der Öffentlichkeit dadurch k e i n Schaden entsteht." 373

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§ 4 Der Tatbestand des § 10 I V PartG

i h m das zumutbar ist 3 7 6 . Schließlich ist es der Partei möglich, i n Fällen, wo ein Ausschluß an der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts scheitert, der Öffentlichkeit gegenüber zu erklären, daß sie das i n Frage stehende vermutete Verhalten keineswegs billige, daß aber der Satz „ i n dubio pro reo" einem Ausschluß entgegenstehe. Daß es auch unter Berücksichtigung dieser Erwägungen noch nötig sei, den Parteien die Möglichkeit eines Verdachtsausschlusses zuzubilligen, ist nicht ersichtlich.

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Siehe hierzu unten § 9 Β V I 2.

§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens Wie z.B. i m Strafrecht das Erfülltsein eines Tatbestandes für sich genommen noch nicht bedeutet, daß i m Ergebnis eine strafbare Handlung vorliegt — etwa weil Notwehr die Tat rechtfertigt — können sich auch bei einem Sachverhalt, der die Tatbestandsmerkmale des § 10 I V PartG erfüllt, Probleme der Rechtswidrigkeit stellen. Sowohl die innerparteiliche Rechtsordnung (Satzung, Grundsätze und Ordnung) als auch staatliches Recht können zur Verneinung der Rechtswidrigkeit führen, und wenn keine Rechtswidrigkeit vorliegt, darf kein Ausschluß — und natürlich auch keine andere Ordnungsmaßnahme — erfolgen.

A. Fehlende Rechtswidrigkeit aufgrund innerparteilicher Normen Das innerparteiliche Normengefüge kann selbst Rechtfertigungsgründe enthalten; an sich unzulässiges Verhalten kann i n bestimmten Fällen erlaubt sein. Ob ein Rechtfertigungsgrund eingreift, oder ob eine Verbotsnorm von vornherein einen beschränkten Geltungsbereich hat, ist eine Frage der Auslegung der einzelnen Parteinorm 1 und für das Ergebnis auch ohne Belang. Dabei können die parteieigenen Normen auch Regelungen enthalten, die kraft staatlichen Rechts ohnehin gelten.

B. Fehlende Rechtswidrigkeit aufgrund staatlicher Normen Wenn das Verhalten eines Mitglieds aufgrund staatlichen Rechts erlaubt ist, besagt das noch nicht, daß es auch gegenüber der Partei erlaubt ist. Von Gesetzes wegen kann ein Bürger beliebige politische A n sichten äußern; gegenüber seiner Partei ist er ζ. ·Β. nicht berechtigt, zur Wahl einer anderen Partei aufzurufen 2 . Es geht also darum, inwieweit staatliches Recht auf die innerparteilichen Normen m i t dem Ergebnis zugreift, daß trotz Verstoßes gegen Satzung, Grundsätze oder Ordnung rechtmäßiges Verhalten vorliegt. Häufig w i r d die Frage sein, ob die Parteinorm, die ein bestimmtes Verhalten verlangt, rechtens ist. Weder Satzung noch Grundsätze oder Ordnung dürfen von den Mitgliedern 1 2

Siehe dazu oben §3 D u n d oben § 4 B. Siehe unten C I I 2 b cc.

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

verlangen, etwas zu tun, was rechtswidrig ist. Eine Satzungsnorm, die rechtswidriges Tun verlangt, ist nichtig 3 . Entsprechendes gilt für Grundsätze und Ordnung; daß Grundsätze und die übrige Parteiprogrammat i k von den Mitgliedern verlangen können, auf legale Weise eine Änderung geltenden Rechts anzustreben, steht dem nicht entgegen. Die größeren Schwierigkeiten können Normen aufwerfen, die ein bestimmtes nicht-verbotenes, also rechtmäßiges T u n verlangen. Daß auch rechtmäßiges Verhalten nicht beliebig verlangt werden darf, ist nicht neu: Ein Konfessionswechsel ist ein durch A r t . 4 I GG geschütztes rechtmäßiges Verhalten. Man kann sich aber schuldrechtlich nicht dazu verpflichten 4 . Das Verhalten eines Mitglieds kann i m Einzelfall durch staatliches Recht auch gegenüber der Partei erlaubt sein, ohne daß deshalb die entgegenstehende Parteinorm insgesamt nichtig wäre. I n solchen Fällen greift staatliches Recht als Rechtfertigungsgrund ein. E i n Beispiel dafür läge etwa vor, wenn die Ordnung der Partei pünktliches Erscheinen zu den Sitzungen verlangt; eine solche Regel ist sicher rechtens. Wenn nun ein Mitglied sich verspätet, weil es unterwegs bei einem Unfall Hilfe geleistet hat, ist es durch § 330c StGB gerechtfertigt — schon deshalb, weil die Partei vom Mitglied kein rechtwidriges T u n verlangen kann. Denkbar ist aber auch, daß ein durch staatliches Recht nicht gebotenes Tun gerechtfertigt ist. Von einem Selbständigen etwa w i r d man nicht verlangen können, daß er den Abschluß eines wichtigen Geschäfts unterläßt, nur u m pünktlich zur Mitgliederversammlung zu kommen; soweit mag § 242 BGB oder A r t . 12 I GG auf die Geltung innerparteilicher Normen einwirken 5 . Ob das staatliche Recht sich auf Satzung, Grundsätze oder Ordnung der Partei so auswirkt, daß einzelne Normen nichtig sind, oder ob es nur i m Einzelfall einen Rechtfertigungsgrund bildet, hängt vor allem davon ab, wie die parteieigene Norm selbst gestaltet ist. Der Umfang der Freiheitsräume, die staatliches Recht dem Mitglied gegenüber der Partei garantiert, ist grundsätzlich unabhängig davon zu bestimmen. Dies soll an ausgewählten Problemkreisen geschehen. C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds Die maßgeblichen Normierungen für das Verhältnis zwischen Partei und Mitglied sind, wenn man einmal vom Parteiengesetz absieht, i m Grundgesetz enthalten bzw. diesem zu entnehmen. 3

Reichert / Dannecker / K ü h r , S. 62. Soergel / Hefermehl, §138, Rdnr. 21; Staudinger / Dilcher, §138, Rdnr. 86; Mayer-Maly, in: MünchKomm, § 138, Rdnr. 64. 5 Siehe unten D I I u n d u n t e n C I V 3 b. 4

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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I . Unmittelbare Geltung der Grundrechte E i n denkbar weiter Freiheitsraum wäre dem M i t g l i e d gegeben, w e n n zu seinen Gunsten die Grundrechte des Grundgesetzes auch gegenüber der Partei u n m i t t e l b a r gelten würden. Die Grundrechte binden gemäß A r t . 1 I I I GG die drei Staatsgewalten als u n m i t t e l b a r geltendes Recht. Die Parteien sind keine Staatsgewalt. A u f diese Vorschrift allein läßt sich die unmittelbare Geltung der Grundrechte ernsthaft nicht stützen 6 . Es sprechen außerdem erhebliche Gründe dagegen, auch die Parteien wie den Staat unmittelbar an die Grundrechte zu binden. Durch ihre Parteimitgliedschaft nehmen die M i t glieder Grundrechte oder doch grundrechtsähnliche Befugnisse wahr. U m Grundrechte handelt es sich, w e n n m a n die Befugnis, Parteien zu bilden, als einen Sonderfall der Vereinigungsfreiheit des A r t . 9 I G G ansieht. Sieht m a n die Befugnis aus A r t . 21 I 2 GG aber als eine i m Verhältnis zu A r t . 9 I GG eigenständige an, so ist sie immer noch ein gegenüber dem Staat v e r bürgtes Freiheitsrecht u n d insofern grundrechtsähnlich 7 . Da das so ist, ist es auch konsequent, die Parteien selbst als Grundrechtsträger anzusehen 8 . Die Rechtsbeziehung Mitglied—Partei besteht also zwischen zwei G r u n d rechtsträgern, während der Staat grundsätzlich n u r Adressat der Grundrechte ist 9 . Grundrechte könnnen aber gegenüber einem anderen Grundrechtsträger nicht i n derselben Weise gelten w i e gegenüber einem bloßen Grundrechtsadressaten. Das w i r d bestätigt durch einzelne Gewährleistungen, die n u r gegenüber dem Staat sinnvoll sind 1 0 , vor allem aber können viele der Schrankenvorschriften k a u m sinnvoll die Rechte des Mitglieds gegenüber der Partei begrenzen 11 .

I I . Innerparteiliche Demokratie

Freiheitsrechte des Mitglieds können sich aber aius A r t . 21 I 3 GG ergeben, wonach die innere Ordnung der politischen Parteien demokratischen Grundsätzen entsprechen muß. 1. Teilhabe an der förmlichen

Willensbildung

Innerparteiliche Demokratie bedeutet zunächst, daß — entsprechend A r t . 20 I I 1 GG — die förmliche Willensbildung auf dem W i l l e n der Parteimitglieder, also grundsätzlich aller Parteimitglieder, beruhen muß 1 2 . Somit hat 6

Dazu ausführlich Lengers, S. 52. Z u m Verhältnis des A r t . 9 I GG zu A r t . 21 I GG siehe BVerfGE 25, 69, 79; v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 17; v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 1; Füßlein, Grundrechte I I , S.432; Maunz, in: MDHS, A r t . 21, Rdnr. 38 (1960); Henke, S.230. 8 BVerfGE 14, 121, 129; B V e r w G E 31, 368, 369; Seifert, S. 394; Henke, S.229 - 232. 9 BVerfGE 21, 362, 369/370; B V e r w G E 15, 256, 262; Hendrichs, in: v o n Münch, GG, A r t . 19, Rdnr. 38. 10 A r t . 9 I I I 3 GG; A r t . 16 I, I I GG; A r t . 14 I GG; A r t . 4 I I GG. 11 A r t . 6 I I 2 GG; A r t . 7 I V 2 GG; A r t . 10 I I 2 GG; A r t . 11 I I GG; A r t . 12 I I I GG; A r t . 12 a GG; A r t . 13 I I , I I I GG; A r t . 14 I I I GG; A r t . 15 GG; A r t . 17 a GG. 7

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

jedes M i t g l i e d ein Recht auf Teilhabe an der Willensbildung der Partei 1 3 . Soweit die Teilhabe an der Willensbildung gesetzlich geregelt ist, bedarf es zur Entscheidung über einen Ausschluß des Rückgriffs auf das Demokratieprinzip nicht. Das gilt nach § 15 I I I 1 PartG für die Einbringung v o n Anträgen u n d gemäß § 10 I I 1 PartG für das Stimmrecht. Keine gesetzliche Regelung besteht z . B . für das Rederecht i n Mitgliederversammlungen, u n d ein allgemeines Recht, für Parteiämter zu kandidieren, ergibt sich allenfalls mittelbar aus § 10 I I I 2 PartG. Wenn die Willensbildung v o m „Parteivolk" ausgehen soll, muß also auch dieses Träger der die Entscheidungen vorbereitenden Vorgänge sein. Eine Satzung oder Geschäftsordnung, die etwa n u r dem Vorstand das Recht einräumte, zu vorliegenden Anträgen Stellungnahmen abzugeben, würde durch A r t . 21 I 3 GG gewährleistete Rechte der Mitglieder verletzen. Einem Mitglied, das dazu auffordern würde, eine solche Vorschrift nicht anzuwenden, dürfte daraus k e i n V o r w u r f gemacht werden. Wie das Grundgesetz i m staatlichen Bereich die gleichberechtigte Teilhabe aller Bürger an der Willensbildung vorschreibt 1 4 , so gilt das auch innerhalb der Partei 1 5 . Es genügt also nicht, daß alle Mitglieder i n irgendeiner Weise an den Stufen der innerparteilichen Willensbildung (Antragseinbringung, Kandidatur, Debatte, Abstimmung) beteiligt sind; sie müssen dabei auch jeweils gleiche Rechte haben. Freilich w i r d das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der innerparteilichen Willensbildung n u r i n Ausnahmefällen derartig i n einem Parteiausschlußverfahren v o n Bedeutung sein, daß es als Rechtfertigungsgrund gegenüber einem Verstoß gegen Satzung, Grundsätze oder Ordnung i n Erscheinung t r i t t . Regelmäßig muß sich das M i t g l i e d solche Rechte erkämpfen 1 6 u n d hat nicht die Gelegenheit, sie sich eigenmächtig zu nehmen, u m sie i m Parteiausschlußverfahren zu verteidigen. E i n Mitglied, das etwa der Ansicht ist, es verstoße gegen das Prinzip der gleichberechtigten Teilhabe, w e n n das Parteitagspräsidium die Stimmen der Vorstandsmitglieder ohne Rücksicht darauf mitzählt, ob diese gewählte Delegierte sind 1 7 , hat zunächst gar keine Möglichkeit, sich sein (wirkliches oder vermeintliches) Recht zu nehmen. Weitere Freiheitsrechte des Mitglieds ergeben sich aus dem Gedanken, eine Partei m i t innerer demokratischer Ordnung müsse i n ähnlicher Weise w i e der demokratische Staat ihren Mitgliedern die „demokratierelevanten" Grundrechte, vor allem Meinungsfreiheit, zugestehen 18 .

2. Meinungsfreiheit Allgemeine Ansicht ist, daß die Meinungsfreiheit ein für das Funktionieren eines demokratischen Staates notwendiges Grundrecht ist 19 . 12 Vgl. auch Hasenritter, S. 17 f. („Willensbildung v o n unten nach oben"); Forsthoff, in: Die politischen Parteien, S. 17 ( „ M a x i m u m an Einfluß der M i t glieder"). 13 Seifert, S. 212; Henke, S.87; T ü r k , S. 148 f. 14 Siehe insbesondere A r t . 38 I 1 GG. 15 Luthmann, S. 105 f.; T ü r k , S. 149; Lengers, S. 82; Henke, S. 87; Seifert, S. 219 f.; Wolfrum, S. 143; Leibholz DVB1 1966, 5; Reel, S. 327. 16 Vgl. ζ. Β . Schmidt / Bärlein / Bonin, insbes. S. 13 - 16. 17 Z u diesem Problem: Arend, S. 144; U. Müller, S. 29 ff. u n d S. 41 ff.; See, S. 31 f.; Kopiin, S. 16 f. 18 Das Bundesparteigericht der CDU zählt außerdem das „Recht auf A u s k u n f t u n d Gehör" als „Wesenselement einer demokratischen Willensbildung zu den mitgliedschaftlichen Grundrechten", N V w Z 1982, 159, 160.

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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Daß d e m M i t g l i e d gegenüber d e r P a r t e i M e i n u n g s f r e i h e i t zustellt, i s t auch a l l g e m e i n a n e r k a n n t 2 0 . E s e r g i b t sich aus d e m E r f o r d e r n i s i n n e r p a r t e i l i c h e r D e m o k r a t i e 2 1 . P r o b l e m a t i s c h ist a l l e r d i n g s , i n w e l c h e m U m f a n g i n n e r p a r t e i l i c h e M e i n u n g s f r e i h e i t z u bestehen h a t . D a i h r G e l t u n g s g r u n d A r t . 21 I 3 G G ist, g i b t A r t . 5 G G zunächst n u r A n h a l t s punkte, w i e i h r Geltungsbereich u n d i h r e Schranken zu bestimmen sind22. a) Unbestritten ist, daß das Recht des Mitglieds, sich ungehindert zu u n t e r richten (Informationsfreiheit), unbeschränkt besteht 2 3 . Wie sich aus A r t . 21 I GG ergibt, dient die innerparteiliche Demokratie der politischen Willensb i l d u n g des Volkes. Damit wäre es nicht vereinbar, w e n n der Träger dieses Willens, die Parteimitglieder, v o n bestimmten Informationen ausgeschlossen werden dürften. Es wäre also unzulässig, den Mitgliedern das Lesen gegnerischer Zeitungen 2 4 oder den Besuch v o n Veranstaltungen anderer Parteien 2 5 zu verbieten 2 6 . b) I n d e r r e i n p a r t e i i n t e r n s t a t t f i n d e n d e n M e i n u n g s b i l d u n g m u ß M e i n u n g s ä u ß e r u n g s f r e i h e i t bestehen; auch das g e h ö r t z u r i n n e r p a r t e i l i c h e n D e m o k r a t i e 2 7 . Dieses g i l t n i c h t n u r i m Z u s a m m e n h a n g m i t d e r 19 BVerfGE 25, 256, 265; BVerfGE 7, 198, 219; v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 5, Rdnr. 1; Hesse, S. 151. 20 L u t h m a n n , S. 106; T ü r k , S. 151; BezSchK Westliches Westfalen, in: B u t terwegge, S. 122, 129; BSchK in: Butterwegge, S. 153, 157 („Meinungsvielfalt"); PVSchK v o m 27. X . 1968, g. E . B . u.a., Bl. 16; PVSchK v o m 26. X . 1968, g. J.G., Bl. 10; PVSchK v o m 7. V I I I . 1970, g. R. S., Bl. 12; Hasenritter, S.25; UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K., Bl. 9; Wolfrum, S. 138; UBSchK Gelsenkirchen v o m 4. X I I . 1971, g. J. P. u. a., Bl. 6; BezSchK Westliches Westfalen v o m 12. X . 1977, g. R. Κ . , B1.3; LSchG v o m 13. V. 1971, g. R. F., B1.6; Lengers, S. 115 ff.; Zimmermann, S. 139 ff.; Bericht, S. 164; LSchG v o m 15. I I I . 1969, g. R. N., Bl. 5; LSchG v o m 4. V I . 1969, g. A . M. u. a., Bl. 12; Strunk J Z 1978, 87 ff.; Strunk, S.60 („Oppositionsrecht"); Reel, S. 328 ff.; Schlicht, S. 123; Seifert, S. 214 ff.; Heimann, politische Parteien, S. 100; D u x DVB1 1966, 555; von Münch JuS 1964, 70; B u l l ZRP 1971, 198; Lenz / Sasse JZ 1962, 240; Rabus AöR 78 (1952/53), 182; § 7 I 1 Statut SVP (I): „ I m Rahmen dieses Statuts u n d des Parteiprogramms steht den Mitgliedern Freiheit der Meinung u n d der K r i t i k zu." 21 Luthmann, S. 106; T ü r k , S. 151; Hasenritter, S.25; UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K., Bl. 9; Wolfrum, S. 139; Zimmermann, S. 139; Bericht, S. 164; LSchG v o m 15. I I I . 1969, g. R.N., B1.4f.; Strunk JZ 1978, 87; Lengers, S. 81; Reel, S. 328, m . w . N . ; Seifert, S. 214; v o n Münch JuS 1964, 70; L e n z / Sasse JZ 1962, 240. — Die BSchK in: Butterwegge, S. 153, 157, stützt die „ M e i nungsvielfalt" offenbar auf den i n der Programmatik der SPD angelegten Pluralismus. 22 Genau genommen handelt es sich hier deshalb nicht u m innerparteiliche Geltung der Grundrechte. 23 Seifert, S. 215; Lengers, S. 125 f.; vgl. auch Löffler N J W 1984, 1208/1209. 24 Seifert, S. 215; Lengers, S. 126. 25 So w o h l Seifert, S.215. 26 Soweit ersichtlich, halten sich die Parteien daran. Inzwischen hat selbst die Römisch-Katholische Kirche ihre verbandsinterne Informationsschranke aufgehoben. „Verstöße gegen die kirchliche Bücherzensur" sind kirchenrechtlich nicht mehr strafbar, vgl. Strigi, in: L i s t i u. a., Grundriß des nachkonziliaren Kirchenrechts, S. 76.

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

förmlichen Willensbildung — etwa bei der Beratung von Anträgen i n Mitgliederversammlungen —, sondern auch für formlose Diskussionen von Mitgliedern untereinander oder für rein interne Schriftstücke. aa) Nach einer v o r allem i m älteren Schrifttum diskutierten Meinung ist zu unterscheiden zwischen Meinungsäußerungen, die vor der Beschlußfassung der Partei erfolgen, u n d solchen, die danach geschehen. V o r der Beschlußfassung bestehe Meinungsfreiheit, nach i h r hätten sich die Mitglieder an die gefaßten Beschlüsse zu halten 2 8 . Eine solche Differenzierung ist u n demokratisch — u n d auch unpraktikabel. Sollen die Parteien demokratisch sein, müssen ihre politischen Beschlüsse — einschließlich der v o n ihren obersten Parteitagen gefaßten — änderbar sein 2 9 . Wenn es daher möglich sein muß, daß auch oberste Parteitage ihre Beschlüsse ändern, muß vor dieser Änderung, also dem nächsten Parteitag, eine Meinungsbildung darüber zulässig sein 30 . Für „Karenzzeiten" nach dem Parteitag, i n denen dessen Beschlüsse unkritisierbar wären, besteht k e i n Maßstab. W i l l eine Gliederung der untersten Ebene 3 1 darauf h i n w i r k e n , daß ein Beschluß v o m nächsten Parteitag geändert w i r d , fängt sie zweckmäßig bald nach dem vorhergehenden Parteitag an, einen A n t r a g auf den Instanzenweg zu bringen 3 2 ; die bloße Ausübung eines direkten Antragsrechts der untersten Gliederung an den obersten Parteitag 3 3 kurz vor dessen nächstem Zusammentreten wäre keine realistische E i n w i r k u n g auf dessen Willensbildung. Diese Auffassung würde nicht etwa dazu führen, daß schließlich Parteitagsbeschlüsse keinerlei Verbindlichkeit mehr hätten 3 4 . Die Möglichkeit, sich parteiintern abweichend von gefaßten Beschlüssen zu äußern, bedeutet j a nicht, daß man, wo es u m die V e r w i r k l i c h u n g von Beschlüssen geht, ebenso frei ist 3 5 . 27 Luthmann, S. 106; T ü r k , S. 151 u n d S. 200; BSchK in: Butterwegge, S. 153, 157; PVSchK v o m 26. X . 1968, g. J. G., Bl. 10; PVSchK v o m 27. X . 1968, g. Ε. B. u.a., Bl. 16; PVSchK v o m 7. V I I I . 1970, g. R. S., Bl. 12; Hasenritter, S. 100 f. u n d S. 175; LSchG v o m 13. V. 1971, g. R. F., Bl. 15; BezSchK Westliches Westfalen v o m 12. X . 1977, g. R. K , Bl. 3; Wolfrum, S. 139 f.; UBSchK Gelsenkirchen v o m 4. X I I . 1971, g. J. P. u. a., Bl. 6; Zimmermann, S. 139 ff.; Bericht, S. 164; LSchG v o m 4. V I . 1969, g. A . M . u.a., Bl. 12; Strunk, S. 60 f.; Reel, S. 328; Schlicht, S. 123; Seifert, S. 215; Strunk JZ 1978, 89; Heimann, politische Parteien, S. 101; D u x DVB1 1966, 555; v o n Münch JuS 1964, 70; Rabus AöR 78 (1952/53), 182. 28 Z . B . Luthmann, S. 106/107; Rabus AöR 78 (1952/53), 182; Schlicht, S. 123. Zurückhaltend UBSchK Gelsenkirchen v o m 4. X I I . 1971, g. J . P . u.a., Bl. 6: Wer sich i n der innerparteilichen Willensbildung nicht habe durchsetzen können, dürfe sich nicht nachträglich m i t außerparteilicher Hilfe (hier: gegnerische Zeitung) durchsetzen wollen. 29 Wolfrum, S. 140; Reel, S. 330; Seifert, S. 216; Strunk JZ 1978, 89. 30 Wolfrum, S. 140; Seifert, S. 216; Strunk JZ 1978, 89; Heimann, politische Parteien, S. 100/101. 31 „Stadtverbände" bzw. „Gemeindeverbände" (§ 19 I Statut CDU); „Ortsverbände" (§ 11 I Satzung CSU); „Ortsvereine" (§8 I I OrgSt SPD). 32 Vgl. zur allgemeinen Gliederung der Parteien Henke, S. 64; Seifert, S. 16 ff.; Risse, Der Staat 1982, 239 - 242. 33 Vorgesehen i n § 18 I I 1 OrgSt SPD. 34 Diese Befürchtung scheint hinter dem Hinweis auf die notwendige Geschlossenheit zu stehen, vgl. etwa Luthmann, S. 106; w o h l ebenso Rabus AöR 78 (1952/53), 182; ähnlich UBSchK Gelsenkirchen v o m 4. X I I . 1971, g. J . P . u.a., B l . 6 . 35 Vgl. unten V zur Stellung der Abgeordneten.

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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bh) Fraglich ist wohl, ob eine Parted befugt ist, einen bestimmten Kern ihrer politischen Positionen — das müssen nicht unbedingt die Grundsätze i. S. d. § 10 I V PartG sein — derart festziuschreiben, daß hiergegen verstoßende Meinungsäußerungen unzulässig sind — etwa u m gewisse Programm- oder Satzungsteile unabänderbar zu machen 36 . Die Idee, bestimmte besonders wichtige Grundwerte i n einer „Ewigkeitsklausel" festzuschreiben, ist m i t dem Demokratiekonzept, das dem Grundgesetz für den staatlichen Bereich zugrundeliegt, durchaus vereinbar. A r t . 79 I I I GG sichert mehr als nur das Demokratieprinzip; würde er mur dieses sichern, ließe sich immer noch sagen, daß eine Demokratie nicht ihre eigene Abschaffung zulassen dürfe 37 . Die durch A r t . 79 I I I GG ebenfalls gesicherte föderalistische Staatsform läßt sich nicht mit der inneren Logik der Demokratie begründen. Auch ein Einheitsstaat kann demokratisch sein 38 . Wenn auch logisch gesehen A r t . 79 I I I GG eine Ausnahme vom Demokratieprinzip für den staatlichen Bereich macht, bleibt doch fraglich, ob der Demokratiebegriff des A r t . 21 I 3 GG solche für die Parteien zuläßt. A r t . 21 I I 1 GG legt fest, welche Ziele politische Parteien nicht verfolgen dürfen, und A r t . 79 I I I GG bestimmt, welche Änderungen des Grundgesetzes nicht statthaft sind. Zusammen mit dem Gebot demokratischer innerer Ordnung ist den Parteien damit ein von ihrer Stellung aus gesehen unabänderlicher Rahmen gegeben. Das sagt aber noch nichts darüber aus, ab von Verfassungs wegen ein Interesse der Partei anzuerkennen sein kann, gewisse Prinzipien für sich selbst als unabänderlich festzuschreiben. Dieses wäre — d e m Staat gegenüber — eine autonome Bindung; die genannten Vorgaben des Staates sind den Parteien gegenüber eine heteronome Bindung. Aus den Festlegungen i n A r t . 21 I I 1 GG und A r t . 79 I I I GG ergibt sich auch, daß der politische Willensbildungsprozeß i m übrigen frei sein soll. Da die Parteien an diesem m i t w i r k e n sollen, wäre es denkbar, diese Freiheit der Willensbildung aiuch innerparteilich zu garantieren. Zwingend ist dieser Schluß nicht, denn es ist i n erster Linie das Risiko der Partei, ob sie es für wichtiger hält, ihren Grundsätzen treu zu bleiben, ggf. auch u m den Preis politischer Bedeutungslosigkeit, oder ob sie m i t Blick auf die wechselnden politischen Verhältnisse auch i n ihren eigenen Aussagen stets „flexibel" bleibt. Neben dem Gesichtspunkt, daß die Parteien selbst der Dauerhaftigkeit ihrer politischen Aussagen unterschiedlichen Stellenwert zumessen 36 Vgl. Hasenritter DVB1 1980, 561: Eine Grenze der Meinungsfreiheit sei dort, „wo programmatische Grundaussagen der eigenen Partei durch das praktische Handeln der Parteimitglieder i n Frage gestellt werden". 37 Dazu Doehring, S. 130, m. w . N. 38 Vgl. Doehring, S. 130, m. w . N.

9 Risse

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

können, kann der Gedanke eine Rolle spielen, daß sie sich gegen Unterwanderung schützen wollen. Da, wie gezeigt, die Beschränkung der Meinungsfreiheit unter demokratischen Prinzipien eine bedenkliche Maßnahme ist, fragt sich zunächst, ob den Parteien nicht andere unbedenkliche M i t t e l zum Schutz ihrer Identität zur Verfügung stehen. Nach der derzeitigen Gesetzeslage müssen die Parteien j a keineswegs jeden Bewerber als Mitglied aufnehmen. Nach § 10 I 2 PartG braucht eine Ablehnung nicht einmal begründet zu werden 39 . Die Parteien haben die Möglichkeit, darauf zu achten, daß nur solche Personen aufgenommen werden, die die Zielsetzungen der Partei w i r k l i c h teilen. Des weiteren können sie Änderungen besonders wichtiger Sa tzungsvorschrif ten oder Programmpunkte dadurch erschweren, daß dafür eine besonders große Mehrheit — etwa eine ^ - M e h r h e i t 4 0 — erforderlich sein soll, oder daß eine solche Änderung von einem späteren Parteitag bestätigt werden miuß41. Diese Möglichkeiten der Parteien, ihre Identität zu sichern, reichen aus. Für eine Einschränkung der internen Meinungsfreiheit besteht deshalb keine Notwendigkeit. cc) Eine Ausnahme vom Grundsatz der unbeschränkten Meinungsfreiheit w i r d zu machen sein, wo die Ansichten, die ein Mitglied äußert, seine Zugehörigkeit zur Partei unter keinem Gesichtspunkt plausibel erscheinen läßt. Zum Wesen einer Partei gehört, daß gemeinsame politische Ziele verfolgt werden 42 . Mögen diese auch änderbar sein und mögen deswegen abweichende Meinungen zulässig sein: Wessen Ansichten m i t den Zielen der Partei i n keiner Weise vereinbar sind, der übt seine Rechte widersprüchlich aus. Seine Meinungsäußerung besagt das Gegenteil von dem, was seine Parteimitgliedschaft ausdrückt. Darin kann i h n das Gebot innerparteilicher Demokratie nicht schützen wollen 4 3 . Diese Argumentation t r i f f t auch zu auf Äußerungen, die Illoyalität gegenüber der Partei beinhalten. Nicht verfassungsrechtlich geschützt ist also, wer zur Wahl einer gegnerischen Partei oder zum Übert r i t t zu dieser auffordert. dd) Daß eine Partei i h r e n Mitgliedern beleidigende Äußerungen u n d u n sachliche persönliche A n g r i f f e verbieten kann, steht außer Frage 4 4 . A r t . 5 I I 39

Eine Begründungspflicht enthält § 3 I I Satzung Grüne. Vgl. die (gemäß § 40 B G B abdingbare) Regelung i n § 33 I 1 BGB. 41 E i n solches System w i r d i m Parteienwesen nicht praktiziert. I m Königreich Belgien werden jedoch Verfassungsänderungen erst wirksam, w e n n die sie beschließenden Gesetzgebungsorgane aufgelöst werden u n d neugewählte Körperschaften die Verfassungsänderung bestätigen, vgl. i m einzelnen Senelle, Revision, S. 33 - 38, u n d ders., Kommentar, A n m . zu A r t . 131. 42 Vgl. § 1 I I PartG; Wichard, S. 28. 43 Der durch einfaches Recht gewährte Schutz geht also weiter als A r t . 2 1 1 3 GG verlangt, siehe oben § 4 J V I 1. 44 Vgl. PVSchK v o m 26. X . 1968, g. J. G., Bl. 10 f.; BSchK v o m 26, V I I . 1976, g. C. G., Bl. 8; Hasenritter, S. 120; UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. Α . Κ., 40

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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GG ergibt, daß der Staat Äußerungen, die gegen das Recht der persönlichen Ehre verstoßen, verbieten kann; Entsprechendes den Parteien gegenüber ihren Mitgliedern zu gestatten, ist unproblematisch.

c) I n Schiedsgerichtsentscheidungen w i r d bisweilen unterschieden, ob eine Äußerung rein intern geschieht, so daß außerhalb der Partei stehende nur durch Zufall oder durch Weitergabe seitens eines anderen Mitglieds davon erfahren können, oder ob sie sich vor der Öffentlichkeit abspielt, z. B. bei einem A r t i k e l i n einer Mitgliederzeitschrift 45 . Es fragt sich, ob hier strengere Maßstäbe gelten dürfen. Grundsätzlich gilt das Gebot der innerparteilichen Demokratie für den gesamten Willensbildungsprozeß 46 , also auch dann, wenn die Öffentlichkeit i h n wahrnimmt. Hinzu kommt, daß i n größeren Organisationen von der Mehrheitsmeinung abweichende Ansichten nur dann eine reale Chance haben, sich durchzusetzen, wenn sie i n größerem Rahmen diskutiert werden können 47 . Dieser Gesichtspunkt schließt es aus, solche Meinungen zu behindern, die zulässigerweise Inhalt einer Beschlußfassung der Partei sein könnten. E i n weiterer Gesichtspunkt kommt hinziu: Die Parteien w i r k e n gemäß A r t . 21 I 1 GG bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Dieser Willensbildungsprozeß steht gemäß A r t . 20 I, I I GG unter dem Demokratiegebot. U m der Demokratie i m Staat w i l l e n gilt auch das Gebot der parteiinternen Demokratie 4®. Wenn demokratische Willensbildung funktionieren soll, muß der Prozeß der Meinungsbildung offen und ehrlich sein, d. h. die Beteiligten müssen ihre wirkliche Meinung sagen49. Damit ist es nicht vereinbar, wenn abweichende Meinungen gegenüber der Öffentlichkeit unterdrückt werden. Der Versuch, der Öffentlichkeit das B i l d einer völlig einigen Organisation vorzuspiegeln, ist undemokratische Tradition 5 0 — abgesehen davon, daß er stets mißBl. 13; Zimmermann, S. 140, m . w . N . ; Seifert, S. 126, m . w . N . ; LSchG v o m 4. V I . 1969, g. A . M . u. a., Bl. 13. 45 Vgl. BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. H. L., Bl. 16: Interne Rundschreiben i n großer Auflage w ü r d e n erfahrungsgemäß der Öffentlichkeit bekannt u n d seien deshalb wie öffentliche Äußerungen zu behandeln. Dazu kritisch Hasenritter, S.101 -103. 46 Wolfrum, S. 140 f.; Zimmermann, S. 141 f. 47 B u l l ZRP 1971, 198; D u x DVB1 1966, 556; Zimmermann, S. 142; Hasenritter, in: Aus P o l i t i k u n d Zeitgeschichte, Heft Β 14-15/82, S. 21. 48 Henke, S. 49 f.; Seifert, S. 189; Henke, i n : Bonner Kommentar, A r t . 21, Rdnr. 45 (1975); Stern I , S.472. 49 Vgl. Hasenritter, S. 20; vgl. auch K u r t Schumachers, i n den letzten Jahren v o n Herbert Wehner oft zitiertes Wort: „Die Demokratie beruht auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit u n d der Ehrlichkeit. Die Demokratie k a n n n u r leben, w e n n die Menschen selbständig sind u n d den W i l l e n zur O b j e k t i v i t ä t haben.", z . B . Wehner, S.4; ders., ötv-magazin 5/79, S. 5; dazu: Hofmann, Die Zeit Nr. 31/1983, S. 8. 50 So m i t Recht Strunk, S.63; vgl. auch ders. JZ 1978, 89; B u l l ZRP 1971, 198; Schröder, in: Gatzmaga / Piecyk, S. 52 - 56. — Z u m informellen Druck, zu schweigen, siehe etwa Steffen, in: Parteiensystem, S. 177 f. 9*

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lingt und daß sich bisher nicht nachweisen läßt, daß sein Gelingen aruch zu günstigeren Wahlergebnissen führen würde. Ausnahmen gelten, wenn es nicht u m sachpolitische Fragen geht, sondern u m K r i t i k am Verhalten einzelner. Nicht jede Ungeschicklichkeit eines Funktionsoder Mandatsträgers ist so bedeutsam, daß die Öffentlichkeit darüber informiert werden müßte oder daß eine Bereinigung nicht anders als unter Beteiligung der Öffentlichkeit möglich wäre. Eine allzu öffentliche Behandlung von Personalangelegenheiten könnte auch oft mit dem Persöoilichkeitsrecht der Betroffenen kollidieren. Wenn eine Partei i n diesem Rahmen verlangt, Probleme intern zu bereinigen, ist das mit dem Demokratiegebot vereinbar. d) Auch Meinungsäußerungen, die sich an Adressaten außerhalb der Partei, insbesondere an die Öffentlichkeit, richten, sind an A r t . 2 1 1 3 GG zu messen. Inhaltliche Beschränkungen sind dort so lange unproblematisch, wie sie nicht weiter reichen als solche, die für die parteiinterne Diskussion gelten. Wenn sie aber weiter gehen — etwa daß öffentliche Äußerungen nicht gegen Beschlüsse des Parteitags verstoßen dürften — kann das große Rückwirkungen auf die Willensbildung im der Partei haben. Bei einer solchen Regelung hätte nur die Mehrheitsmemung die Möglichkeit, sich außerhalb der parteiinternen Willensbildung den Mitgliedern zu präsentieren. Ein Problem der parteiinternen Demokratie ist das, wenn dadurch das Ergebnis der Willensbildung beeinflußt wird. Das wiederum hängt davon ab, welche Bedeutung die parteiexterne Kommunikation für die interne Willensbildung hat, ob sich ζ. B. die Mitglieder vorwiegend durch die Parteipresse oder durch öffentliche Medien informieren. Es spricht vieles für die Annahme, daß die meisten Mitglieder westdeutscher Parteien sich vorwiegend anders als durch Medien ihrer Partei politisch informieren; der parteiieigene Apparat reicht zur umfassenden Information der M i t glieder gar nicht aus. Erhebliche Rückwirkungen auf den parteiinternen Willensbildungsprozeß sind dann gar nicht zu vermeiden, und sie führen zu einer Verminderung der Chancen innerparteilicher Minderheiten bei der Durchsetzung ihrer Konzepte . Dieses spricht — neben weiteren Gesichtspunkten 51 — dafür, daß die parteiexterne Meinungsfreiheit gegenüber der parteiinternen nicht eingeschränkt werden darf. Andererseits ist auch das Verhältnis der Partei zur Wählerschaft bzw. zur Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Zur Funktion einer Partei gehört nicht nur das Ausarbeiten (und Ändern) politischer Programme, sondern auch das H i n w i r k e n -auf deren Durchsetzung 52 . Das läßt Meinungsäußerungen problematisch erscheinen, die nicht nur Information der 51

Siehe dazu u n t e n I V 1 a. 52 Siehe oben § 2 Β I 2 b sowie § 1 I I , I I I PartG.

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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Öffentlichkeit über innerparteiliche Willensbildung führen, sondern die darauf abzielen, durch Einfluß von außen auf die Partei dahin einzuwirken, daß geltende Beschlüsse nicht verwirklicht werden. So wäre es etwa zulässig, wenn jemand, der zur innerparteilichen Minderheit gehört, nach einem Parteitag erklärt, auf eine Änderung der gefaßten Beschlüsse h i n w i r k e n zu wollen. Die Partei kann aber von i h m verlangen, daß er nicht etwa eine innerparteiliche Unterschriftenaktion gegen die Verwirklichung des Beschlusses i n Gang setzt. Somit kann die Meinungsfreiheit des Parteimitgliedes zwar dahin beschränkt werden, daß es sich der Durchsetzung gültiger Ziele nicht widersetzen darf; ander erseits braucht es seine abweichende Meinung auch nicht verschweigen. 3. Vereinigungsfreiheit Neben der Meinungsfreiheit spielen Probleme der Verednigungsfreiheit innerparteilich eine Rolle 53 . Die Frage, inwieweit diese Freiheit gegenüber der Partei besteht, läßt sich nicht pauschal beantworten, weder damit, daß ja auch das Grundrecht aus A r t . 9 I GG zu den demokratierelevanten zähle 54 , noch, daß „dissentierende Sondergruppen" dem „Wesen einer Partei" widersprächen und daß deshalb A r t . 9 I GG unanwendbar sei 55 . a) „Internvereinigungen" sind Vereinigungen, denen ausschließlich Mitglieder der betreffenden Partei angehören 56 . Sofern solche Vereinigungen das Ziel verfolgen, auf die innerparteiliche Willensbildung Einfluß zu nehmen, liegt es nahe, ihre Zulässigkeit mit dem Gebot innerparteilicher Demokratie zu begründen. Diese verlangt, daß die M i t glieder die Möglichkeit haben müssen, auf die Willensbildung der Partei Einfluß zu nehmen 57 . Wenn sie dazu Vereinigungen bilden, ist das zunächst nichts anderes als eine gemeinsame Wahrnehmung ihrer Befugnisse 58 . Diese Bedeutung hat die Vereinigungsfreiheit auch i m staatlichen Bereich, denn die Möglichkeiten, Vereinigungen zu verbieten, 53

Vgl. auch oben § 2 Β I I I 1, 2 u n d 5. Vgl. BVerfGE 38, 281, 303; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 9, Rdnr. 1. 55 So Luthmann, S. 108; Hesse V V D S t R L 17, 33. 56 Vgl. zu diesem Begriff etwa Seifert, S. 217; Zimmermann, S. 144. Nicht erfaßt sind eigene Einrichtungen der Partei w i e die „Vereinigungen" nach § 38 Statut CDU (Junge U n i o n pp.) oder die „Arbeitsgemeinschaften" nach §10 OrgSt SPD (z.B. Jungsozialisten); vgl. dazu etwa Seifert, S. 15 f. u n d S. 21 f. 57 Oben 1. 58 Vgl. Zimmermann, S. 145: Die Meinungsfreiheit werde effektiv zur Geltung gebracht; ähnlich Strunk, S.61. — §8 I 1 Statut SVP (I): „Richtungen innerhalb der SVP können sich i m Rahmen des demokratischen Kräftespiels frei entfalten." 54

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

sind i n A r t . 9 I I GG abschließend aufgezählt 59 . Grundsätzlich besteht also die Freiheit zur Bildung von Internvereinigungen 60 . Da die Mitglieder i n Internvereinigungen Befugnisse ausüben, die sie auch allein gegenüber der Partei haben, ist es zulässig, daß dort ζ. B. über politische Anträge oder über anstehende Personalentscheidungen diskutiert w i r d u n d sich politische Meinungen bilden. Hingegen folgt daraus nicht, daß die Parteien „ihren" Intemvereinigungen eigene Rechte einräumen müßten — etwa ein Antragsrecht für Parteitage 61 . Internvereinigungen werden leicht dazu neigen, sich gegenüber anderen innerparteilichen Gruppen oder den Vorständen abzuschütten 62 , und sie werden leicht i n den Verdacht geraten, die Partei spalten zu wollen 6 3 . Die Parteien können deshalb daran interessiert sein, so etwas wie eine „Aufsicht" über ihre Intemvereinigungen auszuüben 64 , u m unzulässigen Entwicklungen zuvorkommen zu können 65 . Da der Grund für die Zulässigkeit von Internvereinigungen der innerparteiliche Willensbildungsprozeß ist, sind „Aufsichtsmaßnahmen" daran zu messen, ob sie diesen behindern. Wenn etwa verlangt wird, daß vor Sitzungen einer Internvereinigung der örtlich zuständige Vorstand der Partei benachrichtigt wird 6 6 , daß die Internvereinigung demokratisch strukturiert ist, daß ihre Empfehlungen zu Personalvorschlägen (sog. „Tickets") und Sachanträgen vor der Entscheidung des Parteitags offengelegt werden, oder daß 59

Vgl. von Münch, in: Bonner Kommentar, A r t . 9 , Rdnr.79, m . w . N . (1966); v o n Münch, i n : ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 31, m. w . N. 60 So auch Hasenritter, S. 61 u n d S. 114; Zimmermann, S. 144; Seifert, S.217 m . w . N . ; w o h l auch Strunk, S.61; UBSchK D o r t m u n d v o m 23. I I I . 1974, g. H. B. u. a., Bl. 8 („Fraktionsbildungen sind i n einer Volkspartei unvermeidb a r . . . " ) ; a . M . Luthmann, S. 108; Hesse V V D S t R L 17, 33; Wolfrum, S.154f.; Reel, S. 332. — Z u r tatsächlichen Verbreitung innerparteilicher Gruppenbildungen vgl. ζ. B. Preuße, aaO.; Hasenritter, S. 62 ff. 61 Insofern ist der Argumentation v o n Leisner ZRP 1979, 275 ff., zu folgen. 62 Vgl. Riebschläger RuP 1974, 135: „Eine Partei muß sich aber dagegen wehren, daß unabhängig v o n echten Sachdiskussionen Fraktionsbildungen stattfinden, die dazu führen, daß i n den Fraktionen selbst zwar noch eine Meinungsbildung stattfindet, die Diskussion i n der Partei aber dann n u r noch m i t Fraktionsmeinungen bestritten w i r d . " — Vgl. auch den Beschluß des Landesausschusses der Berliner SPD in: Flechtheim-Dokumente, Band V I I , Nr. 680, S. 198 f. 63 Ausdrücklich verbietet A r t . 5 Satz 2 Katastatiko P A S O K (GR) die B i l dung organisierter Gruppen m i t eigener Disziplin, die für die Durchsetzung ihrer Meinungen arbeiten. 64 Vgl. i m kirchlichen Bereich § 32 Generalstatut des Internationalen K o l pingwerkes; danach bedarf dessen „Generalpräses" der Bestätigung durch den Erzbischof v o n Köln. 65 Die französische Sozialistische Partei ist den umgekehrten Weg gegangen u n d hat ihren Parteiflügeln satzungsmäßigen Status eingeräumt, vgl. von Beyme, S.285. 66 So unterrichtet der „Herforder Kreis", der sich auch „Vereinigte L i n k e " nennt, den Bezirksvorstand des SPD-Bezirks Ostwestfalen-Lippe v o n seinen Sitzungen, vgl. Remmel, in: Sozialist 1978, Nr. 6, S. 24.

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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K a n d i d a t e n i h r e Zugehörigkeit zu Internvereinigungen mitteilen, ist dagegen nichts z u sagen. W e n n aber „ v o l l e P a r t e i ö f f e n t l i c h k e i t " d e r S i t z u n g e n v e r l a n g t w ü r d e , k ö n n t e j e d e andere G r u p p i e r u n g d i e T ä t i g k e i t der Internvereinigung lahmlegen. Da der Zusammenschluß zu einer Internvereinigung den Mitgliedern keine Erweiterung ihrer übrigen Rechte, sondern n u r Möglichkeiten ihrer effekt i v e n Wahrnehmung bringt, gelten z.B. für Meinungsäußerungen einer I n ternvereinigung dieselben Maßstäbe w i e für solche eines einzelnen Mitglieds; sie dürfen also ebensowenig w i e das einzelne M i t g l i e d etwa zur W a h l einer gegnerischen Partei aufrufen. b) Eine Befugnis, zusammen m i t Nichtmitgliedern Vereinigungen zu b i l den („ExternVereinigungen"), die auf die Willensbildung der Partei e i n w i r ken wollen, k a n n nicht auf A r t . 21 I 3 GG gestützt werden; Einflußnahmen von Nichtmitgliedern sind durch die demokratische innere Ordnung nicht garantiert 6 7 . 4.

Versammlungsfreiheit

V e r s a m m l u n g s f r e i h e i t i s t schon i m staatsrechtlichen B e r e i c h e n g m i t den demokratierelevanten Grundrechten Vereinigungsfreiheit 68 u n d M e i n u n g s f r e i h e i t 6 9 v e r k n ü p f t , u n d sie w i r d selbst d e n d e m o k r a t i e r e l e v a n t e n G r u n d r e c h t e n zugerechnet, w e i l sie auch die f r e i e M e i n u n g s u n d W i l l e n s b i l d u n g des V o l k e s sichert 7 0 . Das h a t auch f ü r d i e V e r s a m m l u n g s f r e i h e i t des M i t g l i e d s gegenüber d e r P a r t e i B e d e u t u n g . D i e V e r s a m m l u n g ist e i n e geradezu t y p i s c h e F o r m , i n d e r V e r e i n i g u n g e n t ä t i g w e r d e n ; ohne sie i s t eine V e r e i n s t ä t i g k e i t s e l t e n s i n n v o l l m ö g l i c h . S o weit innerparteiliche Demokratie Vereinigungsfreiheit garantiert, muß sie auch V e r s a m m l u n g s f r e i h e i t g e w ä h r e n . E s ist also zulässig, a n M i t gliederversammlungen, Vorstandssitzungen pp. v o n I n t e r n v e r e i n i g u n gen t e i l z u n e h m e n . E i n weiterer Aspekt ergibt sich aus dem Unterschied zwischen einer V e r sammlung u n d einem Verein. Eine Vereinigung ist auf eine länger dauernde Tätigkeit gerichtet, eine Versammlung dagegen k a n n auch einem einzelnen kurzfristigen Zweck dienen, z . B . der Vorbesprechung eines einzelnen Parteitags. Was n u n dauerhaft i n F o r m v o n Vereinigungen zu t u n gestattet ist, k a n n nicht verboten sein, w e n n es n u r kurzfristig geschieht. Demokratische Grundsätze können auch verlangen, daß ein M i t g l i e d sich zusammen m i t Nichtmitgliedern versammeln darf. Da die Partei dem M i t g l i e d keine Schranken i n der Beschaffung seiner Informationen auferlegen darf 7 1 , darf es z.B. Versammlungen aufsuchen, die v o n gegnerischen Parteien veran67

Z u weiteren Aspekten der Vereinigungsfreiheit siehe u n t e n I V 2. V o n Münch, in: ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 11; H a m a n n / L e n z , A r t . 9, A n m . A 3; BVerfGE 20, 56, 98; Schwäble, S.47 ff. 69 V o n Münch, in: ders., GG, A r t . 8, Rdnr. 1; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 8, Rdnr. 1; Hesse, S. 157. 70 BVerfGE 20, 56, 98; Schwäble, S.43 ff.; Hesse, S. 157. 71 Siehe oben 2 a. 68

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

staltet werden, u m deren Argumente zu hören. D a m i t ist natürlich nicht gestattet, dort Meinungen zu äußern, die die Partei i h m auch sonst verbieten kann. Anderes g i l t auch, w e n n die Teilnahme selbst die Kundgabe einer Meinung beinhaltet, etwa bei Wahlkampfkundgebungen. 5. Weitere

Grundrechte

G r u n d r e c h t e , d i e sich n i c h t a u f d i e v o r s t e h e n d b e h a n d e l t e n Bereiche beziehen, h a b e n i n erster L i n i e i n d i v i d u a l r e c h t l i c h e B e d e u t u n g . A b e r auch Schranken, d i e eine P a r t e i h i e r e r r i c h t e t , k ö n n e n d e m o k r a t i e r e l e v a n t w e r d e n , w e n n die M i t g l i e d e r p f l i c h t e n e i n e n solchen z e i t l i c h e n u n d f i n a n z i e l l e n U m f a n g a n n e h m e n , daß sie n u r noch v o n J u n g g e s e l l e n m i t überdurchschnittlichem Einkommen erfüllt werden können72. D a n n w i r k t n ä m l i c h das Ü b e r m a ß a n P f l i c h t e n f ü r v i e l e als e i n f a k t i s c h e r Z w a n g z u m A u s t r i t t u n d s o m i t z u m V e r z i c h t a u f i h r e Rechte. D i e G e l t u n g w e i t e r e r G r u n d r e c h t e i s t d e s h a l b auch gegenüber der P a r t e i d e m G r u n d e nach a n z u e r k e n n e n 7 3 . F r e i l i c h b i e t e t das Gebot d e r i n n e r p a r t e i l i c h e n D e m o k r a t i e k e i n e h i n r e i c h e n d e n Maßstäbe, i n d i v i d u e l l e Rechte n ä h e r z u b e s t i m m e n ; dazu m u ß a u f w e i t e r e verfassungsrechtliche Grundsätze zurückgegriffen werden 74.

Π Ι . Drittwirkung der Grundrechte Die Lehre von der „ D r i t t w i r k u n g der Grundrechte" erkennt an, daß die Grundrechte des Grundgesetzes ohne weiteres n u r auf das Verhältnis des einzelnen zum Staat anwendbar sind 7 5 . Sie lehnt andererseits zu Recht ihre Wirkungslosigkeit gegenüber nichtstaatlichen Rechtssubjekten („Dritten") ab, w e i l die Grundrechte Bestandteil einer „objektiven Wertordnung" sind 7 6 . Daß grundrechtlichen Interessen nicht n u r v o m Staat, sondern auch v o n d r i t ter Seite Schaden drohen kann, u n d daß deshalb der Staat u . U . schützend oder sogar helfend eingreifen muß, k l i n g t i n verschiedenen Vorschriften des Grundgesetzes an 7 7 . Auch die demokratische F u n k t i o n v o n Grundrechten k a n n es erforderlich machen, ihre Wahrnehmung gegenüber D r i t t e n zu schützen. Je mehr sich ζ. B. i n der Presse Monopole oder Oligopole e n t w i k 72

Vgl. etwa zur Arbeits- u n d Zeitbelastung der Mitglieder v o n K - G r u p p e n durch obligatorische Parteiarbeit: „ W i r w a r n die stärkste der P a r t e i n . . . " , S. 60 f. 73 Diesem Gedanken entspricht i m Staatsrecht die Erkenntnis, daß eine Demokratie n u r funktionieren kann, w e n n bestimmte ökonomische u n d k u l turelle Mindestvoraussetzungen erfüllt sind, vgl. Stern I , S. 446, m. w . N. 74 Dazu sogleich I I I u n d I V . 75 Vgl. Bleckmann, S. 146 ff.; Hesse, S. 141. 76 So BVerfGE 7, 198, 205; vgl. auch Hesse, S. 139 ff.; Scholz AöR 100 (1975), 109; BVerfGE 30, 173, 188; BVerfGE 33, 303, 330; Schwabe, S.289, m . w . N . ; B A G E 1, 185, 193. 77 A r t . 1 I 2; A r t . 6 I, I I 2, I V , V ; A r t . 7 I I I 3, I V 4; A r t . 9 I I I 2; A r t . 14 I I GG.

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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kein, desto weniger k a n n sie ihre meinungsbildende Aufgabe erfüllen 7 8 . Das k a n n einen Schutz kleinerer Verlage gegenüber großen erfordern 7 9 . Angesichts dessen k a n n n einer Theorie, die die innerparteiliche Geltung der Grundrechte i m Grundsatz ablehnt 8 0 , nicht gefolgt werden. I n welcher Weise u n d i n welchem Umfang sich diese D r i t t w i r k u n g vollzieht, ist damit noch nicht geklärt.

1. Unmittelbare

und mittelbare

Drittwirkung

Zunächst geht es darum, ob die D r i t t w i r k u n g „unmittelbar" oder „mittelbar" stattfindet. Unmittelbare 'Drittwirkung bedeutet, daß der Träger des Grundrechts sich gegenüber dem Adressaten unmittelbar auf dieses berufen kann 8 1 . Mittelbare D r i t t w i r k u n g findet über das einfache Recht statt: Der Gesetzgeber hat bei der Regelung von Sachbereichen den Grundrechten Rechnung zu tragen 82 ; soweit er interpretationsfähige Normen — insbesondere Generalklauseln — verwendet, sind die Grundrechte bei deren Auslegung zu berücksichtigen 83 . Die unmittelbare D r i t t w i r k u n g ist i n größerem Maß als die mittelbare darauf angelegt, den Grundrechten zwischen Privaten Geltung zu verschaffen; sie vollzieht sich unabhängig von einem Tätigwerden des Gesetzgebers 84. Ihre Schwäche liegt darin, daß ihr Lösungswege für Grundrechtskollisionen fehlen. Da auch der Grundrechtsadressat Träger von drittwirkenden Grundrechten ist und weil nahezu jedes Rechtsgeschäft und jede beeinträchtigende Handlung einem Grundrecht zugeordnet werden können, stehen sich ständig Grundrechte gegenüber 85 . Das Grundgesetz enthält zwar i n Form der Grundrechtsschranken zahlreiche Normen, u m die Belange der Allgemeinheit gegenüber denen des einzelnen abzugrenzen. Solche Regelungen fehlen aber für Kollisionen zwischen den Interessen mehrerer Grundrechtsträger. Der Gesetzgeber kann bei unmittelbarer D r i t t w i r k u n g keine eigenen Regelungen erlassen; da Grundrechte zwin78 BVerfGE 20, 162, 176; BVerfGE 52, 283, 296; von Münch, in: ders., GG, A r t . 5, Rdnr. 29; Hesse, S. 153. 79 Vgl. BVerfGE 20, 162, 176. 80 So B P t G v o m 1. X I I . 1981, Bl. 16 f.: A r t . 4 I GG werde durch die Verhängung einer Ordnungsmaßnahme nicht verletzt. Die Ordnungsmaßnahme richte sich gegen den Antragsgegner i n seiner Eigenschaft als Parteimitglied. Seine Stellung als freier Bürger werde dadurch nicht berührt. Der Antragsgegner habe sich durch seinen Parteieintritt f r e i w i l l i g den „bei einer Partei üblichen" (sie!) satzungsgemäßen Pflichten unterworfen. Seine allgemeinen Freiheitsrechte w ü r d e n nicht beschnitten, da i h m jederzeit der A u s t r i t t freistehe. 81 Vgl. Leisner, S. 356, m . w . N . 82 Hesse, S. 142; Bleckmann, S. 147; D ü r i g FSchr Nawiasky, S. 176 f.; BVerfGE 7, 198, 205; Maunz / Zippelius, S. 134. 83 D ü r i g FSchr Nawiasky, S. 176 f.; BVerfGE 7, 198, 206; Bleckmann, S. 147 f. 84 Vgl. Leisner, S. 356; Nipperdey DVB1 1958, 447. 85 Hesse, S. 141; Leisner, S. 356.

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

gendes Recht sind, hat er nur die Chance, i m Gesetz das vorzusehen, was kraft Grundgesetzes ohnehin gilt 8 6 . Praktikabel kann die unmittelbare D r i t t w i r k u n g eigentlich nur sein, wenn sie auf bestimmte Rechtsbeziehungen, etwa Arbeitgeber — Arbeitnehmer oder Verband — M i t glied, begrenzt und ihre allgemeine Geltung abgelehnt wird 8 7 . Demgegenüber liegt der mittelbaren D r i t t w i r k u n g die richtige Vorstellung zugrunde, daß es Aufgabe des Gesetzgebers ist, die Interessen der privaten Rechtssubjekte gegeneinander abzugrenzen 88 . Anderenfalls wäre es sinnlos, daß das Grundgesetz Gesetzgebungskompetenzen für das Privatrecht bestimmt 8 9 . Das bedeutet auch, daß der Gesetzgeber bei der Abgrenzung verschiedener privater Interessen einen Gestaltungsspielraum hat. Unrichtig wäre es allerdings, die Geltung der Grundrechte zwischen Privaten nur dann anzuerkennen, wenn der Gesetzgeber sie vorgesehen hat oder (durch Generalklauseln) ermöglicht. Dann würde die Geltung des Grundgesetzes partiell vom Willen des Gesetzgebers abhängen. Gesetze, die die Bedeutung der Grundrechte unzureichend berücksichtigen, sind i m Verfahren nach A r t . 100 I GG i. V. m. §§ 82 I, 78 BVfGG für nichtig zu erklären 90 . Wenn — wie es i m Verhältnis zwischen Partei und Mitglied der Fall ist — die Geltung der Grundrechte gesetzlich nicht geregelt ist, müssen die Rechtsanwender — hier vor allem die Schiedsgerichte und die staatlichen Gerichte — ihr selbst Rechnung tragen. Dann kann D r i t t w i r k u n g auch „unmittelbar" erfolgen 91 . Auch D r i t t w i r k u n g entfaltende Grundrechte können somit „gesetzliches Verbot" i. S. d. § 134 BGB sein 92 . 2. Gesichtspunkte für die Anwendung

der Grundrechte

Die Lehre von der D r i t t w i r k u n g ermöglicht die Anwendung der Grundrechte. Sie gibt selbst aber nicht an, welches Grundrecht i n welchem Rechtsverhältnis wieweit Geltung haben muß. Das ist für jede Problemstellung gesondert zu ermitteln. Für das Verhältnis zwischen Partei und Mitglied sind insbesondere folgende Gesichtspunkte bedeutsam: 86

Vgl. Hesse, S. 141; Leisner, S. 318 ff. Stein, S. 254. Nicht zufällig hat sich die Frage der D r i t t w i r k u n g zuerst i m Arbeitsrecht gestellt: B A G E 1, 185, 191 - 196. 88 Ruland N J W 1980, 93; Hesse, S. 142. 89 Z . B . A r t . 73 Nr. 9, A r t . 74 Nr. 1 (bürgerliches Recht), Nr. 11, Nr. 12 ( A r beitsrecht, Betriebsverfassung), Nr. 16, Nr. 18 GG. 90 Vgl. BVerfGE 7, 198, 205. 91 Daß die Bedeutung der Unterscheidung zwischen mittelbarer u n d u n m i t telbarer D r i t t w i r k u n g nicht überbewertet werden darf, legt Schwabe DÖV 1981, 796 ff. u n d DVB1 1979, 667, dar. 92 Streitig. Vgl. etwa M a y e r - M a l y , in: MünchKomm, § 134, Rdnr. 41; E r m a n / Brox, § 134, Rdnr. 34; Palandt / Heinrichs, § 134, A n m . 1 d, m. w. N. 87

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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a) Rechte u n d Pflichten, die sich unabhängig v o n Überlegungen zur D r i t t w i r k u n g der Grundrechte aus speziellen Vorschriften des Grundgesetzes ergeben, sind gegenüber dieser allgemeinen Theorie vorrangig. Das t r i f f t für die aus A r t . 21 I 3 G G abgeleiteten Rechte ebenso zu 9 3 w i e für die durch A r t . 9 I I I 2 GG ausdrücklich angeordnete D r i t t Wirkung 94 . b) I n ähnlicher Weise sind sonstige Folgerungen aus der verfassungsrechtlichen Stellung der Parteien zu berücksichtigen. Das Mehrparteienprinzip 9 5 b e w i r k t eine Konkurrenzsituation der Parteien untereinander. Wenn dem Rechnung getragen werden soll, müssen sie nicht n u r i m engeren Sinn gegnerfrei sein 9 6 , sondern sich auch sonst inhaltlich u n d organisatorisch den anderen Parteien gegenüber abgrenzen können 9 7 . Die Garantie der demokratischen inneren Ordnung i n A r t . 21 I 3 G G enthält zwar die Möglichkeit, einmal beschlossene Parteiprogramme zu verändern; darüber darf aber nicht die selbstverständliche u n d primäre Aufgabe einer jeden Vereinigimg v e r gessen werden, ihre Zwecke u n d Ziele zu verwirklichen. Es müssen also bei aller innerparteilichen Grundrechtsgeltung noch genügend Möglichkeiten bleiben, auf die V e r w i r k l i c h u n g des Parteiprogramms hinzuarbeiten. c) Die Auslegung des i n Frage stehenden Grundrechts k a n n ergeben, ob seine D r i t t w i r k u n g i n w e i t e m Umfang oder n u r zurückhaltend zu bejahen ist. F ü r eine weite D r i t t w i r k u n g spricht es z.B., w e n n dem Staat der „Schutz" grundrechtlicher Interessen zur Aufgabe gemacht w i r d 9 8 oder w e n n Grundrechte nicht n u r i m Interesse des einzelnen Grundrechtsträgers, sondern auch i m öffentlichen Interesse bestehen — etwa bei der Pressefreiheit. d) A u f die Ausübung verschiedener grundrechtlicher Befugnisse k a n n rechtsgeschäftlich verzichtet werden 9 9 ; ζ. B. wäre eine sinnvolle Berufstätigkeit k a u m möglich, w e n n m a n sich nicht verpflichten könnte, v o n seinem Grundrecht aus A r t . 12 I 1 GG i n der nächsten Z u k u n f t n u r i n bestimmter Weise Gebrauch zu machen. So eingegangene Bindungen müssen grundsätzlich eingehalten werden. Das muß erst recht gelten, w e n n die rechtsgeschäftliche Bindung nicht n u r rechtlich, sondern auch faktisch eine freiw i l l i g e ist. Mietverträge u n d Arbeitsverträge werden abgeschlossen, w e i l m a n Wohnung u n d Einkommen braucht; eine vergleichbare Notwendigkeit, Parteimitglied zu sein, besteht nicht. e) Wenn ein Beteiligter seine Grundrechte i n widersprüchlicher Weise ausübt, muß er die Folgen davon tragen. Gegenüber dem Staat ist auch der Redakteur durch A r t . 5 1 2 GG geschützt, der jede Woche seine M e i n i m g ändert; A r t . 4 I GG würde auch für den gelten, der monatlich seinen Glauben wechselt. E i n Verein aber k a n n nicht hinnehmen, daß ein M i t g l i e d das Gegenteil v o n dem t u t u n d sagt, was es durch Mitgliedschaft u n d Beitragszahlung zumindest konkludent unterstützt 1 0 0 . Allerdings ist nicht jede Unge93

Siehe oben I I . Dazu unten I V 2 d u n d e. 95 Henke, S. 42 f., m. w . N. 96 Dazu oben § 2 Β I I I 1 a< 97 Siehe ζ. B. unten I V 2 b. 98 A r t . 6 I, I V GG. 99 B a t t i s / G u s y , S.229; Leisner, S.319f. 100 Z u r Unzulässigkeit widersprüchlichen Verhaltens siehe schon oben I I 2 b. 94

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

reimtheit i n menschlichem Verhalten i n diesem Sinne „widersprüchlich". Je stärkere Anforderungen an ein „konsequentes" Gebrauchmachen v o n den Grundrechten gestellt werden, desto weniger bleiben Grundrechte Freiheitsverbürgungen. Bei den Parteien k o m m t hinzu, daß ihre demokratische i n nere Ordnung abweichende Meinungen v o n Mitgliedern zuläßt 1 0 1 . Bei der Feststellung widersprüchlichen Verhaltens w i r d also Zurückhaltung zu üben sein 1 0 2 . f) Die Tatsache der sozialen Übermacht der Partei muß zugunsten des einzelnen Mitglieds berücksichtigt werden 1 0 3 . Z w a r beruhen Satzung u n d Programm auf einer Willensbildung, an der alle Mitglieder gleichberechtigt teilnehmen können. Das ändert aber nichts daran, daß die Einflußmöglichkeiten des einzelnen schon rechnerisch m i n i m a l sind 1 0 4 , u n d dem einzelnen faktisch n u r die Möglichkeit bleibt, die Bestimmungen der Partei zu akzeptieren oder i h r fernzubleiben 1 0 5 . g) Zugunsten des Mitglieds sind auch die A u s w i r k u n g e n wahlrechtlicher Benachteiligungen kleinerer Parteien zu berücksichtigen. Falls 5 - % - K l a u s e l n rechtens sind 1 0 6 u n d praktiziert werden 1 0 7 , besteht n u r i n den größeren Parteien eine Chance, an der politischen Willensbildung des Volkes m i t z u w i r ken. Dem m i t seiner Partei unzufriedenen M i t g l i e d k a n n nicht entgegengehalten werden, es könne j a seine eigene Partei gründen 1 0 8 . Die durch das Wahlrecht begünstigte Oligopolstellung weniger Parteien vergrößert deren Macht gegenüber dem politisch interessierten Bürger. Die Berücksichtigung v o n Grundrechten k a n n dem entgegenwirken; der Verbleib i n der Partei soll dem M i t g l i e d nicht unnötig schwer gemacht werden 1 0 9 . h) Schwierig zu lösen sind Kollisionen v o n Parteipflichten des Mitglieds m i t seinen sonstigen Interessen, etwa w e n n Versammlungstermine der Partei sich m i t Terminen anderer Vereine überschneiden. Die Praxis der größeren Parteien hat solche Probleme so gut w i e nicht, w e i l sie außer der Beitragspflicht keine konkreten Leistungspflichten der Mitglieder k e n n t 1 1 0 . Offenbar gehen die Parteien davon aus, daß politisches Engagement nicht erzwingbar ist. Sollte es trotzdem zu K o n f l i k t e n kommen, können folgende Überlegungen aus dem Grundgesetz abgeleitet werden: M i t Familie (Art. 6 GG) u n d Beruf (Art. 12 GG) sind Belange geschützt, die üblicherweise jedermann hat, u n d deren Wahrnehmung von existentieller Bedeutung ist. 101

Siehe oben I I 2 b. Siehe ζ. B. unten I V 2 b. 103 Hesse, S. 142; Leisner, S.381f. 104 Vgl. die Mitgliederzahlen bei von Beyme, S.226: SPD 986 000 (1980); CDU 705 000 (1981); CSU: 172 000 (1980); FDP: 83 000 (1979). 105 Insofern steht selbst der Gegner des Verwenders v o n allgemeinen Geschätfsbedingungen besser da: Er k a n n i m m e r h i n versuchen, statt einer AGB-Regelung eine Individualabrede durchzusetzen, vgl. § 4 A G B G . 106 So BVerfGE 1, 208, 256; BVerfGE 34, 81, 99. 107 Z. B. § 6 I V 1 B W a h l G ; § 33 I I 2, 3 L W a h l G NW. 108 Das Argument, m a n könne j a bei Ausschluß oder A u s t r i t t aus der einen i n eine andere Partei gehen, trägt ohnehin nicht. Es würde voraussetzen, daß mehrere Parteien bestehen, die den Vorstellungen des Einzelnen gleichgut entsprechen. 109 Vgl. oben I I 5. 110 Ausnahme etwa Ziffer 2 Abs. I I Statut D K P : Das M i t g l i e d hat die Pflicht, die Publikationen der Partei zu lesen. 102

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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Daran darf die Partei ihre Mitglieder nicht hindern. Ähnliches läßt sich von den Rechten aus A r t . 4 I , I I GG sagen; das Grundgesetz mißt ihnen einen so hohen Rang zu, daß es für sie keine ausdrücklichen Schranken enthält. I m übrigen bietet das einfache Recht Lösungsmöglichkeiten 1 1 1 .

I V . Die Drittwirkung einzelner Grundrechte

1. Meinungsfreiheit

(i. w. S.)

a) Wie weit innerparteiliche Meinungsfreiheit besteht, ergibt sich aus Art. 21 I 3 GG 112 . Es geht hier also u m Meinungsäußerungen, die außerhalb der Partei geschehen. U m Zurückhaltung ihrer Mitglieder bei der Kundgabe abweichender Meinungen außerhalb der Partei werden Parteileitungen bemüht sein m i t Rücksicht auf die Zielsetzung und die Glaubwürdigkeit der Partei. Parteien sind zur Verwirklichung ihrer Ziele da 1 1 3 ; abweichende Meinungsäußerungen sind geeignet, sie darin zu behindern, denn sie verfolgen — wenigstens partiell — gegenteilige Ziele. Parteien können ihre Ziele nur glaubwürdig vertreten, wenn auch ihre Mitglieder glaubwürdig sind. Glaubwürdig ist, wer deshalb überzeugen kann, weil er selbst überzeugt ist 1 1 4 . Glaubwürdigkeit w i r d deshalb der Partei insgesamt i n dem Maße fehlen, i n dem sie bei den Mitgliedern fehlt. Wenn ein Mitglied Meinungen hat und äußert, die wesentlich von den Zielen seiner Partei abweichen, kann das schon seine persönliche Glaubwürdigkeit beeinträchtigen. Diese Interessen der Partei sind allerdings zu relativieren. Ein B i l d völliger Einigkeit, auch über grundsätzliche Fragen, kann die Partei schon deshalb nicht herstellen, weil sie solche Diskussionen vor der Öffentlichkeit nicht geheimhalten kann 1 1 5 . Ferner weiß die Öffentlichkeit durchaus zwischen der Parteimeinung und der abweichenden Meinung einzelner Mitglieder zu unterscheiden. Auch hat die Partei die Möglichkeit, dafür zu sorgen, daß nur solche Mitglieder als ihre Repräsentanten i n der Öffentlichkeit auftreten, die sich an die Parteilinie halten. Dem Eigeninteresse der Partei ist entgegenzuhalten, daß Meinungsfreiheit nicht nur i m Interesse des einzelnen Grundrechtsträgers, sondern auch i m öffentlichen Interesse besteht. Es liegt i m Interesse der Demokratie auf Staatsebene, daß jeder Bürger seine Meinung frei äußern kann 1 1 6 . Andererseits ist i m Grundgesetz anerkannt, daß beson111 112 113 114 115 116

Dazu unten D. Siehe oben I I 2 b u n d c. Siehe oben I I I 2 b. Ruland N J W 1980, 94. Vgl. oben I I 2 c. Oben I I 2 v o r a.

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

dere Rechtsverhältnisse sogar gegenüber dem Staat Einschränkungen der Meinungsfreiheit rechtfertigen können, so für Beamte i n A r t . 33 V GG 1 1 7 und für Soldaten und Ersatzdienstleistende i n A r t . 17a I GG. Daß für die Parteien eine solche Regelung nicht ausdrücklich besteht, braucht nicht zu verwundern, da diese nicht Teil des Staates sind. Damit ergibt sich, daß Meinungsfreiheit auch m i t Rücksicht auf den Charakter der Parteimitgliedschaft einschränkbar sein kann. Für A r t und Umfang zulässiger Meinungseinschränkungen könnte § 35 I I BRRG einen Maßstab geben: Dort ist nicht nach zulässigen und unzulässigen Meinungsäußerungen unterschieden, sondern es w i r d „Mäßigung" verlangt, also normiert, i n welcher Weise der Beamte sich bei politischer Betätigung, also auch bei Meinungsäußerungen, zu verhalten hat 1 1 8 . Bezogen auf ein dissentierendes Parteimitglied könnte Mäßigung etwa bedeuten, daß es sich i m Wahlkampf stärker zurückhalten muß als sonst, daß es bei privaten Äußerungen offener sein kann als bei öffentlichen, und daß es abweichende Meinungen nicht i n Medien der gegnerischen Partei abgeben darf, denn dort werden sie nur zum Zeugnis gegen die eigene Partei verwendet. Umgekehrt könnte „Mäßigung" weniger wichtig sein, wenn jemand i n einer Funktion spricht, die er nicht für die Partei ausübt, man denke an K r i t i k von Gewerkschaftsvorsitzenden an sozialdemokratischer Regierungspolitik. Ferner wäre zu unterscheiden zwischen „schlichten" Meinungsäußerungen und „qualifizierten", wie Kampagnen oder Unterschriftensammlungen. M i t dieser auf die Umstände und die A r t und Weise der Meinungsäußerung abstellenden Einschränkung wäre dem Parteiinteresse weitgehend gedient. Sicher sind ihre Konturen unscharf und für das Mitglied nicht immer leicht erkennbar. Das gilt allerdings für Folgerungen, die aus der D r i t t w i r k u n g der Grundrechte gezogen werden, ohnehin. Die Parteien können dem auch teilweise abhelfen, indem sie (verfassungskonforme) Beispielskataloge i n ihre Satzungen aufnehmen. Die andere Möglichkeit, Meinungsfreiheit i m Interesse der Partei einzuschränken, müßte an den Inhalten ansetzen. Zu denken wäre an eine Bindung an die gesamte Parteiprogrammatik oder auch nur an deren Kern 1 1 9 . Eine Bindung an die gesamte Programmatik wäre praktisch nicht durchzuhalten. Für programmatische Parteitagsbeschlüsse sind keine qualifizierten Mehrheiten erforderlich, es können also auch recht große Mitgliedergruppen überstimmt werden, und zwar i n beliebigen Einzelfragen. Die Beschränkung auf einen Programmkern mag prakti117 Frowein, politische Betätigung, S. 11; Strunk, Beamtenrecht, S. 32, m. w . N. 118 Battis, § 53, A n m . 2; näher hierzu Frowein, politische Betätigung, S. 18 ff. 119 Vgl. oben I I 2 b b b .

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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kabel sein, hat aber große Rückwirkungen auf den Willensbildungsprozeß der Partei 1 2 0 . I h r Nutzen für das B i l d der „Geschlossenheit" kann außerdem kaum groß sein, weil die Öffentlichkeit nicht daran gehindert werden kann, auch von grundsätzlichen Diskussionen Kenntnis zu erhalten 121 . Dies spricht dafür, den Parteien nur die Möglichkeit äußerlicher, nicht aber inhaltlicher Restriktionen der Meinungsfreiheit einzuräumen. Außerdem w i r d es dem Sinn der Meinungsfreiheit eher gerecht, wenn sie nur hinsichtlich des Wie der Meinungsäußerung, nicht aber i n bezug auf das Ob beschränkt wird. b) Zur Meinungsfreiheit i m weiteren Sinn gehört auch die durch Art. 5 1 2 GG garantierte Pressefreiheit einschließlich der Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film. Ihre Ausübung erfolgt i m wesentlichen auf zwei Arten: durch Berichterstattung, i n der Geschehnisse wiedergegeben werden, und durch Kommentierung, i n der der Journalist oder sonstige Grundrechtsträger seine Meinung äußert. Ein recht weiter Rahmen für die Freiheit der Meinungsäußerung wurde bereits bejaht; i h n für Journalisten noch weiter zu ziehen, besteht kein Grund. Der Argumentation der Bundesschiedskommission der SPD, es könne „nicht mehrere A r t e n der Solidarität und also auch kein Presseprivileg geben", ist insoweit zu folgen 122 . Die freie Berichterstattung ist u m der Demokratie w i l l e n gesichert 123 . Das dahinterstehende Ideal, daß jeder, der Berichterstattung betreibt, dies m i t dem W i l l e n zur Vollständigkeit und Objektivität t u n solle, ist vom Grundgesetz nicht m i t garantiert. Dieses Ideal schließt es aber aus, daß rechtmäßigerweise gezielt auf nichtobjektive, tendenziöse Berichterstattung hingewirkt werden dürfte. Eine Partei kann also ζ. B. nicht von einem i h r angehörenden Redakteur verlangen, über die eigene Partei nur Günstiges, über die gegnerische nur Nachteiliges zu berichten. Bei dem Schluß, folglich müsse es erlaubt sein, wenn eine Partei auf objektive Berichterstattung durch ihre Mitglieder h i n w i r k t , ist allerdings Vorsicht geboten. Das Problem liegt i n der Schwierigkeit, Objektivität zu messen. Wäre sie feststellbar oder meßbar, könnte A r t . 5 12 GG sich m i t der Gewährleistung „objektiver Berichterstattung" begnügen. Da eben Objektivität kaum meßbar ist und weil es ein leichtes ist, Versuche der Einflußnahme als Streben nach Objektivität zu deklarieren 124 , kann es nur i n 120

Siehe oben I I 2 d . Siehe oben I I 2 c. 122 BSchK v o m 26. V I I . 1976, g. C. G., Bl. 9; ähnlich BSchK in: Butterwegge, S. 153, 162, zum „Wissenschaftsprivileg". 123 V o n Münch, in: ders., GG, Rdnr. 1, m . w . N . ; Hesse, S. 151. 124 Vgl. etwa die Auseinandersetzungen u m die Rundfunkanstalten; regelmäßig w i r d dort behauptet, die Gegenseite habe i n ihnen ein Übergewicht oder strebe ein solches an. 121

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

seltenen, k r a s s e n u n d e i n d e u t i g e n F ä l l e n zulässig sein, seitens d e r P a r t e i i n die F r e i h e i t d e r B e r i c h t e r s t a t t u n g e i n z u g r e i f e n . c) Wissenschaftliche Äußerungen sind häufig auch Meinungsäußerungen, u n d für diese besteht ohnehin ein weiter Spielraum 1 2 5 . Dieser ist für M e i nungsäußerungen, die wissenschaftlich begründet sind, nicht enger, aber auch nicht weiter zu ziehen. Die bloße Tatsache, daß eine Meinung auf w i s senschaftlichen Überlegungen beruht, k a n n i h r gegenüber der Partei keine höhere Qualität verleihen. Wer auf wissenschaftliche Weise zu der Einsicht kommt, die Ziele seiner Partei seien falsch, k a n n nicht schutzwürdiger sein, als wer „ n u r so" seine Ansichten geändert h a t 1 2 6 . Freilich ist zu beachten, daß nicht jede wissenschaftliche Äußerung, die der Partei unbequem ist, auch deren Ziele ablehnt. Wer etwa sagt, er halte eine bestimmte Fassung der §§ 218 ff. StGB für verfassungswidrig, sagt damit nicht, ob er sie für politisch wünschenswert oder ablehnungswürdig h ä l t 1 2 7 . Sofern es u m n a t u r wissenschaftliche Fragen geht, werden wissenschaftliche Stellungnahmen oft k a u m noch politische Meinungsäußerungen sein, etwa die Feststellung, ein Bauwerk bestimmter K o n s t r u k t i o n halte Erdbeben bestimmter Stärke aus 1 2 8 . Wo es nicht u m abweichende Meinungen eines Wissenschaftlers geht, sondern u m die Opportunität seiner Erkenntnisse, ist die Problemlage k a u m anders als bei der Freiheit der Berichterstattung. Die Freiheit der Wissenschaft besteht u m der wissenschaftlichen Wahrheit w i l l e n 1 2 9 ; gezielte unsachliche Einflüsse auf den wissenschaftlichen Erkenntnisprozeß sind deshalb rechtswidrig. 2.

Vereinigungsfreiheit

F r a g e n d e r V e r e i n i g u n g s f r e i h e i t s t e l l e n sich v o r a l l e m d a n n , w e n n das M i t g l i e d e i n e r O r g a n i s a t i o n a n g e h ö r t , d i e d i e P a r t e i f ü r e i n e i h r gegenüber gegnerische h ä l t . A u s g a n g s p u n k t d e r Ü b e r l e g u n g e n m u ß sein, daß es Sache des M i t g l i e d s ist, seine Z u g e h ö r i g k e i t e n z u w e i t e r e n V e r e i n i g u n g e n so z u gestalten, daß es selbst sich n i c h t w i d e r s p r ü c h l i c h v e r hält130. a) F a l l s die andere O r g a n i s a t i o n ebenfalls p o l i t i s c h e P a r t e i ist, s i n d k e i n e F e s t s t e l l u n g e n ü b e r d i e i n h a l t l i c h e Gegnerschaft zu t r e f f e n . D a es z u m W e s e n d e r P a r t e i e n g e h ö r t , daß sie m i t e i n a n d e r k o n k u r r i e r e n 1 3 1 b r a u c h t sich d i e P a r t e i n i c h t a u f die A r g u m e n t a t i o n einzulassen, die andere O r g a n i s a t i o n v e r f o l g e j a d i e s e l b e n Z i e l e 1 3 2 . W e n n d e m M i t g l i e d d i e 125

Vgl. oben I I 2 b bis d. Vgl. BSchK in: Butterwegge, S. 153, 162. 127 Vgl. das bei Gruner, S. 75, geschilderte Beispiel: E i n SPD-Mitglied hielt es für rechtswidrig (vgl. Ziffer 4 des Genehmigungsschreibens der M i l i t ä r gouverneure zum Grundgesetz v o m 12. M a i 1949, VOB1 B r i t z 1949, S.416), w e n n der Generalbundesanwalt i n B e r l i n tätig w i r d . 128 Relevant ζ. B. für die Genehmigung eines Atomkraftwerks. 129 Vgl. Hamann / Lenz, A r t . 5, A n m . Β 14; von Münch, in: ders., GG, A r t . 5, Rdnr. 66, m. w . N. 130 Vgl. oben I I I e. 131 Dazu näher G r i m m , in: H V R , S. 319 - 322. 126

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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Zugehörigkeit zu einer Neben- oder Hilfsorganisation 133 einer anderen Partei vorgeworfen wird, kommt es darauf an, wie eben dieses festzustellen ist. Das ist zunächst der Fall, wenn die gegnerische Partei oder Organisation dies ausdrücklich festgelegt hat 1 3 4 . Das kann sich aber auch aus der praktischen Tätigkeit der Organisation ergeben — etwa wenn eine rechtlich selbständige „'Stiftung" Bildungsa'ktivitäten einer politischen Partei durchführt 1 3 5 ; ein ähnliches Indiz kann die personelle Zusammensetzung der Mitgliedschaft oder des Vorstands der anderen Organisation sein. b) Sofern es u m die Mitgliedschaft i n sonstigen Organisationen geht, kann deren Gegnerschaft nicht formal nach dem Konkurrenzprinzip festgestellt werden; die Unvereinbarkeit der beiderseitigen Ziele muß inhaltlich festgestellt werden, anhand ausdrücklich formulierter Zielsetzungen oder aufgrund des Verhaltens der anderen Organisation. Dabei kann es zu recht unterschiedlichen Zielkollisionen kommen. Die andere Organisation kann alle zentralen Ziele der Partei bekämpfen; dann läßt sich das Verhalten des Mitglieds nicht rechtfertigen. Besteht die Kollision nur i n einem für beide iSeiten untergeordneten Punkt, trägt der Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens nicht mehr: das Mitglied w i r d dann regelmäßig nicht wegen, sondern trotz der Differenzen beiden Organisationen angehören. Für die zwischen diesen beiden Extrembeispielen liegenden Fälle gilt folgendes: Eine demokratisch organisierte Partei muß i n bestimmtem Maß abweichende Ansichten ihrer Mitglieder dulden 1 3 6 . Der Gesetzgeber hat deshalb nur bei Verstößen gegen „Grundsätze" den Ausschluß zugelassen 137 . Diese Überlegungen und der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit lassen es nicht zu, Unvereinbarkeitsvorschriften aufzustellen wegen Zielsetzungen, die aus iSicht der Partei — nicht unbedingt auch für die andere Organisation — von untergeordneter Bedeutung sind. Nicht nur die Parteien, auch viele andere Verbände haben demokratische Willensbildungsstrukturen und sind satzungsmäßig auf Änderungen ihrer Zielsetzung und ihrer Aktivitäten eingerichtet 138 . Es ginge an 132

Siehe i m übrigen oben §2 Β I I I 1. Vgl. dazu Seifert, S. 331 f. 134 Ζ. B. i m Verhältnis CDU — Junge Union: § 38 Nr. 1 Statut CDU sowie § 1 Satzung Junge U n i o n Westfalen-Lippe. 135 v g i # v o n vieregge, S. 108 - 129. Diese Organisationen sind zumeist keine Stiftungen i. S. d. § 80 Satz 1 BGB, sondern eingetragene Vereine, vgl. V i e r egge, S. 309 (betr. Konrad-Adenauer-Stiftung), S.312 (betr. Friedrich-EbertStiftung), S. 320 (betr. Hanns-Seidel-Stiftung). Stiftung i m Rechtssinne ist dagegen die Friedrich-Naumann-Stiftung, vgl. Vieregge, S. 316. 133

136 137 138

Siehe oben I I 2 b bis d. Siehe oben § 4 C I 5. Vgl. etwa A r t . 14 ff., A r t . 29 ff. u n d A r t . 66 ff. Verfassung der Nordelbi-

10 Risse

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

der Realität vorbei, jedem Mitglied eines solchen Vereins eine pauschale und undifferenzierte Unterstützung aller momentanen Ziele und Aktivitäten dieses Vereins zu unterstellen. 'Ebenso wie Parteimitglieder überstimmt werden können, aber trotzdem i n der Partei bleiben, kann dieses auch i n anderem Vereinigungen der Fall sein. I n der sozialen Wirklichkeit haben sich gewisse Vereine zu Dienstleistungsbetrieben entwickelt, etwa die Automobilclubs. Der B e i t r i t t zu einem solchen erfolgt vorwiegend, u m als Autofahrer gewisse Gegenleistungen zu erhalten (Beratung, Pannenhilfe), nicht aber, u m deren straßenpolitische Lobby zu unterstützen. I n diesen Fällen wäre es unsachlich, die bloße formale Differenz zwischen den Zielen zweier Organisationen als Grundlage einer Inkompatibilitätsregelung zuzulassen. Die Partei muß dort das praktische Verhalten des Mitglieds i n der anderen Organisation zum Gegenstand einer etwaigen Maßnahme machen. c) I m iStaat-iBürger-Verhältniis umfaßt A r t . 9 I GG nicht nur die Freiheit des Bürgers, Vereinigungen zu gründen und ihnen beizutreten, sondern auch die Befugnis, solches nicht zu t u n („negative Vereinigungsfreiheit") 139 . Das verfassungsrechtlich begründete öffentliche Interesse an einem freien Vereinswesen 140 erfordert es, daß auch Vereinsbeitritte freiwillig erfolgen; A r t . 9 I GG entfaltet insofern D r i t t w i r k u n g gegenüber jedermann 1 4 1 . Die „negative" Vereinigungsfreiheit ist dabei weiter zu ziehen als die positive, weil die Kollision der unterschiedlichen Interessen mehrerer Vereinigungen dann nicht auftreten kann, wenn ein Mitglied gar nicht weiteren Vereinigungen beitreten w i l l . Deshalb ist es regelmäßig unzulässig, wenn eine Partei verlangt, daß Mitglieder auch anderen Organisationen beitreten. Sofern vom Mitglied der E i n t r i t t i n gegnerische Organisationen 142 oder i n solche verlangt wird, deren Ziele das Mitglied ablehnt, liegt zusätzlich ein Verstoß gegen die vom Staat gemäß A r t . 1 I GG zu schützende Menschenwürde vor, weil damit jemand zur Unwahrhaftigkeit gesehen Evangelisch-Lutherischen Kirche; § 1 I Ortsstatut des Kolpingwerkes, Deutscher Zentralverband („Die Kolpingfamilie . . . ist eine . . . demokratische . . . Bildungs- u n d Aktionsgemeinschaft."); §§ 6, 7 Satzung Pro Familia Landesverband N W ; §§ 9, 10 Satzung Heimat- u n d Verkehrsverein Tudorf; § 6 Satzung Quickborn. — Anders etwa §§12, 13 Satzung D J H WestfalenLippe. Die maßgeblichen Kompetenzen hat dort nicht die Mitgliederversammlung, 1 3 9 sondern ein „Hauptausschuß", der vorwiegend aus Vertretern v o n BeH. M.; vgl. Etzrodt, S. 35 ff. u n d S. 90 ff.; BVerfGE 10, 89, 102; von hörden besteht. Münch, u. in:ä. ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 19; MDHS-Scholz, A r t . 9, Rdnr. 42 u n d Rdnr. 88 (1979). Nachweise der abweichenden Meinungen bei Etzrodt, S.42ff. 140 BVerfGE 50, 290, 353; von Münch, in: ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 1. 141 U n k l a r v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 13; a. A . MDHS-Maunz, A r t . 9, Rdnr. 53 (1979), der n u r eine mittelbare D r i t t w i r k u n g anerkennt. 142 Z . B . u m dort „Mehrheiten zu kippen" oder ü m „Kundschafterdienste" zu leisten.

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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zwungen w e r d e n soll143. Nicht v o n der negativen Vereinigungsfreiheit erfaßt sind Organisationseinheiten, die Teile der Mitgliedschaft nach p e r s ö n l i c h e n M e r k m a l e n w i e A l t e r , Geschlecht o d e r B e r u f erfassen, u m so b e s t i m m t e A u f g a b e n oder B e l a n g e f ü r d i e P a r t e i w a h r z u n e h m e n 1 4 4 , d a sie k e i n e andere V e r e i n i g u n g s i n d u n d insbesondere gegenüber der Partei keine eigenen Zielsetzungen haben145. d) Besonderer B e h a n d l u n g gegenüber d e r a l l g e m e i n i n A r t . 9 I G G g e w ä h r l e i s t e t e n V e r e i n i g u n g s f r e i h e i t b e d a r f d i e i n A r t . 9 I I I G G gar a n t i e r t e K o a l i t i o n s f r e i h e i t , w e i l f ü r diese A r t . 9 I I I 2 G G selbst eine D r i t t w i r k u n g a n o r d n e t 1 4 6 . Z u n ä c h s t sei i h r e B e d e u t u n g f ü r A r b e i t n e h m e r u n t e r s u c h t . P r a k t i s c h e B e d e u t u n g e r l a n g t dieses G r u n d r e c h t , w e n n eine P a r t e i d e n M i t g l i e d e r n v e r b i e t e t , als gegnerisch angesehenen G e w e r k s c h a f t e n b e i z u t r e t e n , o d e r i h n e n gebietet, sich n u r i n b e f r e u n d e ten Gewerkschaften zu organisieren 147. Adressaten der D r i t t w i r k u n g s a n o r d n u n g des A r t . 9 I I I 2 G G s i n d zunächst d i e a m K o a l i t i o n s w e s e n unmittelbar Beteiligten: E i n Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer nicht k ü n d i g e n , w e i l dieser e i n e r G e w e r k s c h a f t b e i t r i t t 1 4 8 , d i e G e w e r k s c h a f t e n d ü r f e n k e i n c l o s e d - s h o p - S y s t e m 1 4 9 e r z w i n g e n 1 5 0 . D i e F r a g e ist, o b 143

Vgl. L G Düsseldorf M D R 1952, 613, 614: Eine Rechtsnorm, die darauf angelegt sei, Vertragspartner zu arglistigem Verhalten zu veranlassen, verstoße gegen A r t . 1 I GG. 144 So die Arbeitsgemeinschaften nach § 10 OrgSt SPD. 145 Die Situation ist hier ähnlich w i e bei der Zwangszugehörigkeit zu K ö r perschaften des öffentlichen Rechts; deren Zulässigkeit w i r d v o n der h. M . nicht an A r t . 9 I GG, sondern an A r t . 2 I GG gemessen, vgl. Hesse, S. 160. 146 Hesse, S. 140; MDHS-Scholz, A r t . 9, Rdnr. 171 (1979); v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 51; Scholz, S. 43, m. w . N.; B A G E 19, 217, 223. 147 Daß solche Probleme i n der Bundesrepublik Deutschland bislang keine große Rolle gespielt haben, liegt daran, daß sich „Richtungsgewerkschaften" hier nach 1945 nicht wieder gebildet haben, vgl. etwa Statistisches Jahrbuch 1981, S. 572. Danach hatten die dem Deutschen Gewerkschaftsbund angehörenden Gewerkschatften 1980 zusammen 7 882 527 Mitglieder, die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft hatte 494 874 Mitglieder, der Deutsche Handelsu n d Industrieangestellten-Verband hatte 62 758 Mitglieder, u n d der Deutsche Beamtenbund hatte 821 012 Mitglieder. Somit gehörten ca. 85 °/o der erfaßten Personen dem D G B an. V o r 1933 hat es Richtungsgewerkschaften gegeben, vgl. etwa Grebing, S. 176 ff. u n d S. 188 ff. I m Ausland sind Richtungsgewerkschaften auch heute verbreitet, vgl. etwa Kendall, S. 60 ff.; insbes. S. 71 (betr. Frankreich); S. 166 (betr. Italien); S. 220 ff. (betr. Belgien); S. 256 ff. (betr. die Niederlande); H e l l m a n n / Oesterheld, i n : Europäische Gewerkschaften, S. 24 ff. (betr. Schweiz). 148 Vgl. v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 54; Hueck / Nipperdey I , S. 560; Friedrich, in: Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzrecht, § 13 KSchG, Rdnr. 197 f., m. w. N. 149 Das bedeutet, daß n u r Mitglieder der am Tarifvertrag beteiligten Gewerkschaften) beschäftigt werden dürfen. 150 Vgl. MDHS-Scholz, A r t . 9 , Rdnr.231 (1979), m . w . N . ; Friedrich, in: Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzrecht, § 13 KSchG, Rdnr. 202; vgl. auch E u K M R EuGRZ 1980, 450, zu A r t . 11 E u M R K . 10'·

148

§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

A r t . 9 I I I 2 GG sich auch über Arbeitgeber und deren Verbände sowie Arbeitnehmer und Gewerkschaften hinaus erstreckt. Der Zweck der D r i t t w i r k u n g des A r t . 9 I I I 2 GG ist, die Koalitionsfreiheit auch gegen soziale Mächte wirksam zu schützen und ihre effektive Wahrnehmung zu ermöglichen 151 . A r t . 9 I I I 2 GG erstreckt sich also auch auf Außenstehende, hier auf Parteien. Da die von A r t . 9 I I I 2 GG angeordnete D r i t t w i r k u n g eine unmittelbare ist, müßte ein Parteimitglied ohne Rücksicht auf die Wünsche der Partei einer beliebigen Gewerkschaft beitreten oder fernbleiben 152 können. Ausdrücklich setzt das Grundgesetz dem keine Schranken, aber das Verbot widersprüchlichen Verhaltens 153 gilt auch hier. Wie es selbstverständlich ist, daß, wer gleichzeitig zwei gegnerischen Parteien angehört, darin nicht vom Grundgesetz geschützt wird, wie auch die Mitgliedschaft i n einer Vereinigung, die gegen die Partei kämpft, nicht durch A r t . 9 I GG geschützt ist 1 5 4 , kann A r t . 9 I I I GG dem nicht helfen, der rivalisierenden Gewerkschaften angehört 155 . Die zur innerparteilichen Geltung von A r t . 9 I GG dargelegten Grundsätze können deshalb auch dann gelten, wenn die Mitgliedschaft i n einer bestimmten Gewerkschaft zur Parteimitgliedschaft i n Widerspruch steht. Davon ist allerdings eine bedeutsame Ausnahme zu machen. A r t . 9 I I I 2 GG gilt u m der effektiven Wahrnehmung der Koalitionsfreiheit willen. Es ist legitime Aufgabe der Koalitionen, mittels ihrer Kampfkraft günstige Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen für ihre M i t glieder zu erreichen 156 . Die Ermöglichung schlagkräftiger Gewerkschaften, die auch tatsächlich eine Verbesserung erreichen können, war maßgeblicher Grund für die Entwicklung des Grundrechts der Koalitionsfreiheit 1 5 7 . W i l l man diese i m Interesse der materiellen Sicherung des Einzelnen stehende sozialpolitische Absicht ernst nehmen, muß jeder aus A r t . 9 I I I GG gegenüber seiner Partei das Recht haben, einer „effektiven" Gewerkschaft anzugehören. Das heißt, wenn für die berufliche Stellung des Betreffenden nur eine Gewerkschaft besteht, die effektiv die Interessen ihrer Mitglieder wahrnehmen kann, etwa weil 151 Vgl. Scholz, S. 276 („soziale Grundrechtsgewährleistung"); MDHS-Scholz, A r t . 9, Rdnr. 155 u n d Rdnr. 332 (1979); von Münch, in: ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 1 („sozialstaatliches Element"). 152 Eine Pflicht, der jeweils zuständigen Gewerkschaft des Österreichischen Gewerkschaftsbundes beizutreten, enthält § 14 OrgSt SPÖ (A). 153 Siehe oben I I I 2 e. 154 Siehe oben b. iss Vgl. z. B. § 4 I I I Satzung Ö T V . 156 Vgl. v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 42; BVerfGE 18, 18, 27; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 9, Rdnr. 14; Scholz, S. 259 ff. 157 Scholz, S.25 ff.; S c h m i d t - B l e i b t r e u / K l e i n , A r t . 9, Rdnr. 4; vgl. H u e c k / Nipperdey I I / l , S. 113 ff.

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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n u r sie n a c h i h r e r Größe i n der L a g e ist, T a r i f k o n f l i k t e durchzusteh e n 1 5 8 , h a t d e r E i n z e l n e gegenüber d e r P a r t e i das Recht, dieser a n z u gehören, auch w e n n 'die p o l i t i s c h e n D i f f e r e n z e n z w i s c h e n P a r t e i u n d G e w e r k s c h a f t noch so groß sind. Dieser sozialpolitische Z w e c k h a t V o r r a n g auch v o r A r t . 2 1 1 G G . A n diesem E r g e b n i s i s t z w a r r e c h t l i c h u n b e f r i e d i g e n d , daß es b e i d e r d e r z e i t i g e n S i t u a t i o n i n d e r B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d z u e i n e r gewissen B e v o r z u g u n g d e r v o r h a n d e n e n E i n h e i t s g e w e r k s c h a f t e n D G B u n d D A G 1 5 9 f ü h r t , u n d daß d i e P a r t e i e n , d i e diese G e w e r k s c h a f t e n a b l e h n e n , i n s o w e i t b e n a c h t e i l i g t sind. U m e i n e r e f f e k t i v e n G r u n d r e c h t s a u s ü b u n g w i l l e n i s t das aber hinzunehmen. e) Die vorstehenden Überlegungen sind auf Nichtarbeitnehmer n u r beschränkt anwendbar. Solange u n d soweit die Rechtsverhältnisse der Beamten ausschließlich durch Gesetz geregelt werden 1 6 0 , ist die Bedeutung der Gewerkschaftszugehörigkeit für den Beamten geringer als für den A r b e i t nehmer. Arbeitgeber sind oftmals keine natürlichen Personen, sondern juristische Personen oder Handelsgesellschaften; diese können nach § 2 I 2 PartG ohnehin nicht Parteimitglied sein. Es wäre dann höchstens eine M i t gliedspflicht des Anteilseigners oder Gesellschafters denkbar, auf ein bestimmtes Verhalten des Unternehmers hinzuwirken. Wenn ein Unternehmen so groß ist, daß es nicht n u r nach § 2 I T V G rechtlich, sondern auch faktisch allein Tarifverträge abschließen kann, ist seine Zugehörigkeit zu einer K o a l i t i o n auch nicht v o n so großer Bedeutung w i e für den Arbeitnehmer. Die Zugehörigkeit zu einer (echten) K o a l i t i o n ist auch dann weniger bedeutsam, w e n n ihre Aufgaben v o n koalitionsähnlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts übernommen werden 1 6 1 . 3.

Berufsfreiheit

D i e b e r e i t s i n A r t . 12 I G G e n t h a l t e n e U n t e r s c h e i d u n g z w i s c h e n B e r u f s w a h l u n d B e r u f s a u s ü b u n g 1 6 2 s o l l auch h i e r z u g r u n d e g e l e g t w e r d e n . a) E i n P r o b l e m d e r B e r u f s w a h l l i e g t e t w a v o r , w e n n e i n P a r t e i m i t g l i e d Geschäftsführer e i n e r gegnerischen P a r t e i w i r d o d e r w e n n e i n M i t g l i e d e i n e n B e r u f e r g r e i f t , d e r a u ß e r h a l b des Organisationsbereichs d e r P a r t e i l i e g t 1 6 3 . D i e persönliche B e s c h r ä n k u n g des O r g a n i s a t i o n s 158 Das dürfte — zumal für Arbeiter — oft n u r auf die DGB »Gewerkschaften zutreffen. Ende 1981 hatte der DGB 7 957 512, die D A G 499 000 u n d der Christliche Gewerkschaftsbund (Ende 1980) 288 000 Mitglieder (Zahlen nach „ausblick" Nr. 5/1982, S. 8). 159 Die D A G k a n n — auch w e n n sie i n Konkurrenz zu den D G B - G e w e r k schaften steht — hier deshalb als Einheitsgewerkschaft angesprochen w e r den, w e i l sie keine parteipolitische Ausrichtung hat. 160 Z u r Einbeziehung tarifvertraglicher Elemente i n das Beamtenrecht siehe etwa von Münch, in: BesVerwR, S. 96. 161 Siehe §§ 53 Satz 1, 54 I I I Nr. 1 HandwerksO. 162 Vgl. BVerfGE 7, 377, 378 (Leitsatz 5). 163 Beispiel: M i t g l i e d einer Bauernpartei w i r d Eisenbahner.

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

bereichs einer Partei ist keine Frage der Geltung von Grundrechten beim Parteiausschluß. Soweit sie überhaupt zulässig ist, können Grundrechte einem Ausschluß nicht entgegenstehen 164 . I n den übrigen Fällen ist wiederum zu berücksichtigen, daß die Verfassung dem nicht helfen kann, der sich widersprüchlich verhält. Widersprüchliches Verhalten liegt aber nicht bereits darin, daß jemand bei einer gegnerischen Organisation beschäftigt ist. I n der Tätigkeit etwa als Drucker, Hausmeister oder Kraftfahrer liegt regelmäßig keine Identifizierung mit dieser Organisation — auch nicht nach außen. Anders ist es bei Berufen, deren Inhalt auch diese Identifizierung ist, etwa beim Redakteur einer Verbandszeitschrift. Es kommt also darauf an, ob der betreffende Beruf (im Einzelfall) eine gegen die Partei gerichtete „Tendenz" beinhaltet 1 6 5 . Soweit kein solcher Konflikt besteht, ist kein anerkennungswürdiger Grund ersichtlich, den Parteien die Einschränkung der Berufswahlfreiheit ihrer Mitglieder zu gestatten. Dürften Parteien etwa verlangen, daß ihre Mitglieder nach politischer Opportunität A r beitsplatz oder Beruf wechseln, könnten sie stets das Parteiinteresse über das Individualinteresse des Mitglieds stellen. b) Ein Interesse der Parteien, auf die Berufsausübung Einfluß zu nehmen, w i r d selten anzuerkennen sein. .So kann die Partei nicht von ihrem Mitglied verlangen, seinen Berufspflichten zuwiderzuhandeln. Ohne weiteres gilt das für Pflichten, die gesetzlich vorgeschrieben sind wie die des Stadtdirektors, keine Mitglieder seiner Partei bevorzugt einzustellen oder zu befördern 166 . Soll die Rechtsordnung nicht widersprüchlich sein, gilt das auch für vertraglich übernommene Berufspflichten, etwa eine Schweigepflicht. Aber auch i m rechtlich nicht normierten Bereich kann die Partei nichts verlangen, was korrekter oder seriöser Berufsausübung widerspräche. iSie kann z. B. einen i h r angehörenden Gastwirt nicht verpflichten, nur ihr, nicht aber anderen Parteien seinen Saal zu vermieten. Nicht erfaßt von der Freiheit der Berufsausübung gegenüber der Partei sind Handlungen, die sich nicht aus dem Gegenstand der Berufstätigkeit ergeben. So ist es nicht Aufgabe eines Rechtsanwalts, sich die politischen Ansichten seiner Mandanten zu eigen zu machen. Tut er es dennoch, handelt es sich u m kein Problem der Berufsfreiheit, sondern u m eines der Meinungsfreiheit 1 6 7 . 164 Allerdings können Grundrechte die Zulässigkeit solcher Beschränkungen selbst beeinflussen. Problematisch wegen A r t . 3 I I I G G wäre etwa die Anlegung rassistischer Kriterien. Vgl. auch G r i m m , in: H V R , S.336. 165 Diese Problematik weist manche Parallele zum Tendenzschutz bei kirchlichen Arbeitgebern auf, vgl. etwa Ruland N J W 1980, 93 f.; hier ist jedoch nicht der Verlust des Arbeitsplatzes, sondern der Verlust der Parteimitgliedschaft die mögliche Rechtsfolge. 166 Vgl. A r t . 33 I I , I I I G G sowie A r t . 3 GG.

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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4. Religions - und Weltanschauungsfreiheit Das Grundgesetz mißt der Freiheit von Religion und Weltanschauung einen hohen Rang zu, der ζ. B. darin zum Ausdruck kommt, daß A r t . 4 I, I I GG keine ausdrücklichen Schranken enthält 1 6 8 . Das spricht dafür, ihre D r i t t w i r k u n g i n weitem Umfang anzuerkennen 169 . Angesichts der religionsneutralen Haltung der Parteien 170 wundert es nicht, daß i n den untersuchten Fällen nirgends die religiöse Haltung des Mitglieds eine Rolle spielte. Die Argumentation, A r t . 4 I, I I GG könne innerparteilich nicht gelten, weil Parteien ähnlich wie Religionsgemeinschaften selbst auch Gesinnungsgemeinschaften seien 171 , verkennt, daß nicht jeder Konf l i k t i n diesem Bereich ein Gesinnungsproblem ist. Soweit Religionsfreiheit D r i t t w i r k u n g entfaltet, sind zwei Konfliktsituationen denkbar: zum einen, daß religionsneutrale Interessen gegen religionsbezogene Interessen durchgesetzt werden sollen 172 , zum anderen, daß sich verschiedene Anschauungen gegenüberstehen 173 . Beides ist auch i n den Parteien vorstellbar, etwa wenn Termine von Gottesdiensten und Pflichtversammlungen kollidieren 1 7 4 oder wenn Religion und Partei unterschiedliche Aussagen zur Gleichberechtigung der Frau machen. Sofern es u m K o n f l i k t e der letzteren A r t geht, ist es Sache des Mitglieds, seine Grundrechte so wahrzunehmen, daß es sich nicht widersprüchlich v e r hält. Die Lösung w i r d v o n der Partei aus entsprechend den zur Vereinigungsfreiheit geltenden Grundsätzen zu suchen sein 1 7 5 . Auch zur Lösung anderer K o n f l i k t e k a n n das Grundrecht der Religionsfreiheit wenig beitragen. Parteien können nicht verpflichtet sein, andere Interessen der M i t glieder vollständig zu berücksichtigen; Kollisionen sind unvermeidbar. E i n Schutz für die Mitglieder besteht darin, daß ihre Pflichten keinen beliebig großen Umfang annehmen dürfen 1 7 6 . Weiteren Schutz bietet der Gleichheits167

Vgl. BSchK v o m 5. V I I I . 1975, g. H. S., Bl. 5 (Anrede „Liebe Genossen" gegenüber Gegnern der SPD i n anwaltlichem Schriftsatz). 168 Hesse, S. 149; H a m a n n / L e n z , A r t . 4, A n m . A 2; Schmidt-Bleibtreu/ Klein, A r t . 4, Rdnr. 3. 169 Hemmrich, in: von Münch, GG, A r t . 4, Rdnr. 3; H a m a n n / L e n z , A r t . 4 A n m . A 3. 170 Grundsatzprogramm SPD, S, 7 u n d S. 21; § 11 Satzung FDP. — CDU u n d CSU beziehen sich zwar auf das „christliche Sittengesetz" (§ 1 Statut CDU) bzw. auf das „christliche W e l t - u n d Menschenbild" (§ 1 Satz 1 Satzung CSU); sie lassen aber auch die Mitgliedschaft v o n Nichtchristen zu (Grundsatzprog r a m m CDU, S. 5; Grundsatzprogramm CSU, S. 15). 171 So Reel, S. 332; Hesse V V D S t R L 17, 33; Lenz/Sasse JZ 1962, 240; L u t h mann, S.169. 172 Beispiel: Der Arbeitgeber legt die Arbeitszeit so, daß der Arbeitnehmer nicht am Gottesdienst teilnehmen kann. 173 Beispiel: Der Arbeitgeber w i l l dem Arbeitnehmer wegen Konfessionswechsels kündigen. 174 Vgl. oben I I I h. 175 Vgl. oben 2 b. 176 Vgl. oben I I I h.

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

satz: Eine Partei, die Sitzungstermine m i t Rücksicht auf Fußballübertragungen verlegt, k a n n nicht gegen ein M i t g l i e d vorgehen, das den Gottesdienstbesuch der Mitgliederversammlung vorzieht.

5. Allgemeine

Handlungsfreiheit,

insbesondere im Privatleben

Allgemeine Handlungsfreiheit 1st gegenüber dem Staat durch A r t . 2 I GG gewährleistet; sie enthält auch eine Freiheit des Privatlebens 177 . Weitere Garantien betreffen wichtige Aspekte des Privatlebens, wie A r t . 10 I, 11 I und 13 I GG 1 7 8 . Für die Beziehungen zwischen Partei und Mitglied stellt sich die Frage, ob die Partei verlangen darf, daß das Mitglied sich auch außerhalb des öffentlichen Lebens an den Zielen der Partei orientiert. Eine Argumentation, daß das Privatleben m i t der Politik nichts zu t u n habe, und daß Parteien keine „Tugendvereine" seien, würde zu kurz greifen. Parteien müssen zwar nach A r t . 21 I 1 GG Zielvorstellungen haben, die sich auf den staatlichen Bereich beziehen. Sie sind aber nicht darauf beschränkt, sondern dürfen auch Ziele verfolgen, die ohne Einsatz staatlicher Mittel i m zwischenmenschlichen Bereich zu verwirklichen sind 179 . Bestimmte Werte wie Solidarität und Humanität lassen sich auch konsequent nur vertreten, wenn sie i m öffentlichen und i m privaten Leben gelten. Parteien bestehen aus Personen und sind auf deren Glaubwürdigkeit angewiesen 180 . Wenn Mitglieder i m Privatleben das Gegenteil von dem praktizieren, was sie durch ihre Mitgliedschaft bejahen, kann ihnen nicht geglaubt werden. Dem Gesichtspunkt, daß auch Parteimitglieder nicht unfehlbar sein können, ist durch das Ubermaßverbot, das i n § 10 I V PartG reichliche Berücksichtigung erfährt, Rechnung zu tragen.

V. Die Rechtsstellung des Abgeordneten Schließlich sei untersucht, i n w i e w e i t die verfassungsrechtliche Stellung des Abgeordneten diesem Freiheitsräume gegenüber seiner Partei g i b t 1 8 1 . Nach A r t . 38 I 2 G G sind die Abgeordneten „Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge u n d Weisungen nicht gebunden u n d n u r i h r e m Gewissen u n t e r w o r f e n " 1 8 2 , u n d nach A r t . 46 I 1 GG darf ein Abgeordneter wegen seiner 177 Vgl. BVerfGE 54, 148, 154; Hesse, S. 164 - 166; Rohlf, S. 192 ff.; O L G H a m m N J W 1981, 465; von Münch, in: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, S. 149; von Münch, in: ders., GG, A r t . 2, Rdnr. 22. 178 Einen ausdrücklichen Anspruch auf Achtung des Privatlebens enthält Art. 8 I EuMRK. 179 Vgl. Grimm, in: HVR, S. 337. 180 Siehe oben 1 a. 181 Hier w i r d n u r die Stellung der Bundestagsabgeordneten untersucht. Z u ähnlichen Vorschriften i m Landesrecht siehe F N 182 u n d F N 183. 182 Ähnliche Vorschriften i n Landesverfassungen: A r t . 831 L V Bremen; A r t . 27 I I I L V B W ; A r t . 13 I I L V Bayern; A r t . 7 L V Hamburg; A r t . 3 I L V

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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A b s t i m m u n g oder wegen einer Äußerung i m Bundestag nicht außerhalb des Bundestags zur Verantwortung gezogen werden (sog. Indemnität) 1 8 3 . Hier geht es n u r darum, ob die Partei i h n ausschließen darf, nicht, ob er m i t einem Ausschluß auch das Mandat verliert, das er aufgrund eines W a h l v o r schlags der Partei erlangt h a t 1 8 4 .

1. Schutz von parlamentarischem

Verhalten

Die Indemnität ist schon nach dem W o r t l a u t des A r t . 46 I 1 G G auf Handlungen des Abgeordneten „ i m Bundestage oder i n einem seiner Ausschüsse" beschränkt; sie schützt also nicht davor, daß die Partei Maßnahmen wegen Äußerungen i n Partei Versammlungen, auf Kundgebungen oder i n Interviews ergreift 1 8 5 . Auch A r t . 38 I 2 GG b e t r i f f t nach seinem Zweck n u r die Ausübung des Mandats, nicht aber andere Rechtsverhältnisse, i n denen ein A b geordneter steht 1 8 6 .

2. Art

38 I GG

Wenn die Partei den Abgeordneten wegen eines bestimmten Verhaltens i m Bundestag ausschließt oder auszuschließen droht, erteilt sie damit zwar keine ausdrücklichen „Aufträge" oder „Weisungen" i.-S.d. Art. 38 I 2 GG 187 , sie versucht aber, auf den Abgeordneten Einfluß zu nehmen 188 . Dem Abgeordneten w i r d häufig daran gelegen sein, ParteiNiedersachsen; A r t . 30 I I L V N W ; A r t . 79 Satz 2 L V Rheinland-Pfalz; A r t . 68 I I I 1 L V Saarland; A r t . 9 I I L V Schleswig-Holstein. — I m Kommunalrecht z. B.: § 30 I GemeindeO N W ; § 22 I KreisO N W ; § 15 I LandschaftsverbandsO N W ; § 35 I HessGemeindeO; § 32 I I I GemeindeO BW. — I n anderen Rechtsgebieten z.B.: §10 GjS; §42 V I BAFÖG; § 1 2 I V 2 HSchG N W ; §37111 HSchRG. 183 Vgl. i n den Landesverfassungen: A r t . 37 L V B W ; A r t . 27 L V Bayern; A r t . 35 I L V Berlin; A r t . 94 L V Bremen; A r t . 14 I L V Hamburg; A r t . 95 L V Hessen; A r t . 14 Satz 1 L V Niedersachsen; A r t . 47 L V N W ; A r t . 93 L V Rheinland-Pfalz; A r t . 82 1 1 L V Schleswig-Holstein. 184 Nach der bestehenden Staatspraxis und nach h. M. behält er das Mandat, vgl. T ü r k , S. 107; Forsthoff, in: Die politischen Parteien, S. 21 (für den A u s schluß aus der Fraktion); Leibholz DVB1 1951, 6; Hasenritter, S. 99. 185 Vgl. Rauball, in: v o n Münch, GG, A r t . 46, Rdnr. 10, m. w . N.; SchmidtBleibtreu / Klein, A r t . 46, Rdnr. 4. 186 v g l . v o n Münch JuS 1964, 71. 187 Solche sind parlamentsrechtlich unverbindlich, Seifert, S. 268; G r i m m , in: H V R , S. 354. 188 Dies verkennt die Argumentation des LSchG B e r l i n (in: 39. Landesparteitag der FDP, Landesverband Berlin, Geschäftsbericht): „Die Antragsgegner können sich bei ihrer Stimmabgabe i m Parlament auch nicht auf A r t i k e l 38 des Grundgesetzes berufen. Denn bei dem Beschluß des Parteitages, die Tolerierung eines Minderheitssenats abzulehnen, handelt es sich nicht u m einen — sonst für die Antragsgegner nicht verbindlichen — Auftrag, sich bei der A b s t i m m u n g i m Parlament i n bestimmter Weise zu verhalten, sondern darum, den v o n der Partei satzungsgemäß geäußerten W i l l e n auf eine fortdauernde politische Richtungsentscheidung — nämlich u. a. den CDUKandidaten i m Parlament die Stimme zu versagen — für diese Legislaturperiode zu befolgen." — A l l e i n aus A r t . 38 I 2 GG folgert B u l l ZRP 1971, 197, ein Verbot des Ausschlusses von Abgeordneten: „ I h n e n darf es gar nicht zum

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

m i t g l i e d z u b l e i b e n u n d f ü r d i e nächste W a h l p e r i o d e w i e d e r v o n d e r P a r t e i vorgeschlagen z u w e r d e n 1 8 9 . A n d e r e r s e i t s s t e h t A r t . 38 I 2 G G auch n i c h t j e g l i c h e r E i n f l u ß n a h m e entgegen. D e r einzelne h a t m i t d e m B u n d e s t a g gemäß A r t . 39 I 1 G G e i n z e i t l i c h befristetes M a n d a t . A n s p r u c h auf W i e d e r w a h l h a t n i e m a n d ; es steht i m B e l i e b e n des W ä h l e r s , w e m e r seine S t i m m e g i b t . D a das so i s t u n d da d e m W ä h l e r stets die F r e i h e i t der M e i n u n g s ä u ß e r u n g zusteht, k a n n e r d e m (oder allen) A b g e o r d n e t e n stets k u n d t u n , welches V e r h a l t e n i m B u n d e s t a g er f ü r richt i g hält, u n d k a n n für d e n F a l l der Nichtbeachtung ein bestimmtes W a h l v e r h a l t e n i n A u s s i c h t stellen. Solche E i n f l u ß n a h m e n s i n d zuläss i g 1 9 0 ; A r t . 38 I 2 G G g e w ä h r l e i s t e t n i c h t , daß d i e A b g e o r d n e t e n i n ein e m v o n d e r p o l i t i s c h e n W i l l e n s b i l d u n g des V o l k e s a b g e k a p s e l t e n R a u m entscheiden. D e r beschriebene r e i n p o l i t i s c h e D r u c k a u f die E n t s c h e i d u n g e n d e r A b g e o r d n e t e n ist rechtens 1 9 1 . D a n n k a n n es aber n i c h t u n z u l ä s s i g sein, daß d i e P a r t e i i n derselben W e i s e a u f d e n A b g e o r d n e t e n e i n w i r k t , also i h m e t w a d i e A b l e h n u n g e i n e r e r n e u t e n K a n d i d a t u r i n A u s s i c h t s t e l l t . D o c h s t e h t d a m i t d i e Z u l ä s s i g k e i t des A u s schlusses als d e r massiveren, w e i t e r g e h e n d e n M a ß n a h m e 1 9 2 n o c h n i c h t fest Die Befugnis zum Ausschluß v o n Abgeordneten w i r d ζ. T. damit begründet, daß der Abgeordnete m i t der Übernahme der K a n d i d a t u r als Parteienkandidat auch e r k l ä r t habe, sich i m Sinne des Parteiprogramms einsetzen zu wollen; daran müsse er sich festhalten lassen 193 . Richtig ist an dieser Argumentation, daß das Grundgesetz v o n solchen Kandidaturen als dem Normalfall ausgeht. A r t . 38 I 2 G G begrenzt aber auch die Konsequenzen, die Kandidaturen dieser A r t an sich hätten. Die Frage ist j a gerade, i n w i e w e i t solche Versprechungen nach der W a h l noch verbindlich sind. Die beschriebene Argumentation könnte auch keine A n t w o r t geben, w e n n sich nach der W a h l neue Probleme stellen oder zu bisher offenen Fragen Parteitagsbeschlüsse zustande kommen, an die die Partei den Abgeordneten binden w i l l . Diese Argumentation k a n n aber zu einer Einschränkung der Ausschlußmöglichkeiten herangezogen werden. M i t der A n n a h m e der Kandidat u r verspricht der Abgeordnete gegenüber dem Wähler, sich i m Sinne des Parteiprogramms einzusetzen. Ä n d e r t die Partei ihre Beschlußlage nach der Wahl, darf sie den Abgeordneten nicht zwingen, wortbrüchig zu werden. V o r w u r f gemacht werden, w e n n sie der Partei durch Eigenmächtigkeiten schaden — u n d seien die Abweichungen . . . noch so groß." 189 Das B W a h l G hindert die Parteien zwar nicht, auch Nichtmitglieder vorzuschlagen, vgl. § 21 BWahlG, deren Chancen dürften jedoch gering sein. Vgl. auch § 13 I Buchst, a WahlO SPD, wonach n u r Mitglieder nominiert w e r den können. 19 ° Vgl. Schröer, S. 67; H. Geiger, S. 83 f. 191 Beispiele für darüber hinausgehende Einflußnahmen siehe §§ 105 ff. StGB. 192 Der wenig wahrscheinliche Fall, daß ein ausgeschlossenes M i t g l i e d als Kandidat aufgestellt w i r d , soll hier außer Betracht bleiben. Vgl. auch oben F N 189. 193 Vgl. T ü r k , S. 92; Strunk, S. 90.

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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Wenn der Abgeordnete sich an das Programm v o m Zeitpunkt der W a h l hält, darf er dafür nicht belangt werden.

Folgende Gesichtspunkte sprechen aber letztlich dafür, den Ausschluß von Abgeordneten nicht als einen Verstoß gegen A r t . 38 I 2 GG anzusehen: A r t . 38 I 2 GG ist keine abschließende Regelung der Stellung des Abgeordneten; das Grundgesetz regelt seinen 'Schutz nur hinsichtlich einiger wichtiger Aspekte. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, erforderlichenfalls weitere Vorschriften zu schaffen. A r t . 21 I GG ist eine Vorschrift, die dem Modell „parteienstaatliche Demokratie" zuzurechnen ist, während A r t . 38 I 2 GG auf dem Gedanken der „repräsentativen Demokratie" beruht 1 9 4 . Diese beiden Normierungen und die ihnen zugrundeliegenden Modelle stehen i n einem gewissen Widerspruch zueinander. I n der reinen parteienstaatlichen Demokratie müßte ζ. B. der Abgeordnete, der aus seiner Partei austritt, auch sein Mandat verlieren, und die Partei müßte Abgeordnete, die der „Parteilinie" nicht folgen, aus dem Parlament abberufen können 195 . I n einer rein repräsentativen Demokratie könnten Parteien — wenn sie i n i h r überhaupt einen verfassungsrechtlichen Platz hätten 1 9 6 — allenfalls über eine unverbindliche Drohung, den Abgeordneten nicht wieder als Kandidaten aufzustellen, Einfluß auf sein parlamentarisches Verhalten nehmen. Welche Folgerungen i m einzelnen aus dem Nebeneinander von A r t . 21 I GG und A r t . 38 I 2 GG zu ziehen sind, kann hier allerdings dahinstehen. Entweder stellt sich die Frage, ob A r t . 38 I 2 GG das Verhältnis Partei — Mitglied dann regelt, wenn das Mitglied Abgeordneter ist; dies w i r d selbst von den Autoren nicht behauptet, die dem A r t . 38 I 2 GG einen Vorrang vor A r t . 21 I GG einräumen 197 . Anderenfalls ist davon auszugehen, daß keine der beiden kollidierenden Normen A r t . 38 I 2 GG und A r t . 21 I GG v o l l verwirklicht werden kann, sondern daß stets geprüft werden muß, welches Prinzip bei der Entscheidung einer konkreten verfassungsrechtlichen Frage jeweils das höhere Gewicht hat 1 9 8 .

194

Tsatsos / Morlok, S. 204 f. Vgl. dazu S t e r n i , S.847, m . w . N . ; T s a t s o s / M o r l o k , S.206. 196 Nicht zufällig fehlten i n früheren Verfassungen Bestimmungen über die Rechtsstellung der Parteien, dazu G r i m m , i n : H V R , S. 318 - 319; Stern I, S. 325 - 329; Tsatsos / Morlok, S. 3 - 13. 197 Seifert / Hömig, A r t . 38, Rdnr. 9 f.; vgl. auch Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 38, Rdnr. 21; Maunz / Zippelius, S. 357. — Kaltefleiter / Veen, ZParl 1974, 246-267, unterscheiden 12 Stufen der Einflußnahme der Parteien auf die Abgeordneten; der Ausschluß oder seine A n d r o h u n g sind nicht darunter. 198 BVerfGE 2, 1, 72 f.; Tsatsos / M o r l o k , S. 204 f.; vgl. auch G r i m m , in: H V R , S. 356; vgl. ferner Hesse, S. 27, m. w . N. („Prinzip praktischer Konkordanz"). 195

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

Die Staatspraxis u n d die h . M . tragen der Stellung des einzelnen Abgeordneten i n recht großem Umfang Rechnung: Eine Möglichkeit der A b berufung eines als Parteikandidat gewählten Abgeordneten besteht selbst dann nicht, w e n n er sich i m Parlament gegen grundsätzliche Ziele seiner Partei wendet oder aus Partei und/oder F r a k t i o n austritt 1 9 9 . Die M i t w i r k u n g der Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes vollzieht sich p r i m ä r bei der Vorbereitung u n d Durchführung v o n Wahlen 2 0 0 , also i n einem Bereich, der k a u m K o n f l i k t e m i t der Rechtsstellung der Abgeordneten beinhaltet. Die Stellung der Parteien aus A r t . 21 I 1 GG beschränkt sich jedoch nicht auf die Parlamentswahlen; andere Formen der Einflußnahme sind zulässig 2 0 1 , stehen aber den Parteien nicht allein zu 2 0 2 . I m m e r h i n weist das Grundgesetz n u r den Parteien die Funktion, bei der politischen Willensbildung des Volkes m i t z u w i r k e n , ausdrücklich zu. Das legt es nahe, den Parteien Einflußmöglichkeiten einzuräumen, die über die einem jeden zustehende unverbindliche Beteiligung an der politischen Meinungsbildung hinausgehen. Außerdem ü b e r n i m m t die Partei m i t ihrer Beteiligung an Wahlen der Wählerschaft gegenüber eine gewisse Gewähr dafür, daß die vorgeschlagenen Kandidaten nach der W a h l dem Parteiprogramm gemäß arbeiten werden. Die Möglichkeiten der Partei, dem gerecht zu werden, sind sehr begrenzt. Dem einmal gewählten Abgeordneten k a n n nicht n u r das Mandat nicht wieder genommen werden. Schon die Aufstellung der K a n didaten ist unter dem Gesichtspunkt der Gewährübernahme problematisch. Programme für eine Bundestagswahl werden naturgemäß v o n einem B u n desparteitag beschlossen. Das Bundeswahlgesetz macht es diesem aber u n möglich, auch über die Kandidatenaufstellung zu befinden. Die Aufstellung der Direktkandidaten obliegt den lokalen Wahlkreisorganisationen; die Landeslisten werden v o n Delegiertenkonferenzen auf Landesebene aufgestellt 2 0 3 . Die Gesamtpartei muß also die politische Gewähr für Kandidaten übernehmen, die ohne ihre rechtlich gesicherte Einflußmöglichkeit v o n den Gliederungen aufgestellt werden 2 0 4 . Für dieses System mögen gute Gründe sprechen, etwa der föderalistische Staatsaufbau 2 0 5 oder die innerparteiliche Demokratie u n d P l u r a l i t ä t 2 0 6 . Andererseits ist dieser Nachteil aber vorhanden, u n d der Ausschluß eines Mandatsträgers gibt der Partei die Möglichkeit, wenigstens zu manifestieren, daß für diesen Mandatsträger keine politische Verantwortung mehr übernommen werden kann. Bisweilen w i r d die Befürchtung laut, die Abhängigkeit des einzelnen A b geordneten v o n der Partei sei zu groß; deren Macht müsse begrenzt werden. Z u m einen w i r d ein V o r t e i l darin gesehen, w e n n die I n d i v i d u a l i t ä t des A b geordneten i n den politischen Entscheidungen stärker zum Tragen k o m m t 2 0 7 , zum anderen w i r d erwartet, daß der Abgeordnete für die Meinungsbildung 199 S t e r n i , S. 847, m . w . N . ; G r i m m , in: HVR, S.354; Henke, S. 135; Tsatsos/ Morlok, S. 204 - 213. 200 Tsatsos / M o r l o k , S. 18. 201 §111 PartG; v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 32; M a u n z / Z i p pelius, S. 73. 202 V o n Münch, in: ders. GG, A r t . 21, Rdnr. 31; S t e r n i , S. 344. 203 §§2111, 27 V BWahlG. — Hinsichtlich ähnlicher Regelungen für die Landtagswahlen siehe Risse, Der Staat 1982, 250, Fußn. 120. 204 Siehe Risse, Der Staat 1982, 250. 205 Risse, Der Staat 1982, 239 - 257. 206 A r t . 2 1 1 1 GG; vgl. auch §§ 7 I 3, 9 I I I PartG. 207 Stern i , S. 843.

C. Verfassungsrechtliche Freiheiten des Mitglieds

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i m V o l k offener ist, w e n n der Parteieinfluß schwächer w i r d 2 0 8 . Die Frage ist, ob die dem zugrunde liegende Analyse stimmt. Sicher ist, daß von den Fraktionen ein recht großer Einfluß auf das Abstimmungsverhalten des einzelnen Abgeordneten ausgeht 2 0 9 ; außerdem ist das Maß des Einflusses, der von den Fraktionen i n die Partei geht (und selten umgekehrt), nicht zu unterschätzen. Die Möglichkeit der Partei, ein M i t g l i e d wegen seines parlamentarischen Verhaltens auszuschließen, beinhaltet die Anerkennung, daß es auch bei der Wahrnehmung seines Mandates M i t g l i e d der Partei ist u n d i h r gegenüber Pflichten hat. Damit wäre das Parteiordnungswesen rechtlich geeignet, nicht n u r auf einzelne, sondern auf jeden Abgeordneten u n d damit auf die ganze F r a k t i o n i m Sinne der Partei einzuwirken. So könnte dieses Instrumentarium zu einer Machtverschiebung v o n der F r a k t i o n weg zur Partei h i n führen. Allerdings ist k a u m damit zu rechnen, daß — v o n K o n f l i k t e n i m kommunalen Bereich vielleicht abgesehen — ganze Fraktionen m i t Parteiordnungsverfahren überzogen werden, u m sie „auf Parteilinie zu bringen". Die derzeitige Machtstellung der Fraktionen dürfte k a u m davon abhängen, ob ein Mandatsträger aus der Partei ausgeschlossen werden k a n n oder nicht. Der auf parlamentarisches Verhalten eines Mitglieds gegründete Parteiausschluß verstößt also nicht gegen A r t . 38 I 2 GG. Dieses Ergebnis stimmt auch der Tendenz nach m i t dem ursprünglichen Zweck des freien Abgeordnetenmandats überein. Es ging darum, den Abgeordneten v o n dem W i l l e n seiner Wahlkreiswählerschaft unabhängig zu stellen, u m eine Zusammenarbeit gleichgesinnter Abgeordneter i n den F r a k tionen zu ermöglichen 2 1 0 .

3. Art. 46 I GG E i n Ausschlußverbot wegen Verhaltens i m Bundestag könnte sich aber aus A r t . 46 I 1 GG ergeben. Nach dem W o r t l a u t dieser Vorschrift w i r d ein Abgeordneter, gegen den wegen seines Verhaltens i m Bundestag ein Ausschlußverfahren stattfindet, „außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen". Indessen handelt es sich bei A r t . 46 GG u m Rechtsinstitute, die historisch entstanden sind, u m das Parlament vor anderen Staatsgewalten zu schützen 211 . A r t . 46 I 1 G G schützt also nicht vor Maßnahmen gesellschaftlicher K r ä f t e 2 1 2 , w i e es beim Parteiausschluß der F a l l ist 2 1 3 .

4. Die Praxis der Parteien M i t der hier gefundenen Auslegung von A r t . 38 1 2 GG und A r t . 46 I 1 GG ist es vereinbar, wenn die Parteien verlangen, daß ihr ange208

G r i m m , in: H V R , S. 356. G r i m m , in: HVR, S. 353. 210 Steffani ZParl 1981, 109 ff.; G r i m m , in: HVR, S. 353. 211 Rauball, in: v o n Münch, GG, A r t . 46, Rdnr. 1; MDHS-Maunz, A r t . 46, Rdnr. 1 (1960); Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 46, Rdnr. 1; H a m a n n / L e n z , A r t . 46, A n m . A . 212 MDHS-Maunz, A r t . 46, Rdnr. 20 (1960); Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 46, Rdnr. 12. — Sogar zivilrechtliche Klagen auf Widerruf, Unterlassung u n d Schadensersatz sind nach h. M. zulässig, vgl. Schröder, Der Staat 1982, 34. 213 MDHS-Maunz, A r t . 46, Rdnr. 20 (1960); Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 46, Rdnr. 2, BezSchK Niederrhein in: Gatzmaga / Piecyk, S. 101, 109. 209

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§ 5 Die Rechtswidrigkeit des Fehlverhaltens

hörende Mandatsträger der jeweiligen Fraktion beitreten bzw. nicht aus ihr austreten 214 . Die Parteien sind aber auch nicht gehindert, das freie Mandat i n weiterem Umfang zu respektieren als das Grundgesetz dies verlangt. So sind nach Ansicht der Bundesschiedskommission der SPD Konsequenzen aus politischem Fehlverhalten von Mandatsträgern „grundsätzlich dadurch zu ziehen, daß der Betroffene nicht mehr für weitere Wahlperioden aufgestellt wird, nicht jedoch durch Ordnungsverfahren", und dies w i r d als „Grundsatz" der Partei angesehen 215 . Diese Spruchpraxis 216 mag problematisch sein, weil sie den Mandatsträgern größeren politischen Spielraum als den übrigen M i t gliedern schafft 217 ; verfassungsrechtlich ist sie nicht zu beanstanden 218 .

D. Freiheitsräume des Mitglieds aufgrund einfachen Rechts Freiheitsräume können dem Mitglied auch durch einfaches Recht garantiert sein. I . Spezielle Normen

Spezielle Normen, die Freiheitsräume begründen, enthält das Parteiengesetz selbst: § 7 1 2 PartG gewährleistet (indirekt) die M i t w i r kung an der Willensbildung der Partei, gemäß § 10 I I 2 PartG kann das Mitglied jederzeit die Partei verlassen, und nach § 15 I I I 3 PartG ist bei Wahlen und Abstimmungen eine Bindung an Beschlüsse anderer Organe unzulässig. I m Verhältnis zwischen Partei und Mitglied w i r k t es sich wie ein Freiheitsraum aus, wenn durch staatliches Recht gesetzte Pflichten der Befolgung des Parteiwillens entgegenstehen. Wer wegen §330c StGB Erste Hilfe leisten mußte, hat der Partei gegenüber die „/Freiheit" (besser: das Recht), verspätet zur Versammlung zu kommen. Bei anderen Freiheiten, die das Gesetz einräumt, ist zunächst 214 Vgl. § 7 I I 2 Satzung FDP; § 12 Nr. 3 Statut CDU; BSchK v o m 5. I I I . 1979, g. A . B . , B l . 5 ; vgl. auch BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 12.IX. 1981, g. K . D., Bl. 10: E i n SPD-Mitglied dürfe sich nicht auf Vorschlag einer gegnerischen F r a k t i o n i n einen Ausschuß des Stadtrates wählen lassen. Ebenso die Vorinstanz, UBSchK Bielefeld v o m 13. V. 1981, g. K . D., Bl. 2. 215 BSchK v o m 1. X I . 1971, zitiert bei Hasenritter, S. 95 f. 216 Näher dargestellt bei Hasenritter, S. 95 - 100. 217 Vgl. das Beispiel bei Hasenritter, S. 103. 218 Dagegen verstößt das Nebeneinander der beiden dargestellten A r g u mentationen gegen A r t . 3 I GG: Es ist nicht einzusehen, daß das Verhalten eines Mandatsträgers, der auf Vorschlag einer gegnerischen F r a k t i o n gewählt w i r d , der aber i n seiner P o l i t i k inhaltlich m i t der Partei konform geht (vgl. BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 12. I X . 1971, g. K . D., Bl. 10), schlimmer sein soll als das Verhalten dessen, der inhaltlich v o n den Zielen seiner Partei abweicht (vgl. oben F N 215).

D. Freiheitsräume des Mitglieds aufgrund einfachen Rechts

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die einzelne Norm daraufhin zu untersuchen, ob die betreffende Freiheit auch der Partei gegenüber besteht. Verfassungsrechtliche Gesichtspunkte werden dabei oft eine Rolle spielen, doch kann der Gesetzgeber dem Mitglied gegenüber der Partei weitergehende Rechte einräumen, als er von Verfassungs wegen unbedingt müßte. So müßte etwa die Frage gelöst werden, ob eine konservative Partei von ihren M i t gliedern verlangen kann, die durch § 1356 BGB eingeräumte Freiheit durch Praktizierung der „bewährten Hausfrauenehe" zu gebrauchen 219 , und ob eine progressive Partei ihnen vorschreiben kann, bis zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse stets den Geburtsnamen der Frau zum Familiennamen zu bestimmen 220 . I I . Generalklauseln

Die Generalklauseln des BGB lassen aufgrund ihres unbestimmten Tatbestands viele Deutungen zu. Das macht sie besonders geeignet, Wertungen, die sich aus den Grundrechten ergeben, zu berücksichtigen, also D r i t t w i r k u n g der Grundrechte zu realisieren 221 . Aus den Grundrechten kann sich ergeben, was zu den „guten iSitten" nach §§ 138 I, 826 BGB gehört 222 , und was „Treu und Glauben" (§242 BGB) zwischen Partei und Mitglied erfordern 223 . Daneben haben Generalklauseln auch nicht aus dem Grundgesetz abgeleitete, insofern „originäre" Bedeutung. „Die guten Sitten" etwa verlangen schon unabhängig von den Grundrechten, daß dem Mitglied keine unzumutbar hohen Beitragsleistungen abverlangt werden 224 , und daß es nicht durch übermäßig umfangreiche Pflichten seiner persönlichen Freiheit beraubt wird 2 2 5 . „Treu und Glauben" können u. U. dem Mitglied gestatten, ein Verhalten fortzusetzen, das es i m Vertrauen auf die zunächst erfolgte Duldung der Partei begonnen hat 2 2 6 . 219 Hier seien n u r Fälle unterstellt, wo beide Ehegatten derselben Partei angehören. 220 Vgl. § 1355 I I I BGB. 221 Hesse, S. 142; v o n Münch, in: ders., GG, Vorb. A r t . 1 - 19, Rdnr. 31; vgl. auch oben D I I I 1, F N 83. 222 Larenz A T , S. 428 f.; Mayer-Maly, in: MünchKomm, § 138, Rdnr. 17; Palandt / Heinrichs, §138, A n m . l b b b ; E r m a n / B r o x , §138, Rdnr. 32; B G H Z 36, 91, 94 ff. 223 Roth, in: MünchKomm, §242, Rdnr. 3 7 - 4 1 ; Palandt / Heinrichs, §242, A n m . 1 d aa. 224 Den derzeitigen Regelungen (§ 13 I, I I OrgSt SPD; § 3 I Finanzstatut CSU; Ziffern 3 u n d 4 Beitragsregelung CDU; § 4 V I I I Satzung A L Berlin; § 5 FinBO DKP) w i r d m a n das nicht nachsagen können. 225 Vgl. Mayer-Maly, in: MünchKomm, §138, Rdnr. 28 u n d Rdnr. 6 4 - 6 6 ; Soergel / Hefermehl, § 138, Rdnr. 26. 226 „Venire contra factum p r o p r i u m " , vgl. E r m a n / Sirp, §242, Rdnr. 79; Roth, i n : MünchKomm, § 242, Rdnr. 295.

§ 6 Das Aueschlufiermeseen Sofern das Verhalten eines Mitglieds den Tatbestand des § 10 I V PartG erfüllt, „kann" es ausgeschlossen werden. „Kann" bedeutet zunächst, daß es der Partei freisteht, einen an sich zulässigen Ausschluß zu verhängen oder nicht; verpflichtet ist sie zu dieser Maßnahme nicht.

A . D i e Pflicht zur Ermessensausübung

Die Frage ist aber, ob die Partei berechtigt ist, immer dann, wenn der Tatbestand des § 10 I V PartG erfüllt ist, auszuschließen, oder ob sie verpflichtet ist, auch dann noch Ermessen walten zu lassen. I. Denkbar wäre, daß der Gesetzgeber i n Respektierung der Parteienautonomie nur tatbestandliche Schranken für einen Ausschluß setzen wollte. Indessen sind die Gesichtspunkte, die dafür sprechen, daß eine Pflicht besteht, beim Ausschluß Ermessen walten zu lassen, gewichtiger. II. „Kann" bedeutet i m Zivilrecht, daß es i m Belieben des Gläubigers steht, einen Anspruch geltend zu machen. I m Verwaltungsrecht dagegen besagt dieser Begriff, daß das Erfülltsein eines Tatbestandes zwar nötig ist, aber noch nicht ausreicht, u m die angegebene Rechtsfolge zu setzen1. Vielmehr ist die Behörde dann verpflichtet, anhand der maßgeblichen Umstände zu prüfen, ob sie die Rechtsfolge setzen soll oder nicht 2 . Ein Nichtgebrauch ihres Ermessens macht ihr Handeln — etwa einen Verwaltungsakt — regelmäßig rechtswidrig 3 . Dasselbe gilt, falls sie i h r Ermessen i n unrichtiger Weise anwendet 4 . Übertragen auf die Parteien würde das bedeuten, daß bei Vorliegen des Tatbestandes des § 10 I V PartG zu prüfen wäre, ob nicht trotzdem vom Ausschluß abgesehen werden kann — etwa weil eine mildere Maßnahme ausreicht. I I I . Für die Bedeutung des „kann" als Pflicht zur Ermessensausübung würde es sprechen, wenn i m Verhältnis zwischen Partei und 1 2 3 4

Erichsen Erichsen Erichsen Erichsen

/ / / /

Martens, Martens, Martens, Martens,

in: dies., A l l g e m V e r w R , S. 180; Wallerath, S. 103. S. 180; Wallerath, S. 103. S. 182; Wallerath, S. 104 f. S. 182 ff.; Wallerath, S. 104.

Α . Die Pflicht zur Ermessensausübung

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Mitglied der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gelten würde. Dieser gehört zum Rechtsstaatsprinzip 5 — nach anderer Ansicht folgt er aus den Grundrechten 6 — und betrifft — ähnlich den Grundrechten 7 — zunächst das Staat-Bürger-Verhältnis 8 . Er besagt u. a., daß die gewählten Mittel i n einem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen müssen9. I n § 10 PartG ist er bereits i n mehrfacher Weise berücksichtigt 10 : Gemäß § 10 I I I 2 PartG sind die schwerwiegenderen Maßnahmen zu begründen, die schwerste Maßnahme kann gemäß § 10 V 1 PartG nur durch ein Schiedsgericht ausgesprochen werden, und es sind für sie i n § 10 I V PartG materielle Voraussetzungen aufgestellt. Der Ausschluß ist „ultima ratio" 1 1 ; er soll nach Möglichkeit vermieden werden. Dem entspricht es, die Kann-iFormulierung als Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips und als Pflicht zur Ermessensausübung anzusehen 12 . Auch ist die Einräumung von Ermessen geeignet, der handelnden Stelle — i m Verwaltungsrecht der Behörde, hier dem Schiedsgericht — die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch da zu ermöglichen, wo der Gesetzgeber sie durch zwingende Tatbestandsmerkmale nicht gesichert hat 1 3 . Schließlich ist Parteimitgliedschaft die Ausübung eines bürgerlichen Freiheitsrechts, dais u m der staatlichen Demokratie w i l l e n besteht und deshalb nicht leichtfertig entziehbar sein soll. Auch diesem Zweck kann der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dienen. Durch § 10 I V PartG w i r d also die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für Parteiausschlüsse angeordnet 14 . IV. Die Praxis der Schiedsgerichte weist i n dieselbe Richtung. Sie üben Ermessen aus, auch wenn sie nirgends äußern, daß das Parteiengesetz sie dazu verpflichte. Ermessensausübung liegt vor, wenn eine „überzogene Sanktion" abgemildert wird 1 5 , wenn „alle für und gegen den Antragsgegner sprechenden Gesichtspunkte berücksichtigt" werden 16 , wenn von einem Ausschluß abgesehen wird, „sobald sich ein Genösse ehrlich für die Partei einsetzt" 17 , oder wenn geprüft wird, ob eine mildere Maßnahme ausreicht 18 . 5

BVerfGE 38, 348, 368; BVerfGE 6, 389, 439; Stern I, S. 671. Nachweise siehe Stern I, S. 671. 7 Siehe oben § 5 C I I I vor 1. 8 BVerfGE 38, 348; BVerfGE 6, 389, 439; Stern I, S. 671. 9 BVerfGE 35, 382, 401; Stern I, S. 671. 10 Vgl. Schiedermair AöR 104 (1979), 222. 11 Seifert, S. 226; Hahn, S. 40; Trautmann, S. 212. 12 Trautmann, S. 214/215; so w o h l auch Schiedermair AöR 104 (1979), 222; Seifert, S. 226. 13 Vgl. die Konstellation i n BVerfGE 38, 348, 368. 14 Seifert, S.226; B u l l ZRP 1971, 198; Heimann, politische Parteien, S. 109. 15 BSchK vom 9. V I I . 1975, g. G. H., Bl. 4. 16 UBSchK Steinfurt v o m 13. I I I . 1977, g. L. T., Bl. 4. 6

11 Risse

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§ 6 Das Ausschlußermessen

V . D i e A u s ü b u n g v o n Ermessen z w i n g t die P a r t e i e n u n d i h r e Schiedsgerichte n i c h t , d i e r e l e v a n t e n G e s i c h t s p u n k t e i n e i n e m v o m Gesetz v o r g e g e b e n e n G e w i c h t z u b e r ü c k s i c h t i g e n ; sie k ö n n e n durchaus a u f i h r S e l b s t v e r s t ä n d n i s Rücksicht n e h m e n . Welches V e r h a l t e n n o c h „ t r a g b a r " ist, k a n n n ä m l i c h v o n P a r t e i z u P a r t e i u n t e r s c h i e d l i c h sein 1 9 . Sow o h l das S e l b s t v e r s t ä n d n i s e i n e r P a r t e i als auch i h r e p o l i t i s c h e S i t u a t i o n k a n n sie veranlassen, sich z u r e i n e n Seite schärfer a b z u g r e n z e n als z u r anderen. U n z u l ä s s i g w ä r e a l l e r d i n g s e i n S e l b s t v e r s t ä n d n i s , das eine Ermessensausübung gar n i c h t zulassen w ü r d e 2 0 .

B. Ermessensgesichtspunkte F o l g e n d e Ermessensgesichtspunkte

werden i m

Parteiausschlußver-

f a h r e n h ä u f i g z u b e r ü c k s i c h t i g e n sein: I. Oft stellt sich die Frage, ob das zu beurteilende Verhalten ein einmaliger V o r f a l l ist oder ob damit zu rechnen ist, daß das M i t g l i e d demnächst weitere, ähnliche Handlungen begehen w i r d 2 1 . Dabei k a n n die Einstellung des Mitglieds eine Rolle spielen, also ob es das Unrecht seines Tuns einsieht oder nicht 2 2 . 17

UBSchK Gelsenkirchen v o m 4. X I I . 1971, g. J. P. u. a., Bl. 13. UBSchK Minden-Lübbecke v o m 7. I I . 1980, g. G. D., Bl. 9. 19 T ü r k , S. 193; ähnlich Heimann, politische Parteien, S. 109. 20 Vgl. Z i f f e r l l Abs. 4 Statut D K P : „Mitglieder werden ausgeschlossen, w e n n sie erheblich gegen die Grundsätze u n d Ziele u n d gegen das Statut verstoßen oder dem Ansehen der Partei schweren Schaden zufügen." — Vgl. ferner die Feststellung v o n Gruner, S. 138, die BSchK berücksichtige bei V e r fahren wegen Zusammenarbeit m i t Kommunisten keine subjektiven Beweggründe. 21 Vgl. Gruner, S. 35; Strunk, S. 83 u n d S. 124. — „Einmalige Situation" wurde bejaht: PVSchK v o m 26. X . 1968, g. J. G., Bl. 11 („psychologische Situation v o m Februar/März 1968" i n Berlin); BezSchK Westliches Westfalen v o m 6. V I . 1975, g. G. K., Bl. 3 (Antragsgegner sei „ i n der Diskussion argument a t i v i n die Enge getrieben worden".); LSchG v o m 24. I I I . 1973, g. J. G., Bl. 7 („außerordentlich erregte Situation"); UBSchK Münster v o m 11. X I I . 1969, g. K . M . u.a., B l . 2 („allgemeine Erregung"); UBSchK Warendorf v o m 1 7 . V I I I . 1977, g. H. B. u. a., Bl. 13 („Entgleisung m i t Rücksicht auf die Umstände"). — Die Tatsache, daß jemand jahrelang a k t i v i n der Partei mitgearbeitet hat, w i r d oft als Milderungsgrund genannt: B P t G v o m 29. V. 1980, Bl. 7 f.; UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K , Bl. 15; UBSchK H a m m v o m 17. X I I . 1973, g.J.S., Bl. 6; BezSchK Westliches Westfalen v o m 14. X I . 1977, g . H . B . , Bl. 6; UBSchK Gelsenkirchen v o m 20. V I I . 1974, g. P. L., Bl. 9 (Antragsgegner w a r zu „eifriger, w e n n auch nicht immer zweckmäßiger Mitarbeit bereit".); zurückhaltend UBSchK Minden-Lübbecke v o m 7. I I . 1980, g. G. D., Bl. 9 (Verdienste i n der Vergangenheit könnten ordnungswidriges Verhalten nicht rechtfertigen.); B P t G v o m 1. X I I . 1981, Bl. 17 ( „ i n einer besonderen Situation nicht richtig gehandelt"); ablehnend BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 12. I X . 1981, g. K . D., Bl. 12 (bei „beharrlichem" Fehlverhalten). 22 Strunk, S. 112; UBSchK Gelsenkirchen v o m 20. V I I . 1974, g. P. L., Bl. 9 (Der Antragsgegner habe sich inzwischen gemäßigt.); LSchG v o m 31. I I I . 1976, 18

Β . Ermessensgesichtspunkte

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I I . Es k a n n auch bedeutsam sein, ob Mitverschulden anderer Parteimitglieder zu dem fraglichen Schaden beigetragen hat, ob z . B . eine Auseinandersetzung durch Verschulden beider Seiten eskaliert ist 2 3 , ob auf beiden Seiten oder n u r auf einer beleidigende Äußerungen gefallen sind 2 4 oder ob ein Fehlverhalten n u r durch andere Parteimitglieder bekanntgeworden ist 2 5 . I I I . Z u milderer Beurteilung w i r d es führen, w e n n das M i t g l i e d bemüht ist, eingetretenen Schaden zu beheben oder zu mindern, etwa schädigende Äußerungen w i d e r r u f t 2 6 . I V . Eine wichtige Rolle spielt ferner der Umfang des eingetretenen Schadens. Öffentliche Äußerungen haben regelmäßig eine größere W i r k u n g als parteiinterne 2 7 ; das w i r d erst recht gelten, w e n n es sich u m die Äußerung etwa eines Abgeordneten handelt 2 8 , k a n n sich aber auch aus der beruflichen Stellung — etwa als Hochschullehrer 2 9 — ergeben. E i n „von vorneherein u n tauglicher Versuch" 3 0 , der den p r i m ä r erstrebten Schaden gar nicht herbeiführen konnte, k a n n zur M i l d e r u n g führen. V. V o n Belang ist außerdem, ob das M i t g l i e d aus egoistischen M o t i v e n 3 1 oder aus „Sorge u m die P a r t e i " 3 2 gehandelt hat, ob es glaubte, den Normen der Partei gemäß zu handeln 3 3 („Verbotsirrtum"), sowie, ob es seinen Standort noch i n der Partei h a t 3 4 oder sich längst von i h r gelöst hat 3 5 . V I . Häufig w i r d Jugendlichkeit ein Milderungsgrund sein, sei es, daß es jüngeren Parteimitgliedern eher nachzusehen ist, w e n n sie aus Frustration g. H. P., Bl. 2 f. („Seine Verhaltensweise tut i h m offensichtlich leid."); BezSchK Westliches Westfalen v o m 6. V I . 1975, g. G. K , Bl. 3. 23 BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 5. V I I . 1975, g. H. P., Bl. 6; w o h l auch BezSchK Ostwestfalen- Lippe v o m 22. X I . 1980, g. G. D., Bl. 14; UBSchK Gelsenkirchen v o m 22. I I . 1975, g. K . W., Bl. 4. 24 UBSchK Gelsenkirchen v o m 20. V I I . 1974, g. P. L., Bl. 8; bestätigt durch BezSchK Westliches Westfalen v o m 29. X I . 1974, g. P. L., Bl. 2. 25 Zurückhaltend BSchK v o m 23. X . 1975, g. P. S., Bl. 12 ff. 26 Vgl. BSchK v o m 22.1.1976, g. I i . R., Bl. 5; BSchK v o m 26. V I I . 1976, g. C. G., Bl. 11. 27 Vgl. BSchK v o m 16. I X . 1977, g. Κ . Β., B1.26; UBSchK D o r t m u n d v o m 24. V I . 1977, Bl. 2. 28 BezSchK Niederrhein, in: Gatzmaga / Piecyk, S. 101, 110. 29 BSchK v o m 13. X . 1977, g. G. K., Bl. 12. 30 UBSchK Steinfurt v o m 13. I I I . 1977, g. L. T., Bl. 5 (Einschalten eines u n zuständigen Geheimdienstes gegen anderes Mitglied); vgl. dazu auch § 23 I I StGB. 31 BSchK v o m 6. I I . 1981, g. R. K . u. a., Bl. 5 (verneint). 32 UBSchK Steinfurt v o m 13. I I I . 1977, g. L. T., Bl. 5; ähnlich LSchG v o m 24. I I I . 1975, g. J. G., Bl. 8; Hasenritter DVB1 1980, 560. 33 Gruner, S.9; BezSchK M i t t e l r h e i n v o m 29. X I . 1980, g . W . S . , B1.3; BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 5. V I I . 1975, g. H. P., Bl. 10. 34 UBSchK Münster v o m 16. I I . 1976, g. A . K., Bl. 15 f.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 4. V I . 1975, g. R. S. u.a., B1.2; B P t G v o m 1. X I I . 1981, Bl. 17 („nach w i e vor engagiert für die Ziele der CDU eingesetzt"). 35 So PVSchK v o m 7. V I I I . 1970, g. R. S., Bl. 19; vgl. auch BezSchK Ostwestfalen-Lippe vom 5. V I I . 1975, g. H. P., Bl. 9 („negative Einstellung zu den Belangen der Partei"). 11*

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§ 6 Das Ausschlußermessen

über ausgebliebene Erfolge Fehlhandlungen begehen 36 , oder daß politische Unerfahrenheit oder Unkenntnis bei i h r e m Verhalten eine Rolle gespielt hat 3 7 . V I I . I n seltenen Fällen k a n n auch die Partei dem M i t g l i e d gegenüber besonders verpflichtet sein. So wurde ein Ausschluß u. a. deshalb aufgehoben, w e i l der Antragsgegner „als Sozialdemokrat i n kommunistischen Zuchthäusern gelitten h a t " 3 8 .

36

Vgl. PVSchK v o m 7. V I I I . 1970, g. R. S., Bl. 19. BezSchK M i t t e l r h e i n v o m 29. X I . 1980, g. W. S., Bl. 3; BSchK v o m 5. I I I . 1979, g. A . B., Bl. 6; BezSchK Westliches Westfalen v o m 6. V I . 1975, g. G. K., B l . 3; vgl. ferner BezSchK Westliches Westfalen v o m 28. I V . 1975, g. B. M., Bl. 3, wo neben der Jugendlichkeit (19 Jahre) auch die „berufliche Unerfahrenheit (Unterprimaner)" m i l d e r n d ins Gewicht fiel. Vgl. auch LSchG v o m 13. V. 1971, g. R. F., B1.2: „Die Kreisverbände der F.D.P. haben . . . mehr Toleranz aufzubringen, als diese liberale Tugend v o n den jungen K r ä f t e n i n der F.D.P. zu erwarten ist." 38 PVSchK v o m 26. X . 1968, g. J. G., Bl. 11. 37

Zweiter Teil

Das Verfahren des Ausschlusses § 7 Das schiedsgerichtliche Verfahren A . D i e gesetzliche A n o r d n u n g des schiedsgerichtlichen Verfahrens

Wie sich aus § 10 V 1, 2 PartG und aus § 14 PartG ergibt, hat der Ausschluß i n einem besonderen Verfahren zu erfolgen. Wesentlich daran ist, daß die Entscheidung durch ein „Schiedsgericht" der Partei gefällt w i r d — also nicht durch den Vorstand oder die Mitgliederversammlung, denen sonst die maßgeblichen Kompetenzen zustehen 1 —, und daß das Verfahren an das vor staatlichen Gerichten stattfindende angelehnt ist 2 . B. D i e Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen A n o r d n u n g

I. §§ 10 V, 14 PartG hindern die Parteien, einen Ausschluß durch andere Organe als die Schiedsgerichte vorzunehmen, und, i h n i n einem formlosen oder ganz anders ausgestalteten Verfahren durchzuführen. Insofern greift der Gesetzgeber i n die Parteienautonomie ein. Diese ist verfassungsrechtlich gewährleistet, wobei es hier gleich ist, aus welcher Norm sie abzuleiten ist. Zunächst käme A r t . 2 1 1 2 GG i n Frage, der ausdrücklich nur die Gründungsfreiheit garantiert. Grundrechte sind auf die Parteien insoweit anwendbar, als sie gesellschaftliche, dem Staat untergeordnete Rechtssubjekte sind 3 . Sie können also die allgemeine Handlungsfreiheit nach A r t . 2 I GG 4 oder die Vereinigungsfreiheit des A r t . 9 I GG 5 haben. Entscheidend ist die i n A r t . 21 I 3 GG enthaltene Schranke. 1 2 3 4 5

Vgl. § 11 I I I PartG u n d § 9 I I I - V PartG. Dazu i m einzelnen unten § 8 u n d § 9 B. BVerfGE 6, 273, 276 f.; BVerfGE 7, 99, 104; Henke, S. 229 f.; Seifert, S. 394. So Seifert, S. 394; dagegen Henke, S. 230. So Henke, S. 230; dagegen Seifert, S. 394; vgl. auch Seifert, S. 123.

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schiedsgerichtliche Verfahren

W i e b e r e i t s gezeigt w u r d e 6 , e n t s p r i c h t es d e m o k r a t i s c h e n G r u n d s ä t zen, daß M i t g l i e d e r n i c h t w i l l k ü r l i c h aus i h r e r P a r t e i ausgeschlossen w e r d e n k ö n n e n . D i e K o m p e t e n z z u w e i s u n g an die Schiedsgerichte u n d die A n o r d n u n g eines f ö r m l i c h e n V e r f a h r e n s b e r u h e n auf d e r A n n a h me, daß e i n u n a b h ä n g i g e s O r g a n „ g e r e c h t e r " , w e i l a l l e b e t e i l i g t e n I n teressen ëher b e r ü c k s i c h t i g e n d , u r t e i l e n w e r d e als e i n „ p o l i t i s c h e s " 7 , u n d daß prozessuale A n f o r d e r u n g e n geeignet seien, z u r r i c h t i g e n E n t scheidung b e i z u t r a g e n 8 . Solche A n n a h m e n l i e g e n f ü r das V e r h ä l t n i s zwischen B ü r g e r u n d S t a a t b e r e i t s a n d e r e n i m Grundgesetz e n t h a l t e n e n R e g e l u n g e n z u g r u n d e . F ü r S t r e i t i g k e i t e n zwischen B ü r g e r u n d öff e n t l i c h e r G e w a l t ist n a c h A r t . 19 I V 1 G G u n d A r t . 97 I G G der W e g z u u n a b h ä n g i g e n R i c h t e r n gegeben, u n d A r t . 101, 103, 104 G G e n t h a l t e n m e h r e r e prozessuale G a r a n t i e n . W e n n n u n das Parteiengesetz v e r g l e i c h b a r e R e g e l u n g e n schafft, u m sicherzustellen, daß E n t s c h e i d u n g e n ü b e r Parteiausschlüsse sachgerecht g e t r o f f e n w e r d e n , i s t das d u r c h A r t . 21 I 3 G G l e g i t i m i e r t 9 . Die Einrichtung v o n Schiedsgerichten u n d die Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens stellt für die Parteien auch keine übermäßig starke u n d deshalb etwa unverhältnismäßige Belastung dar 1 0 . I n den westdeutschen Parteien w a r es schon vor dem I n k r a f t t r e t e n des Parteiengesetzes 11 üblich, Ausschlüsse durch Schiedsgerichte u n d aufgrund eines förmlichen Verfahrens vorzunehmen 1 2 , w e n n auch nicht exakt i n der Ausgestaltung, die das Parteiengesetz vorsieht 1 3 . Auch die Praxis ausländischer Parteien weist i n diese Richtung. Z w a r ist es nicht allgemein üblich, die Ausschlußbefugnis einem unabhängigen, den Schiedsgerichten vergleichbaren Organ vorzubehalten 1 4 , 6

Oben §2 Β I I . Henke, S. 105 (die Position der Parteimitglieder solle gestärkt werden); Seifert, S. 254 (Schutz vor Verbands Willkür). 8 Bericht, S. 163. 9 Bericht, S. 163; B l a n k DVB1 1976, 567; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 157 f.; Seifert, S. 250; Trautmann, S. 286; Wolfrum, S. 166 f.; Zimmermann, S. 59; — a. M. Henke, l . A u f l . , S. 74 (danach nicht mehr vertreten, siehe dazu Wolfrum, S. 166). 10 Ausnahmen siehe unten C. 11 Die hier erheblichen Vorschriften traten gemäß § 411 2 PartG am 1. Jan. 1969 i n Kraft. 12 See, S. 44; Luthmann, S. 115; Schlicht, S. 5. 13 Vgl. § 8 I I I S P D - E n t w u r f eines (bayerischen) Parteiengesetzes, Bayerischer Landtag, Tagung 1949/50, Beilage 3263: „ K e i n M i t g l i e d darf ohne Verhandlung u n d rechtliches Gehör vor einem unparteiischen Ausschuß ausgeschlossen werden." 14 So aber: A r t . 8 I I I Statuten D'66 u n d A r t . 41 ff. Huishoudelijk Reglement D'66 (NL) („geschillencommissie"); §§48 Satz 2, 45 Buchst, d BPOrgSt ÖVP (A) („Parteigericht"); A r t . 14 u n d A r t . 95 - 98 Statuten CDA (NL) („Commissie v a n Beroep"); § 58 ff. OrgSt SPÖ (A) („Schiedsgerichte"); A r t . 45 Statuten L S A P (L) („Disziplinarrat"); A r t . 35 I I Statuten CVP (CH) („Schiedsgericht"); § 16 OrgSt FPÖ (A) („Parteigericht"); A r t . 32 Statuten W D (NL) („Commissie van Beroep"); A r t . 76 Statuten CSV (L) („Disziplinarrat"); Wehling, S. 96, über die Israel Labour Party. 7

Β. Die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Anordnung

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aber besondere verfahrensmäßige Vorschriften enthalten die Parteisatzungen i m Ausland regelmäßig 1 5 . Aus der Rechtsstellung der Partei läßt sich somit keine Verfassungswidrigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens begründen. I I . Das gesetzlich angeordnete Ausschlußverfahren verbessert die Rechtsstellung des Parteimitglieds. Ohne dieses Verfahren wäre es für die Parteien leichter, ein M i t g l i e d auszuschließen. Daß an die gesetzliche Regelung des Parteiausschlusses noch höhere Anforderungen zu stellen seien — etwa seine Bestätigung durch einen Parteitag —, k a n n dem A r t . 21 I 3 GG nicht entnommen werden. I I I . A r t . 92 G G b e h ä l t die „rechtsprechende G e w a l t " b e s t i m m t e n Personen, d e n R i c h t e r n , u n d b e s t i m m t e n E i n r i c h t u n g e n , n ä m l i c h s t a a t l i c h e n G e r i c h t e n , v o r . D i e Schiedsgerichte d e r P a r t e i e n s i n d k e i n e solchen Gerichte, u n d i h r e M i t g l i e d e r s i n d auch k e i n e R i c h t e r i m S i n n e des Grundgesetzes. Doch soll d i e V e r f a s s u n g s w i d r i g k e i t d e r P a r t e i schiedsgerichte n i c h t m i t d e m b l o ß e n H i n w e i s d a r a u f v e r n e i n t w e r d e n , daß d a n n d e r e n T ä t i g k e i t j a auch k e i n e rechtsprechende (Staats-)Gew a l t sei. Es k a n n n ä m l i c h durchaus als e i n P r o b l e m des A r t . 92 G G 1 6 (oder auch des Rechtsstaatsprinzips 1 7 ) angesehen w e r d e n , ob der Staat b e f u g t ist, d e n R i c h t e r n zugewiesene A u f g a b e n d u r c h n i c h t s t a a t l i c h e S t e l l e n e r l e d i g e n z u lassen. Dieses P r o b l e m bestünde, w e n n § 10 V 1 P a r t G d e n s t a a t l i c h e n G e r i c h t e n K o m p e t e n z e n entzöge. Das ist aber n i c h t der F a l l ; das ausgeschlossene M i t g l i e d k a n n das o r d e n t l i c h e Gericht anrufen 18. H i e r w i r d i n n e r h a l b der Parteiorgane eine Kompetenzr e g e l u n g getroffen. Daß h i e r b e i d e m entscheidenden O r g a n eine ger i c h t s ä h n l i c h e S t e l l u n g gegeben w i r d u n d daß es e i n besonderes V e r 15 A r t . 7 u n d 8 Statuten D'66 u n d A r t . 41 - 56 Huishoudelijk Reglement D'66 (NL); §46 BPOrgSt ÖVP (A); See. 3 Abs. 7 Constitution Labour Party (IRL) und Ziffer 4 Abs. i v Standing Orders of the National Conference, Labour Party (IRL); Rule X I V Constitution and Rules Ulster Unionist Party (GB); §2 mom. 4 u n d 5 Stadgar Centerpartiet (S); §3 mom. 3 Abs. 2 Normalstadgar för förbund i Moderata Samlingspartiet (S); § 13 mom. 2 - 5 Partistadgar SAP (S); A r t . 4 Huishoudelijk Reglement CDA (NL); A r t . X V I I Statuten P W (B); Clause Β 6 Constitution Liberal Party (GB); A r t . 31.1 Statuten CVP (B); A r t . 6 Statuts DP (L); A r t . 51 - 55 Statuten 1979 Volksunie (B); Tuchtreglement SP (B); §§ 61 - 65 OrgSt SPÖ (A); A r t . 67 ff. Statuten L S A P (L); A r t . 5 - 8 Rekursreglement SPS (CH); §2 111 Stadgar Riksorganisation Folkpartiet (S); § 6 V I , V I I u n d §16 I V - I X OrgSt FPÖ (A); A r t . 11 u n d A r t . 32 Statuten W D u n d A r t . 5 4 - 5 7 Huishoudelijk Reglement W D (NL); A r t . 77, 78 Statuten CSV (L); Clause 6 6 - 6 8 Constitution Scottish National Party (GB); Rule 7 (iii) Rules Fianna Fâil (IRL); Clause 4 (b) Constitution Plaid C y m r u u n d Procedure of Appeal Hearing against Expulsion Plaid Cymru (GB); § 4 F Lover Senterpartiet (N); § 12 Lover Norske Arbeiderparti (N); § 6 Love Konservative Folkeparti (DK); A r t . 10, 11 Statuten P v d A (NL); Ziffer 1 Abs. 6 Lovbestemmelser Socialistisk Folkeparti (DK); §3 Stk. 5 Love Centrum-Demokraterne (DK); § 14 Vedtœgter for Venstres Landsorganisationen (DK). 16 Vgl. Stern I I , S. 920; Westermann, S. 56 ff. 17 Vgl. Stern I I , S. 920; Bettermann, Grundrechte I I I / 2 , S. 559. 18 Siehe unten § 10.

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schiedsgerichtliche Verfahren

fahren einzuhalten hat, kann nicht entscheidend sein. Auch außerhalb und vor einem gerichtlichen Verfahren kann es sinnvoll sein, Regeln, die i m gerichtlichen Verfahren zu einem gerechten Ergebnis beitragen sollen, anzuwenden. Ein Verbot für nichtgerichtliche Stellen, sich „gerichtsartig" oder „richterähnlich" zu verhalten, enthält das Grundgesetz nicht 19 . Dem entspricht es, daß auch viele besonders wichtige Verwaltungsentscheidungen i n einem dem gerichtlichen angenäherten Verfahren ergehen, insbesondere indem den entscheidenden Personen Unabhängigkeit eingeräumt wird, ohne daß dieses für verfassungswidrig gehalten wird. Das gilt für die Prüfungsausschüsse und -kammern für Wehrdienstverweigerer 20 , die Musterungsausschüsse 21, die Justizprüfungsämter 22 und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften 23 . I V . Aus ähnlichen Erwägungen ist auch ein Verstoß gegen A r t . 101 I 2 GG zu verneinen. Es k o m m t nicht darauf an, ob der Parteischiedsrichter „gesetzlicher Richter" ist. Da das staatliche Gericht u n d somit der gesetzliche Richter nach der schiedsrichterlichen Entscheidung angerufen werden kann, w i r d i h m auch niemand entzogen 24 .

C. Ausnahmen v o m sdiiedsgerichtlichen V e r f a h r e n

Ein schiedsgerichtliches Verfahren, wie es das Parteiengesetz vorsieht, bringt regelmäßig für die Beteiligten einen nicht unerheblichen Aufwand an Zeit und Geld m i t sich. Das führt zu der Überlegung, ob es nicht „einfache" oder „klare" Fälle gibt, wo die Einhaltung dieses Verfahrens „reine Förmelei" 2 5 wäre 26 . Dieses Problem kann sich i m Zusammenhang mit der Frage nach Ausnahmen vom Tatbestand des § 10 I V PartG stellen, ist aber davon zu unterscheiden 27 . 19

I m Ergebnis ebenso Zimmermann, S. 73: Die Tätigkeit der Parteischiedsgerichte sei keine Rechtsprechung, w e i l ihnen i n § 10 I V PartG Ermessen eingeräumt sei. 20 §§ 26 I V 2, 33 I V WehrpflichtG. 21 §§ 19 I I 2, 33 V I I 1 WehrpflichtG. 22 § 6 J A G NW. 23 § 10 GjS. — Das B V e r f G problematisiert die Vereinbarkeit dieser E i n richtung m i t A r t . 92 GG nicht einmal, vgl. BVerfGE 7, 320; 11, 234; 30, 336; 31, 113; 43, 27; 51, 304. 24 Schlicht, S. 239; Dütz, S. 177. 25 So die Formulierung i n B G H Z 73, 275, 281. 26 Auch Hasenritter, S. 82, sieht für Verfahrensvereinfachungen durchaus ein „praktisches Bedürfnis". Nach Rabus AöR 78 (1952/53), 184, u n d T ü r k , S. 193, braucht bei unproblematischen Sachverhalten nicht ein „umständlicher Apparat i n Bewegung gesetzt werden". 27 Dazu oben § 4 J.

C. Ausnahmen v o m schiedsgerichtlichen Verfahren

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I. M i t der Pflicht, das schiedsgerichtliche Verfahren durchzuführen, legt der Staat den Parteien eine Belastung auf. I m Verhältnis zwischen Staat und Bürger sind solche Belastungen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen28. Da, wo die Einhaltung auferlegter Verfahren wirklich nur eine Förmelei wäre, läge ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor, und Parteien sind auch kein Teil der Staatsorganisation, sondern freie Vereinigungen von Bürgern 2 9 , so daß auch sie sich gegenüber dem Staat auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berufen können 30 . Die Kriterien für Ausnahmen können nun nicht so beschaffen sein, daß i n ausnahmslos allen Fällen, die „klar" oder „eindeutig" sind, auf das förmliche Verfahren verzichtet werden kann. Sollen Ausnahmeregeln praktikabel sein, können sie nur für typische Fallgruppen gelten. II. Die schuldhafte Nichtzahlung von Mitgliedsbeiträgen führt nach der Parteienpraxis zur Beendigung der Mitgliedschaft ohne förmliches Verfahren 31 , und für diese Fallgruppe wurde bereits eine Ausnahme vom Tatbestand des § 10 I V PartG bejaht 32 . Die Feststellung, § 10 I V PartG betreffe nach seinem Zweck nicht die Beitragssäumigkeit, besagt nicht, daß eine deswegen erfolgende Beendigung der Mitgliedschaft begrifflich kein Ausschluß i. S. d. § 10 V 1 PartG ist. Sicher ist es diese Fallgruppe, bei der ein ernstliches Bedürfnis nach einem schiedsgerichtlichen Verfahren am wenigsten besteht, weil einfache Normen anzuwenden sind, regelmäßig Desinteresse seitens des Mitglieds besteht und politische Mißbräuche hier am wenigsten zu besorgen sind 33 . Die Vermeidung des förmlichen Verfahrens bei Beitragssäumigkeit ist u. U. auch für das betroffene Mitglied von Nutzen, falls es später der Partei wieder beitreten w i l l . I n Parteisatzungen ist z. T. vorgesehen, daß ausgeschlossene Mitglieder — und damit sind wohl i m förmlichen Verfahren ausgeschlossene gemeint — nur unter erschwerten Bedingungen wieder aufgenommen werden können 34 . I n Fällen der Beitragssäumigkeit kann deshalb vom förmlichen Verfahren abgesehen werden 3 5 ' 3 6 . 28

Vgl. oben § 6 A I I I . Dazu näher Seifert, S. 77 - 80, m . w . N . ; BVerfGE 20, 56, 101, m . w . N . 30 Vgl. Stern I, S. 671, m. w. N. — I n § 10 I V PartG sind die Parteien gegenüber dem M i t g l i e d Adressaten des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, vgl. oben § 6 A I I I . 31 § 13 V OrgSt SPD u n d § 9 I I 1 Statut CDU (fingierte Austrittserklärung); § 8 I I I Satzung CDU („Streichung"). Das LSchG hat i n den Jahren 1969 bis 1980 n u r einmal gegen ein beitragssäumiges M i t g l i e d (auf Ausschluß) entschieden (vom 19. V. 1971, g. K . K., Bl. 1 f.). M a n w i r d k a u m fehlgehen i n der Annahme, daß der FDP-Landesverband Nordrhein-Westfalen sich trotz fehlender SatzungsVorschrift auch weiterer Beitragssäumlinge ohne schiedsgerichtliches Verfahren entledigt hat. — Hierzu ferner Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 192 f. 32 Oben § 4 J V I . 33 Vgl. dazu Risse N V w Z 1983, 530. 29

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schiedsgerichtliche Verfahren

Wenn eine Partei allerdings ohne v i e l A u f w a n d ein sicheres Verfahren praktizieren w i l l , k a n n n sie vorsehen, daß über Fälle von Beitragssäumigkeit ein M i t g l i e d des Schiedsgerichts allein 3 7 u n d i m schriftlichen Verfahren 3 8 entscheidet. I I I . Dieses E r g e b n i s l ä ß t sich a u f andere F a l l g r u p p e n n i c h t ü b e r t r a gen. B e i d e m V o r w u r f , j e m a n d gehöre g l e i c h z e i t i g e i n e r gegnerischen P a r t e i an 3 9 , k ö n n e n durchaus Tatsachen k l ä r u n g s b e d ü r f t i g sein, e t w a w e n n das M i t g l i e d b e s t r e i t e t u n d d i e a n d e r e P a r t e i k e i n e A u s k u n f t e r t e i l t . R e c h t l i c h k a n n f r a g l i c h sein, ob d i e andere O r g a n i s a t i o n ü b e r h a u p t P a r t e i i s t 4 0 u n d ob sie gegnerisch i s t 4 1 . B e i a n d e r e n t y p i s c h e n p a r t e i s c h ä d i g e n d e n H a n d l u n g e n w i e K a n d i d a t u r e n a u f gegnerischen V o r s c h l ä g e n oder A u f r u f e n z u r W a h l gegnerischer K a n d i d a t e n k a n n schon d e s h a l b n i c h t v o m f ö r m l i c h e n V e r f a h r e n abgesehen w e r d e n , w e i l die Rechtsfolge Ausschluß d o r t keineswegs feststeht; v i e l m e h r m u ß das Schiedsgericht i m E i n z e l f a l l entscheiden, w e l c h e M a ß n a h m e es v e r h ä n g t 4 2 . Letzteres v e r k e n n t d i e A u f f a s s u n g , die a l l g e m e i n f ü r k l a r e F ä l l e A u s n a h m e n v o m schiedsgerichtlichen V e r f a h r e n zulassen w i l l 4 3 .

D . D i e Anforderungen an das V e r f a h r e n Das Parteiengesetz enthält eine Reihe einzelner Anforderungen, die für das Verfahren des Schiedsgerichts gelten 4 4 , sowie i n § 14 I V PartG die generalklauselartige Bestimmung, daß die Schiedsgerichtsordnung „ein gerechtes Verfahren" zu gewährleisten habe 4 5 . Auch aus anderen Gesetzen können sich Anforderungen an das Ausschlußverfahren ergeben 46 . 34 § 7 Satz 1 OrgSt SPD (Entscheidung durch den Bezirksvorstand, sonst gemäß § 3 1 OrgSt SPD durch den Vorstand des Ortsvereins); §8 I V 2 Satzung CDU (Zustimmung des Präsidiums; sonst entscheidet gemäß § 4 11 Satzung CSU der Ortsvorstand allein). 35 So auch Henke, S.95; Seifert, S.227f.; a . M . Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 195. Für Vereine allgemein vgl. Schlosser, S. 68. 36 Dieses Ergebnis gilt nicht für Fälle, wo die Höhe des Beitrags streitig ist. Dort muß, w e n n nichts anderes bestimmt ist, beim Zivilgericht geklagt werden. 37 Dazu unten § 8 A V. 38 Dazu u n t e n § 9 Β V 2. 39 Für Verzicht auf förmliches Ausschlußverfahren dort Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S.196. 40 Vgl. BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 12. I X . 1981, g. K . D., Bl. 9 (betr. „Bunte Liste" auf kommunaler Ebene); ferner B G H Z 73, 275, 279, zur A b grenzung zwischen kommunalen Wählervereinigungen u n d Bürgerinitiativen. 41 E t w a w e n n jemand zwei regionalen Parteien angehört, z.B. dem SSW u n d der A L Berlin. 42 B G H Z 73, 275, 281 f.; Hasenritter DVB1 1980, 560, 561; vgl. oben § 4 H. 43 So jedoch Seifert, S. 227 f. 44 Dazu unten § 8 A . 45 Dazu unten § 9. 46 Dazu u n t e n § 8 Β bis F.

§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren A . Die Anforderungen aus dem Parteiengesetz I. Die Schiedsgerichtsordnung

Gemäß § 14 I V PartG ist für die Tätigkeit des Schiedsgerichts eine Schiedsgerichtsordnung zu erlassen. Diese ist eine „Nebenordnung" zur Parteisatzung 1 . Gemäß § 9 I I I PartG muß sie — ebenso wie die Satzung — vom Parteitag beschlossen sein; anderenfalls ist sie ungültig. Indem das Parteiengesetz eine Schiedsgerichtsordnung vorsieht und nicht etwa verlangt, daß das darin zu Regelnde in der Satzung enthalten sein müsse, ermöglicht es den Parteien gewisse, praktisch geringfügige, Vereinfachungen. Soweit die Parteien eingetragene Vereine sind 2 , muß zwar die Satzung, nicht aber die .Schiedsgerichtsordnung nach §§ 59 I I Nr. 1, 66 I I BGB beim Amtsgericht hinterlegt werden, und für die Schiedsgerichtsordnung können andere Abänderungsvorschriften gelten als für die Satzung. Da an die Schiedsgerichtsordnung geringere Anforderungen zu stellen sind als an die Satzung, ist es mit dem Sinn des § 14 I V PartG vereinbar, wenn einzelne Regelungen, die als Inhalt der iSchiedsgerichtsordnung vom Gesetz vorgesehen sind, in die Parteisatzung aufgenommen werden. Inhaltlich muß die Schiedsgerichtsordnung „den Beteiligten rechtliches Gehör, ein gerechtes Verfahren und die Ablehnung eines Mitgliedes des Schiedsgerichts wegen Befangenheit" (§ 14 I V PartG) gewährleisten. Das bedeutet, daß ausdrückliche Regelungen darüber geschaffen werden müssen und die Partei sich nicht darauf verlassen darf, daß die Schiedsgerichte „von sich aus" dem entsprechen 3 .

1 Seifert, S. 181; Sauter / Schweyer, S. 87 f. — Z u m Verhältnis zwischen Satzung u n d Nebenordnungen siehe oben § 3 A I I 2. 2 Vgl. § 2 Satzung CSU u n d § 37 I Satzung FDP. 3 Einzelheiten zum rechtlichen Gehör siehe unten I X , zum gerechten Verfahren unten § 9, zur Ablehnung wegen Befangenheit unten V I I I .

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§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren I I . Die Organisation der Schiedsgerichtsbarkeit

1. Gemäß § 14 I 1 P a r t G „ s i n d z u m i n d e s t b e i d e r P a r t e i u n d d e n G e b i e t s v e r b ä n d e n der j e w e i l s höchsten Stufe Schiedsgerichte z u b i l d e n " , also a u f B u n d e s - u n d Landesverbandsebene b e i d e r C D U 4 , der F D P 5 u n d den Grünen 6, auf Bundes- u n d Bezirksebene bei der SPD7, a u f L a n d e s - u n d B e z i r k s v e r b a n d s e b e n e b e i der C S U 8 u n d auf L a n d e s u n d K r e i s v e r b a n d s e b e n e b e i m SSW 9 . S o f e r n eine w e i t e r e I n s t a n z bes t e h t 1 0 , ist das unschädlich; e i n d r e i z ü g i g e r G e r i c h t s a u f b a u besteht auch i n der s t a a t l i c h e n G e r i c h t s b a r k e i t 1 1 . N o c h w e i t e r e I n s t a n z e n v o r z u s e h e n , w ä r e j e d o c h p r o b l e m a t i s c h , w e n n e i n einzelnes V e r f a h r e n diese zu durchlaufen hätte; die endgültige Entscheidung könnte dadurch u n angemessen hinausgezögert w e r d e n 1 2 . 2. E i n Verstoß gegen § 14 I 1 PartG liegt aber vor, w e n n n u r auf einer Ebene Schiedsgerichte gebildet werden 1 3 . Zuzugeben ist, daß es für kleinere, insbesondere regional begrenzte Parteien ein Problem sein kann, eine mehrzügige Schiedsgerichtsbarkeit haben zu müssen: Mitglieder v o n Schiedsgerichten dürfen keinem Vorstand der Partei angehören 1 4 , sind also für solche Funktionen verloren 1 5 . Die gesetzlich zulässige Besetzung v o n Schiedsgerichten m i t n u r einer Person 1 6 w i r d von den Parteien für unzweckmäßig gehalten; m a n sollte sie ihnen nicht i n d i r e k t auf zwingen. Allerdings enthält das Gesetz bereits Vorschriften, die den Bedürfnissen kleinerer Regionalparteien entgegenkommen. Parteien, deren Organisation sich auf das Gebiet eines Stadtstaates beschränkt, brauchen keine Gebietsverbände zu bilden; sie können also auch nicht bei den Gebietsverbänden der höchsten Stufe Schiedsgerichte bilden. Es genügt, w e n n sie auf Landesebene ein weiteres Schiedsgericht einrichten, an welches nach § 10 V 2 PartG Berufungen gerichtet werden können 1 7 . Ferner läßt § 14 I 2 PartG es zu, daß für mehrere 4

§§ 4 u n d 5 PGO CDU (Landesparteigerichte u n d Bundesparteigericht). §2 SchGO FDP (Landesschiedsgerichte u n d Bundesschiedsgericht). 6 § 1111, I V , V Satzung Grüne (Landesschiedsgerichte u n d Bundesschiedsgericht). 7 § 34 11 OrgSt SPD (Schiedskommissionen). 8 § 49 Satzung CSU (Bezirksschiedsgerichte und Landesschiedsgericht). 9 § 20 Satzung SSW. 10 So § 3 Statut CDU (auf Kreisverbandsebene) u n d § 34 1 1 OrgSt SPD (auf Unterbezirksebene); zugelassen auch i n § 20 I I Satzung SSW (wohl für die Ortsverbandsebene). 11 Siehe §§ 2, 5, 9 u n d 10 V w G O ; §§ 14 I, 33 Satz 2 u n d 40 I A r b G G ; § 2 SGG. 12 Vgl. auch A r t . 6 1 1 E u M R K „Jedermann hat Anspruch darauf, daß seine Sache . . . innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird."); sowie unten § 9 Β V 5. 13 So früher § 19 Satzung SSW a. F. (Landesverband). 14 § 14 I I 1 PartG. Dazu näher unten V I . 15 Dies führte i n der Vergangenheit zu Änderungsbestrebungen, vgl. F A Z v o m 30. J u l i 1971, S. 6, u n d Der Spiegel Nr. 40/1970, S. 46. 16 Siehe unten V. 17 So die Regelung der A L Berlin: Über Ordnungsmaßnahmen entscheidet 5

Α. Die Anforderungen aus dem Parteiengesetz

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„Gebietsverbände der Kreisstufe" gemeinsame Schiedsgerichte gebildet w e r den. Der SSW, der bislang i n acht Kreisverbände gegliedert w a r 1 8 u n d früher n u r auf Landesebene ein Schiedsgericht hatte 1 9 , hätte ζ. B. drei Kreisschiedsgerichte bilden und damit die Anforderungen des Gesetzes erfüllen können.

I I I . Die Möglichkeit der Berufung N a c h § 10 V 2 P a r t G ist gegen d i e E n t s c h e i d u n g ü b e r d e n Ausschluß die B e r u f u n g a n e i n Schiedsgericht h ö h e r e r Stufe zu g e w ä h r l e i s t e n . 1. „ B e r u f u n g " b e i n h a l t e t , daß d i e a n g e r u f e n e h ö h e r e I n s t a n z d i e e r gangene E n t s c h e i d u n g i n tatsächlicher u n d i n r e c h t l i c h e r H i n s i c h t z u ü b e r p r ü f e n h a t 2 0 . Diesen S i n n h a t der B e g r i f f a l l g e m e i n i m j u r i s t i s c h e n Sprachgebrauch 2 1 . 2. D i e B e r u f u n g a n e i n „Schiedsgericht h ö h e r e r S t u f e " m u ß g e w ä h r l e i s t e t sein. Das ist ohne w e i t e r e s d e r F a l l , w e n n es sich u m das eines ü b e r g e o r d n e t e n G e b i e t s v e r b a n d e s h a n d e l t . Dieses E r f o r d e r n i s ist aber auch d a n n e r f ü l l t , w e n n e i n G e b i e t s v e r b a n d m e h r e r e Schiedsgerichte h a t , v o n d e n e n das eine d a z u b e r u f e n ist, E n t s c h e i d u n g e n des a n d e r e n z u ü b e r p r ü f e n 2 2 . D e m ist f e r n e r R e c h n u n g getragen, w e n n i n n e r h a l b eines 'Schiedsgerichts e i n a n d e r nachgeordnete S p r u c h k ö r p e r bestehen 2 3 , zunächst der „Schiedsausschuß" (§ 9 I I 4 Satzung A L Berlin) u n d i m Berufungsverfahren das „Schiedsgericht" (§ 8 I I 2 Satzung A L Berlin). Daß der Bezirk des nachgeordneten Gerichts m i t dem des übergeordneten identisch ist, ist nicht neu, siehe § 11 A G V w G O Berlin; A r t . 1 A G V w G O Bremen; § 1 A G V w G O Hamburg; § 1 A G V w G O Saarland. Vgl. auch § 11 Satzung Grüne; dort ist neben den Landesschiedsgerichten ein „Bundesschiedsgericht" u n d — als „Berufungsinstanz für das Bundesschiedsgericht" — das „Oberste Schiedsgericht" vorgesehen. 18 § 17 I Satzung SSW a. F. (Aus der Neufassung geht die Anzahl der Kreisverbände nicht hervor). 19 Siehe oben F N 13. 20 BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 12. I X . 1981, g. K. D., Bl. 8; Z i m m e r mann, S. 122; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 87; ders., politische Parteien, S. 37; Seifert, S. 227. 21 Siehe § 128 V w G O ; § 157 SGG; sowie: Baumbach / Albers, Übersicht vor §511, A n m . 1; Bruns, S.412; Rosenberg / Schwab, S. 812; Grunsky, A r b G G , §64, Rdnr. 1; Kleinknecht, Vorbem. vor §312; Löwe / Rosenberg, Vorbem. 2 vor §312; Eyermann / Fröhler, §128, Rdnr. 1; Bosch / Schmidt, S. 241. — Dagegen meint „Revision" grundsätzlich n u r eine rechtliche Überprüfung, siehe §§5491, 550 ZPO; § 1 1 8 1 1 FGO; §73 1 A r b G G ; §337 StPO; §1371 V w G O ; § 162 SGG. 22 So §11 Satzung Grüne: Das „Bundesschiedsgericht" entscheidet u . a . über Ausschlußanträge gegen Mitglieder des Bundesvorstandes u n d der L a n desvorstände (§ 11 V Nr. 2), u n d das „Oberste Schiedsgericht" ist i n diesen Fällen Berufungsinstanz (§11 VI). Ä h n l i c h §§8, 9 Satzung A L Berlin, siehe oben I I 2, F N 17. 23 So § 17 BSchO FDP a. F.: Über Sachen, die i n erster Instanz von der dreiköpfigen „ K a m m e r " entschieden waren (§§ 2 Satz 1, 17 I Nr. 1 BSchO FDP

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§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren

d e n n es ist n u r eine F r a g e d e r N o m e n k l a t u r , ob m a n v o n z w e i v e r schiedenen Schiedsgerichten oder v o n e i n e m Schiedsgericht m i t u n t e r schiedlichen K a m m e r n s p r i c h t 2 4 . 3. Aus dem Zweck des § 10 PartG, die Rechte der Mitglieder i n einem Mindestumfang zu sichern, ergibt sich, daß die Befugnis, Berufung einzulegen, dem v o n einer den Ausschluß aussprechenden Entscheidung betroffenen M i t g l i e d gegeben sein muß. Dagegen verlangt § 10 V 2 PartG nicht, auch der m i t dem Ausschlußantrag unterlegenen Partei die Möglichkeit der Berufung zu geben 25 . I V . Die Wahl der Mitglieder der Schiedsgerichte 1. Gemäß § 14 I I 1 P a r t G d ü r f e n die M i t g l i e d e r der Schiedsgerichte f ü r höchstens v i e r J a h r e g e w ä h l t w e r d e n . D i e R e g e l u n g e n d e r P a r t e i e n entsprechen d e m 2 6 . 2. W e r die M i t g l i e d e r d e r Schiedsgerichte z u w ä h l e n h a t , ist d e m Gesetz n i c h t o h n e w e i t e r e s z u e n t n e h m e n . N a c h § 9 I V P a r t G w ä h l t d e r P a r t e i t a g d e n V o r s t a n d des Gebietsverbandes u n d d i e M i t g l i e d e r e t w a i g e r a n d e r e r „ O r g a n e " . I n der T e r m i n o l o g i e des Parteiengesetzes w e r d e n j e d o c h n u r die M i t g l i e d e r v e r s a m m l u n g (bzw. d e r P a r t e i t a g ) 2 7 , d e r V o r s t a n d 2 8 u n d d i e „ a l l g e m e i n e n Parteiausschüsse" 2 9 als O r g a n e b e t r a c h t e t , n i c h t aber die Schiedsgerichte nach § 14 P a r t G u n d auch a. F.), entschied das Bundesschiedsgericht „ i n voller Besetzung von elf M i t gliedern unter Ausschluß der Mitglieder, die an früheren Entscheidungen m i t g e w i r k t haben, als Rechtsmittelinstanz" (§ 17 I I 1 BSchO FDP a. F.). Diese Regelung wurde durch §§ 9, 10 SchGO FDP (vom 6. Dez. 1980) aufgehoben. Kritisch zur alten Regelung Zimmermann, S. 121, Fußn. 5. 24 Vgl. die unklare Terminologie i m GVG: Nach § 28 G V G werden „bei den Amtsgerichten Schöffengerichte gebildet", u n d nach §2361 1 G V G werden ebenfalls bei den Amtsgerichten „Abteilungen für Familiensachen (Familiengerichte)" gebildet. 25 Vgl. dazu A r t . 93 1 Nr. 4 a GG u n d § 80 V I 2 V w G O : Z u r Befugnis, V e r fassungsbeschwerde zu erheben, gibt es keinen entsprechenden Rechtsbehelf, den die Behörde einlegen könnte, w e n n sie der Meinung ist, das Gericht habe zu Unrecht Grundrechte berücksichtigt. § 80 V I 2 V w G O gilt nach h. M. n u r für erfolgreiche Anträge des Bürgers, siehe BVerfGE 35, 263, 271 ff.; F i n k e l n burg, S. 216. Vgl. aber B G H N J W 1980, 443 f. zu der Berufungsregelung i n § 26 SchO SPD. 26 § 3 I V 1 SchGO FDP (4 Jahre); § 34 V OrgSt SPD (2 Jahre); § 11 I I 1 Satzung Grüne (2 Jahre); § 6 1 2 PGO CDU (4 Jahre, betr. Bundesparteigericht); §42 I V Satzung CDU Westfalen-Lippe (4 Jahre, betr. Landesparteigericht); § 51 V 1 Satzung CSU (4 Jahre); § 211 Satzung SSW (2 Jahre). 27 §§ 8 11, 9 11 PartG. 28 § 8 11 PartG. 29 §§ 12 I, I I 1, 8 I I PartG. „Allgemeine Parteiausschüsse" sind der „ B u n desausschuß" nach § 30 Statut CDU; der „Parteiausschuß" nach § 22 Satzung CSU; der „Bundeshauptausschuß" nach § 8 a Satzung Grüne; der „ H a u p t ausschuß" nach § 18 Satzung SSW; der „Bundeshauptausschuß" nach § 16 Satzung FDP u n d der „Parteirat" nach § 28 OrgSt SPD.

Α . Die Anforderungen aus dem Parteiengesetz

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nicht die i n § 9 V 2 PartG vorgesehenen Rechnungsprüfer. Die Schiedsgerichte können auch nicht als Organe i. S. d. § 8 I I 1 PartG angesehen werden, weil dort deren Einrichtung der Partei freigestellt ist. Demgemäß werden die Schiedsgerichte i n Parteisatzungen oft nicht als Organe bezeichnet 30 . Gesetzlich ist also nicht festgelegt, welches Organ die Mitglieder der Schiedsgerichte zu wählen hat 3 1 . Andererseits wäre es m i t der Stellung des Schiedsgerichts nicht vereinbar, wenn seine Mitglieder von einem Vorstand gewählt würden. Aus § 14 I I 2 PartG ergibt sich, daß die Schiedsgerichte insbesondere gegenüber den Vorständen unabhängig sein müssen 32 , und Vorstände sind ja diejenigen Organe, die i m Ausschlußverfahren dem Mitglied gegenüberstehen 33 . Rechtens ist hingegen die verbreitete Praxis, die Schiedsgerichte durch Parteitage zu wählen 3 4 , und auch die Wahl des Landesschiedsgerichts der CSU durch den Parteiausschuß ist rechtens 35 . V. Die Anzahl der Mitglieder der Schiedsgerichte

Der Wortlaut des § 14 I I 1 PartG und die Praxis der Parteien kann die Annahme nahelegen, die Schiedsgerichte seien als Kollegialorgane einzurichten. Es ist aber nicht Sinn dieser Vorschrift, Entscheidungen durch Einzelrichter zu untersagen 36 . Die Entscheidung durch Einzelpersonen ist auch bei staatlichen Gerichten 37 und bei Schiedsgerichten der ZPO 3 8 möglich.

30 § 27 Statut CDU; §§ 17 I I , 20 Satzung CSU; § 111 Satzung FDP; §§ 15 11, 34 OrgSt SPD. Anders §6 Satzung SPD Ostwestfalen-Lippe; § 7 1 Satzung Grüne. 31 So v o n Katte, S. 55; Seifert, S. 255; a. M. Wolfrum, S. 168; Zimmermann, S. 67, m . w . N . (Schiedsgerichte seien Organ i. S. d. PartG); Reel, S. 343 (Bezug auf § 9 I V PartG). 32 Wolfrum, S. 168; Zimmermannn, S. 67; unter Berufung auf A r t . 2113 GG auch Seifert, S. 252. 33 Siehe §11 Nr. 2 SchGO FDP; §§ 9 I, 7 SchO SPD; §2 1 Buchst.b SchGO CSU; § 11 I I I 1 Statut CDU. 34 § 4 1 2 SchGO FDP; §11112 Satzung Grüne; § 6 1 1 PGO CDU; §1811 Buchst, g Satzung CSU (betr. die Bezirksschiedsgerichte); § 3 4 V OrgSt SPD. 35 § 22 I I Buchst, d Satzung CSU. Diese K o n s t r u k t i o n k a n n sogar eine größere Unabhängigkeit des Schiedsgerichts gegenüber dem Vorstand bewirken, denn das Gremium, das den Landesvorstand w ä h l t , ist damit ein anderes als das, welches das Landesschiedsgericht wählt. Siehe dazu auch Seifert, S. 252. 36 Seifert, S. 252; v o n Katte, S. 55. 37 § 22 I GVG; § 348 I ZPO; § 55 I - I I I A r b G G . 38 § 1025 I ZPO: „ . . . durch einen oder mehrere Schiedsrichter . . . "

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§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren V I . Die Inkompatibilität

Nach § 14 I I 2 PartG dürfen Mitglieder eines Schiedsgerichts nicht gleichzeitig dem Vorstand der Partei oder eines Gebietsverbandes angehören. Die gleichzeitige Zugehörigkeit zu anderen Organen — etwa zu Vorständen von Arbeitsgemeinschaften 39 oder als Parteitagsdelegierter — ist zulässig 40 . Mitglieder der Schiedsgerichte dürfen ferner nicht i n einem „Dienstverhältnis" zur Partei oder einem Gebietsverband stehen und auch nicht von ihnen „regelmäßige Einkünfte beziehen". Damit ist zunächst der praktisch bedeutsamste Fall des Dienstverhältnisses, das Arbeitsverhältnis 4 1 , erfaßt. Arbeiter und Angestellte der Partei, wie Geschäftsführer, Sekretärinnen, dürfen also nicht einem Schiedsgericht angehören 42 . Andere Dienstverhältnisse sind etwa betroffen, wenn ein Rechtsanwalt dauernd die Partei berät 43 . Als Dienstverhältnis i. 'S.d. § 14 I I 2 PartG ist es ferner auch anzusehen, wenn ein sich über längere Zeit erstreckender Werkvertrag — etwa mit dem Architekten, der den Neubau der Parteizentrale leitet 4 4 — besteht. Nach dem Sinn der Vorschrift kommt es darauf an, ob jemand w i r t schaftlich an die Partei gebunden ist, nicht aber, ob der zugrundeliegende Vertrag auf die „Herstellung des versprochenen Werkes" 45 oder auf die „Leistung der versprochenen Dienste" 40 gerichtet ist 47 . „Regelmäßige Einkünfte" bezieht etwa der Inhaber einer Druckerei, der oft von der Partei Aufträge bekommt, oder der Händler, bei dem das Parteibüro regelmäßig seinen Bürobedarf deckt. Nicht durch § 14 I I 2 PartG erfaßt sind Einkünfte, die nur gelegentlich — also nicht regelmäßig — anfallen, und einzelne Dienst- oder Arbeitsleistungen, die noch kein „Dienstverhältnis" darstellen. M i t § 14 I I 2 PartG ist es ζ. B. vereinbar, wenn ein Mitglied eines Schiedsgerichts h i n und wieder ein vergütetes Referat i n Parteiveranstaltungen hält. Der Wortlaut des 39

Zimmermann, S. 63 f., m. w. N. Die Parteien dürfen aber weitergehende Inkompatibilitätsvorschriften schaffen, so § 8 I 2 Satzung A L Berlin. 41 Söllner, in: MünchKomm, §611, Rdnr. 5 und Rdnr. 117 ff.; H u e c k / N i p perdey I, S. 128 ff.; Söllner, S. 201. 42 Zimmermann, S. 64. 43 Palandt / Putzo, Einführung vor §611, A n m . 2 a e e ; Söllner, in: MünchK o m m , §611, Rdnr. 2, 43 u n d 88. — M. E. k a n n es nicht darauf ankommen, ob der Rechtsanwalt immer wieder v o n der Partei beauftragt w i r d oder ob er k r a f t eines einzigen Vertrags immer wieder tätig w i r d . 44 Architektenverträge sind regelmäßig Werkvertrag i. S. d. § 631 B G B : Palandt / Thomas, Einführung vor § 631, A n m . 5; Soergel, in: MünchKomm, § 631, Rdnr. 39. 45 So §6311 BGB. 46 So §6111 BGB. 47 Vgl. §46 B R A O , wo auf ein „Dienst- oder ähnliches Beschäftigungsverhältnis" abgestellt ist. 40

Α. Die Anforderungen aus dem Parteiengesetz

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§ 14 I I 2 PartG läßt es nicht zu, die Inkompatibilität auf Dienstverhältnisse i n parteinahen Einrichtungen oder parteieigenen, aber rechtlich selbständigen Betrieben auszudehnen 48 . Dienstverhältnisse zu solchen Einrichtungen sind auch keineswegs immer Abhängigkeitsverhältnisse gegenüber der Partei 49 . Probleme, die sich hier ergeben, sind nach Befangenheitsregeln zu lösen 50 . V I I . Die Unabhängigkeit

Nach § 14 I I 3 PartG sind die Mitglieder der Schiedsgerichte „unabhängig und an Weisungen nicht gebunden". Unabhängigkeit ist für staatliche Richter i n A r t . 97 I GG garantiert 51 , und Weisungsfreiheit stellt einen besonderen Aspekt der Unabhängigkeit dar 52 . I m Sinne dieses dem Parteiengesetz vorgegebenen 53 Unabhängigkeitsbegriffs ist auch § 14 I I 3 PartG auszulegen. 1. Zunächst darf niemand Mitgliedern von Schiedsgerichten Anweisungen geben, wie sie einen bestimmten Fall oder bestimmte Fälle zu entscheiden hätten 54 . Ihnen darf auch nicht vorgegeben werden, wie sie bestimmte Rechtsfragen zu behandeln haben, ob etwa eine Satzungsvorschrift gesetzeskonform und deshalb wirksam oder gesetzeswidrig und deshalb unwirksam ist 5 5 . Rechtswidrig ist aus diesem G r u n d § 6 I I I OrgSt iSP'D. Nach § 6 I I OrgSt SPD kann der Parteivorstand i m Benehmen m i t dem Parteirat die Feststellung treffen, daß eine bestimmte Vereinigung 5 6 gegen die SPD w i r k t , und § 6 I I I OrgSt SPD bestimmt: „Diese Feststellung bindet auch die Schiedskommissionen." Diese Vorschrift würde verhindern, daß ein Schiedsgericht selbst die Ziele einer Vereinigung an den Zielen der SPD mißt, daß es etwa darüber Beweis 48

Α . M. Zimmermann, S. 64, für „Parteiunternehmen". Das räumt auch Z i m m e r m a n n ein. Er w i l l von der I n k o m p a t i b i l i t ä t Ausnahmen zulassen, „wo die Tätigkeit des Unternehmens vorwiegend w i r t schaftlich ausgerichtet ist oder sich auf technische Herstellungsvorgänge k o n zentriert" (S. 64 f.). 50 Dazu unten V I I I . 51 Ebenso § 25 DRiG; § 1 V w G O ; § 1 GVG; § 1 FGO. 52 BVerfGE 36, 174, 185, m. w. N.; Meyer, in: von Münch, GG, A r t . 97, Rdnr. 1; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 97, Rdnr. 2. 53 Kissel, § 1, Rdnr. 4 u n d 5. 54 Seifert, S. 252. Siehe ferner zu A r t . 971 GG: BVerfGE 36, 174, 185; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 97, Rdnr. 2; Meyer, in: v o n Münch, GG, A r t . 97, Rdnr. 1 - 3; zu § 25 DRiG: Schmidt-Räntsch, § 25, Rdnr. 6; zu § 1 V w G O : Eyerm a n n / Fröhler, §40, Rdnr. 99; zu § 1 GVG: Kissel, §1, Rdnr. 9 u n d Rdnr. 39 ff.; Baumbach/ Albers, § 1 GVG, A n m . 1 A b ; zu § 1 FGO: Gräber, § 1, Rdnr. 2. 55 Vgl. das Beispiel bei Doehring, S. 241, Fußn. 14. 56 Nicht gemeint sind gegnerische Parteien u n d kommunale Wählervereinigungen, § 6 I, I V OrgSt SPD. 49

12 Hisse

178

§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren

e r h e b t , ob d e r e n R e p r ä s e n t a n t e n G e g n e r d e r S P D s i n d ; dieses w ä r e i h m v o m P a r t e i v o r s t a n d vorgegeben. M i t d e m G e b o t d e r U n a b h ä n g i g k e i t i s t das n i c h t z u v e r e i n b a r e n 5 7 . 2. M i t der Unabhängigkeit würde es sich auch nicht vertragen, w e n n Schiedsrichter wegen einer v o n ihnen getroffenen Entscheidung nachträglich m i t Sanktionen belegt werden dürften 5 8 . Davon w i r d die Belangung wegen solcher Handlungen, die auch bei einem staatlichen Richter verfolgt werden dürfen, auszunehmen sein 5 9 ; es ist j a nicht Sinn von § 14 I I 3 PartG, die U n abhängigkeit der Schiedsgerichte gegenüber der der staatlichen Gerichte zu erweitern. 3. Die Unabhängigkeit der Mitglieder der Schiedsgerichte bedeutet schließlich, daß sie während ihrer Amtszeit nicht abgewählt werden können 6 0 .

V I I I . Die Ablehnung wegen Befangenheit Gemäß § 14 I V P a r t G m u ß auch die „ A b l e h n u n g eines M i t g l i e d s des Schiedsgerichts w e g e n B e f a n g e n h e i t " g e w ä h r l e i s t e t sein. 1. Diese etwas m i ß g l ü c k t e F o r m u l i e r u n g m e i n t , daß e i n e A b l e h n u n g w e g e n Besorgnis d e r B e f a n g e n h e i t m ö g l i c h s e i n m u ß . Das j e d e n f a l l s ist d i e i m Prozeßrecht g e l ä u f i g e F o r m u l i e r i m g 6 1 . E i n e A b l e h n u n g s o l l n i c h t n u r d a n n m ö g l i c h sein, w e n n d e f i n i t i v festzustellen ist, daß e i n R i c h t e r p a r t e i i s c h e i n g e s t e l l t i s t , s o n d e r n auch d a n n , w e n n U m s t ä n d e v o r l i e g e n , die e i n e m B e t e i l i g t e n A n l a ß z u e i n e r solchen B e f ü r c h t u n g geben k ö n n e n 6 2 . Es soll b e r e i t s der A n s c h e i n e i n e r p a r t e i i s c h e n Rechtsprechung v e r m i e d e n w e r d e n 6 3 . A u ß e r d e m soll d e m B e t e i l i g t e n , d e r A n l a ß z u r Besorgnis sieht, n i c h t der r e g e l m ä ß i g u n m ö g l i c h e B e w e i s a u f g e b ü r d e t w e r d e n , d e r R i c h t e r sei tatsächlich b e f a n g e n 6 4 . So ist § 14 I V P a r t G auch v o n d e n P a r t e i e n v e r s t a n d e n w o r d e n 6 5 , u n d e i n G r u n d , 57 I m Ergebnis ebenso Hasenritter, S. 124 („Die ΒindungsWirkung weicht die alleinige Entscheidungskompetenz der Schiedsgerichte substantiell auf."). — Α. M. Schlicht, S. 155 f., der aber das Problem der Übereinstimmung des einzelnen Unvereinbarkeitsbeschlusses m i t der Satzung nicht sieht. — Unproblematisch sind die Untersuchungskommissionen nach § 33 OrgSt SPD u n d §22 SchO SPD. Sie haben nur tatsächliche Feststellungen zu treffen (§3312 OrgSt SPD) u n d eine Bindung der Schiedskommissionen an diese Ergebnisse ist nirgends vorgesehen. 58 Vgl. Doehring, S.249; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 97, Rdnr. 8. 59 Siehe §§ 331 I I 1, 332 I I , 333 I I , 334 I I , 336 StGB. 60 So ausdrücklich § 11 I I I 3 Satzung Grüne; vgl. auch A r t . 97 I I 1 GG. 61 Siehe § 19 I B V f G G ; § 24 I StPO; § 42 I ZPO; § 54 I I I V w G O ; § 60 I I I SGG; § 51 I I I FGO; vgl. auch § 211 2 V w V f G . 62 Z ö l l e r / V o l l k o m m e r , §42, A n m . I U I ; Löwe / Rosenberg, §24, Rdnr. 5; Kleinknecht, §24, Rdnr. 2; Roxin, S.40; Eyermann / Fröhler, §54, Rdnr. 11; Krekeler N J W 1981, 1633. 63 Bruns, S. 49; Jauernig, S. 37; Krekeler N J W 1981, 1633. 64 Löwe / Rosenberg, § 24, Rdnr. 5; Krekeler N J W 1981, 1633.

Α. Die Anforderungen aus dem Parteiengesetz

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der den Gesetzgeber hätte veranlassen können, hier eine andere als die sonst übliche Befangenheitsregelung zu schaffen, ist nicht ersichtlich. Besorgnis der Befangenheit kann bestehen, wenn „ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen" 66 . Wann das der Fall ist, läßt sich nicht allgemein i m voraus bestimmen; die i m Prozeßrecht entwickelten Grundsätze sind zur Orientierung heranzuziehen. Anzumerken ist, daß auch die Gründe, die i m Prozeßrecht zur Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes führen 67 , als Besorgnisgründe i n Betracht kommen, soweit die Parteien keine Ausschließungsregelungen haben 68 . Es handelt sich dort sozusagen u m standardisierte Besorgnisgründe, weil eben immer zu befürchten ist, daß jemand, der mit einem Beteiligten nahe verwandt ist oder der i n der betreffenden Angelegenheit schon anderweitig tätig war, dadurch voreingenommen ist 6 9 . 2. Die Gründe, die i m Einzelfall zur Besorgnis führen können, lassen sich nicht umfassend darstellen. Für innerparteiliche Verfahren können jedoch unterschiedliche politische Ansichten von praktischer Bedeutung sein. Ausgangspunkt ist, daß unterschiedliche Meinungen zwischen einem Beteiligten und einem Schiedsrichter allein keinen Ablehnungsgrund bilden können. Parteien sind auf Meinungsbildung angelegt, und deshalb ist es selbstverständlich, daß verschiedene Mitglieder unterschiedliche Meinungen haben und äußern und daß diese auch kontrovers diskutiert werden 70 . Unterschiedliche politische Ansichten sind erst dann ein Ablehnungsgrund, wenn sie zu erheblichen persönlichen Spannungen geführt haben 71 . „Leichte" persönliche Spannungen w i r d es zwischen aktiven Parteimitgliedern — die inaktiven spielen i n der Parteigerichtsbarkeit selten eine Rolle — immer wieder geben; sie werden die Objektivität des einzelnen Schiedsgerichtsmitglieds regelmäßig nicht beseitigen. Die Berücksichtigung von geradezu alltäglichen Kontroversen würde die Schiedsgerichtsbarkeit oft auch handlungsunfähig machen. 65 §15 PGO CDU (Bezugnahme auf ZPO); §611 SchGO CSU u n d § 5 1 SchO SPD („Besorgnis der Befangenheit"); § 3 V SchGO FDP („Besorgnis der Befangenheit" u n d Bezugnahme auf ZPO). Ebenso BezSchK Westliches Westfalen v o m 13. I I I . 1972, g. Η . Α., B1.2; UBSchK Warendorf v o m 17. V I I I . 1977, g. H . B . u. a., Bl. 2. 66 So § 42 I I ZPO u n d § 24 I I StPO. 67 § 18 BVfGG; §§ 22, 23 StPO; § 41 ZPO; § 54 I I V w G O . 68 §3 SchO SPD („Niemand k a n n i n demselben Verfahren i n mehr als einer Instanz M i t g l i e d der Schiedskommission sein."); § 15 PGO CDU (Bezugnahme auf §§ 41 - 49 ZPO); 3 V SchGO FDP (Bezugnahme auf ZPO). 69 Zöller / Vollkommer, Vorbem. I vor §41; Riedel, S.201, m . w . N . 70 BezSchK Niederrhein in: Lengers, S. 273, 277. 71 BezSchK Niederrhein in: Lengers, S. 273, 277.

12*

180

§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren

3. Wie sich aus § 14 I 1 PartG ergibt, g i l t § 14 I V PartG für die gesamte Tätigkeit der Schiedsgerichte, nicht n u r für Parteiausschlußverfahren. Die Befugnis, ein M i t g l i e d des Schiedsgerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, muß deshalb allen Verfahrensbeteiligten, nicht n u r dem ausschlußbedrohten Mitglied, zustehen.

I X . Das rechtliche Gehör

Auch die Gewährung rechtlichen Gehörs schreibt § 14 I V PartG vor. Dieses Erfordernis gilt bereits gemäß A r t . 103 I GG für Verfahren vor staatlichen Gerichten. Sein Inhalt ist vor den Schiedsgerichten derselbe. 1. Rechtliches Gehör bedeutet zunächst, daß die Beteiligten Gelegenheit haben müssen, sich zu allen Tatsachen, die der Entscheidung zugrundegelegt werden, zu äußern 72 . Gegen ein Mitglied, dessen Aufenthalt unbekannt ist, so daß i h m die Antragsschrift und sonstige Verfahrensunterlagen nicht zugestellt werden können, kann somit kein Ausschlußverfahren stattfinden 73 . Anderes gilt, wo der Antragsgegner sich der Möglichkeit einer /Stellungnahme absichtlich begibt, etwa ein zugesandtes Schriftstück gar nicht öffnet oder einer mündlichen Verhandlung ohne Grund fernbleibt 7 4 . 2. Rechtliches Gehör bedeutet ferner, daß das Gericht, hier das Schiedsgericht, alles tatsächliche Vorbringen auf seine Bedeutung für den Fall überprüfen und ggf. berücksichtigen muß 75 . Der Vorschlag, „rechtliches Gehör" als „faires politisches Gehör" zu interpretieren 7 6 , ist allerdings geeignet, Mißverständnisse hervorzurufen. Sicher muß 72 Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 103, Rdnr. 3, m . w . N . ; BVerfGE 50, 280, 284; Strunk, S. 163. — I n der schiedsgerichtlichen Praxis führt Nichtgewähr u n g oder mangelhafte Gewährung des rechtlichen Gehörs regelmäßig zur Aufhebung u n d Zurückverweisung: BezSchK Westliches Westfalen v o m 19. X I I . 1970, g. E. S. u. a., Bl. 4; BezSchK Westliches Westfalen v o m 14. X I I . 1973, g . P . L . , Bl. 2 f.; BSchK v o m 2. X I . 1978, g . W . K . , B1.4; UBSchK Gelsenkirchen v o m 20. V I I . 1976, g . P . L . , B1.2; anders BSchK v o m 26. V I I . 1976, g. C. G., Bl. 6 (Nichtunterrichtung eines beitrittsberechtigten Ortsvereins). 73 BezSchK Westliches Westfalen v o m 28. I I . 1975, g. W. S., Bl. 2. Der A n tragsgegner wurde auch wegen einer strafbaren Handlung gesucht u n d w a r offenbar flüchtig. Tenor: „1. Die Fortdauer der Sofortmaßnahme des Bezirksvorstandes v o m 8.1.1975 w i r d gemäß § 19 der SchO angeordnet. 2. Die A n schrift des Genossen S. ist zu ermitteln." 74 LSchG v o m 10. X I I . 1975, g. L. W „ Bl. 3. — So ist w o h l auch § 29 I I I SchO SPD haltbar, soweit es nicht u m die Zustellung der das Verfahren einleitenden Antragsschrift geht. Nach § 29 I I I SchO SPD g i l t die Zustellung an ein Mitglied, das unter der Anschrift, die es zuletzt gegenüber der Partei angegeben hatte, nicht erreicht werden kann, als b e w i r k t , w e n n die Sendung für die Dauer einer Woche beim zuständigen Postamt niedergelegt war. 75 BVerfGE 36, 298, 301; BSchK v o m 2. X I . 1978, g . W . K , B . 4 ; Z i m m e r mann, S. 102; Strunk, S. 163. 76 Trautmann, S. 288.

Α. Die Anforderungen aus dem Parteiengesetz

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ein Beschuldigter Gelegenheit haben, seine politischen Motive darzutun 7 7 . Grundsätzlich ist jedoch das Schiedsgericht kein Forum, vor dem neue politische Konzeptionen auf ihre Zweckmäßigkeit geprüft werden sollen 78 . Das ist nach § 9 I I I PartG Sache von Parteitag und Mitgliederversammlung. 3. Der Begriff des rechtlichen „Gehörs" könnte es nahelegen, darin eine Garantie der mündlichen Verhandlung zu sehen. Sein Sinn ist jedoch, daß die Vorträge der Beteiligten zur Kenntnis genommen u n d i n Erwägung gezogen werden. Das k a n n sowohl durch A n h ö r e n als auch durch die Lektüre von Schriftsätzen geschehen 79 . Eine Pflicht zur mündlichen Verhandlung w i r d aber dann bestehen, w e n n ein Beteiligter zu unbeholfen ist, u m seine Belange schriftsätzlich w i r k s a m wahrzunehmen 8 0 .

X . Die schriftliche Begründung Schließlich schreibt § 10 V 3 PartG vor, daß die Entscheidung über den Ausschluß u n d über die Berufung schriftlich zu begründen ist. Die Begründung einer gerichtlichen Entscheidung besteht üblicherweise aus zwei Teilen, dem „Tatbestand" u n d den „Entscheidungsgründen" 8 1 . Der Tatbestand muß erkennen lassen, auf welchen Sachverhalt die Entscheidung gestützt w i r d 8 2 . Da § 10 V 3 PartG — i m Gegensatz zu §§313 I I ZPO, 267 I, I I StPO, 117 I I V w G O — dazu keine näheren Angaben enthält, sind daran keine allzu hohen Anforderungen zu stellen 8 3 . Zulässig ist insbesondere, auf andere U n terlagen (Schriftsätze, Protokolle pp.) Bezug zu nehmen 8 4 . Die Entscheidungsgründe müssen erkennen lassen, welche Überlegungen zu der getroffenen Entscheidung geführt haben 8 5 . Eine schriftliche Begründung verlangt jedoch nicht, die gesamten Erwägungen i n allen Details wiederzugeben; eine „kurze Zusammenfassung", w i e sie §313 I I I ZPO vorsieht, genügt auch hier 8 6 . Da nach dem materiell maßgeblichen § 10 I V PartG die Subsumtion unter einen Tatbestand u n d die Ausübung v o n Ermessen der Entscheidung vorauszugehen haben, muß sich die Begründung zu beidem äußern 8 7 . 77

Vgl. oben § 6 Β V. Entsprechendes g i l t für die Forderung, das M i t g l i e d müsse „sein v o n der Parteilinie abweichendes Konzept . . . verteidigen" können (Lenz / Sasse JZ 1962, 239). 79 BVerfGE 5, 9, 11; M D H S - D ü r i g , A r t . 103, Rdnr. 72, m . w . N . (1960); B G H N J W 1980, 443, 444; BSchK v o m 20. I V . 1978, g. M. J., Bl. 10; Seifert, S. 255, m. w. N., u n d S. 223, m. w. N.; Wolfrum, S. 170. — Α . M. Zimmermann, S. 109 bis 111, u n d Strunk, S. 163: Der Betroffene müsse Gelegenheit haben, sich mündlich und schriftlich zu äußern. 80 Zur Mündlichkeit i m übrigen siehe unten § 9 Β V 2. 81 Siehe § 313 I I , I I I ZPO; § 117 I I , I I I V w G O ; ferner § 267 I - I I I StPO. 82 Seifert, S. 227; Zimmermann, S. 120, m. w. N.; Schlicht, S. 103. 83 Vgl. aber zur Rechtsprechung des BVerfG Seetzen N J W 1982, 2337. 84 Vgl. § 313 I I 2 ZPO; § 117 I I I 2 V w G O . 85 Seifert, S. 223. 86 Wegen der Erforderlichkeit weiterer schriftlicher A k t e siehe unten § 9 Β V 2. 87 Seifert, S. 223. 78

182

§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren

B. Die Anwendung eines staatlichen Prozeßgesetzes Zahlreiche weitere Vorschriften würden für das schiedsgerichtliche Verfahren gelten, wenn eines der staatlichen Prozeßgesetze — etwa die ZPO, die StPO oder die VwGO — anzuwenden wäre. Zwei Gesichtspunkte stehen dem aber entgegen 88 : Die Schiedsgerichte gehören nicht zu den i n diesen Gesetzen vorausgesetzten staatlichen Gerichten 89 . Auch enthält das Parteiengesetz selbst einzelne prozessuale Regelungen 90 und sieht m i t der Schiedsgerichtsordnung nach § 14 I V PartG ein eigenes Verfahrensrecht der einzelnen Partei vor. Beides hätte keinen Sinn, wenn ein komplettes Verfahrensgesetz hier gültig wäre 91 .

C. Die Anwendung der §§ 1025 ff. ZPO Ähnliche Gründe sprechen auch dagegen, die §§ 1025 ff. ZPO als für das parteischiedsgerichtliche Verfahren geltende Vorschriften anzusehen. Sowohl die i m Parteiengesetz enthaltenen Verfahrensvorschriften als auch die für das „schiedsrichterliche Verfahren" 9 2 haben rudimentären Charakter: Einige wichtige Fragen sind gesetzlich zwingend — wie das Erfordernis rechtlichen Gehörs 93 — oder dispositiv 94 geregelt, und i m übrigen überläßt der Gesetzgeber die Regelung i m einen Fall dem Parteitag 95 , i m anderen den Schiedsvertragsparteien und den Schiedsrichtern 96 . Schon das spricht dagegen, das eine Regelungssystem als Ergänzung des anderen anzusehen. I m selben Sinne ist es auch zu bewerten, daß es zum Teil dieselben Fragen sind, die der Gesetzgeber selbst geregelt hat: Ablehnungsgründe 97 , rechtliches Gehör 98 , schriftliche Begründung 99 und die Benennung der Schiedsrichter 100 . §§ 1025 ff. ZPO 88

BSchK v o m 26. V I I . 1976, g. C. G., Bl. 7, verneint eine Bindung an die

ZPO. 89

Siehe §§ 1 ZPO, 1 StPO i. V. m. §§ 12 GVG, 8 I EGGVG; § 2 V w G O . Dazu oben A . 91 BezSchK Westliches Westfalen v o m 6. X I . 1971, g. J . D . u.a., Bl. 3 f.; ähnlich Zimmermann, S. 97 f. — Dem steht nicht entgegen, daß eine Partei i n ihrer Schiedsgerichtsordnung ergänzend staatliches Recht für anwendbar erklärt, so § 30 SchO SPD (§§ 187 - 193 BGB), § 44 PGO CDU (VwGO, G V G u n d ZPO) u n d § 31 SchGO FDP (ZPO u n d GVG). 92 So die Überschrift vor § 1025 ZPO. 93 § 1034 1 1 ZPO u n d § 14 I V PartG. 94 § 1028 ZPO u n d § 14 I I I PartG. 95 Siehe §§ 14 I V , 9 I I I PartG. 96 § 1034 I I ZPO. 97 § 14 I V PartG u n d § 1032 I, I I ZPO. 98 § 1 4 I V PartG u n d §§ 10341 1, 1041 1 Nr. 4 ZPO. 99 § 10 V 3 PartG u n d § 10411 Nr. 5 ZPO; vgl. aber § 1041 I I ZPO! 100 § 14 I I I PartG u n d § 1028 ZPO. 90

D. Die anwaltliche Vertretung

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gelten also nicht ergänzend zu den Vorschriften des Parteiengesetzes 101 . D. Die anwaltliche Vertretung Nach § 3 I I I BRAO hat jedermann das Recht, sich i n Rechtsangelegenheiten aller A r t vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl vertreten zu lassen. § 3 I I BRAO gibt dem Rechtsanwalt ein entsprechendes Recht, dort aufzutreten. Demgegenüber pflegen die Parteien die Befugnis, als Beistand oder Verfahrensibevollmächtigter 102 vor ihren Schiedsgerichten aufzutreten, auf ihre Mitglieder zu beschränken 103 . Das wäre rechtswidrig, wenn auch die Schiedsgerichte der Parteien solche i. S. d. § 3 I I I BRAO wären. Zunächst meint das Gesetz solche Schiedsgerichte, die anstelle eines staatlichen Gerichts entscheiden, also die nach §§ 1025 ff. ZPO oder nach §§ 101 ff. A r b G G („echte Schiedsgerichte" 104 ). Eine Befugnis, sich auch vor Parteischiedsgerichten anwaltlich vertreten zu lassen, könnte sich darauf gründen, daß § 3 I I I BRAO auch diese meint 1 0 5 , oder, daß „Treu und Glauben" (§ 242 BGB) oder „ein gerechtes Verfahren" (§ 14 I V PartG) 1 0 6 von den Parteien verlangen, dies zuzulassen. Für eine über die echten Schiedsgerichte hinausgehende Auslegung des § 3 I I I BRAO spricht, daß diese Vorschrift neben Gerichten auch Behörden umfaßt, die zwar etwas ganiz anderes sind als Gerichte, aber für den einzelnen Bürger oft eine ähnliche Funktion haben, weil sie durch Verwaltungsakte einseitige endgültige Regelungen schaffen können. Andererseits begründet § 3 I I I BRAO das Recht, sich anwaltlich vertreten zu lassen, nur vor bestimmten Einrichtungen; das Recht, sich anwaltlich beraten zu lassen, besteht dagegen „ i n Rechtsangelegenheiten aller A r t " . Wer i n privaten Rechtsangelegenheiten zu verhandeln 101 Strunk, S. 157; O L G F r a n k f u r t N J W 1970, 2250 f. — Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Parteien ihre Schiedsgerichtsbarkeit so ausgestalten können, daß §§ 1025 ff. ZPO A n w e n d u n g finden. Siehe dazu etwa Schlicht, S. 134- 188; Seifert, S. 253 u n d S. 255; Strunk, S. 157 - 162; O L G F r a n k f u r t N J W 1970, 2250 ff.; sowie unten § 10 D I I I . Das wären dann aber keine Erfordernisse, die gesetzlicherseits (zwingend) an die Parteien gestellt werden, sondern solche, die die Parteien von sich aus aufstellen, wie sie j a auch sonst i n ihrer Schiedsgerichtsordnung weitere Anforderungen aufstellen können. 102 Z u m Unterschied Beistand — Bevollmächtigter siehe unten § 9 Β I I . 103 So uneingeschränkt § 11 I I I SchO SPD u n d § 7 V SchGO CSU; m i t Aus nahmeklauseln § 17 I I SchGO FDP u n d § 18 I I PGO CDU. 104 Diese Terminologie unterscheidet sich von der bei Woltereck DÖV 1966, 324; dort w i r d nach der Rechtsgrundlage der Schiedsgerichte unterschieden. 105 B G H N J W 1975, 160, verneint das Recht eines Mitglieds, vor dem Ausschlußorgan eines Vereins einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, ohne § 3 I I I B R A O i n Erwägung zu ziehen. 106 Z u m Verhältnis zwischen diesen Vorschriften siehe unten § 9 A I V .

184

§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren

hat, braucht es ohne weiteres nicht hinzunehmen, daß der andere zu einer deshalb stattfindenden Besprechung einen Rechtsanwalt mitbringt 1 0 7 . Das Besondere an der Parteischiedsgerichtsbarkeit ist nun, daß sie durch § 14 I 1 PartG gesetzlich vorgeschrieben ist, daß das Gesetz Regelungen für ihre Verfassung und Tätigkeit enthält, und daß die Entscheidung über den Parteiausschluß ihr durch § 10 V 1 PartG zwingend zugewiesen ist. Durch das Gesetz selbst ist die Stellung der Parteischiedsgerichte so sehr an die von Behörden und staatlichen Gerichten angenähert worden, daß auch sie als Schiedsgerichte i.-S.d. § 3 I I I BiRAO anzusehen sind 108 ; eines Rückgriffs auf Generalklauseln bedarf es nicht. Überlegungen, mit denen die Befugnis von Anwälten, vor kirchlichen Gerichten auf zutreten, auf Angehörige der jeweiligen Konfessionen beschränkt wird 1 0 9 , stehen dem nicht entgegen. Sie gründen sich auf die verfassungsrechtliche Stellung, die den Kirchen ein besonders großes Maß an Freiheit einräumt 1 1 0 . Die gesetzliche Regelung des Parteiausschlusses erfolgt aber, u m die demokratische innere Ordnung zu sichern, also als Konkretisierung der besonderen Bindung, die A r t . 2 1 1 3 GG den Parteien auferlegt. Somit darf sich das Mitglied auch i m Parteiausschlußverfahren „durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl", also auch durch einen, der parteilos ist oder einer gegnerischen Partei angehört, vertreten lassen 111 . Den i n den Schiedsgerichtsordnungen enthaltenen Einschränkungen scheint das Bemühen zugrunde zu liegen, Nichtmitglieder an der Kenntnis über laufende Verfahren zu hindern 1 1 2 . Dem k a n n m i t dem Hinweis auf die anwaltliche Schweigepflicht nicht begegnet werden, denn diese t r i f f t den A n w a l t n u r gegenüber seinem Mandanten 1 1 3 . Das Problem wäre ja, daß der A n w a l t i m Einverständnis m i t seinem Mandanten Dinge weiterverbreitet, die dieser als Parteimitglied für sich zu behalten hätte. Dieses Problem darf aber nicht überbewertet werden: Falls das M i t g l i e d dem W i l l e n des Antragstellers entsprechend ausgeschlossen w i r d , k a n n die Partei es ohneh i n nicht mehr zum Schweigen anhalten 1 1 4 ; Schweigepflichten des Mitglieds sind durch Verfassungsrecht Grenzen gesetzt 1 1 5 ; nach § 3 I I I B R A O ist dem 107 Y g i v o n L a u n Versicherungsrecht 1978, 17. 108 v g l auch Begründung zum Regierungsentwurf der B R A O : Das Bedürfnis, A n w ä l t e zuzulassen, bestehe nicht n u r bei Gerichten, „sondern vor zahlreichen Behörden u n d Stellen (sie!), die keine Gerichte sind", DrucksBT III/120, S. 49. 109

B a y V G H B a y V B l 1980, 434 ff. B a y V G H B a y V B l 1980, 434, 435 f.; vgl. Hesse, S. 180 f. 111 So § 8 BSchO FDP a. F. m Vgl. Schlicht, S. 99. 113 Borgmann / Haug, S. 100 f. 114 § 9 v i SchO SPD gestattet sogar den Beteiligten die Veröffentlichung der ergangenen Entscheidung. 110

115

Siehe unten E I.

E. Grundrechte

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M i t g l i e d gestattet, sich anwaltlich beraten zu lassen; u n d falls das M i t g l i e d nach dem schiedsgerichtlichen Verfahren das ordentliche Gericht anruft, k a n n es sich ohnehin durch einen parteifremden A n w a l t vertreten lassen. Die Partei mag sich helfen, indem sie durch Satzungsvorschrift dem M i t g l i e d verbietet, i n arglistiger Weise seinen A n w a l t von der Schweigepflicht zu entbinden. Es handelt sich hier aber u m k e i n Sonderproblem der politischen Parteien. Sollten nach geltendem Recht keine ausreichenden Möglichkeiten bestehen, sich gegen unredliches Verhalten eines gegnerischen A n w a l t s zu schützen, wäre i m Anwaltsrecht anzusetzen, nicht aber durch Selbsthilfe der politischen Parteien.

£. Grundrechte Daß die Grundrechte «des Grundgesetzes i n modifizierter Form i m Verhältnis zwischen Mitglied und Partei gelten, wurde bereits dargestellt 1 1 6 . Daran ist die Partei auch bei der Durchführung eines Ausschluß Verfahrens gebunden. Besondere Bedeutung für das Ausschlußverfahren haben prozessuale Schweigepflichten und der Gleichheitssatz. I . Schweigepflichten und Meinungsfreiheit

•Soweit Vorschriften dem Mitglied 1 1 7 auferlegen, während der Dauer des Verfahrens 118 oder auch nach seiner Beendigung 119 über seinen Inhalt zu schweigen, sind sie an der Meinungsfreiheit zu messen 120 . Stellungnahmen, die zu einem anhängigen Ausschlußverfahren Unbeteiligten gegenüber abgegeben werden, sind begrifflich Meinungsäußerungen und also zunächst geschützt 121 . Umfang und Grenzender Meinungsfreiheit lassen sich während eines Verfahrens nur dann anders bestimmen, als sie sonst i m Verhältnis zwischen Partei und Mitglied gelten, wenn die sachgemäße Durchführung des Verfahrens dies erfordert. I m Zusammenhang mit einem Ausschlußverfahren sind Äußerungen denkbar, die zu verhindern niemand ein vernünftiges Interesse haben kann, etwa eine Mitteilung, wann die mündliche Verhandlung stattgefunden hat oder durch wen das antragstellende Organ i n der Verhandlung vertreten war. Soweit sich eine Schweigepflicht darauf bezieht, ist sie unverhältnismäßig, vielleicht sogar schikanös 122 ; sie kann nämlich allen116

Oben § 5 C I I I . Schweigepflichten, die für das Schiedsgericht oder für das den Ausschluß betreibende Organ gelten, sind k e i n Problem dieser Grundrechtsgeltung. 118 § 17 I SchO SPD; w o h l auch § 8 I I SchGO CSU; § 27 Satz 3 Statut CDU. 119 § 8 I I SchGO CSU; § 27 Satz 3 Statut CDU. 120 Näher zur Meinungsfreiheit oben § 5 C I I 2 u n d § 5 C I V 1. 121 Lengers, S. 178. 122 Siehe §226 BGB. Vgl. auch §39 BRRG, § 6 1 1 2 BBG, §64 L B G N W , § 79 I 2 L B G BW, wo dem Rechnung getragen ist, daß es Tatsachen gibt, „die 117

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§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren

falls als Vorwand für weitere Ordnungsmaßnahmen mißbraucht werden. Manche anderen Äußerungen, die das Verfahren beeinträchtigen könnten — etwa Beleidigungen gegen Beteiligte —, untersagen die Parteien ohnehin, ohne Rücksicht darauf, ob sie i n bezug auf ein Verfahren gemacht werden 123 . Auch für diese bedarf es keiner besonderen Schweigepflicht. Die hinter den prozessualen Schweigepflichten steckenden Absichten zielen i n zwei Richtungen. Zum einen soll verhindert werden, daß Parteiausschlußverfahren zu größeren innerparteilichen Solidarisierungen führen, und daß dadurch auf (Schiedsgerichte und Vorstände Druck ausgeübt wird 1 2 4 . Zum anderen sollen Vorgänge, die der Partei unangenehm sind, nicht i n die Öffentlichkeit getragen werden 125 . Die nur den unmittelbar am Verfahren Beteiligten auferlegte Schweigepflicht ist regelmäßig nicht geeignet, innerparteiliche Auseinandersetzungen zu verhindern. Solche sind oft auch durchaus rechtmäßig, denn zur innerparteilichen Demokratie gehört es auch, daß die Mitglieder auf die Vorstände einwirken können, damit diese bestimmte Maßnahmen vornehmen oder zurücknehmen. Der Gesichtspunkt, daß nicht unnötig Vorgänge parteiinterner A r t an die Öffentlichkeit kommen sollen, soll nicht pauschal abgelehnt werden. Es sind Konstellationen denkbar, wo er berechtigt ist, etwa wenn es nur u m persönliches Fehlverhalten gegenüber der Partei geht. Sind dagegen politische Standpunkte kontrovers, besteht gar kein Grund, der Öffentlichkeit zu verheimlichen, wie dieser Konflikt innerparteilich gelöst wird 1 2 6 . Ein pauschales Äußerungsverbot während des Verfahrens verstößt also gegen die Meinungsfreiheit 127 . Eine nach Beendigung des Verfahrens bestehende Schweigepflicht kann nicht ohne weiteres genauso beurteilt werden. Sobald das Verfahren beendet ist, kann weder ein Interesse bestehen, auf seinen Ausgang Einfluß zu nehmen, noch, Einflußnahmen zu verhindern. Es gehört aber zum demokratischen Willensbildungsprozeß, daß auch nach einem abgeschlossenen Verfahren die Diskussion daroffenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedür-

fen". 123

Siehe oben § 4 D I I I 1 a; vgl. auch oben § 5 C I I 2 b dd. A k t i v i t ä t e n , die sich gegen den Ausschluß des damaligen Vorsitzenden der Jungsozialisten, Klaus-Uwe Benneter, aus der SPD richteten, waren mehrfach Gegenstand von Ordnungsverfahren, siehe Hasenritter, S. 182 ff. Vgl. auch Lengers, S. 177: Durch Schweigepflichten könnten Ordnungsmaßnahmen gefördert werden, die den Zweck verfolgen, eine opponierende Gruppe oder opponierende Mitglieder zum Schweigen zu bringen. Z u m Problem des Drucks auf das Entscheidungsorgan vgl. Stürner JZ 1980, 1 ff. 125 So Hasenritter, S. 195 - 197 und S. 72 zur Praxis der CSU. 126 Dazu oben § 5 C I I 2 c. 127 Ebenso Lengers, S. 178; w o h l auch Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 246 („Grundsätze freier innerparteilicher Willensbildung"). 124

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über zulässig sein muß. Ein Gebot totaler Geheimhaltung ist damit nicht vereinbar 128 . I I . Der Gleichheitssatz

1. Der Gleichheitssatz ist bereits bei der Einleitung von Parteiausschlußverfahren von Bedeutung. Oft w i r d von Betroffenen argumentiert, sie seien gleichheitswidrig „herausgegriffen" worden; andere, denen derselbe Vorwurf gemacht werden könnte, würden verschont 129 . Einer solchen Argumentation w i r d häufig nicht zu folgen sein. Der Grundsatz „Keine Gleichheit i m Unrecht" gilt auch zwischen Mitglied und Partei. Wer Unrecht tut, hat keinen Anspruch auf Vorteile daraus, daß andere auch Unrecht tun 1 3 0 . Eine strikte Einhaltung des Gleichheitssatzes würde oft Unmögliches von den Parteien verlangen. Verfahren i n größerer Zahl können von den ehrenamtlich tätigen Parteiorganen kaum bewältigt werden. Man müßte also nur eine genügend große Zahl von „Mittätern" gewinnen, u m ungeschoren davonzukommen. Weitergedacht, würde ein so verstandener Gleichheitssatz zum Legalitätsprinzip führen. Die Partei müßte i n gleichgelagerten oder auch nur gleichschweren Fällen stets verfolgen 131 , wollte sie sich nicht der Möglichkeit, Maßnahmen zu verhängen, überhaupt begeben. Und die Folge davon wäre, daß bestimmte Stellen innerparteilich die Pflicht haben müßten, nach A r t einer Staatsanwaltschaft Pflichtverstöße von Mitgliedern zu verfolgen. Der damit verbundene Aufwand würde von den Parteien praktisch Unmögliches verlangen und sie funktionsunfähig machen. Das kann der Gleichheitssatz nicht wollen 1 3 2 . Oft w i r d die Einleitung eines Ausschlußverfahrens auch deshalb nicht gleichheitswidrig sein, weil die Auswahl der Betroffenen auf sachlichen 128 weit Geheimhaltung gehen kann, berichtet Hasenritter, S. 72: Die CSU lehnte es unter Hinweis auf § 8 I I SchGO CSU sogar ab, einen die A n o n y m i t ä t der Beteiligten wahrenden Fragebogen (aaO., S. 202 - 204) auszufüllen. 129 Z. B. BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 22. X I . 1980, g. G. D., Bl. 7; BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. H. L., Bl. 10. 130 Berg JuS 1980, 419, m. w. N.; M D H S - D ü r i g , A r t . 3 Abs. I, Rdnr. 179 ff. (1973); w o h l auch PVSchK v o m 7. V I I I . 1970, g. R. S., Bl. 17; w o h l a. M. Heimann, politische Parteien, S. 100; Lengers, S. 149. 131 Vgl. § 152 I I StPO; Kleinknecht, § 152, Rdnr. 2. — Eine Pflicht zur Beantragung v o n Ordnungsmaßnahmen w i r d allgemein abgelehnt, siehe Heimann, politische Parteien, S. 59. 132 PVSchK v o m 7. V I I I . 1970, g. R. S., Bl. 17: „ I n einer Partei m i t mehr als 800 000 Mitgliedern u n d einem auch v o m Parteiengesetz vorgeschriebenen, mehrstufigen Aufbau der Parteiorganisation u n d der Schiedsgerichtsbarkeit ist die V e r w i r k l i c h u n g des Gleichbehandlungsgrundsatzes ebensolchen Unzulänglichkeiten ausgesetzt wie beim Staat u n d seinen Gerichten." — Ä h n l i c h BezSchK Niederrhein, in: Gatzmaga / Piecyk, S. 101, 109, sowie Schlicht, S. 83 f.

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§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren

Gründen beruht. Das t r i f f t etwa zu, wenn nur gegen diejenigen vorgegangen wird, gegen die klare Beweise vorliegen, oder wenn bloße M i t läufer verschont werden, weil man meint, diese würden von sich aus zur Ordnung zurückfinden, sobald die „Rädelsführer" ausgeschlossen sind 133 . Der Gleichheitssatz ist aber verletzt, wenn die Auswahl der Betroffenen auf W i l l k ü r beruht 1 3 4 , insbesondere wenn das vorgeworfene Verhalten nur ein Vorwand ist und die wirklichen Gründe für den Ausschlußantrag ganz andere sind. I n der Praxis w i r d sich schwer feststellen lassen, ob unsachliche Motive hinter einem Antrag stehen oder nicht 135 . Die Schwierigkeiten liegen einmal i n der Beweisführung. Wer den Ausschluß eines anderen betreibt, weil dieser andere sein Konkurrent bei der Kandidatur für ein bestimmtes A m t ist, w i r d nicht so ungeschickt sein, dies anderen gegenüber einzugestehen. Das größere Problem ist die „Gemengelage" verschiedenartiger Gesichtspunkte, die auf die Entscheidung über die Einleitung eines Verfahrens Einfluß haben können. Folgende Gesichtspunkte dürften aber zu einer Klärung beitragen: Auf die Motivation derer, die über die Einleitung des Verfahrens entscheiden, kann es nur ausnahmsweise ankommen. Nach den Regelungen der Parteien sind es stets Gremien von mehreren Personen, die über die Einleitung des Verfahrens entscheiden 136 , und diese Personen können sehr unterschiedliche Motive haben. Die einen wollen vielleicht nur einen lästigen, weil innerparteilich geschickt argumentierenden Gegner loswerden, andere plagt wirkliche Sorge u m die Partei, und wieder andere halten das Verfahren für aussichtslos, stimmen aber zu, weil sie hoffen, daß ihr ungeliebter Vorsitzender sich bei dieser Gelegenheit einen Mißerfolg einsteckt. Dem i m einzelnen nachzugehen, ist gar nicht möglich. Es muß vielmehr genügen, wenn nach den objektiven Umständen die Auswahl der Betroffenen mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist. Falls das aber nicht der Fall ist, ist die Einleitung des Verfahrens rechtswidrig. Es darf dann nicht weiter betrieben werden, sondern ist als unzulässig einzustellen. 133

Dazu Hasenritter, S. 76 f. Reel, S. 327; Schiedermair AöR 104 (1979), 221; w o h l auch BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. H. L., Bl. 10; BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 22. X I . 1980, g. G. D., Bl. 7; LSchG v o m 9. V I I . 1975, g. G. S., Bl. 37 (Ablehnung einer Maßnahme, w e i l auch dem antragstellenden Organ Fehlverhalten zur Last falle); Schlicht, S. 83. 135 Vgl. Meyer-Cording, S. 104 f. u n d S. 120. 136 §35 I V I OrgSt SPD (jede Organisationsgliederung); §11 Nr. 2 SchGO FDP (die für das M i t g l i e d zuständigen Vorstände); § 2 6 V I Satzung SSW (jede Organisationsgliederung); § 11 I I I 1 Statut CDU (die „örtlich oder sachlich'^?) zuständigen Vorstände); § 9 1 1 Satzung CSU (die für das M i t g l i e d zuständigen Vorstände u n d das Präsidium); § 11 V I I Satzung Grüne (alle Parteiorgane). 134

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2. A m Gleichheitssatz ist es auch z u messen, w e n n — w i e es i n der S c h i e d s o r d n u n g der S P D der F a l l i s t — f ü r V e r f a h r e n , die i m A n schluß a n „ S o f o r t m a ß n a h m e n " 1 3 7 d u r c h g e f ü h r t w e r d e n , eine andere Z u s t ä n d i g k e i t vorgesehen i s t als f ü r „ n o r m a l " e i n g e l e i t e t e 1 3 8 . D e r G l e i c h heitssatz v e r l a n g t , daß g r u n d s ä t z l i c h f ü r a l l e M i t g l i e d e r , die v o n e i n e m A u s s c h l u ß v e r f a h r e n b e t r o f f e n sind, d e r gleiche I n s t a n z e n z u g gegeben ist, u n d A u s n a h m e n s i n d a n d e n sie t r a g e n d e n G r ü n d e n z u messen. V o r l ä u f i g e M a ß n a h m e n s i n d n a c h § 10 V 4 P a r t G „ i n d r i n g e n d e n u n d s c h w e r w i e g e n d e n F ä l l e n , die sofortiges E i n g r e i f e n e r f o r d e r n " , zulässig. Es geht also u m Sachen, die besonders b e d e u t e n d u n d besonders e i l i g sind. H i n z u z u f ü g e n ist, daß solche Sachen i. d. R. auch z u d e n p o l i t i s c h b r i s a n t e r e n g e h ö r e n w e r d e n 1 3 9 . W e n n a u f g r u n d solcher K r i t e r i e n v o n v o r n h e r e i n eine andere Z u s t ä n d i g k e i t als die der u n t e r e n I n s t a n z gegeben i s t , i s t das gegenüber d e m Gleichheitssatz n i c h t z u beanstanden, z u m a l ä h n l i c h e R e g e l u n g e n f ü r die staatliche G e r i c h t s b a r k e i t bestehen140. 3. E i n ähnliches Problem stellen Vorschriften dar, die für die Inhaber bestimmter wichtiger Funktionen — etwa Mitglieder des Bundesvorstandes oder Abgeordnete — besondere Zuständigkeiten vorsehen 1 4 1 . Solche V o r schriften beruhten ursprünglich w o h l auf der Annahme, Personen i n exponierten Funktionen seien i n besonderem Maß der Gefahr eines Verfahrens ausgesetzt u n d bedürften deshalb zusätzlichen Schutzes; diese Annahme hat sich aber bislang nicht bestätigt 1 4 2 . Darauf können solche Sonderregelungen also nicht gestützt werden. E i n weiterer Gesichtspunkt mag sein, daß V e r fahren gegen Inhaber wichtiger Funktionen oft auch deren Tätigkeit beeinträchtigen können. Dann ist es keine unsachliche Erwägung, i n solchen Fällen statt eines sonst vorgesehenen dreizügigen Verfahrens n u r zwei Instanzen vorzusehen 1 4 3 . Schließlich mag für die Berechtigung solcher Sonderzuständigkeiten sprechen, daß Verfahren gegen exponierte Personen regelmäßig mehr politische Brisanz enthalten als andere 1 4 4 , u n d daß es deshalb wichtig ist, das Verfahren schnell zu beenden. Ebenso wie i m F a l l der V e r hängung von vorläufigen Maßnahmen 1 4 5 mag es deshalb angehen, eine V e r einbarkeit m i t dem Gleichheitssatz zu bejahen. 137 Gemeint ist die Ausschließung eines Mitglieds v o n der Ausübung seiner Rechte bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts nach § 10 V 4 PartG. 138 Nach § 19 I I 1 SchO SPD ist dann die Bezirksschiedskommission i n erster Instanz zuständig, sonst nach § 6 I I 1 SchO SPD die Unterbezirksschiedskommission. 139 Ä h n l i c h BSchK v o m 11. V I I I . 1977, g. H. L., Bl. 13. 140 §§481, I I , 50 1 Nr. 2 - 4 V w G O ; §1201, I I GVG; §37 FGO. Das Hauptproblem der genannten Regelungen der SPD liegt m. E. i m Gebot des gesetzlichen Richters, dazu unten § 9 Β I 3. 141 § 11 V Nr. 2 Satzung Grüne u n d § 13 I Nr. 1 PGO CDU. 142 Heimann, politische Parteien, S. 43. 143 §§ 111 Nr. 1, 37 1 1, 42 I 1 PGO CDU sowie §§ 13 I Nr. 1, 37 I I 1 PGO CDU. 144 Schlicht, S. 109. 145 Dazu oben 2.

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§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren I I I . Prozeßgrundrechte

Den Grundrechten sind nach A r t . 93 I Nr. 4a GG für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde die prozessualen Verbürgungen der A r t . 101, 103 u n d 104 GG (Prozeßgrundrechte) gleichgestellt. Allerdings ergibt sich aus ihrem systematischen Standort 1 4 6 u n d aus i h r e m Inhalt, daß sie an die staatliche Rechtspflege adressiert sind. Z u Freiheitsentziehungen i. S. d. A r t . 104 GG sind die Parteien ohnehin nicht befugt; u m Strafgesetze i. S. d. A r t . 103 I I , I I I GG geht es bei einem Parteiausschluß nicht 1 4 7 , u n d die Schiedsgerichte sind auch keine (staatlichen) Gerichte i. S. d. A r t . 103 I, 101 GG.

F. Staatsrechtliche Erfordernisse I . Verfahren gegen Abgeordnete

Wie bereits dargestellt 148 , folgt aus der verfassungsrechtlichen Stellung des Abgeordneten nicht, daß gegen ihn kein Parteiausschluß stattfinden darf. Folglich kann auch das dahin zielende Verfahren nicht unzulässig sein. Ob die Befugnisse aus dem Mandat einen Rechtfertigungsgrund darstellen, ist i n dem Verfahren mitzuprüfen. Wohl gebietet die Rücksichtnahme auf die Rechtsstellung des Abgeordneten, das Verfahren so zu führen, insbesondere Verhandlungstermine so zu legen, daß das Mitglied seinen Pflichten als Abgeordneter nachkommen kann 1 4 9 . I I . Ausländer als Schiedsrichter

Von Katte vertritt die Ansicht, Ausländer seien keine tauglichen Mitglieder von Parteischiedsgerichten 150 . Er begründet das damit, daß die Parteimitgliedschaft Partizipation an der politischen Willensbildung des Volkes bedeute; der Parteiausschluß komme damit dem Entzug eines staatsbürgerlichen Teilhaberechts gleich und unterfalle deshalb dem Schutzbereich des A r t . 33 I I I GG 151 . Zu den „Grundlagen einer demokratischen Ordnung" zähle aber, daß politische Teilhaberechte nicht der Entscheidung Staatsfremder unterliegen dürften 1 5 2 . Daran ist richtig, daß A r t . 21 I GG den besonderen Status, den Parteien 146

Siehe die Überschrift vor A r t . 92 GG. Vgl. BVerfGE 21, 378, 383 f.; Rauball, in: von Münch, GG, A r t . 103, Rdnr. 14, m. w . N.; Lengers, S. 159. 148 Oben § 5 C. 149 Z. B. § 16 I GeschäftsO BT. 15 ° V o n Katte, S. 55 - 59. 151 V o n Katte, S. 58. 152 V o n Katte, S. 59. 147

F. Staatsrechtliche Erfordernisse

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gegenüber den Vereinen nach A r t . 9 I GG haben, nur solchen Organisationen einräumt, die sich auf die M i t w i r k u n g an der Willensbildung des iStaatsvolkes, also des deutschen Volkes beziehen 153 . Es ist deshalb auch richtig, Vereinigungen, die überwiegend aus Ausländern bestehen, nicht die Rechtsstellung von Parteien zuzubilligen 154 . Von Kattes auf A r t . 33 I I I GG gestützte Argumentation verkennt aber, daß die Funktion der Parteien nur eine M i t w i r k u n g bei der politischen W i l lensbildung des Volkes ist, die es ihnen nicht ermöglicht, Entscheidungen anstelle des Volkes zu treffen; sie können dem Volk nur „Vorschläge" machen. Deshalb ist es unrichtig, die Mitgliedschaft einem staatsbürgerlichen Recht i.iS. d. A r t . 33 GG „gleichzusetzen". Die dort genannten Rechte können auch ihrem Inhalt nach gegenüber einer Partei gar nicht bestehen. Daneben bezweifelt von Katte, daß Ausländer i n der Lage sind, die Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu erfüllen 1 5 5 . Darüber hinaus seien „ausgezeichnete Sprachkenntnisse Voraussetzung für ein Ausschlußverfahren" 156 . A u f diese angebliche Abhängigkeit der Rechts- und Sprachkenntnisse von der Staatsangehörigkeit einzugehen, erübrigt sich 157 . I I I . Das Wahlgeheimnis Der Schutz des Wahlgeheimnisses bei der W a h l von Volksvertretungen führt dazu, daß eine Vernehmung des Zeugen darüber, wie er gestimmt habe, i m staatlichen Gerichtsverfahren v o n der h. M . als unzulässig angesehen w i r d 1 5 8 , bzw. daß nach anderer Ansicht i h m ein Zeugnisverweigerungsrecht zugebilligt w i r d 1 5 9 . Da, wie sich aus § 107c StGB ergibt, das Wahlgeheimnis gegenüber jedermann gilt, ist es auch v o n den Schiedsgerichten zu beachten 160 . Problematisch ist der praktisch bedeutsame Fall, daß festgestellt werden soll, ob ein M i t g l i e d den Wahlvorschlag einer gegnerischen Partei unterschrieben h a t 1 6 1 . Unrichtig wäre die Argumentation, für die Unterzeichnung von Vorschlagslisten gälten dieselben Geheimhaltungsanforderungen wie für die Stimmabgabe. Das Erfordernis, für Wahlvorschläge Unterschriften beizubringen, hat den Zweck, solche Vorschläge zu verhindern, für die 153

Vgl. § 2 I PartG. Siehe § 2 I I I Nr. 1 PartG. 155 V o n Katte, S. 58. 156 V o n Katte, S. 58. 157 Befremdlich ist allerdings, daß von Katte nicht einmal die Möglichkeit i n Betracht zieht, i n einer demokratischen W a h l könnten fachlich kompetente Personen gewählt werden. 158 So Chr. Böckenförde N J W 1967, 239 f.; O V G Münster OVGE 14, 257, 262; V G H Mannheim ESVGH 5, 167, 170; B G H JR 1981, 517 f. 159 So Tiedemann N J W 1967, 1014; Seifert, Bundeswahlrecht, A r t . 38 GG, Rdnr. 39, S. 63. 160 So lehnte auch das LSchG v o m 3. V. 1976, g . J . M . , B1.4, einen Schriftvergleich v o n Stimmzetteln einer nach § 15 I I 1 PartG geheimen W a h l als Beweismittel ab. 161 Hasenritter N J W 1980, 445. 154

§ 8 Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren von vornherein keine Aussicht auf Wahlerfolg besteht 1 6 2 , u n d diesen Zweck zu verfolgen, ist auch verfassungsrechtlich zulässig 163 . W i l l man i h n erreichen, müssen zwangsläufig gewisse Überprüfungen der Unterzeichnungen stattfinden 1 6 4 . Doppelunterschriften (unter demselben Wahlvorschlag) können ebensowenig gültig sein wie die „Unterschriften" fingierter Unterzeichner 1 6 5 . M i t dem Zweck, ganz u n d gar aussichtslose Wahlvorschläge nicht zuzulassen, verträgt es sich auch nicht, daß Wahlberechtigte mehrere (unterschiedliche) Wahlvorschläge unterzeichnen 1 6 6 , etwa m i t der Argumentation, m a n wolle aus radikal-demokratischen Erwägungen auch solchen Parteien die Teilnahme an der W a h l ermöglichen, deren P o l i t i k man nicht befürworte 1 6 7 . Es ist also rechtens, daß bestimmte Personen diese Unterschriftenlisten überprüfen 1 6 8 . Da solch eine Unterschrift die Annahme nahelegt, der Unterzeichner werde diesem Vorschlag auch beim Wahlgang die Stimme geben, erfährt der Grundsatz der geheimen W a h l zwangsläufig eine gewisse Ausnahme. E i n absoluter Geheimnisschutz, wie hinsichtlich der Stimmabgabe, besteht hier also nicht. Andererseits k a n n das Erfordernis des geheimen Wahlgangs nicht ohne Auswirkungen auf diesen die W a h l vorbereitenden A k t sein 1 6 9 . Gegen das Wahlgeheimnis würde es etwa verstoßen, w e n n die Listen der Unterzeichner von W a h l vorschlagen veröffentlicht w ü r d e n oder w e n n sonst aus Zwecken, die m i t der W a h l nichts zu t u n haben, die Tatsache der Unterzeichnung w e i teren Personen mitgeteilt würde. Somit verlangt das Wahlgeheimnis, daß die Mitglieder von Wahlorganen insoweit zur Verschwiegenheit verpflichtet sind 1 7 0 . Eine Aussage, die trotzdem gemacht w i r d , ist rechtswidrig. Allerdings ist der Schluß von der Rechtswidrigkeit einer Aussage auf das Verbot ihrer Verwertung nicht zwingend 1 7 1 . Aber die Problemstellung hier erfordert nicht, dazu allgemein Stellung zu nehmen. Da sich die Geheimhaltung der Unterzeichnung von Wahlvorschlägen aus dem Wahlgeheimnis ergibt, u n d da beim Wahlakt nicht einmal der Wähler selbst auf das Wahlgeheimnis verzichten darf 1 7 2 , können die Schiedsgerichte nicht befugt sein, den Geheimnisschutz bei der Unterzeichnung von Wahlvorschlägen zu ignorieren 1 7 3 . Die Tatsache der Unterzeichnung eines Wahlvorschlags darf also n u r verwertet werden, w e n n das M i t g l i e d sie (freiwillig) zugibt 1 7 4 . 162

Seifert, Bundeswahlrecht, §20 BWG, Rdnr. 5; BVerfGE 4, 375, 383 f. 163 BVerfGE 4, 375, 383 f.; BVerfGE 41, 399, 421; Seifert, Bundeswahlrecht, A r t . 38 GG, Rdnr. 7. 164 BSchK v o m 23. X . 1975, g. P. S., Bl. 13 f.; BVerfGE 5, 77, 82; Seifert, B u n deswahlrecht, A r t . 38 GG, Rdnr. 35, m. w. N. 165 Vgl. dazu § 34 I V Nr. 2 u n d 3 BWahlO. 166 § 30 I V Nr. 4 BWahlO. 167 M i t dieser Argumentation versuchen Splitterparteien offenbar häufig, Unterschriften zu sammeln, siehe Hasenritter N J W 1980, 445; B G H N J W 1980, 443. 168 Nach §§ 26, 28 B W a h l G sind das der Kreiswahlausschuß und der Landeswahlausschuß. 169 Hasenritter DVB1 1980, 561; Seifert, Bundeswahlrecht, A r t . 38 GG, Rdnr. 35. 170 So w o h l auch § 5 V BWahlO; a. M. BSchK v o m 21. I V . 1977, g. J. R , Bl. 4; BSchK v o m 23. X . 1975, g. P. S., Bl. 13 f. 171 Grunsky, S. 445, m. w. N.; Peters ZZP 76 (1963), 147 ff. 172 § 52 V I Buchst, d BWahlO; vgl. auch § 107 c StGB. 173 Hasenritter, S. 91. 174 Hasenritter, S.91; ders. N J W 1980, 445; ders. DVB1 1980, 561.

§ 9 „Ein gerechtes Verfahren" A . Allgemeines I. Anforderungen an die Schiedsgerichtsordnung und an das Verfahren § 14 I V PartG schreibt vor, daß die Schiedsgerichtsordnung „ e i n gerechtes Verfahren" gewährleisten muß. Daraus ergeben sich zunächst Anforderungen an die Schiedsgerichtsordnung. Sie muß über die sonstigen Anforderungen des Parteiengesetzes hinaus 1 Regelungen enthalten, die ein gerechtes Verfahren sichern, u n d darf sich nicht darauf verlassen, daß die Schiedsgerichte „von sich aus" gerecht verfahren. Allerdings können die Anforderungen aus § 14 I V PartG sehr v i e l f ä l t i g u n d für die Parteien k a u m vorhersehbar sein 2 . Es k a n n nicht Sinn des Gesetzes sein, eine alle diese Probleme erfassende Regelung v o n den Parteien zu verlangen m i t der Folge, daß U n v o l l ständigkeit zur U n w i r k s a m k e i t der (gesamten) Schiedsgerichtsordnung führt. Die Schiedsgerichtsordnung ist vielmehr schon dann wirksam, w e n n einige für ein gerechtes Verfahren bedeutsame Regelungen i n i h r enthalten sind. Falls die Schiedsgerichtsordnung eine Regelung enthält, die dem Erfordernis eines gerechten Verfahrens widerspricht, ist diese (einzelne) Vorschrift unwirksam 3 . M i t t e l b a r folgt aus § 14 I V PartG, daß das schiedsgerichtliche Verfahren selbst „gerecht" sein muß. Die Schiedsgerichte müssen das auch dann gewährleisten, w e n n die Schiedsgerichtsordnung für den konkreten Fall keine Regelung enthält. I I . Definition N a c h der ü b e r w i e g e n d v e r t r e t e n e n D e f i n i t i o n m u ß e i n gerechtes V e r f a h r e n i . iS. d. § 14 I V P a r t G d e n „ e l e m e n t a r e n rechtsstaatlichen E r f o r d e r n i s s e n " entsprechen 4 , n a c h a n d e r e r F o r m u l i e r u n g m u ß es sich a n d e n „ G r u n d s ä t z e n e i n e r g e w i s s e n h a f t e n Rechtspflege" o r i e n t i e r e n 5 . N a c h d e r e r s t e n F o r m u l i e r u n g h ä t t e d i e A u s l e g u n g ganz a n h a n d eines staatsrechtlichen P r i n z i p s z u erfolgen, w ä h r e n d die „ G r u n d s ä t z e e i n e r g e w i s s e n h a f t e n Rechtspflege" auch e i n Z u r ü c k g r e i f e n a u f a n d e r e M a ß stäbe zulassen. Gegen e i n e B e s c h r ä n k u n g a u f das Rechtsstaatsprinzip 1

Siehe oben § 8 A . Vgl. unten B. 3 Henke, S. 102; vgl. auch oben § 3 D I. 4 Seifert, S. 255; Lengers, S. 157; Strunk, S. 10. 5 Schlicht, S. 98, unter Bezugnahme auf die Ehrengerichtsordnung a. F. des FDP-Landesverbandes Hamburg. 2

13 Hisse

194

§

gerchte

Verfahren

spricht, daß das Parteiengesetz durch § 14 IV, I I 3 -die Anwendung einzelner rechtsstaatlicher Grundsätze vorschreibt. Das Rechtsstaatsprinzip daneben noch allgemein zu verankern, wäre systematisch inkonsequent. Ferner spricht der unbestimmte Charakter der Formulierung „ein gerechtes Verfahren" dagegen, darin nur eine Bezugnahme auf ein staatsrechtliches Prinzip zu sehen, zumal m i t den geltenden Prozeßgesetzen und m i t den vor Inkrafttreten des Parteiengesetzes schon bestehenden eigenen Regelungen der Parteien bereits weitere Maßstäbe eines gerechten Verfahrens bestanden.

Ι Π . Maßstäbe

Als Maßstäbe eines gerechten Verfahrens kommen also zunächst die staatlichen Prozeßgesetze i n Betracht 6 . Diese dürfen allerdings nicht unbesehen auf das schiedsgerichtliche Verfahren angewendet werden. Sie betreffen oft Angelegenheiten, u m die es i m schiedsgerichtlichen Verfahren gar nicht gehen kann 7 . Auch sind nicht alle i n ihnen enthaltenen Vorschriften „gerecht" i n dem Sinne, daß der Gesetzgeber jede andere Lösung als ungerecht ansähe. So dienten die Vorschriften der „Vereinfachungsnovelle" vom 3. Dez. 1976e der Abkürzung der als zu lang empfundenen Prozeßdauer i n der Zivilgerichtsbarkeit. (Diese Regelungen könnten für die Parteigerichtsbarkeit allenfalls dann ein Vorbild sein, wenn dort dieselbe iProblemsituation bestünde und die Anwendung dieser Regeln auch dort Abhilfe verspräche 9 . Die prozessualen Verbürgungen des Grundgesetzes sind ein besonders wichtiger Maßstab für ein gerechtes Verfahren — soweit sie nicht schon kraft ausdrücklicher Regelung des 'Parteiengesetzes 10 gelten. Ähnlich große Bedeutung können Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention haben. Da die (Parteien Vereinigungen sind, wenn auch solche m i t einem besonderen Rechtsstatus, kommen ferner die Anforderungen i n Betracht, die die Rechtsprechung für den Ausschluß aus Verei6 Nach Zimmermann, S. 98, „ist auf die staatlichen Verfahrensordnungen — oder genauer: ihre Kommentierung durch Rechtsprechung u n d L i t e r a t u r — als H i l f s m i t t e l zur Interpretation der T e r m i n i der Schiedsordnungen . . . zurückzugreifen". — BezSchK Westliches Westfalen v o m 2. X I I . 1969, g. Ο. B., Bl. 2 f., wendet auf einen i n der SchO SPD nicht geregelten F a l l einen „alle Prozeßgesetze durchziehenden Grundsatz" an. Ä h n l i c h BSchK v o m 7. V I I . 1978, g. H. L., Bl. 15; BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. B. W., Bl. 5. 7 Vgl. etwa §§ 704 ff. ZPO; §§ 688 ff. ZPO; §§ 606 ff. ZPO; §§ 592 ff. ZPO; §§ 94 - 132 a StPO; §§ 2 a u n d 80 ff. A r b G G . 8 „Gesetz zur Vereinfachung u n d Beschleunigung gerichtlicher Verfahren", B G B l I 1976, 2381 - 3312. 9 Bereits für die Zivilgerichtsbarkeit ist das fraglich, siehe Grunsky JZ 1977, 207, m. w . N. 10 Dazu oben § 8 A V I I .

Β . Einzelfragen

195

nen des bürgerlichen Rechts entwickelt hat 1 1 . Weil zu den i m Vereinsrecht maßgeblichen Gesichtspunkten hinzukommt, daß die Rechtsstellung des einzelnen Mitglieds aus verfassungsrechtlichen Gründen geschützt ist, darf ein gerechtes Verfahren nicht hinter den vereinsrechtlichen Grundsätzen zurückbleiben 12 . Regelungen, die i n Satzungen und Schiedsgerichtsordnungen westdeutscher Parteien enthalten sind, können ebenso zu berücksichtigen sein wie Vorschriften von Parteien, die in anderen Staaten bestehen, soweit diese ein vergleichbares Parteiensystem haben. I m übrigen sind die Satzungen ausländischer Parteien deshalb von Bedeutung, weil i n den hier berücksichtigten Ländern keine dem Parteiengesetz vergleichbaren Gesetze bestehen und diese Satzungen also i n stärkerem Maß auf eigenen Vorstellungen der Parteien beruhen 13 . I V . Das Verhältnis zu anderen Generalklauseln Die Erfordernisse eines gerechten Verfahrens u n d die Anforderungen, die sich aus anderen Generalklauseln, vor allem §§ 226, 138, 826, 242 BGB, ergeben können, werden einander nicht widersprechen. Daß eine Vorschrift oder Verfahrensweise, die gegen „Treu u n d Glauben" oder gegen „die guten Sitt e n " 1 4 verstößt, oder die den Zweck hat, einem anderen Schaden zuzufügen 1 5 , „ungerecht" ist, versteht sich v o n selbst. Da § 14 I V PartG die für das A u s schlußverfahren speziellere Regelung ist, sind die anderen Generalklauseln dort nicht anwendbar; sie haben aber Einfluß auf den I n h a l t v o n § 14 I V PartG. B. Einzelfragen I . Das Schiedsgericht

1. Die unabhängige Stellung der Schiedsrichter selbst 16 verlangt, daß die organisatorische Abhängigkeit von anderen Parteistellen möglichst gering gehalten wird. Damit ist es nicht vereinbar, wenn Schiedsgerichte verpflichtet sind, ihren Schriftverkehr über die Geschäftsstelle der Partei abzuwickeln 17 . Dann hat nämlich der dem oft am Verfahren beteiligten Vorstand unterstehende Geschäftsführer Verfügungsmacht 11

Vgl. O L G Bamberg N V w Z 1983, 572. So w o h l auch Strunk, S. 162 (allerdings vorwiegend auf die gerichtliche Uberprüfung bezogen). 13 Besondere Verfahrensregelungen für den Parteiausschluß sind i m Ausland üblich, siehe oben § 7 Β I, F N 15. 14 Meyer-Cording, S. 114. 15 Z u r Geltung des Schikaneverbots i m Prozeßrecht siehe O L G F r a n k f u r t N J W 1979, 1613. 16 Dazu oben § 8 A V I I . 17 So aber § 4 Nr. 1 SchGO CSU. 12

1

196

§

gerchte

Verfahren

über Verfahrensunterlagen. Schriftstücke kommen i h m stets eher zur Kenntnis als dem Adressaten. Die organisatorische Stellung der Bundesschiedskommission der SPD w i r d so gehandhabt, daß die als i h r Büro fungierende Rechtsstelle des Parteivorstands nicht von diesem mit Parteiordnungsverfahren befaßt wird. Soweit der Parteivorstand an einem Verfahren beteiligt ist, läßt er sich durch einen Rechtsanwalt vertreten. Demgegenüber w i r d die Praxis der Schiedskommission des SPDnBezirks Ostwestfalen-Lippe ihrer Rechtsstellung besser gerecht: Der Schriftverkehr w i r d dort über die Anwaltskanzlei des Vorsitzenden abgewickelt. 2. I n bezug auf die Vereinsschiedsgerichtsbarkeit wurde die Frage gestellt, ob die unabhängige Stellung einer solchen Einrichtung erfordere, daß ihre Mitglieder nicht Mitglieder des Vereins seien 18 . Da dem Parteiengesetz die bekannte Praxis der Parteien zugrundelag, n u r eigene Mitglieder i n diese Gremien zu berufen, k a n n ein solches Erfordernis jedenfalls nicht für die Parteischiedsgerichte bestehen 19 . Andererseits sind die Parteien nicht verpflichtet, diese Aufgaben n u r Mitgliedern zu übertragen 2 0 .

3. Das durch A r t . 101 I 2 GG für die staatliche Gerichtsbarkeit aufgestellte Gebot des gesetzlichen Richters soll verhindern, daß durch gezielte Auswahl der i m Einzelfall zur Entscheidung berufenen Personen auf die Rechtsprechung Einfluß genommen wird 2 1 . Dieses w i r d dadurch zu erreichen gesucht, daß ein Normensystem erstellt wird, nach welchem sich i m voraus bestimmt, welcher Richter über welche Sache zu entscheiden haben wird. Das Gebot des gesetzlichen Richters soll also die Unparteilichkeit der Rechtspflege sichern und kann deshalb auch Bestandteil eines gerechten Verfahrens sein. Allerdings besteht zwischen der staatlichen Gerichtsbarkeit und der Parteigerichtsbarkeit ein Unterschied: Bei der Auswahl staatlicher Richter gilt A r t . 33 I I GG; der die Mitglieder der Schiedsgerichte wählende Parteitag 22 entscheidet nach politischen Gesichtspunkten. Dieser politische Einfluß kann m i t dem Gebot des gesetzlichen Richters nicht beseitigt weiden. Ein weiterer Unterschied ist eher praktischer Natur. (Streitigkeiten vor den Schiedsgerichten sind fast immer politischer Natur. Möglichkeiten politischer Manipulationen des Entscheidungsgremiums sind deshalb auch besonders bedeutsam und bedenklich. Vergleichbare Bedeutung hat die 18

Siehe etwa StJ-Schlosser, § 1032, A n m . I 3 b. V o n Katte, S. 55; ebenso, unter Hinweis auf die größere Sachkunde der Parteimitglieder, Schlicht, S. 154. 20 Seifert, S. 252. (Das wäre vielleicht ein Weg für kleine Parteien, die unter den eigenen Mitgliedern keine geeigneten Schiedsrichter finden, vgl. oben § 8 A I I 2, F N 15.) 21 Rauball, in: v o n Münch, GG, A r t . 101, Rdnr. 1; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 101, Rdnr. 3; BVerfGE 30, 149, 152 f. 22 Beim Landesschiedsgericht der CSU ist es der Parteiausschuß, siehe oben § 8 A I V 2, F N 35. 19

Β . Einzelfragen

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politische Ausrichtung des Spruchkörpers staatlicher Gerichte vorwiegend i n bestimmten Bereichen, etwa i n Arbeits- oder Mietsachen, kaum dagegen i n Handels-, Wettbewerbs- oder Schadenssachen. Deshalb ist auch die Gefahr politischer Manipulation i n der Schiedsgerichtsbarkeit besonders groß, und u m ein gerechtes Verfahren zu gewährleisten, muß das Gebot des gesetzlichen Richters dort besonders streng gehandhabt werden. Die Idee des gesetzlichen Richters beinhaltet, daß für jede Streitsache schon vor Klageerhebung feststeht, welcher Richter bzw. welches Richterkollegium darüber zu entscheiden hat 2 3 . Gewisse Ausnahmen von dieser Idee enthält das staatliche Prozeßrecht dort, wo der Kläger die Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen 24 oder Spruchkörpern 2 5 hat, und, wo der Anklagebehörde ähnliche Befugnisse eingeräumt sind 26 . Diese Regelungen sind verfassungsrechtlich durchaus problematisch. Sie mögen zu vertreten sein, weil es einem Kläger i. d. R. nicht möglich ist, sich vorher soviel Detailkenntnisse zu verschaffen, daß er übersehen kann, welcher Richter wohl für i h n am günstigsten entscheiden wird. Die Gerichtsbarkeit einer Partei ist aber i m Vergleich dazu von viel kleinerem Umfang, so daß es für „Insider" ein leichtes ist, die politische „Linie" mehrerer i n Betracht kommender Schiedsgerichte herauszufinden. Deshalb ist es grundsätzlich nicht zulässig, Antragstellern die Wahl zwischen mehreren Schiedsgerichten zu geben. Dies sehen die Schiedsgerichtsordnungen auch nicht v o r 2 7 , m i t Ausnahme von § 19 I, I I SchO SPD. Danach ist dann, w e n n ein Parteiordnungsverfahren nicht durch einen schlichten Antrag, sondern durch „Sofortmaßnahmen" 2 8 , deren Anordnung gemäß § 19 I 1 SchO SPD gleichzeitig als A n t r a g auf Durchführung eines Parteiordnungsverfahrens gilt, eingeleitet w i r d , i n erster Instanz nicht, wie sonst gemäß § 6 I I 1 SchO SPD, die Schiedskommission des Unterbezirks, sondern die des Bezirks zuständig 2 9 . Das Problem besteht darin, daß das antragstellende G r e m i u m 3 0 n u r Sofortmaßnahmen zu 23 BVerfGE 27, 18, 34, m . w . N . ; H a m a n n / L e n z , A r t . 101, A n m . A 3. Siehe auch § 34 I 2 OrgSt SPD: „Bei Bedarf können mehrere Kommissionen gebildet werden, deren Zuständigkeit für die Dauer ihrer Amtszeit i m Voraus festzulegen ist." 24 § 35 ZPO. 25 § 96 I GVG. 26 Siehe Kleinknecht, vor § 7, Rdnr. 5; Löwe / Rosenberg, vor § 7, Rdnr. 24 f.; kritisch Peters, S. 119 f.; MDHS-Maunz, A r t . 101, Rdnr. 2 8 - 3 2 (1971). 27 Z u dem ähnlichen Fall, daß sich die Zuständigkeit des Richters nach der sich aus der Anklageschrift ergebenden Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft richtet, siehe P. M ü l l e r JZ 1976, 587 - 589. 28 So die Terminologie der SchO SPD. Gemeint sind Maßnahmen nach § 10 V 4 PartG (vorläufige Maßnahmen). 29 Z u r Vereinbarkeit dieser Regelung m i t dem Gleichheitssatz siehe oben § 8 Ε I I 2. 30 Nach § 18 I SchO SPD der „zuständige" Bezirksvorstand oder der Parteivorstand.

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§

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Verfahren

verhängen braucht, u m die erstinstanzliche Zuständigkeit der Bezirksschiedskommission u n d die letztinstanzliche der Bundesschiedskommission 31 zu erzwingen. Dagegen ist sonst i n erster Instanz die Unterbezirksschiedskommission 3 2 u n d i n zweiter Instanz die Bezirksschiedskommission 33 zuständig; eine dritte Instanz ist dann n u r ausnahmsweise gegeben 34 . U m die Benutzung vorläufiger Maßnahmen zur Umgehung des „gesetzlichen" Schiedsrichters zu verhindern, wäre daran zu denken, daß die Bezirksschiedskommissionen als Voraussetzung ihrer A n r u f u n g nicht n u r prüfen, ob Sofortmaßnahmen angeordnet wurden, sondern auch, ob diese A n o r d n u n g rechtens w a r 3 5 . Allerdings sind die i n § 10 V 4 PartG u n d i n § 18 SchO SPD geregelten Voraussetzungen der A n o r d n u n g recht unbestimmt u n d deshalb nicht geeignet, der Bestimmung des zuständigen Schiedsgerichts zu dienen. Außerdem ist damit nicht der F a l l erfaßt, daß eine zulässige Sofortmaßnahme unterbleibt, u m nicht die Zuständigkeit der Bezirksschiedskommission zu begründen, u n d eine Befugnis der Unterbezirksschiedskommission, zu prüfen, ob Sofortmaßnahmen hätten verhängt werden dürfen, enthält die Schiedsordnung der SPD nicht. Damit ist § 19 I, I I SPD m i t dem Gebot des gesetzlichen Richters u n d eines gerechten Verfahrens nicht vereinbar. M i t diesem Gebot ist es ebenfalls nicht vereinbar, w e n n Schiedsrichter ohne sachlichen G r u n d ihre M i t w i r k u n g an der Entscheidung verweigern. Eine Stellungnahme zu einem Befangenheitsantrag darf nicht dadurch umgangen werden, daß der Betroffene v o n einer M i t w i r k u n g absieht, ohne den A n t r a g als begründet anzuerkennen 3 6 . I I . Beistände und Vertreter § 3 I I I B R A O ergibt, daß sich das M i t g l i e d i m Ausschlußverfahren a n w a l t lich vertreten lassen kann 3 7 . Neben Rechts an w ä l ten k o m m e n aber auch andere Personen als Vertreter oder wenigstens als Beistand i n Betracht. Ein Beistand t r i t t neben der (Prozeß-)Partei auf, u m für sie vorzutragen. Da er k e i n Vertreter ist, k a n n er nicht an ihrer Stelle handeln 3 8 . Praktisch bedeut31

§ 26 I SchO SPD, § 1 I I 1 SchO SPD. 33 § 25 I SchO SPD. 34 § 26 I I SchO SPD. Siehe zu dieser u n k l a r e n Regelung B G H N J W 1980, 443; sowie BSchK v o m 11. V I I I . 1977, g. H. L., Bl. 12: Die BSchK hob einen Verweisungsbeschluß der BezSchK Ostwestfalen-Lippe an die UBSchK Gütersloh auf u n d führte aus: „ A u f keinen Fall dürfte . . . die Berufung zur Bundesschiedskommission etwa dadurch unmöglich gemacht werden, daß das Verfahren bei der Bezirksschiedskommission endet, w e i l die Verweisung an die Unterbezirksschiedskommission i r r i g als Verweisung zur Entscheidung aufgefaßt u n d etwa . . . das Verfahren auf diese Weise der Bundesschiedskommission entzogen werden könnte." (Zum politischen H i n t e r g r u n d siehe Hasenritter, S. 183). 35 Die BezSchK müßte ggf. an die UBSchK verweisen, ähnlich der Eröffnung des Strafverfahrens vor Gerichten unterer Ordnung nach § 209 I StPO. Vgl. auch die Feststellung i n BVerfGE 18, 423, 428, die Zuständigkeit der Großen Strafkammer werde nicht durch die Anklageerhebung, sondern durch den Eröffnungsbeschluß begründet. 36 Unrichtig also BSchK v o m 23. X . 1975, g. P. S., Bl. 14. 37 Siehe oben § 8 D. 38 Rosenberg / Schwab, S. 309; Bruns, S. 88; Roxin, S. 101 f., Eyermann / Fröhler, § 67, Rdnr. 22. 32

Β. Einzelfragen

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sam ist dieser Unterschied, w e i l ein bloßer Beistand nicht ohne das Mitglied an der mündlichen Verhandlung teilnehmen kann; Schriftsätze können notfalls v o m Beistand ausgearbeitet u n d v o m M i t g l i e d unterschrieben werden. Daß das M i t g l i e d die Möglichkeit haben müsse, durch einen Vertreter an der Verhandlung teilzunehmen, verlangt ein gerechtes Verfahren n u r da, wo es dem M i t g l i e d nicht möglich oder nicht zumutbar ist, selbst zu k o m men (Inhaftierung, K r a n k h e i t , längerer Auslandsaufenthalt). Das Recht, einen Beistand hinzuziehen zu dürfen, ist dagegen allgemein anerkannt 3 9 . Die Beschränkung der Beistandschaft auf Mitglieder der eigenen Partei 4 0 n i m m t Rücksicht auf deren Interessen 41 . E i n gerechtes Verfahren muß nicht, w i e es bei § 3 I I I B R A O der F a l l ist, einseitig an den Interessen des einzelnen Rechtssuchenden ausgerichtet sein. Da i n der eigenen Partei auch regelmäßig genügend geeignete Mitglieder zu finden sein werden, die zur Übernahme dieser F u n k t i o n bereit sind, ist die Einschränkung hinzunehmen 4 2 . Sollte das ausnahmsweise nicht so sein, u n d w i l l die Partei einem m i t t e l losen M i t g l i e d auch keinen „ A r m e n a n w a l t " finanzieren, muß sie auch ein Nichtmitglied als Beistand akzeptieren 4 3 .

I I I . Die Einleitung des Verfahrens 1. Regelungen, d i e d i e B e f u g n i s z u r E i n l e i t u n g v o n A u s s c h l u ß v e r f a h r e n d e n V o r s t ä n d e n der Gebietsveifoände v o r b e h a l t e n , d e n e n das M i t g l i e d a n g e h ö r t 4 4 , e x i s t i e r e n ebenso w i e solche, d i e j e d e m O r g a n u n d j e d e r G l i e d e r u n g dieses Recht e i n r ä u m e n 4 5 . D i e B e s c h r ä n k u n g a u f „ z u s t ä n d i g e " G r e m i e n soll o f f e n b a r v e r h i n d e r n , daß u n b e t e i l i g t e G e b i e t s v e r b ä n d e sich u m A n g e l e g e n h e i t e n k ü m m e r n , „ d i e sie n i c h t s a n g e h e n " . Sie h a t eine gewisse P a r a l l e l e i n s t a a t l i c h e n Prozeßgesetzen, d i e e i n „iRechtsschutzinteresse" z u r V o r a u s s e t z u n g e i n e r zulässigen K l a g e m a chen 4 6 , s o w i e i n d e n v i e l f ä l t i g e n K o m p e t e n z r e g e l u n g e n , d i e das Staatsu n d V e r w a l t u n g s r e c h t ü b e r h a u p t e n t h ä l t . P r o b l e m a t i s c h i s t sie, w e i l den u n t e r e n Gliederungen d a m i t weitgehend die Möglichkeit genomm e n ist, V e r f a h r e n gegen S p i t z e n p o l i t i k e r e i n z u l e i t e n , a b e r d i e P f l i c h t z u e i n e r so w e i t e n A u s g e s t a l t u n g d e r A n t r a g s b e f u g n i s l ä ß t sich n i c h t a u f e i n gerechtes V e r f a h r e n g r ü n d e n . E i n Interesse u n t e r e r G l i e d e r u n 39

§ 18 I PGO CDU; § 11 I I I SchO SPD; § 17 I SchGO FDP; L G T r i e r N J W 1974, 1774; Lengers, S. 180; Luthmann, S. 119; Zimmermann, S. 103; vgl. auch BVerfGE 38, 105, 112- 114 (für Zeugen); anders noch PVSchK in: Lengers, S. 317 f., „ w e i l sich der Antragsgegner Degenhardt als Dr. j u r . u n d Rechtsanwalt selbst verteidigen konnte" (und w e i l der als Beistand vorgesehene Rechtsanwalt einer anderen Partei angehörte). 40 Siehe oben § 8 D, F N 103. 41 Siehe oben § 8 D. 42 So i. E. auch Zimmermann, S. 105, m. w. N. 43 Ä h n l i c h Zimmermann, S. 105. 44 §11 I I SchGO FDP; §9 I Satzung CSU; u n k l a r §11 I I I 1 Statut C D U (der „örtlich oder sachlich zuständige" Parteivorstand). 45 §35 I V 1 OrgSt SPD; § 11 V I I 1 Satzung Grüne; § 25 V 1 Satzung SSW. 46 Siehe etwa Redeker / von Oertzen, § 42, Rdnr. 28 ff.

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§

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Verfahren

gen, gegen Spitzenpolitiker ihrer Partei vorzugehen, ist durch die demokratische innere Ordnung der Parteien geschützt. Sie können i m normalen Willensbildungsprozeß — vor allem bei innerparteilichen Wahlen — darauf hinwirken, daß der Betreffende nicht wieder gewählt wird. E i n gerechtes Verfahren verlangt nicht, daß alle Parteigliederungen darüber hinaus auch prozessuale Einflußmöglichkeiten haben müssen — zumal das schiedsgerichtliche Verfahren j a zum Schutz des einzelnen Mitglieds gegenüber der Partei angeordnet w u r de 47 . Allerdings ist es auch nicht unzulässig, allen Gebietsverbänden die Antragsbefugnis einzuräumen. »Sofern das i m Einzelfall dazu führt, daß Gliederungen Verfahren einleiten i n Fällen, die sie w i r k l i c h nichts angehen, wäre der Antrag mißbräuchlich und deshalb unzulässig. Die Beschränkung der Antragsbefugnis auf Vorstände entspricht der A u f gabenzuweisung des § 11 I I I 1 PartG; sie ist m i t einem gerechten Verfahren vereinbar. Mitgliederversammlung oder Parteitag werden dadurch nicht gehindert, den Vorstand m i t der Einleitung eines Verfahrens zu beauftragen 4 8 . Nach Z i m m e r m a n n 4 9 k a n n der A n t r a g auf Einleitung eines Ausschlußverfahrens n u r v o n einem Organ i. S. d. § 8 I I PartG gestellt werden, w e i l nach § 10 I I I Nr. 3 PartG „die Parteiorgane, die Ordnungsmaßnahmen anordnen können", i n der Satzung bestimmt werden müssen; der Begriff der A n o r d nung umschließe sowohl die Einleitung w i e die Entscheidung einer Ordnungsmaßnahme 5 0 . Dem ist nicht zu folgen. A n o r d n u n g ist n u r die verbindliche Festlegung einer Maßnahme, nicht aber deren Vorbereitung. Außerdem besagt j a § 10 V 1 PartG, daß n u r das Schiedsgericht den Ausschluß „anordnen" kann. Eine Antragsbefugnis v o n Nicht-Organen — etwa einer bestimmten Mindestzahl v o n Mitgliedern — wäre m i t einem gerechten Verfahren n u r dann nicht zu vereinbaren, w e n n an sie so geringe Anforderungen gestellt würden, daß Mißbräuche i n großem Umfang stattfänden.

2. Ein gerechtes Verfahren verlangt, daß mit seiner Einleitung nicht beliebig lange gewartet werden darf 51 . Dafür sprechen mehrere Gründe. Wenn das Verhalten eines Mitglieds seinen Ausschluß erforderlich macht, liegt es regelmäßig i m Interesse der Partei, daß dies bald geschieht, und nicht erst dann, wenn die Sache schon vergessen ist. Das Interesse des Mitglieds verlangt, daß es ggf. bald weiß, ob es sich verteidigen muß 52 , und daß i h m nicht längere Zeit — u m sein sonstiges „Wohlverhalten" zu erzwingen — mit einem Ausschluß gedroht werden kann 5 3 . Verjährungsvorschriften, wie sie das Straf recht 54 und das Z i v i l 47

Siehe oben § 7 Β I. Siehe §§ 11 I I I 1, 9 I 1 PartG. I m übrigen verlangt auch A r t . 21 I 3 GG, daß der Vorstand Beschlüssen der Mitgliederversammlung nachkommt. 49 Zimmermann, S. 77. 50 AaO. 51 Vgl. Meyer-Cording, S. 81 u n d S. 120; Soergel / Schultze-von Lasaulx, § 25, Rdnr. 37; B G H Z 27, 297, 305, u n d RGZ 129, 45, 49 (für Genossenschaft). 52 Zimmermann, S. 88; Wolfrum, S. 149; Meyer-Cording, S.81. 53 Wolfrum, S. 149. 54 §§ 78 ff. StGB; siehe auch §§ 31 ff. OWiG; § 4 BDO. 48

Β . Einzelfragen

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recht 55 kennen, enthalten die Parteisatzungen nicht. Die dreißigjährige Frist nach § 195 BOB wäre keine Lösung. Gegen die deshalb vorgeschlagene Anwendung des Instituts der Verwirkung 5 6 wurde vorgebracht, es sei ungeeignet, weil es so unpräzise sei, daß mehrere Schiedsgerichte, die über mehrere an derselben Tat beteiligte Mitglieder zu entscheiden hätten, zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen könnten 57 . Das überzeugt nicht. Die gesetzlich vorgesehene räumlich gegliederte Schiedsgerichtsbarkeit bringt es mit sich, daß immer wieder divergierende Entscheidungen fallen können. Die Verwirkung bildet da keine Ausnahme. Verwirkung i m zivilrechtlichen Sinn bedeutet, daß ein Anspruch oder ein Gestaltungsrecht erlischt, wenn seit der Möglichkeit seiner Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, auf Grund derer die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt 58 . Dieser Inhalt der Verwirkung kann auf die Antragäbefugnis i m Parteiausschlußverfahren nicht ohne Modifikationen übertragen werden, weil dort stets mehrere antragsberechtigte Gremien bestehen 59 . Die Möglichkeit, ein Antragsrecht auszuüben, hat ein Parteiorgan erst, wenn es von einem beanstandungswürdigen Verhalten des M i t glieds erfährt. Dieser Zeitpunkt kann für die einzelnen antragsberechtigten Gremien sehr unterschiedlich sein. I n allen Parteien ist der Vorstand der Gesamtpartei antragsbefugt 60 . Dieser w i r d gerade von Vorfällen, die kein überörtliches Aufsehen erregen, selten 'Kenntnis bekommen. Es wäre widersinnig, die Möglichkeit eines Ausschlußantrags dann lange offenzuhalten, wenn das beanstandete Verhalten wenig Aufsehen hervorgerufen hat. A u f die Kenntnis aller Antragsbefugten kann es also nicht ankommen. Noch unsinniger wäre das i n den Parteien, die allen Gliederungen Antragsrecht einräumen: Wenn man warten w i l l , bis auch der letzte Ortsverein die schlimme Nachricht erhalten hat, kommt es nie zu einer Verwirkung des Antragsrechts. Andererseits kann nicht darauf verzichtet werden, auf die Kenntnis wenigstens eines antragsberechtigten Organs abzustellen. Kenntnis ist die Voraussetzung, ohne die kein Antragsrecht ausgeübt werden kann, und aus55

§§ 194 ff. BGB. Heimann, politische Parteien, S. 59; ders., Schiedsgerichtsbarkeit, S.228; Wolfrum, S. 149 (unter Bezugnahme auf RGZ 129, 45, 49, und RG JW 1930, 2693, 2694). 57 Zimmermann, S. 89. 58 Palandt / Heinrichs, §242, A n m . 9 a; B G H Z 43, 289, 292; E r m a n / S i r p , § 242, Rdnr. 84, m. w. N. 59 Siehe oben 1. 60 §11 V I I 1 Satzung Grüne; § 35 I V 1 OrgSt SPD i. V. m. §§18 I, 19 I 1 SchO SPD; § 11 I I I Statut CDU; § 11 Nr. 2 Buchst, a SchGO FDP; § 9 I 1 Satzung CSU. 56

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§

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Verfahren

schlußwürdiges Verhalten w i r d nicht immer alsbald bekannt. Sich mit irgendeinem antragäberechtigten Gremium zu begnügen, ist da problematisch, wo eine unübersehbare Zahl von Antragsberechtigten besteht. Es kann nicht maßgebend sein, ob zufällig ein an der Sache völlig unbeteiligter Ortsverein Kenntnis erlangt hat. Es muß deshalb auf die Kenntnis derjenigen iStellen ankommen, deren Tätigwerden nach Lage der Dinge i n Betracht kommt. Das w i r d bei Vorfällen, die nur örtliches Aufsehen erregen, kaum der Vorstand der Gesamtpartei sein. Welche Gremien das sind, läßt sich gerade von den mit der Parteipraxis vertrauten Schiedsgerichten unschwer feststellen. Es muß nicht unbedingt der für das Mitglied organisatorisch zuständige Vorstand sein, der Grund zum Tätigwerden sieht. So schaltete sich der SPDBezirk Ost west falen-Lippe ein, als ein zum Bezirk Niederrhein gehörendes SPD-Mitglied i n der Universität Bielefeld auf Flugblättern seine gleichzeitige Mitgliedschaft i m Ring Christlich-^Demokratischer Studenten kundtat. Sobald nun ein als Antragsteller i n Betracht kommendes Gremium Kenntnis hat, kann mit der Entscheidung, ob ein Verfahren stattfinden soll, nicht beliebig lange gewartet werden. Andererseits kann auch keine übertriebene Eile, kein „unverzügliches" Vorgehen erwartet werden. Man kann nicht erwarten, daß zu diesem Zweck eine Sondersitzung einberufen oder die Sommerpause unterbrochen wird. Auch w i r d es häufig angebracht sein, noch vor der Einleitung eines förmlichen Verfahrens eine Beilegung der Angelegenheit zu versuchen. Insgesamt dürfte der Zeitraum von einem halben Jahr ausreichen 61 . Danach braucht ein Mitglied i. d. R. nicht mehr damit zu rechnen, mit einem Verfahren überzogen zu werden. Bis zum E i n t r i t t der Verwirkung kann allerdings jedes dazu befugte Gremium den Antrag stellen. Das Mitglied hat kein Recht darauf, daß nur bestimmte Vorstände oder Gliederungen ihre Befugnis wahrnehmen. 3. Eine weitere Frage ist, ob ein gerechtes Verfahren verlangt, daß der das Verfahren einleitende A n t r a g einen bestimmten Mindestinhalt hat. Das m i t einem V o r w u r f konfrontierte M i t g l i e d k a n n sich n u r dann sinnvoll verteidigen, w e n n es weiß, welche tatsächlichen Umstände i h m zur Last gelegt werden 6 2 , u n d angesichts der i m Vergleich zum Strafrecht eher unbestimmt gefaßten Ausschlußvorschriften muß sich auch aus dem A n t r a g ergeben, wieso das antragstellende Gremium das bezeichnete Verhalten für ausschlußbegründet h ä l t 6 3 . Letzteres k a n n auch unüberlegten Anträgen ent61 So auch Wolfrum, S. 149; ähnlich Schlicht, S. 85: M i t einem 1 3 Λ Jahre zurückliegenden Verhalten könne ein Ausschlußantrag nicht begründet w e r den. UBSchK Gelsenkirchen v o m l l . V . 1974, g. G. H., Bl. 6, lehnte die Berücksichtigung von V o r w ü r f e n ab, die sich auf das Jahr 1959 (!) bezogen. 62 Zimmermann, S.82; vgl. auch § 163 a I V 1 StPO. 63 Ä h n l i c h LSchG v o m 15. I I I . 1969, g. R. N., Bl. 5 (Das Vorbringen des A n tragstellers müsse substantiiert sein.); BezSchK Westliches Westfalen v o m

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gegenwirken 6 4 . Es bleibt die Frage, ob die Einleitung des Verfahrens auch das Verlangen, das M i t g l i e d auszuschließen, enthalten muß 6 5 . Daß gerichtliche Verfahren m i t einem möglichst bestimmten A n t r a g eingeleitet werden müssen bzw. sollen, ist ein i m Prozeßrecht verbreiteter Grundsatz 6 6 . Diesem Grundsatz w i r d selbst die v o m Legalitätsprinzip beherrschte Strafprozeßordnung noch gerecht, obwohl § 200 StPO nicht verlangt, daß i n der Anklageschrift bereits ein bestimmter Strafantrag gestellt w i r d . Die „anzuwendenden Strafvorschriften", die gemäß § 200 I 1 StPO bezeichnet werden müssen, ergeben, auf welche Strafen sich der Angeklagte einrichten kann. Somit verlangt ein gerechtes Verfahren, daß bereits bei seinem Beginn geklärt w i r d , welches Ziel m i t i h m verfolgt w i r d 6 7 .

I V . Verfahrenshindernisse 1. W i e j e d e m Prozeß, k ö n n e n auch d e m A u s s c h l u ß v e r f a h r e n H i n dernisse entgegenstehen. E i n solches l i e g t v o r , w e n n i n d e r Sache b e r e i t s eine e n d g ü l t i g e E n t s c h e i d u n g d u r c h e i n Schiedsgericht e r g a n g e n ist. Es w ü r d e d e r F u n k t i o n schiedsgerichtlicher E n t s c h e i d u n g e n w i d e r sprechen, w e n n sie d u r c h e i n neues V e r f a h r e n a u f g e h o b e n w e r d e n k ö n n t e n 6 8 . «Soweit i d a r i n b e r e i t s gegenüber d e m M i t g l i e d e i n e M a ß n a h me verhängt wurde, bildet die Parallele z u m ne-bis-in-iidem-Satz69 ein zusätzliches A r g u m e n t 7 0 . A n d e r E n d g ü l t i g k e i t d e r Ausschlußentscheid u n g f e h l t es, w e n n d e r e n Ü b e r p r ü f u n g d u r c h e i n staatliches G e r i c h t i h r e U n g ü l t i g k e i t e r g i b t . D a aber das V e r t r a u e n d e r B e t e i l i g t e n i n d i e e i n m a l getroffene E n t s c h e i d u n g g r u n d s ä t z l i c h z u schützen ist, d a r f eine a u f e i n staatliches G e r i c h t s u r t e i l h i n e r f o l g e n d e W i e d e r a u f n a h m e des 12. I I I . 1976, g. K. W. u. a., Bl. 2 (Die Berufungsbegründung verlange ein substantiiertes Eingehen auf die Entscheidung der Vorinstanz.) — Die Bezeichnung der rechtswidrigen Tat u n d der verletzten N o r m w i r d auch verlangt i n § 200 I 1 StPO; §§ 49 I I I 1, 64 I I , 92 BVfGG. 64 Zimmermann, S.82. 65 Diese Frage ist schon durch parteieigene Normen geregelt, w e n n n u r die Ausschlußkompetenz den Schiedsgerichten vorbehalten ist, andere Maßnahmen aber durch Vorstände verhängt werden können, siehe § 48 I I I 1 Satzung CSU; § 10 I Statut CDU. 66 §§ 253 I I Nr. 2, 254 ZPO; § 82 I 1 V w G O ; § 65 I 1 FGO; § 92 Satz 1 SGG; Lechner, §23, A n m . 4 a zu Abs. 1; M a u n z / K l e i n , BVfGG, § 23, Rdnr. 4 (1979). Selbst die Sollvorschriften i n den verwaltungsprozessualen Gesetzen befreien nicht davon, daß vor der Entscheidung ein bestimmter A n t r a g gestellt w i r d , Grunsky, S. 49 f., m. w. N. 67 W e n n die Antragsschrift keinen bestimmten A n t r a g enthält, k a n n aber das Schiedsgericht Gelegenheit geben, diesen Mangel zu beheben. 68 Strunk, S. 163 f.; Heimann, politische Parteien, S. 96; für das staatliche Prozeßrecht: Grunsky, S.484f.; Roxin, S. 272; Jauernig, S. 197 f.; Zeiss, S. 200. I m Verwaltungsprozeß stellen sich besondere Probleme, w e n n i m W i d e r spruch zu einem rechtskräftigen U r t e i l ein neuer Verwaltungsakt ergeht, dazu Redeker / von Oertzen, § 121, Rdnr. 5; Ule, S. 256. 69 A r t . 103 I I I GG. 70 Strunk, S. 163 f.; Luthmann, S. 119.

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Verfahrens nur insofern stattfinden, als sie der Behebung darin festgestellter Mängel dient. Wenn etwa das Schiedsgericht den Ausschluß nur auf einen von mehreren Tatkomplexen gestützt und die Ausschlußrelevanz der übrigen Vorfälle dahingestellt gelassen hat, das staatliche Gericht jedoch diesen Ausschlußgrund für nicht gegeben ansah, können die übrigen Ausschlußgründe noch geprüft werden. Anderenfalls würde man den Schiedsgerichten aufbürden, ihre Entscheidungen stets „mehrspurig" zu begründen — was von staatlichen Gerichten nicht verlangt wird 7 1 . Ebenso ist es zulässig, vom staatlichen Gericht festgestellte Verfahrensfehler nun zu korrigieren, etwa i n richtiger Besetzung des (Schiedsgerichts erneut zu entscheiden. 2. Sofern eine schiedsgerichtliche Entscheidung bereits vorliegt, i n der die Zulässigkeit eines Verfahrens verneint wurde, hängt es von ihrem Inhalt ab, ob ein neuer Antrag zulässig ist. Wurde die Zulässigkeit wegen Zeitablaufs verneint 7 2 , kann kein neues Verfahren mehr zulässig sein. Anders etwa, wenn der Antrag eines unbefugten Gremiums zurückgewiesen wurde. Ein befugtes Gremium kann dadurch nicht an seinem Tätigwerden gehindert werden 73 . 3. Auch die verfahrensbeendigende Funktion einer nichtstreitigen Erledigung, insbesondere einer „gütlichen Beilegung" 7 4 muß dann, wenn sie unter M i t w i r k u n g des Schiedsgerichts zustande kommt, regelmäßig einem neuen Verfahren entgegenstehen. Das mag i m staatlichen Recht nicht immer der Fall sein 75 . Der Beteiligte eines ParteiausschlußVerfahrens muß sich jedoch darauf verlassen können, daß eine Verfahrensbeendigung, an der das Schiedsgericht mitgewirkt hat, endgültig ist, sofern ihm nicht anderes bedeutet wird. 4. Gütliche Einigungen, die vor oder außerhalb eines schiedsgerichtlichen Verfahrens zustande kommen, als Verfahrenshindernisse anzusehen, wäre problematisch. Dann könnte ein einziges antragsbefugtes Gremium durch Zusammenwirken m i t dem Mitglied die Antragsbefugnis anderer Gremien zunichte machen. Eine solche Einigung kann daher nur einem Antrag des an ihr beteiligten Organs entgegenstehen 76 . 71 Baumbach / Hartmann, §313, A n m . 7 A u n d C; Redeker / von Oertzen, § 108, Rdnr. 9. Für den Strafprozeß enthalten §§ 267 I I I 1 StPO, 52, 53 StGB zwar stärkere Anforderungen, aber durch die A n w e n d u n g der §§ 154, 154 a StPO k a n n dort ein ähnliches Ergebnis erreicht werden. 72 Oben I I I 2. 73 Z u eng Zimmermann, S. 117: „War der A n t r a g aber unzulässig u n d deshalb zurückgenommen, k a n n er i n zulässiger Weise erneut erhoben werden." 74 § 10 SchO SPD; § 28 I I 1 PGO CDU; § 11 I SchGO CSU. 75 Ζ. B. bei der Klagerücknahme, § 269 ZPO. 76 Freilich w i r d der I n h a l t dieser Einigung i m Verfahren zu berücksichtigen sein. Falls das M i t g l i e d darin eine „Strafe" auf sich genommen, etwa ein

Β . Einzelfragen

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5. Fraglich ist, ob eine von einem Vorstand verhängte Maßnahme 77 es verbietet, wegen derselben Tat ein Ausschlußverfahren zu betreiben. Einerseits ist es unbefriedigend, wenn ein Vorstand durch Erteilung einer „Rüge" 7 * oder „Verwarnung" 7 9 andere Vorstände hindern kann, den Ausschluß zu betreiben. Andererseits sollte ein Mitglied auch auf die Endgültigkeit einer einmal verhängten Maßnahme vertrauen können — eine rechtsstaatliche Erwägung, die auch dem ne-bis-in-idemSatz zugrunde liegt 8 0 . Den Vorzug verdient hier das Schutzbedürfnis des Mitglieds. Es liegt i n den Händen der Partei, die Kompetenzen so zu verteilen, daß ihre Organe gegenüber dem Mitglied einheitlich agieren. Dazu kann etwa die Satzung Konsultationspflichten vorsehen. Versäumt die Partei es, ihr Maßnahmenwesen durchdacht zu gestalten, wäre es ungerecht, die Folgen davon zu Lasten des Mitglieds gehen zu lassen. V. Verfahrensgrundsätze

Das staatliche Prozeßrecht orientiert sich an bestimmten „Verfahrensgrundsätzen" oder „Prozeßmaximen" 81 , die auch für das Ausschlußverfahren Bedeutung haben können. 1. Untersuchungs- und Verhandlungsgrundsatz Unterschieden w i r d zunächst zwischen dem Untersuchungs- und dem Verhandlungsgrundsatz. Untersuchungsgrundsatz bedeutet, daß das Gericht den zu beurteilenden Sachverhalt von Amts wegen erforschen muß 82 . Der Verhandlungsgrundsatz besagt, daß die Prozeßparteien darüber befinden, welche Tatsachen sie dem Gericht vortragen 83 . Das Prozeßrecht läßt die Tendenz erkennen, diese Maximen adäquat zum jeA m t niedergelegt hat, k a n n dies ein Grund sein, von einem Ausschluß abzusehen. 77 Das ist nur i n den Unionsparteien zulässig, §10 Statut CDU u n d §48 Satzung CSU. Keine solche Maßnahme ist es, w e n n ein Vorstand ein Fehlverhalten zum Anlaß für eine „letzte Warnung" n i m m t und für den nächsten Verstoß ein Ausschlußverfahren androht, so BSchK v o m 11. X I I . 1981, g. K . H . , Bl. 19 f.; BezSdiK Niederrhein, in: Gatzmaga / Piecyk, S. 101, 109; a. M. Hasenritter ZRP 1982, 95. 78 § 48 I I 1 Buchst, a Satzung CSU. 79 § 10 I I Nr. 1 Statut CDU. 80 Hamann / Lenz, A r t . 103, A n m . Β 5. 81 Dazu Grunsky, S. 16 ff. 82 Grunsky, S. 163 u n d S. 173; Bruns, S. 98; siehe auch § 86 I 1 V w G O ; § 103 Satz 1 SGG; § 76 I 1 FGO; § 83 I 1 A r b G G ; §§ 616, 617 ZPO. 83 Grunsky, S. 163; Bruns, S. 98 f.; siehe auch §§ 138 I I I , 288, 331 ZPO. Eine ähnliche Unterscheidung besteht hinsichtlich der Einleitung eines Verfahrens zwischen der Offizial- u n d der Dispositionsmaxime, dazu Grunsky, S. 24 f.; Bruns, S. 98 f.

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Verfahren

weiligen materiellen Recht anzuwenden. Dort, wo der materielle Anspruch der freien Verfügung der Prozeßparteien unterliegt, gilt regelmäßig der Verhandlungsgrundsatz 84 . I m Schuldrecht etwa steht es dem Kläger ( = Gläubiger) frei, auf seine Geldforderung auch dann zu verzichten, wenn er sie für berechtigt hält; der Beklagte ( = Schuldner) kann auch dann erfüllen, wenn er weiß, daß die Forderung gar nicht besteht. Dagegen darf die 'Behörde auf eine Steuerschuld nur dann verzichten, wenn ein gesetzlicher Ausnahmetatbestand vorliegt 8 5 . Schon gar nicht könnte ein Angeklagter, der seine Schuld einsieht und auch das von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafmaß für richtig hält, durch ein „Anerkenntnis" selbst die Rechtsgrundlage für den Vollzug seiner Strafe schaffen und so ein Gerichtsurteil überflüssig machen 86 . Wollte man von den beiden Maximen die für das Ausschlußverfahren passendere heraussuchen, spräche manches für den Untersuchungsgrundsatz 87 . Zwingend vorgeschrieben ist, daß die Ausschlußentscheidung nur durch ein Schiedsgericht und nur bei Vorliegen des gesetzlichen Tatbestands erfolgen darf. Diese Regelungen wurden mit Rücksicht auf das Erfordernis innerparteilicher Demokratie geschaffen, das selbst auch nicht zur Disposition der politischen Parteien steht. Dennoch ist es problematisch, aus dem Erfordernis eines gerechten Verfahrens die zwingende Geltung des Untersuchungsgrundsatzes zu folgern. Da das staatliche Recht beide Maximen kennt, kann keine eo ipso als die „gerechtere" gelten. Das Prozeßrecht wendet auch keine von ihnen uneingeschränkt an 88 . Der Verhandlungsgrundsatz erfährt z. B. Ausnahmen, wenn das Gericht nach § 273 I I Nr. 2 ZPO von sich aus amtliche Auskünfte oder Urkunden beschafft oder wenn es nach §293 Satz 2 ZPO fremdes Recht, Gewohnheitsrecht oder Statuten ermittelt 8 9 . Auch i m Ausschlußverfahren spielen Elemente eine Rolle, die der Disposition von Beteiligten unterliegen 90 . Die Einleitung des Verfahrens steht i m Ermessen der dazu befugten Stellen; das Ziel, die Mitgliedschaft zu beenden, kann das Mitglied auch durch seinen Austritt herbeiführen 91 . § 14 I 1 PartG, der den Schiedsgerichten auch die Aufgabe 84 85 86 87

CSU. 88

Grunsky, S. 164; Zeiss, S. 65; Rimmelspacher, S. 149 u n d S. 23 ff. E t w a § 227 I AbgabenO. Vgl. aber § 56 OWiG. Zimmermann, S. 94 - 97; Schlicht, S. 98; § 23 I I I 1 PGO CDU; § 7 I SchGO

Dazu näher Grunsky, S. 164 ff.; Redeker DVB1 1981, 84; Rimmelspacher, S. 27. 89 Weitere Ausnahmen: § 287 I 2 ZPO; §437 I I ZPO; §§616, 617 ZPO; §653 I 1 ZPO; siehe dazu auch Bruns, S. 99; Baur, S.45 f. 90 Schlicht, S. 91 - 97. 91 Dieser ist gemäß § 10 I I 3 PartG jederzeit möglich. I n diesem F a l l erhält die Partei n u r keine Entscheidung, aus der das Vorliegen v o n Ausschlußgründen hervorgeht.

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der Schlichtung zuweist, zeigt, daß das Gesetz einer nichtstreitigen Beendigung von Verfahren nicht entgegensteht 92 . Ein gerechtes Verfahren verlangt somit nicht, daß eine bestimmte Maxime angewendet wird. Sofern nicht Regelungen getroffen werden, die einzelnen materiellen Vorschriften widersprechen 93 , sind die Parteien frei. 2. Schriftlichkeit

und Mündlichkeit

Schriftlichkeit u n d Mündlichkeit als Verfahrensgrundsätze schließen sich nicht gegenseitig aus. F ü r das Prozeßrecht ist eine Kombination aus beidem charakteristisch 9 4 . Die Frage k a n n n u r sein, i n welchem Mindestumfang ein gerechtes Verfahren Schriftlichkeit oder Mündlichkeit verlangt. Uber die bereits durch § 10 V 3 PartG vorgeschriebene schriftliche Begründung hinaus w i r d zu verlangen sein, daß der das Verfahren einleitende A n t r a g dem M i t g l i e d schriftlich zur Verfügung gestellt w i r d . Ohne diese Unterlage k a n n es sich nicht zweckmäßig verteidigen. I m übrigen wäre Verzicht auf Schriftlichkeit schon vorstellbar, ohne daß das Verfahren „ungerecht" würde. Mündlich verhandelt werden könnte auch ohne vorbereitende Schriftsätze, Ladungen könnte der Vorsitzende telefonisch oder durch Boten statt durch Brief vornehmen. Falls die mündliche Verhandlung unprotokolliert bliebe, müßte das Schiedsgericht durch größere Gedächtnisanstrengungen u n d durch beschleunigte Abfassung der Begründung die Richtigkeit seiner Entscheidung gewährleisten. Das wäre vielleicht etwas unpraktisch, nach dem Gesetz aber zulässig. I n den meisten Verfahren w i r d die Entscheidung aufgrund m ü n d licher Verhandlung die zweckmäßigste Vorgehens weise sein 9 5 ; das allein zwingt aber nicht dazu, sie als durch ein gerechtes Verfahren garantiert anzusehen 96 . Es gibt Fälle, i n denen eine vollständige E r m i t t l u n g des Sachverhalts i m rein schriftlichen Verfahren nicht möglich wäre 9 7 oder zu einer unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer führen würde 9 8 . U. U. ist auch ein Beteiligter zu unbeholfen, u m i m schriftlichen Verfahren seine Belange zweckmäßig wahrzunehmen. V o r allem w i r d das Schiedsgericht für seine Entscheidung oft einen persönlichen Eindruck v o n dem Antragsgegner benötigen 9 9 . Eine Regelung, die n u r ein schriftliches Verfahren zuließe, wäre sicher rechtswidrig. Andererseits sind durchaus Konstellationen denkbar, 92 So auch §§28 I I 1 PGO CDU, 11 I SchGO CSU, 10 SchO SPD, die eine „gütliche Beilegung" vorsehen. 93 Wenn etwa das Schiedsgericht an einen einvernehmlich unrichtigen V o r trag über den Wortlaut der Parteisatzung gebunden wäre, verstieße das gegen die Unabdingbarkeit der §§ 6 I I Nr. 4, 10 I V PartG. 94 Siehe ζ. B. i m Zivilprozeß einerseits §§ 128 I I I 1, 129 I, 130, 159, 160, 253, 273 I I Nr. 1, 276, 277 ZPO, andererseits §§ 128 I, 141, 272 I, 275, 278 ZPO; i m Verwaltungsprozeß einerseits §§ 81, 82, 86 I V V w G O , §§ 108, 104, 124 I I SGG, §§64, 77 FGO, andererseits §§101, 95 I 1 V w G O , §§111 I 1, 44 I, 112, 124 I SGG, §§ 79, 80, 90 FGO; i m Strafprozeß einerseits §§ 133 I, 200 StPO, andererseits §§ 226 ff. StPO. 95 Insofern ist den Ausführungen v o n Zimmermann, S. 110 f., zu folgen. 96 A . M . Seifert / Geeb, DBR, I A 24, A n m . zu §14 Abs. 4 PartG, S. 52; Wolfrum, S. 170; anders auch schon Rabus AöR 78 (1952/53), 184: Die M ü n d lichkeit sei unverzichtbarer prozessualer Grundsatz. 97 Vgl. Hartz DB 1954, 92. 98 Das soll j a auch vermieden werden, siehe unten 5. 99 Wolfrum, S. 170.

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§

gerchte

Verfahren

wo eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist, so oft i m Rechtsmittelverfahren, w e n n keine neuen Tatsachen vorgetragen w e r d e n 1 0 0 oder wenn ein Rechtsmittel unzulässig eingelegt w i r d 1 0 1 . Aber auch i n der ersten Instanz k a n n ohne mündliche Verhandlung auszukommen sein, etwa w e n n das m i t dem V o r w u r f gleichzeitiger Mitgliedschaft i n einer gegnerischen Partei k o n frontierte M i t g l i e d sich ausschließlich damit verteidigt, die politische K l u g heit solchen Verhaltens darzulegen. E i n gerechtes Verfahren verlangt also nur, mündliche Verhandlungen zuzulassen 102 , erlaubt aber auch, i n geeigneten Fällen darauf zu verzichten 1 0 3 . 3. Öffentlichkeit

und

NichtÖffentlichkeit

Einzelne Verfahrensteile vor Beteiligten geheimzuhalten, wäre ungerecht. W e n n also m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g e n oder B e w e i s e r h e b u n g e n a u ß e r h a l b der m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g s t a t t f i n d e n , müssen a l l e B e t e i l i g t e n a n w e s e n d sein d ü r f e n 1 0 4 . D i e Ö f f e n t l i c h k e i t m ü n d l i c h e r V e r h a n d l u n g e n ist i m s t a a t l i c h e n Prozeßrecht 1 0 5 sowie i n A r t . 6 1 2 E u M R K 1 0 6 vorgesehen, a l l e r d i n g s n i c h t u n e i n g e s c h r ä n k t 1 0 7 . «Sie w i r d d a m i t b e g r ü n det, daß das V o l k , i n dessen N a m e n j a die U r t e i l e e r g e h e n 1 0 8 , a u f diese Weise eine gewisse K o n t r o l l e ausüben k ö n n e , u n d daß d a m i t die G e f a h r u n g e r e c h t e r E n t s c h e i d u n g e n v e r m i n d e r t w e r d e n k ö n n e 1 0 9 . Jedoch be100 BSchK v o m 13. X . 1977, g. G. K., Bl. 10; a. M. w o h l Hasenritter, S. 139: Das regelmäßig schriftliche Verfahren der BSchK sei bedenklich. 101 BezSchK Westliches Westfalen v o m 2. X I I . 1969, g. O. B., Bl. 2. 102 Mündliche Verhandlung sehen vor: § 25 I 1 PGO CDU; § 8 I 1 SchGO CSU; § 8 I SchO SPD; § 22 I SchGO FDP. 103 So §§24 I, 39 I PGO CDU (bei unzulässigen u n d offensichtlich unbegründeten Rechtsmitteln); § 21 I SchGO FDP (falls der Antragsgegner zum A n t r a g nicht Stellung n i m m t ) ; §26 I V SchO SPD (bei unzulässigen Berufungen); § 27 I SchO SPD (Zurückverweisung zur Sachverhaltsaufklärung); § 27 I I 1 SchO SPD (offensichtlich unbegründete Berufungen an die BSchK); §27 I I 2 SchO SPD (nach Ermessen der BSchK). Die weitgehenden Möglichkeiten der BSchK, v o n mündlicher Verhandlung abzusehen, dürften m i t Rücksicht auf deren hohen Arbeitsanfall geschaffen worden sein, dazu Hasenritter, S. 76. 104 Strunk, S. 10; L G T r i e r N J W 1974, 1774; Zimmermann, S. 113; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S.240; Seifert, S.255; BVerfGE 41, 246, 249; L u t h mann, S. 119; w o h l auch Hasenritter, S. 139; Begründung der Bundesregierung zu § 16 I V PartGE 1959, in: DrucksBT III/1509, S. 24; Heimann, politische Parteien, S. 65; vgl. auch BVerfGE 54, 100, 116. 105 § 169 G V G (auch i. V. m. § 55 V w G O , § 61 I 1 SGG, § 52 I FGO, § 17 BVfGG); §48 I I I 1 JGG; §52 Satz 1 A r b G G . 106 Unmittelbar ist A r t . 6 I E u M R K allerdings nicht anwendbar. M i t der Bereitstellung des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten m i t obligatorischer mündlicher Verhandlung i m Anschluß an das schiedsgerichtliche Verfahren (vgl. unten § 10 A - C) ist den Erfordernissen aus A r t . 6 I E u M R K genügt. 107 A r t . 6 I 2 E u M R K ; §§ 170 - 174 GVG; § 52 I I FGO; § 61 I 2 SGG; § 52 Sätze 2 und 3 A r b G G ; § 48 I, I I I 2 JGG. 108 §§311 I ZPO, 117 I 1 V w G O , 268 I StPO, 132 I 1 SGG, 105 I 1 FGO. 109 wieczorek, §169 GVG, A n m . A ; Löwe / Rosenberg, Rdnr. 2 vor §169 GVG, m . w . N . ; Zimmermann, S. 107; Wolfrum, S. 170; BGHSt 9, 280, 282;

Β . Einzelfragen

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steht die Legitimation der Parteischiedsgerichte nicht i n einer Bestellung durch das Volk, sondern durch die Mitglieder der Partei, und Anforderungen an ihre innere Ordnung sind es, die die Grundlage dieser Schiedsgerichtsbarkeit bilden 1 1 0 . Daß Entscheidungen gerechter ausfallen, wenn die mündlichen Verhandlungen öffentlich sind, läßt sich pauschal nicht sagen 111 . Allenfalls wäre zu fragen, ob ein gerechtes Verfahren nicht „Parteiöffentlichkeit", also Anwesenheitsrecht für alle Mitglieder der Partei, verlangt. Gerechtes Verfahren heißt in erster Linie, daß gegenüber den Beteiligten gerecht vorgegangen werden soll. Deren Interessenlage spricht nicht stets für Parteiöffentlichkeit 112 . Vor allem können sie darüber gegensätzliche Wünsche haben 113 , auch die Antragsgegner untereinander, wenn gegen mehrere gleichzeitig verhandelt wird. Die durch A r t . 2 1 1 3 GG garantierte innerparteiliche Demokratie läßt es zwar zu, daß die Parteimitgliedschaft ihre Schiedsgerichte durch Parteiöffentlichkeit der Verhandlungen kontrolliert 1 1 4 , verlangt aber nicht, daß Kontrolle gerade auf diese Weise geschieht 115 . Ein gerechtes Verfahren läßt den Parteien hinsichtlich der Öffentlichkeit des Verfahrens Gestaltungsfreiheit 116 . Wohl kann die Rücksichtnahme auf überwiegende Interessen eines Beteiligten verlangen, daß nichtöffentlich verhandelt wird, etwa i n solchen Fällen, wie sie i n § 172 Nr. 2 und 3 GVG bezeichnet sind. Es wäre unfair, dem Mitglied zuzumuten, dazwischen zu wählen, ob es seine Privatangelegenheiten der Parteiöffentlichkeit unterbreiten oder durch unvollständigen Vortrag seinen Ausschluß riskieren soll.

Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 244; Strauch FSchr Mallmann, S. 345 - 357; kritisch Grunsky, S. 224 ff. 110 Dazu oben § 7 Β I. 111 W o h l auch Zimmermann, S. 109; a. M. Strunk, S. 14, w e i l es sich dort u m „politische Delikte" handele. 112 Vgl. dazu die K r i t i k von Grunsky, S. 225. Wenn m a n unterstellt, daß Öffentlichkeitsregelungen A u s w i r k u n g e n auf das Ergebnis des Verfahrens haben, scheint die Öffentlichkeit der Verhandlung nicht i m Interesse des betroffenen Mitglieds zu liegen. I m Verhältnis zu anderen Parteien sieht die SPD die weitesten Öffentlichkeitsregelungen vor u n d praktiziert sie auch (Hasenritter, S. 140); dort besteht aber auch die größte Chance, daß das V e r fahren m i t dem Ausschluß endet (Hasenritter, S. 80). Zur Öffentlichkeit i m Strafverfahren siehe Baumann N J W 1982, 1558 ff. 113 See, S. 43, befürwortet eine Regelung, wonach auf Wunsch des „Angeklagten" Öffentlichkeit herzustellen ist. 114 Parteiöffentlichkeit ist vorgesehen i n § 16 I 1 SchO SPD und § 2 I I SchGO FDP. 115 Α. M. Hasenritter, S. 140; Reifner DuR 1973, 312; Zimmermann, S. 109.— Vgl. auch Ziffer V Schiedsgerichtsregulativ SPÖ (A), wo jedem Beteiligten gestattet ist, bis zu drei Personen als Zuhörer beizuziehen. 116 So Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S. 245; Henke N V w Z 1982, 84; a. M . Strunk, S. 16. 14 Risse

210

§

gerchte 4.

Verfahren

Unschuldsvermutung

I m Strafverfahren gilt gemäß A r t . 6 I I E u M R K , daß bis zum gesetzlichen Nachweis die Unschuld des Angeklagten zu vermuten ist 1 1 7 . Die K o n s t r u k t i o n des Ausschlußverfahrens legt es nahe, diesen Grundsatz auch hier anzuwenden. Wie i m Strafverfahren ist die Entscheidung dem (Schieds-)Gericht v o r behalten 1 1 8 . Außerdem läßt § 10 V 4 PartG vorläufige Maßnahmen n u r i n Grenzen zu. Das M i t g l i e d k a n n n u r v o n der Ausübung seiner Rechte ausgeschlossen werden. Darüber hinausgehende Maßnahmen sind also unzulässig. Insbesondere darf gegenüber dem Betroffenen nicht so getan werden, als sei er k e i n M i t g l i e d m e h r 1 1 9 , u n d die Beweislast für die E r f ü l l u n g des Tatbestandes des § 10 I V PartG darf grundsätzlich nicht beim M i t g l i e d liegen 1 2 0 . 5.

Beschleunigung

Z u e i n e m gerechten V e r f a h r e n g e h ö r t , daß b i n n e n angemessener F r i s t entschieden w i r d u n d daß v o r a l l e m P r o z e ß v e r s c h l e p p u n g e n v e r m i e d e n w e r d e n 1 2 1 . G e g e n ü b e r V e r s c h l e p p u n g e n d u r c h B e t e i l i g t e stehen d e n Schiedsgerichten M i t t e l z u r V e r f ü g u n g 1 2 2 . S c h w i e r i g z u b e h a n d e l n s i n d V e r s c h l e p p u n g e n d u r c h das 'Schiedsgericht selbst. E f f e k t i v e M ö g l i c h k e i t e n , sich dagegen z u w e h r e n , sehen d i e Schiedsgerichtsordnungen nicht vor. D i e Bundesschiedskommission d e r SPD hat z w a r anerkannt, daß gegen die U n t ä t i g k e i t e i n e r U n t e r b e z i r k s - o d e r B e z i r k s s c h i e d s k o m m i s s i o n Beschwerde a n d i e ü b e r g e o r d n e t e I n s t a n z m ö g l i c h i s t 1 2 3 . S o f e r n 117 Z u r dortigen Bedeutung siehe Guradze, A r t . 6, Rdnr. 21 - 26; Meuwissen, S. 446; Castberg, S. 127; Roxin, S. 55; Wieczorek, S. 15; Schlüchter, S. 86 u n d S. 197; Frowein FSchr Huber, S. 553 ff. 118 Ebenso i m Disziplinarrecht hinsichtlich der schwereren Maßnahmen, siehe z. B. §§ 29 I, 33 Satz 1 BDiszO; §§ 29 I, 33 Satz 1 DiszO N W ; §§ 30 I, 34 Satz 1 DiszO Nds; § 14 I LDiszO BW. 119 Unrichtig BezSchK Niederrhein in: Lengers, S. 273, 275 f.: Da aufgrund v o n Sofortmaßnahmen alle Rechte der Betroffenen ruhten, könnten sie keinen Anspruch auf die Anrede „Genossen" haben. (Ob ein solcher Anspruch ansonsten besteht, wurde offengelassen.) 120 Die Unschuldsvermutung hat auch die Bedeutung einer Beweislastregel, Guradze, A r t . 6, A n m . 24, m. w. N.; Frowein FSchr Huber, S. 553. — Z u möglichen Ausnahmen siehe unten V I 5. 121 § 5 I 1 SchGO CSU; L G T r i e r N J W 1974, 1774; Strunk, S. 10; Z i m m e r mann, S. 113 u n d S. 155; Heimann, Schiedsgerichtsbarkeit, S.247; Seifert, S. 255; Schlicht, S. 102; Luthmann, S. 119; Seifert / Geeb, DBR, I A 24, A n m . zu § 14 I V PartG; Begründung der Bundesregierung zu § 16 I V PartGE 1959, in: DrucksBT III/1509, S. 24; vgl. auch A r t . 6 I 1 E u M R K (Siehe dazu ζ. B. E u G M R EuGRZ 1981, 490, 496; SchweizBG EuGRZ 1981, 502); §23 I PGO CDU. 122 F ü r Stellungnahmen v o n Beteiligten können Fristen gesetzt werden (§§16 I, 21 I SchGO FDP; § 5 I I SchGO CSU); w e n n ein Beteiligter zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint, k a n n ohne i h n verhandelt werden (§8 I I I Buchst, e SchO SPD; §26 I I I PGO CDU). 123 BSchK v o m 7. V I I . 1978, g. Α . Ο., Bl. 6; BSchK v o m 11. V i l i . 1977, g. H. L., Bl. 12. Eine Entscheidung der BezSchK Franken hob die BSchK auf, w e i l die dazu gehörige Begründung erst mehr als 1 V2 Jahre nach Ergehen der Entscheidung zugestellt wurde (vom 2. X I . 1978, g. W. K., Bl. 4).

Β . Einzelfragen

211

aber die so gerügte Kommission weiterhin untätig bleibt, ist dieses M i t tel stumpf. Auch Ordnungsmaßnahmen gegen untätige Schiedsrichter würden selten Verschleppungen verhindern können. Gegen Verschleppungen durch das Schiedsgericht kann das Mitglied nur so geschützt werden, daß nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne die Ausschlußbefugnis der Partei erlischt 124 . Gegenüber dem Mitglied muß sich die Partei die Untätigkeit des Schiedsgerichts zurechnen lassen. Sie ist sein Träger, und i n ihrer Hand liegt es, geeignete Schiedsrichter auszuwählen. Bleibt das Schiedsgericht über einen längeren Zeitraum hinweg untätig, so daß nicht mehr abzusehen ist, ob und wann es tätig werden wird, muß ebenso wie hinsichtlich des Antragsrechts 125 V e r w i r kung eintreten. Gegenüber den antragstellenden Parteigremien ist dieses Ergebnis zwar unbefriedigend. Anders läßt sich aber kein wirksamer Schutz des einzelnen Mitglieds erreichen 126 . Ebenso wie hinsichtlich des Antragsrechts w i r d ein Mitglied dann, wenn das Schiedsgericht länger als ein halbes Jahr untätig geblieben ist, nicht mehr m i t dessen künftigem Tätigwerden zu rechnen brauchen 127 . Dieser Zeitraum ist durchaus großzügig bemessen, denn er reicht i n der Regel aus, ein Ausschlußverfahren vollständig durchzuführen.

V I . Die Tatsachenfeststellung

Soweit entscheidungserhebliche Tatsachen nicht feststehen bzw. streitig sind, muß das Schiedsgericht sie festzustellen suchen. 1. Die Beweismittel Grundsätzlich w i r d es zulässig sein, w e n n es die i m staatlichen Prozeßrecht vorgesehenen Beweismittel 1 2 8 benutzt. Das ist allerdings n u r m i t E i n schränkungen möglich. Personen, die nicht der Partei angehören, sind nicht verpflichtet, vor dem Schiedsgericht auszusagen 129 , u n d eine Vernehmung 124 Ob Zimmermann, S. 113 u n d S. 155, diese Rechtsfolge bejaht, ist u n k l a r . Bei Prozeßverschleppungen soll es dem M i t g l i e d gestattet sein, schon vor Erschöpfung des innerparteilichen Rechtswegs das staatliche Gericht anzurufen. Offen bleibt aber, worüber dieses befinden soll: über das Bestehen eines Ausschlußgrundes oder über die V e r w i r k u n g der Ausschlußbefugnis. 125 Siehe oben I I I 2. 126 i n gleicher Weise k a n n es i m Strafprozeß geschehen, daß durch V e r sagen des Gerichts V e r j ä h r u n g e i n t r i t t (§78c StGB). 127 Das gilt natürlich nicht, w e n n für die Untätigkeit besondere Gründe vorliegen, wie die Anhängigkeit derselben Sache vor einem staatlichen Gericht (§ 15 I I I 1 SchO SPD) oder ein mehrmonatiger Auslandsaufenthalt des Antragsgegners. 128 Siehe etwa §§ 371 ff. ZPO. 129 BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 22. X I . 1980, g. G. D., Bl. 8; Z i m m e r mann, S. 114; T ü r k , S. 195 f.; Schlicht, S. 104.

14»

212

§

gerchte

Verfahren

durch das Amtsgericht nach § 1036 I ZPO ist nicht möglich 1 3 0 . Für Parteimitglieder k a n n die Satzung vorschreiben, daß sie zur Aussage vor dem Schiedsgericht verpflichtet sind 1 3 1 . Allerdings bestehen auch dort nicht die Zwangsm i t t e l staatlicher Gerichte 1 3 2 , u n d die Möglichkeiten, gegen den Zeugen ein Parteiordnungsverfahren zu betreiben oder i h n auf A u s k u n f t zu verklagen, sind wenig effektiv 1 3 3 . Auch die Beeidigung v o n Zeugen ist dem Schiedsgericht nicht möglich. Insgesamt bleiben seine Möglichkeiten der Tatsachenfeststellung deutlich hinter denen staatlicher Gerichte zurück. E i n gerechtes Verfahren hindert die Parteien grundsätzlich zwar nicht, weitere Beweism i t t e l neben den i m staatlichen Prozeßrecht vorgesehenen zuzulassen. A l l e r dings können das n u r solche sein, die auch geeignet sind, Tatsachenfeststellungen zu ermöglichen.

2. Mitwirkungs-pflichten

des Mitglieds

Zulässig ist, wie es i m Strafprozeß für den Angeklagten gilt, es dem ausschlußbedrohten Mitglied freizustellen, sich zur Sache zu äußern oder nicht 1 3 4 , und falsche Behauptungen, die es zu seiner Verteidigung aufstellt, sanktionslos zu lassen 135 . I n den anderen Prozeßarten bestehen dagegen für alle Beteiligten Pflichten zur M i t w i r k u n g und wahrheitsgemäßen Äußerungen 136 . Es ist deshalb nicht von vornherein ungerecht, wenn dem Mitglied solche Pflichten auferlegt werden 137 . A l l e r dings gilt auch die außerhalb des Strafprozesses bestehende Wahrheitspflicht nicht unbeschränkt. So ist der Kläger i m Zivilprozeß zwar verpflichtet, wahrheitsgemäß die Umstände vorzutragen, auf die er seinen Anspruch gründet. Er braucht aber nicht die Tatsachen mitvorzubringen, aus denen der Beklagte Gegenrechte geltend machen könnte 1 3 8 . Außerdem kennt die Wahrheitspflicht „Zumutbarkeitsgrenzen" 139 . Zwar spricht einiges dafür, die prozessuale Stellung des Angeklagten auch dem ausschlußbedrohten Mitglied einzuräumen; i n beiden Verfahren 130 T ü r k , S. 195 f. — Eine Ausgestaltung als schiedsrichterliches Verfahren nach §§ 1025 ff. ZPO ist bislang nirgends vorgenommen worden, vgl. Henke, S.103. 131

CDU.

Schlicht, S. 104. So ausdrücklich: § 7 I I 1 Satzung CSU; § 29 I V 1 Statut

132 Zimmermann, S. 114. Z u den Zwangsmitteln siehe § 380 I, I I ZPO; § 51 I, I I I StPO. 133 Zimmermann, S. 114. 134 Vgl. § 136 I 2 StPO. 135 Siehe für das Strafprozeßrecht Roxin, S. 131. So w e i t geht allerdings keine Parteisatzung. Bezugnahmen auf die V w G O (§44 PGO CDU) u n d auf die ZPO (§31 SchGO FDP) besagen das Gegenteil. 136 Z. B. § 138 ZPO; § 86 I, I V V w G O ; § 99 I 1 V w G O ; § 103 Satz 1 SGG; § 119 SGG. 137 Vgl. auch BVerfGE 56, 37, 48 - 52, zur Aussagepflicht des Gemeinschuldners. 138 Baur, S.47; Rosenberg/Schwab, S.376f.; B G H M D R 1967, 475; B G H M D R 1970, 833. 139 Dazu Rosenberg / Schwab, S.378; Zöller / Stephan, §138, A n m . I 1.

Β . Einzelfragen

213

geht es ja u m schuldhaftes Verhalten. Es muß aber auch berücksichtigt werden, daß die Schiedsgerichte schon hinsichtlich der Zeugen sehr i n ihren Ermittlungsmöglichkeiten beschränkt sind. Wären sie darüber hinaus gehindert, das Mitglied zu prozeßförderlichem Verhalten zu veranlassen, wären ihre Mittel zur Wahrheitsfindung allzu gering. M i t wirkungs- und Wahrheitspflichten, die sich an den außerstrafprozessualen Gesetzen orientieren, sind also mit einem gerechten Verfahren vereinbar. 3. Beweisbeschränkungen Beweismethoden, die der staatlichen Justiz generell verboten sind, wie die Erlangung von Geständnissen durch Mißhandlungen 1 4 0 oder die Verwertung unbefugter Tonbandaufnahmen 141 , stehen auch dem Schiedsgericht nicht zu 142 . a) I h n e n gegenüber gelten auch die durch staatliches Hecht angeordneten Schweigepflichten 1 43 . Das ist unproblematisch i n dem Bereich, wo auch ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht 1 4 4 . Wo das nicht der F a l l ist 1 4 5 , haben Schiedsgerichte nicht die Befugnisse staatlicher Gerichte; auch dort müssen sie bestehende Schweigepflichten respektieren. Bestehen u n d Umfang einer Schweigepflicht k a n n i m Einzelfall zweifelhaft u n d für das Schiedsgericht schwer überprüfbar sein. Da es i n erster Linie Aufgabe des Schweigepflichtigen ist, seine Pflichten zu kennen u n d Verschwiegenheit zu wahren, ist die analoge A n w e n d u n g von § 383 I I I ZPO zulässig. N u r Fragen, „ i n A n sehung welcher erhellt, daß ohne Verletzung der Verpflichtung zur V e r schwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann", dürfen nicht gestellt werden; i m übrigen muß der Zeuge prüfen, ob er eine Frage beantworten k a n n oder nicht 1 4 6 .

b) Zeugnisverweigerungsrechte, die keinen Schweigepflichten entsprechen, enthält das staatliche Prozeßrecht 147 , u m nahe Angehörige eines Beteiligten vor Konflikten zwischen der Wahrheitspflicht des Zeugen und ihrer Loyalität gegenüber dem Beteiligten zu bewahren 148 , und weil Zeugen nicht gezwungen werden sollen, sich selbst Schaden 140

§ 136 a StPO; A r t . 3 E u M R K (dazu EuGMR EuGRZ 1979, 149, 161). BGHSt 14, 358, 359; Roxin, S. 125; vgl. ferner BGHSt 19, 325, 326 ff. (betr. Tagebuchaufzeichnungen). 142 W o h l auch Zimmermann, S. 114 f. 143 Ζ. B. § 203 StGB. 144 Ζ. B. § 203 I Nr. 3 StGB u n d § 53 I StPO; § 203 I Nr. 4 a StGB u n d § 53 I Nr. 3 a StPO; sowie § 383 I Nr. 6 ZPO. 145 Der Schweigepflicht von Sozialarbeitern i n § 203 I Nr. 5 StGB entspricht z.B. k e i n Zeugnisverweigerungsrecht i m Strafprozeß, siehe L ö w e / R o s e n berg, §53, Rdnr. 5. 146 UBSchK Warendorf v o m 17. I I I . 1977, g. H. B. u. a., Bl. 16. 147 § 383 I Nr. 1 - 3 ZPO u n d § 52 I StPO. 148 Löwe / Rosenberg, § 52, Rdnr. 1, m. w. N.; Jauernig, S. 176 f. Einen ähnlichen Gedanken enthält § 258 V I StGB. 141

214

§

gerchte

Verfahren

zuzufügen 149 . Ein gerechtes Verfahren verlangt nicht, solche Interessenkonflikte unbedingt i n der durch das Gesetz vorgezeichneten Weise zu lösen; auch eine andere Grenzziehung könnte „gerecht" sein, und § 139 I I I 1 StGB zeigt, daß ζ. B. die Loyalität unter Angehörigen nicht stets Vorrang vor anderen Belangen hat. Zeugnispflichtig sind nur Parteimitglieder 1 5 0 . Zwischen ihnen und ihrer Partei, der Trägerin der Schiedsgerichtsbarkeit, gelten m i t bestimmten Modifizierungen die Grundrechte 151 . Grundsätzlich ist die Partei verpflichtet, bei der Gestaltung der Mitgliederpflichten auch auf die sonstigen Belange des Mitglieds — hier die durch A r t . 6 GG geschützten familiären Bindungen — Rücksicht zu nehmen 152 . Da i n einem Ausschlußverfahren keine härtere Maßnahme als der Ausschluß selbst verhängt werden kann, mag es angehen, den zur Aussageverweigerung befugten Personenkreis etwas enger zu ziehen, als das i m Gesetz geschieht 153 . Persönliche Interessen des Zeugen gegenüber dem Wahrheitsfindungsinteresse der Partei geringer zu gewichten, wäre nicht gerecht. Das Interesse der Partei, sich eines Mitglieds zu entledigen, kann keine höhere Bewertung beanspruchen, als private oder öffentliche Interessen sie i n § 55 I StPO oder § 384 ZPO erfahren. c) Ein gerechtes Verfahren verlangt, daß die bestehenden Möglichkeiten zur Wahrheitsfindung ausgeschöpft werden. Vorschriften, die die Benutzung geeigneter Beweismittel einschränken, dürfen also nur m i t Rücksicht auf andere schutzwürdige Interessen geschaffen werden. Die Schiedsgerichtsordnungen von CDU und CSU schränken die Vernehmung von Nichtmitgliedern ein 154 . Wie sich aus der Regelung der CSU ergibt, beruhen diese Einschränkungen nicht etwa auf der A n nahme, parteifremde Zeugen seien unwahrhaftig, sondern auf der Befürchtung, die Interessen der Partei könnten Schaden nehmen, wenn ein Parteifremder allzu genauen Einblick i n innerparteiliche Auseinandersetzungen nimmt 1 5 5 . Solche Interessen zu berücksichtigen, ist zu149

§ 55 I StPO; § 384 ZPO; Jauernig, S. 176 f. Siehe oben 1. 151 Einzelheiten oben § 5 C I I I u n d I V . 152 Siehe oben § 5 C I I I 2 h. 153 Die gesetzlichen Vorschriften werden übernommen i n § 7 I I 2 SchGO CSU u n d §§29 I V 1, 44 PGO CDU. 154 § 29 I V 2 PGO CDU: „Personen, die nicht Mitglieder der CDU oder der CSU sind, sollen n u r i n Ausnahmefällen gehört werden." — § 7 I I 3 SchGO CSU: „Nichtmitglieder der CSU sollen n u r gehört werden, w e n n dies für die Entscheidung unerläßlich ist u n d der Partei i n der Öffentlichkeit dadurch k e i n Schaden entsteht." 150

155 So wurde i n einem Verfahren der SPD den Beteiligten die Annahme eines Vergleichs v o m Schiedsgericht „dringend empfohlen", u . a . w e i l bei Fortsetzung des Verfahrens ein F D P - M i t g l i e d würde vernommen werden müssen, vgl. BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 22. X I . 1980, g. G. D., Bl. 6.

. Einzelfragn

215

lässig; die Beweisbeschränikungen i m staatlichen Prozeßrecht beruhen auch auf der Berücksichtigung anderer, der Wahrheitsfindung übergeordneter Interessen 156 . I m Ausschlußverfahren besteht aber die Besonderheit, daß dann, wenn das Schiedsgericht einen zugunsten des M i t glieds angebotenen Beweis ablehnt, es das Mitglied i m Interesse der Partei prozessual benachteiligt 157 . Unfair wäre es, wenn eine solche Nichterhebung eines Beweises sich zu Lasten des Mitglieds auswirkte. Soweit die Beweislast der Partei obliegt, ist das nicht der Fall. Soweit aber — zulässigerweise 158 — das Mitglied Beweis zu erbringen hat, darf es nicht zu seinem Ausschluß führen, wenn ein Beweismittel wegen des Interesses der Partei abgelehnt wird. Sofern nicht andere Beweismittel Anwendung finden können, muß i n einem solchen Fall das i n das Wissen des parteiexternen Zeugen gestellte als wahr unterstellt werden. 4. Beweiserleichterungen Ein gerechtes Verfahren verlangt grundsätzlich, daß der Entscheidung wirkliche Tatsachen — und nicht bloße Vermutungen und Wahrscheinlichkeiten — zugrundegelegt werden 159 . Deshalb müssen an die Feststellung einer erheblichen Tatsache strenge Maßstäbe angelegt werden, sei es, daß der Schiedsrichter sich die persönliche Gewißheit von einer Tatsache verschafft 160 oder daß „ohne vernünftigen Zweifel" das Feststehen einer Tatsache erkannt wird 1 6 1 . a) I m Ausschlußverfahren kommt es oft auf tatsächliche Umstände an, die nicht exakt festzustellen sind. Das gilt vor allem für den „schweren Schaden" i. S. d. § 10 I V PartG, sofern er immaterieller A r t ist 162 . U m etwa eine Minderung des Ansehens der Partei i n der Bevölkerung nachzuweisen, wären Meinungsumfragen eigentlich das einschlägige Beweismittel. Sie sind aber selten geeignet, die Auswirkungen des Verhaltens eines einzelnen nachzuweisen 163 , und sie können 156

S. 76.

Roxin, S. 122; Rosenberg / Schwab, S. 656 f.; Gernhuber, S.256; Beitzke,

157 Bei Streitigkeiten zwischen Organen oder Gliederungen der Partei t r i f f t das nicht zu, w e i l dort alle Beteiligten das Parteiinteresse vertreten. 158 Dazu unten 5. 159 B P t G v o m 11. I V . 1973, Bl. 10. 160 Vgl. Grunsky, S. 450; B G H Z 53, 245, 256; Tiedemann, Funkkolleg Recht, Heft 6, S. 85. 161 So der objektiver konstruierte Maßstab i m angelsächsischen Recht, vgl. Trautwein, S. 104. 162 Dazu oben § 4 H I 2. — Die vereinfachten Möglichkeiten zur E r m i t t l u n g materiellen Schadens i n § 287 ZPO bilden hierzu eine Parallele. 163 M a n stelle sich eine Umfrage vor, i n der gefragt w i r d : „Würden Sie bei der nächsten Bundestagswahl die SPD wählen, w e n n Jungsozialist X nicht den diffamierenden Leserbrief gegen Bundeskanzler Schmidt geschrieben hätte?"

216

§

gerchte

Verfahren

auch nicht so schnell erfolgen, daß den befragten Personen die maßgeblichen Vorgänge noch vor Augen sind — von den Kosten ganz abgesehen. Der Gesetzgeber w i r d nicht gewollt haben, daß solche immateriellen Schäden bis ins letzte nachgewiesen werden müssen. Andererseits können bloße Mutmaßungen auch nicht genügen 164 , weil dann das Tatbestandsmerkmal des schweren Schadens weitgehend entwertet w ü r de 165 . Anerkanntermaßen besteht die Möglichkeit, Tatsachen, die nicht direkt bewiesen werden können, durch Indizien zu beweisen 166 oder auch einen Anscheinsbeweis genügen zu lassen 167 . Beim immateriellen Schaden w i r d das die Regel sein. Wenn bei einer Wahl i n einer Gemeinde der Trend ganz anders verläuft als i n allen anderen vergleichbaren Gemeinden und wenn i n dieser Gemeinde kurz vorher ein wichtiges aufsehenerregendes Ereignis stattgefunden hat, ist anzunehmen, daß dieses zu dem abweichenden Wahlergebnis geführt hat. Ebenso kann davon ausgegangen werden, daß Dinge, die unter großer Aufmachung i n der Zeitung erscheinen, von einem größeren Teil der Leser zur Kenntnis genommen werden als solche, die unauffällig piaziert sind. Die Anwendung dieser Beweiserleichterungen ist mit einem gerechten Verfahren vereinbar. Das kann aber nicht darüber hinweghelfen, daß Schäden wie Minderung des Vertrauens und Ansehens einer Partei und deren Verursachung durch das Verhalten eines einzelnen praktisch nicht nachweisbar sind. Es muß daher genügen, wenn eine „plausible Begründung des Schadenseintritts" 168 (und seiner Verursachung) gegeben wird 1 6 9 . Wichtig ist aber, daß alle Umstände, die i m Einzelfall erheblich sind, tatsächlich berücksichtigt werden. Sonst artet diese Beweiserleichterung zu einem Schluß vom Verstoß auf den Schaden aus. b) Ähnliche Beweiserleichterungen müssen auch dann zulässig sein, wenn es darum geht festzustellen, ob eine politische Aktivität, an der 164

B P t G v o m 11. I V . 1973, Bl. 10. So stützte die UBSchK Bielefeld v o m 24. I I I . 1977, g. B. W., Bl. 12, eine Entscheidung auf folgende nicht näher begründete Behauptungen: Das W a h l verhalten von Studenten bei Bundes-, Landtags- u n d Gemeindewahlen werde wesentlich mitbestimmt durch die i m Hochschulbereich praktizierten studentenpolitischen A k t i v i t ä t e n . Aus Bündnissen zwischen Kommunisten u n d Sozialdemokraten an der Hochschule zögen die Studenten Schlüsse auf die E i n stellung der SPD zum Kommunismus. I n anderen Bereichen der Gesellschaft, i n die Studenten eingebunden seien, werde über das, was an der Pädagogischen Hochschule Bielefeld geschehe (gemeint waren die A S t A - W a h l e n / d. V.), lebhaft diskutiert. — Jede von diesen Vermutungen könnte m a n m i t guten Gründen zurückweisen. 166 Grunsky, S.451. 167 Grunsky, S. 451. — Z u m Verhältnis zwischen Anscheins- und Indizienbeweis siehe Hainmüller, S. 178 - 183. 168 Hasenritter ZRP 1982, 94. 169 Ä h n l i c h BSchK v o m 6. I I . 1981, g. R . K . u.a., Bl. 4; BSchK v o m 26. V I I . 1976, g. C. G., Bl. 10. 165

Β . Einzelfragen

217

sich zu beteiligen den Mitgliedern untersagt sein soll, wirklich gegnerisch ist. A u f deren Selbst Verständnis als „unpolitisch" oder „überparteilich" kann es nicht ankommen. Wer Gegner ist, kann sich nur nach den eigenen Zielen der Partei richten. Andererseits sind bloße Beschlüsse der Leitungsgremien, die die Schiedsgerichte binden, nicht zulässig 170 . Auch hier w i r d man sich oft mit einer plausiblen Begründung, bestimmte Bürgerinitiativen oder Unterschriftensammlungen seien gegnerisch, zufriedengeben müssen. Allerdings ist auch hier eine möglichst umfassende Tatsachenwürdigung zu verlangen. 5. Die Beweislast Beweislastregeln greifen ein, wenn über entscheidungserhebliche Tatsachen nicht die nötige Klarheit gewonnen werden kann. Die A n wendung zivil- 1 7 1 wie auch strafprozessualer Regeln würde i m Ausschlußverfahren dazu führen, daß für die Ausschlußvoraussetzungen, vor allem für den Tatbestand des § 10 I V PartG, das antragstellende Organ die Beweislast hat. So zu verfahren, verlangt schon der Grundsatz der Unschuldsvermutung 172 . Würde man einem Mitglied zumuten zu beweisen, daß der erhobene Vorwurf falsch ist, ginge man von seiner Schuld aus 173 . Hinsichtlich der sonstigen Tatsachen führen strafund zivilprozessuale Grundsätze zu unterschiedlichen Ergebnissen. I n Anwendung zivilprozessualer Grundsätze wären Rechtfertigungsgründe 174 und Milderungsgründe 175 Gegenrechte gegen den „Anspruch auf Ausschluß". Ihr Vorliegen hätte das Mitglied zu beweisen 176 . Strafprozessual hätte das antragstellende Organ nicht nur zu beweisen, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen des Ausschlusses erfüllt sind, sondern auch, daß Entlastungsgründe, die einen Ausschluß verhindern würden, nicht bestehen. Bliebe zweifelhaft, ob sie vorliegen, dürfte kein Ausschluß erfolgen 177 . Die Anwendbarkeit von „ i n dubio pro reo" i m Ausschlußverfahren w i r d allgemein bejaht17®. Die Ausschlußbefug170

Siehe oben § 8 A V I I 1. Strunk, S. 168 (vgl. auch ders., S. 179). 172 Oben V 4. 173 I m Ergebnis ebenso: Zimmermann, S. 115 f.; LSchG v o m 19. V. 1971, g. H . L . , Bl. 4; UBSchK Warendorf v o m 17. V I I I . 1977, g. H . B . u.a., Bl. 14; BezSchK Westliches Westfalen v o m 15. V I I . 1974, g. H. M., B1.2; UBSchK Münster vom 11. X I I . 1969, g. K . M . u.a., B1.2; BezSchK Westliches Westfalen v o m 10. V I . 1970, g. R. M., Bl. 2; UBSchK Gelsenkirchen v o m 20. V I I . 1974, g. P. L., Bl. 4 f.; BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 22. X I . 1980, g. G. D., Bl. 8-10. 174 Dazu oben § 5. 175 Dazu oben § 6. 176 Rosenberg / Schwab, S. 684; Baumbach / Hartmann, Anhang zu §286, A n m . 2; dazu kritisch, aber i m Ergebnis ähnlich, Grunsky, S.426 f. 177 Grunsky, S. 425, Roxin, S. 74 f. 171

218

§

gerchte

Verfahren

nis hat disziplinarischen Charakter; der Ausschluß beruht auf vorwerfbarem Handeln. Insofern steht diese Materie dem Disziplinarrecht nahe, und auch dort gilt i n dubio pro reo 179 . Darin unterscheidet es sich grundlegend vom Zivilrecht, dessen System zu einer (der Idee nach interessengerechten) Aufteilung der Beweislast zwischen den Parteien führt 1 8 0 . Der zivilrechtliche Anspruch hat i n aller Regel nichts mit einer Straf- oder Disziplinarmaßnahme zu tun 1 8 1 . Das zivilrechtliche Beweislastsystem w i r d dem Parteiausschlußrecht nicht gerecht; hier gilt der strafprozessuale Grundsatz i n dubio pro reo 182 . Ausnahmen davon sind allerdings zuzulassen, wenn das Mitglied prozessuale Mitwirkungspflichten 183 verletzt. Anders kann dem Umstand, daß dem Schiedsgericht keine Zwangsmittel zur Verfügung stehen, nicht Rechnung getragen werden. Würde ein Mitglied ζ. B. die Vorlage einer Urkunde verweigern, kann das Schiedsgericht dies zu seinem Nachteil verwenden 184 . V I I . Die Entscheidung

Daß ein Ausschluß nur durch eine Entscheidung ergehen kann, die ebendiese Rechtsfolge ausspricht, ergibt sich schon aus § 10 V 1 PartG, und der auch prozeßrechtlich relevante nulla-poena-sine-lege-Satz ist materieller A r t 1 8 5 . 1. I m staatlichen Prozeßrecht gilt weitgehend der Grundsatz „ne ultra petita". Er besagt, daß das Gericht nicht mehr zusprechen darf als beantragt ist 1 8 6 . Angewendet auf das Ausschlußverfahren hieße das, daß ein Ausschluß dann nicht verhängt werden darf, wenn nur eine mildere Maßnahme beantragt ist 1 8 7 . Ausnahmen vom ne-ultra-petita-Satz ent178 Zimmermann, S. 116; Seifert, S.223; LSchG v o m 9. V I I . 1975, g. G. S., Bl. 10; BSchK in: Butterwegge, S. 153, 156; UBSchK Gelsenkirchen v o m 22. I I . 1975, g. K . W. u. a., Bl. 2; UBSchK Warendorf v o m 17. V I I I . 1977, g. H. B. u. a., Bl. 14; BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 22. X I . 1980, g. G. D., Bl. 10; i m E r gebnis ebenso BezSchK Westliches Westfalen in: Butterwegge, S. 122, 127: Eine Beweisaufnahme wurde abgelehnt, w e i l die Kommission die Darstell u n g der Antragsgegner als richtig unterstellte. 179 Claussen / Janzen, Einl. Β 15, u n d § 27, Rdnr. 1. 180 Grunsky, S.425; Baumbach / Hartmann, Anhang zu §286, A n m . 2. 181 Das gilt sogar für die Vertragsstrafen des BGB: RGRK-Ballhaus, V o r bem. zu §§339 -345, Rdnr. 7 - 9, m . w . N . ; Palandt / Heinrichs, Vorbem. vor § 339, A n m . 2 d; Dubischar, in: A l t e r n a t i v k o m m e n t a r BGB, § 339, Rdnr. 12, m. w. N. 182 U n k l a r Zimmermann, S. 158. 183 Siehe oben 2. 184 Vgl. ζ. B. § 427 Satz 2 ZPO. 185 Vgl. oben § 3 C I V . 186 § 308 I ZPO; § 88 V w G O ; § 96 I 2 FGO; § 123 SGG. 187 I n den Unionsparteien werden mildere Maßnahmen von Vorständen verhängt, § 10 Statut CDU u n d § 48 I I I Satzung CSU.

Β . Einzelfragen

219

h ä l t das Strafprozeßrecht. D o r t ist das G e r i c h t n i c h t g e h i n d e r t , eine h ä r t e r e als die v o m S t a a t s a n w a l t b e a n t r a g t e Strafe z u v e r h ä n g e n . Dies ist eine Konsequenz aus d e m L e g a l i t ä t s g r u n d s a t z u n d d e m R i c h t e r v o r b e h a l t f ü r staatliches Strafen. W e n n es n i c h t i m B e l i e b e n der Staatsa n w a l t s c h a f t steht, eine A n k l a g e z u e r h e b e n oder zu unterlassen, k a n n sie auch n i c h t d u r c h i h r e n A n t r a g das G e r i c h t z w i n g e n , eine z u m i l d e Strafe z u v e r h ä n g e n . E i n L e g a l i t ä t s p r i n z i p besteht f ü r Parteiordnungsr· m a ß n a h m e n aber w e d e r k r a f t Gesetzes 1 5 8 noch a u f g r u n d e i n e r P a r t e i satzung. A u s n e u l t r a p e t i t a f o l g t , daß auch i m R e c h t s m i t t e l v e r f a h r e n n u r ü b e r d i e (dort) g e s t e l l t e n A n t r ä g e entschieden w e r d e n d a r f . W e n n also die erste I n s t a n z t r o t z A u s s c h l u ß a n t r a g s n u r a u f e i n z e i t w e i l i g e s Ruhen der Mitgliedsrechte erkannt hat u n d der Ausschlußantrag i m Βerufungsverfahren nicht erneuert w i r d , k a n n dort nicht m e h r auf Ausschluß e r k a n n t w e r d e n , w e i l k e i n solches P e t i t u m m e h r v o r l i e g t 1 8 9 . 2. Insofern gilt auch ein Verbot der reformatio i n peius. Darüber hinaus verlangt ein gerechtes Verfahren dies aber nicht. Auch i m Strafverfahren hat die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, zuungunsten des Angeklagten Rechtsmittel einzulegen 1 9 0 . Entsprechendes darf auch die antragstellende Parteigliederung. V I I I . Die Rechtsmitteleinlegung Über die i n § 10 V 2 PartG vorgeschriebene Berufung 1 9 1 hinaus verlangt ein gerechtes Verfahren keine weiteren Rechtsmittel. Soweit zusätzlich eine Revision 1 9 2 oder eine fakultative weitere Berufung 1 9 3 vorgesehen ist, ist das unbedenklich. 1. E i n gerechtes Verfahren verlangt, daß Rechtsmittelfristen dem U n t e r legenen genügend Zeit lassen, u m sich über dessen Einlegung schlüssig zu werden. Die bestehenden Regelungen werden dem gerecht 1 9 4 . 2. Das von den Parteien aufgestellte Erfordernis einer Rechtsmittelbelehr u n g 1 9 5 ist zweckmäßig, aber auch v o n einem gerechten Verfahren gefor188

Siehe oben § 8 Ε I I 1. So BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 14. X I I . 1974, g. H. P., Bl. 3; a. M. BSchK v o m 23. X . 1975, g. P.S., Bl. 11, unter Bezugnahme auf § 13 I SchO SPD („Die Schiedskommissionen sind an Anträge der Beteiligten nicht gebunden."). Z u dem entsprechenden Problem i m staatlichen Prozeßrecht siehe Zöller / Schneider, § 536, A n m . I I ; Baumbach / Albers, § 536, A n m . 1 C. 190 Argument aus § 331 I StPO. 191 Dazu oben § 8 A I I I . 192 § 42 I PGO CDU („Rechtsbeschwerde"). 193 § 26 I I SchO SPD. 194 §25 I I 1 SchO SPD (2 Wochen nach Zustellung der Entscheidung); §38 I 1 PGO CDU (1 Monat); §14 I I SchGO CSU (14 Tage); §26 Satz 2 SchGO FDP (1 Monat). 195 § 32 I I 1 PGO CDU; § 13 I I SchGO CSU; § 27 I I SchGO FDP; § 13 V SchO SPD. 189

220

§

gerchte

Verfahren

dert 1 9 6 . I m Verfahren vor dem staatlichen Gericht mag es angehen, darauf zu verzichten 1 9 7 , w e i l die Unterlagen, aus denen sich ergibt, welches Rechtsm i t t e l bei welchem Gericht eingelegt werden kann, eher zugänglich sind 1 9 8 . Eine gleichartige Publizität besteht für Parteinormen nicht. Die Texte der Satzungen können zwar nach § 6 I I I 3 PartG beim Bundeswahlleiter angefordert werden, aber weder ist sichergestellt, daß diese Unterlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist eingehen, noch enthalten diese Texte Angaben über den Sitz oder gar die Anschrift des Rechtsmittelschiedsgerichts. Deshalb muß die Rechtsmittelbelehrung auch die Anschrift des Rechtsmittelschiedsgerichts enthalten 1 9 9 . 3. Formale Anforderungen, die an die Einlegung v o n Rechtsmitteln gestellt werden, müssen einen sachlichen G r u n d haben. Fehlt es daran, sind sie schikanös 2 0 0 u n d darum rechtswidrig. Anlaß zu einer Überprüfung unter diesem Gesichtspunkt bietet die Regelung der SPD, wonach der Antragsgegner, der Berufung einlegt, der Schiedskommission auch sein Mitgliedsbuch einreichen muß 2 0 1 . Den h i e r m i t heute verfolgten Zweck zu ergründen, fällt schwer 2 0 2 . I n den Mitgliedsbüchern der SPD w i r d die Aufnahme i n die Partei beurkundet u n d werden die Beitragsmarken eingeklebt. Es dient also dem Nachweis der Parteimitgliedschaft — was i m Ausschlußverfahren selten streitig sein w i r d — u n d der Entrichtung der Mitgliedsbeiträge. Letzteres k a n n i m Verfahren erheblich sein, muß aber nicht unbedingt dadurch festgestellt werden, daß während des gesamten Verfahrens sich das Buch i m Besitz der Kommission befindet. Darüber hinaus k a n n der Nichtbesitz des Mitgliedsbuchs das M i t g l i e d bei der Tätigkeit i n der Partei durchaus behindern. Bei Parteitagen der SPD werden hinsichtlich aller Teilnehmer Parteibuchkontrollen durchgeführt 2 0 3 . Offenbar deshalb sträuben sich auch M i t glieder, das Mitgliedsbuch einzureichen, was i n der Praxis der Bundesschiedskommission stets die Abweisung der Berufung als unzulässig zur Folge h a t 2 0 4 . E i n sachlicher Grund für dieses Erfordernis ist zu verneinen. 196 Zimmermann, S. 120; Strunk, S. 153 f.; w o h l auch Schlicht, S. 104. Bisweilen w i r d auch der Hinweis erteilt, daß k e i n Rechtsmittel gegeben sei, etwa BezSchK Westliches Westfalen v o m 29. X I . 1974, g. P. L., Bl. 2; BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 22. X I . 1980, g. G. D., Bl. 14. 197 So nur die ZPO; anders § 35 a StPO; § 9 V 1 A r b G G ; § 105 I I Nr. 6 FGO; § 136 I Nr. 7 SGG; § 117 I I Nr. 6 V w G O . Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung i m Zivilprozeß ist eine bedenkliche Systemwidrigkeit, vgl. Menne RuP 1981, 184 f. 198 Trotzdem bestehen Unklarheiten, vgl. Menne RuP 1981, 184. 199 Vgl. B G H N J W 1982, 532, 533, wo eine Rechtsmittelversäumung als u n verschuldet angesehen wurde, w e i l der Angeklagte nicht darüber belehrt worden war, daß die Revisionsbegründung i n deutscher Sprache einzureichen ist. 200 Vgl. oben A I V , F N 15. 201 §25 I I 2 SchO SPD. 202 Möglicherweise haben die Regelungen u n d P r a k t i k e n der SPD hinsichtlich des Mitgliedsbuches historische Gründe, etwa Schutz vor unbefugter Verwendung u n d vor unbefugter Teilnahme an Parteiversammlungen i n der Zeit der Sozialistengesetze. 203 Daß dafür keine satzungsmäßige Grundlage besteht, ist ein anderes Problem. 204 Z . B . BSchK v o m 7. X . 1976, g. M. L., B1.3; BSchK v o m 26. V I I . 1976, g. C. G., Bl. 6; BezSchK Westliches Westfalen v o m 2. X I I . 1969, g. Ο. B., Bl. 2.

Dritter

Teil

Die gerichtliche Überprüfung § 10 Die Zulässigkeit einer auf gerichtliche Uberprüfung zielenden Klage E i n e g e r i c h t l i c h e Ü b e r p r ü f u n g des Ausschlusses setzt voraus, daß eine K l a g e , d i e sich gegen d i e schiedsgerichtliche E n t s c h e i d u n g w e n d e t , zulässig e r h o b e n w e r d e n k a n n . I n d e r Regel w i r d das M i t g l i e d , d e m gegenüber e i n Ausschluß ausgesprochen w u r d e , e i n e solche K l a g e e r heben wollen1. A . D e r Rechtsweg Ob ein Gericht der i n A r t . 95 I GG genannten Fachgerichtsbarkeiten angerufen werden kann, richtet sich, soweit hier relevant, nach § 40 I 1 V w G O u n d § 13 GVG 2 . I. „Strafsachen" i. S. d. § 13 G V G sind solche, die die Verhängung einer zum materiellen Strafrecht gehörenden Maßnahme, also staatliches Strafen, zum Gegenstand haben 3 . Dazu gehören Maßnahmen, die die Partei v e r hängt, nicht. I I . Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 I 1 V w G O für „öffentlichrechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher A r t " gegeben. 1. „Verfassungsrechtlicher A r t " i n diesem Sinne sind dabei nicht schon solche Streitigkeiten, an denen ein Verfassungsorgan beteiligt ist oder bei deren Entscheidung vorwiegend verfassungsrechtliche Fragen zu behandeln sind 4 , sondern n u r solche, die die Beziehungen v o n am Verfassungsleben beteiligten Organen u n d Stellen zueinander betreffen 5 . Das t r i f f t z . B . für die Rechte u n d Pflichten oberster Bundesorgane zu 6 , nicht aber für die Klage eines Mitglieds gegen seinen Parteiausschluß 7 . 1

Z u den Möglichkeiten der Partei, Klage zu erheben, siehe unten H I I . Weitere Regelungen: § 33 FGO; § 51 SGG; § § 2 - 3 A r b G G . 3 Löwe / Rosenberg, §13 GVG, Rdnr. 1; Pfeiffer, in: Karlsruher Kommentar, § 13 GVG, Rdnr. 1. 4 Lenz / Sasse JZ 1962, 236 u n d 238. 5 Redeker / von Oertzen, §40, Rdnr. 3, m . w . N . ; Schunck / De Clerck, §40, A n m . 2 a aa, m. w. N.; Eyermann / Fröhler, § 40, Rdnr. 63, m. w. N. 6 Vgl. A r t . 93 I Nr. 1 GG. 2

222

§ 10 Die Zulässigkeit einer Klage auf gerichtliche Uberprüfung

2. I m übrigen ist die Frage, ob hier der Verwaltungsrechtsweg einschlägig ist, ein Problem der Abgrenzung des Öffentlich-Rechtlichen i. S. d. § 40 I 1 V w G O zum Bürgerlich-Rechtlichen i. S. d. § 13 GVG. öffentliches Recht ist danach das Sonderrecht des Staates u n d seiner Einrichtungen. Es regelt deren Verhältnis untereinander u n d gegenüber dem Bürger 8 , wohingegen bürgerliches Recht vor allem die Beziehungen der nichtstaatlichen Rechtssubjekte untereinander regelt. Die Parteien könnten durch ihre verfassungsrechtliche Stellung Träger solchen Sonderrechts sein. Die bloße Regelung i m Grundgesetz als öffentlich-rechtlicher N o r m b e w i r k t das allerdings nicht, denn dieses enthält Normierungen für alles unterverfassungsrechtliche Recht 9 , für das Verwaltungsrecht 1 0 , für das bürgerliche Recht 1 1 u n d für das Strafrecht 1 2 . Die Verpflichtung, ihre innere Ordnung nach demokratischen Grundsätzen auszugestalten, macht für die Parteien ein Prinzip verbindlich, das an sich n u r dem Staat vorgeschrieben ist 1 3 . Dieses Erfordernis ist auch i m Interesse des Staates aufgestellt. Es soll undemokratischen E n t w i c k l u n gen i n den Parteien u n d damit deren Übergreifen auf den Staat entgegenw i r k e n ; die demokratische Willensbildung i m Staat soll garantiert werden 1 4 . I n gewisser Weise werden die Parteien dadurch schon „staatsähnlich" gemacht 1 5 . Allerdings spricht A r t . 2 1 1 2 G G eher dagegen, deshalb die Parteien als Träger des für den Staat geltenden Sonderrechts anzusehen 16 . Nach dieser Vorschrift ist die Gründung von Parteien „frei", d . h . sie bedarf keiner staatlichen M i t w i r k u n g 1 7 ; Rechtssubjekte, die Träger des dem Staat vorbehaltenen Sonderrechts sind, bedürfen sonst jedoch stets eines solchen Aktes 1 8 . Selbst w e n n m a n wegen ihrer Annäherung an den Staat die Parteien als staatliche u n d insofern „nicht-bürgerliche" Einrichtungen ansähe, zwänge das nicht dazu, dieser Unterscheidung bei der Abgrenzung zwischen §40 I 1 V w G O u n d § 13 G V G zu folgen. A r t . 95 I GG enthält keine genauen Vorgaben für den Kompetenzkatalog der Gerichtszweige 19 . Selbst w e n n der Streit u m einen 7 Es hat allerdings Überlegungen gegeben, verfassungsgerichtliche Zuständigkeiten für Streitigkeiten über Parteiordnungsmaßnahmen zu schaffen. Gemäß A r t . 9 I I des SPD-Entwurfes eines bayerischen Parteiengesetzes sollte der Verfassungsgerichtshof auch Parteiausschlüsse zu überprüfen haben, vgl. Bayerischer Landtag, Tagung 1949/50, Beilage 3263; vgl. ferner Rabus AöR 78 (1952/53), 184; Wolfrum, S. 178 f. 8 Schunck / De Clerck, § 40, A n m . 1 b; Ule, S. 43 f.; W o l f f / Bachof I, S. 99 bis 104; Bosch / Schmidt, S. 29, m. w. N. 9 Siehe A r t . 117 I ; A r t . 123; A r t . 124; A r t . 125 GG. 10 Ζ. B. A r t . 7, A r t . 12 a, A r t . 14 I I I , A r t . 15, A r t . 17 a GG. 11 Z. B. A r t . 9 I I I 2, A r t . 14 I, I I , A r t . 48 I, I I . — Vgl. Knöpfle, Der Staat 1970, 338 („verfassungsgeformtes Privatrecht"). 12 Z. B. A r t . 26 I, A r t . 102, A r t . 103 I I , I I I GG. 13 Siehe A r t . 20 I, I I 1; 28 I 1, 2 GG. A r t . 15 GG enthält die Möglichkeit, aber nicht die Verpflichtung zur Demokratisierung der Wirtschaft, siehe Dicke, in: von Münch, GG, A r t . 15, A n m . A 3. 14 Zimmermann, S. 33; G r i m m , in: HVR, S. 332 u n d S. 339; Bericht, S. 156 f.; Hesse V V D S t R L 17, 30; Henke, S.49; ders., in: B K , A r t . 2 1 , Rdnr.45; B l a n k DVB1 1976, 565; Wolfrum, S. 18 u n d S.81; Seifert, S. 89. 15 Vgl. Lenz / Sasse JZ 1962, 234. 16 Ä h n l i c h Stober N J W 1979, 2007. 17 G r i m m , in: H V R , S. 336. 18 Rudolf, in: Erichsen / Martens, AllgemVerwR, S.537; W o l f f / B a c h o f I I , S. 171 und S. 365. Vgl. auch §§ 18 und 21 L O G NW.

Α. Der Rechtsweg

223

Parteiausschluß verwaltungsrechtlich i. S. d. A r t . 95 I GG wäre, könnte der Gesetzgeber i h n — etwa wegen der Sachnähe zum bürgerlichen Vereinsrecht — der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuweisen 2 0 . Die öffentlich-rechtliche Natur eines Streits u m einen Parteiausschluß k a n n auch nicht darauf gegründet werden, daß der Parteiausschluß gemäß § 10 V 1 P a r t G v o n einem Schiedsgericht ausgesprochen w i r d , welches einzurichten der Gesetzgeber den Parteien aufgibt u n d das insofern auf den Staat zurückgeht. Daß dieses nicht maßgeblich sein kann, zeigen so unbestritten zivilrechtliche Einrichtungen wie der Vereinsvorstand nach § 26 BGB, der Betriebsrat nach § 1 B e t r V G u n d der Aufsichtsrat nach § 95 A k t i e n G . I I I . Für die Einordnung zum bürgerlichen Recht i. S. d. § 13 G V G spricht hingegen, daß der Gesetzgeber i n § 37 PartG davon ausgegangen ist, die V o r schriften über die innere Ordnung der Parteien gehörten dem bürgerlichen Recht an. Indem dort normiert ist, daß § 54 Satz 2 u n d §§ 61 bis 63 B G B auf Parteien nicht anzuwenden sind, w i r d vorausgesetzt, daß die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Vereine an sich auch für Parteien gelten. Der Gesetzgeber selbst hat somit die Regelungen über den Parteiausschluß als bürgerlich-rechtlich qualifiziert 2 1 . Streitigkeiten über Parteiausschlüsse sind also bürgerliche Rechtsstreitigkeiten i. S. d. § 13 GVG. F ü r sie ist der ordentliche Rechtsweg gegeben 22 .

19 Meyer, in: von Münch, GG. A r t . 95, Rdnr. 3 u n d Rdnr. 8; BVerfGE 387, 399; Stern I I , S.388. 20 I m Deutschen Bundestag gab es 1971 eine Initiative, die u. a. vorsah, für Streitigkeiten u m die Parteimitgliedschaft den Verwaltungsrechtsweg zu eröffnen, vgl. F A Z v o m 30. J u l i 1971, S. 6. — I n den Beratungen des Deutschen Bundestages über das Wehrpflichtgesetz i m Jahre 1956 machte die SPDF r a k t i o n den Änderungsvorschlag, die E r k l ä r u n g des Kriegsdienstverweigerers solle v o m Landgericht auf ihre Ernsthaftigkeit geprüft werden (StenBer B T I I , S. 8648). Der Abg. Wittrock begründete dies damit, daß den V e r w a l tungsgerichten die nötige Sachnähe zu menschlichen Problemen fehle, die ordentlichen Gerichte hingegen m i t diesen schon stärker vertraut seien, etwa i m Bereich der Vormundschaftssachen (aaO., S. 8858). 21 Reel, S. 279, Fußn.3; Strunk, S. 144; L G Bonn, U r t e i l v o m 6. März 1974, Az. 7 Ο 527/73, Bl. 18 (unv.); B G H N J W 1981, 914, 915; V G Berlin, Beschluß v o m 4. Sept. 1968, A z . V G I A 132.68, B1.3 (unv.); Schlicht, S. 10 f.; Henke DVB1 1967, 942. 22 Ganz h. M.: MDHS-Maunz, A r t . 21, Rdnr. 45 (1960); H a m a n n / L e n z , A r t . 21, A n m . Β 6; Strunk, S. 145; Heimann, politische Parteien, S. 16 u n d S. 106; Henke, S. 95, S. 99 u n d S. 102; L G Bonn, U r t e i l v o m 6. März 1974, Az. 7 Ο 527/ 73, Bl. 16 f. (unv.); O L G F r a n k f u r t N J W 1970, 2250; Hahn, S. 118; SchmidtBleibtreu / Klein, A r t . 21, Rdnr. 13; V G Berlin, Beschluß v o m 4. Sept. 1968, Az. V G I A 132.63, Bl. 2 (unv.); Wolfrum, S. 173; Schlicht, S. 196; Henke, S.85; Lenz / Sasse JZ 1962, 238; v o n Münch JuS 1964, 70; unausgesprochen auch L G Berlin, Besdiluß v o m 13. M a i 1977, Az. 29 Ο 91/77 (unv.); w o h l auch Seifert, S. 80; Stober N J W 1979, 2002 f.; so auch Schiedermair AöR 104 (1979), S. 215, der dem Problem einer Rechtswegaufspaltung unter vereinsrechtlichen u n d verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten (S. 206 - 210) dadurch entgeht, daß die Zivilgerichte dem „verfassungsrechtlichen Freiraum" der Parteien durch eine begrenzte Nachprüfung Rechnung tragen müßten. Ebenso für Klage auf A u f nahme i n die Partei V G H Mannheim N J W 1977, 72.

224

§ 10 Die Zulässigkeit einer Klage auf gerichtliche

berprüfung

B. Der Ausschluß des Rechtswegs Eine Klage gegen den Parteiausschluß wäre aber unzulässig, wenn die Schiedsgerichtsbarkeit der Parteien die Inanspruchnahme der ordentlichen Gerichte ausschlösse. Nach § 13 GVG gehören „alle" bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor die ordentlichen Gerichte. Das bedeutet (mindestens), daß dann, wenn der Rechtsweg ausnahmsweise ausgeschlossen sein soll, dies i n anderen Vorschriften bestimmt oder zugelassen sein muß. So sind nach §§ 18 und 19 GVG die Mitglieder diplomatischer Missionen und konsularischer Vertretungen von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit, und gemäß § 1297 I BGB kann aus einem Verlöbnis nicht auf die Eingehung der Ehe geklagt werden 23 . I. Es fragt sich also, ob i n der gesetzlichen Anordnung der Parteischiedsgerichtsbarkeit ein Ausschluß der staatlichen Gerichtsbarkeit liegt. Das Verhältnis zwischen privater und staatlicher Gerichtsbarkeit ist für die Schiedsgerichte i. S. d. § 1025 ZPO gesetzlich geregelt. Der Schiedsvertrag führt dort nicht als solcher zur Unzulässigkeit der Klage beim staatlichen Gericht, sondern er gibt nach § 1027a ZPO dem Beklagten die Möglichkeit, eine dahingehende Einrede zu erheben. Selbst dann ist staatliche Gerichtsbarkeit nicht völlig ausgeschlossen. A u f Antrag hat das Gericht einzelne erforderliche Handlungen vorzunehmen 24 , und die schiedsgerichtliche Entscheidung kann gemäß § 1041 I ZPO auf bestimmte Mängel überprüft werden. Vergleichbare Vorschriften enthält das Parteiengesetz nicht 25 . Deshalb kann dem Parteiengesetz nicht entnommen werden, daß die Parteischiedsgerichtsbarkeit die Anrufung staatlicher Gerichte überhaupt 2 6 ausschließen solle 27 . II. Daneben fragt sich, ob durch die Parteisatzung die Anrufung staatlicher Gerichte ausgeschlossen werden kann 2 8 . Wann staatliche Ge23 Vgl. auch Zeiss, S. 97, zu § 1001 B G B u n d § 375 HGB. E i n ähnliches E r gebnis w i r d erreicht, w e n n materielle Vorschriften die Unverbindlichkeit bestimmter Rechtsgeschäfte anordnen (z. B. §§ 656, 762 BGB) oder w e n n bestimmte Ansprüche nicht vollstreckbar sind (z. B. §§ 888 I I , 894 I I ZPO). Zu § 656 B G B siehe BVerfGE 20, 31, 32 - 34. 24 § 1036 ZPO. Siehe auch § 1029 I I ZPO, § 1031 Satz 2 ZPO. 25 Reel, S. 344, folgert anscheinend aus den Regelungen über die Schiedsgerichtsbarkeit, daß schon dadurch staatliche Gerichtsbarkeit ausgeschlossen sei. 26 Zur Frage, ob die staatlichen Gerichte bei der Überprüfung bestimmten Schranken unterliegen, siehe unten § 11. 27 L G Bonn, U r t e i l v o m 6. März 1974, Az. 7 Ο 527/73, Bl. 18 (unv.); i m E r gebnis ebenso Heimann, politische Parteien, S. 16; Henke, S. 105; ders. DVB1 1967, 944. 28 §25 I V OrgSt SPD: „ K e i n Parteimitglied e r w i r b t aus seiner Parteizugehörigkeit ein klagbares Recht gegen die Partei . . . " ; nach dem Zusammen-

C. Die Erschöpfung des parteiinternen Rechtswegs

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richte angerufen werden können, richtet sich zunächst nach dem staatlichen Prozeßrecht; solches stellt eine Parteisatzung nicht dar. Allerdings unterliegt die Befugnis, staatliche Gerichte anzurufen, i. d. R. privatautonomem Handeln 29 . Wer das Recht hat, eine Klage zu erheben, kann auch auf sie verzichten 30 . So ist es ζ. B. möglich, i n Verträgen darauf zu verzichten, einen bestimmten Anspruch klageweise zu verfolgen 31 . Andererseits kann das materielle Recht einem Verzicht auf seine prozessuale Durchsetzung entgegenstehen. Etwa § 1614 I BGiB würde weitgehend seinen Sinn verlieren, wenn es zwar nicht möglich wäre, für die Zukunft auf einen Unterhaltsanspruch zu verzichten, wohl aber auf seine gerichtliche Geltendmachung 32 . Somit hängt es auch vom materiellen Recht ab, ob die Befugnis zur Klageerhebung abbedungen werden kann. Falls nun Parteisatzungen den Rechtsweg gegen Parteiausschlüsse versperrten, würden sie prozessual etwas regeln, was materiell i n § 10 I V PartG geregelt ist. Die Ausschlußvoraussetzungen stehen aber nicht zur Disposition der Parteien. Sie sind vielmehr von den Parteisatzungen zu beachten 33 . Da die Parteien also materiell an die Ausschlußvoraussetzungen gebunden sind, können sie auch nicht prozessual den Rechtsweg gegen ihn versperren. Schon das macht einen satzungsmäßigen Klageausschluß unzulässig. Hinzu kommt, daß § 10 I V PartG die Rechtsstellung des Mitglieds gegenüber der Partei sichert und stärkt; es wäre widersinnig, wenn die Partei nun durch ihre Satzung gegenüber dem Mitglied die prozessuale Seite dieser Rechtsstellung beseitigen könnte 34 . C. Die Erschöpfung des parteiinternen Rechtswegs Allgemeine Ansicht ist, daß i m Falle eines Ausschlusses das staatliche Gericht erst nach Erschöpfung des parteiinternen Rechtswegs angerufen werden kann 3 5 . Die Begründungen dafür sind unterschiedlich. So lange noch keine hang dürfte sich diese Vorschrift allerdings n u r auf Rechte am Parteivermögen beziehen. 29 „Dispositionsmaxime", siehe Grunsky, S.24; Bruns, S. 100; Ule, S. 114; Henckel, S. 119; Jauernig, S. 64. 30 Deshalb greift die Argumentation von Zimmermann, S. 154, ein Rechtswegausschluß qua Satzung sei wegen fehlender Dispositionsbefugnis der Parteien über den staatlichen Rechtsschutz unzulässig, zu kurz. 31 Hierzu näher StJ-Schumann / Leipold, vor § 253, A n m . I I I 2. Die Probleme liegen i n den einzelnen Voraussetzungen für einen solchen Verzicht. 32 Auch Schiedsverträge über künftige Unterhaltsansprüche sind unzulässig: Palandt / Diederichsen, § 1614, A n m . 2. 33 Dazu näher oben § 3 D I. 34 So i m Ergebnis auch Zimmermann, S. 154; Strunk, S. 147; Lenz/Sasse JZ 1962, 238; Luthmann, S. 116. 35 L G T r i e r N J W 1974, 1774; L G Bonn, U r t e i l v o m 6. März 1974, Az. 7 Ο 527/73, Bl. 20 (unv.); Zimmermann, S. 154; Seifert, S. 253, S. 254 u n d S.286; 15 Risse

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§ 10 Die Zulässigkeit einer Klage auf gerichtliche

berprüfung

den Ausschluß aussprechende Entscheidung vorliege, mangele es am Rechtsschutzbedürfnis 36 . Das gelte auch, w e n n sich der Kläger noch durch ein p a r teiinternes Rechtsmittel wehren könne 3 7 . Andere Argumentationen besagen, daß durch eine verfrühte A n r u f u n g staatlicher Gerichte die m i t der Schiedsgerichtsbarkeit bezweckte innerparteiliche Streiterledigung vereitelt w ü r d e 3 8 oder daß das A n r u f e n des Gerichts vor einer für die Partei endgültigen E n t scheidung ein Eingriff i n ihre Organisationsgewalt sei 39 . Diese A r g u m e n tationen widersprechen einander nicht. Jedenfalls ist es Sinn des § 10 V PartG, daß vor einer A n r u f u n g des staatlichen Gerichts der parteiinterne Rechtsweg auszuschöpfen ist. Ob der Terminus „Rechtsschutzbedürfnis" dafür zutreffend ist, ist für die Folgerungen, die aus dem Gesetz zu ziehen sind, unerheblich 4 0 . D . Das Klagebegehren Es k o m m t i n B e t r a c h t , das K l a g e b e g e h r e n als Feststellungsfclage oder als A u f h e b u n g s k l a g e (Gestaltungsklage) abzufassen. W e l c h e K l a g e a r t d i e r i c h t i g e i s t , h ä n g t v o n d e r W i r k u n g ab, d i e d i e E n t s c h e i d u n g des Schiedsgerichts d a n n e n t f a l t e t , w e n n sie r e c h t s w i d r i g i s t ; ist die r e c h t m ä ß i g , ist sie auch w i r k s a m , u n d d i e K l a g e des ausgeschlossenen M i t g l i e d s m u ß a u f j e d e n F a l l abgewiesen w e r d e n . I . E i n e A u f h e b u n g s k l a g e w ä r e gegeben, w e n n auch d i e r e c h t s w i d r i g e E n t s c h e i d u n g des Schiedsgerichts zunächst w i r k s a m w ä r e , w i e es § 1040 Z P O f ü r d e n S p r u c h des ZPO^Schiedsgerichts u n d § 43 I I V w V f G f ü r d e n V e r w a l t u n g s a k t 4 1 v o r s i e h t . E i n e solche V o r s c h r i f t besteht f ü r d e n Parteiausschluß n i c h t . R i c h t e r l i c h e T ä t i g k e i t i s t g r u n d s ä t z l i c h e i n e fests t e l l e n d e 4 2 . W o 'der R i c h t e r n i c h t n u r feststellend, s o n d e r n g e s t a l t e n d Strunk, S. 150; Schiedermair AöR 104 (1979), S. 211; Wolfrum, S. 177; Lengers, S. 211; Schlicht, S. 199; für die Vereinsgerichtsbarkeit allgemein: RG J W 1932, 1197; B G H Z 13, 5, 15. 36 Zimmermann, S. 154; Flume FSchr Bötticher, S. 133. 37 So w o h l Heimann, politische Parteien, S. 104; Strunk, S. 151; Lengers, S. 211. — L G Bonn, U r t e i l v o m 6. März 1974, Az. 7 Ο 527/73, B1.20 (unv.), rechnet die Erschöpfung des parteiinternen Rechtswegs dem Feststellungsinteresse zu (§ 256 ZPO). 38 Heimann, politische Parteien, S. 104. 39 Strunk, S. 151; Heimann, politische Parteien, S. 103 (Eingriff i n die „ V e r einsautonomie"); Lengers, S. 211. 40 Dazu näher Schlicht, S. 199 - 201. Bei dem Erfordernis der Erschöpfung des Rechtswegs v o r Einlegung der Verfassungsbeschwerde (Art. 94 I I 2 GG u n d § 90 I I 1 BVfGG) w i r d nicht v o m Rechtsschutzbedürfnis, sondern v o n Subsidiarität gesprochen, vgl. Schwerdtfeger, S. 179 f.; Scholler / Broß, V e r fassungs- u n d Verwaltungsprozeßrecht, S. 120. Die begriffliche Einordnung einer ähnlichen Problemstellung wurde auch v o m B G H offengelassen: B G H N J W 1984, 669. 41 Dort w i r d die auf Aufhebung gerichtete Klage „Anfechtungsklage" genannt, § 42 I V w G O . 42 Jauernig, S. 108; so beim „Wegfall der Geschäftsgrundlage" Palandt / Heinrichs, § 242, A n m . 6 Β f.; B G H N J W 1972, 152, 153; Roth, in: MünchKomm, § 242, Rdnr. 503 - 505.

D. Das Klagebegehren

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tätig zu werden hat, ist dies gesetzlich besonders geregelt 43 . Die Klage ist also auf die Feststellung zu richten, daß die Mitgliedschaft fortbestehe 44 . II. Gemäß § 256 I ZPO ist eine Feststellungsklage nur zulässig, wenn „der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß das Rechtsverhältnis . . . alsbald festgestellt werde". Ein solches Interesse besteht regelmäßig, wenn eine den Ausschluß aussprechende Entscheidung vorliegt, da alle Parteistellen dann davon ausgehen werden, daß der Betroffene kein Mitglied mehr ist, und i h m die Ausübung von Mitgliedsrechten verwehren werden. Die sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Rechte sind auch so vielfältig, daß sie m i t Leistungsklagen nur schwer zu verfolgen wären, und wenn feststeht, daß jemand doch Mitglied ist, ist i. d. R. auch klar, welche Rechte er i m einzelnen hat. I I I . Eine Aufhebungsklage nach § 1041 I ZPO wäre aber zu erheben, wenn eine Partei zulässigerweise ihre Parteigerichtsbarkeit gleichzeitig den Anforderungen der §§ 1025 ff. ZPO entsprechend ausgestaltet hätte. Wie sich aus § 1048 ZPO ergibt, kann eine Vereinssatzung, also auch eine Parteisatzung, Grundlage eines Schiedsgerichts sein; das Erfordernis einer „Vereinbarung" gilt insofern nicht 45 . Keine Ausnahmen machen §§ 1048, 1025 I ZPO jedoch davon, daß eine Schiedsregelung nur „insoweit rechtliche Wirkung (hat), als die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des 'Streites einen Vergleich zu schließen" 46 . Es kommt also darauf an, ob über den Ausschluß eines Mitglieds zwischen i h m und der Partei ein Vergleich geschlossen werden kann. Es geht dabei u m solche Vergleiche, die den Ausschluß selbst regeln 47 , was bei Vergleichen, die zur Beendigung eines Ausschlußverfahrens abgeschlossen werden, i. d. R. nicht der Fall ist 48 . Ein Vergleich, der den Ausschluß 43 Jauernig, S. 109; Bruns, S. 177; Zeiss, S. 109. Beispiele: § 343 I 1 B G B ; §315 I I I 2 BGB. 44 Allgemeine Meinung: Zimmermann, S. 154; Henke, S. 95 u n d S. 102; L G Bonn, U r t e i l v o m 6. März 1974, Az. 7 Ο 527/73, Bl. 20 (unv.); O L G Celle N J W 1980, 1004 (für Gewerkschaftsausschluß)); Meyer-Cording, S. 100; Seifert, S. 280; Luthmann, S. 117; Schlicht, S. 202; Lenz/Sasse JZ 1962, 238; w o h l auch Strunk, S. 147. — H ä l t ein Gericht die Aufhebungsklage für gegeben, erteilt es nach § 129 I 1 ZPO einen Hinweis. 45 T h o m a s / P u t z o , § 1048, A n m . 1; Lengers, S. 191; Henke, S. 103; O L G Oldenburg DVB1 1967, 941 (für Parteisatzung); Henke DVB1 1967, 942; Baumb a c h / A l b e r s , § 1048, A n m . 3; a. M. StJ-Schlosser, § 1048, A n m . I I 2. Betrachtet man Vereinssatzungen als Vereinbarungen i. S. d. § 1025 I ZPO, stellt sich das Problem der Anwendbarkeit des § 1048 ZPO erst gar nicht. 46 B a u m b a c h / A l b e r s , § 1048, A n m . 1; StJ-Schlosser, § 1048, A n m . 12. 47 Anscheinend a. M . Lengers, S. 194 f. 48 Beispiel eines solchen Vergleichsvorschlags: „1. Die Genossin A.B. legt . . . i h r Mandat als Ratsmitglied . . . nieder . . . — 2. Der Ortsverein . . . zieht unverzüglich nach der Mandatsniederlegung seinen A n t r a g . . . zurück. —

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§ 10 Die Zulässigkeit einer Klage auf gerichtliche

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selbst regelt, müßte etwia darauf bauen, daß das Mitglied die Begründetheit des Antrags auf Ausschluß anerkenne und daß demgemäß seine Mitgliedschaft nunmehr ende. Die Ausschluß Voraussetzungen des § 10 I V PartG sind zwingendes Recht 49 ; dasselbe gilt für die Zuweisung der Entscheidung an das Schiedsgericht nach § 10 V 1 PartG, vor allem, weil dieses m i t der Ausübung des Ausschlußermessens 50 eine unvertretbare Handlung vornehmen muß. Deshalb kann über einen Parteiausschluß auch kein Vergleich geschlossen und keine ßchiedsregelung nach § 1025 I ZPO geschaffen werden 51 . Satzungsregelungen, die trotzdem eine ZPO-iSchiedsgerichtsbarkeit für Parteiausschlüsse vorsehen, sind also (insoweit) unwirksam 5 2 . Sie können also auch nicht bewirken, daß für diesen Fall die besondere Klageart des § 1041 I ZPO gegeben ist 53 . Henke stützt ein ähnliches Ergebnis auf die Erwägung, §§ 1025 ff. ZPO erlaubten nur Schiedsgerichte, die eine der Zivilgerichtsbarkeit analoge Struktur haben 54 . Das ist schon richtig, weil §§ 1025 ff. ZPO Verfahren regeln, die ohne Bestehen einer Schiedsregelung vor den Zivilgerichten zu verhandeln wären. Bei einem „Antrag auf Ausschluß" wäre das nicht der Fall, das ordentliche Gericht müßte eine darauf gerichtete Klage abweisen, w e i l die Partei gemäß § 10 V 1 PartG einen Ausschluß selbst durch ihr Organ auszusprechen hätte. Diese Argumentation schlösse aber nicht aus, daß die Parteien hinter die Entscheidung der Partei(„disziplinar")gerichte ein ZPOnSchiedsgericht schalten 55 . Wäre das möglich, hätte das Mitglied letzten Endes doch den Antrag nach § 1041 I ZPO zu stellen. Nach der hier vertretenen Auffassung geht das nicht 56 .

3. Soweit zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin Äußerungen gefallen sind, die als verletzend empfunden wurden, w i r d v o n beiden Seiten erklärt, daß sie nicht aufrechterhalten werden. — 4. . . . " (BSchK v o m 5. I I I . 1979, g. A . B . , Bl.4). 49 Siehe oben Β I I . 50 Siehe oben § 6 A . 51 So w o h l Strunk, S. 161; a. M . Lengers, S. 194 f. 52 Vgl. Baumbach / Albers, § 1025, A n m . 2 C; Zöller / Scherübl, § 1025, A n m . I I 1 a. 53 Dessen ungeachtet mag es möglich sein, die Parteischiedsgerichtsbarkeit für andere Streitigkeiten, ζ. B. solche zwischen Gliederungen oder zwischen Organen, gemäß §§ 1025 ff. ZPO auszugestalten. Insofern u n k l a r Stober N J W 1979, 2007, Fußn. 102. Grundsätzlich gegen eine Ausgestaltbarkeit nach §§ 1025 ff. ZPO Strunk, S. 160 f. 54 Henke, S. 104, u n d ders. DVB1 1967, 943. 55 Henke, S. 104; ders. DVB1 1967, 943; ähnlich Lengers, S. 194 f. 56 I m bürgerlichen Vereinsrecht besteht keine dem § 10 I V , V 1 PartG vergleichbare Vorschrift. Deshalb mag Henkes Argumentation dort richtig sein.

E. Der Klagegegner

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E. Der Klagegegner E i n Ausschluß beendet die Mitgliedschaft i n der Gesamtpartei u n d i n allen ihren Gliederungen, w i e auch die Aufnahme entsprechend w i r k t 5 7 . Deshalb k o m m t jedenfalls die Gesamtpartei als Klagegegnerin i n Betracht. Sie hat auch gemäß §3 Satz 1 PartG die „Passivlegitimation", d . h . sie k a n n unter ihrem Namen verklagt werden. Da Mitgliedschaft auch zwischen Gliederung und M i t g l i e d besteht, fragt sich, ob auch gegen diese Klage erhoben werden kann; ein Interesse daran mag das M i t g l i e d haben, w e i l es regelmäßig dort seine Rechte ausübt. Nach § 3 Satz 2 PartG können die „Gebietsverbände der jeweils höchsten Stufe" 5 8 verklagt werden, sofern die Satzung nichts anderes bestimmt. Ob diese verklagt werden können, müßte danach v o n der Parteisatzung abhängen 59 . Die Passivlegitimation sonstiger Gliederungen läßt sich nicht nach dem Parteiengesetz beurteilen. W e n n sie eingetragene Vereine sind, sind sie gemäß § 21 B G B rechtsfähig u n d können gemäß § 50 I ZPO verklagt werden 6 0 . Soweit das nicht der F a l l ist 6 1 , sind sie i. d. R. „nichtrechtsfähige" Vereine 6 2 . Diese können nach § 50 I I ZPO verklagt werden, können selbst allerdings grundsätzlich nicht klagen 6 3 . Gliederungen, die „rechtlich ganz unselbständig sind", so daß sie begrifflich k e i n Verein i. S. d. § 50 I I ZPO u n d § 54 Satz 1 B G B sind, können allerdings nicht verklagt w e r den 6 4 . Soweit nicht einmal begrifflich ein Verein vorliegt 6 5 , ist allerdings auch zweifelhaft, ob überhaupt eine Gliederung vorliegt 6 6 , denn §§ 7 I 1, 8 I 1, 11 I I I , 4 I I 1 PartG sichern den Gliederungen ein ziemliches Maß an rechtlicher Selbständigkeit. Problematisch ist nur, ob § 3 Satz 2 PartG w i r k l i c h — w i e sein W o r t l a u t besagt — dahin zu verstehen ist, daß durch Satzung die Passivlegitimation des „Gebiet s Verbandes der höchsten Stufe" ausgeschlossen werden kann. Dann wären die Gesamtpartei u n d ihre unteren Gliederungen stets verklagbar; ob die oberen Gliederungen verklagt werden 57 „Gestufte Mehrfachmitgliedschaft", siehe B G H Z 73, 275, 278; Sauter/ Schweyer, S. 190. 58 Siehe dazu oben §8 A I I I . O L G K ö l n N J W 1978, 227, u n d Staudinger/ Coing, §54, Rdnr. 20, sprechen den nordrhein-westfälischen Bezirken der SPD diese Eigenschaft ab, w e i l sie den SPD-Landesverband NordrheinWestfalen als solchen Gebiet s verb and ansehen. 59 Die Satzungen von CDU, FDP u n d CSU enthalten keinen Ausschluß der Passivlegitimation. Z u r Regelung der SPD siehe B G H Z 73, 275, 277; B G H DB 1970, 820 f. 60 Strunk, S. 146; Breithaupt JZ 1967, 561. 61 Vgl. § 10 I 3 Satzung FDP N W : „Die Eintragung v o n Kreisverbänden i n das Vereinsregister ist nicht zulässig." 62 Breithaupt JZ 1967, 561; Strunk, S. 146; Roellecke DRiZ 1968, 119; Henke, S. 272; von der Heydte / Sacherl, S. 180; L G F r a n k f u r t N J W 1979, 1661 (für SPD-Ortsverein); O L G Bamberg N J W 1982, 895 (für CSU-Ortsverband); O L G Düsseldorf N J W 1979, 2525 (für SPD-Unterbezirk). 63 Dazu unten H I I . 64 So L G Bonn N J W 1979, 810 f., für CDU-Ortsverband; verneinend für CSU-Ortsverband O L G Bamberg N J W 1982, 895; Zöller / Vollkommer, §50, A n m . I V 1 a bb; vgl. auch Henke, S. 106 - 108. 65 Z u den Einzelheiten O L G Bamberg N J W 1982, 895, m. w . N.; L G F r a n k furt N J W 1979, 1661; L G Bonn N J W 1976, 810 f.; O L G Karlsruhe O L G Z 1978, 226, 227; RGZ 118, 196, 198 f.; Sauter / Schweyer, S. 192. 66 B P t G v o m 22. V. 1973, B l . 9 - 1 1 , bejaht die Qualität v o n CDU-Ortsverbänden als Gliederungen i. S. d. PartG.

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§ 10 Die Zulässigkeit einer Klage auf gerichtliche

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könnten, hinge v o m W i l l e n der Partei ab — u n d wer w i l l sich schon gerne verklagen lassen! Da eine solche Regelung innerlich widersprüchlich wäre, ist § 3 Satz 2 PartG berichtigend so zu verstehen, daß § 50 I I ZPO nicht ber ü h r t werden soll 6 7 . Das M i t g l i e d k a n n also gegen jeden Gebietsverband, aus dem es ausgeschlossen sein soll, Klage erheben. Ob mehrere solcher Gebietsverbände als Streitgenossen verklagt werden können, richtet sich nach §§ 59, 60 ZPO. Wie § 10 PartG voraussetzt, k a n n die Mitgliedschaft i n der Gesamtpartei nicht anders begründet u n d beendet w e r den als i n den Gliederungen 6 8 . Das Bestehen oder Nichtbestehen der M i t gliedschaft beruht also allen Gebietsverbänden der Partei gegenüber stets auf denselben tatsächlichen (Aufnahme, Ausschluß) u n d rechtlichen (Satzung, § 10 PartG) Gründen, so daß Streitgenossenschaft nach § 59 ZPO möglich ist 6 9 .

F . D i e Zuständigkeit I . D i e sachliche Z u s t ä n d i g k e i t d e r o r d e n t l i c h e n G e r i c h t e i n Z i v i l sachen r i c h t e t sich nach §§ 23, 71 G V G . Sie h ä n g t d a v o n ab, ob d i e P a r t e i m i t g l i e d s c h a f t e i n „ v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e r A n s p r u c h " 7 0 ist. V e r m ö gensrechtlich ist sie z w a r insofern, als das M i t g l i e d e i n e B e i t r a g s p f l i c h t t r i f f t . D e r Z w e c k e i n e r P a r t e i i s t aber die V e r w i r k l i c h u n g i h r e r p o l i t i schen Z i e l e 7 1 d u r c h M i t w i r k u n g b e i d e r p o l i t i s c h e n W i l l e n s b i l d u n g des V o l k e s . D i e i M i t g l i e d s c h a f t e r m ö g l i c h t es d e m E i n z e l n e n , a n diesen T ä t i g k e i t e n t e i l z u n e h m e n . Sie ist also n i c h t v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e r N a t u r 7 2 . F ü r K l a g e n , d i e sich gegen e i n e n Parteiausschluß r i c h t e n , s i n d also i n erster I n s t a n z die L a n d g e r i c h t e zuständig. I I . D e r e n ö r t l i c h e Z u s t ä n d i g k e i t r i c h t e t sich n a c h §§ 12 ff. Z P O . P a r t e i e n s i n d „Gesellschaften" o d e r „ V e r e i n e " i . S. d . § 17 I 1 Z P O 7 3 . Sof e r n also d i e G e s a m t p a r t e i v e r k l a g t w i r d , k o m m t es a u f d e r e n Sitz a n 7 4 ; dasselbe g i l t f ü r eine K l a g e gegen eine G l i e d e r u n g 7 5 . 67 So andeutungsweise auch O L G Karlsruhe O L G Z 1978, 226, 227; ferner v o n Münch, in: ders., GG, A r t . 21, Rdnr. 42: für die Passivlegitimation gelte nicht § 3 PartG, sondern § 50 I I ZPO. 68 So i. E. auch Seifert, S.211 (Ableitung aus dem Demokratiegebot). 69 Ausnahme ζ. B., w e n n auch streitig ist, welcher v o n mehreren gleichrangigen Gliederungen das M i t g l i e d (etwa bei mehreren Wohnsitzen) angehört. Dann gilt § 60 ZPO. 70 Das W o r t „Anspruch" ist bei Feststellungsklagen als „Rechtsverhältnis" zu lesen. 71 Vgl. § 1 I I I PartG. 72 Strunk, S. 155; so für die Streitigkeit u m die Auflösung des Gebietsverbandes einer Partei K G JurBüro 1970, 309; vgl. auch B G H N J W 1982, 1525; B G H Z 13, 5, 9. 73 Zöller / Vollkommer, § 17, A n m . 1 b. 74 Siehe § 1 I I I OrgSt SPD (Bonn u n d Berlin); § 1 I I I Satzung SSW (Flensburg); §37 I I Satzung FDP (Bonn); §2 Satz 2 Satzung CSU (München); §3 Statut CDU („am ständigen Sitzungsort des Deutschen Bundestages"); § 1 I I I

H. Besondere Fallgestaltungen

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G. Die Klagefrist Die Klage auf die Feststellung, daß ein Rechtsverhältnis bestehe, ist an sich nicht an bestimmte Fristen gebunden 76 . Alsbaldige Klageerhebung ist aber ratsam, weil anderenfalls materiellrechtlich Verwirkung eintreten kann 7 7 . H.

Besondere Fallgestaltungen

Bisher wurde vorausgesetzt, daß das ausgeschlossene M i t g l i e d die Feststellung des Fortbestehens seiner Mitgliedschaft anstrebt. Auch i n anderen F a l l gestaltungen k o m m t eine gerichtliche Überprüfung des Ausschlusses i n Betracht. I. W e n n etwa das M i t g l i e d darauf klagt, daß i h m die Teilnahme als stimmberechtigter Delegierter an einem Parteitag gewährt w i r d , k a n n inzidenter zu prüfen sein, ob die Mitgliedschaft durch einen Ausschluß beendet wurde. I I . Denkbar ist auch eine Feststellungsklage der Partei m i t dem I n h a l t , daß die Mitgliedschaft durch den Ausschluß beendet sei. E i n Feststellungsinteresse k a n n etwa bestehen, w e n n das ausgeschlossene M i t g l i e d i n der Öffentlichkeit erklärt, der Ausschluß sei u n w i r k s a m 7 8 , w e n n es versucht, an Mitgliederversammlungen teilzunehmen, oder w e n n es die v o n der Partei zurückgewiesenen Mitgliedsbeiträge nach § 372 B G B hinterlegt. Eine solche Klage k a n n gemäß § 3 PartG jedenfalls v o n der Gesamtpartei erhoben w e r den, sowie von dem Gebiet s verb and der höchsten Stufe, w e n n die Satzung nichts anderes bestimmt. I m übrigen sind gemäß § 50 I ZPO die Gliederungen a k t i v legitimiert, die als eingetragene Vereine rechtsfähig sind. Nichtrechtsfähige Gliederungen können grundsätzlich nicht selbst klagen 7 9 , ö r t l i c h zuständig ist sowohl gemäß § 13 ZPO das Gericht, i n dessen Bezirk das M i t glied seinen Wohnsitz hat, als auch gemäß §§22, 17 I 1 ZPO das, i n dessen Bezirk der Sitz der Partei oder Gliederung liegt. Zwischen diesen Gerichten kann die Partei nach § 35 ZPO wählen. Satzung Grüne (Bonn); Präambel Satz 4 Statut D K P (Düsseldorf). — Unricht i g BSchK v o m 16. I X . 1977, g. Κ . Β., B1.4: Das L G B e r l i n sei wegen § 25 I 4 OrgSt SPD („Gerichtsstand ist Bonn.") örtlich unzuständig. Eine Parteisatzung ist keine Vereinbarung i. S. v. § 38 ZPO, der Streit u m die M i t g l i e d schaft fällt nicht unter § 38 ZPO, u n d § 25 OrgSt SPD bezieht sich n u r auf das Parteivermögen. 75 Ζ. B. Bielefeld gemäß § 1 Satz 2 Satzung SPD Ostwestfalen-Lippe; Düsseldorf gemäß §2 Satzung FDP N W ; D o r t m u n d gemäß §3 Satzung CDU Westfalen-Lippe. 76 Meyer-Cording, S. 100. 77 Wenn jemand nach seinem Ausschluß über längere Zeit weder versucht, Mitgliedsrechte auszuüben noch seinen Mitgliedsbeitrag zu entrichten, w i r d die Partei auch deshalb v o n der Beendigung der Mitgliedschaft ausgehen können. 78 Vgl. Baumbach / Hartmann, §256, A n m . 3 C; B G H N J W 1978, 1520, 1521; B a y O b L G M D R 1975, 934. 79 Z u dieser Problematik näher Henke, S. 373 f., m. w . N. — Z u r Strafantragsbefugnis eines SPD-Unterbezirks siehe O L G Düsseldorf N J W 1979, 2525, m. w . N.

§ 11 Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung A. Der Grundsatz vollständiger gerichtlicher Prüfung Die gerichtliche Überprüfung eines Prozeßstoffes hat grundsätzlich eine i n tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollständige zu sein 1 . So haben Gerichte „objektive Tatsachen" zu überprüfen, etwa aus welcher Richtung Fahrzeug A auf Fahrzeug Β aufgefahren ist, ferner „subjektive Tatsachen", etwa ob der Fahrer absichtlich auf das andere Fahrzeug zugesteuert ist oder ob der Unfall fahrlässig geschah, oder welchen „wirklichen Willen" (§ 133 BGB) ein Beteiligter bei Abschluß eines Vertrags hatte. Vom Gericht sind auch Tatsachen wie körperliche Schmerzen und Unannehmlichkeiten 2 oder rein ideelle Nachteile, wie sie bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entstehen 3 , grundsätzlich zu prüfen. Selbst Tatsachen, die nicht eingetreten sind und auch nicht mehr eintreten werden, müssen u. U. vom Gericht berücksichtigt werden 4 , etwa welchen Gewinn ein Händler gemacht hätte, wenn sein Warenlager nicht zerstört worden wäre. Zur Überprüfung i n rechtlicher Hinsicht gehört die Frage nach der Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts 5, nach der Gültigkeit einer Norm 6 und nach der richtigen Anwendung (Auslegung) der Norm oder des Rechtsgeschäfts. Eine gerichtliche Uberprüfung i n solchem Umfang auch bei Parteiausschlüssen vorzunehmen, würde bedeuten, daß das staatliche Gericht Feststellungen treffen kann, die von denen des Schiedsgerichts abweichen. Es könnte etwa feststellen, daß das Mitglied eine bestimmte Handlung nicht begangen hat, daß ein Schaden nicht oder aus ganz anderen Gründen eingetreten ist. Es könnte Nebenordnungen der Parteien und Satzungen der Gliederungen auf ihre Vereinbarkeit m i t der Hauptsatzung, das gesamte Satzungsrecht auf seine Übereinstimmung mit staatlichem Recht überprüfen. Ferner könnte es prüfen, ob das Schiedsgericht das sat1

Stern I, S. 666. Palandt / Thomas, § 847, A n m . 3 a; Palandt / Diederichsen, § 1300, A n m . 3 (verminderte Heirats aussiebten); Wacke, in: MünchKomm, § 1300, Rdnr. 1 (seelische Schmerzen). 3 Palandt / Thomas, §823, A n m . 15 C; E r m a n / D r e e s , §823, Rdnr. 4. 4 Siehe § 249 Satz 1 BGB. 5 Siehe § 134 B G B ; §44 V w V f G . 6 Ζ. B. A r t . 100 I GG. — I n dem Zusammenhang können auch wieder T a t sachen zu prüfen sein, etwa ob der Bundesrat einem Gesetz zugestimmt hat. 2

Β. Gründe und Maßstäbe eingeschränkter Überprüfung

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zungsmäßige und gesetzliche Verfahren eingehalten hat; schließlich ob ein bestimmter Programmsatz wirklich ein Grundsatz der Partei ist und ob das Schiedsgericht ihn zutreffend ausgelegt hat. Der Grundsatz vollständiger gerichtlicher Überprüfung hat seinen Sinn i m Streben nach der richtigen Entscheidung 7 . Wenn unrichtige Tatsachen zugrunde gelegt werden, w i r d auch die Entscheidung unrichtig sein 8 , es sei denn, der falsche Sachverhalt führt zufällig zum selben Ergebnis. Gleiches gilt, wenn zu Unrecht eine Norm oder ein Vertrag als gültig angesehen werden oder wenn ein Sachverhalt unrichtigerweise als von einer bestimmten Norm erfaßt angesehen wird 9 . Diese Überlegungen bedeuten, daß nicht etwa gefragt werden muß, ob der Richter überhaupt vollständig prüfen dürfe, sondern daß Ausnahmen von der vollständigen richterlichen Prüfung der Begründung bedürfen 10 .

B. Gründe und Maßstäbe eingeschränkter Überprüfung I . Die Vereinsautonomie

Der Bundesgerichtshof übt i m Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgerichts gegenüber Vereinsauschlüssen und anderen Vereinsstrafen nur eine eingeschränkte Kontrolle aus11. 1. Er begründet das mit der Vereinsautonomie 12 und wendet diese Rechtsprechung ausdrücklich auch auf Parteiausschlüsse an 13 . Parteien sind begrifflich Vereine; § 37 PartG geht von der Anwendbarkeit vereinsrechtlicher Normen auf sie aus, und Inhalte des Art. 9 I GG können auch für die Auslegung von A r t . 21 I GG herangezogen werden 14 . Was für die Überprüfbarkeit von Vereinsmaßnamen gilt, kommt deshalb auch für die Kontrolle von Parteiausschlüssen in Betracht. 7 Vgl. auch Strunk, S. 169: Wenn eine N o r m nicht zwangsweise durchgesetzt werden könne, bleibe sie toter Buchstabe. Ä h n l i c h Lengers, S. 217. 8 Lengers, S.220: Es könne nicht schützenswerter Bestandteil der Vereinsautonomie sein, Unschuldige zu bestrafen. 9 Vgl. Meyer-Cording, S. 114 f.: Wenn das Vereinsorgan n u r aufgrund einer unzutreffenden Interpretation zu einer Bestrafung gelangen konnte, fehle in W i r k l i c h k e i t die satzungsmäßige Grundlage für die Vereinsstrafe. 10 Stern I, S. 666; Westermann, S. 104. 11 Dazu näher: Westermannn, S. 101 - 103; Schlosser, S. 94 - 99; Vieweg JZ 1984, 168 f. 12 Ζ. B. RGZ 49, 150, 154 („autonome Selbständigkeit"); B G H Z 47, 381, 384; B G H JZ 1984, 186, 187; auch L G Bonn, U r t e i l v o m 6. März 1974, Az. 7 Ο 527/73, Bl. 31 (unv.). 13 B G H Z 75, 158, 159. 14 MDHS-Maunz, A r t . 21, Rdnr. 38 (1960); Henke, S. 232; vgl. auch Schmidt N J W 1984, 762 ff., insbes. S. 765.

234

§ 11 Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung

a) Das Grundrecht aus A r t . 9 I GG, die Freiheit, Vereine und Gesellschaften zu bilden, bedeutet, daß diese insbesondere ihren Zweck frei bestimmen können 15 — was regelmäßig i n der Satzung geschieht 16 —, und daß sie zur Verwirklichung dieses Zwecks tätig werden dürfen 1 7 . Von diesem Selbstbestimmungsrecht direkt auf eine fehlende richterliche Prüfungskompetenz zu schließen, wäre voreilig. I n Streitigkeiten, wo diese Kompetenz i n Frage steht, w i r d es regelmäßig darum gehen, ob ein Beteiligter sich an den Vereinszweck oder andere vereinsautonom geschaffene Regelungen gehalten hat oder nicht. Lehnt nun das Gericht hinsichtlich dieses Punktes eine Nachprüfung ab, muß es die Version einer Streitseite — i n Verfahren über Vereinsstrafen üblicherweise die des Vereinsorgans — als richtig unterstellen. Damit ist diesem zugleich praktisch die Möglichkeit eingeräumt, den Inhalt vereinseigener Regelungen — sozusagen „auf kaltem Wege" — abweichend vom wirklichen Inhalt zu bestimmen 18 . Darin schützt A r t . 9 I GG die Vereinigung nicht 19 . Hingegen kann Vereinsautonomie verlangen, daß bei der Auslegung vereinsautonomer A k t e dem „wirklichen W i l l e n " 2 0 der Vereinsmitglieder Rechnung getragen wird. Dies mag einer „objektiven Auslegung" von Vereinssatzungen 21 Grenzen setzen. Es wäre aber keine verminderte Überprüfung, sondern eine Bestimmung der richtigen Prüfungsmethode. b) Zivilrechtlich bedeutet Vereinsautonomie, daß sich der Verein eine Satzung geben darf, hinsichtlich deren Inhalts er i m Rahmen der Gesetze frei ist 22 , und daß er i m Rahmen dieser Satzung und der Gesetze seine Vereinstätigkeit betreiben darf 23 . Vereinsautonomie ist damit eine Ausprägung der Privatautonomie 24 . Dies entspricht zunächst dem, was auch A r t . 9 I GG garantiert. Eine Befugnis zur „autonomen Auslegung" 15 BVerfGE 30, 227, 243 („vereinsmäßige Betätigung"); BVerfGE 50, 290, 354; Schmidt-Bleibtreu / Klein, A r t . 9, Rdnr. 2. — Unzureichend ist es, den gemeinsamen Zweck als bloße Tatbestandsvoraussetzung anzusehen, siehe von Münch, in: ders., GG, A r t . 9, Rdnr. 12. 16 Für den eingetragenen Verein siehe § 57 I BGB, i m übrigen Stöber, S. 26 u n d S. 29. 17 BVerfGE 30, 227, 243. — Daß bestimmte Ziele nicht angestrebt werden dürfen, ergibt sich aus A r t . 9 I I GG. 18 Damit ist auch das A r g u m e n t widerlegt, durch E i n t r i t t i n den Verein unterwerfe sich das M i t g l i e d der Vereinsgewalt. Es u n t e r w i r f t sich n u r der rechtmäßig, also auch satzungsgemäß, ausgeübten Vereinsgewalt, siehe Lengers, S. 224 f. 19 So Nicklisch, S. 26 f., für die Überprüfung v o n Verbandsnormen. 20 Vgl. § 133 BGB. 21 Dazu Reuter, in: MünchKomm, §25, Rdnr. 7 - 9. 22 Flume FSchr Bötticher, S. 110; Schlosser, S. 99 f.; Reichert / Dannecker / K ü h r , 1. Aufl., S. 185 f. 23 Reichert / Dannecker / K ü h r , 1. Aufl., S. 185 f. 24 Lengers, S. 225; Vieweg JZ 1984, 170.

Β . Gründe und Maßstäbe eingeschränkter Überprüfung

235

kann aber auch dem Zivilrecht nicht entnommen werden. Die Funktion der Satzung erschöpft sich nicht darin, daß die Mitglieder sich ein gemeinsames Ziel („Zweck" gemäß § 57 I 13 GB) privatautonom setzen. Durch den Satzungstext w i r d auch zwischen Mitglied und Verein klargestellt, welche Ziele es durch seine Mitgliedschaft unterstützt und welche nicht, welche Pflichten es gegenüber dem Verein hat und aus welchen Gründen der Verein welche Maßnahmen gegen es verhängen kann 2 5 . Hier dem Verein von vornherein eine Vorrangstellung bei der Auslegung der Satzung zu geben, hieße, es i h m zu gestatten, die durch die Satzung gebildete Grenze zwischen i h m und dem Mitglied einseitig zu verändern. Daß gerade diese Möglichkeit nicht bestehen soll, zeigt § 33 I BGB: Sofern nichts anderes bestimmt ist 26 , bedürfen Satzungsänderungen der Beschlußfassung durch die Mitgliederversammlung — und zwar einer Dreiviertelmehrheit —; die Änderung des Vereinszwecks erfordert sogar Einstimmigkeit. Das Bürgerliche Gesetzbuch nimmt den Schutz des Mitglieds vor der Vereinsmacht durchaus ernst. Erst recht muß deshalb gerichtliche Kontrolle bestehen, wenn die Regelung der Mitgliedsrechte nicht der vereinsautonomen Satzung überlassen, sondern wie i n § 10 I V PartG oder in § 68 GenossenschaftsG, gesetzlich geregelt ist 2 7 . c) Eine darüber hinausgehende Vorstellung von der Vereinsautonomie scheint der Rechtsprechung ursprünglich zugrunde gelegen zu haben 28 . Nach -Gierkes Ansicht waren die Rechtsverhältnisse zwischen Verein u n d M i t g l i e d „von denen des reinen Individualrechts specif isch verschieden. Denn es ist ihnen wesentlich, dass die in ihnen stehenden Subjekte nicht als getrennte und in sich geschlossene Personen auf gleiche Linie gerückt, sondern als organisch zum Ganzen gefügte Personen ungleicher Ordnung vorgestellt werden" 29. Dieser A n s a t z ist schon v o m T a t -

sächlichen her unzutreffend. Es mag Vereine geben, i n denen nach ihrem iSelbstverständnis die Einzelnen nicht selbständige, sondern „organisch zum Ganzen gefügte Personen" sind. Allgemeingut i n deutschen Vereinen dürfte diese Vorstellung kaum sein — es sei denn, man nähme nur die Festreden der Verbandsfunktionäre zum Maßstab. Juristisch bedeutet sie eine Übertreibung des Vereinsgedankens. Gegenüber den Mitgliedern, auf denen der Verein beruht, w i r d dieser überhöht; die Mitglieder werden gleichsam i n ein besonderes Gewaltverhältnis versetzt. Einer besonderen Bedeutung, die die Vereinigungsfreiheit et25

Vgl. § 58 Nr. 1 u n d 2 B G B ; Larenz A T , S. 159 - 168. Siehe § 40 BGB. 27 Dazu Strunk, S. 168. 28 Vgl. RGZ 49, 150, 154 f.; Meyer-Cording, S. 108; Westermann, S. 102; Schlosser, S. 99 f. 29 Gierke, S. 182 (1887!); siehe dazu Nicklisch, S.23ff. 26

236

§11 Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung

wa aus vor- oder überverfassungsrechtlichen Gründen haben mag 30 , ist jedenfalls dadurch Rechnung getragen, daß sie i n A r t . 9 GG als Grundrecht ausgestaltet ist. Über die Verpflichtung des Staates und seiner Gerichte, die Vereinigungsfreiheit inhaltlich zu beachten, hinaus ergibt sich daraus nichts 31 . Unterstützt w i r d dieses Ergebnis durch einen Blick auf Art. 6 GG. Weit eher als vom Zusammenschluß der Menschen zu Vereinigungen läßt sich von der Familie sagen, daß sie eine dem Staat vorgegebene Einrichtung ist und deshalb von i h m respektiert werden muß 32 . Das mag auch i n den Formulierungen, daß Ehe und Familie „unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung" stehen (Art. 6 I GG), und daß „Pflege und Erziehung der Kinder . . . das natürliche Recht der Eltern" sind (Art. 6 I I 1 GG), zum Ausdruck kommen. Aber selbst i n diesem Bereich übt der Staat nicht nur Zurückhaltung: A r t . 6 I I 2 GG verpflichtet „die staatliche Gemeinschaft", darüber zu wachen, daß die Eltern ihre Pflichten erfüllen, und notfalls einzugreifen 33 . Das ist mehr, als wenn ein Gericht streitentscheidend i m Einzelfall prüft, welchen Inhalt vereinsautonome Akte haben. Gegen eine Verabsolutierung von Vereinsakten spricht schließlich auch, daß das Grundgesetz für die drei wichtigsten A r t e n von Vereinigungen besondere Regelungen geschaffen hat, für die Kirchen i n A r t . 140 GG, für die Koalitionen i n A r t . 9 I I I GG und für die politischen Parteien i n A r t . 21 GG. Ferner kann den Vereinen je nach ihrem Tätigkeitsgebiet der Schutz weiterer Grundrechte zukommen, sei es aufgrund von A r t . 19 I I I GG oder wegen des Inhalts des einzelnen Grundrechts 34 . Eine eingeschränkte richterliche Kontrolle wegen der Vereinsautonomie ist also nicht anzuerkennen 35 . 2. Die Qualität vereinsautonomer Regelungen kann aber ein Grund sein, sich bei ihrer Überprüfung zurückzuhalten. a) Anerkannt ist das für bestimmte A k t e der Religionsgemeinschaften. Um nicht zu Unrecht i n deren religiöse Selbstbestimmung einzugreifen, w i r d es z. B. für unzulässig gehalten, durch staatliche Gerichte 30 Vgl. A r t . 1 I I GG, wo auf „unverletzliche und unveräußerliche M e n schenrechte" Bezug genommen ist. Vereinigungsfreiheit ist auch i n A r t . I I I E u M R K garantiert. Z u m innerstaatlichen Rang der E u M R K i m deutschen Recht siehe Guradze, Einleitung § 5, S. 13 - 18; Partsch, Grundrechte 1/1, S. 281 - 285. 31 Vgl. auch Westermann, S. 102, der den Gegensatz von Vereins- u n d P r i vatautonomie anzweifelt. 32 Vgl. MDHS-Maunz, A r t . 6, Rdnr. 2 („überstaatlicher Kern") u n d Rdnr. 22 (1969); Scheffler, Grundrechte IV/1, S. 249. 33 Peters, Grundrechte IV/1, S. 390 f.; MDHS-Maunz, A r t . 6, Rdnr. 26 (1969); Schwab, S. 187; BVerfGE 24, 119, 144; BVerfGE 7, 320, 323. 34 M D H S - D ü r i g , A r t . 19 I I I , Rdnr. 55 - 59 (1959). 35 Westermann, S. 102 f.; Schlosser, S. 100.

Β . Gründe u n d Maßstäbe eingeschränkter

berprüfung

237

zu überprüfen, ob ein wegen Verbreitens von Irrlehren amtsenthobener Geistlicher w i r k l i c h gegen die Lehre seiner Kirche verstoßen hat 3 6 . Da durch A r t . 140 GG die Rechtsstellung der Kirchen und durch A r t . 4 I, I I GG die Religionsfreiheit besonders weitgehend geschützt sind 37 , besteht gerichtliche Zurückhaltung hier grundsätzlich zu Recht 38 . Dieser Gedanke ist aber wegen der Sonderstellung der Religionsgemeinschaften nicht verallgemeinerungsfähig. b) Generelle Beschlußfassungen von Vereinen (Resolutionen, Programme pp.) können i n besonderem Maß auf ihrem Selbstverständnis beruhen. Der Gefahr, daß eine gerichtliche Auslegung dieses verletzt, ist i n erster Linie dadurch zu begegnen, daß die angewandte Auslegungsmethode auf das von der Mitgliedschaft Gemeinte abgestellt 39 und etwa den unterschiedlichen Sinn gleicher Begriffe i n verschiedenen politischen Strömungen berücksichtigt. Es läßt sich aber nicht sagen, daß solche Beschlußfassungen generell gerichtlicher Überprüfung unzulänglich seien. Eine vom Vorstand behauptete Interpretation kann etwa durch Befragen von Mitgliedern oder durch Auswertung von Sitzungsunterlagen überprüft werden. c) Individuelle Beschlußfassungen, also vor allem auch Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder, sind i m Grundsatz nicht so angelegt, daß ein staatliches Gericht sie nicht überprüfen könnte. Ein bestimmter Lebenssachverhalt ist auf eine Norm anzuwenden, ζ. B. ist zu prüfen, ob ein Mitglied sich i m Widerspruch zu den Zielen des Vereins verhalten hat. Probleme können sich aber aus dem Vereinszweck und -Charakter oder auch — wie bei § 10 I V PartG — aus der Frage nach entstandenem Schaden ergeben. Wenn der Verein etwa den Charakter eines Freundeskreises hat und i n diesem Rahmen Geselligkeit pflegt, ist ein von der Mitgliederversammlung ausgesprochener Ausschluß nicht nur ein Rechtsgeschäft, das an der Satzung zu überprüfen ist, sondern auch der Nachweis oder jedenfalls die Darlegung, daß die betroffenen anderen Mitglieder keine Möglichkeit mehr sehen, den Ausgeschlossen zu den ihren zu zählen. Bei einem Verein mit einem nüchterneren Zweck, etwa dem Trägerverein eines Kindergartens, w i r d das bloße Fehlen persönlicher Sympathie nicht als Ausschlußgrund i n 36 Näher hierzu: Hemmrich, in: v o n Münch, GG, A r t . 140, Rdnr. 16; Steiner JuS 1980, 345 f.; Schiedermair AöR 104 (1979), 213; Krämer DVB1 1981, 1 - 4 . — Die gerichtliche Kontrolle ist stärker, wo nicht kirchliches Amtsrecht, sondern „weltliches" Arbeitsrecht zugrunde liegt, vgl. B A G RdA 1983, 389 (insbes. LS 4). 37 Hemmrich, in: von Münch, GG, A r t . 4, Rdnr. 1 u n d 2; Schmidt-Bleibtreu/ Klein, A r t . 4, Rdnr. 1. 38 Die Frage ist allerdings, ob diese Zurückhaltung so w e i t gehen muß, wie die Rechtsprechung sie praktiziert, dazu Steiner JuS 1980, 342 ff. 39 Vgl. oben 1 a, F N 20.

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§11 Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung

Betracht kommen 40 . Diese „Doppelnatur" eines Beschlusses muß also ggf. berücksichtigt werden. Das zwingt allerdings nicht dazu, i h n unbesehen hinzunehmen. Das Gericht kann ζ. B. über die der Beschlußfassung vorausgegangenen Diskussionen Beweis erheben, u m zu prüfen, ob der Beschluß vielleicht nur ein Vorwand war.

I I . Die Stellung der Parteien

Durch A r t . 21 GG und durch das Parteiengesetz haben die Parteien eine Rechtsstellung erhalten, die von der anderer Vereinigungen abweicht. Da sich ein Gebot gerichtlicher Zurückhaltung nicht aus der Vereinsautonomie ergibt, ist es denkbar, es aus dieser Sonderstellung zu begründen. 1. „Programmautonomie" der Parteien meint deren Befugnis, ihre politischen Ziele nach eigenen Vorstellungen auszugestalten und zu formulieren. Einer solchen Befugnis entspricht bei anderen Vereinigungen deren Recht, ihren Vereinszweck zu bestimmen. „Normalen" Vereinigungen garantiert A r t . 9 I GG ein solches Recht 41 . Für Parteien könnte es sich aus A r t . 21 I 2 GG ergeben. Die Freiheit der Parteigründung betrifft zwar zunächst einen organisatorischen A k t . Bezöge sie sich aber nur darauf, wäre sie inhaltlich ziemlich bedeutungslos. Eine Partei zu gründen, deren Programm der Staat vorschreibt oder deren Programm dem einer bereits bestehenden Partei entsprechen müßte, hätte keinen Sinn. A r t . 21 I 2 GG garantiert also mindestens auch, daß eine Partei bei ihrer Gründung sich selbst ihre politischen Ziele setzen kann 4 2 . So gesehen sind Veränderungen ihrer politischen Zielsetzung auch Veränderungen des Gründungsakts. Daß diese weniger frei sein sollen als der ursprüngliche Gründungsakt, ist dem Grundgesetz nicht zu entnehmen 43 . Zwei weitere Gesichtspunkte sprechen dafür, die Programmautonomie der Parteien i n A r t . 21 I GG garantiert zu sehen. Wenn die innere Ordnung demokratischen Grundsätzen entsprechen muß, müssen die wichtigsten Regelungen der Partei — und ihre politi40 Vgl. Meyer-Cording, S. 107 - 110. Dort ist dargestellt, daß die deutsche u n d die englische E n t w i c k l u n g der Rechtsprechung ihren Anfang bei solchen Vereinigungen nahmen, i n denen das persönliche Verhältnis der Mitglieder untereinander v o n grundlegender Bedeutung ist. 41 Siehe oben I I a . 42 W o h l auch Schiedermair AöR 104 (1979), 218; MDHS-Maunz, A r t . 21, Rdnr. 34 (1960). 43 Vgl. auch die Auslegung von A r t . 12 I GG: I n der wiederholten Betätigung einer einmal getroffenen Berufswahl w i r d deren Bestätigung gesehen, so daß auch das Beibehalten des gewählten Berufs dem Schutz von A r t . 12 I 1 G G unterfällt (siehe BVerfGE 7, 377, 401; Gubelt, in: v o n Münch, GG, A r t . 12, Rdnr. 36, m. w. N.).

Β . Gründe u n d Maßstäbe eingeschränkter Überprüfung

239

sehen Ziele zählen sicher dazu — auf dem Willen der Mitglieder beruhen 44 , und, da sich deren Wille i m Laufe der Zeit ändern kann, auch geändert werden können. A r t . 21 I I 1 GG gibt an, welche Ziele Parteien nicht verfolgen dürfen, und weicht darin von A r t . 9 I I GG ab. Auch daraus geht hervor, daß A r t . 21 GG die Programmautonomie der Parteien regelt. Das Parteiengesetz bestätigt dieses Ergebnis. § 1 I I I PartG sieht vor, daß die Parteien sich Programme geben; § 9 I I I PartG regelt, welche Parteiorgane über das Programm beschließen; § 10 I V PartG und § 16 I 1 PartG ermöglichen es, Verstöße von Mitgliedern und Gliederungen gegen besonders wichtige Programmteile (Grundsätze) 45 zu ahnden; § 6 I I I 1 Nr. 1 PartG enthält die Pflicht, das Programm dem Bundeswahlleiter mitzuteilen. Alle diese Vorschriften betreffen zwar das Parteiprogramm, überlassen es aber völlig der Partei, dessen Inhalt zu bestimmen. Daraus ergibt sich aber noch nicht, daß die Programmautonomie der Parteien auch eine bestimmte richterliche Zurückhaltung verlangt. Wenn überhaupt, kann Programmautonomie sich nur soweit auswirken, wie Gerichte programmatische Akte der Parteien zu beurteilen haben. I n Ausschlußsachen beträfe das vor allem die Frage, ob ein Verstoß gegen „Grundsätze" der Partei vorliegt 4 6 . Der Grund für gerichtliche Zurückhaltung könnte sein, daß die Auslegung von Parteiprogrammen sachgemäß nur durch solche Personen vorgenommen werden könne, die sich m i t dieser Partei identifizieren. Das wäre bei den Richtern staatlicher Gerichte nur ausnahmsweise und zufällig der Fall. Daß dari n Schwierigkeiten liegen können, mag sein. Man muß aber nicht selbst einer Partei angehören oder nahestehen, u m ihre politischen Ziele zutreffend erkennen zu können. Soweit sich ein Gericht nicht i n der Lage sieht, sich durch Studium einschlägiger Unterlagen die nötige Sachkenntnis zu beschaffen, mag es Sachverständige nach §§402 ff. ZPO bestellen. Außerdem w i r d eine gut ausgearbeitete Entscheidung des Schiedsgerichts i h m den Einstieg i n die Sachkenntnis erleichtern können. Zudem geht aus A r t . 21 I I GG hervor, daß jedenfalls den Richtern des Bundesverfassungsgerichts die Fähigkeit zugetraut wird, die Ziele einer Partei zutreffend zu erfassen 47. Schiedermair 4 8 bejaht eine „Kompetenz der Letzterkenntnis" der Parteien i n ihren „politisch-programmatischen Fragen" u n d führt diese auf A r t . 21 I GG i. V. m. A r t . 20 I I G G zurück, wobei u n k l a r bleibt, ob A r t . 20 I I 1 oder 44

Siehe dazu § 9 I I I PartG. Siehe dazu oben § 4 C I 5. 46 Vgl. Schiedermair A ö R 104 (1979), 218. 47 Das B V e r f G k a n n seine Entscheidung sogar auf das „Verhalten" der A n hänger einer Partei stützen, also u . U . auch feststellen, daß das schriftliche Parteiprogramm ein Scheinprogramm ist. 48 Schiedermair AöR 104 (1979), 218. 45

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§ 11 Der Umfang der gerichtlichen

berprüfung

A r t . 20 I I 2 G G gemeint ist 4 9 . Volkssouveränität nach A r t . 20 I I 1 G G bedeutet, daß die Willensbildung v o m V o l k zu den Staatsorganen h i n u n d nicht etwa umgekehrt zu verlaufen hat 5 0 . Deshalb darf der Staat nicht i n die Beschlußfassung der Parteien über ihre Programme eingreifen, aber das ist auch gar nicht die Aufgabe, die sich dem Gericht bei der Auslegung von Parteiprogrammen stellt. Eine i n Ausschlußsachen getroffene Feststellung darüber, w i e das Programm richtigerweise zu verstehen sei, hindert die Parteileitung ζ. B. nicht, ihre nach Gerichts ansieht falsche Auslegung w e i t e r h i n gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten. Sie muß n u r ein dissentierendes M i t g l i e d i n ihren Reihen dulden u n d hinnehmen, daß dieses sich auf die Zulässigkeit seiner Interpretation des Programms beruft. Die Auswirkungen, die damit eine Gerichtsentscheidung i n Ausschlußsachen auf die Willensbildung des Volkes u n d auf seine Souveränität haben kann, sind sehr m i t t e l barer Natur, u n d sie sind eben A u s w i r k u n g e n u n d nicht etwa gezielte Einflußnahmen. Daß es überhaupt dissentierende Mitglieder i n einer Partei gibt, ist angesichts des Gebots innerparteilicher Demokratie selbstverständlich. Gewaltenteilung erörtert Schiedermair unter dem Gesichtspunkt, daß die Rechtsprechung durch eine zu intensive K o n t r o l l e v o n Verwaltungshandeln — etwa durch Nichtbeachtung v o n Beurteilungsspielräumen — ihre Kompetenzen zu Lasten der vollziehenden Gewalt überschreitet 5 1 . Dieser Argumentation mag für die gerichtliche Kontrolle v o n Verwaltungsentscheidungen zu folgen sein, hier k a n n sie nicht gelten: Die Parteien gehören zu keiner Staatsgewalt. Damit ist der Umfang gerichtlicher Prüfungsbefugnis keine Frage der Gewaltenteilung mehr, sondern eine des Vorrangs der Sicht einer von beiden Prozeßparteien, hier der politischen Partei. Die Lösung solcher Fragen ist i n A r t . 20 I I 2 GG nicht geregelt. 2. I n n e r p a r t e i l i c h e D e m o k r a t i e n a c h A r t . 2 1 1 3 G G b e d e u t e t u. a., daß M i t g l i e d e r r e c h t e i n e i n e m M i n d e s t u m f a n g gesichert sein müssen 5 2 . S o w e i t sich G e r i c h t e d i e Ü b e r p r ü f u n g v o n Ausschlüssen i n b e s t i m m t e r H i n s i c h t versagen, s c h m ä l e r n sie die R e c h t s s t e l l u n g d e r M i t g l i e d e r , d e n n i n s o f e r n , als k e i n e P r ü f u n g s t a t t f i n d e t , b e h ä l t d i e E n t s c h e i d u n g d e r P a r t e i b z w . ihres Schiedsgerichts stets G ü l t i g k e i t . D i e i n n e r p a r t e i liche D e m o k r a t i e k a n n also a l l e n f a l l s solchen G e s i c h t s p u n k t e n , d i e f ü r eine e i n g e s c h r ä n k t e P r ü f u n g sprechen, entgegenstehen 5 3 . Sie erschöpft sich aber n i c h t d a r i n , die R e c h t s s t e l l u n g d e r M i t g l i e d e r a l l g e m e i n zu s t ä r k e n . Sie b e d e u t e t insbesondere, daß d i e M i t w i r k u n g s r e c h t e des M i t g l i e d s a n d e r W i l l e n s b i l d u n g der P a r t e i n i c h t w i l l k ü r l i c h v e r k ü r z t oder entzogen w e r d e n d ü r f e n 5 4 . F ü r Rechtseinbußen, d i e das M i t g l i e d 49 Vgl. seine Ausführungen zur Gewaltenteilung auf S. 217 f. u n d zur Volkssouveränität auf S. 205. 50 BVerfGE 20, 56, 99; Schiedermair AöR 104 (1979), 205; Hesse, S. 71. 51 Schiedermair AöR 104 (1979), 217 f. (unter Bezugnahme auf Ossenbühl DVB1 1974, 309 ff.). 52 Siehe oben § 5 C. 53 Hamann / L e n z , A r t . 21, A n m . Β 6; Hasenritter, S. 4 f.; ders. N J W 1980, 444; Wolfrum, S. 177; w o h l auch Schlicht, S.205; Zimmermann, S. 156 f., m. w. N. (Weil es sich bei den auf A r t . 2 1 1 3 GG beruhenden Regelungen u m zwingende, i m öffentlichen Interesse geschaffene Vorschriften handele, müsse deren Einhaltung auch kontrollierbar sein.). 54 Vgl. oben §2 Β I 1.

Β . Gründe u n d Maßstäbe eingeschränkter Überprüfung

241

aufgrund seines Verhaltens treffen können, besagt das, daß es die Möglichkeit haben muß, sein Verhalten darauf einzurichten. Das kann es nur, wenn die Akte der Partei, die — mittelbar oder direkt — seine Pflichten regeln, hinreichend bestimmt sind. 'Das gilt für die Parteisatzung bereits aufgrund von § 6 I I Nr. 3 und 4 PartG 55 . Aber auch die Nichtbeachtung von Grundsätzen der Partei kann dem Mitglied nur dann vorgeworfen werden, wenn sich aus ihnen hinreichend bestimmt ergibt, wie es sich zu verhalten hat. 3. Die M i t w i r k u n g der Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes nach A r t . 2 1 1 1 GG u n d nach § 1 I, I I PartG w i r d an sich nicht betroffen, w e n n die Gerichte i n Ausschlußsachen eine vollständige Rechts- u n d Tatsachenprüfung vornehmen. I h r e Möglichkeiten, i n der Öffentlichkeit für ihre Programmatik zu werben, Kandidaten für Wahlen aufzustellen, u n d die Chancen ihrer Fraktionen, ihre P o l i t i k durchzusetzen 56 , werden dadurch nicht berührt, daß ein Gericht i n einem Prozeß zwischen Partei u n d M i t g l i e d A k t e der Partei anders bewertet als die parteioffizielle Interpretation. Die F u n k t i o n der Parteien, bei der politischen Willensbildung des Volkes m i t z u w i r ken, spricht bei der Auslegung v o n Programmsätzen sogar eher dagegen, den Gerichten Schranken ihrer Prüfungsbefugnis aufzuerlegen. Programme richten sich — sogar i n erster Linie — an den Wähler. Es ist deshalb eine Obliegenheit der Parteien, sie so zu formulieren, daß nicht n u r Insider i h r e n Sinn verstehen können 5 7 .

I I I . Die Schiedsgerichtsbarkeit und das materielle Ausschlußrecht

Die Parteischiedsgerichtsbarkeit hat ihre besondere Bedeutung i m Hinblick auf die Probleme, die die Anwendung des materiellen Ausschlußrechts mit sich bringt. Diente sie nur dazu, schon vor Anrufung staatlicher Gerichte eine Konfliktlösung zu versuchen, spräche nichts dagegen, das staatliche Gericht vollständig prüfen zu lassen, wenn dieser Versuch mißlingt. § 10 I V PartG enthält Voraussetzungen, deren zufriedenstellende Klärung oft niemandem möglich sein wird, nämlich im Einzelfall Grundsätze von sonstigen Programmsätzen zu unterscheiden 58 , ungeschriebene Ordnungssätze zu ermitteln 5 9 oder immateriellen schweren Schaden festzustellen 60 . Die schiedsgerichtlichen Entscheidungen werden von Personen gefällt, die in stärkerem Maß als staat55

Siehe oben § 3 C I V . Vgl. die Liste der „insbesondere" garantierten Mitwirkungsrechte i n § 1 I I PartG; dazu kritisch Konow DÖV 1968, 73. 57 Vgl. den Gedanken aus § 5 A G B G . Auch dies spricht gegen Schiedermairs „Kompetenz der Letzterkenntnis", w e n n auch die A n w e n d u n g von Argumentationen aus dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf das Vereinsrecht nicht unbesehen erfolgen darf (dazu Nicklisch, S. 33 f.). 58 Siehe dazu oben § 4 C I 5 und § 4 C I I . 59 Siehe oben § 4 D I I . 60 Siehe oben § 9 Β V I 4 a. 56

16 Risse

242

§11 Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung

liehe Richter m i t den Verhältnissen i n der jeweiligen Partei vertraut sind. Sie werden, soweit es auf diese Vertrautheit ankommt, oft eher als staatliche Gerichte die richtige Entscheidung treffen. I n diesem Bereich kann deshalb Grund zur Zurückhaltung staatlicher Gerichte bestehen 61 . C. Die Gegenstände der gerichtlichen Überprüfung I . Das Ausschlußverfahren Eine vollständige gerichtliche Überprüfung des Ausschluß ver fahr ens w i r d allgemein bejaht 6 2 . Für die Kontrolle des Verfahrens spielen weder solche Tatsachen eine Rolle, die das Schiedsgericht besser beurteilen könnte als das staatliche, noch sind dort Rechtsbegriffe anzuwenden, deren richtige Auslegung Insidern eher möglich wäre. Die ordentlichen Gerichte können u n d müssen also ggf. prüfen 6 3 , ob die gesetzlichen Anforderungen an das Ausschlußverfahren eingehalten worden sind, ob die das Verfahren regelnde Schiedsgerichtsordnung u n d die einschlägigen Vorschriften der Parteisatzung w i r k s a m zustande gekommen sind, ob sie inhaltlich rechtmäßig u n d damit g ü l t i g sind 6 4 , sowie ob sie i m Verfahren eingehalten worden sind 6 5 .

Π . Die Ausschlußentscheidung

Gegenstand des zivilgerichtlichen Verfahrens ist die schiedsgerichtliche Entscheidung, die den Ausschluß ausspricht, also jedenfalls die letztinstanzliche. Ob die Entscheidungen vorhergehender Instanzen auch Prozeßgegenstand sind, hängt davon ab, ob sie inzwischen aufgehoben oder bestätigt wurden 6 6 . Ausschlußgründe, die das Schiedsgericht nicht behandelt oder verworfen hat, können vom ordentlichen Gericht nicht zum Gegenstand einer Entscheidung über den Fortbestand der Mitgliedschaft gemacht werden, weil darüber nicht ohne Ermessensausübung entschieden werden kann 6 7 und dies nur dem Schiedsgericht zusteht.

61 Vgl. Westermann, S. 106, der den Verbänden n u r einen „letzten, der alleinigen u n d selbständigen richterlichen Ausfüllung entzogenen Beurteilungsspielraum" zuerkennt. 62 Heimann, politische Parteien, S. 105; B G H N J W 1980, 443; Zimmermann, S. 155 f.; Strunk, S. 162; Schiedermair A ö R 104 (1979), 215; Luthmann, S. 116; Schlicht, S. 202; w o h l auch Wolfrum, S. 178. 63 Vgl. auch die A u f l i s t u n g bei Heimann, politische Parteien, S. 105. 64 Wolfrum, S. 177. 65 Wolfrum, S. 178. 66 So w o h l auch Strunk, S. 148. 67 Siehe oben § 6 A .

C. Die Gegenstände der gerichtlichen Überprüfung

243

ΠΙ. Die Ausschlußvoraussetzungen 1. a) Bei den Voraussetzungen des Ausschlusses w i r d es stets auch u m „normale" Tatsachen gehen, die festzustellen das ordentliche Gericht bessere Möglichkeiten hat als das Schiedsgericht. Das gilt etwa, wenn streitig ist, ob das Mitglied eine bestimmte Unterschrift geleistet hat oder ob es wirklich einer gegnerischen Organisation angehört 68 . Insbesondere kann das ordentliche Gericht Parteifremde zum Zeugnis zwingen und Zeugen beeidigen. Dort können staatliche Gerichte i n vollem Umfang prüfen 69 . Würde eine solche Tatsachenkontrolle nicht zugelassen, wären die Mitglieder größter W i l l k ü r preisgegeben 70 , und die Partei könnte Unschuldige bestrafen 71 . b) Neben diesen Tatsachen gibt es solche, die sehr stark Fragen politischer Beurteilung sind. Ob z. B. eine Bürgerinitiative gegen die Grundsätze der Partei gerichtet ist, ist ja nicht nur eine Frage der richtigen Auslegung des Parteiprogramms, sondern auch einer zutreffenden Einschätzung dieser vielleicht gegnerischen A k t i v i t ä t . Solche Einschätzungen beruhen teilweise auf Tatsachen, die ihrer Natur nach ohne weiteres gerichtlich überprüfbar sind, etwa die Frage, ob ein Flugblatt von dieser Bürgerinitiative stammt oder eine Fälschung war, oder ob deren Vorstandsmitglieder überwiegend einer gegnerischen Partei angehören. Soweit das Schiedsgericht zu Unrecht solche Tatsachen als gegeben angesehen hat und seine Entscheidung darauf stützt, kann sie keinen Bestand haben. Diese Überlegungen führen aber nicht daran vorbei, daß letzten Endes eine politische Beurteilung aus der Sicht der Partei stattzufinden hat. Diese beruht i m wesentlichen auf ihrem ßelbstverständnis 72 . Dieses zu ermitteln, ist einem Zivilgericht zwar nicht unmöglich, aber es ist einzuräumen, daß die Schiedsgerichte dafür die größere Sachnähe haben. Neben der Prüfung der vom Schiedsgericht zugrundegelegten „Hilfstatsachen" auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit erschöpft sich deshalb hier die richterliche Kontrolle auf mißbräuchliche Beurteilungen 73 . 68 Vgl. B G H JZ 1984, 186, 187: Dort w a r streitig, ob der Kläger behauptet hatte, die beklagte Gewerkschaft billige seine Betriebsratskandidatur auf einer „freien Liste". 69 Meyer-Cording, S. 116; Heimann, politische Parteien, S. 107; Schiederm a i r AöR 104 (1979), 221; Strunk, S. 165; Schlicht, S.208; neuerdings auch B G H JZ 1984, 186, 187 (Gewerkschaftsausschluß); ebenso, m i t dem richtigen, aber unzureichenden Argument, daß die Zugrundelegung falscher oder nicht bewiesener Sachverhalte „konfliktfördernd" w i r k e , Vieweg JZ 1984, 171. 70 Meyer-Cording, S. 116. 71 Lengers, S.220; ähnlich für das Vereinsrecht Flume FSchr Bötticher, S. 111; jetzt auch B G H JZ 1984, 186, 187 (Gewerkschaftsausschluß). 72 Siehe oben § 9 Β V I 4 b. 73 So jetzt B G H JZ 1984, 186, 188 (Gewerkschaftsausschluß).

16*

244

§ 11 Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung

c) Ähnliche Probleme ergeben sich bei solchen Tatsachen, die nicht exakt festgestellt werden können (Einschätzungstatsachen). Typischerweise entstehen sie bei der Ermittlung von „schwerem Schaden". Die Schwierigkeit liegt hier nicht darin, daß eine politische Beurteilung stattzufinden hat, sondern daß es für Schiedsgerichte wie für ordentliche Gerichte fast immer unmöglich ist, Tatsachen wie „Vertrauensverlust beim Wähler" exakt zu bestimmen. Die Schiedsgerichtsmitglieder können die typischen Auswirkungen bestimmter Vorkommnisse auf die Partei i. d. R. besser einschätzen als das ordentliche Gericht 74 . Auch hier ist deshalb ein Vorrang schiedsgerichtlicher Feststellungen zu bejahen 75 . 2. Die Subsumtion unter einen Tatbestand wie den des § 10 I V PartG enthält zwei Problemibereiche. Zunächst geht es darum, sich eine zutreffende Vorstellung davon zu verschaffen, was das Gesetz mit Begriffen wie „Grundsätze", „Ordnung" oder „schwerer Schaden" meint. Hat ein Schiedsgericht davon eine falsche Vorstellung, weil es etwa glaubt, auch jeder Vorstandsbeschluß sei ein ^Grundsatz" 76 , ist seine Entscheidung erkennlbar fehlerhaft 77 . Ist dagegen zweifelhaft, ob i m Einzelfall richtig subsumiert worden ist, kann es Bereiche geben, wo die größere Sachkompetenz der Schiedsgerichte anzuerkennen ist. Das gilt, wenn fraglich ist, ob ein Programmsatz so wichtig ist, daß er auch Grundsatz ist7®, wenn es u m das Bestehen eines ungeschriebenen Ordnungssatzes geht 79 , wenn einzelne Satzungsnormen nur aus dem Selbstverständnis der Partei verständlich sind 80 , und wenn es fraglich ist, ob ein Verstoß „erheblich" war 8 1 . I n diesen Fällen ist der Auslegung des Schiedsgerichts ein ähnlicher Vorrang einzuräumen wie bei den politischer Beurteilung unterliegenden Tatsachen 82 . 74 Ä h n l i c h Schlicht, S. 206; O L G Darmstadt OLGZE 2 (1901), 459, 460 (für Mitgliederversammlung eines Geselligkeitsvereins). 75 Aus ähnlichen Gründen hat B V e r w G E 39, 197, 203 f., eine Einschätzungsprärogative der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften darüber anerkannt, ob eine Schrift „Eignung zur Jugendgefährdung" hat. 76 Vgl. oben § 4 C I 5 b. 77 Vgl. Hasenritter N J W 1980, 445 (für die „zentralen Begriffe" des § 10 I V PartG). 78 Vgl. oben § 4 C I 5 c. 79 Vgl. oben § 4 D I. 80 Ζ. B. „ehrlose Handlung" i n § 35 I OrgSt SPD; „ehrenrührige strafbare Handlung" i n § 14 Nr. 1 Statut CDU. — Vgl. auch Ziffer V I Abs. 3 Schiedsgerichtsregulativ SPÖ (A): Die Schiedsgerichtsbeisitzer müssen „nach den Grundsätzen sozialistischer Ehrenhaftigkeit" entscheiden. 81 Vgl. oben § 4 E. 82 Siehe oben l b . — Ä h n l i c h Lengers, S. 228; Heimann, politische Parteien, S. 107 (Das Gericht habe den „Grundsatz als vorgegeben zu akzeptieren".); Säcker / Rancke A u R 1981, 14 (für „autonom gebildete Maßstäbe" v o n Ge-

C. Die Gegenstände der gerichtlichen Überprüfung

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I V . Die dem Ausschluß entgegenstehenden Gründe G r ü n d e , die d e m Ausschluß entgegenstehen, v o r a l l e m solche, d i e das V e r h a l t e n des M i t g l i e d s r e c h t f e r t i g e n , k ö n n e n sich s o w o h l aus s t a a t l i chem Recht w i e aus eigenen N o r m e n d e r P a r t e i ergeben. S o w e i t das l e t z t e r e d e r F a l l ist, k a n n d i e g e r i c h t l i c h e K o n t r o l l e n i c h t anders sein, als w e n n S a t z u n g u n d O r d n u n g der P a r t e i als A u s s c h l u ß v o r a u s s e t z u n gen a n z u w e n d e n sind. F ü r die A n w e n d u n g s t a a t l i c h e n Rechts, i n s b e sondere v o n G r u n d r e c h t e n , besteht k e i n G r u n d , e i n e n V o r r a n g d e r schiedsgerichtlichen E n t s c h e i d u n g a n z u e r k e n n e n . D i e E i n h a l t u n g dieser V o r s c h r i f t e n ist v o m o r d e n t l i c h e n G e r i c h t v o l l z u p r ü f e n .

V. Das Ausschlußermessen D i e gesetzlich d e m Schiedsgericht e i n g e r ä u m t e u n d a u f e r l e g t e A u s ü b u n g v o n Ermessen 8 3 l e g t es nahe, h i e r n u r e i n e b e s c h r ä n k t e g e r i c h t liche Ü b e r p r ü f u n g — ä h n l i c h der E r m e s s e n s k o n t r o l l e i m V e r w a l t u n g s r e c h t 8 4 — zuzulassen. 1. Wenn die Ermessen ausübende Stelle von Tatsachen ausgeht, die i n W i r k l i c h k e i t gar nicht vorlagen, besteht für die angestellten Erwägungen keine Grundlage. Das Ermessen ist dann fehlerhaft ausgeübt 85 . I n w i e w e i t das ordentliche Gericht Tatsachen überprüfen kann, richtet sich nach deren Eigenart. Die hinsichtlich der Ausschlußvoraussetzungen entwickelten K r i terien 8 6 gelten auch hier. 2. Ermessensnichtgebrauch liegt vor, w e n n das Schiedsgericht gar keine Ermessenserwägungen angestellt hat 8 7 . Soweit das der F a l l ist, hat das Schiedsgericht eine seiner wichtigsten Funktionen nicht erfüllt. Dies ist i. d. R. v o m Zivilgericht leicht festzustellen. Die schiedsgerichtliche Entscheidung k a n n dann keinen Bestand haben. 3. Dasselbe gilt, w e n n das Schiedsgericht Ermessenserwägungen zwar angestellt hat, dies aber i n einer Weise, die dem Gesetz oder der Satzung nicht entspricht (Ermessensfehlgebrauch) 88 . Solcher läge etwa vor, w e n n das werkschaften); weitergehend B G H JZ 1984, 186, 187: Die Subsumtion des Vereins könne n u r i n engen Grenzen nachgeprüft werden. 83 Siehe oben § 6. 84 Dazu allgemein: W o l f f / B a c h o f I, S. 199-202; E richsen / Martens, in: dies., AllgemVerwR, S. 181 - 185; vgl. auch § 40 V w V f G u n d § 114 V w G O . Z u r Anwendbarkeit verwaltungsrechtlicher Grundsätze i m Parteienrecht: Schlicht, S. 207 f. u n d S. 217-219. 85 Schmalz, S. 145. 86 Oben I I I 1. 87 Wolff /Bachof I, S.200; E richsen / Martens, in: dies., AllgemVerwR, S. 182; Schmalz, S. 145. 88 Heimann, politische Parteien, S. 109; Strunk, S. 190; Meyer-Cording, S. 119 („Ermessensmißbrauch"); Schlosser, S. 103; i m Verwaltungsrecht: W o l f f / B a c h o f I, S.200; Erichsen / Martens, in: dies., A l l g e m V e r w R , S. 182.

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§11 Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung

Schiedsgericht § 10 I V P a r t G so versteht, daß, w e n n der Ausschlußtatbestand e r f ü l l t ist, n u r i n seltenen Ausnahmefällen v o m Ausschluß abgesehen w e r den dürfe. Auch solche Rechtsverstöße sind v o m ordentlichen Gericht feststellbar. 4. E i n weiterer Mangel, der gerichtlich festgestellt werden kann, liegt vor, wenn, ohne daß ein anderer spezieller Ermessensfehler festzustellen ist, die ausgesprochene Maßnahme „ u n b i l l i g " ist 8 9 . Dieser Mangel k a n n n u r am E r gebnis festgestellt werden, w e n n die verhängte Maßnahme so h a r t ist, daß das Ermessen gar nicht richtig ausgeübt sein kann. I m ü b r i g e n ist die A u s ü b u n g des Ausschlußermessens Sache des Schiedsgerichts. Das Gesetz e r m ö g l i c h t es i h m i. d. R., zwischen m e h r e r e n r e c h t m ä ß i g e n E n t s c h e i d u n g e n d i e „ z w e c k m ä ß i g e r e " z u w ä h l e n . Dies z u ü b e r p r ü f e n , ist n i c h t A u f g a b e des s t a a t l i c h e n G e r i c h t s 9 0 . I n s o f e r n ist d i e schiedsgerichtliche E n t s c h e i d u n g „ g e r i c h t s f r e i " 9 1 .

89 Strunk, S. 190; Meyer-Cording, S. 120 f. — Siehe auch Erichsen / Martens, in: dies., AllgemVerwR, S. 183. 90 Vgl. dazu W o l f f / B a c h o f I, S.202. 91 Heimann, politische Parteien, S. 108; Strunk, S. 189; w o h l auch Z i m m e r mann, S.158.

§ 12 Das gerichtliche Verfahren Das Verfahren der Landgerichte i n Zivilsachen richtet sich nach der Zivilprozeßordnung, insbesondere nach den §§ 253 ff. ZPO. Folgende Punkte bedürfen für Streitigkeiten, die einen Parteiausschluß betreffen, eigener Erörterung: A. Untersuchungs- und Verhandlungsgrundsatz Ein Problem ist, ob der i m Zivilprozeß regelmäßig geltende Verhandlungsgrundsatz 1 auch hier Anwendung findet 2 . Das ist zunächst eine Frage der Auslegung der Zivilprozeßordnung. Leitgedanke ist dort, daß die Prozeßparteien für die Beschaffung des entscheidungserheblichen Tatsachenmaterials verantwortlich sind 3 . Dies entspricht der dort vorwiegend bestehenden materiellen Rechtslage; es geht u m Rechte, über die die Parteien privatautonom verfügen können 4 . Das Gesetz enthält auch zahlreiche Ausnahmen vom Verhandlungsgrundsatz, auch dieses aus materiellrechtlichen Erwägungen: Ob jemand entmündigt w i r d 5 oder ob ein Ehescheidungsgrund w i r k l i c h vorliegt 6 , soll nicht der Macht privatautonom Handelnder unterliegen 7 . Auch das für den Ausschluß geltende materielle Recht schränkt Privatautonomie ein. Aus anderen als den i n § 10 I V PartG genannten Gründen darf ein Ausschluß nicht erfolgen. Deshalb liegt die Überlegung nahe, db nicht aus den zahlreichen Ausnahmen, die das Gesetz von der Geltung des Verhandlungsgrundsatzes macht, abzuleiten ist, daß auch für die Überprüfung eines Parteiausschlusses der Untersuchungsgrundsatz zu gelten hat. Ohne jede Analogie bei der Anwendung der Offizialmaxime 1 Z u r Unterscheidung zwischen Verhandlungs- u n d Untersuchungsgrundsatz siehe auch oben §9 Β V 1. 2 Trotz der Parallelen i n der Problematik müssen i m schiedsgerichtlichen Verfahren nicht unbedingt dieselben M a x i m e n gelten w i e bei dessen Überprüfung durch staatliche Gerichte. Auch i m Verfahren der Verfassungsbeschwerde g i l t selbst dann der Untersuchungsgrundsatz, w e n n ein zivilgerichtliches U r t e i l überprüft w i r d , §§ 26 I 1, 33 I I B V f G G . 3 Grunsky, S. 164; Baumbach / Hartmann, Grundzüge vor § 128, A n m . 3 C. 4 Grunsky, S. 164; Baumbach / Hartmann, Grundzüge v o r § 128, A n m . 3 A . 5 Siehe § 653 ZPO. 6 Siehe §§ 616, 617 ZPO. 7 Grunsky, S. 165; Bruns, S. 76.

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§ 12 Das gerichtliche Verfahren

i m Zivilprozeß ablehnen zu wollen, muß doch zunächst davon ausgegangen werden, daß das Gesetz sie nur für einzelne besondere Verfahrensarten vorsieht. Das spricht gegen eine extensive Anwendung. Auch kann der Zivilprozeßordnung nicht entnommen werden, daß schon dann, wenn materielles Recht die Privatautonomie beschränkt, der Verhandlungsgrundsatz nicht mehr gelten soll. Beschränkt w i r d die Privatautonomie bereits durch Vorschriften, die nicht rechtsgeschäftlich abbedungen werden können. Die mögliche Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen §§ 134, 138 BGB führt aber ζ. B. nicht zur Anwendung des Untersuchungsgrundsatzes. Schließlich ist zu bedenken, daß „ein gerechtes Verfahren" den Schiedsgerichten, die dasselbe materielle Recht anzuwenden haben, auch die Anwendung des Untersuchungsgrundsatzes freistellt 8 . Bedeutsam ist ferner, daß die Voraussetzungen des Parteiausschlusses nicht nur rechtsgeschäftlich nicht abbedungen werden können, sondern auch, daß sie auf Art. 2 1 1 3 GG zurückgehen. Sie dienen der Demokratie i m Staat und bestehen somit auch i m öffentlichen Interesse. Dieses verlangt allerdings nicht zwingend seine Berücksichtigung durch bestimmte Prozeßmaximen 9 . Zu berücksichtigen ist, daß schon ohne Untersuchungsgrundsatz erhebliche Möglichkeiten bestehen, rechtswidrigen Parteiausschlüssen zu begegnen 10 , und daß der zivilprozessuale Verhandlungsgrundsatz ohnehin schon starken Einschränkungen unterliegt 1 1 . Auch dieser Gesichtspunkt zwingt also nicht zur Anwendung des Untersuchungsgrundsatzes.

B. Die Beweislast Da das materielle Recht, dessen A n w e n d u n g das ordentliche Gericht überprüft, dasselbe ist, das das Schiedsgericht anzuwenden hat, müssen i n diesem Bereich dieselben Beweislastvorschriften gelten 1 2 . Würde es anders gehandhabt, könnten u. U. schiedsgerichtliche Entscheidungen n u r deshalb aufgehoben werden, w e i l für die ordentlichen Gerichte andere Regeln gelten. Das könnte zu dem unsinnigen Ergebnis führen, daß eine Entscheidung u n w i r k sam wäre, obwohl das Schiedsgericht keine Fehler gemacht hat. Neben der A n w e n d u n g des materiellen Rechts p r ü f t das Zivilgericht auch, ob die für das schiedsgerichtliche Verfahren geltenden Vorschriften eingehalten worden sind. Da die Einhaltung dieser Vorschriften Voraussetzung für das Bestehen der von der Partei behaupteten Rechtsfolge, den Ausschluß, ist, t r i f f t hierfür die Partei die Beweislast 1 3 . 8

Siehe oben § 9 Β V 1. W o h l a . M . Lenz /Sasse JZ 1962, 241, Fußn. 106. 10 Wolfrum, S. 179, hält die Verhandlungsmaxime sogar für angemessener. 11 Grunsky, S. 164; Baumgärtel ZZP 73 (1960), 401; Bruns, S. 99. 12 Dazu oben § 9 Β V I 5. 13 Zimmermann, S. 158, m. w. N.; ähnlich schon Lenz / Sasse JZ 1962, 241.

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C. Die Entscheidung

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C. Die Entscheidung I. Wie die gerichtliche Entscheidung zu tenorieren ist, hängt von den gestellten Anträgen ab. I m Normalfall w i r d das Mitglied beantragt haben festzustellen, daß durch die ergangene(n) schiedsgerichtliche(n) Entscheidung(en) seine Parteimitgliedschaft nicht beendet sei, sondern fortbestehe. Hat sich die maßgebliche Entscheidung als rechtsfehlerhaft erwiesen, ist die beantragte Feststellung auszusprechen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen. Welche Folgerungen aus der Entscheidung zu ziehen sind, insbesondere ob das Verfahren vor dem Schiedsgericht wiederaufgenommen werden darf, hängt von den Entscheidungsgründen ab 14 . Unrichtig ist es, dabei zwischen festgestellten Verfahrensmängeln und anderen zu unterscheiden, wobei erstere einer Wiederaufnahme nicht i m Wege stehen sollen 15 . Es kommt darauf an, ob der vom Gericht festgestellte Mangel durch ein neues Verfahren behoben werden kann. War ζ. B. das Ausschlußverfahren von Anfang an verspätet eingeleitet worden, hat die Partei ihre Chance vertan. Allerdings werden prozessuale Fehler i. d. R. durch ein neues, richtiges Verfahren behoben werden können 16 , etwa die Verletzung des rechtlichen Gehörs, die unberechtigte Ausschließung eines Beistandes oder die M i t w i r k u n g eines begründet abgelehnten Schiedsrichters. Auch materielle Fehler können behebbar sein. Bei einer neuen Entscheidung kann das Schiedsgericht Ermessensfehler vermeiden 17 . Hatte es seinen Spruch auf eine ungültige Satzungsvorschrift gestützt, kann es nunmehr die gültige anwenden. Stellt allerdings das ordentliche Gericht fest, daß das Mitglied die i h m vorgeworfene Tat gar nicht begangen hat oder daß sein Verhalten rechtens war, steht das einer Wiederaufnahme des Verfahrens entgegen 18 . Diese Bedeutung der gerichtlichen Entscheidung k a n n es erforderlich machen, die „kurze Zusammenfassung" nach §313 I I I ZPO etwas ausführlicher zu gestalten, damit die Parteien die nötige Klarheit aus i h m gewinnen können 1 9 . Falls die Prozeßparteien sicher sein wollen, ob eine Wiederauf14 Eine „Zurückverweisung" an das Schiedsgericht ist nicht möglich, w e i l eine den §§ 538 I, 565 I ZPO (vgl. auch §§ 328 I I , I I I , 354 I I , 355 StPO; 113 I V , 130 I, 144 I I I Nr. 2 V w G O ; 95 I I BVfGG) entsprechende N o r m für das Verfahren i m ersten Rechtszug nicht besteht u n d w e i l das Verfahren eines staatlichen Gerichts auch nicht durch Parteisatzung geregelt werden kann. 15 So Meyer-Cording, S. 103, u n d Luthmann, S. 117. 16 Strunk, S. 148. 17 Vgl. Schlicht, S.223: Das Gericht könne eine zu hohe Strafe aufheben; die Partei könne dann ein neues Verfahren einleiten. 18 I m übrigen ist die jeweilige Parteisatzung darauf zu untersuchen, ob sie eine Wiederaufnahme des Verfahrens (aus welchen Gründen, auf wessen A n trag, vor welchem Schiedsgericht?) zuläßt. 19 Z u den Grundsatzfragen u m die Auslegung des § 313 I I I ZPO k a n n hier nicht Stellung genommen werden, vgl. Thomas / Putzo, § 313, A n m . V A ;

250

§ 12 Das gerichtliche Verfahren

nähme zulässig ist, können sie dahingehende Anträge stellen, über die das Gericht dann (ausdrücklich) zu befinden hat. Sofern solche Anträge nicht nach § 256 I I ZPO oder nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig sind, wären sie jedenfalls „sachdienlich" i. S. d. § 263 ZPO. I I . Soweit ein Feststellungsurteil ergeht, k a n n n u r hinsichtlich der Kosten (vorläufig wie endgültig) vollstreckt werden 2 0 ; für die vorläufige Vollstreckbarkeit gilt § 709 ZPO. Meint das Mitglied, i h m sei m i t einem feststellenden U r t e i l nicht hinreichend gedient 2 1 , muß es v o n vornherein auf Leistung k l a gen 2 2 .

D. Rechtsmittel I. Gegen die landgerichtliche Entscheidung über einen Parteiausschluß ist gemäß §§511,511al ZPO stets die Berufung gegeben, da der Rechtsstreit kein vermögensrechtlicher ist 23 . Gemäß § 119 I Nr. 4 GVG ist sie an das Oberlandesgericht zu richten. II. Die Revision bedarf gemäß § 546 I 1 ZPO der Zulassung durch das Oberlandesgericht. 1. a) Revisibel ist nach § 549 I ZPO Bundesrecht. I m Prozeß wegen eines Parteiausschlusses k a n n also ζ. B. die Verletzung des Parteiengesetzes, des Grundgesetzes oder des Bürgerlichen Gesetzbuchs gerügt werden. Ferner k a n n die Revision auf die Verletzung einer Vorschrift gestützt werden, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt. Das b e t r i f f t Landesrecht der Bundesländer, die mehrere Oberlandesgerichte haben 2 4 . Solches k o m m t für die Entscheidung über einen Parteiausschluß selten i n Betracht, etwa w e n n landesrechtliche Grundrechte angeblich verletzt sind 2 5 . Baumbach / Hartmann, §313, A n m . 7 A ; Raabe DRiZ 1979, 138. Jedenfalls k a n n es zu einem effektiven u n d prozeßökonomischen Rechtsschutz gehören, daß nicht n u r die Richtigkeit der Entscheidungsformel begründet, sondern auch ihre Bedeutung erläutert w i r d . 20 Thomas / Putzo, §704, A n m . 1; Zöller / Scherübl, §704, A n m . I. 21 Die Annnahme des L G Berlin, eine politische Partei werde nicht n u r Gebote u n d Verbote, die von Gerichten ausgesprochen werden, sondern auch Feststellungen von Rechtsverhältnissen beachten ( L G Berlin, in: Schmidt/ Bärlein / Bonin, S. 65, 74), erwies sich damals als I r r t u m , siehe Schily, i n : Schmidt / Bärlein / Bonin, S. 86. 22 Z. B. „ . . . die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die vollen M i t g l i e d schaftsrechte einzuräumen" oder „ . . . den Kläger nicht i n der Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte zu behindern", vgl. auch §§888 I , 890 ZPO, ferner §§ 935, 940 ZPO. 23 Siehe oben § 10 F I. 24 Dazu Zöller / Schneider, § 549, A n m . I 2 b. 25 I m Vergleich zu einer Rüge der Verletzung v o n Bundesgrundrechten f ü h r t das n u r dann zum Erfolg, w e n n das Landesgrundrecht weiter geht (z.B. A r t . 2 I I L V B W ; A r t . 105, 106 I, 109 I I , 110 I 2, 114 I L V Bayern) u n d es auch D r i t t w i r k u n g entfaltet (dazu etwa Meder, Vorbem. vor A r t . 98, Rdnr. 1; Mayer, in: M a n g / M a u n z , S. 70 f.).

D. Rechtsmittel

251

b) Als Vorschriften i. S. d. § 549 I ZPO werden auch Vereinssatzungen angesehen; sie werden für revisibel gehalten, „falls die Mitglieder über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verstreut ihren Wohnsitz haben" 26 . Dem ist grundsätzlich zu folgen. Eine Vereinssatzung kann nur einen einheitlichen Inhalt haben, anders als etwa eine Vertragsklausel, die von unterschiedlichen Vertragspartnern i n unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet wird 2 7 . Allerdings ist der Wohnsitz der Mitglieder kein geeignetes Kriterium, u m die Revisibilität einer Parteisatzung festzustellen. Dann könnte die Satzung eines Orts- oder Kreisverbandes revisionsfähig werden, nur weil i h m ausnahmsweise 28 Mitglieder angehören, die auswärts, i m Bezirk eines anderen Oberlandesgerichts, wohnen. 'Da die politischen Parteien gemäß §§ 6 I I Nr. 1, 7 1 1 PartG ihr eigenes Tätigkeitsgebiet und das ihrer Gliederungen satzungsmäßig festlegen müssen, ist auf den sich daraus ergebenden Geltungsbereich der einzelnen Satzung abzustellen 29 . Die Revision kann somit stets auf die Verletzung der Satzung oder einer Nebenordnung — insbesondere der Schiedsgerichtsordnung — der Gesamtpartei gestützt werden. Eine Ausnahme bildet hierbei der SSW, dessen Tätigkeitsgebiet „Südschleswig einschließlich Helgoland" 3 0 nicht über den Bezirk des Oberlandesgerichts Schleswig 31 hinausgeht 32 . c) Parteiprogramme sind an sich keine Rechtsnormen. Sie enthalten die politischen Ziele der Partei (§ 1 I I I PartG). Damit geben sie aber zugleich auch den „Zweck" der Partei an, eine Materie, die bei anderen Vereinen i n der Satzung geregelt ist 3 3 . Weil außerdem ein Parteiausschluß auf Verstöße gegen die Programmatik gegründet werden kann 3 4 , hat das Parteiprogramm satzungsartigen Charakter und ist deshalb Vorschrift i. S. d. § 549 I ZPO. Dieses Ergebnis gilt, da auch Gewohnheitsrecht revisibel sein kann 3 5 , auch für ungeschriebene Ordnungssätze der Parteien 36 . 26 So B G H Z 21, 370, 374; ferner Zöller / Schneider, §549, A n m . I 2 a; StJGrunsky, 20. Aufl., §549, Rdnr. 3; w o h l auch Meyer-Cording, S. 52 und S. 115. 27 Vgl. schon RGZ 106, 120, 122 f.: Dort ging es u m einen Vertrag (!), der über den Kreis der Vertragschließenden hinaus Geltung beanspruchte. 28 Vgl. § 3 V OrgSt SPD; § 5 I I Statut CDU; § 3 I V Satzung SSW; § 5 I I Satzung CSU. 29 Dies dürfte auch für andere Vereine m i t satzungsmäßig festgelegtem Tätigkeitsgebiet gelten. Der Wohnsitz der Mitglieder wäre dann ein H i l f s k r i t e r i u m dort, wo die Satzung schweigt. 30 § 1 I I I Satzung SSW. 31 § 1 GerichtsorganisationsG Schleswig-Holstein. 32 Die Satzung der A L B e r l i n enthält keine Regelung über das Tätigkeitsgebiet. 33 Vgl. § 57 I BGB. Siehe auch § 6 PartG: N u r die Unterscheidung zwischen Satzung u n d Programm macht es plausibel, daß § 6 I I PartG keine Angabe des Zwecks verlangt. 34 Siehe oben §4 C I 4 u n d 5.

252

§12 Das gerichtliche Verfahren

2. Uber die Revision entscheidet nach § 133 Nr. 1 G V G grundsätzlich der Bundesgerichtshof. Besonderheiten gelten für die Revision gegen Entscheidungen bayerischer Gerichte. Für die i n § 8 I, I I E G G V G bezeichneten Sachen ist gemäß A r t . 11 I A G G V G Bayern das Bayerische Oberste Landesgericht zuständig. Da m i t § 10 I V PartG stets Bundesrecht i n Betracht k o m m t , besteht dessen Zuständigkeit gemäß § 8 I I E G G V G n u r dann, w e n n „es sich i m wesentlichen u m Rechtsnormen handelt, die i n den Landesgesetzen enthalten sind". Landes„gesetz" können Parteisatzungen nicht sein; i h r I n h a l t richtet sich auch vorwiegend nach Bundesrecht; er k a n n dann auch nicht i n Landesgesetzen „enthalten" sein. Die Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts ist also äußerst selten gegeben. Welches Gericht für die Entscheidung über die Revision zuständig ist, entscheidet i m Falle der Zulassung nach §546 I 1 ZPO gemäß §7 1 1 EGZPO das Oberlandesgericht. Falls eine nicht zugelassene Revision eingelegt werden soll, ist sie an das Oberste Landesgericht zu richten, das dann über die Zuständigkeit befindet 3 7 .

E. Vorläufiger Rechtsschutz

I n d e r Regel w i r d die P a r t e i u n t e r B e r u f u n g auf die l e t z t i n s t a n z l i c h e schiedsgerichtliche E n t s c h e i d u n g d a v o n ausgehen, d i e M i t g l i e d s c h a f t sei beendet, u n d deshalb d e m ( E x - ) M i t g l i e d d i e W a h r n e h m u n g v o n M i t g l i e d s r e c h t e n v e r w e i g e r n . W i l l sich das b i s h e r i g e M i t g l i e d v o r der r e c h t s k r ä f t i g e n B e e n d i g u n g des z i v i l g e r i c h t l i c h e n Streites d a m i t n i c h t a b f i n d e n , m u ß es u m v o r l ä u f i g e n Rechtsschutz nachsuchen. Solcher k o m m t nach §§ 935 ff. Z P O i n B e t r a c h t . E i n Gesuch u m v o r l ä u f i g e n Rechtsschutz w i r d r e g e l m ä ß i g d a r a u f gerichtet sein, d e m A n t r a g s t e l l e r bis z u r E n t s c h e i d u n g i n der Hauptsache d i e Rechte — u. U . auch n u r einzelne Rechte — eines P a r t e i m i t g l i e d s e i n z u r ä u m e n .

I . Die Arten einstweiliger Verfügungen I m Zivilprozeßrecht werden drei A r t e n von einstweiligen Verfügungen unterschieden, nämlich die sog. S icherungs Verfügung nach §935 ZPO, die sog. Regelungsverfügung nach § 940 Z P O 3 8 u n d die durch die Rechtsprechung entwickelte „Leistungsverfügung" 3 9 . 1. S icherungs Verfügungen sind nach § 935 ZPO zulässig, w e n n zu besorgen ist, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die V e r w i r k lichung des Rechtes einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden 35 Thomas / Putzo, § 549, A n m . 2; Zöller / Schneider, §549, A n m . I 1; B G H N J W 1965, 1862, 1864. 36 Dazu oben § 4 D I. 37 §7 I I 1, 3 EGZPO; Kissel, §8 EGGVG, Rdnr. 3; Schäfer B a y V B l 1975, 193; vgl. auch Schier B a y V B l 1975, 202. 38 Z u diesen Begriffen siehe ζ. B. Jauernig, Zwangsvollstreckungs- u n d Konkursrecht, S. 144. 39 Dazu Schilken, S. 1 - 1 1 3 .

E. Vorläufiger Rechtsschutz

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könnte. Diese Verfügung hat den Zweck, die künftige V e r w i r k l i c h u n g eines Rechts zu sichern — vergleichbar dem Arrest nach §§ 916 ff. ZPO 4 0 . Die K o n stellation ist aber regelmäßig nicht so, daß der u m vorläufigen Rechtsschutz nachsuchende Antragsteller befürchtet, nach einem i n seinem Sinne ausgehenden Rechtsstreit seine Mitgliedsrechte nicht mehr ausüben zu können; i h m geht es u m den Zeitraum bis zum rechtskräftigen Urteil. Deshalb sind solche Anträge nicht nach § 935 ZPO zu beurteilen. 2. Regelungsverfügungen nach § 940 ZPO sind zulässig „zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes i n bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis". Streitiges Rechtsverhältnis wäre die Parteimitgliedschaft des Antrages tellers. Zweck dieser Verfügung ist, durch eine vorübergehende Regelung den Rechtsfrieden bis zur Entscheidung des streitigen Rechtsverhältnisses zu sichern 41 , also etwa dafür zu sorgen, daß der Antragsteller vorläufig die Rechte eines Mitglieds ausüben darf 4 2 . 3. Die „LeistungsVerfügung" beruht auf einer Weiterentwicklung der Regelungsverfügung. I m Gegensatz zu i h r f ü h r t sie zur mindestens teilweisen E r f ü l l u n g des an sich i m Hauptverfahren geltend zu machenden Anspruchs 4 3 . Eine exakte Abgrenzung zwischen diesen beiden Verfügungsarten ist jedenfalls für den vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Parteiausschluß entbehrlich 4 4 . Eine einstweilige Verfügung f ü h r t hier stets zu einer wenigstens teilweisen Befriedigung des Gläubigers; daher müssen die deswegen geltenden Restriktionen beachtet werden. I I . Die Bedeutung des § 10 V 3 PartG Für einstweilige Verfügungen nach § 940 ZPO ist k e i n Raum, soweit spezialgesetzliche Vorschriften bestehen 45 . Eine solche könnte § 10 V 3 PartG sein. Danach k a n n der Vorstand der Partei oder einer Gliederung ein M i t glied v o n der Ausübung seiner Rechte bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts ausschließen 46 . Damit w i r d dem Vorstand eine Befugnis gegeben, die ohne diese Vorschrift nach der Systematik des § 10 V PartG n u r dem Schiedsgericht zustände. § 10 V 3 PartG regelt also nicht die Kompetenzabgrenzung zwischen staatlichem Gericht u n d Schiedsgericht, sondern die zwischen 40 Jauernig, Zwangsvollstreckungs- u n d Konkursrecht, S. 154; B a u r / S t ü r ner, S. 356 u n d S.358. 41 Thomas / Putzo, §940, A n m . 1; ähnlich Baur / Stürner, S. 360; Baumbach/ Hartmann, § 940, A n m . 1. 42 Vergleichbare I n h a l t e einstweiliger Verfügungen bei anderen Dauerrechtsverhältnissen: Zugang eines Vereinsmitglieds zu den Vereinseinrichtungen (Baur / Stürner, S.361); Gebot an den Vermieter, ordnungsgemäß zu heizen (Baumbach / Hartmann, §940, A n m . 3 Β „Miete"). 43 Baur / Stürner, S. 362; Thomas / Putzo, § 940, A n m . 4. — Anders Jauernig, Zwangsvollstreckungs- u n d Konkursrecht, S. 155 f.: Der Unterschied zwischen Regelungs- u n d Leistungsverfügung sei, daß bei ersterer der frühere Zustand automatisch wieder eintreten könne. 44 So generell: Grunsky, Grundzüge, S. 120 f.; Baumbach / Hartmann, § 940, A n m . 1. — Die gegenteilige Ansicht, etwa von Baur / Stürner, S.356, vertreten, mag bei der Unterscheidung zwischen der ausdrücklich i m Gesetz geregelten Sicherungsverfügung u n d der Regelungsverfügung ihren Sinn haben. 45 Vgl. die Darstellung bei Baur / Stürner, S. 356 f. 46 Dazu näher unten § 13.

254

§ 12 Das gerichtliche Verfahren

Schiedsgericht u n d Vorstand. Damit steht § 10 V 3 PartG der A n w e n d u n g von §940 ZPO nicht entgegen. I I I . Das zuständige Gericht Für den Erlaß einstweiliger Verfügungen ist gemäß § 937 I ZPO das Gericht der Hauptsache zuständig, also das Landgericht, i n dessen Bezirk die Partei oder Gliederung ihren Sitz hat 4 7 , und, w e n n die Hauptsache i n der Berufungsinstanz anhängig ist, gemäß § 943 I ZPO das Berufungsgericht. I V . Der Zeitpunkt der Antragstellung Einstweilige Verfügungen können beantragt u n d erlassen werden, noch bevor die Hauptsache anhängig ist. Dies ergibt sich aus § 936 ZPO i. V. m. § 926 I ZPO 4 8 . Der Antragsteller braucht also nicht gleichzeitig m i t dem A n trag auf einstweilige Verfügung Klage zu erheben. Gegen einen Mißbrauch dieser Möglichkeit k a n n die Partei sich nach § 926 ZPO wehren. V. Der Verfügungsanspruch

Eine einstweilige Verfügung verlangt das Vorliegen eines materiellen Rechts, das zu sichern oder vorläufig zu regeln ist, den sog. Verfügungsanspruch. iSeine Voraussetzungen sind gemäß §§ 936, 920 I I ZPO „glaubhaft" zu machen. Es genügt also nicht, wenn der Antragsteller aufgrund des Wortlauts von § 940 ZPO nur behauptet, das Fortbestehen der Mitgliedschaft sei zwischen i h m und der Partei streitig. Er muß das mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit auch nachweisen 49 , damit materiell unrichtige einstweilige Verfügungen möglichst nicht ergehen. 1. Wer durch eine einstweilige Verfügung die Ausübung von Parteimitgliedsrechten erreichen w i l l , muß glaubhaft machen, daß er irgendwann Mitglied geworden ist; auf den genauen Zeitpunkt kommt es i. d. R. nicht an. Glaubhaft machen kann der Antragsteller den Beginn der Mitgliedschaft i. d. R. schon durch den Tatbestand der seinen Ausschluß aussprechenden Schiedsgerichtsentscheidung, denn diese beruht ja darauf, daß der Antragstellereinmal Mitglied gewesen ist. 2. Die spätere Beendigung der Parteimitgliedschaft hätte nach allgemeinen Beweislastregeln nicht der Antragsteller, sondern die Partei/ Antragsgegnerin zu beweisen 50 . So gesehen könnte sich der Antragstel47 48 49 50

Siehe oben § 10 F. Baumbach / Hartmann, §936, A n m . 1; Thomas / Putzo, §936, A n m . 2. Thomas / Putzo, § 294, A n m . 1. Grunsky, Grundzüge, S. 423; Zeiss, S. 166; Schönke / Kuchinke, S. 261 f.

E. Vorläufiger Rechtsschutz

255

1er damit begnügen, vorzutragen und glaubhaft zu machen, daß er i r gendwann Parteimitglied geworden sei, und die schiedsgerichtliche Ausschlußentscheidung verschweigen. Das dürfte i h m allerdings wenig nützen. Sofern das Gericht vor der Entscheidung über den Erlaß der einstweiligen Verfügung die Partei/Antragsgegnerin hört, w i r d diese die schiedsgerichtliche Entscheidung zum Gegenstand des Verfahrens machen. Außerdem kann der Antragsteller kaum einen Verfügungsgrund plausibel machen, wenn er nicht darlegt, daß die Partei ihn aufgrund der Ausschlußentscheidung nicht mehr als i h r Mitglied betrachtet 51 . Schließlich ist der Antragsteller dann, wenn er u m Erlaß einer einstweiligen Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners 52 nachsucht, gehalten, auch glaubhaft zu machen, daß sein Anspruch frei von Einwendungen besteht 53 . Hört das Gericht die Antragsgegnerin vor Erlaß der einstweiligen Anordnung, w i r d sich diese stets auf die den Ausschluß aussprechende Schiedsgerichtsentscheidung berufen. Da sie nicht nur darlegen und glaulbhaft machen muß, daß die Entscheidung ergangen ist, sondern auch, daß sie rechtmäßig ist, ist sie regelmäßig gezwungen, die vollständige Entscheidung vorzulegen, falls der Antragsteller das nicht vorher tut. 3. Ob ein Verfügungsanspruch besteht, hängt also i n der Regel davon ab, ob die den Ausschluß des Antragstellers aussprechende Schiedsgerichtsentscheidung rechtens ist oder nicht. Sofern die Probleme ausschließlich i m Rechtlichen liegen, ist es dem Gericht ohne weiteres möglich, festzustellen, ob ein Verfügungsanspruch besteht. Beruht die Schiedsgerichtsentscheidung etwa auf der Annahme, zwischen Partei und Mitglied bestünde überhaupt keine Geltung der Grundrechte 54 , ist sie unwirksam 5 5 ; der Verfügungsanspruch besteht. Wenn andererseits eine „Schlüssigkeitsprüfung" 56 ergibt, daß die schiedsgerichtliche Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden ist und der Antragsteller nur „Unerhebliches" 57 dagegen vorbringt, etwa er müsse doch das Recht haben, i m Wahlkampf eine gegnerische Partei zu unterstützen, ist ein Verfügungsanspruch zu verneinen. Oft w i r d es so sein, daß die Frage, ob ein Verfügungsanspruch besteht, allein m i t rechtlichen Erwägungen des Gerichts nicht zu klären ist. Sofern es auf „normale Tatsachen" 58 ankommt und der Antragsteller sich auf Beweismittel beruft, die dem 51 52 53 54 55 56 57 58

Dazu unten V I . Vgl. § 937. StJ-Grunsky, § 920, A n m . I I 2 b; Thomas / Putzo, Vorbem. § 916, A n m . 4. Dazu oben § 5 C I - I V . Vgl. oben § 10 D. Z u diesem Begriff siehe Sattelmacher / Sirp, S. 57. Vgl. Sattelmacher / Sirp, S. 83. Z u diesem Begriff siehe oben § 11 C I I I 1.

256

§ 12 Das gerichtliche Verfahren

Schiedsgericht nicht zur Verfügung standen — etwa einen Zeugen, der kein Parteimitglied ist —, bestehen keine spezifischen Probleme des Parteienrechts. A n die Glaubhaftmachung solcher Tatsachen sind dieselben Anforderungen zu stellen wie sonst i m Verfahren der einstweiligen Verfügung. Sofern der Antragsteller eine Beweiswürdigung des Schiedsgerichts rügt und das ordentliche Gericht sie nicht sofort selbst vornehmen kann, w i r d einer solchen Rüge i m Zweifel nicht zu folgen sein. Da das Schiedsgericht eine unabhängige und gerichtsähnliche Stellung hat, ist die Wahrscheinlichkeit, daß es Beweiswürdigungen zutreffend vornimmt, recht hoch; jedenfalls muß sich das ordentliche Gericht i n Ermangelung besserer sofortiger Erkenntnismöglichkeiten regelmäßig der schiedsgerichtlichen Beurteilung bedienen. Erst recht muß das bei solchen Tatsachen gelten, die auch i m Hauptverfahren nur beschränkt von den ordentlichen Gerichten überprüft werden können, also bei den „Tatsachen politischer Beurteilung" und bei den „Einschätzungstatsachen" 59 . Soweit bei der Subsumtionskontrolle parteieigene A k t e auszulegen sind 60 , gilt dasselbe. Soweit es um solche Fragen geht, w i r d das ordentliche Gericht das Bestehen eines Verfügungsanspruchs oft nicht bejahen können. V I . Der Verfügungsgrund

Neben der Glaubhaftmachung, daß nach materiellem Recht ein A n spruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner besteht, bedarf es zum Erlaß einer einstweiligen Verfügung eines besonderen Grundes für den vorläufigen Rechtsschutz, des sog. Verfügungsgrundes. Eine Verfügung nach § 940 ZPO ist zulässig, sofern sie „insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint". Die Parteimitgliedschaft ist ein dauerndes Rechtsverhältnis, also eines, bei dem der Gesetzgeber besonders damit rechnet, daß einstweilige Verfügungen nötig werden. E i n Nachteil, der abzuwehren wäre, könnte i n der Ausübung der Mitgliedsrechte bis zur endgültigen Regelung des Rechtsstreites liegen. Die Rechte eines Parteimitgliedes sind auch regelmäßig „wesentlich", denn wenn die Partei jemanden als Nichtmitglied behandelt, w i r d sein gesamtes möglicherweise bestehendes Recht auf längere Zeit vereitelt; das Mitglied w i r d dann nicht nur i n einzelnen Beziehungen seiner Rechtsstellung beeinträchtigt. Wenn eine letztinstanzliche Entscheidung eines Schiedsgerichts vorliegt, die den Ausschluß des Mitglieds ausspricht oder bestätigt, ist stets davon 59 60

Dazu oben § 11 C I I I l b u n d c. Dazu oben § 11 C I I I 2.

E. Vorläufiger Rechtsschutz

257

auszugeben, daß die Partei den Betreffenden nun als Nichtmitglied ansieht und behandelt. Dies w i r d ohne gerichtliche Hilfe nicht abgewendet werden können. Es ist also nicht erforderlich, daß der Antragsteller etwa zunächst einen Versuch macht, an einer Mitgliederversammlung stimmberechtigt teilzunehmen; der Verfügungsgrund besteht auch so. V I I . Der Inhalt der Verfügung

Gemäß § 938 I ZPO, der auch für Verfügungen nach § 940 ZPO gilt 6 1 , bestimmt das Gericht nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind. Das bedeutet da, wo es u m die vorläufige Ausübung von Mitgliedsrechten geht, vor allem, daß das Gericht bei Vorliegen von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund nicht anordnen muß, daß dem Antragsteller vorläufig die Ausübung seiner sämtlichen Mitgliedsrechte eingeräumt werden muß. So könnte das Gericht etwa bei einem Antragsteller, der mehrere Funktionen i n der Partei ausgeübt hat, die Verfügung auf die Funktion beschränken, die nicht zu dem Konflikt mit der Partei geführt hat.

V I I I . Die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO

Wer eine einstweilige Verfügung erwirkt, geht das .Risiko ein, nach § 945 ZPO schadensersatzpflichtig zu werden. Schäden, die durch die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung entstehen, können auch i m Zusammenhang mit einem Parteiausschluß durchaus bedeutende Größenordnungen erreichen. Man denke etwa daran, daß ein Antragsteller mittels einer einstweiligen Verfügung seine Teilnahme an einer Wahlkreiskonferenz durchsetzt, daß die Entscheidung über die Aufstellung des Kandidaten dort mit einer Mehrheit von nur einer Stimme erfolgt, daß dann später sich die einstweilige Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist und die Konferenz wiederholt werden muß. Der Antragsteller müßte dann der Partei z. B. die Fahrtkosten der Delegierten und die Saalmiete für eine Konferenz erstatten. Die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO t r i t t dann ein, wenn sich die Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist oder wenn die angeordnete Maßregel aufgrund von § 926 I I ZPO oder § 942 I I I ZPO aufgehoben wird. Die beiden letzten Fallgruppen enthalten keine spezifische Problematik des Parteienrechts. „Von Anfang an ungerechtfertigt" war die Verfügung jedenfalls dann, wenn der materielle A n spruch (Verfügungsanspruch) i m Zeitpunkt des Erlasses der einstweili61

Baumbach / Hartmann, §940, A n m . 1; Baur / Stürner, S.361.

17 Risse

258

§ 12 Das gerichtliche Verfahren

gen Verfügung nicht bestand 62 , wenn also — was prozessual oft erst geraume Zeit später feststeht — der Antragsteller doch kein Mitglied mehr war. Der Antragsteller geht also stets das Risiko ein, daß später i m Hauptverfahren oder i n einem Schadensersatzprozeß festgestellt wird, daß seine Mitgliedschaft bereits m i t der schiedsgerichtlichen Entscheidung geendet hatte.

62

Baumbach / Hartmann, § 945, A n m . 2 a; Zöller / Scherübl, § 945, A n m . I .

Anhang § 13 Vorläufige Maßnahmen im Parteiausschlußverfahren Das schiedsgerichtliche Ausschlußverfahren 1 und eine sich etwa anschließende gerichtliche Uberprüfung 2 brauchen Zeit. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß es nötig sein kann, schon vor dem endgültigen Abschluß eines solchen Verfahrens Regelungen zu treffen. Demgemäß bestimmt § 10 V 4 PartG, daß i n dringenden und schwerwiegenden Fällen, die sofortiges Eingreifen erfordern, der Vorstand der Partei oder eines Gebietsverbandes ein Mitglied von der Ausübung seiner Rechte bis zur Entscheidung des {Schiedsgerichts ausschließen kann. Von dieser Vorschrift wurde vor allem i n der Praxis sozialdemokratischer Parteiordnungsverfahren oft Gebrauch gemacht 3 . Die damit zusammenhängenden Probleme wurden selten erörtert, wohl weil mit der endgültigen Entscheidung des Schiedsgerichts die vorläufige Maßnahme regelmäßig gegenstandslos wird.

A. Die Voraussetzungen der vorläufigen Maßnahme § 10 V 4 PartG setzt seiner systematischen Stellung nach nur voraus, daß ein Verfahren eingeleitet ist oder wird, das den Ausschluß des Mitglieds zum Gegenstand hat. I . Die satzungsmäßige Grundlage

Trotzdem fragt sich, ob nicht eine vorläufige Maßnahme eines Vorstandes auch einer Satzungsvorschrift als Grundlage bedarf. § 10 I I I PartG scheint dagegen zu sprechen. Dort werden Satzungsregelungen für die Ordnungsmaßnahmen i m engeren Sinn verlangt, während § 10 I V und V PartG selbst regeln, wann und wie ein Ausschluß verhängt werden darf. Dagegen verlangt § 6 I I Nr. 4 PartG Satzungsbestimmungen über Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder und über ihren Aus1 2 3

17»

Dazu oben § § 7 - 9 . Dazu oben §§ 10 - 12. Vgl. auch Hasenritter, S. 136.

260

§ 13 Vorläufige Maßnahmen i m Parteiausschlußverfahren

schluß u n d b e z i e h t sich a u s d r ü c k l i c h auch a u f § 10 V P a r t G . D e r S i n n v o n § 6 I I P a r t G erschließt sich ü b e r § 9 I I I P a r t G : D a die S a t z u n g v o m P a r t e i t a g z u beschließen ist, k ö n n e n die i h r v o r b e h a l t e n e n R e g e l u n g e n n i c h t ohne d e n W i l l e n d e r M i t g l i e d s c h a f t beschlossen w e r d e n . § 6 I I N r . 4 P a r t G d i e n t also auch — n e b e n § 10 P a r t G selbst — d e m Schutz v o n M i t g l i e d e r r e c h t e n . H i n z u k o m m t , daß § 10 V 4 P a r t G ohne e i n e ausf ü l l e n d e S a t z u n g s r e g e l u n g s c h w e r l i c h a n w e n d b a r ist. S o l l t e § 10 V 4 P a r t G w i r k l i c h w o l l e n , daß o h n e G r u n d l a g e i n d e r S a t z u n g e i n j e d e r V o r s t a n d i r g e n d e i n e s Gebietsverbandes (z. B . eines Ortsvereins) v o r l ä u f i g e M a ß n a h m e n v e r h ä n g e n k a n n ? S a t z u n g s m ä ß i g geregelt sein m u ß also, w e l c h e V o r s t ä n d e M a ß n a h m e n v e r h ä n g e n k ö n n e n 4 . W i c h t i g ist dies v o r a l l e m d a n n , w e n n — w i e i n d e r S P D — auch V o r s t ä n d e v o n G l i e d e r u n g e n , d e n e n das M i t g l i e d nicht a n g e h ö r t , e i n A u s s c h l u ß v e r f a h ren einleiten können5. Die Voraussetzungen vorläufiger Maßnahmen k ö n n e n d u r c h P a r t e i s a t z u n g enger gefaßt w e r d e n , als § 10 V 4 P a r t G das t u t . A l l e r d i n g s k a n n der B e r e i c h zulässiger M a ß n a h m e n n i c h t a u f diese Weise e r w e i t e r t w e r d e n 6 .

I I . Der Zusammenhang mit einem Ausschlußverfahren Daß vorläufige Maßnahmen n u r i m Zusammenhang m i t einem Ausschlußverfahren verhängt werden dürfen, ergibt sich aus der Stellung von § 10 V 4 PartG. Das ist der Fall, w e n n ein A n t r a g auf Ausschluß bereits gestellt ist oder gleichzeitig gestellt w i r d , aber auch dann, w e n n die Verhängung v o r läufiger Maßnahmen zugleich als A n t r a g auf Ausschluß gilt 7 . Fragwürdig wäre es, w e n n vorläufige Maßnahmen ohne wenigstens gleichzeitige Einleit u n g eines Ausschluß Verfahrens verhängt würden, denn w e n n k e i n Hauptverfahren stattfindet, verliert die Maßnahme ihren vorläufigen Charakter u n d w i r d zur eigentlichen u n d endgültigen Maßnahme. Es sind verschiedene Wege denkbar, das zu vermeiden. Die Schiedsgerichtsordnung nach § 14 I V P a r t G k a n n vorsehen, daß die vorläufige Maßnahme jederzeit auf A n t r a g des Mitglieds v o m für die Hauptsache zuständigen Schiedsgericht aufgehoben werden kann 8 , u n d daß das Schiedsgericht dem Parteiorgan eine Frist zur Einreichung des Antrags zur Hauptsache setzen kann 9 . Regelmäßig w i r d aber 4 Vgl. § 18 I SchO SPD; § 9 I I 1 Satzung CSU; § 11 I V Statut CDU; u n k l a r § 24 I SchGO FDP. 5 So § 35 I V 1 OrgSt SPD. Nach § 18 I SchO SPD können „Sofortmaßnahmen" n u r v o m Parteivorstand u n d dem zuständigen Bezirksvorstand v e r hängt werden. 6 Bedenklich § 16 I SchO SPD: „ I n Fällen, i n denen eine schwere Schädigung der Partei eingetreten (sie!) oder m i t großer Wahrscheinlichkeit zu erw a r t e n ist u n d das Parteiinteresse ein schnelles Eingreifen e r f o r d e r t . . . " — vgl. unten I I I . 7 Nach § 19 I 1 SchO SPD gilt die A n o r d n u n g gleichzeitig als A n t r a g auf Durchführung eines Parteiordnungsverfahrens. Problematisch ist nur, daß die Schiedsordnung der SPD nicht verlangt, bei der Antragstellung ein bestimmtes Ziel (Ausschluß, Rüge o. ä.) anzugeben; vgl. dazu oben § 9 Β I I I 3. 8 So § 24 I I i. V. m. § 25 I SchGO FDP.

Α. Die Voraussetzungen der vorläufigen Maßnahme

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zu fordern sein, daß das Hauptverfahren nicht erst nach der Verhängung vorläufiger Maßnahmen eingeleitet w i r d , denn ein Vorstand, dem es möglich ist, diese anzuordnen, ist an sich auch i n der Lage, das Ausschlußverfahren einzuleiten. Ausnahmen sind etwa anzuerkennen, w e n n ein Vorstand n u r vorläufige Maßnahmen i m schriftlichen oder telefonischen Verfahren beschließen k a n n oder w e n n er vor Antragstellung i n der Hauptsache noch den Antragsgegner hören w i l l . I I I . „Dringende und schwerwiegende Fälle, die sofortiges Eingreifen erfordern"

Vorläufige Maßnahmen können verhängt werden i n „dringenden und schwerwiegenden Fällen, die sofortiges Eingreifen erfordern". 1. „Schwerwiegend" i n diesem Sinne können eigentlich nur solche Fälle sein, die i n der Hauptsache zu einem Ausschluß führen können, denn wenn der Tatbestand des § 10 I V PartG nicht erfüllt ist und deshalb kein Ausschluß erfolgen kann, kann der Fall auch nicht so schwerwiegend sein, daß schon vor der Entscheidung des Schiedsgerichts Maßnahmen ergriffen werden dürfen. Richtig ist daran, daß der Tatbestand des § 10 I V PartG der Mindestmaßstab für das ist, was nach § 10 V 4 PartG „schwerwiegend" sein kann. Aus dieser Überlegung ist jedoch nicht zu folgern, daß der Vorstand, der vorläufige Maßnahmen erwägt, die Prüfungen, die i m Hauptverfahren dem Schiedsgericht obliegen, in vollem Umfang nun selbst durchzuführen hat. Gerade der Umstand, daß der Fall „dringlich" ist und „sofortiges Eingreifen" erfordert, kann dem entgegenstehen. Dieses Argument darf aber seinerseits nicht dazu führen, daß ein Vorstand sich u m die Richtigkeit zugrundegelegter Tatsachen gar nicht kümmert und ein bloßes Gerücht oder einen vagen Verdacht zur Grundlage einer Maßnahme macht. Deshalb ist jedenfalls zu verlangen, daß vorhandene oder ohne weiteres beschaffbare Informationsquellen vollständig benutzt werden. Z. B. kann versucht werden, Personen, die i m schiedsgerichtlichen Verfahren als Zeugen i n Betracht kämen, telefonisch über ihr Wissen zu befragen. „So gut es geht" muß sich der Vorstand also schon über die Sachlage unterrichten, bevor er eine vorläufige Maßnahme verhängt. Insofern ist die Aufgabe des Vorstandes der angenähert, die die Schiedsgerichte bei der Anwendung von § 10 I V PartG haben. Was aber soll ein Vorstand tun, wenn seine Ermittlungen i n tatsächlicher Hinsicht zu keinem klaren Ergebnis führen? Für die Schiedsgerichte gelten i n solchen Fällen Beweislastregeln 10 . Wo es u m vorläu9 So §§35, 36 PGO CDU; w o h l auch §31 SchGO FDP i . V . m . §§935, 936, 926 ZPO. 10 Dazu oben § 9 Β V I 5, m. w. N.

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§ 13 Vorläufige Maßnahmen i m Parteiausschlußverfahren

fige Regelungen vor der Entscheidung i n der Hauptsache geht, läßt aber auch das staatliche Prozeßrecht die Zugrundelegung unsicherer Tatsachen zu. Die Anordnung von Untersuchungshaft nach § 112 I 1 StPO verlangt nicht, daß der Beschuldigte der Tat „sicher überführt" ist; es genügt „dringender Tatverdacht" 11 . I m vorläufigen Rechtsschutz des Z i v i l - und Verwaltungsprozeßrechts genügt oft die „Glaubhaftmachung" von erhobenen Ansprüchen 12 . Nun kann weder aus § 10 V 4 PartG noch aus dem Erfordernis eines „gerechten Verfahrens" (§ 14 I V PartG) 1 3 gefolgert werden, für eine Maßnahme nach § 10 V 4 PartG müsse exakt der Wahrscheinlichkeitsmaßstab angelegt werden, den das Prozeßrecht den Gerichten vorschreibt. Andererseits liegt diesem doch auch der Gedanke zugrunde, daß ungewisse Tatsachen einer vorläufig regelnden Entscheidung nur dann zugrundegelegt werden dürfen, wenn sie überwiegend wahrscheinlich sind. Das muß auch für vorläufige Maßnahmen gelten, wenn sie nicht w i l l k ü r l i c h verhängt werden sollen. Gründe, für die Rechtsanwendung durch den Parteivorstand andere Maßstäbe gelten zu lassen als für die Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht, gibt es nicht. Ein Vorstand, der seiner Entscheidung eine oberflächliche oder gar eine bewußt an seiner politischen Absicht orientierte Auslegung zugrunde legt, kann sich, wenn sich diese als falsch erweist, nicht darauf berufen, daß er — i m Gegensatz zum Schiedsgericht — „ein politisches und kein juristisches" Organ sei. Bei Eingriffen i n Rechte des Mitglieds muß auch er die gesetzlichen Schranken (genau) beachten. Der Begriff „schwerwiegend" i n § 10 V 4 PartG legt die Frage nahe, ob nicht ein Verhalten des Mitglieds vorliegen muß, das über den Tatbestand des § 10 I V PartG hinausgeht, denn anderenfalls hätte eine Bezugnahme auf § 10 I V PartG ausgereicht, u n d es wäre keine sprachliche Unterscheidung zu dem Begriff „schwerer Schaden" nötig gewesen. Dafür spricht auch, daß § 16 I 1 PartG, wo es u m Maßnahmen gegen ganze Gebietsverbände geht, das W o r t „schwerwiegend" benutzt. Andererseits fehlt aber ein K r i t e r i u m dafür, u m wieviel schwerer eine Tat gegenüber einer, die n u r den Tatbestand des § 10 I V PartG erfüllt, sein muß, u m auch „schwerwiegend" zu sein. Auch ist es nicht das Spezifikum des § 10 V 4 PartG, daß eine „besonders schwere" T a t vorliegen muß, sondern daß vor der Entscheidung des Schiedsgerichts schon etwas geschehen muß. Schließlich mag der modifizierte Wortgebrauch auch darin seinen Sinn haben, daß eine Maßnahme nach § 10 V 4 P a r t G h i n sichtlich ihrer tatsächlichen Grundlagen nicht so gesichert sein muß w i e die schiedsgerichtliche Entscheidung i n der Hauptsache. E i n Fehlverhalten des Mitglieds, das i n tatbestandlicher Hinsicht über § 10 I V PartG hinausgeht, ist also nicht erforderlich. 11

Außerdem muß ein „Haftgrund" nach § 112 I I oder § 112 a I StPO v o r liegen. 12 §§ 920 I I , 935, 936 ZPO; § 123 I I I V w G O . 13 Näher dazu oben §9.

Α. Die Voraussetzungen der vorläufigen Maßnahme

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2. § 10 V 4 PartG g i l t für „dringende" Fälle, die „sofortiges" Eingreifen erfordern; es muß also Eilbedürftigkeit vorliegen. A n sich w ü r d e n die beiden Begriffe nahelegen, Eilbedürftigkeit dann zu bejahen, w e n n die Maßnahme bei weiterem Zuwarten verspätet käme, etwa w e i l die nächste Sitzung des Vorstands erst nach dem zu verhindernden Geschehen stattfinden k a n n oder w e i l erst dann das Schiedsgericht tagen kann. I n gewissem Gegensatz dazu könnte die Formulierung stehen, daß das M i t g l i e d „bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts" v o n der Ausübung seiner Rechte ausgeschlossen werden könne, w e n n damit gemeint wäre, daß alles das eilbedürftig ist, was v o r der Entscheidung über den Ausschlußantrag noch verhindert werden soll. Diese Formulierung am Ende v o n § 10 V 4 PartG sagt allerdings nichts zur Eilbedürftigkeit aus, sondern gibt n u r an, w a n n die vorläufige Maßnahme spätestens außer K r a f t t r i t t 1 4 .

I m übrigen ist bei der Eilbedürftigkeit darauf abzustellen, ob eine Entscheidung des Vorstandes nötig ist oder ob eine Entscheidung des Schiedsgerichts über die vorläufige Maßnahme noch rechtzeitig zu erlangen ist. Unsinnig wäre es, darauf abzustellen, ob der Vorstand die Maßnahme nicht auch später verhängen könnte. Das würde nur dazu führen, daß der Vorstand „bis zum letzten Termin" m i t seiner Entscheidung warten müßte. Sinn von § 10 V 4 PartG ist es dagegen, von dem dem § 10 V PartG zugrundeliegenden Prinzip, daß das Verfahren i n den Händen des Schiedsgerichts liegt, eine Ausnahme zuzulassen. Wie lange es (aus dem Kenntnisstand des Vorstandes gesehen) voraussichtlich dauern würde, bis eine schiedsgerichtliche Entscheidung da wäre, richtet sich nach den tatsächlichen Gegebenheiten (ζ. B. ob die Mitglieder des Schiedsgerichts telefonisch erreichbar sind), aber auch nach etwa bestehenden Rechtsnormen, vor allem nach der Schiedsgerichtsordnung der Partei. Nun verlangt „ein gerechtes Verfahren" i. S. d. § 14 I V PartG wohl nicht, daß die Schiedsgerichtsordnung Vorsorge trifft, daß das 'Schiedsgericht jederzeit auf denkbar schnellste Weise Entscheidungen herbeiführen kann 1 5 . Andererseits dürfen Regelungen nicht so beschaffen sein, daß sie das Schiedsgericht i m Regelfall von der Entscheidung ausschließen und nahezu jede Sache „eilbedürftig" machen. Ggf. sind solche Vorschriften an § 14 I V PartG zu überprüfen. 3. § 10 V 4 PartG läßt vorläufige Maßnahmen i n Fällen zu, die sofortiges Eingreifen „erfordern". „Erforderlichkeit" bedeutet bei Eingriffen des Staates i n die Rechte des Bürgers, daß eine Maßnahme möglichst wenig Nachteile hervorrufen soll 1 6 . Dieses Prinzip ist Bestandteil des Verhältnismäßigkeitsgebots, das seinerseits zum Rechtsstaatsprinzip gehört 1 7 . Es spricht vieles 14

Dazu unten Β I. Nicht einmal für die Fälle des A r t . 104 I I G G bejaht die h. M. ein Erfordernis, einen zu jeder Tages- u n d Nachtzeit erreichbaren richterlichen N o t dienst zu organisieren, B V e r w G E 45, 51, 64; Rauball, i n : v o n Münch, GG, A r t . 104, Rdnr. 11. 16 Stern I, S.674; Stein, S.51; BVerfGE 30, 292, 316. 17 Dazu Stern I, S. 671 ff., m. w. N.; BVerfGE 30, 292, 315 f. 15

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§ 13 Vorläufige Maßnahmen i m Parteiausschlußverfahren

dafür, § 10 V 4 PartG entsprechend auszulegen. Das Verhältnismäßigkeitsgebot hat den Sinn, staatliche Eingriffe i n die Rechte des Bürgers i n Grenzen zu halten 1 8 , u n d die Interessenlage zwischen Partei u n d M i t g l i e d weist Parallelen zum Staat-Bürger-Verhältnis auf. Das Gebot der innerparteilichen Demokratie nach A r t . 21 I 3 GG verlangt i n gewissem Umfang die Geltung der Grundrechte des Mitglieds auch gegenüber der Partei 1 9 . Bei § 10 V 4 PartG k o m m t noch hinzu, daß hier der Partei eine einseitige Regelungsmöglichkeit i n die Hand gegeben ist, und daß diese v o m Gesetz selbst als Ausnahme betrachtet w i r d . Auch das spricht dafür, diese Vorschrift der Partei gegenüber r e s t r i k t i v auszulegen.

Erforderlichkeit i m staatsrechtlichen Sinn setzt voraus, daß die „Geeignetheit" bejaht wird, denn Erforderlichkeit bedeutet die Auswahl des mildesten Mittels von mehreren geeigneten 20 . Maßnahmen nach § 10 V 4 PartG müssen also zunächst geeignet sein, das von dem Vorstand befürchtete Geschehen zu verhindern. Das w i r d oft nicht der Fall sein. Ein Mitglied, das sich ständig durch parteischädigende Leserbriefe hervortut und sich von der Einleitung des Ausschluß Verfahrens nicht beeindrucken läßt, kann auch durch die Ausschließung von der Ausübung der Mitgliedsrechte daran nicht gehindert werden. U m die Distanzierung der Partei von einem solchen Mitglied publik zu machen, ist auch keine vorläufige Maßnahme geeignet. Ob diese Distanzierung gelingt, ist vielmehr eine Frage geschickter Öffentlichkeitsarbeit. Vorläufige Maßnahmen zur bloßen Erhöhung des „Nachrichtenwertes" oder als Druckmittel gegegenüber dem Mitglied entsprächen nicht dem Sinn von § 10 V 4 PartG. Erforderlichkeit w i r d oft auch nicht i m Hinblick auf die gesamten Rechte des Mitglieds bestehen. Wer als Funktionär der Parteijugend zu unzulässigen Angriffen auf das „Parteiestablishment" neigt, gibt ja deshalb noch keinen Anlaß zu Zweifeln, daß er sein A m t als Ortsvereinskassierer unkorrekt führt 2 1 . Zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz i m staatsrechtlichen Sinn gehört über die Erforderlichkeit hinaus noch das „Üb ermaß verbot" („Verhältnismäßigkeit i. e. S.", „Zumutbarkeit") 2 2 . Danach darf die durch eine Maßnahme erfolgende Beeinträchtigung nicht außer Verhältnis zu dem erstrebten Nutzen stehen 23 . Dieses noch auf den Gesetzesbegriff „erfordern" zu stützen, ginge zu weit. Allerdings beinhaltet der Begriff „dringend" nicht nur, daß etwas bald verhindert oder getan werden muß, sondern auch, daß dieses wichtig ist. Folglich darf wegen weniger wichtiger Vorgänge bis zur schiedsgerichtlichen Entscheidung keine Maßnahme verhängt werden. 18

Dazu näher Stern I, S. 671 ff., m . w . N . ; Stein, S.51. Dazu oben § 5 C I I . 20 Stern I, S. 674; BVerfGE 30, 292, 316. 21 Vgl. auch Lengers, S. 175, der dafür plädiert, vorläufige Maßnahmen auf den Entzug der Befugnisse aus dem Parteiamt zu beschränken. 22 Stern I, S. 674, m . w . N . ; Stein, S. 52; BVerfGE 30, 292, 316 f. 23 Stern I, S. 674, m. w. N. 19

Β . Die Maßnahme während des schiedsgerichtlichen Verfahrens

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Außerdem steht bei Maßnahmen nach § 10 V 4 PartG bereits fest, welcher maximale Eingriff in Rechte des Mitglieds möglich ist. Damit ist ein Ubermaß verbot bereits anderweitig i n § 10 V 4 PartG enthalten.

B. Die vorläufige Maßnahme während des schiedsgerichtlichen Verfahrens I. Über die Wirkungen und die Bedeutung der vorläufigen Maßnahme besagt § 10 V 4 PartG nur, daß diese „bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts" dauert. Sobald diese also bekanntgegeben ist, t r i t t die Maßnahme als vom Vorstand verhängte außer Kraft. Soll sie trotzdem weitergelten — etwa weil sonst die Berufung gegen die den Ausschluß aussprechende Entscheidung aufschiebende W i r k u n g hätte —, muß das Schiedsgericht eine entsprechende Anordnung treffen 24 . II. Das heißt aber nicht, daß die vorläufige Maßnahme nicht schon vorher außer Kraft treten kann. Zum einen kann der Vorstand, der sie erlassen hat, sie jederzeit zurücknehmen. Gründe dafür können etwa bestehen, wenn nach Erlaß der Maßnahme entlastende Umstände bekanntwerden oder wenn das Mitglied verspricht, sich i n bestimmter Weise zu verhalten. Außerdem kann durch Parteisatzung die Wirkung der vom Vorstand verhängten Maßnahme weiter limitiert werden 25 . I I I . Wichtig ist aber, ob das Schiedsgericht auch vor seiner Entscheidung über den Ausschlußantrag gegen den Willen des Vorstandes die vorläufige Maßnahme aufheben kann. Der Vergleich mit den Regelungen für das Verfahren der staatlichen Gerichte legt dies nahe. I m Z i v i l prozeß und i m Verwaltungsprozeß sowie i m Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht besteht allgemein die Möglichkeit des Gerichts, über den Streitgegegenstand einstweilige Verfügungen bzw. einstweilige Anordnungen zu treffen und sie notfalls wieder aufzuheben 26 . I m Strafprozeß kann die Untersuchungshaft nach §§ 112-113 StPO mit Maßnahmen nach § 10 V 4 PartG verglichen werden. Untersuchungshaft w i r d gemäß § 114 I StPO vom Richter angeordnet; sie w i r d auch von i h m aufgehoben. Vorläufige Festnahmen nach § 127 StPO bedürfen gemäß § 128 StPO richterlicher Bestätigung. Der Anordnung vorläufiger Maßnahmen nach § 10 V 4 PartG durch einen Vorstand der Partei steht freilich die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 I I Nr. 4 VwGO am nächsten. Auch diese kann, wie § 80 V VwGO zeigt, 24

So ausdrücklich § 19 V SchO SPD. So § 18 I SchO SPD („längstens drei Monate"). 26 § 935 ZPO; § 123 V w G O ; § 114 FGO; § 32 BVerfGG; ebenso § 27 V e r f G H G N W ; § 22 StGHG Hessen. 25

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§ 13 Vorläufige Maßnahmen i m Parteiausschlußverfahren

vom Gericht vor der Entscheidung über die Hauptsache aufgehoben werden 27 . Dies spricht dafür, auch die Befugnis des Parteischiedsgerichts, vor seiner Entscheidung i n der Hauptsache gegen den Willen des Vorstandes eine vorläufige Maßnahme aufzuheben, zu bejahen. Ein gegenteiliger Inhalt des § 10 V 4 PartG hat i m geltenden Prozeßrecht kein Vorbild und ist deshalb vom Gesetzgeber auch nicht gewollt. , Wenn das Schiedsgericht die vorläufige Maßnahme von Amts wegen überprüfen muß 28 , ist das unproblematisch. Einem gerechten Verfahren i. S. d. § 14 I V PartG ist aber Genüge getan, wenn die Überprüfung auf Antrag des Betroffenen zu geschehen hat. Mißlich wäre es, wenn das Schiedsgericht — etwa aufgrund einer Regelung i n der iSchiedsgerichtsordnung — nur nach mündlicher Verhandlung über die Aufhebung einer vorläufigen Maßnahme entscheiden könnte. Denn das würde oft dazu führen, daß die Entscheidung erst m i t der Entscheidung i n der Hauptsache fiele. Gleiches gilt, wenn das Schiedsgericht erst zu einer Sitzung zusammentreten muß und nicht etwa durch fernmündliche A b sprache der Schiedsrichter eine Entscheidung fällen kann, denn anders als die Berufsrichter an staatlichen Gerichten können die ehrenamtlichen Mitglieder der Parteischiedsgerichte nicht täglich an ihrer „Dienststelle" präsent sein. Maßstab dafür, i n welcher Weise das Schiedsgericht über die vorläufige Maßnahme entscheiden kann, ist zunächst, daß § 10 V 4 PartG nicht den Sinn hat, den Parteivorstand anstelle des Schiedsgerichts zum Herrn des Verfahrens zu machen; ferner, daß ein gerechtes Verfahren i. S. d. § 14 I V PartG einen effektiven vorläufigen Rechtsschutz dann verlangen muß, wenn, wie § 10 V 4 PartG es vorsieht, ein Streitbeteiligter einseitig Maßnahmen verhängen kann 2 9 . Deshalb muß es dem Schiedsgericht gestattet sein, i n Eilfällen auch ohne Zusammentritt zu einer Sitzung zu entscheiden — sei es, daß sich die Schiedsrichter fernmündlich beraten, sei es, daß der Vorsitzende allein entscheiden darf 3 0 · 3 1 . I V . Gründe, die vorläufige Maßnahme aufzuheben, bestehen zunächst dann, w e n n ihre Verhängung unzulässig w a r oder geworden ist. Dabei ist auf den Wissensstand des Schiedsgerichts i m Zeitpunkt seiner Entscheidung abzustellen, denn es k o m m t darauf an, daß die gegenüber dem M i t g l i e d bestehende Maßnahme i h r e m I n h a l t nach richtig ist, u n d nicht darauf, ob der 27

Vgl. auch § 69 I I I u n d I V FGO sowie § 97 I I - I V SGG. So w o h l § 19 I I I 1 SchO SPD. 29 Vgl. auch §315 I I I 2 B G B : Wenn ein Vertragsteil einseitig die Leistung bestimmen kann, sind weitergehende gerichtliche Kontrollmöglichkeiten angebracht als sonst (etwa § 138 I I BGB). 30 Das Parteiengesetz verlangt nicht, daß das Schiedsgericht aus mehreren Mitgliedern besteht, dazu oben § 8 A V. 31 Entscheidungen durch den Vorsitzenden allein sehen § 34 Satz 1 PGO CDU u n d § 25 I I 1 SchGO FDP vor. 28

C. Vorläufige Maßnahmen und staatliche Gerichtsbarkeit

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Vorstand i n der Lage gewesen wäre, richtig zu entscheiden. § 10 V 4 PartG stellt es — ebenso w i e die Parteisatzungen 3 2 — i n das Ermessen des V o r standes, ob er eine zulässige Maßnahme verhängen w i l l oder nicht. Die Frage ist, ob das Schiedsgericht diese auch aufheben kann, w e n n die Maßnahme zwar nicht rechtswidrig ist, es aber aufgrund eigener Ermessenserwägungen aufheben möchte. Eine Maßnahme nach § 10 V 4 PartG ist eine teilweise Vorwegnähme eines Ausschlusses, also einer solchen, die n u r dem Schiedsgericht zusteht. Das verlangt, die Befugnisse des Vorstandes r e s t r i k t i v auszulegen u n d dem Schiedsgericht eigenes Ermessen zuzubilligen 3 3 .

C. Vorläufige Maßnahmen und staatliche Gerichtsbarkeit Ebenso wie zu untersuchen war, ob und inwieweit die Ausschlußentscheidung des Schiedsgerichts durch staatliche Gerichte überprüft werden kann 3 4 , stellt sich diese Frage hinsichtlich vorläufiger Maßnahmen. I. Die Zulässigkeit einer auf gerichtliche Überprüfung zielenden Klage 1. Erhebt ein Parteimitglied Klage, w e i l es meint, zu Unrecht m i t einer vorläufigen Maßnahme überzogen worden zu sein, ist der ordentliche (Zivil-) Rechtsweg ebenso gegeben wie hinsichtlich einer wegen des Parteiausschlusses erhobenen Klage 3 5 . Auch dieser Streit ist ein nicht-vermögensrechtlicher, so daß die Landgerichte i n erster Instanz sachlich zuständig sind 3 6 .

2. Fraglich ist aber, ob das Erfordernis der Erschöpfung des parteiinternen Rechtsweges vor Anrufung des ordentlichen Gerichts hier gilt 3 7 . Das Argument, es sei Sinn des § 10 I V PartG, daß vor einer A n rufung des staatlichen Gerichts der parteiinterne Rechtsweg auszuschöpfen sei, trägt an sich auch hier: Wie gezeigt wurde, bedeutet die Kompetenz eines Vorstandes, vorläufige Maßnahmen zu verhängen, nicht, daß diese der Prüfung und Behandlung durch die Schiedsgerichte entzogen werden können 38 . Dem Erfordernis der Ausschöpfung des innerparteilichen Rechtsweges könnte wohl entgegengesetzt werden, daß Rechtsschutz gegen eine vorläufige Maßnahme stets eilig sei, und daß ein Zuwarten bis zur Beendigung des innerparteilichen Rechtswe32 §9 I I 1 Satzung CSU; §11 I V Statut CDU; §24 I SchGO FDP; §18 I SchO SPD. 33 So w o h l auch § 19 I I I 1 SchO SPD; §25 I SchGO FDP; §34 Satz 1 PGO CDU. 34 Siehe oben §§ 10 u n d 11. 35 Vgl. oben § 10 A . 36 Vgl. oben § 10 F I. 37 Vgl. oben § 10 C. 38 Oben Β I I I .

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§ 13 Vorläufige Maßnahmen i m Parteiausschlußverfahren

ges r e g e l m ä ß i g dazu f ü h r e n m ü ß t e , daß s t a a t l i c h e r Rechtsschutz zu spät k ä m e . D e m w ä r e e n t g e g e n z u h a l t e n , daß § 10 V P a r t G f ü r d e n Reg e l f a l l das gesamte A u s s c h l u ß v e r f a h r e n — also einschließlich e i n s t w e i l i g e r R e g e l u n g e n v o r s e i n e m A b s c h l u ß — i n d i e H a n d der Schiedsger i c h t e legt. S o f e r n es u m E i l b e d ü r f t i g k e i t geht, ist o h n e h i n n i c h t das n o r m a l e K l a g e v e r f a h r e n , s o n d e r n der v o r l ä u f i g e Rechtsschutz das z w e c k m ä ß i g e r e I n s t r u m e n t . I n d e r P r a x i s w ä r e m i t e i n e r so f r ü h e n K l a g e e r h e b u n g s m ö g l i c h k e i t f ü r das M i t g l i e d w o h l auch n i c h t v i e l gew o n n e n . Z u m e i n e n w ä r e d a m i t z u rechnen, daß die o r d e n t l i c h e n Gerichte m i t dem U r t e i l bis zur innerparteilichen K l ä r u n g warten, z u m a n d e r e n m u ß der K l ä g e r d a m i t rechnen, w ä h r e n d des G e r i c h t s v e r f a h rens d u r c h eine d i e v o r l ä u f i g e M a ß n a h m e aufhebende schiedsgerichtliche E n t s c h e i d u n g k l a g l o s gestellt z u w e r d e n . A u c h gegen v o r l ä u f i g e M a ß n a h m e n k a n n also i m K l a g e v e r f a h r e n erst d a n n v o r g e g a n g e n w e r den, w e n n das p a r t e i i n t e r n e Rechtsschutzverfahren beendet ist. 3. Die gegen vorläufige Maßnahmen gerichtete Klage w i r d regelmäßig als Feststellungsklage abzufassen sein 3 9 . E i n Feststellungsinteresse besteht regelmäßig dann, w e n n die letzte schiedsgerichtliche Entscheidung, die zur vorläufigen Maßnahme Stellung genommen hat, diese für rechtmäßig erklärt. Falls diese die vorläufige Maßnahme für rechtswidrig erklärt hat, ist diese Entscheidung auch für die Partei bindend u n d deshalb ein Feststellungsinteresse zu verneinen. Muß das M i t g l i e d aber aufgrund des Verhaltens eines anderen Parteiorgans befürchten, dieses werde die schiedsgerichtliche E n t scheidung mißachten, k a n n trotzdem ein Feststellungsinteresse bestehen; dann k a n n es allerdings auch angebracht sein, gleich auf künftige Unterlassung zu klagen 4 0 . 4. Ob der Klageantrag auf Feststellung, gegen den Kläger habe keine v o r läufige Maßnahme verhängt werden dürfen, gemeinsam m i t dem Antrag, das Fortbestehen der Mitgliedschaft festzustellen, gestellt werden kann, hängt von deren Verhältnis zueinander ab. Beide Anträge w ü r d e n zwei verschiedene Gegenstände betreffen, denn die Entscheidung über den einen würde nicht notwendig von der Entscheidung über den anderen abhängen: Auch w e n n der Ausschluß rechtens war, k a n n die vorläufige Maßnahme rechtswidrig gewesen sein, etwa w e i l keine Eilbedürftigkeit bestand. Andererseits k a n n die vorläufige Maßnahme rechtens gewesen sein, w e i l sie aufgrund einer unvollständigen Informationslage erfolgen mußte, während nach A u f k l ä r u n g des gesamten Sachverhalts der Ausschluß zu unterbleiben hatte. Die Häufung solcher Klageanträge beruht teilweise — Parteimitgliedschaft — auf demselben Grund, i m übrigen aber auf verschiedenen Gründen — Ausschlußentscheidung bzw. Verhängung einer vorläufigen Maßnahme. Solche „Anspruchshäufung" ist nach § 260 ZPO zulässig.

39 40

Vgl. oben § 10 D I. Dann k a n n der Kläger nach § 890 ZPO vollstrecken!

C. Vorläufige Maßnahmen u n d staatliche Gerichtsbarkeit

II. Die Begründetheit einer auf gerichtliche Uberprüfung zielenden Klage Die auf gerichtliche Überprüfung der vorläufigen Maßnahme zielende Klage ist begründet, wenn die vorläufige Maßnahme nicht den Gesetzes- und Satzungsbestimmungen entspricht. Diese Uberprüfung hat weitgehend nach denselben Grundsätzen wie die Überprüfung des Parteiausschlusses zu geschehen; das gilt insbesondere für die Punkte, hinsichtlich derer die schiedsgerichtliche Entscheidung nur beschränkt überprüfbar ist 41 . Ein besonderes Problem besteht darin, daß die vorläufige Maßnahme häufig auf einer unvollständigen Informationsgrundlage erfolgt. Den endgültigen Erkenntnisstand des Gerichts etwa am Ende der letzten mündlichen Verhandlung zugrunde zu legen, wäre für beide Prozeßparteien unbefriedigend. Beiden w i r d es i. d. R. darum gehen, ob bei einem bestimmten Informationsstand des (Parteiorgans die vorläufige Maßnahme ergehen durfte; daneben kann fraglich sein, ob ein bestimmter Informationsstand, der sich i m Laufe des Verfahrens ergeben hat, eine Aufhebung der vorläufigen Maßnahme verlangte. Wollte man dagegen auf den Erkenntnisstand des Gerichts am Ende des Prozesses abstellen, hätte die politische Partei keine Möglichkeit, sich künftig nach der Gerichtsentscheidung zu richten; das Mißliche ist ja, daß die vorläufige Maßnahme auf nur vorläufigen Tatsachenfeststellungen beruht. Damit wäre auch dem Mitglied nicht gedient. Die gerichtliche Beurteilung einer vorläufigen Maßnahme muß also — ähnlich wie die Beurteilung einer polizeilichen Gefahr 42 — auf den jeweiligen Erkenntnisstand des entscheidenden Parteiorgans (Vorstand oder Schiedsgericht) abstellen. Eine Ausnahme gilt, w e n n das Parteiorgan bestehende Erkenntnisquellen 4 3 nicht nutzt. Dann könnte daran gedacht werden, die vorläufige Maßnahme schon deshalb für rechtswidrig zu erklären. Das hätte das unbillige Ergebnis, daß eine unterbliebene E r m i t t l u n g selbst dann zugunsten des Mitglieds w i r ken würde, w e n n sie i n dem Fall, daß sie erfolgt wäre, die vorläufige Maßnahme gestützt hätte. Hat also das Parteiorgan bestehende Erkenntnisquellen nicht ausgeschöpft, muß das Gericht den Sachverhalt zugrunde legen, der sich der Partei bei ordnungsgemäßer E r m i t t l u n g dargestellt hätte. Sofern dieser nicht feststellbar ist, muß das Gericht aus Gründen der Beweislast die für das Mitglied günstigere Möglichkeit zugrunde legen.

41 42 43

Vgl. oben § 11 C. Dazu D r e w s / W a c k e I I , S. 110; Scholler / Βroß, Polizeirecht, S. 72 f. Vgl. dazu oben A I I I 1.

270

13 Vorläufige Maßnahmen i m Parteiausschlußverfahren

ΠΙ. Vorläufiger Rechtsschutz Da vorläufige Maßnahmen alsbald wirksam werden und auch nur bis zum Ende des Ausschlußverfahrens gelten sollen, also befristeter Natur sind, ist die Frage, ob und wie gegen sie vorläufiger Rechtsschutz möglich ist, besonders wichtig. 1. Der Zulässigkeit vorläufigen Rechtsschutzes gegen vorläufige Maßnahmen könnten folgende Gesichtspunkte entgegenstehen: a) Wenn § 10 V 3 PartG eine Spezialregelung wäre, die den §§ 935 ff. ZPO vorginge, wäre für vorläufigen Rechtsschutz durch die Zivilgerichte k e i n Raum. § 10 V 3 P a r t G hat aber nicht den Sinn, vorläufige Maßnahmen anstelle vorläufigen Rechtsschutzes zu ermöglichen. Das zeigt § 10 V 1 PartG: Das Ausschlußverfahren liegt i n der Hand des Schiedsgerichts. § 10 V 3 PartG regelt also die Kompetenzabgrenzung zwischen Schiedsgericht u n d Vorstand der Partei, nicht zwischen Partei u n d Zivilgericht.

b) Wie bereits ausgeführt, besteht ein Rechtsschutz gegenüber von einem Vorstand verhängten vorläufigen Maßnahmen bereits durch die Schiedsgerichte 44 . Die Unzulässigkeit vorläufigen Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte folgt daraus nicht, denn auch gegen den von einem Schiedsgericht verhängten Ausschluß ist staatlicher Rechtsschutz möglich 45 . Wohl ist zu fragen, ob nicht vor der Anrufung staatlicher Gerichte die innerparteilichen Möglichkeiten vorläufigen Rechtsschutzes auszuschöpfen sind. Diese Frage wurde für das Hauptverfahren 4 6 sowie für die gegen den Parteiausschluß gerichtete Klage 4 7 bejaht, w e i l dies Sinn des § 10 V PartG sei. Gegenüber vorläufigem Rechtsschutz kann das nicht gelten, denn sein Spezifikum ist ja gerade, daß er bald erfolgen muß; u m i h n kann also auch vor Ausschöpfung des parteischiedsgerichtlichen vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht werden. 2. iSetzt vorläufiger Rechtsschutz durch staatliche Gerichte also nicht voraus, daß der schiedsgerichtliche bereits ausgeschöpft ist, ist das Verhältnis beider Rechtsschutzarten zueinander zu bestimmen. K l a r ist, daß schiedsgerichtliche Entscheidungen, die zu Entscheidungen des Zivilgerichts i n Widerspruch stehen, insoweit nicht vollzogen werden dürfen. Es kann deshalb angebracht sein, insbesondere i n einer schiedsgerichtlichen Entscheidung, die einer bereits ergangenen Entscheidung des ordentlichen Gerichts widerspricht, darauf hinzuweisen. Der Vorrang staatlicher Gerichtsentscheidungen macht es dagegen nicht erfor44 45 46 47

Oben Siehe Oben Oben

Β III. oben § 10. C I 2. § 10 C.

C. Vorläufige Maßnahmen u n d staatliche Gerichtsbarkeit

271

derlich, schiedsgerichtlichen vorläufigen Rechtsschutz ruhen zu lassen, solange eine einstweilige Verfügung besteht. Das schiedsgerichtliche Ausschlußverfahren muß ohnehin stattfinden und die vorläufigen Maßnahmen werden oft parallel dazu behandelt; das ist i m staatlichen Prozeßrecht so4®, und Entsprechendes sehen auch die Parteisatzungen vor 4 9 . Ändert dabei das Schiedsgericht eine Entscheidung über eine vorläufige Maßnahme ab, so kann dieses — wie auch der übrige Verfahrensverlauf — Anlaß für das Gericht sein, einer Änderung seiner Entscheidungslage näherzutreten 50 . 3. Der „Verfügungsanspruch" 51 besteht, wenn das Mitglied durch die vorläufige Maßnahme zu Unrecht von der Ausübung seiner Rechte ausgeschlossen wird. Es muß also die Rechtswidrigkeit der vorläufigen Maßnahme glaubhaft machen. Die Gesichtspunkte, die beim vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Parteiausschluß gelten 52 , sind grundsätzlich auch hier anzuwenden. Fraglich ist das nur, wenn die zu überprüfende Maßnahme von einem Vorstand verhängt wurde und vor der Gerichtsentscheidung noch nicht von einem Schiedsgericht überprüft wurde, und wenn außerdem die Entscheidung von solchen Punkten abhängt, hinsichtlich deren schiedsgerichtliche Entscheidungen nur beschränkt überprüfbar sind 53 . § 10 V 3 PartG erlaubt zwar Vorständen, Rechte auszuüben, die § 10 V PartG sonst den Schiedsgerichten vorbehält, und macht sie insoweit zu QuasinSchiedsgerichten; es läßt sich auch sagen, daß Parteigremien etwa Einschätzungstatsachen oder Tatsachen politischer Beurteilung besser beurteilen können als staatliche Gerichte. Insofern stehen Vorstände den Schiedsgerichten näher. Vorstände werden aber weder gewählt, u m schiedsgerichtliche Funktionen auszuüben, noch haben sie eine den Schiedsgerichten vergleichbare Stellung; sie können ζ. B. wegen des Erlasses oder Nichterlasses einer vorläufigen Maßnahme abgewählt werden. Deshalb hat eine von einem Vorstand verhängte Maßnahme wohl hinsichtlich ihrer Wirksamkeit gegenüber dem (Mitglied, nicht aber für das überprüfende staatliche Gericht die Qualität einer schiedsgerichtlichen Entscheidung. Das ordentliche 'Gericht kann sie also i n vollem Umfang überprüfen und ggf. eigene Bewertungen vornehmen. Das hat zur Folge, daß u. U. das Z i v i l gericht seine Entscheidung abändern muß, wenn später eine schiedsgerichtliche Entscheidung erfolgt, die etwa über Tatsachen politischer Be48 Vgl. §§926 I, 927 I, 937 I, 943 I ZPO; §123 I - I I I V w G O ; §§117, 120 StPO. 49 § 24 I u n d I I I SchGO FDP; § 36 PGO CDU; § 19 I I I SchO SPD. 50 Allerdings k a n n das n u r auf A n t r a g geschehen, §§ 936, 927 I ZPO. 51 Dazu oben § 12 E V vor 1. 52 Siehe oben § 12 E V 1 - 3. 53 Dazu oben § 12 E V 3 sowie § 11 C.

272

§ 13 Vorläufige Maßnahmen i m Parteiausschlußverfahren

u r t e i l u n g oder ü b e r Einschätzungstatsachen anders u r t e i l t als das Z i v i l gericht. 4. E i n Verfügungsgrund ist regelmäßig gegeben, w e n n eine vorläufige Maßnahme erlassen worden ist, denn dann ist davon auszugehen, daß die Parteigliederungen, denen das M i t g l i e d angehört, i h m die Wahrnehmung von Mitgliedsrechten verweigern werden 5 4 .

54

Vgl. oben § 12 E V I .

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Wenzel, Alfons: Buchbesprechung zu K a r l - H e i n r i c h Hasenritter, Parteiordnungsverfahren, Heidelberg u n d Hamburg 1981, in: ZfP 1983, S. 101-102 — Der Tatbestand des Dienstvergehens, 2. Aufl., Herford 1977 Westermann, Harm-Peter: Die Verbandsstrafgewalt u n d das allgemeine Recht, Zugleich ein Beitrag zur juristischen Bewältigung des „BundesligaSkandals", Bielefeld 1972 Wichard, Rudolf: Parteien i n der Demokratie, Hannover 1975 Wieczorek, Bernhard, u. a.: Zivilprozeßordnung u n d Nebengesetze, 2. Aufl., Fünfter Band: EGZPO, GVG, EGGVG, Internationales Zivilprozeßrecht, B e r l i n u n d New Y o r k 1980 Wieczorek,

Eberhard: Strafverfahrensrecht, 4. Aufl., Stuttgart u. a. 1980

Wiedemann, Herbert / Stumpf, 5. Aufl., München 1977

Hermann: Tarifvertragsgesetz,

Kommentar,

Wiese, Walter: Beamtenrecht, K ö l n u. a. 1979 Wolff,

Hans J. / Bachof, Otto: Verwaltungsrecht I, 9. Aufl., München 1974

— / — Verwaltungsrecht I I , 4. Aufl., München 1976 — / — Verwaltungsrecht I I I , 4. Aufl., München 1978 Wolfrum, Rüdiger: Die innerparteiliche demokratische Ordnung nach dem Parteiengesetz, B e r l i n 1974 Woltereck, Richard: Unechte u n d echte Schiedsgerichte des Verwaltungsrechts, in: DÖV 1966, S. 323 - 327 Zeiss, Walter: Zivilprozeßrecht, 4. Aufl., Tübingen 1980 Zeuner, Bodo: Innerparteiliche Demokratie, B e r l i n 1969 Zimmermann, Norbert: Rechtsstaatsprinzip u n d Parteigerichtsbarkeit, Zur Anwendbarkeit rechtsstaatlicher Grundsätze i m Schiedsverfahren nach § 10 Abs. 5 PartG, F r a n k f u r t am M a i n 1979 Zöller,

Richard (Begr.), u. a.: Zivilprozeßordnung, 13. Aufl., K ö l n 1981

Zöllner, Wolfgang: Arbeitsrecht, 2. Aufl., München 1979 — Zur Frage des Gewerkschaftsausschlusses wegen gewerkschaftsschädigender Kandidatur bei Betriebsratswahlen, Stuttgart 1983

Materialienverzeichnis 1 Inhaltsübersicht 1. Sammlungen 2. Zeitschriftenartikel 3. Amtliche Quellen 4. Materialien deutscher Parteien: a) SPD — b) C D U u n d CSU — c) FDP — d) Grüne u n d A l t e r n a t i v e — e) Sonstige 5. Materialien ausländischer Parteien: a) Österreich (A) — b) Belgien (B) — c) Schweiz (CH) — d) Dänemark (DK) — e) Großbritannien u n d Nordirland (GB) — f) Griechenland (GR) — g) I t a l i e n (I) — h) Republik I r l a n d (IRL) — i) L u x e m b u r g (L) — k) Norwegen (N) — 1) Niederlande (NL) — m) Schweden (S) — n) F i n n land (SF) 6. Materialien sonstiger Organisationen

Vorbemerkung Die zitierten Entscheidungen der Parteischiedsgerichte sind i n das nachstehende Verzeichnis nicht aufgenommen worden, w e i l den Parteistellen v e r trauliche Behandlung zugesagt w a r u n d somit n u r die Angaben gemacht werden können, die sich bereits aus den Fußnoten ergeben. Ob diejenigen Entscheidungen, die nicht v o n der Bundesschiedskommission der SPD oder dem Bundesparteigericht der CDU stammen, später v o r Schiedsgerichte höherer Ordnung gekommen sind, konnte zumeist nicht festgestellt werden. Soweit ersichtlich, sind aber i n folgenden Sachen E n t scheidungen mehrerer Instanzen ergangen: — UBSchK Münster v o m 11. X I I . 1969, g. K . M . u.a.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 10. V I . 1970, g. K . M.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 10. V I . 1970, g. R. M . — UBSchK D o r t m u n d v o m 26. V I I I . 1970, g. E. S. u. a.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 19. X I I . 1970, g. E. S. u. a. — UBSchK H a m m v o m 19. X . 1970, g. H. B.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 12. X I I . 1970, g. H. B.

1

Namentlich gezeichnete Texte sind stets i m Literaturverzeichnis führt. 19 Risse

aufge-

Materialienverzeichnis

290

— BezSchK Westliches Westfalen v o m 2 3 . V I . 1971, g. H . A . u.a.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 13. I I I . 1972, g. Η . Α.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 19. I V . 1972, g. Η . Α . ; PVSchK v o m 8. I I . 1973, g. Η . A . — U B S c h K Recklinghausen v o m 29. I X . 1971, g. G. K . ; BezSchK Westliches Westfalen v o m 8.1.1972, g. G. K ; PVSchK (undatiert), g. G. K . — U B S c h K R u h r - M i t t e v o m 23. X I . 1973, g. H . S.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 2. I I . 1974, g. H . S. — BezSchK Westliches Westfalen v o m 14. X I I . 1973, g. P. L.; U B S c h K Gelsenkirchen v o m 20. V I I . 1974, g. P. L.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 29. X I . 1974, g. P. L . — U B S c h K H a m m v o m 17. X I I . 1973, g. J. S.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 9. I V . 1974, g. J. S.; PVSchK v o m 4. I I I . 1975, g. J. S. — U B S c h K Gelsenkirchen v o m U . V . 1974, g. G . H . ; BezSchK Westliches Westfalen v o m 6. X I . 1974, g. G. H.; BSchK v o m 9. V I I . 1975, g. G. H . — BezSchK Westliches Westfalen v o m 14. X I I . 1974, i n : S. 122 ff.; B S c h K v o m 24. I I I . 1975, i n : Butterwegge, S. 153 ff.

Butterwegge,

— BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 14. X I I . 1974, g. H . P.; BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 5. V I I . 1975, g. H. P.; PVSchK v o m 15. I I I . 1976, g.

H. P. — BezSchK Westliches Westfalen v o m 28. I V . 1975, g. B . M.; PVSchK v o m 23. Χ . 1975, g. Β . M . — U B S c h K R u h r - M i t t e v o m 5. V I . 1975, g. H . R.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 27. Χ . 1975, g. Η . R.; BSchK v o m 22.1.1976, g. H . R. — U B S c h K Bielefeld v o m 24. I I I . 1977, g. B. W.; BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 8. Χ . 1977, g. Β . W.; BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. B. W . — U B S c h K E n n e p e - R u h r / W i t t e n v o m 26. V I I . 1977, g. R. K . ; BezSchK Westliches Westfalen v o m 12. Χ . 1977, g. R. Κ . — BezSchK Ostwestfalen-Lippe v o m 9. V I I . 1977, g. H . L.; 11. V I I I . 1977, g. H . L.; BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. H . L .

BSchK

vom

— U B S c h K Warendorf v o m 17. V I I I . 1977, g. H. B.; BezSchK Westliches Westfalen v o m 14. I I . 1977, g. H. B.; BSchK v o m 10. I I I . 1978, g. Η . Β . — U B S c h K M i n d e n - L ü b b e c k e v o m 7. I I . 1980, g. G. D.; BezSchK Ostwestfal e n - L i p p e v o m 22. X I . 1980, g. G. D. — U B S c h K Rhein-Sieg v o m 12. V I I I . 1980, g. W . S.; BezSchK v o m 29. X I . 1980, g. W . S.

Mittelrhein

— UBSchK Bielefeld v o m 13. V . 1981, g. K . D . ; BezSchK Ost Westfalen-Lippe v o m 12. I X . 1981, g. K D . 1. Sammlungen Bundesvorstand der Jungsozialisten (Hrsg.): Bundeskongreßbeschlüsse Jungsozialisten i n der SPD 1969 - 1976, B o n n - B a d Godesberg 1978 Butterwegge,

der

Christoph: Parteiordnungs ver fahren i n der SPD, B e r l i n 1975

Flechtheim, Ossip K . (Hrsg.): Dokumente zur parteipolitischen E n t w i c k l u n g i n Deutschland seit 1945, Siebenter Band: Innerparteiliche Auseinandersetzungen, Z w e i t e r T e i l , B e r l i n 1969

Materialienverzeichnis

291

Gatzmaga, D i t m a r / Piecyk, W i l l i (Hrsg.): K a r l - H e i n z Hansen, Dokumente eines Konflikts, B o r n h e i m - M e r t e n 1981 Schmidt, Rudi / Bärlein, Michael / Bonin, Heinz: Das Blockwahlsystem i n der SPD, Z u r Herrschaftstechnik des Parteiapparates, Hamburg 1970 „ W i r w a r n die stärkste der Partein . . . " , Erfahrungsberichte aus der Welt der K - G r u p p e n , B e r l i n 1977 2. Zeitschriftenartikel „Partei-Ausschlüsse — Sicherlich Widerspruch", in: Der Spiegel Nr. 40/1970, S. 46 „SPD möchte erleichterten Parteiausschluß", in: Frankfurter Zeitung (FAZ) v o m 30. J u l i 1971, S. 1 u n d 6

Allgemeine

„SPD-Parteitag: Angst vor den Grünen", in: Der Spiegel Nr. 48/1977, S. 17 bis 19 „Grüne Listen zu unseren Lasten", Spiegel-Interview m i t dem SPD-Vorstandsmitglied Peter v o n Oertzen, in: Der Spiegel Nr. 48/1977, S. 19 - 20 „Augen zu u n d durch!", Spiegel-Redakteur Wolfgang Kaden über die Energiebeschlüsse der Bonner Regierungsparteien, in: Der Spiegel Nr. 48/1977, S.21 - 23 „Bundestagsabgeordneter K a f f k a aus der SPD ausgeschlossen", in: F r a n k furter Allgemeine Zeitung (FAZ) v o m 15. August 1980, S. 5 „Ausschluß gefordert", in: ötv-magazin, Heft 12/1979, S. 39 „DGB-Gewerkschaften: Einsame Spitze", in: ausblick 1982, Nr. 5, S.8 (Zeitschrift der Gewerkschaft Handel, Banken u n d Versicherungen) „Landtagswahlen 1982/83", in: Gegenwartskunde 1983, S. 185 - 188

3. Amtliche Quellen Universal Declaration of H u m a n Rights of the United Nations, v o m 10. Dez. 1948, in: Karl-Heinz Sonnewald, Die Declaration der Menschenrechte der Vereinten Nationen v o m 10.12.1948, Dokumente, Herausgegeben v o n der Forschungsstelle für Völkerrecht u n d ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg, Heft X V I , F r a n k f u r t am M a i n u n d B e r l i n 1955 Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode: Drucksache 120, E n t w u r f einer B u n desrechtsanwaltsordnung (Regierungsentwurf) Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode: Drucksache 1509, E n t w u r f eines Gesetzes über die politischen Parteien (Regierungsentwurf 1959) Deutscher Bundestag, 5. Wahlperiode: Stenographische Berichte, 116. Sitzung, 28. J u n i 1967, S. 5753 - 5840 Rechtliche Ordnung des Parteiwesens, Probleme eines Parteiengesetzes, Bericht der v o m Bundesminister des I n n e r n eingesetzten Parteienrechtskommission, 2. Aufl., F r a n k f u r t am M a i n u n d B e r l i n 1958 Bayerischer Landtag: Beilage 3263, A n t r a g der SPD-Fraktion: Gesetz über politische Parteien, v o m 9. Januar 1950 19*

292

Materialienverzeichnis 4. Materialien deutscher Parteien 2 a) SPD

Organisationsstatut der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, i n der Fassung v o m 7. Dez. 1979 (zit.: OrgSt SPD) Schiedsordnung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, v o m 18. Dezember 1971 (zit.: SchO SPD) Wahlordnung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, i n der Fassung v o m 15. November 1975 (zit.: WahlO SPD) Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, beschlossen v o m Außerordentlichen Parteitag i n Bad Godesberg v o m 13. bis 15. November 1959 Grundsätze für die Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaften i n der SPD, Beschlossen durch den Parteivorstand am 1. Februar 1975 gemäß § 10 des Organisationsstatuts Organisationsstatut 4. J u n i 1966

der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Stand:

„Zusammenarbeit m i t D K P , SEW, SDAJ u n d FDJ (Berlin)", Entschließung des Parteirates v o m 14. November 1970 „ Z u m Verhältnis v o n Sozialdemokratie u n d Kommunismus", Entschließung des Parteirates v o m 26. Februar 1971 Satzung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Bezirk OstwestfalenLippe, i n der Fassung v o m 23. A p r i l 1972 (zit.: Satzung SPD Ostwestfalen-Lippe) Geschäftsbericht 1970/71, SPD-Bezirksparteitag Ostwestfalen-Lippe am 22. u n d 23. A p r i l 1972 i n Bielefeld, Haus des Handwerks Leitsätze zur innerparteilichen Demokratie, E n t w u r f der ASJ-Kommission Parteien- u n d Organisationsrecht i n der SPD (zit.: ASJ-Leitsätze) b) CDU und CSU Statut der CDU, i n der Fassung v o m 7.3.1977 Parteigerichtsordnung, Beschlossen durch den 19. Bundesparteitag am 5.10. 1971 i n Saarbrücken (zit.: PGO CDU) Beitragsregelung, Beschlossen durch den 23. Bundesparteitag am 23.6.1975 i n Mannheim Grundsatzprogramm der Christlich Demokratischen U n i o n Deutschlands, Beschlossen v o m 26. Bundesparteitag Ludwigshafen 23. - 25. Oktober 1978 2 Die Satzungen v o n CDU, CSU, SPD u n d FDP sind abgedruckt in: Heino Kaack u n d Reinhold Roth: Handbuch des deutschen Parteiensystems, S t r u k t u r u n d P o l i t i k i n der Bundesrepublik zu Beginn der achtziger Jahre, Band 1: Parteistrukturen u n d Legitimation des Parteiensystems, Opladen 1980.

Materialienverzeichnis Satzung des Landesverbandes Westfalen-Lippe der Christlich Demokratischen U n i o n Deutschlands, Stand: 25. August 1979 (zit.: Satzung CDU Westfalen-Lippe) Satzung der J U N G E N U N I O N Westfalen-Lippe, i n der Fassung v o m 3.4.1976 Satzung der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU des Landes Nordrhein-Westfalen e . V . — gemäß Beschluß der Delegiertenversammlung v o m 15. Februar 1964; geändert am 3. J u l i 1976 Satzung der CSU, i n der Fassung v o m 28.9.1979 Schiedsgerichtsordnung der CSU, i n der Fassung v o m 27. M a i 1972 (zit.: SchGO CSU) Finanzstatut der CSU, i n der Fassung v o m 28.9.1979 Grundsatzprogramm 1976

der Christlich Sozialen Union, beschlossen i m

März

Wahlampfabkommen 3 für die W a h l zum 9. Deutschen Bundestag i m Jahre 1980, in: C D U - E x t r a Nr. 12, v o m 26. 3.1980, S. 2 - 6 c) FDP Satzung der FDP, v o m 13. November 1978 Schiedsgerichtsordnung 6. Dezember 1980

der Freien Demokratischen Partei (SchGO), v o m

Beitragsrahmenordnung der FDP, Fassung v o m 30. November 1968 Kieler Thesen zu Wirtschaft i m Sozialen Rechtsstaat, zu Bürger, Staat, Demokratie, zu B i l d u n g u n d Beschäftigung der Jungen Generation, Beschlossen auf dem 28. ordentlichen Bundesparteitag der F.D.P. v o m 6. bis 8. November i n K i e l Bundesschiedsordnung der Freien Demorkatischen Partei, v o m 30. Januar 1968 (zit.: BSchO FDP a. F.) Freie Demokratische Partei, Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.: Satzung, i. d. F. des Außerordentlichen Landesparteitags 1975 Satzung der Freien Demokratischen Partei, Landesverband Hamburg, m i t den Änderungen v o m 28. Februar 1981 Freie Demokratische Partei, Landesverband Bayern: Satzung, beschlossen v o m X V . Außerordentlichen Landesparteitag am 24. November 1979 i n Nürnberg Freie Demokratische Partei, Landesverband Berlin: 24. A p r i l 1982 i m Fontanehaus, Geschäftsbericht d) GRÜNE und

39.

Landesparteitag,

Alternative

Satzung der Bundespartei D I E GRÜNEN, v o m 13. Januar 1980 Satzung der Landespartei „ D I E G R Ü N E N Baden-Württemberg", i n K r a f t ab 26.1.1980 3

Es handelt sich u m eine Vereinbarung zwischen SPD, CDU, CSU u n d FDP.

294

Materialienverzeichnis

Satzung des Landesverbandes D I E G R Ü N E N Niedersachsen, i n der Fassung v o m 15. Februar 1981 A L T E R N A T I V E L I S T E — F ü r Demokratie u n d Umweltschutz: Satzung (undatiert) e) Sonstige Satzung des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW), beschlossen auf der SSW-Landesversammlung am 27. September 1980 Satzung des Südschleswigschen (zit.: Satzung SSW a. F.)

Wählerverbandes,

Beschlossen

27.4.1968

Statut der Deutschen Kommunistischen Partei (undatiert) Finanz- u n d Beitragsordnung der Deutschen Kommunistischen Partei (undatiert) Satzung der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), i n der Fassung v o m 8. Dezember 1979 Demokratische Sozialisten: Organisationsstatut, Stand: 15.12.1982 Liberale Demokraten (LD): Satzung, beschlossen auf dem ordentlichen B u n desparteitag am 30. A p r i l / 1. M a i 1983 i n Kassel

5. Materialien ausländischer Parteien a) Österreich

(A)

Organisationsstatut, Sozialistische Partei Österreichs, M i t den Änderungen des 24. ordentlichen Bundesparteitages v o m 18. bis 20. M a i 1978 i n Wien Schiedsgerichtsregulativ der SPÖ, Beschlossen i n der Sitzung des Bundesparteivorstandes am 30. November 1972 Bundesparteiorganisationsstatut der österreichischen Volkspartei, beschlossen am 22. ordentlichen Bundesparteitag v o m 29. Februar / 1. März 1980 i n Salzburg Organisationsstatut — Satzungen der Freiheitlichen Partei Österreichs (mit den Änderungen v o m 13. Ordentlichen Bundesparteitag der FPÖ 1976 i n Villach) b) Belgien

(B)

CVP-Statuten (Stand: 16. Dezember 1979) S.P.-Tuchtreglement, goedgekeurd door de A.C. dd. 5.2.1981 Statuten van de P.V.V., Goedgekeurd door het congres op 24 September 1977 Statuten v a n de Volksunie (t/m. 12 mei 1979) c) Schweiz (CH) Statuten der Christlichdemokratischen Volkspartei der Schweiz (CVP), beschlossen am 12. Dezember 1970 (Die Teilrevision v o m 25. Oktober 1980 wurde berücksichtigt.) Statuten der SP Schweiz, beschlossen am 22. Oktober 1966

Materialienverzeichnis d) Dänemark

(DK)

Love for Socialdemokratiet, vedtaget pâ partiets kongres September 1980 Love for Det konservative folkeparti's organisation, Sâledes vedtaget pâ partiets konstituerende landsrädsmöde den 22. februar 1916 (in der Fassung v o m 1. November 1980) Love for partiet Centrum-Demokraterne, beschlossen 1982, Kebenhavn ca. 1982 Vedtaegter for Venstres Landsorganisation, Sâledes vedtaget pâ landsmodet i Aalborg den 27. September 1980 Love og Lovbestemmelser for Socialistisk Folkeparti, Vedtaget pâ landsmodet 7.-8.-9. m a j 1982 Satzungen des Bundes deutscher Nordschleswiger, i n der Fassung v o m 25. Oktober 1977, m i t Änderungen v o m 29. M a i 1980 e) Großbritannien

und Nordirland

(GB)

Conservative Central Office: Model Rules for an Association, London 1975 (Reprinted January 1980) Schreiben des Conservative and Unionist Central Office v o m 29. Sept. 1980 The Labour Party: Party Constitution and Standing Orders, as amended b y the A n n u a l Party Conference — Blackpool 1978 Rules for Constituency Labour Parties, London (vermutlich 1979) The Constitution of the Liberal Party, Ordered, b y the Council of the Liberal Party on 29 November, 1980, to be published i n this form Constitution of the Social Democratic Party, London (vermutlich 1982) Constitution and Rules of the Scottish National Party, June 1978, incl. Changes to Constitution and Rules of the Party, June 1981 Constitution of Plaid Cymru, 1 January 1980 — Cyfansoddiad Plaid Cymru, 1 Ionawr 1980 P w y l l g o r G w a i t h Genedlaethol Plaid C y m r u — Procedure of Appeal Heari n g against Expulsion, 6/76 The Constitution and Rules of the Ulster Unionist Council, as amended and approved by the Standing Committee on 2nd November, 1974, and adopted by the Council on 1st December 1974 The Constitution and Rules of the Northern Ireland Labour Party 4 , Belfast, August, 1976 Schreiben der Northern Ireland Labour Party v o m 2. Januar 1980 Constitution of the Social Democratic and Labour Party 5 (SDLP) as amended at the Seventh, E i g h t h and N i n t h A n n u a l Conferences (November 1977, November 1978 and November 1979)

4 5

Britisch orientierte Partei. Irisch orientierte Partei.

296

Materialienverzeichnis f) Griechenland

(GR)

Πανελλήνιο Σ οσιαλιστικό Κίνημα (ΓΙΑ. ΣΟ. Κ.): Καταστατικό — Panellinio Sosialistiko K i n i m a (PAS Ο Κ ) : Katastatiko — Allgriechische Sozialistische Bewegung: Satzung (vermutlich A t h e n 1974) g) Italien

(I)

Statut der Südtiroler Volkspartei, i n der Fassung v o m 4. Dezember 1982 h) Republik

Irland

(IRL)

Fianna F â i l — The Republican Party: Córù agus Rialacha — Constitution and Rules 1972 (Amendments bis Oktober 1980 berücksichtigt) Fine Gael (United Ireland): Constitution and Rules, As enacted b y A r d Fheis — 19th May, 1978 (Die v o m A r d Fheis 1979 beschlossenen Amendments w u r d e n berücksichtigt.) Labour Party Constitution, Inclusive of Amendments adopted by National Conference 1978 i) Luxemburg

(L)

P a r t i Démocratique Luxembourg: Statuts (Fassung v o m 21. J u n i 1975) CSV-Statuten, beschlossen am 9. J u l i u n d 20 November 1977 Organisationsstatut — Statuten der LSAP, Gebilligt v o m Landeskongreß am 7. M a i 1978 i n Lorentzweiler k) Norwegen

(N)

Lover for det Norske Arbeiderparti (o. O., o. J.) Senterpartiets Lover, Vedtatt pà landsmotet 1975, med endringer vedtatt 1979 og 1981 l) Niederlande

(NL)

Statuten v a n de Partij v a n de Arbeid, i n der Fassung v o m 2. Dezember 1981, Amsterdam o. J. Statuten v a n het Christen Democratisch Appèl, ο. Ο. ο. J. (vermutlich Den Haag 1981) Huishoudelijk Reglement v a n het CDA, o. O. o. J. (vermutlich Den Haag 1981) Statuten v a n de Vereniging Volkspartij voor V r i j h e i d an Démocratie, vastgesteld door de algemene vergadering d. d. 9 december 1977 en vervolgens gewijzigd door de algemene vergadering d. d. 17 november 1979 Huishoudelijk règlement v a n de Vereniging Volkspartij voor V r i j h e i d en Démocratie (undatiert) Statuten v a n de vereniging Politieke P a r t i j Democraten '66, gevestigd i n 's-Gravenhage, zoals gewijzigd op de 25ste A L V v a n D'66 op 26 en 27 oktober 1979

Materialienverzeichnis Huishoudelijk règlement, zoals gewijzigd op de 30ste A L V v a n D'66 op 20 en 21 februari 1981 m) Schweden (S) Sveriges Socialdemokratiska Arbetarparti: Partistadgar, Fastställda av 1978 A r s Partikongresa (zit.: Partistadgar SAP (S)) Stadgar för Centerpartiet, Antagna av riksstämman i Karlstad 1977 Stadgar för Folpartiets riksorganisation, efter landsmötet 1977 (Die i m Jahre 1980 beschlossenen Änderungen, mitgeteilt durch Schreiben v o m 31. Okt. 1980, w u r d e n berücksichtigt.) Normalstadga för förbund i Moderata Samlingspartiet, antagna av ordinarie partistämma den 30 october - 2 november 1978 n) Finnland

(SF)

Stadgar för Svenska Folkpartiet i F i n l a n d r. p., Stadfästa av Justitieministeriet den 30 September 1968 (i. d. F. von 1981) Stadgar för Svenska folkpartiet i melierst a Vanda, v o m 3. November 1982

6. Materialien sonstiger Organisationen Christlich-Soziale M i t t e i n Augsburg e . V . (CSM): Satzung, v o m 23. A p r i l 1982 Satzung Deutsches Jugendherbergswerk e. V., v o m 9. Oktober 1971

Landesverband

Westfalen

Lippe

Satzung der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport u n d Verkehr, G ü l t i g ab 17. J u n i 1976 Satzung des Heimat- u n d Verkehrsvereins Tudorf, v o m 10. März 1977 Generalstatut des Internationalen Kolpingswerkes, v o m 22. M a i 1971 Ortsstatut des Kolpingwerks, Deutscher Zentralverband, v o m 27. M a i 19-78 Satzung der PRO F A M I L I A , Deutsche Gesellschaft für Sexualberatung u n d Familienplanung, Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V., v o m 3. Dez. 1977 Satzimg des Q U I C K B O R N , Vereinigung für Niederdeutsche Sprache u n d Niederdeutsches Schrifttum e. V., Hamburg (undatiert) Beirat für politische Fragen des Zentralkomitees der Deutschen K a t h o l i ken: „Thesen gegen den Mißbrauch der Demokratie" (vermutlich Bonn 1971)