Delisting und Aktienrecht: Verfassungs- und gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen des Rückzugs einer Aktiengesellschaft von der Börse [1 ed.] 9783428529896, 9783428129898

Nachdem der BGH in seiner Macrotron-Entscheidung sich erstmals zum regulären Delisting geäußert hat, sind die dogmatisch

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Delisting und Aktienrecht: Verfassungs- und gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen des Rückzugs einer Aktiengesellschaft von der Börse [1 ed.]
 9783428529896, 9783428129898

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 222

Delisting und Aktienrecht Verfassungs- und gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen des Rückzugs einer Aktiengesellschaft von der Börse

Von Gunther Thomas

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Gunther Thomas · Delisting und Aktienrecht

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 222

Delisting und Aktienrecht Verfassungs- und gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen des Rückzugs einer Aktiengesellschaft von der Börse

Von Gunther Thomas

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristenfakultät der Universität Leipzig hat diese Arbeit im Jahre 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-12989-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie

Vorwort Die vorliegende Monographie entstand im Rahmen meiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher Assistent zwischen 2001 und 2005 am Lehrstuhl für Bank- und Börsenrecht, Bürgerliches Rechts, Arbeitsrecht von Herrn Professor Dr. Franz Häuser an der Juristenfakultät der Universität Leipzig. Die Arbeit betreute Herr Professor Dr. Harry Schmidt, der den Anstoß zu dem Thema „Delisting und Aktienrecht“ gegeben hat. Die Arbeit umfaßte zu ihrem Beginn nicht nur ein aktuelles Thema, sondern spiegelt nun auch einen nicht unbedeutenden Teil der Rechtsentwicklung im Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht wider, da im Laufe der Arbeit eine Vielzahl von kapitalmarktbezogenen Gesetzen in Kraft getreten ist, die in der Untersuchung zu berücksichtigen war. Daneben lieferte die Macrotron-Entscheidung des BGH zum regulären Delisting und die sich dazu vertiefende Auseinandersetzung in Literatur und Rechtsprechung weiteren umfangreichen Untersuchungsstoff. Die Arbeit befindet sich nunmehr auf dem Rechtsstand vom Oktober 2008. Ich bedanke mich zunächst bei Herrn Professor Dr. Harry Schmidt, der die Arbeit in allen Entstehungsphasen, auch wenn der Umfang der zum Delisting erschienenen Literatur im Laufe der Erstellung der Arbeit immer weiter zunahm, äußerst ermutigend begleitete und mir die notwendige Freiheit im Aufbau, der Argumentation und Ergebnisfindung gewährte und immer ansprechbar und hilfsbereit war. Bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Professor Dr. Franz Häuser, durch den ich das Bank- und Kapitalmarktrecht in vollem Unfang durchdringen lernen durfte und der immer, auch neben seiner Tätigkeit als Dekan und danach als Rektor der Universität Leipzig, ein offenes Ohr für meine Ideen und Gedanken hatte. Meine Dankbarkeit gilt meiner gesamten Familie und Freunden, die mit Geduld, Aufmunterung und Mitleid die Arbeit über die Jahre begleitet und mich unablässig unterstützt und bestärkt haben. Dies gilt insbesondere für meine Frau Eva, meinen Vater Paul Thomas und Herrn Ullrich Jakob, die alle die Bürde des Korrekturlesens auf sich genommen und mir wertvolle Hinweise aus Lesersicht gegeben haben. Meine Eltern haben mir während der gesamten Ausbildungszeit und wissenschaftlichen Arbeit ermutigend zur Seite gestanden. Nicht zuletzt möchte ich mich bei den Gutachtern und Prüfern bedanken, die allesamt mit ihrem angenehmen Stil zum Erfolg der Arbeit beigetragen haben. Leipzig / Hamburg, im Oktober 2008

Gunther Thomas

Inhaltsverzeichnis 1. Teil Einführung und Problemstellung

29

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

B. Begriffliche Einordnung des Rückzugs von der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

I. Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

II. Going Private . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

C. Problemstellung und Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

2. Teil Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

37

A. Bedeutung der Börsennotierung für die notierte Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

I. Finanzierungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

II. Liquiditätsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

III. Bewertungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

IV. Überwachungs- und Kontrollfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

1. Grundlagen der Kontrolle durch den Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

2. Kapitalmarktrechtliche Publizitäts- und Informationspflichten . . . . . . . . . . . . .

43

a) Allgemeine Veröffentlichungspflichten nach dem WpHG . . . . . . . . . . . . . . .

45

b) Jahresfinanzbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

c) Halbjahresfinanzbericht und Zwischenmitteilung / Quartalsberichtspflicht

46

d) Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

e) Veröffentlichung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien . . . . .

48

f) Veröffentlichung eines Unternehmenskalenders und Analystenveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

g) Veröffentlichung eines jährlichen Informationsdokuments, § 10 WpPG

49

h) Entsprechenserklärung zum Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . . . . .

49

i) Rechnungslegung börsennotierter Aktiengesellschaften nach HGB . . . . .

50

10

Inhaltsverzeichnis V. Aktienrechtliche Sonderbestimmungen für börsennotierte Aktiengesellschaften

51

VI. Steigerung des Bekanntheitsgrades durch die Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

VII. Regelung und Sicherung der Unternehmensnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

1. Nachfolge in die Unternehmensleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

2. Vermögensnachfolge in Aktien des Erblassers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

VIII. Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

1. Aktienoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

2. Belegschaftsaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

IX. Kosten der Börsennotierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

1. Pflichtkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

2. Marktveranlaßte Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

B. Bedeutung der Börsennotierung für die Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

I. Handelsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

1. Grundsatz der freien Veräußerbarkeit und Verkehrsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . .

60

2. Steigerung der Verkehrsfähigkeit der Aktie durch die Börsenzulassung . . . .

61

3. Bedeutungsunterschiede für die verschiedenen Aktionärskreise . . . . . . . . . . . .

62

a) Bedeutung der Handelbarkeit für Kleinaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

b) Bedeutung der Handelbarkeit für Großaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

II. Preisfeststellungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

III. Informations- und Kontrollfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

IV. Schutz durch Pflichtangebotsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

D. Motive für das freiwillige Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

I. Aus der Perspektive der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

1. Finanzierungsaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

a) Wegfall der Finanzierungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

aa) Illiquidität des Aktienhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

bb) Unterbewertung der AG und mangelhafte Kursentwicklung . . . . . . . .

72

b) Substituierung der Finanzierungsfunktion der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

2. Neuordnung der Gesellschafts- und Aktionärsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

3. Reduzierung der personellen und finanziellen Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . .

77

Inhaltsverzeichnis

11

4. Kapitalmarktrechtliche Publizitätspflichten als Wettbewerbsnachteil . . . . . . .

78

5. Befreiung von aktienrechtlichen Sonderregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

6. Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

II. Aus der Perspektive eines Großaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

E. Folgen und Auswirkungen des Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

I. Folgen für die Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

1. Änderung der Finanzierungsmöglichkeiten und -formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

2. Verringerung des Bekanntheitsgrades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

3. Erschwerte Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

II. Auswirkungen auf die Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

1. Von der Beschränkung der Veräußerungsmöglichkeit bis zum Verlust der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

2. Verlust der Bewertungsfunktion, der kapitalmarktrechtlichen Publizität und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

3. Entwertung und Wegfall von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen . . . . . . . . .

85

4. Wegfall aktienrechtlicher Sonderregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

5. Kompensation der Delisting-Nachteile durch Einbeziehung in den Freiverkehr der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

a) Maßstab zur Feststellung der Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

b) Vergleichbarkeit von reguliertem Markt und Freiverkehr . . . . . . . . . . . . . . . .

87

c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

3. Teil Gestaltungsformen des Börsenrückzugs

91

A. Delisting auf Antrag des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

I. Rechtliche Einordnung und Wirkung des Zulassungswiderrufs . . . . . . . . . . . . . . . .

92

II. Voraussetzungen des Widerrufs der Zulassung zum Börsenhandel . . . . . . . . . . . .

93

1. Kapitalmarktrechtliche Aspekte der Widerrufsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . .

93

2. Einbeziehung gesellschaftsrechtlicher Gesichtspunkte in die Widerrufsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

III. Entscheidung der Geschäftsführung der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

12

Inhaltsverzeichnis

B. Delisting als Konsequenz der gesellschafts- oder konzernrechtlichen Gestaltungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

I. Delisting als Konsequenz einer Unternehmensumwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2. Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Spaltung in Form der Aufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 II. Delisting als Konsequenz einer Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß . . . . . . 106 III. Delisting als Konsequenz der übertragenden Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 IV. Delisting durch Ausschluß der Minderheitsaktionäre nach AktG . . . . . . . . . . . . . . 112 V. Delisting durch Ausschluß der Aktionäre nach WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 C. Widerruf der Zulassung zum Börsenhandel wegen Nichterfüllung der Emittentenpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 D. Grenzen der gesellschafts-, konzern- und kapitalmarktrechtlichen Gestaltungsformen zur Beendigung der Börsenzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 I. Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Zusammenlegung von Aktien nach erfolgter Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . 117 2. Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . 119 II. Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 III. Aktienerwerb eines Aktionärs durch ein öffentliches Übernahmeangebot . . . . . 122 IV. Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages . . . . . . . . . . . . . 123 E. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

4. Teil Aktienrechtliche Voraussetzungen des regulären Delisting

125

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 B. Stand der Diskussion in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 I. Das Macrotron-Urteil des BGH und die Entscheidungen der Vorinstanzen . . . . 128 1. Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2. Pflichtangebot zugunsten der Kleinaktionäre und dessen gerichtliche Überprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Keine sachliche Rechtfertigung des Beschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Inhaltsverzeichnis

13

4. Keine zeitliche Befristung der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 5. Ergänzende Bekanntmachungspflichten ohne gesonderten Vorstandsbericht 132 II. Meinungsstand im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. Erfüllung aktienrechtlicher Voraussetzungen zur Durchführung des vollständigen Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 a) Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Mehrheitserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 c) Keine sachliche Rechtfertigung des Hauptversammlungsbeschlusses, aber Rechtsmißbrauchskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 d) Gesonderter Bericht des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 e) Abfindungsangebot an die Minderheitsaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 f) Gerichtliche Überprüfung der Angebotshöhe im Spruchverfahren . . . . . . 143 2. Delisting als kapitalmarktrechtliche Kategorie ohne aktienrechtliche Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Entscheidungszuständigkeit des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Keine sachliche Rechtfertigung eines Hauptversammlungsbeschlusses . . 148 c) Kein gesonderter Vorstandsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 d) Keine gesellschaftsrechtliche Abfindungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 e) Kein Spruchverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 C. Problemstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 I. Fragen der Entscheidungszuständigkeit innerhalb der Aktiengesellschaft . . . . . . 151 II. Sachliche Rechtfertigung des Hauptversammlungsbeschlusses und Treuepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 III. Bekanntmachungs- und Berichtspflichten des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 IV. Problemstellungen bei Forderung eines Abfindungs- oder Pflichtangebots . . . . 154 1. Begründung der Abfindungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Rechtliche Ausgestaltung der Abfindungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Begünstigter und Verpflichteter eines vermögensrechtlichen Ausgleichs 155 b) Anwendung des WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 c) Befristung der Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 d) Rechtliche Verknüpfung von Hauptversammlungsbeschluß und Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3. Höhe und Berechnung der Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 4. Finanzielle Absicherung der Abfindungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 V. Fragen des Rechtsschutzes beim Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

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Inhaltsverzeichnis

D. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 I. Entscheidungszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Zulässigkeit von ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten . . . . 163 2. Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit im Wege der Analogie . . 165 a) Planwidrige Regelungslücke im Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Analogie zur nachträglichen Vinkulierung der Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 c) Analogie zu Umwandlungsvorgängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vergleichbarkeit von Formwechsel und regulärem Delisting . . . . . . . . bb) Vergleichbarkeit von Verschmelzung und regulärem Delisting . . . . . cc) Vergleichbarkeit von Aufspaltung und regulärem Delisting . . . . . . . .

171 171 175 175

d) Analogie zu den Regelungen über Unternehmensverträge . . . . . . . . . . . . . . 175 e) Analogie zur Mehrheitseingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 f) Analogie zum Squeeze-out und zur übertragenden Auflösung . . . . . . . . . . 177 g) Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit durch eine Gesamtanalogie zu Finanzierungs- und Strukturentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . 178 aa) Gesamtanalogie zu Finanzierungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 bb) Reguläres Delisting als Strukturentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 h) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 3. Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit nach Holzmüller-Grundsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 a) Grundsätze des Holzmüller- und Gelatine-Urteils des BGH . . . . . . . . . . . . . aa) Das Holzmüller-Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Gelatine-Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kriterien zur Bestimmung der Hauptversammlungskompetenz . . . . . dd) Inhaltliche Konkretisierung der Mitgliedschafts- und Vermögensrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

184 184 185 185 187 192

b) Übertragbarkeit der Holzmüller- / Gelatine-Grundsätze auf das Delisting 192 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 4. Reguläres Delisting als Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands . . . . . . . 194 5. Regelung der Entscheidungszuständigkeit durch Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . 196 a) Schutz der besonderen Verkehrsfähigkeit börsenzugelassener Aktien durch Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Wirkungsweise des Art. 14 Abs. 1 GG zwischen Aktionär und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 aa) Mittelbare und unmittelbare Drittwirkung des Eigentumsgrundrechts 203 bb) Schutzpflichten des Staates zur Regelung der Rechtsverhältnisse unter privaten Rechtssubjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

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c) Schutzpflicht zur Regelung der Entscheidungszuständigkeit durch Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 d) Verletzung der Schutzpflichten aus dem Aktieneigentum . . . . . . . . . . . . . . . 208 e) Verfassungskonforme Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 6. Mangelnder Schutz der Aktionäre durch die Hauptversammlungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 7. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 II. Vorbereitung der Hauptversammlung und erforderliche Beschlußmehrheit . . . . 211 III. Rechtswirkungen des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . 213 1. Inhalt des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 2. Ermächtigung des Vorstands zur Stellung des Delisting-Antrags . . . . . . . . . . . 214 3. Umfang der Ermächtigung des Vorstands und Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . 217 IV. Inhaltliche Anforderungen an den Delisting-Hauptversammlungsbeschluß . . . . 220 1. Sachliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 a) Sachliche Rechtfertigung von Hauptversammlungsbeschlüssen als Schranke der Mehrheitsmacht des Großaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sachliche Rechtfertigung von Gesellschafterbeschlüssen als Grundprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vermögensschutz statt sachlicher Rechtfertigung von Gesellschafterbeschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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b) Anwendungsvoraussetzungen der sachlichen Rechtfertigung . . . . . . . . . . . aa) Standpunkt der Rechtsprechung zur sachlichen Rechtfertigung . . . . bb) Sachliche Rechtfertigung als genereller Kontrollmaßstab . . . . . . . . . . cc) Sachliche Rechtfertigung als Bereichsausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

226 227 230 231 231

221 222

c) Sachliche Rechtfertigung des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses 234 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 2. Treuepflicht des Großaktionärs gegenüber den Minderheitsaktionären . . . . . 237 V. Vermögensschutz der Minderheitsaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 1. Rechtsgrundlage eines vermögensrechtlichen Schutzes der Minderheitsaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 a) Begründung des vermögensrechtlichen Schutzes im Wege der Analogie aa) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Fristenregelung als ausreichender vermögensrechtlicher Schutz der Minderheitsaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kaufangebotsregelung als vermögensrechtlicher Schutz . . . . . . .

240 241 242 243

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Inhaltsverzeichnis bb) Analogie zur Abfindungspflicht nach § 305 Abs. 1 AktG bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Analogie zu den Abfindungsansprüchen bei Umwandlungsvorgängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Analogie zum Abfindungsanspruch bei der Verschmelzung gemäß § 29 Abs. 1 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Analogie zum Abfindungsanspruch bei der Aufspaltung gemäß §§ 125 S. 1, 29 Abs. 1 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Analogie zum Abfindungsanspruch beim Formwechsel gemäß § 207 Abs. 1 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Außerordentliches Austrittsrecht als Rechtsgrundlage eines vermögensrechtlichen Aktionärsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Außerordentliches Austrittsrecht der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Materielle Voraussetzungen des außerordentlichen Austrittsrechts und reguläres Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Reguläres Delisting als wichtiger Grund zum Austritt . . . . . . . . . . (2) Unzumutbarkeit des Verbleibs in der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . cc) Mangelnder Schutz der Aktionäre durch außerordentliches Austrittsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begründung des Vermögensschutzes auf verfassungsrechtlicher Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schutzpflicht zur Regelung des vermögensrechtlichen Schutzes der Minderheitsaktionäre aus Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Delisting als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (2) Delisting und Ausgleichspflicht bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Bestandsschutz und Ausgleichspflicht bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Voraussetzungen der Ausgleichspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Delisting als ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Form des zu leistenden Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verletzung der Schutzpflicht aus dem Aktieneigentum . . . . . . . . . . . . . cc) Verfassungskonforme Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

246 248 248 250 250 251 251 252 254 255 255 256 257 257 258 258 259 259 263 264 267 268 268 269

d) Ergebnis und begriffliche Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 2. Abfindungsberechtigung und -verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 a) Minderheitsaktionäre als Abfindungsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 aa) Abfindungsberechtigung bei Unternehmensverträgen und Squeezeout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 bb) Abfindungsberechtigung bei Umwandlungsvorgängen . . . . . . . . . . . . . 275

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cc) Abfindungsberechtigung aufgrund § 3 SpruchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 dd) Ablehnung des Delisting oder Stimmenthaltung in der Hauptversammlung als Differenzierungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 ee) Sonderfall: Abfindungsberechtigung des nicht auf der Hauptversammlung anwesenden oder vertretenen Aktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . 279 b) Abfindungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Begründung der Abfindungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Grundsatz der Kapitalerhaltung als Grenze der Abfindungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Erlaubnis zum Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Erlaubnis zum Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ermächtigungsbeschluß als Voraussetzung der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abfindungsverpflichtung einer bestimmten Aktionärsgruppe . . . . . . (1) Begründbarkeit der Abfindungsverpflichtung im Wege der Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Begründung der Abfindungspflicht eines einzelnen Aktionärs gemäß Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Rechtsgeschäftliche Begründung der Abfindungsverpflichtung (a) Wirtschaftliche Notwendigkeit zur Abgabe eines Abfindungsangebots durch einen Aktionär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtsgeschäftliche Begründung der Abfindung . . . . . . . . . . . (c) Garantie als rechtsgestalterische Alternative zum Erwerbsangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280 281 281 282 283 284 285 287 287 288 291 291 292 294 295

c) Verhältnis der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft und des Erwerbsangebots eines Aktionärs oder mehrerer Aktionäre zueinander . . . . 295 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 3. Rechtliche Ausgestaltung des Abfindungsanspruches und des rechtsgeschäftlichen Erwerbsangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 a) Rechtsgeschäftliche Annahme als Voraussetzung des Abfindungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 b) Beachtung der besonderen Voraussetzungen des WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abfindungspflicht der Gesellschaft und WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erwerbsangebot eines Aktionärs gegenüber den Minderheitsaktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Eröffnung des Anwendungsbereichs des WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . (2) Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach § 10 WpÜG (3) Erstellung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach §§ 11, 14 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

299 299 302 302 303 304

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Inhaltsverzeichnis c) Zeitpunkt zur Abgabe des Erwerbsangebots durch den Bieter und Bekanntgabe der Abfindung durch die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 aa) Bekanntgabe der Abfindung durch die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 308 bb) Zeitpunkt der Abgabe eines Erwerbsangebots durch einen Bieter . . . 310 d) Entstehung und Fälligkeit des Abfindungs- und Gegenleistungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anspruch gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zeitpunkt der Entstehung des Abfindungsanspruches . . . . . . . . . . (2) Fälligkeit des Abfindungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anspruch gegenüber dem Bieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

311 311 311 313 314

e) Zeitliche Begrenzung zur Geltendmachung der Abfindung . . . . . . . . . . . . . aa) Befristung des Abfindungsanspruches gegenüber der Gesellschaft (1) Grundsatz der Befristung von Abfindungsansprüchen . . . . . . . . . . (2) Länge und Beginn der Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erwerbsangebot eines Aktionärs oder mehrerer Aktionäre . . . . . . . . .

314 315 315 316 317

f) Finanzielle Absicherung der Abfindung und der Gegenleistung . . . . . . . . . 319 4. Höhe der Abfindung und der Gegenleistung bei Abgabe eines Erwerbsangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 a) Höhe der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 b) Einfluß des Art. 14 Abs. 1 GG auf die Gegenleistungshöhe bei Abgabe eines Erwerbsangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 c) Berechnung der Abfindungs- und Gegenleistungshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Methoden zur Berechnung der Abfindungs- und Gegenleistungshöhe (1) Ertragswertverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Discounted Cashflow-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Börsenkurs als Wertmaßstab zur Berechnung der Abfindungs- und Gegenleistungshöhe beim Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Börsenkurs als allgemeiner Wertmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Eignung des Börsenkurses als Wertmaßstab für den Verkehrswert als Wertuntergrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Stand der Diskussion in Rechtsprechung und Schrifttum . . . (b) Würdigung der einzelnen Ausschlußkriterien bei Durchführung des regulären Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Kurs- und Marktpreismanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Schlechte Verfassung der Kapitalmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Marktenge und unzureichender Aktienhandel . . . . . . . . . . . . (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bewertungsstichtag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Folgefragen bei Berücksichtigung des Börsenkurses als Wertuntergrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Stichtags- oder Durchschnittsbörsenkurs als Wertuntergrenze . .

326 327 328 329 330 330 331 332 333 333 335 336 339 339 340 340

Inhaltsverzeichnis

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(2) Referenzperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 (3) Rückrechnungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 5. Zusammenfassung und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 VI. Bekanntmachungs-, Berichts- und Auskunftspflichten des Vorstands . . . . . . . . . . 351 1. Einfachgesetzliche Bekanntmachungs- und Informationspflichten des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 a) Bekanntmachungspflichten nach § 124 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 b) Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 aa) Delisting als ad-hoc-publizitätspflichtige Insiderinformation . . . . . . . 354 bb) Mindestinhalt, Art und Umfang der Ad-hoc-Publizitätspflicht . . . . . . 358 2. Zwischenbefund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 a) Gesellschaftsbezogene Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 b) Anlegerbezogene Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 3. Weitergehende Bekanntmachungs- und Berichtspflichten des Vorstands . . . 363 a) Ergänzende Bekanntmachungspflicht nach § 124 Abs. 2 S. 2 AktG . . . . . 364 b) Schriftliche Berichtspflicht des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 aa) Analogie zu den Regelungen über die schriftliche Berichtspflicht . . 366 bb) Ungeschriebene Berichtspflichten im Anschluß an die HolzmüllerRechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 cc) Berichtspflicht als Folge der spruchverfahrensrechtlichen Begründungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 c) Verfassungsrechtliche Begründung einer Informationspflicht . . . . . . . . . . . 370 aa) Schutzpflicht zur Informationsgewährung beim Delisting . . . . . . . . . . 371 (1) Schutz der Information über ein beabsichtigtes Delisting durch Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 (2) Verhaltensgebot des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 (3) Inhalt und Umfang der zu gewährenden Informationen . . . . . . . . 374 bb) Verletzung der Schutzpflicht zur Information durch den Gesetzgeber 375 cc) Verfassungskonforme Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 4. Auskunftsrechte der Aktionäre in der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 VII. Rechtsschutz bei fehlerhafter Durchführung des Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 1. Fehlen des Hauptversammlungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 a) Anspruch der Aktionäre auf Unterlassung der Antragstellung des Zulassungswiderrufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 b) Anspruch auf Rücknahme des Delisting-Antrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386

20

Inhaltsverzeichnis c) Prozessuale Durchsetzung des Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruches im einstweiligen Rechtsschutzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 aa) Durchsetzung des Unterlassungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 (1) Statthafter Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 (2) Verfügungsanspruch und -grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 (3) Entscheidung des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 (4) Zulässigkeitsvoraussetzungen und Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . 391 (5) Vollstreckung der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 bb) Durchsetzung des Beseitigungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 (1) Statthafter Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 (2) Verfügungsanspruch und -grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 (3) Entscheidung des Gerichts und Zulässigkeit der Leistungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 (4) Vollstreckung der Leistungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 d) Weitere Folgen eines Verstoßes gegen die Entscheidungszuständigkeit . . 395 2. Angefochtener Hauptversammlungsbeschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 a) Anspruch auf Unterlassung oder Rücknahme des Delisting-Antrags . . . . 398 b) Prozessuale Durchsetzung des Anspruches auf Unterlassung oder Rücknahme des Delisting-Antrags im einstweiligen Rechtsschutzverfahren . . 399 3. Mängel bei der Abfindung durch die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 a) Erbringen der Abfindung unter Einhaltung der Kapitalerhaltungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 aa) Gesellschaft gewährt keine Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 (1) Abfindungsgewährung trotz fehlender Zustimmung der Hauptversammlung zum Delisting? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 (2) Zustimmung der Hauptversammlung zum Delisting . . . . . . . . . . . 404 (a) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 (b) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 bb) Gesellschaft gewährt unzureichende Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 cc) Verfahrensrechtliche Fragen des Spruchverfahrens beim Delisting . . 410 (1) Antragsberechtigung, Antragsgegner und Antragsbegründung . . 410 (2) Antrags- und Begründungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 (3) Erledigung des Spruchverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 (a) Voraussetzung der Erledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 (b) Erledigung des Spruchverfahrens beim Delisting . . . . . . . . . . . 416 (4) Wirkung der Entscheidung und Durchsetzung des Abfindungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417

Inhaltsverzeichnis b) Erbringen der Abfindung unter Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Parallelbetrachtung zu Umwandlungsvorgängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragung der Wertungen auf das reguläre Delisting? . . . . . . . . . . . . cc) Ermächtigungsbeschluß und Erwerbsangebot eines Bieters . . . . . . . .

21

418 419 419 421

c) Fehlen eines Ermächtigungsbeschlusses trotz Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 4. Mangelndes Erwerbsangebot eines Bieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 5. Unzureichendes Erwerbsangebot des Bieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 a) Rechtsschutz gegenüber der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 b) Rechtsschutz gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 c) Rechtsschutz gegenüber dem Bieter auf Erhöhung der Gegenleistung . . . aa) Überprüfung der Gegenleistungshöhe im Spruchverfahren . . . . . . . . . bb) Überprüfung der Gegenleistungshöhe im Wege der zivilprozessualen Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Statthaftigkeit der zivilprozessualen Leistungsklage . . . . . . . . . . . (2) Bezifferung des Gegenleistungsbetrages im Rahmen der Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Musterverfahren zur Feststellung der richtigen Anspruchshöhe

430 431 432 432 433 435

6. Informationsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 a) Fehlende oder unzureichende Information durch die Gesellschaft . . . . . . . 437 aa) Bekanntmachungsmängel, fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilung und Auskunftserzwingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 bb) Verletzung der weitergehenden Informationspflichten beim Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 b) Informationsmängel bei Abgabe des Erwerbsangebots durch einen Bieter 441 7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 E. Zusammenfassung und Ergebnisse zum regulären Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 5. Teil Kaltes Delisting als Konsequenz gesellschaftsrechtlicher Gestaltung

451

A. Geltung der zum regulären Delisting erarbeiteten Grundsätze für das kalte Delisting 451 B. Verschmelzung und Aufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 I. Schriftliche Berichtspflicht des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 II. Abfindungsanspruch bei Verschmelzung oder Aufspaltung einer börsennotierten auf eine nichtbörsennotierte Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455

22

Inhaltsverzeichnis III. Abfindungsanspruch bei Verschmelzung oder Aufspaltung der börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine andere börsennotierte Aktiengesellschaft . . . . . 458 IV. Abfindungspflicht des Großaktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 V. Widerspruch als Abfindungsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 VI. Berücksichtigung des Börsenkurses bei Berechnung des Umtauschverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 1. Stand der Diskussion in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 VII. Anspruch auf bare Zuzahlung durch den Verlust der Börsenzulassung . . . . . . . . 465 VIII. Rechtsschutz bei nicht gewährter oder zu niedriger Abfindung oder bei zu niedrigem Umtauschverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467

C. Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 I. Anspruch auf bare Zuzahlung nach § 196 S. 1 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 II. Grenzen bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages der Zielrechtsform . . . . 473 D. Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 I. Anspruch der Minderheitsaktionäre auf eine Barabfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 II. Rechtsschutz bei nicht gewährter oder zu niedriger Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . 478 E. Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 I. Wirtschaftlicher Zweck der Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 II. Voraussetzungen der vereinfachten Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit der gleichzeitigen Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 1. Zulässigkeit der vereinfachten Kapitalherabsetzung auf Null . . . . . . . . . . . . . . 481 2. Anforderungen an die Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 3. Hauptversammlungsbeschluß und Eintragung der Beschlüsse ins Handelsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 III. Informationspflichten des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 1. Bekanntmachungspflichten nach § 124 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 2. Bekanntmachungspflicht nach § 186 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 3. Berichtspflicht beim Bezugsrechtsausschluß gemäß § 186 Abs. 4 AktG . . . . 487

Inhaltsverzeichnis

23

4. Kapitalherabsetzung und -erhöhung als ad-hoc-publizitätspflichtige Insiderinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 5. Prospektpflicht bei Ausgabe junger Aktien aus der Kapitalerhöhung . . . . . . . 489 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 IV. Abfindungsanspruch der Altaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 V. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 F. Zusammenfassung und Ergebnisse zum kalten Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 6. Teil Zusammenfassung der Ergebnisse

497

I. Begriff des Delisting und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 II. Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 III. Gestaltungsformen des Delisting und seine Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 IV. Aktienrechtliche Voraussetzungen des Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 V. Kaltes Delisting als Konsequenz gesellschaftsrechtlicher Gestaltung . . . . . . . . . . 500 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 Beispielhafter Ablauf einer Delisting-Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547

Abkürzungsverzeichnis a. A.

andere Ansicht

ABl.

Amtsblatt

Abs.

Absatz

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

a. E.

am Ende

a. F.

alte Fassung

AG

Aktiengesellschaft

AG

Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)

AktG

Aktiengesetz

AktGE

Entwurf zum Aktiengesetz

Anh.

Anhang

Anm.

Anmerkung

Art.

Artikel

ARUG

Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie

Aufl.

Auflage

BaFin

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

BAnz

Bundesanzeiger

BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BB

Betriebsberater

Bd.

Band

BeckRS

Beck Rechsprechung

Beschl.

Beschluß

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundsgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen

BKR

Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht

BörsG

Börsengesetz

BörsO

Börsenordnung

BörsZulV

Börsenzulassungsverordnung

BRat-Drucks.

Bundesrats-Drucksache

BT-Drucks.

Bundestags-Drucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

Abku¨rzungsverzeichnis BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

bzgl.

bezüglich

DAV

Deutscher Anwaltverein

DAX

Deutscher Aktienindex

DB

Der Betrieb

DepotG

Depotgesetz

ders.

derselbe

dies.

dieselbe

DNotZ

Deutsche Notar-Zeitschrift

DStR

Deutsches Steuerrecht

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

DZWiR

Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EG

Europäische Gemeinschaft

25

EGAktG

Einführungsgesetz zum Aktiengesetz

EHUG

Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EWiR

Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

f.

folgend

FAZ

Frankfurter Allgemeiner Zeitung

FB

Finanz-Berater

ff.

folgende

FGG

Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

FinDAG

Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz

FinDAGKostV

Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem FinDAG

Fn.

Fußnote

FRUG

Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz

FS

Festschrift

FT

Financial Times

FTD

Financial Times Deutschland

FWB

Frankfurter Wertpapierbörse

GebührenO FWB

Gebührenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GmbHR

GmbH-Rundschau

HGB

Handelsgesetzbuch

26

Abku¨rzungsverzeichnis

Hrsg.

Herausgeber

HS.

Halbsatz

HV

Hauptversammlung

InsO

Insolvenzordnung

i. S. d.

im Sinne des

i.V. m.

in Verbindung mit

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

KapMUG

Kapitananleger-Musterverfahrensgesetz

KG

Kammergericht Berlin, Kommanditgesellschaft

KuMaKV

Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Martkpreismanipulation

Lfg.

Lieferung

LG

Landgericht

LM auch LMK

Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen, herausgegeben von Lindenmaier und Möhring u. a.

LSE

London Stock Exchange

MaKonV

Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung

MDAX

Mid-Cap-Index

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

MMR

Multimedia und Recht – Zeitschrift für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

n. F.

neue Fassung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

NJW-Rechtsprechungs-Report zum Zivilrecht

Nr.

Nummer

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NVwZ-RR

NVwZ-Rechtsprechungs-Report zum Verwaltungsrecht

NYSE

New York Stock Exchange

NZG

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

ÖBA

Österreichisches Bankarchiv

OHG

Offene Handelsgesellschaft

OLG

Oberlandesgericht

PLC

Practical Law Company

RIW

Recht der Internationalen Wirtschaft

RG

Reichsgericht

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

Rn.

Randnummer

Abku¨rzungsverzeichnis S.

27

Seite oder Satz

SDAX

Small-Cap-Index

SEC

Securities and Exchange Commission

sog.

sogenannte / r

SpruchG

Spruchverfahrensgesetz

SZW

Schweizerische Zeitschrift für Wirtschafts- und Finanzmarktrecht

TransPublG

Transparenz- und Publizitätsgesetz

TUG

Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz

UMAG

Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts

UmwG

Umwandlungsgesetz

Urt.

Urteil

v.

vom

VerkProspG

Verkaufsprospektgesetz

VersUrt.

Versäumnisurteil

VG

Verwaltungsgericht

VGH

Verwaltungsgerichtshof

Vgl.

vergleiche

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

W.

Woche

WiB

Wirtschaftliche Beratung

WM

Wertpapiermitteilungen

WpAIV

Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung

WpHG

Wertpapierhandelsgesetz

WpPG

Wertpapierprospektgesetz

WpÜG

Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz

WpÜG-AV

Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots

WuB

Entscheidungssammlung der WM zum Wirtschafts- und Bankrecht

ZBB

Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft

ZEV

Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge

ZGR

Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

ZInsO

Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

ZPO

Zivilprozeßordnung

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

1. Teil

Einführung und Problemstellung A. Einführung Die Entwicklung der Kapitalmärkte in den letzten Jahren hat gezeigt, daß nicht nur der Gang an die Börse, sondern auch der vollständige Rückzug von der Börse eine immer stärker in den Mittelpunkt rückende Transaktionsform darstellt. Dabei sind die Motive, Erscheinungsformen und Techniken eines Weggangs von der Börse höchst unterschiedlicher Art. Viele kleinere bis mittlere Unternehmen planen den Rückzug von der Börse als Handelsplatz oder haben ihn bereits durchgeführt. Im Gegensatz zur Emissionswelle Ende der 90er Jahre vollzieht sich das Delisting eher unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Erst wenn einzelne Aktionäre gegen den Rückzug von der Börse opponieren und gerichtlichen Rechtsschutz suchen, rückt das einzelne Unternehmen in das öffentliche Interesse. Die unter der Überschrift Börsenrückzug, Delisting oder Going Private vollzogene Rückwärtsbewegung kleinerer und mittlerer Unternehmen von der Börse unterscheiden sich in ihrer jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Konstruktion erheblich. Das Delisting wurde zum großen Teil im Wege der Unternehmensumwandlung durchgeführt, da mit dem Wirksamwerden der jeweiligen Maßnahme reflexartig die Börsenzulassung für die jeweils zugelassene Gesellschaft beendet wird. Dies kann im Wege der Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine ebenfalls börsennotierte oder nichtbörsennotierte AG1 oder auf eine andere Gesellschaftsform2 oder aber auch im Wege des Formwechsels einer AG in eine GmbH, 1 So die TIAG Tabbert-Industrie AG, vgl. LG Hanau, Beschl. v. 02. 05. 2002 – 5 O 63 / 01, AG 2003, 534; ebenso die ABIT AG, elektronischer BAnz. v. 12. 05. 2005, www.ebundesanzeiger.de; anders die Ex-Cell-O Holding AG, die auf eine börsennotierte AG verschmolzen wurde, vgl. Börsen-Zeitung v. 13. 03. 2001, S. 10; ebenso die Verschmelzung der T-Online International AG auf die Deutsche Telekom AG, Börsen-Zeitung v. 11. 03. 2005, S. 13 und v. 29. 04. 2005, S. 11. 2 So die W.E.T. Automotive Systems AG, die auf eine GmbH & Co. KG verschmolzen werden sollte, vgl. OLG München, Beschl. v. 17. 02. 2005 – 23 W 2406 / 04, ZIP 2005, 615; siehe auch Börsen-Zeitung v. 22. 02. 2005, S. 11. Der Börsenrückzug droht jedoch an der Verletzung von Meldepflichten nach §§ 21 ff. WpHG zu scheitern, weil bei Nichterfüllung dieser Pflichten die Rechte aus den Aktien ruhen (§ 28 WpHG) und damit die erforderliche Dreiviertel-Mehrheit nicht erreicht worden wäre. Vgl. aus empirischer Sicht Hoffmann in Bayer, Rechtstatsachen zur AG, S. 147, 155.

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1. Teil: Einfu¨hrung und Problemstellung

GmbH & Co. KG3 oder AG & Co. KG4 geschehen. Eine weitere Möglichkeit zum reflexartigen Delisting der Gesellschaft bietet ein Squeeze-out5 der Minderheitsaktionäre oder eine Mehrheitseingliederung6. Aber auch ohne derartige Maßnamen kann eine börsennotierte AG den Widerruf der Börsenzulassung bei der jeweiligen Börse beantragen (§ 39 Abs. 2 BörsG7), um die Beendigung der Börsenzulassung zu erreichen.8 Bei allen Delisting-Formen können Probleme im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Vorbereitung auftreten, die das Delisting erschweren und nicht zuletzt ganz verhindern können. Die damit verbundenen Nachteile für das Unternehmen können erheblich sein. Beschließt die Hauptversammlung die Umwandlung oder die Eingliederung der Gesellschaft oder stimmt sie dem Delisting zu, gehen die opponierenden Aktionäre regelmäßig gegen den Hauptversammlungsbeschluß vor, um dem Delisting die gesellschaftsrechtliche Grundlage zu entziehen.9 Dies führt aufgrund der regelmäßig gerichtlichen Auseinandersetzung zu Verzögerungen oder 3 So die Schaerf AG, vgl. AG-Report 2001 R 67 und 131; Börsen-Zeitung v. 21. 12. 2000, S. 9; AG-Report 1999 R 190. 4 So die Rolf Benz AG, vgl. Börsen-Zeitung v. 18. 08. 2000, S. 13; Börsen-Zeitung v. 25. 05. 2000, S. 25; ebenso die Friedrich Grohe AG, vgl. Börsen-Zeitung v. 21. 06. 2000, S. 26; AG-Report 1999 R 296 und 478; vgl. zu weiteren Fällen Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1962 dort Fn. 5; nur in eine KG wurde die SG Holding AG umgewandelt, vgl. Börsen-Zeitung v. 30. 11. 2001, S. 12; Börsen-Zeitung v. 12. 07. 2000, S. 21; Börsen-Zeitung v. 18. 05. 2000, S. 5. 5 Tecis AG, FAZ v. 28. 05. 2002, S. 22; Spar-Handels AG, Börsen-Zeitung v. 15. 04. 2005, S. 10; vgl. auch Ruhkamp, Börsen-Zeitung v. 15. 08. 2003, S. 3;); Kolbenschmidt-Pierburg AG, FTD v. 14. 02. 2007, S. 8; teilweise wird das Squeeze-out auch als die häufigste Börsenrückzugsmöglichkeit genannt, vgl. Börsen-Zeitung v. 12. 12. 2003, S. 3. 6 Michael Weinig AG, vgl. Börsen-Zeitung v. 07. 07. 2001, S. 10; Börsen-Zeitung v. 19. 05. 2001, S. 13; Börsen-Zeitung v. 01. 07. 2000, S. 11; Börsen-Zeitung v. 06. 05. 2000, S. 11; AG-Report 2000 R 145; LG Mosbach, Urt. v. 28. 12. 2000 – KfH O 56 / 00, AG 2001, 206 = EWiR 2001, 207 (Rottnauer). 7 Vormals § 38 Abs. 4 BörsG, geändert durch Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) vom 16. Juli 2007, BGBl. Teil I 2007, 1330. 8 So die DIS AG, Börsen-Zeitung v. 11. 08. 2007, S. 13; IXOS Software AG, vgl. BörsenZeitung v. 19. 04. 2005, S. 10; Börsen-Zeitung v. 02. 12. 2004, S. 10; Etienne Aigner AG, vgl. Börsen-Zeitung v. 26. 05. 2004, S. 12; MVS Miete Vertrieb Service AG, vgl. BAnz. Nr. 95 v. 22. 05. 2004, S. 10919 ff.; BAnz. Nr. 200 v. 21. 10. 2004, S. 22273 f.; Grünzweig & Hartmann AG, vgl. AG-Report 2000 R 238; AG-Report 1999 R 138; FAZ v. 19. 05. 1999, S. 24; FAZ v. 18. 04. 2000, S. 27; siehe auch zum Kaufangebot des Großaktionärs BAnz. Nr. 89 v. 15. 05. 1999, S. 7830; KM Europa Metal AG, vgl. Börsen-Zeitung v. 03. 02. 2001, S. 13; Koepp AG, vgl. AG-Report 1999 R 396; BAnz. Nr. 141 v. 31. 07. 1999, S. 12749; Ingram Macrotron AG, vgl. FAZ v. 20. 02. 2001, S. 25; AG-Report 1999 R 188; AG-Report 1998 R 132; Kässbohrer Geländefahrzeug AG, Börsen-Zeitung v. 16. 12. 2006, S. 10; siehe auch die Aufstellung von Going-Private-Transaktionen in Deutschland vom 01. 01. 1995 bis 31. 12. 1999 bei Hohn, Going Private, S. 110 f.; vgl. ebenso der Überblick in der Börsen-Zeitung v. 06. 12. 2003, S. 1 und 3. 9 So angekündigt durch einige Aktionäre bei der Kässbohrer Geländefahrzeug AG, Börsen-Zeitung v. 17. 02. 2007, S. 17.

A. Einfu¨hrung

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zum Scheitern des Delisting.10 Exemplarisch für die rechtlichen Schwierigkeiten bei der Durchführung eines Delisting ist der Fall der Ingram Macrotron AG, in dem die Minderheitsaktionäre alle zivil-11 und verwaltungsgerichtlichen 12 Rechtsschutzmöglichkeiten ausschöpften, um den Widerruf der Börsenzulassung zu verhindern. Das landgerichtliche und obergerichtliche Urteil wiesen die Klagen der Kleinaktionäre auf Nichtigerklärung der Hauptversammlungsbeschlüsse als unbegründet ab. Im Gegensatz dazu konnten die Aktionäre in der Revision zumindest einen gerichtlich überprüfbaren Entschädigungsanspruch gegen die Gesellschaft und den Großaktionär durchsetzen.13 Die Widerrufsentscheidung der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) griffen die Minderheitsaktionäre im verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzverfahren in Form des Widerspruchs, im einstweiligen Rechtsschutz und mit der Anfechtungsklage vor dem VG Frankfurt / Main14 an, jedoch ohne Erfolg. Zu einer höchstrichterlichen Entscheidung vor dem BVerwG kam es aufgrund eines inzwischen durchgeführten Squeeze-out nicht mehr, da beide Parteien übereinstimmend die Erledigung erklärten.15

10 So bei der Schaerf AG, die ihre Umwandlung und damit das Delisting erst nach Abschluß eines gerichtlichen Vergleichs durchführen konnte, vgl. LG Mainz, Urt. v. 19. 12. 2000 – 10HK O 143 / 99, ZIP 2001, 840 ff.; AG-Report 2001 R 131, ganz gescheitert ist die Eingliederung der Michael Weinig AG, vgl. LG Mosbach, Urt. v. 28. 12. 2000 – KfH O 56 / 00, AG 2001, 206 = EWiR 2001, 207 (Rottnauer); gänzlich Abstand von einem Formwechsel hatte die Knürr AG genommen, vgl. Pressemitteilung der Knürr AG v. 28. 09. 2000, aber nun das Delisting beantragt hat, vgl. Börsen-Zeitung v. 30. 01. 2003, S. 14; zunächst gescheitert war auch die Umwandlung der Ingram Macrotron AG in die Tech Data & Co. KG, vgl. LG München I, Urt. v. 14. 10. 1999 – 5HK O 8024 / 98, AG 2000, 139. 11 Vgl. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, BGHZ 153, 47 = WM 2003, 533 = ZIP 2003, 387 = WuB II A. § 119 AktG 1.03 (Häuser / Thomas); dazu auch die instanzgerichtlichen Urteile des LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017 ff. sowie des OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, DB 2001, 747 ff. = WM 2002, 662 ff. = WuB I G 7. – 3.02 (Pluskat). 12 BVerwG, Beschl. v. 04. 06. 2003 – 6 C 21.02, Internet http: // www.bundesverwaltungsgericht.de / media / archive / 1448.pdf, lediglich Kostenbeschluß aufgrund der Erledigung des Rechtsstreits; dazu auch die instanzgerichtlichen Entscheidungen des VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1146 ff.; VG Frankfurt / Main, Beschl. v. 02. 11. 2001 – 9 G 3101 / 01 (V), NJW-RR 2002, 480 ff. 13 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 14 VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1146 ff.; VG Frankfurt / Main, Beschl. v. 02. 11. 2001 – 9 G 3101 / 01 (V), NJW-RR 2002, 480 ff. 15 BVerwG, Beschl. v. 04. 06. 2003 – 6 C 21.02, Internet: http: // www.bundesverwaltungsgericht.de / media / archive / 1448.pdf.

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1. Teil: Einfu¨hrung und Problemstellung

B. Begriffliche Einordnung des Rückzugs von der Börse So vielfältig sich anhand der vorgenannten Beispiele der Rückzug von der Börse gestaltet, haben diese Vorgänge jedoch Gemeinsamkeiten. Alle Gesellschaften, die das Delisting verfolgen, haben das Ziel, den Börsenhandel mit den von ihnen ausgegebenen Aktien an jedem Börsenplatz zu beenden. Der Rückzug von der Börse erfolgt dabei immer auf Wunsch des Emittenten. In der Literatur werden solche Vorgänge, teilweise anknüpfend an die jeweilige gesellschaftsrechtliche Gestaltungsform, als reguläres oder kaltes Delisting, oder aber auch als Going Private sowie Public-to-Private-Transaktion bezeichnet. Ferner werden mit dem Rückzug die Begriffe Freeze-out, Take-out16 oder Management-Buy-Out, Leveraged-BuyOut17 oder Management-Buy-In18 in Verbindung gebracht. Die letztgenannten Begriffe sind bestimmte gesellschaftsrechtliche oder personelle Gestaltungsformen innerhalb einer Transaktion, die einen Rückzug von der Börse beinhalten können, aber nicht unmittelbar zu einer Beendigung der Börsenzulassung führen. Insofern sind die letztgenannten Gestaltungsformen schon von vornherein aus der Begriffsbildung herauszunehmen. Denn das Ziel der begrifflichen Einordnung muß sein, allein einen Begriff für den vollständigen Rückzug der Gesellschaft von der Börse zu finden, ohne darüber hinaus weitere Erscheinungsformen, in deren Zusammenhang die Beendigung der Börsenzulassung auftritt, zu erfassen. Daher kommen für den Börsenrückzug die Oberbegriffe Delisting oder Going Private in Betracht.

I. Delisting Der Begriff des Delisting leitet sich aus der Umkehrung des englischen Wortes Listing ab, das die Aufnahme der Börsennotierung oder Börsenzulassung zum Börsenhandel beschreibt.19 Demnach bedeutet Delisting die Beendigung der Börsenzulassung, die als Widerruf der Börsenzulassung in § 39 Abs. 1 und Abs. 2 BörsG börsenrechtlich geregelt ist. § 39 BörsG unterscheidet zwischen dem Widerruf der Zulassung von Amts wegen nach Abs. 1 und dem Widerruf der Zulassung auf Antrag des Emittenten nach Abs. 2. Beide Tatbestände sind Delisting-Sachverhalte. Da die Zulassung jeweils für einen Börsenplatz erteilt wird, erfaßt der Begriff des Delisting grundsätzlich auch nur den Widerruf der Zulassung an einem Börsenplatz, gleich ob es sich um eine inländische oder ausländische Börse handelt20. Um aber den kompletten Rückzug von der Börse beschreiben zu können, 16 Vgl. dazu Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 7 ff.; Betsch / Groh / Lutzmann, Corporate Finance, S. 326. 17 Vgl. dazu Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 9 f.; Betsch / Groh / Lutzmann, Corporate Finance, S. 326. 18 Näher dazu Betsch / Groh / Lutzmann, Corporate Finance, S. 325 f. 19 Groß, ZHR 165 (2001), 141, 145.

B. Begriffliche Einordnung des Ru¨ckzugs von der Bo¨rse

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der auch als Totalrückzug bezeichnet wird21, bedarf der Begriff des Delisting der Erweiterung. Richtigerweise ist daher von einem vollständigen Delisting zu sprechen. Davon abzugrenzen ist das partielle Delisting, d. h. der Rückzug von nur einem Börsenplatz, wobei jedoch mindestens eine in- oder ausländische Börsenplatzzulassung erhalten bleibt.22 Auch der Wechsel von einem Börsensegment in ein anderes Segment (so etwa noch vor Inkrafttreten des FRUG der Wechsel vom amtlichen in den geregelten Markt oder umgekehrt) kann nicht unter den Begriff des Delisting gefaßt werden, da eine Börsenzulassung, wenn auch in einem anderen Segment, besteht.23 Da das Delisting für den einzelnen Börsenplatz auch von Amts wegen von der Geschäftsführung der Börse ausgesprochen werden kann, ohne daß der Emittent den Rückzug beabsichtigt, ist der Begriff des Delisting dahingehend einzuschränken, daß das vollständige Delisting auf Wunsch des Emittenten zu erfolgen hat. Insofern ist von einem freiwilligen Delisting zu sprechen. Diese begriffliche Einschränkung ist unabhängig von der Norm des § 39 Abs. 1 BörsG zu sehen, der den Widerruf der Börsenzulassung von Amts wegen vorsieht. Der Emittent kann, etwa durch einen Formwechsel, eine Verschmelzung oder eine Eingliederung, versuchen24, die Voraussetzungen für einen Widerruf von Amts wegen schaffen. Aber auch dieser Fall muß von dem Begriff erfaßt werden, da der Widerruf der Zulassung zum Börsenhandel letztendlich Ziel des Emittenten ist und auf seine Initiative hin erfolgt. Im Hinblick auf die verschiedenen Handelssegmente der Börse, dem regulierten Markt sowie den Freiverkehr, fällt die Notierungsaufgabe im Freiverkehr nicht unter den Begriff des vollständigen und freiwilligen Delisting, da der Emittent der Einbeziehung nicht widersprechen kann.25 In zeitlicher Hinsicht erfaßt das Delisting lediglich den Widerruf der Zulassung zum Börsenhandel, andere Maßnahmen, die etwa auf gesellschaftsrechtlicher Ebene im Vorfeld ergriffen werden, sollen ausgenommen bleiben. Auslöser der Belastungen aus der Börsennotierung ist allein die Börsenzulassung. Um sich von diesen Belastungen zu befreien, müssen die Gesellschaften dafür sorgen, daß die Börsenzulassung beendet wird. Damit können die vorgenannten Fälle begrifflich als vollständiges und freiwilliges Delisting umschrieben werden. 20 Danach differenzierend Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 742 ff., wobei das vollständige Delisting dem Going Private gleichgesetzt wird. Ebenso Pluskat, WM 2002, 833, 833; a. A. Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 112; Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1613, dort Fn. 1. 21 Vgl. nur Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 111 f. 22 Schiemzik, Segmentwechsel börsenaktiver Unternehmen, S. 81 f. 23 Ausführlich Schiemzik, Segmentwechsel börsenaktiver Unternehmen, S. 82 ff. 24 Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, BörsG, § 38 Rn. 18. 25 Urspünglich sah § 6 der Richtlinie für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse dem Börsenhandel mit seinen Wertpapieren das fehlende Widerspruchsrecht vor; vgl. zur fehlenden Widerspruchsmöglichkeit 2. Teil: A.IV.2., S. 43 f.; so auch Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 107; anders hingegen jedoch bei der Einbeziehung der Aktien in den „Entry Standard“, wo nach § 16 (3) lit. d) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse die Zustimmung des Emittenten zur Einbeziehung erforderlich ist.

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1. Teil: Einfu¨hrung und Problemstellung

II. Going Private Ob nun neben dem Begriff des vollständigen und freiwilligen Delisting auch der des Going Private synonym benutzt werden kann26, ist fraglich. Der aus dem US-amerikanischen Gesellschaftsrecht stammende Begriff des Going Private beschreibt die Umstrukturierung der Gesellschaft von einer „public corporation“ in eine „close corporation“, um bestimmte Registrierungspflichten nicht mehr erfüllen zu müssen und jeglichen Handel mit den ausgegebenen Aktien zu beenden.27 Die darauf aufbauende Differenzierung zwischen „close corporation“ und „public corporation“ beinhaltet die Konzentration der Aktien auf einige wenige Aktionäre28, da der Status der „close corporation“ erst mit einer bestimmten Anzahl von Aktionären erreicht wird.29 In zeitlicher Hinsicht erfaßt der Begriff zudem sämtliche Maßnahmen, die zur Verkleinerung des Aktionärskreises notwendig sind, um etwa den Ausschluß von Minderheitsaktionären oder die Umwandlung der AG in eine andere Gesellschaftsform beschließen zu können. Der Begriff des Going Private beschreibt daher einen wirtschaftlichen Gesamtvorgang, ohne die konkrete Maßnahme zum Börsenrückzug zu bezeichnen. Da der Anknüpfungspunkt für den Börsenrückzug aber der Widerruf der Zulassung zum Börsenhandel ist und sich allein an die Börsenzulassung die kapitalmarktrechtlichen Pflichten anschließen, erscheint der Begriff des Going Private in sachlicher und zeitlicher Hinsicht als zu weit.30 Zudem stand in den vorgenannten Gestaltungsvarianten nicht die Verringerung des Aktionärskreises im Vordergrund, sondern vielmehr die Motivation, den Belastungen der Börsenzulassung zu entgehen. Die aus dem US-amerikanischen Gesellschaftsrecht kommende Unterscheidung zwischen der „close und public corporation“ läßt sich nicht auf das deutsche Recht übertragen, da das deutsche Gesellschaftsrecht nicht zwischen einer „geschlossenen“ oder „offenen“ Gesellschaft unterscheidet. Unterschieden wird nur zwischen einer börsennotierten und einer nichtbörsennotierten AG (§ 3 Abs. 2 AktG). Zwar wird auch bei einer börsennotierten AG von einer Publikumsgesellschaft gesprochen31, was zunächst den Vergleich mit einer „public corporation“ assoziiert32, jedoch kann auch eine nicht26 So aber wohl OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 664 = DB 2001, 747, 748 = WuB I G 7. – 3.02 (Pluskat); Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 743 und 757; Pluskat, WM 2002, 833, 833; Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 654; Hamann in Schäfer BörsG (1. Aufl.), § 43 Rn. 27. 27 Merkt / Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1275. 28 Merkt / Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1275; Hackstein, Going Private S. 24 f.; Inderbitzin, Going Private, S. 4; Lutter / Drygala in FS Kropff, S. 191, 197 für den Fall der übertragenden Auflösung nach § 179a AktG. 29 Zu den einzelnen zahlenmäßigen Begrenzungen vgl. Bungert, Gesellschaftsrecht in den USA, S. 55 f.; Fischer zu Cramburg / Hannich / Ziegert, Delisting und Deregistrierung deutscher Emittenten in den USA, S. 23 ff.; Bartos / King, PLC 2005, 21, 23 f. 30 Ähnlich Hackstein, Going Private, S. 25; Ph. Baums, Ausschluß von Minderheitsaktionären, S. 13 f. 31 So Inderbitzin, Going Private, S. 4.

C. Problemstellung und Untersuchungsgegenstand

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börsennotierte AG eine Vielzahl von Aktionären haben, ohne daß sich der Aktionärskreis durch ein vollständiges und freiwilliges Delisting verkleinert. Des weiteren kann eine zuvor börsennotierte AG einem Handel mit ihren Aktien im Freiverkehr nicht widersprechen.33 Da aber durch ein Going Private jeglicher Handel mit den Wertpapieren, und damit auch der im Freiverkehr, unterbunden werden soll34, ist der Begriff zu weit.35 Daher sind die genannten Gestaltungsvarianten nicht als Going Private zu bezeichnen. Eine synonyme Verwendung mit dem Begriff des freiwilligen und vollständigen Delisting ist somit abzulehnen.

III. Ergebnis Begrifflich ist der Rückzug von der Börse in den vorgenannten Beispielen als freiwilliges und vollständiges Delisting zu bezeichnen. Die begriffliche Einordnung als Going Private ist zu weit, um die unmittelbar an den Widerruf der Börsenzulassung anknüpfenden rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen zu erfassen.

C. Problemstellung und Untersuchungsgegenstand Das freiwillige und vollständige Delisting ist mit vielen rechtlichen Unsicherheiten behaftet, da auf aktienrechtlicher Ebene keine gesetzlichen Regelungen vorhanden sind, die die Voraussetzungen für einen solchen Schritt festlegen. Zudem werfen die unterschiedlichen wirtschaftlichen Motivationslagen und die rechtlichen Gestaltungsformen eine Vielzahl von rechtlichen Fragen auf. Der vollständige Rückzug von der Börse als Platz zur Eigenkapitalaufnahme und als Handelsplattform wird nicht mehr nur unter dem Gesichtspunkt des Bedeutungsverlusts der Börse, sondern gerade auch als Chance für kleinere börsennotierte Unternehmen gesehen, sich unternehmerisch neu auszurichten.36 Die Börse als Platz zur Eigenkapitalaufnahme verliert an Absolutheit und erhält Konkurrenz durch private Investoren. Vornehmlich kleinere Unternehmen, die mit Hilfe privater Investoren 32 So wohl Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 557; Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1613, die den Begriff „Public Company“ verwenden. Der Begriff „public company“ geht wohl auf die Unterscheidung des englischen Rechts zwischen einer „public und private company“ zurück; vgl. dazu Triebel / Hodgson / Kellenter / Müller, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, Rn. 575 ff. 33 Vgl. unten 2. Teil: A.IV.2., S. 43 f. 34 Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 557; Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1613; Schwichtenberg, DStR 2001, 2075, 2075. 35 So auch Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 107; Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 743 f. 36 Vgl. FAZ v. 05. 06. 2000, S. 40 mit dem Titel: „Wer nicht im Rampenlicht steht und sich ändern will, verläßt die Börse“.

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1. Teil: Einfu¨hrung und Problemstellung

die notwendigen Investitionen durchführen können, haben die Börse verlassen. So wurden bereits eine ganze Reihe von Unternehmen nach Analyse ihrer wirtschaftlichen Daten als Delisting-Kandidaten im Zusammenhang mit einem Squeeze-out bezeichnet.37 Bei vielen kleineren börsennotierten Unternehmen setzte sich die Erkenntnis durch, daß die Börse nicht das optimale Finanzierungsinstrument zur Eigenkapitalaufnahme ist38, und die notwendige Finanzierung über private Investoren ebenso erfolgreich abgewickelt werden kann. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung des Transaktionsmarktes sind aus juristischer Sicht zunächst zwei Problemfelder zu unterscheiden. Einerseits enthält das Delisting eine kapitalmarktrechtliche Komponente, die sich in der Regelung des Marktentlassungsverfahrens nach § 39 Abs. 1 und 2 BörsG niederschlägt. Zum anderen stellt sich die Frage nach der gesellschaftsrechtlichen Seite des Delisting, d. h. welche aktienrechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um ein vollständiges Delisting erfolgreich durchzuführen. Der BGH39 und in den Vorinstanzen das LG München I40 und das OLG München41 befaßten sich im Fall der Ingram Macrotron AG mit den aktienrechtlichen Voraussetzungen des Delisting, ohne jedoch umfassend zu den vielschichtigen gesellschaftsrechtlichen Problemen Stellung zu nehmen. Die im umfangreichen Schrifttum geäußerten Ansichten und Ansätze sind daher vor dem Hintergrund des Urteils des BGH zu untersuchen und zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu bewerten. Die gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkte des vollständigen Delisting stehen dabei im Vordergrund der Untersuchung, während die kapitalmarktrechtlichen Aspekte einer solchen Transaktion nicht Gegenstand der Untersuchung sind.42 Ergeben sich jedoch Berührungspunkte und Wechselwirkungen zwischen Kapitalmarkt- und Aktienrecht, werden diese bei Beeinflussung der gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen des Delisting mit in die Untersuchung einbezogen. Die sich aus dem BGH-Urteil für ein partielles Delisting oder einen Segmentwechsel, soweit diese nicht einem vollständigen Delisting gleichkommen, ergebenden Fragestellungen werden nicht untersucht.43

Börsen-Zeitung v. 07. 07. 2001, S. 10; Börsen-Zeitung v. 14. 03. 2001, S. 10. FAZ v. 26. 10. 2000, S. 29. 39 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, BGHZ 153, 47 = WM 2003, 533 = ZIP 2003, 387 = JuS 2003, 501 (Emmerich). 40 LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017. 41 OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, DB 2001, 747 = WM 2002, 662 = WuB I G 7. – 3.02 (Pluskat). 42 Vgl. dazu insgesamt Radtke, Delisting; M. Henze, Delisting, S. 43 ff.; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 27 ff.; de Vries, Delisting, S. 25 ff.; Heine, Anlegerund Minderheitenschutz beim Börsenaustritt, S. 24 ff.; eingehend Rieske, Rückzug von der Börse, S. 109 ff.; Opitz, Rechtliche Bewertung von Börsenrückzügen, S. 83 ff.; Both, Delisting, S. 97 ff.; Seiffert, Going Private, S. 49 ff. 43 Siehe dazu bereits ausführlich Schiemzik, Segmentwechsel börsenaktiver Unternehmen, S. 102 ff. 37 38

2. Teil

Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation Die Entscheidung der Unternehmen, die Börsennotierung aufzugeben, hat einen konkreten wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergrund, der durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflußt wird.1 Vielfach haben sich die Erwartungen, die mit einem Börsengang verbunden waren, nicht erfüllt, so daß die Börse für die Zukunft des Unternehmens und seine weitere Entwicklung nicht die gewünschte Perspektive bietet. Häufig wird der Rückzug von der Börse erwogen, wenn die Börse ihre einzelnen Funktionen nicht mehr erfüllen kann oder ein Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Funktionen wie z. B. der Kontrollfunktion einerseits und der Finanzierungsfunktion andererseits in der Form besteht, daß die Kontrolle des Marktes unternehmerische Entscheidungen derart beeinflußt, daß notwendige Entscheidungen nur zögerlich oder gar nicht getroffen werden. Infolgedessen sehen sich die Unternehmen in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt, ohne daß dies durch die Möglichkeit einer erneuten Eigenkapitalaufnahme über die Börse kompensiert werden könnte. Auf der anderen Seite locken alternative Finanzierungsformen durch einen Finanzinvestor die Unternehmen von der Börse.2 In den Mittelpunkt rücken daher immer mehr Unternehmen, deren Erwartungen im Hinblick auf die Börse enttäuscht wurden.3 Diese unternehmerischen Aspekte stehen im Vordergrund der Diskussion. Die Anleger- und Aktionärsinteressen werden nur vereinzelt angesprochen und in der Diskussion berücksichtigt.4 Daher stellt sich zunächst die Frage nach der grundsätzlichen Bedeutung der Börsen für die AG und die Aktionäre sowie die Motive des freiwilligen und vollständigen Delisting.

1 Vor der Untersuchung der konkreten aktienrechtlichen Voraussetzungen des regulären Delisting müssen zunächst die umfangreichen Rechtstatsachen zusammengetragen und geordnet werden, um die einzelnen konkreten Problemstellungen herausarbeiten zu können, vgl. zu dieser Methodik nur Nußbaum, Rechtstatsachenforschung, S. 13 und 35 f. 2 Vgl. Hodenberg, FAZ v. 01. 11. 2000, S. 49; FAZ v. 26. 10. 2000, S. 29. 3 Vgl. Börsen-Zeitung v. 14. 03. 2001, S. 10. 4 Mewes, FAZ v. 19. 08. 2000, S. 22.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

A. Bedeutung der Börsennotierung für die notierte Aktiengesellschaft Die wirtschaftliche Bedeutung der Börsennotierung für eine AG folgt aus den Funktionen der Börse und dem damit verbundenen Nutzen, den die Gesellschaft aus der Notierung zieht. Im Vordergrund steht dabei der Zugang zum organisierten Kapitalmarkt, um das eigene Wachstum zu finanzieren. Daneben vermittelt die Notierung weitere Vorteile, wie z. B. die Liquidität der Unternehmensanteile, die Bewertung und Kontrolle des Unternehmens durch den Markt sowie die Förderung des Bekanntheitsgrades des Unternehmens. Um diese Funktionen nutzen zu können, hat der Emittent gegenüber dem Kapitalmarkt auch Verpflichtungen, z. B. Informations- und Veröffentlichungspflichten. Überwiegen die Vorteile der Notierung beim Börsengang die eingegangenen Verpflichtungen, so kann sich im Verlauf der Börsennotierung die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft oder die Funktion der Börse im Hinblick auf die einzelne Gesellschaft nachteilig verändern. Ob die AG auf die veränderte Lage mit gesellschaftsinternen Maßnahmen reagiert oder sich für die Beendigung der Börsennotierung entscheidet, hängt zunächst davon ab, welche Funktionen die Börse für eine bereits notierte AG wahrnimmt und welche Pflichten mit der Notierung verbunden sind.

I. Finanzierungsaufgabe Die zentrale Aufgabe der Börse als Einrichtung des organisierten Kapitalmarktes ist es, als Mittler das benötigte Kapital für unternehmerische Investitionen zur Verfügung zu stellen.5 Kapitalnachfrager und Kapitalanleger sollen zusammengeführt werden. Die AG ist als Unternehmen ein Kapitalnachfrager; Kapitalanleger können sowohl Kleinanleger als auch institutionelle Anleger sein. Vornehmliches Interesse der AG ist die Möglichkeit zur Aufnahme von Eigenkapital durch die Emission von Aktien im sogenannten Primärmarkt der Börse.6 Für bereits notierte AGen steht in der Regel eine Folgeplazierung nach einer erstmaligen Plazierung ihrer Aktien zu einer erneuten Eigenkapitalaufnahme im Vordergrund. Die Eigenkapitalaufnahme ist eine Form der Außenfinanzierung, wodurch der AG von außen Kapital zugeführt wird.7 Abzugrenzen ist die Außenfinanzierung von der Innenfinanzierung, bei der das Unternehmen aus Umsatzerlösen, Rationalisierungen oder Vermögensumschichtungen Kapital zur Finanzierung von InvestiBröcker in Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn. 9. Zacharias, Börseneinführung, S. 51; Scheffler in Lutter / Scheffler / Schneider, Handbuch der Konzernfinanzierung, Rn. 8.36; Beck / Seitz in Breuer, Handbuch Finanzierung, S. 39; Zillmer, Going Private, S. 100 f. 7 Olfert / Rahn, OrdungsNr. 324 (Finanzierung, kapitalherkunftsbezogene). 5 6

A. Bedeutung der Bo¨rsennotierung fu¨r die notierte Aktiengesellschaft

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tionen freisetzt.8 Die Ressourcen, die über die Innenfinanzierung eines Unternehmens freigesetzt werden können, sind begrenzt, so daß das Unternehmenswachstum und die dazu notwendigen Investitionen nicht mehr nur aus den Umsatzerlösen und sonstigen Kapitalfreisetzungen finanziert werden können.9 Die Finanzierung des eigenen Unternehmenswachstums dürfte dabei das Hauptmotiv für die Zuführung „frischen“ Kapitals von außen sein.10 Im Gegensatz zur Innenfinanzierung kann durch eine Außenfinanzierung ein wesentlich größeres Finanzvolumen bereitgestellt werden, da die Anzahl der zu emittierenden Aktien grundsätzlich vom Willen der AG abhängt. Als einzige Einschränkung ist dabei die Aufnahmefähigkeit des Marktes hinsichtlich der zu emittierenden Aktie zu beachten. Des weiteren ist die Eigenkapitalaufnahme eine Eigenfinanzierung oder auch Beteiligungsfinanzierung, d. h. der AG wird von außen durch Dritte Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Diese Eigenfinanzierung ist von der Fremdfinanzierung abzugrenzen, die sich in der Regel durch eine Kreditgewährung von Dritten kennzeichnet. Die aufgrund der Fremdfinanzierung entstehenden Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern entfallen bei einer Eigenfinanzierung, da die Aktionäre als Kapitalanleger gegenüber der Gesellschaft keinen Anspruch auf Rückzahlung ihrer Einlage haben (§ 57 Abs. 1 S. 1 AktG). Die Eigenfinanzierung verbessert die Eigenkapitalbasis11 und sichert damit eine größere Unabhängigkeit gegenüber Fremdkapitalgebern, wie z. B. Kreditinstituten. Diese Unabhängigkeit der AG gibt dem Vorstand einen vergrößerten Entscheidungsspielraum.12 Zudem können bestehende Verbindlichkeiten abgebaut werden. Ferner kann eine Eigenfinanzierung die Finanzierungskosten, z. B. Zinsen, Provisionen oder Kosten zur Stellung von Sicherheiten, senken.13 Die bestehende Börsennotierung kann daher wiederholt dazu genutzt werden, Eigenkapital zu günstigen Konditionen aufzunehmen. Positive Folge der Eigenkapitalaufnahme über die Börse ist des weiteren, daß durch die in der Regel erfolgende effektive Kapitalerhöhung (§§ 182 ff. AktG) die Bonität des Emittenten steigt und eine weitere Erschließung von Fremdfinanzierungsquellen erleichtert wird.14 Nicht zuletzt kann die Gesellschaft günstigere Einkaufskonditionen bei den Lieferanten durchsetzen.15 Ferner wird die Fremdfinanzie8 Scheffler in Lutter / Scheffler / Schneider, Handbuch der Konzernfinanzierung, Rn. 8.3; Hohn, Going Private, S. 18. 9 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 37; Hohn, Going Private, S. 18. 10 Auf Umfrageergebnissen basierende Auswertungen weisen das Unternehmenswachstum als Hauptmotiv aus: vgl. Leven in Harrer / Heidemann, S. 1 und 4 f.; Schieber, Gang an die Börse, S. 5 ff. 11 Die Eigenkapitalstärkung ist nach Umfragen bei Börsenneulingen eines der Hauptmotive für eine Finanzierung über die Börse, vgl. Leven in Harrer / Heidemann, S. 1 und 4 f.; Schieber, Gang an die Börse, S. 5 ff. 12 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 36. 13 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 37 f. 14 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 37; Zacharias, Börseneinführung, S. 51; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 8. 15 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 37.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

rungsmöglichkeit über die Ausgabe von Wandel-, Gewinn- oder Optionsanleihen gemäß § 221 Abs. 1 AktG durch die Börsennotierung erleichtert. Sind etwa Wandel- oder Optionsanleihen ausgegeben worden, haben die Inhaber die Möglichkeit, Aktien der Gesellschaft zu erwerben und bei Bestehen der Börsenzulassung die Aktien über die Börse zu veräußern.

II. Liquiditätsfunktion Die Liquiditätsfunktion der Börse im Hinblick auf die AG als Emittent läßt sich unter zwei Gesichtspunkten betrachten. Zum einen werden durch die Emission der Aktien an die Anleger im Primärmarkt die Gesellschaftsanteile liquide, d. h. die illiquiden Realinvestitionen und Forderungen der Gesellschaft werden in liquide an der Börse handelbare Stückelungen aufgeteilt.16 Zum anderen kann der Anleger diese Stückelungen dann in Form der Aktien an der Börse im sogenannten Sekundärmarkt jederzeit kaufen und verkaufen, also in Liquidität zurückwandeln.17 Beide Aspekte bedingen einander, denn ohne die jederzeit mögliche Handelbarkeit der Aktie auf dem Sekundärmarkt hätte die AG als Emittent erhebliche Schwierigkeiten, für ihre Effekten Anleger zu finden.18 Die Liquidität der Aktie als handelbarer Gesellschaftsanteil folgt aus der Allokationsfunktion der Börse, nämlich Kapitalanbieter und -nachfrager zusammenzuführen.19 Die Liquiditätsfunktion der Börse wirkt sich auf die AG immer nur dann aus, wenn sie als Emittent neue Aktien plazieren möchte. Denn der Handel an der Börse im sogenannten Sekundärmarkt berührt die Zuordnung des bereits aufgenommenen Eigenkapitals zur AG nicht. Der AG kann das Eigenkapital durch die Aktionäre, etwa durch Kündigung, nicht entzogen werden. Möchte jedoch eine bereits notierte AG erneut über die Börse Eigenkapital aufnehmen, dann wirkt sich die Liquidität des Handels, d. h. der jederzeit mögliche Kauf und Verkauf, auf die erneute Eigenkapitalaufnahme mittelbar aus. Denn die Liquidität des Handels mit den Aktien des Unternehmens gibt darüber Auskunft, ob genügend Käufer für die zu emittierenden Aktien vorhanden sind. Nur wenn genügend Käufer vorhanden sind, kann die Börse ihre Liquiditätsaufgabe als Vermittler zwischen Kapitalnachfragern und -anbietern erfüllen.20

16 Hellwig in Obst / Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 25; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 9; Hohn, Going Private, S. 21 f.; Zillmer, Going Private, S. 102. 17 Bröcker in Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn. 9; Hellwig in Obst / Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 25.; Oechsler in Aktienrecht im Wandel, 4. Kapitel, Rn. 72. 18 T. Baums in FS Mestmäcker, S. 815, 816 f. 19 Mues, Börse als Unternehmen, S. 24. 20 Bröcker in Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn. 9, der diese Liquiditätsfunktion auch als „Mobilisierungsfunktion“ bezeichnet.

A. Bedeutung der Bo¨rsennotierung fu¨r die notierte Aktiengesellschaft

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III. Bewertungsfunktion Die Bewertungsfunktion der Börse erfolgt durch die im Spannungsfeld von Angebot und Nachfrage gebildeten Preise der Aktie eines Unternehmens im Sekundärmarkt.21 In diesem Börsenpreis spiegelt sich nach der Kapitalmarkttheorie zu jedem Zeitpunkt die Information wider, die der Anleger über die Unternehmensentwicklung und damit über die Ertragsaussichten der Aktie hat.22 Voraussetzung für die Bildung des Börsenpreises durch den Kapitalmarkt ist die vollständige Information der Anleger über die Unternehmensentwicklung. Dem Emittenten sind daher auch einzelne Informationspflichten des Kapitalmarktes auferlegt.23 Zu nennen sind hier beispielhaft die Ad-hoc-Publizität gemäß § 15 Abs. 1 WpHG, die halbjährliche Zwischenberichtspflicht gemäß § 37w Abs. 1 WpHG sowie die Rechnungslegungspublizität nach §§ 238 ff. HGB24. Der Börsenpreis hat damit auch Bedeutung für die Beurteilung des Unternehmenswertes25, wobei der Handel im Sekundärmarkt und die dort gebildeten Preise die Kapitalbasis der AG unberührt lassen. Die im Sekundärmarkt gebildeten Börsenpreise erlangen für die AG dann unmittelbare Bedeutung, wenn das bereits börsennotierte Unternehmen erneut im Primärmarkt Aktien emittieren will. Denn die gebildeten Preise im Sekundärmarkt haben unmittelbaren Einfluß auf den Emissionspreis und damit auch auf die mögliche Höhe der Eigenkapitalaufnahme. 26 Nur wenn die günstigen Ertragsaussichten des Unternehmens die Aktienkurse steigen lassen, werden sich Käufer für die noch zu emittierenden Aktien finden. Insofern ist die Bewertung der Aktien durch den Börsenhandel eine wichtige Informationsquelle für den Zeitpunkt und die Höhe einer erneuten Aktienemission.27

21 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.89; Zillmer, Going Private, S. 105; Luttermann, NZG 2007, 611, 615 f. 22 Hellwig in Obst / Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 27; ausführlich zur Kapitalmarkttheorie Schierenbeck, Betriebswirtschaftslehre, S. 395 ff.; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 10. 23 Vgl. dazu ausführlich unten 2. Teil: A.IV.2., S. 43 ff. 24 Kritische Auseinandersetzung bzgl. des Einflusses der Rechnungslegung auf die Preisbildung der Aktien nach der Kapitalmarkttheorie, Ekkenga, Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt, S. 71 ff. 25 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289 ff. (DAT / Altana) = DB 1999, 1436 = ZIP 1999, 1639 = EWiR 1999, 751 (Neye). 26 Hellwig in Obst / Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 29; Trommer, Hemmnisse auf dem Weg zur Börse, S. 88. 27 Hellwig in Obst / Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 29; Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 57.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

IV. Überwachungs- und Kontrollfunktion Im Vordergrund dieser Funktion der Börse steht die Kontrolle der AG und ihres Vorstands als Leitungsorgan durch den Kapitalmarkt. Dabei sind die besonderen gesellschaftsrechtlichen Kontrollmechanismen einer AG, etwa durch die Hauptversammlung oder den Aufsichtsrat nicht zu berücksichtigen, da diese Mechanismen der Rechtsform der AG immanent sind. Das schließt freilich ein Ineinandergreifen der kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtlichen Kontrollmechanismen nicht aus. Auch soll der Bereich der Unternehmenskontrolle im Sinne einer Unternehmensübernahme durch den schrittweisen Aufkauf der Aktien ausgeklammert werden. Letztendlich geht es um die Frage, wie die Unternehmensleitung einer AG durch den Kapitalmarkt kontrolliert und überwacht wird, obwohl die Eigentümer der AG, die Aktionäre, keinen unmittelbaren Einfluß auf den Vorstand haben. Denn der Vorstand nimmt gemäß § 76 Abs. 1 AktG seine Leitungsfunktion in eigener Verantwortung wahr. 1. Grundlagen der Kontrolle durch den Kapitalmarkt Die kapitalmarktrechtliche Kontrolle einer börsennotierten AG erfolgt durch den Sekundärmarkt. Dieser Sekundärmarkt kontrolliert die Emittenten über die dort gebildeten Preise für ihre Effekten.28 Denn fallende Kurse bedeuten nach der Kapitalmarkttheorie, daß die Erwartungen an eine positive Unternehmensentwicklung und die damit verbundenen Gewinnchancen sinken. Durch diese fallenden Kurse steigt der Druck auf die Unternehmensleitung, die eingeschlagene Ausrichtung des Unternehmens zu überdenken und gegebenenfalls die Strategie zu verändern.29 Zudem können fallende Kurse darauf hindeuten, daß die Gesellschaft ihre Gewinnchancen nur unzureichend nutzt und dadurch die Gefahr einer Unternehmensübernahme besteht. Daß fallende Aktienkurse auch auf das allgemeine Börsenumfeld oder die einzelne Branche zurückzuführen sind, soll hier zunächst außer Betracht bleiben. Die einzelne AG als Kapitalnehmer hat ein Interesse an einer möglichst hohen Bewertung des Unternehmens, um erneut die günstige Finanzierungsmöglichkeit über die Börse nutzen zu können.30 Diese Finanzierungsoption hängt jedoch von der Reputation und damit von der Information über das Unternehmen ab.31 Diese zwar nur mittelbare Unternehmenskontrolle durch die an der Börse gebildeten Aktienkurse setzt folglich eine laufende Information des AnH. Schmidt, Börsenorganisation zum Schutze der Anleger, S. 2 f. Vgl. zu diesem Mechanismus Immenga, Aktiengesellschaft, Aktionärsinteressen und Institutionelle Anleger, S. 23; Zillmer, Going Private, S. 102 ff.; Oechsler in Aktienrecht im Wandel, 4. Kapitel, Rn. 53 f. 30 Hellwig, Unternehmensfinanzierung, Unternehmenskontrolle und Ressourcenallokation: Was leistet das Finanzsystem?, in Gahlen / Hesse / Ramser, Finanzmärkte, S. 211, 217. 31 Hellwig, Unternehmensfinanzierung, Unternehmenskontrolle und Ressourcenallokation: Was leistet das Finanzsystem?, in Gahlen / Hesse / Ramser, Finanzmärkte, S. 211, 217. 28 29

A. Bedeutung der Bo¨rsennotierung fu¨r die notierte Aktiengesellschaft

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legerpublikums voraus. Die Information bildet damit die Grundlage der Kontrolle durch den Markt. Man spricht auch von einer sogenannten „Informationseffizienz“ des Kapitalmarktes.32 Denn der Aktienmarkt als praktisches Anwendungsmodell des in der Realität nicht vorkommenden „vollkommenen Marktes“ setzt schon von seinem theoretischen Ansatz her neben anderen Voraussetzungen eine vollkommene Markttransparenz voraus, also die umfassende Information aller Anbieter und Nachfrager.33 Um diese Markttransparenz, wenn auch nur unvollkommen, so doch annähernd, zu gewährleisten, haben die Emittenten Publizitäts- und Veröffentlichungspflichten.

2. Kapitalmarktrechtliche Publizitätsund Informationspflichten Die börsennotierte AG unterliegt verschiedensten Publizitäts- und Veröffentlichungspflichten. Anknüpfungspunkt und Voraussetzung dieser speziellen kapitalmarktrechtlich initiierten Publizitäts- und Veröffentlichungspflichten ist die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel (§ 32 Abs. 1 BörsG)34, weshalb sie auch als Zulassungsfolgepflichten bezeichnet werden. Daneben existieren weitere Veröffentlichungs- und Publizitätspflichten, die der AG und den an ihr beteiligten juristischen oder natürlichen Personen immanent anhaften. Solche Pflichten der AG, die jedoch eine Börsennotierung nicht voraussetzen, sollen außer Betracht bleiben, da die Überwachungs- und Kontrollfunktion der Börse vornehmlich durch die kapitalmarktrechtlichen Veröffentlichungs- und Publizitätspflichten ausgeübt wird. Dieses gilt zum einen für die konzernrechtlichen Mitteilungspflichten von Unternehmen nach §§ 20 ff. AktG, die nach § 20 Abs. 8 AktG nicht für die Beteiligung an einer börsennotierten AG oder nach der neuen Begrifflichkeit an einem Emittenten gelten35. Zum anderen gilt dies für Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei einer Beteiligung an einer börsennotierten AG nach §§ 21 ff. 32 Hellwig in Obst / Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 29; Rudolph / Röhrl in Hopt / Rudolph / Baum, Börsenreform, S. 181 f.; ausführlich Hoffmann, Gleichgerichtetes Verhalten am Aktienmarkt, S. 9 ff.; Bak / Bigus, ZBB 2006, 430, 432 f. m. w. N.; vgl. dazu auch Oechsler in Aktienrecht im Wandel, 4. Kapitel, Rn. 11. 33 Wöhe, Betriebswirtschaftslehre, S. 497 f.; Hoffmann, Gleichgerichtetes Verhalten am Aktienmarkt, S. 10 f. 34 Durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG), BGBl. Teil I 2007, S. 10, knüpfen die Publizitäts- und Veröffentlichungspflichten nach den nationalen Regeln des weiteren daran an, daß es sich um einen Inlandsemittenten handelt. Dies ist ein Emittent, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist (§ 2 Abs. 7 WpHG). Auf die weitere funktionelle Betrachtung der Publizitäts- und Veröffentlichungspflichten hat dies keinen Einfluß, da die weitere Untersuchung sich mit Frage nach dem Delisting einer deutschen AG beschäftigt. Vgl. zu den Zulassungsfolgepflichten an der NYSE und der LSE Harrer / Fisher / Evens, RIW 2003, 81, 89 und 92 f. 35 Vgl. zum geänderten Wortlaut des § 20 Abs. 8 AktG aufgrund Art. 13 TUG, BGBl. Teil I 2007, S. 10, 32.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

WpHG, die nicht nur Unternehmen, sondern jede Person treffen.36 Dazu sind auch die Veröffentlichungspflichten von Mitgliedern der Geschäftsführung oder des Aufsichtsorgans des Emittenten sowie naher Angehöriger nach § 15a Abs. 1 WpHG zu zählen.37 Die einzelnen Veröffentlichungs- und Publizitätspflichten der börsennotierten AG knüpfen unmittelbar an die Zulassung zum Börsenhandel im regulierten Markt (§§ 32 ff. BörsG) an. Dabei kommt der Ausgestaltung des jeweiligen Segments im Hinblick auf die Zulassungsfolgepflichten durch die Börsenordnung eine entscheidende Bedeutung zu. Nach § 42 BörsG kann die Börsenordnung für den regulierten Markt den Unternehmen weitere Pflichten auferlegen, die dem Schutz des Publikums oder des ordnungsgemäßen Börsenhandels dienen. Die Frankfurter Wertpapierbörse, auf die sich die Darstellung aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung konzentriert38, hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und zusätzliche Zulassungsfolgepflichten normiert. Die Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse unterscheidet inhaltlich zwischen einem General Standard und einem Prime Standard.39 Auszunehmen von der Betrachtung der einzelnen Publizitäts- und Veröffentlichungspflichten ist das Marktsegment des Freiverkehrs – an der FWB als „Open Market“ bezeichnet –, da der Handel der Wertpapiere einer AG nicht vom Willen der Gesellschaft abhängt40, sondern die Einbeziehung auf Antrag eines zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmens erfolgt (§§ 2 (3), 11 (2), 12, 13 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB)41. Etwaige 36 Die Unterscheidung zwischen den Mitteilungspflichten der Aktionäre, wenn einerseits eine Börsennotierung der AG besteht, §§ 21 ff. WpHG oder andererseits keine Börsennotierung vorliegt, §§ 20 ff. AktG und insbes. § 20 Abs. 8 AktG geht auf das 3. Finanzmarktförderungsgesetz v. 24. 03. 1998 (BGBl. Teil I 1998, S. 529 und 567) zurück. 37 Die fusionsrechtlichen Anmelde- und Anzeigenpflichten auf nationaler Ebene nach § 39 Abs. 1 GWB beim Bundeskartellamt und auf europäischer Ebene gemäß Art. 4 Abs. 1 der VO (EWG) 4064 / 89 i. d. F. der VO / EG Nr. 1310 / 97 (ABl. Nr. L 180 v. 09. 07. 1997, S. 1 ff.) bei der Europäischen Kommission bleiben ebenfalls außer Betracht. 38 Vgl. zu den Börsenordnungen der anderen Börsen: Börse Hannover: http: // www.boersenag.de; Börse Berlin: http: // www.berlinerboerse.de; Börse München: http: // www.boersemuenchen.de; Baden-Württembergische Börse: http: // www.boerse-stuttgart.de; Börse Düsseldorf: http: // www.boerse-duesseldorf.de; Börse Hamburg: http: // www.boersenag.de. 39 Siehe Börsenordung der FWB vom 28. 04. 2008; vgl. noch zur Neuordnung der Handelssegmente der Frankfurter Wertpapierbörse nach dem 4. Finanzmarktförderungsgesetz Gebhardt, WM Sonderbeilage 2 / 2003, 4; Schlitt, AG 2003, 57, 60 ff.; vor der Neusegmentierung orientierten sich die Zulassungsfolgepflichten am amtlichen Handel, geregelten Markt, Neuen Markt sowie den Teilnahmebedingungen des SMAX. Mit der Änderung des Börsengesetzes durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz (BGBl. Teil I 2002, S. 2010 ff.) wurde diese Bindung der Pflichten an die Segmentierung aufgegeben und weitgehend der satzungsrechtlichen Regelungskompetenz der Börsen überlassen. 40 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht. Rn. 17.632; anders hingegen bei der Einbeziehung in den „Entry Standard“ §§ 16 ff. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB. 41 Zugrunde gelegt sind die Regelungen mit Stand vom 28. 04. 2008, früher §§ 4 und 5 der Richtlinien für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse i. d. F. v. 15. 04. 2005.

A. Bedeutung der Bo¨rsennotierung fu¨r die notierte Aktiengesellschaft

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Publizitätspflichten des Emittenten, die unmittelbar an diese Notierung anknüpfen, bestehen nicht. Dies ergibt sich aus § 31 f. Abs. 2 WpHG, wonach Emittenten, deren Finanzinstrumente ohne ihre Zustimmung in den Handel einbezogen worden sind, nicht zur Veröffentlichung verpflichtet werden können. Die Einbeziehung der Aktien in den Freiverkehr hat für den Rückzug der AG von der Börse daher keine Bedeutung, da die AG keinen Einfluß auf die Einbeziehung der Aktien in den Freiverkehrshandel und den Widerruf oder die Kündigung (vgl. § 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB) durch den Freiverkehrsträger hat. Das gleiche muß für die Einbeziehung der Aktien in den regulierten Markt gelten, die ohne Zustimmung des Emittenten erfolgen kann (vgl. § 33 BörsG und §§ 55 ff. BörsO FWB). Der Emittent muß bei einer solchen Einbeziehung lediglich benachrichtigt werden (§ 33 Abs. 3 BörsG, § 55 Abs. 2 BörsO FWB); eine Zustimmung des Emittenten ist nicht erforderlich. a) Allgemeine Veröffentlichungspflichten nach dem WpHG Zunächst besteht im General und Prime Standard des regulierten Marktes nach § 30b Abs. 1 WpHG42 eine Veröffentlichungspflicht hinsichtlich der Einberufung der Hauptversammlung, der Ausschüttung und Auszahlung von Dividenden, der Ausgabe neuer Aktien und der Vereinbarung oder Ausübung von Umtausch-, Bezugs- und Zeichnungsrechten, die im elektronischen Bundesanzeiger vorzunehmen ist.43 Zudem sind für dieselben Segmente gemäß § 30e Abs. 1 Nr. 1 und 3 WpHG44 die Änderungen der mit den Aktien verbundenen Rechte Medien zuzuleiten, bei denen davon ausgegangen werden kann, daß sie die Information in der Europäischen Union verbreiten (§ 30e Abs. 2 WpHG i.V. m. §§ 26, 3a WpAIV) sowie dem Unternehmensregister (§ 8b HGB) zur Speicherung zu übermitteln. b) Jahresfinanzbericht Des weiteren ist der Emittent im General und Prime Standard45 des regulierten Marktes verpflichtet, einen sogenannten Jahresfinanzbericht zu erstellen und min42 Vgl. dazu die Vorgängerregelung zum amtlichen Markt § 39 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BörsG, § 63 BörsZulV und zum geregelten Markt § 54 S. 1 BörsG, geändert durch das TUG, BGBl. Teil I 2007, S. 10. 43 Vgl. im einzelnen die Begründung zum TUG, BT-Drucks. 16 / 2498, S. 40 f. 44 Bis zur Änderung durch das TUG (BGBl. Teil I 2007, S. 10) § 39 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BörsG i.V. m. § 66 BörsZulV. Die Regelung des § 67 BörsZulV konnte entfallen, da die Veröffentlichung nunmehr einheitlich im elektronischen Bundesanzeiger erfolgt und nicht wie vor der Gesetzesänderung an jedem einzelnen Börsenplatz. 45 Die bisherigen Unterschiede zwischen General und Prime Standard bezogen sich auf die Art der Rechnungslegung, so mußte der Emittent die Rechnungslegung nach internationalen Rechnungslegungsstandards durchführen (§§ 62 Abs. 1, 77 BörsO FWB), siehe im einzelnen Gebhardt, WM Sonderbeilage 2 / 2003, 9 f.; Harrer / Fisher / Evens, RIW 2003, 81, 85 f.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

destens vier Monate nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen (§ 37v Abs. 1 WpHG)46, soweit nicht bereits eine Verpflichtung nach § 325 HGB besteht47. Zudem muß der Emittent eine Hinweisbekanntmachung mit dem Inhalt veröffentlichen, ab welchem Zeitpunkt und unter welcher Internetadresse die Rechnungslegungsunterlagen (§ 37v Abs. 2 WpHG) öffentlich zugänglich sind (§ 37 Abs. 1 S. 2 WpHG). Der Jahresfinanzbericht hat mindestens den Jahresabschluß, den Lagebericht und die Erklärungen nach §§ 264, 289 HGB (Bilanzeid) zu enthalten (§ 37v Abs. 2 WpHG). Die Veröffentlichung erfolgt für eine AG, die auch einen Abschluß nach HGB erstellt, einerseits durch Übermittlung an das Unternehmensregister (§ 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB) und andererseits an Medien, die die Information in der Europäischen Union verbreiten (§ 37v Abs. 3 WpHG i.V. m. §§ 22, 3a WpAIV).

c) Halbjahresfinanzbericht und Zwischenmitteilung / Quartalsberichtspflicht Die halbjährliche Zwischenberichtspflicht in Form eines Halbjahresfinanzberichts ergibt sich für den General Standard des regulierten Marktes aus § 37w Abs. 1 WpHG48. Der Emittent hat diesen Bericht für die ersten sechs Monate eines jeden Geschäftsjahres zu erstellen und diesen unverzüglich, spätestens zwei Monate nach Ablauf des Berichtszeitraumes, der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen und eine Hinweisbekanntmachnung (§ 37w Abs. 1 S. 2 WpHG) zu veröffentlichen.49 Der Halbjahresfinanzbericht hat einen verkürzten Abschluß, einen Zwischenlagebericht und die Erklärungen nach §§ 264, 289 HGB zu enthalten (§ 37w Abs. 2 WpHG) und soll den Aktionären eine Beurteilung der Geschäftstätigkeit des Emittenten in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres ermöglichen. Er ergänzt damit die jährliche Bilanzierungspflicht gemäß §§ 242, 264 ff. HGB und die nunmehr für alle Kapitalgesellschaften geltende Veröffentlichungspflicht gemäß § 325 Abs. 2 HGB50. Darüber hinaus sind die Emittenten, die für den General Standard des regulierten Marktes zugelassen sind, in einem Zeitraum zwischen zehn Wochen nach Beginn und sechs Wochen vor Ende der ersten und zweiten Hälfte des Geschäftsjahres 46 Bisher § 39 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BörsG i.V. m. § 65 Abs. 1 BörsZulV oder § 54 S. 2 BörsG, § 71 BörsO FWB, § 39 Abs. 1 BörsG, geändert durch TUG, BGBl. Teil I 2007, S. 10. 47 Vgl. BT-Drucks. 16 / 2498, S. 43; Nießen, NZG 2007, 41, 44; Bosse, DB 2007, 39, 44; Göres, Der Konzern 2007, 15, 20. 48 Bisher § 40 Abs. 1 BörsG i.V. m. §§ 53 ff. BörsZulV oder durch einen Verweis der § 54 S. 2 BörsG, § 71 S. 2 BörsO, geändert durch TUG, BGBl. Teil I 2007, S. 10. 49 Vgl. dazu ausführlich Wiederhold / Pukallus, Der Konzern 2007, 264, 266 ff. 50 § 325 HGB geändert durch Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie Unternehmensregister (EHUG), BGBl. Teil I 2006, S. 2553; vgl. zu § 325 HGB a. F. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, BörsG, § 40 Rn. 5.

A. Bedeutung der Bo¨rsennotierung fu¨r die notierte Aktiengesellschaft

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verpflichtet, der Öffentlichkeit eine Zwischenmitteilung der Geschäftsführung zur Verfügung zu stellen und eine Hinweisbekanntmachung zu veröffentlichen (§ 37x Abs. 1 WpHG). Die Zwischenmitteilung muß Informationen enthalten, die eine Beurteilung der Geschäftstätigkeit des Emittenten in dem letzten Berichtszeitraum von drei Monaten ermöglichen (§ 37x Abs. 2 WpHG). Für die im Prime Standard des regulierten Marktes notierten AGen erübrigt sich eine solche Pflicht zur Veröffentlichung eines Halbjahresfinanzberichts und einer Zwischenmitteilung, da diese Unternehmen bereits der strengeren Quartalsberichtspflicht nach § 42 BörsG i.V. m. § 48 BörsO FWB unterliegen.51 Das bisherige ungeklärte Konkurrenzverhältnis zwischen dem Halbjahresfinanzbericht und der Zwischenmitteilung auf der einen Seite und der Quartalsberichtspflicht auf der anderen Seite ist nunmehr in § 48 Abs. 3 BörsO FWB geregelt, wonach der Halbjahresfinanzbericht für die ersten sechs Monate eines jeden Geschäftsjahres und die Quartalsberichte zum Stichtag des ersten und dritten Quartals zu erstellen sind.52 Die Quartalsberichte dienen insbesondere dazu, das Vertrauen der Investoren in die Kapitalmärkte zu stärken und wiederzugewinnen. Den Anlegern soll neben den ereignisbezogenen Berichtspflichten, etwa der Ad-hoc-Publizität, eine kurzfristige Information zu ihrem Investment gegeben werden. d) Ad-hoc-Publizität Als weitere Veröffentlichungs- und Publizitätspflicht ist die Ad-hoc-Publizität gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu nennen, die den Inlandsemittenten (§ 2 Abs. 7 WpHG) von Finanzinstrumenten dazu verpflichtet, Insiderinformationen i. S. d. § 13 WpHG, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich zu veröffentlichen.53 Diese Pflicht besteht für Emittenten von Wertpapieren, die zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind, mithin solchen Emittenten, die im regulierten Markt zugelassen sind (vgl. § 12 WpHG). Im Prime Standard müssen die Emittenten zudem ihre Ad-hoc-Mitteilungen gemäß § 51 BörsO FWB in englischer 51 Die Quartalsberichtspflicht sollte ursprünglich durch eine EU-Richtlinie bindend eingeführt werden. Gegen die Einführung wurden wirtschaftliche Bedenken erhoben, da Quartalsberichte die Kurzfrist-Perspektive förderten. Befürwortend hingegen Gebhardt, WM Sonderbeilage 2 / 2003, 11 f.; Bosse, DB 2007, 39, 45. 52 Nach den bisherigen Regelungen konnte davon ausgegangen werden, daß die nach § 63 Abs. 2 BörsO FWB a. F. bestehende Quartalsberichtspflicht die Halbjahresfinanzberichtspflicht und auch die Zwischenmitteilungspflicht konsumiert (so bisher Nießen, NZG 2007, 41, 45); siehe noch zur Rechtslage vor Änderungen durch das TUG, BGBl. Teil I 2007, S. 10; Gebhardt, WM Sonderbeilage 2 / 2003, 11; Harrer / Fisher / Evens, RIW 2003, 81, 86. 53 § 15 WpHG wurde zuletzt durch das TUG, BGBl. Teil I 2007, S. 10 und zuvor grundlegend durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (BGBl. Teil I 2004, S. 2630) geändert; zur weiteren Konkretisierung der Ad-hoc-Publizität ist die Wertpapierhandels-, anzeige- und Insiderverzeichnisverordnung erlassen worden (BGBl. Teil I 2004, S. 3376); zur Rechtslage vor in Kraft treten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes eingehend Schlittgen, Ad-hocPublizität, S. 63 ff.; Tippach, Insiderhandelsverbot, S. 143 ff.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

Sprache veröffentlichen, um die Attraktivität des deutschen Kapitalmarktes zu stärken und damit die Kontrollfunktion zu erfüllen. e) Veröffentlichung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien Die börsennotierte AG oder nach der neuen Begrifflichkeit des WpHG der Inlandsemittent (§ 21 Abs. 2 WpHG) hat gemäß § 26 Abs. 1 WpHG bei Über- oder Unterschreitung bestimmter Schwellenwerte den Erwerb oder die Veräußerung eigener Aktien (§ 71 Abs. 1 AktG) spätestens vier Handelstage nach Erreichen, Über- oder Unterschreitung zu veröffentlichen (§ 26 Abs. 1 S. 2 WpHG).54 Die Art der Veröffentlichung richtet sich nach § 26 Abs. 3 Nr. 1 WpHG i.V. m. §§ 20, 3a Abs. 1 WpAIV55, wonach die Informationen Medien zuzuleiten sind, bei denen davon ausgegangen werden kann, daß sie die Information in der gesamten Europäischen Union verbreiten. Zusätzlich hat der Emittent bereits eine von der Hauptversammlung erteilte Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) unverzüglich der BaFin gemäß § 71 Abs. 3 S. 3 AktG anzuzeigen.56 Der Erwerb eigener Aktien ist zudem gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ad-hoc-publizitätspflichtig, unterliegt aber nicht dem Insiderhandelsverbot (§ 14 Abs. 2 S. 1 WpHG i.V. m. der Verordnung (EG) Nr. 2273 / 2003 vom 22. 12. 2003, ABl. L 336 v. 23. 12. 2003, S. 33). f) Veröffentlichung eines Unternehmenskalenders und Analystenveranstaltungen Ausschließlich im Prime Standard haben die Emittenten einen Unternehmenskalender gemäß § 49 BörsO FWB in deutscher und englischer Sprache zu veröffentlichen und zu pflegen. Darin müssen die wesentlichen Termine des Emittenten, insbesondere der Termin der Hauptversammlung, der Bilanzkonferenz sowie der Analystenveranstaltungen, enthalten sein. Die Pflicht zur Durchführung von Analystenveranstaltungen ergibt sich aus den § 50 BörsO FWB. Diese Veranstaltungen sollen es den Analysten ermöglichen, den Mitgliedern der Geschäftsführung des Emittenten Fragen zur Geschäftstätigkeit und Vermögenslage der Gesellschaft stellen zu können.

54 Neufassung durch Art. 1 TUG (BGBl. Teil I 2007, S. 10, 15); vgl. Nießen, NZG 2007, 41, 44; siehe zum alten Recht die Formulare bei Stucken in Happ, Aktienrecht (2. Aufl.), S. 615 f. und Groß in Happ, Aktienrecht (2. Aufl.), S. 1399. 55 Änderung durch Art. 2 TUG (BGBl. Teil I 2007, S. 10, 23). 56 Obwohl § 71 Abs. 3 S. 2 AktG die Mitteilungspflicht dem Wortlaut nach auf börsennotierte und nichtbörsennotierte AGen erstreckt, ist der Anwendungsbereich dieser Regelung teleologisch auf börsennotierte AGen zu reduzieren, Hüffer AktG, § 71 Rn. 23a; Oechsler in MünchKomm AktG, § 71 Rn. 338.

A. Bedeutung der Bo¨rsennotierung fu¨r die notierte Aktiengesellschaft

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g) Veröffentlichung eines jährlichen Informationsdokuments, § 10 WpPG Der Emittent ist nach § 10 Abs. 1 WpPG verpflichtet, mindestens einmal jährlich seinen bereits veröffentlichten Verkaufsprospekt dadurch zu aktualisieren, daß er ein Informationsdokument erstellt, das er dem Publikum zur Verfügung stellen muß (§ 14 WpPG). Das Informationsdokument muß alle Informationen der letzten 12 Monate enthalten, die der Emittent nach gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Vorschriften machen mußte oder auf sie verweisen, also beispielsweise die Ad-hoc-Meldungen nach § 15 Abs. 1 WpHG, Angaben, die sich aus den Zulassungsfolgepflichten ergeben, wie Veröffentlichung des Jahresabschlusses, des Halbjahresfinanzberichts und ggfs. der Zwischenmitteilungen oder Quartalsberichte sowie bei einer Auslandsnotierung entsprechende Angaben aufgrund von Veröffentlichungspflichten nach ausländischen Vorschriften.57 Sinn und Zweck dieser Veröffentlichungspflicht ist es, die wesentlichen Informationen der letzten 12 Monate über den Emittenten für die Aktionäre und potentielle Anleger zu bündeln, um die Kontrolle des Kapitalmarktes über den Emittenten zu gewährleisten. h) Entsprechenserklärung zum Corporate Governance Kodex Ferner sieht § 161 AktG58 vor, daß der Vorstand und der Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft jährlich erklären, ob sie den Empfehlungen des Corporate Governance Kodex folgen oder nicht.59 Der Kodex60 regelt Grundsätze für die gute Unternehmensleitung und -kontrolle. Befolgt die Gesellschaft den Kodex, wird damit die Kontrolle durch die Transparenz der Unternehmensleitung erleichtert.61 Verpflichtend ist jedoch lediglich die Entsprechenserklärung, nicht jedoch die Befolgung Corporate Governance Kodex durch die Gesellschaft. Möchte die Gesellschaft den Kodex nicht befolgen, soll sich diese Tatsache auch auf das Vertrauen der Anleger in den Emittenten und seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Unternehmensführung auswirken. Insofern übt der Kapitalmarkt auch hier eine Kontrollfunktion aus.

Vgl. dazu Kullmann / Sester, WM 2005, 1068, 1074 f.; Götze, NZG 2007, 570, 571 f. § 161 AktG eingeführt durch Art. 1 TransPublG v. 19. 07. 2002, BGBl. Teil I 2002, S. 2681. 59 Die nicht ordnungsgemäße Abgabe der Entsprechungserklärung kann zur Folge haben, daß der Beschluß zur Entlastung des Vorstands nichtig ist, vgl. OLG München, Urt. v. 23. 01. 2008 – 7 U 3668 / 07, NZG 2008, 337, 339. 60 Der Kodex wird gemäß § 161 Abs. 1 S. 1 im elektronischen Teil des Bundesanzeigers veröffentlicht. Die jeweilig aktuelle Fassung ist im Internet abrufbar: http: // www.corporategovernance-code.de / . 61 Vgl. nur Ulmer, AcP 202 (2002), 143, 150 ff. m. w. N.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 767 f. m. w. N.; zur letzten Änderung vgl. Vetter, DB 2007, 1963. 57 58

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

i) Rechnungslegung börsennotierter Aktiengesellschaften nach HGB Abschließend ist noch auf die für börsennotierte AGen gesteigerten Rechnungslegungsvorschriften des HGB hinzuweisen. Nach § 267 HGB werden drei verschiedene Größenklassen von Kapitalgesellschaften unterschieden, die kleine, mittelgroße und große Kapitalgesellschaft. An diese Einteilung knüpft das Bilanzrecht Rechtsfolgen hinsichtlich des Umfanges, der Prüfung und der Veröffentlichung der Bilanz. Für börsennotierte AGen gilt gemäß § 267 Abs. 3 S. 2 HGB die Besonderheit, daß sie unabhängig von ihrer tatsächlichen Einordnung in die Größenklassen des § 267 HGB, etwa als kleine oder mittelgroße Gesellschaften, insgesamt als große Kapitalgesellschaft eingeordnet werden. Diese Erweiterung der grundsätzlichen Bilanzpflicht einer an einem organisierten Markt notierten AG erfolgt zum Schutz des Kapitalmarktes und dessen Funktionsfähigkeit62 und dient damit der Überwachungs- und Kontrollfunktion der Börse. Bedeutung erlangt diese Fiktion nur, wenn es sich bei der AG nicht schon um eine große AG handelt. Da die Fiktion an die Notierung an einem organisierten Markt anknüpft, sind von ihr die am regulierten Markt notierten AGen erfaßt. Anknüpfend an diese Einteilung müssen börsennotierte AGen ihre Bilanz nach § 266 HGB gliedern, ohne die Privilegierungen z. B. der §§ 266 Abs. 1 S. 3, 274a, 276, 288, 326, 327 HGB in Anspruch nehmen zu können. Des weiteren besteht eine Prüfungspflicht gemäß § 316 Abs. 1 HGB, die ansonsten kleine AGen nicht beträfe. Die bisher bestehende Besonderheit, daß börsennotierte AGen unabhängig von ihrer Größe neben anderen Unterlagen den Jahresabschluß und den Lagebericht im elektronischen Bundesanzeiger bekanntmachen müssen (§ 325 Abs. 2 HGB), ist zugunsten einer für alle Kapitalgesellschaften gleichmäßig geltenden Veröffentlichungspflicht im elektronischen Bundesanzeiger aufgehoben worden.63 Allerdings besteht für börsennotierte AGen die Besonderheit, daß der Jahresabschluß spätestens vier Monate nach dem Ende des Geschäftsjahres (§ 325 Abs. 4 HGB), und nicht erst zwölf Monate nach dem Ende des Geschäftsjahres (§ 325 Abs. 1 S. 2 HGB) zu veröffentlichen ist. Zudem muß der Anhang der Bilanz bei einer börsennotierten AG die Bezüge jedes einzelnen Vorstandsmitglieds unter Namensnennung gesondert ausweisen (§ 285 S. 1 Nr. 9 a) HGB).64 Dabei muß zwischen erfolgsunabhängigen und erfolgsbezogenen Komponenten sowie Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung unterschieden werden.

Merkt in Baumbach / Hopt HGB, § 267 Rn. 9. Vgl. EHUG, BGBl. Teil I 2006, S. 2553; siehe zu den einzelnen Änderungen in § 325 HGB auch Schlotter, BB 2007, 1, 3. 64 Eingeführt durch das Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen, BGBl. Teil I 2005, S. 2267. 62 63

A. Bedeutung der Bo¨rsennotierung fu¨r die notierte Aktiengesellschaft

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V. Aktienrechtliche Sonderbestimmungen für börsennotierte Aktiengesellschaften Das Aktienrecht knüpft unmittelbare Rechtsfolgen an die Börsennotierung der AG (§ 3 Abs. 2 AktG), die eine Verschärfung oder Erleichterung gegenüber den Regeln für eine nichtbörsennotierte AG darstellen. Solche Verschärfungen ergeben sich aus dem zwingenden halbjährlichen Sitzungsturnus des Aufsichtsrates nach § 110 Abs. 3 AktG und aus der Mitteilungspflicht anderer Mandate von Aufsichtsratsmitgliedern bei Wahlvorschlägen nach § 125 Abs. 1 S. 3, 1. HS AktG.65 Weitere Verschärfungen folgen aus den Sonderregelungen bezüglich der Prüfung durch den Aufsichtsrat nach § 171 Abs. 2 S. 2, 2. HS AktG und hinsichtlich wechselseitig beteiligter Unternehmen gemäß § 328 Abs. 3 AktG. Erleichterungen ergeben sich hingegen aus § 130 Abs. 1 S. 2 AktG hinsichtlich der Niederschrift des Hauptversammlungsbeschlusses und aus § 134 Abs. 1 S. 2 AktG, der für nichtnotierte Gesellschaften Höchststimmrechte zuläßt. Zudem kann bei einer börsennotierten AG das Bezugsrecht der Aktionäre erleichtert ausgeschlossen werden (§ 186 Abs. 3 S. 4 AktG), da bei einer Kapitalerhöhung von 10 % des Grundkapitals der Ausschluß ohne nähere Rechtfertigung zulässig ist. Darüber hinaus ist im Rahmen der Umsetzung der Aktionärsrichtlinie66 absehbar, daß weitere nur für die börsennotierte AG geltenden Regelungen in das AktG eingefügt werden67. Dies wird insbesondere Regelungen zur Einberufung der Hauptversammlung und Informationsverbreitung betreffen.68

VI. Steigerung des Bekanntheitsgrades durch die Börse Mit der Börsennotierung steigt auch der Bekanntheitsgrad einer AG sowohl beim Anlegerpublikum als auch bei Kunden und Lieferanten69, da die Börse als zentralisierte Handelsplattform und Barometer der wirtschaftlichen Verfassung eine hohe Aufmerksamkeit genießt. Diese erhöhte Aufmerksamkeit des Kapital65 § 58 Abs. 2 S. 2, 2. HS AktG, der für die börsennotierte AG eine Sonderregelung bei der Einstellung von Jahresüberschüssen als Gewinnrücklagen vorsah, ist durch das TransPublG (BGBl. Teil I 2002, S. 2681) gestrichen worden. 66 Richtlinie 2007 / 36 / EG über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften, ABl. EU Nr. L 184, S. 17. 67 Vgl. Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) vom Mai 2008; zum Entwurf Pluskat, WM 2007, 2135, 2136 ff.; Seibert, ZIP 2008, 906, 907 ff.; Noack, NZG 2008, 441, 441 ff. 68 Siehe dazu die Zusammenfassung zu §§ 121, 124a AktGE von Seibert, ZIP 2008, 906, 908.; Noack, NZG 2008, 441, 442. 69 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 44; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 9; Küffer, Gang eines mittelständischen Unternehmens an die Börse, S. 46; H. Schmidt, Börsenorganisation zum Schutze der Anleger, S. 71 f.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

marktes gründet sich unter anderem auf die gesteigerten Veröffentlichungs- und Publizitätsvorschriften, die die unternehmerischen Entscheidungen und die Entwicklung der Gesellschaft im Gegensatz zu nichtnotierten Unternehmen transparenter machen, die sich nicht täglich der Bewertung durch den Kapitalmarkt stellen müssen. Beispielhaft sei hier die Ad-hoc-Publizität gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG genannt.70 Anknüpfend an die erhöhten Publizitäts- und Veröffentlichungsregeln ergeben sich für börsennotierte AGen zudem positive Image- und Werbeeffekte im Hinblick auf die Produkte, das Unternehmen sowie ein erhöhtes Vertrauen bezüglich der Kreditwürdigkeit des Unternehmens71.

VII. Regelung und Sicherung der Unternehmensnachfolge Die börsennotierte AG bietet Aktionären, die gleichzeitig das Unternehmen leiten, die Möglichkeit, den Fortbestand des Unternehmens nach ihrem Tod zu sichern, ohne die Kapitalbasis der Gesellschaft zu beeinträchtigen 72 und die Kontinuität einer qualifizierten Unternehmensleitung73 zu gefährden.

1. Nachfolge in die Unternehmensleitung Die Organisationsform der AG gibt dem Vorstand grundsätzlich mehr unternehmerische Freiheit als der Geschäftsführung einer GmbH, da der Vorstand die Gesellschaft eigenverantwortlich leitet (§ 76 Abs. 1 AktG) und nicht den Weisungen einer Gesellschafterversammlung untersteht (§ 37 Abs. 1 GmbHG)74. Zusätzlich zu den rechtsformspezifischen Vorteilen übt die Börsennotierung eine erhöhte Anziehungskraft auf Führungskräfte aus.75 Die Börsennotierung erleichtert die Suche und Akquirierung einer qualifizierten Unternehmensleitung76 und stärkt das Unternehmen in seiner Wettbewerbsposition gegenüber den nichtnotierten Wettbewerbern. 70 Zum Mißbrauch der Ad-hoc-Publizität als Werbemittel vgl. LG Augsburg, Urt. v. 24. 09. 2001 – 3 O 4995 / 00, WM 2001, 1944 ff. und LG München I, Urt. v. 28. 06. 2001 – 12 O 10157 / 01, WM 2001, 1948 ff. 71 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 44; Schanz, Börseneinführung, § 2 Rn. 10 f. 72 Vgl. zur Frage der Kapitalbasis und der Motivation zur Erhaltung Crezelius, Unternehmenserbrecht, Rn. 2 f.; Esch / Baumann / Schulze zur Wische, Handbuch der Vermögensnachfolge, Rn. 945 und 951 ff.; Reichert, GmbHR 1998, 257, 261. 73 Esch / Baumann / Schulze zur Wische, Handbuch der Vermögensnachfolge, Rn. 952; Küffer, Gang eines mittelständischen Unternehmens an die Börse, S. 42 f., der als Beispiel die BOSS AG und die Kampa-Haus AG nennt. 74 Vgl. zur Weisungsbefugnis Schneider in Scholz GmbHG, § 37 Rn. 30 ff. 75 Zacharias, Börseneinführung, S. 53; Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 40; Schanz, Börseneinführung, § 2 Rn. 12 f.; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 9. 76 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 39.

A. Bedeutung der Bo¨rsennotierung fu¨r die notierte Aktiengesellschaft

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2. Vermögensnachfolge in Aktien des Erblassers Die Aktie ist ohne Einschränkung vererbbar.77 Die Vorteile der börsenzugelassenen Aktie in Form ihrer jederzeit möglichen Veräußerbarkeit über die Börse zeigen sich im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches und der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft. Sollte der Nachlaß des Erblassers im wesentlichen aus dem Aktienbesitz bestehen, kann die Erfüllung des Pflichtteilsanspruches eines Enterbten (§ 2303 BGB) aufgrund fehlenden eigenen Vermögens der Erben schwer fallen. Zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruches können die Miterben oder der Alleinerbe die Aktien über die Börse veräußern, um die fehlende Liquidität herzustellen, ohne selbst einen Käufer für die Aktien zu einem angemessene Preis finden zu müssen. Die Kapitalbasis der Gesellschaft bleibt unberührt, so daß das Ziel der Unternehmenskontinuität gewährleistet wird. Auch die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB) wird durch die Rechtsform der AG und die Börsenzulassung erleichtert. Das Nachlaßvermögen bildet vor der Teilung der Erbengemeinschaft nach § 2032 Abs. 1 BGB ein gesamthänderisch gebundenes Sondervermögen.78 Verlangt ein Miterbe die Auseinandersetzung (§ 2042 Abs. 1 BGB), muß die Aufteilung des Erbes und damit auch des Aktienpakets des Erblassers erfolgen.79 Die Aufteilung des Nachlasses hat, soweit keine gesonderte Auseinandersetzungsregelungen durch den Erblasser etwa in Form einer Teilungsanordnung (§ 2048 BGB80) oder Auseinander77 Crezelius, Unternehmenserbrecht, Rn. 380; Schaub, ZEV 1995, 82, 84; Esch / Baumann / Schulze zur Wische, Handbuch der Vermögensnachfolge, Rn. 1457; ihre Vererbbarkeit kann durch die Satzung nicht ausgeschlossen werden, vgl. Edenhofer in Palandt BGB, § 1922 Rn. 23; auch eine Vinkulierung nach § 68 Abs. 2 S. 1 AktG hindert die Vererbbarkeit nicht, vgl. Hüffer AktG, § 68 Rn. 11; Edenhofer in Palandt BGB, § 2032 Rn. 13; allerdings kann die Satzung bestimmen, daß im Falle des Todes eines Aktionärs die Aktien gemäß §§ 237 ff. BGB einzuziehen sind, vgl. dazu Schaub, ZEV 1995, 82, 85 mit Formulierungsbeispiel einer Satzungsklausel, jedoch wird durch diese Maßnahme die Kapitalbasis der AG berührt. Dies entspricht damit regelmäßig nicht dem Interesse des Aktionärs an der Erhaltung der Kapitalbasis der AG. 78 Ann, Erbengemeinschaft, S. 143 ff.; Edenhofer in Palandt BGB, Einf v § 2032 Rn. 1. 79 Vor Teilung der Erbengemeinschaft ergibt sich die aktienrechtliche Besonderheit, daß die Rechte aus den Aktien gemäß § 69 Abs. 1 AktG nur durch einen gemeinschaftlichen Vertreter ausgeübt werden können, da die AG sonst vor den Nachteilen unterschiedlicher Meinungsbildung hinsichtlich der Ausübung der Rechte nicht geschützt werden könnte. Vgl. dazu Hüffer AktG, § 69 Rn. 1; Crezelius, Unternehmenserbrecht, Rn. 382; Ann, Erbengemeinschaft, S. 372 ff., der § 69 Abs. 1 AktG als Schutzinstrument vor divergierenden Miterbenmeinungen auch bei der Nachfolge in Aktienpakete gelten lassen will, a. A. dagegen Bartholomeyczik in FS Lange, S. 343, 350 f., der den Vertreter der Miterbengemeinschaft entsprechend der unterschiedlichen Meinungsbildung abstimmen lassen will. Ist die AG selbst Erbin der Aktien geworden, so kann sie die Rechte aus den Aktien gemäß § 71b AktG nicht wahrnehmen. 80 Vgl. Edenhofer in Palandt BGB, § 2042 Rn. 3 und § 2048 Rn. 4.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

setzungsvereinbarung unter den Miterben vorliegt81, gemäß § 2042 Abs. 2 BGB i.V. m. § 752 BGB grundsätzlich in natura zu erfolgen. Die Teilung nach § 752 BGB setzt voraus, daß der aufzuteilende Gegenstand teilbar ist. Aktien als solche sind zwar einzeln gemäß § 8 Abs. 5 AktG nicht teilbar, jedoch werden regelmäßig ganze Aktienpakete vererbt. Daher ist dem Grundsatz des § 752 S. 1 BGB folgend, zunächst das Aktienpaket durch Verteilung der einzelnen Aktien unter den Miterben aufzuteilen, bis die Einzelaktien aufgrund ihrer geringen Anzahl nicht mehr in natura entsprechend der Erbquote auf alle Miterben verteilt werden können. Ein Restbestand von Aktien muß gemäß §§ 2042, 753 Abs. 1, 1293, 1233 Abs. 1, 1235 Abs. 2, 1221 BGB durch Verkauf an der Börse verwertet werden, da die restlichen Aktien gemäß § 8 Abs. 5 AktG unteilbar sind.82 Der erzielte Erlös ist entsprechend der Erbquote zu teilen. Einigen sich alle Erben der Erbengemeinschaft auf den Verkauf eines Teils oder sämtlicher Aktien, können die Aktien über die Börse veräußert und der Erlös entsprechend aufgeteilt werden. Der jeweilige Wert der Aktien kann anhand der Börsenpreise ohne weiteres bestimmt werden. Die leichte Veräußerbarkeit eröffnet den Erben zudem Gestaltungsspielräume, etwa die Aktien zu einem späteren Zeitpunkt zu veräußern.

VIII. Mitarbeiterbeteiligung Jedes Unternehmen verfolgt das Ziel, die Produktivität zu steigern. Um dieses Ziel zu erreichen ist es notwendig, die Mitarbeiter zu höheren Leistungen und größeren Anstrengungen zu motivieren. Zur Steigerung der Motivation der Mitarbeiter besteht daher die Möglichkeit, die Vergütung für die geleistete Arbeit zumindest teilweise an die Gewinne des Unternehmens zu binden.83 Dies erfolgt bei der AG durch die Teilhabe am Kursgewinn der Aktien, da sich der Erfolg eines Unternehmens bei einem funktionierenden Kapitalmarkt in einem gestiegenen Börsenkurs der Aktien widerspiegelt.84 Die Erfolgsbeteiligung kann dabei durch Belegschaftsaktien oder Aktienoptionen erfolgen. BGH, Urt. v. 09. 07. 1956 – V BLw 11 / 56, BGHZ 21, 229, 232. Dieses Ergebnis bestätigt für Kuxe das RG, Urt. v. 09. 01. 1918 – V 223 / 17, RGZ 91, 416, 418 und 420. 83 Lörcher, Aktienoptionen bei Strukturveränderungen der Arbeitgebergesellschaft, S. 39 ff.; als weitere Argumente werden die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, das eigenverantwortliche Denken der Mitarbeiter, die Senkung des Krankenstands und die Bindung des einzelnen Arbeitnehmers an die Gesellschaft genannt, vgl. Schanz, Börseneinführung, § 21 Rn. 3 f.; Roschmann / Erwe in Harrer, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, Rn. 173 und 181 f.; speziell zu den Zielen bei der Beteiligung von Führungskräften Götze, Aktienoptionen, S. 48 ff.; Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 45; Zacharias, Börseneinführung, S. 53 f., der die Akquirierung qualifizierter Mitarbeiter betont. 84 Götze, Aktienoptionen, S. 75 ff., insbesondere wird als entscheidender Faktor die Führung der AG genannt. Die weiteren Einflußfaktoren wie das konjunkturelle oder das branchenspezifische Umfeld bleiben bei dieser Betrachtung außer Betracht. 81 82

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1. Aktienoptionen Rechtstechnisch erfolgt die Beteiligung bei Aktienoptionen durch die Einräumung einer Kaufoption der Aktien der AG. Die Eignung der börsenzugelassenen Aktien als Beteiligung am Eigenkapital der Gesellschaft folgt aus der leichten Übertragbarkeit und der Handelbarkeit über die Börse. Die Gesellschaft verpflichtet sich gegenüber dem Mitarbeiter, eine bestimmte Zahl von Aktien zu einem sogenannten Basispreis zu verkaufen.85 Den einzelnen Mitarbeiter trifft hingegen keine Verpflichtung. Regelmäßig wird er die Kaufoption nur wahrnehmen, wenn der Börsenkurs der Aktie über dem Basispreis liegt, er diese also mit Gewinn veräußern kann. Der an der Börse nach einem bestimmten Verfahren festgelegte Börsenpreis (§ 24 Abs. 1 BörsG) ist das entscheidende Kriterium, ob er die Option ausüben will. Die Differenz zwischen dem Basispreis und dem Verkaufspreis steht dem jeweiligen Mitarbeiter als Gewinn und gleichzeitig als Teil seiner Vergütung zu. Durch die Veräußerungsmöglichkeit der Aktie über die Börse und die dortige Feststellung eines Börsenpreises steht der AG eine Möglichkeit zur Erfolgsbeteiligung zur Verfügung.86 Ohne die Börsenzulassung könnten die Mitarbeiter ihre Aktien nur unter erheblichen Schwierigkeiten veräußern, da ihnen die Börse als Allokationspunkt von Angebot und Nachfrage fehlen würde. Zudem könnten sie den Wert ihrer Beteiligung nur schwer abschätzen, da keine am Markt orientierte Preisbildung stattfände. 2. Belegschaftsaktien Die Mitarbeiter haben über einen bestimmten Zeitraum die Möglichkeit, Aktien ihres Arbeitgebers zu einem in der Regel günstigen Ausgabekurs zu erwerben. Die Aktien können aus einer effektiven oder genehmigten Kapitalerhöhung stammen.87 Mit der Zeichnung der Aktien übernimmt der Mitarbeiter das volle Kursrisiko, da er nicht abschätzen kann, wie sich der Aktienkurs an der Börse in der Zukunft entwickeln wird. Aber auch hier bildet der Börsenkurs die wesentliche Grundlage für den Verkauf der Aktien, da er anzeigt, ob die Veräußerung wirtschaftlich sinnvoll ist. Die Börsenzulassung erhöht zudem die Attraktivität der Belegschaftsaktie, weil sie ohne hohe Transaktionskosten wieder veräußert werden kann.

85 Zur dogmatischen Einordnung der Option vgl. nur Götze, Aktienoptionen, S. 32 f.; Roschmann / Erwe in Harrer, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, Rn. 178. Die Aktien können etwa aus einer bedingten Kapitalerhöhung gemäß § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG oder aber auch aus einem Aktienrückkauf der Gesellschaft nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG stammen. 86 Klahold, Aktienoptionen als Vergütungselement, S. 26. 87 Ausführlich Roschmann / Erwe in Harrer, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, Rn. 173 ff.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

IX. Kosten der Börsennotierung Die Kosten für die Börsennotierung eines Unternehmens umfassen sämtliche laufenden Aufwendungen, die unmittelbar mit der Zulassung an der Börse in Zusammenhang stehen und an die bestimmte kapitalmarktspezif ische Pflichten anknüpfen. Auszuklammern sind daher solche Aufwendungen, die durch die Zulassung der Notierung entstehen und die durch die Rechtsform als AG bedingt sind, wie z. B. die Einberufung und Organisation der Hauptversammlung88. In der Literatur werden Notierungskosten von insgesamt ca. 450.000 A bis 2.000.000 A89 oder 60.000 A bis 250.000 A direkten Kosten90 genannt, wobei aus praktischer Sicht die Notierungskosten für eine am Neuen Markt notierte Gesellschaft zwischen 882.500 A und 1.252.500 A angesetzt wurden91. Um die Kostenstruktur offenzulegen, kann zwischen Pflichtkosten, die auf einer gesetzlichen oder vertraglichen Pflicht beruhen und unmittelbar auf die Notierung zurückzuführen sind, und marktveranlaßten Kosten unterschieden werden.92 Marktveranlaßte Kosten sind solche, die vom organisierten Kapitalmarkt und seinem Umfeld zusätzlich zu den gesetzlichen und vertraglichen Pflichten erwartet werden, um etwa die notwendige Transparenz des Emittenten und seiner Unternehmensstrategie herzustellen.

1. Pflichtkosten Zu den Pflichtkosten zählen zunächst die Notierungskosten und die Kosten zur Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Publizitäts- und Informationspflichten. Notierungskosten sind Kosten, die aufgrund der laufenden Notierung der Aktien an der Börse entstehen. § 17 Abs. 1 Nr. 5 BörsG enthält die Ermächtigung zum Erlaß einer Gebührenordnung in Form einer Satzung hinsichtlich der Notierung von Wertpapieren. Darüber hinaus kann der Börsenträger nach § 17 Abs. 3 BörsG für Dienstleistungen seperate Eintgelte verlangen. Die Frankfurter Wertpapierbörse hat in ihrer Gebührenordnung93den Gebührentatbestand der Notierung 88 A. A Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 17 f., der die Kosten der Hauptversammlung als Aktionärsdienstleistungen bezeichnet und zu den Kosten der Börsennotierung zählt; ebenso Hackstein, Going Private, S. 41; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rn. 242 f. 89 Hohn, Going Private, S. 33; Trommer, Hemmnisse auf dem Weg zur Börse, S. 137; Hackstein, Going Private, S. 42, der einen Kostenaufwand von 5 % – 10 % der Börsenkapitalisierung nennt. 90 So Zillmer, Going Private, S. 87. 91 Vgl. dazu FAZ v. 02. 03. 2002, S. 25. 92 Ähnlich die Unterscheidung bei Zillmer, Going Private, S. 85 ff., der zwischen direkten und indirekten Kosten unterscheidet. Direkte Kosten seien die Kosten, die sich aus der Börsennotiz ergeben, während indirekte Kosten nicht unmittelbar quantifizierbare Kosten seien. 93 Gebührenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand vom 01. 11. 2007.

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in §§ 1 Abs. 1 Nr. 5, 15 GebührenO FWB aufgegriffen und nicht auf die Zulassung und Einführung der Wertpapiere beschränkt.94 Weitere Kosten entstehen durch die zahlreichen Publizitäts- und Informationspflichten des Emittenten 95, wie z. B. die regelmäßige Veröffentlichung von Quartals- und Zwischenberichten sowie Jahresabschlüssen, die Mitteilung über die Ausschüttung der Dividende usw. sowie die Einhaltung der Ad-hoc-Regelungen.96 Des weiteren erhöht die besondere bilanzrechtliche Prüfungspflicht des Jahresabschlusses und des Lagerberichts durch einen Abschlußprüfer die Kosten der Notierung.97 Ferner muß der Emittent für einzelne Amtshandlungen der BaFin Gebühren zahlen, etwa für die Überwachung der Ad-hoc-Publizität (§ 14 Abs. 1 FinDAG i.V. m. § 2 Abs. 1 FinDAGKostV). Zudem ist der einzelne Emittent aufgrund der Börsenzulassung an der allgemeinen Umlage für die Kosten der BaFin beteiligt (§ 16 Abs. 1 FinDAG i.V. m. § 6 Abs. 2 Nr. 3 d) FinDAGKostV; 10 % der umlagefähigen Kosten, § 5 Abs. 1 FinDAGKostV, tragen die Emittenten). 98

2. Marktveranlaßte Kosten Die marktveranlaßten Kosten umfassen sogenannte Opportunitätskosten, Kosten für Investor Relations, Rechtsberatung, Road Shows, Werbung und Kursstabilisierungsmaßnahmen.99 Die Opportunitätskosten setzen sich im wesentlichen aus der zeitlichen Inanspruchnahme des Vorstands für die Vorbereitung und Durchführung von Pressekonferenzen oder anderen Werbemaßnahmen sowie Kosten für weitere Mitarbeiter zusammen.100 Kann das Unternehmen selbst nicht die notwendigen 94 Anders bisher die Gebührenordnungen der anderen Wertpapierbörsen wie z. B. Berlin, Düsseldorf, München, Stuttgart knüpfen lediglich an die Zulassung und Einführung der Wertpapiere an, nicht jedoch an die laufende Notierung der Aktien. Für die im Neuen Markt der FWB gehandelten Aktien galt dies hingegen auch. Nach Abschnitt 4 Nr. 2 Regelwerk Neuer Markt war ein jährliches Pauschalentgelt in Höhe von 7.500 A zu zahlen. 95 Klenke, WM 1995, 1089, 1091 f. 96 Vgl. dazu oben 2. Teil: A.IV.2.d), S. 47; Die am Neuen Markt notierten Gesellschaften, deren Aktien im elektronischen Handelssystem gehandelt wurden, hatten außerdem gemäß Abschnitt 3 Nr. 4 Regelwerk Neuer Markt die Pflicht, zwei „Designated Sponsors“ nachzuweisen; vgl. die Umfrage von Morgan Lewis & Bockius LLP, präsentiert auf dem Workshop der Deutsche Börse AG vom 13. 02. 2002 (unveröffentlicht), die alleine die Kosten bzgl. der drei Quartalsberichte zwischen 40.000 A und 90.000 A und zwei Designated Sponsors pro Jahr auf 150.000 A ansetzen; Schanz, Börseneinführung (2. Aufl.), S. 340, hingegen setzt für einen Designated Sponsor 30.000 A bis 60.000 A an. 97 Dazu oben 2. Teil: A.IV.2.i), S. 50. 98 Vgl. zur Regelung vor dem 4. Finanzmarktförderungsgesetz in § 11 WpHG Dreyling in Assmann / Schneider WpHG (2. Aufl.), § 11 Rn. 14 ff. 99 Teilweise zu diesen Aspekten Schanz, Börseneinführung (2. Aufl.), S. 340; FAZ v. 02. 03. 2002, S. 25. 100 Vgl. Umfrage von Morgan Lewis & Bockius LLP, die die Kosten insgesamt mit 150.000 A ansetzen.

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Ressourcen für Investor Relations bereithalten, so müssen diese Aufgaben durch Externe erbracht werden.101 Um die Bekanntheit des Unternehmens gegenüber Wettbewerbern zu stärken, sind Anzeigen- und Werbekampagnen erforderlich, die ebenfalls Kosten verursachen. Außerdem können durch Maßnahmen zur Kursstabilisierung, etwa den Kauf eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden102, oder durch Rückerwerb von eigenen Aktien aufgrund einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG), weitere Kosten entstehen. Die marktveranlaßten Kosten können aufgrund der Unternehmensgröße und -struktur, der Kapitalintensität der Investitionen und der öffentlichen Wahrnehmung von Gesellschaft zu Gesellschaft stark schwanken.103

B. Bedeutung der Börsennotierung für die Aktionäre Die Bedeutung der Börsennotierung für die Aktionäre als Kapitalanleger folgt aus den Funktionen der Börse, die diese gegenüber den Anlegern wahrnimmt und aus den Zielen und Motiven der Anleger. Die Begriffe des Aktionärs und Kapitalanlegers entsprechen sich in dem Moment, indem der Anleger Aktien an der Börse erwirbt. Im Vordergrund der Betrachtung steht für die Aktionäre der Sekundärmarkt der Börse, auf dem die Aktien der Gesellschaft bereits notiert sind und gehandelt werden. Da die Anleger jedoch keine homogene Gruppe bilden, kann die Bedeutung der Börse für die jeweiligen Anlegerkreise mal mehr oder weniger wichtig sein. Diese unterschiedliche Gewichtung der Bedeutung der Börse ergibt sich aus den unterschiedlichen Anlagezielen und den daraus folgenden Interessen der Aktionäre, ihr Kapital in Aktien zu investieren. Denn lassen sich mit der Börse die Anlageziele des jeweiligen Anlegers verwirklichen, so wird der Börse regelmäßig eine hohe Bedeutung zukommen. Umgekehrt hat sie eine geringe Bedeutung, wenn sich die Ziele auch ohne sie erreichen lassen. Ziele der Anleger können etwa eine möglichst hohe Rendite oder auch der Erwerb einer Kapitalmehrheit an einer Gesellschaft sein. Um die eigentliche Bedeutung der Börse für die einzelnen Anlegerkreise herausarbeiten zu können, ist es notwendig, zwischen den verschiedenen Anlegertypen zu differenzieren. Einerseits kann nach der Beteiligungshöhe am Grundkapital zwischen Klein- und Großaktionären104 und andererseits nach den gesteckten An101 Nach der Umfrage von Morgan Lewis & Bockius LLP entstehen Kosten in Höhe von ca. 80.000 A und 150.000 A. 102 Streitig ist, ob der Erwerb eigener Aktien zur Kurspflege zulässig ist, bejahend OLG Frankfurt / Main, Urt. v. 30. 01. 1992 – 16 U 120 / 90, AG 1992, 194, 196; a. A. Hüffer AktG, § 71 Rn. 10. 103 Hohn, Going Private, S. 33; Schanz, Börseneinführung (2. Aufl.), S. 340. 104 So schon Passow, Wirtschaftliche Bedeutung und Organisation der AG, S. 124 ff.; ders., Strukturwandel der AG, S. 11; Rathenau, Aktienwesen, S. 26 f.; Iber, Entwicklung der

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lagezielen zwischen Unternehmer-, Anleger- und Spekulationsaktionären 105 unterschieden werden. Zunächst mag der letzte Anknüpfungspunkt zur Feststellung der Bedeutung der Börse für die Aktionäre näher liegen als die Unterscheidung nach Klein- und Großaktionären, da die Anlageziele unmittelbar in den Vordergrund der Untersuchung gestellt werden. Zudem kann von der Beteiligungshöhe nicht zwingend auf bestimmte Anlageziele geschlossen werden. Allerdings ist zu berücksichtigten, daß die Aufhebung der Aktiennotierung wesentlich durch den Großaktionär beeinflußt wird, da er die Mehrheit in der Hauptversammlung besitzt und damit etwaige Strukturmaßnahmen ohne die Zustimmung der anderen Aktionäre beschließen kann.106 Gegen die vom Großaktionär getragenen Entscheidungen in der Hauptversammlung gehen regelmäßig die Kleinaktionäre vor, um den Rückzug von der Börse zu verhindern.107 Insofern ist festzuhalten, daß die Konflikte sich auf den Gegensatz zwischen Klein- und Großaktionär konzentrieren. Rechtstatsächlich kennzeichnen sich die Aktionärsstrukturen der Gesellschaften, die sich von der Börse zurückziehen wollen, dadurch, daß ein Großaktionär vorhanden ist und viele Kleinaktionäre, regelmäßig weniger als 10 % des Aktienkapitals, den Rest der Aktien halten.108 Ferner spricht für diese Unterscheidung, daß das AktG zwar nicht unmittelbar zwischen Klein- und Großaktionär differenziert, die Rechte der Aktionäre jedoch an ihre Beteiligungshöhe koppelt.109 Daher wird von Grupp ein mit weniger als 5 % beteiligter Aktionär als Kleinaktionär angesehen. Kleinanleger sind vorwiegend Privatpersonen, die nur kleinere Geldbeträge investieren und daher über keinen nennenswerten Anteilsbesitz verfügen.110 Die Eigenschaft eines Großaktionärs wird erst ab einer Beteiligung von über 25 % des Grundkapitals angenommen.111 Großaktionäre sind in der Regel institutionelle Anleger, wie Aktionärsstruktur, S. 59; Trommer, Hemmnisse auf dem Weg zur Börse, S. 96 ff.; Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 48; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 473 f. 105 Kaczynski, Der aktive Grossaktionär, S. 26 ff.; ähnlich Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 428, der zwischen Kapitalanleger, institutionellem Anleger und Unternehmensgesellschafter unterscheidet. 106 Exemplarisch dazu der Fall der Ingram Macrotron AG, wo der Großaktionär Inhaber von knapp 90 % der Aktien war, vgl. OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, DB 2001, 747, 747 = WM 2002, 662, 664 f. = WuB I G 7. – 3.02 (Pluskat); ebenso bei der Michael Weinig AG, wo der Großaktionär Eigentümer von mehr als 96 % der Aktien war, vgl. Börsen-Zeitung v. 06. 05. 2000, S. 11. 107 Vgl. zur Ingram Macrotron AG BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533; OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, DB 2001, 747 ff.; siehe auch zur Michael Weinig AG LG Mosbach, Urt. v. 28. 12. 2000 – KfH O 56 / 00, EWiR 2001, 207 (Rottnauer). 108 Diese Frage schon aufwerfend Passow, Wirtschaftliche Bedeutung und Organisation der AG, S. 124; ders., Strukturwandel der AG, S. 10 f.; Dieses Ergebnis wird nun durch die empirische Untersuchung für den Börsenrückzug von Beck / Stinn, FB 2002, 653, 656 bestätigt. 109 Vgl. die Übersicht bei Lehmann, AG 1983, 113, 117 ff. 110 So schon Passow, Aktiengesellschaft, S. 329. 111 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 48; ähnlich Iber, Entwicklung der Aktionärsstruktur, S. 60.

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z. B. Banken, Versicherungen und Investmentgesellschaften.112 Diese grobe Einteilung wird durch das AktG gestützt, da erst mit einer über 25 % liegenden Beteiligung grundlegende Strukturmaßnahmen verhindert werden können.113 Liegt die Beteiligung darunter aber über 10 % des Grundkapitals, schwinden die Einflußmöglichkeiten des einzelnen Aktionärs auf die Gesellschaft, so daß zwar noch sogenannte Mitverwaltungsrechte bestehen, die aber einen wesentlich geringeren Einfluß auf die Gesellschaft zulassen. Dieser Anlegerkreis kann weder als Großnoch als Kleinaktionär bezeichnet werden. Für die Unterscheidung und die Herausarbeitung etwaiger Gegensätze im Hinblick auf die Anlegerziele genügt aber die Unterscheidung nach Groß- und Kleinaktionär, da sich in diesem Verhältnis die größten Spannungen zeigen. Ob nun aber Groß- und Kleinaktionäre gleichgerichtete Interessen haben und welche tatsächliche Bedeutung die Börse dabei hat, ist eine Frage der jeweiligen Funktion der Börse.

I. Handelsfunktion Die Börse zeichnet sich im Sekundärmarkt dadurch aus, daß sie Anbieter und Nachfrager von notierten Aktien in einem organisierten Marktumfeld zusammenführt und eine Zentralisierung der Geschäftsabschlüsse herbeiführt.114 Die Aktie als verkörpertes Mitgliedschaftsrecht wird dadurch handelbar. Die Handelbarkeit der Aktie über die Börse erklärt jedoch nicht, auf welchen rechtlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen die Kauf- und Verkaufsmöglichkeit beruhen und welche Bedeutung dies für den einzelnen Kapitalanleger hat.

1. Grundsatz der freien Veräußerbarkeit und Verkehrsfähigkeit Das in der Aktie verkörperte Mitgliedschaftsrecht ist grundsätzlich frei übertragbar.115 Dieser zwingende Grundsatz wird über die Möglichkeit einer Vinkulierung von Namensaktien gemäß § 68 Abs. 2 AktG beschränkt. Die Vinkulierung bildet die äußerste Grenze der Beschränkbarkeit.116 Darüber hinaus kann die freie Übertragbarkeit mit dinglicher Wirkung nicht weiter eingeschränkt werden.117 Da dem Aktienrecht ein Austritts- oder Kündigungsrecht des Aktionärs grundsätzlich 112 Vgl. Passow, Aktiengesellschaft, S. 331, der aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung noch von dem klassischen Unternehmeraktionär als Großaktionär ausgeht. 113 Vgl. Lehmann, AG 1983, 113, 118 f. 114 Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 32; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.47. 115 BGH, Urt. v. 01. 12. 1986 – II ZR 287 / 85, WM 1987, 174, 175; Bungeroth in Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff AktG, § 68 Rn. 67. 116 BayObLG, Beschl. v. 24. 11. 1988 – BReg 3Z 111 / 88, ZIP 1989, 638, 640. 117 Bungeroth in Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff AktG, § 68 Rn. 68; Hüffer AktG, § 68 Rn. 14.

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fremd ist118, erfolgt eine Beendigung der Mitgliedschaft in der AG über die Veräußerung der Aktie.119 Würde der Grundsatz der freien Veräußerbarkeit nicht gelten, wäre der Aktionär an eine Gesellschaft gebunden, ohne sich von ihr lösen zu können. Der Grundsatz der freien Übertragbarkeit bildet daher das notwendige Gegenstück zu einem etwa im Gesellschaftsvertrag einer GmbH vereinbarten Kündigungsrecht.120 Die Aktie zeichnet sich zudem durch eine hohe Umlauffähigkeit aus, da die Übertragung keiner bestimmten Form bedarf, wie z. B. die Übertragung eines GmbH-Anteils, die nach § 15 Abs. 3 GmbHG notariell beurkundet werden muß. Unterschiede ergeben sich jedoch im Hinblick auf die Umlauffähigkeit von Inhaber- und Namensaktien. Während Inhaberaktien im Effektengiroverkehr gemäß §§ 929, 931 BGB durch Einigung und Abtretung des Herausgabeanspruches bzgl. der Aktien übertragen werden (§ 7 Abs. 1 DepotG)121, sind Namensaktien nur uneingeschränkt umlauffähig, wenn sie als geborene Orderpapiere mit einem Blankoindossament versehen sind122. Erst dann sind sie gemäß § 5 Abs. 1 DepotG sammelverwahrfähig.123

2. Steigerung der Verkehrsfähigkeit der Aktie durch die Börsenzulassung Zwar ist die Aktie als solche frei veräußerbar und umlauffähig, ihre Handelbarkeit ergibt sich jedoch aus der Funktion der Börse. Denn erst die Zusammenführung von Aktienkäufern und -verkäufern ermöglicht den eigentlichen Handel mit den Effekten. Die Börse übernimmt dabei als Handelsplattform die Zusammenführung von Anbietern und Nachfragern, d. h. das Angebots- und Nachfragepotential wird bei der Börse zentralisiert, um Angebot und Nachfrage zu einem weitestmöglichen Ausgleich zu bringen.124 Erst diese Zentralisierung der Geschäftsabschlüsse verleiht den Aktien ihre Liquidität, da der Anleger durch den jederzeit möglichen Kauf oder Verkauf seine Anlage in liquide Geldmittel umsetzen kann. Die Liquidität wird letztendlich durch den Emittenten, die von ihm ausgegebenen Aktien und Siehe dazu unten ausführlich 4. Teil: D.V.1.b), S. 251 ff. Grundsätzlich zum Problem der Lösung von einer Kapitalanlage Kalss, Anlegerinteressen, S. 477 ff. 120 Bungeroth in Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff AktG, § 68 Rn. 67. 121 Für in Sammelurkunden zusammengefaßte Aktien kann die Herausgabe von Einzelurkunden nicht verlangt werden (§ 9a Abs. 3 DepotG), wenn der Aussteller der Aktie gemäß § 10 Abs. 5 AktG den Anspruch auf Einzelverbriefung ausgeschlossen hat. 122 Hopt in Baumbach / Hopt HGB, § 5 DepotG Rn. 1; vgl. Hüffer AktG, § 68 Rn. 3 und 5. 123 Vgl. zur Sammelverwahrfähigkeit von Namensaktien Einsele in MünchKomm HGB, Depotgeschäft Rn. D 41. 124 Foelsch in Hellner / Steuer BuB, Rn. 7 / 420; Hellwig in Obst / Hintner, Geld-, Bankund Börsenwesen, S. 25. 118 119

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die kauf- und verkaufswilligen Anleger bestimmt.125 Voraussetzung für einen ungestörten Handel sind eine transparente Preisbildung und niedrige Transaktionskosten.126 Diese Handelbarkeit wird auch als Fungibilität bezeichnet.

3. Bedeutungsunterschiede für die verschiedenen Aktionärskreise Die Bedeutung dieser marktmäßigen Handelsmöglichkeit erschließt sich aus den verschiedenen Anlegerzielen, die mit dem Erwerb der Aktien verfolgt werden und den eingesetzten Mitteln, um diese Ziele zu erreichen.

a) Bedeutung der Handelbarkeit für Kleinaktionäre Der Kleinaktionär ist bestrebt, mit seiner Beteiligung eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. Das Ziel, Einfluß auf die Unternehmens- und Geschäftpolitik zu nehmen, kann er schon aufgrund seiner regelmäßig geringen Beteiligung nicht verwirklichen, so daß ihm lediglich die aktienrechtlichen Vermögensrechte sowie die börsenspezifischen Gewinnsteigerungschancen seiner Kapitalanlage in Aktien verbleiben.127 Aktienrechtliche Vermögensrechte sind der Dividendenanspruch gemäß § 58 Abs. 4 AktG, der auf Teilhabe am Bilanzgewinn gerichtet ist, und das Bezugsrecht junger Aktien bei einer etwaigen Kapitalerhöhung gemäß § 186 Abs. 1 AktG. Im Mittelpunkt der börsenspezifischen Anlageziele steht die Chance, daß der Kurs der Aktie nach Ablauf eines geplanten Zeitraumes steigt und der Gewinn über einen Verkauf der Aktie realisiert werden kann. Mittel zur Realisierung des Kursgewinns sind die Handelsmöglichkeit und die Preisfeststellung der Börse, denn der Kleinanleger braucht sich selbst nicht um einen Käufer seiner Aktien zu bemühen. Zudem werden an der Börse fortlaufend die Preise für die jeweiligen Aktien festgestellt, so daß der Anleger weiß, zu welchem Preis er seine Aktie verkaufen kann. Ohne die Börse könnte er nur schwer einen angemessenen Preis ermitteln, da er keinen Überblick über andere Anteilsverkäufe oder -käufe hat, die ihm als Orientierung dienen könnten. Diese Verkaufsmöglichkeit der Kapitalanlage wird auch als Liquidierbarkeit bezeichnet128, die als Eigenschaft zur Realisierung der Kursgewinne für private Anleger im Vordergrund steht129. Motive für Kalss, Anlegerinteressen, S. 54. Dazu Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.415 f.; Foelsch in Hellner / Steuer BuB, Rn. 7 / 420; den Aspekt niedriger Transaktionskosten betont H. Schmidt, Börsenorganisation zum Schutze der Anleger, S. 65 ff.; Kalss, Anlegerinteressen, S. 54 f. 127 Trommer, Hemmnisse auf dem Weg zur Börse, S. 99; Iber, Entwicklung der Aktionärsstruktur, S. 60; Wedell, Minderheitenschutz im Aktienrecht?, S. 30; Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 50; Immenga, Aktiengesellschaft, Aktionärsinteressen und Institutionelle Anleger, S. 9; Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 428; Assmann in Assmann / Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., § 1 Rn. 59. 128 Ruda, Ziele privater Kapitalanleger, S. 20. 125 126

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einen möglichst hohen Kursgewinn sind neben dem reinen Gewinnstreben auch die Altersvorsorge durch Kauf von Aktien.130 Die Länge des Kapitalanlagezeitraums, für den die Aktien erworben werden, schwankt je nach Anlagestrategie des einzelnen Anlegers. Gleichgültig, wie dieser Zeitraum bemessen ist, ermöglicht die Handelbarkeit, die Aktien auch nach einem längeren Zeitraum wieder über die Börse zu veräußern, etwa wenn die Aktien Teil der Altersvorsorge eines Kleinaktionärs sind. Die Handelbarkeit der Aktie hat für den Kleinaktionär eine große Bedeutung, da er sich jederzeit von seiner Kapitalanlage durch Verkauf über die Börse trennen kann. Bestünde keine solche günstige und schnelle Veräußerungsmöglichkeit, wäre der Aktionär faktisch an die AG gebunden und könnte sein Anlageziel auch in zeitlicher Hinsicht nicht verwirklichen. Die Börse nimmt daher eine zentrale Funktion zur Verwirklichung dieser Anlageziele wahr. b) Bedeutung der Handelbarkeit für Großaktionäre Die Großaktionäre verfolgen allein schon aufgrund der Höhe ihres finanziellen Engagements nicht lediglich reine Renditeinteressen, sondern vornehmlich unternehmerische Ziele. Die Kapitalbeteiligung dient dazu, Einfluß auf den Vorstand zu nehmen und damit die strategische Ausrichtung des Unternehmens zu beeinflussen.131 Zwar ermöglicht ein entsprechend hoher Aktienbesitz keine unmittelbare Einflußnahme auf den Vorstand, da dieser weisungsunabhängig ist, jedoch kann zum einen über die Hauptversammlung und zum anderen über den von den Aktionären zu wählenden Aufsichtsrat Einfluß genommen werden, der wiederum den Vorstand gemäß § 111 AktG überwacht und nach § 84 AktG bestellt. Der Erwerb eines größeren Anteils an einer AG kann auf unterschiedlichsten Motiven beruhen, etwa eine Unternehmensübernahme zur Vorbereitung einer späteren Konzernierung oder lediglich die Beteiligung an einem Wettbewerber und dessen strategischer Ausrichtung bis hin zu einer Beteiligung institutioneller Investoren als lohnendes Investment, um unausgeschöpfte Wertpotentiale durch die Einflußnahme auf die Geschäftspolitik zu realisieren. Die Kapitalbeteiligung ist dabei auf einen langen Anlage- oder Beteiligungszeitraum ausgerichtet.132 Die Bedeutung der Handelbarkeit kann sich für diesen Aktionärskreis beim Aufbau oder der Beendigung des finanziellen Engagements ergeben. Zum Aufbau 129 Ruda, Ziele privater Kapitalanleger, S. 214 f., der zwischen verschiedenen Typen von Privatanlegern nach deren Einkommen differenziert; Rathenau, Aktienwesen, S. 26; Göppert, Börse und Publikum. S. 12. 130 Vgl. nur Rosen in Lorz, S. 189 ff. 131 Passow, Aktiengesellschaft, S. 331; Trommer, Hemmnisse auf dem Weg zur Börse, S. 99; Wedell, Minderheitenschutz im Aktienrecht?, S. 30; Iber, Entwicklung der Aktionärsstruktur, S. 62 f.; Kaczynski, Der aktive Grossaktionär, S. 26 f.; Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 52. 132 Kaczynski, Der aktive Grossaktionär, S. 26; Trommer, Hemmnisse auf dem Weg zur Börse, S. 99.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

einer entsprechend hohen Kapitalbeteiligung bieten sich dem zukünftigen Großaktionär zwei Wege an. Er kann die Aktien über die Börse oder aber außerbörslich in einem Paket oder Block133 von einem anderen Aktionär erwerben134. Der Erwerb der Aktien über die Börse kann nur allmählich erfolgen, da an der Börse regelmäßig, je nachdem wie hoch der Anteil der zum Handel zugelassenen Aktien ist, nur ein geringerer Teil als die zum Aufbau einer hohen Kapitalbeteiligung benötigten Aktien angeboten werden.135 Der allmähliche Aufkauf einer großen Zahl der Aktien über die Börse birgt jedoch Nachteile für den zukünftigen Großaktionär. Die erhöhte Nachfrage nach den Aktien der Gesellschaft kann zu Kursverzerrungen führen.136 Dieser „Mengen-Preis-Effekt“ wird auch „market impact“ genannt, der die Differenz zwischen dem Kurs, den eine Blockorder über die Börse erzielt und dem Kurs, der im Markt fortbestehen würde, wenn kein Mengen-Preis-Effekt eingetreten wäre, beschreibt.137 Des weiteren kann durch Indiskretionen bezüglich der angestrebten Beteiligungshöhe und des Kaufpreises eine weitere Beeinflussung des Aktienkurses einhergehen.138 Ferner entstehen dem Auftraggeber durch die Blockorder erhöhte Kommissionskosten.139 Zudem bleibt unsicher, ob die angestrebte Beteiligung über die Börse überhaupt vollständig erworben werden kann. Die Börse als Marktintermediär hat daher für den zukünftigen Großaktionär keine unmittelbare Bedeutung. Gleiches gilt für den Fall, daß sich der Großaktionär von seinem Aktienpaket wieder trennen will. Denn regelmäßig wird durch ein erhöhtes Angebot eines Aktientitels der Kurs und damit auch der zu erlösende Preis sinken. Dies liegt jedoch nicht im Interesse des Großaktionärs. Um die Nachteile eines Erwerbs der Anteile über die Börse zu umgehen, werden die zu erwerbenden Aktien außerhalb der Börse in einem Paket oder Block erworben oder veräußert.140 Der Erwerber kann zu einem bestimmten Zeitpunkt das gesamte Aktienpaket erwerben, ohne daß Informationen über die Transaktion den Erwerb gefährden oder den Preis beeinflussen.141 Die Börse erlangt bei einer solchen Transaktion eine mittelbare 133 Die Begriffe Block- und Pakethandel sind hier synonym zu verstehen. Siehe aber auch die Differenzierung bei Liersch, Regulierung des Blockhandels, S. 30 f. 134 Vgl. zu den rechtlichen Rahmenbedingungen einer außerbörslichen Übertragung Modlich, DB 2002, 671 ff. 135 Gerke / Rasch, Die Bank 1992, 193, 194. 136 Gerke / Rasch, Die Bank 1992, 193, 194; Hopt / Baum in Hopt / Rudolph / Baum, Börsenreform, S. 431; Liersch, Regulierung des Blockhandels, S. 58. 137 Rudolph / Röhrl in Hopt / Rudolph / Baum, Börsenreform, S. 172 f. 138 Wastl, NZG 2000, 505, 513; Liersch, Regulierung des Blockhandels, S. 62 f. 139 Rudolph / Röhrl in Hopt / Rudolph / Baum, Börsenreform, S. 174. 140 Rudolph / Röhrl in Hopt / Rudolph / Baum, Börsenreform, S. 232; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 474; Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 763; vgl. zu den Nachteilen des außerbörslichen Blockhandels Liersch, Regulierung des Blockhandels, S. 141 f. 141 Zwar bestehen auch bei einem solchen Erwerb nach § 21 Abs. 1 WpHG Informationspflichten bereits ab einer Beteiligungshöhe von 5 % der Stimmrechte, diese sind der Transaktion jedoch zeitlich nachgelagert, so daß sie keinen Einfluß auf die mittelbare Bezugsgröße Börsenpreis haben. Weiter ist zu beachten, daß bei Erlangung einer Beteiligung von 30 % der

B. Bedeutung der Bo¨rsennotierung fu¨r die Aktiona¨re

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Rolle, da der zu zahlende Preis für das Aktienpaket sich an dem an der Börse festgestellten Kurs orientiert.142 Dies gilt aber nur, soweit keine anderen Marktverzerrungen etwa durch eine enge Marktsituation bestehen.143 Möchte ein Erwerber ein Aktienpaket einer bestimmten Gesellschaft erwerben, so bekundet er damit, daß die Gesellschaft unentdeckte Wertsteigerungspotentiale in sich birgt oder sich durch die Verbindung Synergiepotentiale ergeben. Für diese Erwartungen zahlt der Erwerber regelmäßig zusätzlich zu dem Erwerbspreis einen Paketzuschlag.144 Soll ein Aktienpaket veräußert werden, so wird häufig von dem eigentlichen Preis ein sogenannter Paketabschlag vorgenommen.145 Die Handelbarkeit der Aktien über die Börse hat in beiden Konstellationen keine Bedeutung, da die gesamte Transaktion entsprechend den Zielen des zukünftigen Großaktionärs und aufgrund der Nachteile bei einer börslichen Ausführung außerhalb der Börse abgewickelt wird.

II. Preisfeststellungsfunktion Die Börse hat gegenüber den Handelsteilnehmern die Aufgabe, für die an ihr zugelassenen und gehandelten Aktien einen Börsenpreis festzustellen. Diese Aufgabe folgt aus dem Benutzungsverhältnis, das zwischen den Handelsteilnehmern und der Börse besteht. Die Handelsteilnehmer haben gegenüber der Börse einen Anspruch auf Feststellung eines Preises für die zum Handel zugelassenen Wertpapiere.146 Die Kapitalanleger haben hingegen keinen Anspruch auf die Preisfeststellung, da sie zur Börse in keiner unmittelbaren Rechtsbeziehung stehen.147 Diese rechtliche Beschränkung des Anspruchskreises hat jedoch keinen Einfluß auf die ökonomische Aufgabe der Preisfeststellungsfunktion für die Kapitalanleger. Der Börsenpreis der Aktie als Wertpapier wird in § 24 Abs. 1 S. 1 BörsG148 legal definiert als Preis für Wertpapiere, der während der Börsenzeit an einer Wertpapierbörse festgestellt wird. Zwar erklärt diese Definition nicht die ökonomische Funktion des Börsenpreises für die Kapitalanleger, jedoch erschließt sich diese teilweise aus den Grundsätzen, nach denen der Börsenpreis festgestellt wird. Gemäß § 24 Abs. 2 S. 1 BörsG ist als Börsenpreis derjenige Preis festzustellen, der der Stimmrechte der Erwerber gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 i.V. m. § 29 Abs. 2 WpÜG ein Pflichtangebot abzugeben hat. 142 Wastl, NZG 2000, 505, 513; Betsch / Groh / Lutzmann, Corporate Finance, S. 187 f. 143 Betsch / Groh / Lutzmann, Corporate Finance, S. 187 f. 144 Betsch / Groh / Lutzmann, Corporate Finance, S. 187. 145 Wastl, NZG 2000, 505, 513, dort Fn. 84. 146 Groß, Kapitalmarktrecht (2. Aufl.), BörsG, § 29 Rn. 4; Foelsch in Hellner / Steuer BuB, Rn. 7 / 618; Mues, Börse als Unternehmen, S. 80 f.; Fluck, WM 1995, 553, 557; Kümpel / Hammen, Börsenrecht, S. 183. 147 Schwark, BörsG (2. Aufl.), § 29 Rn. 15. 148 Vor dem 4. Finanzmarktförderungsgesetz (BGBl. Teil I 2002, S. 2010) ergaben sich die Börsenpreisregelungen aus §§ 11; 29 BörsG.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

wirklichen Marktlage des Handels an der Börse entspricht. Es gilt der Grundsatz der Kurswahrheit, der durch das Meistausführungsgebot ergänzt wird.149 Die Festsetzung des Börsenpreises erfolgt auf der Grundlage eines gerechneten Kurses zu dem der größtmögliche Umsatz abgewickelt werden kann und bei dem sich außerdem sämtliche unlimitierten Aufträge sowie alle über dem festzustellenden Börsenpreis limitierten Kaufaufträge und alle unter dem festzustellenden Börsenpreis limitierten Verkaufsaufträge ausführen lassen.150 Dabei sind grundsätzlich alle Geschäfte, die an der Börse bezüglich eines Wertpapiers getätigt wurden, in die Kursfeststellung mit einzubeziehen. 151 Der Börsenpreis des betreffenden Wertpapiers ist damit umfassend festzustellen. Dieser Börsenpreis und der ihnen zugrunde liegende Umsatz ist dann gemäß § 24 Abs. 3 S. 1 BörsG den Handelsteilnehmern unverzüglich bekanntzugeben. Der Börsenpreis gibt den Kapitalanlegern also darüber Auskunft, zu welchem Preis die jeweilige Aktie gehandelt wird und zu welchem Preis ein Kauf oder Verkauf auf dem Markt möglich ist.152 Es findet eine nach einheitlichen Grundsätzen durchgeführte Bewertung der Aktie statt. Idealerweise sind in dem Börsenpreis sämtliche Informationen über den Emittenten, das konjunkturelle Umfeld der Börse und die in den jeweilige Emittenten gelegten Gewinn- oder Verlusterwartungen enthalten.153 Der Anleger vertraut auf die marktgerechte Preisbildung an der Börse.154 Er ist bei dem Verkauf seiner Aktien nicht darauf angewiesen, eine Vielzahl von Angeboten einzuholen, um den Preis der Aktie zu bestimmen. Durch die Zentralisierung der Geschäftsabschlüsse an der Börse und die nach bestimmten Grundsätzen durchgeführte Preisbildung unterliegt die Feststellung des Börsenpreises nicht dem Zufall oder der Willkür etwa eines kaufwilligen Großaktionärs, der für die Aktien einen willkürlich niedrigen Preis bietet. Der einzelne Aktionär könnte ohne die Börsenpreisfeststellung den tatsächlichen Wert der Aktien nicht bestimmen, da der Nennbetrag der Aktien oder der rechnerische Kapitalanteil bei Stückaktien regelmäßig nicht den Wert der Aktie widerspiegelt. Der Börsenpreis ist daher ein wichtiger Faktor im Entscheidungsprozeß des einzelnen Kapitalanlegers, ob er eine Aktie kaufen oder verkaufen will. Dies gilt unmittelbar für den Kleinaktionär, der seine Aktien entsprechend seiner Anlageziele über die Börse erwirbt oder veräußert. Für Großaktionäre hat der Börsenpreis ebenfalls die Funktion einer Bewertung des gehaltenen Aktienanteils. Seine Bedeutung ist jedoch mittelbarer Natur, da die Aktien der Großaktionäre regelmäßig außerbörslich veräußert 149 Groß, Kapitalmarktrecht (2. Aufl.), BörsG, § 29 Rn. 7; Foelsch in Hellner / Steuer BuB, Rn. 7 / 619. 150 Foelsch in Hellner / Steuer BuB, Rn. 7 / 625. 151 Schwark, BörsG (2. Aufl.), § 29 Rn. 18. 152 Vgl. Luttermann, NZG 2007, 611, 616. 153 Hohn, Going Private, S. 25; Mues, Börse als Unternehmen, S. 24. 154 Dies war das Ziel des 2. Finanzmarktförderungsgesetzes, das in § 11 BörsG die Kriterien für eine ordnungsgemäße Feststellung des Börsenpreises festlegt, vgl. BT-Drucks. 12 / 6679, S. 69 f.

B. Bedeutung der Bo¨rsennotierung fu¨r die Aktiona¨re

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werden. Der Börsenkurs dient dabei als Orientierung für den festzulegenden Preis des Aktienpaketes.155

III. Informations- und Kontrollfunktion Anknüpfend an die Börsennotierung müssen die AGen bestimmte Publizitätspflichten einhalten.156 Adressaten dieser Informations- und Veröffentlichungspflichten sind einerseits die Anleger, die ihr Kapital bereits in bestimmte Anlageobjekte investiert haben und andererseits die potentiellen Anleger, die erstmals eine bestimmte Kapitalanlage erwerben möchten.157 Der Kapitalmarkt, der durch die Kapitalanleger repräsentiert wird, ist dabei in seiner Gesamtheit Adressat der von den einzelnen Emittenten veröffentlichten Informationen.158 Im Vordergrund der Betrachtung steht der Anleger, der bereits Aktien erworben hat, da er als Aktionär und Kapitalanleger von einem möglichen Rückzug des Emittenten von der Börse betroffen ist. Zukünftige Anleger werden, wenn der Rückzug der Gesellschaft bekannt gegeben wird oder spätestens wenn er unmittelbar bevorsteht, eine Investition in die Aktien des betroffenen Emittenten unterlassen, da sie ihre Aktien in Zukunft nicht mehr über die Börse veräußern können. Die Informations- und Veröffentlichungspflichten des Emittenten verfolgen im Hinblick auf die Kapitalanleger verschiedene Ziele, die sich stichwortartig in der Kontrolle der Anlageentscheidung oder der Vergleichbarkeit der Kapitalanlage mit anderen Anlageobjekten zusammenfassen lassen. Grundgedanke der Funktion der Informations- und Veröffentlichungspflichten ist die Kontrolle sowohl der eigenen Anlageentscheidung des Anlegers als auch die Kontrolle des Emittenten durch den Kapitalmarkt.159 Beide Gesichtspunkte der Kontrolle sind eng miteinander verWastl, NZG 2000, 505, 513. Vgl. dazu 2. Teil: A.IV.2., S. 43 ff. 157 OLG München, Urt. v. 01. 10. 2002 – 30 U 855 / 01, ZIP 2002, 1989, 1990; LG Augsburg, Urt. v. 24. 09. 2001 – 3 O 4995 / 00, WM 2001, 1944, 1945; Assmann in Assmann / Schneider, WpHG § 15 Rn. 2; Siebel / Gebauer, WM 2001, 118, 121 f.; Kronstein / Claussen, Publizität und Gewinnverteilung im neuen Aktienrecht, S. 24; Hopt, ZGR 1980, 225, 239 f.; a. A. LG München I, Urt. v. 28. 06. 2001 – 12 O 10157 / 01, WM 2001, 1948, 1951; mißverständlich Rieckers, BB 2002, 1213, 1214, der einerseits das Anlegerpublikum in seiner Gesamtheit als Adressat ansieht und andererseits darauf hinweist, daß der Inhalt der Ad-hocMeldungen am professionellen Anlegerkreis auszurichten sei. Eine andere Frage ist, ob diese Publizität auch Schutz für den einzelnen Anleger entfaltet. 158 Schwark, ZGR 1976, 271, 294; Siebel / Gebauer, WM 2001, 118, 122; Hofstätter, Die Öffentlichkeit als Adressat der Publizität, in Barz / Claussen u. a., Das Frankfurter Publizitätsgespräch, S. 74, 85; Caemmerer, Publizitätsinteressen in Barz / Claussen, Das Frankfurter Publizitätsgespräch, S. 141, 157 f.; Meier-Schatz, Wirtschaftsrecht und Unternehmenspublizität, S. 144. 159 Schwark, ZGR 1976, 271, 294; Kalss, Anlegerinteressen, S. 251 f.; Meier-Schatz, Wirtschaftsrecht und Unternehmenspublizität, S. 146, der davon spricht, daß die Kontroll- in eine Verhaltenssteuerungsfunktion mündet. 155 156

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

woben. Auf der einen Seite wird der Vorstand des Emittenten bemüht sein, das Unternehmen erfolgreich zu führen, um die Anleger an das Unternehmen zu binden, etwa durch zukünftige Gewinnerwartungen. Denn würde das Unternehmen wirtschaftlich wenig erfolgreich operieren, würden die Anteile durch ein erhöhtes Angebot an Wert verlieren. Auf der anderen Seite steht dabei der Anleger, der aufgrund der Information die eigene Investitionsentscheidung überprüfen und kontrollieren kann. Veröffentlicht der Emittent positive Nachrichten, die eine entsprechende Rendite versprechen, so wird er in der Regel die Aktien nicht verkaufen, sondern weiter halten. Voraussetzung dafür, daß dieser Mechanismus funktioniert, ist die Information. Diese ermöglicht es dem Anleger, zu entscheiden, ob er das Kapitalanlageverhältnis fortsetzen, beenden oder sein Kapital umschichten will.160 Sie ist seine Entscheidungsgrundlage. Die Information bezieht sich zwar unmittelbar auf den Emittenten, jedoch gewinnt sie ihre Bedeutung im wesentlichen erst durch ihre Einbettung in das Marktumfeld, das über andere oder alternative Kapitalanlagemöglichkeiten informiert. Die eigene Kapitalanlage wird dadurch vergleichbar mit anderen Anlagemöglichkeiten.161 Durch die den Emittenten auferlegten Informations- und Veröffentlichungspflichten stehen den Kapitalanlegern die Informationen zur Verfügung, ohne daß die Anleger selbst für diese eine unmittelbare Gegenleistung erbringen oder eigene Zeit zur Recherche aufwenden müßten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, daß der Großaktionär, der seine Beteiligung auch unter dem Aspekt der Einflußnahme erworben hat, andere Informationsmöglichkeiten, etwa über den Aufsichtsrat oder persönliche Kontakte zum Vorstand, hat, als ein Kleinanleger oder andere Marktteilnehmer. Die Informations- und Veröffentlichungspflichten dienen daher auch dazu, vorhandene Informationsasymmetrien zwischen den verschiedenen Anlegerkreisen zu nivellieren. Für den Großaktionär, der aufgrund seiner Beteiligungshöhe sowie über den Aufsichtsrat Informationen über das Geschehen in der Gesellschaft erhält, erlangen die Informations- und Veröffentlichungspflichten regelmäßig nicht die Bedeutung, die sie für Kleinaktionäre oder die anderen Marktteilnehmer haben. Denn ohne die kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten hätte der Kleinaktionär nur seine gesellschaftsrechtlichen Informationsrechte, wie etwa das Auskunftsrecht in der Hauptversammlung (§ 131 Abs. 1 AktG) oder bestimmte Berichtspflichten (z. B. § 186 Abs. 4 S. 2 AktG oder § 293a AktG). Daher hat die Informations- und Kontrollfunktion für die Kleinaktionäre und die anderen Marktteilnehmer eine größere Bedeutung als für die Großaktionäre.

160 161

Kalss, Anlegerinteressen, S. 251 f. Kalss, Anlegerinteressen, S. 264 f.

C. Zwischenergebnis

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IV. Schutz durch Pflichtangebotsregelung Ferner werden die Aktionäre einer börsennotierten AG bei Erlangung der Kontrolle durch einen Aktionär, also wenn ein Aktionär mindestens 30 % der Aktien (§ 29 Abs. 2 WpÜG) hält dadurch geschützt, daß dieser den anderen Aktionären ein Pflichtangebot machen muß (§ 35 Abs. 2 WpÜG). Das Pflichtangebot des Bieters dient dazu, den Minderheitsaktionären die Möglichkeit des Austritts gegen Zahlung einer angemessenen Gegenleistung zu geben (§ 31 WpÜG), um einer „faktischen Konzernierung“ infolge der Kontrollerlangung zu entgehen.162 Die durch die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien geschaffene Möglichkeit, daß ein einzelner Aktionär über den Aufkauf von Aktien die Kontrolle über die AG erlangt, wird aus minderheitsschützenden Gesichtspunkten ein kapitalmarktspezifisches Austrittsrecht entgegengesetzt. Die Verpflichtung zur Abgabe eines solchen Pflichtangebots besteht nur für an einem organisierten Markt zugelassene Aktien (§ 1 Abs. 1 WpÜG).

C. Zwischenergebnis Mit der Herausarbeitung der einzelnen Funktionen der Börsennotierung für die AG auf der einen Seite und der Bedeutung der Börsennotierung für die Aktionäre auf der anderen Seite werden die einzelnen wirtschaftlichen Interessen der AG und der Aktionäre in den Kontext der Börse gestellt. Die Interessen der AG und der Aktionäre, dies läßt sich bereits an dieser Stelle feststellen, verlaufen nicht parallel, sondern beruhen auf dem jeweiligen Zweck der Börse für die AG und die Aktionäre. So stehen für die AG die Funktionen der Börse als Primärmarkt im Mittelpunkt, etwa die erneute Aufnahme von Eigenkapital, während für die Aktionäre der Sekundärmarkt mit den Funktionen der Handelbarkeit der Aktien, der Preisfeststellung sowie der Informations- und Kontrollfunktion im Vordergrund stehen. Für die weitere Untersuchung können die zuvor herausgearbeiteten unterschiedlichen Interessen der AG und der Aktionäre auch in rechtlicher Hinsicht Bedeutung erlangen, wenn es im Falle eines Interessenkonflikts um die Abwägung etwaiger gegenläufiger Interessen geht. Dies beginnt mit der Frage nach der Zuständigkeit für die Hauptversammlung für die Delisting-Entscheidung. 163 Beispielsweise könnte die Erkenntnis, daß die Börse für die AG ein Vehikel zur Eigenkapitlafinanzierung darstellt und mit der Beendigung der Börsennotierung diese Finanzierung nicht mehr möglich ist, auf eine Strukturentscheidung der AG hindeuten, die der Zustimmung der Aktionäre in der Hauptversammlung bedürfte.164 Insofern bedarf auch die Auffassung des BGH im Macrotron-Urteil, daß es sich beim regulären 162 163 164

Vgl. nur Schlitt in MünchKomm AktG, WpÜG, § 35 Rn. 8 m. w. N. Siehe 4. Teil: D.I., S. 162 ff. Siehe unten 4. Teil: D.I.2.g), S. 178 ff.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

Delisting nicht um eine Strukturentscheidung im Sinne der Holzmüller-Grundsätze handele165, vor dem Hintergrund der oben herausgearbeiteten Funktionen, der näheren Untersuchung166. Aber auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht ist zu fragen, ob etwa das Interesse der Akionäre an der Handelbarkeit der Aktien rechtlich geschützt ist.167 Der BGH geht ohne nähere Begründung davon aus, daß die erhöhte Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktie verfassungsrechtlich geschützt sei.168 Des weiteren gewinnen die Interessen der Aktionäre dort an Bedeutung, wo diese wertmäßig durch die Beendigung der Börsenzulassung beeinträchtigt werden169. Darauf aufbauend ist zu klären, ob die zunächst nur als wirtschaftliche Interessenverletzung erscheinende Beendigung der Börsenzulassung auch durch eine Abfindung auszugleichen ist.170 Ferner ist die Erkenntnis, daß die Börse für die Aktionäre eine Liquiditäts-, Bewertungs- und Kontrollfunktion hat, möglicherweise entscheidend für die Abfindungswertberechnung im Rahmen einer an die Aktionäre zu leistenden Abfindung.171

D. Motive für das freiwillige Delisting Die Beweggründe für die Beendigung der Börsennotierung lassen sich zunächst aus zwei Perspektiven untersuchen. Sie können zum einen aus der Sicht der AG und des sie vertretenden Vorstands und zum anderen aus der Sicht der Großaktionäre betrachtet werden.172 Beiden Betrachtungswinkeln ist gemeinsam, daß sowohl der Vorstand der Gesellschaft als auch der Großaktionär Einfluß auf die Entscheidung nehmen können, ob die Gesellschaft die Börse verläßt. Der Vorstand, weil er als Leitungsorgan über die unternehmerische Ausrichtung entscheidet und der Großaktionär, weil er regelmäßig die Mehrheit in der Hauptversammlung hat und über den Aufsichtsrat erheblichen Einfluß auf die Entwicklung der Gesellschaft nehmen kann. Die Kleinaktionäre haben aufgrund ihrer geringen Beteiligungshöhe keinen Einfluß auf die Entscheidung eines Börsenrückzugs, so daß ihre Beweggründe nicht Grundlage einer solchen Entscheidung sind. Daher sind mögliche Motive, soweit sie vorhanden sind, bei dieser Betrachtung nicht zu berücksichtigen. Die Entscheidung der AG oder des einflußnehmenden Großaktionärs, die Börsennotierung aufzugeben, beruht in der Regel auf einem ganzen Motivbündel. Wie 165 166 167 168 169 170 171 172

BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 533, 535. Siehe dazu unten 4. Teil: D.I.3., S. 183 ff. Siehe ausführlich unten 4. Teil: D.I.5.a), S. 196 ff. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 533, 535. Siehe sogleich unten 2. Teil: E.II. S. 83 ff. 4. Teil: D.V., S. 238 ff. Siehe unten 4. Teil: D.V.4.c), S. 326 ff. So auch de Vries, Delisting, S. 13.

D. Motive fu¨r das freiwillige Delisting

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sich dieses Motivbündel zusammensetzt, hängt von der konkreten unternehmerischen Situation der Gesellschaft und den verfolgten Zielen ab. Die Motive kennzeichnen sich dadurch, daß sie für die Gesellschaft Vorteile bieten, die ihr aufgrund der Börsennotierung verschlossen bleiben oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen, wie etwa Aspekte einer alternativen Finanzierung oder einer Reduzierung der personellen oder finanziellen Belastung. Die Gründe für einen Börsenrückzug werden allgemein so beschrieben, daß die Börsennotierung ihre Funktionen gegenüber der AG nicht oder nicht mehr erfüllt.173 Dieser Gedanke berücksichtigt jedoch nur eine Seite des Rückzugs. Denn eine auf die Börse ausgerichtete Gesellschaft muß einen Ersatz für bestimmte Funktionen der Börse finden, um etwaige Nachteile kompensieren zu können. Daher lassen sich die Motive für die Notierungsaufgabe besser so umschreiben, daß die Funktionen der Börse durch andere Einrichtungen besser oder gleich gut unter Vermeidung bestimmter Nachteile wahrgenommen werden können. Die Nachteile der Notierung überwiegen die Vorteile eines Bestehenbleibens der Notierung und können durch andere Gestaltungsformen, etwa bei der Finanzierung durch Dritte, ausgeglichen werden.

I. Aus der Perspektive der Aktiengesellschaft Zur Feststellung der Motive eines Börsenrückzugs ist auf das Gesellschaftsinteresse abzustellen, daß durch den Vorstand der AG bestimmt wird, da die Gesellschaft als juristische Person selbst keinen eigenen Willen bilden kann.174

1. Finanzierungsaspekte Die Börsennotierung hat für die AG die im Vordergrund stehende Funktion, erneut Eigenkapital durch die Emission von Aktien an der Börse aufzunehmen. Bleibt der Gesellschaft dieser Weg der Finanzierung verschlossen, wird die Börsennotierung funktionslos. Die Hauptmotivation, die Börsennotierung zur erneuten Eigenkapitalaufnahme aufrechtzuerhalten, entfällt damit.175 Die Gesellschaft muß sich notgedrungen auf anderen Wegen finanzieren. Zunächst stellt sich für die Gesellschaft jedoch die Frage, welche Anzeichen für einen Wegfall der Finanzie173 Hohn, Going Private, S. 17; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 7; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 15. 174 Hier wird davon ausgegangen, daß die AG ein eigenes Unternehmens- und Gesellschaftsinteresse an konkreten Maßnahmen haben kann, ausführlich Flume, Die juristische Person, S. 59 ff.; Rathenau, Aktienwesen, S. 23; a. A. Laux, Lehre vom Unternehmen an sich, S. 99 ff.; Schön in FS Ulmer, S. 1359, 1374 f., die das eigenständige Gesellschaftsinteresse als Kategorie ablehnen, da in der AG lediglich die unterschiedlichen Aktionärsinteressen gebündelt werden. Vgl. auch erläuternd Nörr, ZHR 172 (2008), 133, 139 ff. 175 Flämig, Börsen-Zeitung v. 31. 12. 2002, S. 12.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

rungsfunktion sprechen. Erst in einem weiteren Schritt ist zu fragen, wie sich das Unternehmen alternativ zur Börse finanzieren kann. Aus der Beantwortung dieser Fragen ergeben sich gleichzeitig die Hauptmotive für den Rückzug von der Börse.

a) Wegfall der Finanzierungsfunktion Die Illiquidität des Aktienhandels, die Unterbewertung der Gesellschaft, eine mangelhafte Kursentwicklung und der Aufmerksamkeitsmangel oder -verlust sind Anzeichen dafür, daß die Finanzierungsfunktion der Börse entfallen ist. Von diesen Anzeichen sind die Ursachen z. B. ein illiquider Aktienhandel im Sekundärmarkt, zu unterscheiden. Die Ursachen lösen dabei nicht nur einen Mangel aus, sondern sind in der Regel Ausgangspunkt für mehrere Symptome des Wegfalls der Finanzierungsfunktion. aa) Illiquidität des Aktienhandels Der Aktienhandel im Sekundärmarkt ist illiquide, wenn zum einen die Nachfrage nach einem bestimmten Titel oder zum anderen das Angebot nicht befriedigt werden kann oder die Kauf- und Verkaufsorders zu ungewöhnlich starken Kursausschlägen führen.176 Der Börsenkurs ist dabei eher ein Reflex auf die Orders als ein Wert, der die geschäftliche Entwicklung der Gesellschaft widerspiegelt.177 Sollen erneut Aktien plaziert werden, so werden aufgrund des geringen Handelsvolumens mit den jeweiligen Aktien auch schwer Käufer zu finden sein. Denn sowohl der Gesellschaft als auch den Anlegern fehlt ein verläßlicher Börsenkurs als Anhaltspunkt für den Emissionspreis. Des weiteren wirken die eingeschränkte Verkaufsmöglichkeit oder die fehlende faktische Fungibilität der Aktien plazierungshemmend. Ursache der Illiquidität des Börsenhandels ist die Marktenge, die durch eine geringe Börsenkapitalisierung oder in einem geringen Bestand an handelbaren Aktien begründet ist. Der Bestand an handelbaren Aktien verringert sich immer dann, wenn ein oder mehrere Großaktionäre hohe Beteiligungen halten und diese nach und nach ausbauen.178

bb) Unterbewertung der AG und mangelhafte Kursentwicklung Die Unterbewertung der Aktien und ein mangelhafter Kursverlauf im Sekundärmarkt erschweren oder verhindern faktisch eine erneute Kapitalaufnahme über 176 Hohn, Going Private, S. 22; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 18; Hackstein, Going Private, S. 45; Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1619; Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1363. 177 Hackstein, Going Private, S. 45; Hohn, Going Private, S. 22. 178 Hohn, Going Private, S. 22; Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1363.

D. Motive fu¨r das freiwillige Delisting

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die Börse.179 Denn der Emissionspreis der ausgegebenen Aktien orientiert sich am Börsenpreis der bereits zugelassenen Aktien. Ist dieser zu niedrig und spiegelt nicht die Ertragsaussichten der Gesellschaft wider, so finden sich nur schwer Anleger, die bereit sind zu investieren. Die Bereitschaft der Anleger wird dabei aber nicht allein durch die Unterbewertung gebremst, sondern vielmehr durch die mangelhafte Kursentwicklung der Aktie. Da die Rendite der Aktien neben der Dividende maßgeblich durch den Verkaufserlös nach gestiegenen Kursen bestimmt wird, fehlt bei einer mangelnden Kurssteigerung ein wesentlicher Anreiz, Aktien eines solchen Unternehmens zu erwerben. Ursache für die Unterbewertung und den mangelnden Kursverlauf kann neben einer unbefriedigenden Entwicklung der Gesellschaft die mangelnde Aufmerksamkeit der Kapitalmärkte sein.180 Die Aufmerksamkeit der Kapitalmärkte beschreibt den Vorgang, daß sich die Informationen, die über einen Emittenten vorliegen, in dem Börsenkurs der Aktien widerspiegeln.181 Positive Informationen über die Unternehmensentwicklung honoriert ein funktionierender Kapitalmarkt regelmäßig durch Kurssteigerungen. Steigt der Kurs der Aktie jedoch auch bei positiven Informationen nicht, so liegt ein Mangel bei der Umsetzung der Informationen am Kapitalmarkt vor. Der Kapitalmarkt, der im wesentlichen durch institutionelle Investoren repräsentiert wird, versäumt es, die positiven Informationen in steigende Aktienkurse umzusetzen. Das fehlende Interesse der institutionellen Investoren gründet sich auf der Illiquidität des Handels im Zusammenhang mit einer mangelnden Börsenkapitalisierung der Gesellschaft.182 Dieser Befund wird zwar immer wieder im Zusammenhang mit einem Börsenrückzug seitens der Unternehmen genannt, jedoch läßt sich nicht grundsätzlich feststellen, daß sich die Aktienkurse der Rückzugsgesellschaften schlechter als die der Vergleichsunternehmen entwickelt haben.183 Diese Wahrnehmung der rückzugswilligen Gesellschaften mag auch darauf beruhen, daß sie die Entwicklung der Aktienkurse in anderen Börsensegmenten und Branchen im Blick haben.

179 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 61 u. 102 f.; Dunzendorfer, Börsen-Zeitung v. 20. 02. 2001, S. 8; Bischoff, FAZ v. 18. 04. 2000, S. B 19; Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 557; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 19. 180 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 102 f.; Dunzendorfer, Börsen-Zeitung v. 20. 02. 2001, S. 8; Plaut, FAZ v. 05. 06. 2000, S. 40; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 23 f., die auch von einer „Wahrnehmungslücke“ spricht; Droege / Noe, FAZ v. 27. 11. 2000, S. 32; Hohn, Going Private, S. 20; Kück, ZInsO 2001, 649, 651; Francis / McLaughlin / Hardy, PLC 2003, 21, 22. 181 Man spricht hierbei auch von der Informationseffizienz der Kapitalmärkte, vgl. dazu Hellwig in Obst / Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 28. 182 Dunzendorfer, Börsen-Zeitung v. 20. 02. 2001, S. 8; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 23 f. 183 Beck / Stinn, FB 2002, 653, 659.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

b) Substituierung der Finanzierungsfunktion der Börse Ist der Gesellschaft faktisch eine Kapitalerhöhung über die Börse aus den zuvor genannten Gründen nicht möglich, muß sie sich andere Finanzierungsquellen erschließen, um ihre Investitionen zu finanzieren. Die einzelnen Finanzierungsquellen stehen dabei nicht alternativ nebeneinander, sondern werden je nach der individuellen Situation der Gesellschaft kombiniert. Um die Wirkungszusammenhänge aufzuzeigen, wird jedoch zwischen den verschiedenen Finanzierungsquellen getrennt. Bei der Wahl einer alternativen Finanzierung ist zunächst vom Finanzbedarf der Gesellschaft auszugehen.184 Ist der Finanzbedarf der Gesellschaft niedrig, weil z. B. kaum Wachstumspotential in der jeweiligen Branche oder in dem Produktbereich vorhanden ist, kann sich das Unternehmen über die eigenen Gewinne (cash flow) finanzieren.185 Die Kosten und den Aufwand der Börsennotierung kann es einsparen. Ist der Finanzbedarf sehr hoch und kann dieser nicht durch die eigenen Gewinne befriedigt werden, muß das Unternehmen weitere Finanzierungsquellen erschließen. Besitzt die Gesellschaft einen finanzstarken Großaktionär, so kann durch eine Kapitalerhöhung der Gesellschaft das benötigte Kapital in Form von Eigenkapital zugeführt werden.186 Aber auch über eine vollkommene Fremdfinanzierung durch Bankdarlehen kann die Gesellschaft Investitionen finanzieren. Möglich ist ferner eine Eigenkapitalfinanzierung mit einer Beteiligungsgesellschaft 187, die der Gesellschaft Kapital zum weiteren Wachstum zur Verfügung stellt.188 Die Beteiligungsgesellschaften nehmen dabei eine Vermittlerrolle ein. Sie verwalten Mittel von Banken, Versicherungen, Unternehmen und Privatpersonen und suchen für diese Mittel Anlageobjekte.189 Nicht selten initiieren die Beteiligungsgesellschaften eine solche Finanzierung selbst, da sie in einer durch die Börse unter184 Ebenso Eisele / Götz / Walter, FB 2003, 839, 845; zur Ermittlung des Kapitalbedarfs Büschgen in Breuer, Handbuch Finanzierung, S. 123 ff.; vgl. zu den verschiedenen Arten alternativer Finanzierung aus historischer Sicht Schellenberger, Aktiengesellschaft und ihre Finanzierung, S. 175 ff. 185 Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 17; Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 557; Oetker / Heise in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 357; Pfüller / Anders, NZG 2003, 459, 461. 186 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 102; Meyer-Landrut / Wendel, Satzungen und Hauptversammlungsbeschlüsse der AG, Rn. 1173. 187 Eine solche Finanzierung wird auch als „Private Equity“ bezeichnet. Der Begriff „Private Equity“ bezeichnet die Eigenkapitalfinanzierung eines Unternehmens, dem die Finanzierung über den organisierten Kapitalmarkt nicht oder zumindest nicht so zur Verfügung steht; vgl. zu diesem Aspekt ausführlich Grabherr, ÖBA 2003, 336, 341 f.; Francies / McLaughlin / Hardy, PLC 2003, 21, 22. 188 Hohn, Going Private, S. 21; Hodenberg, FAZ v. 01. 11. 2000, S. 49; Fischer, FAZ v. 21. 07. 2000, S. 36; Plaut, FAZ v. 05. 06. 2000, S. 40; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 26; Drechsel, Börsen-Zeitung v. 16. 07. 2001, S. B 3; Groß, ZHR 165 (2001), 141, 143 f.; siehe zu den verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten Grabherr, ÖBA 2003, 430, 430 ff. 189 Betsch / Groh / Lutzmann, Corporate Finance, S. 313 f.

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bewerteten Gesellschaft eine lohnende Investition sehen, die eine entsprechende Rendite verspricht.190 Daneben kann auch der Verkäufer der Aktien ein Interesse daran haben, daß er seine Anteile nicht an einen Konkurrenten veräußern will, um die Fortführung und Eigenständigkeit des Unternehmens zu sichern.191 Durch die Veräußerung eines ganzen Aktienpaketes an eine Beteiligungsgesellschaft kann dieses Ziel erreicht werden, ohne daß ein Konkurrent die Möglichkeit des Kaufes hätte. Konnte zudem durch die Börsennotierung kein qualifiziertes Führungspersonal akquiriert werden, und ist auch bei Familienunternehmen ein geeigneter Nachfolger vorhanden, so hat die Börsennotierung auch in diesem Punkt keine Funktion mehr. Das zukünftige Führungspersonal kann durch ein sogenanntes Management-Buy-In (MBI) akquiriert werden, d. h. die Beteiligungsgesellschaft finanziert die Übernahme der Gesellschaft durch externe Geschäftsführer.192 Auch mit diesem weiteren Aspekt der Unternehmensnachfolge, steht jedoch die Finanzierung der Gesellschaft außerhalb der Börse durch die Beteiligungsgesellschaften im Vordergrund. Die Finanzierung über die Börse wird daher durch andere Finanzierungsinstrumente, insbesondere eine Finanzierung über Beteiligungsgesellschaften, ersetzt, so daß die Börsennotierung als Mittel zur Plazierung weiterer Aktien nicht mehr benötigt wird und aufgegeben werden kann. 2. Neuordnung der Gesellschafts- und Aktionärsstruktur Weitere Motive für die Aufgabe der Börsennotierung können sich aus einer überkommenen Gesellschaftsstruktur und ihrer Leitung sowie der Aktionärsstruktur ergeben. Jedes wirtschaftliche Unternehmen hat die für sich passende Gesellschaftsform zu wählen, um seine unternehmerischen Ziele effektiv umsetzen zu können. Hat sich im Nachhinein die wirtschaftliche Lage oder Ausrichtung der Gesellschaft verändert, so kann eine Neuordnung der Gesellschaftsstruktur erforderlich sein. Fördert die Rechtsform der AG und ihre Börsennotierung das wirtschaftliche Wachstum eines Unternehmens nicht mehr, z. B. weil die Trennung von Eigentum und Unternehmensleitung zu unüberbrückbaren Interessenkonflikten führt193 oder sich die Neuordnung der Gesellschaft ohne einen aufmerksamen Kapitalmarkt 190 Die Finanzinvestoren bilden den weit überwiegenden Teil der Initiatoren eines Börsenrückzugs, vgl. ausführlich Eisele / Götz / Walter, FB 2003, 839, 846; Betsch / Groh / Lutzmann, Corporate Finance, S. 329; Weber in Weber, Neuere Entwicklungen im Kapitalmarktrecht, S. 21, 34; Becker, Börsen-Zeitung v. 16. 08. 2000, S. 4, der die Kiekert AG als Beispiel nennt; Fischer, FAZ v. 21. 07. 2000, S. 36; Hodenberg, FAZ v. 01. 11. 2000, S. 49, der titelt: „Private Equity lockt immer mehr Kapitalgesellschaften von der Börse“; FAZ v. 15. 10. 1999, S. 22; Plaut, FAZ v. 05. 06. 2000, S. 40; Droege / Noe, FAZ v. 27. 11. 2000, S. 32; Börsen-Zeitung v. 18. 07. 2000, S. 25. 191 Betsch / Groh / Lutzmann, Corporate Finance, S. 328. 192 Betsch / Groh / Lutzmann, Corporate Finance, S. 326; vgl. zu weiteren Gestaltungsformen wie etwa Owner-Buy-Out (OBO), Third-Party-Buy Out und Management-Buy-Out (MBO) und ihren empirischen Grundlagen Eisele / Götz / Walter, FB 2003, 839, 845. 193 Plaut, FAZ v. 05. 06. 2000, S. 40.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

leichter umsetzen läßt194, bietet sich ein Wechsel in eine andere Gesellschaftsform an. Zudem können steuerliche Vorteile Anreize für eine Neuordnung sein.195 Nicht selten wird jedoch gerade eine Neuordnung mit dem Ziel durchgeführt, eine Beendigung der Börsennotierung zu erzwingen, z. B. wenn die AG in die Rechtsform einer GmbH oder KG wechselt196. Die Neuordnung ist dann nicht Motiv der Notierungsaufgabe, sondern lediglich Mittel zur Beendigung der Börsennotierung. Des weiteren kann die Konzernbildung und eine damit verbundene Eingliederung der Gesellschaft in eine Muttergesellschaft die Notierungsaufgabe bewirken.197 Sei es, daß durch die enge Verbundenheit der Gesellschaften Synergieeffekte erzielt oder daß die Gewinne des Tochterunternehmens durch die Muttergesellschaft abgeschöpft werden sollen. Ferner können sich aus einer unterbewerteten Aktie und damit der Unterbewertung der Gesellschaft Übernahmegefahren ergeben.198 Einen liquiden Börsenhandel mit den Aktien vorausgesetzt, kann ein Übernehmer die Börse dazu nutzen, Aktien der Zielgesellschaft nach und nach aufzukaufen, selbst wenn der Vorstand der Zielgesellschaft selbst eine solche Übernahme nicht wünscht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Vorstand aus dem Gründer der Gesellschaft besteht und dieser die Gesellschaft nicht in den Händen eines ehemaligen Wettbewerbers sehen, sondern das Unternehmen in seiner Gesamtheit erhalten wissen will.199 Die Vorteile der Börsennotierung für die Unternehmensnachfolge im Hinblick auf die Unternehmensleitung200 können ebenfalls durch einen Investor erbracht werden, der selbst qualifiziertes Personal akquiriert. Ohne eine Börsennotierung gestaltet sich die Übernahme einer anderen Gesellschaft schwieriger, da die Aktien nicht über die Börse aufgekauft werden können.201 Der Rückzug von der Börse kann aus Sicht der AG auch durch die Minimierung des Konfliktpotentials mit dem Streubesitz motiviert sein.202 Hat die Gesellschaft 194 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 110 f.; Plaut, FAZ v. 05. 06. 2000, S. 40; Pfüller / Anders, NZG 2003, 459, 461 f. 195 Dazu Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 26 f. 196 Beispiele für eine Umwandlung in der Gestalt eines Formwechsels zur Durchführung einer Notierungsaufgabe sind die Schaerf AG und die Friedrich Grohe AG; vgl. auch für den Formwechsel Meyer-Landrut / Wendel, Satzungen und Hauptversammlungsbeschlüsse der AG, Rn. 1202. 197 Ausführlich zu den Motiven Hackstein, Going Private, S. 60 ff. 198 Schwichtenberg, DStR 2001, 2075, 2075; Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 111; Hackstein, Going Private, S. 59. 199 So die Knürr AG, vgl. Becker, Börsen-Zeitung v. 16. 08. 2000, S. 4; Guthoff, Die Bank 2002, 244, 248. 200 Vgl. dazu oben 2. Teil: A.VII., S. 52. 201 Schwichtenberg, DStR 2001, 2075, 2075. 202 Hackstein, Going Private, S. 45 f.; Schwichtenberg, DStR 2001, 2075, 2076; de Vries, Delisting, S. 17 f. und dort mit Beispiel Fn. 90; Oetker / Heise in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 358.

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eine große Anzahl von Aktionären, so besteht die Gefahr, daß klagende und opponierende Aktionäre wichtige Maßnahmen zur Änderung der Struktur und Ausrichtung der Gesellschaft verhindern.203 Besonders deutlich wird das Konfliktpotential, wenn Kleinaktionäre ihr Klagerecht mißbrauchen.204 Dabei begrenzt der Rückzug von der Börse den Aktionärsbestand, da den Aktionären die Veräußerungsmöglichkeit über die Börse genommen wird und sie Gefahr laufen, mit ihren Aktien „eingemauert“ zu werden. Bei einem kleinen aber konfliktträchtigen Streubesitz von 5 % kann der Großaktionär in der Hauptversammlung gemäß § 327a Abs. 1 BGB zudem den Ausschluß der Minderheitsaktionäre beschließen. Die Ausschlußmöglichkeit ist das Werkzeug zur Verringerung des restlichen Streubesitzes, aber nicht selbst Motiv für einen Börsenrückzug.

3. Reduzierung der personellen und finanziellen Belastungen Die finanzielle und personelle Belastung der Gesellschaft kann ein weiteres Motiv für einen Rückzug von der Börse bilden. Die Börsennotierung veranlaßt laufend unmittelbare und mittelbare Kosten205, die durch die Beendigung der Zulassung zum Börsenhandel wegfallen.206 Erfüllt die Börse ihre Finanzierungsfunktion nicht oder wird diese durch andere Finanzierungsformen ersetzt, steht der Ausgabenseite der Gesellschaft kein Nutzen gegenüber. Das Einsparpotential wird zwar durch die Rückzugstransaktion kurzfristig geschmälert, jedoch beruht der Börsenrückzug nicht auf einer kurzfristigen Entscheidung der Gesellschaft, so daß langfristig die Kosten der Börsennotierung eingespart werden können. Wird zudem die Rechtsform der AG aufgegeben, entfallen auch die Kosten für die Durchführung der Hauptversammlung. Dabei ist jedoch zu beachten, daß diese Kosteneinsparung nicht unmittelbar mit einer Aufgabe der Börsennotierung verbunden ist. Die personelle Belastung der Gesellschaft umfaßt die erhebliche zeitliche Inanspruchnahme des Vorstands. Wird die Börsennotierung aufgegeben, kann sich der Vorstand wieder der Unternehmensführung und strategischen Ausrichtung der Gesellschaft widmen. Die Börsennotierung und die mit ihr verbundenen Pflichten zehren einen großen Teil der Arbeitszeit auf, ohne daß die Gesellschaft durch eine erweiterte Finanzierungsmöglichkeit über die Börse davon profitieren könnte.207 Zudem brauchen sich der Vorstand und andere Mitarbeiter nicht mehr mit der Er203 Schlitt, Börsen-Zeitung v. 04. 05. 2001, S. 6; Droege / Noe, FAZ v. 27. 11. 2000, S. 32; Klenke, WM 1995, 1089, 1091. 204 Schwichtenberg, DStR 2001, 2075, 2076. 205 Vgl. zu den Kosten der Börsennotierung 2. Teil: A.IX., S. 56. 206 Ebenso Pfüller / Anders, NZG 2003, 459, 461; Francies / McLaughlin / Hardy, PLC 2003, 21, 22. 207 Hohn, Going Private, S. 31; FAZ v. 26. 10. 2000, S. 29; Bischoff, FAZ v. 18. 04. 2000, S. B 19; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 19; Droege / Noe, FAZ v. 27. 11. 2000, S. 32.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

füllung der Informations- und Veröffentlichungspflichten beschäftigen. Dies wird um so deutlicher, wenn die Finanzierung nicht mehr über die Börse erfolgt, sondern bereits durch andere Finanzierungsformen vollkommen ersetzt worden ist. Der Vorstand müßte sonst zusätzlich zu den durch die Börsennotierung veranlaßten Pflichten weitere Investorengespräche führen, um die Finanzierung der Gesellschaft sicherzustellen. Die nutzlos gewordene Börsennotierung bindet daher Arbeitszeit, die die Gesellschaft effektiver einsetzen kann.

4. Kapitalmarktrechtliche Publizitätspflichten als Wettbewerbsnachteil Oftmals werden die Informations- und Veröffentlichungspflichten, die mit einer Börsennotierung verbunden sind208, als Benachteiligung gegenüber den Unternehmen der gleichen Branche, den Lieferanten oder Abnehmern gesehen, die selbst nichtbörsennotiert sind.209 Das hohe Maß an Transparenz gibt den Wettbewerbern einen tiefen Einblick in die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft. Dies kann sich bei Verhandlungen mit Lieferanten und Abnehmern als nachteilig herausstellen und eine unsichere wirtschaftliche Lage der Gesellschaft verstärken, wenn z. B. ein Lieferant zusätzliche Sicherheiten für seine Lieferungen fordert oder ein Abnehmer in Kenntnis der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft die Produktpreise zu senken versucht. Durch die Beendigung der Börsenzulassung entfallen die Informations- und Veröffentlichungspflichten und so auch die damit verbundenen Nachteile.

5. Befreiung von aktienrechtlichen Sonderregelungen Mit der Beendigung der Börsenzulassung muß die AG die aktienrechtlichen Sonderregelungen gemäß §§ 71 Abs. 3 S. 3, 110 Abs. 3, 125 Abs. 1 S. 3, 130 Abs. 1 S. 3, 134 Abs. 1 S. 2, 161 S. 1, 171 Abs. 2 S. 2, 2. HS, 328 Abs. 3 AktG nicht mehr einhalten.210 Als Motiv für die Aufgabe der Börsennotierung werden diese aktienrechtlichen Verschärfungen hinsichtlich der börsennotierten gegenüber der nichtnotierten AG nicht genannt. Zwar können diese Erleichterungen mitbestimmend für die Beendigung der Zulassung sein, alleiniger Grund sind sie jedoch nicht. Vgl. dazu 2. Teil: A.IV.2., S. ff. FAZ v. 26. 10. 2000, S. 29; vgl. auch Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 19 ff., der von dem „Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen“ spricht; dazu ausführlich Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 28 ff.; Klenke, WM 1995, 1089, 1091; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 473; Oetker / Heise in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 357. 210 Siehe im einzelnen zu den Sonderregelungen für börsennotierte AGen Semler / Spindler in MünchKomm AktG, Vor § 76 Rn. 181 ff. 208 209

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6. Sanierung Das Delisting kann auch der Sanierung der Gesellschaft dienen, um die Kosten für eine Börsenzulassung einzusparen211 und den kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten zu entgehen, die eine Sanierung erschweren könnten212. Diese Motivlage kommt sowohl in der Krise der börsennotierten Gesellschaft als auch nach Stellung des Insolvenzantrags in Betracht. Dabei kann von einem freiwilligen Delisting nur gesprochen werden, wenn der Insolvenzantrag nicht schon mangels Masse abgelehnt wird, da die Geschäftsführung der Börse die Börsenzulassung nach Einstellung der Notierung von Amts wegen widerruft (§ 39 Abs. 1 BörsG).213 Auch wenn die Fortsetzung der Gesellschaft nicht im Rahmen eines Insolvenzplans beschlossen wird, fehlt es an der Freiwilligkeit des Delisting, da die Gesellschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG) aufgelöst und in der Regel liquidiert wird.214 Wird allerdings im Insolvenzplan die Reorganisation der Gesellschaft festgelegt und die Fortsetzung der Gesellschaft in der Hauptversammlung beschlossen (§ 274 Abs. 1 S. 1 AktG), kann das Delisting Bestandteil der Sanierung sein.215

II. Aus der Perspektive eines Großaktionärs Neben den Motiven der Gesellschaft selbst können auch bestimmte Interessen des Großaktionärs, soweit ein solcher in der Aktionärsstruktur vorhanden ist, für den Rückzug von der Börse mitbestimmend oder sogar initiierend für eine solche Transaktion sein. Die Motive der Großaktionäre treten dabei nicht so deutlich hervor, wie dies bei den Motiven der AG ist. Regelmäßig werden sich die Interessen des Großaktionärs und des Vorstands decken oder zumindest teilweise überschneiden, z. B. wenn der Vorstand selbst Großaktionär der Gesellschaft ist. Die Motive des Großaktionärs für den Börsenrückzug der Gesellschaft erschließen sich durch die Ziele, die er mit seiner Kapitalbeteiligung verfolgt. Behindert die Börsennotierung die Durchsetzung dieser Ziele, so können sich bereits daraus die Motive für die Beendigung der Zulassung ergeben. Der Großaktionär verfolgt im Gegensatz zu den Kleinaktionären, die mit ihrer Beteiligung eine möglichst hohe Rendite erzielen möchten216, vornehmlich unternehmerische Ziele, wie etwa die strategische Ausrichtung der Gesellschaft und Grub / Streit, BB 2004, 1397, 1401; siehe zu den Kosten oben 2. Teil: A.IX., S. 56 ff. Ebenso Pfüller / Anders, NZG 2003, 459, 462; Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 61 Rn. 13. 213 Vgl. Grub / Streit, BB 2004, 1397, 1403 f. 214 Siehe dazu Ott / Brauckmann, ZIP 2004, 2117, 2122. 215 Im einzelnen Ott / Brauckmann, ZIP 2004, 2117, 2122. 216 Vgl. dazu 2. Teil: B.I.3.a), S. 62. 211 212

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

ihre Verbindung mit anderen Unternehmen217. Die Durchsetzung dieser Ziele setzt voraus, daß der Großaktionär über ausreichenden Einfluß auf die Gesellschaft verfügt. Das Maß des Einflusses bestimmt sich nach der Beteiligungshöhe, mithin der Stimmkraft in der Hauptversammlung und dem Aufsichtsrat. Zwar haben weder die Hauptversammlung noch der Aufsichtsrat ein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand, setzt jedoch der Vorstand sein unternehmerisches Konzept gegen den Willen der Hauptversammlung oder den Aufsichtsrat um, so birgt dies ein erhebliches Konfliktpotential zwischen Vorstand, Hauptversammlung und Aufsichtsrat. Um mögliche Konflikte zu vermeiden, stimmen Vorstand und Großaktionär in der Regel das unternehmerische Konzept und die strategische Ausrichtung der Gesellschaft ab. Die Börsennotierung kann nun wiederum den Einfluß des Großaktionärs schmälern und damit die Durchsetzung seiner Ziele gefährden. Der Aktionärskreis einer börsennotierten Gesellschaft ist in der Regel bis auf die Anteile der Großaktionäre stark zersplittert. Dies birgt ein erhöhtes Konfliktpotential in der Hauptversammlung, so daß wichtige Strukturentscheidungen durch Anfechtungsklagen blockiert werden könnten. Die Verkleinerung des Aktionärskreises verringert demnach das Konfliktpotential und dient damit der Durchsetzung der Interessen des Großaktionärs. Durch den Börsenrückzug verkleinert sich regelmäßig der Aktionärskreis, da die Aktien nicht mehr über die Börse veräußert werden können. Für renditeorientierte Kleinaktionäre verlieren die Aktien der Gesellschaft damit als Anlageobjekt ihre Attraktivität. Führt der Großaktionär der Gesellschaft frisches Eigenkapital zu, weil er durch Umstrukturierungen und Investitionen unausgeschöpfte Wertpotentiale aktivieren will, möchte er Dritte an der Werterhöhung, die die Gesellschaft erfährt, nicht teilhaben lassen.218 Soll zudem die Höhe der Beteiligung mit dem Ziel einer Übernahme oder konzernrechtlich engeren Bindung aufgestockt werden, so kann sich die Börsennotierung als Belastung herausstellen, da sämtliche Schritte durch den Kapitalmarkt infolge der Informations- und Veröffentlichungspflichten beobachtet und gewertet werden. Möchte der Großaktionär sein finanzielles Engagement beenden, so kann er allmählich die Aktien über die Börse oder außerhalb der Börse veräußern. Die Veräußerungsmöglichkeit eines größeren Aktienpakets über die Börse besteht zwar nicht, jedoch könnten die Aktien nach und nach veräußert werden. Ein illiquider Handel verhindert jedoch eine Veräußerung, da nicht genügend Käufer vorhanden sind. Zudem wird die Aktie möglicherweise unterbewertet sein, so daß er keinen realen Gegenwert für die Aktien der Gesellschaft erhält. Der Börsenkurs der Aktie kann auch nicht Grundlage eines außerbörslichen Verkaufs sein, da die Börse ihre Bewertungsfunktion nicht erfüllt. Der Ausstieg aus der Gesellschaft über die Börse ist dem Großaktionär damit verschlossen. Die Börsennotierung hat auch hier ihre Funktion verloren, so daß der Rückzug die Konsequenz aus dieser Entwicklung ist. 217 218

Vgl. dazu 2. Teil: B.I.3.b), S. 63. Hohn, Going Private, S. 21; Plaut, FAZ v. 05. 06. 2000, S. 40.

E. Folgen und Auswirkungen des Delisting

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Als weiteres Motiv kann die Befreiung des Großaktionärs von den Meldepflichten nach § 21 WpHG angeführt werden, da die im Gegensatz zu den nach Beendigung der Börsenzulassung geltenden aktienrechtlichen Mitteilungspflichten nach § 20 AktG viel geringere Erwerbsschwellen haben, die eine Mitteilungspflicht auslösen. Danach unterliegt der Großaktionär als Privatperson ebenso wie als Unternehmen bestimmten Meldepflichten gegenüber der Gesellschaft und der BaFin, wenn bestimmte Beteiligungshöhen erreicht, über- oder unterschritten werden. Diesen Vorgang hat dann die Gesellschaft ebenfalls gemäß § 26 Abs. 1 WpHG zu veröffentlichen, um den Kapitalmarkt zu informieren. Ferner braucht der Großaktionär bei Überschreiten einer bestimmten Beteiligungshöhe den anderen Aktionären kein Pflichtangebot nach §§ 35 Abs. 1 und 2, 29 Abs. 2 WpÜG zu unterbreiten, da die Angebotspflicht nur für börsennotierte AG gilt (§ 1 WpÜG).

E. Folgen und Auswirkungen des Delisting Das Delisting kann für die AG und ihre Aktionäre nicht nur solche Konsequenzen haben, die für die Entscheidung initiierend oder motivierend waren. Neben den Motiven hat die Entscheidung auch Folgen und Auswirkungen auf die AG und ihre Aktionäre.

I. Folgen für die Aktiengesellschaft 1. Änderung der Finanzierungsmöglichkeiten und -formen Durch das Delisting verändern sich zwangsläufig die Finanzierungsmöglichkeiten der Gesellschaft. Kein großes Gewicht hat dabei der Wegfall der Eigenkapitalfinanzierung über die Börse, da diese der Gesellschaft nach den oben genannten Motiven bereits faktisch nicht mehr zur Verfügung stand. Vielmehr können sich Nachteile aus der Eigenkapitalfinanzierung durch eine Beteiligungsgesellschaft oder einen Großaktionär sowie eine Fremdfinanzierung durch Kreditinstitute ergeben.219 Werden Investitionen durch Kredite fremdfinanziert, so kann die börsennotierte Gesellschaft das Darlehen in der Regel zu besseren Bedingungen als die nichtbörsennotierte Gesellschaft aufnehmen, da das kreditgebende Institut durch die weitgehenden Informations- und Veröffentlichungspflichten einer börsennotierten Gesellschaft die Kreditwürdigkeit genauer einschätzen kann. Die geringeren Kosten der Fremdkapitalaufnahme bei einer börsennotierten Gesellschaft betreffen regelmäßig die Zinshöhe oder die Stellung von Sicherheiten. Des weiteren ergibt sich durch die Fremdfinanzierung eine größere Abhängigkeit von den Kreditinstituten. Eine größere Abhängigkeit kann sich aber auch im Hinblick auf 219 Droege / Noe, FAZ v. 27. 11. 2000, S. 32; Dunzendorfer, Börsen-Zeitung v. 20. 02. 2001, S. 8.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

die Beteiligungsgesellschaft ergeben, da die zukünftige Eigenkapitalausstattung nicht mehr allein von der Initiative des Vorstands abhängt, sondern vielmehr vom Großaktionär, seiner finanziellen Ausstattung und seinen unternehmerischen Zielen.220 Allerdings wird diese Abhängigkeit nicht erst mit der Notierungsaufgabe begründet, sondern lediglich verstärkt, da aufgrund eines fehlenden liquiden Handels im Sekundärmarkt eine erneute Aktienplazierung faktisch unmöglich ist. Die Beendigung der Notierung manifestiert diesen Zustand nur. Eine weitere Belastung der von einem Finanzinvestor erworbenen Gesellschaft folgt aus den im Zusammenhang mit der Finanzierung des Kaufpreises zu stellenden Sicherheiten. Nicht selten finanziert ein Investor den Kauf der Gesellschaft zumindest teilweise über Fremdkapital und muß den Kreditinstituten Sicherheiten anbieten.221 Als Sicherheit dient regelmäßig das übernommene Unternehmen selbst. Dies birgt für das Unternehmen Risiken, wenn die Rückzahlung der Darlehen stockt. Für den Finanzinvestor und die Kreditinstitute ist das Ausfallrisiko aufgrund der Sicherheiten hingegen gering. Da die Darlehen aus den Gewinnen der Gesellschaft bedient werden, besteht die Gefahr, daß bei sinkenden Einnahmen die Darlehen nicht mehr bedient werden können und so eine Überschuldung der Gesellschaft droht.222 2. Verringerung des Bekanntheitsgrades Die Börsennotierung ist grundsätzlich mit einer Steigerung des Bekanntheitsgrades gegenüber dem Anlegerpublikum, den Kunden und den Lieferanten der Gesellschaft verbunden.223 Da durch die Beendigung der Börsennotierung die kapitalmarktrechtlichen Informations- und Veröffentlichungspflichten entfallen, sinkt auch der Bekanntheitsgrad der Gesellschaft. Erhält die Gesellschaft jedoch nicht die Aufmerksamkeit der Kapitalmärkte, so befindet sich ihr Bekanntheitsgrad zumindest gegenüber dem Anlegerpublikum ebenfalls auf niedrigem Niveau. Die Notierungsbeendigung ist daher nicht ursächlich für eine sinkende Bekanntheit der Gesellschaft. Anders hingegen kann es bei Lieferanten und Abnehmern aussehen. Entfallen die mit der Börsennotierung verbundenen Informations- und Veröffentlichungspflichten, so können die Abnehmer und Lieferanten keinen so weitgehenden Einblick in die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft nehmen. Fehlt ein solcher Einblick, kann das dadurch aufgebaute Vertrauen in die wirtschaftliche Stärke entfallen. Dies kann sich wiederum ungünstig auf die Verhandlungen mit den Lieferanten und Abnehmern auswirken.224 Befindet sich die Gesellschaft bereits in einer wirtschaftlichen Krise, wird kein Vertrauen in die Leistungsfähigkeit 220 221 222 223 224

Droege / Noe, FAZ v. 27. 11. 2000, S. 32. Siehe zu den verschiedenen Finanzierungsformen Grabherr, ÖBA 2003, 430, 430 ff. Vgl. zur sogenannten Private Equity-Finanzierung Salis-Lütolf, Private Equity, S. 118 ff. Vgl. dazu oben 2. Teil: A.VI., S. 51. Dunzendorfer, Börsen-Zeitung v. 20. 02. 2001, S. 8.

E. Folgen und Auswirkungen des Delisting

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der Gesellschaft bestehen und damit die Beendigung der Zulassung nicht ursächlich für schwindendes Vertrauen sein. Der Rückzug kann sogar dazu führen, daß die tatsächliche wirtschaftliche Lage der Gesellschaft gegenüber den Lieferanten und Abnehmern verborgen bleibt und sich nicht nachteilig auf die aktuelle wirtschaftliche Situation auswirkt. Insgesamt führt die Beendigung der Börsenzulassung nur zu einer geringfügigen Verringerung des Bekanntheitsgrades.

3. Erschwerte Mitarbeiterbeteiligung Die erfolgsabhängige Mitarbeiterbeteiligung über Aktienoptionen und Belegschaftsaktien ist der AG mit der Beendigung der Börsenzulassung faktisch unmöglich, da kein Börsenkurs als Entscheidungsgrundlage zur Ausübung der Aktienoption vorhanden ist und der Verkauf der Belegschaftsaktien über die Börse wegfällt. Ohne die Preisfeststellung an der Börse weiß der einzelne Mitarbeiter nicht, welchen Wert die Aktien haben. Gleichzeitig kann der einzelne Mitarbeiter seine aus einer Aktienoption erworbenen Aktien oder die Belegschaftsaktien nicht über die Börse veräußern.225 Werden die Aktien am Kapitalmarkt jedoch nicht bewertet oder können sie dort nicht veräußert werden, entfällt ein wichtiger Baustein der Mitarbeiterbeteiligung.

II. Auswirkungen auf die Aktionäre 1. Von der Beschränkung der Veräußerungsmöglichkeit bis zum Verlust der Mitgliedschaft Durch das vollständige Delisting können die Aktionäre ihre Aktien an der Börse im organisierten Markt nicht mehr veräußern. Diese Folge trifft weniger den Großaktionär, da dieser seine Aktien in der Regel außerbörslich übertragen kann.226 Der Kleinaktionär ist hingegen auf die Handelsmöglichkeit über die Börse angewiesen.227 Ohne die Börsennotierung der Gesellschaft muß der Kleinaktionär selbst einen Käufer finden. Eine schnelle und kostengünstige Veräußerung ist nicht mehr möglich. Dem Kleinaktionär wird daher faktisch die Möglichkeit eines Austritts aus der Gesellschaft genommen, denn nur durch den Verkauf der Aktien kann sich 225 Siehe dazu Lörcher, Aktienoptionen bei Strukturveränderungen der Arbeitgebergesellschaft, S. 163 ff. und S. 187 ff., der hinsichtlich der Folgen für die Arbeitnehmeraktionäre zwischen ausübungsreifen und nicht ausübungsreifen Optionen unterscheidet. Die Inhaber ausübungsreifer Optionen seien wie Aktionäre schutzwürdig und könnten durch Ausübung der Option Aktionär werden, um vom Pflichtangebot zu profitieren, während die Inhaber noch nicht ausgeübter Optionen die Möglichkeit erhalten müßten, ihre Option ab dem Bekanntwerden der Delisting – Absicht auszuüben. 226 2. Teil: B.I.3.b), S. 63 ff. 227 2. Teil: B.I.3.a), S. 62 ff.

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

der Aktionär von seiner Mitgliedschaft trennen.228 Zudem kann der Kleinaktionär durch die Beendigung der Börsennotierung seine Anlageziele in zeitlicher Hinsicht nicht mehr oder nur eingeschränkt verwirklichen. Wählt der Kleinaktionär einen langen Anlagehorizont, wird ihm durch das Delisting die Verkaufsmöglichkeit über die Börse mit einem entsprechenden Kursgewinn genommen. Selbst wenn der Aktienkurs stagniert und kurzfristig keine Kurssteigerungen zu erwarten sind, kann der Kleinaktionär diese Krise nicht durch Abwarten „aussitzen“. Wird das Delisting durchgeführt, kann er wirtschaftlich dazu gezwungen sein, seine Aktien noch vor dem Delisting über die Börse zu verkaufen, da nach Notierungsaufgabe eine Veräußerung kaum noch möglich wäre.229

2. Verlust der Bewertungsfunktion, der kapitalmarktrechtlichen Publizität und Kontrolle Nach einem Delisting werden die Aktien des Emittenten nicht mehr durch Bildung des Börsenpreises bewertet. Dem Aktionär ist damit der Börsenpreis als Grundlage seiner Anlageentscheidung genommen.230 Die besondere Bedeutung der Bewertungsfunktion der Börse macht auch das BVerfG in seiner DAT / AltanaEntscheidung deutlich, wonach ein existierender Börsenkurs bei der Wertermittlung nicht außer Betracht bleiben darf.231 Dies gilt jedoch nur eingeschränkt, wenn die Aktien in den Freiverkehr einbezogen sind und dort ein Börsenpreis gemäß § 19 (1) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB i.V. m. § 24 Abs. 1 BörsG gebildet wird. Zwar kann die Einbeziehung der Aktien in den Freiverkehr den Verlust der Notierung im regulierten Markt insgesamt nicht kompensieren, jedoch hinsichtlich der Bewertung der Aktien einen Ausgleich schaffen. Fehlt eine solche Bewertungsmöglichkeit, kann der einzelne Aktionär seine Anteile kaum bewerten, so daß letztendlich der Verkauf der Aktien einen hohen Aufwand hinsichtlich der Bewertung erfordert, soweit dies überhaupt für einen Kleinaktionär möglich ist. Dadurch kann der Kleinaktionär etwa dem kaufwilligen Großaktionär und dem von diesem angebotenen Preis ausgeliefert sein, wenn keine Angebote anderer Käufer vorliegen.232

228 Vgl. Kalss, Anlegerinteressen, S. 499 f.; Steck, AG 1998, 460, 461; Lutter in FS Zöllner, S. 363, 380 f.; Kück, ZInsO 2001, 649, 650. 229 Vgl. dazu auch Hellwig, ZGR 1999, 781, 798, der darauf hinweist, daß die Kleinaktionäre durch eine übertriebene Thesaurierung der Gewinne ausgehungert werden können; Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 115, die nur den Wegfall der Veräußerungsmöglichkeit als Folge nennen. 230 Kalss, Anlegerinteressen, S. 499 f.; Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 107; Lutter in FS Zöllner, S. 363, 374. 231 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 307 (DAT / Altana); siehe dazu unten näher 4. Teil: D.V.4., S. 321 ff. 232 So auch de Vries, Delisting, S. 18.

E. Folgen und Auswirkungen des Delisting

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Mit dem Delisting entfallen auch die kapitalmarktspezif ischen Informationsund Veröffentlichungspflichten der Gesellschaft233 und damit die Information als weiteres Element der Anlageentscheidung des Aktionärs. Dem einzelnen Aktionär bleiben die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft und ihre zukünftige Ausrichtung verborgen.234 Da der Kleinaktionär im Gegensatz zum Großaktionär nicht über die Informationsmöglichkeit im Aufsichtsrat verfügt, entstehen zwischen diesen beiden Aktionärskreisen Informationsasymmetrien. 235 Die weiterhin bestehenden aktien- und bilanzrechtlichen Informationspflichten können, soweit die Gesellschaft in Form der AG weitergeführt wird, dieses Ungleichgewicht nicht ausgleichen. Da die kapitalmarktspezif ischen Informations- und Veröffentlichungspflichten auch dazu dienen, den Emittenten zu kontrollieren, fällt mit dem Verlust dieser Pflichten auch die Kontrolle des Kapitalmarktes weg. Diese Folge ist das Spiegelbild des Motivs der Gesellschaft für das Delisting, sich aus der Öffentlichkeit der Börsennotierung aus Wettbewerbsgründen zurückzuziehen. Denn der organisierte Kapitalmarkt übt durch seine verschärften Informations- und Veröffentlichungspflichten eine Kontrolle aus, die jedem Marktteilnehmer zum Vorteil gereicht, auch wenn der einzelne Aktionär nur einen geringen Anteil der Aktien hält.

3. Entwertung und Wegfall von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen Das Delisting wirkt sich auch auf die von der Gesellschaft aufgelegten Mitarbeiterbeteiligungsprogramme in Form der Belegschaftsaktien und Aktienoptionen236 aus. Zunächst kann danach unterschieden werden, ob die AG in ihrer Rechtsform weiter besteht oder in eine andere Rechtsform wechselt. Bleibt die AG in ihrer Rechtsform erhalten, können die Belegschaftsaktionäre ihre Aktien nicht mehr über die Börse zu einem dort festgestellten Börsenpreis veräußern. Die Belegschaftsaktie verliert dadurch an Attraktivität für den einzelnen Mitarbeiter, da die Auffindung eines Käufers erheblich erschwert wird. Des weiteren können sich Wertsteigerungen der Gesellschaft nicht mehr im Börsenkurs niederschlagen. Damit entfällt für die Mitarbeiter der Leistungsanreiz, durch ein größeres Engagement am Erfolg der Gesellschaft, der sich in steigenden Börsenkursen niederschlägt, teilzuhaben.237 Gleiches gilt für Mitarbeiter, die an einem Aktienoptionsprogramm teilnehmen und daraus bereits Aktien erworben Vgl. dazu oben 2. Teil: A.IV.2., S. 43 ff. Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 107 f.; Oelschlegel, Beweggründe für und Umsetzung von Going Private Transaktionen, S. 10. 235 Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 107. 236 Vgl. zur Bedeutung der Mitarbeiterbeteiligung 2. Teil: A.VIII., S. 54 ff.; vgl. dazu ausführlich Lörcher, Aktienoptionen bei Strukturveränderungen der Arbeitgebergesellschaft, S. 163 ff. 237 Ebenso zur Belegschaftsaktie Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 108. 233 234

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

haben.238 Haben die Mitarbeiter ihr Optionsrecht noch nicht wahrgenommen, fehlt auch ihnen der Börsenpreis als Orientierung zur Ausübung der Kaufoption, da sie einerseits den Wert der Aktien aufgrund der fehlenden Börsenpreisbildung nicht bestimmen und andererseits aufgrund der weggefallenen Handelsmöglichkeit die Aktien nicht veräußern können.239 Wird die Rechtsform der AG nicht beibehalten etwa durch Formwechsel oder Verschmelzung in eine andere Gesellschaftsform, bestehen schon keine handelbaren Aktien mehr, die übertragen werden könnten. Gleiches gilt für Aktienoptionen, da Aktien als Gesellschaftsanteile nicht mehr begeben werden können. Da die Mitarbeiterbeteiligung durch Belegschaftsaktien oder Aktienoptionen in der Regel Entlohnungsfunktion haben, kann dieser Teil des Lohnes nicht mehr erzielt werden.

4. Wegfall aktienrechtlicher Sonderregelungen Mit dem Delisting sind aber auch Vorteile für die Aktionäre verbunden. So entfällt für die Gesellschaft die Möglichkeit, das Bezugsrecht bei einer Kapitalerhöhung vereinfacht gemäß § 186 Abs. 3 S. 4 AktG auszuschließen. Der Bezugsrechtsausschluß kann daher nur noch mit einer entsprechenden Rechtfertigung erfolgen.

5. Kompensation der Delisting-Nachteile durch Einbeziehung in den Freiverkehr der Börse Das Delisting hat für den Kleinaktionär jedoch nur dann die zuvor beschriebenen wirtschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen, wenn diese nicht durch eine andere Handels- oder Informationsmöglichkeit kompensiert oder ausgeglichen werden. Dies könnte dadurch geschehen, daß die Aktien nach dem Widerruf der Börsenzulassung im regulierten Markt in den Freiverkehr der Börse240 einbezogen und damit weiterhin gehandelt werden können. Die Beantwortung dieser Frage hat weitreichende Konsequenzen, da davon abhängt, ob die besonderen Voraussetzungen des regulären Delisting, wie etwa das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses241 oder einer im Spruchverfahren zu überprüfenden Abfindung der Aktionäre242, auch auf den Fall anzuwenden sind, daß nach dem Widerruf der Bör238 Haben die Mitarbeiter ihre Aktienoption bereits ausgeübt, unterfallen sie dem aktienrechtlichen Schutz. 239 Lörcher, Aktienoptionen bei Strukturveränderungen der Arbeitgebergesellschaft, S. 165 ff. schlägt vor, daß die Option mit der Bekanntgabe der Delisting – Absicht durch die Optionsinhaber ausgeübt werden können muß. 240 Ausführlich zum Freiverkehr und seinen Rechtsgrundlagen vgl. Breitkreuz, Ordnung der Börse, S. 299 ff. 241 Siehe unten 4. Teil: D.I.5., S. 196 ff. 242 Siehe zur Begründung der Abfindungsverpflichtung 4. Teil: D.V.1.c), S. 257 ff. und zur Überprüfung im Spruchverfahren 4. Teil: D.VII.3., S. 401 ff.

E. Folgen und Auswirkungen des Delisting

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senzulassung (§ 39 Abs. 2 BörsG) die Aktien in den Freiverkehr einbezogen werden (Segmentwechsel). Die Frage der Kompensation der Delisting-Nachteile stellt sich allerdings nur, wenn die AG in ihrer Rechtsform erhalten bleibt und nicht etwa durch eine andere Gestaltungsform des Delisting243 keine handelbaren Anteile mehr vorhanden sind. a) Maßstab zur Feststellung der Kompensation Den rechtlichen Maßstab zur Feststellung, ob eine Kompensation der weggefallenen Handelsmöglichkeit im regulierten Markt durch die Einbeziehung in den Freiverkehr der Börse erfolgt, legt die Rechtsprechung dahingehend fest, daß eine „starke Annäherung“ der zwischen den Wesensmerkmalen der Notierung im regulierten Markt (Handelsmöglichkeit, Bewertung, Transparenz- und Publizitätspflichten) und den Regelungen im Freiverkehr vorliegen muß.244 Dabei ist eine generalisierende Betrachtung der zu vergleichenden Marktsegmente zugrunde zu legen. Insofern müssen die im Einzelfall vorliegenden Handelsvolumina als Vergleichsmaßstab außer Betracht bleiben.245 Überzogen wäre die Anforderung, daß jeder noch so geringe Unterschied zwischen den Segmenten, die Erfüllung der Voraussetzungen des regulären Delisting auslösen.246 Vielmehr muß ein in rechtlicher Hinsicht qualitativer Unterschied zwischen den zu vergleichenden Marktsegmenten bestehen, um eine Vergleichbarkeit, d. h. eine Kompensation auszuschließen. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen, wobei allerdings die vergleichende Betrachtung nicht nur die laufenden Funktionen des Marktes (Handelbarkeit und Transparenz) enthalten, sondern auch einen etwaigen Marktaustritt aus dem Freiverkehr berücksichtigen muss. b) Vergleichbarkeit von reguliertem Markt und Freiverkehr Für die Vergleichbarkeit des Freiverkehrs mit dem regulierten Markt spricht, daß die Aktien auch im Freiverkehr grundsätzlich an der Börse frei gehandelt werden können. Zudem sind die dort ermittelten Preise auch Börsenpreise (§ 48 Abs. 3 S. 2 BörsG i.V. m. § 24 Abs. 1 BörsG), die den gleichen Anforderungen wie im regulierten Markt unterliegen. Dies setzt allerdings voraus, daß die AG in ihrer Rechtsform AG erhalten bleibt und die Aktien in den Freiverkehr (z. B. den „Open Market“ der FWB) einbezogen worden sein, um handelbar zu sein. Der Antrag auf Einbeziehung der Aktien in den Freiverkehr kann gemäß §§ 11 Abs. 2, 12 der AllgeSiehe zu den einzelnen Gestaltungsformen des Delisting 3. Teil: B., S. 99 ff. Das LG München I, Beschl. v. 30. 08. 2008 – 5HK O 7165 / 06, WM 2008, 2154, 2156; ebenso OLG München, Beschl. v. 21. 05. 2008 – 31 Wx 62 / 07, ZIP 2008, 1137, 1139. 245 Anders offenbar teilweise OLG München, Beschl. v. 21. 05. 2008 – 31 Wx 62 / 07, ZIP 2008, 1137, 1138. 246 OLG München, Beschl. v. 21. 05. 2008 – 31 Wx 62 / 07, ZIP 2008, 1137, 1139. 243 244

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

meinen Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB247 nur von zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen gestellt werden (§ 2 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB). Sind die Aktien nicht in den Handel einbezogen, können weder die Aktionäre noch der Emittent die Handelbarkeit herstellen. Insofern reicht allein die abstrakte Möglichkeit der Handelbarkeit über den Freiverkehr nicht aus; es muß, um überhaupt von einer Kompensation ausgehen zu können, eine Einbeziehung in den Freiverkehr stattgefunden haben, ansonsten erschiene es für den Aktionär zufällig, ob ein Handel mit den Aktien im Freiverkehr der Börse stattfindet. Werden die Aktien im Freiverkehr gehandelt, fehlt den Aktionären jedoch die rechtlich gesicherte Informationsbasis über den Emittenten und dessen aktuelle wirtschaftliche Entwicklung, denn für die in den Freiverkehr einbezogenen Aktien hat der Emittent keine spezifischen kapitalmarktrechtlichen Informations- und Veröffentlichungspflichten. 248 Die kapitalmarktspezifischen Informations- und Veröffentlichungspflichten greifen nicht, da es sich bei dem Freiverkehr nicht um einen organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 5 WpHG handelt. Damit fehlt den Aktionären die Grundlage für ihre Anlageentscheidung, die notwendiges Annex zur Handelbarkeit ist, es sei denn, daß das unterschiedliche Informationsniveau durch besondere Regelungen in den Freiverkehrsrichtlinien ausgeglichen wird.249 Fehlt ein solcher Ausgleich, kann nicht von einer grundsätzlichen Vergleichbarkeit des Freiverkehrs mit dem regulierten Markt ausgegangen werden. Selbst wenn eine Notierung im Freiverkehr erfolgt und die Handelbarkeit sowie die Erfüllung der Informations- und Veröffentlichungspflichten durch die Freiverkehrsregeln gewährleistet werden, verhindert folgender qualitativer Unterschied die Vergleichbarkeit: Das reguläre Delisting nach § 39 Abs. 2 BörsG erfolgt auf Antrag des Emittenten, der diesen Antrag durch einen Hauptversammlungsbeschluß vorbereiten muß250 und, sofern kein Bieter ein Kaufangebot abgibt, zur Abfindung gegenüber seinen Aktionären verpflichtet ist251. Die Beendigung der Notierung im Freiverkehr hat der Emittent nicht mehr in der Hand, vielmehr endet sie aufgrund der privatrechtlichen Einordnung der FreiverkehrsStand v. 28. 04. 2008. Im Ergebnis ebenso Schanz, Börseneinführung, § 18 Rn. 36. Anders wohl im Marktsegment des Freiverkehr M:access der Börse München, da der Emittent nach § 6 Abs. 2 Regelwerkes zur Veröffentlichung bestimmter Unternehmensmeldungen verpflichtet ist, siehe dazu im einzelnen Schwichtenberg, AG 2005, 911, 914 f. sowie LG München I, Beschl. v. 30. 08. 2007 – 5HK O 7195 / 06, WM 2007, 2154, 2155; ebenso OLG München, Beschl. v. 21. 05. 2008 – 31 Wx 62 / 07, ZIP 2008, 1137, 1139 f.; ob diese Einschätzung auch für den „Entry Standard“ an der FWB gilt (vgl. §§ 16 ff. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB) ist fraglich, da zwar die Zustimmung des Emittenten für die Einbeziehung erforderlich ist, jedoch der Emittent keine spezifischen Veröffentlichungspflichten hat. 249 So wohl für das Freiverkehrssegment M:access der Münchener Börse, vgl. OLG München, Beschl. v. 21. 05. 2008 – 31 Wx 62 / 07, ZIP 2008, 1137, 1139 f. 250 Siehe dazu unten ausführlich 4. Teil: D.I.5., S. 196 ff. 251 Vgl. 4. Teil: D.V.1.c), S. 257 ff. 247 248

F. Zusammenfassung

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regelwerke252 als Allgemeine Geschäftsbedingungen durch Kündigung des Handelsteilnehmers (§ 18 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der FWB).253 Ob bei einer Beendigung der Notierung im Freiverkehr, die nicht von der AG selbst ausgehen muß, die besonderen Anforderungen an das Delisting einzuhalten sind, ist jedoch zweifelhaft. Dafür spricht etwa, daß eine solche Beendigung der Einbeziehung in den Freiverkehr durch den Teilnehmer i. S. d. § 19 BörsG und nicht durch den Emittenten selbst erfolgt, also durch einen Dritten. Damit bestünde allerdings die Gefahr, daß sich der Emittent aus der Börsennotierung „herausschleicht“ und die Kleinaktionäre schutzlos dem Delisting ausgeliefert sind, da weder der Wechsel vom regulierten Markt in den Freiverkehr noch die Beendigung der Notierung im Freiverkehr durch einen Hauptversammlungsbeschluß und eine Abfindung der Aktionäre begleitet werden müssen, auch wenn im Freiverkehr durch die Regelwerke ähnlich oder vergleichbare Anforderungen an die laufende Notierung gestellt werden.254 Aufgrund dieses qualitativen Unterschieds zwischen reguliertem Markt und Freiverkehr läßt sich daher nicht von einer Vergleichbarkeit der beiden Segmente ausgehen. Insofern ist der fehlende Schutz beim Marktaustritt aus dem Freiverkehr bereits bei der Beendigung der Börsenzulassung zum regulierten Markt zu gewährleisten. c) Ergebnis Grundsätzlich bleibt festzuhalten, daß die fehlende Handelsmöglichkeit im regulierten Markt nicht durch die Einbeziehung in den Handel des Freiverkehrs kompensiert wird. Dies gilt selbst dann, wenn das konkrete Regelwerk etwa in bezug auf die Informationspflichten des Emittenten Sonderregelungen enthält und auch der Börsenpreis entsprechend den Vorgaben des regulierten Marktes gebildet wird, da bei Beendigung der Einbeziehung der Aktien in den Freiverkehr nicht gewährleistet ist, daß die aktienrechtlichen Voraussetzungen des Delisting eingehalten werden können.

F. Zusammenfassung Im Mittelpunkt der Börsennotierung steht für die AG die Finanzierungsaufgabe der Börse im Primärmarkt. Diese ist untrennbar mit dem Handel der Aktien im Sekundärmarkt verbunden. Ohne die Handelbarkeit und Bewertung der Aktien im Vgl. nur Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, BörsG, § 57 Rn. 2. Das Regelwerk M:access der Börse München sieht keine regulären Beendigungsmechanismus für die einbezogenen Aktien vor, sondern lediglich, daß die Geschäftsführung der Börse bei Nichteinhaltung des Regelwerkes über die Beendigung entscheidet (vgl. § 8 des M:access Regelwerk). 254 Dies übersieht das OLG München, Beschl. v. 21. 05. 2008 – 31 Wx 62 / 07, ZIP 2008, 1137, 1138 und LG München I, Beschl. v. 30. 08. 2007 – 5HK O 7195 / 06, WM 2007, 2154, 2155. 252 253

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2. Teil: Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation

Sekundärmarkt würden sich keine oder zumindest nicht eine solche große Zahl Kapitalanleger finden. Damit die Börse ihre Aufgabe als Finanzierungsinstrument erfüllen und Kapitalnachfrager und -anbieter zusammenführen kann, hat die AG als Emittent der Aktien Verpflichtungen gegenüber dem Kapitalmarkt. Dies sind Informations- und Veröffentlichungspflichten sowie besondere aktienrechtliche Pflichten. Diese Pflichten dienen der Durchführung des Handels und der Bewertung der Aktien im Sekundärmarkt. Während der Kleinaktionär auf die Handelbarkeit, Preisfeststellung und Information über den Emittenten angewiesen ist, benötigt der Großaktionär diese Marktmechanismen nur mittelbar etwa zur Bewertung seines Aktienpaketes beim außerbörslichen Verkauf. Dem Nutzen der AG stehen also Leistungen an den Kapitalmarkt gegenüber. Solange die AG aus diesem Marktmechanismus ihren Nutzen ziehen kann, besteht kein Anlaß, die Börsenzulassung zu beenden. Ist das Verhältnis zwischen Nutzen und Leistungen sowie den Pflichten gestört, d. h. fällt der Nutzen aus der Börsennotierung weg, ergeben sich Ungleichgewichte zu Lasten der AG. Aus diesen Lasten der Börsennotierung ergeben sich dann die Motive für das Delisting, wie z. B. der Wegfall der Finanzierungsmöglichkeit, die Neuordnung der Gesellschafts- und Aktionärsstruktur und die Reduzierung der finanziellen und personellen Belastungen der Gesellschaft. Weiteres Gewicht gewinnt diese Betrachtung, wenn eine Beteiligungsgesellschaft die Finanzierungsfunktion der Börse übernimmt und der Gesellschaft das notwendige Kapital zur Verfügung stellt. Die Befreiung von den Lasten und Pflichten der Börsenzulassung ist jedoch stark durch die Interessen der AG und der Großaktionäre geprägt. Entfallen bestimmte Funktionen der Börsennotierung, so hat das nicht zwingend zur Folge, daß die Börse ihre Funktionen als Sekundärmarkt nicht mehr wahrnehmen kann. Die Beendigung der Börsenzulassung trifft daher unmittelbar die Kleinaktionäre, da ihnen die Handelsmöglichkeit, die Preisfeststellung und die Information über den Emittenten genommen wird, ohne daß sie Vorteile aus dem Börsenrückzug ziehen könnten. Dem Großaktionär entstehen keine Nachteile, da er auch weiterhin sein Aktienpaket außerbörslich veräußern kann. Während sich aus dem Delisting für die AG überwiegend Vorteile ergeben, haben die Kleinaktionäre die beschriebenen Nachteile zu tragen. Aus diesem Ungleichgewicht ergeben sich Interessenkonflikte zwischen der AG und den Großaktionären einerseits und den Kleinaktionären andererseits.

3. Teil

Gestaltungsformen des Börsenrückzugs In der Praxis haben sich verschiedene Gestaltungsformen des freiwilligen und vollständigen Delisting herausgebildet. Mit sämtlichen Gestaltungsformen verfolgt die Gesellschaft oder auch der Großaktionär das Ziel, die Zulassung der Aktien zum Handel an der Börse zu beenden. Um dieses Ziel zu erreichen, kann der Emittent einerseits auf kapitalmarktrechtlicher Ebene in einem Marktentlassungsverfahren nach § 39 Abs. 2 BörsG einen Antrag auf Widerruf der Zulassung stellen. Andererseits besteht für den Emittenten die Möglichkeit, die eigenen gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse so umzustrukturieren, daß die Zulassung zum Börsenhandel automatisch beendet wird. Die gesellschaftsrechtliche Gestaltung, etwa in der Form einer Verschmelzung, eines Formwechsels, einer Eingliederung oder des Ausschlusses von Minderheitsaktionären ist dabei das gesellschaftsrechtliche Mittel zur Erreichung des Delisting. Ferner kann ein Delisting durch die Nichtbeachtung der aus der Zulassung resultierenden Emittentenpflichten erfolgen.

A. Delisting auf Antrag des Emittenten Den Antrag auf Widerruf der Börsenzulassung nach § 39 Abs. 2 BörsG1 wird die Gesellschaft wählen, wenn sie im Zeitpunkt des Delisting in der Rechtsform der AG bestehen bleiben will, ohne eine besondere gesellschaftsrechtliche Konstruktion zu wählen, um die Beendigung der Börsenzulassung als Folge der Umstrukturierung herbeizuführen. Ein solcher Vorgang wird auch als reguläres2 oder echtes3 Delisting bezeichnet, da keine besondere gesellschaftsrechtliche Gestaltungsform genutzt wird, um die Börsenzulassung zu beenden.

Vgl. dazu den Antrag auf Delisting bei Groß in Happ, Aktienrecht, S. 1993 f. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533; Pluskat, WM 2002, 833, 834; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1065; de Vries, Delisting, S. 5; Steck, AG 1998, 460, 460. 3 Hüffer AktG, § 119 Rn. 22. 1 2

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

I. Rechtliche Einordnung und Wirkung des Zulassungswiderrufs Die Entlassung des Emittenten aus dem Börsenhandel erfolgt nach § 39 Abs. 2 BörsG4 über den Widerruf der Zulassung zum Börsenhandel, den der Emittent beantragt. Der Widerruf der Zulassung durch die Geschäftsführung der Börse ist ein Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung5 und beendet das durch die Zulassung nach §§ 32 ff. BörsG begründete öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis mit der Börse.6 Er ist der actus contrarius zur Zulassung. Die Zulassung enthält die Erlaubnis zum Handel mit den Wertpapieren im Sekundärmarkt des jeweiligen Börsensegments.7 Der Widerruf beendet hingegen diesen Anspruch auf Nutzung der Börse als Handelseinrichtung. Räumlich betrachtet ist der Widerruf der Zulassung allerdings begrenzt. Sind die Aktien an mehreren Börsenplätzen zum Handel zugelassen, entfaltet der Widerruf nur dort seine Wirkung, wo der Emittent den Widerruf beantragt hat. Strebt der Emittent ein vollständiges Delisting an, muß er an allen Börsenplätzen, die sich in Deutschland befinden, einen Antrag auf Widerruf der Zulassung zum Börsenhandel stellen. Besitzt der Emittent zudem eine Zulassung an einer ausländischen Börse, muß nach den jeweiligen Börsenregeln dort ein Delisting durchgeführt werden.8 Auch in zeitlicher Hinsicht entfaltet der Widerruf nicht sofort seine Wirkung. Zwar wird ein Verwaltungsakt grundsätzlich gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG9 in dem Zeitpunkt wirksam, wenn dieser dem Betroffenen bekannt gegeben wird. Von diesem Zeitpunkt ist die nach § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG i.V. m. § 43 Abs. 2 S. 3 BörsO FWB vorgesehene „Wirksamkeit“ zu unterscheiden, die sechs Monate nach seiner Bekanntgabe des Zulassungswider4 Früher § 38 Abs. 4 BörsG und bei Einführung der Delistingregelung § 43 Abs. 4 BörsG, der durch das 3. Finanzmarktförderungsgesetz (BGBl. Teil I 1997, S. 529) eingeführt wurde und durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz (BGBl. Teil I 2002, S. 2010 und 2316) nur in der Numerierung geändert wurde. Zur Rechtslage vor Erlaß des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes: Klenke, WM 1995, 1089 1094; Eickhoff, WM 1988, 1713, 1714 ff.; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 471 ff.; Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 752 f.; Hopt / Baum in Hopt / Rudolph / Baum, Börsenreform, S. 417 ff. 5 VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1146, 1448. 6 Groß, Kapitalmarktrecht (2. Aufl.), BörsG, §§ 42, 43 Rn. 15. 7 Vgl. nur Groß, Kapitalmarktrecht (2. Aufl.), BörsG, §§ 36-39 Rn. 2a. 8 Vgl. dazu für die USA, Japan und die europäischen Kapitalmärkte bei M. Henze, Delisting, S. 31 ff.; Heine, Anleger- und Minderheitenschutz beim Börsenaustritt, S. 273 ff.; Krolop, Rückzug vom organisierten Kapitalmarkt, S. 51 ff.; vgl. zu den rechtlichen Voraussetzungen eines Widerrufs der Börsenzulassung an der New York Stock Exange Fischer zu Cramburg / Hannich / Ziegert, Delisting und Deregistrierung deutscher Emittenten in den USA, S. 21 ff.; Böswald / Figlin, AG 2006, 66, 71 ff.; nunmehr zur Erleichterung der Deregestrierung in den USA durch die SEC Parker, FT v. 05. 12. 2005, S. 25; im einzelnen Bartos / King, PLC 2005, 21, 23 f.; Fischer zu Cramburg in Blick nach Brüssel, NZG 2007. 63; Erchinger / Melcher, DB 2007, 1123, 1124; Flägel, NZG 2008. 576, 577 ff. 9 Aus Gründen der Vereinfachung wird hier vom gleichlautenden VwVfG des Bundes ausgegangen, obwohl für das Verwaltungsverfahren aufgrund der Ausgestaltungszuständigkeit der einzelnen Bundesländer die jeweiligen Landes-VwVfG einschlägig sind.

A. Delisting auf Antrag des Emittenten

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rufs eintritt10. Die nach § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG i.V. m. § 43 Abs. 2 S. 3 BörsO FWB vorgesehene „Wirksamkeit“ ist eine Sonderregelung zu § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG. Danach kann ein Verwaltungsakt eine Bestimmung enthalten, die eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt eintreten läßt. Der Wortlaut des § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG ist insofern mißverständlich, weil er von „Wirksamkeit“ spricht. Der Begriff der Wirksamkeit ist aber bereits durch § 43 Abs. 1 VwVfG belegt und bezeichnet die Rechtsfolge der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes. Der Begriff der „Wirksamkeit“ i. S. d. § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG ist daher im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG auszulegen und bezeichnet die Folgen, die in einem bestimmten Zeitpunkt eintreten. Die Wirkungen des Zulassungswiderrufs sind daher von einer zeitlich aufschiebenden Befristung i. S. d. § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG abhängig.11 Erst nach Ablauf der sechsmonatigen Frist ist die Zulassung zum Börsenhandel beendet.

II. Voraussetzungen des Widerrufs der Zulassung zum Börsenhandel Die kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen des Widerrufs nach § 39 Abs. 2 BörsG werden nur kurz angesprochen, da der Schwerpunkt der Untersuchung auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene liegt.

1. Kapitalmarktrechtliche Aspekte der Widerrufsentscheidung Nach § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG kann die Zulassung zum regulierten Markt auf Antrag des Emittenten widerrufen werden. Dieser Widerruf darf nach § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG dem Schutz der Anleger nicht widersprechen.12 Ob der Anlegerschutz auf der Tatbestandsebene einen unbestimmten Rechtsbegriff darstellt oder bei Ausübung des Ermessens zwingend zu berücksichtigen ist, läßt sich nach dem Wortlaut nicht eindeutig entscheiden.13 Diese Unterscheidung erlangt ihre Bedeu10 Ursprünglich dahin galt nach § 54a Abs. 2 S. 3 BörsO FWB, der am 06. 03. 2002 geändert worden ist, die Regelung, daß der Widerruf ein Jahr nach Bekanntgabe wirksam wird; kritisch zu der Fristverkürzung und dem Wegfall eines obligatorischen Kaufangebots Streit, ZIP 2002, 1279 ff.; Wilsing / Kruse, NZG 2002, 807 ff.; die Zulässigkeit bejahend Holzborn / Schlößer, BKR 2002, 486 ff.; Danach wurde mit Wirkung vom 01. 01. 2003 § 54a BörsO FWB in § 58 BörsO FWB geändert und mit Wirkung ab dem 01. 11. 2007 in § 43 BörsO FWB. Eine derartige reine Fristenregelung enthielt früher nur die Leipziger Börse in § 32 BörsO, vgl. Nußbaum, BörsG, § 36 VIII. b.). 11 So auch Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 468. 12 Daß durch eine Beendigung der Börsenzulassung die Anleger betroffen sind, so wie dies in § 38 Abs. 4 BörsG im Begriff des „Anlegerschutzes“ Ausdruck findet, erkannte schon Göppert, Recht der Börsen, § 28 IV. d) a. E. 13 Auch aus Gesetzesmaterialen zu § 39 BörsG durch das FRUG ergibt sich keine andere Beurteilung, vgl. BT-Drucks. 16 / 4028, S. 88.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

tung dadurch, daß der unbestimmte Rechtsbegriff auf der Tatbestandsseite der vollen richterlichen Überprüfung unterliegt. Ist der Anlegerschutz jedoch ein zwingender Aspekt des Ermessens, kann dieser gerichtlich nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüft werden (§ 114 S. 1 VwGO). Ohne nähere Begründung geht das VG Frankfurt / Main davon aus, daß der Aspekt des Anlegerschutzes auf der Ermessensseite zu berücksichtigen ist.14 Zwingend erscheint diese Auffassung jedoch nicht, da § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG nur davon spricht, daß der Widerruf nicht dem Schutz der Anleger widersprechen darf. Eine Zuweisung dieses Aspekts auf die Ermessensebene ist damit nicht verbunden. Die Konsequenz der Auffassung des VG Frankfurt / Main ist, daß der Geschäftsführung der Börse ein erheblicher Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung zugebilligt wird, der der richterlichen Kontrolle entzogen wird. Folgt man dieser Auffassung, wird der Widerruf auf tatbestandlicher Seite nicht weiter eingeschränkt. Der Widerruf ist dann eine reine Ermessensentscheidung, die als zwingenden Aspekt den Anlegerschutz berücksichtigen muß. Damit stellt sich die Frage, welche Aspekte in das Ermessen der Entscheidung der Geschäftsführung der Börse mit einzubeziehen sind. Zunächst besteht Einigkeit darüber, daß nur die Interessen des Emittenten und der Anleger zu berücksichtigen sind, nicht jedoch die der Börse.15 Die Interessen der Anleger in Form des Anlegerschutzes i. S. d. § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG werden durch § 43 Abs. 1 und 2 BörsO FWB näher bestimmt. Die grundsätzliche Zulässigkeit dieser Regelung ergibt sich zunächst aus § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG, der die nähere Ausgestaltung des Delisting der jeweiligen BörsO überläßt. Nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 BörsO FWB steht bei einem vollständigen Delisting dem Widerruf der Zulassung der Anlegerschutz insbesondere dann nicht entgegen, wenn nach Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung ausreichend Zeit verbleibt, die vom Widerruf betroffenen Wertpapiere über die Börse zu veräußern. Da der Widerruf gemäß § 43 Abs. 2 BörsO FWB sechs Monate nach Bekanntgabe wirksam wird, ist die Zeit zur Veräußerung der Wertpapiere auf sechs Monate begrenzt.16

14 VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1446, 1448 f.; so wohl auch Hopt in Baumbach / Hopt HGB § 39 BörsG Rn. 5. 15 BT-Drucks. 13 / 8933, S. 165; Hopt in FS Drobnig, S. 525, 534; Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1618 f., die aber einschränkend darauf hinweisen, daß die Motivation der Gesellschaft für den Antrag auf Widerruf der Zulassung nicht zu berücksichtigen ist. 16 § 54a BörsO FWB bestimmte vor in Kraft treten der Änderung zum 26. 03. 2002, daß der Anlegerschutz gewahrt war, wenn den Inhabern der Wertpapiere ein Kaufangebot unterbreitet wurde. Vgl. dazu ausführlich de Vries, Delisting, S. 54 ff.; M. Henze, Delisting, S. 71 ff. Die Regelung zum Kaufangebot wurde durch die Änderung des § 54a BörsO FWB aufgehoben. Vgl. Streit, ZIP 2002, 1279, 1285 ff., der die Regelung des § 54a BörsO FWB (nun § 43 BörsO FWB) für unwirksam hält. Nicht so weitgehend de Vries, Delisting, S. 46 f., der eine Fristenregelung mit Veräußerungsmöglichkeit auch nicht für ausreichend hält, jedoch nicht näher bestimmte weitere Schutzmechanismen fordert; Lenenbach, Kapitalmarktund Börsenrecht, S. 379, der die Möglichkeit der Ablehnung des Widerrufs durch die Geschäftsführung der Börse wegen unzureichenden Anlegerschutzes nennt; die Kaufangebots-

A. Delisting auf Antrag des Emittenten

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Weitere kapitalmarktrechtliche Ermessensgesichtspunkte, die von der Geschäftsführung der Börse zu berücksichtigen wären, sind aus den gesetzlichen Regelungen unmittelbar nicht zu entnehmen.17 Nach Auffassung des VG Frankfurt / Main ist das Vertrauen der Anleger in den Fortbestand des Marktes zu berücksichtigen, wenn und solange noch ein vernünftiger Handel zu erwarten ist.18 Dieses Vertrauen entfalle jedoch, wenn die Bedingungen für einen normalen und geregelten Handel wegfallen und sich der Handel von den für die Zulassung zum Börsenhandel geltenden Bedingungen entfernen. Die Voraussetzungen eines normalen Marktes lägen im Zweifel dann vor, wenn und solange eine Zulassung der Wertpapiere zum Börsenhandel erfolgen könne. Dies ergebe sich neben anderen Voraussetzungen für den regulierten Markt aus § 9 BörsZulV, der eine ausreichende Streuung der zuzulassenden Aktien fordere.19 Für die Einbeziehung der ursprünglichen Zulassungsvoraussetzungen spricht der systematische Zusammenhang des § 39 Abs. 2 BörsG mit § 49 Abs. 2 VwVfG. § 39 Abs. 2 BörsG läßt ebenfalls wie § 49 Abs. 2 VwVfG einen Widerruf nur unter Berücksichtigung des Vertrauens des Begünstigten zu20. Insofern ist das in § 39 Abs. 2 BörsG zu berücksichtigende Vertrauen des Begünstigten der Anlegerschutz. § 39 Abs. 2 BörsG ist daher eine spezielle Regelung des Widerrufs. Ebenso werden die zum Erlaß des begünstigenden Verwaltungsaktes ursprünglichen Erwägungen in die Entscheidung über den Widerruf miteinbezogen.21 Sind die ursprünglichen Erwägungen in der allgemeinen Norm des § 49 Abs. 2 VwVfG zu berücksichtigen, so sind bei der Entscheidung nach der spezielleren Vorschrift des § 39 Abs. 2 BörsG auch die Zulassungsvoraussetzungen zum Börsenhandel zu berücksichtigen.

2. Einbeziehung gesellschaftsrechtlicher Gesichtspunkte in die Widerrufsentscheidung Ob die Geschäftsführung der Börse bei ihrer Widerrufsentscheidung etwaige gesellschaftsrechtliche Gesichtspunkte, insbesondere einen Beschluß der Hauptversammlung oder die Abgabe eines Pflichtangebots durch die Gesellschaft oder regelung haben beibehalten § 82 Abs. 2 BörsO Börse Berlin; § 56 Abs. 4 BörsO Börse Düsseldorf; § 50 Abs. 2 b) BörsO Hanseatische Wertpapierbörse Hamburg; § 50 Abs. 3 BörsO Hannover. 17 So auch der Befund des VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1446, 1449; ähnlich nennt auch de Vries, Delisting, S. 61 f. die Möglichkeit eines Mehrheitsbeschlusses der Anleger als Bedingung für ein Delisting, lehnt dies jedoch ab. 18 VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1446, 1449; ähnlich Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 262; a. A. Beck / Hedtmann, BKR 2003, 190, 195. 19 VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1446, 1450; Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 262. 20 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 49 Rn. 25. 21 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 49 Rn. 28.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

den Großaktionär22, berücksichtigen muß, wird unterschiedlich beurteilt. Die gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkte könnten allenfalls über den Begriff des Anlegerschutzes ihren Eingang in die Widerrufsentscheidung finden, da § 43 BörsO FWB keine gesellschaftsrechtlichen Aspekte nennt, bei denen der Anlegerschutz gewahrt sein soll. Wird als zusätzliche Voraussetzung des Widerrufs ein Beschluß der Hauptversammlung gefordert, müßte diese Voraussetzung vom Begriff des Anlegerschutzes als spezielles Erfordernis erfaßt sein. Eine Prüfungspflicht der Geschäftsführung der Börse zu fordern, hätte zudem die Konsequenz, aus § 39 Abs. 2 BörsG die Zuständigkeit der Hauptversammlung für das Delisting zu entnehmen. Einerseits wird vertreten, daß die Geschäftsführung der Börse das Vorliegen eines entsprechenden Hauptversammlungsbeschlusses nicht prüfen muß.23 Begründet wird die Ablehnung damit, daß § 43 BörsO FWB keine Regelung über einen zu beachtenden Hauptversammlungsbeschluß enthält.24 Zudem betreffe die Hauptversammlungszuständigkeit nur das Innenverhältnis und nicht das Außenverhältnis. Die Gesellschaft werde durch den Vorstand nach außen hin aufgrund der Vertretungsmacht nach § 82 Abs. 1 AktG vertreten. Diese Vertretungsmacht ist unbeschränkbar und diene gerade dazu, daß Dritte und damit auch die Geschäftsführung der Börse die Handlungen nicht überprüfen müßten. Daher brauche die Geschäftsführung der Börse die Hauptversammlungszuständigkeit nicht zu prüfen.25 Auch könne aus der bei der Zulassung und beim Widerruf zu beachtenden BörsZulV keine Überprüfung gesellschaftsinterner Entscheidungsprozesse gefolgert werden.26 Die Geschäftsführung der Börse habe nicht über die gesellschaftsinternen Abläufe zu wachen.27 Letztendlich führe die Überprüfung durch die Geschäftsführung der Börse zu einem zweigleisigen Rechtsschutz, wenn einerseits die Widerrufsentscheidung auf dem Verwaltungsrechtweg und andererseits der fehlende oder fehlerhafte Hauptversammlungsbeschluß auf dem Zivilrechtsweg angefochten werden könne.28 Andere Stimmen aus dem Schrifttum gehen davon aus, daß die Geschäftsführung der Börse auch die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen des Delisting zu prüfen habe, also insbesondere, ob ein Hauptversammlungsbeschluß29 oder aber Vgl. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533 ff. Pluskat, WM 2002, 833, 836; Groß, ZHR 165 (2001), 141, 156 f.; ders., Kapitalmarktrecht, BörsG, § 38 Rn. 31; Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 113; Schiessl, AG 1999, 442, 452; eingehend de Vries, Delisting, S. 63 ff.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 379. 24 Groß, ZHR 165 (2001), 141, 156; anders § 56 Abs. 4 S. 1 BörsO der Börse Düsseldorf, der die Zuständigkeit der Hauptversammlung vorsieht. 25 Groß, ZHR 165 (2001), 141, 157; Harrer / Wilsing, DZWiR 2002, 485, 491. 26 Pluskat, WM 2002, 833, 836. 27 de Vries, Delisting, S. 64. 28 de Vries, Delisting, S. 65 f. 29 Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 671; Hopt in Baumbach / Hopt HGB (32. Aufl.) § 38 BörsG Rn. 5; Hellwig, ZGR 1999, 781, 801; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 117; Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 262; Schwark / Geiser, 22 23

A. Delisting auf Antrag des Emittenten

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auch ein aktienrechtliches Pflichtangebot vorliege30. Teilweise wird dabei auf die Fallgestaltung verwiesen, daß bei einem fehlenden Hauptversammlungsbeschluß das Delisting wieder rückgängig gemacht werden müsse. Dieses Hin und Her widerspreche dem Anlegerschutz.31 Zudem seien solchen Gesellschaften, die die Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllten, der Weg an die Börse versperrt.32 Des weiteren könne der Prüfungsumfang bei der Marktentlassung des Emittenten nicht geringer ausfallen, als bei der Zulassung der Wertpapiere.33 Ferner könne gegen die Prüfungspflicht der Geschäftsführung der Börse nicht eingewandt werden, daß die Vertretungsmacht unbeschränkbar sei und damit die internen Voraussetzungen im Außenverhältnis nicht mehr geprüft werden dürften. Vielmehr sei § 82 Abs. 1 AktG durch § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG einschränkend auszulegen. Die Geschäftsführung der Börse könne sich aus Gründen des Anlegerschutzes darauf berufen, daß intern die Hauptversammlung das Delisting nicht beschlossen habe.34 Gegen die Prüfung des Vorliegens eines Hauptversammlungsbeschlusses durch die Geschäftsführung der Börse läßt sich einwenden, daß die BörsO FWB keine Bestimmung darüber trifft, ob der Hauptversammlungsbeschluß Voraussetzung der Widerrufsentscheidung ist.35 Dies auch gerade vor dem Hintergrund, daß der Gesetzgeber die Möglichkeit zur Bestimmung der Hauptversammlungszuständigkeit in den jeweiligen Börsenordnungen in der Gesetzesbegründung zu § 43 Abs. 4 BörsG a. F. angesprochen hatte36, eine Regelung in der BörsO FWB jedoch dazu fehlt. Ob der Begriff des Anlegerschutzes dabei auch das Vorliegen eines Hauptversammlungsbeschlusses umfaßt, ist zweifelhaft, da der Anlegerschutz eine kapitalmarktrechtliche Kategorie darstellt. Er wird im Kapitalmarkt vornehmlich durch ZHR 161 (1997), 739, 765; Hamann in Schäfer BörsG (1. Aufl.), § 43 Rn. 29; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 263 ff.; wohl auch Seiffert, Going Private, S. 119 ff.; einschränkend Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 558, die nur überprüft haben wollen, ob überhaupt und mit welchen Mehrheiten ein Hauptversammlungsbeschluß vorliegt; differenzierend Geyrhalter / Zirnbigl, DStR 2004, 1048, 1051, die einen Hauptversammlungsbeschluß als Voraussetzung der Widerrufsentscheidung fordern, soweit das Anlegervertrauen durch die Einschränkung der Informationsrechte und den Wegfall der Liquidationsmöglichkeit betroffen ist. 30 Klöhn, ZBB 2003, 208, 212, der davon ausgeht, daß bei Fehlen des aktienrechtlichen Pflichtangebots der Widerrufsantrag abgelehnt wird. 31 Hellwig, ZGR 1999, 781, 801. 32 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 117. 33 Hamann in Schäfer BörsG (1. Aufl.), § 43 Rn. 29; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 117; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 264. 34 Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 264 ff., der weiter fordert, daß auch die Rechtmäßigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses, die Einhaltung der aktienrechtlichen Informationspflichten, das abzugebende Abfindungsangebot nach der jeweiligen BörsO sowie die Einhaltung der §§ 71 f. AktG überprüft werden solle. 35 So auch Groß, ZHR 165 (2001), 141, 156 f.; als einzige BörsO enthält § 56 Abs. 4 BörsO Börse Düsseldorf den Hauptversammlungsbeschluß als Voraussetzung der Widerrufsentscheidung. 36 BT-Drucks. 13 / 8933, S. 165.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

die Information der Anleger über den Emittenten gewährleistet37, nicht jedoch durch die Überprüfung der gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen eines Delisting. Ferner spricht die kaum zu bestimmende Reichweite der Prüfungskompetenz der Geschäftsführung der Börse gegen die Berücksichtigung des Hauptversammlungsbeschlusses. Reicht für den Widerruf beispielsweise aus, daß überhaupt ein Hauptversammlungsbeschluß vorliegt oder muß dieser auch wirksam sein? Wie hat die Geschäftsführung der Börse eine mögliche Anfechtbarkeit des Beschlusses zu berücksichtigen, wenn bisher keine Anfechtung erfolgt ist? Insgesamt ist daher die Prüfung des Hauptversammlungsbeschlusses auf kapitalmarktrechtlicher Ebene grundsätzlich abzulehnen.38 Anders könnte dieses allerdings mit all den zuvor genannten rechtlichen Unwägbarkeiten zu beurteilen sein, wenn die BörsO ausdrücklich die Zustimmung der Hauptversammlung zum Delisting verlangt (vgl. etwa § 56 Abs. 4 BörsO Börse Düsseldorf).

III. Entscheidung der Geschäftsführung der Börse Die Entscheidung der Geschäftsführung der Börse über den Widerruf ist nach § 39 Abs. 2 S. 1 BörsG eine Ermessensentscheidung. Grundsätzlich hat der Emittent daher keinen Anspruch auf den Widerruf der Zulassung, sondern nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung.39 Da der Widerruf nach § 39 Abs. 2 BörsG eine Ermessensentscheidung ist, hat der Emittent nur dann einen Anspruch auf den Widerruf der Zulassung, wenn das Ermessen auf Null reduziert ist. Eine Ermessensreduzierung auf Null ist anzunehmen, wenn aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft wäre.40 Darüber, ob bei dem Widerruf der Zulassung besondere Umstände die Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null rechtfertigen, besteht keine Einigkeit. Einerseits wird vertreten, eine Ermessensreduzierung auf Null erfolge, wenn der Anlegerschutz beachtet sei.41 Entfernten sich die tatsächlichen Gegebenheiten von den Voraussetzungen eines normalen Wertpapierhandels und den Zulassungsbedingungen, so beschränke sich das Ermessen auf Null.42 Eine andere Auffassung geht mit dem Verweis auf die allgemeinen Grundsätze davon Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 83 f. Ebenso Geyrhalter / Zirnbigl, DStR 2004, 1048, 1049 f.; siehe dazu auch unten 4. Teil: D.III.2., S. 217. 39 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 40 Rn. 32 f. 40 Vgl. nur Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 40 Rn. 30 m. w. N. 41 VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1146, 1451; Pluskat, WM 2002, 833, 838; Kück, ZInsO 2001, 649, 650; Hopt in FS Drobnig, S. 525, 535; Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 262; Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 671, der einen Anspruch bejaht, wenn die Ansprüche des Gesellschaftsrechts an den Anlegerschutz erfüllt sind. 42 VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1146, 1451. 37 38

B. Gesellschafts- oder konzernrechtliche Gestaltungsform

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aus, daß nur ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung bestehe.43 Diese Ansicht berücksichtigt jedoch nicht, daß die allgemeinen Grundsätze auch eine Ermessensreduzierung auf Null erfassen. Zudem besteht die Gefahr, daß der Emittent gegen seinen Willen an der Börse festgehalten wird und somit die Möglichkeit des Delisting entwertet wird. Ob allein die Beachtung des Anlegerschutzes ausreicht, um eine Ermessensreduzierung anzunehmen, ist zweifelhaft. § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG spricht nur davon, daß der Schutz der Anleger zu beachten ist, schließt aber dadurch nicht die Möglichkeit der Berücksichtigung der Interessen des Emittenten aus. Auch die Interessen der Gesellschaft wären daher bei einer möglichen Ermessensreduzierung zu beachten. Da sich die Interessen der Gesellschaft auf den Primärmarkt konzentrieren, etwa die erneute Aufnahme von Eigenkapital und die erweiterten Möglichkeiten der Begebung von Anleihen, müssen auch solche Gesichtspunkte mit in die Ermessensentscheidung einfließen. Ist der Gesellschaft der Zugang zum Kapitalmarkt etwa aufgrund des wirtschaftlichen Umfelds des Kapitalmarktes oder der unternehmerischen Situation zur Finanzierung auf Dauer oder lange Sicht verschlossen, so muß auch dieses berücksichtigt werden. Dabei ist der Anlegerschutz jedoch zwingend zu beachten, so daß unternehmerische Gründe allein keine Ermessensreduzierung herbeiführen können. Der zustimmende Beschluß der Hauptversammlung zum Delisting der Gesellschaft kann, da er grundsätzlich nicht durch die Geschäftsführung zu überprüfen ist, bei den Erwägungen zur Begründung einer Ermessensreduzierung nicht herangezogen werden. Zwar kommt durch den Hauptversammlungsbeschluß der Wille der AG zum Ausdruck, daß sich die Gesellschaft von der Börse zurückziehen will. Jedoch kann dies nicht mit der Erfüllung des Anlegerschutzes gleichgesetzt werden, da Mehrheitsbeschlüsse regelmäßig die Gefahr beinhalten, daß die überstimmten Aktionäre, insbesondere die Kleinaktionäre oder Anleger Nachteile erleiden. Ist der Anlegerschutz etwa durch Gewährung einer Abfindung durch die Gesellschaft oder ein Kaufangebot44 gewahrt und kann die Gesellschaft zusätzlich Gründe für einen Rückzug von der Börse nennen, ist von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen.

B. Delisting als Konsequenz der gesellschaftsoder konzernrechtlichen Gestaltungsform Die börsennotierte AG kann die Börsennotierung auch dadurch beenden, daß auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene die Voraussetzungen für eine Börsennotierung entzogen werden. Die Umstrukturierung der Gesellschaft kann zielgerichtet zur Beendigung der Börsennotierung eingesetzt werden. Als Umstrukturierungsmaßnahmen lassen sich Unternehmensumwandlungen, Konzernierungsmaßnah43 44

Schwichtenberg, DStR 2001, 2075, 2079; Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 112. Siehe dazu ausführlich unten 4. Teil: D.V., S. 238 ff.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

men, Unternehmensübernahmen, der Ausschluß von Minderheitsaktionären oder eine übertragende Auflösung nennen.45 Dabei stellt sich die Frage, welche Umstrukturierungsmaßnahme unmittelbar zur Beendigung der Börsenzulassung führt und wie diese Beendigung rechtlich einzuordnen ist. Erfolgt die Beendigung der Börsenzulassung durch eine Entscheidung der Geschäftsführung der Börse oder erledigt sich diese durch die Umstrukturierung der Gesellschaft? Führt die Umstrukturierung unmittelbar zur Beendigung der Zulassung zum Börsenhandel, wird dieser Vorgang begrifflich als kaltes46 oder unechtes47 Delisting bezeichnet.

I. Delisting als Konsequenz einer Unternehmensumwandlung Soll durch eine Unternehmensumwandlung die Zulassung zum Börsenhandel beendet werden, kommen die Verschmelzung der börsennotierten AG auf eine nichtnotierte Gesellschaft, der Formwechsel der Gesellschaft in eine andere Rechtsform oder eine Aufspaltung auf nichtnotierte Gesellschaften in Betracht.48

1. Verschmelzung Ausgangspunkt bei der Umstrukturierung in Form der Verschmelzung ist, daß eine börsennotierte AG auf eine andere Gesellschaft, gleich welcher Rechtsform, verschmolzen wird. Ohne Bedeutung für den Vorgang ist zunächst, ob eine Verschmelzung im Wege der Aufnahme oder der Neugründung erfolgt, da die mit der Verschmelzung verbundenen Wirkungen einheitlich in § 20 UmwG geregelt sind. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG geht durch die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger über. Das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers, der börsennotierten AG, besteht neben vielen anderen Vermögenswerten unter anderem auch aus der Zulassung der Aktien zum Börsenhandel. Diese Zulassung zum Börsenhandel nach § 32 BörsG ist eine 45 Als weitere Maßnahmen werden der Aktienrückkauf durch die Gesellschaft und auch die Zusammenlegung der Aktien in Verbindung mit einer Kapitalherabsetzung nach § 222 Abs. 4 AktG genannt, vgl. Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1614; Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 560. Siehe dazu sogleich unten 3. Teil: D., S. 116 ff. 46 Vgl. nur Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 265; Steck, AG 1998, 460, 460; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 105. 47 Hüffer AktG, § 119 Rn. 26. 48 Eine Beendigung der Börsennotierung durch die in den §§ 174 ff. UmwG vorgesehene Vermögensübertragung ist nur möglich, wenn nach § 175 UmwG eine Vermögensübertragung auf öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen, auf Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und auf Versicherungs-AGen erfolgen kann. Der Anwendungsbereich dieser Umwandlungsform für Delisting-Transaktionen ist äußerst gering und wird daher nicht näher erläutert.

B. Gesellschafts- oder konzernrechtliche Gestaltungsform

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öffentlich-rechtliche Erlaubnis, die ein Leistungsverhältnis zwischen der Börse und dem Emittenten begründet.49 Diese Erlaubnis ist ein begünstigender Verwaltungsakt und berechtigt den Emittenten, die Börseneinrichtungen zu benutzen.50 Zu fragen ist daher, ob auch die Zulassung zum Börsenhandel von der börsennotierten AG auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Grundsätzlich umfaßt die Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auch öffentlichrechtliche Rechtsverhältnisse, soweit sie nicht an eine bestimmte Rechtsform oder an bestimmte persönliche Qualifikationen anknüpfen.51 Wird die börsennotierte AG auf eine andere Rechtsform als eine AG, z. B. auf eine GmbH verschmolzen, kann die Zulassung zum Börsenhandel schon deswegen nicht mit übergehen, weil sie indirekt an die Rechtsform der AG gebunden ist. Denn nur die AG kann Aktien emittieren, die an der Börse gehandelt werden können. Daher scheidet für diesen Fall die Möglichkeit eines Übergangs der Erlaubnis von vornherein aus. Anders könnte die Frage des Übergangs der Börsenzulassung jedoch zu beantworten sein, wenn das Vermögen auf eine börsennotierte oder nichtbörsennotierte AG übergeht. Diese Möglichkeit besteht jedoch ebenfalls nicht52, da die Börsenzulassung nicht nur auf die Rechtsform bezogen ist, sondern nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 1 BörsG auch auf das konkrete Wertpapier des übertragenden Rechtsträgers. Dies gilt selbst dann, wenn die übernehmende AG selbst börsennotiert ist. Mit der Eintragung der Verschmelzung dient die Aktie der übertragenden AG nur noch dazu, ein Recht zum Umtausch nach § 72 Abs. 2 UmwG i.V. m. § 73 Abs. 3 AktG nachzuweisen. Die Aktie der übertragenden Gesellschaft kann keine Mitgliedschaft mehr verbriefen53, da die übertragende AG mit der Eintragung der Verschmelzung nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erlischt. Wenn nun aber die Zulassung zum Börsenhandel nicht mit auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht, stellt sich die Frage, welche Auswirkung dieser gesellschaftsrechtliche Vorgang auf die Zulassung zum Börsenhandel hat. Zwar herrscht im Ergebnis Einigkeit, daß die Börsenzulassung beendet wird.54 Dieses Ergebnis wird jedoch häufig ohne nähere Begründung angenommen. Ein Teil des Schrifttums nimmt an, daß sich die Zulassung zum Börsenhandel gemäß § 43 Abs. 2 49 Siehe noch zu § 36 BörsG a. F. Groß, Kapitalmarktrecht (2. Aufl.), BörsG, §§ 36 – 39 Rn. 1. 50 Groß, Kapitalmarktrecht (2. Aufl.), BörsG, §§ 36-39 Rn. 2. 51 Marsch-Barner in Kallmeyer UmwG, § 20 Rn. 26; Grunewald in Lutter UmwG, § 20 Rn. 13; Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 83. 52 So auch ohne nähere Begründung Vossius in Widmann / Mayer UmwG, § 20 Rn. 251.1. 53 Vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 08. 05. 2006 – II ZR 27 / 05, NZG 2006, 623, 625, im Falle eines abgeschlossenen Unternehmensvertrages verbrieft die Aktie nicht den Abfindungsanspruch gegenüber dem anderen Vertagsteil; siehe dazu auch Luttermann, NZG 2006, 816, 817 ff.; Lehmann, WM 2007, 771, 773 ff. 54 de Vries, Delisting, S. 126; Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 559; Steck, AG 1998, 460, 462; Pluskat, WM 2002, 833, 833; Oetker / Heise in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 356.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

VwVfG durch die Wirkungen der Verschmelzung erledigt.55 Andere gehen davon aus, daß die Geschäftsführung der Börse zum Vollzug des Delisting verpflichtet ist56 oder daß die Verschmelzung zum automatischen Verlust der Börsennotierung führt57. Eine rechtliche Einordnung der Verschmelzungswirkung erfolgt mit den letztgenannten Ansichten nicht. Die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel ist ein Verwaltungsakt und wird mit der Bekanntgabe gegenüber dem Emittenten wirksam. Nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen erwächst er in Bestandskraft. Die Bestandskraft entfällt nach § 43 Abs. 2 VwVfG nur dann, wenn er zurückgenommen, widerrufen oder sich auf andere Weise erledigt. Möglich erscheint zunächst, daß die Geschäftsführung der Börse bei einer Verschmelzung die Zulassung zum Börsenhandel von Amts wegen nach § 39 Abs. 1 BörsG widerruft, weil auf Dauer kein ordnungsgemäßer Börsenhandel gewährleistet ist. Dies ist jedoch abzulehnen, da bis zu einer Entscheidung der Geschäftsführung der Börse die Zulassung weiter bestehen würde, obwohl die übertragende börsenotierte Gesellschaft durch die Eintragung der Verschmelzung bereits erloschen und kein Rechtsträger mehr vorhanden wäre, der Inhaber der Zulassung sein könnte. Vorzuziehen ist daher die Lösung, die die Wirksamkeit der Zulassung durch das erledigende Ereignis der Verschmelzung beendet. Unter welchen Voraussetzungen die Erledigung eines Verwaltungsaktes eintritt, ist in § 43 Abs. 2 VwVfG nicht geregelt. Die Erledigung tritt mit dem Wegfall des Regelungsobjekts oder -subjekts ein, so daß sämtliche mit der inneren Wirksamkeit des Verwaltungsaktes verbundenen Rechtsfolgen entfallen.58 Regelungsobjekt der Zulassung zum Börsenhandel ist die Aktie der börsennotierten AG. Die Aktien der übertragenden börsennotierten Gesellschaft verkörpern nach Eintragung der Verschmelzung keine Mitgliedschaftsrechte mehr, da diese mit dem Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers ebenfalls wegfallen. Die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft werden zudem nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG unmittelbar kraft Gesetzes Anteilsinhaber des aufnehmenden Rechtsträgers. Auch wenn die Aktionäre der übertragenden AG der Verschmelzung widersprechen, verkörpert die Aktie nicht mehr das Mitgliedschaftsrecht, sondern erbringt nur noch den Nachweis für die frühere Mitgliedschaft und einen eventuellen Abfindungsanspruch nach § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger. Ferner erledigt sich die Zulassung auch dadurch, daß das Regelungssubjekt in Form der börsennotierten AG nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erlischt und die Zulassung zum Börsenhandel nicht auf den übernehmenden Rechts55 Groß, Kapitalmarktrecht, BörsG, § 38 Rn. 18; Pluskat, WM 2002, 833, 833; de Vries, Delisting, S. 126; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 58; Pluskat / Schaumburg, EWiR 2005, 275, 276; Rieske, Rückzug von der Börse, S. 242. 56 Ph. Baums, Ausschluss von Minderheitsaktionären, S. 17 f.; Steck, AG 1998, 460, 462; Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1619; Groß, ZHR 165 (2001), 141, 149. 57 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 381; Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 559; Vetter, AG 2002, 176, 179; Schlitt, ZIP 2004, 533, 540; für ein „automatisches“ Delisting beim Formwechsel Happ in Lutter UmwG, § 233 Rn. 61. 58 Huxholl, Die Erledigung eines Verwaltungsaktes, S. 96 f.; Sachs in Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 43 Rn. 210 ff. m. w. N.

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träger übergeht. Mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister am Sitz des übernehmenden Rechtsträgers erledigt sich daher die Börsenzulassung, ohne daß die Geschäftsführung der Börse über ein Delisting entscheiden muß.

2. Formwechsel Ebenso kann im Wege eines Formwechsels nach §§ 190 ff. UmwG gezielt ein Delisting einer börsennotierten Gesellschaft durchgeführt werden, indem die börsennotierte AG in eine nicht notierungsfähige Gesellschaftsform, etwa eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eine Personenhandelsgesellschaft (z. B. GmbH & Co. KG) wechselt.59 Anknüpfend an die Wirkungen des Formwechsels bleibt der formwechselnde Rechtsträger nach der Eintragung der neuen Rechtsform gemäß § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG bestehen und ist mit dem ursprünglichen Rechtsträger identisch, ohne daß das Vermögen übertragen wird.60 Die Aktionäre der formwechselnden Gesellschaft sind gemäß § 202 Abs. 1 Nr. 2 UmwG Anteilsinhaber nach den für den Rechtsträger neuer Rechtsform geltenden Vorschriften. Es besteht daher dem Grundsatz nach eine Identität der Anteilsinhaber und der Beteiligung an dem formgewechselten Rechtsträger.61 Daraus folgt aber nicht, daß die Mitgliedschaft in qualitativer und quantitativer Hinsicht bestehen bleibt, da sie den maßgeblichen Normen der formgewechselten Gesellschaft unterliegt. Es besteht daher hinsichtlich der der Gesellschaft zugrunde liegenden Vorschriften eine Diskontinuität.62 Wechselt eine AG in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wird der Aktionär zum GmbH-Gesellschafter. Handelt es sich bei der Zielrechtsform um eine Personenhandelsgesellschaft, insbesondere eine Kapitalgesellschaft & Co. KG, wird der Aktionär regelmäßig zum Kommanditisten der KG.63 Die Frage, welche Folgen der Rechtsformwechsel für die Aktie als verbrieftes Mitgliedschaftsrecht hat und was die Aktie nach Eintragung des Formwechsels verkörpert, ist damit noch nicht beantwortet. Zunächst ist danach zu unterscheiden, 59 Happ in Lutter UmwG, § 226 Rn. 12; Meyer-Landrut / Wendel, Satzungen und Hauptversammlungsbeschlüsse der AG, Rn. 1202; Kallmeyer, DB 2002, 568, 571; Rinnert, NZG 2001, 865, 865; Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1362; vgl. dazu den Beschlußvorschlag bei Meyer-Landrut / Wendel, Satzungen und Hauptversammlungsbeschlüsse der AG, Rn. 1189 ff. 60 Vgl. nur Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 202 Rn. 13. 61 Dazu Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 202 Rn. 28 ff. 62 Decher in Lutter UmwG, § 202 Rn. 22; Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 202 Rn. 38. 63 Vgl. dazu den Musterbeschluß über den Formwechsel von einer AG in eine GmbH & Co. KG bei Meyer-Landrut / Wendel, Satzungen und Hauptversammlungsbeschlüsse der AG, Rn. 1189 ff.; Ein Wechsel der früheren Aktionäre in die Stellung eines Komplementärs ist wegen der persönlichen Haftung und der Zustimmungsbedürftigkeit der jeweiligen Aktionäre zum Formwechsel gemäß § 233 Abs. 2 UmwG praktisch nicht relevant.

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ob die AG in eine Kapitalgesellschaft oder aber in eine Personengesellschaft wechselt, da das Gesetz unterschiedliche Regelungen für den Wechsel in die jeweilige Zielrechtsform vorsieht. Wechselt die AG in eine andere Kapitalgesellschaft, etwa eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, dann verkörpert die Aktie kein Mitgliedschaftsrecht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, da das GmbHG keine wertpapiermäßige Verbriefung der Mitgliedschaftsrechte vorsieht.64 Auch wenn der Aktionär dem Formwechsel widerspricht und er nach § 207 Abs. 1 S. 1 UmwG einen Barabfindungsanspruch hat, verbrieft die Aktie nicht diesen Abfindungsanspruch, sondern dient in diesem Zusammenhang lediglich als Nachweis der früheren Mitgliedschaft in der AG. Der neuer Rechtsträger ist nach § 248 Abs. 2 UmwG i.V. m. § 73 AktG dazu verpflichtet, die Aktien für kraftlos erklären zu lassen, obwohl § 73 Abs. 1 AktG der Gesellschaft dem Wortlaut nach ein Ermessen einräumt, ob sie die Aktien für kraftlos erklären läßt.65 Begründet wird dies damit, daß der Rechtsverkehr vor Aktienurkunden geschützt werden müsse, die keinerlei Mietgliedschaftsrechte mehr verkörperten.66 Darin unterscheidet sich auch der in § 73 Abs. 1 AktG geregelte Fall, daß die Mitgliedschaftsrechte wenn auch in veränderter Form weiterbestehen, vom Formwechsel der AG in eine GmbH, da die Aktien dort keine Mitgliedschaftsrechte mehr verbriefen. Eine zu § 248 UmwG vergleichbare Regelung fehlt jedoch bei einem Formwechsel der AG in eine Personenhandelsgesellschaft. Dennoch verbrieft die Aktie nicht etwa den Kommanditanteil an der Kommanditgesellschaft, da auch diese Gesellschaftsform die Verbriefung des Mitgliedschaftsrechts nicht vorsieht. Die Aktie erbringt auch dort lediglich den Nachweis der früheren Mitgliedschaft in der AG. Diese Rechtsfolgen des Formwechsels wirken sich auch auf die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel aus. Grundsätzlich bleiben bei einem Formwechsel wegen des identitätswahrenden Charakters der Gesellschaft sämtliche öffentlichrechtlichen Erlaubnisse erhalten.67 Aber auch hier erledigt sich68 die Börsenzulassung.69 Zwar bleibt die Gesellschaft identisch, da das Regelungssubjekt nicht erlischt. Mit der Eintragung entfällt jedoch die Aktie als Regelungsobjekt der Börsenzulassung, da die Aktie mit dem Formwechsel ihren verbriefungsfähigen Inhalt, das Mitgliedschaftsrecht an einer AG, verliert. 64 BGH, Urt. v. 02. 07. 1956 – II ZR 124 / 55, BGHZ 21, 175, 177; a. A. Happ in Lutter UmwG, § 248 Rn. 32 ohne Begründung für die Frage, ob sich die Übertragung des GmbHGeschäftsanteils nach GmbH-Recht oder nach Aktienrecht richtet. 65 Stratz in Schmitt / Hörtnagel / Stratz UmwG, § 248 Rn. 7 m. w. N.; Happ in Lutter UmwG, § 248 Rn. 21. 66 Vgl. nur Happ in Lutter UmwG, § 248 Rn. 21. 67 Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 202 Rn. 20. 68 Siehe dazu im einzelnen oben 3. Teil: B.I.1., S. 100 ff. 69 Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1366; Groß, Kapitalmarktrecht, BörsG, § 38 Rn. 18; ders., ZHR 165 (2001), 141, 149; Pluskat, WM 2002, 833, 833; Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 267; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 60.

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3. Spaltung in Form der Aufspaltung Die Zulassung zum Börsenhandel kann auch durch die Aufspaltung der börsennotierten AG auf zwei Gesellschaften, gleich welcher Rechtsform, die selbst nichtbörsennotiert sind, beendet werden.70 Geeignet zur Beendigung der Börsenzulassung ist aber allein die Aufspaltung nach § 123 Abs. 1 UmwG, da mit der Eintragung der Aufspaltung in das Handelsregister nach § 131 Nr. 2 UmwG der übertragende Rechtsträger, die börsennotierte AG, erlischt. Im Gegensatz dazu bleibt der übertragende Rechtsträger bei der Abspaltung nach § 123 Abs. 2 UmwG und der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG bestehen, so daß die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel nicht beendet wird. Da mit der Eintragung der Aufspaltung die börsennotierte AG nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erlischt, gehen auch gleichzeitig die Mitgliedschaftsrechte an der börsennotierten AG unter.71 Die Aktien der übertragenden AG verbriefen daher keine Mitgliedschaftsrechte mehr, sondern dienen wiederum nur noch als Nachweis der früheren Mitgliedschaft bei Durchführung des Anteilstausches nach §§ 125 S. 1, 72 UmwG oder des Barabfindungsrechts bei widersprechenden Aktionären nach §§ 125 S. 1, 29 Abs. 1 UmwG. Diese Rechtsfolgen wirken sich auch auf die Zulassung zum Börsenhandel aus. Grundsätzlich gehen sämtliche Vermögensgegenstände des übertragenden Rechtsträgers nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UmwG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über. Diese Gesamtrechtsnachfolge gilt auch für öffentlich-rechtliche Erlaubnisse.72 Die Zulassung zum Börsenhandel als öffentlich-rechtliche Erlaubnis geht jedoch nicht auf die übernehmenden Rechtsträger über, da mit dem Erlöschen der übertragenden AG auch die die Mitgliedschaftsrechte verkörpernden Aktien untergehen. Die Zulassung zum Börsenhandel ist jedoch an die Aktien der erlöschenden AG gebunden.73 Mit dem Untergang der Mitgliedschaftsrechte an der erlöschenden AG als übertragenden Rechtsträger fällt zum einen das Regelungsobjekt der Zulassung zum Börsenhandel und zum anderen die Gesellschaft als Regelungssubjekt weg, so daß sich die Zulassung gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG erledigt.74

70 Bei der Aufspaltung ergeben sich die gleichen Wirkungen wie bei der Verschmelzung im Hinblick auf die Zulassung zum Börsenhandel. Siehe dazu auch Blumers, DB 2000, 589, 590, der aus steuerlichen Gründen die Spaltung nicht dazu einsetzt, die Beendigung der Börsenzulassung zu erreichen, sondern zunächst ein reguläres Delisting nach § 38 Abs. 4 BörsG durchführen will, um danach die Gesellschaft aufzuspalten. 71 Teichmann in Lutter UmwG, § 131 Rn. 4; Kallmeyer in Kallmeyer UmwG, § 131 Rn. 10. 72 Vgl. nur Teichmann in Lutter UmwG, § 132 Rn. 59. 73 Vgl. auch die Begründung zur Verschmelzung, 3. Teil: B.I.1., S. 100ff. 74 So auch Groß, Kapitalmarktrecht, BörsG, § 38 Rn. 18; vgl. hierzu auch die Begründung zur Verschmelzung, 3. Teil: B.I.1., S. 100 ff.

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II. Delisting als Konsequenz einer Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß Eine weitere Möglichkeit zur Beendigung der Börsennotierung der AG bietet die Eingliederung einer börsennotierten AG in eine nichtbörsennotierte AG.75 Von den beiden Eingliederungsarten, der einfachen Eingliederung ohne außenstehende Aktionäre nach § 319 AktG und der mit außenstehenden Aktionären gemäß § 320 AktG, ist nur die Eingliederung mit außenstehenden Aktionären relevant, da nur dort eine Konfliktlage zwischen dem Hauptaktionär und den Kleinaktionären, die ihre Aktien an der Börse handeln können, auftreten kann. Ist der Hauptaktionär bereits Inhaber der gesamten Aktien, findet überhaupt kein Handel statt, der beendet werden könnte. Die sogenannte Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß nach § 320 Abs. 1 S. 1 AktG setzt voraus, daß der Hauptaktionär Inhaber von 95 % des Grundkapitals der einzugliedernden Gesellschaft ist. Die restlichen 5 % der Aktien befinden sich in der Regel im Eigentum von Kleinaktionären. Die Wirkungen der Eingliederung treten nach §§ 320 Abs. 1 S. 3, 319 Abs. 7 AktG mit der Eintragung der Eingliederung in das Handelsregister der einzugliedernden Gesellschaft ein. Die einzugliedernde Gesellschaft bleibt als rechtlich selbständige Gesellschaft bestehen.76 Mit der Eintragung gehen die Mitgliedschaftsrechte an der eingegliederten Gesellschaft nach § 320a S. 1 AktG auf die nichtbörsennotierte Hauptgesellschaft über. Das bedeutet, daß im Gegensatz zur Verschmelzung die Mitgliedschaftsrechte weiter bestehen und nicht wegen des Erlöschens des eingegliederten Rechtsträgers untergehen. Die Aktionäre der eingegliederten Gesellschaft haben kraft Gesetzes einen Anspruch auf Abfindung in Form von Aktien der Hauptgesellschaft und alternativ bei Abhängigkeit der Hauptgesellschaft einen Barabfindungsanspruch (§ 320b Abs. 1 AktG). Dadurch werden die Aktionäre der vormals börsennotierten Gesellschaft grundsätzlich Aktionäre der nichtbörsennotierten Gesellschaft. Für die Aktienurkunden der eingegliederten Gesellschaft enthält § 320a S. 2 AktG eine Sonderregelung. Danach verbriefen die Aktienurkunden bis zu ihrer Aushändigung an die Hauptgesellschaft nur den Anspruch auf Abfindung. Ohne diese Regelung würden die Aktien noch nicht einmal den Abfindungsanspruch verbriefen, sondern wie bei der Verschmelzung lediglich den Nachweis der früheren Mitgliedschaft im Rahmen des Abfindungsanspruches erbringen. Für die Zulassung zum Börsenhandel stellt sich die Frage, wie sich die Beendigung rechtstechnisch vollzieht. Die Notierung könnte gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2 BörsG77 durch die Geschäftsführung der Börse einzustellen oder gemäß § 39 Abs. 1 BörsG von Amts wegen von der Geschäftsführung der Börse zu widerrufen 75 So die Michael Weinig AG, bei der letztlich die Eingliederung wegen Anfechtung des Beschlusses gescheitert ist, dazu LG Mosbach, Urt. v. 28. 12. 2000 – KfH O 56 / 00, NZG 2001, 763 ff. Letztendlich führte die Michael Weinig AG die Beendigung der Börsenzulassung mit einem Squeeze-out durch, vgl. Änderungen im Kursteil, FAZ v. 29. 10. 2002, S. 26. 76 Vgl. nur Henn, Handbuch des Aktienrechts, Rn. 376 m. w. N.; Hüffer AktG, § 319 Rn. 2. 77 Vor dem Inkraftreten des FRUG § 38 Abs. 1 Nr. 2 BörsG.

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sein. Ferner könnte sich die Zulassung auch gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG erledigt haben78, ohne daß eine Entscheidung der Geschäftsführung der Börse notwendig wäre. Begründet wird die Erledigung teilweise damit, daß sich die Zulassung selbst erledigt79 oder daß ein Handel in den Aktien nicht mehr fortbestehen kann80. Gegen die Beendigung der Zulassung zum Börsenhandel durch Erledigung spricht, daß diese sich erst unter der Voraussetzung erledigt, daß die mit der inneren Wirksamkeit der Erlaubnis verbundenen Rechtsfolgen enden81, wie der Wegfall des Regelungsobjekts oder -subjekts. Das Regelungsobjekt der Börsenzulassung, die in Aktien verkörperten Mitgliedschaftsrechte der eingegliederten AG, gehen auf die Hauptgesellschaft über und fallen demnach nicht weg. Auch das Regelungssubjekt, die eingegliederte Gesellschaft, besteht als rechtlich selbständige Rechtsperson fort. Aber auch die Erledigung wegen Fortfalls des Handels mit den Aktien ist abzulehnen, da dies nicht die Rechtsfolgen der Zulassung, die Nutzungsmöglichkeit der Börse als Handelsplatz, betrifft. Der Fall, daß kein Aktienhandel mehr stattfinden kann, ist vielmehr ausdrücklich mit der Einstellung der Notierung gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2 BörsG und dem Widerruf der Zulassung nach § 39 Abs. 1 BörsG geregelt. Eines Rückgriffs auf die allgemeine Öffnungsklausel in § 43 Abs. 2 VwVfG „oder auf andere Weise erledigt ist“ bedarf es nicht. Fraglich erscheint nun aber, ob eine Einstellung der Börsennotierung durch die Geschäftsführung oder aber ein Widerruf von Amts wegen durch die Geschäftsführung der Börse zu erfolgen hat. Die Einstellung der Notierung gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2 BörsG setzt voraus, daß ein ordnungsgemäßer Börsenhandel nicht mehr gewährleistet erscheint. Der Börsenhandel soll danach für einen längeren Zeitraum nicht mehr möglich sein.82 Gegen die bloße Einstellung der Notierung spricht, daß mit den Aktien des eingegliederten Emittenten dauerhaft nicht mehr gehandelt werden wird. Zudem müßte der Emittent weiter allen kapitalmarktrechtlichen Informations- und Publizitätsvorschriften nachkommen, da diese an die Zulassung der Aktien anknüpfen wie z. B. die Halbjahresfinanzberichtspflicht nach § 37w Abs. 1 WpHG. Die günstigen Rechtsfolgen einer Beendigung der Notierung würden nur teilweise eintreten können.83 Ist demnach ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auf Dauer nicht mehr gewährleistet, muß die Geschäftsführung der Börse die Zulassung von Amts wegen nach § 39 Abs. 1 BörsG widerrufen, nachdem die Geschäftsführung die Notierung zuvor eingestellt hat.84 Da sich sämtliche Aktien 78 So ausdrücklich Groß, Kapitalmarktrecht, BörsG, § 38 Rn. 19; ders., ZHR 165 (2001), 141, 150; de Vries, Delisting, S. 136; Pluskat, WM 2002, 833, 833; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 55. 79 Groß, Kapitalmarktrecht, BörsG, § 38 Rn. 19. 80 de Vries, Delisting, S. 136. 81 Vgl. nur Huxholl, Die Erledigung eines Verwaltungsaktes, S. 96. 82 Groß, Kapitalmarktrecht, BörsG, § 38 Rn. 8; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, BörsG, § 38 Rn. 17. 83 Vgl. dazu oben 2. Teil: D.I., S. 71 ff. 84 So auch Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 269.

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in der Hand der Hauptgesellschaft befinden und somit kein Handel mehr stattfindet, ist das Ermessen der Geschäftsführung der Börse auf Null reduziert. Die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung ist der Widerruf der Börsenzulassung.

III. Delisting als Konsequenz der übertragenden Auflösung Die Beendigung der Börsenzulassung kann auch durch die sogenannte „übertragende Auflösung“85 nach §§ 179a, 261 Abs. 1 Nr. 2 AktG erfolgen.86 Bei dieser Gestaltungsform überträgt die börsennotierte AG ihr gesamtes Vermögen auf eine andere Gesellschaft, gleich welcher Rechtsform. Zwar gehört zu dem Vermögen der börsennotierten Gesellschaft auch die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel. Diese Zulassung kann jedoch nicht auf die andere Gesellschaft, selbst wenn sie eine AG ist, übertragen werden. Denn die Zulassung bezieht sich auf die Aktien einer bestimmten Gesellschaft.87 Zudem ist es gerade das Ziel der Vermögensübertragung und der anschließenden Liquidation, die Zulassung zu beenden. Der Vertrag zwischen den Gesellschaften bedarf nach § 179a Abs. 1 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung der vermögensübertragenden Gesellschaft. Anschließend beschließt die Hauptversammlung der vermögensübertragenden Gesellschaft nach § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG ihre Auflösung.88 Die Aktionäre der aufzulösenden Gesellschaft erhalten gemäß § 271 Abs. 1 AktG nach Berichtigung der Verbindlichkeiten und der Einhaltung des nach § 272 Abs. 1 AktG obligatorischen Sperrjahres das verbleibende Vermögen der Gesellschaft. Der Abschluß der Abwicklung ist gemäß § 273 Abs. 1 S. 1 AktG im Handelsregister anzumelden, so daß die Gesellschaft in einem weiteren Schritt (§ 273 Abs. 1 S. 2 AktG) gelöscht werden kann. Mit der Liquidation erlischt die vormals börsennotierte AG. Die Aktien der aufgelösten Gesellschaft verbriefen weder Mitgliedschaftsrechte der Gesellschaft, da diese nicht mehr existieren, noch einen Anspruch auf Abfindung. Die Börsenzulassung erledigt sich grundsätzlich gemäß § 39 Abs. 1 BörsG i.V. m. § 43 Abs. 2 VwVfG89, da durch die Liquidation der Gesellschaft das Rechtssubjekt, 85 Synonym werden für die „übertragende Auflösung“ die Begriffe „Asset Deal“ bzw. „Asset Sale“ verwendet, vgl. Even / Vera, DStR 2002, 1315, 1319; Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1615; Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 560. 86 Vgl. dazu Willms, Auflösung einer Kapitalgesellschaft und Vermögensübernahme, S. 5 ff.; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 25 ff.; Groß, ZHR 165 (2001), 141, 150. 87 Vgl. dazu bereits die Begründung bei der Verschmelzung zur Frage der Übertragbarkeit der Börsenzulassung, 3. Teil: B.I.1., S. 100. 88 Beide getrennt zu fassenden Beschlüsse können auch in einer Hauptversammlung gefaßt werden, siehe Hüffer AktG, § 179a Rn. 20; dazu auch die Formulare zu der Einberufung und dem Beschluß der Hauptversammlung bei Happ, Aktienrecht (1. Aufl.), S. 979 ff. 89 Groß, ZHR 165 (2001), 141, 150; de Vries, Delisting, S. 139; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 28; Pluskat, WM 2002, 833, 834; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 63 f.

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dem die Zulassung zuzuordnen war, weggefallen ist. Zum anderen entfällt die Aktie als Regelungsobjekt, da sie keine Mitgliedschaftsrechte mehr verbrieft. Denkbar ist im Einzelfall auch ein Widerruf von Amts wegen nach § 39 Abs. 1 BörsG, wenn die Gesellschaft noch nicht erloschen und der Abwicklungsüberschuß schon an die Aktionäre verteilt ist. Die Aktien verbriefen dann zwar noch das Mitgliedschaftsrecht an der Gesellschaft, jedoch ist dieses Recht wirtschaftlich wertlos, da der Überschuß bereits verteilt ist. Zur Löschung der Gesellschaft bedarf es nur noch der Anmeldung und Eintragung im Handelsregister.90 Würde der Handel in den betreffenden Aktien fortgesetzt, obwohl nur noch die Abwicklungsgesellschaft als leerer Mantel ohne jegliches Vermögen vorhanden ist, besteht die Gefahr, daß kein ordnungsgemäßer Handel mehr stattfindet. Die Situation ist vergleichbar mit der im Insolvenzverfahren, wenn das Insolvenzverfahren mangels Masse nach § 26 Abs. 1 InsO nicht eröffnet wird. Auch dann wird die AG nach § 261 Abs. 1 Nr. 4 AktG aufgelöst und anschließend nach den aktienrechtlichen Regelungen liquidiert. Für diesen Fall ist anerkannt, daß der Handel gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG einzustellen ist.91 Sowohl im Falle der Auflösung durch Beschluß, als auch bei Auflösung durch die ablehnende Eröffnungsentscheidung ist abzusehen, daß die Gesellschaft endgültig liquidiert werden wird.92 Wenn aber im Einzelfall ein ordnungsgemäßer Handel auf Dauer nicht mehr möglich erscheint, etwa wegen des fehlenden inneren Wertes der Aktien, kann die Zulassung nach vorheriger Einstellung der Börsennotiz auch von Amts wegen nach § 39 Abs. 1 BörsG widerrufen werden.93 Die Börsenzulassung wird jedoch spätestens durch die Erledigung nach § 39 Abs. 1 BörsG i.V. m. § 43 Abs. 2 VwVfG beendet. In diesem Zusammenhang ist allerdings fraglich, wann die Gesellschaft erlischt und damit die Erledigung der Börsenzulassung eintritt, da eine vergleichbare Regelung wie zur Verschmelzung in § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG fehlt, die anordnet, daß die übertragende Gesellschaft mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister erlischt. § 273 Abs. 1 AktG regelt nur, daß die Abwickler den Schluß der Abwicklung beim Handelsregister anzumelden haben und daß die Gesellschaft zu löschen ist. Der Zeitpunkt des Erlöschens ist hingegen nicht geregelt.94 Der BGH und schon das RG knüpften das Erlöschen der Kapitalgesellschaft an deren Vermögenslosigkeit, gleichgültig, ob die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht ist oder nicht.95 Der Löschung im Zu der umstrittenen Frage, wann die Gesellschaft erlischt, sogleich im Anschluß. Vgl. noch zur Ablehnung des Konkursantrags Schwark, BörsG (2. Aufl.), § 43 Rn. 9; Ott / Brauckmann, ZIP 2004, 2117, 2121; Grub / Streit, BB 2004, 1397, 1403 f. 92 Zwar besteht bei der Auflösung durch Beschluß die Möglichkeit der Fortsetzung nach § 274 Abs. 1 AktG, jedoch ist diese Möglichkeit bei der Wahl der „übertragenden Auflösung“ eher unwahrscheinlich, da Ziel gerade die endgültige Liquidation der börsennotierten AG ist. 93 Ebenso Grub / Streit, BB 2004, 1397, 1404. 94 Vgl. zum Meinungsstand Hüffer in MünchKomm AktG, § 273 Rn. 14; Hönn, ZHR 138 (1974), 50, 50 ff.; K. Schmidt in Scholz GmbHG, § 74 Rn. 13. 95 Die genannte Rechtsprechung betrifft das Erlöschen der GmbH. Die gleiche Problematik ergibt sich jedoch auch bei der AG, insofern kann hier auf die Rechtsprechung zur GmbH verwiesen werden: BGH, Urt. v. 10. 10. 1988 – II ZR 92 / 88, BGHZ 105, 259, 260 ff.; Urt. v. 90 91

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

Handelsregister komme nur eine deklaratorische Bedeutung zu, die das Erlöschen für den Rechtsverkehr dokumentiere. Würde die Löschung die Gesellschaft als juristische Person zum Erlöschen bringen und sich später herausstellen, daß noch Vermögen vorhanden sei, könne dieses keiner Rechtspersönlichkeit mehr zugeordnet werden. Um dieses zu verhindern, sei davon auszugehen, daß die Gesellschaft auch nach der Löschung noch bestehe. Nur so lasse sich auch die Nachtragsabwicklung nach § 273 Abs. 4 AktG erklären.96 Damit würde sich die Börsenzulassung mit dem Eintritt der Vermögenslosigkeit der AG erledigen. Dies kann vor Eintragung der Löschung, aber auch danach sein. Teile des Schrifttums sehen in der handelsregisterlichen Löschung den Zeitpunkt des Erlöschens der Gesellschaft, ohne daß es dabei auf noch vorhandenes Vermögen ankomme.97 Die Regelungen über das Entstehen von juristischen Personen, etwa für den nichtwirtschaftlichen Verein nach § 21 BGB, für die GmbH nach § 11 Abs. 1 GmbHG und die AG nach § 41 Abs. 1 S. 1 AktG lassen erkennen, daß diese nur mit Hilfe der Registereintragung ihre eigene Rechtspersönlichkeit erlangen. Dieses der Klarheit über den Zeitpunkt des Beginns der Rechtsfähigkeit dienende Regelungskonzept müsse auch für die Beendigung der Gesellschaft gelten. Spiegelbildlich zur Eintragung verliert die Gesellschaft ihre Qualität als juristische Person, wenn sie gelöscht wird.98 Auf den unsicheren Zeitpunkt der eingetretenen Vermögenslosigkeit brauche nicht abgestellt zu werden. Danach würde sich die Börsenzulassung mit der Löschung im Handelsregister erledigen. Eine weitere in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Teilen des Schrifttums vertretene Ansicht nimmt ein Erlöschen der Gesellschaft erst an, wenn die Gesellschaft sowohl vermögenslos als auch im Handelsregister gelöscht wurde (sogenannte Lehre vom Doppeltatbestand).99 Für das Erlöschen der Gesellschaft sei das Kriterium der Vermögenslosigkeit zu unsicher, da unklar bleibe, wann die Gesellschaft erlösche.100 Um diese 23. 02. 1970 – II ZB 5 / 69, BGHZ 53, 264, 266; Urt. v. 29. 09. 1967 – V ZR 40 / 66, BGHZ 48, 303, 307; RG Urt. v. 27. 04. 1937 – VII 331 / 36, RGZ 155, 42, 45; Urt. v. 12. 11. 1935 – II 48 / 35, RGZ 149, 293, 296; ebenso Wiedemann in GroßKomm 1973 AktG, § 273 Anm. 3; Stucken in Happ, Aktienrecht, S. 1871. 96 Für die GmbH fehlt eine entsprechende Regelung in § 74 GmbHG, so daß § 273 Abs. 4 AktG analog angewendet wird, BGH, Urt. v. 10. 10. 1988 – II ZR 92 / 88; BGHZ 105, 259, 262; BGH, Urt. v. 23. 02. 1970 – II ZB 5 / 69; BGHZ 53, 264, 267. 97 Hönn, ZHR 138 (1974), 50, 79; Hüffer in MünchKomm AktG, § 273 Rn. 16; Kraft in KölnKomm AktG, § 273 Rn. 37 und 41. 98 Kraft in KölnKomm AktG, § 273 Rn. 37; Hüffer in MünchKomm AktG, § 273 Rn. 16. 99 BFH, Urt. v. 27. 04. 2000 – I R 65 / 98, NJW-RR 2001, 244, 244; OLG Stuttgart, Urt. v. 30. 09. 1998 – 20 U 21 / 98, AG 1999, 280, 281; BayObLG, Beschl. v. 07. 01. 1998 – 3Z BR 491 / 97, ZIP 1998, 421, 421; OLG Koblenz, Urt. v. 08. 10. 1993 – 2 U 1851 / 91, GmbHR 1994, 483; KG, Beschl. v. 08. 02. 1991 – 1 W 3357 / 90, NJW-RR 1991, 933, 933; OLG Stuttgart, Urt. v. 28. 02. 1986 – 2 U 148 / 45, ZIP 1986, 647, 648; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 316 f.; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 27; Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 354; K. Schmidt in Scholz GmbHG, § 74 Rn. 14. 100 OLG Stuttgart, Urt. v. 28. 02. 1986 – 2 U 148 / 45, ZIP 1986, 647, 648; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 316.

B. Gesellschafts- oder konzernrechtliche Gestaltungsform

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Rechtsunsicherheit zu vermeiden, müsse die Eintragung der Löschung zusätzlich herangezogen werden. Würde aber nur auf die Eintragung der Löschung abgestellt, könnte noch vorhandenes Vermögen keinem Rechtssubjekt mehr zugeordnet werden. Bei der dann einzuleitenden Nachtragsliquidation nach § 274 Abs. 4 AktG müsse der ehemalige Rechtsträger nicht fingiert oder wiederbelebt werden.101 Die Rechtsunsicherheit, ob die Gesellschaft noch bestehe oder nicht, habe keine Auswirkungen auf die Praxis, da die Gesellschaft nur dann benötigt werde, falls noch Vermögen vorhanden ist. Sei kein Vermögen mehr vorhanden und die Gesellschaft gelöscht, sei klar, daß die Gesellschaft nicht mehr existiere und erloschen sei.102 Die Börsenzulassung erledige sich daher mit der Löschung und der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft. Gegen die Ansicht, daß allein die Vermögenslosigkeit zum Erlöschen führe, spricht, daß nach außen nicht deutlich wird, wann die Gesellschaft erlischt. In der Regel spielt sich die Abwicklung innerhalb der Gesellschaft ab, ohne daß nach außen mit Ausnahme der Eintragung des Auflösungsbeschlusses nach § 263 S. 1 AktG deutlich wird, daß die Gesellschaft kein Vermögen mehr besitzt. So kann die Gesellschaft bereits wegen Vermögenslosigkeit erloschen sein, obwohl dies noch nicht durch die Eintragung im Handelsregister dokumentiert wurde. Der Rechtsverkehr ist insoweit zu schützen. Den effektivsten Schutz erführe der Rechtsverkehr durch die Anerkennung der Löschungseintragung im Handelsregister als Zeitpunkt des Erlöschens. Gleiches würde für den Erledigungszeitpunkt der Börsenzulassung gelten. Gegen das Erlöschen der Gesellschaft alleine aufgrund der Eintragung der Löschung sprechen jedoch systematische Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem UmwG. Dort ist für die Verschmelzung nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG und für die Aufspaltung nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG ausdrücklich vorgesehen, daß der übertragende Rechtsträger mit der Eintragung in das Handelsregister des übertragenden Rechtsträgers erlischt. Diese Wirkung ist aber nicht ohne die vollständige Vermögensnachfolge nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG denkbar, da nach dem Erlöschen der übernehmende Rechtsträger vorhanden ist, dem die übergehenden Vermögenswerte zugeordnet werden können. Anders ist dies bei der Beendigung der Gesellschaft aufgrund eines Beschlusses. Dort fehlt nach der Beendigung ein Rechtsträger, der das restliche Vermögen übernehmen könnte. Wenn aber der Gesetzgeber bei Verschmelzung und Aufspaltung die konstitutive Wirkung der Löschung an die Vermögensnachfolge knüpft, ist es konsequent, wenn bei fehlender Rechtsnachfolge infolge der Auflösung durch Beschluß zusätzlich zur Löschung auch die Vermögenslosigkeit erforderlich ist. Die Erledigung der Börsenzulassung tritt daher mit der Löschung der AG im Handelsregister und ihrer Vermögenslosigkeit ein.

101 102

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 317. K. Schmidt in Scholz GmbHG, § 74 Rn. 14.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

IV. Delisting durch Ausschluß der Minderheitsaktionäre nach AktG Ein Delisting der börsennotierten AG kann auch durch den Ausschluß der Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft nach §§ 327a ff. AktG erreicht werden. Dazu muß die Hauptversammlung auf Verlangen des Hauptaktionärs, dem 95 % der Aktien gehören, die Übertragung der Aktien der restlichen Minderheitsaktionäre gemäß § 327a Abs. 1 S. 1 AktG beschließen.103 Der gesellschaftsrechtliche Bestand der AG wird anders als bei Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel oder der übertragenden Auflösung durch dieses Ausschlußverfahren nicht berührt. Die einzige Änderung erfolgt auf der Ebene der Mitgliedschaftsrechte, da die restlichen Aktien104 nach § 327e Abs. 3 S. 1 AktG mit der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister auf den Hauptaktionär übergehen. Dazu gehören die Aktien der außenstehenden Gesellschafter und auch die eigenen Aktien der Gesellschaft.105 Die ausgegebenen Aktienurkunden über die mit der Eintragung übertragenen Mitgliedschaftsrechte verbriefen gemäß § 327 Abs. 3 S. 2 AktG den Anspruch auf Barabfindung nach §§ 327a Abs. 1 S. 2, 327b AktG. Ohne diese Regelung könnten die Aktienurkunden nichts mehr verbriefen, da das Mitgliedschaftsrecht auf den Hauptaktionär übertragen wurde. Die Folgen des Minderheitenausschlusses für die Börsenzulassung werden unterschiedlich beurteilt. Einerseits wird vertreten, die Notierung sei nach § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG einzustellen, da kein Handel mehr stattfinde, so daß auch die Zulassungsfolgepflichten entfielen.106 Nach einer anderen Auffassung habe die Geschäftsführung der Börse die Zulassung zum Börsenhandel von Amts wegen nach § 39 Abs. 1 BörsG zu widerrufen, da dauerhaft kein Börsenhandel gewährleistet sei.107 Gegen die bloße Einstellung der Börsennotierung spricht, daß bei einem Ausschluß der Minderheitsaktionäre regelmäßig auf Dauer die Aktien in 103 Das übernahmerechtliche Squeeze-out geht dem verbandsrechtlichen nach § 39a Abs. 6 WpÜG bis zum rechtskräftigen Abschluß des Ausschlußverfahrens vor, sofern der Bieter einen Antrag zum Ausschluß gestellt hat. Siehe zu den Folgen eines solchen Ausschlusses für die Börsenzulassung sogleich 3. Teil: B.V., S. 113. 104 Mit den Aktien sind die Mitgliedschaftsrechte an der Gesellschaft gemeint. Vgl. dazu Schwichtenberg, DStR 2001, 2075, 2082. 105 Hüffer AktG, § 327e Rn. 4 m. w. N. 106 Ph. Baums, Ausschluss von Minderheitsaktionären, S. 166. 107 Vetter, DB 2001, 743, 745; Pluskat, WM 2002, 833, 837; ohne nähere rechtliche Einordnung Angerer, BKR 2002, 260, 262; Fuhrmann / Simon, WM 2002, 1211, 1217; Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 269; Harrer / Wilsing, DZWiR 2002, 485, 492; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 381; Vossius, ZIP 2002, 511, 514, der aus praktischer Sicht einen Antrag an die Zulassungsstelle, nunmehr Geschäftsführung der Börse zum Delisting vorschlägt, ohne damit eine rechtliche Wertung zu verbinden; ohne nähere rechtliche Einordnung Oetker / Heise in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 356; ebenfalls gegen eine bloße Einstellung Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, BörsG, § 38 Rn. 17.

B. Gesellschafts- oder konzernrechtliche Gestaltungsform

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einer Hand vereinigt bleiben. Ziel eines Ausschlusses ist es gerade, die Zersplitterung der Gesellschaft auf der Mitgliedschaftsebene zu beheben. Zwar setzt § 39 Abs. 1 BörsG zunächst voraus, daß die Notierung bereits eingestellt ist, bevor ein Widerruf erfolgt, jedoch betrifft dieses abgestufte Eingriffssystem den Fall, daß die Aktien zu einem späteren Zeitpunkt wieder an der Börse gehandelt werden. Dies ist aber bei einem Ausschluß der Aktionäre nicht zu erwarten, so daß die Zulassung ohne Zwischenschritt sofort widerrufen werden kann. Zudem würde die bloße Einstellung der Börsennotierung den Emittenten nicht von seinen Publizitätspflichten entbinden108, da diese nicht mit der Einstellung, sondern erst mit dem Widerruf der Zulassung wegfallen, so etwa die Pflicht zur Veröffentlichung des Halbjahresfinanzberichts nach § 37w Abs. 1 WpHG109 oder die Ad-hoc-Publizität nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG. Folge des Ausschlusses von Minderheitsaktionären nach §§ 327a ff. AktG ist daher der Widerruf der Börsenzulassung von Amts wegen nach § 39 Abs. 1 BörsG.

V. Delisting durch Ausschluß der Aktionäre nach WpÜG Ein Delisting der börsennotierten AG in ihrer Eigenschaft als Zielgesellschaft könnte auch durch den Ausschluß der Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft nach einem Übernahme- oder Pflichtangebot herbeigeführt werden (§§ 39a ff. WpÜG).110 Nach § 39a Abs. 1 S. 1 WpÜG kann der Bieter, der Inhaber von Aktien 108 Auch die Insolvenz kann zur Einstellung der Notierung nach § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG führen. Die damit zusammenhängende Frage, ob nach der Notierungseinstellung die Emittentenpflichten fortbestehen und ob der Insolvenzverwalter zur Erfüllung verpflichtet ist, regelt nunmehr § 11 Abs. 1 WpHG, eingefügt durch das TUG (BGBl. Teil I 2007, S. 10). Danach muß der Insolvenzverwalter den Schuldner bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen, d. h. insbesondere die Mittel für die Erfüllung der Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht zur Verfügung stellen, vgl. BT-Drucks. 16 / 2498, S. 31 f. Bisher war diese Frage umstritten: Gegen eine Veröffentlichungspflicht des Insolvenzverwalters, aber für die Verpflichtung des Vorstands BVerwG, Urt. v. 13. 04. 2005 – BVerwG 6 C 4.04, ZIP 2005, 1145, das Anlaß für die Änderung des § 11 WpHG war; ebenso Ph. Baums, Ausschluss von Minderheitsaktionären, S. 166; Ott / Brauckmann, ZIP 2004, 2117, 2121; anders hingegen noch das VG Frankfurt / Main, Urt. v. 29. 01. 2004 – 9 E 4228 / 03, ZIP 2004, 469, das sich noch der Rechtsauffassung der BaFin angeschlossen hatte, vgl. dazu die Ausführungen bei Ott / Brauckmann, ZIP 2004, 2117, 2121; Rattunde / Berner, WM 2003, 1313, 1314. 109 Früher Zwischenberichtspflicht nach § 40 BörsG, siehe dazu oben 2. Teil: A.IV.2.c), S. 46. 110 Das übernahmerechtliche Squeeze-out ist aufgrund Richtlinie 2004 / 25 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. 04. 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. Nr. L 142 v. 30. 04. 2004, S. 12 ff. durch das Übernahmerichtline-Umsetzungsgesetz (BGBl. Teil I 2006, S. 1426) eingefügt worden; siehe dazu im einzelnen BT-Drucks. 16 / 1003, S. 21 ff.; Seibt / Heiser, AG 2006, 301, 316 ff.; Merkt / Binder, BB 2006, 1285, 1289 ff.; Heidel / Lochner, Der Konzern 2006, 653, 653 ff.; Diekmann, NJW 2007, 17, 19 f.; zur verfassungsrechtlichen Vereinbarkeit der §§ 39a ff. WpÜG Rühland, NZG 2006, 401, 403 ff.; Paefgen, WM 2007, 765, 765 ff.; Ott, WM 2008, 384, 384 ff.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

der Zielgesellschaft in Höhe von mindestens 95 % des stimmberechtigten Grundkapitals ist, nach einem Übernahme- oder Pflichtangebot beim Landgericht Frankfurt / Main (§ 39a Abs. 5 WpÜG) beantragen, daß ihm durch Gerichtsbeschluß die übrigen stimmberechtigten Aktien gegen Gewährung einer Abfindung übertragen werden. Gehören dem Bieter nicht nur 95 % der stimmberechtigten Aktien, sondern insgesamt 95 % des Grundkapitals der Zielgesellschaft, sind ihm auf seinen Antrag hin auch die übrigen Vorzugsaktien ohne Stimmrecht zu übertragen (§ 39a Abs. 1 S. 2 WpÜG). Mit der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts gehen alle Aktien der übrigen Aktionäre, d. h. der nach § 39a Abs. 1 WpÜG ausgeschlossenen Aktionäre, über (§ 39b Abs. 5 S. 2 WpÜG). Der Bestand der Gesellschaft wird durch diesen übernahmerechtlichen Ausschluß der Minderheitsaktionäre nicht berührt. Nur auf der Ebene der Mitgliedschaftsrechte findet ein Inhaberwechsel statt. Sind über die betroffenen Aktien Aktienurkunden ausgegeben worden, verbriefen diese bis zu ihrer Aushändigung nur den Anspruch auf angemessene Abfindung (§ 39b Abs. 5 S. 4 WpÜG). Ohne diese Regelung könnten die Aktienurkunden nichts mehr verbriefen, da das Mitgliedschaftsrecht auf den Bieter übertragen wurde. Die Beantwortung der Frage nach den Folgen des Auschlusses der Aktionäre nach § 39a ff. WpÜG für die Börsenzulassung hängt davon ab, ob alle Aktien der Zielgesellschaft in der Hand des Bieters konzentriert werden können. Denn nur, wenn die Aktien sich einer Hand vereinigen, kommt ebenso wie beim verbandsrechtlichen Ausschlußverfahren nach §§ 327a ff. AktG ein Zulassungswiderruf von Amts wegen nach § 39 Abs. 1 BörsG in Betracht. Die Vereinigung aller börsenzugelassenen Aktien in der Hand des Bieters ist aber mit der Regelung in § 39a WpÜG nicht zwingend sichergestellt. Danach kann der Bieter, wenn ihm 95 % der stimmberechtigten Aktien gehören, zwar die übrigen stimmberechtigten Aktionäre aus der Gesellschaft ausschließen. Bestehen daneben jedoch noch Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, verbleiben diese Aktien bei den Aktionären und werden nicht auf den Bieter übertragen. Diese Aktien könnten weiter an der Börse gehandelt werden, so daß die Voraussetzung des § 39 Abs. 1 BörsG, daß der Börsenhandel auf Dauer nicht gewährleistet ist, nicht erfüllt zu sein braucht. Die Voraussetzung, ob auf Dauer ein Börsenhandel gewährleistet ist, wäre in jedem konkreten Einzelfall zu prüfen. Zudem müßte die Börsennotierung zunächst nach § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG eingestellt werden, bevor ein Widerruf von Amts wegen erfolgen könnte, so daß in dem Fall, daß ein Teil der Aktien nicht auf den Bieter übertragen wird, kein Delisting erfolgt. Das Delisting nach § 39 Abs. 1 BörsG kann daher nur erfolgen, wenn alle Aktien auf den Bieter übertragen werden, etwa weil er über die 95% des Grundkapitals (§ 39 Abs. 1 S. 2 WpÜG) verfügt oder aber von der Gesellschaft nur stimmberechtigte Aktien ausgegeben worden sind.

C. Nichterfu¨llung der Emittentenpflichten

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C. Widerruf der Zulassung zum Börsenhandel wegen Nichterfüllung der Emittentenpflichten Ebenso wie bei den gesellschafts- und konzernrechtlichen Gestaltungsformen kann der Emittent auf kapitalmarktrechtlicher Ebene versuchen, die Voraussetzungen für einen Widerruf der Börsenzulassung bewußt herbeizuführen.111 Dies kann durch die schlichte Nichtbefolgung von Emittentenpflichten, der möglicherweise eine Ankündigung vorausgeht, die Pflichten nicht mehr zu befolgen, geschehen.112 Befolgt der Emittent nach Fristsetzung gemäß § 39 Abs. S. 1 a. E. BörsG113 seine börsenrechtlichen Informations- und Publizitätspflichten, etwa die Halbjahresfinanzberichts- oder Ad-hoc-Publizitätspflicht 114 sowie seine Verhaltenspflichten nach § 40 BörsG und §§ 30a, 30b, 30e, 37v, 37w, und 37z WpHG nicht, kann die Geschäftsführung der Börse die Zulassung nach §§ 39 Abs. 1 BörsG für den regulierten Markt von Amts wegen widerrufen. Von einer Nichtbefolgung der Pflichten ist aber nicht bereits dann auszugehen, wenn der Emittent sein pflichtwidriges Verhalten der Geschäftsführung der Börse ankündigt, da es noch zu keinem Verstoß gekommen ist. Allerdings könnte die Fristsetzung nach § 39 Abs. 1 BörsG verzichtbar sein, da diese zwecklos ist, wenn der Emittent seinen Rechtsverstoß ankündigt. Zwar sieht § 39 Abs. 1 BörsG keine solche Ausnahme vor, jedoch ist zu berücksichtigen, daß die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes beeinträchtigt würde, wenn erst ein Rechtsverstoß erfolgen müßte. Zudem ist das Fristsetzungserfordernis Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und dient dem Schutz des Emittenten. Kündigt dieser jedoch die Nichtbefolgung an, so bedarf er keines Schutzes, da er gerade den Widerruf der Zulassung herbeiführen will. Die Entscheidung über den Widerruf steht im Ermessen der Geschäftsführung der Börse, so daß nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null ein Anspruch auf den Zulassungswiderruf besteht. Allein die Ankündigung wird das Ermessen noch nicht auf Null reduzieren. Dazu ist ein Verstoß gegen die Emittentenpflichten erforderlich, da erst durch diesen die Interessen der Anleger und die Funktionsfähigkeit der Börse betroffen werden. Eine Ermessensreduzierung findet um so eher statt, je massiver die Pflichtverstöße sind. Verletzt der Emittent einen Großteil seiner Pflichten, ist eher von einer Reduzierung auszugehen, als wenn er nur die Einhaltung einzelner Pflichten, etwa die Halbjahresfinanzberichts- oder Zwischenmitteilungs / Quartalsberichtspflicht, versäumt. Ist zudem nicht erkennbar, 111 Radtke, Delisting, S. 40; Groß, Kapitalmarktrecht, BörsG, § 38 Rn. 11 und in der 2. Aufl. §§ 44-44d Rn. 13; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 66. 112 Vgl. dazu die Beispiele bei Radtke, Delisting, S. 41 Fn. 80. 113 Vor der Änderung des BörsG durch das FRUG § 43 BörsG. 114 Vgl. dazu bereits oben 2. Teil: A.IV.2., S. 43 ff.; Die Ad-hoc-Publizität fällt auch unter die Emittentenpflichten nach § 39 Abs. 1 BörsG, da diese früher in § 44a BörsG geregelt war und erst mit dem in Kraft treten des 2. Finanzmarktförderungsgesetzes v. 01. 01. 1995 aus dem Börsengesetz herausgenommen und in § 15 WpHG übernommen wurde.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

daß die Pflichten entgegen der Ankündigung in Zukunft wieder befolgt werden, kann die Ankündigung zur Untermauerung der Ermessensreduzierung herangezogen werden. Die Bedeutung dieser kapitalmarktrechtlichen Gestaltungsform ist jedoch aufgrund der haftungsrechtlichen und wirtschaftlichen Folgen eines solchen Verhaltens eher gering.115 Der Emittent handelt nach § 39 Abs. 2 WpHG bei Nichtbeachtung der sich aus den §§ 30a, 30b, 30e, 37v, 37w, und 37z WpHG ergebenden Pflichten ordnungswidrig. Gleiches gilt für die Verletzung der Ad-hoc-Publizität gemäß §§ 39 Abs. 2 Nr. 2 WpHG. Daneben können zivilrechtliche Ansprüche der Anleger treten, soweit den Ordnungswidrigkeitstatbeständen Schutzgesetzcharakter nach § 823 Abs. 2 BGB zukommt.116 Ferner bleibt für den Emittenten bei einer mehrfachen Notierung an verschiedenen Börsenplätzen offen, ob jede Geschäftsführung der Börsen die Zulassung widerrufen wird. Auch wird in rein tatsächlicher Hinsicht darauf hingewiesen, daß mit der Verletzung der Pflichten ein starker Reputationsverlust einhergeht, der die wirtschaftliche Stellung der Gesellschaft schwächt.117 Aufgrund der geringen praktischen Bedeutung und den zuvor genannten Gründen, wird im weiteren auf eine nähere Erläuterung dieser Delisting-Variante verzichtet.

D. Grenzen der gesellschafts-, konzernund kapitalmarktrechtlichen Gestaltungsformen zur Beendigung der Börsenzulassung Die folgenden Gestaltungsformen haben die Gemeinsamkeit, die Aktien in der Hand eines Aktionärs zu vereinigen und die anderen Aktionäre aus der Gesellschaft zu drängen. Zu nennen sind der Erwerb eigener Aktien durch die AG, die Zusammenlegung von Aktien, der Erwerb der Aktien durch einen Aktionär nach einem Übernahmeangebot sowie der Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages. Diese Gestaltungsformen werden zwar in der Literatur im Zusammenhang mit einem Delisting und einem Going Private angesprochen118, jedoch sind die Auswirkungen auf die Börsenzulassung im einzelnen ungeklärt. Darüber hinaus ist als mögliche weitere Gestaltungsform für ein kaltes Delisting die Kapitalherabsetzung zu untersuchen. 115 So bereits Radtke, Delisting, S. 41; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 66. 116 Vgl. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, BörsG, § 39 Rn. 14; sowie Radtke, Delisting, S. 41. 117 Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 66. 118 Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 560 ff.; Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1614; Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 271; Even / Vera, DStR 2002, 1315, 1319.

D. Grenzen der Gestaltungsformen

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I. Kapitalherabsetzung Bei der Kapitalherabsetzung sind zunächst zwei mögliche Gestaltungsformen im Hinblick auf ihre Auswirkungen für die Börsenzulassung zu unterscheiden. Zum einen kann die börsennotierte Gesellschaft den Weg der nominellen Kapitalherabsetzung gehen, so daß möglicherweise Aktien zusammengelegt werden müssen. Andererseits kann die Hauptversammlung beschließen, das Kapital auf Null herabzusetzen, um gleichzeitig das Kapital wieder zu erhöhen.

1. Zusammenlegung von Aktien nach erfolgter Kapitalherabsetzung Um eine Zusammenlegung von Aktien zu erreichen119, muß zuvor das Kapital nach §§ 222 ff. AktG herabgesetzt werden. Dies erfolgt in der Regel in Form der ordentlichen Kapitalherabsetzung zum Ausgleich von eingetretenen Verlusten und der entsprechenden Anpassung des Grundkapitals.120 Ziel der Zusammenlegung ist es, das Grundkapital in Form der Aktien in einer Hand zu vereinigen. Denn nur, wenn sich der Großteil der Aktien in einer Hand befindet, besteht die Möglichkeit, daß die Börsenzulassung nach § 39 Abs. 1 BörsG wegen des auf Dauer nicht mehr zu gewährleistenden Börsenhandels durch die Geschäftsführung der Börse von Amts wegen widerrufen wird. Die Vereinigung der Aktien in einer Hand soll bei dieser Gestaltungsform durch die Zusammenlegung der Aktien erfolgen. Setzt sich das Grundkapital aus Nennbetragsaktien zusammen, so ist nach § 222 Abs. 4 S. 1 AktG zunächst der Nennbetrag der Aktien herabzusetzen. Erst, wenn der herabgesetzte Nennbetrag den Mindestbetrag nach § 8 Abs. 2 S. 1 AktG von einem Euro unterschreitet, müssen die Aktien zusammengelegt werden, damit der Mindestbetrag wieder erreicht wird (§ 222 Abs. 4 S. 2 AktG). Beschließt der Großaktionär, das Grundkapital bis auf ein Mindestmaß zu reduzieren oder setzt er den Nennbetrag der neuen Aktien sehr hoch an, kann der Mindestnennbetrag der Aktien unterschritten werden. Es entstehen Teilrechte121, die aufgrund der Unterschreitung des Mindestnennbetrages kein „ganzes“ Mitgliedschaftsrecht mehr bilden und entweder durch Zusammenlegung von vorhandenen Aktien oder durch den Zukauf von weiteren Teilrechten wieder zum vollständigen Mitgliedschaftsrecht werden können.122 Besitzt der Kleinaktionär nicht ausreichend Aktien, so daß durch ihre Zusammenlegung der Mindestnennbetrag nicht erreicht wird oder 119 Dieser Vorgang wird auch als „Reverse-Stock-Split“ bezeichnet, vgl. Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613,1615; Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 560. 120 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 907; siehe dazu auch den Beschlußvorschlag bei Meyer-Landrut / Wendel, Satzungen und Hauptversammlungsbeschlüsse der AG, Rn. 1073 ff. 121 Auch als Spitzen bezeichnet, vgl. RG, Beschl. v. 19. 05. 1925 – II B. 10 / 25, RGZ 111, 26, 29. 122 Vgl. Hüffer AktG, § 222 Rn. 23.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

ist dem Kleinaktionär ein Zukauf aus finanziellen Gründen nicht möglich oder stehen keine Teilrechte zum Verkauf zur Verfügung, ist er zum Verzicht auf die Mitgliedschaft durch den Verkauf der Teilrechte gezwungen. In der Regel wird aber nur der Großaktionär Interesse am Zukauf von Teilrechten haben, so daß der Aktienbesitz sich in einer Hand konzentriert. Die unrichtig gewordenen Aktien können dann gemäß § 226 Abs. 1 AktG für kraftlos erklärt werden. Ist das Grundkapital in Stückaktien eingeteilt, bedarf es keiner Herabsetzung des Nennbetrages, da die Stückaktien zu gleichen Teilen am Grundkapital beteiligt sind und nur einen rechnerischen Anteil bilden (§ 8 Abs. 3 AktG). Unterschreitet der rechnerische Anteil der einzelnen Stückaktie jedoch den Mindestbetrag von einem Euro, so sind die Aktien zusammenzulegen. Insofern entsteht hier die gleiche Situation wie bei den Nennbetragsaktien. Zwar eröffnet diese Gestaltungsform die Möglichkeit, den Aktienbesitz in der Hand des Großaktionärs zu konzentrieren, um die Voraussetzungen eines Widerrufs von Amts wegen nach § 39 Abs. 1 BörsG herbeizuführen. Jedoch bestehen gegen einen solchen Ausschluß der Kleinaktionäre aus der Gesellschaft rechtliche Bedenken.123 Die Unzulässigkeit dieser Vorgehensweise könnte sich aus einem Verstoß gegen die Treuepflichten der Aktionärsmehrheit gegenüber den Minderheitsaktionären ergeben. Einen solchen Verstoß nahm der BGH124 in einem Fall an, in dem die Hauptversammlung beschloß, daß Grundkapital auf Null herabzusetzen und gleichzeitig wieder auf einen niedrigeren Betrag als das ursprüngliche Grundkapital durch Ausgabe neuer Aktien mit Bezugsberechtigung der bisherigen Aktionäre heraufzusetzen. Dabei war der Nennbetrag der neu zu beziehenden Aktien aus der Kapitalerhöhung so hoch festgesetzt worden, daß die Kleinaktionäre nur dann ein Bezugsrecht auf eine neue Aktie gehabt hätten, wenn sie im Besitz von 60 Altaktien waren. Nach Ansicht des BGH ist ein solcher Beschluß nicht mit der Verpflichtung des Mehrheitsaktionärs gegenüber den Kleinaktionären vereinbar, allen Aktionären den Verbleib in der Gesellschaft zu ermöglichen.125 Dieses folge aus der Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters, der aufgrund seiner Einflußmöglichkeit zur Rücksichtnahme gegenüber den Kleinaktionären verpflichtet sei.126 Der Mehrheitsaktionär hätte daher darauf dringen müssen, daß der Nennbetrag niedriger als bisher anzusetzen gewesen sei, um den Verbleib der Kleinaktionäre zu gewährleisten. Die Gesellschaft konnte sich auch nicht darauf berufen, daß den Kleinaktionären der Erwerb von weiteren Teilrechten zur Vervollständigung der eigenen Teilrechte zu einer Aktie möglich gewesen wäre, da die neuen Aktien nicht an der Börse eingeführt worden waren.127 Dieser Entscheidung wurde auch So Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 561. BGH, Urt. v. 05. 07. 1999 – II ZR 126 / 98, BGHZ 142, 167 ff.; = WM 1999, 1767 f. (Hilgers); bestätigt durch BGH, Urt. v. 18. 04. 2005 – II ZR 151 / 03, ZIP 2005, 985, 987. 125 BGH, Urt. v. 05. 07. 1999 – II ZR 126 / 98, BGHZ 142, 167, 169. 126 BGH, Urt. v. 05. 07. 1999 – II ZR 126 / 98, BGHZ 142, 167, 170. 127 BGH, Urt. v. 05. 07. 1999 – II ZR 126 / 98, BGHZ 142, 167, 171. 123 124

D. Grenzen der Gestaltungsformen

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in der Literatur zugestimmt.128 Für die bloße Kapitalherabsetzung bedeutet diese Entscheidung, daß zunächst der Nennbetrag auf den Mindestnennbetrag herabgesetzt werden muß, ehe eine Zusammenlegung von Aktien erfolgen darf. Dieser Vorrang der Nennbetragsherabsetzung liegt auch der Regelung des § 222 Abs. 4 S. 1 und S. 2 AktG zugrunde. Letztendlich wird durch die Rechtsprechung eine Konzentration der Aktien in der Hand des Großaktionärs durch Aktienzusammenlegung verhindert. Mithin bedeutet dies für die Börsenzulassung, daß sie nicht nach § 39 Abs. 1 BörsG wegen der dauerhaft fehlenden Gewährleistung des Börsenhandels widerrufen werden kann. Zwar vermindert sich möglicherweise geringfügig die Anzahl der handelbaren Stücke, jedoch dürfte dies zu vernachlässigen sein, da die Aktionärsstruktur weitgehend erhalten bleibt. 2. Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerhöhung Anders könnten hingegen die Folgen für die Börsenzulassung zu beurteilen sein, wenn das Kapital durch Hauptversammlungsbeschluß auf Null herabgesetzt und gleichzeitig wieder zumindest auf den gesetzlichen Mindestbetrag erhöht wird. Wirtschaftlicher Hintergrund einer solchen Maßnahme ist, die Verluste der Gesellschaft der Ziffer des Grundkapitals anzupassen und ihr neues Eigenkapital zuzuführen, um sie sanieren zu können.129 Die Herabsetzung des Grundkapitals auf Null ist nach § 228 Abs. 1 AktG ausnahmsweise entgegen der Mindestkapitalregelung des § 7 AktG zulässig130, allerdings nur in Verbindung mit dem gleichzeitigen Beschluß der Kapitalerhöhung gegen Bareinlage nach §§ 182 ff. AktG. Nach § 186 Abs. 1 AktG steht den bisherigen Aktionären ein Bezugsrecht auf die neuen Aktien zu. Da die Kapitalerhöhung regelmäßig nicht wieder die ursprüngliche Höhe des Grundkapitals erreichen wird, muß die Höhe des Nennbetrages der Aktien so eingeteilt sein, daß möglichst vielen Aktionären der Verbleib in der Gesellschaft ermöglicht wird.131 Entscheidend für die Frage der Auswirkungen auf die Börsenzulassung ist dabei, welche Folgen dieser Kapitalschnitt unter gleichzeitiger Erhöhung des Kapitals auf die in den Aktien verkörperten Mitgliedschaftsrechte hat. Die Kapitalherabsetzung 128 Hirte, WuB II A. § 229 AktG 1.00; Rottnauer, NZG 1999, 1159 f.; Goette, DStR 1999, 1450 f.; Hüffer AktG, § 222 Rn. 23; Oechsler in MünchKomm AktG, § 222 Rn. 45; ebenso im Ergebnis, aber mit einer anderen Begründung gestützt auf den Vorrang der Nennbetragsherabsetzung nach § 222 Abs. 4 S. 1 AktG, Krieger, ZGR 2000, 885, 902 ff. 129 Lutter in KölnKomm AktG, Vorb. vor § 222 Rn. 8; Hüffer AktG, § 228 Rn. 1; zum Begriff der Sanierung Häuser in Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 85 Rn. 1; siehe im einzelnen unten 5. Teil: E.I., S. 479 ff. 130 BGH, Urt. v. 05. 10. 1992 – II ZR 172 / 91, BGHZ 119, 305, 319; BGH, Urt. v. 05. 07. 1999 – II ZR 126 / 98, BGHZ 142, 167, 169 (Hilgers). 131 Vgl. dazu nur BGH, Urt. v. 05. 07. 1999 – II ZR 126 / 98, BGHZ 142, 167 ff. (Hilgers) = WuB II A. § 229 AktG 1.00 (Hirte); dazu ausführlich Krieger, ZGR 2000, 885, 898 ff.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

auf Null wird mit der Eintragung ins Handelsregister gemäß § 224 AktG wirksam, so daß die Gesellschaft kein in Aktien zerlegtes Grundkapital nach § 1 Abs. 2 AktG mehr besäße. Damit gingen die Mitgliedschaftsrechte und zugleich die Aktien als Wertpapiere unter.132 Diese der Auflösung der Gesellschaft nahe kommende Rechtsfolge wird für die Aktionäre durch den nach § 228 Abs. 1 AktG erforderlichen gleichzeitigen Kapitalerhöhungsbeschluß abgemildert, da den Aktionären gemäß § 186 Abs. 1 AktG ein Bezugsrecht auf die neuen Aktien zusteht. Die Mitgliedschaftsrechte entstehen mit Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung gemäß § 189 AktG. Diese Mitgliedschaftsrechte sind dann wieder in Aktien zu verbriefen.133 Dieser rein gesellschaftsrechtliche Vorgang hat auch Folgen für die Börsenzulassung. Die Börsenzulassung bestand zunächst nur für die Altaktien. Mit der Eintragung der Kapitalherabsetzung auf Null gehen die Mitgliedschaftsrechte aus den Altaktien und mithin die sie verkörpernden Aktien als Wertpapiere unter.134 Damit erledigt sich aber auch die Börsenzulassung gemäß § 39 Abs. 1 BörsG i.V. m. § 43 Abs. 2 VwVfG, da die Altaktien als Regelungsobjekt der Zulassung weggefallen sind.135 Die Börsenzulassung bezieht sich auf die Aktien, für die die Zulassung nach § 32 Abs. 1 BörsG beantragt worden war. Die Aktien aus der Kapitalerhöhung verkörpern zwar wieder die Mitgliedschaftsrechte der Altaktionäre, jedoch treten die neuen Aktien im Hinblick auf die Börsenzulassung nicht an die Stelle der Altaktien. Denn für die neuen Aktien muß der Emittent gemäß § 40 Abs. 1 BörsG i.V. m. § 69 Abs. 1 BörsZulV erneut die Zulassung zum Börsenhandel beantragen. Erst mit der Zulassung können die neuen Aktien an der Börse gehandelt werden. Beantragt der Emittent für die neuen Aktien nun keine Börsenzulassung mehr, können die neuen Aktien an der Börse nicht gehandelt werden. Konsequenz dieser Gestaltung wäre das Delisting der Gesellschaft. Hiergegen ließe sich jedoch einwenden, daß nach dem Wortlaut des 40 Abs. 1 BörsG i. V. m. § 69 Abs. 1 BörsZulV der Emittent verpflichtet ist, für später öffentlich ausgegebene Aktien derselben Gattung136 wie der bereits zugelassenen Aktien die Zulassung zu beantragen. Danach könnte auch der Handel in den Aktien wieder stattfinden, ohne daß es zu einem Delisting der Gesellschaft käme. 132 Oechsler in MünchKomm AktG, § 228 Rn. 5; Lutter in KölnKomm AktG, § 228 Rn. 11. 133 Vgl. nur Hüffer AktG, § 10 Rn. 3. 134 Priester, DNotZ 2003, 592, 595. 135 A.A. wohl Göppert, Recht der Börsen, § 28 IV. a) a. E., wonach die Zulassungsstelle, nunmehr Geschäftsführung, der Börse die Zulassung stets zurückzunehmen habe, wenn Aktien aufgrund einer Kapitalherabsetzung für kraftlos erklärt worden sind. 136 Aktien der gleichen Gattung sind gemäß § 11 S. 2 AktG solche, die mit gleichen Rechten, etwa Verwaltungsrechten, Vermögensrechten, ausgestattet sind. Ein Aushebeln der Zulassungspflicht durch Ausgabe von Aktien einer anderen Gattung erscheint nicht ausgeschlossen. Vgl. zu den Voraussetzungen der Ausgabe von Aktien einer anderen Gattung im Rahmen einer Kapitalerhöhung Heider in MünchKomm AktG, § 11 Rn. 35 ff.

D. Grenzen der Gestaltungsformen

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Fraglich ist aber zunächst, ob der Emittent, der zuvor das Kapital herabgesetzt hat, um es danach wieder heraufzusetzen, überhaupt verpflichtet ist, die Zulassung zu beantragen. Zwar unterscheidet § 40 Abs. 1 BörsG nicht danach, nach welchen Vorgaben die Kapitalerhöhung erfolgte. Jedoch ergeben sich Zweifel an der Verpflichtung im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Regelung. Sinn und Zweck dieses Verbots der Teilzulassung in § 40 Abs. 1 BörsG ist, auch die neuen Aktien in den regulierten Markt einzuführen, um Kursverzerrungen aufgrund der geringen handelbaren Aktienanzahl zu verhindern.137 Dieses Ziel kann die Verpflichtung aber in der hier betroffenen Fallgestaltung gar nicht erreichen, da die alten Aktien, die vormals die Mitgliedschaftsrechte verkörperten, aufgrund der Kapitalherabsetzung auf Null nicht mehr vorhanden sind. Zudem ist nicht sichergestellt, daß durch die Kapitalerhöhung wieder eine ausreichende Stückzahl von Aktien gemäß § 2 Abs. 3 BörsZulV ausgegeben wird und sich damit ein ausreichender Markt bildet. Die Zulassungspflicht für neu ausgegebene Aktien nach § 40 Abs. 1 BörsG geht von der Prämisse aus, daß ein ausreichend liquider Handel stattfindet. Dies ist jedoch bei einem Kapitalschnitt gerade nicht der Fall, da die alten Aktien durch die Kapitalherabsetzung nicht mehr vorhanden sind. Es sind nur die neuen Aktien vorhanden. Diese Situation ist daher mit der erstmaligen Emission von Aktien vergleichbar. Eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Beantragung der Zulassung zum Börsenhandel besteht in diesem Fall nicht. Besteht nun aber entgegen dem Wortlaut des § 40 Abs. 1 BörsG keine Verpflichtung zur Beantragung der Börsenzulassung, kann die Gesellschaft durch die Kapitalherabsetzung auf Null und die gleichzeitige Kapitalerhöhung ein Delisting der Gesellschaft durchführen.

II. Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft Auch der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG wird im Zusammenhang mit einem Delisting angesprochen.138 Ziel dieses Erwerbs kann die Konzentration der Aktien in der Hand eines oder mehrerer Großaktionäre sein, denn häufig werden vornehmlich die Kleinaktionäre ihre Aktien an die Gesellschaft veräußern.139 Dadurch verändert sich die Struktur des Aktionärskreises zugunsten der Großaktionäre.140 Denkbar ist bei einer Konzentration des Aktienkapitals in einigen wenigen Händen, daß ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auf Dauer nicht mehr gewährleistet ist und damit ein Widerrufsgrund nach § 39 Abs. 1 BörsG geschaffen würde. Grundsätzlich ist der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft unzulässig, da dies eine verbotene Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 AktG darstellen würde. Ausnahmsweise ist ein solcher Erwerb in Höhe von 10 % des Grundkapitals durch Ermächtigung der Hauptversammlung 137 138 139 140

Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, BörsG, § 39 Rn. 17 ff. Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1614; Even / Vera, DStR 2002, 1315, 1320. Vgl. umfassend Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien, S. 66 f. Johannsen-Roth, Erwerb eigener Aktien, S. 55; Kellerhals / Rausch, AG 2000, 222, 224.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

zugelassen (§ 71 Abs. 2 AktG). Wendet sich die Gesellschaft mit einem Kaufangebot an alle Aktionäre, so könnten zudem die Anforderungen an ein öffentliches Erwerbsangebot nach dem WpÜG zu erfüllen sein, da es sich um ein öffentliches Kaufangebot im Sinne des § 1 WpÜG handelt.141 Setzt man voraus, daß nur noch 10 % der Aktien im freien Umlauf sind, so bleibt letztendlich die Unsicherheit, ob alle Aktionäre ihre Aktien an die Gesellschaft veräußern. Verkauft lediglich ein Teil der Aktionäre ihre Beteiligung, ist damit noch nicht sicher, ob der Börsenhandel dadurch auf Dauer nicht mehr gewährleistet erscheint. Zudem kann ein Börsenhandel auch dann noch gewährleistet sein, wenn die Anzahl der emittierten Wertpapiere sehr hoch war, so daß der Aktienrückkauf den Aktienhandel kaum berührt. Ferner müßte, bevor die Börsenzulassung widerrufen werden könnte, die Notierung nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 BörsG eingestellt werden, da noch nicht sicher ist, ob die Gesellschaft ihre Aktien nicht wieder über die Börse veräußert. Die bloße Notierungseinstellung beendet die Zulassung jedoch noch nicht. Eine Beendigung der Börsenzulassung durch einen Widerruf nach § 39 Abs. 1 BörsG ist demnach unwahrscheinlich. Der Aktienrückkauf ist daher eher eine Vorbreitungsmaßnahme auf dem Weg zum Delisting, etwa zur Erreichung der 95 %-Schwelle des § 327a Abs. 1 AktG, um Kleinaktionäre aus der Gesellschaft ausschließen zu können.142

III. Aktienerwerb eines Aktionärs durch ein öffentliches Übernahmeangebot Ebenso wie der Erwerb der Aktien durch die Gesellschaft selbst kann auch der Aktienerwerb eines Aktionärs durch ein öffentliches Übernahmeangebot nach §§ 1, 2 Abs. 1 WpÜG der Konzentration der Aktien in der Hand eines Großaktionärs dienen.143 Aber auch im Falle eines öffentlichen Kaufangebots erreicht der Großaktionär aufgrund der kapitalmarktrechtlichen Gestaltungsform nicht unmittelbar eine Beendigung der Börsenzulassung. Zwar wird der Großaktionär durch ein angemessenes öffentliches Übernahmeangebot einen Großteil der Aktien in seiner Hand vereinigen können, jedoch ist damit unsicher, ob der Börsenhandel mit den Aktien der Zielgesellschaft derart eingeschränkt ist, daß er auf Dauer nicht gewährleistet erscheint. Ein Widerruf gemäß § 39 Abs. 1 BörsG ist daher grundsätzlich ausgeschlossen. Wird allerdings die Anzahl der umlaufenden Aktien stark reduziert, kann dies allenfalls zu einer Einstellung der Notierung nach § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG führen. Auch der Aktienerwerb durch ein öffentliches KaufangeVgl. zu den strittigen Fragen Lenz / Linke, AG 2002, 420 ff. Ebenso Hirsch, Erwerb eigener Aktien, S. 68; ebenso als Vorbereitung auf Going Private Oechsler in MünchKomm AktG, § 71 Rn. 12. 143 Bei der Umstrukturierung des Aktionärskreises ergeben sich wiederum verschiedene Gestaltungsformen, die im einzelnen aber keinen Einfluß auf die Börsenzulassung haben. Zu nennen sind die „Management-Buy-Out“ und „Buy-In-Formen“, vgl. dazu nur Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1614 f. 141 142

D. Grenzen der Gestaltungsformen

123

bot dient daher der Vorbereitung etwaiger Umstrukturierungen, etwa um die Mehrheit für eine Verschmelzung oder einen Formwechsel, oder aber die erforderliche Mehrheit für den Ausschluß der Minderheitsaktionäre zu erreichen.

IV. Abschluß eines Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrages Schließt eine börsennotierte AG mit einer anderen Gesellschaft einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gemäß § 291 Abs. 1 S. 1 AktG ab, so können diese Verpflichtungen zwischen den Unternehmen die Kleinaktionäre dazu motivieren, ihre Aktien an den Großaktionär, etwa an eine andere nichtbörsennotierte Gesellschaft, zu veräußern.144 Dieser Vorgang führt dann wiederum zu einer Konzentration des Aktienbesitzes in einer Hand. Der Aktienverkauf durch die Kleinaktionäre beruht auf wirtschaftlichen Erwägungen, da sich durch die Eintragung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages im Handelsregister gemäß § 294 Abs. 2 AktG die börsennotierte Gesellschaft der Leitung der herrschenden Gesellschaft gemäß § 308 Abs. 1 AktG unterstellt und der Vorstand die Gesellschaft nicht mehr in eigener Verantwortung leitet. Das bedeutet für die beherrschte Gesellschaft, daß ihr Handlungsspielraum stark eingeengt wird und durch die vereinbarte Gewinnabführung zudem Kapital abgezogen wird. Den außenstehenden Aktionären steht dafür zum einen ein angemessener Ausgleich nach § 304 AktG und andererseits eine Abfindung in Form von Aktien der herrschenden Gesellschaft, sofern es sich um eine AG handelt, oder aber ein Barabfindungsanspruch nach § 305 AktG zu. Entscheidend für die Börsenzulassung ist jedoch, daß durch den Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrag der rechtliche Bestand der AG und der die Mitgliedschaftsrechte verkörpernden Aktien nicht aufgehoben wird, auch wenn die Mitverwaltungs- und Vermögensrechte der Aktionäre eingeschränkt werden.145 Die Börsenzulassung erledigt sich daher nicht nach § 39 Abs. 1 BörsG. Auch ein Widerruf wegen fehlender Gewährleistung des Börsenhandels kommt nicht in Betracht, da eine solch hohe Konzentration des Aktienbesitzes in einer Hand nicht zu erwarten ist.146 Dieses auch insbesondere vor dem Hintergrund, daß durch die wiederkehrenden Ausgleichszahlungen nach § 304 AktG der wirtschaftliche Charakter der Aktie eher einem festverzinslichen Wertpapier ähnelt147 und damit ebenso eine nicht unattraktive Kapitalanlage darstellen kann. Möglich erscheint jedoch eine 144 Vgl. nur Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 271. 145 Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 307 f. 146 Im Ergebnis ebenso Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 272; Even / Vera, DStR 2002, 1315, 1320. 147 Even / Vera, DStR 2002, 1315, 1320; Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 272.

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3. Teil: Gestaltungsformen des Bo¨rsenru¨ckzugs

nicht die Börsenzulassung beendende Notierungseinstellung nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 BörsG, da nicht auszuschließen ist, daß der abgeschlossene Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wieder aufgehoben wird.148 Daher führen der Abschluß und die Handelsregistereintragung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht unmittelbar zur Beendigung der Börsenzulassung. Vielmehr kann diese Gestaltungsform vorbereitend für ein Delisting sein.

E. Ergebnisse Die Beendigung der Börsenzulassung ist auf vielfältige Weise möglich, wobei sich die einzelnen Gestaltungsformen in den Voraussetzungen und Wirkungen stark unterscheiden. Während der Widerruf der Börsenzulassung auf Antrag des Emittenten grundsätzlich mit der zeitlichen Verzögerung von sechs Monaten wirksam und damit die Börsenzulassung beendet wird, erscheint dieses geordnete Marktentlassungsverfahren als einfacher und unproblematischer Weg des Börsenrückzugs. Daß dieser Weg mit vielen Unsicherheiten durch den Rechtsbegriff des Anlegerschutzes hinsichtlich der Widerrufsvoraussetzungen und dem vorhandenen Ermessensspielraum der Geschäftsführung der Börse behaftet ist, wird erst bei näherer Betrachtung deutlich. Diese Unsicherheiten vermeidet hingegen der komplizierter erscheinende Weg über spezielle gesellschaftsrechtliche Gestaltungsformen. Die Börsenzulassung wird hier nicht durch eine in das Ermessen der Geschäftsführung der Börse gestellte Widerrufsentscheidung beendet, sondern die Beendigung ist unmittelbare Folge der gesellschaftsrechtlichen Gestaltung. Diese wird dann in der Regel durch den Großaktionär initiiert und in der Hauptversammlung der Gesellschaft beschlossen. Gemeinsam ist beiden Varianten, daß die Beendigung zum einen durch das Erlöschen der Gesellschaft selbst oder der sie verkörpernden Mitgliedschaftsrechte in der ursprünglichen Form der Aktie erfolgt. Dies hat durch den Wegfall des Regelungssubjekts oder -objekts zur Folge, daß sich die Börsenzulassung erledigt. Dies ist insbesondere der Fall bei den umwandlungsrechtlichen Gestaltungsformen, der übertragenden Auflösung sowie der Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitiger Kapitalerhöhung. Zum anderen wird das Delisting bei der Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß und dem Ausschluß der Minderheitsaktionäre infolge der Konzentration des Aktienbesitzes in einer Hand herbeigeführt. Die Konzentration des Aktienbesitzes führt zur Beendigung des Börsenhandels und damit zum Widerruf der Zulassung von Amts wegen. Zwar ist eine Entscheidung der Geschäftsführung der Börse notwendig, ihr steht jedoch kein Entscheidungsermessen zu. Gleichzeitig werden an diesem Modell aber auch die Grenzen deutlich. Nicht jede gesellschaftsrechtliche oder kapitalmarktrechtliche Möglichkeit, Aktien in einer Hand zu vereinigen, führt zur Beendigung der Börsenzulassung. Nur wenn sich alle Aktien in einer Hand befinden, kann die Zulassung beendet werden. 148

Weinheimer / Fritzsche in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 272.

4. Teil

Aktienrechtliche Voraussetzungen des regulären Delisting Das reguläre Delisting bezeichnet die Beendigung der Börsenzulassung auf Antrag des Emittenten nach § 39 Abs. 2 BörsG, bei der die Gesellschaft in der Rechtsform der AG erhalten bleibt und auch sonst keine besonderen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen zur Beendigung der Börsenzulassung getroffen werden.1 Insofern steht für diesen Vorgang, unabhängig von Analogien zum Umwandlungsoder Konzernrecht nur das Aktienrecht als gesellschaftsrechtlicher Regelungsrahmen zur Verfügung. Da das Aktienrecht keine Regelungen zum Delisting trifft, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen das reguläre Delisting durchgeführt werden kann.

A. Einleitung Mit dem Macrotron-Urteil des BGH2 liegt eine erste höchstrichterliche Entscheidung zu den aktienrechtlichen Voraussetzungen des regulären Delisting vor. Der BGH hatte den angefochtenen Beschluß der Hauptversammlung, der den Vorstand zur Beantragung des Zulassungswiderrufs ermächtigte, im wesentlichen dahingehend zu überprüfen, ob die Hauptversammlung für das reguläre Delisting zuständig und ob den Kleinaktionären eine Abfindung zu zahlen ist, die gerichtlich in einem Spruchverfahren überprüft werden kann. Beides bejaht der BGH, lehnt aber das Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung des Hauptversammlungsbeschlusses und eine Berichtspflicht des Vorstands ab. Mit den ersten Reaktionen auf das Urteil wird deutlich, daß die bestehende Rechtsunsicherheit nur in Teilen beseitigt und neue Fragen aufgeworfen wurden, insbesondere hinsichtlich der zu zahlenden Abfindung an die Kleinaktionäre.3 Das reguläre Delisting hat im Vorfeld des BGH-Urteils im Schrifttum eine rege Diskussion erfahren. Schwerpunkte bildeten dabei neben den gesellschaftsrechtlichen4 die kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen5 eines regulären Delisting. Siehe dazu oben 3. Teil: A., S. 97 ff. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, BGHZ 153, 47 = WM 2003, 533 ff. 3 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 800 ff.; Heidel, DB 2003, 548, 549 f.; Streit, ZIP 2003, 392, 394 f.; WuB II A. § 119 AktG 1.03 (Häuser / Thomas). 1 2

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Vor dem Hintergrund des BGH-Urteils bedürfen die bisher angeführten Argumente des Schrifttums einer erneuten Betrachtung und Überprüfung. Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich hierbei auf die aktienrechtlichen Voraussetzungen des regulären Delisting. Zu beachten bleiben aber die Wechselwirkungen zwischen Aktien- und Kapitalmarktrecht, da sich das Delisting als Widerruf der Börsenzulassung zunächst als rein kapitalmarktrechtliche Problematik darstellt. Erst der Bezug zum Aktienrecht läßt erahnen, daß sich dahinter eine Konkurrenz oder aber ein Ineinandergreifen zwischen Aktien- und Kapitalmarktrecht verbirgt. Dies läßt auch der BGH in seiner Entscheidung durchblicken, wenn er die börsenrechtlichen Abfindungsregelungen als unzureichend ansieht.6 In diesem Spannungsverhältnis bewegt sich die Diskussion im Schrifttum um die aktienrechtlichen Voraussetzungen, auch wenn eine höchstrichterliche Entscheidung zu den kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen des regulären Delisting noch aussteht. Zwar war parallel zum Anfechtungsprozeß vor den Zivilgerichten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein erstinstanzliches Urteil des VG Frankfurt / Main7 ergangen, das im Wege der Sprungrevision vor dem BVerwG angegriffen wurde. Jedoch erklärten beide Parteien aufgrund eines bei der Ingram Macrotron AG durchgeführten Squeeze-out nach §§ 327a ff. AktG übereinstimmend die Erledigung des Rechtsstreits. Den klagenden Kleinaktionären war mit dem Squeeze-out die erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO entzogen worden, da mit Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses über den Ausschluß der Minderheitsaktionäre die Aktien der außenstehenden Aktionäre auf den Hauptaktionär übergehen (§ 327e Abs. 3 S. 1 AktG). Die Anfechtungsklage der Kleinaktionäre wäre demnach wegen ihrer weggefallenen Mitgliedschaft nachträglich unzulässig geworden. Das BVerwG entschied durch Beschluß lediglich über die Kosten des Verfahrens, äußerte sich jedoch nicht in der Sache.8 Das reguläre Delisting tritt mit den Regelungen über den Ausschluß von Minderheitsaktionären (§§ 327a ff. AktG) in Konkurrenz, weil der Hauptaktionär, wenn er Inhaber von 95 % des Grundkapitals ist, die Minderheitsaktionäre ausschließen und bereits über ein Squeeze-out ein Delisting der Gesellschaft erreichen kann.9 Gesellschaften, die einen geringen Streubesitz aufweisen, werden daher aus Gründen der Rechtssicherheit und Absehbarkeit des Delisting-Vorganges eher den geregelten Weg des Minderheitenausschlusses wählen, als die aktienrechtlich Mög4 Vgl. dazu Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 71 ff.; de Vries, Delisting, S. 79 ff.; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 63 ff.; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 169 ff.; M. Henze, Delisting, S. 125 ff. 5 Vgl. dazu de Vries, Delisting, S. 25 ff.; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 21 ff.; M. Henze, Delisting, S. 43 ff.; zur Rechtslage vor dem 3. Finanzmarktförderungsgesetz: vgl. Radtke, Delisting, S. 39 ff. 6 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 7 VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1146 ff. 8 BVerwG, Beschl. v. 04. 06. 2003 – 6 C 21.02, Internet: http: // www.bundesverwaltungsgericht.de / media / archive / 1448.pdf. 9 Vgl. dazu bereits oben 3. Teil: B.IV., S. 112 f.

A. Einleitung

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lichkeit des regulären Delisting.10 Gleichwohl spricht für die weiter bestehende praktische Bedeutung des regulären Delisting, daß, folgt man der Auffassung des BGH, im Gegensatz zum Squeeze-out (§ 327c Abs. 2 AktG) der Vorstand keinen schriftlichen Bericht vorlegen muß, dessen Mangelhaftigkeit im Wege der Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses geltend gemacht werden könnte und daß die Abfindung der Minderheitsaktionäre nicht durch eine Bankgewährleistung nach § 327a Abs. 3 AktG abgesichert werden muß. Zudem bleibt die Bedeutung des regulären Delisting für den Fall erhalten, daß der Streubesitz bei über 5 % des Grundkapitals liegt oder aber mehrere Großaktionäre vorhanden sind, die sich nicht zum Zwecke des Minderheitenausschlusses zusammenschließen wollen11, um ein Delisting durchzuführen.12 Ob das Delisting in diesem Bereich allerdings an Bedeutung gewinnt, erscheint erst bei einer entsprechenden „Marktreife“ wahrscheinlich, da das freiwillige Delisting bisher als Ausnahmefall betrachtet wird und noch nicht als ein möglicher Abschnitt in der Unternehmensentwicklung. Gerade Gesellschaften, deren enormer Finanzbedarf nach der Wachstumsphase gesunken ist, können sich über eigene Gewinne, Fremdkapital eines Finanzpartners oder Eigenkapital des Großaktionärs finanzieren.13 Erst bei einem erneuten Wachstum und entsprechendem Finanzbedarf kann die Börse wieder zur Aufnahme von Eigenkapital dienen. Insoweit erscheint der Börsenrückzug unter dem Aspekt der Finanzierung der Gesellschaft und einer dadurch bedingten Rückkehr an die Börse als denkbarer Vorgang in der Entwicklung eines Unternehmens.14 Darüber hinaus hat aber die Beantwortung der Fragen nach den aktienrechtlichen Voraussetzungen des regulären Delisting möglicherweise auch rechtliche Bedeutung für die anderen Gestaltungsformen des Delisting. Das Macrotron-Urteil des BGH bildet den Ausgangspunkt der Untersuchung. Danach folgt eine Bestandsaufnahme der Diskussion im Schrifttum vor und nach dem Urteil des BGH. Die Darstellung verfolgt dabei das Ziel, die verschiedenen Gesamtkonzepte zur Behandlung des Delisting darzustellen, um die Begründungszusammenhänge nicht auseinanderzureißen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, daß einzelne Ansichten bestimmte Voraussetzungen aufstellen, die an anderer Stelle dazu führen, daß eine andere Voraussetzung abgelehnt wird. Danach werden die sich ergebenden Problemstellungen aus der Rechtsprechung des BGH herausgearbeitet und der Gang der weiteren Untersuchung festgelegt. So auch Theiß, FAZ v. 05. 03. 2003, S. 19. Zur umstrittenen Frage, ob sich mehrere Großaktionäre zum Zwecke des Minderheitenausschlusses nach § 327a Abs. 1 AktG zusammenschließen können: Diese Möglichkeit bei einem dauerhaften Zusammenschluß bejahen Bolte, DB 2001, 2587, 2589 ff.; Ph. Baums, WM 2001, 1843, 1845 ff.; noch weitergehend Halasz / Kloster, DB 2002, 1253, 1254 ff. 12 So auch Süßmann, BKR 2003, 257 f. 13 Vgl. oben 2. Teil: D.I.1.b), S. 74 f. 14 Beispielhaft sei die Friedrich Grohe AG & Co. KG genannt, die zuvor die Börse über einen Formwechsel verlassen hat und nun wieder an einen Börsegang denkt, Börsen-Zeitung v. 12. 06. 2002, S. 10; Börsen-Zeitung v. 18. 01. 2003, S. 11; ebenso die Einschätzung von Kiem, EWiR 2000, 75, 75. 10 11

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

B. Stand der Diskussion in Literatur und Rechtsprechung Die Diskussion zum regulären Delisting erschöpft sich nicht in den bisher diskutierten Punkten der Hauptversammlungszuständigkeit, den weiteren Beschlußanforderungen sowie der Abgabe eines Abfindungsangebots. Vielmehr hat sich die Diskussion auf neue Aspekte in Reaktion auf das Urteil des BGH erweitert und eröffnet neue Fragen und Problemstellungen. So zum Beispiel, ob das vom BGH geforderte Pflichtangebot dem WpÜG unterfällt oder welche Folgen das Fehlen des Pflichtangebots hat. Da sich zu diesen Fragen noch keine eindeutigen Meinungsbilder herausgebildet haben, werden sie unter Berücksichtigung der Äußerungen im Schrifttum und der Rechtsprechung unter C. herausgearbeitet und konkretisiert.

I. Das Macrotron-Urteil des BGH und die Entscheidungen der Vorinstanzen In dem vom BGH entschiedenen Fall der Ingram Macrotron AG15 hatte die Hauptversammlung der Gesellschaft den Vorstand ermächtigt, den Zulassungswiderruf an allen Börsen zu beantragen. Dieser Beschluß wurde von Aktionären angefochten, da der Ermächtigungsbeschluß der Hauptversammlung aufgrund einer fehlenden Befristung, einer fehlenden sachlichen Rechtfertigung sowie eines nicht vorhandenen Berichts des Vorstands fehlerhaft sei. Die Gesellschaft berief sich auf den mit der Zulassung verbundenen Kostenaufwand. Auch sei es infolge des geringen Aktienhandels zu sprunghaften Kursveränderungen gekommen, die der Gesellschaft schaden würden. Den Minderheitsaktionären hatte der Mehrheitsgesellschafter ein Kaufangebot unterbreitet. Der BGH entschied sich für ein aktienrechtliches Schutzkonzept und widerspricht in wesentlichen Punkten den Entscheidungen der Vorinstanzen.16

1. Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung Der BGH bejaht die Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Entscheidung über das reguläre Delisting und begründet diese mit der besonderen Bedeutung der erhöhten Verkehrsfähigkeit börsenzugelassener Aktien.17 Er beruft sich auf die 15 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, BGHZ 153, 47 = WM 2003, 533 = WuB II A. § 119 AktG 1.03 (Häuser / Thomas) = JuS 2003, 501 (Emmerich) = LMK 2003, 108 (Marsch-Barner). 16 OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662 = WuB I G 7. – 3.02 (Pluskat) = EWiR 2001, 459 (Mutter); LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017. 17 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535.

B. Stand der Diskussion in Literatur und Rechtsprechung

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Rechtsprechung des BVerfG18 zur Bemessung des Ausgleichsbetrages im Rahmen des Abfindungsanspruches nach einer Eingliederung oder dem Abschluß eines Unternehmensvertrags. Die Abfindung müsse so bemessen sein, daß der Minderheitsaktionär nicht weniger als bei einer freien Deinvestitionsentscheidung erhalte. Der Verkehrswert und die jederzeit mögliche Veräußerung über die Börse seien demzufolge Eigenschaften des Aktieneigentums. Dieses wirke sich auf den vermögensrechtlichen Schutz des Aktieneigentums aus, der nicht nur gegenüber Dritten bestehe, sondern auch das Rechtsverhältnis zur Gesellschaft betreffe. Dieser vermögensrechtliche Schutz obliege der Hauptversammlung und nicht dem Vorstand.19 Ausdrücklich wendet sich das Gericht gegen bisherige Versuche, die Zuständigkeit der Hauptversammlung über einen Strukturunterschied zwischen einer börsennotierten und einer nichtnotierten Gesellschaft oder aber einen Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre – beispielweise wie beim Squeeze-out nach §§ 327a ff. AktG – zu begründen. Durch das Delisting werde das Mitgliedschaftsrecht nicht verwässert und auch die Mitverwaltungsrechte im Sinne der Holzmüller-Rechtsprechung des BGH20 nicht mediatisiert21, die eine Entscheidung der Hauptversammlung erforderlich mache. Zwar bejahten auch die Vorinstanzen22 die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung für das reguläre Delisting, jedoch stützten sie die Zuständigkeit der Hauptversammlung auf die Holzmüller-Rechtsprechung des BGH mit der Annahme, daß das Delisting bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Strukturmaßnahme von herausragender Bedeutung sei, die der Entscheidung durch die Hauptversammlung bedürfe.23 Stellt das LG München I die Hauptversammlungszuständigkeit noch eher beiläufig innerhalb der Frage fest, ob der Vorstand einen schriftlichen Bericht zu verfassen hat, überträgt das OLG München24 ausdrücklich die Grundsätze der Holzmüller-Entscheidung des BGH auf das Delisting. Der mit dem Delisting verbundene Wegfall der Publizitäts- und Verhaltenspflichten und die Einschränkung der Handelbarkeit könnten nicht durch andere Handelsmöglichkeiten ausgeglichen werden und berührten daher die wirtschaftlichen Interessen der Aktionäre erheblich. Dieses gelte auch vor dem Hintergrund, daß die vermögensrechtlichen Ansprüche auf Bilanzgewinn, das Recht auf Bezug neuer Aktien bei einer 18 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289 f. (DAT / Altana); BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 1999, 1948 ff. (Bosch / MotoMeter III). 19 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535. 20 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122. 21 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535. 22 LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017, 2019; OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 664. 23 LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017, 2019. 24 OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 664 = WuB I G 7. – 3.02 (Pluskat).

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Kapitalerhöhung und das Recht auf Teilnahme am Liquidationserlös unberührt bleibe.25 2. Pflichtangebot zugunsten der Kleinaktionäre und dessen gerichtliche Überprüfung Beschließt die Hauptversammlung das Delisting, müsse den Minderheitsaktionären mit dem Beschlußantrag durch den Großaktionär oder die Gesellschaft in den Grenzen der §§ 71 f. AktG ein Pflichtangebot über den Kauf der Aktien vorgelegt werden. Die Höhe des Kaufpreises müsse eine volle Entschädigung gewähren und dem Anteilswert entsprechen.26 Erst durch dieses Pflichtangebot könnten die Minderheitsaktionäre hinreichend geschützt werden. Grundlage bildeten auch hier die verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG27, auch wenn diese explizit nur für die Anwendung des Spruchverfahrens herangezogen werden. Die Abfindungsregelungen in den Börsenordnungen böten keinen ausreichenden aktienrechtlichen Schutz, da die dortigen Regelungen jederzeit durch die zuständigen Börsengremien geändert werden könnten. Mit dem Bekanntwerden des Delisting würde zudem der Aktienkurs sinken, so daß die Minderheitsaktionäre durch eine reine Fristenlösung, wie sie derzeit in § 43 Abs. 1 Nr. 2 BörsO FWB geregelt ist, ihre Aktien innerhalb der Frist von sechs Monaten nicht zum wahren Anteilswert veräußern könnten. Ferner sähen die Abfindungsregelungen, soweit sie vorhanden sind, keine Entschädigung zum wahren Wert der Aktien vor. Den Minderheitsaktionären würde dadurch ein vermögensrechtlicher Nachteil entstehen.28 Des weiteren müsse dieses Pflichtangebot entsprechend den Regelungen im Unternehmensvertrags- und im Umwandlungsrecht im Spruchverfahren gerichtlich überprüft werden können.29 Auch dieses Erfordernis beruhe auf den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Das BVerfG habe offengelassen, ob die Überprüfung im Wege der Anfechtungsklage oder aber durch die analoge Anwendung der Vorschriften über das Spruchverfahren erfolgen solle. Die Möglichkeit der Überprüfung im Wege der Anfechtungsklage lehnt der BGH ab, da die Aktionäre lediglich die Aufhebung des Hauptversammlungsbeschlusses erreichen könnten und der GeOLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 665. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536; nunmehr auch LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395 = DB 2004, 242, 243. 27 BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 2000, 1948 ff. (Bosch / Moto-Meter III); BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289 ff. = WM 1999, 1666 (DAT / Altana) = WuB II A. § 304 AktG. 1.00 (Diekmann); ebenso nunmehr LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395, 395 = DB 2004, 242, 243. 28 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 29 So nun auch BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205, 206 ff. (Macrotron); ebenso die Vorinstanz LG München I, Beschl. v. 15. 01. 2004 – 5HK O 22304 / 02, AG 2004, 393; LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395, 395 f. (Knürr AG) = DB 2004, 242. 25 26

B. Stand der Diskussion in Literatur und Rechtsprechung

131

sellschaft durch die erneute Einberufung einer Hauptversammlung unverhältnismäßige Kosten entstünden.30 Die Vorinstanzen hatten die Frage, ob den Minderheitsaktionären auf aktienrechtlicher Grundlage eine Abfindung bzw. Entschädigung zuzubilligen sei, nicht entschieden, da sie anscheinend von einer ausreichenden Abfindungsregelung in der BörsO ausgingen. Vielmehr befaßten sie sich mit dem Problem der analogen Anwendung des § 306 AktG a. F., nunmehr § 1 SpruchG31 zur Überprüfung des börsenrechtlichen Abfindungsangebots nach aktienrechtlichen Maßstäben. Eine analoge Anwendung verneinten die Instanzgerichte mit der Begründung, daß ein solches Verfahren gesetzlich nicht vorgesehen sei, keine Regelungslücke bestünde und eine Überprüfung mit einer möglichen Erhöhung des Angebotspreises in die verfassungsrechtlich garantierte Privatautonomie eingreifen würde.32

3. Keine sachliche Rechtfertigung des Beschlusses Abgelehnt hat der BGH die richterliche Inhaltskontrolle des Delisting-Beschlusses der Hauptversammlung.33 Es liege im Ermessen der Mehrheit der Aktionäre, ob das Delisting im Interesse der Gesellschaft zweckmäßig und geboten erscheine. Durch das gerichtlich überprüfbare Pflichtangebot sei der vermögensrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre gewährleistet.34 Zwar verneinten die Vorinstanzen ebenso wie der BGH das Erfordernis einer richterlichen Inhaltskontrolle, jedoch mit einer teilweise anderen Begründung. Im Falle der Liquidation der Gesellschaft unterliege der Hauptversammlungsbeschluß nicht der inhaltlichen Kontrolle durch die Gerichte. Wenn aber ein derartiger Beschluß nicht der Rechtfertigung bedürfe, dann erst recht nicht einer mit geringerer Eingriffsintensität gegenüber den Minderheitsaktionären.35 Des weiteren sei aufgrund der börsengesetzlichen Spezialregelung des § 39 Abs. 2 BörsG i.V. m. der jeweiligen BörsO ein gesellschaftsrechtlicher Schutz nicht erforderlich, da in diesem Verfahren die Minderheitsaktionäre uneingeschränkt beteiligt seien. Dafür, daß in diesem Verfahren der Anlegerschutz nicht gewahrt werde, bestünden keine Anhaltspunkte. Auch sei der Beschluß der Hauptversammlung nicht rechtsmißbräuchlich, da der wirtschaftliche Nachteil, der den Minderheitsaktionären entstehe, durch das freiwillige öffentliche Kaufangebot nach der BörsO ausgeglichen werde.36

BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. Vgl. Spruchstellenverfahrensneuordnungsgesetz (SpruchG), BGBl. Teil I 2003, S. 838 ff. 32 LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017, 2021; OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 666. 33 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 34 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537. 35 LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017, 2020. 36 OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 666. 30 31

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

4. Keine zeitliche Befristung der Ermächtigung Ermächtigt die Hauptversammlung den Vorstand zur Beantragung des Delisting, so müsse die Ermächtigung zeitlich nicht befristet sein, da das Gesetz, anders als in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 oder § 202 Abs. 2 AktG, eine bestimmte Frist nicht nenne. Eine zeitliche Kontrolle der Ermächtigung sei durch die jährliche Berichtspflicht nach § 175 Abs. 1 AktG gewährleistet, da die Hauptversammlung über die Aufrechterhaltung der Ermächtigung beschließen könne.37 5. Ergänzende Bekanntmachungspflichten ohne gesonderten Vorstandsbericht Des weiteren wird die Notwendigkeit eines gesonderten schriftlichen Vorstandsberichts entsprechend § 186 Abs. 4 S. 2 AktG über die Gründe des Delisting abgelehnt. Eine ausreichende Information der Minderheitsaktionäre könne nach dem Rechtsgedanken des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG, der ausdrücklich eine Pflicht des Vorstands zur Information der Hauptversammlung im Falle der Satzungsänderung oder zustimmungspflichtiger Verträge vorsieht, gewährleistet werden.38 Den Aktionären seien die Einzelheiten des Widerrufsantrags zur Durchführung des Delisting und das Abfindungsangebot bekannt zu geben.39 Eine Analogie zu § 186 Abs. 4 S. 2 AktG scheide auch deswegen aus, da der Verlust der Börsennotierung nicht mit dem Ausschluß von Bezugsrechten vergleichbar sei. Das Delisting greife nicht in die Struktur der Gesellschaft ein, weil der gesellschaftsrechtliche Rahmen gleich bleibe und die Mitgliedschaftsrechte unverändert fortbestünden.40 Ein gesonderter Bericht über die Gründe einer angestrebten Strukturmaßnahme sei nur dann verpflichtend, wenn die Komplexität eines Sachverhalts diese Information für die außenstehenden Aktionäre erforderlich mache. Beim Delisting sei ein solcher Bericht nicht erforderlich, da die Bekanntmachung des anstehenden Delisting-Beschlusses eindeutig und selbsterklärend sei. Die Aktionäre hätten zudem durch die Erläuterung der Gründe des Delisting in der Hauptversammlung ausreichende Informationen für eine sachgerechte Abstimmung erhalten.41 Teilweise wird die Ablehnung weiterer Berichtspflichten auch mit der Rechtssicherheit für Publikumsgesellschaften begründet, da durch zusätzliche aufgrund Richterrechts geschaffener Berichtspflichten das Vertrauen in die gesetzliche Regelung erschüttert würde.42 37 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537; OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 666; LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017, 2019. 38 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537; OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 665; a. A. noch LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017, 2019. 39 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537. 40 LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017, 2019. 41 OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 665.

B. Stand der Diskussion in Literatur und Rechtsprechung

133

II. Meinungsstand im Schrifttum Für den Meinungsstand im Schrifttum können vor dem Hintergrund der Macrotron-Entscheidung des BGH zwei Hauptströmungen herausgearbeitet werden. Eine Meinungsgruppe betont die aktienrechtlichen Voraussetzungen eines regulären Delisting (siehe unten 1.). Für die andere Position steht die kapitalmarktrechtliche Regelung des § 39 Abs. 2 BörsG im Vordergrund und deren konkrete Ausgestaltung mit der Folge, daß aktienrechtliche Voraussetzungen zur Durchführung des regulären Delisting überwiegend verneint werden (unten 2.). Dabei konkretisiert die zweite Hauptströmung im Schrifttum die kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen des Delisting nach § 39 Abs. 2 BörsG.

1. Erfüllung aktienrechtlicher Voraussetzungen zur Durchführung des vollständigen Delisting Die Vertreter eines aktienrechtlichen Regelungsrahmens43 zur Durchführung des regulären Delisting gehen von der Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung aus, die mit einer Dreiviertel-Mehrheit über diesen Schritt entscheiden muß. Eine sachliche Rechtfertigung des Hauptversammlungsbeschlusses bedarf es nach überwiegender Ansicht in dieser Meinungsgruppe nicht, wobei vereinzelt zusätzlich eine sachliche Rechtfertigung gefordert wird. Fast ausschließlich wird angenommen, daß der Vorstand einen gesonderten Bericht über die Folgen des Delisting erstellen muß, der über die normale Berichtspflicht bei Abhaltung einer Hauptversammlung hinausgeht. Ferner wird überwiegend eine aktienrechtliche Abfindungs- oder Entschädigungspflicht der Gesellschaft oder des Großaktionärs mit der anschließenden gerichtlichen Überprüfung der Entschädigung oder Abfindung in einem Spruchverfahren vertreten.

LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017, 2019. de Vries, Delisting, S. 103; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 121; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 70; M. Henze, Delisting, S. 147; Steck, AG 1998, 460, 461; Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 761; Klenke, WM 1995, 1089, 1099; Hüffer AktG, § 119 Rn. 23; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1066; Lutter in FS Zöllner, S. 363, 380; Lutter / Leinekugel, ZIP 1998, 805, 806; Hellwig, ZGR 1999, 781, 799; Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 656; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 475; Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 558; Seibt in Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, S. 37, 68; Oetker / Heise in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 361; Weißhaupt, NZG 1999, 804, 806; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 799; Streit, ZIP 2003, 392, 393; Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03; Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1111; Heidel, DB 2003, 548, 548; Süßmann, BKR 2003, 257, 258; Schüppen / Tretter, Die Bank 2003, 400, 401; Scharpf, Ausschluss von Minderheitsaktionären, S. 170 f.; vgl. dazu das Beschlußformular bei Groß in Happ, Aktienrecht, S. 1993 f.; wohl auch Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1367. 42 43

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

a) Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung Die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung zur Durchführung eines regulären Delisting wird mit einem ganzen Bündel von Argumenten begründet. Durch die BGH-Entscheidung rückt neben die Begründung der bisherigen Literatur nun auch die verfassungsrechtliche Komponente des regulären Delisting in den Mittelpunkt der Diskussion. Der Argumentation des BGH, daß der Verkehrswert und die jederzeit mögliche Veräußerung der Aktien über die Börse Eigenschaften des Aktieneigentums seien, wird im Schrifttum teilweise nicht unterstützt.44 Die jederzeit mögliche Verkäußerbarkeit der Aktie hänge nicht allein von der Zulassung zum Börsenhandel ab, sondern auch von der Liquidität des Marktes. Da aber die Liquidität schwanke, wäre jede Beeinträchtigung der Liquidität ein Eingriff in das Eigentumsrecht. Dies könne jedoch nicht der Fall sein. Zudem werde in den Entscheidungen des BVerfG keine Gleichstellung einer Beeinträchtigung des Aktieneigentums mit dem Entzug der Aktie vorgenommen, vielmehr sei nur über die Einbeziehung des Börsenkurses in die Anteilsbewertung entschieden worden.45 Bis zur Entscheidung des BGH begründete der überwiegende Teil der Literatur die Zuständigkeit der Hauptversammlung mit der Übertragung der HolzmüllerGrundsätze des BGH46 auf das reguläre Delisting.47 Die frühere Begründung des BGH im Holzmüller-Urteil, die Hauptversammlungszuständigkeit auf § 119 Abs. 2 AktG zu stützen48, wird jedoch teilweise abgelehnt49. Sinn und Zweck des § 119 Abs. 2 AktG sei allein der Schutz des Vorstands im Hinblick auf den Ausschluß etwaiger Schadensersatzansprüche nach § 93 Abs. 4 S. 1 AktG50. Das Ermessen 44 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 799; Streit, ZIP 2003, 392, 393; Liebscher, ZGR 2005, 1, 19; Schiemzik, Segmentwechsel börsenaktiver Unternehmen, S. 319; unterstützend hingegen Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1111; Lutter, JZ 2003, 684, 686; K. Schmidt, NZG 2003, 601, 603; WuB II A. § 119 AktG 1.03 (Häuser / Thomas); Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 6.6; Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 1 Rn. 89 ff.; Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 177 f. 45 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 799 f.; Ekkenga, ZGR 2003, 878, 883 ff. 46 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122 ff. 47 Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 183 ff.; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 110 ff.; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 68; de Vries, Delisting, S. 98 ff.; M. Henze, Delisting, S. 138 ff.; Steck, AG 1998, 460, 461; Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 761; Klenke, WM 1995, 1089, 1099; Hüffer in FS Ulmer, S. 279, 294; nach der Macrotron-Entscheidung des BGH daran festhaltend Ekkenga, ZGR 2003, 878, 888 f.; Reichert, AG 2005, 150, 155; Spindler in Schmidt / Lutter AktG, § 119 Rn. 51. 48 So Marsch-Barner, LMK 2003, 108, 109; eine Vorlagepflicht nur annehmend, wenn das Delisting Einfluß auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises nimmt Rieske, Rückzug von der Börse, S. 152 f. 49 Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 102 ff. m. w. N.; de Vries, Delisting, S. 87 f. m. w. N.

B. Stand der Diskussion in Literatur und Rechtsprechung

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bestehe nur im Interesse des Vorstands, nicht aber zugunsten der Hauptversammlung51. Vielmehr lasse sich die ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit aus einer Gesamtanalogie zu solchen Regelungen begründen, die für Eingriffe in die Rechtsstellung der Aktionäre einen Beschluß der Hauptversammlung festlegten.52 Andere Literaturstimmen hingegen sehen in § 119 Abs. 2 AktG einen möglichen Weg zur Begründung der Vorlagepflicht des Vorstands, da das Delisting wegen der Vermögenseinbußen aufgrund der eingeschränkten Veräußerbarkeit der Aktien in die Mitgliedschaft der Aktionäre eingreife.53 Beide Meinungsstränge orientieren sich an den vom BGH aufgestellten Grundsätzen und bejahen deren Erfüllung. Durch das Delisting werde in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingegriffen.54 Das Mitgliedschaftsrecht sei zwar nicht unmittelbar in Form eines geschmälerten Mitverwaltungsrechts betroffen, da bei den Kleinaktionären die Aktie als Kapitalanlage im Vordergrund stehe. Jedoch sei das Mitgliedschaftsrecht in seiner vermögensrechtlichen Ausgestaltung beeinträchtigt, weil es den Kleinaktionären auf die jederzeit mögliche Veräußerung ihrer Aktien über die Börse ankomme. Dieses vermögensrechtliche Interesse sei auch unter Berufung auf die DAT / Altana-Entscheidung des BVerfG55 verfassungsrechtlich geschützt.56 Die Eingriffsintensität sei daher bei einem Totalrückzug so hoch, daß dieser nur mit Zustimmung der Hauptversammlung erfolgen könne.57 Teilweise wird der Eingriff in die Rechte und Interessen der Aktionäre auch mit einer faktischen Strukturänderung für die Aktionäre aufgrund des Wegfalls der Handelbarkeit, mit dem Verlust der Kontrolle durch den Kapitalmarkt und dem Wegfall der Informations- und Publizitätspflichten begründet.58 Der Begriff der Strukturänderung wird in Anlehnung an das Holzmüller-Urteil des BGH59 auch im Hinblick auf die Struktur der börsennotierten Gesellschaft ver50 de Vries, Delisting, S. 87; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 103; Weißhaupt, NZG 1999, 804, 807. 51 Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 103. 52 de Vries, Delisting, S. 88 f.; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 104. 53 Hüffer AktG, § 119 Rn. 24; Steck, AG 1998, 460, 461; wohl auch Pluta in Heidel Aktienrecht, AktG, § 119 Rn. 37). 54 Liebscher, ZGR 2005, 1, 19. 55 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289 ff. 56 de Vries, Delisting, S. 100; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 114. 57 de Vries, Delisting, S. 101 f. 58 M. Henze, Delisting, S. 141 ff.; Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 761; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 115 f.; Weißhaupt, NZG 1999, 804, 806; Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 656, der bei der Handelbarkeit der Aktien über die Börse von der Geschäftsgrundlage des Aktienerwerbs spricht, die durch das Delisting entfalle. 59 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 132, dort wird von „Unternehmensstruktur“ gesprochen.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

wendet.60 Die Struktur der börsennotierten AG sei eine andere als die einer nichtnotieren Gesellschaft, da die Beendigung der Zulassung eine Beschaffenheitsveränderung herbeiführe und eine andere Rechtsmaterie anwendbar sei.61 Dies ergebe sich auch daraus, daß die Gesellschaft nicht mehr der Kontrolle durch den Kapitalmarkt unterliege.62 Losgelöst von der Übertragung der Holzmüller-Grundsätze begründet ein Teil der Literatur die Hauptversammlungszuständigkeit über § 119 Abs. 2 AktG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung. Das Ermessen des Vorstands sei auf Null reduziert, da der Schutz des Aktionärsvermögens vor einem Fungibilitätsverlust dies fordere, so daß der Hauptversammlung die Delisting-Entscheidung vorzulegen sei.63 Des weiteren wird die Kompetenz der Hauptversammlung auf eine Phasenbetrachtung gestützt. Die AG sei von ihrer Laufrichtung auf einen Börsengang gerichtet, so daß die Beendigung der Börsenzulassung atypisch sei und daher die Hauptversammlung über das Delisting zu befinden habe.64 Ferner wird argumentiert, daß das Delisting ein actus contrarius zur Börsenzulassung darstelle und daher das Delisting ebenso wie der Börsengang eines Hauptversammlungsbeschlusses bedürfe.65 Ferner wird in Analogie zum Umwandlungsrecht, insbesondere im Hinblick auf einen Formwechsel von einer börsennotierten AG in eine GmbH, die Notwendigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses bejaht.66 Sowohl der Formwechsel als auch das reguläre Delisting auf Antrag der Gesellschaft führten zur Beendigung der Börsenzulassung. Beide Fallgestaltungen müßten daher gleich behandelt werden, da es zu tiefgreifenden Beeinträchtigungen der im Anteilseigentum verkörperten Vermögensinteressen komme und der ursprünglichen Investitionsentscheidung die Grundlage entzogen werde.67 60 Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 70; Seibt in Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, S. 37, 68 f.; Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 558 61 Steck, AG 1998, 460, 461; Seibt in Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, S. 37, 68 f.; a. A. Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 662; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 110 ff.; de Vries, Delisting, S. 102; M. Henze, Delisting, S. 140, die das Argument des Strukturunterschiedes ausdrücklich aufgrund eines fehlenden tiefen Eingriffs ablehnen. 62 Seibt in Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, S. 37, 68. 63 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 800; Streit, ZIP 2003, 392, 393; ähnlich Hüffer AktG, § 119 Rn. 24; dies lehnen ab Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03. 64 Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1066; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 475; a. A. Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 660. 65 Lutter in FS Zöllner, S. 363, 380; Lutter / Leinekugel, ZIP 1998, 805, 806; a. A. de Vries, Delisting, S. 84. 66 Hellwig, ZGR 1999, 781, 799; Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 656; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 475; Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 759; M. Henze, Delisting, S. 144 f.; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1068; a. A. de Vries, Delisting, S. 98; Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 663; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 178.

B. Stand der Diskussion in Literatur und Rechtsprechung

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Letztendlich wird die Kompetenz der Hauptversammlung auf eine parallele Wertung zur nachträglichen Vinkulierung der Namensaktien und der Zustimmungspflicht der Aktionäre nach § 180 Abs. 2 AktG gestützt.68 Die Vinkulierung der Aktien nach § 68 Abs. 2 S. 1 AktG erschwere die Fungibilität der Aktien und sei in ihrer Wirkung mit dem Delisting vergleichbar.69 Zudem werde den Aktionären die Möglichkeit des Austritts aus der Gesellschaft durch den Verkauf der Aktien genommen, da anders als bei Vereinen und Personengesellschaften kein gesondertes Austritts- oder Kündigungsrecht bestehe. Werde den Aktionären durch das Delisting die Veräußerungsmöglichkeit über die Börse genommen, könne dies nur durch die Hauptversammlung legitimiert werden.70

b) Mehrheitserfordernis Die Auseinandersetzung in der Literatur betrifft die Frage, ob die Hauptversammlung mit einer Dreiviertel-Mehrheit beschließen soll71 oder ob eine einfache Mehrheit, so jüngere Literaturstimmen nach der BGH-Entscheidung, ausreicht72. Das Erfordernis einer Dreiviertel-Mehrheit für einen Delisting-Beschluß wird mit einer Strukturentscheidung verglichen, da durch das Delisting die Fungibilität und die Kontrolle durch den Kapitalmarkt verlorengehe. Dies sei mit den Strukturentscheidung im Umwandlungsrecht vergleichbar.73 Im Wege der Gesamtanalogie werden ergänzend die Vorschriften über Unternehmensverträge nach §§ 291 ff. AktG sowie die Normen über den Bezugsrechtsausschluß nach § 186 Abs. 3 AktG 67 M. Henze, Delisting, S. 145, der die Folgenbetrachtung unmittelbar zur Begründung der Hauptversammlungskompetenz heranzieht. 68 Steck, AG 1998, 460, 462; Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 762; M. Henze, Delisting, S. 145; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1068; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 112 f.; Reichert, AG 2005, 150, 155; Schiemzik, Segmentwechsel börsenaktiver Unternehmen, S. 323; a. A. de Vries, Delisting, S. 99; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 179 f. 69 Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 113; Steck, AG 1998, 460, 462. 70 Steck, AG 1998, 460, 462. 71 Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 663; Lutter in FS Zöllner, S. 363, 380; Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 558; Pluskat, WM 2002, 833, 834; Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 758; Steck, AG 1998, 460, 462; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1066; M. Henze, Delisting, S. 151 f.; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 209 f.; de Vries, Delisting, S. 105; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 122 f.; Heidel, DB 2003, 548, 548; Heidel / Lochner in Heidel Aktienrecht, AktG, Vor § 327a Rn. 20; Lutter, JZ 2003, 684, 686; Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 179; Schiemzik, Segmentwechsel börsenaktiver Unternehmen, S. 323; Spindler in Schmidt / Lutter AktG, § 119 Rn. 52; a. A. für eine 9 / 10 Mehrheit Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 476. 72 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 800; Streit, ZIP 2003, 392, 393. 73 Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 664; de Vries, Delisting, S. 105.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

herangezogen.74 Zudem könne bereits ein Aktionär mit 30 % der Anteile einen Delisting-Beschluß mit einfacher Mehrheit fassen, wenn die Hauptversammlungspräsenz entsprechend niedrig sei. Davon gehe selbst das Gesetz in §§ 29 Abs. 2, 35 WpÜG aus.75 Die Befürworter einer einfachen Mehrheit verneinen den strukturändernden Charakter des Delisting-Beschlusses und lassen eine einfache Mehrheit (§ 133 Abs. 1 AktG) genügen.76 c) Keine sachliche Rechtfertigung des Hauptversammlungsbeschlusses, aber Rechtsmißbrauchskontrolle Der Beschluß der Hauptversammlung bedarf nach fast einhelliger Ansicht nicht der sachlichen Rechtfertigung77, d. h. daß der Beschluß richterlich nicht danach überprüft werden kann, ob der Hauptversammlungsbeschluß im Gesellschaftsinteresse zur Erreichung des angestrebten Zweckes geeignet und erforderlich ist und die Verhältnismäßigkeit wahrt. Einschränkend wird jedoch darauf verwiesen, daß der Hauptversammlungsbeschluß anfechtbar sei, wenn der Delisting-Beschluß rechtsmißbräuchlich gefaßt werde. Rechtsmißbrauch liege insbesondere vor, wenn zwischen dem Börsengang und dem Widerruf der Zulassung nur ein sehr geringer Zeitraum verstrichen sei.78 Die Notwendigkeit einer sachlichen Rechtfertigung des Beschlusses wird mit dem Vorrang der speziellen börsenrechtlichen Regelung des § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG abgelehnt, da diese Norm auf kapitalmarktrechtlicher Ebene bereits eine Abwägung der Interessen des Emittenten und Mehrheitsaktionärs auf der einen und des Minderheitsaktionärs auf der anderen Seite enthalte.79 Der Beschluß trage vielmehr seine Rechtfertigung in sich.80 § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG 74 Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 209 f.; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 122 f. 75 Heidel, DB 2003, 548, 548. 76 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 800; Streit, ZIP 2003, 392, 393. 77 Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1114; Hellwig, ZGR 1999, 781, 800; Hüffer AktG, § 119 Rn. 24; Land / Hasselbach, DB 2000, 557, 558; Pluskat, WM 2002, 833, 835; Seibt in Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, S. 37, 69; Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 758; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 475; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1067; M. Henze, Delisting, S. 159; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 243; de Vries, Delisting, S. 112; kritisch Lutter, JZ 2003, 684, 686; Schiemzik, Segmentwechsel börsenaktiver Unternehmen, S. 323; Rieske, Rückzug von der Börse, S. 214 ff.; a. A. Lutter in FS Zöllner, S. 363, 381; T. Baums / Vogel in Lutter / Scheffler / Schneider, Handbuch der Konzernfinanzierung, Rn. 9.64; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 184 ff., der einen Ausschluß der sachlichen Rechtfertigung durch die kapitalmarktrechtlichen Regelungen ablehnt und eine Rechtfertigung fordert. 78 Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 763; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 475; M. Henze, Delisting, S. 162; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 229; ebenso Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 188. 79 M. Henze, Delisting, S. 162; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 244; de Vries, Delisting, S. 112; Pluskat, WM 2002, 833, 835; Hellwig, ZGR 1999, 781, 800. 80 M. Henze, Delisting, S. 162.

B. Stand der Diskussion in Literatur und Rechtsprechung

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sei gegenüber dem Rechtsinstitut der sachlichen Rechtfertigung spezieller, da diese aus der subsidiären Treuepflicht folge.81 Lasse man neben der kapitalmarktrechtlichen auch eine gesellschaftsrechtliche Überprüfung im Wege der sachlichen Rechtfertigung des Beschlusses zu, komme es zu einer Doppelprüfung desselben Interessengegensatzes.82 Des weiteren bedürfe der Beschluß wegen des ausreichenden Schutzes der Minderheitsaktionäre über die zu gewährende Abfindung keiner sachlichen Rechtfertigung.83 Letztlich könne auch das Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung einen dissentierenden Aktionär nicht ausreichend schützen, da er den Delisting-Beschluß bei ausreichender Rechtfertigung nicht erfolgreich anfechten könne.84 Die Ablehnung der sachlichen Rechtfertigung könne allerdings nicht auf das fehlende Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung bei Umwandlungen gestützt werden, da das reguläre Delisting damit nicht vergleichbar sei.85 Ein Teil des Schrifttums beurteilt das Delisting, das der Großaktionär aufgrund seiner Mehrheitsmacht kurz nach dem Börsengang beschließt, als treuwidrig, da damit das Vertrauen der Anleger in den Fortbestand der Börsenzulassung mißachtet werde.86 d) Gesonderter Bericht des Vorstands Der Vorstand hat nach überwiegender Ansicht einen gesonderten schriftlichen Bericht über das beabsichtigte Delisting der Gesellschaft zu erstellen.87 Die BeSchlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 243. Seibt in Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, S. 37, 69. 83 Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1114, die sich auf die Kali & Salz Rechtsprechung des BGH beziehen; ebenso Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 245; a. A. Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 180; Ekkenga, ZGR 2003, 878, 901. 84 Lutter in FS Zöllner, S. 363, 381; diese Einschätzung teilend Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 185. 85 Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 242; a. A. M. Henze, Delisting, S. 162. 86 M. Henze, Delisting, S. 165; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 190; a. A. Reiff, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des regulären Delistings, S. 172. 87 Streit, ZIP 2003, 392, 394; Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113; Kretschmer / Karakaya, WM 2002, 2494, 2496; Lutter in FS Zöllner, S. 363, 382; Pluskat, WM 2002, 833, 835; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 78 f.; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1067; M. Henze, Delisting, S. 155 f.; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 219; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 139; de Vries, Delisting, S. 106; Schwichtenberg, Going Private und Freezeouts, S. 195 ff.; Schaub, DStR 2001, 951; Schiemzik, Segmentwechsel börsenaktiver Unternehmen, S. 327; a. A. Reiff, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des regulären Delistings, S. 129 ff.; Horbach, BB 2001, 893, 898; Heidel, DB 2003, 548, 549; Geyrhalter / Gänßler, NZG 2003, 313, 315; Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 987; Hüffer AktG, § 119 Rn. 24; Seibt in Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, S. 37, 69; die Gegenansicht hält die allgemeine Berichtspflicht nach § 124 Abs. 2 S. 2 AktG für ausreichend. 81 82

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richtspflicht wird mit einer Analogie zu den §§ 186 Abs. 4 S. 4, 293a Abs. 1, 319 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 AktG sowie §§ 8 Abs. 1 S. 1, 127 S. 1, 192 Abs. 1 UmwG begründet. Die Analogiefähigkeit dieser Normen könne nicht mit dem Hinweis auf die formale Rechtssicherheit und deren Geltung für Einzelfälle abgelehnt werden, da auch im Prozeßrecht die einzelnen Regelungen analogiefähig seien88 und auch bei anderen Informationsrechten der Aktionäre Analogien gezogen würden.89 Zudem würden gerade in Holzmüller-Sachverhalten im Wege der Analogie Berichtspflichten des Vorstands begründet. Daher sei es nur konsequent, dieses auch auf das vollständige Delisting zu übertragen.90 Auch sei das Delisting von der Interessenlage mit dem Abschluß von Unternehmensverträgen, dem Ausschluß von Bezugsrechten und mit Umwandlungsvorgängen vergleichbar. Zwar lasse das Delisting für sich gesehen die Aktionärsrechte unberührt, jedoch könnten die wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge sehr komplex sein, da das Delisting in der Regel nur Teil eines Gesamtvorganges sei.91 Dies komme einem der Holzmüller-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt sehr nahe. Wenn aber das Delisting einer Strukturmaßnahme gleichkomme, könne der einzelne Aktionär erst nach einer ausreichenden Information eine Entscheidung über sein Beschlußverhalten in der Hauptversammlung treffen.92 Aus den aktien- und umwandlungsrechtlichen Vorschriften lasse sich der allgemeine Grundsatz ableiten, daß das Geschäftsführungsorgan dem mit der Entscheidung betrauten Organ die notwendigen Informationen zur Willensbildung zur Verfügung stellen müsse.93 Des weiteren diene der schriftliche Bericht dazu, den Aktionären eine ausreichende Informationsgrundlage zur Beurteilung der angemessenen Höhe der Entschädigung zu ermöglichen.94 Dieser Aspekt gewinne durch das Spruchverfahrensneuordnungsgesetz an Bedeutung, da die Aktionäre bei Überprüfung des Entschädigungsangebots im Spruchverfahren ihren Antrag begründen müßten und die Aufklärung nicht allein dem Gericht im Wege des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 12 FGG obliege. Die Aktionäre könnten dieser Pflicht jedoch nicht nachkommen, wenn sie keine ausreichenden Informationen über die rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründe des Delisting hätten.95 Der Bericht sei schriftlich abzufassen und entsprechend § 175 Abs. 2 AktG vom Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung an in den Geschäftsräumen der Gesellschaft auszulegen und auf Verlangen Kretschmer / Karakaya, WM 2002, 2494, 2496. Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 215. 90 Kretschmer / Karakaya, WM 2002, 2494, 2496; Kiem, EWiR 2000, 75, 76. 91 Kretschmer / Karakaya, WM 2002, 2494, 2496; M. Henze, Delisting, S. 155 f.; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 217; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 141; de Vries, Delisting, S. 107. 92 Kretschmer / Karakaya, WM 2002, 2494, 2497; Kiem, EWiR 2000, 75, 76; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 79. 93 Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 219; M. Henze, Delisting, S. 156. 94 Streit, ZIP 2003, 392, 394; Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113. 95 Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113. 88 89

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eines Aktionärs diesem der Bericht zuzusenden.96 Inhaltlich solle der Bericht die Gründe für das Delisting und die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen für die Aktionäre und die Gesellschaft umfassen. Insbesondere seien die Vor- und Nachteile eines solchen Schrittes gegeneinander abzuwägen und die Höhe des Abfindungs- bzw. Entschädigungsangebots zu erläutern.97 Der Hauptversammlung solle dadurch eine Plausibilitätsprüfung ermöglicht werden, ohne aber alle Einzelheiten des Delisting nennen zu müssen.98

e) Abfindungsangebot an die Minderheitsaktionäre Des weiteren gehen die Vertreter eines gesellschaftsrechtlichen Schutzkonzepts davon aus, daß die Minderheitsaktionäre einen Anspruch auf Abfindung gegenüber der Gesellschaft haben99 oder ihnen gegenüber ein Kaufangebot durch die Gesellschaft oder den Großaktionär abgegeben werden müsse100. Das Schrifttum stützt sich auf die analoge Anwendung der umwandlungsrechtlichen (§§ 29, 207 UmwG) oder der aktienrechtlichen Abfindungsregelungen (§§ 305, 320b AktG).101 Die analoge Anwendung dieser Normen wird dabei jedoch unterschiedlich begründet. Ein Teil der die Abfindung befürwortenden Literatur stützt die Analogie auf die Vergleichbarkeit des Formwechsels einer AG in eine GmbH mit dem vollständigen 96 Kretschmer / Karakaya, WM 2002, 2494, 2497; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 222. 97 Streit, ZIP 2003, 392, 394; Kretschmer / Karakaya, WM 2002, 2494, 2497; Lutter in FS Zöllner, S. 363, 382; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1067; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 221 f.; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 143; M. Henze, Delisting, S. 157. 98 Kretschmer / Karakaya, WM 2002, 2494, 2497; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 222. 99 So die Terminologie des Schrifttums vor der Macrotron-Entscheidung des BGH. 100 Erstmals hat der BGH in der Macrotron-Entscheidung das abzugebende Angebot als „Pflichtangebot“ bezeichnet. 101 Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 487 f.; Hellwig, ZGR 1999, 781, 800; Hüffer AktG, § 119 Rn. 25; Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 666; Lutter in FS Zöllner, S. 363, 381; Pluskat, WM 2002, 833, 835; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 84; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 475; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1068; M. Henze, Delisting, S. 169; WuB II A. § 119 AktG 1.03 (Häuser / Thomas); Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 197; Süßmann, BKR 2003, 257, 258; Streit, ZIP 2003, 392, 394; Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1112; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803; Lutter, JZ 2003, 684, 686; Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 181 ff.; wohl auch Marsch-Barner, LMK 2003, 108, 109; ohne nähere Begründung Geyrhalter / Zirngibl, DStR 2004, 1048, 1051; Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 53 ff.; Spindler in Schmidt / Lutter AktG, § 119 Rn. 53; Schenk in Bürgers / Körber HeidelbergerKomm AktG § 305 Rn. 6; Hoffmann in Spindler / Stilz AktG § 119 Rn. 42; a. A. nur Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 250 ff.; de Vries, Delisting, S. 117, die ihre Ablehnung auf die fehlende Vergleichbarkeit des Formwechsels mit dem Delisting stützen.

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Delisting.102 Wechsele die Gesellschaft von einer börsennotierten in eine nichtbörsennotierte „geschlossene“ AG, so sei dies nichts anderes, als ein Formwechsel einer AG in die Rechtsform einer GmbH. Die Anteile der GmbH seien ebensowenig fungibel wie die Anteile einer nichtbörsennotierten AG. Beide Fälle müßten daher gleich behandelt werden.103 Zudem werde der Minderheitsaktionär durch den Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft vor den Folgen der zustimmenden Entscheidung der Hauptversammlung über das Delisting geschützt.104 Der Anspruch gegen den Mehrheitsaktionär richte sich hingegen nach § 305 AktG analog, da es wie bei der Begründung eines Beherrschungsvertrages um die wirtschaftliche Bewältigung des Interessenkonflikts zwischen Mehrheits- und Minderheitsaktionär gehe.105 Aus praktischer Sicht sei ferner ein Erwerbsangebot der Gesellschaft aufgrund der Beschränkung nach § 71 AktG nicht ausreichend, wenn die zulässige Anteilshöhe von 10 % der Aktien am Grundkapital überschritten werde. Dabei müsse der Mehrheitsgesellschafter dem Delisting zugestimmt haben, um seinerseits zur Abgabe eines Angebots verpflichtet zu sein.106 Der andere Teil des Schrifttums begründet die analoge Anwendung aus verfassungsrechtlicher Sicht. So sei den Minderheitsaktionären eine Abfindung zu gewähren, da ein Delisting ohne eine Abfindung eine unverhältnismäßige Inhaltsund Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 1 GG darstellen würde.107 Die Regelung zur Abgabe eines Kaufangebots nach der jeweiligen BörsO – soweit eine solche noch vorhanden ist108 – sei aufgrund eines Verstoßes gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz unwirksam.109 Der Gesetzgeber hätte die Konkretisierung der weiteren Delisting-Voraussetzungen, wie dies § 39 Abs. 2 S. 4 BörsG vorsehe, nicht den Börsen überlassen dürfen, da ihnen die Kompetenz zur Regelung solcher grundsätzlicher Fragen fehle und zudem die Abfindungsregelung die verwaltungsrechtlichen Grenzen überschreite. Die Interessen der außenstehenden Aktionäre könnten nur über eine verfassungskonforme Auslegung des § 39 Abs. 2 BörsG gewahrt werden. Ergänzend sei daher die Abfindungsregelung des § 207 UmwG heranzuziehen, um den verfassungskonformen Zustand dieser Regelung herzustellen.110 102 Hüffer AktG, § 119 Rn. 25; Hellwig, ZGR 1999, 781, 800; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 197; Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 1 Rn. 100 ff.; Weber, ZInsO 2001, 385, 390. 103 Vgl. nur Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 195 f.; Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 216. 104 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803. 105 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803. 106 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803. 107 Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 487. 108 Ein Kaufangebot sehen vor § 82 Abs. 2 BörsO Börse Berlin; § 56 Abs. 4 BörsO Börse Düsseldorf; § 50 Abs. 2 b) BörsO Hanseatische Wertpapierbörse Hamburg; § 50 Abs. 3 BörsO Hannover. 109 Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 482 ff. 110 Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 487 f.

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Keine Einigkeit besteht unter den Befürwortern eines Abfindungsangebots über die Höhe des Ausgleichs, der an die Minderheitsaktionäre zu zahlen ist. Einerseits wird vertreten, daß die Gesellschaft oder aber der Mehrheitsaktionär ein Abfindungsangebot zum vollen Wert der Aktien unterbreiten muß.111 Nach unten werde die Abfindungshöhe zum einen durch den Börsenkurs begrenzt oder aber falls dieser niedriger als der Unternehmenswert ist, durch den anteilig zu ermittelnden Unternehmenswert.112 Andere Literaturstimmen möchten die Abfindungshöhe auf einen bloßen Fungibilitätsausgleich beschränken.113 Der BGH ziehe zur Berechnung der Abfindungshöhe die Regelungen zum Squeeze-out und zur Mehrheitseingliederung heran. Die dort geregelten Situationen seien aber mit der eines Delisting nicht zu vergleichen, da der Minderheitsaktionär nicht das Eigentum an den Aktien verliere. Zudem bestehe häufig kein liquider Handel mehr, so daß die Veräußerungsmöglichkeit über die Börse nur theoretisch bestehe. Daher brauche der Minderheitsaktionär auch nicht in vollem Umfang entschädigt zu werden.114 f) Gerichtliche Überprüfung der Angebotshöhe im Spruchverfahren Die gerichtliche Überprüfung des „Pflichtangebots“ wird innerhalb der Befürworter eines gesellschaftsrechtlichen Abfindungsanspruches unterschiedlich beurteilt. Eine Ansicht lehnt die Überprüfung der Angebotshöhe in einem Spruchverfahren aus formalen Gründen ab, weil sich durch analoge Anwendung des SpruchG (§ 306 AktG a. F., §§ 305 ff. UmwG a. F., nunmehr §§ 1 ff. SpruchG) keine gerichtliche Zuständigkeit begründen lasse.115 Darüber hinaus habe der BGH in der Macrotron-Entscheidung die Grenze der richterlichen Rechtsfortbildung überschritten, da mit der aktienrechtlichen Anfechtungsklage ein Mittel der Überprüfung zur Verfügung stehe und dadurch keine planwidrige Regelungslücke zur Bildung einer Analogie vorliege.116 Allein mit Zweckmäßigkeitsüberlegungen könne eine solche Analogie nicht begründet werden. In dem vergleichbaren Fall der übertragenden Auflösung nach § 179a AktG sei durch die Rechtsprechung eine analoge 111 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804; Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1112; Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03; Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 489; Heidel, DB 2003, 548, 549; Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 989; a. A. Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 183, der allein den Börsenkurs als Maßstab berücksichtigen will. 112 Heidel, DB 2003, 548, 549; Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 989; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 234 ff.; Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1112. 113 Süßmann, BKR 2003, 257, 258; zweifelnd Streit, ZIP 2003, 392, 394; ebenso für den Fall des kalten Delisting Steck, AG 1998, 460, 465; Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1617. 114 Süßmann, BKR 2003, 257, 258. 115 Pluskat, WM 2002, 833, 838; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 153, wobei dies wohl auf die Überprüfung der bis zum 25. 03. 2002 geltenden Angebotsregelung in § 54a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsO FWB bezogen war. Ebenso Rieske, Rückzug von der Börse, S. 220. 116 Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113.

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Anwendung der Regeln über das Spruchverfahren abgelehnt worden.117 Nach anderer Ansicht solle die Höhe des Abfindungs- bzw. Pflichtangebots gerichtlich im Spruchverfahren (§ 306 AktG a. F., §§ 305 ff. UmwG a. F., §§ 1 ff. SpruchG) überprüfbar sein.118 Selbst dann, wenn das Angebot gänzlich fehle, sei der Minderheitsaktionär auf das Spruchverfahren zu verweisen.119 Gegen die Anwendung der Regeln über das Spruchverfahren auf das Delisting spreche nicht ihre fehlende Anwendung auf die übertragende Auflösung (§ 179a AktG), da die Situation des Delisting mit der der übertragenden Auflösung nicht vergleichbar sei.120 Zudem reihe sich das Abfindungsangebot in die gesetzlich vorgesehenen Fälle ein, die die verfassungsrechtlich geschützte Angemessenheitskontrolle sicherstellten.121 Auch sei das Spruchverfahren für den Minderheitsaktionär von Vorteil, da die Entscheidung des Gerichts allgemeinverbindlich sei und eine Flut von Einzelklagen verhindert werden könne.122 Zudem werde die Rechtsdurchsetzung im Spruchverfahren durch den geltenden Amtsermittlungsgrundsatz nach § 12 FGG erleichtert, da dem antragstellenden Aktionär nicht die volle Darlegungs- und Beweislast obliege. Schließlich entstünden den Minderheitsaktionären, die das Spruchverfahren beantragen, aufgrund der Kostenregelung in § 306 Abs. 7 S. 7 AktG a. F. und § 312 Abs. 4 S. 1 UmwG a. F. keine Kosten bei Überprüfung der Abfindungshöhe, da diese durch die Gesellschaft oder aber den Großaktionär zu tragen seien.123

2. Delisting als kapitalmarktrechtliche Kategorie ohne aktienrechtliche Einschränkungen Die Vertreter eines kapitalmarktrechtlichen Konzepts124 lehnen die Erfüllung gesellschaftsrechtlicher Voraussetzungen zur Durchführung eines vollständigen 117 Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1114; ähnlich Pluskat, WM 2002, 833, 838, dort Fn. 68. 118 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804; Lutter, JZ 2003, 684, 686 f.; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 229; M. Henze, Delisting, S. 177 ff.; Heidel, DB 2003, 548, 551; Streit, ZIP 2003, 392, 395; Süßmann, BKR 2003, 257, 258; Geyrhalter / Gänßler, NZG 2003, 313, 315; WuB II A. § 119 AktG 1.03 (Häuser / Thomas); Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 217; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1068; Weber, ZInsO 2001, 385, 390; dies ebenfalls noch für das börsenrechtliche Kaufangebot nach § 54a BörsO FWB aus verfassungsrechtlichen Gründen bejahend Kruse, BB 2000, 2271, 2272, der aber noch eine Überprüfung im Verwaltungsrechtsweg bevorzugt. 119 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804. 120 Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 223. 121 Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 229. 122 Geyrhalter / Gänßler, NZG 2003, 313, 315. 123 Heidel, DB 2003, 548, 551. 124 Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 235 ff.; Bürgers, NJW 2003, 1642, 1643 ff.; Holzborn, WM 2003, 1105, 1106 ff.; Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 113 ff.; Bungert, BB 2000, 53, 54 ff.; Martinius / Schiffer, DB 2001, 750, 750 f.; Schiessl, AG 1999, 442, 452; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 124 ff.; Hopt in FS Drobnig, S. 525, 537; Mutter, EWiR 2001, 459, 460;

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Delisting ab. Der Schutz der Aktionäre erfolge vielmehr über das Kapitalmarktrecht nach § 39 Abs. 2 BörsG und dem sich anschließenden verwaltungsrechtlichen Verfahren.125 Über den Delisting-Antrag habe demzufolge nicht die Hauptversammlung, sondern der Vorstand der Gesellschaft zu entscheiden. Ein trotzdem gefaßter Hauptversammlungsbeschluß unterfalle keiner gerichtlichen Inhaltskontrolle und der Vorstand brauche den Aktionären nicht über das vorgesehene Delisting gesondert zu berichten. Zudem hätten die Aktionäre keinen aktienrechtlichen Anspruch auf Abfindung. Ein kapitalmarktrechtlich gebotenes Kaufangebot, soweit dies in der jeweiligen BörsO vorgesehen sei, bedürfe auch keiner gerichtlichen Überprüfung. a) Entscheidungszuständigkeit des Vorstands Für die Entscheidung über das Delisting im Kompetenzgefüge der Gesellschaft sei der Vorstand zuständig.126 Eine Zuständigkeit der Hauptversammlung lasse sich nicht begründen. Die Herleitung der Hauptversammlungszuständigkeit unmittelbar aus dem verfassungsrechtlich geschützten Eigentum des Art. 14 Abs. 1 GG wird abgelehnt.127 Art. 14 Abs. 1 GG entfalte keine Wirkung zwischen privaten Rechtssubjekten.128 Die Veräußerungsmöglichkeit der Aktie über die Börse gehöre nicht zum Inhalt des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentums. Die Rechtsprechung des BVerfG unterstelle zwar die Verkehrsfähigkeit der Aktien dem Schutz des Eigentums, jedoch sei damit nicht zwingend die rein faktisch durch ein Delisting auftretende Beeinträchtigung der Zirkulationsfähigkeit gemeint.129 Die in der MotoHalasz / Kloster, ZBB 2001, 474, 481 ff.; Groß, ZHR 165 (2001), 141, 163 ff.; Klöhn, ZBB 2003, 208, 210 ff.; Kort in GroßKomm AktG, § 76 Rn. 85; lediglich zur Ablehnung der Übertragung des Holzmüller-Urteils auf das Delisting H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 239 ff.; Habersack, AG 2005, 137, 141, der ausnahmsweise einen Hauptversammlungsbeschluß fordert, wenn die Satzung die Börsennotierung vorsieht. 125 Noch zur Rechtslage vor Inkrafttreten des SpruchG Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 235; Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 113; Streit, ZIP 2002, 1279, 1287. 126 Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 114 ff.; Bungert, BB 2000, 53, 54 ff.; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 129 ff.; Groß, ZHR 165 (2001), 141, 163 ff.; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 237 ff.; Bürgers, NJW 2003, 1642, 1643; Kort in GroßKomm AktG, § 76 Rn. 85; Volhard in Semler / Volhard, Hauptversammlung, § 43 Rn. 18. 127 Both, Delisting, S. 182; Opitz, Rechtliche Bewertung von Börsenrückzügen, S. 153 ff.; Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Börsenrückzug, S. 84 ff.; Bürgers, NJW 2003, 1642, 1643; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 237; H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 240; einen Eingriff durch das Delisting in Art. 14 GG verneint auch Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 114 f.; so schon auch Martinius / Schiffer, DB 1999, 2460, 2462; Arnold, ZIP 2005, 1573, 1576. 128 Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Börsenrückzug, S. 84. 129 Eingehend Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 115; H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 240 f.; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 237; Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Bör-

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Meter-Entscheidung des BVerfG genannte Eigenschaftsbeschreibung des Aktieneigentums beziehe lediglich den Börsenkurs als maßgeblichen Bewertungsfaktor bei der Berechnung einer Abfindung mit ein.130 Weiter reiche die Einordnung des BVerfG nicht. Auch sei der Fall der Moto-Meter-Entscheidung nicht mit einem Delisting vergleichbar, da anders als beim Delisting in dem entschiedenen Fall entweder der Aktionär in seinem Mitgliedschaftsrecht betroffen war oder aber die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft beeinträchtigt waren.131 Das Delisting greife weder in die Herrschafts- noch in die Vermögensrechte der Aktionäre ein.132 Zudem habe das BVerfG seine Abwägungen unter den Vorbehalt eines funktionierenden Kapitalmarktes gestellt, was jedoch im Fall der Ingram Macrotron AG nicht gegeben war.133 Auch die im Schrifttum überwiegend vertretene Ansicht, die Hauptversammlungszuständigkeit durch Übertragung der Grundsätze aus dem Holzmüller-Urteil des BGH zu begründen, wird abgelehnt.134 Zunächst sei unsicher, ob die Holzmüller-Grundsätze, die unmittelbar für die Bildung und die Kontrolle eines Konzerns entwickelt worden sind, verallgemeinerungsfähig seien. Auch bei der Annahme, daß die Grundsätze verallgemeinerungsfähig sind, könne bei einem Delisting nicht von einem gravierenden Struktureingriff gesprochen werden, da schon die Voraussetzungen dieses Begriffes unsicher seien.135 Auch greife das Delisting nicht in das Mitgliedschaftsrecht der Aktionäre und deren Vermögensinteressen ein, da sich diese nur gegen die Gesellschaft richteten und durch das Delisting nicht betroffen seien. Die wegfallende Handelbarkeit berühre vielmehr das Verhältnis nach außen, was sich auch an den unterschiedlichen Wirkungsrichtungen von Gesellschafts- und Börsenrecht zeige.136 Dieses Argument vertiefend sei das Binnenorganisationsrecht der AG nur dazu da, die auf die Gesellschaft bezogenen Herrschafts- und Vermögensinteressen der Aktionäre zu sichern, nicht jedoch die kapitalmarktrechtlichen Interessen der Anleger.137 Des weiteren könne die Hauptversammlungszuständigkeit nicht auf eine angebliche Strukturänderung der börsennotierten Gesellschaft zur nichtbörsennotierten Gesellschaft gestützt werden. Die prägenden Merkmale der AG seien von der gesetzlichen Differenzierung unsenrückzug, S. 88; a. A. wohl Bürgers, NJW 2003, 1642, 1643, der den Verkehrswert als wesentlichen Bestandteil des Aktieneigentums ansieht. 130 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 115; H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 241. 131 Bürgers, NJW 2003, 1642, 1643. 132 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 114. 133 Holzborn, WM 2003, 1105, 1106. 134 Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 114; Streit, ZIP 2002, 1279, 1287 f. 135 Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 114; Habersack in Habersack / Mülbert / Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 28 Rn. 7. 136 Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 115; Bungert, BB 2000, 53, 55; Martinius / Schiffer, DB 2001, 750, 750; Arnold, ZIP 2005, 1573, 1575 f. 137 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 131 f.; im Ergebnis ebenso Groß, ZHR 165 (2001), 141, 165.

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berührt geblieben, so daß weiterhin vom Leitbild der Einheitsgesellschaft auszugehen sei und nicht von zwei unterschiedlichen Gesellschaftstypen.138 Die Annahme eines schwerwiegenden Eingriffs im Sinne der Holzmüller-Entscheidung scheitere an dem fehlenden Eingriff in das Aktieneigentum.139 Teile des Schrifttums, die das kapitalmarktrechtliche Konzept vertreten, sehen in der börsengesetzlichen Regelung des § 39 Abs. 2 BörsG eine abschließende Regelung des Delisting. Bei Zulassung aktienrechtlicher Voraussetzungen würde die gesetzgeberische Entscheidung durch die Einführung der Hauptversammlungszuständigkeit unterlaufen. Mit § 39 Abs. 2 BörsG würden die Belange der Betroffenen abschließend mit dem Ergebnis abgewogen, daß dem Rückzugsinteresse der Gesellschaft der Vorrang vor den gegenläufigen Interessen der Aktionäre gegeben werde.140 Der Gesetzgeber habe einen gesellschaftsrechtlichen Schutz nicht für notwendig erachtet.141 Ferner wird aus praktischer Sicht gegen eine Hauptversammlungskompetenz eingewandt, daß ein Hauptversammlungsbeschluß rein formaler Natur sei, da der Großaktionär regelmäßig über eine qualifizierte Beschlußmehrheit verfüge und die Kleinaktionäre keinen wirksamen Schutz durch einen Hauptversammlungsbeschluß erführen.142 Hiergegen wird jedoch eingewandt, daß der Minderheitsaktionär dadurch die Möglichkeit erhalte, einen fehlerhaften Hauptversammlungsbeschluß anzufechten und so das Delisting verhindern könnte.143 Zudem müßte möglicherweise eine Beschlußkontrolle erfolgen.144 Auch etwaige Rechtsschutzdefizite könnten die Zuständigkeit der Hauptversammlung letztendlich nicht begründen.145 Schließlich wird aus der mangelnden Hauptversammlungszuständigkeit bei einem Listing gefolgert, daß auch bei einem Delisting kein Beschluß der Hauptversammlung erforderlich sei.146

138 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 130; Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 115; Groß, ZHR 165 (2001), 141, 164; ursprünglich hatte Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 660 ff. dieses Argument nur im Hinblick auf die Beschlußmehrheit untersucht. Später wurde es dann auch zur Begründung der Hauptversammlungskompetenz herangezogen, vgl. dazu Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 184 ff.; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 108 ff. 139 H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 241. 140 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 134; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 235; Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Börsenrückzug, S. 164 ff. 141 Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 113; ähnlich Kort in GroßKomm AktG, § 76 Rn. 85. 142 Bungert, BB 2000, 53, 55; Schiessl, AG 1999, 442, 452; Hopt in FS Drobnig, S. 525, 537; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 237; a. A. Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 134. 143 Martinius / Schiffer, BB 2001, 750, 750. 144 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 134. 145 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 135. 146 Halasz / Kloster, ZBB 2001, 474, 481 f.

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b) Keine sachliche Rechtfertigung eines Hauptversammlungsbeschlusses Selbst wenn die Hauptversammlung über das Delisting entscheide, trage dieser Beschluß seine Rechtfertigung in sich und bedürfe keiner sachlichen Rechtfertigung, die eine gerichtliche Inhaltskontrolle ermögliche.147 Mit § 39 Abs. 2 BörsG habe der Gesetzgeber eine abschließende Abwägung der Belange zugunsten der rückzugswilligen Gesellschaft getroffen, so daß es einer inhaltlichen Überprüfung der Rückzugserwägungen nicht bedürfe.148 Zudem sei das Delisting nicht mit einem Bezugsrechtsausschluß vergleichbar, für den die Rechsprechung eine sachliche Rechtfertigung fordert, da beim Delisting die Verwaltungs- und Vermögensrechte des Aktionärs unangetastet blieben.149 c) Kein gesonderter Vorstandsbericht Keine Einigkeit besteht innerhalb der Meinungsgruppe über das Erfordernis eines gesonderten Vorstandsberichts. Ein Teil verneint dieses Erfordernis, da die Interessenlage beim Delisting nicht mit dem Bezugsrechtsausschluß, der gemäß § 186 Abs. 4 S. 2 AktG einen schriftlichen Bericht des Vorstands voraussetze, vergleichbar sei.150 Zudem sei das Delisting nicht derart komplex wie die Ausgliederung einer Tochtergesellschaft oder die Schaffung einer neuen Konzernstruktur, da es sich im Widerruf der Börsenzulassung erschöpfe.151 Ein anderer Teil dieser Meinungsgruppe geht davon aus, daß das Delisting schon aufgrund des abzugebenden börsenrechtlichen Kaufangebots erläuterungswürdig sei, da den Aktionären über das Kapitalmarktrecht keine ausreichenden und sachgerechten Informationen zukämen.152 d) Keine gesellschaftsrechtliche Abfindungspflicht Überwiegend wird die Abfindungspflicht von den Vertretern eines kapitalmarktrechtlichen Schutzkonzepts abgelehnt153, wobei die Mehrzahl der Äußerungen 147 Martinius / Schiffer, DB 1999, 2460, 2461; Bungert, BB 2000, 53, 57; Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111,116; ohne nähere Begründung Schiessl, AG 1999, 442, 452; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 235. 148 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 134 f. 149 Martinius / Schiffer, DB 1999, 2460, 2461; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 135. 150 Martinius / Schiffer, DB 1999, 2460, 2462; Bungert, BB 2000, 53, 56; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 237. 151 Martinius / Schiffer, DB 1999, 2460, 2462; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 237. 152 Mutter, EWiR 2001, 459, 460; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 128, der die gesonderte Informationspflicht allerdings nur im Zusammenhang mit dem früher nach § 53a BörsO FWB anzugebenden Kaufangebot sieht. 153 Klöhn, ZBB 2003, 208, 211 ff.; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 239; Holzborn, WM 2003, 1105, 1108; Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 132 ff.; Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Börsenrückzug, S. 218; Both, Delisting, S. 185 ff.; a A.

B. Stand der Diskussion in Literatur und Rechtsprechung

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noch durch die alte Kaufangebotsregelung des § 54a BörsO FWB in der bis zum 25. 03. 2002 geltenden Fassung beeinflußt ist154. Der verfassungsrechtlichen Verankerung eines Pflichtangebots an die Minderheitsaktionäre wird entgegengehalten, daß allein die Berufung auf die Verkehrsfähigkeit der Aktie als Teil des Aktieneigentums nicht ausreiche, die Veräußerungsmöglichkeit der Aktie über die Börse dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG zu unterstellen.155 Des weiteren könne das verfassungsrechtliche Entschädigungsgebot bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen nur zur Konkretisierung von Entschädigungs- oder Abfindungspflichten herangezogen werden, nicht aber zur originären Begründung einer solchen. Die Begründung der Entschädigungspflicht mit Art. 14 Abs. 1 GG berge die Gefahr, daß Wertungen des einfachen Gesetzgebers durch allgemeine verfassungsrechtliche Abwägungen überspielt würden. Zudem stelle die Annahme einer Entschädigungspflicht zwischen Privaten aufgrund Art. 14 Abs. 1 GG eine unzulässige unmittelbare Drittwirkung von Grundrechten dar.156 Ferner sei anerkannt, daß die Gerichte im Verhältnis zwischen Bürger und Staat nicht eigenmächtig Entschädigungspflichten konstituieren dürfen. Auch ohne Entschädigungspflichten könnten ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmungen verfassungskonform sein, wenn der Gesetzgeber befristete Übergangsregelungen oder Härteklauseln vorsehe. Dieser Spielraum des Gesetzgebers würde ignoriert, wenn die Gerichte Entschädigungspflichten direkt aus Art. 14 Abs. 1 GG entnehmen könnten.157 Eine Entschädigungspflicht könne auch nicht auf die bestehenden Abfindungsregelungen in den §§ 29, 207 UmwG oder § 320b AktG analog gestützt werden, da das reguläre Delisting mit einer Eingliederung, einem Formwechsel oder einer Verschmelzung nicht vergleichbar sei.158 Eine Abfindung werde den widersprechenden Aktionären der Maßnahme immer dann gewährt, wenn ein Eingriff in die Struktur der Gesellschaft erfolge. Ein solcher erfolge jedoch nicht durch das Delisting.159 Auch die gesetzliche Wertung des § 250 UmwG stehe einer Übertragung der Abfindungspflicht auf das Delisting entgegen. § 250 UmwG schließt die Anwendbarkeit der Abfindungsregelung des § 207 UmwG für den Fall eines Formwechsels einer AG in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien aus. Wenn aber Schiessl, AG 1999, 442, 452; wohl auch Volhard in Semler / Volhard, Hauptversammlung, § 43 Rn. 19. 154 Bungert, BB 2000, 53, 57 f.; Groß, ZHR 165 (2001), 141, 166; Martinius / Schiffer, DB 2001, 750, 750; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 137 ff. 155 Klöhn, ZBB 2003, 208, 214. 156 Klöhn, ZBB 2003, 208, 216. 157 Klöhn, ZBB 2003, 208, 217. 158 Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 239; Holzborn, WM 2003, 1105, 1108; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 137 f.; Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 133 f.; Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Börsenrückzug, S. 220 ff.; schon die Regelungslücke aufgrund § 38 Abs. 4 BörsG verneint Gude, Strukturänderungen und Unternehmensbewertung zum Börsenkurs, S. 74. 159 Bungert, BB 2000, 53, 57; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 240.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

schon ein derartig starker in die Rechte der Aktionäre eingreifender Umgestaltungsakt ohne Abfindung möglich sei, müsse dies erst recht auch für das Delisting gelten, bei dem die Rechtsform der AG erhalten bleibe.160 Zudem spreche § 29 Abs. 1 S. 2 UmwG gegen ein Abfindungsangebot. § 29 Abs. 1 S. 2 UmwG regelt die Abfindungspflicht, wenn eine Verschmelzung unter gleichen Rechtsträgern stattfindet und die Mitgliedschaft an dem übernehmenden Rechtsträger Verfügungsbeschränkungen unterworfen ist. Im Umkehrschluß bedeutet dies, daß keine Abfindung zu leisten ist, wenn keine Verfügungsbeschränkungen vorliegen. Werde nun eine börsennotierte AG auf eine nichtnotierte AG verschmolzen, stelle die mangelnde Handelbarkeit der Aktien über die Börse keine abfindungspflichtige Einschränkung dar.161 Die Fungibilitätseinschränkung durch das Delisting sei keine Verfügungsbeschränkung im Sinne des § 29 Abs. 1 S. 2 UmwG, da dies nur für rechtliche, nicht jedoch für tatsächliche Beschränkungen gelte.162 e) Kein Spruchverfahren Schließlich wird auch die Überprüfung einer etwaigen Abfindung im Spruchverfahren abgelehnt.163 Auch in diesem Punkt wird gegen die analoge Anwendung, insbesondere des § 306 AktG a. F. eingewandt, daß es für eine Überprüfung eines abzugebenden Angebots im Spruchverfahren an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Die Regelung des Delisting im BörsG sei abschließend. Das Spruchverfahren beschränke sich auf wenige Ausnahmefälle, so daß eine Ausweitung die Ausnahmequalität dieser Regelung aufheben würde.164 Bestehe zudem eine börsenrechtliche Kaufangebotspflicht, sei eine Überprüfung des Börsenpreises systemwidrig, da der Anleger bereits durch den börsenrechtlichen Mechanismus geschützt werde.165

C. Problemstellungen Die bisherige Diskussion in Rechtsprechung und Literatur konzentrierte sich im wesentlichen auf die Frage der Hauptversammlungszuständigkeit, der formellen und inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Beschluß, die Gewährung von Abfindungsansprüchen an die Minderheitsaktionäre sowie ihre gerichtliche ÜberMülbert, ZHR 165 (2001), 104, 137; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 240. Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 138; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 240. 162 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 138. 163 Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 241; Bürgers, NJW 2003, 1642, 1644; Bungert, BB 2000, 53, 57; Martinius / Schiffer, DB 2001, 750, 751; Martinius / Schiffer, DB 1999, 2460, 2462; a. A. Schiessl, AG 1999, 442, 452. 164 Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 241; Bungert, BB 2000, 53, 57. 165 Noch zu § 54a BörsO FWB a. F. Martinius / Schiffer, DB 1999, 2460, 2462; a. A. Kruse, BB 2000, 2271, 2272 ff. = NZG 2000, 1112. 160 161

C. Problemstellungen

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prüfung. Neben diesen grundsätzlichen Fragen ergeben sich Folgefragen und neue Problemstellungen aufgrund der fortschreitenden Diskussion im Schrifttum anläßlich des Macrotron-Urteils des BGH166 und gesetzlicher Neuerungen im Spruchverfahren durch das SpruchG167, im Übernahmerecht durch das WpÜG168 sowie durch den Wegfall des börsenordnungsrechtlichen Kaufangebots an der Frankfurter Wertpapierbörse169.

I. Fragen der Entscheidungszuständigkeit innerhalb der Aktiengesellschaft Obwohl die Frage nach der Entscheidungszuständigkeit innerhalb der Gesellschaft in der Literatur bereits eine intensive Auseinandersetzung erfahren hat, stellt sich vor dem Hintergrund der BGH-Entscheidung die Frage, ob die vom BGH gewählte verfassungsrechtliche Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit aus Art. 14 Abs. 1 GG unter Berufung auf die Rechtsprechung des BVerfG170 tragfähig ist171, weil der BGH entgegen der überwiegenden Ansicht die Übertragung der Holzmüller-Grundsätze auf das Delisting abgelehnt hat.172 Dabei sind weitere Ansatzpunkte zur Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit, etwa die Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit beim Delisting als mit der Kapitalerhöhung oder -herabsetzung vergleichbarer Vorgang173, auf einfachgesetzlicher Ebene zu untersuchen.174 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533 ff. Das Spruchverfahrensgesetz ist am 01. 09. 2003 in Kraft getreten, BGBl. Teil I 2003, S. 838 ff. 168 Das WpÜG ist am 01. 01. 2002 in Kraft getreten, BGBl. Teil I 2002, S. 3822. 169 § 54a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BörsO FWB sah in der bis zum 25. 03. 2002 geltenden Fassung vor, daß die Zulassung zur Notierung auf Antrag des Emittenten dem Schutz der Anleger insbesondere dann nicht entgegensteht, wenn den Inhabern der Wertpapiere ein Kaufangebot unterbreitet wird. 170 Insbesondere BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, NJW 1999, 3769 ff. 171 Dies bejahen Lutter, JZ 2003, 684, 686; K. Schmidt, NZG 2003, 601, 603; WuB II A. § 119 AktG 1.03 (Häuser / Thomas); Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 1 Rn. 89 ff.; a. A. Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 235 ff.; H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 240 ff.; Ekkenga, ZGR 2003, 878, 883; H. Henze in FS Raiser, S. 145, 148 f.; Krolop, Rückzug vom organisierten Kapitalmarkt, S. 235 ff.; Ott, Rückzug von der Börse, S. 242 ff.; kritisch Gebhardt in Schäfer / Hamann, Kapitalmarktgesetze, BörsG, § 38 Rn. 57; wohl auch Funke, Minderheitenschutz beim kalten Delisting, S. 72 ff. 172 Ebenso im Ergebnis, Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 800, die eher eine Rechtsfortbildung nach § 119 Abs. 2 AktG befürworten; Streit, ZIP 2003, 392, 393; Krolop, Rückzug vom organisierten Kapitalmarkt, S. 230 ff. 173 So Reiff, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des regulären Delistings, S. 101 ff. 174 Sind nur die Vorzugsaktien börsennotiert, nicht aber die Stammaktien und soll dann das reguläre Delisting erfolgen, so folgt die Zuständigkeit der Hauptversammlung bereits aus der Sonderbeschlußzuständigkeit nach § 141 Abs. 1 AktG, vgl. LG Hannover, Urt. v. 166 167

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Des weiteren ist zu fragen, wenn man mit dem BGH die Zuständigkeit der Hauptversammlung annimmt, ob die Aktionäre ein ohne die Zustimmung der Hauptversammlung beantragtes Delisting verhindern können und welche Rechtsbehelfe ihnen zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang ist auch zu klären, ob ein Delisting-Antrag des Vorstands ohne Zustimmung der Hauptversammlung nichtig175 oder aber trotz eines solchen Mangels nach außen wirksam ist176. Ferner stellt sich die Frage, ob die Ermächtigung durch den Hauptversammlungsbeschluß Beschränkungen unterliegt. Der BGH hat sich im Hinblick auf eine geforderte Befristung ausdrücklich gegen eine zeitliche Beschränkung ausgesprochen, da der Vorstand in der jährlich abzuhaltenden Hauptversammlung über das beschlossene Delisting berichten müsse. Die Hauptversammlung könne dann darüber entscheiden, ob die Ermächtigung aufrechterhalten oder widerrufen werde. Der Vorstand habe über den Zeitpunkt der Antragstellung im Rahmen seiner unternehmerischen Handlungsfreiheit zu entscheiden.177 Neben einer zeitlichen Beschränkung ist auch die Unzulässigkeit eines wiederholten Widerrufsantrags durch den „Verbrauch“ der Ermächtigung denkbar, wenn ein erster Antrag entgegen der Einschätzung des Vorstands an den kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 BörsG gescheitert ist.

II. Sachliche Rechtfertigung des Hauptversammlungsbeschlusses und Treuepflichten Zwar hat die Diskussion um die sachliche Rechtfertigung des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses durch das Urteil des BGH an Bedeutung verloren, da er den Beschluß keiner sachlichen Rechtfertigung unterwirft und damit der überwiegenden Meinung im Schrifttum folgt. Jedoch zeigt sich anhand der vom BGH gewählten Begründung ein grundsätzliches Problem. Die ablehnende Haltung stützt der BGH auf den unternehmerischen Charakter der Delisting-Entscheidung sowie den ausreichenden Schutz der Minderheitsaktionäre durch das zu gewährende Pflichtangebot, auf dem der Schwerpunkt der Begründung liegt178. Da die sachliche Rechtfertigung auf den Erhalt der Mitgliedschaft in ihrem bisherigen Bestand gerichtet ist, stellt sich die Frage, ob mit dieser Begründung ein „Paradigmenwechsel“ im Minderheitenschutz zugunsten des vermögensrechtlichen Schutzes zu erkennen ist.179 Ein solcher Ausschluß ließe sich möglicherweise auf 29. 08. 2007 – 23 O 139 / 06, NZG 2008, 152, 153; auf die allgemein Frage der Hauptversammlungszuständigkeit komme es erst gar nicht an; a.A. OLG Celle, Urt. v. 07. 05. 2008 – 9 U 165 / 07, ZIP 1874, 1876. 175 So Heidel, DB 2003, 548, 549. 176 Vgl. nur Groß, ZHR 165 (2001), 141, 157. 177 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537. 178 Vgl. Ekkenga, ZGR 2003, 878, 900 f.; ebenso H. Henze in FS Raiser, S. 145, 152. 179 So Ekkenga, ZGR 2003, 878, 901.

C. Problemstellungen

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§§ 243 Abs. 2 S. 2, 255 Abs. 2 AktG stützen.180 Gegen die Begründung des BGH wird eingewandt, daß der Ausschluß nicht im Wege einer Gesetzes- oder Rechtsanalogie begründet werden könne. Ungeklärt sei auch die Reichweite einer solchen Aussage in bezug auf andere Beschlußgegenstände.181 Ob zudem der Ausschluß der sachlichen Rechtfertigung, wie dies bisher vorwiegend vertreten wurde, auf § 39 Abs. 2 BörsG gestützt werden kann, erscheint ebenso fraglich, wenn man die Prüfungspflichten der Geschäftsführung der Börse auf kapitalmarktrechtliche Aspekte beschränkt. Die Begründung des BGH erfährt, auch wenn das Ergebnis geteilt wird, ferner dahingehend Kritik, daß allein der unternehmerische Charakter der Entscheidung die sachliche Rechtfertigung nicht ausschließen könne.182 Zu untersuchen ist daher, ob die Begründung des BGH zum Ausschluß der materiellen Beschlußkontrolle und dem damit nicht gewährten aktienrechtlichen Bestandsschutz tragfähig ist. Dabei sind mögliche Wechselwirkungen zwischen dem Pflichtangebot und der kapitalmarktrechtlichen Regelung des § 39 Abs. 2 BörsG einerseits sowie der sachlichen Rechtfertigung andererseits zu beachten. Darüber hinaus ist zu untersuchen, ob der vom Großaktionär getragene Delisting-Beschluß in der Hauptversammlung gegen seine Treuepflichten verstößt, weil er dadurch das geschützte Vertrauen der Minderheitsaktionäre in den Bestand der Börsenzulassung unzulässig mißachtet.183

III. Bekanntmachungsund Berichtspflichten des Vorstands Zwar dreht sich die Diskussion bei den Bekanntmachungs- und Berichtspflichten des Vorstands vornehmlich um die Frage, ob der Vorstand beim Delisting einen gesonderten schriftlichen Vorstandsbericht vorlegen muß. Eine solche auf diesen Aspekt beschränkende Sichtweise übersieht jedoch, daß die Frage des schriftlichen Vorstandsberichts nur Teil eines Informationssystems gegenüber den Aktionären ist, so daß auch die Bekanntmachungspflichten nach § 124 AktG und die mit dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz modifizierte Regelung der Ad-hoc-Publizität nach § 15 Abs. 1 WpHG184 mit in die Diskussion einzubeziehen sind.185 Der BGH sieht die Regelung des § 124 AktG als ausreichend an und verneint eine gesonderte 180 Zum vermögensbezogenen Aktionärsschutz Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 204 ff. 181 Ekkenga, ZGR 2003, 878, 901. 182 Lutter, JZ 2003, 684, 686. 183 So M. Henze, Delisting, S. 165.; a. A. Reiff, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des regulären Delistings, S. 172. 184 BGBl. Teil I 2004, S. 2630 ff. 185 Diesen Ansatz der Gesamtbetrachtung verfolgt ebenso Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 127 ff.; Ott, Rückzug von der Börse, S. 263 f.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Berichtspflicht nach § 186 Abs. 4 S. 3 AktG.186 Dabei betrachtet er jedoch nur die aktienrechtlichen Bekanntmachungs- und Berichtspflichten, nicht aber die kapitalmarktrechtliche Ad-hoc-Publizität nach § 15 Abs. 1 WpHG und deren Einfluß auf die Informationslage der Aktionäre. Zudem muß zur Beantwortung der Frage nach einem Vorstandsbericht die Begründungspflicht des Antragstellers im Spruchverfahren nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 S. 1 SpruchG berücksichtigt werden.187 Der einzelne Aktionär könne, sofern er eine Abfindung beanspruchen kann, der Begründungspflicht und damit seiner Verfahrensförderungspflicht nach § 9 Abs. 1 SpruchG nur dann nachkommen, wenn er über ausreichend Informationen zum ermittelten Unternehmenswert verfüge.188 Das LG Hannover sieht es sogar als erforderlich an, daß zur Vorbereitung der Delisting-Hauptversammlung die Anforderungen erfüllt werden, die bei Strukturentscheidungen gesetzlich zu erfüllen sind (z. B. geprüfte Unternehmensbewertung).189 Selbst wenn kein gesonderter Bericht des Vorstands vorzulegen und die Regelung § 124 AktG ausreichend ist, muß weiter untersucht werden, welchen Inhalt etwa die Bekanntmachung nach § 124 AktG und die Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 Abs. 1 WpHG haben muß. Der BGH äußert sich dazu nicht.190

IV. Problemstellungen bei Forderung eines Abfindungs- oder Pflichtangebots Die Problemstellungen im Zusammenhang mit einem an die Minderheitsaktionäre gerichteten Pflicht- oder Abfindungsangebot umfassen eine ganze Reihe von Fragen. Begrifflich soll im weiteren von einer Angebotspflicht gesprochen und nicht der mißverständliche Begriff des Pflichtangebots verwendet werden, da dieser schon durch § 35 WpÜG besetzt ist und eine Kontrollerlangung im Rahmen des regulären Delisting nicht stattfindet191. 1. Begründung der Abfindungspflicht Zunächst stellt sich die Frage, ob den Minderheitsaktionären überhaupt eine Abfindung anzubieten ist, und welche Rechtsgrundlagen dazu herangezogen werEbenso H. Henze in FS Raiser, S. 145, 152. Dies in Erwägung ziehend LG Hannover, Urt. v. 29. 08. 2007 – 23 O 139 / 06, NZG 2008, 152, 155, jedoch die Berichtspflicht auf eine analoge Anwendung der Berichtspflichten bei Strukturentscheidungen stützend; a. A. jedoch OLG Celle, Urt. v. 07. 05. 2008 – 9 U 165 / 07, ZIP 1874, 1876; Kocher / Bedkowski, NZG 2008, 135, 136. 188 So Klöhn, ZBB 2003, 208, 218; Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113. 189 LG Hannover, Urt. v. 29. 08. 2007 – 23 O 139 / 06, NZG 2008, 152, 155; a. A. OLG Celle, Urt. v. 07. 05. 2008 – 9 U 165 / 07, ZIP 1874, 1876. 190 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537. 191 Siehe dazu nur Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03. 186 187

C. Problemstellungen

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den können. Der BGH hat in seiner Entscheidung bei der Begründung der Angebotspflicht zwar nicht explizit auf die Grundsätze des BVerfG verwiesen, jedoch geht aus den Ausführungen hervor, daß ein hinreichender Minderheitenschutz nur dann gewährleistet ist, wenn den Aktionären der Wert der Aktien ersetzt wird.192 Dies verweist zumindest indirekt auf den Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG.193 Die sehr kurz ausgefallenen Ausführungen des BGH zur Herleitung der Abfindungspflicht geben Anlaß zu der Frage, ob Art. 14 Abs. 1 GG und die ihn konkretisierende Rechtsprechung des BVerfG eine Abfindungspflicht begründet194 oder aber bereits einfachgesetzliche Regelungen zur Begründung herangezogen werden können. Teilweise wird dies mit Verweis auf die faktische Funktionslosigkeit der Börsenzulassung abgelehnt, da der einzelne Aktionär nur noch eine theoretische Möglichkeit zur Veräußerung seiner Aktien über die Börse habe.195 2. Rechtliche Ausgestaltung der Abfindungspflicht Befürwortet man die Notwendigkeit einer Abfindung, ist in einem weiteren Schritt zu fragen, welchen rechtlichen Inhalt diese Abfindungspflicht hat und wie die Abfindung ausgestaltet sein muß.

a) Begünstigter und Verpflichteter eines vermögensrechtlichen Ausgleichs Zum rechtlichen Inhalt der Abfindung gehört die Frage, wer Begünstigter ist und wer zur Abfindung verpflichtet wird.196 Der BGH hat als Begünstigte die Minderheitsaktionäre und als Verpflichtete die Gesellschaft oder den Großaktionär genannt.197 Diese anscheinend klare begriffliche Fassung führt auf beiden Seiten zu BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. Ebenso mit dieser Einschätzung Lutter, JZ 2003, 684, 686; Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03; Süßmann, BKR 2003, 257, 258; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 800; Klöhn, ZBB 2003, 208, 214 f.; die verfassungsrechtliche Grundlage weiter ausführend LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, DB 2004, 242, 243; auf eine Gesamtanalogie zu §§ 305, 327b AktG, §§ 29, 207 UmwG abstellend KG Berlin, Vorlagebeschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 296 f. 194 So wohl auch Heidel / Lochner in Heidel Aktienrecht, AktG, Vor § 327a Rn. 19; dies ablehnend Klöhn, ZBB 2003, 208, 215; Schiffer / Goetz, BB 2005, 453, 456. 195 So Süßmann, BKR 2003, 257, 258; Wasmann, WM 2004, 819, 820. 196 An dieser Stelle soll noch keine Festlegung auf die verwendeten Begriffe Anspruchsteller und Anspruchsgegner (Aktiv- und Passivlegitimation) erfolgen, da die rechtliche Einordnung erst später erfolgt; vgl. dazu aber Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803. 197 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536; so wohl auch das KG Berlin, Vorlagebeschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 296 f.; dies bestätigend BGH, Beschl. v. 25. 06. 2008 – II ZB 39 / 07, DB 2008, 1735, 1736. 192 193

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

unterschiedlichen Fragestellungen. Weder der Begriff des Minderheitsaktionärs, noch der Begriff des Großaktionärs wird im Gesetz definiert. Sie bedürfen der Konkretisierung, wobei als Anknüpfungspunkte die Beteiligungshöhe198 oder das Abstimmungsverhalten des einzelnen Aktionärs dienen können. Gilt demnach derjenige, der mit 30 % des Grundkapitals die Kontrolle über die Gesellschaft hat (§ 29 Abs. 2 WpÜG), als Großaktionär und ist damit anspruchsverpflichtet? Sind mehrere Großaktionäre vorhanden, die sich für das Delisting entschieden haben, ist fraglich, ob alle Großaktionäre gemeinsam zur Abfindung verpflichtet sind oder ob die Abfindung der Minderheitsaktionäre durch einen Großaktionär ausreichend ist.199 Ausreichend erscheint das Angebot eines einzelnen Großaktionärs, wenn dadurch den Minderheitsaktionären kein Nachteil entsteht. Könnte dann der anbietende Großaktionär bei den anderen Großaktionären Rückgriff nehmen, da ihnen das Delisting letztendlich auch zugute kommt? Für den denkbaren Fall, daß kein Großaktionär vorhanden ist, solle nach einer Ansicht lediglich die Gesellschaft verpflichtet sein, das Angebot abzugeben.200 Was ist aber, wenn der Anteil der außenstehenden Aktionäre größer ist als 10 % des Grundkapitals und die Gesellschaft selbst den Beschränkungen des §§ 71 f. AktG unterliegt? Ein Angebot der Gesellschaft wäre in diesem Falle nicht möglich. Besteht eine Verpflichtung der Gesellschaft zu einem vermögensrechtlichen Ausgleich, kann diese Erwerbsverpflichtung gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 S. 1 AktG verstoßen. Fraglich ist dabei zunächst, ob § 71 Abs. 1 AktG ausnahmsweise den Erwerb eigener Aktien zuläßt. Nach einer Ansicht ist der Erwerb gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG analog zulässig, da das Delisting mit dem Formwechsel vergleichbar und damit § 207 Abs. 1 UmwG analog anwendbar sei.201 Eine solche Analogie wird teilweise abgelehnt und vielmehr auf die Möglichkeit des Aktienerwerbs nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG verwiesen202, der eine Ermächtigung der Hauptversammlung erfordert. Ist der Erwerb eigener Aktien zulässig, gilt grundsätzlich für die Erwerbshöhe gemäß § 71 Abs. 2 S. 1 AktG eine Grenze von 10 % des Grundkapitals. Dabei stellt sich weiter die Frage, ob die Gesellschaft auch dann zur Abgabe eines Angebots verpflichtet werden kann, wenn der Anteil der durch das Delisting betroffenen Aktionäre mehr als 10 % des Grundkapitals beträgt und der Erwerb somit gegen § 71 Abs. 2 S. 1 AktG verstoßen würde.203 Teilweise wird in Fortführung der Analogie zu § 207 Abs. 1 S. 1, 2. HS UmwG als Ausnahme zu § 71 Abs. 4 S. 2 AktG dem Schutz der austrittsberechtigten Minderheitsaktionäre der Vorrang gegenüber dem Kapitalschutz der Gesellschaft ge198 Die Frage der Beteiligungshöhe stellen Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803, die aber vom „Mehrheitsaktionär“ sprechen, obwohl der BGH ausdrücklich vom „Großaktionär“ spricht, vgl. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 199 Vgl. auch Klöhn, ZBB 2003, 208, 212. 200 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803. 201 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803; Hellwig, ZGR 1999, 781, 800. 202 H. Henze, NZG 2003, 649, 650; Ekkenga, ZGR 2003, 878, 903 f. 203 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804.

C. Problemstellungen

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geben. Dieses gelte auch für den Fall, daß in einem späteren Spruchverfahren der Wert des Erwerbspreises nach oben korrigiert werde.204 Hingegen könne kein wirksamer Hauptversammlungsbeschluß gefaßt werden, wenn ein Verstoß gegen die 10 %-Grenze vorhersehbar sei.205 b) Anwendung des WpÜG Mit Einführung des WpÜG, das der BGH in seiner Entscheidung noch nicht zu beachten brauchte206, ist auch die Frage zu beantworten, ob eine Abfindung durch die Gesellschaft oder einen Großaktionär den Regelungen des WpÜG unterliegt. Dazu müßte das WpÜG auf die aktienrechtliche Angebotspflicht anwendbar sein. Einigkeit herrscht darüber, daß die vom BGH bejahte Angebotspflicht nicht als Pflichtangebot i. S. d. § 35 WpÜG einzuordnen ist.207 Es könnte sich aber um ein freiwilliges Erwerbsangebot nach §§ 10 ff. WpÜG handeln. Dies wird im Schrifttum jedoch überwiegend abgelehnt208, da mit der analogen Anwendung der §§ 29, 207 UmwG oder § 305 AktG speziellere Regelungen gegenüber den allgemeinen Anforderungen des WpÜG vorlägen.209 Zudem sei das vom BGH geforderte Angebot nicht freiwillig i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG.210 c) Befristung der Abfindung In zeitlicher Hinsicht ist fraglich, wann die Aktionäre die Abfindung geltend machen können211 und ob die zur Abfindung verpflichtete Gesellschaft oder der Großaktionär die Abfindung zeitlich auf eine bestimmte Frist beschränken können.212 Die Angebotspflicht sei nach einer Ansicht mit dem Beschlußantrag über 204 205

Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804. Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804; darauf schon hinweisend Hellwig, ZGR 1999, 781,

800. 206 Gemäß § 68 Abs. 2 WpÜG findet das WpÜG keine Anwendung auf Angebote, die vor dem 01. 01. 2002 abgegeben worden sind. Das Kaufangebot im Fall der Ingram Macrotron AG wurde bereits 1999 abgegeben, vgl. AG-Report 1999, R 188. 207 Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 987; WuB II A. § 119 AktG 1.03 (Häuser / Thomas); Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 239. 208 Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 989; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804; Pötzsch in Assmann / Pötzsch / Schneider WpÜG, § 2 Rn. 15; Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 56; Habersack in Habersack / Mülbert / Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 28 Rn. 15; a. A. Süßmann, BKR 2003, 257, 258; Krolop, NZG 2005, 546, 547; Ekkenga, ZGR 2003, 878, 907, allerdings nur für das Angebot des Aktionärs. 209 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804. 210 Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 988. 211 Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 989. 212 Ähnlich Lutter, JZ 2003, 684, 686; Heidel, DB 2003, 548, 550.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

das Delisting vorzulegen. Dies folge aus der analogen Anwendung des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG, der die Bekanntmachung der wesentlichen Inhalte der Zustimmung zu Satzungsänderungen oder Unternehmensverträgen erläutern soll. Erst diese Information zum Zeitpunkt der Bekanntmachung versetze die Aktionäre in die Lage, ordnungsgemäß über das Delisting abzustimmen.213 Das Angebot könne zudem gemäß § 305 Abs. 4 AktG analog befristet werden.214

d) Rechtliche Verknüpfung von Hauptversammlungsbeschluß und Abfindung Abschließend ist fraglich, in welchem rechtlichen Zusammenhang der ermächtigende Hauptversammlungsbeschluß mit dem Erwerbsangebot steht. Der BGH legt nur fest, daß den Minderheitsaktionären mit dem Beschlußantrag ein Angebot über den Kauf ihrer Aktien durch die Gesellschaft oder den Großaktionär anzubieten ist.215 Ist die Abfindung demnach nur Bedingung für die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses oder hat der einzelne Aktionär einen Anspruch auf Abgabe eines Angebots?216 Im Schrifttum wird das vom BGH geforderte Pflichtangebot teilweise als Anspruch interpretiert, der auf die Abgabe eines Erwerbsangebots gerichtet ist. Das gänzliche Fehlen eines Angebots führe nicht zur Anfechtungsklage, sondern in das Spruchverfahren.217 Als Rechtsgrundlage käme eine analoge Anwendung des § 305 AktG oder § 207 UmwG in Betracht.218 Auch beim Delisting gehe es wie beim Unternehmensvertrag um den Konflikt zwischen Minderheit und Mehrheit. Abgelehnt wird der Ansatz, die Angebotspflicht als Bedingung für einen ordnungsgemäßen Hauptversammlungsbeschluß anzusehen, da bei einem vollständigen Fehlen der Abfindung der Beschluß anfechtbar wäre. Nur wenn die gewährte Abfindung nach Auffassung der Minderheitsaktionäre zu niedrig bemessen sei, könnten die Aktionäre im Spruchverfahren ihren Anspruch durchsetzen.219 Eine andere Auffassung ist der Ansicht, daß eine fehlende Abfindung zur Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses führe, da ansonsten offen bleibe, wer Schuldner der Abfindung sei. § 305 AktG könne nicht analog angewenEßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 989. Heidel, DB 2003, 548, 550. 215 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 216 Vgl. Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 801; K. Schmidt, NZG 2003, 601, 604; Reger in Bürgers / Körber HeidelbergerKomm AktG § 119 Rn. 31. 217 Ausführlich zur „Anspruchslösung“ Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 802.; diese Frage ebenfalls aufwerfend K. Schmidt, NZG 2003, 601, 604; Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 64; ähnlich Lutter, JZ 2003, 684, 686; Klöhn, ZBB 2003, 208, 212; a. A. Hoffmann in Spindler / Stilz AktG § 119 Rn. 43, der nicht nur von der Anfechtbarkeit, sondern sogar von der Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses ausgeht. 218 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803; a. A. Klöhn, ZBB 2003, 208, 213. 219 Die „Bedingungslösung“ ablehnend Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 801 f. 213 214

C. Problemstellungen

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det werden, da für die Angebotspflicht ein Wahlrecht zwischen Großaktionär und Gesellschaft bestehe.220

3. Höhe und Berechnung der Abfindung In einem weiteren Schritt ist zu klären, in welcher Höhe den Minderheitsaktionären eine Abfindung zu zahlen ist. Unklar bleibt zunächst, welche rechtliche Grundlage der BGH zur Begründung der Abfindungshöhe heranzieht.221 Ist den Aktionären eine volle Entschädigung, wie dies der BGH vertritt, oder aber nur ein Fungibilitätsausgleich zu zahlen? Eine volle Entschädigung würde zum Ausstritt aus der Gesellschaft führen, während ein bloßer Fungibilitätsausgleich lediglich die fehlende Börsenzulassung ausgleichen würde, ohne daß die Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft ausscheiden könnten.222 Für das reguläre Delisting wird dies in der Literatur verneint, da die Angebotspflicht als Austrittsmöglichkeit der Minderheitsaktionäre gegenüber dem bloßen Fungibilitätsausgleich vorgehe.223 Auch wenn der BGH eine volle Entschädigung der Minderheitsaktionäre verlangt und sich dabei an den Grundsätzen des BVerfG orientiert224, bleibt die Frage, ob der Börsenkurs als Wertuntergrenze einer Abfindung aufgrund einer etwaigen Marktenge des Aktienhandels überhaupt zu berücksichtigen ist.225 Zudem ist fraglich, welchen Einfluß eine mögliche Unveräußerbarkeit der Aktien über die Börse hat. Des weiteren ist der Bewertungsstichtag zur Berechnung der Abfindungshöhe festzulegen. Ist der Börsenkurs als Wertuntergrenze der Abfindung zu beachten, muß weiter die Frage entschieden werden, ob ein Stichtags- oder Durchschnittsbörsenkurs der Berechnung zugrunde zu legen ist. Zudem ist entweder der Stichtag für einen maßgeblichen Börsenkurs oder aber der Rückrechnungszeitpunkt zu bestimmen, der den Endpunkt des zu berücksichtigenden Börsenkurses markiert. In Betracht kommt als Stichtag oder Rückrechnungszeitpunkt der Tag, an dem die Hauptversammlung das Delisting beschließt226 oder der Tag vor Bekanntgabe des Delisting-Entschlusses, etwa in Form einer Ad-hoc-Mitteilung durch den VorIm Sinne der „Bedingungslösung“ Heidel, DB 2003, 548, 549. Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1112; Streit, ZIP 2003, 392, 394. 222 So für den Fall der Verschmelzung Richard / Weinheimer, BB 1999, 1613, 1617; Steck, AG 1998, 460, 465 f.; differenzierend Kruse, WM 2003, 1843, 1845 ff., der nur bei einem fehlenden Abfindungsanspruch einen Ausgleich für die fehlende Fungibilität gewähren will. 223 Ablehnend für den Fall des regulären Delisting, wenn eine volle Entschädigung angeboten wird: Kruse, WM 2003, 1843, 1848 f.; auf die fehlende Vergleichbarkeit zwischen Verschmelzung und Delisting bei § 29 Abs. 1 S. 2 UmwG abstellend Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 489; ähnlich Süßmann, BKR 2003, 257, 258. 224 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536; ebenso Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804. 225 Dies übersieht Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 183. 226 Kritisch Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804. 220 221

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

stand227 oder durch eine Ad-hoc-Mitteilung über die Abgabe eines Angebots zum Erwerb der Aktien der Minderheitsaktionäre durch die Gesellschaft oder den Großaktionär. Für das Abstellen auf den Tag vor der Bekanntgabe wird angeführt, daß unmittelbar nach Bekanntwerden des Delisting-Vorhabens mit einem Kursverfall zu rechnen ist. Zumindest sei bei der Untergrenze der Abfindungshöhe, die durch den Börsenkurs gebildet wird, der Zeitraum vor Bekanntgabe des Delisting zu berücksichtigen.228 4. Finanzielle Absicherung der Abfindungspflicht Die finanzielle Absicherung der Abfindungspflicht ist in der Entscheidung des BGH nicht angesprochen worden, da die Vorschriften zur Finanzierungsbestätigung (§ 13 WpÜG) oder Gewährleistungserklärung (§ 327b Abs. 3 AktG) für den entschiedenen Fall keine Geltung hatten. Ist für das Angebot von der Gesellschaft oder dem Großaktionär beim Delisting in analoger Anwendung des § 13 WpÜG oder § 327b Abs. 3 AktG Sicherheit zu leisten? Im Schrifttum wird eine Sicherheit für das Angebot der Gesellschaft oder des Großaktionärs gefordert, da die annehmenden Minderheitsaktionäre sonst der Insolvenz des Zahlungspflichtigen ausgesetzt wären.229 Teilweise wird diese Pflicht auf den anbietenden Großaktionär begrenzt.230 Auch die Höhe einer solchen Sicherheit müßte festgelegt werden. Ist sie nur in Höhe des ursprünglich abgegebenen Angebots zu leisten oder sind auch etwaige Erhöhungen im Spruchverfahren zu berücksichtigen?

V. Fragen des Rechtsschutzes beim Delisting Sind die Voraussetzungen zur Durchführung des Delisting festgelegt, muß abschließend nach der gerichtlichen Überprüfbarkeit gefragt werden, wenn die einzelnen erforderlichen aktienrechtlichen Voraussetzungen nicht eingehalten werden. Dabei ist im Hinblick auf den richtigen Rechtsbehelf zwischen den einzelnen Voraussetzungen für das Delisting und den im Zusammenhang damit auftretenden Fehlerquellen zu unterscheiden. Dies gilt für die Entscheidungszuständigkeit über das Delisting, die der BGH im Rahmen der Anfechtungsklage überprüft, ebenso wie für eine mögliche sachliche Rechtfertigung eines Hauptversammlungsbeschlusses, etwaige durch die Gesellschaft oder den Großaktionär einzuhaltende Informationspflichten sowie eine zu gewährende Abfindung an die ausscheidungswilligen Aktionäre. So Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 989; Heidel, DB 2003, 548, 550. Heidel, DB 2003, 548, 550. 229 Heidel, DB 2003, 548, 550; Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 989; Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1114; fragend Lutter, JZ 2003, 684, 686. 230 Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1114. 227 228

C. Problemstellungen

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Bisher nicht geklärt ist die Frage, ob ein Aktionär gegen die Gesellschaft gerichtlich vorgehen kann, wenn überhaupt kein Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting vorliegt, der Vorstand aber dennoch den Widerruf der Börsenzulassung beantragt hat oder beabsichtigt zu beantragen und den Aktionären keine Abfindung gewährt.231 In diesem Zusammenhang ist zu klären, wie ein etwaiger Abfindungsanspruch der Aktionäre durchzusetzen ist. Das LG München I und das KG Berlin bejahen auch die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens.232 Liegt ein Abfindungsangebot der Gesellschaft oder des Großaktionärs vor, bejaht der BGH die Überprüfung der Abfindungshöhe im Spruchverfahren im Wege der analogen Anwendung der § 306 AktG a. F. und §§ 305 ff. UmwG a. F., nunmehr §§ 1 ff. SpruchG.233 Dieser Begründungsansatz wird in der Literatur kritisiert, da keine planwidrige Regelungslücke vorliege.234 Vielmehr sei die Anfechtungsklage der richtige Rechtsbehelf.235 Zudem könne im Spruchverfahren nicht der Abfindungsverpflichtete durch das Gericht festgelegt werden, wenn überhaupt kein Abfindungsangebot vorliege, da dies ein verfassungswidriger Eingriff in die Privatautonomie bedeute.236 Da § 1 SpruchG den Anwendungsbereich für das Delisting nicht ausdrücklich eröffnet, ist zu untersuchen, ob das SpruchG analog für das Delisting gilt. Des weiteren ist zu klären, ob abfindungswertbezogene Informationsmängel im Spruchverfahren zu berücksichtigen oder mit der Anfechtungsklage geltend zu machen sind. In diesem Zusammenhang ist § 243 Abs. 4 S. 2 AktG n. F., der durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts eingeführt wurde237, zu beachten, der das Anfechtungsrecht bei unrichtiger, unvollständiger oder unzureichender Information über die Abfindungshöhe ausschließt und die Aktionäre auf das Spruchverfahren verweist.

Vgl. Weber, NJW 2004, 3674, 3678. LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395 = DB 2004, 242 (Knürr AG); KG Berlin, Vorlagebeschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 297; offengelassen allerdings im Beschwerdeverfahren vor dem BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952, 1953; ebenso offengelassen OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03. 08. 2004 – 3 W 60 / 04, DB 2004, 2311 (Saint-Gobain ISOVER G + H AG). 233 Zustimmend Ulmer in Aktienrecht im Wandel, 3. Kapitel, Rn. 37. 234 Schiffer / Goetz, BB 2005, 453, 456. 235 Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113 f. 236 Wasmann, WM 2004, 819, 821; ders. in KölnKomm SpruchG, § 1 Rn. 32; Krolop, NZG 2005, 546, 547. 237 Vgl. BRat-Drucks. 454 / 05. 231 232

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

D. Stellungnahme Im folgenden sollen die im einzelnen streitigen und durch die Macrotron-Entscheidung des BGH aufgeworfenen Fragen unter Berücksichtigung des SpruchG und des WpÜG untersucht werden.

I. Entscheidungszuständigkeit Die Entscheidungszuständigkeit innerhalb der Gesellschaft betrifft die Frage, ob der Vorstand oder die Hauptversammlung über das Delisting entscheidet. Es handelt sich dabei um das Innenverhältnis zwischen den Aktionären, die die Hauptversammlung bilden, und dem Vorstand der Gesellschaft. Davon ist das Außenverhältnis der AG zur Börse abzugrenzen. Die AG wird durch den Vorstand nach außen gemäß § 78 Abs. 1 AktG vertreten. Diese Vertretungsbefugnis des Vorstands kann gemäß § 82 Abs. 1 AktG nach außen nicht beschränkt werden. Möchte die Gesellschaft ihre Börsenzulassung beenden, beantragt dies der Vorstand kraft seiner Vertretungsbefugnis unabhängig von seiner internen Entscheidungszuständigkeit.238 Die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Vorstand und Hauptversammlung ergibt sich zunächst aus der Unterscheidung zwischen Geschäftsführungsaufgaben, für die der Vorstand gemäß § 76 Abs. 1 AktG in eigener Verantwortung zuständig ist, und den in § 119 AktG aufgeführten Aufgaben, die der Hauptversammlung vorbehalten sind. Diese getrennten Zuständigkeiten bereiten in den Fällen keine Probleme, in denen eine ausdrückliche Zuweisung zu einem Organ kraft Gesetzes oder etwa durch die Satzung erfolgt. Fehlt jedoch, wie bei dem Delisting der Gesellschaft, eine ausdrückliche Regelung, stellt sich die Frage nach der internen Entscheidungszuständigkeit für diesen Vorgang. Da die Hauptversammlung grundsätzlich nur in den ausdrücklich gesetzlich oder satzungsmäßig bestimmten Fällen des § 119 Abs. 1 AktG zuständig ist239, wäre nach der aktienrechtlichen Zuständigkeitsverteilung der Vorstand als Geschäftführungsorgan für das Delisting zuständig. Ausnahmsweise ist die Hauptversammlung jedoch für Geschäftsführungsmaßnahmen gemäß § 119 Abs. 2 AktG zuständig, wenn der Vorstand es verlangt. Darüber hinaus werden im Schrifttum240 weitere ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen diskutiert, wobei diese Entwicklung zunächst im sogenannten Holzmüller-Urteil241 und zuletzt im Gelatine-Urteil242 des BGH ihren Niederschlag gefunden hat. Für das Delisting ist daher zu entscheiden, ob sich eine Kompetenz der Hauptversammlung begründen läßt. Dazu müßten zunächst un238 239 240 241 242

Siehe dazu im einzelnen unten 4. Teil: D.III.2., S. 214 ff. Vgl. nur Hüffer AktG, § 119 Rn. 1. Vgl. Mülbert in GroßKomm AktG, § 119 Rn. 29 ff. BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122 ff. BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384 ff.

D. Stellungnahme

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geschriebene Hauptversammlungskompetenzen neben § 119 Abs. 1 AktG zulässig sein (siehe 1.). Auf einfachgesetzlicher Ebene könnte im Wege der Einzel- oder Gesamtanalogie (siehe 2.) oder aber durch die Übertragung der durch die Rechtsprechung des BGH entwickelten Grundsätze die Hauptversammlungszuständigkeit begründet werden (siehe unten 3.). Das reguläre Delisting könnte aber auch als Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands einzuordnen sein (siehe unter 4.). Kann auf einfachgesetzlicher Ebene die Zuständigkeit keinem Organ zugewiesen werden, sind auf verfassungsrechtlicher Ebene die Grundrechte, insbesondere Art. 14 Abs. 1 GG, in Betracht zu ziehen (siehe unten 5.). 1. Zulässigkeit von ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten Aufgrund einer fehlenden aktienrechtlichen Regelung zur Hauptversammlungszuständigkeit beim regulären Delisting stellt sich vorab die Frage, ob es neben den in § 119 Abs. 1 AktG genannten Zuständigkeitsbereichen, die dem Wortlaut nach einen abschließenden Zuständigkeitskatalog bilden, ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten geben kann. § 119 Abs. 1 AktG bestimmt, daß die Hauptversammlung in den im Gesetz und in der Satzung ausdrücklich bestimmten Fällen entscheidet. Obwohl dieser Gesichtspunkt dogmatisch bei der Feststellung einer Regelungslücke innerhalb einer Analogiebildung zu verorten wäre, sei dieses hier vorgezogen. Denn die ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz kann zwar im Wege der Einzel- oder Gesamtanalogie begründet werden und erlangt auch beim Holzmüller- und Gelatine-Urteil des BGH Bedeutung. Jedoch könnte seit dem Urteil des BGH im Fall Macrotron diese „Lücke“ auch durch verfassungsrechtliche Erwägungen geschlossen werden. Insofern erlangt dieser Punkt über seine bisherige Bedeutung zur Feststellung einer Regelungslücke auch für die verfassungsrechtlichen Erwägungen Bedeutung. Die grundsätzliche Zulässigkeit von ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten ist im Schrifttum und der Rechtsprechung anerkannt. § 119 Abs. 1 AktG impliziert durch seine Formulierung zwar, daß weitere Zuständigkeiten für die Hauptversammlung außer in den durch Gesetz oder Satzung bestimmten Fällen nicht vorgesehen sind.243 Jedoch ist damit kein abschließender Katalog der Hauptversammlungszuständigkeiten gemeint.244 § 119 Abs. 1 AktG möchte lediglich ausschließen, daß der Hauptversammlung Aufgaben als oberstes Organ der AG zugewiesen werden. Ein weiterer Ausschluß oder sogar ein Analogieverbot ist damit nicht verbunden.245 Die Unternehmen in der Rechtsform der AG, die ursprünglich sämtliche Bereiche eines Unternehmens, wie Produktion und Verwaltung, in einer Vgl. zur Entwicklung der Zuständigkeitsvorschrift Geßler in FS Stimpel, S. 771, 779. Hüffer AktG, § 119 Rn. 7; Mülbert in GroßKomm AktG, § 119 Rn. 25; Ulmer in Aktienrecht im Wandel, 3. Kapitel, Rn. 20. 245 Mülbert in GroßKomm AktG, § 119 Rn. 25. 243 244

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Gesellschaft vereinten, entwickelten sich rechtstatsächlich zu einem viele Gesellschaften umfassenden Konzern. Die Aktionäre der Obergesellschaft konnten in der Hauptversammlung nicht mehr über sämtliche Angelegenheiten in den einzelnen Tochter- und Enkelgesellschaften mitbestimmen, so daß sie nach und nach an Einfluß verloren.246 Die Zuständigkeitsverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung ist demnach nicht mehr nur formal, sondern mit Hilfe materieller Kriterien zu bestimmen.247 Als materielle Kriterien zur Bestimmung der Hauptversammlungszuständigkeit wird der Schutz der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Aktionäre genannt.248 Im sogenannten Holzmüller-Urteil249 erkannte der BGH die Zulässigkeit von ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten vor dem Hintergrund der rechtstatsächlichen Entwicklung an. Dieser Gedanke kann auch für das reguläre Delisting fruchtbar gemacht werden. Wurde das reguläre Delisting ursprünglich noch als Entwicklung gegen „die normtypische Laufrichtung“ der AG empfunden250, so ist das Delisting einer AG nunmehr fester Bestandteil des Kapitalmarktes und kein Einzelfall251. Dies zeigt auch die Einfügung des § 39 Abs. 2 BörsG (ursprünglich § 43 Abs. 4 BörsG und danach § 38 Abs. 4 BörsG), der der börsennotierten AG die Möglichkeit zum Börsenrückzug geben sollte. Bei Verabschiedung der aktienrechtlichen Zuständigkeitsordnung, die in ihrer heutigen Form auf die Aktienrechtsreform von 1937 zurückgeht und durch die Reform des AktG 1965 bestätigt wurde252, sind die Möglichkeit eines Rückzuges von der Börse und die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen für die Aktionäre sowie die Gesellschaft nicht berücksichtigt worden. Daß die rechtliche und wirtschaftliche Stellung der Aktionäre betroffen ist, wurde oben bereits dargestellt.253 Insofern ist auch hier zunächst im Wege der Analogie254 auf einfachgesetzlicher Ebene nach materiellen Kriterien zu suchen, die die Zuständigkeit der Hauptversammlung begründen könnten. Dabei darf das Eigentumsgrundsrecht der Aktionäre aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht unberücksichtigt bleiben. 246 Lutter in Festgabe 50 Jahre BGH, S. 321, 328; Lutter in FS Westermann, S. 347, 365; H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 219; Geßler in FS Stimpel, S. 771, 780 f.; Ulmer, AG 1975, 15, 16. 247 Geßler in FS Stimpel, S. 771, 781; Lutter in Festgabe 50 Jahre BGH, S. 321, 328; ähnlich Mülbert in GroßKomm AktG, § 119 Rn. 31 ff. 248 Geßler in FS Stimpel, S. 771, 781. Zu den unterschiedlichen Ansätzen vgl. Mülbert in GroßKomm AktG, § 119 Rn. 31 ff. 249 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80 – BGHZ 83, 122; dies bestätigt OLG Celle, Urt. v. 07. 03. 2001 – 9 U 137 / 00, ZIP 2001, 613 = EWiR 2001, 651 (Windbichler); LG Frankfurt / Main, Urt. v. 29. 07. 1997 – 3 / 5 O 162 / 95, ZIP 1997, 1698; LG Frankfurt / Main, Urt. v. 12. 12. 2000 – 3 / 5 O 149 / 99, AG 2001, 431; LG Düsseldorf, Urt. v. 13. 02. 1997 – 31 O 133 / 96, AG 1999, 94. 250 Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 467. 251 Siehe dazu die oben genannten Beispiele in den Fußnoten im 1. Teil: A., S. 31 ff. 252 Vgl. zur Gesetzesgeschichte K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 762 ff.; Mülbert in GroßKomm AktG, § 119 Rn. 2. 253 Vgl. oben 2. Teil: E., S. 87 ff. 254 Mülbert in GroßKomm AktG, § 119 Rn. 29.

D. Stellungnahme

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2. Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit im Wege der Analogie Die Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit im Wege der Analogie zu einzelnen Regelungen (Einzelanalogie) oder aber einer Gesamtheit von Normen (Gesamtanalogie)255 setzt voraus, daß eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage besteht. Dabei kommt eine Analogie zu § 180 Abs. 2 AktG, der das Zustimmungserfordernis der Aktionäre im Falle der Beschränkung der Veräußerbarkeit der Aktien regelt, und zu den jeweiligen Normen des UmwG, die eine Hauptversammlungszuständigkeit begründen, in Betracht. Bis auf die vergleichbare Interessenlage, die bei jeder in Betracht gezogenen Norm gesondert zu beurteilen ist, muß bei allen Analogien eine planwidrige Regelungslücke im Gesetz hinsichtlich des Delisting vorliegen. Diese gilt es vorweg für alle möglichen Überlegungen zur analogen Anwendung von zuständigkeitsbegründenden Normen zu untersuchen. In einem weiteren Schritt ist der von der jeweiligen Norm geregelte Sachverhalt und die mit ihm erfasste Interessenlage auf die Vergleichbarkeit mit dem Delisting zu überprüfen.

a) Planwidrige Regelungslücke im Gesetz Ob hinsichtlich der aktienrechtlichen Voraussetzungen des Delisting eine planwidrige Regelungslücke angenommen werden kann, ist aufgrund der kapitalmarktrechtlichen Regelung des § 39 Abs. 2 BörsG fraglich.256 Eine planwidrige Regelungslücke ist anzunehmen, wenn bei Erlaß des Gesetzes ein bestimmter Umstand nicht oder nicht richtig in die Willensbildung mit aufgenommen wurde. Entscheidend ist daher die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die damit verfolgten Ziele.257 Für das Delisting liegt keine Regelungslücke vor, wenn der Gesetzgeber mit § 39 Abs. 2 BörsG den Widerruf der Zulassung auf Antrag des Emittenten umfassend hat regeln wollen und nur die dort genannten Voraussetzungen zur alleinigen Bedingung eines Delisting machen wollte. Träfe § 39 Abs. 2 BörsG eine vorrangige Regelung, könnte aktienrechtlich keine Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung begründet werden. Sollte jedoch ein Vorrang abzulehnen sein, könnte zwar eine mögliche Zuständigkeit der Hauptversammlung mit dem Argument des Vorranges nicht abgelehnt, aber die Kompetenz der Hauptversammlung auch nicht begründet werden. 255 Zu den Begriffen Einzel- und Gesamtanalogie Larenz / Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 204. 256 Davon abzugrenzen ist die Frage, ob sich aufgrund der kapitalmarkrechtlichen Regelung des § 39 Abs. 2 BörsG eine Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung begründen läßt; vgl. dazu ausführlich die Diskussion oben 3. Teil: A.II.2., S. 95 ff.; dies bejaht Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 117 ff. 257 Larenz / Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 194.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Für den abschließenden Charakter des § 39 Abs. 2 BörsG gegenüber dem Aktienrecht könnte angeführt werden, daß das Gesellschaftsrecht in Form des Aktienrechts zur Regelung der Individualinteressen innerhalb des Verbandes dient.258 Im Gegensatz dazu regele das Kapitalmarktrecht nicht das Innenrecht der Gesellschaft, sondern gewährleiste die Funktionsfähigkeit der Börse als Allokationspunkt von Kapitalnachfragern und -anbietern.259 Für das Delisting bedeutet diese funktionsbezogene Sichtweise, daß die Marktentlassung ausschließlich dem Kapitalmarktrecht zuzuordnen wäre, so daß § 39 Abs. 2 BörsG eine abschließende Regelung für das Delisting bilden würde. Dafür könnte auch exemplarisch die Regelung des § 20 Abs. 8 AktG sprechen, der die aktienrechtlichen Mitteilungspflichten nach § 20 Abs. 1 – 7 AktG für die börsennotierte AG ausschließt. An die Stelle der aktienrechtlichen Pflichten treten die kapitalmarkrechtlichen Mitteilungspflichten des § 21 WpHG. Selbst der BGH scheint in der Macrotron-Entscheidung von einer solchen Regelungskonkurrenz auszugehen, wenn er im Zusammenhang mit der Abfindungspflicht den Schutz der Minderheitsaktionäre durch das Börsengesetz und die Börsenordnungen für unzureichend hält.260 Im Umkehrschluß würde das bedeuten, daß dann, wenn durch das Börsengesetz ein ausreichender Schutz erfolgen würde, das Aktienrecht als allgemeinere Regelung hinter diesen Normen zurücktreten müßte. Gegen die Konsequenzen, die aus diesem funktionsbezogenen Ansatz folgen sollen, spricht, daß mit dem Regelungsbereich des Kapitalmarktrechts noch nicht die Frage beantwortet ist, auf welchem Weg die Entscheidung über das Delisting gefällt wird. Das Kapitalmarktrecht regelt zwar die Zulassung und den Widerruf zum Börsenhandel, den Ablauf des Handels sowie seine Überwachung, jedoch trifft es keine Entscheidung über den Entscheidungsprozeß innerhalb der Gesellschaft. Dies zeigt sich auch daran, daß die Ermessensentscheidung nach § 39 Abs. 2 BörsG lediglich die Interessen des Emittenten und der Anleger berücksichtigen muß. Eine Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinaktionären, die die Gruppe der Anleger bilden, trifft das BörsG nicht. Der Interessenkonflikt beim Delisting betrifft aber gerade diese Unterscheidung.261 Dieser Konflikt ist kennzeichnend für den Verband der Gesellschaft, indem der Großaktionär Unternehmensinteressen und der Kleinaktionär seine Renditeinteressen verfolgt. Das Kapitalmarktrecht hält zum Ausgleich dieses Interessenkonfliktes jedoch keine Regelung bereit, sondern konzentriert sich auf die Gewährleistung eines funktionsfähigen Marktes262. Im Widerrufsverfahren prüft die Geschäftsführung der Börse nach der 258

Zu dieser Funktion Schwark in FS Stimpel, S. 1087, 1090 f.; Kübler, SZW 1995, 223,

225. 259 Schwark in FS Stimpel, S. 1087, 1091 f.; Kübler, SZW 1995, 223, 225; Assmann in Assmann / Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., § 1 Rn. 22 ff. 260 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 261 Vgl. dazu oben zusammenfassend 2. Teil: F., S. 89. 262 Vgl. etwa Bruski in Schimansky / Bunte / Lwowski Bankrechts-Handbuch,Vor § 104 Rn. 62 ff.

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hier vertretenen Ansicht nur funktionsbezogen, ob ein normaler und geregelter Handel stattfindet.263 Findet dieser aufgrund der geringen Handelsvolumina nicht mehr statt, handelt die Geschäftsführung der Börse im Rahmen ihres Ermessens und kann die Zulassung widerrufen. Insofern läßt sich aus der funktionsbezogenen Sichtweise kein Ausschluß der gesellschaftsrechtlichen Regelungen begründen.264 Zudem erwirbt der Anleger über die Börse nicht nur eine Kapitalanlage, deren Wert sich in den zukünftigen geschäftlichen Erwartungen und einem dadurch gestiegenen Verkaufspreis erschöpft, sondern er wird ein vollwertiges Mitglied der AG. Der Schutz des einzelnen Aktionärs wird dabei sowohl durch das Aktienrecht als auch das Kapitalmarktrecht gewährleistet. Die Berücksichtigung der Anlegerinteressen als kapitalmarktrechtliche Kategorie innerhalb des Aktienrechts widerspricht auch nicht der Regelungsintention des Gesellschaftsrechts.265 Auch die Deutung des BGH-Urteils, daß bei einer ausreichenden Abfindungsregelung im Börsengesetz die Anwendung des AktG ausgeschlossen sei, bezieht sich nur auf den Fall der Abfindung der Minderheitsaktionäre. Die börsengesetzlichen Normen, die für den Fall des Delisting eine Abfindung vorsähen, wären die spezielleren Rechtsnormen gegenüber dem Aktienrecht und als solche den allgemeinen aktienrechtlichen Normen vorzuziehen. Ein genereller Ausschluß des Aktienrechts wäre damit nicht verbunden, da bei jeder einzelnen Voraussetzung geprüft werden müßte, ob eine speziellere Norm vorliegt. Die fehlende Abgeschlossenheit des § 39 Abs. 2 BörsG gegenüber weiteren aktienrechtlichen Voraussetzungen im Hinblick auf die Hauptversammlungszuständigkeit wird weiter durch die Intention des Gesetzgebers vor Einführung des Zulassungswiderrufs bestätigt. Der Zulassungswiderruf auf Antrag des Emittenten wurde mit dem Dritten Finanzmarktförderungsgesetz als § 43 Abs. 4 BörsG, wortgleich zur heutigen Fassung in § 39 Abs. 2 BörsG, eingeführt. Im Vorfeld der Einführung war vor allem umstritten, ob börsenrechtlich überhaupt ein Delisting erfolgen konnte.266 In Reaktion auf diese Diskussion wollte der Gesetzgeber mit der Regelung des Zulassungswiderrufs klarstellen, daß sich ein Emittent auf eigenen Wunsch von der Börse zurückziehen kann, wenn dies dem Schutz der Anleger nicht widerspricht.267 Das Fehlen einer Regelung dazu und die damit verbundene 263 Ebenso VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1146, 1449 f.; das im Wege der Sprungrevision angerufene BVerwG hat sich durch die Erledigung des Rechtsstreits in der Sache nicht dazu geäußert, BVerwG, Beschl. v. 04. 06. 2003 – 6 C 21.02, Internet: http: // www.bundesverwaltungsgericht.de / media / archive / 1448.pdf. 264 Im Ergebnis ebenso Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1066; de Vries, Delisting, S. 81 f., hebt die Überschneidungen und Wechselwirkungen zwischen beiden Rechtsgebieten hervor. 265 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 126; ders. in GroßKomm AktG, Vor §§ 118 – 147 Rn. 199. 266 Vgl. dazu Radtke, Delisting, S. 45 ff.; Eickhoff, WM 1988, 1713, 1714 ff.; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 477 ff.; Klenke, WM 1995, 1089, 1094 ff.; Schwark / Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 752 ff. 267 BT-Drucks. 13 / 8933, S. 57 und S. 74 f.

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Rechtsunsicherheit wurden als Börseneintrittshindernis begriffen, da die Gesellschaften befürchten mußten, sich nicht mehr von der Börse zurückziehen zu können.268 Die gesamte Reichweite der Folgen eines Delisting für die Anleger und die Gesellschaft erkannte der Gesetzgeber jedoch nicht.269 So äußert sich der Gesetzgeber nur ansatzweise zu einer Beteiligung der Hauptversammlung auf aktienrechtlicher Ebene, ohne diese jedoch zu regeln. Lediglich innerhalb der näheren Ausgestaltung des Anlegerschutzes in der BörsO wurde die Beteiligung der Hauptversammlung in Betracht gezogen. So sollte der Anlegerschutz gewahrt sein, wenn die Hauptversammlung mit einer Dreiviertelmehrheit270 oder sogar alle betroffenen Aktionäre dem Delisting zugestimmt hätten271. Eine Festschreibung dieses Erfordernisses erfolgte aber in § 39 Abs. 2 BörsG nicht. Nun im Umkehrschluß daraus zu folgern, daß der Gesetzgeber eine Beteiligung der Hauptversammlung auf aktienrechtlicher Ebene nicht gewollt hat, erscheint zweifelhaft.272 Um eine Regelungslücke aufgrund eines solchen Umkehrschlusses abzulehnen, müßte es sich um ein „beredtes Schweigen“ des Gesetzgebers handeln. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Der Gesetzgeber hat die Beteiligung der Hauptversammlung ausdrücklich in Betracht gezogen. Ein „beredtes Schweigen“ kann auch nicht darin gesehen werden, daß § 43 Abs. 1 BörsO FWB273 ausdrücklich keinen Beschluß der Hauptversammlung als Voraussetzung vorsieht. Diese Regelung ist aber im Hinblick auf die Beteiligung der Hauptversammlung ebenfalls nicht abschließend, da sie lediglich Regelbeispiele enthält, in welchen Fällen der Anlegerschutz gewahrt ist. Selbst wenn man der Regelung in § 43 Abs. 1 und 2 BörsO FWB einen abschließenden Charakter zubilligen würde, wäre zweifelhaft, ob durch eine solche untergesetzliche Regelung die Beteiligung der Aktionäre ausgeschlossen werden kann. Gegen die Wirksamkeit eines solchen Ausschlusses spricht die fehlende Kompetenz der Börse, als Satzungsgeber die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung zu regeln. Dies ist allein Aufgabe des Aktiengesetzgebers. Letztendlich hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, daß die Gesellschaft die Börse überhaupt verlassen kann, wenn der Anlegerschutz in Form des Vertrauens der Anleger 268 BT-Drucks. 13 / 8933, S. 74; so auch die Einschätzung von Baur in Weisgerber / Baur, Das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz, S. 56; Hopt / Baum in Hopt / Rudolph / Baum, Börsenreform, S. 420. 269 Vgl. umfassend zu den Folgen für die Aktionäre als Anleger und die Gesellschaft oben 2. Teil: E., S. 87 ff. 270 So die Stellungnahme des Bundesrates in BT-Drucks. 13 / 8933, S. 165. 271 So BRat-Drucks. 605 / 97, S. 75. 272 Hopt / Baum in Hopt / Rudolph / Baum, Börsenreform, S. 418 führen in ihrem Gutachten für das Bundesfinanzministerium im Vorlauf zum 3. Finanzmarktförderungsgesetz aus, daß das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses wohl dem Innenrecht der AG zu überlassen und nicht im BörsG festzulegen sei. 273 Ebenso § 82 Abs. 2 BörsO Börse Berlin; § 50 Abs. 2 b) BörsO Hanseatische Wertpapierbörse Hamburg; § 50 Abs. 3 BörsO Hannover; § 79 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BörsO BadenWürttembergische Wertpapierbörse; einen Beschluß der Hauptversammlung sieht hingegen § 56 Abs. 4 BörsO Börse Düsseldorf vor.

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in den Fortbestand des Marktes berücksichtigt wird.274 Dieses Vertrauen entfällt nach Auffassung des VG Frankfurt / Main jedoch, wenn die Voraussetzungen für einen normalen und geregelten Handel nicht mehr gegeben sind und sich von den für die Zulassung zum Börsenhandel geltenden Bedingungen entfernen.275 Nur, wenn diese Voraussetzung nicht gegeben ist, kann der Aktionär das Delisting mittels verwaltungsrechtlicher Anfechtungsklage verhindern.276 Darüber hinaus hat der Gesetzgeber auf kapitalmarktrechtlicher Seite keine weiteren inhaltlichen Vorgaben getroffen. Das Aktienrecht betrifft dagegen die Frage, wie und unter welchen Voraussetzungen eine solche Maßnahme durchzuführen ist. Aktienrechtliche Voraussetzungen nicht zu beachten oder von vornherein auszuschließen hieße, den Aktionär lediglich als Anleger und nicht als Mitglied einer AG zu betrachten. Diese Betrachtung würde jedoch die Doppelstellung des Aktionärs als Mitglied der Gesellschaft und als Kapitalanleger verkennen. Die Anerkennung eines grundsätzlichen Vorranges der Rückzugsinteressen der Gesellschaft vor den Interessen der Anleger und einem Ausschluß weiterer aktienrechtlicher Voraussetzungen277 würde dieser Doppelstellung als Aktionär und Anleger widersprechen, da eben nur die kapitalmarktrechtliche Seite berücksichtigt würde. Der Gesetzgeber hat mit § 39 Abs. 2 BörsG nur die kapitalmarktrechtliche Seite gesehen. Zwar deutet der Gesetzgeber die aktienrechtliche Relevanz in der Gesetzesbegründung an, jedoch ohne die aktienrechtliche Bedeutung des Delisting insgesamt zu erkennen. Selbst wenn dem Gesetzgeber unterstellt würde, daß er mit dem Willen gehandelt habe, mit § 39 Abs. 2 BörsG das Delisting abschließend zu regeln, verbleibt die Frage, ob dieser Einschätzung nicht ein Irrtum zugrunde liegt. Für eine solche Fehleinschätzung spricht, daß die Gesetzesbegründung allein auf den kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutz Bezug nimmt, aber die Rechte der Aktionäre etwa auf Information oder Abfindung gänzlich außer Betracht läßt. Daher kann nicht von einem abschließenden Regelungszusammenhang des Delisting in § 39 Abs. 2 BörsG ausgegangen werden, der die Planwidrigkeit der Regelungslücke ausschließen würde. Vielmehr verbleibt die Frage, welche Anforderungen in aktienrechtlicher Hinsicht an das Delisting zu stellen sind. b) Analogie zur nachträglichen Vinkulierung der Aktien Die Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Delisting-Entscheidung innerhalb der AG könnte mit einer Analogie zu §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 2 AktG begrün274 Vgl. dazu oben zu den einzelnen Voraussetzungen einer Delisting – Entscheidung 3. Teil: A.II., S. 93ff. 275 VG Frankfurt / Main, Urt. v. 17. 06. 2002 – 9 E 2285 / 01 (V), ZIP 2002, 1446, 1449. 276 Die Widerrufsentscheidung könnte der Aktionäre im Wege der Drittanfechtungsklage angreifen, wobei die Anfechtungsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO aufgrund § 15 Abs. 6 BörsG nicht unproblematisch ist, da die Geschäftsführung ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. 277 So aber Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 134; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 235.

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det werden. Voraussetzung dafür ist nach der bereits oben festgestellten planwidrigen Regelungslücke, daß der durch § 180 Abs. 2 AktG geregelte Sachverhalt mit dem des Delisting vergleichbar ist. Eine Vergleichbarkeit beider Sachverhalte kann angenommen werden, wenn positiv die Identität der zu beurteilenden Sachverhalte festgestellt wird, und negativ die Unterschiede zwischen beiden nicht derart erheblich sind, daß die Übertragung der gesetzlichen Wertung ausgeschlossen ist.278 Der von § 180 Abs. 2 AktG geregelte Tatbestand erfaßt den Sachverhalt, daß durch einen satzungsändernden Beschluß der Hauptversammlung nach § 179 Abs. 1 AktG nachträglich die Übertragung der Namensaktien an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden wird (Vinkulierung). Der Beschluß bedarf zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung aller betroffenen Aktionäre. Dieses Erfordernis begründet sich aus der Einschränkung der vormals bestehenden freien Veräußerungsmöglichkeit der Aktien.279 Den Aktionären ist die Veräußerung der Aktien an einen Erwerber nach Zustimmung zu der Satzungsänderung gemäß § 68 Abs. 2 AktG nur noch mit dem Einverständnis der Gesellschaft möglich. Die Möglichkeit der Veräußerung hängt damit von der rechtsgeschäftlichen Zustimmung280 eines Dritten ab und liegt nicht mehr im alleinigen Ermessen des einzelnen Aktionärs. Beim vollständigen Delisting entfällt für den einzelnen Aktionär die Möglichkeit zur Veräußerung seiner Aktien über die Börse. Zudem verliert er die Bewertungsund Kontrollfunktion des Kapitalmarktes.281 Im Vergleich zur nachträglichen Vinkulierung hängt die Veräußerungsmöglichkeit beim vollständigen Delisting aber nicht von der Zustimmung eines Dritten ab.282 Die fehlende Veräußerungsmöglichkeit über die Börse erschwert zwar die Veräußerung der Aktien, dennoch kann der Aktionär selbst wirksam über den Verkauf entscheiden, ohne in die Abhängigkeit eines Dritten zu geraten. Die Abhängigkeit von der Veräußerungsmöglichkeit über die Börse kann nicht mit der Zustimmungspflicht bei einer Vinkulierung verglichen werden, da die Vinkulierung unmittelbar in das mitgliedschaftliche Recht der freien Veräußerbarkeit der Aktien eingreift. Selbst wenn man die Vergleichbarkeit dadurch herstellen wollte, die nachträgliche Vinkulierung ebenso wie das vollständige Delisting abstrakt als Einschränkung der Veräußerbarkeit zu begreifen, liegt keine ausreichende Identität zwischen beiden Vorgängen vor. Die Einschränkung der Veräußerungsmöglichkeit bei der Vinkulierung hängt von einer rechtsgeschäftlichen Entscheidung ab und kommt faktisch einem Ausschluß der Veräußerungsmöglichkeit gleich, während beim Delisting zwar faktisch die Veräußerungsmöglichkeit eingeschränkt ist, aber die rechtliche Qualität des Ausschlusses fehlt. Der durch das Delisting betroffene Aktionär hat nicht die Möglichkeit wie bei der Vinkulierung, die von der Gesellschaft verweigerte Zustimmung gegen 278 279 280 281 282

Larenz / Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 202 f. Siehe zum Grundsatz der freien Veräußerbarkeit oben 2. Teil: B.I.1., S. 60. Wiedemann in GroßKomm AktG, § 180 Rn. 18. Siehe oben 2. Teil: E.II., S. 83 ff. Ebenso Ekkenga, ZGR 2003, 878, 886.

D. Stellungnahme

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diese gerichtlich geltend zu machen283. Darin wird die andere Qualität der Vinkulierung im Vergleich zum vollständigen Delisting deutlich, denn dort fehlt ein Dritter, gegen den ein solcher Anspruch geltend gemacht werden könnte. Somit fehlt es an der Vergleichbarkeit zwischen der nachträglichen Vinkulierung nach § 180 Abs. 2 AktG und dem Sachverhalt des vollständigen Delisting, so daß die Hauptversammlungszuständigkeit nicht im Wege der Analogie begründet werden kann. c) Analogie zu Umwandlungsvorgängen Im einzelnen kommen Analogien zum Formwechsel von einer AG in eine KG (§§ 193 Abs. 1, 233 Abs. 2 S. 1 UmwG) oder eine GmbH (§§ 193 Abs. 1, 240 Abs. 1 UmwG), zur Aufspaltung der AG (§§ 125, 13 Abs. 1 UmwG) oder zur Verschmelzung der AG auf eine nichtbörsennotierte Gesellschaft (§§ 13 Abs. 1, 65 Abs. 1 UmwG) in Betracht, die aufgrund des Eingriffs in die Struktur der Gesellschaft der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen. Obwohl alle zuvor genannten Maßnahmen unter dem Oberbegriff Strukturmaßnahme zusammengefaßt werden und ihnen der gemeinsame Grundgedanke zugrunde liegt, daß die Hauptversammlung solchen Maßnahmen zustimmen muß284, soll zunächst jeder einzelne Umwandlungsvorgang wegen seiner unterschiedlichen Folgen für die Gesellschaft und die Aktionäre im Wege der Einzelanalogie auf die Vergleichbarkeit zum regulären Delisting gesondert untersucht werden. Zugleich ist damit die Frage zu beantworten, ob der bei einem regulären Delisting stattfindende Wechsel von einer börsennotierten AG in eine nichtbörsennotierte AG als gesellschaftsrechtliche Strutkurmaßnahme einzuordnen ist.285 Der analogen Anwendbarkeit der Normen aus dem UmwG steht nicht schon das aus § 1 Abs. 2 UmwG zu entnehmende Analogieverbot entgegen, da ein Transfer der im UmwG getroffenen Wertungen nicht ausgeschlossen ist.286 aa) Vergleichbarkeit von Formwechsel und regulärem Delisting Um die Vergleichbarkeit zwischen einem Formwechsel und einem Delisting zu untersuchen, sind zunächst die entscheidenden Merkmale und Folgen einer solchen Umwandlung herauszuarbeiten. Für die Wirkungen und Folgen ist dabei zwischen dem Formwechsel der börsennotierten AG in eine GmbH (§§ 193 Abs. 1, 240 Abs. 1 UmwG) oder in eine KG (§§ 193 Abs. 1, 233 Abs. 2 S. 1 UmwG) zu unterscheiden, da die Gesellschaft und die Aktionäre je nach Art der Zielrechtsform unterschiedlichen gesellschaftsrechtlichen Regelungen unterfallen. Neben dieser Vgl. dazu nur Hüffer AktG, § 68 Rn. 16; Bayer in MünchKomm AktG, § 68 Rn. 106 ff. Siehe dazu unten 4. Teil: D.I.2.g)bb), S. 181 ff. 285 Siehe sogleich 4. Teil: D.I.2.c)aa), S. 171 ff. 286 Vgl. mit umfassender Begründung Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 1 Rn. 39 m. w. N.; Leinekugel, Ausstrahlungswirkungen des Umwandlungsgesetzes, S. 174 ff. 283 284

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Folgenbetrachtung können zudem die gesetzgeberischen Gründe zur Beteiligung der Hauptversammlung herangezogen werden. Beim Wechsel der Rechtsform einer AG in eine GmbH bleibt zwar der Rechtsträger identisch (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG), die auf den Rechtsträger anwendbare Rechtsordnung richtet sich jedoch nach den Regeln der neuen Rechtsform287, mithin hier nach dem GmbHG. Zwar gilt die Satzung der AG, wenn kein neuer Gesellschaftsvertrag für die GmbH beschlossen wird, grundsätzlich weiter, soweit die Bestimmungen der Satzung nicht den zwingenden Vorschriften des GmbHG widersprechen288. Jedoch wird dies regelmäßig nicht der Fall sein, da der Vorstand und der Mehrheitsaktionär die Gesellschaft umstrukturieren werden. Wie der Gesellschaftsvertrag ausgestaltet ist, richtet sich aufgrund des Fehlens einer entsprechenden Norm zur Satzungsstrenge i. S. d. § 23 Abs. 5 AktG nach den konkreten Umständen im Einzelfall. Ausgehend davon verändert sich auch die Stellung der Organe der AG. Mit der Eintragung des Formwechsels endet die Stellung des Vorstands als Organ, dies ergibt sich im Umkehrschluß aus § 246 Abs. 2 UmwG, der eine gleichzeitige Anmeldung der Geschäftsführer zum Register fordert.289 Gleiches gilt für den Aufsichtsrat der AG, soweit nicht auch bei der GmbH ein solcher gebildet wird (§ 203 S. 1 UmwG). Die Aktionäre als Anteilsinhaber werden mit Eintragung des Formwechsels in das Handelsregister gemäß § 202 Abs. 1 Nr. 2 UmwG kraft Gesetzes Gesellschafter der GmbH. Dieser sogenannte Grundsatz der Identität der Beteiligungen enthält jedoch keine Aussage über die Quantität der Beteiligung, die bei einem Formwechsel in eine GmbH regelmäßig verhältniswahrend sein wird290, oder über die qualitative Ausstattung der Mitgliedschaft, die sich nach §§ 45 ff. GmbHG richtet. Die früheren Aktionäre erhalten als Gesellschafter der GmbH die Möglichkeit, gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG Weisungen an die Geschäftsführung zu erteilen. Dies gilt insbesondere auch für den bisherigen Großaktionär, der auf die Leitung der Gesellschaft nicht nur über die Personalauswahl des Aufsichtsrates wie bei der AG, sondern nunmehr direkt Einfluß nehmen kann.291 Die Übertragung der Geschäftsanteile einer GmbH im Wege der Abtretung sowie der entsprechende Verpflichtungsvertrag werden durch § 15 Abs. 2 und 3 GmbHG der notariellen Form nach § 128 BGB unterworfen. Die Anteile an dem Rechtsträger neuer Rechtsform büßen durch das notarielle Formerfordernis erheb287 Vgl. § 197 S. 1 UmwG zu den anwendbaren Gründungsvorschriften und Decher in Lutter UmwG, § 202 Rn. 11 f. 288 Dazu Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 202 Rn. 22. 289 Decher in Lutter UmwG, § 202 Rn. 44; Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 202 Rn. 24. 290 Einem nicht-verhältniswahrenden Formwechsel müssen die betroffenen Aktionäre zustimmen, dies bedeutet jedoch, daß bei einer formwechselnden börsennotierten AG regelmäßig die abweichende Nennbetragsfestsetzung der Geschäftsanteile praktisch unmöglich ist, vgl. Dirksen in Kallmeyer UmwG, § 242 Rn. 1 f. 291 Vgl. zu den weiteren Folgen für den Minderheitsgesellschafter Veil, Umwandlung einer AG in eine GmbH, S. 23 ff.

D. Stellungnahme

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lich an ihrer Umlauffähigkeit ein, bleiben aber verkehrsfähig. Der Formwechsel einer börsennotierten AG in eine GmbH hat erhebliche Folgen sowohl für die Organe der ehemaligen AG, die nicht kraft Gesetzes ihre Stellung behalten, als auch für die Anteilsinhaber, deren Anteile ihre erhöhte Umlauffähigkeit verlieren. Zudem werden die Einflußmöglichkeiten der Gesellschafter auf die Geschäftsführung zugunsten des ehemaligen Großaktionärs verschoben. Eine Vergleichbarkeit zwischen Formwechsel und regulärem Delisting kann nur angenommen werden, wenn durch das reguläre Delisting eine ebensolche Umgestaltung der Gesellschaft und der Mitgliedschaftsrechte stattfindet. Für eine Vergleichbarkeit spricht, daß beim regulären Delisting ebenso wie bei dem hier beschriebenen Formwechsel die Anteile nur noch eingeschränkt umlauffähig sind, ohne jedoch ihre Verkehrsfähigkeit vollends zu verlieren. Eine solche Beschränkung des Maßstabes auf die Anteilsinhaber verkennt jedoch die Folgen auf der Ebene der Organe und die erhebliche Verschiebung des Einflußpotentials zugunsten des Großaktionärs aufgrund des Weisungsrechts der Gesellschafter gegenüber der Geschäftsführung. Beim regulären Delisting bleibt die Organisationsverfassung der AG unangetastet, der Einfluß des Großaktionärs auf den Vorstand vergrößert sich dadurch nicht. Auch wenn durch das reguläre Delisting im Aktienrecht partiell andere Rechtsnormen angewendet werden292, führt dieses noch nicht zu einer grundlegenden Veränderung der Gesellschaftsform293, da das AktG die börsennotierte AG und die nichtnotierte AG grundsätzlich gleich behandelt und nur in Einzelfällen für die börsennotierte AG besondere Regelungen enthält294. Es handelt sich bei der AG um eine einheitliche Gesellschaftsform, selbst wenn der Erscheinungstyp ein anderer ist.295 Die Gesellschaftsform wird durch die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen bestimmt, nicht aber durch die kapitalmarktrechtlichen Regelungen der Börsenzulassung und etwaiger Folgepflichten. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn lediglich eine bestimmte Gesellschaftsform die Börsenzulassung für ihre Wertpapiere beantragen könnte. So liegt es aber hier nicht. Daher besteht zwischen dem regulären Delisting und dem Formwechsel einer börsennotierten AG in eine GmbH keine vergleichbare Interessenlage. Gleiches gilt für den Formwechsel einer börsennotierten AG in eine KG. Auch dort wird die Organschaftsstellung des Vorstands mit der Eintragung des FormVgl. dazu oben 2. Teil: D.I.5., S. 78. Ebenso Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 662; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 110 ff.; de Vries, Delisting, S. 102; M. Henze, Delisting, S. 140, die das Argument des Strukturunterschiedes ausdrücklich aufgrund eines fehlenden tiefen Eingriffs ablehnen; a. A. Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 70, dort als „wirtschaftliche Umwandlung“ bezeichnet; Steck, AG 1998, 460, 461; Seibt in Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, S. 37, 68 f.; offengelassen bei Hüffer AktG, § 3 Rn. 5, der aber wohl eine sprachliche Entlastung in der Bezeichnung als „börsennotierte Aktiengesellschaft“ sieht, nicht aber eine andere Gesellschaftsform. 294 Siehe §§ 110 Abs. 3, 125 Abs. 1 S. 3, 130 Abs. 1 S. 3, 134 Abs. 1 S. 2, 161, 171 Abs. 2 S. 2, 2. HS, 328 Abs. 3 AktG. 295 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 772. 292 293

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wechsels beendet. Die Aktionäre werden zu Kommanditisten der KG. In der Regel wird es sich um eine Publikums-KG handeln296, die als persönlich haftenden Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft hat. Die früheren Aktionäre können ihre Kommanditanteile zwar formlos übertragen, jedoch ist die Übertragung an die Zustimmung der anderen Gesellschafter gebunden oder muß nach dem Gesellschaftsvertrag zulässig sein.297 Wegen der fehlenden wertpapiermäßigen Verbriefung der Kommanditanteile sind diese nur eingeschränkt umlauffähig. Die Verkehrsfähigkeit als solche ist nur eingeschränkt, wenn der Gesellschaftsvertrag explizit keine Übertragung zuläßt. Dann wirkt die Zustimmungspflicht wie eine „Vinkulierung“. Die Übertragbarkeit eines Kommanditanteils ist damit stärker eingeschränkt als die Übertragbarkeit einer Aktie einer nichtbörsennotierten AG im Verhältnis zu einer Aktie einer börsennotierten AG. Denn selbst eine nichtnotierte Aktie ist frei übertragbar und zu ihrer Übertragung bedarf es grundsätzlich keiner Zustimmung von dritter Seite. Die eingeschränkte Umlauffähigkeit eines Kommanditanteils ist daher mit einer nichtnotierten Aktie nicht vergleichbar. Zwar haben die Kommanditisten in einer Publikums-KG vergleichbare Rechte wie Aktionäre298, wie etwa das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung nach Kapitalanteilen 299, das Recht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung analog § 50 Abs. 3 GmbHG300 oder Informationsrechte nach § 166 HGB, die mindestens soweit reichen wie bei §§ 131 ff. AktG301. Dies spricht zumindest für die Vergleichbarkeit, reicht jedoch als Gesichtspunkt nicht aus, um die Vergleichbarkeit für eine Analogie zu begründen. Zu beachten bleibt nämlich die fehlende Einflußmöglichkeit der Kommanditisten auf die Auswahl der Geschäftsführung in der Gesellschafterversammlung. Die Leitung der KG erfolgt zwar durch einen persönlich haftenden Gesellschafter, der jedoch im Falle eines Formwechsels einer AG in eine KG in der Regel aus einer Kapitalgesellschaft bestehen wird. Nur die Gesellschafter dieser Komplementär-Gesellschaft bestimmen die Geschäftsführung, nicht jedoch die Kommanditisten. Auch dieser Einflußverlust aufgrund der veränderten gesellschaftsrechtlichen Grundlagen spricht gegen eine Vergleichbarkeit. Insgesamt liegt daher keine Vergleichbarkeit zwischen beiden Maßnahmen vor. Die Zuständigkeit der Hauptversammlung kann somit nicht im Wege einer Analogie zu §§ 193 Abs. 1, 233 Abs. 2, 240 Abs. 1 UmwG begründet werden.

296 Vgl. zum Begriff der Publikums-KG Grunewald in MünchKomm HGB, § 161 Rn. 101, wobei beim Delisting durch einen Formwechsel die früheren Aktionäre direkt an der KG als Kommanditisten beteiligt sein werden. 297 Vgl. Grunewald in MünchKomm HGB, § 173 Rn. 24. 298 Vgl. nur Hopt in Baumbach / Hopt HGB, Anh § 177a Rn. 53, der von einem Sonder(gesellschafts)recht spricht. 299 Grunewald in MünchKomm HGB, § 161 Rn. 124. 300 Grunewald in MünchKomm HGB, § 161 Rn. 123; Hopt in Baumbach / Hopt HGB, Anh § 177a Rn. 72. 301 Hopt in Baumbach / Hopt HGB, Anh § 177a Rn. 72.

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bb) Vergleichbarkeit von Verschmelzung und regulärem Delisting Auch eine Analogie zur Verschmelzung könnte in Betracht kommen, um die Hauptversammlungszuständigkeit nach §§ 13, 65 Abs. 1 UmwG zu begründen. Dazu müßte die Verschmelzung einer börsennotierten auf eine nichtbörsennotierte AG mit dem regulären Delisting vergleichbar sein. Dies ist nicht der Fall, da die übertragende AG mit Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erlischt und die Aktionäre der übertragenden AG gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft werden. Beim regulären Delisting bleiben die Aktionäre Anteilsinhaber der Gesellschaft. Wirtschaftlich betrachtet besteht für die Aktionäre qualitativ zwar kein Unterschied zwischen der Verschmelzung und dem regulären Delisting, da es sich auch um nichtnotierte Aktien handelt. Jedoch wird der Aktionär rechtlich betrachtet Anteilsinhaber einer neuen juristischen Person und bleibt nicht Anteilsinhaber ein und derselben Gesellschaft. Auch verringert sich das Gewicht der Anteile im Verhältnis zu den insgesamt vorhanden Aktien der übernehmenden AG, wenn die Verschmelzung auf eine schon bestehende AG erfolgt. Aufgrund der mangelnden Vergleichbarkeit beider Sachverhalte scheidet daher eine Analogie zu §§ 13, 65 Abs. 1 UmwG aus. cc) Vergleichbarkeit von Aufspaltung und regulärem Delisting Aus denselben Gründen wie bei der Verschmelzung muß auch eine Analogie zu den Spaltungsvorschriften (§§ 125 S. 1, 13 UmwG), die zur Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit herangezogen werden könnte, abgelehnt werden. Bei der Aufspaltung erlischt gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG der übertragende Rechtsträger mit Eintragung der Spaltung im Handelsregister, so daß die Aktionäre Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers werden. Die Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers erhalten damit Anteile in mehreren Gesellschaften, die möglicherweise ganz anders strukturiert sind und eine andere geschäftliche Ausrichtung haben. Zudem ändert sich die Zusammensetzung der Anteilsinhaberstruktur innerhalb der übernehmenden Rechtsträger, so daß sich die Aktionäre der übertragenden AG wirtschaftlich als auch rechtlich einer neuen Situation gegenüber sehen. Darin liegt der Grund für die Zuständigkeit der Hauptversammlung. Eine Auflösung der AG erfolgt beim regulären Delisting hingegen nicht, sie bleibt in ihrer bisherigen gesellschaftsrechtlichen Struktur erhalten. d) Analogie zu den Regelungen über Unternehmensverträge Ob die Regelung des § 293 Abs. 1 S. 1 AktG, die aufgrund des mit dem Abschluß des Unternehmensvertrages verbundenen Eingriffs in die Struktur der Gesellschaft zur Wirksamkeit dieses Vertrages die Zustimmung der Hauptversammlung fordert, analog auf das reguläre Delisting anzuwenden ist, hängt ebenfalls von

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der Vergleichbarkeit beider Vorgänge ab. Betrachtet man allein die Folgen nach Abschluß eines Unternehmensvertrages, etwa in Form eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages gemäß § 291 Abs. 1 AktG, so bleiben die außenstehenden Aktionäre Mitglieder der abhängigen Gesellschaft und erhalten für den Verlust ihrer Herrschafts- und Vermögensrechte einen angemessenen Ausgleich gemäß § 304 Abs. 1 AktG oder einen Abfindungsanspruch gemäß § 305 Abs. 1 AktG. Ihnen bleibt also die Wahl, gegen Zahlung eines Ausgleichs in der Gesellschaft zu verbleiben oder aber gegen Abfindung auszuscheiden. Verbleiben sie in der Gesellschaft, könnte diese Gestaltungsform mit einem regulären Delisting vergleichbar sein, da ihre Rechte aus den Anteilen möglicherweise ebenso wie beim Delisting beeinträchtigt werden. Dagegen sprechen jedoch mehrere Gesichtspunkte. Der Abschluß des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages führt im Gegensatz zum Delisting dazu, daß sich die abhängige Gesellschaft gemäß § 308 Abs. 1 AktG den Weisungen einer anderen Gesellschaft unterstellt und die herrschende Gesellschaft im Gegenzug gemäß § 302 Abs. 1 AktG die Verluste der abhängigen Gesellschaft übernimmt. Zwar wird durch den Abschluß der Verträge die Satzung der abhängigen Gesellschaft nicht geändert, jedoch ändern sich die Organisationsgrundsätze der Gesellschaft grundlegend, da der Vorstand die Gesellschaft nicht mehr eigenverantwortlich leitet. Dies muß durch den Hauptversammlungsbeschluß legitimiert werden, da es sich für den Geltungszeitraum des Vertrages faktisch um eine Satzungsänderung handelt. Darin ist der gesetzgeberische Grund zur Anordnung der Hauptversammlungszuständigkeit zu sehen.302 Beim regulären Delisting hingegen sind die Aktionäre Mitglied einer weisungsunabhängigen Gesellschaft, deren Satzung nach Beendigung der Börsenzulassung keine inhaltliche Änderung erfährt. Zwar mögen die Vermögensrechte der Aktionäre im weitesten Sinne aufgrund der weggefallenen Börsenzulassung beeinträchtigt sein, nicht aber die Verwaltungsrechte, die beim Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages stark eingeschränkt werden.

e) Analogie zur Mehrheitseingliederung Eine Analogie zur Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit könnte sich darauf stützen, daß bei der Mehrheitseingliederung der Aktionär der börsennotierten AG durch den Beschluß der Hauptversammlung aus der börsennotierten AG ausgeschlossen wird und sich danach aufgrund der Abfindungsregelung in § 320b Abs. 1 AktG mit Aktien der Hauptgesellschaft in einer nichtbörsennotierten AG wiederfindet. Diese Situation könnte mit der des regulären Delisting vergleichbar sein, da sich auch dort nach der Beantragung des Delisting und dem anschließenden Widerruf der Börsenzulassung der Aktionär Anteilsinhaber einer nichtbörsennotierten AG geworden ist. Eine Analogie zu § 320 Abs. 1 AktG scheidet 302 Vgl. nur Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 165 m. w. N.; kritisch Altmeppen in MünchKomm AktG, § 291 Rn. 38.

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zur Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit beim Delisting aber aus den gleichen Gründen wie bei den Unternehmensverträgen aus. Zwar erhält der ausgeschiedene Aktionär mit Eintragung der Eingliederung einen Anspruch auf angemessene Abfindung, die grundsätzlich in Form von Aktien der Hauptgesellschaft zu gewähren ist (§ 320b Abs. 1 S. 2 AktG)303, so daß der Minderheitsaktionär ähnlich wie beim Delisting Aktionär einer nichtbörsennotierten AG wird. Jedoch findet sich die Gesellschaft, die das reguläre Delisting betreibt, danach in keinem mit der Mehrheitseingliederung (§ 323 Abs. 1 S. 1 AktG) vergleichbaren Weisungsverhältnis zu einer anderen Gesellschaft. Des weiteren wird der ausgeschiedene Aktionär Anteilsinhaber einer anderen AG, die einer anderen Leitung untersteht und eine andere Satzung hat. Insofern ist die Mehrheitseingliederung im Hinblick auf die Folgen für die Aktionäre eher mit der Verschmelzung vergleichbar, weil auch dort die Aktionäre aus dem übertragenden Rechtsträger ausscheiden. Da aber schon bei der Verschmelzung keine mit dem regulären Delisting vergleichbare Interessenlage vorliegt, gilt dies auch für die Mehrheitseingliederung. Zudem ergeben sich zwischen der Mehrheitseingliederung und dem regulären Delisting erhebliche Unterschiede, weil beim regulären Delisting die Mitgliedschaftsrechte unangetastet bleiben, während sie bei der Mehrheitseingliederung vollkommen aufgehoben und gegen Anteilsrechte an der Hauptgesellschaft ausgetauscht werden (§ 320b Abs. 1 S. 1 und 2 AktG). f) Analogie zum Squeeze-out und zur übertragenden Auflösung Eine Analogie zu den zuständigkeitsbegründenden Vorschriften beim Squeezeout (§ 327a AktG) und zur übertragenden Auflösung (§§ 179a Abs. 1, 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG) kommt ebenfalls nicht in Betracht. In allen Fällen scheidet der Aktionär gegen Abfindung oder Beteiligung am Liquidationserlös aus der AG aus, ohne daß er zwischen einem Verbleib in der Gesellschaft oder dem Austritt wählen könnte. Er erhält als früherer Aktionär zum Tausch keine neuen Anteile an einer anderen Gesellschaft, die weniger fungibel als börsennotierte Aktien sind. Der Ausgleich für den Verlust der Mitgliedschaft erfolgt vielmehr durch Zahlung einer Barabfindung (§§ 327b Abs. 1, 271 Abs. 1 AktG). Ein derartiger Interessenkonflikt, wie er beim regulären Delisting auftritt, liegt in den genannten Fällen nicht vor, da die Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft zwangsweise ausscheiden oder die Gesellschaft selbst aufgelöst wird. Somit können diese gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsformen nicht zur Analogiebildung herangezogen werden, auch wenn sie eine Möglichkeit zum kalten Delisting darstellen.

303 Ist die Hauptgesellschaft selbst eine abhängige Gesellschaft, kann der ausgeschiedene Aktionär zwischen einer Barabfindung und einer Abfindung in Aktien wählen (§ 320b Abs. 1 S. 3 AktG).

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g) Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit durch eine Gesamtanalogie zu Finanzierungs- und Strukturentscheidungen Gegebenenfalls kann die Zuständigkeit der Hauptversammlung durch eine Gesamtanalogie zu den sogenannten Strukturmaßnahmen, die durch die Hauptversammlung beschlossen werden müssen, begründet werden. Eine Gesamtanalogie ist das Entnehmen eines Rechtsgrundsatzes aus mehreren gesetzlichen Bestimmungen, die an unterschiedliche Tatbestände die gleiche Rechtsfolge knüpfen, und dessen wertungsmäßige Übertragung auf einen ungeregelten Tatbestand304, hier mithin das reguläre Delisting.305 Das AktG schreibt in § 119 Abs. 1 Nr. 5, 6 und 8 AktG die Zuständigkeit der Hauptversammlung für bestimmte Strukturmaßnahmen, wie etwa Satzungsänderungen, Maßnahmen zur Kapitalbeschaffung und -herabsetzung sowie die Auflösung der Gesellschaft, vor. Daneben existieren weitere gesetzlich bestimmte Fälle, wie z. B. die Ermächtigung des Vorstands zum Erwerb eigener Aktien, der Abschluß und die Änderung eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages etc..306 Zunächst kann aus dem Oberbegriff der Strukturentscheidung die Maßnahmen zur Kapitalbeschaffung und -herabsetzung als speziellere Kategorie zur Begründung einer Gesamtanalogie herausgelöst werden. Das reguläre Delisting könnte demnach als Entscheidung der Gesellschaft über die zukünftige Finanzierung des Unternehmens aufgefaßt werden, da der Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle ausscheiden würde.307 Erst danach ist zu untersuchen, ob sich die Hauptversammlungszuständigkeit auf den allgemeineren Begriff der Strukturmaßnahme stützen läßt.

aa) Gesamtanalogie zu Finanzierungsentscheidungen Ausgehend von der rechtstatsächlichen Erkenntnis, daß das reguläre Delisting eine Entscheidung über die zukünftige Finanzierung der Gesellschaft ist, könnte im Wege der Gesamtanalogie zu den Finanzierungsentscheidungen (§ 119 Abs. 1 Nr. 6 AktG) die Hauptversammlungszuständigkeit begründet werden. Die Einordnung des regulären Delisting als Finanzierungsentscheidung beruht nicht wie bei den Umwandlungsvorgängen auf den Folgen des Delisting für die einzelnen Aktionäre, sondern auf einer wirtschaftlichen Betrachtung des Delisting aus dem BlickLarenz / Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 204. Gegen diesen Ansatz kann nicht schon von vornherein angeführt werden, daß eine Gesamtanalogie den bei der Untersuchung der Einzelanalogien gefundenen Ergebnissen widerspricht. Bei der Gesamtanalogie werden nicht die Rechtsfolgen einer einzelnen Norm übertragen, sondern ein allgemeiner Grundsatz gesucht, der übertragen werden kann. 306 Vgl. die Aufzählung bei Mülbert in GroßKomm AktG, § 119 Rn. 15; Hüffer AktG, § 119 Rn. 7; als weitere Strukturmaßnahmen können die Verschmelzung, Spaltung und der Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz genannt werden, die hier aber zunächst nicht betrachtet werden. 307 So Reiff, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des regulären Delistings, S. 122 f. 304 305

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winkel der Gesellschaft. Die Gesellschaft will das Delisting durchführen, weil ihre Finanzierung durch Aufnahme von Eigenkapital über die Börse aufgrund des Marktumfeldes oder der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft faktisch nicht mehr möglich ist.308 Der Rückzug wird dadurch erleichtert, daß die „Finanzierungslücke“ durch einen Investor, der der Gesellschaft aus eigenen Mitteln Eigenoder Fremdkapital zuführt, geschlossen wird.309 Mit dem Delisting begibt sich die Gesellschaft der Möglichkeit der Eigenkapitalfinanzierung über die Börse. Die Ausgabe von Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen entfällt damit faktisch ebenso. Fraglich ist, ob die aktienrechtlichen Finanzierungsentscheidungen einem gemeinsamen Grundsatz unterliegen, der die Entscheidung über die Finanzierung der Gesellschaft ausschließlich die Hauptversammlung zuordnet. Aktienrechtliche Finanzierungsentscheidungen i. S. d. § 119 Abs. 1 Nr. 6 AktG, in denen die Hauptversammlung entscheidet, sind die Kapitalerhöhung nach §§ 182 ff. AktG, die Ausgabe von Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen sowie von Genußrechten (§ 221 AktG) und die Kapitalherabsetzung nach §§ 222 ff. AktG. Alle Maßnahmen zeichnen sich dadurch aus, daß durch die jeweilige Kapitalmaßnahme die Vermögens- oder die Mitgliedschaftsrechte oder aber sogar beide Rechte beeinträchtigt sind. Die Vermögensrechte werden durch die Kapitalerhöhung und eine etwaig eintretende Kursverwässerung geschmälert, was zu einer Verschiebung der Gewinnverteilung führt.310 Die Mitgliedschaftsrechte werden durch einen proportionalen Verlust der Verwaltungsrechte zu den ausgegebenen Aktien beeinträchtigt.311 Die Kapitalherabsetzung führt zu einer Beeinträchtigung der Vermögensinteressen der Aktionäre, da mit der Herabsetzung des Grundkapitals auch die Aktiennennbeträge bei Nennbetragsaktien angepaßt oder bei Unterschreiten des Mindestnennbetrages nach § 8 Abs. 3 AktG sogar zusammengelegt werden müssen. Der einzelne Aktionär erhält eine geringere Dividendenausschüttung, wenn Aktien zusammengelegt worden sind oder gegebenenfalls einen geringeren Kaufpreis für seine Aktien bei Herabsetzung des Nennbetrages. Bei der Ausgabe von Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen steht ebenfalls der Schutz der Altaktionäre vor einer Verwässerung der Verwaltungs- und Vermögensrechte im Mittelpunkt, da die Inhaber solcher Schuldverschreibungen das Recht zum Tausch ihrer Anteile in Aktien haben und damit die Rechte der Altaktionäre beeinträchtigt werden können.312 Bei den Genußrechten ist die Beeinträchtigung der Aktionäre schwer zu fassen, kann aber darin gesehen werden, daß die Gewinnbeteiligung, etwa in Form einer Verzinsung, Vgl. dazu oben 2. Teil: D.I.1.a), S. 72 f. Vgl. oben 2. Teil: D.I.1.b), S. 74 f.; siehe ausführlich Siemes, Going Private, S. 115 ff. 310 Vgl. nur Wiedemann, GroßKomm AktG, § 186 Rn. 13; Hüffer AktG, § 186 Rn. 2. 311 Diese Beeinträchtigung soll durch das Bezugsrecht nach § 186 Abs. 1 AktG ausgeglichen werden, wobei Einschränkungen dieses Rechts unter den Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 AktG möglich sind. 312 Auch hier erfolgt die Absicherung der Rechte der Aktionäre durch die Gewährung eines Bezugsrechts, § 221 Abs. 4 AktG. 308 309

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die vermögensmäßige Stellung der Aktionäre, beispielsweise auf Ausschüttung einer Dividende, schmälern kann.313 Diese Maßnahmen haben zweierlei gemeinsam. Die Aktionärsrechte werden beeinträchtigt und die Finanzierung oder Anpassung des Grundkapitals der Gesellschaft erfolgt qualitativ über die Aufstockung ihres Kapitals, die Aufnahme von Fremdkapital in Form von Schuldverschreibungen und Genußrechten oder aber durch die Herabsetzung der Kapitalbasis. Zweifelhaft ist aber, ob daraus auch zugleich ein Grundsatz gewonnen werden kann, daß aktienrechtliche Finanzierungsentscheidungen durch einen Hauptversammlungbeschluss legitimiert werden müssen. Dagegen spricht, daß die Finanzierung der Gesellschaften nicht lediglich durch die oben angeführten Finanzinstrumente, sondern ebenso über Fremdkapital, etwa Darlehen von dritter Seite erfolgt. Die Aufnahme von Darlehen fällt in die Finanzverantwortung des Vorstands; die Hauptversammlung hat keine Entscheidungskompetenz. Auch wenn durch eine erhebliche Darlehensaufnahme die vermögensmäßigen Interessen der Aktionäre beeinträchtigt werden können, ist diese Beeinträchtigung wirtschaftlicher Art, da die vermögensmäßige Beteiligung des einzelnen Aktionärs etwa durch Dividendenausschüttungen nicht von vornherein rechtlich ausgeschlossen wird. Die Beeinträchtigung durch eine Darlehensaufnahme ist daher von quantitativer Art. Insofern kann der Grundsatz, daß ausschließlich die Hauptversammlung für Finanzierungsentscheidungen zuständig ist, nicht bestätigt werden. Vielmehr ist einschränkend festzustellen, daß die Hauptversammlung nur für solche Finanzierungsentscheidungen zuständig ist, die die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre beeinträchtigen. Für die Gesamtanalogie ergibt sich somit der Grundsatz, daß die Hauptversammlung zuständig ist, wenn die Mitgliedschaftsrechte rechtlich und nicht nur wirtschaftlich geschmälert sind und die Maßnahme unmittelbar zur Kapitalherabsetzung oder zu einem Kapitalzufluß führt. Das reguläre Delisting erfüllt die Voraussetzungen des Grundsatzes zur Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit nicht, da dieser Vorgang nicht mit den Kapitalmaßnahmen des AktG vergleichbar ist.314 Durch das reguläre Delisting begibt sich die Gesellschaft der Möglichkeit der weiteren Kapitalaufnahme über die Börse. Die Kapitalbasis bleibt aber anders als bei der Kapitalaufnahme oder -herabsetzung in voller Höhe erhalten. Auch ist damit nicht die Aufgabe der Eigenkapitalfinanzierung verbunden, obwohl die Kapitalaufnahme bei einem breiten Publikum faktisch wegen der fehlenden Handelbarkeit ausgeschlossen sein dürfte. Eine Eigenkapitalerhöhung durch den Großaktionär ist weiter möglich. Die Börse erleichtert die Eigenkapitalaufnahme, sie ist aber aus rechtlicher Sicht keine notwendige Bedingung. Die Entscheidung, kein Eigenkapital aufzunehmen oder keine 313 Vgl. zu der schwierigen Bestimmung der Beeinträchtigung der Aktionäre durch Genußrechte Hüffer AktG, § 221 Rn. 24 ff. 314 Ebenso Halasz / Kloster, ZBB 2001, 474, 477 für den Gang an die Börse; a. A. Reiff, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des regulären Delistings, S. 122, der das Delisting als actus contrarius zur Kapitalerhöhung ansieht.

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Wandel- oder Gewinnschuldverschreibungen auszugeben, bedarf danach keiner Entscheidung der Hauptversammlung, erst die positive Entscheidung zur Kapitalaufnahme oder -herabsetzung löst die Zuständigkeit der Hauptversammlung aus. Das reguläre Delisting kennzeichnet sich aber durch die Entscheidung, ein bestimmtes Instrument nicht mehr nutzen zu wollen. Auf die Frage, ob die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre betroffen sind, kommt es nicht mehr an. bb) Reguläres Delisting als Strukturentscheidung Das reguläre Delisting könnte als Strukturentscheidung315 in Gesamtanalogie zu § 119 Abs. 1 Nr. 5, 6 und 8 AktG sowie allen weiteren zuvor untersuchten Umwandlungsvorgängen aufzufassen sein. Dann müßte aus diesen die Hauptversammlungszuständigkeit begründenden Vorgängen ein Grundsatz ableitbar sein, dessen Voraussetzungen auf das reguläre Delisting zutreffen. Als Strukturentscheidungen werden Satzungsänderungen, Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und –herabsetzung sowie die Auflösung qualifiziert. Nicht in § 119 Abs. 1 AktG erwähnt sind die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien, die vertragliche Übertragung des gesamten Vermögens, der Abschluß von Unternehmensverträgen, die Eingliederung, Verschmelzung, Spaltung, der Ausschluß von Minderheitsaktionären usw., die aber ebenso als Strukturmaßnahmen einzuordnen sind.316 Die einzelnen Maßnahmen kennzeichnen sich dadurch, daß sich die Gesellschaft in ihrer bisherigen Erscheinungsform verändert. Andererseits kann sich aber auch die Struktur des Aktionärskreises verändern, beispielsweise durch den Ausschluß der Minderheitsaktionäre, durch die Übertragung des gesamten Vermögens auf eine andere Gesellschaft und die nachfolgende Auflösung der Gesellschaft oder die Eingliederung der Gesellschaft in ein anderes Unternehmen sowie die Ermächtigung des Vorstands zum Erwerb eigener Aktien. Gegen die Bildung einer Gesamtanalogie spricht, daß schon kein Grundsatz vorhanden ist, der einer solchen Analogie zugrunde gelegt werden könnte. Zwar suggeriert der Begriff der „Strukturentscheidung“ eine Regel grundsätzlicher Art. Jedoch scheitert die konkretere Fassung dieses Begriffes daran, daß aus den einzelnen Maßnahmen, wie etwa dem Formwechsel, der Verschmelzung, der Mehrheitseingliederung, der Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien, keine gemeinsamen Begriffsmerkmale bestimmt werden können. Jede einzelne Maßnahme hat ihren eigenständigen gesetzgeberischen Grund dafür, der Hauptversammlung die Entscheidungskompetenz zuzuweisen.317 So fällt beispielsweise die Ermächtigung des Vorstands zum Erwerb eigener Aktien 315 Der Begriff der Strukturänderung als Kriterium zur Begründung einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz entstand in der Diskussion um das Holzmüller – Urteil des BGH, vgl. Geßler in FS Stimpel, S. 771, 785 f.; umfassend zu dem Begriff der Strukturentscheidung Leinekugel, Ausstrahlungswirkungen des Umwandlungsgesetzes, S. 70 ff. 316 Siehe dazu die Aufzählung bei Mülbert in GroßKomm AktG, § 119 Rn. 15; Hüffer AktG, § 119 Rn. 7. 317 Ebenso Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Börsenrückzug, S. 132 f.

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in die Kategorie der Strukturmaßnahmen, jedoch verändert sich die Gesellschaft selbst nicht, nur der Aktionärskreis erweitert sich um die Gesellschaft selbst. Die Regelung dient nicht dem Schutz der Aktionäre, sondern dem Kapitalschutz der Gesellschaft und der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Vorstand und Hauptversammlung.318 Im Gegensatz dazu wird die Hauptversammlung beim Abschluß von Unternehmensverträgen nach § 293 Abs. 1 AktG beteiligt, weil sich die abhängige Gesellschaft durch den Abschluß des Unternehmensvertrages der Leitung durch die Obergesellschaft nach § 308 Abs. 1 AktG unterstellt und dadurch die Herrschaftsrechte der Aktionäre beeinträchtigt werden. Nimmt man in die weitere Betrachtung die verschiedenen Umwandlungsvorgänge und insbesondere die Verschmelzung nach §§ 2 ff. UmwG mit auf, so besteht der Grund für die Zuständigkeitszuweisung an die Hauptversammlung in dem Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers mit Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG).319 Insofern hat dieser Vorgang mit dem Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages, bei dem die zukünftig abhängige Gesellschaft bestehen bleibt, keine gemeinsame Voraussetzung, da der Eingriff in die Aktionärsrechte auf unterschiedlichen Ebenen erfolgt. Materielle Gemeinsamkeiten zwischen diesen Beispielen, aus denen Kriterien zur genaueren Fassung des Begriffes der Strukturentscheidung gewonnen werden könnten, sind nicht ersichtlich.320 Der Begriff der Strukturentscheidung kann demnach nur als systematischer Oberbegriff in Abgrenzung zum Begriff der wiederkehrenden Maßnahmen nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 – 4 AktG gesehen werden. Die Übertragung dieses Grundsatzes auf das reguläre Delisting scheitert daher bereits an seinen nicht zu fassenden Voraussetzungen, da nicht deutlich wird, nach welchen materiellen Kriterien die ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz zu bestimmen ist.321 Zur Bestimmung der Kriterien ist die Beeinträchtigung des Schutzes der Aktionäre allein in ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Stellung nicht ausreichend322, da ansonsten der Grund für die einzelnen Zuständigkeitszuweisungen an die Hauptversammlung verloren ginge. Schwierigkeiten bereitet daher selbst bei Bejahung eines solchen Grundsatzes die Feststellung, daß der Wechsel von einer börsennotierten in eine nichtbörsennotierte AG zu einer Beschaffenheitsveränderung aufgrund des nicht mehr anHüffer AktG, § 71 Rn. 1. Die Verschmelzung kommt der Auflösung und Abwicklung einer Gesellschaft nahe, wobei es nach der Verschmelzung keiner Abwicklung bedarf (§ 2 UmwG). 320 Ebenso ablehnend gegenüber einer Gesamtanalogie als Anknüpfungspunkt zur Begründung ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten Paefgen, Rechtsbindung der Organe in der AG, S. 515; Joost, ZHR 163 (1999), 164, 173 ff.; Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Börsenrückzug, S. 133 ff. 321 Ebenso für die Gesamtanalogie im Rahmen der Abfindung der Aktionäre BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205, 209; KG Berlin, Vorlagebeschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 296. 322 So aber Geßler in FS Stimpel, S. 771, 786. 318 319

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wendbaren Kapitalmarktrechts und somit zu einer Strukturänderung323 führe.324 Aufgrund der fehlenden inhaltlichen Kriterien, die eine Strukturentscheidung und damit eine Strukturänderung kennzeichnen, bleibt dieser Ansatz zu allgemein und ist letztlich nicht nachprüfbar.325 Die Bestimmung einer ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit setzt aber materielle Kriterien voraus, die eine Subsumtion erlauben. Liegen solche Kriterien nicht vor, ist die Begründung einer Hauptversammlungszuständigkeit auf diesem Wege abzulehnen. Auf die Frage, ob mit dem regulären Delisting tatsächlich eine Strukturänderung verbunden ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht mehr an. h) Zwischenergebnis Die Zuständigkeit der Hauptversammlung für das reguläre Delisting kann nicht durch Bildung von Einzel- oder Gesamtanalogien begründet werden. Das reguläre Delisting gleicht keinem bisher geregelten Umwandlungsvorgang und auch die Übertragung eines allgemeinen Grundsatzes scheitert an der Vielgestaltigkeit der einzelnen Maßnahmen.

3. Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit nach Holzmüller-Grundsätzen Die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung beim regulären Delisting wurde bisher in der überwiegenden Literatur und der obergerichtlichen Rechtsprechung auf die Holzmüller-Grundsätze des BGH gestützt.326 Der BGH hat diese Rechtsprechung mit dem Gelatine-Urteil bestätigt327 und die einzelnen Voraussetzungen, unter denen die Hauptversammlungszuständigkeit begründet wird, näher konkretisiert.

323 Diese Ansicht wird im Zusammenhang mit der Übertragung der Holzmüller-Grundsätze auf das reguläre Delisting vertreten und dort als „Strukturänderung“ bezeichnet. Vgl. oben 4. Teil: B.II.1.a), S. 134 ff. 324 So aber Steck, AG 1998, 460, 461; Seibt in Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, S. 37, 68 f.; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 70, die den Begriff der „faktischen Strukturänderung“ im Zusammenhang mit der Übertragung der Holzmüller-Grundsätze auf das reguläre Delisting verwendet. 325 Ebenso Wirth / Arnold, ZIP 2000, 111, 114; Both, Delisting, S. 176 ff.; die Strukturentscheidung als bestimmendes Kriterium lassen ausreichen Lutter / Leinekugel, ZIP 1998, 225, 230. 326 Vgl. oben 4. Teil: B.II.1.a), S. 134 ff. 327 BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384 (Gelatine).

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a) Grundsätze des Holzmüller- und Gelatine-Urteils des BGH Zunächst sind die einzelnen Kriterien, die zur Begründung der Hauptversammlungskompetenz nach dem Holzmüller-328 und dem Gelatine-Urteil329 des BGH heranzuziehen sind, herauszuarbeiten und inhaltlich zu bestimmen. aa) Das Holzmüller-Urteil Dem Holzmüller-Urteil lag die Ausgliederung des wertvollsten Betriebsteils einer AG durch Singularsukzession auf eine Tochtergesellschaft zugrunde. Zu diesem Zweck gründete die AG eine Tochtergesellschaft und brachte in diese den zu übertragenden Betriebsteil, einen Seehafenbetrieb, mit allen Aktiven und Passiven ein. Ein Aktionär der AG war der Ansicht, daß die Ausgliederung des Seehafenbetriebs der Zustimmung durch die Hauptversammlung bedurft hätte und klagte gegen die Gesellschaft auf Feststellung, daß die Einbringung des Seehafenbetriebs nichtig sei; hilfsweise begehrte er die Verurteilung der Gesellschaft zur Rückübertragung des Betriebsteils. Er beantragte zudem die Feststellung, daß die Gesellschaft verpflichtet sei, zu allen Maßnahmen, die einer Dreiviertelmehrheit bedurften, die Zustimmung der Hauptversammlung der Muttergesellschaft einzuholen. Der BGH schloß sich der Auffassung des klagenden Aktionärs an und nahm auch für den Fall, daß die Voraussetzungen für die Hauptversammlungszuständigkeit nicht nach § 293 AktG oder § 361 AktG330 vorliegen, die Zuständigkeit der Hauptversammlung an, wenn ein ihnen nahekommender Sachverhalt gegeben ist.331 Der Vorstand der Gesellschaft besitze gegenüber der Hauptversammlung ausnahmsweise die Pflicht zur Vorlage nach § 119 Abs. 2 AktG, obwohl diese Norm dem Vorstand ausdrücklich ein Ermessen einräume. Es gebe jedoch Entscheidungen, die zwar durch die Vertretungsmacht des Vorstands nach außen gedeckt seien, jedoch „so tief in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse“ eingreifen würden, daß der Vorstand vernünftigerweise nicht davon ausgehen könne, dies ohne die Hauptversammlung entscheiden zu dürfen. 328 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122 ff.; vgl. dazu die Anmerkung von Fleck, LM Nr. 1 zu § 118 AktG 1965. 329 BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384 (Gelatine). 330 § 361 AktG in der Fassung vom 06. 09. 1965 wurde durch Art. 6 UmwBerG v. 28. 10. 1994 (BGBl. Teil I 1994, S. 3210) zum 31. 12. 1994 aufgehoben und erfuhr in § 179a AktG eine Neuregelung. § 361 AktG lautete: „(1) Ein Vertrag, durch den sich eine AG oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet, ohne daß die Übertragung unter die §§ 339 bis 360 fällt, wird nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. Die Satzung kann eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. Für den Vertrag gilt § 341 Abs. 1. (2) . . .“ 331 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 131.

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bb) Das Gelatine-Urteil Im Gelatine-Urteil hat der BGH darüber entschieden, ob die Hautpversammlung der „Umwandlung“ der AG in eine Holdinggesellschaft durch Einbringung der an zwei Tochtergesellschaften bestehenden Beteiligungen in eine andere Tochtergesellschaft zustimmen muß, so daß die bisherige Beteiligung an den ehemaligen Töchtern in Form indirekten Beteiligungen von zwei Enkelgesellschaften weiterbesteht. Die Hauptversammlung hatte zwar die Umstrukturierung im Nachhinein gebilligt, jedoch erreichte die Zustimmung auf der Hauptversammlung keine Dreiviertel-Mehrheit. Die Aktionäre hatten den Hauptversammlungsbeschluß mit der Begründung angefochten, daß dieser aufgrund der grundlegenden Umstrukturierung des Konzerns und wegen des erheblichen Gewichts für die Aktionäre der Muttergesellschaft mit einer Dreiviertel-Mehrheit hätte beschlossen werden müssen.332 Der BGH hat sich nicht der Auffassung der anfechtenden Aktionäre angeschlossen, da im konkreten Fall kein derart tiefer Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre vorlag, der die Beteiligung der Hauptversammlung erforderlich machte und dadurch der Maßnahme auch nicht mit einer qualifizierten Mehrheit zugestimmt werden mußte.333 Allerdings äußert der BGH die Ansicht, daß auch bei einer Umstrukturierung des Beteiligungsbesitzes ein Mediatisierungseffekt eintreten kann, der tiefgreifende Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Aktionäre hat. Diese ungeschriebene Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung begründet der BGH in Abkehr von der Begründung im HolzmüllerUrteil, wonach Rechtsgrundlage § 119 Abs. 2 AktG sei, als Ergebnis einer offenen Rechtsfortbildung.334

cc) Kriterien zur Bestimmung der Hauptversammlungskompetenz Fraglich ist daher, ob sich einzelne Kriterien herausarbeiten lassen und wie diese inhaltlich ausgestaltet sind. Die dogmatische Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit durch den BGH im Holzmüller-Urteil über § 119 Abs. 2 AktG und im Gelatine-Urteil in Form der „offenen Rechtsfortbildung“ wird nicht näher untersucht, weil sich die materiellen Kriterien, die zur Bejahung der ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit herangezogen werden, wohl nicht einer bestimmten Norm entnehmen lassen.335 Daher soll der Schwerpunkt der UnterBGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384, 385. BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384, 388 f. 334 BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384, 387. 335 Vgl. im einzelnen zur Begründung der ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384, 386 (Gelatine); zustimmend Fleischer, NJW 2004, 2335, 2337; vgl. zu den unterschiedlichen Begründungsansätzen der Hauptversammlungskompetenz: Gesamtanalogie Weißhaupt, NZG 1999, 804, 807; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 102 ff.; de Vries, Delisting, S. 86 ff.; Rehbinder, ZGR 1983, 92, 98; gegen eine Gesamtanalogie H. Henze in FS 332 333

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

suchung auf der Bestimmung der maßgeblichen Voraussetzungen zur Begründung der ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit liegen. Soweit das Ergebnis des BGH nicht gänzlich abgelehnt wird336, sind das zustimmende Schrifttum sowie die Rechtsprechung337 zur Bestimmung und Interpretation der Ausführungen des BGH heranzuziehen. Der BGH nennt im Holzmüller-Urteil als Voraussetzungen den Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte und die Vermögensinteressen der Aktionäre, an denen er die Ausgliederung mißt. Diesen Eingriff begründet er damit, daß die Abspaltung des Seehafens den Kernbereich der Unternehmenstätigkeit betreffe und dadurch die Unternehmensstruktur von Grund auf geändert werde.338 Danach würden sich die Ausgliederung selbst und später zu treffende wichtige Grundlagenentscheidungen in der Tochtergesellschaft nachhaltig auf die Mitgliedschafts- und Vermögensrechte der Aktionäre der Muttergesellschaft auswirken.339 Die Aktionäre würden durch die Ausgliederung die Möglichkeit verlieren, die der Hauptversammlung vorbehaltenen Befugnisse, namentlich „den Einsatz des abgespaltenen Betriebskapitals, das Risiko seines Verlusts und die Verwendung seiner Erträge, unmittelbar zu beeinflussen“340 und mitzuverwalten341. Dies habe zur Konsequenz, daß die Hauptversammlung der Muttergesellschaft in bedeutsamen Entscheidungen der Tochtergesellschaft so zu beteiligen sei, als wenn es sich um eine Angelegenheit der Muttergesellschaft handeln würde. Einschränkend fügt der BGH jedoch hinzu, daß davon unwesentliche Auswirkungen auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Ulmer, S. 211, 218; Joost, ZHR 163 (1999), 164, 173 ff.; Liebscher, Konzernbildungskontrolle, S. 84 f.; Einzelanalogie zur Ausgliederung H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 219; für den Erwerb einer Konzernbeteiligung Mecke, Konzernstruktur und Aktionärsentscheid, S. 177 ff. 336 Zur ablehnenden Ansicht vgl. Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Börsenrückzug, S. 107 ff.; Koppensteiner in KölnKomm AktG Vorb. § 291 Rn. 21; Rechenberg, Hauptversammlung als oberstes Organ der AG, S. 150; Martens, ZHR 147 (1983), 377 ff.; die die Möglichkeit zu Begründung von ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten gänzlich ablehnen; Joost, ZHR 163 (1999), 164, 177; Werner, ZHR 147 (1983), 429, 447 f.; Hoffmann-Becking, ZHR 172 (2008), 231, 234 ff., die schon kein Bedürfnis für eine Rechtsfortbildung sehen. 337 Zustimmend OLG Stuttgart, Urt. v. 13. 07. 2005 – 20 U 1 / 05, AG 2005, 693, 695; OLG Celle, Urt. v. 07. 03. 2001 – 9 U 137 / 00, ZIP 2001, 613, 615; offenlassend OLG München, Urt. v. 26.04 1996 – 23 U 4586 / 95, WM 1996, 1462, 1463; OLG München, Urt. v. 10. 11. 1994 – 24 U 1036 / 93, AG 1995, 232, 233; LG Frankfurt / Main, Urt. v. 12. 12. 2000 3 / 5 149 / 99, AG 2001, 431, 433; LG Duisburg, Beschl. v. 21. 08. 2003 – 21 T 6 / 02, ZIP 2004, 76, 78; grundsätzlich anerkennend, aber im konkreten Fall der Beteiligungsveräußerung ablehnend LG Düsseldorf, Urt. v. 13. 02. 1997 – 31 O 133 / 96, AG 1999, 94, 95; Fleck, LM Nr. 1 zu § 118 AktG 1965; Fleck, WM 1986, 1205, 2111; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 871 f.; Lutter in Festgabe 50 Jahre BGH, S. 321, 327 f.; Weißhaupt, NZG 1999, 804, 807; Geßler in FS Stimpel, S. 771, 773 ff.; Liebscher, Konzernbildungskontrolle, S. 86; H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 219; Hüffer in FS Ulmer, S. 279, 284; Renner, NZG 2002, 1091 ff. 338 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 131 f. 339 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 139. 340 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 136. 341 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 138.

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Verhältnisse der Obergesellschaft und ihrer Aktionäre ausgenommen würden342. Die Begründung stellt dabei die Rechtsstellung des Aktionärs in den Vordergrund343; reine Vermögensinteressen344 sollen nicht ausreichen, obwohl dies die erste Formulierung als Eingriff in Mitgliedschaftsrechte und Vermögensinteressen nahelegt. Daß im Holzmüller-Fall nicht nur reine Mitglieds- oder Vermögensinteressen345 betroffen waren, sondern ein mittelbarer Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte vorliegt, zeigt sich daran, daß den Aktionären ein wesentlicher Vermögensgegenstand, den sie als Aktionäre mitzuverwalten haben, entzogen wurde.346 Damit waren nicht lediglich die Vermögensinteressen der Aktionäre betroffen. Entscheidendes Kriterium zur Begründung der Hauptversammlungskompetenz ist daher der Eingriff in die Mitgliedschafts- und Vermögensrechte der Aktionäre. Als weitere Kriterien kämen die im Schrifttum häufig genannten Begriffe der Strukturmaßnahme347 oder der faktischen Zuständigkeitsverlagerung348 in Betracht. Auch der BGH benennt bei der Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit den Begriff der Unternehmensstruktur, die infolge der Ausgliederung den Kernbereich der Unternehmenstätigkeit betraf.349 Diese Kriterien leiden jedoch darunter, daß ihnen eine klare inhaltliche Kontur fehlt, um die Zuständigkeitsverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung im konkreten Fall vornehmen zu können.350 Vielmehr kommt ihnen die Funktion eines Oberbegriffes zu, der die bestehenden Beschlußgegenstände des § 119 Abs. 1 Nr. 5, 6 und 8 AktG bezeichnet. Daher sind diese Kriterien zur Bestimmung der Hauptversammlungszuständigkeit abzulehnen.351 dd) Inhaltliche Konkretisierung der Mitgliedschaftsund Vermögensrechte Die Begriffe der Mitgliedschafts- und Vermögensrechte der Aktionäre bedürfen der weiteren inhaltlichen Konkretisierung. Das Mitgliedschaftsrecht ist der Oberbegriff für die dem Aktionär zustehenden Vermögens- und Verwaltungsrechte.352 342 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 140; ebenso mit dieser Einschätzung Großfeld / Brondics, JZ 1982, 589, 591. 343 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 136. 344 So aber de Vries, Delisting, S. 99 ff. 345 So jedoch Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 110 ff. 346 Fleck, LM Nr. 1 zu § 118 AktG 1965; Lutter in FS Stimpel, S. 825, 844. 347 Geßler in FS Stimpel, S. 771, 786; H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 218. 348 Lutter in Festgabe 50 Jahre BGH, S. 321, 327 f.; Lutter in FS Fleck, S. 169, 174. 349 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 131 f. 350 Ebenso die Einschätzung von Hüffer in FS Ulmer, S. 279, 286 und 289. 351 Siehe dazu auch die Begründung oben 4. Teil: D.I.2.g)bb), S. 181 f. 352 Wiesner in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 4, § 17 Rn. 3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 557.

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Es bildet daher keine eigenständige Kategorie neben dem Vermögensrecht, wie das die Terminologie des BGH nahelegt, sondern ist als Verwaltungsrecht der Aktionäre zu verstehen.353 Dies folgt auch aus der Begründung des BGH im Holzmüller-Urteil, wenn dort die Parallele zum Mitverwaltungsrecht bei Personengesellschaften gezogen wird.354 Der Anwendungsbereich dieser Kriterien wird nicht bereits dadurch eingeschränkt, daß sie nur für den Fall der Ausgliederung Geltung beanspruchen. Vielmehr wird aus den Urteilsgründen deutlich, daß der BGH über den Fall der Ausgliederung hinaus eine Aussage zur Zuständigkeit der Hauptversammlung treffen wollte.355 Obwohl der Anspruch im konkreten Fall letztlich wegen des Verstreichens der Monatsfrist gemäß § 246 Abs. 1 AktG nicht mehr angefochten werden konnte und damit die Klage abgewiesen werden mußte, äußerte sich der BGH zur grundsätzlichen Bedeutung der Ausgliederung für die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre.356 Die Qualität des Eingriffs in die Verwaltungsrechte der Aktionäre ergibt sich aus dem konkreten Fall der Ausgliederung, über die der BGH entscheiden mußte. Verwaltungsrechte der Aktionäre sind das Teilnahmerecht an der Hauptversammlung nach § 118 Abs. 1 AktG, das Stimmrecht nach §§ 133 ff. AktG, das Auskunftsrecht nach § 131 AktG, das Anfechtungsrecht nach § 245 AktG, das Recht auf Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 147 Abs. 1 AktG und die Widerspruchsrechte z. B. nach §§ 93 Abs. 4 S. 3, 309 Abs. 3 S. 1 AktG.357 Wird den Aktionären eines der genannten Rechte entzogen, liegt ein Eingriff vor. Bei der Ausgliederung erfolgt der Eingriff nicht durch die unmittelbare Entziehung eines bestimmten Verwaltungsrechts, da die Obergesellschaft unverändert bestehen bleibt. Vielmehr werden die Verwaltungsrechte der Aktionäre ausgehöhlt, da die Aktionäre die Möglichkeit verlieren, über einen wesentlichen Vermögensgegenstand der Gesellschaft im Rahmen des § 119 AktG in der Hauptversammlung zu entscheiden.358 Befindet sich der ausgegliederte Vermögensgegenstand selbst nicht mehr im Eigentum der Obergesellschaft, kann die Hauptversammlung nicht unmittelbar über die mögliche Kapitalerhöhung oder eine Satzungsänderung beschließen. Allein der Vorstand als Vertreter der Obergesellschaft, die alleiniger Aktionär der Tochtergesellschaft ist, bestimmt in der Hauptversammlung der Tochtergesellschaft über eine Anders Both, Delisting, S. 174 ff. BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 138. 355 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 131; so auch Hüffer in FS Ulmer, S. 279, 284 ff. 356 Werner, ZHR 147 (1983), 429, 433; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 104 f.; offenlassend Fleck, WM 1986, 1205, 1211. 357 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 797; Hüffer AktG, § 118 Rn. 7; Wiesner in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 4, § 17 Rn. 3. 358 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 136; BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384, 387; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 363 f. 353 354

D. Stellungnahme

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Satzungsänderung und eine Kapitalerhöhung oder -herabsetzung sowie die Auflösung der Gesellschaft. Da der Vorstand keinen Weisungen der Aktionäre unterliegt, sind die Aktionäre der Obergesellschaft auch von der Verwaltung des Kapitals in der Tochtergesellschaft ausgeschlossen, obwohl sie beim Verbleib dieses Betriebsteiles in der Obergesellschaft im Rahmen ihrer Zuständigkeit über etwaige Kapitalmaßnahmen entscheiden könnten. Es kommt daher zu einer Verschiebung der Zuständigkeiten innerhalb der Gesellschaft zugunsten des Vorstands der Obergesellschaft.359 Dieser Vorgang wird als Mediatisierung der Aktionärsrecht bezeichnet.360 Zweites Kriterium zur Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit ist der Eingriff in die Vermögensrechte der Aktionäre. Vermögensrechte sind die Ansprüche auf den Bilanzgewinn gemäß §§ 58 Abs. 4, 60 Abs. 1 AktG nach Beschluß der Hauptversammlung gemäß §§ 119 Abs. 1 Nr. 2, 174 Abs. 1 S. 1 AktG, auf Vergütung von Nebenleistungen gemäß §§ 55, 61 AktG, das Recht zum Bezug neuer Aktien nach einer Kapitalerhöhung gemäß § 186 Abs. 1 AktG sowie neben weiteren Rechten der Anspruch auf Teilnahme am Liquidationserlös nach § 271 Abs. 1 AktG.361 Der Eingriff in die Vermögensrechte erfolgt bei der Ausgliederung dadurch, daß die Aktionäre die Möglichkeit verlieren, gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 2 AktG über die Verwendung des Bilanzgewinnes, der mit dem ausgegliederten Vermögensgegenstand erwirtschaftet wurde, unmittelbar zu entscheiden.362 Der Eingriff liegt also nicht in der Entziehung des Vermögensrechts als solchem, sondern in der Entziehung des Gegenstandes, mit dem die Gesellschaft Gewinne oder Verluste erwirtschaften kann. Die Mitgliedschaft des Aktionärs verliert dadurch wirtschaftlich an Wert.363 Diese Beeinträchtigung beschreibt jedoch nur die wirtschaftlichen Folgen einer Verschiebung der Entscheidungsbefugnis zugunsten des Vorstands und nicht die rechtlichen Auswirkungen auf die Mitgliedschaft. Allein die Beeinträchtigung der Vermögensinteressen als Folge reicht als Anknüpfungspunkt zur Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit nicht aus.364 Zu klären ist vielmehr die faktische Verschiebung der Entscheidungszuständigkeit von der Hauptversammlung auf den Vorstand zu Lasten der Aktionäre. So auch Lutter in Festgabe 50 Jahre BGH, S. 321, 328. BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384, 386 f. (Gelatine); BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535; OLG Stuttgart, Urt. v. 13. 07. 2005 – 20 U 1 / 05, AG 2005, 693, 695; Weißhaupt, NZG 1999, 804, 805 f.; H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 224 f. 361 Vgl. nur Wiesner in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 4, § 17 Rn. 4; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 797. 362 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 136; eingehend Wahlers, Konzernbildungskontrolle durch die Hauptversammlung, S. 75 ff. 363 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 131; Lutter in FS Stimpel, S. 825, 834. 364 A.A. OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 664, das die Beeinträchtigung der Interessen als Kriterium zur Bestimmung der Hauptversammlungszuständigkeit ausreichen läßt. 359 360

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Bei der Betrachtung beider Kriterien zur Feststellung der Hauptversammlungskompetenz zeigt sich die Gemeinsamkeit, daß der Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte den Aktionären die Möglichkeit nimmt, unmittelbar über die Zukunft der Tochtergesellschaft beschließen zu können.365 Möchte man diesen Mediatisierungsgedanken auch für andere Fallgestaltungen fruchtbar machen, stellt sich die Frage, ob man als Eingriff in die Aktionärsrechte den beschriebenen Mediatisierungseffekt als besonderes Kriterium zur Auslegung des Eingriffs heranzieht366 oder ob nach der sogenannten „Eingriffslösung“ ein tiefer Eingriff in die Verwaltungs- und Vermögensrechte zur Begründung einer „ungeschriebenen“ Hauptversammlungskompetenz ausreichend ist367. Wird die Mediatisierung der Mitgliedschaftsrechte als besondere Qualität des Eingriffs angesehen, schränkt dies die Möglichkeit zur Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit außerhalb der geregelten Zuständigkeiten des § 119 Abs. 1 AktG erheblich ein. Die Eingriffslösung leitet ihre Berechtigung aus der Erkenntnis ab, daß die Mitgliedschaftsrechte in Fällen des Erwerbs oder der Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen betroffen sein können, auch wenn keine Mediatisierung der Mitgliedschaftsrechte stattfindet.368 Auch wenn beim Erwerb von Unternehmensbeteiligungen keine Mediatisierung der Mitgliedschaftsrechte eintreten würde, könnten die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre jedoch derart betroffen sein, daß dies der Ausgliederung sehr nahe komme.369 Denn das unternehmerisch einzusetzende Gesellschaftsvermögen werde in eine Tochtergesellschaft verlagert, so daß die Obergesellschaft an wirtschaftlichem Gewicht verliere.370 Ähnliches gelte für die Veräußerung einer Beteiligung. Denn dort könne die Beteiligung durch die Veräußerung an Dritte unter die Grenze von 25 % sinken und somit selbst der mittelbare Einfluß der Aktionäre der Obergesellschaft beseitigt werden.371 Ausreichend ist in den genannten Beispielen allein der Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte, ohne daß es zu einer Mediatisierung der Aktionärsrechte zu kommen braucht. Die Mediatisierung wäre demnach nur eine mögliche Variante, in welcher Art und Weise das MitgliedLutter in FS Stimpel, S. 825, 844; ders. in Festgabe 50 Jahre BGH, S. 321, 327. So auch ohne nähere Begründung BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535; Fleck, LM Nr. 1 zu § 118 AktG 1965; Lutter in FS Stimpel, S. 825, 844, der neben der Verwerfung im Kompetenzgefüge auch den Eingriff betont; im Sinne einer Konzernbildungskontrolle Liebscher, Konzernbildungskontrolle, S. 77; ders., ZGR 2005, 1, 19 f.; Wahlers, Konzernbildungskontrolle durch die Hauptversammlung, S. 66 ff.; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 371; Mecke, Konzernstruktur und Aktionärsentscheid, S. 94 ff.; a. A. Hüffer in FS Ulmer, S. 279, 294. 367 Weißhaupt, NZG 1999, 804, 806; Geßler in FS Stimpel, S. 771, 786; Ulmer, AG 1975, 15, 16; Groß, AG 1994, 266, 173; Lutter / Leinekugel, ZIP 1998, 225, 229 f.; 368 Vgl. dazu H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 229 ff. m. w. N. 369 H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 229. 370 Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 371. 371 H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 231; vgl. dazu auch LG Frankfurt, Urt. v. 29. 07. 1997 – 3 / 5 O 162 / 95, ZIP 1997, 1698 ff. (Altana / Milupa); dazu die Anmerkung von Drygala, EWiR 1997, 919 f. 365 366

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schaftsrecht der Aktionäre betroffen sein könnte. Ob man aber von der im Schrifttum sehr umstrittenen Frage zum Erwerb und der Veräußerung von Beteiligungen einen Rückschluß dahingehend ziehen kann, daß die Mediatisierung als einschränkendes Kriterium nicht zur Feststellung der Hauptversammlungszuständigkeit heranzuziehen ist, muß auch gerade vor dem Hintergrund des Gelatine-Urteils bezweifelt werden372. Zwar ist zuzugeben, daß zumindest bei der Veräußerung von Beteiligungen die Mitgliedschaftsrechte in einer gewissen Intensität betroffen sind. Die Intensität der Betroffenheit stellt jedoch nur ein quantitatives Kriterium zur Bestimmung der Hauptversammlungskompetenz dar.373 Die Mediatisierung der Mitgliedschaftsrechte ist hingegen ein qualitatives Kriterium. Ohne die Einschränkung des Mediatisierungsaspekts besteht zudem die Gefahr, daß jede vermögensmäßige Beeinträchtigung der Gesellschaft als Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte angesehen wird, da möglicherweise der Wert der Beteiligung sinkt. Die Hauptversammlung wäre danach in sämtlichen Fragen, die die Aktionäre in der Werthaltigkeit ihrer Mitgliedschaft betreffen, zuständig und würde zum obersten Organ der AG. Die Hauptversammlung soll aber nach der grundsätzlichen Konzeption des Gesetzgebers nicht das oberste Organ sein374, sondern steht zwischen Vorstand und Aufsichtsrat auf der gleichen Ebene, ohne Teil einer hierarchischen Organverfassung zu sein.375 Zwar ist dem Befund von Geßler zuzustimmen, daß die Zuständigkeitsordnung der AG an dem Einheitsunternehmen orientiert ist und durch die Entstehung von Konzernen das Machtgefüge innerhalb der Gesellschaft verschoben werden kann.376 Dies kann auch außerhalb des § 119 AktG zur Zuständigkeit der Hauptversammlung führen. In Parallele zur gesetzlichen Regelung des § 119 AktG und dem Enumerationsprinzip sollte jedoch nicht mit dem generalisierenden Maßstab des Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte gearbeitet werden, da ansonsten die Zuständigkeitsabgrenzungen vollkommen eingeebnet würden. Vielmehr ist zunächst in jedem Einzelfall festzustellen, ob ein Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte vorliegt und ob dies zu einer Mediatisierung führt. Beispielsweise führt die Beteiligungsveräußerung nicht nur zu einer Mediatisierung der Mitgliedschaftsrechte, sondern zu einem völligen Entzug des Vermögensgegenstandes aus der Mitbestimmung der Aktionäre. Wenn daher schon der Entzug durch Ausgliederung eines Vermögensgegenstandes der unmittelbaren Mitbestimmung zur ZuständigBGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384, 386 f. Die Intensität der Beeinträchtigung der Mitgliedschaftsrechte wird bei einer Beteiligungsveräußerung im Rahmen einer Umstrukturierung am wirtschaftlichen Beitrag der ausgegeliderten Gesellschaft zum Gesamtergebnis der AG gemessen, wobei jedenfalls ein Beitrag von 30 % des Jahresüberschusses nicht die Zustimmungsbedürftigkeit der Hauptversammlung auslöst, vgl. BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384, 388; OLG Stuttgart, Urt. v. 13. 07. 2005 – 20 U 1 / 05, AG 2005, 693, 695. 374 BVerfG, Beschl. v. 20. 09. 1999 – 1 BvR 636 / 95, NJW 2000, 349, 350; Rechenberg, Hauptversammlung als oberstes Organ der AG, S. 165; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 837 f.; Hüffer AktG, § 118 Rn. 4 m. w. N. 375 Mülbert in GroßKomm AktG, Vor §§ 118-147 Rn. 43; Hüffer AktG, § 118 Rn. 4. 376 Geßler in FS Stimpel, S. 771, 780 f. 372 373

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keit der Hauptversammlung führt, dann doch erst recht der vollständige Entzug des Vermögensgegenstandes durch Veräußerung, und sei es auch nur eines Teils377. Am Beispiel der Beteiligungsveräußerung zeigt sich, daß mit Hilfe des Mediatisierungsaspektes die Zuständigkeit der Hauptversammlung bejaht werden kann, ohne daß ein wesentliches Kriterium der Holzmüller- und nunmehr auch der GelatineEntscheidung vernachlässigt werden müßte. ee) Zwischenergebnis Eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz kann nach den Grundsätzen des Holzmüller-Urteils und des bestätigenden Gelatine-Urteils des BGH mit einem Eingriff in die Verwaltungs- und Vermögensrechte begründet werden, der zu einer Mediatisierung der Mitgliedschaftsrechte führt. b) Übertragbarkeit der Holzmüller- / Gelatine-Grundsätze auf das Delisting Das reguläre Delisting der Gesellschaft müßte demnach in die Verwaltungs- und Vermögensrechte der Aktionäre eingreifen und zu einer Mediatisierung der Mitgliedschaftsrechte führen, um die Zuständigkeit der Hauptversammlung zu begründen. Ein Eingriff in die Verwaltungsrechte könnte nur im Wegfall der kapitalmarktrechtlichen Informations- und Veröffentlichungspflichten und der damit verbundenen Kontrolle des Emittenten gesehen werden, da der Verlust der Bewertungsfunktion und der Handelbarkeit über die Börse eher den Vermögensrechten zugeordnet werden kann und dort zu untersuchen ist. Für die Einbeziehung der kapitalmarkrechtlichen Informations- und Veröffentlichungspflichten spricht, daß sie der Unternehmenskontrolle dienen und die Tätigkeit der Gesellschaft beeinflussen378, ebenso wie die Stimm- und Auskunftsrechte der Aktionäre. Die Gesichtspunkte gegen eine derart weite Fassung der Verwaltungsrechte überwiegen jedoch diese Erwägung, da die aktienrechtlichen Verwaltungsrechte mit den kapitalmarktrechtlichen Informations- und Veröffentlichungspflichten nicht vergleichbar sind. Die aktienrechtlichen Verwaltungsrechte geben dem einzelnen Aktionär das Recht abzustimmen oder Auskunft zu verlangen, die er notfalls mit der Anfechtungsklage durchsetzen kann. Es findet somit eine unmittelbare Kontrolle des unternehmerischen Handelns statt. Die kapitalmarkrechtlichen Pflichten des Emittenten hingegen kann der einzelne Aktionär nicht durchsetzen, die Kontrolle erfolgt lediglich mittelbar über den Sekundärmarkt der Börse.379 Durch das Delisting wird der Ver377 Für den Fall der Beteiligungsveräußerung liegt dann keine Strukturmaßnahme vor, wenn eine Beteiligung von unter 50 % veräußert werden soll und diese nicht in den Kernbereich der Unternehmenstätigkeit fällt, so LG Düsseldorf, Urt. v. 13. 02. 1997 – 31 O 133 / 96, AG 1999, 94, 95. 378 Vgl. oben 2. Teil: B.III., S. 67. 379 Vgl. zur Funktionsweise der Kontrolle durch den Kapitalmarkt 2. Teil: A.IV., S. 42 ff.

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waltung durch die Aktionäre auch, anders als bei der Holzmüller-Entscheidung, kein Vermögensgegenstand entzogen, da die Börsenzulassung im Gegensatz zu einem Betriebsteil kein bezifferbarer Vermögensgegenstand ist. Demnach sind die kapitalmarktrechtlichen Informations- und Veröffentlichungspflichten nicht unter den Begriff der Verwaltungsrechte zu fassen. Ein Eingriff in diese Rechte scheidet daher aus. Die Verwaltungsrechte als Kriterium zur Bestimmung der Hauptversammlungszuständigkeit können nicht unter dem Gesichtspunkt vernachlässigt werden, daß die Aktionäre in der Regel nur Anlegerinteressen verfolgen380. Der Begriff der Verwaltungsrechte würde von dem zu subsumierenden Einzelfall des regulären Delisting bestimmt. Bei dem Begriff der Verwaltungsrechte handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der abstrakten Regeln folgt, nicht aber dem konkreten Einzelfall. Zudem berücksichtigt dieser Ansatz nicht, daß der einzelne Anleger auch zugleich Aktionär ist und damit eine Doppelstellung einnimmt. Durch das reguläre Delisting wird außerdem nicht in die Vermögensrechte der Aktionäre eingegriffen. Die Vermögensrechte umfassen beispielsweise den Anspruch auf den Bilanzgewinn nach Beschluß der Hauptversammlung oder das Bezugsrecht auf junge Aktien. Ist eine Gesellschaft börsennotiert, könnten dazu auch die Handelbarkeit über die Börse und die Bewertungsfunktion gehören, da diese beiden Funktionen wertbildend wirken. Eine Aktie, deren Preis nicht willkürlich festgestellt wird und die frei handelbar ist, hat für den Erwerber einen höheren Wert als eine Aktie, die diese Eigenschaften nicht besitzt. Gemeinsam ist den aktienrechtlichen Vermögensrechten und den kapitalmarktrechtlichen Eigenschaften der Aktie in Form der Handelbarkeit und Bewertung der jeweilige wirtschaftliche Wert für den Aktionär. Entscheidende Unterschiede ergeben sich jedoch in der rechtlichen Ausgestaltung beider Kategorien. Die Vermögensrechte im AktG sind als Ansprüche ausgestaltet, d. h. der Aktionär kann nach einem Beschluß der Hauptversammlung eine Dividende verlangen oder sein Bezugsrecht auf junge Aktien durchsetzen. Im Gegensatz dazu hat der einzelne Aktionär keinen Anspruch auf die Beantragung oder den Erhalt der Börsenzulassung381, die die Voraussetzung für die Handelbarkeit und die Bewertung der Aktien ist. Ihm wird lediglich die Möglichkeit eröffnet, die Aktien über die Börse zu einem nach allgemeinen Kriterien festgelegten Preis zu handeln. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, daß der Aktionär die Aktien in dem Vertrauen erwirbt, sie wieder über die Börse veräußern zu können. Der Verlust der Börsenzulassung beeinträchtigt daher kein Recht auf aktienrechtlicher Ebene, sondern lediglich ein Interesse des Aktionärs.382 Das Interesse des Aktionärs erschöpft sich in der Möglichkeit des Handels über die Börse. Für die Qualifizierung der Börsenzulassung als Recht der Aktio380 So aber Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 132; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 111; vgl. weiter oben 2. Teil: B., S. 67 ff. 381 So auch LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017, 2019; Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 656. 382 Ebenso Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 110 ff.

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näre kommt es nicht allein auf die wirtschaftliche Bedeutung der Handelbarkeit an, sondern darauf, ob der Aktionär ein Tun oder Unterlassen von der Gesellschaft verlangen kann. Ist die Börsenzulassung demnach nicht als aktienrechtliches Vermögensrecht zu qualifizieren, kann es auch nicht durch das reguläre Delisting beeinträchtigt werden. Aufgrund eines mangelnden Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre383, kann auch keine Mediatisierung eintreten. Der Wegfall der Informations- und Veröffentlichungspflichten führt nicht zu einer Verschiebung der mitgliedschaftlichen Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft. Das Einflußpotential der Aktionäre hat sich durch das reguläre Delisting nicht verändert. Das reguläre Delisting erfüllt damit nicht die durch das Holzmüller- und GelatineUrteil des BGH aufgestellten Voraussetzungen zur Begründung einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz. c) Zwischenergebnis Selbst unter Einbeziehung der kapitalmarkrechtlichen Aspekte greift das reguläre Delisting weder in die Verwaltungsrechte noch in die Vermögensrechte der Aktionäre ein, da die Handelbarkeit, die Bewertungsfunktion und die Kontrolle durch Informations- und Veröffentlichungspflichten nicht mit den aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechten vergleichbar sind und damit nicht unter diese Begriffe gefaßt werden können. Die Grundsätze des Holzmüller-Urteils können daher nicht auf das reguläre Delisting übertragen werden. Die gegenteilige Ansicht ist abzulehnen. 4. Reguläres Delisting als Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands Fällt das reguläre Delisting auf einfachgesetzlicher Ebene nicht in die Zuständigkeit der Hauptversammlung, so könnte es sich bei der Entscheidung über das Delisting um eine Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands gemäß § 76 Abs. 1 AktG handeln. Die Geschäftsführung des Vorstands umfaßt alle unmittelbar auf Verwirklichung des Gesellschaftszwecks gerichteten rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen.384 Um diese allgemeine Bestimmung praktisch greifbar zu machen, ist negativ formuliert, der Vorstand zuständig, soweit nicht der Aufsichtsrat die Aufgabe wahrnimmt oder die Hauptversammlung aufgrund geschriebener oder ungeschriebener Kompetenzen zuständig ist.385 Ist demnach kraft Gesetzes die Ent383 Ebenso BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – 133 / 01, WM 2003, 533, 535, der lediglich davon spricht, daß die mitgliedschaftliche Stellung der Aktionäre nicht geschwächt wird. 384 Vgl. nur Hefermehl / Spindler in MünchKomm AktG, § 76 Rn. 17 m. w. N. 385 Vgl. nur Mülbert in GroßKomm AktG, § 119 Rn. 40 m. w. N.; Kort in GroßKomm AktG, § 76 Rn. 79; Hefermehl / Spindler in MünchKomm AktG, § 76 Rn. 20; vgl. zur Abgrenzung der Geschäftsführungsmaßnahme von den Leitungsaufgaben des Vorstands H. Henze, BB 2000, 209, 209 f.; Fleischer, ZIP 2003, 1, 1 ff.

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scheidung über das Delisting einem anderem Organ als dem Vorstand zugewiesen, ist dieses Organ zuständig. Eine solche Zuständigkeitszuweisung insbesondere an die Hauptversammlung kann auf einfachgesetzlicher Ebene aber weder durch eine Analogiebildung noch durch die Übertragung der Grundsätze aus dem Holzmüllerund Gelatine-Urteil begründet werden. Insofern wäre der Vorstand für die Entscheidung über das Delisting zuständig. Dafür würde auch die Einschätzung des BGH sprechen, daß das die Delisting-Entscheidung „unternehmerischen Charakter“ habe.386 Diese Äußerung macht er jedoch lediglich im Zusammenhang mit dem von ihm abgelehnten Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung des DelistingBeschlusses der Hauptversammlung. Eine Zuständigkeitszuweisung an den Vorstand würde demnach lediglich auf der einfachgesetzlich nicht begründbaren Hauptversammlungszuständigkeit beruhen. Dem Vorstand käme demnach eine Auffangzuständigkeit zu, auch wenn sich das konkrete Vorhaben nicht unmittelbar als Geschäftsführungsmaßnahme einordnen ließe. Dies begegnet Bedenken, da die Zuständigkeiten in der AG grundsätzlich voneinander zu trennen sind und alle Organe gleichberechtigt nebeneinander stehen.387 Dem Vorstand kommt demnach keine Auffangzuständigkeit in der AG zu. Zudem kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber bei der Regelung der Zuständigkeitsordnung auch den Fall des Delisting im Blick gehabt hat. Erst die positive Zuordnung des Delisting in den Zuständigkeitsbereich des Vorstands könnte diese Zweifel beseitigen. Da die positive Bestimmung aufgrund der Weite der durch den Vorstand abzudeckenden Tätigkeiten nahezu unmöglich ist388, ist eine Zuständigkeit des Vorstands für die Entscheidung über das Delisting abzulehnen. Zwar könnte die Delisting-Entscheidung unter die weit zu fassende Geschäftsführungsaufgabe der Finanzplanung gefaßt werden, da die Börsenzulassung zur wiederholten Aufnahme von Eigenkapital dient. Die Eigenkapitalaufnahme bedarf aber im Rahmen der Kapitalerhöhung regelmäßig der Mitwirkung der Hauptversammlung (§ 119 Abs. 1 Nr. 6 AktG), so daß der Vorstand nur bei der Fremdfinanzierung der Gesellschaft eigenständig entscheiden kann. Die Finanzierung über die Börse ist eine besondere Möglichkeit der Eigenkapitalfinanzierung, die das Gesetz überhaupt nicht regelt. Als Befund ist festzuhalten, daß weder die Zuständigkeit der Hauptversammlung noch die des Vorstands positiv festgestellt werden können. Somit bleibt zu untersuchen, ob sich aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben die Zuständigkeit der Hauptversammlung oder des Vorstands begründen läßt.

386 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537; in diesem Sinne deutet dies auch H. Henze in FS Raiser, S. 145, 146 f. 387 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 866 f.; Rechenberg, Hauptversammlung als oberstes Organ der AG, S. 162; Kropff in Aktienrecht im Wandel, 16. Kapitel Rn. 58 ff.; dies auch andeutend BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384, 388; a. A. Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Börsenrückzug, S. 67 f. 388 Zu der Schwierigkeit einer abschließenden Definierbarkeit näher K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 806.

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5. Regelung der Entscheidungszuständigkeit durch Art. 14 Abs. 1 GG Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, daß die Begründung einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz auf einfachgesetzlicher Ebene durch Bildung von Analogien und Übertragung von Rechtsprechungsgrundsätzen auch nicht unter Einbeziehung des kapitalmarktrechtlichen Aspekts der freien Veräußerbarkeit der Aktie über die Börse möglich ist. Die verbandsrechtlich geprägte Zuständigkeitsordnung der AG berücksichtigt die Börsenzulassung und ihre Folgen für die Aktionäre und damit auch den Widerruf der Zulassung auf Antrag des Emittenten nicht. Daraus ergibt sich die Frage, ob nicht aus verfassungsrechtlicher Sicht die Börsenzulassung bei der Zuordnung der Entscheidungskompetenz innerhalb der AG zu beachten ist. Durch die Folgen des regulären Delisting könnte insbesondere das Eigentumsgrundrecht der Aktionäre i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG betroffen sein. Kann demnach aus Art. 14 Abs. 1 GG eine ungeschriebene Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung für das reguläre Delisting hergeleitet werden? Dieser Ansatz, wie ihn der BGH im Macrotron-Urteil389 gewählt hat, wirft verschiedene Probleme auf. Zum einen muß die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien infolge der Börsenzulassung dem Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen. Unterfällt die börsenzugelassene Aktie dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG, stellt sich weiter die Frage nach seiner Wirkung zwischen den Privatrechtssubjekten Gesellschaft und Aktionär. Bejaht man grundsätzlich eine solche Wirkung, müssen die konkreten Konsequenzen für die Entscheidungszuständigkeit innerhalb der AG dargelegt werden. Danach ist zu entscheiden, ob und in welcher Form das Eigentumsgrundrecht der Aktionäre durch das reguläre Delisting verletzt wird.

a) Schutz der besonderen Verkehrsfähigkeit börsenzugelassener Aktien durch Art. 14 GG Die börsenzugelassene Aktie und die damit einhergehende besondere Verkehrsfähigkeit als Rechtsposition des Aktionärs müßte vom grundgesetzlichen Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG erfaßt sein. Das Grundrecht auf Eigentum wird durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet und umfaßt alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung auf dem Gebiet des Privatrechts so zugeordnet sind, daß er die damit verbundenen Befugnisse in eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf.390 Zu diesen privaten Rechten gehört auch das Anteilseigentum in Form der Aktie in seiner mitgliedschaftlichen und vermögensrechtlichen Ausgestaltung durch das AktG.391 Zu den 389 390

BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535 f. Vgl. nur Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 12.

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mitgliedschaftlichen Rechten gehören die sogenannten Mitverwaltungsrechte der Aktionäre, wie beispielsweise das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung nach § 118 AktG, das Auskunftsrecht nach § 131 AktG oder das Stimmrecht gemäß § 134 AktG. Die Vermögensrechte der Aktionäre bestehen aus dem Dividendenanspruch nach §§ 58 Abs. 4, 60 AktG, dem Bezugsrecht auf junge Aktien aus einer Kapitalerhöhung gemäß § 186 Abs. 1 AktG sowie dem Recht auf Teilhabe am Liquidationserlös nach § 271 Abs. 1 AktG.392 Neben dem Schutz privater Rechte sind durch Art. 14 Abs. 1 GG auch vermögenswerte subjektiv-öffentliche Rechte geschützt, die auf einer eigenen Leistung des Grundrechtsberechtigten beruhen.393 Der Schutz der Aktionäre endet jedoch nicht mit Erfassung der mitgliedschaftlichen Aktionärsrechte, sondern erstreckt sich auch auf die grundsätzliche Verkehrsfähigkeit der Aktie, die durch das Aktienrecht394 und damit auch durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleistet wird.395 Der Grundsatz der freien Übertragbarkeit der Aktien wird im Aktienrecht durch § 68 Abs. 2 AktG dokumentiert, der die Übertragung der Aktien ausnahmsweise von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig macht. Grundsätzlich ist die Aktie daher frei übertragbar. Als Teil der Privatrechtsordnung bestimmt daher auch dieser Grundsatz den Schutzumfang des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Einbeziehung der erhöhten Verkehrsfähigkeit einer börsenzugelassenen Aktie in den eigentumsrechtlichen Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG setzt voraus, daß diese dem Aktionär von der privaten Rechtsordnung zugeordnet wird oder aber ein vermögenswertes subjektiv-öffentliches Recht darstellt. Die Börsenzulassung als öffentlich-rechtliche Erlaubnis gemäß § 32 Abs. 1 BörsG scheidet für die Einbeziehung in den Schutzbereich als unmittelbarer Anknüpfungspunkt aus. Die Börsenzulassung als öffentlich-rechtliche Erlaubnis berechtigt und verpflichtet unmittelbar nur den Emittenten der Wertpapiere, nicht aber den Aktionär einer Gesellschaft. Der Aktionär hat gegenüber der Börse als Anstalt des öffentlichen Rechts keinen Anspruch auf Zulassung der Aktien zum Börsenhandel. Diesen Anspruch auf Zulassung kann nur die Gesellschaft selbst unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 BörsG geltend machen. Ob durch die Börsenzulassung den Aktionären als Dritten eigene Rechte gewährt werden, braucht an dieser Stelle 391 BVerfG, Urt. v. 20. 09. 1999 – 1 BvR 636 / 95, NJW 2000, 349, 350 (Wenger / DaimlerBenz AG); BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, NJW 1999, 3769, 3770 (DAT / Altana); BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16 / 60, BVerfGE 14, 263, 276 (Feldmühle); so für das Squeeze-Out BVerfG, Beschl. v. 19. 09. 2007 – 1 BvR 2984 / 06, AG 2008, 27, 27 f.; Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 22; Papier in Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 195; Stumpf, NJW 2003, 9, 10 f. 392 Vgl. nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 797 f. 393 Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 25. 394 BGH, Urt. v. 01. 12. 1986 – II ZR 287 / 85, WM 1987, 174, 175; Bayer in MünchKomm AktG, § 68 Rn. 34 m. w. N.; Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 19 f. 395 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, NJW 1999, 3769, 3771 (DAT / Altana); BVerfG, Beschl. v. 19. 04. 2007 – 1 BvR 1995 / 06, WM 2007, 1179, 1180.

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nicht näher untersucht zu werden, da es jedenfalls an der für Art. 14 Abs. 1 GG geforderten eigenen Leistung des Aktionärs zur Erlangung eines subjektiv-öffentlichen Rechts fehlt. Der verfassungsrechtliche Schutz der erhöhten Verkehrsfähigkeit von börsenzugelassenen Aktien ergibt sich daher zumindest nicht aus dem Gesichtspunkt des subjektiv-öffentlichen Rechts. Etwas anderes könnte sich jedoch bei Betrachtung der durch die Aktie vermittelten Rechtsposition ergeben. Zwar erwirbt der Aktionär unmittelbar Mitgliedschafts- und Vermögensrechte, die unzweifelhaft durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sind. Jedoch kennzeichnet sich die Aktie als Unternehmensbeteiligung dadurch, daß sie das Eigentum an bestimmten Sachen und Gegenständen lediglich vermittelt, also die Herrschafts- und Vermögensrechte über einen bestimmen Gegenstand nicht mehr unmittelbar durch die Aktionäre ausgeübt werden können.396 Die Ausübung erfolgt beispielsweise durch die Teilnahme an der Hauptversammlung und der Abstimmung über bestimmte Beschlußgegenstände oder die Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrates. Das eigentliche Herrschafts- und Vermögensrecht über bestimmte Vermögensgegenstände übt die Gesellschaft mit Hilfe der Leitungsorgane aus. Zu den vermittelten Rechtspositionen gehört auch die Verkehrsfähigkeit der Aktie, da die Aktionäre über die eigentlichen Vermögensgegenstände der Gesellschaft nicht selbst verfügen können, sondern stellvertretend die Aktie übertragen. Ähnlich verhält es sich mit der Börsenzulassung. Die Börsenzulassung als öffentlich-rechtliche Rechtsposition wirkt unmittelbar nur für und gegen die Gesellschaft, der einzelne Aktionär kann aus diesen Rechten keine unmittelbaren Ansprüche herleiten. Das durch die Börsenzulassung vermittelte Recht besteht in der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktie, da die Aktien über die Börse gehandelt werden können. Insofern vermittelt die einzelne Aktie das der Gesellschaft zustehende Recht auf Zulassung zum Börsenhandel. Die Möglichkeit der freien Handelbarkeit der Aktien über die Börse ist nicht lediglich unbeabsichtigter Reflex der Börsenzulassung, sondern gerade durch die Gesellschaft gewollt397 und als Rechtsposition ausgestaltet. Die Handelbarkeit kann bei Bestehen der Börsenzulassung nicht einseitig durch die Gesellschaft oder Dritte erschwert oder unterbunden werden. Dies zeigt auch § 33a Abs. 4 WpHG, (ähnlich bisher § 22 Abs. 1 BörsG a. F.), der die Ausführung von Kauf- oder Verkaufsaufträgen allein den Weisungen des Aktionärs unterstellt, ohne daß es auf die Zustimmung eines Dritten ankäme. Das Eigentum an der Aktie vermittelt daher nicht nur die mitgliedschaftlichen Herr396 BVerfG, Urt. v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532, 533 / 77, 419 / 78 und 1 BvL 21 / 78, BVerfGE 50, 290, 342 (Mitbestimmung); BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16 / 60, BVerfGE 14, 263, 276 (Feldmühle), Schön in FS Ulmer, S. 1359, 1367; kritisch Martens, ZGR 1979, 493, 500 f.; Both, Delisting, S. 63 ff. 397 Die Emission von Aktien im Primärmarkt des Kapitalmarktes hängt zwingend von der späteren Handelbarkeit der Aktien im Sekundärmarkt ab. Ohne die Handelsmöglichkeit würde die emittierende AG kaum Kapital einsammeln können. Daher ist die Handelbarkeit beabsichtigte Rechtsfolge, um erfolgreich Aktien plazieren zu können, vgl. dazu oben 2. Teil: A.I., S. 38 f.

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schafts- und Vermögensrechte sowie die aktienrechtliche Verkehrsfähigkeit, sondern auch die erhöhte Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktie als Kapitalanlage. Dieser Aspekt wird verkannt, wenn das aktienrechtliche Eigentum auf die verbandsrechtlichen Herrschafts- und Vermögensrechte398 oder aber allein auf den wirtschaftlichen Wert399 reduziert wird. Die börsenzugelassene Aktie und die dadurch vermittelte Rechtsposition besteht aus den aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechten und den vermittelten Rechten aus der Börsenzulassung. Bei dem vermittelten Recht aus der Börsenzulassung besteht die Besonderheit, daß es erst mit Beantragung durch die Gesellschaft und der positiven Entscheidung der Geschäftsführung der Börse entsteht und nicht bereits von Anfang vorhanden ist, wie bei den aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechten, die das Eigentum an Gegenständen und die Inhaberschaft von Forderungen vermitteln. Sowohl die Börsenzulassung als auch das Eigentum an Gegenständen sowie die Inhaberschaft bestimmter Rechte sind vermögenswerte Rechtspositionen, die durch die Aktie repräsentiert werden. Für Art. 14 Abs. 1 GG ist es gleichgültig, ob die vermittelten Rechte später entstehen oder aber von Anfang an vorhanden sind, so daß auch die Börsenzulassung als vermittelte Rechtsposition dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterfällt. Für die Einbeziehung der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktie in den eigentumsrechtlichen Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG spricht weiter, daß die börsenzugelassene Aktie im Rechtsverkehr einen eigenständigen Vermögensgegenstand bildet, der sich nicht nur in einer vermittelten Rechtsposition wiederspiegelt. Die erhöhte Verkehrsfähigkeit durch die Börsenzulassung hat unmittelbaren Einfluß auf den Wert der Aktie, da sie einfach und anonym über den Kapitalmarkt veräußert werden kann. Dieser eigenständige Wert haftet der Aktie unmittelbar an und prägt die anlegerorientierte Eigenschaft der Aktie.400 Diesem Grundverständnis folgend schließt der BGH aus der Eigenschaft des Aktieneigentums auf den verfassungsrechtlichen Schutz durch Art. 14 Abs. 1 GG401, da Inhalt und Schranken durch Gesetz bestimmt werden. Gegen diesen Ansatz wird vorgebracht, die erhöhte Verkehrsfähigkeit setze neben der Börsenzulassung auch einen liquiden Markt voraus. Jede Liquiditätsschwankung würde daher das Eigentum beeinträchtigen. Dies könne jedoch nicht der Fall sein.402 Zwar ist dieser Ansicht zuzugeben, daß die Verkehrsfähigkeit von einem liquiden Markt abhängt, der in der Regel bei 398 Vgl. Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 114, der die Börsenzulassung als vermittelte Rechtsposition vollkommen außer Betracht läßt; so wohl auch Suhr, Eigentumsinstitut und Aktieneigentum, S. 91, der die Aktie als „freiheitsloses Papier“ bezeichnet. 399 So Ekkenga, ZGR 2003, 878, 884, wonach die Teilnahme am börslichen Preisbildungssystem nur dann einen Wert darstellt, wenn der Börsenkurs über dem inneren Anteilswert liegt. 400 Ebenso Funke, Minderheitenschutz beim kalten Delisting, S. 74; a. A. offenbar Ekkenga, ZGR 2003, 878, 884 f. 401 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535. 402 Adolf / Tieves, BB 2003, 797, 799 f.

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einem Börsenrückzugskandidaten nicht mehr vorliegt.403 Als tatsächliche Voraussetzung des Börsenhandels legt die Liquidität jedoch nicht den Umfang des Schutzbereiches des Art. 14 Abs. 1 GG fest. Dieser bestimmt sich vielmehr nach abstrakten gesetzlichen Regelungen. Ausreichend ist die abstrakte Möglichkeit der Veräußerung der Aktien über die Börse, die durch die Börsenzulassung eröffnet wird. Allein die Börsenzulassung ist die abstrakte Voraussetzung für die Handelbarkeit der Aktie. Ob sich nach Zulassung des jeweiligen Wertpapiers ein liquider Markt entwickelt, hängt von den Kräften des Marktes und dem Umfang der Aktienstreuung ab. Insofern handelt es sich um eine wirtschaftliche Erwartung, die durch Art. 14 Abs. 1 GG gerade nicht geschützt ist.404 Der BGH beruft sich bei der Einbeziehung der erhöhten Verkehrsfähigkeit ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BVerfG im Fall DAT / Altana405. Das BVerfG hatte in diesem Fall über die Berücksichtigung des Börsenkurses bei der Bestimmung der Abfindung oder des Ausgleichs außenstehender Aktionäre zu entscheiden. Daran entzündet sich auch die Kritik an der Begründung des BGH, die der Entscheidung des BVerfG über den konkreten Entscheidungsgegenstand hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zubilligt. Das BVerfG habe lediglich über die Einbeziehung des Börsenkurses bei Berechnung der Abfindungshöhe entschieden, nicht jedoch grundsätzlich zur erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktie und der Einbeziehung in den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG Stellung genommen.406 Diese Ansicht berücksichtigt nicht den Grundgedanken, der hinter dieser Entscheidung steht. Das BVerfG erkennt mit dieser Entscheidung die Doppelstellung des Aktionärs als Kapitalanleger und Mitglied der Gesellschaft an. Mit Zulassung der Aktien zum Börsenhandel erweitert sich die Rechtsstellung des Aktionärs um die des Kapitalanlegers. Zutreffend wird die börsenzugelassene Aktie als „Sphäre individueller Freiheit in finanzieller Hinsicht“ bezeichnet. Der Anleger kann sein Kapital nach freiem Belieben investieren oder deinvestieren.407 Diese finanzielle Freiheit wird gerade durch den Börsenhandel abgesichert. Bisher wurde auf verbandsrechtlicher Seite lediglich die Stellung als Mitglied der AG berücksichtigt, nicht jedoch die kapitalmarktrechtliche Vgl. dazu oben 2. Teil: D.I.1.a)aa), S. 72. Vgl. nur Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 21; mit anderer Begründung im Ergebnis ebenso Suhr, Eigentumsinstitut und Aktieneigentum, S. 91 f. 405 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 305 (DAT / Altana) = NJW 1999, 3769, 3771. 406 H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 241; Klöhn, ZBB 2003, 208, 214 f.; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 115; Opitz, Rechtliche Bewertung von Börsenrückzügen, S. 73 ff.; Seiffert, Going Private, S. 69 ff.; zweifelnd Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03. 407 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 305 = NJW 1999, 3769, 3771; bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 2000, 1948, 1950 (Bosch / Moto Meter AG III) = WuB II A. § 179a AktG 1.01 (Drygala) = EWiR 2000, 913 (Neye); Schön in FS Ulmer, S. 1359, 1381 f.; Stumpf, NJW 2003, 9, 11; Jung, JZ 2001, 1004, 1012; Heidel / Lochner in Heidel Aktienrecht, AktG, Vor § 327a Rn. 19; vgl. dazu auch Funke, Minderheitenschutz beim kalten Delisting, S. 71 ff., die zur Begründung des Eigentumsschutzes der erhöhten Verkehrsfähigkeit die Parallele zum Geld zieht und die Eigentumsgarantie als Marktgarantie versteht. 403 404

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Seite. War dieser Regelungsprozeß auf einfachgesetzlicher Ebene bereits mit der Entwicklung des Kapitalmarktrechts einerseits und dem Aktienrecht auf verbandsrechtlicher Ebene andererseits abgeschlossen, fehlte die Anerkennung dieser Entwicklung auf verfassungsrechtlicher Ebene. Dies ist mit der Entscheidung des BVerfG geschehen, so daß ihr über den entschiedenen Sachverhalt hinaus Bedeutung zukommt. Die Verankerung der erhöhten Verkehrsfähigkeit im Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG rechtfertigt sich durch die nicht zu trennende Verbindung zur Aktie. Grundlage der erhöhten Verkehrsfähigkeit ist die Aktie als Wertpapier und verfassungsrechtlich geschützter Vermögensgegenstand. Denkbar ist zwar eine Verankerung der börsenmäßigen Handelbarkeit in der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG, jedoch wird dies der geradezu akzessorischen Bindung zwischen Aktie und der erhöhten Verkehrsfähigkeit durch die Börsenzulassung nicht gerecht. Somit ist die erhöhte Verkehrsfähigkeit als kapitalmarktrechtliche Seite der börsenzugelassenen Aktie neben den mitgliedschaftlichen Rechten der Aktionäre Teil der inhaltsbestimmenden Regelungen, die den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG bestimmen. Der Umfang des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes der Aktien erfährt durch die Tatsache, daß die Kleinaktionäre Aktien als reine Kapitalanlage ohne unternehmerische Ambitionen ansehen, keine Einschränkung. Zwar ergeben sich im Hinblick auf die mit dem Aktienerwerb über die Börse verfolgten Interessen Unterschiede zwischen dem Großaktionär und den Kleinaktionären. So verfolgen die Kleinaktionäre in der Regel reine Renditeinteressen, die sich durch den Verkauf einer im Kurs gestiegenen Aktie widerspiegeln. Der Großaktionär möchte durch die erworbenen Aktien regelmäßig Einfluß auf die unternehmerische Führung der Gesellschaft ausüben, indem er seine mitgliedschaftlichen Rechte wahrnimmt.408 Tatsächlich liegt daher das Interesse der Kleinaktionäre auf der Vermögensseite. Daraus schließt nun eine Ansicht, daß Aktieninhaber, die reine Anlageinteressen verfolgen, kaum Bestandsschutz genießen, aber einen effektiven Vermögensschutz erhalten.409 Dieser Ansatz schränkt den Schutzbereich von vornherein jedoch unzulässig ein. Tatsächlich besteht diese Interessendivergenz zwischen Klein- und Großaktionär. Auch ist nicht zu leugnen, daß der personale Bezug des Eigentums durch die Aktie erheblich gelockert und auf ein Bündel an Verwaltungs- und Vermögensrechten reduziert ist, die allenfalls einen mediatisierten Einfluß auf die vermittelten Güter zulassen.410 Daraus läßt sich aber noch nicht der Schluß auf einen eingeschränkten Eigentumsschutz ziehen, da die Interessen der Aktionäre sich nach außen hin nicht manifestieren und ein Wandel der Interessenlage nicht in ErVgl. dazu oben 2. Teil: B., S. 67 f. Klöhn, ZBB 2003, 208, 215; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 114; ähnlich wohl Papier in Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 195, der diesen Unterschied auf der Seite der Inhalts- und Schrankenbestimmung berücksichtigen will. 410 BVerfG, Urt. v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532, 533 / 77, 419 / 78 und 1 BvL 21 / 78, BVerfGE 50, 290, 342 (Mitbestimmung); Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 22; Schön in FS Ulmer, S. 1359, 1363. 408 409

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scheinung zu treten braucht.411 Zudem wird der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG nicht durch tatsächliche Umstände bestimmt, sondern durch die in der Rechtsordnung den Aktionären zugeordneten Rechte. Auch wenn der Anleger die Aktien über die Börse kauft, erwirbt er nicht nur eine von Mitgliedschaftsrechten entkleidete Kapitalanlage, sondern auch die mit der Aktie unmittelbar verbundenen aktiengesetzlichen Verwaltungs- und Vermögensrechte.412 Insofern hat der Aktionär eine Doppelstellung als Aktionär und Anleger inne. Die Aktie eines Kleinaktionärs genießt rechtlich keinen anderen eigentumsrechtlichen Schutz als die Aktien des Großaktionärs. Eine solche Sichtweise wäre auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG zweifelhaft, da die unterschiedlichen Interessenlagen, die mit dem Erwerb der Aktien verfolgt werden, keinen sachlichen Grund für einen qualitativ unterschiedlichen Schutzumfang bilden dürften. Zudem sich die Interessen in der Praxis kaum so klar trennen lassen, wie dies theoretisch möglich ist. Daher ist beim Umfang des eigentumsrechtlichen Schutzes nicht nach den verschiedenen Aktionärsgruppen zu unterscheiden. b) Wirkungsweise des Art. 14 Abs. 1 GG zwischen Aktionär und Gesellschaft Die Wirkungsweise betrifft die Frage, ob Art. 14 Abs. 1 GG mit seinem zuvor festgestellten Schutzbereich, der die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktie umfaßt, überhaupt zwischen Aktionär und AG, also zwei privaten Rechtssubjekten, eine rechtsgestaltende Wirkung entfaltet. Grundsätzlich haben die Grundrechte die Funktion von Abwehrrechten gegenüber staatlichem Handeln, die das Eigentum in verfassungswidriger Weise beeinträchtigen. 413 Sie wirken daher grundsätzlich nur im Verhältnis von Staat und Bürger.414 Der BGH beschränkt sich nicht auf die Feststellung, daß die erhöhte Verkehrsfähigkeit zum verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums gehört, sondern billigt Art. 14 Abs. 1 GG „im Verhältnis der Gesellschaft zu den Aktionären“ eine unmittelbare Wirkung zu, die „unerläßlicher Bestandteil des Rechtsverhältnisses zwischen AG und Aktionär“ ist.415 Begründet wird diese von dem Grundsatz abweichende direkte Wirkung des Eigentumsgrundrechts zwischen Privaten nicht. Zur Begründung der Grundrechtswirkung zwischen privaten Rechtssubjekten sind mehrere Ansatzpunkte denkbar.416 Zum Stumpf, NJW 2003, 9, 11. Ebenso Stumpf, NJW 2003, 9, 11; Schön in FS Ulmer, S. 1359, 1369 f.; Jung, JZ 2001, 1004, 1012 m. w. N. 413 Vgl. nur Papier in Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 219; ausführlich Hager, JZ 1994, 373, 374 ff. 414 Vgl. nur Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 33. 415 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – 133 / 01, WM 2003, 533, 535. 416 Umfassend zu dieser Problematik Schön in FS Ulmer, S. 1359, 1383 ff.; Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 33 ff.; Diedrichsen, AcP 198 (1998), 171, 199 ff.; Jung, JZ 2001, 1004, 1007 ff.; Oldiges in FS Friauf, S. 281 ff. 411 412

D. Stellungnahme

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einen können die Grundrechte im Wege der mittelbaren Drittwirkung Eingang in die Wertungen des einfachen Gesetzes finden. In besonderen Ausnahmefällen besteht auch die Möglichkeit, daß sich unmittelbar aus den Grundrechten eine Drittwirkung ergibt. Ferner können Grundrechte ihre unmittelbare Wirkung zwischen Privaten entfalten, wenn sie nicht nur als Abwehrrecht gegen Grundrechtseingriffe verstanden werden, sondern auch als gegenüber den Privaten einzuhaltende konkrete Schutzpflichten. aa) Mittelbare und unmittelbare Drittwirkung des Eigentumsgrundrechts Art. 14 Abs. 1 GG im Wege der mittelbaren Drittwirkung Einfluß auf das Rechtsverhältnis zwischen Gesellschaft und Aktionär zu geben, setzt einen unbestimmten Rechtsbegriff oder aber eine Generalklausel voraus, über die die grundlegenden Wertentscheidungen des Grundrechts Einfluß finden können.417 Als Generalklausel käme zunächst § 119 Abs. 2 AktG in Betracht418, der die Zuständigkeit der Hauptversammlung in Fragen der Geschäftsführung festlegt, wenn der Vorstand es verlangt. § 119 Abs. 2 AktG hat nicht die Funktion einer Generalklausel, da Sinn und Zweck der Regelung die Haftungsbefreiung des Vorstands gemäß § 93 Abs. 4 S. 1 AktG ist.419 Ihr kommt nicht die Bedeutung einer Generalklausel zu, die die grundsätzliche Zuständigkeitsverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung aufweicht.420 Zudem ist hier schon zweifelhaft, ob der Vorstand im Rahmen seiner Geschäftsführungsaufgaben überhaupt für die Entscheidung über das Delisting zuständig ist.421 Dadurch ist bereits unsicher, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 119 Abs. 2 AktG vorliegen. Somit ist aufgrund der mangelnden Eigenschaft des § 119 Abs. 2 AktG als Generalklausel und der unsicheren tatbestandlichen Erfüllung eine mittelbare Drittwirkung zu verneinen.422 Als weitere Generalklausel oder unbestimmter Rechtsbegriff für eine mittelbare Drittwirkung des Art. 14 GG ist auch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht denkbar. Zwar entfaltet die Treuepflicht auch zwischen der AG und den Aktionären ihre Vgl. nur Papier in Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 220. Diesen Ansatz wohl verfolgend auf einfachgesetzlicher Ebene Streit, ZIP 2003, 392, 393; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 800. 419 Zu den Wirkungen eines solchen Beschlusses Mülbert in GroßKomm AktG, § 119 Rn. 54; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 103; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht S. 871. 420 Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 103 f.; auch der BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535, verneint die Begründung über § 119 Abs. 2 AktG, obwohl ihm die Anknüpfung an das Holzmüller-Urteil (BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 131) und die Begründung über § 119 Abs. 2 AktG möglich gewesen wäre. 421 Siehe oben 4. Teil: D.I.4., S. 194 f. 422 So bereits Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03. 417 418

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Wirkung. Die Treuepflicht dient jedoch nicht dazu, die Zuständigkeiten der verschiedenen Organe der AG gegeneinander abzugrenzen. Vielmehr soll die Treuepflicht etwa der Gesellschaft gegenüber den Aktionären verhindern, daß von einer bereits vorhandenen Rechtsposition nicht rechtsmißbräuchlich zum Nachteil einer anderen Partei Gebrauch gemacht wird. Im Falle des Delisting geht es aber zunächst um die Vorfrage, welche Rechtspositionen in bezug auf die Entscheidungszuständigkeit bestehen. Auch die unmittelbare Drittwirkung423 des Eigentumsgrundrechts ist abzulehnen. Das Konzept der unmittelbaren Drittwirkung mißt den Grundrechten eine unmittelbare Wirkung zwischen Privaten bei, so daß sie grundsätzlich keiner Transformation in das Privatrecht bedürfen.424 Das Grundgesetz selbst regelt einen solchen Fall ausnahmsweise nur in Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG. Dieser Einzelfall bildet jedoch keinen Grundsatz, sondern nur eine Ausnahme. Die zivilrechtlichen Regelungen würden ansonsten den Rang von Verfassungsrecht erlangen und keine eigenständige Rechtsmaterie bilden.4255 bb) Schutzpflichten des Staates zur Regelung der Rechtsverhältnisse unter privaten Rechtssubjekten Art. 14 Abs. 1 GG könnte zwischen der Gesellschaft und den Aktionären in der Funktion als Schutzgebot seine Wirkung entfalten. Dieser Begründungsansatz sieht zwar allein den Staat als Adressaten der Grundrechte an. Die privaten Rechtssubjekte sind im Gegensatz zur Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung nicht Adressat der Grundrechte. Die Wirkung der Grundrechte zwischen Privaten ergibt sich auf dem Umweg über die Verpflichtung des Staates, die Rechte der Bürger untereinander durch entsprechende Regelungen zu schützen.426 Diese Schutzpflichten nimmt der Staat grundsätzlich im Wege der Gesetzgebung wahr, indem er die unterschiedlichen Belange der jeweils Betroffenen gegeneinander abwägt.427 Die gesetzgeberische Regelung der jeweiligen privaten Interessen durch 423 Zur begrifflichen Abgrenzung der „unmittelbaren Geltung“ von Grundrechten zwischen Privaten siehe Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 35. 424 Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 34. 425 Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 34 f.; Diedrichsen, AcP 198 (1998), 171, 224 ff. 426 Mit umfassenden Nachweisen Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 38 in Rn. 91; Jung, JZ 2001, 1004, 1007; Oldiges in FS Friauf, S. 281, 301; Stern in FS Wiedemann, S. 133, 137 m. w. N.; in diesem Sinne auch Hüffer / Schmidt-Assmann / Weber, Anteilseigentum, Unternehmenswert und Börsenkurs, S. 52 ff.; Stern, Staatsrecht, Bd. III / 1, S. 1573 m. w. N. und S. 1575 f.; kritisch Mülbert / Leuschner, ZHR 170 (2006), 615, 635 und 638 ff., die von einer nicht vorhandenen „objektiv-rechtlichen Dimension“ des Art. 14 GG sprechen; Simon, AcP 204 (2004), 264, 271 ff., der die Gefahr einer Konstitutionalisierung des Zivilrechts in der Rechtsfortbildung durch die Justiz sieht. Die Schutzpflichtwirkung der Grundrechte übersehen Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Börsenrückzug, S. 84; Opitz, Rechtliche Bewertungen von Börsenrückzügen, S. 153.

D. Stellungnahme

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Gesetz ließe sich zwar noch als Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Bürger erfassen und würde damit dem Gedanken der Grundrechte als Abwehrrechte Rechnung tragen. Jedoch erklärt die Abwehrfunktion der Grundrechte nicht den Vorgang, daß der Gesetzgeber eine bestimmte Regelung zum Schutz privater Rechte unterläßt und damit möglicherweise Grundrechte anderer Rechtssubjekte verletzt.428 Unterläßt der Gesetzgebers etwa den Schutz des Eigentumsgrundrechts, kann ein anderes Rechtssubjekt den ihm zugefallenen Vorteil ausnutzen.429 Steht der grundrechtlich gebotenen Schutzpflicht keine privatrechtliche Norm gegenüber, die den Schutz realisiert, kann aus dem betroffenen Grundrecht ausnahmsweise ein bestimmtes Verhaltensgebot, welches unmittelbar zwischen den privaten Rechtssubjekten wirkt, entnommen werden.430 Voraussetzung ist daher für die Frage der Entscheidungszuständigkeit beim Delisting, daß die aktienrechtlichen und kapitalmarktrechtlichen Normen keinen ausreichenden Schutz der betroffenen Interessen vorsehen oder daß diese Interessen nicht bewußt gegeneinander abgewogen worden sind. Grundsätzlich entfalten die Wertungen des Art. 14 Abs. 1 GG und damit auch der eigentumsrechtliche Schutz der börsenzugelassenen Aktie ihre Wirkung über die grundrechtlichen Schutzpflichten zwischen der Gesellschaft, die durch den Vorstand geführt und vertreten wird, und den einzelnen Aktionären.

c) Schutzpflicht zur Regelung der Entscheidungszuständigkeit durch Art. 14 Abs. 1 GG Der BGH hat in der Macrotron-Entscheidung festgestellt, daß „der Schutz des mitgliedschaftlichen Vermögenswertes nicht in den Händen der Geschäftsleitung, sondern der Hauptversammlung liegt“, so daß die Hauptversammlung über das Delisting entscheiden müsse.431 Fraglich ist daher, nachdem die grundsätzliche Geltung der Wertungen des Art. 14 Abs. 1 GG zwischen privaten Rechtssubjekten bejaht wurde, ob Art. 14 Abs. 1 GG auch die Schutzpflicht zu entnehmen ist, daß die Aktionäre in der Hauptversammlung und nicht etwa der Vorstand über die Beendigung der erhöhten Verkehrsfähigkeit entscheiden. Insofern ist zu unter427 Jung, JZ 2001, 1004, 1008; dies hat der Gesetzgeber im Fall des Informationsrechts nach § 131 AktG ausreichend getan, vgl. BVerfG, Beschl. v. 20. 09. 1999 – 1 BvR 636 / 95, NJW 2000, 349, 350 = ZIP 1999, 1798, 1799 ff. (Wenger / Daimler-Benz AG) = zustimmend Bork, EWiR 1999, 1035, 1035 f.; vgl. dazu Raiser in FS Kümpel, S. 437, 441. 428 Oldiges in FS Friauf, S. 281, 301; Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 42; Hüffer / Schmidt-Assmann / Weber, Anteilseigentum, Unternehmenswert und Börsenkurs, S. 54. 429 Oldiges in FS Friauf, S. 281, 301. 430 Jung, JZ 2001, 1004, 1008 und 1014; ebenso in diesem Sinne Simon, AcP 204 (2004), 264, 274; diesen Weg bei der Berücksichtigung des Börsenkurses im Ergebnis gehend BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 305 ff. (DAT / Altana). 431 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

suchen, wem die konkrete Verfügungsbefugnis über die Börsenzulassung gemäß Art. 14 Abs. 1 GG zuzuordnen ist. Grundsätzlich bereitet die Zuordnung der Verfügungsbefugnis und damit der konkreten Nutzung des Eigentums keine Probleme, da der Eigentümer unmittelbar über die Sache verfügen kann. Dieses Verfügungs- oder auch Nutzungsrecht ist dem Eigentümer nach Art. 14 Abs. 1 GG zugeordnet, so daß auch die Veräußerungsmöglichkeit und die wirtschaftliche Funktionsfähigkeit dieses Rechts als solche geschützt sind.432 Das Aktieneigentum lockert diese enge Verbindung zwischen dem Eigentum an konkreten Vermögensgegenständen und der Verfügungsbefugnis, da der Aktionär nur eine durch die Aktie vermittelte Rechtsposition an den Vermögensgegenständen der Gesellschaft erhält. Die Gesellschaft selbst verfügt durch ihre stellvertretungsberechtigten Organe über die konkreten Vermögensgegenstände.433 Der einzelne Aktionär kann diese Rechtsposition nur veräußern, indem er die Aktie überträgt. Von der unmittelbaren Verfügungsgewalt über einen konkreten Vermögensgegenstand der Gesellschaft ist er ausgeschlossen. Ist die Aktie für den Börsenhandel zugelassen, überträgt der Aktionär mit der Aktie neben der vermittelten Rechtsposition an konkreten Gegenständen zudem auch den eigenständigen Vermögensgegenstand der börsenzugelassenen Aktie, der dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterfällt434. Hat nun der normale Sacheigentümer die Verfügungsbefugnis über einen konkreten Gegenstand, muß dies auch für die vermittelte Rechtsposition aus der Aktie gelten. Dies um so mehr, wenn die börsenzugelassene Aktie einen eigenständigen Vermögensgegenstand bildet, so daß kaum mehr ein Unterschied zwischen Sacheigentum und dem Eigentum an der Aktie zu erblicken ist. Grundsätzlich ist daher dem Aktionär die Entscheidungsbefugnis über die durch die Aktie vermittelten Rechte und die börsenzugelassene Aktie als Vermögensgegenstand zugeordnet. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß der Aktionär dem Vorstand schon mit dem Erwerb der Aktie die Entscheidungsbefugnis über das Delisting aufgrund der Trennung von unmittelbarer Verfügungsgewalt und Nutzung des 432 BVerfG, Urt. v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532, 533 / 77, 419 / 78 und 1 BvL 21 / 78, BVerfGE 50, 290, 339 (Mitbestimmung); Jarass in Jarass / Pieroth, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 19; Wendt in Sachs, GG, Art. 14 Rn. 41; a. A. offenbar Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 13; eine andere dogmatische Begründung liefert Schön in FS Ulmer, S. 1359, 1368: Er spricht vom „verfassungsrechtlichen Postulat der Folgerichtigkeit einer Gesetzgebung“, welches übertragen auf das reguläre Delisting nach § 39 Abs. 2 BörsG bedeutet: Wenn der Gesetzgeber das reguläre Delisting durch § 39 Abs. 2 BörsG zuläßt, muß er auch den einzelnen Aktionären rechtliche Instrumente in die Hand geben, die ihnen die Mitwirkung in der Willensbildung der Gesellschaft ermöglichen, mithin hier aufgrund des verfassungsrechtlichen Schutzes der börsenzugelassenen Aktie die Zuständigkeit der Aktionärsversammlung. 433 BVerfG, Urt. v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532, 533 / 77, 419 / 78 und 1 BvL 21 / 78, BVerfGE 50, 290, 342 (Mitbestimmung); BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16 / 60, BVerfGE 14, 263, 276 (Feldmühle); Schön in FS Ulmer, S. 1359, 1363. 434 Siehe dazu oben 4. Teil: D.I.5.a), S. 196 ff.

D. Stellungnahme

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Eigentums übertragen hätte.435 Zwar ist dem Vorstand gemäß § 76 Abs. 1 AktG die eigenverantwortliche Nutzung des von den Aktionären zur Verfügung gestellten Kapitals übertragen worden. Das Eigentum der Aktionäre unterliegt insoweit einer das Eigentum gestaltenden Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Die Entscheidungsbefugnis der Aktionäre wird dadurch jedoch nicht übertragen, da schon zweifelhaft ist, ob es sich bei der Entscheidung über das Delisting um eine Geschäftsführungsaufgabe handelt.436 Selbst wenn auf einfachgesetzlicher Ebene die Zuständigkeit des Vorstands zu bejahen wäre, bedürfte die Übertragung der Entscheidungskompetenz der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Da aber der Vorstand als Organ den Aktionären keine eigene grundrechtlich gesicherte Rechtsposition entgegensetzen kann, fehlt es zumindest an einer Rechtfertigung einer solchen Zuweisung. Die eigenverantwortliche Nutzung des Kapitals durch den Vorstand findet ihre Grundlage schließlich im Eigentumsschutz der Aktionäre; sie ist demnach nur ein abgeleitetes Recht. Die Begründung des BGH im Macrotron-Urteil begegnet Bedenken, wenn vom Schutz des mitgliedschaftlichen Vermögenswertes gesprochen wird, der nicht in den Händen der Geschäftsleitung, sondern der Hauptversammlung liegt.437 Der Schutz des Vermögenswertes allein rechtfertigt nicht die Zuständigkeitszuweisung an die Hauptversammlung, da sonst jede Beeinträchtigung des Wertes der Aktie zur Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit herangezogen werden könnte. Zugewiesen ist den Aktionären die Zuständigkeit vielmehr aufgrund der bei ihnen liegenden Verfügungsbefugnisse über das durch die Aktie vermittelte Eigentum. Auch der genannte Minderheitenschutz438 trägt für sich nicht die Entscheidung, da die Entscheidungszuständigkeit die Frage der Machtbalance zwischen Vorstand und Hauptversammlung betrifft. Der Minderheitenschutz ist nur ein einzelner Gesichtspunkt der Machtbalance, der bei der Entscheidung über das Delisting aufgrund des regelmäßig vorhandenen Großaktionärs kaum eine Rolle spielt. Zusammenfassend folgt aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG die Entscheidungszuständigkeit der Aktionäre und damit der Hauptversammlung. Die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung über die Beendigung der Börsenzulassung ist demnach Teil der durch Art. 14 Abs. 1 GG aufgegebenen Schutzpflichten, die zwischen Privaten ihre Rechtswirkung entfalten.

435 436 437 438

So wohl Brauer, Rechte der Aktionäre beim Börsengang und Börsenrückzug, S. 86. Vgl. zur Begründung auf einfachgesetzlicher Ebene oben 4. Teil: D.I.4., S. 194 f. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

d) Verletzung der Schutzpflichten aus dem Aktieneigentum Die grundgesetzliche Schutzpflicht aus Art. 14 Abs. 1 GG, die die Entscheidungskompetenz für das reguläre Delisting der Hauptversammlung zuordnet, ist verletzt, wenn der Gesetzgeber auf einfachgesetzlicher Ebene die verfassungsrechtlich vorgegebene Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung nicht berücksichtigt hat. Hat er sie nicht berücksichtigt, muß aus dem grundgesetzlichen Eigentumsschutz ein bestimmtes Verhaltensgebot abgeleitet werden können.439 Wird dieser Aspekt hingegen auf aktien- oder kapitalmarktrechtlicher Ebene beachtet, etwa durch Regelung der Hauptversammlungszuständigkeit oder aber durch eine gesetzliche Zuweisung der Entscheidungskompetenz an den Vorstand unter Abwägung der Grundrechtspositionen, ist das Eigentumsgrundrecht nicht verletzt oder aber zumindest die Verletzung der Schutzpflicht gerechtfertigt. Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, daß der Gesetzgeber das reguläre Delisting gemäß § 39 Abs. 2 BörsG nur börsengesetzlich erfaßt hat, ohne aber die Zuständigkeit eines bestimmten Organs der AG zu bestimmen. Weder aktienrechtlich 440 noch kapitalmarktrechtlich 441 ist die Zuständigkeit einem Organ eindeutig zuzuordnen. Selbst wenn man davon ausgehen würde, daß der Vorstand aufgrund der fehlenden Regelung der Zuständigkeitszuweisung über das reguläre Delisting zu entscheiden hätte, würde es an einer Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes der Aktionäre fehlen. Eine solche Abwägung hat der Gesetzgeber bei Einführung des Marktentlassungsverfahrens nicht vorgenommen. Insofern können die Erwägungen, die zur Bejahung der planwidrigen Regelungslücke herangezogen wurden, übertragen werden.442 Der Gesetzgeber ist somit seiner verfassungsrechtlichen Schutzpflicht nicht nachgekommen und hat diese verletzt. e) Verfassungskonforme Rechtsfortbildung Die aus dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz beim regulären Delisting folgende Hauptversammlungszuständigkeit findet im einfachgesetzlichen Recht keine Abbildung. Insofern wirkt Art. 14 Abs. 1 GG als Schutzgebot unmittelbar zwischen den Aktionären und der Gesellschaft. Rechtstechnisch kann dies über eine verfassungskonforme Auslegung des bestehenden Rechts oder aber im Wege der Rechtsfortbildung erfolgen.443 Eine verfassungskonforme Auslegung scheitert 439 Jung, JZ 2001, 1004, 1008; diesen Weg bei der Berücksichtigung des Börsenkurses im Ergebnis gehend BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 305 ff. (DAT / Altana). 440 Siehe oben 4. Teil: D.I.2., S. 165 ff. und 4. Teil: D.I.3., S. 183 ff. 441 Vgl. oben 3. Teil: A.II.2., S. 95 ff. 442 Siehe oben 4. Teil: D.I.2.a), S. 165 ff. 443 Die Verwirklichung der Schutzgebotsfunktion der Grundrechte ist nicht an das Vorhandensein einer auslegungsfähigen Generalklausel gekoppelt, sondern lediglich bevorzugtes Einfallstor, Stern, Staatsrecht, Bd. III / 1, S. 1584.

D. Stellungnahme

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bereits daran, daß keine auslegungsfähige Norm vorhanden ist, über die die Wertungen des Art. 14 Abs. 1 GG in das einfache Recht einfließen könnten, so daß nur die Rechtsfortbildung bleibt. Ob aber die einfache Untätigkeit des Gesetzgebers bei der Verwirklichung des Eigentumsschutzes hinsichtlich des regulären Delisting Anlaß zur Rechtsfortbildung bietet, ist fraglich. Der Schutz des Eigentums wird in der Regel durch das einfache Recht gewährleistet444 und eröffnet dem Gesetzgeber im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG einen weiten Gestaltungsspielraum.445 Würde das einfache Recht aufgrund des Verfassungsrechts fortgebildet werden, verlöre das Privatrecht in letzter Konsequenz seine Eigenständigkeit.446 Die grundrechtliche Wertung zur Begründung konkreter privater Rechte soll ausnahmsweise nur in engen Grenzen herangezogen werden, wenn sich aus dem Grundrecht ein hinreichend bestimmtes Verhaltensgebot ableiten läßt und diesem keine privatrechtlichen Regelungen entgegenstehen.447 Aus dem Eigentumsgrundrecht läßt sich das Recht der Aktionäre begründen, über die Beantragung des Widerrufs der Börsenzulassung in der Hauptversammlung zu entscheiden. Rechte des Vorstands oder der Gesellschaft stehen dem nicht entgegen, da sich ihre Rechtsposition von den Eigentumsrechten der Aktionäre ableitet und von ihnen abhängt. Insofern ist ihre Rechtsposition im Verhältnis zu den Aktionären schwächer als gegenüber Eingriffen von dritter Seite. Auch ist das Privatrecht in Form des Aktienrechts mit seinen Zuständigkeitszuweisungen in seiner Eigenständigkeit nicht gefährdet, da das Aktienrecht überhaupt keine Regelung zum regulären Delisting getroffen hat. Die Durchdringung des Aktienrechts mit spezifischen Regelungen für die börsennotierte AG steht erst am Anfang, so daß noch nicht von abschließenden Regelungen in diesem Bereich gesprochen werden kann. Die Rechtsfortbildung erfolgt durch die Zivilgerichte, die als Teile der staatlichen Gewalt im Wege der Auslegung und Rechtsfortbildung die Schutzpflichten aus den Grundrechten verwirklichen.448 Da aber die Rechtsfortbildung nicht nur auf der Ebene des einfachen Rechts erfolgt, sondern auf der Ebene des Grundgesetzes, ist von einer verfassungskonformen Rechtsfortbildung zu sprechen449, die das Eigentumsgrundrecht der Aktionäre berücksichtigt. Somit ist die 444 Vgl. Simon, AcP 204 (2004), 264, 273 zieht daraus die grundsätzliche Konsequenz, daß die Auslegung Vorrang vor der Rechtsfortbildung hat. 445 Vgl. Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 44; Jung, JZ 2001, 1004, 1014. 446 Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 45; ebenso Diedrichsen, AcP 198 (1998), 171, 205 ff.; Stern, in FS Wiedemann, S. 133, 148; ders., Staatsrecht, Bd. III / 1, S. 1583. 447 Jung, JZ 2001, 1004, 1008; vgl. auch zu der Frage, ob der BGH diese Frage nicht dem BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG hätte vorlegen müssen; dieses für ein gesetzgeberisches Unterlassen verneinend Classen, JZ 2003, 693, 698 m. w. N. 448 BVerfG, Beschl. v. 20. 09. 1999 – 1 BvR 636 / 95, NJW 2000, 349, 351 (Wenger / Daimler-Benz AG); Oldiges in FS Friauf, S. 281, 302; Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 44; Stern, Staatsrecht, Bd. III / 1, S. 1583 f. 449 Ebenso Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03; von einer „Notkompetenz“ des Richters bei Vorliegen einer verfassungswidrigen Lage sprechend Stern in FS Wiedemann, S. 133, 148.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Hauptversammlung gemäß Art. 14 Abs. 1 GG für die Entscheidung über das reguläre Delisting zuständig.

6. Mangelnder Schutz der Aktionäre durch die Hauptversammlungskompetenz Das aus den tatsächlichen Gegebenheiten folgende Argument, daß ein Hauptversammlungsbeschluß lediglich Förmelei sei, da der Großaktionär regelmäßig über eine ausreichende Mehrheit verfüge und den Minderheitsaktionären dadurch kein Schutz gewährt werden könne, kann nicht zur Verneinung der Hauptversammlungskompetenz herangezogen werden. Eine bloß formale Sache würde der Hauptversammlungsbeschluß darstellen, wenn von ihm keine Rechtswirkungen ausgehen würden, die für die Aktionäre von Bedeutung sein könnten. Zwar erscheint unter dem Gesichtspunkt der Mehrheitsverhältnisse die Abstimmung über ein Delisting als rein formaler Akt450, jedoch kann der Aktionär auf der Hauptversammlung Auskunft nach § 131 AktG über das Delisting verlangen, einen fehlerhaften Beschluß nach § 243 AktG anfechten oder der Beschluß bedarf der sachlichen Rechtfertigung451. Gerade die Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses kann für die Gesellschaft eine erhebliche Verzögerung des Delisting herbeiführen452 und ist für den Aktionär möglicherweise das einzige Mittel, das Delisting zu verhindern. Zudem hat der Gesetzgeber mit dem Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses im Falle des Squeeze-out (§ 327a Abs. 1 AktG) gezeigt, daß er selbst, wenn 95 % der Aktien in einer Hand vereinigt sind und der Beschluß eher formalen Charakter hat, diesen fordert. Ferner sagen die tatsächlich vorkommenden Mehrheitsverhältnisse bei einer Delisting-Entscheidung nichts über die Verteilung der Entscheidungszuständigkeit aus. Die Entscheidung der Aktionäre dient zwar auch dem Minderheitenschutz, ist aber nur ein Aspekt. Die Frage der Entscheidungszuständigkeit betrifft vielmehr die Machtbalance zwischen Vorstand und Hauptversammlung. Außerdem ist der Hauptversammlungsbeschluß die Rechtsgrundlage für die Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft453, so daß bereits aus diesem Grund der Einwand des reinen Formalismus nicht trägt.

450 So Kiem, EWiR 2000, 75, 76, jedoch unter der Voraussetzung, daß der Vorstand keinen Bericht anfertigen muß aufgrund der Prüfung durch die Zulassungsstelle bzw. nun die Geschäftsführung der Börse. 451 Darauf hinweisend Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 134. 452 Lutter / Leinekugel, ZIP 1998, 805, 807; Rechenberg in FS Bezzenberger, S. 359, 363. 453 Siehe unten 4. Teil: D.V.3.d)aa), S. 311 ff.; ebenso Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 38.

D. Stellungnahme

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7. Ergebnis Die Entscheidungskompetenz für das reguläre Delisting liegt bei den Aktionären in der Hauptversammlung. Diese Kompetenz stützt sich auf das aus Art. 14 Abs. 1 GG zu entnehmende Recht der Aktionäre, über ihr in der Aktie verkörpertes Aktieneigentum, welches auch die Börsenzulassung als vermitteltes Recht und als eigenständigen Vermögensgegenstand schützt, selbst entscheiden zu dürfen.

II. Vorbereitung der Hauptversammlung und erforderliche Beschlußmehrheit Die Vorbereitung der Hauptversammlung, die über das Delisting beschließen muß, obliegt gemäß § 83 Abs. 1 S. 1 AktG dem Vorstand. Die Vorbereitungspflicht des Vorstands umfaßt nach § 121 Abs. 2 AktG insbesondere die Einberufung der Hauptversammlung, die gemäß § 121 Abs. 1 AktG in den durch Gesetz oder Satzung bestimmten Fällen oder wenn das Wohl der Gesellschaft es erfordert, einzuberufen ist. Da sich die Zuständigkeit der Hauptversammlung für das reguläre Delisting unmittelbar aus den Schutzpflichten des Art. 14 Abs. 1 GG ergibt, folgt die Einberufungspflicht aus dem Gesetz i. S. d. § 121 Abs. 1 AktG. Für die Einberufungspflicht ist ausreichend, daß die Hauptversammlung zuständig ist, gleichgültig ob sich diese Zuständigkeit aus § 119 Abs. 1 AktG oder aus einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz ergibt.454 Der Beschluß kann sowohl in einer ordentlichen Hauptversammlung, die nach § 175 Abs. 1 AktG in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahres einzuberufen ist, als auch in einer außerordentlichen Hauptversammlung gefaßt werden. Für die Vorbereitung ergeben sich beim Delisting keine Unterschiede zur regulären Einberufung der Hauptversammlung. Die mit der Einberufung der Hauptversammlung gemäß § 124 Abs. 1 AktG bekanntzumachende Tagesordnung hat auch den Beschluß über das reguläre Delisting aufzuführen.455 Vorstand und Aufsichtsrat haben in der Bekanntmachung zu den einzelnen Tagesordnungspunkten gemäß § 124 Abs. 3 S. 1 AktG Vorschläge zur Beschlußfassung zu machen.456 Die Hauptversammlung hat gemäß § 133 Abs. 1 AktG mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen über das reguläre Delisting abzustimmen. Dies folgt un454 Hüffer AktG, § 121 Rn. 3; Habersack in GroßKomm AktG, § 83 Rn. 6; Kubis in MünchKomm AktG, § 121 Rn. 5; a. A. Werner in GroßKomm AktG, § 122 Rn. 28 f., der in den Fällen des § 119 Abs. 2 AktG von der Geschäftsführungsmaßnahme ausgeht, die der Vorstand vorlegen kann. Dort bestehe keine Vorbereitungspflicht, da der Vorstand darüber entscheide. 455 Zu den einzelnen Informations- und Bekanntmachungspflichten des Vorstands gegenüber den Aktionären siehe im einzelnen unten 4. Teil: D.VI., S. 351 ff.; vgl. auch BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537. 456 Siehe zum konkreten Inhalt der bekanntzumachenden Tagesordnung unten 4. Teil: D.VI.1.a), S. 352 f.; ein Formularbeispiel zum Tagesordnungspunkt Delisting und dem dazugehörigen Beschlußvorschlag ist bei Groß in Happ, Aktienrecht, S. 1992 zu finden.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

mittelbar aus der Begründung der Zuständigkeit der Hauptversammlung beim Delisting. Die Zuständigkeit läßt sich weder im Wege der Einzelanalogie zu einzelnen Umwandlungsmaßnahmen457 noch durch eine Gesamtanalogie zu den sogenannten Strukturentscheidungen458 begründen, so daß das damit verbundene Erfordernis einer Dreiviertel-Mehrheit des bei der Beschlußfassung vorhandenen Grundkapitals ebenfalls nicht eingreift. Aber selbst wenn man dem Aktienrecht im Hinblick auf die Beschlußmehrheit den Grundsatz entnehmen will, daß Strukturentscheidungen einer Dreiviertel-Mehrheit bedürfen, sind die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt. Die Veränderung der Gesellschaftsstruktur, die sich insbesondere in einer Satzungsänderung und der Betroffenheit der verbandsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte zeigt, liegt beim regulären Delisting nicht vor. Der zustimmende Beschluß der Hauptversammlung über das Delisting führt zu keiner Änderung der Satzung der Gesellschaft. Vielmehr wird das Delisting durch den Beschluß der Aktionäre innerhalb der Gesellschaft legitimiert. Insofern bleibt nur der aktienrechtliche Grundsatz der einfachen Mehrheit. Besondere Gründe, die eine höhere Beschlußmehrheit erfordern, sind nicht ersichtlich. Zwar mag es sein, daß mit einer Beteiligung in Höhe von 30 % eine Gesellschaft kontrolliert werden und damit auch theoretisch ein Delisting beschlossen werden könnte.459 Jedoch ist nicht erkennbar, daß sich daraus höhere Anforderungen an die Beschlußmehrheit ergeben sollten. Die Erlangung der Kontrolle löst nur die Pflicht zur Abgabe eines Kaufangebots nach § 35 Abs. 1 WpÜG aus. Art. 14 Abs. 1 GG gibt ebenfalls kein anderes Ergebnis vor, da der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz nur regelt, ob die Aktionäre an der Entscheidung überhaupt beteiligt sein müssen, nicht aber mit welcher Mehrheit über einzelne Maßnahmen abzustimmen ist. Problematisch könnte allenfalls sein, wenn eine Aktionärsminderheit das Delisting aufgrund der geringen Hauptversammlungsbeteiligung beschließt. Dieses Problem ist aber theoretischer Natur, da die Beteiligung des Großaktionärs in Delisting-Fällen regelmäßig über 90 % des Kapitals beträgt. Ein Beschluß einer Aktionärsminderheit würde das Delisting aufgrund eines unzureichenden vermögensrechtlichen Schutzes zudem undurchführbar machen. Denn nur die Gesellschaft ist durch den Beschluß über das Delisting verpflichtet, den Minderheitsaktionären eine Abfindung zu gewähren, um ihnen den Austritt aus der zukünftig nicht mehr börsennotierten Gesellschaft zu ermöglichen.460 Aufgrund der Kapitalbindung des § 71 Abs. 2 AktG kann die Gesellschaft jedoch höchstens 10 % eigener Aktien erwerben und auch nur in dieser Höhe eine Abfindung gewähren. Ein solcher Delisting-Beschluß der Aktionärsminderheit wäre wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Kapitalbindung zumindest mit der Anfechtungsklage angreifbar.461 457 458 459 460 461

Siehe oben 4. Teil: D.I.2.c), S. 171 ff. Siehe 4. Teil: D.I.2.g), S. ff. So Heidel, DB 2003, 548, 548. Siehe dazu unten 4. Teil: D.V.2.b), S. 280 ff. Siehe unten 4. Teil: D.VII.3.b), S. 418 ff.

D. Stellungnahme

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III. Rechtswirkungen des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses Hat die Hauptversammlung das Delisting der Gesellschaft beschlossen, muß dies Auswirkungen auf das Handeln des Vorstands haben. Zu untersuchen ist, ob die Hauptversammlung mit dem Beschluß etwa den Vorstand anweisen kann, den Delisting-Antrag bei der Börse zu stellen oder ob auch eine Ermächtigung des Vorstandes zur Antragstellung ausreichend ist. Des weiteren ist fraglich, ob der Vorstand schon vor dem zustimmenden Hauptversammlungsbeschluß den Antrag auf Widerruf der Börsenzulassung stellen kann und welchen Umfang die Beauftragung des Vorstandes im Falle der Ermächtigung hat. 1. Inhalt des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses Da für den Delisting-Beschluß der Hauptversammlung keine einfachgesetzlichen Vorgaben bestehen, muß im Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung nach den rechtlichen Grenzen und den daraus folgenden Konsequenzen für das Handeln des Vorstandes gefragt werden. Eine unmittelbare Anlehnung an eine bestimmte Strukturmaßnahme scheidet aufgrund mangelnder Vergleichbarkeit aus. Gleichwohl kann bei der Beantwortung auf das dem Aktienrecht zugrunde liegende Regelungskonzept zurückgegriffen werden. Hauptversammlungsbeschlüsse können den Vorstand einerseits einen gewissen Gestaltungsspielraum lassen, wie in den Fällen der von der Hauptversammlung beschlossenen Ermächtigung des Vorstandes bei der genehmigten Kapitalerhöhung nach § 202 AktG oder dem Ermächtigungsbeschluß zum Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG. Die Ermächtigung des Vorstandes durch den Hauptversammlungsbeschluß beinhaltet keine Weisung zur Durchführung der beschlossenen Maßnahme462, vielmehr kann der Vorstand über das Ob und den Zeitpunkt der Maßnahme selbst entscheiden. Andererseits kann der Vorstand aufgrund eines Hauptversammlungsbeschlusses verpflichtet sein, eine Maßnahme durchzuführen (§ 83 Abs. 2 AktG), obwohl diese noch der Umsetzung durch den Vorstand bedarf, wie etwa im Falle der Kapitalerhöhung die Anmeldung zum Handelsregister (§ 184 Abs. 1 AktG). Dies wäre etwa der Fall, wenn der Beschluß lauten würde: „Die Hauptversammlung beschließt den Rückzug von der Börse. Der Vorstand stellt dazu alle notwendigen Anträge bei den Börsen, an denen die Aktien der Gesellschaft zum Börsenhandel zugelassen sind.“ Der Delisting-Hauptversammlungsbeschluß kann insofern als Ermächtigung oder als für den Vorstand bindender Beschluß ausgestaltet sein, da es aktienrechtlich und auch aus Art. 14 GG keine Vorgaben über den notwendigen Inhalt des Beschlusses gibt. Dennoch spricht aus praktischer Sicht gegen einen den Vorstand bindenden Hauptversammlungsbeschluß im Falle des beabsichtigten Delisting, daß damit der Vorstand innerhalb einer bestimmten Frist zur Antragstellung 462

Vgl. nur Hüffer AktG, § 202 Rn. 6 m. w. N.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

verpflichtet wäre, obwohl möglicherweise die kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen für einen Widerruf der Börsenzulassung nach § 39 Abs. 2 BörsG nicht, nicht mehr oder noch nicht vorliegen463. Der Vorstand wäre dann zur Antragstellung verpflichtet, obwohl er wüßte, daß der Delisting-Antrag aufgrund der mangelnden Erfüllung der Voraussetzungen abgelehnt würde. Die Ermächtigung des Vorstandes zur Stellung des Delisting-Antrages verhindert diese Schwierigkeit und eröffnet dem Vorstand einen gewissen Gestaltungsspielraum im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung oder sogar für die Frage, ob der Antrag unter veränderten Umständen, die nach dem ermächtigten Hauptversammlungsbeschluß eingetreten sind, noch gestellt werden soll.464 Der Ermächtigungsbeschluß kann insofern die Pflichten des Vorstandes selbst festlegen und bedarf im Hinblick auf den Inhalt und den Umfang der Ermächtigung der Auslegung.465 Da ein Hauptversammlungsbeschluß, der den Vorstand verpflichtet, unverzüglich nach Beschlußfassung den Delisting-Antrag zu stellen, kaum praktikabel erscheint, sollen im folgenden nur die Wirkungen eines Ermächtigungsbeschlusses untersucht werden.

2. Ermächtigung des Vorstands zur Stellung des Delisting-Antrags Der Beschluß der Hauptversammlung ermächtigt den Vorstand, den Widerrufsantrag gemäß § 39 Abs. 2 S. 1 BörsG zu stellen.466 Welche weiteren Rechtswirkungen mit diesem ermächtigenden Beschluß verbunden sind, geht aus dem Beschluß selbst nicht hervor. Für die Wirksamkeit seines Widerrufsantrags im Außenverhältnis kann sich der Vorstand grundsätzlich auf § 78 Abs. 1 AktG stützen, der ihm kraft Gesetzes die Aufgabe der gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Gesellschaft zuweist. Grundsätzlich ist die Vertretungsmacht des Vorstands im Außenverhältnis gemäß § 82 Abs. 1 AktG unbeschränkt, so daß der Hauptversammlungsbeschluß im Außenverhältnis keine notwendige Voraussetzung für die wirksame Beantragung des Widerrufs zu sein scheint. Unumstritten ist dies jedoch nicht. So wird teilweise ein Antrag des Vorstands ohne Hauptversammlungsbeschluß von vornherein als nichtig467 oder zumindest pflichtwidrig468 angesehen. Denkbar sind zwei Varianten. Zum einen könnte die Vertretungsmacht des Vorstands von vornherein eingeschränkt sein, so daß der Vorstand die Gesellschaft nur Siehe dazu oben 3. Teil: A.II., S. 93 ff. Auch im Fall Macrotron hat die Hauptversammlung den Vorstand zur Stellung des Delisting-Antrags ermächtigt, vgl. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 533; siehe auch den Beschlußvorschlag bei Groß in Happ, Aktienrecht, S. 1992. 465 Siehe sogleich unten 4. Teil: D.III.3., S. 217 ff. 466 So sinngemäß der Formulierungsvorschlag bei Groß in Happ, Aktienrecht, S. 1992. 467 Heidel, DB 2003, 548, 549. 468 Hüffer AktG, § 119 Rn. 24; ebenso Spindler in Schmidt / Lutter AktG, § 119 Rn. 54. 463 464

D. Stellungnahme

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mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam vertreten könnte.469 Zum anderen könnte sich der Vorstand auf seine unbeschränkbare Vertretungsmacht berufen und damit den Widerrufsantrag grundsätzlich unabhängig von der Zustimmung der Hauptversammlung stellen. Der erste Ansatz hätte zur Konsequenz, daß die Geschäftsführung der Börse die Börsenzulassung nur widerrufen könnte, wenn ein wirksamer Antrag des Vorstands vorläge. Bei einem fehlenden oder fehlerhaften Hauptversammlungsbeschluß könnte der Vorstand daher keinen wirksamen Widerrufsantrag stellen. Die Geschäftsführung der Börse hätte zu prüfen, ob der Hauptversammlungsbeschluß über das Delisting wirksam, also weder anfechtbar noch nichtig ist. Bei der Anfechtung müßte die Geschäftsführung der Börse warten, bis durch die Zivilgerichte eine endgültige Entscheidung über die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses vorläge. Gegen ein solches Verständnis des Beschlusses läßt sich einwenden, daß das Gesetz Zustimmungserfordernisse als Wirksamkeitsvoraussetzung nur ausnahmsweise vorsieht, etwa bei einem Verzicht auf bestimmte Ansprüche (z. B. §§ 50 S. 1, 52 Abs. 1, 53 S. 1, 93 Abs. 4 S. 3 AktG) oder bei satzungsbeeinträchtigenden Verträgen (z. B. §§ 179a Abs. 1, 293a Abs. 1, 295 Abs. 1 AktG, § 13 UmwG). Würde der Beschluß im Sinne einer solchen Zustimmung begriffen, könnte der Vorstand erst aufgrund der Einwilligung oder aber der späteren Genehmigung einen wirksamen Antrag stellen. Ein dennoch gestellter Widerrufsantrag vor der Zustimmung der Hauptversammlung wäre „schwebend unwirksam“. Eine solche Rechtskonstruktion ist dem öffentlichen Recht, dem der Widerruf der Börsenzulassung als öffentlich-rechtliche Erlaubnis unterfällt, jedoch fremd.470 Es läge daher schon kein wirksamer Antrag des Vorstands vor. Der Feststellung der Wirksamkeit würde daher die eingehende Prüfung der Wirksamkeit des Beschlusses durch die Geschäftsführung der Börse vorangehen müssen. Diese Überprüfung auf Beschlußmängel oder die Prüfung der aktienrechtlichen Zuständigkeit für das Delisting fällt aber nicht in den Aufgabenbereich der Geschäftsführung der Börse, sondern ist vielmehr Aufgabe der Zivilgerichte, die von den Aktionären im Anfechtungsprozeß geltend gemacht werden können. Letztendlich würde dies in der Sache zu einer doppelten Überprüfung des Beschlußerfordernisses führen. Eine solche Doppelprüfung vor den Zivilgerichten und der Geschäftsführung der Börse birgt die Gefahr in sich widersprechender Entscheidungen. Zudem widerspricht sie der Zuständigkeitsordnung der staatlichen Gewalten.471 Auch diese Überlegung spricht gegen die Einordnung des Hauptversammlungsbeschlusses als Zustimmungserfordernis mit Außenwirkung. Ferner spricht für die unbeschränkte Vertretungsmacht des Vorstands im Außenverhältnis, daß die Hauptversammlungszuständigkeit beim Delisting nach der hier vertretenen Auffassung weder auf einer Analogie zu einzelnen Strukturmaßnahmen oder einem ganzen Bündel von Rechtsnormen in Form einer Gesamtanalogie noch auf § 119 Abs. 2 AktG beruht.472 Denn 469 470 471 472

Vgl. zu den einzelnen Fällen nur Hüffer AktG, § 78 Rn. 8. Siehe nur Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 43 Rn. 37. Ebenso Seibt in Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, S. 37, 69. Siehe oben 4. Teil: D.I.2., S. 165 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

die Begründung einer ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit im Wege der Einzel- oder Gesamtanalogie würde nach Ansicht des BGH möglicherweise dazu führen, daß die getroffene Maßnahme wegen fehlender Vertretungsmacht im Außenverhältnis nichtig sei.473 Auszugehen ist daher von dem Grundsatz der im Außenverhältnis unbeschränkbaren Vertretungsmacht des Vorstands gemäß § 82 Abs. 1 AktG.474 Die Zustimmung der Hauptversammlung zum Delisting beschränkt die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands im Innenverhältnis zu den Aktionären i. S. d. § 82 Abs. 2 AktG. Die Geschäftsführung der Börse soll ebenso wie andere Rechtssubjekte, die der Gesellschaft gegenübertreten, davon ausgehen können, daß der Vorstand vertretungsberechtigt ist.475 Die Vertretungsmacht des Vorstands wird nur durch den Mißbrauchseinwand eingeschränkt.476 Ein solcher Mißbrauch könnte im Fehlen eines Hauptversammlungsbeschlusses gesehen werden, da nach der Macrotron-Entscheidung des BGH bei den AGen kaum von einer unbewußten Überschreitung der organschaftlichen Vertretung auszugehen ist. Im Ergebnis würde dies jedoch zu einer ebenso großen Rechtsunsicherheit führen, wie dies bei der Einordnung des Beschlusses als Zustimmungserfordernis der Fall wäre. Ein evidenter Mißbrauch der Vertretungsmacht läge nur dann vor, wenn der Vorstand in Ausübung seiner organschaftlichen Vertretungsmacht seine Geschäftsführungsbefugnis nach innen bewußt zum Nachteil der Gesellschaft ausüben würde und dem Geschäftspartner dies bekannt ist oder sich ihm aber Unkenntnis aufgrund bestimmter Tatsachen hätte aufdrängen müssen.477 Rechtsfolge eines solchen Mißbrauchs wäre das Handeln des Vorstands ohne Vertretungsmacht.478 Ob die Beantragung des Delisting ohne den notwendigen Hauptversammlungsbeschluß zum Nachteil der Gesellschaft erfolgt, kann beBGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 155 / 02, AG 2004, 384, 387. Ebenso Hüffer AktG, § 119 Rn. 24; Geyrhalter / Zirnbigl, DStR 2004, 1048, 1049; der Rechtsgedanke des § 180 S. 1 BGB kann grundsätzlich nicht fruchtbar gemacht werden, auch wenn die Beantragung des Zulassungswiderrufs als „einseitiges Rechtsgeschäft“ der Gesellschaft zu werten ist, da der Vorstand kraft Gesetzes gemäß § 78 Abs. 1 AktG zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist und daher mit Vertretungsmacht handelt; ebenso in Holzmüller – Fällen BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 123, 132. 475 Groß, ZHR 165 (2001), 141, 157; de Vries, Delisting, S. 83; so auch in der Holzmüller-Entscheidung BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 132; zustimmend Geßler in FS Stimpel, S. 771, 787 f.; für die Ausgliederung zuletzt H. Henze in FS Ulmer, S. 211, 221. 476 Vgl. zum Mißbrauch Hüffer AktG, § 82 Rn. 6 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 259 und 807; Adolff / Adolff in FS Mailänder, S. 289, 293 ff.; diese Grundsätze sind laut Habersack in GroßKomm AktG, § 82 Rn. 9 in Verwaltungsverfahren nicht anwendbar. Dies würde für den Widerruf der Börsenzulassung bedeuten, daß selbst bei einem Mißbrauch der organschaftlichen Vertretungsmacht die Börsenzulassung von einem wirksamen Delisting-Antrag ausgehen müßte. 477 Vgl. nur Hüffer AktG, § 82 Rn. 7 m. w. N.; a. A. Hefermehl / Spindler in MünchKomm AktG, § 82 Rn. 40, die die Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis als Fallgruppe des Mißbrauch der Vertretungsmacht ablehnen. 478 Siehe nur Habersack in GroßKomm AktG, § 82 Rn. 14 m. w. N. 473 474

D. Stellungnahme

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reits bezweifelt werden, da der Beantragung des Zulassungswiderrufs regelmäßig sachliche Gründe, wie etwa die Kostenersparnis, die Umstrukturierung der Gesellschaft oder der Wegfall der Finanzierungsfunktion der Börse zugrunde liegt.479 Ein Nachteil zu Lasten der Aktionäre reicht nicht aus, um einen Mißbrauch der Vertretungsmacht zu begründen, da die Gesellschaft und nicht die Aktionäre vertreten werden. Die Geschäftsführung der Börse kann demnach grundsätzlich auf der Grundlage eines Handelsregisterauszugs, der die Vertretungsmacht des Vorstands nachweist, von der Wirksamkeit der Antragstellung ausgehen, ohne daß Vorliegen eines Hauptversammlungsbeschlusses prüfen zu müssen. Nur beim Vorliegen evidenter Anhaltspunkte für einen Mißbrauch, d. h. für den Fall, daß das Delisting zum Nachteil der Gesellschaft ohne Hauptversammlungsbeschluß beantragt würde und dies der Geschäftsführung der Börse bekannt wäre, könnte die Vertretungsmacht unwirksam sein. Dies erscheint jedoch kaum praktisch. Das Delisting könnte etwa dann für die AG nachteilig sein, wenn sie sich damit der wirtschaftlichen Möglichkeit zur Eigenkapitalaufnahme über die Börse begäbe, obwohl die Börse ihre Finanzierungsfunktion erfüllt. In diesem Fall würde aber auch regelmäßig das Hauptargument für einen Zulassungswiderruf nach § 39 Abs. 2 BörsG fehlen. Eines Mißbrauchsschutzes auf aktienrechtlicher Ebene bedürfte es nicht mehr. Die Geschäftsführung der Börse trifft daher im Ergebnis keine Überprüfungspflicht im Hinblick auf das Vorliegen eines Hauptversammlungsbeschlusses bei Beantragung des Delisting.480

3. Umfang der Ermächtigung des Vorstands und Antragstellung Der Umfang der Ermächtigung des Vorstands zur Stellung des Widerrufsantrags ergibt sich unmittelbar aus dem Hauptversammlungsbeschluß. Damit ist aber nicht geklärt, ob die Ermächtigung einer zeitlichen Beschränkung unterliegt und ob der Vorstand bei Ablehnung des Widerrufsantrags wiederholt den Antrag stellen kann. Eine zeitliche Beschränkung der Ermächtigung ist nach Ansicht des BGH nicht erforderlich, da die Hauptversammlung keine Frist bestimmen müsse. Dem ist zuzustimmen. Das Aktienrecht regelt die zeitliche Beschränkung bei der Ermächtigung des Vorstands zum Erwerb eigener Aktien der Gesellschaft gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, zur genehmigten Kapitalerhöhung nach § 202 Abs. 2 AktG sowie bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gemäß § 221 Abs. 2 S. 1 AktG. Danach muß der Hauptversammlungsbeschluß eine konkrete Befristung der Ermächtigung von 18 Monaten bis zu fünf Jahren enthalten. Eine analoge Anwendung dieser Normen scheitert an der fehlenden Vergleichbarkeit der Interessenlagen zwischen dem regulären Delisting und der jeweiligen Befristungsvorschrift. Der Vgl. oben 2. Teil: D.I., S. 71 ff. Siehe bereits oben 3. Teil: A.II.2., S. 95 f.; in diesem Sinne wohl auch Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 51. 479 480

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gesetzgeberische Grund für die Anordnung der Ermächtigungsbefristung ist die Sicherung der Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung. Grundsätzlich entscheidet diese gemäß §§ 119 Abs. 1 Nr. 6, 182 Abs. 1 AktG unmittelbar über die Erhöhung des Grundkapitals und mithin über die Änderung der Satzung. Beim genehmigten Kapital gemäß §§ 202 ff. AktG bestimmt der Vorstand, ob das Kapital überhaupt, wann und in welcher Höhe erhöht wird.481 Erst die Entscheidung des Vorstands bewirkt die Erhöhung des Grundkapitals. Obwohl die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gemäß § 221 Abs. 2 AktG nicht unmittelbar auf die Änderung der Satzung gerichtet ist482, wird die Ausgabe in der Regel mit einer bedingten Kapitalerhöhung verbunden, die zur Ausgabe junger Aktien führt.483 Insofern berührt auch diese Maßnahme die mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre. Diese sind jedoch beim regulären Delisting gerade nicht betroffen, da die Aktionäre als Kapitalanleger in ihren Rechten beeinträchtigt sind. Im Ergebnis gilt für § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG das gleiche, da mit dem regulären Delisting unmittelbar keine Einlagenrückgewähr verbunden ist. Somit kann der Vorstand den Antrag auf Widerruf der Börsenzulassung ohne zeitliche Beschränkung stellen484, so daß er den günstigsten Zeitpunkt zum Rückzug von der Börse bestimmen kann. Der Hinweis des BGH auf die jährlich abzuhaltende Hauptversammlung gemäß § 175 Abs. 1 AktG und die Überprüfungsmöglichkeit485 ist selbstverständlich und damit überflüssig. Die Hauptversammlung kann die Ermächtigung an den Vorstand durch einen gegenläufigen Beschluß mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Der Beschluß der Hauptversammlung berechtigt den Vorstand auch zur wiederholten Stellung des Widerrufsantrags, wenn beispielsweise die börsenrechtlichen Voraussetzungen für den Widerruf nach § 39 Abs. 2 S. 1 BörsG nicht vorliegen sollten und der Antrag von der Geschäftsführung der Börse zurückgewiesen wird. Der Beschluß der Hauptversammlung kann jedoch eine Begrenzung der Ermächtigung enthalten, die den Vorstand lediglich zur einmaligen Stellung des Antrags berechtigt. Ob der Vorstand eine Pflicht zur Stellung des Widerrufsantrags hat, richtet sich nach dem Inhalt des Hauptversammlungsbeschlusses zum Delisting. So kann sich eine Verpflichtung zur Stellung des Delisting-Antrags direkt aus dem Hauptversammlungsbeschluß ergeben. Enthält der Hauptversammlungsbeschluß eine Ermächtigung des Vorstands, das Delisting zu beantragen, stellt sich die Frage, ob die Ermächtigung eine Pflicht zur Beantragung enthält. Eine solche Pflicht könnte Siehe nur Hüffer AktG, § 202 Rn. 20. Hüffer AktG, § 221 Rn. 9. 483 Vgl. nur Lutter in KölnKomm AktG, § 221 Rn. 97 ff. 484 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537; Reger in Bürgers / Körber HeidelbergerKomm AktG § 119 Rn. 29; ebenso für die Vollziehung einer Kapitalerhöhung Priester in FS Wiedemann, S. 1161, 1171. 485 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537; so auch die Vorinstanz OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 666. 481 482

D. Stellungnahme

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sich aus § 83 Abs. 2 AktG ergeben. Nach § 83 Abs. 2 AktG ist der Vorstand dazu verpflichtet, die von der Hauptversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeit beschlossenen Maßnahmen auszuführen. Dies sind insbesondere die Fälle, die aufgrund des satzungsändernden Charakters der Eintragung in das Handelsregister bedürfen.486 Da weder der dem Delisting zustimmende Hauptversammlungsbeschluß noch der Widerruf der Börsenzulassung die Satzung der Gesellschaft verändern, bedarf er auch keiner Eintragung in das Handelsregister.487 Dies könnte gegen die Ausführungspflicht nach § 83 Abs. 2 AktG sprechen. Für eine Vergleichbarkeit könnte jedoch angeführt werden, daß auch das Delisting ebenso wie etwa die Kapitalerhöhung zu seiner Wirksamkeit einer Ausführungshandlung in Form eines Antrags bedarf und somit eine Pflicht zur Ausführung nach § 83 Abs. 2 AktG besteht. Allerdings scheint der Vergleich zu den geregelten aktienrechtlichen Ermächtigungsbeschlüssen der Hauptversammlung gegen eine Pflicht zur Ausführung zu sprechen. Ermächtigungsbeschlüsse, die dem Vorstand ein Entscheidungsermessen zubilligen, wie etwa die Ermächtigung beim genehmigten Kapital gemäß § 202 Abs. 1 AktG, die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gemäß § 221 Abs. 2 AktG oder der zulässige Erwerb eigener Aktien gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, müssen vom Vorstand nicht umgesetzt werden.488 Auch wenn die Interessenlagen vom regulären Delisting und den Ermächtigungsnormen verschieden sind, läßt sich jedoch aus der Rechtsnatur der Ermächtigung der Grundgedanke entnehmen, daß der Vorstand den wirtschaftlich bestmöglichen Zeitpunkt für die Umsetzung auswählen kann. Dies gilt auch für das reguläre Delisting, da der Vorstand die Lage an den Kapitalmärkten und die Möglichkeit einer alternativen Finanzierung beurteilen muß, um den Gesellschaftszweck zu erfüllen. In der Regel klärt der Vorstand die Frage einer alternativen Finanzierung schon vor der Entscheidung über ein Delisting. Das Delisting ist regelmäßig nur Folge eines Angebots zur nicht börsenabhängigen Finanzierung. Das Ermessen des Vorstands erlangt daher insbesondere hinsichtlich des Zeitpunktes der Antragstellung Bedeutung. Erst wenn die börsenrechtlichen Voraussetzungen für einen Widerruf gemäß § 39 Abs. 2 S. 1 BörsG vorliegen489, kann der Delisting-Antrag erfolgreich gestellt werden. Da die Erfüllung dieser Voraussetzungen von der jeweiligen Handelssituation an der Börse 486 Hüffer AktG, § 83 Rn. 5; Habersack in GroßKomm AktG, § 83 Rn. 11 ff.; eine andere Frage ist, ob die Durchführung der Kapitalerhöhung innerhalb einer bestimmten Frist zu erfolgen hat, vgl. dazu Wiedemann in GroßKomm AktG, § 182 Rn. 56; LG Hamburg, Urt. v. 02. 12. 1993 – 405 O 162 / 93, AG 1995, 92. 487 Ebenso BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205, 207; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03. 08. 2004 – 3 W 60 / 04, NZG 2004, 872, 873; Reiff, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des regulären Delistings, S. 139 ff.; M. Henze, Delisting, S. 184 m. w. N.; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 256 ff.; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 84 f.; Wasmann, WM 2004, 819, 823. 488 Zum genehmigten Kapital siehe Hüffer AktG, § 202 Rn. 6; Lutter in KölnKomm AktG, § 202 Rn. 10; zu Wandelschuldverschreibungen vgl. Lutter in KölnKomm AktG, § 221 Rn. 39; Hüffer AktG, § 221. 47. 489 Vgl. oben 3. Teil: A.II.1., S. 93 f.

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abhängt, muß der Vorstand den entsprechenden Zeitpunkt abwarten. Wirtschaftlich betrachtet ist diese Situation mit der beim genehmigten Kapital oder der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen vergleichbar. Dieses Ermessen des Vorstandes betrifft aber eher das Wie des Börsenrückzugs, also insbesondere den Zeitpunkt der Antragstellung, nicht aber das Ob, so daß die Frage nach der Pflicht letztlich nach § 83 Abs. 2 AktG und den vorgenannten systematischen Überlegungen nicht eindeutig beantwortet werden kann. Daher muß zur Beantwortung der Frage nach der Pflicht zur Antragstellung der ermächtigende Hauptversammlungsbeschluß ausgelegt werden. Mit der Ermächtigung zur Beantragung des Delisting gibt die Hauptversammlung zum Ausdruck, daß die Zulassung zum Börsenhandel beendet werden soll. Dies beinhaltet grundsätzlich die Pflicht zu Ausführung des Beschlusses, um dem Willen der Hauptversammlung auch Außenwirkung zu verschaffen. Der Wille der Hauptversammlung ist dabei aber so zu verstehen, daß der Antrag zum Delisting nur dann gestellt werden soll, wenn die rechtlichen Voraussetzungen auch vorliegen und als Ergebnis auch ein Widerruf erfolgen kann. Insofern besitzt der Vorstand im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung und die Beurteilung des Vorliegens der Widerrufsvoraussetzungen ein Ermessen, daß letztlich die grundsätzliche Ausführungspflicht einschränkt. Zudem wird die Ausführungspflicht durch die weiteren Voraussetzungen für den Widerruf der Börsenzulassung, wie etwa das Abfindungserfordernis der Minderheitsaktionäre 490 oder die ausreichende Information491, eingeschränkt, weil der Vorstand nur gesetzmäßige Beschlüsse umsetzen muß492.

IV. Inhaltliche Anforderungen an den Delisting-Hauptversammlungsbeschluß Beschlüsse der Hauptversammlung können verschiedenen inhaltlichen Anforderungen unterliegen. Diese inhaltlichen Anforderungen, die in der mitgliedschaftlichen Treuepflicht und insbesondere der sachlichen Rechtfertigung sowie dem Gleichbehandlungsgebot ihren Ausdruck gefunden haben, dienen dazu, eine bestimmte Aktionärsgruppe, in der Regel die Minderheitsaktionäre, vor Eingriffen in ihre Mitgliedschaftsrechte durch die Mehrheitsmacht des Großaktionärs zu schützen. Ein Mehrheitsbeschluß rechtfertigt sich nicht in jedem Fall dadurch, daß die Aktionärsmehrheit einer bestimmten Maßnahme zugestimmt hat. Entspricht der jeweilige Beschluß nicht diesen Anforderungen, ist er gemäß § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar, so daß die beschlossene Maßnahme insgesamt verhindert werden kann. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dabei die Frage, ob der Delisting-Beschluß der Hauptversammlung einer sachlichen Rechtfertigung bedarf. 490 491 492

Siehe unten 4. Teil:D.V. S. 238 ff. Siehe unten 4. Teil: D.VI., S. 351 ff. Hefermehl / Spindler in MünchKomm AktG, § 83 Rn. 12.

D. Stellungnahme

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1. Sachliche Rechtfertigung Die sachliche Rechtfertigung von Hauptversammlungsbeschlüssen ist auf den Erhalt des status quo der mitgliedschaftlichen Stellung jedes einzelnen Aktionärs gerichtet. Im Gegensatz dazu betont der BGH mit seiner Ablehnung der sachlichen Rechtfertigung aufgrund der Angebotspflicht den vermögensrechtlichen Schutz der Aktionäre.493 Konsequenz dieser lediglich vermögenserhaltenden Konzeption ist die grundsätzliche Durchführbarkeit des Delisting vorbehaltlich anderer Beschlußmängel. Unterläge nämlich der Delisting-Beschluß der sachlichen Rechtfertigung und würde kein sachlicher Grund das Delisting rechtfertigen, wäre der Beschluß gemäß § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar und die Maßnahme nach erfolgreicher Anfechtung undurchführbar. In praktischer Hinsicht würde es zwar kaum an sachlichen Gesichtspunkten und Gründen mangeln, die den Delisting-Beschluß der Gesellschaft rechtfertigen würden.494 Jedoch würde das Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung eine nicht unerhebliche Fehlerquelle bilden, weil der Vorstand etwa in seinem Bericht die den Hauptversammlungsbeschluß rechtfertigenden Tatsachen und Gründe benennen muß und die sich darauf stützende Abwägung Fehler enthalten kann495. Bedürfte der Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting daher der sachlichen Rechtfertigung würde sich die Anfechtungsgefahr erhöhen und das Delisting könnte verhindert werden496.

a) Sachliche Rechtfertigung von Hauptversammlungsbeschlüssen als Schranke der Mehrheitsmacht des Großaktionärs Bereits an der grundsätzlichen Anerkennung der sachlichen Rechtfertigung497, die auf den vollen Erhalt des mitgliedschaftlichen status quo der Aktionäre gerichtet ist, kann gezweifelt werden. Der Schutz der Minderheitsaktionäre könnte bereits durch eine zu zahlende Abfindung gewährleistet werden, da sie in der Regel die Aktien nicht aus unternehmerischen Gründen halten, sondern als reine Kapitalanleger nur Renditeinteressen verfolgen.498 Ob aus diesen Gründen die sachliche BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537. Vgl. oben zu den Motiven eines Delisting aus Sicht der Gesellschaft 2. Teil: D., S. 79 ff. 495 So müssen etwa im Bericht des Vorstandes über den Bezugsrechtsausschluß die Tatsachen und Gründe für die sachliche Rechtfertigung enthalten sein, vgl. nur Hüffer AktG, § 186 Rn. 37 m. w. N. 496 Vgl. dazu in rechtstatsächlicher Hinsicht für die sachliche Rechtfertigung bei Bezugsrechtsausschlüssen T. Baums / Vogel / Tacheva, ZIP 2000, 1649, 1653. 497 Zur geschichtlichen Entwicklung der Rechtsprechung umfassend Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 69 ff.; siehe dazu auch RG, Urt. v. 08. 04. 1908 – Rep I 595 / 07, RGZ 68, 235 (Hibernia); RG, Urt. v. 31. 03. 1931 – II 222 / 30, RGZ 132, 149 (Victoria); BGH, Urt. v. 27. 09. 1956 – II ZR 144 / 55, BGHZ 21, 354 (Minimax I); BGH, Urt. v. 06. 10. 1960 – II ZR 150 / 58, BGHZ 33, 175 (Minimax II). 498 Vgl. dazu oben 2. Teil: B., S. 67 f. 493 494

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Rechtfertigung von vornherein abzulehnen ist, wird unterschiedlich beurteilt.499 Insofern spiegelt sich bereits in dieser Frage der grundsätzliche Konflikt zwischen einem abfindungsorientierten und einem bestandserhaltenden Schutzkonzept wider. Lehnt man bereits hier das Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung aufgrund eines abfindungsorientierten Schutzkonzepts ab, bedarf der Delisting-Beschluß schon deswegen keiner sachlichen Rechtfertigung. aa) Sachliche Rechtfertigung von Gesellschafterbeschlüssen als Grundprinzip Die Rechtsprechung500 und die weit überwiegenden Stimmen im Schrifttum501 bejahen in bestimmten Fällen die Notwendigkeit einer sachlichen Rechtfertigung. Das Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung von Hauptversammlungsbeschlüssen beruhe auf der Tatsache, daß der Großaktionär durch seinen hohen Aktienanteil in der Hauptversammlung nicht nur, aber auch, Beschlüsse zum Nachteil der Gesellschaft und der Minderheitsaktionäre fassen könne, ohne dabei auf die divergierenden Interessen der Minderheitsaktionäre eingehen zu müssen. Zwischen Großaktionär und Minderheitsaktionär bestünden jedoch Treuepflichten, die alle Aktionäre verpflichten würden, auf die Rechtsposition des anderen Teils Rücksicht zu nehmen.502 Das Gesetz regele diesen Grundsatz nicht ausdrücklich, da die Interessen der Gesellschaft und der Aktionärsminderheit durch die frei und mit wechselnden Mehrheiten gefaßten Beschlüsse grundsätzlich gewahrt würden. Dieser Leitgedanke trage jedoch dann nicht mehr, wenn sich eine feste Aktionärsgruppe gebildet habe, die ihre Mehrheitsmacht dazu einsetzen könne, ihre individuellen Interessen gegen die Interessen der Gesellschaft und zu Lasten der Minderheitsaktionäre durchzusetzen.503 Um die Interessen der Gesellschaft und damit auch der unterlegenen Aktionärsgruppe zu schützen, müsse der Mehrheitsbeschluß durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden. Diese Entscheidungstransparenz erlaube eine gerichtliche Überprüfung im Anfechtungsverfahren.504 Diesem Grundgedanken fol499 Vgl. auch die Streitdarstellung bei Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 167 ff. 500 Grundlegend BGH, Urt. v. 13. 03. 1978 – II ZR 142 / 76, BGHZ 71, 40, 44 ff. (Kali & Salz); bestätigend BGH, Urt. v. 01. 02. 1988 – II ZR 75 / 87, BGHZ 103, 184, 195 (Linotype); BGH, Urt. v. 19. 04. 1982 – II ZR 55 / 81, BGHZ 83, 319, 322 (Holzmann); BGH, Urt. v. 07. 03. 1994 – II ZR 52 / 93, BGHZ 125, 239 (Deutsche Bank); BGH, Urt. v. 23. 06. 1997 – II ZR 132 / 93, BGHZ 136, 133, 137 (Siemens / Nold); BGH, Urt. v. 05. 07. 1999 – II ZR 126 / 98, BGHZ 142, 167, 170 f. (Hilgers). 501 Vgl. Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 52. m. w. N.; Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 101 ff. m. w. N.; Kreß, Gerichtliche Beschlußkontrolle, S. 28 ff. m. w. N.; Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 173 f. 502 BGH, Urt. v. 20. 03. 1995 – II ZR 205 / 94, BGHZ 129, 136, 142 (Girmes); Lutter, JZ 1976, 225, 231. 503 Vgl. dazu nur Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 48; Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 57 ff.; Kreß, Gerichtliche Beschlußkontrolle, S. 5 ff.

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gend, hat die Rechtsprechung für den Bezugsrechtsausschluß bei einer Kapitalerhöhung nach § 186 Abs. 3 AktG und beim genehmigten Kapital gemäß §§ 202 ff. AktG eine sachliche Begründung des Ausschlusses gefordert. Der Ausschluß des Bezugsrechts greife in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre ein, da der Anteil der betroffenen Aktionäre am Gesellschaftsvermögen absinke, sich die Stimmrechtsquoten verschöben und der Gesetzgeber selbst keine Abwägung zwischen den Belangen der betroffenen Aktionäre und dem Interesse der Gesellschaft treffe.505 bb) Vermögensschutz statt sachlicher Rechtfertigung von Gesellschafterbeschlüssen Demgegenüber verneint Mülbert das Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung von Hauptversammlungsbeschlüssen.506 Ausreichend sei, daß der Beschluß im Verbandsinteresse liege und negativ betrachtet nicht gegen §§ 53a, 243 Abs. 2 S. 1 AktG und § 242 BGB verstoße.507 Er begründet dieses Ergebnis mit der grundsätzlichen Konzeption des AktG, das auf den Vermögensschutz der Aktionäre ausgerichtet sei und nicht auf den unbedingten Erhalt der mitgliedschaftlichen Aktionärsrechte. Dies gelte insbesondere auch für den Bezugsrechtsausschluß nach § 186 Abs. 3 AktG, bei dem der BGH ausdrücklich eine sachliche Rechtfertigung gefordert hat. Der der Konzeption des BGH entgegenstehende vermögensbezogene Aktionärsschutz folge aus dem Regelungsgehalt der §§ 255 Abs. 2, 243 Abs. 2 AktG, die die Nutzlosigkeit der Mitverwaltungsrechte für die Minderheitsaktionäre akzeptierten und ihnen dafür einen Vermögensausgleich anböten.508 Daraus sei zu schließen, daß eine Beschlußkontrolle jedenfalls dann nicht erfolgen könne, wenn den Anlegeraktionären ein ausreichender vermögensrechtlicher Ausgleich zugute komme. Dies gelte ebenso für die Anfechtung nach § 243 Abs. 1 AktG, so daß 504 Das Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung wird auch als materielle Beschlußkontrolle bezeichnet. Vgl. zu den verschiedenen begrifflichen Fassungen dieses Vorganges, Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 57. Im weiteren wird der Begriff der sachlichen Rechtfertigung verwendet. 505 BGH, Urt. v. 13. 03. 1978 – II ZR 142 / 76, BGHZ 71, 40, 45; bestätigend BGH, Urt. v. 19. 04. 1982 – II ZR 55 / 81, BGHZ 83, 319, 322; Urt. v. 07. 03. 1994 – II ZR 52 / 93, BGHZ 125, 239; Urt. v. 23. 06. 1997 – II ZR 132 / 93, BGHZ 136, 133, 137; ebenso Wiedemann, ZGR 1980, 147, 157; Martens, ZGR 1979, 493, 497; Martens in FS Fischer, S. 437, 445 f.; Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 318 ff.; Lutter, ZGR 1981, 171, 176 f.; ähnlich Hirte, Bezugsrechtsausschluß und Konzernbildung, S. 138 ff.; ebenso Timm, ZGR 1987, 403, 421 ff.; vgl. die weiteren Nachweise bei Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 102 f. 506 Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 356 ff.; ders. in FS Ulmer, 433, 449; ähnlich Paefgen, Rechtsbindung der Organe in der AG, S. 94, der die Siemens / Nold – Entscheidung des BGH als Hinweis auf die Rücknahme der sachlichen Rechtfertigung interpretiert. 507 Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 358; zustimmend Hirte, WM 1997, 1001, 1003. 508 Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 299 und 301 f.

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auch Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder Treuepflichten durch Ausgleichszahlungen ausgeglichen werden könnten.509 cc) Stellungnahme Zwar ist der den Vermögensschutz betonenden Ansicht zuzugeben, daß das AktG einen zu gewährenden Bestandsschutz der mitgliedschaftlichen Rechte nicht ausdrücklich regelt. Dieser Umstand kann nicht durch rechtsethische Maßstäbe510 ausgeglichen werden, da diese schwer meßbar und letztlich nicht überprüfbar sind. Des weiteren orientiert sich die Ansicht Mülberts an den Interessen der verschiedenen Aktionärsgruppen und damit grundsätzlich an den tatsächlichen Gegebenheiten. Dadurch macht sich dieser Ansatz jedoch gleichzeitig auch angreifbar, da er den verschiedenen Aktionärsgruppen ein spezifisches Anlegerinteresse unterstellt. Danach sollen Aktionäre, die weniger als 25 % des Aktienkapitals halten, nur als an ihren Vermögensrechten interessierte Kapitalanleger einzuordnen sein, da sie keinerlei Einfluß auf innergesellschaftliche Entscheidungen nehmen könnten.511 Gegen einen solchen generalisierenden Ansatz spricht jedoch, daß sich das jeweilige Anlegerinteresse nach subjektiven Kriterien des einzelnen Aktionärs bemißt und damit beliebig ist.512 Hält der Aktionär eine Beteiligung knapp unter 25 %, so kann kaum von einer rein vermögensorientierten Anlage gesprochen werden, da ihm als Einzelaktionär noch bestimmte Rechte zustehen, wie beispielsweise der Anspruch auf Einberufung der Hauptversammlung nach § 122 Abs. 1 AktG oder das Beschlußverlangen beim Vorschlag zur Wahl eines Aufsichtsratsmitgliedes nach § 137 AktG.513 Aber auch bei einer noch niedrigeren Beteiligungshöhe kann der Kleinaktionär ein Interesse an der Erhaltung der Mitgliedschaft und der damit verbundenen Rechte haben.514 Betrachtet man den Aktienerwerb vor dem Hintergrund eines langen Anlagehorizontes, der drei bis fünf Jahre umfaßt, da erst ab diesem Zeitpunkt mit einer entsprechenden Rendite zu rechnen ist, möchte der Aktionär für diese Zeit am Wachstum des Unternehmens teilnehmen und nicht vorher, etwa bei niedrigen Aktienkursen, gezwungen sein, Verluste realisieren zu müssen, die auch nicht durch einen Ausgleichsanspruch kompensiert werden können.515 Eine solche rein auf wirtschaftlichen Betrachtungen fußende Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 347 ff. So Wiedemann, ZGR 1980, 147, 156 f. 511 Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 349; nach Einführung des Squeeze-out sei nunmehr von einer Grenze von 5 % auszugehen, ab der nicht mehr von einem reinen Anlegeraktionär ausgegangen werden könne, so Mülbert in FS Ulmer, S. 433, 450. 512 Ähnlich Hanau, NZG 2002, 1040, 1043; Hamann, Minderheitenschutz beim Squeezeout-Beschluss, S. 107; Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 91. 513 Vgl. zu den einzelnen Rechten Lehmann, AG 1983, 113 ff. 514 Ebenso Hüffer in FS Kropff, S. 127, 143. 515 Ähnlich Hanau, NZG 2002, 1040, 1043. 509 510

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Unterscheidung zwischen Unternehmens- und Anlegeraktionär kann daher allenfalls zur Analyse eines Interessengegensatzes zwischen den verschiedenen Aktionärsgruppen herangezogen werden.516 Auch methodisch überzeugt diese Unterscheidung nicht, da von einem als gegeben unterstellten Sachverhalt auf die rechtliche Systematik des Gesetzes geschlossen und damit das Ergebnis schon vorweg genommen wird. Des weiteren kann den §§ 243 Abs. 2, 255 Abs. 2 AktG kein allgemeiner Rechtsgrundsatz entnommen werden, der allein den vermögensrechtlichen Schutz der Kleinaktionäre in den Vordergrund stellt. § 243 Abs. 2 AktG eröffnet seinem Wortlaut nach die Anfechtung, wenn ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen sucht. Wird den anderen Aktionären ein angemessener Ausgleich für ihren Schaden gewährt, ist das Anfechtungsrecht ausgeschlossen. Schon an dem eigenständigen Regelungsgehalt dieser Norm ist zu zweifeln, da die Verfolgung von Sondervorteilen auch immer einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot oder die Treuepflichten darstellt und damit schon nach § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar ist.517 Die Möglichkeit, dem Aktionär sein Anfechtungsrecht durch einen angemessenen Ausgleich aus der Hand zu schlagen, kann aufgrund der systematischen Stellung der Ausgleichsregelung nicht auf das allgemeine Anfechtungsrecht nach § 243 Abs. 1 AktG erstreckt werden.518 Sie bezieht sich allein auf die Anfechtung bei Sondervorteilen. Dies wird auch durch den Regelungszweck der Ausgleichspflicht verdeutlicht. § 243 Abs. 2 S. 2 AktG soll für solche zustimmungspflichtigen Unternehmensverträge des § 292 AktG einen Ausgleich schaffen, in denen konzernrechtlich nach § 304 AktG keine Ausgleichspflicht vorgesehen ist.519 Insofern hat § 243 Abs. 2 S. 2 AktG für diesen konzernrechtlichen Sachverhalt eine Auffangfunktion. Dies schließt gleichzeitig die Anwendung der Ausgleichsvorschrift auf alle anderen Anfechtungsmöglichkeiten aus. Auch § 255 Abs. 2 AktG kann nicht als Beleg eines solchen Rechtsgrundsatzes angeführt werden. § 255 Abs. 2 S. 1 AktG regelt zwar im Kern auch den Vermögensschutz der Aktionäre, wenn der sich aus dem Erhöhungsbeschluß ergebende Ausgabebetrag oder der Mindestbetrag, unter dem die neuen Aktien nicht ausgegeben werden sollen, unangemessen niedrig ist, und der Aktionär dazu berechtigt ist, einen solchen Beschluß anzufechten. Jedoch ist mit der Anfechtung nach § 243 Abs. 1 AktG selbst noch kein Vermögensausgleich verbunden, sondern lediglich die Herstellung des ursprüngVgl. oben für das Delisting 2. Teil: B., S. 67 f. Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 73; K. Schmidt in GroßKomm AktG, § 243 Rn. 52. 518 T. Baums, Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, S. F 114 f., der zudem die Gefahr sieht, daß nicht bereits im Hauptversammlungsbeschluß, sondern erst nach erfolgter Anfechtung ein finanzieller Ausgleich angeboten wird, um dann mit dem Anfechtungskläger in Vergleichsverhandlungen zu treten. 519 Kropff, Aktiengesetz, Begründung RegE, S. 329; Hüffer in FS Kropff, S. 127, 139 f. 516 517

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lichen Zustands. § 255 Abs. 2 AktG entbindet die Hauptversammlung gerade nicht von ihrer Bindung an den Gesellschaftszweck.520 Insofern erlangt § 255 Abs. 2 AktG im Hinblick auf einen grundsätzlich zu gewährenden Vermögensausgleich keine rechtsbegründende Bedeutung.521 Vielmehr zeigt der Gesetzgeber mit der Einführung des Squeeze-out in §§ 327a ff. AktG, daß er dem Bestandsschutz bei einer Beteiligungshöhe von über 5 % des Aktienkapitals im Streubesitz den Vorrang vor dem vermögensrechtlichen Schutz der Minderheitsaktionäre gibt. Erst mit dem Unterschreiten dieser Grenze ist der einzelne Aktionär durch das Abfindungsrecht nach § 327a Abs. 1 AktG nur in seiner vermögensrechtlichen Position geschützt. Selbst wenn man den vermögensrechtlichen Schutzcharakter des AktG annähme, stieße die Durchführung auf praktische Probleme. Zum einen müßte die Überprüfung des „angemessenen Ausgleichs“ im Anfechtungsprozeß geklärt werden, so daß die von der Hauptversammlung beschlossene Maßnahme nicht durchgeführt werden könnte. Zum anderen hätte der Aktionär gegen die Gesellschaft oder den Großaktionär keinen durchsetzbaren Anspruch, da § 243 Abs. 2 S. 2 AktG es dem begünstigten Aktionär oder Dritten freistellt, einen angemessenen Ausgleich anzubieten.522 Nach alledem schützt das AktG grundsätzlich den Bestand der jeweiligen Mitgliedschaft, so daß das auf den Erhalt gerichtete Rechtsinstitut der sachlichen Rechtfertigung nicht von vornherein als inhaltliche Voraussetzung ausscheidet. Dieses kann auch nicht der Begründung des BGH im Macrotron-Urteil523 entnommen werden, erkennt das Gericht dort doch grundsätzlich die sachliche Rechtfertigung als inhaltliche Schranke von Hauptversammlungsbeschlüssen an.524 Vielmehr ist innerhalb der Anwendungsvoraussetzungen der sachlichen Rechtfertigung zu untersuchen, ob der vermögensrechtliche Schutz im Einzelfall nicht die sachliche Rechtfertigung ausschließt.525 b) Anwendungsvoraussetzungen der sachlichen Rechtfertigung Der Anwendungsbereich der sachlichen Rechtfertigung wird durch die Rechtsprechung und die Literatur unterschiedlich weit gefaßt. Umstritten ist dabei zunächst, welche zu fassende Hauptversammlungsbeschlüsse der sachlichen RechtPaefgen, Rechtsbindung der Organe in der AG, S. 98 m. w. N. So auch Hüffer in MünchKomm AktG, § 255 Rn. 7, der zudem auf die nachträgliche Einfügung des § 255 Abs. 2 AktG im Gesetzgebungsverfahren hinweist; vgl. auch Kropff, Aktiengesetz, Stellungnahme des Bundesrates, S. 341 f. 522 T. Baums, Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, S. F 114. 523 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537. 524 Andere Einschätzung bei Klöhn, ZBB 2003, 208, 209. 525 Dazu siehe sogleich 4. Teil: D.IV.1.b), S. 226 ff. 520 521

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fertigung unterfallen.526 Untrennbar damit verbunden ist die Frage, unter welchen konkreten Voraussetzungen eine sachliche Rechtfertigung eines Hauptversammlungsbeschlusses zu erfolgen hat. Dabei ist insbesondere zu untersuchen, ob, wie dies der BGH im Macrotron-Urteil angenommen hat, die sachliche Rechtfertigung durch den vermögensrechtlichen Schutz ausgeschlossen wird527 oder aber schon die sonstigen Anwendungsvoraussetzungen zu einem entsprechenden Ergebnis führen.

aa) Standpunkt der Rechtsprechung zur sachlichen Rechtfertigung Für die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Anwendungsfälle ist zwischen der Frage, welche Beschlußgegenstände der Hauptversammlung überhaupt einer sachlichen Rechtfertigung bedürfen und der Frage, in welchem Umfang die sachliche Rechtfertigung zu erfolgen hat, zu unterscheiden. Für den Delisting-Beschluß der Hauptversammlung ist zunächst die erste Frage entscheidend. Grundsätzlich anerkannt ist die sachliche Rechtfertigung für den Ausschluß des Bezugsrechts bei einer regulären Kapitalerhöhung oder im Rahmen des genehmigten Kapitals sowie in bestimmten Fällen der Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitiger Kapitalerhöhung.528 Das Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung eines Hauptversammlungsbeschlusses über den Bezugsrechtsausschluß nach § 186 Abs. 3 S. 1 AktG im Rahmen der regulären Kapitalerhöhung nach §§ 182 ff. AktG begründet der BGH mit einem schweren Eingriff in die Mitgliedschaft der Aktionäre. Zum einen sinkt der Anteil der Aktionäre an den entsprechenden Gewinnen und dem Liquiditätserlös, und zum anderen verschieben sich die Stimmrechtsverhältnisse zu Lasten aller Aktionäre oder derjenigen Aktionäre, die teilweise vom Bezugsrecht ausgeschlossen worden sind.529 Der Beschluß könne nur dann wirksam gefaßt werden, wenn im Zeitpunkt der Beschlußfassung das Interesse der Gesellschaft aufgrund sachlicher Gründe die nachteiligen Folgen für die vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre überwiegt.530 Dadurch werden Einzelinteressen 526 Umfassender Überblick über den Streitstand bei Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 101 ff. m. w. N.; Kreß, Gerichtliche Beschlußkontrolle, S. 28 ff. m. w. N.; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 217 ff. m. w. N.; Willms, Auflösung einer Kapitalgesellschaft und Vermögensübernahme, S. 121 ff. m. w. N. 527 Vgl. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537. 528 Zur geschichtlichen Entwicklung der Rechtsprechung umfassend Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 69 ff.; dazu auch RG, Urt. v. 08. 04. 1908 – Rep I 595 / 07, RGZ 68, 235 (Hibernia); RG, Urt. v. 31. 03. 1931 – II 222 / 30, RGZ 132, 149 (Victoria); BGH, Urt. v. 27. 09. 1956 – II ZR 144 / 55, BGHZ 21, 354 (Minimax I); BGH, Urt. v. 06. 10. 1960 – II ZR 150 / 58, BGHZ 33, 175 (Minimax II). 529 BGH, Urt. v. 13. 03. 1978 – II ZR 142 / 76, BGHZ 71, 40, 44 f. (Kali & Salz). 530 BGH, Urt. v. 13. 03. 1978 – II ZR 142 / 76, BGHZ 71, 40, 46. (Kali & Salz); dieses dem Grunde nach bestätigt durch BGH, Urt. v. 19. 04. 1982 – II ZR 55 / 81, BGHZ 83, 319, 322 (Holzmann); BGH, Urt. v. 07. 03. 1994 – II ZR 52 / 93, BGHZ 125, 239 (Deutsche Bank); BGH, Urt. v. 23. 06. 1997 – II ZR 132 / 93, BGHZ 136, 133, 137 (Siemens / Nold).

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von Aktionären oder Aktionärsgruppen, die mit dem Bezugsrechtsausschluß gesellschaftsfremde Zwecke verfolgen, ausgeschlossen.531 Dies gilt jedoch nicht, wenn der Gesetzgeber selbst die Abwägung zwischen den Gesellschaftsinteressen und denen der betroffenen Aktionäre vorgenommen hat.532 In diesem Fall verbleibt kein Raum für eine richterrechtliche Prüfung des Hauptversammlungsbeschlusses. Die Entscheidungen des BGH über den Ausschluß des Bezugsrechts im Rahmen des genehmigten Kapitals nach § 202 ff. AktG betreffen lediglich den Rechtfertigungsumfang. Erfolgt der Bezugsrechtsausschluß im Rahmen des genehmigten Kapitals nach §§ 202 ff. AktG, reicht eine abstrakt generelle Begründung des Vorhabens aus.533 Für die reguläre Kapitalerhöhung verbleibt es jedoch bei dem Erfordernis, einen konkreten sachlichen Grund für den Ausschluß zu benennen.534 Einen weiteren Anwendungsfall der sachlichen Rechtfertigung bildet die Kapitalherabsetzung auf Null mit einer anschließenden Kapitalerhöhung nach §§ 222, 228 AktG. Wird dabei der Nennwert der neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung so hoch angesetzt, daß Kleinaktionären der Verbleib nur noch durch den Zukauf von Bezugsrechten ermöglicht wird, bedarf ein solcher Beschluß der sachlichen Rechtfertigung.535 Begründet wird dies mit den Folgen eines solchen Beschlusses für die Kleinaktionäre. Bei einer entsprechenden Aktionärsstruktur müßte eine große Anzahl von Kleinaktionären aus der Gesellschaft ausscheiden.536 Kann die hohe Festsetzung des Nennwertes der Aktien nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden, verstößt die Beibehaltung eines solchen Nennwertes gegen die Treuepflicht, die gegenüber den Kleinaktionären besteht.537 Stellt man diesen Fall in den übergeordneten Zusammenhang der Kapitalherabsetzung, zeigt sich, daß es sich lediglich um einen eng begrenzten Ausnahmefall der sachlichen Rechtfertigung handelt.538 Grundsätzlich bedarf ein Beschluß der Hauptversammlung über die Kapitalherabsetzung nämlich keiner sachlichen Rechtfertigung, auch wenn die Aktien über die Zurückführung des Nennbetrages hinaus nach § 222 Abs. 4 S. 2 AktG zusammengelegt und dadurch die mitgliedschaftlichen Rechte beeinträchtigt werden.539 Vgl. nur Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 59 m. w. N. BGH, Urt. v. 13. 03. 1978 – II ZR 142 / 76, BGHZ 71, 40, 45 (Kali & Salz) mit Verweis auf BGH, Urt. v. 19. 12. 1977 – II ZR 136 / 76, BGHZ 70, 117, 120 f. (Mannesmann). 533 BGH, Urt. v. 23. 06. 1997 – II ZR 132 / 93, BGHZ 136, 133, 137 (Siemens / Nold); noch anders hingegen BGH, Urt. v. 19. 04. 1982 – II ZR 55 / 81, BGHZ 83, 319, 322 (Holzmann). 534 Vgl. nur Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 60. m. w. N.; zweifelnd Paefgen, Rechtsbindung der Organe in der AG, S. 94. 535 BGH, Urt. v. 05. 07. 1999 – II ZR 126 / 98, BGHZ 142, 167, 170 f. (Hilgers) = WuB II A. § 229 AktG 1.00 (Hirte); dazu auch Krieger, ZGR 2000, 885, 896 ff. 536 BGH, Urt. v. 05. 07. 1999 – II ZR 126 / 98, BGHZ 142, 167, 170. 537 H. Henze, Aktienrecht, Rn. 1030. 538 Ebenso einordnend H. Henze, Aktienrecht, Rn. 1030 f.; anders hingegen die Einschätzung bei Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 81, der diese Fallgruppe nicht unter die sachliche Rechtfertigung faßt. 531 532

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Keiner sachlichen Rechtfertigung bedürfen nach der bisherigen Rechtsprechung Hauptversammlungsbeschlüsse, die die Auflösung der Gesellschaft inklusive der übertragenden Auflösung, eine Kapitalherabsetzung, die nachträgliche Einführung des Höchststimmrechts oder den Ausschluß des Rechts der Aktionäre auf den Bezug von Genußrechten zum Gegenstand haben. Der Auflösungsbeschluß der Hauptversammlung bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung, da er diese in sich trägt.540 In der Auflösung könne kein unzulässiger Sondervorteil gesehen werden, da sie jeden Gesellschafter gleichermaßen treffe. Dies gelte auch für die Auflösung mit einer anschließenden Übertragung des Betriebsvermögens an den die Auflösung betreibenden Gesellschafter.541 Zudem habe der Gesetzgeber mit den Auflösungsvorschriften in §§ 262 Abs. 1 Nr. 2, 264 ff. AktG abschließende Regelungen getroffen, die die Freiheit jedes Aktionärs, sein Kapital der Gesellschaft zu entziehen, gewährleisten.542 Die Ablehnung der sachlichen Rechtfertigung für einen Beschluß, der nachträglich ein Höchststimmrecht nach § 134 Abs. 1 S. 2 AktG einführt, wird mit der gleichmäßigen Belastung aller Aktionäre begründet, die zu keinen rechtlichen Nachteilen einer einzelnen Aktionärsgruppe führe. Die Aktionäre haben dabei auch Eingriffe in ihre Mitgliedschaftsrechte hinzunehmen, die im Einzelfall einen bestimmten Aktionär belasten, wenn eine Mehrheit dies im Interesse der Gesellschaft für notwendig erachtet.543 Des weiteren unterliegt auch der Kapitalherabsetzungsbeschluß nicht der sachlichen Rechtfertigung, da bei der Kapitalherabsetzung ohne eine Aktienzusammenlegung (§ 222 Abs. 4 S. 1 AktG) nicht in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre eingegriffen wird.544 Aber selbst wenn Aktien nach § 222 Abs. 4 S. 2 AktG zusammengelegt werden müssen, enthält diese gesetzliche Regelung einen ausreichenden Interessenausgleich, da zunächst der Aktiennennbetrag bei Nennbetragsaktien herabzusetzen ist und erst danach als ultimo ratio eine Zusammenlegung erfolgen kann. Dieses Stufensystem sei gegenüber dem Grundsatz der sachlichen Rechtfertigung die speziellere Regelung.545 539 BGH, Urt. v. 09. 02. 1998 – II ZR 278 / 96, BGHZ 138, 71, 75 f. (Sachsenmilch) = WM 1998, 813 = WuB II A. § 229 AktG 1.98 (Hüffer); Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 62 m. w. N. 540 Für die GmbH BGH, Urt. v. 28. 01. 1980 – II ZR 124 / 78, BGHZ 76, 352, 353 = WM 1980, 378; Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 64 m. w. N.; zustimmend Lutter, ZGR 1981, 171, 177 f. 541 BGH, Urt. v. 28. 01. 1980 – II ZR 124 / 78, BGHZ 76, 352, 354; vgl. für die „übertragende Auflösung“ nach §§ 179a Abs. 1; 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG nur Hüffer AktG, § 179a Rn. 10; H. Henze in FS Boujong, S. 233, 246; Lutter / Drygala in FS Kropff, S. 191, 216. 542 BGH, Urt. v. 01. 02. 1988 – II ZR 75 / 87, BGHZ 103, 184, 191 (Linotype) = WuB II A. § 262 AktG 2.88 (T. Baums); Hüffer in MünchKomm AktG, § 262 Rn. 47 m. w. N. 543 BGH, Urt. v. 19. 12. 1977 – II ZR 136 / 76, BGHZ 70, 117 121 (Mannesmann). 544 BGH, Urt. v. 09. 02. 1998 – II ZR 278 / 96, BGHZ 138, 71, 75 (Sachsenmilch). 545 BGH, Urt. v. 09. 02. 1998 – II ZR 278 / 96, BGHZ 138, 71, 77 (Sachsenmilch); zudem weist das Gericht darauf hin, daß die Kapitalherabsetzung mit der Kapitalerhöhung vergleichbar sei und der Aktionär seine Beteiligungsquote dort ebenfalls durch den Zukauf weiterer Anteile aufrechterhalten könne. Aber auch der Kapitalerhöhungsbeschluß bedürfe nicht der sachlichen Rechtfertigung.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Ferner bedarf der Beschluß über den Bezugsrechtsausschluß von Genußscheinen nach §§ 221 Abs. 4, 186 Abs. 3 AktG keiner sachlichen Rechtfertigung, da mit dem Ausschluß weder die mitgliedschaftsrechtliche noch die vermögensrechtliche Stellung der Aktionäre betroffen sei.546 Dies hänge aber vom Inhalt der im Einzelfall getroffenen Vereinbarung ab, da das Genußrecht nicht nur obligations-, sondern auch aktienähnlich ausgestaltet sein könne.547 bb) Sachliche Rechtfertigung als genereller Kontrollmaßstab Ein Teil der Literatur fordert die sachliche Rechtfertigung sämtlicher Mehrheitsentscheidungen der Hauptversammlung, um Willkürentscheidungen der Mehrheit zu vermeiden und dissentierende Gesellschafter vor „Umwegspressionen“ zu schützen.548 Für zweckgebundene Angelegenheiten, wie beispielsweise Maßnahmen der Geschäftsführung und alle den Gesellschaftszweck konkretisierenden Gesellschafterbeschlüssen, gelte, daß die Entscheidungsmacht der Mehrheit nur so ausgeübt werden dürfe, wie es nach pflichtgemäßem Ermessen der Zweckverfolgung diene. Bei Satzungs- und Strukturänderungen sei insbesondere die Schwere des Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte der Anteilsinhaber mit den wirtschaftlichen Gründen, auf denen der Beschluß beruhe, abzuwägen.549 Dieser Maßstab könne allerdings nicht für zweckneutrale oder zwecksetzende Entscheidungen, wie etwa die Auflösung der Gesellschaft oder die Änderung des Zwecks, angelegt werden. Diese Beschlüsse müßten sich am Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit sowie dem Gebot der Gleichbehandlung orientieren.550 Die Kontrolle der Mehrheitsmacht könne auch nicht durch die Gewährung von Dividendengarantien oder Abfindungsansprüchen ausgeschlossen werden, da sie lediglich einen Mindestschutz böten und nur subsidiäre Rechtsbehelfe seien, die die Wirksamkeit des Mehrheitsbeschlusses voraussetzen würden.551 Einzige Anwendungsvoraussetzung dieser Ansicht ist das Vorliegen eines Mehrheitsbeschlusses. Der Umfang der sachlichen Rechtfertigung richtet sich dabei nach der jeweiligen Intensität des Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte der Anteilsinhaber.

546 BGH, Urt. v. 09. 11. 1992 – II ZR 230 / 91, BGHZ 120, 141, 146 und 149 = WM 1992, 2098; zustimmend Hirte, WuB II A. 221 AktG 1.93. 547 BGH, Urt. v. 09. 11. 1992 – II ZR 230 / 91, BGHZ 120, 141, 146 f. 548 Wiedemann, ZGR 1980, 147, 157; ders., Gesellschaftsrecht, S. 445 f.; Martens, ZGR 1979, 493, 497; ders. in FS Fischer, S. 437, 445 f.; Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 318 ff.; Bischoff, BB 1987, 1055, 1061. 549 Martens in FS Fischer, S. 437, 445 f. 550 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 435. 551 Martens in FS Fischer, S. 437, 446; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 446; ders., ZGR 1980, 147, 157; modifizierend Wiedemann in GroßKomm AktG, § 186 Rn. 159, der für den Fall des Bezugsrechtsausschlusses nach § 186 AktG bei der Börseneinführung jedoch ein Austrittsrecht aufgrund einer entsprechenden Anwendung der §§ 305, 306 AktG annimmt.

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cc) Sachliche Rechtfertigung als Bereichsausnahme Die Gegenansicht lehnt die sachliche Rechtfertigung als grundsätzlich einzuhaltende materielle Voraussetzung bei Hauptversammlungsbeschlüssen ab. Danach müsse ein Hauptversammlungsbeschluß durch die Erforderlichkeit der Maßnahme unter Berücksichtigung des Gesellschaftsinteresses sachlich gerechtfertigt werden, wenn durch ihn in die mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre eingegriffen werde. Einer sachlichen Rechtfertigung bedürfe es jedoch dann nicht, wenn das Gesetz selbst eine Abwägung zwischen den Interessen der Mehrheit und der Minderheit zugunsten der Mehrheit vorgenommen habe.552 Dabei könne zwischen Beschlüssen, die der Zweckverfolgung im Interesse der Gesellschaft dienten und solchen, die gegen die Interessen der Gesellschaft gerichtet seien, wie etwa der Auflösungsbeschluß, unterschieden werden. Letztere könnten schon von ihrem Inhalt her nicht „erforderlich“ sein, da sie von vornherein gegen die Interessen der Gesellschaft gerichtet seien. Da das Gesetz aber trotzdem solche Beschlüsse zulasse, unterlägen sie auch nicht der sachlichen Rechtfertigung.553 Nur bei den zweckverfolgenden Beschlüssen könne eine Beschlußkontrolle überhaupt erfolgen. Sehe das Gesetz aber auch dort einen Ausgleich in Form eines Vermögensausgleichs oder aber einer Abfindungsregelung zwischen den Interessen der Mehrheit und der Minderheit vor, scheide auch hier eine sachliche Rechtfertigung aus, da das Gesetz bereits den Schutz der Minderheit garantiere.554 Teilweise wird der Ausschluß der sachlichen Rechtfertigung durch die Gewährung von Abfindungsrechten jedoch abgelehnt, da die Gefahr bestehe, daß sich der Mehrheitsaktionär das Recht zum Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte erkaufen könne. Damit würde die Beschlußkontrolle als verbandsrechtliches Prinzip dem vermögensrechtlichen Ausgleichsanspruch der Aktionäre untergeordnet.555

dd) Stellungnahme Gegen die Anerkennung der sachlichen Rechtfertigung als grundsätzlich zu beachtende Schranke von Mehrheitsbeschlüssen spricht, daß die unternehmerische Entscheidungsfreiheit der Mehrheit, ob sie ihr investiertes Kapital umschichten 552 Lutter, ZGR 1981, 171, 176 f.; ders., ZGR 1979, 401, 411; Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 13 Rn. 32 f.; ähnlich Hirte, Bezugsrechtsausschluß und Konzernbildung, S. 138 ff.; ebenso Timm, ZGR 1987, 403, 421 ff.; umfassende Darstellung bei Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 108 ff. und bei Kreß, Gerichtliche Beschlußkontrolle, S. 29 ff.; ablehnend Paefgen, Rechtsbindung der Organe in der AG, S. 110 f. 553 Lutter, ZGR 1981, 171, 177. 554 Lutter, ZGR 1979, 401, 412; ders., ZGR 1981, 171, 180; Timm, ZGR 1987, 403, 420; für Zustimmungsbeschlüsse bei Unternehmensverträgen Hüffer AktG, § 293 Rn. 7; Altmeppen in MünchKomm AktG, § 293 Rn. 51 f.; vgl. zudem Willms, Auflösung einer Kapitalgesellschaft und Vermögensübernahme, S. 123 m. w. N.; Priester, ZGR 1990, 420, 442 f. 555 Ekkenga, ZGR 2003, 878, 901; ders., AG 2001, 567, 575.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

oder deinvestieren will, stark eingeschränkt wird.556 Zudem lassen sich für Mehrheitsentscheidungen bei Grundlagenbeschlüssen oder sogenannten Strukturentscheidungen kaum strukturelle Gemeinsamkeiten herausarbeiten, die eine unbedingte Gleichbehandlung aller Mehrheitsbeschlüsse nach sich ziehen. Beschließt die Hauptversammlung etwa eine Kapitalerhöhung unter Ausschluß des Bezugsrechts oder die Auflösung der Gesellschaft, so haben beide Beschlüsse die Gemeinsamkeit, daß durch sie in die mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre eingegriffen wird. Jedoch sind die gesetzgeberischen Folgen vollkommen verschieden. Während der Bezugsrechtsausschluß von den Aktionären grundsätzlich bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen hingenommen werden muß, erhält der ehemalige Aktionär der aufgelösten Gesellschaft sein investiertes Kapital zurück. Bezieht man weiter den Abschluß von Unternehmensverträgen nach § 293 Abs. 1 AktG in die Betrachtung mit ein, so erhalten die Aktionäre der abhängigen Gesellschaft gemäß § 304 Abs. 1 AktG einen Ausgleich für die Beeinträchtigung ihrer Aktionärsrechte oder sogar gemäß § 305 Abs. 1 AktG die Möglichkeit zum Austritt aus der Gesellschaft gegen Zahlung einer Barabfindung. Schon dieser kleine Ausschnitt von möglichen Mehrheitsentscheidungen zeigt, daß jeder Beschlußgegenstand seinen eigenen Regeln zur Lösung des Konflikts zwischen den Interessen der Mehrheit und denen der Minderheit folgt. Insofern bestätigt die höchstrichterliche Rechtsprechung dieses Ergebnis, wenn sie grundsätzlich die sachliche Rechtfertigung auf den Fall des Bezugsrechtsausschlusses bei einer Kapitalerhöhung beschränkt und in den anderen Fällen ablehnt. Zwar läßt sich aus dem Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung im Falle des Bezugsrechtsausschlusses kein allgemeiner Grundsatz herleiten, der beim Vorliegen eines Mehrheitsbeschlusses automatisch eine sachliche Rechtfertigung fordert. Vielmehr muß für jeden einzelnen Beschlußgegenstand weitergehend untersucht werden, ob positiv ein Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre vorliegt und negativ nicht schon eine gesetzgeberische Abwägung zwischen den Interessen der betroffenen Aktionäre und dem Gesellschaftsinteresse die sachliche Rechtfertigung vorweggenommen hat.557 Der Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre kann im Einzelfall bei der jeweiligen Maßnahme festgestellt werden. Probleme bereitet hingegen die negative Voraussetzung der vom Gesetzgeber bereits vorgenommenen Interessenabwägung. Im Einzelfall muß nach der diesen Interessengegensatz auflösenden Regelung gesucht werden. Losgelöst von dieser Einzelfalluntersuchung stellt sich aber die Frage, ob auch eine Abfindungsregelung eine solche Abwägung zwischen den Interessen der Gesellschaft und denen der betroffenen Aktionäre beinhaltet. In der Macrotron-Entscheidung hat der BGH, soweit ersichtlich, erstmals einer Abfindungsregelung eine solche abwägende Funktion beigemessen. Konsequenz der Anerkennung einer solchen abwägenden Funktion bei Abfindungsregelungen wäre die Ablehnung der sachlichen RechtferHamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 104. Lutter, ZGR 1981, 171, 177; Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 63; Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 116. 556 557

D. Stellungnahme

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tigung beim Vorhandensein einer Abfindungsregelung. Gegen diesen die Abwägung vorwegnehmenden Charakter einer Abfindungsregelung spricht der qualitative Unterschied zwischen einem rein vermögensrechtlichen Schutz und dem Bestandsschutz der Mitgliedschaft. Bleibt die Mitgliedschaft in ihrem bisherigen Umfang erhalten, kann der Aktionär weiter am Wachstum der Gesellschaft teilhaben, während bei einer Abfindung lediglich der derzeitige Wert seines Anteils ersetzt wird. Daß das Gesetz den Bestand der Aktien jedoch nicht uneingeschränkt schützt, zeigen beispielhaft die Regelungen bei der Verschmelzung und dem Squeeze-out. Der Verschmelzungsbeschluß nach § 13 Abs. 1 UmwG bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung, da die gesetzliche Regelung mit der Einführung einer qualifizierten Mehrheit und eines Abfindungsanspruches die Abwägung vorweggenommen hat.558 Auch die abfindungsrechtlichen Regeln beim Squeeze-out in §§ 327a Abs. 1, 327b AktG enthalten diese Interessenabwägung, so daß der Squeeze-out-Beschluß der Hauptversammlung ebenfalls keiner sachlichen Rechtfertigung bedarf, obwohl durch das Squeeze-out die Mitgliedschaft in der Gesellschaft beendet wird.559 Die gewährten Abfindungspflichten werden zudem durch gesonderte Berichtspflichten der Gesellschaft oder des Hauptaktionärs flankiert und damit der Minderheitenschutz abgesichert. Bei der Verschmelzung haben die Vertretungsorgane der Gesellschaften gemäß § 8 UmwG die Vor- und Nachteile der Verschmelzung ausführlich darzulegen und zu begründen. Gleiches gilt für das Squeeze-out, denn dort muß der Hauptaktionär gemäß § 327c Abs. 2 AktG einen schriftlichen Bericht erstatten. Festzuhalten bleibt, daß durch eine vermögensrechtliche Kompensation die Interessen der betroffenen Aktionäre bereits durch das Gesetz berücksichtigt worden sind und diese damit grundsätzlich kein schützenswertes Interesse mehr am Verbleib in der Gesellschaft haben können. Eine bestandsschutzerhaltende sachliche Rechtfertigung würde diese gesetzgeberische Wertung unterlaufen und die Durchführung der konkreten Maßnahme erschweren oder verhindern. Zusammen müssen demnach zwei Voraussetzungen vorliegen, um die Notwendigkeit einer sachlichen Rechtfertigung des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses bejahen zu können. Zum einen muß durch den Beschluß der Hauptversammlung in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre eingegriffen werden und zum anderen darf keine gesetzliche Regelung vorhanden sein, die abschließend die Interessen der betroffenen Minderheitsaktionäre und die Interessen des Großaktionärs und der Gesellschaft gegeneinander abwägt. Insbesondere Abfindungsregelungen zugunsten der von der jeweiligen Maßnahme betroffenen Aktionäre können eine solche Abwägung enthalten.

558 Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 13 Rn. 34 ff. m. w. N.; Zimmermann in Kallmeyer UmwG, § 13 Rn. 12. 559 Hamann, Minderheitenschutz beim Squeeze-out-Beschluss, S. 162 f.; ebenso unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Aspekte Schön in FS Ulmer, S. 1359, 1387; GesmannNuissl, WM 2002, 1205, 1210.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

c) Sachliche Rechtfertigung des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses Schon der Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte durch den Delisting-Beschluß ist abzulehnen. Die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre lassen sich nach Mitverwaltungs- und Vermögensrechten unterscheiden. Die Mitverwaltungsrechte umfassen insbesondere das Stimmrecht, das Auskunftsrecht, das Anfechtungsrecht und das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung. Vermögensrechte sind hingegen der Dividendenanspruch, das Bezugsrecht bei einer Kapitalerhöhung und das Recht auf Teilhabe am Liquidationserlös. Das Delisting der Gesellschaft greift in keines dieser aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte ein, da die Börsenzulassung und damit die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien nicht Teil dieser Mitgliedschaftsrechte sind.560 Vielmehr handelt es sich bei der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktie infolge der Börsenzulassung um eine eigenständige Kategorie, die neben die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte tritt.561 Die sachliche Rechtfertigung von Hauptversammlungsbeschlüssen dient aber nur dazu, die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte in ihrem bisherigen Bestand vor Veränderungen zu Lasten bestimmter Aktionärsgruppen zu schützen. Der Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktien wird von diesem Schutzmechanismus nicht erfaßt. Fraglich ist, ob verfassungsrechtlich eine andere Beurteilung geboten ist. Aber auch die Einbeziehung der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktie in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG562 führt zu keinem anderen Ergebnis in der Frage der sachlichen Rechtfertigung. Durch Art. 14 Abs. 1 GG wird grundsätzlich auch der Bestand der jeweiligen Vermögensposition geschützt563 und damit auch die erhöhte Verkehrsfähigkeit einer börsenzugelassenen Aktie. Dieser Schutz muß sich auch auf einfachgesetzlicher Ebene bei der konkreten Ausgestaltung des Eigentums im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmungen wiederfinden.564 Für die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte hat die Rechtsprechung dieses aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht entwickelt. Allerdings hat der Gesetzgeber dabei einen weiten Gestaltungsspielraum, den er mit der Regelung des Delisting in § 39 Abs. 2 BörsG wahrgenommen hat. Würde eine solche Regelung fehlen, wäre aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Grundlage zu erwägen, den Bestandsschutz im Rahmen der sachlichen Rechtfertigung auf der aktienrechtlichen Ebene zu gewähren. Für den Schutz der erhöhten Verkehrsfähigkeit enthält § 39 Abs. 2 BörsG aber eine vorrangige Sonderregelung, die ebenso den Erhalt der Börsen560 Vgl. dazu oben bereits 4. Teil: D.I.3., S. 183 ff.; ebenso Martinius / Schiffer, DB 1999, 2460, 2461; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 135. 561 Siehe oben 4. Teil: D.I.5.a), S. 196 ff. 562 Vgl. oben 4. Teil: D.I.5.a), S. 196 ff. 563 Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 31. 564 Vgl. nur Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 32 m. w. N.

D. Stellungnahme

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zulassung zur Folge haben kann.565 Die Geschäftsführung der Börse widerruft die Zulassung nur dann, wenn der Widerruf dem Anlegerschutz nicht widerspricht. Dabei hat sie die verschiedenen Interessen der Anleger und des Emittenten gegeneinander abzuwägen.566 Lehnt die Geschäftsführung der Börse den Widerruf der Börsenzulassung ab, wird der bisherige Bestand der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktie erhalten. Damit hat der Gesetzgeber bereits eine Regelung geschaffen, die den verfassungsrechtlich garantierten Bestandsschutz gewährleistet. Insofern ergibt sich für die Frage des Bestandsschutzes beim Delisting eine Zweiteilung. Wird in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre eingriffen, wird der Bestandsschutz unter den oben genannten Voraussetzungen im Rahmen der sachlichen Rechtfertigung gewährleistet. Den Bestandsschutz der erhöhten Verkehrsfähigkeit auf der kapitalmarktrechtlichen Ebene sichert hingegen § 39 Abs. 2 BörsG.567 Daß § 39 Abs. 2 BörsG den Bestandsschutz unter anderen Voraussetzungen gewährleistet als dies möglicherweise in der sachlichen Rechtfertigung erfolgen würde, ändert die Beurteilung nicht, da der Gesetzgeber frei über die Art des gewährten Schutzes entscheiden kann. Anders als bei der Frage der Entscheidungskompetenz, liegt hier kein gesetzgeberisches Unterlassen vor und damit auch kein Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum des einzelnen Aktionärs. Somit ist schon aus diesen Gründen die sachliche Rechtfertigung des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses abzulehnen. Der BGH geht auf die Voraussetzung des Eingriffes in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre nicht ein, obwohl er bei der Frage der Entscheidungszuständigkeit für das Delisting bereits einen Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte auf aktienrechtlicher Ebene verneint hat568. Daher ist es inkonsequent, wenn er die Ablehnung der sachlichen Rechtfertigung erst auf den unternehmerischen Charakter der Delisting-Entscheidung und den ausreichenden vermögensrechtlichen Schutz der Minderheitsaktionäre durch die Angebotspflicht stützt. Er geht damit wohl konkludent von einem Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte aus und lehnt die Inhaltskontrolle aufgrund einer minderheitsschützenden Regelung, die bereits eine abschließende Abwägung zwischen den Interessen der Minderheitsaktionäre und denen des Großaktionärs enthält, ab. Das setzt voraus, daß die Angebotspflicht auf 565 Ebenso im Ergebnis OLG München, Urt. v. 14. 02. 12001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 665 f.; M. Henze, Delisting, S. 162; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 244; de Vries, Delisting, S. 112; Pluskat, WM 2002, 833, 835. 566 Vgl. zum Prüfungsumfang oben 3. Teil: A.II., S. 93 ff. 567 Das Argument des doppelten Rechtsschutzes vor den Landgerichten und den Verwaltungsgerichten bei Bejahung der sachlichen Rechtfertigung kann nach der Einführung des § 15 Abs. 6 BörsG (früher § 31 Abs. 5 BörsG) nicht mehr überzeugend vertreten werden. § 15 Abs. 6 BörsG regelt, daß die Geschäftsführung der Börse ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Damit dürfte der vom Delisting betroffene Kleinaktionär, der selbst nicht Adressat des Widerrufs ist, als Drittanfechtungskläger i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO nicht klagebefugt sein. 568 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

eine solche die Abwägung enthaltende Regelung zurückgeführt werden kann. Die Regelung des § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG i.V. m. der BörsO FWB scheidet aus, da die dort früher bestehende Angebotspflicht aufgehoben wurde.569 Auch hat § 39 BörsG gegenüber dem Aktienrecht keinen abschließenden Charakter.570 Als Rechtsgrundlage für die Angebotspflicht bleibt nur die richterliche Rechtsfortbildung des BGH, der ohne nähere Begründung die Angebotspflicht bejaht.571 Daher stellt sich die Frage, ob diese richterliche Rechtsfortbildung als Rechtsgrundlage ausreichend ist, um einen solchen die sachliche Rechtfertigung ausschließenden Regelungsgehalt annehmen zu können. Der Ausschluß der sachlichen Rechtfertigung aufgrund einer Regelung setzt voraus, daß sie eine abschließende Abwägung der rechtlichen Positionen und Interessen der Aktionäre enthält. Daher muß auch die durch den BGH im Wege der Rechtsfortbildung eingeführte Abfindungspflicht eine Abwägung der verschiedenen Interessen zugrunde liegen. Eine solche Abwägung läßt sich jedoch dem Urteil des BGH im Hinblick auf den vermögensrechtlichen Ausgleich für das Delisting nicht entnehmen.572 Allein die Feststellung, daß die Mitentscheidungsmöglichkeit in der Hauptversammlung den Minderheitenschutz nicht gewährleistet, reicht nicht aus, da die verschiedenen Interessen nicht gegeneinander abgewogen werden. Der im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung gewonnenen Anspruchsgrundlage kommt zudem eine andere Qualität zu, als wenn der Gesetzgeber diese Abwägung vorgenommen hätte. Die durch die richterliche Rechtsfortbildung gewonnene Abfindungspflicht ist in ihrem Bestand flüchtiger als eine gesetzlich geschriebene Regelung, da sie durch eine spätere Entscheidung des Gerichts ohne weiteres aufgegeben werden kann. Daher kommt der lediglich durch richterliche Rechtsfortbildung gewonnenen Ausgleichspflicht kein solches Gewicht zu, als wenn der Gesetzgeber selbst diese Abwägung getroffen hätte. Die Begründung des BGH ist daher abzulehnen. d) Ergebnis Der Delisting-Hauptversammlungsbeschluß bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung, da das Delisting nicht in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre eingreift und mit § 39 Abs. 2 BörsG dem Interesse der Minderheitsaktionäre am Erhalt der Börsenzulassung ausreichend Rechnung getragen wird.

569 § 54a BörsO FWB ist am 06. 03. 2002 mit Wirkung zum 26. 03. 2002 durch den Börsenrat geändert worden. Nachfolgeregelung des § 54a BörsO FWB ist seit dem 01. 01. 2003 § 58 BörsO FWB bzw nunmehr ab 01. 11. 2007 § 43 BörsO FWB. 570 Vgl. dazu oben 4. Teil: D.I.2.a), S. 165 ff. 571 Vgl. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 572 Ekkenga, ZGR 2003, 878, 901; a. A. im Rahmen der Treuepflichten H. Henze / Notz in GroßKomm AktG, Anh § 53a Rn. 125.

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2. Treuepflicht des Großaktionärs gegenüber den Minderheitsaktionären Jedes Verhalten der Aktionäre findet seine Schranke in der Treuepflicht gegenüber den anderen Aktionären. Bei der Ausübung der mitgliedschaftlichen Rechte, insbesondere der Stimmrechte, müssen die Aktionäre Rücksicht auf die Belange der Gesellschaft und der anderen Aktionäre nehmen.573 Dabei trifft die Rücksichtnahmepflicht nicht nur den Mehrheitsaktionär, sondern auch die Minderheitsaktionäre.574 Für das Delisting stellt sich die Frage, ob der Großaktionär seine Treuepflichten gegenüber den Minderheitsaktionären durch die Zustimmung zum Delisting in der Hauptversammlung verletzt, wenn diese die Aktien im Vertrauen auf den Bestand der Börsenzulassung an der Börse erworben haben, und sie nach dem Widerruf der Börsenzulassung nicht mehr veräußern können.575 Ob die Treuepflichten durch einen Aktionär gegenüber den anderen Aktionären verletzt werden, ist in einer Einzelfallabwägung der betroffenen berechtigten Interessen festzustellen.576 Anhaltspunkte für eine treuepflichtwidrige Ausübung der Stimmrechtsmacht in der Hauptversammlung können sein, daß der Großaktionär einseitige Vorteile zu Lasten der AG oder der anderen Mitaktionäre erstrebt oder in sonstiger Weise die Interessen der anderen Aktionäre mißachtet.577 Beim Delisting liegt daher nur ein treuepflichtwidriges Verhalten des Großaktionärs vor, wenn das Interesse der Minderheitsaktionäre am Erhalt der Börsenzulassung die Interessen des Großaktionärs an der Durchführung des Börsenrückzugs überwiegt. Dies setzt voraus, daß das Interesse der Aktionäre am Erhalt der Börsenzulassung und damit am Erhalt der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktien auf aktienrechtlicher Ebene geschützt ist.578 Das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) schützt zwar die erhöhte Verkehrsfähigkeit börsenzugelassener Aktien und damit auch das Vertrauen auf den Erhalt der Börsenzulassung.579 Diesen Schutz kann der Gesetzgeber in Form des Bestandsschutzes oder aber des Vermögensschutzes gewähren. Dem Gesetzgeber steht ein weiter Spielraum bei der Ausgestaltung des Eigentumsschutzes zu, wobei er den Bestandsschutz durch die in § 39 Abs. 2 BörsG aufgestellten Widerrufsvoraussetzungen gewährleistet. Aber auch die aktienrechtliche Treuepflicht als 573 Bungeroth in MünchKomm AktG, Vor § 53a, Rn. 25; H. Henze / Notz in GroßKomm AktG, Anh § 53a Rn. 57 und 63. 574 BGH, Urt. v. 20. 03. 1995 – II ZR 205 / 94, BGHZ 129, 136, 142 f. (Girmes). 575 Als Beispiel für ein treuwidriges Verhalten des Großaktionärs nennen Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 190 f. und M. Henze, Delisting, S. 165, den kurz nach dem Börsengang beschlossenen Börsenrückzug. 576 Siehe nur H. Henze / Notz in GroßKomm AktG, Anh § 53a Rn. 58. 577 Bungeroth in MünchKomm AktG, Vor § 53a Rn. 27. 578 Dies bejaht Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 188; M. Henze, Delisting, S. 165 m. w. N.; a. A. Reiff, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des regulären Delistings, S. 172; ähnlich Koppensteiner in KölnKomm AktG, § 305 Rn. 55. 579 Siehe oben 4. Teil: D.I.5.a), S. 196 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Schranke des Abstimmungsverhaltens des Großaktionärs wäre auf den Erhalt der konkreten Eigentumsposition gerichtet, da die Verletzung der Treuepflicht durch den Großaktionär die Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses zum Delisting (§ 243 Abs. 1 AktG) zur Folge hätte580. Mit § 39 Abs. 2 BörsG hat der Gesetzgeber sein Gestaltungsrecht im Hinblick auf den Bestandsschutz bereits wahrgenommen, wenn auch auf kapitalmarktrechtlicher Ebene. Eines Schutzes auf aktienrechtlicher Ebene in Form einer vom Großaktionär einzuhaltenden Treuepflicht bedarf es daher nicht mehr.581 Das Interesse am Erhalt der Börsenzulassung der Minderheitsaktionäre ist zwar geschützt582, jedoch kann dieses Interesse nicht im Rahmen der Abwägung zur Treuepflicht geltend gemacht werden. Insofern ergeben sich keine Unterschiede zur ablehnenden Begründung der sachlichen Rechtfertigung als inhaltliche Schranke des Hauptversammlungsbeschlusses.583

V. Vermögensschutz der Minderheitsaktionäre Nachdem die sachliche Rechtfertigung als Erfordernis zur Erhaltung der Börsenzulassung im Interesse insbesondere der Minderheitsaktionäre abgelehnt wurde, stellt sich die Frage, ob die Minderheitsaktionäre beim regulären Delisting nicht zumindest vermögensrechtlich zu schützen sind. Dabei steht nicht der Erhalt der Mitgliedschaft, sondern vielmehr die Möglichkeit eines Austritts aus der Gesellschaft gegen Zahlung eines finanziellen Ausgleichs im Mittelpunkt. Dieser Gedanke des vermögensrechtlichen Schutzes der Minderheitsaktionäre beruht auf den vornehmlich von den Kleinaktionären zu tragenden Folgen eines regulären Delisting in Form der wegfallenden Handelbarkeit und Preisfeststellung sowie den nach dem Delisting fehlenden Informationen über den Emittenten.584 Einen vermögensrechtlichen Schutz sah auf kapitalmarktrechtlicher Ebene für die Frankfurter Wertpapierbörse § 54a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BörsO FWB in der bis zum 25. März 2002 geltenden Fassung vor. Diese Regelung war eine Ausführungsbestimmung zu § 38 Abs. 4 S. 5 BörsG (nunmehr § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG)585, der selbst keine konkreten Anforderungen an einen vermögensrechtlichen Schutz der Anleger enthält. Nach § 54a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BörsO FWB stand dem Widerruf der Schutz der Anleger insbesondere dann nicht entgegen, wenn den Inhabern der Wertpapiere ein Kaufangebot unterbreitet wurde. Diese Angebotsregelung hob die Frankfurter 580 Vgl. nur Bungeroth in MünchKomm AktG, Vor § 53a Rn. 42; H. Henze / Notz in GroßKomm AktG, Anh § 53a Rn. 135. 581 Ähnlich Wastl, Aktienrechtliche Treupflichten und Kapitalmarktrecht, S. 24 ff. 582 A.A. Reiff, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des regulären Delistings, S. 172, der den Vertrauensschutz gänzlich ablehnt. 583 Vgl. oben 4. Teil: D.IV.1.c), S. 234 ff. 584 Vgl. dazu oben 2. Teil: F., S. 89. 585 Vor in Kraft treten des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes (BGBl. Teil I 2002, S. 2010 und 2316) wortgleich § 43 Abs. 4 S. 5 BörsG.

D. Stellungnahme

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Wertpapierbörse jedoch im Zuge der Anpassung an das später in Kraft getretene WpÜG auf und entschied sich für eine reine Fristenregelung in § 43 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BörsO FWB586.587 Andere Börsenordnungen behielten diese Angebotsregelung hingegen bei.588 Diese uneinheitliche Regelung des vermögensrechtlichen Schutzes der Anleger auf kapitalmarktrechtlicher Ebene führt zu der Frage, ob der Schutz der Kleinaktionäre nicht unabhängig von dem jeweiligen Notierungsort gesellschaftsrechtlich einheitlich gewährleistet werden muß. Dazu ist zunächst zu untersuchen, auf welche Rechtsgrundlage der gesellschaftsrechtliche Vermögensschutz gestützt werden kann. Abhängig von der Rechtsgrundlage bestimmen sich dann die materiellen Voraussetzungen und die konkrete rechtliche Ausgestaltung eines solchen Schutzes.

1. Rechtsgrundlage eines vermögensrechtlichen Schutzes der Minderheitsaktionäre Als Rechtsgrundlage für einen vermögensrechtlichen Schutz der Minderheitsaktionäre beim regulären Delisting kommt aufgrund einer fehlenden vermögensschützenden Regelung in § 39 Abs. 2 BörsG und der uneinheitlichen Handhabung in den BörsO der verschiedenen Börsen die analoge Anwendung der gesellschaftsrechtlichen Abfindungs- und Ausgleichsregelungen in Betracht. Gesellschaftsrechtliche Abfindungsregelungen finden sich beim Formwechsel in 207 Abs. 1 UmwG, bei der Verschmelzung und der Aufspaltung in § 29 Abs. 1 UmwG, nach Abschluß von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen in § 305 Abs. 1 AktG sowie beim Squeeze-out in § 327b Abs. 1 AktG und der Mehrheitseingliederung in § 320b Abs. 1 AktG. Alle Abfindungsregelungen sehen unter verschiedenen Voraussetzungen eine Barabfindung vor und ermöglichen den Minderheitsaktionären den Austritt aus der Gesellschaft oder zwingen diese aus der sich aufgrund des Beschlusses der Hauptversammlung verändernden Gesellschaft auszutreten. Darüber hinaus könnte auch an einen bloßen Vermögensausgleich beim gewünschten Verbleib in der Gesellschaft nach einem Delisting analog § 304 Abs. 1 AktG zu denken sein oder aber im Wege eines vom Bieter abzugebenden Pflichtangebots nach §§ 35 Abs. 1, 29 Abs. 2 WpÜG der Austritt aus der Gesellschaft ermöglicht werden.589 Des weiteren kommt als Rechtsgrundlage ein außer586 Eine ähnliche Regelung wie § 43 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BörsO FWB enthält § 51 Abs. 2 Nr. 3 BörsO Börse München; § 79 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse. 587 Die Angebotsregelung für verfassungswidrig haltend Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 485; kritisch zur Aufhebung der Angebotsregelung aus verfassungsrechtlicher Sicht, Streit, ZIP 2002, 1279 ff.; a. A. Holzborn / Schlößer, BKR 2002, 486 ff. 588 § 82 Abs. 2 BörsO Börse Berlin; § 56 Abs. 4 BörsO Börse Düsseldorf; § 50 Abs. 2 b) BörsO Hanseatische Wertpapierbörse Hamburg; § 50 Abs. 3 BörsO Hannover. 589 Für eine einzelfallbezogene Analogie zu § 35 WpÜG siehe Seiffert, Going Private, S. 170 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

ordentliches Austrittsrecht infolge des Delisting der Gesellschaft in Betracht, wobei zunächst zu untersuchen ist, ob im Aktienrecht ein solches Austrittsrecht überhaupt anzuerkennen ist und unter welchen materiellen Voraussetzungen ein solches gewährt werden kann. Schließlich könnte der vermögensrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre aus dem grundgesetzlichen Eigentumsschutz der börsenzugelassenen Aktie gemäß Art. 14 Abs. 1 GG folgen, wie dies der BGH im Macrotron-Urteil andeutet, ohne konkret den Rechtsgrund für seine „PflichtangebotsLösung“ zu nennen.590

a) Begründung des vermögensrechtlichen Schutzes im Wege der Analogie Ausgangspunkt der Überlegungen zur Begründung des vermögensrechtlichen Schutzes der Minderheitsaktionäre muß die Tatsache sein, daß die Minderheitsaktionäre auch nach dem Widerruf der Börsenzulassung Mitglieder der Gesellschaft mit all ihren mitgliedschaftlichen Rechten und Pflichten bleiben. Insofern können nur solche Abfindungs- und Ausgleichsregelungen zur analogen Anwendung herangezogen werden, die grundsätzlich den Verbleib der Minderheitsaktionäre vorsehen und die damit grundsätzlich verbundene spezifische Interessenlage der Minderheitsaktionäre berücksichtigen. Dies sind die Regelungen zum Formwechsel nach §§ 190 ff. UmwG, zur Aufspaltung nach §§ 123 ff. UmwG und Verschmelzung nach §§ 2 ff. UmwG sowie zu den Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen gemäß § 305 AktG. Alle Regelungsbereiche haben die Gemeinsamkeit, daß die Aktionäre grundsätzlich in einer Gesellschaft verbleiben können, ihnen aber andererseits die Möglichkeit zum Austritt gegen Barabfindung gegeben wird. Die Entscheidung zum Verbleib in der Gesellschaft oder zum Austritt treffen allein die Minderheitsaktionäre. Abzugrenzen davon sind solche Gestaltungsformen, in denen die Entscheidung über den weiteren Verbleib einer bestimmten Aktionärsgruppe in der Gesellschaft die Aktionärsmehrheit trifft, ohne daß es auf den Willen der Minderheitsaktionäre ankäme.591 Dies sind insbesondere die Regelungen zum Squeeze-out nach §§ 327a ff. AktG oder zur Mehrheitseingliederung nach §§ 319 ff. AktG. Die Abfindung wird den Minderheitsaktionären dort aufgrund des vollständigen Verlusts ihrer Mitgliedschaft gewährt.592 Das reguläre Delisting kennzeichnet sich jedoch gerade durch das Fortbestehen der Mitgliedschaft in einer nichtbörsennotierten AG, so daß das Squeeze-out und die Mehrheitseingliederung von vornherein als analog heranzuziehende Vergleichsmaßstäbe ausscheiden.593 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. Diese Unterscheidung trifft ebenso Ph. Baums, Ausschluss von Minderheitsaktionären, S. 5; ebenso im Hinblick auf das Delisting urteilt Ekkenga, ZGR 2003, 878, 906. 592 Hüffer AktG, § 327b Rn. 1 und § 320b Rn. 1. 593 Vgl. dazu oben auch die Begründung bei der Frage der Hauptversammlungszuständigkeit 4. Teil: D.I.2.f), S. 177. 590 591

D. Stellungnahme

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Auch wenn der BGH die Austrittsmöglichkeit der Minderheitsaktionäre als Pflichtangebot bezeichnet, ist damit nicht ein solches nach § 35 Abs. 1 WpÜG gemeint, da dieses einen Kontrollerwerb gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG, also das Halten von mindestens 30 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft voraussetzt. Durch das reguläre Delisting erlangt jedoch niemand die Kontrolle über eine Gesellschaft.594 Insofern wird auch im weiteren begrifflich nicht von einem Pflichtangebot gesprochen, da dieser Begriff rechtlich mit dem Kontrollerwerb besetzt ist. Für die weitere Untersuchung einer analogen Anwendung der Abfindungsregelungen von Formwechsel, Verschmelzung und Aufspaltung sowie beim Abschluß von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen müßte zunächst eine planwidrige Regelungslücke vorliegen, um danach die Vergleichbarkeit zwischen dem regulären Delisting und den einzelnen Maßnahmen zu untersuchen.595 aa) Planwidrige Regelungslücke Der vermögensrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre auf gesellschaftsrechtlicher Ebene in Form einer Barabfindung, setzt voraus, daß eine planwidrige Regelungslücke im Bereich des vermögensrechtlichen Schutzes der Aktionäre vorliegt. Der BGH hat die Regelungslücke im kapitalmarktrechtlichen Schutz durch das BörsG mit der Begründung bejaht, daß der durch § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG i.V. m. der jeweiligen BörsO gewährte Schutz in Form eines Kaufangebots nicht dem Minderheitenschutz des Aktienrechts entsprechen würde, da die jeweilige BörsO jederzeit geändert werden und der zu erstattende volle Wert der Aktie durch die BörsO nicht gewährleistet werden könne.596 Nun könnte man argumentieren, daß mit dem Wegfall der ursprünglichen Kaufangebotsregelung in § 54a Abs. 2 Nr. 2 BörsO FWB a. F., nunmehr § 43 Abs. 2 BörsO, gar keine vorrangige kapitalmarktrechtliche Regelung mehr besteht, die die Abfindung auf gesellschaftsrechtlicher Ebene ausschließen könnte. Da aber die anderen Börsen im deutschen Rechtsraum bis auf die Börse München in § 51 Abs. 2 BörsO, die Baden-Württembergische Wertpapierbörse in § 79 Abs. 1 BörsO und die Frankfurter Wertpapierbörse in § 43 Abs. 2 BörsO FWB an der Kaufangebotsregelung festgehalten haben597, stellt sich die Frage nach der Regelungslücke wie bisher, da die Aktien von Gesellschaften auch an mehreren Börsenplätzen zugelassen sein können. Insofern muß, auch wenn sich die Untersuchung auf die Börsenordnung der Frankfurter 594 So bereits Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03; anders Seiffert, Going Private, S. 170 f. 595 Zur Vermeidung von Widerholungen wird für die Ablehnung einer Gesamtanalogie zu den Abfindungsregelungen auf die Begründung im Rahmen der Hauptversammlungszuständigkeit verwiesen, siehe oben 4. Teil: D.I.2.g)bb), S. 181 ff.; ebenso BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205, 209. 596 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 597 Vgl. § 82 Abs. 2 BörsO Börse Berlin; § 56 Abs. 4 BörsO Börse Düsseldorf; § 50 Abs. 2 b) BörsO Hanseatische Wertpapierbörse Hamburg; § 50 Abs. 3 BörsO Hannover .

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Wertpapierbörse konzentriert, zwischen verschiedenen Fallkonstellationen unterschieden werden. Zunächst ist zu untersuchen, ob die nunmehr geltende Fristenregelung in § 43 Abs. 2 BörsG FWB, § 79 Abs. 2 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse und § 51 Abs. 2 BörsO Börse München als vermögensrechtlicher Schutz der Minderheitsaktionäre ausreicht, wenn die Aktien der Gesellschaft lediglich an einer der beider Börsen zugelassen sind [siehe unten (1)]. Die zweite Fallgruppe betrifft die Frage, ob bei Bestehen einer Zulassung an einem Börsenplatz, die in der Börsenordnung die Kaufangebotslösung verankert hat, der gesellschaftsrechtliche Vermögensschutz ausgeschlossen ist [siehe unten (2)]. (1) Fristenregelung als ausreichender vermo¨gensrechtlicher Schutz der Minderheitsaktiona¨re Ein ausreichender vermögensrechtlicher Schutz der Minderheitsaktionäre könnte bereits darin gesehen werden, daß den Aktionären nach § 43 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BörsO FWB, § 79 Abs. 1 Nr. 2 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse und auch § 51 Abs. 2 Nr. 3 BörsO Börse München ausreichend Zeit zur Veräußerung ihrer Aktien über die Börse verbleibt. Die Regelungen konkretisieren die Widerrufsvoraussetzungen nach § 39 Abs. 2 BörsG und legen fest, daß mit der Veräußerungsmöglichkeit dem Schutz der Anleger Genüge getan wird. Diese Veräußerungsmöglichkeit ist jedoch zeitlich begrenzt durch das Wirksamwerden des Widerrufs. Nach § 43 Abs. 2 S. 3 BörsO FWB und § 79 Abs. 2 BörsO BadenWürttembergische Wertpapierbörse wird der Zulassungswiderruf bereits sechs Monate nach dessen Veröffentlichung wirksam. § 51 Abs. 3 S. 3 BörsO Börse München sieht hingegen eine Höchstfrist von zwei Jahren vor. Nach den Regelungen kann der Emittent die Verkürzung dieser Fristen beantragen, wenn der Schutz der Anleger dem nicht entgegensteht. Die Anleger werden vermögensrechtlich demnach allein über die zeitlich befristete Veräußerungsmöglichkeit der Aktien zum jeweiligen Börsenpreis geschützt. Ob diese kapitalmarkrechtlichen Regelungen die Annahme einer Regelungslücke ausschließen, ist zweifelhaft. Der BGH verneinte unter dem Aspekt des Minderheitenschutzes die Wirksamkeit eines solchen Schutzes durch die bloße Veräußerungsmöglichkeit, da unmittelbar nach Bekanntwerden des Delisting regelmäßig der Aktienkurs sinke und der Anleger seine investierten Vermögenswerte nicht realisieren könne.598 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Der BGH zieht seine Erkenntnis aus einem Vergleich des kapitalmarktrechtlichen Vermögensschutzes zum gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutz. Offenbar setzt er dabei jedoch einen gesellschaftsrechtlichen Mindeststandard voraus, ohne ihn konkret zu bestimmen oder aber auf eine Rechtsgrundlage zu stützen. Dieses Vorgehen stößt methodisch auf Bedenken, da der Maßstab, an dem der Schutz der Minderheitsaktionäre zu messen wäre, zunächst festgelegt werden muß. Für die hier entscheidende Frage der Regelungslücke reicht es aus, festzustellen, daß die kapitalmarktrechtliche Regelung in § 39 Abs. 2 i.V. m. § 43 BörsO FWB 598

BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536.

D. Stellungnahme

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bzw. § 51 BörsO Börse München sowie § 79 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse den gesellschaftsrechtlichen Vermögensschutz in seiner analogen Anwendung von § 305 AktG und §§ 29, 207 UmwG nicht ausschließt und keine vorrangige Sonderregelung darstellt. Gegen den abschließenden Charakter der börsengesetzlichen Delisting-Regelung in § 39 Abs. 2 BörsG spricht bereits, daß die aktienrechtlichen Interessenkonflikte in § 39 BörsG nur unzureichend berücksichtigt werden, da kein Verfahren vorhanden ist, das die Interessen der verschiedenen Aktionärsgruppen bzw. Anlegergruppen gegeneinander abwägt.599 Der unbestimmte Rechtsbegriff des „Anlegerschutzes“ in § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG kann dies ebensowenig leisten wie die jeweilige Ausführungsbestimmung in den Börsenordnungen. Zudem birgt die Fristenregelung die Gefahr, daß die Minderheitsaktionäre überhaupt keinen Vermögensschutz erhalten. Die Verkaufsmöglichkeit der Aktien über die Börse setzt einen liquiden Markt voraus. Dieser liegt aber bei einer rückzugswilligen Gesellschaft in der Regel nicht mehr vor, da ein Aktienhandel aufgrund der regelmäßig vorliegenden Marktenge nur sehr eingeschränkt stattfindet.600 Der gebildete Börsenpreis kann auf Zufälligkeiten beruhen, da faktisch nur der Großaktionär als Käufer der Aktien in Frage kommt. Dadurch eröffnen sich Mißbrauchsmöglichkeiten, die den vermögensrechtlichen Schutz der Anleger auf einen theoretischen Kern reduzieren. Im Gegensatz dazu orientiert sich der vermögensrechtliche Schutz auf gesellschaftsrechtlicher Ebene an der hier in Betracht gezogenen Analogie zu § 305 AktG und §§ 29, 207 UmwG am wahren Wert der Beteiligung unter Berücksichtigung des Börsenkurses.601 Der wahre Wert der Beteiligung bemißt sich dabei nach ihrem Ertragswert, der nicht mit dem Börsenkurs übereinstimmen muß und auch durchaus höher sein kann als dieser.602 Insofern besteht zwischen dem gesellschaftsrechtlichen und dem kapitalmarktrechtlichen Vermögensschutz ein qualitativer Unterschied. Dadurch würden die Aktionäre unabhängig vom Bestehen eines liquiden Börsenhandels in dem jeweiligen Wert bei der Gewährung von gesellschaftsrechtlichen Abfindungsrechten geschützt. Dieser Schutz soll aber gerade nicht von dem Zufall abhängen, ob überhaupt ein Handel in den betreffenden Aktien stattfindet und welcher Preis dort gebildet wird. Daher bildet die Fristenregelung gegenüber den gesellschaftsrechtlichen Abfindungspflichten keine vorrangige Sonderregelung. (2) Kaufangebotsregelung als vermo¨gensrechtlicher Schutz Anders als die Börsenordnung der FWB sehen zahlreiche andere Börsenordnungen ein Kaufangebot zum Schutz der Anleger vor, wobei keine Pflicht zur Abgabe 599 Vgl. oben zu dieser Frage im Rahmen der Hauptversammlungszuständigkeit 4. Teil: D.I.2.a), S. 165 ff. 600 Vgl. oben 2. Teil: D.I.1.a)aa), S. 72; ebenso BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 601 Beispielhaft zu § 305 AktG Hüffer AktG, § 305 Rn. 26; zur Verschmelzung Müller in Kallmeyer UmwG, § 30 Rn. 5. 602 Siehe nur Hüffer AktG, § 305 Rn. 20b f.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

eines Kaufangebots geregelt wird. Exemplarisch sei hier der bis zum Mai 2008 geltende § 65 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse genannt.603 Danach stand dem Widerruf der Börsenzulassung der Schutz der Anleger nicht entgegen, wenn den Inhabern der Wertpapiere ein Kaufangebot nach dem WpÜG gemacht wurde.604 Unklar war nach dieser Regelung jedoch, in welcher Höhe den Minderheitsaktionären ein Angebot zu unterbreiten war. In der Regel wird es sich um ein freiwilliges öffentliches Erwerbsangebot nach §§ 10 ff. WpÜG gehandelt haben, für das keine bestimmte Gegenleistungshöhe vorgesehen war. Eine Mindesthöhe der Gegenleistung wird lediglich in § 31 Abs. 1 WpÜG i.V. m. §§ 3 ff. WpÜG-AV für Übernahme- und Pflichtangebote gewährleistet. Übernahmeangebote sind nach § 29 Abs. 1 WpÜG solche Angebote, die auf den Kontrollerwerb, also die Erlangung von mindestens 30 % der Stimmrechte (§ 29 Abs. 2 WpÜG) gerichtet sind. Regelmäßig wird der Großaktionär mehr als 30 % der Stimmrechte inne haben, so daß bereits eine Kontrolle besteht. Das Ausbauen einer bereits bestehenden Kontrollposition wird durch § 29 Abs. 1 WpÜG und mithin § 31 Abs. 1 WpÜG nicht erfaßt.605 Der bietende Großaktionär hatte daher lediglich ein freiwilliges Erwerbsangebot nach §§ 10 ff. WpÜG abzugeben, ohne eine bestimmte Mindestgegenleistung für die Aktien der Minderheitsaktionäre anbieten zu müssen.606 Bereits dieser Befund läßt den Unterschied zu den hier in Betracht gezogenen gesellschaftsrechtlichen Abfindungsregelungen erkennen. Während das freiwillige Erwerbsangebot an keine bestimmten preisbestimmenden Voraussetzungen geknüpft ist, und die Höhe des jeweilig angebotenen Preises der privatautonomen Entscheidung des Bieters obliegt, muß sich die Abfindung nach § 305 Abs. 1 AktG oder §§ 29, 207 UmwG analog nach dem wahren Wert der Beteiligung richten.607 Aber auch dann, wenn die jeweilige Börsenordnung ein Kaufangebot in Sinne des § 31 WpüG vorsieht, das lediglich auf den Börsenkurs als Referenzgröße über einen bestimmten Zeitraum abstellt608, bestehen Unterschiede zu den zuvor genannten Abfindungsregelungen, da nicht sichergestellt ist, daß der 603 Ein Kaufangebot sehen ebenfalls vor § 82 Abs. 2 BörsO Börse Berlin; § 56 Abs. 4 BörsO Börse Düsseldorf; § 50 Abs. 2 b) BörsO Hanseatische Wertpapierbörse Hamburg; § 50 Abs. 3 BörsO Hannover; in Details variieren die jeweiligen Regelungen allerdings. 604 Ähnlich § 56 Abs. 4 S. 1 BörsO Börse Düsseldorf, die für den Zulassungswiderruf zwingend ein Angebot nach § 31 WpÜG fordert. Andere Börsenordnungen sehen beispielsweise vor, daß den Inhabern der Wertpapiere ein Kaufangebot zu unterbreiten ist, dessen Preis sich in einem angemessenen Verhältnis zum höchsten Börsenpreis der letzten sechs Monate vor Stellung des Antrags auf Widerruf befindet, § 50 Abs. 3 BörsO Börse Hannover. 605 Hommelhoff / Witt in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 35 Rn. 43; Noack in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, WpÜG, § 29 Rn. 4. 606 Anders § 56 Abs. 4 S. 1 BörsO Börse Düsseldorf, der zwingend ein Angebot nach § 31 WpÜG fordert. Nach § 4 Abs. 1 WpÜG-AV muß die Gegenleistung mindestens den Wert der höchsten vom Bieter gezahlten Gegenleistung für den Erwerb der Aktien innerhalb der letzten drei Monate erreichen und darf nach § 5 Abs. 1 WpÜG-AV den durchschnittlichen Börsenkurs der letzten drei Monate nicht unterschreiten. 607 Ebenso BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 608 Siehe z. B. § 56 Abs. 4 S. 1 BörsO Börse Düsseldorf.

D. Stellungnahme

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Börsenkurs als Referenzgröße auch tatsächlich, etwa aufgrund einer Marktenge609, seine Funktion als „volle“ Entschädigung der Kleinaktionäre erfüllt. Zwischen diesen Formen des vermögensrechtlichen Schutzes ergibt sich somit ein qualitativer Unterschied zu den gesetzlichen Abfindungsansprüchen, da der Minderheitsaktionär bei der Kaufangebotslösung keinen gesicherten Anspruch auf einen bestimmten Angebotspreis hat. Er ist dem Großaktionär und Bieter ausgeliefert, so daß kaum Unterschiede zur oben genannten Fristenlösung bestehen. Der Großaktionär kann den Angebotspreis mißbräuchlich zu niedrig ansetzen. Dem BGH ist auch darin zuzustimmen, daß der kapitalmarktrechtliche Vermögensschutz der Minderheitsaktionäre nicht mit dem gesellschaftsrechtlichen Schutz vergleichbar ist, da die Börsenordnungen jederzeit geändert werden können. Formell obliegt dem bei den Börsen zu bildenden Börsenrat gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG der Erlaß der Börsenordnung. Zu ihrer Wirksamkeit bedarf die beschlossene Börsenordnung der Genehmigung durch die Börsenaufsichtsbehörde gemäß § 16 Abs. 3 BörsG. Das Initiativrecht zum Erlaß und zur Änderung der Börsenordnung liegt bei der Börse, die zuständigen Landesbehörden als Börsenaufsichtsbehörden (§ 3 BörsG) üben lediglich eine Rechtmäßigkeitskontrolle aus610, auch wenn sie die Aufnahme bestimmter Vorschriften gemäß § 16 Abs. 3 S. 2 BörsG verlangen können. Auch in materieller Hinsicht bestehen für die Börse als satzungsgebende Anstalt des öffentlichen Rechts im Hinblick auf das Delisting keine speziellen inhaltlichen Vorgaben, da § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG lediglich festlegt, daß der Widerruf nicht dem Schutz der Anleger widersprechen darf. Die Börse hat damit auf kapitalmarktrechtlicher Ebene einen weiten Gestaltungsspielraum. Zudem ist in den meisten Börsenordnungen nicht zwingend die Abgabe eines Kaufangebots vorgesehen, sondern lediglich als Möglichkeit zur Wahrung des Anlegerschutzes aufgezählt.611 Zur Bejahung der Regelungslücke ist des weiteren entscheidend, daß durch die verschiedenen Regelungen zum Anlegerschutz in den Börsenordnungen ein unterschiedliches Schutzniveau besteht.612 Das reguläre Delisting würde je nach Zulassung an dem jeweiligen Börsenplatz unterschiedlich behandelt. Würde man das reguläre Delisting als einen rein kapitalmarktrechtlichen Vorgang betrachten, wäre diese Ungleichbehandlung freilich zu akzeptieren. Da aber das reguläre Delisting in die grundrechtlich geschützte Eigentumsposition des Anlegers eingreift und auch auf gesellschaftsrechtlicher Ebene Auswirkungen hat, erführe das Aktieneigentum je nach Börsenordnung einen intensiveren oder weniger intensiven Schutz. Eine solche Ungleichbehandlung wäre nicht hinzunehmen. Unterstützt wird der Aspekt des ungleichen Schutzniveaus durch Mißbrauchsgesichtspunkte bei der Mehrfachnotierung. Besteht eine Mehrfachnotierung von Siehe dazu unten 4. Teil: D.V.4.c)bb)(2)(b)(cc), S. 336. Vgl. noch zum BörsG vor Erlaß des FRUG, Schwark in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, BörsG, § 13 Rn. 3. 611 So § 50 Abs. 2 lit. b) BörsO Börse Hamburg; § 82 Abs. 2 BörsO Börse Berlin; anders § 50 Abs. 3 BörsO Börse Hannover; § 56 Abs. 4 S. 1 BörsO Börse Düsseldorf. 612 Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03. 609 610

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Aktien an verschiedenen Börsenplätzen, könnte die Gesellschaft sogar selbst bestimmen, ob die Anleger vermögensrechtlich geschützt werden. Sind die Aktien des Emittenten beispielsweise an zwei Börsenplätzen zugelassen, wobei eine Börse in der Börsenordnung für das Delisting eine Kaufangebotspflicht vorsieht und die andere Börse lediglich eine Fristenregelung, könnte der Emittent zunächst das Delisting an der Börse mit der Kaufangebotsregelung durchführen, ohne ein Kaufangebot machen zu müssen, da ja noch eine Handelsmöglichkeit an der anderen Börse besteht. Erst danach würde er dann auch den Widerruf an der Börse mit der Fristenregelung beantragen. Der vermögensrechtliche Schutz der Aktionäre hinge nur von der Entscheidung der Gesellschaft und des auf den Vorstand einflußnehmenden Großaktionärs ab, ohne daß ein bestimmter Mindestschutz garantiert werden könnte. Damit besteht im Hinblick auf den vermögensrechtlichen Schutz der Minderheitsaktionäre auch für den Fall eine Regelungslücke, daß ein Kaufangebot abgegeben werden muß. Für die Planwidrigkeit dieser Regelungslücke, sowohl für die Fristen- als auch die Kaufangebotsregelung, kann zudem nach oben auf die Begründung bei der Hauptversammlungszuständigkeit verwiesen werden, da der Gesetzgeber bei Einführung des Delisting nach § 39 Abs. 2 BörsG auch die vermögensrechtlichen Folgen nicht bedacht hat.613 bb) Analogie zur Abfindungspflicht nach § 305 Abs. 1 AktG bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen Ob der Abfindungspflicht gemäß § 305 Abs. 1 AktG beim Abschluß von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen eine vergleichbare Interessenlage wie beim regulären Delisting zugrunde liegt, hängt vom Anordnungsgrund der Abfindung ab. Gemäß § 305 Abs. 1 AktG muß der Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag die Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine angemessene Abfindung zu erwerben. Diese Abfindungspflicht der außenstehenden Aktionäre soll zum einen die sich aus der Mitgliedschaft ergebende vermögensrechtliche Stellung schützen, da durch den Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages die Gefahr besteht, daß das herrschende Unternehmen die Gewinne abführt und damit die Gewinnausschüttung an die Aktionäre faktisch aufgehoben wird.614 Diese Beeinträchtigung ließe sich grundsätzlich mit der Ausgleichspflicht nach § 304 Abs. 1 AktG erfassen. Da aber zum anderen mit dem Abschluß insbesondere eines Beherrschungsvertrages die Herrschaftsrechte der Aktionäre aufgrund des Weisungsrechts nach § 308 Abs. 1 AktG eingeschränkt werden und dieser Verlust vermögensrechtlich nicht kompensiert werden kann, sol4. Teil: D.I.2.a), S. 165 ff. Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 31; Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 18. 613 614

D. Stellungnahme

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len die außenstehenden Aktionäre die Möglichkeit zum Ausscheiden gegen Abfindung erhalten.615 Der gesetzgeberische Grund zur Anordnung der Abfindungspflicht liegt daher in einem Eingriff in die aktienrechtlichen Herrschafts- und Vermögensrechte.616 Beim regulären Delisting findet zwar ein Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützten Vermögensinteressen der Aktionäre statt, da mit dem Widerruf der Börsenzulassung die erhöhte Verkehrsfähigkeit und die kapitalmarktrechtlichen Informationsquellen verloren gehen. Diese Vermögensinteressen sind jedoch auf einfachgesetzlicher Ebene nicht mit den aktienrechtlichen Vermögensrechten vergleichbar. Die aktienrechtlichen Vermögensrechte kennzeichnen sich dadurch, daß die Hauptversammlung über die Gewinnverwendung entscheidet. Ob infolge der erhöhten Verkehrsfähigkeit die Aktien zu einem bestimmten Preis veräußert werden können, entscheiden aber nicht die Aktionäre, sondern die aktuelle Marktlage. Insofern bilden die durch die Börsenzulassung begründeten Vermögensinteressen der Aktionäre eine eigenständige Kategorie neben den aktienrechtlichen Vermögensrechten. Das Delisting beeinträchtigt zudem die Herrschaftsrechte der Aktionäre nicht, da sich die Gesellschaft nicht den Weisungen eines Dritten unterwirft. Dieses Ergebnis der mangelnden Vergleichbarkeit des Abschlusses eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit dem regulären Delisting deckt sich des weiteren mit der Untersuchung zur Hauptversammlungszuständigkeit.617 Ferner läßt sich gegen die Vergleichbarkeit noch die rechtliche Grundlage des Abfindungsanspruches nach § 305 Abs. 1 AktG anführen. Der Anspruch kann kraft Gesetzes oder aber auf vertraglicher Grundlage zu gewähren sein. Die weit überwiegende Ansicht sieht in dem Abfindungsanspruch einen vertraglichen Anspruch in Form eines Vertrages zugunsten Dritter gemäß § 328 BGB, da der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag einen solchen Anspruch gemäß § 305 Abs. 1 AktG enthalten müsse.618 Da das reguläre Delisting jedoch nicht auf einer vertraglichen Basis beruht, fehlt es bereits an dem vergleichbaren Moment eines Vertrages, aus dem sich eine Abfindungspflicht ergeben könnte. Somit kann die Abfindungspflicht beim regulären Delisting nicht auf eine Analogie zu § 305 Abs. 1 AktG gestützt werden.619 615 BGH, Urt. v. 04. 03. 1998 – II ZB 5 / 97, BGHZ 138, 136, 139 (ASEA / BBC II); BGH, Urt. v. 20. 05. 1997 – II ZB 9 / 96, BGHZ 135, 374, 379 = JZ 1997, 1181, 1182 (Guano); Hüffer AktG, § 305 Rn. 1 m. w. N. 616 Weitergehend Klöhn, AG 2002, 443, 447: Der Abfindungsanspruch sei nichts anderes als ein Aufopferungsanspruch, da ein an sich gegebener Abwehranspruch aufgrund eines überwiegenden Interesses der Aktionärsmehrheit ausgeschlossen und dafür ein finanzieller Ausgleich zu leisten sei. 617 Vgl. oben 4. Teil: D.I.2.d), S. 175. 618 Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 30; Bilda in MünchKomm AktG, § 305 Rn. 8 m. w. N.; a. A. Luttermann, JZ 1997, 1183, 1184; Klöhn, AG 2002, 443, 448. 619 Mit der Ablehnung eine Analogie zu § 305 AktG scheidet auch eine analoge Anwendung des § 304 AktG, der einen Vermögensausgleich bei Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages vorsieht, aus, da beide Ausgleichsnormen auf der gleichen gesetzgeberischen Grundlage beruhen.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

cc) Analogie zu den Abfindungsansprüchen bei Umwandlungsvorgängen Eine Analogie zu den Abfindungsansprüchen bei Umwandlungen von börsennotierten AGen setzt voraus, daß der jeweilige Vorgang mit dem regulären Delisting vergleichbar ist. Für die Verschmelzung sieht § 29 Abs. 1 UmwG ebenso wie für die Aufspaltung über §§ 125 S. 1, 29 Abs. 1 UmwG ein Abfindungsrecht vor. Bei einem Formwechsel ist den ausscheidungswilligen Gesellschaftern grundsätzlich ein Abfindungsangebot nach § 207 Abs. 1 UmwG zu unterbreiten. Dabei sind neben der Vergleichbarkeit der einzelnen Umwandlungsvorgänge mit dem regulären Delisting auch die konkreten Anwendungsvoraussetzungen der Abfindungsregelungen entscheidend. (1) Analogie zum Abfindungsanspruch bei der Verschmelzung gema¨ß § 29 Abs. 1 UmwG Für die Barabfindung unterschied § 29 Abs. 1 UmwG bisher zwischen der sogenannten Mischverschmelzung in § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG und der rechtsformwahrenden Verschmelzung in § 29 Abs. 1 S. 2 UmwG. Nur bei der Mischverschmelzung, also der Verschmelzung zwischen Rechtsträgern unterschiedlicher Rechtsform, gewährte § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG bisher uneingeschränkt eine Barabfindung. Wird eine börsennotierte AG demnach auf eine GmbH verschmolzen, muß den widersprechenden Aktionären eine Abfindung gezahlt werden. Dies gilt nach der Änderung des § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG ausnahmsweise auch für eine rechtsformwahrende Verschmelzung, wenn eine börsennotierte AG auf eine nicht börsennotierte AG verschmolzen wird.620 Ob diese neu eingeführte Regelung in § 29 Abs. 1 UmwG zur Begründung einer Analogie zum regulären Delisting ausreicht, bedarf der weiteren Untersuchung.621 Für eine Analogie des § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG zum regulären Delisting spricht zunächst, daß die rechtsformwahrende Verschmelzung dem regulären Delisting am 620 Änderung von § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG aufgrund des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19. 04. 2007, BGBl. Teil I 2007, S. 542. Bisher erhielten die Aktionäre bei einer Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine nicht börsennotierte AG nach dem Wortlaut des § 29 Abs. 1 S. 2 UmwG nur eine Abfindung, wenn die Aktien der nichtnotierten AG Verfügungsbeschränkungen unterlagen. 621 Auf den bis zur Änderung des Umwandlungsgesetzes geführten Streit, ob die fehlende Handelbarkeit der Aktien der übernehmenden AG eine Verfügungsbeschränkung i. S. d. § 29 Abs. 1 S. 2 UmwG darstellt und dadurch die Abfindungspflicht ausgelöst wird, kommt es nach der neuen Fassung des § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG nicht mehr an; vgl. zum dem bisherigen Streit § 29 Abs. 1 Satz 2 UmwG analog auf das reguläre Delisting anzuwenden, bejahend Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG § 29 Rn. 6 m. w. N.; Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 3 m. w. N.; dies. in FS Boujong, S. 175, 178; Schaub, NZG 1998, 626, 627; den Begriff der Verfügungsbeschänkung noch weiter fassend H. Schmidt in Lutter Kölner Umwandlungsrechtstage, S. 59, 83 f.; verneinend: DAV-Handelsrechtsausschuß, NZG 1998, 802, 804; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 138; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 240.

D. Stellungnahme

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nächsten kommt. Wirtschaftlich betrachtet erhalten die Aktionäre der übertragenden börsennotierten AG Aktien der nichtnotierten übernehmenden AG. Sie erhalten damit letztlich nichtbörsenzugelassene Aktien, ebenso wie beim regulären Delisting. Bereits die Begründung der Einführung der Abfindungspflicht der widersprechenden Aktionäre der börsennotierten AG gegenüber der Verschmelzung auf eine nichtbörsennotierte AG läßt allerdings Zweifel aufkommen, ob der Gesetzgeber die Erweiterung des § 29 Abs. 1 UmwG auch für das reguläre Delisting gelten lassen wollte. In der Gesetzesbegründung spricht der Gesetzgeber davon, daß der Verlust der Börsennotierung die Veräußerungsmöglichkeit lediglich faktisch nicht aber rechtlich beeinträchtige. 622 Daß das reguläre Delisting nicht nur zu einer faktischen, sondern auch zu einer rechtlichen Beeinträchtigung der Aktionäre führt, ist hier bereits im Rahmen der Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit aufgezeigt worden.623 Insofern mißt der Gesetzgeber seiner Regelung wohl keine derart grundsätzliche Bedeutung zu, die über die Verschmelzung einer börsennotierten auf eine nichtbörsennotierte AG hinausgeht.624 Der Gesetzgeber scheint einen Einzelfall regeln zu wollen, ohne dessen grundsätzliche Bedeutung für das Delisting insgesamt erkannt zu haben. Auch systematische Gründe stehen der Übertragbarkeit der Regelung des § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG im Wege der Analogie auf das reguläre Delisting entgegen. Systematisch handelt es sich beim Delisting durch Verschmelzung um einen besonderen Fall des Delisting, während das reguläre Delisting den Grundfall bildet. Bei Annahme einer Analogie zu § 29 Abs. 1 S. 2 UmwG würde vom besonderen Fall auf den Grundfall geschlossen werden, ohne vorher begründet zu haben, ob überhaupt eine Abfindung im Falle des regulären Delisting zu leisten ist. Des weiteren bleibt zu bedenken, daß die Verschmelzung zu einem Eingriff in die Struktur der Gesellschaft führt und anders als bei einem regulären Delisting das Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers zur Folge hat. Zudem werden Aktionäre bei der Verschmelzung Mitglied eines neuen Rechtsträgers, während sie beim regulären Delisting Mitglied der AG bleiben. Gleichwohl bildet die Neuregelung ein erstes Indiz, daß auch beim regulären Delisting eine Abfindung von der Gesellschaft zu leisten ist. Auch im Hinblick auf die Abfindungsregelung bei der Mischverschmelzung gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG muß eine analoge Anwendung auf den Vorgang des regulären Delisting abgelehnt werden. Wird beispielsweise eine börsennotierte AG auf eine GmbH verschmolzen, kann der widersprechende Aktionär gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG eine Barabfindung beanspruchen. Dieser Verschmelzungsvorgang ist aber mit dem regulären Delisting nicht vergleichbar, da der Aktionär bei der Verschmelzung rechtlich Mitglied einer anderen Gesellschaft wird, während er beim regulären Delisting Mitglied der bisherigen Gesellschaft bleibt. Zudem erlischt durch die Verschmelzung die übertragene Gesellschaft gemäß § 20 Abs. 1 BT-Drucks. 16 / 2919, S. 13. Siehe oben 4. Teil:D.I.5., S. 196 ff. 624 So auch das LG München I, Beschl. v. 30. 08. 2007 – 5HK O 7195 / 06, WM 2007, 2154, 2155. 622 623

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Nr. 2 UmwG.625 Demnach kann der vermögensrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre insgesamt nicht auf eine Analogie zu § 29 Abs. 1 UmwG gestützt werden. (2) Analogie zum Abfindungsanspruch bei der Aufspaltung gema¨ß §§ 125 S. 1, 29 Abs. 1 UmwG Eine Analogie zur Abfindungsregelung bei der Aufspaltung einer börsennotierten AG auf nichtbörsennotierte Rechtsträger gemäß §§ 125 S. 1, 29 Abs. 1 UmwG scheidet aus denselben Gründen aus wie bei der Verschmelzung. Auch hier ist der Aufspaltungsvorgang nicht mit dem regulären Delisting vergleichbar, da die übertragende Gesellschaft erlischt und sich die Aktionäre der übertragenden AG in anderen Gesellschaften wiederfinden, während beim regulären Delisting die bisherige Gesellschaft weiterbesteht.626 (3) Analogie zum Abfindungsanspruch beim Formwechsel gema¨ß § 207 Abs. 1 UmwG Gemäß § 207 Abs. 1 S. 1 UmwG hat der formwechselnde Rechtsträger jedem der Umwandlung widersprechenden Anteilsinhaber den Erwerb seiner Anteile gegen eine angemessene Abfindung anzubieten. Wechselt die börsennotierte AG demnach in eine andere Rechtsform, etwa eine GmbH oder KG, so können die widersprechenden Aktionäre grundsätzlich eine Abfindung verlangen. Soll die Zielrechtsform allerdings eine Kommanditgesellschaft auf Aktien sein, ist das Recht auf Abfindung gemäß § 250 UmwG ausgeschlossen. Stellt man diese beiden Umwandlungsvorgänge dem regulären Delisting gegenüber, so bleibt festzuhalten, daß der Wechsel einer AG in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien dem regulären Delisting näher kommt als ein Formwechsel in eine GmbH oder KG. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Rechtsstellung der Aktionäre, auch wenn die Aktionäre in einer Kommanditgesellschaft auf Aktien ein geringeres Einflußpotential haben als die Aktionäre einer AG.627 Würde demnach der Regelungsgehalt des § 250 UmwG auf das reguläre Delisting übertragen, könnten die Aktionäre keine Abfindung gemäß § 207 Abs. 1 UmwG analog verlangen.628 Eine Übertragung des Regelungsgehalts des § 250 UmwG setzt jedoch voraus, daß der Gesetzgeber auch für den Fall des Delisting der börsennotierten Gesellschaft eine Abfindung ausschließen wollte. Hinter § 250 UmwG steht die Wertung des Gesetzgebers, daß es den Aktionären zugemutet werden kann, ohne Abfindung in einer Gesellschaft zu verbleiben, die zwar ihre Organisationsstruktur hin zu einer Kommanditgesell625 Vgl. die Begründung oben zur Hauptversammlungszuständigkeit 4. Teil: D.I.2.c)bb), S. 175. 626 Siehe oben 4. Teil: D.I.2.c)cc), S. 175. 627 Happ in Lutter UmwG, § 250 Rn. 3; Semler / Perlitt in MünchKomm AktG, § 278 Rn. 117. 628 So aber Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 240; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 137.

D. Stellungnahme

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schaft ändert629, jedoch die Rechtsstellung der Aktionäre im wesentlichen unverändert bestehen bleiben läßt.630 Entscheidend ist demnach für die Gewährung einer Abfindung, ob die Rechtsstellung der Aktionäre betroffen ist. Die Rechtsstellung der Aktionäre umfaßt auf umwandlungsrechtlicher und damit gesellschaftsrechtlicher Ebene die Mitverwaltungs- und Vermögensrechte. Nur für diesen Bereich trifft § 250 UmwG die Wertung, daß bei einer geringen Eingriffsintensität keine Abfindung zu gewähren ist. Die Folgen des Delisting und der Wegfall der Handelbarkeit werden von § 250 UmwG nicht erfaßt. Demnach kann § 250 UmwG als Ausschlußnorm auch für das reguläre Delisting keine Wirkung entfalten. Einer analogen Anwendung des § 207 Abs. 1 UmwG steht zumindest § 250 UmwG nicht entgegen. Insofern stellt sich die Frage nach der Vergleichbarkeit des Formwechsels mit dem regulären Delisting. Gesetzgeberischer Grund für die Gewährung einer Abfindung nach § 207 Abs. 1 S. 1 UmwG ist beim Formwechsel die grundlegende Veränderung der Rechtsstellung der Anteilsinhaber untereinander sowie gegenüber der Gesellschaft und dem Führungsorgan. Dies gilt sowohl für einen Formwechsel in eine GmbH als auch in eine KG.631 Dieser Eingriff in die mitgliedschaftliche Stellung liegt beim regulären Delisting nicht vor, da die aktienrechtliche Rechtsstellung unangetastet bleibt. Allein die Gegenüberstellung der fehlenden Handelbarkeit bei einer GmbH und einer nichtnotierten AG reicht nicht aus und würde die Rechtsstellung der Aktionäre verkürzen, da alle weiteren mitgliedschaftlichen Rechte außer Betracht blieben. Damit ist der Vorgang des Formwechsels nicht mit dem regulären Delisting vergleichbar, so daß sich aus § 207 Abs. 1 S. 1 UmwG analog kein Abfindungsrecht ergibt. dd) Zwischenergebnis Ein Abfindungsrecht der durch das reguläre Delisting betroffenen Aktionäre läßt sich nicht im Wege einer Analogie zu den Vorschriften über Unternehmensverträge oder Umwandlungsvorgänge begründen, da die aktien- und umwandlungsrechtlichen Maßnahmen nicht mit dem regulären Delisting und seiner Struktur vergleichbar sind. b) Außerordentliches Austrittsrecht als Rechtsgrundlage eines vermögensrechtlichen Aktionärsschutzes Eine Abfindungspflicht der Minderheitsaktionäre könnte sich für das reguläre Delisting auch aus einem ordentlichen oder außerordentlichen Austrittsrecht der 629 Nach § 278 Abs. 2 AktG bestimmen sich die Rechtsverhältnisse der persönlich haftenden Gesellschafter untereinander und gegenüber der Gesamtheit der Kommanditaktionäre sowie gegenüber Dritten nach §§ 161 ff. HGB. 630 BT-Drucks. 12 / 6699, S. 354; Happ in Lutter UmwG, § 250 Rn. 3 m. w. N.; Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 34. 631 Siehe dazu ausführlich 4. Teil: D.I.2.c)aa), S. 171 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Aktionäre aus der AG ergeben.632 Ein ordentliches Rücktrittsrecht wird von der überwiegenden Ansicht zu Recht abgelehnt, da die Aktionäre in der AG grundsätzlich die Möglichkeit eines Austrittes aus der Gesellschaft über einen Verkauf ihrer Anteile erreichen können.633 Insofern konzentriert sich die Untersuchung auf die Frage, ob das reguläre Delisting den Aktionären ein außerordentliches Austrittsrecht aus wichtigem Grund zugesteht. Als wichtiger Grund könnte insofern der Wegfall der Veräußerbarkeit der Aktien über die Börse angesehen werden. Dies setzt voraus, daß ein solches außerordentliches Austrittsrecht anzuerkennen ist und sich daraus geeignete materielle Kriterien herausarbeiten lassen, die eine Übertragung auf das reguläre Delisting ermöglichen.

aa) Außerordentliches Austrittsrecht der Aktionäre Die Zulässigkeit eines außerordentlichen Austrittsrechts der Aktionäre wird im Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Jüngere Stimmen im Schrifttum bejahen in Parallele zum GmbH-Recht entgegen der ursprünglich ablehnenden Haltung der überwiegenden Meinung das außerordentliche Austrittsrecht.634 Rechtsgrund des außerordentlichen Austrittsrechts soll die mitgliedschaftliche Treuepflicht sein635, wobei dem Austrittsrecht der Grundgedanke des Mitgliedschaftsrechts als Dauerrechtsverhältnis zugrunde liegt636. Jedes Dauerrechtsverhältnis müsse beim Eintritt bestimmter Gründe beendet werden können, so auch die Mitgliedschaft, wenn es dem Gesellschafter durch einen wichtigen Grund nicht mehr zumutbar sei, in der Gesellschaft zu verbleiben.637 Auch dem Aktionär werde dadurch die Möglichkeit 632 Zur Zahlung der Abfindung als Rechtsfolge des Austrittsrechts Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 105 ff.; Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 531 f.; zu Fragen der Abwicklung eines Austrittsrechts Grunewald in FS Claussen, S. 103, 113 f.; Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 94 ff. 633 Ausführlich dazu Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 38 ff. m. w. N.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 401; Veil, Umwandlung einer AG in eine GmbH, S. 149 ff. für den Fall der Umwandlung einer AG in eine GmbH; a. A. geht von einem allgemeinen Austrittsrecht aus: Grunewald in FS Claussen, S. 103, 111; dies., ZIP 2004, 542, 544; Funke, Minderheitenschutz beim kalten Delisting, S. 146 ff. 634 Ausführlich zum Meinungsstand Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 80 ff.; Grunewald in FS Claussen, S. 103, 111 ff.; zur GmbH H.-F. Müller, Das Austrittsrecht des GmbH-Gesellschafters, S. 36 f.; Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 530 f.; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 4.82 f. m. w. N. 635 So ausdrücklich H.-F. Müller, Das Austrittsrecht des GmbH-Gesellschafters, S. 36; dies ablehnend Funke, Minderheitenschutz beim kalten Delisting, S. 158 ff. 636 Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 82 f.; Wiedemann, Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten in Handelsgesellschaften, S. 90; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 4.83. 637 So schon für das Vereinsrecht RG, Urt. v. 23. 10. 1930 – IV 721 / 29, RGZ 130, 375, 378; für die GmbH BGH, Urt. v. 01. 04. 1953 – II ZR 235 / 51, BGHZ 8, 157, 162; Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 530 f. m. w. N.; nunmehr ist dieser Grundsatz in § 314 Abs. 1 BGB verankert; vgl. dazu auch Funke, Minderheitenschutz beim kalten Delisting, S. 160 ff.

D. Stellungnahme

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zur Lösung von der Gesellschaft gegeben. Dabei zeigt sich bei der AG ein grundsätzlicher Regelungskonflikt zwischen dem für die GmbH und dem für den eingetragenen Verein anerkannten außerordentlichen Austrittsrecht und dem Konzept der AG, da der Aktionär durch die Veräußerung seiner Anteile an einen Dritten den Austritt selbst vollziehen kann, ohne daß er auf ein gesondertes Austrittsrecht angewiesen wäre.638 Die freie Veräußerbarkeit der Aktien steht als Lösungsrecht einem außerordentlichen Austrittsrecht jedenfalls dann entgegen, wenn die Aktien tatsächlich veräußert werden können, also insbesondere ein funktionierender Markt für Aktien besteht. Von diesem abstrakten Leitbild geht das Aktienrecht aus639, ohne zunächst die konkreten Umstände der Veräußerbarkeit einzubeziehen. Beschränkt man die Betrachtung auf diese abstrakte Erkenntnis, erscheint es konsequent, ein außerordentliches Austrittsrecht abzulehnen. Rechtstatsächlich besteht grundsätzlich nur bei börsenzugelassenen Aktien mit einer entsprechenden Aktienstreuung ein funktionierender Markt, auf dem die Aktien veräußert werden können. Fehlt die Börsenzulassung oder liegen Marktverzerrungen vor, die eine Veräußerung der Aktien erschweren oder wegen mangelnder Nachfrage unmöglich machen, verliert die abstrakt zwar bestehende Veräußerbarkeit ihre Bedeutung als Lösungsrecht. Aber auch in einem solchen Fall muß dem Aktionär unter bestimmten Umständen die Lösung von seiner Beteiligung möglich sein. Dabei ist allerdings die konkrete Situation beim Erwerb der Mitgliedschaft zu berücksichtigen. Hat der Aktionär nicht börsenzugelassene Aktien erworben, wird man ihm von vornherein kein außerordentliches Austrittsrecht zubilligen können, wenn er die Aktien aufgrund eines nicht bestehenden Marktes nicht veräußern kann. Das Risiko der Unveräußerbarkeit oder erschwerten Veräußerbarkeit war dem Aktionär beim Erwerb bekannt. Verändern sich allerdings die Veräußerungsmöglichkeiten zu Lasten des Aktionärs, ist das außerordentliche Austrittsrecht nicht von vornherein ausgeschlossen, da die gesetzlich vorhandenen Lösungsmöglichkeiten nicht greifen und nur unter der Prämisse eines funktionierenden Marktes ihre Wirkung entfalten. Eine Pflicht zur Börsenzulassung von Aktien besteht nicht, so daß auch AGen ohne einen Markt für ihre Anteile existieren.640 Gerade das reguläre Delisting schränkt diese Lösungsmöglichkeit zu Lasten der Aktionäre ein. Daher schließt die grundsätzlich bestehende Veräußerbarkeit der Aktien ein daneben bestehendes Austrittsrecht nicht aus. Gegen das außerordentliche Austrittsrecht könnte der Grundsatz der Kapitalerhaltung gemäß §§ 57 Abs. 1, 62, 71 ff. AktG sprechen. Die ablehnende Ansicht stützt sich auf einen Vergleich der weniger strengen Kapitalerhaltungsvorschriften der GmbH mit den Regelungen des AktG641, die ein totales Ausschüttungsverbot 638 Lutter in KölnKomm AktG, § 68 Rn. 23 m. w. N.; Wilhelmi / Godin, Aktiengesetz, § 61 Anm. 9. 639 So Würdinger, Aktienrecht, S. 5. 640 Siehe dazu die rechtstatsächlichen Angaben bei Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 84. 641 Dies anführend Würdinger, Aktienrecht, S. 47; Ph. Baums, Ausschluss von Minderheitsaktionären, S. 6.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

enthalten642. Dem wird zu Recht entgegengehalten, daß die Kapitalbindung in der AG durch die gesetzliche Zulassung von Unternehmensumwandlungen in Verbindung mit entsprechenden Abfindungsrechten gegenüber der Gesellschaft bereits gelockert sei.643 Nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG darf die Gesellschaft bei Abfindungsrechten nach dem Umwandlungsrecht über die sonstigen Grenzen des § 71 AktG hinaus eigene Aktien erwerben. Wird das Austrittsrecht zudem durch die Veräußerung der Anteile an einen Dritten vollzogen, besteht schon kein Konflikt zu den Kapitalerhaltungsregelungen. Somit schließt auch der Grundsatz der Kapitalerhaltung das außerordentliche Austrittsrecht nicht aus. Ob der BGH mit dem Macrotron-Urteil das außerordentliche Austrittsrecht anerkannt hat, entzieht sich aufgrund der fehlenden Benennung einer Rechtsgrundlage für die Angebotspflicht einer Beurteilung.644 Dennoch ergeben sich Anhaltspunkte, die gegen eine Anerkennung des außerordentlichen Austrittsrechts als Rechtsgrundlage der Abfindungspflicht beim regulären Delisting sprechen. Der BGH beruft sich in seiner Begründung nicht auf den dem Austrittsrecht zugrunde liegenden Gedanken des Dauerrechtsverhältnisses. Vielmehr scheinen ihm verfassungsrechtliche Aspekte entscheidend gewesen zu sein. Zudem benennt er das Delisting nicht ausdrücklich als wichtigen Grund zur Beendigung der Mitgliedschaft, der einen Verbleib in der AG unzumutbar machen würde. bb) Materielle Voraussetzungen des außerordentlichen Austrittsrechts und reguläres Delisting Selbst wenn das außerordentliche Austrittsrecht als Lösungsrecht aus der Einordnung des Mitgliedschaftsrechts als Dauerrechtsverhältnis anzuerkennen ist, müssen die materiellen Voraussetzungen eines solchen Lösungsrechtes bestimmt und im Hinblick auf ihre Tauglichkeit für den konkreten Fall des regulären Delisting untersucht werden. In der bisherigen Diskussion haben sich mehrere Merkmale des außerordentlichen Austrittsrechts herausgebildet. Danach sei der Aktionär zum Austritt berechtigt, wenn ein wichtiger Grund vorliege, der dem Aktionär den weiteren Verbleib in der Gesellschaft unzumutbar mache und ihm kein anderes die Interessen der Gesellschaft und der Mitaktionäre weniger beeinträchtigendes Lösungsrecht zur Verfügung stehe.645 Da kein anderes oder dem gesellschaftsrechtlichen Abfindungsrecht ebenbürtiges Lösungsrecht besteht, müßte das reguläre Delisting einen wichtigen Grund bilden und den austrittswilligen Aktionären der Verbleib in der Gesellschaft unzumutbar sein. 642 Zum Unterschied der Ausschüttungsverbote im GmbHG und AktG K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 890. 643 Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 87. 644 Dies aber annehmend Grunewald, ZIP 2004, 542, 544. 645 Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 88 m. w. N.; Grunewald in FS Claussen, S. 103, 111 ff.; für die GmbH H.-F. Müller, Das Austrittsrecht des GmbH-Gesellschafters, S. 52 ff.

D. Stellungnahme

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(1) Regula¨res Delisting als wichtiger Grund zum Austritt Als wichtiger Grund für das außerordentliche Austrittsrecht wird die tiefgreifende Umgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses durch die Gesellschaftermehrheit genannt.646 Das außerordentliche Austrittsrecht würde in den einzelnen Abfindungsrechten seinen typisierten Ausdruck erhalten, so daß die Mitgliedschaftsrechte bei der Bestimmung des wichtigen Grundes einer ähnlichen Veränderung wie bei den gesetzlich vorgesehenen Abfindungsansprüchen unterliegen müßten.647 Gegen die Einordnung des regulären Delisting als wichtigen Grund spricht bereits, daß durch die Entscheidung der Aktionärsmehrheit die Gesellschaftsverhältnisse auf gesellschaftsrechtlicher Ebene nicht berührt werden. Dies um so mehr, als für den wichtigen Grund auf die gesetzlich normierten Abfindungsrechte vergleichend Bezug genommen wird, die einen Eingriff in die gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte voraussetzen. Des weiteren würde die Generalisierung des Austrittsgedankens, die sich an den bereits gesetzlich vorhandenen Abfindungsrechten orientiert, eine Gesamtanalogie zu diesen Rechtsinstituten bedeuten. Eine verallgemeinerungsfähige Gemeinsamkeit zwischen diesen gesetzlichen Abfindungsrechten etwa in § 305 AktG und § 207 UmwG besteht allerdings nicht.648 Insofern lassen sich aus der Parallele zu anderen Abfindungstatbeständen keine weiteren Aspekte zur Bestimmung eines wichtigen Grundes gewinnen. Für die Bestimmung des wichtigen Grundes bedeutet dies, daß nur solche Umstände in Betracht kommen, die einen Rechtsmißbrauch eines anderen Aktionärs oder der Gesellschaft nahe legen, nicht aber solche Umstände, die die Gesellschaftsverhältnisse in zulässiger Weise umgestalten oder neu ordnen. Da das Delisting durch § 39 Abs. 2 BörsG zugelassen ist, kann aus diesem Vorgang kein einem Rechtsmißbrauch nahekommender Vorgang gesehen werden. (2) Unzumutbarkeit des Verbleibs in der Gesellschaft Wird im weiteren die Unzumutbarkeit des Verbleibs in der Gesellschaft für den Aktionär als Kriterium genannt, muß im Wege der Abwägung zwischen den Interessen der ausscheidungswilligen Aktionäre und den Interessen der Gesellschaft überprüft werden, ob dem einzelnen Aktionär der Verbleib in der Gesellschaft zugemutet werden kann.649 Die Interessenabwägung muß die Frage behandeln, ob dem einzelnen Aktionär der Verbleib in der Gesellschaft auch dann zuzumuten ist, wenn er die Aktien nicht mehr über die Börse veräußern kann. Der Verbleib wäre dem Aktionär beispielsweise zumutbar, wenn er die Aktien bereits in einem engen Markt erworben hat und nicht darauf vertrauen durfte, die Aktien wieder über die 646 Vgl. Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 90 m. w. N.; Grunewald in FS Claussen, S. 103, 110. 647 Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 90. 648 Der Ablehnung der Gesamtanalogie liegen die gleichen Erwägungen zugrunde, wie bei der Bestimmung der Hauptversammlungszuständigkeit, vgl. 4. Teil: D.I.2.g)bb), S. 181 ff. 649 Schindler, Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, S. 88.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Börse veräußern zu können. Unzumutbar könnte der Verbleib allerdings sein, wenn der Streubesitz ursprünglich ausreichend für einen funktionierenden Markt war und später etwa durch die Konzentration des Aktienbesitzes bei einem Großaktionär ein Verkauf über die Börse faktisch unmöglich ist. Anknüpfungspunkt für eine solche Interessenabwägung wäre demnach die Erwerbssituation des einzelnen Aktionärs. An die Stelle einer generalisierenden Betrachtung des Delisting-Vorganges träte eine Einzelfallprüfung. Eine solche Einzelfallprüfung ist aber bei einer AG praktisch undurchführbar, auch wenn prozentual nur ein sehr kleiner Teil der Aktien im Streubesitz verbleibt, so sind jedoch absolut betrachtet regelmäßig noch mehrere tausend Aktionäre vorhanden. Zudem würden nicht lösbare Abgrenzungsprobleme im Hinblick auf den Erwerbszeitpunkt und die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Informationen über die zukünftige Entwicklung der Veräußerungsmöglichkeiten entstehen, die das Vertrauen des einzelnen Aktionärs in das Bestehen der börsenmäßigen Veräußerungsmöglichkeit beeinflußt haben könnten. Insofern ist das Kriterium der Zumutbarkeit zur Feststellung eines Austrittsrechts im Hinblick auf das Delisting untauglich.

cc) Mangelnder Schutz der Aktionäre durch außerordentliches Austrittsrecht Zusätzlich ergeben sich Zweifel daran, ob die Schutzfunktion des außerordentlichen Austrittsrechts beim Delisting ausreichend wäre. Bei der Betrachtung der Rechtsfolgenseite des außerordentlichen Austrittsrechts wird deutlich, daß jeder einzelne Aktionär gegenüber der AG seinen Austritt erklären müßte.650 Mit dem Zugang der Erklärung würde der Aktionär einen Abfindungsanspruch erwerben, dessen Höhe sich am wahren Ertragswert orientieren kann. Dies würde bedeuten, daß die AG eigene Aktien erwerben muß. Die AG darf eigener Aktien jedoch nur in den Fällen des § 71 Abs. 1 AktG erwerben. So wird beispielsweise vorgeschlagen, daß bei einer für den Fortbestand der AG notwendigen Umstrukturierung ein Erwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG zulässig sei, um etwa einen schweren, unmittelbar bevorstehenden Schaden abzuwenden.651 Ob durch ein Delisting ein unmittelbar bevorstehender Schaden abgewendet werden soll, ist aufgrund der Motivlage auf Seiten der AG mit Ausahme in Falle einer Sanierung der börsennotierten AG652, kaum denkbar. Durch das Bestehenbleiben der Börsenzulassung droht der AG kein schwerer unmittelbar bevorstehender Schaden, so daß die AG eigene Aktien zur Erfüllung des Abfindungsanspruches nur aufgrund eines ermächtigenden Beschlusses der Hautpversammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) erwerben könnte. Weigert sich die AG, den Abfindungsanspruch zu erfüllen, müßte der einzelne Aktionär seinen Anspruch gerichtlich in einem Zivilprozeß gegenüber der AG geltend 650 651 652

Vgl. Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 531 f. Grunewald in FS Claussen, S. 103, 113. Siehe zum Motiv der Sanierung oben 2. Teil: D.I.6., S. 79.

D. Stellungnahme

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machen. Dem einzelnen Aktionär obläge in einem solchen Prozeß beispielsweise die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Abfindungshöhe, da der Hauptversammlungsbeschluß die Abfindungshöhe nicht festlegen muß. Die Erfüllung dieser Darlegungs- und Beweislast wäre dem einzelnen Aktionär aber regelmäßig rechtstatsächlich unmöglich, weil er als Anspruchsteller zur Feststellung der Abfindungshöhe zunächst ein Gutachten erstellen lassen müßte, um zunächst überhaupt den Klagebetrag beziffern zu können. Für die Erstellung des Gutachtens müßte er in Vorleistung gehen, was ihn regelmäßig wirtschaftlich überfordern würde. Der Schutz der austrittswilligen Aktionäre würde insofern praktisch leerlaufen. dd) Zwischenergebnis Das außerordentliche Austrittsrecht scheidet als Rechtsgrundlage eines vermögensrechtlichen Schutzes aus, da sich der Delisting-Vorgang weder als wichtiger Grund einordnen noch die Unzumutbarkeit des Verbleibs mit abschließender Sicherheit beurteilen läßt. Eine Abfindungspflicht der Minderheitsaktionäre kann damit auf einfachgesetzlicher Ebene nicht begründet werden. c) Begründung des Vermögensschutzes auf verfassungsrechtlicher Grundlage Anknüpfend an den Schutz der erhöhten Verkehrsfähigkeit börsenzugelassener Aktien durch das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG653 und die grundrechtliche Wirkung des Art. 14 GG zwischen privaten Rechtssubjekten als Schutzpflicht654, ist zu untersuchen, ob aus diesem eigentumsgrundrechtlichen Schutz eine vermögensrechtliche Ausgleichspflicht zugunsten der Minderheitsaktionäre begründet werden kann. Ein Anspruch auf einen vermögensrechtlichen Ausgleich könnte sich aus einem durch den Gesetzgeber nicht erfüllten grundgesetzlichen Schutzgebot ergeben. Hat der Gesetzgeber seine grundgesetzlich gebotene Schutzpflicht nicht beachtet und keine entsprechende Regelung zum Ausgleich der unterschiedlichen privaten Interessen auf einfacher Gesetzesebene vorgenommen, kann ein privates Rechtssubjekt auf Kosten eines anderen den ihm zugefallenen Rechtsvorteil unberechtigterweise realisieren.655 Aus der Verfassung kann aber ein bestimmtes Verhaltensgebot des anderen privaten Rechtssubjektes folgen, um einVgl. oben 4. Teil: D.I.5.a), S. 196 ff. Vgl. oben 4. Teil: D.I.5.b), S. 202 ff.; an dieser Stelle ist nur die Frage geprüft worden, ob die Wertungen des Art. 14 Abs. 1 GG überhaupt zwischen Privaten wirken. Erst in einem weiteren Schritt ist der Frage nachzugehen, ob daraus auch konkrete Verpflichtungen einzelner privater Rechtssubjekte, etwa der Gesellschaft oder des Großaktionärs folgen; dazu sogleich unten 4. Teil: D.V.2., S. 273 ff.; a. A. Klöhn, ZBB 2003, 208, 216, der in der Zubilligung eines Abfindungsanspruches aus Art. 14 GG eine unzulässige Drittwirkung der Grundrechte erblickt. 655 Oldiges in FS Friauf, S. 281, 301. 653 654

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tretende Nachteile ausgleichen zu können.656 Dies setzt allerdings voraus, daß aus dem betroffenen Grundrecht ein hinreichend bestimmtes Verhaltensgebot entnommen werden kann.657 aa) Schutzpflicht zur Regelung des vermögensrechtlichen Schutzes der Minderheitsaktionäre aus Art. 14 Abs. 1 GG Für den Vorgang des Delisting müßte sich insofern aus dem Eigentumsgrundrecht ein vermögensrechtliches Schutzgebot zugunsten der Minderheitsaktionäre herausarbeiten lassen. Vermögensrechtlicher Schutz wird durch Art. 14 GG zum einen in Form der Enteignungsentschädigung gemäß Art. 14 Abs. 3 GG und zum anderen durch eine ausnahmsweise bestehende Ausgleichspflicht bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen gewährleistet. Für die Frage des vermögensrechtlichen Schutzes beim Delisting muß daher zwischen der Enteignung und der Inhalts- und Schrankenbestimmung unterschieden werden, da die Enteignung gemäß Art. 14 Abs. 3 GG ausnahmslos eine Entschädigung nach sich zieht, während bei Inhaltsund Schrankenbestimmungen nur ausnahmsweise eine Ausgleichspflicht besteht. (1) Delisting als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums Die Abgrenzung zwischen der Enteignung und der Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG erfolgt aufgrund formaler Kriterien. Eine Enteignung kennzeichnet sich durch den vollständigen oder teilweisen Entzug einer konkreten Eigentumsposition aufgrund eines final auf die Enteignung gerichteten Gesetzes durch behördlichen Akt, sog. Administrativenteignung, die zum Wohle der Allgemeinheit erfolgen muß.658 Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung liegt hingegen vor, wenn der Gesetzgeber generell abstrakt die Rechte und Pflichten in Ansehung des Eigentums festlegt.659 Wäre das Delisting als Enteignung anzusehen, müßte durch die Entscheidung der Geschäftsführung der Börsen den Aktionären zumindest teilweise eine konkrete Eigentumsposition entzogen werden. Zwar wird den Aktionären durch das Delisting die grundrechtlich geschützte Position der erhöhten Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktien genommen, jedoch ist § 39 Abs. 2 BörsG nicht final auf den Entzug gerade dieser Rechtsposition gerichtet.660 Vielmehr soll das öffentlich-rechtliche BenutzungsverCanaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 38 m. w. N.; Jung, JZ 2001, 1004, 1014. Jung, JZ 2001, 1004, 1008. 658 Vgl. zuletzt BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1999 – 1 BvL 7 / 91, BVerfGE 100, 226, 240 = NJW 1999, 2877, 2877; Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 54; Rinne in MünchKomm BGB, Vor § 903 Rn. 12. 659 Vgl. nur Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 54 m. w. N.; Papier, DVBl. 2000, 1398, 1399. 660 Ebenso im Ergebnis LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, DB 2004, 242, 244. 656 657

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hältnis des Emittenten zur Börse beendet werden. Adressat des Widerrufs ist der Emittent, nicht aber der einzelne Aktionär, auch wenn für ihn die Folgen aufgrund der wegfallenden Handelbarkeit gravierend sind.661 Die Delisting-Regelung in § 39 Abs. 2 BörsG ist daher als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums der Aktionäre einzuordnen, da sie abstrakt generell die Eigentumsrechte der Aktionäre gestaltet.662 Ferner kommt es für die Frage eines gesellschaftsrechtlichen Vermögensschutzes auf die Beantragung des Delisting durch die Gesellschaft und nicht auf den verwaltungsrechtlichen Vorgang des Delisting an. Die Entscheidung zur Beantragung des Delisting ist ein privatrechtlicher Vorgang der Gesellschaft, der von der öffentlich-rechtlichen Widerrufsentscheidung der Geschäftsführung der Börse zu unterscheiden ist.663 Somit sind die Schutzpflichten des Gesetzgebers danach zu untersuchen, ob das Delisting als Inhalts- und Schrankenbestimmung ausgleichspflichtig ist. (2) Delisting und Ausgleichspflicht bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen Das Delisting und seine gesellschaftsrechtliche Durchführung als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsgrundrechts könnte vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 GG und der durch das Delisting eintretenden Folgen für die Minderheitsaktionäre ausgleichspflichtig sein. Dazu ist zunächst ein Prüfungsmaßstab für die Ausgleichspflicht festzulegen und anschließend auf das Delisting und seine gesellschaftsrechtliche Vorbereitung zu übertragen. (a) Bestandsschutz und Ausgleichspflicht bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen Die Bestimmung der Voraussetzungen für die Ausgleichspflicht bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen kann Art. 14 Abs. 1 GG nicht unmittelbar entnommen werden, so daß letztlich nur der Verhältnismäßigkeitsmaßstab zur Begründung der Ausgleichspflicht herangezogen werden kann. Bei dieser Abwägung innerhalb der Verhältnismäßigkeit ist der grundsätzlich durch Art. 14 Abs. 1 GG zu gewährende Bestandsschutz zu berücksichtigen. Denn bei Inhalts- und Schrankenbestimmun661 Der Einordnung des Zulassungswiderrufs als Enteignung würden des weiteren auf der Rechtfertigungsebene Bedenken entgegenstehen, da der Widerruf nicht nur dem Wohl der Allgemeinheit i. S. d. Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG dient. Zwar können auch private Rechtssubjekte dem Wohl der Allgemeinheit dienen, vgl. BVerfG, Urt. v. 24. 03. 1987 – 1 BvR 1046 / 85, BVerfGE 74, 264 = NJW 1987, 1251; BGH, Urt. v. 07. 07. 1988 – III ZR 134 / 87, BGHZ 105, 94 = NJW 1989, 216. Mit dem Zulassungswiderruf verfolgt die Gesellschaft und der Großaktionär jedoch keine Allgemeinwohlinteressen, sondern vielmehr private Interessen, beispielsweise um die Kosten der Notierung einzusparen. 662 Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 474. 663 So auch LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, DB 2004, 242, 244; Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 473.

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gen soll nur ausnahmsweise für den Verlust einer bestimmten eigentumsrechtlichen Position ein vermögensrechtlicher Ausgleich geleistet werden. Daher ist fraglich, ob das Delisting und seine Vorbereitung grundsätzlich ohne Ausgleichspflicht mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar sein muß oder ob die Ausgleichspflicht schon Teil der Abwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist. Die Rechtsprechung des BVerfG, die hier im Mittelpunkt der Untersuchung steht, scheint sich zu widersprechen.664 So geht das Gericht in seiner Entscheidung zu denkmalschützenden Vorschriften davon aus, daß es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt sei, eigentumsbeschränkende Maßnahmen auch in Härtefällen durchzusetzen, wenn er durch kompensatorische Maßnahmen unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen des Eigentümers vermeidet.665 Grundsätzlich könne der Gesetzgeber Inhalt und Schranken des Eigentums frei nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG bestimmen, ohne eine Ausgleichspflicht vorsehen zu müssen.666 Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit ergäben sich für den inhaltsbestimmenden Gesetzgeber aus dem Gleichheitssatz, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und aus dem Prinzip des Vertrauensschutzes.667 Solche inhalts- und schrankenbestimmenden Vorschriften müßten grundsätzlich auch ohne Ausgleichsregelungen die Substanz des Eigentums bewahren und dem Gleichbehandlungsgebot entsprechen. Führe aber ausnahmsweise die Anwendung des Gesetzes zu einer unzumutbaren Belastung des Eigentümers, könnten Ausgleichsregelungen die Verhältnismäßigkeit wahren und der Kompensation gleichheitswidriger Sonderopfer dienen.668 Insofern dürften die nachteiligen Folgen der jeweiligen Regelung nur ausnahmsweise auftreten.669 Voraussetzung wäre daher für die Ausgleichspflichtigkeit, daß das Delisting grundsätzlich auch ohne Kompensation verhältnismäßig ist und dem Gleichheitsgebot entspricht. Erst in einem weiteren Schritt wäre zu untersuchen, ob das Delisting als verfassungsgemäße Inhalts- und Schrankenbestimmung aufgrund einer ausnahmsweise auftretenden unzumutbaren Belastung für bestimmte Aktionäre ausgleichspflichtig wäre. Da die nachteiligen Folgen des Delisting bei den Minderheitsaktionären regelmäßig auftreten, ist bereits zweifelhaft, ob das Delisting und seine Vorbereitung danach überhaupt verhältnismäßig sind, da die Minderheitsaktionäre aufgrund der wegfallen664 Darauf hinweisend Sellmann, NVwZ 2003, 1417, 1421 f.; diese Problematik übersieht Klöhn, ZBB 2003, 208, 217. 665 BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1999 – 1 BvL 7 / 91, BVerfGE 100, 226, 244 = NJW 1999, 2877, 2879. 666 BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1999 – 1 BvL 7 / 91, BVerfGE 100, 226, 244 = NJW 1999, 2877, 2879; BVerfG, Beschl. v. 14. 07. 1981 – 1 BvL 24 / 78, BVerfGE 58, 137, 148 = NJW 1981, 633, 634 (Pflichtexemplar). 667 Vgl. nur Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 62 ff. 668 BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1999 – 1 BvL 7 / 91, BVerfGE 100, 226, 244 = NJW 1999, 2877, 2879. 669 Auf dieses Grundsatz-Ausnahme-Verhältnis hinweisend Sellmann, NVwZ 2003, 1417, 1421.

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den Handelbarkeit einseitig mit den Folgen des Delisting belastet würden. Ausgleichsmaßnahmen dürften die Verhältnismäßigkeit auf dieser ersten Ebene nicht herstellen, da vorrangig der Bestand der Börsennotierung zu sichern wäre, ehe eine Ausgleichspflicht die ausnahmsweise auftretenden Folgen auffangen und so die Verhältnismäßigkeit herstellen könnte. Im Widerspruch zu dieser abgestuften Prüfung der Ausgleichspflichtigkeit stehen die Entscheidungen des BVerfG zu gesellschaftsrechtlichen Sachverhalten, die den zwangsweisen Ausschluß von Aktionären betreffen.670 Die Entziehung des Aktieneigentums sei nur dann verfassungsrechtlich mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar, wenn damit ein anerkannter Zweck verfolgt werde, dem Aktionär wirksame Rechtsbehelfe gegen den Mißbrauch wirtschaftlicher Macht zur Verfügung stünden und der Verlust der konkreten Eigentumsposition durch eine Entschädigung kompensiert werde.671 Danach dient die Ausgleichspflicht nicht der Abfederung einer ausnahmsweise auftretenden unzumutbaren Belastung eines einzelnen Aktionärs, sondern verhilft der regelmäßig gewollten Folge des Ausschlusses der Kleinaktionäre überhaupt zur Verhältnismäßigkeit im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG. Denn ohne vermögensrechtlichen Ausgleich könnte der Großaktionär eine solche Maßnahme nicht beschließen. Das Delisting und seine gesellschaftsrechtliche Vorbereitung wäre demnach auch dann mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar, wenn erst eine vermögensrechtliche Ausgleichspflicht die Verhältnismäßigkeit dieses Vorganges herstellen würde. Welcher von beiden vorgenannten Maßstäben auf das Delisting anzuwenden ist, entscheidet sich zunächst danach, in welchem Verhältnis die Maßstäbe zueinander stehen und ob sich rechtliche Gründe für eine solche Unterscheidung finden lassen. Vordergründig scheinen sich die Maßstäbe zu widersprechen. Werden jedoch die unterschiedlichen Interessenlagen bei den denkmalschutzrechtlichen und den gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen mit einbezogen, kann sachlich differenziert werden. Durch die denkmalschützenden Vorschriften soll insbesondere die im öffentlichen Interesse liegende Erhaltung eines Denkmals gewährleistet werden, wenn der Staat dem Bürger Beschränkungen des Eigentums auferlegt.672 Das jeweilige Denkmalschutzgesetz darf nicht die Substanz des Eigentums berühren und 670 Vgl. zur Eingliederung BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 302 f. (DAT / Altana); zur übertragenden Auflösung BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 2000, 1948, 1949 (Bosch / Moto Meter III); BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16 / 60, BVerfGE 14, 263, 283 f. (Feldmühle); zutreffend Sellmann, NVwZ 2003, 1417, 1422; vgl. zum Squeeze-Out nunmehr BVerfG, Beschl. v. 19. 09. 2007 – 1 BvR 2984 / 06, AG 2008, 27, 27 f. und BVerfG, Beschl. v. 30. 05. 2007 – 1 BvR 390 / 04, WM 2007, 1329, 1330. 671 So ausdrücklich BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16 / 60, BVerfGE 14, 263, 279 und 283 (Feldmühle); bestätigt für die übertragende Auflösung durch BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 2000, 1948, 1949 (Bosch / Moto Meter III) = WuB II A. § 179a AktG 1.01 (Drygala); siehe nunmehr auch ausdrücklich zum Squeeze-Out BVerfG, Beschl. v. 30. 05. 2007 – 1 BvR 390 / 04, WM 2007, 1329, 1330 ff. 672 Sellmann, NVwZ 2003, 1417, 1422.

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nur in Härtefällen einen Ausgleich für den Verlust an Substanz anbieten.673 Dies ergibt sich auch aus der Systematik des Art. 14 GG, der eine Entschädigung grundsätzlich nur für die Enteignung vorsieht, sich also der Bestandsschutz in einen Vermögensschutz wandelt. Anders hingegen grundsätzlich bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen, die den Bestand des Eigentums sichern sollen. Diese Unterscheidung würde eingeebnet, wenn die Verhältnismäßigkeit einer Inhalts- und Schrankenbestimmung generell aus dem finanziellen Ausgleich folgen würde.674 Zudem würde eine generelle Ausgleichspflicht die Haushaltsinteressen der jeweiligen Körperschaft beeinträchtigen. Im Gegensatz dazu kennzeichnen sich gesellschaftsrechtliche Entscheidungen durch Interessenkonflikte zwischen privaten Rechtssubjekten, beispielsweise zwischen einzelnen Gesellschaftergruppen oder der Gesellschaft und den Gesellschaftern. Die jeweilige gesetzliche Regelung soll die miteinander konkurrierenden Eigentumspositionen gegeneinander abwägen und demjenigen, dessen Interessen in der Sache unterliegen, einen finanziellen Ausgleich gewähren.675 Insofern wandelt sich der Bestandsschutz in einen Vermögensschutz und tritt hinter dem Interesse an der Lösung solcher Interessenkonflikte zurück. Würde dem Bestandsschutz im Verhältnis privater Rechtssubjekte regelmäßig der Vorrang vor dem Vermögensschutz zu geben sein, würden die Rechtssubjekte handlungsunfähig. Ob die Ausgleichspflichtigkeit als Härtefallregelung einer an sich verhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung notwendig ist oder aber bereits selbst die Verhältnismäßigkeit herstellt, hängt von dem betroffenen Rechtsverhältnis und dem zu lösenden Interessenkonflikt ab. Insofern bestehen für die unterschiedlichen Rechtfertigungsmaßstäbe in der Rechtsprechung des BVerfG rechtliche Gründe, so daß nunmehr zu fragen ist, welcher Maßstab auf das Delisting anzuwenden ist. Für das Delisting und seine Vorbereitung auf gesellschaftsrechtlicher Ebene ist es im Hinblick auf Art. 14 GG ausreichend, wenn erst mit der Gewährung eines finanziellen Ausgleichs die Verhältnismäßigkeit und Gleichmäßigkeit hergestellt wird. Das Delisting ist auf kapitalmarktrechtlicher Ebene zwar ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen Börse und Emittent, durch das auch die im öffentlichen Interesse liegende Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes gefördert werden soll.676 Der eigentliche Interessenkonflikt spielt sich jedoch auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene zwischen Groß- und Kleinaktionären sowie der Gesellschaft ab, wenn die Hauptversammlung der Gesellschaft über die Beantragung des Delisting entscheiRoller, NJW 2001, 1003, 1008. Papier, DVBl. 2000, 1398, 1402. 675 Sellmann, NVwZ 2003, 1417, 1422; für das Delisting nunmehr ebenso LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, DB 2004, 242, 244; dies übersieht Klöhn, ZBB 2003, 208, 217, wenn er auf das Delisting allein den Maßstab für öffentlich-rechtliche Eigentumseingriffe anlegt; ebenfalls nur auf den Verwaltungsakt abstellend Krolop, NZG 2005, 546, 547. 676 Die fehlende Rückzugsmöglichkeit wurde vor Einführung des Delisting mit dem 3. Finanzmarktförderungsgesetz als Marktzutrittshindernis angesehen, vgl. die Gesetzesbegründung der Bundesregierung BT-Drucks. 13 / 8933, S. 57 und 74. 673 674

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det, da beide Aktionärsgruppen unterschiedlich stark durch das Delisting betroffen sind.677 Daher handelt es sich um eine Interessenkollision zwischen privaten Rechtssubjekten, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Somit ist das Delisting und seine Vorbereitung dem im Gesellschaftsrecht entwickelten Maßstab des BVerfG zu unterwerfen, der eine Ausgleichspflicht im Rahmen von Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Art. 14 Abs. 1 GG als Mittel zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit für regelmäßig auftretende nachteilige Folgen zuläßt. (b) Voraussetzungen der Ausgleichspflicht In einem weiteren Schritt ist festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums ausgleichspflichtig sind. Dabei bildet die Ausgleichspflicht im gesellschaftsrechtlichen Bereich nur einen Aspekt innerhalb der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Den übergeordneten Gesichtspunkt dieses Aspekts erfaßt die Frage, ob die Inhalts- und Schrankenbestimmung mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar und damit verfassungsgemäß ist. Dies ist der Fall, wenn sie verhältnismäßig ist und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachtet.678 Da der Gesetzgeber bei der Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentums große Gestaltungsfreiheit hat, kann die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nur eingeschränkt überprüft werden.679 Die Verhältnismäßigkeitsprüfung beschränkt sich im wesentlichen auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, die die Abwägung der betroffenen privaten Belange umfaßt.680 Innerhalb der Verhältnismäßigkeit ist zu fragen, ob die Bestimmung einen legitimen Zweck unter Wahrung der grundlegenden Wertungen des Privateigentums verfolgt681 und die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Privatrechtssubjekte ausreichend gegeneinander abwägt.682 Geht es dabei um eine Entscheidung, die Vgl. die Zusammenfassung oben 2. Teil: F., S. 89. BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1999 – 1 BvL 7 / 91, BVerfGE 100, 226, 240 f. = NJW 1999, 2877, 2878; BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16 / 60, BVerfGE 14, 263, 278; näher zu diesem Kriterium Kischel, JZ 2003, 604, 612. 679 Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 63; Kischel, JZ 2003, 604, 611. 680 Vgl. nur Bryde in von Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 14 Rn. 63a. 681 Dies wird in den Entscheidungen des BVerfG offenbar stillschweigend vorausgesetzt, wenn davon gesprochen wird, daß es Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG nicht ausschließt, eine Aktionärsminderheit gegen ihren Willen aus einer AG zu drängen, BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16 / 60, BVerfGE 14, 263, 278; BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 2000, 1948, 1949 (Bosch / Moto Meter AG III). 682 BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1999 – 1 BvL 7 / 91, BVerfGE 100, 226, 240 f. = NJW 1999, 2877, 2878; auf die im Verfassungsrecht geführte Diskussion, ob zur Feststellung der Ausgleichspflichtigkeit auf die vor der Naßauskiesungsentscheidung des BVerfG (Beschl. v. 15. 07. 1981 – 1 BvL 77 / 78, BVerfGE 58, 300) entwickelten Schwellenkriterien zur Konkretisierung der Verhältnismäßigkeit zurückgegriffen werden kann, sei an dieser Stelle auf Kischel, JZ 2003, 604, 605 ff.; Heinz / Schmitt, NVwZ 1992, 513, 516 ff. verwiesen. Der Untersuchung wird die Rechtsprechung des BVerfG zugrunde gelegt. 677 678

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die Interessen der Gesellschaftermehrheit und -minderheit betrifft, muß der betroffenen Minderheit ein wirksamer Rechtsbehelf gegen den Mißbrauch wirtschaftlicher Macht zur Verfügung stehen und andererseits für den Verlust der betroffenen Rechtsposition wirtschaftlich ein Ausgleich vorgesehen sein.683 Wird demnach eine bestimmte Gruppe von Gesellschaftern übermäßig durch die Inhalts- und Schrankenbestimmung belastet, müssen diese Nachteile ausgeglichen werden, um die Verhältnismäßigkeit oder die Gleichbehandlung zu wahren. (c) Delisting als ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung Das Delisting und seine gesellschaftsrechtliche Vorbereitung ist nach den vorgenannten Voraussetzungen als ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung einzuordnen, wenn mit ihm ein i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG zulässiger Zweck verfolgt wird und das Delisting ohne eine Ausgleichsregelung unverhältnismäßig wäre oder gleichheitswidrig in die Eigentumsrechte der Betroffenen eingreifen würde. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des mit dem Delisting verfolgten Zweckes im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG folgt bereits aus dem weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Zwar ist sein Gestaltungsspielraum um so kleiner, je mehr die persönliche Freiheit des Einzelnen bedroht ist684, wobei der derzeitige Bestand des Eigentums gegen Beschlüsse der Gesellschaftermehrheit nicht vollends gesichert ist685. Mit der Zulassung des Delisting in § 39 Abs. 2 BörsG wollte der Gesetzgeber den Emittenten ein geregeltes Marktaustrittsverfahren zur Verfügung stellen, um die bis dahin bestehende Rechtsunsicherheit zu beenden und das Markteintrittshindernis in Form einer fehlenden Rückzugsregelung zu beseitigen.686 Das Interesse an einem funktionierenden Kapitalmarkt ist ein legitimes Ziel des Allgemeinwohls i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, da ansonsten eine Kapitalaufnahme bei einer Vielzahl von Anlegern nicht möglich wäre. Ist diese Funktionsfähigkeit dadurch gefährdet, daß einzelne Gesellschaften kein Kapital mehr aufnehmen können und dadurch, daß das Vertrauen der Anleger und Aktionäre insgesamt erschüttert wird, muß es den Gesellschaften auch von sich aus möglich sein, die Börsenzulassung unter bestimmten Voraussetzungen widerrufen zu lassen. Denn ohne die Austrittsmöglichkeit würden die Gesellschaften bereits die mit erheblichen Pflichten versehene Börsenzulassung scheuen, da ihr späterer Börsenrückzug unmöglich wäre. Damit billigt der Gesetzgeber gleichzeitig dem Großaktionär der Gesellschaft zu, innergesellschaftlich den Widerruf der Börsenzulassung durch einen entsprechenden Beschluß der Hauptversammlung vorzubereiten.687 683 BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16 / 60, BVerfGE 14, 263, 283; bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 2000, 1948, 1949. 684 BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1999 – 1 BvL 7 / 91, BVerfGE 100, 226, 241 = NJW 1999, 2877, 2878; Kischel, JZ 2003, 604, 611. 685 BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16 / 60, BVerfGE 14, 263, 278; Kischel, JZ 2003, 604, 611. 686 BT-Drucks. 13 / 8933, S. 54 und 74. 687 Vgl. zur Zuständigkeit der Hauptversammlung oben 4. Teil: D.I.5., S. 196 ff.

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Verfolgt doch der Großaktionär mit seiner Beteiligung vornehmlich unternehmerische Interessen, die die finanzielle Ausstattung der Gesellschaft, die Neuordnung der Beteiligungsverhältnisse, die Reduzierung der personellen und finanziellen Belastungen sowie der kapitalmarktbedingten Publizitätspflichten betreffen688, so kann diese unternehmerische Neuausrichtung nur mit der Zustimmung des Großaktionärs erfolgen.689 Diesem verfassungsrechtlich legitimen Zweck stehen die Folgen des Delisting bei den Minderheitsaktionären gegenüber, die im Wege der praktischen Konkordanz gegen die Interessen des oder der Großaktionäre abgewogen werden müssen, da sich sowohl der Großaktionär als auch die Minderheitsaktionäre auf den Schutz ihres Eigentums durch Art. 14 Abs. 1 GG berufen können. Die Eigentumsrechte der Minderheitsaktionäre werden insbesondere durch den Verlust der erhöhten Veräußerbarkeit börsenzugelassener Aktien betroffen.690 Gerade die erhöhte Verkehrsfähigkeit börsenzugelassener Aktien eröffnet den Minderheitsaktionären eine Sphäre finanzieller Freiheit, da das Kapital keiner längeren Bindung an ein Anlageobjekt unterliegt.691 Für die Minderheitsaktionäre steht nicht der unternehmerische Aspekt, sondern vielmehr der vermögensrechtliche Aspekt im Mittelpunkt des Aktienerwerbs, wobei der einzelne Anleger beim Erwerb in der Regel darauf vertrauen kann, daß er seine Aktien auch wieder über die Börse veräußern kann, soweit keine besonderen Anhaltspunkte für ein Delisting vorliegen. Gerade darin liegt der besondere Wert der Börsenzulassung. Das Delisting beendet die für die freie Veräußerbarkeit der Aktie elementare Börsenzulassung, so daß der einzelne Aktionär seiner Deinvestitionsmöglichkeit beraubt ist. Da der Großaktionär auf die Börsenzulassung und die damit verbundene erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien nicht angewiesen ist692, hätten die Minderheitsaktionäre die Nachteile des Delisting zu dulden. Insofern besteht ein Ungleichgewicht zwischen den von den Minderheitsaktionären zu tragenden Nachteilen des Delisting und den Vorteilen, die sich für den Großaktionär und die Gesellschaft ergeben. Zwar mag eingewendet werden, daß der Widerruf der Börsenzulassung keinen rechtlichen Unterschied zwischen Groß- und Kleinaktionär macht und demnach auch keine nach Art. 3 Abs. 1 GG relevante Ungleichbehandlung vorliegt. Jedoch läßt diese Sichtweise die tatsächlich regelmäßig mit einem Delisting eintretenden Folgen außer Betracht. Vgl. dazu die Motive für das Delisting 2. Teil: D.I., S. 71 ff. Die Gesellschaft als Emittent ist in diese Abwägung nicht mit einzubeziehen, da sie gegenüber den Aktionären keine eigenständige Eigentumsposition geltend machen kann. Die Interessen der Gesellschaft finden jedoch regelmäßig in der Rechtsposition des Großaktionärs ihren Ausdruck, siehe 2. Teil: D.II., S. 79 f. 690 Die Verhältnismäßigkeit des Delisting läßt sich nicht schon damit rechtfertigen, daß die Aktionäre aufgrund der Möglichkeit des Delisting nach § 39 Abs. 2 BörsG nicht auf den Bestand der Börsenzulassung vertrauen durften, also bereits mit dem Erwerb börsenzugelassener Aktien das Risiko des Delisting miterwerben und insofern keinen Vertrauensschutz genießen. 691 BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 2000, 1948, 1949. 692 Zutreffend BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535; siehe dazu oben die rechtstatsächlichen Feststellungen unter 2. Teil: B.I.3.b), S. 63 f. 688 689

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Billigt der Gesetzgeber dem Großaktionär der Gesellschaft aber zu, über die Beantragung des Delisting zu entscheiden und damit die nachteiligen Folgen für eine Aktionärsgruppe herbeizuführen, liegt darin eine einseitige und mithin unverhältnismäßige Belastung der eigentumsrechtlichen Position der Minderheitsaktionäre.693 Gegen diese unverhältnismäßige Belastung kann nicht eingewendet werden, daß das Delisting im Gegensatz zum vollständigen Entzug der Mitgliedschaftsrechte ein Eigentumseingriff von geringerer Intensität ist und somit von den Minderheitsaktionären ohne finanziellen Ausgleich zu dulden wäre. Zwar hat das BVerfG im Falle des vollständigen Entzugs der mitgliedschaftlichen Rechte den Eingriff in das Eigentumsrecht der ausgeschlossenen Aktionäre als nicht besonders schwer gewertet.694 Das Delisting führt im Gegensatz zum vollständigen Entzug der Mitgliedschaft nur zum Wegfall der erhöhten Verkehrsfähigkeit als Teil des grundrechtlich geschützten Aktieneigentums, so daß dies bereits für die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs sprechen könnte. Eine solche Argumentation würde jedoch verkennen, daß auch bei einem Ausschluß der Minderheitsaktionäre erst der Wertersatz für die verlorene Rechtsposition, die Verhältnismäßigkeit des Eigentumseingriffes herstellt.695 Eine Aussage darüber, ob eine weniger einschneidende Maßnahme auch ohne finanziellen Ausgleich verhältnismäßig wäre, wird damit nicht getroffen. Auch der Einwand, daß die betroffenen Minderheitsaktionäre regelmäßig ihre Aktien faktisch nicht mehr über die Börse veräußern könnten696, kann die Ausgleichspflicht zugunsten der Minderheitsaktionäre nicht ausschließen. Würden allein die faktischen Gegebenheiten den Schutz des Eigentumsgrundrechts bestimmen, hinge der grundrechtliche Schutz allein von der Feststellung der konkreten Veräußerungsmöglichkeit ab. Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG wird durch Gesetze konkretisiert, nicht aber durch die faktischen Gegebenheiten. Der grundrechtliche Schutz nimmt gerade keine Rücksicht auf die tatsächlichen Umstände, sondern bestimmt sich abstrakt nach der gewährten Rechtsposition des Betroffenen, die durch bestimmte Maßnahmen beeinträchtigt wird. Den Aktionären wird mit der Zulassung der Aktien zum Börsenhandel eine solche Rechtsposition eingeräumt. Erst mit dem Beschluß der Hauptversammlung über das Delisting wird die Beendigung der Zulassung eingeleitet und damit die gewährte Rechtsposition durch den Widerruf der Börsenzulassung beeinträchtigt. Zwar scheint auch das BVerfG die tatsächliche Veräußerungsmöglichkeit bei der Abfindung vorauszusetzen. Jedoch behandelt es diese Frage nur in dem Zusammenhang des Börsenkurses als Wertuntergrenze der Abfindung697, nicht aber um den Schutz der erhöhEbenso Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 487. Zur übertragenden Auflösung BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 2000, 1948, 1950 (Bosch / Moto Meter III). 695 BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 2000, 1948, 1950; BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16 / 60, BVerfGE 14, 263, 283. 696 So aber Süßmann, BKR 2003, 257, 258; Wasmann, WM 2004, 819, 820. 697 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 306 und 312. 693 694

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ten Verkehrsfähigkeit insgesamt davon abhängig zu machen. Bestätigt wird dieses Ergebnis zudem durch eine parallele Betrachtung der Regelungen zum Abschluß von Unternehmensverträgen. Auch beim Abschluß eines Unternehmensvertrages wird ein Ausgleich bzw. eine Abfindung für die abstrakte Möglichkeit gezahlt, daß in der Zukunft die Gewinne an das herrschende Unternehmen abfließen und diese nicht an die Anteilsinhaber ausgezahlt werden, gleichgültig ob tatsächlich Gewinne ausgeschüttet werden können. Insofern wird der einzelne Aktionär für den Verlust einer Rechtsposition unabhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten entschädigt. Dies bedeutet allerdings nicht, daß ein mangelnder Börsenhandel nicht unberücksichtigt bleibt. Vielmehr kann er den Börsenkurs als Wertuntergrenze einer Abfindung ausschließen.698 Ermöglicht der Gesetzgeber der Gesellschaft das Delisting und damit dem Großaktionär über die Beantragung des Delisting zu beschließen, kann die unverhältnismäßige Belastung der Minderheitsaktionäre mit den Folgen des Zulassungswiderrufs nur durch eine Ausgleichspflicht kompensiert werden. Der Vorgang des Delisting und seine gesellschaftsrechtliche Vorbereitung ist eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, da ansonsten in das Eigentumsgrundrecht der Aktionäre unverhältnismäßig eingegriffen würde. (d) Form des zu leistenden Ausgleichs Mit der Einordnung des Delisting als ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung ist noch nicht die Frage beantwortet, in welcher Form der Ausgleich gegenüber den Minderheitsaktionären erfolgen muß. Grundsätzlich sind solche Ausgleichsregelungen unzureichend, die lediglich einen Ausgleich in Geld vorsehen, da die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG Vorkehrungen erfordert, die die Belastung des Eigentümers vermeiden und die Privatnützigkeit weitgehend erhalten. Dies kann durch Ausnahme-, Befreiungs- oder Übergangsvorschriften erfolgen. Erst wenn ein solcher Ausgleich nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist, kann ein finanzieller Ausgleich erfolgen.699 Dieser Vorrang des Bestandsschutzes erklärt sich zudem aus dem Budgetrecht des Parlaments. Der Vorrang des Bestandsschutzes gilt jedoch nicht für das Rechtsverhältnis zwischen Groß- und Kleinaktionären, da der Gesetzgeber mit der Zulassung des Delisting das Bestandsinteresse der Kleinaktionäre hinter dem Interesse des Großaktionärs und der Gesellschaft an einem Börsenrückzug hat zurücktreten lassen.700 Zudem würde eine andere Ausgleichsregelung als ein finanzieller Siehe dazu sogleich unten 4. Teil: D.V.4.c)bb)(2), S. 331 ff. BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1999 – 1 BvL 7 / 91, BVerfGE 100, 226, 245 = NJW 1999, 2877, 2879; Kischel, JZ 2003, 604, 607. 700 So für den Fall kollidierender privater Interessen im Aktienrecht Sellmann, NVwZ 2003, 1417, 1422; im Ergebnis ebenso BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 2000, 1948, 1950. 698 699

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Ausgleich das Delisting undurchführbar machen, da als Abmilderung lediglich die Aufrechterhaltung der Börsenzulassung denkbar wäre. Die Aufrechterhaltung würde aber das gesetzgeberische Ziel, der Gesellschaft den Börsenrückzug zu ermöglichen, um die mit der Börsenzulassung verbundenen Folgepflichten zu beseitigen, vereiteln.701 Somit kann die Verhältnismäßigkeit des Delisting-Vorganges nur durch die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs zugunsten der betroffenen Minderheitsaktionäre hergestellt werden. (3) Zwischenergebnis Das Delisting und seine gesellschaftsrechtliche Vorbereitung ist eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsgrundrechts gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Den Gesetzgeber trifft daher die Pflicht, für einen entsprechenden finanziellen Ausgleich zugunsten der Minderheitsaktionäre zu sorgen, um die Verhältnismäßigkeit des Delisting herzustellen. Dieses Schutzgebot entfaltet auch unmittelbar zwischen privaten Rechtssubjekten seine Wirkung und ist als solches hinreichend konkret, um daraus eine bestimmte Verhaltenspflicht des Großaktionärs oder der Gesellschaft zu entnehmen702. bb) Verletzung der Schutzpflicht aus dem Aktieneigentum Der Gesetzgeber verletzt seine grundgesetzliche Schutzpflicht aus Art. 14 Abs. 1 GG gegenüber den vom Delisting betroffenen Minderheitsaktionären, wenn er zu ihrem Schutz auf einfachgesetzlicher Ebene keine Ausgleichspflicht im Fall des Delisting und seiner gesellschaftsrechtlichen Vorbereitung vorsieht und sich auch aufgrund der Gesetzesauslegung eine solche nicht begründen läßt. Der Gesetzgeber hat zwar in § 39 Abs. 2 BörsG das Delisting unter der Voraussetzung zugelassen, daß der Anlegerschutz gewahrt bleibt. Jedoch läßt sich daraus keine ausreichende finanzielle Ausgleichspflicht zugunsten der Minderheitsaktionäre entnehmen. Auch die durch § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG vorgesehene nähere Ausgestaltung des Delisting in den Börsenordnungen gewährt den Minderheitsaktionären keinen ausreichenden finanziellen Ausgleich. Dies gilt sowohl für die Fristenregelungen, die den Aktionären noch über einen gewissen Zeitraum die Veräußerung ihrer Aktien über die Börse ermöglicht, als auch für die durch einige Börsenordnungen angeordnete Kaufangebotspflicht. Formal spricht einiges dafür, daß der Gesetzgeber mit der Delegierung der näheren Ausgestaltung des Anlegerschutzes auf die Börse als Satzungsgeber (§ 39 Abs. 2 S. 5 BörsG) den Wesentlichkeitsgrundsatz verletzt hat.703 Danach muß der Gesetzgeber grundrechtsrelevante Fragen von grundsätz701 Einen finanziellen Ausgleich ankerkennend bei Vereitelung des gesetzgeberischen Zieles Roller, NJW 2001, 1003, 1008. 702 Zur Frage, wer ausgleichspflichtig im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG ist, sogleich unten 4. Teil: D.V.2., S. 273 ff. 703 So Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 485.

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licher Bedeutung selbst regeln und die verschiedenen Interessen gegeneinander abwägen. § 39 Abs. 2 BörsG regelt selbst keine Ausgleichspflicht und enthält auch keine Abwägung der Interessen zwischen Großaktionär und Minderheitsaktionären, da lediglich die Interessen der Anleger insgesamt mit in die Abwägung einbezogen werden. Schwerer als dieser Verstoß wiegt die Gefahr eines unterschiedlich hohen Schutzniveaus im Geltungsbereich des Grundgesetzes.704 Je nachdem, an welcher Börse die Aktien zum Börsenhandel zugelassen sind, erhält der einzelne Aktionär ein Kaufangebot, wobei dieses teilweise noch nicht einmal zwingend ist, oder nur die Möglichkeit, seine Aktien innerhalb einer bestimmten Frist über die Börse veräußern zu können, obwohl Art. 14 Abs. 1 GG eine finanzielle Ausgleichspflicht für alle Minderheitsaktionäre im Geltungsbereich des Grundgesetzes vorschreibt. Zwar kann der Schutz des Eigentums durch den Gesetzgeber verschieden ausgestaltet werden. Verdichtet sich dieser jedoch auf eine finanzielle Ausgleichspflicht, ist sein Gestaltungsspielraum beschränkt und kann nur noch in einer überall geltenden Ausgleichspflicht münden. Ergänzend sei an dieser Stelle auf die Erwägungen zur Begründung des vermögensrechtlichen Schutzes im Wege der Analogie zu gesellschaftsrechtlichen Abfindungsvorschriften verwiesen. Dort wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Fristenregelung aufgrund der Manipulationsmöglichkeiten des Großaktionärs und der regelmäßig bestehenden Marktenge nur einen unzureichenden Vermögensschutz gewährt.705 Ähnliches ergibt sich im Hinblick auf die Kaufangebotsregelungen in den Börsenordnungen, da ein Bieter grundsätzlich nicht an eine bestimmte Höhe des finanziellen Ausgleichs gebunden ist.706 Die Verpflichtung zum Kaufangebot reicht allein nicht aus; auch eine bestimmte Höhe des finanziellen Ausgleichs muß gesichert sein, da die Verhältnismäßigkeit des Eigentumseingriffs gerade von dem zu gewährenden Ausgleich zugunsten der Minderheitsaktionäre abhängt. Dies kann dem Großaktionär aufgrund seines beherrschenden Einflusses nicht zugebilligt werden. Der Gesetzgeber ist mit der Regelung des Delisting in § 39 Abs. 2 BörsG seiner Schutzpflicht zur Wahrung der Rechte der Minderheitsaktionäre nicht nachgekommen und verletzt damit diese Pflicht. cc) Verfassungskonforme Rechtsfortbildung Die aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Ausgleichspflicht wirkt als Schutzgebot unmittelbar zwischen den einzelnen Aktionären sowie im Verhältnis zur Gesellschaft und bedarf daher der Umsetzung in das einfache Recht. Da das einfache Recht aber keine Ausgleichspflicht für das Delisting vorsieht, kann der verfassungsgemäße Zustand nur im Wege der verfassungskonformen Auslegung oder aber der Rechtsfortbildung hergestellt werden. Eine verfassungskonforme Auslegung setzt 704 705 706

Häuser / Thomas WuB II A. § 119 AktG 1.03. 4. Teil: D.V.1.a)aa)(1), S. 242 f. 4. Teil: D.V.1.a)aa)(2), S. 243 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

eine Norm voraus, die die verfassungsrechtlich vorgegebene Rechtsfolge und einen generalklauselartigen Begriff enthält, der die aus dem Verfassungsrecht folgenden Wertungen aufnehmen kann. Dazu wird vorgeschlagen, die umwandlungsrechtlichen Abfindungsregelungen in §§ 29 Abs. 1, 207 Abs. 1 UmwG für das Delisting verfassungskonform auszulegen.707 Zwar gewähren die genannten Abfindungsregelungen den der Maßnahme widersprechenden Aktionären einen finanziellen Ausgleich, jedoch beschränkt sich ihr Anwendungsbereich auf die Verschmelzung bzw. den Formwechsel. Die erweiterte Auslegung der §§ 29 Abs. 1, 207 Abs. 1 UmwG scheitert an der Wortlautgrenze, da die Abfindungsrechte nicht als Generalklauseln ausgestaltet sind.708 Ist damit der Weg über eine verfassungskonforme Auslegung versperrt, können die Wertungen des Art. 14 Abs. 1 GG ihre Wirkung zwischen den Aktionären und der Gesellschaft nur noch im Rahmen der Rechtsfortbildung entfalten. Zwar kann der Gesetzgeber im Rahmen von Inhalts- und Schrankenbestimmungen das Eigentum grundsätzlich frei ausgestalten, jedoch können in eng begrenzten Ausnahmefällen die Grundrechte und insbesondere Art. 14 GG zur Begründung konkreter privater Rechte genutzt werden, wenn sich aus dem betroffenen Grundrecht ein konkretes Verhaltensgebot ergibt.709 Ein solches Verhaltensgebot folgt aus Art. 14 Abs. 1 GG, der die Verhältnismäßigkeit des Delisting und seine gesellschaftsrechtliche Vorbereitung an einen finanziellen Ausgleich zugunsten der betroffenen Aktionäre bindet. Gegen eine solche unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Rechtsfortbildung können verschiedene Einwände erhoben werden. Die verfassungsrechtlich gebotene Ausgleichspflicht könnte als Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Minderheitsaktionäre unzureichend sein, da Ausgleichsregelungen im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG einer einfachgesetzlichen Grundlage bedürfen.710 Die Bestimmung des Inhalts und der Schranken ist grundsätzlich Aufgabe des Gesetzgebers, der nicht darauf vertrauen darf, daß die Gerichte Verletzungen der Eigentumsrechte durch finanzielle Ausgleichsgewährungen vermeiden. Eine gerichtliche Entscheidung würde unzulässig in das Budgetrecht des Parlaments eingreifen.711 Diese Einschränkung der Rechtsfortbildung gilt ihrem Sinn nach nur für Fallkonstellationen, in denen ein öffentlich-rechtliches Rechtssubjekt zum Ausgleich verpflichtet ist, denn nur dann ist das Budgetrecht des Parlaments betroffen. Das Delisting betrifft den Ausgleich zwischen privaten Rechtssubjekten712, da es der geHellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 487 f. m. w. N. Von der Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung ist die Frage der Analogie zu den einzelnen Umwandlungsvorgängen zu unterscheiden, da es dort insbesondere um die Vergleichbarkeit des Formwechsels oder der Verschmelzung mit des Delisting ging. Diese Aspekte werden vermischt, wenn die verfassungskonforme Auslegung mit der Analogiebildung gleichgesetzt wird. So aber Hellwig / Bormann, ZGR 2002, 465, 488. 709 Jung, JZ 2001, 1004, 1008. 710 BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1999 – 1 BvL 7 / 91, BVerfGE 100, 226, 245 = NJW 1999, 2877, 2879; Klöhn, ZBB 2003, 208, 217. 711 BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1999 – 1 BvL 7 / 91, BVerfGE 100, 226, 245. 707 708

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sellschaftsrechtlichen Vorbereitung durch die Hauptversammlung bedarf. Die Geschäftsführung der Börse kann nur aufgrund eines Antrags des Emittenten entscheiden und ist damit selbst nicht für den Verlust der Börsenzulassung ausgleichspflichtig. Demnach ist das Budgetrecht des Parlaments nicht betroffen.713 Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist durch die unmittelbare Gewährung eines finanziellen Ausgleichs zugunsten der betroffenen Aktionäre nicht eingeschränkt, da er bei einer zukünftigen umfassenden Regelung des Delisting in der Abwägung der betroffenen Rechte und Interessen grundsätzlich frei ist. Begrenzt wird diese Gestaltungsfreiheit beim Delisting jedoch durch die verfassungsrechtlich gebotene Ausgleichspflicht. Somit verbleibt dem Gesetzgeber letztlich nur die Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung der Ausgleichspflicht. Mit der Gewährung eines finanziellen Ausgleichs auf verfassungsrechtlicher Grundlage werden die mit § 39 Abs. 2 BörsG getroffenen Wertungen nicht beseitigt oder beeinträchtigt, da § 39 Abs. 2 BörsG den aktienrechtlichen Interessenkonflikt zwischen Groß- und Kleinaktionär nicht selbst regelt. § 39 Abs. 2 BörsG berücksichtigt zwar die Interessen der Anleger in ihrer Gesamtheit, nicht aber den Konflikt zwischen den verschiedenen Anlegergruppen, die sich aus Groß- und Kleinaktionären zusammensetzen. Im Zusammenhang mit der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit auf der einen und der Rechtsfortbildung durch die Gerichte auf der anderen Seite ergibt sich die weitere Frage, ob die Bejahung eines aktienrechtlichen Ausgleichsanspruches auf verfassungsrechtlicher Grundlage nicht unzulässig in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreift, wenn ein solcher Ausgleichsanspruch auch kapitalmarktrechtlich verankert werden könnte. Insofern könnte die Rechtsfortbildung nicht durch die Zivilgerichte, sondern müßte durch die Verwaltungsgerichte erfolgen, da Streitigkeiten über den Widerruf der Börsenzulassung öffentlich-rechtlicher Natur sind. Grundsätzlich sind sowohl die Zivil- als auch die Verwaltungsgerichte zur Rechtsfortbildung befugt und durch ihre Bindung an die Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG zum Schutz der einzelnen Grundrechtspositionen verpflichtet. Der zwischen Groß- und Kleinaktionären auftretende Interessenkonflikt betrifft die aktienrechtliche Vorbereitung des Delisting, der Widerruf der Börsenzulassung vollzieht lediglich den Beschluß der Hauptversammlung, wenn die kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Die aktienrechtliche Vorbereitung des Delisting steht damit im Vordergrund dieses Vorganges. Daher liegt es aufgrund der Sachnähe des Aktienrechts und den dort in vielfacher Weise geregelten Interessenkonflikten zwischen Groß- und Kleinaktionären nahe, auch den Interessenkonflikt beim Delisting der Rechtsfortbildungskompetenz der Zivilgerichte zuzuordnen. Die Auslegung des Aktienrechts und damit der Schutz der betroffenen Eigentumsrechte der einzelnen Aktionäre ist Sache der Zivilgerichte.714 Das Kapitalmarktrecht ist insofern 712 Zu der Frage, ob die Gesellschaft oder der Großaktionär den Ausgleich an die Minderheitsaktionäre zu leisten haben, sogleich unten 4. Teil: D.V.2., S. 273 ff. 713 Dies verkennt Klöhn, ZBB 2003, 208, 217. 714 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 304 f. = NJW 1999, 3769, 3770 f. für eine verfassungskonforme Auslegung des einfachen Rechts.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

mit seinem Regelungsziel, die Marktfunktion und den dadurch bedingten Anlegerschutz zu sichern, ungeeignet, den Interessenkonflikt zwischen Groß- und Kleinaktionären zu lösen. Der Individualschutz des Kapitalmarktrechts erfolgt über den Funktionsschutz als Rechtsreflex, so daß der einzelne Anleger nur in Ausnahmefällen eigene Rechte geltend machen kann, beispielsweise Schadensersatz nach unterlassener Veröffentlichung kursbeeinflussender Tatsachen gemäß § 37b WpHG. Dies wird auch dadurch deutlich, daß die Geschäftsführung der Börse gemäß § 15 Abs. 6 BörsG715 die ihr zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse und damit den Anlegerschutz in seiner Gesamtheit nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Somit läßt sich die aktienrechtliche Ausgleichspflicht zugunsten der Minderheitsaktionäre im Wege einer verfassungskonformen Rechtsfortbildung aus Art. 14 Abs. 1 GG begründen. c) Ergebnis und begriffliche Fassung Ein vermögensrechtlicher Schutz der Minderheitsaktionäre läßt sich nicht im Wege der Analogie zu den bestehenden gesellschaftsrechtlichen Abfindungsregelungen begründen, da die jeweiligen Interessenlagen nicht mit dem Delisting-Vorgang vergleichbar sind. Auch greift beim Delisting kein außerordentliches Austrittsrecht ein. Erst der Rückgriff auf das Eigentumsgrundrecht in Art. 14 Abs. 1 GG ermöglicht die Begründung der finanziellen Ausgleichspflicht zugunsten der Minderheitsaktionäre, die sich aufgrund des zu lösenden Interessenkonflikts zwischen Groß- und Kleinaktionären aus einer verfassungskonformen Rechtsfortbildung des Aktienrechts ergibt. Begrifflich wird im weiteren von einer Abfindungspflicht zugunsten der Minderheitsaktionäre gesprochen. Die vom BGH gewählte Formulierung des Pflichtangebots716 ist aufgrund der Besetzung dieses Begriffs durch das Übernahmerecht in § 35 Abs. 1 WpÜG mißverständlich und daher abzulehnen. Der finanzielle Ausgleich ist als Abfindung zu bezeichnen, da Ausgleichszahlungen im Aktien- und Umwandlungsrecht regelmäßig als Abfindung eingeordnet werden. Die Pflicht zur Abfindung beruht zudem darauf, daß, anders als bei §§ 29, 207 UmwG oder § 305 AktG, keine vertragliche Grundlage in Form eines Verschmelzungsvertrages oder Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages vorhanden ist, aus dem sich ein Abfindungsangebot in diesem Sinne ergeben könnte.717 Die aktienrechtliche Abfindungspflicht zugunsten der betroffenen Aktionäre beruht beim regulären Delisting auf verfassungsrechtlicher Rechtsgrundlage, solange der Gesetzgeber seinen Regelungsauftrag nicht wahrgenommen hat 715 Auch die Zulassungsstelle nahm nach § 31 Abs. 5 BörsG a. F. ihre Aufgaben und Befugnisse im öffentlichen Interesse wahr. 716 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 717 Teilweise wird angenommen, daß die umwandlungsrechtlichen und aktienrechtlichen Abfindungsangebote bei der Verschmelzung oder beim Abschluß von Gewinnabführungsund Beherrschungsverträgen auf vertraglicher Grundlage beruhen; differenzierend Emmerich in Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, AktG, § 305 Rn. 5 ff. und Rn. 25; für ein gesetzliches Schuldverhältnis Hüffer AktG, § 305 Rn. 4b.

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und ist damit ein Anspruch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Wer an diesem Schuldverhältnis beteiligt ist und welche Pflichten sich daraus für die einzelnen Rechtssubjekte ergeben, ist im folgenden herauszuarbeiten.

2. Abfindungsberechtigung und -verpflichtung Nachdem die aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Abfindungspflicht als Rechtsgrundlage zum finanziellen Ausgleich der Nachteile des Delisting bejaht wurde, stellt sich nunmehr die Frage, wer abfindungsberechtigt und welches Rechtssubjekt Schuldner der Abfindung ist. Die Beantwortung dieser Frage steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der verfassungsrechtlichen Begründung der Abfindungspflicht und der dort erfolgten Abwägung der unterschiedlichen Interessen von Groß- und Kleinaktionären. Für die Anspruchsberechtigung ist aus der obigen Abwägung deutlich geworden, daß die Abfindung zugunsten der Minderheitsaktionäre zu erfolgen hat, sie also die Abfindung beanspruchen können. So klar die Unterscheidung zwischen Klein- bzw. Minderheits- und Großaktionären scheinen mag, ist doch im einzelnen zu klären, nach welchen Kriterien die Aktionärsgruppen zu unterscheiden sind.718 Gegebenfalls finden sich im einfachen Recht konkrete Wertungen, wann von einem Klein- oder Minderheitsaktionär gesprochen werden kann, der die Abfindung beanspruchen kann. Als Abfindungsverpflichtete kommen der oder die Großaktionäre und die Gesellschaft in Betracht. Aus Art. 14 Abs. 1 GG läßt sich die Abfindungsverpflichtung einzelner Rechtssubjekte nicht unmittelbar entnehmen. Zudem bleibt es grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen, den Inhalt und die Schranken des Eigentums und damit auch die Abfindungsverpflichtung zu regeln. Dennoch könnte aus der bisherigen gesetzgeberischen Tätigkeit bestimmte Wertungen und Rechtsgedanken zu aktienrechtlichen und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüchen (§ 305 AktG und §§ 29, 207 UmwG) entnommen werden, die ebenso für das Delisting gelten, ohne daß das gefundene Ergebnis die fehlende Vergleichbarkeit zwischen den Umwandlungsvorgängen und dem Delisting in Frage stellt.

a) Minderheitsaktionäre als Abfindungsberechtigte Die Abfindungsberechtigung der Minderheits- bzw. Kleinaktionäre ergibt sich unmittelbar aus der rechtlichen Betroffenheit des Eigentumsgrundrechts beim Delisting.719 Dieses materielle Kriterium der Betroffenheit dient dazu, festzustellen, ob der einzelne Aktionär eine Abfindung beanspruchen kann. Es trägt jedoch den 718 Dieses Problem ebenfalls ansprechend Göckeler in Müller / Rödder, Beck’sches Handbuch der AG, § 26 Rn. 41; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803. 719 Siehe dazu ausführlich die Begründung zur Abfindungspflicht zugunsten der Minderheitsaktionäre oben 4. Teil: D.V.1.c), S. 257 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Nachteil in sich, daß für jeden einzelnen Aktionär individuell festgestellt werden muß, ob er als Aktionär auf die erhöhte Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktien angewiesen ist und ihn der Widerruf der Börsenzulassung und seine gesellschaftsrechtliche Vorbereitung gegenüber dem Großaktionär benachteiligt. Da sich die Nachteile des Delisting aber vornehmlich an den subjektiven Interessen der einzelnen Aktionäre orientieren, könnten sie nur mit Hilfe von einzelnen Indizien belegt und bewiesen werden. Als Indiz für eine Benachteiligung könnte etwa der Nachweis des Erwerbs über die Börse dienen. Um diese Abgrenzungsschwierigkeiten auszuschließen, könnten formelle Merkmale, etwa die Beteiligungshöhe, der Widerspruch gegen den Delisting-Hauptversammlungsbeschluß oder aber die dem einzelnen Aktionär zufließenden Vorteile aus einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, zur Abgrenzung herangezogen werden.

aa) Abfindungsberechtigung bei Unternehmensverträgen und Squeeze-out Beim Abschluß von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen haben die außenstehenden Aktionäre gemäß § 305 Abs. 1 AktG einen Anspruch auf Abfindung. Außenstehende Aktionäre sind alle Aktionäre der beherrschten Gesellschaft außer der andere Vertragsteil des Unternehmensvertrages, dem die Vorteile dieses Vertrages zukommen.720 Dem anderen Vertragsteil werden zudem die Aktionäre zugerechnet, die zu 100 % an dem herrschenden Unternehmen beteiligt sind, so daß auch sie nicht zum Kreis der anspruchsberechtigten außenstehenden Aktionäre gehören.721 Die gesetzgeberische Wertung dieser negativen Abgrenzung des abfindungsberechtigten Aktionärskreises läßt sich nur mühsam auf das Delisting übertragen. Zwar könnte derjenige Aktionär als „andere Vertragspartei“ einzuordnen sein, dem die Vorteile aus dem Widerruf der Börsenzulassung zufließen. Jedoch könnten Aktionären Vorteile zufließen, die aber gleichwohl auch von den Nachteilen betroffen sind. Zudem ist die Zuordnung von Vorteilen ebenso undeutlich, wie das Kriterium der Nachteile auf Seiten der Minderheitsaktionäre. Damit erweist sich die Übertragung des Regelungsgedankens aus § 305 AktG als untaugliches Abgrenzungskriterium. Gleiches gilt für die Übertragung des Abgrenzungsmaßstabes vom Squeeze-out nach § 327a AktG auf das Delisting. Abzufinden sind beim Squeeze-out nur die Aktionäre, die aufgrund des Hauptversammlungsbeschlusses aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Dies sind 5 % oder weniger des Grundkapitals, so daß sich 720 Kropff, Aktiengesetz, Begründung RegE, S. 385; Emmerich in Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, AktG, § 304 Rn. 16; Bilda in MünchKomm AktG, § 304 Rn. 19 ff. m. w. N. 721 Str. vgl. dazu Emmerich in Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, AktG, § 304 Rn. 18 m. w. N.; Bilda in MünchKomm AktG, § 304 Rn. 18 ff. m. w. N.; Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 16.

D. Stellungnahme

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der Kreis der Minderheitsaktionäre aus der dominierenden Beteiligungshöhe des Hauptaktionärs ergibt. Eine derartige Stimmenmacht ist zur Durchführung des Delisting nicht erforderlich, da das Delisting mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann.722 Auch ein Aktionär mit einer Beteiligungshöhe von beispielsweise 25 % kann das Delisting nicht verhindern, kann aber andererseits auch nicht als „Minderheitsaktionär“ in diesem Sinne bezeichnet werden. Somit folgen aus dem Squeeze-out keine übertragbaren Wertungen für das Delisting.

bb) Abfindungsberechtigung bei Umwandlungsvorgängen Die Abfindungsberechtigung bei Verschmelzung und Formwechsel nach §§ 29 Abs. 1, 207 Abs. 1 UmwG wird durch den Widerspruch des einzelnen Aktionärs begründet und setzt damit lediglich eine formelle Handlung zur Abfindungsberechtigung voraus723. Durch den Widerspruch behält sich der einzelne Aktionär vor, eine Barabfindung unter Verzicht auf seine Beteiligung an dem neuen Rechtsträger zu verlangen.724 Eine solch formelle Handlungspflicht des Aktionärs kann der Abfindungspflicht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht entnommen werden, vielmehr ist Rechtsgrund der Abfindung allein die materielle Betroffenheit der Minderheitsaktionäre. Würde man das Widerspruchsrecht als materielle Anspruchsvoraussetzung fordern, würde dies die Rechtsfortbildungskompetenz der Gerichte überschreiten. Zudem sind die Umwandlungsvorgänge mit dem regulären Delisting gerade nicht vergleichbar725, so daß auch aus diesem Grunde einer Übertragung der Widerspruchobliegenheit ausscheidet. Demnach kann auch der im UmwG getroffene Regelungsansatz nicht auf das Delisting übertragen werden.

cc) Abfindungsberechtigung aufgrund § 3 SpruchG Obwohl § 3 S. 1 SpruchG das verfahrensrechtliche Gegenstück zur materiellen Abfindungsberechtigung der im Aktien- und Umwandlungsgesetz festgelegten Abfindungsansprüche ist,726 wird in diesem Rahmen auch die materiellrechtliche Abfindungsberechtigung beim Delisting aufgrund des Fehlens einer einfachgesetzlichen Regelung erörtert. Danach soll jeder Aktionär unabhängig von seiner Zu722 Siehe dazu oben 4. Teil: D.II., S. 211 f.; selbst wenn von einer Dreiviertel-Mehrheit als Quorum ausgegangen wird, ist dies mit der Stimmenmacht beim Squeeze-out nicht vergleichbar. 723 Die Widerspruchsobliegenheit wird auch in der Gesetzesbegründung als „förmliche Voraussetzung für einen Abfindungsanspruch“ angesehen, BT-Drucks. 12 / 6699, S. 94 724 Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 207 Rn. 14. 725 KG Berlin, Beschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 297; siehe dazu oben 4. Teil: D.V.1.a)cc), S. 248 ff. 726 Von einer Doppelnatur der Antragsberechtigung im Spruchverfahren ausgehend Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 3 Rn. 3.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

gehörigkeit zur Gruppe der Mehrheits- oder Minderheitsaktionäre antragsberechtigt sein.727 Dies ergebe sich aus dem Macrotron-Urteil des BGH und aus den Schwierigkeiten, die Gruppe der Mehrheits- und Minderheitsaktionäre gegeneinander abgrenzen zu können. Das Risiko für die Gesellschaft und den Mehrheitsgesellschafter, nicht abschätzen zu können, wie viele Aktionäre ihren Anspruch geltend machen, sei hinzunehmen.728 Dagegen kann nicht schon eingewendet werden, daß das Spruchverfahrensgesetz in § 1 SpruchG abschließend die Anwendung regele und damit das Delisting aufgrund der fehlenden Nennung nicht erfaßt sei, da in den Beratungen des Rechtsausschusses die analoge Anwendung auf das Delisting ausdrücklich befürwortet wurde.729 Allerdings kann aus den Gründen des Urteils nicht die Abfindungsberechtigung aller Aktionäre entnommen werden. Vielmehr hatte der BGH die Minderheitsaktionäre als zu schützende Aktionärsgruppe im Blick, stellt er doch ausdrücklich die mangelnde Betroffenheit der Großaktionäre den durch das Delisting eintretenden Nachteilen bei den Kleinaktionären gegenüber.730 Die Antragsberechtigung aller Aktionäre ist auch mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht in Einklang zu bringen, da aufgrund der eigentumsrechtlichen Schutzpflichten nur die Aktionäre eine Abfindung beanspruchen können, die durch das Delisting benachteiligt werden. Dies sind regelmäßig die Minderheitsaktionäre. Zudem kann § 3 SpruchG keine eigenständige materiellrechtliche Wertung zur Abfindungsberechtigung entnommen werden, da es sich nur um eine verfahrensrechtliche Vorschrift handelt, die eine materiellrechtliche Berechtigung voraussetzt. Dies folgt beispielsweise aus der Systematik mit dem UmwG, da dort durch die Widerspruchsobliegenheiten in § 29 Abs. 1 und § 207 Abs. 1 UmwG die materiellen Voraussetzungen für die Abfindung geschaffen werden. dd) Ablehnung des Delisting oder Stimmenthaltung in der Hauptversammlung als Differenzierungskriterium Nachdem die bisher im Gesetz zu findenden Abgrenzungskriterien nicht auf das Delisting übertragen werden können, läßt sich allerdings feststellen, daß der Gesetzgeber die Abfindungsberechtigung mit formell einzuhaltenden Kriterien begründet, ohne auf die materielle Betroffenheit der einzelnen Rechtspositionen einzugehen. So identifiziert er die „außenstehenden Aktionäre“ bei den Unternehmensverträgen anhand des anderen Vertragsteils, beim Squeeze-out an der Beteiligungshöhe und bei den Umwandlungsvorgängen am Widerspruch zur NiederFritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 3 Rn. 49. Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 3 Rn. 50. 729 BT-Drucks. 15 / 838, S. 16; den Anwendungsbereich des Spruchverfahrens für das Delisting über eine grundrechtskonforme Auslegung des § 1 SpruchG eröffnen Klöcker / Frowein, SpruchG, § 1 Rn. 15 f.; für eine entsprechende Anwendung Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 1 Rn. 105. 730 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 535. 727 728

D. Stellungnahme

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schrift gegen den entsprechenden Umwandlungsbeschluß. Er geht dabei davon aus, daß diese Anforderungen im konkreten Fall die Rechte der betroffenen Anteilsinhaber sichern, insofern sie Ausdruck der materiellen Betroffenheit sind. Als formeller Anknüpfungspunkt könnte beim regulären Delisting lediglich das jeweilige Abstimmungsverhalten der einzelnen Aktionäre in der Hauptversammlung dienen. Möchte der einzelne Aktionär die erhöhte Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktien erhalten, wird er in der Hauptversammlung gegen die Beantragung des Delisting stimmen oder sich zumindest seiner Stimme enthalten, weil er sich über die Auswirkungen des Delisting unsicher ist. Wird er dabei überstimmt, muß ihm aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben der Austritt aus der Gesellschaft ermöglicht werden. Ein Aktionär, der durch das Delisting seine Interessen und Rechte nicht beeinträchtigt sieht und etwaige wirtschaftliche Vorteile erwartet, wird in der Gesellschaft verbleiben wollen und für das Delisting stimmen. Es liegt daher nahe, demjenigen Aktionär die Abfindungsberechtigung zuzubilligen, der gegen die Beantragung des Delisting stimmt oder sich zumindest der Stimme enthält. Die ablehnende Abstimmung oder Enthaltung ist demnach Ausdruck der materiellen Betroffenheit.731 Die Abfindungsberechtigung aufgrund des Abstimmungsverhaltens ist auch feststellbar, da in der Hauptversammlung gemäß § 129 Abs. 1 S. 2 AktG ein Teilnehmerverzeichnis der Aktionäre aufzustellen ist. Erfolgt die Abstimmung, die zwar gemäß § 134 Abs. 4 AktG nicht an eine bestimmte Art gebunden ist und durch die Satzung festgelegt wird, mittels Stimmkarten, können die dissentierenden oder die sich enthaltenden Aktionäre identifiziert werden. Problematisch kann dabei allerdings der konkrete Nachweis des jeweiligen Abstimmungsverhaltens durch den einzelnen Aktionär, insbesondere bei einer hohen Anzahl von Kleinaktionären, sein. Zwar ist gemäß § 130 Abs. 1 S. 1 AktG jede Verhandlung zu einem Hauptversammlungsbeschluß und mithin gemäß § 130 Abs. 2 AktG auch das Ergebnis der Abstimmung durch eine notarielle Niederschrift zu beurkunden. Das Abstimmungsverhalten einzelner Aktionäre gehört jedoch grundsätzlich nicht zum obligatorischen Inhalt der Niederschrift.732 Aufgrund der fehlenden einfachgesetzlichen Regelung eines formellen und damit leicht abgrenzbaren Kriteriums zur Feststellung der Abfindungsberechtigung, ist beim Hauptversammlungsbeschluß über das Delisting ausnahmsweise auch das konkrete Abstimmungsverhalten in die Niederschrift mit aufzunehmen. Dies könnte einerseits dadurch erfolgen, daß die Aktionäre, die gegen das Delisting gestimmt oder sich ihrer Stimme enthalten haben, namentlich in der Niederschrift aufgeführt werden. Dies ist aber kaum praktikabel, da jeder einzelne Aktionär, der gegen das Delisting gestimmt oder sich der Stimme enthalten hat, aufgeführt werden müßte. Einfacher erscheint es daher, daß allein die Aktionäre, die für das Delisting gestimmt haben namentlich in die Niederschrift aufgenommen werden. Dies wird in der Regel ein Großaktionär oder eine kleine Anzahl von Aktionären sein, die die Mehrheit an der 731 Dies verkennen Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 57 f. 732 Kubis in MünchKomm AktG, § 130 Rn. 56; Werner in GroßKomm AktG, § 130 Rn. 23.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Gesellschaft halten. Alle Aktionäre, die nicht in der Niederschrift als zustimmende Aktionäre aufgeführt sind, aber im Teilnehmerverzeichnis der Hauptversammlung stehen, wären danach abfindungsberechtigt. Diese Identifizierungsmöglichkeit erlangt bei einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung über die Höhe der Abfindung ihre Bedeutung.733 Nach der hier vertretenen Ansicht muß der einzelne Aktionär, der an der Hauptversdammlung teilnimmt, um abfindungsberechtigt zu sein, in der Hauptversammlung gegen die Beantragung des Delisting stimmen oder sich seiner Stimme enthalten haben. Gegen die ablehnende Stimmenabgabe oder die Stimmenthaltung als formelle Voraussetzung der Abfindungsberechtigung kann die im Umwandlungsrecht vertretene Ansicht, daß es auf die ablehnende Stimmenabgabe zur Abfindungsberechtigung nicht ankomme734, nicht eingewendet werden. Diese Ansicht stützt sich auf den Wortlaut der §§ 29 Abs. 1, 207 Abs. 1 UmwG und die mangelnde Treuwidrigkeit des widersprechenden Aktionärs, da es durchaus im Interesse der Gesellschaft sein könne, wenn der Aktionär für die Umwandlung stimmt, aber danach ausscheiden möchte und deswegen Widerspruch einlegt.735 Diese Ansicht ist abzulehnen, da ansonsten kaum überschaubare Abfindungsforderungen auf die Abfindungsverpflichteten zukommen könnten.736 Würden die Anteilsinhaber zunächst für die Umwandlung stimmen, aber später Widerspruch gegen die Umwandlung erklären, könnte die Anzahl der abfindungsberechtigten Anteilsinhaber über die Grenze von 25 % der gesamten Anteilsinhaber steigen. Der Gesetzgeber hat aber mit der Festlegung einer Dreiviertel-Stimmenmehrheit des vertretenen Grundkapitals zum Ausdruck gebracht, daß die Umwandlung nur dann erfolgen soll, wenn sie nicht mit zu hohen Abfindungsforderungen belastet wird.737 Die Dreiviertel-Mehrheit begrenzt damit den Finanzierungsbedarf für die Umwandlung. Mit der Zulassung einer zustimmenden Abstimmung und einem anschließenden abfindungsbegründenden Widerspruch kann diese gesetzgeberische Entscheidung unterlaufen werden. Der so abstimmende Anteilsinhaber verhielte sich zudem widersprüchlich. Zunächst muß der Anteilsinhaber versuchen, die Umwandlung als solche mit seinem ablehnenden Stimmverhalten zu verhindern, ehe er seinen Widerspruch erklärt.738 Die Widerspruchsobliegenheit des einzelnen Anteilsinhabers ist nur die 733 Anders als für die Feststellung als Aktionär, die gemäß § 3 S. 3 SpruchG durch Urkunden nachzuweisen ist, reicht es für den Nachweis der ablehnenden Abstimmung oder der Stimmenthaltung aus, das Teilnehmerverzeichnis und die jeweilige Niederschrift der Hauptversammlung vorzulegen, die gemäß § 130 Abs. 5 AktG zum Handelsregister eingereicht werden muß. 734 Vgl. Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 207 Rn. 15 m. w. N.; Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 3 Rn. 36; wohl auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 16. 02. 2007 – 20 W 25 / 05, AG 2007, 596, 597. 735 Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 207 Rn. 15; Decher in Lutter UmwG, § 207 Rn. 10. 736 Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 10 m. w. N.; dies. in FS Boujong, S. 175, 183; Schaub, NZG 1998, 626, 628; im Ergebnis ebenso Ekkenga, ZGR 2003, 878, 902 und 904; Kalss in Semler / Stengel UmwG, § 29 Rn. 21. 737 Veil, Umwandlung einer AG in eine GmbH, S. 119.

D. Stellungnahme

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Formalisierung der gegen die Umwandlung gerichteten Abstimmung, um den Kreis der abfindungsberechtigten Anteilsinhaber festlegen zu können. Fehlt diese Formalisierung aufgrund einfachgesetzlicher Regelungen, bleibt als Anknüpfungspunkt nur das Abstimmungsverhalten der Anteilsinhaber. Die Abfindungsberechtigung ergibt sich beim Delisting demnach aus dem ablehnenden Abstimmungsverhalten oder aber der Stimmenthaltung jedes einzelnen Aktionärs. Werden die dissentierenden und sich der Stimme enthaltenden Aktionäre bei der Abstimmung über das Delisting überstimmt, sind sie in diesem Abstimmungspunkt Minderheitsaktionäre und als solche abfindungsberechtigt. ee) Sonderfall: Abfindungsberechtigung des nicht auf der Hautpversammlung anwesenden oder vertretenen Aktionärs Die Bestimmung der Abfindungsberechtigung aufgrund des Abstimmungsverhaltens der Aktionäre in der Hauptversammlung setzt voraus, daß sie auf der Hauptversammlung anwesend sind, ordnungsgemäß vertreten werden oder ermächtigt worden sind (§ 129 Abs. 1-3 AktG). Fraglich erscheint nun, ob auch die auf der Hauptversammlung nicht anwesenden oder nicht vertretenen Aktionäre abfindungsberechtigt sind. Wären nur die Aktionäre abfindungsberechtigt, die in der Hauptversammlung gegen das Delisting gestimmt oder aber sich ihrer Stimme enthalten haben, könnten die nichtanwesenden Aktionäre aufgrund ihres fehlenden Abstimmungsverhaltens keine Abfindung fordern, obwohl sie ebenfalls wie die anwesenden Aktionäre von den Folgen des Delisting betroffen wären. Die Anwesenheit der Aktionäre auf der Hauptversammlung wäre insofern eine Obliegenheit, deren Verletzung den Verlust der Abfindungsberechtigung zur Folge hätte. Ob aber die Aktionäre eine Obliegenheit haben, an der Hauptversammlung teilnehmen zu müssen, ist fraglich. Eine solche „Anwesenheitsobliegenheit“ im Hinblick auf die Abfindungsberechtigung ergibt sich bei Umwandlungsvorgängen wie der Verschmelzung aus einem Umkehrschluß aus § 29 Abs. 2 UmwG und für den Formwechsel aus § 207 Abs. 2 UmwG i.V. m. § 29 Abs. 2 UmwG. Bei Verschmelzung und Formwechsel muß der einzelne Aktionär gegen den Umwandlungsbeschluß Widerspruch zur Niederschrift erklären (§ 29 Abs. 1 UmwG, § 207 Abs. 1 UmwG). Nach § 29 Abs. 2 UmwG steht dem Widerspruch gleich, wenn ein nicht erschienener Anteilsinhaber zu der Versammlung der Anteilsinhaber nicht zugelassen worden ist oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlußfassung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. Dies bedeutet, daß nur in Ausnahmefällen trotz fehlender Anwesenheit in der Hauptversammlung eine Abfindung gewährt wird, also im Umkehrschluß grundsätzlich die Anwesenheit erforderlich ist.739 Im Gegensatz dazu enthalten die 738 Limmer in Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Rn. 732; eine enthaltende Stimmabgabe für ausreichend erachtend Veil, Umwandlung einer AG in eine GmbH, S. 115 ff. 739 Vgl. nur Schaub, NZG 1998, 626, 628 m. w. N.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

aktienrechtlichen Abfindungsregelungen beim Abschluß von Unternehmensverträgen (§ 305 AktG), bei der Mehrheitseingliederung (§ 320b AktG) oder dem Squeeze-out (§ 327b AktG) keine Regelung, die die Abfindungsberechtigung an die Obliegenheit zur Anwesenheit in der Hauptversammlung knüpfen. Vielmehr entsteht der Abfindungsanspruch kraft Gesetzes mit dem zustimmenden Beschluß der Hauptversammlung740, ohne daß die Aktionäre als notwendige Voraussetzung für ihre Abfindungsberechtigung auf der Hauptversammlung anwesend sein müßten. Die in § 29 Abs. 2 UmwG enthaltene Regelung stellt insofern für Umwandlungsvorgänge eine Sonderregelung dar, die aufgrund der mangelnden Vergleichbarkeit des Delisting mit der Verschmelzung oder des Formwechsels nicht übertragbar ist. Zudem müßte eine solche Beschränkung des Abfindungsrechts wegen der Nichtanwesenheit verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden können. Gegen eine Beschränkung der aufgrund von Art. 14 Abs. 1 GG gewährten Abfindungspflicht spricht, daß die Anwesenheitsobliegenheit lediglich eine formelle Voraussetzung der Abfindungsberechtigung wäre. Des weiteren geht es im Rahmen der Abfindungsberechtigung um die Frage der Abgrenzbarkeit der abfindungsberechtigten von den nicht abfindungsberechtigten Aktionären. Diese Abgrenzung erfolgt mit Hilfe von formellen Kriterien, die aber nicht dazu führen dürfen, daß die materielle Berechtigung wieder eingeschränkt wird. Vielmehr müssen die formellen Kritierien die materielle Abfindungsberechtigung abbilden. Da auch die auf der Hauptversammlung nicht anwesenden oder nicht vertretenen Aktionäre materiell einen Abfindungsanspruch haben, sind auch diese abfindungsberechtigt. Darüber hinaus deuten die aktienrechtlichen Abfindungsregelungen (§§ 305, 320b, 327b AktG) darauf hin, daß die Anwesenheit der Aktionäre auf der Hauptversammlung grundsätzlich keine Obliegenheit darstellt und nur in den vom Gesetzgeber angeordneten Fällen (§ 29 Abs. 2 UmwG) gefordert werden kann. Insofern sind beim regulären Delisting auch die Aktionäre abfindungsberechtigt, die nicht an der Hauptversammlung teilnehmen.

b) Abfindungsverpflichtung Die Abfindungsberechtigung der Minderheitsaktionäre korrespondiert mit einer auf der Schuldnerseite bestehenden Abfindungsverpflichtung. Konnte aus der verfassungsrechtlich begründeten Abfindungspflicht die Abfindungsberechtigung der Minderheitsaktionäre noch unmittelbar entnommen werden, fällt dies im Hinblick auf die abfindungsverpflichteten Rechtssubjekte schwer, da sowohl die Gesellschaft als auch der oder die Großaktionäre als Verpflichtete in Betracht und beiden wirtschaftliche und rechtliche Vorteile zugute kommen. Der BGH macht zur Verpflichtung der Gesellschaft oder des Großaktionärs keine näheren Ausführungen. Er stellt lediglich fest, daß der Schutz der Minderheitsaktionäre nur durch das Vorlegen eines Kaufangebots gewährleistet werde.741 Zu untersuchen ist daher, ob die 740 741

Hüffer AktG, § 305 Rn. 4b m. w. N. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536.

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Gesellschaft und der Großaktionär zur Abfindung verpflichtet sind und in welchem Verhältnis eine mögliche Verpflichtung beider Rechtssubjekte zueinander steht. aa) Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft Zunächst ist für die Frage der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft zu untersuchen, wie sich eine solche Verpflichtung aus der zu Art. 14 Abs. 1 GG entwickelten Abfindungspflicht zugunsten der Minderheitsaktionäre begründen läßt. Besteht eine Abfindungspflicht der Gesellschaft, muß diese den Grundsatz der Kapitalerhaltung wahren, so daß zudem die Grenzen einer solchen Erwerbspflicht abzustecken sind. (1) Begru¨ndung der Abfindungsverpflichtung Die konkrete Verpflichtung der Gesellschaft zur Abfindung der Minderheitsaktionäre kann nicht unmittelbar der verfassungsrechtlichen Abfindungspflicht aus Art. 14 Abs. 1 GG entnommen werden, sondern folgt aus den Vorteilen des Delisting für die Gesellschaft. Die Abfindungspflicht gegenüber den Minderheitsaktionären beruht auf dem Gedanken, daß der Großaktionär aufgrund seiner Stimmenmacht in der Hauptversammlung zu Lasten der Minderheitsaktionäre für die Beantragung des Widerrufs der Börsenzulassung stimmen und damit seinen eigenen unternehmerischen Vorteil verwirklichen kann, ohne selbst von der mangelnden Verkehrsfähigkeit betroffen zu sein. Diese durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition steht im Spannungsverhältnis zu der Rechtsposition der Minderheitsaktionäre, die mit dem Delisting und seiner gesellschaftsrechtlichen Vorbereitung die für sie elementare und ebenfalls durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte erhöhte Verkehrsfähigkeit einbüßen. Den Nachteilen der Minderheitsaktionäre stehen unmittelbar die Vorteile der Gesellschaft gegenüber, die diese mit dem Delisting erreichen will. Als Vorteile können beispielsweise die wegfallenden Kosten und Informationspflichten bei einer Börsennotierung, die Aktivierung unausgeschöpfter Wertpotentiale und die Befreiung von aktienrechtlichen Sondervorschriften genannt werden.742 Diese wirtschaftlichen und rechtlichen Vorteile, die der Gesellschaft aufgrund der fehlenden Abfindungsregelung auf einfachgesetzlicher Ebene zu Lasten der Minderheitsaktionäre zukommen, verletzen das aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Schutzgebot, niemanden ungleich mit den Folgen des Delisting zu belasten. Die Gesellschaft ist demnach als Nutznießer der Vorteile gegenüber den Minderheitsaktionären zur Abfindung verpflichtet. Zwar kann sich die Gesellschaft auch gegenüber ihren Aktionären auf ihr Eigentumsgrundrecht über Art. 19 Abs. 3 GG berufen. Jedoch tritt diese Rechtsposition der Gesellschaft in der Frage des Delisting im Verhältnis zu ihren Eigentümern zurück, da die Aktionäre die originär Berechtigten sind, und die AG ihr Eigentumsgrundrecht nur von den Aktionären ableitet. 742

Vgl. dazu oben 2. Teil: D.I., S. 71 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Dem stehen auch keine Wertungen auf einfachgesetzlicher Ebene entgegen. Dies zeigt sich an den Abfindungsansprüchen nach §§ 305 Abs. 1, 320 b Abs. 1 AktG und §§ 29 Abs. 1, 207 Abs. 1 UmwG, § 5 SpruchG. Der Gesetzgeber hat im Rahmen seiner gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG die Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft beispielsweise für den Formwechsel nach § 207 Abs. 1 UmwG zum Ausdruck gebracht. Danach ist der formwechselnde Rechtsträger zur Abfindung verpflichtet. Zwar können diese gesellschaftsrechtlichen Regelungen aufgrund der mangelnden Vergleichbarkeit nicht analog auf das Delisting übertragen werden. Ihnen kann jedoch zumindest der Rechtsgedanke entnommen werden, daß auch die Gesellschaft zur Abfindung verpflichtet ist, wenn ihr im Rahmen der konkreten Maßnahmen rechtliche und wirtschaftliche Vorteile zufließen. So regelt § 207 Abs. 1 UmwG lediglich die Abfindungspflicht der Gesellschaft, nicht aber die der beschließenden Aktienmehrheit, obwohl die Vorteile des Formwechsels auch der jeweiligen Aktienmehrheit zugute kommen. Der Gesetzgeber hat damit im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit ausschließlich die Gesellschaft als abfindungsverpflichtet angesehen. Ähnliches gilt für die Verschmelzung nach § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG, denn dort ist der übernehmende Rechtsträger zur Abfindung derjenigen Aktionäre verpflichtet, die gegen den Beschluß des übertragenden Rechtsträgers Widerspruch erklärt haben. Da der übertragende Rechtsträger gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erlischt, kann nur noch der übernehmende Rechtsträger, insofern als Rechtsnachfolger des erloschenen Rechtsträgers, die Abfindungspflicht übernehmen. Ebenso wird beim Abschluß von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen nach § 305 Abs. 1 der andere Vertragsteil zur Abfindung verpflichtet.743 In allen Fällen wird diejenige Gesellschaft verpflichtet, der von der jeweiligen Maßnahme profitiert, so daß darin eine konkrete Wertung des Gesetzgebers zugunsten einer Abfindungsverpflichtung zu erblicken ist. Auch beim Delisting lassen sich wirtschaftliche und rechtliche Vorteile für die Gesellschaft und ihre Organe benennen.744 Die Gesellschaft ist daher grundsätzlich zur Abfindung der Minderheitsaktionäre aufgrund der Wertungen aus Art. 14 Abs. 1 GG und den einfachgesetzlichen Normen verpflichtet. (2) Grundsatz der Kapitalerhaltung als Grenze der Abfindungsverpflichtung Erwirbt die Gesellschaft im Rahmen ihrer Abfindungsverpflichtung Aktien gegen Zahlung einer Barabfindung zurück, unterliegt sie dem grundsätzlichen Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 AktG, das zur Nichtigkeit eines 743 Siehe zu der ehemals umstrittenen Frage, wer beim Abschluß von Unternehmensverträgen abfindungsverpflichtet ist: Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 17; Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 307 f.; Hüffer AktG, § 304 Rn. 4; nunmehr ist dieser Streit durch § 5 Nr. 1 SpruchG entschieden, da dort ausdrücklich der andere Vertragsteil als Antragsgegner im Spruchverfahren benannt ist. 744 Siehe 2. Teil: D., S. 79 ff.

D. Stellungnahme

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darauf gerichteten Geschäfts gemäß § 134 BGB führt745 und den jeweiligen Aktionär gemäß § 62 Abs. 1 AktG zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen verpflichtet. Der Erwerb eigener Aktien ist nur ausnahmsweise nach §§ 71 f. AktG746 zulässig. Auch für das Delisting hat der BGH auf die Grenzen der §§ 71 f. AktG hingewiesen, ohne aber eine konkrete Einordnung in die einzelnen Tatbestände des § 71 AktG vorzunehmen. Zunächst ist zu fragen, ob die Gesellschaft ausnahmsweise ihre eigenen Aktien erwerben darf. Ist der Erwerb zulässig, ist in einem weiteren Schritt über die zulässige Höhe eines Erwerbs und die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Erwerbsgrenze zu entscheiden. (a) Erlaubnis zum Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien könnte sich aus § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG ergeben, der den Aktienerwerb im Rahmen von zu leistenden Abfindungen der Gesellschaft bei Umwandlungen, beim Abschluß von Unternehmensverträgen oder Eingliederungen zuläßt.747 Dies würde allerdings voraussetzen, daß einer der dort genannten Vorgänge mit dem Delisting vergleichbar wäre. Eine Vergleichbarkeit zum Delisting könnte am ehesten mit dem Formwechsel bestehen. Dies ist jedoch abzulehnen, da der Formwechsel der AG in eine GmbH aufgrund der rechtlichen Veränderungen auf der Ebene der Geschäftsführung, der gesellschaftsrechtlichen Organisation und der Gesellschafter viel tiefgreifender ist, als das Delisting, das lediglich zur Beendigung der erhöhten Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktien führt.748 Aber schon die mangelnde strukturelle Übereinstimmung des Delisting-Vorganges mit dem Formwechsel läßt die Vergleichbarkeit der Interessenlage entfallen. Der Formwechsel einer AG in eine GmbH als vergleichbare Gestaltungsform zum Delisting wird nur wegen des Wegfalls der Verkehrsfähigkeit der Anteile in Erwägung gezogen. Für diesen Fall wäre aber § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG ohne Bedeutung, da die formwechselnde Gesellschaft, also die GmbH, abfindungsverpflichtet gewesen wäre und nur den weniger strengen Beschränkungen des § 33 GmbHG unterliegen würde. Beim Delisting bleibt die AG erhalten, und sie muß die Grenzen des § 71 AktG einhalten. Gegen die Übertragbarkeit des § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG wird weiter überzeugend eingewandt, daß die Übertragung des umwandlungsrechtlichen Modells auf das Delisting zu einer europarechtswidrigen 745 Vgl. nur Bayer in MünchKomm AktG, § 57 Rn. 152 ff. mit einer umfassenden Darstellung des Streitstandes. 746 Vgl. zur Änderung der Kapitalrichtlinie 77 / 91 / EWG vom 06. 09. 2006, ABl. L 264 / 32 vom 25. 09. 2006, Oechsler, ZHR 170 (2006), S. 72, 73 ff.; Drygala, Der Konzern 2007, 396; Cahn, Der Konzern 2007, 385. 747 So Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803; Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 71; Schlitt, ZIP 2004, 533, 537; Oechsler in MünchKomm AktG, § 71 Rn. 158; Kleindiek in FS Bezzenberger, S. 653, 666; Vollmer / Grupp, ZGR 1995, 459, 476; Hellwig, ZGR 1999, 781, 800. 748 Siehe bereits oben 4. Teil: D.I.2.c)aa), S. 171 ff.; ebenso H. Henze, NZG 2003, 649, 650; ders. in FS Raiser, S. 145, 156 f.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Zurückdrängung des Kapitalschutzes führen würde.749 Für den Formwechsel ist beispielsweise auf nationaler Ebene in § 207 Abs. 1, S. 1, 2. HS UmwG eine Ausnahme zu der aus § 71 Abs. 4 S. 2 AktG folgenden Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Geschäfts geregelt, die zu einer Lockerung des Kapitalschutzes führt. Verlangen nämlich mehr als 10 % der Aktionäre beim Formwechsel eine Abfindung, so liegt darin zwar ein Verstoß gegen die 10 %-Grenze in § 71 Abs. 2 S. 1 AktG, der aber nicht zur Nichtigkeit des schuldrechtlichen Geschäfts führt. Eine Rückforderung der gezahlten Abfindung kann nach § 62 Abs. 1 AktG nicht erfolgen.750 Diese Lockerung des Kapitalschutzes sieht Art. 20 Abs. 1 lit. d) in der zweiten Kapitalschutzrichtlinie 751 nur für Unternehmensumwandlungen oder für Beschränkungen der Übertragbarkeit von Aktien vor. Würde daher diese Lockerung auf das Delisting übertragen, käme es zu einer nicht richtlinienkonformen Ausweitung dieser Ausnahme.752 Des weiteren würde eine analoge Anwendung des § 71 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 AktG bedeuten, daß im Falle einer vorhersehbaren Überschreitung der 10 %-Grenze der Hauptversammlungsbeschluß rechtswidrig und anfechtbar753 oder sogar gemäß § 241 Nr. 3 AktG nichtig wäre754. Nur bei einer unvorhergesehenen Überschreitung bliebe der Beschluß gültig.755 Um eine Überschreitung zu verhindern, müßte für den Beschluß eine 90-prozentige Stimmenmehrheit gefordert werden.756 Dies steht aber zu den bisherigen Ergebnissen im Widerspruch, wonach eine einfache Stimmenmehrheit ausreichend ist.757 (b) Erlaubnis zum Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG Daher verbleibt nur die Möglichkeit, die Aktien im Rahmen eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zu erwerben, um der grundsätzlich bestehenden Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft nachzukommen.758 Soll die Gesellschaft daher selbst Aktien zum Zwecke der Abfindung erwerben, muß die Hauptversammlung dies mit einfacher Stimmenmehrheit unter Berücksichtigung der inhaltlichen Anforderungen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 Ekkenga, ZGR 2003, 878, 903. Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 207 Rn. 34. 751 Zweite Richtlinie 77 / 91 / EWG des Rates vom 13. 12. 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Art. 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. Nr. L 026 v. 31. 01. 1977, S. 1 ff. 752 Ekkenga, ZGR 2003, 878, 903. 753 Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 207 Rn. 39; Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 24. 754 So Oechsler in MünchKomm AktG, § 71 Rn. 315. 755 Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 25. 756 Ekkenga, ZGR 2003, 878, 904. 757 Siehe oben 4. Teil: D.II., S. 211 f. 758 So auch H. Henze, NZG 2003, 649, 650; ders. in FS Raiser, S. 145, 155. 749 750

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AktG beschließen. Neben weiteren inhaltlichen Angaben muß im Beschluß der Gegenwert für die Aktien festgelegt werden.759 Dies kann beim Delisting durch die Nennenung der Abfindungshöhe erfolgen, die sich aus der Bewertung ergibt760. Die Gesellschaft darf gemäß § 71 Abs. 2 S. 1 AktG nicht mehr als 10 % der auf das Grundkapital entfallenden Aktien erwerben.761 Da aber zum Zeitpunkt der Abstimmung über das Delisting in der Hauptversammlung noch nicht klar ist, welche Aktionäre abfindungsberechtigt sind762, kann die 10 %-Grenze leicht überschritten werden, was jeden Erwerb auf schuldrechtlicher Ebene gemäß § 71 Abs. 4 S. 2 AktG unwirksam werden läßt. Die Gesellschaft kann sich aufgrund der mangelnden Vergleichbarkeit der Vorgänge nicht auf die Privilegierung nach § 207 Abs. 1 S. 1, 2. HS UmwG bzw. § 29 Abs. 1 S. 1, 2. HS UmwG berufen. Ein Beschluß, der schon von vornherein auf die Überschreitung der 10 %-Grenze zielt oder aber auch unbewußt zur Überschreitung der 10 %-Grenze führt, soll nach einer Auffassung anfechtbar763 und nach einer anderen Ansicht sogar nach § 241 Nr. 3 AktG nichtig sein764. Im Ergebnis ist bei einem Verstoß gegen das Erwerbsverbot des § 71 AktG wegen seines gläubigerschützenden Zwecks von der Nichtigkeit des Ermächtigungsbeschlusses auszugehen.765 (c) Erma¨chtigungsbeschluß als Voraussetzung der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft? Da die AG eigene Aktien zur Erfüllung des Abfindungsanspruche nicht kraft Gesetzes nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG erwerben darf, muß die Hauptversammlung den Vorstand der Gesellschaft gesondert zum Erwerb eigener Aktien ermächtigen. Der Ermächtigungsbeschluß der Hauptversammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) 759 Wobei keine betragsmäßige Festlegung erfolgen muss, sondern lediglich wohl eine betragsmäßige Anbindung an den künftigen Börsenkurs erfolgen kann, vgl. nur Hüffer AktG, § 71 Rn. 19e. 760 Siehe dazu unten 4. Teil: D.V.4.c), S. 326 ff. 761 A.A. Lutter in FS Wiedemann, S. 1097, 1105 f., der die Grenze des § 71 Abs. 2 AktG in Verschmelzungsfällen für irrelevant hält, da die Gesellschaft gemäß § 29 UmwG bis zu 25 % des Grundkapitals erwerben dürfe, denn schließlich könne die Hauptversammlung mit dieser Mehrheit die Verschmelzung beschließen. Dadurch räume der Gesetzgeber dem Schutz der abfindungsberechtigten Aktionäre den Vorrang vor dem Gläubigerschutz ein. Dem ist für das reguläre Delisting nicht zuzustimmen, da auf einfachgesetzlicher Ebene kein Norm existiert, die einen Vorrang des Aktionärsschutzes regelt. Art. 19 der geänderten Kapitalrichtlinie 77 / 91 / EWG vom 06. 09. 2006, ABl. L 264 / 32 vom 25. 09. 2006 läßt Auslegungsspielraum, ob aus europarechtlicher Sicht die 10 %-Grenze weiter vorgesehen ist. Dies verneint Cahn, Der Konzern 2007, 385, 389 f. 762 Siehe dazu oben 4. Teil: D.V.2.a)dd) und ee), S. 276 ff. 763 Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 24; dies. in FS Boujong, S. 175, 191 f.; Martens in FS Boujong, S. 335, 341; vgl. zur Parallelproblematik beim Formwechsel Decher in Lutter UmwG, § 207 Rn. 18 m. w. N.; Meister-Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 207 Rn. 35. 764 Oechsler in MünchKomm AktG, § 71 Rn. 315. 765 Siehe dazu unten 4. Teil: D.VII.3.b)bb), S. 419 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

unterliegt anderen rechtlichen Voraussetzungen als der Delisting-Beschluß der Hauptversammlung, so daß es sich um zwei Beschlüsse der Hauptversammlung handelt, deren rechtliches Schicksal grundsätzlich getrennt zu beurteilen ist. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien notwendige Voraussetzung für die Entstehung der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft ist oder ob die Abfindungsverpflichtung unabhängig von dem Vorhandensein der Ermächtigung besteht und mit ihr lediglich die Erfüllbarkeit der Abfindung sichergestellt wird. Gegen die Annahme, daß die Ermächtigung eine notwendige Voraussetzung für die Entstehung der Abfindungsverpflichtung ist, spricht, daß alleiniger Rechtsgrund für die Abfindung die belastende Maßnahme, wie hier das Delisting, ist. Auch wenn etwa die Abfindungsverpflichtung aus § 305 Abs. 1 AktG auf das Delisting nicht analog angewendet werden kann, ergibt sich doch aus dieser Norm der Rechtsgedanke, daß die Abfindungsverpflichtung kraft Gesetzes bereits mit dem Beschluß der Hauptversammlung über den Unternehmensvertrag (§ 293 Abs. 1 AktG) und der Eintragung im Handelsregister (§ 294 Abs. 2 AktG) entsteht und nicht von der Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien abhängig sein soll. Systematisch spricht weiter dafür, daß die Erlaubnis nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG nur die Erfüllbarkeit betrifft und daß § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG nicht auf die Anspruchsgrundlage des Abfindungsanspruches (§ 305 Abs. 1 AktG) verweist, sondern lediglich auf § 305 Abs. 2 AktG, der die verschiedenen Abfindungsarten aufzählt. Insofern wird durch § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG nur der Erwerb eigener Aktien zum Zwecke der Abfindung sichergestellt. Gleiches muß daher auch für die Erwerbsermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG gelten, die die gleichen Rechtsfolgen hat wie § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG. Auch dem MacrotronUrteil des BGH kann nichts anderes entnommen werden. Der BGH spricht lediglich davon, daß das Abfindungsangebot „in den nach §§ 71 f. AktG bestehenden Grenzen“ vorgelegt werden muß.766 Daraus läßt sich nicht erkennen, daß der BGH die vorgenannte Regelungssystematik ändern wollte. Insofern ist davon auszugehen, daß die Erwerbsermächtigung die Erfüllbarkeit des Abfindungsanspruches betrifft. Beschließen die Aktionäre in der Hauptversammlung lediglich das Delisting, ermächtigen aber nicht gleichzeitig den Vorstand, eigene Aktien zu erwerben, ist die Gesellschaft aufgrund des Verbotes der Einlagenrückgewähr an dem Erwerb eigener Aktien gehindert und kann ihre Abfindungsverpflichtung nicht erfüllen. Der Hautpversammlungsbeschluß zum Delisting ohne eine Erwerbsermächtigung wäre aufgrund der fehlenden Erfüllbarkeit des Abfindungsanspruches anfechtbar.767 Da der Ermächtigungsbeschluß aber nur der einfachen Mehrheit bedarf, wird der Großaktionär regelmäßig auch über den Erwerb eigener Aktien entscheiden können.768 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. Siehe unten zu den Rechtsschutzmöglichkeiten 4. Teil: D.VII.3.c), S. 422 ff. 768 Vgl. zu den weiteren aktienrechtlichen Anforderungen an den Erwerb § 71 Abs. 2 S. 2 AktG sowie im einzelnen H. Henze, NZG 2003, 649, 651. 766 767

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Praktisch wird sich eine solche Abfindung durch die Gesellschaft daher nur anbieten, wenn vorhersehbar ist, daß weniger als 10 % der das Grundkapital repräsentierenden Aktionäre gegen die Beantragung des Delisting stimmen werden. Zwar ist die Gesellschaft bereits mit dem Beschluß der Hauptversammlung über das Delisting zur Abfindung verpflichtet. Für die Erfüllbarkeit des Abfindungsanspruches der abfindungsberechtigten Aktionäre gegenüber der Gesellschaft ist es jedoch erforderlich, daß die Hauptversammlung den Vorstand zudem zum Erwerb eigener Aktien ermächtigt (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG). bb) Abfindungsverpflichtung einer bestimmten Aktionärsgruppe Die Abfindungsverpflichtung eines einzelnen Aktionärs oder mehrerer Aktionäre könnte sich aus einer Analogie zu einfachgesetzlichen Regelungen oder aber aus der verfassungsrechtlichen Begründung der Abfindungspflicht zugunsten der Minderheitsaktionäre ergeben. Begrifflich wird dabei der abfindungsverpflichtete Aktionär als Großaktionär769 oder synonym als Mehrheitsaktionär770 bezeichnet. Abzulehnen ist die Bezeichnung der verpflichteten Aktionärsgruppe als Hauptaktionär771, da dieser Begriff im Rahmen des Squeeze-out gemäß § 327a Abs. 1 AktG bereits den Anteilsinhaber bezeichnet, der mit 95 % am Grundkapital beteiligt ist. (1) Begru¨ndbarkeit der Abfindungsverpflichtung im Wege der Analogie Für eine analoge Anwendung kommen auf einfachgesetzlicher Ebene zunächst die Regelungen zu den Unternehmensverträgen gemäß §§ 304 f. AktG in Betracht, die den anderen Vertragsteil als Abfindungsverpflichteten benennen.772 Teilweise wird eine solche Analogie bejaht, wobei die Unternehmereigenschaft eines Mehrheitsaktionärs i. S. d. §§ 16 ff. AktG, anders als bei direkter Anwendung der §§ 304 f. AktG, nicht erforderlich sei.773 Gegen eine solche Analogie spricht bereits die mangelnde Vergleichbarkeit des Delisting mit dem Abschluß eines Unternehmensvertrages.774 Zudem ist kein Grund ersichtlich, warum bei dieser Analogie So der BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. Vgl. H. Henze, NZG 2003, 649, 651; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803. 771 So aber Schlitt, ZIP 2004, 533, 536 f. 772 So H. Henze, NZG 2003, 649, 651 f.; ders. in FS Raiser, S. 145, 159; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803; Häuser / Thomas, WuB II A. § 119 AktG 1.03.; für eine Gesamtanalogie zu den §§ 205, 320b, 327b AktG und §§ 29, 207 UmwG, KG Berlin, Vorlagebeschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 296 f., allerdings widersprüchlich zur Ausführung auf S. 297, wonach es in bezug auf die Frage der Widerspruchsobliegenheit der Aktionäre zur Begründung der Abfindungspflicht zwischen dem Delisting und dem Formwechsel an der Vergleichbarkeit zu § 207 UmwG fehle. 773 H. Henze, NZG 2003, 649, 652. 774 Siehe dazu bereits oben 4. Teil: D.V.1.a)bb), S. 246 f. 769 770

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von dem Erfordernis der Unternehmereigenschaft, die § 291 Abs. 1 AktG voraussetzt775, abgewichen werden sollte. Zwar kann der das Delisting unterstützende Aktionär ein Unternehmen in diesem Sinne sein, dies ist aber nicht zwingend, beispielsweise wenn die Aktien von einzelnen Familienmitgliedern gehalten werden. Auch eine Analogie zu § 327a Abs. 1 AktG776 führt nicht weiter, da dort die Abfindung für die auf den Hauptaktionär übertragenen Aktien geleistet wird, während beim Delisting die aktienrechtliche Rechtsposition des einzelnen Aktionärs unangetastet bleibt.777 (2) Begru¨ndung der Abfindungspflicht eines einzelnen Aktiona¨rs gema¨ß Art. 14 Abs. 1 GG Die verfassungsrechtliche Begründung der Abfindungspflicht eines einzelnen Aktionärs gegenüber den Minderheitsaktionären gemäß Art. 14 Abs. 1 GG ist nur im Wege der verfassungskonformen Rechtsfortbildung möglich, da sich aus dem Eigentumsgrundrecht nicht unmittelbar eine Abfindungsverpflichtung eines bestimmten Rechtssubjekts entnehmen läßt. Einer solchen Rechtsfortbildung steht grundsätzlich das einfache Recht im Wege, da der Gesetzgeber im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG einen weiten Gestaltungsspielraum hat.778 Würde das einfache Recht aufgrund des Verfassungsrechts fortgebildet werden, verlöre das Privatrecht in letzter Konsequenz seine Eigenständigkeit.779 Ausnahmsweise kann die grundrechtliche Wertung zur Begründung konkreter privater Rechte herangezogen werden, wenn sich aus dem Grundrecht ein hinreichend bestimmtes Verhaltensgebot ableiten läßt und dem keine privatrechtlichen Regelungen auf einfachgesetzlicher Ebene entgegenstehen.780 Grundsätzlich könnte Art. 14 Abs. 1 GG das Verhaltensgebot entnommen werden, daß derjenige zum finanziellen Ausgleich gegenüber den Minderheitsaktionären verpflichtet ist, dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Vorteile des Delisting zukommen. Die Gewährung des finanziellen Ausgleichs beruht auf den ungleich von den Aktionären zu tragenden Folgen des Delisting, da den Minderheitsaktionären durch die wegfallende Börsenzulassung die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien genommen wird, während der Großaktionär auf diese VeräußerungsmöglichHüffer AktG, § 291 Rn. 5 f. Benecke, WM 2004, 1122, 1126. 777 Zutreffend Ekkenga, ZGR 2003, 878, 906; vgl. nunmehr zu den europarechtlichen Vorgaben der §§ 327a ff. AktG Art. 15 der Richtlinie 2004 / 25 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. 04. 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. Nr. L 142 v. 30. 04. 2004, S. 12, der in Art. 15 Abs. 5 eine angemessene Abfindung fordert, ohne jedoch ausdrücklich den Bieter als Abfindungsverpflichteten zu benennen. 778 Vgl. Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 44; Jung, JZ 2001, 1004, 1014. 779 Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 45; ebenso Diedrichsen, AcP 198 (1998), 171, 205 ff.; Stern in FS Wiedemann, S. 133, 148. 780 Jung, JZ 2001, 1004, 1008. 775 776

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keit nicht angewiesen ist. Bereits oben wurde die Abfindungsberechtigung derjenigen Aktionäre festgestellt, die die negativen Folgen des Delisting zu tragen haben. In Umkehrung dieses Gedankens hätte demnach derjenige Großaktionär die Abfindung zu zahlen, dem die Vorteile aus dem Börsenrückzug zufließen.781 Als Vorteil könnte beispielsweise die wegfallende Verpflichtung zur Abgabe eines Übernahmeangebots bei Erreichen einer bestimmten Beteiligungshöhe genannt werden.782 Diesem möglichen Verhaltensgebot der Großaktionäre auf Zahlung einer Abfindung stehen jedoch bereits auf einfachgesetzlicher Ebene aktienrechtliche Grundsätze entgegen, mit der sich der Gesetzgeber gegen ein solches Abfindungsverhältnis zwischen den Aktionären gewandt hat.783 Die mitgliedschaftliche Beteiligung an der AG kennzeichnet sich durch ihre betragsmäßige Begrenzung. Dies zeigt sich zum einen in der Begrenzung der Einlageverpflichtung auf den Ausgabebetrag gemäß § 54 Abs. 1 AktG und zum anderen an der Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 AktG. Diesen Normen liegt der Gedanke zugrunde, daß der einzelne Aktionär mit Erbringung der Einlage alles seinerseits Erforderliche getan und keine weiteren Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft und Dritten hat.784 Zwar gilt diese betragsmäßige Begrenzung nur unmittelbar gegenüber der Gesellschaft und gegenüber Dritten, jedoch zeigt der Gesetzgeber damit, daß der einzelne Aktionär nur bis zur Höhe seiner Einlage verpflichtet werden kann. Würde beim Delisting ein anderer Aktionär zur Abfindung verpflichtet, weitere Aktien gegen Barabfindung zu erwerben, würde die betragsmäßige Begrenzung seines finanziellen Engagements unterlaufen, die seiner privatautonomen Entscheidung entspricht. Des weiteren stellt die Inanspruchnahme eines Aktionärs zugunsten einer anderen Aktionärsgruppe die Ausnahme dar. Einzig im Fall des Squeeze-out und der Mehrheitseingliederung ist ein Mitaktionär verpflichtet, die Abfindung zu zahlen. Der gesetzgeberische Grund der Abfindung durch den Hauptaktionär oder die Hauptgesellschaft liegt in der Übertragung der Aktien von den Minderheitsaktionären auf den Hauptaktionär oder die Hauptgesellschaft.785 Das Delisting führt gerade nicht zu einem Entzug der mitgliedschaftlichen Rechte. Insofern ist die Abfindungsverpflichtung des Hauptaktionärs beim Squeeze-out und des Hauptgesellschafters bei der Mehrheitseingliederung als Ausnahme zu sehen, die den Grundsatz bestätigt, daß zwischen den einzelnen Aktio781 Wohl allein auf den Vorteil der Gesellschaft und des Mehrheitsaktionärs abstellend, aber ohne normative Begründung, H. Henze, NZG 2003, 649, 651; wohl auch Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 1 Rn. 111; ebenso unterscheidet auch das KG Berlin, Vorlagebeschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 296 nicht zwischen den Vorteilen der Gesellschaft und denen des Mehrheitsaktionärs. 782 Vgl. zu den weiteren Vorteilen des Großaktionärs oben 2. Teil: D.II., S. 79 ff. 783 Dies verkennt das KG Berlin, Vorlagebeschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 296 f., das allein die praktische Konkordanz zwischen Art. 14 und Art. 2 GG anspricht. 784 Zutreffend wird des weiteren eine Verpflichtung der Aktionäre gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 AktG abgelehnt, Ekkenga, ZGR 2003, 878, 905. 785 Für das Squeeze-out Hüffer AktG, § 327a Rn. 4; für die Mehrheitseingliederung Hüffer AktG § 320b Rn 2 m. w. N.

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nären keine unmittelbaren Pflichten bestehen.786 Zwar kann sich eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen den Aktionären aus der Satzung ergeben, die Übernahmerechte oder -pflichten bezüglich der Aktien in bestimmten Fällen vorsieht.787 Beim Delisting wird eine solche Satzungsregelung aber regelmäßig nicht vorliegen. Auch die Treuepflicht zwischen den Aktionären788 ändert daran nichts, da ein Verstoß lediglich zu Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüchen, zur Anfechtbarkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses sowie zur positiven Stimmpflicht des Minderheitsaktionärs führen kann.789 Die Treuepflicht dient demnach als Instrument zur Begrenzung des Mißbrauchs der mitgliedschaftlichen Stellung790, nicht aber zur Begründung einer eigenständigen Rechtsbeziehung zwischen den Aktionären.791 Somit ist eine bestimmte Aktionärsgruppe gesetzlich nicht zur Abfindung verpflichtet, da aktienrechtliche Grundsätze der Verpflichtung eines Großaktionärs entgegenstehen.792 Dieses Ergebnis wird auf verfassungsrechtlicher Ebene dadurch bestätigt, daß das BVerfG in seinem DAT / Altana-Beschluß eine Erwerbspflicht des Mehrheitsaktionärs ausdrücklich ablehnt, auch wenn ihm die Vorteile der jeweiligen Strukturmaßnahme, hier der Abschluß eines Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrages und die spätere Eingliederung, zukommen.793 Das Gericht betont damit die aus Art. 2 Abs. 1 GG folgende Privatautonomie des Mehrheitsaktionärs und insbesondere dessen vertragliche Abschlußfreiheit.794 Zudem sprechen die aus einer solchen Verpflichtung folgenden Abgrenzungsprobleme gegen die Verpflichtung eines einzelnen Aktionärs der Gesellschaft, wenn mehrere Großaktionäre vorhanden sind, die nur zusammen oder aber einzeln dem Delisting der Gesellschaft zugestimmt haben.795 Unklar bleibt, ab welcher Beteiligungshöhe 786 Flume, Die juristische Person, S. 268 ff., der dies auf den Unterschied zwischen Personengesellschaft und juristischer Person zurückführt; a. A. hingegen K. Schmidt, Gesellschaftsrecht S. 555 f. 787 Für die GmbH Flume, Die juristische Person, S. 260; ähnlich ablehnend für eine geforderte Nachzahlung der Aktionäre nach einer Verschmelzung OLG München, Urt. v. 27. 10. 2005 – 23 U 2826 / 05, DB 2006, 146. 788 Vgl. BGH, Urt. v. 20. 03. 1995 – II ZR 205 / 94, BGHZ 129, 136, 142 (Girmes). 789 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 595. 790 Flume, Die juristische Person, S. 270. 791 Ebenso Ekkenga, ZGR 2003, 878, 906 f. 792 Bei Annahme einer Abfindungsverpflichtung würde ein massives Abgrenzungsproblem hinzutreten, da anders als beim Squeeze-out oder der Mehrheitsingliederung kein geeignetes Abgrenzungskriterium zur Bestimmung des abfindungsverpflichteten Großaktionärs zur Verfügung stünde. 793 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 307 = NJW 1999, 3769, 3771 = WM 1999, 1666, 1669. 794 Ebenso Wasmann, WM 2004, 819, 821; ders. in KölnKomm SpruchG, § 1 Rn. 36; Krolop, Rückzug vom organisierten Kapitalmarkt, S. 260 f. 795 Vgl. zu den Abgrenzungsschwierigkeiten Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 1 Rn. 111; Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 61; Krolop, Rückzug vom organisierten Kapitalmarkt, S. 262 f.; dies ebenfalls andeutend Reger in Bürgers / Körber HeidelbergerKomm AktG § 119 Rn. 31.

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ein Aktionär als Großaktionär anzusehen ist oder ob allein die Zustimmung zum Delisting für eine Abfindungsverpflichtung ausreicht. Allein die Zustimmung zum Delisting reicht freilich nicht aus, da dann auch ein nur gering beteiligter Aktionär zur Abfindung verpflichtet wäre. Vielmehr müßte als Abgrenzungskriterium eine Mindestbeteiligung hinzutreten, deren Festlegung aber aufgrund fehlender gesetzlicher Anhaltspunkte regelmäßig willkürlich wäre. Die Ansicht des BGH, daß auch ein Großaktionär zur Abgabe eines Erwerbsangebotes gegenüber den Minderheitsaktionären verpflichtet sei796, ist daher abzulehnen. (3) Rechtsgescha¨ftliche Begru¨ndung der Abfindungsverpflichtung Nachdem die gesetzliche Abfindungsverpflichtung eines einzelnen Aktionärs abzulehnen ist, kann sich ein einzelner Aktionär, mehrere Aktionäre oder ein Investor797 nur auf rechtsgeschäftlichem Wege zur Zahlung einer Abfindung gegenüber den Minderheitsaktionären verpflichten.798 Im Rahmen der Privatautonomie ist es grundsätzlich jedem Aktionär freigestellt, ob er ein Abfindungsangebot gegenüber den Minderheitsaktionären abgeben will. Dieser privatautonomen Entscheidung kann aber beim Delisting eine wirtschaftliche Notwendigkeit zur Abgabe eines Abfindungsangebots gegenüberstehen, um das Delisting überhaupt durchführen zu können. (a) Wirtschaftliche Notwendigkeit zur Abgabe eines Abfindungsangebots durch einen Aktiona¨r Die wirtschaftliche Notwendigkeit zur Abgabe eines Abfindungsangebots durch einen Aktionär oder Investor ergibt sich aus der Anzahl der abfindungsberechtigten Minderheitsaktionäre. Ist damit zu rechnen, daß mehr als 10 % der das Grundkapital repräsentierenden Aktionäre abfindungsberechtigt sind, kann die Gesellschaft ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Abfindung der Minderheitsaktionäre aufgrund der zehn-prozentigen Erwerbsgrenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG nicht nachkommen. Die Gesellschaft könnte zwar bis zur 10 %-Grenze ihre Abfindungsverpflichtung gegenüber den abfindungsberechtigten Aktionären erfüllen. Jedoch hätten dadurch andere Aktionäre keinen Anspruch mehr aufgrund der durch § 71 Abs. 4 S. 2 AktG angeordneten Nichtigkeit eines solchen schuldrechtlichen Geschäfts. Ein solches Verhalten der Gesellschaft würde gegen das durch § 53a AktG garantierte Gleichbehandlungsgebot der abfindungsberechtigten Aktionäre verstoßen. Dem Gleichbehand796 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536, ebenso KG Berlin, Vorlagebeschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 296 f.; wohl offenlassend, da in dem entschiedenen Fall ein Aktionär ein Kaufangebot unterbreitet hatte BGH, Beschl. v. 25. 06. 2008 – II ZB 39 / 07, DB 2008, 1735, 1736; ebenso Henze, NZG 2003, 649, 651 f. 797 Als Investoren kommen insbesondere Private Equity – Gesellschaften in Betracht, die das Delisting durch ihr Erwerbsangebot absichern, vgl. dazu Grabherr, ÖBA 2003, 336, 342. 798 Ebenso Ekkenga, ZGR 2003, 878, 907.

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lungsgebot könnte zwar durch eine verhältnismäßige Abfindung aller abfindungsberechtigten Aktionäre nachgekommen werden. Jedoch würde den Minderheitsaktionären damit nicht der nach Art. 14 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gebotene volle finanzielle Ausgleich für ihre Aktien gewährt. Das Delisting wäre für den Fall einer Abfindungsberechtigung der Aktionäre, die mehr als 10 % des Grundkapitals ausmachen, undurchführbar, weil der Abfindungsanspruch durch die AG nicht erfüllt werden kann, obwohl das Delisting mit einfacher Mehrheit in der Hauptversammlung beschlossen werden kann799. Soll das Delisting aber dennoch durchgeführt werden, muß den Minderheitsaktionären ein anderer Aktionär oder ein Dritter, in der Regel ein Großaktionär, der ein eigenes unternehmerisches Interesse am Widerruf der Börsenzulassung hat, ein Erwerbsangebot unterbreiten, um einen Verstoß der Gesellschaft gegen die Kapitalschutzvorschriften zu verhindern.800 Ohne das Erwerbsangebot eines Bieters wäre weiterhin die AG gegenüber den abfindungsberechtigten Aktionären zur Abfindung verpflichtet. Der Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting wäre aufgrund der mangelnden Erfüllbarkeit des grundrechtlich geforderten Abfindungsanspruches und wegen des Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsregelungen anfechtbar.801 Die wirtschaftliche Notwendigkeit zur Abgabe eines Erwerbsangebots besteht allerdings nicht, wenn die Anzahl der abfindungsberechtigten Minderheitsaktionäre unter der Grenze von 10 % des Grundkapitals liegt und diese damit ihre Abfindung von der Gesellschaft verlangen können. (b) Rechtsgescha¨ftliche Begru¨ndung der Abfindung Die Erwerbsverpflichtung eines einzelnen oder mehrerer Aktionäre folgt aus einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung über den Aktienerwerb, die auf einem Angebot des bietenden Aktionärs und der Annahme durch die Minderheitsaktionäre beruht. Die Annahme eines solchen Angebots kann dabei aber nach den zuvor festgestellten Voraussetzungen der Abfindungsberechtigung nur erfolgen, wenn der jeweilige Minderheitsaktionär in der Hauptversammlung gegen das Delisting gestimmt hat. Würde er beispielsweise für das Delisting stimmen, aber gleichzeitig das Abfindungsangebot annehmen, verhielte er sich widersprüchlich.802 Denkbar ist dabei, bereits in der ablehnenden Abstimmung eine konkludente Annahme des Erwerbsangebots zu sehen. 799 Siehe oben 4. Teil: D.II., S. 211 ff.; Dieses Problem besteht auch, wenn man für den Beschluß über das Delisting eine Dreiviertel – Mehrheit fordert, da auch dann die Möglichkeit besteht, daß die Gesellschaft ihre Abfindungsverpflichtung nicht voll erfüllen kann. 800 Eine ähnliche Situation besteht bei Unternehmensumwandlungen, da dort die Gesellschaft zur Abfindung verpflichtet ist, aber gleichzeitig der Kapitalschutzvorschrift des § 71 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1 AktG unterliegt, jedoch mit einer 3 / 4 Mehrheit die Umwandlung beschließen kann; Decher in Lutter UmwG (2. Aufl.), § 207 Rn. 25; Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1413, 1420. 801 Siehe dazu unten 4. Teil: D.VII.3.b)bb), S. 419 ff.; davon zu unterscheiden ist die Nichtigkeit des Beschlusses über die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien. 802 Siehe dazu bereits oben 4. Teil: D.V.2.a)dd), S. 276 ff.

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Neben dem aus der Privatautonomie folgenden Prinzip der Freiheit einen Vertrag überhaupt abschließen zu wollen (Abschlußfreiheit) hat der bietende Aktionär grundsätzlich auch die Freiheit, das Erwerbsangebot nach seinen Vorstellungen und Bedürfnissen auszugestalten (Gestaltungsfreiheit). Dabei soll später auf die Frage eingegangen werden, ob für ein solches Erwerbsangebot die einschränkenden Regelungen des WpÜG gelten und die Angebotshöhe gesetzlich oder verfassungsrechtlich festgelegt ist.803 Hier soll zunächst der Frage nachgegangen werden, ob der bietende Aktionär sein Erwerbsangebot gegenüber den Minderheitsaktionären auf den Anteil begrenzen kann, der die Erwerbsgrenze der Gesellschaft von 10 % nach § 71 Abs. 2 AktG überschreitet. Das Erwerbsangebot würde danach die gesetzliche Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft nur ergänzen. Im Gegensatz dazu könnte der bietende Aktionär, wenn er sich zur Abgabe eines Angebots entschieden hat, aber auch zu einem Angebot gegenüber allen abfindungsberechtigten Minderheitsaktionären verpflichtet sein. Dieses Angebot würde eigenständig neben die grundsätzliche Angebotspflicht der Gesellschaft treten. Die erstgenannte Möglichkeit würde dazu führen, daß nicht alle Minderheitsaktionäre einen durchsetzbaren Anspruch gegen die Gesellschaft hätten, sondern sich teilweise an den bietenden Aktionär halten müßten.804 Umgekehrt könnten aber auch nicht alle Aktionäre das Angebot des bietenden Aktionärs annehmen, da der Umfang des Angebots geringer wäre als der Anteil der abfindungsberechtigten Minderheitsaktionäre. Die Begrenzung des Abfindungsangebots des bietenden Aktionärs auf den die 10 %-Grenze übersteigenden Anteil könnte ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot aller Aktionäre darstellen, da sich Unterschiede in der Qualität der Ansprüche und auch des jeweiligen Schuldners ergeben können. Als Rechtsgrundlage des Gleichbehandlungsgebots kommt § 53a AktG oder die Treuepflicht in Betracht.805 § 53a AktG scheidet als einschränkende Regelung aus, da Schuldnerin der Gleichbehandlungspflicht die AG gegenüber den Aktionären ist806, nicht aber der die Abfindung anbietende Aktionär. Das Erwerbsangebot eines Aktionärs betrifft vielmehr das Rechtsverhältnis zwischen den Aktionären. Eine Gleichbehandlungspflicht des abfindungsanbietenden Aktionärs gegenüber den Minderheitsaktionären kann sich daher nur aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ergeben807, da diese auch zwischen den Aktionären ihre Wirkung entfaltet808. Der Siehe unten 4. Teil: D.V.3.b)bb), S. 302 ff. Bereits oben ist festgestellt worden, daß die Gesellschaft ihre Abfindungsverpflichtung nur dann unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots erfüllen kann, wenn alle Aktionäre gegenüber der Gesellschaft ihren Anspruch geltend machen können. Überschreitet die Zahl der abfindungsberechtigten Aktionäre 10 % des Grundkapitals, kann die Gesellschaft ihrer Verpflichtung nicht mehr nachkommen. 805 Das Verhältnis zwischen § 53a AktG und den Treuepflichten ist bisher noch nicht geklärt, vgl. die Nachweise bei Hüffer AktG, § 53a Rn. 2. 806 Bungeroth in MünchKomm AktG, § 53a Rn. 5 m. w. N.; Hüffer AktG, § 53a Rn. 4. 807 Bungeroth in MünchKomm AktG, § 53a Rn. 5. 808 BGH, Urt. v. 26. 07. 1994 – II ZR 126 / 98, BGHZ 142, 167, 170 (Hilgers); BGH, Urt. v. 20. 03. 1995 – II ZR 205 / 94, BGHZ 129, 136, 142 (Girmes); BGH, Urt. v. 01. 02. 1988 – 803 804

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Mehrheitsaktionär ist danach verpflichtet, seine Machtstellung nicht zu Lasten der Minderheitsaktionäre auszuüben. Gibt ein Aktionär ein Erwerbsangebot ab, das den die 10 %-Grenze übersteigenden Anteil abdeckt, kann dies zur Beeinträchtigung der Interessen der Minderheitsaktionäre führen, da ein Teil der Aktionäre das Angebot des bietenden Aktionärs annehmen müßte und nicht mehr auf den gesetzlichen Anspruch gegen die Gesellschaft zurückgreifen könnte. Umgekehrt kann möglicherweise nur ein Teil der Minderheitsaktionäre ein höheres Abfindungsangebot des Mitaktionärs annehmen, während der andere Teil auf den niedrigeren Anspruch gegen die Gesellschaft angewiesen ist. Ein in der Anzahl begrenztes Angebot durch den bietenden Aktionär verstößt damit gegen die ihm obliegenden Treuepflicht gegenüber den Mitaktionären. Unabhängig von der Frage, ob das WpÜG anwendbar ist, würde einem solchen Vorgehen des bietenden Aktionärs auch der Rechtsgedanke des § 3 Abs. 1 WpÜG entgegenstehen, der die Gleichbehandlung der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft fordert.809 Zwar läßt § 19 WpÜG als Sonderregelung zu § 3 WpÜG indirekt Teilangebote bei freiwilligen Erwerbsangeboten zu, indem die das Angebot annehmenden Aktionäre verhältnismäßig berücksichtigt werden. Der Rechtsgedanke ist jedoch nicht auf das Delisting übertragbar, da aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 14 Abs. 1 GG allen durch das Delisting betroffenen Aktionären der Austritt aus der Gesellschaft ermöglicht werden muß. Somit muß das Erwerbsangebot des bietenden Aktionärs an alle abfindungsberechtigten Aktionäre gerichtet sein und kann sich nicht nur auf den Anteil beschränken, der nicht von der Gesellschaft abgedeckt werden kann. (c) Garantie als rechtsgestalterische Alternative zum Erwerbsangebot Alternativ zum Erwerbsangebot eines Bieters könnte auch eine Garantie des Großaktionärs oder eines anderen Aktionärs mit dem Inhalt in Betracht kommen, mit der die Erfüllung der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft garantiert wird. Eine Garantie würde ihre Bedeutung dort erlangen, wo mehr Aktionäre abfindungsberechtigt sind, als die nach § 71 Abs. 2 AktG zulässigen 10 % des Grundkapitals und die Gesellschaft nur einen Teil ihrer Abfindungsverpflichtung erfüllen kann. Die Garantie führt, ebenso wie ein Teilerwerbsangebot eines Bieters, zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung der Aktionäre, die ihre Abfindung auf der Grundlage der Garantie erhalten, während die anderen Aktionäre ihren Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft geltend machen können.810 Die Garantie ist ein Sicherungsmittel, daß dem Garantieinhaber das Recht zur Forderung II ZR 75 / 87, BGHZ 103, 184, 194 f. (Linotype); Bungeroth in MünchKomm AktG, Vor § 53a Rn. 18 m. w. N. 809 Näher dazu Versteegen in KölnKomm WpÜG, § 3 Rn. 21 f.; der Rechtsgedanke des § 32 WpÜG muß außer Betracht bleiben, da dieses Verbot von Teilangeboten nur für Übernahmeangebote gilt, die auf den Erwerb der Kontrolle gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG gerichtet sind. 810 Siehe dazu soeben 4. Teil: D.V.2.b)bb)(3)(b), S. 292 ff.

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anstelle der ursprünglichen Forderung verleiht. Allerdings kann die grundrechtlich gebotene Abfindung der Minderheitsaktionäre nicht durch ein Sicherungsmittel gewährleistet werden. Zudem würde damit wohl die für ein Erwerbsangebot geltenden besonderen Bestimmungen nach dem WpÜG umgangen, da eine Garantie nicht als Angebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG anzusehen ist. Daher stellt die Garantie eines Großaktionärs für die Aktionäre, die Aktien halten, die die 10 %-Grenze des § 71 Abs. 2 AktG überschreiten, keine rechtsgestalterisch zulässige Alternative dar. cc) Zwischenergebnis Ein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung besteht nur gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber dem Großaktionär der Gesellschaft, da einer solchen Verpflichtung insbesondere der Rechtsgedanke der Haftungsbegrenzung auf die geleistete Einlage entgegensteht. Ein einzelner Aktionär kann sich aber gegenüber den abfindungsberechtigten Minderheitsaktionären rechtsgeschäftlich zur Zahlung einer Abfindung verpflichten, wobei er dabei allen abfindungsberechtigten Minderheitsaktionären ein Erwerbsangebot unterbreiten muß. Eine Garantie eines Großaktionärs, daß er die Erfüllung der Abfindung der Aktionäre gewährleiste, daß die aufgrund der 10 %-Grenze des § 71 Abs. 2 AktG nicht von der Gesellschaft abgefunden werden können, ist aufgrund der Ungleichbehandlung der jeweils abfindungsberechtigten Aktionäre unzulässig. Die Abfindungspflicht der Gesellschaft wird durch die Kapitalschutzvorschriften begrenzt und beschränkt sich auf einen Anteil von 10 % am Grundkapital. c) Verhältnis der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft und des Erwerbsangebots eines Aktionärs oder mehrerer Aktionäre zueinander Gibt ein einzelner Aktionär ein freiwilliges Erwerbsangebot ab, stellt sich die Frage, ob die gesetzlich zur Abfindung verpflichtete Gesellschaft und der bietende Aktionär gesamtschuldnerisch für die Erfüllung der Abfindung haften. An die Einordnung als Gesamtschuld knüpft sich insbesondere die Erfüllungswirkung des § 422 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner auch für die übrigen Schuldner wirkt. Würden die Gesellschaft und der bietende Aktionär gesamtschuldnerisch haften, ließe beispielweise die Erfüllung der vertraglichen Abfindungsverpflichtung des Aktionärs die gesetzliche Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft entfallen. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschaft und des Mehrheitsaktionärs wird teilweise angenommen.811 Sie beruht im wesentlichen auf dem Gedanken, daß die Gesellschaft und der Großaktionär kraft Gesetzes zur Abfindung verpflichtet sind. Dem ist nicht zuzustimmen, da schon kein 811 Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 803; Schlitt, ZIP 2004, 533, 537; a. A. Ekkenga, ZGR 2003, 878, 908.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Gesamtschuldverhältnis vorliegt. Gesamtschuldner sind gemäß § 421 S. 1 BGB diejenigen Personen, die zusammen eine Leistung in der Weise schulden, daß jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet ist, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal verlangen kann. Zwar ist die Gesellschaft gesetzlich und der bietende Aktionär nach Annahme seines Erwerbsangebots rechtsgeschäftlich zur Zahlung der Abfindung verpflichtet812, jedoch trifft nicht beide die volle Leistungspflicht, wie dies § 421 S. 1 BGB voraussetzt. Die Gesellschaft ist zwar verpflichtet, den abfindungsberechtigten Aktionären eine Abfindung zu gewähren, jedoch kann diese Verpflichtung nur bis zur Grenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG erfüllt werden, da sie nur in Höhe von 10 % des Grundkapitals Aktien erwerben darf. Den bietenden Aktionär trifft hingegen eine weitergehende Verpflichtung, da er bei Annahme seines Erwerbsangebots nicht den Grenzen des § 71 Abs. 2 AktG unterliegt, so daß seine Verpflichtung auch über die 10 %-Grenze hinausgehen kann. Demnach kann ein abfindungsberechtigter Minderheitsaktionär von dem bietenden Aktionär zwar die Erfüllung seines Erwerbsangebots verlangen, nicht aber von der Gesellschaft, wenn die 10 %-Grenze überschritten ist. Ein Gesamtschuldverhältnis zwischen der Abfindungspflicht der Gesellschaft und der Verpflichtung eines Aktionärs aus einem Erwerbsangebot besteht daher nicht.813 Damit wirkt die Erfüllung der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung des bietenden Aktionärs nicht i. S. d. § 422 Abs. 1 S. 1 BGB gegenüber der abfindungsverpflichteten Gesellschaft. Dies führt aber nicht dazu, daß ein abfindungsberechtigter Minderheitsaktionär die Abfindung zweimal fordern könnte. Ein solches Verhalten wäre zumindest rechtsmißbräuchlich. Die rechtsgeschäftliche Abfindungsverpflichtung des bietenden Aktionärs ersetzt auch nicht die gesetzliche Verpflichtung der Gesellschaft zur Abfindungszahlung, da der abfindungsberechtigte Aktionär als Gläubiger einem Wechsel der Abfindungsverpflichtung von der Gesellschaft auf den bietenden Aktionär nach den Regeln der Schuldübernahme gemäß § 415 Abs. 1 S. 1 BGB zustimmen müßte. Davon ist aber regelmäßig nicht auszugehen. Die Zustimmung kann insbesondere nicht in der Annahme des Erwerbsangebots gegenüber dem bietenden Aktionär gesehen werden, da dies einem Verzicht auf den gesetzlichen Anspruch gegen die Gesellschaft gleichkommen würde. Ebenfalls das Verhältnis der beiden Abfindungsverpflichtungen betrifft die Frage, wie sich die Gesellschaft verhält, wenn mehr als 10 % der das Grundkapital repräsentierenden Aktionäre abfindungsberechtigt sind und ihr gegenüber den gesetzlichen Abfindungsanspruch geltend machen. Die Gesellschaft ist gemäß § 71 Abs. 2 S. 1 AktG daran gehindert, mehr als 10 % der auf das Grundkapital ent812 Die Ablehnung der Gesamtschuldnerschaft kann nicht auf das früher vertretene ungeschriebene Kriterium des einheitlichen Schuldgrundes gestützt werden, da das Gesetz einen solchen nicht fordert, vgl. Bydlinski in MünchKomm BGB, § 421 Rn. 10. 813 Geben mehrere Aktionäre gemeinsam ein Erwerbsangebot ab oder aber auch einzeln, ist von einem Gesamtschuldverhältnis i. S. d. § 421 BGB für die Verpflichtung der Aktionäre aus dem Erwerbsangebot auszugehen.

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fallenden Aktien zu erwerben. Eine dennoch erfolgende Zahlung würde eine verbotene Einlagenrückgewähr gemäß §§ 57 Abs. 1 S. 1, 62 Abs. 1 AktG darstellen. Das schuldrechtliche Geschäft wäre gemäß § 71 Abs. 4 S. 2 AktG nichtig. Vorstand und Aufsichtsrat könnten sich bei dennoch erfolgendem Erwerb gemäß §§ 93, 116 AktG schadensersatzpflichtig machen. § 71 Abs. 4 S. 2 AktG ist demnach eine rechtsvernichtende Einwendung gegenüber dem gesetzlichen Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft. Die Gesellschaft kann den abfindungsberechtigten Minderheitsaktionär an den bietenden Aktionär verweisen, der den Aktionären ein Erwerbsangebot unterbreitet hat, um die Durchführung des Delisting zu gewährleisten. Dabei unterliegt das Erwerbsangebot des bietenden Aktionärs den gleichen Anforderungen wie das Abfindungsangebot der Gesellschaft814, da ansonsten die Aktionäre, die ihren Anspruch gegenüber der Gesellschaft nicht durchsetzen können, gegenüber den Aktionären, die ihre Ansprüche erfolgreich gegen die Gesellschaft richten konnten, unzulässig i. S. d. § 53a AktG ungleich behandelt würden. d) Ergebnis Die Abfindungsberechtigung der Minderheitsaktionäre gründet sich auf Art. 14 Abs. 1 GG und den Nachteilen, die die Minderheitsaktionäre im Verhältnis zu den Großaktionären zu tragen haben. Zur Abgrenzung der abfindungsberechtigten Aktionäre von den übrigen Aktionären ist auf das ablehnende Abstimmungsverhalten oder die Enthaltung der jeweiligen Aktionäre beim Hauptversammlungsbeschluß über das Delisting abzustellen. Auch nicht auf der Hautpversammlung anwesende Aktionäre sind abfindungsberechtigt. Abfindungsverpflichtet ist nur die Gesellschaft, nicht aber ein einzelner Aktionär, da nur die Gesellschaft gesetzlich dazu verpflichtet ist. Die Gesellschaft unterliegt dabei der Kapitalschutzvorschrift des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG, die den zulässigen Erwerbsanteil auf 10 % des Grundkapitals begrenzt. Ein einzelner Aktionär kann sich nur im Wege eines rechtsgeschäftlichen Erwerbs zur Zahlung einer Abfindung gegenüber den Minderheitsaktionären verpflichten. Besteht eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung eines einzelnen oder mehrerer Aktionäre, haften beide abfindungsverpflichteten Rechtssubjekte nicht gesamtschuldnerisch. 3. Rechtliche Ausgestaltung des Abfindungsanspruches und des rechtsgeschäftlichen Erwerbsangebots Unter der Überschrift der inhaltlichen Ausgestaltung des Abfindungsanspruches gegen die Gesellschaft sind Fragen nach der Notwendigkeit einer rechtsgeschäftlichen Annahme durch den abfindungsberechtigten Aktionär, ähnlich wie bei den Umwandlungsvorgängen, die Beachtung der besonderen Voraussetzungen des 814 Siehe dazu insbesondere im Hinblick auf die Angebotshöhe unten 4. Teil: D.V.4., S. 321 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

WpÜG, eine etwaige Befristung des Abfindungsanspruches, dem Zeitpunkt, ab welchem den Aktionären die Abfindung zu gewähren ist sowie die Entstehung und Fälligkeit des Abfindungsanspruches zu fassen. Auch im Hinblick auf das rechtsgeschäftliche Erwerbsangebot eines Aktionärs ist die Beachtung des WpÜG, eine etwaige zeitliche Begrenzung des Angebots und die Entstehung und Fälligkeit des Anspruches aus einem solchen Angebot zu untersuchen. a) Rechtsgeschäftliche Annahme als Voraussetzung des Abfindungsanspruches Die rechtsgeschäftliche Annahme ist im Falle eines Erwerbsangebots eines einzelnen oder mehrerer Aktionäre zwingende Voraussetzung eines Abfindungsanspruches, da dieser auf einem Vertrag zwischen dem bietenden Aktionär und dem aufgrund seiner ablehnenden Abstimmung in der Hauptversammlung abfindungsberechtigten Minderheitsaktionär beruht. Gleiches könnte auch für die Abfindungspflicht der Gesellschaft gelten, die den abfindungsberechtigten Minderheitsaktionären beim Delisting eine Abfindung zu gewähren hat, da die im Rahmen des Formwechsels nach § 207 Abs. 1 UmwG zu gewährende Abfindung als Angebot auf Abschluß des schuldrechtlichen Geschäfts über die Leistung der Barabfindung angesehen wird815. Die Einordnung der Abfindung nach § 207 UmwG als schuldrechtlicher Vertrag zwischen Gesellschaft und Aktionär ergebe sich aus der Nichtigkeitsregelung des § 71 Abs. 4 S. 2 AktG, der von dem schuldrechtlichen Geschäft über den Aktienerwerb spreche, von dem § 207 Abs. 1 S. 1, 2. HS UmwG eine Ausnahme macht. Gleiches gelte auch für das Abfindungsangebot nach § 29 Abs. 1 UmwG.816 Dieses vom Umwandlungsgesetzgeber gewählte Modell kann jedoch nicht auf die Abfindungspflicht beim Delisting übertragen werden, da die Abfindungspflicht gegenüber den Minderheitsaktionären beim Delisting kraft Gesetzes zu erfolgen hat, wenn sich die Aktionäre der Gesellschaft mehrheitlich für das Delisting in der Hauptversammlung entscheiden.817 Auch folgt aus dem im UmwG gewählten Modell für die gesellschaftsrechtliche Abfindung kein allgemeingültiger Grundsatz, der die Abfindungsgewährung an die Bedingung der rechtsgeschäftlichen Annahme durch den einzelnen Aktionär knüpft. So ist die Abfindung beim Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages gemäß § 305 Abs. 1 AktG kraft Gesetzes zu gewähren, ohne daß eine rechtsgeschäftliche Annahme des abfindungsberechtigten Aktionärs erforderlich wäre.818 Dabei ist die Verpflichtung zum Er815 Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 207 Rn. 42; Limmer in Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Rn. 2328; Decher in Lutter UmwG, § 207 Rn. 2. 816 Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG § 29 Rn. 14; Limmer in Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, Rn. 739. 817 A.A. Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 66. 818 BGH, Urt. v. 20. 05. 1997 – II ZB 9 / 96, BGHZ 135, 374, 380 (Guano), wobei der BGH als Rechtsgrundlage des Abfindungsanspruches den Unternehmensvertrag als Vertrag

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werb allerdings befristet. Anders hingegen die Regelungen zur Verschmelzung (§ 31 UmwG) und zum Formwechsel (§ 209 UmwG), die ausdrücklich die rechtsgeschäftliche Annahme befristen. Daher bedarf es zur Entstehung des Abfindungsanspruches gegenüber der Gesellschaft keiner rechtsgeschäftlichen Annahme durch den einzelnen abfindungsberechtigten Aktionär. b) Beachtung der besonderen Voraussetzungen des WpÜG Weitere Anforderungen an die von der Gesellschaft zu leistende Abfindung oder an das von einem Aktionär abgegebene Erwerbsangebot können sich aus dem Übernahmerecht ergeben, da die Gesellschaft oder der bietende Aktionär Aktien i. S. d. § 1 WpÜG erwirbt, die zum Handel an der Börse zugelassen sind. Das WpÜG enthält dazu bestimmte Voraussetzungen über den Ablauf und den Erwerb von börsenzugelassenen Aktien. Dabei wird zwischen freiwilligen Erwerbsangeboten (§§ 10 ff. WpÜG), Übernahmeangeboten (§§ 29 ff. WpÜG), und Pflichtangeboten (§§ 35 ff. WpÜG) unterschieden. Übernahmeangebote sind nach § 29 Abs. 1 WpÜG Angebote, die auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind, mithin gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG den Erwerb von mindestens 30 % der Stimmrechte an der Zielgesellschaft. Die Pflicht zur Abgabe eines Übernahmeangebots wird durch die unmittelbare oder mittelbare Kontrollerlangung i. S. d. § 29 Abs. 2 WpÜG über eine Zielgesellschaft gemäß § 35 Abs. 1 WpÜG ausgelöst. Beim regulären Delisting kommt es regelmäßig nicht zur Kontrollerlangung, da der Anteil der von den Minderheitsaktionären gehaltenen Aktien weit geringer als 30 % ist und regelmäßig ein Aktionär die Gesellschaft kontrolliert, so daß die Regelungen über das Pflichtangebot nicht zur Anwendung kommen.819 Gleiches gilt auch für das Übernahmeangebot.820 Daher ist fraglich, ob die Regelungen über das freiwillige Erwerbsangebot nach §§ 10 ff. WpÜG beim Delisting eingreifen. Dabei ist zwischen der Abfindung durch die Gesellschaft und durch einen Aktionär oder Dritten zu unterscheiden. aa) Abfindungspflicht der Gesellschaft und WpÜG Die Anwendung der Regelungen über freiwillige Erwerbsangebote nach §§ 10 ff. WpÜG auf die von der Gesellschaft zu leistende Abfindung gegenüber den Minderheitsaktionären setzt voraus, daß die Abfindung der Gesellschaft als Angebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG einzuordnen ist. Gemäß § 2 Abs. 1 WpÜG sind zugunsten Dritter gemäß § 328 BGB wertet. Dagegen wendet sich zu Recht Luttermann, JZ 1997, 1183, 1183 f.; ebenso Hüffer AktG, § 305 Rn. 4b. 819 Gänzlich ausgeschlossen ist die Frage, ob beispielsweise ein einzelner Aktionär die 30 %-Schwelle überschreitet, jedoch nicht, wenn er etwa durch sein Erwerbsangebot diese Grenze überschreiten kann und demnach die Kontrolle über die Gesellschaft erlangt. Dennoch konzentriert sich die Untersuchung auf die Frage, ob die Regeln über das freiwillige Angebot zur Anwendung kommen. 820 Ebenso Land / Behnke, DB 2003, 2531, 2532.

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Angebote freiwillige oder aufgrund einer Verpflichtung nach dem WpÜG erfolgende öffentliche Kauf- oder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft. Besteht außerhalb des WpÜG eine Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots, sind solche Angebote vom Anwendungsbereich ausgeschlossen, da sie nicht freiwillig sind.821 Dies gilt insbesondere für Abfindungsangebote nach §§ 29, 207 UmwG bzw. §§ 305, 320b AktG. Die Abfindungsverpflichtung beim Delisting wird in der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 1 WpÜG nicht erwähnt.822 Sie könnte aber ebenfalls unter diesen Anwendungsausschluß fallen, wenn sie mit denen nach §§ 29, 207 UmwG bzw. §§ 305, 320b AktG vergleichbar ist und davon ausgegangen werden kann, daß der Gesetzgeber auch einen solchen Ausschluß bei Kenntnis dieses Sachverhalts bejaht hätte. Für die Vergleichbarkeit spricht zunächst, daß die Abfindungspflicht der Gesellschaft gegenüber den Minderheitsaktionären auf gesetzlicher Grundlage nach Art. 14 Abs. 1 GG zu erfolgen hat.823 Dieser Anspruch besteht unmittelbar kraft Gesetzes gegenüber der Gesellschaft und bedarf anders als bei §§ 29, 207 UmwG zu seiner Entstehung keiner rechtsgeschäftlichen Annahme durch den abfindungsberechtigten Minderheitsaktionär. Letztendlich beruhen aber auch diese Abfindungsregelungen auf dem Gesetz, da sie die Gesellschaft zur Abgabe eines Abfindungsangebots verpflichten. Ob aber der Gesetzgeber bei Kenntnis auch die Abfindung beim Delisting nicht unter den Begriff des Angebots i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG gefaßt hätte, bleibt fraglich, da für die Umwandlungsvorgänge ausreichende Schutzvorkehrungen in Form von bestimmten Verfahrensvorschriften, wie beispielsweise Annahmefristen nach §§ 31, 209 UmwG oder die gerichtliche Überprüfung der Abfindung im Spruchverfahren nach §§ 34, 212 UmwG zugunsten der Aktionäre bestehen, und die Aktionäre daher eines zusätzlichen Schutzes nach dem WpÜG nicht bedürfen. Der Sinn und Zweck des Ausschlusses anderer gesetzlicher Abfindungsverpflichtungen aus § 2 Abs. 1 WpÜG spricht daher für die Einbeziehung des Delisting in das WpÜG, da auf aktienrechtlicher Ebene keine mit den Schutzvorschriften des WpÜG vergleichbaren gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Minderheitsaktionäre 824 vorhanden sind.825 Den Gesetzesmaterialien sind diese Erwägungen zum Sinn und 821 BT-Drucks. 14 / 7034, S. 34; Schüppen in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 2 Rn. 16; Versteegen in KölnKomm WpÜG, § 2 Rn. 67; Land / Behnke, DB 2003, 2531, 2533. 822 Vgl. BT-Drucks. 14 / 7034, S. 34. 823 Siehe oben 4. Teil: D.V.2.b)aa)(1), S. 281 f.; von einer gesetzlichen Angebotspflicht ausgehend Schlitt, ZIP 2004, 533, 538; zweifelnd Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 988, die von einer privatautonomen Entscheidung der Gesellschaft ausgehen und nicht zwischen der Abfindung durch die Gesellschaft und einem Aktionär unterscheiden. 824 A. A. Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 988 f. 825 Im Ergebnis ebenso, Steinmeyer / Häger WpÜG (1. Aufl.), § 2 Rn. 2; Versteegen in KölnKomm WpÜG, § 2 Rn. 76, die die Freiwilligkeit damit bejahen, daß die Entscheidung zum Delisting auf freiwilliger Basis erfolgt sei. Mit diesem Argument ließe sich allerdings auch die Abfindung nach einem Formwechsel gemäß § 207 UmwG unter das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz subsumieren, das aber ausdrücklich nach der Gesetzesbegrün-

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Zweck allerdings nicht zu entnehmen, so daß grundsätzlich jede gesetzliche Abfindungspflicht außerhalb des WpÜG nicht als Angebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG zu qualifizieren ist.826 Gegen die Einordnung der Abfindungspflicht der Gesellschaft als Angebot nach § 2 Abs. 1 WpÜG spricht des weiteren, daß das WpÜG von einem Vertragsmodell ausgeht, also ein rechtsgeschäftliches Erwerbsangebot voraussetzt, das durch den einzelnen Aktionär der Zielgesellschaft in einer bestimmten Frist nach § 16 Abs. 1 WpÜG angenommen werden muß. Die Abfindungspflicht beim Delisting ist allerdings mangels seiner einfachgesetzlichen Ausformung ein kraft Gesetzes bestehender Anspruch gegenüber der Gesellschaft, der keiner weiteren rechtsgeschäftlichen Handlung durch den einzelnen Aktionär bedarf. Allerdings ist die alleinige Berufung auf das Macrotron-Urteil des BGH827, der im Wege der Rechtsfortbildung die Abfindungspflicht der Gesellschaft begründet hat, nicht mit der bei § 2 Abs. 1 WpÜG zu fordernden Gesetzesqualität gleichzusetzen828, da die Rechtsprechung ihre Auffassung wieder aufgeben kann. Jedoch muß sich die Rechtsfortbildung der Gerichte aufgrund ihrer Gesetzesbindung letztlich doch wieder auf eine gesetzliche Grundlage zurückführen lassen. Die Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft beim Delisting folgt aus Art. 14 Abs. 1 GG, weil das Delisting eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung darstellt. Somit unterfällt die durch die Gesellschaft zu leistende Abfindung allein aufgrund der durch Art. 14 Abs. 1 GG begründeten Abfindungspflicht nicht dem Angebotsbegriff des § 2 Abs. 1 WpÜG.829 Diese Beurteilung ändert sich auch nicht durch die Vorgaben aus der Übernahmerichtlinie830, da die Richtlinie gemäß Art. 2 Abs. 1 a) nur Übernahmeangebote, die auf die Erlangung der Kontrolle gerichtet sind und Pflichtangebote, die nach der Erlangung der Kontrolle abzugeben sind, reguliert und nationale Regelungen nicht ausschließt.831 dung von dem Anwendungsbereich ausgenommen ist. Daher kann es auf die der Abfindungspflicht vorgelagerte Entscheidung für die Freiwilligkeit nicht ankommen. A. A. Santelmann in Steinmeyer / Häger, WpÜG, § 2 Rn. 5. 826 Ebenso Land / Behnke, DB 2003, 2531, 2533; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804; Pötzsch in Assmann / Pötzsch / Schneider WpÜG, § 2 Rn. 15. 827 So T. Baums / Hecker in Baums / Thoma WpÜG, § 2 Rn. 14. 828 So aus einer praxisorientierten Sicht Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 989; Land / Behnke, DB 2003, 2531, 2533; a. A. Schüppen in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 2 Rn. 16; Pluskat, BKR 2007, 54, 57. 829 Ebenso Hommelhoff / Witt in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 35 Rn. 47. 830 Richtlinie 2004 / 25 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. 04. 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. Nr. L 142 v. 30. 04. 2004, S. 12 ff. 831 Die Übernahmerichtlinie bezweckt keine Maximalharmonisierung und schließt damit strengere nationale Regelungen zu Erwerbsangeboten nicht aus, vgl. zu der Frage einer strengeren gesetzlichen Lösung auf nationaler Ebene Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 238 ff.; Kindler / Horstmann, DStR 2004, 866, 867; Merkt / Binder, BB 2006, 1285, 1287.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Gegen die Einbeziehung der Abfindungspflicht der Gesellschaft in den Anwendungsbereich des WpÜG spricht des weiteren, daß mit der Bejahung der Angebotsqualität i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG ferner fraglich wäre, ob der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft überhaupt unter die Angebotsdefinition des § 2 Abs. 1 WpÜG zu fassen wäre832, da die Gesellschaft gleichzeitig Bieter und Zielgesellschaft wäre, der Gesetzgeber aber bei Erlaß des WpÜG nur die Dualität von Bieter und Zielgesellschaft vor Augen hatte833. Diese Rechtsunsicherheit wird vermieden, wenn unter den Begriff des Angebots i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG nur freiwillige Erwerbsangebote oder Übernahme- und Pflichtangebote nach dem WpÜG fallen, nicht aber solche, die auf einer Rechtsverpflichtung außerhalb des Übernahmerechts beruhen. Die Gesellschaft braucht daher die besonderen Voraussetzungen nach §§ 10 ff. WpÜG nicht zu beachten. bb) Erwerbsangebot eines Aktionärs gegenüber den Minderheitsaktionären (1) Ero¨ffnung des Anwendungsbereichs des WpU¨G Unterbreitet ein Aktionär der Gesellschaft oder ein Investor834 den Minderheitsaktionären ein Erwerbsangebot, um die Durchführung des Delisting zu sichern, erfüllt dieses Angebot die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 WpÜG. Das Erwerbsangebot eines Aktionärs, durch das er sich gegenüber den Minderheitsaktionären zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet, erfolgt i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG freiwillig im Rahmen seiner Privatautonomie, da für ihn keine gesetzliche Pflicht zur Abfindung besteht.835 Die erforderliche Öffentlichkeit des Erwerbsangebots ist ge832 Vgl. umfassend zu dem früheren Streitstand Wackerbarth in MünchKomm AktG, WpÜG, § 2 Rn. 23 ff. m. w. N.; die Anwendung des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien bejahen Fleischer / Körber, BB 2001, 2589, 2592 ff.; Lenz / Behnke, BKR 2003, 43, 49 f.; Lenz / Linke, AG 2002, 420, 421 ff.; Oechsler in Ehricke / Ekkenga / Oechsler, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, § 2 Rn. 6; eine partielle analoge Anwendung bejahend T. Baums / Stöcker in FS Wiedemann, S. 703, 716 ff.; T. Baums / Hecker in Baums / Thoma WpÜG, § 1 Rn. 104.; eine Anwendung des WpÜG verneinen hingegen Koch, NZG 2003, 61, 64 ff.; Berrar / Schnorbus, ZGR 2003, 59, 68 ff.; Hirsch, Der Erwerb eigener Aktien, S. 130 ff.; so auch nun die Verwaltungspraxis der BaFin, vgl. Bekanntmachung der BaFin vom 09. 08. 2006, Internet: http: // www.bafin.de; siehe dazu Pluskat, NZG 2006, 731, 732. 833 So nun auch Art. 2 Abs. 1 a) der Übernahmerichtlinie (2004 / 25 / EG, ABl. Nr. L 142 v. 30. 04. 2004, S. 12), der ausdrücklich Angebote der Zielgesellschaft von der Definition des Angebots in Übernahmesituationen ausnimmt. 834 Als Investoren kommen insbesondere Private Equity – Gesellschaften in Betracht, die das Delisting durch ihr Erwerbsangebot absichern, vgl. dazu Grabherr, ÖBA 2003, 336, 342; siehe dazu auch oben 2. Teil: D.I.1.b), S. 74 f. 835 Vgl. oben 4. Teil: D.V.2.b)bb), S. 287 ff.; ebenso Ekkenga, ZGR 2003, 878, 907; Süßmann, BKR 2003, 257, 258; Schiemzik, Segmentwechsel börsenaktiver Unternehmen, S. 340; a. A. Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 804 f., die aufgrund ihrer Analogie zu § 207 UmwG und § 305 AktG von einer gesetzlichen Grundlage außerhalb des WpÜG ausgehen und damit konsequenterweise die Angebotsqualität ausschließen; Land / Behnke, DB 2003, 2531, 2533.

D. Stellungnahme

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geben, da sich das Angebot an alle abfindungsberechtigten Aktionäre der Gesellschaft richtet. Die Öffentlichkeit des Angebots wird dabei durch den unpersönlichen Adressatenkreis bestimmt, auch wenn er durch die Eigenschaft als Aktionär der Gesellschaft begrenzt ist.836 Die Gesellschaft ist mithin als AG, deren Aktien zum Börsenhandel zugelassen sind, Zielgesellschaft i. S. d. § 2 Abs. 3 WpÜG. Das Erwerbsangebot kann dabei von mehreren Aktionären zusammen abgegeben werden, da § 2 Abs. 4 WpÜG als Bieter auch mehrere natürliche oder juristische Personen zuläßt. Damit hat der bietende Aktionär insbesondere die Regelungen über freiwillige Erwerbsangebote gemäß §§ 10 – 28 WpÜG zu beachten. Dabei stehen hier zunächst Fragen der Veröffentlichungspflichten, die Erstellung der Angebotsunterlagen und deren Besonderheiten beim Delisting im Mittelpunkt der Untersuchung.837 (2) Vero¨ffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach § 10 WpU¨G Der bietende Aktionär hat seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots gemäß § 10 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 WpÜG im Rahmen des Delisting unverzüglich im Internet oder über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem zu veröffentlichen. Die Entscheidung hat er zuvor der Börse, an der die Aktien zugelassen sind und der BaFin gemäß § 10 Abs. 2 WpÜG sowie nach der Veröffentlichung dem Vorstand der Zielgesellschaft gemäß § 10 Abs. 5 WpÜG mitzuteilen. Die Mitteilung an den Vorstand der Zielgesellschaft ist beim Delisting eine reine Formalie, da der Vorstand regelmäßig bereits in der Vorbereitungsphase eines Delisting miteingebunden ist, wenn die Initiative zum Delisting nicht sogar von ihm ausgeht. Allerdings behält die Mitteilung ihre Bedeutung im Hinblick auf die Unterrichtung der Mitarbeiter (§ 10 Abs. 5 S. 2 WpÜG). Entscheidend für die Auslösung der Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 WpÜG ist, ab welchem Stadium von einer Entscheidung des Bieters ausgegangen werden kann. Das Gesetz definiert diesen Begriff nicht, so daß auf den im jeweiligen Einzelfall zu treffenden Entschluß abzustellen ist, sich rechtsverbindlich durch ein Angebot binden zu wollen.838 Der Entschluß zum Delisting der Gesellschaft wird regelmäßig in mehreren Stufen vorbereitet, in denen die Vor- und Nachteile des Delisting gegeneinander abgewogen, die strategische Ausrichtung der Gesellschaft839 und ihr zukünftiger finanzieller Bedarf festgelegt werden. Der Bieter muß zudem die Finanzierung seines Angebots sicherstellen und bei fehlenden finanziellen Mitteln mit potentiellen Kapitalgebern verhandeln. Nach Abschluß dieser Phase muß sich der bietende Aktionär entscheiden, ob er den MinderheitsVgl. nur Schüppen in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 2 Rn. 13. Auf die Absicherung der Finanzierung und die Befristung des Angebots sowie die Fälligkeit der Abfindung wird im folgenden eingegangen, 4. Teil: D.V.3.d), e) und f), S. 311 ff. 838 Walz (Riehmer) in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 10 Rn. 19. 839 Siehe nur Walz (Riehmer) in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 10 Rn. 20. 836 837

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

aktionären, die durch das Delisting betroffen sind, ein Erwerbsangebot unterbreiten will. Der bietende Aktionär kann in dieser Phase selbst bestimmen, wann er seinen endgültigen Entschluß zur Abgabe des Erwerbsangebots trifft.840 Allerdings muß er die Entscheidung so rechtzeitig fällen und veröffentlichen, daß das eigentliche Erwerbsangebot den Aktionären im Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung über das Delisting vorliegt. Denn das Delisting kann nur dann wirksam durchgeführt werden, wenn den abfindungsberechtigten Minderheitsaktionären mit dem Beschlußantrag über das Delisting in der Hauptversammlung auch gleichzeitig das Erwerbsangebot des bietenden Aktionärs unterbreitet wird.841 Das Erwerbsangebot ist den Aktionären, um mit dem vom BGH gebrauchten Begriff zu sprechen, mit dem „Beschlußantrag“ vorzulegen. Dabei ist mit Beschlußantrag nicht erst der Antrag in der Hauptversammlung, sondern vielmehr der Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung mit den entsprechenden Beschlußvorschlägen gemeint.842 Ist der Anteil der Aktionäre größer als 10 % des Grundkapitals, kann die Gesellschaft ihre Abfindungspflicht nicht vollständig erfüllen, so daß ein Teil der abfindungsberechtigten Aktionäre nicht aus der Gesellschaft ausscheiden könnte. Erst das Erwerbsangebot des bietenden Aktionärs sichert die Abfindung aller abfindungsberechtigten Aktionäre. Da es aber für die Beurteilung der Wirksamkeit des Delisting auf den Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses und seiner Vorbereitung ankommt, muß bereits zum Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung und der damit einhergehenden Bekanntmachung der Tagesordnung auch die Abfindung aller abfindungsberechtigten Aktionäre gesichert sein. Der Inhalt der zu veröffentlichenden Entscheidung ist durch § 10 WpÜG nur teilweise vorgegeben, jedoch sollte die Veröffentlichung die Zielgesellschaft und die Wertpapiere konkret bezeichnen, für die das Angebot gilt, die Bedingungen nennen843, unter denen das Angebot abgegeben wird und die Internetadresse angeben, unter der die Angebotsunterlage veröffentlicht wird (§ 10 Abs. 3 S. 2 WpÜG).844 (3) Erstellung und Vero¨ffentlichung der Angebotsunterlage nach §§ 11, 14 WpU¨G Entscheidet sich ein Aktionär dafür, ein Angebot zum Erwerb der Aktien abzugeben, hat er gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 WpÜG eine Angebotsunterlage zu erstellen und diese grundsätzlich innerhalb von vier Wochen nach Veröffentlichung der Ent840 Vgl. zu den Vorschlägen einer objektiven Bestimmung des Zeitpunktes der Veröffentlichungspflicht Thaeter / Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 2, Rn. 50 ff.; siehe dazu auch das Muster bei Hirte in KölnKomm WpÜG, § 10 Rn. 6. 841 So der BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536, der aber von einer Abfindungspflicht durch den Großaktionär ausgeht. 842 Siehe dazu sogleich 4. Teil: D.V.3.c), S. 308 ff. 843 Siehe dazu sogleich im einzelnen 4. Teil: D.V.3.b)bb)(3), S. 304 ff. 844 Vgl. Walz (Riehmer) in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 10 Rn. 54.

D. Stellungnahme

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scheidung zur Abgabe des Angebots gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 WpÜG der BaFin zu übermitteln. Gestattet die BaFin die Veröffentlichung oder sind seit dem Eingang der Angebotsunterlage bei der BaFin zehn Werktage vergangen, ohne daß sie das Angebot untersagt hat, muß der Bieter die Angebotsunterlage unverzüglich im Internet und durch Bekanntgabe im elektronischen Bundesanzeiger oder durch Bereithalten zur kostenslosen Ausgabe bei einer geeigneten Stelle veröffentlichen (§ 14 Abs. 2 und 3 WpÜG). Die Angebotsunterlage ist das verbindliche Erwerbsangebot im Sinne eines Antrags gemäß § 145 BGB zum Abschluß eines Kaufvertrages.845 Die Angebotsunterlage zum Erwerbsangebot muß gemäß § 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 – 6 WpÜG den Namen des Bieters, die Firma, Sitz und Rechtsform der Zielgesellschaft, die Wertpapiere, die Gegenstand des Angebots sind, die Art und Höhe der gebotenen Gegenleistung, die Bedingungen, von denen die Wirksamkeit des Angebots abhängt sowie den Beginn und das Ende der Annahmefrist846 enthalten. Die angebotene Gegenleistung kann beim Delisting nur durch ein Barangebot erfolgen, da aufgrund der Vorgaben aus Art. 14 Abs. 1 GG den Minderheitsaktionären der Austritt nur gegen Leistung eines baren Ausgleichs erfolgen kann.847 Die Höhe des Angebots hat sich an den verfassungsrechtlichen Vorgaben einer angemessenen Abfindung zu orientieren.848 Um dem einzelnen Aktionär die Überprüfung der Gegenleistungshöhe zu ermöglichen, muß der Bieter seine Berechnung des Unternehmenswertes und des jeweiligen Anteilswertes offenlegen.849 Denn ohne eine solche Information könnten die das Erwerbsangebot annehmenden Aktionäre ihren verfassungsrechtlich gebotenen finanziellen Ausgleich nicht durchsetzen.850 Das Angebot kann grundsätzlich mit Bedingungen versehen werden. Als Bedingungen kommen grundsätzlich alle Ereignisse in Betracht, die mit der Durchführung des Delisting im Zusammenhang stehen. Dies könnten beispielsweise der Beschluß der Hauptversammlung zum Delisting, die Stellung des Widerrufsantrags, die fehlende Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses, der Widerruf der Börsenzulassung oder der Eintritt der Bestandskraft des Zulassungswiderrufs sein. Ob die jeweilige Bedingung zulässig ist, richtet sich nach § 18 Abs. 1 WpÜG. Unzulässig sind danach solche Bedingungen, deren Eintritt der Bieter ausschließlich selbst herbeiführen kann (sog. Potestativbedingungen). Sofern der Bieter selbst Aktionär der Gesellschaft ist, wird er regelmäßig über die notwendige einfache Mehrheit in der Hauptversammlung verfügen, um das Delisting zu beschließen, so daß der Hauptversammlungsbeschluß eine unzulässige Bedingung i. S. d. § 18 Vgl. nur Renner in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 11 Rn. 13. Dazu sogleich unten 4. Teil: D.V.3.e)bb), S. 317 ff. 847 Siehe oben 4. Teil: D.V.1.c)aa)(2)(d), S. 267. 848 Dazu sogleich unten 4. Teil: D.V.4.b), S. 323 ff. 849 Renner in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 11 Rn. 48 ff. 850 Siehe zur Durchsetzung der verfassungsrechtlich gebotenen Gegenleistung aus dem Erwerbsangebot unten 4. Teil: D.VII.5.c)bb), S. 432 ff. 845 846

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Abs. 1 WpÜG darstellt. Dafür, daß der Hauptversammlungsbeschluß eine unzulässige Bedingung darstellt, spricht des weiteren der systematische Zusammenhang zu § 25 WpÜG. § 25 WpÜG bildet eine Rückausnahme zu § 18 Abs. 1 WpÜG und läßt als Bedingung den Beschluß der Gesellschafterversammlung des Bieters zu, sofern ein solcher aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten erforderlich ist. Daraus läßt sich schließen, daß der Gesetzgeber den Hauptversammlungsbeschluß der Zielgesellschaft grundsätzlich nicht als Bedingung zulassen wollte. Erreicht der Bieter in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft die erforderliche einfache Beschlußmehrheit und kann er damit das Delisting mit seinen Stimmen beschließen, ist der Hauptversammlungsbeschluß daher eine unzulässige Bedingung i. S. d. § 18 Abs. 1 WpÜG.851 Dies gilt jedoch nicht, wenn der Bieter nicht Mehrheitsaktionär der Gesellschaft ist und auch kein zulässiger Stimmbindungsvertrag (vgl. § 136 Abs. 2 AktG) mit einem Mehrheitsaktionär vorliegt, der dem Bieter Einfluß auf den Bedingungseintritt, den Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting, gewährt. Die fehlende Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses als Bedingung ist nur dann zulässig, wenn der Bieter nicht selbst Aktionär der Gesellschaft ist und damit nicht die Möglichkeit der Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses hätte. Ist der Bieter Aktionär der Gesellschaft, könnte er durch seine eigene Anfechtung den Bedingungseintritt vereiteln. Die Stellung des Antrags auf Widerruf der Börsenzulassung durch den Vorstand ist eine zulässige Bedingung i. S. d. § 18 Abs. 1 WpÜG. Zwar besitzt der Vorstand grundsätzlich die Pflicht, den Beschluß der Hauptversammlung zum Delisting auch umzusetzen852, gleichwohl hängt die Antragstellung von weiteren Ereignissen ab, wie etwa daß die kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen des Widerrufs nach § 39 Abs. 2 BörsG vorliegen müssen. Insofern kann der Bieter, sofern er Aktionär der Gesellschaft ist, den Bedingungseintritt nicht, wie § 18 Abs. 1 WpÜG fordert, „ausschließlich“ selbst herbeiführen. Eine zulässige Bedingung ist auch die Bekanntgabe des Widerrufs der Börsenzulassung durch die Geschäftsführung der Börse nach § 39 Abs. 2 BörsG, da der Widerruf eine behördliche Entscheidung ist, auf die der Bieter keinen Einfluß hat.853 Denkbar als Bedingung ist auch den Eintritt der Wirkungen des Zulassungswiderrufs. Die Wirkung des Widerrufs ist nach § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG i.V. m. § 43 Abs. 2 S. 3 BörsO FWB zeitlich aufschiebend befristet. Erst nach Ablauf von sechs Monaten nach der Veröffentlichung des Zulassungswiderrufs wird die BörsenDies übersehen Land / Behnke, DB 2003, 2531, 2533. Siehe dazu oben 4. Teil: D.III.3., S. 217 ff. 853 BT-Drucks. 14 / 7034, S. 47; vergleichend als zulässige Bedingungen können die kartellrechtliche Genehmigung oder aber die Zulassung junger Aktien zum Börsenhandel herangezogen werden, vgl. nur Renner in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 11 Rn. 62; so daß für den Widerruf der Börsenzulassung nichts anderes gelten kann. Ebenso ohne nähere Begründung Land / Behnke, DB 2003, 2531, 2533. 851 852

D. Stellungnahme

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zulassung beendet.854 Diese Bedingung würde bewirken, daß erst, wenn die Börsenzulassung tatsächlich beendet ist, die Abfindung an die Aktionäre zu zahlen wäre. Außerdem kommt als Anknüpfungspunkt der Eintritt der Bestandskraft des Zulassungswiderrufs in Betracht, die bei ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung einen Monat nach Bekanntgabe des Widerrufs der Börsenzulassung eintritt. Eine solche Bedingung würde das Risiko eines verwaltungsrechtlichen Widerspruchs nach §§ 68 ff. VwGO und einer Anfechtungsklage nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO gegen den Widerruf berücksichtigen, da der Widerruf erst nach Beendigung des Rechtsbehelfsverfahrens bestandskräftig würde.855 Allerdings würde sich der bietende Aktionär mit der Bedingung des Eintritts der Bestandskraft des Widerrufs, der Gefahr aussetzen, daß der Bedingungseintritt durch Rechtsmittel gegen den Zulassungswiderruf in die ungewisse Zukunft verschoben wird. Der Bieter müßte für einen ungewissen Zeitraum die für den Erwerb der Aktien erforderlichen Mittel vorhalten, ohne eine gesicherte Aussicht auf die Abwicklung des Erwerbs zu haben. Gleiches würde für die Bedingung gelten, daß der Hauptversammlungsbeschluß nicht angefochten worden ist, sofern dies als zulässige Bedingung in das Erwerbsangebot aufgenommen werden kann. Denn auch dort würde der Bedingungseintritt in eine ungewisse Zukunft verschoben. Um diese Nachteile zu verhindern, ist es auch denkbar, daß das Erwerbsangebot als Bedingung allein die Bekanntgabe des Zulassungswiderrufs vorsieht. Im übrigen hängt die Gestaltung des Erwerbsangebot im Hinblick auf die Bedingungen von den konkreten wirtschaftlichen Zielen des Bieters ab. So kann das Erwerbsangebot neben der Absicherung des Delisting auch dazu dienen, etwa durch den Erweb weiterer Aktien die Neuordnung der Gesellschafts- und Aktionärsstruktur vorzubereiten.856 Verfassungsrechtlich sind sowohl die Bedingung, daß der Zulassungswiderruf bekannt gemacht worden ist als auch die Bedingung, daß die Bestandskraft des Zulassungswiderrufs eingetreten ist, zulässig, da den abfindungsberechtigten Minderheitsaktionären erst mit dem Widerruf der Börsenzulassung die Abfindung zugebilligt werden muß. Auch die Bedingung, daß der Hauptversammlungsbeschluß nicht angefochten sein darf, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil mit der Anfechtung die rechtliche Grundlage der Abfindungs854 Siehe zu der Abgrenzungsfrage, in welchen Zeitpunkt der Widerruf wirksam wird (§ 43 Abs. 1 VwVfG) und in welchem Zeitpunkt seine Wirkungen eintreten (§ 39 Abs. 2 BörsG i.V. m. § 43 BörsO FWB) oben 3. Teil:A.I., S. 92 f. 855 Zum Begriff der Bestandskraft Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 43 Rn. 29. Ob der Eintritt der Bestandskraft des Widerrufs durch eine sogenannte Drittanfechtungsklage der betroffenen Aktionäre verhindert wird, muß aufgrund des § 15 Abs. 6 BörsG bezweifelt werden, da die Geschäftsführung der Börse (früher Zulassungsstelle) ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt und daher zweifelhaft ist, ob die Aktionäre als Dritte i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO anfechtungsbefugt sind, siehe dazu auch eingehend Krolop, Rückzug vom organisierten Kapitalmarkt, S. 283 ff., der jedoch eine Ausschlußwirkung des § 31 Abs. 5 BörsG a. F. (jetzt § 15 Abs. 6 BörsG) verneint, ebenso wohl Ott, Rückzug von der Börse, S. 181 ff.. 856 Siehe zu den Motiven des Delisting oben 2. Teil: D.I.2., S. 75 f.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

verpflichung in Frage gestellt wird und erst mit dem Abschluß dieses Gerichtsverfahrens Klarheit über den Bestand des Zulassungswiderrufs herrscht. Zu den ergänzenden Angaben des Bieters gehören gemäß § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 – 4 WpÜG Angaben zur Sicherstellung der für den Erwerb notwendigen Mittel, eine Mitteilung der Absichten des Bieters im Hinblick über die Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft sowie Angaben über die Finanzierungsbestätigung i. S. d. § 13 Abs. 1 WpÜG. Der Bieter muß daher angeben, daß er mit seinem Erwerbsangebot die Durchführung des Delisting ermöglichen will, indem er den abfindungsberechtigten Minderheitsaktionären einen baren Ausgleich für ihre Anteile zahlt. Im Hinblick auf die weiteren ergänzenden Angaben gemäß § 11 Abs. 4 WpÜG i.V. m. § 2 WpÜG-AV ist insbesondere die Regelung in Nr. 4 zu erwähnen, wonach die Angebotsunterlage Angaben über den Zeitpunkt des Erhalts der Gegenleistung enthalten muß. Da das Angebot in der Regel unter einer Bedingung abgegeben werden wird, reicht es aus, wenn es einen ungefähren Zeitraum nennt, in dem die Gegenleistung zu erwarten ist.857 c) Zeitpunkt zur Abgabe des Erwerbsangebots durch den Bieter und Bekanntgabe der Abfindung durch die Gesellschaft Dadurch, daß die Minderheitsaktionäre mit dem zustimmenden Beschluß der Hauptversammlung einen Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft erhalten, stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt die AG den Aktionären die Abfindung anbieten muß oder wenn die AG ihre Abfindungsverpflichtung nach § 71 Abs. 2 AktG nicht erfüllen kann, der Bieter das Erwerbsangebot abgeben muß. Der BGH ist der Auffassung, daß den Minderheitsaktionären „mit dem Beschlußantrag ein Pflichtangebot über den Kauf ihrer Aktien“ vorgelegt werden muß.858 Fraglich ist, ob die Gesellschaft die Abfindung oder der Bieter sein Erwerbsangebot bereits mit der Bekanntmachung der Tagesordnung nach § 124 Abs. 3 S. 1 AktG bekannt geben muß oder ob die Bekanntmachung während der Einberufungsfrist vor der Hauptversammlung möglich ist. Vor dem Hintergrund der bisherigen Ergebnisse, ist diese Frage nach der Abfindungspflicht der Gesellschaft und der Abgabe eines Erwerbsangebots durch einen Bieter getrennt zu prüfen. aa) Bekanntgabe der Abfindung durch die Gesellschaft Die Gesellschaft ist verpflichtet, den abfindungsberechtigten Aktionären eine Abfindung zu gewähren. Zwar wird erst mit dem zustimmenden Hauptversamm857 Vgl. Seydel in KölnKomm WpÜG, § 11 Rn. 91; siehe insgesamt ausführlich zum weiteren Inhalt der Angebotsunterlage Thaeter / Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 2 Rn. 90 ff. 858 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536.

D. Stellungnahme

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lungsbeschluß zum Delisting die Rechtsgrundlage für die Abfindungsverpflichtung gelegt, gleichwohl ist fraglich, in welchem Zeitpunkt die Aktionäre über die Abfindung durch die Gesellschaft im Falle des Delisting informiert werden müssen. Eine Angebotspflicht der Gesellschaft besteht erst, wenn die Hauptversammlung dem Delisting zugestimmt hat, so daß es vor dem Hauptversammlungsbeschluß lediglich um die Information der möglicherweise abfindungsberechtigten Aktionäre über die Abfindung und deren Höhe geht. Der BGH stellt in seinem Marcotron-Urteil darauf ab, daß mit dem Beschlußantrag ein Abfindungsangebot vorliegen muß.859 Der Beschlußantrag wird zwar erst in der Hauptversammlung zur Abstimmung gestellt860, so daß daraus geschlossen werden könnte, daß erst mit dem Aufruf des Beschlußantrags die Abfindungshöhe genannt wird. Dafür könnte sprechen, daß nach § 124 Abs. 3 S. 1 AktG in der Bekanntmachung der Tagesordnung auch ein Vorschlag über die Beschlußfassung bekanntgegeben werden muß. Dieser Vorschlag zur Beschlußfassung ist aber noch kein Beschlußantrag. Er wird regelmäßig erst in der Hauptversammlung zum Antrag gemacht.861 Ein solches Verständnis des vom BGH gebrauchten Begriffs des „Beschlußantrags“ würde aber der aktienrechtlichen Regelungssystematik zu den gesetzlich geregelten Abfindungsansprüchen widersprechen. So muß etwa die Bekanntmachung der Eingliederung als Gegenstand der Tagesordnung die Erklärung der zukünftigen Hauptgesellschaft beigefügt sein, in der diese den ausscheidenden Aktionären eine Abfindung anbietet (§ 320 Abs. 2 Nr. 2 AktG). Beim Squeeze-out muß die Bekanntmachung der Tagesordnung ebenfalls die vom Hauptaktionär festgelegte Barabfindung enthalten sein (§ 327c Abs. 1 Nr. 2 AktG). Der gleiche Befund ergibt sich für die Unternehmensverträge aus § 124 Abs. 2 S. 2 AktG, wonach die wesentlichen Vertragsbestandteile mit der Bekanntmachung der Tagesordnung bekannt zu machen sind. Zu den wesentlichen Bestandteilen gehört etwa im Falle eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages auch die Abfindung der außenstehenden Aktionäre (§ 305 Abs. 1 AktG) oder im Falle des Verschmelzungsvertrages die Abfindung der Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers (§ 29 Abs. 1 UmwG), weil die Aktionäre ihre Entscheidung in der Hauptversammlung regelmäßig auch von diesem Aspekt abhängig machen.862 Sinn und Zweck der Bekanntmachung der Abfindung mit der Bekanntmachung der Tagesordnung ist es, daß sich die Aktionäre mit den Beschlußgegenständen vertraut machen können und die notwendigen Informationen für die Entscheidung erhält.863 Für das Delisting kann unabhängig von der Frage, ob eine analoge Anwendung der Regelungen zum Squeeze-out, zur Mehrheitseingliederung oder zu den Unternehmensverträgen in Betracht kommt864, daraus zumindest geschlossen werden, daß die ak859 860 861 862 863 864

BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. Hüffer AktG, § 133 Rn. 9. So Hüffer AktG, § 124 Rn. 12. Vgl. Deilmann / Messerschmidt, NZG 2004, 977, 979; Hüffer AktG, § 124 Rn. 10. Zu § 327c und § 320 AktG Hüffer AktG, § 327c Rn. 1 und § 320 Rn. 7. Siehe unten 4. Teil: D.VI., S. 351 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

tienrechtliche Regelungssystematik die Abfindung mit der jeweiligen Bekanntmachung der Tagesordnung bekannt zu machen ist. Dieser Rechtsgedanke kann auch auf das Delisting übertragen werden, da mit ihm der einfachgesetzliche Gestaltungswille des Gesetzgebers zum Ausdruck kommt. Daher ist die Abfindung und auch ihre Höhe bereits bei der Einberufung mit der Tagesordnung der Hautpversammlung über das Delisting, also mindestens 30 Tage vor dem Tag der Versammlung, bekannt zu machen. Allerdings kann für den Fall, daß die Gesellschaft die Abfindung erbringen soll, im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung noch kein Abfindungsangebot von der Gesellschaft gemacht werden. Zum einen handelt es sich gegenüber der Gesellschaft um einen gesetzlichen Abfindungsanspruch, der sich nicht durch Angebot und Annahme kennzeichnet.865 Ferner wird die rechtliche Grundlage für die Abfindungspflicht der Gesellschaft erst mit dem zustimmenden Hauptversammlungsbeschluß gelegt. Insofern kann im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung nur die Absicht der Gesellschaft bekanntgegeben werden, daß sie den abfindungsberechtigten Aktionären nach Zustimmung zum Delisting in der Hauptversammlung eine Abfindung gewähren wird, nicht aber ein verbindliches Angebot zum Erwerb von Aktien, daß die Aktionäre nur annehmen müßten. bb) Zeitpunkt der Abgabe eines Erwerbsangebots durch einen Bieter Für die Abgabe des Erwerbsangebots durch den Bieter könnte aus der Bekanntgabepflicht im Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung folgen, daß er zu diesem Zeitpunkt bereits ein Erwerbsangebot abgeben muß. Möglich erscheint aber auch, daß die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Erwerbsangebots (§ 10 WpÜG)866 ausreichend ist. Da aber mit der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Erwerbsangebots noch kein verbindliches Angebot vorliegt und die Möglichkeit besteht, daß die BaFin das Angebot untersagt (§ 15 WpÜG), könnte die Situation eintreten, daß zwar die Hauptversammlung einberufen worden ist, jedoch das für die Durchführung des Delisting erforderliche Erwerbsangebot nicht vorliegt und auch bis zum Beschluß der Hauptversammlung zum Delisting nicht vorliegen wird. Anders als im Fall der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft, ist die Entscheidung, ob die Gesellschaft eine Abfindung überhaupt leisten muß, nur von dem Beschluß der Hauptversammlung abhängig, nicht aber, wie beim Erwerbsangebot, von der ausdrücklichen oder konkludenten Gestattung einer Aufsichtsbehörde. Ferner ist für den Fall, daß die Gesellschaft ihre Abfindungspflicht aufgrund § 71 Abs. 2 AktG nicht erfüllen kann, für die Durchführung des Delisting zwingend ein Erwerbsangebot erforderlich. Daher ist davon auszugehen, daß der Bieter bereits im Zeitpunkt der Einberufung der Haupt865 866

4. Teil: D.V.3.a), S. 298 ff. Siehe oben 4. Teil: D.V.3.b)bb)(2), S. 303 ff.

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versammlung ein verbindliches durch die BaFin gestattetes Erwerbsangebot abgeben muß, um sich nicht dem Risiko auszusetzen, daß am Tag der Hauptversammlung kein Erwerbsangebot vorliegt. d) Entstehung und Fälligkeit des Abfindungsund Gegenleistungsanspruches Die Entstehung und Fälligkeit des Abfindungsanspruches ist sowohl für den abfindungsberechtigten Minderheitsaktionär als auch für die Gesellschaft und den Bieter von Bedeutung. Der Minderheitsaktionär kann von diesem Zeitpunkt an aus der Gesellschaft austreten. Die Gesellschaft und der Bieter müssen zu diesem Zeitpunkt die notwendigen finanziellen Mittel bereit halten, um den Anspruch des abfindungsberechtigten Aktionärs befriedigen zu können. Dabei muß aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen zwischen der Abfindungspflicht der Gesellschaft und dem Bieter unterschieden werden. Grundsätzlich ist der jeweilige Anspruch gemäß § 271 Abs. 1 BGB mit seiner Entstehung fällig, es sei denn, daß sich aus den Umständen oder einer zeitlichen Bestimmung etwas anderes ergibt. aa) Anspruch gegenüber der Gesellschaft (1) Zeitpunkt der Entstehung des Abfindungsanspruches Zu welchem Zeitpunkt der Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft entsteht, ist aufgrund der aktienrechtlichen Vorbereitung des Hauptversammlungsbeschlusses und der Durchführung des Delisting mit Beantragung des Zulassungswiderrufs fraglich. Teilweise geht die Rechtsprechung davon aus, daß der Anspruch mit dem Zulassungswiderruf zum Börsenhandel unabhängig davon entsteht, ob die Hauptversammlung dem Delisting zugestimmt hat.867 Ansonsten wären die Aktionäre den Folgen des Delisting schutzlos ausgesetzt, ohne Rechtsschutz insbesondere im Wege des Spruchverfahrens verlangen zu können, da eine Klage auf Rückgängigmachung des Delisting nicht die Möglichkeit auf Überprüfung der Abfindungshöhe eröffne.868 Des weiteren werde die Abfindung bei Unternehmensverträgen (§ 305 Abs. 5 S. 2 AktG) oder beim Formwechsel (§§ 210, 212 S. 2 UmwG) im Spruchverfahren bestimmt, auch wenn sie durch die Gesellschaft überhaupt nicht angeboten werde. Zudem können die Aktionäre bei einem fehlenden Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting gegenüber den Aktionären nicht schlechter 867 So das LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395, 396 (Knürr AG) = DB 2004, 242; offengelassen im nachfolgenden Beschwerdeverfahren BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952, 1953; ebenfalls offengelassen OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03. 08. 2004 – 3 W 60 / 04, NZG 2004, 872, 873 = DB 2004, 2311. 868 LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395; ebenso Habersack, AG 2005, 137, 141.

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gestellt werden, die zuvor zwar in der Hauptversammlung über das Delisting entschieden haben, denen aber auch keine Abfindung angeboten worden sei.869 Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen. Zwar beeinträchtigt erst der Widerruf der Börsenzulassung die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien. Jedoch ist mit der Zustimmung der Hauptversammlung auf aktienrechtlicher Ebene die Rechtsgrundlage zur Beantragung des Widerrufs und der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft gelegt.870 Beantragt der Vorstand das Delisting ohne die Zustimmung der Hauptversammlung, kann allein der von der Geschäftsführung der Börse auf Antrag bekanntgegebene Widerruf keine Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft begründen. Wenn das LG München I die Parallele zu § 305 Abs. 5 S. 2 AktG und §§ 210, 212 S. 2 UmwG zieht, muß auch die Rechtsgrundlage der dortigen Abfindungsverpflichtungen beachtet werden. Rechtsgrundlage der Abfindung gegenüber den abfindungsberechtigten Aktionären ist ein gesetzliches Schuldverhältnis, das mit dem Abschluß des wirksamen Unternehmensvertrages (Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag) oder des Umwandlungsbeschlusses (§ 193 Abs. 1 UmwG) entsteht.871 Da aber erst mit der Zustimmung der Hauptversammlungen der beteiligten Rechtsträger (§ 293 Abs. 1 und 2 AktG) der Unternehmensvertrag wirksam oder die Rechtsgrundlage für einen Formwechsel (§ 193 Abs. 1 UmwG) gelegt wird, kann für das Delisting nichts anderes gelten. Denn originäre Rechtsgrundlage der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft kann nur der zustimmende Beschluß der Hauptversammlung sein, nicht aber ein nach außen gerichtetes Handeln des Vorstands in Form des Delisting-Antrags. Insofern besteht bei einem fehlenden Hauptversammlungsbeschluß über das Delisting keine Rechtsgrundlage für die Abfindung. Der einzelne Aktionär kann keine Abfindung verlangen, sondern muß gegen die im Innenverhältnis der Gesellschaft kompetenzwidrige Beantragung des Delisting im Wege der Unterlassungs- oder Beseitigungsklage vorgehen, um die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien zu erhalten.872 Der Hauptversammlungsbeschluß ist damit notwendige Voraussetzung zur Entstehung des Abfindungsanspruches. Da aber die Wirkungen des Delisting erst mit der Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung eintreten, muß zur Entstehung des Abfindungsanspruches der Widerruf hinzutreten. Dafür spricht die parallele Wertung zur Verschmelzung, da dort der übernehmende Rechtsträger erst mit der Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister und dem damit verbundenen Eintritt der Verschmelzungswirkungen (§ 20 Abs. 1 UmwG) zur Abfindung verpflichtet ist.873 Zwar entfällt mangels strukturänderndem Charakter des Delisting die Eintragung ins Handelsregister, jedoch treten die Wirkungen mit der Bekanntgabe des Zulassungswiderrufs ein, so daß der Abfindungsanspruch mit dem Beschluß der HauptLG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395, 396. Ebenso Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 802; dies verkennen Habersack, AG 2005, 137, 141; Arnold, ZIP 2005, 1573, 1576. 871 Vgl. nur Hüffer AktG, § 305 Rn. 4b m. w. N. 872 Siehe ausführlich unten 4. Teil: D.VII.1.a) und b), S. 382 ff. 873 Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 30. 869 870

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versammlung und der Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung nach § 39 Abs. 2 BörsG entsteht. (2) Fa¨lligkeit des Abfindungsanspruches Von dem Zeitpunkt der Entstehung ist die Fälligkeit des Anspruches zu unterscheiden, die gemäß § 271 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit der Entstehung eintritt, es sei denn, daß sich aus den Umständen etwas anderes ergibt oder eine Leistungszeit bestimmt ist. Letzteres ist aufgrund einer fehlenden vertraglichen Abrede auszuschließen. Jedoch könnte sich für das Delisting aus den Umständen eine von der Entstehung des Anspruches abweichende Leistungszeit ergeben. Ebenso wie bei Abfindungsansprüchen nach Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nach § 305 Abs. 1 AktG oder nach Verschmelzung oder Formwechsel gemäß §§ 29 Abs. 1, 207 Abs. 1 UmwG könnte der Abfindungsanspruch beim Delisting mit der Übertragung der Aktien auf die abfindungsverpflichtete Gesellschaft fällig werden.874 Dadurch soll sichergestellt werden, daß die Gesellschaft die Abfindung nur an einen Aktieninhaber zahlt und die Leistung nicht nur aufgrund einer Behauptung der Mitgliedschaft erfolgt.875 Zwar beruht der Abfindungsanspruch beim Delisting nicht auf vertraglicher Grundlage wie die oben genannten Ansprüche, jedoch hat dies auf den Fälligkeitszeitpunkt keine Auswirkungen, da auch beim Delisting die Gesellschaft eigene Aktien gegen Zahlung einer Abfindung erwirbt. Die Einreichung der Aktien bei der Gesellschaft oder einer dazu bestimmten Stelle reicht allerdings beim Delisting nicht aus, um die Fälligkeit herzustellen. Würde der Anspruch auf Abfindung lediglich an die Einreichung geknüpft, könnte der einzelne abfindungsberechtigte Aktionär schon vor der Beantragung des Delisting und dem Wirksamwerden des Widerrufs eine Abfindung verlangen, obwohl die nachteiligen Folgen des Delisting noch nicht eingetreten sind. Der Anspruch auf Abfindung begründet sich aber gerade mit dem Eintritt der Folgen für die Minderheitsaktionäre, auch wenn schon durch den Hauptversammlungsbeschluß auf aktienrechtlicher Ebene die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Demnach muß zusätzlich zur Einreichung der Aktien der Eintritt der Wirksamkeit des Zulassungswiderrufs für die Fälligkeit des Anspruches hinzutreten. Der Zulassungswiderruf wird mit seiner Bekanntgabe i. S. d. § 43 Abs. 1 VwVfG wirksam. Da der Zulassungswiderruf den Aktionären nicht unmittelbar bekannt gemacht wird, ist für die Fälligkeit des Abfindungsanspruches auf die Veröffentlichung des Widerrufs im Internet (§ 39 Abs. 2 S. 3 BörsG) abzustellen.876 874 Zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag OLG Hamburg, Urt. v. 29. 01. 2002 – 11 U 37 / 01, AG 2002, 409, 413; LG Stuttgart, Urt. v. 13. 05. 1997 – 25 O 703 / 96, AG 1998, 103, 104; Hüffer AktG, § 305 Rn. 8; Emmerich in Emmerich / Habersack, Aktienund GmbH-Konzernrecht, AktG, § 305 Rn. 29 f. m. w. N.; Bilda in MünchKomm AktG, § 305 Rn. 11; zur Verschmelzung Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG § 29 Rn. 23. 875 LG Stuttgart, Urt. v. 13. 05. 1997 – 25 O 703 / 96, AG 1998, 103, 104. 876 Ebenso Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 65.

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bb) Anspruch gegenüber dem Bieter Der Abfindungsanspruch des abfindungsberechtigten Minderheitsaktionärs gegenüber dem Bieter entsteht mit der Annahme des Erwerbsangebots durch den einzelnen Aktionär. Die Fälligkeit dieses vertraglichen Anspruches folgt anders als bei dem Anspruch gegen die Gesellschaft nicht aus den Umständen, sondern wird durch die vertragliche Vereinbarung über den Erwerb der Aktien vorgegeben. Nach § 11 Abs. 4 WpÜG i.V. m. § 2 Nr. 4 WpÜG-AV müssen in der Angebotsunterlage die Maßnahmen, die die Adressaten des Angebots ergreifen müssen, um das Angebot anzunehmen und um die Gegenleistung für die Wertpapiere zu erhalten, bezeichnet sein. Der Bieter legt damit bereits in der Angebotsunterlage die Fälligkeit der Gegenleistung fest.877 Da es sich bei dem Erwerb der Aktien auf schuldrechtlicher Ebene um einen gegenseitigen Vertrag handelt, erfolgt der Leistungsaustausch Zug um Zug gemäß §§ 320 Abs. 1, 322 Abs. 1 BGB. Die Gegenleistung wird somit erst mit der Übertragung der Aktien auf den Bieter fällig. Hat der Bieter das Erwerbsangebot unter einer zulässigen Bedingung abgegeben, wird das Angebot mit dem Eintritt der Bedingung wirksam, auch wenn das Angebot schon vorher angenommen wurde.878 Wird das Erwerbsangebot unter einer Bedingung abgegeben ist die Gegenleistung mit dem Eintritt der Bedingung fällig. Zeitlich wird diese Bedingung regelmäßig nach der Annahme des Angebots eintreten, da die Annahmefrist bereits mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage zu laufen beginnt, während die Bedingung nach Abhaltung der Hauptversammlung eintreten wird. Somit ist der Anspruch auf die Gegenleistung mit dem Eintritt der Bedingung und der Einlieferung der Aktien beim Bieter oder einer dazu bezeichneten Stelle fällig. Der das Angebot annehmende Aktionär kann seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag erst nach dem Eintritt der Bedingung erfüllen, da vorher noch kein wirksamer Kaufvertrag über den Erwerb der Aktien besteht, mithin fehlt es an der Erfüllbarkeit i. S. d. § 271 Abs. 1 BGB des Anspruches des Bieters. e) Zeitliche Begrenzung zur Geltendmachung der Abfindung Auch beim Delisting ist fraglich, ob der Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft oder dem Bieter unbefristet geltend gemacht werden kann oder ob er ebenso wie in § 305 Abs. 4 AktG, §§ 31, 209 UmwG, oder § 16 WpÜG einer Annahmefrist unterliegt, innerhalb der der Anspruch auf Abfindung angenommen werden muß. Dabei muß zwischen dem Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft und dem Anspruch auf die Gegenleistung aus dem Erwerbsangebot gegenüber dem bietenden Aktionär unterschieden werden879, da der Anspruch gegenüber der Gesellschaft kraft Gesetzes besteht, während der Anspruch gegenüber dem Bieter, für den die Regelungen des WpÜG gelten, auf vertraglicher Grundlage beruht. 877 878 879

Wackerbarth in MünchKomm AktG, WpÜG, § 11 Rn. 78. Seydel in KölnKomm WpÜG, § 11 Rn. 91. Diese Unterscheidung übersehen Land / Behnke, DB 2003, 2531, 2533.

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aa) Befristung des Abfindungsanspruches gegenüber der Gesellschaft Die Befristung des Abfindungsanspruches gegenüber der Gesellschaft wirft gleich mehrere Fragen auf. Zunächst ist zu untersuchen, ob Abfindungsansprüche gegenüber der Gesellschaft grundsätzlich befristet sind und ob dies auch für das Delisting gilt. (1) Grundsatz der Befristung von Abfindungsanspru¨chen Die grundsätzliche Befristung des Abfindungsanspruches gegenüber der Gesellschaft könnte sich beim Delisting aus einer Analogie zu § 305 Abs. 4 AktG und §§ 31, 209 UmwG sowie § 4 Abs. 1 S. 1 SpruchG oder einem aus diesen Normen zu entnehmenden Rechtsgedanken ergeben.880 Nach § 305 Abs. 4 AktG kann das Abfindungsangebot im Vertrag befristet werden, wobei eine Mindestfrist zur Geltendmachung des Abfindungsanspruches von zwei Monaten eingehalten werden muß.881 Anders hingegen die §§ 31, 209 UmwG, die eine Höchstfrist zur Annahme des Abfindungsangebots nach §§ 29 Abs. 1, 207 Abs. 1 UmwG von zwei Monaten festsetzen, innerhalb derer das Angebot durch den abfindungsberechtigten Anteilsinhaber angenommen werden muß. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 SpruchG muß der Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Spruchverfahren nach § 1 SpruchG binnen drei Monaten gestellt werden. Die analoge Anwendung der §§ 31, 209 UmwG scheitert an der fehlenden Vergleichbarkeit des Delisting mir dem Formwechsel und der Verschmelzung. Im Gegensatz dazu bedarf die analoge Anwendung des § 4 Abs. 1 SpruchG auf das Delisting der näheren Untersuchung, ist aber wohl zu bejahen.882 Unabhängig davon bringt der Gesetzgeber mit diesen Fristenregelungen zum Ausdruck, daß er die Abfindung durch die Gesellschaft gegenüber den abfindungsberechtigten Anteilsinhabern nicht unbefristet zulassen will. Durch die Befristung soll der abfindungsverpflichteten Gesellschaft Rechtssicherheit gegeben werden, in welchem Umfang Abfindungen zu erbringen sind.883 Könnte der Abfindungsanspruch durch die abfindungsberechtigten Aktionäre ohne zeitliche Begrenzung geltend gemacht werden, müßte die Gesellschaft auf unbestimmte Zeit finanzielle Mittel zur Befriedigung der Aktionäre bereit halten. Zwar unterläge der kraft Ge880 Die direkte oder analoge Anwendung des § 16 WpÜG scheidet im Hinblick auf den Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft aus, da der Anspruch kraft Gesetzes besteht und kein Angebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG darstellt. 881 Wird entgegen der hier vertretenen Ansicht der Anspruch aus § 305 Abs. 1 AktG als vertraglicher Anspruch eingeordnet, regelt § 305 Abs. 4 AktG die Annahmefrist i. S. d. § 148 BGB und nicht die Frist zur Geltendmachung des gesetzlichen Anspruches, vgl. Bilda in MünchKomm AktG, § 305 Rn. 103; Hüffer AktG, § 305 Rn. 28. 882 Siehe unten 4. Teil:D.VII.3.a)aa)(2), S. 404 ff. 883 Ebenso Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 67; vgl. zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag Bilda in MünchKomm AktG, § 305 Rn. 102; zu § 4 SpruchG Klöcker / Frowein, SpruchG, § 4 Rn. 7; Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 4 Rn. 3.

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setzes bestehende Abfindungsanspruch beim Delisting, anders als ein Abfindungsangebot als Antrag i. S. d. § 145 BGB, der allgemeinen dreijährigen Verjährung nach § 195 BGB884, jedoch wäre dies ein vergleichbar langer Zeitraum, in dem Rechtsunsicherheit über den tatsächlichen Umfang der zu leistenden Abfindungszahlungen herrschen würde. Nach der gesetzgeberischen Wertung ist diese Rechtsunsicherheit der Gesellschaft aber nicht zuzumuten, so daß auch beim Delisting von einer Befristung des Abfindungsanspruches ausgegangen werden muß. (2) La¨nge und Beginn der Frist Die Länge der Frist, in der die abfindungsberechtigten Aktionäre gegenüber der Gesellschaft ihren Anspruch geltend machen können, könnte in Anlehnung an die §§ 31, 209 UmwG auf zwei Monate nach der Bekanntmachung des Widerrufs bemessen werden. Der Rechtsgedanke des § 305 Abs. 4 AktG kann nicht herangezogen werden, da die Regelung den Vertragsparteien die Bestimmung der Frist überläßt, beim Delisting aber kein Vertrag geschlossen wird, in dem diese Fristen festgelegt werden könnten885. Die Zwei-Monatsfrist der §§ 31, 209 UmwG ist eine Ausschlußfrist, eine Wiedereinsetzung ist nicht möglich.886 In Betracht kommt jedoch auch die dreimonatige Frist des § 4 Abs. 1 S. 1 SpruchG zur Beantragung des Spruchverfahrens, um eine fehlende Abfindung durchzusetzen oder eine zu niedrige Abfindungshöhe gerichtlich überprüfen zu lassen887. Zwar erscheint die in § 4 SpruchG geregelte Frist aufgrund der systematischen Stellung der Norm rein prozessualer Natur zu sein. Jedoch kommt ihr auch eine materiell-rechtliche Bedeutung zu, da mit dem Ablauf der Frist Mängel der Abfindung gerichtlich nicht mehr geltend gemacht werden können.888 Denn auch diese Frist dient dazu, dem Abfindungsverpflichteten nach Abflauf von drei Monaten Rechtssicherheit über die zu leistenden Abfindungen zu gewähren.889 Sie beginnt mit der Bekanntmachung der jeweiligen Maßnahme. Gegen die Übertragung der zweimonatigen Frist aus den §§ 31, 209 UmwG auf das Delisting spricht, daß die umwandlungsrechtlichen Fristen auf die rechtsgeschäftliche Annahme des Abfindungsangebots zugeschnitten sind und die Abfindung beim Delisting ohne eine weitere rechtsgeschäftliche Handlung kraft Ge884 Vgl. zu den Schwierigkeiten zur Festlegung des Verjährungsbeginns etwa beim Squeeze-out, der wohl auf den Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister festgelegt wird, Polte / Weber / Kasiershot-Abdmoulah, AG 2007, 690, 693. 885 A.A. offenbar Heidel, DB 2003, 548, 550. 886 Siehe zur Verschmelzung Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG § 31 Rn. 3; zum Formwechsel Decher in Lutter UmwG, § 209 Rn. 2. 887 Zur gerichtlichen Geltendmachung von Mängeln bei der Abfindung siehe unten 4. Teil: D.VII.3.a), S. 402 ff. 888 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04. 04. 2005 – I-19 W 2 / 05 AktE, NZG 2005, 719, 719 f. m. w. N.; Klöcker / Frowein, SpruchG, § 4 Rn. 7; Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 4 Rn. 3. 889 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04. 04. 2005 – I-19 W 2 / 05 AktE, NZG 2005, 719, 719 f.; Klöcker / Frowein, SpruchG, § 4 Rn. 7; Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 4 Rn. 3.

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setzes zu leisten ist. Insofern regeln diese Fristen einen Sachverhalt, der beim Delisting nicht vorkommt. Der Anspruch auf Abfindung entsteht beim Delisting mit dem zustimmenden Hauptversammlungsbeschluß und der Bekanntmachung des Widerrufs der Börsenzulassung. Da die Ausschlußfrist des § 4 Abs. 1 S. 1 SpruchG auch auf das Delisting anzuwenden ist890, würde die parallele Anwendung der dreimonatigen und der zweimonatigen Frist (§§ 31, 209 UmwG) ferner zu widersprüchlichen Ergebnissen führen. Der einzelne Aktionär könnte aufgrund des Rechtsgedankens der §§ 31, 209 UmwG nur innerhalb der zwei Monate nach Bekanntgabe der Maßnahme die Abfindung fordern, aber andererseits innerhalb von drei Monaten die gerichtliche Durchsetzung des Abfindungsanspruches und die Überprüfung der Abfindungshöhe im Spruchverfahren verlangen. Zur Vermeidung dieser sich widersprechenden Ergebnisse ist daher allein auf die dreimonatige Frist des § 4 Abs. 1 S. 1 SpruchG abzustellen. Als Fristbeginn kommt die Bekanntmachung des Zulassungswiderrufs nach § 39 Abs. 2 S. 3 BörsG, der Eintritt der Bestandskraft des Widerrufs mit Ablauf der Rechtsmittelfristen oder der Eintritt der materiellen Wirkungen des Zulassungswiderrufs sechs Monate nach Bekanntgabe (§ 39 Abs. 2 S. 5 BörsG i.V. m. § 43 Abs. 2 S. 3 BörsO FWB) in Betracht. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 SpruchG beginnt die Frist zu dem Zeitpunkt zu laufen, an dem die Eintragung der jeweiligen Maßnahme im Handelsregister als bekannt gemacht gilt. Gleiches regeln die §§ 31 S. 1, 209 S. 1 UmwG. Diesen Regelungen läßt sich der gemeinsame Rechtsgedanke entnehmen, daß mit dem Wirksamwerden der jeweiligen Maßnahme, die Frist zu laufen beginnt. Denn mit der Eintragung der Verschmelzung erlischt der übertragende Rechtsträger und seine Verpflichtungen gehen auf den übernehmenden Rechtsträger über (§ 20 Abs. 1 UmwG). Beim Delisting werden die Wirkungen zwar nicht durch eine Handelsregistereintragung ausgelöst, da eine solche nicht vorzunehmen ist.891 Jedoch kann auch hier an den Eintritt der Wirksamkeit des Zulassungswiderrufs durch die Geschäftsführung der Börse gemäß § 39 Abs. 2 BörsG angeknüpft werden.892 Der Widerruf der Börsenzulassung wird mit der Bekanntgabe gegenüber dem Emittenten wirksam (§ 43 Abs. 1 VwVfG). Da die Befristung des Abfindungsanspruches die Aktionäre betrifft und ihnen der Widerruf nicht unmittelbar bekannt gemacht wird, ist auf die Veröffentlichung des Widerrufs im Internet (§ 39 Abs. 2 S. 3 BörsG) abzustellen. bb) Erwerbsangebot eines Aktionärs oder mehrerer Aktionäre Das Erwerbsangebot des bietenden Aktionärs können die abfindungsberechtigten Minderheitsaktionäre grundsätzlich gemäß § 16 Abs. 1 WpÜG nur innerhalb Siehe unten 4. Teil: D.VII.3.a)cc)(2), S. 412. Siehe dazu unten 4. Teil: D.VII.3.a)cc)(2), S. 412. 892 A. A. Schäfer / Eckhold in Marsch-Barner, Handbuch börsennotierte AG, § 62 Rn. 67, die den Fristbeginn an die Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung knüpfen. 890 891

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einer mindestens vierwöchigen bis höchstens zehnwöchigen Frist ab Veröffentlichung der Angebotsunterlage annehmen. Die Annahmefrist kann allerdings vom Bieter nicht selbst bestimmt werden, wenn im Zusammenhang mit dem Angebot nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage eine Hauptversammlung der Zielgesellschaft einberufen wird, da gemäß § 16 Abs. 3 S. 1 WpÜG zwingend eine zehnwöchige Annahmefrist einzuhalten ist.893 Diese Frist gilt auch für einfache Erwerbsangebote, da § 16 WpÜG den Anwendungsbereich nicht auf bestimmte Angebotsarten beschränkt.894 Da der Vorstand die Hauptversammlung zur Entscheidung über das Delisting einberuft und diese regelmäßig nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage stattfindet, muß nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 WpÜG eine zehnwöchige Annahmefrist gewährt werden. Dieses könnte jedoch dem Sinn und Zweck dieser Norm entgegenstehen, da die zwingende ZehnWochenfrist sicherstellen soll, daß der Vorstand durch die Hauptversammlung zu Maßnahmen ermächtigt werden kann, die den Erfolg des Angebots verhindern können.895 Beim Delisting dient die Hauptversammlung dazu, den Vorstand zur Beantragung des Delisting zu ermächtigen. Das Erwerbsangebot des bietenden Aktionärs soll die Durchführung des Delisting absichern, wenn zu erwarten ist, daß der Anteil der abfindungsberechtigten Aktionäre mehr als 10 % des Grundkapitals ausmacht. Die Einberufung der Hauptversammlung dient demnach nicht dazu, den Erfolg des Angebots zu verhindern, sondern schafft die Voraussetzungen zur Durchführung des Delisting und damit auch für das Angebot durch den Bieter. Denn das Angebot des Bieters wird regelmäßig als Bedingung den Zulassungswiderruf enthalten, der aber erst nach Ermächtigung des Vorstandes durch die Hauptversammlung gemäß § 39 Abs. 2 BörsG beantragt wird. Dies würde gegen die Anwendung der zehnwöchigen Annahmefrist beim Delisting sprechen. Dennoch muß diese Frist auch für das Delisting gelten, da den abfindungsberechtigten Aktionären im Fall einer mindestens vierwöchigen Frist je nach Ablauf des Angebots nur ein sehr geringer Zeitraum zur Annahme verbliebe. Die Annahmefrist würde gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 bereits mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage zu laufen beginnen, obwohl die Hauptversammlung erst nach dem Beginn dieser Frist über das Delisting entscheidet. Demnach schützt die Anwendung der 893 Teilweise wird die Regelung des § 16 Abs. 3 WpÜG für verfassungswidrig gehalten, da es gegen die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Privatautonomie des Bieters verstößt und die Interessen des Bieters an einer möglichst kurzen Annahmefrist verletzt, Wackerbarth in MünchKomm AktG, WpÜG, § 16 Rn. 38 ff. 894 Geibel in Geibel / Süßmann WpÜG, § 16 Rn. 49; Hasselbach in KölnKomm WpÜG, § 16 Rn. 46; Scholz in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 16 Rn. 2; Steinmeyer in Steinmeyer / Häger WpÜG, § 16 Rn. 13; a. A. Oechsler in Ehricke / Ekkenga / Oechsler, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, § 16 Rn. 14, der den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3 WpÜG teleologisch auf öffentliche Übernahmeangebote beschränken will, da der Vorstand der Zielgesellschaft nur dann die Möglichkeit zur Einberufung der Hauptversammlung hat, wenn das Angebot auf den Erwerb einer Beteiligung gerichtet ist, die einen gewichtigen Einfluß vermittelt. Dies sei bei einfachen Erwerbsangeboten im kleinen Rahmen regelmäßig nicht der Fall. 895 BT-Drucks. 14 / 7034, S. 46.

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zehnwöchigen Frist nach § 16 Abs. 3 S. 1 WpÜG nicht nur die Zielgesellschaft, sondern auch die Adressaten des Erwerbsangebots, indem ihnen eine verlängerte Überlegungsfrist zur Annahme des Angebots eingeräumt wird. Die verlängerte Frist von zehn Wochen behindert auch nicht die zügige Abwicklung des Angebots, da durch den Widerruf die Börsenzulassung frühestens sechs Monate nach der Veröffentlichung des Widerrufs gemäß § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG i.V. m. § 43 Abs. 2 S. 3 BörsO FWB beendet wird. Der ferner nach § 16 Abs. 3 S. 1 WpÜG geforderte Zusammenhang zwischen Angebot und Hauptversammlung besteht regelmäßig aufgrund der Verknüpfung des Erwerbsangebots mit dem Beschlußgegenstand des Delisting in der Hauptversammlung. Somit ist die Zehn-Wochenfrist zur Annahme des Erwerbsangebots auch auf das Delisting anzuwenden.896 Die Frist beginnt gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 WpÜG mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 3 S. 1 WpÜG im Internet und im elektronischen Bundesanzeiger. Insofern ergeben sich im Vergleich zu der dreimonatigen Frist, die für die Geltendmachung des Anspruches gegenüber der Gesellschaft eingehalten werden muß, erhebliche Unterschiede, da diese Frist erst mit dem Eintritt der Wirksamkeit des Widerrufs zu laufen beginnt. Der Unterschied erklärt sich durch die verschiedenen Regelungsmaterien. So läßt sich der kürzere Fristenlauf beim Erwerbsangebot des Bieters im Gegensatz zu dem Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft mit der veröffentlichten Angebotsunterlage rechtfertigen, die jedem Aktionär durch die darin enthaltenen Informationen frühzeitig die Möglichkeit gibt, sich für oder gegen das Angebot zu entscheiden. Die Gesellschaft unterliegt im Vorfeld der Hauptversammlung nicht derartigen weitgehenden Vorgaben. Eine umfassende Information wird regelmäßig in der Hauptversammlung erfolgen897. f) Finanzielle Absicherung der Abfindung und der Gegenleistung Die Pflicht zur finanziellen Absicherung der Gegenleistung aus dem Erwerbsangebot des Bieters ergibt sich aus § 13 Abs. 1 WpÜG, der dem Bieter einerseits Maßnahmen auferlegt, die zur vollständigen Erfüllung des Angebots erforderlich sind und andererseits die schriftliche Bestätigung dieser Maßnahmen durch ein unabhängiges Wertpapierdienstleistungsunternehmen fordert.898 Einer Analogie zu § 327b Abs. 3 AktG bedarf es, wie dies im Schrifttum für das Angebot eines Aktio896 Die Vorschriften über die erleichterte Einberufung der Hauptversammlung nach § 16 Abs. 4 WpÜG sind nicht anzuwenden, da der Vorstand der Zielgesellschaft regelmäßig in den Delisting-Vorgang miteingebunden ist und die Zielgesellschaft dadurch keines Schutzes bedarf. So für den Fall einer „freundlichen Übernahme“ Wackerbarth in MünchKomm AktG, WpÜG, § 3 Rn. 28. 897 Siehe dazu unten 4. Teil: D.VI.3.c), S. 370 ff. 898 So Heidel, DB 2003, 548, 550; eine analoge Anwendung des § 13 WpÜG in Betracht ziehend Benecke, WM 2004, 1122, 1126; vgl. eingehend zu den einzelnen Voraussetzungen Häuser in FS Hadding, S. 833, 842 ff.; Georgieff / Hauptmann, AG 2005, 277 ff.

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närs in Erwägung gezogen wird899, nach der hier vertretenen Ansicht nicht, da keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke vorliegt. § 327b Abs. 3 AktG fordert eine Gewährleistungserklärung eines Kreditinstituts über die Erfüllung des Abfindungsanspruches durch den Hauptaktionär, die in Form einer Bankgarantie, einer Bürgschaft oder eines Schuldbeitritts zu erbringen ist900. Zwar muß im Rahmen der Finanzierungsbestätigung keine Garantie beigebracht werden901, jedoch wird diese Funktion durch die verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung nach § 13 Abs. 2 WpÜG ausgefüllt. Die Absicherung des Abfindungsanspruches gegenüber der Gesellschaft kann zwar nicht direkt über § 13 Abs. 1 WpÜG902, aber gegebenenfalls über eine analoge Anwendung begründet werden. Eine analoge Anwendung des § 13 WpÜG auf das Delisting setzt eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage voraus. Bereits an der Regelungslücke bestehen Zweifel. Zum einen kann die Gesellschaft ihre eigenen Aktien gegen Zahlung einer Abfindung nach § 71 Abs. 2 S. 2 AktG nur erwerben, wenn die Gesellschaft die nach § 272 Abs. 4 HGB vorgeschriebene Rücklage für die eigenen Aktien bilden kann, ohne daß das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage gemindert wird, die nicht zu Zahlungen an die Aktionäre verwendet werden darf.903 Gemäß § 272 Abs. 4 S. 1 HGB ist in die Rücklage ein Betrag einzustellen, der dem auf der Aktivseite der Bilanz für die eigenen Anteile anzusetzenden Betrag entspricht. Ausreichend ist, daß die Gesellschaft diese Rücklage zum Zeitpunkt des Erwerbs bilden könnte, tatsächlich muß sie diese Einstellung nicht vornehmen.904 § 71 Abs. 2 AktG dient damit dem Kapitalschutz der Gesellschaft und soll das Risiko einer Gläubigergefährdung vermindern.905 Gleichzeitig wird damit sichergestellt, daß die Gesellschaft tatsächlich ihrer Pflicht zum Erwerb nachkommen kann. Einer zusätzlichen Absicherung des Abfindungsanspruches nach § 13 Abs. 1 WpÜG bedarf es danach nicht.906 Dagegen kann nicht eingewendet werden, daß § 71 AktG nur dem Kapitalschutz dient, da die veräußernden Aktionäre zumindest auch durch den Rechtsreflex geschützt werden. Zum anderen ist dem Aktienrecht eine finanzielle Absicherung eines Abfindungsanspruches gegenüber der Gesellschaft fremd. Weder die Regelungen zur Verschmelzung oder zum Formwechsel noch zur Ein899 Heidel, DB 2003, 548, 550; Lutter, JZ 2003, 684, 686; Benecke, WM 2004, 1122, 1126; Eßers / Weisner / Schlienkamp, DStR 2003, 985, 989; a. A. Grunewald, ZIP 2004, 542, 543. 900 Hüffer AktG, § 327b Rn. 9; Wackerbarth in MünchKomm AktG, § 327b Rn. 15. 901 Häuser in FS Hadding, S. 833, 849; Georgieff / Hauptmann, AG 2005, 277, 282. 902 Eine direkte Anwendung des § 13 WpÜG scheitert an der fehlenden Angebotsqualität i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG, siehe oben 4. Teil: D.V.3.b)aa), S. 299 ff.; ebenso Schlitt, ZIP 2004, 533, 538. 903 Siehe zu den einzelnen Voraussetzungen H. Henze, NZG 2003, 649, 651. 904 Oechsler in MünchKomm AktG, 71 Rn. 320. 905 Oechsler in MünchKomm AktG, 71 Rn. 316; Hüffer AktG, § 71 Rn. 1. 906 Ebenso die analoge Anwendung des § 13 WpÜG verneinend im Rahmen des Erwerbs eigener Aktien T. Baums / Stöcker, in FS Wiedemann, S. 703, 728 f.

D. Stellungnahme

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gliederung sehen eine Absicherung des finanziellen Risikos bei Abfindungsansprüchen gegen die Gesellschaft vor.907 Vielmehr kann aus einer Umkehrung der Bedeutung des § 327b Abs. 3 AktG geschlossen werden, daß nur ein Abfindungsanspruch gegen einen Aktionär abgesichert werden muß, nicht aber eine Anspruch gegenüber der Gesellschaft. Zudem trägt der einzelne Aktionär das Insolvenzrisiko der Gesellschaft und damit auch das Risiko, daß die Gesellschaft ihre Verpflichtung nicht erfüllen kann.908 Somit liegt für die Absicherung des Abfindungsanspruches gegenüber der Gesellschaft keine Regelungslücke vor, so daß die Gesellschaft keine Finanzierungsbestätigung i. S. d. § 13 Abs. 1 WpÜG vorweisen muß.

4. Höhe der Abfindung und der Gegenleistung bei Abgabe eines Erwerbsangebots Der vermögensrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre wird beim regulären Delisting durch einen Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft und durch ein freiwilliges Erwerbsangebot eines Bieters gewährleistet. Dabei muß für beide Arten des finanziellen Ausgleichs die Höhe der Abfindung bzw. der Gegenleistung eines Bieters festgelegt werden. Ausgangspunkt für die Bestimmung der Abfindungs- oder Gegenleistungshöhe ist mangels analogiefähiger einfachgesetzlicher Regelungen die in Art. 14 Abs. 1 GG begründete Ausgleichspflicht zugunsten der betroffenen Minderheitsaktionäre. Denn ohne einen vermögensrechtlichen Ausgleich für den Verlust der Handelbarkeit über die Börse, stünde das Delisting nicht im Einklang mit dem Eigentumsgrundrecht der Minderheitsaktionäre. Anders als der BGH, der sowohl der Gesellschaft als auch dem Großaktionär eine Abfindungspflicht auferlegt, muß nach der hier vertretenen Auffassung neben der Höhe des Abfindungsanspruches gegen die Gesellschaft zudem die Frage beantwortet werden, welchen Einfluß die verfassungsrechtlichen Wertungen des Art. 14 Abs. 1 GG auf die Höhe der Gegenleistung des Bieters haben, wenn erst das freiwillige Erwerbsangebot des Bieters das Delisting durchführbar macht, weil die Gesellschaft selbst die Abfindungen aufgrund der 10 %-Grenze des § 71 Abs. 2 AktG nicht gegenüber allen Minderheitsaktionären erfüllen könnte. Da aber Ausgangspunkt des finanziellen Ausgleichs die Erkenntnis ist, daß das Delisting untrennbar mit einem finanziellen Ausgleich zugunsten der Minderheitsaktionäre verbunden ist, wird zunächst der grundsätzliche Maßstab zur Bestimmung der Abfindungshöhe der Gesellschaft untersucht und danach auf die Höhe der Gegenleistung im Rahmen eines freiwilligen Erwerbsangebots eingegangen. Danach schließt sich die Berechnung der Abfindungs- und Gegenleistungshöhe an.

907 908

Zutreffend Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1114. Benecke, WM 2004, 1122, 1126.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

a) Höhe der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft Anders als bei den Abfindungsansprüchen nach § 305 Abs. 1 AktG, §§ 29 Abs. 1 S. 1, 207 Abs. 1 S. 1 UmwG, die eine angemessene Abfindung zugunsten der ausscheidungswilligen Aktionäre fordern, kann beim regulären Delisting nur auf die verfassungsrechtliche Rechtsgrundlage des finanziellen Ausgleichs nach Art. 14 Abs. 1 GG zurückgegriffen werden, da der Abschluß von Unternehmensverträgen, die Verschmelzung und der Formwechsel nicht mit dem regulären Delisting vergleichbar sind. An Art. 14 Abs. 1 GG sind jedoch auch die einfachgesetzlichen Abfindungsansprüche nach § 305 Abs. 1 AktG, §§ 29 Abs. 1 S. 1, 207 Abs. 1 S. 1 UmwG zu messen, so daß die dazu entwickelte Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG zur Abfindung bei Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages909, auch für die Bestimmung der Abfindungshöhe beim Delisting fruchtbar gemacht werden kann. Daher ist danach zu fragen, welche verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 14 Abs. 1 GG zur Bestimmung der Abfindungshöhe zu befolgen sind. Ist dem betroffenen Aktionär lediglich für die verlorengegangene Rechtsposition ein finanzieller Ausgleich zu gewähren, der in seiner Höhe wirtschaftlich dieser Rechtsposition entspricht, ohne daß er sich von seiner Aktien trennen kann, oder hat er Anspruch auf den vollen Wert seiner Aktien, um ihm die Gelegenheit des Ausscheidens aus der Gesellschaft zu geben? Die erstgenannte Alternative würde beim Delisting für den betroffenen Aktionär bedeuten, daß er nur einen Fungibilitätsausgleich erhielte, der zwar den Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit durch den Zulassungswiderruf kompensiert910, aber kein Ausscheiden aus der Gesellschaft gegen Abfindung ermöglicht. Der BGH folgt ohne nähere Begründung der zweiten Alternative, indem er eine „volle Entschädigung der Minderheitsaktionäre“ fordert, die dem Anteilswert entsprechen muß.911 Die finanzielle Ausgleichspflicht zugunsten der Minderheitsaktionäre beruht beim regulären Delisting auf Art. 14 Abs. 1 GG. Danach ist das reguläre Delisting als Inhalts- und Schrankenbestimmung verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn den betroffenen Aktionären ein finanzieller Ausgleich angeboten wird. Das BVerfG fordert für den Verlust einer aktienrechtlichen Rechtsposition eine volle Entschädigung, die der Höhe nach dem anteiligen Wert an dem arbeitenden Unternehmen entspricht.912 Die von der jeweiligen Maßnahme betroffenen Aktionäre 909 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289 ff. (DAT / Altana); BVerfG, Beschl. v. 08. 09. 1999 – 1 BvR 301 / 89, ZIP 1999, 1804 ff. (Hartmann & Braun); diese Rechtsprechung bestätigend für die Eingliederung (§§ 319 ff. AktG) BVerfG, Beschl. v. 29. 11. 2006 – 1 BvR 704 / 03, WM 2007, 73, 73 ff. 910 So wohl Habersack in Habersack / Mülbert / Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 28 Rn. 13; diese Möglichkeit verneint Kruse, WM 2003, 1843, 1848 f. 911 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 912 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 305 (DAT / Altana); BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97 (Bosch / Moto Meter III), WM 2000, 1948, 1950; BVerfG, Beschl. v. 29. 11. 2006 – 1 BvR 704 / 03, WM 2007, 73, 73 ff.;

D. Stellungnahme

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erhalten danach nicht nur einen Ausgleich für die verlorene Rechtsposition, sondern können sich insgesamt von ihrem Recht gegen Zahlungen eines Ausgleichs lösen, auch wenn noch andere Teilrechte bestehen. Dem ist insbesondere für den Verlust der Börsenzulassung durch ein Delisting zuzustimmen. Die Börsenzulassung und die damit einhergehende erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien ist zwar nur ein Teil des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Aktieneigentums, jedoch im übertragenen Sinne der Schlüssel für eine ungehinderte Investitions- und Deinvestitionstägigkeit der Aktionäre. Würde lediglich ein Ausgleich für den Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit gewährt, wäre zwar dieser Nachteil ausgeglichen, aber eine Deinvestition insgesamt unmöglich. Der einzelne Aktionär wäre an sein Investment dauerhaft gebunden und seiner finanziellen Freiheit beraubt, die durch die Börsenzulassung der Aktie gerade abgesichert wird. Soll aber die ursprünglich bestehende Verfügungsmöglichkeit über das investierte Kapital gesichert werden, muß dem einzelnen Aktionär insgesamt die Deinvestition möglich sein. Der ausgleichsberechtigte Aktionär muß dazu den wahren Wert der Unternehmensbeteiligung erhalten, der aber nicht niedriger sein darf, als er bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt der das Eigentumsgrundrecht beeinträchtigenden Maßnahme sein würde.913 Damit soll insbesondere der Verkehrswert als Untergrenze mit in die Ausgleichshöhe einbezogen werden, wobei der Verkehrswert der Aktie unter Berücksichtigung des Börsenkurses zu bestimmen ist.914 b) Einfluß des Art. 14 Abs. 1 GG auf die Gegenleistungshöhe bei Abgabe eines Erwerbsangebots Im Gegensatz zur Gesellschaft ist der bietende Aktionär nicht zur Abfindung der Minderheitsaktionäre verpflichtet, sondern kann den betroffenen Aktionären ein freiwilliges Erwerbsangebot zum Kauf ihrer Anteile unterbreiten. Seine Erwerbsverpflichtung beruht auf seiner privatautonomen Entscheidung, überhaupt und zu bestimmten Bedingungen ein Angebot abzugeben. Daher kann der Bieter bei Abgabe eines freiwilligen Erwerbsangebots die Höhe der Gegenleistung grundsätzlich frei bestimmen.915 Diese Privatautonomie wird jedoch bei Übernahmeund Pflichtangeboten durch § 31 Abs. 1 S. 1 WpÜG eingeschränkt, der den Bieter verpflichtet, eine angemessene Gegenleistung anzubieten. BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16 / 60, BVerfGE 14, 263, 283 f. (Feldmühle); ebenso Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 44; Karrer, Angemessenheit der Leistung im Konzern-, Übernahme- und Ausschlussrecht, S. 51 ff. 913 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 306; BVerfG, Beschl. v. 29. 11. 2006 – 1 BvR 704 / 03, WM 2007, 73, 74. 914 Siehe zur Berücksichtigung des Börsenkurses und der konkreten Berechnung der Abfindung sogleich unter 4. Teil: D.V.4.c), S. 326 ff. 915 Vgl. nur Thaeter / Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 2, Rn. 222; Kremer / Oesterhaus in KölnKomm WpÜG, § 31 Rn. 2; Häger / Santelmann in Steinmeyer / Häger WpÜG, § 31 Rn. 5.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Obwohl das im Rahmen des regulären Delisting abgegebene Angebot als freiwilliges Erwerbsangebot einzuordnen und nach dem WpÜG keine bestimmte Höhe der Gegenleistung durch den Bieter zu erbringen ist, stellt sich die Frage, ob die Gegenleistung nicht ebenso wie die Abfindung der Gesellschaft aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 14 Abs. 1 GG eine volle Entschädigung für den Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktien enthalten muß916. Müßte der Bieter aufgrund der Vorgabe aus Art. 14 Abs. 1 GG eine Gegenleistung erbringen, die der Höhe nach einer vollen Entschädigung entspräche, wäre die aus der Privatautonomie folgende Gestaltungsfreiheit des Bieters erheblich eingeschränkt. Er könnte nur noch eine Gegenleistung anbieten, die gleich hoch oder höher als die volle Entschädigung wäre. Gegen die Übertragung der Wertungen aus Art. 14 GG kann nicht eingewandt werden, daß unzulässig in die in Art. 2 Abs. 1 GG verankerte Privatautonomie des Bieters eingegriffen werde, da auf der anderen Seite im Wege der praktischen Konkordanz das Eigentumsgrundrecht der Minderheitsaktionäre zu beachten ist. Dieses Eigentumsgrundrecht ist aber nur dann betroffen und kann der Privatautonomie des Bieters entgegengehalten werden, wenn der finanzielle Ausgleich, der die Nachteile aus dem Delisting kompensieren soll, nicht durch die Gesellschaft geleistet werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn der Gesellschaft aufgrund der Kapitalerhaltungsgrundsätze der Erwerb eigener Aktien aufgrund der 10 %-Grenze des § 71 Abs. 2 AktG verwehrt ist. Kann die Gesellschaft allerdings eine Abfindung an die abfindungsberechtigten Aktionäre zahlen, ohne gegen § 71 Abs. 2 AktG zu verstoßen, kann ein Eingriff in die Privatautonomie des Bieters durch Festlegung einer bestimmten Gegenleistungshöhe nicht mehr gerechtfertigt werden, da die Minderheitsaktionäre gegen die Gesellschaft einen Anspruch auf Abfindung haben. Die Gewährleistung des finanziellen Schutzes der Minderheitsaktionäre beim regulären Delisting, der aus Art. 14 Abs. 1 GG folgt, bildet den entscheidenden Gesichtpunkt für die Übertragung des Maßstabes aus Art. 14 Abs. 1 GG auf die Höhe der Gegenleistung. Kann nämlich die Gesellschaft aufgrund der Kapitalbindung nach § 71 Abs. 2 AktG nicht alle Aktien der abfindungsberechtigten Minderheitsaktionäre gegen Barabfindung erwerben, so kann ein Bieter917 das Delisting dennoch ermöglichen, wenn er an Stelle der Gesellschaft den finanziellen Ausgleich zugunsten der Minderheitsaktionäre übernimmt. Übernimmt der Bieter den finanziellen Ausgleich, muß er der Höhe nach die gleiche Leistung erbringen, wie dies grundsätzlich die Gesellschaft zu erbringen hätte. Denn zwingende verfassungsrechtliche Voraussetzung zur Durchführung des Delisting ist die volle Entschädigung der Minderheitsaktionäre. Der eigentumsgrundrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre geht insoweit der Privatautonomie des Bieters vor. Der Bieter ist dadurch in seiner Gestaltungsfreiheit, nicht aber in seiner Abschlußfreiheit ein916 Dies verneinen Land / Behnke, DB 2003, 2531, 2532; Martinius / Oppen, DB 2005, 212, 213. 917 Dies wird in der Regel ein Großaktionär sein, da er ein unternehmerisches Interesse am Delisting der Gesellschaft haben wird.

D. Stellungnahme

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geschränkt, da er beim Delisting nicht zur Abgabe eines Erwerbsangebots gegenüber den Minderheitsaktionären verpflichtet ist. Er kann frei entscheiden, ob er ein Erwerbsangebot abgeben oder ob er sein finanzielles Engagement auf seine Einlage beschränken will. Stimmt der Bieter in seiner Eigenschaft als Großaktionär in der Hauptversammlung für das Delisting und macht er den Minderheitsaktionären ein Erwerbsangebot, beruht dieses Verhalten auf seiner privatautonomen Entscheidung. Einzige Bedingung dafür ist der ausreichende vermögensrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre. Eine solche Einschränkung der Gestaltungsfreiheit hat der Gesetzgeber ebenfalls im Rahmen der Übernahmeangebote anerkannt (§§ 29 ff. WpÜG). Macht der Bieter ein Erwerbsangebot, das auf den Erwerb der der Kontrolle (§ 29 Abs. 2 WpÜG) gerichtet ist, hat er den Aktionären der Zielgesellschaft eine angemessene Gegenleistung anzubieten. Die Entscheidung über die Abgabe eines Erwerbsangebots kann der Bieter frei treffen. Entschließt er sich dazu, unterliegt sein Angebot im Hinblick auf die Gegenleistung jedoch einer Mindesthöhe (§ 31 Abs. 1 WpÜG).918 Seine Gestaltungsfreiheit wird demnach eingeschränkt, nicht aber seine Abschlußfreiheit. Erst wenn der Bieter die Kontrolle über die Gesellschaft (§ 29 Abs. 2 WpÜG) erlangt hat, ist er zur Abgabe eines Angebots verpflichtet (§ 35 Abs. 1 WpÜG). In beiden Fällen hat der Bieter es in der Hand, ob er zum Abschluß einer bestimmten Gegenleistungshöhe oder zur Abgabe eines Angebots verpflichtet ist. Insofern erkennt der Gesetzgeber die Einschränkung der Gestaltungsfreiheit unter bestimmten Umständen an, wenn dies zum Schutz der Aktionäre erforderlich ist und sie dem Willen eines Großaktionärs ausgesetzt sind. Eine vergleichbare Situation liegt beim Delisting vor. Beschließt die Hauptversammlung das Delisting und kann die Gesellschaft aufgrund § 71 Abs. 2 AktG die Abfindung nicht erbringen, kann nur ein Erwerbsangebot eines Bieters das Delisting durchführbar machen. Entschließt sich der Großaktionär oder ein Dritter dazu, die Durchführung des Delisting zu gewährleisten, indem den Aktionären eine Angebot unterbreitet wird, muß die Gegenleistung des Bieters auch einer vollen Entschädigung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG entsprechen. Rechtstechnisch könnte im Wege einer verfassungskonformen Auslegung der Anwendungsbereich des § 31 Abs. 1 WpÜG auch auf ein im Rahmen des regulären Delisting abgegebenes Erwerbsangebot erweitert werden. Dies ist aber nur möglich, wenn § 31 Abs. 1 S. 1 WpÜG dem Maßstab der vollen Entschädigung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG entspricht. Nach § 31 Abs. 1 S. 2 WpÜG i.V. m. § 5 Abs. 1 WpÜG-AV ist grundsätzlich der durchschnittliche Börsenkurs der Aktien während der letzten drei Monate vor der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 WpÜG maß918 Häger / Santelmann in Steinmeyer / Häger WpÜG, § 31 Rn. 5; teilweise wird § 31 WpÜG als „Herzstück der sogenannten Konzernbildungskontrolle“ angesehen mit der Folge, daß die Gegenleistung zu den Abfindungsrechten in §§ 305, 320b AktG in ein systematisches Verhältnis tritt und damit den betroffenen Aktionären ein bestimmter finanzieller Ausgleich zu gewähren ist, Oechsler in Ehricke / Ekkenga / Oechsler, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, § 31 Rn. 4.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

gebend. Dies widerspricht jedoch den Maßstäben des Art. 14 Abs. 1 GG, da danach der Börsenkurs zwar zur Bestimmung des Verkehrswertes herangezogen werden soll und der Verkehrswert die Untergrenze der Abfindung bildet, die Abfindung sich aber grundsätzlich am wahren Wert des Unternehmens zu orientieren hat. Somit ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 31 Abs. 1 WpÜG abzulehnen. Die Höhe der Gegenleistung ist vielmehr unmittelbar dem Bewertungsmaßstab des Art. 14 Abs. 1 GG zu entnehmen und bei der Berechnung der Gegenleistungshöhe zu berücksichtigen. Dieser Bewertungsmaßstab für die Höhe der Gegenleistung gilt demnach für Erwerbsangebote, die unmittelbar der Durchführung des Delisting dienen, da die Gesellschaft selbst nicht sämtliche Abfindungsansprüche wegen § 71 Abs. 2 AktG erfüllen kann und nur das Angebot des Bieters den abfindungsberechtigten Aktionären das Ausscheiden ermöglicht. Gibt allerdings ein Bieter schon im Vorfeld eines möglichen Delisting-Vorhabens ein Erwerbsangebot ab, ohne daß der Großaktionär oder der Vorstand bereits endgültig über die Vorbereitung entschieden haben, ist zu fragen, ob die angebotene Gegenleistung ebenfalls dem Bewertungsmaßstab des Art. 14 Abs. 1 GG entsprechen muß oder dieser aber durch den Bieter frei festgesetzt werden kann. Für die Verwendung des Bewertungsmaßstabes des Art. 14 Abs. 1 GG spricht der Mißbrauchsgedanke, da es einem Bieter ansonsten möglich wäre, die oben genannten Voraussetzungen für die Gegenleistungshöhe zu umgehen. Andererseits muß es dem Bieter, auch wenn er das Delisting in Betracht zieht, durch Abgabe eines Erwerbsangebots möglich sein, den Anteil der Minderheitsaktionäre unter die 10 %-Grenze des § 71 Abs. 2 AktG zu senken, damit die Abfindungsansprüche beim Delisting nur noch durch die Gesellschaft erfüllt werden müssen. Zudem wird praktisch kaum eine Abgrenzung zwischen solchen Angeboten möglich sein, die der Vorbereitung des Delisting dienen, und Angeboten, die zeitlich zwar im Vorfeld, aber aus einer anderen Intention, etwa zur Durchführung eines Squeeze-out, gemacht worden sind. Daher ist der Bewertungsmaßstab des Art. 14 Abs. 1 GG nur auf Erwerbsangebote anzuwenden, die unmittelbar der Durchführung des Delisting dienen. c) Berechnung der Abfindungs- und Gegenleistungshöhe Zur Berechnung der Abfindungs- und Gegenleistungshöhe beim Delisting kann auf die zu den §§ 305, 320b, 327b AktG, §§ 29, 207 UmwG entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden, da alle Abfindungsregelungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG genügen müssen. Zunächst sind kurz die möglichen Methoden zur Berechnung der Abfindungs- und Gegenleistungshöhe darzustellen, da sie die Grundlage der Berechnung bilden. Sodann ist auf die bereits ausführlich im Zusammenhang mit aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüchen untersuchte Bewertungsproblematik919, insbeson919 Vgl. nur Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 65 ff.; Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 55 ff.; Karrer, Angemessenheit der Leistung im Konzern-, Übernahme-

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dere die Frage nach der Berücksichtigung des Börsenkurses als Ausdruck des Verkehrswertes der Aktie, der Festlegung eines Stichtags- oder Durchschnittsbörsenkurses der Aktie sowie nach dem Zeitpunkt des Bewertungsstichtages für die eigentliche Unternehmensbewertung unter Berücksichtigung der Besonderheiten beim regulären Delisting, einzugehen. Die Besonderheiten resultieren aus den wirtschaftlichen Hintergründen des Delisting, z. B. der Bildung von Zufallskursen aufgrund einer vorliegenden Marktenge und der Illiquidität des Handels.920 Dadurch kann die Aussagekraft des Börsenkurses als Ausdruck des Verkehrswertes der Aktie erheblich in Frage gestellt werden.921 aa) Methoden zur Berechnung der Abfindungsund Gegenleistungshöhe Weder die einfachgesetzlichen Regelungen zur Abfindung noch Art. 14 Abs. 1 GG machen konkrete Vorgaben, nach welcher Methode die Berechnung der Abfindungshöhe zu erfolgen hat und welche wertbeeinflussenden Faktoren bei der Berechnung zu beachten sind.922 Sie müssen einzig und allein dem Ziel, den wahren Wert der Unternehmensbeteiligung923 zu ermitteln, so nahe wie möglich kommen. Dies gilt auch für die Abfindung oder Gegenleistung beim regulären Delisting, da auch dort die abfindungsberechtigten Minderheitsaktionäre den Wert ihres Anteils ersetzt bekommen sollen. Bei der Abfindung geht es um den Wert, den der Anteilsinhaber erhalten würde, wenn er seinen Anteil tatsächlich veräußern würde. Da aber keine Veräußerung erfolgt, muß ein Wert prognostiziert werden, der sich so nahe wie möglich am Marktwert der Beteiligung orientiert.924 Der Wert des Unternehmens und damit auch der auf den jeweiligen Anteil entfallende Wert ergeben sich aus der Fähigkeit, Überschüsse zu erwirtschaften, die den Anteilsinhabern in Zukunft zufließen.925 Dieser sogenannte Zukunftsüberschußwert kann im Ertragswertverfahren, das in der Rechtsprechungspraxis weit überwiegend verwendet wird926 oder im Discounted Cashflow-Verfahren ermittelt werden.927 und Ausschlussrecht, S. 105 ff.; Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 53 ff.; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 6 ff. 920 Vgl. dazu oben 2. Teil: D.I.1.a)aa), S. 72 f. 921 Süßmann, BKR 2003, 257, 258. 922 Siehe nur BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 307, die Ertragswertmethode wird als „verfassungsrechtlich unbedenklich“, jedoch nicht als zwingend angesehen, vgl. BVerfG, Beschl. v. 30. 05. 2007 – 1 BvR 1267 / 06 und 1280 / 06, AG 2007, 697, 699. 923 Die Kategorie des wahren Wertes wird teilweise zugunsten einer börsenpreisbasierten Abfindung abgelehnt, da allein der Börsenpreis für den Verkehrswert der Aktie heranzuziehen sei, vgl. Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 106 ff. 924 Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 22; Emmerich / Habersack, Konzernrecht, S. 313 ff. 925 Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 23.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

(1) Ertragswertverfahren Der Unternehmenswert wird im Ertragswertverfahren aufgrund der künftigen zu erwartenden Überschüsse aus den handelsrechtlichen Ergebnissen des betriebsnotwendigen Vermögens errechnet, der auf den jeweiligen Bewertungsstichtag diskontiert wird.928 Der Ertragswert ist der finanzielle Vorteil, der dem Eigentümer des Unternehmens zugute kommt. Er kann durch eine Vergangenheitsanalyse und eine auf dieser beruhende Zukunftsanalyse errechnet werden. Die Vergangenheitsanalyse umfaßt die Ermittlung der bisherigen Überschüsse, wobei die Ursachen für die bisherigen Überschüsse herauszuarbeiten und das jeweilige Marktumfeld bezogen auf die Branche und die allgemeinen politischen und volkswirtschaftlichen Entwicklungen zu berücksichtigen sind.929 Sie bildet zwar den Ausgangspunkt zur Ermittlung des Unternehmenswertes, jedoch können die Ergebnisse nicht einfach auf die Zukunft hochgerechnet werden, da die bloße Übertragung des vergangenen Ertrags die zukünftigen Entwicklungen des Unternehmens, seine Ziele und Finanzplanung ausblenden würde.930 Die Zukunftsanalyse bildet den Kern der Unternehmensbewertung, da der Unternehmenswert von den zukünftig zu erwartenden Überschüssen abhängt. Sie beginnt mit der Analyse des Jahresabschlusses, um die Liquidität, das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital, die Substanz und den Wert etwaigen immateriellen Vermögens zu ermitteln. Sodann ist das Unternehmen im Hinblick auf die Branche, seine Produkte im Verhältnis zu Wettbewerbern und die Laufzeit etwaiger Patente zu untersuchen. In einer folgenden Einzelanalyse wird einzelnen Produkten, Produktionsbereichen, Tendenzen bei der Umsatz- und Kostenentwicklung, Verlusten aus einer schwindenden technischen Vormachtstellung, Gewinnen aus Neuentwicklungen sowie sinkenden oder steigende Erlösen aus bestimmten Geschäftsfeldern ein bestimmter Ertragsverlauf zugeordnet. Dabei lassen sich künftige Überschüsse nur aufgrund bestimmter Plandaten errechnen, so 926 Siehe die Nachweise bei Hüffer AktG, § 305 Rn. 19 und Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 152. 927 Weitere Verfahren, die in der Praxis der Unternehmensbewertung nicht mehr verwendet werden, sind das Substanzwertverfahren oder bestimmte Kombinationswertverfahren wie beispielsweise das Stuttgarter-Verfahren, das einen Mittelwert zwischen Substanz- und Ertragswert bildet. Vgl. zu beiden Verfahren Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 63 ff.; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 52 f. und 220 ff. 928 Ausführlich BayObLG, Beschl. v. 18. 12. 2002 – 3Z BR 116 / 00, AG 2003, 569, 570 f.; eingehend Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 72 ff. m. w. N.; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 47 und 152 ff.; Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 53 m. w. N.; Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 40 ff. m. w. N.; Wöhe, Betriebswirtschaftslehre, S. 661 f.; Schierenbeck, Betriebswirtschaftslehre, S. 414. 929 Vgl. nur OLG Celle, Beschl. v. 19. 04. 2007 – 9 W 53 / 06: AG 2007, 865, 866; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 77. 930 Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 41 f. m. w. N.; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 92; Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 112 f.

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daß aufeinander abgestimmte Plan-Bilanzen, Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Finanzplanungen zu erstellen sind.931 Zeitlich gestaffelt wird dann die Zukunft in verschiedene Phasen eingeteilt, da die Prognosesicherheit um so ungenauer wird, je mehr sie sich von der Gegenwart entfernt. Für die fernere Zukunft kann die Prognose daher nur noch auf pauschalen Annahmen beruhen.932 Um nunmehr den ermittelten Überschuß für den Bewertungsstichtag zu beziehen und die Vergleichbarkeit mit Überschüssen alternativer Investitionen herzustellen, müssen die Erträge über einen Kapitalisierungszins diskontiert werden.933 Dazu ist ein Vergleichsmaßstab heranzuziehen, dessen Preis bekannt sein muß. Die Kapitalanlage, die als Vergleichsmaßstab heranzuziehen ist, muß gleichwertige Ertragserwartungen aufweisen und die Mittelanlage sein, die der Käufer bei Nichtrealisierung des zu bewertenden Objekts gewählt hätte.934 Ausgangspunkt der Abzinsung ist der Basiszinssatz, der mit der Durchschnittsrendite für Anleihen der öffentlichen Hand gleichgesetzt wird.935 Dieser Basiszinssatz wird durch einen sogenannten Risikozuschlag, der das besondere Risiko der Anteilsinhaber berücksichtigen soll, aufgestockt.936 Zudem ist der Basiszinssatz durch einen Geldwertabschlag zu modifizieren, der der Geldentwertung Rechnung tragen soll.937 Dieser so ermittelte abgezinste Unternehmenswert wird durch den Liquidationswert nach unten hin begrenzt, sofern die Inhaber beabsichtigen, das Unternehmen zu liquidieren, ein unrentables und liquidationsreifes Unternehmen vorliegt938 oder das Unternehmen kein operatives Geschäft mehr betreibt939.940 (2) Discounted Cashflow-Verfahren Mit Hilfe des Discounted Cashflow-Verfahrens wird der Unternehmenswert durch die Kapitalisierung von Cashflows ermittelt, wobei aber nur der EinnahmenGroßfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 82 f. Siehe im einzelnen Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 93; Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 122. 933 Eingehend Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 148; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 114 ff. 934 Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 149. 935 Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 153 ff. m. w. N.; Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 55. 936 Vgl. zu den Einzelheiten nur Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 170. 937 Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 45; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 146 ff.; kritisch Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 206. 938 BGH, Urt. v. 17. 01. 1973 – IV ZR 142 / 70, NJW 1973, 509. 510. 939 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04. 10. 2006 – I-26 W 7 / 06 AktE, WM 2006, 2219, 2222 f. 940 Zum ganzen vgl. Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 203 ff.; offenlassend BGH, Urt. v. 13. 03. 2006 – II ZR 195 / 04, NJW-RR 2006, 1270, 1271. 931 932

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überschuß zu bewerten ist, der an die Eigentümer ausgeschüttet werden kann (sog. Free Cashflow).941 Der Cashflow kennzeichnet den Wert des Gesamtkapitals der Gesellschaft. Da aber für den Unternehmenswert das Eigenkapital im Mittelpunkt steht, ist vom Wert des Gesamtkapitals der Wert des Fremdkapitals abzuziehen (Bruttomethode).942 Dies erfolgt mit dem in der Praxis überwiegend gebräuchlichen Weight Average Cost of Capital-Ansatz. Danach werden die den Anteilsinhabern zur Verfügung stehenden Mittel aus der handelsrechtlichen Rechnungslegung gewonnen, die aber durch die aktienrechtlichen Ausschüttungsgrenzen reduziert werden. Dieser Cash Flow ist für die Prognose im Rahmen der Phasenmodelle fortzuführen. Danach ist der Wert des zukünftigen Cash Flow auf den Bewertungsstichtag zu diskontieren.943 Beim dabei zu bildenden Kapitalisierungszins ist zwischen Fremd- und Eigenkapital zu unterscheiden, um die unterschiedlichen Kosten erfassen zu können.944 bb) Börsenkurs als Wertmaßstab zur Berechnung der Abfindungsund Gegenleistungshöhe beim Delisting Der Börsenkurs kann als Wertmaßstab auf zwei verschiedenen Ebenen mit in die Berechnung der Abfindungs- und Gegenleistungshöhe beim Delisting einbezogen werden. Zum einen kann der Börsenkurs als solches den Unternehmenswert abbilden. Zum anderen kann der Börsenkurs Ausdruck des Verkehrswertes sein, der lediglich die Untergrenze einer zu leistenden Abfindung bildet. (1) Bo¨rsenkurs als allgemeiner Wertmaßstab Die erste Problemstellung betrifft die Frage nach der grundsätzlichen Bedeutung des Börsenkurses für die Abfindungshöhe und ihre Berechnung. Sie tritt immer dann auf, wenn von der Gesellschaft kraft Gesetzes etwa nach §§ 305 Abs. 1, 320b Abs. 1 AktG, §§ 29 Abs. 1, 207 Abs. 1 UmwG eine Abfindung an die ausscheidungswilligen Aktionäre einer börsennotierten AG zu zahlen ist. Im Schrifttum ist diese grundsätzliche Frage bereits eingehend diskutiert worden, so daß auf die dortigen Ergebnisse verwiesen werden kann.945 Eine Beantwortung an dieser Stelle 941 Emmerich in Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, AktG, § 305 Rn. 54; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 160 und 162; vgl. ausführlich Wöhe, Betriebswirtschaftslehre, S. 656 ff.; Schierenbeck, Betriebswirtschaftslehre, S. 408 ff. 942 Daneben existiert noch die Nettomethode, nach der die Zinsen vom Cashflow abzuziehen sind und danach mit der Eigenkapitalrendite zu kapitalisieren sind; zum ganzen Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 160 f. 943 Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 164. 944 Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 60 f. m. w. N. 945 Die Berücksichtigung des Börsenkurses im Rahmen der Unternehmensbewertung bejahen, zumindest hinsichtlich der Wertuntergrenze, Ullrich, Abfindung und Börsenkurs,

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würde den Rahmen der Untersuchung sprengen und den Blick auf die spezifischen Probleme des Delisting verstellen. Zudem hat es die Rechtsprechung bisher grundsätzlich abgelehnt, den Börsenkurs allein oder zumindest als Faktor zur Berechnung des Unternehmenswertes zu akzeptieren.946 Vielmehr hat sie den Börsenkurs lediglich als Ausdruck des Verkehrswertes gesehen, der bei der Berechnung der Abfindungshöhe als Wertuntergrenze heranzuziehen ist. Sie begründet die Einbeziehung des Börsenkurses mit dem für die betroffenen Aktionäre realisierbaren Verkehrswert, den die Aktionäre bei Veräußerung tatsächlich hätten erzielen können.947 (2) Eignung des Bo¨rsenkurses als Wertmaßstab fu¨r den Verkehrswert als Wertuntergrenze Grundsätzlich ist gegen die Verwendung des Börsenkurses als Wertuntergrenze der Abfindung und Gegenleistung beim Delisting nichts einzuwenden, wenn der Börsenpreis in einem funktionierenden Markt festgestellt wird und die Börse ihrer Bewertungsfunktion nachkommt. Kann die Börse jedoch aufgrund eines illiquiden Börsenhandels ihrer Bewertungsfunktion nicht nachkommen, können sich durch vereinzelte Kauf- oder Verkauforders Zufallskurse bilden, die nicht die Situation des Unternehmens und seiner zukünftigen Erträge widerspiegeln. Insbesondere bei Gesellschaften, die ein Delisting durchführen wollen, ist die Illiquidität des Börsenhandels und die dadurch verursachte zufällige Bewertung der Gesellschaft regelmäßig Motiv für ein Delisting. Denn ohne einen liquiden Börsenhandel kann die Gesellschaft kaum neues Eigenkapital über die Börse aufnehmen.948 Wenn aber beim Delisting der Börsenpreis regelmäßig nicht die tatsächlichen Verhältnisse der Gesellschaft und des Marktes wiedergibt, ist fraglich, unter welchen VorS. 105 ff. und 141; Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 362 ff. und 380 ff.; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 186 ff.; vgl. zudem die Nachweise bei Emmerich in Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, AktG, § 305 Rn. 42, dort Fn. 92 f.; Karrer, Angemessenheit der Leistung im Konzern-, Übernahme- und Ausschlussrecht, S. 127 ff.; wohl auch Orlopp, Abfindungen von Minderheitsaktionären, S. 118 ff.; Piltz, ZGR 2001, 185, 193 ff.; ähnlich Hüttemann, ZGR 2001, 454, 467 ff.; den Börsenkurs als Wertmaßstab zur Berechnung der Abfindung lehnen ab Riegger, DB 1999, 1889, 1890; Luttermann, NZG 2007, 611, 616 f.; Großfeld / Merkelbach, NZG 2008, 241, 246 f.; Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 161 ff., läßt die Berücksichtigung des Börsenkurses an der fehlenden Möglichkeit zur Veräußerung der Aktien aller abfindungsberechtigten Aktionäre über die Börse scheitern. 946 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 308; BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, WM 2001, 856, 859 = WuB II A. § 304 1.01 (Mülbert / Winkler); weitergehend aufgrund des enormen Aufwandes eines Bewertungsgutachtens BayObLG, Beschl. v. 29. 09. 1998 – 3Z BR 159 / 94, AG 1999, 43, 45 (EKU / März); a. A. Kiem / Riedel, EWiR 2004, 523, 524, die allein den Börsenkurs als Maßstab gelten lassen und einen eventuell höheren Unternehmenswert außer acht lassen. 947 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 306; a. A. Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 161 ff., der den Börsenkurs als Ausdruck des Verkehrswertes aufgrund der fehlenden tatsächlichen Realisierbarkeit ablehnt. 948 Siehe dazu ausführlich oben 2. Teil: D.I.1.a), S. 72 ff.

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aussetzungen der Börsenpreis nicht mehr Ausdruck des Verkehrswertes und damit einer Wertuntergrenze ist. Für die abfindungsberechtigten Minderheitsaktionäre kann dies zur Folge haben, daß zwar der Börsenkurs über dem im Rahmen der Unternehmensbewertung ermittelten Wert liegt, er jedoch aufgrund eines illiquiden Handels nicht als Wertuntergrenze dienen kann. Die Abfindungshöhe würde sich dann nur nach dem in der Unternehmensbewertung festgestellten Wert richten. (a) Stand der Diskussion in Rechtsprechung und Schrifttum In der Rechtsprechung werden als Ausschlußkriterien, die die Tauglichkeit des Börsenkurses zur Bestimmung des Verkehrswertes einschränken oder aufheben, der mangelnde Handel mit den Aktien, die fehlende Veräußerungsmöglichkeit aufgrund einer vorhandenen Marktenge, die Manipulation des Börsenpreises und die schlechte Verfassung der Kapitalmärkte genannt.949 Näher erläutert werden die Kriterien des mangelnden Handels und der Marktenge, wobei eine scharfe Trennung zwischen beiden nicht stattfindet. Eine Marktenge im Börsenhandel bestehe erst, wenn nur 5 % der Aktien im Markt frei verkäuflich seien.950 Allerdings sei dies nicht zwingend, wenn ein Handel stattfinde.951 Ein Ursachenzusammenhang zwischen diesen Kriterien und der mangelnden Aussagekraft eines so zustandegekommenen Börsenpreises für den Verkehrswert einer Aktie wird dabei ohne Begründung vorausgesetzt. Das Kriterium der schlechten Kapitalmarktverfassung wird im Schrifttum überwiegend mit der Begründung abgelehnt, daß sich kaum festlegen lasse, wann eine schlechte Verfassung des Kapitalmarktes vorliege, und ein solches Vorgehen inkonsequent sei, da die Börse auch in einer Phase fallender Kurse ihrer Bewertungsfunktion nachkomme.952 Dem unzureichenden Aktienhandel an der Börse stimmt das Schrifttum zu, wobei aber über die Voraussetzungen Uneinigkeit herrscht, wann kein ausreichender Aktienhandel zur ordnungsgemäßen Bewertung der Aktie 949 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 309 f. (DAT / Altana); BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 116 und 122 (DAT / Altana); OLG Stuttgart, Beschl. v. 14. 02. 2008 – 20 W 9 / 06, ZIP 2008, 883, 884; OLG Stuttgart, Beschl. v. 14. 02. 2008 – 20 W 11 / 06, BeckRS 2008, 04923; OLG Düsseldorf, Urt. v. 04. 06. 2003 – 19 W 3 / 03 AktGE, AG 2003, 507, 508 (DAT / Altana); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31. 01. 2003 –19 W 9 / 00 AktE, AG 2003, 329, 331 und 334 (Siemens / SNI); so auch für das Delisting BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952, 1954. 950 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 309; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31. 01. 2003 –19 W 9 / 00 AktE, AG 2003, 329, 331; Vetter, AG 1999, 566, 571. 951 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 309; OLG München, Beschl. v. 11. 07. 2006 – 31 Wx 41, 66 / 05, ZIP 2006, 1722, 1723 f.; Luttermann, NZG 2007, 611, 617 der ein geringes Handelsvolumen für eine Marktenge nicht ausreichen lassen will. 952 Bungert, BB 2001, 1163, 1164; Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 159; a. A. Martens in FS Bezzenberger, S. 267, 289.

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mehr vorliegt. Einerseits wird vertreten, daß eine zuverlässige Bewertung nur in den Werten des DAX 100 stattfinde.953 Dem wird entgegengehalten, daß eine pauschale Grenze nicht gezogen werden könne, da eine ordnungsgemäße Bewertung von der Zahl der handelbaren Aktien und dem tatsächlichen Handel abhänge.954 So könne beispielsweise auch bei einem geringen handelbaren Volumen im Verhältnis zum Gesamtkapital der Gesellschaft ein reger Börsenhandel stattfinden. Andererseits könne aber auch ein großer Anteil frei handelbarer Aktien vorhanden sein, aber nur vereinzelt gehandelt werden.955 Anknüpfungspunkt für einen nicht aussagekräftigen Börsenpreis könnte ein Umsatzvolumen von 3 – 5 % der ausgegebenen Aktien sein, wobei die Aktien an jedem zweiten Tag gehandelt werden sollten.956 Andere sind wiederum der Ansicht, daß die tatsächliche Realisierbarkeit des Börsenkurses in jedem Einzelfall zu berücksichtigen sei. Könne der Aktionär aufgrund der mangelnden Veräußerungsmöglichkeit über die Börse keinen am realen Wert des Unternehmens orientierten Börsenkurs erlösen, sei auch nicht einzusehen, warum bei der Berechnung der Abfindung der Börsenkurs als Wertuntergrenze dienen solle.957 Des weiteren wird vorgeschlagen, nur einen Börsenkurs als Ausdruck des Verkehrswertes zuzulassen, wenn der Kapitalmarkt voll umfänglich informiert sei und damit keine Informationsungleichgewichte zwischen dem Unternehmen und dem Kapitalmarkt bestünden. Nur an einem informationseffizienten Kapitalmarkt könnten aussagekräftige Börsenpreise gebildet werden.958 Als weiteres Ausschlußkriterium wird die Kursmanipulation anerkannt, da durch sie von außen auf den durch den Markt festgestellten Preis eingewirkt werde.959 (b) Wu¨rdigung der einzelnen Ausschlußkriterien bei Durchfu¨hrung des regula¨ren Delisting (aa) Kurs- und Marktpreismanipulation Daß der Börsenkurs nicht Ausdruck des Verkehrswertes sein kann, wenn der Börsenkurs manipuliert wird, ist selbstverständlich. Gerade in einer DelistingSituation kann ein Interesse der abfindungsverpflichteten Gesellschaft oder eines 953 Aha, AG 1997, 26, 28; a. A. Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 159; Behnke, NZG 1999, 934, 934. 954 Wilm, NZG 2000, 234, 238; Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 159; Karrer, Angemessenheit der Leistung im Konzern-, Übernahme- und Ausschlussrecht, S. 147 f. 955 Wilm, NZG 2000, 234, 238. 956 Wilm, NZG 2000, 234, 238; Bungert, BB 2001, 1163, 1164; ablehnend Behnke, NZG 1999, 934, 934. 957 Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 161 ff.; ähnlich, aber bereits den grundrechtlichen Schutz über Art. 14 Abs. 1 GG verneinend, Süßmann, BKR 2003, 257, 258. 958 Steinhauer, AG 1999, 299, 307. 959 BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 118 (DAT / Altana) = WM 2001, 856, 859; zuletzt OLG Stuttgart, Urt. v. 01. 10. 2003 – 4 W 34 / 93, AG 2004, 43, 44; siehe im einzelnen Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 160 f.

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Bieters an einem niedrigen Börsenkurs bestehen, um später keine hohe Abfindung zahlen bzw. Gegenleistung anbieten zu müssen.960 Aber auch die abfindungsberechtigten Aktionäre können ein Interesse an hohen Kursen haben, um eine entsprechende Abfindung verlangen zu können. Die Voraussetzungen einer Kurs- und Marktpreismanipulation ergeben sich aus § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 WpHG961, der als Verbotsnorm unrichtige Angaben über Umstände oder das Verschweigen solcher Umstände untersagt, die für die Bewertung eines Vermögenswertes erheblich und dazu geeignet sind, auf den Preis einzuwirken. Auch sonstige Täuschungshandlungen, die zur Einwirkung auf den Börsenpreis geeignet sind, werden durch das Verbot erfaßt. Die Umstände, die für die Bewertung von Vermögenswerten erheblich sind, die konkreten Voraussetzungen einer Täuschungshandlung sowie erlaubte Handlungen und Unterlassungen werden gemäß § 20a Abs. 2 WpHG durch die Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV) näher ausgestaltet962. So sind nach § 2 Abs. 2 MaKonV solche Tatsachen regelmäßig bewertungserhebliche Umstände, die nach § 15 Abs. 1 WpHG oder § 10 WpÜG veröffentlicht werden müssen. Wird also beispielsweise ein Delisting beabsichtigt, diese Tatsache aber nicht ad hoc nach § 15 Abs. 1 WpHG veröffentlicht, liegt eine Kursmanipulation vor.963 Abzugrenzen sind davon die zulässigen Maßnahmen, die in §§ 5 f. MaKonV aufgeführt sind und gemäß § 5 Abs. 1 MaKonV insbesondere Stabilisierungsmaßnahmen wie die sog. Greenshoe-Option umfassen.964 Der Tatbestand der Kurs- und Marktpreismanipulation kennzeichnet sich durch seine vorsätzliche Begehungsweise (§ 38 Abs. 1 Nr. 4 i.V. m. § 39 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 WpHG). Fraglich ist jedoch, ob diese subjektive Tatbestandseite der Kurs- und Marktpreismanipulation überhaupt für den Ausschluß des Börsenkurses herangezogen werden muß. Grund für den Ausschluß des Börsenkurses von seiner Bedeutung als Verkehrswert ist der Umstand, daß der Kapitalmarkt bei Kurs- und Marktpreismanipulationen nicht ausreichend über die Gesellschaft informiert ist. Die vollumfängliche Information des Kapitalmarktes ist jedoch neben einem liquiden Aktienhandel unerläßliche Voraussetzung zur Bildung eines Börsenkurses, der den Verkehrswert des Unternehmens abbildet. Der Börsenpreis beruht dann auf einem informationseffizienten Markt, der durch die Ad-hoc-Publizitätspflicht, die Zwischen- und Quartalsberichterstattungspflicht und weiteren Informationspflich960 Siehe zu den strafrechtlichen Konsequenzen eines solchen Handelns Schlitt, NZG 2006, 925, 929 f. 961 Vgl. dazu im einzelnen Eichelberger, WM 2007, 2046, 2048 ff.; Schlitt, NZG 2006, 925, 929 f. 962 Die Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (BGBl. Teil I 2005, S. 515) ist die Nachfolgeverordnung der Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation (KuMaKV) vom 18. 11. 2003 (BGBl. Teil I 2003, S. 2300); siehe dazu im einzelnen Knauth / Käsler, WM 2006, 1041 ff. 963 Vgl. zum Begriff der „bewertungserheblichen Umstände“ Knauth / Käsler, WM 2006, 1041, 1042 ff. 964 Vgl. zum ganzen noch vor Erlaß der KuMaKV Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, WpHG, § 20a Rn. 36 ff.

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ten hergestellt und abgesichert wird.965 Daher ist grundsätzlich von einem ausreichend informierten Markt auszugehen966, auch wenn sich aufgrund rechtstatsächlicher Entwicklungen eine bestimmte Praxis zeigt, die zu Informationsasymmetrien zwischen den Markteilnehmern führt. Treten jedoch Informationsungleichgewichte durch einen Verstoß gegen Informations- und Publizitätspflichten auf, ohne daß es sich sogleich um eine vorsätzliche Kurs- und Marktpreismanipulation handelt, kommt der Börsenkurs aufgrund falscher oder unzureichender Informationen zustande. Daher ist es für die Aussagekraft des Börsenkurses gleichgültig, ob diese vorsätzlich oder lediglich fahrlässig begangen wird. Der subjektive Tatbestand muß bei der Untersuchung, ob der Börsenkurs manipuliert wurde, nicht beachtet werden, da es im Rahmen der Abfindung nur um die marktgerechte Bewertung der Gesellschaft geht. Insofern ist es für die Nichtbeachtung des Börsenkurses ausreichend, wenn kurserhebliche Informationen zurückgehalten oder falsche Informationen an den Kapitalmarkt gegeben werden. (bb) Schlechte Verfassung der Kapitalma¨rkte Die schlechte Verfassung der Kapitalmärkte kann die Verwendung des Börsenkurses als Abfindungsuntergrenze grundsätzlich nicht ausschließen. Zunächst fällt es schwer festzulegen, unter welchen Voraussetzungen von einer schlechten Verfassung der Kapitalmärkte auszugehen ist. Wird der Begriff weit gefaßt, kann darunter jede nicht nur vorübergehende Abwärtsbewegung der organisierten Kapitalmärkte verstanden werden, wobei unklar bleibt, ob sich diese Entwicklung lediglich auf den jeweiligen Börsenplatz beziehen muß oder aber auf die Gesamtheit des internationalen Kapitalmarktes. Gegen eine solch weite Fassung spricht bereits, daß die Kapitalmärkte regelmäßigen Zyklen unterliegen und einer Abwärtsbewegung nicht selten auch wieder eine Aufwärtsbewegung folgt. Gerade beim Delisting hat das Börsenumfeld regelmäßig einen erheblichen Anteil an dem Wunsch zum Börsenrückzug, etwa weil die erneute Eigenkapitalaufnahme wegen mangelnder Investitionsbereitschaft der Anleger unmöglich ist. Zudem hat der Aktionär, der seine Aktien über die Börse erwirbt, auch das Risiko einer Abwärtsbewegung des Börsenkurses übernommen.967 Der Börsenkurs einer zugelassenen Aktie kann nicht losgelöst von ihrem wirtschaftlichen Umfeld betrachtet werden, da mannigfaltige Ursachen für eine Schwäche der Kapitalmärkte bestehen können, etwa die Struktur des Unternehmens selbst, die Zukunftsfähigkeit einer ganzen Branche oder Unwägbarkeiten im politischen Umfeld. Faßt man den Begriff der schlechten Verfassung der Kapitalmärkte hingegen enger und beschränkt ihn auf den Ausnahmefall der Notierungsaussetzung nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 BörsG, besteht keine Rechtsunsicherheit mehr über die Berücksichtigung des Börsenkurses. Nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 BörsG 965 Siehe zu den einzelnen Informations- und Publizitätspflichten oben 2. Teil: A.IV.2., S. 43 ff. 966 So auch Steinhauer, AG 1999, 299, 307. 967 Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 159.

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kann die Börsengeschäftsführung die Notierung aussetzen, wenn dies aufgrund einer zeitweiligen Gefährdung des ordnungsgemäßen Börsenhandels oder zum Schutz des Publikums geboten erscheint. Dabei kann zwischen emittentenbezogenen und externen Gründen unterschieden werden. Emittentenbezogene Gründe sind etwa der Verlust des halben Grundkapitals oder die Stellung eines Insolvenzantrags.968 Externe Gründe kennzeichnen sich durch allgemeine wirtschaftliche oder großpolitische Ereignisse, die auf die Kapitalmärkte lähmend wirken.969 Diesem engen Verständnis kann nicht entgegengehalten werden, daß damit kein Börsenkurs vorhanden sei, der zur Grundlage des Verkehrswertes gemacht werden könnte. Dem wäre zuzustimmen, wenn lediglich der Börsenkurs eines bestimmten Tages zur Grundlage der Bewertung gemacht werden würde. Die überwiegende Ansicht legt jedoch als Verkehrswert einen Durchschnittsbörsenkurs zugrunde, der über einen bestimmten Zeitraum gebildet wird970, so daß es nicht auf einen bestimmten Tageskurs ankommt. Da die Aussetzung aber regelmäßig nur vorübergehend erfolgt, um dem Publikum eine rationale Bewertung des Unternehmens und des Kapitalmarktumfeldes zu ermöglichen, stehen regelmäßig vor und nach Aussetzung Börsenkurse zur Verfügung. (cc) Marktenge und unzureichender Aktienhandel Die Marktenge bezeichnet einen Handelszustand, in dem die durchschnittlichen Tagesumsätze eines bestimmten Wertes äußerst niedrig ausfallen, so daß Kaufoder Verkaufsorders nicht auf einem einzigen Handelstag, sondern auf mehrere Tage verteilt werden müssen, um die tatsächliche Ausführung gewährleisten zu können.971 Ursachen einer solche Marktenge können zum einen in einem geringen frei handelbaren Anteil der Aktien im Verhältnis zum Gesamtkapital der Gesellschaft begründet liegen. Andererseits können sich die frei verfügbaren Aktien auf einige wenige Anteilsinhaber verteilen, die so gut wie gar keinen Handel mit den Aktien treiben.972 Ein in einer solchen Handelssituation gebildeter Börsenpreis 968 Vgl. zur wortgleichen Vorgängerregelung in § 38 Abs. 1 Nr. 1 BörsG Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, BörsG, § 38 Rn. 5. 969 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, BörsG, § 38 Rn. 6. 970 Siehe dazu sogleich unten 4. Teil: D.V.4.c)cc), S. 340 f.; für einen Durchschnittskurs BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 310; BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 118 = WM 2001, 856, 859 = WuB II A. § 304 AktG 1.01 (Mülbert / Winkler); OLG Stuttgart, Beschl. v. 04. 02. 2000 – 4 W 15 / 98, AG 2000, 428, 429; a. A. nur OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25. 05. 2000 – 19 W 1 / 93 AktE, BB 2000, 1905, 1906. 971 BGH, VersUrt. v. 04. 04. 2002 – III ZR 237 / 01, NJW 2002, 1868, 1869; BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952, 1954; LG Hamburg, Beschl. v. 15. 07. 2005 414 O 99 / 01, DB 2006, 204, 205; vgl. auch Gude, Strukturänderungen und Unternehmensbewertung zum Börsenkurs, S. 405 ff. 972 Diese Situation traf wohl auch auf die Ingram Macrotron AG zu, da sich kaum mehr als 1 % der Stammaktien und 8,5 % der Vorzugsaktien im Streubesitz befanden, vgl. LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP, 1999, 2017, 2020.

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unterliegt durch eingehende Kauf- oder Verkaufsorders starken Schwankungen, da an der Börse nicht genügend Aktien zum Handel zur Verfügung stehen. Der Börsenpreis ist dann nicht Ausdruck des Verkehrswertes, sondern lediglich ein Zufallskurs, der nicht auf den tatsächlichen Verhältnissen der Gesellschaft und des Umfeldes beruht. Steigt etwa der Börsenkurs aufgrund eines Kaufauftrags sehr stark an, ohne daß der Anstieg auf eine positive Entwicklung im Unternehmen oder des Börsenumfeldes zurückzuführen ist, spricht viel dafür, daß allein der Kaufauftrag den Preis hat ansteigen lassen. Setzt man voraus, daß der Börsenpreis Ausdruck der Summe der zur Verfügung stehenden Informationen über das Unternehmen und sein Umfeld ist, bildet der Kaufauftrag gerade keine solche Information, die den Anstieg rechtfertigen würde. Dies könnte nur der Fall sein, wenn der Käufer über Informationen verfügen würde, die dem übrigen Kapitalmarkt nicht zur Verfügung stehen, beispielsweise Insiderinformationen. Solche Informationen, die Einfluß auf den Börsenkurs haben, sind aber gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ad hoc zu veröffentlichen, so daß der Kauforders grundsätzlich keine solche Bedeutung zukommt. Sind daher Informationsasymmetrien grundsätzlich ausgeschlossen, bildet allein die Kauforders die Grundlage für den starken Anstieg des Börsenkurses. Dieser Eindruck wird regelmäßig durch den raschen Fall des Börsenkurses nach Ausführung der Kauforders verstärkt.973 Solche sprunghaften Kurse sind daher nicht Ausdruck des Verkehrswertes eines Unternehmens, sondern vielmehr eines engen Marktes, der sich durch einen unzureichenden Aktienhandel kennzeichnet. Fraglich ist aber, in welchem Stadium nicht mehr von einem ausreichenden Aktienhandel gesprochen werden kann. Als Anknüpfungspunkt zur Feststellung eines unzureichenden Aktienhandels kann abstrakt auf die handelbaren Aktien im Verhältnis zu allen Aktien und die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Aktienindex oder aber konkret auf das Handelsvolumen sowie in zeitlicher Hinsicht auf die Anzahl der Tage, an denen ein Handel stattgefunden hat, abgestellt werden. Bei der abstrakten Betrachtung der zur Verfügung stehenden handelbaren Aktien im Verhältnis zu allen Aktien muß eine Mindestgrenze der handelbaren Aktien festgelegt werden, ab der von einem unzureichenden Aktienhandel ausgegangen werden kann. Vorgeschlagen wird, daß bei weniger als 5 % aller überhaupt handelbaren Aktien einer Gesellschaft, kein ausreichender Handel stattfindet, der den Verkehrswert abbildet. Eine solch abstrakte Grenze hat den Nachteil, daß der tatsächliche Handel außer Betracht bleibt, der aufgrund einer hohen absoluten Anzahl von Aktien durchaus stattfinden kann. Insofern ist die geringe Anzahl handelbarer Aktien nur ein erster Hinweis auf einen engen Markt, allein aber zur Feststellung nicht ausreichend. Zudem kann durchaus ein großer Teil der Aktien handelbar sein, sich aber in der Hand eines Aktionärs befinden. Das Kriterium greift zwar formal nicht ein, aber dennoch liegt kein ausreichender Aktienhandel vor. Abzulehnen ist die Gleichstellung der ausreichenden Handelbarkeit mit der Zugehörigkeit zu einem 973

Dies andeutend BGH, VersUrt. v. 04. 04. 2002 – III ZR 237 / 01, NJW 2002, 1868, 1869.

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bestimmten Aktienindex. Zwar wird regelmäßig ein ausreichender Aktienhandel mit den Aktien einer Gesellschaft vorhanden sein, die in einem solchen Aktienindex974 aufgenommen worden sind, jedoch sind die zu erfüllenden Voraussetzungen zur Aufnahme in einen Aktienindex nicht notwendige Voraussetzung für einen ausreichenden Handel. Könnte bei der Abfindung der Börsenkurs immer nur dann zugrunde gelegt werden, wenn es sich um eine Gesellschaft handeln würde, die in einem Aktienindex vertreten wäre, könnte der Börsenkurs beim regulären Delisting regelmäßig nicht Ausdruck des Verkehrswertes sein, da Delisting-Gesellschaften praktisch in keinem Aktienindex vertreten sind. In den Aktienindizes sind in der Regel die Topwerte eines Handelsplatzes zusammengefaßt. Auch Aktien, die nicht in einem Aktienindex vertreten sind, werden ausreichend gehandelt, so daß der Börsenkurs Ausdruck des Verkehrswertes sein kann. Aussagekräftiger sind hingegen die konkrete Betrachtung des Handelsvolumens und die Anzahl der Handelstage. Das Handelsvolumen bezeichnet den Umsatz in Aktien über einen bestimmten Zeitraum. Sinkt der Umsatz unter eine bestimmte Grenze, entsteht auch so eine Marktenge. Der Ansicht, die ein Umsatzvolumen von 3-5 % der handelbaren Aktien fordert975, ist zuzustimmen, wobei nicht verkannt werden darf, daß diese Frage juristisch kaum zu bewältigen und eher wirtschaftswissenschaftlich zu beantworten ist.976 Aber auch ein durchgehender Handel kann Ausdruck eines ausreichenden Aktienhandels sein, wobei die Festlegung, daß an jedem zweiten Börsentag ein Aktienhandel stattgefunden haben muß, damit der Börsenkurs Ausdruck des Verkehrswertes ist977, willkürlich erscheint. Auch bei einer geringeren Dichte der Handelstage kann der Börsenkurs Ausdruck des Verkehrswertes sein, wenn er aufgrund der einzelnen Kauf- oder Verkaufsorders nicht zu stark schwankt und sich auf Informationen über das Unternehmen oder das Börsenumfeld zurückführen läßt.978 Auch hier bedarf es einer konkreten Betrachtung, da der Börsenkurs vielfältigen Einflüssen ausgesetzt ist und nicht von einer Ursache auf einen unzureichenden Handel insgesamt geschlossen werden kann. Vielmehr kann als weiteres Indiz für einen unzureichenden Handel die man974 Beispielhaft seien die Aktienindizes der Deutsche Börse AG an der Frankfurter Wertpapierbörse DAX, MDAX, SDAX, etc. genannt, in denen nur Aktien von Gesellschaften aufgenommen werden, die bestimmte quantitative Voraussetzungen wie Börsenumsatz und Marktkapitalisierung erfüllen. 975 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31. 01. 2003 – 19 W 9 / 00 AktE, AG 2003, 329, 331; KG, Beschl. v. 16. 10. 2006 – 2 W 148 / 01, ZIP 2006, 75, 77; Wilm, NZG 2000, 234, 238. 976 Ebenso die Einschätzung von Vetter, DB 2001, 1347, 1351. 977 Wilm, NZG 2000, 234, 238. 978 So auch der BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 123 = WM 2001, 856, 861, der für einen Monat sogar acht Handelstage für ausreichend angesehen hat; OLG München, Beschl. v. 11. 07. 2006 – 31 Wx 41, 66 / 05, ZIP 2006, 1722, 1723 f., das sogar bei einem freien Aktienanteil von 0,45 % die Marktenge verneint, weil ein Aktienhandel tatsächlich stattgefunden hat; LG Frankfurt / Main, Beschl. v. 17. 01. 2006 – 3-5 O 75 / 03, AG 2006, 757, 758, das in 3 Monaten 43 Handelstage ausreichen läßt, um die Marktenge zu verneinen; ähnlich Vetter, DB 2001, 1347, 1351.

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gelnde Bewegung des Börsenkurses nach positiven oder negativen Informationen über das Unternehmen gewertet werden, wenn normalerweise eine entsprechende Kursbewegung zu erwarten gewesen wäre. (c) Zwischenergebnis Der Börsenkurs ist grundsätzlich Ausdruck des Verkehrswertes. Ausnahmsweise kann davon nicht ausgegangen werden, wenn der objektive Tatbestand der Kursund Marktpreismanipulation nach § 20a Abs. 1 WpHG erfüllt ist. Die subjektive Tatbestandsseite ist unbeachtlich, da allein die marktgerechte Bewertung im Mittelpunkt der Abfindung steht. Das Kriterium der schlechten Verfassung der Kapitalmärkte ist in seiner bisher verstandenen Weite des Begriffs abzulehnen und auf den Fall der Notierungsaussetzung nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 BörsG zu beschränken. Das Kriterium der Marktenge und des unzureichenden Aktienhandels muß im Einzelfall flexibel mit Hilfe des konkreten Handelsvolumens und der Handelstage festgelegt werden. Je geringer das Handelsvolumen im Verhältnis zu den handelbaren Aktien ausfällt und je weniger Tage vorhanden sind, an denen gehandelt wird, desto eher ist von einer Marktenge auszugehen.979 Für das reguläre Delisting ergeben sich im Hinblick auf die genannten Ausschlußkriterien keine Besonderheiten, da die Ausnahmefälle nicht auf eine bestimmte aktien- oder umwandlungsrechtliche Strukturmaßnahme zugeschnitten sind. cc) Bewertungsstichtag Die Berechnung des Unternehmenswertes nach der Ertragswert- und der Discounted Cash-Flow-Methode muß auf einen konkreten Stichtag bezogen sein. Dieses Stichtagsprinzip ist gesetzlich für den Unternehmensvertrag in § 305 Abs. 3 S. 2, für die Eingliederung in § 320b Abs. 1 S. 5 AktG, das Squeeze-out in § 327b Abs. 1 S. 1 AktG sowie für die Verschmelzung und den Formwechsel in §§ 30 Abs. 1 S. 1, 208 UmwG festgehalten. Danach muß die Abfindung die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlußfassung über die jeweilige Maßnahme berücksichtigen. Auch wenn die einzelnen Regelungen nicht analog auf das Delisting angewendet werden können, ist ihnen doch der Rechtsgedanke zu entnehmen, daß der Zeitpunkt der Beschlußfassung maßgebend ist. Damit ist auch beim Delisting auf den Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses abzustellen. Von diesem Stichtag ist der Rückrechnungszeitpunkt zu unterscheiden, wenn der Börsenkurs als Wertuntergrenze der Abfindung oder Gegenleistung dient. Mit dem Stichtag wird festgelegt, welche Überschüsse den bisherigen Anteilsinhabern zugerechnet werden und welche wirtschaftlichen Er979 Die Gesellschaft kann nachweisen, daß der Börsenkurs nicht Ausdruck des Verkehrswertes ist, BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 309; vgl. zur Beweislast der Gesellschaft und Nachweismöglichkeiten Naschke, Börsenkurs als Abfindungsgrundlage, S. 173 ff.

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wartungen bei der Berechnung zu berücksichtigen sind.980 Dabei sind auch Faktoren zu berücksichtigen, die in der Wurzel bereits im Unternehmen angelegt sind und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem bestimmten Ergebnis führen werden (Wurzeltheorie).981 Hat demnach der Großaktionär schon Investitionen getätigt, die in der Zukunft bestimmte Erträge bringen werden, sind diese mit in die Berechnung einzubeziehen. dd) Folgefragen bei Berücksichtigung des Börsenkurses als Wertuntergrenze Ist der Börsenkurs als Wertuntergrenze bei der Berechnung der Abfindungs- und Gegenleistungshöhe zu beachten, muß festgelegt werden, ob der Börsenkurs zu einem bestimmten Stichtag oder aber ein Durchschnittsbörsenkurs über einen bestimmten Zeitraum zugrunde zu legen ist. Wird die Verwendung eines Durchschnittsbörsenkurses bejaht, ist weiter zu untersuchen, welche Länge die Referenzperiode haben muß. Ist der Börsenkurs lediglich an einem Tag zu beachten, muß der konkrete Tag für den Börsenkurs bestimmt werden. Ist hingegen ein Durchschnittsbörsenkurs zu beachten, muß der Rückrechnungszeitpunkt festgelegt werden, ab dem dieser zu berücksichtigen ist. (1) Stichtags- oder Durchschnittsbo¨rsenkurs als Wertuntergrenze Nach der Festlegung des Bewertungsstichtages für die Unternehmensbewertung auf den Tag des Hauptversammlungsbeschlusses könnte zugleich die Frage beantwortet werden, ob die Wertuntergrenze der Abfindung durch einen Stichtags- oder Durchschnittsbörsenkurs gebildet wird.982 Zunächst liegt es nahe, der Abfindung einen Stichtagsbörsenkurs zugrunde zu legen, nämlich den Kurs des Tages, an dem die Hauptversammlung über die jeweilige Maßnahme abstimmt. Ein Teil der Literatur983 und auch das OLG Düsseldorf984 bestimmten den Verkehrswert mit Hilfe eines Stichtagsbörsenkurses, wobei nicht der Schlußkurs des Tages, sondern ein mittlerer Tageskurs am Stichtag zugrunde gelegt werden sollte. Begründet wurde diese Ansicht damit, daß der abfindungsberechtigte Aktionär nur das erhalten solle, was er zum Zeitpunkt eines möglichen Verkaufs hätte erlösen können. Würde ein Durchschnittsbörsenkurs die Wertuntergrenze bilden, würde der Verkehrswert 980 Vgl. dazu nur Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 57 f. 981 Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 59 f. 982 Vgl. auch zum Streitstand Karrer, Angemessenheit der Leistung im Konzern-, Übernahme- und Ausschlussrecht, S. 157 ff. m. w. N. 983 Bilda in MünchKomm AktG § 305 Rn. 68; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 463 f.; ebenso Piltz, ZGR 2001, 185, 200 f., der aber gegen den Stichtagskurs den Einwand der Manipulation zuläßt. 984 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25. 05. 2000 – 19 W 1 / 93 AktE, AG 2000, 422, 423 f.

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auf einer Schätzung gemäß § 287 ZPO beruhen.985 Zudem bilde ein Durchschnittskurs lediglich einen Vergangenheitswert ab, insbesondere wenn ein sehr langer Zeitraum gewählt werde, nicht aber den Wert des jeweiligen Stichtages.986 Dieser Auffassung steht die mittlerweile weit überwiegende Ansicht aus Rechtsprechung und Schrifttum gegenüber, die die Wertuntergrenze mit Hilfe eines Durchschnittsbörsenkurses bestimmt, der auf die maßgebenden Verhältnisse der Gesellschaft und den Bewertungsstichtag bezogen ist.987 Zwar ergäben sich aus Art. 14 GG keine bestimmten Vorgaben, jedoch bestünden bei Zugrundelegung eines Börsenstichtagskurses Manipulationsgefahren, die bei einem Rückgriff auf einen Durchschnittskurs verhindert werden könnten und es den Beteiligten erschwerten, den Börsenkurs in ihrem Sinne zu beeinflussen.988 Die abfindungsverpflichtete Gesellschaft könne bei Annahme eines Börsenstichtagskurses insbesondere den Zeitpunkt festlegen, zu dem die Hauptversammlung einberufen wird, um den Stichtag in eine Phase niedriger Börsenkurse zu legen.989 Der weit überwiegenden Ansicht ist auch für die Abfindung beim regulären Delisting zuzustimmen. Auch beim regulären Delisting besteht die Gefahr, daß der das Delisting betreibende Großaktionär oder die abfindungsverpflichtete Gesellschaft Einfluß auf den Börsenkurs nehmen, um den Verkehrswert nicht über den Wert aus der Unternehmensbewertung steigen zu lassen. Gerade, wenn kein durchgängiger Aktienhandel mehr stattfindet, kann der Großaktionär den Börsenkurs beispielsweise durch einen relativ kleinen Verkaufsauftrag, der die Angebotsseite anschwellen läßt, zu einem bestimmten Stichtag drücken. Derartige Kursausschläge nach unten erlangen bei einem Durchschnittsbörsenkurs nur eine geringe Bedeutung. Dem Einwand, daß durch einen Durchschnittsbörsenkurs nur Vergangenheitswerte abgebildet werden, ist entgegenzuhalten, daß Börsenkurse vielmehr die zukünftigen Erwartungen an die Erträge des Unternehmens und seine Entwicklung abbilden. Aber auch die Minderheitsaktionäre könnten versuchen, bei einem geringen Aktienhandel die Börsenkurse nach oben zu treiben, um die Abfindungshöhe entsprechend zu beeinflussen. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25. 05. 2000 – 19 W 1 / 93 AktE, AG 2000, 422, 424. Piltz, ZGR 2001, 185, 201. 987 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 310; BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 118 = WM 2001, 856, 859 = WuB II A. § 304 AktG 1.01 (Mülbert / Winkler); KG, Beschl. v. 16. 10. 2006 – 2 W 148 / 01, ZIP 2006, 75, 77; OLG Stuttgart, Beschl. v. 04. 02. 2000 – 4 W 15 / 98, AG 2000, 428, 429; BayObLG, Beschl. v. 29. 09. 1998 – 3Z BR 159 / 94, AG 1999, 43, 45; LG Dortmund, Beschl. v. 18. 11. 2000 – 20 AktE 8 / 94, AG 2001, 544, 546; ebenso nun auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31. 01. 2003 – 19 W 9 / 00 AktE, AG 2003, 329, 330; Großfeld, Unternehmensund Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 192 f.; Großfeld, BB 2000, 261, 266; Wilm, NZG 2000, 234, 238 f.; Hüffer AktG, § 305 Rn. 24d m. w. N.; Bungert, BB 2001, 1163, 1165; siehe auch zum Streitstand Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 143 ff.; Karrer, Angemessenheit der Leistung im Konzern-, Übernahme- und Ausschlussrecht, S. 163. 988 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 310; BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 118. 989 Hüffer AktG, § 305 Rn. 24d. 985 986

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(2) Referenzperiode Die Referenzperiode kennzeichnet den Zeitraum, der zur Feststellung eines Durchschnittsbörsenkurses herangezogen wird. Über die Länge der Referenzperiode herrscht in Rechtsprechung und Literatur Uneinigkeit, da bis auf § 5 Abs. 1 WpÜG-AV, der die Gegenleistungshöhe bei Übernahme- und Pflichtangeboten regelt, keine gesetzlichen Vorgaben vorhanden sind, nach denen die Länge der Referenzperiode zu bestimmen ist. Die Meinungsäußerungen reichen von drei Monaten bis hin zu drei Jahren, wobei auch Mindestlängen von sechs Monaten bis zu einem Jahr vorgeschlagen werden, die bei bestimmten Einflüssen verlängert werden können.990 Ausgangspunkt zur Festlegung der Referenzperiode müssen die Anforderungen sein, die an den Durchschnittskurs zu stellen sind. Die Rechtsprechung fordert zum einen, daß die Wahl der Referenzperiode einem Mißbrauch sowohl durch die abfindungsberechtigte als auch die verpflichtete Seite entgegenwirken muß.991 Zum anderen müßten die Börsenkurse berücksichtigt werden, die die größtmögliche Nähe zum Stichtag aufweisen würden, um eine möglichst zeitnahe Bewertung der Gesellschaft zu gewährleisten.992 Sinn und Zweck dieser Anforderungen ist es, einen Durchschnittsbörsenkurs zu erhalten, der annähernd den wirklichen Verkehrswert der Gesellschaft abbildet. Ein Börsenkurs kann aber nur dann Ausdruck des Verkehrswertes sein, wenn eine ausreichende Liquidität des Aktienhandels vorliegt. Zwar ist die Frage eines ausreichenden Aktienhandels im Zusammenhang mit der Berücksichtigung des Börsenkurses bereits diskutiert und als Ausschlußkriterium anerkannt worden.993 Jedoch kann, auch wenn grundsätzlich ein ausreichender Aktienhandel stattfindet, ein zu kurzer Referenzzeitraum die Aussagekraft des Durchschnittsbörsenkurses als Verkehrswert erheblich schmälern. Da beim regulären Delisting in der Regel ein Großteil der Aktien nicht mehr an der Börse gehandelt wird und damit regelmäßig ein geringeres Handelsvolumen mit 990 Für drei Monate BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 118 = zustimmend die Anmerkung von Mülbert / Winkler, WuB II A. § 304 AktG 1.01; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31. 01. 2003 – 19 W 9 / 00 AktE, AG 2003, 329, 330 f.; BayObLG, Beschl. v. 11. 09. 2001 – 3Z BR 101 / 99, AG 2002, 392, 394 = ablehnend die Anmerkung von Luttermann, EWiR 2001, 1027, 1028; LG Dortmund, Beschl. v. 18. 11. 2000 – 20 AktE 8 / 94, AG 2001, 544, 546; sechs Monate Hüffer AktG, § 305 Rn. 24 f.; 30 bis 100 Tage Wilken, ZIP 1999, 1443, 1444; sechs Monate als Mindestgrenze Vetter, DB 2001, 1347, 1351; ähnlich OLG Stuttgart, Beschl. v. 04. 02. 2000 – 4 W 15 / 98, AG 2000, 428, 429; weiter differenzierend Ullrich, Abfindung und Börsenkurs, S. 156; mindestens ein Jahr Wilm, NZG 2000, 234, 239; Bungert / Eckert, BB 2000, 1845, 1849; Luttermann, JZ 1999, 945, 946; über zwei Jahre BayObLG, Beschl. v. 29. 09. 1998 – 3 Z BR 159 / 94, AG 1999, 43, 45; Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 385; Vetter, AG 1999, 566, 571. 991 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 310; BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 118. 992 BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 118 = zustimmend Mülbert / Winkler, WuB II A. § 304 AktG 1.01. 993 Siehe oben 4. Teil: D.V.4.c)bb)(2)(b), S. 336 ff.

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wenigen Handelstagen erreicht wird, ist ein zu kurzer Referenzzeitraum zur Feststellung eines aussagekräftigen Börsenkurses ungeeignet. Insofern ist zweifelhaft, ob ein pauschaler Referenzzeitraum von drei Monaten ausreichend ist, da die tatsächliche Liquidität des Aktienhandels je nach Aktie stark schwanken kann. Um aber einen aussagekräftigen Durchschnittsbörsenkurs zu erhalten, ist ein pauschaler Referenzzeitraum abzulehnen994, da der Zusammenhang zwischen der Liquidität des Aktienhandels und dem zu wählenden Zeitraum, der dem Durchschnittsbörsenkurs zugrunde gelegt werden soll, unberücksichtigt bliebe. Da die Liquidität des Aktienhandels bei jeder Aktie anders ist, muß dieser Zusammenhang auch bei der Festlegung der Referenzperiode berücksichtigt werden. Je höher die Liquidität des Aktienhandels im konkreten Fall ist, desto kürzer kann der Referenzzeitraum bemessen sein. Daher kann bei einem äußerst liquiden Titel der Referenzzeitraum recht kurz sein, während er bei einem weniger liquiden Aktienwert länger ausfallen wird. Insofern ist es unmöglich, für sämtliche Abfindungskonstellationen einen allgemeingültigen Referenzzeitraum festzulegen, vielmehr liegt es nahe, lediglich einen zeitlichen Korridor mit einer Unter- und einer Höchstgrenze festzulegen. Die Untergrenze läge dort, wo jedenfalls bei einem liquiden Wert von einem aussagekräftigen Börsenkurs ausgegangen werden kann. Die Obergrenze ist dort zu ziehen, wo auch bei einem weniger liquiden Wert jedenfalls nicht mehr von einem aussagekräftigen Börsenkurs ausgegangen werden kann. Obwohl § 5 Abs. 1 WpÜG-AV auf die Abfindungspflicht der AG oder das Erwerbsangebot des Bieters keine Anwendung findet, kann dieser Regelung im Hinblick auf die zu ziehende Untergrenze bezüglich des Zeitkorridors der Rechtsgedanke entnommen werden, daß mindestens der Börsenkurs der letzten drei Monate zugrunde zu legen ist, der Referenzzeitraum jedoch je nach Liquidität schwanken kann. Diese Regelung setzt einen liquiden Aktienhandel voraus, da § 5 Abs. 4 WpÜG-AV bei Illiquidität den Börsenkurs als Untergrenzen der Gegenleistungshöhe ausschließt.995 Gesetzliche Anknüpfungspunkte für eine Obergrenze existieren hingegen nicht. Allerdings muß der Durchschnittsbörsenkurs zum Bewertungsstichtag noch Ausdruck des Verkehrswertes der Gesellschaft sein, so daß die Obergrenze vom Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses nicht zu lange entfernt sein darf.996 Als Obergrenze des Zeitkorridors dürfte daher ein Jahr angemessen sein. Dieser äußere zeitliche Rahmen bietet zum einen die erforderliche Flexibilität, um die Länge in Ab994 Ebenso die Einschätzung von Wilm, NZG 2000, 234, 239; Hüffer AktG, § 305 Rn. 24 f.; ähnlich Karrer, Angemessenheit der Leistung im Konzern-, Übernahme- und Ausschlussrecht, S. 165, der einen Zeitraum von zwei bis vier Monaten für angemessen erachtet. 995 Siehe im einzelnen dazu nur Kremer / Oesterhaus in KölnKomm WpÜG, Anh. § 31 Rn. 17 ff.; Oechsler in Ehricke / Ekkenga / Oechsler, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, § 31 Rn. 16. 996 Der BGH begründet mit der Nähe zum Bewertungsstichtag den dreimonatigen Referenzzeitraum, vgl. BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 118; allerdings läßt sich dieser Gedanke auch zur zeitlichen Begrenzung des Zeitkorridors heranziehen.

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hängigkeit von der Liquidität des Aktienhandels zu bestimmen und andererseits die erforderliche Rechtssicherheit für die abfindungsverpflichtete Gesellschaft, um die Höhe der Ausgleichspflichten abschätzen zu können. Die konkrete Länge der Referenzperiode zwischen drei und zwölf Monaten ist aufgrund der unterschiedlichen Liquidität des Aktienhandels in jedem Einzelfall zu bestimmen. Bei der Abfindung im Rahmen des regulären Delisting wird der Aktienhandel regelmäßig eine geringe Liquidität erreichen, so daß der Referenzzeitraum in der Regel bei einem Jahr liegen wird. (3) Ru¨ckrechnungszeitpunkt Der Referenzzeitraum bedarf eines Zeitpunktes, an dem er endet und ab dem die in den drei oder bis zu zwölf Monaten vor diesem Zeitpunkt festgestellten Börsenkurse berücksichtigt werden können. Grundsätzlich käme beim Delisting einerseits der Bewertungsstichtag, also der Tag der Hauptversammlung, an dem das Delisting beschlossen wird, und andererseits der Tag vor der Ad-hoc-Mitteilung, an dem die Delisting-Absicht bekannt gemacht wird, in Betracht. In Literatur und Rechtsprechung herrscht über den Rückrechnungszeitpunkt keine Einigkeit, wobei der bisherige Streit fast ausschließlich im Rahmen der Abfindung bei Unternehmensverträgen und Eingliederungen geführt wurde. Teile der Rechtsprechung setzen den Rückrechnungszeitpunkt mit dem Bewertungsstichtag gleich, so daß der Tag der Hauptversammlung, an dem über die jeweilige Maßnahme entschieden wird, als Rückrechnungszeitpunkt anzusehen sei.997 Den Manipulationsmöglichkeiten könne am besten begegnet werden, wenn eine sehr enge Anbindung an den Bewertungsstichtag stattfinde. Die sich im Börsenkurs niederschlagenden Verbundvorteile nach Bekanntgabe des Abschlusses eines Unternehmensvertrages seien ebenfalls zu berücksichtigen, da diese Effekte auch den Aktionären der herrschenden Gesellschaft zugute kommen sollten. Daher müßten diese Vorteile auch bei der Barabfindung nach § 305 Abs. 1 AktG berücksichtigt werden.998 Die Gegenansicht im Schrifttum und in Teilen der Rechtsprechung lehnt den Tag der Hauptversammlung als Rückrechnungszeitpunkt ab und nimmt statt dessen den Tag der Bekanntmachung der jeweiligen Maßnahme.999 Als Tag 997 BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 118; OLG Hamburg, Beschl. v. 07. 08. 2002 – 11 W 14 / 94, AG 2003, 583, 584; OLG Hamburg, Beschl. v. 31. 07. 2001 – 11 W 29 / 94, AG 2002, 406, 407; BayObLG, Beschl. v. 11. 09. 2001 – 3Z BR 101 / 99, AG 2002, 392, 394; LG Frankfurt / Main, Beschl. v. 17. 01. 2006 – 3-5 O 75 / 03, AG 2006, 757, 758 f. 998 BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 120. 999 OLG Stuttgart, Beschl. v. 14. 02. 2008 – 20 W 9 / 06, ZIP 2008, 883, 884; OLG Stuttgart, Beschl. v. 14. 02. 2008 – 20 W 11 / 06, BeckRS 2008, 04923; OLG Stuttgart, Vorlagebeschl. v. 16. 2. 2007 – 20 W 6 / 06, AG 2007, 209, 211 ff.; KG, Beschl. v. 16. 10. 2006 – 2 W 148 / 01, ZIP 2006, 75, 78; OLG Stuttgart, Beschl. v. 04. 02. 2000 – 4 W 15 / 98, AG 2000, 428, 429; LG München I, Beschl. v. 27. 03. 2000 – 5HK O 19156 / 98, AG 2001, 99, 100; Wilm, NZG 2000, 234, 239; Bungert, BB 2001, 1163, 1165; Wenger, EWiR 2001, 605, 606;

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der Bekanntmachung wird auf die Ad-hoc-Veröffentlichung nach § 15 Abs. 1 WpHG abgestellt. Die nach Veröffentlichung der Unternehmensverträge festgestellten Börsenkurse seien nicht zu berücksichtigen, da es mit der Bekanntgabe der Verträge oder der Eingliederung regelmäßig zu Abfindungsspekulationen komme, die nicht Ausdruck des Verkehrswertes des Unternehmens seien.1000 Der BGH verlange zudem mit der Berücksichtigung des Börsenkurses bis zum Tag der Hauptversammlung etwas Unmögliches, da die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung noch nicht die konkrete Abfindungshöhe angeben kann, obwohl sie den Unternehmensvertrag, der die angemessene Abfindung gemäß §§ 293 f. Abs. 1 Nr. 1, 305 Abs. 1 AktG der außenstehenden Aktionären enthalten muß, von der Einberufung an auszulegen hat.1001 Gleiches gelte für den Bericht des Vorstands über die Höhe der Abfindung gemäß § 293a Abs. 1 AktG, der ebenfalls nach § 293 f. Abs. 1 Nr. 3 AktG auszulegen ist.1002 Das BVerfG schließt sich ausdrücklich keiner der vorgenannten Positionen an, da der Frage, ob der Rückrechnungszeitpunkt auf den Tag der Hauptversammlung oder aber auf den Tag der Bekanntmachung der jeweiligen Maßnahme zu legen sei, keine verfassungrechtliche Bedeutung zukomme.1003 Gleichwohl nennt es Aspekte, die bei der Bestimmung des Rückrechnungzeitpunktes zu beachten seien. Entscheidend sei nach dem BVerfG, daß durch die Wahl eines entsprechenden Referenzkurses ein Mißbrauch beider Seiten verhindert werde. Der Rückrechnungszeitraum könne dabei auch die Zeit nach Bekanntgabe und Bekanntwerden der Maßnahme erfassen.1004 Ein Mißbrauch können bei der Eingliederung nicht bereits in der Bekanntgabe der Eingliederungsmaßnahme gesehen werden. Jedoch ist ein Mißbrauch denkbar, wenn die Obergesellschaft die Information über die beabsichtigte Maßnahme gezielt zur Einflußnahme auf den Aktienkurs im Referenzzeitraum nutzt.1005 Gleichwohl könne es im Hinblick auf den Schutz der Minderheitsaktionäre besser sein, auf eine Referenzperiode im Vorfeld der Bekanntgabe der Maßnahme abzustellen.1006 Zwar ist der Abschluß eines Unternehmensvertrages und die Eingliederung mit dem regulären Delisting nicht vergleichbar, so daß die Diskussion nicht unmittelBehnke, NZG 1999, 934, 934; Hüffer AktG, § 305 Rn. 24e; Puszkajler, BB 2003, 1692, 1694; Komp, Zweifelsfragen des aktienrechtlichen Abfindungsanspruches, S. 385; Vetter, AG 1999, 566, 571; Pluskat, NZG 2008, 365, 366; Schlitt, NZG 2006, 925, 926; differenzierend Karrer, Angemessenheit der Leistung im Konzern-, Übernahme- und Ausschlussrecht, S. 164 f., der auf den Tag vor Bekanntwerden der Abfindungskonditionen abstellt. 1000 OLG Stuttgart, Beschl. v. 04. 02. 2000 – 4 W 15 / 98, AG 2000, 428, 429; Wilm, NZG 2000, 234, 239; im Fall des OLG Stuttgart, Beschl. v. 14. 02. 2008 – 20 W 9 / 06, ZIP 2008, 883, 884 kam noch erschwerend eine Marktenge (siehe dazu bereits oben 4. Teil: D.V.4.c) bb)(2)(b)(cc), S. 336 f.) hinzu. 1001 Bungert, BB 2001, 1163, 1165. 1002 Vetter, DB 2001, 1347, 1350. 1003 BVerfG, Beschl. v. 29. 11. 2006 – 1 BvR 704 / 03, WM 2007, 73, 74. 1004 BVerfG, Beschl. v. 29. 11. 2006 – 1 BvR 704 / 03, WM 2007, 73, 74. 1005 BVerfG, Beschl. v. 29. 11. 2006 – 1 BvR 704 / 03, WM 2007, 73, 75. 1006 BVerfG, Beschl. v. 29. 11. 2006 – 1 BvR 704 / 03, WM 2007, 73, 75.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

bar übertragen werden kann. Dennoch ist auch beim regulären Delisting fraglich, ab welchem Zeitpunkt die Börsenkurse zu berücksichtigen sind und wann der Referenzzeitraum endet. Insofern kann auf die Argumentation auch für das reguläre Delisting zurückgegriffen werden, soweit nicht die Besonderheiten beim Abschluß eines Unternehmensvertrages oder einer Eingliederung im Vordergrund stehen. Als Rückrechnungszeitpunkte kommt der Tag vor der Ad-hoc-Mitteilung, an dem die Delisting-Absicht bekannt gemacht wird oder der Tag der Hauptversammlung in Betracht. Spätere Zeitpunkte, wie etwa der Tag der Stellung des Antrags auf Widerruf der Börsenzulassung oder der Bekanntgabe des Widerrufs der Börsenzulassung durch die Geschäftsführung der Börse, scheiden als Rückrechnungszeitpunkte aus, da sie zeitlich nach dem grundsätzlichen Bewertungsstichtag liegen und nicht mehr die Verhältnisse in der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses wiedergeben. Auch die Festlegung des Rückrechnungszeitpunktes auf den Tag der Hauptversammlung, wie dies der BGH vertritt, ist abzulehnen. Werden bis zu dem Tag der Hauptversammlung die Börsenkurse berücksichtigt, ist das geplante Delisting bereits durch die Bekanntmachung der Tagesordnung der Hauptversammlung gemäß § 124 Abs. 1 AktG oder eine Adhoc-Veröffentlichung der Gesellschaft gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG bekannt. Zumindest durch die Bekanntmachung der Tagesordnung der Hauptversammlung der Gesellschaft gemäß § 124 Abs. 1 sowie des wesentlichen Inhalts des Delisting gemäß § 124 Abs. 2 S. 2 AktG analog werden die Aktionäre und der Kapitalmarkt die Höhe der Abfindung kennen.1007 Gleiches gilt, wenn ein Bieter zur Durchführung des Delisting den Aktionären ein Erwerbsangebot macht und die Angebotsunterlage gemäß § 11 WpÜG nach § 14 Abs. 2 WpÜG veröffentlicht hat. Der Börsenkurs wird sich nach Bekanntmachung der Abfindungshöhe oder aber nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage an dieser Höhe orientieren, auch wenn weitere positive wie negative Unternehmensnachrichten bekannt werden, da die Aktionäre von der Gesellschaft eine bestimmte Abfindung oder von dem Bieter bei Annahme des Erwerbsangebots eine entsprechende Gegenleistung verlangen können. Die Börse kommt von diesem Zeitpunkt an nicht mehr ihrer Bewertungsfunktion nach, da dem Markt von außen ein bestimmter Preis genannt wird, obwohl der Börsenkurs erst unter dem Einfluß verschiedener Preisvorstellungen bei limitierten Kauf- oder Verkauforders oder von Angebot und Nachfrage bei unlimitierten Aufträgen festgestellt wird. Der Börsenkurs wird von einer einzigen Preisvorstellung, nämlich der der Gesellschaft oder aber der des Bieters beherrscht.1008 Der Annahme des BGH bei Unternehmensverträgen, daß nicht festgestellt werden könne, wie sich die Verbundvorteile auf den Preis auswirkten und der Markt weiterhin seiner Preisfeststellungsfunktion nachkomme1009, kann nicht gefolgt wer1007 Siehe dazu ausführlich unten 4. Teil: D.VI., S. 351 ff.; für eine analoge Anwendung der Regelung des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG auf Grundsatzentscheidungen über Strukturmaßnahmen vgl. Kubis in MünchKomm AktG, § 124 Rn. 40. 1008 Ebenso OLG Stuttgart, Vorlagebeschl. v. 16. 2. 2007 – 20 W 6 / 06, AG 209, 212. 1009 Vgl. BGH, Beschl. v. 12. 03. 2001 – II ZB 15 / 00, BGHZ 147, 108, 120.

D. Stellungnahme

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den. Vielmehr wird es zu Abfindungsspekulationen kommen.1010 Ein Käufer wird nur den Preis zahlen, den er auch zukünftig als Abfindung oder als Gegenleistung für seine Aktien erhalten wird oder den er möglicherweise nach Androhung der Durchführung einer gerichtlichen Überprüfung der Abfindung erhält. Das gleiche gilt, wenn nicht die Abfindungs- oder Gegenleistungshöhe, sondern nur die Absicht eines Delisting bekannt gemacht wird. Die Ankündigung des Delisting ist nicht wie jede andere Information über die Gesellschaft zu werten, die Einfluß auf die Bewertung der Gesellschaft hat, da sie sich mit der Beantragung des Widerrufs der Börsenzulassung der Bewertung durch den Kapitalmarkt entziehen will. Regelmäßig wird die Ankündigung zu steigenden Börsenkursen führen, da der Kapitalmarkt aus dem Börsenrückzug positive Rückschlüsse auf eine Unternehmenswertsteigerung zieht.1011 Damit ist auch die vom BGH angenommene These, daß die Ankündigung zu fallenden Kursen führt1012, empirisch widerlegt. Diese These ging davon aus, daß die Aktionäre, die auf den Börsenhandel angewiesen sind, versuchen werden, ihre Aktien zu veräußern, so daß ein hohes Angebot verbunden mit einer geringen Nachfrage zu fallenden Börsenkursen führt. Anscheinend überlagern die positiven Effekte des Börsenrückzugs diesen angenommenen Angebotsüberhang. Unabhängig davon, ob der Börsenkurs infolge der Ankündigung steigt oder fällt, reagiert dieser auf die Ankündigung des Delisting. Ob sich die im Börsenkurs niedergeschlagene Wertsteigerung auch tatsächlich in einem steigenden Unternehmenswert niederschlägt, ist ungewiß und vom jeweiligen Unternehmen abhängig. Daher ist zweifelhaft, ob der Börsenkurs, der nach der Ankündigung an der Börse gebildet wird, noch Ausdruck des für die Bewertung der Gesellschaft erforderlichen tatsächlichen Unternehmenswertes ist. Insofern ist aufgrund dieser Unsicherheit und der in jedem Einzelfall anders ausfallenden Beurteilung der nach der Ankündigung gebildete Börsenkurs grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen. Gegen den Tag der Hauptversammlung als Rückrechungszeitpunkt spricht weiter die praktische Unmöglichkeit, am Tag der Bekanntmachung der Tagesordnung und der Abfindungshöhe gemäß § 124 Abs. 1 und 2 S. 2 AktG bereits den Durchschnittsbörsenkurs am Tag der Hauptversammlung voraussehen zu können. Insofern wird vom Vorstand etwas unmögliches verlangt.1013 Selbst wenn der Vorstand mit einer vagen Prognose die Kursentwicklung berücksichtigen würde, könnten die abfindungsberechtigten Minderheitsaktionäre erst am Tag der Hauptversammlung oder, wenn auf die Veröffentlichung der Mindestpreise nach WpÜG auf den Inter1010 OLG Stuttgart, Beschl. v. 04. 02. 2000 – 4 W 15 / 98, AG 2000, 428, 429; Wilm, NZG 2000, 234, 239. 1011 Siehe dazu die empirische Untersuchung von Eisele / Walter, Internet: http: // www. uni-tuebingen.de / uni / w04 / bibliothek / DiskBeitraege / 274.pdf, S. 30. 1012 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536; ebenso Hellwig, ZGR 1999, 781, 799. 1013 OLG Stuttgart, Vorlagebeschl. v. 16. 2. 2007 – 20 W 6 / 06, AG 209, 211; Vetter, DB 2001, 1347, 1350; Bungert, BB 2001, 1163, 1165.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

netseiten der BaFin abgestellt wird, sogar erst sieben bis acht Tage nach dem Tag der Hauptversammlung1014 beurteilen, ob sie einen ausreichenden finanziellen Ausgleich für ihre Anteile erhalten werden. Sinn und Zweck der Bekanntmachung nach § 124 AktG in der Monatsfrist des § 123 Abs. 1 AktG ist aber doch gerade, daß sich der einzelne Aktionär rechtzeitig sachlich mit den Beschlußgegenständen und damit auch dem Delisting auseinandersetzen und die Folgen seiner Zustimmung bedenken kann. Ist aber die Untergrenze der Abfindung, die durch den Börsenkurs gebildet wird, nicht bekannt, fehlt den Aktionären eine entscheidende Information, die zur sachlichen Auseinandersetzung mit dem Delisting erforderlich ist. Zwar ergeben sich aus Art. 14 Abs. 1 GG keine genauen Anhaltspunkte, die für einen bestimmten Rückrechnungszeitraum sprechen würden1015, jedoch muß der Aktionär dasjenige erhalten, was er bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt der jeweiligen Maßnahme erhalten hätte.1016 Für die Abfindung ist daher die hypothetische Frage maßgebend, welchen Erlös der einzelne Aktionär ohne die Maßnahme erlangt hätte. Das BVerfG arbeitet in der DAT / Altana-Entscheidung mit einer Fiktion, so daß der Beschluß der Hauptversammlung, der selbst Einfluß auf den Börsenkurs nimmt, außer Betracht bleiben muß. Da aber schon die Vorbereitung dieses Beschlusses den Börsenkurs beeinflußt und nicht erst der Beschluß des Delisting oder die Zustimmung zu einem Unternehmensvertrag selbst, müssen auch die Zeiträume nach den vorbereitenden Maßnahmen, wie die Bekanntmachung der Tagesordnung oder die Ad-hoc-Veröffentlichung der Delisting-Absicht, bei der Bildung eines Durchschnittsbörsenkurses unbeachtet bleiben.1017 Somit kann als Rückrechnungszeitpunkt nur der Tag vor der Bekanntgabe der Tagesordnung der Hauptversammlung oder der Tag davor, an dem die Delisting-Absicht ad hoc gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG veröffentlicht wird, dienen. Für den Tag vor der Ad-hoc-Veröffentlichung der Delisting-Absicht gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG als Rückrechnungszeitpunkt spricht der Rechtsgedanke des § 5 Abs. 1 WpÜG-AV.1018 Danach sind nur die Börsenkurse zu berücksichtigen, die vor der Veröffentlichung der Entscheidung nach § 10 Abs. 1 S. 1 WpÜG oder vor 1014 Siehe dazu die Interneseite der BaFin zu Mindestpreisen nach WpÜG: Internet: http: // www.bafin.de / datenbanken / mindestpreise.html. 1015 BVerfG, Beschl. v. 29. 11. 2006 – 1 BvR 704 / 03, WM 2007, 73, 74 f. 1016 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 306. 1017 So ausdrücklich für den Unternehmensvertrag das BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289, 310, das „auf einen Durchschnittskurs im Vorfeld der Bekanntgabe des Unternehmensvertrages zurückgreifen“ möchte; zustimmend Mülbert / Winkler, WuB II A. § 304 AktG 1.01; OLG Stuttgart, Beschl. v. 04. 02. 2000 – 4 W 15 / 98, AG 2000, 428, 429; Bungert / Eckert, BB 2000, 1845, 1848; nunmehr für die Eingliederung vorsichtiger BVerfG, Beschl. v. 29. 11. 2006 – 1 BvR 704 / 03, WM 2007, 73, 74, das Art. 14 GG keine solche Wertung mehr entnehmen will. 1018 Ebenso für den Fall des Ausschlusses der Aktionäre aus der Gesellschaft OLG Stuttgart, Vorlagebeschl. v. 16. 2. 2007 – 20 W 6 / 06, AG 209, 211 ff.; Ebenso für den Unternehmensvertrag Vetter, DB 2001, 1347, 1149.

D. Stellungnahme

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der Kontrollerlangung i. S. d. § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG gebildet wurden. Sinn und Zweck dieser Regelung ist, daß die mit der Übernahme verbundenen Synergieeffekte unberücksichtigt bleiben, um Spekulationen entgegenwirken zu können.1019 Der Verordnungsgeber dokumentiert damit, daß Börsenkurse nach Bekanntgabe einer beabsichtigten Unternehmensübernahme nicht mehr als Bewertungsgrundlage herangezogen werden können, da sie durch Spekulationen beeinflußt sein können, die keine tatsächliche Grundlage haben. Zum Zeitpunkt der Ankündigung der beabsichtigen Übernahme ist die Angebotsunterlage mit allen relevanten Informationen dem Kapitalmarkt noch nicht bekannt, so daß unbegründete Kurssteigerungen oder -stürze eintreten könnten. Geht der Verordnungsgeber aber davon aus, daß allein die Bekanntmachung einen derartigen Einfluß auf den Börsenkurs haben kann, muß dies auch für die Veröffentlichung der Delisting-Absicht gelten. Zwar können allein durch ein Delisting keine positiven Synergieeffekte entstehen, jedoch erhofft sich der Großaktionär oder aber die Gesellschaft Vorteile aus einem Börsenrückzug, wie etwa eine gesicherte Finanzierung durch einen Investor, Einsparungen der Notierungskosten, Neuordnung der Gesellschafts- und Aktionärsstruktur etc.1020 Auch diese erhofften Vorteile können zu Spekulationen führen. Als Rückrechnungszeitpunkt ist damit der Tag vor der Ad-hoc-Veröffentlichung der Delisting-Absicht festzulegen.

5. Zusammenfassung und Ergebnisse Rechtsgrundlage des vermögensrechtlichen Schutzes der Minderheitsaktionäre ist ein aus Art. 14 Abs. 1 GG folgendes Schutzgebot zugunsten der Minderheitsaktionäre. Das Delisting und seine gesellschaftsrechtliche Vorbereitung ist eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, weil die Minderheitsaktionäre unverhältnismäßig stärker mit den Folgen des Delisting belastet werden als andere Aktionäre. Der Gesetzgeber hat dieses Schutzgebot verletzt, weil er das Delisting in § 39 Abs. 2 BörsG zwar zuläßt, aber auf einfachgesetzlicher Ebene nicht für einen finanziellen Ausgleich sorgt. Im Wege der verfassungskonformen Rechtsfortbildung kann der vermögensrechtliche Schutz auf aktienrechtlicher Ebene erfolgen, da das Kapitalmarktrecht den beim Delisting auftretenden Konflikt zwischen Klein- und Großaktionären nur unzureichend im Rahmen des Funktionsschutzes als Rechtsreflex regelt. Die Abfindungspflicht zugunsten der Minderheitsaktionäre läßt sich nicht im Wege einer Analogie zu § 305 Abs. 1 AktG oder §§ 29 Abs. 1, 207 Abs. 1 UmwG begründen. Gleichwohl ergibt sich aus der Abfindungspflicht nach § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG ein erstes Indiz für eine Abfindung auch beim regulären Delisting. Zwar liegt auf einfachgesetzlicher 1019 Oechsler in Ehricke / Ekkenga / Oechsler, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, § 31 Rn. 13 und 23; Kremer / Oesterhaus in KölnKomm WpÜG, Anh. § 31 Rn. 18; ebenso für den Unternehmensvertrag Bungert, BB 2001, 1163, 1165. 1020 Siehe dazu ausführlich oben 2. Teil: D.I., S. 71 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Ebene eine Regelungslücke vor, da die börsenrechtlichen Fristen- oder Kaufangebotsregelungen eine andere rechtliche Qualität haben und gegenüber den aktienund umwandlungsrechtlichen Abfindungsregelungen nicht abschließend sind. Jedoch können die umwandlungs- und aktienrechtlichen Maßnahmen nicht mit dem regulären Delisting verglichen werden. Abfindungsgrund ist regelmäßig die Beeinträchtigung der aktienrechtlichen Mitgliedschafts- oder Vermögensrechte, nicht aber die Beeinträchtigung der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktien. Abzulehnen ist auch die Begründung der Abfindung im Wege eines außerordentlichen Austrittsrechts. Zum einen ist das reguläre Delisting nicht als wichtiger Grund einzuordnen, da das Delisting nicht in die Mitgliedschafts- und Vermögensrechte der Aktionäre eingreift und auch aufgrund der gesetzlichen Zulässigkeit nicht rechtsmißbräuchlich ist. Zum anderen kann kaum festgestellt werden, ob dem einzelnen Aktionär der Verbleib in der Gesellschaft zugemutet werden kann. Denn in jedem Einzelfall müßte untersucht werden, unter welchen Bedingungen er die Aktien erworben hat und ob er auf die ungehinderte Veräußerungsmöglichkeit über die Börse vertrauen durfte. Abfindungsberechtigt sind die Aktionäre, die in der Hauptversammlung gegen das Delisting gestimmt oder sich der Stimme enthalten haben. Die Gesellschaft ist zur Abfindung verpflichtet, da ihr die Vorteile des Delisting zugute kommen. Dabei hat sie jedoch die Grenzen des § 71 AktG einzuhalten. Sie darf die Abfindungsverpflichtung durch den Erwerb eigener Aktien nur erfüllen, wenn der Vorstand durch die Hauptversammlung gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG dazu ermächtigt wurde. Eine Abfindungsverpflichtung des Großaktionärs ist hingegen abzulehnen, da eine Verpflichtung dem Rechtsgedanken, daß die Haftung auf die geleistete Einlage begrenzt ist, widerspricht. Eine Verpflichtung zur Zahlung eines finanziellen Ausgleichs kann nur rechtsgeschäftlich begründet werden, wobei ein solches Angebot an alle abfindungsberechtigten Aktionäre zu richten ist. Lediglich der Bieter hat die Voraussetzungen des WpÜG zu beachten, nicht aber die Gesellschaft, da die Abfindungspflicht der Gesellschaft kein Angebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG darstellt. Die Abfindung und auch ihre Höhe ist bereits bei der Einberufung mit der Tagesordnung der Hautpversammlung über das Delisting, also mindestens 30 Tage vor dem Tage der Hauptversammlung, bekannt zu machen. Auch der Bieter hat bereits mit der Einberufung der Hauptversammlung den Aktionären ein Erwerbsangebot abzugeben. Die Möglichkeit zur Geltendmachung der Abfindung gegenüber der Gesellschaft ist auf einen Zeitraum von drei Monaten befristet, wobei die Frist mit der Bekanntmachung des Zulassungswiderrufs im Internet beginnt. Im Gegensatz dazu beginnt die zehnwöchige Annahmefrist hinsichtlich des Erwerbsangebots eines Bieters mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage. Der Anspruch gegen die Gesellschaft ist mit Einreichung der Aktien sowie mit Veröffentlichung des Zulassungswiderrufs fällig. Bei Annahme eines Erwerbsangebots bestimmt sich die Fälligkeit nach den jeweiligen Bedingungen des Angebots. Nur der Bieter muß eine Finanzierungsbestätigung vorweisen, nicht aber die Gesellschaft,

D. Stellungnahme

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da die für eine analoge Anwendung des § 13 Abs. 1 WpÜG erforderliche Regelungslücke nicht vorliegt. Die Gesellschaft muß den Minderheitsaktionären eine volle Entschädigung gewähren, da die Veräußerungsmöglichkeit über die Börse der Schlüssel zu einer ungehinderten Investitions- und Deinvestitionstätigkeit der Aktionäre ist. Ein Ausgleich lediglich für die verlorengegangene Rechtsposition ist abzulehnen, da auch bei den einfachgesetzlich geregelten Abfindungspflichten nicht allein für die verlorengegangene Rechtsposition ein Ausgleich gewährt wird. Auch die Gegenleistung aus einem Erwerbsangebot eines Bieters muß einen vollen Ausgleich enthalten, wenn das Angebot die Durchführung des Delisting absichert, weil die Gesellschaft aufgrund ihrer Kapitalbindung nur 10 % der Aktien des Grundkapitals erwerben kann. Grundsätzlich ist der Börsenkurs als Wertuntergrenze der Abfindung und der Gegenleistung anzuerkennen. Als Wertuntergrenze ist der Börsenkurs jedoch unbeachtlich, wenn eine Kurs- oder Marktpreismanipulation i. S. d. § 20a WpHG oder eine Marktenge vorliegt, die in Abhängigkeit von der Anzahl der Handelstage und der prozentualen oder absoluten Zahl der handelbaren Aktien zu ermitteln ist. Grundsätzlich ist der Tag der Hauptversammlung der Bewertungsstichtag. Ist der Börsenkurs als Wertuntergrenze zu berücksichtigen, ist ein Durchschnittsbörsenkurs von drei bis zwölf Monaten zugrunde zu legen, dessen Rückrechnungszeitraum am Tag vor der Bekanntgabe der Delisting-Absicht endet.

VI. Bekanntmachungs-, Berichtsund Auskunftspflichten des Vorstands Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die Bekanntmachungs-, Berichts- und Auskunftspflichten des Vorstands gegenüber den Aktionären, da sie in der Hauptversammlung über das Delisting entscheiden müssen und zudem die Wahl haben, in der Gesellschaft zu verbleiben oder aber gegen Abfindung oder Annahme eines Erwerbsangebots aus der Gesellschaft auszuscheiden. Die Betrachtung kann nicht auf die aktienrechtlichen Pflichten beschränkt werden, sondern muß auch die kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten, insbesondere die Ad-hoc-Publizität nach § 15 Abs. 1 WpHG als anlaßbezogene Informationspflicht mit einbeziehen. Berichtspflichten des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat als Kontrollorgan der AG (§ 90 Abs. 1 AktG) bleiben außer Betracht.1021 Zwar ist das beabsichtigte Delisting der Gesellschaft zumindest gemäß § 90 Abs. 1 S. 3 AktG Gegenstand der Berichtspflicht gegenüber dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, da der Börsenrückzug als sonstiger wichtiger Anlaß einzuordnen ist. Ebenso ist eine Einordnung unter die periodische Berichtspflicht des § 90 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG denkbar, da ein Delisting auch als grundsätzliche Frage der Unternehmens- und insbesondere 1021 Allgemein zu den Berichtspflichten des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat siehe Wilde, ZGR 1998, 423, 427 ff. m. w. N.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

der Finanzplanung angesehen werden kann. Jedoch entscheidet nicht der Aufsichtsrat über das Delisting der Gesellschaft, sondern die Hauptversammlung. Insofern konzentriert sich die Untersuchung auf die Berichtspflichten gegenüber den Aktionären im Vorfeld der Delisting-Entscheidung durch die Hauptversammlung, so daß zunächst die dem Gesetz unmittelbar zu entnehmenden Bekanntmachungs-, Berichts- und Informationspflichten zu untersuchen sind und der Umfang der zu veröffentlichenden Informationen festzulegen ist. Die Rechtsprechung ist im Gegensatz zur überwiegenden Ansicht in der Literatur1022 der Auffassung, daß die Bekanntgabe der Tagesordnung gemäß § 124 Abs. 1 AktG und des wesentlichen Inhalts des Widerrufsantrags und des Abfindungsangebots gemäß dem Rechtsgedanken des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG ausreichend sei.1023 Ob die bestehenden gesetzlich ausdrücklich geregelten Informationspflichten vor dem Hintergrund des Abfindungsanspruches der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft und seiner konkreten Ausgestaltung ausreichend sind, ist zweifelhaft, da die Gefahr besteht, daß die Aktionäre über die Folgen des Delisting und die Zukunft des Unternehmens nur unzulänglich informiert sind. Insofern muß auch hier aufgrund einer fehlenden gesetzlichen Regelung nach einer Rechtsgrundlage für eine weitergehende Berichtspflicht des Vorstands gesucht werden. 1. Einfachgesetzliche Bekanntmachungsund Informationspflichten des Vorstands Als einfachgesetzliche Bekanntmachungs- und Informationspflichten, die unmittelbar auf das Delisting Anwendung finden, lassen sich lediglich § 124 AktG und § 15 Abs. 1 WpHG nennen. a) Bekanntmachungspflichten nach § 124 AktG Der Vorstand hat mit der Einberufung der Hauptversammlung (§ 121 Abs. 1 AktG) gleichzeitig die Tagesordnung in den Gesellschaftsblättern1024 gemäß § 124 Abs. 1 S. 1 AktG bekanntzugeben. Die Tagesordnung besteht aus der Angabe und Reihenfolge der Gegenstände, insbesondere den Beschlußgegenständen, die auf der Hauptversammlung behandelt werden sollen.1025 Eine Begründung, warum ein 1022 Vgl. Streit, ZIP 2003, 392, 394; Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113; Kretschmer / Karakaya, WM 2002, 2494, 2496; Lutter in FS Zöllner, S. 363, 382; Pluskat, WM 2002, 833, 835; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 78 f.; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1067; M. Henze, Delisting, S. 155 f.; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 219; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 139; de Vries, Delisting, S. 106; Schwichtenberg, Going Private und Freezeouts, S. 195 ff.; Schaub, DStR 2001, 951; Schiemzik, Segmentwechsel börsenaktiver Unternehmen, S. 327. 1023 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537. 1024 Die Veröffentlichung ist im elektronischen Bundesanzeiger einzurücken (§ 25 S. 1 AktG).

D. Stellungnahme

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bestimmter Gegenstand auf die Tagesordnung gesetzt wurde, gehört nicht zum bekanntzumachenden Inhalt i. S. d. § 124 Abs. 1 S. 1 AktG.1026 Der einzelne Tagesordnungspunkt muß so konkret bezeichnet sein, daß die Aktionäre sofort und ohne Rückfrage erkennen können, worüber sie in der Hauptversammlung entscheiden sollen.1027 Diesem Maßstab wird die Bekanntmachung der Tagesordnung, die lediglich die „Beschlußfassung über ein reguläres Delisting“ enthält1028, nicht gerecht, da aus ihr nicht folgt, an welcher Börse der Widerruf beantragt werden soll und ob ein vollständiges oder lediglich ein teilweises Delisting angestrebt wird. Allein die Tatsache, daß sich das Delisting auf der Tagesordnung befindet, läßt nicht den Schluß zu, daß ein vollständiges Delisting beabsichtigt ist. Die Bezeichnung als vollständiges Delisting ist dann nicht erforderlich, wenn die konkrete Börse benannt wird, an der der Widerruf beantragt werden soll, da der Anleger und Aktionär erkennen kann, ob nur ein teilweises oder vollständiges Delisting beabsichtigt ist. Auch die genaue Bezeichnung der zu beantragenden Widerrufe an den jeweiligen Börsen sollte nicht erst im Beschlußvorschlag (§ 124 Abs. 3 S. 1 AktG) erfolgen. Zwar ist dieser Mangel unschädlich, wenn sich in der Zusammenschau der bekanntgemachten Tagesordnung und des Beschlußvorschlages ein konkretes Bild über den Beschlußgegenstand ergibt.1029 Jedoch sollte grundsätzlich streng zwischen der Bekanntmachung der Tagesordnung und dem Beschlußvorschlag getrennt werden. Daher sollte die Bekanntmachung des Delisting-Vorhabens in der Tagesordnung lauten: „Beschlußfassung über die Ermächtigung des Vorstands zur Beantragung des Zulassungswiderrufs (Delisting) der an der zum regulierten Markt der XY Börse zugelassenen Aktien der Gesellschaft“.1030 Daneben muß die Bekanntmachung auch den Ermächtigungsbeschluß nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG enthalten, sofern die Gesellschaft die Abfindung erbringt. Die Bekanntmachung des dem Delisting Beschluß nachfolgenden Ermächtigungsbeschlusses könnte lauten: „Beschlußfassung über die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien zur Erfüllung der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft gegenüber den Aktionäre beim Delisting (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG).“ Des weiteren hat der Vorstand gemäß § 124 Abs. 3 S. 1 AktG zu jedem Gegenstand der Tagesordnung, über den die Hauptversammlung beschließen soll, in der Bekanntmachung einen Vorschlag zur Beschlußfassung zu machen. Sinn dieser Vorschlagspflicht des Vorstands ist es, den einzelnen Tagesordnungspunkt zu kon1025 Siehe nur Kubis in MünchKomm AktG, § 124 Rn. 3; Werner in GroßKomm AktG, § 124 Rn. 14. 1026 Werner in GroßKomm AktG, § 124 Rn. 17. 1027 Vgl. Hüffer AktG, § 124 Rn. 2 m. w. N. 1028 So die Bekanntmachung der Tagesordnung bei der Ingram Macrotron AG vom 07. 04. 1999, BAnz Nr. 64, S. 5695 f. 1029 Werner in GroßKomm AktG, § 124 Rn. 23. 1030 So auch Groß in Happ, Aktienrecht, S. 1992; die Bezeichnung als Ermächtigung ist aufgrund der Innenwirkung des Hauptversammlungsbeschlusses gerechtfertigt, siehe dazu oben 4. Teil: D.III., S. 213 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

kretisieren und den einzelnen Aktionär darüber zu informieren, welche Absichten der Vorstand mit einem solchen Beschluß verfolgt.1031 Demnach kann der Vorschlag lauten: „Der Vorstand der XY AG wird ermächtigt, einen Antrag auf Zulassungswiderruf der zum regulierten Markt (Delisting) zugelassenen Aktien der XY AG mit der WKN / ISIN XY an der XY Börse zu stellen“.1032 Der Vorschlag für den Ermächtigungsbeschluß zur Erfüllung der Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft könnte lauten: „Die Gesellschaft wird ermächtigt, für die Zeit vom . . . bis . . . eigene Aktien gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG bis zu insgesamt zehn vom Hundert des gegenwärtigen Grundkapitals zu erwerben. Der von der Gesellschaft gezahlte Gegenwert beläuft sich auf Euro . . .“ Darüber hinaus ergibt sich aus § 124 Abs. 2 S. 2 AktG keine weiteren Bekanntmachungspflicht. Nach § 124 Abs. 2 S. 2 AktG muß der Hauptversammlung bei einem Beschluß über eine Satzungsänderung oder einen Unternehmensvertrag der Wortlaut der Satzungsänderung oder der wesentliche Inhalt des Vertrages bekannt gegeben werden. Entgegen der Ansicht des BGH, der § 124 Abs. 2 S. 2 AktG den Rechtsgedanken einer Information auch über das Delisting entnehmen will, kann § 124 Abs. 2 S. 2 AktG zumindest nicht analog auf das Delisting übertragen werden.1033 Eine analoge Anwendung scheitert an der mangelnden Vergleichbarkeit zwischen einer Satzungsänderung oder dem Abschluß eines Unternehmensvertrages und dem Delisting, da das Delisting die Satzung der Gesellschaft unberührt läßt und auch keine derartige Umstrukturierung, wie bei Unternehmensverträgen, erfolgt.1034 Ob § 124 Abs. 2 S. 2 AktG ein allgemeiner Rechtsgedanke zu entnehmen ist, bedarf im weiteren der Untersuchung.1035 Jedenfalls ergibt sich aus § 124 Abs. 2 S. 2 AktG für das Delisting keine einfachgesetzliche Bekanntmachungspflicht des Vorstands. b) Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 WpHG aa) Delisting als ad-hoc-publizitätspflichtige Insiderinformation Der Delisting-Vorgang ist ein nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ad-hoc-publizitätspflichtiger Akt, da der Emittent von an einem organisierten Markt zugelassenen Finanzinstrument gemäß § 15 Abs. 1 WpHG verpflichtet ist, InsiderinformatioWerner in GroßKomm AktG, § 124 Rn. 66. Siehe den Vorschlag bei Groß in Happ, Aktienrecht, S. 1992; ebenso den Beschlußvorschlag für das Delisting der Ingram Macrotron AG vom 07. 04. 1999, BAnz Nr. 64, S. 5695. 1033 Vgl. zu der analogen Anwendung des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG auf Grundsatzentscheidungen über die Struktur der Gesellschaft Kubis in MünchKomm AktG, § 124 Rn. 40 f. m. w. N. 1034 Siehe dazu bereits oben zur fehlenden Vergleichbarkeit mit Unternehmensverträgen 4. Teil: D.I.2.d), S. 175 f.; zur mangelnden Vergleichbarkeit mit Strukturentscheidungen 4. Teil: D.I.2.g)bb), S. 181 ff. 1035 Siehe dazu sogleich unten 4. Teil: D.IV.3. a), S. 364 ff. 1031 1032

D. Stellungnahme

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nen1036, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich zu veröffentlichen.1037 Diese Verpflichtung trifft gemäß § 78 Abs. 1 AktG den Vorstand der Gesellschaft als gesetzliches Vertretungsorgan grundsätzlich in seiner Gesamtheit (§ 78 Abs. 2 S. 1 AktG). Eine Insiderinformation ist gemäß der Legaldefinition des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren (§ 12 WpHG) oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Die Eignung zur Kursbeeinflussung ist nach § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG gegeben, wenn ein verständiger Anleger die Insiderinformation bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Umstände sind nicht nur Tatsachen, sondern auch überprüfbare Werturteile oder Prognosen (vgl. § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG).1038 Das beabsichtigte Delisting ist eine Insiderinformation1039, da diese Maßnahme konkret auf den Widerruf der Börsenzulassung der Aktie gerichtet ist. Allein die Vorüberlegung des Vorstands oder die Initiative des Großaktionärs zum Delisting reichen freilich noch nicht aus, um die Eigenschaft als Insiderinformation zu erfüllen. Von einer konkreten Information kann sicher erst dann gesprochen werden, wenn die Entscheidung zu der Stellung des Antrags und der entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Vorbereitung im Vorstand endgültig gefallen ist. Insbesondere stellt sich auch beim Delisting das Problem, wann bei einer mehrstufigen Entscheidung in der Gesellschaft von einer veröffentlichungspflichtigen Insiderinformation gesprochen werden kann.1040 Mit der ursprünglich differenzierenden und nunmehr durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz bestätigten Ansicht1041 ist davon aus1036 § 15 WpHG ist durch Art. 1 des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes vom 28. 10. 2004 (BGBl. Teil I 2004, S. 2630) im Rahmen der Umsetzung der Marktmißbrauchsrichtlinie (Richtlinie 2003 / 6 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. 01. 2003 über Insidergeschäfte und Marktmanipulation) geändert worden; anders hingegen noch § 15 Abs. 1 WpHG a.F., der lediglich die Veröffentlichung von Tatsachen vorsah. Vgl. zur Neuregelung Tollkühn, ZIP 2004, 2215 ff.; Messerschmidt, BB 2004, 2538 ff. 1037 Vgl. zur bisherigen Rechtslage beim Delisting im Zusammenhang mit § 15 WpHG a.F. Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 128 f. 1038 BT-Drucks. 15 / 3174, S. 33; vgl. auch Veil, AG 2006, 690, 691 f.. 1039 So auch die Rechtsauffassung der BaFin, Emittentenleitfaden vom 15. 07. 2005, S. 44. 1040 Vgl. zum Problem mehrstufiger Entscheidungen noch zu § 15 WpHG a.F. Braun in Möllers / Rotter Ad-hoc-Publizität, § 8 Rn. 86 ff. m. w. N. 1041 Zur neuen Rechtslage siehe Messerschmidt, BB 2004, 2538, 2539; Möllers, WM 2005, 1393, 1394 ff.; Merkner / Sustmann, NZG 2005, 729, 737; Veith, NZG 2005, 254, 256; Koch, DB 2005, 267, 271; Staake, BB 2007, 1573, 1574 ff.; vgl. auch die Regierungsbegründung zu § 15 Abs. 3 WpHG BT-Drucks. 15 / 3174, S. 35; so auch die Rechtsauffassung der BaFin, Emittentenleitfaden vom 15. 07. 2005, S. 46; noch zur alten Rechtslage vgl. Braun in Möllers / Rotter Ad-hoc-Publizität, § 8 Rn. 88 f. m. w. N.; ebenso für die Zustimmung der Hauptversammlung Assmann in Assmann / Schneider WpHG, § 15 Rn. 60 m. w. N., da mit der Einladung der Hauptversammlung eine Präjudizierung der Entscheidung der Hauptversammlung nicht zu befürchten ist. Vgl. zur Diskussion auch Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, WpHG, § 15 Rn. 79 ff. m. w. N.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

zugehen, daß mit dem Beschluß des Vorstands, das Delisting der Gesellschaft zu betreiben, eine publizitätspflichtige Insiderinformation vorliegt. Die innergesellschaftsrechtliche Zuständigkeit und Entscheidungsautonomie der Hauptversammlung, die darüber abschließend entscheiden muß, wird dadurch nicht berührt, da durch die Bekanntgabe der Tagesordnung (§ 124 Abs. 1 AktG) die beabsichtigte Maßnahme im Vorfeld bekannt wird. Zudem besteht nicht die Gefahr einer Irreführung der Anleger, wenn die Hauptversammlung das Delisting ablehnt. Denn der Vorstand wird regelmäßig zusammen mit einem Großaktionär, der die erforderliche Mehrheit in der Hauptversammlung besitzt, das Delisting betreiben, so daß mit einem zustimmenden Beschluß zu rechnen sein wird. Gibt der Großaktionär seine Absicht zum Betreiben des Zulassungswiderrufs bereits in der Presse bekannt, liegt kein nicht öffentlich bekannter Umstand i. S. d. § 13 Abs. 1 WpHG vor. Wird die Absicht allerdings zunächst geheim gehalten, so ist eine konkrete Information erst gegeben, wenn beispielsweise der Großaktionär mit dem Vorstand das gemeinsame Vorgehen beim Delisting abgestimmt hat und die Entscheidung für einen Börsenrückzug gefallen ist. Aber auch dann kann der Emittent gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG die Insiderinformation zurückhalten, wenn es der Schutz der berechtigten Interessen des Emittenten erfordert, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und der Emittent die Vertraulichkeit der Information gewährleisten kann.1042 Diese Vorgaben werden durch § 6 WpAIV1043 konkretisiert. Danach besteht insbesondere ein Interesse an der Geheimhaltung, wenn das Ergebnis oder der Gang laufender Verhandlungen über Geschäftsinhalte, die geeignet wären, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis zu beeinflussen, von der Veröffentlichung wahrscheinlich erheblich beeinträchtigen würden und eine Veröffentlichung die Interessen der Anleger ernsthaft gefährden würde (§ 6 Nr. 1 WpAIV).1044 Für eine Geheimhaltung der Bekanntgabe der Delisting-Absicht könnte sprechen, daß mit dem Delisting weitere Veränderungen im Aktionärskreis einhergehen und diese den Börsenpreis beeinflussen können, da mit dem weiteren Betreiben des Delisting in Zukunft keine Aktien mehr über die Börse veräußert werden können und damit eine Flucht aus diesem Aktientitel wahrscheinlich ist. Ein Geheimhaltungsinteresse ist aber nur begründbar, wenn noch nicht feststeht, daß etwa der Großaktionär zur Absicherung des Delisting ein Erwerbsangebot abgibt. Hat der Großaktionär sich entschieden, das Delisting mit einem Erwerbsangebot abzusichern, wird man davon ausgehen können, daß die Interessen des Kapitalmarktes an der Information über das geplante Delisting überwiegen. 1042 Siehe zu den einzelnen Voraussetzungen der Befreiungsmöglichkeit Veith, NZG 2005, 254, 255 ff.; Koch, DB 2005, 267, 272 f.; Tollkühn, ZIP 2004, 2215, 2218 ff.; Möllers, WM 2005, 1393, 1395 ff.; kritisch zu dieser Ausnahmeregelung Staake, BB 2007, 1573, 1574 ff. 1043 Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung, BGBl. Teil I 2004, S. 3376. 1044 Im Entwurf zur WpAIV hatte es noch geheißen, wenn die finanzielle Überlebensfähigkeit des Emittenten erheblich bedroht ist, ZBB 2004, 436 ff.

D. Stellungnahme

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Als Insiderinformation ist auch der zustimmende oder ablehnende Beschluß der Hauptversammlung über das Delisting und die Beantragung des Delisting bei der Geschäftsführung der Börse einzuordnen, soweit dieser nicht bereits öffentlich bekannt ist. Keine Insiderinformation ist die Widerrufsentscheidung der Geschäftsführung der Börse, da die Geschäftsführung der Börse gemäß § 39 Abs. 2 S. 3 BörsG die Delisting-Entscheidung selbst im Internet veröffentlicht und damit diese Information öffentlich bekannt ist. Des weiteren muß bei der Einordnung als Insiderinformation zwischen dem Fall, daß alleine die Gesellschaft abfindungsverpflichtet ist, und der Situation, daß erst ein Erwerbsangebot eines Bieters das Delisting aufgrund der Kapitalbindung der Gesellschaft durchführbar macht, unterschieden werden. Ist die Gesellschaft abfindungsverpflichtet, gilt das zuvor gesagte. Hat sich der Vorstand oder der Großaktionär, der für die Entscheidung in der Hauptversammlung über die erforderliche einfache Mehrheit verfügt, zur Beantragung des Widerrufs der Börsenzulassung entschlossen, ist diese Delisting-Absicht ebenfalls bekannt zu geben. Kann hingegen das Delisting nur mit Unterstützung eines Bieters erfolgen, indem er den abfindungsberechtigten Aktionären den Erwerb ihrer Aktien anbietet1045, ist von einer konkreten Information i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG spätestens dann zu sprechen, wenn sich der Bieter zur Abgabe eines Erwerbsangebots bereit erklärt hat und diese Bereitschaft ebenso selbst gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 WpÜG veröffentlichen muß1046. Die Ad-hoc-Publizität der Gesellschaft entfällt nicht aufgrund § 10 Abs. 6 WpÜG, da damit nur eine etwaige Ad-hoc-Publizität des Bieters gemeint ist, nicht aber die der Zielgesellschaft. 1047 Das Delisting bezieht sich auch auf Insiderpapiere i. S. d. § 12 WpHG, da durch den Widerruf der Börsenzulassung der Handel an einem organisierten Markt der Börse beendet wird. Die Bekanntgabe der Delisting-Absicht ist zudem geeignet, den Börsenpreis erheblich zu beeinflussen. Die Anlageentscheidung eines verständigen Anlegers wird zweifellos durch den angestrebten Widerruf der Börsenzulassung beeinflußt werden, denn ohne die Börsenzulassung wird ein potentieller Käufer vom Erwerb Abstand nehmen, da er die Aktien nach abgeschlossenem Delisting nicht mehr veräußern kann. Andererseits kann die Bekanntgabe der Delisting-Absicht auch ein Signal für die Anleger sein, daß die betreffende Gesellschaft durch etwaige parallel durchzuführende Umstrukturierungen versteckte Wertpotentiale freisetzen kann, die nach einem erneuten Börsengang zum Tragen kommen könnten.1048 Gleiches gilt für den Inhaber solcher Aktien. Die Aussicht, Siehe dazu oben 4. Teil: D.V.2.b)bb)(3)(a), S. 291 f. Siehe bereits oben zu den Veröffentlichungspflichten nach WpÜG 4. Teil: D.V.3.b) bb)(2), S. 303 ff. 1047 Vgl. nur Walz (Riehmer) in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 10 Rn. 64. 1048 Siehe dazu die empirische Untersuchung zu steigenden Börsenkursen nach Ankündigung des Delisting von Eisele / Walter, Kurswertreaktionen auf die Ankündigung von Going Private-Transaktionen, Internet: http: // www.uni-tuebingen.de / uni / w04 / bibliothek / DiskBeitraege / 274.pdf, S. 30. 1045 1046

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

daß die Aktien in naher Zukunft nicht mehr über die Börse veräußert werden können, wird den Anleger im Zweifel zum Verkauf veranlassen. Ferner hat der Emittent die Delisting-Absicht zu veröffentlichen, wenn er zwar selbst das Delisting nicht plant, aber etwa ein Großaktionär solche Absichten hat und der Vorstand der Gesellschaft davon Kenntnis erlangt. Gemäß § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG betreffen den Emittenten Insiderinformationen unmittelbar, wenn sie sich auf Umstände beziehen, die in dem Tätigkeitsbereich des Emittenten eintreten. Durch diese äußerst weite Fassung der Betroffenheit des Emittenten ist beispielsweise auch die Übermittlung eines Übernahmeangebots gemäß § 29 Abs. 1 WpÜG durch einen Bieter als Insiderinformation einzuordnen.1049 Macht daher beim Delisting ein Bieter ein Erwerbsangebot, um die Durchführung abzusichern, ohne aber den Vorstand vorher zu informieren, muß dies der Emittent ohne schuldhaftes Zögern veröffentlichen. bb) Mindestinhalt, Art und Umfang der Ad-hoc-Publizitätspflicht Zwar regelt § 15 Abs. 1 WpHG nicht unmittelbar den Mindestinhalt, die Art und den Umfang der zu veröffentlichenden Insiderinformationen.1050 Jedoch enthält § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 WpHG dazu eine Verordnungsermächtigung, von der das Bundesfinanzministerium mit der WpAIV1051 Gebrauch gemacht hat. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 – 5 WpAIV muß der Emittent die Veröffentlichung ausdrücklich als Ad-hoc-Meldung kennzeichnen, ein als Betreff erkennbares Schlagwort und den Inhalt der Veröffentlichung zusammengefaßt angeben, den Namen des Emittenten, seine Anschrift, die Wertpapierkennummer der betroffenen Aktien, das entsprechende Börsensegment, in dem die Aktien zum Handel zugelassen sind, sowie Datum und Uhrzeit des Eintritts des Ereignisses, das die Berichtspflicht ausgelöst hat, benennen. Als Schlagwort reicht die Bezeichnung „Delisting“ oder „Beantragung des Zulassungswiderrufs“ aus. Die Nennung des Datums und der Uhrzeit des Delisting kann Probleme bereiten, da etwa der Zeitpunkt der Beantragung des Delisting nicht zu einem bestimmten Zeit erfolgt, sondern innerhalb eines bestimmten Zeitraumes erfolgen soll. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Hauptversammlung kann der in Aussicht genommene Hauptversammlungstermin genannt werden. Inhaltlich hat die Mitteilung gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und 6 WpAIV die Insiderinformation selbst und eine kurze Erklärung, inwieweit die Information den Emittenten betrifft, zu enthalten. Ergänzend sind nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 WpAIV alle sonstigen Tatsachen, die zum Verständnis der Börsenpreisrelevanz erforderlich sind, anzugeben. Beim regulären Delisting ist die Absicht der Gesellschaft, den So ausdrücklich die Regierungsbegründung BT-Drucks. 15 / 3174, S. 35. Vgl. noch zu alten Rechtslage Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 128. 1051 Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung, BGBl. Teil I 2004, S. 3376. 1049 1050

D. Stellungnahme

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Widerruf bei der Geschäftsführung der Börse nach einem zustimmenden Beschluß der Hauptversammlung beantragen zu wollen, anzugeben. Mehr als die Absicht kann in diesem Zeitpunkt auch noch nicht bekannt gegeben werden, da der Vorstand das Delisting nur auf die Tagesordnung der Hauptversammlung setzen kann, die Hauptversammlung aber darüber entscheiden muß. Darüber hinaus müssen keine Angaben zu einer Abfindung der austrittswilligen Aktionäre gemacht werden, weil zum Zeitpunkt der Ad-hoc-Meldung noch gar nicht sicher ist, ob das Delisting überhaupt durchgeführt werden wird, die Gesellschaft selbst die Abfindungsverpflichtung erfüllen kann oder nicht erst durch ein Erwerbsangebot eines Bieters der vermögensrechtliche Schutz der Aktionäre gewährleistet werden wird. Allerdings muß die Gesellschaft zumindest auf die wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen des Delisting für die Gesellschaft selbst und die Aktionäre kurz eingehen. Die Aktionäre sind auf den Wegfall der Handelbarkeit der Aktien an der Börse und auf die Folgen für die Gesellschaft etwa auf die fehlende Finanzierungsmöglichkeit über die Börse hinzuweisen. Mit diesen Informationen werden die Anleger in die Lage versetzt, die Konsequenzen eines Erwerbs von Aktien einer das Delisting beabsichtigenden Gesellschaft oder der Veräußerung solcher möglicherweise bald nicht mehr handelbaren Aktien abschätzen zu können. 2. Zwischenbefund Die Aktionäre erlangen aufgrund der Pflicht zur Bekanntmachung der Tagesordnung zur Hauptversammlung (§ 124 Abs. 1 AktG) und zur Ad-hoc-Publizität (§ 15 Abs. 1 WpHG) Informationen über die Absicht des Vorstands, die Hauptversammlung über die Beantragung des Widerrufs der Börsenzulassung abstimmen zu lassen. Ob diese Informationen über das Delisting für die Aktionäre ausreichend sind, hängt davon ab, welcher Zweck mit der Information der Aktionäre verfolgt wird. Diese Betrachtung soll nicht den rechtspolitisch wünschenswerten Informationsstand darstellen, sondern zunächst die Divergenzen zwischen dem Informationsstand der Aktionäre und den mit der Delisting-Entscheidung verbundenen nachteiligen Folgen für die Gesellschaft und die Aktionäre herausarbeiten. Erst, wenn solche Divergenzen bestehen, schließt sich die Frage an, ob eine Rechtsgrundlage für weitere Informationspflichten der Gesellschaft besteht. Grundsätzlich dient die Information der Aktionäre dazu, Informationsasymmetrien zwischen dem Vorstand und den Aktionären abzubauen, damit die Aktionäre in der Hauptversammlung die für die Gesellschaft und die für sie selbst günstige Entscheidungsvariante wählen können.1052 Ohne die Information können die Aktionäre zwar über eine konkrete Maßnahme abstimmen, jedoch besteht die Gefahr, ungünstig für die Gesellschaft und / oder für sie selbst zu entscheiden, wenn die entsprechenden Informationen nicht an die entscheidenden Aktionäre weitergegeben werden. Insofern müssen die Aktionäre ihre Entscheidung beim Delisting 1052

Weißhaupt, Kompensationsbezogene Informationsmängel in der AG, S. 75.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

ähnlich wie bei den Strukturmaßnahmen auf zwei Ebenen treffen. Zum einen müssen sie darüber entscheiden, ob das Delisting im Interesse der Gesellschaft ist (gesellschaftsbezogene Entscheidung) und zum anderen müssen die Aktionäre entscheiden, ob sie selbst aus der Gesellschaft ausscheiden oder aber in einer denotierten Gesellschaft verbleiben wollen (anlegerbezogene Entscheidung)1053. a) Gesellschaftsbezogene Entscheidung Der gesellschaftsbezogenen Entscheidung der Aktionäre in der Hauptversammlung über die Ermächtigung des Vorstands zur Beantragung des Delisting steht aufgrund der Bekanntmachung der Tagesordnung und der Ad-hoc-Mitteilung die Information gegenüber, daß die Hauptversammlung über das Delisting entscheidet und der Vorstand mit der Ermächtigung das Delisting bei der Geschäftsführung der Börse beantragen wird. Über die Folgen eines zustimmenden Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses für die Gesellschaft sind sie hingegen lediglich in äußerst knapper und allgemeiner Form in der Ad-hoc-Mitteilung informiert, ohne aber die einzelnen konkreten Folgen zu kennen. Regelmäßig ist das Delisting der Gesellschaft keine Einzelmaßnahme, sondern Bestandteil eines Gesamtkonzepts etwa zur Umstrukturierung der Finanzierungsformen oder der strategischen Neuausrichtung des Unternehmens. Als konkrete Folge für die Gesellschaft nach einem zustimmenden Hauptversammlungsbeschluß ist vornehmlich die Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft gegenüber den Minderheitsaktionären zu nennen, soweit diese Verpflichtung nicht mit den Kapitalerhaltungsgrundsätzen des § 71 AktG kollidiert und damit die Durchführung des Delisting von der Abgabe eines Erwerbsangebots zugunsten der Minderheitsaktionäre abhängt. Zudem kann die Gesellschaft nach einem Delisting kein Eigenkapital mehr über die Börse aufnehmen. Insofern zeigen sich schon bei der gesellschaftsbezogenen Entscheidung Divergenzen über den zu entscheidenden Gegenstand und die Informationen hierüber, weil allein über das Vorhaben des Delisting informiert wird, nicht aber über die eintretenden Folgen für die Gesellschaft. Sollen sich idealtypisch die Entscheidung und ihre Vor- und Nachteile für die Gesellschaft in den Informationen für die Aktionäre widerspiegeln, besteht schon bei der gesellschaftsbezogenen Entscheidung ein informationelles Ungleichgewicht zu Lasten der Aktionäre. b) Anlegerbezogene Entscheidung Dieses Ungleichgewicht zeigt sich auch für die anlegerbezogene Entscheidung der Aktionäre, da den Aktionären überhaupt keine Informationen zu den von ihnen zu tragenden rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen zur Verfügung stehen. Auf einfachgesetzlicher Ebene finden sich keine Regelungen, die die Aktionäre über 1053 Teilweise wird diese Entscheidung auch als individueller Entscheidungszweck bezeichnet, vgl. Weißhaupt, Der Konzern 2004, 474, 475 f.

D. Stellungnahme

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ihren Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien informieren. Kann die Gesellschaft hingegen ihre Verpflichtung zur Abfindung aufgrund des Kapitalerhaltungsgrundsatzes nicht erfüllen und wird den Aktionären von einem Bieter ein Erwerbsangebot unterbreitet, um die Durchführung des Delisting zu gewährleisten, haben sie keine gesicherte Kenntnis über den Zusammenhang zwischen diesem Erwerbsangebot und dem Delisting der Gesellschaft, selbst wenn in der Angebotsunterlage des Bieters der Zusammenhang zwischen dem Erwerbsangebot und dem Delisting erwähnt wird. Des weiteren haben die Aktionäre keine Kenntnis von den Rechtsfolgen einer Zustimmung in der Hauptversammlung. Denn nach der hier vertretenen Ansicht ist die Abfindungsberechtigung an die ablehnende Abstimmung in der Hauptversammlung gebunden.1054 Selbst wenn der Ansicht gefolgt wird, daß die Abfindungsberechtigung an die Widerspruchsobliegenheit nach § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG analog zu knüpfen ist, kennen die Aktionäre nicht die Folgen der fehlenden Einlegung des Widerspruchs zur Niederschrift, da anders als in Umwandlungsfällen kein Normappell auf einfachgesetzlicher Ebene vorhanden ist. Dieses Informationsdefizit wirkt zudem bis in ein späteres Spruchverfahren zur Überprüfung der Höhe der Abfindung hinein.1055 Denn nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SpruchG sind die Aktionäre, die die Überprüfung beantragt haben, verpflichtet, den Antrag mit konkreten Einwendungen gegen den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert des Antragsgegners zu begründen. Fehlen den Aktionären die Informationen über die Unternehmensbewertung und der ihr zugrunde gelegten Prämissen, besteht die Gefahr, daß die Aktionäre ihrer Begründungspflicht nicht nachkommen können und daß ihr Antrag bereits als unzulässig abgewiesen werden könnte1056. Teilweise wird dieser anlegerbezogene Entscheidungszweck der Information von vornherein abgelehnt, da das Gesetz in den umwandlungs- und aktienrechtlichen Abfindungskonstellationen das Spruchverfahren bereitstelle, in dem die Höhe der Abfindung unabhängig von der gewährten Information überprüft und im Falle einer unzureichenden Information der Verlust der Mitgliedschaft wirtschaftlich voll entschädigt werde.1057 Etwaige Informationsmängel über den zu gewährenden finanziellen Ausgleich der Minderheitsaktionäre beeinflußten letztlich die Durchführung der jeweiligen Strukturmaßnahme nicht, so daß der einzelne Aktionär Vgl. dazu oben 4. Teil: D.V.2.a)dd), S. 276 ff. So auch Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113; siehe dazu unten näher 4. Teil: D.VI. 3.b)cc), S. 369 f.; dies übersieht Weißhaupt, Der Konzern 2004, 474, 475 f., der aufgrund der unabhängig davon in einem Spruchverfahren überprüfbaren Abfindungshöhe davon ausgeht, daß die Entscheidung über die Strukturmaßnahme von der Frage der Abfindung entkoppelt ist. 1056 So Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 4 Rn. 13 m. w. N.; Klöcker / Frowein, SpruchG, § 4 Rn. 6, a. A. Kocher / Bedkowski, NZG 2008, 135, 136, die davon ausgehen, daß bei fehlenden Informationen keine konkreten Einwendungen vorgetragen werden müssen. 1057 So ausdrücklich Weißhaupt, Der Konzern 2004, 474, 475 f.; H. Henze, BB 2002, 893, 898; Vetter in FS Wiedemann, S. 1323, 1332 f.; ebenso für den Formwechsel H. Schmidt in FS Ulmer, S. 543, 551; Witt, WuB II N. § 210 UmwG 1.01. 1054 1055

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

seine Entscheidung in der Hauptversammlung ausschließlich am unternehmerischen Konzept zu orientieren habe.1058 Den unentschiedenen Aktionären bliebe danach nur die Möglichkeit, sich entweder mit den vom Vorstand gegebenen Informationen abzufinden und zuzustimmen oder aber gegen die jeweilige Maßnahme zu stimmen.1059 Die Verneinung eines solchen anlegerbezogenen oder individuellen Entscheidungszwecks überzeugt nicht, da zwei Fragen unzulässig miteinander verbunden werden, nämlich zunächst die materiell-rechtliche Frage, ob den Aktionären Informationen zu gewähren sind und zum anderen die prozessuale, in welchem Verfahren der einzelne Aktionär Rechtsschutz bei Informationsmängeln suchen muß. Die zweite Frage muß bei der Beantwortung der ersten Frage, die hier zu untersuchen ist, außer Betracht bleiben, da der Rechtsschutz im Spruchverfahren oder im Wege der Anfechtungsklage lediglich die Rechtsdurchsetzung betrifft, also wie der einzelne Aktionär seine Rechte auf gerichtlichem Wege geltend machen kann. Die Rechtsdurchsetzung ist damit das Instrument, um dem materiellen Recht in der Rechtswirklichkeit zur Geltung zu verhelfen. Schließt nun die oben genannte Ansicht von der mangelnden Rechtsdurchsetzungsmöglichkeit bei abfindungswertbezogenen Informationsmängeln im Anfechtungsverfahren auf die fehlende Verpflichtung zur Information auf materiell-rechtlicher Ebene, so geht sie genau den umgekehrten Weg. Das jeweilige Rechtsdurchsetzungsverfahren bestimmt danach den materiellen Gehalt der Informationspflicht und den jeweiligen Informationszweck. Rechtssystematisch ist die Rechtsdurchsetzung nur Mittel zum Zweck und bestimmt den materiellen Regelungsgehalt einer Norm selbst nicht. Rechtstatsächlich muß nämlich der einzelne Aktionär darüber entscheiden, ob die Abfindung der Gesellschaft einen angemessenen Ausgleich für die Mitgliedschaft bietet.1060 Daß abfindungswertbezogene Informationsmängel im Spruchverfahren und nicht im Wege der Anfechtungsklage durchzusetzen sind1061, betrifft nur die Frage der Rechtsdurchsetzung, nicht aber die nach der materiell-rechtlichen Verpflichtung zur Information der Aktionäre. Denn die Informationen der Aktionäre über die Abfindung dienen dazu, den noch unentschlossenen Aktionär in die Lage zu versetzen, entscheiden zu können, ob die gewährte Abfindung eine ausreichende und angemessene Gegenleistung für die eigenen Anteile darstellt.1062 Gerade der Minderheitsaktionär, der mit seinem finanziellen Engagement weniger unternehmerische als anlegerorientierte Ziele verfolgt, ist auf abfindungswertbezoWeißhaupt, Der Konzern 2004, 474, 476; Witt, WuB II N. § 210 UmwG 1.01. Vetter in FS Wiedemann, S. 1323, 1333. 1060 Dies erkennt auch die gegenteilige Ansicht an, vgl. Vetter in FS Wiedemann, S. 1323, 1333; Weißhaupt, Der Konzern 2004, 474, 475. 1061 Vgl. sogleich unten 4. Teil: D.VII.6., S. 436 ff. 1062 BGH, Urt. v. 18. 12. 2000 – II ZR 1 / 99, BGHZ 146, 179, 183 m. w. N. (MEZ) = NZG 2001, 547 = DB 2001, 319 = GmbHR 2001, 200 = WM 2001, 306 = WuB II N. § 210 UmwG 1.01 (Witt) = EWiR 2001, 331 (Wenger); BGH, Urt. v. 29. 01. 2001 – II ZR 368 / 98, GmbHR 2001, 247, 248 (Aqua Butzke) = DB 2001, 471 = WM 2001, 467 = WuB II N. § 210 UmwG 2.01 (Witt); Hirte, ZHR 167 (2003), 8, 11 f.; dies auch für das Delisting bejahend LG Hannover, Urt. v. 29. 08. 2007 – 23 O 139 / 06, NZG 2008, 152, 154. 1058 1059

D. Stellungnahme

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gene Informationen angewiesen. Die Verneinung eines solchen anlegerbezogenen Entscheidungszwecks würde gerade den Anlegeraspekt der Minderheitsaktionäre bei einer börsennotierten Gesellschaft außer Betracht lassen und nur die unternehmerische Seite der Aktienanlage in den Vordergrund rücken. Dieser spielt aber für die Minderheitsaktionäre einer börsennotierten Gesellschaft nur eine untergeordnete Rolle. Somit umfaßt der Entscheidungszweck auch die anlegerbezogenen Aspekte und damit die Informationen über die Abfindung der Aktionäre. Da auf einfachgesetzlicher Ebene keine Informationspflicht diesen Entscheidungszweck erfüllt, besteht auch bei der anlegerbezogenen Entscheidung eine Divergenz zwischen der zu treffenden Entscheidung über das Delisting durch die Aktionäre und den einfachgesetzlich vorgesehenen Bekanntmachungs- und Informationspflichten.1063

c) Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die Aktionäre zwar über die anstehende Delisting-Entscheidung in der Hauptversammlung informiert sind, nicht aber über die wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen für die Gesellschaft und die Aktionäre. Im folgenden ist daher weiter zu untersuchen, ob sich dieses informationelle Ungleichgewicht durch die Begründung weitergehender Bekanntmachungs- und Berichtspflichten beseitigen läßt oder ob der Gesetzgeber dieses Ungleichgewicht bewußt in Kauf genommen hat.

3. Weitergehende Bekanntmachungsund Berichtspflichten des Vorstands Der Vorstand könnte neben den bereits vorhandenen Bekanntmachungs- und Informationspflichten der Hauptversammlung aufgrund des beschriebenen Informationsdefizits zu weitergehenden Bekanntmachungs- und Berichtspflichten, insbesondere zur Vorlage eines schriftlichen Berichts, über das Delisting verpflichtet sein. Zu unterscheiden ist dabei zwischen den ergänzenden Bekanntmachungspflichten des § 124 Abs. 2 AktG und zusätzlichen schriftlichen Berichtspflichten nach § 186 Abs. 4 S. 2 AktG oder § 8 UmwG. Während § 124 Abs. 2 AktG die Bekanntmachung des wesentlichen Vertragsinhalts oder der Wortlaut der Satzungsänderung schon bei Einberufung der Hauptversammlung vorsieht, reicht bei dem umfangreicheren schriftlichen Bericht die Möglichkeit zur Einsichtnahme durch die Aktionäre aus (§ 175 Abs. 2 S. 1 AktG analog oder §§ 63 Abs. 1 Nr. 4, 64 UmwG), wobei ausreichend ist, wenn die Dokumente für denselben Zeitraum über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich sind (§ 175 Abs. 2 S. 4 AktG)1064. Ebenso der Befund von Schiemzik, Segmentwechsel börsenaktiver Unternehmen, S. 327. § 175 Abs. 2 S. 4 AktG eingefügt durch das EHUG (BGBl. Teil I 2006, S. 2553, 2579); siehe dazu auch Bosse, DB 2007, 39, 42. 1063 1064

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

a) Ergänzende Bekanntmachungspflicht nach § 124 Abs. 2 S. 2 AktG Die direkte Anwendung der Bekanntmachungspflicht des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG scheitert am Wortlaut, der eine ergänzende Bekanntmachungspflicht nur bei Satzungsänderungen oder bei Verträgen, die mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam werden, regelt. Auch im Wege der Analogie kann die Bekanntmachungspflicht nach § 124 Abs. 2 S. 2 AktG nicht begründet werden. Zwar liegt eine Regelungslücke hinsichtlich des Delisting vor, da nicht von einem beredten Schweigen des Gesetzgebers hinsichtlich der aktienrechtlichen Voraussetzungen des Delisting bei Einführung des Widerrufs der Börsenzulassung nach § 39 Abs. 2 BörsG gesprochen werden kann.1065 Jedoch sind die in § 124 Abs. 2 S. 2 AktG geregelten Sachverhalte mit dem Delisting nicht vergleichbar. Durch das reguläre Delisting wird die Struktur der AG nicht verändert, da weder die aktienrechtlichen Zuständigkeiten innerhalb der Gesellschaft noch die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte eingeschränkt oder verändert werden. Auch zu dem Tatbestandsmerkmal des Vertrages, der nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam wird, läßt sich keine Vergleichbarkeit herstellen. Nach § 124 Abs. 2 S. 2, 2. Fall AktG ist der wesentliche Inhalt eines solchen Vertrages bekanntzumachen. Dazu gehören insbesondere Unternehmensverträge (§§ 291, 293 AktG), Verschmelzungs(§ 13 Abs. 1 UmwG) und Spaltungsverträge (§§ 125 S. 1, 13 Abs. 1 UmwG) sowie Verträge, die auf die Vermögensübertragung gerichtet sind (§ 179a AktG).1066 Die Auswirkungen der genannten Verträge, etwa die Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine nichtnotierte Gesellschaft, können zwar für die Aktionäre ähnlich sein, jedoch sind die Folgen für die Gesellschaft selbst und die Leitungsorgane nicht zu vergleichen und strukturell unterschiedlich.1067 Gleiches gilt für die analoge Anwendung des § 124 Abs. 2 AktG auf Holzmüller-Sachverhalte1068, da das reguläre Delisting zu keiner Mediatisierung der Aktionärsrechte führt und diese in ihrem Bestand unberührt läßt.1069 Auch die vom BGH befürwortete Anwendung des „Rechtsgedankens des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG, der entsprechend heranzuziehen“ sei1070, überzeugt nicht. Die Anwendung eines solchen Rechtsgedankens setzt zunächst voraus, daß sich aus Siehe oben 4. Teil: D.I.2.a), S. 165 ff. Vgl. zum Geltungsumfang nur Kubis in MünchKomm AktG, § 124 Rn. 34; Hüffer AktG, § 124 Rn. 10. 1067 Siehe ausführlich die Begründung oben 4. Teil: D.I.2.c), S. 171 ff. 1068 Vgl. OLG München, Urt. v. 26. 04. 1996 – 23 U 4586 / 95, WM 1996, 1462, 1464 = ablehnend die Anmerkung von Groß, WuB II A. § 119 AktG 1.96 = zustimmend Saenger, EWiR 1997, 1109, 1110; vgl. nunmehr auch OLG Schleswig, Urt. v. 08. 12. 2005 – 5 U 57 / 04, NZG 2006, 951, 952 f.; LG München I, Urt. v. 24. 08. 2006 – 5HK O 1558 / 06, Der Konzern 2007, 700, 701 f.; Hüffer AktG, § 124 Rn. 11 m. w. N.; siehe auch zur Vermögensübertragung BGH, Urt. v. 15. 01. 2001 – II ZR 124 / 99, BGHZ 146, 288, 295 f. 1069 Siehe oben 4. Teil: D.I.3.b), S. 192ff. 1070 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 537; so auch die Vorinstanz OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 665. 1065 1066

D. Stellungnahme

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§ 124 Abs. 2 AktG ein Rechtsgedanke, der über die Satzungsänderung und den Abschluß von Unternehmensverträgen hinaus Bedeutung hat, entnehmen läßt. Dies ist zweifelhaft, weil § 124 Abs. 2 S. 2 AktG eine erweiterte Bekanntmachungspflicht nur für sogenannte Strukturmaßnahmen vorsieht, das reguläre Delisting aber gerade keine Strukturmaßnahme darstellt. Insofern ist die Auffassung des BGH inkonsequent, wenn er einerseits die Hauptversammlungszuständigkeit aufgrund eines mangelnden Eingriffs in die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte ablehnt und andererseits die Bekanntmachungspflicht auf den Rechtsgedanken des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG stützt, der diesen gerade für Struktur- und vergleichbare Maßnahmen vorsieht. Ob der BGH mit der entsprechenden Heranziehung des Rechtsgedankens des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG den Regelungsgehalt noch weiter faßt und damit allein die ausreichende Information der Aktionäre meint, bleibt aufgrund der fehlenden Begründung unklar. Den Rechtsgedanken des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG auf die ausreichende Information der Aktionäre über die jeweilige Maßnahme zu reduzieren und letztlich den Anwendungsbereich derart auszuweiten, widerspricht der Regelung des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG, die die ergänzenden Bekanntmachungspflichten nicht für alle Beschlußgegenstände, sondern nur für Strukturmaßnahmen vorsieht. Ein allgemeiner Informationsanspruch der Aktionäre läßt sich aus § 124 Abs. 2 AktG nicht entnehmen1071; allenfalls in Holzmüller-Fällen ist eine analoge Anwendung oder die Übertragung des Rechtsgedankens zu bejahen1072. Für das reguläre Delisting läßt sich daher eine kollektive Informationspflicht im Vorfeld der Hauptversammlung nicht mit dem Rechtsgedanken des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG begründen. b) Schriftliche Berichtspflicht des Vorstands Ob der Vorstand zur Erstellung eines schriftlichen Berichts verpflichtet ist, hängt zunächst von der analogen Anwendbarkeit der im Aktien- und Umwandlungsrecht vorhandenen Regelungen auf das reguläre Delisting ab, die eine solche Berichtspflicht vorsehen. Zudem könnte sich die Berichtspflicht parallel zu den Holzmüller-Fällen ergeben. Schließlich verbleibt die Möglichkeit, eine Berichtspflicht des Vorstands auf die in § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SpruchG geregelte Antragsbegründungspflicht bei Durchführung des Spruchverfahrens zu stützen.

1071 So für die Informationspflichten bei Holzmüller-Fällen Groß, AG 1997, 97, 101; ders., WuB II A. § 119 AktG 1.96. 1072 Eine Informationspflicht in Holzmüller-Fällen bejahen das OLG Schleswig, Urt. v. 08. 12. 2005 – 5 U 57 / 04, NZG 2006, 951, 952 f.; OLG München, Urt. v. 26. 04. 1996 – 23 U 4586 / 95, WM 1996, 1462, 1464; OLG München, Urt. v. 10. 11. 1994 – 24 U 1036 / 93, AG 1995, 232, 233; LG München I, Urt. v. 24. 08. 2006 – 5HK O 1558 / 06, Der Konzern 2007, 700, 701 f.; LG Frankfurt / Main, Urt. v. 12. 12. 2000 – 3 / 5 O 149 / 99, AG 2001, 431, 433; offengelassen OLG Frankfurt / Main, Urt. v. 23. 03. 1999 – 5 U 193 / 97, BB 1999, 1128, 1129 = WM 1999, 1881 = WuB II A. § 124 AktG 1.00 (Schneider / Raskin).

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

aa) Analogie zu den Regelungen über die schriftliche Berichtspflicht Die schriftliche Berichtspflicht kann sich zum einen aus einer analogen Anwendung der aktienrechtlichen Berichtspflichtregelungen zum Bezugsrechtsausschluß nach § 186 Abs. 4 S. 2 AktG und zum Abschluß von Unternehmensverträgen nach § 293a Abs. 1 AktG oder zum anderen aus der analogen Anwendung der Regelungen zur Berichtspflicht bei der Verschmelzung (§ 8 Abs. 1 UmwG), der Spaltung (§ 127 UmwG) und dem Formwechsel (§ 192 Abs. 1 UmwG) ergeben. Das setzt hinsichtlich einer Berichtspflicht des Vorstands im Vorfeld der Hauptversammlung zunächst eine planwidrige Regelungslücke für das Delisting voraus. Weder auf aktienrechtlicher noch auf kapitalmarktrechtlicher Ebene besteht im Vorfeld der Hauptversammlung eine Bekanntmachungs- oder Berichtspflicht des Vorstands. Zwar muß der Vorstand nach § 124 Abs. 1 AktG die Tagesordnung bekannt machen und nach Abs. 3 einen Beschlußvorschlag zum Delisting unterbreiten. Eine eigenständige Berichtspflicht gegenüber den Aktionären ist damit jedoch nicht verbunden.1073 Gleiches gilt für die Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 WpHG, die auch nur unmittelbar Informationen zum geplanten Delisting enthält.1074 Vielmehr besteht eine Divergenz zwischen der von den Aktionären in der Hauptversammlung zu treffenden Entscheidung und den für die Aktionäre verfügbaren Informationen.1075 Sowohl im Hinblick auf die Folgen des Delisting für die Gesellschaft durch die Abfindungsverpflichtung und die Änderung der Finanzierungsstruktur als auch auf die Aktionäre und die Konsequenzen des konkreten Abstimmungsverhaltens in der Hauptversammlung bezüglich des Abfindungsanspruches besteht keine Pflicht zur Information gegenüber den Aktionären. Auch eine in der Hauptversammlung zu gewährende Auskunft über das Delisting gemäß § 131 Abs. 1 S. 1 AktG kann die Regelungslücke für eine weitergehende Bekanntmachungspflicht im Vorfeld der Hauptversammlung nicht beseitigen1076, da der Auskunftsanspruch nach § 131 AktG neben die besonderen Informationsrechte tritt und diese weder einschränkt noch ausschließt.1077 Dies verkennt das OLG München, wenn es ausführt, daß die Erläuterungen in der Hauptversammlung ausreichten, um den Aktionären eine sachgerechte Entscheidung über das Delisting zu ermöglichen.1078 Denn damit wird die gesetzlich vorgegebene Unterscheidung zwischen den Bekanntmachungspflichten im Vorfeld der Hauptversammlung, die allen Aktionären zu gewähren ist, und dem Auskunftsrecht jedes einzelnen AktioSiehe dazu oben 4. Teil: D.VI.1.a), S. 352 f. Siehe ausführlich 4. Teil: D.VI.1.b), S. ;354 ff. 1075 Vgl. die rechtstatsächlichen Ergebnisse des Zwischenbefundes 4. Teil: D.VI.2., S. 359 ff. 1076 So wohl aber OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 665. 1077 OLG Hamburg, Beschl. v. 24. 02. 1994 – 11 W 6 / 94, AG 1994, 420; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05. 11. 1987 – 19 W 6 / 87, AG 1988, 53, 54; Kubis in MünchKomm AktG, § 131 Rn. 8. 1078 Vgl. zum Wortlaut der in der Hauptversammlung der Ingram Macrotron AG gegebenen Auskunft OLG München, Urt. v. 14. 02. 2001 – 7 U 6019 / 99, WM 2002, 662, 665. 1073 1074

D. Stellungnahme

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närs verwischt und aufgehoben. Demnach liegt eine Regelungslücke vor. Die Planwidrigkeit der Regelungslücke im Hinblick auf die Information der Aktionäre und Anleger folgt aus der unvollkommenen Regelung des Delisting in § 39 Abs. 2 S. 3 BörsG.1079 Danach wird die Widerrufsentscheidung der Geschäftsführung der Börse im Internet veröffentlicht. Insofern dient diese Veröffentlichung der Information der Anleger nach einem erfolgten Zulassungswiderruf und setzt die maximale Nachfrist von zwei Jahren des § 39 Abs. 2 S. 4 BörsG bis zur Wirksamkeit des Widerrufs in Gang. Sie dient damit nicht der Vorbereitung des aktienrechtlichen Entscheidungsprozesses, sondern regelt einzig und allein die kapitalmarktrechtliche Information für die Marktteilnehmer. Auch von einem beredten Schweigen des Gesetgebers bei Einführung der Delisting-Regelung kann nicht gesprochen werden, da der Gesetzgeber die aktienrechtliche Ebene des Delisting vollkommen unbeachtet gelassen hat.1080 Eine analoge Anwendung der schriftlichen Berichtspflichten auf den Vorgang des Delisting scheitert an der fehlenden vergleichbaren Interessenlage des Delisting mit den geregelten schriftlichen Berichtspflichten des Vorstands in § 186 Abs. 4 S. 2 AktG und § 293a Abs. 1 AktG sowie den §§ 8 Abs. 1, 127, 192 Abs. 1 UmwG.1081 Gemeinsam haben alle zum Vergleich herangezogenen Maßnahmen, die eine Berichtspflicht vorsehen, daß mit der Durchführung etwa eines Bezugsrechtsausschlusses, dem Abschluß eines Unternehmensvertrages oder einer Verschmelzung die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte durch Schmälerung der Mitverwaltungsrechte oder Vermögensrechte beeinträchtigt werden. Im Gegensatz dazu sind die Mitgliedschaftsrechte durch das reguläre Delisting nicht betroffen, da die Mitgliedschaftsrechte und die Gesellschaft auf aktienrechtlicher Ebene unverändert fortbestehen. Dies ist zwar auch bei einem Bezugsrechtsausschluß der Fall, jedoch ändert sich durch den Ausschluß das Stimmgewicht einzelner Aktionäre. Allein die Komplexität des regulären Delisting und seine wirtschaftlichen Folgen für die Aktionäre können nicht als tragende Argumente zur Begründung einer vergleichbaren Interessenlage herangezogen werden.1082 Die Anordnung der Berichtspflicht des Vorstands ist vielmehr ohne die Beeinträchtigung der Mitgliedschaftsrechte durch den Bezugsrechtsausschluß nicht denkbar. Wenn komplexe wirtschaftliche und rechtliche Vorgänge innerhalb der Gesellschaft regelmäßig die Berichtspflicht auslösen würden, etwa die Fremdfinanzierung eines Unternehmenskaufs, müßte der Vorstand über jede Maßnahme schriftlich berichten. Dies A. A. LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017, 2019. Siehe dazu die Begründung oben 4. Teil: D.I.2.a), S. 165 ff.; ebenso Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 214. 1081 Ebenso bereits LG München I, Urt. v. 04. 11. 1999 – 5HK O 10580 / 99, ZIP 1999, 2017, 2019; Kocher / Bedkowski, NZG 2008, 135, 136; OLG Celle, Urt. v. 07. 05. 2008 – 9 U 165 / 07, ZIP 1874, 1876; a. A. LG Hannover, Urt. v. 29. 08. 2007 – 23 O 139 / 06, NZG 2008, 152, 154 f. 1082 So aber Kretschmer / Karakaya, WM 2002, 2494, 2497; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 216 ff. 1079 1080

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

kann aber der gesetzlichen Systematik nicht entnommen werden, da der Gesetzgeber die schriftliche Berichtspflicht nur bei besonderen Maßnahmen anordnet. Zwingende Voraussetzung zur Begründung einer Berichtspflicht auf aktienrechtlicher Ebene ist daher die Beeinträchtigung des Mitgliedschaftsrechts, wie dies bei einem Bezugsrechtsausschluß geschieht1083. Gleiches gilt für die Berichtspflichten nach §§ 8 Abs. 1, 127, 192 Abs. 1 UmwG, die ebenfalls unmittelbar mit der Beeinträchtigung der Mitgliedschaftsrechte der Anteilsinhaber verknüpft sind.1084 Durch das reguläre Delisting werden die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte jedoch nicht beeinträchtigt, so daß auch keine vergleichbare Interessenlage vorliegt.

bb) Ungeschriebene Berichtspflichten im Anschluß an die Holzmüller-Rechtsprechung des BGH Auch die Übertragung der im Anschluß an die Holzmüller-Rechtsprechung des BGH befürworteten analogen Anwendung des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG1085 und einer darüber hinausgehenden schriftlichen Berichtspflicht des Vorstands1086 scheitert daran, daß die Interessenlage beim regulären Delisting nicht mit der Ausgliederung wesentlicher Betriebsteile oder der Übertragung des gesamten Vermögens auf eine andere Gesellschaft (§ 179a AktG) vergleichbar ist,1087 Denn auch bei der Ausgliederung oder der Übertragung sind die Mitgliedschaftsrechte betroffen, so daß auch für die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung zumindest eine Betroffenheit der Mitgliedschaftsrechte zu fordern ist. Da aber beim Delisting die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte nicht betroffen sind, kann die Begründung einer schriftlichen Berichtspflicht darauf nicht gestützt werden.

Vgl. nur Hüffer AktG, § 186 Rn. 2; Wiedemann in GroßKomm AktG, § 186 Rn. 13. So dient der Verschmelzungsbericht dem Schutz der Anteilsinhaber, Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 8 Rn. 5. 1085 Siehe dazu OLG München, Urt. v. 26. 04. 1996 – 23 U 4586 / 95, AG 1996, 327, 328 = WM 1996, 1462 = WuB II A. § 119 AktG 1.96 (Groß); OLG Schleswig, Urt. v. 08. 12. 2005 – 5 U 57 / 04, NZG 2006, 951, 952 f.; LG München I, Urt. v. 24. 08. 2006 – 5HK O 1558 / 06, Der Konzern 2007, 700, 701 f.; dieser Ansicht zustimmend Wilde, ZGR 1998, 423, 445 ff. m. w. N.; Hüffer AktG, § 124 Rn. 11; Kubis in MünchKomm AktG, § 124 Rn. 40; zur Bekanntmachungspflicht im Rahmen des § 179a AktG BGH, Urt. v. 15. 01. 2001 – II ZR 124 / 99, AG 2001 261, 262 = NJW 2001, 1277; siehe auch die im Ergebnis zustimmende Anmerkung von Drinkuth, AG 2001, 256; Horbach, BB 2001, 893, 897 f. 1086 Umfassend zum Streitstand Kubis in MünchKomm AktG, § 119 Rn. 51. 1087 Siehe dazu bereits oben 4. Teil: D.I.3.b), S. 192 ff.; anders hingegen Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 218 f. unter Berufung auf den BGH, Urt. v. 15. 01. 2001 – II ZR 124 / 99, AG 2001 261. 1083 1084

D. Stellungnahme

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cc) Berichtspflicht als Folge der spruchverfahrensrechtlichen Begründungspflicht Nach § 4 Abs. 2, S. 2 Nr. 4 SpruchG muß die Antragsbegründung konkrete Einwendungen gegen den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert des Antragsgegners enthalten, soweit sie sich aus § 7 Abs. 3 SpruchG ergeben. Geht man mit dem BGH davon aus, daß die Abfindung durch die Gesellschaft im Spruchverfahren gerichtlich überprüft werden kann1088, trifft auch die abfindungsberechtigten Minderheitsaktionäre die Begründungspflicht nach § 4 Abs. 2, S. 2 Nr. 4 SpruchG, obwohl beim Delisting kraft einfachgesetzlicher Anordnung kein entsprechender Bericht i. S. d. § 7 Abs. 3 SpruchG durch den Vorstand vorgelegt werden muß. Fehlen den abfindungsberechtigten Minderheitsaktionären aber die notwendigen Informationen, könnten sie ihren Antrag auf Überprüfung der Abfindungshöhe nicht oder nur unzureichend begründen, so daß das Spruchgericht ihren Antrag als unzulässig abweisen müßte.1089 Die verfassungsrechtlich gebotene gerichtliche Überprüfbarkeit der Abfindungshöhe1090 liefe demnach ins Leere, da dem einzelnen Minderheitsaktionär für eine Antragsbegründung keine oder nur unzureichende Informationen zur Verfügung stehen. Zudem ist der antragstellende Aktionär der Gefahr ausgesetzt, daß ihm die Gerichtskosten des Verfahrens gemäß § 15 Abs. 2 S. 2 SpruchG auferlegt werden, da er seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen ist.1091 Aufgrund des Mindestgeschäftswertes in Höhe von 200.000 A (§ 15 Abs. 1 S. 2, 2. HS SpruchG), der auch durch eine richterliche Entscheidung nicht unterschritten werden kann1092, sind die Kosten für den Antragsteller nicht zu vernachlässigen. Demnach besteht zwischen der Regelung der Begründungspflicht in § 4 Abs. 2, S. 2 Nr. 4 SpruchG einerseits und der fehlenden einfachgesetzlichen Regelungen zur Berichtspflicht beim Delisting ein Wertungswiderspruch, da der abfindungsberechtigte Antragsteller seinen Antrag zwar begründen muß, ihm aber auf materiell-rechtlicher Ebene kein Informationsanspruch gegenübersteht.1093 Die Frage, ob die Anforderungen an die Begründungspflicht (§ 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SpruchG) an den rechtlich gewährten Informations1088 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536; siehe dazu unten 4. Teil: D.VII.3.a), S. 402 ff. 1089 Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113; vgl. zu der Frage, ob die prozessuale Begründungspflicht nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SpruchG nicht an das Informationsniveau des materiellen Anspruchs auf Information anzupassen ist unten 4. Teil: D.VII.3.a)cc)(1), S. 410 f. 1090 BVerfG , Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 96, 147 / 97, WM 2000, 1948 1950 f.; BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 1091 Vgl. Klöcker / Frowein, SpruchG, § 15 Rn. 10; Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 15 Rn. 24; die Kostentragungslast bei einer Antragsrücknahme bejaht OLG Stuttgart, Beschl. v. 05. 11. 2003 – 20 W 5 / 03, NZG 2004, 97 = ZIP 2003, 2199. 1092 So für das Squeeze-out OLG Stuttgart, Beschl. v. 05. 11. 2003 – 20 W 5 / 03, NZG 2004, 97 = ZIP 2003, 2199. 1093 Diesen Wertungswiderspruch will Heidel, DB 2003, 548, 549 durch eine verringerte Darlegungslast auflösen.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

anspruch des einzelnen Aktionärs anzupassen sind, stellt sich erst, wenn der Rechtsgrund und der Umfang der Informationspflicht feststeht.1094 Für die Begründung einer Berichtspflicht des Vorstands könnte sprechen, daß der Gesetzgeber den Aktionären auch einen entsprechenden Informationsanspruch gegenüber dem Vorstand zubilligen muß, wenn er im Spruchverfahren beim Delisting eine Begründung des Antrags mit konkreten Einwendungen fordert1095. Der Bericht des Vorstands müßte daher von Inhalt und Umfang denen in § 7 Abs. 3 SpruchG genannten gleichen, so daß § 293a AktG oder § 8 UmwG vom Rechtsgedanken her anzuwenden wäre. Gegen diese Begründung der Berichtspflicht sprechen aber gesetzessystematische Gesichtspunkte. Das SpruchG regelt lediglich das gerichtliche Verfahren zur Überprüfung der Abfindungshöhe, gewährt aber den Verfahrensbeteiligten keine materiellen Informationsansprüche gegenüber der anderen Verfahrenspartei.1096 Diese ergeben sich vielmehr aus dem materiellen Recht des AktG oder UmwG. Diese systematische Trennung würde aufgehoben, wenn mit der formellen Begründungspflicht des § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SpruchG eine materielle Berichtspflicht des Vorstands begründet wird. Zwar ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, auch in einem Gesetz, das der Durchsetzung des materiellen Rechts dient, materielle Rechte der einzelnen Beteiligten zu verankern, jedoch kann dem Gesetzgeber bei Erlaß des SpruchG im Hinblick auf das Delisting keine solche Absicht unterstellt werden, da er in Kenntnis des Macrotron-Urteils des BGH die Regelungen verabschiedet hat.

c) Verfassungsrechtliche Begründung einer Informationspflicht Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, daß über die bereits bestehende Bekanntmachungspflicht des § 124 Abs. 1 AktG und die Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG auf einfachgesetzlicher Ebene keine weiteren Bekanntmachungs- oder Informationspflichten bestehen. Anlaß zu der Überlegung, ob der Vorstand der Gesellschaft gemäß Art. 14 Abs. 1 GG zur Information gegenüber den Aktionären verpflichtet ist, ist der grundrechtliche Schutz der erhöhten Verkehrsfähigkeit einer börsenzugelassenen Aktie1097 und die Divergenz zwischen der in der Hauptversammlung zu treffenden Entscheidung über das Delisting und den zur Verfügung stehenden Informationen über die Folgen des Delisting für die 1094 Siehe zum Umfang der prozessualen Begründungspflicht unten 4. Teil: D.VII.3.a) cc)(1), S. ff. 1095 Das Spruchverfahrensgesetz gilt trotz der anscheinend abschließenden Aufzählung in § 1 SpruchG auch für das reguläre Delisting, vgl. Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15 / 838, S. 16; siehe dazu auch die Stellungnahme des DAV – Handelsrechtsausschusses vom Februar 2003, ZIP 2003, 552; so wohl auch LG Hannover, Urt. v. 29. 08. 2007 – 23 O 139 / 06, NZG 2008, 152, 155. 1096 Ebenso LG Hannover, Urt. v. 29. 08. 2007 – 23 O 139 / 06, NZG 2008, 152, 154 f. 1097 Siehe dazu ausführlich oben 4. Teil: D.I.5.a), S. 196 ff.

D. Stellungnahme

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Gesellschaft und die Aktionäre1098. Fraglich ist, ob das einfachgesetzlich vorhandene Regelungsgefüge hinsichtlich der Informationspflichten mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist oder aus dem Eigentumsgrundrecht ein Mindeststandard an Informationen für die Aktionäre folgt. Eine konkrete Informationspflicht des Vorstands gegenüber den Aktionären kann sich aus dem eigentumsgrundrechtlichen Schutzgebot ergeben, wenn dieses Schutzgebot durch die vorhandenen einfachgesetzlichen Regelungen der Informationspflichten gegenüber den Aktionären verletzt wird und sich aus Art. 14 Abs. 1 GG ein hinreichend konkretes Verhaltensgebot zur Information ergibt.1099

aa) Schutzpflicht zur Informationsgewährung beim Delisting Eine Schutzpflicht zur Gewährung von Informationen an die Aktionäre beim Delisting, die sich auf Art. 14 Abs. 1 GG stützt, setzt zunächst voraus, daß die Information der Aktionäre über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und für die Aktie durch das Eigentumsgrundrecht geschützt ist. Aus einem solchen grundrechtlichen Schutz der Information muß sich zudem ein bestimmtes Verhaltensgebot des Vorstands gegenüber den Aktionären ergeben. (1) Schutz der Information u¨ber ein beabsichtigtes Delisting durch Art. 14 Abs. 1 GG Zu untersuchen ist, ob der Schutz der Information durch Art. 14 Abs. 1 GG bei einem beabsichtigen Delisting sowohl Informationen über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und auch Informationen über die Folgen des Delisting für die einzelne Aktie umfaßt. Der Schutz der Information über die Delisting-Folgen für die Gesellschaft folgt aus dem Schutz des in der Aktie verkörperten Anteilseigentums durch Art. 14 Abs. 1 GG. Er erstreckt sich auf die mitgliedschaftliche Stellung jedes einzelnen Aktionärs und die erhöhte Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktie1100. Als wesentlichen Bestandteil des Mitgliedschaftsrechts der Aktionäre bezieht das BVerfG die Informationen der Aktionäre über die Angelegenheiten der Gesellschaft mit in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ein.1101 Die Informationen über die Gesellschaftsangelegenheiten sind für die Aktionäre Voraussetzung zur Siehe oben 4. Teil: D.VI.2., S. 359 ff. Jung, JZ 2001, 1004, 1008; ebenso Simon, AcP 204 (2004), 264, 274. 1100 Siehe oben 4. Teil: D.I.5.a), S. 196 ff. 1101 BVerfG, Beschl. v. 20. 09. 1999 – 1 BvR 636 / 95 – ZIP 1999, 1798, 1799 (Wenger / Daimler Benz AG) = WM 1999, 2160 = Bork, EWiR 1999, 1035 = WuB II A. § 131 AktG 1.00 (Witt); BVerfG, Beschl. v. 20. 09. 1999 – 1 BvR 168 / 93 – ZIP 1999, 1801, 1802 (Scheidenmandel II) = WM 1999, 2158 = Luttermann, EWiR 1999, 1033; vgl. auch LG München I, Urt. v. 24. 08. 2006 – 5HK O 1558 / 06, Der Konzern 2007, 700, 702. 1098 1099

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Wahrnehmung der mitgliedschaftlichen Rechte, da die Dispositionsfreiheit des Aktionärs ohne Informationen über das Unternehmen ansonsten leer liefe.1102 Zwar fehlt es bei einem Delisting an der unmittelbaren Betroffenheit der Mitgliedschaftsrechte, da die Gesellschaft in ihrer bisherigen rechtlichen Struktur erhalten bleibt. Das BVerfG knüpft die Pflicht zur Informationsgewährung jedoch nicht an die Betroffenheit des Mitgliedschaftsrechts als solches, sondern an die ordnungsgemäße Wahrnehmung des Stimmrechts in der Hauptversammlung, die ohne eine Information über die Angelegenheiten der Gesellschaft beeinträchtigt würde. Da die Entscheidung über das Delisting in die Kompetenz der Hauptversammlung fällt1103, müssen den Aktionären auch die erforderlichen Informationen gewährt werden. Das den Aktionären in der Hauptversammlung zukommende Stimmrecht beruht zwar nicht auf der einfachgesetzlichen Zuweisung von Mitgliedschaftsrechten des Gesetzgebers im Rahmen der Regelung von Inhalt und Schranken des Aktieneigentums, sondern auf der originären Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit durch Art. 14 Abs. 1 GG. Insofern ist der grundrechtliche Schutz der erhöhten Verkehrsfähigkeit von börsenzugelassenen Aktien die Grundlage für die zu gewährenden Informationen. Ob Informationen über die Folgen des Delisting für den einzelnen Aktionär auch vom Eigentumsgrundrecht geschützt werden, kann der Rechtsprechung des BVerfG nicht unmittelbar entnommen werden, da das Gericht sich nur zum Schutz der Information im Rahmen des Auskunftsrechts nach § 131 Abs. 1 S. 1 AktG geäußert hat und ausdrücklich nur von Informationen in den Angelegenheiten der Gesellschaft spricht.1104 Darunter werden als inhalts- und schrankenbestimmende Ausformung des Eigentumsgrundrechts unmittelbar die Tätigkeit der Gesellschaft betreffende Fragen1105, aber auch nur mittelbare Gesellschaftsangelegenheiten, etwa auch persönliche Angelegenheiten der Aktionäre verstanden, soweit sie einen rechtlichen oder tatsächlichen Bezug zur Gesellschaft haben1106. Da durch das Delisting die Aktionäre ihre Aktien nicht mehr über die Börse veräußern können, hat der Wegfall der Handelbarkeit einen rechtlichen Bezug zu der Entscheidung über die Stellung des Delisting-Antrags in der Hauptversammlung. Des weiteren spricht für den Schutz der Information über die Folgen des Delisting für die Aktionäre die Erkenntnis, daß die Information nicht um ihrer selbst willen gegeben wird, sondern eine Entscheidung der Aktionäre in der Hauptversammlung vorbereiten soll1107. Der Aktionär hat dabei die Interessen der Gesellschaft im Blick, aber auch die eigenen mit der Kapitalanlage verfolgten Ziele. Entscheidet der Aktionär über das BVerfG, Beschl. v. 20. 09. 1999 – 1 BvR 636 / 95 – ZIP 1999, 1798, 1799. Siehe oben 4. Teil: D.I.5.c), S. 205 ff. 1104 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 20. 09. 1999 – 1 BvR 636 / 95 – ZIP 1999, 1798, 1799 f. 1105 Siehe nur Hüffer AktG, § 131 Rn. 11; Decher in GroßKomm AktG, § 131 Rn. 114. 1106 Kubis in MünchKomm AktG, § 131 Rn. 35 m. w. N. 1107 Vgl. Weißhaupt, Kompensationsbezogene Informationsmängel in der AG, S. 75 f. m. w. N. 1102 1103

D. Stellungnahme

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Delisting, ohne die Folgen und Auswirkungen auf die Handelbarkeit der Aktien zu kennen und die Möglichkeit, gegen Zahlung einer Abfindung aus der Gesellschaft auszutreten, läuft er Gefahr, die Dispositionsfreiheit über sein Aktieneigentum zu verlieren. Besteht daher beim Delisting ein materielles Recht zum Ausscheiden aus der Gesellschaft gegen Zahlung einer Abfindung1108, folgt daraus eine akzessorische Pflicht zur Information. Nichts anderes bringt das BVerfG zum Ausdruck, wenn es ausführt, daß das Informationsrecht mit den vermögensrechtlichen Ansprüchen der Aktionäre korrespondiert1109. Demnach folgt aus dem grundrechtlichen Eigentumsschutz auch der Schutz der Information über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und die Aktionäre. (2) Verhaltensgebot des Vorstands Mit dem Schutz der Information bei der Wahrnehmung des Stimmrechts in der Hauptversammlung anläßlich eines beabsichtigen Delisting ist auch gleichzeitig ein konkretes Verhaltensgebot des Vorstands verbunden. Die Information ist von demjenigen Organ innerhalb der Gesellschaft an die Aktionäre zu geben, das die Gesellschaft leitet. Dies ist der Vorstand, der aufgrund der inhalts- und schrankenbestimmenden Regelung des § 76 Abs. 1 AktG das Unternehmen in eigener Verantwortung leitet. Dieses Verhaltensgebot des Vorstands deckt sich mit den ihm bereits einfachgesetzlich zugewiesenen Aufgaben, denn der Vorstand ist zur Vorbereitung der Hauptversammlung (§§ 121 ff. AktG) verpflichtet, muß Auskünfte nach § 131 AktG geben oder etwa im Falle der Verschmelzung einen schriftlichen Bericht (§ 8 UmwG) erstatten. Diesem grundrechtlichen Verhaltensgebot stehen auch keine einfachgesetzlichen Wertungen entgegen, mit denen der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht hat, daß er über die gesetzlich bereits vorgesehenen Berichtspflichten in §§ 186 Abs. 4 S. 2, 293a, 320 Abs. 4, 327c Abs. 2 AktG und §§ 8 Abs. 1, 127, 192 Abs. 1 UmwG hinaus keine weiteren zulassen will. Vielmehr können die bereits geregelten Berichtspflichten unterstützend zur Begründung der Verhaltenspflicht des Vorstands herangezogen werden. Gemäß §§ 320 Abs. 4, 319 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 AktG und § 327c Abs. 2 AktG muß bei der Mehrheitseingliederung und dem Squeeze-out gegenüber der Hauptversammlung ein schriftlicher Bericht abgegeben werden, obwohl die Aktionäre entgegen ihrem Willen aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden und damit nicht über ihren Verbleib in der Gesellschaft entscheiden können. Die Entscheidung in der Hauptversammlung betrifft daher nur die Gesellschaft, nicht aber die Wahl der Aktionäre über den Verbleib oder den Austritt aus der Gesellschaft gegen Zahlung einer Abfindung. Wenn aber schon bei einer solchen rein gesellschaftsbezogenen Entscheidung der Aktionäre eine Berichtspflicht 1108 Vgl. zum Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft oben 4. Teil: D.V.1.c), S. 257 ff. 1109 BVerfG, Beschl. v. 20. 09. 1999 – 1 BvR 636 / 95 – ZIP 1999, 1798, 1799.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

auch über die Abfindung vorgesehen ist, dann muß dies erst recht für das Delisting gelten, da die Aktionäre beim Delisting sowohl eine gesellschaftsbezogene als auch eine anlegerbezogene Entscheidung treffen müssen. Insofern ist die Entscheidungslast für die Aktionäre beim Delisting größer als bei einer Mehrheitseingliederung oder einem Squeeze-out. Diesen Regelungen kann zumindest der gesetzgeberische Wille entnommen werden, daß schon eine gesellschaftsbezogene Entscheidung ausreicht, um eine Berichtspflicht zu begründen. (3) Inhalt und Umfang der zu gewa¨hrenden Informationen Schwierigkeiten bereitet die Festlegung von Inhalt und Umfang der den Aktionären aufgrund Art. 14 Abs. 1 GG zu gewährenden Informationen, denn die Konkretisierung des grundrechtlich geschützten Informationsrechts der Aktionäre und der damit korrespondierenden Pflicht des Vorstands obliegt grundsätzlich dem Gesetzgeber (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG). Unabhängig von der Wahrnehmung dieses Gestaltungsrechts und der Erfüllung der grundgesetzlichen Schutzpflicht ergibt sich aus dem Schutz der erhöhten Verkehrsfähigkeit börsenzugelassener Aktien und den damit verbundenen materiellen Rechten, wie der Entscheidungskompetenz der Aktionäre in der Hauptversammlung und dem Abfindungsrecht gegenüber der Gesellschaft, ein grundrechtlicher Mindeststandard von zu gewährenden Informationen. Der Mindeststandard an zu gewährenden Informationen bestimmt sich nach den grundrechtlich geschützten materiellen Rechten der Aktionäre. Für die Entscheidungskompetenz der Aktionäre in der Hauptversammlung bedeutet dies, daß den Aktionären die Folgen eines Delisting für die Gesellschaft, wie beispielsweise die geänderten Finanzierungsmöglichkeiten und -formen nach einem Widerruf der Börsenzulassung, die Verringerung der Bekanntheitsgrades und deren Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft, die Befreiung der Gesellschaft von belastenden Sonderregelungen für börsennotierte AGen1110 sowie die Verpflichtung der Gesellschaft zur Abfindung, mitzuteilen sind. Weitergehende Erläuterungen der Rückzugsmotive bedarf es nicht, da dies auf eine sachliche Rechtfertigung des Hauptversammlungsbeschlusses hinausliefe, die aber aufgrund des mangelnden Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte abzulehnen ist.1111 Der Umfang der zu gewährenden Informationen über die Folgen des Delisting muß nicht die Intensität der einfachgesetzlichen Berichtspflichten des § 8 Abs. 1 UmwG oder § 186 Abs. 4 S. 1 AktG erreichen, dient doch etwa der Bericht zum Bezugsrechtsausschluß gerade dazu, die inhaltliche Überprüfung durch das Gericht zu ermöglichen.1112 Siehe zu den Folgen des Delisting für die Gesellschaft oben 2. Teil: E.I., S. 81 ff. Siehe zur Ablehnung des Erfordernisses einer sachlichen Rechtfertigung oben 4. Teil: D.IV.1.c), S. 234f f. 1112 Vgl. Hüffer AktG, § 186 Rn. 24; anders hingegen beim schriftlichen Bericht nach § 8 UmwG, der nur zur Information der Anteilsinhaber dient, Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG § 8 Rn. 6. 1110 1111

D. Stellungnahme

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Die Entscheidung der Aktionäre in der Hauptversammlung umfaßt neben der gesellschaftsbezogenen Entscheidung auch eine über den Verbleib oder den Austritt des einzelnen Aktionärs aus der Gesellschaft. Denn an das ablehnende Abstimmungsverhalten jedes Aktionärs ist mangels einfachgesetzlicher Anordnung einer Widerspruchsobliegenheit i. S. d. § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG die Abfindungsberechtigung der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft geknüpft.1113 Stimmt nach der hier vertretenen Auffassung ein Minderheitsaktionär dem Delisting zu, kann er gegenüber der Gesellschaft keinen Abfindungsanspruch geltend machen. Des weiteren sind die Aktionäre darüber zu informieren, welche rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen das Delisting für ihre Aktien bei einem Verbleib in der Gesellschaft hat und daß sie bei einem gewünschten Austritt aus der Gesellschaft einen Anspruch auf Abfindung gegen die Gesellschaft haben. Dabei sind den Aktionären auch Informationen über die Höhe der Abfindung zu geben. Der Informationsumfang muß den Grad erreichen, der dem einzelnen austrittswilligen Aktionär eine ordnungsgemäße Begründung seines Antrags auf Überprüfung der Abfindungshöhe in einem gerichtlichen Verfahren ermöglicht. Daher gehören die der Abfindungshöhe zugrundeliegenden Tatsachen und die Berechnungsmethode mit zu den zu erbringenden Informationen. Art. 14 Abs. 1 GG begründet die Schutzpflicht, die Aktionäre über das Delisting zu informieren, und gibt Hinweise auf Art und Umfang der Informationen. Jedoch kann Art. 14 Abs. 1 GG keine Vorgaben über die konkreten vom Vorstand an die Aktionäre zu gebenden Informationen entnommen werden. Art und Umfang der zu gewährenden Informationen ist vielmehr im Rahmen der Rechtsfortbildung festzulegen.1114 Kann die Gesellschaft selbst die Abfindung aufgrund der Kapitalbindung (§ 71 Abs. 2 AktG) nicht erbringen und gibt ein Bieter ein einfaches Erwerbsangebot ab, reicht es aus, daß die Aktionäre auf den Zusammenhang zwischen dem Erwerbsangebot und dem Delisting-Hauptversammlungsbeschluß hingewiesen werden. Einer näheren Erläuterung der Höhe des Erwerbsangebots durch den Vorstand der Gesellschaft bedarf es nicht, da die notwendigen Informationen in der Angebotsunterlage des Bieters enthalten sein müssen (vgl. § 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 WpÜG)1115. bb) Verletzung der Schutzpflicht zur Information durch den Gesetzgeber Die aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Pflicht zur Information der Aktionäre über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und die Aktionäre verletzt der Gesetzgeber, wenn auf einfachgesetzlicher Ebene keine Regelungen vorhanden sind, die diesen grundrechtlichen Mindeststandard einhalten. Dabei sind in die Betrachtung neben den aktienrechtlichen auch die kapitalmarktrechtlichen Informationspflich1113 1114 1115

Siehe dazu oben 4. Teil: D.V.2.a)dd), S. 276 ff. Siehe sogleich unten 4. Teil: D.VI.3.c)cc), S. 377 ff. Siehe oben 4. Teil: D.V.3.b)bb)(3), S. 304 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

ten mit einzubeziehen, da sich beide Pflichten nicht gegenseitig ausschließen und der Gesetzgeber in der Ausgestaltung von Inhalt und Schranken des Eigentums grundsätzlich frei ist. Die Bekanntmachungspflicht nach § 124 Abs. 1 und Abs. 3 AktG sowie die Adhoc-Publizitätspflicht erfüllen den grundrechtlichen Mindeststandard aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht. Mit der Bekanntmachung der Tagesordnung und eines Vorschlages zur Beschlußfassung zum Delisting wird zwar der Gegenstand des Hauptversammlungsbeschlusses festgelegt, nicht aber über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft oder die Aktionäre informiert. Die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und die Auswirkungen auf die zukünftige Finanzierung der Gesellschaft sind in kurzer Form in der Ad-hoc-Mitteilung enthalten. Die dort vorgesehenen Informationen über die Folgen des Delisting sind aber aufgrund ihrer vorgeschriebenen Kürze für die aktienrechtliche Entscheidung jedes einzelnen Aktionärs über das Delisting der Gesellschaft in der Hauptversammlung nicht ausreichend, dienen die Ad-hoc-Mitteilungen doch dazu, den Kapitalmarkt in seiner Gesamtheit zu informieren, nicht aber eine aktienrechtliche Entscheidung vorzubereiten. Der Funktionsschutz des Kapitalmarktes steht im Vordergrund der gesetzgeberischen Anordnung zur Ad-hoc-Publizität. Zudem fehlen die für die Aktionäre wesentlichen Erläuterungen über die Folgen des Delisting für die Aktionäre, insbesondere über ihren Anspruch auf Abfindung gegen die Gesellschaft, die Abfindungshöhe sowie Entstehung und Fälligkeit des Anspruches. Dieses Ungleichgewicht zwischen den einfachgesetzlichen Informationspflichten des Vorstands und dem materiellen Recht auf Entscheidung in der Hauptversammlung sowie dem Anspruch auf Abfindung wird auch nicht durch das Auskunftsrecht jedes einzelnen Aktionärs nach § 131 Abs. 1 S. 1 AktG kompensiert. Das Auskunftsrecht ist ein individuelles Informationsrecht jedes einzelnen Aktionärs, das erst mit dem Auskunftsverlangen durch den Vorstand erfüllt werden muß. Die Aktionäre müßten demnach erst Auskunft über die Folgen des Delisting verlangen, ehe sie informiert würden. Das setzt jedoch voraus, daß die Aktionäre die Fragen stellen können, die die für ihre Entscheidung erforderlichen Informationen enthalten. Da aber das Delisting für die Gesellschaft und die Aktionäre vielfältige Folgen hat, kann das Auskunftsrecht die grundrechtliche Schutzpflicht nicht ausfüllen. Zudem können die Aktionäre das Auskunftsrecht nicht uneingeschränkt geltend machen. So kann beispielsweise das Fragerecht verfassungsrechtlich zulässig zeitlich begrenzt werden (vgl. § 131 Abs. 2 S. 2 AktG).1116 Ferner ist das Delisting regelmäßig in eine Vielzahl anderer Maßnahmen eingebettet und nur in diesem Zusammenhang zu verstehen, wie etwa die zukünftige Finanzierung mit Fremdkapital durch einen Großaktionär oder andere Investoren. Das grundrechtliche Verhaltensgebot des Vorstands aus Art. 14 Abs. 1 GG sieht einen Mindeststandard an Informationen über die Folgen für die Gesellschaft und die Aktien vor. Dieser kann nur erfüllt werden, wenn allen Aktionären gleichmäßig die Möglichkeit gegeben wird, sich vor der Hauptversammlung über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und ihre Aktien zu informieren. 1116

BVerfG, Beschl. v. 20. 09. 1999 – 1 BvR 636 / 95, ZIP 1999, 1798, 1799 f.

D. Stellungnahme

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Folglich fehlt auf einfachgesetzlicher Ebene eine Regelung, die die Schutzpflicht zur Information aus Art. 14 Abs. 1 GG erfüllt. Da der Gesetzgeber bei Einführung des Delisting in § 39 Abs. 2 BörsG die aktienrechtlichen Folgen nicht bedacht hat, kann auch nicht von einem beredten Schweigen des Gesetzgebers gesprochen werden. Daher hat er mit seinem gesetzgeberischen Unterlassen die grundrechtliche Schutzpflicht zur Information der Aktionäre verletzt.

cc) Verfassungskonforme Rechtsfortbildung Das aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende grundrechtliche Schutzgebot zur Information der Aktionäre über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und die einzelnen Aktionäre wirkt aufgrund der unterlassenen einfachgesetzlichen Regelung unmittelbar zwischen dem Vorstand und den Aktionären. Eine verfassungskonforme Auslegung des einfachen Rechts scheitert zwar bei den §§ 124 Abs. 2 S. 2, 186 Abs. 4 S. 2, 293a Abs. 1 AktG oder § 8 Abs. 1 UmwG an der Wortlautgrenze. Jedoch ist die kapitalmarktrechtliche Regelung des § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG, die den Anlegerschutzes ausdrücklich mit in die Widerrufsentscheidung einbezieht, einer verfassungskonformen Auslegung grundsätzlich zugänglich. Im Zusammenhang mit einer möglichen verfassungskonformen Auslegung des § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG stellt sich aber zugleich die Frage, ob der Informationsschutz der Aktionäre auf kapitalmarkt- oder auf aktienrechtlicher Ebene gewährleistet werden muß. Gegen die verfassungskonforme Auslegung des § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG spricht, daß die Information der Aktionäre der Vorbereitung der aktienrechtlichen Entscheidungen dient, nicht aber unmittelbar dem kapitalmarktrechtlichen Widerrufsverfahren zuzurechnen ist. Zumal der Gesetzgeber in § 39 Abs. 2 S. 3 BörsG eine Veröffentlichungspflicht für den Widerruf vorgesehen hat. Insofern ist die Information der Aktionäre im Vorfeld ihrer Entscheidung über das Delisting dem Verbandsrecht zuzuordnen, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher ist, ob die Gesellschaft den Antrag auf Widerruf der Börsenzulassung stellen will. Scheidet der Weg über eine verfassungskonforme Auslegung aus, bleibt nur die verfassungskonforme Rechtsfortbildung des einfachen Rechts, indem die Aktionäre im Vorfeld der Hauptversammlung über die Folgen für die Gesellschaft und die Aktien aufgrund des Eigentumsschutzes informiert werden. Gleichwohl liegt es nahe, Art und Umfang der zu gewährenden Informationen, nachdem der Rechtsgrund für die Informationspflicht der Aktionäre in Art. 14 Abs. 1 GG zu finden ist, an den bereits gesetzlich geregelten Informationspflichten des Vorstands auszurichten (vgl. § 293a Abs. 1 AktG, §§ 8 Abs. 1, 127, 192 Abs. 1 UmwG).1117 Der Gesetzgeber hat in den bereits geregelten Fällen seinen gesetz1117 So wohl auch das LG Hannover, Urt. v. 29. 08. 2007 – 23 O 139 / 06, NZG 2008, 152, 155, das insbesondere hervorhebt, daß eine Prüfung des Barabfindungsangebots nach § 192 Abs. 2 UmwG hätte erfolgen müssen; ebenso Schlitt, NZG 2006, 925, 926; a. A. OLG Celle, Urt. v. 07. 05. 2008 – 9 U 165 / 07, ZIP 2008, 1874, 1876.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

geberischen Gestaltungsspielraum genutzt und dadurch Art und Umfang von Informationen, die für die Entscheidung in der Hauptversammlung über einen Beschlußgegenstand und ggfs. eine Abfindung festgelegt. Solange der Gesetzgeber sein Gestaltungsrecht im Falle des regulären Delisting nicht wahrgenommen hat, richten sich Art und Umfang der Informationen nach den bisher gesetzlich geregelten Informationspflichten. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, daß die aktien- und umwandlungsrechtlichen Strukturmaßnahmen nicht mit dem regulären Delisting vergleichbar sind, da es im Rahmen der Rechtsfortbildung nicht mehr um die Frage der Begründung einer Informationspflicht, sondern lediglich um die Frage ihrer Ausgestaltung geht. Insofern werden der weiteren Untersuchung im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung der Informationspflichten die Regelungen zum Verschmelzungsbericht (§ 8 Abs. 1 UmwG) und die Regelung zur Berichtspflicht bei Unternehmensverträgen (§ 293a AktG) zugrunde gelegt. § 8 Abs. 1 UmwG und § 293a AktG kann der Rechtsgedanke entnommen werden, daß bei komplexen wirtschaftlichen Vorgängen in der Gesellschaft den Aktionäre ein schriftlicher Bericht vorzulegen ist. Zwar sind die Verschmelzung und der Abschluß von Unternehmensverträgen einerseits und das Delisting andererseits nicht miteinander vergleichbar, jedoch haben die Vorgänge gemeinsam, daß sie sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch auf der Ebene der Aktionäre elementare Veränderungen hervorrufen.1118 Um den Aktionären die Vorbereitung auf die Entscheidung in der Hauptversammlung zu ermöglichen und die Folgen ihrer Entscheidung für die Gesellschaft und die über ihre eigene Beteiligung zu ermöglichen, reicht daher ein bloß mündlicher Bericht, etwa in der Hauptversammlung, nicht aus.1119 Vielmehr ist dem Rechtsgedanken aus § 8 Abs. 1 UmwG und § 293a AktG folgend ein schriftlicher Bericht durch den Vorstand vorzulegen.1120 In zeitlicher Hinsicht ist der schriftliche Bericht so rechtzeitig den Aktionären zur Verfügung zu stellen, daß sie sich ordnungsgemäß auf die Hauptversammlung zum Delisting und die dort zu treffenden Entscheidungen vorbereiten können. Das Gesetz sieht dazu in Verschmelzungsfällen vor, daß der Bericht von der Einberufung der Hauptversammlung an, in den Räumen der Gesellschaft auszulegen ist (§ 63 Abs. 1 Nr. 4 UmwG). Das gleiche gilt für den Bericht über den Abschluß eines Unternehmensvertrages (§ 293 f. Abs. 1 Nr. 3 AktG). Der in diesen Regelungen zum Ausdruck kommenden gesetzgeberische Wille sollte auch für das Delisting gelten, so daß der schriftliche Bericht über das Delisting von der Einberufung der Hauptversammlung an in den Geschäftsräumen auszulegen ist und den Aktionären entsprechend dem Rechtsgedanken des § 63 Abs. 3 UmwG und § 293 f. Abs. 2 AktG auf Verlangen einen kostenlose Abschrift zu erteilen ist. Ob für die Verpflichtung zur Erteilung einer Abschrift auf die für den Jahresabschluß Vgl. oben 2. Teil: E., S. 87 ff. Ebenso die Einschätzung von Ott, Rückzug von der Börse, S. 262 f. 1120 A. A. aufgrund analoger Anwendung des § 186 AktG Kretschmer / Karakaya, WM 2002, 2494, 2497; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 222. 1118 1119

D. Stellungnahme

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geltende Befreiungsregelung des § 175 Abs. 2, S. 4 AktG1121 gilt, daß anstatt einer Abschrift die Dokumente auch auf den Internetseiten der Gesellschaft abrufbar sind, ist gegenwärtig abzulehnen, da der Gesetzgeber die Befreiung ausdrücklich nur für die in § 175 Abs. 2 AktG genannten Dokumente (Jahresabschluß, vom Aufsichtsrat gebilligter Einzelabschluß, Lagebericht etc.) vorgesehen hat, nicht aber für den Verschmelzungsbericht und den Bericht über den Abschluß eines Unternehmensvertrages. Inhaltlich beruht der Bericht über das Delisting auf dem Rechtsgedanken des § 8 Abs. 1 UmwG und § 293a AktG und dem oben beschriebenen Mindeststandard.1122 Dies bedeutet für die gesellschaftsbezogene Entscheidung, daß der Bericht das reguläre Delisting, seine rechtlichen Voraussetzungen, die Folgen für die Gesellschaft sowie die wirtschaftlichen Chancen und Risiken des Delisting1123 (geänderte Finanzierungsformen, Verringerung des Bakanntheitsgrades und Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit) erläutern muß. Im Hinblick auf die anlegerbezogene Entscheidung, die die Aktionäre mit dem Hauptvesammlungsbeschluß über das Delisting treffen müssen, ist die Höhe der Abfindung, die rechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Abfindung, etwa daß die Zustimmung zum Delisting den Abfindungsanspruch entfallen läßt, zu erläutern und zu begründen. Da die Barabfindung auf der Grundlage einer Bewertung des Unternehmens erfolgt, ist Teil des Berichts auch das Gutachten über die Unternehmensbewertung und die entsprechenden Erläuterungen zu dem Bewertungsgutachten. Zwar wäre es verfassungsrechtlich zulässig, nur die für die Barabfindung entscheidenden Teile aus dem Bewertungsgutachten in den Bericht zu übernehmen, um dem Mindeststandard zu genügen. Gleichwohl bietet es sich aus Praktikabilitätsgründen an, daß gesamte Gutachten dem Bericht beizufügen, um nicht von vornherein den Eindruck zu erwecken, daß die Gesellschaft etwas verbirgt. Sofern die Aktionäre dem Delisting zustimmen und in der Gesellschaft verbleiben wollen, muß der Bericht auch Erläuterungen zu den Folgen des Delisting für die verbleibenden Aktionäre enthalten. d) Ergebnis Der Vorstand der Gesellschaft ist gegenüber den Aktionären der Gesellschaft aufgrund der aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Schutzpflicht verpflichtet, über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und für die Aktionäre zu informieren. Stehen den Aktionären mit dem Entscheidungsrecht in der Hauptversammlung und dem Abfindungsrecht materielle Rechte zu, müssen die Aktionäre auch über die 1121 § 175 Abs. 2 S. 4 AktG eingefügt durch das EHUG vom 10. 11. 2006, BGBl. Teil I 2006, 2553, 2579. 1122 Siehe oben 4. Teil: D.VI.3.c)aa)(3), S. 374ff. 1123 Vgl. zu den einzelnen Anforderungen bei der Verschmelzung nach § 8 Abs. 1 UmwG, die für das Delisting ergänzend herangezogen werden können nur Marsch-Barner in Kallmeyer UmwG, § 8 Rn. 7 f. m. w. N.; zu § 293a AktG vgl. Hüffer AktG, § 293a Rn. 11 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Konsequenzen ihrer Entscheidung in der Hauptversammlung aufgeklärt werden. Da auf einfachgesetzlicher Ebene keine Informationspflichten in diesem Umfang vorgesehen sind, gewährleistet die grundrechtliche Schutzpflicht diesen Informationsfluß. Einfachgesetzliche Regelungen können nicht im Wege der Analogie zur Begründung einer solchen Informationspflicht herangezogen werden, da die Interessenlage des Delisting nicht mit den bisher geregelten Tatbeständen im AktG oder UmwG vergleichbar ist. Gleichwohl können im Rahmen der Rechtsfortbildung die § 8 Abs. 1 UmwG und § 293a AktG für die Frage der Ausgestaltung der Informationspflicht herangezogen werden.

4. Auskunftsrechte der Aktionäre in der Hauptversammlung Jedem Aktionär ist in der Hauptversammlung auf sein Verlangen hin Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit die Auskunft zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist (§ 131 Abs. 1 S. 1 AktG). Dies gilt auch für das Delisting, da sich dadurch die Finanzierungsform der Gesellschaft ändert und durch die Ausrichtung auf einen Finanzgeber zu wirtschaftlichen Abhängigkeiten führen kann. Ob die konkrete Frage zur Beurteilung der Gesellschaftsangelegenheiten erforderlich ist, ist im Einzelfall zu beurteilen. Das Kriterium der Erforderlichkeit dient der Begrenzung des Auskunftsrechts bei Mißbrauch durch einen Aktionär und ist vom Standpunkt eines objektiv denkenden Aktionärs zu beurteilen.1124 Auch beim Delisting erlangt das Kriterium der Erforderlichkeit eine begrenzende Bedeutung, da die Aktionäre hinsichtlich der Folgen des Delisting für die Gesellschaft und ihre Aktien bereits aufgrund der Informationspflicht des Vorstands nach Art. 14 Abs. 1 GG unterrichtet sind. Sind die Aktionäre über die Folgen des Delisting informiert, ist die begehrte Auskunft kein wesentliches Element für die Urteilsfindung mehr. Die Informationspflicht des Vorstands begrenzt insoweit das Auskunftsrecht der Aktionäre, als in den Informationen des Vorstands die verlangte Auskunft bereits enthalten ist. Diese Beschränkung des Auskunftsrechts ist im Rahmen anderer Strukturmaßnahmen, für die ein schriftlicher Bericht erforderlich ist (vgl. zur Verschmelzung § 8 Abs. 1 UmwG), anerkannt1125 und kann auf das Delisting übertragen werden. Rechtsgrund dieser Beschränkung ist nicht der mit der einzelnen Strukturmaßnahme verbundene Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte, sondern die im Vorfeld der Hauptversammlung vorgenommene Information der Aktionäre. Auch beim beabsichtigten Delisting muß der Vorstand die Hauptversammlung vorab über die Folgen informieren. Je ausführlicher die Information der Aktionäre über das De1124 Beispielhaft OLG München, Urt. v. 04. 07. 2001 – 7 U 5285 / 00, NZG 2002, 187 188; siehe auch Hüffer AktG, § 131 Rn. 12 m. w. N.; Wilde, ZGR 1998, 423, 441 f. 1125 Decher in GroßKomm AktG, § 131 Rn. 39 f.; Groß, AG 1996, 111, 118; Zöllner, AG 2000, 145, 152 f.; das Auskunftsrecht will durch eine bereits erfolgte Information nicht gänzlich ausschließen Wilde, ZGR 1998, 423, 443.

D. Stellungnahme

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listing im Vorfeld der Hauptversammlung erfolgt, desto eher kann die Erforderlichkeit der Auskunft in der Hauptversammlung verneint werden. Dennoch ist das Auskunftsrecht dadurch nicht insgesamt ausgeschlossen, da die Information der Aktionäre nur die Kerninformationen enthält, die für die anlegerbezogene und gesellschaftsbezogene Entscheidung erforderlich sind.

VII. Rechtsschutz bei fehlerhafter Durchführung des Delisting Nachdem die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen des Delisting mit der Zuständigkeit der Hauptversammlung, dem vermögensrechtlichen Schutz der Minderheitsaktionäre und der Information über die Folgen des Delisting festgelegt sind, ist nun zu untersuchen, wie die Aktionäre die Einhaltung dieser Voraussetzungen gerichtlich durchsetzen können.1126 Den Aktionären steht dabei kein einheitliches Rechtsschutzsystem zur Verfügung. Ob durch die Aktionäre Mängel bei der Durchführung des Delisting auf gesellschaftsrechtlicher Ebene im Wege der aktienrechtlichen Anfechtungs- (§§ 243 ff. AktG) oder der Unterlassungsklage geltend gemacht oder aber im Rahmen des Spruchverfahrens (§§ 1 ff. SpruchG) durchgesetzt werden können, hängt von der jeweilig geforderten Voraussetzung ab. Daher orientiert sich die Untersuchung an einzelnen Mängeln und Fehlern, die bei der Vorbereitung des Delisting auf aktienrechtlicher Ebene auftreten können.

1. Fehlen des Hauptversammlungsbeschlusses Möchte eine börsennotierte Gesellschaft die Börse verlassen, muß die Hauptversammlung innerhalb des Verbands dem Delisting aufgrund Art. 14 Abs. 1 GG zustimmen und der Vorstand den Antrag auf Widerruf der Börsenzulassung bei der jeweiligen Geschäftsführung (§ 39 Abs. 2 BörsG) stellen. Beantragt der Vorstand den Widerruf oder beabsichtigt er einen Antrag ohne die erforderliche Ermächtigung der Hauptversammlung im Innenverhältnis zu stellen, ist die Antragstellung im Außenverhältnis gleichwohl nach § 82 Abs. 1 AktG wirksam.1127 Die Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung über das Delisting wird damit übergangen, ohne daß sich dies grundsätzlich auf die Vertretungsbefugnis des Vorstands im Außenverhältnis auswirkt.1128 Zur Erhaltung der Entscheidungskompetenz der Aktionäre in der Hauptversammlung ist fraglich, ob ein einzelner Aktionär gegen 1126 Verfassungsrechtlich ist es ausrreichend, daß den Aktionären ein effektives Rechtsschutzsystem zur Verfügung steht, vgl. zuletzt für das Squeeze-Out BVerfG, Beschl. v. 30. 05. 2007 – 1 BvR 390 / 04, WM 2007, 1329, 1331. 1127 Siehe im einzelnen oben 4. Teil: D.III., S. 213 ff.; vgl. dazu ebenso BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 132. 1128 Vgl. zur Vertretungsbefugnis oben 4. Teil: D.III.2., S. 214 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

die Kompetenzüberschreitung des Vorstands vorgehen kann. Dabei sind folgende Fallgestaltungen bei der Kompetenzüberschreitung des Vorstands denkbar: Der Vorstand beabsichtigt einen Delisting-Antrag zu stellen, ohne vorher die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen. Der Vorstand hat bereits, ohne die Hauptversammlung um ihre Zustimmung zu bitten, den Delisting-Antrag gestellt. Beide Fallgestaltungen sind auch denkbar, wenn die Hauptversammlung das Delisting abgelehnt hat und der Vorstand trotzdem einen Antrag gestellt hat oder zu stellen beabsichtigt. Im Falle einer beabsichtigten Antragstellung durch den Vorstand könnten die Aktionäre vom Vorstand ein Unterlassen verlangen, während bei einer bereits erfolgten Antragstellung den Aktionären nur ein Beseitigungsanspruch, der auf die Rücknahme des Delisting-Antrags gerichtet ist, hilft. Dazu müßte den Aktionären ein Anspruch auf Unterlassung oder Beseitigung zustehen. Ein solcher Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch ist den Aktionären erstmals im Zusammenhang mit der Ausgliederung eines wesentlichen Betriebsteils, der unter Ausschluß der Hauptversammlung erfolgte, zuerkannt worden.1129 Im Rahmen des regulären Delisting hat das BayObLG die Rechtsfolgen eines ohne die erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung gestellten Delisting-Antrags ausdrücklich offengelassen.1130 Insofern ist zu untersuchen, auf welche Rechtsgrundlage sich ein solcher Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch stützt, in welchem Zeitpunkt ein solcher Anspruch entsteht, wer ihn geltend machen kann, wem gegenüber er besteht und ob dies auch für das Delisting gilt. Abschließend ist die prozessuale Durchsetzung und Vollstreckung eines solchen Anspruches festzulegen.

a) Anspruch der Aktionäre auf Unterlassung der Antragstellung des Zulassungswiderrufs Der Untersuchung liegt zunächst die beabsichtigte Antragstellung des Vorstands unter Mißachtung der Hauptversammlungszuständigkeit beim Delisting zugrunde. Dies setzt das grundsätzliche Bestehen eines vorbeugenden Unterlassungsanspruches der Aktionäre bei drohender Nichtbeachtung der Hauptversammlungskompetenz voraus. Die praktische Relevanz eines solchen Anspruches wird in der Literatur als gering eingeschätzt1131, jedoch gilt dies nicht für das Delisting, wie sich am Beispiel der Knürr AG zeigt, die einen Antrag auf Zulassungswiderruf ohne die Zustimmung der Hauptversammlung gestellt hat1132. 1129 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 133 f.; ebenso im Widerspruchsverfahren nun LG Duisburg, Urt. v. 27. 06. 2002 – 21 O 106 / 02, DB 2003, 441, 441 f. (Babcock Borsig) = AG 2003, 390; vgl. dazu auch die vorhergehende einstweilige Verfügung des LG Duisburg, Beschl. v. 29. 05. 2002 – 21 O 106 / 02, NZG 2002, 643. 1130 BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952, 1953 (Knürr AG). 1131 Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 355. 1132 BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952 (Knürr AG).

D. Stellungnahme

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Fast einhellig erkennt das Schrifttum den im Holzmüller-Urteil1133 und zuletzt im Mangusta / Commerzbank II-Urteil1134 des BGH anerkannten Unterlassungsanspruch eines einzelnen Aktionärs gegenüber der Gesellschaft bei Mißachtung der Hauptversammlungszuständigkeit an.1135 Dabei herrscht jedoch über die konkrete Rechtsgrundlage eines solchen Unterlassungsanspruches keine Einigkeit. Eine Ansicht stützt den Unterlassungsanspruch auf die §§ 823, 1004 BGB analog, da die Mitgliedschaft als sonstiges Rechtsgut dem deliktischen Schutzbereich des § 823 Abs. 1 BGB unterfalle und die Mißachtung der Hauptversammlungskompetenz einen rechtswidrigen Eingriff darstelle.1136 Die überwiegende Ansicht begründet den Unterlassungsanspruch mit der Mißachtung des Entscheidungsteilhaberechts der Aktionäre, das seine Grundlage im Verbandsrecht habe.1137 Der Unterlassungsanspruch greife jedoch nicht bei bloß gesetz- oder satzungswidrigem Verhalten des Vorstands ein, sondern nur bei der Überschreitung der Entscheidungskompetenz des Vorstands zu Lasten der Hauptversammlung.1138 Vorzugswürdig ist die letztere Auffassung, die den Unterlassungsanspruch mit der unzulässigen Ausschaltung der mitgliedschaftlichen Entscheidungskompetenz begründet. Sind die Aktionäre in der Hauptversammlung entscheidungsbefugt und mißachtet der Vorstand diese Entscheidungskompetenz, sind die Aktionäre in ihrem Mitentscheidungsrecht be-

BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 133 f. BGH, Urt. v. 10. 10. 2005 – II ZR 90 / 03, NZG 2006, 20, 22. 1135 T. Baums, Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, S. F 209 f. m. w. N.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 466 ff.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 141 f.; Knobbe-Keuk in FS Ballerstedt, S. 239, 251 ff.; Zöllner, ZGR 1988, 392, 425 ff.; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 354 ff.; Werner, ZHR 147 (1983), 429, 437; Wiesner in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 4, § 18 Rn. 11; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 648 ff. und 873; Kubis in MünchKomm AktG, § 119 Rn. 97; Geyrhalter / Zirngibl, DStR 2004, 1048, 1052; Fleck, LM Nr. 1 Bl. 1 § 118 AktG 1965; Lutter, JZ 2000, 837, 841; Markwardt, WM 2004, 211, 213; Adolff, ZHR 169 (2005), 310, 315 f.; Raiser in Aktienrecht im Wandel, 14. Kapitel, Rn. 79 ff.; bejahend für eine Feststellungsklage bei Satzungsunterschreitung vgl. LG Köln, Urt. v. 23. 11. 2007 – 82 O 214 / 06, AG 2008, 327, 329.; a. A. LG Mainz, Urt. v. 01. 04. 1977 – 11 HO 4 / 77, WM 1977, 904, 905 f.; zustimmend die Anmerkung von Westenberger, WM 1977, 907; Littbarski, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, S. 61 f. 1136 Geyrhalter / Zirngibl, DStR 2004, 1048, 1052; Rieske, Rückzug von der Börse, S. 233; Mertens, AG 1978, 309, 310; ders., in FS Fischer, S. 461, 468 f.; wohl auch Heine, Anlegerund Minderheitenschutz beim Börsenaustritt, S. 269, der aber einen solchen Anspruch für das Delisting verneint; Raiser in Aktienrecht im Wandel, 14. Kapitel, Rn. 79. 1137 Grundlegend BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 133 f.; BGH, Urt. v. 10. 10. 2005 – II ZR 90 / 03, NZG 2006, 20, 22 (Mangusta / Commerzbank II); OLG Hamm, Urt. v. 19. 11. 2007 – 8 U 216 / 07, ZIP 832, 832 f.; LG Duisburg, Urt. v. 27. 06. 2002 – 21 O 106 / 02, DB 2003, 441, 441 f.; Zöllner, ZGR 1988, 392, 430; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 354 f.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 459 ff.; Knobbe-Keuk in FS Ballerstedt, S. 239, 252 f.; T. Baums, Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, S. F 209; Kubis, DStR 2006, 188, 191. 1138 Knobbe-Keuk in FS Ballerstedt, S. 239, 252; Werner, ZHR 147 (1983), 429, 437. 1133 1134

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troffen.1139 Gegen die analoge Anwendung des quasi negatorischen Unterlassungsanspruches aus §§ 823, 1004 BGB spricht, daß es sich bei der Kompetenzüberschreitung des Vorstands um eine verbandsinterne Streitigkeit handelt, die eigenen Grundsätzen und Regelungen folgt. Bei dem Unterlassungsbegehren steht nicht der Schutz der Mitgliedschaft gegenüber Dritten im Vordergrund, sondern die Sicherung der Entscheidungskompetenz innerhalb des Verbands.1140 Zudem kann nur das Verbandsrecht die Grenzen der jeweiligen Organzuständigkeiten festlegen und nicht das Deliktsrecht.1141 Dieser Anspruch steht jedem einzelnen Aktionär zu, der durch die Mißachtung der Hauptversammlungskompetenz in seiner Entscheidungsbefugnis betroffen ist.1142 Gegen einen solchen verbandsrechtlich verankerten Individualanspruch läßt sich auch nicht das Einberufungsrecht einer Aktionärsminderheit nach § 122 Abs. 1 AktG anführen. Gemäß § 122 Abs. 1 S. 1 AktG ist die Hauptversammlung einzuberufen, wenn Aktionäre mit einer Kapitalbeteiligung von mindestens 5 % des Grundkapitals die Einberufung schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangen. In Parallele zu diesem Einberufungsrecht könne auch der materielle Anspruch auf Unterlassen nur von einer Aktionärsminderheit von 5 % des Grundkapitals geltend gemacht werden, da der Eingriff in die Entscheidungsbefugnis zu gering sei.1143 Der Unterlassungsanspruch findet seine Parallele jedoch vielmehr im aktienrechtlichen Anfechtungsrecht, wenn der Beschluß der Hauptversammlung fehlerhaft zustande1144 gekommen ist. Dieses Anfechtungsrecht steht jedem einzelnen Aktionär aufgrund seiner Stellung als Mitglied des Verbands unabhängig von der Beteiligungshöhe zu. Das Einberufungsrecht nach § 122 AktG ist ein bloßes Hilfsrecht, da sich die Entscheidungskompetenz grundsätzlich nach § 119 AktG richtet und § 122 AktG ein solcher Regelungsgehalt nicht zukommt.1145 Auch ist damit kein „Ersatzaufsichtsrecht“ jedes einzelnen Aktionärs zugunsten der anderen Mitglieder verbunden, da jeder einzelne Aktionär durch das Übergehen der Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung in seinen eigenen Rechten betroffen ist.1146 Der Anspruch 1139 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 461; a. A. für das Delisting Heine, Anlegerund Minderheitenschutz beim Börsenaustritt, S. 270, da durch das Delisting die Mitgliedschaftsrechte nicht betroffen wären. 1140 Lutter, AcP 180 (1980), 84, 142; ebenso zu den mitgliedschaftlichen Vermögensrechten Wagner in MünchKomm BGB, § 823 Rn. 166 m. w. N. 1141 Zöllner, ZGR 1988, 392, 430. 1142 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 134; BGH, Urt. v. 10. 10. 2005 – II ZR 90 / 03, NZG 2006, 20, 22; Fleck, LM Nr. 1 Bl. 1 § 118 AktG 1965; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 465 f.; T. Baums, Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungsund Organhaftungsrechts, Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, S. F 210 m. w. N. 1143 So ausdrücklich Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 356. 1144 T. Baums, Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, S. F 210. 1145 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 464 f. 1146 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 135; BGH, Urt. v. 10. 10. 2005 – II ZR 90 / 03, NZG 2006, 20, 22; anders wohl Lutter, AcP 180 (1980), 84, 142.

D. Stellungnahme

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richtet sich gegen die Gesellschaft und nicht gegen den Vorstand, handelt der Vorstand doch als Organ der Gesellschaft, die sich nach § 31 BGB das Verhalten ihres Vorstands zurechnen lassen muß.1147 Der Unterlassungsanspruch entsteht nicht erst mit der Mißachtung der Hauptversammlungszuständigkeit, sondern bereits dann, wenn die Beeinträchtigung unmittelbar bevorsteht.1148 Insofern kann von einem vorbeugenden Unterlassungsanspruch gesprochen werden. Folglich kann ein einzelner Aktionär auch bei einem vom Vorstand beabsichtigten Delisting Unterlassung verlangen, da der Vorstand die aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung1149 mißachtet und damit gleichzeitig in das Mitentscheidungsrecht der Aktionäre eingreift. Der Unterlassungsanspruch kann bereits dann geltend gemacht werden, wenn der Vorstand sich dazu entschlossen hat, in Zukunft einen Delisting-Antrag nach § 39 Abs. 2 BörsG bei der Geschäftsführung der Börse zu stellen, ohne dabei die Mitwirkungskompetenz der Hauptversammlung zu beachten. Regelmäßig wird der einzelne Aktionär aber erst im Rahmen einer Ad-hoc-Mitteilung (§ 15 Abs. 1 WpHG) von der Delisting-Absicht und damit von der Entstehung des Unterlassungsanspruches Kenntnis erlangen. Das Unterlassungsbegehren ist dabei auf das Unterlassen der Antragstellung bei der Geschäftsführung der Börse gerichtet, um die Ingangsetzung des Widerrufsverfahrens ohne Beteiligung der Hauptversammlung zu verhindern. Dabei steht die Sicherung der Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung im Vordergrund, nicht aber die endgültige Verhinderung des Delisting.1150 Eine spätere zustimmende Entscheidung der Hauptversammlung zum Delisting wird durch die Geltendmachung des Unterlassungsanspruches nicht verhindert.

1147 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 133; Knobbe-Keuk, in FS Ballerstedt, S. 239, 253; Zöllner, ZGR 1988, 392, 432 f.; Werner, ZHR 147 (1983), 429, 437; a. A. Mertens, AG 1978, 309, 310; wohl auch Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 468. 1148 Vgl. zur Anerkennung eines solchen vorbeugenden Unterlassungsanspruches bei § 1004 BGB BGH, Urt. v. 10. 04. 1956 – I ZR 165 / 54, LM § 1004 BGB Nr. 27 Bl. 2; BGH, Urt. v. 19. 06. 1951 – I ZR 77 / 50, BGHZ 2, 394, 394; OLG Zweibrücken, Urt. v. 04. 02. 1992 – 8 U 103 / 91, NJW 1992, 1242; Medicus in MünchKomm BGB, § 1004 Rn. 95 m. w. N. 1149 Vgl. dazu oben 4. Teil: D.I.5., S. 196 ff.; die im Zusammenhang mit der HolzmüllerEntscheidung des BGH geäußerten Bedenken gegen einen solchen Unterlassungsanspruch aufgrund der nur schwer festzulegenden Grenzen der Beteiligungshöhe, ab der die Hauptversammlung zu entscheiden hat (vgl. nur T. Baums, Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, S. F 211), können nicht gegen einen solchen Anspruch angeführt werden, da sich beim Delisting die Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung aus dem beabsichtigten Rückzug von der Börse ergibt und nicht an die unsichere Größe einer zu veräußernden Beteiligungshöhe geknüpft ist. 1150 Vgl. ebenso zur konzernbildenden Maßnahme Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 468 f.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

b) Anspruch auf Rücknahme des Delisting-Antrags Hat der Vorstand unter Mißachtung der Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung einen Delisting-Antrag gestellt, kann nur mit einem Beseitigungsanspruch die Antragstellung des Vorstands rückgängig gemacht und ein Widerruf der Börsenzulassung vorläufig verhindert werden.1151 Die weit überwiegende Auffassung bejaht einen verbandsrechtlichen Beseitigungsanspruch des einzelnen Aktionärs, wenn der Vorstand bereits mit der Durchführung der Maßnahme begonnen hat und dadurch das Teilhaberecht der Aktionäre in der Hauptversammlung beeinträchtigt wird.1152 Dies setzt aber voraus, daß der Vorstand die von ihm kompetenzwidrig durchgeführte Maßnahme überhaupt rückgängig machen kann.1153 Die Rückgängigmachung beim Delisting ist mit der Verhinderung des Zulassungswiderrufs nach § 39 Abs. 2 BörsG durch die Geschäftsführung der Börse gleichzusetzen. Da die Widerrufsentscheidung nach § 39 Abs. 2 BörsG nur auf Antrag ergeht, könnte der Vorstand seinen Antrag auf Widerruf der Zulassung zum Börsenhandel zurücknehmen und so dem drohenden Widerruf die rechtliche Grundlage entziehen.1154 Dazu müßte eine solche Antragsrücknahme zunächst nach öffentlichem Recht zulässig sein. Rechtsprechung und Literatur erkennen eine Beendigung des Verwaltungsverfahrens durch Rücknahme des verfahrenseinleitenden Antrags aufgrund der Dispositionsbefugnis des Bürgers an.1155 Keine Einigkeit herrscht über den Zeitpunkt, bis zu dem der Antrag mit der Folge der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes zurückgenommen werden kann. Überwiegend wird die Rücknahmemöglichkeit bis zum Eintritt der Bestandskraft angenommen1156, teilweise jedoch 1151 Ob darüber hinaus der einzelne Aktionär bei einem beantragten Zulassungswiderruf gegenüber der Geschäftsführung der Börse im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) einen Anspruch auf Unterlassung des Erlasses des Zulassungswiderrufs geltend machen kann, ist zweifelhaft. Zwar ist vorbeugender verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz im Wege der allgemeinen Leistungsklage möglich, jedoch setzt eine solche Rechtsschutzmöglichkeit auch voraus, daß ein öffentlich-rechtlicher Anspruch des einzelnen Aktionärs auf Unterlassung besteht. Ein solcher wird sich aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 6 BörsG, wonach die Geschäftsführung der Börse nur im öffentlichen Interesse tätig wird, nur schwer begründen lassen. A. A. für die Anfechtungssituation wohl Ott, Rückzug von der Börse, S. 186 f.; Opitz, Rechtliche Bewertungen von Börsenrückzügen, S. 139 ff. 1152 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 134; Knobbe-Keuk in FS Ballerstedt, S. 239, 253; Fleck, LM Nr. 1 Bl. 1 § 118 AktG 1965; zu einem Schadensersatzanspruch mit Naturalrestitution tendiert Zöllner, ZGR 1988, 392, 429. 1153 Knobbe-Keuk in FS Ballerstedt, S. 239, 253. 1154 Diese Möglichkeit übersehen Geyrhalter / Zirngibl, DStR 2004, 1048, 1052. 1155 BVerwG, Urt. v. 03. 04. 1987 – 4 C 30 / 85, NJW 1988, 275; Martens, NVwZ 1988, 648, 685; Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 22 Rn. 67 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 22 Rn. 65 m. w. N. 1156 BVerwG, Urt. v. 03. 04. 1987 – 4 C 30 / 85, NJW 1988, 275; VGH München, Urt. v. 10. 09. 1991 – 19 BZ 90.30695, NVwZ-RR 1992, 328; Martens, NVwZ 1988, 648, 685; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 22 Rn. 65.

D. Stellungnahme

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auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes beschränkt1157. Nach allen genannten Ansichten ist demnach die Rücknahme eines Antrags mit der Folge möglich, daß keine Verwaltungsentscheidung ergehen darf oder eine bereits ergangene Widerrufsentscheidung unwirksam wird, da ansonsten eine Sachentscheidungsvoraussetzung für den Erlaß der Entscheidung fehlt.1158 Das Widerrufsverfahren nach § 39 Abs. 2 BörsG ist ein solches Antragsverfahren, so daß die Geschäftsführung der Börsen durch die Rücknahme des Delisting-Antrags an einer Entscheidung in der Sache gehindert ist.1159 Die Rücknahme des Delisting-Antrags ist eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung des Vorstands gegenüber der Geschäftsführung der Börse. Ist demnach eine Antragsrücknahme mit dem Ziel der Beendigung des Widerrufsverfahrens möglich, kann ein einzelner Aktionär gegenüber der Gesellschaft die Rücknahme des Antrags mit der Begründung verlangen, daß der Vorstand unter Mißachtung der verbandsrechtlichen Entscheidungsbefugnis das Delisting beantragt hat. c) Prozessuale Durchsetzung des Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruches im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Die weitere Untersuchung befaßt sich mit der prozessualen Durchsetzung des Unterlassungs- und Beseitigungsanspruches der Aktionäre. Steht die Antragstellung durch den Vorstand unmittelbar bevor oder hat der Vorstand bereits den Widerrufsantrag bei der Geschäftsführung der Börse gestellt, bleibt den Aktionären nur die Möglichkeit, ihre Ansprüche im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegenüber der Gesellschaft durchzusetzen. Bei einer Rechtsverfolgung im Erkenntnisverfahren bestünde immer die Gefahr, daß in der Zwischenzeit bei Vorliegen der kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen die Börsenzulassung durch die Geschäftsführung der Börse widerrufen wird. Ein einmal bekanntgegebener Zulassungswiderruf kann nur durch eine erneute Zulassung der Aktien zum Börsenhandel (§ 32 BörsG) beseitigt werden. Eine Entscheidung im Hauptsachverfahren käme daher regelmäßig zu spät und würde ihr Ziel, die vorläufige Verhinderung des Zulassungswiderrufs aufgrund der mangelnden Entscheidung der Aktionäre in der Hauptversammlung, verfehlen. Die Aktionäre können ihr Teilhaberecht auf Entscheidung daher effektiv nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach §§ 935 ff. ZPO durchsetzen. Die Betrachtung konzentriert sich daher auf diesen, wobei zwischen den materiellen Ansprüchen auf Unterlassung und Beseitigung zu unterscheiden ist. Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 22 Rn. 70 ff. m. w. N. Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 22 Rn. 67; Kopp / Ramsauer VwVfG § 22 Rn. 72 m. w. N. 1159 Ebenso kommt als Beseitigungsziel die Aussetzung des Widerrufsverfahrens als weniger einschneidende Maßnahme in Betracht, wenn zu erwarten ist, daß die Hauptversammlung zu einem späteren Zeitpunkt das Delisting beschließen wird; siehe zur Möglichkeit der Aussetzung Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 9 Rn. 203 ff. 1157 1158

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Als Rechtsbehelfe zur Durchsetzung des Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruches der Aktionäre kommen die einstweilige Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO), die Regelungsverfügung (§ 940 ZPO) und die Leistungsverfügung (§ 940 ZPO analog) in Betracht. Dabei richtet sich der einschlägige Rechtsbehelf nach den mit dem Anspruch verfolgten Vollstreckungszielen. Die Vollstreckung des Unterlassungsanspruches der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft richtet sich nach § 890 Abs. 1 ZPO, soweit der Vorstand beabsichtigt, einen Antrag auf Zulassungswiderruf zu stellen. Hat der Vorstand bereits einen Antrag auf Zulassungswiderruf gestellt, ist das Ziel der Vollstreckung die Rücknahme des Widerrufsantrags bei der Geschäftsführung der Börse, also die Abgabe einer Willenserklärung, die nach § 894 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken ist. Aufgrund der unterschiedlichen Vollstreckungsziele ist für jeden einzelnen Anspruch der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutzverfahren festzulegen. Die Unterscheidung ist notwendig, weil unterschiedlich hohe Anforderungen an den Erlaß geknüpft werden. aa) Durchsetzung des Unterlassungsanspruches (1) Statthafter Rechtsbehelf Ob der Anspruch auf Unterlassen einer bestimmten Handlung des Anspruchsgegners im Wege der Sicherungs- oder Leistungsverfügung zu verfolgen ist, ist streitig. Die Festlegung auf einen Rechtsbehelf wird zudem durch die in der Praxis kaum vorgenommene Trennung zwischen Sicherungs- und Leistungsverfügung erschwert1160, zumal die Leistungsverfügung auf Richterrecht beruht1161. Die Unterscheidung zwischen der Sicherungs- und der Leistungsverfügung ist im Hinblick auf die verschieden hohen Anforderungen an den Verfügungsgrund von Bedeutung. Ein Teil der Literatur faßt ein Unterlassungsbegehren des Antragstellers unter die Sicherungsverfügung nach § 935 ZPO, da die Unterlassungsverfügung zwar zur Befriedigung des Antragstellers führe, aber die vorbeugende und abwehrende Rechtsnatur im Vordergrund stehe.1162 Eine andere Auffassung möchte die Untersagung des Vollzugs einer Maßnahme durch den Vorstand als Leistungsverfügung nach § 940 ZPO analog einordnen.1163 Vorzugsweise ist der Unterlassungs1160 Siehe dazu Schlitt / Seiler, ZHR 166 (2002), 544, 550 m. w. N.; wohl eine Sicherungsverfügung anwendend OLG Hamm, Urt. v. 19. 11. 2007 – 8 U 216 / 07, ZIP 832, 833 ff.; keine Unterscheidung treffen auch LG Duisburg, Urt. v. 27. 06. 2002 – 21 O 106 / 02, DB 2003, 441; LG Duisburg, Beschl. v. 29. 05. 2002 – 21 O 106 / 02, NZG 2002, 643; Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 144. 1161 Vgl. zur Rechtsgrundlage nur Saenger, Einstweiliger Rechtsschutz und materiellrechtliche Selbsterfüllung, S. 40 m. w. N., der die Leistungsverfügung auch als Befriedigungsverfügung bezeichnet. 1162 Vollkommer in Zöller ZPO, § 940 Rn. 1; Reichold in Thomas / Putzo ZPO, § 935 Rn. 5; Brox / Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1581; Huber in Musielak, Zivilprozeßordnung, § 935 Rn. 12.

D. Stellungnahme

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anspruch der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft im Wege der Sicherungsverfügung gemäß § 935 ZPO durchzusetzen1164, da der durch den Vorstand ohne die Zustimmung der Hauptversammlung beantragte Zulassungswiderruf den bestehenden Zustand, die Handelbarkeit der Aktien über die Börse, beenden kann, ohne daß diese durch einen einfachen Antrag wieder hergestellt werden könnte. (2) Verfu¨gungsanspruch und -grund Die einstweilige Verfügung (§ 935 ZPO) setzt einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund voraus, die gemäß §§ 936, 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft zu machen sind. Verfügungsansprüche sind subjektive Rechte, durch die der Gläubiger berechtigt wird, eine Leistung oder ein Unterlassen zu fordern.1165 Jeder einzelne Aktionär hat gegenüber der Gesellschaft einen Unterlassungsanspruch aufgrund seines Mitentscheidungsrechts in der Hauptversammlung. Mißachtet der Vorstand dieses Mitentscheidungsrecht, greift er in das aktienrechtliche Mitgliedschaftsrecht ein.1166 Die Erfüllung des Verfügungsgrundes setzt die Besorgnis voraus, daß durch die Veränderung des bestehendes Zustands die Verwirklichung des jeweiligen subjektiven Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO). Zur Begründung des Verfügungsgrundes reicht die unverbindliche Ankündigung des Vorstandes, daß Delisting unter Ausschluß der Hauptversammlung durchzuführen, nicht aus. Vielmehr muß der Vorstand der Gesellschaft bereits eine konkrete Absicht geäußert haben, den Zulassungsantrag ohne die vorherige Beteiligung der Hauptversammlung zu stellen. Dies ist anzunehmen, wenn die Gesellschaft in einer Ad-hoc-Meldung (§ 15 Abs. 1 S. 1 WpHG) ihre Delisting-Absicht mitteilt.1167 Da in der Ad-hoc-Mitteilung auch der in Aussicht genommene Hauptversammlungstermin zu nennen ist1168, dürfte es dem einzelnen Aktionär nicht schwer fallen, die Umstände glaubhaft zu machen, die eine Mißachtung der Hauptversammlungskompetenz nahe legen. Schwerer dürfte die Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes im Vorfeld der Ad-hoc-Meldung sein, es sei denn der Vorstand hat sich bereits öffentlich zum Börsenrückzug geäußert. Dabei ist aber zu fordern, daß der Vorstand der Gesellschaft explizit auf sein alleiniges Entscheidungsrecht hinweist, da es sonst an der Gefährdung des materiellen Anspruches, hier der Beteiligung der Hauptversammlung an der Entscheidung über 1163 Tielmann in Happ, Aktienrecht, S. 2143 f. unter Berufung auf OLG Koblenz, Urt. v. 25. 10. 1990 – 6 U 238 / 90, NJW 1991, 1119, 1119 f., das eine Unterlassungsverfügung im Hinblick auf die Ausübung des Stimmrechts für unzulässig erklärt; wohl auch Schuschke in Schuschke / Walker ZPO, Vorb. zu § 935 Rn. 18. 1164 So wohl auch für die Holzmüller-Fälle OLG Hamm, Urt. v. 19. 11. 2007 – 8 U 216 / 07, ZIP 832, 833. 1165 Vollkommer in Zöller ZPO, § 935 Rn. 6; Schlitt / Seiler, ZHR 166 (2002), 544, 552. 1166 Siehe oben 4. Teil: D.VII.1.a), S. 382 ff. 1167 Vgl. Tielmann in Happ, Aktienrecht, S. 2147. 1168 Siehe oben 4. Teil: D.VI.1.b)bb), S. 358 ff.

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das Delisting, fehlt. Die Gefahr der Schaffung vollendeter Tatsachen folgt aus der mit dem Widerruf der Börsenzulassung wegfallenden Handelbarkeit der Aktien. Ist die Börsenzulassung wirksam widerrufen, kann nur der Emittent die Handelbarkeit der Aktien über die Börse durch eine erneute Börsenzulassung (§ 32 Abs. 1 BörsG) wiederherstellen. Bis zur erneuten Zulassung der Aktien zum Börsenhandel können die Aktionäre ihre Aktien nicht über die Börse veräußern. (3) Entscheidung des Gerichts Die Entscheidung über das Unterlassungsbegehren eines Aktionärs kann das zuständige Gericht nach freiem Ermessen treffen und dazu die Anfordnungen zum Erreichen des Zwecks festlegen (§ 938 Abs. 1 ZPO). Das Ermessen des Gerichts unterliegt jedoch Grenzen, insbesondere der Antragsbindung (§ 308 Abs. 1 ZPO) und dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Das Unterlassungsbegehren muß genau bezeichnet sein und darf über den in einem Hauptsacheverfahren erreichbaren Zweck nicht hinausgehen.1169 Daher darf mit dem Antrag kein uneingeschränktes Unterlassungsgebot verfolgt werden, da der einzelne Aktionär nur für den Fall der Mißachtung der Hauptversammlungszuständigkeit einen Unterlassungsanspruch hat. Ein Antrag bei einem beabsichtigten Delisting könnte lauten, daß dem Vorstand der Gesellschaft untersagt wird, bei der Geschäftsführung der Börse XY einen Antrag auf Widerruf der Börsenzulassung zum Handel mit den Aktien (ISIN-Nr.: XY) ohne Beteiligung der Hauptversammlung der XY AG zu stellen.1170 Die Anordnung des Gerichts darf die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen und muß grundsätzlich ein Minus oder Aliud sein.1171 Dadurch soll die Schaffung vollendeter Tatsachen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verhindert werden, die grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist. Macht der Antragsteller allerdings einen Unterlassungsanspruch geltend, tritt mit der Unterlassungsanordnung regelmäßig die Befriedigung dieses Begehrens ein.1172 Dies gilt auch für den Unterlassungsanspruch beim Delisting, da mit der Untersagung der Beantragung des Zulassungswiderrufs dem Anspruch in vollem Umfang stattgegeben wird. Jedoch wirkt der begehrte Unterlassungsanspruch beim Delisting nur vorübergehend und verhindert nicht abschließend die Beantragung des Zulassungswiderrufs, da der Vorstand mit der Einberufung und Zustimmung der Hauptversammlung jederzeit den Börsenrückzug weiter betreiben kann, ohne durch die Unterlassungsverfügung daran gehindert zu werden. Auf den Streit, ob im Vorfeld 1169 Vollkommer in Zöller ZPO, § 938 Rn. 2; Brox / Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1582. 1170 Vgl. den Formulierungsvorschlag für ein Unterlassungsbegehren im Fall einer Beteiligungsveräußerung Tielmann in Happ, Aktienrecht, S. 2140 f. 1171 Vgl. nur Vollkommer in Zöller ZPO, § 938 Rn. 3; Huber in Musielak, Zivilprozeßordnung, § 935 Rn. 4. 1172 Darauf weist ausdrücklich Vollkommer in Zöller ZPO, § 940 Rn. 1 hin.

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der Hauptversammlung aufgrund der ausdifferenzierten gesellschaftsrechtlichen Schutzmechanismen überhaupt einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren ist1173, kommt es hier nicht an, da mit dem Unterlassungsanspruch bei Mißachtung der Hauptversammlungskompetenz keine Untersagung eines bestimmten Abstimmungsverhaltens, der Teilnahme insgesamt oder der Abhaltung der Hauptversammlung verbunden ist. Beabsichtigt der Vorstand das Delisting ohne die Zustimmung der Hauptversammlung durchzuführen, steht die Beteiligung der Aktionäre grundsätzlich in Frage. Die Unterlassungsanordnung stellt dabei das mildeste zur Verfügung stehende Mittel dar, da sonst die wirksame Beendigung der Börsenzulassung ohne die Zustimmung der Aktionäre droht.1174 (4) Zula¨ssigkeitsvoraussetzungen und Verfahrensfragen Antragsgegner im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist die Gesellschaft, da sie sich das Verhalten der Organmitglieder über § 31 BGB zurechnen lassen muß und sich mithin der materielle Unterlassungsanspruch gegen sie richtet.1175 Insofern kann auf § 246 Abs. 2 S. 1 AktG analog zurückgegriffen werden, wonach die Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft zu richten ist. Sachlich und örtlich zuständig ist gemäß § 937 Abs. 1 ZPO das Gericht der Hauptsache, also in analoger Anwendung des § 246 Abs. 3 S. 1 AktG das Landgericht am Sitz der AG.1176 Eine Frist zur Beantragung der einstweiligen Verfügung braucht nicht eingehalten zu werden. (5) Vollstreckung der einstweiligen Verfu¨gung Die einstweilige Unterlassungsverfügung wird gemäß 890 Abs. 1 ZPO vollstreckt (§§ 936, 929 Abs. 1 ZPO). Voraussetzung ist nach § 890 Abs. 2 ZPO die Androhung der Ordnungsmittel nach § 890 Abs. 1 ZPO. Dazu kann der Aktionär bereits in der Verfügung für jede Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 A und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten beantragen (§ 890 Abs. 1 und 2 ZPO).1177 Die Androhung der Ordnungsmittel muß sich dabei gegen die Vorstandsmitglieder richten, 1173 Siehe zu dem Meinungsstreit ausführlich Schlitt / Seiler, ZHR 166 (2002), 544, 573 ff. m. w. N. 1174 Vgl. zur Erforderlichkeit / Notwendigkeit der Anordnung nur Schlitt / Seiler, ZHR 166 (2002), 544, 569 ff.; Reichold in Thomas / Putzo ZPO, § 940 Rn. 5; Markwardt, WM 2004, 211, 217. 1175 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 133; Knobbe-Keuk in FS Ballerstedt, S. 239, 253; Zöllner, ZGR 1988, 392, 432 f.; Werner, ZHR 147 (1983), 429, 437; a. A. Markwardt, WM 2004, 211, 214. 1176 Schlitt / Seiler, ZHR 166 (2002), 544, 577 m. w. N. 1177 BGH, Urt. v. 02. 11. 1995 – IX ZR 141 / 94, NJW 1996, 198, 198 f.; vgl. auch das Formular bei Tielmann in Happ, Aktienrecht, S. 2140 f.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

die allerdings nicht namentlich benannt sein müssen.1178 Die Unterlassungsverfügung ist mit dem Erlaß sofort vollstreckbar und bedarf zur ihrer Vollstreckung keiner Vollstreckungsklausel (§§ 936, 929 Abs. 1 ZPO), so daß allein die Zustellung des Beschlusses oder Urteils zur Vollziehung ausreicht.1179

bb) Durchsetzung des Beseitigungsanspruches (1) Statthafter Rechtsbehelf Der Beseitigungsanspruch des einzelnen Aktionärs ist auf die Rücknahme des vom Vorstand bereits gestellten Widerrufsantrags gerichtet. Die Rücknahme eines Antrags im Verwaltungsverfahren ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, so daß die beantragte Verfügung auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist, die bei Vorliegen eines Titels nach § 894 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken ist. Zunächst ist umstritten, ob die Abgabe einer Willenserklärung überhaupt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verfolgt werden kann.1180 Teilweise wird die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung damit abgelehnt, daß die Verfügung nicht in Rechtskraft erwachsen kann und damit auch die Wirkungen des § 894 Abs. 1 ZPO nicht erfüllt werden können.1181 Mit der überwiegenden Ansicht ist jedoch von der Zulässigkeit des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auszugehen, da auch eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz zumindest formell rechtskräftig werden kann und dies für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 894 Abs. 1 ZPO ausreicht.1182 Die Abgabe einer Willenserklärung kann allerdings mit einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach überwiegender Ansicht nur fingiert werden, soweit ihr keine endgültige oder abschließend rechtsgestaltende Bedeutung zukommt.1183 Die Rücknahme des Delisting-Antrags bei der Geschäftsführung der Börse hat nur vorläufigen Charakter, da der Vorstand nach ordnungsgemäßer Beteiligung der Hauptversammlung nicht daran gehindert 1178 Vgl. zur GmbH BGH, Urt. v. 16. 05. 1991 – I ZR 218 / 89, BB 1991, 1446; Stöber in Zöller ZPO, § 890 Rn. 12. 1179 Vgl. dazu nur Vollkommer in Zöller ZPO, § 929 Rn. 12 m. w. N. 1180 Vgl. zum Streitstand Littbarski, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, S. 71 ff. 1181 OLG Hamburg, Urt. v. 20. 06. 1990 – 12 U 37 / 90, NJW-RR 1991, 382; wohl auch LG München I, Beschl. v. 04. 04. 2000 – 21 O 4375 / 00, MMR 2001, 61. 1182 OLG Köln, Urt. v. 07. 12. 1995 – 18 U 93 / 95, NJW-RR 1997, 59, 60; OLG Frankfurt / Main, Urt. v. 16. 10. 1953 – 3 U 166 / 53, MDR 1954, 686, 686 f.; Hüßtege in Thomas / Putzo ZPO, § 894 Rn. 4; Vollkommer in Zöller ZPO, Vor § 322 Rn. 8; Huber in Musielak ZPO, § 940 Rn. 26; unentschieden wohl LG Bochum, Urt. v. 22. 04. 1998 – 4 O 191-98, NJW-RR 1998, 1372. 1183 OLG Frankfurt / Main, Urt. v. 16. 10. 1953 – 3 U 166 / 53, MDR 1954, 686, 687; mißverständlich Vollkommer in Zöller ZPO, § 935 Rn. 9; im Rahmen der Leistungsverfügung auch eine endgültige Regelung bei zu erteilenden Auskünften zulassend Vollkommer in Zöller ZPO, § 940 Rn. 6.

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ist, erneut einen Antrag auf Zulassungswiderruf nach § 39 Abs. 2 S. 1 BörsG zu stellen. Keine eindeutigen Meinungsäußerungen sind in der Rechtsprechung und Literatur zur Frage zu finden, ob ein auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteter Antrag im Wege der Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO) oder Leistungsverfügung (§ 940 ZPO analog) verfolgt werden muß. Teilweise wird die Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO) für statthaft gehalten, soweit mit der Abgabe der Willenserklärung nur eine vorläufige Regelung getroffen werden soll.1184 Eine andere Auffassung legt § 940 ZPO zugrunde.1185 Zwar spricht für die Einordnung eines solchen Beseitigungsbegehrens als Sicherungsverfügung die Sicherung des bestehenden Zustands, nämlich des Mitentscheidungsrechts der Aktionäre, da es vom Zufall abhängig wäre, ob der Vorstand bereits einen Antrag auf Zulassungswiderruf gestellt hat oder diesen nur zu beantragen beabsichtigt. Jedoch bleibt zu bedenken, daß es nicht mehr nur um ein Unterlassen geht, sondern darüber hinaus mit der Rücknahme des Antrags bereits die Befriedigung der antragstellenden Aktionäre eintritt. Insofern wird mit dem Rücknahmeanspruch eine Leistungshandlung des Vorstands verfolgt, die regelmäßig im Wege der Leistungsverfügung durchzusetzen ist. Demnach ist die Leistungsverfügung der statthafte Rechtsbehelf zur Durchsetzung des Rücknahmeanspruches der Aktionäre. (2) Verfu¨gungsanspruch und -grund Mit dem Anspruch der Aktionäre auf Rücknahme des Widerrufs-Antrags bei der Börsengeschäftsführung der Börse besteht der nach § 940 ZPO analog notwendige Verfügungsanspruch. Um diesen glaubhaft zu machen, reicht es aus, wenn der antragstellende Aktionär die Antragstellung durch den Vorstand darlegt, die dieser, soweit sie nicht bereits öffentlich bekannt ist, in einer Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG veröffentlichen muß. Zur Erfüllung des Verfügungsgrundes muß der Gläubiger des Verfügungsanspruches darlegen und glaubhaft machen können, daß er auf die sofortige Erfüllung des Anspruches angewiesen ist und ihm sonst unverhältnismäßiger und irreparabler Schaden droht.1186 Hat der Vorstand unter Mißachtung der Hauptversammlungszuständigkeit das Delisting beantragt, droht unmittelbar der Widerruf der Börsenzulassung, soweit die kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen eines Zulassungswiderrufs vorliegen (§ 39 Abs. 2 BörsG). Mit der Bekanntmachung des Widerrufs gegenüber dem Emittenten wird der 1184 OLG Frankfurt / Main, Urt. v. 16. 10. 1953 – 3 U 166 / 53, MDR 1954, 686; Vollkommer in Zöller ZPO, § 940 Rn. 6; wohl auch für eine einstweilige Verfügung nach §§ 935 ff. ZPO im Falle eines angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses, jedoch ohne nähere Begründung BVerfG, Beschl. v. 13. 10. 2004 – 1 BvR 2303 / 00, WM 2004, 2354, 2354 f.; OLG München, Urt. v. 13. 09. 2006 – 7 U 2912 / 06, WM 2006, 2180, 2182. 1185 OLG Köln, Urt. v. 07. 12. 1995 – 18 U 93 / 95, NJW-RR 1997, 59, 60. 1186 Siehe nur Vollkommer in Zöller ZPO, § 940 Rn. 6 m. w. N.; Reichold in Thomas / Putzo ZPO, § 940 Rn. 6.

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Widerruf wirksam (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Zwar beendet der Widerruf aufgrund der Fristenregelung in § 43 Abs. 2 S. 3 BörsO FWB die Börsenzulassung der Aktien erst nach Ablauf von sechs Monaten, so daß die Aktionäre erst danach ihre Aktien nicht mehr über die Börse veräußern können. Jedoch ist der Widerruf mit der Bekanntgabe wirksam und die rechtliche Grundlage für die Beendigung des Börsenhandels gelegt, ohne daß der einzelne Aktionär mit ausreichender Erfolgsaussicht dagegen vorgehen könnte. Der Rechtsschutz im Wege der verwaltungsrechtlichen Drittanfechtungsklage mit dem Ziel der Aufhebung des Widerrufs scheitert daran, daß die Börsengeschäftsführung der Börse ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt (§ 15 Abs. 6 BörsG). Dem einzelnen Aktionär bleibt daher nur die Möglichkeit, die Rücknahme des verfahrenseinleitenden Antrags vor Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung zu erwirken1187, um die Handelbarkeit der Aktien über die Börse zu erhalten. Denn mit der Rücknahme des Antrags wird der Geschäftsführung der Börse die Sachentscheidungsvoraussetzung zum Erlaß des Widerrufs entzogen.1188 Würde der einzelne Aktionär dabei auf das Hauptsacheverfahren verwiesen, um im Wege der Leistungsklage einen Titel zur Rücknahme des Widerrufs-Antrags zu erwirken, bestünde die Gefahr, daß die Geschäftsführung der Börse den Widerruf bekanntgibt und mit dem Zeitablauf der in dem Widerruf bestimmten Frist (§ 43 Abs. 2 S. 3 BörsO FWB) die Handelbarkeit unmöglich würde. Folglich besteht ein Verfügungsgrund, wenn der Vorstand das Delisting ohne die Beteiligung oder Zustimmung der Hauptversammlung beantragt hat und die Geschäftsführung der Börse noch keine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben hat. (3) Entscheidung des Gerichts und Zula¨ssigkeit der Leistungsverfu¨gung Die Entscheidung des Gerichts ergeht im Rahmen des § 938 Abs. 1 ZPO und unterliegt denselben Beschränkungen wie die einstweilige Verfügung. Ein Antrag könnte lauten, daß der Vorstand der Gesellschaft verpflichtet ist, den Delisting-Antrag vom . . .. bei der Geschäftsführung der Börse XY hinsichtlich der zum Börsenhandel zugelassenen Wertpapiere der YX AG (ISIN-Nr.: YX) zurückzunehmen. Im weiteren ergeben sich keine inhaltlichen Unterschiede zur Leistungsverfügung, so daß auf die dortigen Ausführungen verwiesen wird.1189 Fraglich ist jedoch, ob die Beantragung der Leistungsverfügung innerhalb der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG analog erfolgen muß. Denn würde der Aktionär im Hauptsacheverfahren die Rücknahme des Delisting-Antrags durch den Vorstand einklagen, läge es nahe, dieser Klage die Begründetheit zu versagen1190, wenn der Aktionär nach Ablauf eines 1187 Das Verwaltungsverfahren beginnt nicht schon mit dem Antrag, sondern erst mit der Entscheidung der Behörde, die Voraussetzungen für den Widerruf zu prüfen, vgl. Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 9 Rn. 105. 1188 Vgl. zum Antrag als Sachentscheidungsvoraussetzung nur Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 9 Rn. 106. 1189 Siehe oben 4. Teil: D.VII.1.c)aa)(4), S. 391.

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Monats die Klage erhebt.1191 Diese Frist gilt ihrem Rechtsgedanken nach auch für die Leistungsverfügung, weil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht mehr als im Hauptsacheverfahren verlangt werden kann. Zwar fehlt für den Beginn der Monatsfrist ein gesichertes Ereignis, wie etwa die Beschlußfassung der Hauptversammlung, jedoch kann der Beginn der Frist auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahmemöglichkeit von der Antragstellung des Vorstands bei der Geschäftsführung der Börse gelegt werden. (4) Vollstreckung der Leistungsverfu¨gung Mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft der Leistungsverfügung, die auf die Rücknahme des Delisting-Antrags gerichtet ist, gilt die Rücknahme i. S. d. § 894 Abs. 1 ZPO als erklärt. Da aber die Willenserklärung gegenüber einem Dritten erklärt werden muß1192, ist sie diesem auch bekannt zu geben, so daß die Leistungsverfügung der Geschäftsführung der Börse zugehen muß. d) Weitere Folgen eines Verstoßes gegen die Entscheidungszuständigkeit Weitere Folge eines Verstoßes gegen die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung beim Delisting können Schadensersatzpflichten des Vorstands sein. Ein solcher Schadensersatzanspruch kommt insbesondere in Betracht, wenn der Widerruf bereits bekannt gegeben worden ist und die Aktionäre dadurch nicht mehr im Wege des vorbeugenden Rechtsschutzes die Unterlassung oder Rücknahme des Widerrufsantrags verlangen können. Stellt der Vorstand den Delisting-Antrag ohne die Zustimmung der Hauptversammlung, ist er gegenüber der Gesellschaft aufgrund der Mißachtung der Zuständigkeitsordnung nach § 93 Abs. 2 AktG grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet1193, soweit der Gesellschaft dadurch ein Schaden entsteht. Ein Schaden ist jede Vermögenseinbuße der Gesellschaft, wobei eine Wertminderung der Aktien unbeachtlich ist, da zwischen dem Vermögen der Gesellschaft und der Aktionäre zu unterscheiden ist.1194 Die den Aktionären beim Delisting entstehenden vermögensrechtlichen Nachteile können daher nicht zur Schadensbegründung herangezogen werden. Ein Schaden der Gesellschaft kann beispielsweise in erhöhten Finanzierungskosten bestehen, da nach einem Delisting eine günstige Eigenkapitalfinan1190 § 246 Abs. 1 AktG ist eine materiell – rechtliche Frist, die zur Unbegründetheit der aktienrechtlichen Anfechtungsklage führt, vgl. nur Hüffer AktG, § 246 Rn. 20 m. w. N. 1191 So für die Feststellungsklage vgl. BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174 / 80, BGHZ 83, 122, 136; LG Koblenz, Urt. v. 27. 03. 2001 – 1 HO 121 / 00, AG 2002, 102. 1192 Siehe Stöber in Zöller ZPO, § 894 Rn. 2 m. w. N. 1193 So auch Geyrhalter / Zirngibl, DStR 2004, 1048, 1051. 1194 Hefermehl / Spindler in MünchKomm AktG, § 93 Rn. 79; Hopt in GroßKomm AktG, § 93 Rn. 263; Hüffer AktG, § 93 Rn. 15.

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zierung kaum mehr möglich ist und teureres Fremdkapital aufgenommen werden muß. Ein solcher Schaden ist aber von theoretischer Natur, weil die Gesellschaft regelmäßig aufgrund der fehlenden Möglichkeit zur Eigenkapitalaufnahme über die Börse das Delisting beantragen will und ihr diese Finanzierungsform faktisch verschlossen ist. Zudem dient das Delisting der Einsparung der Zulassungsfolgekosten. Insofern kann ein Schadensersatzanspruch nach § 93 Abs. 2 AktG nur schwer begründet werden, da regelmäßig kein Schaden der Gesellschaft vorliegt. Ein Schadensersatzanspruch der vom Delisting betroffenen Aktionäre gegenüber dem Vorstand, der ohne Billigung der Hauptversammlung kompetenzwidrig über das Delisting entschieden und den Delisting-Antrag gestellt hat, kann nicht auf § 93 Abs. 2 AktG gestützt werden, da der Vorstand danach nur der Gesellschaft gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet ist.1195 Ob ein Schadensersatzanspruch der Aktionäre unmittelbar gegen den Vorstand auf § 823 Abs. 1 BGB gestützt werden kann, hängt davon ab, ob durch die mangelnde Beteiligung der Hauptversammlung und die anschließende Beantragung des Zulassungswiderrufs ein durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut verletzt wird. Als geschütztes Rechtsgut kommen das Recht der Aktionäre auf Entscheidung über das Delisting in der Hauptversammlung und die Börsenzulassung in Betracht. Ob die Börsenzulassung als sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB einzuordnen ist, kann offen bleiben, da die entscheidende Verletzungshandlung des Vorstands nicht die Beantragung des Delisting als solches ist, sondern vielmehr die unterlassene Einholung der Zustimmung der Aktionäre.1196 Zumal, wenn der Schutz der Börsenzulassung unterstellt wird, die Rechtswidrigkeit eines Antrags nur mit der fehlenden Zustimmung der Hauptversammlung begründet werden könnte, da allein die Antragstellung durch den vertretungsberechtigten Vorstand nicht rechtswidrig ist. Daher ist allein auf die Entscheidungskompetenz der Aktionäre in der Hauptversammlung abzustellen. Das Entscheidungsrecht der Aktionäre ist Teil der Mitgliedschaft in der Gesellschaft. Das Mitgliedschaftsrecht der Aktionäre ist als sonstiges Recht durch § 823 Abs. 1 BGB grundsätzlich im Verhältnis zu Dritten geschützt, wobei streitig ist, ob dies auch für die verbandsinternen Rechtsverhältnisse gilt. Eine Auffassung schützt die Mitgliedschaft nur in ihrem rechtlichen Bestand und gegenüber Eingriffen von dritter Seite, nicht aber gegen die Entwertung des Anteils und innerverbandliche Beeinträchtigungen. 1197 Eine andere Ansicht will den Schutz zwar auch nicht auf die reine Wertminderung der Beteiligung erweitern, jedoch einen mitgliedschaftsbezogenen Eingriff eines anderen Organs der Gesellschaft in die Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs ausreichen lassen. Da zu den Mitgliedschaftsrechten auch die Mitverwaltungsrechte der Aktionäre in der Hauptversammlung geVgl. nur Hopt in GroßKomm AktG, § 93 Rn. 469 m. w. N. Auf den Schutz der Börsenzulassung stellen allerdings Geyrhalter / Zirngibl, DStR 2004, 1048, 1052 ab. 1197 Hopt in GroßKomm AktG, § 93 Rn. 470 f. u. 473 jeweils m. w. N.; Hefermehl / Spindler in MünchKomm AktG, § 93 Rn. 173 m. w. N.; Wagner in MünchKomm BGB, § 823 Rn. 166. 1195 1196

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hören, kann der einzelne Aktionär eine Beeinträchtigung seiner Entscheidungskompetenz auf deliktsrechtlichem Wege gegenüber dem eingreifenden Organ geltend machen.1198 Zwar läßt sich für die letztgenannte Ansicht anführen, daß ohne den deliktischen Anspruch Rechtsschutzlücken zu Lasten der Aktionäre entstehen.1199 Hat der Vorstand das Delisting ohne Zustimmung der Aktionäre beantragt, können sie das Delisting nicht im Wege der aktienrechtlichen Anfechtungsklage verhindern. Auch ist den Aktionären die Möglichkeit versperrt, mit der verwaltungsrechtlichen Drittanfechtungsklage unmittelbar gegen den Widerruf vorzugehen, da die Geschäftsführung der Börse gemäß § 15 Abs. 6 BörsG nur im öffentlichen Interesse tätig wird, auch wenn der Widerruf nach § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG dem Schutz der Anleger nicht widersprechen darf. Zudem reicht der Anspruch der Aktionäre auf Rücknahme des Delisting-Antrags nur bis zum Zeitpunkt der Bestandskraft des Widerrufs, danach wäre der Anspruch auf eine unmögliche Leistung gerichtet.1200 Eine solche Rechtsschutzlücke besteht jedoch nicht für das Delisting, da die Aktionäre bis zur Bestandskraft der Widerrufsentscheidung die Möglichkeit haben, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Rücknahme des Delisting-Antrags zu verlangen.1201 Die Aktionäre werden regelmäßig spätestens mit der Bekanntgabe des Widerrufs der Börsenzulassung Kenntnis davon erlangen oder zumindest die Kenntnisnahmemöglichkeit haben, da die Geschäftsführung der Börse den Widerruf unverzüglich im Internet zu veröffentlichen hat (§ 39 Abs. 2 S. 3 BörsG), wenn die Aktionäre die Delisting-Absicht nicht bereits durch die notwendige Ad-hoc-Mitteilung (§ 15 Abs. 1 WpHG) kennen. Damit ist die Voraussetzung zur Durchsetzung des Rücknahmeanspruches geschaffen. Eines weitergehenden deliktsrechtlichen Schutzes nach dem Eintritt der Bestandskraft, die grundsätzlich einen Monat nach Bekanntgabe des Zulassungswiderrufs eintritt, bedarf es daher nicht. Mit dem Rücknahmeanspruch besteht ein ausreichender verbandsinterner Anspruch zum Schutz der Aktionäre. Insofern gehen die Ansprüche, die auf der Kompetenzordnung der Gesellschaft beruhen, dem deliktsrechtlichen Schutz des Mitgliedschaftsrechts vor.1202

Mertens in MünchKomm BGB, 3. Aufl., § 823 Rn. 152 m. w. N. Vgl. die Nachweise in Fn. 618 bei Hefermehl / Spindler in MünchKomm AktG, § 93 Rn. 173. 1200 Vgl. oben 4. Teil: D.VII.1.b), S. 386 ff. 1201 Vgl. zur Rücknahmemöglichkeit bis zum Eintritt der Bestandskraft BVerwG, Urt. v. 03. 04. 1987 – 4 C 30 / 85, NJW 1988, 275; VGH München, Urt. v. 10. 09. 1991 – 19 BZ 90.30695, NVwZ-RR 1992, 328; Martens, NVwZ 1988, 648, 685; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 22 Rn. 65, Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 22 Rn. 71, der in der Rücknahme des Antrags zugleich einen Verzicht auf die Rechtsfolgen sieht. 1202 Hefermehl / Spindler in MünchKomm AktG, § 93 Rn. 173; Hopt in GroßKomm AktG, § 93 Rn. 473. 1198 1199

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2. Angefochtener Hauptversammlungsbeschluß Für den Fall, daß die Hauptversammlung dem Delisting zugestimmt und auch den notwendigen Ermächtigungsbeschluß zum Erwerb eigener Aktien gefaßt hat, stellt sich die Frage, welche Rechtsschutzmöglichkeiten die Aktionäre haben, wenn die Hauptversammlungsbeschlüsse angefochten worden sind und der Vorstand trotz der Anfechtungsklage den Antrag auf Zulassungswiderruf stellen will.1203 Dabei können zwei Fallgestaltungen unterschieden werden: Der Vorstand hat den Antrag auf Zulassungswiderruf noch nicht gestellt, beabsichtigt dies aber während des Anfechtungsverfahrens. Trotz Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses hat der Vorstand den Antrag auf Zulassungswiderruf bereits gestellt, es ist aber noch keine Widerrufsentscheidung ergangen. Dies setzt zunächst voraus, daß die Aktionäre gegenüber der Gesellschaft einen Anspruch auf Unterlassung oder Rücknahme des Delisting-Antrages haben. In prozessualer Hinsicht ist zu untersuchen, ob die Aktionäre den Anspruch auf Unterlassung oder Rücknahme des Delisting-Antrages im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzen können. a) Anspruch auf Unterlassung oder Rücknahme des Delisting-Antrags Ebenso wie bei einem nicht vorhandenen Hauptversammlungsbeschluß1204 ist allgemein anerkannt, daß die Aktionäre während eines Anfechtungsverfahrens den möglichen Verfahrenserfolg, d. h. die Nichtigerklärung des Hauptversammlungsbeschlusses (§ 248 Abs. 1 AktG) mit einer einstweiligen Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) sichern können.1205 Ohne eine solche Absicherung könnte der Vorstand durch die Stellung des Widerrufsantrags vollendete Tatsachen schaffen, wenn etwa während des Anfechtungsverfahrens der Widerruf der Börsezulassung nach § 39 Abs. 2 BörsG bekannt gegeben und nach Abschluß des Anfechtungsverfahrens das Gericht den Beschluß für nichtig erklären würde. Der Antrag für den Zulassungswiderruf wäre daher ohne den erforderlichen wirksamen Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting gestellt worden, da der Hauptversammlungsbeschluß von 1203 Für den Vorstand stellt sich im Falle des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses zudem die allgemeine aktienrechtliche Frage, ob er zur Ausführung nach § 83 Abs. 2 AktG verpflichtet ist, also den Delisting-Antrag stellen muß. Eine Ausführungspflicht trifft den Vorstand grundsätzlich nur bei nicht mehr anfechtbaren Hauptversammlungsbeschlüssen, vgl. dazu nur Volhard, ZGR 1996, 55, 56 ff.; Fleischer, BB 2005, 2025, 2026 m. w. N.; Hüffer AktG, § 243 Rn. 50. 1204 Siehe dazu bereits oben 4. Teil: D.VII.1., S. 381 ff. 1205 BVerfG, Beschl. v. 13. 10. 2004 – 1 BvR 2303 / 00, WM 2004, 2354, 2354 f.; OLG München, Urt. v. 13. 09. 2006 – 7 U 2912 / 06, WM 2006, 2180, 2182; Schlitt / Seiler, ZHR 166 (2002), 544, 562 m. w. N.; Hüffer AktG, § 243 Rn. 66 m. w. N.; ders. in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 144; Damm, ZHR 154 (1990), 413, 437 f.; Heinze, ZGR 1979, 293, 304; kritisch vor dem Hintergrund des § 246a AktG für eintragungspflichtige Hauptversammlungsbeschlüsse Kort, NZG 2007, 169, 170.

D. Stellungnahme

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Anfang an nichtig gewesen wäre1206. Insofern ist diese Situation aus einer ex-post Betrachtung mit der zuvor untersuchten Fallgestaltung vergleichbar, daß von Anfang kein Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting besteht. Dabei geht es bei einem angefochtenen Hauptversammlungsbeschluß aber im Unterschied zum Fall, daß von Anfang kein Hauptversammlungsbeschluß besteht darum, daß der Ausgang des Anfechtungsverfahrens, d. h. die mögliche Nichtigerklärung des Hauptversammlungsbeschlusses abgesichert wird. Der Unterlassungs- wie auch der Rücknahmeanspruch setzen daher voraus, daß die Anfechtungsklage erhoben worden ist und daß diese schlüssig begründet wurde.1207 Die Anfechtungsklage ist schlüssig, wenn die vom klagenden Aktionär vorgetragenen Tatsachen zur Begründung der Anfechtungsklage (§ 243 AktG) den Antrag auf Nichtigerklärung (§ 248 AktG) rechtfertigen. Ob die Anfechtungsklage schlüssig ist, hängt daher von den jeweiligen Anfechtungsgründen ab und ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Offensichtlich unbegründete oder unzulässige Anfechtungsklagen begründen daher keinen Anspruch auf Unterlassung oder Rücknahme des Widerrufsantrags.

b) Prozessuale Durchsetzung des Anspruches auf Unterlassung oder Rücknahme des Delisting-Antrags im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Statthafter Rechtsbehelf für die Durchsetzung des Anspruches auf Unterlassen der Antragstellung ist ebenso wie bei einem nicht vorhandenen Hauptversammlungsbeschluß die Sicherungsverfügung nach § 935 ZPO.1208 Für die Rücknahme des Delisting-Antrages geht die Rechtsprechung und Literatur davon aus, daß auch dieser Anspruch im Wege der Sicherungsverfügung nach § 935 ZPO abgesichert wird.1209 Gleichwohl soll entgegen dieser Auffassung auch im Falle des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses davon ausgegangen werden, daß der Anspruch im Wege der Leistungsverfügung (§ 940 ZPO) durchgesetzt werden muß, da vom Vorstand der Gesellschaft eine Handlung gefordert wird, die in der Rücknahme des Widerrufs-Antrags besteht.1210 Da mit der Leistungsverfügung eine Erklärung der Gesellschaft gegenüber der Geschäftsführung der Börse fingiert wird Vgl. nur Hüffer AktG, § 248 Rn. 6 f. OLG München, Urt. v. 13. 09. 2006 – 7 U 2912 / 06, WM 2006, 2180, 2182; Hüffer AktG, § 243 Rn. 66; ders. in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 144; Heinze, ZGR 1979, 293, 304. 1208 Siehe dazu bereits ausführlich oben 4. Teil: D.VII.1.c)aa)(1), S. 388; BVerfG, Beschl. v. 13. 10. 2004 – 1 BvR 2303 / 00, WM 2004, 2354, 2354 f.; OLG München, Urt. v. 13. 09. 2006 – 7 U 2912 / 06, WM 2006, 2180, 2182; LG Düsseldorf, Urt. v. 16. 05. 2007 – 36 O 99 / 06, Internet: www.justiz.nrw.de. 1209 BVerfG, Beschl. v. 13. 10. 2004 – 1 BvR 2303 / 00, WM 2004, 2354, 2354 f.; OLG München, Urt. v. 13. 09. 2006 – 7 U 2912 / 06, WM 2006, 2180, 2182; Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 144 m. w. N. 1210 Siehe dazu oben ausführlich 4. Teil: D.VII.1.c)bb)(1), S 392 f. 1206 1207

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(§ 894 Abs. 1 ZPO), darf die Rücknahme des Delisting-Antrags keine endgültige oder abschließende rechtsgestaltende Bedeutung haben.1211 Mit der Rücknahme des Delisting-Antrags wird eine weitere Antragstellung, etwa nach Abschluß des Anfechtungsverfahrens ohne die Aufhebung des Hauptversammlungsbeschlusses, nicht ausgeschlossen. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus der schlüssigen Anfechtungsklage, die der antragstellende Aktionär gegen den Hauptversammlungsbeschluß erhoben hat.1212 Als Verfügungsgrund müßte der Antragsteller darlegen, daß durch die Stellung des Delisting-Antrags die Verwirklichung des Anfechtungsrechts wesentlich erschwert werden würde.1213 Eine wesentliche Erschwerung könnte darin liegen, daß mit dem drohenden Widerruf der Börsenzulassung aufgrund des bereits während des Anfechtungsvefahrens gestellten Antrags vollendete Tatsachen geschaffen würden und damit den einzelnen Aktionären die Handelbarkeit der Aktien nähme. Da der Hauptversammlungsbeschluß für die Widerrufsentscheidung keine zwingende Voraussetzung ist, sofern die jeweilige BörsO den Hauptversammlungsbeschluß nicht als Widerrufserfordernis regelt, bleibt der Antrag auf Zulassungswiderruf aufgrund § 83 Abs. 1 AktG wirksam. Der Zulassungswiderruf wäre danach aufgrund des fehlenden Hauptversammlungsbeschlusses nicht von vornherein rechtswidrig und könnte daher nicht nach § 48 VwVfG zurückgenommen werden. In Betracht käme nur der Widerruf des Zulassungswiderrufs unter den erschwerten Voraussetzungen des § 49 VwVfG. Die Aktionäre könnten nach einem erfolgten Zulassungswiderruf ihre Aktien nicht mehr über die Börse handeln. Die Situation der Beantragung des Zulassungswiderrufs während des Anfechtungsverfahrens ist mit dem Fall vergleichbar, daß ein Hauptversammlungsbeschluß gefaßt worden ist, der für seinen Vollzug in das Handelsregister eingetragen werden muß. Ebenso wie die Handelsregistereintragung ist der Antrag zum Widerruf der Börsenzulassung konstitutiv für die Wirksamkeit der jeweiligen Maßnahme. Der Verfügungsanspruch und der Verfügungsgrund müßten des weiteren glaubhaft gemacht werden (§§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Insbesondere zur Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes müßte der antragstellende Aktionär darlegen, daß eine Gefährdung seiner prozessualen Stellung vorliegt.1214 Eine solche kann ebenso wie im Falle des nicht vorhandenen Hauptversammlungsbeschlusses angenommen werden, wenn der Vorstand ankündigt, daß er den Delisting-Antrag während des laufenden Anfechtungsverfahrens stellen wird, ohne den Abschluß des Verfahrens durch eine rechtskräftige Entscheidung abzuwarten. Die bloße OLG Frankfurt / Main, Urt. v. 16. 10. 1953 – 3 U 166 / 53, MDR 1954, 686, 687. Heinze, ZGR 1979, 293, 304; siehe oben 4. Teil: D.VII.2.a), S. 398. Im Falle des Vorliegens eines Nichtigkeitsgrundes verzichtet wohl das LG Düsseldorf, Urt. v. 16. 05. 2007 – 36 O 99 / 06, Internet: www.justiz.nrw.de, auf die Erhebung der Nichtigkeitsklage. 1213 Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 144; Schlitt / Seiler, ZHR 166 (2002), 544, 561 f.; Heinze, ZGR 1979, 293, 305 f. 1214 OLG München, Urt. v. 13. 09. 2006 – 7 U 2912 / 06, WM 2006, 2180, 2182; Heinze, ZGR 1979, 293, 308 f.; Damm, ZHR 154 (1990), 413, 423. 1211 1212

D. Stellungnahme

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Möglichkeit der Stellung des Delisting-Antrags wird allein nicht ausreichen, um eine einstweilige Verfügung zu begründen. Der Antrag auf Erlaß einer Unterlassungs- oder Leistungsverfügung kann nur solange zulässigerweise gestellt werden, wie der Verfügungsanspruch besteht. Hat der Akionär etwa seine Anfechtungsklage nicht innerhalb eine Monats nach Beschlußfassung erhoben (§ 246 Abs. 1 AktG), besteht schon kein Verfügungsanspruch, der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gesichert werden könnte. Erfolgte die Anfechtung hingegen fristgerecht, kann der Aktionär während des gesamten noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Anfechtungsverfahrens bei einer drohenden Beantragung des Delisting eine einstweilige Verfügung beantragen. Im Hinblick auf die Antragstellung ergeben sich zum Fall des nichtvorliegenden Hauptversammlungsbeschlusses keine Unterschiede.1215

3. Mängel bei der Abfindung durch die Gesellschaft Im folgenden ist festzulegen, mit welchem Rechtsbehelf der Aktionär einzelne Mängel bei der Abfindung durch die Gesellschaft geltend machen kann. Dabei steht nicht nur die Frage, ob bei einer nicht gewährten oder unzureichenden Abfindung die Höhe der Abfindung im Spruchverfahren überprüft werden kann, im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern die systematisch vorher zu beantwortende Frage, welche prozessualen Konsequenzen ein Verstoß der Gesellschaft gegen die Kapitalerhaltungsregelungen (§ 71 Abs. 2 AktG) hat. Bietet die Gesellschaft eine Abfindung an und hat die Hauptversammlung zur Erfüllung des Abfindungsanspruches einen entsprechenden Ermächtigungsbeschluß gefaßt, kann für die weitere Untersuchung danach unterschieden werden, ob die Gesellschaft ihre Abfindungsverpflichtung erfüllen kann oder ob sie bei der Erfüllung der Abfindungspflicht gegen § 71 Abs. 2 AktG verstoßen würde1216, da mehr als 10 % der das Grundkapital repräsentierenden Aktionäre der Gesellschaft eine Abfindung verlangen können. Die Gesellschaft ist nämlich nicht zum Erwerb der Aktien zum Zwecke der Abfindung verpflichtet, soweit sie gegen § 71 Abs. 2 AktG verstößt (§ 71 Abs. 4 S. 2 AktG). Für den Fall, daß die Hauptversammlung trotz eines DelistingBeschlusses keinen Ermächtigungsbeschluß nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG gefaßt hat, stellte sich die Frage, ob die abfindungsberechtigten Aktionäre ihren Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft gerichtlich durchsetzen können oder aber gegen den Delisting-Hauptversammlungsbeschluß vorgehen müssen.

1215 Siehe oben zum Unterlassungsanspruch 4. Teil: D.VII.1.c)aa)(3), S. 390 f. und den Rücknahmeanspruch 4. Teil: D.VII.1.c)bb)(3), S. 394. 1216 Siehe 4. Teil: D.V.2.b)aa)(2), S. 282 ff.

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a) Erbringen der Abfindung unter Einhaltung der Kapitalerhaltungsgrundsätze Liegt der von der Gesellschaft zu erwerbende Aktienanteil unter 10 % des Grundkapitals und verstößt damit der Erwerb eigener Aktien nicht gegen § 71 Abs. 2 AktG, muß die Gesellschaft die Aktien gegen Abfindung der dazu berechtigten Aktionäre erwerben. Ob die Aktionäre einen Mangel bei der Abfindungsgewährung im Wege der aktienrechtlichen Anfechtungsklage oder aber im Spruchverfahren geltend machen können, ist fraglich, da dazu keine gesetzlichen Regelungen vorhanden sind. Rechtstatsächlich kann der Mangel darin liegen, daß die Gesellschaft den Aktionären überhaupt keine oder aber nur eine nicht der gesetzlichen Anspruchshöhe entsprechende Abfindung gewährt. Die weitere Untersuchung folgt dieser Unterscheidung. aa) Gesellschaft gewährt keine Abfindung Gewährt die Gesellschaft den Aktionären beim Delisting keine Abfindung, müssen die Aktionäre entscheiden, ob sie im Wege der Anfechtungsklage oder im Spruchverfahren ihre Ansprüche durchsetzen können. Rechtstatsächlich sind auch hier zwei Konstellationen denkbar, daß die Gesellschaft ohne Zustimmung der Hauptversammlung das Delisting beantragt und keine Abfindung gewährt1217 oder zwar die Hauptversammlung dem Delisting zugestimmt hat, aber den Aktionären die Abfindung verweigert wird. (1) Abfindungsgewa¨hrung trotz fehlender Zustimmung der Hauptversammlung zum Delisting? Hat die Hauptversammlung nicht über das Delisting abgestimmt oder diesem nicht zugestimmt und gewährt die Gesellschaft den Aktionären auch keine Abfindung, sollen die Aktionäre nach Auffassung des LG München I ihren Anspruch auf Abfindung trotzdem im Wege des Spruchverfahrens durchsetzen können.1218 Denn wenn die Gesellschaft das Delisting bereits vorgenommen hat, könnten die Aktionäre aktienrechtlich keinen hinreichenden Ausgleich für den bereits erfolgten Eingriff in das Aktieneigentum erhalten. Eine Klage auf Rückgängigmachung des Delisting würde den Aktionären keine Überprüfung der Höhe der Barabfindung ermöglichen. Das Spruchverfahren gewähre den Aktionären die Überprüfungs1217 Diese Fallgestaltung ist Gegenstand des Delisting – Verfahrens der Knürr AG gewesen, vgl. BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952; Vorinstanz LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395. 1218 LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395; ausdrücklich offengelassen BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952, 1953; ebenfalls offengelassen OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03. 08. 2004 – 3 W 60 / 04, DB 2004, 2311.

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möglichkeit der Abfindungshöhe und schaffe die notwendige Rechtssicherheit für die Aktionäre.1219 Diese Auffassung ist abzulehnen. Die Durchsetzung eines Abfindungsanspruches im Spruchverfahren setzt einen materiellen Abfindungsanspruch der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft voraus. Der Abfindungsanspruch der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft entsteht beim Delisting mit dem zustimmenden Beschluß der Hauptversammlung und dem Widerruf der Börsenzulassung.1220 Allein der Widerruf der Zulassung zum Börsenhandel begründet keine Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft. Die Gesellschaft kann nur durch einen Hauptversammlungsbeschluß zur Abfindung verpflichtet werden, denn sonst könnte der Vorstand die Gesellschaft mit Durchführung des Delisting zur Abfindung verpflichten. Der Hauptversammlungsbeschluß ist damit zwingende Voraussetzung zur Entstehung des Anspruches. Gewährt die Gesellschaft den Aktionären keine Abfindung und liegt auch kein Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting vor, haben die Aktionäre auch keinen Abfindungsanspruch, der in einem Spruchverfahren überprüft werden könnte. Dieses Ergebnis wird zudem durch die gesetzliche Systematik der aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüche gestützt. Bei Abschluß eines Unternehmensvertrages, dem die Hauptversammlung zugestimmt hat, kann die Anfechtung des Beschlusses nicht auf die fehlende Abfindung gestützt werden (§ 305 Abs. 5 S. 1 AktG). Gleiches gilt für den Verschmelzungsvertrag gemäß § 32 UmwG oder für den Formwechsel nach § 210 UmwG. Alle genannten Regelungen setzen einen Hauptversammlungsbeschluß voraus, durch den die rechtliche Grundlage zur Abfindung gelegt wird. Zwar kann die Abfindung erst mit der Eintragung der jeweiligen Maßnahme im Handelsregister gefordert werden1221, jedoch wird die Eintragung nur aufgrund eines wirksamen Hauptversammlungsbeschlusses vorgenommen. Der Schutz der Aktionäre ist daher bei einem fehlenden oder ablehnenden Hauptversammlungsbeschluß nicht in der Abfindung zu suchen, sondern vielmehr im Rechtsschutz gegen die unberechtigte Beantragung des Delisting durch den Vorstand. Der einzelne Aktionär muß bei einem unmittelbar bevorstehenden Delisting-Antrag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Unterlassung oder aber bei einem bereits gestellten Antrag die Rücknahme des Delisting-Antrags fordern.1222 Entgegen der Auffassung des LG München I ist der einzelne Aktionär gegen den Eingriff in das Aktieneigentum hinreichend durch die vorhandenen materiellen Ansprüche auf Unterlassung oder Rücknahme geschützt. Zwar erhält der einzelne Aktionär aufgrund des mangelnden Anspruches keine Abfindung, jeLG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395, 396. Siehe oben zur Entstehung des Abfindungsanspruches gegenüber der Gesellschaft 4. Teil: D.V.3.d)aa)(1), S. 311 ff. 1221 Vgl. zur Verschmelzung Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 30. 1222 Vgl. zum Unterlassungs- und Rücknahmeanspruch der Aktionäre bei kompetenzwidriger Beantragung des Delisting durch den Vorstand oben 4.Teil: D.VII.1.a) und b), S. 382 ff. 1219 1220

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doch kann er den Erhalt der Börsenzulassung durchsetzen und damit die erhöhte Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktie bewahren. (2) Zustimmung der Hauptversammlung zum Delisting Stimmt die Hauptversammlung dem Delisting der Gesellschaft zu und widerruft die Geschäftsführung der Börse die Börsenzulassung, ohne daß die Gesellschaft den Aktionären eine Abfindung gewährt, ist fraglich, ob der abfindungsberechtigte Aktionär diesen Mangel im Wege der Anfechtungsklage oder aber im Spruchverfahren geltend machen kann. Im Gegensatz zu dem Fall, daß die Hauptversammlung dem Delisting nicht zugestimmt hat, liegt neben dem Widerruf der Börsenzulassung mit dem Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting der notwendige aktienrechtliche Verpflichtungsakt für den Abfindungsanspruch der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft vor.1223 Insofern steht hier die Durchsetzung des Abfindungsanspruches des einzelnen Aktionärs im Vordergrund. Grundsätzlich wird ein solcher Anspruch im Spruchverfahren geltend gemacht, jedoch regelt § 1 SpruchG in seinem Katalog (§ 1 Nr. 1 – 4 SpruchG) die Anwendung des Spruchverfahrens auf das reguläre Delisting nicht. Die Rechtsprechung bejaht dennoch die analoge Anwendung der Regelungen zum Spruchverfahren, um die Abfindungshöhe zu überprüfen, da beim Delisting ebenso wie im Unternehmensvertrags- und Umwandlungsrecht der Konflikt zwischen der Gesellschaft und den austrittswilligen Aktionären sinnvoll im Spruchverfahren gelöst werden könne.1224 Teilweise wird unter Hinweis auf eine fehlende Regelungslücke die Anwendbarkeit des Spruchverfahrens abgelehnt, da mit der Anfechtungsklage ein zwar weniger praktikabler, aber dennoch funktionierender Rechtsbehelf zur Verfügung stehe.1225 Nur wenn eine Abfindung angeboten wird, kann diese auch im Spruchverfahren überprüft werden, da dem Gesetz nicht der Grundsatz entnommen werden kann, daß der Abfindungsanspruch bei einer gänzlich fehlenden Abfindung im Spruchverfahren durchzusetzen ist.1226 Damit eng verbunden ist die Frage, ob die Abfindung der Gesellschaft eine Wirksamkeitsvoraussetzung des Hauptversammlungsbeschlusses über das Delisting ist oder ob die Abfindung der Aktionäre einen eigenständigen Anspruch darstellt.1227 Ist die Abfindung Bedingung für die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses, kann der einzelne Aktionär mit der AnfechtungsSiehe oben zur Entstehung des Abfindungsanspruches 4. Teil: D.V.3.d)aa), S. 311 ff. KG Berlin, Beschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 297; LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395, 396; zweifelnd Wittgens, BB 2008, 356, 357; für den Fall einer zu niedrigen Abfindung vgl. BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536; ebenso für das Kaufangebot M. Henze, Delisting, S. 177 ff. 1225 Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113. 1226 Wasmann, WM 2004, 819, 821; ebenso Simon in Simon SpruchG, § 1 Rn. 45; Leuering in Simon SpruchG, § 3 Rn. 59. 1227 Siehe zur so bezeichneten „Bedingungslösung“ und „Anspruchslösung“ Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 801 ff. 1223 1224

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klage den Beschluß selbst für nichtig erklären lassen.1228 Stellt die Abfindung allerdings einen eigenständigen Anspruch dar, wäre das Spruchverfahren aufgrund der bereits vorhandenen Regelungen zum Umwandlungsrecht einschlägig. Entscheidend zur Beantwortung dieser Fragen ist, ob das Spruchverfahren analog auf den Abfindungsanspruch der Aktionäre beim regulären Delisting angewendet werden kann. Systematisch geht das Spruchverfahren als spezielleres Rechtsschutzverfahren grundsätzlich der Anfechtungsklage nach § 243 Abs. 1 AktG vor1229, es sei denn das Gesetz ordnet ausnahmsweise die Subsidiarität des Spruchverfahrens gegenüber der Anfechtungsklage an (§§ 320b Abs. 2 S. 3, 327 f. S. 3 AktG)1230. Dies zeigt sich an dem Ausschluß des Anfechtungsrechts nach § 305 Abs. 5 S. 1 und 2 AktG und §§ 32, 210 UmwG, wenn den Aktionären im Unternehmens- und Verschmelzungsvertrag oder dem Umwandlungsbeschluß beim Formwechsel eine Abfindung angeboten wird. Daher ist auch beim Delisting und einer den Aktionären nicht gewährten Abfindung zunächst die analoge Anwendung des Spruchverfahrens zu prüfen und erst danach die Anfechtungsklage in Betracht zu ziehen. In Rahmen dieser Prüfung beantwortet sich auch die Frage, ob die Abfindung eine Wirksamkeitsbedingung des Hauptversammlungsbeschlusses ist und mit der Anfechtungsklage geltend zu machen ist oder ob sie rechtlich voneinander unabhängig zu betrachten sind. Die analoge Anwendung des Spruchverfahrens setzt voraus, daß trotz der Regelung des Anwendungsbereichs in § 1 Nr. 1 – 4 SpruchG eine planwidrige Regelungslücke besteht und eine vergleichbare Interessenlage vorliegt. (a) Planwidrige Regelungslu¨cke Obwohl der Gesetzgeber in Kenntnis der Macrotron-Rechtsprechung des BGH das Delisting nicht in den Katalog des § 1 SpruchG mit aufgenommen hat, liegt gleichwohl eine planwidrige Regelungslücke vor.1231 Die in § 1 Nr. 1 – 4 SpruchG genannten Anwendungsfälle sind nicht als abschließender Katalog zu verstehen, sondern bilden lediglich den gesetzlich bisher geregelten Anwendungsbereich des Spruchverfahrens ab.1232 Darüber hinaus sollen durch Rechtsfortbildung geschaffene Abfindungssituationen gleichwohl dem Spruchverfahren unterfallen können. 1228 1229

Simon in Simon SpruchG, § 1 Rn. 45. Vgl. nur Lutter / Bezzenberger, AG 2000, 433, 435; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht,

S. 859. Siehe nur Hüffer AktG § 327 f. Rn. 4. Kann / Hirschmann, DStR 2003, 1488, 1490; Klöcker / Frowein, SpruchG, § 1 Rn. 15 m. w. N.; Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 1 Rn. 108; Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 39; Büchel, NZG 2003, 793, 794; kritisch Bungert / Mennicke, BB 2003, 2021, 2022; Schiffer / Goetz, BB 2005, 453, 456; Hüffer AktG, Anh § 305, § 1 SpruchG Rn. 7. 1232 BT-Drucks. 15 / 371, S. 15, wonach auch auf die Aufnahme der Abfindung im Rahmen der Abschaffung der Mehrstimmrechte in § 1 SpruchG verzichtet wurde; ebenso Neye, DStR 2002, 178, 179; Stellungnahme des DAV – Handelsrechtsausschusses zum Spruchverfahrensneuordnungsgesetz, ZIP 2003, 552; Koppensteiner in KölnKomm AktG, Anh. § 327 f. Rn. 7. 1230 1231

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Dies hat auch der Rechtsausschuß in seiner Beschlußempfehlung bestätigt, indem er die Offenheit des § 1 SpruchG gegenüber neuen Anwendungsfällen, insbesondere im Fall des Delisting, betont.1233 Dennoch spiegelt sich diese Rechtsauffassung nicht im Gesetzestext wider, so daß aufgrund des für die Auslegung verbindlichen Gesetzestextes von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen ist.1234 Das Vorliegen der Regelungslücke kann nicht mit dem Hinweis auf die bestehende Rechtsschutzmöglichkeit im Wege der Anfechtungsklage verneint werden.1235 Konsequenz dieser Auffassung ist, daß nur ein Hauptversammlungsbeschluß, der eine Abfindung in der richtigen Höhe enthält, wirksam wäre. Die Abfindung selbst und die richtige Abfindungshöhe wären somit Bedingung für die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses. Die Vertreter dieser Ansicht stützen sich darauf, daß dem Gesetz im Falle der fehlenden Abfindung kein allgemeiner Anwendungsvorrang des Spruchverfahrens vor der Anfechtungsklage entnommen werden könne.1236 Dies belege § 5 Abs. 2 UmwG und § 5 Abs. 4 EGAktG, die ein Spruchverfahren nur im Falle eines angegebenen Umtauschverhältnisses oder eines gewährten Ausgleichs zuließen und im übrigen die mögliche Anfechtung beim gänzlichen Fehlen nicht ausschlössen. Gegen diese Auffassung spricht bereits, daß die Anfechtungsklage nicht dem Rechtsschutzziel der abfindungsberechtigten Aktionäre entspricht, ist sie doch auf die Nichtigerklärung des Hauptversammlungsbeschlusses gerichtet (§ 248 Abs. 1 AktG) und damit auf die vollkommene Verhinderung des Delisting1237, nicht aber auf die unmittelbare Durchsetzung des vermögensrechtlichen Schutzes in Form der Abfindung. Grundsätzlich hat der einzelne Aktionär keinen Anspruch darauf, daß sein Schutz in Form einer Abfindung realisiert wird. Er kann ebenso durch die vollständige Unterbindung der jeweiligen Maßnahme geschützt werden. Der Gesetzgeber hat jedoch, wenn den Aktionären eine Abfindung zu gewähren ist, die Frage der Abfindung von der Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses entkoppelt.1238 BT-Drucks. 15 / 838, S. 16. Ebenso wohl auch Wittgens, Spruchverfahrensgesetz, S. 38, der die Regelungslücke unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung bejaht; der Gesetzgeber überläßt die Klärung dieser Frage ausdrücklich der Diskussion in Wissenschaft und Praxis, vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung auf die Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 16 / 2919, S. 28; dies gilt allerdings wohl nicht bei einem Wechsel vom amtlichen bzw. regulierten Markt in das Segment M:access der Börse München, vgl. LG München I, Beschl. v. 30. 08. 2007 – 5KH O 7195 / 06, WM 2007, 2154, 2155. 1235 So aber Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113. 1236 Wasmann, WM 2004, 819, 821; so auch die von Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 801 angesprochene „Bedingungslösung“. 1237 So für den Fall, daß ein Großaktionär die Abfindung gewährt BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 1238 Lutter / Bezzenberger, AG 2000, 433, 435; im Gegensatz zur Abfindung hat der Gesetzgeber bei einer fehlenden Ausgleichszahlung an die Aktionäre (§ 304 AktG; § 5 Abs. 4 EGAktG) die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses an das Vorliegen einer solchen gekoppelt. 1233 1234

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Dies gilt im Unternehmensvertragsrecht (§ 305 Abs. 5 S. 2 AktG) ebenso wie im Umwandlungsrecht (zur Verschmelzung § 32 UmwG, zum Formwechsel §§ 210, 212 S. 2 UmwG).1239 Eine rechtliche Abhängigkeit der Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses von dem vermögensrechtlichen Schutz der Aktionäre hat der Gesetzgeber hingegen bei sogenannten Ausgleichsansprüchen (§ 304 Abs. 3 S. 1 AktG, § 5 Abs. 4 EGAktG) und Abfindungsansprüchen vorgesehen, die den vollständigen Verlust der Mitgliedschaft kompensieren sollen (zur Eingliederung § 320b Abs. 2 S. 3 AktG1240; zum Squeeze-out § 327 f. S. 3 AktG). Da der Widerruf der Börsenzulassung nicht zu einem Verlust der Mitgliedschaft führt und der vermögensrechtliche Schutz der Aktionäre nicht durch einen bloßen Vermögensausgleich für den Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit gewährleistet werden kann, ist für das Delisting die gesetzliche Wertung zu den Abfindungsansprüchen zu übernehmen, wonach der Abfindungsanspruch im Spruchverfahren durchzusetzen ist.1241 Die fehlende Gewährung der Abfindung beim Delisting hat keinen Einfluß auf die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses. Der Abfindungsanspruch ist ein eigenständiger gesetzlicher Anspruch der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft1242 und nicht notwendiger Bestandteil des Hauptversammlungsbeschlusses. Daher ist der Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting und dem Ermächtigungsbeschluß nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG trotz einer fehlenden Abfindung wirksam. Eine Anfechtungsklage nach § 243 Abs. 1 AktG hätte keinen Erfolg. Allein im Spruchverfahren kann der einzelne Aktionär sein Rechtsschutzziel, den Erhalt der Abfindung, unmittelbar durchsetzen. Die Anfechtungsklage beseitigt demnach nicht das Vorliegen der planwidrigen Regelungslücke beim Delisting. (b) Vergleichbare Interessenlage Vergleicht man das Delisting mit den in § 1 Nr. 1 – 4 SpruchG genannten Anwendungsfällen, besteht unmittelbar zwischen dem Delisting und der Umwandlung der Rechtsträger oder dem Abschluß von Unternehmensverträgen keine Vergleichbarkeit, da das Delisting keine Strukturmaßnahme ist und die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte nicht berührt. Auf die Vergleichbarkeit der im SpruchG geregelten Maßnahmen kommt es jedoch nicht zwingend an1243, vielmehr geht es um die Frage, ob der jeweilige materielle Abfindungsanspruch, der bereits feststeht, im Spruchverfahren durchgesetzt werden kann und diesem keine aktienrechtlichen Grundsätze entgegenstehen. Denn wenn der Gesetzgeber selbst bereits den Katalog 1239 Zur Abfindung beim Unternehmensvertrag Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 1 Rn. 108. 1240 Vgl. zur Anfechtbarkeit LG Mosbach, Urt. v. 28. 12. 2000 – KfH O 56 / 00, NZG 2001, 763, 766 = AG 2001, 206, 209 = EWiR 2001, 207 (Rottnauer). 1241 Für einen Ausschluß der Anfechtungsklage aufgrund einer Gesamtanalogie Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 274 ff. 1242 Siehe dazu oben 4. Teil: D.V.3.a), S. 298 ff. 1243 A. A. Schiffer / Goetz, BB 2005, 453, 456.

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des § 1 SpruchG als nichtabschließend ansieht und das Delisting mit in den Anwendungsbereich einbezieht1244, geht er selbst von einer vergleichbaren Interessenlage für das Delisting aus. Wird zudem der Maßstab zur Feststellung der vergleichbaren Interessenlage inhaltlich auf die Durchsetzung eines materiellen Abfindungsanspruches konzentriert, besteht zwischen dem Delisting und den ausdrücklich geregelten Anwendungsfällen eine vergleichbare Interessenlage. Das Spruchverfahren dient als Verfahrensrecht lediglich der Durchsetzung des materiellen Rechts und hat demnach nur eine Hilfsfunktion. Liegt ein materieller Anspruch auf Abfindung vor, der auf die volle Entschädigung der Beteiligung gerichtet ist, muß der Aktionär diesen auch gegenüber dem Anspruchsgegner realisieren. Bei Abfindungsansprüchen nach Unternehmensumwandlungen oder dem Abschluß von Unternehmensverträgen ist die prozessuale Durchsetzungsmöglichkeit durch § 1 SpruchG sichergestellt. Ohne die prozessuale Unterlegung eines materiellen Anspruches würde dieser vereitelt. Dies gilt auch für den Abfindungsanspruch der Minderheitsaktionäre aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG.1245 Daß mit der Anwendung des Spruchverfahrens auf das Delisting die Grenzen der Rechtsfortbildung überschritten werden1246, kann gegen die analoge Anwendung der §§ 1 ff. SpruchG nicht eingewendet werden.1247 Zwar lagen der Begründung des BGH im Falle einer angebotenen Abfindung auch Zweckmäßigkeitserwägungen zugrunde1248, jedoch geht es vorrangig darum, einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Gesellschaft, die Börsenzulassung mit Zustimmung der Hauptversammlung zu beenden, und den Interessen der Aktionäre, die Gesellschaft aufgrund des Verlusts der erhöhten Verkehrsfähigkeit durch den Wegfall der Börsenzulassung gegen Abfindung verlassen zu können, herzustellen. Dieser Interessenausgleich geriete in Gefahr, wenn die Anfechtungsklage als statthafter Rechtsbehelf angesehen würde. Denn jeder Hauptversammlungsbeschluß könnte aufgrund einer nicht ordnungsgemäßen Abfindung aufgehoben werden und letztlich das Delisting insgesamt verhindern. Dies widerspricht aber der Wertung des § 39 Abs. 2 BörsG, der der Gesellschaft den Rückzug von der Börse ermöglichen will. Zudem wird durch das Aktienrecht beim Delisting kein Bestandsschutz in Form des Erhalts der Börsenzulassung gewährt, sondern lediglich ein Vermögensschutz. Dieser würde letztlich vereitelt, da ein abfindungsberechtigter Aktionär gezwungen wäre, den Hauptversammlungsbeschluß anzufechten, ohne unmittelbar mit der Klage eine Abfindung durchsetzen zu können. Demnach liegt beim Delisting wie bei den Abfindungsansprüchen im Umwandlungs- und Unternehmensvertragsrecht ein BT-Drucks. 15 / 838, S. 16. Teilweise wird auch eine grundrechtskonforme Auslegung des § 1 SpruchG gefordert, Klöcker / Frowein, SpruchG, § 1 Rn. 15. 1246 So Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1113; Schiffer / Goetz, BB 2005, 453, 456. 1247 Insofern ist es inkonsequent, den Abfindungsanspruch zu bejahen, die Anwendung des Spruchverfahrens jedoch abzulehnen, so aber Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1111 ff. 1248 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536; dies kritisiert Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1114. 1244 1245

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gleichgelagerter Interessenkonflikt vor, so daß insgesamt von einer vergleichbaren Interessenlage auszugehen ist. Somit ist das Spruchverfahren im Fall einer unterbliebenen Abfindung durch die Gesellschaft auf das reguläre Delisting analog anzuwenden. (c) Zwischenergebnis Selbst wenn die Gesellschaft keine Abfindung gewährt, können die Minderheitsaktionäre ihren Anspruch auf Abfindung im Spruchverfahren feststellen lassen. Die Abfindung der Aktionäre durch die Gesellschaft ist keine „Bedingung“ für die Wirksamkeit des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses, da die Aktionäre einen selbständigen Anspruch gegenüber der Gesellschaft haben.1249 bb) Gesellschaft gewährt unzureichende Abfindung Gewährt die Gesellschaft den austrittswilligen Aktionären zwar eine Abfindung, die ihrer Höhe nach jedoch nicht den Anforderungen an eine volle Entschädigung entspricht und hat die Hauptversammlung dem Delisting zugestimmt1250, ist auch hier fraglich, ob die Höhe der Abfindung im Spruchverfahren gerichtlich überprüft werden kann. Der Anwendungsbereich des Spruchverfahrens ist auch in diesem Fall nach § 1 SpruchG analog eröffnet, obwohl § 1 SpruchG das Delisting nicht ausdrücklich erwähnt.1251 Zur Begründung der analogen Anwendbarkeit des Spruchverfahrens kann auf die Ausführungen im vorherigen Abschnitt verwiesen werden. Im übrigen zeigen die Regelungen im Umwandlungs- (§§ 32, 210 UmwG) und Unternehmensvertragsrecht (§ 305 Abs. 5 S. 1 AktG), im Eingliederungsrecht (§ 320b Abs. 2 S. 2 AktG) sowie beim Squeeze-out (§ 327 f. S. 2 AktG), daß bei einer gewährten aber nicht ausreichenden Abfindung die Abfindungshöhe ausschließlich im Spruchverfahren gerichtlich überprüft werden kann. Dieser darin zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke gilt ebenso für das reguläre Delisting. Dieser Grundsatz kann auch durch die von der Rechtsprechung abgelehnte Anwendung des Spruchverfahrens auf die übertragende Auflösung nach § 179a AktG nicht erschüttert werden. Das BVerfG hatte eine gerichtliche Überprüfung der Ebenso im Hinblick auf die Gesellschaft Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 802 f. Die Konstellation, daß die Hauptversammlung nicht über das Delisting entscheidet, den Aktionären von der Gesellschaft aber eine Abfindung angeboten wird, erscheint kaum praktisch und wird nicht näher untersucht. Jedoch ist davon auszugehen, daß auf die gewährte Abfindung kein Anspruch besteht und es sich um ein freiwilliges Erwerbsangebot der Gesellschaft handelt, daß als solches nicht im Spruchverfahren überprüft werden kann. Der einzelne Aktionär kann vielmehr Unterlassung oder Rücknahme des Delisting-Antrags verlangen. 1251 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 802; Kann / Hirschmann, DStR 2003, 1488, 1490; Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 39 f.; Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 1 Rn. 105; Klöcker / Frowein, SpruchG, § 1 Rn. 16; ebenso zustimmend im Falle der Gewährung einer unzureichenden Abfindung Simon in Simon SpruchG, § 1 Rn. 44. 1249 1250

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Höhe des Liquidationserlöses als verfassungsrechtlich geboten angesehen, jedoch den Zivilgerichten überlassen, ob sie in einem Spruchverfahren überprüft werden oder mit der Anfechtungsklage gänzlich verhindert werden solle.1252 Die Zivilgerichte und ein Teil des Schrifttums lehnen die Überprüfung der Höhe des Liquidationserlöses aufgrund einer fehlenden Regelungslücke im Rahmen eines Spruchverfahrens ab und erachten die Anfechtungsklage als statthaften Rechtsbehelf.1253 Auf das reguläre Delisting läßt sich diese Auffassung nicht übertragen, da die übertragende Auflösung mit dem regulären Delisting nicht vergleichbar ist.1254 Beim regulären Delisting bleibt die Gesellschaft in ihrer Substanz unangetastet, während bei der übertragenden Auflösung die Gesellschaft liquidiert wird. Die Aktionäre haben im Gegensatz zum Delisting bei der übertragenden Auflösung keine Wahl, ob sie in der Gesellschaft verbleiben oder gegen Zahlung einer Abfindung aus der Gesellschaft ausscheiden möchten.1255 Demnach kann beim Delisting eine zu niedrige Abfindung der Gesellschaft im Spruchverfahren gemäß §§ 1 ff. SpruchG analog überprüft werden.

cc) Verfahrensrechtliche Fragen des Spruchverfahrens beim Delisting Da das reguläre Delisting nicht ausdrücklich in den Katalog des § 1 SpruchG aufgenommen wurde, sind in den Verfahrenvorschriften keine besonderen Regelungen zum Delisting enthalten. Daher sind die einzelnen Regelungen im Hinblick auf zu beachtende Besonderheiten beim Delisting zu untersuchen. (1) Antragsberechtigung, Antragsgegner und Antragsbegru¨ndung Die Antragsberechtigung der Aktionäre (§ 3 S. 1 Nr. 1 und 3 SpruchG analog) und die Person des Antragsgegners (§ 5 Nr. 4 SpruchG analog) folgen beim Delisting dem materiellen Rechtsverhältnis zwischen dem abfindungsberechtigten Aktionär und der abfindungsverpflichteten Gesellschaft. Teilweise wird davon ausgegangen, daß beim Delisting jeder Aktionär zum Antrag berechtigt ist, da eine Abgrenzung zwischen dem Mehrheitsaktionär und den Minderheitsaktionären nur 1252 BVerfG, Beschl. v. 23. 08. 2000 – 1 BvR 68 / 95, 147 / 97, WM 2000, 1948, 1950 f. = AG 2001, 42, 44. (Bosch / Moto Meter AG III) = WuB II A. § 179a AktG 1.01 (Drygala) = EWiR 2000, 913 (Neye). 1253 BayObLG, Beschl. v. 17. 09. 1998 – 3Z BR 37 / 98, ZIP 1998, 2002, 2003 (Magna – Media Verlag AG / WEKA-Gruppe) = AG 1999, 185 = EWiR 1998, 1057 (Windbichler); OLG Stuttgart, Beschl. v. 04. 12. 1996 – 8 W 43 / 93, WiB 1997, 548 (Moto Meter II) = EWiR 1997, 197 (Dreher / Neumann); Hüffer AktG, § 179a Rn. 12a; vgl. weitere Nachweise bei Stein in MünchKomm AktG, § 179a Rn. 80; für eine analoge Anwendung der Regelungen des Spruchverfahrens Lutter / Drygala in FS Kropff S. 191, 208; Stein in MünchKomm AktG, § 179a Rn. 81 ff. m. w. N.; Wiedemann, ZGR 1999, 857, 865. 1254 A. A. offenbar Wilsing / Kruse, WM 2003, 1110, 1114. 1255 Siehe oben bereits zur mangelnden Vergleichbarkeit 4. Teil: D.I.2.f), S. 177.

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schwer durchzuführen sei.1256 Diese Annahme widerspricht aber der Wertung des § 3 S. 1 Nr. 1 und 4 SpruchG, der die Antragsberechtigung an den materiellen Abfindungsanspruch des einzelnen Aktionärs knüpft. So kann bei einer Verschmelzung nur derjenige den Antrag auf Durchführung des Spruchverfahrens stellen, der gemäß § 29 UmwG zur Abfindung berechtigt ist, mithin der dem Verschmelzungsbeschluß widersprechende Aktionär.1257 Beim Delisting folgt die Abfindungsberechtigung zwar nicht aus einem Widerspruch gegen den Hauptversammlungsbeschluß1258, aber aus dem Abstimmungsverhalten bei der Stimmabgabe zum Delisting.1259 Insofern besteht nach der hier vertretenen Auffassung kein Abgrenzungsproblem, da der Kreis der abfindungsberechtigten Aktionäre klar umgrenzt ist. Ausreichend ist, wenn der Antragsteller zum Zeitpunkt seines Antrags Aktionär der Gesellschaft ist1260, ein späteres Squeeze-out verhindert nicht die Durchführung des Spruchverfahrens.1261 Der Antrag auf Durchführung des Spruchverfahrens beim Delisting bedarf nach § 4 Abs. 2 S. 1 SpruchG analog der Begründung. Insbesondere muß der antragstellende Aktionär nach Nr. 4 konkrete Einwendungen gegen den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert des Antragsgegners vorbringen, soweit dieser sich aus den in § 7 Abs. 3 SpruchG genannten Unterlagen ergibt. Unterlagen i. S. d. § 7 Abs. 3 SpruchG sind Unternehmensberichte und Prüfberichte über die konkrete Strukturmaßnahme. Die prozessuale Begründungspflicht korrespondiert unmittelbar mit der materiellen Berichtspflicht der Gesellschaft und reicht nicht weiter als der materielle Informationsanspruch des einzelnen Aktionärs.1262 Ansonsten würde vom einzelnen Aktionär etwas unmögliches verlangt und letztlich faktisch die Rechtsschutzgewährung durch das Spruchverfahren eingeschränkt und damit rechtlich entwertet. Da die Gesellschaft die Aktionäre beim Delisting über die Folgen des Zulassungswiderrufs, die Höhe der zu gewährenden Abfindung und 1256 Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 3 Rn. 49 ff.; Klöcker / Frowein, SpruchG, § 3 Rn. 25; Krolop, NZG 2005, 546, 547; so ohne nähere Begründung Leuering in Simon SpruchG, § 3 Rn. 58. 1257 Vgl. nur Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 3 Rn. 36 f. 1258 KG Berlin, Beschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 297; zustimmend Wittgens, BB 2008, 356, 357. 1259 Siehe oben 4. Teil: D.V.2.a)dd), S. 276 ff.; a. A. Wittgens, Spruchverfahrensgesetz, S. 82 f. 1260 Ausreichend ist die „Darlegegung“ (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 SpruchG), daß der Antragsteller Aktionär ist, er braucht dieses nicht innherlab der Antrags- und Begründungsfrist durch Urkunden nachzuweisen vgl. nur KG Berlin, Vorlagebeschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 298 f.; dies bestätigend BGH, Beschl. v. 25. 06. 2008 – II ZB 39 / 07, DB 2008, 1735, 1736 ff. 1261 BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205, 208; dazu sogleich unten 4. Teil: D.VII.3.a)cc)(3), S. 414 ff. 1262 Ebenso OLG Stuttgart, Urt. v. 15. 10. 2008 – 20 U 19 / 07, AG 2009, 124, 130; OLG Frankfurt / Main, Beschl. v. 11. 01. 2007 – 20 W 323 / 04, AG 2007, 449, 451; Wittgens, Spruchverfahrensgesetz, S. 149 m. w. N.

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der ihrer Ermittlung zugrunde liegenden Tatsachen sowie über die Methode zur Ermittlung des Unternehmenswertes in einem schriftlichen Bericht informieren muß1263, stehen den Aktionären ausreichende Informationen zur Verfügung, um ihren Antrag i. S. d. § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SpruchG analog zu begründen.1264 (2) Antrags- und Begru¨ndungsfrist Die antragsberechtigten Aktionäre müssen den Antrag auf Gewährung oder Überprüfung der Höhe der Abfindung gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 SpruchG binnen drei Monaten seit dem Tage, an dem die Eintragung der jeweiligen Strukturmaßnahme nach Nr. 1 – 4 in das Handelsregister als bekannt gemacht gilt, stellen und gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 SpruchG innerhalb dieser Frist nach § 4 Abs. 2 S. 2 SpruchG begründen. Da der Beschluß der Hauptversammlung über das Delisting und auch der Widerruf der Börsenzulassung nicht in das Handelsregister eingetragen werden können1265, fehlt für das Delisting ein Anknüpfungspunkt, an dem die Antragsfrist zu laufen beginnt. Einhellig legen Rechtsprechung1266 und Schrifttum1267 den Beginn der Antragsfrist nach § 4 Abs. 1 S. 1 SpruchG auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Widerrufs im Internet (§ 39 Abs. 2 S. 3 BörsG) fest. Zur Begründung wird auf den Sinn und Zweck der bekanntzumachenden Handelsregistereintragung (§ 10 HGB) verwiesen, der es den Anteilsinhabern ermöglichen solle, ohne regelmäßigen Blick in das Handelsregister über die jeweiligen Strukturmaßnahmen der Gesellschaft informiert zu sein.1268 Mit diesem Publizitätsakt sei die VeröffentSiehe oben 4. Teil: D.VI.3.c)aa)(3), S. 374 ff. und S. 377 ff. A. A. wohl Heidel, DB 2003, 548, 549, der die Begründungspflicht von vornherein teleologisch reduzieren will. Ähnlich Land / Hennings, AG 2005, 380, 382. Für den Fall, daß die Gesellschaft die notwendigen Informationen zur Begründung des Antrags verweigert, siehe unten 4. Teil: D.VII.6., S. 436 ff. 1265 BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205, 207; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03. 08. 2004 – 3 W 60 / 04, NZG 2004, 872, 873; Reiff, Gesellschaftsrechtliche Aspekte des regulären Delistings, S. 139 ff.; M. Henze, Delisting, S. 184 m. w. N.; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 256 ff.; Pluskat, Rechtsprobleme beim Going Private, S. 84 f.; Wasmann, WM 2004, 819, 823. 1266 BGH, Beschl. v. 25. 06. 2008 – II ZB 39 / 07, DB 2008, 1735, 1736; KG Berlin, Beschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 297; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 23. 08. 2007 – 3 W 147 / 07, AG 2007, 913, 915; BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205, 207; ebenso die Vorinstanz LG München I, Beschl. v. 15. 01. 2004 – 5HK O 22304 / 02, AG 2004, 393, 394 = EWiR 2004, 523 (Kiem / Riedel); OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03. 08. 2004 – 3 W 60 / 04, NZG 2004, 872, 873. 1267 Martinius / Oppen, DB 2005, 212, 213; Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 4 Rn. 28; Klöcker / Frowein, SpruchG, § 4 Rn. 10; Land / Behnke, DB 2003, 2531, 2535; Heidel, DB 2003, 548, 551; Wasmann, WM 2004, 819, 823; ders. In KölnKomm SpruchG, § 4 Rn. 9; Krieger in Lutter UmwG, SpruchG Anhang I, § 4 Rn. 3; Emmerich in Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, SpruchG, § 1 Rn. 4a; Wittgens, Spruchverfahrensgesetz, S. 137. 1268 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03. 08. 2004 – 3 W 60 / 04, NZG 2004, 872, 873. 1263 1264

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lichung des Zulassungswiderrufs vergleichbar, da auch dort den Kapitalmarktteilnehmern in ihrer Gesamtheit die Information über den Widerruf zukommen solle.1269 Den Aktionären sei es nicht unzumutbar, auf die entsprechende Veröffentlichungen im Internet zu achten, da ihnen regelmäßig im Vorfeld des Widerrufs der Börsenzulassung die Absicht der Gesellschaft bekannt sein dürfte.1270 Dem ist zuzustimmen, da die Aktionäre im Vorfeld bereits durch die Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 WpHG und durch die zu veröffentlichende Tagesordnung zur Hauptversammlung, in der über das Delisting entschieden wird, sichere Kenntnis von der Delisting-Absicht der Gesellschaft nehmen können. Des weiteren sind nicht nur die Veröffentlichungsakte als solche miteinander vergleichbar, sondern auch die dahinterstehenden Rechtsakte in Form der Handelsregistereintragung und des Widerrufs der Börsenzulassung. Denn beiden Rechtsakten ist gemeinsam, daß sie eine auf gesellschaftsrechtlicher Ebene vorbereitete Maßnahme vollziehen. Bei der Verschmelzung etwa treten die Wirkungen erst mit der Eintragung ins Handelsregister ein; der übernehmende Rechtsträger wird Rechtsnachfolger der übertragenden Gesellschaft und der übertragende Rechtsträger erlischt (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UmwG). Gleiches gilt für den Widerruf der Börsenzulassung, denn erst mit dem Widerruf durch die Geschäftsführung der Börse entfaltet der auf gesellschaftsrechtlicher Ebene vorbereitete Börsenrückzug seine Rechtsfolgen. Ein Abstellen auf den Zeitpunkt des zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses zum Delisting ist ungeeignet, da unsicher ist, ob und wann das Delisting durchgeführt wird.1271 Zwar trifft den Vorstand nach einem zustimmenden Hauptversammlungsbeschluß eine Ausführungspflicht i. S. d. § 83 Abs. 2 AktG1272, jedoch steht diese Pflicht unter dem Vorbehalt, daß die rechtlichen Voraussetzungen für einen Widerruf vorliegen und daß die weiteren Anforderungen, wie etwa die Abfindungspflicht der Minderheitsaktionäre, erfüllt werden. Diese dreimonatige Frist endet grundsätzlich mit dem Ablauf desjenigen Tages im dritten Monat, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist zu laufen beginnt (§ 17 Abs. 1 SpruchG, § 17 Abs. 1 FGG, §§ 187, 188 BGB). Ausnahmsweise kann das Gericht die dreimonatige Begründungsfrist nach § 4 Abs. 2 S. 1 SpruchG auf Antrag eines Aktionärs angemessen verlängern, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, daß er im Zeitpunkt der Antragstellung aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, über die Unterlagen i. S. d. § 7 Abs. 3 SpruchG nicht verfügt.1273 Zwar ist die Gesellschaft verpflichtet, die Aktionäre über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und die Aktionäre sowie über die tatsächli1269 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03. 08. 2004 – 3 W 60 / 04, NZG 2004, 872, 873; BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205. 207. 1270 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03. 08. 2004 – 3 W 60 / 04, NZG 2004, 872, 874. 1271 So ausdrücklich BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205. 207. 1272 Siehe dazu oben 4. Teil: D.III.3., S. 217 ff. 1273 Dies gilt nicht für die Antragsfrist nach § 4 Abs. 1 S. 1 SpruchG, da es sich dabei um eine Ausschlußfrist handelt, vgl. nur Klöcker / Frowein, SpruchG, § 4 Rn. 15.

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chen Grundlagen der Abfindungshöhe zu informieren.1274 Da sich die Informationspflicht aber nicht unmittelbar dem einfachen Recht entnehmen läßt, liegt es nahe, daß sich die Gesellschaft weigern wird, ihrer verfassungsrechtlich gebotenen Informationspflicht nachzukommen. Der einzelne Aktionär könnte zwar einen Antrag auf Gewährung einer Abfindung oder ihrer Überprüfung stellen, jedoch die Begründungspflicht kaum erfüllen, da ihm die entsprechenden Informationen fehlen. In einem solchen Fall der Weigerung kann der antragstellende Aktionär eine Fristverlängerung verbunden mit der Aufforderung zur Erfüllung der Informationspflicht durch die Gesellschaft beantragen.1275 Weigert sich die Gesellschaft trotz Aufforderung zur Informationsgewährung, nutzt dem einzelnen Aktionär die Fristverlängerung wenig. Lediglich eine Modifizierung der Begründungspflicht hilft dabei, dem einzelnen Aktionär die Begründung zuzugestehen, daß er keine ausreichenden Informationen zur Überprüfung der Abfindungshöhe erhalten hat.1276 Vielmehr muß es dann ausreichen, daß der Antragsteller schlüssig darlegt, daß er in und vor der Hauptversammlung nicht ausreichend informiert worden ist.1277 Sind die Informationen vorhanden und ist den Aktionären hingegen nur die Einsicht nicht ermöglicht worden, reicht eine Verlängerung der Begründungsfrist sicher aus. (3) Erledigung des Spruchverfahrens Die Frage nach der Erledigung eines laufenden Spruchverfahrens stellt sich immer dann, wenn die Hauptversammlung oder der Vorstand nach dem zustimmenden Beschluß über das Delisting weitere Maßnahmen beschließen, die die Sachund Rechtslage so verändern, daß die Voraussetzungen zur Durchführung des Spruchverfahrens hinsichtlich der Überprüfung der Abfindungshöhe beim Delisting nicht mehr gegeben sind.1278 Praxisrelevant ist diese Frage geworden, wenn die das Spruchverfahren betreibenden Aktionäre durch ein Squeeze-out aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden (§§ 327a ff. AktG)1279 oder wenn die Wertpapiere der Gesellschaft nach einem bereits erfolgten Widerruf auf Antrag des Vorstands wieder zum Börsenhandel zugelassen werden1280. Hinter der Erledigung, die die prozeßrechtliche Ebene des Spruchverfahrens betrifft und von Amts wegen Siehe oben 4. Teil: D.VI.3.c), S. 370 ff. So Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 4 Rn. 21. 1276 Winter / Nießen, NZG 2007, 13, 17; siehe sogleich unten zum Problem der abfindungswertbezogenen Informationsmängel 4. Teil: D.VII.6., S. 436 ff.; ebenso Land / Hennings, AG 2005, 380, 382. 1277 OLG Stuttgart, Urt. 15. 10. 2008 – 20 U 19 / 07, AG 2009, 124, 130; Winter / Nießen, NZG 2007, 13, 17; im Ergebnis ebenso Leuering in Simon SpruchG, § 4 Rn. 55. 1278 BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952, 1952 f. m. w. N. 1279 So im Fall der Ingram Macrotron AG, LG München I, Beschl. v. 15. 01. 2004 – 5HK O 22304 / 02, AG 2004, 393. 1280 So bei der Knürr AG, BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952. 1274 1275

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geprüft wird (§ 12 FGG)1281, verbirgt sich die materiell-rechtliche Frage, unter welchen Voraussetzungen der Abfindungsanspruch beim Delisting erlischt und damit nicht mehr im Spruchverfahren durchgesetzt werden kann. (a) Voraussetzung der Erledigung Der Abfindungsanspruch der außenstehenden Aktionäre nach § 305 Abs. 1 AktG, der mit dem Abschluß eines Unternehmensvertrags und der Billigung durch die Hauptversammlung entsteht, erlischt nicht durch die Kündigung des Unternehmensvertrags, so daß sich auch ein bereits beantragtes Spruchverfahren nicht erledigt.1282 Mit der Durchführung des Unternehmensvertrags entstehen den Aktionären Nachteile, wenn etwa stille Reserven aufgelöst werden, das Unternehmen in die Konzernplanung eingebunden wird und selbständig nach Kündigung des Unternehmensvertrags nicht weiterbestehen kann. Diese Nachteile können nur durch eine angemessene Abfindung abgesichert werden. Dieser Schutz der außenstehenden Aktionäre würde unterlaufen, wenn das herrschende Unternehmen den Aktionären durch die Kündigung den Abfindungsanspruch aus der Hand schlagen könnte, aber seinerseits die Vorteile des Unternehmensvertrages behalten dürfte.1283 Eine solche Regelung wäre mit Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Unternehmensvertrag noch nicht vollzogen wurde und durch die erfolgreiche Anfechtung des zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses von Anfang an nichtig war.1284 Demnach hängt das Erlöschen des Abfindungsanspruches und damit die Erledigung des Spruchverfahrens davon ab, ob dem abfindungsberechtigten Aktionär durch den Unternehmensvertrag Nachteile im Hinblick auf sein Mitgliedschaftsrecht entstanden sind. Gleiches gilt, wenn die ursprünglich aufgrund einer Mehrheitseingliederung, einer Verschmelzung oder eines Unternehmensvertrags abfindungsberechtigten Aktionäre durch den Hauptaktionär aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden (§§ 327a ff. AktG).1285 Denn die jeweilige Maßnahme greift bereits in die Mitgliedschaftsrechte des einzelnen Aktionärs ein. Ein Erlöschen des ursprünglichen Abfindungsanspruches durch das Squeeze-out würde zudem den Bewertungsstichtag zeitlich nach hinten verlagern, obwohl bereits durch die erste Maßnahme der Unternehmenswert beeinträchtigt ist und sich dies negativ auf die Abfindungshöhe beim Squeeze-out auswirkt.1286 1281 Vgl. BGH, Beschl. v. 25. 11. 1981 – IV b ZB 765 / 81, NJW 1981, 2505, 2506; a. A. Wittgens, Spruchverfahrensgesetz, S. 272. 1282 BGH, Beschl. v. 20. 05. 1997 – II ZB 9 / 96, BGHZ 135, 374, 376 ff. (Guano) = JZ 1997, 1181. 1283 BGH, Beschl. v. 20. 05. 1997 – II ZB 9 / 96, BGHZ 135, 374, 379 f. 1284 OLG Hamburg, Beschl. v. 01. 11. 2004 – 11 W 5 / 04, ZIP 2005, 437, 438 (ThyssenIndustrie AG); a.A. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 02. 03. 2004 – 3 W 167 / 03, JZ 2005, 198, 200 f. (Diebels / Reginaris) mit ablehnender Anmerkung von Luttermann, JZ 2005, 201, 203. 1285 Aubel / Weber, WM 2004, 857, 864 m. w. N.; Krieger in Lutter UmwG, SpruchG Anhang I, § 11 Rn. 16 m. w. N.; Klöcker / Frowein, SpruchG, § 11 Rn. 30. 1286 Aubel / Weber, WM 2004, 857, 864.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

(b) Erledigung des Spruchverfahrens beim Delisting Der Abfindungsanspruch beim Delisting erlischt nicht und führt damit auch nicht zur Erledigung des Spruchverfahrens, wenn den abfindungsberechtigten Aktionären durch den Widerruf der Börsenzulassung bereits Nachteile entstanden sind, die durch ein nachträgliches Squeeze-out oder die Wiederzulassung zum Börsenhandel nicht wieder beseitigt werden. Beschließt die Hauptversammlung den Ausschluß der Minderheitsaktionäre (§ 327a Abs. 1 AktG), nachdem bereits zuvor die Börsenzulassung widerrufen worden ist, bleibt der Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft aufgrund des Delisting bestehen.1287 Zwar liegt im Widerruf der Börsenzulassung kein Eingriff in den aktienrechtlichen Teil des Mitgliedschaftsrechts, jedoch verlieren die Aktionäre ihr ebenfalls verfassungsrechtlich geschütztes Recht, die Aktien über die Börse veräußern zu können. Würde mit dem Squeeze-out der Abfindungsanspruch aufgrund des Delisting erlöschen, verschöbe sich der Bewertungsstichtag zuungunsten der Aktionäre, so daß die Gefahr einer nicht mehr an dem wahren Unternehmenswert orientierten Abfindung bestünde. Ferner werden durch das Squeeze-out die Folgen des Delisting nicht aufgehoben, wie etwa bei der Beendigung eines Unternehmensvertrages, sondern manifestiert, da die Aktionäre ihre Stellung als Mitglieder der Gesellschaft verlieren. Wird die Aktie nach dem erfolgten Widerruf wieder zum Börsenhandel zugelassen (§ 32 BörsG), erlischt der Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft, so daß sich auch das Spruchverfahren erledigt.1288 Das Erlöschen des Abfindungsanspruches kann allerdings nicht darauf gestützt werden, daß die Verkehrsfähigkeit der Stammaktie aufgrund einer vorhandenen Marktenge faktisch nicht mehr gegeben war und die Vorzugsaktien zum Handel in den Freiverkehr miteinbezogen worden sind.1289 Die faktische Einschränkung der Verkehrsfähigkeit aufgrund einer vorhandenen Marktenge kann den Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft nicht ausschließen, sie führt nur dazu, daß der Börsenkurs nicht als Wertuntergrenze bei der Berechnung der Abfindung dienen kann.1290 Rechtsgrund des Abfindungsanspruches beim Delisting ist allein der Verlust der rechtlichen Veräußerungsmöglichkeit der Aktie über die Börse. Auch die Einbeziehung der Aktien in den Freiverkehr läßt den Abfindungsanspruch unberührt, da sie den Wegfall der Börsenzulassung gerade nicht kompensiert.1291 Entscheidend für das 1287

Ebenso LG München I, Beschl. v. 15. 01. 2004 – 5HK O 22304 / 02, AG 2004, 393,

394 f. 1288 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 23. 08. 2007 – 3 W 147 / 07, AG 2007, 913, 914 f.; ebenso im Ergebnis BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952, 1954 f. 1289 BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952, 1955; wohl auch Reger in Bürgers / Körber HeidelbergerKomm AktG § 119 Rn. 33. 1290 Vgl. oben 4. Teil: D.V.4.c)bb)(2)(b), S. 333 ff. 1291 Siehe oben 2. Teil: E.II.5., S. 86 ff.

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Erlöschen des Abfindungsanspruches ist, daß mit der Wiederzulassung die Folgen des Widerrufs beseitigt worden sind und der einzelne Aktionär seine Aktien wieder über die Börse veräußern kann. Allein die Zeit, in der die Aktien nicht über sie veräußert werden konnten, reicht zum Fortbestehen des Abfindungsanspruches nicht aus. Denn Rechtsgrund für das Fortbestehen des Abfindungsanspruches nach Beendigung des Unternehmensvertrags ist, daß bereits nachteilige Folgen etwa in Form von Mittelabflüssen eingetreten sind, die durch den anderen Vertragsteil zu kompensieren sind (§ 305 Abs.1 AktG). Solche dauerhaften und nachteiligen Folgen liegen bei einem zwischenzeitlichen Delisting nicht vor. Zumindest realisiert sich durch die zwischenzeitliche Beendigung der Börsenzulassung nur ein Risiko, das der börsenzugelassenen Aktie permanent innewohnt. Denn der zwischenzeitliche Widerruf ist faktisch mit einer Aussetzung des Börsenhandels nach § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG vergleichbar, der das Eigentumsgrundrecht der Aktionäre zulässigerweise beeinträchtigt und keinen Abfindungsanspruch auslöst. Nur der endgültige Widerruf der Börsenzulassung führt zu einem Abfindungsanspruch auf aktienrechtlicher Ebene. Die Gesellschaft als Antragsgegnerin kann einseitig die Erledigung erklären und beantragen, festzustellen, daß das Spruchverfahren erledigt ist. Die Gerichtskosten des Spruchverfahrens sind dem Antragsgegner nach § 15 Abs. 2 S. 1 SpruchG aufzuerlegen, da die Gesellschaft die Ursache für die Erledigung gesetzt hat. Gleiches gilt für die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers, die nach § 15 Abs. 4 SpruchG vom Antragsgegner zu tragen sind. Zwar muß der Antragsteller grundsätzlich selbst seine außergerichtlichen Kosten tragen, jedoch erlaubt § 15 Abs. 4 SpruchG die Erstattung durch den Antragsgegner, wenn dies der Billigkeit entspricht. Da der Antragsgegner mit der Wiederzulassung der Aktien zum Börsenhandel einseitig die Folgen des Delisting beseitigt und die Aktionäre darauf keinen Einfluß haben, entspricht die Kostentragung durch die Gesellschaft der Billigkeit.1292 (4) Wirkung der Entscheidung und Durchsetzung des Abfindungsanspruches Die rechtskräftige Entscheidung des Gerichts, die den abfindungsberechtigten Aktionären eine Abfindung oder deren Erhöhung zuspricht, wirkt nicht nur zwischen den Verfahrensbeteiligten, sondern gemäß § 13 S. 2 SpruchG für und gegen alle, die bereits gegen die ursprüngliche Barabfindung aus der Gesellschaft ausgeschieden sind und nicht das Spruchverfahren beantragt haben.1293 Voraussetzung für die Erstreckung der Rechtskraft auf andere Aktionäre ist beim Delisting allerdings, daß die Aktionäre abfindungsberechtigt sind, also in der Hauptversammlung gegen die Beantragung des Delisting gestimmt oder sich enthalten haben.1294 Die Ebenso BayObLG, Beschl. v. 28. 07. 2004 – 3Z BR 087 / 04, ZIP 2004, 1952, 1956. Ebenso BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 1294 Siehe zur Abfindungsberechtigung oben 4. Teil: D.V.2.a)dd), S. 276 ff.; ebenso für die Verschmelzung wird der Widerspruch gegen den Hauptversammlungsbeschluß gefordert, 1292 1293

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

gerichtliche Entscheidung, die die Abfindung auf eine bestimmte Höhe festsetzt, begründet einen materiell-rechtlichen Abfindungsanspruch, der jedoch aufgrund seiner feststellenden Wirkung selbst kein Vollstreckungstitel ist. Der abfindungsberechtigte Aktionär muß seinen zuvor festgestellten Anspruch selbständig gemäß § 16 SpruchG im Wege der Leistungsklage geltend machen. Klagen können nicht nur die am Spruchverfahren beteiligten Aktionäre, sondern aufgrund der Rechtskrafterstreckung auch alle anderen abfindungsberechtigten Aktionäre.1295 b) Erbringen der Abfindung unter Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsgrundsätze Erbringt die Gesellschaft aufgrund des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses an die abfindungsberechtigten Aktionäre eine Abfindung und übersteigt der Anteil der abfindungsberechtigten Aktionäre die Grenze von 10 % des Grundkapitals, obwohl der Ermächtigungsbeschluß nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG nur den Erwerb von Aktien bis zur 10 %-Grenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG zuläßt, würde die Gesellschaft mit dem Erwerb der Aktien der abfindungsberechtigten Aktionäre gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 S. 1 AktG) verstoßen. Isoliert betrachtet wäre der Ermächtigungsbeschluß rechtmäßig, da er der Gesellschaft nur den Erwerb von Aktien bis zur 10 %-Grenze erlaubt. Allerdings bestünde aufgrund des zustimmenden Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses die Verpflichtung der Gesellschaft zur Abfindung von mehr als 10 % des Grundkapitals. Ein nur teilweiser Erwerb der Aktien bis zur Grenze von 10 % des Grundkapitals von den abfindungsberechtigten Aktionären würde dem Grundsatz der vollen Entschädigung widersprechen. Auch der Erwerb der Aktien von einzelnen Aktionären bis zur 10 %-Grenze verstieße gegen das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot (§ 53a AktG). Die Gesellschaft kann zum Zwecke der Abfindung überhaupt keine Aktien erwerben. Der vermögensrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre liefe ins Leere, weil die Gesellschaft die Abfindungsverpflichtung nicht erfüllen kann1296. Fraglich ist daher, wie sich die Aktionäre prozessual gegen die Gefahr schützen können, daß der Vorstand aufgrund des zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses das Delisting beantragt, obwohl er die Abfindung gar nicht erbringen kann. Der prozessuale Schutz könnte in der Anfechtung des Ermächtigungsbeschlusses zum Erwerb eigener Aktien oder aber des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses bestehen.

Krieger in Lutter UmwG, SpruchG Anhang I, § 13 Rn. 3; a. A. Fritzsche / Dreier / Verfürth SpruchG, § 13 Rn. 6. 1295 Vgl. nur Klöcker / Frowein, SpruchG, § 16 Rn. 4. 1296 Siehe oben 4. Teil: D.V.2.b)aa)(2)(c), S. 285 ff.

D. Stellungnahme

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aa) Parallelbetrachtung zu Umwandlungsvorgängen In Verschmelzungsfällen entsteht eine ähnliche Problematik, wenn der übernehmende Rechtsträger gemäß § 29 Abs. 1 UmwG zur Abfindung verpflichtet ist, aber aufgrund der Kapitalerhaltungsgrundsätze die Anteile nicht erwerben darf. Zwar ist dort nur der Verschmelzungsbeschluß vorhanden, der zugleich kraft Gesetzes die Berechtigung zum Erwerb eigener Aktien aufgrund § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG in sich trägt. Jedoch kann sich auch dort die Situation ergeben, daß die Gesellschaft ihre Abfindungsverpflichtung nur unter Verstoß von § 71 Abs. 2 AktG erfüllen kann, weil die Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft aufgrund des Verschmelzungsbeschlusses die 10 %-Grenze übersteigt. Für die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses differenziert das Schrifttum danach, ob sich bereits vor Fassung des Beschlusses abzeichnet, daß die 10 %-Grenze des § 71 Abs. 2 AktG nicht eingehalten werden kann oder ob erst nachträglich eine unvorhersehbare Überschreitung vorliegt. Nur im ersten Fall muß eine Beschlußfassung unterbleiben. Ein dennoch gefaßter Hauptversammlungsbeschluß sei anfechtbar (§ 243 Abs. 1 AktG)1297 oder sogar nichtig (§ 241 Nr. 3 AktG)1298. War allerdings nicht vorherzusehen, daß die Abfindungsverpflichtung die 10 %-Grenze übersteigt, soll der Beschluß gleichwohl wirksam und auch der Erwerb der Aktien zum Zwecke der Abfindung zulässig sein, weil § 29 Abs. 1 S. 1, 2. HS UmwG für diesen Fall § 71 Abs. 4 S. 2 AktG, der die Nichtigkeit des schuldrechtlichen Geschäfts anordnet, für unanwendbar erklärt.1299 Dies gilt nach der Änderung des § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG auch für eine rechtsformwahrende Verschmelzung, d. h. auch wenn eine börsennotierte AG auf eine nicht börsennotierte AG verschmolzen wird. bb) Übertragung der Wertungen auf das reguläre Delisting? Teilweise wird für das Delisting die Auffassung vertreten, daß die zur Verschmelzung entwickelte Systematik auch auf das Delisting übertragen werden könne.1300 Dies folge aus der Vergleichbarkeit des Formwechsels einer AG in eine GmbH mit dem regulären Delisting. Da § 207 Abs. 1 S. 1, 2. HS UmwG eine Parallelregelung zu den Verschmelzungsregelungen (§ 29 Abs. 1 S. 1, 2. HS UmwG) enthalte, könne diese analog angewendet werden. Diese Auffassung beruht auf der Annahme, daß im Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting zugleich die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien enthalten sei (§ 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG ana1297 Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 24; dies. in FS Boujong, S. 175, 191 f.; Martens in FS Boujong, S. 335, 341; vgl. zur Parallelproblematik beim Formwechsel Decher in Lutter UmwG, § 207 Rn. 18 m. w. N.; Meister-Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 207 Rn. 35. 1298 Oechsler in MünchKomm AktG, § 71 Rn. 315. 1299 Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 15; Oechsler in MünchKomm AktG, § 71 Rn. 315. 1300 Oechsler in MünchKomm AktG, § 71 Rn. 293; offengelassen BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205, 210.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

log). Wie aber zuvor festgestellt, muß die Hauptversammlung gesondert über die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien beschließen.1301 Ob dieser Ermächtigungsbeschluß wirksam ist, hängt davon ab, ob die 10 %-Grenze des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG im Ermächtigungsbeschluß eingehalten wird. Das Kriterium der Vorhersehbarkeit, wie dies bei Umwandlungsvorgängen vertreten wird, ist allerdings beim Delisting untauglich. Anders als bei Umwandlungsvorgängen, wo nach Auffassung des Schrifttums der Ermächtigungsbeschluß rechtmäßig ist, wenn nicht vorsehbar war, daß mehr als 10 % der das Grundkaptial repräsentierenden Aktionäre abfindungsberechtigt sind1302, kann beim Delisting diese Situation nicht eintreten, weil der Ermächtigungsbeschluß zum Erwerb eigener Aktien dem Delisting-Hauptversammlungsbeschluß nachfolgt.1303 Im Zeitpunkt des Ermächtigungsbeschlusses steht dann bereits fest, wie hoch die Anzahl der abfindungsberechtigten Aktionäre ist, da sich dieses unmittelbar aus dem Abstimmungsverhalten bei der Abstimmung zum Delisting ergibt.1304 Im unwahrscheinlichen Fall, daß der Ermächtigungsbeschluß der Gesellschaft erlaubt, mehr als 10 % der Aktien, die das Grundkapital repräsentieren, zu erwerben, weil etwa mehr als 10 % der Aktionäre abfindungsberechtigt sind, ist der Ermächtigungsbeschluß bereits gemäß § 241 Nr. 3 AktG nichtig. Abzulehnen ist die Auffassung, die als Rechtsfolge eines solchen Verstoßes lediglich die Anfechtbarkeit gemäß § 243 Abs. 1 AktG annimmt1305, da § 71 AktG eine schwerpunktmäßig gläubigerschützende Regelung i. S. d. § 241 Nr. 3 AktG darstellt1306. Die Einhaltung der Erwerbsgrenze des § 71 Abs. 2 AktG ist demnach Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ermächtigungsbeschluß. Der einzelne Aktionär kann diesen Mangel mit der Nichtigkeitsklage i. S. d. § 249 Abs. 1 S. 1 AktG geltend machen. Von dem nichtigen Ermächtigungsbeschluß der Hauptversammlung gehen keine Rechtswirkungen aus, so daß die Gesellschaft zwar aufgrund des Hauptversammlungsbeschlusses zum Delisting zur Abfindung verpflichtet ist, diese aber mangels wirksamer Ermächtigung nicht erfüllen kann.1307 Zwar sind die HauptversammSiehe zum ganzen 4. Teil: D.V.2.b)aa)(2), S. 282 ff. Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 25; dies. in FS Boujong, S. 175, 191 f. 1303 Die Auffassung des Schrifttums ist für die Umwandlungskonstellationen konsequent, da erst mit dem Widerspruch gegen den Umwandlungsbeschluß (vgl. § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG für die Verschmelzung) die Grundlage für die Abfindung der Aktionäre gelegt wird und ein Hauptversammlungsbeschluß nicht nachträglich unwirksam werden kann. Da der Widerspruch erst nach dem Beschluß über die jeweilige Umwandlungsmaßnahme eingelegt werden kann, besteht auch erst dann Klarheit über den Umfang der zu gewährenden Abfindung. 1304 Vgl. oben 4. Teil: D.V.2.a)dd), S. 276 ff. 1305 Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 24; dies. in FS Boujong, S. 175, 191. 1306 Zur GmbH vgl. BGH, Beschl. V. 09. 12. 1954 – II ZB 15 / 54, BGHZ 15, 391, 392 f.; RG, Urt. V. 24. 11. 1933 – II 113 / 33, RGZ 142, 286, 289 ff.; zur AG Hüffer in MünchKomm AktG, § 241 Rn. 55; Oechsler in MünchKomm AktG, § 71 Rn. 315; K. Schmidt in GroßKomm AktG, § 241 Rn. 60; Hüffer AktG, § 241 Rn. 17. 1307 Diese Konstellation ist mit dem Fall vergleichbar, daß von Anfang an kein Ermächtigungsbeschluß vorhanden ist, siehe dazu sogleich 4. Teil: D.VII.3.c), S. 422 f. 1301 1302

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lungsbeschlüsse zum Delisting und zum Erwerb eigener Aktien grundsätzlich rechtlich getrennt zu betrachten. Gleichwohl sind beide Beschlüsse eng miteinander verbunden, weil das Delisting nur mit einer Abfindung der Minderheitsaktionäre zulässig ist. Der Ermächtigungsbeschluß dient dazu, daß die Gesellschaft ihre Abfindungsverpflichtung gegenüber den Aktionären erfüllen kann. Ohne eine solche Ermächtigung erhält der einzelne abfindungsberechtigte Aktionär keine Abfindung. Der nichtige Ermächtigungsbeschluß führt zwar nicht zur Nichtigkeit des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses, jedoch ist der Delisting-Hauptversammlungsbeschluß i. S. d. § 243 Abs. 1 AktG zumindest anfechtbar, da die Gesellschaft ihre Verpflichtung zur Abfindung der Aktionäre nicht nachkommen kann. Eine Durchsetzung des vermögensrechtlichen Schutzes der Aktionäre im Wege des Spruchverfahrens scheidet aus. Im Falle, daß der Ermächtigungsbeschluß die 10 %-Grenze einhält, obwohl mehr als 10 % der das Grundkapital repräsentiertenden Aktionäre abfindungsberechtigt sind, verstößt der Ermächtigungsbeschluß für sich nicht gegen gläubigerschützende Regelungen und kann daher nicht mit der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage beseitigt werden. Gleichwohl verstößt der Delisting-Hauptversammlungsbeschluß jedoch gegen das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot (§ 53a AktG), weil die Gesellschaft nicht alle, sondern nur einen Teil der Abfindungsansprüche der Aktionäre erfüllen kann.1308 Die Gesellschaft ist aber verfassungsrechtlich zur Abfindung aller dazu berechtigten Aktionäre verpflichtet. Der Delisting-Hauptversammlugnsbeschluß kann daher aufgrund des Verstoßes gegen das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot nach § 243 Abs. 1 AktG angefochten werden. Beantragt der Vorstand trotz des nichtigen Ermächtigungsbeschlusses oder des anfechtbaren Hauptversammlungsbeschlusses das Delisting, haben die Aktionäre einen Anspruch auf Rücknahme des Delisting-Antrags.1309 Der Schutz der Aktionäre erfolgt durch den Erhalt der Börsenzulassung und damit der erhöhten Verkehrsfähigkeit, nicht aber über die Gewährung einer Abfindung.

cc) Ermächtigungsbeschluß und Erwerbsangebot eines Bieters Die Nichtigkeit eines gegen die 10 %-Grenze des § 71 Abs. 2 AktG verstoßenden Ermächtigungsbeschlusses und damit die Anfechtbarkeit des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses tritt jedoch nicht ein, wenn ein Bieter den vermögensrechtlichen Schutz der Aktionäre durch ein Erwerbsangebot gewährleistet und damit zugleich das Grundkapital der Gesellschaft unangetastet bleibt. Ein dennoch gefaßter Ermächtigungsbeschluß der Hautpversammlung ist nicht nichtig und der Delisting-Hauptversammlungsbeschluß auch nicht anfechtbar, da die Gesellschaft 1308 1309

Siehe dazu bereits oben 4. Teil: D.V.2.c), S. 295 ff. Vgl. oben 4. Teil: D.VII.2., S. 398 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

selbst die verfassungsrechtlich gebotene Abfindung an die austrittswilligen Aktionäre nicht zu erbringen braucht.

c) Fehlen eines Ermächtigungsbeschlusses trotz Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting Beschließt die Hauptversammlung zwar das Delisting, ermächtigt sie aber die Gesellschaft nicht zum Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, ist fraglich, welche Rechtsschutzmöglichkeit der einzelne Aktionär hat. Praktisch könnte ein solcher Fall werden, wenn vor der Abstimmung in der Hauptversammlung über das Delisting davon ausgegangen wird, daß nur bis zu einem Anteil von 10% des Grundkapitals Aktionäre zur Abfindung berechtigt sein werden, sich aber aufgrund des konkreten Abstimmungsverhaltens nach dem Beschluß der Hauptversammlung zum Delisting herausstellt, daß mehr als 10 % des das Grundkapital repäsentierenden Aktionäre abfindungsberechigt sind und daraufhin gar kein Ermächtigungsbeschluß mehr gefaßt wird oder dieser abgelehnt wird, weil die Gesellschaft damit ihre Verpflichtung zur Abfindung nicht wird erfüllen können. Man könnte in diesem Fall von einem „steckengebliebenen Delisting“ sprechen, weil der Vorstand auf der einen Seite ermächtigt ist, den Delisting-Antrag zu stellen, aber auf der anderen Seite den Aktionären keine Abfindung gewähren kann.1310 Auch in diesem Fall stellt sich die Frage, auf welchem Wege der einzelne Aktionär Rechtsschutz erlangen kann. Zunächst könnte für die Geltendmachung eines solchen Mangels das Spruchverfahren in Betracht kommen, da mit dem zustimmenden Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting die Rechtsgrundlage für den Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft gelegt ist. Jedoch ist der Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft aufgrund einer fehlenden Ermächtigung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) wegen des Rückgewährverbotes nach § 57 Abs. 1 AktG schon von vornherein nicht erfüllbar. Damit kann die Gesellschaft ihre verfassungsrechtlich gebotene Verpflichtung zur Abfindung nicht erfüllen. Zwar ist das rechtliche Schicksal des Hauptversammlungsbeschlusses zum Delisting grundsätzlich getrennt von weiteren Voraussetzungen zu beurteilen, was insbesondere die Frage der Entstehung des Abfindungsanspruches angeht1311. Gleichwohl muß die Abfindung der Aktionäre gesichert sein. Die ohne einen Ermächtigungsbeschluß der Hauptversammlung vorgenommene Abfindung der Aktionäre würde den Aktionären keine gesicherte Rechtsposition vermitteln, da sie gemäß § 62 Abs. 1 AktG zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen verpflichtet wären. Daher ist davon auszugehen, daß 1310 Damit ein solcher Fall nicht eintritt, wird man im Falle eines nichtvorhersehbaren Abstimmungsverhaltens der Aktionäre der Gesellschaft empfehlen, daß die Abfindungsverpflichtung durch einen Dritten in Form eines Erwerbsangebots abgesichert wird, siehe dazu oben 4. Teil: D.V.2.b)bb)(3), S. 291 ff. 1311 Siehe dazu oben 4. Teil: D.V.2.b)aa)(2)(c), S. 285 ff.

D. Stellungnahme

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der Delisting-Hauptversammlungsbeschluß, der ohne den begleitenden Ermächtigungsbeschluß nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG gefaßt worden ist, i. S. d. § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar ist. Gegen eine Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses zum Delisting spricht, daß der Beschluß selbst nicht die Kapitalerhaltungsregelungen verletzt, sondern lediglich Anlaß dazu sein kann, daß die Gesellschaft unrechtmäßig Abfindungen an Aktionäre leistet. Für die Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses spricht des weiteren, daß durch ihn der Rechtsschein eines rechtmäßigen Delisting erzeugt wird, obwohl der für die Durchführung des Delisting notwendige Ermächtigungsbeschluß nicht getroffen worden ist oder getroffen werden konnte. Um diesen Rechtsschein zu beseitigen, muß es den Aktionären möglich sein, diesen auch mit der Anfechtungsklage zu beseitigen. Hat der Vorstand das Delisting bereits aufgrund des Hauptversammlungsbeschlusses beantragt oder beabsichtigt er dies, so können die Aktionäre dem mit einer einstweiligen Verfügung auf Rücknahme des Delisting-Antrags oder einer Unterlassungsverfügung begegnen.1312 Ebenso wie bei der Nichtigkeit des Ermächtigungsbeschlusses tritt die Anfechtbarkeit des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses nicht ein, wenn ein Bieter den vermögensrechtlichen Schutz der Aktionäre durch ein Erwerbsangebot gewährleistet und damit zugleich das Grundkapital der Gesellschaft unangetastet bleibt.1313

d) Zusammenfassung Verstößt die Gesellschaft mit ihrer Abfindungsverpflichtung nicht gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften und ist die Zulassung zum Börsenhandel widerrufen, können die Aktionäre ihren Abfindungsanspruch im Spruchverfahren durchsetzen, gleichgültig, ob die Gesellschaft überhaupt keine oder nur eine zu niedrige Abfindung gewährt hat. Der Antrag zur Durchführung des Spruchverfahrens kann nur von den abfindungsberechtigten Aktionären gestellt werden und bedarf der Begründung in Form von konkreten Einwendungen gegen den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert (§ 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SpruchG). Die Antrags- und Begründungsfrist zur Einleitung des Spruchverfahrens beginnt mit der Bekanntmachung des Widerrufs der Börsenzulassung im Internet. Die Antragsbegründungsfrist kann auf Antrag des Aktionärs angemessen verlängert werden, wenn ihm keine ausreichenden Informationen zur Begründung seines Antrags vorliegen. Die Erledigung des Spruchverfahrens tritt nur mit der Wiederzulassung der Aktien zum Börsenhandel ein, nicht aber durch ein nachträglich durchgeführtes Squeezeout. Die rechtskräftige Entscheidung des Gerichts wirkt für und gegen alle abfindungsberechtigten Aktionäre. 1312 1313

Siehe oben 4. Teil: D.VII.2., S. 398 ff. Siehe oben 4. Teil: D.V.2.b)bb)(3)(b), S. 292 ff.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Beruhen die Mängel bei der Abfindung darauf, daß die Gesellschaft die Abfindung aufgrund eines nicht ausreichenden Ermächtigungsbeschlusses oder einer nicht vorhandenen Ermächtigung nicht erfüllen kann und ermöglicht auch kein Bieter das Ausscheiden aus der Gesellschaft durch ein Erwerbsangebot, kann der einzelne Aktionär diesen Mangel mit der Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting geltend machen, da die Gesellschaft ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht zur Abfindung der austrittswilligen Aktionäre nicht nachkommen kann. Im Falle, daß der Ermächtigungsbeschluß nicht ausreicht, um die Abfindungsansprüche der Aktionäre zu erfüllen, verstößt der Delisting-Hauptversammlungsbeschluß gegen das aktienrechtliche Gleichheitsgebot, weil die Gesellschaft nicht alle Abfindungsansprüche erfüllen kann. Liegt schon kein Ermächtigungsbeschluß zum Erwerb eigener Aktien vor, ist der Delisting-Hauptversammlungsbeschluß ebenso anfechtbar, da die Gesellschaft überhaupt keine Abfindungsansprüche erfüllen kann. 4. Mangelndes Erwerbsangebot eines Bieters Beschließt die Hauptversammlung das Delisting der Gesellschaft und kann die Gesellschaft die erforderliche Abfindung nicht erbringen, weil etwa der Anteil der auf das Grundkapital entfallenden abfindungsberechtigten Aktionäre größer als 10 % ist und damit ein Erwerb durch die Gesellschaft gegen § 71 Abs. 2 AktG verstößt oder in der Hauptversammlung die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG nicht beschlossen worden ist, ist fraglich, auf welche Art und Weise die abfindungsberechtigten Aktionäre Rechtsschutz erlangen können, wenn kein Erwerbsangebot eines Bieters oder Großaktionärs vorliegt, das den vermögensrechtlichen Schutz der abfindungsberechtigten Aktionäre gewährleistet.1314 Gegenüber der Gesellschaft können die abfindungsberechtigten Aktionäre ihren Abfindungsanspruch nicht durchsetzen, so daß allein ein Erwerbsangebot eines Bieters den verfassungsrechtlich gebotenen Vermögensschutz der Minderheitsaktionäre gewährleisten kann1315. Die Rechtsprechung gewährt den abfindungsberechtigten Aktionären gegenüber dem Großaktionär Rechtsschutz im Spruchverfahren, selbst wenn er kein Erwerbsoder Abfindungsangebot abgegeben hat, da ihm gegenüber ein Anspruch auf Abgabe eines Angebots bestehe.1316 Gegen diese Auffassung spricht die mangelnde Vgl. oben zu diesem Mechanismus 4. Teil: D.V.2.b)bb)(3)(a), S. 291 f. Abzugrenzen ist die genannte Konstellation von dem Fall, daß kein Erwerbsangebot vorliegt, die Gesellschaft aber die Abfindungsverpflichtung erfüllen kann, weil sie unterhalb der Kapitalgrenze des § 71 Abs. 2 AktG liegt. Der einzelne Aktionär kann in diesem Fall seinen Anspruch gegenüber der Gesellschaft im Spruchverfahren durchsetzen, siehe soeben 4. Teil: D.VII.3.a), S. 402 ff. 1316 LG München I, Beschl. v. 27. 11. 2003 – 5HK O 5774 / 03, AG 2004, 395, 396 (Knürr AG); im Fall der Macrotron AG hatte der Großaktionär bereits ein Kaufangebot abgegeben, so daß offen bleibt, ob das Spruchverfahren auch bei vollkommenem Fehlen statthaft ist, vgl. 1314 1315

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Verpflichtung des Großaktionärs zur Abfindung gegenüber den Minderheitsaktionären, da sich jeder Aktionär, also auch der Großaktionär, auf die betragsmäßige Begrenzung seines finanziellen Engagements berufen und zudem privatautonom über die Abgabe eines Angebots entscheiden kann.1317 Insofern scheitert die Anwendung des Spruchverfahrens gegenüber dem Großaktionär, der überhaupt kein Abfindungsangebot abgibt, da schon kein materieller Anspruch besteht, der im Spruchverfahren festgestellt werden könnte. Der einzelne Aktionär ist jedoch nicht schutzlos gestellt, weil er gegen den Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting mit der Anfechtungsklage (§ 243 Abs. 1 AktG) vorgehen kann. Hat die Hauptversammlungsbeschluß das Delisting ohne einen Ermächtigungsbeschluß zum Erwerb eigener Aktien gefaßt1318 oder verstößt der Ermächtigungsbeschluß gegen die Grenze des § 71 Abs. 2 AktG1319 und bietet den Minderheitsaktionären auch kein Bieter den Kauf ihrer Aktien an, erhalten die abfindungsberechtigten Aktionäre keine Abfindung. Das Delisting muß wegen des mangelnden vermögensrechtlichen Schutzes der Aktionäre unterbleiben. Der vermögensrechtliche Schutz der Aktionäre durch einen Bieter oder einen Großaktionär wirkt insofern wie eine „Bedingung“ für das wirksame Zustandekommen des Delisting-Hauptversammlungsbeschlusses.1320 5. Unzureichendes Erwerbsangebot des Bieters Unterbreitet ein Bieter den abfindungsberechtigten Aktionären ein zu niedriges Erwerbsangebot, obwohl das Delisting erst aufgrund dieses Angebots durchführbar wird, weil der Anteil der Minderheitsaktionäre mehr als 10 % des Grundkapitals der Gesellschaft beträgt, muß entschieden werden, wie die Minderheitsaktionäre ihren Anspruch auf volle Entschädigung gegenüber dem Bieter gerichtlich durchsetzen können. Zwar haben die Minderheitsaktionäre gegenüber einem Großaktionär keinen materiellen Anspruch auf Abgabe eines Erwerbsangebots.1321 Gibt jedoch ein Großaktionär oder ein anderer Bieter ein Erwerbsangebot ab, muß die Gegenleistung für den Aktienerwerb einer vollen Entschädigung entsprechen, die den Minderheitsaktionären den Austritt aus der Gesellschaft ermöglicht.1322 Da BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 533, 536; wohl auch M. Henze, Delisting, S. 177 ff. 1317 Siehe dazu oben ausführlich 4. Teil: D.V.2.b)bb)(2), S. 288 ff. 1318 Siehe oben 4. Teil: D.VII.3.c), S. 422 ff. 1319 Siehe oben 4. Teil: D.VII.3.b), S. 418 ff. 1320 Eine generelle Entscheidung für die „Bedingungs-“ oder „Anspruchslösung“, wie dies von Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 801 ff. vertreten wird, kann beim Delisting nicht getroffen werden; grundsätzlich gegen eine Bedingung wohl Spindler in Schmidt / Lutter AktG, § 119 Rn. 53. 1321 Siehe oben 4. Teil: D.V.2.b)bb), S. 287 ff. 1322 Siehe oben 4. Teil: D.V.4.b), S. 323 ff.; dient das Erwerbsangebot des Bieters nicht dazu, das Delisting durchzuführen, weil die Gesellschaft selbst die Abfindungsverpflichtung

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das Angebot des Bieters als einfaches Erwerbsangebot den Anforderungen der §§ 10 ff. WpÜG entsprechen muß1323, ist zunächst Rechtsschutz gegenüber der BaFin denkbar, da die Bundesanstalt die Veröffentlichung des Erwerbsangebots gestatten muß (§ 14 Abs. 2 S. 1 WpÜG) und gemäß § 15 WpÜG das Erwerbsangebot bei bestimmten Verstößen untersagen kann. Des weiteren kann der einzelne abfindungsberechtigte Aktionär auf aktienrechtlicher Ebene versuchen, wegen eines zu niedrigen Erwerbsangebots mit der Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting vorzugehen oder die Erhöhung der Gegenleistung aus dem Erwerbsangebot auf die volle Entschädigung im Spruchverfahren durchzusetzen. a) Rechtsschutz gegenüber der BaFin Die abfindungsberechtigten Minderheitsaktionäre könnten bereits in dem von der BaFin beaufsichtigten Angebotsverfahren gegen ein zu niedriges Erwerbsangebot des Bieters vorgehen. Zum einen könnten sie gegen die Gestattung der Veröffentlichung der Angebotsunterlagen (§ 14 Abs. 2 S. 1, 1. Alt. WpÜG) Widerspruch bei der BaFin (§ 41 Abs. 1 WpÜG) und danach eine Anfechtungsbeschwerde gemäß § 48 Abs. 1 WpÜG beim zuständigen OLG Frankfurt / Main einlegen. Andererseits könnten sie aber auch die Untersagung des Erwerbsangebots gemäß § 15 Abs. 1 WpÜG nach vorherigem Widerspruch im Wege der Verpflichtungsbeschwerde (§ 48 Abs. 1 WpÜG) durchsetzen.1324 Ein erfolgreicher Widerspruch und eine nachfolgende Beschwerde setzen unter anderem voraus, daß die BaFin die Höhe der Gegenleistung für den Erwerb der Aktien überprüft und daß die Aktionäre der Zielgesellschaft überhaupt als Dritte im Rechtsschutzverfahren widerspruchs- oder beschwerdeberechtigt sind, da die Gestattung oder die Untersagung zunächst das öffentlich-rechtliche Aufsichtsverhältnis zwischen dem Bieter und der BaFin betreffen. Zweifel bestehen bereits, ob die BaFin die Höhe der Gegenleistung eines einfachen Erwerbsangebots überprüfen muß. Der Prüfungsumfang der Angebotsunterlage erstreckt sich auf die erforderlichen Angaben nach § 11 WpÜG i.V. m. der WpÜG-AV, die Einhaltung der übrigen Regelungen des WpÜG und dort bei einem Übernahmeangebot (§§ 29 ff. WpÜG) insbesondere auf die Angemessenheit der Gegenleistung (§ 31 WpÜG i.V. m. §§ 3 ff. WpÜG-AV).1325 Für das einfache Erwerbsangebot gibt es keine Regelung, die die Gegenleistungshöhe festlegt, so daß erfüllen kann und dabei nicht gegen § 71 Abs. 2 AktG verstößt, stellt sich die Frage einer gerichtlichen Überprüfung des Erwerbsangebots nicht, da der einzelne Aktionär seinen Anspruch auf Abfindung gegenüber der Gesellschaft durchsetzen kann. 1323 Siehe oben 4. Teil: D.V.3.b)bb), S. 302 ff. 1324 Vgl. zur Unterscheidung zwischen Anfechtungs- und Verpflichtungsbeschwerde nur Schüppen / Schweizer in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 48 Rn. 7 ff. und 16 ff. 1325 Vgl. nur Scholz in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 14 Rn. 31; Seydel in KölnKomm WpÜG, § 14 Rn. 40; Johannisbauer, Rechtsschutz im WpÜG, S. 130 f.

D. Stellungnahme

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die BaFin diese auch nicht überprüft. Ein Bieter, der zur Durchführung des Delisting den Minderheitsaktionären ein Erwerbsangebot unterbreitet, weil die Gesellschaft selbst aufgrund § 71 Abs. 2 AktG die Abfindung nicht erbringen kann, darf jedoch nur eine Gegenleistung in Höhe einer vollen Entschädigung festlegen, da ansonsten der verfassungsrechtlich gebotene Eigentumsschutz der Minderheitsaktionäre nicht gewährleistet ist.1326 Insofern liegt es nahe, der BaFin auch im Fall eines einfachen Erwerbsangebots zur Durchführung des Delisting die Prüfung der Gegenleistungshöhe aufzuerlegen. Kommt die BaFin diesem Prüfungsauftrag nicht nach, kann dieser Mangel im Angebotsverfahren allerdings nicht durch die Aktionäre der Zielgesellschaft mit dem Widerspruch (§ 41 Abs. 1 WpÜG) und nachfolgend mit der Beschwerde (§ 48 WpÜG) geltend gemacht werden. Gemäß § 48 Abs. 2 WpÜG kann die Beschwerde nur derjenige erheben, der am Verfahren vor der BaFin beteiligt ist (§ 13 VwVfG). Grundsätzlich ist der Bieter Adressat der jeweiligen Verfügung der BaFin und damit Beteiligter i. S. d. § 13 VwVfG, nicht aber Dritter.1327 Ausnahmsweise kann auch ein Dritter am Verwaltungsverfahren zu beteiligen sein, wenn gemäß § 13 Abs. 2 VwVfG die rechtlichen Interessen eines Dritten durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können. Aufgrund des unklaren Wortlauts des § 48 Abs. 2 WpÜG ist offen, ob zusätzlich zur Beteiligtenstellung auch eine materielle Beschwer (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) hinzutreten muß.1328 Die überwiegende Auffassung fordert neben der Beteiligtenstellung eine materielle Beschwer oder Betroffenheit des Widerspruchs- oder Beschwerdeführers in Form einer geltend zu machenden eigenen Rechtsverletzung.1329 Daher müßten die Aktionäre der das Delisting betreibenden Zielgesellschaft geltend machen können, daß sie am Angebotsverfahren beteiligt gewesen sind und durch ein zu niedriges Erwerbsangebot des Bieters in ihren eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden. Bereits die formelle Stellung der Aktionäre als Beteiligte am Angebotsverfahren ist abzulehnen, da die Aktionäre nicht notwendig nach § 13 Abs. 2 S. 2 VwVfG hinzuzuziehen sind und auch eine einfache Hinzuziehung im Ermessen der Behörde steht (§ 13 Abs. 2 S. 1 VwVfG).1330 Selbst wenn die AktioSiehe dazu oben 4. Teil: D.V.4.b), S. 323 ff. Siehe nur Schnorbus, WM 2003, 616, 620 m. w. N. 1328 Vgl. zum Meinungsstand Pohlmann in KölnKomm WpÜG, § 48 Rn. 33 ff. m. w. N. 1329 OLG Frankfurt / Main, Beschl. v. 04. 07. 2003 – WpÜG 4 / 03, DB 2003, 1782, 1782 f. (Wella AG II); OLG Frankfurt / Main, Beschl. v. 27. 05. 2003 – WpÜG 1 / 03, DB 2003, 1371, 1374 (Wella AG I); Pohlmann in KölnKomm WpÜG, § 48 Rn. 39 ff.; dies., ZGR 2007, 1, 33 f.; Schüppen / Schweizer in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 48 Rn. 13 f.; Schnorbus, WM 2003, 616, 623; Bauer in MünchKomm AktG, WpÜG, § 48 Rn. 15; ähnlich Johannisbauer, Rechtsschutz im WpÜG, S. 172 ff., der allein die materielle Beschwer ausreichen lassen will; die Drittbetroffenheit anhand einzelner Normen will Barthel, Beschwerde nach WpÜG, S. 96 ff., feststellen, jedoch läßt er für eine materielle Beschwer die Berührung rechtlicher Interessen ausreichen, S. 151 ff.; a. A. Roth, Rechtsschutz der Aktionäre der Zielgesellschaft nach WpÜG, S. 150 ff. 1330 Schnorbus, WM 2003, 657, 660; Roth, Rechtsschutz der Aktionäre der Zielgesellschaft nach WpÜG, S. 160 f. 1326 1327

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näre als Dritte am Angebotsverfahren beteiligt waren, fehlt es zumindest an der materiellen Beschwer. Denn den Aktionären der Zielgesellschaft steht kein subjektiv-öffentliches Recht gegenüber der BaFin zu, das die Überprüfung der Gegenleistungshöhe zum Inhalt hat.1331 Obwohl sich die Gegenleistungshöhe bei einem einfachen Erwerbsangebot zur Durchführung des Delisting aus Art. 14 Abs. 1 GG ergibt, folgt daraus kein Recht auf Überprüfung durch die BaFin. Denn bereits auf einfachgesetzlicher Ebene lehnt die weit überwiegende Ansicht ein subjektivöffentliches Recht der Aktionäre der Zielgesellschaft grundsätzlich ab.1332 Die BaFin nimmt ihre Befugnisse gemäß § 4 Abs. 2 WpÜG ausschließlich im öffentlichen Interesse wahr, so daß der Schutz der Aktionäre über den Funktionsschutz des Kapitalmarktes als Rechtsreflex garantiert wird.1333 Demnach können die Minderheitsaktionäre, die Adressat des einfachen Erwerbsangebots sind, die Höhe der Gegenleistung nicht in einem Widerspruchs- oder Beschwerdeverfahren gegenüber der BaFin überprüfen lassen. b) Rechtsschutz gegenüber der Gesellschaft Entspricht die Höhe der Gegenleistung aus dem Erwerbsangebot nicht der verfassungsrechtlich gebotenen vollen Entschädigung, kann das Erwerbsangebot des Bieters nicht an die Stelle der grundsätzlich von der Gesellschaft zu erbringenden Abfindung treten. Die Gesellschaft bleibt insofern zur Abfindung verpflichtet. Ist der Anteil der abfindungsberechtigten Aktionäre jedoch größer als 10 % des Grundkapitals (§ 71 Abs. 2 AktG), kann die Gesellschaft die Abfindung nicht erfüllen. Ist zwar ein Ermächtigungsbeschluß vorhanden, reicht dieser aber nicht zur Erfüllung der Abfindungsansprüche aus, kann der einzelne Aktionär den Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting anfechten.1334 Dies gilt auch dann, wenn überhaupt kein Ermächtigungsbeschluß zum Erwerb eigener Aktien gefaßt worden ist, aber gleichwohl das Delisting durch die Hauptversammlung beschlossen wurde.1335 Fraglich ist jedoch, ob die Anfechtungsklage vor dem Hintergrund eines abgegebenen Erwerbsangebots der richtige Rechtsbehelf ist oder ob die abfindungs1331 OLG Frankfurt / Main, Beschl. v. 04. 07. 2003 – WpÜG 4 / 03, DB 2003, 1782, 1783; Krause, NZG 2004, 3681, 3687; a. A. Barthel, Beschwerde nach WpÜG, S. 131, der § 31 WpÜG einen Individualschutz entnehmen will. Ebenso Johannisbauer, Rechtsschutz im WpÜG, S. 133 f. 1332 OLG Frankfurt / Main, Beschl. v. 04. 07. 2003 – WpÜG 4 / 03, DB 2003, 1782, 1783; in diesem Sinne auch der Nichtannahmebeschluß des BVerfG, Beschl. v. 02. 04. 2004 – 1 BvR 1620 / 03, NZG 2004, 617; 617 f.; Zschocke / Rahlf, DB 2003, 1785; Schnorbus, WM 2003, 657, 658 f.; a. A. Barthel, Beschwerde nach WpÜG, S. 122 ff., der anhand der einzelnen Norm den Schutznormcharakter feststellt. 1333 Schnorbus, WM 2003, 657, 658; Pohlmann, ZGR 2007, 1, 20 m. w. N. 1334 Vgl. dazu oben 4. Teil: D.VII.3.b), S. 418 ff. 1335 Siehe oben 4. Teil: D.VII.3.c), S. 422 ff.

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berechtigten Aktionäre nicht im Wege des Spruchverfahrens eine Erhöhung der angebotenen Gegenleistung verlangen können1336. Die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage hätte weitreichende Konsequenzen im Hinblick auf die Durchführbarkeit des Delisting und die Art des den Minderheitsaktionären gewährten Rechtsschutzes. Erhebt ein Aktionär erfolgreich Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting mit der Begründung, die Gesellschaft könne die Abfindung wegen § 71 Abs. 2 AktG nicht erfüllen und auch das Erwerbsangebot des Bieters erfülle die Anforderungen an eine volle Entschädigung der Minderheitsaktionäre nicht, fehlt dem Delisting die aktienrechtliche Grundlage. Einen beabsichtigten oder bereits gestellten Delisting-Antrag könnten die Aktionäre mit der Unterlassungs- oder Rücknahmeverfügung angreifen und damit das Delisting insgesamt verhindern1337. Der Rechtsschutz würde in Form des Bestandsschutzes, nämlich durch den Erhalt der Börsenzulassung und damit der rechtlichen Voraussetzung für die erhöhte Verkehrsfähigkeit, gewährt. Ein Ausscheiden der Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft gegen Gewährung eines angemessenen finanziellen Ausgleichs kann demnach mit der Anfechtungsklage nicht erreicht werden. Zweifelhaft ist, ob dieser gewährte Rechtsschutz den rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der ausscheidungswilligen Minderheitsaktionäre entspricht, da das Gericht im Klageverfahren nur inzident die ordnungsgemäße Gegenleistungshöhe des Erwerbsangebots feststellt, die Höhe der Gegenleistung jedoch nicht an die volle Entschädigungshöhe anpaßt. Nur eine der vollen Entschädigung entsprechende Gegenleistung kann die Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses verhindern. Die Höhe der Gegenleistung fehlerfrei im Erwerbsangebot festzulegen ist aber aufgrund der Komplexität der Berechnung des Anteilswertes nahezu unmöglich, so daß jeder Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting dem Anfechtungseinwand ausgesetzt ist. Das Delisting könnte nur durchgeführt werden, wenn die Gesellschaft selbst die Abfindung leisten kann, also weniger als 10 % der Anteilsinhaber des Grundkapitals eine Abfindung verlangen können. Dieser Befund verhält sich jedoch widersprüchlich zu der einfachen Beschlußmehrheit in der Hauptversammlung zum Delisting. Obwohl die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit das Delisting beschließen kann, bestünde faktisch ein Mehrheitserfordernis von 90 % des Grundkapitals, da nur dann die Abfindung der gegen das Delisting stimmenden Aktionäre durch die Gesellschaft gewährleistet wäre. Der Vermögensschutz der Minderheitsaktionäre könnte nicht durch einen Bieter gewährleistet werden, da immer die Gefahr bestünde, daß die Gegenleistung aus dem Erwerbsangebot nicht der vollen Entschädigung entspricht und der Hauptversammlungsbeschluß aufgrund einer Anfechtung von Anfang an nichtig ist. Eine solch strenge Bindung der Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses an die richtige Höhe der Gegenleistung würde faktisch zum Vorrang des Minderheitsschutzes in Form des Bestandsschutzes gegenüber dem Willen der AktionärsmehrZur Statthaftigkeit des Spruchverfahrens sogleich unten 4. Teil:D.VII.5.c), S. 430 ff. Siehe dazu oben bei vollständigem Fehlen des Hauptversammlungsbeschlusses 4. Teil: D.VII.1., S. 381 ff. 1336 1337

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heit führen. Der Gesetzgeber bringt aber mit den Abfindungsregelungen im Aktien- und Umwandlungsrecht zum Ausdruck, daß die Wirksamkeit einer von der Mehrheit beschlossenen Maßnahme nicht von der Angemessenheit des finanziellen Ausgleichs der Minderheitsaktionäre abhängen soll (z. B. § 32 UmwG, § 305 Abs. 5 AktG), sondern getrennt davon zu beurteilen ist. Die der Aktionärsmehrheit unterliegenden Minderheitsaktionäre haben keinen Anspruch auf Bestandsschutz, sondern lediglich einen auf Vermögensschutz. Dieser wird durch die Gewährung einer Abfindung oder andere Ausgleichsleistungen gewährleistet, die im Spruchverfahren gerichtlich nachgeprüft werden können. Beschließt die Aktionärsmehrheit das Delisting der Gesellschaft, hat der Vollzug dieses Willens Vorrang vor dem Bestandsschutz der Minderheit. Die Frage des Vermögensschutzes ist von der Frage der Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses zu trennen. Dieser Wille zur Durchführung des Delisting manifestiert sich zudem in dem Erwerbsangebot des Bieters, der an Stelle der Gesellschaft den finanziellen Ausgleich für den Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktien erbringen will. Beschließt die Aktionärsmehrheit in der Hauptversammlung das Delisting und gibt ein Bieter ein Erwerbsangebot zur Durchführung des Delisting ab, weil die Gesellschaft die Abfindung aufgrund der Erwerbsgrenze in § 71 Abs. 2 AktG nicht erfüllen kann, kann ein einzelner Aktionär gegen den Hauptversammlungsbeschluß nicht im Wege der Anfechtungsklage mit der Begründung vorgehen, daß die angebotene Gegenleistung des Bieters zu niedrig sei. Die Anfechtungsklage gewährleistet den Bestandsschutz und schießt über das verfassungsrechtlich gebotene Ziel, den Vermögensschutz der Minderheitsaktionäre zu gewährleisten, hinaus. Die Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses bei einer zu niedrigen Gegenleistung höhlt den Willen der Aktionärsmehrheit unzulässig aus, indem das Delisting letztlich undurchführbar wird, weil der abfindungsberechtigte Anteil der Aktionäre 10 % des Grundkapitals der Gesellschaft übersteigt, obwohl kraft Gesetzes eine einfache Beschlußmehrheit in der Hauptversammlung ausreicht.1338 Durch die Abgabe eines Erwerbsangebots manifestiert der Bieter den Willen der Aktionärsmehrheit, das Delisting durchzuführen, so daß diesem der Vorrang vor dem Bestandsinteresse der Minderheitsaktionäre zu geben ist. c) Rechtsschutz gegenüber dem Bieter auf Erhöhung der Gegenleistung Nachdem die Anfechtungsklage als Rechtsmittel gegenüber der Gesellschaft und gleichzeitig der Bestandsschutz der Minderheitsaktionäre abgelehnt wurde, geht es um die Gewährleistung des Vermögensschutzes der Aktionäre, die das Er1338 Diese Argumentation greift auch, wenn für den Beschluß der Hauptversammlung eine Dreiviertel – Mehrheit gefordert wird, da auch dann das Delisting beschlossen werden kann, obwohl die Gesellschaft nicht in jedem Fall die Abfindung leisten kann. Auch dann kann ein Erwerbsangebot den Vermögensschutz der Aktionäre nicht immer gewährleisten, da die genaue Festlegung der Gegenleistungshöhe nahezu unmöglich ist.

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werbsangebot angenommen und für ihre Aktien eine zu niedrige Gegenleistung erhalten haben. aa) Überprüfung der Gegenleistungshöhe im Spruchverfahren Den vermögensrechtlichen Schutz ausgleichsberechtigter Aktionäre gewährleistet auf gesellschaftsrechtlicher Ebene das Spruchverfahren (§§ 1 ff. SpruchG), indem ein zu niedriger finanzieller Ausgleich an den jeweiligen materiellen Anspruch angepaßt wird. Insofern liegt es nahe, die Gegenleistung des Bieters im Spruchverfahren überprüfen zu lassen. Diesen Weg geht auch die Rechtsprechung und unterwirft ein Kaufangebot des Großaktionärs gegenüber den Minderheitsaktionären der Überprüfung im Spruchverfahren.1339 Diese gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit beruht auf dem von der Rechtsprechung unterstellten eigenständigen gesetzlichen Abfindungsanspruch der Minderheitsaktionäre gegenüber dem Großaktionär, dem jedoch nach hier vertretener Ansicht nicht gefolgt wird1340. Der Großaktionär kann sich nur durch ein von ihm freiwillig abgegebenes Erwerbsangebot zum finanziellen Ausgleich in Form einer Geldleistung verpflichten, da sich sein finanzielles Engagement auf seinen Aktienanteil beschränkt.1341 Eine Überprüfung der Gegenleistungshöhe im Wege des Spruchverfahrens ist daher abzulehnen, weil für eine analoge Anwendung der §§ 1 ff. SpruchG die planwidrige Regelungslücke fehlt.1342 Das WpÜG erwähnt an keiner Stelle eine Überprüfung der Gegenleistung des Bieters im Wege des Spruchverfahrens, so daß zunächst eine Regelungslücke vorzuliegen scheint. Diese ist aber nicht planwidrig, da der Gesetzgeber mit dem WpÜG gleichzeitig das Squeeze-out (§§ 327a ff. AktG) eingeführt hat und dort die Überprüfung der Abfindung im Spruchverfahren stattfindet (§ 327 f. AktG).1343 Dieses läßt auf eine planvolle Regelungslücke schließen, weil er ansonsten das WpÜG mit in den Anwendungsbereich des Spruchverfahrens einbezogen hätte.1344 Auch bei Erlaß des SpruchG zog der Gesetzgeber die Anwen1339 Ohne Differenzierung zwischen Gesellschaft und Großaktionär BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536; ausdrücklich bejahen die Überprüfungsmöglichkeit im Spruchverfahren BGH, Beschl. v. 25. 06. 2008 – II ZB 39 / 07, DB 2008, 1735, 1736; KG Berlin, Vorlagebeschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 297; BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205, 210; LG München I, Beschl. v. 15. 01. 2004 – 5HK O 22304 / 02, AG 2004, 393, 394; so wohl auch OLG Frankfurt / Main, Urt. v. 21. 02. 2007 – 23 U 86 / 96, NZG 2007, 758, 758 f. 1340 Siehe dazu oben 4. Teil: D.V.2.b)bb)(2), S. 288 ff. 1341 Vgl. oben 4. Teil: D.V.2.b)bb)(3), S. 291 ff. 1342 Ebenso Verse, ZIP 2004, 199, 207 f.; Marsch-Barner in Baums / Thoma WpÜG § 31, Rn. 124. 1343 Lappe / Stafflage, BB 2002, 2185, 2191 f.; Roth, Rechtsschutz der Aktionäre der Zielgesellschaft nach WpÜG, S. 237 f. 1344 A. A. BGH, Beschl. v. 25. 06. 2008 – II ZB 39 / 07, DB 2008, 1735, 1736; KG Berlin, Vorlagebeschl. v. 31. 10. 2007 – 2 W 14 / 06, AG 2008, 295, 297, die von einer Pflicht eines Aktionärs auf Abgabe eines Kaufangebots ausgehen und daher das „Kaufangebot“ auch nicht

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

dung des SpruchG auf die Gegenleistung im Übernahmeverfahren nicht in Erwägung. Demnach kann die Höhe der Gegenleistung des Bieters nicht im Spruchverfahren gerichtlich überprüft werden. bb) Überprüfung der Gegenleistungshöhe im Wege der zivilprozessualen Leistungsklage (1) Statthaftigkeit der zivilprozessualen Leistungsklage Obwohl das WpÜG die gerichtliche Überprüfung der Gegenleistungshöhe im Wege des Spruchverfahrens nicht vorsieht, ist der Aktionär der Zielgesellschaft, der das Erwerbsangebot angenommen hat, nicht rechtsschutzlos. Er kann im Wege der zivilprozessualen Leistungsklage die Höhe der Gegenleistung gerichtlich überprüfen lassen.1345 Anspruchsgrundlage für die Gegenleistung ist der Vertrag zwischen dem einzelnen Aktionär und dem Bieter über den Erwerb der Aktien gegen Zahlung eines Geldbetrages.1346 Im Gegensatz zur Entscheidung im Spruchverfahren (§ 13 S. 2 SpruchG) wirkt die Entscheidung des Gerichts aufgrund der individualvertraglichen Basis nur zwischen dem klagenden Aktionär und dem Bieter, nicht jedoch für und gegen alle Aktionäre, die das Erwerbsangebot angenommen haben.1347 Eine über die Prozeßparteien hinausgehende Wirkung kann nur mit der Durchführung eines Musterverfahrens nach §§ 1 ff. KapMuG1348 erreicht werden, weil der Musterentscheid gemäß § 16 Abs. 1 und 3 KapMuG nicht nur für die Prozeßparteien, sondern auch für die Beigeladenen des Musterverfahrens Bindungswirkung entfaltet.1349 Die Geltendmachung der richtigen Gegenleistungshöhe im Wege der Leistungsklage entspricht im Gegensatz zur aktienrechtlichen Anfechtungsklage in mehrfacher Hinsicht den rechtlichen Interessen der beteiligten Rechtssubjekte. Die Minderheitsaktionäre können die richtige Höhe der Gegenleistung gerichtlich festlegen lassen, ohne mehr verlangen zu können als ihnen verfassungsrechtlich zusteht, da die Leistungsklage nicht den Bestand der Börsenzulassung schützt, sondern den Vermögensschutz der Aktionäre beim Ausscheiden aus der Gesellschaft sicherstellt. Zudem haben sie die Möglichkeit, in einem den Regelungen zum freiwilligen Übernahmeangebot unterwerfen (siehe dazu oben 4. Teil: D.V.3.b)bb), S. 302 ff.). 1345 Schlitt in MünchKomm AktG, WpÜG, § 35 Rn. 246; Lappe / Stafflage, BB 2002, 2185, 2191 f.; Ihrig, ZHR 167 (2003), 315, 346 f.; Kremer / Oesterhaus in KölnKomm WpÜG, § 31 Rn. 105; Roth, Rechtsschutz der Aktionäre der Zielgesellschaft nach WpÜG, S. 185 ff. und 238 ff.; Hecker, ZBB 2004, 503, 506. 1346 Vgl. zu den Begründungsansätzen, daß der Bieter im Hinblick auf die angemessene Gegenleistungshöhe einem Kontrahierungszwang unterliegt, Roth, Rechtsschutz der Aktionäre der Zielgesellschaft nach WpÜG, S. 189 ff. 1347 Lappe / Stafflage, BB 2002, 2185, 2192; Hecker, ZBB 2004, 503 506. 1348 BGBl. Teil I 2005, S. 2437. 1349 Siehe zur Anwendbarkeit und den Bersonderheiten des Musterverfahrens sogleich unten 4. Teil: D.VII.5.c)bb)(3), S. 435.

D. Stellungnahme

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Musterverfahren die verfassungsrechtlich gebotene Gegenleistungshöhe des Erwerbsangebots für alle Aktionäre, die zunächst geklagt haben, feststellen zu lassen (§ 16 Abs. 1 und 3 KapMuG). Die Gesellschaft kann das Delisting beantragen, ohne daß die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses vom angebotenen finanziellen Ausgleich abhängig wäre. Auch die rechtlichen Interessen des Bieters sind gewahrt, da er durch die Abgabe eines Erwerbsangebots den verfassungsrechtlich gebotenen finanziellen Ausgleich der Minderheitsaktionäre gewährleisten und damit die Durchführung des Delisting absichern kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Großaktionär gegenüber den Minderheitsaktionären als Bieter auftritt. Zwar geht der Bieter mit der Abgabe des Erwerbsangebots das Risiko einer Erhöhung der Gegenleistung ein und könnte dadurch in seiner aus der Privatautonomie folgenden Gestaltungsfreiheit betroffen sein. Materiell-rechtlich muß sich der Bieter bei Abgabe eines Erwerbsangebots hinsichtlich der Höhe der Gegenleistung an der vollen Entschädigung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG orientieren.1350 Ein unzulässiger Eingriff in die Privatautonomie liegt darin nicht, weil der Bieter nicht in seiner Abschlußfreiheit, sondern nur in der Gestaltungsfreiheit betroffen ist.1351 Er kann frei darüber entscheiden, ob er ein Erwerbsangebot zur Durchführung des Delisting abgeben will.1352 Die Durchsetzung des vertraglichen Anspruches erfolgt daher konsequent mit der Leistungsklage vor dem jeweils örtlich zuständigen Landgericht (§ 66 Abs. 1 WpÜG). Der klagende Aktionär kann die funktionelle Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen beim jeweiligen Landgericht beantragen (§ 66 Abs. 2 WpÜG, §§ 93 ff. GVG). Insofern besteht im Hinblick auf die Überprüfung der Abfindungshöhe im Spruchverfahren ein Gleichlauf der Zuständigkeiten, da auch dort gemäß § 2 Abs. 2 SpruchG die Kammer für Handelssachen beim Landgericht zuständig ist. (2) Bezifferung des Gegenleistungsbetrages im Rahmen der Leistungsklage Klagt der einzelne Aktionär gegenüber dem Bieter die einer vollen Entschädigung entsprechenden Gegenleistung ein, steht er vor dem Problem, diesen Betrag in der Klageschrift gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu beziffern.1353 Denn grundsätzlich muß eine Leistungsklage, die auf eine Geldleistung gerichtet ist, den eingeklagten Betrag nennen.1354 Nur ausnahmsweise ist ein unbezifferter Klageantrag zulässig. Der einzelne Aktionär, der die Gegenleistung des Bieters für unangemesSiehe oben 4. Teil: D.V.4.b), S. 323 ff. Ohne diese Differenzierung wird dies teilweise abgelehnt von Wasmann, WM 2004, 819, 821; Martinius / Oppen, DB 2005, 212, 213; Schiffer / Goetz, BB 2005, 453, 456. 1352 Schon diese Abschlußfreiheit steht dem Großaktionär nach der Rechtsprechung des BGH nicht zu, er ist zur Abgabe eines Abfindungsangebots verpflichtet, BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 1353 Dieses Problem erkennt ebenfalls Verse, ZIP 2004, 199, 207. 1354 BGH, Urt. v. 26. 05. 1994 – IX ZR 39 / 93, NJW 1994, 3102, 3103; Foerste in Musielak ZPO § 253 Rn. 34; Greger in Zöller ZPO, § 253 Rn. 14. 1350 1351

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

sen hält, müßte daher zur Bezifferung des Klageantrags zunächst ein privates Gutachten über den Unternehmenswert der Zielgesellschaft erstellen lassen. Die Kosten für ein solches Privatgutachten würden ihn wegen der ernormen Höhe regelmäßig finanziell überfordern. Selbst wenn der klagende Aktionär die Gegenleistung beziffert, läuft er aufgrund der enormen Unsicherheiten bei der Unternehmensbewertung Gefahr, einen zu hohen Betrag einzufordern, der ein teilweises Unterliegen mit der entsprechenden Kostentragungspflicht zur Folge hätte. Zudem ist die richtige Höhe der Gegenleistung des Bieters für die Aktien der Zielgesellschaft regelmäßig ein Streitpunkt zwischen Bieter und Aktionären, zumal diese Streitfrage Gegenstand eines Musterverfahrens sein kann (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KapMuG) und erst in dessen Verlauf geklärt wird.1355 Daher ist fraglich, ob auch die im Rahmen des Erwerbsangebots auf eine volle Entschädigung gerichtete Klage unbeziffert zulässig ist. Unbezifferte Anträge sind nach der Rechtsprechung des BGH, an der sich der Klageantrag im konkreten Fall orientieren muß, zulässig, wenn die Bezifferung dem Kläger unmöglich oder unzumutbar ist1356 und er die tatsächlichen Grundlagen sowie die Größenordnung des zu zahlenden Betrages angibt1357. Die auf einer ersten Stufe festzustellende Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Bezifferung richtet sich dabei weniger nach allgemeinen Kriterien, als nach von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen1358. So ist es dem Schmerzensgeldkläger nicht zumutbar, daß er das volle Prozeßrisiko übernimmt, weil keine verbindlichen Schmerzensgeldtabellen existieren.1359 Wann eine Unzumutbarkeit der Bezifferung vorliegt, ist eine Einzelfallentscheidung. Allerdings schränkt der BGH den uferlos erscheinenden Begriff der Unzumutbarkeit und Unmöglichkeit ein. Folge die Unmöglichkeit der Bezifferung daraus, daß erst nach einer Beweisaufnahme eine genaue Bezifferung erfolgen solle, liege keine Unzumutbarkeit vor, weil der Kläger das Beweis- und Kostenrisiko nicht auf den Beklagten abwälzen dürfe.1360 Um dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen, muß die Klagebegründung die tatsächlichen Grundlagen, auf die sich der Klagebetrag stützt, und die Größenordnung des geltend gemachten Betrages enthalten.1361 Damit soll dem Gericht die 1355 1356 1357

Siehe dazu sogleich unten 4. Teil: D.VII.5.c)bb)(3), S. 435 ff. Grundlegend BGH, Urt. v. 13. 03. 1967 – III ZR 8 / 66, NJW 1967, 1420, 1421. Siehe zuletzt BGH, VersUrt. v. 10. 10. 2002 – III ZR 205 / 01, NJW 2002, 3769,

3769 f. 1358 Zu diesen Fallgruppen gehört insbesondere die Schmerzensgeldklage, zuletzt BGH, VersUrt. v. 10. 10. 2002 – III ZR 205 / 01, NJW 2002, 3769, 3769 f. m. w. N.; BGH, Urt. v. 30. 04. 1996 – VI ZR 55 / 95, BGHZ 132, 341, 350; Greger in Zöller ZPO, § 253 Rn. 14a; zu weiteren Fallgruppen Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 59; Lüke in MünchKomm ZPO, § 253 Rn. 118 m. w. N.; siehe zum Unterhaltsprozeß Reichold in Thomas / Putzo ZPO, § 253 Rn. 12. 1359 Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 58. 1360 BGH, Urt. v. 13. 03. 1967 – III ZR 8 / 66, NJW 1967, 1420, 1421; ebenso Lüke in MünchKomm ZPO, § 253 Rn. 117. 1361 BGH, VersUrt. v. 10. 10. 2002 – III ZR 205 / 01, NJW 2002, 3769, 3769 f. m. w. N.; BGH, Urt. v. 30. 04. 1996 – VI ZR 55 / 95, BGHZ 132, 341, 350.

D. Stellungnahme

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Festlegung der zuzusprechenden Summe ermöglicht werden.1362 Bereits die Unzumutbarkeit der Bezifferung des Klageantrags ist im Rahmen der Klage auf eine angemessene Gegenleistung zweifelhaft, weil bei einem Streit über die Höhe der Gegenleistung die Bezifferung erst nach einer Beweisaufnahme erfolgen kann. Dadurch kann der klagende Aktionär das Beweis- und Kostenrisiko auf den beklagten Bieter abwälzen, weil dieser auch nur bei einer geringfügigen Erhöhung der Gegenleistung aufgrund seines Unterliegens die Verfahrenskosten tragen müßte. Dennoch spricht für die Unzumutbarkeit, daß es dem klagenden Aktionär, der nur einen geringen Aktienanteil hält, regelmäßig wirtschaftlich unmöglich ist, ein privates Gutachten zum Unternehmenswert der Zielgesellschaft zu finanzieren. Erhöht sich die Gegenleistung nur geringfügig, steht der wirtschaftliche Aufwand in keinem Verhältnis zu den Kosten eines im Vorfeld des Prozesses zu erstellenden Privatgutachtens. Insofern wirkt dieses finanziell hohe Risiko wie eine faktische vorprozessuale Zulässigkeitsschranke. Dies erkennt auch der Gesetzgeber mit dem Erlaß des KapMuG an1363. Ginge man von der Zumutbarkeit der Bezifferung des Klageantrags aus, stünde dies zudem im Widerspruch zum Anwendungsbereich des KapMuG. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KapMuG kann ein Kläger einen Antrag auf Feststellung der richtigen Gegenleistungshöhe stellen. Diese Möglichkeit erhielte der Kläger allerdings schon gar nicht, weil der Klageantrag für das erstinstanzliche Verfahren schon unzulässig wäre. Da aber Streitigkeiten über die richtige Gegenleistungshöhe den Hauptanwendungsbereich des KapMuG bilden1364, ist dem Kläger die Bezifferung der richtigen Gegenleistungshöhe unzumutbar. Denn gerade diese soll doch erst in einem Musterverfahren rechtsverbindlich festgestellt werden können. Daher ist bei der Überprüfung der Gegenleistungshöhe grundsätzlich ein unbezifferter Klageantrag zulässig. Der vom BGH geforderten Angabe der tatsächlichen Grundlagen bedarf es nur insoweit, als dem einzelnen Aktionär dazu veröffentlichte Angaben, etwa aufgrund der Angebotsunterlage, vorliegen. Da gerade die Höhe der Gegenleistung in einem solchen Verfahren streitig ist und individuell auf das jeweilige Unternehmen bezogen ist, liegen auch keine Erfahrungswerte vor, die zur Bezifferung einer Größenordnung herangezogen werden könnten. Insofern muß der Kläger die Größenordnung einer höher anzusetzenden Gegenleistung nicht nennen. (3) Musterverfahren zur Feststellung der richtigen Anspruchsho¨he Der Aktionär, der das Erwerbsangebot des Bieters angenommen hat und die angemessene Höhe der Gegenleistung im Wege der zivilprozessualen Leistungsklage durchsetzen will, kann unter den Voraussetzungen des KapMuG einen Antrag auf 1362 BGH, VersUrt. v. 10. 10. 2002 – III ZR 205 / 01, NJW 2002, 3769, 3769 f. m. w. N.; BGH, Urt. v. 30. 04. 1996 – VI ZR 55 / 95, BGHZ 132, 341, 350; Lüke in MünchKomm ZPO, § 253 Rn. 120. 1363 BT-Drucks. 15 / 5091, S. 1; Zypries, ZRP 2004, 177, 177 f. 1364 So auch die Einschätzung von Hecker, ZBB 2004, 503, 504.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Durchführung eines Musterverfahrens stellen, in dem die richtige Höhe der Gegenleistung festgestellt wird (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KapMuG).1365 Dazu muß der Aktionär in seinem Feststellungsantrag, der beim Prozeßgericht zu stellen ist, das Feststellungsziel nennen (§ 1 Abs. 2 S. 2 KapMuG). Dies ist im Falle eines zu niedrigen Erwerbsangebots die Feststellung einer Gegenleistung, die einer vollen Entschädigung für die Aktien der Zielgesellschaft entspricht. Das Feststellungsziel muß der Kläger begründen, indem er die tatsächlichen und rechtlichen Umstände und Beweismittel nennt. Dies bedeutet bei einem zu niedrigen Erwerbsangebot, daß der Aktionär der Zielgesellschaft darlegen muß, daß das Angebot der Durchführung des Delisting der Gesellschaft dient und die Gesellschaft aufgrund der Kapitalerhaltungsregelungen nach § 71 Abs. 2 AktG keine Abfindung zahlen darf. Das Prozeßgericht erläßt den Musterbescheid, der eine Entscheidung des übergeordneten OLG herbeiführt, wenn es sich um den ersten Musterfeststellungsantrag handelt und innerhalb von vier Monaten nach der Bekanntgabe in mindestens neun weiteren Verfahren vor dem Prozeßgericht oder anderen Gerichten gleichgerichtete Musterfeststellungsanträge gestellt wurden (§ 4 Abs. 1 S. 1 KapMuG). Am Musterverfahren sind nicht nur der Musterkläger und der Musterbeklagte beteiligt, sondern es sind auch die übrigen Prozeßbeteiligten der ausgesetzten Verfahren zum Musterverfahren beizuladen (§ 8 Abs. 1 und 3 KapMuG). Die Beigeladenen sind nach § 12 KapMuG berechtigt, ebenso wie die eigentlichen Prozeßbeteiligten, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen, soweit diese nicht im Widerspruch zu denen der Hauptpartei stehen. Der Musterentscheid bindet das Prozeßgericht in dem im Musterentscheid getroffenen Umfang und wirkt über dieses Prozeßverhältnis hinaus für und gegen die Beigeladenen (§ 16 Abs. 1 KapMuG). Der Musterentscheid, der die richtige Höhe der Gegenleistung festlegt, hat für alle zum Musterverfahren beigeladenen Aktionäre den Vorteil, daß sie die Gegenleistungshöhe im eigenen Prozeß nicht mehr darlegen und beweisen müssen. Hinzukommt, daß das Kostenrisiko für ein gerichtliches Gutachten zur Unternehmenswertbestimmung bei einem Unterliegen der klagenden Aktionäre auf alle am Musterverfahren Beteiligten dadurch minimiert wird, daß die Kosten des Verfahrens gemäß § 17 S. 3 KapMuG anteilig nach der Höhe des geltend gemachten Betrages auf die Beteiligten verteilt werden. 6. Informationsmängel Die Aktionäre erhalten vom Vorstand der Gesellschaft und bei Abgabe eines Erwerbsangebotes durch einen Bieter in der Angebotsunterlage Informationen über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und die Aktionäre sowie über die Abfindungs- oder Gegenleistungshöhe. Kommt die Gesellschaft ihren Informationspflichten nicht nach oder unterläßt der Bieter in den Angebotsunterlagen Angaben 1365 Vgl. BGH, Beschl. v. 10. 06. 2008 – XI ZB 26 / 07, ZIP 2008, 1326, 1327, der ausdrücklich nur Erfüllungsansprüche nach dem WpÜG zuläßt; siehe im einzelnen zum KapMuG nur Hess, ZIP 2005, 1713; Möllers / Weichert, NJW 2005, 2737; Schneider, BB 2005, 2249.

D. Stellungnahme

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über die Berechnung der Gegenleistungshöhe, ist fraglich, wie der einzelne Aktionär diese Informationspflichten gerichtlich durchsetzen kann.

a) Fehlende oder unzureichende Information durch die Gesellschaft Die Gesellschaft muß, vertreten durch den Vorstand, ad hoc über die DelistingAbsicht gemäß § 15 Abs. 1 WpHG informieren, der Vorstand bei der Einberufung der Hauptversammlung (§ 121 Abs. 2 AktG) in der Tagesordnung das Delisting als Beschlußgegenstand bekannt machen (§ 124 Abs. 1 AktG) und die Aktionäre auf der Grundlage des Art. 14 Abs. 1 GG über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und die Aktionäre sowie über die Höhe der Abfindung informieren.1366 Zudem haben die Aktionäre gegenüber dem Vorstand ein Auskunftsrecht (§ 131 Abs. 1 AktG). Im Hinblick auf jede einzelne Bekanntmachungspflicht ist zu untersuchen, in welchem Rechtsschutzverfahren der einzelne Aktionär Verstöße gegen diese Pflichten geltend machen kann. aa) Bekanntmachungsmängel, fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilung und Auskunftserzwingung Mängel bei der Bekanntmachung des Delisting als Beschlußgegenstand der Hauptversammlung (§ 124 AktG) kann der einzelne Aktionär im Wege der Anfechtungsklage geltend machen1367 und damit einen Delisting-Beschluß der Hauptversammlung für nichtig erklären lassen. Bei unterlassener oder unwahrer Mitteilung von Insiderinformationen macht sich der Emittent gegenüber den Aktionären gemäß §§ 37b, 37c WpHG schadensersatzpflichtig. 1368 Eine fehlende Auskunft in der Hauptversammlung kann der einzelne Aktionär im Auskunftserzwingungsverfahren nach § 132 AktG geltend machen.1369 bb) Verletzung der weitergehenden Informationspflichten beim Delisting Schwieriger gestaltet sich die Rechtslage bei den Informationen, die der Vorstand den Aktionären aufgrund Art. 14 Abs. 1 GG mit der Einberufung zur Hauptversammlung geben muß. Da die Informationspflichten des Vorstands Informationen über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und die Aktionäre umfassen, Siehe oben 4. Teil: D.VI.3.c)aa)(3), S. 374 ff. Vgl. nur Hüffer in MünchKomm AktG, § 243 Rn. 33 f. 1368 Siehe zur alten Rechtslage noch Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 154. 1369 Siehe bereits Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 145. 1366 1367

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

insbesondere im Hinblick auf die von der Gesellschaft zu leistende Abfindung1370, ist fraglich, ob auftretende Mängel mit der Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluß oder aber im Spruchverfahren geltend zu machen sind. Das Spruchverfahren wird beim Delisting gemäß § 1 SpruchG analog auf das gerichtliche Verfahren zur Bestimmung der Barabfindung angewendet.1371 Die Geltendmachung von Informationspflichtverletzungen des Vorstands der Gesellschaft gegenüber den Aktionären vor und während der Hauptversammlung fallen dem Wortlaut nach nicht in den Anwendungsbereich des Spruchverfahrens, so daß der einzelne Aktionär im Wege der Anfechtungsklage die Gesetzesverletzung (§ 243 Abs. 1 AktG) geltend machen müßte. An diesem Ergebnis bestehen jedoch Zweifel, weil die Rechtsprechung1372 und die weit überwiegende Literatur1373 im Rahmen eines Formwechsels davon ausgehen, daß sogenannte abfindungswertbezogene Informationsmängel im Spruchverfahren, während alle übrigen Informationspflichtverletzungen mit der Anfechtungsklage geltend zu machen sind. Abfindungswertbezogene Informationsmängel umfassen Verletzungen von Informations-, Auskunfts- oder Berichtspflichten, wie die fehlenden Angaben zur Berechnung der Abfindungshöhe, die mangelnde Plausibilität der Begründung zur Angebotshöhe oder eine falsche Berechnung im Zusammenhang mit einer anzubietenden Barabfindung.1374 Die Rechtsprechung stützt den Ausschluß der Anfechtungsklage bei abfindungswertbezogenen Informationsmängeln auf die §§ 210, 212 UmwG. Diese Regelung stellt einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Gesellschaft und den ausscheidungswilligen Anteilsinhabern her, weil einerseits die Eintragung aufgrund einer fehlenden Eintragungssperre (§ 16 Abs. 2 und 3 UmwG) und damit die Durchführung des Formwechsels möglich sei, aber andererseits die Höhe der Abfindung in einem gesonderten gerichtlichen Verfahren festgelegt werde. Die Gesellschaft könne trotz der Fehler im Abfindungsverfahren die jeweilige Strukturmaßnahme durchführen. Die Geltendmachung solcher abfindungswertbezogenen Informationspflichtverletzungen stütze dabei regelmäßig die „Hauptrüge“ eines zu niedrigen Abfindungsangebots.1375 Auch wenn überhaupt keine Abfindung angeboten wird, bleibe die Anfechtung ausgeschlossen. In einem solchen Falle fehlten Informationen über die Abfindung gänzlich, so daß diese letztlich im Spruchverfahren auf Feststellung einer angemessenen Abfindung mit Siehe zur Abfindungspflicht der Gesellschaft oben 4. Teil: D.V.1.c), S. 257 ff. Siehe zur Anwendbarkeit des Spruchverfahrens oben 4. Teil: D.VII.3.a)aa)(2), S. 404 ff. 1372 BGH, Urt. v. 18. 12. 2000 – II ZR 1 / 99, BGHZ 149, 179 (MEZ) = NZG 2001, 574 = GmbHR 2001, 200 = DB 2001, 319 = WM 2001, 306 = WuB II N. § 210 UmwG 1.01 (Witt); BGH, Urt. v. 29. 01. 2001 – II ZR 368 / 98, DB 2001, 471 (Aqua Butzke) = GmbHR 2001, 247 = WM 2001, 467 = WuB II. § 210 UmwG 2.01 (Witt). 1373 H. Henze in Henze / Hoffmann-Becking, Gesellschaftsrecht 2001, S. 39 ff.; differenzierend Hoffmann-Becking in Henze / Hoffmann-Becking, Gesellschaftsrecht 2001, S. 55 ff.; Kubis in MünchKomm AktG, § 131 Rn. 150a. 1374 BGH, Urt. v. 18. 12. 2000 – II ZR 1 / 99, BGHZ 149, 179, 182 f. 1375 BGH, Urt. v. 18. 12. 2000 – II ZR 1 / 99, BGHZ 149, 179, 183. 1370 1371

D. Stellungnahme

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geltend gemacht werden müssen und vom Ausschluß der Anfechtung erfaßt werden.1376 Der Ausschluß gelte auch für Auskünfte gemäß § 131 AktG, die sich auf die anzubietende Abfindung beziehen.1377 Den Bereich zwischen einer zu niedrigen oder fehlenden Abfindung füllt das Tatbestandsmerkmal des nicht ordnungsgemäßen Angebots aus, so daß sämtliche Verstöße im Zusammenhang mit der Abfindung im Spruchverfahren geltend gemacht werden müssen.1378 Mehrheitlich wird diese Rechtsprechung auch auf abfindungswertbezogene Informationspflichtverletzungen beim Squeeze-out angewendet, so daß auch dort allein das Spruchverfahren bei solchen Mängeln statthaft ist.1379 Zwar kann diese Rechtsprechung zu den abfindungswertbezogenen Informationsmängeln nicht im Wege der analogen Anwendung der §§ 210, 212 UmwG auf das Delisting übertragen werden1380, weil die Interessenlagen hinsichtlich des Formwechsels als Strukturmaßnahme und des Delisting nicht vergleichbar sind. Gleiches gilt für den Ausschluß der Anfechtungsklage bei der Verschmelzung (§§ 32, 34 UmwG) und beim Squeeze-out (§ 327 f. AktG). Jedoch stehen sich auch beim Delisting die Interessen der Gesellschaft und der in der Gesellschaft verbleibenden Aktionäre auf der einen Seite und die Interessen der ausscheidungswilligen Minderheitsaktionäre auf der anderen Seite gegenüber, was für einen Ausschluß der Anfechtungsklage spricht. Allerdings hätte eine Anfechtungsklage der Minderheitsaktionäre, die sich auf die Verletzung abfindungswertbezogener Informationen stützt, keine Eintragungssperre zur Folge, da das Delisting nicht in das Handelsregister eingetragen werden kann. Die Rechtswirkungen des Delisting treten erst mit dem Widerruf der Börsenzulassung ein und werden durch die Anfechtungsklage nicht verhindert, da die Beantragung des Delisting durch den Vorstand im Außenverhältnis grundsätzlich wirksam ist. Dem Delisting wird lediglich im Innenverhältnis der Gesellschaft die Rechtsgrundlage entzogen. Die Anfechtungsklage verhindert nicht unmittelbar, anders als bei den aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen, die Durchführung des Delisting durch den Vorstand. Auch kann § 39 Abs. 2 BörsG im Gegensatz zu § 210 UmwG nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, der Durchführung des Delisting den Vorrang vor der Geltendmachung von Informationspflichtverletzungen im Anfechtungsverfahren zu geben. BGH, Urt. v. 18. 12. 2000 – II ZR 1 / 99, BGHZ 149, 179, 185. BGH, Urt. v. 18. 12. 2000 – II ZR 1 / 99, BGHZ 149, 179, 185. 1378 BGH, Urt. v. 18. 12. 2000 – II ZR 1 / 99, BGHZ 149, 179, 185 f.; BGH, Urt. v. 29. 01. 2001 – II ZR 368 / 98, GmbHR 2001, 247, 248. 1379 OLG Köln, Urt. v. 06. 10. 2003 – 18 W 35 / 03, AG 2004, 39, 40; LG Hamburg, Urt. v. 13. 01. 2003 – 415 O 140 / 02, NZG 2003, 787, 789; LG Düsseldorf, Beschl. v. 04. 03. 2004 – 31 O 144 / 03, NZG 2004, 1168, 1170 (Kamps AG); Wilsing / Kruse, DB 2002, 1539, 1540 ff.; H. Schmidt in FS Ulmer, S. 543, 548 ff. m. w. N.; Hirte, ZHR 167 (2003), 8, 26 f.; a. A. LG Frankfurt / Main, Urt. v. 27. 08. 2003 – 3-13 O 205 / 02, NZG 2003, 1027, 1029; LG Frankfurt / Main, Beschl. v. 28. 05. 2003 – 3-13 O 22 / 03, NZG 2003, 731, 732. 1380 Die Übertragung der BGH – Rechtsprechung bejaht Schlitt, ZIP 2004, 533, 539; kritisch hingegen Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 147 f. 1376 1377

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Demnach besteht der Interessengegensatz nur bedingt, da die Anfechtungsklage beim Delisting keine unmittelbare Sperrwirkung entfaltet. Gleichwohl sind abfindungswertbezogene Informationsmängel auch beim Delisting im Spruchverfahren geltend zu machen, da die Erhebung der Anfechtungsklage zur Rechtsunsicherheit bei der Beantragung des Delisting führt. Der Vorstand kann nicht sichergehen, ob die Ermächtigung wirksam ist und er zur Beantragung des Delisting berechtigt ist. Allein diese Rechtsunsicherheit reicht aus, um eine zumindest faktische Sperrwirkung der Anfechtungsklage zu bejahen. Mit der Verweisung der Geltendmachung von abfindungswertbezogenen Informationsmängeln in das Spruchverfahren bleibt der Hauptversammlungsbeschluß wirksam und der Vorstand kann das Delisting beantragen. Diese Auffassung wird zudem durch die Neuregelung des § 243 Abs. 4 S. 2 AktG1381 gestützt, die den Vorrang des Spruchverfahrens bei solchen Bewertungsrügen verallgemeinert. Gemäß § 243 Abs. 4 S. 2 AktG soll die Anfechtungsklage nicht auf unrichtige, unvollständige oder unzureichende Informationen über die Ermittlung und die Höhe der Angemessenheit von Abfindungen gestützt werden können, wenn ein Spruchverfahren vorgesehen ist.1382 Da die Aktionäre beim Delisting die Abfindung der Gesellschaft gerichtlich im Spruchverfahren überprüfen lassen können1383, wäre die Anfechtungsklage bei abfindungswertbezogenen Informationsmängeln ausgeschlossen.1384 Damit will der Gesetzgeber den Rechtsschutz der Aktionäre für alle Strukturmaßnahmen, die das Spruchverfahren zur gerichtlichen Überprüfung vorsehen, vereinheitlichen. Im Gegensatz zur Rechtsprechung des BGH im Fall Aqua Butzke1385 bezieht § 243 Abs. 4 S. 2 AktG den Ausschluß der Anfechtungsklage jedoch nur auf Informationen, die in der Hauptversammlung gegeben werden, nicht aber auf die gesetzlich vorgeschriebenen Berichtspflichten vor und außerhalb der Hauptversammlung sowie auf eine totale Informationsverweigerung.1386 Der BGH schloß die Anfechtungsklage wegen abfindungswertbezogener Informationsmängel auch für den Umwandlungsbericht beim Formwechsel aus, der gemäß §§ 238, 230 Abs. 2 UmwG bereits vor der Hauptversammlung ausgelegt wird, um den Aktionären die Kenntnisnahme zu ermöglichen.1387 Der Gesetzgeber trifft in der Gesetzesbegründung zum UMAG allerdings keine Aussage darüber, ob er mit der Einführung des § 243 Abs. 4 S. 2 AktG auch die bisherige Rechtsprechung des BGH einschränken oder korrigieren wollte.1388 Insofern kann davon ausgegangen Eingefügt durch das UMAG, BGBl. Teil I 2005, S. 2802. Vgl. Weißhaupt, WM 2004, 705, 711; Meilicke / Heidel, DB 2004, 1479, 1483; Seibert / Schütz, ZIP 2004, 252, 256. 1383 Siehe oben 4. Teil: D.VII.3.a), S. 402 ff. 1384 Wilsing, DB 2005, 35, 36; Schütz, DB 2004, 419, 421; dies auch für das Delisting bejahend Ulmer in Aktienrecht im Wandel, 3. Kapitel, Rn. 55. 1385 BGH, Urt. v. 29. 01. 2001 – II ZR 368 / 98, GmbHR 2001, 247. 1386 BRat-Drucks. 454 / 05, S. 6 f. 1387 BGH, Urt. v. 29. 01. 2001 – II ZR 368 / 98, GmbHR 2001, 247, 249. 1388 Vgl. BT-Drucks. 15 / 5092, S. 26. 1381 1382

D. Stellungnahme

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werden, daß der Gesetzgeber die bisherige Rechsprechung des BGH nicht abändern oder korrigieren wollte, sondern diese – zumindest für die Umwandlungsfälle – weiter gilt.1389 Beim Delisting ist der Vorstand aufgrund der verfassungsrechtlich gebotenen Informationspflicht verpflichtet, die Aktionäre über die Folgen für die Gesellschaft und die Aktionäre und ihren Abfindungsanspruch vor der Hauptversammlung zu informieren. Insofern würde der Ausschluß des Anfechtungsrechts nach § 243 Abs. 4 AktG nur gelten, wenn abfindungswertbezogene Informationsmängel entgegen der Pflicht zur Information nach Art. 14 Abs. 1 GG erst in der Hauptversammlung oder bei der Auskunft nach § 131 AktG aufträten.1390 Dies erscheint widersprüchlich. Der Rechtsprechung des BGH und der Neuregelung des § 243 Abs. 4 AktG durch das UMAG kann für das Delisting allerdings der Rechtsgedanke entnommen werden, daß abfindungswertbezogene Informationsmängel insgesamt im Spruchverfahren geltend zu machen sind, nicht aber mit der Anfechtungsklage.1391 Die Regelung des § 243 Abs. 4 S. 2 AktG scheint vor dem Hintergrund der weitergehenden Rechtsprechung des BGH auf halbem Wege stecken geblieben zu sein. Inhaltlich macht es keinen Unterschied, ob der Aktionär die entscheidenden Informationen in, vor oder außerhalb der Hauptversammlung nicht erhält. Des weiteren bildet § 243 Abs. 4 AktG keine abschließende Regelung, die einer Auslegung im Sinne der bisherigen Rechtsprechung nicht zugänglich ist.1392 § 243 Abs. 4 S. 2 AktG regelt die Sanktionen für mangelnde Vorabinformationen gerade nicht.1393 Daher ist die Anfechtungsklage gegen den Beschluß der Hauptversammlung zum Delisting bei abfindungswertbezogenen Informationsmängeln ausgeschlossen, gleichgültig ob der Vorstand die Informationen vor oder in der Hauptversammlung gibt. Abfindungswertbezogene Informationsmängel müssen auch beim Delisting im Spruchverfahren geltend gemacht werden.

b) Informationsmängel bei Abgabe des Erwerbsangebots durch einen Bieter Verstößt der Bieter bei Erstellung der Angebotsunterlage gegen die Pflichtangaben nach § 11 Abs. 2 WpÜG i.V. m. § 2 WpÜG-AV, kann die BaFin das Erwerbsangebot gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG untersagen. Die Aktionäre haben gegenüber der BaFin jedoch keinen Anspruch auf Untersagung des Angebots. Schreitet die BaFin nicht von sich aus ein, obwohl Informationsmängel vorliegen, kann es den Aktionären schwer fallen festzustellen, ob die angebotene Gegenleistung der für das Delisting gebotenen vollen Entschädigung entspricht, weil etwa die angeEbenso Weißhaupt, ZIP 2005, 1766, 1772. Vgl. dazu Noack / Zetzsche, ZHR 170 (2006), 218, 240 ff. 1391 Ebenso Heinrich / Theusinger, BB 2006, 449, 451; Noack / Zetzsche, ZHR 170 (2006), 218, 240. 1392 Heinrich / Theusinger, BB 2006, 449, 451; Noack / Zetzsche, ZHR 170 (2006), 218, 242. 1393 Noack / Zetzsche, ZHR 170 (2006), 218, 242. 1389 1390

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

wandte Bewertungsmethode oder die der Berechnung zugrunde gelegten Werte entgegen § 2 Nr. 3 WpÜG-AV nicht angegeben wurden. Die Höhe der Gegenleistung kann der einzelne Aktionär mit der Leistungsklage geltend machen1394, fraglich ist, ob die Aktionäre auch fehlende Informationen auf diesem Wege einfordern können. Der materielle Anspruch auf Information beruht auf dem Erwerbsvertrag zwischen dem einzelnen Aktionär und dem Bieter in Verbindung mit den Angabepflichten nach § 11 Abs. 2 WpÜG i.V. m. § 2 WpÜG-AV. Diesen Anspruch kann der einzelne Aktionär mit der Leistungsklage geltend machen. Da aber bei mangelnden Angaben über die Berechnung der Gegenleistungshöhe und der ihr zugrunde liegenden Tatsachen gleichzeitig eine der vollen Entschädigung entsprechende Gegenleistung durchgesetzt werden soll, steht dem Aktionär die Stufenklage nach § 254 ZPO zur Verfügung. Danach kann der Aktionär eine auf Auskunft gerichtete Klage gleichzeitig mit der Klage auf Zahlung der entsprechenden Gegenleistungshöhe erheben, so daß auch der Auskunftsanspruch aus dem Erwerbsvertrag erfaßt ist. Obwohl § 254 ZPO dem Wortlaut nach nur bestimmte Auskunftsansprüche benennt, sind sämtliche Informationsansprüche erfaßt.1395 Der Anspruch auf Zahlung braucht zum Zeitpunkt der Klageerhebung entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO der Höhe nach nicht beziffert zu werden, denn erst die Auskunft über die Berechnung der Gegenleistung und der damit zusammenhängenden Informationen ermöglicht dem einzelnen Aktionär die genaue Bezifferung der Gegenleistungshöhe. 7. Zusammenfassung Die Aktionäre können die Verletzung der einzelnen einzuhaltenden Voraussetzungen beim Delisting gerichtlich geltend machen. Dabei richtet sich das einschlägige Rechtsschutzverfahren nach dem jeweils betroffenen materiellen Recht der Aktionäre. Fehlt der notwendige Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting, haben die Aktionäre gegenüber dem Vorstand einen Anspruch auf Unterlassung der Beantragung des Delisting. Hat der Vorstand jedoch ohne die Ermächtigung der Hauptversammlung schon einen Delisting-Antrag gestellt, können die Aktionäre vom Vorstand die Rücknahme des Antrags bis zum Eintritt der Bestandskraft der Widerrufsentscheidung verlangen. Beide Ansprüche begründen sich aus dem Eingriff in das Mitentscheidungsrecht der Aktionäre, das ihnen beim Delisting nach Art. 14 Abs. 1 GG zugeordnet ist. Während die Aktionäre den Unterlassungsanspruch mit der Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO) durchsetzen können, müssen sie die Rücknahme des Delisting-Antrags mit der Leistungsverfügung (§ 940 ZPO analog) geltend machen, weil mit Erlaß der Verfügung eine Willenserklärung des Vorstands in Form der Rücknahme des Delisting-Antrags ersetzt wird. Ein eigener Schadens1394 1395

Siehe oben 4. Teil: D.VII.5.c)bb), S. 432 f. Vgl. Greger in Zöller ZPO, § 254 Rn. 6; Foerste in Musielak, ZPO § 254 Rn. 2.

D. Stellungnahme

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ersatzanspruch der Aktionäre gegenüber dem Vorstand aufgrund der Verletzung der Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung besteht nicht. Hat die Hauptversammlung dem Delisting zwar zugestimmt und auch den notwendigen Ermächtigungsbeschluß zum Erwerb eigener Aktien gefaßt, kann der einzelne Aktionär seine Rechte aus einer erhobenen Anfechtungsklage gleichwohl mit einer einstweiligen Verfügung absichern, mit der er die Beantragung des Delisting während des Laufs des Anfechtungsverfahrens verhindern oder aber die Rücknahme eines bereits gestellten Delisting-Antrags erreichen kann. Mängel bei der Abfindung der Minderheitsaktionäre durch die Gesellschaft können die Aktionäre nicht einheitlich im Spruchverfahren geltend machen. Vielmehr ist zunächst danach zu unterscheiden, ob die Gesellschaft überhaupt die Abfindungsverpflichtung beim Delisting erfüllen kann. Beschließt die Hauptversammlung das Delisting, ist die Gesellschaft zur Abfindung der Minderheitsaktionäre und damit zum Erwerb der Aktien verpflichtet. Ist auch der erforderliche Ermächtigungsbeschluß zum Erwerb eigener Aktien wirksam gefaßt worden und wird die Grenze von 10 % des Grundkapitals eingehalten, können die Aktionäre, wenn die Hauptversammlung dem Delisting zugestimmt hat und der Widerruf der Börsenzulassung bekannt gegeben worden ist, eine nicht gewährte oder zu niedrige Abfindung im Spruchverfahren (§§ 1 ff. SpruchG analog) durchsetzen. Das Spruchverfahren kann nur von den abfindungsberechtigten Aktionären beantragt werden. Den Antrag müssen die Aktionäre mit konkreten Einwendungen gegen die Berechnung der Abfindungshöhe begründen. Die Antrags- und Begründungsfrist beginnt mit der Bekanntgabe der Delisting-Entscheidung im Internet. Nur die Wiederzulassung der zuvor denotierten Aktie kann das Spruchverfahren erledigen, nicht aber ein nachfolgendes Squeeze-out, weil sich der Bewertungsstichtag zeitlich nach hinten verschöbe und daraus Nachteile für die Aktionäre entstehen können. Widerruft die Geschäftsführung der Börse die Börsenzulassung, ohne daß die Hauptversammlung dem Delisting zugestimmt hat, können die Aktionäre im Spruchverfahren eine Abfindung gegenüber der Gesellschaft nicht durchsetzen, da kein Abfindungsanspruch besteht. Dieser entsteht mit dem Beschluß der Hauptversammlung zum Delisting und dem Widerruf der Börsenzulassung. Die Aktionäre können aber die Rücknahme des Delisting-Antrags durch den Vorstand der AG bis zum Eintritt der Bestandskraft des Widerrufs verlangen. Ist der Anteil der abfindungsberechtigten Aktionäre höher als der Anteil eigener Aktien, der aufgrund der Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erworben werden darf, kann die Gesellschaft ihre Abfindungsverpflichtung nicht erfüllen. Der Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting kann von den Aktionären angefochten werden, weil der Beschluß gegen das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot (§ 53a AktG) verstößt. Denn mit der vorhandenen Ermächtigung kann die Gesellschaft nicht alle Abfindungsansprüche der Aktionäre erfüllen. Der Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting kann auch dann angefochten werden, wenn kein Beschluß zum Erwerb eigener Aktien gefaßt worden ist, da die Gesellschaft ihre verfassungsrechtliche Abfindungsverpflichtung von vornherein nicht erfüllen kann.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

Ein mangelndes Erwerbsangebot eines Bieters oder Großaktionärs können die Aktionäre nicht im Spruchverfahren durchsetzen, da insbesondere gegenüber dem Großaktionär als möglichem Bieter kein Anspruch auf den Erwerb der Aktien der Minderheitsaktionäre besteht. Dies gilt auch, wenn die AG selbst aufgrund § 71 Abs. 2 AktG die Aktien nicht erwerben kann. Der einzelne Aktionär muß vielmehr im Wege der Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluß vorgehen. Gibt der Großaktionär oder ein anderer Bieter ein Erwerbsangebot ab, dessen Gegenleistung aber nicht einer vollen Entschädigung der Aktien entspricht, können die Aktionäre im Wege der Leistungsklage eine Erhöhung der Gegenleistung gegenüber dem Bieter verlangen. Zudem besitzen sie die Möglichkeit, im Rahmen der zivilprozessualen Leistungsklage einen Antrag auf Durchführung eines Musterverfahrens stellen, in dem die richtige Höhe der Gegenleistung festgestellt wird (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KapMuG). Die Aktionäre können hingegen nicht gegenüber der BaFin auf Unterlassung der Gestattung des Erwerbsangebots wegen einer zu niedrigen Gegenleistung vorgehen, weil die Aktionäre im Erwerbsverfahren nicht widerspruchs- und beschwerdebefugt sind. Auch eine Nichtigkeitsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting scheidet aus, weil sonst der Wille der Hauptversammlung zum Delisting mißachtet würde und die Durchführung des Delisting faktisch von einer Beschlußmehrheit i. H. v. 90 % abhinge, obwohl die Aktionäre das Delisting mit einfacher Mehrheit beschließen können. Informationsmängel der Gesellschaft können die Aktionäre, soweit es sich nicht um abfindungswertbezogene Mängel handelt, mit der Anfechtungsklage (§ 243 Abs. 1 AktG) geltend machen. Beziehen sich die Informationsmängel auf die Höhe der Abfindung, können die Aktionäre diese nur im Spruchverfahren geltend machen. Fehlende oder unzureichende Informationen des Bieters bei einem Erwerbsangebot können die Aktionäre mit der Leistungsklage geltend machen. Sofern die nicht gewährten Informationen des Bieters Einfluß auf die Gegenleistungshöhe haben, besteht die Möglichkeit, daß der einzelne Aktionär sein Informationsverlangen mit dem Verlangen auf Erhöhung der Gegenleistung im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) verfolgt.

E. Zusammenfassung und Ergebnisse zum regulären Delisting 1. Die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung für das reguläre Delisting läßt sich nicht mit einer analogen Anwendung der Regelungen aus dem Aktienund Umwandlungsrecht begründen, da die geregelten Maßnahmen mit dem regulären Delisting nicht vergleichbar sind, so daß die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung fehlen. Auch im Wege der Gesamtanalogie kann die Hauptversammlungszuständigkeit nicht begründet werden, weil schon kein allgemeingültiger Grundsatz zur Hauptversammlungszuständigkeit vorhanden ist, der übertragen werden könnte. Die einzelnen Strukturmaßnahmen sind zu vielgestaltig.

E. Zusammenfassung und Ergebnisse zum regula¨ren Delisting

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2. Die Hauptversammlungskompetenz kann auch nicht auf die in der HolzmüllerEntscheidung des BGH genannten Kriterien gestützt werden, weil das reguläre Delisting selbst unter Einbeziehung der kapitalmarktrechtlichen Aspekte nicht in die Verwaltungs- und Vermögensrechte der Aktionäre eingreift. Der Wegfall der Handelbarkeit, der Bewertungsfunktion und der kapitalmarktrechtlichen Kontrolle durch Informations- und Veröffentlichungspflichten ist mit einem Eingriff in die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte nicht vergleichbar. 3. Das reguläre Delisting fällt auch nicht in die Entscheidungskompetenz des Vorstands, weil es keine Geschäftsführungsmaßnahme ist. Der Vorstand besitzt gegenüber der Hauptversammlung keine Auffangzuständigkeit. Die Organe der AG stehen sich vielmehr gleichberechtigt gegenüber. 4. Die Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung folgt aus Art. 14 Abs. 1 GG. Die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien infolge ihrer Börsenzulassung ist durch das Eigentumsgrundrecht geschützt. Die Aktie vermittelt nicht nur die Rechte an bestimmten Sachen und Gegenständen, indem die Aktionäre im Rahmen ihrer Mitgliedschaftsrechte bei bestimmten Maßnahmen mitbestimmen. Die Aktie vermittelt auch das Recht der Börsenzulassung, also die Möglichkeit zur Veräußerung über die Börse. Die Aktie beinhaltet daher neben den klassischen aktienrechtlichen Herrschafts- und Vermögensrechten als kapitalmarktrechtlichen Bestandteil die erhöhte Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktie. Des weiteren bildet die Börsenzulassung der Aktie einen eigenständigen Vermögensgegenstand, der eine unmittelbare, dauerhafte und wertbildende Eigenschaft darstellt. 5. Art. 14 Abs. 1 GG wirkt zwischen dem Vorstand und den Aktionären im Wege der grundrechtlichen Schutzpflichten. Die Entscheidungskompetenz der Aktionäre und damit der Hauptversammlung folgt aus der Verfügungsgewalt der Aktionäre als Eigentümer der Gesellschaft. Der Vorstand kann der Eigentumsposition der Aktionäre keine eigene Rechtsstellung entgegenhalten, da der Vorstand als Treuhänder nur ein abgeleitetes Verfügungsrecht innehat. 6. Der Gesetzgeber hat seine Schutzpflicht aus Art. 14 Abs. 1 GG mit der Regelung des Delisting in § 39 Abs. 2 BörsG verletzt, weil er allein die kapitalmarktrechtlichen Aspekte berücksichtigt, nicht aber die grundrechtliche Bedeutung des Delisting im Aktienrecht erkannt hat. § 39 Abs. 2 BörsG regelt nur die kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen des Zulassungswiderrufs und entfaltet daher gegenüber einer aktienrechtlichen Regelung der Voraussetzungen des Delisting keine Sperrwirkung. 7. Die im Aktienrecht bestehende Regelungslücke hinsichtlich der Entscheidungszuständigkeit beim Delisting ist im Wege der verfassungskonformen Rechtsfortbildung zu schließen. Der Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung über das Delisting stehen keine aktienrechtlichen Wertungen entgegen, da das Aktienrecht das Delisting nicht berücksichtigt.

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

8. Die Hauptversammlung kann mit einfacher Mehrheit über das Delisting entscheiden, da das Delisting keine Strukturentscheidung darstellt, die regelmäßig mit einer Dreiviertel-Mehrheit beschlossen wird. Daher verbleibt es bei der Grundregel des § 133 Abs. 1 AktG. 9. Der Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting bindet den Vorstand nur im Innenverhältnis und hat keine Außenwirkung, so daß der Vorstand aufgrund seiner unbeschränkbaren Vertretungsmacht den Delisting-Antrag auch ohne die Zustimmung der Hauptversammlung wirksam stellen kann. Die Geschäftsführung der Börse muß das Vorliegen und die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses nicht prüfen. 10. Der Vorstand ist zwar aufgrund der Ermächtigung zur Stellung des DelistingAntrags verpflichtet, jedoch nur soweit, wie die rechtlichen Voraussetzungen für die Widerruf nach Einschätzung des Vorstandes vorliegen und die weiteren notwendigen Voraussetzungen für ein reguläres Delisting eingehalten worden sind, wie etwa die Abfindung der Minderheitsaktionäre. Eine wiederholte Antragstellung ist möglich. 11. Ob der Vorstand zur Stellung des Delisting-Antrags verpflichtet ist, richtet sich nach dem konkreten Beschlußinhalt. Beschließt die Hauptversammlung das Delisting, kann der Vorstand nicht mehr über das Ob, sondern nur noch das Wie und Wann entscheiden. Bezüglich letzterer Entscheidung hat der Vorstand einen Entscheidungsspielraum, da im konkreten Fall erst die kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen für ein Delisting vorliegen müssen, bevor der Delisting-Antrag gestellt werden kann. 12. Der Beschluß der Hauptversammlung zum Delisting bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung, weil das Delisting nicht in die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte eingreift. Die sachliche Rechtfertigung eines Beschlusses dient dazu, die Aktionäre vor unangemessenen Maßnahmen, die in ihre Mitgliedschaftsrechte eingreifen, zu schützen, um den Bestand der Mitgliedschaft zu gewährleisten. Diesen Bestandsschutz nimmt beim Delisting aber bereits § 39 Abs. 2 BörsG wahr, da die Geschäftsführung der Börse das Delisting auch ablehnen kann. Insofern ist der Gesetzgeber seiner Schutzpflicht zum Erhalt des Eigentums mit § 39 Abs. 2 BörsG nachgekommen. Dies gilt ebenso im Hinblick auf die Treuepflicht des Großaktionärs gegenüber den Minderheitsaktionären. 13. Das Delisting und seine aktienrechtliche Vorbereitung ist i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung, da der Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit die Minderheitsaktionäre unverhältnismäßig trifft und sie anders als der Großaktionär auf die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel angewiesen sind. Da das AktG und § 39 Abs. 2 BörsG eine solche Ausgleichspflicht nicht vorsehen, verletzt der Gesetzgeber seine grundgesetzliche Schutzpflicht. Die eigentumsrechtliche Schutzpflicht ist hinreichend konkret, um im Wege der verfassungskonformen Rechtsfortbildung eine

E. Zusammenfassung und Ergebnisse zum regula¨ren Delisting

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Abfindungspflicht zugunsten der vom Delisting betroffenen Aktionäre zu begründen. Die Rechtsfortbildung hat auf aktienrechtlicher und nicht auf kapitalmarktrechtlicher Ebene zu erfolgen, weil das Kapitalmarktrecht zur Lösung des Interessenkonflikts zwischen Klein- und Großaktionären, wie dieser beim regulären Delisting vorliegt, ungeeignet ist. 14. Der vermögensrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre kann trotz der vorliegenden planwidrigen Regelungslücke nicht auf eine Analogie zu den aktienund umwandlungsrechtlichen Abfindungsregelungen gestützt werden, weil die Interessenlagen der den Abfindungsregelungen zugrunde liegenden Gestaltungsformen mit dem regulären Delisting nicht vergleichbar sind. 15. Auch ein außerordentliches Austrittsrecht aufgrund des Delisting scheidet als Rechtsgrundlage für eine Abfindung aus, da das Delisting als zulässige Maßnahme kein wichtiger Grund ist. Auch die Unzumutbarkeit des Verbleibs in der Gesellschaft als weitere Fallgruppe des außerordentlichen Austrittsrechts greift nicht ein. An die Stelle einer generalisierenden Betrachtung träte eine Einzelfallprüfung, die bei einer börsennotierten AG praktisch undurchführbar wäre. 16. Abfindungsberechtigt sind die Minderheitsaktionäre, die in der Hauptversammlung nicht für das Delisting gestimmt haben. Eine Widerspruchsobliegenheit, wie dies das Gesetz zur Begründung der Abfindungsberechtigung bei Umwandlungsvorgängen vorsieht, besteht nicht. 17. Abfindungsverpflichtet ist nur die Gesellschaft, nicht aber der Großaktionär. Dies folgt aus der gesetzlichen Systematik der anderen Abfindungsregelungen, die grundsätzlich nur eine Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft vorsehen. Ein anderer Aktionär der Gesellschaft ist gegenüber den Minderheitsaktionären entgegen der Ansicht des BGH nicht abfindungsverpflichtet. Zwar kommen dem Großaktionär ebenso wie der Gesellschaft die Vorteile des Delisting zugute, jedoch beschränkt sich seine Verpflichtung auf die von ihm getätigte Einlage. Der Großaktionär, der für das Delisting stimmt, kann sich auf seine in der Privatautonomie verankerte Abschlußfreiheit berufen. Zudem würde die Annahme der Abfindungsverpflichtung eines einzelnen Aktionärs zu unüberwindbaren Abgrenzungsschwierigkeiten führen, da kaum festgelegt werden könnte, ab welcher Beteiligungshöhe von einem Großaktionär auszugehen ist. 18. Die Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft findet ihre Grenze in den Kapitalerhaltungsgrundsätzen des § 71 Abs. 2 AktG, so daß die AG nur Aktien in Höhe eines Anteils von 10 % des Grundkapitals zum Zwecke der Abfindung erwerben darf. Die Hauptversammlung muß dazu die Gesellschaft nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ermächtigen. 19. Ein Aktionär der Gesellschaft kann sich nur auf rechtsgeschäftlichem Wege zur Abfindung gegenüber den Minderheitsaktionären verpflichten. Diese rechts-

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

geschäftliche Abfindungsverpflichtung gewinnt ihre Bedeutung, wenn die AG aufgrund der 10 %-Grenze des § 71 Abs. 2 AktG keine eigenen Aktien erwerben darf. Denn dann kann der Großaktionär an Stelle der Gesellschaft den vermögensrechtlichen Schutz der Minderheitsaktionäre übernehmen. Dabei kann sich der Großaktionär aber nicht darauf beschränken, allein ein Angebot für den Anteil abzugeben, der über die 10 %-Grenze hinausgeht, weil dies gegen das Gleichbehandlungsgebot der Gesellschaft gegenüber den Aktionären verstoßen würde, wenn nur ein bestimmter Anteil der Aktionäre den Abfindungsanspruch gegenüber der AG durchsetzen könnte. 20. Nur das Angebot des Großaktionärs unterliegt den besonderen Anforderungen des WpÜG, nicht aber die Abfindungsverpflichtung der AG, da es sich nicht um ein freiwilliges Angebot i. S. d. § 2 Abs. 1 WpÜG handelt. 21. Die Entstehung des Anspruches gegenüber der Gesellschaft setzt voraus, daß die Hauptversammlung dem Delisting zugestimmt und daß die Geschäftsführung der Börse die Börsenzulassung widerrufen hat. Der Anspruch ist mit Einreichung der Aktien bei der Gesellschaft nach dem Wirksamwerden des Widerrufs fällig. Der Anspruch kann aufgrund § 4 Abs. 1 S. 1 SpruchG analog nur innerhalb von drei Monaten, beginnend mit der Bekanntgabe des Zulassungswiderrufs gegenüber der Gesellschaft, geltend gemacht werden. 22. Der Anspruch gegenüber dem Bieter entsteht mit der Annahme des Erwerbsangebots. Die Fälligkeit der Gegenleistung richtet sich nach den jeweiligen Bedingungen im Erwerbsangebot. Das Erwerbsangebot des Bieters kann nur innerhalb von zehn Wochen seit der Abgabe des Angebots angenommen werden. 23. Nur der Anspruch aus dem Erwerbsangebot muß gemäß § 13 Abs. 1 WpÜG durch eine Finanzierungsbestätigung abgesichert sein. 24. Die Gesellschaft muß den Minderheitsaktionären eine volle Entschädigung gewähren, da die Veräußerungsmöglichkeit über die Börse der Schlüssel zu einer ungehinderten Investitions- und Deinvestitionstätigkeit der Aktionäre ist. Auch die Gegenleistung aus dem Erwerbsangebot eines Bieters muß einen vollen Ausgleich enthalten, wenn das Angebot die Durchführung des Delisting absichert. 25. Der Börsenkurs bildet die Wertuntergrenze der Abfindung und der Gegenleistung. Er ist jedoch unbeachtlich, wenn eine Kurs- oder Marktpreismanipulation i. S. d. § 20a WpHG oder eine Marktenge vorliegt, die in Abhängigkeit von der Anzahl der Handelstage und der prozentualen oder absoluten Zahl der handelbaren Aktien zu ermitteln ist. 26. Der Bewertungsstichtag ist der Tag vor der Hauptversammlung. Als Börsenkurs ist ein Durchschnittsbörsenkurs in einem Zeitraum von drei bis zwölf Monaten zugrunde zu legen. Der Rückrechnungszeitraum des Durchschnittsbörsenkurses endet am Tag vor der Bekanntgabe der Delisting-Absicht.

E. Zusammenfassung und Ergebnisse zum regula¨ren Delisting

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27. Der Vorstand ist in Ermangelung einer ausreichenden einfachgesetzlichen Regelung gegenüber den Aktionären aufgrund Art. 14 Abs. 1 GG zur Information über die Folgen des Delisting für die AG und die Aktionäre verpflichtet. Die Information ist Teil des grundrechtlichen Eigentumsschutzes und sichert die Verfügungsbefugnis über die Aktie ab, da die Aktionäre nur dann über ihr Eigentum verfügen können, wenn sie die Folgen ihrer Entscheidung in der Hauptversammlung kennen. Die einfachgesetzlichen Bekanntmachungs- und Informationspflichten sichern diese Verfügungsbefugnis nicht ab, weil sie über die Folgen des Delisting nur unzureichend informieren. Dies gilt sowohl für die Bekanntmachungspflicht nach § 124 Abs. 1 AktG als auch für die Ad-hocPublizität nach § 15 Abs. 1 WpHG. Weitergehende Bekanntmachungs- und Berichtspflichten lassen sich aufgrund der mangelnden Vergleichbarkeit des Delisting, etwa mit dem Abschluß von Unternehmensverträgen und dem Bezugsrechtsausschluß, nicht auf § 124 Abs. 2 S. 2 AktG analog oder § 186 Abs. 4 S. 2 AktG analog stützen. 28. Daneben können die Aktionäre nach § 131 Abs. 1 AktG in der Hauptversammlung vom Vorstand ergänzend Auskunft über das Delisting verlangen. 29. Der Rechtsschutz der Aktionäre auf Einhaltung der aktienrechtlichen Voraussetzungen richtet sich nach dem jeweiligen betroffenen Recht der Aktionäre. Beantragt der Vorstand das Delisting oder beabsichtigt er dieses zu beantragen, ohne die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen, haben die Aktionäre einen Anspruch auf Unterlassung oder Beseitigung gegen die Gesellschaft. Die Ansprüche können im einstweiligen Rechtsschutz nach §§ 935 ff. ZPO durchgesetzt werden. 30. Sind die Hauptversammlungsbeschlüsse angefochten worden, kann der einzelne Aktionär seiner Rechte aus der erhobenen Anfechtungsklage durch eine einstweilige Verfügung sichern. Mit der Beantragung des Delisting während des Laufs des Anfechtungsverfahrens kann er die Stellung des Delisting-Antrags verhindern oder aber die Rücknahme eines bereits gestellten DelistingAntrags erreichen. 31. Die Aktionäre können die Abfindungshöhe im Falle einer zu niedrigen Abfindung im Spruchverfahren gerichtlich überprüfen lassen, wenn die Gesellschaft nicht gegen § 71 Abs. 2 AktG verstößt und die Hauptversammlung dem Delisting zugestimmt hat. Das gleiche gilt, wenn die Gesellschaft den Aktionären keine Abfindung gewährt. 32. Ist der Anteil der abfindungsberechtigten Aktionäre höher als der Anteil eigener Aktien, den die Gesellschaft aufgrund des Ermächtigungsbeschlusses nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erwerben darf, können die Aktionäre den Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting anfechten. Eine Abfindung können die Aktionäre aufgrund § 71 Abs. 2 AktG nicht verlangen, da dem Abfindungsanspruch eine rechtsvernichtende Einwendung entgegensteht, so daß der einzelne Aktionär auch eine gewährte Abfindung nicht im Spruchverfahren überprüfen

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4. Teil: Aktienrechtliche Voraussetzungen des regula¨ren Delisting

lassen kann. Auch im Falle, daß die Hauptversammlung die Gesellschaft überhaupt nicht zum Erwerb ermächtigt hat, können die Aktionäre mit der Anfechtungsklage gegen den Delisting-Hauptversammlungsbeschluß vorgehen. 33. Ein mangelndes Erwerbsangebot eines Bieters oder Großaktionärs können die Aktionäre nicht im Spruchverfahren durchsetzen, da insbesondere gegenüber dem Großaktionär als möglichem Bieter kein Anspruch auf den Erwerb der Aktien besteht. Die Aktionäre müssen dann, wenn die Gesellschaft selbst aufgrund § 71 Abs. 2 AktG die Abfindung nicht erbringen kann, mit der Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting vorgehen. 34. Eine zu niedrige Gegenleistung aus einem Erwerbsangebot können die Aktionäre gegenüber dem Bieter mit der zivilprozessualen Leistungsklage überprüfen, um die volle Entschädigung für ihre Aktien zu erhalten. 35. Kommt die Gesellschaft ihren Informationspflichten über das Delisting nicht nach, können die Aktionäre Verletzungen mit der Anfechtungsklage (§ 243 Abs. 1 AktG) geltend machen, soweit die verletzten Informationspflichten nicht abfindungswertbezogen sind. Sind sie abfindungswertbezogen, müssen die Aktionäre das Spruchverfahren wählen. 36. Erfüllt der Bieter seine Informationspflichten bei einem Erwerbsangebot nicht, können die Aktionäre diese mit der Leistungsklage durchsetzen. Haben die nicht gewährten Informationen Einfluß auf die Gegenleistungshöhe, kann der einzelne Aktionär sein Informationsverlangen im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) mit dem Begehren auf Erhöhung der Gegenleistung verbinden.

5. Teil

Kaltes Delisting als Konsequenz gesellschaftsrechtlicher Gestaltung Das kalte und das reguläre Delisting stehen sich als Gestaltungsvarianten des Börsenrückzugs gegenüber. Während das regluräre Delisting sich dadurch kennzeichnet, daß der Emittent den Widerruf der Börsenzulassung beantragt und dadurch die Handelbarkeit der Aktien über die Börse beendet wird, wird beim kalten Delisting, ohne daß es eines gesonderten Antrags des Emittenen auf Widerruf der Börsenzulassung bedürfte, diese aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Gestaltung durch Erledigung oder aufgrund eines Widerrufs von Amts wegen beendet. Dies gilt unabhängig davon, ob das Delisting der einzige Zweck, etwa der Umwandlung der Gesellschaft, ist1. Als gesellschaftsrechtliche Gestaltungsvarianten eines kalten Delisting stehen die Verschmelzung und Aufspaltung der börsennotierten AG auf eine andere nichtbörsennotierte Gesellschaft, der Formwechsel, die übertragende Auflösung, das Squeeze-out, die Mehrheitseingliederung sowie die Kapitalherabsetzung auf Null mit gleichzeitiger Kapitalerhöhung zur Verfügung.2 Für diese Gestaltungsvarianten sieht das Gesetz im einzelnen besondere Anforderungen vor, etwa, daß die Hauptversammlung über die Maßnahme entscheiden muß und die widersprechenden oder ausstiegswilligen Aktionäre eine Abfindung erhalten. Keine Regelung beantwortet aber die Frage, welchen Einfluß die Beendigung der Börsenzulassung und die damit wegfallende Handelbarkeit der Aktien auf die einzelnen aktien- oder umwandlungsrechtlichen Voraussetzungen eines kalten Delisting haben.

A. Geltung der zum regulären Delisting erarbeiteten Grundsätze für das kalte Delisting Die zum regulären Delisting im Hinblick auf die Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung, den vermögensrechtlichen Schutz der Minderheitsaktionäre und die Berichtspflicht des Vorstands gegenüber den Aktionären erarbeiteten Grundsätze bilden aufgrund der fehlenden einfachgesetzlichen Regelungen einen verfassungsrechtlichen Mindeststandard, der bei dem Rückzug von der Börse auf 1 2

Siehe zu der rechtlichen Einordnung der Zulassungsbeendigung oben 3. Teil: B., S 99 ff. Siehe oben zu den einzelnen Gestaltungsformen 3. Teil: B., S. 99 ff.

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5. Teil: Kaltes Delisting

aktienrechtlicher Seite einzuhalten ist. Systematisch bildet das reguläre Delisting den Grundfall aller Delisting-Varianten, während die besonderen gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsformen durch Umwandlung, Eingliederung oder Kapitalherabsetzung spezielle Ausprägungen darstellen. Dieses systematische Verständnis beruht darauf, daß die Folgen des Delisting für die Aktionäre ähnlich sind, während sich die übrigen Folgen beim kalten Delisting für die Gesellschaft und die Organe je nach gewählter Gestaltung grundsätzlich vom regulären Delisting unterscheiden. Insofern kann die Einhaltung der Voraussetzungen, die bei einem regulären Delisting zu erfüllen sind, auch nur dort überprüft werden, wo das Delisting zu gleichen Folgen führt. Dies gilt insbesondere für die Aktionäre, die mit dem Delisting die erhöhte Verkehrsfähigkeit ihrer ehemals börsenzugelassenen Aktien verlieren. Für die Aktionäre macht es keinen Unterschied, ob sie die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien durch ein reguläres oder ein kaltes Delisting verlieren, so daß im Hinblick auf diese Folge reguläres und kaltes Delisting gleich zu behandeln sind. Literatur und Rechtsprechung haben diese Gleichbehandlung rechtstechnisch bisher dadurch hergestellt, daß sie die speziellen Regelungen des kalten Delisting auf das reguläre Delisting angewendet und die Gesetzeslücken damit gefüllt haben3, obwohl die für eine Analogie notwendige vergleichbare Interessenlage zwischen den einzelnen Gestaltungsvarianten des kalten Delisting und dem regulären Delisting nicht gegeben ist4. Die bisherige Rechtsfortbildung legte daher die Voraussetzungen der speziellen Gestaltungsformen des Delisting dem regulären Delisting zugrunde. Dieser Weg der Rechtsfortbildung überzeugt jedoch nicht, weil dadurch eventuell beim kalten Delisting bestehende Schutzdefizite nicht offengelegt werden können und eine mögliche Umgehung der verfassungsrechtlichen Mindeststandards erfolgen kann. Insofern waren zunächst die grundsätzlichen Voraussetzungen des Delisting festzulegen, bevor untersucht werden kann, ob die einzelnen für die Gestaltungsformen des kalten Delisting aufgestellten umwandlungs- oder aktienrechtlichen Voraussetzungen dem Schutzniveau und den grundsätzlichen Anforderungen eines Delisting genügen und nicht aufgrund der allgemeinen Erwägungen zu ergänzen sind. Dies ist im weiteren insbesondere im Blick auf den Vermögensschutz der Aktionäre zu untersuchen. Die zum regulären Delisting erarbeiteten Voraussetzungen beanspruchen jedoch nur insoweit Geltung für die einzelnen Gestaltungsformen des kalten Delisting, als sich die Aktionäre nach Durchführung der Maßnahme in einer Gesellschaft wiederfinden, deren Anteile nicht mehr fungibel sind, weil nur dann eine mit dem 3 Dies gilt insbesondere für die analoge Anwendung der Abfindungsregelung des Formwechsels aus § 207 Abs. 1 UmwG auf das reguläre Delisting, vgl. BayObLG, Beschl. v. 01. 12. 2004 – 3Z BR 106 / 04, ZIP 2005, 205, 209 m. w. N.; M. Henze, Delisting, S. 171 ff.; Kleppe, Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, S. 195 ff.; Schlößer, Delisting auf Initiative des Emittenten, S. 250 ff.; Kruse, Das „kalte“ Delisting, S. 56. 4 Siehe zur mangelnden vergleichbaren Interessenlage zwischen den Gestaltungsformen des kalten Delisting und dem regulären Delisting bei der Begründung der Hauptversammlungskompetenz 4. Teil: D.I.2., S. 165 ff. und zur Begründung der Abfindungspflicht der Gesellschaft 4. Teil: D.V.1.a), S. 240 ff.

A. Geltung der Grundsa¨tze fu¨r das kalte Delisting

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regulären Delisting vergleichbare Situation für die vom Delisting betroffenen Aktionäre vorliegt.5 Daher sind solche Gestaltungsformen von vornherein aus der Untersuchung auszuklammern, die etwa zum Verlust der Mitgliedschaft führen, ohne daß der einzelne Aktionär freiwillig über den Verbleib in der Gesellschaft entscheiden kann. Wird eine börsennotierte AG auf eine nichtnotierte AG oder eine andere Gesellschaftsform verschmolzen oder aufgespalten, erhalten die Aktionäre für ihre Aktien Anteile eines anderen nichtnotierten Rechtsträgers. Sie finden sich nach dem Vollzug der Maßnahme in einer neuen Gesellschaft wieder, deren Anteile sie nicht über die Börse veräußern können. Gleiches gilt für die Mehrheitseingliederung. Auch bei einem Formwechsel von einer börsennotierten AG in eine andere Gesellschaftsform bleibt zwar die Gesellschaft erhalten, jedoch wandelt sich das auf die Anteile anwendbare Recht. Die Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit einer Kapitalerhöhung führt ebenfalls zum Delisting der Gesellschaft. Die Aktionäre erlangen nach Ausübung ihres Bezugsrechts zwar wieder Aktien der Gesellschaft, die aber nicht börsenzugelassen sind. Allen diesen Gestaltungsformen ist gemeinsam, daß die Aktionäre nach Durchführung der jeweiligen Maßnahme ihre Gesellschaftsanteile nicht mehr über die Börse veräußern können. Anders ist die Situation bei der übertragenden Auflösung und dem verbandsrechtlichen und übernahmerechtlichen Squeeze-out. Zwar sind beide Gestaltungsformen auch sogenannte Formen des kalten Delisting, jedoch verlieren die ehemaligen Aktionäre der börsennotierten AG ihre Stellung als Anteilsinhaber vollkommen. Der Verlust der Anteilsinhaberstellung überlagert den Verlust der Handelbarkeit, da kein Gesellschaftsanteil mehr vorhanden ist, der veräußert werden könnte. Daher kann das reguläre Delisting für das verbands- und übernahmerechtliche Squeeze-out sowie die übertragende Auflösung nicht den Mindeststandard im Hinblick auf das Delisting bilden, weil diese Maßnahmen viel stärker in das Rechtsverhältnis zwischen AG und Aktionär eingreifen als ein einfaches Delisting. Im folgenden konzentriert sich die Untersuchung daher auf die mit dem regulären Delisting in einem Spezialitätsverhältnis stehenden Gestaltungsformen wie die Verschmelzung, die Aufspaltung, der Formwechsel und die Mehrheitseingliederung sowie die Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung. Ob dabei das Delisting nach dem Willen der Gesellschaft Hauptzweck oder aber lediglich Nebenfolge einer vorwiegend auf anderen Gründen beruhenden Entscheidung der Gesellschaft ist, hat in rechtlicher Hinsicht keine Bedeutung, da die jeweilige Gestaltungsform gerade auch, wenn auch „ungewollt“, zur Beendigung der Börsenzulassung führt. Die rechtliche Betroffenheit, etwa der Aktionäre durch die Beendigung der Börsenzulassung, wird damit nicht beseitigt oder aufgehoben.

5 Ebenso für eine differenzierende Betrachtung Schwark in Rosen, Die Zukunft der Aktie, S. 76, 82; auf alle Gestaltungsformen des kalten Delisting will die Grundsätze zum regulären Delisting erstrecken Habersack in Habersack / Mülbert / Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 28 Rn. 30 f.

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5. Teil: Kaltes Delisting

B. Verschmelzung und Aufspaltung Sowohl die Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine andere nichtnotierte Gesellschaft6 als auch die Aufspaltung der börsennotierten AG auf andere nichtnotierte oder nichtnotierungsfähige Rechtsträger7 führen zum Delisting der Gesellschaft, da in beiden Fällen die börsennotierte AG mit der Eintragung der Umwandlungsmaßnahme im Handelsregister erlischt (§§ 20 Abs. 1 Nr. 2, 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG) und sich damit die Börsenzulassung erledigt. Gleiches gilt auch, wenn die börsennotierte AG auf eine andere börsennotierte AG verschmolzen wird, da auch dann die übertragende AG erlischt und sich die Börsenzulassung erledigt. Da sich die Aufspaltung im wesentlichen nach denselben Regeln wie die Verschmelzung (§ 125 S. 1 UmwG) richtet, werden die Gestaltungsformen zusammen untersucht. Obwohl das kalte Delisting in Form der Verschmelzung ebenso zum Delisting führt, konzentrierte sich die bisherige Diskussion auf das reguläre Delisting und die einzelnen aktienrechtlichen Voraussetzungen. Da die einzelnen gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen der Verschmelzung gesetzlich geregelt sind, wie die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung und die erforderliche Dreiviertel-Beschlußmehrheit (§§ 13 Abs. 1, 65 Abs. 1 UmwG), oder aber im Schrifttum nahezu unumstritten sind, wie die Ablehnung der sachlichen Rechtfertigung des Hauptversammlungsbeschlusses8, steht die Frage nach einem ausreichenden Vermögensschutz der betroffenen Aktionäre im Vordergrund der Diskussion. Zudem ist der Einfluß des Delisting auf den Umfang der Berichtspflicht des Vorstands nach § 8 UmwG zu berücksichtigen.

I. Schriftliche Berichtspflicht des Vorstands Der schriftliche Verschmelzungs- (§ 8 Abs. 1 UmwG) und Aufspaltungsbericht (§ 127 S. 1 UmwG) der Vertretungsorgane der beteiligten Rechtsträger muß auf die wegfallende Handelbarkeit der börsenzugelassenen Aktien durch die Verschmelzung und Spaltung hinweisen9 und auf die Vor- und Nachteile der Umwandlung, etwa die Abhängigkeit bei der Finanzierung zukünftiger Investitionen von einem einzelnen Investor, eingehen. Der Bericht muß zudem das Umtauschverhältnis (§§ 5 Abs. 1 Nr. 3 oder 126 Abs. 1 Nr. 3 UmwG) und die an die widersprechen6 Siehe zur Beendigung der Börsenzulassung durch die Verschmelzung oben 3. Teil: B.I.1., S. 100 ff. 7 Siehe zur Aufspaltung 3 Teil: B.I.3., S. 105. 8 Vgl. nur Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 13 Rn. 31 ff. m. w. N.; Zimmermann in Kallmeyer UmwG, § 13 Rn. 12 m. w. N.; ebenso stellt eine nachfolgendes Squeeze-out der verbliebenen Aktionäre keine Treuepflichtverletzung dar, LG Düsseldorf, Beschl. v. 20. 10. 2005 – 32 O 113 / 05, EWiR 2006, 27, 28 (Siepelt). 9 Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 8 Rn. 17.

B. Verschmelzung und Aufspaltung

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den Aktionäre zu leistende Barabfindung (§ 29 Abs. 1 UmwG) erläutern. Der inhaltliche Umfang dieser Berichte entspricht dem verfassungsrechtlich gebotenen Maß für ein Delisting.10 Die Berichtspflicht soll die Aktionäre grundsätzlich in die Lage versetzen, eine Plausibilitätskontrolle der gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung vornehmen zu können.11 Diese Plausibilitätskontrolle umfaßt aber auch die kapitalmarktrechtliche Seite der Umstrukturierung, da der Wortlaut der §§ 8 Abs. 1, 127 S. 1 UmwG die Berichtspflicht nicht auf die gesellschaftsrechtliche Folgen beschränkt. Dies wird insbesondere an der Erläuterungspflicht hinsichtlich der Abfindungshöhe deutlich. Die Abfindungshöhe berechnet sich zwar grundsätzlich im Wege der Ertragswertmethode, jedoch bildet der Börsenkurs auch bei § 29 Abs. 1 UmwG die Wertuntergrenze der Abfindung. Die gebotene Informationspflicht der Gesellschaft gegenüber den Aktionären beim Delisting wird bereits auf einfachgesetzlicher Ebene durch §§ 8 Abs. 1, 127 S. 1 UmwG erfüllt, so daß kein Schutzdefizit gegenüber den Anforderungen beim regulären Delisting besteht. Des weiteren muß der Bericht auf besondere Bewertungsprobleme eingehen (§ 8 Abs. 1 S. 2 und § 127 S. 2 UmwG). Dieser Teil des Berichts erlangt beim Delisting seine Bedeutung im Hinblick auf die Frage, ob bei der Bewertung der an der Verschmelzung oder Spaltung beteiligten Gesellschaften der Börsenkurs als Wertuntergrenze berücksichtigt worden ist.12

II. Abfindungsanspruch bei Verschmelzung oder Aufspaltung einer börsennotierten auf eine nichtbörsennotierte Aktiengesellschaft Während bei der Verschmelzung oder Aufspaltung der börsennotierten AG auf einen Rechtsträger anderer Rechtsform nach § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG den Aktionären, die dem Verschmelzungs- oder Spaltungsbeschluß widersprochen haben, eine Abfindung zu gewähren ist, können die Aktionäre der übertragenden börsennotierten AG bei einer Verschmelzung auf eine nichtbörsennotierte AG nunmehr nach Änderung des § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG ebenfalls eine Abfindung verlangen.13 Der bisherige Meinungsstreit14, ob den Aktionären der übertragenden börsennotierten 10 Siehe zum verfassungsrechtlich gebotenen Maß an Informationen beim regulären Delisting oben 4. Teil: D.VI.3.c), S. 370 ff. 11 Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 8 Rn. 5; Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG § 8 Rn. 6. 12 Siehe zu der Bewertungsfrage sogleich unten 5. Teil: B.VI., S. 460 ff. 13 § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG geändert durch Zweites Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, BGBl. Teil I 2007, S. 542. 14 Den Abfindungsanspruch hatte bejaht: LG Köln, Beschl. v. 19. 12. 2003 – 82 O 95 / 03, ZIP 2004, 220, 222 = EWiR 2004, 879 (de Boer); Pluskat / Schaumburg, EWiR 2005, 275, 276; Kruse, Das „kalte“ Delisting, S. 121 ff.; Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG § 29 Rn. 6; ders., LMK 2003, 108, 109; Kubis in MünchKomm AktG, § 119 Rn. 89; Seibt / Heiser, ZHR 165 (2001), 466, 487; Rieske, Rückzug von der Börse, S. 277 f.; Kalss in Semler / Sten-

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5. Teil: Kaltes Delisting

AG eine Abfindungs zu gewähren ist, hat nach der Gesetzesänderung keine Bedeutung mehr, so daß auch im Hinblick die Frage, ob gegenüber dem reglären Delisting ein Schutzdefizit vorliegt, dieses zu verneinen ist. Der Gesetzgeber hat das Problem der fehlenden Abfindung bei einer Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine nichtbörsennotierte AG erkannt und sich in einem Gesetzesentwurf dafür entschieden, § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG dahingehend zu ergänzen, daß auch bei einer Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine nichtbörsennotierte AG den Aktionären eine Barabfindung zu gewähren ist.15 Zur Begründung führt er aus, daß der Verlust der Börsennotierung zwar nicht rechtlich, aber faktisch die Veräußerungsmöglichkeit der Anteile erschwere und damit die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Abfindungsregelung gerechtfertigt erscheine.16 Die Begründung des Gesetzgebers zur Einführung einer Abfindungspflicht der Aktionäre der übertragenden AG auf eine nichtbörsennotierte AG überzeugt jedoch nicht, da die Abfindung ihren Rechtsgrund nicht in einer faktischen Beeinträchtigung haben kann, sondern dafür eine rechtliche Beeinträchtigung erforderlich ist. Der Abfindungsanspruch der Aktionäre konnte bereits vor der Änderung des § 29 Abs. 1 UmwG durch die verfassungskonforme Auslegung des § 29 Abs. 1 UmwG begründet werden, da die für das reguläre Delisting entwickelten Grundsätze zum vermögensrechtlichen Schutz der Minderheitsaktionäre auch für das kalte Delisting gel UmwG, § 29 Rn. 16; wohl auch, aber im Zusammenhang mit dem regulären Delisting Hüffer AktG, § 119 Rn. 25; für eine erweiternde Auslegung ebenso H. Schmidt in Lutter, Kölner Umwandlungsrechtstage, S. 59, 84 f.; eine Analogie nach § 29 Abs. 1 S. 2 UmwG a. F. haben verneint, jedoch auf das Macrotron-Urteil des BGH stützend: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30. 12. 2004 – I-19 W 3 / 04 AktE, ZIP 2005, 300, 301 = EWiR 2005, 275 (Pluskat / Schaumburg); anders die Vorinstanz, die als Rechtsgrundlage § 29 Abs. S. 1 UmwG heranzieht: LG Köln, Beschl. v. 19. 12. 2003 – 82 O 95 / 03, ZIP 2004, 220, 222; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07. 03. 2005 – I – 19 W 1 / 04 AktE, AG 2005, 480, 480; Grunewald, ZIP 2004, 542, 544; dies. in Lutter UmwG, § 29 Rn. 9; Hommelhoff / Witt in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 35 Rn. 54; Adolff / Tieves, BB 2003, 797, 805; Kruse, Das „kalte“ Delisting, S. 124 f.; Pluskat, BKR 2007, 54, 59 f.; Spindler in Schmidt / Lutter AktG, § 119 Rn. 55; ohne nähere Begründung wohl auch Oetker / Heise in Richard / Weinheimer, Handbuch Going Private, S. 367; die Praxis geht ebenfalls davon aus, daß die Grundsätze des Macrotron – Urteils des BGH zur Abfindungspflicht führt, so bei der Verschmelzung der börsennotierten ABIT AG auf die nichtbörsennotierte GFKL Financial Services AG, vgl. elektronischer BAnz. v. 12. 05. 2005, www.ebundesanzeiger.de und elektronischer BAnz. v. 13. 05. 2005, www.ebundesanzeiger.de; einen Abfindungsanspruch bei einer rechtsformwahrenden Verschmelzung haben insgesamt abgelehnt: Hommelhoff / Witt in Haarmann / Schüppen, FrankfurterKomm WpÜG, § 35 Rn. 53; eine analoge Anwendung des § 35 WpÜG wird ebenfalls in Betracht gezogen, aber letztlich abgelehnt durch Seibt / Heiser, ZHR 165 (2001), 466, 485 f.; Steck, AG 1998, 460, 465; Groß, ZHR 165 (2001), 141, 160 f.; Krämer / Theiß, AG 2003, 225, 240; de Vries, Delisting, S. 127 f.; Göckeler in Müller / Rödder, Beck’sches Handbuch der AG, § 26 Rn. 59; Funke, Minderheitenschutz beim kalten Delisting, S 101 ff. 15 Vgl. BT-Drucks. 16 / 2919, S. 5 und 13. 16 BT-Drucks. 16 / 2919, S. 13; siehe dazu auch Drinhausen, BB 2006, 2313, 2314, der § 29 UmwG dann teleologisch reduzieren will, wenn der aufnehmende Rechtsträger zwar zunächst nichtbörsennotiert ist, aber die Börsennotierung geplant sei.

B. Verschmelzung und Aufspaltung

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gelten.17 Der Gesetzgeber berücksichtigte in § 29 Abs. 1 UmwG nur die gesellschaftsrechtlichen Folgen der Verschmelzung und Aufspaltung, nicht aber die kapitalmarktrechtlichen Konsequenzen für die Börsenzulassung des übertragenden Rechtsträgers. Insofern bestand eine Regelungslücke zu Lasten der Minderheitsaktionäre, da sie zwangsweise Mitglied des übernehmenden nichtbörsennotierten Rechtsträgers wurden, ohne die Möglichkeit eines Ausscheidens zu haben. Dies hat jedoch den verfassungsrechtlichen Anforderungen an ein Delisting widersprochen, da die Aktionäre gemäß Art. 14 Abs. 1 GG die Möglichkeit haben müssen, gegen Abfindung aus der Gesellschaft auszuscheiden. Die erhöhte Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktien ist grundrechtlich durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG als Teil des Aktieneigentums geschützt.18 Das Delisting ist eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, da die Minderheitsaktionäre im Gegensatz zu den Großaktionären die Folgen des Börsenrückzugs zu tragen haben und dadurch unangemessen benachteiligt werden.19 Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 14 Abs. 1 GG gelten auch für die rechtsformwahrende Verschmelzung und Aufspaltung, weil die Aktionäre der vormals börsennotierten AG nach Eintragung der Umwandlung ebenso wie beim regulären Delisting Inhaber nichtbörsenzugelassener Aktien werden. Zwar ist das reguläre Delisting mit der Verschmelzung und Aufspaltung nicht im Sinne einer Analogie vergleichbar. Jedoch bildet das reguläre Delisting die Grundform des Börsenrückzugs, während Verschmelzung und Aufspaltung spezielle Ausprägungen darstellen. Der Gesetzgeber hat durch die Änderung die in § 29 Abs. 1 UmwG bestehende eigentumsgrundrechtlich gebotene Schutzpflicht gegenüber den Minderheitsaktionären erfüllt. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Begründung der Abfindungspflicht im Falle der Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine nichtbörsennotierte AG ist die im Zusammenhang mit der Ergänzung des § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG vom Gesetzgeber geäußerte Begründung jedoch abzulehnen, daß der Verlust der Börsennotierung zu einer faktischen Beeinträchtigung der Aktionäre führe20. Die Beeinträchtigung der Aktionäre durch das Delisting erfolgt daher nicht nur rein faktisch, sondern ist i. S. d. Art. 14 GG eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Begründung der Abfindungspflicht beruht allein auf den verfassungsrechtlichen Vorgaben.21 Anders könnte eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Abfindung gegenüber des Aktionären verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden, da durch die Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft gleichzeitig die Rechte der verbleibenden Aktionäre beeinträchtigt werden.

Ebenso im Ergebnis Grunewald, ZIP 2004, 542, 544; Schlitt, ZIP 2004, 533, 540. Siehe oben 4. Teil: D.I.5.a), S. 196 ff. 19 Vgl. oben 4. Teil: D.V.1.c)aa)(2)(c), S. 264 ff. 20 Vgl. BT-Drucks. 16 / 2919, S. 13. 21 Siehe oben 4. Teil: D.V.1.c)aa)(2), S. 259 ff.; ebenso mit diesem Verständnis Bayer / Schmidt, NZG 2006, 841, 845. 17 18

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5. Teil: Kaltes Delisting

III. Abfindungsanspruch bei Verschmelzung oder Aufspaltung der börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine andere börsennotierte Aktiengesellschaft Die Frage, ob die Aktionäre der übertragenden börsennotierten AG gegenüber der übernehmenden ebenfalls börsennotierten AG einen Anspruch auf Abfindung haben, ist zu verneinen.22 Auf einfachgesetzlicher Ebene sieht § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG bei einer rechtsformwahrenden Verschmelzung oder Aufspaltung keinen Abfindungsanspruch vor. Die Aktionäre der übertragenden AG werden gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister Aktionäre der übernehmenden börsennotierten AG. Sie erhalten im Tausch für ihre vormals börsenzugelassenen Aktien wiederum börsenzugelassene Aktien der übernehmenden AG, die sie über die Börse veräußern können. Das Delisting der übertragenden AG führt nicht zu einem Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktien, so daß die für das reguläre Delisting entwickelten Grundsätze zum vermögensrechtlichen Schutz der Aktionäre nicht eingreifen. Denn das Delisting ist nur dann eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung, wenn die Aktionäre durch das Delisting die erhöhte Verkehrsfähigkeit der börsenzugelassenen Aktien verlieren.23 Dies ist aber bei der Verschmelzung oder Aufspaltung der übertragenden börsennotierten AG auf eine ebenfalls börsennotierte AG nicht der Fall, weil sich die Aktionäre jederzeit durch den Verkauf über die Börse von ihrem Investment trennen können. Eines gesonderten Abfindungsanspruches als Austrittsoption gegenüber der Gesellschaft bedarf es verfassungsrechtlich nicht.

IV. Abfindungspflicht des Großaktionärs Das Umwandlungsrecht sieht neben der Abfindungsverpflichtung der übernehmenden Rechtsträger nach §§ 29 Abs. 1, 125 S. 1 UmwG keine Angebotspflicht des Großaktionärs vor. Dennoch könnte in konsequenter Übertragung der Macrotron-Rechtsprechung des BGH24 auch der Großaktionär der übertragenden AG zur Abgabe eines Angebots gegenüber den Minderheitsaktionären verpflichtet sein. Jedoch ist der Großaktionär nach der hier vertretenen Ansicht schon nicht beim regu22 Ebenso im Fall der Verschmelzung der T-Online International AG auf die Deutsche Telekom AG OLG Frankfurt / Main, Beschl. 08. 02. 2006 – 12 W 185 / 05, ZIP 2006, 370, 374; bestätigt durch BGH, Beschl. v. 29. 05. 2006 – II ZB 5 / 06, NZG 2006, 553, ohne daß sich der BGH in der Sache zu diesem Problem geäußert hat. Siehe auch die Vorstinstanz LG Darmstadt, Beschl. v. 29. 11. 2005 – 12 O 491 / 05, AG 2006, 127; Hofmann / Krolop, AG 2005, 866, 867; vgl. auch Börsen-Zeitung v. 11. 03. 2005, S. 13; ein weiteres Beispiel für eine solche Art der Verschmelzung ist die Ex-Cell-O Holding AG, vgl. Börsen-Zeitung v. 13. 03. 2001, S. 10. 23 Vgl. oben 4. Teil: D.V.1.c)aa)(2)(c), S. 264 ff. 24 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536.

B. Verschmelzung und Aufspaltung

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lären Delisting zur Abfindung verpflichtet25, so daß er auch beim Delisting durch Verschmelzung oder Aufspaltung nicht zur Abfindung verpflichtet ist. Selbst wenn der BGH-Rechtsprechung gefolgt wird, spricht die Lockerung der Kapitalerhaltungsregelung durch § 29 Abs. 1 S. 1, 2. HS UmwG gegen eine Abfindungsverpflichtung des Großaktionärs, da der Schutz der Minderheitsaktionäre durch die Abfindung der Gesellschaft abgesichert wird. Der Erwerb eigener Aktien ist der übernehmenden Gesellschaft durch § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG grundsätzlich in den Grenzen des § 71 Abs. 2 AktG erlaubt. Denn die Gesellschaft kann darüber hinaus eigene Aktien auch dann wirksam erwerben, wenn sie über die 10 %-Grenze des § 71 Abs. 2 AktG hinaus Aktien von den widersprechenden Minderheitsaktionären erwirbt, weil § 29 Abs. 1 S. 1, 2. HS UmwG die Anwendung des § 71 Abs. 4 S. 2 AktG für unanwendbar erklärt, der grundsätzlich das schuldrechtliche Geschäft des Erwerbs eigener Aktien für nichtig erklärt. Ein Verschmelzungs- oder Aufspaltungsbeschluß der Hauptversammlung verstößt nach überwiegender Ansicht im Schrifttum nur gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung (§ 71 Abs. 2 AktG), wenn vor der Beschlußfassung bereits erkennbar war, daß mehr als 10 % der das Grundkapital repräsentierenden Aktionäre dem Beschluß widersprechen werden.26 Ist die Überschreitung der Grenze des § 71 Abs. 2 AktG jedoch bei Beschlußfassung nicht erkennbar, weil die Widersprüche erst nach dem Beschluß erklärt werden können27, ist der Beschluß unanfechtbar und die Gesellschaft zur Abfindung verpflichtet. Die Minderheitsaktionäre bedürfen daher nicht des vermögensrechtlichen Schutzes durch ein Abfindungsangebot eines Großaktionärs. Dies gilt auch, wenn der Auffassung des BGH zum regulären Delisting gefolgt wird, daß der Großaktionär den Minderheitsaktionären ein Angebot unterbreiten muß, weil die Gesellschaft zur Abfindung verpflichtet ist und damit die Minderheitsaktionäre vermögensrechtlich geschützt sind.

V. Widerspruch als Abfindungsvoraussetzung Zur Entstehung des Abfindungsanspruches gegenüber der Gesellschaft fordert § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG, daß der Anteilsinhaber Widerspruch gegen den Verschmelzungs- oder Aufspaltungsbeschluß zur Niederschrift des Notars erklärt. Fraglich ist, ob dieses Erfordernis auch dann gilt, wenn aufgrund des Delisting des übertragenden Rechtsträgers die übernehmende Gesellschaft den Minderheitsaktionären eine Abfindung zahlen muß. Eine Auffassung im Schrifttum lehnt den Siehe oben 4. Teil: D.V.2.b)bb), S. 287 ff. Siehe nur Grunewald in Lutter UmwG, § 29 Rn. 24 ff.; vgl. oben zum Stand der Diskussion 4. Teil: D.VII.3.b), S. 418 ff. 27 Kalss in Semler / Stengel UmwG, § 29 Rn. 21; ebenso den Widerspruch für die Anfechtungsklage zeitlich vor dem Hauptversammlungsbeschluß ablehnend LG Frankfurt / Main, Beschl. v. 04. 11. 2004 – 3-5 O 112 / 04, ZIP 2005, 991, 992 = DB 2005, 603; dieses ungeschriebene Erfordernis verneint Priester, EWiR 2005, 329, 330. 25 26

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5. Teil: Kaltes Delisting

Widerspruch i. S. d. § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG als zwingende Voraussetzung der Abfindungsverpflichtung beim kalten Delisting ab, da der BGH im Macrotron-Urteil auch keinen Widerspruch zur Entstehung des Abfindungsanspruches gefordert habe.28 Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Zwar ist es richtig, daß beim regulären Delisting die Minderheitsaktionäre keinen Widerspruch gegen den Hauptversammlungsbeschluß zum Delisting zu erheben brauchen29. Beim regulären Delisting bestehen jedoch auch keine verfassungsrechtlichen Vorgaben, die einen Widerspruch zwingend fordern. Der Widerspruch i. S. d. § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG dient vornehmlich dazu, den abfindungsberechtigten Kreis der Anteilsinhaber festzustellen. Wird eine börsennotierte AG auf eine nichtnotierte AG verschmolzen, so richtet sich der Abfindungsanspruch aufgrund verfassungskonformer Rechtsfortbildung nach § 29 Abs. 1 UmwG. Diese Abfindungsregelung ist gegenüber der Abfindungsverpflichtung aus Art. 14 Abs. 1 GG die speziellere Regelung und geht der Abfindungsverpflichtung zum regulären Delisting vor. Daher müssen die Aktionäre der übertragenden AG ihren Widerspruch gegen den Verschmelzungsbeschluß erklären, um einen Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft zu erhalten. Die zum regulären Delisting erarbeiteten einzelnen Voraussetzungen bilden nur einen Mindeststandard, verdrängen aber nicht die spezielleren gesellschaftsrechtlichen Regelungen zur Verschmelzung.

VI. Berücksichtigung des Börsenkurses bei Berechnung des Umtauschverhältnisses Soll eine börsennotierte AG auf eine nichtnotierte AG oder eine Gesellschaft anderer Rechtsform oder auf eine ebenfalls börsennotierte AG verschmolzen oder aufgespalten werden, muß der Verschmelzungs- oder Spaltungsvertrag neben anderen notwendigen Angaben auch das Umtauschverhältnis der Anteile und gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlung enthalten (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 und § 126 Abs. 1 Nr. 3 UmwG). Das Umtauschverhältnis legt fest, wie viele Anteile des übernehmenden Rechtsträgers die Aktionäre der übertragenden AG für ihre Aktien im Tausch für den Verlust erhalten, wenn sie Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers werden wollen. Zur Berechnung des Umtauschverhältnisses müssen die Unternehmenswerte der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger ermittelt und in Relation zueinander gesetzt werden, wobei es nicht um die exakte Berechnung geht, sondern darum, ob die Anteile des übernehmenden Rechtsträgers 28 Lohner in Deilmann / Lorenz, Die börsennotierte Aktiengesellschaft, § 16 Rn. 15; teilweise folgt die Beratungspraxis dieser Auffassung, so beispielsweise bei der Verschmelzung der ABIT AG auf die GFKL AG. Der Verschmelzungsvertrag weist unter § 7 Abs. 3 ausdrücklich darauf hin, daß es zur Annahme des Erwerbsangebots aufgrund des Delisting keines Widerspruches bedarf, vgl. elektronischer BAnz. v. 13. 05. 2005, Internet: www.ebundesanzeiger.de und elektronischer BAnz. v. 12. 05. 2005, Internet: www.ebundesanzeiger.de. 29 Siehe dazu oben 4. Teil: D.V.2.a)bb), S. 275.

B. Verschmelzung und Aufspaltung

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eine angemessene Gegenleistung darstellen (vgl. § 12 Abs. 2 S. 1 UmwG).30 Die Unternehmenswerte berechnen die Wirtschaftsprüfer regelmäßig im Wege der Ertragswertmethode.31 Fraglich ist vor dem Hintergrund der DAT / Altana-Rechtsprechung des BVerfG32, ob der Börsenkurs im Rahmen der Verschmelzung die Wertuntergrenze bei der Bewertung einer börsennotierten AG bildet. Die Beantwortung dieser Frage ist umstritten. Dieser Streit erlangt gerade bei der Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine notierte oder nichtnotierte Gesellschaft und damit im Zusammenhang mit dem Delisting der übertragenden AG seine Bedeutung, da in dieser Konstellation regelmäßig Börsenkurse vorhanden sind, die in die Unternehmensbewertung mit einfließen könnten. Insofern könnte ein Schutzdefizit bestehen, wenn bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses im Gegensatz zur Berechnung der Abfindung beim regulären Delisting der Börsenkurs nicht berücksichtigt würde. 1. Stand der Diskussion in Rechtsprechung und Literatur Eine Ansicht lehnt den Börsenkurs als Wertuntergrenze bei der Berechnung des Unternehmenswertes im Rahmen der Ermittlung des Umtauschverhältnisses ab.33 Die Berücksichtigung des Börsenkurses als Wertuntergrenze sei nur bei einem schweren Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte gerechtfertigt, wenn etwa die Aktionäre gegen ihren Willen aus der Gesellschaft gedrängt werden, nicht aber wenn sie in einer anderen Gesellschaft verbleiben können, die den übertragenden Rechtsträger aufgenommen hat.34 Zudem seien alle Anteilsinhaber der beteiligten Rechtsträger durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt, so daß eine Berücksichtigung des Börsenkurses unberechtigt zu Lasten der anderen Anteilsinhaber führen könne.35 Die Gegenansicht berücksichtigt den Börsenkurs grundsätzlich als Wertuntergrenze bei der Berechnung des Unternehmenswertes und bejaht damit den Einfluß des Börsenkurses auf das jeweilige Umtauschverhältnis.36 Wenn für die vom BVerfG entSiehe nur Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 5 Rn. 18. Vgl. dazu oben bereits 4. Teil: D.V.4.c)aa), S. 327 ff.; für die Aufspaltung Engelmeyer, AG 1996, 193, 195. 32 BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289 ff. 33 Kirchner / Sailer, NZG 2002, 305, 311; Bungert / Eckert, BB 2000, 1845, 1845 f.; Bungert, BB 2003, 699, 703 ff.; Hüffer / Schmidt-Assmann / Weber, Anteilseigentum, Unternehmenswert und Börsenkurs, S. 126 ff.; wohl auch LG München I, Beschl. v. 27. 03. 2000 – 5HK O 19156 / 98, ZIP 2000, 1055, 1056; Wilm, NZG 2000, 234, 235 f., jedoch schließt er bei Berechnung des Umtauschverhältnisses die Berücksichtigung des Börsenkurses nicht aus; die Berücksichtigung einer Fungibilitätseinbuße lehnt beim Delisting insbesondere de Vries, Delisting, S. 129 ff., ab; die Streitfrage offenlassend BVerfG, Beschl. v. 30. 05. 2007 – 1 BvR 1267 / 06 und 1280 / 06, AG 2007, 697, 698 f.; OLG Stuttgart, Beschl. v. 06. 07. 2007 – 20 W 5 / 06, AG 2007, 705, 710 ff. 34 Kirchner / Sailer, NZG 2002, 305, 309 f.; Bungert / Eckert, BB 2000, 1845, 1846; Riegger, DB 1999, 1889, 1890 f. 35 Bungert / Eckert, BB 2000, 1845, 1847. 30 31

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schiedene Anwendung auf die Eingliederung der Börsenkurs als Untergrenze maßgeblich sei, müsse dies erst recht für Verschmelzung und Aufspaltung gelten, da dort sogar die vermögensübertragende Gesellschaft erlischt, während sie bei der Eingliederung bestehen bleibt.37 Eine differenzierende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur akzeptiert den Börsenkurs als Wertuntergrenze nur, wenn die vermögensübertragende AG eine abhängige Gesellschaft ist.38 Denn in der Regel werde der Großaktionär einer herrschenden Gesellschaft ein Interesse daran haben, eine möglichst geringe Gegenleistung an die Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers zu erbringen, da eine zu hohe Gegenleistung sich in einer entsprechenden Kapitalerhöhung auf der Seite der übernehmenden Gesellschaft niederschlägt und letztlich den eigenen Anteil am übernehmenden Rechtsträger schmälert.39 Diese Störung des Gleichgewichts zwischen den Interessen der Aktionäre der übertragenden AG auf der einen Seite, die eine möglichst hohe Gegenleistung erhalten möchten, und den Anteilsinhabern der übernehmenden Gesellschaft, die eine möglichst geringe Gegenleistung erbringen möchten, werde durch das Abhängigkeitsverhältnis gestört.40 Der Börsenkurs korrigiere dieses Interessenungleichgewicht, indem auf einen vom Markt gebildeten Preis zurückgegriffen werde. Steht die übertragende AG in keinem Abhängigkeitsverhältnis zum übernehmenden Rechtsträger, ist der Börsenkurs hingegen nicht als Bewertungskriterium zur Feststellung des Unternehmenswertes heranzuziehen, da ansonsten die Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers einseitig belastet würden.41 Zudem fordert diese Auffassung, daß beide miteinander zu verschmelzenden Gesellschaften börsennotiert sind, da anderenfalls der Grundsatz des gleichen Bewertungsmaßstabs verletzt werde.42 36 OLG Frankfurt / Main, Beschl. v. 06. 03. 2007 – 20 W 494 / 06, AG 2007, 448, 449; Puszkajler, BB 2003, 1692, 1693 f.; Behnke, NZG 1999, 934, 935; Erb, DB 2001, 523, 523 f.; Weiler / Meyer, NZG 2003, 669, 670; ähnlich Steck, AG 1998, 460, 464, der im Rahmen der Berechnung des Umtauschverhältnisses die Fungibilitätsbeschränkung berücksichtigen will. In der Sache ist dies nichts anderes, als daß der Börsenkurs Ausdruck der Fungibilität der Aktie und bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses zu berücksichtigen ist. Ebenso für die Spaltung Seibold, Spaltung von Aktiengesellschaften, S. 154 f. 37 Erb, DB 2001, 523, 523 f.; Weiler / Meyer, NZG 2003, 669, 670. 38 BayObLG, Beschl. v. 18. 12. 2002 – 3Z BR 116 / 00, NZG 2003, 483, 485 (Hypo-Vereinsbank); Kruse, Das „kalte“ Delisting, S. 103 ff.; Wilsing / Kruse, DStR 2001, 991, 995 ff.; Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 5 Rn. 25; Paschos, ZIP 2003, 1017, 1022 ff.; Decher in FS Wiedemann, S. 787, 800 f. 39 BayObLG, Beschl. v. 18. 12. 2002 – 3Z BR 116 / 00, NZG 2003, 483, 485; Kruse, Das „kalte“ Delisting, S. 103 f.; Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 5 Rn. 24 a.E. 40 Kruse, Das „kalte“ Delisting, S. 103 ff. 41 BayObLG, Beschl. v. 18. 12. 2002 – 3Z BR 116 / 00, NZG 2003, 483, 485; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10. 01. 2006 – 12 W 136 / 04, AG 2006, 463, 464; Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 5 Rn. 24; Decher in FS Wiedemann, S. 787, 800. 42 BayObLG, Beschl. v. 18. 12. 2002 – 3Z BR 116 / 00, NZG 2003, 483, 486; Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 5 Rn. 19 und 26; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 464; ausnahmsweise sollen auch unterschiedliche Bewertungsmethoden angewendet werden können, so Paschos, ZIP 2003, 1017, 1021 f.; ebenso Weiler / Meyer, NZG 2003, 669, 671.

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2. Stellungnahme Zur Beantwortung der Frage, ob der Börsenkurs die Wertuntergrenze bei der Berechnung der Unternehmenswerte und mithin des Umtauschverhältnisses bildet, muß zwischen der Verschmelzung oder Aufspaltung einer börsennotierten AG auf einen nichtnotierten Rechtsträger einerseits und einen ebenfalls notierten Rechtsträger andererseits differenziert werden. In der Konstellation, daß die börsennotierte AG auf eine nichtbörsennotierte AG, eine GmbH oder eine KG verschmolzen wird, kann der Börsenkurs als Wertuntergrenze zur Berechnung des Unternehmenswertes der übertragenden AG nicht herangezogen werden. Die zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses notwendige Berechnung der Unternehmenswerte muß nach einheitlichen Kriterien erfolgen, um die Unternehmenswerte in ein Verhältnis zueinander setzen zu können (sog. Grundsatz der Methodengleichheit). 43 Ist lediglich eine an der Verschmelzung oder Aufspaltung beteiligte Gesellschaft börsennotiert, kann schon die Bewertung der Unternehmen nicht nach einheitlichen Kriterien erfolgen. Die Unternehmenswerte sind nicht miteinander vergleichbar, weil die Möglichkeit besteht, daß der übernehmende Rechtsträger allein aufgrund der Ertragswertmethode und die übertragende AG aufgrund ihres Börsenkurses bewertet wird, wenn der Börsenkurs eine höhere Bewertung vorgibt als die Berechnung nach der Ertragswertmethode. Jede Erhöhung des Börsenkurses, sei diese auch allein durch äußerliche Einflüsse des Marktes veranlaßt, ginge zu Lasten der Aktionäre des übernehmenden Rechtsträgers, obwohl sich der tatsächliche Unternehmenswert nicht verändert hat.44 Dies führt zu einer einseitigen Belastung des Eigentumsgrundrechts der Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers zugunsten des Eigentums der Aktionäre der übertragenden AG, die nicht gerechtfertigt werden kann, da den Anteilsinhabern des übernehmenden Rechtsträgers teilweise das Eigentum entzogen würde.45 Beide Eigentumspositionen stehen sich gleichberechtigt gegenüber und müssen in einen Ausgleich gebracht werden. Daher hat auch die für das Umtauschverhältnis entscheidende Unternehmensbewertung nach gleichen Kriterien zu erfolgen, so daß die einseitige Berücksichtigung des Börsenkurses als Teil der Unternehmensbewertung der übertragenden AG ausscheidet. Zwar fließt mit diesem Ergebnis die erhöhte Verkehrsfähigkeit börsenzugelassener Aktien aufgrund der sich gegenüberstehenden Grundrechtspositionen nicht mit in die Berechnung ein, so daß der besondere eigentumsgrundrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre verloren zu gehen scheint. Der Schutz der Minderheitsaktionäre wird durch diese Auffassung 43 BayObLG, Beschl. v. 18. 12. 2002 – 3Z BR 116 / 00, NZG 2003, 483, 486; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10. 01. 2006 – 12 W 136 / 04, AG 2006, 463, 464; Lutter / Drygala in Lutter UmwG, § 5 Rn. 19; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 464; de Vries, Delisting, S. 130; a. A. Seibold, Spaltung von Aktiengesellschaften, S. 156 ff.; Weiler / Meyer, NZG 2003, 669, 671, da allein die erhöhte Fungibilität der börsenzugelassenen Aktien wertbegründend wirkt. 44 BayObLG, Beschl. v. 18. 12. 2002 – 3Z BR 116 / 00, NZG 2003, 483, 486. 45 BayObLG, Beschl. v. 18. 12. 2002 – 3Z BR 116 / 00, NZG 2003, 483, 486.

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dennoch ausreichend beachtet, da sie gegenüber der Gesellschaft einen Abfindungsanspruch haben, bei dessen Berechnung der Börsenkurs die Wertuntergrenze der Abfindungshöhe bildet46. Damit wird die erhöhte Fungibilität börsenzugelassener Aktien zumindest bei der Berechnung der Abfindungshöhe berücksichtigt. Wird eine börsennotierte AG auf eine ebenfalls börsennotierte AG verschmolzen47 oder auf mehrere börsennotierte AGen aufgespalten, besteht die Möglichkeit, die an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger nach denselben Kriterien zu bewerten. Erst in dieser Konstellation gewinnt der oben dargestellte Streit seine Bedeutung, betrifft allerdings nicht die besonderen mit einem Delisting verbunden Folgen, da die Aktionäre der übertragenden AG Aktionäre der übernehmenden und ebenfalls börsennotierten AG werden und nach der Verschmelzung oder Aufspaltung weiterhin ihre Aktien über die Börse veräußern können. In der Sache ist der differenzierenden Auffassung des BayObLG zu folgen, das für die Berücksichtigung des Börsenkurses bei der Bewertung der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit sieht, wenn die miteinander zu verschmelzenden Rechtsträger voneinander unabhängig sind.48 Denn die vom BVerfG befürwortete Berücksichtigung des Börsenkurses als Wertuntergrenze einer zu leistenden Abfindung beruhte auf dem mangelnden eigentumsrechtlichen Schutz der Minderheitsaktionäre bei Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages (§§ 291 ff. AktG) und dem Interessengleichlauf des Großaktionärs der abhängigen Gesellschaft mit dem Großaktionär der herrschenden Gesellschaft.49 Ist der Großaktionär der abhängigen Gesellschaft mit dem der herrschenden identisch, hat der Großaktionär ein Interesse daran, eine möglichst geringe Abfindung an die außenstehenden Aktionäre der abhängigen Gesellschaft zu zahlen. Dies kann zu einem Interessensgegensatz unter den Aktionären des übertragenden Rechtsträgers führen, weil die Aktionäre der abhängigen Gesellschaft nicht mehr insgesamt ein Interesse an einer möglichst hohen Abfindung haben. Aufgrund der Mehrheitsmacht des Großaktionärs kann sich die Abhängigkeit nachteilig auf die Eigentumsposition der außenstehenden Aktionäre auswirken. Als Korrektiv dieses Interessenungleichgewichts dient der Börsenkurs, der auf dem Kapitalmarkt im Wechselspiel von Angebot und Nachfrage gebildet wird, ohne daß die Interessen der einzelnen Aktionäre unmittelbaren Einfluß auf den gebildeten Börsenpreis haben. Dies gilt auch für die Verschmelzung und die Aufspaltung, so daß der Börsenkurs grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist, wenn unabhängige Rechtsträger verschmolzen oder aufgespalten werden. Nur ausnahmsweise, wenn der übertragende Rechtsträger von dem übernehmenden Rechtsträger beherrscht wird, dient der Börsenkurs als korrigierendes Bewertungselement.50 Vgl. nur Müller in Kallmeyer UmwG, § 30 Rn. 5a m. w. N. So beispielweise die Verschmelzung der börsennotierten T-Online International AG auf die börsennotierte Deutsche Telekom AG, vgl. Börsen-Zeitung v. 11. 03. 2005, S. 13 und v. 29. 04. 2005, S. 11. 48 BayObLG, Beschl. v. 18. 12. 2002 – 3Z BR 116 / 00, NZG 2003, 483, 485 ff. 49 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613 / 94, BVerfGE 100, 289 ff. 46 47

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VII. Anspruch auf bare Zuzahlung durch den Verlust der Börsenzulassung Die weitere Frage nach einer Verbesserung des Umtauschverhältnisses in Form einer baren Zuzahlung zu der gewährten Gegenleistung für die Anteile am übertragenden Rechtsträger (§ 15 Abs. 1 S. 1 UmwG) steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Bestimmung des Umtauschverhältnisses. Denn nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 1 UmwG hat der einzelne Aktionär des übertragenden Rechtsträgers einen Anspruch auf bare Zuzahlung, wenn das Umtauschverhältnis nicht richtig berechnet wurde. Der Verlust der Börsenzulassung ist dem Wortlaut nach nicht erfaßt. Teilweise wird eine solche bare Zuzahlung als Fungibilitätsausgleich bezeichnet und aufgrund § 15 Abs. 1 S. 1 UmwG bejaht.51 Eine verbotene Einlagenrückgewähr i. S. d. § 57 Abs. 1 AktG liege nicht vor, da dieses Verbot regelmäßig in Umwandlungsfällen nicht gelte (§ 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG).52 Die Gegenansicht sieht für eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 1 S. 1 UmwG keine Regelungslücke, da der einzelne Aktionär einen Anspruch auf Abfindung gemäß § 29 Abs. 1 UmwG habe.53 Der Anspruch auf bare Zuzahlung gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 UmwG setzt voraus, daß das Umtauschverhältnis zu niedrig bemessen oder die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein ausreichender Gegenwert für den Anteil des übertragenden Rechtsträgers darstellt. Die Berücksichtigung der erhöhten Verkehrsfähigkeit im Rahmen des Tatbestandsmerkmals des zu niedrig bemessenen Umtauschverhältnisses scheidet aus, da der Börsenkurs bereits bei der Berechnung der Unternehmenswerte und mithin des Umtauschverhältnisses grundsätzlich außer Betracht bleibt.54 Aber auch die zweite Tatbestandsalternative, daß der gewährte Anteil des übernehmenden Rechtsträgers keinen ausreichenden Gegenwert für die börsenzugelassenen Aktien bildet, greift nicht ein. Zweifelhaft ist schon die Eigenständigkeit dieses Merkmals. Das Schrifttum unterscheidet kaum zwischen den beiden Tatbestandsalternativen.55 Zudem würde die Berücksichtigung der er50 BayObLG, Beschl. v. 18. 12. 2002 – 3Z BR 116 / 00, NZG 2003, 483, 486; so grundlegend schon Wilsing / Kruse, DStR 2001, 991, 993 ff.; Kruse, Das „kalte“ Delisting, S. 102 ff.; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 464 f.; Lutter / Drygala in Lutter UmwG, Rn. 24; Decher in FS Wiedemann, S. 787, 800. 51 Kruse, Das „kalte“ Delisting, S. 113 ff.; wohl auch Rieske, Rückzug von der Börse, S. 270 ff.; jedoch nunmehr einschränkend Kruse, WM 2003, 1843, 1848, wenn kein Abfindungsanspruch besteht. 52 Kruse, Das „kalte“ Delisting, S. 116; a. A. Steck, AG 1998, 460, 464. 53 LG Köln, Beschl. v. 19. 12. 2003 – 82 O 95 / 03, ZIP 2004, 220, 221; Zetzsche, NZG 2000, 1065, 1069; Funke, Minderheitenschutz beim kalten Delisting, S. 89 ff.; so auch für den Formwechsel OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 02. 2004 – 19 W 3 / 00 AktE, NZG 2005, 280, 281. 54 Ebenso Funke, Minderheitenschutz beim kalten Delisting, S. 90 f. 55 Vgl. Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG § 15 Rn. 2; Bork in Lutter UmwG, § 15 Rn. 3; anders hingegen wohl LG Köln, Beschl. v. 19. 12. 2003 – 82 O 95 / 03, ZIP 2004, 220,

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höhten Verkehrsfähigkeit dem bei der Unternehmenswertberechnung gefundenen Ergebnis widersprechen, die erhöhte Verkehrsfähigkeit in Form des Börsenkurses grundsätzlich nicht zu beachten. Ferner sprechen systematische Gründe gegen einen Anspruch auf bare Zuzahlung. Die Aktionäre der übertragenden AG haben, gleichgültig, ob die übernehmende Gesellschaft eine AG oder eine Gesellschaft anderer Rechtsform ist, gemäß § 29 Abs. 1 UmwG einen Abfindungsanspruch gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger.56 Den Aktionären wird damit der Austritt aus der börsennotierten AG ermöglicht. Eines weiteren Schutzes der vom Delisting betroffenen Aktionäre bedarf es vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 GG nicht.57 Würde man einen Anspruch auf bare Zuzahlung gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 UmwG aufgrund des Verlusts der erhöhten Verkehrsfähigkeit bejahen, würde dies zu einer mit § 304 Abs. 1 AktG vergleichbaren Ausgleichsregelungen für das Delisting führen. Dies widerspricht aber dem Sinn des § 15 Abs. 1 UmwG, der Fehler bei der Bewertung der beteiligten Rechtsträger ausgleicht58, nicht aber nachträglich einen generellen Ausgleich für den Verlust einer bestimmten Rechtsposition gewähren will. Wird die Rechtsposition schon nicht bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses berücksichtigt, kann dies auch nicht im Rahmen des § 15 UmwG geschehen.

VIII. Rechtsschutz bei nicht gewährter oder zu niedriger Abfindung oder bei zu niedrigem Umtauschverhältnis Beim Delisting durch Verschmelzung oder Aufspaltung steht die Durchsetzung der materiellen Rechte der Aktionäre der übertragenden AG im Mittelpunkt, wie etwa die Durchsetzung des angemessenen Umtauscherverhältnisses oder der angemessenen Höhe der Abfindung.

1. Problemstellung Das UmwG schließt bei einem zu niedrigen Umtauschverhältnis der Anteile gemäß § 14 Abs. 2 UmwG die Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungs- oder Spaltungsbeschluß beim übertragenden Rechtsträger aus und verweist den Streit in das Spruchverfahren (§ 15 Abs. 1 S. 2 UmwG), wo über den Anspruch auf bare 221, das die eigenständige Bedeutung darin sieht, daß den Aktionären keine Anteile, sondern Mitgliedschaftsrechte von Genossenschaften oder Vereinen gewährt werden. 56 Siehe oben 5. Teil: B.II., S. 455. ff. 57 So auch LG Köln, Beschl. v. 19. 12. 2003 – 82 O 95 / 03, ZIP 2004, 220, 221; ebenso Kruse, WM 2003, 1843, 1848. 58 Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG § 15 Rn. 1; Bork in Lutter UmwG, § 15 Rn. 3; Funke, Minderheitenschutz beim kalten Delisting, S. 98.

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Zuzahlung (§ 15 Abs. 1 S. 1 UmwG) entschieden wird. Ähnliches gilt bei einer zu niedrigen oder überhaupt nicht angebotenen Abfindung gemäß §§ 29, 125 UmwG (§ 32 UmwG). Denn auch die Abfindung und deren angemessene Höhe kann der einzelne Aktionär nur im Spruchverfahren feststellen lassen (§ 34 UmwG). Gleichwohl hat das LG Hanau einen Verschmelzungsbeschluß im Rahmen der Anfechtung mit der Begründung für nichtig erklärt, daß durch den Wegfall der Börsennotierung ein Schaden für die Gesellschaft und die Aktionäre i. S. d. § 243 Abs. 2 AktG eintrete und sich die Großaktionäre Sondervorteile in Form von Verlustvorträgen sichern wollten.59 Selbst wenn das Motiv der Kläger wirtschaftlich in der Erhöhung des Übernahmeangebots begründet sei, entspreche die Anfechtungsklage dem Klagebegehren der Aktionäre, da sie die Verschmelzung verhindern wollten.60 Zunächst ist zweifelhaft, ob allein das Klagebegehren zur Bestimmung des statthaften Rechtsschutzverfahrens ausreicht, da die Anfechtungsklage und damit möglicherweise auch der Einwand des Sondervorteils nach § 243 Abs. 2 AktG durch §§ 32, 34 UmwG ausgeschlossen werden. Zudem ist die Reichweite der Ausschlußregelungen in § 14 Abs. 2 UmwG und §§ 32, 34 UmwG im Hinblick auf geltend gemachte Sondervorteile i. S. d. § 243 Abs. 2 AktG zu untersuchen.61 2. Stellungnahme Beim Ausschluß der Anfechtungsklage unterscheidet das Gesetz systematisch zwischen dem Fall, daß der Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft in der Gesellschaft verbleiben will und sich gegen ein zu niedrig bemessenes Umtauschverhältnis wendet (§ 14 Abs. 2 UmwG), und der Situation, daß der Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger einen Abfindungsanspruch hat und sich gegen ein zu niedriges Angebot wendet oder ein fehlendes Angebot einfordert (§ 32 UmwG). Der Anfechtungsausschluß geht in beiden Konstellationen mit einer Zuweisung des Streits in das Spruchverfahren einher (§§ 15 Abs. 1, 34 UmwG). Da sowohl § 14 Abs. 2 UmwG als auch § 32 UmwG die Anfechtungsklage ausschließen, kann die Reichweite des Anfechtungsausschlusses gemeinsam untersucht werden. Im Hinblick auf das Delisting erlangt § 14 Abs. 2 UmwG seine praktische Bedeutung, wenn eine börsennotierte AG auf eine ebenfalls notierte AG verschmolzen oder aufgespalten wird und die Aktionäre der übertragenden AG nur einen Anspruch auf Anteilsgewährung haben. Der Ausschluß des § 32 UmwG kommt zur Anwendung, wenn die der Verschmelzung oder Aufspaltung widersprechenden Aktionäre der übertragenden AG einen Abfindungsanspruch gemäß § 29 Abs. 1 UmwG haben. LG Hanau, Urt. v. 02. 05. 2002 – 5 O 63 / 01, AG 2003, 534, 534. LG Hanau, Urt. v. 02. 05. 2002 – 5 O 63 / 01, AG 2003, 534, 534. 61 Schon den Sondervorteil bei geplanter Inanspruchnahme des Verlustvortrags des übertragenden Rechtsträgers verneint Hüffer AktG, § 243 Rn. 36. 59 60

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Der Anfechtungsausschluß nach § 14 Abs. 2 UmwG erfaßt sämtliche Einwendungen, die sich gegen die Höhe des Umtauschverhältnisses richten. Gleiches gilt für Einwendungen gegen die Höhe der Abfindung oder bei nicht gewährter Abfindung (§ 32 UmwG). Selbst wenn das Umtauschverhältnis oder die Abfindung offensichtlich zu niedrig oder falsch waren, ist die Anfechtungsklage ausgeschlossen und das Spruchverfahren statthaft. Erstrebt ein Aktionär unzulässig Sondervorteile i. S. d. § 243 Abs. 2 AktG, so ist eine darauf gestützte Anfechtungsklage unzulässig, soweit die Sondervorteile auf einem unangemessenen Umtauschverhältnis beruhen.62 Insofern setzt die Feststellung, ob die Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses ausgeschlossen ist, die Bejahung eines Sondervorteils eines Aktionärs voraus (§ 243 Abs. 2 AktG), da erst dann gesagt werden kann, ob der Sondervorteil auf einem falschen Umtauschverhältnis beruht. Ein Sondervorteil ist jede sachwidrige Bevorzugung eines Aktionärs, die nicht auch anderen Aktionären zufließt.63 Die Feststellung eines Sondervorteils ist eine Einzelfallentscheidung.64 Regelmäßig übernimmt der übernehmende Rechtsträger die Verluste oder Gewinne der übertragenden AG, so daß die Minderheitsaktionäre, die diese Vorteile nicht unmittelbar in Anspruch nehmen können, einwenden, daß der Großaktionär, der möglicherweise auch am übernehmenden Rechtsträger beteiligt ist, sich sachwidrig Sondervorteile sichert.65 Die Inanspruchnahme des steuerlichen Verlustvortrages läßt sich allerdings schwer als Sondervorteil auffassen, da dieser naturgemäß dem Mehrheitsaktionär mehr zugute kommt als den Minderheitsaktionären. 66 Dies gilt auch für den Einwand der Minderheitsaktionäre, daß das Delisting allein zum Vorteil des Großaktionärs ist, der auf die erhöhte Verkehrsfähigkeit börsenzugelassener Aktien nicht angewiesen ist. Denn die Erledigung der Börsenzulassung wirkt sich formal auch auf die Rechtsstellung des Großaktionärs aus, so daß im Verhältnis zu den Minderheitsaktionören kein rechtlicher Vorteil, sondern allein ein tatsächlicher durch den Großaktionär in Anspruch genommen wird, weil er auf die Handelbarkeit über die Börse nicht angewiesen ist.67 Dieser Vorteil ist jedoch nicht 62 OLG Hamm, Beschl. v. 04. 03. 1999 – 8 W 11 / 99, AG 1999, 422, 423; Bork in Lutter UmwG, § 14 Rn. 15. 63 K. Schmidt in GroßKomm AktG, § 243 Rn. 55; Hüffer AktG, § 243 Rn. 35; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 801 f. 64 Siehe im einzelnen Hüffer AktG, § 243 Rn. 36; K. Schmidt in GroßKomm AktG, § 243 Rn. 55. 65 So der Einwand der Minderheitsaktionäre, LG Hanau, Urt. v. 02. 05. 2002 – 5 O 63 / 01, AG 2003, 534; für den Formwechsel vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 16. 01. 2003 – 6 U 60 / 02, ZIP 2003, 1749; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 08. 2001 – 6 W 28 / 01, NZG 2002, 191 = WM 2002, 1010; zustimmend Klose, WuB II N. § 16 UmwG 1.02. 66 Hüffer AktG, § 243 Rn. 36; Hofmann / Krolop, AG 2005, 866, 871 f.; ebenso für den Formwechsel BGH, Urt. v. 09. 05. 2005 – II ZR 29 / 03, ZIP 2005, 1318, 1321 = WM 2005, 1462; gleichlautend die Vorinstanz OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 08. 2001 – 6 W 28 / 01, NZG 2002, 191, 192; Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1366; im Ergebnis ebenso allgemein für Steuervorteile, jedoch ohne nähere Begründung OLG Düsseldorf, Urt. v. 16. 01. 2003 – 6 U 60 / 02, ZIP 2003, 1749. 67 Ebenso Funke, Minderheitenschutz beim kalten Delisting, S. 222 f.

B. Verschmelzung und Aufspaltung

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sachwidrig, da das Gesetz den Börsenrückzug ausdrücklich in § 39 Abs. 2 BörsG zuläßt. Kann der Großaktionär das einfache Delisting beantragen, ohne daß dies einen sachwidrigen Sondervorteil darstellt, muß dies auch für das kalte Delisting durch Verschmelzung oder Aufspaltung gelten. Selbst wenn ein Sondervorteil im konkreten Fall bejaht würde, müßte dieser zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre erstrebt werden. Der Verlust der Börsenzulassung und damit der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktien ist kein Schaden i. S. d. § 243 Abs. 2 AktG. Hinsichtlich der Ablehnung eines Schadens ist zwischen zwei Konstellationen zu unterscheiden. Wird die übertragende börsennotierte AG auf eine nichtnotierte Gesellschaft verschmolzen oder aufgespalten, so erleiden die Minderheitsaktionäre durch das Delisting zwar einen Nachteil, der jedoch auf vermögensrechtlicher Ebene in Form einer Abfindung gemäß § 29 Abs. 1 UmwG kompensiert wird68. Dies übersieht das LG Hanau, wenn es allein den Verlust der Börsenzulassung betrachtet.69 Die Aktionäre der übertragenden börsennotierten AG haben auf gesellschaftsrechtlicher Ebene keinen Anspruch auf Erhalt der Börsenzulassung, sondern nur einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich der Nachteile. Diese Wertung kommt in § 32 UmwG zum Ausdruck. Allein das auf die Verhinderung der Verschmelzung gerichtete Klagebegehren begründet nicht die auf § 243 Abs. 2 AktG gestützte Anfechtungsklage. Insofern stand den Aktionären der übertragenden AG im Fall des LG Hanau aufgrund des Delisting nach § 29 Abs. 1 UmwG ein Abfindungsanspruch zu, den sie im Wege des Spruchverfahrens hätten geltend machen müssen (§ 34 UmwG i.V. m. § 1 Nr. 4 SpruchG). Wird die übertragende börsennotierte AG auf eine ebenfalls börsennotierte AG verschmolzen oder aufgespalten, erfolgt die Kompensation des Verlusts der Börsenzulassung durch den Erwerb ebenfalls börsenzugelassener Aktien, die über die Börse veräußert werden können. Bei einem zu niedrigen Umtauschverhältnis haben die Aktionäre einen Anspruch auf bare Zuzahlung (§ 15 Abs. 1 UmwG), den sie im Wege des Spruchverfahrens durchsetzen müssen (§ 15 Abs. 1 S. 2 UmwG i.V. m. § 1 Nr. 4 SpruchG). Der Verlust der Börsenzulassung stellt auch hier keinen Schaden i. S. d. § 243 Abs. 2 AktG dar, so daß die Anfechtungsklage auch aus diesem Grund keinen Erfolg hat. Zusammenfassend läßt sich daher festhalten, daß der Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktien nicht zur Anfechtung nach § 243 Abs. 2 AktG berechtigt, da die durch das Delisting eintretenden Nachteile für die Minderheitsaktionäre durch Gewährung einer Abfindung oder durch ebenfalls börsenzugelassene Aktien kompensiert werden. Eine zu niedrige oder nicht gewährte Abfindung sowie ein zu niedriges Umtauschverhältnis sind im Spruchverfahren (§§ 1 ff. SpruchG) geltend zu machen.

68 69

Siehe oben 5. Teil: B.II., S. 455 ff.; ähnlich Rieske, Rückzug von der Börse, S. 218 ff. LG Hanau, Urt. v. 02. 05. 2002 – 5 O 63 / 01, AG 2003, 534, 534.

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5. Teil: Kaltes Delisting

C. Formwechsel Die börsennotierte AG erreicht das Delisting durch einen Wechsel in die Rechtsform einer KG, Kapitalgesellschaft & Co. KG, GmbH oder einer anderen nichtbörsentauglichen Gesellschaftsform, weil die Aktien als Regelungsobjekt der Börsenzulassung mit der Eintragung des Formwechsels nicht mehr die Mitgliedschaft in einer AG verbriefen und sich damit gleichzeitig die auf die Aktie bezogene Börsenzulassung erledigt.70 Praktische Bedeutung hat der Formwechsel als DelistingVariante insbesondere in Form des Wechsels der börsennotierten AG in eine GmbH & Co. KG oder AG & Co. KG erhalten71, weil die Hauptversammlung der AG mit einer Dreiviertel-Mehrheit über die Umwandlung entscheiden kann (§ 233 Abs. 2 UmwG). Die Minderheitsaktionäre müssen dem Formwechsel nicht zustimmen, da ihre Haftung als künftige Kommanditisten auf die bereits erbrachte Einlage beschränkt ist.72 Dies gilt auch, wenn die börsennotierte AG in die Rechtsform einer GmbH wechselt (§ 240 Abs. 1 UmwG), weil die Aktionäre zu Gesellschaftern der GmbH werden und nur mit dem Gesellschaftsanteil haften. Die Berichtspflicht des Vorstands folgt aus § 192 UmwG, der ebenso wie der Verschmelzungsbericht auf die Besonderheiten der Bewertung einer börsennotierten AG eingehen (§§ 192 Abs. 1 S. 2, 8 Abs. 1 S. 2 UmwG) und insbesondere das Abfindungsangebot (§ 207 Abs. 1 UmwG) gegenüber den Aktionären erläutern muß73. Der vermögensrechtliche Schutz der Minderheitsaktionäre wird durch den Abfindungsanspruch nach § 207 Abs. 1 UmwG gewährleistet, der gerichtlich im Spruchverfahren festgestellt werden kann (§§ 210, 212 UmwG i.V. m. § 1 Nr. 4 SpruchG).74 Der verfassungsrechtlich gebotene Schutz der Minderheitsaktionäre beim Delisting erfolgt über die umwandlungsrechtlichen Regelungen des Formwechsels. Auch der Rechtsstreit beim Delisting der Friedrich Grohe AG, die in die Rechtsform einer AG & Co. KG wechselte, betraf keine speziell aus dem Delisting erwachsenden Problemstellungen75, sondern allgemeine umwandlungsrechtliche Siehe dazu oben 3 Teil: B.I.2., S. 103 f. Siehe die Beispiele in der Einführung 1. Teil: A., S. 31 f. und das Beschlußformular zum Formwechsel bei Meyer-Landrut / Wendel, Satzungen und Hauptversammlungsbeschlüsse der AG, Rn. 1189 ff. 72 Bei einem Formwechsel einer börsennotierten AG in eine OHG ist ein einstimmiger Beschluß der Aktionäre erforderlich (§ 233 Abs. 1 UmwG), was bei einer Publikumsgesellschaft aber faktisch unmöglich ist. 73 LG Mainz, Urt. v. 19. 12. 2000 – 10HK O 143 / 99, ZIP 2001, 840, 841 f. (Schaerf AG) = NZG 2001, 951. 74 Siehe zu den Einzelheiten ausführlich Kruse, Das „kalte“ Delisting, S. 89 ff.; Schwichtenberg, Going Private und Freezeouts, S. 107 ff. 75 BVerfG, Beschl. v. 13. 10. 2004 – 1 BvR 2303 / 00, WM 2004, 2354; siehe auch die Entscheidung in der Vorinstanz OLG Hamm, Beschl. v. 27. 11. 2000 – 15 W 347 / 00, ZIP 2001, 569 sowie die Erwägungen des BGH in einem Amtshaftungsprozeß wegen der verfrühten Eintragung des Umwandlungsbeschlusses BGH, Urt. v. 05. 10. 2006 – III ZR 283 / 05, NZG 2006, 956, 957. 70 71

C. Formwechsel

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Fragen. Die gegen den Formwechsel opponierenden Aktionäre begehrten die Amtslöschung des Formwechsels im Handelsregister nach § 144 Abs. 2 FGG, weil der Registerrichter trotz rechtzeitig eingereichter Anfechtungsklagen aufgrund einer vorliegenden Negativerklärung (§ 16 Abs. 2 S. 1 UmwG) die Eintragung in das Handelsregister vorgenommen und damit nach Auffassung der Kläger gegen die Registersperre des §§ 198 Abs. 3, 16 Abs. 2 S. 2 UmwG verstoßen hatte. Die Anfechtungskläger verfolgten ihre Begehren nach der ablehnenden Entscheidung des OLG Hamm76 vor dem BVerfG im Wege der Verfassungsbeschwerde weiter. Diese scheiterten aber an der fehlenden Ausschöpfung der Rechtsschutzmöglichkeiten, weil die Aktionäre im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Eintragung des Formwechsel hätten vorgehen können (§ 16 Abs. 2 HGB i.V. m. §§ 935 ff. ZPO).77 Auf das mit der Eintragung des Formwechsels erfolgte Delisting der Gesellschaft stützten sich keine Erwägungen. Im Zusammenhang mit dem Delisting der AG durch einen Formwechsel stellt sich zunächst die Frage, ob die Anteilsinhaber des Rechtsträgers neuer Rechtsform gegenüber der Gesellschaft einen Anspruch auf bare Zuzahlung gemäß § 196 S. 1 UmwG haben, da mit dem Formwechsel die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien verloren geht78. Zudem ist auf zwei weitere Problembereiche hinzuweisen, die die Rechtsprechung und Literatur beschäftigt haben und durch den Wechsel einer publikumsoffenen börsennotierten AG in eine nichtbörsennotierte Gesellschaftsform bedingt sind. So ist fraglich, welche Grenzen bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages der KG oder GmbH einzuhalten sind, da durch die Änderung der Rechtsform die Mitgliedschaftsrechte der Minderheitsaktionäre übermäßig beeinträchtigt werden können79. Des weiteren kann die erforderliche Bezeichnung der einzelnen Anteilsinhaber nach einem Formwechsel der börsennotierten AG insbesondere in eine KG Schwierigkeiten bereiten, da dem Vorstand der AG regelmäßig nur der oder die Großaktionäre im Hinblick auf die erforderliche Benennung der Kommanditisten bei der Handelsregisteranmeldung bekannt sind.

I. Anspruch auf bare Zuzahlung nach § 196 S. 1 UmwG Die Frage, ob die Aktionäre aufgrund des Verlusts der erhöhten Verkehrsfähigkeit ihrer Anteile durch den Formwechsel einen Anspruch bare Zuzahlung gemäß § 196 S. 1 UmwG haben, war Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung, die OLG Hamm, Beschl. v. 27. 11. 2000 – 15 W 347 / 00, ZIP 2001, 569. BVerfG, Beschl. v. 13. 10. 2004 1 BvR 2303 / 00, WM 2004, 2354 m. w. N. 78 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 02. 2004 – 19 W 3 / 00 AktE, NZG 2005, 280, 281 f. 79 Dies wurde von Minderheitsaktionären im Rahmen einer Anfechtungsklage vor dem OLG Düsseldorf, Urt. v. 16. 01. 2003 – 6 U 60 / 02, ZIP 2003, 1749, 1750 und im Unbedenklichkeitsverfahren der Gesellschaft nach § 16 Abs. 3 UmwG vor dem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 08. 2001 – 6 W 28 / 01, NZG 2002, 191, 191 f. geltend gemacht; vgl. zur Problemstellung auch Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1367 ff. 76 77

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5. Teil: Kaltes Delisting

den Formwechsel einer AG in eine GmbH & Co. KG behandelt.80 Gemäß § 196 S. 1 UmwG haben die Anteilsinhaber einen Anspruch auf bare Zuzahlung, wenn die Anteile an dem Rechtsträger neuer Rechtsform zu niedrig bemessen sind oder die Mitgliedschaft bei diesem keinen ausreichenden Gegenwert für die Anteile des formwechselnden Rechtsträgers bildet. Der Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit könnte unter die zweite Tatbestandsalternative des nicht ausreichenden Gegenwertes subsumiert werden, weil die Anteile einer KG im Gegensatz zur börsenzugelassenen Aktien weniger fungibel sind. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf gewährt § 196 S. 1 2. Alt. UmwG den Aktionären für den Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit der zuvor börsenzugelassenen Aktien keinen Anspruch auf bare Zuzahlung, da das Delisting alle Anteilsinhaber gleichmäßig treffe und die Aktionäre die Möglichkeit des Austritts über § 207 Abs. 1 UmwG hätten.81 § 196 S. 1 UmwG bedürfe daher der teleologischen Reduktion.82 Der Gesetzgeber unterscheide zudem nicht zwischen der Ausstattung der einzelnen Anteilsrechte und biete daher lediglich die Möglichkeit der Barabfindung.83 Dieser Ansicht ist zuzustimmen. Ein Anspruch auf bare Zuzahlung besteht nur, wenn eine individuelle Benachteiligung bestimmter Aktionäre vorliegt.84 Zwar werden durch das Delisting vornehmlich die Kleinaktionäre benachteiligt, weil sie auf die Börse als Platz zur Veräußerung ihrer Aktien angewiesen sind und der Sekundärmarkt für den Großaktionär eine untergeordnete Rolle spielt85, jedoch kommt es im Rahmen des § 196 UmwG auf eine rechtliche Benachteiligung eines einzelnen Aktionärs an86. Das Delisting betrifft alle Aktionäre, da sich die Börsenzulassung nicht nur für einen Teil der Aktien erledigt. Die Aktionäre, die mit der Ausstattung der Anteile des neuen Rechtsträgers und ihrer Verkehrsfähigkeit nicht einverstanden sind, haben die Möglichkeit, gemäß § 207 Abs. 1 UmwG gegen Barabfindung aus der Gesellschaft auszuscheiden.87 Insofern gilt beim Formwechsel nichts anderes als bei § 15 Abs. 1 UmwG im Rahmen der Verschmelzung.88 Auch verfassungsrechtlich ist ein weitergehender Schutz der Minderheitsaktionäre nicht geboten, weil Art. 14 Abs. 1 GG lediglich die Ausgleichspflichtigkeit des Delisting OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 02. 2004 – 19 W 3 / 00 AktE, NZG 2005, 280. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 02. 2004 – 19 W 3 / 00 AktE, NZG 2005, 280, 281 f.; zustimmend Decher in Lutter UmwG, § 196 Rn. 11; zwar dies ausdrücklich offenlassend, jedoch im Ergebnis mit gleicher Begründung LG Dortmund, Beschl. v. 19. 03. 2007 – 18 AktE 5 / 03, AG 2007, 792, 796. 82 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 02. 2004 – 19 W 3 / 00 AktE, NZG 2005, 280, 281. 83 Decher in Lutter UmwG, § 196 Rn. 11. 84 OLG Stuttgart, Beschl. v. 19. 03. 2008 – 20 W 3 / 06, ZIP 2008, 2020, 2022; LG Dortmund, Beschl. v. 19. 03. 2007 – 18 AktE 5 / 03, AG 2007, 792, 796; Decher in Lutter UmwG, § 196 Rn. 10; Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 196 Rn. 9. 85 Siehe dazu oben 2. Teil: B.I.3., S. 62 ff. 86 Decher in Lutter UmwG, § 196 Rn. 10. 87 Zutreffend OLG Stuttgart, Beschl. v. 19. 03. 2008 – 20 W 3 / 06, ZIP 2008, 2020, 2022; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 02. 2004 – 19 W 3 / 00 AktE, NZG 2005, 280, 281. 88 Siehe oben 5. Teil: B.VII., S. 465 ff. 80 81

C. Formwechsel

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festlegt, aber darüber hinaus keinen Ausgleich bei einem Verbleib in der Gesellschaft fordert.

II. Grenzen bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages der Zielrechtsform Durch den Formwechsel von einer AG in eine KG oder GmbH erlangt die Aktionärsmehrheit einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Vereinbarung des Gesellschaftsvertrages neuer Rechtsform, da mit dem Formwechsel die für die AG geltende Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) entfällt und die Gesellschaftsverträge der KG und der GmbH weitgehend privatautonom gestaltet werden können89. Dies könnte etwa im Hinblick auf die dem Aktionär einer börsennotierten AG gewährten kapitalmarktrechtlichen Informationsrechte zu einem Schutzdefizit führen. Fraglich ist daher, ob die durch den Verlust der Börsennotierung entfallenden Rechte im zukünftigen Gesellschaftsvertrag kompensiert werden müssen. Bei einem Formwechsel der AG in eine GmbH ist der Gesellschaftsvertrag der zukünftigen GmbH Teil des Umwandlungsbeschlusses (§§ 243 Abs. 1 S. 1, 218 Abs. 1 UmwG). Bei einem Formwechsel einer AG in eine KG fehlt zwar eine gesetzliche Regelung, die den Kommanditgesellschaftsvertrag als zwingenden Teil in den Umwandlungsbeschluß mit einbezieht.90 Dennoch bezieht die Praxis aus Gründen der Rechtssicherheit regelmäßig den Kommanditgesellschaftsvertrag vollständig mit in den Umwandlungsbeschluß ein, weil ansonsten Unsicherheiten über den Inhalt des Gesellschaftsvertrages entstehen können.91 Da die Hauptversammlung die Umwandlung mit einer Dreiviertel-Mehrheit beschließt, besteht für die überstimmten Minderheitsaktionäre die Gefahr, daß die Mitgliedschaftsrechte durch den neuen Gesellschaftsvertrag geschmälert werden und einen anderen Inhalt bekommen. So könnten beispielsweise die Kontroll- und Informationsrechte der zukünftigen Kommanditisten oder GmbH-Gesellschafter eingeschränkt sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, daß die Aktionäre der börsennotierten AG durch das Delisting Informationsrechte auf kapitalmarktrechtlicher Ebene einbüßen92 und zudem die Gefahr besteht, daß auch die gesellschaftsrechtlichen Informationsrechte aufgrund des Mehrheitsbeschlusses durch einen Großaktionär im Gesellschaftsvertrag einseitig eingeschränkt werden. Dieses Problem beruht darauf, daß die Rechtsgrundlagen der Zielrechtsform (GmbH oder KG) auf einen überschau89 Siehe zur Gestaltungsfreiheit und zu den einzelnen Einschränkungen K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 110 f. und 119 f. 90 Grund für die fehlende Regelung ist, daß der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft nicht zum Handelsregister eingereicht zu werden braucht, siehe Meister / Klöcker in Kallmeyer UmwG, § 194, Rn. 15. 91 Siehe dazu den Beschlußvorschlag bei Meyer-Landrut / Wendel, Satzungen und Hauptversammlungsbeschlüsse der AG, Rn. 1206; ebenso Decher in Lutter UmwG, § 194 Rn. 37. 92 Vgl. zu den einzelnen kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten oben 2. Teil: A.IV.2., S. 43 ff.

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5. Teil: Kaltes Delisting

baren Anteilsinhaberkreis ausgerichtet sind, während dem Regelungsmodell der AG das einer Publikumsgesellschaft zugrunde liegt. Fraglich ist daher, ob der Gesellschaftsvertrag der zukünftigen Gesellschaft bestimmte Voraussetzungen zum Schutz der Minderheitsaktionäre erfüllen muß und ob er damit einer Inhaltskontrolle durch die Gerichte unterliegt. Die Auffassungen in Rechtsprechung und Schrifttum ergeben dazu kein einheitliches Bild. Der BGH überprüft die einzelnen Klauseln des Gesellschaftsvertrags der Zielgesellschaft lediglich darauf, ob die Gesellschafter sachwidrig ungleich behandelt werden oder ob gegen die Treuepflicht verstoßen wird.93 Diese Kontrolle begreift der BGH als Mißbrauchskontrolle94 und teilt damit die Auffassung des OLG Düsseldorf als Vorinstanz. Danach sei der Formwechsel mißbräuchlich, wenn er funktionswidrig eingesetzt wird oder die Hauptversammlungsmehrheit ihre Machtstellung dazu ausnutzt, den Gesellschaftsvertrag allein auf die Belange des Großaktionärs auszurichten.95 Der Charakter des übertragenden Rechtsträgers als Publikumsgesellschaft müsse auch in der Zielrechtsform gewahrt bleiben, wobei eine rechtsformbedingte Ungleichbehandlung der verschiedenen Anteilsinhaber hinzunehmen sei.96 In seiner bisherigen Rechtsprechung ging der BGH über die bloße Mißbrauchskontrolle hinaus und schränkte die Gestaltungsfreiheit bei der Abfassung des Gesellschaftsvertrages neuer Rechtsform weitergehend ein. Danach seien der Charakter der Gesellschaft, die Grundzüge der Gesellschaftsorganisation, die Kompetenzen der Organe und die Rechtspositionen der einzelnen Anteilsinhaber zu erhalten oder anzupassen und notwendige Veränderungen nur nach den Grundsätzen des geringstmöglichen Eingriffs durchzuführen.97 Diese unter dem Gesichtspunkt der Treuepflicht entwickelten Grundsätze betrafen den Wechsel einer Personengesellschaft in eine AG. Zwar bezweifelt der BGH die Anwendbarkeit auf den umgekehrten Fall eines Formwechsels einer AG in eine KG, läßt die Geltung der Grundsätze dafür aber letztendlich offen.98 Die Literaturauffassung geht in eine ähnliche Richtung und läßt eine inhaltlichen Kontrolle des Gesellschaftsvertrags der Zielrechtsform zu, wenn diese funktionswidrig eingesetzt werde. Danach könne die Vinkulierung der Anteile der KG oder der GmbH beispielsweise grundsätzlich im Gesellschaftsvertrag neuer RechtsBGH, Urt. v. 09. 05. 2005 – II ZR 29 / 03, ZIP, 2005, 1318, 1320 = WM 2005, 1462. BGH, Urt. v. 09. 05. 2005 – II ZR 29 / 03, ZIP, 2005, 1318, 1321. 95 OLG Düsseldorf, Urt. v. 16. 01. 2003 – 6 U 60 / 02, ZIP 2003, 1749, 1752; wohl noch zurückhaltender OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 08. 2001 – 6 W 28 / 01, NZG 2002, 191, 193; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 02. 2004 – 19 W 3 / 00 AktE, NZG 2005, 280, 281. 96 OLG Düsseldorf, Urt. v. 16. 01. 2003 – 6 U 60 / 02, ZIP 2003, 1749, 1752; ebenso LG Wiesbaden, Urt. v. 08. 06. 1998 – 11 O 65 / 96, AG 1999, 47, 48; Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1368; ebenso Grunewald in FS Röhricht, S. 129, 134 f. 97 BGH, Urt. v. 15. 11. 1982 – II ZR 62 / 82, BGHZ 85, 350, 360 f. (Freudenberg) für den Formwechsel einer AG in eine KG; in diesem Sinne wohl auch Decher in Lutter UmwG, § 195, Rn. 21 m. w. N. 98 BGH, Urt. v. 09. 05. 2005 – II ZR 29 / 03, ZIP, 2005, 1318, 1320. 93 94

C. Formwechsel

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form erfolgen, da die Aktionäre ein Austrittsrecht nach § 207 UmwG besäßen.99 Jedoch dürfe die Vinkulierung nicht funktionswidrig eingesetzt werden, etwa um die Gesellschafterminderheit infolge der Vinkulierung in der Gesellschaft „einzumauern“.100 Im Hinblick auf die Informationsrechte ergäben sich keine besonderen Probleme, da das Einsichtsrecht bei der KG (§ 166 Abs. 1 HGB) und bei der GmbH (§ 51a Abs. 1 GmbHG) weiter reiche als die Informationsrechte in der AG (§ 131 AktG).101 Der bisherigen Auffassung des BGH, eine inhaltliche Kontrolle des zukünftigen Gesellschaftsvertrages unter dem Gesichtspunkt des geringstmöglichen Eingriffs zuzulassen und damit eine umfassende inhaltliche Kontrolle jeder einzelnen Klausel des Gesellschaftsvertrages zu ermöglichen, obwohl die jeweilige Anteilsinhabermehrheit eine weitgehende Gestaltungsfreiheit hat, ist nicht zuzustimmen. Vielmehr ist der neueren Rechtsprechung des BGH zu folgen, die die inhaltliche Prüfung auf Aspekte der sachwidrigen Ungleichbehandlung und der Treupflichtverletzung reduziert, was letztendlich einer Mißbrauchskontrolle entspricht. Eine weitergehende inhaltliche Kontrolle könnte insbesondere beim Formwechsel der börsennotierten AG in eine KG oder GmbH zu einer Nachbildung der Gesellschaftsform der AG im Kleid der KG oder GmbH führen.102 Die mit dem Formwechsel bezweckte Veränderung der gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen würde wirkungslos. Grundsätzlich ist der Umwandlungsbeschluß und damit auch der Gesellschaftsvertrag der Zielrechtsform keiner inhaltlichen Überprüfung durch die Gerichte im Rahmen der Anfechtungsklage (§ 243 Abs. 1 AktG) zugänglich, weil die Aktionäre gegenüber der Gesellschaft einen Abfindungsanspruch gemäß § 207 Abs. 1 UmwG haben.103 Insofern ergibt sich eine Parallele zur Frage der sachlichen Rechtfertigung von Hauptversammlungsbeschlüssen. Auch dort ist mit der überwiegenden Ansicht davon auszugehen, daß ein ausreichender vermögensrechtlicher Schutz der Aktionäre die Inhaltskontrolle des Hauptversammlungsbeschlusses überflüssig macht, weil die Aktionäre gegen Abfindung aus der Gesellschaft ausscheiden können.104 Für die inhaltliche Kontrolle des Gesellschaftsvertrages der Zielgesellschaft im Rahmen eines Formwechsels kann nichts anderes gelten. Die Aktionäre haben verfassungsrechtlich keinen Anspruch auf den Erhalt ihrer Rechtsposition in vollem Umfang, sondern können lediglich vermögensrechtlichen Schutz verlangen. Die Eröffnung der Inhaltskontrolle des Gesellschaftsvertrages im Wege der Anfechtungsklage liefe aber auf den Erhalt des status quo hinaus. Auch die noch vom OLG Düsseldorf gemachte Einschränkung, daß der Charakter als Publikumsgesellschaft auch in der neuen Rechtsform gewahrt bleiMeyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1368. Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1369. 101 Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1371. 102 Ebenso Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1368. 103 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 08. 2001 – 6 W 28 / 01, NZG 2002, 191, 193; Happ in Lutter UmwG, § 233 Rn. 53. 104 Siehe dazu oben 4. Teil: D.IV.1.a)cc), S. 224 ff. und 4. Teil: D.IV.1.b)dd), S. 231 ff. 99

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5. Teil: Kaltes Delisting

ben muß, ist abzulehnen. Zwar ist insbesondere bei einem Wechsel in eine KG darauf zu achten, daß die besonderen Regelungen der Publikums-KG eingehalten werden105, jedoch findet dort nur ausnahmsweise eine Kontrolle einzelner Klauseln statt106. Der Schutz der Minderheitsaktionäre wird auch hier durch eine angemessene Abfindung gewährleistet, so daß über die rechtsformbedingte Änderung der Mitgliedschaftsrechte hinaus Regelungen im Gesellschaftsvertrag getroffen werden können, die für die Kommanditisten oder GmbH-Gesellschafter im Vergleich zur Mitgliedschaft in einer AG Nachteile bergen. Daher beschränken sich die inhaltlichen Vorgaben für den Gesellschafsvertrag der Zielrechtsform auf eine enge Mißbrauchskontrolle im Rahmen der Anfechtungsklage (§ 243 Abs. 1 AktG), die lediglich Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgebot oder den Formwechselmißbrauch beinhaltet.107 Dies bedeutet für den Formwechsel der börsennotierten AG in eine KG und GmbH, daß grundsätzlich keine Inhaltskontrolle des Gesellschaftsvertrages der Zielrechtsform stattfindet. Der Verlust insbesondere der kapitalmarktrechtlichen Informationsrechte durch das Delisting der Gesellschaft muß nicht im Gesellschaftsvertrag kompensiert werden, da die dem Umwandlungsbeschluß widersprechenden Aktionäre einen Abfindungsanspruch haben.

D. Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß Die Eingliederung der börsennotierten AG durch Mehrheitsbeschluß in eine andere AG, gleich ob diese börsennotiert ist oder nicht, führt zum Delisting in Form des Widerrufs der Börsenzulassung von Amts wegen (§ 39 Abs. 1 BörsG), da die Hauptgesellschaft Inhaber aller Aktien der eingegliederten AG wird und damit dauerhaft kein Handel mit den Aktien stattfinden wird.108 Die Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß kann die einzugliedernde AG nur beschließen, wenn die Hauptgesellschaft Inhaberin von 95 % des Grundkapitals ist (§ 320 Abs. 1 S. 1 AktG). Der Vorstand hat der Hauptversammlung der einzugliedernden Gesellschaft schriftlich über die wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen zu berichten (§§ 320 Abs. 4, 319 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 AktG). Zudem muß der Bericht die Art und Höhe der Abfindung (§ 320b Abs. 1 AktG) rechtlich und wirtschaftlich erläutern und begründen sowie auf besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung der beteiligten Gesellschaften und die Folgen für die Aktionäre eingehen. Der Bericht muß daher auch den Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit aufgrund der Eingliederung erläutern. Mit dem Erfordernis des Hauptversammlungsbeschlusses und der geson105 Vgl. dazu Hopt in Baumbach / Hopt HGB, Anh § 177a Rn. 52 ff.; Meyer-Landrut / Kiem, WM 1997, 1361, 1368; vgl. auch zu den umfangreichen Informationpflichten in einer Publikums-KG OLG München, Beschl. v. 05. 09. 2008 – 31 Wx 63 / 07, ZIP 2008, 2017, 2017 ff. 106 Vgl. nur Hopt in Baumbach / Hopt HGB, Anh § 177a Rn. 68. 107 So zutreffend BGH, Urt. v. 09. 05. 2005 – II ZR 29 / 03, ZIP, 2005, 1318, 1320. 108 Siehe oben 3. Teil: B.II., S. 106 ff.

D. Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß

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derten Berichtspflicht erfüllen die gesellschaftsrechtlichen Regelungen gleichzeitig die verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Delisting aus Art. 14 Abs. 1 GG.

I. Anspruch der Minderheitsaktionäre auf eine Barabfindung Fraglich ist jedoch, ob der verfassungsrechtlich gebotene Vermögensschutz der Aktionäre durch die Abfindungsregelung in § 320b Abs. 1 AktG erfüllt wird. Die Aktionäre der einzugliedernden börsennotierten AG haben gemäß § 320b Abs. 1 S. 3 AktG nur dann einen Anspruch auf Barabfindung, wenn die Hauptgesellschaft eine abhängige AG i. S. d. § 17 Abs. 1 AktG ist.109 Ansonsten besteht nur ein Abfindungsanspruch auf Aktien der Hauptgesellschaft (§ 320b Abs. 1 S. 1 AktG). Dies bedeutet für die Aktionäre, die zuvor Inhaber von börsenzugelassenen Aktien waren, daß sie nach Eintragung der Eingliederung in das Handelsregister Inhaber von nichtbörsenzugelassenen Aktien der Hauptgesellschaft geworden sind. Ähnlich der Situation beim regulären Delisting können die ehemaligen Aktionäre der eingegliederten AG die Aktien der Hauptgesellschaft mangels Zulassung nicht mehr über die Börse veräußern. Die Eingliederung führt daher wie beim regulären Delisting zu einem Eingriff in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte erhöhte Verkehrsfähigkeit börsenzugelassener Aktien, so daß die davon betroffenen Aktionäre einen Anspruch auf Barabfindung haben, auch wenn es sich um eine unabhängige Hauptgesellschaft handelt.110 Allein das Delisting und die Folgen für die Minderheitsaktionäre sind wie beim regulären Delisting als ausgleichspflichtige Inhaltsund Schrankenbestimmung des Eigentums i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG einzuordnen. Der Gesetzgeber verletzt mit der Regelung des § 320b Abs. 1 AktG seine grundrechtliche Schutzpflicht, da er eine Barabfindung lediglich für den Fall der Abhängigkeit der Hauptgesellschaft vorsieht. Die Barabfindungspflicht der Hauptgesellschaft gegenüber den Minderheitsaktionären beruht auf der verfassungskonformen Auslegung des § 320b Abs. 1 AktG. Ebenso wie im Rahmen der Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine nichtnotierte AG muß bei der Eingliederung einer börsennotierten AG in eine nichtnotierte AG eine Abfindung gewährt werden. Ist die Hauptgesellschaft allerdings selbst börsennotiert und erhalten die Aktionäre der eingegliederten AG für ihre ehemaligen Aktien wiederum börsenzugelassene Aktien der Hauptgesellschaft, muß die Hauptgesellschaft keine Barabfindung gewähren. Zwar beendet die Eingliederung die Börsenzulassung der Aktien, jedoch wird dieser Verlust durch den Erhalt börsenzugelassener Aktien kompen109 Vgl. dazu LG Mosbach, Urt. v. 28. 12. 2000 – KfH O 56 / 00, NZG 2001, 763 (Michael Weinig AG) = EWiR 2001, 207 (Rottnauer). 110 Ebenso Grunewald, ZIP 2004, 542, 544; auf eine Analogie zu § 320b Abs. 1 S. 3 AktG stützt Kruse, Das „kalte“ Delisting, S. 139 ff. die Barabfindungspflicht; ähnlich Rieske, Rückzug von der Börse, S. 310.

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5. Teil: Kaltes Delisting

siert.111 Allein der Wechsel von einer AG in eine andere AG reicht nicht aus, um eine Barabfindungspflicht zu begründen, weil die Minderheitsaktionäre lediglich einen Anspruch auf vermögensrechtlichen Schutz ihres Aktieneigentums haben. Zwar wird das Aktieneigentum durch den Verlust der Mitgliedschaft in der eingegliederten AG verletzt, aber durch den Erhalt der Mitgliedschaft in der Hauptgesellschaft ausgeglichen. Insofern ergeben sich keine Unterschiede zur Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine ebenfalls börsennotierte AG.112

II. Rechtsschutz bei nicht gewährter oder zu niedriger Abfindung Hat die Hauptgesellschaft den Minderheitsaktionären eine Abfindung angeboten, können die Aktionäre die Höhe der Abfindung nicht im Wege der Anfechtungsklage überprüfen lassen, da diese als Rechtsbehelf für diesen Mangel nach § 320b Abs. 2 S. 1 AktG ausgeschlossen ist. Dies gilt auch für eine Anfechtung, die sich auf die Verfolgung von Sondervorteilen nach § 243 Abs. 2 AktG stützt. Die angemessene Höhe der Abfindung müssen die Minderheitsaktionäre vielmehr im Spruchverfahren feststellen lassen (§ 320b Abs. 2 S. 2 AktG i.V. m. § 1 Nr. 2 SpruchG). Versäumt es die Hauptgesellschaft, den Aktionären bei der Eingliederung in eine nichtbörsennotierte AG ein Barabfindungsangebot zu unterbreiten, können die Minderheitsaktionäre diesen Mangel sowohl mit der Anfechtungsklage angreifen und damit das Delisting durch die Eingliederung verhindern113, als auch wahlweise das Spruchverfahren einleiten (§ 320b Abs. 2 S. 3 AktG), um die Barabfindung und ihre angemessene Höhe feststellen zu lassen.114 Vor dem Hintergrund der Macrotron-Entscheidung des BGH, der zur Feststellung der Abfindungshöhe auf das Spruchverfahren verweist115, könnte die Regelung in § 320b Abs. 2 S. 3 AktG einschränkend auszulegen sein und die fehlende Barabfindung ausschließlich im Spruchverfahren geltend zu machen sein. Wäre allein das Spruchverfahren zur Durchsetzung der fehlenden Abfindung zulässig, würde dies vornehmlich im Interesse der Hauptgesellschaft sein, weil die Eingliederung mit der Anfechtungsklage nicht verhindert werden könnte. Die Interessen der Hauptgesellschaft stehen jedoch bei der Bestimmung des richtigen Rechtsschutzverfahrens nicht im Vordergrund, da das Rechtsschutzverfahren vielmehr der Durchsetzung der Abfindungsansprüche der ausgeschiedenen Aktionäre dient. Ein Ausschluß der Anfechtungsklage würde im Falle der fehlenden Abfindung zu einer Rechtsschutzverkürzung Ebenso Grunewald, ZIP 2004, 542, 544. Siehe oben 5. Teil: B.III., S. 458 f. 113 LG Mosbach, Urt. v. 28. 12. 2000 – KfH O 56 / 00, NZG 2001, 763, 766; Hüffer AktG, § 320b Rn. 8; auf die Risiken einer solchen Anfechtungsmöglichkeit hinweisend Habetha in Triebel, Merger & Acquisitions, Rn. 923. 114 Vgl. nur Hüffer AktG, § 320b Rn. 9. 115 BGH, Urt. v. 25. 11. 2002 – II ZR 133 / 01, WM 2003, 533, 536. 111 112

E. Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerho¨hung

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führen, die § 320b Abs. 2 S. 3 AktG widersprechen würde und sich nicht rechtfertigen ließe. Zumal zu den aktienrechtlichen Eingliederungsfolgen das Delisting der Gesellschaft hinzutritt. Daher können die ausgeschiedenen Aktionäre bei einer fehlenden Abfindung Rechtsschutz im Wege der Anfechtungsklage oder im Spruchverfahren suchen.

E. Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerhöhung Die Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung (§ 228 Abs. 1 AktG) führt ebenfalls zum Delisting der Gesellschaft, weil mit der Kapitalherabsetzung die Altaktien untergehen und sich dadurch die Börsenzulassung erledigt.116 Die Börsenzulassung für die Altaktien kann nicht auf die aus der Kapitalerhöhung stammenden neuen Aktien übertragen werden.117 Nach der Kapitalerhöhung sind die Aktionäre Inhaber von nichtbörsenzugelassenen Aktien, soweit sie ihr Bezugsrecht auf die jungen Aktien ausgeübt haben (§ 186 Abs. 1 AktG). Üben die Altaktionäre ihr Bezugsrecht nicht aus, sind sie an der AG nicht mehr beteiligt. Fraglich ist, ob die vom Delisting betroffenen Aktionäre gegen Zahlung eines vermögensrechtlichen Ausgleichs aus der Gesellschaft ausscheiden können oder ob sie das Delisting entschädigungslos hinnehmen müssen. Um die Frage des Schutzes der Aktionäre bei einem Delisting durch eine Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung zu beantworten, sind zunächst der wirtschaftliche Zweck und die weiteren aktienrechtlichen Voraussetzungen dieser Kapitalmaßnahme zu untersuchen. Danach ist zu prüfen, welche Ausstrahlungswirkungen die beim regulären Delisting erarbeiteten Grundsätze auf den vermögensrechtlichen Schutz der Aktionäre haben.

I. Wirtschaftlicher Zweck der Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerhöhung Ihre praktische Bedeutung erlangt die Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit der gleichzeitigen Kapitalerhöhung bei der Sanierung einer AG, die sich infolge einer Unterbilanz in der Krise befindet.118 Der Hauptversammlung steht Siehe oben 3. Teil: D.I.2., S. 119 f. Vgl. oben 3. Teil: D.I.2., S. 119 ff. 118 Vgl. Jäger, NZG 1999, 238, 239; K. Schmidt, ZGR 1982, 519, 520 f. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung zu Sanierungszwecken wurde ursprünglich durch die Notverordnung des Reichspräsidenten vom 06. 10. 1931 (RGBl. Teil I 1931, S. 556 f.) unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise eingeführt und später ins Aktiengesetz übernommen; vgl. dazu Kaufmann, Kapitalherabsetzung bei der AG, S. 53 ff.; Schlegelberger / Quassowski / Herbig / Geßler / Hefermehl, AktG, § 181 Rn. 2; Hirte in Aktienrecht im Wandel, 19. Kapitel Rn. 89. 116 117

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5. Teil: Kaltes Delisting

dazu die ordentliche Kapitalherabsetzung (§§ 222 ff. AktG), die die Rückzahlung des Grundkapitals an die Aktionäre vorsehen kann (§ 222 Abs. 3 AktG), und die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff. AktG) zur Verfügung, die die Rückzahlung der Einlagen an die Aktionäre ausdrücklich ausschließt (§ 230 S. 1 AktG). Die Sanierung erfolgt regelmäßig im Wege der vereinfachten Kapitalherabsetzung, weil der Gläubigerschutz eingeschränkt ist (§ 233 Abs. 2 AktG)119 und die Einlagen zur Sanierung eingesetzt werden müssen und nicht ausgezahlt werden dürfen.120 Diese sanierende Kapitalherabsetzung dient dazu, die Grundkapitalziffer an das aufgrund eingetretener Verluste verminderte Vermögen der Gesellschaft anzupassen und damit eine bestehende Unterbilanz zu beseitigen.121 Eine Unterbilanz liegt vor, wenn das Aktivvermögen der Gesellschaft die Ziffer des Grundkapitals nicht mehr deckt.122 Durch die Kapitalherabsetzung werden die Verluste in der Bilanz rechnerisch getilgt. Eine Auszahlung des Kapitals an die Aktionäre ist aufgrund des Verlusts nicht möglich, so daß die rechnerische Anpassung der Grundkapitalziffer durch die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff. AktG) erfolgt. Sind die Verluste der Gesellschaft derart hoch, daß sie summenmäßig das gesamte Grundkapital aufgezehrt haben, bleibt nur die Möglichkeit einer Kapitalherabsetzung auf Null (§ 228 Abs. 1 AktG), die auch bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung Anwendung findet (§ 229 Abs. 3 AktG). Ohne die Kapitalherabsetzung bliebe die Unterbilanz bestehen und könnte im weiteren Verlauf zu einer Überschuldung der Gesellschaft führen, die den Vorstand zur Beantragung des Insolvenzverfahrens nach § 92 Abs. 2 AktG zwingt.123 Zudem beseitigt die Kapitalherabsetzung die Ausschüttungssperre nach § 57 Abs. 1 AktG, da bei bestehender Unterbilanz über mehrere Jahre keine Dividende ausgeschüttet werden könnte.124 Denn zunächst müßten die Verluste durch den Jahresüberschuß ausgeglichen oder in die gesetzliche Rücklage eingestellt werden (§ 150 AktG). Durch die Kapitalherabsetzung vermindert sich der Betrag, der in die gesetzliche Rücklage eingestellt werden muß (§ 233 Abs. 1 AktG). Dieses ist notwendig, um einen Beteiligungsanreiz für die gleichzeitige Kapitalerhöhung zu schaffen.125 Die Kapitalherabsetzung muß zwingend mit der Kapitalerhöhung einhergehen (§ 228 Abs. 1 AktG) und dient wirtschaftlich dazu, der Gesellschaft frisches Kapital zuzuführen, um eine drohende Überschuldung des Unternehmens zu verhindern und es weiterführen zu können.126 119 Im Gegensatz zur ordentlichen Kapitalherabsetzung braucht die AG dem Gläubiger keine Sicherheit zu leisten, weil § 229 Abs. 3 AktG nicht auf § 225 AktG verweist; vgl. Hüffer AktG, § 229 Rn. 3. 120 Vgl. Oechsler in MünchKomm AktG, § 229 Rn. 4. 121 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 907; so zur GmbH Sommer, Sanierende Kapitalherabsetzung, S. 18 f. 122 Sommer, Sanierende Kapitalherabsetzung, S. 19. 123 Vgl. zur Rechtslage nach Beantragung des Insolvenzverfahrens Weber, ZInsO 2001, 385, 385 f. 124 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 907; ders., ZGR 1982, 519, 521; Jäger, NZG 1999, 238, 239; so schon Passow, Aktiengesellschaft, S. 231 f. 125 Jäger, NZG 1999, 238, 239; Hüffer AktG, § 229 Rn. 22.

E. Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerho¨hung

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Zudem dient die Kapitalherabsetzung auf Null, die zum Delisting der Gesellschaft führt, gleichzeitig dazu, Probleme im Hinblick auf den Ausgabepreis der jungen Aktien zu verhindern. Erhöht die Gesellschaft ihr Grundkapital, ohne eine Kapitalherabsetzung auf Null durchzuführen, wird die Börsenzulassung nicht beendet, so daß weiterhin ein Börsenpreis gebildet wird. Da sich der Ausgabepreis der jungen Aktien an diesem Börsenpreis orientiert und bei einer in der Krise befindlichen AG niedrig sein wird, kann der Marktwert der jungen Aktien niedriger sein als der Nominalwert. Eine Ausgabe der jungen Aktien unter diesem Nominalwert ist jedoch unzulässig (§ 9 Abs. 1 AktG). Die Aktionäre, die ihr Bezugsrecht ausüben, und die neuen Kapitalgeber müßten für die Sanierung möglicherweise den höheren Nominalwert der Aktien einzahlen, obwohl der Marktwert tatsächlich niedriger läge. Ein Anreiz zum Kauf der jungen Aktien bestünde nicht.127 Nur die Kapitalherabsetzung beseitigt dieses Problem, weil der Nominalwert der Aktien an den Marktwert angepaßt werden kann und damit wieder ein Anreiz zum Kauf der jungen Aktien besteht. Zudem trägt die Kapitalherabsetzung auf Null unmittelbar zu Kosteneinsparungen und zur Sanierung der Gesellschaft bei, weil sich gleichzeitig mit der Kapitalherabsetzung auf Null die Börsenzulassung erledigt und damit die laufenden Kosten der Börsenzulassung128 entfallen.

II. Voraussetzungen der vereinfachten Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit der gleichzeitigen Kapitalerhöhung 1. Zulässigkeit der vereinfachten Kapitalherabsetzung auf Null Die vereinfachte Kapitalherabsetzung kann die Hauptversammlung nur zum Zwecke des Ausgleichs von Wertminderungen, zur Deckung sonstiger Verluste oder zur Einstellung der Beträge in die Kapitalrücklage beschließen (§ 229 Abs. 1 AktG). Die Verluste müssen tatsächlich eingetreten und von Dauer sein.129 Der Sanierungszweck muß im Beschluß selbst ausdrücklich angegeben werden (§ 229 Abs. 1 S. 2 AktG). Zu einem anderen Zweck als dem der Sanierung ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung im Gegensatz zur ordentlichen Kapitalherabsetzung (§§ 222 ff. AktG) nicht zulässig, da den Gläubigern der Gesellschaft aufgrund der fehlenden Verweisung in § 229 Abs. 3 AktG keine Sicherheit gemäß § 225 AktG geleistet werden muß und die Kapitalherabsetzung auf einen vor der Beschlußfassung liegenden Zeitpunkt bezogen werden kann (§§ 234 ff. AktG).130 Die ver126 Sommer, Sanierende Kapitalherabsetzung, S. 19 m. w. N.; Giger in Vito, Sanierung der AG, S. 121, 128. 127 Giger in Vito, Sanierung der AG, S. 121, 125 f. 128 Siehe dazu oben 2. Teil: A.IX., S. 56 ff. 129 Lutter in KölnKomm AktG, § 229 Rn. 13; Hüffer AktG, § 229 Rn. 8; Hirte in Aktienrecht im Wandel, 19. Kapitel Rn. 110 m. w. N. 130 Vgl. Henn, Handbuch des Aktienrechts, Rn. 1316 ff.

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einfachte Kapitalherabsetzung ist an die weitere Voraussetzung geknüpft, daß die gesetzliche Rücklage (§ 150 AktG), die Kapitalrücklage131 und die Gewinnrücklage132 aufgelöst worden sind, um sie zur Deckung der Verluste einzusetzen. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung soll das letzte Mittel zur Sanierung der Gesellschaft sein.133 Der Herabsetzungsbetrag darf nicht höher sein als der festgestellte Verlust (§ 232 AktG). Ist der festgestellte Verlust aber derart hoch, daß der gesamte Herabsetzungsbetrag ausgeschöpft werden muß, kann das Grundkapital bis auf Null unter den gesetzlichen Mindestbetrag gesenkt werden.134 Zulässig ist die Kapitalherabsetzung auf Null jedoch nur, wenn zugleich eine Kapitalerhöhung beschlossen wird (§§ 229 Abs. 3, 228 Abs. 1 AktG). Einer sachlichen Rechtfertigung bedarf der Kapitalherabsetzungsbeschluß nicht, da das Gesetz in § 222 Abs. 4 AktG bereits die Abwägung zwischen den Belangen der Aktionäre und der Gesellschaft enthält, indem zunächst der Aktiennennbetrag oder der auf die Stückaktie entfallende Betrag herabzusetzen ist, ehe eine Zusammenlegung der Aktien erfolgen kann.135 2. Anforderungen an die Kapitalerhöhung Die Kapitalerhöhung muß den Mindestnennbetrag von 50.000 A erreichen (§§ 228 Abs. 1, 7 AktG). Bei einer Sanierung wird regelmäßig eine Erhöhung über den Mindestnennbetrag hinaus erfolgen, um auch gegenüber Lieferanten und Kreditgebern die Ernsthaftigkeit der Sanierung zu unterstreichen. Das Kapital muß im Wege der Barkapitalerhöhung erhöht werden (§ 228 Abs. 1 AktG). Dies dient dazu, der Gesellschaft die benötigten liquiden Mittel zuzuführen und ihre Handlungsfähigkeit wieder herzustellen.136 Als Kapitalgeber kommen neben den Altaktionären auch andere Anleger in Betracht, die an der Sanierung ein unternehmerisches Interesse haben und sich in größerem Umfang finanziell engagieren wollen. Um das finanzielle Engagement eines außenstehenden Investors im Rahmen der Sanierung sicherzustellen, kann es notwendig sein, das Bezugsrecht der Altaktionäre nach § 186 Abs. 1 S. 1 AktG137 131 In Kapitalrücklagen gehen außerordentliche Erträge oder Einnahmen ein, vgl. Hüffer AktG, § 150 Rn. 2. 132 Nur satzungsmäßige Rücklagen sind komplett aufzulösen, vgl. nur Hüffer AktG, § 229 Rn. 14; Oechsler in MünchKomm AktG, § 229 Rn. 40; a. A. Lutter in KölnKomm AktG, § 229 Rn. 26 ff., der die vorherige Auflösungspflicht nur auf die „freien Rücklagen“ bezieht, nicht aber auf die gesetzliche Rücklage. 133 Henn, Handbuch des Aktienrechts, Rn. 1318; Hüffer AktG, § 229 Rn. 11. 134 Vgl. zur Zulässigkeit der Kapitalherabsetzung auf Null nur BGH, Urt. v. 05. 10. 1992 – II ZR 172 / 91, BGHZ 119, 305, 319 (Klöckner AG). 135 Siehe nur BGH, Urt. v. 09. 02. 1998 – II ZR 278 / 96, BGHZ 138, 71, 75 ff. (Sachsenmilch) = BB 1998, 810 = NJW 1998, 2054. 136 Vgl. Lutter in KölnKomm AktG, § 228 Rn. 7. 137 Das Bezugsrecht der Altaktionäre nach § 186 Abs. 1 AktG besteht auch, wenn das Grundkapital auf Null herabgesetzt wird, da der Erhöhungsbeschluß gleichzeitig mit dem

E. Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerho¨hung

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ganz oder teilweise auszuschließen (§ 186 Abs. 3 S. 1 AktG). Fraglich ist dabei, unter welchen Voraussetzungen das Bezugsrecht der Altaktionäre ganz oder teilweise ausgeschlossen werden kann. Für die Kapitalerhöhung im Rahmen der Kapitalherabsetzung auf Null gelten grundsätzlich die gleichen Regelungen wie bei einer ordentlichen Kapitalerhöhung (§§ 182 ff. AktG), wobei zwischen dem vollkommenen und dem teilweisen Bezugsrechtsausschluß zu differenzieren ist138. Die Differenzierung beruht auf den unterschiedlichen Folgen des Bezugsrechtsausschlusses für die Aktionäre. Wird das Bezugsrecht ganz ausgeschlossen, verlieren die Altaktionäre durch die Kapitalherabsetzung auf Null ihre Mitgliedschaftsrechte und können auch keine neuen erwerben, so daß sie aus der AG ausgeschlossen werden. Bei einem teilweisen Bezugsrechtsausschluß können sie durch Ausübung ihres Bezugsrechts in der AG verbleiben. Sowohl für den teilweisen als auch den vollkommenen Bezugsrechtsausschluß müssen zur sachlichen Rechtfertigung gute Gründe vorliegen, da es grundsätzlich gleichgültig ist, wer der AG das im Rahmen des § 228 Abs. 1 AktG notwendige Barkapital zur Verfügung stellt.139 Dies gilt insbesondere für die börsennotierte AG als Publikumsgesellschaft, weil es dort regelmäßig nicht auf die personelle Struktur der Aktionärsgruppen ankommt. Der Bezugsrechtsausschluß muß daher durch die überwiegenden Belange der Gesellschaft gerechtfertigt werden können und die Interessen der Altaktionäre überwiegen. Der teilweise Bezugsrechtsausschluß ist grundsätzlich zulässig und kann sachlich damit gerechtfertigt werden, daß die Gesellschaft zur Sanierung einen finanzkräftigen Investor aufnehmen muß.140 Die Aktionäre können durch Ausübung ihres teilweisen Bezugsrechts an der AG beteiligt bleiben und so an der Sanierung und den damit verbundenen wirtschaftlichen Chancen teilhaben. Die Interessen der Altaktionäre sind zwar durch den teilweisen Ausschluß beeinträchtigt, jedoch durch die Aufnahme eines Investors zur Sanierung der Gesellschaft gerechtfertigt. Demgegenüber ist ein vollständiger Bezugsrechtsausschluß grundsätzlich unzulässig, weil die Altaktionäre ihre Mitgliedschaftsstellung verlieren und damit entschädigungslos aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.141 Ein solcher „kalter“ Ausschluß der Aktionäre aus der Gesellschaft ist vor dem Hintergrund der besonderen Ausschlußregelungen in §§ 327a ff. AktG grundsätzlich abzulehnen, Herabsetzungsbeschluß gefaßt wird und die Kapitalherabsetzung erst mit der Eintragung wirksam wird, vgl. Lutter in KölnKomm AktG, § 228 Rn. 11; Oechsler in MünchKomm AktG, § 228 Rn. 5; Krieger, ZGR 2000, 885, 898 f. 138 So auch Krieger, ZGR 2000, 885, 899; Priester, DNotZ 2003, 592, 598. 139 Wiedemann in GroßKomm AktG, § 186 Rn. 154; Lutter in KölnKomm AktG, § 228 Rn. 12; ders. In KölnKomm AktG, § 186 Rn. 65. 140 Krieger, ZGR 2000, 885, 899 m. w. N.; Wiedemann in GroßKomm AktG, § 186 Rn. 166 m. w. N.; ebenso für die sanierende Kapitalerhöhung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Weber, ZInsO 2001, 385, 387. 141 So auch Krieger, ZGR 2000, 885, 900; Hirte, Bezugsrechtsausschluß und Konzernbildung, S. 64 f.

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5. Teil: Kaltes Delisting

weil der Gesetzgeber für den Ausschluß von Minderheitsaktionären ein besonderes Verfahren mit einer Abfindungspflicht vorgesehen hat, das durch die Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitigen Kapitalerhöhung verbunden mit einem Bezugsrechtsausschluß umgangen werden könnte. Im Gegensatz zu der Squeeze-outRegelung bedarf es bei der Kapitalherabsetzung nur einer Dreiviertel-Mehrheit (§§ 229 Abs. 3, 222 Abs. 1 S. 1 AktG), während beim Squeeze-out 95 % des Grundkapitals in der Hand des Hauptaktionärs gebündelt sein müssen (§ 327a Abs. 1 AktG). Die grundsätzliche Unzulässigkeit folgt zudem daraus, daß sich die börsennotierte AG als Publikumsgesellschaft nicht zu ihrem bisherigen Verhalten in Widerspruch setzen darf. Hat die Gesellschaft zunächst Kleinaktionäre zum Kauf ihrer börsenzugelassenen Aktien bewogen, darf sie sie später nicht mit unsachlichen Mitteln aus der Gesellschaft ausschließen oder schädigen.142 Nur wenn keine andere weniger einschneidende Maßnahme zur Verfügung steht, um die Gesellschaft zu sanieren, kann ein vollkommener Bezugsrechtsausschluß sachlich gerechtfertigt sein.143 Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Altaktionäre nicht in der Lage oder gewillt sind, der AG frisches Kapital zufließen zu lassen oder der Investor sein Engagement davon abhängig macht, daß er Alleinaktionär der AG wird144. Möchten die Minderheitsaktionäre die Sanierung durch ihr eigenes finanzielles Engagement unterstützen, ist aber der Großaktionär dazu nicht in der Lage, wäre die weniger einschneidende Maßnahme die Weitergabe des Bezugsrechts des Großaktionärs an einen externen Investor.145 Der vollständige Ausschluß des Bezugsrecht ließe sich nicht rechtfertigen. Ist das Bezugsrecht nicht oder nur teilweise ausgeschlossen, muß das durch die Kapitalerhöhung geschaffene in Aktien aufgeteilte Grundkapital so gestückelt sein, daß möglichst viele Minderheitsaktionäre in der Gesellschaft verbleiben können. Dies folgt aus der Treuepflicht des Groß- oder Mehrheitsaktionärs gegenüber den Minderheitsaktionären, da den Minderheitsaktionären durch einen zu hohen Nennbetrag der Aktie oder einen zu hohen auf die einzelne Stückaktie entfallenden anteiligen Betrag der Verbleib in der Gesellschaft aufgrund ihrer bisherigen Beteiligung unmöglich gemacht wird.146

Wiedemann in GroßKomm AktG, § 186 Rn. 164. Priester, DNotZ 2003, 592, 598; Krieger, ZGR 2000, 885, 900; Wiedemann in GroßKomm AktG, § 186 Rn. 166; Lutter in KölnKomm AktG, § 186 Rn. 70; Hüffer AktG, § 186 Rn. 31; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 540 f. 144 LG Heidelberg, Urt. v. 16. 03. 1988 – O 6 / 88 KfH II, ZIP 1988, 1257, 1258; Priester, DNotZ 2003, 592, 598; Lutter in KölnKomm AktG, § 228 Rn. 12. 145 So der Vorschlag von Wiedemann in GroßKomm AktG, § 186 Rn. 166. 146 Siehe nur BGH, Urt. v. 05. 07. 1999 – II ZR 126 / 98, BGHZ 142, 167, 170 (Hilgers); bestätigt durch BGH, Urt. v. 18. 04. 2005 – II ZR 151 / 03, ZIP 2005, 985, 987. 142 143

E. Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerho¨hung

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3. Hauptversammlungsbeschluß und Eintragung der Beschlüsse ins Handelsregister Der Kapitalherabsetzung und der Kapitalerhöhung müssen mindestens Dreiviertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals zugestimmt haben (§§ 229 Abs. 3, 222 Abs. 1 und § 182 Abs. 1 AktG). Ausreichend sind zwei selbständige Beschlüsse von derselben Hauptversammlung.147 Beide Kapitalbeschlüsse und die Durchführung der Kapitalerhöhung werden erst mit ihrer Eintragung ins Handelsregister wirksam (§§ 184 Abs. 1, 189, 229 Abs. 3, 223 und 224 AktG). Die Beschlüsse und die Durchführung müssen innerhalb von sechs Monaten eingetragen werden, da sie sonst insgesamt nichtig sind (§ 228 Abs. 2 S. 1 AktG). Die für das Delisting erforderliche Mitwirkung der Hauptversammlung ist mit den Beschlüssen zu den Kapitalmaßnahmen abgedeckt.

III. Informationspflichten des Vorstands Im Rahmen der Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung ist ausdrücklich keine besondere Berichtspflicht des Vorstands, wie beispielsweise im Umwandlungsrecht, vorgesehen, die die Aktionäre über die Sanierung der AG und das damit verbundene Delisting der Gesellschaft informiert. Fraglich ist, ob die bestehenden aktien- und kapitalmarktrechtlichen Informations- und Bekanntmachungspflichten die Aktionäre über das Delisting der Gesellschaft und die Folgen für die Aktionäre ausreichend informieren. Zu diesen Informations- und Bekanntmachungspflichten gehören die Bekanntmachungspflichten nach § 124 Abs. 1 und 2 AktG, nach § 186 Abs. 2 AktG im Rahmen der Kapitalerhöhung, die schriftliche Berichtspflicht des Vorstands beim Ausschluß des Bezugsrechts nach § 186 Abs. 4 S. 2 AktG, die Ad-hoc-Publizitätspflicht (§ 15 Abs. 1 WpHG) sowie die mögliche Wertpapierprospektpflicht gemäß § 3 Abs. 1 WpPG148. 1. Bekanntmachungspflichten nach § 124 AktG Sowohl die Kapitalherabsetzung auf Null als auch die damit verbundene gleichzeitige Kapitalerhöhung (§ 228 Abs. 1 AktG) sind Satzungsänderungen und als solche im Wortlaut im Rahmen der Tagesordnung nach § 124 Abs. 2 S. 2 AktG bekannt zu machen.149 Dies bedeutet für die Kapitalherabsetzung, daß die AktioLutter in KölnKomm AktG, § 228 Rn. 3. Das Wertpapierprospektgesetz ist am 01. 07. 2005 in Kraft getreten, BGBl. Teil I 2005, S. 1698 ff. 149 Vgl. für die Kapitalerhöhung nur Kubis in MünchKomm AktG, § 124 Rn. 31; Werner in GroßKomm AktG, § 124 Rn. 37 ff.; für die Kapitalherabsetzung Hüffer AktG, § 222 Rn. 8; Werner in GroßKomm AktG, § 124 Rn. 46; Oechsler in MünchKomm AktG, § 222 Rn. 13. 147 148

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5. Teil: Kaltes Delisting

näre über die Herabsetzung des Grundkapitals auf Null in vereinfachter Form (§§ 229 Abs. 3, 228 Abs. 1 AktG) und über den Sanierungszweck (§ 229 Abs. 1 AktG) zu informieren sind.150 Da die Bekanntmachung der rechtzeitigen Information der Aktionäre dient und die Entscheidung der Hauptversammlung vorbereiten soll, muß die Bekanntmachung auch Informationen über die Folgen der Kapitalherabsetzung auf Null für die Börsenzulassung der Aktien enthalten. Zwar gehören die Folgen des Beschlusses für die Aktionäre, soweit sie sich nicht in der Herabsetzung des Kapitals erschöpfen, grundsätzlich nicht zum bekanntzumachenden Inhalt. § 124 Abs. 2 S. 2 AktG ist im Falle einer börsennotierten AG jedoch verfassungskonform auszulegen. Dies folgt aus der Berichtspflicht des Vorstands zum regulären Delisting.151 Danach müssen die Aktionäre Informationen über die Folgen des Delisting für die Gesellschaft und die Aktionäre erhalten, um in der Hauptversammlung eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können. Die Bekanntmachung muß daher darauf hinweisen, daß sich mit der Kapitalherabsetzung auf Null die Börsenzulassung für die Altaktien erledigt. Für die Kapitalerhöhung bedeutet dies, daß der Vorstand die Aktionäre über die fehlende Pflicht zur Beantragung der Börsenzulassung für die jungen Aktien und damit über die fehlende börsenmäßige Handelbarkeit der Aktien aus der Kapitalerhöhung informieren muß. Für die Altaktionäre ist von entscheidender Bedeutung, ob sie die Aktien aus der Kapitalerhöhung über die Börse veräußern können, da sie etwa nach einem Sanierungserfolg den Gewinn, der sich regelmäßig in einem gestiegenen Börsenkurs ausdrückt, durch einen Verkauf über die Börse realisieren könnten. Plant der Vorstand daher, keine Börsenzulassung für die jungen Aktien zu beantragen und damit den Wechsel einer börsennotierten AG in eine nichtnotierte AG durchzuführen, müssen die Aktionäre dies im Hinblick auf die Abstimmung in der Hauptversammlung und die Ausübung ihres Bezugsrechts wissen. Daneben muß die Bekanntmachung den Wortlaut der geänderten Satzungspassage und die Angabe enthalten, daß es sich um eine effektive Barkapitalerhöhung handelt (§ 228 Abs. 1 AktG). 2. Bekanntmachungspflicht nach § 186 Abs. 2 AktG Ist das Bezugsrecht der Aktionäre nicht oder nur teilweise ausgeschlossen, muß der Vorstand nach § 186 Abs. 2 AktG den Ausgabebetrag der jungen Aktien oder die Grundlage für seine Festlegung in den Gesellschaftsblättern und im elektronischen Bundesanzeiger (§ 25 AktG) ebenso bekanntgeben wie die Bezugsfrist (§ 186 Abs. 1 S. 2 AktG). Darüber hinaus hat die Bekanntmachung das Bezugsverhältnis, also den prozentualen Anteil am Erhöhungsbetrag, und die Information zu enthalten, daß das Kapital um einen bestimmten Betrag erhöht wurde. Diese zuletzt 150 151

Vgl. Werner in GroßKomm AktG, § 124 Rn. 46. Siehe oben 4. Teil: D.VI.3.c), S. 370 ff.

E. Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerho¨hung

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genannte Information gewährleistet die Verständlichkeit der Bekanntmachung.152 Nach § 186 Abs. 2 AktG erhalten die Aktionäre lediglich Informationen über die mit der Kapitalerhöhung zusammenhängenden Fragen des Bezugsrechts der Aktionäre, nicht aber darüber, daß die Gesellschaft nicht verpflichtet ist, für die jungen Aktien die Börsenzulassung zu beantragen, und daß die Kapitalmaßnahme insgesamt zum Delisting der Gesellschaft führt.

3. Berichtspflicht beim Bezugsrechtsausschluß gemäß § 186 Abs. 4 AktG Soll das Bezugsrecht im Rahmen der Kapitalerhöhung ausgeschlossen werden, muß der Vorstand gegenüber der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht über den Grund für den teilweisen Bezugsrechtsausschluß vorlegen und den vorgeschlagenen Ausgabebetrag begründen (§ 186 Abs. 4 S. 2 AktG). Der Bericht dient dazu, den Aktionären eine Entscheidungsbasis für ihre Abstimmung in der Hauptversammlung zu geben.153 Zugleich hat er aber eine Warnfunktion und soll die Aktionäre über die Folgen des Bezugsrechtsausschlusses für ihre Beteiligung informieren.154 Der Bericht muß daher im Falle der vereinfachten Kapitalherabsetzung auf Null, verbunden mit einer Kapitalerhöhung und gleichzeitigem teilweisem Bezugsrechtsausschluß, die Sanierung der AG als Grund nennen und zudem erläutern, daß der teilweise Bezugsrechtsausschluß die einzige mögliche Handlungsalternative zur Sanierung bildet. Dazu gehört insbesondere eine Begründung, warum die Kapitalerhöhung und damit die Sanierung nicht insgesamt mit den bisherigen Aktionären möglich ist.155 Da die Altaktionäre mit der Kapitalherabsetzung auf Null ihre Mitgliedschaft aus den Altaktien verlieren und durch den teilweisen Bezugsrechtsausschluß auch teilweise keine jungen Aktien aus der Kapitalerhöhung erwerben können und somit ihre Mitgliedschaft in der AG zumindest teilweise verlieren, muß der Bericht die Aktionäre über diese Folgen informieren. Der Bericht muß den Hinweis enthalten, daß sich die Altaktionäre mit einem zustimmenden Beschluß zu diesen Kapitalmaßnahmen aus der AG zumindest teilweise ausschließen. Sofern das Bezugsrecht teilweise ausgeschlossen wird und die Altaktionäre junge Aktien erhalten, muß der Bericht nicht auf das Delisting der Gesellschaft hinweisen, weil sich die Börsenzulassung durch die Kapitalherabsetzung auf Null, nicht aber durch die Kapitalerhöhung erledigt. Der schriftliche Bericht ist gemäß § 175 Abs. 2 AktG analog mit der Einberufung der Hauptversammlung auszulegen156 152 Vgl. nur Hüffer AktG, § 186 Rn. 19; Wiedemann in GroßKomm AktG, § 186 Rn. 100; siehe dazu auch die Formularpraxis bei Happ in Happ, Aktienrecht, S. 1444 ff. 153 Siehe nur Peifer in MünchKomm AktG, § 186 Rn. 65; Wiedemann in GroßKomm AktG, § 186 Rn. 117. 154 Wiedemann in GroßKomm AktG, § 186 Rn. 117. 155 Peifer in MünchKomm AktG, § 186 Rn. 95. 156 Hüffer AktG, § 186 Rn. 23.

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5. Teil: Kaltes Delisting

oder kann auf den Internetseiten der Gesellschaft zugänglich gemacht werden (§ 175 Abs. 2 S. 4 AktG)157. 4. Kapitalherabsetzung und -erhöhung als ad-hoc-publizitätspflichtige Insiderinformation Die Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit der gleichzeitigen Kapitalerhöhung ist eine ad-hoc-publizitätspflichtige Insiderinformation i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG.158 Eine Insiderinformation ist nach der Legaldefinition des § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen, und die geeignet sind, im Falle des öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Zweifellos ist der Umstand, daß die Gesellschaft zur Beseitigung einer Unterbilanz oder eingetretener Verluste das Kapital auf Null herabsetzen und anschließend wieder erhöhen will eine Information i. S. d. § 13 Abs. 1 WpHG, die den Börsenpreis der Aktien beeinflußt. Einerseits kommt damit der geschäftliche Mißerfolg der Gesellschaft zum Ausdruck, andererseits wird dem Kapitalmarkt durch die Kapitalerhöhung gleichzeitig signalisiert, daß eine Sanierung der Gesellschaft vorgenommen werden soll. Hinzu kommt, daß die Kapitalherabsetzung auf Null die Börsenzulassung beendet. Diese Informationen sind auch nicht bereits öffentlich bekannt. Zwar wird der Vorstand regelmäßig gemäß § 92 Abs. 1 AktG zur Einberufung der Hauptversammlung verpflichtet sein, weil er von dem Verlust mindestens der Hälfte des Grundkapitals Kenntnis hat oder dies bei pflichtgemäßem Ermessen hätte annehmen müssen. Jedoch enthält die Einberufung nach § 124 Abs. 1 AktG lediglich den Tagesordnungspunkt der Verlustanzeige und etwaige Maßnahmen zur Sanierung der Gesellschaft.159 Eine Information des Anlegerpublikums ist darin jedoch noch nicht zu sehen. Die Einberufung der Hauptversammlung soll diese zunächst in die Lage versetzen, Gegenmaßnahmen, wie etwa die sanierende Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit einer Kapitalerhöhung, zu beschließen.160 Alle diese Maßnahmen bedürfen der Vorbereitung durch den Vorstand, der etwa für die Kapitalerhöhung einen Investor suchen und sich mit diesem und dem bisherigen Großaktionär auf ein Sanierungskonzept einigen muß. Daher besteht die Publizitätspflicht bereits zu dem Zeitpunkt, an dem der Vorstand sich zur Sanierung der Gesellschaft ent157 § 175 Abs. 2 S. 4 AktG eingefügt durch das EHUG (BGB. Teil I 2006, S. 2553), siehe auch Bosse, DB 2007, 39, 42. 158 Ebenso zu § 15 Abs. 1 WpHG in der Fassung vor dem in Kraft treten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (BGBl. Teil I 2004, S. 2630) siehe Waldhausen, Ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache, S. 253; Assmann in Lutter / Scheffler / Schneider, Handbuch der Konzernfinanzierung Rn. 12.4. 159 Hefermehl / Spindler in MünchKomm AktG, § 92 Rn. 14. 160 Hefermehl / Spindler in MünchKomm AktG, § 92 Rn. 16.

E. Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerho¨hung

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schieden und alle vorbereitenden Gespräche mit den Investoren und den Mehrheitsaktionären abgeschlossen hat.161 Inhaltlich muß die Ad-hoc-Mitteilung neben den einzelnen Angaben nach § 4 WpAIV die Informationen enthalten, daß eine Unterbilanz besteht und daß zur Beseitigung eine Kapitalherabsetzung auf Null beschlossen und zur Herstellung der Handlungsfähigkeit und Sanierung der Gesellschaft das Kapital erhöht wird. Des weiteren muß die Mitteilung die Information enthalten, daß sich mit der Kapitalherabsetzung die Börsenzulassung erledigt und für die Aktien aus der Kapitalerhöhung keine Börsenzulassung beantragt werden wird, um durch die Kostenersparnis die Sanierung zu unterstützen. Außer dieser knappen Information erlangen die Altaktionäre aufgrund der Ad-hoc-Publizitätspflicht keine weiteren Informationen über die Folgen dieser Kapitalmaßnahmen für ihre Aktien.

5. Prospektpflicht bei Ausgabe junger Aktien aus der Kapitalerhöhung Die Altaktionäre könnten Informationen über das Delisting der Gesellschaft und die Folgen für ihre Aktien in einem von der Gesellschaft nach § 3 Abs. 1 WpPG zu veröffentlichenden Prospekt erhalten, soweit das Bezugsrecht nicht oder nur teilweise ausgeschlossen wird162. Eine solche Prospektpflicht besteht gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 WpPG, wenn Wertpapiere im Inland öffentlich angeboten werden. Fraglich ist daher, ob in der Bekanntmachung des Ausgabebetrages und der Bezugsfrist nach § 186 Abs. 2 AktG ein öffentliches Angebot i. S. d. § 3 Abs. 1 S. 1 WpPG zu sehen ist. In der Literatur wurde zu den bisherigen Prospektregelungen in § 1 VerkProspG a. F.163 die Auffassung vertreten, daß Aktien aus reinen Bezugsrechtsemissionen nicht öffentlich angeboten werden, da die Bezugsrechte einem bestimmbaren Aktionärskreis zustehen und die Aktionäre als Anleger bereits mit der Gesellschaft vertraut sind.164 Eine andere Ansicht stützte die mangelnde Prospektpflicht auf den Ausschlußtatbestand des § 2 Nr. 2 VerkProspG a. F. Danach bedurfte es keines Prospekts, wenn die Wertpapiere einem begrenzten Personenkreis angeboten wurden. Dies treffe auch auf Aktien zu, die aufgrund des Bezugsrechts an die AktioSo ebenso Waldhausen, Ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache, S. 253. Wird das Bezugsrecht vollständig ausgeschlossen, scheiden die Altaktionäre aufgrund der Kapitalherabsetzung auf Null aus der Gesellschaft aus. Das Delisting der Gesellschaft ist für sie Nebenfolge, aber neben dem Verlust der Mitgliedschaft weniger einschneidend. Eine Information über das Delisting im Wege eines Prospekts aufgrund der Kapitalerhöhung ist wegen des Bezugsrechtsauschlusses für die Altaktionäre ohne Bedeutung. 163 §§ 1 – 8e VerkProspG wurden durch Art. 2 Nr. 1 des Prospektrichtlinien-Umsetzungsgesetzes (BGBl. Teil I 2005, S. 1698) aufgehoben. 164 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, VerkProspG, § 1 Rn. 19; Ritz in Assmann / Lenz / Ritz VerkProspG, § 1 Rn. 68. 161 162

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5. Teil: Kaltes Delisting

näre ausgegeben wurden.165 Das VerkProspG ist durch das WpPG in Teilen, die das öffentliche Angebot von Wertpapieren betreffen, aufgehoben worden. § 2 Nr. 4 WpPG enthält eine Legaldefinition des öffentlichen Angebots. Danach ist ein öffentliches Angebot von Wertpapieren eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, über den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden. Ob die Bekanntmachung des Ausgabebetrages und der Bezugsfrist eine Mitteilung an das Publikum ist, bleibt aufgrund des Wortlauts offen, da das WpPG und auch die Wertpapierprospektrichtlinie166 den Begriff des Publikums nicht näher definiert. Ebenso wie nach der alten Rechtslage im VerkProspG, kann die Definition des öffentlichen Angebots mit den Ausnahmeregelungen in § 3 Abs. 2 WpPG systematisch in einen Zusammenhang gestellt werden, da § 3 Abs. 2 Nr. 2 WpPG Angebote von der Prospektpflicht ausnimmt, die an weniger als 100 Anleger gerichtet sind.167 Anders als noch die Ausnahmeregelung in § 2 Nr. 2 VerkProspG a. F., knüpft § 3 Abs. 2 Nr. 2 WpPG nicht mehr an den unbestimmten Rechtsbegriff des begrenzten Personenkreises an.168 Vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, daß bis zur Anzahl von 100 Anlegern kein öffentliches Angebot vorliegt. Dies würde für die Bekanntgabe des Ausgabebetrages aufgrund eines Bezugsrechts bedeuten, daß in jedem Einzelfall festzustellen wäre, wie viele Altaktionäre noch vorhanden sind, an die sich das Angebot zur Wahrnehmung des Bezugsrechts richtet. Regelmäßig wird diese Zahl bei einer ehemals börsennotierten AG überschritten werden, so daß aufgrund des systematischen Zusammenhanges ein öffentliches Angebot und damit auch die Prospektpflicht der Gesellschaft bestünde. Gegen diese systematische Betrachtungsweise spricht jedoch, daß der europäische Richtliniengeber, vor dessen Hintergrund die Ausnahmeregelung in § 3 Abs. 2 Nr. 2 WpPG auszulegen ist, lediglich festlegen wollte, unter welchen Voraussetzungen eine Privatplazierung von Wertpapieren vorliegt, auch wenn sie öffentlich angeboten werden.169 Insofern steht die Ausnahmeregelung in § 3 Abs. 2 Nr. 2 WpPG in keinem systematischen Zusammenhang mit dem Begriff des öffentlichen Angebots, da die Ausnahme auch für öffentliche Angebote gilt. Daher ist die Frage des öffentlichen Angebots vor der Frage zu klären, ob eine Ausnahme von der Prospektpflicht besteht. Für die nähere Bestimmung der Reichweite des Begriffs des öffentlichen Angebots ist entscheidend, wie der Begriff der „Mitteilung an das Publikum“ i. S. d. § 2 Nr. 4 WpPG auszulegen ist. Wird der Begriff des Publikums auch auf Aktieninhaber erstreckt, die schon an einer Gesellschaft beteiligt sind, die aufgrund einer Kapitalerhöhung junge Aktien ausgibt, liegt in der Süßmann, EuZW 1991, 210, 211. 2003 / 71 / EG, ABl. Nr. L 345 v. 31. 12. 2003, S. 64. 167 Wortgleich Art. 3 Abs. 2 b) der Wertpapierprospektrichtlinie. 168 Vgl. dazu Kullmann / Sester, WM 2005, 1068, 1069. 169 Siehe dazu den Erwägungsgrund Nr. 5 der Richtlinie 2003 / 71 / EG, ABl. Nr. L 345 v. 31. 12. 2003, S. 64. 165 166

E. Kapitalherabsetzung auf Null und gleichzeitige Kapitalerho¨hung

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Bekanntgabe des Ausgabebetrages nach § 186 Abs. 2 AktG ein öffentliches Angebot. Umfaßt der Begriff hingegen nur die Anleger in ihrer Gesamtheit, die bisher nicht in Aktien der Gesellschaft investiert haben, fällt die Bekanntgabe des Ausgabebetrages an die Altaktionäre nicht unter den Begriff des öffentlichen Angebots. Für die letztgenannte Auslegung spricht der Erwägungsgrund Nr. 19 der Richtlinie 2003 / 71 / EG, der durch die Prospektpflicht die Interessen der derzeitigen und potentiellen Anleger sichern will. Als derzeitige Anleger sind solche Anleger zu verstehen, die bereits im Kapitalanlagemarkt engagiert sind, während die potentiellen Anleger noch keine Kapitalanlagen getätigt haben und erstmals ein Investment erwägen. Sinn und Zweck der Prospektpflicht ist daher, die Anleger über die Kapitalanlage in ein einzelnes Wertpapier zu informieren, das sie bisher nicht kennen, um ihnen eine Grundlage für die Anlageentscheidung zu geben (Erwägungsgrund Nr. 18 der Richtlinie 2003 / 71 / EG). Da aber die Aktionäre einer AG, die ein Bezugsrecht haben, bereits Anteilsinhaber sind und die Gesellschaft und ihre wirtschaftliche Situation kennen, bedarf es keiner weiteren Information. Zumal die Altaktionäre über die Situation der Gesellschaft durch die erweiterte Bekanntmachungspflicht nach § 124 Abs. 2 S. 2 AktG informiert werden.170 Mit der Umsetzung der Prospektrichtlinie wollte der Gesetzgeber zudem den Begriff des öffentlichen Angebots in § 2 Nr. 4 WpPG nicht ändern und ebenso verstehen wie im Rahmen der aufgehobenen Regelungen im VerkProspG171, so daß mit der bisherigen überwiegenden Ansicht in der Literatur davon ausgegangen werden kann, daß Angebote aufgrund eines Bezugsrechts nicht öffentlich sind, weil sie für einen begrenzten Aktionärskreis gelten172. Somit muß die AG als Emittentin der jungen Aktien aus der Kapitalerhöhung keinen Prospekt nach § 3 Abs. 1 S. 1 WpPG erstellen, da die Bekanntgabe des Angebots nach § 186 Abs. 2 AktG nicht öffentlich ist. 6. Ergebnis Die Altaktionäre erhalten allein über die erweiterte Bekanntmachungspflicht des § 124 Abs. 2 S. 2 AktG Informationen über die Folgen der Kapitalherabsetzung auf Null und das Delisting. Der schriftliche Bericht zum teilweisen oder vollständigen Bezugsrechtsausschluß nach § 186 Abs. 4 S. 2 AktG informiert die Altaktionäre über die Konsequenzen des vollständigen Bezugsrechtsausschlusses für ihre Mitgliedschaft. Demnach haben die Aktionäre eine ausreichende Informationsbasis, um über die Kapitalmaßnahmen und damit auch das Delisting zu entscheiden. Die Informationsdichte ist somit vergleichbar mit der beim regulären Delisting, so daß ein unmittelbarer Rückgriff auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum regulären Delisting nicht notwendig ist. Siehe dazu oben 5. Teil: E.III.1., S. 485 f. BT-Drucks. 15 / 4999, S. 28. 172 Vgl. nur Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, VerkProspG, § 1 Rn. 19; Ritz in Assmann / Lenz / Ritz VerkProspG, § 1 Rn. 68; Holzborn / Israel, ZIP 2005, 1668, 1668 f. 170 171

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5. Teil: Kaltes Delisting

IV. Abfindungsanspruch der Altaktionäre Mit der Eintragung der Kapitalherabsetzung auf Null ins Handelsregister wird diese wirksam und gleichzeitig erledigt sich damit die Börsenzulassung für die Altaktien. Die Altaktionäre erhalten aufgrund ihres Bezugsrechts junge Aktien aus der notwendigen Kapitalerhöhung, die aber nicht börsenzugelassen sind. Durch die Kapitalmaßnahme verlieren die Aktien der AG ihre erhöhte Verkehrsfähigkeit, die für die Altaktionäre ursprünglich bestand. Ähnlich der Situation beim regulären Delisting finden sich die Aktionäre in einer nichtbörsennotierten AG wieder. Die fehlende Börsenzulassung der jungen Aktien aus der Kapitalerhöhung wirkt sich insbesondere für die Minderheitsaktionäre, die ihr Bezugsrecht ausgeübt haben, nachteilig aus, da sie ihre Aktien nach einer erfolgreichen Sanierung der AG nicht über die Börse veräußern können.173 Daher wäre es denkbar, denjenigen Altaktionären, die ihr Bezugsrecht ausgeübt haben und nun Inhaber nichtbörsenzugelassener Aktien sind, für den Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit aufgrund der beim regulären Delisting entwickelten Grundsätze zur Abfindung einen Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft zuzubilligen. Da das Aktiengesetz bei der Kapitalherabsetzung keinen Abfindungsanspruch kennt, sondern lediglich einen möglichen Rückzahlungsanspruch im Rahmen einer ordentlichen Kapitalherabsetzung (§ 222 Abs. 3 AktG), könnte diese Lücke durch den kraft verfassungsrechtlicher Rechtsfortbildung begründeten Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft beim regulären Delisting geschlossen werden, um die rechtlichen Nachteile des Delisting für die Minderheitsaktionäre auszugleichen. Die Übertragung des Abfindungsanspruches auf die Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung widerspricht jedoch dem gesetzlichen Regelungskonzept der vereinfachten Kapitalherabsetzung. Ein Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft ist in der Sache nichts anderes, als eine zulässige Einlagenrückgewähr, die der Gesellschaft ausnahmsweise im Wege des Erwerbs eigener Aktien gemäß § 71 AktG möglich ist. Die vereinfachte Kapitalheransetzung auf Null verbunden mit der Kapitalerhöhung ist an ein ausdrückliches Rückzahlungsverbot (§ 230 S. 1 AktG) gekoppelt, um die durch die Kapitalherabsetzung frei werdenden Mittel zum Ausgleich von Wertminderungen oder sonstiger Verluste einsetzen zu können (§ 230 S. 2 AktG). Das Rückzahlungsverbot sichert damit den im Hauptversammlungsbeschluß über die vereinfachte Kapitalherabsetzung genannten Sanierungszweck der Kapitalmaßnahme. Dieser Sanierungszweck würde unterlaufen, wenn den Minderheitsaktionären ein Abfindungsanspruch aufgrund des Delisting der AG zugesprochen würde. Zudem wäre die Höhe einer solchen Abfindung in der Sanierungssituation vermutlich wirtschaft173 Für die Altaktionäre, die ihr Bezugsrecht nicht ausüben oder die aufgrund eines Bezugsrechtsausschlusses aus der Gesellschaft ausscheiden, kann schon kein Abfindungsanspruch bestehen, weil § 230 S. 1 AktG ein Auszahlungsverbot enthält. Eine vergleichbare Situation zum regulären Delisting kann nur bei Ausübung des Bezugsrechts vorliegen, da die Aktionäre dann Inhaber nichtbörsenzugelassener Aktien sind.

F. Zusammenfassung und Ergebnisse zum kalten Delisting

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lich wertlos und könnte den Verlust der Börsenzulassung nicht kompensieren. Die Sanierungssituation überlagert die Folgen des Delisting für die Altaktionäre. Realisiert sich doch in den wertlosen Altaktien das wirtschaftliche Risiko der Kapitalanlage in Aktien, wenn die Gesellschaft Verluste macht und insolvent zu werden droht. Das Delisting ist dabei nur eine notwendige Nebenfolge der sanierenden Kapitalmaßnahme. Ein Abfindungsanspruch aufgrund des Delisting gegenüber der Gesellschaft kann nicht begründet werden.

V. Rechtsschutz Die Aktionäre der zu sanierenden AG können die Einhaltung der aktienrechtlichen Anforderungen an eine Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit einer Kapitalerhöhung mit der Anfechtungsklage (§ 243 Abs. 1 AktG) durchsetzen. Dies gilt sowohl für die Nennung und Einhaltung des Sanierungszwecks bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung, für die inhaltlichen Anforderungen an einen vollständigen oder teilweisen Bezugsrechtsausschluß als auch für die aktienrechtlichen Bekanntmachungs- und Berichtspflichten des Vorstands gegenüber den Aktionären.

F. Zusammenfassung und Ergebnisse zum kalten Delisting 1. Die zum regulären Delisting erarbeiteten aktienrechtlichen Grundsätze bilden für die Gestaltungsformen des kalten Delisting grundsätzlich einen verfassungsrechtlichen Mindeststandard, soweit die Aktionäre aufgrund der jeweiligen Strukturmaßnahme Gesellschaftsanteile erhalten, die nicht über die Börse veräußert werden können. Solche Strukturmaßnahmen sind die Verschmelzung und Aufspaltung der börsennotierten AG, die Mehrheitseingliederung, der Formwechsel und die Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung. Werden die Aktionäre hingegen durch ein Squeeze-out oder eine übertragende Auflösung aus der Gesellschaft ausgeschlossen, wird das Delisting von dem vollständigen Verlust der Mitgliedschaft überlagert. 2. Bei der Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine nichtnotierte AG haben die Aktionäre der übertragenden AG gegenüber der übernehmenden nichtbörsennotierten AG nunmehr kraft Gesetzes nach § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG einen Barabfindungsanspruch. Das gleiche gilt für die Aufspaltung über § 125 S. 1 UmwG. Ist die übernehmende AG hingegen selbst börsennotiert, besteht kein Abfindungsanspruch, da die Aktionäre der übertragenden AG für ihre börsenzugelassenen Aktien wiederum börsenzugelassene erhalten und ihnen damit durch das Delisting kein Nachteil entsteht. Zwingende Voraussetzung zur Abfindungsberechtigung ist der Widerspruch zur Niederschrift des Notars gegen den Hauptversammlungsbeschluß (§ 29 Abs. 1 S. 1 UmwG), weil die umwandlungs-

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5. Teil: Kaltes Delisting

rechtlichen Anforderungen gegenüber den Grundsätzen zum regulären Delisting spezieller sind. Ein Abfindungsanspruch gegenüber einem Großaktionär besteht nicht, weil keine gesetzliche Anspruchsgrundlage vorhanden ist. 3. Möchten die Aktionäre nach der Verschmelzung oder Aufspaltung der börsennotierten AG als Anteilsinhaber in dem übernehmenden oder den übernehmenden Rechtsträgern verbleiben, wird bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses die Börsenzulassung in Form des Börsenkurses als Wertuntergrenze grundsätzlich nicht berücksichtigt, weil die an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger nach den gleichen Kriterien zu bewerten sind. Ausnahmsweise ist der Börsenkurs als Wertuntergrenze des Unternehmenswertes zu beachten, wenn die übertragende AG eine abhängige Gesellschaft ist. Der Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit der Aktien begründet keinen Anspruch auf bare Zuzahlung nach § 15 Abs. 1 S. 1 UmwG, weil bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses die erhöhte Verkehrsfähigkeit nicht zu berücksichtigen ist und die Aktionäre durch den Abfindungsanspruch ausreichend geschützt sind. 4. Sowohl Streitigkeiten über die Angemessenheit oder die grundsätzliche Gewährung des Barabfindungsangebots, als auch Streitigkeiten über die Bemessung des Umtauschverhältnisses müssen die Aktionäre im Spruchverfahren (§§ 1 ff. SpruchG) geltend machen (§§ 14 Abs. 2, 32, 34 UmwG). Der Anfechtungsausschluß erfaßt auch die Anfechtung aufgrund eines unzulässigen Sondervorteils i. S. d. § 243 Abs. 2 AktG, soweit die Sondervorteile auf einem unangemessenen Umtauschverhältnis beruhen. Selbst wenn Sondervorteile durch eine Verschmelzung oder Aufspaltung erlangt werden, erleiden die Aktionäre durch das Delisting der Gesellschaft keinen Schaden i. S. d. § 243 Abs. 2 AktG, weil der Verlust der Börsenzulassung entweder durch einen Abfindungsanspruch nach § 29 Abs. 1 UmwG oder bei einer Verschmelzung auf eine ebenfalls börsennotierte AG durch den Erhalt börsenzugelassener Aktien kompensiert wird. 5. Wechselt die börsennotierte AG in die Rechtsform einer KG oder GmbH und möchte der bisherige Aktionär in der Gesellschaft verbleiben, hat er keinen Anspruch auf bare Zuzahlung gemäß § 196 S. 1 UmwG, weil er ausreichend durch den Anspruch auf Barabfindung gemäß § 207 Abs. 1 UmwG geschützt ist. 6. Die Gestaltungsfreiheit der Mehrheitsaktionäre ist bei Abfassung des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich nicht eingeschränkt, da die Aktionäre gegen Abfindung aus der Gesellschaft ausscheiden (§ 207 Abs. 1 UmwG) und sich damit nachteiligen Regelungen entziehen können. Eine inhaltliche gerichtliche Kontrolle einzelner Klauseln des Gesellschaftsvertrages der Zielrechtsform im Wege der Anfechtungsklage nach § 243 Abs. 1 AktG findet nicht statt. 7. Auch bei der Mehrheitseingliederung der börsennotierten AG auf eine unabhängige nichtbörsennotierte AG haben die ausgeschiedenen Aktionäre einen Anspruch auf Barabfindung, weil die Aktionäre nach der Eingliederung Inhaber

F. Zusammenfassung und Ergebnisse zum kalten Delisting

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nichtbörsenzugelassener Aktien sind. Dieser Nachteil ist aufgrund der zum regulären Delisting erarbeiteten Grundsätze jedoch im Wege der Barabfindung auszugleichen; das beruht auf einer verfassungskonformen Auslegung des § 320b Abs. 1 AktG. 8. Ihren Barabfindungsanspruch können die ausgeschiedenen Aktionäre im Spruchverfahren durchsetzen (§ 320b Abs. 2 S. 2 AktG). Fehlt ein Barabfindungsangebot durch die Hauptgesellschaft, kann der ausgeschiedene Aktionär diesen Mangel sowohl mit der Anfechtungsklage als auch im Spruchverfahren geltend machen (§ 320b Abs. 2 S. 3 AktG). 9. Die Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung (§ 228 Abs. 1 AktG) dient der Sanierung der börsennotierten AG und beseitigt eine vorhandene Unterbilanz, die durch Verluste der Gesellschaft entstanden ist. Zur Verringerung der Verluste trägt auch bei, daß sich mit dieser sanierenden Kapitalmaßnahme zugleich die Börsenzulassung für die Altaktien erledigt und damit die Kosten der Börsenzulassung entfallen. Für die jungen Aktien muß der Vorstand keine Börsenzulassung beantragen. Insofern ist die Situation der Kapitalherabsetzung auf Null verbunden mit der Kapitalerhöhung mit dem regulären Delisting vergleichbar, weil sich die Altaktionäre nach Ausübung ihres Bezugsrechts in einer nichtbörsennotierten AG wiederfinden und die jungen Aktien nicht über die Börse veräußern können. 10. Die Sanierung der AG erfolgt regelmäßig im Wege der vereinfachten Kapitalherabsetzung nach §§ 229 ff. AktG. Zur Beseitigung der Unterbilanz kann das Grundkapital auf Null herabgesetzt werden, muß aber gleichzeitig wieder erhöht werden (§ 228 Abs. 1 AktG). Der Kapitalherabsetzungsbeschluß darf nur zum Zwecke des Wertminderungsausgleichs oder zur Deckung sonstiger Verluste gefaßt werden. Die Kapitalerhöhung darf nur in Form einer Barkapitalerhöhung erfolgen (§ 228 Abs. 1 AktG). Das durch die Kapitalerhöhung geschaffene Aktienkapital muß so gestückelt sein, daß möglichst viele Altaktionäre an der Gesellschaft beteiligt bleiben können. Dies folgt aus der dem Mehrheitsaktionär gegenüber den Minderheitsaktionären obliegenden Treuepflicht. Mit diesen Hauptversammlungsbeschlüssen sind die Aktionäre auch im Hinblick auf die erforderliche Mitwirkung beim Delisting ausreichend beteiligt. 11. Soll das Bezugsrecht der Altaktionäre bei der Kapitalerhöhung ausgeschlossen werden, bedarf der Hauptversammlungsbeschluß der sachlichen Rechtfertigung. Dabei ist jedoch zwischen dem vollständigen Bezugsrechtsausschluß, der zum Ausschluß der Altaktionäre aus der Gesellschaft führt, und dem teilweisen Bezugsrechtsausschluß, der den Altaktionären den Verbleib ermöglicht, zu unterscheiden. Grundsätzlich ist der vollständige Bezugsrechtsausschluß unzulässig, weil die Altaktionäre aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden und es grundsätzlich gleichgültig ist, von wem das Barkapital aufgebracht wird. Nur ausnahmsweise, wenn ein Investor sein finanzielles Engagement zur Sanierung von seiner Alleininhaberschaft abhängig macht, kann ein vollständi-

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5. Teil: Kaltes Delisting

ger Bezugsrechtsausschluß sachlich gerechtfertigt sein. Der teilweise Bezugsrechtsausschluß ist hingegen grundsätzlich zulässig und dadurch gerechtfertigt, daß ein neuer Kapitalgeber zur Sanierung erforderlich ist. 12. Die zum Delisting erforderlichen Informationen erhalten die Altaktionäre im Wege der erweiterten Bekanntmachungspflicht nach § 124 Abs. 2 S. 2 AktG. Die Bekanntmachung muß über die Folgen der Kapitalherabsetzung auf Null für die Börsenzulassung und damit über das Delisting informieren. Ist das Bezugsrecht ausgeschlossen, ist der Vorstand in seinem schriftlichen Bericht nach § 186 Abs. 4 S. 2 AktG zudem verpflichtet, über die Konsequenzen des vollständigen Bezugsrechtsausschlusses für die Mitgliedschaft der Altaktionäre zu informieren. Daneben erhalten die Aktionäre in kurzer Form Informationen über die Kapitalmaßnahmen aufgrund der Ad-hoc-Mitteilungspflicht nach § 15 Abs. 1 WpHG. Eine Prospektpflicht besteht für die jungen aus der Kapitalerhöhung stammenden Aktien nicht, da in der Bekanntgabe des Ausgabebetrages nach § 186 Abs. 2 AktG kein öffentliches Angebot i. S. d. § 3 Abs. 1 WpPG zu sehen ist. 13. Die Aktionäre, die mit der Kapitalherabsetzung auf Null ihre Altaktien verlieren und nach Ausübung des Bezugsrechts nichtbörsenzugelassene Aktien erhalten, haben keinen Anspruch auf Barabfindung gegenüber der Gesellschaft. In dem Verlust der börsenzugelassenen Aktien realisiert sich das wirtschaftliche Risiko der Investition in Aktien, so daß der gleichzeitige Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit durch den Verlust der Aktien überlagert wird. Zudem widerspräche eine Abfindung dem Rückzahlungsverbot des § 230 S. 1 AktG, das die Sanierung absichern soll. Die Einhaltung der speziellen Voraussetzungen der vereinfachten Kapitalherabsetzung auf Null und der Kapitalerhöhung sowie der Bekanntmachungs- und Informationspflichten können die Aktionäre mit der Anfechtungsklage (§ 243 Abs. 1 AktG) geltend machen.

6. Teil

Zusammenfassung der Ergebnisse I. Begriff des Delisting und Abgrenzung Die Beendigung der Börsenzulassung auf Wunsch des Emittenten an allen Börsenplätzen ist als vollständiges und freiwilliges Delisting zu bezeichnen. Der Begriff des Going Private erfaßt zwar das Delisting, ist aber zu weit, da er insbesondere den Ausschluß der Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft erfaßt. Dieser muß im Rahmen des Delisting nicht zwingend erfolgen.

II. Wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation 1. Die Börse erfüllt für die AG die Finanzierungsfunktion, besitzt eine Liquiditätsund Bewertungsfunktion und übt über die Gesellschaft eine Überwachungs- und Kontrollaufgabe aus. Die bestehende Börsennotierung dient dazu, erneut über den Primärmarkt der Börse Eigenkapital aufzunehmen. Zwingende Voraussetzung für einen funktionierenden Primärmarkt ist der Sekundärmarkt, an dem die Aktionäre ihre Aktien veräußern können. 2. Der Kapitalmarkt übt seine Kontroll- und Überwachungsfunktion mit Hilfe von Informationen über den Emittenten und sein Marktumfeld aus. Denn nur ein informationseffizienter Kapitalmarkt kann dieser Funktion nachkommen, indem sich sämtliche Informationen im Börsenpreis widerspiegeln. Die börsennotierte AG unterliegt daher Publizitäts- und Informationspflichten, wie etwa der Zwischen- und Quartalsberichtspflicht und der Ad-hoc-Publizitätspflicht. 3. Die Börse hat für die Kleinaktionäre eine stärkere Bedeutung als für die Großaktionäre, da die Kleinaktionäre auf die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien angewiesen sind, während die Großaktionäre ihre Aktienpakete regelmäßig außerhalb der Börse veräußern. Dies gilt auch im Hinblick auf die Preisfeststellungs-, Informations- und Kontrollfunktion der Börse. 4. Die Motive für das Delisting sind vielfältig, können aber nicht allein auf den Wegfall der Finanzierungsfunktion der Börse infolge eines illiquiden Börsenhandels oder einer unzureichenden Bewertung der AG gestützt werden. Vielmehr ist eine geänderte Finanzierungsstrategie der Anlaß, über die Beibehaltung der Börsenzulassung nachzudenken. Dies kann sich aus dem Interesse eines neuen Kapitalgebers heraus ergeben, der zukünftige Investitionen finanzieren will.

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Hinzu kommt der Wunsch nach der Neuordnung der Gesellschafts- und Aktionärsstruktur sowie die Reduzierung der personellen und finanziellen Belastungen, die aus der Börsennotierung herrühren. Zudem können sich die Publizitätsund Veröffentlichungspflichten als Wettbewerbsnachteil gegenüber Wettbewerbern derselben Branche darstellen. Ein weiterer Anlaß eines Börsenrückzugs kann die Sanierung der AG sein, um sich der Kapitalmarktöffentlichkeit zu entziehen und um einen Sanierungsplan umsetzen zu können. 5. Mit dem Delisting entfällt für die Aktionäre die Handelbarkeit der Aktien über die Börse und erschwert die Veräußerung der zuvor über die Börse erworbenen Aktien. Der Handel der Aktien im Freiverkehr der Börsen kann diesen Verlust aufgrund der fehlenden kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten nicht kompensieren. Zwar wird ein Börsenpreis gebildet, jedoch kann die Verkaufsentscheidung nicht auf eine gesicherte Informationsbasis gestützt werden, da die kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten grundsätzlich nicht mehr bestehen. Hinzukommt der qualitative Unterschied der Marktaustrittsverfahren im Freiverkehr und dem regulierten Markt. 6. Rechtstatsächlich tragen vornehmlich die Kleinaktionäre, die auf die Handelbarkeit der Aktien über die Börse angewiesen sind, die Nachteile des Delisting, während die Großaktionäre nicht auf die Börsennotierung angewiesen sind. Daher bewegt sich das Delisting im klassischen Interessenkonflikt zwischen dem Großaktionär und den Kleinaktionären.

III. Gestaltungsformen des Delisting und seine Grenzen 1. Das reguläre Delisting erfolgt durch den Widerruf der Börsenzulassung auf Antrag des Emittenten. Die Geschäftsführung der Börse hat dabei nur die kapitalmarktrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen, nicht aber gesellschaftsrechtliche Anforderungen, wie etwa die Zustimmung der Hauptversammlung oder den ausreichenden vermögensrechtlichen Schutz der Aktionäre. 2. Ein sogenanntes kaltes Delisting durch Erledigung der Börsenzulassung erfolgt im Wege der Verschmelzung, der Aufspaltung, des Formwechsels und der übertragenden Auflösung, da bei diesen Gestaltungsformen das Regelungsobjekt, die Aktie, und, außer im Fall des Formwechsels, das Regelungssubjekt, die AG, untergehen. 3. Gleiches gilt für die Kapitalherabsetzung auf Null, verbunden mit einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung. Denn mit der Kapitalherabsetzung auf Null gehen die Aktien unter, für die eine Börsenzulassung besteht, so daß sich diese erledigt. Für die aus der Kapitalerhöhung stammenden Aktien besteht keine Pflicht zur Börsenzulassung, da diese Situation mit einer Erstemission vergleichbar ist und die Aktionäre gegenüber der AG keinen Anspruch auf die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel haben.

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4. Beim verbandsrechtlichen Ausschluß der Minderheitsaktionäre aus der AG und der Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß erledigt sich die Börsenzulassung nicht, da die Aktien weiterhin vorhanden sind und die AG bestehen bleibt. Mit der Vereinigung des Aktienbesitzes in der Hand eines einzigen Aktionärs kann jedoch kein Aktienhandel mehr stattfinden, so daß die Börsenzulassung von Amts wegen zu widerrufen ist. Dies gilt auch für den übernahmerechtlichen Ausschluß der Minderheitsaktionäre, sofern alle Aktien der börsennotierten Zielgesellschaft sich in der Hand des Bieters befinden.

IV. Aktienrechtliche Voraussetzungen des Delisting 1. Für die Entscheidung über das Delisting ist die Hauptversammlung gemäß Art. 14 Abs. 1 GG zuständig. Die erhöhte Verkehrsfähigkeit der Aktien aufgrund ihrer Börsenzulassung ist durch das Eigentumsgrundrecht geschützt. Dieser Eigentumsschutz wirkt zwischen der Gesellschaft und den Aktionären im Wege der grundrechtlichen Schutzpflichten. Die Entscheidungskompetenz der Aktionäre und damit der Hauptversammlung folgt aus der Verfügungsgewalt der Aktionäre als Eigentümer der Gesellschaft. Der Gesetzgeber hat seine Schutzpflicht aus Art. 14 Abs. 1 GG mit der Regelung in § 39 Abs. 2 BörsG verletzt, weil er lediglich die kapitalmarktrechtlichen Aspekte berücksichtigt hat. Die Regelungslücke hinsichtlich der Entscheidungszuständigkeit beim Delisting ist im Wege der verfassungskonformen Rechtsfortbildung zu schließen. 2. Der Hauptversammlungsbeschluß kann mit der einfachen Stimmenmehrheit gefaßt werden und bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung, weil das Delisting nicht in die aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte eingreift. 3. Die Minderheitsaktionäre haben gegenüber der AG einen Anspruch auf Abfindung, weil das Delisting i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung ist. Der Verlust der erhöhten Verkehrsfähigkeit trifft die Minderheitsaktionäre, anders als den Großaktionär, unverhältnismäßig, da sie auf die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel angewiesen sind. Der Gesetzgeber verletzt durch die Unterlassung einer Ausgleichsregelung seine grundgesetzliche Schutzpflicht, die jedoch im Wege der verfassungskonformen Rechtsfortbildung des Aktienrechts durch die Zivilgerichte erfüllt werden kann. 4. Gegenüber dem Großaktionär haben die Minderheitsaktionäre keinen gesetzlichen Abfindungsanspruch, weil sich sein finanzielles Engagement auf die bereits erbrachte Einlage beschränkt und darüber hinaus keine weiteren Ansprüche bestehen. Er kann sich lediglich rechtsgeschäftlich zum Erwerb der Aktien der Minderheitsaktionäre verpflichten. Dieses Erwerbsangebot unterliegt den Regelungen des WpÜG. 5. Der Vorstand muß die Aktionäre über die Folgen des Delisting für die AG und die Aktionäre in Form eine schriftlichen Berichts informieren. Dies folgt aus

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dem grundrechtlichen Eigentumsschutz der Information, die die Verfügungsbefugnis der Aktionäre über ihre Aktien absichert. 6. Beachtet der Vorstand der AG oder der Großaktionär in der Funktion als Bieter die Anforderungen, die an ein Delisting zu stellen sind, nicht, können die Aktionäre die Einhaltung der Voraussetzungen gerichtlich durchsetzen. Bei Mißachtung der Hauptversammlungszuständigkeit können die Aktionäre von der Gesellschaft die Unterlassung der Antragstellung oder aber bei einem bereits gestellten Antrag seine Rücknahme verlangen und diese Ansprüche im einstweiligen Rechtsschutz durchsetzen. 7. Eine von der Gesellschaft nicht gewährte oder zu niedrige Abfindung kann von den Aktionären im Spruchverfahren gerichtlich überprüft werden, soweit die AG die Grenze des § 71 Abs. 2 AktG einhält und die Hauptversammlung dem Delisting zugestimmt hat. 8. Gibt ein Bieter ein Erwerbsangebot ab, entspricht die angebotene Gegenleistungshöhe jedoch nicht der verfassungsrechtlich gebotenen vollen Entschädigungshöhe und dient das Erwerbsangebot der Durchführung des Delisting, können die Aktionäre die richtige Gegenleistungshöhe mit der zivilprozessualen Leistungsklage gegenüber dem Bieter durchsetzen. 9. Verletzungen der Informationspflichten der Gesellschaft können die Aktionäre mit der Anfechtungsklage (§ 243 Abs. 1 AktG) geltend machen, soweit die verletzten Informationspflichten nicht abfindungswertbezogen sind. Sind sie abfindungswertbezogen, müssen die Aktionäre das Spruchverfahren wählen. Erfüllt der Bieter seine Informationspflichten bei einem Erwerbsangebot nicht, verbleibt den Aktionären die Leistungsklage auf Auskunft.

V. Kaltes Delisting als Konsequenz gesellschaftsrechtlicher Gestaltung 1. Bei Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine nichtnotierte AG oder der Aufspaltung einer börsennotierten AG auf nichtnotierte AGen haben die Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers nunmehr unmittelbar nach § 29 Abs. 1 S. 1 UmwG Anspruch auf Barabfindung gegenüber der übernehmenden AG oder den übernehmenden AGen. Ist die übernehmende AG selbst börsennotiert, haben die Aktionäre allerdings keinen Anspruch auf Barabfindung. 2. Wird die börsennotierte AG in eine nichtnotierte AG eingegliedert, haben die Aktionäre ebenfalls einen Anspruch auf Barabfindung. 3. Beim Formwechsel einer börsennotierten AG in eine andere Gesellschaftsform ist die Gestaltungsfreiheit der Gesellschaft im Hinblick auf den Gesellschaftsvertrag der Zielrechtsform grundsätzlich nicht eingeschränkt und unterliegt keiner inhaltlichen Kontrolle, weil die Aktionäre ausreichend durch die Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft geschützt sind.

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4. Die Kapitalherabsetzung auf Null in vereinfachter Form verbunden mit einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung kann der Sanierung einer börsennotierten AG dienen, denn mit ihr erledigt sich zugleich die kostenverursachende Börsenzulassung. Die Kapitalherabsetzung auf Null ist unter der Voraussetzung zulässig, daß das Grundkapital gleichzeitig wieder auf den Mindestbetrag erhöht wird. Das Bezugsrecht auf Erhalt der jungen Aktien kann nur in Ausnahmefällen ausgeschlossen werden, wenn dies zur Sanierung erforderlich ist. Aufgrund des Delisting der AG besitzt der Vorstand gegenüber den Aktionären eine besondere Informationspflicht. Dazu ist § 124 Abs. 2 S. 2 AktG verfassungskonform auszulegen. Einen Anspruch auf Barabfindung haben die Altaktionäre gegenüber der AG aufgrund des Delisting nicht, weil die Gesellschaft gemäß § 230 Abs. 1 AktG einem Rückzahlungsverbot unterliegt.

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Rechtsprechungsverzeichnis Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 19. 09. 2007 30. 05. 2007 30. 05. 2007 19. 04. 2007 29. 11. 2006 13. 10. 2004 02. 04. 2004 23. 08. 2000 20. 09. 1999 20. 09. 1999 08. 09. 1999 27. 04. 1999 02. 03. 1999 02. 03. 1999 27. 01. 1999 24. 03. 1987 15. 07. 1981 14. 07. 1981 01. 03. 1979

07. 08. 1962

1 BvR 2984 / 06 1 BvR 1267 / 06 und 1280 / 06 1 BvR 390 / 04 1 BvR 1995 / 06 1 BvR 704 / 03 1 BvR 2303 / 00 1 BvR 1620 / 03 1 BvR 68 / 95 und 147 / 97 1 BvR 636 / 95 1 BvR 168 / 93 1 BvR 301 / 89 1 BvR 1613 / 94 1 BvL 2 / 91 1 BvL 7 / 91 1 BvR 1638 / 94 1 BvR 1046 / 85 1 BvL 77 / 78 1 BvL 24 / 78 1 BvR 532, 533 / 77, 419 / 78 und 1 BvL 21 / 78 1 BvL 16 / 60

AG 2008, 27 AG 2007, 697 = ZIP 2007, 1600 = WM 2007, 1520 WM 2007, 1329 = ZIP 2007, 1261 WM 2007, 1179 WM 2007, 73 = ZIP 2007, 175 = AG 2007, 119 WM 2004, 2354 NZG 2004, 617 AG 2001, 42 = NZG 2000, 1214 = WM 2000, 1948 ZIP 1999, 1798 = NJW 2000, 349 ZIP 1999, 1801 = AG 2000, 72 ZIP 1999, 1804 = AG 2000, 40 = WM 1999, 1978 BVerfGE 100, 289 = NJW 1999, 3769 = WM 1999, 1666 BVerfGE 99, 367 = NJW 1999, 1535 BVerfGE 100, 226 = NJW 1999, 2877 AG 1999, 217 BVerfGE 74, 264 = NJW 1987, 2151 BVerfGE 58, 300 = NJW 1982, 745 BVerfGE 58, 137 = NJW 1982, 633 BVerfGE 50, 290

BVerfGE 14, 263

Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs 25. 06. 2008 10. 06. 2008 10. 10. 2006 05. 10. 2006 29. 05. 2006 08. 05. 2006

II ZB 39 / 07 XI ZB 26 / 07 II ZR 90 / 03 III ZR 183 / 05 II ZB 5 / 06 II ZR 27 / 05

DB 2008, 1735 ZIP 2008, 1326 NZG 2006, 20 NZG 2006, 956 NZG 2006, 553 NZG 2006, 623 = 2006, 543

536

Rechtsprechungsverzeichnis

13. 03. 2006 09. 05. 2005

II ZR 295 / 04 II ZR 29 / 03

18. 04. 2005 26. 04. 2004 25. 11. 2002

II ZR 151 / 03 II ZR 155 / 02 II ZR 133 / 01

10. 10. 2002 04. 04. 2002 12. 03. 2001

III ZR 205 / 01 III ZR 237 / 01 II ZB 15 / 00

29. 01. 2001 15. 01. 2001 18. 12. 2000

II ZR 368 / 98 II ZR 124 / 99 II ZR 1 / 99

07. 05. 1999 04. 03. 1998 09. 02. 1998 23. 06. 1997 20. 05. 1997 30. 04. 1996 02. 11. 1995 20. 03. 1995 30. 01. 1995 26. 05. 1994 07. 03. 1994 09. 11. 1992 05. 10. 1992 16. 05. 1991 10. 10. 1988 07. 07. 1988 01. 02. 1988 12. 01. 1986 15. 11. 1982 19. 04. 1982 25. 02. 1982 25. 11. 1981 28. 01. 1980 13. 03. 1978 19. 12. 1977 06. 05. 1975 17. 01. 1973 23. 02. 1970

II ZR 126 / 98 II ZB 5 / 97 II ZR 278 / 96 II ZR 132 / 93 II ZB 9 / 96 VI ZR 55 / 95 IX ZR 141 / 94 II ZR 205 / 94 II ZR 132 / 93 IX ZR 39 / 93 II ZR 52 / 93 II ZR 230 / 91 II ZR 172 / 91 I ZR 218 / 89 II ZR 92 / 88 III ZR 134 / 87 II ZR 75 / 87 II ZR 287 / 85 II ZR 62 / 82 II ZR 55 / 81 II ZR 174 / 80 IV b ZB 765 / 81 II ZR 124 / 78 II ZR 142 / 76 II ZR 136 / 76 II ZR 23 / 74 IV ZR 142 / 70 II ZB 5 / 69

NJW-RR 2006, 1270 ZIP 2005, 1318 = WM 2005, 1462 = NZG 2005, 722 ZIP 2005, 985 AG 2004, 384 BGHZ 154, 47 = WM 2003, 533 = ZIP 2003, 378 = AG 2003, 273 = DNotZ 2003, 364 NJW 2002, 3769 NJW 2002, 1868 = WM 2002, 913 BGHZ 147, 108 = DB 2001, 969 = BB 2001, 1053 = WM 2001, 856 GmbHR 2001, 247 = WM 2001, 467 BGHZ 146, 288 = AG 2001, 261 BGHZ 146, 179 = DB 2001, 319 = GmbHR 2001, 200 = NZG 2001, 574 BGHZ 142, 167 = AG 1999, 517 = NJW 1999, 3197 BGHZ 138, 136 BGHZ 138, 71 = NJW 1998, 2054 = BB 1998, 810 BGHZ 136, 133 BGHZ 135, 374 = JZ 1997, 1181 BGHZ 132, 341 NJW 1996, 198 BGHZ 129, 136 WM 1995, 390 NJW 1994, 3102 BGHZ 125, 239 BGHZ 120, 141 BGHZ 119, 305 = ZIP 1992, 1542 BB 1991, 1446 BGHZ 105, 259 BGHZ 105, 94 = NJW 1989, 216 BGHZ 103, 184 WM 1987, 174 BGHZ 85, 350 BGHZ 83, 319 BGHZ 83, 122 NJW 1981, 1505 BGHZ 76, 352 = WM 1980, 378 BGHZ 71, 40 BGHZ 70, 117 BGHZ 65, 15 NJW 1973, 509 BGHZ 53, 264

Rechtsprechungsverzeichnis 29. 09. 1967 13. 03. 1967 06. 10. 1960 27. 09. 1956 09. 07. 1956 02. 07. 1956 10. 04. 1956 09. 12. 1954 01. 04. 1953 19. 06. 1951

V ZR 40 / 66 III ZR 8 / 66 II ZR 150 / 58 II ZR 144 / 55 V BLw 11 / 56 II ZR 124 / 55 I ZR 165 / 54 II ZB 15 / 54 II ZR 135 / 52 I ZR 77 / 50

537

BGHZ 48, 303 NJW 1967, 1420 BGHZ 33, 175 BGHZ 21, 354 BGHZ 21, 229 BGHZ 21, 175 LM 1004 BGB, NR. 27 BGHZ 15, 391 BGHZ 8, 157 BGHZ 2, 394

Rechtsprechung anderer Bundesgerichte BVerwG BVerwG

13. 04. 2005 04. 06. 2003

6 C 4.04 6 C 21.02

BFH BVerwG

27. 04. 2000 03. 04. 1987

I R 65 / 98 4 C 30 / 85

ZIP 2005, 1145 Internet: http: // www.bundesverwaltungsgericht.de / media / archive / 1448.pdf NJW-RR 2001, 244 NJW 1988, 275

Rechtsprechung des Reichsgerichts 27. 04. 1937 12. 11. 1935 24. 11. 1933 31. 03. 1931 23. 10. 1930 19. 05. 1925 09. 01. 1918 08. 04. 1908

VII 331 / 36 II 48 / 35 II 113 / 33 II 222 / 30 IV 721 / 29 II B. 10 / 25 V. 223 / 17 I. 595 / 07

RGZ 155, 42 RGZ 149, 293 RGZ 142, 286 RGZ 132, 149 RGZ 130, 375 RGZ 111, 26 RGZ 91, 416 RGZ 68, 235

Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts und des Bayrischen Obersten Landesgerichts OLG Stuttgart OLG München OLG München

05. 10. 2008 05. 09. 2008 21. 05. 2008

20 U 19 / 07 31 Wx 63 / 07 31 Wx 62 / 07

OLG Celle OLG Stuttgart OLG Stuttgart OLG Stuttgart

07. 05. 2008 19. 03. 2008 14. 02. 2008 14. 02. 2008

9 U 165 / 07 20 W 3 / 06 20 W 11 / 06 20 W 9 / 06

AG 2009, 124 ZIP 2008, 2017 ZIP 2008, 1135 = AG 2008, 674 ZIP 2008, 1874 ZIP 2008, 2020 BeckRS 2008, 04923 ZIP 2008, 883

538

Rechtsprechungsverzeichnis

OLG München OLG Hamm KG Berlin OLG Zweibrücken

23. 01. 2008 19. 11. 2007 31. 10. 2007 23. 08. 2007

7 U 3668 / 07 8 U 216 / 07 2 W 14 / 06 3 W 147 / 07

OLG Stuttgart OLG Celle OLG Frankfurt / Main OLG Frankfurt / Main

06. 07. 2007 19. 04. 2007 06. 03. 2007 21. 02. 2007

20 W 5 / 06 9 W 53 / 06 20 W 494 / 06 23 U 86 / 06

OLG Stuttgart OLG Stuttgart OLG Frankfurt / Main KG Berlin OLG Düsseldorf OLG München

16. 02. 2007 16. 02. 2007 11. 01. 2007 16. 10. 2006 04. 10. 2006 13. 09. 2006

20 W 6 / 06 20 W 25 / 05 20 W 323 / 04 2 W 148 / 01 I-26 W 7 / 06 AktE 7 U 2912 / 06

OLG Düsseldorf OLG München OLG Stuttgart OLG Frankfurt / Main OLG Karlsruhe OLG Schleswig

11. 08. 2006 11. 07. 2006 08. 03. 2006 08. 02. 2006 10. 01. 2006 08. 12. 2005

I-15 W 110 / 05 31 Wx 41, 66 / 06 20 W 5 / 05 12 W 185 / 05 12 W 136 / 04 5 U 57 / 04

OLG München OLG Stuttgart

27. 10. 2005 13. 07. 2005

23 U 2826 / 05 20 U 1 / 05

OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf OLG München OLG Düsseldorf BayObLG OLG Hamburg OLG Zweibrücken BayObLG OLG Zweibrücken OLG Düsseldorf OLG Stuttgart OLG Köln OLG Stuttgart OLG Frankfurt / Main OLG Düsseldorf OLG Frankfurt / Main

04. 04. 2005 07. 03. 2005 17. 02. 2005 30. 12. 2004 01. 12. 2004 01. 11. 2004 03. 08. 2004 28. 07. 2004 02. 03. 2004 27. 02. 2004 05. 11. 2003 06. 10. 2003 01. 10. 2003 04. 07. 2003 04. 06. 2003 27. 05. 2003

I-19 W 2 / 05 AktE I-19 W 1 / 04 AktE 23 W 2406 / 04 I-19 W 3 / 04 AktE 3Z BR 106 / 04 11 W 5 / 04 3 W 60 / 04 3Z BR 087 / 04 3 W 167 / 03 19 W 3 / 00 AktE 20 W 5 / 03 18 W 35 / 03 4 W 34 / 93 WpÜG 4 / 03 19 W 3 / 03 AktGE WpÜG 1 / 03

NZG 2008, 337 ZIP 2008, 832 = AG 2008, 421 AG 2008, 295 = BB 2008, 354 AG 2007, 914 = NZG 2007, 908 = Der Konzern 2007, 683 AG 2007, 705 AG 2007, 865, 866 AG 2007, 448 NZG 2007, 758 = AG 2007, 699 AG 2007, 209 = ZIP 2007, 530 AG 2007, 596 AG 2007, 449 ZIP 2007, 75 WM 2006, 2219 WM 2006, 2180 = AG 2007, 335 DB 2006, 2223 ZIP 2006, 1722 AG 2006, 420 ZIP 2006, 370 AG 2006, 463 AG 2005, 120 = NZG 2006, 951 DB 2006, 146 ZIP 2005, 1415 = AG 2005, 693 NZG 2005, 719 AG 2005, 480 ZIP 2005, 615 ZIP 2005, 300 ZIP 2005, 205 = DB 2005, 214 ZIP 2005, 437 = DB 2005, 879 DB 2004, 2311 ZIP 2004, 1952 JZ 2005, 198 NZG 2005, 280 NZG 2004, 97 AG 2004, 39 = BB 2003, 2307 AG 2004, 43 DB 2003, 1782 AG 2003, 507 DB 2003, 1371

Rechtsprechungsverzeichnis OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf BayObLG

31. 01. 2003 16. 01. 2003 18. 12. 2002

19 W 9 / 00 AktE, 6 U 60 / 02, 3Z BR 116 / 00

OLG München OLG Hamburg OLG Hamburg BayObLG OLG Düsseldorf

02. 10. 2002 07. 08. 2002 29. 01. 2002 11. 09. 2001 27. 08. 2001

30 U 855 / 01 11 W 14 / 94 11 U 37 / 01 3Z BR 101 / 99 6 W 28 / 01

OLG Hamburg OLG München OLG Celle OLG München

31. 07. 2001 04. 07. 2001 07. 03. 2001 14. 02. 2001

11 W 29 / 94 7 U 5285 / 00 9 U 137 / 00 7 U 6019 / 99

OLG Hamm OLG Düsseldorf OLG Stuttgart OLG Frankfurt / Main

27. 11. 2000 25. 05. 2000 04. 02. 2000 23. 03. 1999

15 W 347 / 00 19 W 1 / 93 AktE 4 W 15 / 98 5 U 193 / 97

OLG Hamm OLG Stuttgart BayObLG BayObLG BayObLG OLG Stuttgart OLG München

04. 03. 1999 30. 09. 1998 29. 09. 1998 17. 09. 1998 07. 01. 1998 04. 12. 1996 26. 04. 1996

8 W 11 / 99 20 U 21 / 98 3Z BR 159 / 94 3Z BR 37 / 98 3Z BR 491 / 97 8 W 43 / 93 23 U 4586 / 95

OLG Köln OLG München OLG Hamburg OLG Karlsruhe OLG Zweibrücken OLG Frankfurt / Main KG Berlin OLG Koblenz OLG Hamburg BayObLG OLG Düsseldorf OLG Stuttgart OLG Frankfurt / Main

07. 12. 1995 10. 11. 1994 24. 02. 1994 08. 10. 1993 04. 02. 1992 30. 01. 1992 08. 02. 1991 25. 10. 1990 20. 06. 1990 24. 11. 1988 05. 11. 1987 28. 02. 1986 16. 10. 1953

18 U 93 / 95 24 U 1036 / 93 11 W 6 / 94 2 U 1851 / 91 8 U 103 / 91 16 U 120 / 90 1 W 3357 / 90 6 U 238 / 90 12 U 37 / 90 BReg 3Z 111 / 88 19 W 6 / 87 2 U 148 / 85 3 U 166 / 53

539 AG 2003, 329 ZIP 2003, 1749 AG 2003, 569 = NZG 2003, 483 ZIP 2002, 1989 AG 2003, 583 AG 2002, 409 AG 2002, 392 NZG 2002, 191 = WM 2001, 1010 AG 2002, 406 NZG 2002, 187 AG 2001, 357 = ZIP 2001, 613 DB 2001, 747 = WM 2002, 662 = ZIP 2001, 700 = DStR 2001, 950 ZIP 2001, 569 BB 2000, 1905 = AG 2000, 422 AG 2000, 428 WM 1999, 1881= ZIP 1999, 842 = BB 1999, 1128 AG 1999, 422 AG 1999, 280 AG 1999, 43 ZIP 1998, 2002 ZIP 1998, 421 WiB 1997, 584 WM 1996, 1462 = AG 1996, 327 NJW-RR 1997, 59 AG 1995, 232 AG 1994, 420 GmbHR 1994, 483 NJW 1992, 1242 AG 1992, 194 NJW-RR 1991, 933 NJW 1991, 1119 NJW-RR 1991, 382 ZIP 1989, 638 AG 1988, 53 ZIP 1986, 647 MDR 1954, 686

540

Rechtsprechungsverzeichnis

Rechtsprechung der Landgerichte LG Köln LG München I LG Hannover LG Düsseldorf LG Dortmund

23. 11. 2007 30. 08. 2007 29. 08. 2007 16. 05. 2007 19. 03. 2007

82 O 214 / 06 5HK O 7195 / 06 23 O 139 / 06 36 O 99 / 06 18 AktE 5 / 03

LG München I

24. 08. 2006

5HK O 1558 / 06

LG Frankfurt / Main LG Darmstadt LG Düsseldorf LG Hamburg LG Frankfurt / Main LG Düsseldorf LG München I LG Köln LG München I

17. 01. 2006 29. 11. 2005 20. 10. 2005 15. 07. 2005 04. 11. 2004 04. 03. 2004 15. 01. 2004 19. 12. 2003 27. 11. 2003

3-5 O 75 / 03 12 O 491 / 05 32 O 113 / 05 414 O 99 / 01 3-5 O 112 / 04 31 O 144 / 03 5HK O 22304 / 02 82 O 95 / 03 5HK O 5774 / 03

LG Frankfurt / Main LG Duisburg LG Frankfurt / Main LG Hamburg LG Duisburg LG Duisburg LG Hanau LG Augsburg LG Frankfurt / Main LG München I LG Koblenz LG Mosbach LG Mainz LG Frankfurt / Main LG Dortmund LG München I LG München I LG München I LG München I LG Wiesbaden LG Bochum LG Frankfurt / Main LG Stuttgart

27. 08. 2003 21. 08. 2003 28. 05. 2003 13. 01. 2003 27. 06. 2002 29. 05. 2002 02. 05. 2002 24. 09. 2001 16. 08. 2001 28. 06. 2001 27. 03. 2001 28. 12. 2000 19. 12. 2000 12. 12. 2000 18. 11. 2000 04. 04. 2000 27. 03. 2000 04. 11. 1999 14. 10. 1999 08. 06. 1998 22. 04. 1998 29. 07. 1997 13. 05. 1997

3-13 O 205 / 02 21 T 6 / 02 3-13 O 22 / 02 415 O 140 / 02 21 O 106 / 02 21 O 106 / 02 5 O 63 / 01 3 O 4995 / 00 3-13 O 110 / 01 12 O 10157 / 01 1 HO 121 / 00 KfH O 56 / 00 10HK O 143 / 99 3 / 5 O 149 / 99 20 AktE 8 / 94 21 O 4375 / 00 5HK O 19156 / 98 5HK O 10580 / 99 5HK O 8024 / 98 11 O 65 / 96 4 O 191-98 3 / 5 O 162 / 95 25 O 703 / 96

AG 2008, 327 WM 2007, 2154 NZG 2008, 152 = AG 2008, 426 Internet: www.justiz.nrw.de AG 2007, 792 = Der Konzern 2007, 539 Der Konzern 2006, 700 = AG 2007, 336 AG 2006, 757 AG 2006, 127 EWiR 2006, 27 DB 2006, 204 ZIP 2005, 991 NZG 2004, 1168 AG 2004, 393 ZIP 2004, 220 DB 2004, 242 = NZG 2004, 193 = AG 2004, 395 NZG 2003, 1027 ZIP 2004, 76 NZG 2003, 731 AG 2003, 279 = NZG 2003, 787 DB 2003, 441 = AG 2003, 390 NZG 2002, 643 AG 2003, 534 WM 2001, 1944 ZIP 2001, 1498 WM 2001, 1948 AG 2002, 102 NZG 2001, 763 = AG 2001, 206 ZIP 2001, 840 = NZG 2001, 951 AG 2001, 431 ZIP 2001, 544 MMR 2001, 61 AG 2001, 99 = ZIP 2000, 1055 ZIP 1999, 2017 AG 2000, 139 AG 1999, 47 NJW-RR 1998, 1372 ZIP 1997, 1698 AG 1998, 103

Rechtsprechungsverzeichnis LG Düsseldorf LG Hamburg LG Heidelberg LG Mainz

13. 02. 1997 02. 12. 1993 16. 03. 1988 01. 04. 1977

31 O 133 / 96 405 O 162 / 93 O 6 / 88 KfH II 11 HO 4 / 77

541 AG 1999, 94 AG 1995, 92 ZIP 1988, 1257 WM 1977, 904

Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte VG Frankfurt / Main VG Frankfurt / Main

29. 01. 2004 17. 06. 2002

9 E 4228 / 03 9 E 2285 / 01

VG Frankfurt / Main

02. 11. 2001

9 G 3103 / 01 (V)

VGH München

10. 09. 1991

19 BZ 90.30695

ZIP 2004, 469 ZIP 2002, 1446 = DB 2002, 1986 NJW-RR 2002, 480 = AG 2003, 218 NVwZ-RR 1992, 328

Beispielhafter Ablauf einer Delisting-Transaktion

Planungsphase (Investorensuche, Risiko-, Kosten-Nutzen-Analyse, Ermittlung des Abfindungsvolumens, ggfs. Erwerbsangebot vorber.) Ad hoc-Mitteilung über Delisting-Absicht (§ 15 WpHG) Vorbereitung der Einberufung der Hauptversammlung (z. B. schriftlicher Bericht, Gutachten zu Unternehmensbewertung für Abfindung) Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Erwerbsangebots durch einen Bieter Erstellung der Angebotsunterlage (§ 11 WpÜG) Übermittlung der Angebotsunterlage an BaFin (§ 14 WpÜG) Gestattung der Veröffentlichung der Angebotsunterlage durch BaFin oder Ablauf von 10 Werktagen ab Einreichung der Angebotsunterlage ohne Untersagung durch BaFin (§ 14 WpÜG) Unverzügliche Veröffentlichung der Angebotsunterlage (§ 14 WpÜG) (muß vor Einberufung der HV veröffentlicht werden) Beginn der zehnwöchigen Angebotsfrist (§ 16 WpÜG) Annahme des Erwerbsangebots durch die Aktionäre und ggfs. Führung von Prozessen über die Höhe des Angebots Einberufung der Hauptversammlung, Bekanntmachung der Tagesordnung, Information der Aktionäre über Delisting, ggfs. Abfindung durch AG oder Bieter Einberufungsfrist von 1 Monat für HV (§ 123 AktG) HV-Beschluß zum Delisting und Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien

Phasen / Handlungsablauf

1. – 14. – 31. – 13. W. 18. W. 19. W. 20. W. 21. W. 22. W. 23. W. 24. W. 25. W. 26. W. 27. W. 28. W. 29. W. 30. W. 12. W. 17. W. x. W.

A. Zeitablauf von der 1. – 31. Woche 544 Beispielhafter Ablauf einer Delisting-Transaktion

31. W. 32. W. 33. W. 34. W. 35. W. 36. W. 37. W. 38. W 39. W. 40. W. 41. W. 42. W. 43. W. 44. W. 45. W. 46. W.

B. Zeitablauf von der 31. – 46. Woche

Handlungen der AG zur Vorbereitung und Durchführung des Delisting Handlungen des Bieters bzgl. eines Erwerbsangebots Behörden-Entscheidungen oder Eintritt der Wirkungen von solchen Entscheidungen (BaFin oder Geschäftsführung der Börse) Handlungen der Minderheitsaktionäre Führung von Gerichtsprozessen

Legende:

Stellung des Widerrufsantrags (kann zeitlich variieren) Widerruf der Börsenzulassung und Bekanntgabe (kann abhängig von der Beantragung und der Entscheidung der Geschäftsführung der Börse zeitlich variieren) Veröffentlichung des Zulassungswiderrufs (§ 39 Abs. 2 BörsG) Annahmefrist für Abfindung gegenüber AG von 3 Monaten ab Veröffentlichung des Zulassungswiderrufs Antragsfrist für Spruchverfahren von 3 Monaten (§ 4 Abs. 1 S. 1 SpruchG) Führung des Spruchverfahrens Ggfs. verwaltungsrechtliche Anfechtungsklage gegen Widerruf der Börsenzulassung von Aktionären und Führung des Prozesses Eintritt der Bestandskraft des Widerrufs Eintritt der Wirksamkeit des Widerrufs aufgrund aufschiebender Befristung 6 Monate nach Bekanntgabe (§ 43 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 BörsO FWB)

Phasen / Handlungsablauf

Stellung des Widerrufsantrags (zeitlich variabel) Mgl. Anfechtung des HV-Beschlusses durch Aktionäre (Anfechtungsfrist von 1 Monat) und aktienrechtliches Anfechtungsverfahren

46. – x. W.

Beispielhafter Ablauf einer Delisting-Transaktion 545

Sachwortverzeichnis Abfindungsanspruch – Abfindungsangebot S. 141, 149 f., 154 f., 264 ff., 272 f., 455 ff. – Abfindungsberechtigung der Aktionäre S. 155 f., 273 ff. – Abfindungsberechtigung des nicht anwesenden Aktionärs S. 279 ff. – Abfindungsverpflichtung der AG S. 280 ff. – Abfindungsverpflichtung des Großaktionärs S. 288 ff. – Absicherung der Abfindung S. 160 – Analogie zur Abfindung bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen S. 142, 246 f. – Analogie zur Abfindung bei Umwandlungsvorgängen S. 248 ff. – Annahme des Abfindungsangebots S. 298 – Art. 14 GG S. 257 ff., 268 f. – Ausschluß durch börsengesetzliche Regelungen S. 241 ff. – Austrittsrecht S. 251 ff. – Befristung S. 157, 315 ff. – Bekanntgabe der Abfindung S. 309 f. – Berechnung der Abfindungshöhe S. 326 ff. – Börsenkurs S. 330 ff. – Discounted Cashflow-Verfahren S. 330 – Entstehung S. 311 ff., 402 f. – Ertragswertverfahren S. 328 – Fälligkeit S. 313 f. – Frist S. 313, 316 f. – Geldausgleich S. 267 – Gerichtliche Überprüfung S. 143 f., 402 ff. – Gesamtschuldverhältnis zwischen Abfindungsverpflichtung und Erwerbsangebot S. 295 f. – Höhe der Abfindung S. 143, 159, 322 f. – Nachweis der Abfindungsberechtigung S. 277 ff. – rechtsgeschäftliche Annahme als Voraussetzung S. 298 – rechtsgeschäftliche Begründung S. 292 ff.

Rechtsgrundlage S. 141, 239 ff. Referenzperiode S. 342 f. Rückrechnungszeitpunkt S. 344 ff. Spruchverfahren siehe Spruchverfahren und Rechtsschutz – verfassungskonforme Rechtsfortbildung S. 269 ff. – Verknüpfung mit Hauptversammlungsbeschluß S. 158 – Wertuntergrenze S. 331 ff. – Widerspruch der Aktionäre S. 275, 459 f. – WpÜG, Anwendung S. 157, 299 ff. – Zeitpunkt S. 308 ff. abfindungswertbezogene Informationsmängel S. 161, 362, 438 ff. Ad-hoc-Publizität / Mitteilung S. 47 f., 346, 354 ff. – Geheimhaltungsinteresse S. 356 – Insiderformation S. 355 f. – Mindestinhalt S. 358 f. Aktie – Belegschaftsaktien S. 55, 85 f. – Schutz der Verkehrsfähigkeit S. 196 f. – Übertragbarkeit S. 60 f. – Vererbbarkeit S. 53 – Vinkulierung S. 169 f. Aktienoptionen S. 55, 86 Analystenveranstaltung S. 48 Anfechtungsklage S. 421, 423, 425, 428 ff. Anlageziele S. 58 ff. Anlegerschutz S. 94 f., 167 ff. Aufspaltung – Erledigung der Börsenzulassung S. 105 – Vergleichbarkeit mit dem regulären Delisting S. 175 Auskunftsrecht S. 380 f. Ausschluß der Minderheitsaktionäre S. 112 f. Austrittsrecht – außerordentliches S. 252 ff. – Rechtsgrundlage S. 251ff. – – – –

548

Sachwortverzeichnis

Bekanntheitsgrad S. 78, 82 Bekanntmachungspflichten – erweiterte S. 363 ff. – gesetzliche S. 352 ff. – Inhalt und Umfand S. 374 f., 379 – Schutzpflicht zur Informationsgewährung S. 371 ff. – ungeschriebene S. 368 – verfassungsrechtliche S. 370 f. – verfassungskonforme Rechtsfortbildung S. 377 ff. Berichtspflichten siehe Bekanntmachungspflichten Bewertungsstichtag S. 339 Blockerwerb S. 64, 80 Börse – Bewertungsfunktion S. 41, 84 – Eigenkapitalaufnahme S. 38 f. – Finanzierungsfunktion S. 38 f., 71 f., 74 – Handelsfunktion S. 40, 60 ff. – Liquiditätsfunktion S. 40 f. – Überwachungs- und Kontrollfunktion S. 42 ff., 67 f. – Wegfall der Finanzierungsfunktion S. 74 ff. Börsenordnung S. 44 Börsenpreis S. 41, 65 f. Börsenzulassung – Antrag auf Widerruf S. 91 ff., 214 ff., 382 ff. – Bestandsschutz der Börsenzulassung S. 201, 259 f. – Erledigung S. 102 ff. – Folgepflichten siehe Zulassungsfolgepflichten – Übergang auf Rechtsnachfolger S. 101 – Widerruf S. 93 ff. – Widerruf der Börsenzulassung von Amts wegen S. 112 f. close corporation S. 34 Corporate Governance Kodex S. 49 DAT / Altana Entscheidung des BVerfG S. 200 f. Delisting – Abgrenzung zum Going Private S. 34 – Ausgleichspflicht S. 263 f.

– Antrag auf Widerruf der Börsenzulassung durch Vorstand S. 92, 214 ff. – Begriff S. 32 f. – Erledigung der Börsenzulassung S. 101 f. – Folgen für die Aktionäre S. 83 ff. – Folgen für die Gesellschaft S. 81 ff. – Gestaltungsformen S. 91 ff. – Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums S. 264 ff. – kaltes S. 99 ff., 451 ff. – kapitalmarktrechtliche Voraussetzungen S. 93 ff. – Motive S. 70 ff. – reguläres S. 91 ff. – Vermögensschutz S. 238 ff. Drittwirkung der Grundrechte S. 203 f. Durchschnittsbörsenkurs S. 340 f. Eigenkapitalaufnahme S. 38 Eigentum – Bestandsschutz S. 429 f. – Vermögensschutz S. 259 ff. Einberufung der Hauptversammlung S. 213, 352 f., Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß – Abfindung der Minderheitsaktionäre S. 477 – Rechtsschutz S. 478 – Widerruf der Börsenzulassung von Amts wegen S. 106 f. Erbengemeinschaft, Auseinandersetzung S. 53 f. Erledigung der Börsenzulassung S. 101 ff., 103, 105, 109 ff. Erledigung des Spruchverfahrens S. 416 Ermächtigung des Vorstandes zur Stellung des Delisting-Antrags – Befristung S. 217 f. – Einschränkung der Vertretungsmacht S. 214 f. – Mißbrauch S. 216 f. – Pflicht zur Stellung des Delisting Antrags S. 218 ff. – Prüfung der ordnungsgemäßen Vertretung durch die Börse S. 96 f., 215 Erwerb eigener Aktien – Delisting durch Erwerb eigener Aktien S. 121 f.

Sachwortverzeichnis – Ermächtigungsbeschluß S. 285, 418 ff., 421 ff. – Zulässigkeit S. 283 ff. Erwerbsangebot – Angebotsunterlage S. 304 ff. – Anwendung des WpÜG S. 302 ff. – Bedingung S. 305 f. – Befristung S. 318 f. – Berechnung der Gegenleistungshöhe S. 326 ff. – Börsenkurs S. 330 ff. – Entstehung des Gegenleistungsanspruches S. 314 – Erhöhung der Gegenleistung S. 430 ff. – finanzielle Absicherung S. 319 f. – Gegenleistungshöhe S. 323 ff. – Informationsmängel S. 441 f. – mangelndes S. 424 f. – Prüfung durch BaFin S. 310, 426 ff. – Rechtsschutz S. 424 ff. – Spruchverfahren S. 429 f., 431 – unzureichendes S. 425 ff. – Verhältnis zum Abfindungsangebot S. 295 f. – Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten S. 303 f. – Zeitpunkt der Abgabe S. 304, 308 Finanzierungsaufgabe der Börse – Finanzierungsfunktion S. 38 – Substituierung S. 74 f. – Wegfall S. 72 f. Formwechsel – Erledigung der Börsenzulassung S. 103 f. – bare Zuzahlung S. 471 ff. – Vergleichbarkeit mit dem regulären Delisting S. 171 ff. Freiverkehr S. 45, 86 ff. Garantie des Großaktionärs S. 294 f., 320 Gegenleistung beim Erwerbsangebot – Anfechtungsklage S. 428 f. – Höhe S. 323 ff. – Leistungsklage S. 432 – Überprüfung im Spruchverfahren S. 431 f. Gelatine-Entscheidung S. 185 Going Private S. 34 ff.

549

Großaktionär – Abfindungsverpflichtung S. 287 ff., 458 – Bedeutung der Handelbarkeit der Aktien S. 59, 63 f. – Folgen des Delisting S. 84 Halbjahresfinanzbericht und Zwischenmitteilung S. 46 f. Handelbarkeit der Aktien siehe Verkehrsfähigkeit Handelsvolumen S. 338 Hauptversammlung – Bekanntmachung der Tagesordnung S. 211, 309, – Beschlußmehrheit S. 137, 211 f. – Einberufung S. 211 – Vorbereitung S. 211 ff. – Zuständigkeit S. 134 ff., 145, 151, 205 ff. Hauptversammlungsbeschluß – angefochtener S. 398 f. – Beschlußmehrheit S. 137 f., 211 f. – Ermächtigung zur Beantragung des Delisting S. 214 ff. – fehlender S. 381 ff. – Inhalt des Hauptversammlungsbeschlusses S. 213 f. – sachliche Rechtfertigung S. 138 f., 148, 152, 221 ff. – Umfang der Ermächtigung S. 217 ff. – Verpflichtung zur Stellung des Widerrufsantrags S. 218 ff. Hauptversammlungszuständigkeit – Analogie zur Mehrheitseingliederung S. 176 f. – Analogie zum Squeeze-out / Übertragende Auflösung S. 177 – Analogie zu Umwandlungsvorgängen S. 136 f., 171 ff. – Analogie zu Unternehmensverträgen S. 175 f. – Analogie zur Vinkulierung S. 137, 169 f. – Art. 14 GG S. 145 f., 196 ff. – Ausschlußwirkung von § 39 BörsG S. 165 ff. – Gelatine-Urteil des BGH S. 185 – Gesamtanalogie zu Finanzierungsentscheidungen S. 178 ff. – Geschäftsführung der Börse S. 95 ff., 98

550

Sachwortverzeichnis

– Holzmüller-Urteil des BGH S. 134 f., 184, 192 ff. – mangelnder Schutz der Minderheitsaktionäre S. 210 – Schutzpflicht zur Regelung der Entscheidungszuständigkeit durch Art. 14 GG S. 205 ff. – Strukturentscheidung S. 181 f. – ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten, Zulässigkeit S. 163 – verfassungskonforme Rechtsfortbildung S. 208 ff. – Verletzung der Schutzpflicht aus Art. 14 GG S. 208 Holzmüller-Entscheidung S. 184 Illiquidität des Aktienhandels S. 72 Informationsasymmetrie – Einordnung S. 68, – gesellschaftsbezogene S. 360 – Anlegerbezogene S. 362 Informationseffizienz des Kapitalmarktes S. 42, 67 f. Informationsmängel, Rechtsschutz S. 436 ff., 441 f. Informationspflicht des Vorstandes siehe Bekanntmachungspflichten Insiderinformation S. 354 ff. Interessen an der Börsennotierung – Großaktionäre S. 63 f. – Kleinaktionäre S. 62, 201 Jahresfinanzbericht S. 45 f. kaltes Delisting S. 451 ff. Kapitalerhaltung – Erlaubnis zum Erwerb eigener Aktien S. 283 ff. – Grundsatz S. 282 f. – Rechtsschutz S. 418 f., 420 – Verstoß bei Erwerbsangebot S. 421, 428 ff. – Verstoß durch Abfindungserbringung S. 418 ff. Kapitalherabsetzung auf Null – Abfindung S. 492 – Erledigung der Börsenzulassung S. 120 – Hauptversammlungsbeschluß S. 485

– Informationspflichten des Vorstands S. 485 ff. – Kapitalerhöhung S. 482 ff. – Rechtsschutz S. 493 – sachliche Rechtfertigung S. 228, 483 f. – Sanierung S. 79, 479 ff. – vereinfachte S. 481 – Wertpapierprospekt S. 489 ff. – Zulässigkeit der vereinfachten Kapitalherabsetzung S. 481 f. – Zusammenlegung von Aktien S. 117 f. Kapitalmarkt, schlechte Verfassung S. 335 f. KapMuG S. 432, 435 f. Kaufangebot siehe Erwerbsangebot Kleinaktionäre S. 58 f. Kosten der Börsennotierung S. 56, 77 f. Kurs- und Marktpreismanipulation S. 333 ff. Leistungsklage, Erwerbsangebot S. 432 f. – Bezifferung S. 433 f. – Eingriff in Privatautonomie S. 433 – KapMuG S. 432 – unbezifferter Klageantrag S. 434 f. Liquidationsfunktion der Börse S. 40, 343 Macrotron-Urteil S. 128 ff. Marktenge S. 332, 336 f. Mediatisierungseffekt S. 190 f. Mehrheitseingliederung, Vergleichbarkeit mit dem regulären Delisting S. 176 f. mehrstufige Entscheidungen S. 355 f. Minderheitenschutz S. 207, 210 Mitarbeiterbeteiligung S. 54 f., 83, 85 Motive für Delisting S. 70 ff. Notierungskosten S. 56 f., 77 f. Opportunitätskosten S. 57 Preisfeststellungsfunktion S. 62, 65 Primärmarkt S. 38 f. public corporation S. 34 Publizitäts- und Informationspflichten, kapitalmarktrechtliche S. 43 ff. Quartalsbericht S. 47 Rechtsschutz – Anfechtungsbeschwerde S. 426 ff.

Sachwortverzeichnis – Anfechtungsklage S. 421, 423, 425, 428 ff. – einstweiliger Rechtsschutz S. 388 ff., 392, 399 f. – KapMuG S 432, 435 f. – Leistungsklage S. 432 ff. – Nichtigkeitsklage S. 420 – Spruchverfahren S. 405 ff. – Widerspruch S. 426 regulärer Markt, Vergleichbarkeit mit Freiverkehr S. 87 ff. Rücknahme des Widerrufsantrags S. 386, 398 f. sachliche Rechtfertigung – Ausschluß durch § 39 BörsG als Bestandsschutzregelung S. 235 – Ausschluß durch Vermögensschutz S. 224 ff., 232 ff.. – Delisting-Hauptversammlungsbeschluß S. 234 ff. – Eingriff in Mitgliedschaftsrechte S. 224 f. – Kontrollmaßstab S. 230 ff. – Schranke der Mehrheitsmacht S. 222 Sanierung S. 79, 479 ff. Schadensersatzpflicht S. 116, 396 Schutzpflicht, Grundrechte S. 204 ff. Sekundärmarkt S. 41, 60, 72 f. Spruchverfahren – Antragsbegründung S. 411 – Antragsberechtigung S. 410 f. – Antragsgegner S. 410 – Antrags- und Begründungsfrist S. 412 ff. – Anwendbarkeit auf Abfindung durch AG S. 143 f., 150, 161, 403 ff. – Anwendbarkeit auf Kaufangebot des Bieters S. 431 – Erledigung S. 416 – Regelungslücke S. 405 ff. – Verfahren S. 410 ff. – Widerspruchsobliegenheit S. 275 ff., 411, 459 f. – Wirkung der gerichtlichen Entscheidung S. 417 ff. Squeeze-out – Geltung der Grundsätze zum regulären Delisting S. 453

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– Verhältnis zum regulären Delisting S. 126 f., 177 – Widerruf der Börsenzulassung von Amts wegen S. 112 Stichtagsbörsenkurs S. 340 f. Tagesordnung S. 353 f. Treuepflicht S. 152, 237 f. 293 übertragende Auflösung – Geltung der Grundsätze zum regulären Delisting S. 453 – Erledigung der Börsenzulassung S. 109 ff. Überwachungs- und Kontrollfunktion der Börse S. 42 ff. Unterbewertung S. 73 Unterlassung des Widerrufsantrags S. 382 ff., 398 ff. Unternehmenskalender S. 48 Unternehmenskontrolle S. 42 f. Unternehmensnachfolge S. 52 f. Unternehmensverträge, Vergleichbarkeit mit dem regulären Delisting S. 175 f. Unternehmenswert S. 328 verfassungskonforme Rechtsfortbildung S. 208 f., 269 ff., 377 ff. Verkehrsfähigkeit – Aktien S. 60, 83f. – Freiverkehr S. 88 – Bedeutung für die Aktionäre S. 62 ff. – Beschränkung S. 60, 83 f. – erhöhte S. 62 – Schutz durch Art. 14 GG S. 199 ff. Vermögensschutz der Minderheitsaktionäre S. 259 ff. Veröffentlichungspflichten der AG S. 43 ff. Verschmelzung – Abfindung S. 455 ff., 458 – Abfindung bei rechtsformwahrender Verschmelzung S. 405 f. – Abfindungsverpflichtung des Großaktionärs S. 458 f. – bare Zuzahlung S. 465 f. – Berichtspflicht S. 454 f. – Erledigung der Börsenzulassung S. 102

552

Sachwortverzeichnis

– Rechtsschutz S. 466 ff. – Umtauschverhältnis S. 460 ff. – Vergleichbarkeit mit dem regulären Delisting S. 175 Vorstand – Auffangzuständigkeit S. 195 – Befristung der Ermächtigung S. 217 f. – Berichtspflicht S. 139 ff., 148, 153 f., 365 ff. – Entscheidungszuständigkeit über Delisting S. 145 ff., 194 ff. – Ermächtigung zur Stellung des Delisting Antrags S. 214 ff. – Mißbrauch der Vertretungsmacht S. 216 f. – Pflicht zur Beantragung des DelistingAntrags S. 213 f., 218 f. – Umfang der Ermächtigung zur Stellung des Delisting-Antrags S. 217 f. – Vertretungsmacht S. 215 Wertpapierprospekt, jährliches Informationsdokument S. 49 Wertuntergrenze, Abfindung S. 331 ff.

Widerruf der Börsenzulassung – Allgemeinverfügung S. 92 – Bekanntgabe S. 92 f. – Eintritt der Wirksamkeit S. 93 – Entscheidung der Börsengeschäftsführung S. 98 f. – Ermessensfehlerfreie Entscheidung S. 98 f. – Ermessensreduzierung auf Null S. 99 – Prüfungsumfang der Geschäftsführung der Börse S. 95 – von Amts wegen S. 106f., 112 f., 115, 118 – Voraussetzungen, kapitalmarktrechtliche S. 93 ff. – Wirkung S. 93 WpÜG – Anwendbarkeit auf Abfindung durch AG S. 299 ff. – Anwendbarkeit auf Erwerbsangebot eines Bieters S. 302 f. – Ausschluß der Aktionäre S. 113 ff. Zulassungsfolgepflichten S. 43 ff. Zulassungswiderruf S. 92 ff.